Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 9/24/1971

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Dr. Ernst Müller-Hermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001569, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Umstände, unter denen sich die Gründung der Bremer Universität vollzieht, sind von ernster und überregionaler Bedeutung. Die maßgeblichen Gestalter und Planer lassen selbst keine Gelegenheit aus, um auf das Modellhafte, auf das Exemplarische ihrer sogenannten Reformuniversität hinzuweisen. Bei der Beurteilung dieses Bremer Modells darf sich aber auch der Blick nicht nur auf die Hochschulpolitik verengen. In Bremen wird vielmehr der viel umfassendere Versuch unternommen, auf dem Wege einer an der marxistisch-leninistischen Ideologie orientierten Universität den revolutionären Umsturz unserer freiheitlichen Gesellschaftsordnung vorzubereiten. Was an der Bremer Universität geschieht, steht insofern zu der Entwicklung an der Freien Universität in Berlin in einem Widerspruch, als an der Freien Universität in Berlin von den radikalen Kräften erst in einem Prozeß des langen Marsches durch die Institutionen das erkämpft wurde oder noch weiter erkämpft werden soll, was in Bremen von Grund auf mit marxistisch-leninistischen Kräften sofort installiert werden soll. Die Bremer Universität hat schon heute in ihrer Entwicklung die Freie Universität Berlin und ihre Roten Zellen überholt. Was uns alle mit besonderer Sorge erfüllt und was letztlich die Bremer FDP veranlaßt hat, eine 25jährige Senatskoalition mit der SPD aufzukündigen, ist die Tatsache, daß die Sozialdemokraten in Bremen - ich lasse es völlig offen, ob aus reinem Opportunismus, aus innerer Unsicherheit oder auch unter dem Druck ihrer eigenen Radikalen - die Entwicklung einer Institution fordern, deren Ziel erklärtermaßen die radikale Änderung der Verfassungswirklichkeit ist. Von einer pluralistischen Vielfalt der Lehrmeinungen, die im Sinne eines schöpferischen Wettbewerbs die Vielfalt aller gesellschaftlichen Kräfte widerspiegelt, kann an der Bremer Universität nicht die Rede sein. Insbesondere ist das als verbindlich festgelegte sogenannte Projektstudium von vornherein auf eine dogmatisch-marxistische Indoktrinierung angelegt, die sich eine wissenschaftliche Tarnung zulegt. Meine Damen und Herren, ich sage mit allem Ernst und ohne jede Polemik, daß meines Erachtens gerade die Bremer SPD Anlaß hat, sich selbst zu fragen, ob sie hier nicht ungewollt mit einem gewaltigen Einsatz von Steuermitteln in einer staatlichen Institution feste Grundlagen für jene Aktionseinheit schaffen hilft, zu der die östliche und die kommunistische Propaganda gerade jetzt so lautstark aufrufen und die der Bundesvorstand der SPD so strikt ablehnt. Der Bundeskanzler hat selbst gestern in Bremen von der Notwendigkeit einer deutlichen Abgrenzung gegenüber dem Kommunismus gesprochen. Was in Bremen geschieht, trägt dem nicht Rechnung. Ausgangspunkt der Misere ist die unglückliche Hochschulpolitik des Bremer Senats seit dem Jahre 1965. Sie hat über die Auflösung von drei Gründungssenaten und Universitätsgründungsausschüssen konsequent zu dem Universitätserrichtungsgesetz vom September 1970 geführt. Dieses Universitätserrichtungsgesetz, meine Damen und Herren, ist ein Ermächtigungsgesetz, mit dem sich der politische Senat praktisch zum reinen Erfüllungsgehilfen der linken und ultra-linken Universitätsgründungsgremien des vierten Gründungssenats degradiert hat. Dieser vierte Gründungssenat konnte sich als eine Art Staat im Staate konstituieren mit dem vom Bremer Senat zum Gründungsrektor bestellten und lautstark als „Gewissen für die Universität" deklarierten ehemaligen SDS- und Juso-Chefideologen sowie stellvertretenden Juso-Bundesvorsitzenden von der Vring. Dieser Gründungssenat versucht nun unter Berufung auf die Autonomie der Universität mit doktrinärer Arroganz, so möchte ich sagen, sich selber eine demokratische Legitimation zu geben. Die Einstellung marxistisch-leninistisch festgelegter hauptamtlicher Planer und, darauf folgend, die Auswahl der Hochschullehrer nach entsprechenden ideologischen Kriterien haben der Bremer Universität - und das ist eben das Schlimme - von vornherein eine völlig einseitige Struktur gegeben, die nun innerhalb unserer pluralistischen Gesellschaft wie ein schnell wucherndes Geschwür wirkt und im Sinne ihrer Schöpfer eine multiplikatorische Funktion erfüllt. Herr von der Vring hat in einem Aufsatz zur Strategie des Klassenkampfes in der Gegenwart genau die Strategie entwickelt, die heute von ihm und den Gründungsgremien an der Bremer Universität exerziert wird. Es heißt dort, man solle sich zur Umfunktionierung der staatlichen Ordnung auf partielle Probleme und Bereiche konzentrieren, die sich am leichtesten und wirksamsten erschließen lassen; und dazu müßten aktive Minderheiten den Kampf aufnehmen, indem sie innerhalb der bestehenden Organisationen und Institutionen Führungsrollen übernehmen. Diese Strategie wird durch die Vorstellung erhärtet, die Herr von der Vring über das Verhältnis von Staat und Universität entwickelt hat. Diese Vringsche Autonomie besteht im Grunde darin: Der Staat hat nur ein Recht auf Information und soll eine formelle Rechtsaufsicht über die Universität behalten, aber die Universität nimmt volle personelle Autonomie und volle finanzielle Unabhängigkeit vom Staat in Anspruch. Diese Art von Autonomie läuft praktisch darauf hinaus: Der Staat soll zahlen und die Verwendung des Geldes ohne Kontrollrecht einer sich ideologisch elitär fühlenden Minderheit überlassen. Formal hat sich der Bremer Senat zweifellos noch einige Rechte personalrechtlicher Art vorbehalten. Er ist jedoch voll an die Personalvorschläge der Universitätsgremien gebunden. Die Forderung nach Dreier-Vorschlägen für die Berufung von Hochschullehrern ist von der Bremischen Bürgerschaft und auch vom Bremischen Senat seit einem halben Jahr wiederholt gestellt worden, aber eben nicht durchgedrungen. Selbst wenn sie voll durchdringen würde, wären plurale Vorschläge von diesen Gründungsgremien einfach nicht zu erwarten angesichts der offen zutage getretenen Einseitigkeit ihrer Zusammensetzung. Sogar bei der Begutachtung von zu berufenden Hochschullehrern bedient sich der Senat der Gutachtervorschläge der Gründungsgremien, da er bewußt keine eigene leistungsfähige Hochschulabteilung aufgebaut hat. Diese Unterlassung liegt eben auch ganz in der Konsequenz des Universitätserrichtungsgesetzes, alle hochschulpolitische Verantwortung auf die Universität selbst zu übertragen. So wurden die Berufungsverhandlungen mit neuen Hochschullehrern bis vor wenigen Wochen auch von der Universität allein geführt. Dies wiederum, meine Damen und Herren, hatte unter anderem zur Folge, daß der als extrem links orientierte Berliner PH-Politologe Gottschalch dann der weitaus höchst bezahlte Hochschullehrer der Universität wurde. Wir werden sicherlich auf diese Frage der Berufungen und der Bestätigung von Berufungen durch den Senat noch einmal zurückkommen, da ich annehme, daß hier - vielleicht auch von Herrn Bürgermeister Koschnick - eine andere, neuere Darstellung gegeben werden wird. Aber er soll bitte sehr vorsichtig sein; es gibt darauf noch einiges zu antworten. ({0}) Der politische Senat in Bremen hat auf jeden Fall seine parlamentarisch-demokratisch legitimierte Verantwortung für die Personalpolitik der Universität - und ich sage hier: allen frühzeitigen Warnungen der CDU zum Trotz - nicht erkannt oder nicht erkennen wollen. Unsere Haltung in dieser Frage kann wirklich kaum besser formuliert werden als durch einen Satz aus der ganz neuen, am 17. September d. J. herausgegebenen Dokumentation der Bremer FDP zur Universität. ({1}) Darin heißt es - ich darf zitieren -: ({2}) Dieser Staat ist demokratisch und selbst jenen Grundsätzen ,der Freiheit verpflichtet, deren Schutz die Sonderrechte der Universität einst zu dienen bestimmt waren. Es ist damit seine Aufgabe, - die Aufgabe des Staates sich mit allem Nachdruck auch dagegen zu wehren, wenn Freiheitsräume von Sektierern besetzt werden, um von hier aus die Freiheit zu zerstören. Meine Damen und Herren, es ist bestimmt für einen Bremer keine angenehme Aufgabe, Bund und Länder sowie die Bundesregierung und dieses Hohe Haus eindringlichst darauf hinweisen zu müssen, daß derjenige, der der Bremer Universität unter den derzeitigen Bedingungen finanzielle Mittel zur Verfügung stellt, Gefahr läuft - um ein Wort von Frau Staatssekretär Dr. Hamm-Brücher zu zitieren -, eine neomarxistische Verkündungshochschule zu unterstützen. Der Bremer Senat hat lautstark bei jeder Gelegenheit seine Bereitschaft bekundet, für die Freiheit von Forschung und Lehre einzutreten, und ich unterstelle auch, daß das seine Wünsche sind. Aber, meine Damen und Herren, seine eigenen Geschöpfe sind ihm längst über den Kopf gewachsen und pochen erfolgreich und mit besonders betonter öffentlicher Unterstützung auch durch die DKP auf die formalen Rechte, die die seinerzeitige Regierungskoalition von SPD und FDP den Universitätsgründungsgremien eingeräumt hat. Im Falle des vom Bremer Senat abgelehnten DKP-Professors Holzer hat der Gründungssenat sogar die Anrufung des Bremischen Staatsgerichtshofes angekündigt. Bei zahlreichen hauptamtlichen Planern und bei zahlreichen auf Zeit und auf Lebenszeit bestellten Hochschullehrern muß neben ihrer fachlichen Qualifikation mit Fug und Recht bezweifelt werden, daß sie auf dem Boden des Grundgesetzes und unserer freiheitlichen Ordnung stehen und damit überhaupt die Voraussetzungen des bremischen Beamtengesetzes erfüllen, die ja auch für die Bestellung gelten müßten. ({3}) Bezeichnenderweise ,hat in den Berufungsausschüssen die Frage nach der - ich sage es in Anführungszeichen - gesellschaftlichen Relevanz - die Bremer FDP spricht in ihrer Dokumentation davon - wie ein mittelalterliches Dogma immer im Mittelpunkt der öffentlich abgehaltenen Hearings mit den Hochschullehrerbewerbern gestanden. Der Ruf nach einer „sozialistischen Mathematik", meine Damen und Herren, mag zwar sehr erheiternd klingen, ist aber doch wohl symbolhaft für die ideologische Verbissenheit, die hier am Werke ist. Die Namen der Professoren Gottschalch und Holzer sind nur die weithin sichtbare Spitze eines Eisberges, der sich an der Bremer Universität unaufhaltsam ausbreitet. Wer, meine Damen und Herren, geneigt ist, diese Gefahrenmomente zu bagatellisieren, dem kann ich eine halbe Stunde lang Zitate aus Veröffentlichungen einiger auf Lebenszeit bestellter Professoren und einiger Berater auf Werkvertragsbasis verlesen. Ich kann Ihnen Zitate von hauptamtlichen Planern und Auszüge aus deren Bewertungsunterlagen verlesen, und ich kann eine Fülle von Zitaten aus den Arbeitspapieren der hauptamtlichen Planer zum besten geben. Meine Damen und Herren, Ihnen würden die Haare zu Berge stehen! Die schweren Sorgen um die Bremer Universität sollten, meine Damen und Herren, auch wenn wir uns in Bremen im Wahlkampf befinden, unter keinen Umständen als parteipolitische Rangelei abgetan werden. Für die Christlichen Demokraten ist jedenfalls die Aufkündigung der fast 25jährigen Senatskoalition von SPD und FDP durch die FDP im Grunde eine verspätete Bestätigung dafür, mit welchem nüchternen Ernst alle Beteiligten den Gang der dortigen Dinge sehen und beobachten sollten. Wo es um die Substanz unserer freiheitlichen Ordnung geht, meine Damen und Herren, da sind wir in den demokratischen Parteien allesamt zu äußerster Wachsamkeit aufgerufen, und wir sollten auch gemeinsam jede Verschleierungs- und Bagatellisierungstaktik entschieden zurückweisen. Äußerste Vorsicht bei der Bereitstellung von finanziellen Mitteln ist nach meiner und unserer Überzeugung neben der beständigen geistigen Auseinandersetzung mit diesen radikalen Kräften, die auf den Umsturz unserer Ordnung hinwirken, das derzeit einzige und wahrscheinlich das wirksamste Mittel, um an der Bremer Universität Fehlentwicklungen zu stoppen, wenn und soweit dies überhaupt noch möglich ist. Wir haben, meine Damen und Herren, sicherlich alle miteinander vorzusorgen, damit in Bremen wirklich eine moderne, leistungsfähige, auch mit neuen Ideen erfüllte Universität entsteht, die aber dem freiheitlichen Geist unserer freiheitlichen Gesellschaftsordnung entsprechen muß. ({4}) Wir haben ebenso vorzusorgen, daß dort in Bremen keine ideologische marxistisch-leninistische Kaderschmiede entsteht, die auch noch vom Bund und von den Ländern finanziert wird. Dies sicherzustellen, meine Damen und Herren, ist der Zweck des vorliegenden Antrages meiner Fraktion, um dessen Unterstützung ich dieses Hohe Haus bitte. ({5}) Präsident von Hassel: Der Redner hat die angemeldete Redezeit von 25 Minuten um 10 Minuten unterschritten. ({6}) Er hat uns einen guten Dienst erwiesen. Ich gebe das Wort weiter an den Abgeordneten Dr. Meinecke. Für ihn ist eine Redezeit von 25 Minuten beantragt.

Dr. Rolf Meinecke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001456, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte einmal unterstellen, daß die Sorgen und Nöte, die der Kollege Müller-Hermann vorgetragen hat, verständlich sind, daß sie ihm ernst sind und daß er sich wirklich Sorge um die Entwicklung einer Universität macht, die noch gar nicht begonnen hat zu arbeiten. Gleichwohl können Sie den Eindruck nicht verwischen, der auch in der gesamten deutschen Presse kommentiert ist, in der kühl festgestellt wurde, daß der zeitliche Zusammenhang mit dem Bremer Wahlkampf wohl kaum zu übersehen ist. ({0}) Nun haben sich meine Befürchtungen insofern nicht bestätigt, als ich Ihnen ausdrücklich bescheinigen muß, daß Sie, Herr Kollege Müller-Hermann, eine relativ sachlich und vernünftige Rede gehalten haben. Sie haben aber kein neues Argument gebracht, sondern lediglich das, was dem ganzen Hause aus dem Protokoll der Bremer Bürgerschaftssitzung vom 13. Juli schon bekannt gewesen ist, widerlegt wurde und in Kontroversen geklärt wurde. Insofern haben Ihre Darlegungen uns nichts Neues gebracht. Zu den einzelnen Zitaten, die wir natürlich hier nur sehr schwer nachprüfen können, Dr. Meinecke ({1}) werden, wie ich annehme, nachher Herr Senator Thape und Herr Bürgermeister Koschnick im einzelnen Stellung beziehen, und zu der Personalauswahl und der Zusammensetzung des jetzt berufenen Lehrkörpers ebenfalls. Sie haben gesagt, Herr Kollege Müller-Hermann, das solle keine parteipolitische Rangelei sein, sondern das sei ein ernstes Anliegen. Ich sage Ihnen: wenn es Ihnen mit der Absteckung der hochschulpolitischen Landschaft in diesem Lande ernst gewesen wäre, dann wäre der richtige Zeitpunkt für eine Diskussion darüber gegeben gewesen, wenn wir hier gemeinsam ringen und uns um eine Ordnung des deutschen Universitätswesens im Hochschulrahmengesetz bemühen. Gerade der jetzige Zeitpunkt ist von Ihnen falsch gewählt worden, weil sich herausgestellt hat, wie wenig Spielraum für demagogische und für polarisierte Meinungen besteht, wenn man daran geht, den Text solcher Universitäts- und Rahmengesetze klar zu formulieren. Beide Seiten dieses Hauses, Ihre Freunde und wir, sind uns in sehr vielen Punkten vom Verständnis her so nahegekommen, daß, wie wir meinen, diskriminierende Maßnahmen, gleichgültig welcher Art, im Stadium der Geburt unter schweren Wehen, die uns allen Sorgen machen, fehl am Platze sind. Ich werde den Verdacht nicht los, daß es sich eben doch um eine parteipolitische Rangelei handelt. Warum? Ich möchte einmal einen Satz aus einer Bürgerschaftsdebatte zitieren, der, so glaube ich, in einem deutschen Landesparlament in dieser Form noch nie gesprochen worden ist. Ihr Herr Kollege Klein hat gesagt, daß Sie sich bemüht hätten, die Arbeiten der Planungskommission zu torpedieren, und daß sie allmählich unverbindlich werde. Dann sagte er wörtlich: Wir haben natürlich auch etwas dadurch erreicht, daß wir uns der Hilfe der CDU/CSU-Ministerpräsidenten und der CDU/CSU-Bundestagsfraktion bedient haben. ({2}) Der CDU/CSU-Bundestagsfraktion werden wir uns noch sehr nachhaltig bedienen. ({3}) Dazu muß ich allerdings sagen: das habe ich in der Form aus eiern anderen Landesparlament noch nicht gehört, obwohl natürlich eine Einflußnahme durchaus legitim ist. ({4}) Wahlkampf ist doch das, was Sie machen. ({5}) - Entschuldigen Sie bitte! Wenn Sie sich in dieser Form bedienen lassen, müssen Sie doch auch prüfen, mit welchen Instrumenten Sie hier politisch aktiv werden wollen. Darauf komme ich jetzt zu sprechen. Herr Kollege Müller-Hermann, Sie haben Zitate und eine Begründung Ihres Antrags gebracht. Dazu möchte ich sagen: mir scheint das gilt jedenfalls für die Zeit, seit ich im Deutschen Bundestag bin , daß die Begründung Ihres Antrags, wonach der Bremer Senat nicht in der Lage sei, die Freiheit von Forschung und Lehre und damit die wissenschaftliche Pluralität zu gewährleisten, eine Diskriminierung eines legitim regierenden Senats und einer Landesregierung ist. Den Beweis dafür sind Sie uns schuldig geblieben. ({6}) Sie haben sehr viele Dinge nicht erwähnt. Ich darf Ihnen sagen, daß sowohl der Wissenschaftsrat als auch die Westdeutsche Rektorenkonferenz alle Vorgänge und auch die Planungsfragen in Bremen an Ort und Stelle geprüft haben. Ich könnte Ihnen hier mehrere Zitate von Vertretern dieser Institutionen vorlegen, die deutlich machen, daß das, was Sie an Bedenken und Befürchtungen hinsichtlich der Entwicklung in Bremen geäußert haben, hinfällig ist und daß diese Bedenken nicht berechtigt sind. Im Gegenteil, die Bedenken der Westdeutschen Rektorenkonferenz beziehen sich darauf, daß Berufungen von Wissenschaftlern, deren Qualifikation vom Gründungssenat geprüft worden ist, aus politischen Erwägungen abgelehnt worden sind, obwohl die Verfassungstreue ebenso wie die wissenschaftliche Qualifikation der Bewerber ausdrücklich nicht bezweifelt werden. Der Wissenschaftsrat selbst hat an Ort und Stelle den Gründungssenat, sein Gebaren und seine Beratungen überprüft. Er hat sich anläßlich seines Besuchs dazu wie folgt geäußert: Wir sind sehr zufrieden über das, was wir gesehen und gehört haben. Der bisherige Aufbau der Universität Bremen und die weitere Planung stimmen voll mit den Vorstellungen des Wissenschaftsrates überein. Ich kann mir nicht vorstellen, Herr Kollege, daß auch der Wissenschaftsrat auf dem Wege ist, aus den deutschen Universitäten sozialistische Kaderhochschulen zu machen. Sie werden doch diesen Leuten die Qualifikation, solche Vorgänge zu überprüfen, nicht absprechen wollen, genausowenig wie Sie sie der Rektorenkonferenz absprechen können. Nun zum Verfahren. Ich will hier die Frage der Verfassungsmäßigkeit und die haushaltsrechtlichen Bedenken, die wir gegen Ihren Antrag zu äußern haben, gar nicht erwähnen und nicht im Detail ausführen. Aber eines muß ich Ihnen ehrlich und offen sagen. Wie stellen Sie sich eigentlich vor, daß wir in diesem Hause die in der letzten Legislaturperiode mit der Einführung des Instituts der Gemeinschaftsaufgaben und der Ausfüllung im Gesetzestext durch das Hochschaulbaurahmengesetz mit Ihnen gemeinsam erarbeiteten neuen Instrumente der Bildungspolitik benutzen wollen, wenn nach einem umständlichen und in den §§ 8 bis 11 geregelten Verfahren mit dem Planungsausschuß unter Beteiligung des Wissenschaftsrates und nach der Bewilligung der Haushaltsmittel durch Bund und Länder hinterher Sperrvermerke eingeführt werden mit dem drohenden Zeigefinger: Wenn die Dr. Meinecke ({7}) Entwicklung bei euch nicht in dem Sinne verläuft, wie wir es politisch wollen, dann drehen wir euch den Geldhahn ab?! Ich glaube, daß das keine gute Methode ist. Wir haben uns darüber auch mit Ihren Freunden sehr genau und sehr intensiv unterhalten, wieweit beispielsweise Gesetze, Satzungen, Hochschulordnungen in der Lage sind, das aufrechtzuerhalten, was wir wollen - das möchte ich einmal unterstellen -, nämlich eine dynamische Entwicklung der Wissenschaften unter der Betonung ihrer Verantwortung für Staat und Gesellschaft im Rahmen der grundgesetzlich garantierten Freiheit und Ordnung. Wir waren zu dem Schluß gekommen - und dem ist nicht widersprochen worden -, daß alle Gesetze und Satzungen nichts nützen, wenn diese unsere Ordnung sich nicht selbst als innerlich stabil erweist und das, was vielleicht an extremen Erscheinungen vorhanden ist, mit der Zeit intellektuell zu überwinden vermag. Das wissen Sie genau, daß man hier mit dem Instrument der Gesetzgebung nur sehr begrenzte Möglichkeiten hat. Im übrigen wissen Sie, daß das in Wirklichkeit gar kein Bremer Problem ist. Internationale Parlamente haben sich mit der Situation beschäftigt. Die Erscheinungen sind an allen Hochschulen in fast allen zivilisierten Ländern der Welt die gleichen. Nun gibt es natürlich nach dem Budgetrecht ein zweites Instrument, um unliebsame oder verfassungswidrige Entwicklungen, wenn Sie es denn so haben wollen, zu inhibieren: indem man den Geldhahn abdreht. Dieses Instrument, so würde ich meinen, ist ein außerordentlich gefährliches Instrument. Wo erleben denn die Studenten, die jetzt im Oktober beginnen, zu studieren und zu lernen, die gesellschaftliche Wirklichtkeit und das finanzielle Arrangement unseres Staates näher und persönlicher als in ihrer neuen Hochschule? Gerade wenn Sie hier mit der Drohung kommen: Wenn Ihr euch nicht ordnungsgemäß verhaltet, dann drehen wir euch den Geldhahn ab und werden die weitere finanzielle Entwicklung erst einmal einer genauen Prüfung unterziehen, wird, meine ich, das Gegenteil von dem erreicht - und da warne ich Sie -, was Sie wollen. Und wie stellen Sie sich denn nun eigentlich die Gebarung hier in diesem Hohen Hause vor, wenn wir dieses Spiel bei der Neugründung noch weiterer Universitäten fortsetzen, wo sich vielleicht ähnliche Entwicklungen vollziehen werden? Die Antwort kann doch nur sein, die Reform nicht nur den Reformern zu überlassen, die für sich selbst in Anspruch nehmen, allein reformieren zu können, sondern gemeinsam in diesen Prozeß einzusteigen. Wenn Sie und Ihre Freunde gewollt hätten, daß wir dieses Thema ernsthaft diskutieren, warum haben Sie im Ausschuß für Bildung und Wissenschaft nicht den Vorschlag gemacht, daß sich der Ausschuß einmal ein, zwei Tage an Ort und Stelle begibt und diskutiert und prüft und sich selbst ein Bild machen kann? ({8}) Wann haben Sie oder Ihre Freunde denn überhaupt mit dem Gründungssenat in Bremen selbst diskutiert? Wann haben Sie denn versucht, politisch -nicht über das Parlament - auf diese ganze Entwicklung Einfluß zu nehmen? ({9}) Den Beweis dafür sind Sie uns schuldig geblieben. Ich weiß, daß das schwer ist, und ich weiß, daß man da manches einstecken muß. ({10}) - Das ist nicht laufend geschehen. Das wird nachher noch erwähnt werden. - Oder sollte vielleicht bei einigen Ihrer Freunde die Bildungsreise des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft nach Berlin mit der dortigen Besichtigung einer Gesamtschule so schreckhaft gewirkt haben, daß Sie befürchten, daß das Modell nachher in Wirklichkeit attraktiver aussieht, als man es früher vermutet hat? ({11}) Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir werden diesen Antrag nicht ablehnen, sondern wir werden einer Ausschußüberweisung zustimmen. Ich möchte aber ganz ernsthaft noch einmal betonen: Auch die hochschulpolitische Landschaft - Sie haben von einer Ausweitung der Probleme über Bremen hinaus gesprochen - sieht anders aus, als Sie es uns hier geschildert haben. Wir haben hier vor zwei Jahren sehr ernste Debatten zur Lage der Nation und über die studentische Unruhe und die Situation an den Hochschulen gehabt. Es ist vieles anders geworden, es hat sich vieles versachlicht, wenn es auch hier oder da einzelne Entwicklungen gibt, die zu Bedenken Anlaß geben mögen. ({12}) Ich bin der Auffassung, wir sollten auch den dafür zuständigen und legitimierten Senator noch zu den einzelnen Vorwürfen hören. Ich bin der Auffassung, wir sollten Herrn Bürgermeister Koschnick bitten, das, was ihm auch bekannt ist, als eine Garantieerklärung dieses Senats für die Aufrechterhaltung der Ordnung und der Freiheit von Wissenschaft und Forschung noch einmal zu wiederholen. Dann aber sollte es genug sein, und Sie sollten Ihren Antrag zurückziehen. ({13}) Präsident von Hassel: Wir fahren in der Aussprache fort. Das Wort hat der Abgeordnete Grüner. Es sind 20 Minuten Redezeit beantragt.

Martin Grüner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000738, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Wenn es richtig wäre, Herr Kollege Müller-Hermann, daß es hier bei Ihrem Antrag und bei seiner Diskussion nicht um parteipolitisches Gerangel ginge, sondern tatsächlich um eine echte Sorge, die vor diesem Forum ausgetragen werden kann, dann, meine ich, hätten Sie sich in Ihrem Beitrag sehr viel intensiver mit der Frage auseinandersetzen müssen, wie eigentlich dieser Antrag, der hier von der CDU/CSU-Fraktion vorgelegt worden ist, tatsächlich verfassungsrechtlich und in der Wirklichkeit unseres Parlaments praktikabel sein soll, wie eigentlich tatsächlich die von Ihnen angestrebte Kontrolle praktiziert werden könnte. Ich habe in Ihrem Beitrag vermißt, daß Sie auf diese Ihrem Antrag eigentlich zugrunde liegenden Gedanken überhaupt eingegangen sind. Die Fraktion der Freien Demokraten ist der Auffassung, daß der beschleunigte Ausbau und die Inbetriebnahme der Universität Bremen unter zwei Gesichtspunkten dringend notwendig und begrüßenswert ist. Wir sind darüber in völliger Übereinstimmung mit unseren Bremer Parteifreunden. Erstens. Im Wintersemester 1969/70 haben nur 702 von insgesamt 4087 Bremer Studenten an wissenschaftlichen Hochschulen in Bremen, und zwar auch an der Pädagogischen Hochschule, studieren können. Die übrigen 3785 Studenten mußten zum Studium in andere Bundesländer gehen. Schon im Interesse der Bremer Studenten und der Entlastung der Universitäten der anderen Länder ist die Schaffung von Universitätsstudienplätzen in Bremen dringend erforderlich und duldet keinen Aufschub. ({0}) Nach den Prognosen der Arbeitsgruppe „StandortForschung" werden 1975 rund 1840 Studienanfänger aus Niedersachsen und Bremen in Bremen ein Studium aufnehmen. Geschieht dies nicht - und Ihr Antrag, würde er verwirklicht, brächte eine entscheidende Verzögerung, von allen verfassungsrechtlichen Bedenken einmal abgesehen -, so müßte sich eine spürbar vorhandene Lücke im regionalen Bildungsangebot noch weiter öffnen. Zweitens. Es wird für die Qualität unseres Bildungswesens, insbesondere für die Qualität unserer künftigen Gesamthochschulen von besonderer Bedeutung sein, daß rechtzeitig neue Formen des Studiums, der Lehre und der Forschung erprobt werden. Ich halte deshalb das Bremer Projekt zusammen mit meiner Parteifreundin Frau Hamm-Brücher für ein wichtiges Reformexperiment, weil dort versucht wird, konsequent von der inhaltlichen Reform des Studiums auszugehen. Die bisherige realitätsferne akademische Ausbildung ist oft genug beklagt worden, ohne daß daraus Konsequenzen gezogen worden wären. Eine Reform des Studiums verlangt jedoch einen Typ von Hochschullehrern, der nicht allzu häufig anzutreffen ist, denn er muß bereit sein, zusammen mit Kollegen, Assistenten und Studenten alle bisherigen Lehr- und Lernziele in Frage zu stellen und die Ergebnisse der gemeinsamen Diskussion zur Grundlage seiner Arbeit als Hochschullehrer zu machen. Hochschullehrer, die dazu bereit sind, gibt es bisher noch relativ wenige. ({1}) Ich würde es begrüßen, wenn in Bremen neben der fachlichen Qualifikation gerade diese Reformbereitschaft als ein Kriterium der Berufung angesehen würde. ({2}) Wir Freien Demokraten lehnen es allerdings in Übereinstimmung mit unseren Bremer Parteifreunden nachdrücklich ab, wenn unter Berufung etwa auf diese Gesichtspunkte einseitig marxistisch orientierte Hochschullehrer berufen würden. Wenn wir Hochschulreform sagen, meinen wir eine Reform im Rahmen der sozial-liberalen Demokratie, ({3}) nicht aber die Sanktionierung einer neomarxistischen Verkündigungs-Hochschule. ({4}) Die Fraktion der Freien Demokraten spricht in diesem Zusammenhang die Erwartung aus, daß der Beschluß des Senats der Hansestadt Bremen vom 7. Juli 1970, der von meinen Parteifreunden in Bremen maßgeblich mit gestaltet und mit beschlossen worden ist, in der künftigen Hochschulpolitik der Hansestadt Bremen tatsächlich verwirklicht wird. ({5}) Präsident von Hassel: Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Niegel?

Lorenz Niegel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001608, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege, können Sie dem Hohen Hause erklären, was Sie unter „sozialliberaler Demokratie" im Verhältnis zu anderen Demokratieformen verstehen?

Martin Grüner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000738, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Ich glaube nicht, daß es notwendig ist, daß ich Ihnen ein Privatissimum erteile ({0}) über den Unterschied eines sozial-liberalen Gesellschaftsmodells und - das war das Beispiel, das ich hier verwendet habe - einer marxistischen Verkündigungshochschule. Ich glaube, daß das aus dem Begriff so deutlich hervorgeht, daß ich Ihnen darüber keine Einzelheiten darlegen muß. Entscheidend ist, daß der Senat der Hansestadt Bremen - ich halte es fur wert, gerade hier diese Grundsätze noch einmal zu betonen - sich dem Grundsatz nach in seiner Erklärung vom 7. Juli 1970, die von unseren Bremer Freunden mit getragen worden ist, zu diesen Grundsätzen bekannt hat. ({1}) - Selbstverständlich. Ich halte fest an der Tatsache, daß wir die Praxis, die der Senat geübt hat, für nicht in Übereinstimmung mit dieser Erklärung vom 7. Juli 1970 halten. ({2}) Ich bin aber andererseits der Meinung, Herr Kollege Müller-Hermann, daß wir hier nicht in der Lage sind, etwa die Berufungspolitik des Senats der Hansestadt Bremen zu kontrollieren und nachzuvollziehen. Diese Frage hätten Sie uns eigentlich beantworten müssen bei Ihrem Antrag: wie Sie sich ein solches Verfahren vorstellen, wie Sie glauben, daß das mit der Kulturautonomie der Länder und etwa mit der Hochschulautonomie unserer Hochschule in Einklang zu bringen ist. Das ist doch die Frage, vor der wir stehen. ({3}) Lassen Sie mich nun mit Genehmigung des Herrn Präsidenten, die Grundsätze einmal ins Gedächtnis zurückrufen: Der Senat der Freien Hansestadt Bremen - so hat er am 7. Juli 1970 erklärt bekennt sich uneingeschränkt zu einer Universität in Bremen, die offen ist, alle Impulse der geistigen Auseinandersetzung in unserer pluralistischen Gesellschaft aufzunehmen. Er bekennt sich zu einer Universität, die in Freiheit des Forschens und Lehrens der Gesellschaft Anstöße gibt und dadurch am Wandlungsprozeß von Gesellschaft und Staat. teilnimmt. Die Landesregierung wird der Universität die dafür notwendige Autonomie sichern. Sie wird auf Grund ihres verfassungsmäßigen Auftrages Grenzen setzen, wenn sich im Risiko der Freiheit Gefahren einer Entwicklung zeigen sollten, die gegen die Grundordnung unserer Gesellschaft gerichtet sind. ({4}) - Wir haben damit angefangen, indem wir in Bremen aus dem Senat ausgestiegen sind. Nur auf dem Hintergrund dieser Vorstellungen von einer Universität, die in der Gesellschaft selbst und von der Gesellschaft geprägt wird, ist der schwierige Prozeß der Gründung einer Universität in Bremen zu verstehen und gerechtfertigt. Der Senat der Freien Hansestadt Bremen wird auf Grund seiner verfassungsmäßigen Verantwortung mit den ihm zu Gebote stehenden gesetzlichen Mitteln dafür sorgen, daß die durch Grundgesetz und Landesverfassung garantierte Freiheit von Wissenschaft, Forschung und Lehre gesichert wird, ({5}) so daß sich in der Universität Bremen das pluralistische Bild der Gesellschaft widerspiegeln kann. Das sind die Grundsätze, zu denen wir Freien Demokraten uns nach wie vor bekennen können. ({6}) Wir glauben aber, meine Damen und Herren von der Opposition, daß Ihr Antrag untauglich ist, etwa den Nachweis zu führen - oder eine Kontrolle darüber auszuüben -, ob diese Grundsätze im Einzelfall verletzt oder nicht verletzt worden sind. Dafür ist der Senat in Bremen zuständig. Dafür sind die Politiker in Bremen zuständig. Die Debatte, Herr Kollege Müller-Hermann, die Sie hier führen wollen, hätten Sie in Bremen führen können, und Sie haben sie in Bremen geführt. Ich glaube nicht, daß es in Ihrem Debattenbeitrag überzeugend gelungen ist, den Verdacht abzuweisen, daß es Ihnen hier darum geht, einmal diese Geschichte vor einem anderen Forum noch aufzuwärmen, um für den 10. Oktober eine bescheidene Munition zu gewinnen. ({7}) Wir Freien Demokraten - lassen Sie mich das grundsätzlich sagen - halten es für unerläßlich, daß Universitäten, an denen Reformen durchgeführt und zukünftige Arbeitsweisen der Wissenschaften erprobt werden, nicht in den gleichen Fehler verfallen wie viele alte Ordinarien an Universitäten, nämlich wirklich nur eine Lehre und eine Meinung zu dulden. Die Freiheit von Forschung und Lehre muß selbstverständlich auch für Außenseiter innerhalb des pluralistischen Wissenschaftsprogramms gelten, ({8}) ohne daß solche Außenseiter deshalb zum Maßstab der gesamten Entwicklung einer Universität werden dürfen. ({9}) - Der Antrag Ihrer Fraktion, Herr Kollege Müller-Hermann, verkennt unsere Verfassungssituation und die politische Wirklichkeit. Der Bund hat nach dem Hochschulbauförderungsgesetz lediglich Einfluß auf die baulichen Maßnahmen. ({10}) Das wissen Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, genauso wie wir; denn Ihre Parteifreunde aus den von der CDU und der CSU regierten Ländern haben ja auch an der Genehmigung des Bauvorhabens der Universität Bremen im Planungsausschuß nach dem Hochschulbauförderungsgesetz mitgewirkt und diesen baulichen Maßnahmen zugestimmt. ({11}) Die Vorstellung, daß sich ein Bundestagsausschuß mit der Berufungspolitik der einzelnen Hochschulen der Bundesrepublik befassen soll, wäre doch, abgesehen von seiner praktischen Undurchführbarkeit, ein Schlag gegen die Kulturhoheit der Länder, die, wenn ich mich recht erinnere, im Hochschulbereich vor allem von der Fraktion der CDU/CSU zu unserem Leidwesen bedingungslos verteidigt worden ist. Sollten Sie, meine Damen und Herren, die in Ihrem Antrag ausgesprochene Praxis in diesem Hause tatGrüner sächlich einführen wollen - der Antrag deutet darauf hin -, müßten Sie sich schon zu einer Änderung der Verfassung entschließen. Wir sind bereit, mit Ihnen im Ausschuß für Bildung und Wissenschaft diese Frage zu diskutieren. Wir sind auch bereit, Ihnen die Frage zu stellen, ob Sie etwa neuerdings in der Lage wären, unseren seinerzeitigen Anträgen, den Anträgen der Fraktion der Freien Demokraten, zu einer konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes im Hochschulbereich, nunmehr zuzustimmen. ({12}) Dann könnten wir nicht nur die Probleme der Universität Bremen, sondern in einem Aufwaschen auch die der Universität Augsburg ({13}) und gleich auch noch den ganzen Komplex der Probleme des Bildungsgesamtplans in der Bund-LänderPlanungskommission im Sinne des Bildungsberichts der Bundesregierung lösen. Zur weiteren Behandlung des Antrags im Ausschuß schlage ich Ihnen vor, daß wir ihn zum Anlaß nehmen, uns im Ausschuß für Bildung und Wissenschaft mit den Problemen der Universität Bremen einmal an Ort und Stelle und intensiv zu beschäftigen. ({14}) Ich glaube, das wäre für manche Mitglieder dieses Ausschusses sehr informativ und würde manche plakative Vorstellung in ein etwas anderes Licht rücken. Dafür wird sich nach dem 10. Oktober doch sicherlich ein Termin finden lassen, der frei von den Belastungen des Wahlkampfs ist. Wenn wir Ihren Antrag dazu benutzen, uns in diesem Sinne mit den Bremer Problemen zu beschäftigen, dann könnte ich ihm unter diesen Gesichtspunkten einen gewissen Wert nicht absprechen. ({15}) Präsident von Hassel: Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Gölter.

Dr. Georg Gölter (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000698, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich eine kurze Bemerkung zu dem machen, was Herr Dr. Meinecke gesagt hat. Herr Dr. Meinecke, ich möchte mich im Interesse unserer weiteren Beratungen in Sachen Hochschulrahmengesetz auf eine Andeutung beschränken: ich meine, es ist Zeit, daß das, was Sie innerhalb von vier Wänden sagen, gelegentlich auch in der Öffentlichkeit gesagt wird, und zwar von Ihnen und Ihren Kollegen; denn das klingt ja gelegentlich ein bißchen unterschiedlich. Lassen Sie mich einiges in Anknüpfung an meine eigenen Ausführungen sagen, die ich am 10. Februar zum gleichen Antrag, der schon einmal gestellt worden ist, hier gemacht habe. Nicht nur die Länder, sondern auch der Bund, Herr Grüner, müssen davon ausgehen, daß bei Neugründungen die Verfassungsgarantie der Freiheit von Forschung, Lehre und Lernen gewährleistet ist ({0}) und daß Hochschulen nicht zu Zentren einer radikalen politischen, ideologischen Indoktrination werden. Das hat mit Kulturhoheit der Länder überhaupt nichts zu tun. Unsere Verantwortung gegenüber Art. 5 Abs. 3 GG ist nicht damit erschöpft, daß wir sagen: Da gibt es die Länder; die sollen sich darum kümmern; wir haben lediglich die Aufgabe, das Geld zur Verfügung zu stellen. ({1}) Als ich am 10. Februar hier zum erstenmal auf die Problematik des Projektstudiums im Bereich der Naturwissenschaften hinwies - ich habe gewußt, warum ich das getan habe -, ist mir von seiten der sozialdemokratischen Fraktion sehr viel Gelächter entgegengeschallt. Ich erinnere mich sehr wohl an einige Zwischenrufe, von Herrn Professor Schäfer beispielsweise, und an einige sehr laute Zwischenrufe des verehrten Kollegen Hansen. Meine Damen und Herren, die Beschäftigung mit dem Projektstudium, das wir nicht ablehnen und das selbstverständlich notwendig ist, ({2}) hat doch aber gezeigt, daß das Projektstudium in Bremen ausschließlich in einer ganz gefährlichen Verkürzung vorgenommen wird. Lassen Sie mich hier - man muß das nämlich an Hand einiger Zitate belegen - ein Zitat vortragen. Professor Oberschelp hat sich am 13. Juni 1971 zum Projektstudium „Mathematik" geäußert. Mit diesen Dingen muß man sich hier auseinandersetzen, nicht mit allgemeinen, völlig unverbindlichen Erklärungen, wie das Herr Grüner hier in einem Eiertanz getan hat. Ich zitiere: Der letztlich entscheidende Grund für meine Ablehnung liegt vielmehr in der Tatsache, daß die für Bremen konzipierte Idee des Projektstudiums nach meiner Ansicht seit einiger Zeit zu einer Projektideologie perfektioniert wird, die für die Mathematik unannehmbar ist.... Nach meiner Einschätzung der Lage ist es das Ziel der Planungskommission, man muß sich halt einmal die Mühe machen, die leider oft miserabel abgezogenen Papiere durchzuarbeiten; vielleicht sind sie so miserabel abgezogen, damit sich andere beim Durcharbeiten schwertun, ({3}) aber man muß sich einmal die Mühe machen, sie genau durchzulesen, den dann findet man klare Aussagen die Mathematik in Bremen als eine Art Hilfswissenschaft der Gesellschafts- und Naturwissenschaften zu etablieren, welche ihre Fachveranstaltungen vor Vertretern anderer Fächer in unsachgemäßer Weise als gesellschaftlich relevant rechtfertigen muß. Präsident von Hassel: Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Raffert?

Dr. Georg Gölter (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000698, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich möchte das Zitat gerne beenden. Ich kann die erweiterte Sprachregelung, nach der das Aufdecken bisher unbekannter Zusammenhänge zwischen der Entwicklung der Mathematik und gesellschaftlichen Prozessen als mathematische Forschung im weiteren Sinne bezeichnet wird, nicht billigen. Meine Damen und Herren, es hat einmal - das muß hier noch einmal gesagt werden - eine deutsche Mathematik gegeben. Wenn aber in den Papieren der Planungskommission von sozialistischer Mathematik die Rede ist, muß ganz einfach unter dem Gesichtspunkt von Art. 5 Abs. 3 des Grundgesetzes dazu Stellung genommen werden. Man kann sich um diese Frage nicht herumdrücken. Bitte, Herr Kollege Raffert!

Joachim Raffert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001765, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Gölter, Sie haben sich über die schlechte Lesbarkeit der abgezogenen Papiere beklagt. Haben Sie einmal Gelegenheit genommen, sich die Sache etwas einfacher zu machen, nach Bremen zu fahren und mit den Verfassern dieser Papiere zu diskutieren, und können Sie mir sagen, ob jemand aus Ihrer Fraktion - z. B. Herr Dr. Müller-Hermann - das jemals getan hat?

Dr. Georg Gölter (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000698, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Raffert, unsere Kollegen in Bremen haben sich mit diesen Fragen sehr intensiv beschäftigt. Wir stehen mit den Kollegen in einem ganz engen Gedankenaustausch. Wir werden über die Ankündigung von Herrn Grüner im Ausschuß zu reden haben. Wir werden dabei -- ich kann hier für meine Fraktion, für meine Kollegen keine Stellungnahme abgeben - auch darüber zu reden haben, ob vor einem Gespräch mit Herrn Rektor von der Vring seine diesbezügliche Aussage, von der sich die Bundesregierung ja dankenswerterweise distanziert hat, nicht auch uns gegenüber zurückgenommen werden muß. Dies nur als Ankündigung. ({0}) - Herr Wichert, lassen Sie mich ganz kurz noch einige Ausführungen zu dem Artikel machen, den Ihr Kollege Lohmar - ich bedauere, daß er nicht da ist - am 10. Juni in der „Neuen Westfälischen" veröffentlicht hat. In diesem Artikel tröstet Herr Kollege Lohmar die interessierte Öffentlichkeit. Er sagt, daß wenige Kommunisten unter den in Bremen Berufenen seien. Aber auch Herr Lohmar gibt in diesem Artikel zu, daß die Bremer Hochschullehrer die Hochschule als einen Stoßtrupp der radikalen Gesellschaftsreform verstehen. Auch Herr Lohmar sagt, daß der daraus abgeleitete Autonomieanspruch - ich zitiere Herrn Lohmar; Sie sollten diesen Artikel alle einmal lesen, sofern Sie ihn noch nicht gelesen haben - nicht akzeptiert werden könne, wenn auch das Reformkonzept an sich vernünftig sei. Meine Damen und Herren, wenn man soweit ist, mit dem berühmten „an sich" zu argumentieren, kommt man sehr leicht in den Verdacht, daß das zu einer intellektuellen Vor-, Zurück- und Beiseitehüpferei wird. Meine Damen und Herren, lassen Sie mich in diesem Zusammenhang noch einen Satz zu diesem Artikel sagen. Herr Lohmar sagt, die Bremer Hochschule könnte eines Tages eine sehr wertvolle Rolle innerhalb eines lebendigen ideologischen Koexistenzkampfes spielen. Ich zitiere ihn nun wörtlich: ..., vorausgesetzt die ideologische Eindeutigkeit verengt sich nicht zur politischen Einseitigkeit und das politische Engagement überlagert nicht die grundlegenden Fundamente wissenschaftlichen Denkens und Arbeitens. Meine Damen und Herren, ich finde, das ist ein sehr interessanter und auch sehr wichtiger Satz. Mich hat gewundert, daß Herr Professor Lohmar übersieht, daß ideologische Eindeutigkeit im wissenschaftlichen Bereich in diesem Jahrhundert noch immer - das können Sie genau untersuchen - zu einer radikalen politischen Einseitigkeit geworden ist. Und genau das ist der Punkt, gegen den wir uns wehren: gegen die ideologische Eindeutigkeit, die dann eben zur politischen Einseitigkeit werden muß und die nicht nur den Methodenpluralismus, sondern auch den Wissenschaftspluralismus ablehnt. Präsident von Hassel: Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Moersch?

Karl Moersch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001526, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Kollege Dr. Gölter, sind Sie bereit, das, was Sie soeben hier als Maßstab genannt haben, auch als Maßstab anzulegen an die Bereiche, in denen Ihre Parteifreunde oder vielmehr die Ihnen nahestehende CSU die Hochschul- und Wissenschaftspolitik bestimmt und die Berufungspraxis in Bayern bestimmt hat? ({0})

Dr. Georg Gölter (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000698, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Entschuldigen Sie, Herr Kollege Moersch, ich habe mich hier für den Wissenschaftspluralismus und den Methodenpluralismus ausgesprochen, ({0}) und das gehört zu den Grundaussagen der CSU ({1}) genauso wie der CDU. Da kann ich Sie nur auffordern, die entsprechenden Programme durchzulesen. Meine Damen und Herren, es wäre jetzt in der Tat sehr reizvoll, hier einmal sehr ausführlich entsprechende Zitate von Professoren und Dozenten vorzutragen, die in Bremen auf Lebenszeit berufen worden sind. Lassen Sie mich ein Zitat eines Assistenten aus der Planungskommission „Lehrerbildung", eines hauptamtlichen Planers, bringen: Wer aber keine Untertanen, keine angepaßten Konsumenten erziehen will, der kann unter den gegenwärtigen Bedingungen nur noch Partisanen erziehen, die die Veränderung innerhalb des Bestehenden vorantreiben. Dieses Zitat stammt von Herrn Kerbs, einem Assistenten im Bereich der Lehrerbildung. Lassen Sie mich ein sehr interessantes Zitat von Herrn Professor Gottschalch hinzufügen. - Dazu muß irgendwo auch noch etwas gesagt werden, Herr Grüner, weil schließlich Ihre Bremer Parteifreunde in diesen Dingen etwas anderer Meinung sind. - Ich zitiere: Wenn ich auch nicht sicher bin, ob eine rätedemokratische Organisation der Gesellschaft funktionieren wird, so zweifele ich doch nicht daran, daß sie - sozialistische Produktionsverhältnisse vorausgesetzt - funktionieren kann ... Eigentliches Problem der Rätedemokratie ist nicht ihr Organisationsprinzip, sondern die Frage, wie die ökonomischen Voraussetzungen für das Funktionieren der Rätedemokratie, sozialistische Produktionsverhältnisse also, geschaffen werden können. Diese Transformation der kapitalistischen Gesellschaftsordnung in eine sozialistische wird nur auf dem Wege der Selbstorganisation und Selbstbetätigung der Massen möglich sein. Lassen Sie mich ein weiteres Zitat eines Mannes anführen, der in Bremen hauptamtlich angestellt werden sollte. Es stammt aus einer Schrift, die Herr Ulrich K. Preuss zusammen mit Horst Mahler herausgegeben hat. Herr Preuss sollte als hauptamtlicher Professor auf Lebenszeit berufen werden. In dieser Schrift heißt es: Wir führen diese Kampagne, nicht weil wir eine isolierte Berlin-Politik betreiben, weil wir irgendwelche Berlin-Modelle vertreten, möglicherweise unter der Oberherrschaft der Alliierten, im Wege eines superbürokratischen Arrangements der vier oder drei Mächte, einschließlich der Marionetten in Bonn und Berlin, sondern die juristisch von uns aufgeworfene Frage beinhaltet die politische Frage, wie wir die schwache Stelle, die Berlin im sozialökonomischen System der Bundesrepublik und der gesamten westdeutschen, imperialistischen Politik darstellt, ausnutzen für unseren Kampf. Und daher bedeutet das für unsere nächsten Aktionen: Es ist selbstverständlich, daß unsere Aktionen überhaupt nur dann einen Sinn haben, wenn wir die Verbindung mit der Bundeswehrkampagne in der Bundesrepublik finden. ({2}) Meine Damen und Herren, wir werden beobachten, ob dieser Herr letztlich angestellt wird. - Herr Kollege Wehner, wir werden das beobachten. Wir wissen, daß Herr Gottschalch angestellt worden ist. Ich kann mir nicht vorstellen, daß die sozialdemokratische Fraktion die Anstellung von Herrn Gottschalch angesichts dessen, was zitatmäßig belegt werden kann, billigt. Meine Damen und Herren von der SPD, wir sollten doch auch einmal zur Kenntnis nehmen, daß es in Ihren eigenen Reihen Leute gibt, die diesbezüglich Bauchweh haben und die diese Entwicklung nicht billigen. - Herr Kollege Sperling, ich bedanke mich dafür, daß Sie zustimmen, wenn ich sage, daß es auch bei Ihnen Leute gibt, die das genauso sehen wir wir, und daß es eben darauf ankommt, unsererseits deutlich zu machen: wir wollen nicht die Universität Bremen verzögern, wir wollen sie nicht verhindern, sondern wir wollen lediglich darauf hinwirken, daß das, was ich vorhin dargestellt habe, daß der Wissenschaftspluralismus und der Methodenpluralismus gewährleistet ist. Es ist nicht länger damit getan, kritische, den Sozialdemokraten und hier in Bonn den Freien Demokraten unangenehme Tatbestände, unangenehme Papiere als lediglich vorläufiges, als unverbindliches, als unqualifiziertes Produkt einiger Übereifriger, aber dennoch löblich Engagierter zu bezeichnen. Das Undemokratische, das Autoritäre der unter dem Vorzeichen der Autonomie betriebenen „Demokratisierung" in Bremen sehen wir darin, daß die Betroffenen, die Gesellschaft, die Studierenden wie die demokratisch legitimierten politischen Repräsentanten vom Zustandekommen der jeweiligen Entscheidungen ausgeschlossen werden. Am Problem der Autonomie zeigt sich in Bremen der gesellschaftsfeindliche und elitäre Charakter der von der Linken betriebenen Politik. Die angeblich so demokratisierte Wissenschaft wendet sich in Bremen gegen die Ansprüche der demokratischen Öffentlichkeit, weil das Interesse der demokratischen Öffentlichkeit ja nichts anderes als ein manipuliertes sein kann. Das läßt sich aus den theoretischen Äußerungen vieler in Bremen mittlerweile hauptamtlich Angestellter klipp und klar nachweisen. Der Verein der Besitzer der reinen Lehre, Herr Kollege Hansen, löst als demokratisches Subjekt die Gesamtgesellschaft und ihre legitimierten Repräsentanten ab. Ich glaube, daß sich das doch mittlerweile gezeigt hat. Das ist in Bremen ein Prozeß, der in der neomarxistischen Theorie vorweggenommen worden ist durch die Ablösung des Proletariats durch die Intellektuellen. Das läßt sich im ganzen Neomarxismus übereinstimmend als Ergebnis nachlesen. Genau das wird in Bremen derzeit vollzogen, die Ablösung des Proletariats durch die Intellektuellen, die das Interesse der Öffentlichkeit ablehnen müssen, weil dieses Interesse zwangsläufig manipuliert sein muß. Meine Damen und Herren, der Gründung in Bremen liegt kein offenes wissenschaftliches Konzept zugrunde. Der Gründungsprozeß, die gesamte Plannung geht von fixen Vorstellungen über die Natur dieser Gesellschaft aus. Das Projektstudium ist nichts anderes als das Vehikel zur Herstellung des diesen Vorstellungen entsprechenden Bewußtseins. Lassen Sie mich zitieren: Die Universität Bremen ist nicht auf dem Wege zu einer Reformuniversität mit maximaler Wissensvermittlung, die maximale Leistungen der hier ausgebildeten Studenten für die Gesellschaft ermöglicht, sondern entwickelt sich zu einer mit dem Begriff „Reformuniversität" verteidigten ideologischen Anstalt für Weltverbesserer. Dieses letzte Zitat, meine Damen und Herren, ist unterschrieben von den drei Freien Demokratischen Senatoren des Bremer Senats. Ich kann das für meine Fraktion nur voll und ganz unterstützen. ({3}) Präsident von Hassel: Das Wort hat der Senatspräsident der Freien Hansestadt Bremen, Herr Bürgermeister Koschnick.

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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe das Vergnügen, zum erstenmal vor diesem Hohen Hause zu sprechen. Es ist sozusagen die Jungfernrede. ({0}) Doch ich halte das für angemessen. Auch die Universität in Bremen ist ja noch im jungfräulichen Zustand. Lassen Sie mich mit einigen wenigen Worten auf die Argumente eingehen, die hier von seiten der CDU/CSU, allerdings auch von seiten der FDP und der SPD vorgetragen worden sind. Ich darf vor diesem Hohen Hause noch einmal im Namen des Senats der Freien Hansestadt Bremen das wiederholen, was der Gesamtsenat zur Entwicklung der Universität in Bremen am 7. Juli 1970 in bezug auf die Sicherung von Wissenschaft, Lehre und Forschung in Freiheit und in Gewährleistung pluralistischer Vielfalt gesagt hat und was der Senat am 2. September 1970 vor der bremischen Bürgerschaft als Erklärung zum Universitätserrichtungsgesetz noch einmal bekräftigt hat. Wenn ich hier von Senat spreche, meine ich - zur Klarstellung - den alten Koalitionssenat. Diese Erklärungen, diese Dokumentationen liegen allen Abgeordneten dieses Hauses vor. Ich brauche sie hier nicht zu verlesen. Ich mache aber darauf aufmerksam, daß auch im Kreise der Ministerpräsidenten der Länder am 11. März 1971 ein einstimmiges Votum zugunsten der Finanzierung der Bremer Universität abgegeben worden ist. Alle Länder waren bereit, für den Ausbau und für die laufenden Kosten der Bremer Universität entsprechend früheren Zusagen in einem bestimmten Umfang finanzielle Hilfen zu gewähren. Ich habe an diesem 11. März 1971 vor dem Kreis der Ministerpräsidenten folgende Erklärung abgegeben, zu der ich auch heute noch vollinhaltlich stehe. Ich habe da erklärt: Für den Senat der Freien Hansestadt Bremen darf ich auf die den Ministerpräsidenten der Länder zugegangene Senatserklärung vom 7. Juli 1970 besonders verweisen und Ihnen noch einmal ausdrücklich versichern, daß der Senat der Freien Hansestadt Bremen garantiert, daß die Bremische Universität in Forschung und wissenschaftlicher Lehre den Grundgesetzerfordernissen gemäß frei sein wird und nicht, wie einige Kritiker befürchten, eine Ausrichtung auf eine Kaderuniversität erfährt. Bei der Errichtung der Universität Bremen geht der Senat der Freien Hansestadt Bremen von der für ihn selbstverständlichen Voraussetzung aus, daß die Grundsätze der deutschen Hochschulentwicklung, wie sie in der Rahmenkonzeption des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft festgelegt sind, beachtet werden. Auch sollen die Leistungsgrundsätze und die Bewertung des Studiums an der Universität Bremen den Vergleichsmaßstäben anderer deutscher Hochschulen entsprechen, um sicherzustellen, daß ein Absolvent der Bremer Universität hinsichtlich der Anerkennung und Würdigung seines Studiums keine Nachteile gegenüber den Absolventen anderer Hochschulen erfährt. Im übrigen kann ich Ihnen mitteilen, daß ich in dieser Angelegenheit bereits im Dezember letzten Jahres Herrn Kollegen Dr. Filbinger angeschrieben und mich dabei auch persönlich für eine freiheitlich-demokratische Entwicklung der Bremer Universität verbürgt habe. Dazu stehe ich auch heute. Solange ich Präsident des Senats der Freien Hansestadt Bremen bin, wird die wissenschaftliche Pluralität und die Pluralität gesellschaftspolitischer Auffassungen Bestandteil der Bremer Hochschulkonzeption bleiben. ({1}) Es gibt keinen Grund, meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Erklärung zu bezweifeln. ({2}) Da Sie, sehr geehrter Herr Kollege Müller-Hermann, vorhin extra erwähnt haben, daß Sie allgemeine grundsätzliche, wichtige Besorgnisse hätten, die nicht im Zusammenhang mit der Bremer Wahl stehen, sollten wir unseren Bremer Wahltag in Bremen abhalten und hier zu den wichtigen grundsätzlichen Fragen Stellung nehmen. ({3}) Die Herren CDU-Ministerpräsidenten, vier an der Zahl, haben mir am 9. Juli 1971 mitgeteilt, daß sie sich außerstande sähen, dem am 11. März 1971 zugesagten Abkommen beizutreten. Das Land Baden-Württemberg hat keine Entscheidung abgegeben, es ist noch in der Prüfung. Ich habe den Herren Kollegen erklärt, daß ich ihre Haltung verstehe; denn nachdem die Landtagsfraktionen der CDU CSU auf Wunsch der Bremischen CDU-Bürgerschaftsfraktion beschlossen hatten, in den Landtagen eine Ratifizierung dieses Abkommens nicht zu unterstützen, wäre es eine unziemliche Forderung gewesen, von den Ministerpräsidenten zu verlangen, daß sie unterschreiben, während ihre eigenen Fraktionen nicht mitmachen. Hier richtet sich meine Kritik nur an die Bremer Bürgerschaftsfraktion der CDU und an keine andere. ({4}) Ich könnte auch nicht unterschreiben, wenn ich wüßte, daß ich in meiner Bremischen Bürgerschaft keine Mehrheit für eine Ratifizierung bekommen würde. Insofern sollten wir die Dinge also nicht auf die Kollegen Ministerpräsidenten und -ich bin fair Senatspräsident Koschnick genug, das zu sagen - auf die Landtagsfraktionen der CDU/CSU schieben. ({5}) - Sehr verehrter Herr Kollege, auch die Kollegen der CDU üben berechtigterweise Wahlhilfe für Bremen. Das kann ich verstehen. Wir sind taktisch genug veranlagt, um das noch zu begreifen. ({6}) - Das sagen meine Kollegen jedenfalls vertraulich nicht, was sie hier offiziell deklarieren. Ich erkläre noch einmal: nicht nur die Pluralität wird gesichert, nicht nur die wissenschaftliche Forschung und Freiheit soll gesichert sein, wir wollen insbesondere in Bremen sicherstellen, daß eine Rahmenkonzeption des Bundes nicht nur für Bremen verbindlich wird - aber vor allem für Bremen -, weil wir einfach meinen, daß mit den Zeiten von Serenissirmus Schluß gemacht werden muß, wo jeder Ministerpräsident eine Universiät nach eigenem Gusto aufbauen kann. Universitätsfragen sind wirklich Fragen der gesamten Nation. ({7}) Und nun zum Inhalt der Universitätsreform! Wir glauben, daß es notwendig ist, auch in Abkehr von den alten gewachsenen Universitäten, auch in Abkehr von Überlegungen von Humboldt oder Heimpel neue Bezüge für den Studenten und den Hochschullehrer in der deutschen Hochschullandschaft zu ermöglichen. Wir möchten in Bremen sicherstellen, daß die Ausbildung, die wissenschaftliche Forschung und Lehre an der Bremer Universität berufsbezogen sind, Bereitschaft zur Arbeit in kleinen Gruppen aufweisen, daß wir mit neuen Gruppenmethoden und neuer Hochschuldidaktik versuchen, besser als in der Vergangenheit die Probleme der Lehre und nicht nur der Forschung und Wissenschaft zu sehen. Wir möchten versuchen, daß überall da, wo es geht, projektbezogen eine integrierte Hochschulausbildung stattfindet - ich sage bewußt: da, wo es geht; ich glaube nicht, daß es in allen Bereichen gehen wird -, und wir möchten die Einheit der Hochschullehrer und keine Ordinarien- und Institutsvorherrschaft. ({8}) Das sind die Inhalte unserer Universität. Wir erklären ausdrücklich in allen Berufungen, daß jeder Hochschullehrer völlig frei ist in der Ausformung seiner Hochschularbeit, und zwar sowohl in Lehre wie in Forschung. Die einzige Voraussetzung, die wir fordern und die wir auch innerhalb einer Hochschulkonzeption mit einer bewußten Betonung der Kooperation meinen vertreten zu können - die Zeiten der einsamen Forscher und Lehrer sollten nach meiner Meinung an allen Universitäten vorbei sein, die Kooperation sollte Inhalt hochschulmäßiger Arbeit werden -, ({9}) die einzige Voraussetzung, die wir an die Hochschullehrer, die zu uns kommen, richten, ist, daß sie die Bereitschaft mitbringen, ernsthaft an neuen Formen und neuen Methoden mitzuarbeiten und zu prüfen, ob in ihren Disziplinen, ob in ihren Fachbereichen projektbezogen und übergreifend in mehreren Disziplinen gearbeitet werden kann. Wir wissen schon heute, maß manche Überlegungen junger Planer nicht in die Realität umgesetzt werden können, weil es Bereiche gibt, in denen die projektbezogene Arbeit einfach nicht möglich sein wird. Die Hochschullehrer, die wir berufen haben, arbeiten heute mit den Planern daran, hier die genauen Abgrenzungen vorzunehmen. Darunter verstehe ich offene wissenschaftliche Arbeit an der Universität. Zur Personalpolitik, die ja am kritischsten betrachtet wird! Da haben wir als Senat gesagt: Wir wollen die pluralistische Entscheidung gewährleisten. ({10}) Und wir haben erklärt: Wir wollen sicherstellen, daß gesellschaftspolitische Vielfalt auch im Universitäts-Lehrkörper nicht nur möglich, sondern auch gesichert sein wird. Wir wissen, daß bei den Ansprüchen der Bremer Universität eine bestimmte Zahl von Hochschullehrern nicht kommen wird. Das sind die Hochschullehrer, die diese projektbezogene Arbeit nicht als für sich angemessen betrachten. Sie werden sich nicht bewerben. Aber im Rahmen der Reformbereiten versuchen wir, den Spannbogen aller gesellschaftspolitischen, aller wissenschaftlich-theoretischen Erkenntnisse zu öffnen -mitunter auch gegen den Gründungssenat der Universität oder seine Berufungskommission. Daß das so möglich ist, beweist die Erklärung der FDP, und zwar des Landesvorstandes und der Bürgerschaftsfraktion, vom 4. Mai 1971, in der sie sich ausdrücklich hinter den Bremer Senat gestellt hat, nachdem dieser am 20. April dieses Jahres eine Reihe von Hochschullehrern deshalb nicht berufen hatte, weil sie in der Gesamtgewichtung nicht mehr ausgewogene Pluralität sicherstellen würden. Wir haben hier nicht gesagt: der Wissenschaftler ist wissenschaftlich minder qualifiziert, wir haben nicht gesagt: wir haben Verfassungsbedenken gegen ihn, sondern wir wollten sicherstellen, daß auch eine ausgewogene pluralistische Vielfalt im Hochschullehrkörper vorhanden sein wird. Diese Entscheidung des Senats - noch gemeinsam getroffen -ist von der Bremer FDP in all ihren Gliederungen ausdrücklich als eine gemeinsame Leistung von SPD und FDP dargestellt und gegenüber der Kritik der Wissenschaft verteidigt worden. ({11}) - Natürlich! Aber verzeihen Sie, Herr Müller-Hermann, in den acht Jahren, in denen Sie in der Koalition waren, haben Sie auch anders gesprochen als heute hier. ({12}) Senatspräsident Koschnick - Das gebe ich zu. Damals hatten wir noch nicht einmal gegründet. ({13}) - Die CDU ist früher ausgeschieden, bevor wir anfingen zu gründen; denn das war für sie immer ein wackeliges Geschäft. ({14}) Ich darf darauf aufmerksam machen, meine sehr verehrten Damen und Herren, daß wir wegen unserer Personalentscheidungen ja nicht nur die Kritik der CDU erfahren haben - das hätte ich ja gern ertragen -, daß wir auch nicht nur berechtigte Kritik der Freien Demokraten erfahren haben - die ertrage ich weniger gern, aber ich ertrage sie -, sondern daß wir insbesondere angegriffen worden sind von der Westdeutschen Rektorenkonferenz. Sie, meine Damen und Herren hier im Bundestag, wissen, daß die Westdeutsche Rektorenkonferenz den Bremer Senat wegen seiner Entscheidung vom 20. April 1971 heftigst angegriffen hat, und zwar unter dem 18. Mai 1971 und am 7./8. Juni noch einmal. Die Westdeutsche Rektorenkonferenz hat am 7./8. Juni folgendes zur Bremer Universität erklärt: Das 89. Plenum der Westdeutschen Rektorenkonferenz hat die Antwort des Präsidenten des Senats ... auf die Frage des 88. Plenums . zum Berufungsverfahren an der Universität Bremen zur Kenntnis genommen. Die Westdeutsche Rektorenkonferenz stellt fest, daß ihre Sorge über die Berufungspolitik des Senats der Freien Hansestadt Bremen durch den Inhalt des Schreibens nicht behoben ist. Die Bedenken beziehen sich darauf, daß Berufungen von Wissenschaftlern, deren Qualifikation vom Gründungssenat geprüft worden ist, aus politischen Erwägungen abgelehnt worden sind, obwohl die Verfassungstreue - ebenso wie die wissenschaftliche Qualifikation - der Bewerber ausdrücklich nicht bezweifelt werden. Die Westdeutsche Rektorenkonferenz sieht hierin einen schwerwiegenden Eingriff in die Verantwortung der Hochschulen für Berufungen nach wissenschaftlichen Kriterien. Wir haben den Rektoren erklärt: Wir werden auch morgen neben der wissenschaftlichen Qualifizierung ebenso prüfen, ob es ein ausgewogenes Verhältnis unterschiedlicher Meinungen in Bremen gibt. Haben wir Sorge, daß dies nicht sichergestellt ist, dann werden wir Hochschullehrer nicht berufen, trotz des Protestes der Rektoren. ({15}) Und so kriege ich vielleicht meinen geziemenden Teil Prügel von der CDU/CSU auf der einen Seite, von der Westdeutschen Rektorenkonferenz auf der anderen Seite und insbesondere von den Kommunisten, deren Hauptgegner ich geworden bin. ({16}) Kurzum, ich trage also mein Päckchen, glaube aber, wenn ich von so vielen Seiten angegriffen worden bin, muß auch etwas Gutes dabei sein. Sonst könnte man gar nicht so gezielt darauflostrommeln. ({17}) - Nein, wissen Sie, wir Reformierten sehen uns nicht ganz so eng wie andere Glaubensgenossen in Deutschland. ({18}) Die Westdeutsche Rektorenkonferenz hat aus Pressemeldungen - ({19}) ! - Mein Gott, geht das schon wieder los mit dem Konfessionsproporz bei der CDU! Da brauche ich nur zu sagen, ich sei reformiert, und schon genieße ich Ansehen! Von den Argumenten wird gar nicht gesprochen. ({20}) Die Westdeutsche Rektorenkonferenz hat am gleichen Tage den für sie bestürzenden Eindruck gewonnen, daß in diesem Zusammenhang einige Länder das Finanzierungsabkommen über die Universität Bremen und damit deren Existenz erneut in Frage gestellt haben. Die Westdeutsche Rektorenkonferenz hat damals an die Ministerpräsidenten und an die Parlamente der Länder appelliert, durch beschleunigte Ratifizierung des Abkommens die Finanzierung sicherzustellen. „Die Verwirklichung der Vereinbarung" - so sagte sie damals „darf nicht unter wissenschaftsfremde Bedingungen gestellt werden". Mein Gott, was würden die heute wohl sagen nach dem, was wir hier gehört haben! ({21}) Und nun auch ein paar kritische Bemerkungen! Es ist ja nicht so, daß alles in Bremen glanzvoll ist, es ist nicht so, daß wir in lauten Jubel ausbrechen könnten. Auch wir haben unsere Sorgen, jawohl, auch wir haben sie, auch zur Personalpolitik! Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, heute melden sich junge Wissenschaftler als Assistenzprofessoren. Diese jungen Assistenten haben 1967, 1968 in der Universitätsreform gestanden, in der kritischen Auseinandersetzung, und haben auch manchmal etwas gesagt, was sie nach meiner Meinung heute nicht mehr unterschreiben würden. Ich gebe allerdings zu: als ich 25 Jahre alt war, habe ich auch einiges mehr gesagt, als ich heute unterschreiben würde! Ein bißchen wächst auch bei uns mit zunehmendem Alter, mit zunehmender Verantwortung die Vernunft nach. Wenn das allerdings so ist, meine sehr verehrten Damen und Herren, bitte ich, das für alle gelten zu lassen und nicht zu prüfen: Was hat der eine oder andere früher einmal in der Vergangenheit gesagt? Senatspräsident Koschnick Wir alle haben hier und da irgendwo einen wunden Punkt. ({22}) - Verzeihen Sie, Herr Müller-Hermann, lassen Sie mich auch einmal ausreden. Der eine wühlt in den Unterlagen des Jahres 1965, - da war jemand 27 Jahre alt -, ist aber höchst pikiert, wenn man ihn fragt: Was hast du eigentlich mit 27 Jahren gesagt und geschrieben? Der eine hat hier seine Sorgen, der andere da! Lieber Herr Müller-Hermann, gerade weil Sie mich ansprechen, habe ich da ein wunderschönes Argument! ({23}) - Ich bagatellisiere gar nicht. ({24}) - Wollen Sie bitte noch einmal zuhören, lieber Kollege Müller-Hermann! ({25}) - Ich komme ja gerade dazu; Herr Müller-Hermann ist für mich ein sachlicher Faktor. ({26}) - Für Sie nicht? Gut! ({27}) - Meine Damen und Herren von der CDU, schimpfen Sie doch nicht! Mindestens hier in Bonn arbeitet er doch gut. ({28}) - Ich möchte eine einzige Bemerkung machen, lieber Herr Müller-Hermann, um auf die Vergangenheit zurückzukommen: Können Sie sich eigentlich noch entsinnen, welche Fraktion der Bremischen Bürgerschaft im Mai 1949 den Bremer Senat am stärksten beharkte, daß wir schon damals wieder ehemalige Pg's einstellten? Das war ein Antrag der CDU-Bürgerschaftsfraktion, unterschrieben vom Fraktionsvorsitzenden Müller-Hermann. ({29}) - Das ist im Jahre 1949 gewesen. Heute würden Sie das auch nicht mehr unterschreiben. Geben wir doch zu, daß wir uns alle einmal im Laufe der Zeit irren können. Mehr will ich doch gar nicht damit sagen, Herr Kollege Müller-Hermann. ({30}) - Ich möchte noch einmal sagen: Fragen wir doch nicht nach gestern, fragen wir vielmehr, was Sie heute tun, und zwar ganz konkret! ({31}) - Ja, auch von morgen! Einverstanden! Jetzt spreche ich von Herrn von der Vring. Meine sehr verehrten Damen und Herren, es genügt nicht, Herrn von der Vring wegen seiner früheren Juso-Mitgliedschaft zu verteufeln. Es genügt nicht, zu sagen, er habe damals etwas geschrieben, was auch von mir übrigens durchaus nicht unterstrichen wird. Aber alle, die mit ihm arbeiten - auch in Bremen - wissen, daß er in außerordentlichem Maße kooperativ und mit dem Senat zu arbeiten bereit ist und insbesondere die Vorstellungen des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung durchsetzen möchte. Davon wird hier kein Wort gesagt. ({32}) Ich bitte bei aller Kritik, die ich einräume, diese Fairneß doch auch ihm gegenüber aufzubringen. ({33}) Das zweite Thema ist Gottschalch. Das haben Sie zu Recht angesprochen, und ich werde zum Schluß in meinen Ausführungen über die Koalitionskrise noch einmal darauf zurückkommen. Ich glaube, daß auch das, was Herr Gottschalch im Jahre 1967 in Berlin gesagt hat, von mir nicht unterschrieben werden kann. Ganz im Gegenteil! Ich habe gegen eine Reihe von Passagen ganz erhebliche Bedenken. ({34}) - Nein, ich habe tatsächlich ganz erhebliche Bedenken. Aber ich meine auch, daß die Frage, ob jemand wissenschaftlich qualifiziert ist, ob er auf dem Boden des Grundgesetzes steht und ob er bereit ist, an der Neuordnung einer demokratischen Gesellschaft konkret mitzuarbeiten, auch danach beurteilt werden muß, was sein Dienstherr sagt. Der Berliner Senator für Wissenschaft und Forschung hat uns ausdrücklich bestätigt, daß alle Vorwürfe disziplinarrechtlicher und strafrechtlicher Art gegen Gottschalch gegenstandslos geworden sind und Gottschalch alle Prozesse gewonnen hat. Auch das, so meine ich, sollte im Rechtsstaat einmal gesagt werden. Nun komme ich zum Fall Holzer. Da wird man angegriffen, weil man ein Mitglied einer Partei, die nicht verboten ist, nicht berufen hat. Für uns in Bremen gibt es keinen Fall Holzer. Wir stellen in den gesamten öffentlichen Dienst des Landes Bremen und der Stadtgemeinde Bremen keine Mitglieder der DKP ein, weil wir aus den bitteren Erfahrungen zwischen 1919 und 1933 wissen, daß sich eine Demokratie vorher streitbar zu verhalten hat, um nicht nachher Schaden zu leiden. Und wenn uns das als Verfassungsbruch vorgeworfen wird, bin ich bereit, diesen Fall bis zur dritten Instanz im Rechtswege durchzustehen, und ich glaube, Bremen wird bestehen können. ({35}) Senatspräsident Koschnick Das ändert aber nichts daran, daß ich jedem einräume, eine eigene Meinung zu haben. Er kann völlig anders denken als wir. Nur eines möchte ich nicht: Ich möchte keine besoldeten Revolutionäre haben, die Versorgungsanspruch haben und den Staat umwälzen wollen. Da ändert sich unsere Haltung, da sagen wir nein, und dabei bleiben wir! Jetzt fragt man sich: Was habt ihr eigentlich getan? Nun, meine sehr geehrten Damen und Herren, im Jahre 1967 ist der erste Gründungssenat der Universität Bremen geplatzt. Das bedauern wir. Er ist ist geplatzt, weil damals der Senat von Bremen für sich in Anspruch genommen hat, die Dienstherrenfähigkeit zu behalten und ein Mindestmaß an Einwirkung auf die Universitätsautonomie sicherzustellen. Damals hat die CDU uns vorgeworfen, wir wollten politischen Einfluß auf die Universität nehmen. Beim jetzigen Errichtungsgesetz haben wir das gleiche Maß an Einflußmöglichkeiten wie 1967 gefordert. Wir stellen ein, und wir haben ein Mindestmaß an Möglichkeit der Einwirkung auf die Autonomie. Heute wirft die CDU uns wegen der gleichen Regelungen vor, wir würden diese Universität wildgewordenen Professoren ausliefern. Das ist die gleiche CDU, wie wir sie nun in Bremen Jahr für Jahr erleben. ({36}) Nun komme ich zum Unerfreulichsten, zu dem für mich Unerfreulichsten, nämlich zur Koalitionskrise. Ich sage an dieser Stelle, daß ich es außerordentlich bedaure, daß an der Berufung eines Hochschullehrers eine gute Koalition, die in Bremen mehr als 24 Jahre Bestand hatte, zerbrochen ist. Ich erkläre noch einmal: Hätten wir diese Krise gesehen, wäre ganz sicher diese Koalition nicht zerbrochen. An einem Professor hätten wir diese Koalition nicht scheitern lassen. Wir haben es nicht gesehen, und heute müssen wir mit den Problemen fertig werden. ({37}) - Lieber Herr Müller-Hermann, Sie können das nachprüfen. Sie werden hier kaum einen finden, dem Sie weismachen können, ich hätte die Krise gewollt. - Meine Hoffnung ist, daß wir im Abklingen des Wahlkampfes zu Sachgesprächen mit allen demokratischen Parteien in der Bürgerschaft kommen werden. Ich hoffe, daß es mit einer wirklich eine Kooperation auch nach dem 11. Oktober geben kann. Es wird wahrscheinlich noch nicht die CDU sein. ({38}) - Lieber Herr Katzer, „noch" heißt, daß man in einer Demokratie nie „nie" sagen soll. ({39}) - Lieber Herr Müller-Hermann, hören Sie bitte zu. Außerdem glaube ich - das sage ich auch in Anspielung auf die gestrige Debatte -: Noch haben wir im demokratischen Staat - quer durch alle demokratischen Parteien noch mehr gemeinsam, als uns trennt, was sich gemeinsam zu verteidigen lohnt. ({40}) - Das brauche ich Herrn Wehner nicht zu sagen. Er weiß das. Die Frage ist, ob das bei Ihnen einige vergessen haben. Das weiß ich nicht. Deswegen erinnere ich daran. Nun lassen Sie mich noch einen letzten Satz zur Bremer Hochschule selbst sagen. Wir haben mit dem Mut zum Risiko gewagt, ein neues Hochschulmodell anzubieten. Wir können nicht garantieren, daß dieses Modell so gut wird, wie es sich unsere Reformer vorstellen. Aber es wird wesentlich besser sein, als die Pessimisten glauben. Wir sind bereit, dieses Wagnis zu tragen. Wir sind aber auch, wenn wir feststellen, daß dieses Risiko unangemessen groß ist, bereit, mit den Möglichkeiten der Gesetzgebung, der Verfassung und des staatlichen Eingriffs die entsprechenden Rechtsregelung en zu schaffen. ({41}) Präsident von Hassel: Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Martin.

Dr. Berthold Martin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001426, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist notwendig, einige Dinge klar- oder richtigzustellen. Herr Grüner und die SPD haben beklagt, daß die Bremer Universität zum Wahlkampfthema gemacht worden sei. Aber nicht wir haben dieses Thema zum Wahlkampfthema gemacht, sondern die FDP in Bremen, und zwar durch ihren Austritt aus der Koalition. ({0}) Mit haarscharfem Zielen auf den Schlitz der Wahlurne und mit sonst nichts hat sie, nachdem sie die ganze Misere mitgetragen hatte, die Koalition an einem Fall scheitern lassen, und deshalb ist es richtig, hier darüber zu diskutieren. ({1}) Herr Koschnick hat hier wieder die gleichen papiernen Erklärungen über die Freiheit von Forschung und Lehre abgegeben. Dem widerspricht aber doch einfach die Praxis, meine Damen und Herren. ({2}) Nach den feierlichen Erklärungen des Senats ist die FDP in der Überzeugung aus der Koalition ausgetreten, daß das alles nur Papier und nicht die Realität der Bremer Universität ist. ({3}) - Wenn, Herr Schäfer, ein Thema wie Freiheit der Wissenschaft öffentlich erörtert wird, und zwar in dieser aktiven Form, dann ist, glaube ich, der BunDr. Martin destag, nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, darüber zu diskutieren. ({4}) Es geht hier ja nicht nur um Bremen, sondern man wird mit Fug und Recht sagen können, daß die Zustände in Berlin genauso schlimm sind. ({5}) Das, was wir im letzten halben Jahr erlebt haben, zeigt doch, daß in der Bundesrepublik die Freiheit von Forschung und Lehre nicht mehr selbstverständlich ist, sondern bedroht wird. ({6}) Deshalb ist es eine Verharmlosung und keine politische Stellungnahme, wenn Herr Koschnick darauf verweist, daß man, wenn man älter wird, langsam der Vernunft entgegenreife. Diejenigen, die dort tätig sind, sind nicht Leute, die unter Pubertätskrisen leiden oder Entwicklungshemmungen haben, sondern es sind entschlossene, ideologisch gefestigte Kämpfer an unseren deutschen Universitäten. ({7}) Ich möchte Herrn Grüner auch noch folgendes sagen. Er hat hier versucht, sich mit allgemeinen Bemerkungen aus der Affäre zu ziehen, und er hat uns gefragt, ob wir bereit seien, die konkurrierende Gesetzgebung für die Universitäten zu unterstützen. Nach der „Kleiderordnung" fragt man so etwas zunächst einmal seinen Koalitionspartner, die SPD, und gibt uns dann Gelegenheit, dazu Stellung zu nehmen. Das wäre sachgemäßer gewesen. ({8}) Meine Damen und Herren, worum geht es denn? Herr Koschnick hat, glaube ich, eine Fehlanalyse gegeben, als er sagte, die Reformer von 1967 meldeten sich jetzt als junge Professoren. Vor ein paar Jahren herrschte an den Universitäten ein allgemeines Unbehagen, das auf einem diffusen Unbehagen der Jugend beruhte. Heute haben wir es mit der DKP zu tun, die dieses Unbehagen gegen den demokratischen Staat organisiert und mobilisiert. ({9}) Wer das nicht sieht, und wer nicht sieht, daß hier weitgreifende Entscheidungen fallen, dem ist nicht zu helfen. Meine Damen und Herren, das ist nicht nur die Sorge der CDU. Es war ein Fehler der SPD, den Bund „Freiheit der Wissenschaft" zu diffamieren, der hier auf den Plan getreten ist, denn in diesem Bund sammeln sich insbesondere auch altgediente Mitglieder der SPD in der Sorge um die Freiheit der Wissenschaft. Was ist mit Herrn Ortlieb in Hamburg, was ist mit Herrn Lübbe, was ist mit Herrn Löwenthal, um nur einige zu nennen? Meine Damen und Herren, das ist kein parteipolitisches Gerangel, das hier vonstatten geht, sondern es ist die ernste Sorge um die Freiheit der Wissenschaft. Der Bundestag hat darauf zu antworten, was er in dieser Situation zu tun hat, und er darf sich nicht etwa von Forsthoff vorwerfen lassen, daß der gesamte Staat - ({10}) - Das wollte ich genau wissen. Ich habe gesagt: Er darf sich nicht von ihm vorwerfen lassen, daß der Staat vor dieser Frage einfach versagt hat oder noch weiter versagt. ({11}) - Herr Raffert, wir beide haben eine genaue Vorstellung über Forsthoff und die ganze Schule; ganz klar. ({12}) Aber auch bei ihm ist zwei mal zwei vier, und wenn er ein scharfes Argument hat, ist es wert überlegt zu werden. Auch das gehört zum Pluralismus einer modernen Gesellschaft, daß man sich nicht nur von links belehren läßt, sondern daß man in der Mitte diese Argumente sammelt. Meine Damen und Herren, wir haben doch heute Anlaß, folgendes zu überlegen: War es richtig, daß an bestimmten Universitäten die Paritätenfrage so gelöst worden ist, wie sie gelöst worden ist? Oder ist nicht vielmehr die Drittelparität die Einfallspforte für den Radikalismus gewesen, und haben wir nicht selbst durch bestimmte legislative Maßnahmen dabei geholfen, und sind wir nicht heute dann aufgerufen, das zu revidieren? Herr Grüner und auch Herr Meinecke haben mit Recht auf das Hochschulrahmengesetz hingewiesen und gesagt, wir seien uns da sehr nahegekommen. Meine Damen und Herren, es gibt da Angelpunkte, und das ist die Nagelprobe auf das, Herr Koschnick, was Sie und Ihre Freunde hier sagen: Wenn Sie bereit sind, die Freiheit von Forschung und Lehre und auch des Lernens als Legaldefinition in das Hochschulrahmengesetz aufzunehmen, wie wir es vorschlagen, wenn Sie die individuelle und die institutionelle Freiheit der Wissenschaft gesetzmäßig mit uns festlegen wollen, dann wäre diese Debatte heute fruchtbar gewesen, und ich würde sie begrüßen. Ich hätte erwartet, daß dazu etwas mehr gesagt würde. Das zweite ist: Wir müssen im Hochschulrahmengesetz wirklich zu funktionsgerechten Mitbestimmungsmodellen kommen. Wir wollen, daß alle Glieder der Universität mitwirken, aber, meine Damen und Herren, so mitwirken, daß das Funktionieren der Universität sichergestellt ist und daß das Einfallstor für radikale - und das heißt hier: für wissenschaftsfremde - Elemente zugesperrt wird. Wenn Sie genauer hinsehen, meine Damen und Herren, stellen Sie fest, daß folgendes vor sich geht. An den Universitäten herrscht keine Klarheit mehr, was eigentlich Wissenschaft ist ({13}) - Herr Wichert, kommen Sie her, darüber müssen wir uns unterhalten -, seitdem die Frankfurter Schule - Sie wissen genau, wen ich meine - den Reigen mit der gesellschaftspolitisch orientierten und engagierten Wissenschaft eröffnet und den Wis7962 senschaftsbegriff von Max Weber in Frage gestellt hat. Seit es einen lebhaften Streit von Positivisten, Dialektikern und anderen Leuten gibt, ist es bei den Regierungen nicht mehr klar, was sie eigentlich wollen. Meine Damen und Herren, der Kern der Sache ist doch folgender. ({14}) - Das genügt noch nicht. Der Pluralismus ist nicht das letzte Wort. Ich glaube, man muß folgendes festhalten. Die gesellschaftspolitische Aufgabe der Wissenschaft besteht gerade darin, sich nicht primär und voreilig zu engagieren, sondern die Ideologie der Herrschenden und der nach der Herrschaft Strebenden zu kritisieren und die humanen, die gesellschaftlichen und die politischen Tatbestände so klarzustellen, daß sie auf die menschliche Existenz bezogen werden können. Wir glauben, daß man von den Bestimmungen des Art. 5 GG auf gar keinen Fall abweichen darf und daß man jede Konzession in dieser Hinsicht vermeiden muß. ({15}) Das ist der Kernpunkt. Wenn im Hochschulrahmengesetz in der Praxis des Bremer Senats diese Grundsätze eingehalten werden, dann haben wir das Ziel dieser Debatte erreicht, und dann kann die FDP vielleicht auch wieder in die Koalition zurückkehren, wenn das möglich ist. ({16}) Meine Damen und Herren, Sie dürfen die Dinge nicht zu leicht nehmen. Man darf sich auch nicht der Sache entziehen, indem man sagt, die Universitäten seien autonom. Heute kommt es, nachdem wir gesehen haben, daß die Universitäten selbst nicht in der Lage sind, sich an dem berühmten Zopf aus dem Sumpf zu ziehen, darauf an, die gemeinsame Verantwortung von Staat und Universität für die Reform festzuhalten und sie auch zu praktizieren. Man darf sich da nicht einschüchtern lassen, sondern der Staat muß sich, wenn es um die Freiheit von Forschung und Lehre geht, engagieren. Meine Damen und Herren, ich möchte ganz nachdrücklich folgendes sagen: Der Fall Bremen ist für uns nur ein Indiz für die Gesamtlage an den Universitäten, und das heißt konkret: für die Bedrohung der Freiheit von Forschung und Lehre. Es darf nicht geschehen, daß jährlich Milliarden in den Universitäten investiert werden, Studienplätze neu geschaffen werden und gleichzeitig durch Pressionen, durch Verhinderung von Vorlesungen, durch Angriffe aller Art, durch persönliche Bedrohung all diese Investitionen für unser Volk, für unsere Wirtschaft und für die Menschen einfach ruiniert werden. ({17}) Das darf nicht geschehen, und dagegen müssen wir Front machen. Ich würde es sehr begrüßen, meine Damen und Herren, wenn alle diese Bekenntnisse heute zur Universität, zur Freiheit der Wissenschaft in der Gesetzgebung konkret werden, d. h. im Hochschulrahmengesetz, d. h. in der Legaldefinition der Freiheit von Forschung, Lehre und Lernen, denn von der Entwicklung der Universitäten hängt zum großen Teil die Zukunft unseres Landes ab. ({18}) Präsident von Hassel: Das Wort hat der Herr Parlamentarische Staatssekretär Dr. von Dohnanyi. Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hätte mich nicht mehr zu Wort gemeldet, wenn der Kollege Martin nicht am Ende auf die Gesamtlage an ,den deutschen Hochschulen hingewiesen hätte. Ich möchte gerne ganz kurz sechs Punkte vortragen, weil sie mir im Zusammenhang mit dieser Debatte wichtig erscheinen. Erstens. Wenn man die Kriterien des Hochschulbauförderungsgesetzes derart veränderte, Herr Kollege Martin und auch Herr Kollege Gölter, daß bildungsinhaltliche, also bildungspolitische Fragen zum Gegenstand der Beurteilung in diesem Hause oder in der Bundesregierung gemacht würden, dann - das kann man voraussagen - wäre die Gemeinschaftsaufgabe Ausbau von Hochschulen zu Ende; denn dann würden die jeweiligen Mehrheiten hier darüber zu entscheiden haben, was aus der Perspektive des Bundesparlaments die landespolitische Aufgabe im Bereich der Bildungspolitik sein sollte. Ich bin sicher, daß dieses weder vom Lande Bayern hinsichtlich Augsburg, wo wir viel Kritik gehört haben, z. B. an der Selbstverwaltung der dortigen Gründung, noch von anderen Ländern akzeptiert würde. Zweitens. Herr Kollege Grüner hat schon darauf hingewiesen, daß ein Teil unserer Konzeptionen einer Entwicklung der Hochschulen in der Bundesrepublik eine Konzeption der regionalen Bildungsversorgung ist. Ich kann nur unterstreichen, was Herr Bürgermeister Koschnick hier heute gesagt hat: Wer jetzt das Projekt in Bremen stoppt oder durch entsprechende Anträge verzögert, der verzögert eine wichtige regionalpolitische Entwicklung im norddeutschen Raum, nicht nur in der Hansestadt Bremen. Drittens. Hier ist viel vom Projektstudium die Rede gewesen. Man hat den Versuch gemacht, den Eindruck zu erwecken, das Projektstudium sei gewissermaßen ein Instrument marxistischer Indoktrination. Ich will in diesem Zusammenhang mit der Erlaubnis des Herrn Präsidenten zitieren, was Professor Draheim, Mitglied des Wissenschaftsrates, Rektor der Universität Karlsruhe, am 22. Juni 1971, also in voller Kenntnis der Zusammenhänge, zu dieser Frage gesagt hat, und zwar nach einem Besuch in Bremen: Wir sind sehr zufrieden über das, was wir gesehen und gehört haben. Der bisherige Aufbau der Universität Bremen und die weitere Planung stimmen voll mit den Vorstellungen des Wissenschaftsrates überein. Parlamentarischer Staatssekretär Dr. von Dohnanyi Und nun, Herr Kollege Müller-Hermann: Da an fast allen deutschen Universitäten Überlegungen im Hinblick auf ein Projektstudium angestellt werden, sind Schwierigkeiten für die künftigen Bremer Studenten beim Wechsel an andere Hochschulen nicht zu erwarten. Widerstand anderer Hochschulen gegen das Bremer Reformmodell ist nicht existent. Er kommt nur - nämlich der Widerstand von einzelnen Hochschullehrern. So ein Mitglied des Wissenschaftsrats, Rektor in Karlsruhe und weiß Gott nicht verdächtig, etwa eine Speerspitze des Marxismus in Bremen zu sein. ({19}) Viertens. Hier ist von der Mitwirkung und von den Problemen gesprochen worden, die damit verbunden sind. Herr Kollege Martin hat durchaus recht, daß die Frage des Modells, mit dem Mitbestimmung an den Hochschulen gemacht wird, eine schwierige Frage ist, eine Frage, mit der wir Erfahrungen sammeln müssen, ({20}) und eine Frage, bei der man beide Seiten sehen muß, auch die Seite derer, denen Rechte genommen werden und die eben an ein solches Mitwirkungsverfahren noch nicht gewöhnt sind. Über diese nur hart zu urteilen, ist nach meiner Meinung häufig unbegründet. Aber ich möchte doch darauf hinweisen, daß gerade die Mitwirkung, wie sie in Bremen in der Zusammenarbeit zwischen Hochschullehrern und Studenten versucht wird, ein wichtiger Beitrag, Herr Kollege Martin, auch zur Befriedung der Universität ist. ({21}) Herr Kollege Müller-Hermann, Sie haben heute morgen gesagt, die Roten Zellen seien in Bremen im Vormarsch. Genau das Gegenteil ist wahr. Ich zitiere hier Herrn von der Vring, ({22}) der folgendes gesagt hat. ({23}) - Nein, lassen Sie mich einen Augenblick zitieren, was er gesagt hat: Gäbe es eines Tages ({24}) - hören Sie doch bitte einen Augenblick zu! - eine wirksame Aktivität der Roten Zellen an der Bremer Universität, so würde er sagen müssen, daß unsere Reform mißlungen ist. Denn an den Universitäten, wo der Versuch gemacht wird, im Wege der Mitwirkung größerer Effizienz und größerer Produktivität des Studiums eine innere Erneuerung der Universität zu bewirken, ist die Gefahr des Aufstiegs undemokratischer Kräfte, wie z. B. des von der DKP finanzierten „Spartakus", geringer. Das läßt sich zeigen. ({25}) Fünftens. Hier ist von der Freiheit der Wissenschaft gesprochen worden. Herr Kollege Martin hat den Vorschlag gemacht, man möge eine Legaldefinition in das Hochschulrahmengesetz einfügen. Herr Kollege Martin, wir haben ja über diese Frage im Ausschuß ausgiebig diskutiert. Das Problem besteht doch eben darin, daß eine solche Definition eines Grundrechtes, das wie alle Grundrechte nicht ohne eine gewisse soziale Bindung möglich ist die Freiheit der Lehre z. B. hängt eben auch von den Aufgaben in der Hochschule ab -, nur als konkrete Definition Sinn hat. Das, was bisher versucht worden ist, um diesen sehr allgemeinen Begriff zu definieren, hat bisher nicht dazu beigetragen, etwa Instrumente zu schaffen, die Pluralität und Freiheit an den Hochschulen garantieren könnten. Einen letzten Punkt zu den vielen Zitaten, die hier vorgebracht worden sind! Herr Bürgermeister Koschnick hat dazu schon etwas gesagt. Aber die provokative Sprache ist ja nicht nur eine Frage des Alters. In einer Gesellschaft, die sich demokratisch, d. h. ohne Anwendung von Gewalt, reformieren will - und wir verurteilen alle Gewalt in den Hochschulen -, ist die Sprache als Provokation gewissermaßen ein Instrument der Veränderung, auch auf seiten der Reformer. Daß muß man, wenn man selber sozusagen zum Establishment gehört, wie wir das hier ja alle in gewisser Weise tun, toleranter sein. Wir müssen verstehen, wie die Sprache zur Veränderung eingesetzt und gebraucht wird. Man wird dann weder bei den Studenten noch bei den Assistenten alles, was hart formuliert wird, gewissermaßen mit Punkt, Komma und Buchstabe als bare Münze nehmen. ({26}) Aber ich will folgendes hinzufügen. Auch diese Debatte und gerade die Mißverständnisse, die in Bremen innerhalb der bisherigen Koalition über den Reformkurs entstanden sind, zeigen, daß die Sprache zwar als ein Instrument eingesetzt wird, zugleich aber beginnt, auch auf die Reformer zurückzuschlagen. Diejenigen, die den Versuch machen zu verändern, sollten sich darüber im klaren sein, daß ihre Sprache für die Mehrheit der Bevölkerung oft unverständlich geworden ist und Mißverständnisse erzeugt, die am Ende Reformen eher aufhalten als fördern könnten. Aber das, Herr Kollege Martin, ist etwas, was Ihnen und uns doch geläufig ist. Deswegen kann man doch nicht das, was hier am Rande eines mutigen Reformmodells in Bremen geschieht, gewissermaßen als die Mitte ansehen und sagen: Das ganze bedroht die Freiheit von Wissenschaft und Forschung in der Bundesrepublik. Diese Freiheit wird von allen gewahrt, von diesem Hohen Hause, von der Bundesregierung, die ihren Beitrag dazu leistet, und ganz sicher von Senat und Bürgerschaft in Bremen. ({27}) Präsident von Hassel: Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Müller-Hermann.

Dr. Ernst Müller-Hermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001569, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte kurz auf vier Punkte eingehen und vor allem Herrn Bürgermeister Koschnick antworten. Erstens. Die Bekenntnisse des Senats in Bremen zur Freiheit von Forschung und Lehre und zur Pluralität an der Universität werden meines Erachtens nicht dadurch wirksamer, daß sie immer wiederholt werden. Ich zweifle auch nicht daran, daß sie ehrlich gemeint sind. Aber es kommt eben auf die konkrete Situation an, darauf, welche Personen diese Universität gestalten und von den gesetzlichen Möglichkeiten Gebrauch machen, die ihnen angeboten werden. Zweitens. Herr Bürgermeister Koschnick, Sie haben hier - ich hoffe, es war ein Lapsus linguae - die Meinung vertreten, die einzige Voraussetzung, die man an die Berufung von Hochschullehrern an die Bremer Universität stellen müsse, sei ihre Aufgeschlossenheit für neue Formen der Kooperation. Ich füge hinzu: Nach Auffassung meiner politischen Freunde ist eine gleichrangige Voraussetzung das Bekenntnis der Hochschullehrer zu unserer freiheitlichen Gesellschaftsordnung. ({0}) Das dritte hängt damit zusammen. Die Wurzel des Übels ist neben dem Universitätserrichtungsgesetz in Bremen die Berufung des Herrn von der Vring zum Gründungsrektor dieser Universität. Er hat eben dann aus der gleichen ideologischen Blickrichtung einen nach dem anderen in die Planungskommission nachgezogen. Die Planungsgruppen ziehen nun ihrerseits wieder Hochschullehrer mit den entsprechenden ideologischen Voraussetzungen an die Universität. Ich zitiere hier noch einmal die Dokumentation der FDP und richte meinen Blick dabei auch auf Herrn Kollegen Grüner. Dort heißt es: Unter diesen Umständen gelang eine Konzentration von Linksextremisten in den Planungs- und Berufungskommissionen des Gründungssenats. Der kurze Marsch durch die Institutionen hatte sich gelohnt. Er führte zu einer einseitigen Auswahl der hauptamtlichen Planer, die weniger durch berufliche Erfahrungen, dafür aber stark durch eine einheitliche Ideologie auffielen. Folgerichtig zeichnete sich bereits während der ersten Berufungsrunde ein Hochschullehrerkollegium desselben konfessionalistischen Charakters ab. So und völlig zu Recht die Bremer FDP-Dokumentation. Viertens und letztens. Was gesehen werden muß - und auch der politische Senat in Bremen müßte dies sehen -, ist, daß die durch die politischen Gremien den Gründungsgremien zugestandene Autonomie von Kräften gebraucht und mißbraucht wird, die in ihrem Denkmodell gegen unsere freiheitliche Gesellschaftsordnung eingestellt sind. Herr Kollege von Dohnanyi, hier geht es nicht um ein Verzögern des Projekts -- wir wollen ja auch, daß diese Universität zustande kommt und arbeitsfähig wird -, es geht um die Korrektur des Inhalts dieser Universität. Auch hierzu darf ich zum Abschluß einen Satz aus der Dokumentation der FDP zitieren, die darlegt. daß durch diese falsche Interpretation des Autonomiebegriffs ein Vakuum entstanden ist: Und in dieses Vakuum stießen nun die geschickten Taktiker des Gründungssenats hinein und übernahmen die Funktion der Behörde, die sie eigentlich hätte kontrollieren sollen. Meine Damen und Herren, genau das ist die Situation. Letztlich ist die ganze jetzt neu entstandene öffentliche Diskussion darauf zurückzuführen, daß der politische Senat aus seiner inneren Schwäche heraus nicht in der Lage ist, die Aufgaben zu erfüllen, die er hat und die er angehen müßte, wenn in Bremen eine freiheitliche, moderne, leistungsfähige Universität entstehen sollte. ({1}) Präsident von Hassel: Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Wichert.

Dr. Günter Wichert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002498, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Wortmeldung von Herrn Dr. Müller-Hermann gibt mir Gelegenheit, einen Punkt aus seiner ersten Rede noch einmal richtigzustellen. Wer das Errichtungsgesetz über die Universität Bremen als Ermächtigungsgesetz bezeichnet, geht nicht nur in ähnlicher Weise leichtfertig mit der Sprache um, wie es den Reformern an der Universität Bremen vorgeworfen wird, sondern er benutzt diesen Ausdruck bei der Assoziationsbreite, den er als verantwortlicher Politiker besitzen muß, als bewußte Verketzerung dessen, was dort in Bremen vor sich geht. ({0}) Als Zweites muß man folgendes sagen. Dieses Errichtungsgesetz der Universität Bremen entspricht in allen Punkten denjenigen Bestimmungen, die die Bundesregierung im Hochschulrahmengesetz für alle Hochschulen für verbindlich erklären will. Die Universität Bremen besitzt nicht nur die Rechtsaufsicht; sie besitzt darüber hinaus die weitergehende Aufsicht, in allen Angelegenheiten, bei denen es auf Grund der Verpflichtungen der Freien Hansestadt Bremen gegenüber dem Bund oder anderen Ländern geboten ist, einzuschreiten. Das Land Bremen ist Dienstherr, d. h. es hat die Personalhoheit. Das Land Bremen hat im Rahmen der haushaltsrechtlichen Bestimmungen die Möglichkeit, sowohl im Sach- als auch im Personalbereich alle Beschlüsse mit Auflagen zu versehen. Wenn Sie das Bremer Gesetz mit Hochschulgesetzen aus anderen Ländern - etwa mit dem Hochschulgesetz des Saarlandes - vergleichen, werden Sie feststellen, daß in dem Bremer Gesetz die Autonomie der Hochschule in Bremen nicht weiterreicht, als in einigen anderen Bundesländern. Den Verantwortlichen für das Bremer Gesetz andere Motive in einer derartigen Sprache zu unterstellen, ist grob fahrlässig. Präsident von Hassel: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich rege an, daß wir Punkt 25 a der Tagesordnung, der nicht unmittelbar mit dem Punkt 25 b zusammenhängt, aber unter einer Ziffer mit ihm subsumiert worden ist, gleich erledigen. Bei Punkt 25 a der Tagesordnung handelt es sich um die Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betreffend Bundesmittel für die Universität Bremen, Drucksache VI /2396. Nach dem Beschluß des Ältestenrates soll der Antrag dem Ausschuß für Bildung und Wissenschaft - federführend - und dem Haushaltsausschuß zur Mitberatung überwiesen werden. - Ich höre kein Widerspruch; dann ist so beschlossen. Bevor wir Punkt 25 b behandeln, möchte ich Ihnen folgendes vortragen. Vorgestern ist Punkt 18 der Tagesordnung - erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen - behandelt worden. Wir haben dazu beschlossen, den Gesetzentwurf dem Ausschuß für Wirtschaft - federführend - und dem Haushaltsausschuß zur Mitberatung und gemäß § 96 der Geschäftsordnung zu überweisen. Interfraktionell ist inzwischen vereinbart worden, daß er außerdem dem Rechtsausschuß zur Mitberatung überwiesen werden soll. Das muß hier formal noch beschlossen werden. Sind Sie damit einverstanden? - Ich höre keinen Widerspruch; dann ist es so beschlossen. Wir kommen zu Punkt 25 b der Tagesordnung: Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Probst, Dr. Martin und der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Hochschulbauförderungsgesetzes, Drucksache VI /2465. Zur Begründung dieses Gesetzentwurfes hat der Abgeordnete Dr. Probst das Wort.

Dr. Albert Probst (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001752, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Namens der CDU/CSU-Fraktion begründe ich den Antrag Drucksache VI /2465 wie folgt. Der Studentenwohnheimbau in der Bundesrepublik wird derzeit zu 80 % der Gesamtkosten aus öffentlichen, überwiegend leistungsfreien Zuwendungen des Bundes und der Länder gefördert, wobei in der Regel die eine Hälfte vom Bund und die andere Hälfte von den Ländern getragen wird. Diese Förderung erfolgt leider ohne koordinierte Planung und ist insbesondere nicht mit dem Baufortschritt beim Neubau und Ausbau von Hochschulen gekoppelt. So werden beim Bund die Mittel für den Studentenwohnheimbau nicht vom Bundesminister für Bildung und Wissenschaft, sondern im Haushalt des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit bereitgestellt. Die Wohnsituation der Studenten an vielen Hochschulorten hat sich in den letzten Jahren sehr verschlechtert, und dies aus zwei Gründen. Erstens. Durch die immer stärkere Mobilität lediger Berufstätiger erwächst den Studenten im Anmieten von möblierten Zimmern eine immer stärkere Konkurrenz. Dafür gibt es ein Beispiel aus München, das gestern die „Süddeutsche Zeitung" gebracht hat: 1963 lebte noch etwa die Hälfte der Studierenden in München in privaten möblierten Zimmern; im Jahre 1971 waren es dagegen nur noch rund 18 %. Zweitens. Durch das starke Anwachsen der Studentenzahlen an den Universitäten wird das Mißverhältnis von Zimmerangebot zur Zimmernachfrage immer größer. Eine dynamische Verbindung des Studentenwohnheimbaus mit dem Hochschulbau sowohl in der Planung als auch in der späteren Finanzierung ist unerläßlich, wenn sich die dargestellte Situation angesichts der ständig steigenden Zahl von Studierenden und der Gründung weiterer Hochschulen nicht unerträglich verschlechtern soll. Diese Koppelung dürfte am ehesten durch Einbeziehung des Studentenwohnheimbaus in die Gemeinschaftsaufgabe „Ausbau und Neubau von Hochschulen" herzustellen sein. Obwohl sich sowohl die Kultusminister der Länder als auch die Westdeutsche Rektorenkonferenz sowie eine Reihe von Trägern der derzeit bestehenden Studentenwohnheime für eine derartige Lösung ausgesprochen haben, hat die Bundesregierung selbst trotz ihrer mehrfachen Äußerungen noch keinen solchen Antrag zur Änderung des Hochschulbauförderungsgesetzes gestellt. Bei aller Schwierigkeit der Finanzierung im gesamten Ausbau und Neubau von Hochschulen hätte eine Einbeziehung des Studentenwohnheimbaus in die Gemeinschaftsaufgaben in Zukunft wenigstens den entscheidenden Vorteil, daß bei der Erstellung des Rahmenplanes eine bundesweite Abstimmung der neu zu schaffenden Wohnheimplätze mit den übrigen vorgesehenen Hochschulbauten erfolgen könnte und die finanziellen Aufwendungen für den Wohnraumbau Bestandteil des Rahmenplanes würden. Da der Studentenwohnraumbau im Gesetz über die Gemeinschaftsaufgabe „Ausbau und Neubau von Hochschulen" in der Fassung vom 3. September 1970 nicht ausdrücklich genannt ist, ist zur Klarstellung der Gesetzesauslegung eine Änderung des Gesetzes erforderlich. Der Antrag der CDU/CSU- Fraktion geht in seiner Begründung davon aus, daß eine Änderung des Art. 91 a des Grundgesetzes nicht erforderlich ist, weil es der näheren Bestimmung eines Gesetzes überlassen bleibt, welche Hochschuleinrichtung im einzelnen von der Gemeinschaftsaufgabe erfaßt werden soll. Die vorgesehene Regelung will sich auf Studentenwohnheime beschränken. Sie bezieht ganz bewußt die Bezuschussung des Baus von Studentenzimmern außerhalb von Heimen in die gemeinsame Förderung nicht ein. Der soziale Wohnungsbau bleibt im übrigen unberührt. Daher ist eine Änderung des Zweiten Wohnungsbaugesetzes nicht erforderlich. Durch die vorgeschlagene Regelung wird die Privatinitiative, d. h. die finanzielle und rechtliche Trägerschaft freier Wohnheimträger, nicht berührt, Im Gegenteil, sie soll gerade dadurch gefördert werden, daß Bund und Länder eine koordinierte und dadurch bessere Hilfestellung geben. Der vorliegende Antrag ist zukunftorientiert. Er will rechtzeitig einer recht ungünstigen sozialen Entwicklung an den Hochschulen vorbeugen und eine Benachteiligung weiter Kreise von Studierwilligen, die nicht an einem Hochschulort ihren festen Wohnsitz haben, verhindern. Ich darf Sie bitten, diesem Gesetzentwurf in den beratenden Ausschüssen in aller Offenheit gegenüberzutreten und in der zweiten und dritten Lesung dem Gesetzentwurf auch zuzustimmen. ({0}) Präsident von Hassel: Das Wort hat nun in der Aussprache, die ich eröffne, der Abgeordnete Dr. Slotta. Darf ich aber zuvor darauf aufmerksam machen, daß ich zur Zeit zu diesem Tagesordnungspunkt keine weiteren Wortmeldungen habe. Wir ziehen dann also sehr schnell mit der Fragestunde nach. Ich bitte, die Vertreter der Regierung und auch die Fragesteller davon zu verständigen, daß wir in einigen Minuten mit der Fragestunde beginnen. Bitte schön, Herr Abgeordneter!

Dr. Günter Slotta (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002185, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Diese Bundesregierung hat sich seit langem - im Bildungsbericht 1970, im Planungsausschuß für den Hochschulbau und in der Bund-Länder-Kommission - für einen verstärkten Studentenwohnraumbau eingesetzt. Darüber hinaus bemüht sich die Bundesregierung, die für die einzelnen Bereiche jeweils notwendigen flankierenden Maßnahmen rechtzeitig und wirksam einzuleiten und weiterzuentwickeln. Im Hochschulbereich - nur über ihn ist hier und heute zu sprechen, obwohl wir möglichst bald unsere Aufmerksamkeit dem lange genug sträflich vernachlässigten beruflichen Ausbildungs- und Bildungswesen werden widmen müssen - hat die Bundesregierung durch wesentliche Erhöhung der Mittel sichergestellt, daß die in unserem Jahrzehnt zu erwartenden steigenden Studentenzahlen in etwa aufgefangen werden können. Daß die großen Anstrengungen der Bundesregierung erste Erfolge haben, zeigt die neueste Erklärung der Westdeutschen Rektorenkonferenz vom 23. September 1971 zum Rückgang des Numerus clausus. Die Fraktion der CDU/CSU beantragt nun, in ihrem „Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Hochschulbauförderungsgesetzes" ({0}) auch den Bau von Studentenwohnheimen in die Gemeinschaftsaufgabe „Ausbau und Neubau von Hochschulen" einzubeziehen. Wir alle sind wohl darin einig, daß die Zahl der Wohnraumplätze für Studenten erhöht werden muß. Bekanntlich nimmt die Zahl der zur Verfügung stehenden möblierten Studentenzimmer ab. Herr Probst hat Münchner Zahlen genannt. Ich darf wiederholen: in München ist die Zahl der zur Verfügung stehenden möblierten Studentenzimmer von 44 % im Jahre 1963 auf 18,6% im Jahre 1971 gesunken. Ebenso ist die Anzahl der bei Eltern und Verwandten wohnenden Studenten in München von 36,4 % im Jahre 1963 auf 15,5 % im Jahre 1971 gesunken. Erwähnt werden muß auch, daß die in Studentenheimen Wohnenden Vorteile haben. In München liegt für das Jahr 1971 die durchschnittliche Wohnheim-Monatsmiete -- einschließlich Heizung, Strom und Reinigung - bei 108 DM, bei möblierten Untermieten hingegen bei 140 DM. ({1}) Mit dem Ansteigen der Studentenzahlen und dem Ausbau des Hochschulnetzes in der Bundesrepublik Deutschland muß also ein verstärkter Ausbau von Studentenwohnraum einhergehen, wenn wir in den kommenden Jahren einen „sozialen" Numerus clausus vermeiden wollen. In dem Ziel, dieses Problem lösen zu wollen, dürften sich die Fraktionen des Deutschen Bundestages - das darf ich festhalten - einig sein. Die Frage aber, ob die Fraktion der CDU/CSU mit ihrem Antrag den richtigen Weg eingeschlagen hat, verneint die SPD-Bundestagsfraktion, und zwar aus folgenden Gründen: Erstens: Der Bau von Studentenwohnheimen ist zur Zeit Wohnungsbau im Sinne von § 2 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes. Wenn die CDU/CSU eine Änderung des Hochschulbauförderungsgesetzes im Sinne der Einbeziehung des Wohnbaus in die Gemeinschaftsaufgabe für notwendig hält, muß sie konsequenterweise auch einen Vorschlag für die Änderung des Art. 91 a Abs. i Nr. 1 des Grundgesetzes vorlegen. ({2}) -- Doch! Für eine rasche Intensivierung des Studentenwohnraumbaus ist eine Gesetzes- und Verfassungsänderung jedoch weder geeignet noch notwendig. Da nach dem HBFG nur die im Hochschulverzeichnis enthaltenen Einrichtungen gefördert werden können, müßten erst alle Studentenwohnheime aufgenommen werden. Mir scheint das ein völlig unpraktikabler und geradezu verzögernder Weg zu sein. ({3}) - Herr Kollege Probst, wir haben das überprüft ({4}) und sind zu der Auffassung gelangt, daß in der Tat dieser zweite Schritt von Ihnen hätte getan werden müssen, wenn Sie diese Gesetzesänderung beantragen. Darüber werden wir uns ja dann im Ausschuß streiten. Zweitens: Im Entwurf der Fraktion der CDU/CSU werden die freien Träger des Studentenwohnraumbaus nicht berücksichtigt. Gerade in diesem Bereich bedarf es jedoch auch in Zukunft der Mobilisierung aller Mittel, also auch derjenigen der privaten Träger. Herr Kollege Probst, wenn Sie vorhin von einer Verteilung von 50 : 50 gesprochen haben, so haben Sie hierbei vergessen, die Mittel der freien Träger einzubeziehen, durch die der Prozentsatz der Länderbeteiligung gesenkt wird. ({5}) -- Sie haben von 50 : 50 gesprochen! Drittens: Die bewußte Aufspaltung des Studentenwohnraumbaus im CDU/CSU-Antrag in Wohnheime, die Gemeinschaftsaufgabe werden sollen, und sonstige Studentenwohnungen, die wie bisher finanziert werden sollen, würde, wie ich meine, zu einer erheblichen Erschwerung für Planung und Koordinierung führen. Der Entwurf der Fraktion der CDU/CSU entspricht einem früheren Denkmodell des BMBW, das längst durch die praktischen Initiativen des Bundes überholt ist. Ich bin der Auffassung, daß der Weg, den die Bundesregierung jetzt offenbar eingeschlagen hat, der richtige ist. Wir müssen den Bau von Studentenwohnraum fördern. Das geschieht am besten, wenn die Mittel erhöht werden, die Zuständigkeit beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft, der die Verklammerung zum Hochschulbau sicherstellen kann, konzentriert wird und das Verfahren möglichst flexibel gehalten wird. Meine sehr verehrten Damen und Herren, über Kompetenzfragen haben frühere Regierungen genug gestritten, - jetzt wird gehandelt. Das hat die Bundesregierung getan und das beweisen die nachfolgenden Zahlen: 1970 waren 20 Millionen DM und für 1971 sind 40 Millionen DM vorgesehen. Für das Jahr 1972 stehen im Bedarfsfall bis zu 80 Millionen DM und für das Jahr 1973 84 Millionen DM zur Verfügung. Für die Jahre 1974/75 können diese Beträge bei der Fortschreibung der mittelfristigen Finanzplanung noch weiter erhöht werden. Ziel dieser Bundesregierung ist die Steigerung der Studentenwohnraumplätze von heute 60 000 auf rund 100 000 im Jahre 1975. Dies ist eine beachtenswerte Steigerung des Studentenwohnraumbaus. Durch die Aufnahme in den Bildungsgesamtplan gemäß einer Übereinkunft der Regierungschefs von Bund und Ländern ist im übrigen seine besondere Bedeutung betont und die Verklammerung mit der Bildungsgesamtplanung und dem Bildungsbudget sichergestellt. Auffordern möchte ich den Bundesminister für Bildung und Wissenschaft, für die Entwicklung bautechnischer Schnellverfahren für den Studentenwohnraumbau anlog zu dem erfolgreichen Schnell-bauverfahren im Hochschulbereich Mittel bereitzustellen. Weil die Verklammerung zwischen Hochschulausbau und Studentenwohnraumbau unabhängig von den hier strittigen Rechts- und Organisationsformen von der Bundesregierung im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten sichergestellt und das von der Bundesregierung vorgesehene Verfahren flexibler ist und rasch zu greifbaren Ergebnissen führt, wird sich die SPD-Bundestagsfraktion bei der Beratung im Ausschuß für Bildung und Wissenschaft gegen den Antrag der Fraktion der CDU/CSU aussprechen. ({6})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Das Wort hat der Abgeordnete Grüner. Er hat angekündigt, daß er fünf Minuten nicht überziehen wird.

Martin Grüner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000738, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist hier von meinem Kollegen Slotta mit Recht dargelegt worden, daß das Anliegen, das dieser Antrag der CDU/CSU-Fraktion verfolgt, ein Anliegen des ganzen Hauses ist, und ich bekenne freimütig, daß dieser Antrag meine volle Sympathie findet. Allerdings wirft er Probleme finanzieller, juristischer und allgemeiner Art auf, welche es uns nahelegen, im Ausschuß andere Lösungsmöglichkeiten zu suchen. Die CDU strebt eine Änderung des Förderungsverfahrens an, indem Studentenwohnheime in das Hochschulbauförderungsgesetz einbezogen werden sollen. Die juristischen Schwierigkeiten sind hier schon diskutiert worden. Art. 91 a GG steht zur Diskussion. Wer rasch handeln und helfen will, sollte vermeiden, daß solche juristische Fragen, die ich nicht überbewerten will, die aber immerhin sehr ernstlich zu überlegen sind, eine Förderung unnötig verzögern. Aus diesem Grunde hat die Bundesregierung den einmal selbst schon erwogenen Weg dieser Lösung der Einbeziehung des Studentenwohnheimbaus in das Hochschulbauförderungsgesetz wieder verworfen. ({0}) - Auch der Finanzminister war bedauerlicherweise an dieser Entscheidung beteiligt, wie ich selbstverständlich freimütig zugebe. Darüber hinaus muß allerdings auch auf die Gefahr hingewiesen werden, daß die ausschließliche Überführung des Studentenwohnheimbaus in staatliche Hoheit auf die freien Träger des Hochschulbaus verstärkt abschreckend wirken kann. ({1}) Es darf nicht übersehen werden, wie groß der Anteil am Wohnraumbau doch noch ist, der auf private Initiative zurückgeht. ({2}) Ich glaube, daß wir uns im Ausschuß überlegen müssen, welche zusätzlichen und andersartigen Förderungsmöglichkeiten von staatlicher Seite gegeben sind, um gerade diese Privatinitiative zu fördern. Ein wichtiger Gesichtspunkt scheint mir darüber hinaus zu sein, daß die natürlich knappen Mittel für den Hochschulbau, auf die wir uns konzentrieren wollen, nicht um Mittel für den Studentenwohnheimbau gekürzt werden -- hier liegen die Bedenken des Finanzministers - und daß wir deshalb gerade die Möglichkeiten, die in der Mobilisierung privater Mittel liegen, in besonderem Maße im Auge haben sollten. ({3}) Daß man den Studentenwohnheimbau stärker mit dem allgemeinen Hochschulausbau verklammern kann - wir legen großen Wert darauf, daß diese Verklammerung erfolgt und daß das insbesondere regional und überregional in die Planung einbezogen wird -, ist vom Planungsausschuß im Abschlußbericht seiner dafür eingesetzten Arbeitsgruppe zum Hochschulbau aufgezeigt worden. Wir sind mit großem Nachdruck der Auffassung, daß die koordinierte Planung gesichert werden muß, und zwar auch dann, wenn es nicht möglich ist, den Studentenwohnheimbau in das Hochschulbauförderungsgesetz einzubeziehen. ({4}) Zum Schluß noch eine Bemerkung zum Begriff „Studentenwohnheim". Die Entwicklung scheint mir hier in den letzten Jahren in eine andere Richtung zu gehen - alle Erfahrungen jedenfalls zeigen das -, nämlich von der Campus-Universität und damit vom Studentenghetto wegzukommen und den Studenten wie allen übrigen Bürgern unter den übrigen Bürgern Wohnungen zu errichten. ({5}) Deshalb sollte man hier nicht mehr von Wohnheimen, sondern vom Wohnraumbau sprechen. ({6}) Auch unter diesen Gesichtspunkten möchte meine Fraktion die Anregung, die Ihr Antrag gibt, dazu benutzen, im Ausschuß gerade dieser Frage besonders nachzugehen und nach Wegen zu suchen, wie wir hier gemeinsame Lösungen finden können, die offenbar auch gemeinsamen Überzeugungen entsprechen, wie ich Ihren Reaktionen auf meinen Diskussionsbeitrag entnehme. - Ich danke Ihnen. ({7})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat schlägt vor, die Vorlage an den Ausschuß für Bildung und Wissenschaft als den federführenden Ausschuß und mitberatend an den Rechtsausschuß und den Haushaltsausschuß gemäß § 96 der Geschäftsordnung zu überweisen. Sind Sie damit einverstanden? - Dann ist so beschlossen. Wir kommen zum letzten Punkt der Tagesordnung, zur - Fragestunde -. - Drucksache V I/2575 Zunächst befassen wir uns mit dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern. Ich rufe die Frage 10 auf und, wie ich glaube, kann mit dieser Frage zusammen auch die Frage 11 aufgerufen werden. Sind Sie damit einverstanden, Herr Varelmann? ({0}) Ich rufe also die Fragen 10 und 11 auf: Darf erwartet werden, daß die Regierung Maßnahmen ergreift, die einer umfassenden Begegnung der Gewaltverbrechen dienen, der Polizei größere Rechte geben und sie besser ausstatten? Ist es bekannt, daß das Ausmaß der Gewaltverbrechen in der Bundesrepublik Deutschland das Ansehen der demokratischen Staatsordnung erheblich in Mitleidenschaft gezogen hat und das Ansehen Deutschlands im Ausland schädigt? Das Wort hat Staatssekretär Dorn. Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Herr Kollege Varelmann, die Bundesregierung hat bereits in ihrer Regierungserklärung vom 28. Oktober 1969 ausgeführt, sie werde die Modernisierung und Intensivierung der Verbrechensbekämpfung energisch vorantreiben, um die Sicherheit in unserem Lande zu gewährleisten. Durch das Sofortprogramm der Bundesdesregierung wird das Bundeskriminalamt, für das die Bundesregierung unmittelbar die Verantwortung trägt, zu einer leistungsfähigen Behörde für die Verbrechensbekämpfung ausgebaut. Das Bundeskriminalamt wird personell verdoppelt. Die technische Ausstattung des Amtes wird auf den letzten Stand der technischen Entwicklung gebracht. Ein Bildübertragungsnetz zwischen dem Bundeskriminalamt und den Bundesländern ist jetzt bereits installiert und befindet sich voll in Betrieb. Durch Einführung der elektronischen Datenverarbeitung wird ein umfassendes Informationssystem für die Polizei aufgebaut werden. Auch die Länder erarbeiten zur Zeit gemeinsam eine einheitliche Sicherheitskonzeption, die eine Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Polizei in den Ländern zum Ziele hat, um insbesondere der Gewaltkriminalität entgegenzuwirken. Hierzu hat der Bundesminister des Innern eine Reihe von Vorschlägen unterbreitet. Darüber hinaus prüft die Bundesregierung, ob die Arbeit der Polizei durch gesetzgeberische Maßnahmen effektiviert werden kann, z. B. durch Änderung des Haftrechts und Verschärfung des Waffenrechts. Zur weiteren Eindämmung der Überfälle auf Geldinstitute müssen die Schutzvorkehrungen in den Banken verschärft werden. Auch hierüber sind mit den zuständigen Stellen bereits Verhandlungen aufgenommen worden.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Zusatzfrage.

Franz Varelmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002362, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ist es vertretbar, daß die Polizei gegenüber Gewaltverbrechern, die mit Schußwaffen ausgerüstet sind, irgendwelche Zurückhaltung übt und sich damit selber gefährdet? Ist die Bundesregierung bereit, auf die Länderregierungen einzuwirken, in diesem Zusammenhang der Polizei eine größere Rückendeckung zu geben? Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Herr Kollege Varelmann, das kann nicht Aufgabe der Bundesregierung sein. Die Länderregierungen sind in diesem Bereich selbständig und entscheiden in eigener Zuständigkeit. Die Frage, in welchem Umfang Waffengebrauch durch die Polizei stattfindet, hängt jeweils vom Einzelfall ab; dazu kann man keine generelle Erklärung abgeben.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Eine zweite Zusatzfrage.

Franz Varelmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002362, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ist es nicht -- leider - zutreffend, daß das Ansehen der demokratischen Staatsordnung durch das Ausmaß der Gewaltverbrechen geschädigt wird und daß sich insbesondere Frauen bedroht fühlen und vielfach der Meinung sind, daß die demokratische Staatsordnung diesem Problem nicht Herr wird? Steckt darin nicht eine gewisse Gefahr für das Ansehen des demokratischen Staates? Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Herr Kollege Varelmann, es ist, glaube ich, Aufgabe aller Kräfte in diesem Staate, einem solchen Eindruck entgegenzutreten, weil er in der Form, wie er generalisierend vorgetragen wird, in der Sache nicht zu Recht besteht. Die Zahl der Gewaltverbrechen hat einen Tiefstand erreicht wie in diesem Jahrhundert zu keiner Zeit. Die höchste Zahl von Gewaltverbrechen haben wir im Kaiserreich gehabt, in der Weimarer Zeit ist ein Rückgang erfolgt, der sich in den dreißiger Jahren noch verstärkt hat. Ein beträchtlicher Rückgang der Gewaltverbrechen ist in dieser Zeit zu verzeichnen. Nur gebe ich zu: durch die Verbreitung durch die Massenmedien und durch die Presse in der heutigen Zeit wird natürlich von jedem Überfall die gesamte Bevölkerung im Bundesgebiet unterrichtet. Das soll kein Vorwurf gegen die Presse sein. Aber die Informierung der Bevölkerung dieses Landes über jedes Gewaltverbrechen hat sich vermehrt, obwohl die Zahl der Gewaltverbrechen erheblich kleiner ist. Ich sollte an dieser Stelle auch noch ein anderes sehr deutliches Wort sagen: Immerhin ist es den Polizeiorganen in der Bundesrepublik gelungen, eine erhöhte Aufklärungsquote bei Gewaltverbrechen zu erreichen - die immerhin bei über 90 % liegt -, während sie in den Fällen der Wirtschaftskriminalität zurückgegangen ist. Das müssen wir ganz nüchtern sehen.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Zu einer Zusatzfrage hat Herr Abgeordneter Varelmann das Wort.

Franz Varelmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002362, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ist es nicht bedauerlich, daß in einem Teil der Presseverlautbarungen das Leben der Gewaltverbrecher höher bewertet wird als das der bedrohten Menschen? Sehen Sie eine Möglichkeit, auf die Redaktionen dieser Zeitungsorgane einzuwirken, damit sie solchen Meinungen keinen Raum geben? Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Es kann nicht die Aufgabe der Bundesregierung sein, auf Zeitungsorgane einzuwirken.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Ich rufe die Frage 12 des Herrn Abgeordneten Picard auf. Herr Abgeordneter Picard ist nicht im Raum. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. Ich rufe die Frage 13 des Abgeordneten Dr. Gruhl auf. Herr Abgeordneter Dr. Gruhl ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. Ich rufe die Fragen 14 und 15 des Abgeordneten Burger auf: Treffen Pressemeldungen zu, wonach ein türkischer Rauschgifthändler, der in der Bundesrepublik Deutschland gefaßt wurde, durch entsprechende Initiativen des Ausländeramtes in sein Heimatland abgeschoben wird und niemals seine Strafe abzubüßen braucht, obwohl er jederzeit die Möglichkeit hat, als Tourist wieder in die Bundesrepublik Deutschland einzureisen? Teilt die Bundesregierung meine Ansicht, daß eine solche Praxis unsere Bemühungen um Eindämmung des Rauschgifthandels zunichte machen muß, da der abgeschobene Händler mit Sicherheit - als Tourist getarnt - wieder versuchen wird, Rauschgift in die Bundesrepublik Deutschland zu schmuggeln? Die Fragen können zusammen behandelt werden. Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Burger, nach Auffassung der Bundesregierung sollen Ausländer, die als Rauschgifthändler in der Bundesrepublik in Erscheinung getreten sind, wegen dieses Vergehens verurteilt werden, die Strafe in der Bundesrepublik verbüßen und anschließend ausgewiesen werden. Nur auf diese Weise kann erreicht werden, daß internationale Rauschgifthändler die Bundesrepublik meiden. Das Ausländergesetz läßt eine solche Handhabung ohne Einschränkung zu. Der Vollzug des Ausländergesetzes ist Sache der Länder. Der Bundesminister des Innern hat, entsprechend einer Ankündigung in dem Aktionsprogramm zur Bekämpfung des Mißbrauchs von Drogen und Rauschgiften vom 14. November 1970, die Länder mit Rundschreiben vom 24. Februar 1971 gebeten, Ausländer, die als Rauschgifthändler in Erscheinung treten, aus der Bundesrepublik Deutschland regelmäßig erst nach Verbüßung der Strafe auszuweisen. Der Bundesregierung sind zu diesem Zeitpunkt keine Fälle bekannt geworden, in denen nicht entsprechend verfahren worden ist.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Das Wort zu einer Zusatzfrage hat Herr Abgeordneter Burger.

Albert Burger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000310, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, hielten Sie es nicht - damit sich die von mir genannten Fälle nicht wiederholen - für zweckmäßig, daß man diesen Rauschgifthändlern vorübergehend die Reisepässe entzieht und verwahrt, damit sie in der Zwischenzeit nicht das Bundesgebiet verlassen können? Ich habe den Zeitungsbericht bei mir; es muß sich also zugetragen haben. Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Herr Kollege Burger, es ist Parlamentarischer Staatssekretär Dorn Sache der Länder - wie ich vorhin schon sagte -, entsprechend einzugreifen. Nur nach unseren Informationen wir haben uns natürlich auf dem Wege der Erkundigung auch an die Landesregierungen gewandt - ist kein solcher Fall bekannt. Sollte es einen solchen Fall geben, so wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie mir die Unterlagen zur Verfügung stellen könnten, damit die Bundesregierung mit der zuständigen Landesregierung sofort die notwendige Verbindung aufnimmt. ({0})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Es folgen Fragen aus dem Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts. Ich rufe zunächst Frage 74 des Herrn Abgeordneten Reddemann auf: Kennt die Bundesregierung die Personen, die dem sozialdemokratischen Parlamentarisch-Politischen Pressedienst Geheiminformationen über den Inhalt der Alliierten Berlin-Vereinbarungen zugespielt haben, und beabsichtigt die Bundesregierung, wie nach der Veröffentlichung eines Washingtoner Botschaftertelegramms durch eine Illustrierte, ein Strafverfahren gegen die Informanten einzuleiten? Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich beantworte die Frage wie folgt: Die hier gestellte Frage geht insofern von unzutreffenden Voraussetzungen aus, als die Veröffentlichung im Parlamentarisch-Politischen Pressedienst keinen Hinweis darauf bietet, daß dieser eine Information unter Verletzung von Geheimhaltungsvorschriften im Sinne des Strafgesetzes erlangt hat. Ich darf hinzufügen: Der Inhalt der Veröffentlichung geht nicht über das hinaus, was eine Reihe namhafter Tageszeitungen zur gleichen Zeit über den Inhalt der Berlin-Vereinbarungen veröffentlicht hat.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Das Wort zu einer Zusatzfrage hat Herr Abgeordneter Reddemann.

Dr. h. c. Gerhard Reddemann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001790, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, wollen Sie bestreiten, daß die Informationen, die PPP erhalten hat und die auch einer Reihe von Tageszeitungen zugegangen sind, durch den Staatssekretär im Bundeskanzleramt Egon Bahr zu einem Zeitpunkt erfolgt sind, als diese Unterlagen amtlich noch geheim waren? Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeordneter, bei diesem Hintergrundgespräch mit der Presse, das eine regelmäßige Einrichtung seit dem Jahre 1949 ist und das von einem Ihrer Fraktionskollegen damals in besonderer Weise gepflegt wurde, waren Journalisten der verschiedensten Zeitungs- und Parteirichtungen anwesend - wie immer bei solchen Gesprächen. ({0}) - - Ich kann Ihnen die Erklärung auf Ihre Frage geben, die ich für richtig halte. Da Vertreter vielfältiger Richtungen anwesend waren, werden Sie sicherlich Gelegenheit haben nachzuprüfen, daß dabei den Journalisten kein der Geheimhaltung bedürftiger amtlicher Text ausgehändigt worden ist, sondern daß es sich um eine Unterrichtung in der üblichen Weise gehandelt hat, die zur freien Verwertung, was den tatsächlichen Gehalt des Abkommens betrifft, zur Verfügung stand. Die Tatsache, daß zwischen einer solchen Unterrichtung und einer Veröffentlichung von Geheimdokumenten zu unterscheiden ist, ist also hier durchaus zu beachten und ist auch beachtet worden.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Eine Zusatzfrage, bitte!

Dr. h. c. Gerhard Reddemann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001790, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, wollen Sie damit Ihren Außenminister dementieren, der gestern in der Fragestunde zugegeben hat, daß die vorzeitige Veröffentlichung von Texten des Berliner Rahmenabkommens von der Ostberliner Seite zum Anlaß genommen wird zu bestreiten, daß es überhaupt einen gemeinsamen deutschen Text gibt? Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeordneter, Sie sprechen von etwas völlig anderem, als in der Frage in Rede steht. Es ist ein ganz anderer Tatbestand, auf den sich der Außenminister gestern bezogen hat. ({0}) Dieser Tatbestand hat sich ergeben, als die Paraphierung des Vier-Mächte-Abkommens bereits erfolgt war. Hier ging es darum, daß der mit einer Sperrfrist versehene tatsächliche Text über eine Agentur vorzeitig veröffentlicht worden ist, wodurch das zustande gekommen sei, was von der anderen Seite behauptet wird. Ihre Frage dagegen bezieht sich auf die Veröffentlichung des Abkommens selbst in einem anderen Zusammenhang, und zwar auf die inhaltliche Darstellung des Abkommens. Eine solche Darstellung ist während der gesamten Verhandlungen der Presse laufend gegeben worden. Das ist, glaube ich, der gravierende Unterschied. Sie bringen hier zwei Tatbestände durcheinander, die nichts miteinander zu tun haben. ({1})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Die Geschäftsordnung will es so, Herr Abgeordneter. Ich rufe die Fragen 75 und 76 auf. Der Fragesteller Engelsberger hat um schriftliche Beantwortung gebeten. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt. Ich rufe die Fragen 77 und 78 des Abgeordneten Rollmann auf. Der Fragesteller ist nicht anwesend. Die Fragen werden schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt. Frage 79 des Abgeordneten Dr. Jahn ({0}) : Vizepräsident Dr. Schmid Da zu erwarten ist, daß sich die Handelsbeziehungen zwischen EWG-Ländern und der Volksrepublik China erweitern, hält es die Bundesregierung nicht für erforderlich, auf eine gemeinsame Handelspolitik zu drängen, um zu verhindern, daß Handelspartner aus dem einen Mitgliedstaat gegen Handelspartner aus einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten ausgespielt werden? Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeordneter, die Antwort lautet: Ich habe bereits mit Schreiben vom 9. August 1971 auf eine andere an die Bundesregierung gerichtete Frage zur Osthandelspolitik der Europäischen Gemeinschaft geantwortet. Danach unterliegen die vertraglichen Handelsbeziehungen der EG-Mitgliedstaaten mit den Staatshandelsländern bereits seit dem 1. Januar 1970 einem fest umschriebenen und strikten Gemeinschaftsverfahren und werden am 1. Januar 1973 ganz in die Kompetenz der Gemeinschaft übergehen. Diese Regelung, die in der Ratsentscheidung vom 16. Dezember 1969 über die schrittweise Vereinheitlichung der Handelsabkommen und die Aushandlung von Gemeinschaftsabkommen festgelegt ist, gilt für die Beziehungen mit allen Staatshandelsländern, also auch für die Handelsbeziehungen mit der Volksrepublik China. So waren alle Handelsabkommen, die von der Bundesrepublik Deutschland und den übrigen EG-Mitgliedstaaten mit den einzelnen Staatshandelsländern seit dem 1. Januar 1970 ausgehandelt worden sind, Gegenstand einer vorherigen Konsultation einschließlich einer Koordinierung, die das reibungslose Funktionieren des Gemeinsamen Marktes sicherstellt, den berechtigten Interessen der anderen Mitgliedstaaten Rechnung trägt und zur Aufstellung einheitlicher Grundsätze für die gemeinsame Osthandelspolitik beiträgt. Die Handelsverhandlungen dürfen nur mit Ermächtigung des EG-Rates eröffnet und abgeschlossen werden und sind auf der Grundlage von Verhandlungsleitlinien zu führen, die vom Rat festgelegt werden. Da die Verhandlungsleitlinien für die Verhandlungen mit einem bestimmten Staatshandelsland jeweils für alle Mitgliedstaaten der Gemeinschaft im wesentlichen gleich lauten, ist bereits eine weitgehende materielle Überinstimmung der von den Mitgliedstaaten ausgehandelten Handelsabkommen erreicht worden. Zwischen der Europäischen Gemeinschaft bzw. einem ihrer Mitgliedstaaten und der Volksrepublik China bestehen zur Zeit noch keine Handelsabkommen. Italien ist als erster Mitgliedstaat vom EG-Rat Ende Juli 1971 ermächtigt worden, Verhandlungen über den Abschluß eines Handelsabkommens mit der Volksrepublik China aufzunehmen. Diese Verhandlungen sind noch nicht abgeschlossen. Die Bundesregierung wird wie bisher konstruktiv an der weiteren Verwirklichung der gemeinsamen Handelspolitik auch im Verhältnis zu den Staatshandelsländern, wie z. B. der Volksrepublik China, mitarbeiten. Sie würde es daher begrüßen, wenn die Staatshandelsländer, die bekanntlich bisher die Europäische Gemeinschaft nicht als Verhandlungspartner anerkannt haben, im Interesse der Ausweitung des beiderseitigen Handels Handelsabkommen mit der Europäischen Gemeinschaft abschließen wollten. Ich darf in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, daß die EG-Kommission die Aufnahme der Volksrepublik China in die gemeinsame Liberalisierungsliste und Einfuhrregelung der Europäischen Gemeinschaft vorgeschlagen hat. Dieser Vorschlag der Kommission wird in Kürze in den Gemeinschaftsgremien beraten werden.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Eine Zusatzfrage.

Dr. Hans Edgar Jahn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001014, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, sind Sie nicht auch der Auffassung, daß durch die Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit der Volksrepublik China durch die übrigen EWG-Staaten, die inzwischen erfolgt ist, die bisherigen auf privater Basis bestehenden Wirtschaftsbeziehungen der Bundesrepublik Schaden nehmen können? Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeordneter, für eine Bestätigung Ihrer Meinung besteht zur Zeit kein Anlaß, weil sich die Handelsbeziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland unter den Bedingungen, die jetzt vorherrschen, doch bereits sehr stark entwickelt hatten. Die Frage ist, ob die Volksrepublik China selber Interesse an einem solchen Abkommen hat, und diese Frage kann ich Ihnen heute nicht bejahen.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Frage 80 des Abgeordneten Mursch ({0}) : Wie erklärt die Bundesregierung den Widerspruch zwischen ihren wiederholten Versicherungen und Aussagen, wonach der deutschsowjetische und der deutschpolnische Vertrag nicht endgültig fixierten und nicht eine Anerkennung zum Beispiel der Oder-Neiße-Linie bedeuteten, und der Formulierung in der vom Presse- und Informationsarnt der Bundesregierung für die Alliierten Streitkräfte in Deutschland in englischer Sprache herausgegebenen Zeitschrift „FOCUS ON GERMANY" in der JanuarNummer 1971 auf Seite 2, wonach Deutschland in dem Warschauer Vertrag anerkenne, daß es 40 000 Quadratmeilen seines Territoriums hinter der Oder-Neiße-Linie verloren habe ({1})? Zusammen mit Frage 81? Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Ich würde sie gern zusammen nehmen. ({2})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Dann rufe ich zur gemeinsamen Beantwortung auch die Frage 81 des Abgeordneten Mursch ({0}) auf: Wie bewertet die Bundesregierung im Zusammenhang mit der vorstehenden Frage die Formulierung auf Seite 2 der April-Nummer der gleichen Zeitschrift, daß Deutschland in den Verträgen, die mit Polen und Rußland unterschrieben wurden, den Besitz von Territorien durch diese Länder, die mehr als ein Jahrtausend zu Deutschland gehörten, anerkenne ({1})? Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeordneter, diese Zeitschrift „FOCUS ON GERMANY” ist eine Monatszeitschrift, die vom Presse- und Informationsamt der Bundesregierung für die englisch7972 Parlamentarischer Staatssekretär Moersch sprachigen Stationierungsstreitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland herausgegeben wird. Diese Zeitschrift informiert über die Bundesrepublik Deutschland. Sie berichtet unter anderem auch über Land und Leute, über Brauchtum, etwa über das Oktoberfest, über deutsche Landschaften. Sie behandelt daneben politische Fragen. Sie hat auch eine Briefmarkenecke. Die Zeitschrift enthält keine amtlichen Verlautbarungen oder Stellungnahmen, sondern informierende und unterhaltende Texte, die auf die Interessen und die Aufnahmebereitschaft eines durchschnittlichen ausländischen Soldaten abgestellt sind. Man kann somit den Inhalt dieser Zeitschrift, die in englischer Sprache erscheint, nicht mit denselben Maßstäben sprachlicher und juristischer Präzision messen wie eine Regierungserklärung. Aber auch, wenn man dies nicht in Rechnung stellt, kann ich keinen Widerspruch zwischen den von Ihnen zitierten Textstellen und amtlichen Erklärungen der Bundesregierung zum deutsch-sowjetischen und zum deutsch-polnischen Vertrag erkennen. Beide Textstellen, die Sie zitieren, bringen lediglich zum Ausdruck, daß die Bundesregierung in den Ostverträgen den gegebenen territorialen Besitzstand in Osteuropa als Tatsache zur Kenntnis nimmt. Dies ist der Sinn der Formeln: „recognizes the fact" und „acknowledges the possession".

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Eine Zusatzfrage.

Karl Heinz Mursch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001577, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, glauben Sie, daß Langenscheidts Wörterbuch und amerikanische Staatsbürger, die ich befragt habe und die doch ohne Zweifel ihre Heimatsprache beherrschen, sich irren, wenn sie die Verben „acknowledge" und „recognize" als „anerkennen" werten mit geringfügigen Differenzierungen zwischen den beiden Worten, oder meinen Sie nicht vielmehr, daß diese Personen, von denen ich soeben sprach, das, was Sie hier ausgeführt haben, als eine philologische Sprachakrobatik auffassen werden? Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Nein, das muß ich zurückweisen. Ich darf Sie noch einmal auf den Gesamtzusammenhang hinweisen. Es ist eine, wie ich Ihnen sagte, nach journalistischen Gesichtspunkten für bestimmte Personengruppen gemachte Zeitschrift. Die Zitate haben Sie dem sogenannten lead entnommen, d. h. der Zusammenfassung des eigentlichen Artikels. Wenn Sie den Artikel selbst lesen, dann erkennen Sie, daß der Tenor dieses Artikels keineswegs die Fragestellung rechtfertigt, die Sie eben vorgenommen haben.

Karl Heinz Mursch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001577, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär Moersch, meinen Sie nicht, daß diejenigen, für die die Zeitschrift „FOCUS ON GERMANY" bestimmt ist, nämlich die Truppen unserer westlichen Verbündeten, „anerkennen" in Verbindung mit dem Wort „Verlust" - „lost" - so verstehen müssen, daß schon jetzt definitiv die Abtretung der deutschen Ostgebiete gemeint ist und daß damit ein eklatanter Widerspruch zu den Ausführungen des früheren Staatssekretärs Duckwitz besteht, der in seiner Analyse zum Moskauer Vertrag, die vom Auswärtigen Amt vollinhaltlich gebilligt worden ist - siehe die Antwort auf meine letzte Frage -, gesagt hat: Sowohl nach allgemeinem Völkerrecht wie nach den Vereinbarungen der vier für Deutschland verantwortlichen Mächte wie auch gemäß den vertraglichen Abmachungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Drei Mächten kann eine endgültige völkerrechtliche Fixierung der Grenzen erst durch einen Friedensvertrag erfolgen? Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Ich sehe keinen Widerspruch zu dem Zitat von Herrn Duckwitz, das Sie eben vorgetragen haben und das mir in diesem Zusammenhang ebenfalls vorliegt. Ich kann nur sagen, daß der gesamte Artikel, worauf ich hier hingewiesen habe, nichts anderes enthält als eine Feststellung von tatsächlichen Gegebenheiten, wie sie auch in der ganzen Welt längst getroffen worden ist. Ich muß also die Meinung zurückweisen, daß hier sozusagen eine andere Art von Sprache vorliege. Der Sinn dessen, was Sie zitiert haben, ist im Gesamtzusammenhang, daß hier ein Zustand ist, den wir einfach aus machtpolitischen Gründen hinzunehmen haben. Das ist der Inhalt des Artikels selbst und nicht irgendeine völkerrechtliche Definition. In einem unterhaltenden Magazin völkerrechtliche Feinheiten herausfinden zu wollen halte ich in diesem Zusammenhang für nicht gerechtfertigt.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Sie haben noch eine Frage.

Karl Heinz Mursch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001577, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär Moersch, dann möchte ich Sie ganz klar fragen: Gibt die Bundesregierung die deutschen Ostgebiete endgültig für Deutschland verloren, und ist sie der Meinung, daß es sich bei einem Friedensvertrag lediglich um eine formale Bestätigung handeln könne, für die keinerlei Gegenleistung mehr ausgehandelt werden könne wie z. B. das Durchlässigmachen der Grenzen für Meinungen und für Menschen? Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeordneter, die Bundesregierung hat ihren Standpunkt in dieser Frage diesem Hohen Hause wiederholt klar dargelegt. Sie selbst haben eben auf die Antwort verwiesen, die Ihnen vom Auswärtigen Amt auf Ihre Frage zu dem Beitrag von Herrn Staatssekretär a. D. Duckwitz gegeben worden ist. An dieser Stellungnahme der Bundesregierung hat sich nichts geändert und ändert sich auch nichts durch eine englische Fassung eines Artikels in dieser Zeitung.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Zusatzfrage.

Karl Heinz Hansen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000805, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, würden Sie mir zustimmen, wenn ich sage, daß man zu dem vom Fragesteller konstruierten Widerspruch nur kommen kann, wenn man einen philologischen Salto mortale schlägt, d. h. die Grundregel der englischen Sprache außer acht läßt, wonach jedes Wort erst seinen Sinn im Kontext bekommt, man deshalb das Wort recognized" im Zusammenhang mit „fact" sehen muß und es dann nur darum geht, daß wir nicht mehr im Besitz dieser Territorien sind? Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Kollege, da ich im Gegensatz zu Ihnen nicht Anglist bin, bin ich natürlich hier nicht in der Lage, so exakt zu definieren wie Sie. Mir ist aber aus dem Sprachgebrauch genau die Art bekannt, die Sie vortragen. Im übrigen ist mir bekannt, daß das von dem Herrn Kollegen Mursch angezogene Lexikon eine ziemlich kleine Ausgabe ist und daß es eine etwas größere, nämlich den „Webster" gibt, in dem genau diese Erklärung steht, die Sie vorgetragen haben.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Herr Abgeordneter!

Dr. Herbert Czaja (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000344, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, wie beurteilen Sie die Tatsache, daß das, was Sie eben als unterhaltenden Text bezeichneten, im offiziellen Bereich der NATO zu der rechtlichen Auffassung führt, die der neue Generalsekretär der NATO in deutscher Sprache in sehr präzisen Worten in der Frankfurter Allgemeinen vom 12. Juni 1971 wie folgt zusammengefaßt hat: Dieser Vertrag bringt der Sowjetunion die endgültige Anerkennung ihres Herrschaftsbereiches in Europa und der Teilung Deutschlands. Wie sehen Sie den darin enthaltenen Dissens zu den Erklärungen der Bundesregierung, daß sie nur für die Bundesrepublik Deutschland spricht und keine endgültige Regelung für Gesamtdeutschland treffen kann? Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeordneter, es ist eine unbestreitbare Tatsache, die durch irgendwelche anderen Erklärungen nicht aus der Welt geschafft wird, daß diese Bundesregierung nur für die Bundesrepublik Deutschland Verträge abschließen kann. ({0}) Ebenso unbestreitbar ist das andere, daß in dem Vertrag und in dem Briefwechsel, der zu diesen Verträgen gehört, eindeutig klargestellt ist, für wen die Regierung der Bundesrepublik Deutschland spricht und daß die Hinnahme eines tatsächlichen Zustandes, um den es sich handelt, nichts mit den von Ihnen genannten völkerrechtlich bindenden Abmachungen zu tun hat. Ich halte es auch nicht für besonders sinnvoll, wenn wir diese Diskussion sozusagen in diesem Augenblick sprachlich und philologisch führen. Ich muß Ihnen allerdings sagen, daß das, was Sie hier als Meinung eines ausländischen Politikers zitiert haben ({1}) - ist das vielleicht nicht die Meinung eines ausländischen Politikers? -, der in seiner Meinung frei ist, keine vereinzelte Meinung darstellt. Ich erinnere Sie daran, daß Sie sicherlich in den Vereinigten Staaten von Amerika, in England, in Frankreich oder wo immer Sie in der Welt gewesen sind wohl noch nie von autorisierter Stelle gehört haben, daß irgend jemand nicht nur den festen Glauben, sondern auch die feste Zuversicht hat, daß das, was durch den zweiten Weltkrieg in die Brüche gegangen ist, nämlich die Zerschlagung des Deutschen Reiches, durch verbale Kunststücke wieder zusammengeleimt werden könnte. ({2}) - Im Deutschland-Vertrag steht über diese Frage überhaupt nichts, Herr Abgeordneter; das ist ein ganz großer Irrtum.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Herr Abgeordneter Arndt!

Prof. Dr. Claus Arndt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000048, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, wären Sie bereit, den ursprünglichen Fragesteller darüber zu unterrichten, daß ein großer völkerrechtlicher Unterschied besteht zwischen der Anerkennung einer tatsächlichen Lage auf der einen Seite und der Auswirkung der Verträge auf der anderen Seite, durch die die Rechtslage der betreffenden Gebiete überhaupt nicht verändert wird? Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeordneter, ich kann das, was Ihre Frage zum Inhalt hat, nur bestätigen. Aber es scheint auch nicht gerade der richtige Gegenstand der Auseinandersetzung zu sein, eine Zeitschrift zu zitieren, deren Inhalt eine Beschreibung Schlesiens ist, wo auf die großen deutschen Kulturleistungen in Schlesien hingewiesen worden ist - wie ich meine, eine verdienstvolle Darstellung vom Presse- und Informationsamt gegenüber amerikanischen und englischen Soldaten über das, was für das deutsche Volk dieses Land bedeutet hat -, und daraus zu konstruieren, die Bundesregierung habe eine andere Haltung eingenommen; das finde ich sehr weit hergeholt. ({0})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Sie haben keine Zusatzfrage mehr. Sie hatten vier Fragen. - Sie haben erst drei gestellt? Dann haben Sie Ihre vierte noch.

Karl Heinz Mursch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001577, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, abgesehen von den philologischen Ausein7974 Mursch ({0}) andersetzungen - bei denen ja übersehen worden ist, daß, wie ich vorhin schon sagte, zwischen recognize und acknowledge doch noch ein gewisser Unterschied vorhanden ist -, vermisse ich Ihre klare Antwort auf meine dritte Frage, die ich gestellt habe: Gibt diese Bundesregierung die deutschen Ostgebiete endgültig für verloren oder nicht? ({1}) Oder sieht sie in einem Friedensvertrag nur noch die Möglichkeit, das formal zu bestätigen? Hierauf habe ich keine Antwort bekommen. Ich bitte Sie darum. ({2})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns die Fragestunde doch in Gelassenheit abwickeln! Jeder kann über Fragen und Antworten denken, was er will. ({0}) Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeordneter Mursch, der Hinweis auf den Friedensvertrag und der Vorbehalt in diesem Zusammenhang, der immer angebracht worden ist, ist eindeutig und bedarf keiner weiteren Interpretation. Ich habe hier auf Herrn Duckwitz verwiesen. Sie selbst haben zum zweiten- oder drittenmal diese Frage bereits auch schriftlich beantwortet bekommen. ({1})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Sie haben eine Antwort bekommen. Sie gefällt Ihnen nicht, aber Sie haben eine Antwort bekommen. Keine weiteren Fragen mehr. - Die Fragestunde ist erledigt. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Mittwoch, den 29. September, vormittags 9 Uhr, ein und schließe die 136. Sitzung des Deutschen Bundestages.