Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 3/15/1967

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Die Sitzung ist eröffnet. Meine Damen und Herren, der Deutsche Bundestag beklagt den Heimgang eines Mitgliedes. ({0}) Am 3. März ist nach kurzer Krankheit unser Kollege Heinrich Wilper gestorben. Er wurde am 12. Oktober 1908 in Verne im detmoldschen Sauerland geboren. Dort war sein Lebenskreis. Er hat als junger Mann den väterlichen Hof übernommen, hat sich in allen öffentlichen Angelegenheiten betätigt und bewährt, war ein erfolgreicher Landwirt, war lange Jahre Mitglied der Landwirtschaftskammer Westfalen-Lippe, hat an dem Vereinsleben seiner Gemeinde teilgenommen und ist dort aufgestiegen zu dem Amt des Diözesanbundesmeisters im Zentralverband der Deutschen historischen Schützenbruderschaften. Nach dem zweiten Weltkrieg, in dem er Soldat gewesen ist, hat er die Verpflichtung empfunden, sich politisch zu betätigen. Er hat die ChristlichDemokratische Union in seiner Heimat mitbegründet, hat das Amt des Kreisvorsitzenden im Landkreis Büren übernommen, war dort zunächst stellvertretender Landrat, dann von 1954 bis zu seinem Tode Landrat des Kreises Büren. Er war Mitglied des Landtages von Nordrhein-Westfalen und ist dann - es war beinahe ein selbstverständlicher Aufstieg - Mitglied des Deutschen Bundestages geworden, wo er sich als Mitglied des Verkehrsausschusses betätigt hat. Wir betrauern den Verlust, den der Deutsche Bundestag erlitten hat. Ich spreche der Familie und der Fraktion der Christlich-Demokratischen und Christlich-Sozialen Union die Teilnahme des Hauses aus. Sie haben sich zu Ehren des Verstorbenen erhoben. Ich danke Ihnen. Ich habe noch einige amtliche Mitteilungen zu machen. Als Nachfolger für den durch Verzicht ausgeschiedenen Abgeordneten Dr. Schäfer ist am 20. Februar 1967 der Abgeordnete Hölzle in den Bundestag eingetreten. Herr Abgeordneter Hölzle, ich begrüße Sie und hoffe auf eine gute Zusammenarbeit mit Ihnen. ({1}) Verschiedene Kollegen haben runde Geburtstage gefeiert. Herr Abgeordneter Schmidt ({2}) hat am 27. Februar das 60. Lebensjahr vollendet, Herr Abgeordneter Draeger am 4. März ebenfalls das 60. Lebensjahr. Beiden Herren gelten die besten Wünsche des Hauses. ({3}) Meine Damen und Herren, es liegt Ihnen eine Liste von Vorlagen der Bundesregierung vor, die keiner Beschlußfassung bedürfen und die nach § 76 Abs. 2 der Geschäftsordnung den zuständigen Ausschüssen überwiesen werden sollen: 1. Vorlage des Präsidenten der Versammlung der Westeuropäischen Union Betr.: Empfehlungen der Versammlung der Westeuropäischen Union während der Sitzungsperiode vom 12. bis 15. Dezember 1966 - Drucksache V/1457 Empfehlungen 141, 145 zuständig: Ausschuß für Verteidigung Empfehlungen 143, 144 zuständig: Auswärtiger Ausschuß Empfehlung 146 zuständig: Ausschuß für Wissenschaft, Kulturpolitik und Publizistik 2. Vorlage des Bundesministers der Finanzen Betr.: Formulare für die Erklärung zur Hauptfeststellung der Einheitswerte des Grundvermögens auf den 1. Januar 1964 Bezug: Beschluß des Bundestages vom 8. Dezember 1966 - Drucksache V/1488 -zuständig: Ausschuß für Finanzen 3. Vorlage des Bundesministers des Innern Betr.: Neuregelung der Beamtenbesoldung Bezug: Beschluß des Bundestages vom 21. April 1966 -Drucksache V/1497 zuständig: Ausschuß für Inneres 4. Vorlage des Bundesministers für Verkehr Betr.: Erweiterter Verkehrswegeplan für das Zonenrandgebiet Bezug: Beschluß des Bundestages vom 1. Juli 1965 - Drucksache V/1498 zuständig: Ausschuß für gesamtdeutsche Fragen ({4}), Ausschuß für Verkehr 5. Vorlage des Bundesministers für Familie und Jugend Betr.: Individuelle Ausbildungsförderung Bezug: Beschluß des Bundestages vom 24. November 1966 - Drucksache V/1505 -zuständig: Ausschuß für Familien- und Jugendfragen ({5}), Ausschuß für Wissenschaft,' Kulturpolitik und Publizistik Erhebt sich gegen die beabsichtigten Überweisungen Widerspruch? - Das ist nicht der Fall; dann ist so beschlossen. Vizepräsident Dr. Dehler Die morgige Tagesordnung soll nach einer interfraktionellen Vereinbarung ergänzt werden um den von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der landwirtschaftlichen Erzeugung an die Erfordernisse des Marktes ({6}) - Drucksache V/1544 -. Die Drucksache liegt Ihnen vor oder wird auf jeden Fall sehr bald im Laufe der Sitzung vorgelegt. Ich nehme an, daß das Haus mit der Ergänzung der Tagesordnung einverstanden ist. - Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen. Des weiteren soll nach einer interfraktionellen Vereinbarung der Entwurf eines Bundeswasserstraßengesetzes - Punkt 18 der Tagesordnung - zusammen mit dem Änderungsantrag Umdruck 132 an den Verkehrsausschuß - federführend - und an den Rechtsausschuß - mitberatend - zurückverwiesen werden. Ist das Haus damit einverstanden? - Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen. Folgende amtliche Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen: Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 3. März 1967 den nachstehenden Gesetzen zugestimmt bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht gestellt: Gesetz über steuerliche Maßnahmen bei der Stillegung von Steinkohlenbergwerken Gesetz zur Änderung des Schlußtermins für den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft und über weitere Maßnahmen auf dem Gebiete des Mietpreisrechts im Land Berlin Gesetz zur Vorbereitung der Volkszählung 1970 Gesetz zu der Konvention vom 14. Mai 1954 zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten Siebentes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung ({7}) Gesetz über das am 22. Januar 1965 in Straßburg unterzeichnete Protokoll zu dem Europäischen Abkommen vom 22. Juni 1960 zum Schutz von Fernsehsendungen Der Bundesminister des Auswärtigen hat am 21. Februar 1967 die Kleine Anfrage der Fraktion der FDP betr. Französische Truppen in Deutschland - Drucksache V/1332 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache V/1489 verteilt. Der Bundesminister für wissenschaftliche Forschung hat am 22. Februar 1967 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Marx ({8}), Dr. Martin, Freiherr von und zu Guttenberg, Dr. Schulze-Vorberg, Dr. Geißler, Majonica, Dr. Vogel ({9}), Dr. Jahn ({10}), Dr. Czaja, Dr. Müller-Hermann, Josten und Genossen betr. Deutsche Chinaforschung - Drucksache V/1196 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache V/1495 verteilt. Der Bundesminister des Innern hat am 28. Februar 1967 die Kleine Anfrage der Fraktion der FDP betr. Sicherheitsvorkehrungen zum Schutze der Beschäftigten in Banken und anderen öffentlichen Geldinstituten und Kassen vor Raubüberfällen - Drucksache V/1404 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache V/1504 verteilt. Der Bundesminister für Wirtschaft hat am 28. Februar 1967 die Kleine Anfrage der Fraktion der SPD betr. Zement-Syndikate - Drucksache V/1329 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache V/1512 verteilt. Der Bundesminister der Finanzen hat am 7. März 1967 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Althammer, Leicht, Windelen und Genossen betr. Haushaltsreform - Drucksache V/1439 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache V/1519 verteilt. Der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat am 6. März 1967 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Stücklen, Schlager, Schlee, Röhner, Dr. Steinmetz, Dr. Reinhard, Dr. Brenck und Genossen betr. Einbeziehung des Zonenrand- und Grenzgebietes in die EWG-Gemeinschaftsprogramme zur Verbesserung der Agrarstruktur aus Mitteln des Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft ({11}) - Drucksache V/1479 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache V/1528 verteilt. Der Bundesminister des Innern hat am 2. März 1967. die Kleine Anfrage der Fraktion der SPD betr. Fortbildung im öffentlichen Dienst - Besuch von Verwaltungs- und WirtschaftsAkademien. Antwort der Bundesregierung vom 12. Januar 1967 - Drucksache V/1293 - Drucksache V/1414 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache V/1535 verteilt. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung hat am 10. März 1967 die Kleine Anfrage der Fraktion der FDP betr. Neuorientierung der Sozialpolitik - Drucksache V/1396 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache V/1536 verteilt. Der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat am 7. März 1967 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Picard, Dr. Preiß, Dr. Wörner, Dr. Erhard und Genossen betr. Förderung der Vollblutzucht - Drucksache V/1360 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache V/1540 verteilt. Der Bundesminister des Innern hat am 7. März 1967 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Bauer ({12}), Dr. Wahl, Dr. Hellige und Genossen betr. Empfehlung 453 der Beratenden Versammlung des Europarates - Drucksache V/300 - beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache V/1493 verteilt. Der Bundesminister für Verkehr hat am 14. März 1967 die Kleine Anfrage der Abg. Josten, Gibbert, Franzen und Genossen betr. Flurbereinigung in Waldorf, Amt Niederbreisig - Drucksache V/1486 - beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache V/1546 verteilt. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung hat am 1. März 1967 unter Bezug auf den Beschluß des Bundestages vom 25. Januar 1967 eine Kurzfassung des Berichts der Bundesregierung über die Situation der Frauen in Beruf, Familie und Gesellschaft übersandt, die in die Fächer der Abgeordneten verteilt ist. Der amtierende Präsident hat am 3. März 1967 unter Bezug auf sein Schreiben vom 14. Februar 1967 die Stellungnahme des Bundesrates zu der Zehnten Verordnung zur Änderung der Ausfuhrliste - Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung - Drucksache V/1513 - dem Auschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen überwiesen. Der Präsident hat am 10. und 14. März 1967 die nachstehenden, von der Bundesregierung als dringlich bezeichneten Verordnungen dem Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen überwiesen: Einhundertste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 ({13}) - Drucksache V/1526 Einhundertunderste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 ({14}) - Drucksache V/1539 Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 25. Juni 1959 die nachstehenden Vorlagen überwiesen: Verordnung des Rates zur Änderung der Anhänge der Verordnung Nr. 111/64/EWG in bezug auf die Waren der Tarifnummer 17.02 A überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Berichterstattung innerhalb eines Monats, wenn im Ausschuß Bedenken gegen die Verordnung erhoben werden Richtlinie des Rates zur Aufhebung der Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit auf dem Gebiet der Direktversicherung, außer Lebensversicherung - Drucksache V/1411 überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 10. Mai 1967 Verordnung des Rates über die Koordinierung und Vereinheitlichung der von den einzelnen Mitgliedstaaten gegenüber dritten Ländern angewandten Einfuhrregelungen für Obst und Gemüse - Drucksache V/1482 überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen - federführend - und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - mitberatend - mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 17. März 1967 Verordnung des Rates über die teilweise Aussetzung des Gemeinsamen Zolltarifs bei der Einfuhr von Färsen und Kühen bestimmter Höhenrassen - Drucksache V/1483 überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen - federführend - und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - mitberatend - mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 17. März 1967 Entschließung des Rats über die Einzelheiten für die Verteilung des über den Höchstbetrag zum EAGFL hinausgehenden Betrags in den Zeiträumen 1963/64 und 1964/65 Verordnung betreffend die Druchführung von Artikel 7 Absatz 1 der Verordnung Nr. 25 über die Finanzierung der gemeinsamen Agrarpolitik für den Zeitraum 1963/64 - Drucksache V/1496 überwiesen an den Haushaltsausschuß - federführend - und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - mitberatend - mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 17. März 1967 Richtlinie des Rates zur Bekämpfung der San-José-Schildlaus - Drucksache V/1506 überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 10. Mai 1967 Verordnung des Rates betreffend die landwirtschaftlichen Erzeugergemeinschaften und ihre Vereinigungen - Drucksache V/1507 Vizepräsident Dr. Dehler überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - federführend - und an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen - mitberatend - mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 10. Mai 1967 Verordnung des Rates über Maßnahmen auf dem Gebiet der Orientierungspreise für Rindfleisch für das Wirtschaftsjahr 1967/68 sowie den Entwurf einer Entschließung zu den Interventionspreisen für ausgewachsene Rinder für das Wirtschaftsjahr 1967/68 - Drucksache V/1508 überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - federführend - und an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen - mitberatend - mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 17. März 1967 Richtlinie des Rates über die erste, während der dritten Stufe durchzuführende Senkung der Zollsätze zwischen den Mitgliedstaaten für bestimmte, in Anhang II des Vertrages aufgeführte Erzeugnisse - Drucksache V/1509 überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen - federführend - und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - mitberatend - mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 17. März 1967 Verordnung des Rates über die Festsetzung der Höhe der Beihilfen für die private Lagerhaltung von Butter - Drucksache V/1510 überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 17. März 1967 Verordnung des Rates über die Festsetzung der Abschöpfungsbeträge gegenüber dritten Ländern für Schweine, Schweinefleisch und Schweinefleisch enthaltende Erzeugnisse für Einfuhren im zweiten Vierteljahr 1967 - Drucksache V/1511 überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen - federführend - und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - mitberatend - mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 17. März 1967 Verordnung des Rates über die Errichtung einer Gemeinsamen Marktorganisation für lebende Pflanzen und Waren des Blumenhandels - Drucksache V/1514 überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 10. Mai 1967 Verordnung des Rates über die Festsetzung von Qualitätsnormen für Bulben, Blumenzwiebeln und Knollen Verordnung des Rates über die Festsetzung von Qualitätsnormen für frische Schnittblumen und frisches Blattwerk - Drucksache V/1515 überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 10. Mai 1967 Verordnung des Rates zur Abänderung der Verordnung Nr. 14/64/EWG betreffend die von dem Großherzogtum Luxemburg gewährte Beihilfe auf dem Rindfleischsektor - Drucksache V/1523 überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 17. März 1967 Verordnung des Rates über die zeitliche Verschiebung der Anwendung der durch die Verordnung Nr. 160/66/EWG des Rates vom 27. Oktober 1966 eingeführten Handelsregelung und über die Aufhebung von Artikel 2 der Verordnung Nr. 167/64/EWG des Rates vom 30. Oktober 1964 - Drucksache V/1524 überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen - federführend - und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - mitberatend - mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 17. März 1967 Verordnung zur Änderung der Bezüge der Atomanlagenbediensteten in den Niederlanden - Drucksache V/1522 überwiesen an den Ausschuß für Inneres mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 17. März 1967 Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 23. Februar 1962 die nachstehenden Vorlagen überwiesen: Neunzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 ({15}) - Drucksache V/1503 überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 7. Juni 1967 Vierundneunzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 ({16}) - Drucksache V/1500 - überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen mit der Bitte um fristgemäße Behandlung Fünfundneunzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 ({17}) - Drucksache V/1501 überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen mit der Bitte um fristgemäße Behandlung Achtundneunzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 ({18}) - Drucksache V/1502 überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen mit der Bitte um fristgemäße Behandlung Zehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung Zwölfte Verordnung zur Änderung der Ausfuhrliste - Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung - Drucksache V/1456 überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 10. Mai 1967 Wir kommen dann zur Fragestunde - Drucksachen V/1537, V/1538 Zunächst die Fragen auf Drucksache V/1537. Ich rufe die Frage des Herrn Abgeordneten Dr. Rutschke aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte auf: Sind Pressemitteilungen zutreffend, wonach Mittel des Lastenausgleichs zur Teilfinanzierung von Leistungen zugunsten anderer Personengruppen als Kriegssachgeschädigte und Vertriebene verwendet werden sollen?

Kai Uwe Hassel (Minister:in)

Politiker ID: 11000824

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gerüchte, nach denen die Mittel des Lastenausgleichsfonds zur ganzen oder zur. teilweisen Finanzierung einer Leistungsregelung für Vermögensschäden im unfreien Teil Deutschlands oder für Reparationsschäden verwendet werden sollen, treffen nicht zu. Auch der Härtefonds, der bekanntlich seit Inkrafttreten des Lastenausgleichsgesetzes gewisse Leistungen an anerkannte Zonenflüchtlinge gewährt, soll keine Ausweitung erfahren.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine Zusatzfrage? - Nein. Ich danke Ihnen, Herr Minister. Wir kommen dann zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Familie und Jugend. Ich rufe die Frage II/1 des Herrn Abgeordneten Spitzmüller auf: Beabsichtigt die Bundesregierung, bei den Ländern darauf hinzuwirken, daß eine einheitliche Versicherungspflicht für Schulkinder geschaffen wird, nachdem der 3. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs entschieden hat, daß Unfälle während Schulturnstunden zum allgemeinen Lebensrisiko gehören und auch schwere Folgen keiner Haftung des Schulträgers unterliegen?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, das Bundesministerium für Familie und Jugend hat sich unmittelbar, nachdem das Urteil des Bundesgerichtshofs bekanntgeworden ist, mit der Ständigen Konferenz der Kultusminister in Verbindung gesetzt und auf die Dringlichkeit einer möglichst einheitlichen Regelung aufmerksam gemacht. Die Kultusministerkonferenz wird sich, wie wir erfahren haben, schon alsbald mit diesem Sachverhalt befassen. Ich darf mir erlauben, Sie über das Ergebnis der Besprechung innerhalb der Konferenz der Kultusminister zu unterrichten. Der Bund selbst hat zur Regelung dieser Frage, wie Sie sicher wissen, keine Zuständigkeit.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Spitzmüller.

Kurt Spitzmüller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002202, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Ist Ihnen bekannt, ob die Konferenz der Kultusminister eine totale Versicherungspflicht oder lediglich die Möglichkeit anstrebt, den Eltern eine freiwillige Versicherung anzubieten?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, ich kann diese Frage natürlich konkret nicht beantworten. Ich weiß nur, daß in der Konferenz der Kultusminister das hamburgische Beispiel, das eine solche allgemeine Versicherung bereits vorsieht, sehr beachtet wird.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Herr Abgeordneter Schwabe, eine Frage.

Wolfgang Schwabe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002119, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Wo, Herr Staatssekretär, sind denn die Schulkinder seither noch nicht versichert?

Not found (Staatssekretär:in)

In allen Ländern mit Ausnahme von Hamburg, Herr Abgeordneter, soweit wir unterrichtet sind.

Wolfgang Schwabe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002119, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Darf ich Ihnen sagen, daß sie in Hessen versichert sind?

Not found (Staatssekretär:in)

Das kann sein. Ich habe darauf hingewiesen, daß der Bund für diese Frage in keinem Fall zuständig ist. Wir haben uns bei der Konferenz der Kultusminister erkundigt und dort nur erfahren, daß eine Regelung in Hamburg bestehe. Dann haben wir von der Konferenz der Kultusminister insoweit eine nicht vollständige Auskunft erhalten.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Keine weitere Zusatzfrage. Dann rufe ich die Frage II/2 des Herrn Abgeordneten Dröscher auf: Wird die Bundesregierung der Anregung des Bundesgerichtshofs entsprechen und gesetzliche Maßnahmen vorschlagen, die Unfallverletzungen und schwere Körperschäden, die ein Kind während des Turnunterrichts in der Schule erleidet, in den Bereich einer gesetzlichen Versorgung einbeziehen? Der Herr Kollege Dröscher hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort liegt noch nicht vor. Sie wird nach Eingang im Sitzungsbericht abgedruckt.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Ich rufe die Frage II/3 des Herrn Abgeordneten Rollmann auf: Wann wird die Bundesregierung den Entwurf eines Ausbildungsförderungsgesetzes vorlegen?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, ich darf Ihre Frage dahin beantworten, daß sich die Bundesregierung noch immer durch den einstimmigen Beschluß des Bundestages vom 19. Mai 1965 gebunden sieht. Danach ist die Bundesregierung aufgefordert worden, Verhandlungen über ein Verwaltungsabkommen mit den Ländern aufzunehmen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Herr Abgeordneter Rollmann, eine Zusatzfrage.

Dietrich Wilhelm Rollmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001878, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ist es nicht so, daß daneben auch noch ein einstimmiger Beschluß des Deutschen Bundestages aus dem Jahre 1959 existiert, wonach die Bundesregierung aufgefordert worden ist, einen Gesetzentwurf vorzulegen, und ist es nicht so, daß dieser Beschluß des Bundestages von 1959 niemals aufgehoben worden ist?

Not found (Staatssekretär:in)

Er ist nicht aufgehoben worden, Herr Abgeordneter. Aber die Bundesregierung geht davon aus, daß der Beschluß von 1965 insoweit den Beschluß von 1959 tatsächlich erledigt hat.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine weitere Frage, Herr Abgeordneter Rollmann.

Dietrich Wilhelm Rollmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001878, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Darf ich fragen, Herr Staatssekretär, wieweit die Verhandlungen der Bundesregierung mit den Ländern über den Abschluß eines Verwaltungsabkommens gediehen sind.

Not found (Staatssekretär:in)

Ich darf dazu folgendes ausführen. Die Kultusminister der Länder haben eine eigene Kommission eingesetzt, die Richtlinien für eine Verbesserung der Ausbildungsförderung erarbeiten soll. Wir wissen, daß diese Kommission ihre Arbeiten schon innerhalb der nächsten Wochen abschließen wird. Sobald das Arbeitsergebnis dieser besonderen Kommission vorliegt, werden wir im Zusammenhang mit dem Bericht, den die Bundesregierung heute vormittag verabschiedet hat und dem ein Bericht der Länder über den Stand der Ausbildungsförderung beigefügt ist, prüfen, was in dieser Frage, die auch die Bundesregierung für entscheidungsreif hält, alsbald geschehen kann.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine weitere Frage, Frau Abgeordnete Stommel.

Maria Stommel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002260, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, können Sie sagen, wann die letzte Verhandlung mit den Ländern über die Ausbildungsförderung stattgefunden hat?

Not found (Staatssekretär:in)

Sie liegt schon einige Monate zurück. Ich glaube, daß das im Herbst des vergangenen Jahres gewesen ist. Aber in der Zwischenzeit sind weitere Vorgänge zu verzeichnen gewesen. Es ist der Beschluß des Bundesrates vom 24. November 1966 gefaßt worden. Es ist, wie schon gesagt, heute durch die Bundesregierung der erste Gesamtbericht über den Stand der Ausbildungsförderung sowohl im Bund wie in den Ländern verabschiedet worden, mit dem zum erstenmal eine vollständige umfassende Übersicht über den Sachverhalt der Neuordnung ansteht.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Frau Abgeordnete Freyh zu einer Zusatzfrage.

Brigitte Freyh (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000584, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, darf ich fragen, welche Vorbereitungen Sie als das für diese Fragen federführende Haus im Zusammenhang mit der mittelfristigen Finanzplanung zu unternehmen gedenken.

Not found (Staatssekretär:in)

Frau Abgeordnete, ich glaube nicht, daß die Neuordnung der Ausbildungsförderung unmittelbar mit der mittelfristigen Finanzplanung in Zusammenhang steht.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine weitere Frage.

Brigitte Freyh (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000584, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Darf ich Sie fragen, Herr Staatssekretär, ob Sie nicht davon ausgehen müßten, daß für die Ausbildungsförderung auch dann, wenn ein Verwaltungsabkommen abgeschlossen wird, ausreichende Bundesmittel vorgesehen werden müßten, also nicht nur dann, wenn es sich um ein Bundesgesetz handelt.

Not found (Staatssekretär:in)

Nach der derzeitigen Verfassungslage müßte, wenn der Bund ein Gesetz über die Ausbildungsförderung verabschieden würde, dieses Gesetz nach Art. 106 des Grundgesetzes allein von den Ländern finanziert werden.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Herr Abegordneter Vogt, eine Zusatzfrage.

Karl Heinz Vogt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002382, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, habe ich Sie recht verstanden, daß Sie vorhin ausgeführt haben, die Bundesregierung werde fristgerecht dem Beschluß dieses Hauses nachkommen, im März dieses Jahres einen Bericht zu der in Rede stehenden Materie vorzulegen?

Not found (Staatssekretär:in)

Jawohl, ich kann diese Frage positiv beantworten.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine weitere Frage, Herr Abgeordneter Liehr.

Harry Liehr (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001341, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, läßt sich die Bundesregierung bei ihrem Bemühen, in der Sache voranzukommen, auch von dem leiten, was seitens der sozialdemokratischen Fraktion anläßlich der Aussprache über die Regierungserklärung gesagt worden ist, daß nämlich unsere Fraktion wünscht, die Neuregelung der Ausbildungsförderung solle zu dem Zeitpunkt in Kraft treten, an dem die bisherige Ausbildungszulage nicht mehr gezahlt wird, also zum 1. Juli 1967?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, auch dies wird bei den Bemühungen berücksichtigt, den gesamten Komplex der Ausbildungsförderung neu zu regeln. Aber ich muß in diesem Zusammenhang auch die Verhandlungen erwähnen, die im Hinblick auf die Finanzreform geführt werden. Wir sind bemüht, in den Katalog der Gemeinschaftsaufgaben auch die Ausbildungsförderung aufzunehmen. Ob dieses Bemühen Erfolg hat, vermag heute noch niemand zu sagen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine weitere Frage, Herr Abgeordneter Liehr.

Harry Liehr (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001341, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, darf ich Sie, nachdem sehr viel Zeit vergangen ist und wir in der Sache überhaupt nicht vorangekommen sind, fragen, ob Sie einen Zeitpunkt nennen können, zu dem das Haus über den neuesten Stand informiert wird.

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, ich kann Ihnen keinen Zeitpunkt nennen. Die Entwicklung hängt entscheidend davon ab, wie die Länder sich in dieser Frage verhalten. Wir können die Angelegenheit ohne die Mitwirkung der Länder ganz sicherlich nicht ordnen. Wir haben - das muß ich dem Hohen Haus leider sagen bisher bei den Ländern keine allzu freudige Resonanz bei dem Bemühen gefunden, die Ausbildungsförderung alsbald einheitlich für das ganze Bundesgebiet zu regeln.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Herr Abgeordneter Vogt, noch eine Frage.

Karl Heinz Vogt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002382, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatseskretär, ist es richtig, daß die Verzögerung in der Angelegenheit der Ausbildungsförderung nicht zu Lasten des Bundes geht, also die Bundesregierung keine Schuld trifft?

Not found (Staatssekretär:in)

Ich glaube, Herr Abgeordneter, diese Frage kann ich mit gutem Gewissen bejahen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Keine weiteren Fragen mehr. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesschatzministers, Frage des Abgeordneten Dr. Emde.

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Präsident, darf ich bitten, die beiden Fragen zusammen zu beantworten?

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Einverstanden. - Dann rufe ich die Fragen III/1 und III/2 des Abgeordneten Emde auf: Ist der Bundesregierung bekannt, daß in den leerstehenden Bundeswehrwohnungen in Brühl, Ludwig-Uhland-Straße, die Fensterscheiben eingeschlagen sind und entgegen der schriftlichen Antwort des Bundesverteidigungsministers auf meine mündlichen Fragen in Drucksache V/1446 keine Reparaturarbeiten stattfinden? Wer ist für diese Zustände und für die dadurch entstehenden Vermögensschäden verantwortlich? Dr. Langer,. Staatssekretär des Bundesschatzministeriums: In den zweiundzwanzig zur Zeit noch leerstehenden Reihenhäusern in Brühl, LudwigUhland- Straße, sind nach einer Auskunft der Oberfinanzdirektion Köln Scheiben in etwa zwanzig Fenstern beschädigt. Die Bundesvermögensstelle Köln als hausverwaltende Dienststelle hat am Tage der Übernahme der Häuser von den belgischen Stationierungsstreitkräften, also am 19. Dezember 1966, die für die Vermeidung von Schäden in den leerstehenden Häusern erforderlichen Vorkehrungen getroffen und ein Bewachungsunternehmen mit der Sicherung der Häuser in der üblichen Weise beauftragt. Ich darf ferner betonen, daß nach den erneut angestellten Ermittlungen die Antwort des Herrn Bundesministers der Verteidigung vom 28. Februar 1967 auf Ihre Mündliche Anfrage Drucksache V/1446, mit der Instandsetzung der Häuser sei begonnen worden, zutrifft. Die in Brühl freigegebenen Häuser befanden sich bei der Übergabe durch die belgischen Streitkräfte in einem sehr schlechten Zustand. Die Verantwortung hierfür trifft keine deutschen Stellen. Die notwendige Grundstücksinstandsetzung erfordert natürlich einen längeren Zeitraum. Mit den Instandsetzungsarbeiten ist in der Tat am 4. Januar 1967 begonnen worden, nachdem das Bundesschatzministerium sofort die Mittel hierfür bereitgestellt hat. Zunächst sind umfangreiche Dachreparaturen ausgeführt worden. Gegenwärtig werden Tischler- und Schreinerarbeiten durchgeführt und die Heizungsanlagen überprüft. Die Durchführung der Instandsetzung obliegt der Landesbauverwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen. Sie ist von der Bundesvermögensverwaltung dringend gebeten worden, die Arbeiten so schnell wie irgend möglich durchzuführen. Ein Teil der leerstehenden Häuser wird Mitte April fertiggestellt sein.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine Zusatzfrage Herr Abgeordneter Dr. Emde.

Dr. Hans Georg Emde (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000466, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, wann sollen die anderen Wohnungen, die nicht Mitte April fertig werden, fertiggestellt sein?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, es hat einige Mühe gekostet, hier eine klare Antwort zu erhalten. Der voraussichtliche Fertigstellungstermin für die restlichen elf Häuser wird vom Finanzbauamt Köln-West mit Ende Juni angegeben. Ich hoffe zuversichtlich, daß dieser Termin eingehalten wird.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine weitere Zusatzfrage Herr Abgeordneter Dr. Emde.

Dr. Hans Georg Emde (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000466, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, halten Sie das bei Reparaturarbeiten für eine rasche Erledigung?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, diese Frage zu beantworten ist natürlich nicht einfach. Man müßte wohl eine Ortsbesichtigung durchführen, um beurteilen zu können, wie lange Reparaturen beanspruchen. Aber bitte, seien Sie überzeugt, daß die Diskussion mit der zuständigen Dienststelle, die ja eine Landesdienststelle ist, sicherlich dazu geführt hat, daß die Reparaturarbeiten jetzt so zügig wie möglich durchgeführt werden.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine dritte Zusatzfrage Herr Dr. Emde.

Dr. Hans Georg Emde (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000466, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, glauben Sie meiner Erklärung, daß ich heute morgen, als ich um 11.30 Uhr dort vorbeifuhr, also nunmehr 15 Tage seit dem 28. Februar, feststellen mußte, daß noch immer in etwa 30 oder 20 Fällen die Scheiben eingeschlagen sind, und meinen Sie nicht, daß inzwischen Glaser eine solch primitive Reparatur hätten durchführen können und damit Vermögensschäden vermieden wären?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, wenn ich heute morgen nicht an der Sitzung des Bundeskabinetts teilgenommen hätte, wäre ich wahrscheinlich selber nach Brühl gefahren und hätte mir das angesehen. Aber ich darf doch darauf hinweisen, daß es sich hier um eine durchgreifende Reparatur handelt und die Reparaturarbeiten im Dachgeschoß begonnen worden sind. Ich sagte, zur Zeit ist man bei den Tischler- und Schreinerarbeiten. Im Rahmen dieser Arbeiten werden natürlich die Fenster repariert. Es wird sicherlich keinen Sinn haben, erst die Fensterscheiben einzusetzen und dann andere Reparaturen vorzunehmen. Ich glaube, da muß man schon den zuständigen Stellen vertrauen, daß sie die Reparaturen in der vernünftigen Reihenfolge durchführen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine weitere Frage Herr Abgeordneter Dr. Emde.

Dr. Hans Georg Emde (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000466, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Gibt es ähnliche Beschwerden aus anderen Teilen der Bundesrepublik?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, ich kann diese Frage erfreulicherweise verneinen. Zur Zeit ist mir kein anderer Fall bekannt. Seien Sie bitte davon überzeugt, daß das Bundesschatzministerium sehr darum bemüht ist, die mit der Durchführung beauftragten Landesdienststellen dazu anzuhalten, daß insbesondere in den Bereichen, wo noch Wohnungsnot herrscht, die Reparaturen zügig durchgeführt werden.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Sie haben keine Frage mehr, Herr Kollege Emde. Sie haben schon vier Fragen gestellt. Damit ist diese schlampige Angelegenheit, auf die Sie in Ihrer Frage eingingen, wohl hinreichend gewürdigt. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär. Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft, zur ersten Frage VI/1 des Herrn Abgeordneten Staratzke: Wird von der Bundesregierung bestätigt, daß es im Verlauf von über sechs Jahren der jeweils amtierenden Bundesregierung weder durch Einschaltung der EWG-Kommission noch durch unmittelbare Verhandlungen gelungen ist, seitens der italienischen Regierung den Verzicht auf Subventionierung italienischer Ausfuhren von Baumwoll- und Zeltwollgarnen mit Hilfe einer überhöhten Rückvergütung der Fabrikationssteuer zu erreichen?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf die Frage wie folgt beantworten. Nach Auffassung der Bundesregierung besteht eine große Wahrscheinlichkeit dafür, daß Italien die bei der Produktion von Baumwolle und Zellwollgarnen erhobene Fabrikationssteuer bei der Ausfuhr überhöht rückvergütet. Eine volle Aufklärung des Sachverhaltes ist in den vergangenen Jahren weder durch Einschaltung der EWG-Kommission gelungen, noch haben die deutschen Bemühungen im deutsch-italienischen Wirtschaftsausschuß bisher zum Erfolg geführt. Die Divergenzen zwischen dem deutschen Standpunkt, den auch die Benelux-Länder teilen, und der italienischen Auffassung sind auf Berechnungsschwierigkeiten zurückzuführen, die sich daraus ergeben, daß die Steuer in Form einer Jahrespauschale je Spindel erhoben wird, die Ausfuhrvergütung aber in Lire je Kilogramm gewährt wird. Die italienische Regierung hat seit langem zugesagt, Zähluhren einzuführen, die eine genaue Bemessung der Steuer je Kilogramm Garn und damit eine exakte Ausfuhrvergütung ermöglichen. Die Bundesregierung hat mit einem der italienischen Regierung im April 1966 überreichten Memorandum erneut Sachverständigengespräche über die Ermittlung der zulässigen Ausfuhrvergütung unter dem gegenwärtigen Pauschalsteuersystem verlangt und der EWG-Kommission einen Durchschlag zugeleitet. Die dabei übermittelten Berechnungen und ähnliche Berechnungen der niederländischen Regierung haben die EWG-Kommission veranlaßt, ihre praktisch eingestellten Bemühungen um Ermittlung der unter dem geltenden Pauschalsteuersystem zulässigen Ausfuhrvergütung wiederaufzunehmen. Inzwischen haben die italienischen Behörden ihre eigenen Unterlagen überprüft. Die EWG-Kommission hat der italienischen Regierung eine Frist bis zum Ende dieses Monats gestellt, binnen deren sie mitteilen soll, welche Maßnahmen sie zur Lösung des strittigen Problems zu treffen beabsichtigt.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine Zusatzfrage.

Dr. Hans Werner Staratzke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002216, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, was beabsichtigt die Bundesregierung zu unternehmen, wenn die italienische Regierung wider Erwarten bis zu diesem eben genannten Stichtag - 31. März dieses Jahres - keine befriedigende Aufklärung des Sachverhaltes und auch keine befriedigenden Vorschläge zur Lösung dieser Subventionierung der EWG-Kommission unterbreiten würde?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter Dr. Staratzke, der EWG-Vertrag läßt autonome Maßnahmen der Bundesregierung in diesem Zusammenhang nicht zu. Die Bundesregierung kann allenfalls beim europäischen Gerichtshof Klage erheben oder die EWG-Kommission zu einer solchen Klage veranlassen. Dafür muß feststehen, daß die Ausfuhrvergütung höher als die Steuerbelastung ist und die italienischen Maßnahmen damit gegen Art. 96 des EWG-Vertrages verstoßen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Wir kommen zur Frage V1/2 des Herrn Abgeordneten Schwabe: Trifft es zu, daß eines der größten deutschen Einzelhandelsunternehmen durch den Lieferboykott maßgeblicher Marken-artikelhersteller gezwungen ist, umfangreiche Importe vorzunehmen und damit den innerdeutschen Umsatz unnötig zu beeinträchtigen?

Not found (Staatssekretär:in)

Zu der Nichtbelieferung des von Ihnen erwähnten großen Versandhandelsunternehmens ist zu sagen, daß in der Tat viele Hersteller von Markenartikeln auch heute noch erhebliche Umsatzeinbußen beim Fachhandel befürchten, wenn sie den Versandhandel beliefern würden. Nur in Ausnahmefällen kann gegen die Weigerung, den Versandhandel zu beliefern, mit den Mitteln des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen vorgegangen werden. Es ist allerdings zu erwarten, daß die verstärkten Importe und die steigenden Umsätze des Versandhandels eines Tages die Industrie von selbst zu einer Überprüfung ihrer augenblicklichen Vertriebspolitik veranlassen werden.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Herr Abgeordneter Schwabe, eine Zusatzfrage.

Wolfgang Schwabe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002119, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Kann es die Bundesregierung nicht durch Handhabung oder Änderung des Gesetzes möglich machen, daß der dringend notwendige Inlandsumsatz in der von mir angedeuteten Weise verstärkt wird?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, das ist auch eine Frage der Wirtschaftsordnung, wie weit man in die Vertragsfreiheit bei den Dispositionen der Industrie eingreift. Ich sagte bereits, daß ein Mißbrauch vorliegen muß, eine Absprache oder ein Machtmißbrauch, wenn man solchen Dingen begegnen will. Ich glaube, es ist weniger eine Frage der gesetzlichen Regelung als eine Frage der Verständigung und des Sich-Verstehens zwischen der Produktion und dem Vertrieb. Ich sagte bereits, daß die weitgehenden Einfuhren - die Bemühungen um weitere Importe sind auf dem Gebiet der von Ihnen erwähnten Einzelhandelsunternehmen zweifellos sehr stark - sicher in nicht allzu ferner Zukunft dazu beitragen werden, daß die Vertriebspolitik überprüft wird. Denn man kann sicher davon ausgehen, daß die deutsche Industrie an einem lebhaften Umsatz in all ihren Sparten interessiert ist.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine weitere Frage, Herr Abgeordneter Schwabe.

Wolfgang Schwabe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002119, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich darf doch als sicher annehmen, daß in Ihrem Haus auch bekannt ist, daß dieses spezifische Interesse nicht etwa nur bei einem, dem namentlich genannten Großversandhaus besteht, sondern, wie ich aus Zuschriften und Anrufen erfahren habe, auch bei einer ganzen Reihe von Großhandelsunternehmen, die ihrerseits dann weiterliefern, dieselbe Klage geführt wird. Sie werden von den Markenartikelfirmen nicht beliefert, z. B. im Fahrradhandel. Das ist doch sicher bekannt, und Sie werden doch sicher Ihr Augenmerk darauf richten.

Not found (Staatssekretär:in)

Es ist bekannt. Ich kann Ihre Auffassung bestätigen. Die Bundesregierung ist selbstverständlich bemüht, aus vielen Gründen, aus Gründen des Wettbewerbs, aber auch aus Gründen einer möglichst preiswerten Versorgung der Bevölkerung mit allen Gütern diese Dinge soweit wie möglich und soweit die Einflußmöglichkeiten reichen, so zu ordnen, daß befriedigende Lösungen gefunden werden.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Dann rufe ich die Frage VI/3 des Herrn Abgeordneten Ollesch auf: Billigt die Bundesregierung die Bestrebungen der großen Mineralölgesellschaften, unter Ausnutzung ihrer Marktstellung und des Abhängigkeitsverhältnisses der Tankstellenpächter, diesen zur Belebung des Treibstoffabsatzes ein Rabattsystem aufzuzwingen, dessen finanzielle Last die Tankstellenpächter tragen sollen? Sie wird von Herrn Abgeordneten Jung übernommen.

Not found (Staatssekretär:in)

Die Auswirkungen der von den großen Mineralölgesellschaften eingeführten Rabattregelungen auf die Einkommensverhältnisse des Tankstellengewerbes können im einzelnen noch nicht abschließend beurteilt werden. Das Rabattsystem muß nicht in jedem Falle zu einer Einnahmeminderung für den einzelnen Tankstellenpächter führen. Mit der Einführung des Rabattsystems können auch Umsatzsteigerungen verbunden sein, durch die der nach Abzug des Rabatts geringere Provisionssatz des Tankstellenpächters mehr als ausgeglichen wird. Dabei wird es sehr auf die individuellen Verhältnisse, insbesondere auf den Standort und die bisherige Umsatzstruktur der Tankstellen ankommen. Da allerdings der größte Teil der Markengesellschaften das Rabattsystem inzwischen eingeführt hat, dürften die Möglichkeiten zu einer Umsatzsteigerung geringer geworden sein. Das Bundeskartellamt hat dieses Problem aufgegriffen. Es prüft die Sach- und Rechtslage insbesondere unter dem Gesichtspunkt, ob ein Mißbrauch von Marktmacht vorliegt. Ein Ergebnis dieser Prüfung steht noch aus.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine Zusatzfrage.

Kurt Jung (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001038, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Ist im Rahmen dieser Untersuchungen auch daran gedacht, die Verzerrungen zwischen Stadt und Land zu beseitigen?

Not found (Staatssekretär:in)

Nein. Die Untersuchungen des Bundeskartellamts können sich auf solche regionalen Differenzierungen nicht erstrecken. Es kann nur den Tatbestand prüfen und nur dann einschreiten, wenn, wie ich vorhin sagte, ein Mißbrauch von Marktmacht gegenüber den Tankstellenbesitzern ausgeübt wird.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine Zusatzfrage.

Dr. Josef Stecker (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002225, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, wie wirkt sich das auf den Anteil der Tankstellenbesitzer aus, auch im Hinblick darauf, daß ja nicht alle Kunden Rabattmarken haben und auch nicht alle Kunden diese Rabattmarken einlösen?

Not found (Staatssekretär:in)

Ich sagte vorhin, daß unsere Untersuchungen noch nicht so weit sind, daß wir hier ein sicheres Urteil hätten, zumal die letzten Rabattsysteme erst vor wenigen Wochen eingeführt worden sind. Wir haben bisher die Angabe einer größeren Mineralölgesellschaft vorliegen. Danach wird im Durchschnitt mit einer Reduzierung der Provision um etwa 0,8 Pf je Liter gerechnet.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Ich rufe die Frage VI/4 des Herrn Abgeordneten Budde auf: Wie beurteilt die Bundesregierung angesichts der gegenwärtigen Wirtschaftslage und der Notwendigkeit eines verstärkten Preiswettbewerbs die Preisbindung der zweiten Hand? Ist der Herr Abgeordnete Budde im Saal? - Die Frage wird übernommen. Bitte, Herr Staatssekretär!

Not found (Staatssekretär:in)

In der gegenwärtigen konjunkturellen Situation besteht - vor allem wegen der stark verlangsamten Zunahme des privaten VerStaatssekretär Dr. Schöllhorn Brauchs auf der einen Seite und wegen unausgenutzter Angebotskapazitäten auf der anderen Seite - ein relativ lebhafter Wettbewerb. Die Entwicklung der Preisindizes, insbesondere auf der Erzeugerstufe, aber auch auf den Verbrauchermärkten, weist das deutlich aus. Wenn deshalb zur Zeit auch kein Anlaß besteht, über die Wettbewerbswirksamkeit allgemein zu klagen, so ist sich die Bundesregierung darüber im klaren, daß die Frage eines wirksamen Preiswettbewerbs wieder größere Bedeutung erlangt, wenn die eingeleiteten konjunkturpolitischen Maßnahmen zu einem wirtschaftlichen Aufschwung geführt haben. Es muß rechtzeitig dafür gesorgt werden, daß auch in Zeiten besseren Geschäftsgangs der Preiswettbewerb auf den Verbrauchermärkten lebhaft bleibt. Der Bundeswirtschaftsminister beabsichtigt daher, in der zweiten Phase der konzertierten Aktion auch die Aufgaben einer aktiven Wettbewerbspolitik zu erörtern. In diese Überlegungen ist selbstverständlich auch die Preisbindung der zweiten Hand einbezogen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Ich rufe die Fragen VI/5 und VI/6 des Herrn Abgeordneten Budde auf: Erwägt die Bundesregierung Maßnahmen zur Überprüfung des Systems der Preisbindungen? In welchen Branchen hält die Bundesregierung eine Beibehaltung der Preisbindung der zweiten Hand für sinnvoll?

Not found (Staatssekretär:in)

Die zweite Frage steht mit der ersten im Zusammenhang. Die Antwort lautet: Diese Überlegungen und die Prüfung der Möglichkeiten und auch der Auswirkungen sind im Gange. Es ist aber zu früh, über konkrete Ergebnisse dieser Prüfung heute schon zu berichten. Zur dritten Frage: Überlegungen, das Preisbindungsprivileg auf einzelne Branchen zu beschränken, werfen die sehr schwierige Frage nach der Abgrenzung auf, ganz abgesehen von den Bedenken, die sich aus dem Gesichtspunkt des Gleichheitsgrundsatzes unseres Grundgesetzes ergeben. Die Frage, ob etwa für Verlagserzeugnisse die Möglichkeit, Preise zu binden, erhalten bleiben sollte, muß und wird mit ihrem Für und Wider ebenfalls sehr sorgfältig geprüft werden.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Keine Zusatzfragen. Ich rufe die Frage VI/7 des Herrn Abgeordneten Kiep auf: Teilt die Bundesregierung die in der deutschen Reifenindustrie laut gewordene Sorge, daß minderwertige Autoreifen aus dem Ausland in die Bundesrepublik Deutschland importiert werden, weil sie den Sicherheitsbestimmungen im Ausland nicht genügen?

Not found (Staatssekretär:in)

Der Bundesregierung sind die Sorgen der Reifenindustrie, daß minderwertige Autoreifen aus dem Ausland in die Bundesrepublik importiert werden, weil sie den Sicherheitsbestimmungen im Ausland nicht genügen, nicht bekanntgeworden. Kauft ein Kunde billigere importierte Reifen, so trägt er selbst das Risiko des möglicherweise schnelleren Verschleißes.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Kiep.

Dr. h. c. Walther Leisler Kiep (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001094, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, darf ich Ihre Äußerung so interpretieren, daß die Bundesregierung nicht beabsichtigt, gewisse allgemein gültige Sicherheitsbestimmungen für Reifen einzuführen, um die Verkehrssicherheit der Fahrzeuge zu erhöhen?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, diese Frage ist in dem Fachausschuß „Kraftfahrzeugtechnik" geprüft worden, und ein Sonderausschuß dieses Gremiums hatte sich auch für die Einführung einer Musterprüfung ausgesprochen. Der Ausschuß selbst hat die Einführung dieser Musterprüfung jedoch abgelehnt mit der Begründung, daß sie unter dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherheit nicht gefordert werden könnte.

Dr. h. c. Walther Leisler Kiep (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001094, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ist sich die Bundesregierung darüber im klaren, daß ein Teil des Imports dieser Reifen, insbesondere aus den Vereinigten Staaten, auf Grund der dort eingeführten erhöhten Sicherheitsbestimmungen zustande gekommen ist?

Not found (Staatssekretär:in)

Mir sind die Gründe für das Importvolumen von Pkw-Decken aus den USA nicht bekannt. Die Anzahl der Importe insgesamt ist, sowohl gemessen an der Gesamteinfuhr als auch insbesondere gemessen an der Produktion, relativ gering. Sollte sich aber die Entwicklung beschleunigen und sollte sich bestätigen - die Frage werden wir selbstverständlich prüfen -, daß hierin ein wesentliches Motiv liegt, dann muß selbstverständlich die Frage, die in diesem Ausschuß behandelt worden ist, erneut gestellt werden. Daß auch ein Interesse der Bundesregierung daran besteht, ist durch die Anregungen, die in diesem Fachausschuß gegeben worden sind, dokumentiert.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Ist die zweite Frage des Abgeordneten Kiep damit schon beantwortet? - Nein. Ich rufe die Frage VI/8 des Herrn Abgeordneten Kiep auf: Welche Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung zu ergreifen, um zu gewährleisten, daß die in der Bundesrepublik zum Verkauf kommenden Autoreifen, insbesondere solche aus den USA und Japan, den in der Bundesrepublik Deutschland üblichen Sicherheitsbestimmungen entsprechen?

Not found (Staatssekretär:in)

Im Verkehrsrecht der Bundesrepublik Deutschland gibt es zur Zeit keine Vorschrift über die Konstruktion von Kraftfahrzeugreifen. Die deutsche Autoreifenindustrie hat sich selbst Qualitätsvorschriften für die von ihr zur Reifen4466 herstellung verwendeten Roh- und Hilfsstoffe gesetzt, um die Güte der unter ihren Firmennamen verkauften Autoreifen garantieren zu können.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Ich rufe die Fragen des Abgeordneten Zebisch auf: Wann gedenkt die Bundesregierung die Richtlinien für 1967 über Frachthilfe für Ostbayern zu erlassen? Stimmt die Nachricht einer Industrie- und Handelskammer, daß die in Frage VI/9 erwähnten noch zu erlassenden Richtlinien für 1967 nicht, wie bisher, sich auf das ganze Jahr erstrecken, sondern vorerst nur für das erste Halbjahr gelten sollen? Sind wesentliche Kürzungen und Veränderungen der Richtlinien „Frachthilfe für Ostbayern" für 1967 vorgesehen? Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Bundesministers Dr. Schiller vom 14. März 1967 lautet: Zu 1.: Die „Frachthilfe für Ostbayern" ist eine Frachthilfemaßnahme im Rahmen der „Frachthilfe für das Zonenrandgebiet", die wiederum ein Teil des Regionalen Förderungsprogramms ist. Die Richtlinien für das Regionale Förderungsprogramm der Bundesregierung sind mit Wirkung vom 1. März 1967 neu herausgegeben worden und den am Programm beteiligten Ländern bekannt. Daneben wurde den Zonenrandländern mit Schreiben vom 6. März 1967 mitgeteilt, daß die Frachthilfe für das Zonenrandgebiet für die Zeit vom 1. Januar 1967 - 31. Dezember 1967 weitergeführt wird. Die Bekanntmachungen für die einzelnen Frachthilfemaßnahmen, in denen die einzelnen Güter und die jeweilige Höhe der Frachthilfe angegeben sind sowie der Antragsweg geregelt ist, werden von den Zonenrandländern erlassen. Das gilt auch für die Frachthilfe für Ostbayern, für die die Bekanntmachung vom Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr demnächst zu erlassen ist. Zu 2.: Wie schon zu 1. festgestellt, ist die Frachthilfe für das Zonenrandgebiet für die Dauer des ganzen Jahres 1967 genehmigt. Die Bekanntmachungen der Länder werden dagegen jeweils auf ein halbes Jahr befristet. Der Grund hierfür ist, daß ab 1. Juli 1967 die sogenannte relative Bagatellgrenze eingeführt wird, d. h. daß Frachthilfezahlungen eingestellt werden, die im Verhältnis zur Größe des Betriebes sehr gering sind und daher keine Bedeutung für die Gesamtsituation des einzelnen Betriebes haben können. Über die Höhe der Mindestbeträge an Frachthilfe, die ein Betrieb im Verhältnis zu seinem Umsatz erreichen muß, wird zur Zeit noch verhandelt. Zu 3.: Ab 1. Januar 1967 ist die sogenannte absolute Bagatellgrenze geändert worden. Sie wurde von bisher 120,- DM jährlich auf 600,- DM jährlich erhöht. Hinzu kommt ab 1. Juli 1967 die unter 2. genannte relative Bagatellgrenze. Diese Regelungen gelten nicht nur für die Frachthilfe für Ostbayern, sondern für alle Maßnahmen im Rahmen der Frachthilfe für das Zonenrandgebiet. Ich rufe die Frage VI/12 des Herrn Abgeordneten Bauer ({0}) auf: Welches ist der Stand der Ratifizierung des von der Bundesregierung unterzeichneten Abkommens über die Internationale Bank für Wiederaufbau und Entwicklung zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten zwischen Staaten und Angehörigen anderer Staaten? Ist der Kollege Bauer im Raume? - Herr Abgeordneter Dr. Rinderspacher übernimmt diese Frage. Herr Staatssekretär, bitte!

Not found (Staatssekretär:in)

Das Übereinkommen zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten zwischen Staaten und Angehörigen anderer Staaten - kurz genannt: Weltbankschiedskonvention - ist am 14. Oktober 1966 in Kraft getreten. Insgesamt 29 Staaten haben bisher die Ratifikationsurkunden hinterlegt. Für die Bundesrepublik Deutschland ist das Übereinkommen am 27. Januar 1966 unterzeichnet worden. Das Übereinkommen bedarf der Ratifikation. Das deutsche Vertragsgesetz konnte noch nicht eingebracht werden, weil gewisse Fragen verfahrensrechtlicher Art noch geprüft werden müssen. Artikel 54 der Konvention sieht nämlich vor, daß Schiedssprüche wie Endurteile eines' innerstaatlichen Gerichtes zu vollstrecken sind. Dieser Artikel macht für die Bundesrepublik eine gesetzliche Regelung erforderlich, weil die innerstaatlichen Regeln über die Vollstreckung von Endurteilen nicht ohne eine gewisse Anpassung auf die Vollstreckung von Schiedssprüchen nach der Weltbankschiedskonvention anwendbar erscheinen. Lösungsmöglichkeiten für diese Frage, die in diem Rechtssystem vieler anderer Staaten nicht auftritt, werden zur Zeit insbesondere durch den Bundesminister der Justiz untersucht. Eine Entscheidung konnte insoweit nicht früher getroffen werden, weil hierzu die Kenntnis dies Entwurfs der Verfahrensregeln für das Schiedsgerichtsverfahren der Weltbankkonvention notwendig war. Der vorläufige Text dieser` Verfahrensregeln liegt jetzt vor. Die zuständigen Ministerien sind sehr bemüht, die noch offenen Fragen so schnell wie möglich zu klären und alsdann dien Entwurf eines Vertragsgesetzes einzubringen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Zu einer Zusatzfrage hat Herr Dr. Rinderspacher das Wort.

Dr. Fritz Rinderspacher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001852, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär! Haben Sie irgendwelche Vorstellungen darüber, wie lange diese Prozedur noch dauern wird?

Not found (Staatssekretär:in)

Ich kann Ihnen im Augenblick keine Frist angeben. Ich kann nur, soweit unser Haus betroffen ist, Ihnen zusichern, daß wir wegen der Bedeutung dieser Konvention die Arbeiten nach Möglichkeit beschleunigen und vordringlich behandeln werden.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Ich rufe die Frage VI/13 des Herrn Abgeordneten Dr. Friderichs auf: Weiß die Bundesregierung, wo der Bundestagsabgeordnete Dr. Arndt ({0}), der als Referent für das Schleswig-HolsteinTreffen der SPD in Neumünster am 5. März 1967 als Parlamentarischer Staatssekretär angekündigt wird, das Amt eines Parlamentarischen Staatssekretärs ausübt? Sie wird übernommen von Herrn Abgeordneten Busse.

Not found (Staatssekretär:in)

Da das Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Parlamentarischen Staatssekretäre noch nicht verabschiedet ist, kann die Antwort nur verneinend sein. Der Bundestagsabgeordnete Dr. Arndt ist in der Einladung zu dem in der Frage erwähnten Treffen nicht als Parlamentarischer Staatssekretär, sondern irrtümlich als Staatssekretär angekündigt worden. Der Veranstalter hat sich für diese fehlerhafte Ankündigung entschuldigt und sie bei der Eröffnung der Veranstaltung ausdrücklich richtiggestellt.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Es folgt eine Zusatzfrage von Herrn Abgeordneten Busse,

Hermann Busse (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000316, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Ist der Kollege Dr. Arndt heute Mitglied des Wirtschaftsministeriums?

Not found (Staatssekretär:in)

Diese Frage kann ich ebenfalls verneinen.

Hermann Busse (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000316, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Wie erklären Sie sich, Herr Staatssekretär, daß in einer Einladung der Arbeitsgemeinschaft selbständiger Unternehmer Herr Dr. Arndt bei einer Tagung, die jetzt gerade stattgefunden hat, als Mitglied des Wirtschaftsministeriums aufgeführt ist?

Not found (Staatssekretär:in)

Es handelt sich um den gleichen Irrtum, dem der in der Frage erwähnte Veranstalter unterlegen ist. Es geschieht mit Sicherheit von seiten des Bundeswirtschaftsministeriums, insbesondere von seiten des Herrn Abgeordneten Dr. Arndt alles, um solche Irrtümer nicht entstehen zu lassen und sie auch nicht zu provozieren.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Fragen VI/14 und VI/15 des Abgeordneten Dr. Stecker: Ist es richtig, daß die Betonsteinindustrie in den Gebieten nahe der holländischen Grenze von seiten holländischer Firmen einem Wettbewerb ausgesetzt wird, der verzerrt ist durch zu hohe Exportvergütungen des holländischen Staates, unterschiedliche Besteuerung der Kraftstoffe, durch die Preispolitik des deutschen Zementkartells und unterschiedliche Gütekontrollen? Sieht die Bundesregierung gegebenenfalls die Möglichkeit, die in Frage VI/14 erwähnten Wettbewerbsverzerrungen zu bereinigen, um sicherzustellen, daß die öffentlichen Mittel, die dringend für die Belebung der Konjunktur gerade in strukturschwachen Grenzgebieten notwendig sind, dieser Zweckbestimmung auch zugeführt werden? Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort liegt noch nicht vor. Sie wird nach Eingang im Sitzungsbericht abgedruckt. Ich rufe die Frage VI/16 des Abgeordneten Vogt auf: Sind Behauptungen richtig, nach denen bei Handelsvertragsverhandlungen mit Japan von dieser Seite die Kontingentausweitung mit dem Ziel völliger Liberalisierung der Wollgewebeeinfuhr schwerpunktmäßig gewünscht wird?

Not found (Staatssekretär:in)

Die japanische Regierung fordert in den bevorstehenden Verhandlungen Liberalisierungszusagen für den gegenüber Japan noch kontingentierten Warenbereich, zumindest aber eine erhebliche Verbesserung der japanischen Liefermöglichkeiten nach Deutschland. Dieser Wunsch nach Vergrößerung des japanischen Marktanteils in Deutschland ist nicht schwerpunktmäßig auf Wollgewebe beschränkt, sondern umfaßt alle noch kontingentierten Warenbereiche.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Vogt.

Karl Heinz Vogt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002382, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ist Ihnen nach den Interventionen der deutschen Tuch- und Kleiderstoffindustrie aber bewußt, daß gerade dieser Zweig besonders betroffen werden würde, wenn sich die japanischen Wünsche hinsichtlich der Wollgewebe-Einfuhren so gestalten würden, wie ich sie in meiner Anfrage dargestellt habe?

Not found (Staatssekretär:in)

Die Lage der Tuch- und Kleiderstoffindustrie ist bekannt. Die Kenntnisse darüber sind erst kürzlich noch einmal bei einer Erörterung vertieft worden. Ich komme bei der Beantwortung der zweiten Frage auf den Kernpunkt. Dieser besteht darin, daß wir die gegebene Lage bei den Vertragsverhandlungen mit Japan gebührend berücksichtigen werden. Ich bitte aber um Verständnis dafür, daß beim gegenwärtigen Stand, nämlich kurz vor den Verhandlungen, das Verhandlungsziel hier nicht in aller Breite diskutiert werden kann.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine weitere Frage, Herr Abgeordneter Vogt.

Karl Heinz Vogt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002382, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Selbstverständlich habe ich dafür Verständnis, Herr Staatssekretär. Ich habe auch nicht gewollt, daß das hier ausgebreitet wird. Mir kam es nur darauf an, darauf hinzuweisen, welche Schwierigkeiten entstehen. Ich gestatte mir anschließend die Frage, ob diese Industrie darauf hingewiesen worden ist, daß sie einen entsprechenden Antrag bei der EWG-Kommission einbringen kann.

Not found (Staatssekretär:in)

Ich bin mit der zweiten Frage, ob auf die Möglichkeit, Anträge bei der EWG-Kommission zu stellen, hingewiesen worden sei, im Augenblick überfragt, weil ich diesen Bereich nicht so genau übersehe. Aber Ihre Frage ist Anlaß dafür, die Möglichkeit von Anregungen bei der EWG-Kommission zu prüfen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Frau Dr. DiemerNicolaus, eine Zusatzfrage.

Dr. Emmy Diemer-Nicolaus (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000387, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, wenn ich mich recht erinnere, gehört Japan auch zum GATT. Laufen deshalb die Verhandlungen in der hier geschilderten Form auf der Grundlage der üblichen GATT-Bestimmungen?

Not found (Staatssekretär:in)

Es ist richtig, Japan gehört zum GATT. Es ist aber ebenfalls richtig, daß noch bestimmte Kontingentierungen vorhanden sind und auf dem Wege zur Liberalisierung noch eine Strecke zurückzulegen ist. Deswegen sind wir noch in der Lage, Vertragsverhandlungen zu führen. Bei diesen Vertragsverhandlungen muß eine Grundlage gegeben sein, und diese wird sicher darin bestehen, daß ein vernünftiger und fairer Kompromiß zwischen den Absichten und den Wünschen des Vertragspartners und der sehr schwierigen Situation unserer Industrie, die uns bekannt ist, gefunden wird.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine weitere Frage, Frau Abgeordnete Dr. Diemer-Nicolaus.

Dr. Emmy Diemer-Nicolaus (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000387, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, ist es bei anderen Partnern des GATT auch üblich, daß bei Handelsverträgen Kontingentierungen erfolgen, oder ist insofern bei den Verhandlungen mit Japan nicht schon bisher ein Sonderfall dadurch gegeben, daß Japan auf die deutschen 1 Verhältnisse entsprechend Rücksicht genommen hat?

Not found (Staatssekretär:in)

Letzteres ist der Fall, Frau Abgeordnete.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Staratzke.

Dr. Hans Werner Staratzke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002216, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Meinung, daß wir mit den Japanern einen bilateralen Vertrag schließen, der mit der Kommission der EWG nichts zu tun hat, es sei denn, daß man eine Harmonisierung oder eine gleichartige Handelspolitik in der EWG betreiben möchte?

Not found (Staatssekretär:in)

Ich teile Ihre Auffassung, Herr Dr. Staratzke.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Herr Abgeordneter Ott.

Anton Ott (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001664, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, sind Sie in der Lage, mir zu erklären, weshalb bei den abgeschlossenen Handelsvertragsverhandlungen die Auswirkungen meistens so sind, daß die deutsche Textilwirtschaft einseitig darunter leidet und daß sie nicht in der Lage ist, in entsprechendem Ausmaß in die anderen Länder zu exportieren?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, ich glaube nicht, daß man generell die Feststellung treffen kann, bei allen bisherigen Vertragsverhandlungen sei das Ergebnis zu Lasten der deutschen Textilindustrie gegangen. Ich darf insbesondere an die schon sehr lange zurückliegenden und immer wieder erneuerten Verhandlungen mit Hongkong erinnern, die durchaus das Ziel und auch das Ergebnis hatten, übermäßige Einfuhrsteigerungen im beiderseitigen Interesse zu verhindern. Ich bin also der Meinung, daß man die Ergebnisse unserer Vertragsverhandlungen nicht so negativ beurteilen kann, auch nicht aus der Sicht der Textilindustrie. Aber ich weiß - und die Bundesregierung ist sich darüber im klaren -, daß die Situation in der Textilindustrie unter vielen Gesichtspunkten, strukturellen und auch konjunkturellen Gesichtspunkten, sehr schwierig ist.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine weitere Frage, Herr Abgeordneter Ott.

Anton Ott (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001664, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, mir zuzugeben, daß die Entwicklung auf dem textilwirtschaftlichen Sektor in der Bundesrepublik beweist, daß tatsächlich unsere Textilwirtschaft in einem erschreckenden Ausmaß unter solchen Ergebnissen der Handelsvertragsverhandlungen leidet?

Not found (Staatssekretär:in)

Ich glaube, daß man auch dieser Feststellung nicht generell zustimmen kann. Ich sagte vorhin, daß die Entwicklung der Einfuhren, insbesondere in den letzten Jahren der sehr starken Verbrauchssteigerung, außerordentlich und in vielen Bereichen auch überdurchschnittlich lebhaft war. Aber die Entwicklung der letzten Monate des zweiten Halbjahres, insbesondere seit dem Herbst, zeigt, daß in der Textilindustrie die Einfuhr ebenfalls zurückgegangen ist. Die prozentualen Minusraten liegen etwa in der gleichen Größenordnung wie in der gesamten Einfuhr der Bundesrepublik. Hier ist zweifellos eine, ich würde nicht sagen: Entlastung, aber eine Veränderung der Importsituation auf Grund der bei uns gegebenen konjunkturellen Gesamtlage eingetreten.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Frage VI/17 des Herrn Abgeordneten Vogt ist noch nicht beantwortet, ich rufe sie auf: Wie wird die Bundesregierung die von der deutschen Tuch- und Kleiderstoffindustrie zu den in Frage VI/16 erwähnten Behauptungen erhobenen Einwände, die nachdrücklich auf die ernste Situation dieses Wirtschaftszweiges hinweisen, berücksichtigen?

Not found (Staatssekretär:in)

Ich darf die Frage wie folgt beantworten. Der Bundesregierung ist die konjunkturelle und strukturelle Situation der deutschen Tuch- und Kleiderstoffindustrie bekannt. Sie wird bei den Verhandlungen der besonderen Lage dieses Industriezweiges im Rahmen der handelspolitischen Erfordernisse Rechnung tragen. Der Beirat des Deutschen Bundestages für handelspolitische Vereinbarungen hat sich bereits ausführlich mit diesen Fragen beschäftigt.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Herr Abgeordneter Staratzke, eine Zusatzfrage.

Dr. Hans Werner Staratzke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002216, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Meinung, daß auf dem Textilgebiet hinsichtlich der progressiv steigenden Einfuhrentwicklung eine Situation entstanden ist, die doch beängstigend erscheint, wenn man weiß, daß für über 6 Milliarden DM Einfuhren an Halb- und Fertigwaren erfolgt sind - bei einem eigenen Umsatz von knapp 21 Milliarden DM?

Not found (Staatssekretär:in)

Ich sagte, daß sich die Lage in der Textilindustrie als schwierig kennzeichnet. Ich habe auch darauf hingewiesen, daß die Einfuhrentwicklung, insbesondere in den letzten Jahren, überproportional war und daß auch der Anteil der Einfuhren an der Inlandsversorgung dadurch besonders gestiegen ist. Die Textilindustrie befindet sich in der Tat durch das Zusammentreffen einer Reihe von Faktoren in einer besonderen Lage, insbesondere durch die Tatsache, daß in den nichtindustrialisierten Ländern die Entwicklung zur Industrie in vielen Fällen gerade mit dieser Produktion beginnt.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Herr Abgeordneter Dr. Geißler!

Dr. Heiner Geißler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000655, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, ob andere Länder der EWG ähnliche Handelsverträge mit Japan zu schließen beabsichtigen?

Not found (Staatssekretär:in)

Ich bin über den Stand der Termine von Vertragsverhandlungen nicht unterrichtet. Aber ich verstehe Ihre Frage so, daß die Einfuhrpolitik anderer EWG-Länder - im ganzen und auch in diesem Bereich - nicht so liberal ist wie die in der Bundesrepublik.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine weitere Frage, Herr Dr. Geißler.

Dr. Heiner Geißler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000655, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sind Sie nicht der Auffassung, daß zumindest innerhalb der EWG eine Koordinierung dieser Handelsverträge vorgenommen werden sollte?

Not found (Staatssekretär:in)

Eine Koordinierung der Handelspolitik insgesamt ist angestrebt und ist Ziel der gemeinsamen Handelspolitik der EWG, die in absehbarer Zeit verwirklicht werden wird. Dann stellt sich selbstverständlich die Frage, wie eine gemeinsame Handelspolitik allgemein und in bezug auf dieses Problem aussehen wird und aussehen kann.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Herr Abgeordneter Ott zu einer Zusatzfrage.

Anton Ott (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001664, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung bereit, die von Ihnen vorhin erwähnte liberalere Handhabung der Einfuhrpolitik im Hinblick auf den Schutz unserer eigenen Textilwirtschaft zu überprüfen und entsprechende Konsequenzen aus der Vergangenheit zu ziehen?

Not found (Staatssekretär:in)

Eine Überprüfung unserer Einfuhrpolitik findet ständig statt. Wir werden ständig mit neuen Problemen und neuen Aufgaben konfrontiert. Ich glaube nicht, daß man auf Grund der gegenwärtigen Situation eine generelle Änderung unserer Einfuhrpolitik erwägen kann; denn auch hier handelt es sich oft um divergierende Interessen von Einzelbranchen der Wirtschaft und der Gesamtwirtschaftspolitik. Aufgabe und Kunst dieser Wirtschaftspolitik ist es, einen fairen Kompromiß zwischen divergierenden Interessen zu finden.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Herr Abgeordneter Vogt zu einer Zusatzfrage.

Karl Heinz Vogt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002382, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, verhält es sich nicht so, daß gerade im Falle der Handelsvertragsvereinbarung mit Japan EWG-Partner sich selbst Kontingentsbeschränkungen auferlegt haben, und zwar gerade bei Wollgewebeeinfuhren? Deshalb meine Frage: Wie gedenkt die Bundesregierung in Anbetracht dieser Situation bei den Verhandlungen zu reagieren?

Not found (Staatssekretär:in)

Für diese Vertragsverhandlungen steht ganz zweifellos und ganz eindeutig unsere eigene wirtschaftspolitische Entscheidung im Vordergrund und nicht unbedingt ein Gleichziehen mit anderen Ländern. Ich sagte, daß diese Politik im Rahmen der EWG vereinheitlicht werden muß. Dann werden sich die verschiedenen Standpunkte gegeneinander durchsetzen müssen, und es wird zu einem Ausgleich der unterschiedlichen Interessen kommen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Herr Abgeordneter Dr. Staratzke!

Dr. Hans Werner Staratzke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002216, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Meinung, daß eine gemeinsame Handelspolitik der EWG gegenüber diesen zum Teil anomalen Einfuhren aus allen möglichen Richtungen Ostasiens usw. nur dann möglich ist, wenn die deutsche Regierung sich in diesen Vertragsverhandlungen bezüglich der Mengen etwas mäßigt und die anderen dafür etwas mehr einführen?

Not found (Staatssekretär:in)

Ich bin davon überzeugt, daß eine gemeinsame Handelspolitik in der EWG zu einer insgesamt möglichst liberalen Handelspolitik führen sollte und führen wird, Damit wird sich die Situation der deutschen Textilindustrie durch die Einfuhrmöglichkeiten, die dann in anderen Ländern vergrößert werden, ganz zweifellos anders darstellen als heute.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Herr Abgeordneter Ott zu einer weiteren Zusatzfrage.

Anton Ott (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001664, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, daß in diesem Haus auf Grund der heute und vor einigen Wochen gestellten Fragen eine erhebliche Sorge um den Fortbestand unserer Textilwirtschaft besteht und daß dieses Haus sich nicht damit zufrieden geben wird, auf die Dauer nur vorübergehende Erklärungen in Empfang zu nehmen? ({0})

Not found (Staatssekretär:in)

Die Sorge der Textilindustrie ist der Bundesregierung und insbesondere dem Bundeswirtschaftsminister bekannt. Es trifft nicht zu, daß diesen Sorgen nur mit vagen Zusagen oder mit unerfüllten Zusagen begegnet worden ist. Ich könnte eine ganze Reihe von Beispielen dafür aufführen, wie sehr die Lage der Textilindustrie die konkreten wirtschaftspolitischen Entscheidungen beeinflußt hat.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Wir kommen zu den Fragen der Frau Abgeordneten Jacobi ({0}) - zunächst zur Frage VI/18: Um wieviel Prozent hat der Verbrauch an elektrischer Energie im Bundesgebiet im Jahre 1966 gegenüber 1965 zugenommen?

Not found (Staatssekretär:in)

Der Verbrauch an elektrischer Energie im Bundesgebiet aus Anlagen der öffentlichen Elektrizitätsversorgung sowie aus Kraftwerken der Industrie und der Bundesbahn hat im Kalenderjahr 1966 um 5,2'0/o gegenüber dem Kalenderjahr 1965 zugenommen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Ich rufe die Frage VI/19 der Abgeordneten Frau Jacobi ({0}) auf: Welcher Mehrverbrauch an Kohle entsteht auf Grund des in Frage VI/18 erwähnten Verbrauchs nach dem Zweiten Kohleverstromungsgesetz?

Not found (Staatssekretär:in)

Der Verbrauch an Steinkohle zur Stromerzeugung hängt außer von der Entwicklung des Stromverbrauchs auch sehr stark von der Stromerzeugung aus Wasserkraft ab. Im Jahre 1966 kam zu einem verhältnismäßig niedrigen Verbrauchszuwachs eine hohe Stromerzeugung aus Wasserkraft. Diese Mehrerzeugung aus Wasserkraft gegenüber einem Normaljahr entspricht etwa einer Kohlenmenge von 2 Millionen t. Der tatsächliche Rückgang der Stromerzeugung aus Steinkohle war jedoch geringer und hatte einen Minderverbrauch von rund 1 Million t zur Folge. Man kann etwa sagen, daß der Rückgang um nur 1 Million t statt um 2 Millionen sehr wesentlich als eine Auswirkung der Verstromungsgesetze anzusehen ist. Was die Entwicklung in den folgenden Jahren betrifft, só gilt folgendes. Ab 1967 bis zum Jahre 1971 wird auf Grund der Wirkungen der beiden Verstromungsgesetze mit einem Mehrabsatz von durchschnittlich 2 Millionen t Steinkohle pro Jahr gerechnet. In den einzelnen Jahren kann infolge der Schwankungen im Zuwachs des Stromverbrauchs, insbesondere aber wegen der unterschiedlichen Wasserdarbietung dieser Wert erheblich über- oder auch unterschritten werden.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine Zusatzfrage.

Maria Jacobi (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000999, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, sind Sie nicht der Meinung, daß es zur sinnvollen Stützung des Kohleverbrauchs wirkungsvoll wäre, mehr für die Verstromung der Kohle zu tun, als bisher getan worden ist?

Not found (Staatssekretär:in)

Die Frage, ob und wie die Ausweitung der Verstromung von Kohle zu fördern ist, ist in mehrerer Hinsicht ein Problem. Es ist ein Haushaltsproblem - das ist Ihnen sicher bekannt -, es ist aber auch ein Problem der technischen Zweckmäßigkeit und der Umstellungsmöglichkeiten. Man kann hier gewisse Grenzen nicht überschreiten, ohne die Wirksamkeit solcher Maßnahmen zu beeinträchtigen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine weitere Frage, Frau Abgeordnete.

Maria Jacobi (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000999, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ist es Ihnen bewußt, daß wir im Haushalt 1966 nur 21 Millionen DM für die Verstromung der Kohle ausgegeben haben, dagegen aber ungefähr 1/2 Milliarde DM für verschiedene Maßnahmen, um die Stillegung der Kohle zu beschleunigen?

Not found (Staatssekretär:in)

Die Relationen zwischen den einzelnen Förderungsmaßnahmen sagen, glaube ich, nichts aus über die Bedeutung und die wirkliche Stützung, die in den einzelnen Maßnahmen liegt. Zweifellos wurden auch Maßnahmen gefördert, die eine Anpassung der Kohleförderung an den Verbrauch darstellen. Ich glaube, beides muß zusammenfallen: die Möglichkeit einer sinnvollen, geordneten Anpassung, zugleich aber die Abstützung dieses Prozesses und insbesondere die Verhütung von sozialen Schäden innerhalb des Ablaufs eines solchen Anpassungsvorgangs.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Herr Dr. Kübler für eine Zusatzfrage.

Dr. Paul Kübler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001239, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, sind bereits auf Grund des Stromgesetzes und besonders des Stromtransportsubventionsgesetzes Zahlungen in den revierfernen süddeutschen Raum gekommen, die dort den teureren Strom billiger machen?

Not found (Staatssekretär:in)

Ich bin leider nicht in der Lage, diese Frage ohne Prüfung zu beantworten. Sind sie damit einverstanden, daß ich Ihnen diese Frage dann sofort schriftlich beantworten werde?

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Ich rufe dann die Frage VI/20 der Abgeordneten Frau Jacobi auf: Wieviel Anmeldungen zum Bau von Kraftwerken auf Kohlebasis sind bis jetzt eingegangen?

Not found (Staatssekretär:in)

Bisher sind auf Grund des Zweiten Verstromungsgesetzes beim Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft 31 Anträge auf Zusage der Gewährung von Zuschüssen für neue nach dem 1. Juli 1966 in Betrieb genommene Steinkohlenkraftwerke mit einer Gesamtleistung von rund 7,0 Millionen kW eingegangen. Ob alle diese Kraftwerksanlagen noch im Förderungszeitraum errichtet werden, wird von dem weiteren Stromverbrauchsanstieg abhängen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Kübler.

Dr. Paul Kübler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001239, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, können Sie uns sagen, wie die Standortverteilung dieser Kraftwerke bzw. der beantragten Kraftwerke in der Bundesrepublik ist, etwa grob südlich und nördlich der Mainlinie?

Not found (Staatssekretär:in)

Nein, auch dazu bin ich im Augenblick nicht in der Lage. Ich darf diese Antwort in die Form einschließen, um die ich vorher gebeten hatte.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Ich rufe nun die Frage VI/21 des Herrn Abgeordneten Weigl auf: Ist die Vorlage eines jährlich dem Deutschen Bundestag zu erstattenden Berichts der Bundesregierung über die Lage der Zonenrand- bzw. Bundesausbaugebiete bereits Gegenstand konkreter Überlegungen der Bundesregierung?

Not found (Staatssekretär:in)

Im Rahmen des gesetzlich vorgeschriebenen Raumordnungsberichts erstattet die Bundesregierung alle zwei Jahre einen Bericht über das Zonenrandgebiet, die Bundesausbaugebiete und die Bundesausbauorte. Eine häufigere und detailliertere Berichterstattung erscheint nicht zweckmäßig. Sie würde auch auf Schwierigkeiten stoßen, weil bundeseinheitliche statistische Unterlagen für diese Gebietskategorien nicht gesondert zur Verfügung stehen. Die wichtigsten Statistiken zur Feststellung regionalwirtschaftlicher Entwicklungen sind Sozialproduktszahlen einzelner Landkreise, die allerdings nur im Abstand mehrerer Jahre erscheinen. Zur Zeit liegen als letzte Ergebnisse die des Jahres 1964 vor.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Weigl.

Franz Weigl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002448, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, würden Sie die Auffassung teilen, daß alle Maßnahmen für das Zonenrandgebiet vielleicht etwas deutlicher sichtbar gemacht und auch wegen der Arbeitsmarktlage im Grenzland verstärkt und besser koordiniert werden sollten?

Not found (Staatssekretär:in)

Ja, ich teile diese Auffassung. Mir ist insbesondere klar, daß sich die gegenwärtige konjunkturelle Situation und die Arbeitslosigkeit gerade in solchen Gebieten massiert, und ich teile auch die Schlußfolgerungen, die daraus zu ziehen sind.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine weitere Frage des Herrn Abgeordneten Weigl.

Franz Weigl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002448, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß z. B. - vielleicht infolge mangelnder Koordinierung - in den letzten Jahren aus dem ostbayerischen Zonenrandgebiet Kapital nach Berlin abgeflossen ist, und zwar deshalb, weil im Vergleich gesehen die dortigen steuerlichen Vergünstigungen wesentlich besser sind als die sogenannten Grenzlandabschreibungen, und was könnte man tun, um hier nicht Dinge aufkommen zu lassen, die bei der Grenzlandbevölkerung Unruhe verursachen?

Not found (Staatssekretär:in)

Es wird sich nie vermeiden lassen, daß durch die Förderung der Berliner Wirtschaft zum Teil auch Auswirkungen unterschiedlicher regionaler Art eintreten. Ich glaube, man sollte und kann daraus jedenfalls nicht die Schlußfolgerung ziehen, daß die besonderen Förderungen der Berliner Wirtschaft verändert werden sollten, und auch nicht die Schlußfolgerung, daß ein Gleichziehen dieser Förderung des Zonenrandgebietes mit der Berliner Förderung angebracht sei. Sofern es sich allerdings um Entwicklungen handeln würde, die massiert auftreten - das glaube ich aber vorerst nicht -, müßte man die Lage und die Konsequenzen und Möglichkeiten der Veränderung und der Abhilfe selbstverständlich mit aller Sorgfalt prüfen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Herr Abgeordneter Ertl zu einer Zusatzfrage.

Josef Ertl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000493, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, verstehen Sie unter mangelhafter Koordinierung gegebenenfalls auch eine mangelhafte Zusammenarbeit mit den Ländern?

Not found (Staatssekretär:in)

Ich glaube nicht, daß die Koordinierung auf diesem Gebiet mangelhaft ist. Verbesserungsfähig ist sicher jede Art der Zusammenarbeit. Nach meinen bisherigen Erfahrungen ist die Koordinierung mit den Ländern gut.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Ertl.

Josef Ertl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000493, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, sind Sie in der Lage, für die bessere Koordinierung konkrete Vorschläge zu machen? Dr. Schöllhorn, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft. Es erfolgen laufend Anstrengungen und Bemühungen, die Zusammenarbeit zu verbessern. Jede Zusammenarbeit ist ein Ergebnis der Bereitschaft und der Bemühungen beider Partner. Eine verbesserte Zusammenarbeit kann nicht verfügt werden. Es ist auch keine Frage, die sich mit organisatorischen Dingen lösen ließe, sondern sie ist nur mit dem Interesse und mit der Verantwortung für diese Aufgabe zu lösen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Herr Abgeordneter Sänger zu einer Zusatzfrage.

Fritz Sänger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001914, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, in Anknüplung an die zuerst gegebene Antwort, daß kein ausreichendes statistisches Material zur Verfügung stehe, darf ich fragen: Sind Sie bereit, sich des statistischen Materials zu bedienen, das bei wohl allen Kreisverwaltungen im Zonenrandgebiet vorhanden ist?

Not found (Staatssekretär:in)

Selbstverständlich werden wir uns nicht nur auf die Angaben der amtlichen Statistik stützen können. Dennoch bleiben als vergleichbarer Grundtatbestand immer die kreisweisen Sozialproduktszahlen, deren Errechnung eine außerordentlich schwierige Angelegenheit ist.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine zweite Frage des Herrn Abgeordneten Sänger.

Fritz Sänger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001914, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, wären Sie angesichts der Notwendigkeit, im Zonenrandgebiet die wirtschaftlichen Verhältnisse stärker als bisher zu fördern und auch auf den Standard der Bundesrepublik einzupendeln, doch bereit, eine jährliche Übersicht zu versuchen?

Not found (Staatssekretär:in)

Ich will die Frage noch einmal prüfen lassen, inwieweit solche jährlichen Übersichten ohne das dafür erforderliche statistische Material, das ich vorhin erwähnte, nämlich die Sozialproduktszahlen, geschaffen werden können. Aber Berichte können auch dadurch an Gewicht einbüßen, daß sie in kürzeren Abständen einfach wegen des fehlenden Materials ihre Aussagekraft verlieren.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Ich rufe die Frage VI/22 des Herrn Abgeordneten Weigl auf: Ist die Bundesregierung bereit, in verstärktem Maße Mittel zur Erschließung von Industriegelände in Gemeinden des Zonenrand- bzw. Bundesausbaugebietes zur Verfügung zu stellen?

Not found (Staatssekretär:in)

Die Ansiedlung von Industriebetrieben in dafür geeigneten Gemeinden des Zonenrandgebietes und der Bundesausbaugebiete sieht die Bundesregierung als ein Kernstück der regionalen Wirtschaftspolitik an. Sie ist deshalb bemüht, einen möglichst großen Teil der für die regionale Wirtschaftsförderung verfügbaren Bundesmittel für diesen Zweck zu verwenden. Die Richtlinien des Regionalen Förderungsprogramms wurden jüngst mit dem Ziel geändert, die Mittel schwerpunktmäßig den regionalwirtschaftlich wirkungsvollsten Projekten vorzubehalten. Es sind also die Weichen dafür gestellt, in verstärktem Maße Mittel u. a. für die Erschließung von Industriegelände verwenden zu können.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Keine Zusatzfrage. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär. Wir sind damit am Ende der heutigen Fragestunde. Im Ältestenrat ist eine Aktuelle Stunde vereinbart über die Frage der Konzentration im Zeitungsgewerbe. Das Wort hat zunächst Herr Abgeordneter Dr. Schulze-Vorberg.

Dr. Max Schulze-Vorberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002112, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema „Pressekonzentration", das Presseproblem überhaupt ist außerordentlich gründlich nicht nur in Deutschland, sondern in der ganzen Welt behandelt und durchforscht. Wer Kommissionen einsetzt, um es neu zu durchforschen, setzt sich grundsätzlich dem Vorwurf aus, ein Problem weiter vor sich herschieben zu wollen, es sei denn - und das muß ich hier an die Adresse der Bundesregierung sagen -, man setzt eine kleine Kommission mit einem klar umrissenen Auftrag ein, der in enger zeitlicher Frist abzuwickeln ist. Dann sieht die Sache vielleicht anders aus. Arbeit an der Zeitung ist Dienst an der Demokratie. Wir haben die Pressefreiheit im Grundgesetz garantiert. Sie kann nicht nur die Freiheit des Journalisten sein, zu schreiben. Wir müssen hier auch an die Freiheit des Lesers denken, auszuwählen. Darum ist die Erhaltung größtmöglicher Selbständigkeit und Vielfalt der Verlage erforderlich. Auch hier im Bundestag ist wiederholt die Frage der Meinungsmonopole angesprochen worden. Wir haben sie sicher nicht auf der Bundesebene zu befürchten. Hier arbeiten Rundfunk und Fernsehen mit vielen Programmen, hier arbeiten Tages- und Wochenzeitungen nebeneinander, und jeder wird sich seine Meinung bilden können. Wir haben aber örtliche Meinungsmonopole in mehr als 100 Kreisen der Bundesrepublik, und diese örtlichen Meinungsmonopole haben eine sich ausweitende Tendenz. Zeitungen, meine Damen und Herren, sind nur durch Anzeigen zu erhalten. Der Abonnementspreis deckt oft nur den geringeren Teil der Kosten. Wenn wir in dem Zusammenhang das Verhältnis von Zeitung zu Zeitung berücksichtigen, z. B. das Verhältnis der Abonnementszeitung zur Boulevardzeitung, so drängt sich sofort auch das Problem des Verhältnisses der Presse insgesamt zu Rundfunk und Fernsehen auf. Hier im Bundestag ist oft über diese Frage diskutiert worden. Eine große Debatte gab es im November 1963. Damals wurde die öffentlichrechtliche Sphäre der Rundfunkanstalten - ich glaube, dieses Prinzip ist grundsätzlich richtig - der privatwirtschaftlichen bei den Zeitungen gegenübergestellt. Die Fernsehwerbung wurde damals hier im Bundestag von den Kollegen der CDU/CSU angegriffen. Darüber werden wir im Verlauf der Stunde wohl noch einiges hören. Untersuchungen über die Wettbewerbsverhältnisse bei Presse, Funk, Fernsehen und Film laufen seit damals. Bis heute ist die Debatte darüber nicht zur Ruhe gekommen. Für die Verleger hat Dr. Betz am 20. Februar einen Brief an den Vorsitzenden der Wettbewerbskommission Dr. Michel gerichtet, in dem er die Vorteile der Rundfunkanstalten aufzeigt: die RisikoDr. Schulze-Vorberg freiheit, die Gebühreneintreibung durch die Post selbst dann, wenn man den Sender gar nicht hört, und die Steuerbefreiung. Dr. Betz sagt wörtlich: Insbesondere muß untersucht werden, ob jedes, auch das kleinste Bundesland eine eigene Rundfunkanstalt rechtfertigen kann. Im November 1963 hat Kollege Blumenfeld hier im Bundestag von einem „grotesken Aufwand" bei mancher Rundfunkanstalt, von einem Fehlverhältnis zwischen Aufwand und Ergebnis gesprochen. In diesen Tagen erst hat Intendant von Bismarck davon gesprochen, daß wir fünf geographisch gegliederte leistungsfähige Rundfunkanstalten haben sollten. Genau das habe ich schon 1964 auf der Landesversammlung der CSU vorgeschlagen. Auch ich ging von etwa fünf Rundfunkanstalten aus. Als Föderalist möchte ich sehr betont sagen ({0}) - als Föderalist, hatte ich gesagt -, daß wir, gerade um dieses Prinzip glaubwürdig zu erhalten, alles tun müssen, um Übertreibungen des Besatzungsföderalismus zu verhindern. Dazu sind Kompetenzen des Bundes erforderlich. Was wir aber jetzt für unsere Zeitungen und vor allen Dingen für die kleinen und mittleren Heimatzeitungen tun können und tun müssen, darf ich abschließend kurz zusammenfassen: Beim Umbau der Umsatzsteuer haben wir darauf zu achten, daß unsere Zeitungen unter keinen Umständen schlechter dastehen als die Zeitungen in den übrigen EWG-Ländern. Zweitens, Anzeigen des Bundes, überhaupt aller Behörden, müssen wir auch und bevorzugt in die Heimatpresse geben. In der Vergangenheit war das leider durchaus nicht immer der Fall. Das gleiche gilt für Druckaufträge. Die Post, die viel für den Rundfunk tut, sollte sich überlegen, ob sie im Postzeitungsdienst den Verlagen nicht wieder entgegenkommen kann. ({1})

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Die fünf Minuten gehen leider zu Ende.

Dr. Max Schulze-Vorberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002112, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich bedanke mich sehr, Herr Präsident. Die Presse wird dann leben ({0}) - es ist sehr liebenswürdig, daß Sie mir nicht mal die letzten 30 Sekunden lassen wollen -, wenn sie erkennt, daß in unserem technischen Zeitalter Kooperation zwischen den Verlagen notwendig ist. Wir wollen dabei helfen. ({1})

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Das Wort hat der Herr Staatssekretär im Innenministerium.

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir bitte, daß ich in Vertretung meines dienstlich im Ausland weilenden Ministers einiges zu diesem Thema sage. Ich glaube, daß der Vertreter der Regierung angesichts der politischen Bedeutung dieses Problems dazu verpflichtet ist. Ich will mich bemühen, es kurz zu machen und mich an die Fünf-Minuten-Frist zu halten, obwohl nach der Geschäftsordnung der Sprecher der Bundesregierung gleichsam außerhalb der Uhr in dieser Debatte spricht. Aber ich will mich trotzdem bemühen, mir diese Beschränkung aufzuerlegen. ({0}) Die Bundesregierung hat sich zu diesem Thema schon in mehreren Fragestunden geäußert, zuletzt am 18. Januar dieses Jahres. Zumindest in dieser Legislaturperiode hat sie dabei deutlich gemacht, daß sie sich nicht darauf beschränken wird, das Problem zu beobachten und abzuwarten, sondern daß sie mehr zu tun entschlossen ist. Was wir so allgemein mit Pressekonzentration bezeichnen, ist in Wahrheit ein vielschichtiges Problem. Bitte, nehmen Sie das jetzt nicht als einen blumigen Ausdruck für irgendeinen nebelhaften Gedanken, sondern als eine exakte Bezeichnung für einen schwierigen Sachverhalt. Ich glaube, daß die Vielschichtigkeit in folgendem liegt. Es handelt sich einmal um einen langfristigen wirtschaftlichen Vorgang. Das ist an sich schon eine ernste Frage. Dieser wirtschaftliche Vorgang hat eine Reihe von Ursachen. Da ist einmal die Verschiebung der Relation zwischen den Einnahmen aus den Verkaufserlösen der Zeitung und den Einnahmen aus dem Anzeigengeschäft. Sie wissen, wie stark der Anteil der Einnahmen aus dem Anzeigengeschäft gegenüber den Einnahmen aus dem Verkaufserlös gestiegen ist. Dann ist die Stagnation und teilweise sogar der Rückgang der Einnahmen aus dem Anzeigengeschäft zu nennen, veranlaßt durch die guten und wirksamen Möglichkeiten der Werbung, die der Wirtschaft im Rundfunk und Fernsehen geboten werden. Ein weiterer Faktor in wirtschaftlicher Hinsicht sind die steigenden Kosten der technischen Investitionen, die die notwendige Modernisierung im Zeitungswesen mit sich bringt. Schließlich ist die Tatsache zu nennen - sie ist keineswegs von unerheblichem Gewicht-, daß die Verkaufspreise der Zeitungen nicht nur wirtschaftlich nach den Kosten der Herstellung errechnet werden können, sondern aus außerwirtschaftlichen, Ihnen bekannten Gründen meist eine Grenze finden, die unterhalb dieses Preises liegt. Aber das Entscheidende ist, daß hierbei eine politische Frage auftaucht, nämlich die, ob von einem bestimmten Grade dieser Entwicklung an die Meinungsfreiheit und die von ihr mit einbezogene Informationsfreiheit beeinträchtigt werden könnte. Ich glaube zwar nicht, daß die bisherige Entwicklung in der Bundesrepublik insgesamt eine solche Gefahr schon hat akut werden lassen. Ich darf mich auf die Zahlen des Presserates beziehen. Wir haben insgesamt 173 selbständige Vollredaktionen bei einer Gesamtzahl von 1232 Zeitungen, wovon 658 Hauptausgaben und 574 Kopfblätter sind. Ich glaube aber, daß in der bisherigen Entwicklung und bei dem heutigen Sachstand vor allem die regionale Seite dieser Entwicklung unsere Aufmerksamkeit verdient, mit anderen Worten die Erscheinung, daß es sehr wohl Regionen gibt, in denen praktisch nur noch eine Zeitung das Feld beherrscht. Die strukturelle Entwicklung auf diesem Gebiet ist sicherlich von den akuten Schwierigkeiten zu unterscheiden, welche als Folge der gegenwärtigen wirtschaftlichen Situation vor allem im Anzeigengeschäft auftreten. Ich glaube aber nicht, daß man die strukturellen und die akuten Schwierigkeiten voneinander trennen darf, sondern ich glaube, daß diese aktuelle Entwicklung nur etwas rascher deutlicher gemacht hat, was ohnehin zutage getreten wäre. Was mir und sicherlich auch Ihnen in diesem Zusamenmhang entscheidend ist, ist die politische Bedeutung dieser Entwicklung. Zu einer freiheitlichen Demokratie gehört die Freiheit der Meinungsäußerung, und zu der Freiheit der Meinungsäußerung gehört die Möglichkeit, unabhängige Informationen erhalten zu können. Wenn diese Entwicklung irgendwo gefährdet sein könnte, dann glaube ich, meine Damen und Herren, müssen wir alle hellwach sein; denn nach der geschichtlichen Entwicklung ist nun einmal leider die Demokratie bei uns keine seit Generationen fest gewachsene Tradition. Das waren die Gründe, die die Bundesregierung veranlaßt haben, am 8. März eine Kommission einzusetzen, die die Aufgabe hat, die Ursachen für die Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz der Presse und die Probleme der Konzentration im Hinblick auf die Meinungsfreiheit in der Bundesrepublik zu untersuchen und geeignete Vorschläge zu machen. Die Entscheidung über die personelle Zusammensetzung dieser Kommission ist noch nicht getroffen; sie wird aber kurz nach Ostern getroffen werden. Ich kann natürlich den Mitgliedern der Kommission keine Vorschriften über den Zeitplan ihrer Arbeit machen. Aber wir haben die Vorstellung, daß die Kommission im Herbst ihre Arbeiten beendet haben kann. Nun werden Sie, meine Damen und Herren, vielleicht fragen: Na, wenn schon eine Kommission, warum dann nicht schon vorher? Ich möchte diese Frage beantworten. Ich glaube, daß eine verantwortungsbewußte Regierung eine Kommission erst einsetzen kann, wenn die Regierung selber Vorstellungen von den realen Möglichkeiten der Lösung eines Problems hat und wenn sie politisch die Voraussetzungen für die Lösung des Problems für gegeben hält. Ohne das kann man meiner Ansicht nach eine Kommission nicht berufen. So betrachtet erschien es uns richtig, zunächst einmal den Abschluß der Arbeiten der sogenannten Michel-Kommission abzuwarten, die 1964 zur Untersuchung der Wettbewerbsverhältnisse bei Presse, Funk, Film und Fernsehen eingesetzt worden ist. Mit Sicherheit ist das von dieser Kommission bearbeitete und ausgewertete Material für alle weiteren Überlegungen unerläßlich. Diese Untersuchungen sind jetzt abgeschlossen, und der Bericht wird in Kürze vorliegen. Daher glauben wir, daß jetzt der Zeitpunkt zur Einberufung dieser Kommission gegeben war. Sie werden vielleicht weiter fragen: Warum schon wieder eine neue Kommission? Dazu möchte ich sagen, daß diese Wettbewerbskommission, von der ich eben sprach, eine etwas andere Aufgabenstellung hatte, nämlich eben die, die Wettbewerbsverhältnisse zwischen Presse, Funk, Film und Fernsehen zu untersuchen. Das ist ein Aspekt, aber auch nur ein Aspekt unseres Problems und keineswegs der einzige, und er bezieht sich außerdem nur auf die wirtschaftliche Seite der Sache, nicht auf die politische Auswirkung, die diese Entwicklung unter dem Gesichtspunkt des Grundrechts der Meinungsfreiheit nach Art. 5 haben kann. Daher glaubten wir, daß diese Kommission nicht die volle Arbeit leisten kann, die wir für eine politische Entscheidung brauchen. Was an realen Möglichkeiten denkbar ist, um das Problem lösen zu können, scheint mir jetzt ziemlich konkret festzustehen. Ich darf zunächst negativ sagen: wir glauben, daß direkte Subventionen schlecht sind; wir glauben, daß bei allem guten Willen der Beteiligten in einer direkten Subvention immer eine Gefahr für die Unabhängigkeit der Subventionierten auf diesem Gebiet besteht. Wir halten es nicht für erfolgversprechend - wenn Sie mir den Ausdruck gestatten -, verwaltungsrechtliche Regelungen zu treffen, mit denen man gewisse Konzentrationen verbietet oder unter Genehmigungsvorbehalt stellt. Wir glauben, daß das ein Kurieren an Symptomen ist. Was man positiv tun kann, ist unserer Ansicht nach sicher kein Allheilmittel. Mein Minister und ich haben in allen Besprechungen, die wir in dieser Sache geführt haben, niemanden gesprochen, der glaubt, ,ein Mittel zu haben, das das ganze Problem löst. Vielmehr handelt es sich um ein Bündel von Fragen und Möglichkeiten, an die man denken muß. Da ist einmal das Problem begünstigender Steuersätze im Rahmen des Mehrwertsteuersystems, wobei sich die Unterfrage ergibt, ob man diese Regelung nur auf die Einnahmen aus dem Anzeigengeschäft bezieht.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Herr Staatssekretär, an sich liegt die Erklärung der Bundesregierung vor, daß auch sie sich grundsätzlich an die Rededauer von fünf Minuten hält. Das ist keine freiwillige Konzession, sondern eine Vereinbarung, die festliegt. Darum wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie straffen könnten.

Not found (Staatssekretär:in)

Ich bin gleich fertig. - Ein weiteres ist die Frage der Kapitalhilfe in Form von zinsverbilligten Krediten, vor allen Dingen für die technische Steuerung. Dann kommen auch steuerliche Abschreibungen für notwendige Investitionen in Frage, ferner taucht die Frage der postalischen Gebühren auf. Darüber hinaus sind gewisse Absprachen zwischen Rundfunk und Fernsehen über den Umfang der Werbesendungen dieser Anstalten zu prüfen. Ich glaube, daß es noch einige Maßnahmen gibt, bei denen in erster Linie die Verantwortlichen der Presse selbst angesprochen sind, was sie aber durchaus bejahen und anerkennen. Das ist etwa die Frage geeigneter organisatorischer Formen über Zusammenarbeit und Zusammenschluß von Redaktionen, Anzeigen- und Druckgemeinschaften, und das sind auch, glaube ich, einige klärende Absprachen, die für gewisse Formen des Wettbewerbs erforderlich wären. Zum Schluß darf ich sagen, daß ich dankbar bin, daß sich das Parlament einmal mit dieser Frage befaßt und das öffentliche Interesse auf dieses Problem lenkt und damit denen, die für das Handeln verantwortlich sind, die Entscheidung erleichtert. ({0})

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Schmitt-Vockenhausen.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002033, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das kleine Intermezzo zur Redezeit des Herrn Staatssekretärs hat uns deutlich gemacht, daß das Problem, das uns hier beschäftigt, nur sehr bedingt für eine Aktuelle Stunde geeignet ist. ({0}) Ich bin nicht ganz glücklich, daß die Kollegen von der CSU die Angelegenheit hierher in die Aktuelle Stunde zu einem Zeitpunkt gebracht haben, zu dem der Herr Innenminister, der ja politisch verantwortlich ist, nicht persönlich anwesend sein kann. Er hat am 18. Januar deutlich die Richtung seiner eigenen Überlegungen angedeutet und sie auch im Kabinett konsequent weiter verfolgt. Das Kabinett hat diese Überlegungen am 8. März abgerundet, und der Herr Staatssekretär konnte uns heute dankenswerterweise in Umrissen ausführen, in welche Richtung sich die Überlegungen des Kabinetts bewegen. Meine Damen und Herren, wenn ich allein das vortragen würde, was wir hier über das anstehende Problem schon geredet haben, könnte ich fünf Minuten nur mit der Aufführung der Tage und der Tagesordnungen füllen. Geredet wurde genug; worauf es jetzt ankommt, ist, daß gehandelt wird. Es ist auch nicht sinnvoll, heute neue Blumensträuße von Hoffnungen, von Verlockungen und Vorschlägen in Umrissen anzudeuten, wenn wir nicht in der Lage sind, sie zu konkretisieren. Meine Damen und Herren, ich stimme mit dem Herrn Kollegen Schulze-Vorberg darin überein, daß wir alle helfen wollen. Es kommt allerdings darauf an, daß wir nicht allein von Hilfe reden, sondern daß auch wirklich geholfen wird. Die äußere Pressefreiheit ist gesichert, es geht hier um die innere Freiheit, um die wirtschaftliche Unabhängigkeit und alle damit verbundenen Fragen. Der Herr Staatssekretär hat uns heute für die Bundesregierung deutlich gemacht, daß die Fragestellungen, die die Bundesregierung in dem Beschluß vom 8. März gegeben hat, in die richtige Richtung zielen. Wir hoffen und wünschen, daß die Bundesregierung auch bei der personellen Auswahl der Kommission eine glückliche Hand hat. Denn davon hängt viel ab. Wir werden mit Interesse ihre weiteren Überlegungen verfolgen. Worauf es jetzt ankommt, ist, daß es schnell geht. Die Michel-Kommission besteht schon seit 1964. Wir haben das hingenommen; aber jetzt muß bald auch das Ergebnis auf dem Tisch liegen. Wenn auf Grund der Erfahrungen dieser Kommission die am 8. März vom Kabinett eingesetzte Kommission ihren Bericht schneller vorlegt, dann ist ein wichtiges Ziel der heutigen Debatte erreicht. Alle Beteiligten drängen darauf, daß wir nicht noch einmal nur im allgemeinen unser Wohlwollen, unsere Sympathie und unsere Bereitschaft bekunden, sondern daß auch tatsächlich gehandelt wird. ({1})

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Martin.

Dr. Berthold Martin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001426, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich stimme Herrn SchmittVockenhausen zu, daß es jetzt darauf ankommt, etwas zu tun. Ich glaube aber nicht, daß das noch mit Kommissionen zu erledigen ist. Denn der Tatbestand ist hinlänglich bekannt, und zwar seit Jahren. Ich habe soeben meine Rede vom November 1963 durchgelesen; die könnte ich heute wieder zu Protokoll geben. Ich brauchte nur einen Aufschlag von 5 % für die drei Jahre zu geben. ({0}) - Nein, nicht bei einzelnen Punkten, bei den Zahlen, Herr Schmitt-Vockenhausen! Der Herr Staatssekretär hat gesagt, Art. 5 des Grundgesetzes garantiere die Meinungsfreiheit. Darauf kommt es hier aber nicht an. Man muß das noch vertiefen. Art. 5 garantiert darüber hinaus die Presse als Institution. Das ist der entscheidende Punkt. Wenn diese Institution wirtschaftlich in Gefahr kommt, muß der Bundestag aus dem Art. 5 heraus handeln. Das ist der Punkt, an dem wir heute stehen. Natürlich gibt es eine Reihe von Maßnahmen über Steuern, über Kredite, über Hilfen bei den Investitionen. Aber man kann nicht daran vorbeisehen, Herr Schmitt-Vockenhausen, daß der entscheidende Punkt darin liegt, daß die jetzige Konjunkturkrise die Aktualisierung einer Strukturkrise ist, die wir seit 1963 mit Deutlichkeit beschrieben haben. Sie wird manifest, wenn man sich daran orientiert, daß das Werbeaufkommen zwischen den großen Meinungsträgern heute nicht richtig verteilt ist. Das ist der entscheidende Punkt. ({1}) Darüber muß man nachdenken. Man geht um die Sache herum, wenn man das nicht tut. Fällig ist - das war immer unsere Absicht - eine Neuordnung des Rundfunkwesens in Deutschland. Herr von Bismarck hat in den letzten Tagen dankenswerterweise gesagt, daß man nur fünf Sen4476 der braucht, daß man anders regionalisieren muß und sich nicht an die Grenzen der Besatzungsmächte zu halten braucht. - Das ist der eine Punkt. Der andere Punkt ist ebenso aktuell; der Herr Staatssekretär hat es gesagt. Die Zeitung hat einen öffentlichen Auftrag. Ihr Wesen ist, daß sie sich privatwirtschaftlich finanziert. Das ist die Spannung, in der sie steht. Diese privatwirtschaftliche Finanzierung besteht aus dem Preis der Zeitung und zu einem viel größeren Teil - zu mindestens 50 % - aus dem, was an Werbeeinnahmen aufkommt. Hier liegt der entscheidende und kritische Punkt. Um den darf man sich nicht drücken. Ich stimme hier wieder meinem Vorredner zu: man muß handeln. - Herr Schmitt-Vockenhaufsen, ich brauche jetzt einen Moment Ihr Ohr. - Wir haben damals hier mit Leidenschaft in dieser Richtung analysiert und Vorschläge gemacht. Damals waren Sie nicht unserer Meinung. Ich glaube aber, nachdem das sogenannte Zeitungssterben begonnen hat, und zwar in Amerika und in den nordischen Ländern, bei sozialdemokratischen und bei christlich-demokratischen Blättern, ist das Klima für eine Neuordnung und für neue Überlegungen, für eine Kooperation zwischen den Parteien heute günstiger. Diese Aktuelle Stunde wird Früchte tragen, Herr Schmitt-Vockenhausen, wenn wir uns in dieser Sache ernsthaft zusammensetzen. Denn wir sind uns alle einig: Wir sind politisch und moralisch verpflichtet, hier zu helfen. ({2})

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Herr Abgeordneter Moersch.

Karl Moersch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001526, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin mit dem Kollegen SchmittVockenhausen einig darüber, daß die Aktualität dieser Stunde von dem begründenden Kollegen von der CSU nicht ganz überzeugend dargelegt worden ist. Das mag ein Bedürfnis seiner Gruppe gewesen sein. Aber es lag keine entsprechende Anfrage vor, obwohl es andere Anfragen gerade in dieser Woche dazu gegeben hat. Zweifellos besteht ein Ungleichgewicht bei den Werbeeinnahmen zwischen Presse und Funk, wie Herr Dr. Martin gesagt hat. Aber es besteht auch ein großes Ungleichgewicht und damit eine Wettbewerbsverzerrung innerhalb des Verlagswesens in der Bundesrepublik Deutschland. Das unterscheidet uns grundsätzlich von anderen Ländern, wo es zwar große Verlage gibt, aber doch Verlage, die in ihrer Größe etwa vergleichbar sind, während es bei uns ein Übergewicht beim Haus Springer gibt und daneben eine Reihe von Konzentrationsbemühungen, die aus dieser Wettbewerbslage heraus begonnen worden sind. Daß das Thema jetzt in der Öffentlichkeit mehr gesehen wird als zuvor, hängt mit der allgemeinen wirtschaftlichen Lage, insbesondere mit dem Anzeigenrückgang zusammen, der in einer Zeit der Konjunkturabschwächung nach dem Jahresende besonders deutlich zu verzeichnen ist. Hier hat sich gezeigt, daß bei vielen kleineren Verlagen das Kapitalpolster fehlt, so daß Konzentrationserscheinungen auftreten, die bisher nicht bekannt waren. Aber das ist natürlich wiederum die Folge einer starken Kostenerhöhung, insbesondere auf Grund der Lohnkostensteigerung im Druckgewerbe. Dabei ist nicht nur das Verhältnis von Anzeigen, Vertrieb und Lohnkosten zu sehen. Man muß hier auch einmal aussprechen, daß unsere heutigen Zeitungspreise, wenn man an die Preise von 1913 denkt, viel zu gering sind. ({0}) - Die Preise der Tageszeitungen sind heute bei uns, verglichen mit der Zeit vor dem ersten Weltkrieg, im Verhältnis zur gebotenen Leistung zweifellos zu gering. Deshalb betragen die Anzeigenerlöse der Verlage weit über 50, oft über 60 % vom Gesamtumsatz, so daß eine starke Abhängigkeit vom Anzeigenerlös eingetreten ist, die, politisch gesehen, nicht vorteilhaft sein kann. Da darf man nicht nur das sehen, was der Staat zu tun hat - wir warten hier speziell noch auf eine gute Eingebung des Innenministeriums -, sondern muß auch einmal dem Bürger sagen, daß ihn die Presse- und Informationsfreiheit etwas kostet. Ich glaube, heute ist eine gute Gelegenheit, hier in diesem Hohen Hause einmal auszusprechen, daß der Bürger, der eine unabhängige Presse wünscht, für diese Unabhängigkeit der Presse eben einen Preis zu bezahlen hat, und der liegt im Abonnementpreis, im Zeitungspreis selbst begründet. Wir werden die Informationsfreiheit unter keinen Umständen bewahren können, wenn unsere Bürger nicht selbst das Bedürfnis haben, sich diese Freiheit etwas kosten zu lassen und eine entsprechende Auswahl zu haben. Hier ist weder der Ort noch die Zeit, die Fragen, uni die es geht, im einzelnen aufzuschlüsseln. Ich darf darauf verweisen, daß die Fraktion der Freien Demokraten eine Kleine Anfrage beschlossen hat, die sich dem Umfang nach wie eine Große Anfrage ausnimmt und sehr detaillierte Antworten zu diesem Problemkreis von der Bundesregierung erbittet. Wir hoffen, daß die Bundesregierung Gelegenheit nehmen wird, sehr rasch auch das zu tun, was sie wohl eigentlich erst im Herbst tun will, wenn hier die Pressekommission getagt hat. Der Tatbestand, um den es geht, ist relativ leicht zu erkennen. Es besteht eben, wie gesagt, ein Ungleichgewicht zwischen den Werbeeinnahmen der Presse und den Werbeeinnahmen des Rundfunks und des Fernsehens. Ferner gibt es eine erhebliche Gewichtsverschiebung innerhalb der Verlagsstruktur selbst. Zum dritten ist eine starke Monopolisierung in regionalen Bereichen eingetreten, die ganz besonders bedenklich ist, weil ohne Zweifel der Fortbestand einer gesunden Regionalpresse für die demokratische Bewußtseinsbildung von besonderer Bedeutung sein wird; nicht nur deswegen, weil die Vielfalt gleichzeitig auch eine gewisse Unabhängigkeit garantiert, sondern weil die regionale Presse insgesamt für manchen Leser glaubwürdiger ist als die nichtregionale Presse. In ihr stehen nämlich Nachrichten, die der einzelne Leser selbst kontrollieren kann, und er schließt dann von der GlaubMoersch würdigkeit des lokalen Teils auf die Glaubwürdigkeit der Presse überhaupt. Die Zeiten des „Dritten Reiches" haben, was die Glaubwürdigkeit der Presse betrifft, ihre tiefen Spuren hinterlassen. Da sollten wir uns nichts vormachen. Es ist für uns wichtig, insgesamt die Glaubwürdigkeit der Presse zu steigern. Sie wissen aus den Umfragen, wie abgestuft die Glaubwürdigkeit der Presseerzeugnisse ist, während man den Nachrichtensendungen des Fernsehens und des Rundfunks ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit zubilligt, weil sie eben als offiziös gelten, was sie ja manchmal dem Klange nach auch sind. Diese Gesichtspunkte haben wir mit zu berücksichtigen. Wir müssen mit gezielten Maßnahmen vorgehen - allgemeine Erleichterungen nützen nichts -, mit Maßnahmen, die trotz der technischen Entwicklung, die ihrerseits eine Konzentration im Druckgewerbe zweifellos bedingt, die Vielfalt der Meinungsäußerungen und damit die Freiheit der Information des Bürgers gewährleisten. ({1})

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Lohmar.

Dr. Ulrich Lohmar (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001370, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte gerne auf die Bemerkungen des Herrn Kollegen Martin zurückkommen, daß wir es mit einer Aktualisierung einer Strukturkrise zu tun haben, die seit Jahren sichtbar und bekannt ist. Die These, Herr Martin, ist natürlich von jedem Kenner der Materie nicht zu bestreiten, nur fragt es sich, welche Folgerungen man daraus zieht. Ich möchte eigentlich davor warnen, daß wir daraus die Folgerung ziehen, nun die Diskussion um das bekannte Zeitungssterben mit allen prinzipiellen und sonstigen Fragen zu befrachten, die in dem Verhältnis von Rundfunk und Presse begründet liegen. Täten wir das nämlich - und ein bißchen hatte ich den Eindruck, daß Sie dahin tendieren -, dann würden wir eine Lösung des Presseproblems für eine sehr lange Zeit praktisch vertagen. Denn eine Einigung zwischen Presse und Rundfunk wird sobald nicht zustande kommen, sosehr wir uns darum auch gemeinsam bemühen werden und bemühen wollen. Ich würde eher dazu neigen - und auch die Bundesregierung ermuntern, das zu tun -, in unseren Überlegungen von dem auszugehen, was in England bei ähnlichen Untersuchungen herausgekommen ist. Da gab es nur eine Ursache für die Zeitungsmalaise in England, die in der Relation zum Rundfunk und zum Fernsehen begründet liegt, nämlich die Anzeigengeschichte. Die beiden anderen ebenso wichtigen Ursachen, auf die die Briten gekommen sind, waren das unzureichende Management, das nicht genügend rationalisierte Management bei den mittleren Zeitungen und die nicht genügend durchdachte Kooperation auf redaktioneller Basis. ({0}) - Das ist ein besonderes Problem, das in diesem Maße hier nicht besteht, Herr Kollege Blumenfeld. Die beiden letzteren Gründe, meine ich, sollten unsere Presse einmal dazu veranlassen, darüber nachzudenken, was sie in diesen beiden Punkten selbst tun könnte, um zu einem besseren Management und zu einer besseren Kooperation in den Bereichen zu kommen, in denen das möglich ist, ohne die Vielfalt unserer Presseerzeugnisse dadurch qualitativ zu mindern. Die Schlußfolgerung, die ich daraus ziehen möchte - mein Kollege Schmitt-Vockenhausen hat sie schon angedeutet -, ist die: Ich glaube, die Bundesregierung ist auf dem richtigen Wege, wenn sie nicht eine sehr lange Zeit verstreichen lassen will, sondern sich schon jetzt, schon vor dem Beginn der Arbeit und erst recht vor der Vorlage der Ergebnisse der zweiten, der neuen Kommission überlegt, was man praktisch und positiv tun kann, um eine möglichst große Vielfalt an Zeitungen in unserem Lande zu erhalten. Ich glaube, das ist der einzige Weg, der unsere Zeitungen über diesen Sommer bringen kann. Je schneller und je entschiedener die Bundesregierung hier handelt, um so besser wird es sein für die deutsche Presse und auch für unsere Überlegungen, die wir nachher über die Strukturkrise, Herr Martin, im Herbst und Winter miteinander anstellen müssen. ({1})

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Es folgt der Abgeordnete Blumenfeld.

Erik Bernhard Blumenfeld (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000206, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich unmittelbar mit dem befassen, was der Kollege Lohmar eben gesagt hat. Ich meine, daß der aktuelle Bezug dessen, was wir heute hier auf Grund einer Anfrage seitens unseres Kollegen, die für diese Fragestunde vorlag, diskutieren, in keiner Weise die Behandlung der Strukturprobleme ausschließen soll und ausschließen darf, die hier - das darf ich, wie mein Kollege Berthold Martin eben sagte, noch einmal in Erinnerung bringen - schon vor mehreren Jahren diesem Hause aus gegebenem Anlaß vorgelegen haben und die nicht nur Maßnahmen der Bundesregierung, sondern auch Grundsatzüberlegungen dieses Hauses notwendig machen. Aus eben diesem Anlaß möchte ich daran erinnern, damit wir nicht durch Verschleppen dieses grundsätzlichen Problems etwa Ende dieses Jahres eine noch heißere Auflage, eine Parallele zum Kohle-, Öl- und anderen Energiestrukturproblemen erhalten, die wir ebenfalls nicht zeitgerecht und nicht strukturangemessen in Ordnung zu bringen versucht haben. Wir müssen heute feststellen, daß wir alle - alle! -, meine Damen und Herren, daran gescheitert sind. Der Herr Staatssekretär hat eine Reihe von Maßnahmen im. steuerlichen Bereich angekündigt. Ich halte es für notwendig, daß wir die Bundesregierung - so wie meine Vorredner -- nachhaltig unterstützen, sei es auf dem steuerlichen Gebiet direkt - ich denke an die Umsatzsteuer, bei Vertriebserlösen, Anzeigenerlösen usw. -, sei es bei dem Problem des Wettbewerbs mit den anderen EWG-Staaten, sei es auch bei den Fragen der Sonderabschreibungen und anderen Dingen. Aber das trifft in Wirklichkeit nicht den Kern der Sache. Der Kollege Berthold Martin hat das hier angesprochen. Er sagt, es liegt an dem verzerrten Wettbewerb, den wir seit der Einführung des Werbefernsehens haben, in dem verzerrten Wettbewerb zwischen diesen beiden Medien, den Tageszeitungen auf der einen Seite, dem Werbefernsehen und dem Werbehörfunk auf der anderen Seite. Ich will jetzt in dieser kurzen Zeit keine „kaiserliche Werft" aufwärmen; es bedarf dazu mehr als einer Aktuellen Stunde. Trotzdem begrüße ich es, daß hier das Zeitungssterben - so wird es ja genannt - vom Kollegen Schulze-Vorberg angesprochen worden ist. Um ,es ganz deutlich auszusprechen: Wenn wir jetzt nicht zwischenzeitlich Maßnahmen ergreifen, werden wir mit unseren Strukturmaßnahmen, die zu überlegen und durchzusetzen sicherlich sehr viel Zeit erfordern wird, zu spät kommen. Deswegen muß deutlich gesagt werden, daß die Grundsatzfragen, die hier angesprochen worden sind, nicht durch die heutige Diskussion und auch nicht durch die Einsetzung weiterer Kommissionen gelöst werden können. Herr Staatssekretär, es liegt uns und allen hier im Hause, glaube ich, fern, die Weisheit der Bundesregierung etwa dadurch zu hemmen, daß wir Ihnen anraten, nicht noch eine Kommission einzusetzen. Nur verspreche ich mir von der Einsetzung einer weiteren Kommission nicht viel. Die Ergebnisse der Kommission, um deren Einsetzung dieses Haus vor beinahe vier Jahren gebeten hatte, liegen heute noch nicht vor, und wenn sie vorliegen, werden sie um zwei Jahre überaltert sein und uns nichts mehr nützen, sondern werden nur feststellen, daß inzwischen ein Begräbnis stattgefunden hat. Das ist nicht der Sinn der Saché. ({0}) - Nein, wir haben es nicht verzögert. ({1}) - Herr Kollege Blachstein, Sie sehen das natürlich aus einer etwas anderen Sicht. Das verstehe ich ja. ({2}) - Ein Jahr ist eine lange Sicht. Darüber können wir uns aber zu einem späteren Zeitpunkt gern unterhalten. Meine Damen und Herren, die Zahlen, die für das Jahr 1966 vorliegen, und der aufgezeigte Trend in der Überrollung der vergleichbaren Einnahmen aus der Werbung der Markenartikel - vergleichbar nur für Tageszeitungen und Fernsehen - zeigen, daß die gesamten Einnahmen für Werbefernsehen und Hörfunk schon den Gesamtumsatz der deutschen Tagespresse in seiner ganzen Vielfalt überholt haben und daß sich das im Trend verstärkt fortsetzt. Hier liegt der wahre Grund: hier müssen wir an die Strukturfragen herangehen. Das wird Aufgabe einer späteren Sitzung und Beratung der Ausschüsse in diesem Hause sein. Heute gilt es nur festzuhalten, daß das Zeitungssterben nicht dazu führen darf, daß die Meinungsfreiheit in der Bundesrepublik Deutschland eingeschränkt wird. Wir müssen die Vielfalt vor allen Dingen auch der kleineren Zeitungen, der Fachpresse und der Heimatpresse erhalten. Auch wenn damit von mir nicht etwa das Postulat aufgestellt wird, daß jede Kleinstadt in Deutschland mehrere Heimatpresseverlage und Regionalzeitungen aufzuweisen habe. Wir werden uns in diesem Hause - und dafür werden wir sicherlich mit sorgen - künftig sehr häufig über die Frage der Wettbewerbsfähigkeit und über Strukturfragen der Presse, des Fernsehens, des Rundfunks sowie überhaupt der Medien der öffentlichen Berichterstattung unterhalten. Dazu sollte auch heute die Aktuelle Stunde dienen. ({3})

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Das Wort hat der Abgeordnete Dorn.

Wolfram Dorn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000409, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es mutet natürlich etwas seltsam an, wenn Kollegen in dieser Aktuellen Stunde darauf hinweisen, daß sich an der Aktualität ihrer Reden, die sie vor vier oder fünf Jahren in diesem Hause gehalten haben, praktisch nichts geändert habe. Ich frage mich also, ob die Begründung, die der Kollege Schulze-Vorberg für die Durchführung dieser Aktuellen Stunde an diesem Tage gegeben hat, wirklich sehr aktuell ist. ({0}) - Aber Herr Kollege Martin, Sie selbst haben doch auf diese Probleme hingewiesen; ich brauche Sie doch nicht daran zu erinnern. Ich meine, es ist eine Frage, die heute gar nicht so aktuell sein kann, weil sie für uns in diesem Hause im Moment nicht auf der Tagesordnung steht, weil die Aktualität so in der Form ja nicht gegeben ist. ({1}) Mit Recht haben die Vorredner darauf hingewiesen, daß wir uns in dieser Frage seit Jahren bemühen. Und mit Recht ist gerade von meinem Vorredner darauf hingewiesen worden, daß viele der Überlegungen, die in den letzten Jahren angestellt worden sind, von den Ergebnissen der Kommission praktisch längst überholt sind. Die Dinge gehen einen viel schnelleren Weg, als dem einen oder anderen vielleicht heute lieb sein kann. ({2}) - Entschuldigen Sie, diese Frage kann man doch nicht in einer Aktuellen Stunde regeln wollen. Diese Frage bedarf sorgfältigster Überlegungen und Prüfungen im Ausschuß, um sobald wie möglich zu einem konkreten Ergebnis zu kommen. ({3}) - Entschuldigen Sie, Herr Kollege Schulze-Vorberg, wenn es seit Jahren geschieht, so liegt es auch an uns allen mit; auch darin gebe ich meinem Vorredner recht. Wir sollten alle gemeinsam unsere Verantwortung erkennen und von uns hier keine Aktuelle Stunde über diese Frage in dem Glauben, daß sie uns weiterbringen könnte, veranstalten, sondern gemeinsam mit dem Minister, mit dem Innenministerium daran gehen, die Dinge sofort auf den Tisch der Beratungen in diesem Hause zu bringen, um dann zu konkreten Ergebnissen zu kommen. Anders können wir die Probleme, die hier anstehen, gar nicht mehr regeln. Lassen Sie mich ein sehr ernstes Wort sagen, auch zu dem Zwischenruf, den vorhin Herr Kollege Blachstein gemacht hat. Man kann natürlich die Dinge auch so sehen, daß in der Frage der Wettbewerbsneutralität zwischen Tageszeitung und Tageszeitung ein erheblicher Unterschied ist. Natürlich ist es viel einfacher bei parteinahestehenden Zeitungen, die in parteieigenen Verlagsgesellschaften gedruckt werden - Verlagsgesellschaften, die ja auch nicht per Zufall, glaube ich, wie die „Konzentrations-GmbH" bei der Sozialdemokratischen Partei, diesen Namen tragen -, nunmehr diese Dinge so zu behandeln, wie unabhängige Heimatzeitungen in ihrer wirtschaftlichen Lage es viel schwieriger haben, hier manche Dinge auszugleichen, die sie ausgleichen müssen, weil sie einfach nicht mehr in der Lage sind, die erforderlichen Investitionen vorzunehmen, die sie durchführen müssen, um in einem größeren Umfang ihren Lesern aktuell das in der täglichen Informationsquelle zu geben, was sie ihren Lesern bieten müssen. Nun, das ist kein Problem des Zeitungssterbens generell, sondern es ist natürlich ein wirtschaftspolitisches Problem erster Ordnung, das für die Regierung und für dieses Haus zur Regelung ansteht. Jeder ist in diesem Hause aufgerufen, hier unabhängig sein Mandat für die Regelung dieser Aufgabe mit anzusprechen. Wir erwarten auf der einen Seite auch eine Aktion seitens der Presse. Der Deutsche Presserat hat ja bestimmte erste Schritte eingeleitet. Er ist zu bestimmten Ergebnissen und Erkenntnissen bereits heute gekommen. Wir sollten uns diese Ergebnisse zunutze machen, um manche der neuen Erwägungen und Überlegungen und Erfahrungen, die man noch ansprechen zu müssen glaubt, jetzt schon hier mit auszuwerten. Wir erwarten von der Regierung - das ist das Dritte, was wir zu dieser Frage sagen müssen - den Mut zu unkonventionellen Maßnahmen, denn hier wird nicht nur primär von der Grundsatzfrage her das Problem gelöst werden können, sondern hier müssen ganz klare pragmatische Entscheidungen getroffen werden, die nachher mit ihren wirtschaftspolitischen Übereinstimmungen dafür die Garantie geben, daß auch die Informationsmöglichkeit des Bürgers, die mein Kollege Moersch vorhin angesprochen hat, garantiert bleibt, der Bürger aber selbst auch verpflichtet bleibt, für die Möglichkeit seiner unabhängigen Information mehr zu tun, als er bisher zu tun bereit war. ({4})

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Herr Abgeordneter Sänger hat das Wort.

Fritz Sänger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001914, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, es ist nicht notwendig, daß wir uns in den drei Fraktionen über diese Frage zerstreiten. Wir gehen alle von der Auffassung aus, daß die Presse in diesem Staat nicht eine ihr vom Staat gestellte, sondern eine aus dem Grundgesetz erwachsende Aufgabe erfüllt, die als ein wesentlicher Teil der demokratischen Ordnung gelten muß. Sie gibt Information, sie verbreitet Meinungen. Wir alle, die wir in der Demokratie zu arbeiten haben und arbeiten wollen, haben ein Interesse daran, daß sie das kann. Sie kann das nur, wenn sie möglichst vielfältig bleibt, wenn sie möglichst leistungsstark ist und wenn sie unabhängig ist. Alle drei Bedingungen aber setzen voraus, daß sie wirtschaftliche Kraft besitzt, um ihre Arbeit leisten zu können. Wir haben seit einigen Jahren - und das nicht nur in Deutschland, das wird immer wieder vergessen, sondern auch in den Ländern um uns herum - eine konjunkturell und strukturell besondere Situation; so will ich es vorsichtig einmal sagen, um nicht sagen zu müssen: Krise. Wir haben heute noch 650 Zeitungen - Herr Staatssekretär, es sind also etwas weniger -, die als selbständige Zeitungen angesprochen werden können, und wir haben etwa noch wenig mehr als 150 selbständig arbeitende, geschlossen tätige Redaktionen, im Grunde also nur 150 Zeitungen, die wirklich als solche angesprochen werden können. Wir hatten in Deutschland einmal über 4000, und wir hatten vor wenigen Jahren noch über 2000. Der Schwund ist international. Die Bemühungen um die Zeitungen aber sind auch international. Ich glaube, wenn wir helfen wollen, müssen wir uns auch darum kümmern, was in anderen Ländern getan wird, um der Presse die Möglichkeit der demokratischen Wirkung zu verschaffen. Da widerspreche ich der Möglichkeit, zu sagen, daß wir zu überlegen hätten, Subventionen an die Presse zu geben. Meine Damen und Herren, ein Zeitungsbetrieb ist kein Betrieb - das ist jetzt nur als sachlicher Vergleich gemeint - wie etwa eine Konservenfabrik, eine Blechwarenfabrik und ähnliches mehr. Wenn die Zeitung eine staatspolitische Aufgabe zu erfüllen hat, eine Aufgabe, die sie aus ihrem Wesen nimmt, kann sie auch nicht mit Subventionen gespeist werden, sondern dann hat dieser demokratische Staat das Recht, dieses Instrument, dessen er sich bedient, so leistungsfähig zu erhalten, wie es sein muß, um diese Dienste leisten zu können. Alle Fragen, die wir praktisch in dieser Richtung besprechen müssen, die hier von Herrn Staatssekretär Ernst erwähnt worden sind - die Frage der Besteuerung, die Möglichkeit der Investitionskredite und auch die Frage, ob nicht konstruktive Über4480 legungen angestellt werden müssen -, sind Fragen zur Stärkung der demokratischen Wirklichkeit in Deutschland. Mit konstruktiven Überlegungen meine ich Überlegungen etwa der Art, wie der Vertrieb zentralisiert werden kann, wie möglicherweise gar Druck und Satz zentralisiert werden können, wie es um die Postgebühren steht und was auch immer. Jede Maßnahme der Rationalisierung hätte zu berücksichtigen, daß die individuelle Leistung und die individuelle Möglichkeit so zahlreicher kleiner deutscher Verlagshäuser, die so große Verdienste in Deutschland erworben haben, erhalten bleiben können. Wir könnten uns dabei überlegen - und wir werden es überlegen müssen -, ob durch einen Verbund eine Konzentration unnötig gemacht wird. Wir könnten und wir müssen uns überlegen, wie das Verhältnis der Zeitungen zum Rundfunk beschaffen sein soll. Aber ich möchte gerade dieses Thema nicht in den Vordergrund rücken, um nicht eine Flucht in eine endlose Diskussion anzutreten, zu der wir praktische Beiträge doch nicht leisten können, weil wir die Ergebnisse der Studien der Wettbewerbskommission noch nicht haben. Noch ein letztes Wort zu dem Thema der Kommission. Meine Damen und Herren, es gibt die Wettbewerbskommission, deren Arbeit, Herr Kollege Blumenfeld, in der Tat um ein Jahr hinausgezögert worden ist, die aber jetzt arbeitet und deren Ergebnis uns, so ist es zugesagt, etwa im Juli zugereicht werden soll. Es geht allerdings um ein Sondergebiet: Vergleich zwischen den Möglichkeiten der Presse und den Möglichkeiten des Rundfunks. Diese Kommission, die jetzt eingesetzt wird, hätte lediglich die Aufgabe, bereits erarbeitetes, also vorhandenes Material so zusammenzufügen, daß die Bundesregierung und nach ihr wir hier im Bundestag einen übersichtlichen Sachbericht über das bekommen, was auf dem Gebiete der Presse heute Tatsache ist. Ich meine, die Kommission sollte klein bleiben. Sie sollte auch keine Untersuchungen anstellen, Herr Staatssekretär, sondern sie sollte sich dessen bedienen, was etwa das Institut für Konzentrationsforschung in Berlin erarbeitet hat - es liegt gedruckt vor -, was der Deutsche Presserat erarbeitet hat - es liegt zum Teil schon gedruckt vor -, was in der Wettbewerbskommission als Nebenmaterial abgefallen ist - es wird im Juli vorliegen - und was aus einer ganzen Reihe von Veröffentlichungen zur Beurteilung der Tatsachen entnommen werden kann. ({0}) Wir haben keine Zeit mehr, ich jetzt auch nicht. ({1}) Wir haben keine Zeit mehr, diese Dinge auf sich beruhen zu lassen. Wir sollten spätestens im Herbst dazu kommen, daß uns diese kleine neugebildete Kommission einen Bericht vorlegt, mit dem wir in den verschiedenen Ausschüssen, in Hearings und anderen Möglichkeiten alles Notwendige erarbeiten, um dann einen prinzipiellen, die Struktur verbessernden Vorschlag für die deutsche Presse zu machen. ({2})

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Herr Abgeordneter Rock hat das Wort.

Edelhard Rock (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001862, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich begrüße es sehr, daß wir im Rahmen dieser Aktuellen Stunde, auch wenn sie etwas knapp ist, die Gelegenheit haben, uns in diesem Haus und über dieses Haus hinaus für die gesamte deutsche Öffentlichkeit mit einer Frage zu konfrontieren, die uns im Interesse der Demokratie und des freiheitlichen Rechtsstaates in den nächsten Wochen und Monaten sehr stark beschäftigen sollte. Die technische Entwicklung in unserem Lande und in der Welt drückt im besonderen Maße auch der deutschen Presse in ihrer vielfältigen Schichtung ihren Stempel auf. Ich brauche auf die Fragen der Wettbewerbsbenachteiligung der deutschen Presse hier nicht mehr einzugehen, zumal dafür erheblich mehr Zeit zur Verfügung stehen müßte, als es im Rahmen der Aktuellen Stunde möglich ist. Ich möchte mich deshalb auf einige wirtschaftliche Feststellungen beschränken, um einmal den wirtschaftlichen Wert der deutschen Presse in unserem Volk darzustellen. Die deutschen Zeitungen und - das ist heute nachmittag viel zu wenig zum Ausdruck gekommen - der große Fächer der deutschen Zeitschriften sind so gewaltig, daß allein die Zahlen uns Anlaß sein sollten, hier zu helfen, bevor es zu einer akuten Krise kommt. Erstens. Die Zeitungsverlage beschäftigen etwas mehr als 160 000 Menschen. Der Wirtschaftsertrag der Zeitungsverlage liegt bei etwas über 4 Milliarden DM im Jahr. 1,8 Milliarden DM allein entfallen auf Löhne und Gehälter, und bei den Zeitungsverlagen sind es etwas mehr als 100 000 Beschäftigte, die im Nebenerwerb als Boten den für ihr Leben erforderlichen zusätzlichen Betrag verdienen und damit ihre soziale Stellung verbessern können. Zweitens. Wir haben in der Bundesrepublik 1232 Zeitungen. Es ist darauf hingewiesen worden, daß die Zahl der Vollredaktionen auf etwas mehr als 150 abgesunken ist. Das nimmt einer ganzen Reihe von tüchtigen Journalisten und angehenden Journalisten die Möglichkeit, in einer Vollredaktion tätig zu sein oder dort ausgebildet zu werden. Drittens. Die Zeitschriftenverlage in der Bundesrepublik sind mit 5800 Zeitschriften und einer Auflage von über 1 Million im Monat für alle Zweige des demokratischen Lebens, aber auch der Wissenschaft, der Kultur, der Bildung und all der breiten Fächerung, die wir im öffentlichen Leben haben, einfach nicht hinwegzudenken. Viertens. Wir haben mit der technischen Entwicklung zu rechnen. Mit dem Farbfernsehen, das in nächster Zeit auf uns zukommen wird, wird bei der Presse die Frage der farbigen Zeitung akut werden. Es wird erheblicher Investitionen bedürfen, um auch dem kleinen Verlag in der Kleinstadt die Möglichkeit zu geben, an der technischen Entwicklung teilzuhaben. Fünftens. Im Gesamtrahmen dürfen wir auch nicht vergessen, daß wir in der graphischen Industrie vor einer Entwicklung stehen, die bei unseren Überlegungen, eine gute deutsche Presse zu erhalten, auch im Interesse der Forschung und der Fortentwicklung unserer Druckmaschinenindustrie zu beachten ist. Die Elektronik wird hier neue Wege eröffnen, denen auch wir unsere Aufmerksamkeit schenken sollten. Die Bundesregierung und dieses Hohe Haus werden - ich habe die Zahlen genannt - sich sehr ernsthafte Gedanken darüber machen müssen, daß die wirtschaftliche Entwicklung der Presse rechtzeitig so gefördert werden muß, daß die Krise nicht erst dann bereinigt wird, wenn ,es zu spät ist. Im ersten Augenblick wird es wahrscheinlich billiger zu machen sein. Die ersten Warnzeichen sind gegeben. Lassen Sie mich zum Schluß noch ein Wort überhaupt für das gedruckte Wort sagen. Man könnte sonst der Meinung sein, in verdunkelten Räumen liest es sich schlecht. Das Wort über den Sender verhallt, das Bild durch den Äther entschwindet; aber das, was wir schwarz auf weiß besitzen, können wir getrost nach Hause tragen, und da sollten wir in unserem Volke etwas tun. ({0})

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Dr. Diemer-Nicolaus.

Dr. Emmy Diemer-Nicolaus (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000387, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es überrascht Sie vielleicht, daß ich ausgerechnet heute hier das Wort ergreife, ({0}) nachdem ich nicht dem entsprechenden Ausschuß angehöre. Aber ,es ist bei mir eben eine fortgesetzte Tat. Denn eine Veranlassung, diese Dinge aktuell zu behandeln, haben wir als Freie Demokraten bereits im Sommer des vergangenen Jahres gesehen. Vorausgegangen war zunächst in „Christ und Welt" der Artikel von Höpker „Deutschland, Deine Presse - Konzentration bedroht die Meinungsfreiheit". Dann kam das „Spiegel"-Urteil, und dieses Urteil sagte ganz klar, es ließe sich auch an eine Pflicht des Staates denken, Gefahren abzuwenden, die einem freien Pressewesen aus der Bildung von Meinungsmonopolen erwachsen könnten. Daraufhin stellte ich die Frage, welche Maßnahmen die Bundesregierung zu ergreifen beabsichtige, um Zeitungsmonopole zu verhindern bzw. zu beseitigen. Die Antwort, die mir damals der Herr Innenminister gegeben hat, war - das können mir der Herr Staatssekretär und die jetzige Regierung nicht übelnehmen - nicht allzu befriedigend. Es wurde nämlich tatsächlich keine Antwort gegeben, sondern darauf hingewiesen, daß die Kommission zur Untersuchung der Wettbewerbsverzerrungen bestehe. Es wurde mir aber in Aussicht gestellt, daß bis Ende des Jahres 1966 darüber Auskunft gegeben werden könnte. Ich bekam sie erst heute, und noch nicht einmal vollständig. Jetzt habe ich nur erfahren, daß die Wettbewerbskommission ihre Arbeiten beendet hat. Ich frage nun aber die Bundesregierung: Ist sie bereit, diesen Kommissionsbericht auch uns Abgeordneten zur Kenntnis zu bringen? Und ich frage mich weiter: wenn jetzt erneut eine Kommission eingesetzt wird, werden damit die Dinge nicht von neuem vertagt? ({1}) Ich frage weiterhin: Wieso kam die Bundesregierung jetzt am 8. März zu diesem Beschluß? War dafür nicht vielleicht doch das Buch von Professor Dr. Arndt „Die Konzentration in der Presse und die Problematik des Verleger-Fernsehens" sehr maßgebend? Er fordert nämlich auch eine Kommission. Deswegen würde es mich schon interessieren, nicht nur über die personelle Zusammensetzung der Kommision Genaueres zu hören, sondern auch darüber, welche Aufgaben sie zu erfüllen hat und bis wann wir endlich einmal genau erfahren werden, welche Maßnahmen ergriffen werden müsen. Ich möchte die Debatte nicht länger aufhalten. Es ist aber doch sehr interessant, sich die zwölf Thesen einmal anzusehen, die Professor Arndt am Schluß seiner Darstellung aufstellt. Ich möchte Ihnen jetzt nicht diese zwölf Thesen vorlesen. Er weist darauf hin, worin die Ursachen liegen. Darüber ist schon gesprochen worden. Aber vier Thesen, die er an den Anfang stellt, sind von großer Bedeutung. In seiner These 1 weist er darauf hin, daß die „innere Pressefreiheit" gefährdet wird, wenn die Pressekonzentration mit der Konkurrenz zwischen unterschiedlichen Presseorganen zugleich die Freiheit der Redakteure - darüber ist heute noch nicht gesprochen worden - wie auch die Freiheit der Berichterstatter gegenüber den Verlegern verringert. Er weist darauf hin, daß mit der Pressekonzentration gegebenenfalls auch eine Nivellierung der Presseerzeugnisse eintreten könnte. In der These 3 sagt er weiterhin: Wird durch die Pressekonzentration der Zugang zu abweichenden Informationen erschwert, so mindert sich auch das Urteilsvermögen des Staatsbürgers in politischen Fragen. Für die Aktualität dieses Themas ist besonders wichtig: „Die von Großverlegern zusammengefaßte oder abhängig gewordene Presse kann durch einheitliche Berichterstattung und gelenkte Kritik zu einem politischen Machtfaktor werden, der keiner parlamentarischen Kontrolle unterworfen ist." In These 4 kommt dann diese unabhängige Kommission, Meine Damen und Herren, diese Thesen zeigen die große Gefährdung, die tatsächlich vorhanden ist. Welche Schritte wir als Oppositionspartei jetzt unternehmen werden, um die Behandlung dieses Problems zu beschleunigen, wird sich auch aus den Antworten ergeben, die wir, jetzt hoffentlich in Kürze, auf Grund unserer ganz spezifizierten Klei4482 nen Anfrage von der Bundesregierung erhalten werden. ({2})

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Schober.

Dr. Kurt Schober (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002052, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir alle in diesem Hohen Hause sind uns wohl darüber einig, daß nicht nur deklamiert werden soll, was die Konzentrationserscheinungen in der Presse angeht, sondern daß gehandelt werden soll. Lassen Sie mich deswegen Allgemeines gar nicht mehr sagen, sondern ganz kurz thesenartig das zusammenfassen, was nach unserer Auffassung in der nächsten Zeit überhaupt möglich ist, um den Konzentrationserscheinungen auf dem Gebiete der Presse zu begegnen. Ich möchte mit einer positiven Bemerkung anfangen. Wenn es uns gelingt, die Neufassung der Umsatzsteuer in der Form der Mehrwertsteuer in zweiter und dritter Lesung so zu verabschieden, wie es der Entwurf jetzt vorsieht, dann haben wir gegen die Konzentration auf dem Gebiete der Presse schon etwas getan. Es ist nämlich beabsichtigt, die Vertriebserlöse der Verleger mit einer Präferenz von nur 5 % zu versteuern, die Werbeerlöse allerdings mit dem normalen Satz von 10 %. Darin liegt nach meiner Auffassung gerade eine besondere Begünstigung, eine besondere Vorzugsstellung für die mittelständischen Betriebe, die stark auf Vertriebserlöse und hier besonders auf Abonnements angewiesen sind. Ich möchte als zweite These aufstellen: Es darf keine weitere Verschlechterung des Postzeitungsdienstes geben. Im Gegenteil, man sollte eine Verbesserung der augenblicklichen Verhältnisse anstreben. Die zweimalige Reduzierung des Postzeitungsdienstes, die zweimalige Erhöhung der Postzeitungsgebühren zum 1. 1. 1964 und zum 1. 1. 1967 hat gerade den mittelständischen Betrieb hart getroffen. Die Ankündigung der Bundespost, daß weitere Maßnahmen erwogen .werden, halte ich für eine Sache, die noch sehr der Überlegung bedarf. Drittens: Wir sollten dazu kommen, zinsbegünstigte Kredite vor allem für den mittelständischen Druckerei- und Zeitungsbetrieb zu geben, damit er in der Lage ist, seinen technischen Apparat auf dem neuesten Stand zu halten. Die nächste These: Wir sollten dazu kommen, daß wir Sonderabschreibungen ermöglichen für die Neuanschaffung von Druckereimaschinen, die ebenfalls den mittelständischen Betrieb in die Lage versetzen, auf der Höhe der Zeit zu bleiben. Das ist etwa das, was nach meinem Dafürhalten im Augenblick von uns getan werden kann. Aber, meine Damen und Herren, die Zeitungsverleger, gerade auch die mittelständischen Zeitungsverleger, sind auch Leute, die nachdenken. Ich möchte hier sagen, was diese Kreise stark bewegt. Herr Axel Springer hat gesagt: Es bleibt in der Presse nur die Wahl zwischen Konzentration und Subvention. Das ist eine, glaube ich, nicht haltbare These. Es gibt - und das ist gerade die Meinung mittelständischer Verleger - die dritte Alternative, das ist die Kooperation. Wir sollten den mittelständischen Verlegern sehr dankbar sein, daß sie Schritte erwägen, diesen Weg der Kooperation verstärkt zu gehen. Den Weg der Kooperation gibt es einmal auf dem Gebiete der Technik. Hier kann eine ganze Menge getan werden, etwa indem mittelständische Druckereibetriebe und Verleger sich auf dem Gebiete der Setztechnik, der Rotation usw. aushelfen. Es wird auch daran gedacht - diesen Gedanken sollte man weiter verfolgen -, daß die kleineren Zeitungen ihre räumlichen Interessensphären etwas stärker abgrenzen. Der mittlere Zeitungsbetrieb brauchte nicht mit unrentablen kleinen Bezirksausgaben einem mittelständischen Konkurrenten unnötige Konkurrenz zu machen. Sehr dankbar sollten wir dafür sein, daß die mittelständische Publizistik überlegt, wie gemeinsame Anzeigenaktionen durchgeführt werden können. Sie könnten vielleicht eine Möglichkeit bieten, auf die Dauer der Konkurrenz der großen Anzeigenträger zu begegnen. Zum Schluß noch eins! Der Bericht über die Wettbewerbssituation der Massenmedien, der von der Bundesregierung angekündigt worden ist, liegt noch immer nicht vor. Wir erwarten, daß er alsbald diesem Hohen Hause vorgelegt wird, damit wir Materialien in der Hand haben, auf Grund deren wir das Gebiet, das heute hier besprochen worden ist, noch eingehender erörtern können. ({0})

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Das Wort hat der Abgeordnete Schmitt-Vockenhausen.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002033, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es kommt mir darauf an, am Ende dieser akuellen Stunde noch einmal folgendes deutlich zu machen. Die Koalitionsparteien legen Wert darauf, daß die Angelegenheiten schnell gefördert wird. Wir werden nach der Osterpause gemeinsam einen Antrag einbringen, auf Grund dessen wir dann mit dem Herrn Innenminister über die Frage der Terminierung des Berichtes sprechen können. Dann besteht auch, Herr Kollege Moersch, die Möglichkeit, in Ausschußberatungen diese Fragen zu erörtern. So hoffen wir möglichst schnell zu Ergebnissen zu kommen. ({0})

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Ertl.

Josef Ertl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000493, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin Leser einer Heimatzeitung und schätze deshalb den Wert der Heimatzeitung und der Regionalzeitung sehr. Das würde mich aber nicht veranlaßt haben, mich zu Wort zu melden, wenn nicht der Kollege Schulze-Vorberg ein sehr interessantes Wort geprägt hätte. Er sprach - und darin wurde er von dem Kollegen Martin unterstützt - von „Besatzungsföderalismus". Das ist eine sehr interessante Feststellung, die, wie ich annehme, sicherlich auf tiefschürfenden Überlegungen beruht. Die CDU und die CSU werden nun sicherlich bald Vorschläge machen, wie sie diesen Besatzungsföderalismus überwinden wollen, wie sie beispielsweise bei den Rundfunkanstalten zu neuen Formen kommen wollen und vielleicht auch bei den Ländern; das wäre dann ein Kapitel für den Innenminister. Ich nehme an, daß der Ministerpräsident von Bayern diese Diskussion sehr gern von der Bundesratsbank aus verfolgen wird. Das wird eine sehr wichtige Frage sein. ({0}) Herr Schmitt-Vockenhausen, Sie sind ja sehr initiativfreudig; ich bin beinahe der Meinung, daß Sie ein Ersatzinnenminister sind. Sie kündigen hier Koalitonsanträge an, während die Regierung immer nur auslaufende Diskussionen über Kommissionen führt, die offensichtlich nichts gebracht haben. Nun, wir lassen uns überraschen. Herr Schmitt-Vockenhausen will also nun vom Parlament her etwas tun. Das ist eigentlich merkwürdig; lassen Sie mich das als Zuhörer aus dem Parlament ganz offen sagen. Aus dem Parlament kamen heute eine ganze Menge Anregungen. Die Bundesregierung scheint diese Anregungen nicht zu kennen oder nicht vollziehen zu wollen. ({1}) - Warum brauchen Sie denn einen neuen Koalitionsantrag, wenn es die Regierung sowieso macht? Das verstehe ich nicht, Herr Kollege. ({2}) - Ach so, Sie meinen, wenn es die Koalition macht, dann geht es schneller bei der Regierung. ({3}) - Ich bedanke mich sehr. Sie haben also zugegeben, daß die Regierung gedrängt werden muß. Wir hoffen, daß das geschieht. Zum Schluß möchte ich nur noch folgendes sagen. Ich freue mich, wenn Sie eine Lösung finden, denn die Demokratie lebt von der Vielfalt. Die Heimatpresse ist eine Möglichkeit. Es steht auch sicherlich fest, daß die Zusammenarbeit zwischen Redaktion und Bevölkerung bei der Heimatpresse besser und inniger ist als bei Zentralredaktionen. Das meine ich nur als Leser der Zeitung feststellen zu dürfen, wobei ich gern höre, wenn hier die Monopolpresse erwähnt wird. Offensichtlich verfolgt man da die Taktik: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht naß. Man reizt zwar gern an, hat aber vielleicht nicht den Mut, hier zu klaren Ergebnissen zu kommen, weil auf der anderen Seite hinter einer gewissen Presse vielleicht sehr viel Macht steht, mit der man sich nicht anlegen will. ({4})

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Damit ist die aktuelle Stunde geschlossen. Wir fahren in der Beratung der Tagesordnung fort. Ich rufe auf die Punkte 3 und 4: Beratung der Sammelübersicht 15 des Petitionsausschusses ({0}) über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages zu Petitionen - Drucksache V/1490 Beratung der Sammelübersicht 16 des Petitionsausschusses ({1}) über die Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages zu Petitionen - Drucksache V/1516 Es handelt sich um die Sammelübersichten 15 und 16 des Petitionsausschusses. Wird das Wort dazu gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Das Haus hat über Anträge des Petitionsausschusses zu beschließen. In beiden Fällen beantragt der Ausschuß, die in den anliegenden Sammelübersichten enthaltenen Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestags zu Petitionen anzunehmen. Wer stimmt den Anträgen des Petitionsausschusses zu? Ich bitte um das Handzeichen. - Danke. Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Es ist einstimmig so beschlossen. Ich rufe auf Punkt 5: Erste Beratung des von den Abgeordneten Frau Jacobi ({2}), Frau Wessel, Wächter und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Vierten Rentenversicherungs-Änderungsgesetzes ({3}) - Drucksache V/1440 Die Vorlage soll begründet werden. Wer begründet? ({4}) - Meine Damen und Herren, vor allem meine Herren, da es sich hier um eine Aktion von Damen des Hauses handelt, bin ich gehalten, so höflich zu sein und mindestens zu warten, bis die Kolleginnen den Antrag begründen, wenn sie hier im Saal sind. Ich tue das normalerweise nicht, sondern vor allem gegenüber den Kolleginnen. ({5}) Ich bedaure. Ich muß also jetzt doch den nächsten Punkt aufrufen. Aber das ist etwas unfair; denn der nimmt uns längere Zeit in Anspruch. Deshalb schlage ich vor, die Begründung nicht entgegenzunehmen, da es offenbar längere Zeit braucht, um die Abgeordnete herbeizurufen. Die Vorlage soll an den Ausschuß für Sozialpolitik - federführend - und an den Haushaltsausschuß gemäß § 96 der Geschäftsordnung überwiesen werden. Es wird nicht widersprochen. - Dann ist die Überweisung in der vorgeschlagenen Form beschlossen. Ich rufe auf Punkt 6 a) : Bericht der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes - Drucksachen V/1400, zu V/1400 Das Wort zur Einbringung hat der Herr Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe die Ehre, dem Hohen Haus den 12. Bericht über die Lage der Landwirtschaft vorzulegen. Der Grüne Bericht 1967 ist bereits am 15. Februar dieses Jahres in Ihre Fächer gekommen und Ihnen damit fristgerecht zugeleitet worden. Die Verzögerung der traditionellen Einbringungsrede, d. h. der im Landwirtschaftsgesetz vorgeschriebenen mündlichen Erläuterungen des Berichts und der von der Bundesregierung beabsichtigten Maßnahmen ist auf die Schwierigkeiten des Haushaltsausgleichs 1967 zurückzuführen, die uns noch immer beschäftigen. Sie wissen, daß selbst die wissenschaftlichen Institute, auf deren konzentrierter Prognose die ersten Haushaltsvorlagen beruhten, ihre Voraussagen wiederholt an unerwartete Daten adaptieren mußten, - um keinen stärkeren Ausdruck zu verwenden. Theoretisch hätte die Aussprache über den Grünen Bericht und die Diskussion über die Schlußfolgerungen und Maßnahmen auch getrennt erfolgen können. Politisch sind aber beide Teile ein geschlossenes Ganzes, so daß sich die Bundesregierung im Einvernehmen mit dem Ältestenrat und mit Zustimmung des Ernährungsausschusses für die verbundene Vorlage und eine verbundene Diskussion entschieden hat. Die Ergebnisse des Grünen Berichts 1967 basieren auf dem Wirtschaftsjahr 1965/66. Bevor ich Ihnen eine genauere Analyse dieses Wirtschaftsjahres darlege, bitte ich, mir einen kurzen Rückblick auf die für die Landwirtschaft entscheidenden Daten und Tendenzen der zwölf zurückliegenden Jahre zu gestatten, also auf die Zeitspanne, seit der es ein Landwirtschaftsgesetz, einen Grünen Bericht und einen daraus abzuleitenden Grünen Plan sowie Bemühungen um eine forcierte Anpassung der deutschen Landwirtschaft an die Erfordernisse der gemeinsamen europäischen Agrarpolitik gibt. Ich darf feststellen, daß der seit Bestehen des Landwirtschaftsgesetzes zurückgelegte Weg keineswegs vergeblich war. Die Lage der deutschen Landwirtschaft wurde in dieser Zeitspanne - analog gleichlaufender Entwicklung in vergleichbar struktuierten Volkswirtschaften - vor allem durch den Zwang zur Anpassung an die Bedingungen der modernen Industriegesellschaft und durch die fortschreitende Eingliederung des Agrarbereichs in den gesamtwirtschaftlichen Produktions- und Marktprozeß bestimmt. Die dabei wirksamen Kräfte lassen sich auf einige wenige Grundtendenzen zurückführen. Erstens. Die stürmische wirtschaftliche Aufwärtsentwicklung im Gewerbe und in der Industrie und die forcierte Anwendung des technischen Fortschritts hat auch in der deutschen Landwirtschaft eine technische Revolution ausgelöst, die erhebliche soziale Umschichtungen zur Folge hatte. So haben sich seit dem Jahre 1950/51 rund 2 Millionen landwirtschaftliche Arbeitskräfte, das sind mehr als 50 % des gesamten Arbeitskräftebestandes, infolge des Einkommenssogs einer stark expandierenden gewerblichen Wirtschaft dem gewerblich-industriellen Sektor zugewandt. Zum Ersatz dieser Kräfte hat die Landwirtschaft in einer Zeit, in der weder die Landwirte noch die Landmaschinenindustrie auf diesen stürmischen Umstellungsprozeß vorbereitet sein konnten, seit dem Jahre 1950/51 rund 41 Milliarden DM für den funktionsbedingten und funktionsgerechten Neubau von Wirtschaftsgebäuden und für die Anschaffung von Maschinen investieren müssen. Der Kapitalbesatz je landwirtschaftliche Arbeitskraft belief sich im Jahre 1965/66 auf rund 72 000 DM je Arbeitskraft und übertraf damit die Kapitalausstattung je Arbeitskraft vieler Industriezweige. Zweitens. Im Zuge dieser Entwicklung ist die Integration der Landwirtschaft in die arbeitsteilige Volkswirtschaft weiter vorangeschritten. Landwirtschaft und Industrie sind in ihrer wechselseitigen Entwicklung immer stärker voneinander abhängig geworden. Die überragende Bedeutung einer gesicherten gewerblichen und industriellen Beschäftigungslage und einer davon abgeleiteten ausreichenden Massenkaufkraft für den Absatz landwirtschaftlicher Erzeugnisse, vor allem qualitativ hochwertiger Veredlungsprodukte, ist vielen Landwirten noch aus den Erfahrungen der Weltwirtschaftskrise in schmerzlicher Erinnerung. Diese Abhängigkeit hat drastisch zugenommen. Weniger bekannt ist jedoch das Gewicht, das die Landwirtschaft als Käufer von gewerblichen Produkten und Dienstleistungen in die Waagschale unserer Volkswirtschaft zu werfen hat. Vom Produktionswert der Landwirtschaft in Höhe von fast 30 Milliarden DM entfällt etwa die Hälfte auf Vorleistungen anderer Wirtschaftszweige, welche die landwirtschaftlichen Betriebe in Form von Betriebsmitteln und Dienstleistungen in Anspruch nehmen. Dazu kommen schätzungsweise rund 5 Milliarden DM gewerblich hergestellte Konsumgüter, die von den landwirtschaftlichen Haushaltungen gekauft werden. Es. liegt auf der Hand, daß dieses Kaufkraftvolumen von 20 Milliarden DM von lebenswichtiger Bedeutung nicht nur für eine Reihe von Industrien, die vorwiegend an die Landwirtschaft absetzen und liefern, sondern auch für den Wohlstand vieler Klein- und Mittelstädte ist. Solche spezifischen und regional ausgerichteten Güter- und Geldströme können durch Exporte anderwärts lozierter Industrien nicht ersetzt werden. ({0}) Drittens. Die Nahrungsmittelproduktion hat - bei einem um die Hälfte reduzierten Kräfteeinsatz - von 34,2 Millionen t Getreideeinheiten im Jahre 1950/51 auf 51,5 Millionen t Getreideeinheiten im Wirtschaftsjahr des Berichtszeitraumes, also um rund 51 %, zugenommen. Dabei zeigt sich in der Zusammensetzung der Nahrungsmittelerzeugung zunehmend eine bemerkenswerte Verschiebung zugunsten der Produktion auf der Grundlage eingeführter Futtermittel. So ist der Anteil der Futtermitteleinfuhren an der deutschen Nahrungsmittelproduktion von nur 5 % im Jahre 1950/51 auf heute 20 % angewachsen. In absoluten Zahlen ausgedrückt wurden im letzten Jahr für rund 6 Milliarden DM Futtermittel importiert. ({1}) Die ernährungswirtschaftlichen Einfuhren sind ebenfalls stark gestiegen. Sie erreichten im Jahre 1966 mit rund 16 Milliarden DM mehr als das Dreifache des Einfuhrwerts im Jahre 1950/51 und nahmen 22 % des gesamten Einfuhrwerts der Bundesrepublik, der 73 Milliarden DM betrug, ein. Gegen alle anderslautenden Pauschalurteile wird damit für den gewerblich-industriellen Außenhandel eine bemerkenswerte, meines Erachtens unentbehrliche Austauschposition im Export eröffnet. Viertens. Mit der starken Abwanderung von Arbeitskräften, die durch die Expansion der Industrie und das damit verbundene große Angebot an Arbeitsplätzen mit hohen und steigenden Löhnen verursacht war, ist die landwirtschaftliche Betriebsgrößenstruktur in Bewegung geraten. In der Zeit von 1949 bis 1966 ging die Zahl der Betriebe um 516 000 - das sind 26,2 % - zurück; dies entspricht einem jährlichen Rückgang von 30 000 Betrieben. Die Abnahmen konzentrierten sich - analog dem Gefälle in der Ertragsstruktur - auf die Betriebsgrößenklassen unter 10 ha, während in den Betrieben über dieser Größenschwelle, vor allem aber in der Größenklasse von 20 bis 50 ha, beträchtliche Zunahmen zu verzeichnen waren. Dieser Prozeß wird sich nach allen Anzeichen fortsetzen und voraussichtlich durch die Anwendung der gemeinsamen EWG-Agrarpolitik und ihren verschärften Wettbewerb neue Impulse bekommen. Fünftens. Seit der Vorlage des ersten Grünen Berichts im Jahre 1956 ist im ganzen gesehen eine beträchtliche Verbesserung der landwirtschaftlichen Ertrags- und Einkommenssituation zu verzeichnen. Die Verkaufserlöse der Landwirtschaft sind um fast 70 % auf rund 26,3 Milliarden DM im Wirtschaftsjahr 1965/66 angestiegen. Im gleichen Zeitraum haben die laufenden Betriebsausgaben auf 19,2 Milliarden DM, also um 73 % - d. h. um 3 % mehr -, zugenommen. Der Differenzbetrag zwischen Verkaufserlösen und Betriebsausgaben, der für die Barentlohnung der familieneigenen Arbeitskräfte, zur Verzinsung des eigenen Betriebskapitals sowie für Risikorücklagen zur Verfügung steht, ist von 4,6 Milliarden DM auf 7,4 Milliarden DM, also um 61 % gestiegen. Da gleichzeitig die Zahl der Arbeitskräfte auf die Hälfte gesunken war, konnte sich das Bareinkommen pro Arbeitskraft mehr als verdoppeln. Sechstens. Solche aus der allgemeinen Statistik gewonnenen Gesamtrechnungen werden seit Erlaß des Landwirtschaftsgesetzes durch Buchführungsergebnisse aus rund 8000 Testbetrieben ergänzt, erweitert und besonders auf die Ermittlung der Einkommenslage der landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetriebe ausgerichtet. Das durchschnittliche Betriebseinkommen je Vollarbeitskraft, in dem Arbeitseinkommen und Kapitalertrag zusammengefaßt werden, stieg von 1956/57 bis 1965/66 von 3772 DM auf 9114 DM an. Es gibt in der übrigen Wirtschaft nur eine einzige Einkommensgröße, die nach Höhe und Bewegung damit übereinstimmt; das ist der Vergleichslohn gewerblicher Arbeitskräfte. Er stieg in derselben Zeit von 4168 DM auf 9217 DM. Wenn man nun in Ausführung des Landwirtschaftsgesetzes den Anspruch erhebt, daß das landwirtschaftliche Arbeitseinkommen, allein gesehen, die Höhe des Industrielohnes erreichen soll, dann bleibt nach obiger Rechnung für den Kapitalertrag nichts übrig. Die Landwirtschaft gleicht also heute einem Gewerbe, dessen Einkommen zwar zur Deckung der Löhne ausreicht, das aber keinen Gewinn erzielt. Man kann aber auch rein rechnerisch das Kapital vorab befriedigen und ihm eine Verzinsung von 31/3 % zubilligen, wie es die Vergleichsrechnung des Grünen Berichts tut. Ein derart vom Betriebseinkommen abgesetzter Kapitalertrag senkt natürlich das Arbeitseinkommen unter die von den gewerblichen Arbeitskräften im Durchschnitt erzielten Vergleichslöhne. Der in der Landwirtschaft erzielte Lohn stieg zwar von 2684 DM auf 6220 DM, d. h. prozentual etwa parallel mit dem Industrielohn an, aber mit einem beträchtlichen absoluten Abstand. Bei dieser Betrachtung gleicht die Landwirtschaft einem Gewerbe, das den vollen Kapitalertrag erwirtschaftet, einem sehr bescheidenen Zinsanspruch genügen kann, aber seine Arbeitskräfte schlecht bezahlen muß. Dies ist gemeint, wenn man von Disparität spricht. Siebentens. Die Durchschnittszahlen können aber die mannigfaltige Wirklichkeit nicht genügend kennzeichnen. Der vorliegende Grüne Bericht hat deshalb, und zwar zum ersten Male, in seinem statistischen Teil von Seite 205 an neben den Durchschnittsergebnissen auch die Streuungen dargestellt. Es sind jeweils das beste und das schlechteste Viertel der Testbetriebe herausgehoben worden. Die Unterschiede sind erstaunlich groß. So sind z. B. Differenzen zwischen 20 000 DM und 5000 DM beim Betriebseinkommen je Arbeitskraft und von +600 bis -600 DM Reinertrag je ha sehr häufig. Alle kleinen Betriebe um 15 ha herum im besten Viertel schneiden viel besser ab als alle großen Betriebe im schlechtesten Viertel. ({2}) Betriebe mit niedrigen Einheitswerten unter 1000 DM im besten Viertel haben viel höhere Einkommen und Reinerträge als Betriebe mit Einheitswerten über 2000 DM im schlechtesten Viertel. Dasselbe gilt für gute Futterbauwirtschaften mit niedrigen Einheitswerten gegenüber Hackfruchtwirtschaften mit hohen. Hier kommt also in überzeugender Weise die Qualität der Betriebsleiter zum Ausdruck. Damit ist nun auch statistisch erhärtet - das sei ganz offen ausgesprochen -, was gute Kenner der Landwirtschaft aus eigener Anschauung schon ziemlich genau wußten. Es ist tröstlich, daß wenigstens ein Viertel der landwirtschaftlichen Betriebe für die Agrarpolitik kein Problem darstellt, da hier rentable Betriebe mit Vermögenszuwachs vorhanden sind; aber umso ernster ist die Situation der Betriebe im schlechten Viertel, die seit Jahren ihr Vermögen verbrauchen. Im mittleren Bereich zwischen diesen beiden Extremen liegt das eigentliche Feld fördernder und progressiver Agrarpolitik. Achtens. Sorgen macht mir auch die zunehmende innere Disparität der Landwirtschaft. Während der durchschnittliche jährliche Zuwachs des Arbeitseinkommens von 1956/57 bis 1964/65 etwa im Schnitt 436 DM pro Arbeitskraft betrug, belief sich dieser Zuwachs im gleichen Zeitraum in den Betrieben unter 20 ha auf 355 DM für die Arbeitskraft, von 20 bis 50 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche auf 562 DM pro Arbeitskraft, von 50 und mehr ha landwirtschaftlicher Nutzfläche auf 801 DM pro Arbeitskraft. In Nordwestdeutschland war die jährliche Zunahme im Durchschnitt aller Betriebe mit 578 DM pro Arbeitskraft erheblich höher als in Süddeutschland mit 339 DM. Noch deutlicher wird die Differenzierung bei einem Vergleich verschiedener Betriebssysteme. So betrug die durchschnittliche jährliche Zunahme des Arbeitseinkommens in den nordwestdeutschen Hackfruchtbaubetrieben rund 600 DM pro Arbeitskraft, in den süddeutschen Futterbaubetrieben dagegen nur 279 DM. Ich muß es mir versagen, auf diese in einzelnen äußerst aufschlußreichen Unterschiede und Differenzierungen noch näher einzugehen. Der Bericht liefert hierüber eine Fülle von Material, das ich dringend Ihrer Aufmerksamkeit empfehle. Nun die Lage im Untersuchungsjahr. Trotz aller Vorbehalte gegenüber golbalen Zahlen muß ich mich dem Zwang der knapp bemessenen Zeit beugen und darf Ihnen jetzt die wichtigsten Erkenntnisse des Grünen Berichts 1967 kurz an Hand von Durchschnittsergebnissen verdeutlichen. Diese Durchschnittszahlen haben ihre besondere Bedeutung im Zeitvergleich; sie spiegeln die Mengen- und Preisbewegungen von einem Gebiet zum anderen und haben nicht weniger Aussagekraft als die globalen Werte, mit denen unsere Kritiker in anderen Wirtschaftsbereichen haarscharf zu argumentieren verstehen. ({3}) Erstens. Im Berichtsjahr 1965/66, das für die gesamte Volkswirtschaft ein recht erfolgreiches Jahr mit einem realen Zuwachs des Bruttoinlandsproduktes von 6,3 % - auch eine Globalzahl übrigens - gewesen ist, an dem sich die breite Masse der Lohnempfänger mit einer Lohnerhöhung von 8,2 % - wiederum eine Globalzahl - beteiligen konnte, erzielten die in der Landwirtschaft tätigen Erwerbspersonen absolut und relativ ein Mindereinkommen von 5 %. ({4}) Zweitens. Das gleiche gilt für den Überschuß der Verkaufserlöse über die Betriebsausgaben im Untersuchungsjahr, der 15 % geringer ist als im Vorjahr. Der Hinweis auf die schlechte Ernte - der zweiten übrigens seit 1961/62 - bedeutet wenig Trost angesichts der Erkenntnis, daß der Aufwand gestiegen und das Risiko der Ernte in peinlicher Form offenbar geworden ist. ({5}) Als Folge dieser Mindereinnahmen hat die Verschuldung der deutschen Landwirtschaft auf 21,1 Milliarden DM zugenommen. ({6}) Das sind die registrierten Schulden. Es kann ferner unterstellt werden, daß über die Verschuldung hinaus irreparable Investitionen unterblieben sind. Einwendungen aber gegen Art und Umfang der Aufwendungen lassen sich überzeugend widerlegen, wenn auf die unverzichtbaren Generalaufwendungen, die Steigerungsrate der Kosten und auf die Tatsache verwiesen wird, daß die Aufwandszunahme zum großen Teil Futtermittel enthält, die auf Grund der schlechten Ernte nicht aus der eigenen Futterbasis eingebracht werden konnten. Drittens. Trotz der ungünstigen Ertragsverhältnisse im Untersuchungsjahr wurde aber noch auf fast 30 °/o der landwirtschaftlichen Nutzfläche des Bundesgebietes der Vergleichslohn voll gedeckt und darüber hinaus eine Verzinsung des Betriebskapitals erzielt. Auf weiteren 45 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche war immerhin noch eine Deckung des Vergleichslohnes zwischen 80 und 100 % zu verzeichnen, und nur auf einem Viertel der landwirtschaftlichen Nutzfläche des Bundesgebietes betrug die Vergleichslohndeckung weniger als 80 %. Es handelt sich hierbei - wie die Einzelanalysen des Berichts zeigen - immer wieder um die marktfernen Mittelgebirgslagen mit einer ungünstigen Agrar- und Infrastruktur. Auf diese Gebiete werden wir in Zukunft unsere agrar- und wirtschaftspolitischen Maßnahmen mehr als bisher konzentrieren müssen. ({7}) Ich stelle nun die Frage: Inwieweit wurden die Ziele der deutschen Agrarpolitik erfüllt, und inwieweit blieben sie unerfüllt? Ich halte es für richtig und notwendig, dem deutschen Steuerzahler nicht immer nur Forderungen und kritische Berechnungen über die Aufwendungen vorzulegen, die zugunsten der Landwirtschaft in den zurückliegenden Jahren getätigt wurden; er sollte auch einmal erfahren, was mit diesen seit dem 1. Grünen Plan eingesetzten 23,5 Milliarden DM Steuergeldern durch die zumeist in erfreulicher Übereinstimmung handelnden politischen Kräfte als Treuhänder dieser Steuergelder geleistet wurde. Eine derartige Bilanz erweist sich nicht nur im Vergleich der Jahre, sondern erst recht im Vergleich mit anderen Ländern als außerordentlich erfolgreich. So ist - absolut gesehen - der Leistungstand der deutschen Landwirtschaft nach der holländischen und belgischen an den dritten Platz in Europa gerückt. Dabei sind die Produktionsbedingungen in weiten Gebieten der Bundesrepublik wesentlich ungünstiger als in Holland und Belgien. In standortmäßig vergleichbaren Räumen, z. B. in Niedersachsen oder Nordrhein-Westfalen, steht die deutsche Landwirtschaft nicht mehr hinter der holländischen oder belgischen zurück; sie hat sie in verschiedenen Sparten schon überrundet. Wenn trotzdem die Ziele des Landwirtschaftsgesetzes noch nicht erreicht sind, so darf dabei nicht vergessen werden, daß das Landwirtschaftsgesetz eine Reihe von agrarpolitischen Zielvorstellungen formuliert, die jedem Kenner der Situation als zeitlose Forderungen an unsere und jede vergleichbare Agrarpolitik vertraut sind. Die Eingliederung der Landwirtschaft in die dynamische, sich ständig fortentwickelnde Volkswirtschaft ist im Grunde eine permanente Aufgabe. In allen modernen Industriestaaten gibt es das Problem der landwirtschaftlichen Einkommensdisparität - in den USA z. B. lag sie nach den Ergebnissen der letzten Untersuchungen im Durchschnitt bei etwa 50 % - und die Tatsache, daß mehr und mehr Länder und nunmehr auch die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft nach Maßstäben für die Erfassung und nach Maßnahmen für die Lösung dieses Problems suchen, verdeutlicht die allgemeine Gültigkeit dieses Phänomens. In der letzten Konsequenz ist die Frage des Ausgleichs jeder Disparität, die es ja nicht nur zwischen Landwirtschaft und Gewerbe, sondern innerhalb und im Vergleich aller Wirtschaftsbereiche gibt, überhaupt unlösbar. Ich nenne nur die für jeden sichtbare Einkommensdisparität in den vielen Zweigen des Handwerks und des Handels bis zu der bekannten grenzüberschreitenden Einkommensdisparität im wissenschaftlichen Bereich, die uns so viele aktuelle Sorgen des Abgangs und Weggangs von Wissenschaftlern und Forschungskräften bereitet. Das für die Agrarpolitik entscheidende Anliegen besteht meines Erachtens darin, im beruflichen und sozialen Wettbewerb eine ausreichende Anziehungskraft für den bäuerlichen Beruf zu erhalten. Das eine Lager unserer Kritiker, die an Hand der durchschnittlichen Disparitätszahlen einen Mißerfolg der agrarpolitischen Bemühungen zu konstruieren versuchen, müssen wir mit aller Deutlichkeit darauf hinweisen, daß nicht nur die Produktivitätssteigerung in der Landwirtschaft mit der durchschnittlichen Produktivitätssteigerung im gewerblichen Bereich Schritt gehalten hat, sondern daß es auch einer Reihe von Betriebsgruppen innerhalb weniger Jahre dank eigener Anstrengungen und der agrarpolitischen Hilfe gelungen ist, mit ihrem Arbeitseinkommen die gewerblichen Vergleichslöhne zu erreichen. Aber auch die ernährungswirtschaftliche Leistung unserer Landwirtschaft verdient hohe Anerkennung. Verglichen mit dem Jahre 1950 versorgt heute die deutsche Landwirtschaft mit der Hälfte des damaligen Arbeitskräftebestandes und einer um 500 000 geringeren Zahl von Betrieben eine um 10 Millionen Menschen größere Bevölkerung in einem relativ gleich hohen Anteil mit qualitativ höherwertigen Nahrungsmitteln. Eine landwirtschaftliche Vollarbeitskraft versorgt heute in der Bundesrepublik 24 Menschen. Diese Leistungen zählen um so mehr, als die deutsche Landwirtschaft im Vergleich zur Landwirtschaft der meisten anderen europäischen Länder auf eine geradezu katastrophale Ausgangssituation zurückblickt. Ich kann die vielen Hypotheken der Vergangenheit hier nicht im einzelnen abhandeln. Insbesondere hatte eine auf marktpolitische Autarkie ausgerichtete Agrarpolitik dazu geführt, daß nicht die Rationalität der Produktion, sondern allein die produzierten Mengen zum Wertmesser der Landwirtschaft in der Gesamtwirtschaft wurden und das Markt- und Absatzdenken der deutschen Landwirte verkümmern ließen. Während andere Staaten, nämlich England, Dänemark und Schweden, schon vor 100 und mehr Jahren ihre Flächen bereinigt und ihre Betriebe arrondiert hatten, laborieren wir in der Bundesrepublik noch heute in weiten Gebieten mit einer Flächen- und einer Besitzstruktur, die den Einsatz moderner Maschinen und neuer Bewirtschaftungsmethoden erheblich verteuert, wenn nicht geradezu unmöglich macht. Erst mit der Währungsreform wurden die elementarsten ökonomischen Voraussetzungen für die Mechanisierung und Rationalisierung der landwirtschaftlichen Betriebe geschaffen, wenngleich diese im allgemeinen auch unter weit ungünstigeren kapitalmarktmäßigen Bedingungen investieren mußten als die deutsche Industrie. Trotz dieser widrigen Umstände hat die Landwirtschaft den Anruf der Zeit verstanden und in einem mächtigen Impuls ihre Produktivität und Rationalität entfaltet, die manchen gewerblichen Bereich in den Schatten stellt. Die Erfolgszahlen sprechen absolut und in der Relation eine eindeutige Sprache und geben keinen Anlaß zu billiger Mäkelei. Aus dieser Sicht müssen wir feststellen, daß das Landwirtschaftsgesetz und die Grünen Berichte ein richtiger Entschluß und eine wirksame Agrarpolitik gewesen sind. Die Agrarpolitik wurde mit den Wirtschaftsanalysen der Grünen Berichte zudem früher objektiviert als alle anderen Bereiche, die bislang keineswegs ähnlich objektive Ermittlungen zur Basis ihrer Ansprüche erhoben haben. ({8}) Die vielberufene ökonomische Denkweise und Beurteilung ist also längst wesentlicher Bestandteil moderner Landwirtschaft und Landwirtschaftspolitik geworden. Die Bundesregierung hat sich auch in diesem Jahr wieder bemüht, die Methoden der Ertrags- und Einkommensermittlung zu verfeinern und die Aussagefähigkeit des Berichtes weiter zu verbessern. Die Kritiker, die sich immer wieder mit der methodischen Seite des Berichtes befassen, täten gut daran, diese Verbesserung anzuerkennen. Ich möchte die Analyse des Grünen Berichtes 1967 auf diese Punkte beschränken und mich nun den Schlußfolgerungen zuwenden, die die Bundesregierung aus dieser Bilanz gezogen hat. Es liegt auf der Hand, daß wir an der Schwelle des Gemeinsamen Marktes unsere deutsche Agrarpolitik so rasch wie möglich auf die Gestalt gewinnenden Akzente der zukünftigen gemeinsamen europäischen Agrarpolitik abstellen, aber gleichzeitig eine behutsame Überleitung auf die neuen agrarpolitischen Datenkonstellationen vornehmen müssen. Dies erfordert in mancher Hinsicht eine Revision vertrauter Denkkategorieen. In knapp eineinhalb Jahren ist auf dem Agrarsektor bereits die Endphase des gemeinsamen europäischen Marktes erreicht. Im Gegensatz zu wichtigen Partnerländern muß die deutsche Landwirtschaft im Zuge der Agrarpreisharmonisierung zum Teil erhebliche Preissenkungen hinnehmen, während sich die Preise für gewerbliche Betriebsmittel und vor allem die Löhne erst im Zuge des weiteren Integrationsprozesses im freien Spiel der Kräfte auf ein nicht voraussehbares und nicht vorausrechenbares Niveau harmonisieren werden. Hier zeigt sich wiederum die enge wechselseitige Verflechtung des Agrarsektors mit allen wichtigen Bereichen der übrigen Wirtschaft auf dem Kostensektor, ohne deren beschleunigte Integration in eine einheitliche europäische Politik hängt die Integration auf dem Agrarsektor in der Luft, und sie ist zum Scheitern verurteilt, weil z. B. eine unterschiedliche Verkehrs-, Steuer-, Währungs- und Sozialpolitik zu objektiv nicht gerechtfertigten Produktionskostenunterschieden und damit zu unerträglichen Wettbewerbsverfälschungen in der Gemeinschaft führen müßte. ({9}) Das Experiment des gemeinsamen Agrarmarktes wird als Testfall der wirtschaftlichen und politischen Einigung Europas nur dann ein Erfolg, wenn diese Voraussetzungen erfüllt und die Integrationsrückstände in einzelnen Bereichen so rasch wie möglich abgebaut werden. Ein Scheitern dieses Experiments müßte auch schwerwiegende politische Folgen haben. Die Bundesregierung wird diesem Komplex in den Brüsseler Verhandlungen ihr besonderes Augenmerk zuwenden. Die Anwendung gemeinsamer Agrarmarktregeln und gemeinsamer Agrarpreise im europäischen Großraum mit 170 Millionen Menschen bricht radikal mit den in diesem Lebensraum bisher angewandten pluralistischen Agrarpolitiken. Dieser Bruch wird heute noch nicht absehbare Standortverlagerungen zur Folge haben müssen. Für die wirtschaftliche Existenz ungezählter Bauernfamilien, aber auch ländlicher Gewerbetreibender, ist es deshalb entscheidend, daß wir sie auf die erforderlich werdenden Umstellungen innerhalb ihres Berufes vorbereiten und für die aus dem landwirtschaftlichen Produktionsprozeß freiwillig ausscheidenden Kräfte und Familien im Generationswechsel neue Arbeitsplätze schaffen und vorbereiten. Hier kommen wirtschafts-, bildungs- und sozialpolitische Aufgaben größten Ausmaßes auf uns zu, für deren Lösung weder das Instrumentarium noch die der Agrarpolitik zu Gebote stehenden Mittel auch nur annähernd ausreichen. Im Bereich der eigentlichen Agrarpolitik haben wir ein Schwerpunktprogramm konzipiert, das sowohl auf die spezifischen Erfordernisse der europäischen Wirtschaftsgemeinschaft als auch auf unsere derzeitigen konjunkturpolitischen Notwendigkeiten Rücksicht nehmen muß. Die Durchführung dieses Programms wird durch die erforderlichen Haushaltskürzungen in Einzelplan 10 um 289 Millionen DM - das sind 6,2 % - gegenüber dem vergangenen Jahr nicht gerade erleichtert. Ich habe es deshalb besonders begrüßt, daß das Hohe Haus am 23. Februar dieses Jahres beschlossen hat, den Agrarbereich und damit den ländlichen Raum und seine Menschen in größerem Umfang als zunächst vorgesehen an dem Investitionshaushalt 1967 partizipieren zu lassen. Ich bin davon überzeugt, daß die hier bereitgestellten 200 Millionen DM entscheidend dazu beitragen werden, die vor allem regional zutage tretenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten und die hohe Arbeitslosenquote in den betroffenen, meist ohnehin benachteiligten Gebieten zu beseitigen. Generell gesehen zielt unser agrarpolitisches Schwerpunktprogramm darauf ab, solche Maßnahmen stärker in den Vordergrund zu schieben, die zu einer nachhaltigen Verbesserung der Produktionsvoraussetzungen und damit der Einkommenschancen der landwirtschaftlichen Bevölkerung führen. Es handelt sich hierbei in erster Linie um Maßnahmen zur Verbesserung der Agrar-, Betriebs- und Marktstruktur. Ergänzend beabsichtigen wir bei den Sozialhilfen einige neue Akzente zu setzen. Die Besonderheiten des Agrarbereichs bedingen es, daß das agrarpolitische Schwerpunktprogramm in erster Linie aus langfristig wirksamen Maßnahmen bestehen muß. Unsere schnellebige Gegenwart hält aber nur mißmutig die notwendige Portion Geduld bereit, die hier gefordert wird. Unserer gewählten Wirtschafts- und Rechtsordnung entsprechend müssen wir bei diesen Maßnahmen ferner in besonderer Weise auf die Entscheidungsfreiheit aller Beteiligten Rücksicht nehmen und können die beabsichtigten Maßnahmen nur auf freiwilliger Grundlage durchführen. Die beträchtlichen regionalen Unterschiede in den Krisenerscheinungen der deutschen Wirtschaft und die gebietsweise stark differierenden Arbeitslosenziffern zeigen aber, daß die uns gestellten regionalpolitischen Aufgaben trotz aller unbestreitbaren Erfolge noch nicht ausreichend gelöst sind. Die Eingliederung der deutschen Wirtschaft in das Marktwirtschaftsgefüge der EWG wird diese regionalpolitischen Schwächen verschärft in Erscheinung treten lassen. Bei der Regionalförderung handelt es sich immer um eine echte Gemeinschaftsaufgabe verschiedener an der wirtschaftspolitischen Gesamtentwicklung beteiligten Ressorts, die in Abstimmung und Kooperation mit den Ländern in Angriff genommen werden muß. Auf der Grundlage einer umsichtigen Raumplanung müssen in den Gebieten, die wir heute schon zu den Notstandsräumen zählen, durchgreifende Infrastrukturmaßnahmen und eine vorausschauende landwirtschaftliche Strukturpolitik Hand in Hand gehen, wenn soziale Erschütterungen und Verelendungen größeren Ausmaßes verhindert werden sollen und wenn wir dem Verfassungsauftrag nach Herbeiführung gleichartiger Lebensbedingungen in allen Regionen der Bundesrepublik entsprechen und nachkommen wollen. Im Rahmen des regionalen Förderungsprogramms der Bundesregierung - mit Bundesausbaugebieten, Bundesausbauorten und Zonenrandgebiet - sollen in Zukunft in schwach strukturierten ländlichen Räumen verstärkt die infrastrukturellen Voraussetzungen für die gewerbliche Durchsetzung geschaffen werden - Verkehrserschließung, Wasser- und Energieversorgung. Eine Reihe geglückter Versuche, wie z. B. das Emslandprogramm, weisen uns hier einen Weg und geben ein Modell. Diese Aufgaben werden im Bereich der Agrarpolitik ergänzt durch die 1961 aufgenommene Förderung der von Natur benachteiligten Gebiete, die mit einer Fläche von 8,6 Millionen ha rund 35 % der Wirtschaftsfläche des Bundesgebietes umfassen. Dieses Programm ist wesentlicher Bestandteil der strukturpolitischen Maßnahmen der Bundesregierung; sein Haushaltsansatz, der an die Bundesländer zur Verteilung kommt, ist mit 90 Millionen DM unverändert aufrechterhalten worden. Die Verbesserung der Agrarstruktur im engeren Sinne ist und bleibt Schwerpunkt der Agrarpolitik. Wir sehen uns in diesem Jahre freilich naturgemäß gezwungen, stärker als bisher bestimmte Prioritäten anzuerkennen, da 1967 nur rund 794 Millionen DM gegenüber 953 Millionen DM im Vorjahre zur Verfügung stehen. Um mit den knapper verfügbaren Mitteln einen optimalen Effekt zu erzielen, sind bei folgenden einzelnen Maßnahmen Änderungen beabsichtigt. Bei der Flurbereinigung müssen wir das sogenannte beschleunigte Zusammenlegungsverfahren verstärkt in den Vordergrund rücken, da trotz der kombinierten Anstrengungen von Bund und Ländern heute immer noch 7,5 Millionen ha, das sind etwa 50 °/o der für die Flurbereinigung in Frage kommenden Wirtschaftsfläche des Bundesgebietes, einer Zusammenlegung bedürfen und auf 3,5 Millionen ha früher bereits bereinigter Fläche eine erneute Zusammenlegung notwendig geworden ist. Das klassische Flurbereinigungsverfahren soll nur noch dann durchgeführt werden, wenn eine agrarstrukturelle Fachplanung seine Einfügung in die Entwicklung des ländlichen Raumes geboten erscheinen läßt und eine Abstimmung mit den Belangen der Wasserwirtschaft, der Landschaftspflege, des Verkehrs, insbesondere aber auch der Bauleitplanung erfolgen kann. Es versteht sich von selbst, daß alle derzeit noch laufenden Verfahren zum Abschluß gebracht werden, da die Landwirtschaft sich in ihren Dispositionen darauf eingestellt hat. Gemeinden, die sich aus Zeitmangel den vorgenannten Verfahren nicht unterwerfen können, muß der freiwillige Landtausch Hilfe bringen. In Verbindung damit wird in Zukunft auch in beschränktem Umfange die Befestigung von Wirtschaftswegen und der Ausbau sonstiger Folgemaßnahmen in diesem Maßnahmebereich gefördert werden können. Innerhalb der Agrarstrukturverbesserung hat neben der Flurbereinigung die Position „Aussiedlung, Althofsanierung und Betriebsaufstockung" mit einem Haushaltsansatz von 384 Millionen DM, ergänzt durch eine Bindungsermächtigung von 50 Millionen DM, das größte Gewicht. Um angesichts der hohen Neubaupreise möglichst vielen Betrieben die Vorteile einer rationellen Gestaltung der Wirtschaftsgebäude zu ermöglichen, werden wir im Rahmen dieser Maßnahmengruppe in Zukunft der baulichen Verbesserung vorhandener Wirtschaftsgebäude eine klare Präferenz einräumen. Wir müssen ferner in Zusammenarbeit mit den Siedlungsgesellschaften bemüht bleiben, preiswerteren und billigeren Bauweisen in der Landwirtschaft noch stärker als bisher zum Durchbruch zu verhelfen, um die segensreiche Arbeit dieser Gesellschaften noch effizienter zu machen. Schließlich scheint mir auch eine Vereinheitlichung des stark zersplitterten Siedlungsrechts dringend geboten. Verbesserung der inneren Betriebsstruktur. Umfassende Infrastrukturmaßnahmen und eine wirksame Agrarstrukturpolitik mobilisieren in den agrarischen Notstandsräumen die bei der heutigen Betriebsstruktur meist blockierten Produktionsfaktoren Boden und Arbeit und ermöglichen eine rationellere Kombination dieser Faktoren in größeren Betriebseinheiten. Sie sind damit die logische Voraussetzung für ein in die Zukunft gerichtetes Investitionsprogramm, und damit ist ein weiterer Schwerpunkt zukünftiger agrarpolitischer Aufgaben angesprochen. Die Forderung der Landwirte nach industriegleichen Löhnen impliziert notwendigerweise die Anwendung industrieller Arbeitsverfahren, industrieller Organisationsformen und eines industriegleichen Kapitaleinsatzes. Die deutsche Landwirtschaft hat zwar heute bereits weithin eine Kapitalausstattung je Arbeitskraft, die höher ist als in vielen Industriezweigen. Das in der Landwirtschaft investierte Kapital ist aber naturbedingt und zum Teil aber auch infolge eines zu geringen Produktionsvolumens je Aggregat großenteils nur unzureichend ausgenutzt mit all den Kostenkonsequenzen. Noch bevor die gemeinsamen Agrarpreise als entscheidendes Steuerungselement der EWG in Kraft treten, hat die Bundesregierung eine Vielfalt ihrer bisherigen Einzelmaßnahmen auf eine Investitionshilfe für den Gesamtbetrieb transformiert. Die ganzheitliche Betrachtung des Betriebes und die kritische Durchleuchtung seiner sämtlichen Produktionszweige erscheint uns als wirksamster Ansatzpunkt, um unseren Landwirten für den zu erwartenden verschärften Wettbewerb in der EWG eine Hilfestellung zu geben. Durch die Aufstellung eines Betriebsentwicklungsplanes mit dem Ziel nachweisbarer Einkommensverbesserungen wird die Rationalität der Investitionen vor vornherein sichergestellt. Der Nachweis einer angemessenen Eigenbeteiligung garantiert eine nach der Leistungsfähigkeit abgestufte Auswahl der Investitionen. Von einer bestimmten Investitionsbehörde ab werden die Betriebe zur Buchführung und damit zu einer betriebswirtschaftlichen Dauerbeobachtung verpflichtet, an die sich die Erwartung knüpft, daß die Betriebe einkommensverbessernde Folgemaßnahmen aus eigener Kraft vornehmen. Die Haushaltsschwierigkeiten haben zwar eine Kürzung der für die Investitionshilfe vorgesehenen Ansätze erforderlich gemacht; die zügige Fortführung dieser auf lange Sicht angelegten Maßnahme konnte jedoch durch die Einbeziehung in den In4490 vestitionshaushalt sichergestellt werden, wofür dem Hohen Hause besonderer Dank gebührt. Es bestehen begründete Aussichten, daß durch eine geeignete Umstellung auch noch zusätzlich Bindungsermächtigungen in Betracht kommen, die auch die Zukunft absichern helfen. Der hohe Investitionsbedarf der Landwirtschaft hat, wie ich früher schon ausführen konnte, zu einer steigenden Verwendung von Fremdkapital geführt, die sich heute auf rund 21 Milliarden DM beläuft. Dieser Verschuldung stehen auf der anderen Seite beachtliche landwirtschaftliche Vermögenswerte gegenüber. So beträgt die Verschuldung im Verhältnis zum Aktivkapital der Landwirtschaft nur etwa 20 %; sie ist aber, wie aus dem Grünen Bericht hervorgeht, auf 30 % der Betriebe, die mit mehr als 200 % des Einheitswertes verschuldet sind, besonders stark konzentriert. Angesichts der jährlichen Zinsbelastung der Landwirtschaft von rund 1,1 Milliarden DM und jährlicher Tilgungsraten in mindestens der gleichen Höhe ist und bleibt der Agrarkredit ein agrarpolitisches Problem ersten Ranges. Es hilft uns nicht weiter, Unterlassungen der Vergangenheit laut zu beklagen; uns bleibt vielmehr die Aufgabe gestellt, das Problem des wachsenden Kapitalbedarfs der Landwirtschaft zu akzeptablen Bedingungen zu lösen. ({10}) Die Bundesregierung anerkennt dabei den weltweiten Erfahrungssatz, daß die Zinsbelastungsfähigkeit der Landwirtschaft selbst bei einem hohen Arbeitseffekt bei etwa 3,5 % ihr vertretbares Maximum erreicht. Die Schlußfolgerung aus dieser Erkenntnis ist die Revision des Ansatzes für die Zinsverbilligung, die in der Regierungsvorlage mit 10 Millionen DM auf dem zeitlichen Höhepunkt der Restriktion den Aktionen der Deutschen Bundesbank angepaßt werden mußte. Für die Zukunft halte ich ferner den in der letzten Zeit wieder häufiger diskutierten Gedanken eines revolvierenden Fonds, der insbesondere aus Kapitaldienstrückflüssen gespeist werden sollte, für durchaus erwägenswert. ({11}) Der häufig geäußerte Verdacht, bei der Zinsverbilligung handle es sich um einen unzulässigen Störungsfaktor auf dem Kapitalmarkt, kann in dieser Form nicht aufrechterhalten werden, weil es für keinen Bereich der Wirtschaft heute einen von steuerlichen oder anderen Präferenzen freien Kapitalmarkt gibt. Auch das Volumen, das hier zur Debatte steht, schließt ernsthafte Gefahren für den Kapitalmarkt aus. Allein im ERP-Bereich wird z. B. ein Vielfaches von dem umgesetzt, was für die Landwirtschaft in Betracht kommt, und zwar auch nicht zu marktgerechten Konditionen. Zur Verbesserung der landwirtschaftlichen Marktstruktur! Die deutsche Landwirtschaft wird nicht nur im Bereich der Produktion, sondern erst recht im Bereich der Erfassung und Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse weiterhin erhebliche Anstrengungen und Investitionen vornehmen müssen, um den Konkurrenzkampf mit ihren Partnern auf dem Gemeinsamen Markt bestehen zu können. Deutschland hat als traditionelles Agrarimportland auf diesem Gebiet gegenüber seinen Partnerländern noch viel nachzuholen. Allerdings besteht auch kein Anlaß zur Resignation. So konnte ich mich erst in der vergangenen Woche auf dem „Concours Agricole" in Paris davon überzeugen, daß die deutschen Produkte mit dem französischen Inlandsangebot, was Qualität, Sortierung und Geschlossenheit anbetrifft, trotz guter Leistungen, die dort geboten werden, durchaus bestehen können. Lediglich die Exporte stellen angesichts scharfer Qualitätskontrollen eine ernsthafte Konkurrenz für die deutsche Erzeugung dar. Daraus ergibt sich eigentlich von selbst, daß entsprechend scharfe Qualitätskontrollen und eine nach der Qualität gestaffelte Bezahlung die wirksamsten Mittel sind, um das deutsche Angebot auf den Wettbewerb im Gemeinsamen Markt vorzubereiten und ihm neue und größere Absatzmöglichkeiten zu erschließen. Wir hoffen, noch in diesem Jahr auch für Rindfleisch eine Preisnotierung einführen zu können. Es wird höchste Zeit, daß wir bei der Beurteilung der Marktchancen unserer Landwirtschaft unsere bisherige defensive Betrachtungsweise über Bord werfen und verstärkt zum Angriff auf die Märkte Europas rüsten. ({12}) Wir haben große Chancen, uns bei diesem. Angriff neue Marktpositionen zu erobern und unseren bisherigen Marktanteil beträchtlich auszuweiten. Es ist ja nicht so, daß unsere strukturell in vieler Hinsicht benachteiligte Landwirtschaft diesen Kampf um die Eroberung fremder Märkte allein zu führen hätte. Sie steht gar nicht einmal in der vordersten Front dieser Auseinandersetzung. Bei dem hohen Verarbeitungsgrad unserer Nahrungsmittel ist es vielmehr die deutsche Ernährungsindustrie, die mit ihrer anerkannten Leistungsfähigkeit auf den Märkten unserer Partnerstaaten und überhaupt in der Welt das deutsche Angebot immer mehr ins Blickfeld der Konsumenten rückt. Die Gesellschaft für Agrarexport verdient hier eine ganz besondere und ausdrückliche Anerkennung. Jeder von Ihnen, der in den letzten Jahren Gelegenheit hatte, die Nahrungsmittelpreise und -qualitäten im Ausland mit unseren deutschen zu vergleichen, wird mir zugeben, daß dem deutschen Nahrungsmittelangebot auch von dieser Seite her gesehen Chancen bevorstehen, sobald in Europa alle Grenzabgaben gefallen sind. Für die Landwirtschaft kommt es vor allem darauf an, das inländische Agrarangebot für die deutsche Ernährungsindustrie und für den aufnehmenden Großhandel attraktiver zu machen. Wegen der im Bundesgebiet vorherrschenden klein- und mittelbäuerlichen Betriebsstruktur wird die mit der fortschreitenden Konzentration des Handels immer dringlicher werdende Zusammenfassung des Agrarangebots zu großen, standardisierten und qualitativ ausgeglichenen und regelmäßig lieferbaren Warenposten in den meisten Fällen nur durch die Bildung von Erzeugergemeinschaften zu erreichen sein. Diese Bemühungen dürfen aber nicht zu wettbewerbsverzerrenden Erscheinungen zum Nachteil des privaten Landhandels führen. Die volle Nutzung der vorhandenen Marktchancen - und das gilt sowohl für den Erzeuger als auch für Handel und Verbraucher - setzt eine genaue Kenntnis der gegenwärtigen und zu erwartenden Marktvorgänge, also eine bessere Markttransparenz, voraus. Die Bundesregierung bemüht sich deshalb in Zusammenarbeit mit den bestehenden Einrichtungen der verschiedenen Marktpartner um eine Modernisierung der Verfahren und um eine Koordinierung, Intensivierung und Verbesserung der Aussagekraft der laufenden Markt- und Preisbeobachtung. Ich glaube, daß wir hier erst am Anfang einer großen im Endergebnis noch nicht abzusehenden Entwicklung stehen, die uns auch in der Stabilisierung sowohl der Erzeuger- als auch der Verbraucherpreise ein gutes Stück voranbringen kann. Gegenüber dem Vorjahr wurden im Jahre 1967 die für den Gesamtkomplex „Marktstrukturverbesserung" bereitgestellten Mittel um rund 40% von 144,5 Millionen DM auf 205,6 Millionen DM angehoben. Besonderes Gewicht kommt im Rahmen dieser Maßnahmen der Molkereistrukturverbesserung zu, weil Milch zu 28% an den landwirtschaftlichen Gesamteinnahmen beteiligt ist, die deutsche Molkereiwirtschaft infolge einer politisch bedingten einseitigen Liberalisierung der Käseeinfuhren im Jahre 1953 ihr Schwergewicht auf die Butterherstellung verlagern mußte und unter den jetzigen Aspekten der EWG-Agrarpolitik zu einer Umstellung ihrer Produktionsrichtung gezwungen wird, die Zahl der Molkereien mit geringer Verarbeitungskapazität nach wie vor zu groß ist. Die für die Molkereistrukturverbesserung vorgesehenen Mittel wurden deshalb von 50 Millionen DM auf 121,5 Millionen DM, also um 140 %, aufgestockt. Die Bundesregierung hofft, auf diese Weise im Zeitraum ihrer mittelfristigen Finanzplanung die Umstellung der deutschen Molkereiwirtschaft auf die veränderten Bedingungen des Gemeinsamen Marktes für Molkereierzeugnisse abschließen zu können. Beträchtliche Probleme sind ferner bei der Verbesserung der Obst- und Gemüsevermarktung zu lösen, bei der die deutschen Erzeuger mit Holland und Italien, aber auch mit Frankreich in einen harten Leistungswettbewerb treten müssen. Die Bundesregierung ist nicht der Auffassung, daß diese Probleme vorzugsweise mit Hilfe staatlicher Marktinterventionen gelöst werden sollten, die bei der leichten Verderblichkeit der in Frage stehenden Erzeugnisse praktisch einer vom Staat finanzierten Vernichtung von Überschüssen gleichkommen würde. Wir halten es vielmehr für sinnvoller, die uns aus Brüssel zustehenden Fondsmittel - ergänzt um die notwendigen Beträge aus dem nationalen Haushalt und einer angemessenen Eigenbeteiligung - für die Bildung oder Rationalisierung zentraler Einrichtungen der Erzeuger und des Handels zur Konzentration des Angebots .einzusetzen und die bereits zahlreich vorhandenen Selbsthilfeansätze dieser Art kräftig zu fördern. Es ist uns in Brüssel gelungen, die Möglichkeit einer derartigen Verwendung der von der EWG den Mitgliedsländern pauschal bereitgestellten Mittel durchzusetzen, und wir haben die Absicht, diese Möglichkeiten auszuschöpfen und den Obst- und Gemüsebau neben der Molkereiwirtschaft in den Mittelpunkt unserer Bemühungen um eine durchgreifende Verbesserung der Marktstruktur zu rücken. Ich glaube, daß diese Gelegenheit auch der richtige Anlaß ist, die Auffassung der Bundesregierung zum Kleinbauernproblem darzulegen. Die Wissenschaft, die Praxis und die politische Diskussion beschäftigen sich in widersprechender Weise schon seit langem sehr intensiv mit diesem Komplex. Es ist mir hier nicht gestattet, den verschiedensten Wünschen und Theorien zu folgen; eine nach Zahl und Gewicht bestimmte Wirklichkeit verpflichtet uns vielmehr, Lösungen zu finden, die im politischen Raum auch realisierbar sind. Das alles beherrschende Faktum ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, daß wir in der Bundesrepublik fast 1 Million landwirtschaftliche Kleinbetriebe - genau gesagt: 987 809 Betriebe unter 10 ha - mit rund 3,5 Millionen ha landwirtschaftlicher Nutzfläche, einer Marktleistung von rund einem Drittel und einem Personalbesatz von rund 45 % des gesamten landwirtschaftlichen Arbeitskräftebestandes zu verzeichnen haben. Unter dem Einfluß der überaus günstigen konjunkturellen Entwicklung unserer Wirtschaft in den letzten 20 Jahren und des dadurch ausgelösten kräftigen Sogs der besseren Verdienstmöglichkeiten im gewerblichen Bereich wurde eine große Zahl landwirtschaftlicher Kleinbetriebe durch freie Entscheidung ihrer Inhaber aufgegeben. Diese Zahl belief sich im Durchschnitt der letzten 15 Jahre auf jährlich rund 30 000; dabei handelt es sich fast ausschließlich um Betriebe unter 10 ha Nutzfläche, die entweder aufgelöst oder auf eine Betriebsgröße von 10 ha und mehr aufgestockt wurden. Diese Entwicklung beschränkt sich keineswegs auf die Bundesrepublik. Ähnliche Verschiebungen erleben wir in allen industrialisierten Ländern; so wurden beispielsweise im Durchschnitt der letzten Jahre in Frankreich bei weitaus günstigeren Strukturvoraussetzungen jährlich 57 000 Betriebe von ihren Inhabern aufgegeben. Wenn ich hier von der sehr großen Bedeutung der Kleinbauern für die Siedlungs- und Eigentumsstruktur unseres Volkes wie für eine gesunde Raumordnung einmal absehen darf, so ergibt sich aus dieser Entwicklung eine ganz entscheidende und fundamentale Erkenntnis: Die Bundesrepublik wird selbst bei einer gleichlaufenden Fortsetzung dieses Umstellungsprozesses noch auf sehr lange Zeit hinaus - und zwar auf eine Frist, die sich jeder Planung und Voraussicht entzieht - Hunderttausende von landwirtschaftlichen Kleinbetrieben haben. Daran werden auch unsere Bemühungen um eine forcierte Aufstockung zu kleiner Betriebe so schnell nichts ändern können, weil weder die für die Aufstockung erforderlichen Flächen noch die zum Ankauf dieser Flächen erforderlichen Kapital4492 mittel in ausreichendem Umfange beschafft werden können. Um diese Feststellung zu untermauern, hätte ich nicht geringe Lust, eine Kostenrechnung aufzumachen für alle diejenigen, die auch bei soziologischen Problemen nur eine ökonomische Betrachtungsweise gelten lassen. Aber ich glaube, daß die oben genannten Zahlen für sich sprechen und eine derartige Rechnung den Rahmen meiner heutigen Ausführungen sprengen würde. Für die Orientierung unserer Maßnahmen im kleinbäuerlichen Bereich sollten wir uns der mit großer Übereinstimmung von Wissenschaft und Praxis erzielten Nomenklatur anschließen, bei der eine Gliederung in Zuerwerbsbetriebe, Nebenerwerbsbetriebe und Kleinbetriebe ohne Marktleistung vorgenommen wird. In der Dynamik des volkswirtschaftlichen Entwicklungsprozesses wird diese Einteilung natürlich in ständiger, vor allem durch den Generationswechsel ausgelöster Anpassung überlagert, und es werden in subjektiver Beziehung zwei auseinanderstrebende Tendenzen erkennbar, nämlich die der aufstockungswilligen Betriebe auf der einen und der abstockungswilligen Betriebe auf der anderen Seite. In diesem dynamischen Fünfeck haben wir unsere Entscheidungen zu treffen, wenn wir der Vielfalt der ökonomischen und soziologischen Wirklichkeit gerecht werden wollen. Dabei erscheinen mir im einzelnen folgende agrarpolitische Initiativen geboten: Notwendig ist erstens die Fortführung sowohl der inneren Betriebsaufstockung als auch der Flächenaufstockung bei allen Betrieben, die den Durchbruch in eine volle landwirtschaftliche Existenzgrundlage anstreben. Wir werden die Flächenaufstockung in Zukunft weniger durch Landkäufe, sondern in erster Linie über die Erleichterung der Zupacht fördern müssen. In diesem Zusammenhang erscheint mir eine durchgreifende Modernisierung unseres Pachtrechts, vor allem die Verbesserung der Beleihbarkeit der Pacht- und Zupachtbetriebe, für die es in der Siedlungsgesetzgebung bereits beachtliche Ansätze gibt, besonders vordringlich, weil wir nur über die Pacht die erforderliche Bodenmobilität und die Geschwindigkeit der Betriebsgrößenanpassung erreichen werden, die uns die Dynamik der Entwicklung in der übrigen Wirtschaft vorschreibt. Insbesondere muß durch eine Revision des derzeit geltenden Kündigungsverfahrens und durch eine Sicherung der Investitionen, die der Pächter im Interesse einer modernen Betriebsführung gemacht hat, seine Kreditwürdigkeit verbessert und sein Risiko vermindert werden. Bei den heute verbreiteten zeitlich befristeten Pachtungen wird der Pächter oft bis zum letzten Augenblick im Ungewissen gelassen, ob der Verpächter zur Fortsetzung des Pachtverhältnisses bereit ist. Auch die für eine moderne Wirtschaftsweise viel zu engen Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches über das Recht des Pächters, in der Bewirtschaftung des Pachtobjektes Änderungen vorzunehmen - § 583 BGB -, bedürfen dringend einer Anpassung an die neuzeitlichen Erfordernisse. Allerdings ist mit gesetzlichen Bestimmungen behutsam vorzugehen, damit die Bereitwilligkeit der Grundeigentümer, ihr Land zu verpachten, nicht eingeschränkt und vermindert wird. ({13}) Das gilt ganz besonders für Pachtparzellen. Die Bereitwilligkeit zu einer langfristigen Verpachtung von Parzellen könnte zweifellos am besten durch eine langfristige Raumnutzungsplanung gefördert werden, die spekulative Flächendispositionen auf ein Minimum reduziert. Die Inhaber von Abstockungsbetrieben, also Landwirte, die bewußt und freiwillig in einem außerlandwirtschaftlichen Zuerwerb oder Hauptberuf ihre nichtausgefüllte Arbeitskraft verwerten wollen, bedürfen in erster Linie einer Beratung, die ihr besonderes Augenmerk auf die Freistellung der Arbeitskraft für die gewerbliche Tätigkeit, also auf eine Entlastung von der Landarbeit und auf eine kostensparende Extensivierung des Arbeitsablaufs im landwirtschaftlichen Betrieb richtet. Beachtliche Möglichkeiten dürften hier in der überbetrieblichen Zusammenarbeit und in den verschiedensten Formen moderner Gemeinschaftseinrichtungen liegen. Die landwirtschaftliche Fakultät der Universität Gießen erarbeitet zur Zeit im Auftrag der Bundesregierung eine Expertise, die die neuesten Erkenntnisse auf diesem Gebiet erschließen und analysieren soll. Die Richtlinien für 1968 sollen daraus bereits Konsequenzen ziehen. Diese spezifische Form der Beratung ist bei uns aus vielen Gründen ein völliges Novum. Ihre Realisierung erscheint jedoch außerordentlich vordringlich, wenn wir die Landbevölkerung unserer Kleinbauerngebiete an den vorteilhaften Möglichkeiten der volkswirtschaftlichen Arbeitsteilung teilhaben lassen und an den Lebensstandard der Industriebevölkerung heranführen wollen. Die Bundesregierung beabsichtigt, im Einvernehmen mit den Ländern Modellberatungen für Kleinbetriebe zu initiieren. Es wäre angesichts der Besonderheit der Situation darüber hinaus wünschenswert, wenn sich auch einige Hochschulinstitute verstärkt den Fragen einer spezifischen Kleinbetriebslehre und Kleinbauernberatung in dem oben genannten Sinne von der wissenschaftlichen Seite her annähmen. Die Einrichtung eines Lehrstuhls z. B. für landwirtschaftliche Betriebslehre der Kleinbetriebe wäre ein guter Ansatz. Die Intensivierung der Kleinbauernberatung in diesem illusionslosen Sinne, gekoppelt mit einer sinnvollen und auf die Zukunft ausgerichteten Berufsberatung, Berufsschulung und gegebenenfalls Berufsumschulung der ländlichen Jugend, ist meines Erachtens die sachgebotene soziologische und, wenn Sie wollen, auch soziale Lösung dieses Problems. Die Landwirtschaft ist in ihrer modernen Ausprägung zur angewandten Wissenschaft geworden. Die moderne Agrarliteratur ist ohne fundierte chemische, biologische, physikalische, volkswirtschaftliche und betriebswirtschaftliche Vorbildung nicht mehr lesbar und verständlich. Mathematische Modelle werden zu Orientierungslinien erhoben, und Optimumskalkulationen mittels neuzeitlicher Datenverarbeitungsanlagen gelangen - genauso wie im industriellen Bereich - in zunehmendem Maße zum Einsatz, um den äußerst vielschichtigen Problemen der Betriebsorganisation und des Betriebsablaufs in der Landwirtschaft gerecht zu werden. Die allgemeine Bildung und Fachausbildung für den werdenden Landwirt, die Fortbildung der aktiven Betriebsleiter und die laufende Vermittlung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse in verständlicher Form sind daher heute zu einem der wichtigsten Standortfaktoren geworden. ({14}) Der heutige Zustand kann trotz respektabler Bemühungen der Fakultäten, Institute, Fachschulen, Berater und Industrien, der Lehrbücher, des landwirtschaftlichen Verlagswesens, der Presse, des AID und der DLG in ihrer segensreichen und verdienstvollen Arbeit nicht befriedigen. Die Bundesregierung wird deshalb in strenger Achtung vor der Zuständigkeit der Länder alles daran setzen, hier auf eine Besserung zu drängen. Sie denkt dabei im einzelnen an folgende Maßnahmen: Sie denkt erstens an den Abschluß von Verwaltungsabkommen mit den Ländern über eine einheitliche Ausbildungsordnung vom Berufsschulwesen über die Lehre, vor allem die Fremdlehre, bis zur Gestaltung der Diplomausbildung der akademischen Landwirte und des akademischen Nachwuchses. Vom Jahre 1970 ab sollten alle jungen Vollerwerbslandwirte, die einen Betrieb neu übernehmen, von jeder öffentlichen Hilfestellung ausgeschlossen werden, falls sie nicht wenigstens eine abgeschlossene praktische Berufsausbildung und den erfolgreichen Besuch einer landwirtschaftlichen Fachschule nachweisen können. Dabei werden wir natürlich durch eine Härteklausel besonderen Ausnahmefällen Rechnung tragen müssen. Aber nicht nur die landwirtschaftliche Praxis, auch unsere Agrarpolitik bedarf heute mehr denn je laufender Kontakte und einer ständigen Abstimmung mit den neuesten Erkenntnissen der Gesellschafts- und Agrarwissenschaften. Wir haben deshalb eine Neuorganisation unserer Forschungsanstalten im Geschäftsbereich des Ernährungsministeriums eingeleitet, um unter Wahrung der Freiheit der Forschung die beratende Funktion dieser Anstalten noch effizienter als bisher zu gestalten. Durch eine bessere Koordinierung und Abstimmung mit den Arbeiten der Hochschulinstitute sollen ferner die beiderseitigen Erkenntnisse und Erfahrungen noch stärker als bisher für die agrarpolitische Tagesarbeit nutzbar gemacht und Überschneidungen und Doppelarbeit verhindert werden. Das Ausmaß des Nachholbedarfs auf dem Gebiet der Ausbildung unserer zukünftigen landwirtschaftlichen Betriebsleiter wird durch nichts deutlicher offenbar als durch die Tatsache, daß zur Zeit regional verschieden, jedoch im Bundesdurchschnitt nur 37 % der Inhaber von landwirtschaftlichen Betrieben über 10 ha den Besuch einer Landwirtschaftsschule nachweisen können. Im Gegensatz dazu haben sämtliche Leiter der Gartenbaubetriebe eine gründliche Fachausbildung durchlaufen. Die wesentlich günstigeren Ertrags- und Einkommensverhältnisse der im Grünen Bericht untersuchten Gartenbautestbetriebe dürften nicht zuletzt diesem besseren Ausbildungsgrad der Inhaber von Gartenbaubetrieben zu verdanken sein. Eine Steigerung des ländlichen Bildungsniveaus läßt sich natürlich nicht von heute auf morgen erreichen. Um trotzdem zügige Fortschritte zu erzielen, bedarf es daher gleichzeitig einer Schwerpunktverlagerung der Wirtschaftsberatung für die jetzt tätigen Betriebsleiter von Fragen der Produktionstechnik auf solche der Unternehmensführung und Betriebsökonomik. Moderne Beratungsverfahren müssen dabei verstärkt herangezogen werden. So hat die Bundesregierung in diesem Jahr bereits versuchsweise in Zusammenarbeit mit einem Bundesland Optimumskalkulationen mittels neuzeitlicher Datenverarbeitungsanlagen in einer Reihe von Betrieben durchführen lassen. Die ersten Ergebnisse dieser Versuche geben berechtigten Anlaß zu der Hoffnung, daß sich auf diese Weise eine beachtliche Rationalisierung der Wirtschaftsberatung erreichen, die Zahl der durch laufende Beratung betreuten Betriebe stark vermehren und die entscheidenden Vorteile einer regelmäßigen Betriebsanalyse einem breiten Kreis landwirtschaftlicher Betriebe zugängig machen läßt. Die moderne Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik ist ferner durch eine zunehmende Anstrengung und verstärkte Solidarität auf sozialpolitischem Gebiet gekennzeichnet. Dies gilt auch für den landwirtschaftlichen Bereich, in dem sich die Aufwendungen des Bundes zur Verbesserung der sozialen Lage 1967 auf insgesamt 745 Millionen DM belaufen. Die Sozialpolitik im Agrarbereich steht dabei vor ganz besonders schwierigen Problemen, weil angesichts der raschen Schrumpfung der Beschäftigtenzahl wie auch in anderen strukturkranken Bereichen das zahlenmäßige Verhältnis der Beitragszahler zu den Empfangsberechtigten von Jahr zu Jahr ungünstiger wird. So werden für die landwirtschaftliche Altershilfe 1967 535 Millionen DM zur gesetzlich vorgeschriebenen Defizitdeckung benötigt, obwohl die Beiträge ab 1. Januar 1967 um monatlich 4 DM auf 20 DM angehoben werden mußten. Der Anteil des Bundeszuschusses an dien Gesamtaufwendungen wird 1967 73 % betragen; 1960 lag er noch bei 38 %. Angesichts dieser Entwicklung ist eine Reform der landwirtschaftlichen Altershilfe dringend notwendig geworden; ihr Ziel muß es sein, die. Finanzierungsgrundlagen der landwirtschaftlichen Alterkassen zu stabilisieren. Wir prüfen zur Zeit ferner die Möglichkeiten, die Altershilfe noch stärker als bisher zu einem wirksamen Hebel der Agrarstrukturverbesserung zu machen. So ist daran gedacht, den abstockungswilligen Inhabern von Kleinbetrieben, deren Einnahmen aus Verkauf oder aus Verpachtung des Betriebes zu gering sind, um das gesetzliche Altersgeld ausreichend zu ergänzen, und die infolgedessen oft gezwungen sind, die Bewirtschaftung ihrer zu kleinen Betriebe aufrechtzuerhalten, ein zusätzliches Altersgeld zu gewähren. Ähnliche Probleme wie bei der Altershilfe ergeben sich auch bei der landwirtschaftlichen Unfallversicherung. Den landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften als den Trägerorganisationen wird 1967 ein Bundeszuschuß von 210 Millionen DM zur Verfügung gestellt, .der dazu dient, einen Teil der Beiträge der landwirtschaftlichen Unternehmer aufzufangen und damit ihre Betriebskosten zu senken. Dieser Bundeszuschuß konnte mit Rücksicht auf die Finanzsituation des Bundes nur unter großen Schwierigkeiten auf Kosten anderer bedeutsamer Positionen bereitgestellt werden. Infolge der Besonderheiten des Beitragsbemessungsverfahrens der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften kommen die aufgewandten Mittel übrigens bislang nicht ausschließlich der Landwirtschaft zugute, sondern zum Teil auch Personen, die landwirtschaftliche Grundstücke zwar besitzen, aber nicht bewirtschaften. Hier ist eine Überprüfung des Vergabeverfahrens ins Auge gefaßt mit der Zielsetzung, die Mittel ausschließlich für landwirtschaftliche Unternehmer einzusetzen. Ferner wird erwogen, die untere Grenze der Existenzgrundlage im Sinne des Gesetzes über die Altershilfe für Landwirte auch bei der Vergabe der Bundesmittel an die landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften anzuwenden. Im Spannungsfeld zwischen den auf lange Sicht angelegten Struktur-, Bildungs- und Sozialmaßnahmen und den Anforderungen der unmittelbaren Gegenwart kann auf eine Reihe von kurzfristigen Maßnahmen nicht verzichtet werden. Es handelt sich hierbei insbesondere um Regelungen, die durch die Anwendung der gemeinsamen EWG-Agrarmarktordnungen direkt oder indirekt impliziert werden. Ich darf mich zunächst der Übergangsregelung zur Überbrückung des Preisbruchs bei Getreide zuwenden. Mit der Anwendung des 'gemeinsamen Getreidepreises ab 1. Juli 1967, eines Preises, der ständiger Revision nach, Kostengesichtspunkten unterliegt, würden die Produzenten, Verarbeiter und Lagerhalter der bisherigen Niedrigpreisländer der Gemeinschaft ökonomisch ungerechtfertigte Vorteile zu Lasten des deutschen Marktes für sich verbuchen können, falls nicht entsprechende Regelungen zur Überbrückung des Preisbruchs getroffen worden wären. Diese Regelungen konnten auf einer Sitzung des EWG-Ministerrates am 20. und 21. Februar dieses Jahres gegen den anfänglich massiven Widerstand der EWG-Kommission und der meisten Partnerländer durchgesetzt werden. Sie sehen 'im einzelnen die Aufrechterhaltung der vollen bisherigen Abschöpfung bei Getreideerzeugnissen und Eiern für die Dauer von einem Monat, bei Geflügel für die Dauer von sechs Wochen und bei Schweinen für die Dauer von drei Monaten über den 1. Juli 1967 hinaus vor. Ich darf mich dann der Dieselkraftstoffverbilligung zuwenden. Im Gegensatz zu anderen EWG-Ländern, in denen die Landwirtschaft ihren Dieseltreibstoff unmittelbar lastenfrei bezieht, muß die deutsche Landwirtschaft ihr Dieselöl zunächst zu Tankstellenpreisen einkaufen; sie erhält erst nach Ablauf des Wirtschaftsjahres rückwirkend einen Verbilligungsbetrag erstattet. Vom 1. November 1967 an wird eine andere Regelung Platz greifen. Es konnte gerade vor wenigen Stunden im Kabinett eine Einigung über eine solche Lösung erzielt werden. Zur Frage des Trinkmilchpreises darf ich folgendes vortragen. Der in der Bundesrepublik aus staatlichen Mitteln gezahlte Qualitätszuschlag zum Milchauszahlungspreis - zur Zeit sind das 4,7 Pf pro Liter, davon 3 Pf vom Bund und 1,7 Pf von den Ländern - muß auf Grund der EWG-Milchmarktregelung ab 1. April 1968 wegfallen. Von diesem Zeitpunkt an muß der in Brüssel beschlossene Richtpreis für Milch in Höhe von 41,2 Pf pro Kilogramm frei Molkerei ausschließlich aus dem Markt erwirtschaftet werden. Infolgedessen müssen die Preise für Trinkmilch und Milcherzeugnisse entsprechend angehoben werden. Bei Milcherzeugnissen wird ein höherer Markterlös durch Anhebung der Schwellenpreise an der gemeinsamen Außengrenze der EWG erreicht. Bei Trinkmilch hingegen ist der Ausgleich nur durch eine Anhebung des Verbraucherpreises um 5 Pf je kg bis zum 1. April 1968 zu erzielen. Diese Preiserhöhung soll mit Rücksicht auf die Reaktion 'der Nachfrage, mit Rücksicht auf den Verbraucher in zwei Stufen erfolgen. Die Verhandlungen darüber sind noch nicht abgeschlossen. Aber zur Beruhigung der Verbraucher darf ich in diesem Zusammenhang erwähnen, daß die Verbraucherbelastung bei einer Anhebung um 2 Pf im Jahr 1,90 DM ausmacht. Nun zur Anhebung des Rinderorientierungspreises. Um den unzureichenden Erlösen auf den Rindermärkten eine Besserung zu verschaffen, wird im kommenden Wirtschaftsjahr der deutsche Orientierungspreis auf 259 DM pro 100 kg angehoben. Er liegt damit in der oberen Hälfte der vom Ministerrat für die EWG festgelegten Orientierungspreisschere, dürfte jedoch gleichwohl auch den handelspolitischen Verpflichtungen der Bundesrepublik nicht im Wege stehen. Es darf nicht übersehen werden, daß damit die von der Agrarwissenschaft als wünschenswert bezeichnete Relation zwischen Milch- und Rindfleischpreis noch keineswegs erreicht ist. Ich komme zur Forstwirtschaft. Ein über Jahre sich erstreckender Verfall der Holzpreise hat zur Zeit einen Tiefpunkt erreicht, der von der deutschen Forstwirtschaft aus eigener Kraft nicht mehr bewältigt werden kann. Heute sind rund 400 000 Betriebe an diese einst klassische Reserve gebunden. Die rund 7 Millionen Festmeter Windbruch der letzten Wochen haben die Situation zur Krise verschärft. Zur Milderung dieser Krise sind eine Reihe von Maßnahmen vordringlich: Maßnahmen auf dem Sektor der Strukturverbesserung, Billigkeitsmaßnahmen im Steuersektor einschließlich der Stundung der Vermögensabgabe und vor allem die freiwillige Beschränkung auf Lieferungen aus Drittländern, die auf eine gewisse Zeit angestrebt werden muß. Heute konnte eine Einigung im Kabinett über solche Bestrebungen erzielt werden. Diese Maßnahmen müssen unbedingt getroffen werden, damit sich der Markt beruhigt. Nun zu den Folgerungen für die zukünftige Haushaltsgestaltung. Das soeben skizzierte agrarpolitische Aktionsprogramm, das im wesentlichen auf die durchgreifende Sanierung der allgemeinen Agrarstruktur, der Betriebs- und der Marktstruktur abgestellt ist und darüber hinaus die Verbesserung der Ausbildung und der sozialen Lage der Landbevölkerung zum Ziele hat, ist ein Teil der mittelfristigen Finanzplanung für die Agrarpolitik der Bundesregierung. Art und Umfang dieser Planung werden entscheidend von diesen Aufgaben .her bestimmt. Die mehrjährige Finanzplanung - und erst recht die von der Bundesregierung angestrebte langfristige Finanzplanung - machen es unmöglich, wie bisher Mittel für einzelne Zweckbestimmungen als Grünen Plan im Zusammenhang mit dem Grünen Bericht sinnvoll für das jeweilige Rechnungsjahr einzuplanen. Es muß deshalb angestrebt werden, die Erkenntnisse aus allen Grünen Berichten in ihrer erkennbaren Generaltendenz im Rahmen der mittel- und langfristigen Finanzplanung auszuwerten und unter Wegfall der Aufteilung auf einen Grünen Plan bei der langfristigen Finanzplanung im Gesamtagrarhaushalt des Einzelplans zu berücksichtigen. Ähnliche Überlegungen gelten auch für die nach dem EWG-Anpassungsgesetz bereitzustellende Anpassungshilfe. So sehr diese Hilfe während der Übergangszeit in den Gemeinsamen Markt erforderlich und gerechtfertigt ist, kann ich doch einige kritische Bemerkungen nicht unterdrücken. Das Anpassungsgesetz bietet nur eine wenig konkrete und sehr allgemein gehaltene Auswahl von Tatbeständen und Zielsetzungen, die auch durch den Bezug auf einen nicht definierten Haushaltsplafond nicht an Deutlichkeit gewinnen. Die im Anpassungsgesetz verankerte Befristung macht vollends jede Orientierung unmöglich. Die Bundesregierung will deshalb die Struktur des Einzelplans 10 in eine neue funktionelle Ordnung bringen. Von dem Zwang befreit, die verfügbaren Haushaltsmittel in „Grüner Plan", „Anpassungshilfe" und „Normalhaushalt" einzuteilen, wird es ihr wesentlich leichter sein, die agrarpolitischen Forderungen mit den finanziellen Möglichkeiten in Einklang zu bringen. Ich strebe deshalb an, im Rahmen der mehrjährigen und auch der langfristigen Finanzplanung Schwerpunkte zu bilden und die verfügbaren Mittel nach Prioritäten in Blöcken - etwa Agrarstruktur, Betriebsstruktur, Marktstruktur, Soziale Sicherung usw. - zusammenzufassen. Ich habe, diesem Gedanken folgend, bereits im Haushalt 1966 und noch verstärkt im Haushalt 1967 und in der mittelfristigen Finanzplanung eine entsprechende „Flurbereinigung" der Maßnahmen eingeleitet, die sich hier nicht in diese Ordnung fügen. Diese Überlegungen können erst weiter konkretisiert werden, wenn in Brüssel Klarheit über die künftige Beihilfenpolitik in der EWG herrscht. Ein wesentliches Moment dieser Haushaltsneuregelung wird ferner die bevorstehende Finanzreform sein, von der wir eine klare Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern erwarten. Auch hierauf ist in allen unseren Planungen bereits vorausblickende gebührende Rücksicht genommen. In diesem Zusammenhang ein Wort zur EWG-Agrarfinanzierung und ihre Auswirkungen . auf den Bundeshaushalt, namentlich auf den Einzelplan 10. Der Bundeshaushalt muß nämlich in zunehmendem Maße für Ausgaben in Vorlage treten, für die der EWG-Agrarfonds Rückvergütungen zu leisten hat. So sind im berichtigten Entwurf des Einzelplans 10 für 1967 Marktordnungsausgaben in Höhe von rund 960 Millionen DM, also um 475 Millionen DM mehr als 1966, veranschlagt. Auf diese Ausgaben hat zwar die Abteilung Garantie des Agrarfonds Rückvergütungen zu leisten; die Zahlung dieser Rückvergütungen ist aber wegen der sehr schleppenden Abrechnung durch die EWG-Kommission erst in etwa 3 bis bis 31/2 Jahren zu erwarten. Die Rückvergütungen fließen dann als Einnahmen nicht dem Einzelplan 10 zu, sondern dem Einzelplan 60, Allgemeine Finanzverwaltung, weil aus diesem Einzelplan auch die Beiträge der Bundesrepublik an den EWG-Agrarfonds geleistet werden. Bei dieser Betrachtungsweise darf nicht außer acht gelassen werden, daß für die Bundesrepublik Deutschland die Beiträge an den EWG-Agrarfonds stets höher sind als die Rückflüsse, so daß im Bundeshaushalt per Saldo eine Einnahme aus Brüssel gar nicht erscheint. Die steigenden Ausgaben auf Grund der EWG-Marktordnungen, die bei der jetzigen Verfahrensweise ab 1971 etwa 1,6 bis 2 Milliarden jährlich betragen werden, können keineswegs ausschließlich der Landwirtschaft angelastet werden; ({15}) es handelt sich hierbei zum großen Teil um Leistungen, die - von politischen Erwägungen bestimmt - erforderlich geworden sind, um die vordem praktizierten mengenmäßigen Einfuhrregelungen durch liberalisierte Einfuhren abzulösen, den zollfreien Warenverkehr in der EWG zu einem früheren Zeitpunkt als im EWG-Vertrag vorgesehen, herbeizuführen und eine weltweite Erleichterung des Handels im Rahmen der Kennedy-Runde zu ermöglichen. Sie kommen damit also nicht nur und auch gar nicht einmal vorrangig der Landwirtschaft zugute. ({16}) Wegen dieser unvermeidlichen Erhöhung der Ausgaben für die EWG-Marktordnung und angesichts des aus Haushaltsgründen reduzierten Volumens des Einzelplans 10 mußten im Entwurf des Bundeshaushaltsplans 1967 die Ausgaben für den Grünen Plan und die anderen allgemeinen Bewilligungen im Kap. 10 02 entsprechend gekürzt werden. Wenn diese Handhabung in den kommenden Jahren beibehalten wird, besteht die Gefahr, daß sich die agrarpolitisch unbefriedigende und wirtschaftlich bedenkliche Schrumpfung der Bundesausgaben für Agrarstrukturmaßnahmen wegen der automatischen Erhöhung ({17}) von EWG-Marktordnungsausgaben fortsetzen wird. Auf diese Weise würden nicht zuletzt die im Interesse der Gesamtwirtschaft übernommenen großen Belastungen der EWG-Agrarfinanzierung allein der deutschen Landwirtschaft angelastet werden, wäh4496 rend andere Wirtschaftszweige uneingeschränkt in den Genuß der sich aus dem Gemeinsamen Markt ergebenden Vorteile gelangen. ({18}) Um die mit dem derzeitigen Verfahren verbundenen Nachteile, insbesondere die zeitlichen Verzögerungen der Auszahlung der Brüsseler Fondsmittel um 3 bis 31/2 Jahre zu eliminieren, hat die Bundesregierung in Brüssel eine Umstellung des derzeitigen Rückvergütungssystems auf ein Veranschlagungssystem gefordert. Bei Anwendung des Veranschlagungssystems würden die Marktordnungskosten, für die der EWG-Agrarfonds erstattungspflichtig ist, unter Verifizierung des nationalen Agrarhaushalts im Haushalt der EWG zu veranschlagen und von der EWG sofort nach der Entstehung der Erstattungsansprüche unmittelbar an die nationalen Marktordnungsstellen bzw. an den Exporthandel auszuzahlen sein. In den nationalen Haushaltsplänen wären dann nur noch solche Marktordnungsausgaben einzusetzen, die zwar nach EWG-Recht zulässig sind, für die aber der EWG-Agrarfonds Erstattungen nicht gewährt. Hierdurch könnte eine spürbare Entlastung des nationalen Agrarhaushaltes der Bundesrepublik erreicht werden, und die Notwendigkeit einer Vorfinanzierung würde entfallen. Meine Damen und Herren, lassen Sie mich am Schluß meiner Ausführungen noch einige Aspekte hervorheben, bei denen ich ganz besonderen Wert darauf lege, nicht mißverstanden zu werden. An der Schwelle des Gemeinsamen Europäischen ,) Marktes stehen wir vor der Aufgabe, den „sozialgeometrischen Ort" neu zu bestimmen, den die Agrarpolitik einnehmen muß. Ich darf hierzu ausdrücklich feststellen, daß es auch unter den neuen Gegebenheiten der Römischen Verträge unser vornehmstes Ziel bleiben muß, der Landwirtschaft zunehmend den Anschluß an die Entwicklung der Einkommen und des Lebensstandards im gewerblichen Bereich zu ermöglichen. Bei der Verfolgung dieses Zieles dürfen wir aber nicht die Maxime aus dem Auge verlieren, daß die Erweiterung des gesamten Bruttosozialproduktes gleichzeitig neben der Rationalisierung von Produktion und Absatz innerhalb der Landwirtschaft die entscheidenden Fakten für die landwirtschaftliche Einkommensentwicklung sind und bleiben. Nur aus diesen beiden Quellen kann eine nachhaltige Verbesserung der landwirtschaftlichen Einkommen erreicht werden. Hinter den hier vorhandenen Reserven treten alle Möglichkeiten einer Umverteilung der Einkommen durch den Staat entscheidend zurück. Vor allem darf uns die Tendenz nach einer Einkommensegalisierung über alle Berufsschranken hinweg nicht in Versuchung führen, die überragende volkswirtschaftliche Funktion der Einkommensdifferenzierung im dynamischen Produktionsprozeß verkennen zu wollen. Was liegt diesen Disparitäten, die sich in allen Berufen und allen Wirtschaftszweigen finden, zugrunde? Sie sind einerseits die Folge einer unterschiedlichen Anwendung - sicher auch einer unterschiedlichen Anwendbarkeit - des technischen Fortschritts im Produktionsprozeß und andererseits die Wurzel der Unzufriedenheit im menschlichen Zusammenleben; aber nicht nur einer neiderfüllten negativen, sondern auch einer produktiven Unzufriedenheit, die unsere Energien und Fähigkeiten mobilisiert und die uns veranlaßt, Anstrengungen zu unternehmen, entweder im eigenen Beruf oder Betrieb oder in einem anderen Bereich, die gegenüber dem Nachbarn empfundene Disqualifizierung auszugleichen. Aus dem Unterschied der Einkommen entspringen also letzlich die Kräfte, die den entscheidenden Motor unseres wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fortschritts darstellen. Jede übertriebene Nivellierung der Einkommen durch eine hypertrophe staatliche Umverteilungspolitik läuft mithin auf eine Drosselung dieses Motors hinaus. Die Natur, die Geschichte und unsere eigenen Erfahrungen liefern uns immer wieder den Beweis, daß der Mensch zur vollen Entfaltung seiner Kräfte, seiner Energien und seiner Persönlichkeit der Widerstände bedarf. So sagt der englische Historiker Toynbee, daß der zivilisatorische und kulturelle Fortschritt einer Gesellschaft entscheidend bestimmt wird von ihren Reaktionen auf eine Herausforderung; challenge and response, so lautet diese Formel. Boden und Klima geben nur die Grundlage im Spiel des Lebens ab. Sie begründen nur die Möglichkeiten der volkswirtschaftlichen Entwicklung. Die tatsächliche Ausnutzung dieser Möglichkeiten wird durch Zahl und Leistung der Menschen bestimmt. Alle großen Kultur- und Staatsschöpfungen sind nach dem Urteil dieses englischen Historikers letztlich die Ergebnisse von Überwindungen schwieriger Umwelten. So lagen und liegen die Zentren großer Kulturen nie in Regionen, die unseren Vorstellungen vom goldenen Zeitalter entsprechen. Sie liegen vielmehr in geographischen Breiten, in denen Klima und Umwelt harte Ansprüche an die geistige Fähigkeiten der Menschen stellen, widrige Umstände kraft ihres Intellekts und mit Hilfe der Technik zu überwinden. Damit wird die zentrale Bedeutung unserer ländlichen Bildungsaufgaben offenbar. Es ist die vornehmste Verpflichtung eines auf die Freiheit seiner Bürger bedachten Staates, ihnen das geistige Rüstzeug nicht nur zur Bewältigung der Gegenwart, sondern auch der Zukunft zu offerieren. Ich stimme auch hier Professor Niehaus zu, wenn er sagt, daß nichts die geistige Energie ersetzen kann, keine Subvention und keine Organisation. Wenn die deutsche Landwirtschaft unter dem raschen Wandel der ökonomischen Datenkonstellation in der modernen Gesellschaftsordnung keiner Disparitätshysterie verfällt, sondern mutig und nüchtern den Durchbruch zu neuen Betriebs- und Organisationsformen wagt, so ist mir um ihre Zukunft nicht bange. Meine Damen und Herren, überall in der Bundesrepublik gibt es eine Vielzahl von Bauernhöfen, die urkundlich seit 1000 und mehr Jahren bestehen. Die meisten unserer Höfe sind seit Jahrhunderten im Eigentum der gleichen Familie oder des gleichen Familienverbandes. Wo gibt es Beispiele in der übrigen Wirtschaft, die sich hiermit vergleichen könnten? Dort ist man bereits auf ein 25jähriges Jubiläum stolz. Ein 50- oder 100jähriges Bestehen zählt bereits zu dem Seltenheiten. Unsere Agrargesellschaft hat also schon viele Krisen, viele Regimes und viele Fatalitäten des Lebens überwunden, und sie ist dabei in ihrer Substanz nicht schwächer geworden. Sie wird auch an der EWG nicht scheitern, sondern, davon bin ich überzeugt, die großen Entwicklungsmöglichkeiten des Gemeinsamen Marktes mit 170 Millionen kaufkräftiger Verbraucher zu nutzen wissen. Die deutsche Landwirtschaft wird die Bundesregierung stets an ihrer Seite sehen, wenn es darum geht, ihr bei der Wahrnehmung dieser Chancen zu helfen. ({19})

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Ich danke dem Herrn Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten für seine sehr gründliche Einführung in den Bericht über die Lage der Landwirtschaft. Die Aussprache findet verabredungsgemäß morgen statt. Ich rufe nun Punkt 15 der Tagesordnung auf: Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes ({0}) zu dem Vierten Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Umstellung der Abgaben auf Mineralöl - Druchsache V/1480 Berichterstatter: Abgeordneter Seuffert. Für den Vermittlungsausschuß berichtet der Abgeordnete Seuffert; er hat das Wort.

Walter Seuffert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002165, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Problem der Beseitigung der Altölabfälle, die an allen möglichen Stellen unserer Wirtschaft anfallen, und die Gefahren, die sich aus dieser Tatsache für die Reinhaltung unserer Gewässer und unseres Grundwassers herleiten, sind allgemein bekannt. Es ist auch bekannt, daß sie nicht unterschätzt werden dürfen. Es gibt einen Bericht des Bundeswirtschaftsministers darüber, so daß der Berichterstatter darauf nicht weiter einzugehen braucht, auch nicht auf die Gründe, warum eine wirkliche umfassende Regelung dieses Problems bisher nicht zustande gekommen ist. Eine der Zwischenlösungen, die bisher vorgesehen waren, besteht darin, daß man denjenigen Betrieben, die 'solche Altölabfälle an den Stellen, wo sie anfallen, sammeln, um sie mittels eines Verfahrens zur Herstellung von sogenannten Zweitraffinaten, das nach der letzten Mineralölsteuerregelng ein Verlustgeschäft geworden ist, wieder dem Verkehr zuzuführen, eine Beihilfe aus Mitteln der Mineralölsteuer gewährt, und zwar bis zum Jahre 1966 einschließlich, in Höhe von 22,90 DM pro 100 kg. Darüber, daß diese Beihilfe jetzt noch für zwei Jahre vorgesehen werden soll und daß sie etwas gesenkt werden kann, besteht ebenfalls Einigkeit. Auch darauf brauche ich nicht einzugehen. Der ursprüngliche Antrag lautete, für das Jahr 1966/67 die Beihilfe in Höhe von 19,50 DM je 100 kg zu gewähren. Der Finanzausschuß dieses Hauses ist diesem Antrag auch ursprünglich gefolgt. Sodann aber haben der Finanzausschuß und dann auch dieses Haus unter dem Druck des Haushaltausschusses - um das so zu sagen - eine Senkung der Beihilfe auf 17 DM für das Jahr 1967 und 14 DM für das Jahr 1968 beschlossen. Der fiskalische Unterschied zwischen den beiden Lösungen macht rund 3 Millionen DM im Jahre aus. Schon daraus kann man erkennen, daß hier nicht in erster Linie fiskalische Erwägungen eine Rolle gespielt haben, sondern prinzipielle Erwägungen oder das, was man dafür gehalten hat. Bezüglich dieses Gesetzesbeschlusses des Bundestages hat der Bundesrat den Vermittlungsausschuß angerufen. Der Antrag des Bundesrates geht dahin, die ursprünglich beantragte Höhe der Beihilfen von 19,50 DM für die Jahre 1966 und 1967 vorzusehen. Aus der Begründung dieses Antrages darf ich zwei Sätze vorlesen: Die jetzt vorgeschlagene Kürzung der Beihilfe von 22,90 DM auf 17,-DM für 1967, auf 14,-DM für 1968 würde die schwierige Situation, in der sich die Altölbetriebe befinden, verschärfen. Der Bundesrat stellt dann fest, daß sich der Nettoverlust bei diesem Geschäft auf durchschnittlich 17,75 DM pro 100 kg errechnet, und sagt: Ein Beihilfesatz von 17,- bzw. 14,- DM ist daher unter den bisher gegebenen wirtschaftlichen Verhältnissen nicht als tragbar zu bezeichnen. Der Vermittlungsausschuß hat diesem Antrag des Bundesrates mit sehr großer Mehrheit zugestimmt und beantragt deswegen, die Beihilfe nunmehr in Höhe von 19,50 DM für die Jahre 1967 und 1968 festzusetzen. Es handelt sich allein um diesen Änderungsvorschlag, so daß nur eine einzige Abstimmung vorzunehmen ist. Als Berichterstatter bitte ich Sie namens des Vermittlungsausschusses, diesem Antrag zuzustimmen. ({0})

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Werden zu diesem Bericht des Vermittlungsausschusses Erklärungen abgegeben? - Zu einer Erklärung hat der Abgeordnete Windelen das Wort.

Heinrich Windelen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002525, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist mir leider nur erlaubt, eine Erklärung abzugeben. Nachdem der Berichterstatter sehr ausführlich zur Sache gesprochen hat, ist das bedauerlich. Es waren verschiedene Feststellungen, die nicht unwidersprochen bleiben dürften. Die Frage ist in unserer Fraktion sehr gründlich geprüft worden. Die CDU-Fraktion hat mit großer Mehrheit beschlossen, die Vorlage des Vermittlungsausschusses abzulehnen. Ich bitte Sie, so zu beschließen. ({0})

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Das Wort zu einer Erklärung hat Frau Abgeordnete Funcke.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000620, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die FDP-Frakion begrüßt die Übereinstimmung, die sich im Vermittlungsausschuß ergeben hat, und stimmt der jetzt gefundenen Regelung gern zu. ({0})

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Weitere Erklärungen werden nicht agbegeben. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Antrag des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. Danke. - Die Gegenprobe! - Das erste war die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen. Meine Damen und Herren, ich bitte zu verstehen, daß das Präsidium angesichts der Kontroverse, die sich um dieses Gesetz abgespielt hat, sehr genau geprüft hat, wo die Mehrheit in diesem Falle lag. Ich rufe nun Punkt 16 der Tagesordnung auf: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes 1964 - Drucksache V/886 Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses ({0}) -Drucksache V/1432 Berichterstatter: Abgeordneter Schulhoff ({1}). Der Berichterstatter, Herr Abgeordneter Schulhoff, hat das Wort.

Georg Schulhoff (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002097, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es handelt sich hier, wie Sie wissen, um die Änderung des Mineralölsteuergesetzes aus dem Jahre 1964, und zwar um eine Verlängerung bis zum 30. April 1971. Bekanntlich läuft dieses Gesetz zu einem Teil bereits am 1. Mai dieses Jahres und endgültig am 30. April 1969 aus. Der Gesetzentwurf hat den Wirtschaftsausschuß mitberatend und den Finanzausschuß federführend beschäftigt, und der Finanzausschuß befürwortet die Annahme des Gesetzes in der vorliegenden Form. ({0}) - Herr Präsident, ich finde, die Versammlung ist ziemlich gesprächig. Könnte man nicht für etwas Ruhe sorgen? Ich höre bei den anderen auch immer zu. Meine Damen und Herren, es gibt niemanden unter den Abgeordneten sowohl des Finanzausschusses als auch des Wirtschaftsausschusses, den die Verlängerung des Mineralölsteuergesetzes von 1964 erfreuen würde. Aber wir alle wissen, daß diese Verlängerung auf Grund der Kohlenlage und deren Auswirkung eben nicht zu vermeiden ist, da die strukturbedingten Schwierigkeiten heute, morgen und übermorgen weitere Hilfsmaßnahmen erfordern. Deshalb ist die Verlängerung des Gesetzes bis zum 30. April 1971 beschlossen worden in der allerdings vagen Hoffnung, daß bis zu diesem Zeitpunkt die Kohle saniert ist. Dem Wunsche, den der Bundesrat beim ersten Durchgang in seiner Stellungnahme zum Ausdruck gebracht hat, das Aufkommen aus der Besteuerung der Gasöle, Schweröle und Reinigungsextrakte ausschließlich für die Finanzierung energiewirtschaftlicher Maßnahmen zur Anpassung des Steinkohlenbergbaus an die veränderte Lage des Energiemarktes, insbesondere aber für die Maßnahmen der Absatzförderung und der Rationalisierung zugunsten des Steinkohlenbergbaus zu verwenden, ist durch den Finanzausschuß Rechnung getragen worden. Der Finanzausschuß hat lediglich die Worte „nach näherer Bestimmung des Bundeshaushaltsplanes" hinzugesetzt. In Anbetracht der Tatsache, daß in einem Jahr die Aufwendungen für energiepolitische Maßnahmen die Einnahmen eines Jahres übersteigen und in einem anderen Jahre dahinter zurückbleiben könnten, und in Verbindung mit der schwierigen Haushaltslage erscheint es zweckmäßig, nicht zu einer starren, sondern zu einer elastischen Zweckbindung zu kommen. Diese elastische Fassung gestattet den Ausgleich zwischen den einzelnen Haushaltsjahren. Einige Kollegen, insbesondere diejenigen aus den revierfernen Ländern, haben nun aus einer Art Trotzreaktion ({1}) einen Änderungsvorschlag eingebracht, in dem sie für das Jahr 1970 eine Herabsetzung des Satzes von 25 DM pro Tonne schweren Heizöls auf 20 DM vorschlagen. Finanziell schlägt dieser Antrag, der das Heizölsteuereinkommen im Jahre 1970 um etwa 140 Millionen DM verringern würde, wenig zu Buch. Aber ich frage Sie: ist es wirklich sinnvoll, lediglich um auf diese Weise zu bekunden, daß man die Heizölsteuer, die wir im Grunde alle zum Teufel wünschen und der wir ganz gewiß 1971 den Garaus machen wollen, genau ein Jahr vorher teilweise amputiert? Es ist - seien wir doch ehrlich, meine Damen und Herren - nur eine Geste und soll all denjenigen, die an einer Beseitigung der Heizölsteuer wirtschaftlich interessiert sind, eine Art Beruhigung verschaffen. Ich glaube kaum, - ({2})

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Herr Abgeordneter Schulhoff, ich muß Sie darauf aufmerksam machen, daß Sie als Berichterstatter das Wort haben. ({0}) Es ist nicht ganz im Stile der Berichterstattung, wenn Sie gegen Änderungsanträge polemisieren. Ich wollte darauf in aller Höflichkeit aufmerksam gemacht haben.

Georg Schulhoff (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002097, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich habe meinen Auftrag so angesehen. ({0}) Ich bin . aber gleich fertig. ({1}) - Das bin ich auch. Trotz gegen Trotz! Ich glaube kaum - wollte ich weiter sagen, wenn der Herr Präsident es mir freundlichst gestattet -, daß die erhoffte psychologische Wirkung durch solch einen Antrag erzielt wird. Ich wollte weiter sagen: Dieses Vorhaben scheint mir doch sehr auf Optik eingestellt zu sein und erinnert mich an die Verkaufspraktiken von Warenhäusern und fliegenden Händlern, die für eine Ware statt 100 DM 99,50 DM fordern. ({2}) Wir - das gilt allgemein - werden in dem Augenblick glaubwürdig, in dem es uns gelingt, endgültig oder zumindest spürbar mit der sogenannten Kohlenkrise fertig zu werden. Das wird aber nur möglich sein, wenn wir mit der Flickarbeit aufhören und ganze Arbeit leisten. Hier gilt das Wort: Besser ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. ({3}) Dieser Anruf gilt vor allem der Regierung von Nordrhein-Westfalen, die sich ja gestern im Landtag mit der Kohle beschäftigt hat. Ich bin am Ende. Die Mehrheit des Finanzausschusses hat sich für den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf, der Ihnen vorliegt, entschieden. Ich bitte Sie im Namen des Finanzausschusses unter Bezugnahme auf meinen Schriftlichen Bericht, den vorliegenden Antrag anzunehmen und den Änderungsantrag abzulehnen.

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Wir danken dem Herrn Berichterstatter. Ich eröffne die Aussprache in zweiter Beratung und rufe Art. 1 auf. Dazu liegen zwei Änderungsanträge vor. Ich rufe zuerst den weitergehenden Antrag auf Umdruck 134 *) auf. Dazu hat das Wort zur Begründung der Abgeordnete Mertes.

Dr. h. c. Werner Mertes (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001483, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei dem Änderungsantrag auf Umdruck 134 handelt es sich keineswegs, Herr Kollege Schulhoff, um eine Trotzreaktion, sondern ganz einfach um das Ergebnis sachlicher Überlegungen. ({0}) Ich möchte auch von vornherein eindeutig feststellen, daß sich dieser Änderungsantrag der Fraktion der Freien Demokratischen Partei nicht gegen die Kohle wendet. Das wäre genauso töricht wie der Versuch, den wirtschaftlichen und technischen Fortschritt bei der Verwendung von Energie generell zu bremsen. Die Kohle kann nur Hilfe bekommen durch eine harmonisierte Aktion - oder neuerdings müßte man ja wohl sagen: durch eine konzertierte *) Siehe Anlage 2 Aktion - in der Energiepolitik, auf die wir eben, Herr Kollege Schulhoff, neugierig sind und warten. ({1}) Die Situation hat sich ja gewandelt. Wie war es 1955? Damals sah sich der deutsche Steinkohlenbergbau nicht mehr in der Lage, den Bedarf zu decken, und damals wurde auf den Bezug von amerikanischer Kohle und auf die Verwendung von Heizöl verwiesen. Nicht wenige sind dieser Empfehlung gefolgt, und sie wurden, wie wir alle wissen, später bestraft; denn 1957 machten sich die ersten Ansätze eines Strukturwandels im Energiebereich bemerkbar. In der Folgezeit mußte der Bergbau finanziell gestützt werden, derselbe Bergbau, der sich gleichzeitig für eine Beteiligung an der Deckung des rasch wachsenden Heizölbedarfs interessierte. Viele andere Maßnahmen folgten, und um den Wettbewerb auf dem Energiemarkt zugunsten der Kohle zu entlasten, wurde 1960 das erste Heizölsteuergesetz verabschiedet, das eine Verbrauchsteuer von 25 DM je Tonne für schweres Heizöl und von 10 DM je Tonne für leichtes Heizöl brachte. Der Bedarf an Heizöl wuchs dennoch in den folgenden Jahren weiter an, und zwar wegen des günstigeren Wirkungsgrades, wegen der bequemeren Handhabung, aus Kostengründen und nicht zuletzt auch wegen des zunehmenden Mangels an Arbeitskräften. Das erste Heizölsteuergesetz war zeitlich begrenzt bis zum 30. April 1963. Aus dieser zeitlichen Begrenzung geht eindeutig der vom Gesetzgeber gewollte Charakter dieses Gesetzes als einer Übergangsmaßnahme hervor. Die Situation verlangte aber 1963 eine Verlängerung, die mit dem zweiten Heizölsteuergesetz beschlossen wurde und bis 1969 gelten sollte, allerdings - das ist das Gravierende - mit einer Degression in den beiden letzten Jahren der Geltungsdauer. Auch damals, Herr Kollege Schulhoff, hat man sich sehr sorgfältig überlegt, warum man diese Degression eingeführt hat. Ich glaube, Sie selber haben aktiv an den Beratungen mitgewirkt und kennen also den Hintergrund. ({2}) - Das will ich Ihnen gerade erzählen. Diese Degression sollte zum 1. Mai dieses Jahres wirksam werden. Ich glaube, es ist kein guter politischer Stil, wenn man Gesetze immer dann ummanipuliert, wenn sie zum Zuge kommen sollen. Das bringt eine Unsicherheit in unsere gesamte rechtliche Situation. ({3}) Wir sollten als Parlament eine solche Entwicklung nicht fördern. ({4}) Der vorliegende Entwurf der Bundesregierung auf Drucksache V/886 sieht nun die erneute Verlängerung der Heizölsteuer bis zum Jahre 1971 vor, aber, wie schon erwähnt, ohne Degression. Meine Fraktion hat volles Verständnis dafür, daß die Bundesregierung glaubt, im Hinblick auf die Haushaltssituation und auf noch ausstehende An4500 passungsmaßnahmen in der Energiewirtschaft zugunsten der Kohle sei eine Verlängerung der Heizölsteuer notwendig. Diese Ziele werden aber auch erreicht, wenn 'im Gegensatz zu dem Vorhaben der Bundesregierung die Degression in der neuen Verlängerung beibehalten wird. Das ist der Sinn unseres Antrags, nach dem mit Wirkung vom 1. Mai 1969 an für die beiden letzten Jahre der Laufzeit die Steuer für schweres Heizöl von 2,50 DM je 100 kg auf 2 DM gesenkt werden soll. ({5}) Wir hoffen - Herr Kollege Russe, wenn Sie mir das noch zu sagen gestatten -, daß dann die Heizölsteuer endgültig ausläuft, so wie es bereits zweimal vorgesehen war.

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Herr Abgeordneter Russe, bei der Begründung eines Antrags ist es nicht zulässig, Zwischenfragen zu stellen.

Dr. h. c. Werner Mertes (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001483, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Es tut mir leid, Herr Kollege Russe. Ich darf zum Ende kommen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, neben den Interessen der Kohle sind die Interessen der verarbeitenden Industrie, vor allem auch 'im süddeutschen und südwestdeutschen Raum, zu berücksichtigen. Der Wirtschaftsminister des Landes Baden-Württemberg hat erst kürzlich darauf hingewiesen, daß die Belastung des schweren Heizöls in der Bundesrepublik höher ist als in allen anderen EWG-Staaten. Der von uns vorgelegte Antrag erfüllt noch keineswegs die Wünsche der revierfernen Länder, weil er auf die Situation der Kohle und auf die Haushaltslage des Bundes Rücksicht nimmt. Die Degression, die wir hier vorschlagen, muß aber deutlich machen, daß es sich bei diesem Heizölsteuergesetz nicht um ein Fiskalgesetz mit unbeschränkter Laufzeit handelt. Haushaltspolitisch ist das ohne weiteres zu verkraften. Auf Grund der Vorlage ist in den vier Jahren von 1967 bis 1971 mit einem Heizölsteueraufkommen in der Größenordnung von 3,9 Milliarden DM - wohlgemerkt: in vier Jahren - zu rechnen. Bei Berücksichtigung der von uns vorgeschlagenen Degression ergäbe sich lediglich ein Ausfall in der Größenordnung von rund 250 Millionen DM, ebenfalls wiederum für vier Jahre berechnet. Ich meine, es gibt wohl niemand hier in diesem Hohen Hause, der bestreiten wollte, daß die entstehende minimale Lücke in den Haushalten der kommenden vier Jahre anderweitig gedeckt werden könnte. Es gibt sicherlich auch niemanden, der bestreiten wollte, daß auch bei einem Ausfall von 250 Millionen DM in diesen vier Jahren der Kohle wirksam geholfen werden kann, besonders wenn man berücksichtigt, daß nach der Begründung der Bundesregierung vorgesehen ist, die fast 4 Milliarden DM gar nicht ausschließlich für die Kohle zu verwenden; in der Begründung heißt es, glaube ich: sofern das notwendig ist. Meine sehr geehrten Damen und Herren, aus den dargelegten Gründen bitte ich Sie, dem Änderungsantrag der FPD-Fraktion auf Umdruck 134 Ihre Zustimmung zu geben. ({0})

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Zu dem Artikel 1 liegt ein weiterer Änderungsantrag auf Umdruck 131 *) vor. Zur Begründung hat das Wort der Abgeordnete Schmidhuber.

Peter M. Schmidhuber (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001997, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf den auf Umdruck 131 vorliegenden Änderungsantrag zu Art. 1 - § 8 Abs. 2 Buchstabe b - begründen. Er bezweckt die Beibehaltung der Degression der Heizölsteuer in Höhe von 20 % - also 5 DM pro Tonne - ab 1. Januar 1970. Eine Degression der Heizölsteuer in Höhe von 50 % ist bei der Verlängerung des ursprünglich bis zum 30. April 1963 befristeten ersten Heizölsteuergesetzes um sechs Jahre, also bis zum 30. April 1969, eingeführt worden. Wenn wir uns heute schweren Herzens und unter Zurückstellung erheblicher Bedenken zu einer nochmaligen Verlängerung der Heizölsteuer bereit finden, so ist das nur möglich, wenn der Grundsatz der Degression weiterhin im Gesetz verankert bleibt. Die Beibehaltung der Degression ist unserer Ansicht nach zur Absicherung des Charakters des Heizölsteuergesetzes als einer zeitlich begrenzten energiepolitischen Maßnahme zwingend geboten. Sie ist ein Erfordernis der wirtschaftspolitischen Symmetrie, um ein Wort des Herrn Bundeswirtschaftsministers abzuwandeln. Unsere Energiepolitik hat eine doppelte Zielsetzung, nämlich erstens die langfristige Sicherung eines nach Preis, Qualität und Vielgestaltigkeit günstigen Energieangebotes und zweitens die ökonomisch sinnvolle und den heutigen technisch-wirtschaftlichen Gegebenheiten entsprechende Einbettung des Kohlebergbaus in die gesamte Volkswirtschaft durch geeignete strukturpolitische Maßnahmen. Der Wegfall der Degression würde bedeuten, daß das erste Ziel, die langfristige Sicherung möglichst billiger Primärenergien für unsere Wirtschaft, im Heizölsteuergesetz nicht mehr deutlich zum Ausdruck kommt. Der Wegfall der Degression müßte daher als die Setzung eines negativen Signals gewertet werden, was zu einer Erschütterung des Vertrauens der Wirtschaft in die Zielsetzung der Energiepolitik der Bundesregierung führen könnte. Wir sollten aber alles tun, um die in den letzten Jahren beobachtete Tendenz zur Abwanderung energieintensiver Betriebe nach Standorten außerhalb der Bundesrepublik zu vermeiden. In diesem Zusammenhang darf darauf hingewiesen werden, daß die Bundesrepublik innerhalb der EWG die höchsten fiskalischen Belastungen für schweres Heizöl aufweist. Die Heizölsteuer stellt insbeson- *) Siehe Anlage 3 dere eine zusätzliche Belastung für die revierfernen Gebiete dar, die im Hinblick auf die hohen Transportkosten der Kohle ohnehin auf das Mineralöl angewiesen sind. ({0}) Welch günstige Auswirkungen die Darbietung billiger Primärenergie hat, beweist der wirtschaftliche Aufschwung, den Bayern in den letzten Jahren genommen hat. Die bayerische Wirtschaft verdankt dem Aufbau des Ölzentrums Ingolstadt kräftige und entscheidende Impulse. Es gibt im Wirtschaftsleben der revierfernen Gebiete Stimmen, die die Verlängerung der Heizölsteuer für eine künstliche Aufrechterhaltung von im 19. Jahrhundert entstandenen Wettbewerbsnachteilen halten. Ich möchte mir eine solche Argumentation nicht unbedingt zu eigen machen. Ich möchte Sie aber mit allem Nachdruck darauf hinweisen, daß Maßnahmen, wie die Verlängerung der Heizölsteuer, nicht nur im Ruhrgebiet, sondern auch in den revierfernen Gebieten mit großer Aufmerksamkeit und dort zusätzlich mit Argwohn und manchen Ressentiments beobachtet werden. Man spricht davon, daß die Wirtschaft der revierfernen Gebiete in die Zange der Auswirkungen der Heizölsteuer und der sogenannten Selbstbeschränkung der Mineralölwirtschaft geraten sind. Es empfiehlt sich deshalb auch aus psychologischen Gründen, im Gesetz durch die Beibehaltung der Degression deutlich zu machen, daß sich am vorübergehenden Charakter der Heizölsteuer nichts ändern soll. Wenn die Regierungsvorlage unverändert, d. h. ohne Degression, angenommen werden würde, so würde sie bis zum Auslauf der Steuer am 30. April 1971 ein Aufkommen von ungefähr 3,9 Milliarden erbringen. Das stellt ein Mehraufkommen gegenüber dem bisherigen Recht in Höhe von zirka 2,75 Milliarden dar. Würde unser Änderungsantrag vom Hohen Hause berücksichtigt werden, so träte eine Verminderung des Aufkommens um zirka 160 Millionen ein. Es würde dann immer noch eine Finanzmasse von 2,6 Milliarden für Umstrukturierungsmaßnahmen im Bergbau zusätzlich zur Verfügung stehen. Eine Schmälerung des Aufkommens würde im übrigen erstmals im Haushalt 1970, also 16 Monate vor Ablauf des Heizölsteuergesetzes, eintreten. Die geschätzten Einnahmen bewegen sich also innerhalb der statistischen Fehlergrenzen des mutmaßlichen Aufkommens. Sie haben für die gegenwärtig anstehenden energiepolitischen Maßnahmen keinerlei finanzielle Konsequenzen. Es handelt sich also um keine Trotzreaktion, wie der Kollege Schulhoff behauptet hat. Es geht ja auch weniger um eine Be- oder Entlastung der deutschen Wirtschaft um einen relativ geringfügigen Betrag, sondern es geht um die Aufrechterhaltung eines wirtschaftspolitischen Prinzips. Wir hoffen im übrigen, daß die Bundesregierung gemeinsam mit der Landesregierung von NordrheinWestfalen und den Sozialpartnern bald ein Konzept für eine definitive Lösung des Kohleproblems finden wird, die sowohl den technisch-wirtschaftlichen Gegebenheiten der Gegenwart und Zukunft als auch den berechtigten sozialen Forderungen der betroffenen Arbeitnehmer Rechnung trägt. Gegen den Antrag ist in der Ausschußberatung eingewandt worden, daß er die Zielsetzungen des Kohleverstromungsgesetzes gefährde. Wir sind nicht dieser Ansicht. Wie wir heute in der Fragestunde erfahren haben, ist der Bau von thermischen Kraftwerken mit einer Gesamtleistung von mehr als 7000 Megawatt bereits den zuständigen Behörden angezeigt worden. Die unternehmerischen Entschlüsse zum Bau von thermischen Kraftwerken hängen selbstverständlich nicht von der nur geringfügigen finanziellen Auswirkung der Beibehaltung einer mäßigen Degression ab, sondern einzig und allein von der gesetzlichen Subventionsgarantie und der weiteren Entwicklung der Kernenergie. Wer die Einführung einer Degression 16 Monate vor Ablauf des Gesetzes bekämpft, wird sich im übrigen die Frage gefallen lassen müssen, ob es ihm mit der Abschaffung der Heizölsteuer zum 30. April 1971 wirklich ernst ist. Außerdem ist eingewandt worden, daß eine etwaige Senkung der Heizölsteuer nicht den Abnehmern, sondern den Mineralölgesellschaften zugute komme. Ich glaube, daß auch diese Befürchtung schon angesichts der Marktlage unbegründet ist. Im übrigen hätte auch die Bundesregierung genügend Einwirkungsmöglichkeiten, um eine Weitergabe der Preissenkung an die Verbraucher durchzusetzen. Meine Damen und Herren, ich darf Sie daher bitten, dem Antrag auf Umdruck 131 auf Beibehaltung der Degression ab 1. Januar 1970 zuzustimmen. ({1})

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Ich eröffne die Aussprache über die beiden Änderungsanträge. Das Wort hat Herr Springorum.

Gerd Springorum (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002207, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Es ist fast auf den Tag ein Jahr her, daß unser damaliger Bundeswirtschaftsminister, Herr Schmücker, das Regierungsprogramm zur Umstrukturierung des Bergbaus vorlegte. Er trug damals einen ganzen Strauß von Gesetzentwürfen vor, die es der Bundesregierung ermöglichen sollten, dem Bergbau in seiner augenblicklichen Situation zu helfen. Das Gesetz, das Ihnen heute vorliegt, die Verlängerung der Heizölsteuer, ist das letzte aus diesem Strauß der Gesetze. Wir haben nun zu den Anträgen auf den Umdrucken Nr. 131 und Nr. 134 Stellung zu nehmen, die besagen, daß die Heizölsteuerdegression ab 1970 Platz greifen soll. Lassen Sie mich hierzu zunächst einmal zwei grundsätzliche Tatsachen vorausschicken, die unabdingbar sind und mit denen wir uns abzufinden haben. Die eine Tatsache ist, daß wir auf deutschem Boden seit 120 bis 130 Jahren einen deutschen Steinkohlenbergbau haben, der uns in diesen vielen Jahren manchmal Kummer und Sorgen gemacht hat, der aber weit überwiegend zum Segen unseres Landes gewirkt hat und der die Ursache für unsere heute blühende Wirtschaft ist. Es ist eine feststehende Tatsache, daß wir diesen Bergbau nun bei uns haben. Eine andere Tatsache wird heute häufig nicht klar gesehen: Auch in der Zukunft werden wir den deutschen Steinkohlenbergbau dringendst nötig haben. Wir werden ihn nicht nur im Raum der Bundesrepublik, sondern im gesamten europäischen Raume brauchen, weil Kokskohle und Koks von anderen Ländern auf dem Weltmarkt nicht zu liefern ist. Wir sind also in einem bestimmten Umfange immer auf diesen Bergbau angewiesen. Wir müssen allerdings als Tatsache anerkennen, daß heute billige Ersatzenergien zur Verfügung stehen, die einen Teil des Absatzgebietes der Kohle für sich in Anspruch nehmen. Die Kohle muß der Forderung nach billiger Energie gerecht werden und sich anpassen. Dieser Anpassung der Kohle dienten die Gesetzesvorschläge aus dem damaligen Programm, das heute vor einem Jahr verkündet worden ist und dem der Bundestag einhellig, einschließlich der heutigen Oppositionspartei, der FDP, voll und ganz zugestimmt hat. Wir würden uns nun der Inkonsequenz schuldig machen, wenn wir dieser Gesetzesvorlage der Bundesregierung nicht zustimmten. ({0}) Der Bergbau ist leider ein Industriezweig, der nicht wie ein Wasserhahn auf- und abzudrehen ist; er braucht für die Anpassung eine gewisse Zeit. Leider ist einfach nicht feststellbar, in welchem Umfange er sich anzupassen hat. Es schwirrt heute eine Unzahl von Tonnenangaben durch den Raum, auf welche Größenordnung der Bergbau sich anzupassen hätte. ({1}) Ich möchte davor warnen, meine Damen und Herren, die Zahlen, die heute genannt werden, als wahr und richtig hinzunehmen. Wir haben einmal festgestellt, worauf der schrumpfende Absatz der letzten Jahre zurückzuführen ist. Nur etwa 40 % entfallen auf strukturelle Einschränkungen. 60 % haben konjunkturelle Belastungen, wärmere Winter und besseres oder größeres Wasserangebot als Ursache. All diese Dinge sind nun einmal von der Natur gegeben. Der Bergbau hat unter diesen Einwirkungen zu leiden. Es ist z. Z. ein besonders großes Wasserangebot da, der Winter ist verhältnismäßig warm gewesen. Dies hat in vermehrtem Maße zu dieser Absatzschrumpfung beigetragen und den Anschein erweckt, als ob der Bergbau noch viele, viele Millionen Tonnen über die bisher genannten Zahlen hinaus stillegen müßte. Wir sollten uns hier einmal nach einer Angabe richten, die die europäischen Gemeinschaften erarbeitet haben. Sie haben sorgfältig und genau alle Zahlen zusammengestellt, die überhaupt zur Verfügung stehen. Man ist zu dem Ergebnis gekommen, daß im Jahre 1980 110 bis 180 Millionen Tonnen im Raum der EWG abgesetzt werden können. Das zeigt deutlich, daß der Bergbau noch auf lange Zeit eine Zukunft hat. Voraussetzung für die Anpassung ist allerdings, daß der Bergbau mit der verringerten Kapazität ein gesunder Wirtschaftszweig ist und daß ihm hierbei Hilfestellung gegeben wird. Es ist einfach unmöglich, daß nach der Anpassung ein Wirtschaftszweig an der Ruhr und am Rhein unter einer ständigen krisenhaften Erscheinung oder unter finanziellen Schwierigkeiten arbeiten muß, die sich dann wie eine Pestbeule auf die andere Wirtschaft ausdehnen. Damit eine gesunde Anpassung erreicht werden kann, hat damals Wirtschaftsminister Schmücker dem Hohen Hause einige Gesetze vorgelegt. Ich darf Sie noch einmal ganz kurz an die einzelnen Gesetze erinnern. Es handelt sich um das Gesetz über die Aktionsgemeinschaft, das Gesetz über die Anpassungsbeihilfe für Koks und Kokskohle zugunsten der eisenschaffenden Industrie, das Verstromungsgesetz und das Gesetz, das uns heute beschäftigt, das Heizölsteuer-Verlängerungsgesetz. All diese Gesetze bilden ein Paket. Wer es aufschnürt, trifft sämtliche Maßnahmen, und alle Maßnahmen müßten dann zwangsläufig verpuffen. Ich möchte Ihnen das einmal deutlich machen. Das Verstromungsgesetz setzt eine ganz bestimmte finanzielle Aufwendung fest, bis 1981 insgesamt 1,65 Milliarden DM. Diese 1,65 Milliarden DM sollen den Unterschiedsbetrag zwischen dem schweren Heizöl und der Kohle decken. Wenn jetzt die Heizölsteuerdegression zu einem vorgezogenen Zeitpunkt einsetzte, würde dieser Unterschiedsbetrag größer. Die 1,65 Milliarden DM, die der Gesetzgeber vorgesehen hat, würden nicht ausreichen. Der Investor, der heute überlegt, ob er ein Steinkohlenkraftwerk planen soll, das vielleicht 1970/71 in Betrieb kommt, müßte sich fragen, ob er für dieses Steinkohlenkraftwerk ausreichende Zuschüsse bekommen wird, solange nicht festliegt, woher diese Mittel kommen. Sie sehen, daß, wenn wir diesem Änderungsvorschlag nachgäben, damit das Verstromungsgesetz zwangsläufig seine Glaubwürdigkeit für die Investoren verlieren würde. Warum fordert nun die internationale Mineralölindustrie mit aller Macht die Senkung bzw. die Degression der Heizölsteuer für schweres Heizöl? Sie alle werden wahrscheinlich genauso wie ich mit Briefen überschüttet worden sein, in denen einzelne Betriebe der Mineralölwirtschaft diese Senkung fordern. Der Markt für schweres Heizöl kann nicht ausgeweitet werden. Das schwere Heizöl geht ausschließlich in die Stromerzeugung, entweder in öffentlichen Kraftwerken oder in privaten Kraftwerken. Hier ist der Preis, der heute in der Bundesrepublik bei etwa 85 DM liegt, verhältnismäßig fest. Zur Zeit besteht für uns kein Grund, zu glauben, daß im Falle einer Degression die Steuersenkung dem Verbraucher zugute kommt und nicht dem Anbieter. Vielmehr besteht die Sorge, daß beim Herabsetzen der Steuer allein der Anbieter der Nutznießer ist und nicht der Verbraucher. Vorhin wurde davon gesprochen, daß wir die höchsten Steuersätze für das schwere Heizöl hätten. Das ist richtig, wenn wir auch den Satz des Landes mit der nächst niedrigeren Steuer nur um etwas mehr als eine DM überschreiten. Zum Ausgleich dafür liegen wir aber mit der Steuer für das leichte Heizöl am allerniedrigsten, und damit liegen wir mit dem Mischpreis für leichtes Heizöl und für schweres Heizöl - mit diesem Mischpreis muß man ja rechnen - niedriger als die anderen Länder innerhalb der EWG. Über das Gesetz ist im Bundestag, in den Bundestagsausschüssen und im Bundesrat insgesamt zehn Monate verhandelt worden. Heute steht dieses Gesetz zur zweiten und dritten Lesung an. Ich darf Sie herzlich bitten, dem Regierungsentwurf Ihre Zustimmung zu geben, damit dieses Paket in seiner Gesamtheit wirksam werden kann und dem Bergbau in Zukunft ermöglicht, auf einer sicheren Basis zu arbeiten. ({2})

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Es liegen keine Wortmeldungen mehr vor. Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Umdruck 1341. Wer diesem Antrag zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Das war die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt. Wir kommen zum Änderungsantrag auf Umdruck 131 **). Wer diesem Antrag zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Wir müssen die Abstimmung wiederholen. Wer dem Antrag auf Umdruck 131 zustimmen will, möge sich erheben. -Gegenprobe! - Enthaltungen? - Keine Enthaltungen. Der Antrag ist mit Mehrheit abgelehnt. Wer Art. 1 in der Ausschußfassung zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Art. 1 ist angenommen. Ich rufe auf die Art. 2, - 3, - 4 sowie Einleitung und Überschrift. - Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Das Gesetz ist in zweiter Lesung angenommen. Wir kommen zur dritten Beratung. Das Wort hat der Herr Abgeordnete MüllerHermann.

Dr. Ernst Müller-Hermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001569, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte die Debatte der zweiten Lesung nicht wiederholen, kann mir allerdings eine kleine Bemerkung an die Adresse des Herrn Kollegen Springorum nicht ganz verkneifen. Bei einem Aufkommen aus der Heizölsteuer in einer Größenordnung von etwa 3,8 Milliarden DM ist die durch den Antrag von Herrn Kollegen Schmidhuber eintretende Minderung des Aufkommens um )167 Millionen DM nicht so gravierend, daß dadurch die Durchführung des Verstromungsgesetzes gefährdet wäre. Ich möchte auch nicht den Eindruck aufkommen lassen, als ob sich dieses Hohe Haus etwa aufteilte *) Siehe Anlage 2 **) Siehe Anlage 3 in Abgeordnete, die kohlefreundlich sind, und in solche, die nicht kohlefreundlich sind. Denn ich glaube, dieses Hohe Haus hat bei verschiedenen Gelegenheiten bekundet, daß es bereit ist, ganz gleich, aus welchem Teil unseres Landes die Kollegen zusammenkommen, dem Bergbau bei seinen schwierigen Umstellungen zu helfen. Sicherlich haben wir aber alle die Erfahrung sammeln müssen, daß sich die sehr schwierigen Strukturprobleme in einer Aufschwungsphase leichter lösen lassen als in einer Phase der Rezession. Trotzdem müssen wir auch als Bundestag Nachdruck darauf legen, daß der Anpassungsprozeß im Steinkohlebergbau ohne soziale Härten, aber zügig weiter durchgeführt wird. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte dem Hohen Hause Kenntnis geben von einem Entschließungsantrag mit folgendem Wortlaut: Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird die am 1. Mai 1960 für eine befristete Zeit eingeführte Heizölsteuer zum zweiten Mal verlängert und außerdem die gesetzlich zum 1. Juni 1967 vorgesehene Halbierung der Steuersätze wieder beseitigt. Diese Maßnahme wird mit dem Hinweis auf die Situation im deutschen Steinkohlenbergbau begründet. Um den Willen der Bundesregierung zu unterstreichen, die Laufzeit der Heizölsteuer zu beschränken und aus ihr keine Fiskalsteuer werden zu lassen, wird die Bundesregierung ersucht, in dem Bericht über die Situation des Steinkohlenbergbaus im Zusammenhang mit den Auswirkungen des Kohleverstromungsgesetzes, der dem Bundestag zum 1. Juli 1968 zu erstatten ist, die Frage zu prüfen, ob nicht eine Degression der Heizölsteuer auf 20 DM je Tonne bei schwerem Heizöl zum 1. Januar 1970 geboten erscheint. Ich bitte das Hohe Haus um Unterstützung des Entschließungsantrages. ({0})

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Das Wort hat Herr Abgeordneter Fellermaier.

Ludwig Fellermaier (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000533, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion, auch wenn sie in der Sachabstimmung zu einem anderen Ergebnis gekommen ist als die Antragsteller vorher, stimmt dem Entschließungsantrag, den Herr Kollege Dr. Müller-Hermann begründet hat, ausdrücklich zu, weil sie mit ihm der Meinung ist, daß die Bundesregierung wirklich versuchen sollte, die aufgeworfenen Fragen in positiver Weise zu klären. ({0})

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Bitte, Herr Abgeordneter Mertes!

Dr. h. c. Werner Mertes (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001483, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Nachdem beide Anträge auf Beibehaltung einer Degression von einer knap4504 pen Mehrheit dieses Hauses abgelehnt worden sind, sind auch wir in der Fraktion der Freien Demokratischen Partei der Meinung, daß man die letzte, wenn auch relativ kleine Chance nutzen sollte, die dieser Entschließungsantrag bietet. Wir werden also dieser Entschließung unsere Zustimmung geben und werden zu gegebener Zeit noch mit Nachdruck auf die Bundesregierung einzuwirken versuchen, um das Ziel, das heute abend nicht erreicht wurde, doch in Bälde noch nachträglich zu erreichen. ({0})

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Es liegen keine Wortmeldungen mehr vor. Ich schließe die dritte Lesung des Gesetzes. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Gesetz als ganzem zustimmen will, möge sich vom Platz erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Gesetz zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes 1964 ist gegen einige Stimmen und bei einigen Enthaltungen mit Mehrheit angenommen. Ich stelle jetzt den Text des Entschließungsantrags zur Abstimmung, den Herr Abgeordneter Dr. Müller-Hermann begründet hat. Der Antrag liegt gedruckt leider noch nicht vor. Wer dem Entschließungsantrag zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei einigen Gegenstimmen und einigen Enthaltungen angenommen. Ich rufe dann auf den Punkt 17 der Tagesordnung: Zweite Beratung des von den Abgeordneten Strauß, Jacobi ({0}), Ertl und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes 1964 - Drucksache V/544 - a) Bericht des Haushaltsausschusses ({1}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung - Drucksache V/1434 -Berichterstatter: Abgeordneter Windelen b) Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses ({2}) - Drucksache V/1433 - Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Koch ({3}) Die Berichterstatter wünschen das Wort nicht. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Herr Abgeordneter Schlee.

Albrecht Schlee (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001978, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine verehrten Damen, meine Herren! Der Antrag auf Drucksache V/544 zielt auf eine Steuerbegünstigung für die Verwendung des Mineralöls bei der Stromerzeugung durch Dieselaggregate, die in ortsfesten Anlagen aufgestellt sind. Der Antrag hat nicht die besondere Sympathie der Bundesregierung und der beteiligten Ausschüsse gefunden. Gestatten Sie mir deshalb einige kurze Ausführungen zur Begründung. Ich darf Ihre Aufmerksamkeit auf den § 8 Abs. 2 des Mineralölsteuergesetzes in der gegenwärtigen Fassung lenken, wo es heißt, daß Schweröle, Reinigungsextrakte und Flüssiggase unter Steueraufsicht steuerbegünstigt zum Antrieb von Gasturbinen in ortsfesten Anlagen zur Stromerzeugung und für andere Zwecke verwendet werden dürfen. Sie sehen aus dem Antrag, daß hier nur eine Gleichstellung der Dieselaggregate mit den Gasturbinen erreicht werden soll. Vielleicht ist auch angebracht, zu sagen, was man unter Dieselaggregaten versteht. Man versteht darunter eine Verbindung von Dieselmotoren mit Vorrichtungen zur Stromerzeugung, die durch die Dieselmotoren in Tätigkeit gesetzt werden. Die Antragsteller, die bekanntlich aus den drei Fraktionen des Hauses kommen, haben mit dieser Vorlage ein Anliegen vor allem der kommunalen und der . privaten mittelständischen Elektrizitätswerke aufgegriffen. Diese Unternehmungen machen geltend - und ich glaube, mit Recht -, daß sie für die Abdeckung ihres Spitzenbedarfs an Strom auf die Verwendung dieser Dieselaggregate angewiesen sind und daß sie keine bessere Möglichkeit zur Erzeugung des Spitzenbedarfs finden als durch die Dieselaggregate, wenn eben durch eine entsprechende steuerliche Schonung die Rentabilität gestützt wird; denn die Dieselaggregate zeichnen sich vor allem durch ihre sofortige Betriebsbereitschaft und durch ihren hohen Wirkungsgrad von mehr als 40 % aus. Die angesprochene steuerliche Schonung war bis zum 31. Dezember 1963 gegeben. Mindestens seit dem Jahr 1955 gab es für den Betrieb von Maschinen, die der Stromerzeugung dienten, eine Betriebsbeihilfe. Sie glich den Unterschied zwischen dem früheren Satz von 6,30 und den späteren Sätzen von 18,05 bzw. 22,75 DM auf 100 kg Treibstoff aus und betrug demnach ursprünglich 11,75, später 16,45 DM. Die Werke weisen darauf hin, daß durch die fortlaufende Erhöhung der Belastung des Dieselkraftstoffes die steuerlichen Abgaben, die auf dem Dieselkraftstoff lasten, nunmehr 160 % .des abgabefreien Preises betragen. Sie werden nun fragen: warum verwenden diese Unternehmungen für die Deckung ihres Spitzenbedarfs keine Gasturbinen? Es gibt Gasturbinen - ich habe mich unterrichtet - mit einer Leistung von 50, 100, 200 und mehr PS. Aber eine Gasturbine mit einer Leistung von etwa 100 PS bedarf der dreifachen bis vierfachen Menge des Treibstoffs, die ein Dieselaggregat nötig hat, um die gleiche Leistung zu erzeugen. Während der Beratungen des Antrags ist der Hinweis gegeben worden, auf dem Prüfstand eines deutschen Werkes befinde sich eine Gasturbine mit einer Leistung von 500 PS. Ich habe den Hinweis aufgegriffen und mich erkundigt und dabei erfahren, daß die Entwicklung dieser Gasturbine wegen anderer Aufträge zurückgestellt worden ist. Ich will damit nicht die Behauptung aufstellen, daß Gasturbinen mit einer Leistungsfähigkeit von 400, 500 und mehr PS nicht zu beschaffen seien. Aber auch bei einer Leistung von 500 PS braucht eine solche Gasturbine noch mehr als das Doppelte des Treibstoffes wie ein gleichstarkes Dieselaggregat. Der Ausfall, der durch diesen Entwurf entstehen würde, wird von der Bundesregierung mit 7 Millionen DM veranschlagt. Die Bundesregierung hat dafür in den früheren Betriebsbeihilfen ein sehr genaues Maß. Sie rechnet nicht damit, daß sich der Ausfall erhöhen würde, wenn der Antrag zum Gesetz erhoben würde. Denn sie ist offensichtlich selbst der Meinung, daß unter der gegebenen steuerlichen Belastung eine weitere Ausdehnung der Stromerzeugung durch Dieselaggregate nicht in Betracht kommt. Nach dem Durchschnitt des Jahres 1963 entfiel auf die einzelne Maschine eine Beihilfe von 800 DM. Die Bundesregierung erklärt dazu, die Steuerbegünstigung nach diesem Antrag betrage das Doppelte, also 1600 DM. Das, was ich hier gesagt habe, können Sie im Schriftlichen Bericht des Herrn Kollegen Dr. Koch nachlesen. Dort wird die Meinung vertreten, daß eine Steuerbegünstigung von jährlich durchschnittlich 1600 DM keine Bedeutung für die Rentabilität der Dieselaggregate habe. Ich meine, das Gegenteil ist richtig: eine solche Begünstigung in Höhe von 1600 DM je Maschine stellt für die mittleren, kleineren und kommunalen Stromerzeuger schon eine fühlbare Verbesserung der Rentabilität beim Einsatzes von Dieselaggregaten dar. Der Haupteinwand gegen den Entwurf besteht darin, daß man hierin einen Präzedenzfall für einen Verstoß gegen den Grundsatz des Gesetzes für die Mineralölbesteuerung sieht. Man macht geltend, daß nach dem Grundsatz des Mineralölsteuergesetzes die Verwendung von Mineralöl als Treibstoff oder Schmierstoff schlechthin der Besteuerung unterworfen sei und unterworfen bleiben müsse. Für die Gasturbine besteht in § 8 des Mineralölsteuergesetzes eine allgemeine Ausnahme. Ich will Sie hier nicht mit technischen Ausführungen belasten, sondern nur darauf hinweisen, daß bei der Gasturbine die Verwendung des Treibstoffes in zweifacher Art möglich ist. Es gibt einen Vorgang, der ein reines Verheizen darstellt. Dieser Vorgang fällt als solcher nicht unter die Mineralölbesteuerung, weil das Mineralöl hier nicht als Treibstoff und nicht als Schmierstoff, sondern als Heizöl verwendet wird. Es gibt aber auch eine zweite Konstruktion der Gasturbine, bei der das Mineralöl als eine Art Treibstoff verwendet wird. Um hier die Entwicklung der Gasturbinen nicht aufzuhalten, hat man im Jahre 1957 oder 1959, glaube ich, für die Gasturbine allgemein eine Ausnahme eingeführt. Man soll den Präzedenzfall nicht unterbewerten und man soll ihn nicht überbewerten. Ich meine, durch die Zweckbestimmung der Stromerzeugung, durch die Beschränkung auf ortsfeste Anlagen und schließlich durch die Gleichstellung mit der an sich steuerbegünstigten Gasturbine ist sichergestellt, daß die Steuerbegünstigung für das Dieselaggregat, wie dieser Entwurf sie erreichen will, keinen Prezedenzfall für weitere Forderungen nach Steuerbegünstigung schafft. Ein letzter Einwand schließt sich an das an, was wir eben bei Punkt 16 der Tagesordnung gehört haben. Es wird geltend gemacht, daß wir ein Gesetz zur Verstromung der Kohle beschlossen haben und daß daher die Begünstigung der Dieselaggregate diesem Gesetz zur Verstromung der Kohle entgegenarbeiten würde. Ich habe versucht, Ihnen darzulegen, daß der Einsatz von Dieselaggregaten bei kleinen und mittleren kommunalen und privaten Stromerzeugern nur zur Deckung des Spitzenbedarfs in Betracht kommt, daß aber die Grundlast, der Grundbedarf an Strom in unserer Wirtschaft eben nur durch große Anlagen gedeckt werden kann. Ich darf noch einmal darauf hinweisen, daß der Antrag, den ich mir kurz zu begründen erlaubt habe, von Antragstellern aller drei Fraktionen unterzeichnet ist, und ich bitte Sie, ihm Ihre Zustimmung zu erteilen. ({0})

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Das Wort hat der Abgeordnete Springorum.

Gerd Springorum (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002207, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Entschuldigen Sie. daß ich Sie hier noch mit ganz wenigen Worten bitten möchte, diesen Antrag abzulehnen. Ich darf Sie bitten, sich einmal die Gründe anzuhören, warum diesem Antrag nicht stattgegeben werden sollte. Erstens wird normalerweise unser leichtes Öl, das wir sowohl als Heizöl wie auch als Dieselöl kennen - es ist der gleiche Rohstoff -, mit 10 DM besteuert, wenn es zum Heizen verwandt wird; es wird mit 350 DM besteuert, wenn es zum Betreiben eines Motors dient. Hier hat der Gesetzgeber eine ganz klare Trennung gezogen. Die Annahme dieses Antrages würde diese Trennung verletzen und damit das Prinzip durchbrechen und tatsächlich wieder einen Präzedenzfall für all die Maschinenaggegrate schaffen, die ortsfest sind und ebenfalls mit Dieselöl betrieben werden. Zum anderen kommt hinzu, daß unseren arg belasteten Haushalt eine Mindereinnahme treffen würde, die zwar z. Z. nur 1,37 Millionen DM beträgt, aber sicher dann progressiv steigen würde. Der dritte und wesentliche Grund ist, daß es sich hier - vor allein im süddeutschen Raum - um Kleinkraftwerke handelt, die für ihren Spitzenstrom Dieselaggregate benötigen, um, wenn die Wasserdarbietung nicht ausreicht, mit solchen Aggregaten zusätzlich Strom zu erzeugen. Ziel unserer ganzen Wirtschaftspolitik sollte aber sein, zu großen Einheiten zu kommen, also diese kleinen Einheiten, von denen es leider noch eine große Zahl in der Bundesrepublik gibt, durch Großkraftwerke zu ersetzen. Wir müssen hier den Weg für große Einheiten frei machen. Gerade im Hinblick auf die künftige Kernenergie, wo nur große Einheiten wirtschaftlich sind, sollte man hier nicht ein Gesetz verabschieden, das tatsächlich der Zersplitterung das Wort redet. Ich bitte Sie deshalb, diesen Antrag abzulehnen.

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Es liegen keine Wortmeldungen mehr vor. Ich schließe die Beratung. Wir kommen zur Abstimmung. Meine Damen und Herren, hier bitte ich um Aufmerksamkeit. Der Antrag des Ausschusses lautet, den Gesetzentwurf - Drucksache V/544 - abzulehnen. Wer dem Ausschußantrag auf Ablehnung zustimmen will, muß also die Artikel, die ich aufrufe, ablehnen. Ich rufe auf zur Abstimmung über die Art. 1, - 2, - 3, - Einleitung und Überschrift. - Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Niemand stimmt zu? - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Gesetz ist in allen Bestimmungen abgelehnt. ({0}) Punkt 18 der Tagesordnung wurde zu Beginn der Sitzung zurückverwiesen. Ich rufe Punkt 19 der Tagesordnung auf: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu der Erklärung vom 5. März 1964 über den vorläufigen Beitritt Islands zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen und zum Protokoll vom 14. Dezember 1965 zur Verlängerung der Geltungsdauer der Erklärung vom 5. März 1964 über den vorläufigen Beitritt Islands zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen - Drucksache V/835 Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen ({1}) - Drucksachen V/1474, zu V/1474 Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Serres ({2}) Der Herr Berichterstatter verweist auf den Schriftlichen Bericht. Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung. Wer den Art. 1, -2, - 3, - Einleitung und Überschrift zuzustimmen wünscht, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Gesetz ist in zweiter Beratung einstimmig angenommen. Ich rufe auf zur dritten Beratung. Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort wird nicht gewünscht. - Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Gesetz im Ganzen zustimmen will, möge sich erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Gesetz ist in dritter Beratung einstimmig angenommen. Ich rufe Punkt 20 der Tagesordnung auf: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Zweiten und Dritten Protokoll vom 12. Dezember 1963 und vom 14. Dezember 1965 zur Verlängerung der Geltungsdauer der Erklärung vom 12. November 1959 über den vorläufigen Beitritt Tunesiens zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen - Drucksache V/1078 Schriftlicher Bericht -des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen ({3}) - Drucksachen V/1475, zu V/1475 Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Serres ({4}) Der Herr Berichterstatter verweist auf den Schriftlichen Bericht. Ich eröffne die Aussprache in zweiter Beratung. - Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung in zweiter Beratung. Wer den Art. 1, - 2, - 3, - Einleitung und Überschrift zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Gesetz ist in zweiter Beratung einstimmig angenommen. Ich rufe auf zur dritten Beratung. Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schließe die Beratung. Wir kommen zur Abstimmung in dritter Lesung. Wer dem Gesetz im Ganzen zustimmen will, möge sich erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Gesetz ist einstimmig angenommen. Ich rufe Punkt 21 der Tagesordnung auf: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Protokoll vom 8. Februar 1965 über die Ergänzung des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens durch Einfügung eines Teils IV über Handel und Entwicklung - Drucksache V/1018 Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen ({5}) - Drucksache V/1476 Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Serres ({6}) Es liegt ein Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen vor. Der Herr Berichterstatter verweist auf den Schriftlichen Bericht. Ich eröffne die Aussprache in zweiter Beratung. - Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schließe die Beratung. Wir kommen zur Abstimmung in zweiter Beratung. Wer den Art. 1, - 2, - 3, - 4, - Einleitung und Überschrift zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Gesetz ist einstimmig angenommen. Vizepräsident Dr. Mommer Ich rufe auf zur dritten Beratung. Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schließe die Beratung. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, möge sich erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Gesetz ist einstimmig angenommen. O Ich rufe Punkt 22 der Tagesordnung auf: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über den Wechsel von Zuständigkeiten im Recht des Jugendschutzes und der Adoptionsvermittlung - Drucksache V/1274 -Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Familien- und Jugendfragen ({7}) - Drucksache V/1484 Berichterstatter: Abgeordneter Burger ({8}) Es liegt der Schriftliche Bericht des Ausschusses für Familien- und Jugendfragen vor. Das Wort hat der Berichterstatter, Herr Abgeordneter Burger.

Albert Burger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000310, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Entwurf eines Gesetzes über den Wechsel von Zuständigkeiten im Recht des Jugendschutzes und der Adoptionsvermittlung enthält keine materiellen Änderungen. Durch die Anordnung des Bundeskanzlers vom 13. April 1966 ist die Zuständigkeit für den Schutz der Jugend vor jugendgefährdenden Schriften vom Bundesministerium des Innern auf das Bundesministerium für Familie und Jugend übertragen worden. Diese Aufgabe kann nur wahrgenommen werden, wenn die im Gesetz begründeten Zuständigkeiten durch Änderung des Gesetzes dem Familienministerium zugewiesen werden. Durch die Organisationsänderung der Bundesregierung im Herbst 1957 ist die Zuständigkeit im Jugendbereich auch für das Gesetz zum Schutz der Jugend in der Öffentlichkeit auf das Bundesministerium für Familie und Jugend übergegangen. Ebenfalls durch die Organisationsänderung ist auch eine Änderung des Gesetzes über die Vermittlung der Annahme an Kindes Statt erforderlich geworden. Der Ausschuß hat den Gesetzentwurf unverändert angenommen. Er ist mit dem mitberatenden Innenausschuß der Auffassung, daß das Gesetz der Zustimmung des Bundesrates nicht bedarf, da keine zustimmungsbedürftigen Punkte des ursprünglichen Gesetzes berührt werden. Der Ausschuß erörterte auch die Frage, ob durch eine allgemeine Fassung der gesetzlichen Ermächtigungen zum Erlaß von Rechtsverordnungen vermieden werden kann, daß bei einem Wechsel der Zuständigkeiten innerhalb der Bundesregierung Änderungen des Gesetzes notwendig werden. Eine entsprechende Entschließung ersucht die Bundesregierung um Prüfung dieser Frage. Im übrigen kann auf den Schriftlichen Bericht verwiesen werden. ({0})

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Ich danke dem Herrn Berichterstatter. ({0}) - Eine Jungfernrede, zu der wir herzlich gratulieren! ({1}) Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort wird nicht gewünscht. Wir kommen zur Abstimmung 'in zweiter Beratung. Ich rufe auf § 1, - § 2, - § 3, - Einleitung und Überschrift. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen. Ich rufe auf zur dritten Beratung. Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort wird nicht gewünscht. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Gesetzentwurf im ganzen zustimmen will, möge sich erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Gesetz ist einstimmig angenommen. Wir müssen dann noch über den Punkt 2 des Antrages des Ausschusses, der von dem Herrn Berichterstatter vorgetragen wurde, abstimmen. Wer dem Punkt 2 dieses Antrages zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen. Ich rufe Punkt 23 auf: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Parlamentarischen Staatssekretäre - Drucksache V/1402 - a) Bericht des Haushaltsausschusses ({2}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung - Drucksache V/1557 - Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Althammer b) Schriftlicher Bericht des Innenausschusses ({3}) - Drucksachen V/1556, zu V/1556 Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Wörner ({4}) Es liegen vor ein Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung und ein Schriftlicher Bericht des Innenausschusses. Der Berichterstatter, Herr Abgeordneter Dr. Wörner, hat das Wort.

Dr. Manfred Wörner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002547, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will mich angesichts der Bedeutung dieser Materie darauf beschränken, die wesentlichsten Gesichtspunkte zusammenfassend vorzutragen, die den Innnenausschuß bei seinen Beratungen geleitet haben. Wir betreten mit der Einführung Parlamentarischer Staatssekretäre Neuland. Die Institution der Parlamentarischen Staatssekretäre ist in der deutschen Parlamentgeschichte ohne vegleichbaren Vorgang. Auch ausländische Vorbilder lassen sich nicht ohne weiteres auf das deutsche parlamentarische und Regierungssystem übertragen. Das bedeutet nach Auffassung des Ausschusses zweierlei. Zum ersten - das sollte man bei der Beratung dieses Gesetzes und auch bei der Abstimmung darüber nicht vergessen - tragen diese Bestimmungen zwangsläufig vorläufigen Charakter, d. h. es wird nötig sein, an Hand von Erfahrungen, die man mit dieser Institution macht, in absehbarer Zeit diese Einrichtung zu überprüfen, unter Umständen Ergänzungen oder Neufassungen vorzunehmen. Zum zweiten wäre es nicht richtig, die Bestimmungen allzu eng zu fassen. Wir müssen also versuchen, der Entwicklung freien Raum zu lassen und nur das Nötigste zu regeln. Der Innenausschuß legt großen Wert auf die Feststellung, daß er die Einführung Parlamentarischer Staatssekretäre als vorweggenommenes Teilstück einer Kabinettsreform betrachtet. Der Ausschuß war sich mit dem Herrn Minister des Innern darüber einig, daß eine umfassendere Kabinettsreform folgen müsse. Natürlich ist es jetzt in diesem Stadium zu früh, hier die Grundzüge dieser Reform aufzuzeigen. Allerdings verbindet ein Teil der Ausschußmitglieder mit der Einführung dieser Parlamentarischen Staatssekretäre die Hoffnung, daß sich etwa eine Entwicklung anbahnen könnte, in der der Parlamentarische Staatssekretär die Rolle des politischen Beamten übernimmt, während der beamtete Staatssekretär wiederum zum reinen Verwaltungsbeamten wird und sich mit der Spitze der Verwaltung, mit der Leitung der Verwaltung beschäftigt. Der Ausschuß hat sich sehr eingehend mit der von einigen wenigen Ausschußmitgliedern aufgeworfenen Frage auseinandergesetzt, ob denn die Einführung solcher Parlamentarischen Staatssekretäre überhaupt nötig sei. Der Ausschuß hat sich mit sehr großer Mehrheit zur Einführung dieser Parlamentarischen Staatssekretäre bekannt. Dabei- war die Erkenntnis ausschlaggebend, daß der Bundesminister mit einer Fülle von Aufgaben überlastet ist, daß er vielfach zeitlich und physisch überfordert ist. Er muß das Ministerium führen, ist also Behördenchef. Er hat politische Aufgaben als Kabinettsmitglied. Er hat darüber hinaus eine Fülle repräsentativer Aufgaben. Er ist Abgeordneter und hat als Abgeordneter sein Mandat wahrzunehmen. Er hat um engen Kontakt zum Parlament bemüht zu sein, muß sich um Verbindung mit der Öffentlichkeit kümmern, und schließlich nehmen die Aufgaben im internationalen Bereich von Tag zu Tag zu. Diese Überlastung des Bundesministers führt dazu, daß zum ersten zunehmend politische Aufgaben vom beamteten Staatssekretär wahrgenommen werden; sie führt zum zweiten dazu - und das müssen wir alle beklagen -, daß der wünschenswerte und nötige Kontakt zum Parlament notleidet. Darum besteht nach Auffassung der großen Mehrheit des Ausschusses die Notwendigkeit, das dringende Bedürfnis, zur Unterstützung, zur Entlastung des Ministers ihm einen Parlamentarier seines Vertrauens beizugeben. Was nun die Stellung und die Funktion des Parlamentarischen Staatssekretärs anlangt, so lassen sich natürlich nur einige wenige Grundzüge festlegen. Zunächst einmal bestand Einigkeit zwischen Regierung und Ausschuß darüber, daß dieser Parlamentarische Staatssekretär nicht in die Amtshierarchie eingegliedert werden soll, daß es also nicht darum gehen kann, die Zahl der beamteten Staatssekretäre einfach um einen weiteren zu erhöhen, daß im Ministerium kein neuer Instanzenzug etwa dadurch geschaffen werden soll, daß man den Parlamentarischen Staatssekretär zwischen Minister und dem beamteten Staatssekretär einschaltet. Das Schwergewicht der Tätigkeit des Parlamentarischen Staatssekretärs liegt unbestritten im politischen Bereich. Er ist der engste politische Mitarbeiter des Ministers. Er kann den Minister zwar nicht rechtlich, aber politisch vertreten und ihn damit entlasten. Der Ausschuß war sich durchaus bewußt, daß in dieser Institution natürlich gewisse Gefahren, das heißt Möglichkeiten einer Kollision mit dem Minister auf der einen Seite und dem beamteten Staatssekretär auf der anderen Seite liegen. Er meinte allerdings, daß diesen Gefahren dadurch begegnet werden kann, daß es dem Minister überlassen bleibt, ja bleiben muß, den Tätigkeitsbereich, den Zuständigkeitsbereich des Parlamentarischen Staatssekretärs entsprechend abzugrenzen. Die Bundesregierung hat dem Ausschuß ihre Absicht kundgetan, diesen Zuständigkeitsbereich und auch den Tätigkeitsbereich in einer Hausverfügung niederzulegen, die für alle Ministerien einheitlich gelten soll. Diese Hausverfügung sollte dem Ausschuß an sich vorliegen; sie liegt aber bis jetzt noch nicht vor. Wir nehmen an, daß die Regierung - ich komme gleich noch einmal darauf - diese Hausverfügung in den nächsten Tagen im Ausschuß bekanntgibt. Besonders umstritten, und zwar in der Öffentlichkeit wie im Ausschuß, war die Frage, ob und in welchem Umfange diesem Parlamentarischen Staatssekretär Weisungsrechte eingeräumt werden sollen. Einigkeit bestand zunächst einmal darüber, daß dieser Parlamentarische Staatssekretär weder ein originäres, noch ein allgemeines Weisungsrecht haben sollte. Dagegen unterschied sich die Auffassung des Ausschusses von der in der Begründung des Gesetzentwurfs niedergelegten Auffassung der Regierung, daß - nach der damaligen Fassung des § 14 a der Geschäftsordnung - dem Parlamentarischen Staatssekretär keine Weisungsrechte sollten übertragen werden können. Der Ausschuß war der Auffassung, daß es dem Minister möglich sein müsse, den Staatssekretär mit der Wahrnehmung bestimmter Aufgaben zu beauftragen und ihm insoweit auch Weisungsrechte zu übertragen. Dabei ging der Ausschuß von der Auffassung aus, daß ohne ein solches Weisungsrecht dieses Amt weder genügend Autorität noch genügend Wirksamkeit besitzen würde; es bestünde dann die Gefahr, daß die Institution des Parlamentarischen Staatssekretärs abgleite in eine Art Repräsentationsfigur mit Redeverpflichtungen ohne hinreichende Kompetenzen. Um das an einem Beispiel zu demonstrieren, da's im Ausschuß eine gewisse Rolle gespielt hat: Wie soll sich beispielsweise der Parlamentarische Staatssekretär als Delegationschef bei einer internationalen Verhandlung innerhalb seiner Delgation in einer unvorhergesehenen Situation durchsetzen, wenn er nicht gegenüber den Beamten dieser Delegation bestimmte Weisungsrechte hat? Nach längerer Diskussion hat sich dann die Regierung bereit erklärt, folgende Regelung zu treffen: Der Bundesminister bestimmt, welche Aufgaben der Parlamentarische Staatssekretär nach seiner Weisung wahrnehmen soll. Insoweit kann .er ihm Weisungsrechte übertragen. Der Minister entscheidet auch darüber, in welcher Weise die Angehörigen des 'Ministeriums den Parlamentarischen Staatssekretäre bei der Erfüllung seiner Aufgabe zu unterstützen haben. Im Vertrauen auf diese Zusage des Ministers für die Regierung hat dann der Innenausschuß darauf verzichtet, eine entsprechende Formulierung, wie das der Rechtsausschuß vorgeschlagen hatte, ins Gesetz aufzunehmen. ({0}) Wir gehen aber davon aus, daß die Regierung diese vereinbarte Regelung in der Geschäftsordnung bzw. Hausverfügung niederlegt. ({1}) Die Befürchtung, daß damit eine Beschneidung der Kompetenzen des Ministers oder des beamteten Staatssekretärs gegeben sein könne, ist nach Auffassung der Ausschußmehrheit nicht stichhaltig, und zwar deswegen nicht, weil es ja in der Kompetenz des Ministers liegt, im Einzelfall festzulegen, wieweit diese Weisungsrechte reichen. Das heißt, er kann sie auch jederzeit widerrufen. Nun darf ich noch ganz kurz zu den Vorschriften im einzelnen folgendes bemerken. Der Ausschuß hat sich für die Beibehaltung der Bezeichnung „Parlamentarischer Staatssekretär" entschieden und ist damit der Auffassung des Rechtsausschusses, der mitberatend war, nicht gefolgt. Es gab dann einen Antrag im Ausschuß, die Zahl dieser Parlamentarischen Staatssekretäre zu begrenzen und gleichzeitig festzulegen, in welchen Ressorts solche Parlamentarischen Staatssekretäre geschaffen werden sollten. Diesem Antrag ist der Ausschuß mit Mehrheit nicht gefolgt. Der Ausschuß hat dann auch die Bezeichnung „Bundesminister" durch die Formulierung „Mitglieder der Bundesregierung" ersetzt und hat damit seine Auffassung kundgetan, daß auch dem Bundeskanzler ein solcher Parlamentarischer Staatssekretär beigegeben werden kann. Das ist allerdings gegen die Stimme des Vertreters der Opposition geschehen, der dagegen rechtliche Bedenken geltend machte. Die Eidesleistung soll nach Auffassung des Ausschusses vor dem zuständigen Bundesminister und nicht vor dem Parlament erfolgen. Schließlich hat ich der Ausschuß sehr eingehend mit der Frage beschäftigt, ob diesem Parlamentarischen Staatssekretär, ähnlich dem Bundesminister, ein Berufsausübungsverbot auferlegt werden sollte. Der Ausschuß hat davon abgesehen. Allerdings ist sich der Ausschuß darüber im klaren, daß es in der Regel und in der Praxis so sein wird, daß der Betreffende keine Zeit mehr haben wird, seinen Beruf daneben auszuüben. Allein schon die zeitliche Inanspruchnahme durch dieses Amt, verbunden mit der Inanspruchnahme durch sein Mandat, das er ja beibehält, bedeutet praktisch für ihn dennoch die Berufsaufgabe. Nun müssen Sie sich vorstellen, daß das Risiko dieser Tätigkeit erheblich ist, da ja diese Tätigkeit praktisch jederzeit und ohne große Formalität enden kann. Das heißt, der Betreffende übernimmt ein hohes persönliches und berufliches Risiko. Im Blick auf dieses hohe persönliche und berufliche Risiko hat der Ausschuß auch eine Regelung der Entschädigung getroffen, die bei 35 % des Ministergehaltes liegt. Der Ausschuß hat darüber hinaus eine Übergangsregelung für den Fall des Ausscheidens für nötig gehalten. Anders wäre es nach Meinung des Ausschusses kaum möglich, qualifizierte Bewerber für dieses Amt zu finden. Die Bezüge des Parlamentarischen Staatssekretärs liegen damit unter Einbeziehung der Aufwandsentschädigung und der Diäten als Abgeordneter zwischen denen eines Bundesministers und denen eines beamteten Staatssekretärs. Das entspricht dem Vorschlag des Rechtsausschusses, wobei der Innenausschuß davon ausging, daß die Diäten insoweit weiter gezahlt werden, als nicht die dem Parlamentarischen Staatssekretär entstehenden Unkosten und Reisekosten durch sein Gehalt abgegolten oder sonst aus öffentlichen Mittel ersetzt werden. Und schließlich: Die Übergangsregelung, die wir getroffen haben, lehnt sich an die Bestimmungen des Diätengesetzes für Abgeordnete an. Ich darf Sie darum bitten, dem Antrag des Ausschusses entsprechend dem Gesetz in der vorliegenden Fassung zuzustimmen. ({2})

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Ich eröffne die Aussprache in zweiter Beratung. Bitte Herr Abgeordneter Brese!

Wilhelm Brese (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000264, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe den Ausführungen von Herrn Dr. Wörner aufmerksam zugehört und auch die Berichte der Ausschüsse, des Innenausschusses, und des Rechtsausschusses - im Haushaltsausschuß war ich ja selbst beteiligt--, gelesen. Sie haben mich alle nicht davon überzeugt, daß wir diese neue Stellung schaffen müssen. Ich stehe auf dem Standpunkt, wir sollten dieser neuen Entwicklung Einhalt gebieten, und zwar aus verschiedenen Gründen. Zum ersten wird durch die Schaffung dieser Stellen die Organisation in unseren Ministerien durcheinandergebracht. Sie haben ja eben gehört, daß noch keine Klarheit über das Weisungsrecht und die Zuständigkeit besteht. Aber ich kann Ihnen sagen, ich weiß, daß wir Deutschen zum Perfektionismus neigen. Wenn man solch ein Amt erst einmal geschaffen hat, wird es ausgebaut. In meiner Eigenschaft als Abgeordneter bin ich vorhin in der Fragestunde erschrocken, als ich hörte, daß schon Männer, die sich berufen fühlen, von uns aber noch nicht bestellt wurden, unterwegs sind, um ihre neue Tätigkeit auszuüben. Da muß ich Ihnen sagen: das sind mir schöne Demokraten! Ich habe in meinem Leben immer eine hohe Achtung vor der Demokratie gehabt. Als vorhin aber von qualifizierten Abgeordneten gesprochen wurde - muß ich Ihnen sagen -, hätte mich das fast auf die Palme gebracht. Es wurden Unterscheidungen gemacht: Die einen sind qualifiziert, die anderen sind nicht qualifiziert. Meine Herren, wir sind alle qualifizierte Abgeordnete, sonst wären wir nicht hier. ({0}) Deshalb lehne ich auch Zwischenträger zwischen mir und dem Ministerium und dem Minister ab. Ich möchte selbst mit den Herren verhandeln. Ich habe das bisher getan und mich nicht durch irgendwelche Beauftragte vertreten lassen; denn das dient unter keinen Umständen der Klarheit. Ich sehe in diesem Gesetz eine Abwertung unserer Stellung als Abgeordneter. Wir sind eben dann nur Abgeordnete zweiter Klasse. Wir hörten, daß sieben solcher Posten in Aussicht genommen wurden. Wir sind uns ja wohl alle darüber klar - Sie alle, die mit mir von Anfang an im Bundestag sind -, daß es in ganz kurzer Zeit 19 werden. Der Staatssekretär ist nur dazu da, die Arbeiten im Ministerium zu machen, und die Parlamentarischen Staatssekretäre sind dann die Verbindungsleute nach hier und nach außen. Es wurde hier gesagt, diese Staatssekretäre sollten auch nach außen hin wirksam werden. Dazu muß ich Ihnen sagen: das kann doch jeder Abgeordnete, ganz gleich, in welche Qualifikation er einzustufen ist. Er kann auch beauftragt werden und den Minister vertreten, auch auf Reisen in das Ausland. Dafür brauchen wir diese neue Stellung nicht zu schaffen. - Soviel also zur Ablehnung aus organisatorischen Gründen. Ich bin auch deswegen gegen dieses Gesetz, weil die Verwaltung dadurch noch komplizierter wird. Dabei ist doch die Vereinfachung der Verwaltung unser dauernder Wunsch gewesen. 1955 haben Sie mit Mehrheit einem Antrag von mir zugestimmt, daß jede vierte freiwerdende Stelle nicht wieder besetzt werden sollte. Schon damals also stand die Mehrheit dieses Hohen Hauses auf dem Standpunkt, daß die Verbürokratisierung so nicht weitergehen kann. Wir haben im nächsten Jahr einen Ausschuß zur Vereinfachung der Verwaltung gebildet. Erfolg: Nullkommanichts. Wir haben im Haushaltsausschuß, dem ich immer angehört habe, immer wieder versucht, den übertriebenen Anforderungen der Ministerien entgegenzutreten. Die Entwicklung ist leider einen anderen Weg gegangen. Wenn man auf der unteren Ebene - sagen wir mal, auf meiner Ebene als Bauer - die Dinge ansieht, muß man wirklich sagen: die Persönlichkeitswerte werden unten immer mehr ertötet. Wir sind nur noch Befehlsempfänger durch all die vielen Gesetze, die wir gemacht haben. Wenn wir an vielen Stellen eine Staatsverdrossenheit feststellen, so ist nicht zuletzt die Einengung der einzelnen Persönlichkeit, die Beschneidung des persönlichen Rechts die Ursache. Das wird fortgeführt, wenn wir die Gesetzesvorlage annehmen und nachher diese Staatssekretäre bestellen, wobei immer noch die Zahl von uns aus beschränkt werden kann. Wir haben im Haushaltsausschuß in diesem Jahr bestimmte Grundsätze aufgestellt. Wir haben den Standpunkt vertreten: Keine neuen Stellen, keine Stellenhebungen. Wir sind auch zu der sogenannten Lex Brese zurückgekommen: Jede dritte freiwerdende Stelle darf nicht wieder besetzt werden. Ich würde gern weitergehen und auch sagen: Laßt uns die Harmonisierung, die noch durchgeführt werden soll, auf ein Jahr hinausschieben, und geben wir der Regierung eine Ermächtigung, daß sie von sich aus dort Beamte hinsetzen kann, wo ein Mangel eintritt! Denn das ist heute gar nicht möglich. Es ist wirklich so, daß wir schon viel zuviel Staat machen. Wenn wir hier grünes Licht geben, bleibt es auch nicht bei den Staatssekretären in Bonn, sondern dann wird das eine Entwicklung auch in den einzelnen Ländern haben. Ich las ein Wort von Wilhelm Röpke, das ich Ihnen mit Genehmigung des Herrn Präsidenten gern vorlesen möchte. Der hat einmal den Deutschen richtig charakterisiert, und so habe auch ich ihn in meinem Leben sehr häufig kennengelernt: Der Deutsche neigt zur Widerstandslosigkeit gegen die Staatsgewalt, zur politischen Uninteressiertheit, rascher Abfindung mit jeweiliger politischer Lage und Unterwerfung unter die Obrigkeit. Ich kann das nur unterstreichen. Sorgen wir dafür, daß die Obrigkeit nicht zu mächtig wird, sondern daß auch der einzelne Mensch noch seine Meinung vertreten kann! Die Auswirkungen dieser Bürokratisierung in geldlicher Hinsicht sind nicht gering. Der Parlamentarische Staatssekretär soll im Jahr 63 000 DM verdienen. Er bekommt einen Referenten, einen Kraftfahrer und ein Auto. Es kommt also ein Betrag von über einer Million DM im Jahr dabei heraus, wenn es sieben sind. Ich muß Ihnen sagen, wer die Million nicht ehrt, ist auch der Milliarde nicht wert. Eine Million ist doch schon ein Betrag, mit dem zu rechnen sich lohnt. Denn wer soll das bezahlen? Das wurde hier häufig gesungen, wenn die Dampfer vorbeifuhren, Wenn Sie sich die Dinge draußen anBrese sehen, werden Sie feststellen, daß in vielen Gemeinden, Kreisen und Verbänden keinerlei Raum mehr ist für andere Ausgaben als für Personalausgaben und für den Schuldendienst. Eine erschrekkende Feststellung! Sehen Sie sich einmal die ganze Entwicklung an! Ich habe mir gestern vom Statistischen Bundesamt die Zahlen geben lassen. Im Jahre 1965 haben wir in Bund, Ländern, Gemeinden, bei Bahn, Post und bei den Sozialversicherungsträgern einen Aufwand an Personalausgaben von 51,6 Milliarden DM gehabt, der sich wahrscheinlich für das Jahr 1966 - die Zahl steht noch nicht genau fest - um 7,6 % auf 55,3 Milliarden DM erhöhen wird. ({1}) - Das sagt viel aus. Ich will Ihnen das verdeutlichen und Ihnen die Entwicklung vortragen. Der Aufwand für die Verwaltung in Bund, Ländern und Gemeinden hat sich wie folgt entwickelt: 1913 2,2 Milliarden Mark - das sagt aus: auf den Einwohner entfallen 33 Mark an Personalkosten -, 1925 4,3 Milliarden Mark - das waren 68 Mark je Einwohner -, 1950 6,3 Milliarden DM - das waren 120 DM je Einwohner -; und nun geht es rasend schnell weiter: 1962 24,5 Milliarden DM - das waren 429 DM pro Kopf der Bevölkerung - und 1966 37 Milliarden DM, das sind 740 DM pro Kopf der Bevölkerung. Halten Sie sich bitte einmal diese Zahlen vor Augen! Für mich sagt das sehr viel aus. Es muß endlich einmal Schluß sein mit der weiteren Aufblähung. ({2}) - Nein, ich habe keine weitere Aufteilung gemacht. Ich habe nur gesagt: Bund, Länder und Gemeinden, und Sie haben gehört, was auf den Einwohner entfällt. ({3}) - Ich kann es nicht verstehen. ({4}) - Kommen Sie nicht auf die Landwirtschaft! Ich dachte, Sie hätten schon einige Studien hinter sich. Solche Studien können Sie jetzt überall in der Landwirtschaft sehr leicht machen. Schon Bismarck hat zu seiner Zeit gesagt: „Ein Staat, der sich von einer Bürokratie wie der unseren nicht durch einen heilsamen Gewittersturm losreißen kann, ist und bleibt dem Untergang geweiht." Das ist ein großes Wort gewesen. Aber angesichts unserer Entwicklung könnte man es auch jetzt aussprechen. Es gibt schon europäische Länder, in denen auf einen arbeitenden Menschen ein Mensch kommt, der das Papier ordnet. Das hat hier ein Abgeordneter Ihrer Partei gesagt. Ich habe das nachgelesen. Ich habe auch den Ballen Papier, den ich am Dienstag abholen muß, wiegen lassen: das waren 18 Pfund und 200 Gramm, die ich abholen mußte - ohne Bücher. ({5}) Da muß ich Ihnen sagen: Erlösen Sie uns von dieser Zahl von Leuten, die einen solchen Unfug in die Welt setzen! Jeder Abgeordnete braucht, wenn er nach hier kommt, eine Stunde zur groben Sortierung seiner Akten, um überhaupt erst einmal das Wichtigste herauszufinden. ({6}) Meine Damen und Herren! Sie kennen meine Einstellung, die ich immer wieder vertrete, weil ich hier einen ganz neuralgischen Punkt in unserer Gesellschaftsordnung sehe. Ich habe es immer wieder gesagt, weil ich mehr und mehr sehe, daß die Persönlichkeitswerte des einzelnen Menschen eingeschränkt werden. Hier handelt es sich nun noch nicht um einen Gewittersturm, wenn Sie diesen Gesetzentwurf ablehnen. Ich möchte Sie ausdrücklich bitten, diesen Gesetzentwurf abzulehnen und die Regierung aufzufordern, den Entwurf ad acta zu legen. ({7})

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Zur allgemeinen Aussprache liegen keine Wortmeldungen mehr vor. Ich rufe zur Abstimmung die §§ 1, 2 und 3 auf. Wer den §§ 1, 2 und 3 die Zustimmung geben will, gebe das Handzeichen. - Danke. Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Mit Mehrheit angenommen. Zu § 4 liegt ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Dorn, Busse und der Fraktion der FDP auf Umdruck 135 *) vor. Zur Begründung der Ziffer 1 hat der Herr Abgeordnete Dorn das Wort. Herr Abgeordneter Dorn, Sie begründen vielleicht auch gleich die Ziffer 2 des Änderungsantrages zu § 7.

Wolfram Dorn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000409, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hatte mich zwar zur allgemeinen Aussprache zum Wort gemeldet. Aber vielleicht kann ich diese Ausführungen gleich mit der Begründung unseres Antrages verbinden. Der Berichterstatter hat darauf hingewiesen, daß der Ausschuß die Verabschiedung dieses Gesetzes zur Einführung der Parlamentarischen Staatssekretäre als vorweggenommenes Teilstück einer umfassenderen Kabinettsreform, deren Notwendigkeit von allen Seiten anerkannt wird, betrachtet. Wir Freien Demokraten haben schon in der ersten Lesung darauf hingewiesen, daß wir uns unter einer Kabinettsreform eigentlich etwas anderes vorgestellt haben als eine Ausweitung der Minister- und Staatssekretärebene um weitere sieben Damen oder Herren dieses Hauses. Wir waren der Meinung, daß es besser wäre, im Rahmen der Kabinettsreformen erst einmal damit zu beginnen, die Zahl der Bundesminister zu verringern, bevor man die Institution der Parlamentarischen Staatssekretäre hier qua Gesetz einführt und regelt. Wir sind mit dieser Auffassung nicht zum Zuge gekommen. Wir verkennen nicht, daß die Schwierigkeiten innerhalb der großen Koalition dadurch erheblich größer geworden sind, daß die zukünftigen Parlamentarischen Staatssekretäre bereits in Zeitungsanzei- *) Siehe Anlage 4 gen und in Flugblättern als Parlamentarische Staatssekretäre in ihren Ressorts für Veranstaltungen angekündigt werden - siehe Schleswig-Holstein bei einer Reihe von Veranstaltungen der sozialdemokratischen Partei. Meine Damen und Herren von der SPD, wir sind nicht der Auffassung, daß die Problematik dadurch beseitigt wird, daß in den letzten Flugblättern, die Sie nun in dieser Woche verteilen, nicht mehr steht: Es spricht der Bundestagsabgeordnete Soundso, Parlamentarischer Staatssekretär in diesem oder jenem Bundesministerium, sondern der Kollege der Bundestagsfraktion der Sozialdemokratischen Partei, der jetzt schlicht und einfach als Angehöriger des Bundesministeriums X, Y oder Z bezeichnet wird. Das ist nach unserer Auffassung eigentlich ein Stil, der für einen Parlamentsangehörigen ungehörig und eines Parlamentsangehörigen unwürdig ist. Denn er ist Mitglied dieses Hauses und er hat es nicht nötig, sich als Angehöriger eines Ministeriums zu bezeichnen. Er ist nämlich bis heute noch nicht Angehöriger des Ministeriums. Wir sind also der Meinung, daß um die Vorgeschichte der Einrichtung dieser Position bereits so viel Pannen passiert sind, daß wir der Durchführung dieses Gesetzes doch mit mehr kritischen Bedenken entgegensehen, als wir das ursprünglich getan haben. Denn die Fragen, die hier angesprochen sind - auch vom Herrn Kollegen Brese -, sind sehr vielfältiger Art. Ich frage: Wie kann man einen Parlamentarischen Staatssekretär im Bundeskanzleramt unterbringen? Wir haben erhebliche verfassungspolitische Bedenken. Diese Bedenken hat die Bundesregierung aber auch gehabt; denn sie hat in ihrem Regierungsentwurf expressiv verbis vorgeschlagen, daß nur bestimmten Bundesministern Parlamentarische Staatssekretäre beigegeben werden sollen. Der Innenausschuß hat mit Mehrheit entschieden, daß auch die Möglichkeit bestehen muß, dem Bundeskanzleramt einen solchen Staatssekretär beizugeben. Deswegen ist eine Umformulierung in diesem Bereich bei der Gesetzesberatung im Innenausschuß des Bundestages vorgenommen worden. Schon der Rechtsausschuß hatte erhebliche Veränderungen gegenüber der Regierungsvorlage vorgenommen. Der Innenausschuß ist - zum Teil übereinstimmend, zum Teil mit großer Mehrheit, das gebe ich zu - zu weiteren erheblichen Veränderungen der Regierungsvorlage gekommen. Das wäre an sich gar nicht schlecht gewesen; denn die Regierungsvorlage, die uns vor wenigen Wochen zugeleitet worden ist, war ja - das haben wir schon in der ersten Lesung erklärt - mit Sicherheit nicht als der Weisheit letzter Schluß anzusehen. Lassen Sie mich nun zur Begründung unseres Änderungsantrags auf Umdruck 135 einiges sagen. Wir haben im Innenausschuß des Deutschen Bundestages eine ausführliche Diskussion darüber geführt, ob es sinnvoll sei, die Parlamentarischen Staatssekretäre bei der finanziellen Absicherung mit allen Vorteilen zu bedenken, während die Nachteile, die auch die Bundesminister in Kauf nehmen müssen, auf sie keinerlei Anwendung finden dürfen. Wir sind der Auffassung, daß die Lösung, die mit Mehrheit im Innenausschuß beschlossen worden ist, schlecht ist. Auch die Kollegen, die während der Diskussion erhebliche Bedenken gegen die nunmehr gefundene Regelung hatten, haben dann leider in der Schlußabstimmung dem Gesetzentwurf, wie er uns jetzt als Ausschußdrucksache vorliegt, zugestimmt. Deswegen werbe ich an dieser Stelle im Auftrag der Freien Demokraten noch einmal dafür, unseren Änderungsantrag anzunehmen. Meine Damen und Herren, um was geht es dabei? Der Innenausschuß hat beschlossen, daß die Parlamentarischen Staatssekretäre das Gehalt eines beamteten Staatssekretärs und zusätzlich die Diäten, die sie als Bundestagsabgeordnete erhalten, bekommen sollen. So weit, so gut! ({0}) - Entschuldigen Sie, Herr Schulhoff! Das ist Ihre Meinung; die können Sie jederzeit hier vortragen. Ich sage: so weit, so gut! Wenn man sich aber dazu entschließt, dann muß man daraus auch die politischen und die beamtenrechtlichen Konsequenzen ziehen. Man muß dann nämlich genau wie bei den Ministern - das ist im Ministergesetz festgelegt - ein Berufsausübungsverbot für die Kollegen für die Dauer ihrer Tätigkeit, in der sie das Amt des Parlamentarischen Staatssekretärs wahrnehmen, aussprechen. Der Parlamentarische Staatssekretär habe die tägliche Kündigung in der Tasche, ist mir entgegnet worden. Die hat auch der Minister in der Tasche. Warum soll das, was für den Minister gilt, daß er nämlich für die Dauer seiner Tätigkeit keinen Beruf ausüben darf, nicht für den Parlamentarischen Staatssekretär gelten, wenn er als sein Amtsgehilfe hier praktisch in diesem Hause und in dem zuständigen Ministerium für ihn tätig sein soll? Wir sehen also gar keinen Grund, daß man den Minister erheblich schlechter behandelt als die Parlamentarischen Staatssekretäre. Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch sagen, daß auch die Frage einer moralischen Bewertung hier eine Rolle spielt. Es ist nach unserer Auffassung völlig unmöglich, den Parlamentarischen Staatssekretären das Recht der Berufsausübung zuzubilligen, so daß sie durch ihren Beruf in die Situation kommen können, zusätzlich erhebliche finanzielle Gewinne zu erzielen, während man jedem Minister auf Grund der Bestimmungen des Ministergesetzes diese Chance verbietet. Wir würden bei dem Versuch, eine Neuregelung zu schaffen, von vornherein beamtenrechtlich und beamtenbesoldungsmäßig zweierlei Recht schaffen, was nach unserer Auffassung untragbar wäre. Der Bundesinnenminister hat während der Ausschußberatung ausdrücklich erklärt, die sauberste Lösung für die Regelung, die man hier anstreben könnte, sei die, die ich für die Fraktion der Freien Demokratischen Partei im Innenausschuß vorgetragen habe. Leider habe ich dafür keine Mehrheit gefunden. Nun liegt es an Ihnen, in dieser Frage eine Entscheidung zu treffen. Ich bitte Sie recht herzlich, unserem Antrag Ihre Zustimmung zu geben. Wir sind der Auffassung, daß es undenkbar ist, bei der Statuierung eines solchen Postens im Rahmen der Bundesregierung durch dieses Gesetz von vornherein zweierlei Rechte zu schaffen: Rechte, die den Parlamentarischen Staatssekretären zugebilligt werDorn den, während die Kollegen, die in diesem Hause ein Ministeramt übernehmen müssen, mit Recht keinerlei Chancen haben, diese gleichen Rechte für sich in Anspruch zu nehmen. Denn als das Ministergesetz hier mit Zustimmung aller Fraktionen in diesem Haus beschlossen wurde, werden sich die Vorgänger - ich gehörte zu der Zeit diesem Hohen Hause noch nicht an - .einiges dabei gedacht haben, warum sie eine solche entscheidende Bestimmung in das Gesetz hineingebracht haben. Ich bitte Sie also im Namen der Freien Demokratischen Partei, unserem Änderungsantrag Ihre Zustimmung zu geben. ({1})

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Wörner.

Dr. Manfred Wörner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002547, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich spreche jetzt nicht in meiner Eigenschaft als Berichterstatter, sondern ich habe die Ehre, im Namen der Koalitionsfraktion zu dem Antrag der FDP Stellung zu nehmen. Herr Kollege Dorn, ich vermißte in Ihren Ausführungen, die die Ablehnung der gesamten Institution rechtfertigen sollten, eine Darlegung der Gründe, weswegen Sie gegen diese Institution sind. Sie haben mit ein paar allgemeinen Bemerkungen über Kabinettsreform Ihre Ablehnung zu rechtfertigen versucht. Aber Sie haben in keinem Punkt gegen das Stellung genommen, was uns bewogen hat, die Parlamentarischen Staatssekretäre einzuführen. Es ist unsere Überzeugung, daß der Bundesminister bei der gegenwärtigen Aufgabenfülle völlig überlastet ist, so daß darunter die Verbindung zum Parlament, zur Öffentlichkeit häufig leidet. Darum ist es erforderlich, als Hilfe für Parlament, Verwaltung und Öffentlichkeit diese Institution einzuführen. ({0}) Das, was Sie gebracht haben, sind im Grunde genommen nicht die Hauptpunkte. Herr Kollege Dorn, es ist völlig richtig: man kann in der Frage Berufsverbot und Alterssicherung verschiedener Auffassung sein. Daran sollte sich aber nicht die Haltung zur Institution als Ganzes ausrichten. Weswegen sind wir hier zu einer anderen Überzeugung gekommen? Im Grunde genommen stehen Sie vor zwei Alternativen: entweder Sie betonen die parlamentarische Komponente bei den Staatssekretären, oder sie betonen den Amtscharakter. ({1}) - Richtig, Entschuldigung, er hat, logisch gesehen, recht: nur eine Alternative; da tue ich Ihnen den Gefallen, vielleicht sind Sie dann mit mir einverstanden. - Die Alternative lautet also, den Parlamentarischen Staatssekretär entweder - wie den Minister - unter das Berufsverbot zu stellen und ihn altersmäßig dann auch so abzusichern wie den Minister, oder aber dem Parlamentarischen Staatssekretär kein Berufsverbot aufzuerlegen, die parlamentarische Rolle zu unterstreichen und infolgedessen eine Übergangsregelung zu treffen, aber keine Alterssicherung. Im Hinblick auf die Institution sind die Koalitionsfraktionen der Überzeugung, daß in dem Parlamentarischen Staatssekretär vor allen Dingen der Parlamentarier vor uns steht, ({2}) der den Kontakt zum Parlament wahrzunehmen hat, der - wollen wir einmal sagen - das Standbein im Parlament hat. Darum unsere Abneigung dagegen, ihn, wenn Sie so wollen, stärker zu verbeamten. Darum sind wir der Meinung: kein Berufsverbot und logischerweise keine Alterssicherung.

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Herr Abgeordneter Wörner, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dorn?

Wolfram Dorn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000409, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Dr. Wörner, ist Ihnen denn entgangen, daß das, was Sie angeführt haben bezüglich der Möglichkeit, weiter den Beruf auszuüben, und bezüglich der Tätigkeit des Ministers, der ja auch als Parlamentarier sein Standbein hier in diesem Parlament hat, keinen Unterschied beinhaltet? Warum soll das, was für den Minister gilt, nicht auch für den Parlamentarischen Staatssekretär gelten?

Dr. Manfred Wörner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002547, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Dorn, gerade darin besteht offenbar der Unterschied in der Auffassung zwischen Ihnen und uns. Wir sehen beim Minister den Schwerpunkt in seiner Eigenschaft als Ressortchef, als derjenige, der ein Ministerium verantwortlich zu leiten hat, während wil den Schwerpunkt der Tätigkeit des Parlamentarischen Staatssekretärs darin sehen, daß er den Kontakt zum Parlament, zur Öffentlichkeit aufrechterhält, daß er also stärker im Außenbereich wirkt. Deswegen verbeamten wir ihn nicht.

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Herr Abgeordneter Wörner, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Karl Moersch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001526, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Wie verträgt sich Ihre Auffassung mit der Logik, wenn Sie gleichzeitig diesem Mann, der eigentlich gar nicht verbeamtet werden soll, das Amtsgehalt eines Staatssekretärs geben wollen? Wenn Ihre Auffassung logisch wäre, müßten Sie ihm doch nur eine Aufwandsentschädigung geben!

Dr. Manfred Wörner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002547, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Moersch, ich möchte behaupten, meine Auffassung ist logisch. Ich möchte Sie bitten, im Gesetzestext und in dem, was der Ausschuß beschlossen hat, nachzulesen. Wir geben dem Parlamentarischen Staatssekretär nicht ein Gehalt. Er erhält Bezüge, die an einer bestimmten Bemessungsgrundlage orientiert sind, und als Bemessungsgrundlage haben wir das Gehalt des Ministers genommen. Wir geben ihm also kein Gehalt. Ich lege Wert auf diese Feststellung. So war es wohl auch im Ausschuß gemeint. ({0}) - Nein, ich kann leider keine Zwischenfrage mehr zulassen, Herr Kollege. Ich bitte um Verständnis. Ich werde sonst von Leuten gesteinigt, die offenbar nach mir noch zu anderen Punkten reden wollen. Ich möchte nur noch an eine Bemerkung anknüpfen, die mich etwas gestört hat, nämlich an die Bemerkung des Kollegen Dorn, daß dieses Gesetz nicht der Weisheit letzter Schluß sei. ({1}) - Die Vorlage der Regierung, und das, was jetzt der Innenausschuß beschlossen hat. ({2}) - Gut, in Ordnung, dann nehme ich Ihre Berichtigung hin. Ich kann nur sagen: wir sind der Auffassung - und diese Auffassung habe ich als Berichterstatter namens des Ausschusses dargelegt -, daß natürlich am Anfang einer solchen Entwicklung ein weiter Rahmen gesteckt werden muß, daß diese Entwicklung selbst gewisse Akzente setzen muß und daß wir natürlich nach dem Sammeln von vielen Erfahrungen vielleicht zu anderen und noch besseren Lösungen kommen können. Ich meine aber, wir tun der Institution des Parlamentarischen Staatssekretärs - und damit möchte ich schließen - und wir tun vor allen Dingen auch den Kollegen, die dieses Amt jetzt wahrnehmen müssen, einen schlechten Dienst, wenn wir es mit diesen Argumenten zerreden. Wir sollten in dieser Institution eine Chance sehen. Wir sollten versuchen, aus dieser Chance für unser Parlament und für die Öffentlichkeit das Beste zu machen. Dann können wir uns nach ein paar Jahren über diese Institution sehr wohl wieder unterhalten. ({3})

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Haas.

Dr. Christian Albrecht Haas (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000762, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe heute morgen im Haushaltsausschuß erklärt - und ich wiederhole es -, daß wir nicht grundsätzlich gegen die Schaffung dieser Institution sind. Wir können uns nicht der Tatsache verschließen, daß es Ministerien im Bunde gibt, die ein solches Volumen haben, ({0}) und wir können uns nicht der Tatsache verschließen, daß der Minister sehr häufig durch Abwesenheit vom Amte so überlastet sein wird, daß dann, wenn der Parlamentarische Staatssekretär in bestimmten - wie gesagt - voluminösen Ministerien fehlt, die Bürokratie die Dinge beherrscht. Das wollen wir wohl alle nicht, gleichgültig, wo wir sitzen. Wenn Sie aber diesen Parlamentarischen Staatssekretär schon schaffen, dann müssen Sie saubere Lösungen anwenden. Wir wissen, daß der Grundsatz der Trennung der Legislative von der Exekutive besteht. Wir wissen, daß in den Spitzenfunktionen die Brücke geschaffen ist. Der Abgeordnete dieses Hauses bleibt in aller Regel Abgeordneter, sobald er Minister ist. Das soll auch beim Staatssekretär so sein. Aber wenn der Staatssekretär hinsichtlich seiner Berufsausübung nicht unter denselben Bedingungen wie der Minister steht, dann, meine Damen und Herren, ist es doch gar keine Frage, daß die Kollisionsgefahr tagtäglich vor der Türe des Hauses steht. ({1}) Das kann man nicht zulassen. Wenn Sie also diese Institution schaffen, dann müssen Sie sie klar und sauber schaffen. Deswegen haben wir unseren Antrag eingebracht, meine Damen und Herren, und nur unter diesen Bedingungen ist die FDP in der Lage, dieser neuen Institution zuzustimmen. ({2})

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Es liegen keine Wortmeldungen mehr vor. Dann kommen wir zur Abstimmung über den Änderungsantrag auf Umdruck 135 *) Ziffer 1 zu § 4. Wer diesem Änderungsantrag zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag ist mit großer Mehrheit abgelehnt. Wer dem § 4 in der Ausschußfassung zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Der § 4 ist angenommen. Ich rufe § 5 und § 6 auf. Wer den beiden Paragraphen zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Mit großer Mehrheit angenommen. Ich rufe dann den § 7 auf. Zum § 7 liegt ein Änderungsantrag auf dem gleichen Umdruck 135 Ziffer 2 vor. ({0}) - Ist erledigt durch die Abstimmung zu Ziffer 1. Wer dem § 7 zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Mit großer Mehrheit angenommen. Wer den §§ 8, 9, Einleitung und Überschrift zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Mit großer Mehrheit angenommen. Wir kommen dann zur dritten Beratung. Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Schmitt-Vockenhausen.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002033, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Hinblick auf die Aus- *) Siehe Anlage 4 führungen, die hier gemacht worden sind, sollten wir doch noch einmal in drei Punkten zu dem Gesetz Stellung nehmen. Erstens. Es ist ein Versuch, den wir allgemein begrüßen, weil er im Sinne der Belebung der parlamentarischen Demokratie liegt. Zweitens. Die jetzige Fassung des Gesetzes gibt genügend Chancen für eine vernünftige Zusammenarbeit zwischen Minister, Verwaltung und Parlamentarischem Staatssekretär. Drittens. Letztlich hängt der Erfolg des Gesetzes von den Männern ab, die berufen werden, und von der Zusammenarbeit mit den Ministern. Wir hoffen und wünschen, daß wir hier nach einiger Zeit mit einem guten Erfolg rechnen können. ({0})

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Das Wort hat der Abgeordnete Dorn.

Wolfram Dorn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000409, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Abstimmung hat keine saubere Lösung gebracht, ({0}) - nach unserer Auffassung keine saubere Lösung gebracht. Meine Damen und Herren, ich verstehe Ihre Aufregung gar nicht. Sie haben ja die Mehrheit; Sie werden es wie in den Ausschüssen beschließen, wenn auch nicht ganz zur Zufriedenheit der Betroffenen, weil der Beschluß des Rechtsausschusses wieder geändert worden ist. Aber in so ganz schlechter Gesellschaft befinde ich mich vielleicht doch nicht; denn der Herr Innenminister hat am Schluß der Beratungen des Innenausschusses eindeutig zu erkennen gegeben, daß die sauberste Lösung unser Vorschlag gewesen wäre. Nun, dieser Vorschlag hat keine Zustimmung gefunden. Wir sehen uns außerstande, dem Gesetz unsere Zustimmung zu geben; denn wie mein Kollege Haas gesagt hat, hängt unsere Zustimmung von einer auch für die Kollegen selbst, die betroffen sind, vertretbaren Lösung ab. Wir werden diesem Gesetz auch in dritter Lesung nicht zustimmen. ({1})

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Es liegen keine Wortmeldungen mehr vor. Ich schließe die Beratung. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, möge sich erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Gesetz ist mit großer Mehrheit und bei einigen Enthaltungen angenommen. Ich rufe dann den Punkt 24 der Tagesordnung auf: Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie - Drucksache V/1458 Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit ({0}) - Drucksachen V/1525, zu V/1525 Berichterstatter? Abgeordneter Müller ({1}) ({2}) Der Berichterstatter, Herr Abgeordneter Müller ({3}), verweist auf den Schriftlichen Bericht. Ich eröffne die allgemeine Aussprache in zweiter Beratung. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Busse.

Hermann Busse (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000316, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren Kollegen! Aus einem besonderen Anlaß ergab sich vor einigen Wochen in diesem Hause die Frage, in welchem Rahmen und welchem Maße es notwendig sei, dann, wenn verfassungsrechtliche Probleme auftauchen, den Rechtsausschuß bei der Behandlung dieser Probleme einzuschalten. Bei der Erörterung dieser Frage im Rechtsausschuß waren die Mitglieder des Ausschusses - ohne Gegenstimme, glaube ich - der Meinung, daß die bisher geübte Praxis nicht ausreichend sei, sondern daß es in vielen Fällen notwendig sei, dann, wenn verfassungsrechtliche Probleme anstehen, den Rechtsausschuß einzuschalten. Der akute Anlaß für diese Stellungnahme des Rechtsausschusses war, daß gewisse Bestimmungen des Wehrpflichtgesetzes zur Erörterung standen, die dann zu einer Zurückverweisung dieses Gesetzes an den Rechtsausschuß und im Rechtsausschuß - ebenso wie bei dem Bundeswasserstraßengesetz - zu erheblichen Überlegungen und Auseinandersetzungen führten, die so weit gingen, daß erst durch diese Erörterungen im Rechtsausschuß die ganze Problematik, die selbst zwischen den beteiligten Ministerien noch geklärt werden mußte, erkannt und bekannt wurde. Ich hatte die Hoffnung - und meine Freunde mit mir -, daß sich die bei den beiden soeben genannten Gesetzen eingeführte Praxis nunmehr festigen würde. Wir glauben, daß auch das jetzt zur Beratung stehende Gesetz verfassungsrechtliche Probleme schwerer und schwerster Art aufwirft. Ich muß gestehen, ich war etwas überrascht, als ich heute in meinem Fach den Bericht des Ausschusses vorfand und darin zu den verschiedenen verfassungsrechtlichen Problemen lediglich den einen Satz fand: Die Möglichkeit, daß Unternehmen nach verschiedenen Rechtsvorschriften zusammengesetzte Organe haben könnten, sieht die Mehrheit als verfassungsrechtlich unbedenklich an, wenn sie - wie hier - auf einen begrenzten Zeitraum beschränkt wird. Man kann darüber streiten, ob die Situation, die hier erörtert wird, verfassungsrechtlich zulässig ist oder nicht zulässig ist, ob sie mit dem Gleichheits4516 Busse ({0}) grundsatt in Einklang zu bringen ist oder nicht. Aber die Begründung, mit der hier die Verfassungsmäßigkeit bejaht wird, hat mich etwas erschüttert. So einfach liegen die Dinge doch nicht. Andere Probleme, die ebenso in diesem Gesetz stecken, werden - in dem Bericht jedenfalls - überhaupt nicht erörtert. Nun ist mir am Rande bekanntgeworden, daß jedenfalls im Wirtschaftsausschuß mindestens ein Problem angeschnitten und erörtert worden ist. Durch den hinzugenommenen Abs. 2 im Art. 3 ist ja unstreitig und unzweifelhaft eine rückwirkende Kraft des Gesetzes expressis verbis beschlossen worden. Denn wenn es dort heißt, daß die Ersetzung von zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren durch fünf aufeinanderfolgende Geschäftsjahre nach Art. 1 dieses Gesetzes erstmals für das am 31. Dezember 1966 endende oder laufende Geschäftsjahr gilt, so ist damit klar gesagt, daß dieses Gesetz Rückwirkungen haben soll auf Gesellschaften, die an sich nach dem bestehenden Recht am 31. Dezember 1966 aus dem Kreis der mitbestimmten Unternehmungen ausgeschieden wären. Es ist hier im Plenum nicht der Ort, die verfassungsmäßigen Probleme, die sich daraus ergeben, in extenso zu erörtern. Aber sie müssen erörtert werden, daran kommen wir nicht vorbei. Anderweitig habe ich die Begründung gelesen, daß die Dinge dann und so lange unproblematisch seien, wie noch keine vermögenswirksamen Maßnahmen seitens der ausscheidenden Gesellschaft getroffen seien. Ich glaube, auch diese Begründung hält einer verfassungsmäßigen Nachprüfung nicht stand. Nimmt man endlich hinzu, daß mindestens diese Rückwirkung auf einen ganz bestimmten Einzelfall bezogen ist, daß . hier der typische Fall eines Maßnahmengesetzes, eines Einzelfallgesetzes vorliegt, dann ist wohl soviel evident - selbst wenn man nicht mit uns bereits die Verfassungswidrigkeit dieser Bestimmungen bejaht -, daß die Dinge mindestens einer eingehenden Erörterung bedürfen. Diese Erörterung kann wie in den früheren Fällen und wie hoffentlich künftig noch in vielen anderen Fällen aus der Sache heraus nur im Rechtsausschuß mit der genügenden Bandbreite und mit der genügenden Gründlichkeit erfolgen. Daher stellen wir in erster Linie den Antrag, zur Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit dieses Gesetzes den Entwurf an den Rechtsausschuß zurückzuverweisen. ({1})

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Wilhelmi.

Dr. Hans Wilhelmi (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002512, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Zustandekommen dieses Gesetzes ist etwas schwierig und vielleicht auch etwas schnell gewesen. Beides paßt nicht so ganz zueinander. Ich muß zunächst anfangen, mich selber zu beschuldigen. Ich habe, als das Gesetz in seinem ersten Entwurf vorlag, nicht geglaubt, daß verfassungsrechtliche Fragen eine Rolle spielen, und habe mich also als Vorsitzender des Rechtsausschusses nicht gemeldet und gesagt: Dieses Gesetz gehört vor den Rechtsausschuß. Das war Fehler Nr. 1. Was dann geschehen ist, dafür trifft den Rechtsausschuß keine Schuld. Ich spreche übrigens nicht für den Rechtsausschuß. Wir haben uns nicht abstimmen können. Ich spreche rein persönlich als Abgeordneter Wilhelmi. Bei der Beratung eines Fachausschusses sind nunmehr Dinge in das Gesetz gekommen, die nach meiner persönlichen Überzeugung erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken auslösen, und zwar ist das insbesondere der Art. 3 Abs. 2. Über diese verfassungsrechtlichen Bedenken ist verhandelt worden. Der Wirtschaftsausschuß hat, soweit ich aus den Protokollen feststellen konnte, sich nur mit dem Justizministerium über diese verfassungsrechtlichen Fragen unterhalten. Das lag bis zu einem gewissen Grade nahe, denn zunächst einmal waren aktienrechtliche Fragen zu erörtern, und für diese aktienrechtlichen Fragen war eindeutig das Justizministerium zuständig. Aber es hätte - und das hätte der Rechtsausschuß ganz selbstverständlich getan - in dem Augenblick, in dem verfassungsrechtliche Fragen zur Erörterung standen, das Verfassungsministerium, das heißt das Innenministerium, gehört werden müssen. Das Innenministerium hätte dann diese oder jene Stellung bezogen. Es ist mir nicht möglich - ich habe auch gar nicht die Absicht -, hier vor diesem Hohen Hause jetzt die Einzelfragen zu erörtern. In dieser ganzen Gesetzgebung steckt aber noch eine weitere Schwierigkeit. Es ist nicht meine Absicht, den Antrag der FDP zu unterstützen, das Gesetz jetzt noch dem Rechtsausschuß zu überweisen. Dann würde nämlich der Rechtsausschuß das Odium auf sich nehmen, die Sache verzögert zu haben. Durch eine Vertagung verstärken sich möglicherweise die verfassungsrechtlichen Bedenken. Aber ich kann nun auch nicht still sein. Sie dürfen mir bitte nicht übelnehmen, wenn ich persönlich der Ansicht bin, daß dieses Gesetz so, wie es jetzt beschlossen ist, der Verfassung nicht enspricht. Es wäre richtig gewesen, den Rechtsausschuß einzuschalten. Ich möchte das, was der Herr Kollege Busse gesagt hat, grundsätzlich unterstreichen. Das Hohe Haus sollte sich einmal Gedanken darüber machen, ob es nicht ähnlich wie im § 96 der Geschätfsordnung, nach dem der Haushaltsausschuß bei allen Finanzfragen einzuschalten ist, eine ausdrückliche Bestimmung in die Geschäftsordnung aufnimmt, daß bei Auftauchen von Verfassungsfragen - so ist es hier gewesen; die waren nicht von vornherein vorhanden - die Fachausschüsse verpflichtet sind, den Rechtsausschuß, das heißt den Verfassungsausschuß, hinzuzuziehen. Ich glaube, das wäre notwendig gewesen. Daß das nicht geschehen ist, hängt mit der Eilbedürftigkeit der Sache zusammen. Hinzu kommt, daß man in Art. 3 möglicherweise noch ein „Doppelnähen" vorgenommen hat. Sicher wäre das Gesetz nicht verfassungsmäßig, wenn es nur für einen bestimmten Fall gedacht wäre. Das wäre doch wirklich schrecklich. 'Aber das ist es natürlich nicht. Aus dem Wortlaut ist das in keiner Weise zu entnehmen; das darf ich gleich zu Ihrer Beruhigung sagen. Aber es ist immer ein schlechtes Ding, wenn man bei seinem politischen Tun auf einen bestimmten Fall abstellt; das wissen wir alle. Wenn man auf einen bestimmten Fall abstellt, kommt man leicht in eine verzwickte Lage, wenn man nicht ordnungsgemäß den Gesetzgebungsgang eingehalten hat, bloß um nicht in weitere Schwierigkeiten zu kommen, und wenn man nicht die für den Spezialfall zuständigen Fachausschüsse hören kann. Ich bedauere sehr, daß die Dinge so gelaufen sind. Ich möchte Sie alle bitten, meine sehr verehrten Damen und Herren, aus dieser Art einer Gesetzesverabschiedung eine Lehre zu ziehen: Man sollte sich zu solchen Dingen Zeit nehmen. So, wie das praktisch gelaufen ist, käme durchaus in Frage, daß das Verfassungsgericht sagt: Offensichtlich ist das alles auf einen Fall zugeschnitten, und schon deshalb ist es verfassungswidrig.

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Dr. Hans Wilhelmi (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002512, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Aber natürlich.

Hermann Busse (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000316, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Dr. Wilhelmi, können Sie mir außer dem Fall Rheinstahl einen weiteren Fall nennen, auf den die Rückwirkungswirkungen dieses Gesetzes überhaupt anwendbar sein können?

Dr. Hans Wilhelmi (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002512, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Nein, ich habe die Sache noch nicht eingehend geprüft. Es wäre denkbar, daß ein solcher Fall noch existiert. Aber, Herr Kollege Busse, es steht zweifellos nicht darin, daß es eine „Lex Rheinstahl" ist. Es ist ein allgemeines Gesetz. Da habe ich nicht so schreckliche Bedenken. Wir machen sehr oft aus einem bestimmten Anlaß ein allgemeines Gesetz. Aber dann muß man sich etwas besser anstellen. Dann darf nicht aus allen Ecken und Enden des Gesetzes herausgucken, daß es für einen speziellen Fall da ist. Da wir das hier tun, möchte ich das Haus darauf aufmerksam machen. Möglicherweise ist das für das Verfassungsgericht ein Grund, das Gesetz aufzuheben.

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Herr Abgeordneter Wilhelmi, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Karl Moersch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001526, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Dr. Wilhelmi, stimmen Sie mir darin zu, daß auch in der „Lex Münemann", die nachher aufgehoben werden mußte, nicht stand, daß es eine „Lex Münemann" war, und daß sie trotzdem verfassungswidrig war?

Dr. Hans Wilhelmi (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002512, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ja, ja, das sind eben so Dinge, die passieren können. ({0}) Schließlich fühle ich mich doch verpflichtet, als Vorsitzender des Verfassungsausschusses zumindest das Hohe Haus auf meine - ich betone es noch einmal - höchstpersönlichen Bedenken aufmerksam zu machen. Der Verfassungsausschuß ist nicht gewohnt, sich holterdipolter eine Meinung zu bilden, und auch wir einzelnen Mitglieder sind nicht gewohnt, das zu tun, sondern wir machen das in ziemlich sorgfältigen, darf ich wohl sagen, Beratungen und hören sehr häufig sogar außerhalb des Bundestags befindliche Sachverständige. Das würde ich auch hier gern tun. Ich kann nur meine persönliche Ansicht wiederholen und das Hohe Haus darauf aufmerksam machen, daß wohl erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken bestehen.

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Hirsch.

Martin Hirsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000909, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn der Vorsitzende des Rechtsausschusses dieses Hauses im Plenum sagt, er habe verfassungsrechtliche Bedenken, so muß man dem selbstverständlich Aufmerksamkeit schenken; denn er wird das nicht so leichthin sagen. Ich muß ihm jedoch bei allem Respekt als einer seiner „Untergebenen" in diesem Ausschuß ({0}) sagen, daß ich meine, diese rechtlichen Bedenken könnten dann relevant werden, wenn die Vorlage jetzt tatsächlich noch in den Rechtsausschuß käme; ({1}) denn dann erst könnte die Problematik so weit gedeihen, daß das Gesetz so spät verabschiedet wird, daß dann wirklich verfassungsrechtliche Fragen auftreten. Das ist leider hier der Punkt; denn ich möchte in aller Offenheit sagen, so schwer es mir - wie gesagt - fällt, gerade Herrn Wilhelmi zu widersprechen, daß ich, wenn das Gesetz letzt verabschiedet wird, beim besten Willen kein verfassungsrechtliches Problem sehen kann. Es ist das gute Recht des Gesetzgebers, diese Frist zu verlängern. Mehr will er ja nicht, mehr tut er nicht. Er löst hier keine Mitbestimmungsprobleme, sondern er will lediglich Ruhe schaffen, damit dieses Haus, damit die Bundesregierung in aller Ruhe prüfen kann: War das gut, was man bisher gemacht hat? Muß man es ändern? Muß man es ganz umstellen? Dazu braucht man Ruhe und Zeit, und da darf man nicht vor vollendeten Tatsachen stehen. Das ist der ganze Sinn des Gesetzes; nicht mehr und nicht weniger. Da muß der Gesetzgeber selbstverständlich befugt sein, die Jahreszahl, die in dem alten Gesetz stand, zu ändern und die Frist zu verlängern. Warum er das nicht können soll, verstehe ich wirklich nicht! Nun gebe ich zu: Wenn etwa dieses Gesetz erst nach Durchführung der Hauptversammlung geschaffen würde, in der die Beschlüsse alle gefaßt sind, dann hätte Herr Wilhelmi recht, dann hätten auch Sie, Herr Busse, recht, dann beständen natürlich verfassungsrechtliche Bedenken; das ist klar. Ich bin sogar bereit, mit mir darüber reden zu lassen, daß unter Umständen - aber da habe ich nun Zweifel -- dann verfassungsrechtliche Bedenken auftreten können, wenn das Gesetz erst nach Ablauf der Bekanntmachungsfrist in Kraft treten würde. Da könnten auch schon Rechte erworben sein und könnten umgekehrt durch den Gesetzgeber wohlerworbene Rechte verletzt werden. Das ist aber genau der Punkt, wo frühestens Bedenken eintreten könnten. Während des Laufens der Bekanntmachungsfrist, dieser Monatsfrist, kann schon überhaupt nichts bedenklich sein und noch weniger heute, in dem Zeitpunkt, wo noch nicht einmal die Feststellungen getroffen sind, die erforderlich sind, und wo noch nicht einmal die Bekanntmachung erlassen wurde. Herr Regierungsdirektor Dr. Eckardt vom Bundesjustizministerium hat im Ausschuß für Wirtschaft eine sorgfältige Stellungnahme abgegeben, deren Lektüre ich all den Juristen, die eventuell noch Zweifel haben könnten, sehr empfehlen möchte. Herr Dr. Eckardt hat wirklich sehr korrekt und unter Erwähnung aller in Betracht kommenden Bedenken pflichtgemäß auf die Probleme hingewiesen. Aber er hat in seiner Stellungnahme ganz klar und eindeutig vorgetragen, daß eine echte Problematik, wie ich schon sagte, erst dann entstehen könnte, wenn dieses Gesetz verspätet verabschiedet würde. Ich möchte also sagen, der Sinn dieser Beratung zu später Stunde ist genau das Gegenteil von dem, wie es Herr Wilhelmi gemeint hat. Der Sinn ist der, für eine schnelle Verabschiedung zu sorgen, damit auch nicht die geringsten verfassungsrechtlichen Bedenken irgendwann vielleicht doch auftreten könnten. Aus diesem Grunde, meine Damen und Herren, bitte ich Sie, einmal dem Antrag auf Zurückverweisung an den Rechtsausschuß nicht zuzustimmen, sondern ihn ebenso abzulehnen wie auch den Änderungsantrag der FDP-Fraktion, zumal die Klausel, die hier als ganz besonders bedenklich herausgestellt worden ist, in Wirklichkeit eine Selbstverständlichkeit darstellt. Ich könnte mir vorstellen, daß das Gesetz auch ohne diese Klausel verabschiedet werden kann. Es ist, sagen wir mal, ein doppelter Boden, den man noch unter das Seil gezogen hat. Ich wäre gern bereit gewesen, auf diese Übergangsklausel zu verzichten. Sie ist wirklich nicht der entscheidende Punkt in diesem Gesetz. Wer der Meinung ist, daß es richtig ist, daß wir Zeit brauchen, um dieses sehr wichtige Problem unseres gesellschaftlichen Lebens zu lösen, der muß dem Gesetz zustimmen, um für diese Überlegung Ruhe zu schaffen. Das ist, wie ich noch einmal sagen möchte, der alleinige Sinn und sonst gar nichts. ({2})

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Es liegen keine Wortmeldungen mehr vor. Dann kommen wir zur Abstimmung über den Antrag, die Vorlage an den Rechtsausschuß rückzuverweisen. Wer dem Rückverweisungsantrag zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag ist bei einigen Enthaltungen mit großer Mehrheit abgelehnt. Ich rufe dann in zweiter Beratung Art. 1 und Art. 2 auf. Wer zuzustimmen wünscht, gebe das Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Mit großer Mehrheit angenommen. Zu Art. 3 liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Umdruck 133 *) vor. Wird der Antrag begründet? - Bitte, Herr Abgeordneter Friderichs!

Dr. Hans Friderichs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000586, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Verehrte Damen! Meine Herren! Ich kann mir die Begründung sehr leicht machen, weil der Kollege Dr. Wilhelmi alles vorgetragen hat, was zur Begründung dieses Änderungsantrages dient. ({0}) - Warum noch einmal? Weil ich Ihnen sagen wollte, daß wir daraus auch die richtige Konsequenz ziehen, indem wir nämlich den Antrag stellen. Wir können uns mit diesen bedenklichen Dingen nicht einverstanden erklären. Ich möchte noch auf einen einzigen Satz eingehen. Der Herr Kollege Dr. Wilhelmi hat in seinen Ausführungen einen bedenklichen Schlenker gemacht, als er die Eilbedürftigkeit in eine Beziehung zu verfassungsrechtlichen Bedenken, die er selbst hat, gebracht hat. Ich glaube, wir sollten uns doch überlegen, ob wir uns aus einer reinen Zweckmäßigkeitserwägung um nichts anderes geht es ja ({1}) der Möglichkeit berauben wollen, die Angelegenheit noch ordnungsgemäß zu prüfen, wenn man die Tatsache berücksichtigt, daß sogar der Vorsitzende des Rechtsausschusses verfassungsrechtliche Bedenken hat. Ich bitte Sie daher, unserem Änderungsantrag zuzustimmen. ({2})

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Herr Staatssekretär Dr. Ehmke hat das Wort.

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bundesminister der Justiz hat mich gebeten, diese Antwort für ihn zu geben, da er sich durch seine 20jährige Tätigkeit für die Rheinischen Stahlwerke in diesem Punkte persönlich befangen fühlt. Ich darf zunächst zur generellen verfassungsrechtlichen Frage sagen, daß mein Haus die Ansicht teilt, die hier von dem Abgeordneten Hirsch vorgetragen wurde, da nämlich keine verfassungsrechtlichen Probleme bestehen, da diese Gesellschaften ja noch bis zur Umformung ihrer Organe unter dem Mitbestimmungsergänzungsgesetz stehen. Erst wenn das geändert wäre, käme das Rückwirkungsproblem überhaupt auf. Nun zum Antrag der FDP: Der Art. 3 Abs. 2 hat mit der Rückwirkung gar nichts zu tun, weil wir, wie gesagt, der Meinung sind, daß sich das Rückwirkungsproblem gar nicht stellt. Er ist dennoch wichtig, weil die Frage geregelt werden muß, von wann an die drei Jahre gerechnet werden. Im Gesetz heißt es, zwei aufeinanderfolgende werden durch *) Siehe Anlage 5 fünf aufeinanderfolgende Geschäftsjahre ersetzt. Soll das nun bis 1969 oder bis 1970 gehen? Das muß ja geregelt werden und hat mit Rückwirkung nichts zu tun. Es ist eine reine Klarstellung und besagt, daß es für das am 31. Dezember 1966 endende oder laufende Geschäftsjahr gilt. Die Dreijahresfrist bedeutet also: bis zum Ende 1969. Es ist eine reine Klarstellungsklausel. Ich bitte, den Antrag der FDP abzulehnen.

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Keine Wortmeldung mehr. Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag auf Umdruck 133 *) Wer dem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag ist mit großer Mehrheit abgelehnt. Wir stimmen dann ab über den Art. 3 in der Ausschußfassung, zugleich über Einleitung und Überschrift. Wer zuzustimmen wünscht, gebe das Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Mit großer Mehrheit angenommen. Damit ist das Gesetz in zweiter Beratung angenommen. Ich rufe auf zur dritten Beratung. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Müller ({0}).

Adolf Müller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001542, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe die Ehre, im Namen der Koalitionsfraktionen zur dritten Lesung dieses Gesetzes eine Erklärung abzugeben. Die Frage der Mitbestimmung der Arbeitnehmer in der Wirtschaft ist in den letzten Jahren zunehmend und mit unterschiedlicher Argumentation diskutiert worden. Auf Grund dieser Situation hat der Herr Bundeskanzler in seiner Regierungserklärung am 13. Dezember 1966 gesagt, daß die Bundesregierung eine Kommission unabhängiger Sachverständiger berufen wird, um sie mit der Auswertung der bisherigen Erfahrungen bei der Mitbestimmung als Grundlage weiterer Überlegungen zu beauftragen. Erstens. Die Fraktionen der CDU/CSU und der SPD geben ihrer Überzeugung Ausdruck, daß nach Abschluß der Beratungen dieser Kommission das gesamte Problem der wirtschaftlichen Mitbestimmung der Arbeitnehmer sachverständig vorgeklärt ist, damit im Anschluß daran politische Entscheidungen getroffen werden können. Zweitens. Aus diesem Grunde vertreten die Koalitionsfraktionen den Standpunkt, daß bis zum Abschluß dieser Arbeiten am Status quo der Mitbestimmung nichts geändert werden soll. Drittens. Die qualifizierte Mitbestimmung in den Aufsichtsräten und Vorständen der Holding-Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie ist im Mitbestimmungsergänzungsgesetz aus dem Jahre 1956 verankert. Nach geltendem Recht wächst ein herrschendes Unterneh- *) Siehe Anlage 5 men in die qualifizierte Mitbestimmung, wenn in zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren der Montanumsatz den übrigen Umsatz des Konzerns übersteigt. Ein herrschendes Unternehmen scheidet umgekehrt aus der qualifizierten Mtibestimmung aus, wenn in zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren die vorgenannten Voraussetzungen weggefallen sind. Viertens. Die Situation der industriellen Wirtschaft erfordert in diesen Bereichen neue struktur- und unternehmenspolitische Maßnahmen. Davon sind sowohl die Unternehmer als auch die Arbeitnehmer betroffen. Zur sachgerechten Lösung bedürfen Unternehmer und Arbeitnehmer der Verständigung untereinander. Fünftens. Aus diesem Grunde haben die Regierungsparteien das zur Verabschiedung stehende Gesetz zur Änderung des Mitbestimmungsergänzungsgesetzes eingebracht, damit jede Störung notwendiger wirtschaftpolitischer Maßnahmen . vermieden wird. Diesem Umstand muß der Gesetzgeber dadurch Rechnung tragen, daß er die politische Ruhe und die Rechtssicherheit gewährleistet. Damit soll erreicht werden, daß bis zum Abschluß der Tätigkeit der Sachverständigenkommission keine Unternehmungen neu in die qualifizierte Mitbestimmung hineinwachsen oder aus der qualifizierten Mitbestimmung ausscheiden. Es bedeutet insofern auch keine Präjudizierung der politischen Maßnahmen und Entscheidungen, die nach der Vorlage des Gutachtens der Sachverständigenkommission betreffend die wirtschaftliche Mitbestimmung der Arbeitnehmer vorzusehen sind. Die Fraktionen der CDU/CSU und der SPD stimmen dem vorliegenden Gesetzentwurf zu. ({0})

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Friderichs.

Dr. Hans Friderichs (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000586, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Verehrte Damen! Meine Herren! Ich möchte mich jetzt mit dem Inhalt des vorgelegten Gesetzes befassen. Der Inhalt besagt, wie Herr Kollege Müller ({0}) soeben ausgeführt hat, daß Unternehmen, die mit mehr als 50 % in die Verarbeitung gewachsen sind, weiterhin der Mitbestimmung unterliegen, jedenfalls für eine beschränkte Frist. Meine Damen und Herren, in der Regierungserklärung des Bundeskanzlers Kiesinger als Chef der Koalitionsregierung aus CDU/CSU und SPD heißt es wörtlich: Die Bundesregierung wird eine Kommission unabhängiger Sachverständiger berufen und sie mit der Auswertung der bisherigen Erfahrungen bei der Mitbestimmung als Grundlage weiterer Überlegungen beauftragen. Dann kommt ein Satz, der lautet: Die Bundesregierung lehnt Bestrebungen ab, die den bewußten und erkennbaren Zweck einer Aushöhlung der Mitbestimmung verfolgen. Davon sind wir bei der gesamten Problematik ausgegangen. Zunächst einmal ist also die Frage zu stellen, ob das, was sich in drei Unternehmen vollzieht, nämlich daß sich die Verarbeitungsumsätze ständig vergrößern und sich die Montanumsätze ständig verringern, eine Aushöhlung der Mitbestimmung ist. Ich glaube - ein Mitglied des Aufsichtsrats der Rheinischen Stahlwerke ist hier im Hause - behaupten zu dürfen, daß der Erwerb der Henschel-Werke durch die Rheinischen Stahlwerke nicht zu dem Zweck getätigt wurde, aus der paritätischen Mitbestimmung zu entschlüpfen, sondern daß eine andere Überlegung dahinter stand. ({1}) Ich glaube weiterhin, daß der Umsatzrückgang dieser Firma oder der anderen betroffenen Firmen auf dem Gebiet von Kohle und Stahl auch nicht absichtlich vorgenommen wird, etwa um aus der paritätischen Mitbestimmung herauszukommen, sondern ganz einfach der Marktlage entspricht. Von einer Aushöhlung der Mitbestimmung - Regierungserklärung - kann also wohl keine Rede sein. Herr Kollege Müller ({2}), Sie haben einen, wie ich finde, etwas gewagten Satz ausgesprochen, als Sie sagten, man müsse mit dieser Vorlage den Status quo erhalten. „Status quo" heißt am bestehenden Gesetz nichts ändern und nichts anderes! ({3}) - Ja, was denn sonst? ({4}) - Das mag in der Deutschlandpolitik etwas anderes heißen, aber hier - ({5}) - Genau; das weiß ich sehr gut, und deshalb wagte ich den Vergleich zu bringen. In Wahrheit handelt es sich bei der Vorlage um nichts anderes als um eine bewußte Ausweitung, um nichts mehr, aber auch um nichts weniger, ganz einfach deshalb um eine bewußte Ausweitung, weil Betriebe, die aus der paritätischen Mitbestimmung entlassen würden, in diesem Jahr bewußt um weitere drei Jahre darin verbleiben. ({6}) - Ich unterstelle, daß Sie die Mehrheit im Hause finden werden. ({7}) - Ich kann mir aber denken, was er in dem konkreten Fall feststellen wird. In Wahrheit handelt es sich um eine Ausweitung, Herr Kollege Russe, um gar nichts anderes, indem es Ihnen nämlich gelingen wird, Unternehmen, die eben mehr als 50 % Verarbeitungsumsätze haben, mindestens so lange drinzubehalten, bis die im Rahmen der Koalitionsvereinbarungen festgelegte Frist - 1969 Vorlage des Sachverständigengutachtens - abgelaufen ist und daraus die Konsequenzen gezogen werden können. ({8}) Ich finde es sehr konsequent, daß die Regierungserklärung so war und daß die Bundesregierung eben keinen Entwurf vorgelegt hat. Sie hat sich ganz offensichtlich an ihre Erklärung gebunden gefühlt. Daher waren die Initiativen des Herrn Bundesarbeitsministers im Kabinett auch nicht von Erfolg. ({9}) - Entschuldigen Sie bitte, das stimmt doch wohl; er kann sich ja selbst dazu äußern, wenn das nicht wahr sein sollte. ({10}) In Wahrheit zeigt das natürlich, inwieweit hier die Mit-Bestimmung der Regierung in den Koalitionsfraktionen - oder umgekehrt - reicht; das müßte man einmal an anderer Stelle ausleuchten - -({11}) Ich bin der Meinung, daß es eine Begründung gegeben hätte. Eine einzige Begründung hätte mich veranlaßt, zusammen mit meiner Fraktion für den Gesetzentwurf zu stimmen. Aber genau diese Begründung ist nicht vorgetragen worden, nämlich daß Sie gesagt hätten: Es ist zu erwarten, daß sich die Umsätze der betroffenen Unternehmen innerhalb der nächsten ein bis zwei Jahre wieder so verändern werden, daß diese Unternehmen wieder unter das Gesetz fallen, und wir halten es für schlecht, daß die Organisationsstruktur des Unternehmens alle drei Jahre geändert werden muß; daher sind wir für eine Fristverlängerung. ({12}) Das wäre eine konsequente Begründung gewesen. Diese Begründung ist bis zur Stunde nicht vorgetragen worden. ({13}) - Wir verabschieden das Gesetz bekanntlich im Plenum, und hier ist die Begründung nicht vorgetragen worden; abgesehen davon entbehrte sie jeder Glaubwürdigkeit und jeder Zielsetzung der betroffenen Unternehmen; denn ihre Zielrichtung ist ja eine ganz andere, nämlich nicht mehr in diese Verhältnisse hineinzukommen. Was die wahre Begründung anlangt - Sie können sie anderenorts nachlesen -, so darf ich hier Professor Schellenberg zitieren, der gesagt hat: „Diese Novelle zum Mitbestimmungsgesetz ist ein erster Erfolg nach einem jahrelangen Immobilismus in dieser Frage." Das ist, glaube ich, die wahre Begründung. Herr Professor Schiller hat auf dem Gewerkschaftskongreß in Dortmund gesagt - ich zitiere wörtlich -: „Wir sind uns doch alle einig. Die Ausdehnung der Mitbestimmung will ich wirklich auch." Weiter hat Bundeswirtschaftsminister Professor Schiller wörtlich gesagt: „Es gibt genügend fortschrittliche Professoren. Das Gutachten wird im Grunde positiv 'werden. Welche Stärke haben wir dann!" Er hat dann noch erklärt, daß dieses Gutachten den Koalitionspartner - also Sie - zwingen würde, seiner Vorstellung zu entsprechen. ({14}) Herr Kollege Dr. Arndt von der SPD-Fraktion hat gestern auf der Jahrestagung der ASU auch wörtlich ausgeführt, daß diese Novelle nur im Rahmen der konzertierten Aktion gesehen werden müsse. Im Rahmen dieser Aktion müsse man eben diese Bemühungen sehen. Es kam das Wort von der „sozialen Symmetrie", was von diesem Platz aus gefallen ist. Ich wollte nur eines tun, ich wollte endlich klar sagen, was in Wahrheit dahinter steckt. Wir sollten die Dinge beim Namen nennen. ({15}) Dann können wir über die Dinge diskutieren, dann können wir über die Mitbestimmung diskutieren und nicht über irgendwelche vorgeschobenen und vorgegebenen Argumente. Darum geht es mir. Dazu muß ich eines sagen: Die Sozialdemokraten waren äußerst konsequent. ({16}) Das muß in aller Deutlichkeit gesagt werden. Sie haben sich keine Unaufrichtigkeit vorzuwerfen; Sie' haben in aller Klarheit gesagt, wofür Sie sind und was Sie wollen, und Sie haben sich auch dieses Mittels bedient. ({17}) - Ich spreche Anerkennung aus. Hier in dieser Abteilung des Hauses ({18}) sieht es ganz, ganz anders aus. ({19}) Hier hört man Stimmen, Stimmen in der Fraktion, hier hört man Stimmen im Wirtschaftsausschuß, hier liest man im Handelsblatt, hier hört man Unterschiedliches. ({20}) Ich bedauere, daß ich einen Vergleich leider nur in Abwesenheit eines der Betroffenen bringen kann: „Wenn die Fristverlängerung so klein wie ein Mäuschen ist" - so wird sie ja dargestellt -,.da kommt mir die Überlegung, ob das Mäuschen nicht vielleicht doch in der Lage ist, den Berg zu erschüttern und den Stein ins Rollen zu bringen, um den Katzer zu schlagen. Das muß man mal abwarten, wie das weiterläuft. - Das an die Adresse Ihrer Fraktion! ({21}) Meine Damen und Herren! Wir sind grundsätzlich bereit, über die Frage der Erfahrungen mit der Mitbestimmung, ihres Bestehens und ihrer Ausweitung in einer offenen Diskussion miteinander zu sprechen. Ich glaube, dazu ist viel mehr zu sagen, als einfach die Behauptung aufzustellen: „Hat sich bewährt." Ich glaube, es wäre viel mehr, auch unter soziologischen Gesichtspunkten, etwa hinsichtlich der Beziehungen der Firmenangestellten und Beschäftigten zu Wohnsitzgemeinden, Firma usw., eine Fülle von Problemen anzusprechen. Bitte, dazu die offene Feldschlacht - liebend gern! Wir werden Ihnen zeigen, daß wir bereit sind, auch hier einen fortschrittlichen Weg mitzugehen, aber nicht auf dem Umweg, der hier eben eingeschlagen wird, einem Umweg, bei dem ich mich nicht noch einmal aufhalten möchte bei den verfassungsrechtlichen Fragen, die ausreichend dargestellt sind, aber einem Umweg, der uns auch im Augenblick bei einer Vereinheitlichung des europäischen Gesellschaftsrechts in eine schwierige Lage bringt. Denn was endgültig kommt, wissen wir nicht. Wir wissen im Augenblick nur, was verhindert werden soll. Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß die Bundesregierung und die sie tragenden Fraktionen uns allen, auch den beteiligten Unternehmen und ihren Mitarbeitern einen besseren Dienst erwiesen hätten, wenn wir ohne Eile das Gesamtproblem diskutiert hätten und dann zu einer vernünftigen gesetzlichen Regelung gekommen wären, wenn wir uns nicht hätten Bange machen lassen, weil vielleicht die eine oder andere Firma in der Zwischenzeit so mitbestimmt ist, nämlich über das Betriebsverfassungsgesetz, wie es andere Firmen vergleichbarer Größenordnung längst sind. Deswegen vermögen wir dem Gesetzesvorschlag, so wie er jetzt vorliegt, nicht zuzustimmen. ({22})

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Es liegen keine Wortmeldungen mehr vor. Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, möge sich erheben. - Danke! Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Gesetz ist mit großer Mehrheit angenommen. Meine Damen und Herren! Ehe ich die Sitzung schließe, möchte ich eine kleine Berichtigung vornehmen. Wir haben zu Beginn der Sitzung den Punkt 18, den Entwurf eines Bundeswasserstraßengesetzes, an den Verkehrsausschuß und an den Rechtsausschuß zurückverwiesen. Auf Grund einer interfraktionellen Verständigung soll dieser Beschluß dahin gehend korrigiert werden, daß die Zurückverweisung nur an den Rechtsausschuß erfolgt. - Das Haus ist damit einverstanden; es ist so beschlossen. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages ein auf morgen, Donnerstag, den 16. März, 9.00 Uhr. Die Sitzung ist geschlossen.