Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet.
Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf: Fragestunde
- Drucksache VI/1916 Wir fahren fort im Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen. Zur Beantwortung ist der Herr Parlamentarische Staatssekretär Börner anwesend.
ich rufe die Frage 62 des Herrn Abgeordneten Geldner auf. - Der Abgeordnete ist nicht im Saal; die Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 63 des Herrn Abgeordneten Dr. Hammans auf:
Ist die Bundesregierung bereit, die Deutsche Bundesbahn zu veranlassen, bei den Wagen, in denen von fünf Abteilen zwei Abteile für Nichtraucher und drei für Raucher bestimmt sind, dieses Verhältnis umzukehren, und zwar nicht nur unter Berücksichtigung der Tatsache, daß die Zahl der Raucher ständig abnimmt, sondern auch im Hinblick darauf, daß viele Raucher im Nichtraucherabteil Platz nehmen, zum Rauchen aber das Abteil verlassen?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Herr Kollege, die Deutsche Bundesbahn ist nach der Eisenbahnverkehrsordnung verpflichtet, eine angemessene Zahl von Abteilen in den Zügen für Nichtraucher vorzubehalten. Die laufenden Beobachtungen und Zählungen bestätigen das jetzige Verhältnis von 1 : 1 der Zahl der Nichtraucher- zu den Raucherabteilen in den Wagen der Deutschen Bundesbahn. Die Deutsche Bundesbahn ist jedoch gern bereit, zu prüfen, ob bei den Wagen, bei denen von fünf Abteilen zwei für Nichtraucher und drei für Raucher bestimmt sind, eine Umkehrung dieses Verhältnisses den Bedürfnissen der Reisenden eher entspricht.
Keine Zusatzfrage. - Ich rufe die Frage 64 des Herrn Abgeordneten Wagner ({0}) auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß in zunehmendem Maße Lastkraftwagen über Nacht bzw. über das Wochenende auf Ortsstraßen abgestellt werden und dadurch der Verkehrsfluß stark behindert wird?
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Frau Präsidentin, ich wäre dankbar, wenn ich die beiden Fragen zusammen beantworten könnte, wenn Herr Kollege Wagner einverstanden ist.
Dann rufe ich auch die Frage 65 des Herrn Abgeordneten Wagner ({0}) auf:
Hält die Bundesregierung die zur Abwehr dieses unerwünschten Zustandes bestehenden Gesetzesvorschriften für ausreichend, oder wird sie weitere Regelungen treffen?
Bitte schön!
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Herr Kollege, es ist der Bundesregierung nicht bekannt, daß in zunehmendem Maße Lkw so aufgestellt werden, wie Sie es in Ihrer Frage geschildert haben. Sollte das jedoch der Fall sein, so ist es kein Problem der gesetzlichen Vorschriften, sondern eine Frage der polizeilichen Überwachung. Ein den Verkehrsfluß stark behinderndes Parken ist verboten. Die Vorschriften sind ausreichend. Weitere Regelungen werden daher zur Zeit in meinem Hause nicht erwogen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Wagner.
Herr Staatssekretär, stimmen Sie mit mir darin überein, daß insbesondere die Straßen in reinen Wohngebieten für den schweren Lastverkehr nicht ausgebaut sind und daß durch das Dauerparken von Lastkraftwagen der bezeichneten Klasse an diesen Straßen Schäden in starkem Umfang auftreten können?
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Herr Kollege, das ist richtig. Aber ich darf darauf hinweisen, daß die Regelungen der Straßenverkehrsordnung, z. B. § 45, nach unserer Auffassung ausreichen, um mit diesem Problem fertig zu werden. Wenn die Polizeibehörde der Meinung ist, daß hier verkehrsbehinderndes oder nacht6278
Parlamentarischer Staatssekretär Börner
ruhestörendes Parken vorliegt - bei Lkw muß man ja das Anlassen der Motoren mit einbeziehen -, dann kann sie das auf Grund der heutigen Vorschriften verbieten.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Riedl.
Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, einmal nachprüfen zu lassen, wie viele Unfälle durch unsachgemäß abgestellte Lastkraftwagen in der Bundesrepublik jährlich entstehen?
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Herr Kollege, so interessant die Klärung dieses Problems sicher wäre, muß ich Ihnen sagen, daß die heutigen statistischen Unterlagen dafür wahrscheinlich nicht ausreichen. Denn unsere statistischen Kennzeichen für solche Unfälle unterteilen nicht. Bei Unfällen, die durch liegengebliebene Lastzüge auf der Autobahn entstanden sind, ist es etwas anderes. Aber Sie meinen hier einen stehenden Lastzug, der z. B. nicht beleuchtet in einem Wohngebiet geparkt wurde.
Noch eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Riedl.
Herr Staatssekretär, darf ich Sie auf Grund der Kenntnis, die ich als Abgeordneter der zweitgrößten Stadt Deutschlands, nämlich Münchens, von solchen Unfällen habe, bitten, alles zu unternehmen, um einmal die statistischen Unterlagen über die Zahl solcher Unfälle herbeizuschaffen.
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Ich bin gern bereit, dieser Frage zusammen mit den zuständigen Länderbehörden nachzugehen. Ich darf aber darauf hinweisen, daß bis zu einer aussagekräftigen Statistik dann noch einige Zeit vergehen wird.
Keine weitere Zusatzfrage. - Ich rufe die Frage 66 des Herrn Abgeordneten Josten auf:
Wieweit sind die Planungsarbeiten für die vorgesehene Rheinbrücke im Raume Remagen/Sinzig gediehen?
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Herr Kollege, der Vorentwurf für die Rheinbrücke Remagen/Sinzig ist fertiggestellt. Zur Zeit wird das Verfahren zur Bestimmung der Linienführung nach § 16 des Bundesfernstraßengesetzes auf Landesebene durchgeführt.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Josten.
Herr Staatssekretär, darf ich Sie angesichts der Bedeutung, welche diese Rheinbrücke auch als Verbindung zwischen der links- und rechtsrheinischen Autobahn erhält, fragen: Wären Sie bereit, in Verbindung mit den Ländern Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen zu überprüfen, ob der Bau dieser Rheinbrücke früher als geplant begonnen werden kann?
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Herr Kollege, ich möchte mich dazu heute nur sehr zurückhaltend äußern. Denn im Rahmen des Verfahrens nach § 16, von dem ich eben sprach, hat die Gemeinde Kasbach Einspruch gegen die Trassenführung erhoben. Wenn dieser Einspruch als begründet angesehen wird, ist mit einer Verzögerung schon aus technischen Gründen zu rechnen. Darüber hinaus erfordern Brücken dieser Größenordnung außerordentlich hohe Kosten, und ich kann bei der gegebenen Haushaltslage heute keine Zusage auf eine andere Priorität machen, als sie in den vorläufigen Dispositionen des Ausbauplans enthalten ist.
Eine zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wären Sie bereit, mir nach den Etatberatungen hier im Hause im Hinblick auf diese Brücke im Raum Remagen/Sinzig gegebenenfalls eine schriftliche Mitteilung zukommen zu lassen?
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Herr Kollege, es handelt sich nicht um die Etatberatungen dieses oder des nächsten Jahres. Das Brückenprojekt ist bis jetzt in die Dringlichkeitsstufe 2 des Bedarfsplanes eingeordnet. Ich kann mich dazu verantwortlich erst wieder äußern, wenn das Verfahren nach § 16 des Bundesfernstraßengesetzes abgeschlossen ist.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Peiter.
Herr Staatssekretär, darf ich Sie bei dieser Gelegenheit fragen, ob die Bundesregierung bereit ist, die Priorität der geplanten Rheinbrücke bei St. Goarshausen zu überprüfen.
Herr Kollege, diese Frage steht mit der ursprünglichen Frage nicht in unmittelbarem Zusammenhang. Aber wenn der Herr Staatssekretär sie kurz beantworten möchte, dann mag er das tun.
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Herr Kollege, die Überprüfung solcher und ähnlicher Projekte hängt stark davon ab, wieviel Mittel in den kommenden Jahren für den Fernstraßenbau zur Verfügung stehen und ob
Parlamentarischer Staatssekretär Börner
Sie eventuell bereit sind, hier entsprechende Korrekturen vorzunehmen.
Ich rufe die Frage 67 des Herrn Abgeordneten Maucher auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß bei der Ermäßigung von Fahrkarten für Rentner durch die Deutsche Bundeshahn insofern Ungleichheiten eintreten, als nicht alle Einkommensschwachen in diese Vergünstigung einbezogen werden?
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Frau Präsidentin, auch hier bitte ich damit einverstanden zu sein, daß ich die beiden Fragen, 67 und 68, gemeinsam beantworte.
Einverstanden! Ich rufe also auch die Frage 68 auf:
Ist die Bundesregierung bereit, sich dafür einzusetzen, daß in diese Begünstigung weitere Personen einbezogen werden, z. B. Kriegerwitwen und Landwirte mit vorgezogenem Altersgeld?
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Herr Kollege, der Bundesregierung ist bekannt, daß in die zur Zeit laufende Sonderaktion der Deutschen Bundesbahn nicht sämtliche einkommensschwachen Burger einbezogen sind. Die tariflichen Sonderaktionen der Deutschen Bundesbahn erleichtern zwar erfreulicherweise vielen Beziehern kleiner Einkommen das Reisen im Zuge. Als wesentlichen Zweck der Sonderaktionen betrachtet die Bundesbahn jedoch die Minderung des erheblichen Defizits im Reiseverkehr auf der Schiene und eine entsprechende Entlastung des Bundeshaushalts. Die Erreichung dieses Zieles setzt voraus, daß wechselnd für verschiedene Gruppen zeitlich begrenzte Tarifmaßnahmen durchgeführt werden.
Im übrigen kann die Bundesregierung schon deshalb nicht vom Vorstand der Deutschen Bundesbahn Ermäßigungen für die gesamte einkommensschwache Bevölkerung fordern, weil die Bundesbahn nach dem Gesetz das insbesondere auch die Unterstützung Ihrer Fraktion gefunden hat - ein eigenständiges Wirtschaftsunternehmen ist und nach kaufmännischen Grundsätzen geführt wird. Daß jede solche Auflage entsprechende Ausgleichsansprüche an den Bundeshaushalt auslöst, ist Ihnen ja sicherlich bekannt.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Maucher.
Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung auch bekannt, warum die Bundesbahn bisher z. B. eine Fahrpreisermäßigung für Schwerkriegsbeschädigte und andere Behinderte sowie für Kriegerwitwen und Kriegereltern abgelehnt hat?
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Herr Kollege, ich habe Ihnen ja gesagt, daß eine sozialpolitische Maßnahme, wie Sie sie fordern, nach dem Bundesbahngesetz automatisch zur Folge hat, daß der Bund mit entsprechenden Ausgleichsleistungen für das eintreten muß, was er politisch von der Bundesbahn fordert.
Das andere Problem, das in Ihrer ersten Frage angesprochen war, ist, daß die Bundesbahn in den Zeiten, wo der Reiseverkehr schwach ist, durch gezielte Rabattgewährung für bestimmte Gruppen, u. a. für ältere Mitbürger, versucht, ein gleichmäßiges Verkehrsaufkommen herzustellen. Auf diese Weise erzielt die Bundesbahn für sich Mehreinnahmen, während die betroffenen Bevölkerungskreise in den Genuß einer Fahrpreisermäßigung kommen.
Eine zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, billigen Sie mir zu, daß ich diese Antwort als nicht befriedigend bezeichnen muß, und zwar deshalb, weil - wie Ihnen sicherlich bekannt ist - bei den Beschädigten, insbesondere bei allen Kriegsopfern, eine Vorleistung vorliegt, während auf der anderen Seite der Bund gegenüber der Bundesbahn gewisse Leistungen erbringt?
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Herr Kollege, Sie haben mich wohl mißverstanden. Ich wollte Sie nur darauf hinweisen, daß bei der gegebenen Rechtslage, wie sie bei der Beratung des Bundesbahngesetzes auch von der CDU/CSU-Fraktion gewollt wurde, die Frage in dem bezeichneten Sinne beantwortet werden muß. Wenn Sie darüber hinaus von der Bundesbahn verlangen, daß sie Sozialpolitik betreibt bzw. sozialpolitisch vertretbare Leistungen erbringt, wäre der gegebene Weg dafür, daß Sie bei der Haushaltsberatung einen entsprechenden Antrag stellen, der vorsieht, daß der Bund die Einnahmeausfälle, die durch eine solche Maßnahme entstehen, der Bundesbahn ersetzt. Das ist die nach dem Gesetz richtige Reihenfolge.
Noch eine Zusatzfrage, Herr Kollege Maucher? Sie haben noch zwei.
Nachher!
Zu einer Zusatzfrage Herr Kollege Evers.
Herr Staatssekretär, wären Sie bereit, darauf hinzuwirken, daß die Bundesregierung die Bundesbahn bittet, zu prüfen, ob es nicht aus ökonomischen Gründen für die Bundesbahn sinnvoll sein kann, die Fahrpreisermäßigungen auch auf die vom Kollegen Maucher genannten Personengruppen auszudehnen?
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Herr Kollege, der Bundesminister für Verkehr ist im Rahmen des ihm erteilten Auf6280
Parlamentarischer Staatssekretär Börner
trags, das Unternehmen noch moderner zu gestalten als bisher, immer im Gespräch mit dem Vorstand der Deutschen Bundesbahn, auch was die Eröffnung zusätzlicher Marktchancen durch gezielte Maßnahmen dieser Art betrifft. Nur ist folgendes zu beachten: Die zitierten Sonderangebote sind zeitlich begrenzt, während der von dem Kollegen Maucher angesprochene Personenkreis diese Vergünstigung - so habe ich es verstanden - ganzjährig erhalten soll. Gegen zeitlich begrenzte Aktionen unter unternehmenspolitischen Gesichtspunkten wird die Bundesbahn nichts haben. Ich bin überzeugt, daß die Bundesbahn in weiterer Zukunft ähnliche Angebote machen wird, wie sie sie bisher schon unterbreitet hat. Das Problem ist, daß eine in Ausführung der Gedanken des Kollegen Maucher getroffene Maßnahme eine echte politische Auflage für das Unternehmen Bundesbahn darstellt, die entsprechend haushaltsmäßig abgegolten werden müßte. Hier sind also leider zwei verschiedene Sachverhalte miteinander vermischt worden.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Becker ({0}).
Herr Staatssekretär, könnten Sie uns in diesem Zusammenhang einmal die Zahl der Rentner mitteilen, die bisher überhaupt von dieser Vergünstigung Gebrauch gemacht haben?
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Herr Kollege, ich habe die Zahlen nicht greifbar. Ich bin gern bereit, sie Ihnen zustellen zu lassen. Ich kann aber sagen, daß der Erfolg aller Sondermaßnahmen der Deutschen Bundesbahn auf diesem Gebiet die Erwartungen immer übertroffen hat. Es waren also stets ausgezeichnete Werbemaßnahmen für das Unternehmen, und es sind auch entsprechende finanzielle Erfolge erzielt worden. Das kann ich jetzt schon sagen. Die genauen Zahlen werde ich Ihnen gern nachliefern.
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Berberich.
Herr Staatssekretär, sind die Meldungen richtig, nach denen die Bundesbahn es abgelehnt hat, den Beziehern von Altersgeld in der Landwirtschaft die gleichen Vergünstigungen wie Rentnern zu gewähren?
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Herr Kollege, das kann ich im Moment nicht mit Ja oder Nein beantworten. Ich weiß nur, daß sie sich zur Zeit wieder an einen bestimmten Personenkreis wendet, der in diesem Sonderangebot umschrieben ist. Ob in späterer Zeit auch einmal andere einkommensschwache Bevölkerungskreise von einem solchen Angebot erfaßt werden, unterliegt der Entscheidung der Unternehmensführung der Deutschen Bundesbahn. Das ist eine Frage der Werbung und der Geschäftspolitik, die ich hier nicht verantwortlich beantworten kann.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Härzschel.
Herr Staatssekretär, darf ich Ihrer Antwort entnehmen, daß die Bundesregierung ohne Rücksicht auf die jeweils davon betroffene Gruppe bereit ist, auf die Bundesbahn einzuwirken, wenn sich sozialer und wirtschaftlicher Effekt miteinander verbinden lassen?
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Herr Kollege, die Bundesregierung wirkt nicht in dieser Weise auf die Bundesbahn ein, sondern sie begrüßt alle Maßnahmen, die geeignet sind, der Bundesbahn einen weiteren Kundenkreis zu erschließen. Sie hofft, daß diese Kombination von sozialer Maßnahme, wie Sie sie hier angesprochen haben, und weiterem wirtschaftlichen Erfolg für das Unternehmen auch in Zukunft durchgehalten werden kann.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Berberich.
Würden Sie es nicht für richtig halten, Herr Staatssekretär, daß die Bundesbahn, wenn sie diese Vergünstigung schon für Rentner einräumt, sie gleichermaßen auch Altersgeldbeziehern gewährt?
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Herr Kollege, ich nehme an, daß unsere Diskussion hier in der Fragestunde den Vorstand der Bundesbahn zu weiteren Überlegungen veranlassen wird. Ich muß aber darauf hinweisen, daß es bei dem ganzen Problem auch um die einfache verwaltungsmäßige Bewältigung geht. Das heißt, das Sonderangebot muß so beschaffen sein, daß eine leichte Kontrolle gewährleistet ist. Es darf für das Unternehmen keine zusätzlichen bürokratischen Schwierigkeiten bringen; denn dann würde der wirtschaftliche Erfolg in Frage gestellt. Ich bin überzeugt, daß eine Gruppe wie die, von der Sie sprechen, auch in der unternehmenspolitischen Betrachtung des Vorstandes der Bundesbahn in späterer Zeit einmal berücksichtigt werden könnte.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Maucher.
Herr Staatssekretär, ist mein Eindruck richtig, daß es Ihnen gar nicht unlieb ist, wenn die Fragen in dieser Weise gestellt wer, den, weil Sie an sich bemüht sind, in der Sache weiterzukommen? Habe ich Sie weiter richtig verstanden, wenn ich aus Ihren Ausführungen schließe, daß Sie es zumindest für durchaus möglich halten, dem hier angesprochenen Personenkreis wenigstens für eine befristete Zeit eine Fahrpreisermäßigung zu gewähren?
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Herr Kollege, Sie haben mich insofern richtig verstanden, als ich mich über die sozialpolitisch positiven Nebenwirkungen dieser Angebote freue, die sich auf Grund von kaufmännischen Überlegungen des Vorstandes der Bundesbahn ergeben haben. Alles darüber Hinausgehende würde in die auch von Ihrer Fraktion sehr scharf abgegrenzte Kompetenzverteilung zwischen Regierung und Bundesbahnvorstand eingreifen, und da muß ich mich zurückhalten, weil hier ein Gesetzgebungsbefehl vorliegt, den ich bei der Antwort nicht ignorieren kann.
Eine letzte Frage des Herrn Abgeordneten Maucher.
Herr Staatssekretär, darf ich Sie im Anschluß an Ihre Antwort auf meine Frage bezüglich der wirtschaftlichen Situation fragen: Sind Sie nicht mit mir der Meinung, daß es eigentlich im Interesse der Bundesbahn läge, diese Fahrpreisermäßigungen auszuweiten, weil dann nämlich eine große Zahl von Personen die Bundesbahn benutzen würde, die sie sonst nicht benutzen, und weil die Fahrpreisermäßigung per Saldo nicht Mindereinnahmen, sondern Mehreinnahmen erbringen würde?
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Herr Kollege, die Kostenrechnungen der einzelnen Tarife bestätigen Ihre Annahme leider nicht.
Ich rufe die Frage 69 des Herrn Abgeordneten Engelsberger auf:
Wovon will die Bundesregierung ihre Bereitschaft abhängig machen, den fünf zwischen den USA und Deutschland verkehrenden US-Charterfluggesellschaften die Landeerlaubnis über den 30. Juni 1971 hinaus zu erteilen, und worauf gründet das Bundesverkehrsministerium seine Erklärung, „die Amerikaner werden nicht ausbleiben", während bayerische Fremdenverkehrsverbände von einem „harten Schlag" sprechen?
Herr Staatssekretär!
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Herr Kollege, die Bundesregierung hat bisher keine Anträge amerikanischer Chartergesellschaften auf Erteilung von Verkehrsrechten abgelehnt. Sie hat lediglich die Entscheidung über die nach dem 30. Juni 1971 vorgesehenen Flüge zurückgestellt. Sie wird in Kürze getroffen werden, wobei mit einer generellen Ablehnung der Flüge nicht zu rechnen ist.
Maßgebend dafür sind folgende Erwägungen. Die Bundesregierung hat den sechs zwischen den USA und der Bundesrepublik Deutschland verkehrenden amerikanischen Chartergesellschaften bisher Verkehrsrechte für Charterflüge stets in besonders großzügiger Weise erteilt. Das beweißt u. a. die stürmische Zunahme der Beförderungsleistungen der amerikanischen Chartergesellschaften auf dem Nordatlantik. Der amerikanische Anteil an dem Gesamtverkehr betrug 1969 66 % und am Gesamtcharterverkehr 1969 sogar 87 %. Das hat sich 1970 nicht wesentlich geändert. Ob die Bundesregierung angesichts des amerikanischen Übergewichts weiterhin so großzügig wie bisher verfahren kann, hängt mit davon ab, ob die amerikanische Seite bereit ist, die einseitigen Vorteile ihrer Gesellschaften auszugleichen. Ferner ist zu berücksichtigen, daß es sich bei den betroffenen Charterflügen lediglich um die Beförderung von Gruppen geschlossener Vereinigungen handelt. Dieser Verkehr ist im Gegensatz zum Pauschalreiseverkehr kein ausgesprochener Touristenverkehr, sondern dient vorwiegend der Beförderung ethnischer Gruppen mit dem Ziel von Verwandtenbesuchen. Zur Förderung dieses Verkehrs sind auf besondere Anregung der Bundesregierung außerordentlich niedrige Gruppentarife im Fluglinienverkehr eingeführt worden
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Engelsberger.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß die amerikanischen Reisebüros bereits jetzt ihre Buchungen für die Flüge nach dem 30. Juni aufnehmen müßten? Sind Sie nicht mit mir der Meinung, daß die amerikanischen Chartergesellschaften, wenn ihnen die Landerechte in der Bundesrepublik verweigert werden, nach Österreich, Italien oder die Schweiz ausweichen würden?
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Herr Kollege, ich habe Ihnen ja angedeutet, daß wir diesen Verkehr keinesfalls abdrehen bzw. nicht zulassen wollen. Aus meiner Antwort auf Ihre erste Frage geht hervor, daß dieses Luftverkehrsgeschäft auf Geben und Nehmen zwischen verschiedenen Partnern beruht und daß sich ein Übergewicht einer Seite in einem bestimmten Verkehr auf einer hochinteressanten Strecke auf die Dauer nicht hinnehmen läßt. Ich bitte, zu berücksichtigen, daß hier noch Verhandlungen laufen, die unsere Position wesentlich berühren, und daß eine Ankündigung von mir heute das Ergebnis dieser Verhandlungen, unter Umständen zum Nachteil der deutschen Seite, präjudizieren könnte.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß in Hotels in Berchtesgaden und Garmisch-Partenkirchen bis zu 70 % der Übernachtungen von US-Reisenden gebucht werden, so daß es eine schwere Schädigung dieser Hotels bedeuten würde, wenn diese Charterflüge nicht mehr in dem bisherigen Umfang durchgeführt werden könnten?
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Mir sind gewisse Rückwirkungen durchaus bekannt. Ich teile nicht Ihre Auffassung, daß eine solche Entwicklung, wie Sie sie eben an6282
Parlamentarischer Staatssekretär Börner
deuteten, auf Grund unseres Verhaltens befürchtet werden müßte. Ich habe ja angedeutet, daß wir durchaus verhandlungsbereit sind. Wir müssen aber darauf dringen, daß ein Zugeständnis, das wir im Luftverkehr einräumen, andere Seiten dazu veranlaßt, auch unseren Luftverkehr entsprechend zu behandeln.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Rinderspacher.
Herr Staatssekretär, ist aus Ihrer letzten Antwort zu entnehmen, daß die Gegenseite - in diesem Falle sind es die Vereinigten Staaten - nicht im gleichen Maße bereit ist, entsprechenden deutschen Gesellschaften die Landeerlaubnis zu erteilen?
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Das kann man aus den Zahlen, die ich vorher genannt habe, durchaus schlußfolgern. Das ist aber nicht der alleinige Grund. Das Problem ist umfassender, als ich es hier in der Fragestunde darstellen kann. Generell kann man aber sagen, in Luftverkehrsverhandlungen geht es um knallharte Geschäfte, und das Ergebnis der Verhandlungen sollte nicht präjudiziert werden.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage 70 des Herrn Abgeordneten Dr. Wagner ({0}) auf:
Trifft es zu, daß die im 3. Vierjahresplan für den Autobahn-und Bundesstraßenbau in Rheinland-Pfalz zur Verfügung gestellten Mittel in Höhe von 511 Millionen DM für den Autobahnneubau und von 1 Milliarde 36 Millionen DM für sonstige Straßenbauausgaben bereits am 25. Oktober 1965 in einer Besprechung zwischen dein Bundesverkehrsministerium und dem zuständigen Ministerium des Landes Rheinland-Pfalz festgelegt wurden?
Bitte schön!
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Frau Präsidentin, ich bitte um Ihre Zustimmung, auch die beiden Fragen 70 und 71 gemeinsam beantworten zu dürfen.
Einverstanden. Dann rufe ich noch die Frage 71 des Herrn Abgeordneten Dr. Wagner ({0}) auf:
Trifft es demnach zu, daß über den Anteil des Landes Rheinland-Pfalz an den Straßenbaumitteln des 3 Vierjahresplanes praktisch lange vor dem Amtsantritt des Bundesverkehrsministers Leber im Dezember 1966 entschieden war?
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Herr Kollege, langfristige Bauvorhaben im Straßenbau wie Vier- und Fünfjahrespläne erfordern rechtzeitige Dispositionen und eine möglichst frühzeitige Fühlungnahme mit den obersten Straßenbaubehörden der Länder als Auftragsverwaltung des Bundes für den Bundesfernstraßenban. Das ist für den 3. Vierjahresplan in Gesprächen zwischen dem Bundesverkehrsministerium und dem zuständigen Landesministerium von Rheinland-Pfalz im Oktober 1965 geschehen. Damals wurde ein Verfügungsrahmen für den Ausbau der Bundesfernstraßen in Rheinland-Pfalz in den Jahren 1967 bis 1970 in Aussicht genommen und die Verplanung dieser Mittel besprochen. Erst danach ist der Entwurf des 3. Vierjahresplans im Bundesverkehrsministerium aufgestellt worden. Seine endgültige Höhe wurde durch Kabinettsbeschluß vom 8. Februar 1967 festgelegt.
Es dürfte in diesem Zusammenhang sicher interessieren, daß die für den Zeitraum 1967/70 zunächst vorgesehenen Mittel nachträglich erheblich verstärkt werden konnten.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Wagner.
Herr Staatssekretär, ist es also richtig, daß die politische Entscheidung über die Höhe der Quote der Autobahn-und Straßenbaumittel für Rheinland-Pfalz im 3. Vierjahresplan praktisch vor Dezember 1966 gefallen ist?
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Nein, Herr Kollege. Ich weiß nicht, wieso Sie aus meiner soeben gegebenen Antwort eine solche Schlußfolgerung ziehen konnten. Ich habe deutlich gesagt, der Kabinettsbeschluß - dieser Beschluß ist die politische Entscheidung - wurde im Februar 1967 gefaßt, und er hatte zur Folge, daß die ursprünglich für den Verfügungsrahmen Rheinland-Pfalz in Aussicht genommenen 1,531 Milliarden DM auf 1,6163 Milliarden DM aufgestockt worden sind, also eine Steigerung von 5,5 % erfahren haben.
Eine weitere Zusatzfrage.
Halten Sie unter den obwaltenden Umständen die Aussage für berechtigt, die im Lande und hier im Hause oft zu hören ist, daß erst der Amtsantritt des Bundesverkehrsministers Leber im Dezember 1966 für mehrere Bundesländer und insbesondere für das Land Rheinland-Pfalz die entscheidende Wende von einer sehr dürftigen Versorgung mit Bundesmitteln für den Straßen- und Autobahnbau zu einer guten Versorgung mit solchen Mitteln gebracht habe?
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Aber natürlich, Herr Kollege, halte ich das für richtig. Das ist sogar von Herrn Holkenbrink mehrfach bei öffentlichen Veranstaltungen bestätigt worden. Es war damals eine politische Entscheidung des Bundesverkehrsministers Leber, die sogenannte linksrheinische Autobahn weitgehend zu bevorzugen. Das hat mit zu einer erheblichen Veränderung der Zahlen und zu einer entscheidend besseren Strukturerschließung z. B. der
Parlamentarischer Staatssekretär Börner
Eifel und anderer Gebiete geführt. Ich beziehe mich dazu z. B. auf eine Rede, die Herr Holkenbrink vor gar nicht langer Zeit in meiner Gegenwart in Ludwigshafen gehalten hat.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, damit wir uns richtig verstehen: Wollen Sie vortragen, daß es dem Bundesverkehrsminister Leber nach seinem Amtsantritt Anfang Dezember 1966 überhaupt politisch noch möglich gewesen wäre, die Vorentscheidungen, die diese Steigerungsraten für Rheinland-Pfalz herbeigeführt haben, nochmals umzudrehen, um zu geringeren Raten zu kommen, etwa denen, die vorher bestanden haben?
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Es war gar keine Vorentscheidung getroffen. Es war eine Entscheidung, einen niedrigeren Rahmen anzusetzen, vorbesprochen. Die erste Entscheidung von Herrn Leber ging dahin, diesen Rahmen zu erhöhen. Es war insofern frei, als er die Beträge auch in ein anderes Bundesland hätte dirigieren können. Insofern war das schon seine politische Entscheidung.
Eine weitere Frage.
Sind Sie dann darin mit mir einig, Herr Staatssekretär - und das müßten Sie nach den jetzt gegebenen Antworten eigentlich sein , daß die Vorentscheidung, die gefallen war, sich auf diese etwas über 500 Millionen DM für Autobahnen und 1,36 Milliarden DM für sonstige Straßenbauten bezog und daß die politische Entscheidung des Herrn Bundesverkehrsminister Leber, auf die sie sich beziehen, sich demnach nur auf die Aufstockung um etwa 100 Millionen DM erstreckt hätte, auf die Sie soeben Bezug genommen haben?
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Herr Kollege, wir müssen hier zwischen Gesprächen und politischen Entscheidungen unterscheiden. Gespräche werden in der Verwaltung geführt, entschieden wird im Kabinett. Das ist durch Herrn Leber im Jahre 1967 geschehen.
Ich rufe die Frage 72 des Herrn Abgeordneten Dr. Probst auf:
Nach welchen Kriterien wurde vom Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen in der Verfügung vorn 25. September 1970 betr. Zulassung von Beamten des mittleren Dienstes zur Laufbahn des gehobenen Dienstes, hier: „Einmalige Bereinigung des gehobenen Dienstes", die Altersgrenze von 45 Jahren gewählt, und sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, diese Altersgrenze nicht auf das Erscheinungsdatum der Verfügung, sondern auf das Jahr 1970 zu beziehen?
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Es entspricht langjähriger Verwaltungsübung bei der Deutschen Bundespost, als Stichtag für die Altersgrenze beim Aufstieg den Tag der Veröffentlichung des Prüfungsaufrufes zu wählen. Bei der Festsetzung von Stichtagen lassen sich Härten nicht immer vermeiden. Mit Rücksicht auf eine gerechte Behandlung des Personals und um Berufungen zu vermeiden, sieht die Deutsche Bundespost leider keine Möglichkeit, von dieser Verwaltungsübung abzuweichen. Im vorliegenden Fall kommt hinzu, daß eventuelle Härten durch die geplante Heraufsetzung der bisher üblichen Höchstaltersgrenze weitgehend gemildert werden.
Eine Zusatzfrage des Herrn Dr. Probst.
Herr Staatssekretär, sehen Sie die Möglichkeit, daß noch eine weitere Bereinigung erfolgen muß? Es ist doch ohne Zweifel so, daß das für manche, die den Stichtag nicht erreichen, eine Härte bedeutet.
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Herr Kollege, ich habe soeben angedeutet, daß bei Stichtagen ganz allgemein - z. B. auch bei Sozialversicherungsgesetzen - immer Härten entstehen. Ich bin aber gern bereit, das noch einmal nachzuprüfen, nachdem Sie mich vielleicht auf einen besonderen Fall aufmerksam gemacht haben, und Ihnen dann schriftlich Bescheid zu geben.
Dr. Probst ({0}) : Diesen Fall werde ich gern aufgreifen. Wird es noch weitere Bereinigungen geben, ist das in Aussicht gestellt, oder möchte man bei dem Stichtag 25. September und dem Alter von 45 Jahren endgültig Schluß machen?
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Davon können Sie ausgehen. Wenn man den Stichtag, wie Sie vorgeschlagen haben, auf den 1. Januar 1970 festsetzen wollte, würde das bedeuten, daß einmalig auch 44jährige Bewerber ohne Eignungsfeststellung zum Aufstieg zugelassen werden können. Hier würden sich dann wieder Schwierigkeiten nach der anderen Seite hin ergeben.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Becker.
Herr Staatssekretär, wären Sie bereit nachdem die interfraktionelle Arbeitsgruppe „Besoldungskommission" sich nicht dazu verstehen konnte, eine Regelung nach § 21 Abs. 2 des Besoldungsgesetzes derart zu treffen, daß Beamte in der nächst höheren Laufbahn Zulagen erhalten -, mit dem Innenministerium diese Frage und dieses Projekt noch einmal zu erörtern?
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Herr Kollege, ich bitte um Ver6284
Parlamentarischer Staatssekretär Börner
ständnis, wenn ich sage, ich beuge mich dem Sachverstand des anwesenden Bundesministers. Vielleicht haben Sie die Gelegenheit, ihn später zu fragen. Er ist nämlich kompetenter und kann eine solche Aussage für die gesamte öffentliche Verwaltung machen.
Ich empfehle, dann eine Frage für eine spätere Fragestunde vorzubereiten.
Ich rufe die Frage 73 des Herrn Abgeordneten Dr. Gruhl auf:
In welchem Umfang ist die Deutsche Bundespost dazu übergegangen, die alten Telefonbücher nicht mehr zurückzunehmen und den Papiermühlen zur erneuten Verarbeitung zuzuführen, sondern sie der Beseitigung durch die Müllabfuhr zu überlassen?
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Frau Präsidentin, auch hier wäre ich dankbar, wenn ich die Fragen 73 und 74 zusammen beantworten könnte.
Bitte schön! Frage 74 des Abgeordneten Dr. Gruhl:
Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß eine zunächst erzielte Kostenersparnis bei der Beseitigung von 7 Millionen Telefonbüchern durch die Müllabfuhr letzten Endes zu einer Belastung der Verbraucher über eine Erhöhung der Müllabfuhrgebühren und damit zu einer indirekten Postgebührenerhöhung führen müsse, und daß darüber hinaus der Verzicht auf die Wiederverwendung eines so sauberen Ausgangsstoffes eine Vergeudung von Rohstoffen bedeute, die mit den neuen Erkenntnissen des Umweltschutzes und der Abfallwirtschaft nicht im Einklang steht?
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Herr Kollege, in den letzten Jahren ist insbesondere von älteren Kunden immer wieder bemängelt worden, daß die Deutsche Bundespost bei der Herausgabe eines neuen Fernsprechbuches verlangt hat, daß gleichzeitig das alte Buch zurückgegeben wird. Aus diesem Grunde hat die Post jetzt allgemein auf die Rückgabepflicht verzichtet. Der Kunde hat aber durchaus ein Rückgaberecht. Die Post nimmt alte Bücher zurück und verkauft sie als Altpapier. Diese Neuregelung ist erst seit dem 1. November 1970 in Kraft. Daher lassen sich ihre Auswirkungen noch nicht übersehen.
Eine Zusatzfrage.
Das war bereits die Antwort auf beide Fragen, Herr Staatsekretär?
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Ja, ich habe beide Fragen beantwortet.
Herr Staatssekretär, darf ich im Hinblick auf die Probleme des Umweltschutzes fragen: Sind in Ihrem Hause keine Erwägungen unter dem Gesichtspunkt angestellt worden, daß es sich hier um eine Verschwendung von Rohmaterial handelt, das in einem Jahr mehrere vollbeladene Güterzüge ausmachen dürfte?
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Herr Kollege, ich habe ja angedeutet, daß wir meinten, mit dieser Regelung kundenfreundlicher zu sein. Früher hat die Post die Bücher zurückgefordert, und es konnte für alte und gebrechliche Personen eine Belastung sein, ein Telefonbuch, das über 1 kg wiegt, zur nächsten Poststelle - unter Umständen in einer Großstadt - schleppen zu müssen. Jetzt ist es dem Kunden freigestellt, das Telefonbuch entweder zurückzugeben - dann verkauft es die Post als Altpapier, und das würde ja wohl Ihren Intentionen entsprechen - oder selber zur Müllverbrennung abzugeben, und dann ist ja auch den Erfordernissen des Umweltschutzes Genüge getan.
Diese Erwägung habe ich durchaus verstanden. Aber haben Sie sich auch mit den für die Müllbeseitigung zuständigen Stellen in Verbindung gesetzt? Es ist ja nicht überall so leicht, derartige Mengen kompakten Papiers zu beseitigen, zumal nicht überall Müllverbrennungsanlagen vorhanden sind.
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Herr Kollege, Sie sind sicherlich einer Meinung mit mir, daß es wünschenswert wäre, wenn der Müll bald in größerem Umfange durch Verbrennung beseitigt würde, als es heute der Fall ist. Die Post hat ja niemandem befohlen, das Buch wegzuwerfen, so daß es eine Belästigung der Umgebung wäre. Wir gehen vielmehr davon aus, daß das Buch dem Hausmüll zugeführt wird, wenn es der Kunde nicht zurückgibt oder wenn es nicht anderweitig im Haushalt Verwendung findet. Ich darf noch sagen, daß bei der Müllverbrennung gerade der Zelluloseanteil sehr erwünscht ist, um den Verbrennungsvorgang zu beschleunigen.
Haben Sie dabei auch in Betracht gezogen, daß bei der Müllverbrennung Rauch und Abgase entstehen, die zweifellos nicht erwünscht sind?
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Herr Kollege, Sie werden zugeben, daß das weit über die Kompetenz der Bundespost hinausgeht. Aus meiner technischen Kenntnis kann ich Ihnen aber sagen, daß es heute Vorschriften gibt, durch die gerade bei Müllverbrennungsanlagen sehr strenge Anforderungen an die Beseitigung von Rauch und Abfallstoffen gestellt werden.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Arndt.
Herr Staatssekretär, ist die Deutsche Bundespost bereit, die Telefonkunden darauf hinzuweisen, daß mehrere Landesverbände des Deutschen Roten Kreuzes erklärt haben, sie seien sehr daran interessiert, die Telefonbücher,
Dr. Arndt ({0})
die nun nicht mehr zurückgegeben werden müssen, für die Altpapiersammlung des Deutschen Roten Kreuzes zu erhalten, um auf diese Weise die Arbeit des DRK zu finanzieren?
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Herr Kollege, ich danke Ihnen für die Anregung. Ich werde sie gern weitergeben.
Keine weiteren Zusatzfragen. Ich rufe die Frage 75 des Herrn Abgeordneten Haar auf:
Trifft es zu, daß die Werbung für Kreditinstitute künftig in Fernsprechhäuschen nicht mehr zulässig sein und in den amtlichen Fersprechbüchern eingeschränkt werden soll?
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Herr Kollege, die Werbung für Kreditinstitute in Fernsprechhäuschen und in den amtlichen Fernsprechbüchern bleibt auch künftig im gleichen Umfang wie in den vergangenen Jahren zulässig.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Haar.
Herr Staatssekretär, darf man also davon ausgehen, daß die vom Postministerium erlassenen Richtlinien, die in der Öffentlichkeit in den letzten Wochen kommentiert worden sind, hinfällig sind?
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen: Herr Kollege, ich nehme an, daß Sie sich auf Presseveröffentlichungen in den vergangenen Wochen berufen. Diese beruhten auf der Entscheidung einer nachgeordneten Dienststelle. Die Entscheidung wurde von Minister Leber korrigiert.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen beantwortet. Ich danke dem Herrn Staatssekretär Börner.
Als nächste rufe ich die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes auf, und zwar die Fragen 90 und 91 des Abgeordneten Ott. Diese Fragen werden auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt.
Ich rufe die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern auf, zunächst die Frage 4 des Abgeordneten Suck:
Hat die Bundesregierung Grundsätze erlassen, daß bei Meinungsverschiedenheiten über die Bewertung von Grenzfällen bei der Eingruppierung von Angestellten in der Regel für den Angestellten entschieden werden muß?
Zur Beantwortung ist Herr Bundesminister Genscher hier. Bitte schön, Herr Minister!
Im Bundesbereich - wie meines Wissens auch bei den anderen öffentlichen Arbeitgebern - bestehen Grundsätze der von Ihnen genannten Art nicht. Es ist auch nicht beabsichtigt, eine derartige Regelung zu treffen. Eine allgemeine Regelung, wonach in Zweifelsoder Grenzfällen jeweils zugunsten des Angestellten zu entscheiden ist, müßte zwangsläufig in Kauf nehmen, daß zahlreiche Entscheidungen objektiv falsch sind. Dies würde gegen § 51 der Bundeshaushaltsordnung verstoßen, wonach Personalausgaben, die nicht auf Gesetz oder Tarifvertrag beruhen, nur geleistet werden dürfen, wenn dafür Ausgabemittel besonders zur Verfügung gestellt sind. Die völlige oder teilweise Aufgabe dieses Grundsatzes würde letzten Endes zu einer nicht mehr kontrollierbaren Personalpraxis führen. Darüber hinaus könnten sich durch eine unterschiedliche Beurteilung, welche Fälle als Zweifelsfälle anzusehen sind, in den verschiedenen Bereichen unterschiedliche Entwicklungen ergeben. Die Gleichbehandlung, die durch die Einhaltung der Tarifvorschriften gewährleistet ist, wäre in starkem Maße gefährdet.
Im übrigen haben sich bei der Anwendung der Eingruppierungsvorschriften des Bundesangestelltentarifvertrages keine größeren Schwierigkeiten ergeben, als dies bei der Anwendung anderer gesetzlicher oder tariflicher Vorschriften der Fall ist. Im allgemeinen werden Zweifelsfragen grundsätzlicher Art sehr rasch und ohne die Gerichte für Arbeitssachen einzuschalten, durch die zuständigen Gremien der Tarifpartner auf Arbeitgeberebene und erforderlichenfalls auch durch Einschaltung der Gewerkschaften einer Klärung zugeführt.
In diesem Zusammenhang darf ich auch darauf hinweisen, daß Herr Kollege Rohde bereits bei der Beantwortung Ihrer Frage in der Fragestunde vom 25. Februar 1970 dargelegt hat, daß von einer besondern Prozeßfreudigkeit öffentlicher Arbeitgeber nicht die Rede sein könne. Diese allgemeine Feststellung bezieht sich naturgemäß auch auf Eingruppierungsstreitigkeiten.
Ein besonderes Bedürfnis, in Eingruppierungsfragen anders zu verfahren als bei der Rechtsanwendung in sonstigen Fällen, besteht somit nicht.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Suck.
Herr Minister, ist Ihnen der Jahresbericht 1969 des Präsidenten des Bundesarbeitsgerichts, des Herrn Professor Müller, bekannt, in dem er wieder mitteilt, daß wie in früheren Jahren zu beobachten ist, daß Streitigkeiten aus dem Bereich des öffentlichen Dienstes ohne grundsätzliche Bedeutung vermutlich wegen der Überängstlichkeit gegenüber dem Bundesrechnungshof bzw. den Rechnungsprüfungsämtern bis zum Bundesarbeitsgericht vorangetrieben werden?
Auch diese Bemerkung, Herr Kollege, kann die von Ihnen in der Fragestellung bezeichnete Regelung nicht rechtfertigen. Ich kann Ihnen aus der kurzen Praxis,
die ich habe, sagen, daß es durch eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Arbeitgebern und Gewerkschaften in der Regel möglich ist, in solchen Fällen eine allgemeingültige Praxis zu schaffen.
Eine weitere Zusatzfrage.
Sie sind doch sicher mit mir der Meinung, Herr Minister, daß durch diese Verfahren nicht unerhebliche Kosten verursacht werden und es doch sicher richtig wäre, wenn man auch hierauf schärfer achten würde. Vom Herrn Präsidenten des Bundesarbeitsgerichts wird sogar empfohlen, diese Grunsätze in Ausbildungsordnungen für Beamte zu regeln.
Herr Kollege, daß alles dafür spricht, die Zahl von Arbeitsstreitigkeiten auch in diesem Bereich so gering wie möglich zu halten, steht außer Zweifel; da stimmen wir völlig überein. Aber ich ziehe in Zweifel, ob die von Ihnen in der Frage vorgeschlagene Regelung diesen Umstand beseitigen kann, weil natürlich sehr leicht Streitigkeiten darüber entstehen, was denn nun ein Grenzfall im Sinne einer solchen Bestimmung ist. Im Grunde würde dadurch die Streitigkeit nur auf einen anderen Begriff verlagert.
Keine Zusatzfrage mehr.
Ich rufe die Frage 5 des Abgeordneten Dr. Arndt ({0}) auf:
Welches Ergebnis hat die von der Bundesregierung in der 192. Sitzung des 5. Deutschen Bundestages am 24. Oktober 1968 zugesagte Prüfung der Anrede „Sehr geehrte Damen und Herren" bei amtlichen Schreiben gezeitigt?
Frau Präsidentin, ich würde gern mit Zustimmung des Herrn Kollegen beide Fragen zusammen beantworten.
Einverstanden. Ich rufe also auch die Frage 6 des Abgeordneten Dr. Arndt ({0}) auf:
Ist die Bundesregierung nunmehr bereit, generell anzuordnen, daß in amtlichen Schreiben an namentlich nicht aufgeführte Personenmehrheiten an Stelle der Anrede „Sehr geehrte Herren" die Anrede „Sehr geehrte Damen und Herren" verwendet wird?
Die Anrede „Sehr geehrte Damen und Herren" in Schreiben an namentlich nicht aufgeführte Personenmehrheiten ist seit 1968 im Schriftverkehr der Bundesbehörden immer gebräuchlicher geworden. Deshalb erscheint eine besondere Anordnung für diesen einzelnen Punkt durch die Bundesregierung nicht erforderlich. Ich halte es für zweckmäßiger, diese Anredeform im Zusammenhang mit einer allgemeinen Regelung der Anreden im amtlichen Schriftverkehr zu behandeln. Eine solche Regelung wird schon seit längerem in meinem Haus vorbereitet, kann jedoch wegen der darin zu behandelnden schwierigen Bereiche noch nicht getroffen werden.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Dr. Arndt.
Herr Minister, sehen Sie nicht doch die Notwendigkeit einer generellen Regelung, da solche Behördenschreiben immer noch in zahlreichen Fällen nur mit der Anrede „Sehr geehrte Herren" versehen werden, selbst wenn es sich bei den Empfängern manchmal fast ausschließlich um Damen handelt?
Herr Kollege, ich habe eigentlich die ganz feste Hoffnung, daß eine möglichst breite Presseberichterstattung über die Beantwortung dieser Frage sozusagen ohne besondere Anordnung diese für mich vorhandene Selbstverständlichkeit zur Verwaltungspraxis macht.
Eine weitere Zusatzfrage.
Deute ich die Haltung der Bundesregierung, die in Ihrer Antwort zum Ausdruck kommt, richtig als eine Würdigung der Tatsache, daß Millionen von Frauen durch ihre Mitarbeit in Wirtschaft und Verwaltung unseren gegenwärtigen Wohlstand entscheidend miterarbeitet haben?
Eindeutig ja, Herr Kollege!
Keine Zusatzfrage mehr.
Ich rufe die Frage 7 des Abgeordneten Dr. Rinderspacher auf:
Hat die Bundesregierung bereits Verbindung aufgenommen mit den übrigen Rheinanliegerstaaten, um entsprechend der Empfehlung 629 der Beratenden Versammlung des Europarates vom 22. Januar 1971 gemeinsame Maßnahmen gegen die fortschreitende Verschmutzung des Grundwassers in der Rheinebene zu verabreden?
Die Empfehlung 629 der Beratenden Versammlung des Europarates wird voraussichtlich auf der 198. Sitzung der Ministerstellvertreter in Straßburg Ende März behandelt werden. Die Bundesregierung wird dabei eine grundsätzlich positive Haltung zu der Empfehlung einnehmen.
Im übrigen möchte ich darauf hinweisen, daß seit Februar dieses Jahres Vertreter der Bundesregierung gemeinsam mit denen der anderen Mitgliedstaaten des Europarates in der Ad-hoc-Expertengruppe für die Beratung des Entwurfs einer europäischen Konvention zum Schutze des Süßwassers die Möglichkeiten der Einbeziehung des Grundwassers in den Schutzbereich einer solchen Konvention untersuchen. Hauptanwendungsfall der Konvention würde vorerst der Rhein sein.
Zu einer Zusatzfrage, bitte!
Herr Minister, können Sie uns über Ihre Antwort hinaus etwas darüber sagen, wieweit die berechtigten Beschwerden der Öffentlichkeit wegen der Verschmutzung durch den Abwasserkanal in Holland zu Protesten der deutschen Regierung geführt haben?
Sie wissen, daß wir durch unseren Botschafter in den Niederlanden schon wiederholt, aber auch in unmittelbaren Gesprächen protestiert haben.
Zu einer zweiten Zusatzfrage Herr Abgeordneter Dr. Rinderspacher.
Hat die Bundesregierung Möglichkeiten, in dieser Richtung Pressionen auf die Holländer oder auf andere Anliegerstaaten auszuüben, oder stimmen die Nachrichten, wonach die Anliegerstaaten auf das schlechte Beispiel der Bundesrepublik zurückgreifen, wenn sie diese Verhandlungen nicht so ernst nehmen?
Herr Kollege, falls Sie mit Ihrer Fragestellung den Vorwurf erheben wollen, die Bundesregierung nehme diese Frage nicht ernst, so müßte ich ihn zurückweisen. Ich glaube, daß die Bundesregierung hier kein schlechtes Beispiel gibt. Ich habe im übrigen die Hoffnung noch nicht aufgegeben, daß zwischen Ländern, die im wesentlichen in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft zusammenarbeiten wollen, auch in solchen Fragen befriedigende Regelungen ohne Pressionen möglich sein sollten.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Josten.
Herr Minister, darf ich Sie angesichts der bevorstehenden Tagung, die Sie erwähnten, fragen: Wird die Bundesregierung angesichts der großen Bedeutung, die das Rheinwasser auch für die Trinkwasserversorgung vieler Städte am Rhein hat, auf baldige gemeinsame Maßnahmen hinwirken?
Ja, Herr Kollege.
Keine Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 8 der Frau Abgeordneten Huber auf:
Wie beurteilt die Bundesregelung die Auffasung der amerikanischen Regierung, daß es richtig sei, Umweltprobleme nicht nur durch gesetzliche Auflagen sondern auch durch Steuermaßnahmen zu lesen, in dem die Schmutzfracht mit einem entsprechend an Steuerbetrag belegt wird?
Die Bundesregierung teilt die Auffassung der amerikanischen Regierung, daß die Umweltprobleme nicht nur durch gesetzliche Auflagen zu lösen sind. Für die Lösung dieser Probleme sind gesetzgeberische, administrative und finanzielle Maßnahmen und solche der Technik und der Forschung notwendig. Die Bundesregierung hält es für durchaus erwägenswert, in bestimmten Fällen auch durch steuerliche Maßnahmen zur Lösung der Umweltprobleme beizutragen. Diese Fragen werden zur Zeit bei den Arbeiten am Bundesprogramm für die Umweltgestaltung und den Umweltschutz geprüft und erörtert.
Zusatzfrage, Frau Kollegin.
Herr Minister, in einer amerikanischen Zeitschrift habe ich die Auffassung vertreten gefunden, daß die Betriebe, die Umweltschäden verursachen, ohne daß sie entsprechend zu deren Beseitigung beitragen, eigentlich unter ihren Kosten produzieren, während andere Bereiche dadurch Nachteile, d. h. Mehrkosten haben, desgleichen natürlich auch die öffentliche Hand. Würden Sie darin auch eine Rechtfertigung für derlei steuerliche Maßnahmen sehen?
Frau Kollegin, es ist unbestreitbar, daß das Mittel der Steuer ein wesentliches Instrument sein kann, um ein umweltfreundliches und umweltgemäßes Verhalten im Bereich der Wirtschaft hervorzurufen. Eine zusätzliche Begründung dafür ist in der Tat der Hinweis, daß Unternehmungen, die sich ihren Verpflichtungen auf ihrem Gebiet entziehen, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob es sich um konkrete gesetzliche Verpflichtungen oder sich am Gemeinwohl orientierende Verpflichtungen handelt, sich unter Umständen einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen verschaffen, wenn sie sich nicht umweltkonform verhalten.
Sie haben noch eine weitere Zusatzfrage.
Ist Ihnen bekannt, Herr Minister, daß dem japanischen Parlament ein Gesetzentwurf vorliegt, in dem Umweltverschmutzung als Vergehen bezeichnet wird, 'das nach der Vorlage mit Gefängnis bis zu sieben Jahren und mit Geldstrafe bis zur Höhe von 5 Millionen Yen geahndet werden soll? Außerdem werden die japanischen Firmen, die Umweltverschmutzung betreiben, bereits heute dazu herangezogen, sich an den Kosten für Entwicklungsprojekte zu beteiligen, die Umweltschäden verhindern sollen. Würden Sie auch diesen Gedanken für nützlich halten?
Frau Kollegin, im Rahmen der Vorbereitung des Gesamtprogramms prüfen wir auch die Frage, welche Auswirkungen eine aktive Umweltschutzpolitik auf die Gestaltung des Strafrechts haben muß. Ich möchte hier wiederholen, was ich schon bei anderer Gelegenheit vor dem Deutschen Bundestag gesagt habe: Die Frage des Umweltschutzes ist so entscheidend und für den Fortschritt der Gesellschaft und des einzelnen so bedeutend, daß Verstöße gegen die Umweltschutzbestimmungen keinesfalls als
Kavaliersdelikte angesehen werden dürfen, was
auch in der Strafdrohung und der Festlegung der
Verantwortlichkeiten seinen Ausdruck finden muß.
Ich rufe die Frage 9 der Frau Abgeordneten Huber auf:
Ist die Bundesregierung bereit, entsprechende Maßnahmen auch für die Bundesrepublik Deutschland zu erwägen, oder vertritt sie die Ansicht, daß ähnliche Einwirkungen auch durch die Erhebung von nach der Menge gestaffelten Gebühren möglich wären?
Nach Auffassung der Bundesregierung hat in erster Linie der Verursacher von Umweltschäden für die Lösung dieser Probleme aufzukommen. Die öffentliche Hand muß sich nur dann daran beteiligen, Umweltschäden zu beheben, wenn diese aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen vom Verursacher nicht beseitigt werden können. Eine Konsequenz dieses Verursachungsprinzips wäre allerdings, daß der Verursacher einer Umweltbelastung, der ihre Beseitigung der Allgemeinheit überläßt, dafür eine Abgabe zu leisten hat.
Die Bundesregierung prüft zur Zeit, in welcher Weise zum Beispiel Abwasserabgaben von Wassernutzern erhoben werden können, die Gewässer verunreinigen. Damit könnte insbesondere ein Ausgleich erreicht werden zwischen denen, die ihre Abwässer vor der Einleitung in ein Gewässer ordnungsgemäß reinigen, und den anderen, die das nicht ausreichend tun und so einen nicht gerechtfertigten Wettbewerbsvorteil erzielen. Ähnliche Untersuchungen werden auf dem Gebiet der Abfallbeseitigung angestellt.
Zusatzfrage.
Ich möchte Sie fragen, ob Sie auch meine Meinung teilen, daß das Ausmaß der Umweltschäden nach dem Stande der heutigen Forschung noch gar nicht feststellbar ist. Ich möchte in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, daß es eine amerikanische wissenschaftliche Arbeit gibt, nach der allein 25 % aller Erkrankungen der Atmungswege auf Luftverschmutzung zurückgehen und nach der bei entsprechenden Maßnahmen die Sterberate von Bronchialerkrankungen um 40 bis 70 % gesenkt werden könnte. Die Kosten wurden in Amerika für 1963 allein im gesundheitlichen Bereich mit 2 Billionen Dollar errechnet. Ich möchte Sie -
Frau Kollegin, würden Sie bitte eine Frage stellen!
Ja, ich bin gleich fertig.
Ich wollte fragen, ob Sie auch der Meinung sind, daß wir hier noch zu ganz anderen Größenordnungen kommen werden.
Frau Kollegin, ich befinde mich in der glücklichen Lage, Ihnen auch in diesem Punkte zustimmen zu können.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Varelmann.
Herr Minister, sind nicht die großen und schweren Lastzüge in besonders großem Umfange an der Luftverschmutzung beteiligt, und ist es auf Grund dieser Feststellung nicht notwendig, hier einzuschreiten?
({0})
Herr Kollege, diesen Fragen widmen wir uns in unterschiedlichen Ressorts. Sie wissen, daß für das Blei der Innenminister und für den Rest der Verkehrsminister verantwortlich ist.
Ich darf außerdem bemerken, Herr Kollege - ich darf das, Frau Präsidentin, ergänzend, und um Mißdeutungen durch Herrn Kollegen Winkelheide zu vermeiden, sagen -, daß die Bundesregierung durch die Bildung eines Kabinettsausschusses für Umweltfragen erstmalig zu einer umfassenden und, wie sich zeigt, wirkungsvollen Koordinierung aller dieser Fragen gelangt ist. Ein Mangel, der früher leider nicht behoben worden ist.
Keine Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage 10 des Herrn Abgeordneten Walkhoff auf:
Trifft die Meldung des Kölner Stadt-Anzeigers vom 4. März 1971 zu, daß bei der Fahndung nach den Straftätern Baader und Meinhof die Rechte Unschuldiger grob verletzt wurden?
Ihre Frage, Herr Abgeordneter, ob die Meldung zutreffe, bei der Fahndung nach den wie es in der Frage heißt - Straftätern Baader und Meinhof seien die Rechte Unschuldiger grob verletzt worden, verneine ich.
Gemäß § 105 Abs. 1 der Strafprozeßordnung dürfen Durchsuchungen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die Staatsanwaltschaft und ihre Hilfsbeamten, d. h. die Polizei, angeordnet werden. Daran haben sich die Beamten des Bundeskriminalamts nach meinen Feststellungen und nach meiner Beurteilung in jedem Einzelfall gehalten. Das gleiche gilt für die Polizeibehörden der Länder.
Die Tatsache, daß es sich um ein schwebendes Verfahren handelt, hindert mich daran, öffentlich darzulegen, warum im Einzelfall eine richterliche Anordnung zur Durchsuchung erging oder warum wegen Gefahr im Verzuge die Durchsuchung durch die Staatsanwaltschaft und ihre Hilfsbeamten, also durch die Polizei, angeordnet wurde und welches Ergebnis die einzelnen Durchsuchungen hatten. Eine Bekanntgabe der diesen Entscheidungen zugrunde liegenden Tatsachen und Erwägungen würde außerdem den Erfolg der Fahndung gefährden. Darüber hinaus bestünde die Gefahr, daß Unbeteiligte oder auch nur geringfügig Beteiligte in ihren Rechten beeinträchtigt würden, wenn durch Mitteilung von belastend erscheinenden Tatsachen und die möglicherBundesminister Genscher
weise undifferenzierte Erörterung in der Öffentlichkeit der Eindruck subjektiver Schuld entstünde.
Angesichts dieser aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit, aber auch aus Gründen der Strafverfolgung gebotenen Zurückhaltung haben die mit der Strafverfolgung befaßten Behörden Anspruch auf eine ebensolche Abwägung und Zurückhaltung bei Vorwürfen, die sich zum Teil auf falsche, zum Teil auf unvollständige Informationen stützen, deren Widerlegung aber aus den genannten Gründen zu diesem Zeitpunkt nicht möglich ist.
Zum Ablauf des Verfahrens im übrigen darf ich bemerken, daß das Verfahren durch das Bundeskriminalamt am 28. Januar 1971 übernommen worden ist. Das Bundeskriminalamt ist erst von diesem Zeitpunkt an tätig geworden. Ein Teil der in dem erwähnten Artikel genannten Fälle liegt vor diesem Zeitpunkt, ein Teil danach.
Zu der Kritik an Fahndungsmaßnahmen der Polizei, insbesondere der Zahl und der Bewaffnung der eingesetzten Beamten, muß darauf hingewiesen werden, daß in allen Fällen, in denen auch nur die Möglichkeit bestand, daß die Polizeibeamten im Rahmen der Fahndung mit Angehörigen der Gruppe Baader-Meinhof zusammentreffen könnten, die auch zum Schutz der Polizeibeamten erforderlichen Maßnahmen von den jeweils dafür Verantwortlichen unter Abwägung aller Umstände getroffen werden mußten. Ich darf darauf hinweisen, daß die gesuchte Ulrike Meinhof, gegen die ein Haftbefehl wegen versuchten gemeinschaftlichen Mordes und Gefangenenbefreiung vorliegt - wenn die „Zeit" vom 19. Februar 1971 richtig berichtet - folgendes erklärt hat:
Und wir sagen, natürlich, die Bullen sind Schweine, wir sagen, der Typ in der Uniform ist ein Schwein, das ist kein Mensch, und so haben wir uns mit ihm auseinanderzusetzen. Das heißt, wir haben nicht mit ihm zu reden, das ist falsch, überhaupt mit diesen Leuten zu reden, und natürlich kann geschossen werden.
Es sind in der Tat Schüsse gefallen am 31. August 1970 in Berlin bei der Festnahme des Bernhard Wolf, als ein diesen begleitender Mann zwei Schüsse auf ihn verfolgende Polizeibeamte abgab; am 22. Dezember 1970 in Nürnberg bei der Festnahme von Jansen und am 20. Februar 1971 in Frankfurt am Main bei einer Personenüberprüfung, die sich gegen Mitglieder der Gruppe Baader-Meinhof, nämlich Proll und Grashof, richtete. Hier fielen nach den Feststellungen der Polizei mehrere Schüsse. Im übrigen sind auch am 14. Mai 1970 in Berlin bei der Flucht Baaders Schüsse gefallen.
Im übrigen darf ich bemerken, daß nach den mir zugegangenen Mitteilungen des Bundesministeriums der Verteidigung, des Bundesministeriums der Justiz, des Bundesministeriums des Innern und des Bundeskriminalamts der Verfasser des Artikels vor Veröffentlichung bei diesen Stellen keine Rückfragen gehalten hat, um das Ergebnis seiner Nachforschungen zu überprüfen. Ich bin sicher, daß er sich zu einer anderen Darstellung veranlaßt gesehen hätte, wenn er derartige Rückfragen gehalten hätte.
Zusammenfassend, Herr Kollege, stelle ich fest: Ich habe Ihnen zu danken, daß Sie mir durch Ihre Fragen Gelegenheit gegeben haben, die Polizei, soweit sie mit der Fahndung gegen die Gruppe Baader-Meinhof befaßt ist, gegen pauschale Vorwürfe in Schutz zu nehmen.
({0})
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Walkhoff.
Herr Minister, kann ich Ihrer Antwort entnehmen, daß es unzutreffend ist - um nur eines der im „Kölner Stadt-Anzeiger" angeführten Beispiele zu nennen -, daß die Wohnung von Professor Brückner ohne richterlichen und staatsanwaltschaftlichen Durchsuchungsbefehl durchsucht und ihm untersagt wurde, sich mit seinem Anwalt in Verbindung zu setzen, bzw. die Sprechmuschel aus dem Telefonhörer herausgeschraubt wurde?
Herr Kollege, was die Durchsuchung gerade dieser Wohnung angeht, so handelt es sich um einen Fall, der vor der Übernahme durch das Bundeskriminalamt lag. Ich bitte um Verständnis, daß ich, was den gesamten Ablauf angeht, in diesen wie in anderen Fällen zu diesem Zeitpunkt nicht in der Lage bin, Einzelheiten bekanntzugeben. Ich darf im übrigen darauf hinweisen, daß ich in der letzten Woche in einer vertraulichen Sitzung des Innenausschusses des Deutschen Bundestages einen Zwischenbericht gegeben habe.
Eine weitere Zusatzfrage.
Würde es die Bundesregierung für sinnvoll erachten, künftig ungerechtfertigt erhobenen Vorwürfen sehr schnell und sehr detailliert in der Öffentlichkeit zu widersprechen, damit nicht die Gefahr einer zunehmenden Rechtsunsicherheit gegeben ist?
Herr Kollege, die Bundesregierung hat dort, wo in der Presse völlig Unbeteiligte genannt worden sind, derartiges getan. Ich darf z. B. auf den Fall des Senatsdirektors Klischies aus Bremen hinweisen. Ich muß auf der anderen Seite sagen, daß jede Erklärung in einem Einzelfall möglicherweise dazu führen kann, daß in allen Fällen, in denen eine solche Erklärung nicht abgegeben wird, die Öffentlichkeit den falschen Schluß zieht, daß es sich dort um Überführte und nicht nur Verdächtige oder möglicherweise auch nur Beteiligte handelt. Ich bitte, hier die sehr schwierige und notwendige Abwägung zu beachten. Ich bitte im übrigen, zu beachten, daß in allen Fällen Herr des Verfahrens die Staatsanwaltschaften sind und nicht die Bundesregierung.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Schollmeyer.
Herr Minister, können Sie, um etwaigen Gerüchten entgegenzuwirken, bestätigen, daß der Militärische Abschirmdienst an der Fahndung nach den Beschuldigten nicht beteiligt gewesen ist und das auch nicht sein wird?
Herr Kollege, ich kann eine Mitteilung wiedergeben, die der Bundesminister der Verteidigung an die Zeitung, die den Artikel veröffentlicht hat, gegeben hat. Dort heißt es:
Der Militärische Abschirmdienst ({0}) der Bundeswehr war und ist an der Fahndung nach der sogenannten Baader-Gruppe nicht beteiligt. Es ist daher auch falsch, daß ein Gefreiter und ein Feldwebel des MAD am Abend des 10. Februar Ausweise von Verdächtigen im Zusammenhang mit der Fahndung nach der sogenannten Baader-Gruppe kontrollierten. Die Behauptung, MAD-Angehörige hätten falsche Ausweise der Kriminalpolizei benutzt, ist ebenfalls unwahr. Die in dem Bericht „Die tollkühnen Fahnder mit ihren fliegenden Kommandos" über den Militärischen Abschirmdienst veröffentlichten Äußerungen sind allesamt falsch und entbehren jeder Grundlage.
Soweit das Zitat des Bundesministeriums der Verteidigung.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Varelmann.
Herr Minister, müßten bei der Verfolgung von Schwerstverbrechen nicht alle möglichen Mittel, die zur Verfügung stehen, genutzt werden, und geschieht dies auch zur Zeit?
Ich darf sagen - und ich lege Wert auf diese Feststellung -, daß bei allen schwerer Taten Verdächtigten die erforderlichen Maßnahmen eingeleitet sind.
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Hansen.
Herr Minister, ist in jedem Fall sichergestellt, daß Eigenmächtigkeiten und Kompetenzüberschreitungen einzelner Beamter der Sicherheitsorgane nicht vorkommen und die Bundesregierung die Kontrolle über die Sicherheitsorgane voll behält?
Herr Kollege, ich darf zunächst sagen, daß nur ein Teil der eingesetzten Sicherheitsorgane, wenn Sie so wollen, der Kontrolle der Bundesregierung unterliegt. Ich habe aber keinen Zweifel, daß die Innenminister der Länder ebenso wie der Bundesinnenminister in ihrem Zuständigkeitsbereich auch in diesem Fall - obwohl es sich schon aus dem Gesetz ergibt, daß man Gesetze einzuhalten hat -- auf eine strenge Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften achten. Im übrigen liegt die Rechtskontrolle bei den Staatsanwaltschaften.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Sperling.
Herr Minister, halten Sie es nicht für möglich, daß gerade angesichts der Gefährlichkeit der Gesuchten die Mitarbeiter des Bundeskriminalamts ein wenig in die Gefahr kommen, aus gutem Willen und aus guter Absicht und vielleicht ein bißchen aus Übereifer Gefahr im Verzuge anzunehmen, statt diese Gefahr festzustellen, und dadurch eine Reihe von nicht Betroffenen plötzlich in Verdacht gerät?
Herr Kollege, ich habe keine Anhaltspunkte für die von Ihnen geäußerte Vermutung oder die von Ihnen angesprochene Möglichkeit. Ich darf im übrigen darauf hinweisen, daß bei der Aufgabenstellung für das Bundeskriminalamt der Einsatz bei der Verfolgung von Personen, die auch schwerer Straftaten verdächtigt werden, an sich nichts Ungewöhnliches ist.
Keine weitere Zusatzfrage.
Die Fragen 11 und 12 werden auf Wunsch des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage abgedruckt.
Ich rufe die Frage 13 des Herrn Abgeordneten Evers auf:
Gedenkt die Bundesregierung, gegebenenfalls den Zöllnern an den Grenzübergangsstellen eine gesetzliche Handhabe zu bieten, Transporte von Chemieabfällen, deren giftige Beschaffenheit ohne weiteres erkannt werden kann, zu stoppen und zurückzuschicken?
Die Bundesregierung prüft gegenwärtig, ob und in welcher Form Einfuhrbeschränkungen für Abfallstoffe erlassen werden können. Sie wird in der Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf eines Abfallbeseitigungsgesetzes näher darauf eingehen.
Eine Zusatzfrage.
Trifft es zu, Herr Minister, daß für giftige Chemieabfälle Einfuhrumsatzsteuer erhoben wird, ohne daß man dabei die möglichen Gefahren für die Umwelt in Rechnung stellt?
Wir stellen bei allen Maßnahmen die möglichen Gefahren für die Umwelt in Rechnung. Aber ich möchte nicht bestreiten, daß noch nicht alle gesetzlichen Vorschriften, Herr Kollege, dem gesteigerten Umweltbewußtsein Rechnung tragen.
Eine zweite Zusatzfrage.
Der erste Teil meiner Frage war nicht beantwortet, nämlich die Frage - ich darf sie wiederholen -, ob für derartige Einfuhren Einfuhrumsatzsteuer erhoben wird. Ich ergänze:
ob möglicherweise die Auskünfte über derartige Einfuhren dem Steuergeheimnis unterliegen.
Ich möchte diese Frage jetzt nicht beantworten, Herr Kollege. Ich bin gern bereit, die Antwort schriftlich nachzureichen. Ich halte das für eine sehr schwerwiegende rechtliche Frage.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Härzschel.
Herr Minister, darf ich Sie fragen, warum die Bundesregierung nicht in der Zwischenzeit eine Klärung vorgenommen hat, obwohl dieser Vorgang bereits vor Jahresfrist schriftlich angesprochen wurde und damals nicht festgestellt werden konnte, wer in dieser Frage eigentlich kompetent ist.
Ich habe bereits darauf hingewiesen, daß es sich um eine außerordentlich schwierige Frage handelt, die innerhalb der Bundesregierung noch einer Klärung zugeführt werden muß.
({0})
Nein, Sie haben nur eine Zusatzfrage. Aber es kommt noch eine zweite Frage. Ich rule sie jetzt auf, die Frage 14 des Herrn Abgeordneten Dr. Evers:
Liegen der Bundesregierung Informationen darüber vor, daß seit mindestens zwei Jahren schwer gesundheitsschädigende Abfälle von Betrieben der schweizerischen Chemieindustrie per LKW oder Schiff in die Bundesrepublik Deutschland transportiert werden, um sie hier abzulagern?
Der Bundesregierung haben bisher keine Informationen darüber vorgelegen, Herr Kollege, daß solche Abfälle von Betrieben der Schweizer Chemieindustrie seit mindestens zwei Jahren in die Bundesrepublik Deutschland transportiert werden, um sie hier abzulagern. Wegen verschiedener Beschwerden in der Umgebung von Lörrach hatte sich bereits im Jahre 1967 der damals zuständige Bundesminister für Gesundheitswesen mit dieser Frage befassen müssen. Das Innenministerium des Landes Baden-Württemberg hat eine diesbezügliche Anfrage vom 28. April 1967 am 11. Mai des gleichen Jahres unter anderem wie folgt beantwortet:
Mehrere Gemeinden ,des Landkreises Lörrach, darunter auch die Gemeinde Grenzach, haben sich im Jahre 1958 bei den zuständigen staatlichen Behörden darüber beschwert, daß von deutschen und schweizerischen Unternehmen der chemischen Industrie seit Jahren wahllos und in großem Umfang Abfälle jeder Art einschließlich giftiger Abfallstoffe in ihren Gemarkungen abgelagert würden. Erhebungen über den genauen Umfang dieser Ablagerungen liegen nicht vor. Während die Ablagerungstätigkeit der deutschen Unternehmen bald in geordnete Bahnen gebracht werden konnte, bereitete die Kontrolle der schweizerischen Firmen zunächst Schwierigkeiten. Es konnte jedoch seit dem Jahr 1960 keine Einfuhr von Industriemüll mehr festgestellt werden.
Nach neuesten Angaben des Innenministeriums von Baden-Württemberg vom 5. März 1971 werden tatsächlich Abfallstoffe von chemischen Industrieunternehmen aus der Schweiz eingeführt. Die Kontrolle dieser Einfuhren sei jedoch wegen sehr ungenauer Warendeklaration erschwert.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Evers.
Ist der Bundesregierung bekannt, daß hier dringend Schritte unternommen werden müssen, um diese Einfuhren durch entsprechende Anweisungen an das deutsche Grenzpersonal zu unterbinden?
Ich halte das für notwendig.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Härzschel.
Herr Minister, ist damit zu rechnen, daß es nicht noch einmal vier Jahre dauern wird, bis festgestellt wird, wer eigentlich kompetent ist, und daß diese Frage jetzt schnellstens geklärt wird?
Ja.
Noch eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Evers.
Ist Ihnen schließlich auch bekannt, Herr Minister, daß diese in die Bundesrepublik verbrachten Abfälle nunmehr nicht nur in dem Gebiet um die deutsch-schweizerische Grenze vergraben werden, sondern daß sie in die Pfalz verbracht und auch dort vergraben werden?
Das wird mir erst durch Ihre Fragestellung bekannt.
Meine Damen und Herren, ich rufe noch die Frage 18 des Herrn Abgeordneten Härzschel auf:
Warum wird der Erlaß des Bundesministers der Finanzen vom 11. August 1970 - Z B/6 - P 1804 - 23/70 - bezüglich des Zuschusses zur Gemeinschaftsverpflegung nur für den Bereich der Bundesfinanzverwaltung gewährt, nicht aber für den der Grenzschutzverwaltung, obwohl an den Grenzübergängen Bedienstete beider Verwaltungen tätig sind und das als eine ungleiche Behandlung empfunden wird?
Sie ist zwar unter den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen abgedruckt, gehört aber sachgemäß hier in diesen Bereich. Bitte, Herr Bundesminister!
Mit dem angesprochenen Erlaß hat der Bundesminister der Finanzen eine Regelung für seinen Geschäftsbereich
getroffen. Ich werde eine entsprechende Regelung für den Grenzschutzeinzeldienst treffen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Härzschel.
Ich danke Ihnen dafür, daß Sie diese Entscheidung treffen. Aber ich darf Sie doch fragen, ob die Koordinierung unter den Ministerien nicht verbessert werden kann; denn diese Beamten arbeiten in der gleichen Dienststelle zusammen, und es ist für sie unverständlich, daß der eine einen Essenzuschuß erhält und der andere nicht.
Herr Abgeordneter, Sie haben die Hand am Puls des Problems. Ich stimme Ihnen deshalb zu.
Keine weitere Zusatzfrage. Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Inneren beantwortet. Ich danke dem Herrn Bundesminister.
Wir sind damit zugleich am Ende der Fragestunde. Ich berufe die nächste Sitzung für Freitag, den 12. März, 9 Uhr, ein.
Die Sitzung ist geschlossen.