Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Meine Damen und Herren, die Sitzung ist eröffnet.
Vor Eintritt in die Tagesordnung spreche ich dem Herrn Kollegen Dr. h. c. Jaksch den herzlichen Glückwunsch des Hauses zu seinem 70. Geburtstag aus.
({0})
Folgende amtliche Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Vorsitzende des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat am 23. September 1966 mitgeteilt, daß gegen die nachstehenden Verordnungen keine Bedenken erhoben werden:
Verordnung Nr. 67/66/EWG des Rats vom 14. Juni 1966 betreffend gewisse Maßnahmen, die für das Wirtschaftsjahr
1966/67 auf dem Gebiet der Getreidepreise anzuwenden sind
Verordnung Nr. 73/66/EWG des Rats vom 28. Juni 1966 zur Verlängerung der Geltungsdauer der Verordnung Nr. 130/ 65/EWG über die Gewährung einer Erstattung bei der Erzeugung für die Grob- und Feingrießsorten aus Mais, die in der Brauereiindustrie Verwendung finden
Verordnung Nr. 74/66/EWG des Rats vom 28. Juni 1966 über besondere Maßnahmen betreffend die Erstattung bei der Ausfuhr von Malz nach den Mitgliedstaaten
Verordnung Nr. 75/66/EWG des Rats vom 28. Juni 1966 zur Änderung der Verordnung Nr. 142/64/EWG über die Erstattung bei der Erzeugung für Getreide- und Kartoffelstärke
Verordnung Nr. 76/66/EWG des Rats vom 28. Juni 1966 zur Änderung des italienischen Wortlauts des Artikels 8 der Verordnung Nr. 141/64/EWG des Rats über die Regelung für Getreide- und Reisverarbeitungserzeugnisse
Verordnung Nr. 77/66/EWG des Rats vom 28. Juni 1966 über die Festsetzung der innergemeinschaftlichen Abschöpfungsbeträge für geschlachtete Hühner und Truthühner in dem Fall des Artikels 3 Absatz ({1}) der Verordnung Nr. 22 des Rats
Verordnung Nr. 109/66/EWG des Rats vom 28. Juli 1966 über
Maßnahmen bei den Preisen für gewisse Milcherzeugnisse
in Deutschland während des Milchwirtschaftsjahres 1966/1967
Verordnung Nr. 119/66/EWG des Rats vom 28. Juli 1966 über besondere Maßnahmen für Malz
Verordnung Nr. 120/66/EWG des Rats vom 28. Juli 1966 zur Ergänzung des Anhangs II der Verordnung Nr. 111/64/EWG des Rats in bezug auf bestimmte Käsesorten.
Der Präsident hat am 23. September 1966 gemäß § 96 a der Geschäftsordnung die von der Bundesregierung als dringlich bezeichnete
Zweiundsechzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 ({2}) - Drucksache V/928 mit der Bitte um fristgemäße Behandlung an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen überwiesen.
Der dem Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen überwiesene Vorschlag der Kommission der EWG für eine Richtlinie des Rats zur Vereinheitlichung der Vorschriften über die abgabenfreie Einfuhr des in den Treibstoffbehältern der Nutzkraftfahrzeuge enthaltenen Treibstoffs - Drucksache V/859 - ist nach einer Vereinbarung im Ältestenrat nunmehr dem Finanzausschuß zur alleinigen Behandlung zugewiesen worden.
Der Bundesminister des Auswärtigen hat am 3. Oktober 1966 die Kleine Anfrage der Fraktion der SPD betr. Erklärungen des Bundeskanzlers zur Europapolitik - Drucksache V/916 - beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache V/963 verteilt.
Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 23. Februar 1962 die nachstehenden Vorlagen überwiesen:
Neunundvierzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 ({3})
- Drucksache V/923 an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 13. Januar 1967
Neunundfünfzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 ({4})
- Drucksache V/926 an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 9. Dezember 1966
Sechzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 ({5}) - Drucksache V/927 an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 13. Januar 1967.
Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 25. Juni 1959 die nachstehenden Vorlagen überwiesen:
Verordnung des Rats über die Finanzierung der gemeinsamen Agrarpolitik
an den Haushaltsausschuß - federführend - und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - mitberatend - mit der Bitte um Berichterstattung innerhalb eines Monats, wenn im Ausschuß Bedenkengegen die Verordnung erhoben werden
Entscheidung des Rats über die Abschaffung der EWG Binnenzölle, die Anwendung der Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs sowie das Verbot der mengenmäßigen Beschränkungen zwischen den Mitgliedstaaten für die im Anhang II des Vertrages nicht aufgeführten Erzeugnisse
an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen - federführend -, an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und Haushaltsausschuß - mitberatend - mit der Bitte um Berichterstattung innerhalb eines Monats, wenn im Ausschuß Bedenken gegen die Verordnung erhoben werden.
Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf: Fragestunde
- Drucksache V/958 Wir beginnen nach einer interfraktionellen Verständigung mit dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Gesundheitswesen.
Ich rufe die Frage II/1 des Abgeordneten Schmidt ({6}) auf:
Was gedenkt die Bundesregierung zu unternehmen, um den Rückgang der niedergelassenen Zahnärzte, über den die Frau Bundesgesundheitsministerin sich in ihrer Rede vor der Wissenschaftlichen Gesellschaft der Ärzte und Zahnärzte im öffentlichen Gesundheitsdienst am 14. Juni sehr besorgt geäußert hat, zu stoppen?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär des Bundesgesundheitsministeriums.
Herr Präsident, ich wäre dankbar, wenn Sie mir - vorausgesetzt, daß der Herr Abgeordnete einverstanden ist, gestatteten, daß ich die beiden Fragen des Herrn Abgeordneten Schmidt gemeinsam beantworte.
Einverstanden? - Dann rufe ich zusätzlich die Frage II/2 des Herrn Abgeordneten Schmidt ({0}) auf:
Trifft es zu, daß die Zahl der Ausbildungsplätze für Zahnmedizin an deutschen Universitäten zu gering ist, weil sie mit der anwachsenden Bevölkerungsziffer nicht Schritt gehalten hat?
Nach den meinem Ministerium vorliegenden Unterlagen reicht die Zahl der Studierenden der Zahnheilkunde in der Tat nicht aus, die Gefahr eines künftigen Mangels an Zahnärzten abzuwenden. Diese Auffassung wird von den Berufvertretungen der Zahnärzte und von den Hochschullehrern der Zahnheilkunde geteilt.
Wesentliche Ursache für den Nachwuchsmangel ist die nicht ausreichende Zahl an Ausbildungsplätzen für Studierende. Das Bundesgesundheitsministerium hat sich deshalb im Juli 1965 an den Präsidenten der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder gewandt und ihn gebeten, alles in seinen Kräften stehende zu tun, um eine Vermehrung der Ausbildungsplätze für Studierende der Zahnheilkunde zu erreichen. Die Ständige Konferenz der Kultusminister hat im Januar 1966 mitgeteilt, daß das Anliegen als berechtigt anzusehen sei. Ein endgültiges Ergebnis der Beratungen der Kultusministerkonferenz und eine Mitteilung über die durch die Länder zu ergreifenden Maßnahmen zur Vermehrung der Ausbildungsplätze liegen uns aber noch nicht vor. Wie Sie wissen, beteiligt sich der Bund an der Schaffung neuer Ausbildungsplätze auch für Zahnmediziner bei seiner allgemeinen Mitfinanzierung des Hochschulausbaus.
Im Rahmen der Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 74 Nr. 19 des Grundgesetzes, die u. a. die Zulassung zu den Heilberufen umfaßt, hat das Bundesministerium für Gesundheitswesen im Juni 1964 mit Zustimmung des Bundesrates eine Verordnung zur Änderung der Prüfungsordnung für Zahnärzte erlassen, durch die auch vorlesungsfreie Monate in die zahnärztliche Universitätsausbildung einbezogen worden sind. Dies sollte dazu verhelfen, die vorhandenen Ausbildungsplätze besser als bisher zu nutzen.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, trifft es also zu, daß den benötigten 1200 Approbationen pro Jahr im Augenblick nur 500 tatsächliche gegenüberstehen?
Ich will mich auf die
Zahl nicht festlegen, Herr Abgeordneter. Aber im Grundsatz ist diese Entwicklung, wie sie diese Zahlen veranschaulichen, zutreffend wiedergegeben.
Zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß bei einer solchen Entwicklung die zahnärztliche Versorgung der Bevölkerung in absehbarer Zeit gefährdet sein könnte?
Ich kann diese Frage nur mit Ja beantworten.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, sehen Sie trotz der Kompetenzschwierigkeiten zwischen Bund, Ländern usw. eine Möglichkeit, hier doch so weit Einfluß zu nehmen, daß diese Gefahr für die zahnärztliche Versorgung baldmöglichst reduziert werden kann?
Herr Abgeordneter, ich sehe nur den Weg, den wir beschritten haben, nämlich durch Verhandlungen, durch Anregungen bei der Kultusministerkonferenz zu erreichen, daß bei dem Ausbau der bestehenden Hochschulen und bei dem Neubau Medizinischer Akademien die Plätze für Studierende energisch vermehrt werden.
Noch eine Zusatzfrage zu dieser Angelegenheit? - Herr Dr. Meinecke, bitte!
Herr Staatssekretär, wären Sie, um den politischen Druck auf die Kultusminister zu verstärken, geneigt, in Anbetracht dieser bedeutsamen Tatsache das Thema auf der nächsten Konferenz der Ländergesundheitsminister und -senatoren zu behandeln, um damit eine Ubersicht aus den Ländern zu bekommen, Vorschläge zu erarbeiten und eventuell eine gemeinsame Empfehlung an die Kultusministerkonferenz zu richten?
Ich werde das gerne prüfen, Herr Abgeordneter. Nach meinen bisherigen Erfahrungen stimmen die Ansichten zwischen dem Bundesministerium für Gesundheitswesen und den für das Gesundheitswesen zuständigen Ministerien der Länder ziemlich überein. Ich glaube nur, daß es sich im wesentlichen um ein finanzielles und bauliches Problem handelt, das nicht in der Hand dieser Stellen liegt.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des BunPräsident D. Dr. Gerstenmaier
desministers für Verkehr, zunächst zur Frage X/1 des Abgeordneten Dr. Schmidt ({0}) :
Welche Gründe sind dafür maßgebend, daß der Ausbau der für den Südharzraum wichtigsten Verkehrsverbindung, der Bundesstraße 27/243 von Herzberg bis Bad Lauterberg, bisher vernachlässigt worden ist?
Die Frage wird vom Herrn Abgeordneten Bading übernommen.
Herr Kollege, der Südharzraum ist beim Ausbau der Bundesstraßen keineswegs vernachlässigt worden. Für die Verbesserung unzulänglicher Teilstrecken der bestehenden Bundesstraßen Herzberg - Barbis -Bad Lauterberg wurden seit 1962 2 Millionen DM aufgewendet. Entscheidend aber ist der Netzausbau. Dieser Netzausbau erfolgt systematisch. Dabei sind Verkehrsbelastung und Verkehrsfluß bestimmend. Deshalb wurden die Bundesstraßen 27 und 243 von den Autobahnanschlußsteilen Göttingen und Seesen aus in den letzten Jahren wesentlich verbessert. Nach Durchführung dieses Ausbaus der beiden Bundesstraßen gelangt nunmehr die Strecke Herzberg - Bad Lauterberg in die Ausbauzone.
Die beiden Bundesstraßen verlaufen gemeinsam zwischen Herzberg und Bad Lauterberg in dem engen, steilhangigen und zum Teil dicht besiedelten Odertal. Ein Ausbau des vorhandenen Straßenzuges ist infolge dieser beträchtlichen topographischen Schwierigkeiten nur auf relativ kurzen Teilstrecken möglich. Auf lange Sicht 'befriedigende Verhältnisse lassen sich hier nur durch den Bau einer neuen Bundesstraße, die weitgehend am Hang verläuft, erzielen. Planung und Ausführung werden dadurch erschwert, daß nicht nur acht höhengleiche Bahnübergänge im Zuge der Bundesstraßen 27 und 243 'beseitigt oder ausgeschaltet werden müssen, sondern daß auch das bestehende Wegenetz wieder ausreichend an die künftig am Hang verlaufende neue Bundesstraße angeschlossen werden muß. Diese bau- und verkehrstechnisch sehr großen Schwierigkeiten bedurften sorgsamer Abstimmung, und die baureife Planung ist deshalb auch leider langwierig.
Die Linienführung der Verlegungsstrecke ist zum großen Teil schon im Einvernehmen mit den an der Raumordnung beteiligten Bundesressorts nach § 16 des Bundesfernstraßengesetzes bestimmt worden. Bei den restlichen Abschnitten steht dieser Verwaltungsakt bevor. Für einen ersten Abschnitt mit Beseitigung eines höhengleichen Bahnüberganges in Herzberg befinden sich gegenwärtig baureife Pläne in der Planfeststellung nach den § 17 und 18 des Bundesfernstraßengesetzes. Die Pläne für die Beseitigung eines weiteren Bahnüberganges werden gegenwärtig abschließend geprüft.
Wesentliche Teile der vorgesehenen Baumaßnahmen sind im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten des 3. Vierjahresplanes zur Ausführung vorgesehen.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Bading.
Herr Minister, Ihrer sehr ausführlichen Antwort darf ich entnehmen, daß mit der Planung schon begonnen worden ist und auch gewisse Aussichten bestehen, im Rahmen des 3. Vierjahresplans zu Ausführungsarbeiten zu kommen. Können Sie ein etwas genaueres Datum angeben?
Nein, das kann ich leider nicht, weil wir nämlich erst bauen können, wenn die Planfeststellung durchgeführt ist. Diesen Planfeststellungen stehen ja immer eine Fülle von Einsprüchen gegenüber, deren Bewältigung erst erfolgt sein muß, bevor wir zum Grunderwerb kommen. Wir haben mit der Planfeststellung im Raume Bad Herzberg begonnen, weil gerade diese Planfeststellung besonders schwierig sein wird.
Zusatzfrage.
Herr Minister, läßt sich absehen, wann das Planfeststellungsverfahren ungefähr abgeschlossen sein wird?
Leider nicht. Es ist eingeleitet. Aber damit ist es unserer Hand entnommen. Es liegt in der Hand des Herrn Regierungspräsidenten in Hildesheim.
Ich rufe die Frage X/2 des Herrn Abgeordneten Dr. Mommer auf:
Trifft es zu, daß der Bundesverkehrsminister anläßlich seiner Besichtigungsfahrt in Baden-Württemberg am 27. September 1966 erklärt hat, daß ab 1. Oktober 1966 Ausschreibungen für Bauten an Bundesstraßen in Baden-Württemberg, so z. B. für die baureifen Pläne zum Ausbau der Ortsdurchfahrt Ludwigsburg im Zuge der B 27, nicht mehr erfolgen könnten?
Herr Kollege, mit Rücksicht auf die angespannte Haushaltslage habe ich die Auftragsverwaltungen aller Bundesländer darum gebeten, Ausschreibungen für Straßen- und Brückenbaumaßnahmen im Zuge von Bundesfernstraßen ab 1. Oktober zunächst zu unterlassen, da voraussichtlich im Jahre 1966 ein Überhang an Leistungen im Bundesstraßenbau in Höhe von mehreren hundert Millionen eintreten dürfte, die nur zu Lasten des Haushaltsjahres 1967 ausgeglichen werden könnten. Daher können zur Zeit keine weiteren Verpflichtungen durch Ausschreibungen, ,die bekanntlich zu Auftragserteilungen führen, eingegangen werden, bis sich die Lage durch Verabschiedung des Haushaltes für 1967 übersehen läßt. Für begründete Ausnahmefälle habe ich mir meine Zustimmung vorbehalten.
Bei dem Ausbau der Ortsdurchfahrt der Bundesstraße 27 in Ludwigsburg handelt es sich jedoch um eine Maßnahme, für welche die Stadt Ludwigsburg Baulastträger ist. Eine Beteiligung des Bundes an der Durchführung des Bauvorhabens ist nur insoweit gegeben, als die Stadt Ludwigsburg die GeBundesminister Dr.-Ing. Seebohm
währung von Zuschüssen durch den Bund und durch das Land Baden-Württemberg im Haushaltsjahr 1967 grundsätzlich beantragt hat. Es ist daher alleinige Sache der Stadt Ludwigsburg, die Ausschreibung der Arbeiten vorzubereiten, ohne daß der Bund hierauf Einfluß nehmen könnte. Allerdings vermag ich bei der gegenwärtigen Haushaltslage noch nicht endgültig zu übersehen, in welcher Höhe die von der Stadt Ludwigsburg beantragten Zuschüsse im Jahre 1967 bedient werden können. Dies hängt auch von dem Ergebnis der noch mit dem Herrn Bundesminister der Finanzen durchzuführenden Haushaltsbesprechungen über die Zuschußmaßnahmen ab, die alljährlich in das bekannte gelbe Heft aufgenommen werden müssen. Zur Aufnahme in das gelbe Heft für 1967 fehlt bisher noch der detaillierte Antrag der Stadt Ludwigsburg.
Eine Zusatzfrage.
Herr Minister, darf ich mit den Bürgern der Stadt Ludwigsburg hoffen, daß Sie eine Bitte um Ausnahmegenehmigung, wenn eine solche kommt - die Hauptbaulast obliegt ja der Stadt und dem Land -, wohlwollend prüfen werden?
Selbstverständlich. Es ist sogar beabsichtigt, falls dieser Antrag kommt - wir wissen schon ungefähr, wie sich das auf die Jahre verteilt -, für das nächste Jahr einen Betrag von einigen 100 000 DM vorzusehen. Ich habe an sich keine Bedenken, daß dieser nicht zur Verfügung gestellt werden könnte.
Herr Abgeordneter Börner zu einer Zusatzfrage.
Herr Minister, können Sie dem Hohen Hause Auskunft darüber geben, wieviel ähnliche Maßnahmen durch die von Ihnen eben zitierten Haushaltsentwicklungen im nächsten Jahr betroffen sind?
Nein, das kann ich nicht, Herr Börner. Dies ist ja eine Maßnahme in den gelben Heften. Augenblicklich weiß ich überhaupt noch nicht genügend darüber Bescheid, wie das gelbe Heft im nächsten Jahr aussehen wird. Denn im gelben Heft sind alle jene Maßnahmen enthalten, die Zuschußmaßnahmen sind und die von den eigentlichen Baulastträgern beantragt werden. Wir werden die laufenden Maßnahmen, die in dem gelben Heft von 1966 nach 1967 weiterlaufen, selbstverständlich auch weiter zu bedienen suchen. Wir werden nur bei neuen Maßnahmen, wie es hier bei Ludwigsburg der Fall ist, prüfen müssen, ob wir Mittel aus dem Haushalt 1967, wenn es sich um sehr erhebliche Beiträge handelt, geben können, ohne laufende Maßnahmen in irgendeiner Form zu beeinträchtigen.
Zweite Zusatzfrage.
Herr Minister, darf ich Sie fragen, ob angesichts der Erkenntnisse der Enquete über die Verkehrsverhältnisse in den Gemeinden Baumaßnahmen wie die hier zitierten, also Ortsdurchfahrten von Bundesfernstraßen, trotz der Haushaltsnöte im nächsten Jahr eine gewisse Priorität in Ihren Überlegungen erhalten.
Sie könnten nur insoweit Priorität erhalten, als der Bundesminister der Finanzen im Rahmen der im Vierjahresplan vorgesehenen jeweiligen Mittel, die für diese Zuschußmaßnahmen notwendig sind, zustimmt. Sie wissen, daß in jedem Vierjahresplan ein bestimmter Betrag für diese Zuschußmaßnahmen ausgeworfen wird, der sich viertelt, also auf die einzelnen Jahre verteilt, und der dementsprechend vom Finanzminister zugewiesen werden muß. Denn die Frage, ob eine solche Baumaßnahme zuschußfähig ist, wird von mir zwar technisch beurteilt; ob sie aber insgesamt notwendig ist, wird vom Finanzminister beurteilt. Ich kann hier also nicht zusagen, daß etwas geschieht, weil ich nicht allein entscheiden kann, sondern an die Mitentscheidung meines Kollegen gebunden bin.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Brück.
Herr Minister, darf ich Ihren Ausführungen entnehmen, daß das Problem nur gelöst werden kann, wenn tatsächlich neue Finanzquellen erschlossen werden, die eine solche Lösung für die Zukunft ermöglichen?
Herr Kollege Brück, es ist meine Auffassung, daß wir bei den uns zur Verfügung stehenden Mitteln für den Bundesfernstraßenbau nichts für den Ausbau in den Gemeinden abzweigen können. Ich habe immer wieder den Standpunkt vertreten, daß die notwendigen Maßnahmen innerhalb der Gemeinden vom Bund durch Erschließung neuer Finanzquellen unterstützt werden müssen.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Brück ({0}).
Herr Minister, was haben Sie im Kabinett gegen die Kürzung der Mittel getan?
Herr Kollege, was im Kabinett geschieht, wird bekanntlich vertraulich behandelt, und Sie werden mir zugestehen, daß ich insoweit genötigt bin, diese Vertraulichkeit auch hier zu wahren. Die Beschlüsse werden dem Hohen Hause im Rahmen des Haushaltsplans und des Haushaltsgesetzes für 1967 vorgelegt.
Ich rufe die Frage X/3 des Herrn Abgeordneten Brück ({0}) auf:
Welche Gründe veranlaßten die Bundesregierung, einen Exportauftrag der Saarbergwerke über jährlich 200 000 t Kohle nach Schweden dadurch zu verhindern, daß sie einen Als-ob-Tarif bei der Deutschen Bundesbahn zum Seehafen Emden nicht genehmigte?
Die Bundesregierung hat den Antrag der. Deutschen Bundesbahn auf Einführung eines Ausnahmetarifs für den Export von Saarkohle und Saarkoks über deutsche Seehäfen am 5. August 1966 genehmigt und die Hohe Behörde um Zustimmung gebeten. Deren Entscheidung muß zunächst abgewartet werden. Vorher kann der Tarif nicht in Kraft treten. Wir haben die Hohe Behörde um möglichste Beschleunigung gebeten.
Eine Zusatzfrage.
Herr Minister, steht das nicht insofern in Widerspruch zu Ihrer Haltung, als Sie glauben, daß die Als-ob-Tarife völlig korrekt sind? Bisher sind ja eine Menge von Produkten nach diesen Tarifen transportiert worden.
Sie wissen, Herr Kollege, daß die Hohe Behörde eine Entscheidung erlassen hat und daß diese Entscheidung von uns beklagt wird, nicht nur im Inhalt, sondern auch in der Wirklichkeit durch eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof. Zur Zeit befinden wir uns in Verhandlungen mit der Hohen Behörde über diese Komplexe. Schwierigkeiten ergeben sich auch aus der Klage der niederländischen Regierung, die sich insbesondere auf jene Tarife im Rahmen der Als-ob-Tarife erstreckt, die die Seehäfen oder den Umschlag in den Seehäfen betreffen. Unter diesen Umständen wäre es für den Erfolg der Klagen oder der weiteren Maßnahmen außerordentlich unzweckmäßig, wenn man hier nicht, wie die Hohe Behörde es wünschte, die von ihr im Gegensatz zu unserer Auffassung nicht als Wettbewerbstarife anerkannten Tarife zur Genehmigung vorlegen würde, wie das auch sonst der Fall ist.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Minister, gibt dieses Problem nicht Anlaß, einmal zu prüfen, ob die Als-ob-Tarife wirklich die einzige Lösung zur Verbesserung der Standortlage der Saar sind und ob es nicht an der Zeit wäre, doch den Saar-Pfalz-Kanal zu bauen?
Herr Kollege, da wir uns mit der Überprüfung Ihrer Frage beschäftigen angesichts des Tatbestandes, daß die Hohe Behörde und die europäische Kommission unsere Rechtsauffassung zum Wettbewerbscharakter der Als-ob-Tarife nicht teilen, sondern daß Klarheit über die Rechtsauffassung erst durch einen Entscheid des Europäischen Gerichtshofs geschaffen werden kann, haben wir selbstverständlich alle anderen Möglichkeiten in unsere Überlegungen einbezogen, um dem Saargebiet zu helfen.
Unabhängig davon gibt es im neuen Haushalt einen Leertitel für den Saar-Pfalz-Kanal, um die Mittel, die uns seitens der beiden Länder und des Saar-Pfalz-Kanal-Vereins zur Verfügung stehen, zu verwenden und die laufenden Vorbereitungsarbeiten entsprechend weiter zu fördern.
Aber hier geht es ja um etwas ganz anderes. Der Saar-Pfalz-Kanal kann, selbst wenn alle Dinge glattgehen, erst nach Jahren zur Verfügung stehen. Es handelt sich aber darum, wie der Saar jetzt und in den allernächsten Jahren geholfen werden kann.
Zusatzfrage.
Herr Minister, habe ich Sie recht verstanden, daß in den Leertitel nur diejenigen Mittel aufgenommen werden sollen, die vom Land Rheinland-Pfalz und vom Saarland für das Vorprojekt vorgesehen sind? Besteht nicht auch die Möglichkeit, daß die Bundesregierung eigene Mittel in den Haushalt einsetzt?
Diese Möglichkeit besteht leider nicht, Herr Kollege. Sonst hätte ich das gern getan. Dies ist aber zur Erfüllung der vorgesehenen Aufgaben nicht unbedingt erforderlich.
Ich rufe die Frage X/4 des Herrn Abgeordneten Dröscher auf:
Ist die Bundesregierung bereit, bei der Deutschen Bundesbahn dafür einzutreten, daß die Versorgung der Reisenden in Eil- und Nachtschnellzügen mit alkoholfreien Getränken einschließlich frischer Trinkmilch dadurch verbessert wird, daß in solchen Zügen ohne Speisewagen von den Möglichkeiten moderner Versorgungstechnik Gebrauch gemacht und Getränkeautomaten aufgestellt werden?
Die Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn hat mir zu Ihrer Anfrage mitgeteilt, daß sie bereits vor einigen Jahren Versuche mit Warenautomaten in Reisezügen durchgeführt hat. Mangelnde Nachfrage von seiten der Reisenden und technische Unzulänglichkeiten bei den Automaten haben die Deutsche Bundesbahn veranlaßt, diese für sie unwirtschaftlichen Dienstleistungen nach kurzer Zeit wieder einzustellen.
Auf der letzten Fahrplankonferenz im März 1966 in Trier ist angeregt worden, die Frage der Aufstellung von Waren- und Getränkeautomaten in Reisezügen erneut zu prüfen. Von der Hauptverwaltung wird zur Zeit im Einvernehmen mit der Deutschen Schlaf- und Speisewagen GmbH geprüft, in welcher Form und zu welchem Zeitpunkt dieser Dienst versuchsweise wieder aufgenommen werden kann. Die Schwierigkeiten liegen u. a. darin, daß die Ware ungekühlt angeboten wird und daß, wie mir mitgeteilt wird, die Kosten, die beim Einbau einer Kühleinrichtung entstehen, die Ware unangemessen verteuern würden.
Zusatzfrage.
Glauben Sie nicht, Herr Bundesminister, daß gerade der technische Fortschritt, der auf diesem Gebiet in den letzten Jahren gemacht wurde, einen neuen Versuch in zweifacher Hinsicht lohnend machen würde, einmal, weil es dadurch möglich ist das geschieht in vielen Betrieben -, Automaten einzusetzen, die gekühlt sind, und zweitens, weil dadurch eine Erhöhung der Einnahmen und eine Erhöhung der Rentabilität bei der Bundesbahn möglich wäre?
Ich bin nicht der Meinung, daß diese Sache für die Rentabilität der Bundesbahn eine nennenswerte Rolle spielen würde. Andererseits unterstreiche ich, daß auch ich der Auffassung bin, man sollte in den wenigen Zügen, wo keine andere Bedienung da ist, so etwas versuchen. Es ist natürlich ein Unterschied, ob Sie eine solche Einrichtung in einem fahrenden Zug, in einem Waggon haben oder ob Sie sie stationär an einem Bahnhof oder an einer Raststätte aufstellen, wo sie die entsprechende Zuleitung von elektrischer Energie zur Verfügung haben. Im fahrenden Zug wird die Sache trotz der technischen Entwicklung teuer. Sie müssen praktisch einen Kühlschrank, einen entsprechenden Motor und eine entsprechende Speicherung von Strom vorsehen; wenn es sich nicht um einen elektrisch betriebenen Zug handelt, der auf einer elektrifizierten Strecke fährt, haben Sie keinen Strom zur Verfügung. Der Strom, den Sie auf einer elektrifizierten Strecke zur Verfügung haben, ist für den Kühlschrank auch nicht geeignet, Sie müssen ihn umformen. Alle diese Dinge erfordern erhebliche Investitionen.
Frage X/5 des Herrn Abgeordneten Kaffka:
Hält es die Bundesregierung für angemessen, daß die Deutsche Bundesbahn hei Güterabfertigungen mit geringem Stückgutverkehr einen Zuschlag von einer DM pro Frachtbriefsendung erhebt?
Herr Kollege, wie ich bereits in der Fragestunde am 25. Mai 1966 auf die Frage des Herrn Kollegen Fellermaier ausführlich ausgeführt habe, hat die Deutsche Bundesbahn im Jahre 1965 bei der Abwicklung des Stückgutverkehrs einen Verlust von mehr als 420 Millionen DM erlitten. Ein sehr hoher Teil dieses Defizits im Stückgutverkehr wird durch die Verteilung der Stückgüter zwischen den Verkehrsknotenpunkten und den Annahme- und den Ausgabestellen in der Fläche hervorgerufen. Die Bundesbahn hat sich daher genötigt gesehen, den sogenannten K-Zuschlag von 1 DM je Frachtbriefsendung einzuführen, um diesen besonders einschneidenden Teil des Defizits im Stückgutverkehr wenigstens etwas zu mildern. Sie erfüllt damit die ihr durch die Verkehrsgesetznovellen vom 1. August 1961 auferlegte Pflicht zur kaufmännischen Geschäftsführung.
Zusatzfrage.
Herr Minister, ist sich die Bundesregierung bewußt, daß durch, diese Maßnahme gerade jene Bezirke betroffen sind, wo sowohl von Kommunen wie auch Landkreisen intensive Bemühungen um Strukturverbesserungen unternommen werden, die auch erhebliche Kosten verursachen?
Herr Kollege, die Einführung des K-Zuschlages ist sicherlich nicht so einschneidend, wie das angenommen wird. Wir haben durch Herrn Staatssekretär Seiermann Herrn Kollegen Zerbe am 17. März 1966 folgendes geantwortet:
Die Einführung des K-Zuschlags trifft als allgemein gültige Tarifmaßnahme auch Teile des Zonenrandgebietes. Die Bundesregierung ist jedoch der Auffassung, daß dadurch für die Wirtschaft des Zonenrandgebietes schwerwiegendere Schäden nicht zu befürchten sind. Sollten wider Erwarten unzumutbare Benachteiligungen auftreten, so besteht die Möglichkeit zu vielfältigen und differenzierten Hilfen, z. B. im Rahmen des Frachthilfeverfahrens oder des regionalen Förderungsprogramms, durch die besondere Belastungen ausgeglichen werden können.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, wieviel Industriebetriebe davon Abstand genommen haben, Zweigbetriebe in derartig unterentwikkelte Zonen zu legen?
Ich habe zwar öfter gehört, daß einzelne Betriebe untersucht haben, wo sie Zweigbetriebe errichten sollen, und daß sie dann aus bestimmten Gründen, die sie natürlich nicht bekanntgegeben haben, davon Abstand genommen haben. Daß ein Betrieb wegen des K-Zuschlags nicht eingerichtet worden ist, ist mir bisher nicht bekanntgeworden. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir einen solchen Fall nennen könnten.
Die nächste Frage des Herrn Abgeordneten Kaffka, Frage X/6:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß an Kreuzungen von Bundesstraßen Richtungs- und Hinweisschilder oft so ungeschickt aufgestellt sind, daß sie dem einbiegenden Fahrer die Sicht nehmen und damit zur Verkehrsgefährdung werden?
Herr Kollege, der Gegenstand Ihrer Frage ist bekannt und auch von mir wiederholt bei den zuständigen Stellen gerügt worden. Verantwortlich für die zweckmäßige Aufstellung der Verkehrszeichen sind jedoch die Straßenverkehrsbehörden der Länder. Bei Durchführung der in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zu § 3 der Straßenverkehrsordnung vorgeschriebenen Verkehrsschau, die jährlich stattfinden soll, bemühen sich die interBundesminister Dr.-Ing. Seebohm
essierten Kreise, dafür zu sorgen, daß gelegentlich vorkommende Ungeschicklichkeiten beim Aufstellen der Zeichen beseitigt werden. Unabhängig davon sind die Polizeibeamten aber ständig gehalten, der zweckmäßigen Aufstellung der Verkehrszeichen ihre 'besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden und dafür Sorge zu tragen, daß von ihnen festgestellte Mängel behoben werden.
Keine Zusatzfrage? Frage X/7 des Herrn Abgeordneten Ollesch:
Was gedenkt die Bundesregierung dagegen zu tun, daß in zunehmendem Maße auch auf Bundesstraßen Zebrastreifen, Leitlinien und andere Markierungen aus Lackfolien und ähnlichem Material aufgetragen werden, die sehr glatt sind und infolgedessen eine Gefährdung der Sicherheit der Fußgänger und der Kraftfahrzeuge bedeuten?
Ist der Herr Abgeordnete Ollesch im Hause? - Sie übernehmen die Frage, Herr Abgeordneter Borm?
({0})
Herr Kollege, der Bundesminister für Verkehr hat die Bundesanstalt für Straßenwesen ermächtigt, die Erzeugnisse von Markierungsstoffen zu prüfen und für den Gebrauch an Bundesfernstraßen zuzulassen. Die Prüfung erstreckt sich u. a. auch auf die Griffigkeit; dafür sind besondere Mindestbedingungen festgelegt. Dadurch ist gewährleistet, daß die für Bundesfernstraßen zugelassenen Markierungsstoffe eine hinreichende Griffigkeit aufweisen. Es ist mir bisher nicht bekannt, daß auf den in der Baulast des Bundes stehenden Bundesstraßen glatte und damit die Sicherheit des Straßenverkehrs gefährdende Markierungsstoffe verwendet werden. Aber es gibt selbstverständlich noch zahlreiche andere Straßen wie die Landesstraßen, die Kreisstraßen und die Gemeindestraßen.
Eine Zusatzfrage.
Ist die Bundesregierung bereit, darauf hinzuwirken, daß nur geprüfte Beläge verwendet werden, auch auf den Straßen, 'die der Bundesregierung nicht unmittelbar unterstehen?
Das letzte entzieht sich unserer Zuständigkeit, Herr Kollege.
({0})
- Die Hinweise sind wiederholt gegeben worden.
Frage X/8 des Herrn Abgeordneten Ollesch:
Wer ist dafür haftbar, wenn auf Grund der in Frage X/7 erwähnten Markierungen, beispielsweise bei Nässe und Glätte, Unfälle durch Stürze, Schleudern und dergleichen passieren?
Auch diese Frage wird von Ihnen übernommen, Herr Abgeordneter Borm? - Bitte, Herr Bundesminister!
Herr Kollege, für die Verkehrssicherheit der Straßen ist in erster Linie der Baulastträger, also die zuständige Straßenbauverwaltung, verantwortlich. Bei Bundesfernstraßen haftet in der Regel nicht der Bund, sondern das Land, der Landschaftsverband oder, soweit eine Bundesstraße sich im Rahmen einer Gemeinde befindet, die Gemeinde, je nach ,der Zuständigkeit 'für die Verwaltung dieser Straßen, die sie gemäß Grundgesetz im Auftrage des Bundes durchführt. Die Haftung setzt den Nachweis eines Verschuldens voraus.
Keine Zusatzfrage.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes. Es sind Fragen des Herrn Abgeordneten Jacobi ({0}).
von Hase, Staatssekretär, Bundespressechef: Herr Präsident, 'darf ich 'die drei Fragen des Herrn Abgeordneten Jacobi gemeinsam beantworten, da sie sachlich zusammengehören?
Einverstanden. - Dann rufe 'ich die Fragen III/1, III/2 und III/3 gemeinsam auf:
Welche Beziehungen bestehen zwischen der Verlagsgesellschaft mbH. für Gegenwartskunde in Dinslaken und der Bundesregierung?
Findet die von der Verlagsgesellschaft mbH. für Gegenwartskunde in Dinslaken herausgegebene Schrift „Zahlen Sie zuviel Miete?" die Billigung der Bundesregierung?
Ist der Bundesregierung bekannt, wer die in Frage III/2 genannte Schrift angeregt hat und an ihrer Finanzierung beteiligt ist?
Zwischen ,der Verlagsgesellschaft für Gegenwartskunde und der Bundesregierung bestehen keine Sonderbeziehungen. Vielmehr ist die Verlagsgesellschaft ,durch das Bundesministerium für Wohnungsweesn und Städtebau im Rahmen ,einer beschränkten Ausschreibung zur Abgabe ,eines Preisangebotes für die Herstellung des Faltblattes „Zahlen Sie zuviel Miete?" neben anderen Firmen aufgefordert worden. Da die Verlagsgesellschaft das preisgünstigste Angebot abgab, erhielt sie von dem Bundesministerium den Auftrag zur Herstellung, Herausgabe und Verteilung der Schrift, deren Text vom Bundesministerium in Zusammenarbeit mit dem Presse- und Informationsamt der Bundesregierungerstellt worden ist. Der mit der Verlagsgesellschaft abgeschlossene Werklieferungsvertrag ist aus den für solche Zwecke im Haushaltsplan ausgewiesenen Mitteln des Tit. 314 Kap. 04 03 finanziert worden.
Die Bundesregierung ist zur Herausgabe der Schrift nicht nur durch eigene Erkenntnis angeregt worden, sondern auch durch Äußerungen zahlreicher Politiker aller im Bundestag vertretenen Parteien. Entsprechend der Zweckbestimmung des Tit. 314 - die Zweckbestimm'un'g lautet: Aufklärung und Unterrichtung der Bevölkerung auf den Gebieten der
Staatssekretär von Hase
Sozialinvestitionen -soll die Informationsschrift die Bürger über die wirtschaftlichen Zusammenhänge zwischen den Baukosten einerseits und der Höhe der Mieten andererseits aufklären sowie über die Möglichkeiten staatlicher Hilfen auf den Gebieten des Bauens und Wohnens unterrichten.
Zusatzfrage? - Herr Abgeordneter Jacobi!
Herr Staatssekretär, wie hoch ist die Auflage und wie hoch ist der Betrag, den der Bund für die Anfertigung und Verbreitung zur Verfügung gestellt hat?
von Hase, Staatssekretär, Bundespressechef: Die Auflage beträgt rund 5 Millionen Exemplare. Die Verteilung erfolgte durch das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung sowie über interessierte Organisationen, im wesentlichen über den Deutschen Sparkassen- und Giroverband, über den Zentralverband der deutschen Haus- und Grundbesitzer und über den Gesamtverband der gemeinnützigen Wohnungsunternehmen. Die Aufwendungen betragen 100 000 DM und 254 DM.
Zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wie erklärt sich die verwunderliche Tatsache, daß die Verlagsgesellschaft, mit 'der die Bundesregierung diesen Werklieferungsvertrag geschlossen hat, am Orte Dinslaken unbekannt war und die an diese Gesellschaft gerichteten Anfragen von Empfängern der Schrift von der Post als unzustellbar zurückgesandt worden sind?
von Hase, Staatssekretär, Bundespressechef: Herr Abgeordneter, dieser Tatbestand ist mir bis zur Stunde nicht bekannt gewesen. Ich werde ihn überprüfen lassen und darf Ihnen dann eine Antwort zukommen lassen.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß die Schrift „Zahlen Sie zuviel Miete?" noch zu einem Zeitpunkt verbreitet wurde, als von der Bundesregierung sowohl Kürzungen der Wohnungsbaumittel als auch Kürzungen des Wohngeldes angekündigt worden waren, und halten Sie es von der Sache her und politisch-psychologisch für sonderlich geschickt, mit dieser Schrift zur Geltendmachung von Wohngeldansprüchen förmlich aufzufordern?
von Hase, Staatssekretär, Bundespressechef: Herr Abgeordneter, ich glaube sagen zu können, daß sich die Möglichkeiten der Aufklärung durch die Schrift auf Grund der Entwicklung, die nach der Verteilung eingesetzt hat, nicht erleichtert haben.
Eine weitere Zusatzfrage.
Darf ich in diesem Zusammenhang eine letzte Frage an Sie stellen, Herr Staatssekretär? Ich greife Ihre letzte Bemerkung auf und bitte Sie - mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten - einen Passus vorlesen zu dürfen.
Frageform!
Herr Präsident, ich will diesen Passus selbstverständlich mit einer Frage verbinden.
Also gut, - der Mensch muß großzügig sein; aber das Zitat muß kurz sein.
Jawohl, es ist ganz kurz. In der Schrift findet sich die selbstgestellte Frage: „Wie hilft der Staat?" Finden Sie, daß angesichts der nach wie vor bestehenden Unterversorgung auf dem Wohnungsmarkt die Antwort besonders rühmenswert ist, die da lautet:
„Er gibt vor allem Wohngeld, um jeden in die Lage zu versetzen, eine seiner Familie und seinem Einkommen angemessene Wohnung zu bezahlen." ?
({0})
von Hase, Staatssekretär, Bundespressechef: Herr Abgeordneter, ich finde diese Antwort sowohl im Detail als auch vor dem Hintergrund der Leistungen der Bundesregierung in ihrer Wohnungsbaupolitik richtig.
({1})
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Schäfer.
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung an dieser Verlagsgesellschaft beteiligt?
von Hase, Staatssekretär, Bundespressechef: Die Bundesregierung ist an dieser Verlagsgesellschaft nicht beteiligt.
Zweite Zusatzfrage.
Ist sie durch einen Treuhänder beteiligt?
von Hase, Staatssekretär, Bundespressechef: Nein, Herr Abgeordneter. Ich könnte mir aber denken, daß Sie hier einen bestimmten Fragenkomplex ansprechen wollen. Ich darf daher von mir aus dazu gleich folgendes sagen. Sowohl der Bundesminister für das Wohnungswesen als auch ich haben
Staatssekretär von Hase
im Zusammenhang mit der Vorbereitung auf die Beantwortung dieser Frage in Erfahrung gebracht, daß verwandtschaftliche Beziehungen zwischen einem Angehörigen des Bundesministeriums für das Wohnungswesen und dem Inhaber dieser Verlagsgesellschaft bestehen. Es ist angeordnet, daß diese Beziehungen überprüft werden. Ich habe das Wohnungsbauministerium um einen Bericht gebeten und darf Ihnen das Ergebnis dieses Berichtes dann mitteilen.
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Matthöfer.
Herr Staatssekretär, was gedenken Sie zu tun, falls sich die Vermutung als richtig herausstellen sollte?
von Hase, Staatssekretär, Bundespressechef: Herr Abgeordneter, ich glaube, wir sollten zuerst das Ergebnis dieser Überprüfung abwarten, bevor ich diese Frage beantworte.
({0})
Ich darf jedenfalls sagen, daß sofort, nachdem der Minister und ich Kenntnis von dieser Tatsache bekommen haben, alle Maßnahmen eingeleitet worden sind, um eine klare Auskunft zu erhalten.
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Ott.
Herr Staatssekretär, würden Sie es für gerechtfertigt halten, das Angebot dieser Firma, das das günstigste war, deshalb auszuschlagen, weil auf der anderen Seite verwandtschaftliche Beziehungen bestehen, wie Sie sie vorhin erwähnt haben?
von Hase, Staatssekretär, Bundespressechef: Ich glaube, daß der Tatbestand verwandtschaftlicher Beziehungen es zumindest erforderlich macht, genau zu überprüfen, ob das beschränkte Ausschreibungsverfahren in allen Punkten korrekt ist.
({0})
Herr Abgeordneter Sänger eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wären Sie bei Ihren Untersuchungen auch bereit, festzustellen, zu welchem Datum diese Verlagsgesellschaft gegründet und an welchem Datum der Auftrag erteilt wurde?
von Hase, Staatssekretär, Bundespressechef: Ich glaube, daß das in das Ausschreibungsverfahren und in den gesamten Prozeß dieser Überprüfung mit hineingehört, Herr Abgeordneter.
Zusatzfrage Herr Abgeordneter Büttner.
Herr Staatssekretär, darf ich Sie noch fragen, wann die Verlagsgesellschaft gegründet wurde und wer die Anteilinhaber sind.
von Hase, Staatssekretär, Bundespressechef: Herr Abgeordneter, auf diese Frage und solche Details der Geschichte der Gesellschaft konnte ich auf Grund der Fragestellung nicht vorbereitet sein. Ich will aber gern dem Parlament darüber Auskunft geben, wenn der Gesamtvorgang abgeschlossen ist.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts. Ich rufe die Frage IV/1 des Abgeordneten Borm auf:
Warum hat die Bundesregierung - wenn Meldungen zutreffen, daß die Berliner Fahne in Brünn schon seit Jahren gezeigt wird - die Schließung und Wiedereröffnung des offiziellen deutschen Informationsstandes veranlaßt?
Herr Präsident, die Antwort auf diese Frage lautet wie folgt. Die Bundesregierung hat erstmals in diesem Jahr das Hissen der Berliner Landesfahne auf der Internationalen Messe in Brünn festgestellt. Mit dem Zeigen der Berliner Landesfahne unter den Flaggen der teilnehmenden Staaten und des SBZ-Regimes sollte die von der Sowjetunion und anderen osteuropäischen Staaten vertretene These, Berlin bilde eine selbständige politische Einheit, demonstrativ unterstrichen werden. Die Bundesregierung konnte diese Beeinträchtigung der Interessen Berlins und des freien Teils des deutschen Volkes nicht hinnehmen. Sie hat daher den offiziellen deutschen Informationsstand vorübergehend geschlossen als Protest gegen das Hissen der Berliner Landesfahne durch die tschechoslowakischen Veranstalter.
Meine Herren an der Regierungsbank, ich bitte, sich jetzt nach Ihrem Gespräch zu trennen. Herr Bundesverkehrsminister, einer Ihrer Kollegen ist hier vom Hause in Anspruch genommen, und Sie, meine Herren, bitte ich, das zu respektieren.
Bitte sehr, Ihre Zusatzfrage!
Herr Minister, wäre es dann nicht richtig gewesen, bereits früher nachzuprüfen und die Entscheidung bereits früher zu treffen?
Ich sage, es ist so verlaufen, wie ich gerade geschildert habe. Das ist zum erstenmal festgestellt worden, und es ist so reagiert worden.
Worauf führen Sie es zurück, daß es erst jetzt festgestellt worden ist? Ist es ein Versagen irgendwelcher Berichterstatter?
Sicher ist das ein Versagen von irgend jemandem. Von wem, weiß ich nicht. Aber vielleicht läßt sich das feststellen.
Sind Sie bereit, das festzustellen?
Gern.
Ich rufe die Frage IV/2 des Abgeordneten Borm auf:
Auf wessen Veranlassung und mit welcher Begründung ist beim letzten Besuch des Regierenden Berliner Bürgermeisters in New York an dessen Hotel die Berliner Fahne entfernt worden?
Die Antwort auf diese Frage lautet wie folgt. Das New Yorker Hotel „Waldorf Astoria", das bei früheren Aufenthalten des Regierenden Bürgermeisters von Berlin stets die Bundesfahne gesetzt hatte, hißte bei dessen letztem Besuch in New York vom 21. bis 24. Februar dieses Jahres versehentlich die Berliner Fahne. Auf Bitten des Generalkonsulats New York wurde die Berliner Fahne durch die Bundesfahne ersetzt, um einer Mißdeutung der internationalen Rechtsstellung Berlins und insbesondere einer Mißdeutung des Verhältnisses des Landes Berlin zum Bund vorzubeugen. Diese Bitte wurde damit begründet, daß auch bei Besuchen der Regierungschefs anderer Bundesländer die Bundesfahne gehißt wurde. Der Regierende Bürgermeister von Berlin ist sofort von dieser Behandlung der Angelegenheit unterrichtet worden.
Eine Zusatzfrage.
Ist wiederum festzustellen, daß ein Versehen vorliegt, und ist die Bundesregierung bereit, auch hier festzustellen, wer dafür verantwortlich ist?
Ich möchte eigentlich annehmen, Herr Kollege Borm, daß man es hier weiß. Denn ich darf den ersten Satz wiederholen: Das Hotel hat bei früheren Aufenthalten des Regierenden Bürgermeisters stets die Bundesfahne gesetzt. Also hat sich wohl das Hotel geirrt. Das ist das Wahrscheinlichste. Aber das können wir noch näher klären.
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Wehner.
Ich bitte um Entschuldigung: es handelt sich um eine Zusatzfrage zu der vorigen Frage.
Das ist ein Komplex.
Ich möchte den Herrn Bundesminister um Auskunft darum bitten, ob es also nicht stimmt, was in vielen übereinstimmenden Pressemeldungen über die Praxis des Zeigens mehrerer Flaggen in den vergangenen Jahren zu lesen gewesen ist.
Das mag sein, Herr Wehner. Das habe ich auch nicht bestritten. Ich. habe nur gesagt, daß die Bundesregierung erstmals in diesem Jahr das Hissen der Berliner Landesfahne auf der Internationalen Messe in Brünn festgestellt hat. Mehr habe ich nicht gesagt.
Eine zweite Zusatzfrage.
Wenn die Bundesregierung diesen Vorgang für so schwerwiegend hielt, nachdem sie ihn in diesem Jahr zum erstenmal bemerkt hat, wie ist es dann zu erklären, daß nur eine Entscheidung auf Zeit gefällt worden ist, die später rückgängig gemacht und dann wieder geändert wurde?
Dazu möchte ich folgendes sagen. Die Schließung des Standes ist erfolgt, um gegenüber der Messeleitung und den tschechoslowakischen Behörden klar zum Ausdruck zu bringen, daß die Bundesregierung das Zeigen der Berliner Landesfahne nicht hinnehmen kann. Die Bundesregierung hält es nicht für inkonsequent, wenn sie ihren Protest durch eine zeitlich begrenzte Maßnahme zum Ausdruck gebracht hat.
Wir kommen zu den Fragen des Herrn Abgeordneten Josten. Ich rufe zunächst die Frage IV/3 auf:
Weltre Erfahrungen wurden bisher mit dem Praktikantenaustausch zwischen der Bundesrepublik und Japan gemacht?
Herr Präsident, die Antwort auf diese Frage lautet wie folgt:
Ich nehme an, Herr Kollege, daß Sie an den in diesem Jahr erstmals vollzogenen Austausch zwischen deutschen und japanischen Studenten wirtschaftswissenschaftlicher und technischer Fakultäten denken. Dieser Austausch ist durch eine Initiative des deutschen Komitees der Association Internationale des Etudiants en Sciences Economiques et Commerciales - AIESEC - in Zusammenarbeit mit der International Association for the Exchange of Students for Technical Experience - IAESTE - zustande gekommen. Bei seiner Vorbereitung erhielt die federführende AIESEC von Anfang an vom Auswärtigen Amt, von der deutschen Botschaft in Tokio und von dem für derartige kulturelle Austauschaktionen zuständigen Deutschen Akademischen Austauschdienst volle organisatorische und eine hohe finanzielle Unterstützung. Um das große deutsche Interesse an diesem Austauschvorhaben zu dokumentieren, bin ich selbst dem eigens für das Vorhaben gegründeten deutschen Patronatskomitee beigetreten.
Im Ergebnis konnten dank dieser Initiative 139 japanische Studenten von Anfang Juli bis Mitte September 1966 in deutschen Betrieben und etwa gleich viele deutsche Studenten von Mitte August bis Ende Oktober dieses Jahres ein Praktikum in japanischen Betrieben ableisten. Ein abschließender ErfahrungsBundesminister Dr. Schröder
bericht liegt dem Auswärtigen Amt noch nicht vor. Hierfür muß zunächst das Echo der aufnehmenden Betriebe abgewartet werden. Soweit dies bisher zu überschauen ist, darf das zunächst als Experiment gedachte Austauschprogramm als gelungen betrachtet werden. Zu seiner Fortführung soll ermutigt werden.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Josten.
Herr Minister, es handelt sich um die Gruppe, die Sie hier nannten. Ist Ihnen bekannt, daß bei diesen 139 japanischen Studenten, die am 11. September, also nach zweimonatigem Aufenthalt in der Bundesrepublik, zurückflogen, der Eindruck vorherrschte, daß der Aufenthalt sehr gut, aber zu kurz gewesen sei?
Ja, Herr Kollege, davon habe ich in der Tat gehört. Ich möchte dazu sagen: einer Verlängerung des Aufenthalts sind dadurch enge Grenzen gesetzt, daß das gesamte Austauschprogramm in beiden Richtungen jeweils nur während der Hochschulsemesterferien durchgeführt werden kann.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Minister, wären Sie bereit, in Ihrem Ministerium und in Verbindung mit dem Ministerium für gesamtdeutsche Fragen sicherzustellen, daß die japanischen Praktikanten während ihres Aufenthalts in der Bundesrepublik möglichst auch Berlin besuchen können?
Dazu kann ich folgendes sagen, Herr Kollege. Bereits in diesem Jahr sah das Programm ausdrücklich eine Studienfahrt durch Deutschland vor, wobei selbstverständlich auch an einen Berlin-Aufenthalt gedacht war. Auch bei der zukünftigen Programmgestaltung soll dieser Gesichtspunkt besonders beachtet werden.
Ich möchte folgendes hinzufügen. Für die Organisation und die Durchführung von Informationsreisen ausländischer Hochschulpraktikanten nach Berlin ist die Kulturabteilung des Auswärtigen Amts zuständig, die hierbei auf das engste mit dem Deutschen Akademischen Austauschdienst zusammenarbeitet. Soweit die langfristig im voraus festgelegten Termine für das Praktikum in den deutschen Wirtschaftsbetrieben die Freistellung der Studenten-Praktikanten für einen Berlin-Aufenthalt überhaupt ermöglichen, kann er vom Auswärtigen Amt zusammen mit dem DAAD sichergestellt werden. Soweit dies darüber hinaus zweckdienlich ist, wird das Auswärtige Amt an das Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen herantreten.
Ist die Frage IV/4 des Herrn Abgeordneten Josten damit eigentlich erledigt?
Nein, ich glaube, noch nicht, Herr Präsident.
Dann rufe ich die Frage IV/4 des Herrn Abgeordneten Josten auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß von japanischer Seite ein großes Interesse besteht, den Praktikantenaustausch mit der Bundesrepublik zu erweitern?
Die Antwort darauf lautet: Aus .der Art der japanischen Kooperation und der japanischen Bereitwilligkeit, deutschen Studenten Praktikantenplätze in Japan zu vermitteln, läßt sich ein großes japanisches Interesse an einem Ausbau dieses Austauschprogramms ablesen. Dies dokumentiert sich auch darin, daß der japanische Botschafter in Deutschland dem deutschen Patronatskomitee und drei japanische Minister, nämlich der Außenminister, der Erziehungsminister und der Außenhandelsminister, dem in Japan gebildeten japanischen Patronatskomitee beigetreten sind.
Herr Minister, wären Sie bereit, den Mitgliedern unserer deutsch-japanischen Parlamentariergruppe hier in diesem Hause im kommenden Jahr einen kurzen schriftlichen Bericht über die Erfahrungen der deutschen Studenten während ihres Aufenthalts in Japan zuzuleiten?
Ich halte das für eine sehr gute Anregung, Herr Kollege, und will das gerne tun.
Frage IV/5 des Herrn Abgeordneten Dr. Jahn ({0}) :
Ist der Bundesregierung bekannt, daß nach der weitgehenden Verlagerung der deutschen Kulturarbeit im Ausland in den privaten Sektor die Mitarbeiter von deutschen Kultureinrichtungen im Ausland ({1}) besorgt sind wegen der Heranführung von Ausrüstungsgegenständen und wegen ihrer persönlichen Sicherheit ({2})?
Herr Präsident, die Anwort auf diese Frage lautet wie folgt:
Der Bundesregierung ist bekannt, daß die Versorgung der vom Goethe-Institut an die deutschen kulturellen Einrichtungen im Ausland entsandten Angestellten mit Gütern des persönlichen Bedarfs durch die Einfuhrbestimmungen einzelner Länder erschwert wird. Die Bundesregierung bemüht sich in jedem Fall um eine Verbesserung der Versorgungslage dieser Angestellten. Eine befriedigende Lösung wird jedoch erst von der angestrebten Klärung des Problems des Status deutscher kultureller Einrichtungen im Ausland erwartet werden können. Dies ist eine Aufgabe, deren Lösung einige Zeit in Anspruch nehmen wird, aber bereits seit längerem mit Energie in Angriff genommen wurde. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die in der Drucksache V/907 des Deutschen Bundestages auf Seite 4 veröffentlichte Beantwortung der Frage des Herrn Abgeordneten Kahn-Ackermann.
Die persönliche Sicherheit der vom Goethe-Institut an deutsche Kulturinstitute im Ausland entsand2938
ten Angestellten kann in Krisengebieten gefährdet sein. Obwohl das bis zu einem gewissen Grade auch für die Diplomaten gilt, ist es verständlich, wenn Personen, die den diplomatischen Schutz nicht genießen, hierüber besonders besorgt sind. Um dem im Rahmen des Möglichen zu begegnen, sind die entsandten Angestellten des Goethe-Instituts jedoch in die Sicherungsmaßnahmen einbezogen worden, die von den deutschen Auslandsvertretungen für deren Personal in Krisenfällen getroffen wurden, wie dies z. B. auch im Zusammenhang mit dem in der Anfrage erwähnten Kaschmir-Konflikt geschehen ist.
Eine Zusatzfrage.
Herr Minister, ist der Bundesregierung bekannt, daß die Materialien für die Ausstattung und Unterhaltung deutscher Kultureinrichtungen im Ausland, die als normales Frachtgut in den Häfen ankommen, infolge komplizierter Zollabfertigungsbestimmungen wochen-, ja sogar monatelang nicht ihrer Verwendung zugeführt werden können?
Herr Kollege, es hat in der Tat gewisse Unzuträglichkeiten auf diesem Gebiet gegeben. Aber ich habe schon gesagt, daß wir darum bemüht sind, gerade auch in diesen zoll- und steuerrechtlichen
Beziehungen eine Verbesserung der derzeitigen Situation herbeizuführen.
Zweite Zusatzfrage.
Herr Minister, ist die Bundesregierung bereit, wichtige Lieferungen bis zur Klärung durch solche Abkommen wie auch in der Vergangenheit über den diplomatischen Weg laufen zu lassen?
Herr Kollege, das kann ich unmöglich pauschal beantworten. Aber soweit das möglich ist, geschieht ,das sicherlich.
Fragen IV/6 und IV/7 des Abgeordneten Dr. Becher ({0}) :
Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, daß sich Bulgarien genauso wie die CSSR vor der UNO zum Wortführer des Versuches machten, mit dem Antrag auf Zulassung der Sowjetzone als Beobachternation oder gar als Mitglied die 2-Staatentheorie Moskaus zu unterstützen?
Erblickt die Bundesregierung in der Tatsache, daß der in Frage IV/6 erwähnte Versuch zur gleichen Zeit geschah, als sich Staatssekretär Lahr in Sofia um eine Verbesserung der wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen bemühte, einen Akt der im Verhältnis zu solchen Staaten Vorleistungen ohne Gegenleistungen rechtfertigt?
Vielleicht erlauben Sie mir, die Antworten auf die beiden Fragen des Herrn, Abgeordneten zusammenzufassen.
Als der Bundestag mit seiner einstimmig gefaßten Entschließung vom 14. Juni 1961 der Bundesregierung den Auftrag erteilte, eine Normalisierung der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den osteuropäischen Staaten anzustreben, war er sich durchaus der besonderen Probleme bewußt, ,die sich aus der Zugehörigkeit dieser Staaten zum Bündnissystem des Warschauer Pakts für ihre offizielle Haltung in der Deutschlandfrage ergeben. Auch heute noch stehen wir vor der Tatsache, daß eine Reihe der osteuropäischen Staaten zwar an der Normalisierung ihrer Beziehungen zu uns interessiert ist, daß sie aber ihren Solidaritätsversprechungen gegenüber Moskau und den anderen Bündnispartnern nachzukommen haben. Dies gilt vor allem für die Deutschlandfrage. Wir dürfen uns insofern keinen Illusionen hingeben.
Wir dürfen uns aber auch-nicht entmutigen lassen. Wir sollten die Entwicklung unserer Beziehungen zu den osteuropäischen Staaten nicht von der Forderung abhängig machen, daß diese Staatensich zunächst eindeutig von der sowjetischen Deutschlandpolitik ,abwenden. Auf lange Sicht verbinden wir mit unseren Bemühungen um die Verbesserungen der Bezichungen zu den osteuropäischen Staaten jedoch die Erwartung, daß damit auch die Verständigungsmöglichkeiten über die Deutschlandfrage zunehmen.
Zur zweiten Frage:
Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß ein innerer Zusammenhang zwischen dem Besuch von Staatssekretär Lahr in Bulgarien und der bulgarischen Haltung bei den Vereinten Nationen nicht besteht. Bulgarien ist zur Zeit Mitglied des Sicherheitsrates. In dieser Eigenschaft ist es offenbar im März dieses Jahres ersucht worden, den Aufnahmeantrag ,der SBZ an die Vereinten Nationen zu übermitteln. Im übrigen fiel Beobachtern in New York auf, daß sich der bulgarische Sprecher in der Generaldebatte der Vereinten Nationen bei seiner Rede vor einigen Tagen jeglicher Angriffe gegen die Bundesrepublik Deutschland enthielt.
Die Bundesregierung ist der Ansicht, daß die Entwicklung der deutsch-bulgarischen Beziehungen im Interesse beider Länder liegt. Die Gespräche von Staatssekretär Lahr haben das bestätigt. Gleichzeitig bestand jedoch auf beiden Seiten Übereinstimmung darüber, daß eine Normalisierung der Beziehungen nur behutsam und schrittweise angestrebt werden kann.
Eine Zusatzfrage.
Herr Minister, wird die Bundesregierung die in meiner Frage aufgeworfene Problematik der Leistungen ohne Gegenleistungen auch im Hinblick etwa auf Jugoslawien überprüfen, das anläßlich des Ulbricht-Besuches Reden und Taten zuließ, deren eindeutig gegen die Bundesrepublik gerichtete Akzente nicht zu überhören waren?
Herr Kollege, die Grundsätze, die ich hier indirekt entwickelt habe, gelten natürlich ,auch dort.
Frage IV/8 des Abgeordneten Schultz ({0}) :
ist der Bundesregierung bekannt, wie oft sowjetische Hubschrauber die Hoheitsrechte der Bundesrepublik in letzter Zeit verletzt haben?
- Wird übernommen.
Im Jahre 1966 haben nach den dem Auswärtigen Amt bekannten Unterlagen zwei sowjetische Hubschrauber die Hoheitsrechte der Bundesrepublik Deutschland verletzt, und zwar am 14. Juni 1966 an der Demarkationslinie bei Heringen in Hessen und am 18. August 1966 bei Tann in Hessen.
Frage IV/9 des Abgeordneten Schultz ({0}) :
Sind Verhandlungen mit den NATO-Verbündeten geführt worden, um zu verhindern, daß sowjetische Hubschrauber im Zonenrandgebiet weiterhin die Demarkationslinie überfliegen?
Die Verbündeten Schutzmächte sind über Zwischenfälle dieser Art stets unterrichtet worden. Die zu ergreifenden Gegenmaßnahmen werden mit ihnen jeweils abgestimmt. Entsprechendwerden wir auch in Zukunft vorgehen. Die jüngsten Verletzungen unseres Luftraums durch SBZ-Hubschrauber sind ebenfalls gegenüber den Verbündeten zur Sprache gebracht worden.
Frage IV/10 des Abgeordneten Schultz ({0}) :
Was ist auf Grund der in Frage IV/9 erwähnten Verhandlungen geschehen?
Die Verbündeten haben bei dem Oberbefehlshaber der sowjetischen Truppen in der SBZ protestiert. Nach früheren Protesten konnte festgestellt werden, daß der Luftraum der Bundesrepublik Deutschland durch sowjetische oder sowjetzonale Hubschrauber längere Zeit nicht überflogen wurde.
Eine Zusatzfrage.
Herr Bundesminister, konnte man feststellen, ob es sich um ein Flugversehen handelte oder ein gewisses System darin gelegen hat, bewußt die Grenze zu verletzen?
So etwas ist nicht leicht mit Sicherheit zu sagen. Man kann das vielleicht an der Zahl der Fälle ablesen. Ich habe gerade gesagt, daß sowjetische Verletzungen unseres Luftraums zweimal im Laufe dieses Jahres vorgekommen sind. Im gleichen Zeitraum haben allerdings 13 Hubschrauber der SBZ unseren Luftraum verletzt, und zwar an verschiedenen Stellen. Ein sicheres Urteil über Ihre Frage ist jedoch nicht möglich.
Eine zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Rutschke.
Hat man feststellen können, wie tief diese SBZ-Flugzeuge in unseren Luftraum eingedrungen sind?
Darüber habe ich leider keine Unterlagen. Aber ich will auch diesen Punkt gern noch einmal ansprechen.
Ich rufe die Frage IV/11 des Abgeordneten Folger auf:
Ist es richtig, daß der Charterflug des Bundeskanzlers am 25. September 1966 nach Washington 140 000 DM gekostet hat?
Herr Präsident, die Antwort auf diese Frage lautet wie folgt. Die Kosten für den Charterflug des Herrn Bundeskanzlers und seiner Begleitung nach Washington und zurück haben 215 000 DM betragen. Angesichts der Tatsache, daß der Flug während der Hochsaison des Nordatlantik-Reiseverkehrs unternommen wurde, ist dies ein günstiger Preis, der dadurch ermöglicht wurde, daß der Hin- und Rückflug getrennt durchgeführt wurden. Wäre das Flugzeug in Washington geblieben, so hätte sich der Preis wesentlich erhöht.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Folger.
Herr Bundesminister, wäre die-Reise mit einem Linienflugzeug bei entsprechend früher Vormerkung und bei einer Einschränkung der Teilnehmerzahl nicht billiger gewesen?
Billiger vielleicht - richtiger nein!
Dann die Frage IV/12 des Abgeordneten Folger:
Welcher politische Nutzen hat sich für die Reise des Bundeskanzlers in die USA aus der Teilnahme der Gattinnen der Minister, der Gattin und Tochter des Bundeskanzlers sowie des Schwiegersohnes des Bundeskanzlers, eines Herrn Klotz, ergeben?
Die Antwort auf diese Frage lautet wie folgt. Der Herr Abgeordnete wird nicht erwarten, daß ich ihm in Mark und Pfennig den politischen Nutzen darlegen kann. Ich möchte aber darauf verweisen, daß es internationalen Gepflogenheiten entspricht, daß bei offiziellen Besuchen von Regierungsmitgliedern im Ausland die gastgebende Regierung gelegentlich auch Familienangehörige ihrer offiziellen Gäste einlädt, und ich glaube, die internationale Erfahrung lehrt, daß die Einbeziehung von Familienangehöri2940
gen häufig dazu beiträgt, Begegnungen besonders aufgeschlossen und freundschaftlich zu gestalten.
({0})
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Folger.
Herr Bundesminister, ist es nicht richtig, daß es sich um einen Arbeitsbesuch und nicht um einen Staatsbesuch gehandelt hat?
Die Unterscheidung ist sicherlich durchaus angebracht. Aber der Ablauf des Besuches zeigt, daß der amerikanischen Regierung daran gelegen hat, dem Besuch einen Charakter zu geben, der sich nicht auf den Arbeitsbesuch im engeren Sinne beschränkte.
Die zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Folger.
Herr Bundesminister, wenn die amerikanische Regierung nach Ihrer Meinung so großen Wert auf diesen Besuch gelegt hat, wie ist es dann zu erklären, daß sie den Empfang durch einen abgedankten Staatssekretär hat vornehmen lassen?
({0})
Was Sie ausführen, Herr Kollege, ist nicht sehr höflich gegenüber der Regierung der Vereinigten Staaten.
({0})
Herr Unterstaatssekretär Ball vertrat an diesem Tage den in New York bei den Vereinten Nationen weilenden Außenminister der Vereinigten Staaten, und das war völlig protokollgerecht.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Müller ({0}).
Herr Minister, könnten Sie uns zwar nicht genau auf Heller und Pfennig, aber doch ungefähr sagen, wie sich die Anwesenheit des Herrn Klotz auf die Aufgeschlossenheit der amerikanischen Regierung ausgewirkt hat?
Ich habe Ihnen gerade gesagt, Herr Kollege, daß man politische Effekte sehr schwer in Mark und Pfennig bewerten kann. Mein Urteil über diese Frage ist so, wie ich es Ihnen mitgeteilt habe.
Eine zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Müller ({0}).
Herr Minister, beabsichtigt die Bundesregierung, noch öfter das gute Wirken des Herrn Klotz in Anspruch zu nehmen?
({0})
Das geht, glaube ich, weit über die Möglichkeiten der Auskunft hier hinaus. Herr Klotz ist als Privatmann mitgewesen
({0})
und hat seinen eigenen Aufwand selbst getragen.
Keine weitere Zusatzfrage. Die Fragen IV/13, IV/14 und IV/15 sind vom Fragesteller zurückgezogen. Die Fragestunde ist zu Ende. Ich nehme an, meine Damen und Herren, daß wir in dieser Woche nur noch eine Fragestunde brauchen. Ich unterstelle, daß das Haus damit einverstanden ist, daß diese zweite Fragestunde morgen nachmittag stattfindet und daß dann am Freitagvormittag auf die Fragestunde verzichtet werden kann.
Damit komme ich zu Punkt 2 der Tagesordnung: Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung Der Herr Bundeskanzler hat das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte heute dem Hohen Hause über die Gespräche berichten, die ich am 26. und 27. September in Washington mit dem Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika in gewohnter Aufgeschlossenheit geführt habe. Es war dies unsere fünfte Begegnung. Die Gewißheit, daß wir mit unseren amerikanischen Freunden auch kontroverse Fragen in aller Offenheit besprechen können, ohne gleich befürchten zu müssen, daß unsere Freundschaft Schaden nimmt, ließ mich nicht zögern, diese Probleme in diesem Augenblick anzusprechen und den Versuch zu machen, sie einer Klärung näherzubringen.
Wieder einmal hat sich gezeigt, daß die regelmäßige Erörterung und Abstimmung in den Hauptfragen der beiderseitigen Politik nicht nur im Interesse der deutsch-amerikanischen Beziehungen, sondern auch im Interesse der Stabilität des Bündnisses liegen und daher unerläßlich sind. Die Botschaft, die mir Präsident Johnson nach meiner Rückkehr aus Washington übermittelt hat, ist ein Beweis dafür, daß unsere Begegnung auch in den Vereinigten Staaten als eine Verstärkung der Partnerschaft zwischen unseren beiden Ländern verstanden wurde.
Der Besuch vermittelte erneut die feste Gewißheit der Freundschaft und der sich intensivierenden Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten, nicht nur in den politischen Kernfragen, sondern auch auf wichtigen und neuen Gebieten der modernen technologischen, wissenschaftlichen und zivilisatorischen Entwicklung. Er bestätigte erneut die Übereinstimmung in der Bewertung der Deutschlandfrage, der Fragen der europäischen Einigung und der Fragen des atlantischen Bündnisses. In dem gemeinsamen Abschlußkommuniqué sind die Ergebnisse der Washingtoner Besprechungen bereits eingehend dargelegt worden. Sie sind Ihnen daher bekannt.
Ich darf mich deshalb heute darauf beschränken, einige wesentliche Punkte hervorzuheben. In un
serem Gedankenaustausch über Europa konnte ich feststellen, daß die amerikanische Europapolitik nach wie vor von dem Gedanken bestimmt wird, daß die Vereinigten Staaten zur Aufrechterhaltung von Freiheit, Sicherheit und Wohlstand in der Welt eines starken Partners in einem geeinten Europa bedürfen. Ich habe den Eindruck gewonnen, daß das amerikanische Interesse an der europäischen Einigung unvermindert groß ist und daß die Vereinigten Staaten alles daransetzen wollen, die Bande mit Europa zu vermehren und enger zu gestalten.
Ich habe meinerseits gegenüber meinen amerikanischen Gesprächspartnern das Ziel unserer Außenpolitik, die europäische Einheit zu festigen, erneut hervorgehoben und auf die jahrelangen deutschen Bemühungen auf diesem Gebiete hingewiesen. Die Notwendigkeit, Europa zu einen, wird meines Erachtens zukünftig wieder stärker in das politische Bewußtsein treten.
({0})
Die Bundesregierung läßt sich durch Hindernisse und Schwierigkeiten nicht entmutigen, und wir werden jede sich bietende Möglichkeit, Fortschritte zu erzielen, zu nutzen wissen.
Die Ost-West-Beziehungen und die Suche nach Möglichkeiten, sie zu verbessern, waren ebenfalls Gegenstand der Erörterungen. Präsident Johnson und ich waren frei von Illusionen über die Haltung der Sowjetunion. Aber wir waren uns auch darüber einig, daß wir - jeder im Rahmen seiner Möglichkeiten - nach Wegen zu einer Verbesserung der Beziehungen zur Sowjetunion suchen wollen. Wir stimmten darin überein, daß diese Politik keinen Selbstzweck darstellt, sondern nur dann sinnvoll ist, wenn sie in eine gesamteuropäische Lösung und in die deutsche Wiedervereinigung einmünden müsse. Deutschland hat ein unmißverständliches ureigenes Interesse daran, daß die Spannungen zwischen den Mächtegruppierungen abgebaut werden und ein Ausgleich erzielt wird, der es uns nicht zuletzt in Europa erlaubt, in einer der europäischen Geschichte und der geistigen Einheit entsprechenden Weise miteinander zu verkehren. Wenn wir alle anerkennen, daß eine Veränderung der bestehenden Verhältnisse nicht mit Gewalt erzwungen werden kann, dann wird deutlich, daß im Hinblick auf das erste vornehmste Ziel der deutschen Außenpolitik, nämlich die Wiederherstellung der Einheit Deutschlands in Freiheit, unser Bestreben darauf gerichtet sein muß, mit politischen Mitteln - und dazu gehört auch eine Politik der Sicherheit und der Abrüstung - eine von uns gewollte echte Friedensordnung in Europa zu erreichen.
Das deutsche Interesse gebietet, sich zu widersetzen, wenn der Versuch unternommen werden sollte, die Entspannung auf Kosten der deutschen Interessen zu realisieren.
({1})
Dieses ist nicht nur ein Gebot deutscher Politik und entspricht nicht nur dem Auftrag des Grundgesetzes, sondern wir dienen damit auch dem Interesse der ganzen freien Welt. Wir sind uns mit den
verbündeten Regierungen und insbesondere mit der Regierung der Vereinigten Staaten darin einig, daß eine dauerhafte Friedensregelung auf der Grundlage der bestehenden Verhältnisse nicht zu erreichen ist. Die Hoffnung, durch Vorleistungen, d. h. durch Opfer größten Ausmaßes, ohne Verbindung mit der Wiederherstellung der deutschen Einheit zu einem dauerhaften Frieden in Europa kommen zu können, ist gefährlich und trügerisch.
Die Bundesregierung ist konsequent bemüht, unseren Nachbarn im Osten verständlich zu machen, daß ein geeintes Deutschland nicht nur keine Gefahr für den europäischen Frieden, sondern im Gegenteil die Voraussetzung für eine Entwicklung darstellt, die Sicherheit und Wohlstand garantiert. Die Bundesregierung wird immer bereit sein, den berechtigten Sicherheitsinteressen aller unserer Nachbarn Rechnung zu tragen. Aber sie hat vor allem auch die Pflicht, darüber zu wachen, daß unsere eigene Sicherheit nicht gefährdet wird. Sie trägt die Verantwortung dafür, daß wir die Unverletzlichkeit unseres Landes und die Freiheit unserer Bürger gewährleisten können. Deshalb wird die deutsche Regierung den Wert der Vorschläge für Abrüstungs- und Sicherheitsvereinbarungen auch daran messen müssen, ob diese Vereinbarungen auch Deutschlands Sicherheit garantieren.
({2})
In diesem Zusammenhang erscheint mir die amerikanische positive Bewertung unserer Osteuropa-Politik - wie sie auch in dem Kommuniqué zum Ausdruck kommt - als besonders wichtig und ermutigend.
Bei der Erörterung der weltpolitischen Lage 'beschäftigte meine amerikanischen Gesprächspartner naturgemäß vordringlich die Sorge um die Entwicklung in Vietnam. Ich habe dargelegt, daß die Bundesregierung für die amerikanische Politik in Südostasien Verständnis hat und daß wir Südvietnam im Rahmen der für uns bestehenden Möglichkeiten vor allem auf humanitärem Gebiet unterstützen. Die Verteidigung dieses Bereiches durch die USA ist ein Beweis der Bedeutung, die die Vereinigten Staaten ihren internationalen Verpflichtungen beimessen.
({3})
Der amerikanische Präsident hat mir seine Dankbarkeit für unsere Haltung in der Vietnam-Frage ausgedrückt.
Bevor ich auf die Frage 'des Devisenausgleichs zu sprechen komme, lassen Sie mich einige Worte zu der Anwesenheit amerikanischer Truppen in Deutschland sagen. Ich habe in meinem Gespräch mit Präsident Johnson auch darauf hingewiesen, daß die Truppen unserer Freunde auf deutschem Boden nicht nur zu unserem Schutz, sondern auch zu ihrem eigenen und dein der anderen Bündnispartner stehen. Das atlantische Bündnis beruht auf Voraussetzungen, die in gemeinsamenethischen und politischen Grundlagen verankert sind. Es dient der Verteidigung der Freiheit aller Bündnispartner.
({4})
Ich habe dem Präsidenten zur Frage des Devisenausgleichs dargelegt, daß wir zu unseren Verpflichtungen stehen, daß wir aber größte Schwierigkeiten haben, das laufende Abkommen, welches uns zum vollen Ausgleich der Devisenbelastung durch Rüstungskäufe in den USA verpflichtet, in der vorgesehenen Frist bis zum 30. Juni 1967 zu erfüllen. Der Präsident hat Verständnis für unsere Schwierigkeiten gezeigt, gleichzeitig aber auf die Probleme hingewiesen, die für die amerikanische Zahlungsbilanz bestehen.
Wir suchen eine Lösungsmöglichkeit, die beiden Seiten annehmbar sein könnte, und zwar auf folgender Basis:
1. Wir werden uns bemühen, im Zusammenwirken mit der Bundesbank das laufende Devisenausgleichsabkommen zu erfüllen, soweit zahlungsbilanzwirksame Finanzregelungen in Frage kommen, wobei für Teilbeträge unserer Gesamtverpflichtung eine angemessene Stundung notwendig erscheint. Die Aufträge werden bis zum 30. Juni 1967 im großen Rahmen bezeichnet. Ihre förmliche Erteilung, Abwicklung und Bezahlung werden jedoch erst nach einem noch im einzelnen auszuarbeitenden Plan während eines längeren Zeitraums nach dem Stichtag erfolgen.
2. Für die Zeit nach dem Ablauf des jetzigen Abkommens sollten sich die Amerikaner ihrerseits auf Grund unserer Darlegungen damit einverstanden erklären, daß ab 1. Juli 1967 nur noch ein begrenzter Teil ihrer Devisenausgaben ausgeglichen wird und daß der Ausgleich in Zukunft auch nicht ausschließlich durch Rüstungskäufe stattfinden kann.
3. Die damit zusammenhängenden Fragen sollen in dem auch im Kommuniqué erwähnten Dreiergespräch zusammen mit Großbritannien erörtert werden.
Die Amerikaner waren noch nicht bereit, unserem Vorschlag für die zukünftige Regelung zuzustimmen. Sie wiesen darauf hin, daß man durch eine Festlegung der Höhe des zukünftigen Devisenausgleichs im gegenwärtigen Zeitpunkt dem Ergebnis der Beratungen der Dreimächtekommission vorgreifen würde.
Immerhin ist die amerikanische Seite - und darin sehe ich ein wichtiges. Ergebnis der Besprechungen - nicht im unklaren gelassen worden, daß wir uns in Zukunft nur noch einen Teil ihrer Devisen ausgaben auszugleichen in der Lage sehen. Wir werden indessen weiter um den devisenmäßigen Ausgleich des laufenden Abkommens bemüht sein. Wie das im einzelnen bewerkstelligt werden soll, wird zur Zeit geprüft.
Ich habe mit dem amerikanischen Präsidenten eingehend die Lage in der nordatlantischen Allianz erörtert. Wir sind uns darüber im klaren, daß die Maßnahmen, welche Frankreich hinsichtlich der zukünftigen Gestaltung seiner Beziehungen zum Bündnis getroffen hat, die NATO-Allianz vor große Schwierigkeiten stellt. Die Allianz wird diese Probe bestehen. Schwierig gestalten sich die Verhandlungen im NATO-Rahmen über den Auftrag der
französischen Truppen. Wir hoffen sehr, daß sich in den NATO-Verhandlungen bald eine Regelung abzeichnen wird. Soweit es sich um die bilaterale Regelung mit Frankreich handelt, so sind wir überzeugt, daß diese beiderseits befriedigend gestaltet werden kann.
Der Präsident und ich sind bei unseren Besprechungen zu der Auffassung gelangt, daß zwar eine akute Gefahr militärischer Konflikte in Europa gegenwärtig geringer erscheint, daß jedoch die Bedrohung, welche von dem ständig sich verstärkenden militärischen Potential der Warschau-Pakt-Mächte ausgeht, anhält. Dieser Bedrohung zu begegnen, ihr gegenüber ein Gegengewicht zu schaffen, das jede Fehleinschätzung des Verteidigungswillens der freien Völker ausschließt, ist nach wie vor die vornehmste Aufgabe der nordatlantischen Allianz. Sie ist und bleibt damit die entscheidende Voraussetzung für die Erhaltung von Frieden und Freiheit in diesem Teil der Welt.
Der Präsident und ich kamen überein, Gespräche unserer Regierungen über die Probleme der langfristigen Verteidigungsplanung im Zusammenhang mit der Devisenfrage aufzunehmen, zu denen auch die britische Regierung eingeladen werden soll. Hier handelt es sich um ein sehr komplexes Thema, um Fragen, die die ganze Allianz angehen. Wir sind in Washington davon ausgegangen, daß alle NATO-Verbündeten an der Behandlung dieser Fragen werden mitwirken wollen. Die Bundesregierung legt ihrerseits besonderen Wert darauf, daß alle Mitglieder des Bündnisses daran mitwirken, wenn für die Zukunft der NATO wichtige Entscheidungen getroffen werden. Hierbei geht es darum, die Bedingungen der Verteidigungsstruktur in den kommenden Jahren gründlich zu untersuchen. In diesem Rahmen werden auch das Problem der gerechten Verteilung der Verteidigungsaufwendungen und anderer vergleichbarer Lasten sowie die Auswirkungen von Truppenstationierungen auf die Zahlungsbilanzen der beteiligten Partner behandelt werden.
Angesichts der schweren Lasten, welche eine moderne Verteidigung in steigendem Maße den Völkern auferlegt, und angesichts der vielfältigen anderen ungelösten Aufgaben, welche der Menschheit gestellt sind, haben wir in Washington unser gemeinsames großes Interesse an einer baldigen Beendigung des Wettrüstens und an Fortschritten in der allgemeinen und kontrollierten Abrüstung bekundet. Das gleiche gilt für den gemeinsamen Wunsch, der Verbreitung von Kernwaffen in nationale Verfügungsgewalt ein Ende zu setzen. Sollte es hierüber zu bindenden internationalen Abmachungen kommen, so dürfen diese jedoch nicht das in der Charta der Vereinten Nationen verankerte Recht auf kollektive Selbstverteidigung beeinträchtigen.
({5})
Ich habe bei dem amerikanischen Präsidenten Verständnis für diese Gedankengänge gefunden. Wir sind beide der Ansicht, daß innerhalb des Bündnisses nukleare Arrangements getroffen werden sollten, um die nichtnuklearen Verbündeten angemessen an der nuklearen Verteidigung zu beteiligen.
Ich habe dem Präsidenten gesagt, daß wir nicht auf die Verwirklichung einer bestimmten Form dieser Gemeinschaftslösung drängen. Jedoch dürfte sich eine Lösung dieses Problems nicht in einer reinen Konsultation erschöpfen, sondern sie sollte den nichtnuklearen Partnern eine angemessene echte Mitverantwortung geben.
Was den bilateralen Bereich unserer Beziehungen betrifft, so haben wir vor allem die Möglichkeiten der Verstärkung einer Zusammenarbeit auf technisch-wissenschaftlichem Gebiet und insbesondere auf dem Gebiet der Weltraumforschung erörtert. Der amerikanische Präsident nahm sich trotz seiner außerordentlichen Beanspruchung die Zeit, mir die eindrucksvollen Einrichtungen von Kap Kennedy zu zeigen.
Selbstverständlich wurde der Deutschlandfrage bei meinen Gesprächen mit Präsident Johnson wiederum zentrale Bedeutung zuerkannt. Ich darf hier mit Genugtuung feststellen, daß der amerikanische Präsident erneut größtes Verständnis für die Schicksalsfrage des deutschen Volkes gezeigt und uns seine volle Unterstützung in der Wiedervereinigungspolitik zugesichert hat.
({6})
Wir waren uns darüber einig, daß einer Lösung der deutschen Frage auf der Grundlage des Selbstbestimmungsrechts aus Gründen der Menschlichkeit wie auch im Interesse eines dauerhaften Friedens in Europa großer und entscheidender politischer Rang zukommt und daß die Freiheit Berlins erhalten werden muß.
In dem Abschluß-Kommuniqué sind diese Grundsätze mit aller Klarheit formuliert und nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht der Bundesrepublik Deutschland, das gesamte deutsche Volk zu vertreten, unterstrichen worden.
Ich möchte diese Gelegenheit benutzen, noch folgendes zur Deutschlandfrage zu sagen. Sicher sind in der gegenwärtigen Weltlage die Perspektiven für die Wiedervereinigung unseres Landes nicht gut. Was können wir unter diesen Umständen tun? Ich meine, daß die Antwort nicht schwerfällt. Es reicht z. B. sicher nicht aus, daß wir an den Ostblock oder an die Weltöffentlichkeit oder an die Verbündeten appellieren und an diese die Forderung richten, sie sollten endlich für die Verwirklichung des Selbstbestimmungsrechts auch des deutschen Volkes Sorge tragen.
({7})
Wirksam werden solche Appelle nur dann sein können, wenn sie von einer ebenso überzeugenden Demonstration der eigenen Opferbereitschaft und des eigenen Willens zur Leistung begleitet werden.
Daß wir die Wiedervereinigung bisher nicht erreichen konnten, liegt indessen nicht an fehlenden Anstrengungen, an zu geringer Phantasie oder an nicht genutzten Möglichkeiten, sondern an der Haltung der Sowjetunion.
({8})
Bei einigen von uns scheint das zur Resignation zu führen, bei der Mehrzahl allerdings - und das ist an sich ein gutes Zeichen - zu einem immer stärkeren Drängen nach ihrer Verwirklichung.
Diese zunehmende Diskussion um die Schicksalsfrage unseres Volkes, besonders auch unter unserer Jugend, ist eine Tatsache, die auch andere Nationen beachten und in gerechter Weise würdigen sollten. Wir müssen uns aber davor hüten, im Übereifer oder aus Ungeduld wichtige Positionen aufzugeben oder wesentliche Elemente unserer Deutschlandpolitik zum Handelsobjekt zu machen.
({9})
Die Wiedervereinigung wird Opfer von uns fordern wenn auch unsere Opfer allein nicht ausreichen, sie herbeizuzwingen. Wir alle aber sind dazu aufgerufen: Kein Deutscher kann sich ausnehmen. Ich möchte deshalb an jeden einzelnen und an die Verbände und Organisationen in Deutschland appellieren, in ihrer politischen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen oder kulturellen Tätigkeit die Verpflichtungen gegenüber dem gewaltsam getrennten deutschen Volke zu erfüllen und bei jeder Handlung dieser Aufgabe eingedenk zu sein.
Wir wissen, daß das Ulbricht-Regime menschliche Empfindungen mißbraucht, um politische Ziele zu erreichen, die dem Willen der eigenen Bevölkerung zuwiderlaufen. Ich hoffe, daß die Führer der Sowjetunion endlich doch erkennen werden, daß sie sich und dem russischen Volk durch die Identifizierung mit dem Gewaltregime der Zone keinen Dienst leisten. Wir appellieren vielmehr an die Sowjetregierung, unsere humanitären Bemühungen zu unterstützen, die Freizügigkeit in Berlin wieder herzustellen, die Kontakte unserer Landsleute in der Zone mit uns wieder zu ermöglichen, vor allem aber dafür zu sorgen, daß der unmenschliche Schießbefehl an der Mauer und an der Demarkationslinie aufgehoben wird.
({10})
Lassen Sie mich abschließend meinen Bericht über die Gespräche, die ich mit Präsident Johnson geführt habe, unter Idem Gesichtspunkt ihrer europäischen und allgemeinpolitischen Bedeutung zusammenfassen. Deutschland und die Vereinigten Staaten verkörpern in ihrem Verhältnis zueinander einen wichtigen weltpolitischen Faktor. Wir erkennen unsere deutsche Position im größeren Zusammenhang des Verhältnisses Europas zu den Vereinigten Staaten. Die Bundesregierung ist nach wie vor - und sie weiß sich damit im Einklang mit dem ganzen Hohen Haus 'und der deutschen Öffentlichkeit - der Überzeugung, daß ,eine Politik, die die europäische Zusammenarbeit zu einem wesentlichen Element der Stärkung der freien Welt ,als einer unlösbaren Gemeinschaft ausgestalten will, zugleich den Rang und die Geltung Europas in der Weltpolitik erhöht.
({11})
Diese Überzeugung ist so fest und wohlbegründet,
daß auch die im Zuge eines Prozesses von weittragender geschichtlicher Bedeutung unvermeidlich
auftretenden Schwierigkeiten und Hindernisse uns nicht dazu veranlassen können, unsere Politik der intergrierten Verteidigung und die der europäischen Zusammenarbeit zu vernachlässigen oder gar preiszugeben. Wir wollen ein starkes Europa, wir wollen die europäische Einheit als Eckpfeiler der atlantischen Allianz auf der Grundlage eines engen Zusammenwirkens Frankreichs und Deutschlands.
({12})
Dasnordatlantische Verteidigungsbündnis bietet uns, unbeschadet offener strategischer Fragen die Gewähr, daß wir gegenüber übermächtiger Bedrohung nicht allein stehen. Angesichts unseres eigenen Beitrages zur Verteidigung der freien Welt und ihrer Ideale anerkennen unsere Verbündeten, daß wir in allen Fragen, die das Schicksal unseres Volkes heute und in geschichtlicher Sicht angehen, mitbestimmen.
Unsere Sache ist die der freien Welt. Wir haben darum in den Gesprächen mit unseren amerikanischen Freunden - und wir werden dies mit allen unseren Verbündeten auch weiterhin tun - die deutsche und nicht minder die europäische Sache zugleich vertreten.
({13})
Sie haben die Erklärung des Herrn Bundeskanzlers gehört. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Barzel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu den positiven Seiten der Arbeit dieses Hauses gehört es seit 'einiger Zeit, daß die Regierung alsbald nach wichtigen außenpolitischen Vorgängen dem Deutschen Bundestag berichtet und wir darüber diskutieren. Hierzu gehört auch, ,daß so die Debatten zu außenpolitischen Fragen konkreter werden und wir nicht mehr, wie früher, vorher lang anberaumte, lang vorbereitete und lang andauernde außenpolitische Debatten haben, sondern so mehr zur Selbstverständlichkeit und zum Realitätssinn kommen. Ich glaube, dies ist eine gute Seite ,der Arbeit dieses Hauses, die man gegenüber der einen oder anderen Kritik in der Öffentlichkeit auch zunächst einmal betonen sollte.
({0})
Der Herr Bundeskanzler hat von seinen Gesprächen in Washington berichtet. Wir danken dafür. Nun, um diese letzte Reise hat Sie niemand beneidet, Herr Bundeskanzler, nicht nur weil es um harte Dollars ging, sondern weil diese Reise in eine politische Landschaft stattfand, in der, wenn ich so sagen darf, der Reiz mehr in Dornen und Abgründen als in fränkischer Lieblichkeit bestand. Ich meine hier nicht nur die schwierige innenpolitische Situation - hier wie dort -, sondern vielmehr die politische Landschaft. Und wir legen deshalb Wert darauf, eben diese politische Landschaft anfangs präzise in einigen Konturen zu bezeichnen, damit man generell deutsche Politik gerecht zu würdigen vermag -, auch was das Ergebnis dieser Reise betrifft.
Erstens. Aus einsichtigen Gründen betreibt der ganze Westen, betreiben insbesondere die USA zugleich Sicherheitspolitik durch Abschreckung des potentiellen Gegners und Entspannungspolitik mit eben diesem Gegner. Dies ist offenkundig, dies ist vernünftig, und dies ist eine Folge der nuklearen Probleme und der Bedingungen des Weltfriedens heute. Durch den Krieg in Vietnam wird dies zugleich für die USA und ihre Position in Europa zu einer besonders schweren, täglichen Aufgabe, die viele Bereiche umfaßt, wie auch das Kommuniqué über das Ergebnis dieser Reise jedermann offenkundig macht.
Auch für die deutsche Politik gilt dieses Zugleich von Sicherheits- und Entspannungspolitik. Natürlich setzt die Entspannungspolitik - mein Kollege Birrenbach hat das in der letzten Debatte am 23. September hier unmißverständlich dargetan-Sicherheit voraus. Wir Deutschen - darauf wollte ich jetzt abstellen -, und zuerst in Berlin, wir spüren sofort und vital jede, auch jede geringfügige Änderung im Bereich der Sicherheit wie in dem der Entspannung. So sind wir existentiell nicht nur an beidem interessiert, sondern zuerst und direkt von den Folgen der Vorgänge in beiden Bereichen betroffen. So kommt es, daß wir, auch wir, zugleich eine Politik machen - machen müssen -, die auf der einen Seite mit dem Stichwort „Friedensnote" und auf der anderen Seite mit dem Stichwort „Wehrhaushalt und Devisenausgleich" zu bezeichnen ist. Ich meine, dies muß zunächst einmal so erklärt werden.
Das zweite Kennzeichen dieser Landschaft: unsere Sicherheit ist nur - wir haben dies immer wieder gesagt, aber es ist wichtig, es zu wiederholen - im atlantischen Bündnis mit den USA möglich. Der europäische Fortschritt aber, den wir nicht nur dringend wünschen, den wir einfach ganz unerläßlich brauchen, ist nur mit Frankreich möglich. Da diese beiden Punkte für die deutsche Politik ebenfalls zugleich gesehen werden müssen, bleiben uns für die deutsche Politik - ich glaube , die Redlichkeit gebietet es, dies hier einmal offen zu sagen Auswirkungen der Meinungsverschiedenheiten zwischen Paris und Washington auf uns leider nicht erspart. Seit dies so ist, ist die deutsche Politik objektiv erschwert. Wir legten Wert darauf, dies hier als Zweites zunächst zu bezeichnen.
Das Dritte. Wir leben in einer Welt, die Ruhe will, die viel Sympathie für den Status quo hat. Unsere Politik aber ist anspruchsvoll, so anspruchsvoll, daß sie Veränderungen will. Ja, wir wollen sie nicht nur, sondern wir müssen sie wollen, um das Recht wiederherzustellen, nämlich das Recht auf Freiheit im ganzen Deutschland.
({1})
Wer so anspruchsvoll ist, meine Damen und Herren, der kann nicht bequem sein.
Wir legen Wert darauf, wenigstens diese drei Merkmale der gegenwärtigen politischen Landschaft hier an den Beginn zu stellen; denn nur wer diese Bedingungen sieht, wird die objektiven Möglichkeiten unserer Politik heute und morgen richtig einschätzen und nur so zu einem gerechten Urteil hier
im Hause wie draußen kommen können über das, was ist, und das, was möglich ist.
Nun zu den einzelnen Punkten.
Erstens. Die Reise brachte erneut die Bestätigung, daß die USA die Wiedervereinigung Deutschlands
wie es in dem Kommuniqué heißt - als „eines der Hauptziele ihrer Politik" betrachten. Diese Feststellung ist, zusammen mit dem erneuten Bekenntnis zum Alleinvertretungsrecht der Bundesrepublik Deutschland, vor dem Hintergrund der gleichzeitigen Bemühungen der SBZ in New York, in der UNO und um die UNO herum von hohem und aktuellem Wert. Wir danken deshalb für diese Feststellung.
({2})
Das Zweite. In dem Kommuniqué heißt es - und das sollte man hier vorlesen -:
Ein geeintes Europa ist ein Grundelement westlicher Stärke und Freiheit und ein Bollwerk gegen den Geist der Rivalität zwischen den Nationen, der in der Vergangenheit so viel Unheil gestiftet hat. Sie
die Regierungen
betonten nachdrücklich, daß Europa und Nordamerika einer gemeinsamen atlantischen Welt angehören und ein gemeinsames Schicksal teilen. Deshalb bleibt es ein vitales Interesse ihrer Außenpolitik, die Bande zwischen Nordamerika und dem sich einigenden Europa zu vermehren und enger zu gestalten.
Meine Damen und Herren, wir hielten es für nötig, diese Sätze aus dem Kommuniqué zu zitieren. Sie sind nämlich mit der Zustimmung einer Weltmacht, die zur Zeit in Vietnam, außerhalb Europas, engagiert ist, zustande gekommen. Ich meine, daß dies eine Aufforderung an uns Europäer ist, uns zu überlegen, wann wir endlich erneut, durch Taten, unser vitales Interesse an der Vereinigung Europas beweisen und diese Vereinigung weiter vorantreiben können.
({3})
In diesen Zusammenhang gehört die Feststellung - ebenfalls nach dem Kommuniqué -, „daß die Einheit des Westens zum Verständnis zwischen Ost und West beitragen wird und daß die Integration Westeuropas und die atlantische Solidarität den Weg zu einer umfassenderen Zusammenarbeit bei der Förderung der Sicherheit und des Wohlergehens Gesamteuropas eröffnen können." Wir halten dies für einen besonders konstruktiven Gedanken und unterstreichen das deshalb so, weil es unsere Fraktion unlängst für richtig fand, ihren europäischen Willen zu betonen.
Ich möchte noch einmal sagen, wie unsere Meinung dazu ist:
Die politische Einigung der Staaten des Gemeinsamen Marktes mit offener Tür für den Beitritt anderer Staaten zu gleichen Bedingungen ist die Voraussetzung für die Lösung der großen Lebensfragen des europäischen Kontinents und eine Vorbedingung für seine politische, wissenschaftliche, technische und wirtschaftliche Stellung in der Welt der Zukunft.
Es gibt auch keine bessere europäische Sicherheitspolitik als die konsequente Arbeit für die Einheit Europas.
- Soweit ein förmlicher Beschluß unserer Fraktion von Anfang September.
Wenn wir nun diese Sätze des Kommuniqués sehen und uns an das erinnern, was der französische Staatspräsident bei seinem letzten Besuch hier über seine Reihenfolge - Entspannung, Verständigung, Zusammenarbeit - gesagt hat, was er gesagt hat über das ganze Europa und die Rolle eines ganzen Deutschland in diesem Europa, wenn wir dann diese Sätze sehen, die mit den USA zusammen verabredet sind, dann, meine Damen und Herren, sind hier lichtvolle Perspektiven, die den Ansatz für eine gemeinsame Politik für morgen ebenso enthalten wie die Möglichkeit, insoweit auch mit dem französischen Nachbarn erneut in ein Gespräch einzutreten.
Meine Damen und Herren, zum Dritten: Wir stellen mit Genugtuung und Freude fest, wie es auch der Herr Bundeskanzler eben getan hat, daß Fortschritt in den Fragen der zivilen Zusammenarbeit zu verzeichnen sind. Wir stellen dies mit besonderer Befriedigung fest, weil wir seit geraumer Zeit uns bemühen, diesen Problemen ihren besonderen politischen Rang zu geben. Ich möchte, damit das hier festgehalten ist, der guten Ordnung wegen an das erinnern, was für diese Fraktion in der Aussprache über die Regierungserklärung am 29. November 1965 gesagt wurde. Ich zitiere nur die wichtigsten Sätze hierzu:
Wir, die Deutschen, müssen drängen, aus der NATO mehr zu machen als einen militärischen Verband. Die wirtschaftliche Zusammenarbeit in der atlantischen Gemeinschaft kann noch intensiver werden.
Wir können aber noch mehr tun: Die einigende Klammer der gemeinsamen Angst ist durch Gewöhnung und Abschreckung gewichen. Wir brauchen eine neue Klammer: die des konstruktiven, friedlichen, fortschrittlichen, gemeinsamen Tuns.
Die Völker der atlantischen Gemeinschaft stehen doch alle vor ähnlichen gesellschaftspolitischen Problemen: vor Fragen der Bildung, der Ballung, des Verkehrs, des Städtebaus, der optimalen Sozial- und Wirtschaftsstruktur, vor Fragen des ökonomischen Wachstums, des verschmutzten Wassers, der unreinen Luft, des Lärms. Kurzum, wir alle stehen nicht nur gemeinsam vor der Frage, wie wir unsere Freiheit auch morgen miteinander sichern können; wir alle stehen zugleich vor der Chance, durch Gemeinsamkeit der Forschung, durch Austausch von Erfahrungen, durch Austausch auch von Menschen und Ideen enger zueinander und damit zugleich zu einem Mehr an Menschlichkeit und Rücksicht kommen zu können.
So im November! Und so beglückwünschen wir die Bundesregierung, daß dieser Beginn nun so sichtbar und erfolgreich gemacht werden konnte.
({4})
Wir freuen uns, daß auch die Anregungen zum Jugendaustausch und zu den technologischen Problemen von den USA offenkundig bereitwillig aufgenommen worden sind. Und wir meinen, meine Damen und Herren, daß auch in der atlantischen Gemeinschaft wir uns nicht nur mit den notwendigen Reparaturarbeiten beschäftigen sollten, sondern den Mut finden sollten, neue Straßen in ein friedlicheres Morgen, auch in der atlantischen Gemeinschaft, zu bauen. Aus diesem Denken ist diese Politik konzipiert, meine Damen und Herren.
Vor dem finanziellen Hintergrund der Probleme dieser Debatte möchten wir nochmals - wir haben es unlängst schon getan - die technologische Frage herausstellen. Sie ist ja im Kommuniqué angesprochen. Wir sehen, daß auch andere europäische Völker, z. B. die Italiener, diese Frage in der Allianz insgesamt zur Sprache bringen. Wir möchten noch einmal betonen: Wir sehen, wie die Mächte mit einer entwickelten Raumfahrt und mit starker nuklearer Position Ergebnisse der aus Steuermitteln betriebenen militärischen und staatlichen Forschung ihrer Industrie zur Verfügung stellen. Unsere Patent- und Lizenzbilanz ist negativ. Die Arbeitsteilung im Bündnis, Devisenhilfe und anderes zwingen uns, auch diese Fragen international auf den Tisch zu legen. Auch dies ist geschehen. Dies wird und muß weiter verfolgt werden. Auch insoweit wollen wir den Dank an die Bundesregierung hier ganz besonders unterstreichen.
Der Vierte Punkt: Es ist gut, daß unsere Position zum Problem Vietnam klar und unverändert ist. Sie bleibt: humanitäre Hilfe ja, militärisches Engagement nein. Wir unterstreichen, was der Herr Bundeskanzler hierzu sagte. In Vietnam wird die weltweite Gefahr ebenso deutlich wie das Stehen der USA zum gegebenen Wort. Ich meine, wir alle miteinander sollten von dieser Stelle den Friedensbemühungen des amerikanischen Präsidenten in Vietnam vollen und baldigen Erfolg wünschen.
({5})
Zum fünften. Unter dem Gesichtspunkt der atlantischen Sicherheit ist abgemacht worden, die künftigen Anforderungen an das Bündnis zu erörtern und grundsätzlich zu überprüfen. Dies soll auch - so verstehen wir das - zwischen den USA, Großbritannien und uns geschehen. Wir begrüßen die Feststellung - und legen besonderen Wert auf sie -, daß nach dem Kommuniqué an der Behandlung dieser Fragen alle NATO-Verbündeten mitwirken wollen. Diese Offenheit für alle halten wir für selbstverständlich und für wichtig. Denn wir erstreben weder einen besonderen Bilateralismus noch eine besondere militärische Position in der Allianz. Unser Ehrgeiz gilt anderen Dingen. Unsere Politik bleibt - wir haben es bei der ersten Debatte über die künftige Politik, nachdem die Franzosen ihre Politik zur NATO reformiert hatten,dargetan -: Sicherheit im Bündnis bei prinzipiell gleichen Rechten aller.
An ,diese Stelle gehört nun für uns - und wir als Fraktion der CDU/CSU legen großen Wert darauf - der Hinweis auf Frankreich. Frankreich ist unser Nachbar. Unser beider Schicksal ist unteilbar. Es sollte möglich sein, bald Klarheit über den Verbleib der französischen Truppen in Deutschland zu schaffen. Wir wünschen, daß sie bleiben. Die jüngste Erklärung des Herrn französischen Außenministers, „daß im Falle eines sowjetischen Angriffs auf Deutschland die französische Regierung zu ihren vertraglichen Bindungen stehe", sollte und könnte hier wohl manches erleichtern. Wir erinnern, wenn es um solche Fragen geht wie die jetzt hier angeschnittenen, auch an den deutsch-französischen Vertrag und daran, daß wir diese Zukunftsfragen auch miteinander, auch mit Frankreich, zu erörtern haben und erörtert zu sehen wünschen.
({6})
Und nun, sechstens, zu den finanziellen Dingen. Allem voran und in aller Form erklären wir: Unser Wort gilt. Wir stehen zu dem Wort, das unsere Regierung der Regierung der USA gegeben hat. Wir stehen dazu, so wie es gegeben wurde. Über die Modalitäten der Zahlung muß gesprochen werden, in der Regierung, mit dem Parlament und mit den Verbündeten. Unser Wort gilt; daran sollte kein Zweifel sein. Unsere Sicherheit steht auf dem Wort der USA. Deshalb möchten wir uns an dieser Stelle - und wir tun dies aus einer menschlichen Gesinnung - in aller Form für den Schutz durch die USA bedanken, dankbar sein für die Anwesenheit ihrer Truppen hier, dankbar den Bürgern der USA, die hier Dienst tun, und dankbar ihren Angehörigen zu Hause.
({7})
Wenn, wie wir hoffen, der Präsident der USA nach Deutschland kommen wird, dann wird er sich selbst davon überzeugen können, daß so das Volk, das ganze Volk denkt, und ich bin sicher, allen voran das Volk von Berlin.
Wir sagen noch einmal: Freiheit ist teuer. Sicherheit gibt es nicht umsonst. Atomschutz hat seinen Preis. Aus dieser Gesinnung, und allein aus dieser, müssen wir hier aber auch einiges anmerken. Auch wir haben ökonomische Probleme. Auch unserer Haushaltspolitik sind objektive Belastungsgrenzen gesetzt. Die Lage Deutschlands im Bündnis ist schon geographisch von besonderer Art. Hier muß politisch und ökonomisch Stabilität und sozialer Fortschritt bleiben, bleiben auch im Gesamtinteresse des Bündnisses. So meinen wir, daß vor langfristigen weiteren Verpflichtungen auch eine Erörterung unter uns hier noch notwendig ist. Wir wissen, in unsere Kassen fließen Dollars, welche die Truppen hier ausgeben. Wir sind bemüht und unterstützen die Bundesregierung dabei, diese Belastung der US-Zahlungsbilanz auch künftig zu erleichtern.
Wir wissen weiter, daß die Anwesenheit der US-Truppen in Deutschland nicht nur wichtig für Deutschland, sondern wichtig für alle Europäer ist. Wir wissen auch, daß die USA ein eigenes Interesse haben, sich selbst in Europa zu verteidigen, wie auch ein eigenes Interesse haben - aus eigenen politischen Gründen -, hier nicht nur militärisch anwesend, sondern stark anwesend zu sein.
Meine Damen und Herren, wir weisen darauf hin - und wir tun dies aus guten Gründen -, daß wir die Schwierigkeiten für den Dollar nicht durch eine bestimmte Goldpolitik verstärken, daß wir zusammen mit anderen das Pfund stützen, usf. Wir meinen, daß alles dies in diese Debatte gehört. Wir sind, auch deshalb und in aller Form, bereit, die Position der Bundesregierung zu unterstützen, und wir werden dazu bereit bleiben.
Nun siebentens zu der Frage der Non-Proliferation und den atomaren Problemen im Bündnis. Hierzu haben sich unsere Kollegen in der Debatte am 23. September unmißverständlich geäußert. Das gilt. Ich kann deshalb jetzt darauf verzichten. Aber ich möchte doch folgende Erwägung zur Debatte stellen.
Ich möchte, daß wir nicht - ich zitiere jetzt etwas den amerikanischen Vorschlag ({8}) behandeln, als sei er nie gemacht worden. Es kann sich also nur darum handeln, etwas Besseres zu finden und nicht unter Umständen durch unser eigenes Verhalten dazu beizutragen, daß überhaupt keine Lösung gefunden wird. Ich werde Vorschläge der Regierung sorgfältig prüfen, wenn sie auf dem Tisch liegen. Ich bin nicht bereit, heute schon zu sagen: Ich lehne einen Vorschlag ab, der noch gar nicht da ist, dessen Einzelheiten man nicht kennt.
Soweit Fritz Erler in der „Welt" vom 11. Dezember 1965 in einer Meldung, überschrieben: „SPD lehnt deutsche Beteiligung an nuklearem Waffensystem nicht ab - Erler und Wehner korrigieren Helmut Schmidt".
({9})
Meine Damen und Herren, ich will dies ganz sachlich als eine Frage an Sie hier weiter formulieren. Denn Herr Kollege Erler meinte weiter - ich zitiere dieselbe Stelle -, er habe immer die politische Lösung vorgezogen, aber er möchte nicht, daß die Deutschen dadurch, daß sie den kollektiven Mitbesitz ablehnten, wenn sie die bessere politische Lösung nicht bekämen, zum Schluß allein auf dem Trockenen säßen.
Die Proliferation geht weiter. Die ganze Welt rüstet atomar auf, und nur die Deutschen als die einzigen werden dann dadurch gebrandmarkt, daß sie ihre Sicherheit ausschließlich von den Entschlüssen anderer abhängig machen müssen. Das geht nicht. Deswegen möchte ich also, daß wir zunächst uns um das Bessere bemühen, aber nicht beim Schlechtesten landen.
Soweit, meine Damen und Herren, Fritz Erler.
({10})
- Ich fand es so gut, daß man es nicht besser sagen konnte.
Wir Deutschen haben auf diesem Gebiet vorgeleistet und sind Verzichte freiwillig eingegangen. Wir haben in der Friedensnote weitergehende eigene Vorschläge gemacht. Für uns bleiben alle militärischen Fragen allein solche der Sicherheit. Unsere Lage, wie unsere politische Substanz, wie auch heute schon sichtbare Fragen der Zukunft erlauben uns keine Verzichte ins Blaue.
({11})
Die erstrebte Partnerschaft zwischen den USA und Europa im Bündnis erfordert zumindest, daß diese Frage offen bleibt. Ich habe in einer früheren Debatte hierzu die Äußerungen des Präsidenten Kennedy zitiert. Ich kann es mir jetzt ersparen. Nur wenn die Debatte weitergeht, würde ich darauf zurückkommen.
Ich möchte nun auf die Frage an die Sozialdemokraten - und dies ist eine sehr wichtige Frage - hinsichtlich des Grades der Gemeinsamkeit und auch hinsichtlich der Unterstützung der Bundesregierung durch dieses ganze Haus in einer wichtigen Angelegenheit zusteuern. Um noch einmal den Sachverhalt darzustellen: Herr Kollege Erler hat bei der Aussprache, die wir am 30. November des vergangenen Jahres hatten, in einer Zwischenfrage, die er an seinen Fraktionskollegen Helmut Schmidt richtete, Wert auf die Feststellung gelegt, daß die Beschlüsse des Karlsruher Parteitages der Sozialdemokratischen Partei, gegen die sich unser früherer Kollege Brauer gewehrt habe, kein Wort über die MLF enthielten, sondern lediglich ja gesagt hätten zu einer atomaren Gemeinschaftslösung. Nun ist es vielleicht gut, den tatsächlichen Text der in Betracht kommenden Passage der Karlsruher Beschlüsse der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands hier noch einmal in Erinnerung zu rufen. Der Text lautet:
Die Sicherheit Europas verlangt angesichts der Reichweite und der Kosten moderner Waffensysteme eine enge Verflechtung des amerikanischen Verteidigungspotentials mit dem europäischen. Eine solche Verflechtung auch auf atomarem Gebiet würde die beste Gewähr dafür bieten, die weitere Ausdehnung der nationalen Verfügungsgewalt über Atomwaffen zu verhindern.
({12})
Deshalb hält der Parteitag eine von möglichst vielen Mitgliedstaaten des atlantischen Bündnisses getragene Gemeinschaftslösung der atomaren Verteidigungsprobleme für erforderlich, damit nicht das böse Beispiel nationaler Verfügungsgewalt Schule macht und die Allianz zerstört. Eine solche Gemeinschaftslösung, wie sie in der zur Zeit in Verhandlung begriffenen multilateralen Streitmacht angestrebt wird, ist infolgedessen ein wirksames Mittel, dem atomaren Wettrüsten entgegenzutreten und bessere Voraussetzungen für großräumige Vereinbarungen zur Verringerung der Gefahr eines atomaren Konfliktes zu schaffen.
({13})
So weit der Beschluß des Karlsruher Parteitages der SPD.
({14})
Ich nehme an, Sie werden mit Freude daran erinnert, meine Damen und Herren von der Opposition.
Der Herr Kollege Schmidt hat dann in der Debatte am 30. November ausdrücklich festgestellt, daß er unsere Forderung nach Teilhabe ,am nuklearen Entscheidungsprozeß durchaus unterschreiben könne, und er hat dann vier Punkte, die die SPD für zweckmäßig undmöglich hielte, hier vorgetragen. Ich will sie nicht noch einmal vorlesen; sich habe sie hier.
Und nun, meine Damen und Herren, ist die Aussprache, die wir am Freitag der vorvergangenen Woche, also am 23. September, vor der Reise des Herrn Bundeskanzlers, hatten, eben doch sehr interessant. Herr Kollege Schmidt hat - wenn ich 'es so ausdrücken darf - diesen damaligen Standpunkt weiterentwickelt. Er hat nunmehr die Forderung nach einem deutschen Vetorecht, die ereinen der Türöffner für eine Institutionalisierung gemeinsamer strategischer Planung des Westens nannte, an die Spitze gestellt. Die Amerikaner, so führte er aus, seien dabei, die Klausel, die auf eine Gemeinschaftslösung in der Allianz hinauslaufen sollte, auf eine reine Konsultativklausel einzuschränken. Wenn wir noch lange warteten, dann bekämen wir für einen deutschen Verzicht auf eine solche Klausel von den Amerikanern überhaupt nichts mehr. Die Forderung auf Mitbesitz oder auf Mitbestimmung, wie sie die Herren von Hassel und Schrader 'immer wieder aufgestellt hätten, sollten wir aufgeben.
({15})
Der Bundeskanzler solle in Washington sagen, er möchte dafür die Institutionalisierung deutscher Mitwirkung in der Planung im Bündnis und das 'deutsche Vetorecht haben.
({16})
Meine Damen und Herren, ich glaube aus sachlichen Gründen das einmal ausführlich und genau hier in die Debatte einführen zu müssen,
({17})
und ich bedauere, daß ich auch nicht umhinkann, den ersten Sprecher der Opposition, den Herrn Kollegen Erler, hier zu erwähnen. Es läßt sich doch nicht bestreiten, daß die Opposition seit dem Karlsruher Parteitag .in der nuklearen Frage einen größeren Weg zurückgelegt hat.
({18})
- Herr Kollege Wehner, Sie werden gleich das Vergnügen haben, auf eine sehr konkrete Frage, die ich noch immer vorbereite, zu antworten. Es scheint doch ein interessanter Punkt zu sein.
Ich finde also, daß sich in der Argumentation des Karlsruher Parteitages eine ganz vernünftige Ansicht niederschlägt. Wir wollen 'deshalb noch einmal die Unterscheidung in drei Punkten formulieren, und dann kommt die Frage, Herr Kollege Wehner.
Erstens: Es geht bei der Nichtweiterverbreitung der Atomwaffen darum, die Ausdehnung nationaler Verfügungsgewalt über Atomwaffen zu verhindern. Das ist unser Ziel, das ist immer deutlich geworden. Der Karlsruher SPD-Parteitag stellte zu Recht fest,
daß dafür in der atlantischen Allianz durch die Verflechtung des amerikanischen Potentials mit dem europäischen die beste Gewähr geboten wird.
Zweitens: Es kann und darf keine Täuschung darüber entstehen, daß eine Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen, so wie sie jetzt international verhandelt wird, noch nichts mit Abrüstung zu tun hat. Fortschritte in der Abrüstung scheitern bis zur Stunde an der Weigerung der Sowjetunion, in eine wirksame Kontrolle einzuwilligen. Wir bleiben aber bei der Erklärung, daß sich die Bundesrepublik jedem allgemeinen kontrollierten Abrüstungsschritt der Großmächte anschließen würde.
Und drittens, damit wir hier keine Popanze aufbauen: Das Kontrollsystem steht dann einer Rüstungsbegrenzung nicht im Wege, wenn diese dadurch als Entspannungsmaßnahme gekennzeichnet ist, daß mit ihr, eventuell schrittweise, Lösungen der politischen Probleme verbunden sind. Ich denke, dies ist eine klare Position. Und nun, Herr Kollege Wehner, habe ich eine Frage an Sie. Sie wie wir sind in einer wichtigen Institution, dem sogenannten Monnet-Komitee, dem Aktionskomitee für die Vereinigten Staaten von Europa, miteinander tätig. Wir alle erinnern uns sicher der denkwürdigen Sitzung vom 8./9. Mai des vergangenen Jahres in Berlin, und ich nehme an, wir alle erinnern uns gern der Beschlußfassung dieses Komitees. Darf ich aus dieser Beschlußfassung eine Passage, die hierzu gehört, vortragen. Es heißt in der Erklärung des Komitees, die wir miteinander erarbeitet, der wir miteinander zugestimmt haben:
Auf atomarem Gebiet ist es gegenwärtig nicht möglich, eine Partnerschaft zwischen Amerika und Europa auf der Grundlage der Gleichberechtigung zu verwirklichen. Das Aktionskomitee ist aber der Auffassung, daß die Länder Europas und die Vereinigten Staaten sobald wie möglich gemeinsam nach Mitteln und Wegen suchen müßten, um in einer Gemeinschaftsaktion schrittweise eine Situation herbeizuführen, in der die großen Entscheidungen gemeinsam getroffen und die Lasten verteilt werden. Auf diese Weise wird die atlantische Allianz gestärkt, die unerläßlich ist für die Erhaltung des Gleichgewichts, das zur Gestaltung einer dauerhaften Koexistenz zwischen Ost und West und einer schrittweisen und echten Abrüstung notwendig ist.
Herr Kollege Wehner, wir sind interessiert, zu hören, ob diese Position noch unsere gemeinsame Position ist. Diese Frage müssen Sie mir erlauben. Sie hier zu stellen ist im Interesse der Sache dringend geboten.
({19})
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluß. Das Kommuniqué über die Reiseergebnisse und der Bericht des Bundeskanzlers halten nicht nur fest, was gegenwärtig ist, sondern hier sind Möglichkeiten zu konstruktiven Fortschritten nach morgen eröffnet worden. Dafür danken wir. Der Herr Bundeskanzler hat eindringlich vom ganzen Deutschland gesprochen. Es bleibt unsere Pflicht - notfalls eine
unbequeme Pflicht -, nicht nur einseitige Maßnahmen zu verhindern, die vielleicht im „do ut des" Fortschritte zur Entspannung bringen könnten, sondern auch die Lösung der deutschen Frage, wenn auch schrittweise, in die künftige Gesamtpolitik des Bündnisses, wenn ich so sagen darf, einzuweben. Auch das muß Gegenstand der Gespräche mit den USA und Großbritannien sein; und weil dies so ist, brauchen wir, auch dafür, Frankreich.
Meine Damen und Herren, der Kanzler hat mit den Worten geschlossen, daß es um die Zukunft der Freiheit geht. Wir stimmen ihm zu, und wir meinen nach wie vor, die Zukunft der Freiheit wird zuerst in Europa, zuerst in Deutschland und zu allererst in der deutschen Hauptstadt, in Berlin, entschieden.
({20})
Das Wort hat der Abgeordnete Wehner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bis zu dieser Debatte hatten wir, wenn wir uns über den Verlauf und die Ergebnisse der Washingtoner Besprechungen orientieren wollten, das Kommuniqué. Seit heute haben wir einige Umrahmungen zu diesem Kommuniqué. Vor der Reise hat ein Mitglied dieser Regierung einen Artikel veröffentlicht, der schon durch die Überschrift „Mit Sorgen nach Washington" ausdrückte, was wohl alles im Lager der Regierung zu überlegen ist. Ich habe den Artikel mit Interesse gelesen - sicher andere auch -, wenn ich auch, damals schon, enttäuscht darüber war, daß die Lektüre nicht zu einer größeren Klarheit über die etwaigen tatsächlichen Absichten und Handlungen der Bundesregierung verhelfen konnte.
({0})
Ich könnte mir vorstellen, daß nach der heutigen Erklärung - ({1})
- Auf Sie, Herr Majonica, würde ich dasselbe Schlagwort anwenden, das Sie in Ihrer Fraktion gegenüber Leuten, die Interviews geben, anwenden, wenn Sie jetzt den Mund so aufmachen.
({2})
Nach dieser heutigen Erklärung könnte ich es verstehen, wenn der Autor, nämlich der Herr Bundesminister Dr. Krone, einen Artikel überschriebe: „Auch nach Washington in Sorgen". Das würde ich verstehen. Aber ich nehme an, er wird, weil die Regierung jetzt einmal zeigen muß, daß es drinnen so aussieht, wie es nach draußen scheinen soll,
({3}) wohl eher davon Abstand nehmen.
Bei der Stellungnahme zu den Erklärungen des Herrn Bundeskanzlers muß man das Kommuniqué, ich möchte nicht unhöflicherweise sagen: zu Hilfe nehmen, sondern zugrunde legen.
({4})
Ich bedaure, daß darüber hinaus, jedenfalls für mich
- beim Lesen kann man es vielleicht mit der Lupe entdecken -, nichts Zusätzliches für dieses Haus oder, wie es der Herr Bundeskanzler zu nennen pflegt, „vor diesem Kreise" zum Ausdruck gebracht worden ist.
({5})
- Schämen Sie sich der Worte Ihres Bundeskanzlers?
({6})
- Protestieren Sie gegen die Worte Ihres Bundeskanzlers?
({7})
In diesem Punkt verstehen wir uns doch hoffentlich.
({8})
- Ja, sicher, entschuldigen Sie mal!
({9})
- Eine Goldwaage gibt es hier überhaupt nicht. Aber dieses Wort wird lange nicht vergessen sein, zumal es jetzt dem ganzen Parlament angehängt wird, weil es sich das angeblich habe bieten lassen, wie ich es kürzlich in einer Fernsehsendung, die nicht gerade sehr fair war, gehört habe.
({10})
Ich kann nichts damit anfangen, wenn der Herr Bundeskanzler hier in Umrahmung der Worte des Kommuniqués von Demonstrationen des eigenen Willens und der Leistungen spricht und wenn er dann davon spricht, daß die Wiedervereinigung Opfer erfordern wird und daß kein Deutscher sich davon ausnehmen kann. Da denke ich an eine Debatte, die wir am 12. Januar in diesem Hause geführt haben. Ich habe mir damals, weil zum soundsovielten Mal das Wort „Opfer" gefallen war - damals aus dem Munde des Herrn Bundesministers des Auswärtigen -, erlaubt zu fragen, was darunter denn eigentlich zu verstehen sei. Er in seiner großen Höhe hat damals - nach langer Überlegung und nachdem die Debatte einige Zickzacks gemacht hatte - gesagt, er sei bereit, über die Nützlichkeit der Konkretisierung des Begriffes „Opfer" zu diskutieren.
({11})
Er wird sich daran wohl noch erinnern. Heute werden wir wieder mit „Opfern", von denen sich niemand ausnehmen könne, konfrontiert. Ist nun der Herr Bundesminister des Auswärtigen bereit, seinem Bundeskanzler beizustehen und hier über die Konkretisierung oder wenigstens über die Nützlichkeit der Konkretisierung dieses Begriffs zu reden?
({12})
Und nun gleich, damit Sie, Herr Barzel, sich nicht enttäuscht fühlen - denn Sie haben sich natürlich
große Mühe gegeben mit diesem Gag, von dem Sie glaubten, es wäre einer -:
({13})
wenn Sie hier und in dem Zusammenhang ({14})
- Das will ich Ihnen genau sagen, hören Sie mal! Sie können doch nicht Ihre Bauchgrimmen auf uns übertragen! Uns kriegen Sie doch nicht in die Irritation.
({15})
- Was menschlich ist, wissen Sie am besten; denn es „menschelt" bei Ihnen nur so in jedem Kommuniqué und in jeder Rede.
({16})
Wir möchten nur genau wissen, was darunter zu verstehen ist. Wir halten uns bescheiden und nüchtern an die Tatsachen.
({17})
- So große Worte, wie Sie sie zur Bemäntelung kritischer Situationen gebrauchen, wenden wir nicht an. Da liegt unser Unterschied.
({18})
Nun noch einmal zu Herrn Barzel. Herr Barzel, es ist eine Geschmacksfrage, hier in diesem Zusammenhang und mit dem Vorteil dessen, der vorher redet, einen Trumpf ausspielen zu wollen unter Berufung auf ein Komitee, dem wir gemeinsam angehören. Sie werden vielleicht wissen - ich bin nicht sicher -, daß ich es zusammen mit meinem Freund Ollenhauer auf unserer Seite und mit Ihrem Parteifreund Kiesinger von der CDU-Seite mitgegründet habe.
({19})
- Nun ja, gut! Sie sind kürzlich auch dort - es ist gut, daß auch von Ihnen mal wieder jemand drin ist
- mit dabeigewesen.
({20})
Und wenn es sich um diese Resolution handelt -, sicher, gegen dieses ölige Pathos setze ich harte Tatsachen, nichts anderes.
({21})
Wenn Sie hier glauben, den Mann, der diesem Komitee den Namen gibt, den ich verehre und mit dem ich seit 15 Jahren in diesem Bereich eng zusammenarbeite, in diese Debatte bringen zu können, um der SPD etwas anzuhängen, damit man von Ihnen wegguckt, so muß ich Ihnen sagen, das klappt nicht. Ich stehe zu jedem Wort.
({22})
- Ich spreche die ganze Zeit zur Sache; denn das war ja eine Sache.
({23})
- Sie werden es nicht erreichen, daß Sie mich hier herunterschreien. Das können Sie nicht.
({24})
Ich wußte, daß Sie heute nach Ihren Fraktionsgeschichten etwas Besonderes zu leisten für notwendig hielten. Aber immerhin, kommen Sie, machen Sie das! Es wird Ihnen nichts helfen, und es wird der Sache, um die es geht, leider auch nichts nützen.
({25})
- Bleiben Sie auf dem Teppich! Dann kommen wir alle zur Sache.
({26})
Hier geht es darum, daß Sie über einen Tatbestand reden, zu dem in der Regierung selbst drei unterschiedliche Auffassungen bestehen, die Sie zu verdecken versuchen, indem Sie fragen: Wo ist denn die der SPD? Die der SPD steht in den Beschlüssen der Parteitage! Die verdecken wir nicht. Dazu brauchen wir nicht solche Überschriften wie: „Mit Sorge nach Washington" oder „Nach Washington auch noch Sorgen" und ähnliche Erläuterungen.
Sie waren so freundlich, hier einen Teil dieses Beschlusses zu zitieren; Sie kommen immer, wenn es sich um sozialdemokratische Dinge handelt, erst später dahinter, was sich vielleicht daraus machen ließe.
({27})
Wir haben in dem Karlsruher Beschluß erklärt, daß die Bundesrepublik Deutschland auch ihren Beitrag zur Solidarität der Verteidigung auf diesem besonderen Sektor leisten muß. Wir haben uns für die Verflechtung der Verteidigungsvorkehrungen aller Waffensysteme ausgesprochen. Wir haben geschrieben, daß eine solche Verflechtung auch auf atomarem Gebiet die beste Gewähr dafür bieten würde, die weitere Ausdehnung der nationalen Verfügungsgewalt über atomare Waffen zu verhindern. Darauf kam es uns nämlich an. Und hier gibt es eben kleine Unterschiede zu gewissen Auffassungen in Ihrer eigenen Regierung, nämlich in der Frage, wie es eigentlich mit etwas mehr oder etwas weniger nationaler Verfügungsgewalt bestellt ist. Deshalb, so schrieben wir, hält der Parteitag - der von Karlsruhe - eine von möglichst vielen Mitgliedstaaten des atlantischen Bündnisses getragene Gemeinschaftslösung der atomaren Verteidigungsprobleme für erforderlich, damit nicht das böse Beispiel nationaler Verfügungsgewalt Schule macht und die Allianz zerstört. Ich nehme an, daß es dafür und für die Begründung einer solchen Sorge inzwischen leider beachtliche Beispiele gegeben hat.
Wir haben weiter erklärt, daß eine solche Gemeinschaftslösung, wie sie in der zur Zeit in Verhandlung begriffenen multilateralen Streitmacht angestrebt wurde, infolgedessen ein wirksames Mittel
darstellt, dem nationalen Atomwettrüsten entgegenzutreten und bessere Voraussetzungen für großräumige Vereinbarungen zur Verringerung der Gefahren eines atomaren Konflikts zu schaffen. Es muß sich dann aber um eine Gemeinschaftslösung handeln. Eine nur bilaterale Vereinbarung dient diesem Zweck nicht und wird daher abgelehnt. Das war immer unser Standpunkt. Ich fürchte sehr - ich will dabei gar nicht in Peinlichkeiten hineinleuchten -, daß bei den Diskussionen und Beratungen hinter den Kulissen diese Frage von mancher Seite, nicht nur von einer, eben doch in den Begriffen solcher eigentlich bilateralen Sache vielleicht verbrämt durch die eine oder andere sonstige Gruppe gedacht wird.
Aber die Situation ist nicht mehr dieselbe, wie sie zu jener Zeit war, in der die Atommächte westlicherseits solche Bereitschaften erkennen ließen. Ich habe mir erlaubt, das hier schon in der Debatte vor Ihrer Washingtoner Reise zu sagen. Es wäre zuviel verlangt, Herrn Barzel gebeten zu haben, sich das anzusehen, was wir da gesagt haben; denn er war ja nicht gegenwärtig, was ihm nicht vorgeworfen werden soll. Nur muß ich jetzt nicht noch einmal vorlesen, was wir in Dortmund auf Grund der nun inzwischen durch uns nicht verschuldeten Sachlage für notwendig und möglich gehalten haben, damit die deutsche Politik - das ist ein Beitrag, den wir in der deutschen Politik leisten - nicht in die gefährliche Situation kommt, über eine Sache zu reden - und so zu tun, als wäre sie noch möglich -, die längst abgefahren ist, und dabei andere Möglichkeiten, die wir nutzbar machen müssen, zu versäumen. Darum geht es.
({28})
Sie fragen hier, wo es denn in diesem Punkt noch Gemeinsamkeiten gibt. Da habe ich eine Gegenfrage zu stellen: Sagen Sie mir deutlich, ob es in Ihrer Regierung noch drei unterschiedliche Auffassungen gibt, nämlich die des Herrn Bundesministers des Auswärtigen, die etwas differenzierte des Herrn von Hassel, der ja noch in der Regierung ist, und die des Herrn Bundesministers Krone. Und dann sagen Sie mir, ob Sie eine haben, die wir schwarz auf weiß sehen und prüfen können! Dann wollen wir weiter sehen. Dann wird es interessant.
({29})
Bis dahin ist das zu billig.
Ich möchte Ihnen noch etwas sagen. Ich weiß doch, daß Sie sich Mühe gegeben haben, und das soll auch gelohnt werden. Der Bundeskanzler hat im vorigen Jahr einige Male - es war während des Wahlkampfs, womit das nicht abgewertet wird; aber ich habe es damals so verstanden, und ich stehe nicht an, es heute noch zu sagen - eine sehr glückliche Wendung gefunden. Er hat sinngemäß gesagt: Wir Europäer wollen sicher sein, daß wir mit denselben Waffen geschützt werden, die uns bedrohen. Das ist eine Sache, die voll zu unterschreiben ist.
Ich habe bedauert, daß in der Regierungserklärung desselben Bundeskanzlers, Professor Erhards, diese mir glücklich erscheinende Passage nicht mehr enthalten war, sondern eine weniger gute. Das können Sie nachlesen; ich will das nicht zitieren.
Gestatten Sie eine Frage des Herrn Abgeordneten Barzel?
Nein.
({0})
- Hören Sie einmal, Sie müssen uns nach Ihrer gestrigen Sitzung doch nicht beweisen, daß Sie tüchtig sind; das wissen wir doch!
({1})
- Nein, nein, hier geht es um diese Frage. Ich nehme doch nicht an, daß Herr Barzel mich jetzt nach einigen Passagen des Fernsehinterviews des altehrwürdigen Altbundeskanzlers und Ehrenvorsitzenden der CDU fragen wollte, der in dieser Sache zum Kommuniqué gesagt hat: Ja, was habe ich davon, wenn diese Fragen offengelassen werden? Das müssen Sie unter sich ausmachen und nicht mit mir.
({2})
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?
({0})
Nein, danke.
({0})
- Wissen Sie, was Sie glaubten hier machen zu können? Eine Spekulation auf die psychologisch erprobte Wirkung des Begriffes „Verzicht" auf den deutschen politischen Normalverbraucher! Das haben Sie versucht, und das werden Sie wohl weiter zu treiben versuchen. Sie wollten sagen: der Verzicht auf etwas, was noch nicht endgültig ausgeschlossen erschien. Sie machen den bewährten Versuch, den vor Ihnen schon andere gemacht haben
- auch nicht neu -, mit diesem Begriff „Verzicht"
jemandem ein Mal aufzubrennen: das sind diejenigen, die verzichten wollen auf etwas, was uns eigentlich eigens zustünde.
({1}) Mit Politik hat das aber nichts zu tun.
({2})
Ich sage Ihnen noch einmal: geben Sie mir zweierlei, geben Sie mir die Versicherung, daß erstens jener Satz des Herrn Bundeskanzlers - wenn er ihn sich wieder heraussuchen wird, kann er ihn ja noch einmal kontrollieren - aus der Zeit des Wahlkampfes, nämlich daß die Europäer sicher sein müßten, mit denselben Waffen geschützt zu werden, wie es die sind, die sie bedrohen, nur zufällig in der Regierungserklärung gefehlt hat und daß es zweitens über diesen Satz und das, was er praktisch politisch und strategisch bedeutet, in der Regierung nicht
drei unterschiedliche Meinungen gibt, sondern eine,
mit der wir uns konfrontieren, befassen und der wir
nähertreten können. Dann ist die Sache in Ordnung.
({3})
Wir haben erklärt, daß die Strategie des Bündnisses für uns unter allen Umständen von lebenswichtiger Bedeutung ist und daß sich daraus die Forderung auf volle Beteiligung an der Planung ergibt. Wir haben weiter erklärt, daß sich die deutsche Beteiligung auf eine wirksame gemeinsame Planung beschränken könne, daß die Gemeinschaftslösung des nuklearen Problems auf die abrüstungspolitischen Notwendigkeiten Rücksicht nehmen müsse und daß ein deutscher Mitbesitz an Nuklearwaffen nicht erforderlich sei und auch nicht von uns gewollt werde, wenn nämlich das andere gewährleistet sei. Schließlich: die Bundesrepublik trägt besondere Verantwortung für das Überleben des ganzen deutschen Volkes. Ihre Regierung muß daher ein Vetorecht ausüben können, wenn die Auslösung nuklearer Waffen verfügt werden soll, die auf deutschem Boden stehen oder gegen Ziele auf deutschem Boden gerichtet sind. Das steht im Einklang mit dem Bild, das wir uns nach Vorliegen einer Sachlage, mit der wir allein fertig werden mußten, weil Sie uns ja nicht helfen Sie haben drei unterschiedliche Meinungen -,
({4})
zu machen hatten.
({5})
- Das habe ich hier gerade gesagt; ich gebe Ihnen das noch einmal privat, weil Sie
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten von Merkatz?
Nein.
({0})
Jetzt zu dem, was die Reise erbracht hat. Das Kommuniqué sagt - und der Herr Bundeskanzler hat es heute hier noch einmal unterstrichen -, der Meinungsaustausch habe zu grundsätzlicher Übereinstimmung in allen wichtigen Fragen geführt. Darüber ist die Feststellung getroffen und heute noch einmal erhärtet worden, daß zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Nordamerika auch weiterhin volle Gemeinsamkeit der Interessen in allen die internationale Sicherheit berührenden Fragen bestehe.
Ich möchte die Gelegenheit benutzen, hier zu sagen: es ist gut, wenn diese Feststellungen so haben getroffen werden können. Es bleibt die Frage, wie sich das in der konkreten Politik praktisch auswirken wird und was Sie zu tun bereit und imstande sind, damit es sich in der konkreten Politik auswirkt.
Der Herr Bundeskanzler hat heute besonders auch jenem Teil des Kommuniqués einige unterstreichende Sätze gewidmet, der sich mit dem Problem der Wiedervereinigung als einem Ziel auch der amerikanischen Politik befaßt. Im Kommuniqué steht - ich greife das gern wieder auf -, daß die Wiedervereinigung Deutschlands eines der Hauptziele der Außenpolitik der Vereinigten Staaten von Amerika sei und daß die Lösung der deutschen Frage auf der Grundlage des Selbstbestimmungsrechts und aus Gründen der Menschlichkeit wie auch im Interesse eines dauerhaften Friedens in Europa von entscheidender Bedeutung sei. Es ist auch festgestellt worden - wir wollen das besonders festhalten -, daß man sich darüber einig gewesen ist, daß die Freiheit Berlins erhalten werden muß und die Berlin-Frage nur im Rahmen der friedlichen Wiedervereinigung Deutschlands gelöst werden kann. Ferner ist unterstrichen worden, daß es das Recht und die Pflicht der Regierung der Bundesrepublik Deutschland - als der einzigen frei gewählten Regierung des deutschen Volkes - sei, bis zur Wiedervereinigung Deutschlands für seine Gesamtheit zu sprechen und seine Belange, wie es hier heißt, zu vertreten.
Wir, die parlamentarische Opposition, haben - auch nachdem der Herr Bundeskanzler hier durch seine Erklärungen einen Text gegeben hat, den wir nun neben das Kommuniqué legen können - die Frage: Was soll und was wird geschehen, damit die Vereinigten Staaten von Amerika ihre Grundsatzerklärung in konkrete Bemühungen zur Lösung der deutschen Frage und zu Schritten, die in diese Richtung führen, umsetzen? Das ist eine Frage, die sich immer wieder stellen wird, weil man von den Grundsatzerklärungen allein eine Änderung des Sachverhaltes und der zu pessimistischen Betrachtungen führenden Entwicklung nicht erwarten kann.
({1})
- Ich ,stehe nicht an, zu sagen, daß es einen hohen Wert hat, daß das drinsteht. Ich mache aber in dem Zusammenhang nur darauf aufmerksam, daß diesem Hause der Herr Bundesminister des Auswärtigen seit dem 12. Januar - um das nächstliegende Datum zu nehmen - bis heute schuldig ist, überhaupt darüber zu reden, ob es nützlich sei, den Begriff des Opferns und dessen, was man tun soll und kann, konkreter zu fassen.
Der Herr Bundeskanzler hat - auch das ist anerkennenswert - vor einem Klub in Washington am 27. September eine Rede gehalten, die wir auch im Wortlaut bekommen haben. Ich muß nur sagen: das sind leider - wenn auch sehr gut gemeinte - Allgemeinplätze gewesen. Ich frage mich, ob damit für den Zweck, auf ,den es dabei ankommt, mehr hat erreicht werden können als etwa mit der anderen Rede, die einer der Kollegen - es ist mein verehrter Vorredner gewesen - in den Vereinigten Staaten am 17. Juni gehalten hat, über die es bis heute nach den sensationellen Startsignalen mehr Schweigen im Walde als bei einer Rede sonst gibt.
Sowohl im Kommuniqué als auch in der Erklärung des Herrn Bundeskanzlers ist darauf hingewiesen worden - und mehr als hingewiesen worden -, daß
1 zwei wichtige Anforderungen - ich muß hier den
Ausdruck nehmen, der drinsteht - unserer Zeit die seien: die Einheit des Westens und die Verbesserung der Ost-West-Beziehungen, beide in einen Zusammenhang gestellt. Es ist interessant - das war nicht immer so -, daß in dieser Richtung gedacht wird.
Es ist dabei betont worden, daß Europa und Nordamerika ein gemeinsames Schicksal teilen und daß es deshalb ein vitales Interesse ihrer Außenpolitik sei, die Bande zwischen Nordamerika und - da heißt es nun - dem sich einigenden Europa - beim Bundeskanzler kommt es nicht so scharf heraus - zu vermehren und enger zu gestalten. Ich wäre froh, könnten wir feststellen, daß dieses Europa schon ein sich einigendes Europa wäre. Wir haben leider in dieser Beziehung in den vergangenen Jahren ziemliche Krisenerscheinungen nicht nur registrieren, sondern auch versuchen müssen, in einem bestimmten Rahmen zu halten und zurückzudrängen.
({2})
- Nein, nein, wir sprechen über Deutschlandpolitik und nicht darüber, was dann für Ihre nächste Fraktionssitzung interessant sein kann, wie man es besser machen muß.
({3})
In dem Kommuniqué heißt es weiter, in den Ost-West-Beziehungen solle fortgefahren werden, dem weitverbreiteten Wunsch nach Überwindung der Spaltung Europas und Deutschlands Rechnung zu tragen -das hat der Bundeskanzler heute mit Recht besonders hervorgehoben -, ohne die ein dauerhafter Friede nicht gesichert werden kann; dabei sollte man sich bemühen, Wege zu finden, um die erstarrten Fronten der Vergangenheit zu überwinden.
Meine Damen und Herren, richtig verstanden würden wesentliche Teile ,dessen, was über die Washington-Reise und die Gespräche verlautet und heute hier noch einmal wiedergegeben worden ist, bedeuten, daß eine konstruktive Zusammenarbeit des Westens zur Verbesserung der Ost-West-Beziehungen nutzbar zu machen sei; das ist eine wesentliche Sache. Das kann nicht Block gegen Block geschehen; darüber sind die meisten hinaus, sofern solche Ansichten zeitweilig eine Rolle gespielt haben.
Aber in der Tat ist es leider so, daß sich das lockert - mitunter sogar löst, nämlich auflöst -, was in diesem Kommuniqué, in dieser Erklärung der Washingtoner Gespräche die Einheit des Westens genannt wird. Da kommen wir zu dem Problem, daß wir mit Frankreich leben müssen und daß die französische Regierung ganz erklärt anderslautende Auffassungen über Europa und europäische Zusammenarbeit hat, als es die erklärten Auffassungen der anderen in der Gemeinschaft sind.
In Washington ist - der Herr Bundeskanzler hat das heute mit Recht noch einmal in Erinnerung gerufen - die Note der Bundesregierung vom 25. März als eine konstruktive Initiative begrüßt worden. Aber ich habe da auch gefunden - und ich hoffe, daß es in diesem Punkt endlich weniger
Zögern, weniger Mißverständnisse und mehr Zusammenwirken in der Austragung von unterschiedlichen Auffassung gibt -, daß deren Gedanken weiterentwickelt werden sollen und müssen. Denn daß man einmal eine Note geschrieben hat, die eine konstruktive Initiative darstellt und als solche gesehen worden ist, das reicht ja nicht. Jetzt geht es darum: welche Möglichkeiten? Ich hätte es für normal gehalten, wenn über einige dieser Möglichkeiten - mit all der staatsmännischen Zurückhaltung, die natürlich dem Regierungschef und seinen Ministern völlig unbestritten bleiben muß , wenn einiges über die Gedanken der Regierung in dieser Richtung hier wenigstens angedeutet worden wäre. Wir sind da leider zu kurz gekommen.
Dann kommt das ganze große Kapitel der atlantischen Sicherheit. Dabei ist - der Bundeskanzler hat es heute noch einmal ausdrücklich wiederholt- die Entschlossenheit bekräftigt worden, die Stärke der Allianz und ihre integrierte Verteidigung aufrechtzuerhalten und sie den Anforderungen anzupassen, die in den nächsten Jahren an das Bündnis gestellt werden. Das ist eine ganz inhaltsschwere Feststellung. Ob sich jeder, der sie liest - soweit er deutsch versteht -, dessen bewußt ist, was da alles drinsteckt und was eigentlich noch alles. geschehen muß, damit daraus ein Stück Politik werden kann, das will ich hier nicht öffentlich unter Zweifel stellen. Ich glaube aber, das darf man wohl einmal denken. Wir jedenfalls in Deutschland haben es über das hinaus, was hier festgestellt wird, mit dem Problem zu tun, wie wir die Stärke der Allianz - darunter verstehe ich ihre Wirksamkeit, nicht einfach nur ihre Stärke in eingemotteten oder sonst liegenden Verteidigungsmitteln -, also ihre Wirksamkeit gewährleisten helfen können, obwohl wir ein Mitglied der Allianz, Frankreich nämlich, haben, das nicht mehr an der Vorbereitung der Verteidigung in integrierter Weise mitwirkt. Es geht also um die Frage, was wir tun können, um es so in Beziehung zur Allianz zu bringen oder in Beziehung zu halten - hier zögere ich, muß man jetzt sagen: „zu bringen", oder kann man noch sagen „es in dieser Beziehung zu halten"? -, daß auch sein Potential, seine Leistungsfähigkeit zur Stärke und damit zur Wirksamkeit der Allianz beiträgt. Das ist das entscheidende Problem, vor dem die deutsche Politik steht. Darüber sagt natürlich das Kommuniqué nichts. Ich werfe der Regierung nicht vor, daß darüber das Kommuniqué nichts aussagt; denn es ist ein Kommuniqué zwischen der Regierung oder dem Präsidenten der Vereinigten Staaten und der Bundesregierung oder ihrem Kanzler. Nur, hier wäre heute der Ort gewesen, darüber vor dem frei gewählten deutschen Parlament einige erklärende Sätze zu sagen
({4})
zu dem, was wir ganz speziell zu leisten haben, wenn der Begriff „Stärke der Allianz und ihre integrierte Verteidigung aufrechterhalten" für uns Deutsche und auch für die französische Nachbarn entschlüsselt werden soll. Und er muß entschlüsselt werden. Das geht nicht mit ein paar freundlichen Worten.
Ich habe hier in der Debatte - es war am 17. März - neben anderen, die hier gesprochen haben - es war damals wegen des französischen Aide-mémoire -, darüber gesprochen. Ich habe sowohl im Hinblick auf das, was mit „Sicherheit" zu bezeichnen ist, als auch im Hinblick auf das, was im Zusammenhang mit diesem Sicherheitsrahmen auf die Deutschlandpolitik zu beziehen ist, versucht, deutlich zu machen, was der Schritt Frankreichs aus dem Integrationsverband der NATO bedeutet, nachdem wir vorher schon die Krise in der Europäischen Gemeinschaft gehabt hatten. Ich erinnere mich noch, daß der Bundesminister des Auswärtigen damals sagte, er sei immerhin dankbar, daß auf die Entstehungsgeschichte einiger Rechtsgrundlagen bei dieser Gelegenheit aufmerksam gemacht worden sei. Heute ist hier, ich glaube, von meinem verehrten Vorredner, ein Punkt erwähnt worden, der damals ganz bestimmt angeleuchtet worden ist und wozu ich auch einige Versuche, zu konstruktiven Lösungen beizutragen, gemacht habe; aber später bin ich nie wieder danach gefragt worden.
Es ist hier das Problem der Anwesenheit der französischen Truppen auf dem Boden der Bundesrepublik Deutschland angesprochen worden. Das ist eines der Teilprobleme, mit denen wir es zu tun haben, wenn wir nicht einfach nur so „hineinschlürfen", was dieser Punkt - Entschlossenheit, „die Stärke der Allianz und ihre integrierte Verteidigung aufrechtzuerhalten" - für unsere praktische deutsche Politik in jeder Beziehung bedeuten kann. Das also möchte ich, nachdem der Herr Bundeskanzler sich darüber nicht ausgelassen hat und nachdem sich auch - das kann ich verstehen; denn er hatte sich etwas anderes vorgenommen - mein verehrter Vorredner von der Fraktion der CDU/CSU nicht weiter ausgelassen hat, doch noch einmal zur Erörterung stellen.
Wir haben damals über die Rechtsgrundlagen gesprochen. Wir haben damals darüber gesprochen, daß das eine wesentliche Sache ist nicht nur für die Sicherheit, sondern auch für die Deutschlandpolitik, weil das eng miteinander verknüpft ist. Ich will mich hier nicht zitieren. Ich will auch nicht aus den Protokollen vorlesen, die wir damals mit Recht hier zitiert haben, weil wir uns gegen eine bestimmte Auslegung dieser Verträge in der Französischen Nationalversammlung abgrenzen mußten; es ist damals bei der Annahme der Verträge, bei der es unterschiedliche Stimmen gab, einheitlich festgestellt worden, daß wir uns gegen diese Interpretation abgrenzen mußten. Nun, auf alles das ist, wie so üblich - weil es eine Regierung ist, die natürlich viel mehr weiß und die auch viel mehr zu tun hat -, später nie mehr eingegangen worden. Ich stelle die Frage hier wiederum. Bis heute weiß man zwar - das haben wir gelesen -, daß die Bundesregierung einen General ernannt hat, der seinerzeit beauftragt war, die territorialen Interessen gegenüber den französischen Truppen zu wahren oder wahrzunehmen. Inzwischen lesen wir auch ab und zu einmal eine mehr oder weniger feuilletonistische Betrachtung darüber, daß dieser General nun also im Hauptquartier des Herrn General Massu lebe. Und Soldaten verstehen sich natürlich untereinander. Es wäre ja auch ganz schlimm, wenn sie das nicht täten. Aber politisch ist damit nichts erreicht und kann man eigentlich auch nichts heraushören.
({5})
Warum ist man an die Arbeitshypothese nicht herangegangen? In Berlin sind die französischen Truppen auf einer ganz anderen Rechtsgrundlage, als es die anderen sind, die auf Grund des Stationierungsvertrages hier sind. Warum sollte es nicht möglich sein, darüber nachzudenken und auch Modelle dafür zu finden, wenn die französischen Truppen dort sind und dort aus dieser Rechtsgrundlage heraus auch bleiben, für den Nachschub, für die Ablösung, für das, was für solche auf einer Insel befindlichen Truppen notwendig ist, vertragliche Abmachungen zu treffen, die die anwesenden Truppen in eine rechtlich einwandfreie Stellung hier in der Bundesrepublik bringen? Das halte ich für wichtiger als die sicher auch nicht unwichtigen Beteuerungen, wir wünschten, daß sie hier blieben.
Ich glaube, das hat die Regierung versäumt. Vielleicht hat sie andere Überlegungen gehabt - ich fürchte, sie hat sie gehabt -, aber das waren keine tauglicheren Überlegungen. Ich habe jedenfalls manchmal einiges davon gehört. Nur, diesen Punkt hat sie sich nicht zunutze gemacht. Wir haben damals gefordert - und ich wiederhole das heute mit stärkerem Nachdruck und jetzt über das Problem der Truppen hinaus zum Gesamtproblem Deutschland-Frankreich und im Zusammenhang mit dem, was bei der Washingtoner Reise und in dem Kommuniqué und heute nachmittag vom Bundeskanzler unterstrichen in bezug auf „Stärke der Allianz und die Aufrechterhaltung einer integrierten Verteidigung" gesagt worden ist, weil wir hier etwas haben, das sich nicht mehr mit der integrierten Verteidigung deckt -, den Versuch zu machen, jemanden, der sich der Integration aus Gründen, die seine Gründe sind und die wir nicht billigen, entzogen hat, nunmehr dennoch, weil er der Allianz weiterhin angehören will, dazu zu bringen, daß er das Seine dazu leistet, daß die Wirksamkeit der Allianz nicht gemindert, sondern, wenn es geht, weiter gestärkt wird. Wir haben damals gefordert und fordern es auch jetzt wieder, die französische Regierung laufend zu unterrichten über die Überlegungen - wir nehmen an, daß das auch im Zusammenhang mit den Washingtoner Gesprächen geschehen ist oder noch geschehen wird -, die Möglichkeiten des deutsch-französischen Freundschaftsvertrages nutzbar zu machen für die Konsultation und für die Erörterungen in diesen so schwierigen Fragen.
In dem Zusammenhang befasse ich mich kurz mit dem Problem, das man das Problem des Devisenausgleichs nennt. Sie müssen, meine Damen und Herren, dafür sorgen, daß unsere Regierung eind Mißdeutung aus der Welt schafft, als ob das Dreierkomitee so eine Art Dreierdirektorium der NATO sei, sein wolle oder sein könne, in dem der Platz Frankreichs sozusagen durch die Bundesrepublik Deutschland ersetzt oder besetzt worden ist. Ich erfinde mir das nicht. Sie wissen ganz genau, daß in ausländischen Blättern erörtert, glücklicherweise
auch von anderen ausländischen Blättern in denselben Ländern bestritten wird, daß das unsere Intention sei. Wir, glaube ich, haben ein gemeinsames Interesse daran, daß dieser Mißdeutung jedenfalls unsererseits überhaupt keine Nahrung gegeben wird und daß wir versuchen, sie aus der Welt zu schaffen.
({6})
Ich will das noch, einmal verdeutlichen. Sie haben heute hier davon gesprochen, daß es im Kommuniqué heißt, daß bei den Arbeiten, die diesem Dreierkomitee aufgetragen werden sollen, an der Behandlung dieser Fragen - so heißt es da - alle NATO-Verbündeten mitwirken wollen. Das bitte ich hier bei dieser Gelegenheit zu verdeutlichen; es muß verdeutlicht werden. Werden sie es denn können? Sofern der Ausdruck „wollen" hier richtig gewählt ist und nicht vielleicht aus sprachlichen Verschiedenheiten nicht ganz korrekt ist: Werden sie es können? Das soll deutlicher werden. Werden Sie sie einladen, und werden Sie die Arbeit so anlegen, daß sie alle mitwirken können? Ich habe den Eindruck, es besteht kein Gegensatz zwischen Ihrer Seite und unserer Seite in diesem Punkt: daß Sie versuchen wollen, daß die 15 - vielleicht sind es dann für gewisse Dinge nur 14 -, soweit sie überhaupt dafür interessiert werden können, mitwirken und daß dabei weder die Mißdeutung weiter um sich greift, dieses Dreierdirektorium sei etwas mehr als eine Stelle, wo über Devisenausgleich gesprochen werden soll, noch daß - das ist nicht unser Interesse - die Vorstellung besteht: Nun laßt die im Dreierkomitee unter sich, da geht es ja nur um Gelder, über Gelder haben wir nicht zu befinden. Hier ist ein schwieriger Punkt. Es könnte ja sein, daß die Devisenausgleichsprobleme sich so in den Vordergrund drängen oder gedrängt werden, daß nur die drei sich schließlich mit dem ganzen Rest zu befassen haben.
Dann noch einige speifische Fragen, auf die sicher noch hier in der Debatte von meinen Kollegen eingegangen wird. Zu den Devisenausgleichsfragen wird die Bundesregierung mehr sagen und mehr belegen müssen, als sie bisher getan hat. Wir haben ein Anrecht darauf, die Texte zu sehen, mindestens - wenn Sie sie nicht allgemein verbreiten wollen - in den Ausschüssen, und wir stellen diese Forderung hier.
Was bedeutet z. B. für unseren Haushalt jener Satz, die Bundesrepublik Deutschland werde ihr Bestes tun, um dem laufenden Devisenausgleichsabkommen nachzukommen? Als ich das las, habe ich gesagt: Das ist sicher nicht übersetzt, sondern das ist echt Bundeskanzlersprache: „werden ihr Bestes tun, um dem laufenden Devisenausgleichsabkommen nachzukommen".
({7})
Nur, was verstehen die USA darunter? Was wir darunter verstehen? Ich meine, wir müssen uns daran gewöhnen, daß wir mit solchen Ausdrücken eben fertig werden müssen.
({8})
- Ich hätte erstens mal den Finanzminister mitgenommen.
({9})
Dann hätte ich ihn vorher das definieren lassen, damit man nicht mit so einem Pfannkuchenausdruck „ihr Bestes tun" nachher festklebt. Das hätte ich bestimmt versucht. Ich möchte nur wissen, wenn wir uns schon fragen, was das bedeutet: Was bedeutet das für die Vereinigten Staaten?
Bitte, sagen Sie doch: Was bedeuten denn die Meldungen in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vom Samstag über Schuldverschreibungen? Was bedeutet denn jene dpa-Meldung vom 4. Oktober: Regierung erwägt fünfjähriges neues Devisenabkommen mit den USA? Sie müssen sich da deutlicher äußern. Dafür reichen das Kommuniqué und der Rahmen, den wir heute für das Kommuniqué zum Aufhängen bekommen haben, nicht aus.
Ich muß weiter zu dem Problem „Sicherheit" und zu der Unterrubrik „Praktizierung des Devisenausgleichs" noch einiges sagen. Ist eigentlich der Bundesminister der Finanzen nur eine Art von Zahlmeister, wenn auch über sehr qualifizierte Summen? Sollte er in dieser Sache nicht engagiert werden, und hätte er nicht schon engagiert werden sollen, so wie er für die deutsch-britischen Dinge engagiert worden ist? Kann er sich im Kabinett oder in der Koalition nicht durchsetzen in Fragen dieser Art? Muß er deswegen den Dingen ihren Lauf lassen? Ist es dann aber richtig, wenn man sagt: dafür habe ich keine unmittelbare Verantwortung, möge sie der andere tragen!? Geht da am Schluß nicht manches zu Bruch, was man verhüten könnte?
({10})
Wie ist denn gewährleistet, daß die Entscheidung über Zahl und Stärke der hier stationierten Truppen von NATO-Partnern nach Maßgabe der Sicherheitsbedürfnisse gefällt wird, der Sicherheitsbedürfnisse, die einzig und allein maßgebend sein können und dürfen? Jetzt liest man in den Zeitungen, wieviel Zig-Tausende in der und in anderer Uniform in den nächsten Jahren hier sein werden. Ich finde, einer Verringerung der Truppenzahl muß in jedem Fall der Schritt vorausgegangen sein, der darauf hinzielt, eine gleichzeitige, den gleichen Umfang habende Verringerung der Truppen beider Seiten, des Ostens und des Westens, zu erwirken. Das ist bis jetzt wohl nicht gemacht worden. Es ist deklariert worden; wenn es mehr gewesen wäre, müßte man fragen: woran ist es gescheitert, wie verhindert es eigentlich die Bundesregierung, daß der Westen mit der Begründung von Zahlungsschwierigkeiten Truppen abzieht, wenn der Osten dies nicht tut? Was soll dann unsere ganze quälerische Erörterung über Sicherheit unter uns, wenn in dieser entscheidenden Frage ganz andere Gesichtspunkte als maßgeblich betrachtet werden?
Wir haben in der Debatte vor Ihrer Abreise nach Washington durch meinen Kollegen Schmidt einige Vorschläge gemacht. Sicher, wir sind es gewöhnt, daß Sie Vorschläge zunächst einmal nicht erkennbar aufnehmen. Aber wir bringen diese Vorschläge in Erin2956
nerung. Wir haben uns nämlich, sofern Sie Verpflichtungen eingegangen sind - und Sie sind ja diesem Hause noch schuldig, deutlich zu machen, welche Verpflichtungen Sie mit welchen Verbindlichkeiten tatsächlich eingegangen sind -,
({11})
angeboten, mitzudenken und auch mitzutragen, soweit das für eine Opposition möglich ist, bei dem Bemühen darum, daß die Verpflichtungen auf anständige Weise eingehalten werden und wir uns dabei doch nicht mit Dingen eindecken müssen, die uns belasten. Das ist vorgeschlagen worden, und das muß ich jetzt wiederholen. Wir bitten, daß weiter darüber geredet wird.
Sie haben sofort nach Ihrer Rückkehr den Bundeshaushalt 1967 im Kabinett verabschiedet, jedoch ohne - jedenfalls für uns, die wir in die Details nicht hineinsehen können - erkennbare Konsequenzen bezüglich der von Ihnen übernommenen Verpflichtungen. Es wird noch darüber zu sprechen sein, wie Sie das eine mit dem anderen in Einklang bringen wollen.
In der Tat geht es um das schwere Problem -von dem wir heute kein Wort gehört haben - der Neubewertung der gesamtstrategischen Situation des Bündnisses,
({12})
und die kann nicht in einem noch so qualifiziert zusammengesetzten - ich sage das ohne Ironie - Komitee von dreien, sondern kann nur und muß von den fünfzehn zusammen - mit der erschwerenden Erscheinung, daß einer von den fünfzehn sich der Integration entzogen hat, aber der Allianz weiter angehören will - geleistet werden. Bei den dreien wird sich wohl ergeben, daß ,die Devisenausgleichsfrage nur auf der Grundlage der Beurteilung der strategischen Situation gelöst werden kann.
Man sollte - ich sage es noch einmal - aus bündnispolitischen Erwägungen Fehldeutungen ausräumen. In der von mir schon in Erinnerung .gebrachten Debatte vom 17. März hat der Herr Kollege Dr. Barzel gesagt: soviel NATO wie notwendig und soviel Kooperation mit Frankreich wie möglich. Ich habe damals versucht, das auch für die über das Militärische hinausgehenden, aber damit verbundenen Probleme der Deutschlandpolitik nutzbar zu machen. Soviel NATO wie notwendig, d. h. also integrierte NATO, und soviel Kooperation mit Frankreich wie möglich; denn da kann man nicht „notwendig" sagen, dazu können wir den anderen nicht - ({13})
- Ja, da haben Sie völlig recht, man kann ihn nicht zwingen. - Das ist die Frage. Wir haben das wiederholt angeregt.
Wir haben inzwischen auch wiederholt darüber gesprochen, daß es - abgesehen von den Schwierigkeiten, die wir innerhalb der europäischen Gemeinschaft haben, und auch abgesehen von denen innerhalb der nordatlantischen Verteidigungsorganisation, wo sich unser Standpunkt mit dem der französischen Regierung nicht decken kann, wo wir mit den anderen Partnern versuchen müssen, so viel wie möglich von den Gemeinschaften und den Organen zu halten und zu retten - doch manche Gebiete gibt, in denen man einiges zu zweit machen kann. Ich habe inzwischen den Eindruck, daß sich auch noch andere Herren aus anderen Fraktionen darüber nicht nur Gedanken, sondern auch Vorschläge gemacht haben.
Mich hat einmal der Außenminister etwas spöttisch angeguckt - aber das fällt nicht aus dem Rahmen -, weil ich einmal gesagt habe, mein Kollege Erler habe hier diesen und jenen Vorschlag gemacht, und ich möchte ihn in Erinnerung rufen und will einen dazu machen. Gut, wir sind, gemessen an dem Sachwissen der im Besitz aller Informationen Befindlichen, selbstverständlich im Nachteil. Aber das habe ich bis heute nicht verstanden, wieso Sie solche Anregungen auf die Dauer einfach mit Schweigen übergehen. Das verstehe ich nicht.
({14})
Da komme ich noch einmal zu den Truppen. Um das wieder aufzurollen: Denken Sie daran, daß der amerikanische Präsident Kennedy, als damals die Mauer errichtet war und jene schreckliche Stimmung war: Was wird da noch kommen, was bedeutet das alles?, einige Tage darauf eine Brigade nach Berlin rollen ließ. Warum sollte man nicht in Erinnerung an dieses und in Erinnerung an das mehr alltägliche Ablösen für die Anwesenheit der französischen Truppen und ihre vertragliche Regelung eine Form finden, die sich - und das wäre gar nicht einmal schlecht; das wäre sogar sehr symbolhaft - um Berlin gruppiert? Das brauchen wir ja wohl. Es ist auch mit Recht gesagt worden, daß man alles tun muß, um das zu erhalten.
Ich glaube, es ist notwendig, diese Kapitel der Abrüstung, der Rüstungsbegrenzung und der Rüstungskontrolle in eine engere Beziehung - jetzt nicht textlich, sondern inhaltlich - zu den Fragen der atlantischen Sicherheit zu bringen. Im Kommuniqué und in den Ausführungen des Bundeskanzlers ist das leider nicht geschehen. Das Kommuniqué kann das auch nicht; es kann kein Roman werden. Aber man muß sie sachlich in Beziehung zueinander bringen. Da meine ich, die deutschen Bewegungsmöglichkeiten in diesen Bereichen, in den Bemühungen um Abrüstung, um Rüstungsbegrenzung und um Rüstungskontrolle, müssen wesentlich größer werden, müssen wesentlich verbessert werden. Wir müssen jenes starre Korsett aufgeben, daß wir zwar immer wieder erklären, bei allgemeinen Abrüstungsabkommen machten wir mit, aber, wenn es sich um regionale und andere Rüstungsbegrenzungen und Kontrollmaßnahmen handelt, nein sagen.
Die bisher starrste Form fand ich seinerzeit in der Regierungserklärung 1961. Wenn Sie das mal nachlesen, werden Sie finden, wie weit das schon damals von der Wirklichkeit entfernt war. Sie werden es heute besser verstehen als damals. Ich würde es niemandem vorwerfen, wenn er für sich selber im stillen Kämmerlein feststellte: Das war wirklich nicht geeignet. Lassen Sie es uns heute unter andeWehner
ren Einsichten wegtun und ersetzen, damit wir eine größere Beweglichkeit auf diesen Gebieten bekommen!
Wir müssen das, was über Abrüstung, Rüstungsbegrenzung und Rüstungskontrolle gesagt wurde, auch in eine Beziehung zu dem bringen, was es an Möglichkeiten der Zusammenarbeit auf dem technisch-wissenschaftlichen Gebiet gibt, wovon das Kommuniqué nach Washington Notiz genommen hat, wie man es andererseits mit den Notwendigkeiten unseres industriellen Fortschritts in Verbindung bringen muß. Ich erinnere mich daran, daß mein Freund Willy Brandt vor über einem Jahr nach einem Besuch von Kap Kennedy - es kommen so manche nach Kap Kennedy - einmal deutlich gemacht hat, wie wichtig es für den technischen und wissenschaftlichen Fortschritt in unserer Industrie sei, daran zu partizipieren, was in der Weltraumforschung und in anderen Gebieten, die uns nicht offenstehen, abfällt, - um es einmal laienhaft zu sagen.
So möchte ich auch dem Tribut zollen, wovon mein Herr Vorredner einiges gesagt hat, wenn ich es auch noch ein bißchen anders meine: dem nämlich, daß das, was über Jugendaustausch zwischen den beiden Ländern darinsteht, vielleicht doch, wenn man es in Beziehung bringen kann zur wissenschaftlichen Zusammenarbeit, zu den eben genannten Gebieten der Forschung, es vielleicht doch möglich macht, viel Positives dabei zu erreichen. Wir haben ja mit Frankreich eine entsprechende Einrichtung. Vielleicht wäre es auch ein Ausweg - wenn auch nur füreine kleine Summe - in bezug auf einen Devisenausgleich. Für Frankreich haben wir ja feste Summen, jährlich soundsoviel Millionen. Warum sollte man nicht in bezug auf deutsch-amerikanischen Jugendaustausch etwas finden, das auch zum Devisenausgleich, wenn auch nur für einen kleinen Teil, beitragen kann! Aber entscheidend ist ja das, was beim Jugendaustausch für das gegenseitige Kennenlernen und für das Nichtaufkommenlassen von Stimmungen, die heute leider in vielen Staaten Europas modern geworden sind, herauskommt.
Ein paar Worte möchte ich noch zu einem Punkt sagen, der mir sehr kurz gekommen zu sein scheint, zu dem Gewicht, das durch einige Ausdrücke in dem Kommuniqué den Bemühungen um die Kennedy-Runde verliehen worden ist. Wenn es so ist, daß beide Seiten sich über die Bedeutung klar sind - wie das aus ihren Worten hervorgeht -, dann sollten beide Seiten auch bereit sein, aus der Feststellung Konsequenzen zu ziehen. Ich zitiere die Feststellung: daß die europäischen Gemeinschaften und die Vereinigten Staaten von Amerika jetzt - hier ist das „jetzt" zu unterstreichen - vor der entscheidenden und schwierigsten Phase dieser Handelsverhandlungen stehen. Die müssen endlich einmal aus der Kleinkariertheit nur innenpolitischer Betrachtung heraus. Sie müssen betrieben werden unter dem Druck, unter dem wir tatsächlich stehen. Die Zeit ist uns schon viel zu weit davongeeilt. Wir müssen dafür sorgen, in dieser Zeit mit den anderen - mit der anderen Gemeinschaft, der Kleinen Freihandelszone, und auch den übrigen - klarzumachen, so
klarzukommen, daß Amerika an dieser KennedyRunde Gefallen findet und nicht sagt, man ist es leid, daß diese Diskussionen sich so lange 'hingezogen haben.
In diesem Zusammenhang beklage ich nun und sage ich - weil ich mich im einzelnen jetzt nicht damit befassen kann -, daß es ungut ist, wie z. B. der Herr Bundesminister des Auswärtigen eine Kleine Anfrage der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion gestern hat beantworten lassen. Eine Anfrage, die jeder hat lesen können, mit elf konkreten Fragen wird von dem Minister in drei von ihm selbst gefundenen Klischee-Antworten, ohne daß auch nur eine der 'Fragen, dei wir gestellt haben, mit einer wirklichen Antwort beehrt wird, abzutun versucht. Herr Minister, Sie können Ihre innere Unsicherheit nicht durch Klischee-Antworten uns gegenüber verdecken oder kompensieren.
({15})
Sie werden jede dieser Fragen in einer Großen Anfrage - wohlbegründet - wiederbekommen. So gehen Sie mit uns nicht um!
({16})
Worum es hier insgesamt geht, das ist sehr schwer, und auch im Ringen der unterschiedlichen Meinungen muß man das im Auge behalten. Es geht darum, Politik in Deutschland und für das ganze deutsche Volk zu finden und auf den aktuellen Stand zu bringen und auszuformen in einer Welt, deren Großmächte zur Zeit jedenfalls nicht imstande sind, aus dem Gleichgewicht der nuklearen Vernichtungsmittel zur Organisierung des Friedens vorzustoßen. Darauf wird es ankommen.
Wenn wir uns nun, nachdem wir heute nicht mehr gehört haben als einige zusätzliche Unterstreichungen dessen, was wir durch das Kommuniqué schon gewußt haben, darauf einrichten müssen, in den nächsten Wochen und Monaten eine ganze Reihe der Fragen, die hier diskutiert, hier beraten, hier abgeklärt werden müssen, unsererseits aufzubringen, so werden Sie sich darüber nicht zu beklagen, werden sich auch nicht zu wundern haben. Nur, die Regierung bringt keine einzige Frage, die zur Ausformung dieser Politik, der Deutschlandpolitik im Rahmen unserer Sicherheits- und Bündnispolitik dienstbar gemacht werden könnte, von sich aus in diese Erörterung hinein. Wir werden also über das reden müssen, was getan werden kann, um die deutsche Politik in Richtung der Beiträge für Abrüstung, Rüstungsbegrenzung und Rüstungskontrolle beweglicher und wirkungsvoller zu machen. Wir werden darüber reden und streiten müssen, wie unsere auswärtigen Beziehungen insgesamt bei der Unterschiedlichkeit der Formen, die uns nach den verschiedenen Plätzen, an denen sie gehalten werden müssen, aufgenötigt ist, unter das Gesetz der Bemühungen um die Organisierung des Friedens gestellt werden können, wobei wir davon ausgehen können, daß wir überall in den wirksamsten Formen anwesend sein müssen. Wir werden also das ganze System unserer auswärtigen Beziehungen zur Erörterung stellen. Wir werden weiter
das Problem der europäischen Gemeinschaften und der dort anzustellenden Bemühungen zu einer wirklichen Partnerschaft mit den Vereinigten Staaten hier zur Debatte stellen. Wir werden ferner die Frage, wie Deutschland auch im Zustand der Spaltung in die Entwicklungen stärkerer Verbindungen zwischen Ost und West und Ost- und Westeuropa hineingefügt werden kann, hier zur Debatte stellen. Wir werden erörtern und zur Debatte stellen, was notwendig ist, um Vorfeldbemühungen für die Vorbereitung zu Vorverhandlungen, die auf eine deutsche Friedensregelung hinauslaufen sollen, einzufädeln, wobei es sich ja auch darum handelt, Fürsprache in anderen Ländern verschiedener Art für eine solche Regelung zu bekommen.
Das mußte ich am Schluß meiner Bemerkungen sagen, weil uns leider weder die Erklärung des Bundeskanzlers noch die Rede des Sprechers der CDU/ CSU-Fraktion auch nur einen Anhaltspunkt dafür gegeben hat, daß man jetzt nach vorn will, gestützt auf gewisse Erfahrungen, die man vielleicht in Washington noch einmal erhärtet und bestätigt bekommen hat, oder auch auf Probleme, die man von dort mitgenommen hat. Das war's! Ich danke für Ihre Geduld.
({17})
Das Wort hat der Abgeordnete von Kühlmann-Stumm.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sollten versuchen, aus dieser doch sehr schwerwiegenden und sehr wichtigen Debatte polemische Akzente nach Möglichkeit zu verbannen.
({0})
Wir sollen uns darüber im klaren sein, daß die Bedingungen, unter denen der Herr Bundeskanzler in die Vereinigten Staaten gefahren ist, besonders schwierig gewesen sind. Wir sollten uns aber auch darüber im klaren sein, daß wichtige außenpolitische Entscheidungen in diesem Hohen Hause bisher nur dann gefaßt werden konnten, wenn sich alle drei Parteien dieses Hohen Hauses zu einer gemeinschaftlichen Lösung durchgerungen hatten, und ich bin der Überzeugung, daß das auch in Zukunft so sein wird.
Wir begrüßen es, daß der Herr Bundeskanzler seine heutige Erklärung vor dem Deutschen Bundestag dazu benutzt hat, zu einigen grundlegenden Fragen der deutschen Außenpolitik Stellung zu nehmen. Die Reise in die Vereinigten Staaten und die Besprechungen, die dort mit Präsident Johnson und anderen Vertretern der amerikanischen Regierung geführt worden sind, geben in der Tat dazu Anlaß, einige Grundpositionen der deutschen Außenpolitik zu überdenken. Niemand kann leugnen, daß diese Reise des Bundeskanzlers in die Vereinigten Staaten vor dem Hintergrund entscheidender Veränderungen in der Welt, vor allem aber auch in Europa, stattgefunden hat. Dazu kam, daß im deutsch-amerikanischen Verhältnis Fragen von großer Tragweite zur Diskussion standen. Diese
Fragen sind, was ihren finanziellen Teil angeht, nicht ohne Rückwirkung auf die deutsche Innenpolitik. Mit Recht hat der Herr Bundeskanzler hier noch einmal die Entschlossenheit der Bundesregierung unterstrichen, eng und in Freundschaft mit den Vereinigten Staaten zusammenzuarbeiten.
Für uns ist das Verhältnis der Bundesrepublik zu den Vereinigten Staaten auch ein Gradmesser für die Sicherheit der Deutschen, die den Vorzug haben, im freien Teil unseres Vaterlandes zu leben. Es sichert damit zugleich die Plattform für eine deutsche Außenpolitik, die auf die Wiederherstellung der deutschen Einheit gerichtet ist.
Ein wesentliches Problem der Besprechungen in Washington waren der Devisenausgleich und ein Anschluß-Offset-Abkommen. Die Bundesregierung hat in der Vergangenheit, insbesondere durch das Abkommen von 1964, wiederholt ihre Bereitschaft zum Ausdruck gebracht, den Vereinigten Staaten in der Frage des Devisenausgleichs bis an die Grenzen ihrer finanziellen Möglichkeiten entgegenzukommen. Obwohl das letzte Abkommen nur für den Zeitraum von zwei Jahren abgeschlossen ist, sah sich die Bundesregierung noch vor Ablauf dieser Vereinbarung gezwungen, mit den Vereinigten Staaten über eine erleichterte Form der Abwicklung der eingegangenen Verpflichtungen zu verhandeln. Wir glauben darum nicht, daß es angesichts der angespannten Finanzlage der Bundesrepublik und der unübersehbaren Entwicklungen in der internationalen Politik zweckmäßig wäre, bei weiteren Abkommen über einen Devisenausgleich die Fristen wesentlich zu verlängern.
({1})
Meine Damen und Herren, darf ich Ihnen dazu einiges Technische sagen. Wir sind uns darüber im klaren, daß bei dem Lösungsvorschlag, den der Herr Bundeskanzler hier gemacht hat und bei dem die Bundesbank eingeschaltet worden ist, das Problem auftaucht, daß wir in den nächsten Jahren aus Haushaltsmitteln die Gelder aufzubringen haben, die uns die Bundesbank jetzt vorlegt.
Ferner hat in den Verhandlungen unser Versuch eine Rolle gespielt, den Amerikanern nahezulegen, die Zahlungsziele noch etwas zu verlängern, so daß ein Teil des noch geschuldeten Betrages in den Jahren 1968 und 1969 gezahlt würde. Auch hiermit würden die Haushalte dieser Jahre wesentlich belastet werden. Wenn wir jetzt zusätzlich noch ein Abkommen auf fünf Jahre schließen, welches wiederum feste und vertraglich untermauerte Verpflichtungen mit sich bringt, ist unsere gesamte haushaltspolitische Situation bis zum Jahre 1972 in einem Umfang eingeengt, der meiner Ansicht nach nicht zu verantworten ist.
Wir sollten deshalb mit allem Nachdruck darauf dringen, daß man neue Abkommen auf jeden Fall nicht mit längeren Fristen abschließt. Ich möchte im Hinblick auf die völlig unübersichtliche politische Situation und auf die Schwierigkeit unserer Haushaltslage in aller Form davor warnen, daß wir uns jetzt für die Zukunft langfristig binden.
Es kommt vielmehr darauf an, Vereinbarungen zu treffen, die auch mit Sicherheit eingehalten werden können. Es liegt weder im deutschen noch im amerikanischen Interesse, daß sich die Situation von 1966 wiederholt und einer der Vertragspartner durch die Verhältnisse gezwungen wird, den anderen um die Verlängerung der Zahlungsziele im Rahmen des laufenden Vertrages zu bitten. Alle überschaubaren Probleme eines neuen Devisenausgleichsabkommens sind vor dessen Abschluß zu regeln. Eine spätere Erörterung kann zu Belastungen im Verhältnis zwischen den Vertragspartnern führen. Genau das wollen wir vermieden wissen. Wir wünschen ein ungestörtes, freundschaftliches und vertrauensvolles Verhältnis zu den Vereinigten Staaten.
({2})
Es ist aber auch notwendig, in diesem Zusammenhang auf die Tatsache hinzuweisen, daß die wirtschaftliche Stabilität der Bundesrepublik einen entscheidenden Faktor für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und Westeuropas darstellt. Diese Stabilität hat neben dem militärischen Engagement der USA in Deutschland und Europa dazu beigetragen, daß die Truppen der Vereinigten Staaten nicht wie in anderen geteilten Ländern dieser Erde gezwungen waren, die Sicherung des deutschen Volkes mit militärischen Mitteln zu verteidigen. Die wirtschaftliche Stabilität der Bundesrepublik Deutschland wird damit zu einem erstrangigen Sicherheitsfaktor gerade auch für den amerikanischen Bündnispartner.
({3})
Mir scheint in diesem Zusammenhang eine weitere Feststellung zur deutschen Sicherheitspolitik notwendig zu sein. Die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und Westeuropas hängt nicht nur von dem Stand der Rüstung, der Wirksamkeit des Bündnisses und der wirtschaftlichen Stabilität der Bundesrepublik Deutschland, sondern mehr und mehr auch von dem Verhältnis des Westens und der Bundesrepublik zu Osteuropa ab. Wir begrüßen deshalb, daß in dem Kommuniqué über die Besprechungen des Bundeskanzlers mit dem amerikanischen Präsidenten die Bereitschaft zum Ausdruck kommt, auf dem Gebiete der Ost-West-Beziehungen nach Wegen zu suchen, um die erstarrten Fronten der Vergangenheit zu überwinden. Die Freie Demokratische Partei wird die Bundesregierung bei allen Bemühungen unterstützen, die Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland zu den Staaten Ost- und Südosteuropas zu normalisieren und auszuweiten. Wir würden damit Gelegenheit erhalten, die osteuropäischen Völker von den friedlichen Absichten der Bundesrepublik Deutschland zu überzeugen.
Ohne Zweifel ergibt sich aber auch die Notwendigkeit, eine sehr ernste Überprüfung der bisherigen Zusammenarbeit im Bündnis vorzunehmen und die Strategie der Allianz der neuen Entwicklung in der Weltpolitik anzupassen. Die FDP sieht in dem in Washington beschlossenen Dreier-Gremium lediglich eine vorbereitende Kommission zur Erörterung der strategischen und strukturellen Fragen des Bündnisses, die dann Gegenstand von Beratungen aller 14 Mitgliedstaaten der NATO sein müssen.
({4})
Die Bundesregierung kann kein Interesse daran haben, daß mit der vorgeschlagenen Dreier-Kommission ein exklusives Gremium gebildet wird, das unvermeidlich zu neuen krisenhaften Entwicklungen innerhalb der Nordatlantikpaktorganisation führen müßte.
Wir stimmen mit dem Herrn Bundeskanzler in der Auffassung überein, daß alle Mitglieder der NATO daran mitwirken müssen, wenn für die Zukunft der Allianz wichtige Entscheidungen getroffen werden. In diesem Zusammenhang empfehlen wir der Bundesregierung, im Rahmen des deutschfranzösischen Freundschaftsvertrages konsultative Besprechungen mit der französischen Regierung über diese Frage sowie über Probleme der europäischen Sicherheit in Bälde aufzunehmen.
({5})
Die vorbereitenden Beratungen in der Dreier-Kommission werden Gelegenheit bieten, den engen Zusammenhang zwischen der Anwesenheit amerikanischer und englischer Truppen auf dem europäischen Kontinent, den daraus sich ergebenden finanziellen Fragen und der Sicherheitspolitik des Bündnisses in seiner Gesamtheit zu erörtern. Verhandlungen über den Devisenausgleich ausschließlich unter finanziellen Gesichtspunkten würden dieser Erkenntnis nicht Rechnung tragen und damit die Hauptprobleme des Bündnisses ungeläst lassen.
Eine der wesentlichsten Entscheidungen, die getroffen werden müssen, ist die zukünftige atomare Politik der NATO. Die von den Vereinigten Staaten und der Bundesregierung vertretene Auffassung, daß der Verbreitung von Kernwaffen in der natiolen Verfügungsgewalt nichtnuklearer Staaten Einhalt geboten werden muß, entspricht der Grundhaltung meiner Partei. Wir wiederholen unsere Auffassung, daß es im Interesse der Bundesrepublik Deutschland und darüber hinaus auch im Interesse des gesamten Westens vollauf genügt, wenn die nichtnuklearen Mitglieder der NATO an der atomaren Planung des Bündnisses beteiligt werden. Welche besondere Rolle ,die Bundesrepublik Deutschland auf Grund ihrer exponierten geographischen und politischen Lage in diesem Gremium zu spielen hat, habe ich in meinen Ausführungen am 23. September deutlich zum Ausdruck gebracht. In diesem Sinne stellt die in Rom anläßlich der letzten Sitzung des McNamara-Ausschusses empfohlene Arbeitsgruppe für nukleare Planung nach unserer Auffassung den richtigen Weg für die atomare Zusammenarbeit innerhalb der NATO dar.
({6})
Wir bleiben bei unserer Überzeugung, daß eine
atomare Gemeinschaftslösung erhebliche Nachteile
für die außenpolitische Bewegungsfreiheit der Bundesrepublik Deutschland mit sich bringen würde. Vereinbarungen über die Nichtweitergabe atomarer Waffen, wie sie gegenwärtig in Genf angestrebt und vermutlich in absehbarer Zeit auch getroffen werden, dürfen jedoch nicht den Status der Bundesrepublik Deutschland im NATO-Bündnis einengen oder zur Festigung der gegenwärtigen Spaltung Deutschlands und Europas beitragen.
({7})
Aus diesem Grunde sollte jede Vereinbarung über Rüstungsverminderungen oder einen Rüstungsstopp in Europa mit Fortschritten bei der Lösung der deutschen und ,europäischen Probleme verbunden sein.
Die Zeit drängt. Neue Abmachungen zwischen Ost und West, vor allem zwischen den USA und der Sowjetunion, über die Verminderung der militärischen Spannungen stehen bevor. Die Probleme, vor die die Bundesrepublik Deutschland dabei gestellt werden wird, können nur durch eine weit vorausschauende Politik gelöst werden.
Die Amerikareise des Herrn Bundeskanzlers hat sichtbar gemacht, wo gegenwärtig die Schwerpunkte der deutschen Außenpolitik liegen müssen: auf dem Gebiet der Sicherheit und Abrüstung, der Osteuropapolitik sowie im Bereiche einer Anpassung des westlichen Bündnisses an die Veränderungen der Weltpolitik. Die Bundesregierung und alle Fraktionen dieses Hohen Hauses sind sich einig in der Auffassung, daß die Lösung der deutschen Frage unverändert die Hauptaufgabe deutscher Politik ist. Jeder Aufschub in der Lösung des deutschen Problems trägt die Gefahr einer Verschlechterung der Voraussetzungen, unter denen diese Lösung möglich ist, in sich.
Selten ist in der Vergangenheit unter den Verbündeten der Bundesrepublik, vor allem unter den drei Mächten, die für Deutschland auf westlicher Seite verantwortlich sind, eine so nachdrückliche Unterstützung einer aktiven deutschen Ostpolitik zu verzeichnen gewesen. Ungeachtet der Unterschiede in der Betrachtung des Verhältnisses zur Sowjetunion und zu Osteuropa sind sich diese Mächte darin einig, daß eine Normalisierung der Beziehungen zu Osteuropa auch in ihrem Interesse liegt. Die Bundesrepublik wird deshalb bei jeder Aktivität nach Osteuropa frei sein von dem Verdacht des Alleinganges. Sie wird vielmehr in jeder Phase auf Zustimmung und Unterstützung rechnen können.
Auch für die enge Verknüpfung der politischen Fragen und sicherheitspolitischen Fragen im Verhältnis zu Osteuropa ist selten soviel Verständnis in der Öffentlichkeit des westlichen Auslandes vorhanden gewesen wie heute. Noch mehr gilt das für die Länder Osteuropas. Für eine aktive deutsche Ostpolitik, auch für eine aktive deutsche Sicherheitspolitik, scheint uns eine Situation entstanden zu sein, die die Hoffnung auf Fortschritte auch in der deutschen Frage berechtigt erscheinen läßt. Diese Situation gilt es zu nutzen.
({8})
Das Wort hat der Bundesaußenminister.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor nicht sehr langer Zeit haben wir uns in diesem Hause vor der Amerikareise des Herrn Bundeskanzlers verabschiedet, und ich habe damals am Schluß der Abrüstungs- und Sicherheitsdebatte gesagt, wir würden Ihnen - das richtet sich jetzt besonders an die Opposition - danach sehr gern wieder zur Verfügung stehen. Ich muß gestehen, daß ich sogar gesagt habe: „mit Vergnügen zur Verfügung stehen". Das mit dem „Vergnügen" war vielleicht ein bißchen übertrieben, aber gar nicht so ganz.
Der Kollege Wehner, mit dem ich mich jetzt im wesentlichen beschäftigen möchte, hat heute ein gewisses Mißgeschick dadurch erlitten, daß er durch das konventionelle Feuer meines Fraktionsvorsitzenden Barzel - kein nukleares Feuer, sondern ein konventionelles Feuer - doch bedeutende Bodenverluste gehabt hat, die er erst mühselig wieder aufholen konnte. Dabei ist er in seinen Attacken auf die Regierung vielleicht doch ein bißchen weiter gegangen, als ich das von ihm gewohnt bin. Er gilt sonst als ein ruhiger und abgemessener Sprecher. Heute war er ein bißchen unruhiger und vielleicht nicht ganz so abgemessen. Um so mehr werde ich mich aber jetzt bemühen, ganz ruhig und abgemessen zu bleiben und ihm in elf Punkten zu antworten.
Er hat einen wesentlichen Bodenverlust in der Widerlegung des Vorwurfs - oder sagen wie lieber: der Feststellung - gehabt, daß sich die nukleare Politik der Sozialdemokratischen Partei - wenn ich mich einmal so ausdrücken darf - doch sehr stark gewandelt hat. Das ist sicher so. Ich sehe das übrigens gar nicht etwa unter dem Gesichtspunkt, Herr Kollege Wehner, daß das ein Verzicht sei und daß Sie hier etwa so das Kainsmal des Verzichts oder der Verzichtspartei, oder wie man sich das steigern mag, aufgestempelt bekommen sollen. Nein, ich sage das, was ich hier vor wenigen Tagen gesagt habe: ich finde das sehr bedauerlich. Die deutsche Position in dieser Frage wäre sehr viel besser, sehr viel sicherer, wenn Sie und Ihre Partei - ich glaube mehr Ihre Partei als Sie - in diesem Punkte nicht eine so starke Schwenkung vorgenommen hätten.
Allerdings nun der Bundesregierung vorzuwerfen, sie habe in dieser Frage geschwankt, das ist sicherlich nicht gerechtfertigt. Im Gegenteil, die Bundesregierung hat auf diesem Felde eine sehr klare, sehr einfache und eindeutige Politik verfolgt, und ich hoffe, daß sie sich durch nichts davon wird abbringen lassen.
Sie haben zu kontrastieren versucht. Was der Herr Bundeskanzler über diese Frage im Wahlkampf gesagt habe, sei Ihnen besser erschienen als das, was in der Regierungserklärung formuliert sei. Deswegen muß ich Ihnen einmal den betreffenden Teil der Regierungserklärung verlesen. Dort heißt es:
Die Bundesregierung glaubt, daß eine Anpassung der NATO an neue politische und militärische Sachverhalte notwendig ist. Insbesondere müssen jene Probleme gelöst werden, die sich aus der Tatsache ergeben, daß nunmehr einige Mitglieder der Allianz über eigene Kernwaffen verfügen, andere aber nicht. An der nuklearen Verteidigung müssen indessen die Bundesgenossen nach dem Grad ihrer Bedrohung und dem Grad ihrer Leistungen beteiligt werden. Wir denken dabei an Formen einer gemeinsamen nuklearen Organisation und beteiligen uns an Beratungen mit den verbündeten Mächten. Wir haben wiederholt bekundet, daß wir keine nationale Kontrolle über Kernwaffen anstreben. Wir sollten aber nicht von jeder nuklearen Beteiligung deshalb ferngehalten werden, weil wir ein geteiltes Land sind. Die Spaltung Deutschlands ist ein Unrecht. Dem darf nicht ein zweites dadurch hinzugefügt werden, daß man uns, die wir Wesentliches für das westliche Bündnis tun, die Verteidigung gegen die offene Bedrohung aus dem Osten erschwert. Solche Ansichten schwächen die Allianz, gleichzeitig bestärken sie die Sowjets, auf der Spaltung unseres Kontinents zu beharren.
Das war eine ganz klare und eindeutige Aussage. Vergleichen Sie ,damit bitte einmal, was wir gemeinsam mit den Vereinigten Staaten jetzt in diesem Kommuniqué zu ,dieser Frage dargestellt haben. Es heißt dort folgendermaßen:
Der Bundeskanzler und der Präsident betonten ihr großes Interesse .an einer baldigen Beendigung des Wettrüstens und an Fortschritten auf dem Gebiet der allgemeinen und kontrollierten Abrüstung. Sie waren übereinstimmend ,der Auffassung, daß der Verbreitung von Kernwaffen in die nationale Verfügungsgewalt nichtnuklearer Staaten Einhalt geboten werden muß. Sie gaben ihrer Überzeugung Ausdruck, daß in Übereinstimmung mit dieser Zielsetzung innerhalb .des Bündnisses nukleare Arrangements getroffen werden sollten, um die nichtnuklearen Verbündeten ,angemessen an der nuklearen Verteidigung zu beteiligen. Sie nahmen mit Befriedigung von der Entscheidung der Arbeitsgruppe für nukleare Planung im Rom Kenntnis, einen ständigen Ausschuß des Bündnisses für nukleare Planung zu empfehlen. Sie hoffen, daß weitere Bündnispartner diese Empfehlung unterstützen, durch die die Bereiche nuklearer Konsultation erweitert und vertieft und die Verbündeten enger in die Planung für nukleare Verteidigung einbezogen würden.
Wenn Sie die Regierungserklärung und dieses Kommuniqué und dazu das nehmen, was wir in der voraufgegangenen Debatte auf ihre Große Anfrage hin ausgeführt haben, dann werden Sie sehen, daß die Linie der Bundesregierung in dieser Frage nicht nur ganz konsequent ist, sondern daß siesich - besonders bezogen auf die Vereinigten Staaten - in Übereinstimmung mit der hier wiedergegebenen Haltung unseres stärksten Verbündeten befindet. - Das ist Punkt 1.
Unter Punkt 2 sind Sie auf zwei Wendungen aus der Erklärung ,des Herrn Bundeskanzlers zu sprechen gekommen, in der er von der ,eigenen Opferbereitschaft gesprochen und noch einmal gesagt hat, daß die Wiedervereinigung von uns Opfer fordern wird. Ich gestehe Ihnen hier ganz offen - und ich hoffe, daß mir der Herr Bundeskanzler ,das nicht übelnimmt -, daß ich das Wort „Opfer" in dieser Beziehung im Grunde lieber vermeide, weil ich den Eindruck gewinne, daß das Wort „Opfer" für die Wirklichkeit, in der wir derzeit leben, eigentlich gar nicht mehr den richtigen Klang hat. Was heißt das: „Opfer"? Opfer woran? An Geld, an Land, an Leuten, an Prestige, an Stellung? Ichsage hier in voller Offenheit vor der deutschen Öffentlichkeit: ein Volk, was nicht weniger als 6,5 Milliarden DM für Auslandsreisen ausgibt, von denen nur knapp 2 Milliarden DM wieder hierher zurückfließen, und dessen Ausgaben - die genauen Zahlen habe ich mir leider nicht schnell genug besorgen können - für Alkohol und Tabakverbrauch zusammen mit diesen weit über das hinausgehen, was in Deutschland für Verteidigung und Sicherheit aufgewendet wird, muß 'erst ,einmal ein bißchen genauer über das ins Bild 'gesetzt werden, was man hier etwa unter „Opfer" verstehen soll. Ichglaube nicht, daß das Wort allein von vornherein die richtige Einschätzung im Publikum findet.
In diesem Zusammenhang haben Sie nun mich angegriffen, nicht ganz genau, und deswegen möchte ich das lieber an Hand des Protokolls der Sitzung vom 12. Januar dieses Jahres klarstellen. Ich habe damals als Antwort auf Ihre Ausführungen gesagt:
Der erste Punkt, zu dem ich etwas sagen möchte, ist folgender. Es war auch der erste Punkt in der Stellungnahme des Kollegen Wehner, nämlich eine Frage nach einer Konkretisierung möglicher deutscher Opfer für die Wiedervereinigung. Darüber wird sehr viel gesprochen, teils von Politikern, teils von anderen, und wir haben in diesem Felde bisher eigentlich immer, und wie mir scheint, ziemlich konsequent, den Standpunkt vertreten, daß wir über eine grundsätzliche Aussage dieser Art nicht hinausgehen sollten und nicht den Versuch machen sollten, eine Konkretisierung von Leistungen oder gar möglichen Verzichten vorzunehmen.
Das ist
- so habe ich damals gesagt bisher unser Standpunkt gewesen aus vielen wohlerwogenen Gründen, die wir auch öffentlich dargelegt haben. Wenn aber die Nützlichkeit einer etwaigen Konkretisierung neu erörtert werden soll, so wird sich die Bundesregierung einer solchen natürlich diskreten Diskussion keineswegs verschließen. Ich sage: einer Erörterung über die Frage der Nützlichkeit von Konkretisierungen. Ein solches Gespräch kann durchaus geführt werden. Ich sehe bisher keinen Anlaß, von der grundsätzlichen Linie, die wir eingenommen haben, abzugehen.
Ich kann nur sagen: das ist unverändert der Standpunkt der Bundesregierung. Dieses Gespräch über
die Frage der Nützlichkeit von Konkretisierungen hat erst angefangen. Wir sind gern bereit, dieses Gespräch jeden Tag zu führen.
Ich bekomme aber gerade die Zahlen über den Alkohol- und Tabakkonsum. Im vergangenen Jahr, 1965, sind in unserem Lande für Alkohol 13 Milliarden DM,
({0})
für Tabak 9 Milliarden DM ausgegeben worden; das sind zusammen 22 Milliarden DM. Die Höhe des Verteidigungshaushalts ist jedermann bekannt. Also: meine Schätzung, daß Auslandsaufwand, Alkohol- und Tabakkonsum weit über den Verteidigungshaushalt hinausgehen, ist offensichtlich ganz zutreffend gewesen.
Ich komme zu einem dritten Punkt, den der Kollege Wehner angeschnitten hat. Das war die Frage der Weiterentwicklung der Gedanken, die wir in der Friedensnote vorgetragen haben. Nun, wir haben hier vor wenigen Tagen gesagt, in welcher Richtung wir uns die Weiterentwicklung vorstellen. Darüber ist heute nichts Neues zu sagen. Es bleibt einstweilen bei der Ausführung dieser von uns angekündigten Absichten.
Ein vierter Punkt waren die Betrachtungen, die der Herr Kollege Wehner über die Frage der französischen Truppen in unserem Lande angestellt hat. Ich stimme ihm völlig darin zu, daß es darum geht, hier eine einwandfreie rechtliche Lösung zu finden - darüber sprechen wir mit unseren französischen Freunden -, und daß es gleichzeitig darum geht, die französischen Truppen in Deutschland in die richtige, von allen Seiten akzeptierbare Stellung zu der gesamten NATO-Verteidigung zu bringen. Wenn es dabei möglich sein sollte, sozusagen dieses System bilateral und intern weiter zu festigen, so deckt sich das durchaus mit Wünschen und Vorstellungen, die wir haben. Allerdings in einem Punkt geht der Herr Kollege Wehner, glaube ich, von einer unzutreffenden Annahme aus: für die französische Haltung ist die Situation der französischen Truppen in Berlin und ihre Stellung in Berlin etwas durchaus anderes als die Lage und Aufgabe der französischen Truppen in der Bundesrepublik, - so schlechthin gesprochen.
Einige Anmerkungen zu einem fünften Punkt! Ich stimme dem Herrn Kollegen Wehner darin zu, daß es sehr schlecht wäre - aber diese Gefahr halte ich in der Zwischenzeit für gebannt -, wenn man das, was in dem Kommuniqué als „Dreimächte-Gespräche" bezeichnet wird, etwa mit der Vorstellung eines Dreierdirektoriums verbinden wollte. Davon ist weder hüben noch drüben auch nur die Rede gewesen. Es wäre also wirklich ganz falsch, diese Art von Etikettierung vorzunehmen. Entscheidend ist, daß auch diese „Dreimächte-Gespräche" auf jeden Fall bleiben sollen im Zusammenhalt mit all den anderen NATO-Partnern, die, wie hier gesagt wird, daran mitwirken wollen. Aber es gibt ein paar Fragen, an denen wir tatsächlich sehr viel stärker als eine ganze Reihe der NATO-Partner interessiert sind. Wir wollen hier gewisse Klarstellungen, gewisse Zusicherungen für die Zukunft haben, die uns ganz speziell angehen, weil sich leider diese große Konfrontation mitten in unserem Land abspielt. Sie sehen - erlauben Sie mir, daß ich das aus dem Kommuniqué in Erinnerung rufe -, die relevante Stelle ist folgende:
Bundeskanzler Erhard und Präsident Johnson bekräftigten die Entschlossenheit beider Regierungen, die Stärke der Allianz und ihre integrierte Verteidigung aufrechtzuerhalten und sie den Anforderungen anzupassen, die in den nächsten Jahren an das Bündnis gestellt werden. Sie waren übereinstimmend der Auffassung, daß die Bedrohung der Sicherheit und die für die Erhaltung einer angemessenen Abschreckung und Verteidigung erforderlichen Streitkräfte unter Berücksichtigung der Veränderung auf dem Gebiete der Militärtechnik und der Beweglichkeit einer gründlichen Überprüfung unterzogen werden sollen. Diese Überprüfung soll sich auch auf die gerechte Verteilung der Verteidigungslast und anderer vergleichbarer Lasten sowie die Folgen der Truppenstationierung und Truppenstärken für die amerikanische und britische Zahlungsbilanz erstrecken. Sie soll ferner berücksichtigen, wie sich Maßnahmen zur Linderung von Zahlungsbilanzschwierigkeiten auf die deutsche Wirtschaft- und Haushaltslage auswirken.
Es gibt also mehrfache Gründe dafür, daß wir an einer intensiven Diskussion dieser Fragen vor allem, so möchte ich sagen, in einem solchen DreimächteGremium ein vordringliches Interesse haben.
Der Kollege Wehner hat schließlich mehr Auskünfte über das Offset-Problem haben wollen. Ich denke, daß mein Kollege, der Bundesminister der Verteidigung, anschließend auf diese Fragen eingehen wird.
In einem anderen Punkte möchte ich eine Auffassung bestätigen, die Herr Kollege Wehner vorgetragen hat, nämlich die, daß unser Auge - ich drücke mich einmal etwas abgekürzt aus -, wenn es auf einem westlichen Truppenabzug ruht, natürlich den Wunsch haben muß, daß das in irgendeine Art von Koppelung mit entsprechenden Bewegungen auf der östlichen Seite gebracht wird. Ob und wie man etwas Derartiges zustande bringen kann, das wird die Zukunft und das werden die zukünftigen Bemühungen lehren.
Herr Kollege Wehner hat sich darüber beklagt, die Regierung habe Anregungen der Sozialdemokraten mit Schweigen übergangen, und er hat dazu einige Anmerkungen gemacht. Meine Damen und Herren, ich möchte dazu ganz offen folgendes sagen. Wir sind eher zu sehr als zu wenig bemüht, auf jede Art von Anregung, die man in gutem Sinne hier vorträgt und aufzeigt, einzugehen. Aber nun darf man auch nicht annehmen, daß es hier irgendwelche besonders originellen Vorschläge, die sozusagen Monopol der Sozialdemokratischen Partei gewesen wären, gegeben hätte, über die wir hinweggegangen wären.
({1})
Es gibt im Grunde bei einer so breiten öffentlichen Diskussion wie der, die wir haben, keinen Vorschlag, der etwa nicht in der Öffentlichkeit erörtert würde. Es ist dies - das habe ich akustisch nicht ganz richig aufnehmen können - unter anderem in Verbindung mit Frankreich gesagt worden. Dazu kann ich nur sagen: wir zerbrechen uns Tag und Nacht den Kopf, was wir in den Bereichen der Technik, Wissenschaft und Forschung tun können, um die an sich gegebene bereits starke Verklammerung zwischen Frankreich und Deutschland weiter zu fördern. Ich darf das Hohe Haus vielleicht daran erinnern, daß wir beiderseits unsere stärksten Handelspartner sind. Allein daraus folgt bereits ein sehr starkes Maß von Verbindung, die sich automatisch weiterentwickeln wird. Wenn aber hier wirklich ganz originelle neue Zutaten geliefert werden können, dann bitte ich das zu tun. Wir werden in der bereitwilligsten Weise darauf eingehen.
Der Herr Kollege Wehner hat einen Gesichtspunkt genannt, dem ich gern eine Unterstreichung zuteil werden lasse, obwohl ich mir bewußt bin, daß das nicht ohne weiteres auf eine allgemeine Zustimmung stoßen wird. Er hat davon gesprochen, daß es nützlich wäre, wenn die deutsche Jugend - ich drücke mich jetzt einmal etwas abgekürzt aus - nicht kontinental begrenzt und in ihren Bewegungen beschränkt wäre, sondern wenn es möglich wäre, hier auch im Rahmen solcher Abmachungen mit den Vereinigten Staaten etwas für Jugend und Jugendaustausch zu tun. Das ist eine Sache, die ich sehr herzlich und sehr gern unterstütze. Der Einwand, den es dagegen sofort geben wird und den es bisher schon gegeben hat, ist natürlich der, daß das eine sehr kostspielige Sache wäre. Aber ich würde glauben, daß hier ja nicht ein Massentourismus, ein Massenaustausch gepflegt werden muß. Wenn aber hier ein zusätzlicher qualifizierter Jugendaustausch betrieben werden kann, hat das sicherlich die herzliche Unterstützung der Bundesregierung.
In diesem Zusammenhang eine andere Bemerkung. Es ist hier gelegentlich ein bißchen glossiert und manchmal etwas ironisiert worden, daß in das Programm der Reise des Herrn Bundeskanzlers nach den Vereinigten Staaten dieser Besuch von Cap Kennedy mit hineingezogen worden ist. Ich kann Ihnen sagen, daß ich während dieses Besuchs mehrfach die Vorstellung erwogen habe, wie nützlich es für die Perspektiven von vielen, vielen, vor allem auch Politikern, in unserem Lande sein würde, wenn sie die Möglichkeit hätten, diesen Besuch zu machen, wenn wir die Kosten für solche Besuche in ein solches System einplanen könnten. Das wäre eine sehr, sehr praktische Gelegenheit, den politischen Horizont ganz bedeutend zu erweitern.
({2})
- Da Sie die Zwischenbemerkung gemacht haben: Verluste in Richtung Mond haben wir einstweilen noch nicht zu beklagen, und das wird vielleicht doch noch ein paar Jahre dauern.
Der Herr Kollege Wehner hat Anmerkungen über die Kennedy-Runde gemacht, die ich unterstreichen und unterstützen möchte. Ich weiß nicht, wie stark in den Berichten über unseren Besuch in den Vereinigten Staaten hervorgehoben worden ist, daß der amerikanische Delegationsführer, der frühere Gouverneur und spätere Staatssekretär Herter, an diesen Gesprächen teilgenommen hat. Das war sehr wertvoll, sehr nützlich für unsere Orientierung. Aber die Bundesregierung hat, glaube ich, bewiesen - und sie wird es auch gegenüber ihren Partnern innerhalb der EWG und darüber hinaus beweisen -, daß sie von der Notwendigkeit des Gelingens der Kennedy-Runde überzeugt ist und wirklich - hier kann man es ohne Übertreibung sagen - alles, was in ihren Kräften steht, tun wird, um dieses große politische Projekt zu einem Erfolg zu machen.
Ich komme zu meinem elften Punkt. Hier habe ich mir allerdings eine heftige Kritik zugezogen, die ich meinen Mitarbeitern verdanke. Ich will Ihnen die Sache erklären, und was ich sage, meine ich jetzt wortwörtlich. Als ich Ihre sehr, sehr detaillierte
- ich wiederhole: sehr, sehr detaillierte - Kleine Anfrage zur Europapolitik las, habe ich das sofort als einen Mißbrauch des Instruments der Kleinen Anfrage empfunden. Ich habe in meinem Hause lange darüber gesprochen, ob es richtig sein würde, diese Kleine Anfrage in so detaillierter Form zu beantworten.
({3})
- Ich kann Ihnen sagen, was mir zusteht, nämlich die Berufung auf die Geschäftsordnung, die Sie vielleicht nicht so gut kennen wie ich, weil Sie nicht ganz so lange hier im Haus sind.
({4})
Ich werde Ihnen die Geschäftsordnung vorlesen. Das überzeugt Sie vielleicht mehr als irgend etwas anderes. Wir haben es hier mit einer Kleinen Anfrage zu tun, und in § 110 der Geschäftsordnung des Bundestages steht folgendes:
Mitglieder des Bundestages in einer Zahl, die einer Fraktionsstärke entspricht, können von der Bundesregierung Auskunft über bestimmt bezeichnete Tatsachen in Kleinen Anfragen verlangen. Die Fragen sind dem Präsidenten mit kurzer Begründung schriftlich einzureichen.
Die Begründung habe ich nicht gesehen. Aber sehen wir davon einmal ,ab.
Der Präsident setzt die zugelassenen Fragen auf die Tagesordnung . . .
({5})
- Ich lese Ihnen die Sache ganz vor.
({6})
- Das ist gar nicht die falsche Rubrik. Sie sollten sich doch nicht wegen einer Geschäftsordnungsfrage erregen.
({7})
- Sie haben offenbar einen neueren Text. Das tut mir leid. Das hier ist ein Exemplar, das ich vom Präsidium habe. Sie werden mir erlauben, es vorzulesen.
({8})
- Nun hören Sie doch zu! Sie erheben Vorwürfe gegen die Bundesregierung, und Sie wollen uns nicht erlauben, uns zu verteidigen. Das ist unerhört.
({9})
Ist der Abgeordnete mit der schriftlichen Beantwortung nicht zufrieden
- offenbar sind Sie es nicht ({10})
oder erfolgt keine Beantwortung innerhalb von 14 Tagen, so kann er seine Frage in der Fragestunde erneut vorbringen.
({11})
- Ich lese Ihnen die Geschäftsordnung vor aus einem Exemplar, das ich vom Präsidium bekommen habe. - Das ist der Tatbestand.
({12})
Und Sie haben aus dem Tatbestand ja bereits eine Folgerung gezogen: offenbar wollen Sie die Sache nicht in der Fragestunde vorbringen, sondern in einer Großen Anfrage. Bitte sehr, tun Sie das! Aber, meine Herren, darüber seien Sie sich klar: bei aller Konzilianz und bei aller Bereitwilligkeit,
({13})
auf Ihre Fragen einzugehen, - Sie werden uns
nicht vorschreiben, wie wir Ihre Fragen beantworten! Sie stellen die Fragen, wir geben die Antworten.
({14})
- Herr Kollege Wehner, es tut mir sehr leid,
({15})
daß Sie jetzt zum Instrument der Drohung greifen. Sie haben die Bundesregierung angegriffen, Sie haben ihr Klischeeantworten vorgeworfen,
({16})
und ich zeige Ihnen an Hand der Geschäftsordnung, daß wir uns eher - ich bedaure das sehr, daß ich es dazu habe kommen lassen - zu entgegenkommend benommen haben, anstatt zu schreiben: Wir sind bereit, diese Fragen, soweit es uns richtig erscheint, im Rahmen einer Debatte zu beantworten. Denn was Sie in Wirklichkeit gewollt haben, war eine von der Regierung perfekt gelieferte Vorbereitung der nächsten Debatte, die Sie vorhaben. Gut, bereiten Sie die Debatte vor; von uns werden Sie die Antwort bekommen.
({17})
Meine Damen und Herren, es tut mir sehr leid, daß dieser Punkt zu einem gewissen heftigen Wortwechsel geführt hat, führen mußte. Sie haben die Sache aufgebracht.
Ich möchte zum Schluß noch folgendes sagen. Die Reise des Herrn Bundeskanzlers in die Vereinigten Staaten ist - das glaube ich aus dem Echo des Hohen Hauses entnehmen zu können - eine sehr erfolgreiche Reise unter schwierigen Bedingungen gewesen.
({18})
- Meine Damen und Herren, ich wiederhole: eine sehr erfolgreiche Reise unter schwierigen Bedingungen.
({19})
Wir werden auf der Basis, die dadurch bekräftigt worden ist, weiterarbeiten, und wir werden uns durch ungerechtfertigte Kritik nicht einen Augenblik beirren lassen.
({20})
Das Wort hat der Abgeordnete Schmidt ({0}).
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich gleich auf einige Bemerkungen des Bundesministers des Auswärtigen eingehen. Herr Dr. Schröder, die Art und Weise, wie die Bundesregierung die Kleine Anfrage betreffend die europäische Politik der Bundesrepublik Deutschland beantwortet hat, war ja sicherlich nicht so sehr von irgendeiner besonders tiefschürfenden Exegese eines nicht mehr ganz up to date befindlichen Exemplars der Geschäftsordnung dieses Hohen Hauses motiviert, sondern von daher, daß Sie - und das verstehe ich allerdings - nicht gern auf den Zeilen zugeben wollten, daß der Bundeskanzler in Oslo etwas geredet hatte, was überhaupt nicht zu vertreten ist und was von Ihrer Fraktion mißbilligt wird.
({0})
Das kann ich begreifen. Sie haben genug Streit in Ihrem eigenen Kabinett, genug Streit in Ihrer eigenen Fraktion.
({1})
Schmidt ({2})
- Ach, Frau Kalinke, sind Sie schon wieder - ({3})
Es gibt gar keinen Zweifel, was die Motive waren: Sie wollten nicht auch noch schriftlich geben, daß der Bundeskanzler in Oslo etwas gesagt hat, was sowohl das Kabinett als auch seine Fraktion mißbilligt. Aber wir wissen es gleichwohl, auch wenn die Antwort von Ihnen erst in der Debatte zu der Großen Anfrage gegeben wird.
Nun zu der Schlußbemerkung des Bundesaußenministers. Der Außenminister hat seine Ausführungen damit geschlossen, daß er sagte, die Reise des Bundeskanzlers nach den Vereinigten Staaten von Amerika sei sehr erfolgreich gewesen. Dazu hat er auch von der rechten Seite des Hauses Beifall bekommen. Auf der rechten Seite des Hauses sitzt ein anderer Abgeordneter, der hier im Laufe der Debatte gesprochen hat und der wörtlich gesagt hat. die Reise gebe Anlaß, die Grundpositionen der deutschen Außenpolitik zu überdenken.
({4})
Wenn man diese beiden Bewertungen mit einem Gleichheitsstrich zu verbinden versucht, dann hat man allerdings Anlaß, die Grundpositionen der deutschen Politik schlechthin zu überdenken.
({5})
Wenn eine Reise Anlaß gibt, alles »das, worauf man bisher gefußt hatte, die Grundpositionen, neu zu analysieren, dann mag sie vielleicht insofern sehr erfolgreich sein, Herr Dr. Schröder, als diese Reise einen wenigstens dazu bringt, zu sehen, daß das notwendig ist. Insofern würde ich also, wenn ich das so interpretieren darf, dieser Ihrer Floskel zustimmen.
({6})
Wenn ich die Debatte der letzten drei Stunden richtig verstehe, dann läßt sich »daraus »das folgende Resümee ziehen.
Erstens. Die Reise ist zur Unzeit erfolgt, wie überhaupt der Bundesregierung etwas mehr Zurückhaltung bei Reisen anzuraten wäre. Ich höre, daß der Bundeskanzler ausgerechnet jetzt, wo er so viel zu tun hat, nach Indien reisen will. Ich höre, daß der Außenminister in diesem Jahr drei Wochen lang ins Ausland reisen will. Ich kann nur sagen: ich höre das mit Besorgnis. Sie gehören hierher, wenn hier die Grundlagen der deutschen Politik offenbar neu durchdacht werden müssen, Herr Bundesaußenminister.
({7})
Zweitens ist als Ergebnis festzustellen, daß diese Reise das Verhältnis zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und der Bundesrepublik Deutschland jedenfalls nicht verbessert hat. In diesem Zusammenhang muß gesagt werden, daß das Verhältnis zwischen uns und Frankreich auf keinen Fall durch die Abmachungen dieser Reise verbessert worden ist.
Drittens. Die Art und Weise, wie die Reise vorbereitet wurde durch die Diplomatie unseres Staates, die Ankündigungen, die man vorher machte, und die Versuche, die man während der Verhandlungen machte - die werden auch offensichtlich nicht geleugnet, wenngleich die Regierung hierüber heute ihrer Erklärung nicht berichtet hat -, haben Zweifel aufkommen lassen in die Zahlungswilligkeit der Bundesrepublik in Zusammenhang mit Verpflichtungen, die sie selber eingegangen ist und unterschrieben hat. Das kann ich nicht als einen Erfolg buchen, daß es in der ganzen Welt Zweifel in unsere Zahlungswilligkeit gibt.
({8})
Viertens. In diesem Zusammenhang müssen wir wiederholen - es ist meinem Kollegen Wehner in diesem Punkt nicht widersprochen worden -, daß die Bundesregierung, kaum war sie zu Hause, einen Etat verabschiedet hat, der ganz klar das, was eben noch in Washington gesagt wurde, nämlich „das Beste" zu versuchen, in keiner Weise realisiert. Sie haben überhaupt nichts versucht. Sie haben den alten Etat verabschiedet, den Sie schon vorher fix und fertig hatten, ehe Sie nach Washington reisten, meine Herren. Sie haben einen Etat verabschiedet, der ein fingierter, ein simulierter Haushalt ist.
({9})
- Ich will auf diesen Punkt gern zurückkommen, wenn Sie das näher wissen wollen.
({10})
Es ist fünftens festzustellen, daß diese Reise nicht nur bei denjenigen, die das Kommuniqué unterschrieben haben, und nicht nur bei der FDP, sondern, wie ich annehme, auch bei Ihnen, Herr Barzel, zu der Einsicht geführt hat, daß eine Überprüfung der politisch-strategischen Situation Europas notwendig ist. Das ist offenbar, auch wenn Sie es hier nicht ausdrücklich noch einmal unterstrichen haben, von allen gesehen. Wir haben uns im Laufe dieses Jahres mehrfach bemüht, Verständnis dafür zu wecken, daß eine Überprüfung der Strategie wenn ich „Strategie" sage, meine ich alles, was zusammengehört, Außenpolitik, Abrüstung, Sicherheit - notwendig ist. Offenbar glauben Sie es erst, wenn es in Washington aufgeschrieben wird.
In einem Punkt schließlich bin ich ein wenig beruhigt worden durch das, was der Außenminister Schröder erklärte.
Kollege Wehner hat, ich glaube, mit großem Recht und mit Zustimmung der beiden Sprecher der beiden anderen Fraktionen auf die Gefahr hingewiesen, die in der Konstruktion dieses Dreiergremiums liegt. Herr Barzel hat es etwas anders ausgedrückt als Herr von Kühlmann-Stumm; aber im Grunde haben alle das gleiche gemeint wie Herr Kollege Wehner. Ich bin, etwas beruhigt dadurch, daß der Herr Bundesaußenminister gesagt hat, er
Schmidt ({11})
glaube, daß die hier liegende Gefahr inzwischen erkannt sei oder abgefangen sei.
({12})
- Wenn es sich nur um eine falsche Beurteilung gehandelt haben sollte, dann, nehme ich an, war diese Belehrung an die Adresse Ihrer eigenen beiden Koalitionsfraktionsvorsitzenden gerichtet.
({13})
Ich glaube allerdings nicht, daß in diesem Punkte Herr Barzel sich geirrt hat, ich glaube nicht, daß Herr von Kühlmann-Stumm sich geirrt hat; ich bin ganz sicher, Wehner hat sich nicht geirrt. Er wußte, was er sagte; ich nehme an, die beiden anderen Herren auch.
Wir gehen davon aus, Herr Schröder, daß, nachdem infolge von Entwicklungen, für die weiß Gott die Deutschen nicht allein verantwortlich sind, im Laufe dieses Jahres das Verhältnis zwischen Bonn und Paris nicht gerade das allerbeste ist, nachdem wir nun in Gefahr geraten sind, das Verhältnis zwischen Washington und Bonn auch noch zu beeinträchtigen, wir jetzt vermeiden müssen, diese Schraube nun gegenüber Paris noch weiter umgedreht zu bekommen.
({14})
Wenn der Außenminister sagt, das sei nur eine falsche Interpretation, so mag er seine Sprache wählen, wie er will. Ich begrüße, daß er gegenüber diesen Interpretationen - die ja nicht aus der deutschen Presse, sondern aus der französischen und englischen Presse stammen; gucken Sie doch herum; die interpretiert es so die gegenwärtige Auffassung der Regierung klargestellt hat: Es müssen strategische Bewertungen, solange es die NATO gibt - und wir wollen doch, daß sie andauern soll - unter allen, die zu dem Vertragssystem gehören, unter allen Partnern erfolgen, und wir dürfen nicht den Eindruck zulassen, als ob wir daran interessiert oder gar darüber erfreut seien, daß auf besonders hoher strategischer Ebene Erwägungen in einem kleineren Klub, dem wir angehören, aber nicht alle übrigen, gepflogen werden. In diesem Punkte, scheint mir, hat es in diesem Hause eine gemeinsame Auffassung gegeben. Herr Barzel hat ja mit besonders freundschaftlicher Stimmlage geforscht, ob es noch gemeinsame Grundlagen gebe. In diesem Punkt gibt es eine gemeinsame Grundlage. - Auf Ihren anderen Punkt will ich aber auch gleich kommen, im Zusammenhang mit den Punkten, die der Außenminister hier resümiert hat, als er vor mir sprach.
Wissen Sie, in der nuklearen Frage ist das furchtbar schwer. Wenn Sie schon in alten Zettelkästen herumwühlen und meinen, Sie könnten da Divergenzen entdecken - natürlich sind da Divergenzen! Es sind inzwischen 24 Monate ins Land gegangen! Die Lage hat sich geändert.
({15})
- Lassen Sie mich mal den Satz vollenden. Man kann eine Sache, die vor 24 Monaten z. B. eine relativ leichte - relativ leichte - Problematik bedeutete, deren Problematik sich aber inzwischen verschärft und verschoben hat, nicht immer noch mit denselben Rezepten kurieren wollen.
Auf unsere Vorstellungen will ich gern noch einmal eingehen, wenn das unbedingt sein muß. Zunächst will ich aber versuchen, herauszufinden, was eigentlich Ihre Vorstellung ist. Sie haben aus den Bundestagsprotokollen von heute vor etwa einem Jahr zitiert. Herr Barzel, schauen Sie, in jener Debatte - das war am 30. November - ({16})
- Das ist nicht der Zettelkasten, sondern das amtliche Protokoll des Deutschen Bundestages, Herr Kollege!
({17})
Zu diesem Zeitpunkt hat der Verteidigungsminister, der damals im Amt war, und heute auch noch, gesagt, er wolle Mitwirkung haben, atomare Mitwirkung, und zwar nicht bloß ein „Gefühl von Mitwirkung", sondern wirkliche Mitwirkung. An anderer Stelle hat 'derselbe Minister von Mitbestimmung geredet. Der Bundeskanzler hat zu diesem Zeitpunkt ganz was anderes gesagt, er hat gesagt, er denke an Formen gemeinsamer nuklearer Organisation und die Regierung beteilige sich an Beratungen darüber.
({18})
- Das ist alles nicht das gleiche! - Etwas später hat Herr Barzel dann hier in der Debatte gesagt: „Teilhabe am nuklearen Entscheidungsprozeß". Es ist dann alles nicht das gleiche, verehrter Herr Kollege, wenn man weiß, daß damals und bis heute, zwölf Monate später, die Regierung ihre früher ausdrücklich erhobene Forderung auf eine MLF nicht korrigiert hat. Das sind alles Reden drumherum, ohne daß man genau zu erkennen vermag, was die einzelnen Herren meinen.
Und es geht ja weiter: Heute hat der Bundeskanzler aus dem Kommuniqué vorgelesen - was dann Herr Schröder auch noch einmal vorgelesen hat; ich will es nicht zum drittenmal vorlesen -, daß man eine angemessene „echte Mitverantwortung" wolle und daß es „nukleare Arrangements" - was sind denn das nun? im Bündnis geben solle. Der Altbundeskanzler Adenauer hat sehr viel deutlicher erkannt, was das ist: Das ist ein Ausweichen vor einer Antwort, das ist eine offen gebliebene Frage. So hat es Dr. Adenauer im Fernsehen gesagt, und so ist es auch. Da können Sie doch nicht sagen, das sei eine gemeinsame Grundlage.
({19})
Man kann gegenüber Dr. Adenauer verschiedener Meinung sein; aber jedenfalls in diesem Punkte bin ich seiner Meinung. Er sagt, es ist eine offen gebliebene Frage, und Herr Barzel sagt, es ist eine gemeinsame Grundlage. Man kann gemeinsam FraSchmidt ({20})
gen stellen; aber wenn es keine Antwort darauf gibt, kann man sich nicht gemeinsam auf die Antwort stellen, Herr Barzel.
Es geht aber noch weiter. Ich darf Sie auch zitieren. Ich habe inzwischen die Zeit genutzt, Sie haben vor Ihrem Parteitag in diesem Jahr, von dem Sie auch uns zitiert haben, gesagt: „Wir wollen nicht Macht, sondern Sicherheit." - Prächtig! - „Wir drängen nicht zu atomarem Rang". - Prächtig! - „Wir wollen nur das tun, was nötig ist, unsere Sicherheit im Bündnis zu garantieren." - Prächtig!" - „Aber wir wollen alles, was eben dazu, was nur dazu nötig ist."
- Auch prächtig! Aber was meinen Sie nun eigentlich mit dieser nuklearen Mitbestimmung?
({21})
({22})
Und nun haben Sie heute gesagt - ich darf es wiederholen „Ich möchte also, daß wir uns zunächst um das Bessere bemühen, um nicht bei dem Schlechtesten zu landen", und hinterher haben Sie zu erkennen gegeben, daß das gar nicht von Barzel war, sondern von Fritz Erler.
({23})
Deswegen ist es auch so gut, Herr Barzel. Das ist nämlich wirklich gut. Je länger diese Regierung auf diesem papiernen Anspruch verharrt, desto mehr gerät sie in Gefahr, nachher überhaupt nichts mehr in der Hand zu halten.
({24})
- Wir finden sie auch prima. Leider haben wir die Formel im letzten Jahr nicht mehr gehört. Der Bundeskanzler hat sie im Wahlkampf gebraucht. Wenn er sie hier gebraucht hätte, wäre es in Ordnung. Bitte, lassen Sie doch Herrn Erhard hier heraufgehen und es erklären. Aber der Herr Bundeskanzler erklärt ja nur etwas, was er ablesen kann. Aus der Debatte heraus werden wir das wahrscheinlich nicht von ihm zu hören bekommen.
({25})
Ich würde es begrüßen, wenn dieses Haus nach langen Jahren eine Probe davon bekäme und davon überzeugt werden könnte, daß der Bundeskanzler der Debatte über so wichtige politische Fragen persönlich gewachsen ist.
({26})
Jetzt aber noch einmal zurück zu Herrn Barzel! Herr Barzel, Sie haben in diesem Monat gesagt, - ({27})
- Herr Majonica, Sie verwechseln heute zum zweitenmal die gegenwärtige Sitzung des Plenums des
Deutschen Bundestages mit der gestrigen Sitzung Ihrer eigenen Fraktion.
({28})
- Ich verstehe, daß die Mehrheitsfraktion heute aufgeregt ist. Sie hat es auch gegenwärtig nicht leicht. Wenn man heute morgen die deutschen Zeitungen gelesen hat, kann man verstehen, daß Sie allesamt heute gereizt sind. Ich habe Nachsicht mit Ihnen.
({29})
Lassen Sie mich in der Frage, was die Bundesrepublik für sich nuklear erreichen möchte, einen Punkt begrüßen, den auch Herr von Kühlmann-Stumm erwähnt hat, daß nämlich in Rom in den letzten Tagen eine Verabredung zustande gekommen ist, die auf eine gewisse Kontinuität dessen, was man bisher unter dem McNamara-Komitee verstanden hat, hinauslaufen soll. Wir finden das ganz gut. Wir bleiben im übrigen bei den Empfehlungen, die wir auf unserem Parteitag und mehrfach ausführlich in diesem Hause zu dem Thema gegeben haben.
Dann zu einem anderen Punkt aus dem Katalog des Bundesaußenministers: Herr Wehner und ich haben uns beide Mühe gegeben, Herr Dr. Schröder, in einem Punkt zu verstehen, was Sie meinten. Aber vielleicht war es nur akustisch unverständlich. Wir haben nämlich nicht ganz verstanden, was Sie gemeint haben in bezug auf die mit Besorgnis und nach längerer interner Erwägung und Überlegung von uns vorgetragene Anregung: Wenn überhaupt schon die Rede von Truppenverringerung oder Truppenabzug sein muß, warum dann nicht, um Gottes willen, den Versuch machen, daß es gleichmäßig auf beiden Seiten geschehe? Ich habe mich jetzt vielleicht etwas klarer ausgedrückt. Wir haben Ihre Antwort zu dem Punkt - ({30})
- Sie teilen unsere Meinung. Dann haben wir es offenbar akustisch nicht verstanden. Wir glauben, daß das eine Sache ist, die nun wirklich nicht nur der Entwicklung überlassen werden darf, eine Sache, bei der die Bundesrepublik initiativ werden muß.
Wenn ich lese, was der Altbundeskanzler vor wenigen Tagen zu diesem Problem gesagt hat, muß ich sagen: ich teile zwar nicht ganz und nicht in dem Ausmaß, wie er es dort gesagt hat, seine Sorgen. Aber der Tendenz nach müssen einen, glaube ich, doch erhebliche Sorgen beschleichen.
Es ist dann von dem Devisenproblem die Rede gewesen.
({31})
- Wie bitte? Ich habe nicht verstanden.
({32})
- Ja, das wollte ich gerne hören, was er prägnant zu fragen hat.
({33})
Schmidt ({34})
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Bitte sehr!
Vielleicht können Sie uns hier noch etwas Näheres zu der Problematik sagen, die mit der Frage der Verdünnung beiderseits des Eisernen Vorhangs zusammenhängt.
({0})
Ja, es wird vielleicht den Rahmen sprengen. Aber gern!
({0})
- Nein, nicht Rapacki-Plan, obwohl - das sei zur Ehre der polnischen Regierung gesagt, die auch heute noch daran festhält - auch darin gewisse Elemente enthalten sind, die man nicht einfach mit der großen Geste des Inhabers einer parlamentarischen Mehrheit in Bonn vom Tisch wischen sollte. Im Rapacki-Plan - den ich im übrigen nie für eine geeignete Verhandlungsgrundlage gehalten habe und den ich auch heute keineswegs für eine solche halte; aber das ist hier ja gar nicht strittig, das war in diesem Hause nie strittig; aber da ich nun gerade danach gefragt werde, will ich es sagen - ist z. B. die Idee enthalten, daß das Gebiet der Bundesrepublik auf der einen Seite und die Territorien der sogenannten DDR, Polens und der CSSR auf der anderen Seite als Ganzes zueinander äquivalent seien. Das ist z. B. eines von vielen Prinzipien, die man brauchen würde. Es ist eines unter mehreren anderen im polnischen Vorschlag,
({1})
das ich akzeptieren würde.
({2})
- Ja, Sie haben mich gebeten, ein bißchen präziser zu sein. Ich habe Ihnen gesagt: hier ist z. B. ein Prinzip, über das sich reden ließe.
({3})
Aber es ist ja doch nicht nur unsere Sache, auf polnische Vorschläge zu antworten. Unsere Sache wäre es doch, in unserem Interesse deutsche Vorschläge zu entwickeln.
({4})
Solche polnischen Vorschläge sind insofern gut, als sie uns zeigen, was die Polen sich, unter ihren Interessen, vorstellen. Und vielleicht wäre es jetzt an der Zeit, daß wir versuchen, uns vorzustellen, was unter deutschen Interessen dem entgegenzusetzen wäre. Ich bin aber nicht der Meinung, daß wir hier im Bundestag insgesamt so eine Art Planungsstab aufmachen können, sondern das müßte der Planungsstab der Bundesregierung tun.
Herr Abgeordneter Schmidt, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten von Merkatz?
Bitte sehr!
Herr Kollege Schmidt, Sie haben sich ja vielen Überlegungen unterzogen. Sind Sie wirklich der Meinung, daß bei der geographischen Lage Deutschlands und der NATO-Partner, die zu Mitteleuropa gehören, ein gleichgewichtiges Zurückziehen von Truppen überhaupt möglich ist? Sie haben sehr viele Ausführungen gemacht. Aber das war mir nicht ganz klar.
Daß das möglich ist, möchte ich ohne Einschränkung bejahen. Daß etwas ganz anderes zu befürchten ist, entnehme ich z. B. der Bewertung dieser Frage durch .Dr. Adenauer vor wenigen Tagen. Er hat im Zusammenhang mit dem Problem des Abzugs gesagt: Meine Besorgnisse in dieser Hinsicht sind durch den Besuch in Washington verstärkt. Darauf fragte der andere noch einmal nach: Verstärkt? Antwort: Jawohl, verstärkt! -Was er dann noch weiter sagte, will ich hier nicht vorlesen, weil ich es beinahe für schädlich für die deutsche Position gegenüber Washington hielte, wenn es hier in diesem Hause gesagt würde. Aber mit diesen Sorgen hat Herr Dr. Adenauer ja nun wirklich nicht unrecht. Was wir besorgen müssen, Herr von Merkatz, ist doch, daß eine einseitige Verschlechterung der Position eintreten könnte. Das jedenfalls hat der Altbundeskanzler hier gemeint.
Ein paar Worte zu dem Devisenproblem. Herr Bundeskanzler, Sie haben am 23. Dezember 1965, heute vor noch nicht ganz zwölf Monaten, auch schon ein Gespräch mit Präsident Johnson gehabt.
Sie haben damals in einem gemeinsamen Kommuniqué gesagt, Sie seien sich einig darüber gewesen, daß die Abmachungen für beide Regierungen von großem Wert seien, nämlich die Abmachungen über den Devisenausgleich, und „voll ausgeführt und fortgesetzt" werden sollten. Das haben Sie gesagt, nachdem in diesem Hause das Haushaltssicherungsgesetz bereits behandelt war und jeder wußte, wie unsere Haushaltslage ist. Es tut mir leid: das, was Sie im Dezember 1965 anläßlich des Weihnachtsbesuches mit Präsident Johnson besprochen und hinterher in dem gemeinsamen Kommuniqué veröffentlicht haben, entsprach nicht der tatsächlichen Haushaltslage, wie Sie sie diesem Hause öffentlich bei Gelegenheit der Einbringung und Verabschiedung des Haushaltssicherungsgesetzes unterbreitet haben. Man kann auch sagen, was Sie dort verabredet haben, war leichtfertig; es war leichtfertig, was Sie in Washington gemacht haben.
({0})
Jemand, der meint, daß er alle diese Probleme selbst im Kopf habe und den Bundesfinanzminister zu so etwas nicht brauche, der darf sich allerdings nicht wundern, wenn er dann in eine solche Lage gerät.
({1})
Es ist doch eine schlimme Sache, wenn in der ganzen Welt heute darüber gerätselt wird, ob Abkommen, die unsere Regierung unterschreibt, hinterher auch honoriert werden.
Schmidt ({2})
Wir haben Ihnen vor der Reise nach Washington gesagt, Herr Bundeskanzler, wir seien der Meinung, daß wir das, was Sie unterschrieben hätten, auch bezahlen müßten, ob es klug sei oder nicht. Das haben wir Ihnen vorher gesagt. So ist es jetzt auch gekommen. Sie haben Johnson versprochen, Sie wollten ihr Bestes tun. Sie wissen aber gar nicht, wo Sie es hernehmen sollen. Sie müssen also jetzt den Bundesbankpräsidenten und den Zentralbankrat zu etwas bringen, ,wozu Sie sie nicht zwingen können. Selbst wenn der Zentralbankrat so etwas beschließt, nämlich amerikanische Offenmarktpapiere zu kaufen oder von kurzfristigen in mittelfristige umzusteigen, fehlt Ihnen aber immer noch eine Milliarde. Wo nehmen Sie die eigentlich her?
Herr Blessing hat, soviel ich höre, zu Ihnen gesagt, er sei bereit, Ihnen zu helfen, aber nur, wenn Sie die eine Milliarde aus dem Haushalt bringen. Da sitzt Herr Blumenfeld; ich höre, daß er nach mir sprechen wird. Er hat nach Pressemeldungen gesagt, wir müßten die Steuern erhöhen, um die Milliarde zu bekommen. Das mag alles sein; da mag es vielerlei Schwierigkeiten geben, und „Opfer" darf man ja dann in diesem Zusammenhang vielleicht sagen, weil es „bloß" 1 Milliarde ist. Aber ob Opfer hier notwendig sein werden, darüber haben Sie hier nichts gesagt. Sie tun so, als ob alles in Ordnung wäre, und lassen durch den Herrn Bundesfinanzminister vor der deutschen Presse einen Haushalt vorstellen, den Sie im Kabinett verabschiedet haben, wo das Ganze gar nicht drin ist. Es ist doch völlig klar, daß Sie hier einen Nachtragshaushalt gleichzeitig einbringen müssen - der Herr Bundesfinanzminister ist nicht mehr da -, Herr Grund. Das sagen Sie doch mal bitte laut, daß dieser Haushalt nicht geht. Der ist an verschiedenen anderen Stellen nicht in Ordnung; an dieser Stelle ist er auf keinen Fall in Ordnung!
({3})
Wenn wir uns als Parlament auf den Standpunkt stellen, daß das, was die deutsche Bundesregierung für diesen Staat unterschrieben hat, von diesem Staat auch bezahlt werden muß, ob es klug oder weniger klug ist, so ist das eigentlich schon ein ziemliches Maß von Fairneß; denn dieses Parlament kennt kein einziges der Devisenausgleichsabkommen zwischen uns und den Amerikanern. Das ist jetzt das dritte.
({4})
Ich habe Gelegenheit gehabt, in eines dieser Dokumente Einsicht nehmen zu dürfen. Es war mit dem Stempel „geheim" versehen. Ich kann es hier ja wohl offenbaren, wenn ich nicht erzähle, was drinstand. Was drinsteht, das weiß inzwischen jeder aus den Zeitungen. Aber ob es genauso stimmt, wie es in den Zeitungen steht, das wissen wir nicht. Es sind diesem Parlament und seinem Haushaltsausschuß - und ich vermute, auch dem Auswärtigen Ausschuß; aber das weiß ich nicht, denn ich habe ihm damals nicht angehört -, es sind keinem der Ausschüsse jemals diese Papiere gezeigt worden.
({5})
Wir wissen aus den Zeitungen - vielleicht stimmt es -, daß von der vorigen Regierung noch unter dem Bundeskanzler Adenauer die Abkommen abgeschlossen worden sind, und zwar mit einer Vorbehaltsklausel, die ausdrücklich Bestandteil der Abkommen war, wonach wir zahlen würden, wenn das im Rahmen unserer haushaltsmäßigen Leistungsfähigkeit möglich sei.
Wir wissen auch, daß Sie bei dem Abkommen, das Sie, Herr Bundeskanzler, Ende 1963 geschlossen haben und das dann später durch Verhandlungen des Verteidigungsministers Anfang 1964 etwas gemildert werden konnte, auf diese Klausel keinen Wert mehr gelegt haben.
(
Das stimmt nicht!)
Ja, wenn es nicht stimmt, dann legen Sie endlich Ihre Papiere auf den Tisch, damit wir es nachprüfen können.
({0})
Dann sorgen Sie endlich dafür, daß der Geheimstempel herunterkommt und jeder Abgeordnete dieses Papier prüfen kann, wenn es nicht stimmt.
({1})
Sie haben sich doch bisher geweigert, uns diese Abkommen auf den Tisch zu legen. Wir haben hier im Juni in der Fragestunde eine Batterie von kleinen Fragen vorgeführt und haben dann immer die Antwort gekriegt - teils von Herrn Staatssekretär Grund, teils vom Verteidigungsminister -, es sei nicht tunlich, das zu beantworten, denn da seien gerade Verhandlungen im Gange.
Das mag ja sein. Aber das war die einzige Möglichkeit, die wir noch hatten, um herauszufinden, was denn nun die Wirklichkeit ist.
Vielleicht verspricht der Bundeskanzler jetzt, daß das Parlament nun, nachdem die Abkommen - das erste ist, glaube ich, 1961 geschlossen worden - insgesamt fünf oder sechs Jahre laufen, endlich einmal Aufschluß kriegen wird. Sie müssen dem Parlament Aufschluß geben. Sie kommen aus der Finanzklemme gar nicht heraus, „das Beste" versprochen zu haben, während Ihnen die Milliarden fehlen. Sie brauchen doch den Beschluß des Parlaments, wenn Sie erfüllen wollen, was Sie Präsident Johnson versprochen haben.
({2})
Lassen Sie mich eine Frage aufwerfen. Ich habe in den Zeitungen gelesen - und ich weiß es von einigen Kollegien der Rechten in diesem Saal -, daß - nicht heute, sondern gestern - die außenpolitische und die strategische Substanz dessen, was mit diesem Washingtoner Besuch umschrieben sein möge, umstritten gewesen ist. Wir haben in den Zeitungen gelesen, daß es auch schwere Vorwürfe an die Adresse ides Bundeskanzlers gegeben hat. Wir haben auch Zitate darüber gelesen.
Da die 'nächste Wahl erst 1969 sein kann und die eigentlich fällige Ablösung dieser Regierung durch eine Neuwahl nach den Vorschriften des Grundgesetzes technisch im Augenblick nicht möglich ist,
({3})
Schmidt ({4})
frage ich mich, ob Sie wirklich glauben, daß Sie die Lebensfragen der Nation ausschließlich hinter den verschlossenen Türen der CDU/CSU verhandeln können.
({5})
Ich habe volles Verständnis für das Dilemma, in ,dem Sie stecken. Aber dieses ist der Ort, an dem ausgesprochen werden muß, was ist.
({6})
Warum ist der verdiente Altbundeskanzler Adenauer heute nicht hier, um zu sagen, was er in Ihrer Fraktion und gegenüber Ihren Freunden - ({7})
Warum ist Herr Strauß heute nicht hier, der gestern in seiner Fraktion - ({8})
Warum spricht der Abgeordnete Gerstenmaier nicht von diesem Platz?
({9})
Meine Herren von der CDU/CSU-Fraktion, dadurch, daß Sie, was ich verstehe, den Versuch machen zu verabreden, daß in Zukunft Interviews nicht mehr gegeben werden können - und vielleicht wird das eine Zeitlang gehalten -, wird doch das, was in diesen Interviews behandelt worden ist - und das sind Lebensfragen dieses Staates -, nun nicht plötzlich zu einer Sache, über die überhaupt nicht mehr zu reden sei.
({10})
Ich wollte in diesen letzten fünf Minuten, Herr Barzel, nicht polemisch sein. Ich habe auf Sie offenbar persönlich auch nicht polemisch gewirkt.
({11})
Ja, am Anfang; das hat Herr Barzel auch verdient, trotz seines blauen Hemdes heute.
({12})
Wissen Sie, Herr Barzel, das meine ich nun ganz persönlich -, mir fällt auf, daß Sie bei den Plenarsitzungen in letzter Zeit immer ein blaues Hemd anhaben.
({13})
- Das hat mit der Religion nichts zu tun, das hat
etwas mit dem Fernsehen zu tun, Herr van Delden.
({14})
Aber ich nehme an, daß das nächste Mal vielleicht
die weiße Farbe wieder zurückkehrt und zu Ehren
kommt. Die Unschuld wird damit nicht unbedingt bewiesen sein, Herr Barzel.
({15})
Meine Damen und Herren, es wird das Wort gemäß § 36 der Geschäftsordnung begehrt. Der § 36 der Geschäftsordnung lautet:
Zu einer tatsächlichen oder persönlichen Erklärung kann der Präsident außerhalb der Tagesordnung das Wort erteilen....
Ich erteile das Wort dem Herrn Abgeordneten Barzel.
Ich möchte eine Erklärung nach § 36 der Geschäftsordnung abgeben -nicht zu der zuletzt genannten Frage.
({0})
Das tue ich im Laufe der Debatte, Herr Kollege Schmidt.
Im Namen der CDU/CSU weise ich den Angriff auf den Kanzler, einen Angriff zur Person, als unberechtigt, unbegründet und böswillig zurück.
({1})
Die Bundesregierung
({2})
steht hier Rede und Antwort.
({3})
- Sie werden es gleich erleben. Ich kann nur eine Erklärung abgeben, sonst verstoße ich gegen die Geschäftsordnung. Lassen Sie mich bitte diese Erklärung abgeben.
Wie die Koalition insgesamt diese Debatte führt, ist unsere Sache. Wie Sie diese Debatte führen und Fragen nicht beantworten, ist Ihre Sache. Was Sie in diesem Punkt, dem persönlichen Angriff auf den Kanzler, taten, war nicht im Interesse dieses Hauses, entsprach nicht der notwendigen menschlichen Achtung vor dem politischen Gegner.
({4})
- Ich bleibe nur bei meiner Erklärung. Sie ist gleich zu Ende.
({5})
Was Sie zu diesem Punkt erklärten, ließ jeden dem Verdienst dieses Mannes adäquaten menschlichen Respekt vermissen.
({6})
Das Wort hat der Herr Bundesaußenminister.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit Rücksicht auf die vielen Sprecher, die uns noch bevorstehen, will ich nicht länger reden als es unbedingt notwendig ist, also sehr kurz.
Der Text der Geschäftsordnung, den ich vorgelesen habe, ist ,der gültige Text. Das hat der vorhin die Geschäfte leitende Präsident bestätigt. Vielleicht darf ich die bescheidene Hoffnung haben, daß es nun eine Art von Entschuldigung aus Ihren Reihen geben könnte.
({0})
- Sie glauben offenbar, Sie könnten in der kräftigsten Weise jedermann angreifen, und in demselben Moment, in dem nur leicht etwas zurückgegeben wird, regen Sie sich auf wie zimperliche Mädchen.
({1})
- Herr Wehner, vielleicht kann man noch ein Stückchen taktloser werden, vielleicht noch ein Stückchen. - Es tut mir sehr leid, das sagen zu müssen.
Die Kleine Anfrage, deren Beantwortung Sie mir hier vorgeworfen haben, wird das Haus sehr bald als Drucksache bekommen. Aber Sie haben das leider vor einer sehr großen Öffentlichkeit getan, und ich bin es der Öffentlichkeit schuldig, den Inhalt dieser Antwort bekanntzugeben.
({2})
- Lesen Sie doch die Fragen vor, wenn Sie das wollen; ich gebe die Antworten bekannt.
({3})
Meine Damen und Herren, ich bitte, zur sachlichen Debatte und zur Ruhe zurückzukehren. Ich bitte Sie dringend darum. - Bitte, Herr Minister, Sie haben das Wort.
Ich verlese:
Die Kleine Anfrage beantworte ich im Einvernehmen mit dem Herrn Bundesminister für Wirtschaft wie folgt:
I. Der Bundeskanzler hat während seines Besuchs in Norwegen und Schweden bei verschiedenen Anlässen seine. Auffassung zum EWG-EFTA-Problem im Einklang mit der Regierungserklärung vom 10. November 1965 näher erläutert. Dabei hat er keinen Zweifel daran gelassen, daß nach Ansicht
der Bundesregierung die drei europäischen Gemeinschaften das wirtschaftliche Fundament der europäischen Einigungsbestrebungen bilden. Er hat ferner ausgeführt, daß die europäischen Gemeinschaften insofern auch ein Teil der politischen Einigung Europas sind, als die angestrebte Wirtschaftsunion eine gemeinschaftliche Wirtschaftspolitik im weitesten Sinne voraussetzt. Er hat dargelegt, daß es nicht Absicht der Bundesregierung sei, der EWG als solcher neue politische Kompetenzen zuzuweisen. Aufgabe der Regierung der Mitgliedstaaten und der Organe der EWG sei es vornehmlich, die durch den Vertrag gesteckten Ziele durch getreue Vertragserfüllung zu erreichen.
II. Die politische Einigung des freien Europa gehört seit 1949 zu den wesentlichen Zielen der deutschen Außenpolitik. Die Bundesregierung hat alle Bestrebungen auf diesem Gebiet aktiv unterstützt, selbst Initiativen ergriffen und Vorschläge gemacht, um gemeinsam mit den europäischen Staaten, die hierzu bereit sind, zu einer Einigung Europas zu gelangen. Die Bundesregierung steht zu der Politik, die sie in ihren Europa-Vorschlägen vom November 1964 zum Ausdruck gebracht hat.
III. Die Bundesregierung ist stets dafür eingetreten, daß sich dritte Länder, insbesondere auch Großbritannien, mit den drei Gemeinschaften verbinden. Der geeignete Weg, zu einer möglichst umfassenden wirtschaftlichen Einigung Europas zu kommen, liegt in der Beteiligung dritter Länder an der EWG durch Beitritt, Assoziierung oder Sonderabkommen. Alle Bestrebungen in dieser Richtung werden von der Bundesregierung unablässig gefördert.
Solange eine endgültige Lösung des europäischen Problems durch Beitritt, Assoziierung oder Sonderabkommen noch nicht möglich ist, kommt der Abflachung des Zollgrabens zwischen EWG und EFTA besondere Bedeutung zu. Diesem Ziel dient auch die Kennedy-Runde. In den kommenden Monaten wird sich die Bundesregierung weiter darum bemühen, daß - soweit erforderlich, unter Ergänzung des Verhandlungsangebots der Gemeinschaft - neben einer maximalen Zollsenkung insbesondere auch die Handelshemmnisse abgebaut werden, die den innereuropäischen Handel behindern. Die Bundesregierung wird sich auch weiterhin innerhalb der EWG entschieden für eine positive Antwort auf das Memorandum der EFTA-Staaten vom 29. 10. 1965 einsetzen. Sie sieht es als vordringlich an, daß die europäischen Gemeinschaften über ihre Beschränkung auf sechs europäische Staaten hinauswachsen zu einer möglichst umfassenden europäischen Gemeinschaft.
Das ist die Antwort, die Sie als „Klischee" zu charakterisieren beliebt haben.
Nun habe ich nur noch eine Kleinigkeit. Herr Kollege Schmidt, Sie haben eine Art Ankündigung meines Reiseprogramms für den Rest des Jahres vorgenommen. Es tut mir leid, daß ich zahlreiche Besuche, die ich im Interesse der deutschen Politik durchführen müßte - zum Beispiel, um das hier zu sagen, eine Konsultation mit der japanischen Regierung, die seit einiger Zeit fällig ist -, angesichts der derzeitigen Geschäftslage nicht durchführen kann. Aber ich würde Sie um eine Freundlichkeit bitten: wenn Sie einer falschen Information aufgesessen sind, sie nicht weiterzugeben, sondern die Ankündigung der Reisen des Bundesministers des Auswärtigen dem Auswärtigen Amt zu überlassen.
({0})
Meine Damen und Herren, ich gebe das Wort außerhalb der Tagesordnung zu einer tatsächlichen oder persönlichen Erklärung gemäß § 36 der Geschäftsordnung Herrn Abgeordneten Dr. Schäfer. - Bitte!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich darf zu zwei Punkten eine Erklärung abgeben, erstens zur Geschäftsordnung, § 110: Kleine Anfragen. Die Geschäftsordnung sagt in Abs. 1 dieses Paragraphen:
Mitglieder des Bundestages in einer Zahl, die einer Fraktionsstärke entspricht, können von der Bundesregierung Auskunft über bestimmt bezeichnete Tatsachen in Kleinen Anfragen verlangen. Die Fragen sind dem Präsidenten mit kurzer Begründung schriftlich einzureichen.
Schon vom letzteren wurde seit Jahren Abstand genommen.
Die Regelung, die der Abs. 2 vorsieht und die der Herr Außenminister vorgetragen hat, wird seit 1950 nicht mehr angewandt. Im amtlichen Text ist deshalb in einer Fußnote vermerkt:
Nach einer Vereinbarung im Ältestenrat vom 23. Februar 1950
({0})
- 1950, fürwahr! wird lediglich in den amtlichen Mitteilungen, die ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen werden, bekanntgegeben, daß die Antwort der Bundesregierung eingegangen ist und unter welcher Drucksachennummer sie verteilt wird.
Der ganze Absatz 2, Herr Minister, wird nicht mehr praktiziert. Es steht Ihnen zweifellos frei, welche Antwort Sie geben wollen, ob Sie eine Antwort geben wollen und welche Antwort Sie geben wollen.
({1})
Es steht dann auch jedem Mitglied dieses Hauses, jeder Fraktion, frei, außer einer Kritik der Art und Weise der Behandlung die eigene Bewertung der Auskunft - oder der Nichtauskunft - abzugeben.
({2})
Das ist die Ordnung, wie sie hier seit über 15 Jahren praktiziert wird. Der Geschäftsordnungsausschuß wird sich im Laufe der nächsten Monate mit einigen solcher Unebenheiten im Wortlaut unserer Geschäftsordnung befassen müssen. Ich darf noch einmal sagen: der Wortlaut bezieht sich nicht mehr darauf - kann sich nicht mehr darauf beziehen -, weil Kleine Anfragen nur von Abgeordneten in Fraktionsstärke eingebracht werden können.
Zum Zweiten! Ein typisches Beispiel einer Kleinen Anfrage ist die Kleine Anfrage der SPD betreffend Erklärungen des Bundeskanzlers zur Europapolitik vom 14. September 1966, die ich, den Ausführungen folgend, die der Herr Minister hier gemacht hat, nun im Wortlaut hier verlese, damit sie entsprechend gewertet werden kann.
({3})
Ich erkläre zur Sache - und § 36 betrifft die tatsächliche oder persönliche Erklärung - ({4})
- Eine tatsächliche Erklärung. - Gibt es noch mehr eine Tatsache als die Tatsache, daß hier etwas vorliegt?
({5})
Ich lese vor:
Nach Meldungen der deutschen Presse hat der Bundeskanzler auf seiner Skandinavienreise von Ende August/Anfang September 1966
({6})
unter anderem erklärt, man solle nicht bemüht sein, die politische Integration der EWG zu fördern, weil er glaube, je stärker die EWG in den Augen der übrigen Welt und vor allem der freien Nationen Europas ein politisches Gehäuse habe und ein politisches Instrument werde, umso schwieriger werde die Verständigung sein.
Wir fragen die Bundesregierung:
({7})
1. Wie lautet der authentische Text der Äußerung des Bundeskanzlers zu diesem Fragenkreis?
Deutscher Bundestag - 5. Wahlperiode
Diese Frage ist nicht beantwortet. - Das ist meine
tatsächliche Feststellung, damit Sie zufrieden sind: nicht beantwortet.
({8})
2. Hat der Bundeskanzler anläßlich seines Besuchs in Schweden in einer Tischrede die EWG und die EFTA als „künstliche und willkürliche Konstruktionen" bezeichnet, denen die moralische Berechtigung fehle, „wenn sie sich in einer Art Inzucht Vorteile gewähren, die sie den anderen verwehren"?
Meine tatsächliche Feststellung: nicht beantwortet! - Sind Sie jetzt zufrieden?
({9})
3. Hat die Bundesregierung das Ziel aufgegeben, die EWG im Geiste der Römischen Verträge nicht nur als Wirtschaftsgemeinschaft auszubauen,
({10})
sondern die durch sie geschaffenen Ansätze weiterzuentwickeln, um dadurch den politischen Zusammenschluß in Europa zu fördern?
- Nicht beantwortet.
Herr Abgeordneter Dr. Schäfer, ich mache darauf aufmerksam, daß Sie das Institut der sachlichen und persönlichen Erklärung jetzt ausweiten in einen Debattenbeitrag.
({0})
Ich trage vor, Frau Präsidentin - ich bitte um Nachsicht -, welche Fragen gestellt sind, und dazu, ob sie beantwortet wurden oder nicht. Das ist eine rein referierende Feststellung einer Tatsache.
({0})
Herr Dr. Schäfer, Sie wissen genau, daß der § 36 einer näheren Präzisierung bedarf. Ich würde aber bitten, daß Sie als Vorsitzender des zuständigen Ausschusses sich hier wirklich in den Usancen bewegen, die die Geschäftsordnung vorsieht.
({0})
Frau Präsidentin -
Ich gebe Ihnen gern das Wort zur Debatte, sehr gerne später
({0})
Frau Präsidentin, man rügt einen amtierenden Präsidenten nicht.
Ich würde sehr darum bitten, daß das nicht geschieht.
Ich würde mich aber gern über Ihre letzte Formulierung unterhalten; ob der Präsident dieses Hauses das Recht hat, seine Ansicht in dieser Weise hier zu sagen, das ist noch eine andere Frage.
({0})
Herr Dr. Schäfer, diese Bemerkung war unzulässig. Ich muß Ihnen deshalb jetzt das Wort entziehen. Ich bedaure.
({0})
Herr Schäfer, es tut mir leid. - Das Wort hat der Herr Bundesaußenminister.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte nur zweierlei feststellen. Erstens hat Herr Kollege Dr. Schäfer bestätigen müssen, daß ich den richtigen Text vorgelesen habe,
({0})
den gültigen Text, und zweitens hat er bestätigt, daß ich mich genauso hätte verhalten können, wie ich es eingangsgeschildert habe.
({1})
Ich frage jetzt nur noch: wann kommt Ihre Entschuldigung?
({2})
Das Wort hat der Herr Verteidigungsminister von Hassel.
von Hassel, Bundesminister der Verteidigung: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Hohe Haus ist sich darin einig, daß es gilt, die Verteidigung unserer Freiheit auch in Zukunft zu gewährleisten. Das hohe Haus hat in der Nachmittagsdebatte bestätigt, daß es die Garantie und die Gewährleistung dieser Freiheit nur in der Aufrechterhaltung des atlantischen Bündnisses sehen kann und daß dieses atlantische Bündnis die Grundlage unserer Freiheit ist. Es gehört Bösartigkeit dazu, scheint mir, der Bundesregierung zu unterstellen, daß nicht ihre gesamte Außen- und Verteidigungspolitik auf diese Stärkung des Bündnisses ausgerichtet gewesen ist und - wie Sie heute aus dem Munde des Bundeskanzlers hörten - auch in Zukunft ausgerichtet sein wird. In die Allianz hinein gehört Frankreich. Frankreich ist ein Bestandteil der Allianz, und es gehört Bösartigkeit dazu, uns zu sagen, daß wir nicht alles täten, um mit
Bundesminister von Hassel
Frankreich zu einer guten gemeinsamen Verbindung zu kommen.
({0})
Herr Kollege Schmidt hat zur Reise des Herrn Bundeskanzlers nach Amerika soeben erklärt, daß durch sie das Verhältnis zu Amerika nicht besser geworden sei und daß sich das Verhältnis zu Frankreich ebenfalls nicht verbessert habe. Er hat dann in einem anderen Zusammenhang von einer „Schraube gegen Paris" gesprochen.
Herr Kollege Schmidt, das Verhältnis Deutschlands zu den Vereinigten Staaten kann nach meiner Auffassung gar nicht besser sein, ,als ,es all die Jahre gewesen ist.
({1})
Es ist eine erfolgreiche Politik, wenn es gelingt, dieses gute, enge, laufrichtige Verhältnis auch in Zukunft zu erhalten.
Und .ein Zweites. Sie wissen ganz genau, Herr Kollege Schmidt, daß in allen Gesprächen, die im Zusammenhang mit dem deutsch-französischen Freundschaftsvertrag mit dem französischen Staatspräsidenten und der Regierung in Paris geführt worden sind, von deutscher Seiteimmer darauf aufmerksam gemacht wurde, daß bei aller engen Verbindung mit Frankreich das europäisch-amerikanisch-kanadische Verhältnis auch in der Zukunft so eng wie möglich bleiben muß. Der Herr französische Staatspräsident und die Franzosen kennen diese unsere Auffassung, und ich glaube, daß das, was Sie soeben erklärten, hier an dieser Stelle zurechtgerückt werden muß.
Bei der Betrachtung der europäischen Verteidigung weiß das Hohe Haus genau, daß der Kern dieser Verteidigung bei allem Respekt vor der großen Leistung der französischen Streitkräfte die amerikanische 7. Armee ist. Sie ist es gewesen, sie ist es heute, und sie wird es wahrscheinlich auch in absehbarer Zukunft sein. Die Stärke dieser amerikanischen Streitkräfte auf deutschem Boden beläuft sich auf normalerweise 225 000 Soldaten. Das Hohe Haus weiß, daß im Laufe der Anfangsmonate dieses Jahres eine Verminderung um etwa 15 000 Ausbilder stattgefunden hat, die die Amerikaner abgezogen haben. In der Zwischenzeit ist die Wiederauffüllung auf den normalen Bestand im Gange. Das Hohe Haus weiß aus mancher Debatte, insonderheit im Verteidigungsausschuß und im Haushaltsausschuß, daß die Kosten dieser 7. amerikanischen Armee im Jahr, im amerikanischen Haushalt ausgewiesen, 2,4 Milliarden Dollar ausmachen und daß davon - und das sind die Ausgangsüberlegungen für das Thema des Devisenausgleichs - 700 Millionen Dollar hier in Deutschland durch die Streitkräfte der Amerikaner ausgegeben werden und in den Bestand der Bundesnotenbank fließen.
Seit 1961 gibt es eine Regelung - die kennen auch Sie, Herr Kollege Schmidt; denn ichselber habe darüber oft genug in den Ausschüssen gesprochen -, die zwischen Amerika und Deutschland vereinbart worden ist: daß in der Größenordnung der hier ausgegebenen Dollars Aufträge in die Vereinigten Staaten zurückverlegt werden, und zwar Aufträge sowohl für Rüstungsgerät aller Art als auch für Dienstleistungen. Was bedeutet das? Darüber ist offenbar zur Zeit eine ganze Menge Nebelinsbesondere in der deutschen Öffentlichkeit. Sie meint, daß wir mit den Devisenausgleichsleistungen bares Geld ,als Beihilfe, als Geschenk in den amerikanischen Haushalt geben. Was bedeuten Aufträge, was bedeuten Dienstleistungen?
Meine Damen und Herren, Ausgangspunkt der Vereinbarungen meines Vorgängers, des Herrn Kollegen Strauß, von 1961 war der Aufbau eines gemeinsamen, kooperativen logistischen Systems für die deutschen und die amerikanischen Streitkräfte - für den Frieden und für den Ernstfall - mit einer gemeinsamen Depotversorgung, gemeinsamer Ersatzteilversorgung, gemeinsamer Depotinstandsetzung, z. B. Elektronik, gemeinsamem Kriegsvorrat, mit Beschaffung in den Vereinigten Staaten, mit gemeinsamer Forschung, mit gemeinsamer Entwicklung, mit gemeinsamer Benutzung von Truppenübungsplätzen, mit gemeinsamen Dienstleistungen, die sie uns geben für die Ausbildung z. B. von Piloten oder Raketenpersonal.
Wir haben im Zusammenhang mit den Devisengesprächen - das ist heute nachmittag angeklungen - gerade zu diesen gemeinsamen deutschamerikanischen Vereinbarungen immer auch andere Partner eingeladen. Wir bedauern, daß sie davon keinen Gebrauch gemacht haben.
Ich möchte hier - weil es in den Ausführungen des Herrn Kollegen Schmidt eine Rolle gespielt hat I - zunächst einmal ein paar Sätze zu den Prinzipien der deutsch-amerikanischen Devisenausgleichsleistungen sagen.
Erstens: Wir geben keinen Auftrag nach Amerika für militärische Ausrüstung, die wir nicht wirklich brauchen. Wir kaufen weder Schrott, wie man zum Teil sehr oberflächlich daherredet, noch kaufen wir nur um des Kaufes willen, sondern wir kaufen nur das, was wir benötigen.
Zweitens: Wir kaufen in den Vereinigten Staaten nur das, was in den Vereinigten Staaten zu kaufen militärisch und ökonomisch sinnvoll ist.
Drittens: Wir beschaffen nur, was in Anbetracht der Personal- und der Ausbildungslage von uns verkraftet werden kann.
Viertens schließlich: Es besteht keine Divergenz zwischen dem Aufbauprogramm der Bundeswehr und dem amerikanischen Beschaffungsprogramm. Wir sind nicht bereit, eine solche Divergenz etwa durch voreilige Beschaffung eintreten zu lassen.
Herr Kollege Schmidt sagt nun, daß das Parlament die Verträge nicht kennt. Herr Kollege Schmidt, Sie wissen ganz genau, daß ich über diese Einzelheiten, diese Prinzipien immer eine Darstellung in den Ausschüssen gegeben habe. Herr Schmidt sagt nun aber - und er wirft es dem Herrn Bundeskanzler vor -, der Bundeskanzler habe bei seinen ersten Besprechungen mit dem amerikanischen Präsidenten in Texas Weihnachten 1963 so aus der Hand heraus eine volle Erfüllung zugesagt. Meine Damen
Bundesminister von Hassel
und Herren, zunächst einmal sei festgehalten: Es ist der erste Besuch des Herrn Bundeskanzlers in seiner neuen Eigenschaft beim amerikanischen Präsidenten, wobei dieses für die Amerikaner ungemein wichtige Thema in der Form zur Sprache kommt, ob er als neuer Bundeskanzler die bisherigen Regelungen fortsetzen wird oder nicht. Dann muß man selbstverständlich bejahen, weil das unsere damalige Auffassung gewesen ist. Das Detail ist nachher durch uns, die Fachminister, ausgearbeitet worden.
Nun sagt der Herr Kollege Schmidt, der Bundeskanzler habe diese alten Klauseln, die zur Zeit der Regierung Adenauer aufgenommen worden seien - die Bemühensklausel, die Vorbehaltsklausel -, nicht wieder aufgenommen, Klauseln, die besagten: Wenn der Haushalt die Möglichkeit der Zahlung nicht mehr eröffnet oder wenn der Bedarf nicht mehr vorhanden ist, dann kann man auch mit niedrigeren Zahlen zufrieden sein.
({2})
- Bitte schön! ({3})
- Nein, ich behandle Herrn Kollegen Schmidt anders, als er unsere Kollegen behandelt hat.
({4})
- Verzeihung, Ihr Fraktionsvorsitzender hat alle Fragen, ob er Zwischenfrage zulasse, brüsk mit Nein beantwortet.
({5})
- Ich korrigiere mich. - Bitte schön!
Sind Sie bereit, das, was Sie eben ausgeführt haben, dadurch zu belegen, daß die Bundesregierung alle bisher geschlossenen Devisenabkommen mit den Vereinigten Staaten den zuständigen Ausschüssen des Bundestages schriftlich zur Kenntnis gibt?
von Hassel, Bundesminister der Verteidigung: Ich werde zunächst fortfahren. Sie werden sehen, ich zitiere wörtlich Passagen, die Sie besonders interessieren und mit denen Sie die Bundesregierung anzugreifen beabsichtigen. Ich zitiere, damit Sie sehen, daß auch in dem jetzt gültigen Abkommen dieses Bemühensklauseln aufgenommen sind. Aus zeitlichen Gründen beschränke ich mich auf die Zitierung der letzten Vorbehaltsklauseln.
Meine Damen und Herren, das dritte Abkommen, das ich unterzeichnet habe, das Abkommen vom 14. Mai des Jahres 1964, hat dem Kabinett vorgelegen. Das Kabinett hat wenige Tage vorher seine Zustimmung erteilt. Aus diesen von mir unterzeichneten sogenannten agreed minutes zitiere ich zunächst zwei Abschnitte:
Beide Minister
- also die beiden Verteidigungsminister sind sich dabei bewußt, daß eine volle Erfüllung mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden sein wird und Beschaffungen nur dann möglich sind, wenn ein entsprechender Rüstungsbedarf der Bundesrepublik Deutschland vorliegt und eine Deckung des Bedarfs in den Vereinigten Staaten wirtschaftlich sinnvoll ist.
Das ist ein ganz klarer Vorbehalt von der Bedarfsseite her. - In einem übernächsten Abschnitt heißt es dann:
Für denjenigen Teil der Devisenausgaben der amerikanischen Streitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland, der nicht durch Ausgleichszahlungen gedeckt werden kann, die sich innerhalb des Zeitraums aus Rüstungsbeschaffungen ergeben, wird man sich gemeinsam auf Mittel und Wege einigen, um den Zahlungsausgleich zu ermöglichen.
Dann habe ich vor der Unterzeichnung dieses Protokolls eine Erklärung abgegeben, die sich auf die Haushaltsseite bezieht und die ich hier vorlesen darf:
Zur Erklärung darf ich darauf hinweisen, daß der deutsche Verteidigungsminister den Beitrag, den die amerikanischen Truppen in der Bundesrepublik zur Aufrechterhaltung der Sicherung des Friedens und zur Abwehr einer Bedrohung aus dem Osten leisten, voll und ganz zu würdigen weiß. Die Bundesregierung ist deshalb selbstverständlich bereit, alles in ihren Kräften Stehende zu tun, um die durch die Stationierung von Truppen in der Bundesrepublik den Vereinigten Staaten entstehenden Belastungen, soweit möglich, zu erleichtern und die durch die Stationierung entstehenden Devisenverluste auszugleichen.
Andererseits darf nicht verkannt werden, daß ein Devisenausgleich durch Erteilung von entsprechenden Rüstungsaufträgen in die Vereinigten Staaten die Bundeswehr vor schwierige Probleme stellt. Denn der Bundeswehr sind gewisse Grenzen gesetzt, und zwar einmal von der Seite des Rüstungsbedarfs her, zum anderen auch durch die Höhe der für den deutschen Verteidigungshaushalt verfügbaren Mittel. Diese Schwierigkeiten ergeben sich insbesondere aus den Verpflichtungen gegenüber den europäischen Partnern und aus dem im Laufe des nächsten Jahres geringer werdenden Investitionsbedarf.
Der Verteidigungsminister würdigt das Verständnis, das die amerikanische Seite für diese deutschen Probleme aufgebracht hat, und ist seinerseits gewillt, die Anstrengungen, die er auf diesem Gebiet gemacht hat, auch in Zukunft weiter fortzusetzen.
Unter diesen Voraussetzungen erklärte ich mich dann bereit, das Protokoll zu unterzeichnen. Das heißt, auch von der Haushaltsseite her sind diese Vorbehaltsklauseln aufrechterhalten worden.
Nun scheint mir - und damit möchte ich meine kurzen Ausführungen schon schließen -, daß jeder, der sich mit dem Devisenabkommen irgendwie kri2976
Bundesminister von Hassel
tisch auseinandersetzt, mindestens mit ein paar Bemerkungen klären müßte, wie eigentlich die Haltung der Vereinigten Staaten uns gegenüber und Europa gegenüber gewesen ist. Ich darf dabei an die Frage des Kollegen Wehner anknüpfen, der gesagt hat: Ist eigentlich gewährleistet, daß die NATO ihre Kräfte nach den Gesichtspunkten der Sicherheit bemißt? - Meine Damen und Herren, Sie wissen, daß die Zahl der Streitkräfte, ihre Ausstattung, die nuklearen und die nichtnuklearen Kräfte durch die NATO festgelegt werden. In dem entsprechenden politischen und militärischen Gremium ist Deutschland vertreten und wirkt mit. In diesen Gremien wird die Ausgangslage geklärt, d. h. die Situation jenseits des Eisernen Vorhangs. Es wird festgestellt, was heute drüben für ein Potential vorhanden ist, was in fünf Jahren und was in den siebziger Jahren zu erwarten sein wird aus dem Auftrag, den die politische Gruppe, der NATO-Rat, den Militärs gibt, nämlich die Integrität des Gebiets der NATO zu verteidigen, müssen dann die Militärs die entsprechenden militärischen Formeln ableiten. An dieser Aufgabe wirken auch wir mit.
Das Hohe Haus weiß wahrscheinlich, daß die einzigen, die die NATO-Forderungen in bezug auf die Streitkräfte wirklich voll erfüllen, die Vereinigten Staaten sind. Wir müssen leider feststellen, daß wir in unseren eigenen Anstrengungen hinter den anderen, hinter den Vereinigten Staaten, hinter England und hinter Frankreich, zurückbleiben, daß die europäischen Staaten mehr leisten müßten. Die Leistungen der Amerikaner, der Deutschen und auch der anderen werden in Prozenten des Bruttosozialprodukts gemessen. Die Leistung der Amerikaner beträgt 8,8 %, die der Engländer 6,8 %, die der Fanzosen 6,2 % und unsere deutsche Leistung 4,5 %.
Wenn man also Kritik an einem Verhalten etwa der Amerikaner übt, muß man auch Verständnis für folgende Fragestellung haben, die einem in Amerika auf Schritt und Tritt begegnet: Wenn wir die Situation einheitlich so beurteilen, daß eine Auseinandersetzung auch in Zukunft möglich bleibt, muß die Frage angeschlossen werden: Seid ihr Europäer bereit, dafür das Nötige zu tun? Die Europäer tun etwa die Hälfte dessen, was die Amerikaner tun. Die Fragestellung in den Vereinigten Staaten ist daher: Tun die Europäer zu wenig, oder tun die Amerikaner zu viel? Aus dieser Fragestellung heraus ergeben sich dann - Herr Kollege Schmidt, Sie kennen die Bestrebungen des Senators Mansfield genau - die Bestrebungen, nach dem Motto „Get the boys home!" die amerikanischen Truppen in Europa - d. h. in Deutschland - zu vermindern.
Wer also an dem Offset-Abkommen Kritik übt, der möge sich vor Augen halten, daß es dem Präsidenten drüben, dem Außenminister und dem Verteidigungsminister bis heute gelungen ist, diesen oppositionellen Angriff mit dem Ziel der Zurücknahme der amerikanischen Truppen aus Europa mit dem Hinweis darauf abzuwehren, daß die Deutschen zumindest die Devisenausgleichsleistungen voll erbringen. Wenn das in Zukunft nicht mehr so wäre und es eventuell zu einer Verminderung der Zahl der Truppen käme, dann bitte ich, daran zu denken, daß hier mit der Schlüssel dazu gelegen hat, daß wir bisher die 7. Armee als das Kernstück der Verteidigung in Europa stehen hatten.
Herr Minister gestatten Sie eine Zwischenfrage?
von Hassel, Bundesminister der Verteidigung: Bitte.
Darf ich Ihnen die Frage stellen, Herr von Hassel, nachdem Sie nun aus einem der Geheimabkommen ausführlich zitiert haben, ob Sie wirklich immer noch nicht bereit sind, den vollständigen Text der Abkommen den betreffenden Ausschüssen des Bundestages zur Einsicht zuzuleiten.
von Hassel, Bundesminister der Verteidigung: Ich werde dem Verteidigungsausschuß und dem Haushaltsausschuß den Kerninhalt dieser Abkommen vortragen. Das ist ein dickes Bündel.
({0})
- Ich habe diese „Geheim"-Stempel nicht darauf gesetzt. Die wurden 1961 und in den Jahren danach draufgesetzt und nicht von mir mit Blickrichtung auf die heutige Debatte. Ich habe diese Debatte nicht zu fürchten. Ich glaube, bisher hat jeder anerkannt, daß durch die Art des deutsch-amerikanischen Devisenausgleichs dieses ausgezeichnete Verhältnis zwischen Deutschland und Amerika entstanden und gefestigt worden ist.
({1})
Der Herr Kollege Schmidt und der Herr Kollege Wehner haben auf das Thema des atomaren Mitwirkens und des Mitbestimmens bei der atomaren Meinungsbildung verwiesen und geglaubt, innerhalb der Bundesregierung sei eine Dissonanz, gebe es drei Auffassungen. Bei Ihren Ausführungen, Herr Wehner, habe ich geglaubt, Sie sprächen davon, daß in der Regierung Unterschiede über etwas mehr oder etwas weniger nationale Verfügungsgewalt über atomare Waffen konstatiert werden müßten. Ich hoffe, daß ich mich geirrt habe und daß es anders gewesen ist. In der Bundesregierung gibt es keinen Zweifel darüber, daß wir keine atomare Waffen in eigener, nationaler Verfügungsgewalt haben wollen. Ich glaube, das muß hier festgehalten werden.
Wenn Sie dann davon sprechen, daß es über die Frage eines physischen Mitbesitzes einen Unterschied in den Auffassungen geben könnte, so möchte ich Ihnen eines sagen: Die Regierung ist sich auch darüber völlig einig, daß es kein Abkommen über Non-proliferation geben darf, in dem nicht der NATO allein vorbehalten bleibt, was sie in der Zukunft an atomaren Regelungen für notwendig hält; daß also nicht etwa ein sechzehnter Partner, nämlich Sowjetrußland, am Tisch der NATO mitBundesminister von Hassel
bestimmt über das, was die NATO zu kollektiver Sicherheit für erforderlich hält.
Ihre Bemerkung, Herr Kollege Schmidt, über Rapacki ist von mir mit Aufmerksamkeit gehört worden. Darf ich es wiederholen: Sie sagen, Rapacki biete keine Grundlage für das Gespräch, aber es gebe Elemente darin, die interessant seien, die man durchdenken müsse; zum Beispiel, wenn man das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland und als Äquivalent dazu die SBZ, die CSSR und Polen einbezöge, dann könne man darüber reden. Meine Damen und Herren, ich darf darauf hinweisen, daß die Waffen, die uns am ärgsten Sorgen machen, Mittelstreckenraketen sind, die außerhalb dieses soeben genannten Gebietes stehen. Ich darf Sie darauf aufmerksam machen, daß bei einer verdünnten Zone die Sowjets durch Polen und die Tschechoslowakei oder die SBZ hindurch über modernst ausgebaute Verkehrsverbindungen pro Tag fünf Divisionen zuführen können, ohne daß wir es merken.
Ich darf Sie weiter daran erinnern, Herr Kollege Schmidt, daß fast auf den Tag genau vor sieben Jahren - einige der hier Anwesenden sind dabeigewesen - auf der ersten deutsch-amerikanischen Konferenz in Bad Godesberg die Frage Rapacki und die Frage des damaligen Deutschland-Plans behandelt wurde. In dem Deutschland-Plan war, wenn ich mich nicht sehr irre, Herr Kollege Schmidt, dieses Gebiet in der Form abgegrenzt, wie Sie es hier vorhin als Idee Rapackis vorgetragen haben.
({2})
Damals hat Ihr Vorsitzender Ollenhauer den Deutschland-Plan erläutert, und ein ,anderes prominentes Mitglied dieser Konferenz, ein Deutscher, hat die Amerikanergefragt: „Wenn das Grundsatz wird, daß man uns" - Deutschland - „denuklearisiert - was werdet Ihr Amerikaner dann tun?" Antwort: „Ohne nukleare Waffen ist Europa nicht zu verteidigen, und wenn die herausgenommen werden müssen, werden wir Deutschland räumen." Die Frage war ,dann: „Bis wohin werdet ihr dann zurückgehen? Bis zum Rhein? Bis zu den Vogesen? Bis zu den Pyrenäen?" „Nein, wir werden Europa verlassen, weil man ohne das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Europa nicht verteidigen kann." Herr Kollege Schmidt, ich wollte Ihnen das nur sagen, damit hier nicht irgendwo wieder angefangen wird, - ({3})
Ich will Ihnen etwas sagen. Ihre Herren sind dabeigewesen. Der Herr Kollege Mommer hat neben mir gesessen. Bei diesem Gespräch hat dann der deutsche Diskussionspartner Herrn Ollenhauer gefragt: „Halten Sie in Kenntnis dieser Antwort an Ihrem Deutschland-Plan fest?" Er hat gesagt: „In Kenntnis dieser amerikanischen Haltung halten wir daran fest."
Also ich glaube, Sie müßten uns zugestehen, daß wir in der Regierung uns mit ?solchen Fragen, Fragen
der Abrüstung, Fragen der Entspannung, weiß Gott beschäftigen,
({4})
und es gibt niemanden, ,der froher wäre über eine Abrüstung als der Verteidigungsminister; denn er weiß, was es bedeuten würde, er kennt die Kriterien der Massenvernichtungswaffen, er kennt die Gefahren des Krieges, er kennt die 'Gefahr der Vernichtung; und er hat, nebenbei, den Ärger mit dem Haushalt.
({5})
- Ja, sind Sie eigentlich die einzigen, die für Abrüstung sind? Sind Sie die einzigen, die das Thema Abrüstung für sich in Anspruch nehmen?
({6})
- Wenn es jemanden gibt, der polemisch wird, dann sind es die beiden Kampfgenossen da vorn.
({7})
- Herr Kollege Wehner, wenn Ihnen eine Antwort unbequem ist, dann antworten Sie in der Form, wie Sie es heute nachmittag wieder getan haben. Ich möchten Ihnen nur eines sagen. Wer Kritik übt an der bisherigen Offset-Politik, wer Kritik übt an einem vernünftigen Devisenausgleich zwischen Deutschland und Amerika, der soll sich auch einmal ein wenig in die Lage der anderen Seite auf dem anderen Ufer des Atlantik versetzen, um zu sehen, was ,es bedeutet, zwanzig Jahre hier in Bayreuth oder in Fürth zu stehen; dann wird er begreifen, daß man das nur dann tut, wenn auf dieser Seite ein gemeinsamen Verständnis für die Gesamtlage aufgebracht wird. Das haben wir bisher bewiesen.
({8})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Blumenfeld.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich hatte den Eindruck, daß ich schon vor anderthalb Stunden gleich im Anschluß an den Herrn Kollegen Schmidt das Wort würde ergreifen können. Es kam nicht so. Aber ich muß mich gleich mit ihm beschäftigen. Herr Kollege Schmidt, wir beide kennen uns ja vielleicht schon länger als die meisten in diesem Hause. Wir stammen aus derselben Stadt, und ich fühle mich verpflichtet, lieber Herr Kollege Schmidt, den durch Sie etwas ramponierten Ruf unserer gemeinsamen Heimatstadt Hamburg wiederherzustellen.
({0})
Meine Damen und Herren auf den sozialdemokratischen Bänken, seit zwanzig Jahren bin ich nun in Hamburg den Umgang mit der SPD reichlich gewohnt, und ich kenne Ihre neuralgischen Punkte. Ich weiß sehr genau, daß Sie es nicht vertragen können, wenn Ihnen in genau derselben Sprache geantwortet
wird, mit der Sie belieben Ihre politischen Gegner anzugreifen.
({1})
Das weiß Herr Kollege Schmidt sehr genau, auch Herr Kollege Wehner; wir brauchen uns nichts vorzumachen. Dieser parlamentarische Stil, der uns hier heute abend von Herrn Kollegen Schmidt vorgeführt worden ist - uns allen und der deutschen Öffentlichkeit -, ist nicht der parlamentarische Stil,
({2})
den wir von einem anscheinend herausragenden Repräsentanten der Opposition erwarten.
({3})
- Herr Kollege Schmidt, Sie hatten schon einmal staatsmännische Züge; aber die sind inzwischen reichlich verloren gegangen. Jedenfalls muß ich Ihnen in aller Freundschaft sagen, daß wir den Stil, den Sie heute abend hier eingeführt haben, jedenfalls aus hamburgischer Sicht, aber auch für die CDU/CSU insgesamt etwas zurückweisen müssen.
({4})
Herr Kollege Schmidt, Sie haben - und auch Herr Kollege Wehner hat das hier vorgetragen - die Reise des Bundeskanzlers für unbefriedigend erklärt. Sie haben das Ergebnis schlechthin sozusagen mit einer Handbewegung vom Pult oder vom Tisch gewischt. Ich gebe Ihnen natürlich zu - ich sage das hier ganz offen, wie es meine Art ist, Herr Kollege Schmidt -, daß wir Ihnen in diesen Zeiten zweifelsohne reichlich Gelegenheit bieten, um neben einer Sachdebatte gewisse Angriffe zu starten bzw. sich sozusagen in unseren Reigen mit einzureihen und zu versuchen, bei uns etwas mitzumischen. Überlassen Sie das bitte uns selber, Herr Kollege Schmidt und Herr Kollege Wehner.
({5})
Wir sind in dieser Hinsicht eine recht liebenswerte Partei; denn wir pflegen unsere Ansichten in aller Öffentlichkeit zu diskutieren,
({6})
im Gegensatz zu Ihnen, meine Damen und Herren der SPD.
({7})
Ich erinnere mich noch sehr genau. Anscheinend ist es ja bei Ihnen jetzt so, daß nur zwei Herren sprechen, die Kollegen Wehner und Schmidt, bei Wirtschaftsfragen noch der Kollege Schiller. Aber wie war es denn? Wir wären beinahe versucht, nach dem Stil, mit dem Sie heute mit uns umzugehen versucht haben, einmal ein bißchen nachzubohren - aber wir tun es nicht -: Wie war es denn vor anderthalb Jahren, als bei Ihnen die Dinge etwas schwierig waren, meine Damen und Herren der SPD, im Hinblick auf die Einsetzung von parteiinternen Untersuchungsausschüssen?
({8})
Damals haben Sie von unserer Seite keine heuchlerischen Beileidsbezeugungen gehört, sondern wir waren mit Ihnen der Meinung, daß das nicht der Stil ist, eine hervorragende Persönlichkeit aus der eigenen Partei anzugreifen. Das war damals unsere Meinung.
({9})
Herr Kollege Schmidt, Sie haben den Vorzug, hier vor die Öffentlichkeit zu treten und im Brustton der Überzeugung und aus staatsmännischer Einsicht und Weitsicht die Ergebnisse der Reise des Bundeskanzlers und seiner Delegation zu kommentieren. Ich kenne Ihre englischen Sprachkenntnisse, ich kenne nicht Ihre französischen. Aber Sie haben zweifelsohne die Auslandspresse gelesen. Herr Kollege Schmidt, ich hatte unverdientermaßen die Möglichkeit, als direkter und unvoreingenommener Beobachter in Washington nicht nur die ausländischen Zeitungen, die dort noch im Andruck zu kaufen waren, hinsichtlich der laufenden Ergebnisse der Beratungen zwischen dem amerikanischen Präsidenten und dem deutschen Bundeskanzler zu lesen, sondern ich hatte auch Gelegenheit, im engsten Kreise an Beratungen teilzunehmen, obwohl ich mir, wie Sie wissen, das Recht zur Kritik offengehalten habe und dies auch weiterhin tun werde.
Herr Kollege Schmidt, Ihrer Feststellung, daß die Reise des Bundeskanzlers das Verhältnis zwischen den USA und der Bundesrepublik nicht verbessert habe, muß ich rundheraus widersprechen, und zwar aus Kenntnis der wahren Zusammenhänge und auf Grund der Gespräche, die ich mit all den Gesprächspartnern geführt habe, mit denen sicher auch Sie in diesen Tagen gern Gespräche geführt hätten; aber Sie haben es nicht getan.
({10})
- Ich heiße immer noch Blumenfeld, Herr Abgeordneter Wehner, und nicht Klotz. Das ist mir unverständlich.
({11})
Herr Kollege Schmidt und ebenso Herr Wehner, Sie haben die Ergebnisse der Reise des Bundeskanzlers als unbefriedigend bezeichnet. Ich möchte Ihnen sagen - und ich sage das so, wie ich es meine -, daß das Resultat dieser Reise nicht nur kurzfristig, sondern vor allen Dingen langfristig ein Erfolg für die deutsche Politik ist.
({12})
Ich will Ihnen das auch an einigen wenigen Beispielen, die ich jetzt in der Kürze der Zeit nicht vertiefen will - aber ich bin gern dazu bereit -, dokumentieren.
Obwohl Sie sich vor der Reise in der außenpolitischen Debatte hier als Opposition, ich kann nicht gerade sagen besonders hilfreich, bemüht haben, die Reise des deutschen Bundeskanzlers zu unterstützen, obwohl Sie, Herr Kollege Schmidt, in Ihrem damaligen Beitrag in der Frage der Nichtverbreitung von Nuklearwaffen einige Aufhänger
geliefert haben, obwohl ich nicht weiß, von wie vielen damals diese Nichtverbreitungsfrage als ein sehr schwerwiegender, ein sehr dunkler Punkt bezeichnet worden ist, als eine Wolke, die über der Reise und über dem Erfolg dieser Reise hängen würde, ist diese Frage der Nichtverbreitung bei den Besprechungen überhaupt nicht in einem negativen Sinne behandelt worden, sondern im Sinne einer positiven Lösung, sowie sie hier in diesem Hause an jenem Freitag insbesondere von der Bundesregierung und von der CDU/CSU-Fraktion vertreten worden ist und wie in Wirklichkeit ja auch Sie sie wünschen.
Allerdings muß ich sagen, Herr Kollege Schmidt, daß ich Ihnen nun wirklich nicht folgen kann,
({13})
wenn Sie damals in der Freitagsdebatte im Deutschen Bundestag dem Bundeskanzler empfohlen halben - ich habe das Protokoll der Sitzung hier -, er möge doch, wenn er nach Washington gehe, dem Präsidenten sagen: Ich verzichte. Sie haben gesagt, er solle erklären: Ich gebe es nicht „for nothing", sondern ich möchte dafür die Institutionalisierung deutscher Mitwirkung in der Planung im Bündnis und das deutsche Vetorecht haben. - Dann, haben Sie dem Bundeskanzler gesagt, könne er einen Erfolg erzielen.
Herr Kollege Schmidt, Sie kommen zwar aus einer Kaufmannsstadt, aus Hamburg. Aber ich muß Ihnen sagen, daß Ihre - ({14})
- Gegenüber Ihnen ja. Ich habe, glaube ich, mehr Sinn für Proportionen bei Verhandlungen, als Sie es bisher in der Theorie unter Beweis gestellt haben. Denn, Herr Kollege Schmidt, Ihre Informationen müßten Ihnen doch eigentlich sagen, daß es gar nicht notwendig gewesen wäre, überhaupt eine solche Offerte auf den Tisch zu legen. Die Institutionalisierung wird doch, na, ich will nicht sagen, in kurzer Zeit, aber in sehr absehbarer Zeit Praxis sein, Kollege Schmidt, und damit wird das erreicht sein, was dieses Hohe Haus in seinen großen Debatten zur Sicherheitspolitik immer wieder als eines der wesentlichen ersten Ergebnisse auf dem Wege in eine schwierige Zukunft gefordert hat.
Ich will Ihnen etwas sagen, meine Damen und Herren von der sozialdemokratischen Fraktion: wir werden, wie wir eben aus den Darlegungen des Verteidigungsministers und auch vom Bundeskanzler gehört haben, in Zukunft keinen vollen Ausgleich für die Stationierung der US-Truppen in Deutschland zahlen müssen. Wir haben klargemacht, daß es in Zukunft kein Quidproquo geben kann. Die Tatsache, daß eine neue Lage entstanden ist, werte ich in der Tat als einen Erfolg; denn, Herr Kollege Schmidt, das ist ja genau das, was Sie in der Debatte an jenem Freitag vor der Abreise des Bundeskanzlers gefordert haben. Die Tatsache, daß
ein Truppenabzug seitens der Vereinigten Staaten, obwohl er von ich weiß nicht wie vielen Politikern und auch von der in- und ausländischen Presse beschworen worden ist, in den Verhandlungen der amerikanischen Seite überhaupt nicht erwähnt und auch nicht gefordert worden ist, ist ja wohl auch ein Erfolg der Haltung des Bundeskanzlers und der Mitglieder seiner Delegation bei den schwierigen Gesprächen in Washington.
Meine Damen und Herren, ich möchte Ihnen sagen, daß ich auch die Institution der Dreiergruppe, die Herr Kollege Wehner angesprochen hat, als einen Erfolg bezeichnen möchte, einen Erfolg, den es für die deutsche Politik zu nutzen gilt.
Herr Kollege Wehner, Sie haben das Wort „Direktorium" in den Begriff der Dreiergruppe eingeführt. Ich weiß, Sie haben es heute nur im Zusammenhang mit der von Ihnen gestellten Frage, wie es denn damit stehe und ob irgend etwas in dieser Richtung damit gemeint sei, eingeführt. Dazu möchte ich Ihnen sagen, Herr Kollege Wehner, daß diejenigen, die das Wort „Direktorium" in diesem Sinne eingeführt haben und jetzt im Munde führen, in Wirklichkeit diejenigen sind, die Sand ins Getriebe bringen wollen. Damit meine ich nicht Sie, sondern ich meine diejenigen, die das im Munde führen; und nichts weniger wäre wahr. Ich kann Ihnen sagen, daß ich aus allen Besprechungen in Washington, an denen ich, wie gesagt, teilgenommen habe, sowohl von deutscher wie von amerikanischer Seite weiß, daß von Anfang an klar war, daß nicht nur die Tür für die übrigen Partner des Bündnisses offensteht und der Stuhl für sie bereit ist, sondern daß man selbstverständlich, ganz selbstverständlich, die übrigen NATO-Partner und auch Frankreich an den Überlegungen in diesem Dreiergremium beteiligen will.
Es ist aber doch ebenso selbstverständlich, daß sich zunächst einmal diejenigen, die finanziell, materiell und mit ihren Truppen am meisten zum Schutze des Bündnisses beitragen - damit will ich den Beitrag der übrigen nicht verkleinern; aber es geht doch zuerst um unsere Sicherheit -, über die schwerwiegenden Fragen abstimmen, die jetzt aufgetaucht sind. Ich meine damit nicht nur die Devisenzahlungen, die Zahlungsbilanz, nicht nur das Budget und die Haushaltsbelastungen in beiden Ländern oder in allen dreien; Großbritannien müssen wir selbstverständlich einbeziehen. Darüber hinaus müssen wir auch einmal die großen strategischen Fragen ansprechen und sie gemeinsam mit den übrigen Partnern erörtern.
Was soll das Resultat dieser Gespräche in der Dreiergruppe sein? Das Resultat - ich sage das hier ganz klar, meine Damen und Herren - soll erstens so sein, daß das Bündnis der nordatlantischen Verteidigungsgemeinschaft gestärkt wird. Zweitens wollen wir auch die Position des amerikanischen Präsidenten in dieser Frage, in dieser Situation und zu diesem Zeitpunkt stärken, gerade gegenüber seinen Kritikern im In- und Ausland, d. h. in den Vereinigten Staaten und außerhalb der Vereinigten Staaten, die in Wahrheit auf einen großen Truppenabzug, der unsere Sicherheit in Deutschland gefähr2980
den würde, hinauswollen. Ich brauche gar keine Namen zu nennen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Aber das ist eines der wesentlichen Motive, die die Bundesregierung, wie ich weiß, geleitet hatten bei den Überlegungen, die dahin führten, daß sie zu dieser Dreiergruppe ja sagte. Daß sie es getan hat, ist ein positives Zeichen in unserer Politik und auch der Tatsache, Herr Kollege Schmidt, daß wir immer - und zwar jede Woche und jeden Monat angesichts der sich verändernden Situation in der Welt - Überlegungen anstellen und nicht etwa wie die letzten kalten Krieger in einem Schützengraben herumsitzen, der vor zehn oder sechs oder gar zwei Jahren gezogen worden ist.
Ich stelle fest, meine Damen und Herren - damit möchte ich noch einmal zu den Ausführungen des Kollegen Wehner zurückkehren -, daß die Frage, die der Fraktionsvorsitzende Dr. Barzel Herrn Wehner gestellt hat, nicht beantwortet worden ist. Er hat sie nicht beantwortet.
({15})
Auch vom Kollegen Schmidt - ich verstehe, daß das für ihn in dieser Situation nicht ganz einfach ist - ist keine klare Antwort gekommen, sondern nur die Antwort: 24 Monate später sieht es eben etwas anders aus. Ja, Herr Kollege Schmidt, natürlich sieht es etwas anders aus. Nur hätten wir gehofft, daß wir von Ihnen eine etwas klarere Stellungnahme erhalten als die, die Sie heute abend gegeben haben. Ich frage mich - das ist eine sehr ernste Frage, die wir zweifelsohne noch einmal diskutieren sollten -, ob Sie sich überlegt haben, welche psychologischen Auswirkungen Ihre Insistenz auf dem deutschen Vetorecht, das Sie hier immer wieder vortragen, auf die kontinuierliche Präsenz der USA-Truppen in Europa und in Deutschland haben würde. Herr Kollege Schmidt, wir wollen es hier heute abend wahrscheinlich nicht ausdiskutieren. Aber ich bitte Sie, doch einmal darüber nachzudenken, ob Sie diese Formel so ungeschützt stehen lassen können und wollen. Ich beziehe mich dabei auch auf die Frage, die Ihnen mein Kollege Merkatz in diesem Zusammenhang vorhin gestellt hat.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben in diesem Hohen Hause heute abend von der Bundesregierung eine nach meiner Auffassung und nach der Überzeugung meiner Freunde so absolut klare, vollständige Antwort auf die keineswegs immer sehr klaren Fragen der Opposition gehört, daß ich für mein Teil nur sagen kann: ich kann dieser Bundesregierung für die heutigen Stunden in diesem Parlament, für die Antworten, für ihre Stellungnahme und für die Zurückweisung der Angriffe der Opposition im Namen der CDU/CSU-Fraktion nur danken.
({16})
Das Wort hat der Abgeordnete Schultz ({0}).
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Schmidt hat kritisiert, daß die Überprüfung der strategischen Konzeption von der Bundesregierung und auch von den Koalitionsparteien nicht vorgenommen wird. Ich möchte sagen, daß dieser Vorwurf doch wohl nicht ganz gerechtfertigt ist. Ich erinnere mich an sehr viele Debatten gerade in diesem Jahr, wo ähnlich wie heute über Fragen der Außen- und der Verteidigungspolitik diskutiert worden ist. Ich erinnere an die Debatten, die wir in den Ausschüssen haben. Wir konnten uns aber z. B. im Verteidigungsausschuß mit den Fragen der Verteidigungspolitik und -konzeption noch nicht so beschäftigen, wie wir es gern getan hätten. Das hängt ohne Zweifel auch damit zusammen, daß wir mit Untersuchungen belastet sind, die durch die Fragestellung der sozialdemokratischen Fraktion nicht verkürzt, sondern verlängert werden.
Die strategische Konzeption, die außenpolitischen Überlegungen werden immer im Wandel sein; sie werden nie abschließend behandelt werden können. Ohne Zweifel zeigt aber die praktische Politik der Bundesregierung Veränderungen. Vieles hat sich geändert. Ich darf nur an die Aufnahme von Kontakten zu osteuropäischen Ländern und an die Friedensnote erinnern, alles Dinge, die doch ein Schritt nach vorn sind. Zweifellos stellen sie dann einen besonderen Schritt nach vorn dar, wenn ihnen weitere Aktionen folgen.
Lassen Sie mich aber noch ein Wort zum Stil des Hauses sagen. Herr Kollege Blumenfeld hat dazu einige Ausführungen gemacht, und Herr Kollege Barzel hat entsprechend reagiert. Ihre Dialektik, Herr Kollege Schmidt - von der ich gerne etwas für mich in Anspruch nehmen würde; ich bewundere Sie dafür -, neigt doch sehr zu Überspitzungen.
({0})
- Ja, mir hat sehr mißfallen, wie Sie das, was Sie sagen wollten, hier formuliert haben. Es kommt doch manchmal sehr auf den Ton an, und ich warne davor, daß wir in dieser Art und Weise Institutionen unseres Staates abwerten.
({1})
Das kann sehr gefährlich werden. Aber ich bin, wie
gesagt, dem nicht gewachsen und kann mich in dieser Form nicht der Auseinandersetzung der Parteien
widmen.
Erlauben Sie mir deshalb, noch einmal auf die Sache als solche zurückzukommen und Ihre Aufmerksamkeit auf einen wohl sehr beachtenswerten Artikel in „Aus Politik und Zeitgeschichte", der Beilage zur Wochenzeitung „Das Parlament", zu lenken. Er stammt von Henry A. Kissinger und trägt die Überschrift „Plädoyer für eine neue atlantische Allianz". Wir alle haben uns hier über das nukleare Problem unterhalten. Mir scheint, daß das, was Kissinger bei einem Hearing im amerikanischen Senat gesagt hat, für unsere Politik sehr beachtenswert und eigentlich sehr beziehungsvoll ist. Auf der sogeSchultz ({2})
nannten „hardware-Lösung" fußend, hat er ausgeführt:
Das Grundproblem, vor dem die Allianz steht, ist politischer, nicht militärischer Natur. Es ergibt sich aus der Notwendigkeit, die Beziehungen zwischen Europa und Amerika und die zwischen Ost und West neuen Bedingungen anzupassen. Selbst die Kernwaffenfrage ist keine technische, sondern eine politische; ihre Lösung - sofern es eine gibt - hängt ab von der Fähigkeit einer aus souveränen Staaten bestehenden Allianz, soviel gegenseitiges Vertrauen zu entwickeln, wie erforderlich ist, um angesichts einer Technik von beispielloser Zerstörungskraft gemeinsam zu handeln.
Kissinger führt weiter aus:
Das Problem der Kernwaffenkontrolle wird durch keine der „hardware-Lösungen", die jetzt zur Diskussion stehen, gelöst, und etwaige Abwandlungen helfen auch nicht weiter. Würde eines der bisher vorgeschlagenen Projekte auf der Basis gemeinsamen Eigentums angenommen, so ergäbe sich folgende Lage:
- Kein Land, das gegenwärtig unfähig ist, einen Atomkrieg zu führen, wird durch die „hardware-Lösung" dazu befähigt; die bestehenden Vetorechte bleiben in Kraft.
- Kein Land, das gegenwärtig fähig ist, einen Atomkrieg zu führen, kann durch Teilnahme an. einer „hardware-Lösung" gehindert werden, es zu tun.
- Kein Land, das gegenwärtig unfähig ist, einen Atomkrieg zu führen, kann auf Grund einer „hardware-Lösung" seinen Atomwaffen besitzenden Verbündeten zwingen, einen Atomkrieg zu führen.
Etwas später heißt es in diesem Aufsatz, aus dem ich soeben, wie ich hoffe, mit Erlaubnis der Frau Präsidentin, zitiert habe, etwa so:
Sollte der Atomkrieg kommen, dann nur am Ende eines langen diplomatischen Prozesses ... Es erscheint widerspruchsvoll, die nukleare Strategie zu integrieren, den Prozeß der Diplomatie aber, der ihr vorangeht, bilateral zu lassen.
Kissinger meint weiter, daß die amerikanische Politik sich auf eine Verstärkung der politischen Konsultationen ausrichten solle und daß das beste Forum dafür die Einrichtung des McNamara-Ausschusses sei, die institutionalisiert werden sollte. Ich glaube, das geht etwa in Richtung dessen, was Kollege Blumenfeld gerade ausgeführt hat. Mir scheint, daß auch die Bundesregierung diesen Weg einschlagen sollte.
Kissinger schreibt in ,diesem Artikel weiter - auch ,das scheint mir für unsere heutige Debatte interessant zu sein, denn es erinnert an das, was im Sommer 1961 der Präsident des Deutschen Bundestages zur Beendigung der dritten Legislaturperiode gesagt hat -, daß ein Programm für die Wiedervereinigung - er kommt auf das Deutschlandproblem zu sprechen - Aussagen über Deutschlands Ostgrenzen, seinen militärischen Status und seinen Verzicht auf Kernwaffen enthalten sollte. Vielleicht - so sagt er - ist das nicht genug,aber ohne diese Punkte ist jedenfalls kein ernsthaftes Programm möglich. Den Aussagen, die er über Deutschlands Ostgrenzen andeutet, stimme ich nicht zu. Hier halte ich die Politik der Bundesregierung, wie sie bisher geübt worden ist, für richtig. Abgesehen davon glaube ich aber doch, daß die Frage des militärischen Status und auch ein Verzicht auf Kernwaffen Probleme sind, die wir in unsere Betrachtung einbeziehen müssen.
Es wird gesagt, daß man für die Verhandlungen über die deutsche Einheit ein Faustpfand in der Hand haben müsse, denn sonst würde man nichts mehr bekommen. Damit wird dann das Problem der Proliferation, und was damit zusammenhängt, verknüpft. Ich erlaube mir ,die mir vielleicht gar nicht zustehende Frage, ob man nicht, wenn man glaubt, ein solches Faustpfand in ,der Hand zu haben, den Gegenspieler auf der anderen Seite weit unterschätzt.
Dann ist hier über die Dreier-Gespräche gesprochen worden, in ,denen ,die Fragen des Ausgleichs für die Kosten geregelt werden sollen, die für die Stationierung der amerikanischen Truppen hier entstehen. Ich kann für meine Fraktionsagen, daß wir diesen Dreier-Gesprächen zustimmen. Wirglauben, daß hier zunächst einmal die Basis geschaffen worden ist, um eine sowohl die amerikanische, die englische wie auch die deutsche Seite befriedigende Lösung zu erreichen. Ich möchte aber doch noch 'einmal das, was mein Fraktionsvorsitzender vorhin sagte, unterstreichen: Wir müßten versuchen, in diese Dreier-Gespräche so bald wie möglich die anderen Elf der NATO hineinzubringen; denn nur dann wird sichtbar, daß wir in einem Bündnis sind und daß die Lasten verteilt werden müssen.
Hier 'ist dann davon gesprochen worden, daß gerade die Schaffung dieses ad-hoc-Dreier-Gremiums zur Behandlung der soeben genannten Fragen Frankreich verschnupfen könnte. So ist auch bei uns in der Presse argumentiert worden. Für uns alle ist klar, daß wir nicht nur zueinander, sondern auch nach draußen sprechen. Ich muß sagen, daß ich 'diese Argumentation nicht so recht verstanden habe. Denn schließlich hat doch - wir wollen ja die Dinge nicht verschieben - Frankreich die Integration aufgekündigt; es hat sich zumindest sehr weitgehend von der NATO absentiert, nicht ohne dabei zu sagen, daß man selbstverständlich im Falle des Falles wieder auf es rechnen könne.
Die Politik der Bundesregierung war doch bisher gewesen - wenn ich das recht verstanden habe -, die Tür für die Rückkehr Frankreichs offenzuhalten. Ich meine, daß man mehr eigentlich nicht tun kann. Selbstverständlich müssen wir die deutsch-französischen Möglichkeiten für Verhandlungen ausnutzen. Natürlich muß man versuchen, für die Stationierung der französischen Truppen einen guten Modus zu finden. Aber ich meine, man kann nicht das tun, was auch hier von verschiedenen Politikern angeraten worden ist, nämlich quasi die Verbindung zu den USA lockern, um sie zu Frankreich entsprechend sehr viel enger zu knüpfen. Ich glaube, das ist nicht die richtige Politik. Das haben
Schultz ({3})
wir hier schon oft besprochen. Wir können nicht zwischen beiden wählen, sondern wir müssen mit beiden arbeiten. Wir können uns auch nicht völlig abhängig machen von der französischen Politik, sondern müssen unsere eigene Politik betreiben. Wir müssen daran denken, daß es die deutsche Sache ist, die wir zu betreiben haben, und nicht die französische oder die amerikanische.
Ich möchte des weiteren sagen, daß ich große Bedenken habe, wenn der Devisenausgleich nun in einem fünfjährigen Abkommen geregelt wird. Wenn sich in den Verhandlungen nichts anderes ergeben könnte, wäre die Bundesregierung gut beraten, wenn sie dann vorher noch einmal vor dieses Haus tritt. Ich sage ganz offen, daß ich die fünf Jahre auch deswegen für bedenklich halte, weil das Jahr 1969, wie wir alle wissen, für die NATO, für das Bündnis ein ganz besonderer Termin ist. Ich kann nicht ganz einsehen, warum man jetzt, 1966/1967, über diesen Zeitraum bis 1969 hinausgeht. Ich glaube auch nicht, daß ein fünfjähriges Abkommen die Bewegungsfähigkeit der deutschen Politik erweitert. Der Herr Verteidigungsminister hat vorhin ausgeführt, daß nichts an Waffen in den Vereinigten Staaten gekauft wird, was die Bundeswehr nicht gebrauchen kann. Ich begrüße diese Feststellung. Aber weil ich diese Feststellung für richtig halte und weil ich weiß, daß der Verteidigungsminister in dieser Richtung auch arbeitet und argumentiert, frage ich mich, wie wir überhaupt diese fünfjährige Zahlung auf uns nehmen können. Denn es kommt ja darauf an, daß wir auch dann immer noch etwas kaufen können. Diese Frage muß noch näher beleuchtet werden.
In diesem Zusammenhang darf ich auf etwas hinweisen, was ich schon früher einmal gesagt habe. Es kommt für uns natürlich wesentlich darauf an, daß bei der Zusammenarbeit mit Amerika und auch bei der Zusammenarbeit mit Frankreich und insbesondere auch mit England auf rüstungspolitischem Gebiet, auf rüstungstechnischem Gebiet unsere Eigenentwicklungen nicht zu kurz kommen. Denn wir sind ja heute leider in der Lage, daß wir mehr Lizenzen nehmen müssen, als wir Lizenzen geben können. Ich glaube, wenn man diesen Teil unserer technisch-wissenschaftlichen Entwicklung für zu gering erachtet, sinkt auch der Wert unserer Streitkräfte und unser gesamter Bündniswert innerhalb des Bündnisses. Deswegen meine Bitte, daß wir bei aller Anstrengung, das zu erfüllen, was zugesagt worden ist, und bei aller Anstrengung, zu neuen tragbaren Vereinbarungen zu kommen, dafür Sorge tragen, daß unsere eigene Position auf technischwissenschaftlichem, auch auf rüstungstechnisch-wissenschaftlichem Gebiet nicht zu kurz kommt.
Alles in allem möchte ich sagen, daß wir mit der Erklärung, die wir hier, auch im weiteren Verlauf der Sitzung, von seiten der Bundesregierung zu den schwebenden Fragen erhalten haben, wohl zufrieden sein können, insbesondere da wir wissen, daß diese Fragen innerhalb der Bundesregierung, innerhalb der Koalition und innerhalb dieses Hohen Hauses weiter diskutiert werden.
({4})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Möller.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Einige Punkte in den Ausführungen des Herrn Bundesverteidigungsministers veranlassen mich, in dieser späten Stunde noch das Wort zu nehmen. Es handelt sich um den Devisenausgleich für die Stationierung alliierter Truppen in der Bundesrepublik.
Ich möchte zunächst einmal feststellen, daß sich Herr von Hassel an die falsche Seite gewandt hat, wenn er glaubte, uns den Vorwurf machen zu müssen, wir hätten Einwendungen gegen den notwendigen Devisenausgleich in der Vergangenheit erhoben oder würden sie in der Gegenwart erheben. Ich darf an die Debatte vom 23. September erinnern. Ich darf auch die Kollegen daran erinnern, die einige Fragen hinsichtlich unserer Außenpolitik und des Sicherheitsbedürfnisses an uns gerichtet haben. In dieser Debatte haben Herr Kollege Helmut Schmidt und Herr Kollege Wehner eindeutig und präzise unsere Vorstellungen entwickelt, und deswegen sind Fragen hierzu einfach überflüssig für den, der diese Aussprache und die Ausführungen unserer Redner aufmerksam verfolgt hat. Bei der Gelegenheit ist von uns ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht worden, daß nach unserer Meinung die Bundesrepublik Deutschland zu den Verträgen stehen muß, zu denen sie sich verpflichtet hat, daß wir uns keine Rechtsunsicherheit erlauben können, - ein Standpunkt, den wir bei jeder Gelegenheit in diesem Hohen Hause vertreten haben, angefangen beim Kuponsteuergesetz und aufgehört jetzt bei der Frage des Devisenausgleichs. Wir haben gesagt: ganz gleich, ob sich die zuständigen Minister damals übernommen haben oder nicht, das Wort, das sie abgegeben haben, die vertraglichen Vereinbarungen, die eingegangen worden sind, müssen unter allen Umständen erfüllt werden. Das ist nachzulesen im Protokoll der Bundestagssitzung vom 23. September. Davon sollte auch Herr von Hassel Kenntnis nehmen.
Nun ist Herrn von Hassel sicherlich nicht bekannt, daß das Presse- und Informationsamt mit der Nr. 33 am 4. Juni 1966 aktuelle Beiträge zur Wirtschafts- und Finanzpolitik herausgegeben hat und daß sich diese Nr. 33 mit dem Devisenausgleich für die Stationierung alliierter Truppen in der Bundesrepublik beschäftigt. In der Überschrift ist ausdrücklich klargestellt, daß die wiedergegebenen Beiträge keine amtlichen Pressemitteilungen darstellen; sie sind - so heißt es - als Unterlage und Hintergrundmaterial zur beliebigen Verwendung anzusehen. Ich mache also von diesem Material Gebrauch, das sehr interessante Einzelheiten über den Devisenausgleich für die Stationierung alliierter Truppen in der Bundesrepublik enthält.
Diese Einzelheiten, auf die ich mich kurz beziehen möchte, betreffen die Darstellung des Inhalts
der Abkommen für Großbritannien und für die USA.
Für Großbritannien wird hier gesagt: Das bisher d. h. für die Zeit vom 1. April 1964 bis 31. Mai 1966
geltende Abkommen beruhte auf einer BemüDr. h. c. Dr.-Ing. E h. Möller
hungsklausel um einen angemessenen Devisenausgleich. Es folgen dann die Einzelheiten, die auch nähere Auskunft über diese Bemühungsklausel enthalten. Bezüglich der USA wird hier festgestellt: In dem Abkommen mit den USA hat sich die Bundesregierung verpflichtet, den Devisenaufwand der Vereinigten Staaten für die Stationierung ihrer Streitkräfte in der Bundesrepublik durch den Kauf von Rüstungsmaterial und die Inanspruchnahme militärischer Dienstleistungen voll auszugleichen. Dieses Abkommen beruht nicht auf einer Bemühungsklausel, während Herr von Hassel es so dargestellt hat, als ob auch dieses Abkommen mit den USA die Bemühungsklausel enthalte. Was ist nun eigentlich richtig.
Es wird dann hier dargestellt, daß die Ausgleichszahlungen fest vereinbart sind. Es wird auf die Rechtsgrundlage für die Verpflichtung der Bundesrepublik Bezug genommen - das ist der erste Vertrag vom 24. Oktober 1961 -, und es wird dann auf die Veränderungen hingewiesen, die am 11. Mai 1964 bei der Verlängerung um weitere zwei Jahre und der Erhöhung der deutschen Leistungen auf 5400 Millionen DM in der Zeit vom 1. Juli 1965 bis zum 30. Juni 1967 vereinbart worden sind. Hier wird dann festgestellt, daß in dem jetzt laufenden Abkommen der Ausgleich nicht erreicht werden könne, daß damit zu rechnen sei, daß bis zum 30. Juni 1967 aus Haushaltsmitteln Zahlungen nur in Höhe von 3,4 bis 3,9 Milliarden DM geleistet werden könnten und die Bundesrepublik somit um 1,5 bis 2 Milliarden DM unter dem vereinbarten Zahlungsziel bleibe.
Nun sind in der Öffentlichkeit genügend Einzelheiten diskutiert worden. Wenn man das Kommuniqué vom 27. September 1966 mit den Ausführungen des Herrn Bundeskanzlers sorgfältig vergleicht, dann muß man feststellen, daß hier Widersprüche enthalten sind. Ich entnehme dem Kommuniqué, daß man das Abkommen bis Juli 1967 voll erfüllen will, daß es nicht möglich geworden ist, andere Modalitäten zu vereinbaren. Der Herr Bundeskanzler hat ausgeführt, daß wir uns bemühen, im Zusammenwirken mit der Bundesbank das laufende Devisenausgleichsabkommen zu erfüllen, soweit zahlungsbilanzwirksame Finanzierungsregelungen in Frage kommen, wobei für Teilbeträge unserer Gesamtverpflichtungen eine angemessene Stundung unerläßlich ist. Nach allen Informationen, die wir bisher zur Verfügung gestellt bekommen haben, ist es in dieser Frage nicht zu einer Verständigung mit dem amerikanischen Präsidenten gekommen, so daß eine Divergenz vorhanden ist zwischen den Feststellungen im Kommuniqué und den Erklärungen, die der Herr Bundeskanzler hier abgegeben hat. Das muß man doch einmal festhalten.
({0})
Nehmen wir doch einmal ganz schnell die Zahlen! Von 5,4 Milliarden DM sind nach den Informationen, die gegeben worden sind, 3,12 Milliarden DM an die USA vergeben. Die Differenz wäre also 2,28 Milliarden DM. Weitere Ausrüstungsgüter für 1,72 Milliarden DM sollen in Aussicht genommen sein. Dann bleibt noch ein Rest von 560 Millionen DM. Aus dem
Verteidigungshaushalt stehen nur 1,8 Milliarden DM zur Verfügung, so daß wir fragen müssen, und zwar hier fragen müssen: Woher werden die fehlenden 3,6 Milliarden DM genommen?
Nun haben wir in den Zeitungen gelesen, die Bundesbank sei bereit, für 1750 Millionen DM amerikanische Schatzwechsel zu übernehmen. Ich bezweifle, daß sich eine solche Abwicklung ermöglichen läßt. Von einer anderen Seite wird darauf aufmerksam gemacht, man müsse damit rechnen, daß die Bundesregierung, um die Verpflichtungen gegenüber den USA erfüllen zu können, mindestens mit einer Milliarde an den Kapitalmarkt gehe. Interessant im Hinblick auf die Erörterung des Stabilisierungsgesetzes! Ja, es gibt auch Kollegen der Koalition, die meinen, man solle diesen Vorgang zum Anlaß nehmen, über Steuererhöhungen zu sprechen.
Das alles, meine Damen und Herren, müßte doch hier einmal klar und deutlich ausgesprochen werden, damit wir wissen, woran wir sind, zumal Helmut Schmidt mit Recht darauf aufmerksam gemacht hat, daß ein Etat für das Jahr 1967 vorgelegt wurde, in dem auf ,diese Situation in keiner Weise Rücksicht genommen worden ist. Ich bedauere, daß der Herr Bundesfinanzminister nicht da ist. Wenn er hier wäre, würde ich ihm schon jetzt die Frage stellen: Herr Bundesfinanzminister, verfügen Sie über die Mittel, die notwendig sind, um unsere vertragliche Vereinbarung mit den USA bis 1. Juli 1967 erfüllen zu können? Ich bin überzeugt davon, daß er hier mit einem klaren und deutlichen Nein antworten würde. Dabei will ich noch gar nicht zusätzlich eingehen auf die Auseinandersetzung mit der englischen Regierung. Da ist man jetzt von seiten der Engländer von 1 Milliarde auf 850 Millionen heruntergegangen, und der Bundesfinanzminister hat in den Verhandlungen zum Ausdruck gebracht, daß er nicht in der Lage sei, mehr als 300 Millionen DM zur Verfügung zu stellen.
Meine Damen und Herren, es muß offen ausgesprochen werden, daß es sich bei diesem Vorgang um genau denselben Tatbestand handelt wie bei dem, den wir vor den Bundestagswahlen auch hier im Hohen Hause vorgetragen haben, nämlich daß die Bundesregierung jede Kontrolle über die Möglichkeiten der Finanzierung ihrer Aufgaben verloren hat.
({1})
Wir haben das vor den Bundestagswahlen vorgetragen, und man hat uns nicht geglaubt, als wir auf diese Tatbestände hinwiesen. Wir haben nach den Bundestagswahlen durch das Haushaltssicherungsgesetz erleben müssen, wie man die innenpolitischen Wahlgeschenke wieder einkassieren mußte, und wir erleben jetzt, daß durch die Leichtfertigkeit der amtlichen Finanzpolitik eine Situaton gegenüber Amerika und England eingetreten ist, die zu schweren Erschütterungen
({2})
im Vertrauen gegenüber der Bundesrepublik
Deutschland führen könnte, - ein Vorgang, den
nicht wir zu verantworten haben, sondern den die Bundesregierung zu verantworten hat,
({3})
den der Bundeskanzler zu verantworten hat, den der Bundesfinanzminister zu verantworten hat. Ich meine, es müßte dann ja ein Zeitpunkt kommen, wo die Männer, die die Verantwortung tragen, auch den Mut haben müßten, zu sagen: ich kann diese Verantwortung nicht mehr weiter übernehmen, weil mir die Gelder zur Erfüllung eingegangener Verpflichtungen fehlen.
Bitte, wir haben schon in der Debatte am 23. September - mit der notwendigen Zurückhaltung im Hinblick auf die bevorstehende Reise des Bundeskanzlers - zum Ausdruck gebracht, für wie schwierig wir die Lage halten, in die nicht die Opposition die Bundesrepublik Deutschland hineingebracht hat, sondern die Bundesregierung, die die Zusammenhänge kennt. Ich darf daran erinnern, daß die Opposition im Sommer vorigen Jahres eine Kleine Anfrage über das Vorauszahlungskonto für Rüstungskäufe eingebracht hat. Das, was sich in den Monaten abgespielt hat, bis wir zu gewissen Endzahlen kamen, kann man eigentlich nur noch mit der Phantasie eines Schriftsteller, der Kriminalromane schreibt, erfassen. Jedenfalls ist es uns erst nach monatelangen Bemühungen gelungen - weil wir hartnäckig geblieben sind -, z. B. festzustellen, daß das Vorauszahlungskonto bei den USA 1,5 Milliarden und bei Großbritannien 276 Millionen ausmacht. Meine Herren vom Verteidigungsministerium und vom Finanzministerium, ist das nun inzwischen auch verschwunden? Wie ist da manipuliert worden? Inwieweit hat man diese Beträge mit herangezogen, um Verpflichtungen zu erfüllen? Da kann man eben nicht hineinschauen, man kann die Dinge nicht einwandfrei ermitteln, weil man die verläßlichen Unterlagen nicht auf dem Tisch des Hauses gelegt bekommt. Das haben wir ja vorhin bei den Ausführungen des Herrn von Hassel sehr deutlich erlebt: alle unsere Fragen, die darauf zielten, zu erreichen, daß wir die vertraglichen Unterlagen einsehen können, sind abgetan worden. Wir werden diese vertraglichen Unterlagen nicht einsehen können. Ich meine, der Bundestag sollte daraus endlich auch Konsequenzen ziehen.
Herr Abgeordneter Dr. Möller, gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Bitte sehr!
Herr Kollege Dr. Möller, darf ich Sie fragen, ob Ihnen bei der Aufbereitung der gewiß komplexen Materie, von der Sie jetzt gerade gesprochen haben, nicht ein wenig durcheinandergegangen sind die Fragen der Devisenzahlungen, der Zahlungsbilanz, der Haushaltspolitik und der Lieferung von Waren und Rüstungsmaterial?
Nein, das ist mir nicht durcheinandergegangen, sondern diese Zusammenhänge sind so klar, daß ich eben ja ausgesprochen habe: wäre der Bundesfinanzminister hier, dann würde ich ihn fragen, was er zu diesem Thema im Kabinett gesagt hat. Ich würde ihn fragen, woher er das Geld zur Erfüllung dieser vertraglichen Verpflichtungen erhalten zu können glaubt. Wir haben doch sogar mit einem Nachtragshaushalt gerechnet nur zu dem Zweck, Beträge zu mobilisieren, mit denen man einen Teil dieser Verpflichtungen erfüllen könnte. Man kann das eben nicht mehr allein durch Rüstungskäufe abwickeln. Das ist Ihnen als Beimann der Verhandlungen in Washington doch bekannt.
Nun, meine Damen und Herren zum Abschluß: Ich habe hier einen Bericht der Süddeutschen Zeitung vom 5. Oktober, der feststellt, daß der Herr CSU-Vorsitzende Strauß in der heute des öfteren zitierten Sitzung der CDU/CSU erklärt hat, der Zeitpunkt der Amerika-Reise sei falsch gewählt gewesen.
({0}) Er wiederholte,
- so heißt es hier in dem Zeitungsbericht von dem Dreiergremium, das die Frage der weiteren Devisenzahlungen beraten solle, halte er nichts. Er kritisierte,
- also der stellvertretende Vorsitzende der CDU/ CSU-Fraktion daß die Bundesregierung sich auf Zahlungen eingelassen habe, die sie nicht erfüllen könne.
({1})
Der Haushalt werde mit diesen Belastungen irreal.
Gegenüber diesen Feststellungen, meine Damen
und Herren, kann ich nur sagen, haben wir uns in
der heutigen Debatte sehr zurückhaltend benommen.
Schließlich haben wir beispielsweise in den Tagen, als der Bundeskanzler mit seinen Herren in Washington war, Zeitungen mit solchen Überschriften lesen müssen: „Grundmann" - der Vorsitzende des CDU-Landesverbandes Rheinland - „setzt Erhard unter Druck", „CDU Rheinland-Pfalz verlangt baldige Kabinettsumbildung", „Abwahl vom Parteivorsitz angedroht". Dann lasen wir ein paar Tage später in der Zeitung: „Adenauer muß reden: Das Vaterland ist in Not". Das hört man aus Ihrem eigenen Lager. Selbst wenn wir nicht wachsam und aufmerksam wären, das, was in Ihrem Lager vorgeht, veranlaßt uns, den Finger auf die Wunde zu legen
({2})
und zum Ausdruck zu bringen: Ihre ganzen Manipulationen, den Minister her und jenen Minister her, nützen nichts. Wir brauchen eine neue Regierung, wir brauchen einen anderen Bundeskanzler, und wir brauchen Minister, die nicht reden, sondern die handeln.
({3})
Das Wort hat der Herr Bundeskanzler.
Dr. Erhard, Bundeskanzler ({0}): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf Ihre letzten Worte kann ich nur sagen: Ich weiß nicht, was wir sonst noch alles brauchten, vor allen Dingen aber einen anderen Stil und einen anderen Ton.
({1})
Ich kann es nicht im Raum stehenlassen, wenn die Bundesregierung von der Opposition hier so dargestellt wird, also ob sie vertragsuntreu würde, als ob wir nicht wüßten, Verträge peinlich genau zu halten. Darum geht es. Es sind hier Worte gefallen, als ob die Zahlungswilligkeit oder die Zahlungsfähigkeit der Bundesregierung und der Bundesrepublik überhaupt in Frage gestellt werden könne. Meine Damen und Herren, dazu besteht wirklich keine Veranlassung. Man kann einen Vertrag in beiderseitigem Einvernehmen auch modifizieren. Ich darf daran erinnern, daß wir in den Jahren 1959 und 1961 600 Millionen Dollar Nachkriegswirtschaftshilfe in beiderseitigem Einvernehmen zurückgezahlt haben. Wir waren durch Vertrag nicht verpflichtet. Angesichts unserer Haushaltssituation bedeutet es keinen Vertragsbruch, wenn wir wieder in gegenseitigem Einvernehmen zu einem Arrangement über eine gewisse Verlagerung der Zahlungen kämen.
({2})
Wenn ich im übrigen vor der Alternative stünde, daß ich für Deutschland Zahlungsbilanzschwierigkeiten oder Haushaltsnöte in Kauf nehmen müßte, - ich muß Ihnen sagen, eine Haushaltssituation zu überwinden ist unendlich viel leichter als Zahlungsbilanzschwierigkeiten zu überwinden. Dazu könnten andere Länder etwas sagen. Meine Damen und Herren, Deutschland hat sich immer beteiligt, wenn es galt, fremde Währungen, die gefährdet waren, zu schützen und unseren deutschen Beitrag zu leisten. Das wissen Sie genauso gut wie wir auch.
({3})
Umgekehrt möchte ich sagen, Deutschland hat für seine eigene Währung noch nie eine fremde Unterstützung in Anspruch nehmen müssen.
({4})
Ich möchte eigentlich wissen: Warum waren wir dazu in der Lage? Durch unsere Wirtschaftspolitik, nicht durch die Ihre!
({5})
Denn erst aus einer solchen Wirtschaftspolitik konnte das geleistet werden, was wir aus weltpolitischer Sicht und aus weltpolitischen Verpflichtungen anderen Ländern in der Not an Hilfe geleistet haben.
({6})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Leicht.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Möller, Sie haben von der Wachsamkeit gesprochen, die Sie gegenüber der CDU haben müßten. Ich muß Ihnen sagen, Sie sollten die Wachsamkeit in andere Richtungen lenken und sich nicht um Dinge kümmern, die Sie, zumindest vordergründig, nichts angehen.
({0})
- Ach, Herr Professor Schmid, kümmern Sie sich doch mal um die Auseinandersetzungen in Ihren eigenen Reihen
({1})
und sorgen Sie dort für Ordnung; um diese Streitigkeiten, die zwar nicht so an die Öffentlichkeit dringen, aber doch da sind.
({2})
Es ist schon einmal gesagt worden, ich will das Beispiel nicht immer wiederholen, wie es in Ihren Reihen zugeht, wenn einer einmal den Mut hat, einem Ihrer führenden Herren entgegenzutreten.
({3})
Ich muß eine zweite Feststellung treffen, Herr Kollege Möller. Allmählich wird es peinlich, daß Sie immer dasselbe sagen und daß dann ich - es ist jetzt zum drittenmal - auch wiederum dasselbe sagen muß. Wenn Sie von Wahlgeschenken sprechen, dann greifen Sie doch bitte an die eigene Nase und bekennen Sie wenigstens, daß Sie sie mitverschuldet haben.
({4})
Wir bekennen uns dazu und sorgen dafür, daß jetzt wenigstens einige Dinge wieder in Ordnung gebracht werden.
({5})
Eine dritte Feststellung. Ich habe das Bulletin Nr. 33 jetzt nicht genau lesen können. Aber zumindest wäre es notwendig gewesen, daß Sie sich genauer mit ,den Dingen befaßt hätten. Es mag sein, daß das so im Bulletin steht - ich weiß es nicht -, aber Sie müßten es besser wissen. Sie haben nicht unterschieden zwischen der Auftragsseite des Abkommens mit Amerika und der Zahlungsseite. Erstens sehen die Zahlungen anders aus, zweitens sind die Laufzeiten andere, drittens ist es gelungen, zumindest auf der Auftragsseite bei den Besprechungen in Amerika um ein halbes Jahr zu verlängern - das ist schon geschehen -, und viertens wird, und das sollten Sie mit anerkennen, der Versuch unternommen, das, was unter Umständen jetzt nicht möglich ist, durch Streckung des Programms zu erreichen.
Eine vierte Feststellung. Etliche Male wurde heute abend der Haushaltsentwurf für das Jahr 1967 zitiert. Meiner persönlichen Meinung nach hat Herr Wehner in diesem Falle das Richtige gesagt, indem er sagte, daß noch nichts bekannt ist. Wir kennen die Endzahl des Etats, wir kennen aus dem Bulletin einige große Brocken des Etats, wir kennen aber keine Einzelheiten. Wir wissen z. B., daß der Ver2986 Deutscher Bundestag - 5. Wahlperiode
teidigungsetat um rund 1,2 Milliarden DM aufgestockt werden soll; wir wissen aber noch nicht, wie hoch bei dem Gesamtetat der Verteidigung von 18,5 Milliarden DM die Höhe der Investitionen ist, und wir wissen nicht, wie hoch die Beträge sind, die von diesen Investitionen nach Amerika gehen. - Man sollte also nicht über Dinge in allen Einzelheiten sprechen, über die man noch gar nicht richtig reden kann. Man muß zumindest einige Dinge kennen, bevor man sich ein endgültiges Urteil bildet.
({6})
Ein allerletztes. Es wäre noch viel zu sagen; auch Sie hätten wahrscheinlich noch viel zu sagen.
({7})
- Ich darf dazu feststellen, Herr Kollege Schmid, daß selbstverständlich auch wir daran interessiert sind, Aufschlüsse zu haben. Wir haben heute einige Aufschlüsse bekommen; das ist ja auch von Ihnen anerkannt worden.
({8})
- Herr Professor Schmid, mir genügt zumindest bis zum Beweise des Gegenteils das, was der Herr Bundesverteidigungsminister hier gesagt hat: daß zwar keine Bemühensklausel in seinem Abkommen stand, daß aber gewisse andere, in gewisse Form gegossene Dinge - er hat sie hier vorgelesen - in dem Abkommen enthalten sind.
({9})
- Dann müssen Sie bestreiten, was er hier wörtlich vorgelesen hat.
({10})
- Mir genügt es zunächst einmal. Ich sage noch einmal, es ist nicht die Bemühensklausel - wir wissen, was das bedeutet -, aber es gibt die Möglichkeit, wie ,der Herr Bundeskanzler festgestellt hat, daß wir den Amerikanern gegenüber auch um Verständnis dafür bitten, daß wir die Zahlungen, die dieses Abkommen von uns verlangt, unter Umständen in einer gewissen Reihenfolge strecken und dann erst leisten.
Lassen Sie mich eine letzte Feststellung treffen. Alle Ihre Redner und auch unsere Redner haben davon gesprochen, daß Verträge gehalten werden müssen, daß dieses Abkommen erfüllt werden muß. Ich meine, daran sollten wir uns alle halten, und wenn es nottut, meine Damen und Herren, sollten wir dann, wenn wir die Möglichkeit dazu haben, nämlich bei der Beratung des Haushalts 1967, gemeinsam dafür sorgen, daß dieses Abkommen, zumindest falls es nicht gelingt, eine Verlängerung zu erreichen, auch erfüllt wird.
({11})
Das Wort hat der Abgeordnete Jaksch.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte in diesem Stadium der Beanspruchung des Hauses nur noch eine kurze Intervention beisteuern. Dazu geben mir die Ausführungen des Bundesverteidigungsministers, Herrn von Hassel, Anlaß, der uns hier daran erinnerte, daß die Standardanteile der Mitgliedsländer des Nordatlantikpakts nach einer bestimmten Meßziffer vom Sozialprodukt festgesetzt werden. Ich würde in diesem Zusammenhang doch einmal die Frage aufwerfen, ob bei diesen Regelungen die Sonderbelastungen der Bundesrepublik, die sich aus der Not eines gespaltenen und verstümmelten Landes ergeben, in ausreichendem Maße berücksichtigt wurden. Ich meine Sonderbelastungen, die nicht allein auf die Politik Hitters zurückzuführen sind, sondern auch auf die Fehleinschätzungen der westlichen Nachkriegspolitik. Die Lage in Europa - .auch die militärische Situation in Europa - wäre bestimmt anders, wenn nicht die Panzerspitzen von General Patton vor den Toren von Prag zur Umkehr gezwungen worden wären. Damit ist das Schlüsselland Böhmen in die Hände der Russen gespielt worden. Ich meine aber auch ,die Auswirkungen des Potsdamer Abkommens, das die größte Völkerwanderung aller Zeiten sanktioniert und legalisiert hat. Wissen denn die amerikanischen Unterhändler, mit denen wir es zu tun haben, daß in der Bundesrepublik ein Viertel der Bevölkerung alles verloren hat? Weiß man denn, daß in unserer Mitte 500 000 expropriierte Bauernfamilien leben, die im Durchschnitt für ihre Vermögensverluste mit genau 6,5 % ,entschädigt werden? Welch ein idealer Boden für Radikalisierungstendenzen!
Warum sprechen wir nicht von der Solidaritätspflicht gegenüber einer abgeschnittenen Hauptstadt Berlin, die auf den finanziellen Rückhalt der Bundesrepublik angewiesen ist? Warum sprechen wir in diesem Zusammenhang nicht von der Solidaritätspflicht gegenüber 17 Millionen unfreier Deutscher, die uns offenkundige Nachteile im Interzonenhandel in Kauf nehmen läßt? Warum sprechen wir schließlich nicht von der Solidarität gegenüber den Spätaussiedlern, die Woche für Woche im Lager Friedland eintreffen, diese Nachzügler der großen Völkerwanderung? Das spielt sich völlig außerhalb ides Scheinwerferlichts der öffentlichen Betrachtungen ab. Nicht zu vergessen ist auch .die Solidaritätspflicht gegenüber jungen Menschen, die durch die Minenfelder und Stacheldrähte der Zonengrenze den Weg in ,die Freiheit suchen.
Hier wird von Milliardenbeträgen gesprochen, und, weiß Gott, Idas ist eine ernste Sache, die man nicht mit kleinlichen Argumenten aus der Welt schaffen kann. Aber innenpolitisch gesehen, stehen wir eben vor der Tatsache, daß wir nicht wissen, wo die Wohnungsbaumittel für die Spätaussiedler und für die Menschen herkommen sollen, die unter Lebensgefahr aus der Sowjetzone zu uns kommen.
Nun frage ich, meine Damen und Herren: Warum soll all dies bei internationalen Verhandlungen unDr. h. c. Jaksch
ter den Tisch fallen? Warum wird nicht auch von dem unsichtbaren Verteidigungsbeitrag gesprochen, den die Disziplin der Vertriebenen und der Flüchtlinge aus Mitteldeutschland zur Stabilität der Bundesrepublik und der westeuropäischen Position beisteuert? Ich darf meine Ausführungen in die Frage münden lassen, ob in dieser auf das Sozial- produkt bezogenen Meßziffer, die dem NATO-Beitrag zugrunde gelegt wird, diese Leistungen mit in-' begriffen sind. Wenn das nicht der Fall ist, wäre es höchste Zeit, auch einmal das deutsche Vertriebenenproblem mit seinen finanziellen und sozialen Auswirkungen in den Verhandlungen zur Sprache zu bringen. Man könnte auch den amerikanischen Freunden einmal das Beispiel der schlesischen Försterswitwe in Erinnerung bringen, die von 190 DM Unterhaltshilfe leben muß und es nicht wagt, am Abend das Radio anzudrehen, weil die dadurch bewirkte Erhöhung der Lichtrechnung für sie nicht mehr tragbar wäre.
({0})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Becher.
Frau Präsidentin! Hohes Haus! Herr Kollege Jaksch hat dankenswerterweise einige wesentliche Punkte angeführt, die es meiner Meinung nach anzumelden gilt, wenn wir im westlichen Ausland über gemeinsame Verpflichtungen reden. In der Tat wird, glaube ich, auch in den Vereinigten Staaten da und dort vergessen, daß hier in der Bundesrepublik zumindest in den ersten Nachkriegsjahren eine Front nicht nur für uns, sondern für die gesamte freie Welt gehalten wurde und daß unsere jetzigen Bemühungen nicht nur unserem Interesse, sondern auch dem Interesse aller Völker im Westen gelten.
Ich meine aber - und deshalb habe ich mich noch zu Wort gemeldet -, daß Herr Kollege Schmidt, der leider nicht mehr anwesend ist, ein wenig zu weit gegangen ist, wenn er behauptete, der Bundeskanzler oder die Delegation in Washington habe bei der Anmeldung ernsthafter Grande für die Bundesrepublik zu wenig getan. Ich glaube vielmehr, man müßte sich die Frage vorlegen - und ich meine das gar nicht so sehr polemisch -, ob die Philosophie, die er heute und vor allem am vergangenen Freitag vorgetragen hat, der Aufgabe dient, den Vereinigten Staaten klarzumachen, daß es in der Bundesrepublik Deutschland und in Mitteleuropa nicht nur um Finanzprobleme, sondern um die Verteidigung der freien Welt schlechthin geht.
({0})
Der Herr Kollege Schmidt hat hier - ich glaube, man muß ihm danken - am Freitag eine geradezu klassische Logik einer außenpolitischen Philosophie entwickelt, die hinter manchen Akzenten steht, die er sonst nur einzeln setzt. Ich habe heute nur hinsichtlich der Problematik des Abzugs der Truppen aus Mitteleuropa auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs versucht, mit ihm per Zwischenruf zu diskutieren. Ich glaube in der Tat, daß Herr Kollege Schmidt hier in die Gefahr gerät, sich, ich möchte nicht sagen, der Terminologie, sondern genau der
Denkart zu bedienen, die seit Jahr und Tag nicht die Philosophie der freien Welt, sondern genau die Philosophie des Ostens gewesen ist.
({1})
- Damit möchte ich genau das sagen, Herr Kollege - ({2})
- Augenblick, Herr Kollege Wehner! Damit möchte ich genau das sagen: daß die These des Disengagement und die These des Abzugs der Truppen seit Jahr und Tag zur Sprachregelung und zur Gedankenfolge Pankows, Moskaus, Prags und Warschaus gehören.
({3})
Ich glaube, Herr Kollege Schmidt hat recht, wenn er meint,
({4})
durch die amerikanischen Wünsche habe sich eine neue Situation entwickelt und es sei jetzt, da von amerikanischer Seite aus irgendwelchen anderen Gründen die Rücknahme von Truppen gefordert werde, an der Zeit, im Osten sozusagen ein Äquivalent dafür einzuhandeln. Das ist ein ernsthafter Gesichtspunkt, den ich genauso nehme, wie er ihn gemeint hat. Im Endeffekt aber müssen Sie mir zugestehen, daß er, in der Parallele, an den Rapacki-Plan und an die Disengagement-Pläne anklingt und daß wir, solange in den Vereinigten Staaten die Diskussion über die Rückzugsfrage noch offen ist, nicht ganz glücklich verfahren, wenn wir genau diesen Gedankengang jetzt herausstellen.
Senator Mansfield, einer der Hauptbefürworter der Rücknahme der amerikanischen Truppen aus Europa, hat behauptet, wir in der Bundesrepublik und andere in Europa erklärten, die Gefahr aus dem Osten habe abgenommen. Sobald man aber die amerikanischen Truppen zurückziehen wolle, sähen wir die Gefahr plötzlich wieder ,erscheinen. „Ich glaube"
- so erklärte Senator Mansfield -, „man sollte indes mit den Vereinigten Staaten nicht Jo-Jo spielen."
Darum bin ich der Überzeugung, daß es im wesentlichen darauf ankommt, zu unterstreichen, daß die Bedrohung vom Osten her noch besteht. Deshalb hätte ich mich gern mit den Gedankengängen auseinandergesetzt, die Herr Schmidt am vorigen Freitag entwickelt hat, als er sagte, aus dem atomaren Patt ergebe sich die Status-quo-Politik der großen Mächte und - wie er sich ausdrückte - eine „konservative" Strategie der Sowjetunion. Da liegt, so würde ich meinen, ein entscheidender Irrtum in der Logik des Kollegen Schmidt, weil sich aus dem atomaren Patt nicht einmal auf militärischem Gebiet eine absolute Verteidigungsstrategie der Sowjetunion ergibt. Mehr noch: aus dem. atomaren Patt wurde genau das gefolgert, was für uns tödlich gefährlich ist, nicht
Dr. Becher ({5})
eine defensive, sondern eine offensive politische Philosophie des Ostblocks und der Sowjetunion.
Ich meine, hier liegt vielleicht der Grundirrtum, wenn man nämlich von der Annahme, „Moskau wäre wohl froh, wenn der Zustand Europas möglichst unverändert bleiben könnte", von dieser, wie ich meine, falschen Annahme aus Konzepte entwickelt, die in die Nähe der Disengagement-Taktik kommen. Man braucht nicht die Erklärung des letzten Parteitages der KPdSU oder Zeitungen und Zeitschriften aus dem Osten zu zitieren, um daraus abzuleiten, daß Sowjetrußland und seine Trabanten bis zur letzten Stunde eine politische Offensivstrategie gegen die Bundesrepublik entwickeln, eine politische Offensivstrategie, deren Kennzeichen immer sind: Anerkennung der Zweistaatentheorie, Disengagement, Denuklearisierung, Rapacki-Plan mit dem Ziel im Hintergrund, dadurch das NATO-Bündnis aufzubrechen und uns sozusagen nach dem Grundsatz „Politischer Sieg ohne Krieg" auf den Rücken zu legen.
Deshalb, glaube ich, ist es gefährlich, in diesem Zusammenhang mit solchen Gedankengängen zu spielen, und deshalb hätte ich an Herrn Schmidt die Frage gerichtet, ob er nicht bereit sei, hier eine Modifizierung seiner Gesichtspunkte vorzunehmen. Herr Bundeskanzler Erhard - man kann ihm noch soviel vorwerfen ({6})
war in Washington gut beraten, als er vor dem Presseclub „eine gemeinsame und realistische Bewertung der kommunistischen Politik und ihrer Ziele forderte" und als er sagte, das Modewort von den Wandlungen des Kommunismus müsse durch sachliche Analyse dessen ergänzt werden, was konstant geblieben sei. Nun, ich glaube, konstant geblieben ist jedenfalls die gegen das Herz unserer Position gerichtete Deutschland- und Europapolitik der Sowjetunion, die gnadenlos ist wie eh und je, und konstant geblieben ist die Absicht, durch Pläne wie dem Rapacki-Plan die NATO von innen her zu sprengen und uns alle miteinander zu schädigen.
Deshalb bin ich der Überzeugung, daß es fehl am Platze ist, dem Herrn Bundeskanzler Vorwürfe zu machen, wenn man zumindest in diesem einen konkreten Punkt keine Alternative bietet.
Der Herr Kollege Schmidt hat hier eine ganze Philosophie, eine ganze Gedankenfolge kreiert und heraus kam am Schluß wie ein Wettermännchen der gute alte Disengagement-Plan, der nicht bei uns, sondern drüben in Polen und Moskau entwickelt worden ist.
({7})
Meine Damen und Herren, wir stehen am Ende der Rednerliste.
Auf Umdruck 100 liegt der Antrag der Fraktion der SPD zu der Erklärung der Bundesregierung vom 5. Oktober 1966 vor. Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist offenbar nicht der Fall.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Majonica.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Namens der FDP- und der CDU/CSU-Fraktion beantrage ich hinsichtlich des Antrags der Fraktion der SPD die Ablehnung der Nr. 1 und Überweisung der Nrn. 2 bis 5 an den Auswärtigen Ausschuß.
Lassen Sie mich namens der CDU/CSU-Fraktion ganz kurz die Ablehnung der Nr. 1 begründen. In Nr. 1 setzt die Opposition die heute geübte Form der Erteilung ungehöriger Zensuren an die Bundesregierung fort,
({0}) ohne selbst Substanz anzubieten.
({1})
So hat Herr Kollege Wehner die deutlichen und eindeutigen Fragen, die Herr Kollege Dr. Barzel hier gestellt hat, in diesem Hause heute nicht beantwortet. Das muß einmal klar festgestellt werden.
({2})
Herr Kollege Wehner, ganz am Rande sei Ihnen nur gesagt: Auch wir sind von Anfang an beim MonnetKomitee dabeigewesen. Ich glaube, es war falsch, hier einfach die Rolle der SPD herauszustellen, zumal die sozialdemokratische Politik im Anfang hinsichtlich der Europapolitik in Übereinstimmung mit der Monnet-Kommission gehandelt hat.
({3})
Zu dem Antrag auf Überweisung der Nrn. 2 bis 5 möchte ich namens der CDU/CSU-Fraktion erklären, daß das in keiner Weise in irgendeiner Form eine Zustimmung der CDU/CSU zur - ({4})
- Entschuldigen Sie, Herr Kollege Wehner, aber lassen Sie mich wenigstens die letzten Sätze ruhig aussprechen. Ich weiß gar nicht, warum Sie immer so nervös werden. Ich begründe hier einfach einen Antrag der CDU/CSU-Fraktion. Sie gelten hier ja wohl als der schärfste Zwischenrufer des Parlaments, und Sie halten auch den unbestrittenen Rekord in Ordnungsrufen. Den möchte ich Ihnen nicht streitig machen.
({5})
Hinsichtlich der Überweisung der Punkte 2 bis 5 möchte ich betonen, daß das in keiner Weise die Zustimmung der CDU/CSU-Fraktion zu irgendwelchen Disengagement-Plänen bedeutet. Wir erwarten von der SPD-Fraktion Aufklärung im Hinblick auf Ziffer 2 Satz 2. Ich hoffe, daß in dieser Aufklärung eine stärkere Substanz zutage tritt, als sie heute von der SPD in dieser Diskussion gezeigt worden ist.
({6})
Meine Damen und Herren, Sie haben den Antrag gehört. Es soll
Vizepräsident Frau Dr. Probst
getrennt über die Ziffer 1 und gemeinsam über die Ziffern 2 bis 5 abgestimmt werden. Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich stelle zunächst die Ziffer i zur Abstimmung. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Ziffer 1 ist abgelehnt.
Wir stimmen nun über den Antrag auf Überweisung der Ziffern 2 bis 5 ab. Wer dafür ist, diese Ziffern an den Auswärtigen Ausschuß zu überweisen, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Der Antrag auf Überweisung der Ziffern 2 bis 5 ist einstimmig angenommen.
Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt. Der Punkt 3 der Tagesordnung, die Sozialenquete, wird am Freitag behandelt werden.
Ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten
Korspeter, Hirsch, Bartsch, Brünen, Hamacher,
Kaffka, Dr. Kreutzmann, Lemper, Spillecke, Vit und der Fraktion der SPD.
betr. Einrichtungshilfe für Sowjetzonenflüchtlinge - Drucksache V/772 Wird das Wort gewünscht? Das ist nicht der Fall, Der Altestenrat hat vorgeschlagen, den Antrag Drucksache V/772 an den Ausschuß für Kriegs- und Verfolgungsschäden - federführend - und an den Ausschuß für Angelegenheiten der Heimatvertriebenen und Flüchtlinge - mitberatend - sowie zur Mitberatung und gemäßt § 96 der Geschäftsordnung an den Haushaltsausschuß zu überweisen. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? Wer enthält sich? - Die Überweisung ist einstimmig beschlossen.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages ein auf morgen, Donnerstag, den 6. Oktober 1966, 14.30 Uhr.
Die Sitzung ist geschlossen.