Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 5/14/1971

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Irma Tübler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002347, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, wären Sie damit einverstanden - ich glaube, damit komme ich Ihren Ausführungen entgegen , wenn ich Ihnen die Unterlagen über diesen Komplex übergebe, so daß wir es dann überprüfen können? Dann hätte ich keine Zusatzfrage. Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Selbstverständlich. Präsident von Hassel: Keine weiteren Zusatzfragen. Ich danke Ihnen für die Beantwortung, Herr Staatssekretär. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts. Ich rufe die Frage 117 des Abgeordneten Baier auf. Der Abgeordnete ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. Frage 118 des Abgeordneten Dr. Riedl ({0}) : Was hat der Herr Bundesaußenminister gemeint, als er am 5. Mai 1971 vor den Teilnehmern der Pyrmonter Unternehmergespräche auf die Frage, was die Bundesregierung dem Osten nach den Moskauer und Warschauer Verträgen noch anbieten kann, um die Mauer zu beseitigen, erklärte: „Das ist eine Polemik, wie sie sonst nur in südlicheren Landesteilen Deutschlands üblich ist"? Zur Beantwortung Herr Parlamentarischer Staatssekretär Moersch. Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Präsident, die Antwort lautet: Der Bundesminister des Auswärtigen hat damit zum Ausdruck bringen wollen, daß ihn der Inhalt der genannten Frage an eine Art der Polemik erinnere, wie sie vornehmlich von bestimmten Presseorganen geübt wird, die bekanntlich in einem südlicher als Bad Pyrmont gelegenen Ort der Bundesrepublik, der im übrigen außerordentlich angenehm und beliebt ist, erscheinen. Präsident von Hassel: Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Dr. Riedl.

Dr. Erich Riedl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001843, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, Sie haben meine Frage gründlich verstanden. Ich wollte von der Bundesregierung wissen, ob sie es als Polemik abqualifiziert, wenn Bürger unseres Landes im Zusammenhang mit den Moskauer und Warschauer Verträgen nach Abbau von Mauer, Stacheldraht und Minenfeldern fragen, angesichts der Tatsache, daß ihnen, diesen Bürgern, die Bundesregierung mit eben diesen Verträgen Hoffnungen auf Entspannung in beiden Teilen Deutschlands gemacht hat und sie nunmehr zunehmend erkennen müssen, daß dies eben nicht die Folge dieser Verträge ist. Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeordneter, ich habe diese Frage nicht mißverstanden, sondern ich habe sie so beantwortet, wie sie gestellt worden ist. Wenn Sie etwas anderes gemeint haben, hätten Sie es anders formulieren müssen. ({0}) - Was heißt denn das! Präsident von Hassel: Verzeihung, darf ich Sie bitten, daß wir die Fragestunde so durchführen, daß sowohl der Fragesteller sachlich fragt als auch der antwortende Vertreter der Regierung sachlich antwortet. - Bitte schön, Herr Parlamentarischer Staatssekretär! Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Ich entnehme Ihrer Zusatzfrage, daß Sie in der sachlichen Bewertung eine ganz andere Meinung haben als der Bundesaußenminister. Aber es ist unmöglich, das hier in einer Antwort auszutragen. Das wäre Gegenstand einer Debatte. Sie haben hier in Ihrer Frage Behauptungen aufgestellt, die vom Standpunkt der Regierung aus leicht sachlich zu widerlegen wären. Das dürfte jedoch nicht Gegenstand der Frage sein. Präsident von Hassel: Eine zweite Zusatzfrage, der Abgeordnete Dr. Riedl.

Dr. Erich Riedl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001843, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ist Ihnen denn nicht bekannt - Sie hätten es in der „Welt" Nr. 104 vom 6. Mai dieses Jahres nachlesen können -, daß sich der zitierte Fragesteller auf ein Zitat des Herrn Bundeskanzlers im Redemanuskript des Herrn Außenministers bezog, wonach der Abbau von Mauer, Stacheldraht und Minenfeldern in Deutschland das erklärte Ziel der Bundesregierung ist? Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeordneter, ich habe nicht die Quelle benutzt, die Sie offensichtlich benutzt haben, sondern ich kenne das Redemanuskript. Der Zusammenhang der Rede war eindeutig so, daß die Frage, die Sie hier zitieren, mir nicht sinnvoll erscheint. Präsident von Hassel: Keine weitere Zusatzfrage. Ich rufe die Frage 119 des Abgeordneten Engelsberger auf: Welche Voraussetzungen verbindet die Bundesregierung im einzelnen mit dem Begriff einer „beiriedigenden Berlin-Regelung"? Zur Beantwortung Herr Staatssekretär. Deutscher Bundestag -- 6. Wahlperiode Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Hinsichtlich der Kriterien einer solchen Regelung besteht zwischen der Bundesregierung und den drei Westmächten volle Übereinstimmung. Sie orientieren sich u. a. daran, ob ein Viermächteabkommen, wie es ins Auge gefaßt ist, die Lebensfähigkeit der Stadt erhält und stärkt. Präsident von Hassel: Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Engelsberger.

Matthias Engelsberger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000475, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ist die Feststellung des sowjetischen Botschafters in Rom, Falin, daß die heutige Bundespräsenz in Berlin eine Einigung der vier Mächte über Berlin unmöglich mache, nicht ein Hinweis dafür, daß die Sowjetunion nicht bereit ist, den Vorstellungen der Bundesregierung im Hinblick auf eine befriedigende Berlin-Regelung zu entsprechen? Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeordneter, die Frage, was am Ende bei einer Regelung über die die drei Westmächte und die Sowjetunion verhandeln, herauskommt, kann hier jetzt sicherlich nicht diskutiert werden. Ich halte es nicht für nützlich, an Hand von Details, die von dieser oder jener Seite in die Öffentlichkeit gebracht worden sind, über den Verhandlungsstand Näheres zu sagen. Ich möchte Sie aber doch darauf hinweisen, daß über bestimmte Fragen, die Berlin betreffen, zwischen der Rechtsauffassung der Westmächte und etwa der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und auch anderen Auffassungen immer schon gewisse Unterschiede bestanden haben. Präsident von Hassel: Eine zweite Zusatzfrage des Abgeordneten Engelsberger.

Matthias Engelsberger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000475, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, muß aus der Tatsache, daß die Sowjetunion bisher die Bundespräsenz in West-Berlin hingenommen und damit Realitäten geschaffen bzw. akzeptiert hat, heute aber von diesen Realitäten nichts mehr wissen will, nicht der Schluß gezogen werden, daß die Sowjetunion von der Bundesregierung verlangt, die für die UdSSR vorteilhaften Realitäten anzuerkennen, der Bundesrepublik das gleiche Recht aber nicht zugesteht? ({0}) Präsident von Hassel: Herr Kollege, eine Zusatzfrage muß kurz gefaßt werden, damit auch eine kurze Antwort möglich ist. - Zur Beantwortung Herr Parlamentarischer Staatssekretär! Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Präsident, zunächst darf ich dein Herrn Fragesteller sagen, daß das Thema, das er hier angeschnitten hat, nicht Gegenstand der ursprünglichen Frage ist. - Was die Frage der Bundespräsenz betrifft, Herr Abgeordneter, so darf ich Sie in aller Bescheidenheit daran erinnern, daß bis zum Jahre 1955 und auch noch später maßgebende Repräsentanten der Bundesregierung in dieser Frage eine ganz andere Meinung hatten, als Sie sie heute zum Ausdruck bringen. Präsident von Hassel: Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Schulze-Vorberg.

Dr. Max Schulze-Vorberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002112, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, da Sie feststellen, daß die Frage nach der Berlin-Präsenz nicht Gegenstand der ursprünglichen Frage war, da aber tatsächlich dort nach den Einzelheiten einer befriedigenden Berlin-Regelung gefragt wurde, möchte ich Sie bitten, zu sagen, ob es also nach Ihrer Meinung so ist, daß die BerlinPräsenz nicht zu einer befriedigenden Berlin-Regelung gehört? Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeordneter, ich habe die Frage dahingehend beantwortet, daß eine befriedigende Berlin-Regelung darin besteht, daß die Lebensfähigkeit West-Berlins gestärkt und gesichert wird. Und wenn Sie glauben, daß es den Interessen der Berliner diene, wenn man hier aus einem Gesamtpaket Einzelheiten herausnimmt, dann bin ich der Meinung, daß Sie sich im Irrtum befinden. ({0}) Ich möchte gleich hinzufügen, daß die Frage nach der Präsenz in Berlin in Zusammenhang mit der Lebensfähigkeit Berlins viele Jahre in den Regierungen Adenauer eine ganz andere Rolle gespielt hat, als es hier heute in Ihren Fragen zum Ausdruck kommt. ({1}) Präsident von Hassel: Ich rufe Frage 120 des Abgeordneten Dr. Meinecke ({2}) auf: Hat die Bundesregierung auf Grund der Meldungen, daß in Ostpakistan etwa 4 Millionen Menschen vorn Hungertod bedroht sind, erneut Überlegungen über eine Fortsetzung der humanitären Hilfe in diesem Gebiet angestellt, und sind entsprechende Wünsche von der für diese Region verantwortlichen Regierung an die Bundesregierung herangetragen worden? Bitte schön, Herr Staatssekretär! Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Die Informationen, die der Bundesregierung über die Lage in Ostpakistan - auch über die Zahl der vom Hunger Bedrohten - vorliegen, sind widersprüchlich. Bekannt ist allerdings, daß zur Zeit im Hafen von Chittagong große Mengen Getreide und Reis lagern, daß es aber nach den letzten Studien von Ernährungsexperten im Inneren Ostpakistans zu einer Hungersnot kommen kann, falls es nicht gelingt, täglich mindestens 5000 t Brotgetreide in den Norden des Landes zu transportieren. Es bestehen Transportprobleme, da eine bedeutende Eisenbahnbrücke zerstört und die Eisenbahnverbindung Dacca7176 Parlamentarischer Staatssekretär Moersch Chittagong noch an mehreren Stellen unterbrochen ist. Für Warenbewegungen kommen deshalb nur der Straßen- und der Wassertransport in Frage. Überlegungen der Bundesregierung über eine Fortsetzung der humanitären Hilfe für Ostpakistan müßten sich nach entsprechenden Wünschen der Regierung Pakistans richten. Solche Wünsche sind allerdings noch nicht an die Bundesregierung herangetragen worden. Sollte dies geschehen, wird die Bundesregierung die pakistanischen Wünsche wohlwollend prüfen. Präsident von Hassel: Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Meinecke.

Dr. Rolf Meinecke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001456, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, geben Sie mir - auch wenn man anerkennt, daß die Zahlen widersprüchlich sind - zu, daß ich, wenn ich mir die Größe des betroffenen Bevölkerungskreises - ob es nun drei oder vier Millionen sind - vorstelle und die Zahl der nach Indien Geflüchteten hinzurechne, hier in eine Dimension komme, die in der neueren Zeit wohl einmalig ist? Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeordneter, das große Ausmaß der Not, die dort herrscht, ist, glaube ich, völlig unbestritten - gleichgültig, ob in den Millionenziffern Differenzen bestehen sollten oder nicht. Aber ebenso muß ich Sie darauf hinweisen, daß es nicht Sache der Bundesregierung sein kann, von sich aus irgendwo einzugreifen, wo ihre Hilfe nicht erbeten wurde. Ich halte es in diesem Fall wie in ähnlichen Fällen, die bereits vorgekommen sind, für richtig, daß hier vor allem die Vereinten Nationen und ihre Unterorganisationen tätig werden und daß in erster Linie die verantwortlichen Regierungen von sich aus an andere Regierungen herantreten. Eine andere Möglichkeit gibt es meines Erachtens im internationalen Verkehr nicht. Präsident von Hassel: Eine zweite Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Meinecke.

Dr. Rolf Meinecke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001456, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, humanitäre Hilfe wird ja immer entweder aus aktuellem Anlaß sehr rasch oder aber auf Grund des Druckes der öffentlichen Meinung in der Welt gewährt. Wie erklären Sie sich die merkwürdig lethargische Reaktion der Weltöffentlichkeit, die hier gewissermaßen diese Dinge als Zuschauer geschehen läßt, ohne auf die Vereinten Nationen einen massiven Druck auszuüben? Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeordneter, ich bedaure, Ihnen darauf keine detaillierte Antwort geben zu können. Das mag mit den besonderen Machtverhältnissen in diesem Bereich - und übrigens auch mit der sehr unterschiedlichen Berichterstattung über Ursachen und Wirkungen -zusammenhängen. Präsident von Hassel: Ich rufe Frage 121 des Abgeordneten Dr. Lenz ({0}) auf: Wie beurteilt die Bundesregierung die Empfehlung im Bericht der Kommission für die Reform des Auswärtigen Dienstes vom März 1971 ({1}), „von dem bisherigen zwingenden Erfordernis, auch über gute Sprachkenntnisse in Französisch zu verfügen, sollte dann abgegangen werden, wenn der Bewerber gute Kenntnisse einer anderen, für den Auswärtigen Dienst wichtigen Fremdsprache besitzt" im Lichte des deutsch-französischen Vertrages vom 22. Januar 1963, in dem die „wesentliche Bedeutung ., die der Kenntnis der Sprache des anderen in jedem der beiden Länder für die französisch-deutsche Zusammenarbeit zukommt", hervorgehoben wird, unter Berücksichtigung der Zusage des Parlamentarischen Staatssekretärs beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft im Deutschen Bundestag vom 1. April 1971, die Bundesregierung wolle sich für eine gleichberechtigte Ausbildung im Französischen an höheren Schulen einsetzen, und im Hinblick auf die Erklärungen des Herrn Bundeskanzlers vom 3. Juli 1970 gegenüber Präsident Pompidou anläßlich deutsch-französischer Konsultationen in Bonn, die „erste Aufgabe sei die Förderung und weitere Intensivierung unserer bilateralen Zusammenarbeit"? Zur Beantwortung Herr Staatssekretär! Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeordneter, ich glaube, daß wir die beiden in Ihrer Frage angeschnittenen Komplexe - nämlich erstens die Ausbildung im Französischen an Höheren Schulen und zweitens die Vermittlung von französischen Sprachkenntnissen in der Attaché-Ausbildung - sorgfältig voneinander trennen müssen. Die Auffassung der Bundesregierung über die gleichberechtigte Ausbildung im Französischen an Höheren Schulen ist bekannt und zum letzten Male vom Parlamentarischen Staatssekretär von Dohnanyi im Deutschen Bundestag am 1. April 1971 dargelegt worden. Was nun die Ausbildung der Attachés des Auswärtigen Dienstes in der französischen Sprache betrifft, so ist der von Ihnen zitierte Teil des Kommissionsberichtes nicht die Meinung der Bundesregierung, sondern die Meinung der unabhängigen Kommission für die Reform des Auswärtigen Dienstes. Wie Sie wissen, hat die Kommission den Bericht erst im März 1971 vorgelegt. Ich möchte übrigens hinzufügen, daß dieser Kommission auch Mitglieder dieses Hauses angehörten. Die Bundesregierung prüft zur Zeit, ob und in welcher Weise sie diese Empfehlungen berücksichtigen kann. Zur Zeit gilt die am 21. März 1971 erlassene Ausbildungs- und Prüfungsordnung für den höheren auswärtigen Dienst. Diese schreibt die Kenntnis des Englischen und Französischen als Voraussetzung für die Zulassung zum Vorbereitungsdienst vor. Die Bundesregierung teilt die Meinung der Kommission, daß die Kenntnis schwieriger Sprachen für den auswärtigen Dienst von Interesse ist. Sie versteht den Wunsch der Kommission so, daß diese Anregung nur für Ausnahmefälle gedacht ist und nicht etwa eine generelle Ersetzung der Kenntnis der französischen Sprache durch die Kenntnis anderer Sprachen bedeuten soll. Im übrigen möchte ich, damit Mißverständnisse ausgeschlossen sind, auch bei dieser Gelegenheit darauf hinweisen, daß das Ausbildungsprogramm des französischen diplomatischen Nachwuchses die Kenntnis der deutschen Sprache durchaus nicht allgemein vorschreibt, während in der Ausbildung im deutschen auswärtigen Dienst die Kenntnis der franParlamentarischer Staatssekretär Moersch zösischen Sprache, wie ich oben dargelegt habe, zu den Voraussetzungen der Einstellung gehört. Ich meine, die Kenntnis der französischen Sprache wird auch zu Recht gefordert, weil diese Kenntnis für unsere Diplomaten im europäischen und auch im multilateralen Bereich von großer Bedeutung ist. Präsident von Hassel: Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Lenz.

Prof. Dr. Carl Otto Lenz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001322, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, kann ich Ihre Antwort so verstehen, daß die Bundesregierung in ihrem Bereich, im auswärtigen Dienst, alles tun wird, um die gleichberechtigte Berücksichtigung der französischen und englischen Sprache beizubehalten? Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeordneter, Sie können das so verstehen. Ich möchte hinzufügen, daß die Bundesregierung es bedauert, daß nicht alle Bundesländer die im deutsch-französischen Vertrag vorgesehene Verstärkung der Französischkenntnisse in den deutschen Schulen in der Weise gefördert haben, die man sich eigentlich hätte erhoffen können. Hier liegt ein Mangel in der Kompetenz der Bundesregierung und des Bundestages vor. Es wäre sicher wünschenswert, daß die französische Sprache mehr als bisher alternativ als erste Fremdsprache angeboten wird, wie das in meiner engeren Heimat früher immer der Fall gewesen ist. Präsident von Hassel: Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Wehner.

Herbert Wehner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002444, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Parlamentarischer Staatssekretär, der Hinweis von eben, daß in der französischen Diplomatenausbildung die Kenntnis der deutschen Sprache nicht Pflicht sei, veranlaßt mich zu der Zusatzfrage, ob Sie auch der Auffassung sind, daß es notwendig ist, Voraussetzungen für die Pflege der Kenntnis der französischen Sprache sowohl im amtlichen Bereich als auch über ihn hinaus zu schaffen. Welche Zuständigkeiten hat die Bundesregierung, um dieses Ziel zu erreichen? Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Die Bundesregierung hat in ihrem Bereich der Beamtenausbildung, wie ich soeben dargelegt habe, die entsprechende Zuständigkeit. Sie hat sie aber nicht im Bereich der Schulen und höheren Schulen. Sie kann in Gesprächen mit den Ministerpräsidenten und den Kultusministern - das hat sie, auch jüngst, wiederholt getan - lediglich auf die Änderung des Hamburger Abkommens hinwirken. Sie kann diesem Gesichtspunkt auch in der Bildungsplanungskommission stärker Geltung verschaffen, als das früher der Fall war, als wir die Rahmenkompetenz für die Bildungsplanung nach dem Grundgesetz noch nicht besaßen. Präsident von Hassel: Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Hansen.

Karl Heinz Hansen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000805, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß der Fachbereich „Literaturwissenschaft" der Universität Konstanz dagegen protestiert hat, daß das Kultusministerium in Baden-Württemberg bemüht ist, die Fremdsprache Französisch noch weiter zurückzudrängen, und meinen Sie nicht, daß die §§ 9 und 10 des Hamburger Abkommens änderungsbedürftig sind? Wird die Bundesregierung auf eine Änderung dieser Vorschriften hinwirken? Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeordneter, das letztere hat die Bundesregierung bereits getan. Das Auswärtige Amt ist hier besonders aktiv geworden. Vor kurzem hat ein Gespräch zwischen leitenden Herren unseres Hauses und allen Kultusministern über dieses Thema stattgefunden. Ich bedaure, von Ihnen erfahren zu müssen, daß die Dinge offensichtlich gerade in Baden-Württemberg anders gehandhabt werden. Das ist sozusagen ein Widerspruch in sich, da der Ministerpräsident von Baden-Württemberg gegenwärtig der Beauftragte für die deutsch-französischen kulturellen Beziehungen ist. ({0}) Präsident von Hassel: Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Lenz.

Prof. Dr. Carl Otto Lenz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001322, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß der Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg vor acht Wochen in einem ausführlichen Presseinterview seine Auffassung zu der Frage der Pflege der französischen Sprache an deutschen Schulen dargelegt hat? Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeordneter, ich erinnere mich vage daran. Ich möchte aber gleich hinzufügen, daß es nach meiner Erinnerung auch eine gewisse Polemik gegeben hat, weil sich das zuständige Ministerium offensichtlich anders verhält, als es den vom Regierungschef geweckten Erwartungen entspricht. Präsident von Hassel: Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Czaja.

Dr. Herbert Czaja (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000344, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, würden Sie das Material, auf das sich Ihre Behauptung stützt, dem Hause vorlegen? Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeordneter, ich habe gesagt, daß ich durch die Frage des Abgeordneten Hansen von dem Protest der Universität Konstanz Kenntnis erhalten habe. Der Abgeordnete Hansen ist sicher in der Lage, Ihnen das, was er soeben zitiert hat, schriftlich zu unterbreiten. ({0}) Parlamentarischer Staatssekretär Moersch Ich nehme an, Sie wollen einem Kollegen nicht unterstellen, daß er etwas Falsches vom Blatt abgelesen hat. ({1}) Präsident von Hassel: Ich rufe die Frage 122 des Abgeordneten Dr. Lenz ({2}) auf: Welche Auswirkungen könnten sich aus der empfohlenen Neuregelung fur die europäische Einigungspolitik ergeben, deren Kern die deutsch-französische Zusammenarbeit sein soll und für die die französische Sprache ein wichtiges Element darstellt? Zur Beantwortung, der Herr Parlamentarische Staatssekretär, bitte! - Nach meinem Dafürhalten ist bisher nur die Frage 121 und nicht auch schon die Frage 122 beantwortet. Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeordneter, nachdem ich Ihnen soeben die Frage beantwortet habe, daß der Auswärtige Dienst in diesem Punkte die Empfehlung der Reformkommission voraussichtlich nicht in der von der Kommission vorgeschlagenen Weise annehmen wird, habe ich wohl auch diese Frage schon beantwortet. Wir werden uns im Sinne der Frage bemühen, die Kenntnis der französischen Sprache eher auszubreiten. Präsident von Hassel: Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Lenz zur Frage 122.

Prof. Dr. Carl Otto Lenz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001322, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, darf ich Ihrer Antwort entnehmen, daß Sie meine Auffassung teilen, daß im europäischen Bereich die französische Sprache auch aus tatsächlichen Gründen als der englischen absolut gleichwertig behandelt werden muß? Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Ich bin einverstanden, Herr Abgeordneter. Wir praktizieren das auch so. Präsident von Hassel: Keine weiteren Zusatzfragen dazu? -- Dann rufe ich die Frage 123 des Abgeordneten Dr. Jobst auf: Ist der Bundesregierung bekannt, daß die griechische Regierung mit der Eröffnung einer griechischen Handelskammer in Ost-Berlin auf die vielfältigen Erklärungen deutscher Regierungskreise reagieren will? Der Abgeordnete ist anwesend. Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär. Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Die Antwort lautet Nein. Nach unserer Information ist diese Frage weder begründet noch aktuell. Präsident von Hassel: Eine Zusatzfrage der Abgeordnete Dr. .Jobst.

Dr. Dionys Jobst (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001029, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, sind der Bundesregierung Tatsachen bekannt, die darauf schließen lassen, daß bereits technische Vorbereitungen für die Eröffnung einer griechischen Handelskammer in Ost-Berlin getroffen wurden? Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeordneter, es gab solche Meldungen und solche Vorbereitungen angeblich einmal im Januar 1970; aber das ist, glaube ich, nicht mehr Gegenstand aktueller Überlegungen, soweit uns bekannt ist. Präsident von Hassel: Eine zweite Zusatzfrage der Abgeordnete Dr. Jobst.

Dr. Dionys Jobst (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001029, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, würden Sie die Errichtung einer Handelskammer Griechenlands in Ost-Berlin als eine Maßnahme betrachten, die für die Bundesrepublik belanglos ist? Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeordneter abgesehen von der Frage, wer der Rechtsträger wäre, haben wir unsere Auffassung der griechischen Regierung gegenüber damals, als diese Frage hochkam, zum Ausdruck gebracht. Die griechische Regierung hat einen Tag nach Erscheinen eines entsprechenden Presseberichts diesen Bericht dementiert. Damit war die Frage für uns nicht mehr aktuell. Sie hat auch, wenn ich das hinzufügen darf, zum Ausdruck gebracht, daß sie keine Störung unserer innerdeutschen Beziehungen durch einseitige Maßnahmen vornehmen will. Präsident von Hassel: Ich rufe die Frage 124 des Abgeordneten Josten auf: Wieweit sind die Verhandlungen mit den Ostblockstaaten und der Sowjetunion gediehen, welche die Probleme der Gräber deutscher Soldaten betreffen? Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär, Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Bei den Verhandlungen, die die Bundesregierung mit den Regierungen der Sowjetunion, der Ostblockstaaten sowie Jugoslawiens führte, wurde das Problem der. deutschen Kriegsgräber jeweils angeschnitten. Es hat sich hierbei gezeigt, daß erst dann mit greifbaren Ergebnissen gerechnet werden kann, wenn die Verträge von Moskau und Warschau ratifiziert sind. Auch der Volksbund Deutscher Kriegsgräberfürsorge, der auf Grund einer Absprache mit der Bundesregierung die Instandsetzung und Pflege der deutschen Kriegsgräber im Ausland übernommen hat, kommt bei seinen Kontakten mit Verwaltungsstellen in den osteuropäischen Ländern zu dem gleichen Ergebnis. Präsident von Hassel: Eine Zusatzfrage der Abgeordnete Josten.

Johann Peter Josten (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001034, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ich möchte Sie, nachdem das Ergebnis nicht befriedigt, fragen: Wäre die Regierung bereit, bei ihren Verhandlungen mit der Sowjetunion und den OstblockDeutscher Bundestag -- 6. Wahlperiode Josten staaten darauf hinzuweisen, daß die deutsche Bevölkerung kein Verständnis dafür hat, daß 25 Jahre nach dem Kriegsende diesem humanitären Problem von diesen Ländern so wenig Interesse entgegengebracht und so wenig Hilfsbereitschaft bewiesen wird? Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeordneter, ich darf mich in meiner Antwort auf eine Antwort beziehen, die ich vor einigen Wochen in dieser Sache gegeben habe: die deutsche Bundesregierung hat sich in dieser Sache eingesetzt. Präsident von Hassel: Eine zweite Zusatzfrage der Abgeordnete Josten.

Johann Peter Josten (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001034, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, nachdem Sie auf eine Antwort, die Sie schriftlich auf eine Frage des Abgeordneten Wagner gegeben haben, hinweisen, daß Sie dieses Thema angeschnitten haben, darf ich auf meine Frage an die Regierung vom 5. Dezember 1969 sowie auf die schon des öfteren hier in diesem Hause gestellte Frage nach der Kriegsgräberfürsorge zurückkommen und Sie fragen: Wären Sie bereit, mir einen schriftlichen Bericht über den Stand der Verhandlungen mit der Sowjetunion und den Ostblockstaaten bis zum 1. Oktober dieses Jahres ausarbeiten zu lassen? Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeordneter, ich muß die Frage prüfen, in welcher Form die Unterrichtung geschehen kann; aber selbstverständlich ist das Auswärtige Amt bereit, Sie über die Details ins Bild zu setzen. Präsident von Hassel: Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Dr. Riedl ({0}).

Dr. Erich Riedl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001843, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, wären Sie bereit, zuzugeben, daß zumindest Jugoslawien nicht ein Junktim zwischen der Unterzeichnung des Moskauer Vertrags und der Aufnahme von Verhandlungen über die in Jugoslawien befindlichen Kriegsgräber hergestellt hat? Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeordneter, auch diese Frage haben wir gerade in dem speziellen Fall Jugoslawien kürzlich hier behandelt, und ich habe dargelegt, was die Bundesregierung in dieser Sache bereits unternommen hat und auch weiterhin unternehmen wird. Präsident von Hassel: Eine Zusatzfrage der Abgeordnete Professor Abelein.

Prof. Dr. Manfred Abelein (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000001, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Welche Kriegsgräberstätten für deutsche Tote gibt es denn in Osteuropa? Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeordneter, es ist mir nicht möglich, daß im Augenblick zu beantworten, weil das nicht im Zusammenhang mit der gestellten Frage steht. Ich werde aber auch diese Frage gern einmal prüfen lassen. Präsident von Hassel: Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Freiherr von Fircks.

Otto Fircks (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000547, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, könnten Sie in Erweiterung der Frage etwas dazu sagen, wie es mit den Möglichkeiten steht, bei Besuchsreisen in die ehemals deutschen Ostgebiete die Gräber von Angehörigen zu pflegen? Präsident von Hassel: Das steht zwar nicht im Zusammenhang mit der Frage. Aber ich kann mir vorstellen, daß das als Anregung gewertet und später vielleicht beantwortet wird. Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeordneter, es ist doch unter Umständen gerade der Sinn solcher Reisen, daß die Gräberpflege vorgenommen werden kann. Selbstverständlich bemüht sich die Bundesregierung, daß möglichst viele Mitbürger dahin reisen können. Ich glaube auch, daß in jüngster Zeit hier bestimmte Restriktionen gelokkert worden sind, jedenfalls soweit mir das aus den Zahlen erinnerlich ist. Ich kann mir vorstellen, daß eine Reihe von Antragstellern für allgemeine Reisen gerade wegen der Gräberpflege gefahren sind. Es gibt inzwischen wohl auch Reiseunternehmmen, die im größeren Umfang solche Reisen organisieren. Präsident von Hassel: Ich rufe die Frage 125 des Abgeordneten Freiherr von Fircks auf: Ist der Bundesregierung das Memorandum der Exilverbände von 19 ost- und südosteuropäischen Nationen in der Bundesrepublik Deutschland vom 4. März 1971 bekannt, in dem es heißt, daß der Wortlaut des deutsch-jugoslawischen Auslieferungsvertrages vom 26. November 1970 und die Erklärungen von Bundesminister Scheel anläßlich der Vertragsunterzeichnung die Befürchtungen bestätigen, wonach politische Flüchtlinge in der Bundesrepublik Deutschland durch den Vertrag entgegen den Bestimmungen der Menschenrechte 1950 und 1951 und der Genfer Konvention, die ausdrücklich eine Auslieferung, selbst beim Vorliegen krimineller Taten, verbietet, gefährdet sind, und wie steht die Bundesregierung zu diesem Memorandum? Zur Beantwortung, Herr Staatssekretär. Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeordneter, der Bundesregierung ist das Memorandum der zentralen Betreuungs- und Exilverbände von Flüchtlingen aus 19 ost- und südosteuropäischen Nationen in der Bundesrepublik Deutschland vom 4. März 1971 bekannt. Die Bundesregierung hält die in dem Memorandum enthaltenen Befürchtungen für nicht gerechtfertigt. Ich darf das wie folgt begründen: In dem Auslieferungsverkehr mit Jugoslawien auf bisher vertragsloser Grundlage ist noch kein einziger Fall erkennbar geworden, wo ein politischer Tatbestand in einen kriminellen umgewandelt wurde und damit eine Auslieferung zu Unrecht erfolgt wäre. Selbst wenn ein solcher Versuch unternommen werden sollte, bietet unsere Rechtsordnung Parlamentarischer Staatssekretär Moersch durch die bei einem Auslieferungsverfahren durch das Gesetz vorgesehene Einschaltung des zuständigen Oberlandesgerichts dem Betroffenen hinreichend Gelegenheit, alles vorzubringen, was ein Asylbegehren rechtfertigen könnte. Ein Auszuliefernder hat darüber hinaus das Recht, zur Durchsetzung eines Asylbegehrens das Bundesverfassungsgericht anzurufen. Die Gerichte legen ihrer Entscheidung stets auch die Bestimmungen der Konvention der Menschenrechte von 1950/1952 und der Genfer Flüchtlingskonvention zugrunde. Die Rechtsstellung eines Ausländers, dessen Auslieferung nach dem Inkrafttreten des deutsch-jugoslawischen Auslieferungsvertrages gefordert werden würde, wird sich nicht verschlechtern. Denn Art. 6 des Vertrages sieht ausdrücklich vor, daß der ersuchte Staat keine Personen ausliefert, deren Auslieferung er nach seiner Verfassung nicht für zulässig hält. Dadurch ist auf jeden Fall sichergestellt, daß weder Deutsche noch Ausländer, denen nach Art. 16 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes ein Asylrecht zusteht, ausgeliefert werden. Mit seiner anläßlich der Vertragsunterzeichnung abgegebenen Erklärung wollte der Herr Bundesminister des Auswärtigen zum Ausdruck bringen, daß die Bundesrepublik Deutschland nicht gewillt ist, zum Tummelplatz von Auseinandersetzungen politisch radikaler Ausländergruppen oder einzelner Ausländer zu werden, und daß die Bundesregierung nicht bereit ist, kriminelle Akte - gleich, von welcher Seite sie begangen werden oder aus welchem Motiv - zu dulden. Präsident von Hassel: Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Freiherr von Fircks.

Otto Fircks (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000547, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, würden Sie es auf Grund dieser Erfahrungen als eine gute Möglichkeit ansehen, daß man in Zukunft bei Verhandlungen und Verträgen mit dem östlichen Ausland mit den Spitzen der Exilverbände Fühlung nimmt, um durch Gespräche vorher sicherzustellen, daß sie ihre eventuell aufkommenden Besorgnisse gar nicht erst in einer so demonstrativen Form zum Ausdruck zu bringen brauchen? Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeordneter, ich bedaure, daß das von dieser Seite einseitig geschehen ist. Die betroffenen Verbände hätten jederzeit Gelegenheit gehabt, sich an Ort und Stelle über den wirklichen Gehalt dieses Abkommens zu erkundigen, ehe sie damit an die Öffentlichkeit gegangen sind. ({0}) Präsident von Hassel: Eine zweite Zusatzfrage des Abgeordneten Freiherr von Fircks.

Otto Fircks (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000547, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, meinen sie nicht, daß es bei Beachtung der Gesamtlage vielleicht doch richtiger wäre, wenn die Bundesregierung, die die Initiative zu den Vertragsverhandlungen mit anderen Staaten hat, ihrerseits rechtzeitig die Information an die gibt, die sich eventuell betroffen fühlen können, und es nicht denen überläßt? Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeordneter, es gibt eine Reihe von Vertretungen, die bei der Bundesregierung akkreditiert sind. Mit solchen akkreditierten Vertretungen hat die Bundesregie. rung in jedem Fall Fühlung aufzunehmen. Es ist jedermann in der deutschen Öffentlichkeit unbenommen - und es wird reichlich davon Gebrauch gemacht -, sowohl durch Eingaben an dieses Haus als auch durch Eingaben an die Bundesregierung zu jedem ihn berührenden Fall seine Meinung darzulegen oder um einen Gesprächstermin zu bitten. Ich hatte aber hier den Eindruck, daß es sehr viel öffentlichkeitswirksamer war, zunächst einmal Alarm zu schlagen, ehe man sich intern über den Tatbestand selbst erkundigt hat. ({0}) Präsident von Hassel: Keine weiteren Zusatzfragen. Ich rufe die Frage 126 des Abgeordneten Tallert auf: Ist die Bundesregierung bereit, meiner Anregung ({1}) zu folgen, die rd. 1 000 000 ostpakistanischen Flüchtlinge im indischen Grenzgebiet humanitär zu unterstützen? Zur Beantwortung, Herr Staatssekretär. Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Die Antwort heißt: In der Bundestagsdebatte vom 28. April, Herr Kollege Tallert, war eine Beteiligung der Bundesregierung an einem Hilfsprogramm der nordischen Staaten angeregt worden. Uns ist aber lediglich ein Hilfsprogramm der nordischen Kirchen bekanntgeworden. An diesem Programm beteiligt sich das deutsche Diakonische Werk. Eine Beteiligung der Bundesregierung an diesem rein kirchlichen Programm ist nicht geplant. Präsident von Hassel: Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Tallert.

Harry Tallert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002296, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ist die Bundesregierung bereit, den Hilfsorganisationen, dem Deutschen Roten Kreuz und anderen Organisationen, Mittel zur Verfügung zu stellen, um den Flüchtlingen im indischen Grenzgebiet zu helfen, angesichts der Tatsache, daß die Mittel des Roten Kreuzes für diese Zwecke beschränkt sind und das Rote Kreuz die deutsche Öffentlichkeit zu einer Spendenaktion aufgerufen hat? Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeordneter, generell hat die Bundesregierung in solchen Fällen regelmäßig ihre besondere Hilfe gewährt. Aber ich habe vorhin schon in der Antwort auf die Fragen des Kollegen Dr. Meinecke darauf hingewiesen, daß nach unserer Auffassung eine allgemeine internaParlamentarischer Staatssekretär Moersch tionale Hilfe wohl am zweckmäßigsten wäre. Zunächst darf ich auch noch einmal darauf verweisen, daß wir mit der Hilfe etwa bei der Flutkatastrophe im Deltagebiet, wie Sie wissen, nicht die allerbesten Erfahrungen gemacht haben, was die Verteilungsmöglichkeiten angeht. Es kann nicht die Aufgabe der Bundesregierung sein, von sich aus Sonderaktionen zu befürworten. Hier müssen schon die Internationalen Organisationen von sich aus gemeinsam tätig werden und an uns herantreten. Dort, wo das bisher mit einer überzeugenden Begründung geschehen ist, hat die Bundesregierung trotz aller finanziellen Anspannungen, denen gerade dieser Etat unterworfen ist, ihre Hilfe nicht versagt. Ich darf darauf hinweisen, daß dieser Etatansatz nach meiner Kenntnis allerdings schon jetzt, ehe die Hälfte des Jahres vergangen ist, durch eine Reihe von Katastrophen in der Welt verbraucht worden ist. Es müßten also auf jeden Fall überplanmäßige Ausgaben gewährt werden. Präsident von Hassel: Eine weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Tallert.

Harry Tallert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002296, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, halten Sie es nicht für denkbar, daß die Bundesregierung dennoch eine Initiative unternimmt bei den und für die internationalen Hilfsorganisationen und daß ein Unterschied darin besteht, ob diese Hilfsaktion in Pakistan abgewickelt wird oder ob sie auf indischem Boden abgewickelt werden kann, wo sich diese Flüchtlingslager befinden und Schwierigkeiten bei der Verteilung gewiß nicht auftreten werden? Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Abgeordneter, mir ist der Unterschied zwischen diesen Gesichtspunkten sehr wohl bekannt. Ich darf aber noch einmal auf die Antwort an den Kollegen Dr. Meinecke verweisen. Es ist doch gar keine Frage, daß es auch eine Reihe von westlichen Staaten gibt, die mit diesen Problemen noch besser vertraut sind als wir. Wir hatten z. B. kürzlich in der WEU darüber einen Bericht von zwei Ministern gehört, die besondere Beziehungen zu dieser Region haben. Auf Grund dieses Berichtes kann ich nur sagen, daß es zunächst dringend notwendig ist, solide Informationen über den Stand der Dinge einzuholen. Wir haben dort vorgesehen, daß wir gemeinsam mit unseren Verbündeten handeln. Es gibt Bereiche in der Welt, wo manche unserer Verbündeten durch genauere Ortskenntnisse und vor allem durch nähere Beziehungen zur Initiative besonders berufen sind, und die Initiative wird von dieser Seite sicherlich ausgehen. Die Bundesregierung kann sich dann an gemeinsamen Aktionen beteiligen. Ich glaube, das ist der richtige Weg, denn wenn so erfahrene Staaten, wie wir sie auf diesem Gebiet im Bündnis haben, von sich aus bisher gezögert haben, dann haben sie gute Gründe für ihr Zögern gehabt, unter anderem politische Gründe, die zu der Überlegung geführt haben, daß ein allzu forsches Eingreifen in diesem Bereich die Kriegshandlungen eher verschärfen als abmildern würde. Das ist ein Problem, das man, glaube ich, dabei sehen muß. Präsident von Hassel: Ich rufe die Frage 127 des Abgeordneten Tallert auf: Ist die Bundesregierung bereit, in Verhandlungen mit der Regierung in Islamabad und im Pakistan-Konsortium der Weltbank gemeinsam mit den anderen Mitgliedstaaten darauf hinzuwirken, daß das Einreiseverbot nach Ost-Pakistan für das Internationale Rote Kreuz und andere Hilfsorganisationen aufgehoben wird? Zur Beantwortung Herr Staatssekretär. Moersch, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Die Bundesregierung befindet sich in einem fortlaufenden Meinungsaustausch mit der pakistanischen Regierung hinsichtlich der Entwicklung in Pakistan. Es ist noch nicht abzusehen, ob und wann wir mit der pakistanischen Seite in formelle Verhandlungen über Maßnahmen humanitärer Hilfe für Ostpakistan eintreten können. Die Frage humanitärer Hilfe ist in dieser Form im Pakistan-Konsortium der Weltbank nicht erörtert worden. Die Bundesregierung betrachtet das Pakistan-Konsortium nicht als das geeignete Gremium für die Erörterung von Einreisegenehmigungen im Zusammenhang mit humanitären Hilfeleistungen. Präsident von Hassel: Keine Zusatzfragen. Wir sind am Ende Ihres Geschäftsbereichs angelangt. Ich danke Ihnen für die Beantwortung. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft auf. Die Frage 33 wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. Die Frage 34 ist vom Fragesteller zurückgezogen. Ich rufe die Frage 35 des Abgeordneten Engelsberger auf: Trifft es zu, daß der Lebenshaltungsindex, der mit Hilfe des sogenannten Warenkorbs ermittelt wird, den Preisanstieg nicht echt widerspiegelt, da beispielsweise verteuerte Dienstleistungen und Mieten nicht so stark gewichtet werden wie verbilligte Nahrungsmittel, so daß die echte Inflationsrate höher ist, als sie offiziell angegeben wird? Zur Beantwortung Herr Parlamentarischer Staatssekretär Rosenthal. Rosenthal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Herr Kollege Engelsberger, zunächst sind Nahrungsmittel nicht „verbilligt", denn wir haben bei den Nahrungsmitteln ebenfalls eine Verteuerung von 2,8 %. Es ist jedoch richtig, daß sich die Nahrungsmittel weniger verteuert haben als andere Waren und Dienstleistungen. Das Statistische Bundesamt arbeitet daran, den Warenkorb auf das Basisjahr 1970 umzustellen. Aber gegenüber diesem möglichen Verteuerungsfaktor gibt es auch einen Verbilligungsfaktor, weil die Verbraucher von Waren, die sich stark verteuert haben, erfahrungsgemäß auf Waren ausweichen, die eher gleichgeblieben sind. Präsident von Hassel: Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Engelsberger.

Matthias Engelsberger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000475, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß der zur Ermittlung des Lebenshaltungskostenindex dienende Warenkorb aus dem Jahre 1962 stammt, daß sich aber in der Zwischenzeit die Lebensgewohnheiten einschneidend geändert haben? So ist z B. der Anteil der Verbraucherausgaben für Nahrungs- und Genußmittel seit 1962 von 39,8 auf 31,4 % zurückgegangen. Würden Sie aus dieser Tatsache den Schluß ziehen, daß es notwendig geworden ist, einen modernisierten Warenkorb zusammenzustellen? Rosenthal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Auf Ihre letzte Frage, Herr Kollege, antworte ich mit Ja. Das Statistische Bundesamt ist bei den Arbeiten bereits weit fortgeschritten, den Warenkorb auf die Verbrauchsgewohnheiten des Jahres 1970 abzustellen. Ich darf Sie aber noch einmal darauf hinweisen, daß gegenüber diesem Verteuerungsfaktor der Lebenshaltungskostenindex - auf eine neuere Basis bezogen - erfahrungsgemäß oft niedriger wird. Zum Beispiel hat das Statistische Bundesamt an Hand der Verbraucherstichproben einmal geprüft, wie hoch der Lebenshaltungskostenindex für mittlere Arbeitnehmerhaushalte, bezogen auf die Preise von 1962 wäre. Dabei kam man für das Jahr 1969 auf einen Index von 119,3 %. Bezogen auf die Verbrauchsgewohnheiten von 1969 ergab sich ein Index von etwas über 116,7'0/0. Aus dieser Rechnung kann man ersehen, daß auch ein Faktor in Betracht zu ziehen Ist, der anders läuft. Präsident von Hassel: Eine weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Engelsberger.

Matthias Engelsberger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000475, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß nach dem Warenkorb des Statistischen Bundesamtes die Preise seit 1962 um 24 % gestiegen sind, während nach einem modernisierten Warenkorb der Konsumforscher im gleichen Zeitraum ein Inflationspegel von 25,5 % erreicht worden ist, so daß man heute bereits davon spricht, daß in dem bestehenden Warenkorb ein gewisses Inflationsversteck vorhanden sei? Rosenthal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Diese Berechnungen sind mir nicht bekannt. Ich habe in den zwei vorhergehenden Antworten bereits deutlich dargelegt, daß unserer Meinung nach dem Verteuerungsfaktor bei den Mieten auch Verbilligungsfaktoren gegenüberstehen, und ich habe Ihnen dafür sogar einen statistischen Beweis angeboten. Präsident von Hassel: Keine Zusatzfrage. Ich rufe die Frage 36 des Abgeordneten Krockert auf: Sind der Bundesregierung Fälle bekannt, nach denen deutsche Versicherungsgesellschaften die Annahmepflicht für Kfz-Haftpflichtverträge verweigern, umgehen oder solche Verträge kundigen, weil es sich bei den Kfz-Haltern um Ausländer handelt? Rosenthal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Herr Kollege Krockert, dieser Fall ist der Bundesregierung bekannt. Im Jahre 1966 ist in mehreren Fällen der Kraftfahrzeugversicherungsschutz für Ausländer abgelehnt worden. Das Bundesaufsichtsamt für Versicherungs- und Bausparwesen ist eingeschritten. Seitdem sind - außer diesem einen Fall - keine Beschwerden mehr gekommen. Ich nehme an, daß Sie sich, da Sie aus der Mainzer Gegend kommen, auf diesen Fall aus Mainz beziehen. Präsident von Hassel: Keine Zusatzfrage. Ich rufe die Frage 37 des Abgeordneten Krockert auf: Ist die Bundesregierung bereit, in geeigneter Form auf die Gesetzwidrigkeit solchen Verhaltens hinzuweisen und auf strikter Gleichbehandlung der Gastarbeiter zu bestehen? Rosenthal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Herr Kollege Krockert, die Maßnahme in dem von Ihnen zitierten Fall ist eingeleitet. Ich bin Ihnen im Interesse der Gastarbeiter dennoch dankbar, daß Sie diese Frage stellen und daß dadurch dieser Fall publik wird. Es geht nämlich nicht an, daß die Versicherungsunternehmen bei ihrem berechtigten Drängen nach den prozentual sichersten Verkehrsteilnehmern Unterschiede nach der Länderzugehörigkeit machen. Das wäre auch gegen das Gesetz. Präsident von Hassel: Keine Zusatzfrage. Ich rufe die Frage 38 des Abgeordneten Engholm auf: Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, daß namhafte Unternehmen der pharmazeutischen Industrie ihre für die medizinische Versorgung lebensnotwendigen Produkte in der Schweiz zu erheblich günstigeren Preisen anbieten ({0}) als in der Bundesrepublik Deutschland? Rosenthal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Herr Kollege Engholm, verglichen werden tatsächlich nicht die Herstellerpreise, sondern die Verbraucher- bzw. Apothekerpreise. Die Bundesregierung sieht Ihre Frage jedoch als sehr nützlich an. Sie kann dem jetzt arbeitenden interministeriellen Arbeitskreis als Unterstützung dienen, der aus Vertretern des Bundesministeriums für Jugend und Gesundheit, des Bundesarbeitsministeriums, des Kartellamtes und des Bundeswirtschaftsministeriums besteht. Ich werde das von Ihnen angeschnittene Problem diesem interministeriellen Arbeitskreis nochmals übermitteln. Präsident von Hassel: Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Engholm.

Björn Engholm (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000476, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Wenn derartige Preisunterschiede, wie ich sie in meiner Frage genannt habe, bei so wichtigen Produkten wie Penicillin oder Antidiabetika bestehen, würden Sie dann bereit sein, Herr Staatssekretär, mir zuzustimmen, wenn ich sage, daß es sich hier um Preiswillkür handelt? Rosenthal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesmnister für Wirtschaft und Finanzen: Wenn in einzelnen konkreten Fällen solche Unterschiede festgestellt werden, würde ich Ihnen zustimmen. Präsident von Hassel: Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hansen.

Karl Heinz Hansen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000805, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, würden Sie dieses Beispiel der Preisunterschiede nicht als einen exemplarischen Fall dafür ansehen, daß Lohnzuwächse nicht unbedingt auf den Preis abgewälzt werden müssen und daß dennoch eine Gewinnspanne garantiert bleibt? Rosenthal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Herr Kolege, ich habe des öfteren gesagt, daß es auch andere Gründe für die Festsetzung von Preisen als lediglich Lohnsteigerungen gibt. Präsident von Hassel: Keine Zusatzfrage. Ich rufe die Frage 39 des Abgeordneten Dr. Riedl ({0}) auf: Wann gedenkt die Bundesregierung oder der Kohlebeauftragte dein Deutschen Bundestag einen Bericht vorzulegen, aus dem hervorgeht, inwieweit die Kohle-Einheitsgesellschaft unter Berücksichtigung betriebswirtschaftlicher, gesamtwirtschaftlicher, sozialer und arbeitsmarktpolitischer Gliederungspunkte einen Zeitpunkt erreichen wird, zu dem sie in die Phase eines gewinnbringenden öffentlichen Unternehmens gelangt? Rosenthal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Herr Kollege Riedl, zunächst darf ich darauf hinweisen, daß es sich bei der Ruhrkohle AG nicht um ein öffentliches Unternehmen, sondern um ein privatwirtschaftliches Unternehmen handelt. Die Bundesregierung wird ausführlich berichten - sie ist natürlich gezwungen, auch zwischendurch auf Einzelfragen zu antworten -, wenn das Unternehmensprogramm der Ruhrkohle AG vorliegt und die Prüfung durch den Kohlebeauftragten erfolgt ist. Präsident von Hassel: Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Riedl.

Dr. Erich Riedl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001843, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Indem ich Ihnen, Herr Staatssekretär, für den Hinweis dankbar bin - es sollte in der Fragestellung auch „öffentlich gefördert" heißen -, darf ich Sie fragen, ob Sie heute in der Lage sind, einen konkreten Zeitpunkt für die Vorlage einer solchen Darstellung zu nennen. Rosenthal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: In etwa ja, Herr Kollege Riedl. Das Unternehmen ist gehalten, im Juni seinen Bericht über die verschiedenen Maßnahmen zu geben, so daß ein ausführlicher Bericht nach der Sommerpause möglich sein müßte. Präsident von Hassel: Keine Zusatzfrage. Die Frage 40 wird auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. Frage 41 des Herrn Abgeordneten Niegel - der Fragesteller ist im Saal -: Treffen Meldungen zu, wonach die Bundesregierung der OECD bzw. den Europäischen Gemeinschaften vorgeschlagen hat, Kuba in das Zollpräferenzsystem aufzunehmen, dagegen nicht Spanien, Portugal und Griechenland? Bitte sehr, Herr Staatssekretär! Rosenthal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Herr Kollege Niegel, nein. Es besteht kein Vorschlag der Bundesregierung, einerseits Kuba in das Zollpräferenzabkommen einzuschließen und andererseits die von Ihnen genannten Länder Spanien, Portugal, Griechenland aus diesem Präferenzabkommen auszuschließen. Präsident von Hassel: Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Niegel.

Lorenz Niegel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001608, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Laufen Verhandlungen mit dem Ziel, die Länder Spanien, Portugal und Griechenland in dieses Zollpräferenzsystem aufzunehmen? Rosenthal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Ja, Herr Kollege Niegel, solche Verhandlungen finden statt, und die Bundesregierung hat sich für die Aufnahme der von Ihnen genannten Länder innerhalb der EG ausgesprochen. Die Entscheidung über die Aufnahme soll am 1. Juli 1971 fallen. Präsident von Hassel: Eine weitere Zusatzfrage, der Abgeordnete Niegel.

Lorenz Niegel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001608, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Und wie verhält es sich mit dem Staat Israel? Rosenthal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Herr Kollege Niegel, zunächst ist in dem Zollpräferenzabkommen die sogenannte „Gruppe 77" einbezogen; das sind die 91 Entwicklungsländer der Welthandelskonferenz. Darüber hinaus sind vorgeschlagen nicht nur Israel, sondern auch Kuba, Taiwan und Malta. Präsident von Hassel: Keine weiteren Zusatzfragen. Die Fragen 42, 43 und 44 sind nach den Richtlinien nicht zugelassen worden. Die Frage 45 des Herrn Abgeordneten Dr. Giulini wird aufgerufen - der Abgeordnete ist anwesend -: Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, die wirtschaftlichen Beziehungen zu Australien zu intensivieren? Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär. Rosenthal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Herr Dr. Giulini, obwohl die Bundesregierung bereits innerhalb der EG der größte Handelspartner Australiens ist, bin ich Ihnen für diese Fragestellung sehr dankbar, denn auch ich persönlich bin der Ansicht, daß Australien in den Wirtschaftsbeziehungen ähnlich wie Japan ein von uns, auch von unserer Industrie, unterbewertetes Land ist. Bei Japan betrifft es mehr die Exporte, bei Australien nicht nur die Exportmöglichkeiten, sondern auch die Möglichkeiten von joint ventures. Australien ist an Zusammenarbeit äußerst interessiert, was Kapitalhilfe und know-how sowie die Möglichkeiten von längeren Lieferverträgen für Rohstoffe betrifft. Das Interesse der Australier ist vielleicht deshalb so stark, und die deutschen Chancen sind so groß - deshalb spreche ich etwas länger über dieses Thema, wenn ich in dieser Sache nicht zu weit gehe, Herr Präsident -, weil die Australier von den Japanern bisher sehr einseitig bedient werden. Dort sehe ich - wahrscheinlich wie Sie - ein große deutsche Chance. Präsident von Hassel: Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Dr. Giulini.

Dr. Udo Giulini (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000684, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung bekannt, daß durch den Einsatz von frachtverbilligenden Großraumschiffen oder Bullcarriers die frühere Schwierigkeit der höheren Frachten praktisch aufgehoben worden ist und daß es billiger ist, Massengüter von Australien nach Deutschland zu bringen als beispielsweise vom Mittelmeerraum? Rosenthal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Herr Dr. Giulini, ich nehme an, daß es der Bundesregierung bekannt ist. Mir ist es ein interessanter Hinweis. Präsident von Hassel: Keine weitere Zusatzfrage. Ich rufe Frage 46 des Herrn Abgeordneten Dr. Giulini auf: Hat die Bundesregierung erkannt, daß Australien von allen in Frage kommenden Überseeländern die meisten Chancen für einen intensiven Warenaustausch bietet? Bitte, Herr Staatssekretär! Rosenthal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Herr Dr. Giulini, ich habe ja Ihre zweite Frage bereits ausführlich beantwortet. Aber vielleicht noch folgenden Zusatz: Wäre es nicht in einem solchen Fall zu überlegen, ob eine gemischte Delegation von Regierung und Industrie diese Möglichkeiten einmal gründlich studieren soll? Ich weiß, daß der BDI eine Delegation nach Australien geschickt hat. Aber hier sollte man vielleicht auch einmal an eine Delegation des mittleren Echelons denken, um mehr Material für diese deutschen Chancen auszuarbeiten. Präsident von Hassel: Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Dr. Guilini.

Dr. Udo Giulini (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000684, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich bedanke mich für die Antwort. Ist der Bundesregierung bekannt, daß die deutschen Auswanderer, die in Australien ansässig geworden sind und dort arbeiten, außerordentlich beliebt sind und eine große für uns wirkende politische Kraft darstellen? Rosenthal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen: Ja, das ist richtig. Unter den sogenannten „new Australians'' genießen die Deutschen einen sehr, sehr guten Ruf. Präsident von Hassel: Wir sind am Ende Ihres Geschäftsbereichs angelangt. Ich danke für die Beantwortung. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit. Ich rufe die Frage 83 des Abgeordnete Pawelczyk auf: Ist die Bundesregierung bereit, § 43 Abs. 2 des Bundessozialhilfegesetzes dergestalt zu ändern, daß zu den Aufwendungen für die vorschulische Erziehung von behinderten Kindern in der gleichen Weise Hilfen gegeben werden wie zu den Aufwendungen für die Schulausbildung? Bitte, Herr Parlamentarischer Staatssekretär! Westphal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit: Herr Kollege Pawelczyk, die Bundesregierung beabsichtigt, im Rahmen einer weiteren Änderung des Bundessozialhilfegesetzes den § 43 Abs. 2 auf die von Ihnen genannten Maßnahmen auszudehnen. Dies erscheint sachlich geboten, weil vorschulische Eingliederungsmaßnahmen, z. B. Maßnahmen zur Erleichterung des künftigen Schulbesuchs oder andere Hilfen, wenn wegen der Schwere der Behinderung ein Schulbesuch voraussichtlich nicht in Betracht kommt, zunehmend an Bedeutung gewinnen. Es ist kein überzeugender Grund dafür ersichtlich, die Förderung der noch nicht schulpflichtigen behinderten Kinder unter solchen Umständen ungünstiger zu gestalten als die der Kinder im schulpflichtigen Alter. Präsident von Hassel: Keine Zusatzfrage. Ich rufe die Frage 84 der Frau Abgeordneten Stommel auf: Ist die Bundesregierung bereit, durch gezielte Maßnahmen Familien mit zwei Kindern erneut darauf hinzuweisen, daß auf Grund der Anhebung der Einkommensgrenze beim Zweitkindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz für viele Familien ein Anspruch auf Zweitkindergeld besteht, nachdem inzwischen erkennbar geworden ist, daß viele Familien bisher das ZweitKindergeld nicht beantragt haben, obwohl die Anspruchsvoraussetzungen gegeben sind? Westphal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit: Frau Kollegin Stommel, sowohl die Bundesregierung als auch die Bundesanstalt für Arbeit haben wiederholt durch Presseverlautbarungen auf die Erhöhung der Kindergeld-Einkommensgrenze und deren rechtliche und praktische Bedeutung aufmerksam gemacht. Sie haben damit ihrerseits alles ErforParlamentarischer Staatssekretär Westphal derliche getan, um die Personen, die für die Zeit vom 1. September 1970 an erstmals Anspruch auf Zweitkindergeld haben, zu der nach dem Gesetz erforderlichen Antragstellung zu veranlassen. Es ist allerdings eine Erfahrungstatsache, daß ein erheblicher Teil von erstmals Anspruchsberechtigten die Antragstellung unverständlich lange hinauszögert. Daher nimmt die Bundesregierung Ihre Anfrage, Frau Kollegin Stommel, gerne zum Anlaß, mittels einer Presseverlautbarung erneut auf die Erhöhung der Einkommensgrenze und die Notwendigkeit der Antragstellung aufmerksam zu machen. Eine gezielte Maßnahme, etwa in dem Sinne, daß die möglicherweise anspruchsberechtigten Familien mit zwei Kindern unmittelbar brieflich oder ähnlich angesprochen oder angeschrieben werden, ist praktisch undurchführbar. Präsident von Hassel: Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Stommel.

Maria Stommel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002260, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, sind Ihnen Gründe bekannt, die Familien mit zwei Kindern veranlaßt haben, sich nicht zu melden? Westphal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit: Nein, Frau Kollegin Stommel, ich kenne keine solchen Gründe. Es liegt oftmals einfach daran, daß Anspruchsberechtigte die Veröffentlichungen über die Leistungen nach dem Kindergeldgesetz nicht genügend oder überhaupt nicht beachten. Wir werden die Öffentlichkeitsarbeit fortsetzen. Präsident von Hassel: Eine zweite Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Stommel.

Maria Stommel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002260, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, bestünde nicht die Möglichkeit, im Benehmen mit den Arbeitgebern zu versuchen, die Arbeitnehmer, Väter und Mütter, mit zwei Kindern, noch einmal darauf hinzuweisen, und könnte die Bundesregierung nicht ein derartiges Rundschreiben an die Arbeitgeberverbände richten? Westphal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit: Frau Kollegin Stommel, ich hatte gesagt, daß wir als die zuständige Stelle der Bundesregierung immer wieder die Öffentlichkeit aufgeklärt haben. Sich unmittelbar an die Arbeitgeber zu wenden, wäre eine Angelegenheit der Bundesanstalt für Arbeit. Von ihr kann ich allgemein berichten, daß sie sich immer wieder im Sinne Ihrer Frage bemüht hat. Aber ich will gern Ihre Anregung weitergeben. Präsident von Hassel: Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Niegel.

Lorenz Niegel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001608, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, wäre die Bundesregierung bereit, im Falle einer verspäteten Antragstellung großzügig Nachsicht zu gewähren? Westphal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit: Herr Kollege Niegel, das Kindergeld wird rückwirkend nur für die letzten sechs Monate vor Beginn des Monats gewährt, in dem der Antrag bei dem zuständigen Arbeitsamt eingegangen ist ({0}). Alle Berechtigten, die ihre Anträge bis zum 31. März 1971 gestellt haben, erhalten also mit Sicherheit ab 1. September 1970 Kindergeld. Die Frage der Rückwirkung von nach diesem Zeitpunkt gestellten Anträgen ist im Augenblick noch nicht geklärt. Man wird aber dem Sinn der oben genannten für diese Frage maßgeblichen Vorschrift am ehesten dann gerecht, wenn man davon ausgeht, daß die dort festgelegte Sechsmonatsfrist mit der Verkündung des Gesetzes beginnt, sofern dieses - wie das Zweite Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Bundeskindergeldgesetzes - rückwirkend in Kraft tritt. Diese Auslegung hätte zur Folge, daß alle bis zum 30. Juni 1971 noch bei den Arbeitsämtern eingehenden Anträge bis zum 1. September 1970 zurückwirken würden. Präsident von Hassel: Keine Zusatzfrage. Ich rufe die Frage 85 des Abgeordneten Dr. Slotta und die Fragen 86 und 87 des Abgeordneten Dr. Strohmayr auf. - Die Fragen werden auf Wunsch der Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt. Ich rufe die Frage 88 des Abgeordneten Müller ({1}) auf: Ist der Bundesregierung bekannt, daß der „Deutsche Versehrtensportverband e. V." unter Verwendung zweckbestimmter Förderungsmittel für andere Versehrtengruppen sportliche Rehabilitationsmaßnahmen für den großen Personenkreis der Zivilbeschädigten betreibt, und wird diese Tatsache die Bundesregierung veranlassen, dem Verband zur Wahrnehmung der genannten Aufgabe künftig eine angemessene finanzielle Unterstützung zu gewähren? Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär. Westphal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit: Herr Kollege Müller, der Bundesregierung ist die unterschiedliche Förderung der Leibesübungen von Kriegs- und Zivilbeschädigten in den Sportgemeinschaften des Deutschen Versehrtensportverbandes bekannt. Die Bundesregierung wird zusammen mit den zuständigen Stellen in den Ländern prüfen, inwieweit die Finanzierung des Sports in den Versehrtensportgemeinschaften auf eine breitere Grundlage gestellt werden kann. Präsident von Hassel: Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Müller ({2}).

Willi Müller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001566, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, haben Sie Verständnis dafür, daß die Verwendung der Mittel, da es sich hier um eine Rehabilitationsmaßnahme für einen nicht kleinen Personenkreis handelt, stark zu Lasten der anderen, bisher schon finanziell geförderten Kreise geht und daß das auf die Dauer nicht dem entspricht, was auch die Bundesregierung in bezug auf die Rehabilitation wiederholt gesagt hat? Westphal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit: Herr Kollege Dr. Müller, wir haben dieses Verständnis. Unser Problem ist folgendes: Die Kriegsbeschädigten können nach dem Bundesversorgungsgesetz mit entsprechenden Mitteln direkt individuell gefördert werden. Die Zivilbeschädigten, von deren Rehabilitation Sie in besonderer Weise sprechen, können Hilfen individueller Art über das Bundessozialhilfegesetz bekommen. Das setzt aber eine Eigenleistung und eine jeweilige Prüfung im Einzelfall voraus. Es sollte möglich sein, die beiden Förderungsarten mit unterschiedlichen Kostenträgern besser aufeinander abzustimmen. Ein besserer Weg könnte sein, nicht auf die individuelle Situation abzustellen, sondern solche Verbände in ihrer Gesamtarbeit zu fördern. Das wäre dann aber Sache der Länder. Präsident von Hassel: Eine zweite Zusatzfrage, der Abgeordnete Müller ({0}).

Willi Müller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001566, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, würden Sie mir zustimmen, insbesondere nach dem, was Sie gerade gesagt haben, daß es sehr sinnvoll erschiene, hier zwei Partner, die in ein und derselben Sache tätig werden, sich möglichst als Partner gegenübertreten zu lassen und nicht eine Vielzahl von Zuständigkeiten zu schaffen, unter denen die Betroffenen dann zu leiden haben? Westphal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit: Wenn es um die Förderung der Organisationen geht, die auf diesem Gebiet tätig sind, bin ich einverstanden. Wenn es um die individuelle Förderung geht, muß ich mich an das halten, was das Grundgesetz über die Zuständigkeiten vorschreibt. Präsident von Hassel: Ich rufe die Frage 89 des Abgeordneten Baier auf: 1st die Bundesregierung bereit, die Argumente vieler deutscher Jugendverbände zu respektieren, wonach eine längere Sperre oder gar Kürzung der im Bundesjugendplan vorgesehenen Mittel in jugendpolitischer und pädagogischer Hinsicht erhebliche nachteilige Folgen hätte und deshalb für eine Freigabe der vorgesehenen Gesamtansätze im Bundesjugendplan unverzüglich zu sorgen? Zur Beantwortung, Herr Staatssekretär. Westphal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit: Herr Kollege Baier, selbstverständlich respektiert die Bundesregierung die Argumente vieler Jugendverbände, wonach eine längere Verfügungsbeschränkung oder gar Kürzung der im Bundesjugendplan vorgesehenen Mittel in jugendpolitischer und auch in pädagogischer Hinsicht erhebliche nachteilige -Folgen hätte. Die Bundesregierung kann sich jedoch auf der anderen Seite nicht der Notwendigkeit entziehen, auch bei der Bewirtschaftung des Bundesjugendplans in gleicher Weise wie für alle anderen Zuwendungsempfänger aus Mitteln des gesamten Bundeshaushalts der konjunkturpolitischen Lage Rechnung zu tragen. Wie Ihnen bekannt ist, Herr Kollege Baier, hat die Bundesregierung den Bundesminister der Finanzen am 9. Mai 1971 ermächtigt, zur Erreichung der Ziele des § 1 des Stabilitäts- und Wachstumsgesetzes die Verfügung über die Ausgaben der Hauptgruppen 5 bis 8 von seiner Einwilligung abhängig zu machen. Die aus Stabilitätsgründen beschlossenen Ausgabebeschränkungen gehen noch über die im Haushaltsführungserlaß 1971 enthaltene Verfügungsbeschränkung hinaus. Da die näheren Ausführungsbestimmungen des Finanzminister zu dem Kabinettsbeschluß erst in den nächsten Tagen ergehen werden, bitte ich um Verständnis dafür, daß ich mich über künftige Verfügungsbeschränkungen, Aufrechterhaltung, Weiterführung, Verstärkung, welche Möglichkeiten sich beim Bundesjugendplan als Auswirkungen des Kabinettsbeschlusses ergeben, hier abschließend nicht äußern kann. Präsident von Hassel: Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Baier.

Fritz Baier (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000081, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, sicherlich ist Ihnen ebenso bekannt wie mir, daß sich natürlich Ausgabesperren, die in der gegenwärtigen Lage sicherlich notwendig sind, verschieden auswirken. Deshalb möchte ich Sie fragen, wie Sie etwa die Stellungnahme zu den Konsequenzen dieser Sperre beim Bundesjugendplan beurteilen, die in einer Resolution des Bundes der katholischen Jugend vom Mai dieses Jahres zum Ausdruck kommt, wo es heißt, daß durch die Verfügungsbeschränkung bei den Trägern nicht nur erhebliche Unsicherheit entsteht, sondern daß sich diese Verfügungsbeschränkungen wegen der Personalzahlungen ausschließlich auf die Aktivitäten auswirken und die Gefahr besteht, eingegangene Verpflichtungen nicht aufrechterhalten zu können. Wie beurteilen Sie dies, und wie wollen Sie dem abhelfen? Westphal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit: Herr Kollege Baier, Sie sind Mitglied des Haushaltsausschusses. Sie wissen, daß es diese Bundesregierung gewesen ist, die es zum erstenmal erreicht hat, einen Bundeshaushalt schon im Februar zur Gültigkeit zu bringen. In vergangenen Jahren haben die Zuwendungsempfänger bis Mitte des Jahres, Juni/Juli, warten müssen, bis überhaupt klar war, welche Mittel zur Verfügung stehen würden. Diesmal war das schon am Anfang des Jahres klar. Daß dann der Finanzminister mit Zustimmung dieses Hohen Hauses oder sogar nach Aufforderung dieses Hauses Verfügungsbeschränkungen im Sinne eines vorsichtigen Haushaltsvollzugs aus konjunkturpolitischen Gründen verfügt hat, dürfte auch Ihnen verständlich sein. Herr Kollege Baier, Sie wissen ganz genau, wie schwer es mir als einem Kenner der Lage der Jugendverbände fällt, von Verfügungsbeschränkungen zu sprechen. Ich verstehe allerdings nicht, Herr Kollege Baier, daß Sie solche Fragen stellen, denn der Vorsitzende Ihrer Fraktion hat hier, wenn ich mich nicht irre, vor zwei Parlamentarischer Staatssekretär Westphal oder drei Tagen nicht nur die Drosselung der Staatsausgaben, sondern die Reduzierung der Reformen gefordert. Präsident von Hassel: Eine zweite Zusatzfrage, der Abgeordnete Baier.

Fritz Baier (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000081, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ich verstehe Sie nicht, warum Sie mich nicht verstehen können, nachdem wir in diesen jugendpolitischen Fragen den gleichen Standort haben. Warum hat denn der Bundesfinanzminister bereits im Rundschreiben zur Haushaltsführung 1971 am 5. März die Möglichkeit gegeben, Ausnahmeanträge für bestimmte Teilbereiche zu stellen, wenn nicht von vornherein eben die Überlegung angestellt worden wäre, daß in bestimmten Bereichen die Sperren nicht vertretbar sind? Westphal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit: Herr Kollege Baier, ich könnte natürlich von Erfolgen berichten, die wir bei den Bemühungen gehabt haben, Teile des Bundesjugendplans von den Verfügungsbeschränkungen auszunehmen, und zwar gerade unter dem Gesichtspunkt der Personalförderung. Ich kann dies aber deshalb nicht tun, weil diese Bundesregierung, und zwar offensichtlich doch mit Unterstützung dieses Hohen Hauses, gesagt hat, wir müssen unter Stabilitätsgesichtspunkten und konjunkturpolitischen Überlegungen die Verfügungsbeschränkungen sogar verstärken. Präsident von Hassel: Eine Zusatzfrage, Abgebordneter Dr. Schulze-Vorberg.

Dr. Max Schulze-Vorberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002112, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, bei ausdrücklicher Würdigung der Notwendigkeit, den Staatshaushalt zu stabilisieren, und Ihrer Bemühungen darum darf ich fragen: Wird die Bundesregierung bestrebt sein, den Jugendverbänden die Aufgaben zu ermöglichen, für die sie bereits Verpflichtungen eingegangen sind, d. h. einen Unterschied zu machen zwischen Dingen, die etwa geplant sind, und denen, die schon weitgehend in der Durchführung begriffen waren? Westphal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit: Die Bundesregierung und das dafür zuständige Ressort werden alles tun, was sie können, um die Zuwendungsempfänger, unter ihnen die Partner im Bereich der Jugendhilfe, die freien Träger der Jugendarbeit und die Jugendverbände in den Stand zu setzen, ihre Kosten der laufenden Arbeiten, insbesondere die Personalkosten, decken zu können, damit sie ihre auch von der Öffentlichkeit gewollten Aufgaben erfüllen können. Nur kann ich Ihnen im Augenblick keine Einzelheiten mitteilen, weil die Auswirkungen dessen, was der Finanzminister im Auftrag der Regierung jetzt durchzuführen sich bemüht, noch nicht vorliegen. Präsident von Hassel: Ich rufe die Frage 90 des Abgeordneten Wawrzik auf: Ist die Bundesregierung bereit, durch entsprechende Maßnahmen die Eintragung der Blutgruppe in den Personalausweis auf Antrag zu ermöglichen? Der Abgeordnete ist anwesend. Zur Beantwortung, bitte, Herr Staatssekretär! Westphal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit: Herr Kollege Wawrzik, wenn Sie damit einverstanden sind, würde ich die beiden Fragen wegen des Sachzusammenhangs gern zusammen beantworten. Präsident von Hassel: Einverstanden! - Dann rufe ich noch die Frage 91 des Abgeordneten Wawrzik auf: Hat die Bundesregierung einen Überblick über die Zahl der Fälle, in denen ein wirksames ärztliches Eingreifen nicht möglich war, weil die Blutgruppe des Verletzten nicht bekannt war oder nicht schnell genug festgestellt werden konnte? Bitte schön! Westphal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit: Die von Ihnen gestellten Fragen sind wiederholt beim Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit angesprochen worden, und auch Frau Minister Strobel hat sich bereits in der Fragestunde am 17. April 1970 auf eine Frage des Kollegen Dr. Geßner dazu geäußert. Sie hat bei dieser Gelegenheit gesagt, daß die vorsorgliche Blutgruppenfeststellung, die für jeden Bürger möglich ist, als lebensrettende Maßnahme für Verletzte am Unfallort und auch bei der sofortigen nachfolgenden Krankenhausbehandlung von der Öffentlichkeit doch überschätzt wird. Vollbluttransfusionen am Unfallort als Dringlichkeitsmaßnahme zur Auffüllung des Kreislaufs sind in keinem Fall notwendig und technisch auch kaum durchführbar, da es praktisch unmöglich ist, die zwingend vorgeschriebene Verträglichkeitsprobe am Unfallort durchzuführen. Die ohne Feststellung der Blutgruppenmerkmale sofort anwendbaren Humaneiweißlösungen und künstlichen Blutersatzmittel haben mindestens die gleiche - oft sogar bessere - therapeutische Wirkung. Zahlen oder Fälle, in denen ein wirksames ärztliches Eingreifen nicht möglich war, weil die Blutgruppe des Verletzten nicht bekannt war oder nicht schnell genug festgestellt werden konnte, liegen dem Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit nicht vor bzw. sind ihm nicht bekannt. Bei dieser Sachlage will die Bundesregierung auch weiterhin auf die Eintragung der Blutgruppe im Personalausweis verzichten. Eine derartige amtliche Dokumentation im Personalausweis wäre auch deswegen äußerst problematisch, weil damit insbesondere kaum überschaubare Verpflichtungen des Staates begründet würden. Im übrigen steht es jedem interessierten Bürger frei, seine Blutgruppe und auch andere medizinische Angaben in einen von der Ärzteschaft, den Parlamentarischer Staatssekretär Westphal Blutspenderorganisationen oder dem Grünen Kreuz herausgegebenen Ausweis eintragen zu lassen und diesen Ausweis seinem Personalausweis oder anderen Personaldokumenten beizufügen und immer in der Tasche bei sich zu tragen. Präsident von Hassel: Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Wawrzik.

Kurt Wawrzik (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002433, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, können Sie mir erklären, warum man die Eintragung im Reisepaß zuläßt, sie jedoch im Personalausweis mit der Begründung ablehnt, daß es keine Richtlinien und keine Grundlagen für die Eintragung gebe? Westphal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit: Ich kann Ihnen das im Augenblick nicht erklären. Ich möchte aber dazu sagen, daß die Haltung der Bundesregierung im Hinblick auf die amtlichen Wirkungen einer solchen Eintragung aus meiner Antwort hervorgeht. Die Rechtsfolgen könnten nämlich doch eine bedeutsame Problematik darstellen. Präsident von Hassel: Eine Zusatzfrage, der Abgeordnete Brück ({0}).

Valentin Brück (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000277, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, Ihnen ist sicher bekannt, daß wir erst gestern das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Personalausweise, das eine nochmalige Verlängerung der Gültigkeitsdauer vorsieht, verabschiedet haben, und zwar im Hinblick darauf, daß der Bundesregierung die Schaffung eines sogenannten Universalpersonalausweises vorschwebt. Sind Sie bereit, einmal zu prüfen, ob es nicht möglich wäre, die Eintragung in diesen Universalausweis, der wahrscheinlich demnächst eingeführt wird, vornehmen zu lassen? Präsident von Hassel: War das eine Frage oder eine Randbemerkung, Herr Kollege?

Valentin Brück (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000277, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Es war beides. Westphal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit: Herr Präsident, ich darf es auch als Randbemerkung nehmen. Präsident von Hassel: Sie brauchen darauf im Augenblick nicht zu antworten. Wir müssen sehen, daß wir mit der Fragestunde zum Abschluß kommen. Die Fragen 92 und 93 des Abgeordneten Dr. Wörner sind zurückgezogen. Ich rufe die letzte Frage aus diesem Geschäftsbereich, die Frage 94 des Abgeordneten Härzschel, auf: Wie beurteilt die Bundesregierung die Meldung im „Spiegel", Nr. 19 vom 3. Mai 1971, wonach 850 Bundesbürger erkrankten, mehr als 20 starben, nachdem sie den Appetitzügler Menocil eingenommen hatten, und welche Konsequenzen wird die Bundesregierung bezüglich der darin enthaltenen Fragen ziehen, auch unter dem Aspekt der Antwort vom 29. April 1971 auf meine Fragen A. 85 und 86 in Drucksache VI/2113 ({0})? Wir überziehen damit um zwei oder drei Minuten. Ich darf Sie bitten, die Zahl der Zusatzfragen zu beschränken. Zur Beantwortung der letzten Frage, Herr Staatssekretär. Westphal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit: Herr Kollege Härzschel, die Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft hatte einen Warnbrief an hunderttausend Ärzte versandt, der die bis dahin erkannten Beobachtungen über die Wirkungen des Appetitzüglers Menocil enthielt und die Empfänger aufforderte, alle einschlägigen Beobachtungen zu melden. Bis zu diesem Zeitpunkt waren der Arzneimittelkommission Meldungen über Unverträglichkeiten oder Nebenwirkungen nicht zugegangen. Die in Ihrer Frage genannten Zahlen sind das Ergebnis einer Hochrechnung aus sehr kleinen Untersuchungszahlen. Die Arbeitsgruppe für klinische Kardiologie der Medizinischen Hochschule Hannover, die diese Untersuchung durchführte, hat dazu selbst bemerkt, daß der Nachweis der Kausalität durch die kleine Erkrankungszahl von zwei bis drei Promille erschwert wird. Aus den Vorgängen sind folgende Konsequenzen gezogen worden - und darauf kommt es, glaube ich, entscheidend an -: Erstens. Der Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit hat zu Beginn des Jahres 1969 die Bildung eines wissenschaftlichen Beirates veranlaßt, der sich speziell mit der Frage der Arzneimittelsicherheit befaßt. Der Beirat hat bereits die Richtlinien der EWG über die Anforderungen an die pharmakologische und klinische Prüfung von Arzneimitteln überarbeitet und einen Stufenplan zur Koordinierung von Maßnahmen bei Verdacht auf Arzneimittelnebenwirkungen aufgestellt. Er befaßt sich ferner mit Anforderungen an die Qualifikation der Prüfer und an die Institutionen, die die klinische Prüfung durchführen. Die Richtlinien über Arzneimittelprüfung werden durch den Beirat dem jeweiligen Fortschritt der medizinischen Erkenntnis angepaßt. Zweitens. In Hannover hat sich eine Kommission gebildet, die eine zentrale Erfassung und Auswertung mit modernen statistischen Methoden anstrebt. Sie arbeitet mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Drittens. Als gesetzgeberische Maßnahme, die der Erhöhung der Arzneimittelsicherheit dienen soll, wird zur Zeit eine Novelle zum Arzneimittelgesetz erarbeitet, durch die zur Auflage gemacht werden soll, daß bei der Registrierung einer neuen Arzneispezialität vom Anmelder der Nachweis zu führen ist, daß die Arzneispezialität keine therapeutisch unvertretbaren Nebenwirkungen verursachen wird. Präsident von Hassel: Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Härzschel.

Kurt Härzschel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000779, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, sind Sie nicht der Meinung, daß Ihre erste Antwort in der früheren Fragestunde sehr oberflächlich war, da dieses Mittel bereits im Ausland zurückgezogen wurde? Was unternimmt die Bundesregierung, wenn ihr bekannt wird - oder muß sie das nicht beobachten? -, daß im Ausland Arzneimittel zurückgezogen werden, um dann ebenfalls aktiv zu werden und nicht hier in der Fragestunde zu erklären, ihr sei nichts bekannt? Westphal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit: Herr Kollege Härzschel, Ihre beiden Fragen unterscheiden sich - abgesehen davon, daß damals mein Kollege von Manger-Koenig geantwortet hat und heute ich antworte - vor allen Dingen dadurch, daß Sie Ende April ganz allgemein nach ,den gesundheitlichen Auswirkungen von Appetitzüglern gefragt haben, während es Ihnen heute auf Grund einer Veröffentlichung in einem Nachrichtenmagazin darum geht, das Problem der Arzneimittelspezialität „Menocil" noch einmal zu erörtern. Die Konsequenzen, die aus dem Sachverhalt gezogen wurden, habe ich soeben dargelegt. Es gibt auch, wie bereits angedeutet worden ist, einen Alarmplan für Fälle, in denen eine Arzneimittelspezialität auf Grund einer Nachricht durch die entsprechende Kommission geprüft werden muß. Derartige Meldungen kommen in ,der Regel aus der Ärzteschaft. Präsident von Hassel: Die letzte Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Härzschel.

Kurt Härzschel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000779, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, nach diesem Bericht ist das Prüfungsverfahren sehr mangelhaft. Ich darf Sie fragen: Ist die Bundesregierung bereit, hier zu überprüfen, wie in der Zukunft Zulassungen und Registrierungen erfolgen, damit solche Dinge nicht wieder geschehen? Denn bei der großen Zahl von Menschen, die hier betroffen sind, halte ich es für leichtsinnig, wenn man so verfährt, wie es hier offenbar geschehen ist. Westphal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit: Man darf auf keinen Fall leichtsinnig verfahren und muß jede Möglichkeit der Verbesserung auf diesem Gebiet nutzen. Dieser großen Verantwortung sind wir uns voll bewußt. Deswegen sage ich Ihnen auch selbstverständlich zu, daß die heutigen Verfahren ständig im Hinblick auf Verbesserungen überprüft werden. Präsident von Hassel: Wir sind am Ende Ihres Geschäftsbereichs angelangt. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär. Wir sind außerdem am Ende unserer Fragestunde angelangt. Die nicht beantworteten Fragen dieser Woche werden schriftlich beantwortet; die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Ich berufe die nächste Plenarsitzung auf Dienstag, den 8. Juni 1971, 14 Uhr ein. Die Sitzung ist geschlossen.