Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet.
Die folgenden amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Bundesminister des Innern hat am 29. März 1971 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Frau Huber, Hauck, Lenders, Krall und Genossen betr. Emissionskataster - Drucksache VI/1912 - beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache VI/2036 verteilt.
Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 25. Juni 1959 die nachstehende Vorlage überwiesen:
EWG-Vorlagen
Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung Nr. 823/68 zur Festlegung der Erzeugnisgruppen und der besonderen Vorschriften für die Berechnung der Abschöpfungen für Milch und Milcherzeugnisse
- Drucksache VI/2030 -überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat.
Einziger Punkt der Tagesordnung: Fragestunde
- Drucksache VI/2020 Wir beginnen mit dem Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes. Zur Beantwortung der Fragen ist Herr Bundesminister Dr. Ehmke anwesend.
Ich rufe die Frage 102 des Herrn Abgeordneten Rasner auf:
Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um Verunglimpfungen des ersten republikanischen Staatspräsidenten Friedrich Ebert entgegenzuwirken, Verunglimpfungen, wie sie beispielsweise Sebastian Haffner in der Nummer 12 der Illustrierten Stern mit dem Satz vorgenommen hat: „Brandt ist kein Ebert, und es hat Leute gegeben - ich gehöre zu ihnen -, die gehofft haben, daß es Brandt gelingen würde, den Schandfleck Ebert nun doch mit Gottes Hilfe aus der Parteigeschichte zu tilgen."?
Herr Abgeordneter, die Bundesregierung bedauert die Verunglimpfung des ersten Präsidenten des Deutschen Reiches, die in dem erwähnten Illustrierten-Artikel enthalten ist. Der Rang Friedrich Eberts und seine Leistung für die Gestaltung der ersten demokratischen Republik in Deutschland sind unbestritten. Die Bundesregierung unterstreicht die Worte, die der erste Bundespräsident Professor Dr. Theodor Heuss für diesen Mann und seine Entscheidungen in jener Zeit gefunden hat. Theodor Heuss hat gesagt:
Als Könige versagten, hat dieser Sohn des breiten Volkes sich höchst königlich bewährt.
Die Bundesegierung hat es begrüßt, daß Bundespräsident Dr. Gustav Heinemann den 100. Geburtstag Friedrich Eberts zum Anlaß genommen hat, Mensch und Leistung in einer Feierstunde der Friedrich-Ebert-Stiftung zu würdigen. Sie hat durch die Teilnahme des Herrn Bundeskanzlers und einer Reihe ihrer Mitglieder sowie durch die Niederlegung eines Kranzes am Grabe des ersten Reichspräsidenten ihre Hochachtung für ihn zum Ausdruck gebracht.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Rasner.
Ich hatte gefragt, wie die Bundesregierung dem, was im „Stern" steht, entgegenwirken wolle. Da bekannt ist, daß es sich beim „Stern" um ein der Regierung nahestehendes oder mindestens ihr gegenüber wohlwollend eingestelltes Publikationsorgan handelt, frage ich, ob bei der schwächlichen Reaktion auf die Beleidigung des ersten republikanischen Reichspräsidenten durch Herrn Haffner etwa besondere Rücksichten gegenüber dieser Postille gewaltet haben.
Herr Abgeordneter, ich bin der Meinung, daß diese Frage sowohl der Bundesregierung als auch dem ersten Reichspräsidenten Unrecht tut. Ich glaube, die Bundesregierung wahrt sein Ansehen am besten dadurch, daß sie bei Gelegenheiten wie z. B. beim 100. Geburtstag Friedrich Eberts - an der Feierstunde haben übrigens zur großen Freude der Bundesregierung auch führende Mitglieder der Unionsparteien teilgenommen - und bei der Kranzniederlegung ihre Hochachtung zum Ausdruck bringt. Das scheint mir für eine Bundesregierung angemessener zu sein, als auf irgendwelche Zeitungsartikel jeweils zu reagieren.
Zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Rasner.
Sind der Bundesregierung aus der jüngsten Zeit Parallelfälle solcher Verunglimpfungen des Reichspräsidenten Ebert bekannt, und hat insbesondere der Berater des Herrn Bundeskanzlers, Herr Leo Bauer, in einem solchen Fall einmal gegen ein führendes Mitglied der Jusos interveniert?
Herr Kollege Rasner, Sie haben mir neulich
schon darüber berichtet. Ich habe diesen Vorgang
aber, offen gesunden, nicht gfunden. Wenn Sie ihn
mir zur Verfügung stellen könnten, wäre ich Ihnen dankbar. Aber unser Urteil über den Reichspräsidenten Ebert und die Angriffe auf ihn wären in jedem Fall das gleiche.
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Reddemann.
Herr Minister, können Sie Bonner Informationen bestätigen, daß sich Herr Sebastian Haffner bei seinen Angriffen auf den ersten Reichspräsidenten auf ein früheres Zitat des heutigen Bundeskanzlers beruft, demzufolge der damalige Reichspräsident und Gustav Noske als Reichswehrminister auf der anderen Seite der Barrikade gegen die Arbeiterschaft gestanden hätten?
Sie müßten mir dieses Zitat schon bringen, statt Informationen über das, was ein Journalist schreibt, hier zum besten zu geben, Herr Abgeordneter.
({0})
Keine weitere Zusatzfrage.
Die Fragen 103 des Herrn Abgeordneten Dr. Riedl ({0}), 104 des Herrn Abgeordneten Dr. Pohle sowie 105 und 106 des Herrn Abgeordneten Ott werden auf Bitten der Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Dr. Ehmke Bundesminister für besondere Aufgaben: Frau Präsidentin, mir ist gesagt worden, die Fragen 103 und 104 seien zurückgezogen worden.
Sie haben recht, Die Fragen 103 und 104 sind zurückgezogen. Die Fragen 105 und 106 werden schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Damit sind wir am Ende der Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes. Schönen Dank, Herr Bundesminister Ehmke!
Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung auf. Zur Beantwortung der Fragen ist Herr Parlamentarischer Staatssekretär Rohde anwesend.
Die Fragen 43 und 44 des Herrn Abgeordneten Wolfram sowie die Fragen 45 und 46 des Herrn Abgeordneten Horn werden schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 47 der Abgeordneten Frau Schlei auf:
Wie steht die Bundesregierung zu den Vorschlägen der Brüsseler Europa-Kommission für eine europäische Sozialpolitik?
Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung: Frau Präsidentin, ich würde gern die Antwort auf die Frage 47 mit der Antwort auf die Frage 48 zusammenfassen.
Sind Sie damit einverstanden, Frau Schlei? - Bitte schön! Dann rufe ich noch die Frage 48 der Abgeordneten Frau Schlei auf:
Welche sozialpolitischen Aktionen gedenkt die Bundesregierung in diesem Zusammenhang einzuleiten, um die extreme Ungleichheit zwischen Männer- und Frauenlöhnen beseitigen zu helfen?
Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung: Sehr verehrte Frau Kollegin, das neue Dokument der Kommission der Europäischen Gemeinschaften über die Vorstellungen der Kommission zur europäischen Sozialpolitik datiert vom 17. März 1971 und ist im Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung am 26. März dieses Jahres eingegangen. Sie werden sicher verstehen, daß es in der kurzen Zeit noch nicht möglich war, zu den umfangreichen Ausführungen der Kommission die Stellungnahme der Bundesregierung zu erarbeiten. Sie können aber sicher sein, daß sich die Bundesregierung bei ihrer Stellungnahme zu dem Dokument von dem Bestreben leiten lassen wird, die Möglichkeiten der Europäischen Gemeinschaften für den sozialpolitischen Fortschritt in den Mitgliedstaaten zu nutzen. Dabei werden wir unser Augenmerk nicht nur auf die Zielvorstellung richten, sondern auch auf die Maßnahmen, die jeweils zu diesen Zielen hinführen sollen.
Im übrigen darf ich in diesem Zusammenhang an die sozialpolitischen Initiativen erinnern, die der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung im vergangenen Herbst in Brüssel ergriffen hat. Der EWG-Ministerrat hat auf deutschen Vorschlag im November beschlossen, zunächst den persönlichen Anwendungsbereich der sozialen Sicherheit und die Möglichkeiten für ein europäisches Sozialbudget zu untersuchen. Darauf werden wir näher im Sozialbericht 1971 eingehen, den die Bundesregierung im Mai vorlegen wird.
Bei dem in Ihrer zweiten Frage angesprochenen Problem des Frauenlohns ist zu unterscheiden zwischen der formalen Verwirklichung des Grundsatzes „gleicher Lohn bei gleicher Leistung" und der Praxis der sogenannten Leichtlohngruppen. Was die betriebliche Praxis angeht, so ist zwischen den Tarifpartnern umstritten, ob die Leichtlohngruppen im Sinne einer Diskriminierung gehandhabt werden. Um diese Frage näher zu klären, beabsichtigt die
Parlamentarischer Staatssekretär Rohde Bundesregierung, im Einvernehmen mit den Tarifvertragsparteien einen größeren Forschungsauftrag zu vergeben. Aufgabe der Forschungsarbeit wird es sein, in den Wirtschaftszweigen, in denen hauptsächlich Leichtlohngruppen bestehen, die Verhältnisse eingehend zu untersuchen. Diese Untersuchungen und die Veröffentlichung ihrer Ergebnisse sollen bessere Voraussetzungen für die weitere Entwicklung schaffen und eine Lösung des Problems erleichtern.
Eine Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Schlei.
Könnte sich die Bundesregierung bereit erklären, der Brüsseler Europakommission Vorschläge für die Aufstellung eines neuen präzisen Zeitplans für die uneingeschränkte Anwendung von Art. 119 zu unterbreiten?
Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung: Diese Frage wird sicherlich in den Verhandlungen, die auf der Grundlage der Vorschläge der Kommission zur weiteren Entwicklung stattfinden werden, eine Rolle spielen, Frau Kollegin.
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 49 des Abgeordneten Varelmann auf:
Ist es sozialpolitisch vertretbar, daß die kleinen Landwirte
darunter besonders viele Pächter -, die vor dem Jahre 1969 ihren landwirtschaftlichen Betrieb zur Aufstockung anderer Unternehmen abgegeben haken, vom Bezug der Landabgaberente ausgeschlossen sind?
Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung: Auch diese beiden Fragen würde ich gerne zusammenfassend beantworten, Frau Präsidentin.
Sie sind einverstanden? - Dann rufe ich Frage 50 mit auf:
Ist es vertretbar, daß angesichts der besonders ungünstigen Alterssicherung der kleinen Landwirte dieser Personenkreis von der Nachentrichtung von Beiträgen zur Rentenversicherung ausgeschlossen ist?
Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung: Jede soziale Neuregelung, Herr Kollege, wirft das Problem auf, ob und inwieweit Tatbestände, die in der Vergangenheit liegen, noch einbezogen werden können. Insbesondere bei der Einführung oder Verbesserung finanzieller Leistungen lassen sich Stichtage zu Abgrenzung gegenüber der Vergangenheit in der Regel nicht vermeiden, wenn die Auswirkungen der Neuregelung überschaubar und finanziell tragbar sein sollen.
Bei der Einführung der Landabgaberente hat der Gesetzgeber - zu einer Zeit übrigens, in der Ihre Fraktion Regierungsverantwortung mittrug - eine rückwirkende Regelung nicht vorgesehen. Er wollte im Hinblick auf künftige Strukturverbesserungen die Landabgaberente nur für Personen einführen,
die ihren Betrieb in einer klar abgegrenzten Zeit, nämlich zwischen dem 1. August 1969 und dem 31. Dezember 1973, abgeben.
Zur Nachentrichtung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung ist im übrigen jeder ehemalige Landwirt berechtigt, der irgendwann nach dem 1. Januar 1956 seinen Hof in der für den Erwerb des Altersgeldanspruchs notwendigen Form abgegeben hat und heute versicherungspflichtig ist. Einen Zuschuß zur Nachentrichtung von Beiträgen zur Rentenversicherung erhalten dagegen nur solche Landwirte, die ihre Unternehmen zum Zwecke der Strukturverbesserung im Sinne des Gesetzes zwischen dem 1. August 1969 und dem 31. Dezember 1973 abgegeben haben.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Varelmann.
Herr Staatssekretär, erfüllten nicht die Landabgaben zur Aufstockung anderer Betriebe in den Jahren vor 1969 den gleichen volkswirtschaftlichen Zweck wie die Landabgaben nach 1969? Wäre es nicht angebracht, den kritischen Zustand, auf den wir in jüngster Zeit gestoßen sind, zu bereinigen? Es ist doch schon wiederholt in der Sozialgesetzgebung so gewesen, daß man Mängel, die man später festgestellt hat, behob.
Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung: Herr Kollege, der Tatbestand, den Sie ansprechen, war dem Gesetzgeber bekannt. Er hatte damals zu entscheiden, und zwar in der Zeit, als Sie die Regierungsführung innehatten, ob er dieses Gesetz rückwirkend in Kraft treten lassen wollte oder aber eine Regelung mit dem Blick auf künftige Strukturverbesserungen treffen wollte. Die Entscheidung ist damals in dem Ihnen bekannten Sinne getroffen worden.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, gilt nicht auch heute noch in der Sozialpolitik der Grundsatz, daß den Schwächeren zuerst und besonders geholfen werden muß? Wenn die großen Mängel, die wir jetzt beobachten, in der damaligen Zeit nicht ausreichend gesehen worden sind, sollte man sich nicht trotzdem jetzt Mühe geben, diesen Mangelzustand zu bereinigen, zumal da in der Bevölkerung unablässig von einer großen Härte gesprochen wird?
Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung: Herr Kollege, im letzten Jahr sind mehr agrarsoziale Maßnahmen in die Wege geleitet worden als in der Vergangenheit, und zwar gerade mit dem Ziel, einen sozialen Flankenschutz für die Strukturveränderung in der Landwirtschaft zu ermöglichen. Insofern hat es also auf diesem Felde Fortschritte gegeben. Im übrigen wäre ich Ihnen aber dankbar, wenn Sie mir besondere Einzelfälle, die Ihnen bekannt sind, mitteilen, damit man sie im einzelnen überprüfen kann.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wäre Ihr Ministerium bereit, im Bundeskabinett eine solche Anregung zu prüfen, um ein rückwirkendes Wirksamwerden dieses Gesetzes zu erreichen?
Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung: Herr Kollege, das kann ich ohne nähere Prüfung und ohne Rücksprache nicht nur mit den Sozialpolitikern, sondern auch mit den Landwirtschaftspolitikern hier nicht ohne weiteres zusagen.
Keine weitere Zusatzfrage. Ich rufe die Frage 51 des Herrn Abgeordneten Dr. Böhme auf:
Aus welchen Gründen hat die Bundesregierung aus dem Erwerbsleben Ausgeschiedene, die Versorgungsleistungen auf Grund von von der Versicherungspflicht befreienden Lebensversicherungen oder aus betrieblichen Einrichtungen aus der Zeit vor dem Dritten Rentenversicherungs-Änderungsgesetz erhalten, von der Möglichkeit des Eintritts in die gesetzliche Krankenversicherung nach dem Zweiten Krankenversicherungsgesetz ausgeschlossen?
Herr Parlamentarischer Staatssekretär!
Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung: Auch diese Frage würde ich gern mit der nächsten zusammen beantworten.
)
Bitte schön! Dann rufe ich auch die Frage 52 des Herrn Abgeordneten Dr. Böhme auf:
Ist die Bundesregierung ggf. bereit, diesem Personenkreis nachträglich den Eintritt in die gesetzliche Krankenversicherung zu ermöglichen?
Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung: Herr Kollege, Sie wissen aus den Beratungen zum Zweiten Krankenversicherungsänderungsgesetz, daß dieses Gesetz die Nachteile beseitigen soll, die den im Erwerbsleben stehenden Angestellten aus der Versicherungspflichtgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung gegenüber den Arbeitern entstehen. Dagegen sieht das Gesetz weder für die aus der Beschäftigung als Angestellte noch für die sonst aus dem Erwerbsleben Ausgeschiedenen ein Recht zum Beitritt zur gesetzlichen Krankenversicherung vor. Das erneute Beitrittsrecht für Rentner bezieht sich nur auf einen eng begrenzten Personenkreis, nämlich die Rentner, die nach dem Finanzänderungsgesetz 1967 von der Versicherungspflicht als befreit galten und die damals die befristet eingeräumte Beitrittsmöglichkeit zur gesetzlichen Krankenversicherung nicht wahrgenommen hatten. Diese Regelung ist seinerzeit im zuständigen Fachausschuß eingehend behandelt worden.
Allgemein umfaßt, wie Sie wissen, die Krankenversicherung der Rentner nur die Bezieher von Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen, nicht aber die Empfänger von sonstigen Versorgungsleistungen. Hieran hat das Zweite Krankenversicherungsänderungsgesetz nichts geändert.
Sie haben mit Ihren Fragen, Herr Kollege, ein Problem mit schwierig zu beurteilenden Folgewirkungen aufgeworfen. Wir werden es zur näheren Erörterung der Sachverständigenkommission zur Weiterentwicklung der Krankenversicherung unterbreiten.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, darf ich in diesem Zusammenhang eine Frage stellen oder eine Empfehlung für diese Befassung der Kommission geben. Wäre für den Fall, daß es für diese kleine Gruppe eine Härte ist, weil sie nicht während ihrer Dienstzeit Beiträge zur Rentenversicherung und dadurch zur Krankenversicherung geleistet hat, die Möglichkeit gegeben, sie unter Beitragszahlung aufzunehmen?
Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung: Herr Kollege, diese Frage und diese Empfehlung, wie Sie es genannt haben, werde ich der Sachverständigenkommission zur kritischen Prüfung mit unterbreiten.
Keine weitere Zusatzfrage. Dann sind Sie jetzt entlassen, Herr Parlamentarischer Staatssekretär. Vielen Dank!
Wir kommen nun zu dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft. Zur Beantwortung ist Herr Parlamentarischer Staatssekretär von Dohnanyi hier. Ich rufe die Frage 89 des Herrn Abgeordneten Horstmeier auf:
Trifft es zu, daß der Bund Gesamtschulversuche in den Ländern finanziell fördert?
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Frau Präsidentin, darf ich die Frage 89 gemeinsam mit der Frage 90 beantworten?
Ja. Dann rufe ich auch die Frage 90 des Herrn Abgeordneten Horstmeier auf:
Wieviel Bundesmittel sind dafür exakt für das Jahr 1970 aufgewandt, und wieviel Bundesmittel stehen für das Jahr 1971 zur Verfügung?
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Nach Art. 91 b des Grundgesetzes können Bund und Länder auf Grund von Vereinbarungen bei der Bildungsplanung und bei der Förderung von Einrichtungen und Vorhaben der wissenschaftlichen Forschung von überregionaler Bedeutung zusammenwirken, wobei die Aufteilung der Kosten durch eine Vereinbarung zu regeln ist. In den letzten Monaten wurde eine Rahmenvereinbarung nach Art. 91 b zur koordinierten Vorbereitung, Durchführung und wissenschaftlichen Begleitung von Modellversuchen im Bildungswesen durch die Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung erarbeitet.
Parlamentarischer Staatssekretär Dr. von Dohnanyi
Diese Rahmenvereinbarung wurde am 12. März von den Regierungschefs der Länder grundsäztlich gebilligt. Nach Inkrafttreten werden Modellversuche mit Gesamtschulen in diesem Rahmen finanziell gefördert werden können.
Die Mittel, die hier zur Verfügung gestanden haben, betrugen im Jahre 1970 insgesamt 169 134 DM. Für das Haushaltsjahr 1971 stehen für die Förderung von Versuchs- und Modelleinrichtungen und Programmen im Bereich des Bildungswesens für die laufenden Kosten 17,5 Millionen DM und für Investitionen 30,4 Millionen DM, also insgesamt 47,9 Millionen DM, zur Verfügung. Über diese Mittel kann nach dem generell gültigen Haushaltsführungserlaß des Bundesministers der Finanzen vom 5. März 1971 nur bis zu 70 % bzw. 80 % verfügt werden.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, können Sie mir einige Kriterien nennen, nach denen der Bund diese Mittel vergibt?
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Herr Kollege, die Kriterien sind natürlich im wesentlichen bereits im Begriff gegeben. Es muß sich um Modellversuche handeln, für die grundsätzlich eine wissenschaftliche Begleitung notwendig und zweckmäßig erscheint.
Zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, können Sie mir sagen, wieviel Prozent der Mehrkosten für diese Gesamtschulversuche in der Regel der Bund gegeben hat und wie hoch diese Zuschüsse in der Zukunft sein werden?
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Herr Kollege, ich sagte Ihnen soeben, daß die Vereinbarung jetzt erst abgeschlossen werden muß. Die Mittel betrugen im vergangenen Jahr nicht einmal 170 000 DM. Selbstverständlich wird die Gesamtschule - ganz im Sinne des Deutschen Bildungsrates übrigens - Schwerpunkt bei diesen Modellversuchen und Vorhaben sein. Hier wird auch die wissenschaftliche Begleitung am notwendigsten sein. Daraus können sich zum Teil nicht unerhebliche Mehrkosten ergeben.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, können Sie mir sagen, ob auch die personellen Mehrkosten vom Bund mit getragen werden?
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Herr Kollege, das wird darauf ankommen. Es wird darum gehen, gemeinsame Investitionen vorzunehmen, aber auch andere Möglichkeiten sind unter Umständen gegeben.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Raffert.
Herr Staatssekretär, ist der Bund, wenn er und ein Land sich über die Förderungswürdigkeit des Projekts einer Gesamtschule einig geworden sind und beide dieses Projekt fördern wollen, in der Lage, für den Fall, daß das Land auf Grund seiner Haushaltssituation in einem Jahr nicht mit eigenen Mitteln eintreten kann, im Vorgriff aus seinem Haushalt schon seinen Teil zur Förderung des Projekts beizutragen, natürlich unter der Voraussetzung, daß das Land später seinen eigenen Anteil voll hinzufügt?
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Der Bund hat sich in der Vergangenheit - ich erinnere nur an das Schnellbauprogramm im Hochschulbereich - wiederholt bereit erklärt, Vorfinanzierungen zu machen, soweit er selber auf Grund seiner eigenen Disposition finanziell dazu in der Lage ist. Ich bin sicher, daß wir die gleiche Flexibilität auch im Zusammenhang mit den Modellversuchen und ihrer Finanzierung nach Art. 91 b des Grundgesetzes zeigen werden.
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 91 der Abgeordneten Frau Dr. Walz auf:
Welches sind die „bestimmten Voraussetzungen", unter denen der Planungsausschuß nach Artikel 91a des Grundgesetzes Krankenanstalten, die nicht Hochschulkliniken sind, durch Baumaßnahmen mit dem Ziel der Schaffung neuer Ausbildungsplätze fur den klinischen Unterricht in die Finanzierung nach dem Hochschulbauförderungsgesetz einzubeziehen beschlossen hat?
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Frau Kollegin Walz, der Planungsausschuß für den Hochschulbau hat auf Wunsch des hessischen Kultusministers in seiner Sitzung vom 2. März die materiellen und die verfahrensmäßigen Voraussetzungen erörtert, unter denen Baumaßnahmen an sogenannten Lehrkrankenhäusern in die Finanzierung nach dem Hochschulbauförderungsgesetz einbezogen werden können. Für das Verfahren wurde beschlossen, daß entsprechende Vorhaben von den Ländern möglichst rasch angemeldet werden sollen, damit der Planungsausschuß sie noch bei seiner Entscheidung über den ersten Rahmenplan berücksichtigen kann. Die sachliche Entscheidung muß für jedes einzelne Vorhaben nach Anmeldung vom Planungsausschuß getroffen werden.
Die Bundesvertreter haben in der von mir bereits genannten Sitzung am 2. März erklärt, daß nach ihrer Auffassung die Einbeziehung immer dann in Frage kommen kann, wenn das betreffende Vorhaben für die Ausbildung im Rahmen des Medizin6660
Parlamentarischer Staatssekretär Dr. von Dohnanyi studiums erforderlich ist und das Vorhaben als Ausbaumaßnahme einer Hochschule im Sinne des Hochschulbauförderungsgesetzes angesehen werden kann.
Zu einer Zusatzfrage Frau Abgeordnete Dr. Walz.
Herr Staatssekretär, hat die Bundesregierung schon konkrete Überlegungen darüber angestellt, für wie viele Krankenanstalten, die nicht Hochschulkliniken sind sie im Planungsausschuß für die Aufnahme in das Verzeichnis nach § 4 des Hochschulbauförderungsgesetzes votieren wird, bzw. liegen im Planungsausschuß Anmeldungen zur Aufnahme in das Hochschulverzeichnis vor, wenn ja, wie viele?
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Frau Kollegin Walz, die Sitzung des Planungsausschusses, auf die ich hier Bezug genommen habe, fand am 2. März statt. Dort wurde klargestellt, daß die Länder diese Anmeldungen vorzunehmen haben, wie das ja auch für die Hochschulbaufinanzierung im übrigen in erster Linie gilt. Der Bund ist also nicht in der Lage, innerhalb von noch nicht einmal einem Monat seinerseits etwa festzustellen, wie viele dieser Lehrkrankenhäuser eventuell in den Finanzierungsplan aufgenommen werden können.
Eine weitere Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, aus Ihren Äußerungen darf ich aber schließen, daß der Bund grundsätzlich bereit ist, Krankenanstalten, die die wissenschaftlichen Qualifikationen haben und in der Nähe von Universitäten liegen, in das Hochschulbauförderungsgesetz aufzunehmen, wenn sie sich darum bewerben?
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Frau Kollegin Walz, die Antwort ist ja. Der Wissenschaftsrat hat so empfohlen. Die Bundesregierung unterstützt alle Rationalisierungsmaßnahmen in diesem Bereich. Gerade angesichts des Numerus clausus in der Medizin ist die Nutzung von Lehrkrankenhäusern ein wesentlicher Beitrag für die Erweiterung der Kapazitäten.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 92 des Abgeordneten Dr. Lenz ({0}) auf:
Welche konkreten Maßnahmen sind seit dem Inkrafttreten des deutschfranzösischen Vertrages ergriffen worden, um die Zahl der deutschen Schüler, die französisch lernen, zu erhöhen?
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Herr Kollege Lenz, zunächst würde ich gern darauf hinweisen, daß der von Ihnen angeschnittene Komplex in die Zuständigkeit der Länder fällt.
Der Bundeskanzler und die Ministerpräsidenten haben am 18. Dezember 1970 und am 12. März 1971 für eine neue Regelung in der Frage des Fremdsprachenunterrichts votiert. Dabei geht es natürlich, wie Sie wissen, in erster Linie um die Auflockerung des sogenannten Hamburger Abkommens; über die Auflockerung wird ja seit geraumer Zeit diskutiert. Die Bundesregierung wird sich deshalb für die von den meisten Ländern unterstützte neue Formulierung des § 13 des Hamburger Abkommens einsetzen, die lautet: „Die erste Fremdsprache ist eine lebende Fremdsprache oder Latein." Zur exakten Beantwortung Ihrer Frage in allen Details müßte ich allerdings noch einmal mit den zuständigen Kultusministerien Rücksprache nehmen; wenn Sie es wünschen, würde ich das selbstverständlich tun.
Eine Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, können Sie Angaben darüber machen, wann die von Ihnen angekündigte Änderung des Hamburger Abkommens etwa in Kraft treten könnte?
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Herr Kollege Lenz, ich möchte hier keine Terminangabe machen, weil, wie Sie wissen, die Entscheidungen in diesem Bereich häufig länger dauern, als man selber wünscht. Aber ich hoffe, daß eine Entscheidung relativ bald herbeigeführt werden kann, ohne daß ich Ihnen jetzt einen Termin nennen möchte.
Zweite Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, darf ich Ihrer Antwort entnehmen, daß die Bundesregierung unbeschadet der Tatsache, daß in dieser Frage das Schwergewicht bei den Ländern liegt, einen Einfluß hat und ihren Einfluß zugunsten der von Ihnen genannten Änderung ausüben wird?
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Herr Kollege Lenz, die Tatsache, daß der Herr Bundeskanzler mit dem Herrn Ministerpräsidenten über diese Frage konfrontiert hat, sie zu einem Tagungsordnungspunkt gemacht wurde, zeigt das Interesse des Bundes. Ja.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Dann rufe ich die Frage 93 auf:
Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß die ergriffenen Maßnahmen zu einer gleichbereditigten Behandlung der französischen Sprache neben anderen Fremdsprachen im deutschen Schulwesen geführt haben?
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Die Bundesregierung ist der Meinung, daß nun für die entsprechenden Beratungen der
Parlamentarischer Staatssekretär Dr. von Dohnanyi
Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung
wichtige Voraussetzungen für die Förderung des
Französisch-Unterrichts geschaffen werden können.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Lenz.
Darf ich aus Ihrer Auskunft, Herr Staatssekretär, entnehmen, daß die Bundesregierung der Auffassung ist, daß der gegenwärtige Rechtszustand nicht zu einer gleichberechtigten Ausbildung im Französischen führt?
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Die Bundesregierung möchte den § 13 des Hamburger Abkommens in der bereits erwähnten Weise ändern und hofft dadurch den Zustand herzustellen, an dem Ihnen offenbar, Herr Kollege, auch liegt.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Dann rufe ich jetzt die Frage 94 des Herrn Abgeordneten Huys auf:
Welche Mehrkosten für Investitionen und laufenden Unterhalt erfordern nach den Erfahrungen der bisherigen Modellversuche in der Bundesrepublik Deutschland Bau und Unterhallung der integrierten Gesamtschule?
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Herr Kollege Huys, bei gleichem pädagogischen Angebot würden für die Schulform des herkömmlichen Schulsystems etwa gleiche Bauprobleme entstehen wie für integrierte Gesamtschulen. Insoweit erfordern die integrierten Gesamtschulen keine besonderen Mehrkosten gegenüber Schulen des herkömmlichen Schulsystems. Im Gegenteil, es kann auf lange Sicht durch die Zusammenfassung eine gewisse Ersparnis in den Investitionen eintreten. Was die Unterhaltungskosten angeht, so erlauben Modellversuche an sich keine direkten Rückschlüsse auf die Kosten eines Systems, wenn es Regelsystem wird.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, glauben Sie denn nicht, daß zu den Unterhaltungskosten auch die Personalkosten gehören?
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssektretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Davon. bin ich überzeugt, Herr Kollege Huys.
Eine weitere Zusatzfrage.
Aber glauben Sie denn nicht, daß dann bei den Gesamtschulen mehr Personal gebraucht wird?
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Darf ich, Frau Präsidentin, darauf verweisen, daß ich genau zu dieser Frage eine weitere Frage zu beantworten habe.
Einverstanden!
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Vielen Dank.
Gut, dann stellen wir die Frage bis dahin zurück.
Ich rufe die Frage 95 des Herrn Abgeordneten Lenzer auf:
Ist in den integrierten Gesamtschulen der Lehrerbedarf höher als der Lehrerbedarf in einem gegliederten Schulwesen, wenn man die sogenannten pädagogischen Mittelwerte der Kultusministerkonferenz zugrunde legt?
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Herr Kollege Lenzer, in welchem Umfang den integrierten Gesamtschulen der Sekundarstufe I gegenüber einem vergleichbaren pädagogischen Angebot im heutigen Schulsystem langfristig ein Mehrbedarf an Lehrern entstehen würde, läßt sich heute noch nicht eindeutig beantworten. Diese Fragen werden gegenwärtig in der Bund-Länder-Kommission beraten.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Lenzer.
Herr Staatssekretär, kann man aber davon ausgehen, daß angesichts der Tatsache, daß in der integrierten Gesamtschule Jahrgangsklassen abgeschafft werden, ein Kernkurssystem eingerichtet wird usw., grundsätzlich mit einem Mehrbedarf zu rechnen ist?
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Herr Kollege Lenzer, ich hatte gesagt, daß, wenn das pädagogische Angebot gleichwertig ist, aus der Integration als solcher kein Mehrbedarf entsteht. Wenn Sie davon ausgehen, daß Sie kein gleichwertiges pädagogisches Angebot, sondern ein schlechteres pädagogisches Angebot herstellen, was natürlich zum Teil im starren Klassensystem der Fall ist, dann muß man wohl die Schlußfolgerung ziehen, daß allerdings eine geringere Zahl von Lehrern notwendig sein wird.
Zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wäre es Ihnen möglich, wenn Sie von einem gleichwertigen pädagogischen Angebot für beide Schulformen ausgehen, einmal Vergleichszahlen zu beschaffen oder wenigstens einmal eine Gegenüberstellung zu erarbeiten?
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Diese Möglichkeit besteht sicherlich. Allerdings läßt sich dann natürlich darüber streiten, ob eine wirkliche Vergleichbarkeit dort herzustellen ist, wo größere und starre Klassen mit einem kleineren, flexibleren Schulsystem verglichen werden. Aber ich will diese Anregung gern aufnehmen und den Versuch machen, Herr Kollege Lenzer, hierzu eine Antwort zu beschaffen.
Eine Zusatzfrage der Abgeordneten Frau Dr. Walz.
Herr Staatssekretär, sollte Ihnen völlig unbekannt sein, daß die GEW, die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, vor ein paar Tagen ausgerechnet hat, daß für Förderstufe und Klassen 7 bis 10, also nicht einmal für die ganze integrierte Gesamtschule, allein in Hessen für die integrierte Gesamtschule ein Mehrbedarf von 15 640 Lehrern gegenüber dem herkömmlichen System errechnet ist, und welche Folgerungen ziehen Sie daraus?
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Frau Kollegin Walz, es werden natürlich beim jetzigen Stand der Versuche auf dem Sektor der Gesamtschulen eine Reihe von Berechnungen angestellt. Aber die Frage, die ich beantwortet habe, lautete doch, inwiefern das eine System mehr Lehrer verlangt als das andere, und Sie müßten nun zunächst einmal, Frau Kollegin Walz, die Statistiken ansehen, die die GEW über die Differenz zwischen Mittelwerten, Zielwerten und Ist im Lehrerbestand für das heutige System veröffentlicht hat. Da ergeben sich dann Größenordnungen, die mit den, was Sie soeben hier gesagt haben, durchaus vergleichbar sind.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Hansen.
Herr Staatssekretär, können Sie bestätigen, daß die Schwierigkeiten bei der Feststellung des Lehrerbedarfs und in der Beurteilung solcher Daten, wie sie eben von Frau Kollegin Walz genannt worden sind, nicht zuletzt darauf zurückzuführen sind, daß die Länder in der Vergangenheit durchaus mangelhafte Bildungsstatistiken geliefert haben und daß die sogenannten Mittel- und Zielwerte der KMK schon jetzt durch die Entwicklung überholt sind?
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Herr Kollege Hansen, das sind zwei Fragen. Ich darf darauf auch zwei Antworten geben.
Was den letzten Punkt angeht, so sind die Mittelwerte ja kaum und die Zielwerte gewiß nicht erreicht, d. h. also, daß eine Kluft besteht zwischen den Vorstellungen der Kultusminister, die sie Anfang der 60er Jahre geäußert haben, und dem, was tatsächlich erreicht wurde.
Was den ersten Teil Ihrer Frage angeht, so ist es sicherlich so, daß die Länder unzureichende Bildungsstatistiken zur Verfügung stellen, aber auch, Herr Kollege Hansen, eben eine unzureichende Bildungsforschung. Die Frage, die hier gestellt wurde, ist ja mehr eine Frage der Bildungsforschung als der Statistik.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Pfeifer.
Herr Staatssekretär, wenn bei der Gesamtschule kein finanzieller und personeller Mehrbedarf entsteht, möchte ich Sie fragen: Warum hat dann die Bundesregierung im Haushaltsplan Mittel angefordert, um in Versuchsschulen diesen Mehrbedarf decken zu können?
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Herr Kollege Pfeifer, ich hatte in einer vorangegangenen Antwort klar gesagt, daß man von den Kosten der Modellversuche nicht darauf schließen kann, welche Kosten, welcher Mehrbedarf an Personal oder anderen Mitteln entstehen würde, wenn ein Modell zum Regelsystem wird.
Es ist selbstverständlich, daß Versuche und Modelle teurer sind als das Regelsystem. Auch aus diesem Grunde muß die Bundesregierung mitfinanzieren.
lm übrigen habe ich nicht gesagt, daß Mehrkosten nicht entstehen. Ich habe nur gesagt, sie lassen sich nicht quantifizieren und müssen auf ein vergleichbares pädagogisches Angebot bezogen werden. Das verändert dann die Grundlage.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Sperling.
Herr Staatssekretär, ist es nicht richtig, daß wir mit der Schulreform eine verbesserte Schule erreichen wollen und deswegen die Kosten sowohl für das Bauen als auch für die Lehrergehälter steigen werden, und stimmt es nicht, daß mit dem Bau einer integrierten Gesamtschule die Kostensteigerungen im Gegensatz zu der Erweiterung des gegliederten Schulwesens geradezu begrenzt werden können, so daß man sagen kann, daß eine Verbesserung unseres Schulwesens durch eine integrierte Gesamtschule billiger kommen wird, als wenn wir die Verbesserung innerhalb des gegliederten Systems gleichwertig verfolgten?
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Herr Kollege Sperling, ich glaube, beide Fragen muß man mit Ja beantworten. Es ist richtig, daß die Investitionen - ich sagte das vorhin schon an anderer Stelle - in eine Gesamtschule hinsichtlich der Gesamtinvestitionen rationaParlamentarischer Staatssekretär Dr. von Dohnanyi lisierend wirken können. Es ist aber auch richtig, daß wir damit rechnen müssen, daß ein verbessertes Schulsystem wohl auch höhere Kosten verursacht. Das würde aber eben auch eintreten, wenn man das heute gegliederte Schulsystem zu einem gleichwertigen pädagogischen Angebot „aufbessern" würde. Darauf nahm ich in meiner ursprünglichen Antwort Bezug.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Wichert.
Herr Staatssekretär, teilen Sie die Auffassung, daß die mit der Einführung der integrierten Gesamtschule notwendigerweise verbundene curriculare Differenzierung, die von den Lehrkörpern dieser Schulen ausgearbeitet werden muß, auch eine höhere quantitative Beanspruchung der Arbeitsleistung der einzelnen Lehrer mit sich bringt und es außerdem notwendig macht, daß die Zahl der Lehrkräfte, die an dieser Arbeit beschäftigt sind, in der Versuchsphase gegenüber dem herkömmlichen System vergrößert werden muß?
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Das ist ganz sicherlich richtig, Herr Kollege Wichert. Auf Grund der Erfahrungen kann ich sagen, daß die Belastung durch die Zusammenstellung neuer Curricula im Augenblick sehr stark ist. Das ist gar keine Frage. Auf längere Sicht, das sagte ich, wird sich das aber möglicherweise einpendeln. Größenordnungen lassen sich aber noch nicht bestimmen.
Viezpräsident Frau Funcke: Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Hubrig.
Herr Staatssekretär, um noch einmal auf die Mehrbedarfszahlen zurückzukommen, die die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft ausgerechnet hat: Ist Ihnen bekannt, daß die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft daraufhin die Ansicht vertreten hat, in den nächsten zehn bis fünfzehn Jahren erscheine ein Ausbau des jetzigen Schulsystems sinnvoller als der Übergang zum integrierten Gesamtschulsystem?
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Herr Kollege Hubrig, diese Schlußfolgerung ist mir unbekannt. Ich muß ganz offen sagen, ich halte sie auch für sehr unwahrscheinlich. Ich würde Sie bitten, mir diese Schlußfolgerung einmal vorzulegen. Ich halte es für undenkbar, daß die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft vom Grundziel der Einführung der integrierten Gesamtschule in den nächsten fünfzehn Jahren abgewichen ist. Das wäre allerdings eine wirkliche Neuigkeit.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Früh.
Herr Staatssekretär, kann man überhaupt Versuche mit einem Schulsystem anstellen, von dem Sie vorhin selbst in Ihrer Antwort auf die Frage des Herrn Kollegen Horstmeier sagten, daß dieses Schulsystem noch verstärkter wissenschaftlicher Begleitung bedürfe? Offensichtlich liegen also gar keine vergleichbaren Möglichkeiten vor.
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Herr Kollege, der Vergleich, den ich gemacht habe, bezog sich ja auf das heutige Schulsystem. Da kann man allerdings fragen: Wird es in Zukunft hei der Einführung der integrierten Gesamtschule einen größeren Bedarf an Lehrern geben? Hierauf habe ich geantwortet, daß man das nur vergleichen kann, wenn man in beiden Systemen - im heutigen Schulsystem und in dem neuen - ein vergleichbares pädagogisches Angebot realisiert. Nur dann kann man diesen Vergleich wirklich anstellen.
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Fragen 96 und 97 des Herrn Abgeordneten Dr. Martin auf. - Herr Dr. Martin ist nicht im Saal; die Fragen werden schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 98 der Abgeordneten Frau Dr. Walz auf:
Wird die Bundesregierung darauf drängen, daß in der BundLänder-Kommission nach Artikel 91 b des Grundgesetzes nur ein Gesamtplan verabschiedet wird, der aussagt, wie der erforderliche Mehrbedarf an Lehrkräften gedeckt werden kann?
Bitte schön!
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Frau Kollegin Walz, die Antwort auf Ihre Frage lautet: Die Bundesregierung wird selbstverständlich darauf drängen, daß der entsprechende Mehrbedarf gedeckt werden kann.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wird aber der Mehrbedarf berücksichtigt, den die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft allein für Hessen mit 15 600 Lehrern angesetzt hat?
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Frau Kollegin Walz, Sie wissen, daß diese Bundesregierung keine Information außer acht läßt, die ihr zugänglich ist. Selbstverständlich wird die Bundesregierung auch diese Zahlen zur Kenntnis nehmen.
Zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, hat die Bundesregierung zusätzlich Erwägungen darüber angestellt, daß die Einstellung von wesentlich mehr Verwaltungspersonal als bisher die Lehrer von nichtpädagogischen Aufgaben weitgehend entlasten könnte und sollte, und ist die Bundesregierung bereit, das in ihre Berechnungen mit aufzunehmen?
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Das steht im Bildungsbericht, Frau Kollegin Walz, es steht im Entwurf zum Bildungsgesamtplan, und es steht immer wieder in den verschiedenen Programmen, die beide diese Regierung tragenden Parteien veröffentlicht haben.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Gölter.
Herr Staatssekretär, wird die Bundesregierung dafür Sorge tragen, daß in der Vorlage der Bund-Länder-Kommission Alternativberechnungen auch in diesem Punkt enthalten sein werden?
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Herr Kollege Gölter, diese Frage möchte ich so nicht beantworten, weil die Frage der Alternativberechnungen nicht allein von der Bundesregierung entschieden werden kann. Sie wissen, daß die Bund-Länder-Kommission aus Bund und Ländern zusammengesetzt ist. Ich vermute aber, daß auch zu diesen Fragen im Detail die notwendigen Alternativen vorliegen werden.
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Pfeifer.
Herr Staatssekretär, wird sich die Bundesregierung in der Bund-Länder-Kommission dafür einsetzen, daß solche Alternativberechnungen angestellt werden?
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Ja.
Keine Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 99 des Herrn Abgeordneten Pfeifer auf:
Teilt die Bundesregierung die Ansicht, daß es falsch wäre, einen Gesamtplan vorzulegen, der es sich hinterher gefallen lassen muß, von den Finanzen her gesehen wesentlich verändert zu werden?
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Herr Kollege Pfeifer, die Bundesregierung teilt Ihre Auffassung, wie Sie wissen.
Eine Zusatzfrage, bitte schön.
Herr Staatssekretär, kann ich also davon ausgehen, daß die Bundesregierung auch an ihrer Ansicht festhält, daß Bildungsgesamtplan und Bildungsbudget zusammen vorgelegt werden müssen?
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Ja. Das steht ja so im Verwaltungsabkommen.
Zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, teilen Sie dann auch meine Ansicht, daß das Bildungsbudget zwingend voraussetzt, daß den öffentlichen Gesamtausgaben die der öffentlichen Hand zur Verfügung stehenden Einnahmen gegenübergestellt werden und dann aufgezeigt wird, wie der Bund und insbesondere die Länder die Finanzierung dieser Bildungsausgaben sicherstellen können?
({0})
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Herr Kollege Pfeifer, das Bildungsbudget wird die Kosten der Sachalternativen enthalten, die zu berechnen sind, und das Bildungsbudget wird etwas zur Finanzierbarkeit aussagen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Gölter.
Herr Staatssekretär, darf ich noch die Frage nachschieben, ob das Bildungsbudget in die allgemeinen finanzpolitischen und wirtschaftspolitischen Erwartungen der kommenden Jahre eingebettet sein wird und daher zwangsläufig auch in eine entsprechende Vorlage aufgenommen werden muß?
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Das sind nach meiner Meinung zwei unterschiedliche Gesichtspunkte, Herr Kollege Gölter. Das erste ist notwendigerweise so. Keine Bundesregierung wird in der Frage der Finanzierbarkeit der Bildungsausgaben Entscheidungen treffen oder einen Bildungsplan vorlegen, wenn nicht auch andere Aufgaben, die von den öffentlichen Haushalten zu tragen sind, berücksichtigt worden sind. Ob dies aber nun im Bildungsbudget selber steht oder ob das Bildungsbudget ein Teil einer übergreifenden langfristigen Planung ist, ist eine zweite, technische Frage, in der ich mich hier nicht festlegen möchte.
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Sperling.
Herr Staatssekretär, können Sie mir angesichts dieses sehr erfreulich intensiven und differenzierten Interesses der Opposition am Bildungsbudget erklären, ob der Vorgänger Ihres Herrn Ministers schon irgendwann einmal Vorarbeiten gemacht hat, die zu einem Bildungsbudget geführt haben könnten?
({0})
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Nein, es gab keine Vorarbeiten.
Eine Frage der Abgeordneten Frau Dr. Walz.
Herr Staatssekretär, ist ein Bildungsbudget nicht Makulatur, wenn es nicht in die allgemeine Finanzplanung eingeordnet ist und man auch sehen kann, wie und mit welchen Prioritäten es eingeordnet ist?
({0})
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Frau Kollegin Walz, ich kann Ihre Auffassung nicht teilen. Sehen Sie, es gibt z. B. auch ein Sozialbudget. Dieses ist nicht in eine langfristige Planung eingebettet, die, sagen wir, bis zum Jahre 1984 läuft. Das gibt es im Augenblick ja nur für bestimmte Teilbereiche. Das Bildungsbudget muß eine in sich geschlossene Einheit darstellen. Aber selbstverständlich gehört die Entscheidung über das Bildungsbudget in den Rahmen von Überlegungen, die die gesamten öffentlichen Aufgaben betreffen. Ich hatte vorhin zwischen dieser allgemeinen politischen Einordnung und der technischen Darstellung des Bildungsbudgets zu differenzieren versucht. Ich glaube, daß wir in dieser Hinsicht einer Meinung sind.
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Dr. Probst.
Herr Staatssekretär, wären Sie bereit, dem Herrn Vorfrager, dem Kollegen Sperling, Auskunft darüber zu geben, seit wann die Zuständigkeit für die Bildungsfinanzierung beim Bund liegt?
({0})
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Herr Kollege Probst, für die Finanzierung des wissenschaftlichen Nachwuchses im Sinne von Art. 74 Nr. 13, d. h. im Rahmen der Forschungsförderung, gilt das z. B. seit dem Inkrafttreten des Grundgesetzes.
({1})
Seitdem hätte also in dieser Frage eine langfristige
Konzeption gefunden werden können. Für die gesamten Bildungsfragen gibt es gewisse allgemeine
Grundlagen in Art. 3 des Grundgesetzes. Dieser Artikel enthält ja den Gleichheitsgrundsatz, der vom heutigen Bildungssystem verletzt wird. Für die spezifische Aufgabe der Bildungsplanung gilt die 1969 beschlossene Grundgesetzänderung des Art. 91 b.
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Hansen.
Herr Staatssekretär, haben Sie nicht auch den Eindruck, daß einige der Scheinfragen, die einen schlechten Informationsstand der CDU/CSU-Opposition widerspiegeln, nur unter dem heutigen Datum des 1. April richtig zu beurteilen sind?
({0})
Herr Kollege, die Frage wird nicht zugelassen. Bewertungen sind nicht zulässig.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Gölter.
Herr Staatssekretär, stimmen Sie mir darin zu, daß ein Bildungsgesamtplan ohne finanzpolitische Absicherung mit Blick auf Bund und Länder lediglich eine Selbstbefriedigung der Bildungspolitiker darstellt?
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Das hatte ich gesagt, Herr Kollege Gölter. Das ist richtig. Daran gibt es gar keinen Zweifel.
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Dr. Hubrig.
Können Sie mir sagen, welche Vorstellungen die Sozialdemokratische Partei in der Vergangenheit in bezug auf ein Bildungsbudget gehabt hat?
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Herr Kollege Hubrig, ich stehe ja nicht für die Sozialdemokratische Partei, sondern für die Bundesregierung hier, und ich bin über die frühere Bundesregierung befragt worden. Über die Sozialdemokratische Partei kann ich in dieser Funktion hier keine Auskunft geben.
({0})
Eine Frage der Abgeordneten Frau Griesinger.
Herr Staatssekretär, stimmen Sie mir zu, daß es den Ländern bei der Wirtschafts- und Finanzpolitik der derzeitigen Bundesregierung kaum möglich sein wird, auf Grund Ihrer Vorstellungen finanziell diese Reformpolitik überhaupt zu betreiben, die Sie bei all Ihren Überlegungen so sehr in den Vordergrund gestellt haben?
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Frau Kollegin, die Wirtschaftspolitik hat im vergangenen Jahr immerhin ein beachtliches Wachstum und einen beachtlichen Steuerzuwachs gebracht. Mit diesem Steuerzuwachs kann natürlich auch die Reformpolitik auf dem Bildungssektor finanziert werden. Die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung dient der Wiederherstellung der Stabilität und damit auch verstärkt der Möglichkeit, die Reformpolitik im Bildungsbereich zu finanzieren.
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Raffert.
Herr Staatssekretär, würden Sie es als hilfreich betrachten, wenn ich dem Herrn Kollegen Hubrig nicht nur die programmatischen Aussagen der SPD zu diesen Fragen, sondern auch die verbindlichen Parteitagsbeschlüsse zuleitete?
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Herr Kollege Raffert, das wäre sicherlich ein guter Dienst an der Information.
Meine Damen und Herren, ich wäre dankbar, wenn die Fragesteller sich etwas mehr an die Ausgangsfrage hielten und weitere Ausweitungen vermieden. Sonst muß ich die Fragen zurückweisen.
Frau Abgeordnete Dr. Walz hat sich zu einer Zusatzfrage gemeldet.
Herr Staatssekretär, können Sie mir erklären, wie Sie einen Strukturplan für das Bildungswesen verabschieden konnten, offensichtlich ohne zu wissen, welcher Mehrbedarf an Lehrern sich auf Grund dieses Strukturplanes ergeben wird und welche finanziellen Konsequenzen der Plan hat?
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Frau Kollegin Walz, ich wüßte nicht, wo ein Strukturplan verabschiedet worden wäre.
({0})
- In der Bund-Länder-Kommission wurde lediglich festgestellt, wie das Stimmenverhältnis zwischen den Ländern und dem Bund hinsichtlich einer langfristigen Zielsetzung in der Hochschul- und Schulpolitik sei. Mit einem Stimmenverhältnis von 17 zu 5 hat man sich dann allerdings für die langfristige Anvisierung der integrierten Gesamtschule und der integrierten Gesamthochschule entschieden.
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Dr. Früh.
Herr Staatssekretär, kann ich aus Ihren vorhergehenden Ausführungen schließen, daß Sie der Meinung sind, daß der Steuerzuwachs größer ist als die Steigerung der Baukosten im Bereich der Schulen?
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Es kann kein Zweifel daran bestehen, daß die Mittel, die wir zusätzlich - z. B. für den
Hochschulbau zur Verfügung gestellt haben, weit über die Mehrkosten hinausgehen, die durch die Baukostensteigerung verursacht worden sind.
({0})
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Dr. Schneider.
Herr Staatssekretär, können Sie bestätigen, daß auch schon frühere Bundesregierungen die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses über die Forschungsgemeinschaft betrieben haben, und können Sie uns sagen, wann die frühere Opposition in diesem Hause konkrete Anträge zu diesem Gegenstand gestellt hat?
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Herr Kollege, ich war nach langfristiger Planung gefragt worden. Im Jahresbericht der Forschungsgemeinschaft 1969 steht der Satz, daß das früher vielfach verpönte Wort „Forschungsplanung" nunmehr großgeschrieben werden müsse. Auch die Forschungsgemeinschaft hat sich im Gegensatz zu ihrer Vergangenheit nunmehr auf Planung umgestellt. Sie hat das selber in dem letzten Jahresbericht ausdrücklich betont. Bisher hat es eben keine langfristige Planung in dieser Beziehung gegeben.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 100 auf.
({0})
- Nein, Sie hatten sich nicht gemeldet; es ist hier nicht aufgeschrieben worden.
({1})
- Herr Dr. Probst, Sie hatten Ihre Zusatzfrage. Jeder kann nur eine Zusatzfrage stellen. Ich habe die Frage abgeschlossen.
Der Herr Abgeordnete Dr. Stark ({2}) ist nicht im Saal. Die Fragen 100 und 101 werden schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Damit sind wir am Ende der Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft. Vielen Dank, Herr Parlamentarischer Staatssekretär!
Deutscher Bundestag - 6. Wahlperiode - 113. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den i. April 1971 6667
Vizepräsident Frau Funcke
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern. Zur Beantwortung steht der Herr Parlamentarische Staatssekretär Dorn zur Verfügung.
Die Fragen 14 und 15 des Herrn Abgeordneten Dr. Schmitt-Vockenhausen werden auf Bitte des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Frage 16 des Herrn Abgeordneten Dr. Schneider ({3}) auf:
Sieht die Bundesregierung in den Fußballweltmeisterschaften 1974 ein internationales Ereignis, dem sie eine angemessene nationale Aufmerksamkeit entgegenzubringen hat, und ist sie bereit, den davon betroffenen Gemeinden je ein Drittel der dadurch bedingten Ausbaukosten für Stadien zur Verfügung zu stellen?
Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Herr Kollege Schneider, die Bundesreigerung sieht in der Fußballweltmeisterschaft 1974 ein herausragendes sportliches Ereignis von gesamtstaatlicher Bedeutung. Sie ist bereit, dazu beizutragen, daß die Weltmeisterschaft in einem ihrer Bedeutung angemessenen Rahmen stattfindet.
Der Ausbau von Stadien aus Anlaß der Weltmeisterschaft soll daher entsprechend einem Beschluß des Deutschen Bundestages vorn 6. Mai 1970 mit einem Betrag von bis zu 50 Millionen DM unterstützt werden. Die Bundesregierung hat ihre Haltung in dieser Frage in der Antwort vom 28. Januar 1971 auf eine Kleine Anfrage von Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion näher erläutert.
Der Vorschlag, daß der Bund je ein Drittel der Kosten des Ausbaus der einzelnen Stadien trägt, ist bereits in den parlamentarischen Beratungen erörtert worden, die dem Beschluß des Deutschen Bundestages vom 6. Mai 1970 vorausgingen. Der Deutsche Bundestag hat jedoch in seinem Beschluß zum Ausdruck gebracht, daß der Bundeszuschuß bei geschätzten Gesamtkosten von 255 Millionen DM die Summe von 50 Millionen DM nicht überschreiten soll.
Eine Zusatzfrage.
Nachdem die Bundesregierung in diesem Zusammenhang keine Entscheidung getroffen hat, frage ich Sie, ob sich die Bundesregierung bewußt ist, daß sie durch das Hinauszögern ihrer Entscheidung bei den betroffenen Städten eine schädliche und unnötige Unsicherheit auslöst, die dazu führt, daß diese Städte noch nicht verbindlich planen und sich auch nicht termingerecht beim DFB für die Weltmeisterschaft anmelden können.
Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundensminister des Innern: Herr Kollege Dr. Schneider, die Bundesregierung kann in dieser Frage überhaupt keine Entscheidung treffen, bevor der Deutsche Fußballbund erst einmal die Grundentscheidung getroffen hat, wieviel Städte, welche Städte und damit welche Stadien überhaupt bei der Fußballweltmeisterschaft 1974 beteiligt werden.
Solange diese Grundsatzentscheidung des Deutschen Fußballbundes nicht getroffen ist, kann die Bundesregierung überhaupt noch nichts zur Sache aussagen.
Eine zweite Zusatzfrage.
Sieht die Bundesregierung im Rahmen der fortgeschriebenen mittelfristigen Finanzplanung eine Möglichkeit, ihren jetzt vorgesehenen Zuschuß von bis zu 50 Millionen DM angemessen zu erhöhen?
Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Darüber kann man zur Zeit gar nichts sagen, weil man überhaupt noch nicht weiß, welche Kosten im öffentlichen Bereich entstehen werden.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schirmer.
Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Auffassung, daß die Bundesregierung nach dem von Ihnen genannten einstimmig gefaßten Beschluß des Deutschen Bundestages auch nur dann vorbereitend für Änderungen tätig werden kann, wenn erstens klare Ratsbeschlüsse der beteiligten interessierten Städte vorliegen, zweitens das Organisationskomitee der Fußballweltmeisterschaft darüber entschieden hat, in wieviel Städten und in welchen Städten die Spiele ausgetragen werden sollen, wenn drittens gegenüber den Zahlen, die von den bewerbenden Städten in dem Hearing, das wir gemeinsam gehalten haben, genannt worden sind, nun veränderte Zahlen bekanntgeworden sind und wenn viertens sich diese Zahlen durch Submissionsergebnisse, mindestens aber durch klare Kostenangaben der Städte belegen lassen?
Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Die ersten beiden Fragen beantworte ich mit Ja. Die dritte und die vierte Frage kann ich nicht beantworten, weil mir die Erklärungen der Städte bisher nicht vorliegen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Riedl ({0}).
Herr Staatssekretär, ist Ihnen nicht bekannt, daß alle bewerbenden Städte vor dem Sonderausschuß des Deutschen Bundestages das vorgelegt haben, was Herr Kollege Schirmer hier fordert, nämlich klare Kostenangaben? Sonst hätten wir im Ausschuß ja nicht beschließen können. Ist Ihnen weiter bekannt, daß die Kosten, die seinerzeit genannt wurden, nach dem Stand vom Frühjahr 1970 bemessen wurden und heute längst überholt sind? Ist die Bundesregierung bereit, diesem Umstand Rechnung zu tragen und entsprechend der Kostensteigerung den Bundeszuschuß anzuheben?
Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Herr Kollege Dr. Riedl, erstens einmal ist es so, daß die Bundesregierung nicht von sich aus die Kostenfrage allein entscheiden kann. Die Entscheidung liegt vielmehr beim Parlament. Dieses Parlament hat die 50 Millionen DM bewilligt, und darauf hat die Bundesregierung diese Summe in ihre Haushaltspläne eingestellt.
Zweitens muß ich sagen: solange uns vom Organisationskomitee oder vom DFB noch nicht mitgeteilt worden ist, in wieviel Städten gespielt wird, und solange wir nicht wissen, welche Städte das sind, ist es durchaus möglich, daß - wenn wir Berlin und München einmal als Sonderregelungen ansehen, weil hier die Stadien etweder dem Bund gehören oder bereits mit Bundesmitteln so ausgebaut sind, daß zusätzliche Kosten dafür nicht entstehen könnten, - 5 oder 7 oder meinetwegen 4 oder 6 Städte zusätzlich benannt werden. Nun ist zur Zeit überhaupt nicht abzusehen, welche Städte das sein werden, da die Bewerbungsfrist für die Städte erst am heutigen Tage abläuft und dann erst die Prüfung seitens des DFB und des Organisationskomitees beginnt und erst zu einem späteren Zeitpunkt entschieden wird, welche Städte dafür in Frage kommen. Man kann also auch gar nicht übersehen, welche Stadien bis zu diesem Zeitpunkt weiter ausgebaut sind. Es ist durchaus möglich wenn nur
meinetwegen vier Stadien hinzukommen -, daß
jede Stadt, die ein solches Stadion zur Verfügung stellen müßte, mit einem Betrag von rund 12 Millionen DM pro einzelnes Objekt aus den insgesamt 50 Millionen DM bezuschußt werden könnte. Diese Summe könnte durchaus ausreichen.
Solange uns also alle diese Entscheidungen, die einer vernünftigen Planung dieses Hohen Hauses und einer Entscheidung der Bundesregierung und dieses Hauses vorausgehen müssen, nicht vorliegen, kann man von der Bundesregierung nicht erwarten, daß sie sich mit zahlenmäßigen Angaben irgendwie festlegt.
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Stücklen.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß die Städte deshalb so große Zurückhaltung üben, weil sie nicht wissen, wie hoch der Zuschußanteil des Bundes sein wird? Wenn Sie, Herr Staatssekretär, hier erklärt haben, daß der DFB die Städte noch nicht benannt hat, so ist die Ursache genau die gleiche: daß auch der DFB nicht weiß, wie hoch der prozentuale Anteil des Zuschusses sein wird.
Ich möchte als Zusatzfrage noch hinzufügen: Sind Sie nicht der Meinung -
Das ist nicht zulässig, Herr Kollege.
Dann verlängere ich die Frage noch, wenn Sie gestatten, Frau Präsidentin. - Sind Sie nicht der Meinung, daß die Drittelbeteiligung des Bundes, des Landes und der Kommune ein gerechtes Beteiligungsverhältnis wäre?
Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Nein. Eine Drittelbeteiligung würde mit Sicherheit eine Fülle von Benachteiligungen der Städte mit sich bringen, die sich bisher in erfolgreicher Weise und über den normalen Rahmen hinaus in den letzten Jahren mit eigenen Mitteln schon für Stadienbauten engagiert haben. Ich meine also, eine gerechtere Beurteilung als die Individualbeurteilung, die die Bundesregierung vorsieht, kann man überhaupt nicht finden. Das kann man mit einer Drittelbeteiligung gar nicht regeln.
Die andere Frage, die Sie vorher gestellt haben, geht von einer völlig falschen Voraussetzung aus. Wir können auch im Interesse der Städte heute gar nichts dazu sagen, Herr Kollege Stücklen. Die falsche Prämisse, von der Sie ausgehen, liegt eben in folgendem: wenn es so wäre, wie Sie unterstellen, würden sich weniger Städte melden, als für ,die Durchführung der Fußballweltmeisterschaft erforderlich sind. Mit Sicherheit wird das Gegenteil eintreten.
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Jobst.
Herr Staatssekretär, stimmen Sie mir zu, daß auf dem Bausektor erhebliche Preissteigerungen eingetreten sind und daß deshalb die 250 Millionen DM, die errechnet wurden, nicht ausreichen werden? Wäre das nicht Veranlassung für die Bundesregierung, nun selbst Überlegungen anzustellen, den Eigenbeitrag hier erheblich anzuheben?
Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Herr Kollege, ich kann Ihnen doch immer wieder nur eines sagen: nach den Bestimmungen der Bundeshaushaltsordnung, denen auch dieses Parlament unterworfen ist und über die der Haushaltsausschuß in diesem Hause mit Recht so sehr sorgfältig wacht, kann eine Summe überhaupt nur dann zur Verfügung gestellt werden, wenn die Gesamtkostenplanung dem Hause völlig klar vorliegt. Es gibt bis zum heutigen Tage überhaupt keinen Anlaß für die Bundesregierung oder dieses Parlament, die Summe von 50 Millionen DM zu erhöhen, da niemand in diesem Hause übersehen kann, wie nachher die wirklichen Kosten sein werden, solange die Entscheidung der sportlichen Gremien noch nicht getroffen worden ist.
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Müller ({0}).
Herr Staatssekretär, halten Sie es mit mir für einen erstaunlichen Vorgang, daß trotz der eindeutigen Verfassungslage, die die Länder in die Verantwortung für diese Baumaßnahmen bringt, die Länder jedenfalls bis heute nicht bereit waren, sich so konkret festzulegen, wie es jetzt von der Bundesregierung in diesem Fragenkomplex verlangt wird?
Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Herr Kollege Müller, ich bin mit Ihnen der Meinung, daß sich die Länder mit Recht genauso verhalten wie die Bundesregierung, weil in dieser Frage eben alles, was zu einer vernünftig begründeten Entscheidung vorliegen muß, bis heute noch fehlt.
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Kirst.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt bzw. darf ich sonst darauf hinweisen, daß es gerade Abgeordnete der CDU/CSU im Haushaltsausschuß gewesen sind, die Wert darauf gelegt haben, daß sich der Haushaltsausschuß auf den Standpunkt stellt, daß diese 50 Millionen DM eine nicht zu überschreitende Obergrenze bilden?
({0})
Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Ich halte diese Entscheidung des Haushaltsausschusses für richtig, denn Haushaltsausschuß und Parlament können nach den Bestimmungen der Bundeshaushaltsordnung gar nicht anders verfahren.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schmidt ({0}).
Herr Staatssekretär, wären Sie bereit, dem Herrn Kollegen Stücklen mitzuteilen, daß sich erheblich mehr Städte beworben haben, als berücksichtigt werden können, daß man also hier nicht von Zurückhaltung und schon gar nicht davon sprechen kann, daß eine Unsicherheit hinsichtlich der Höhe der Finanzierung entstanden sei, da sich der Deutsche Bundestag, jedenfalls der zuständige Ausschuß, eindeutig auf die 50-Millionen-Grenze festgelegt hat, und daß von einer prozentualen Beteiligung der einzelnen Städte nie die Rede war, sondern nur von einer Gesamtsumme, die dann entsprechend aufgeteilt werden sollte?
({0})
Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Ja, so ist es gewesen, Herr Kollege Schmidt.
Eine Zusatzfrage der Abgeordneten Frau Griesinger.
Herr Staatssekretär, können Sie auf unsere Fragen wenigstens die Antwort geben, daß die Bundesregierung, die heute die Verantwortung für die Wirtschafts- und Finanzpolitik zu tragen hat, bereit ist, dafür zu garantieren, daß die Fußballweltmeisterschaft 1974 in den dafür vorgesehenen Städten auch wirklich ausgetragen werden kann und wir uns nicht vor der Welt blamieren, weil wir kein Geld dafür haben?
({0})
Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Sehr verehrte Frau Kollegin, ich glaube, Sie überschätzen die Zuständigkeit der Bundesregierung, die in diesem Fall nun wirklich nicht gegeben ist.
({1})
Die allerletzte Frage, Herr Abgeordneter Sperling.
Herr Staatssekretär, würden Sie die verehrten Kollegen von der Opposition darauf hinweisen, daß das wieder einmal ein Beispiel dafür ist, wie im Einzelfall Mehrausgaben gefordert werden und gleichzeitig darüber lamentiert wird, daß die Ausgaben des Bundes insgesamt zu hoch seien?
({0})
Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Das ist von Fall zu Fall unterschiedlich, Herr Kollege.
({1})
Meine Damen und Herren, ich habe den Eindruck, die Frage gibt nichts mehr her.
({0})
Damit sind wir am Ende der heutigen Fragestunde. Es tut mir leid, Herr Parlamentarischer Staatssekretär, Sie morgen wieder bemühen zu müssen.
Ich berufe das Haus ein auf Freitag, den 2. April, 9 Uhr, zu einer Fragestunde.
Die Sitzung ist geschlossen.