Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Meine Damen und Herren, die Sitzung ist eröffnet. Ich heiße Sie nach diesen verkürzten Ferien willkommen.
Einige Gespräche und auch Zuschriften von Kollegen lassen es mir ratsam erscheinen, hier auch vor der Öffentlichkeit folgendes zu sagen. Bundestagsabgeordnete sitzen nicht hier wie Beamte, die vier Wochen oder drei Wochen, oder was weiß ich wie lange, Ferien haben und die sozusagen ein verbrieftes Recht darauf haben. Der Bundestagsabgeordnete hat aber auch das Recht, sich um seine Existenz als Berufstätiger zu kümmern. Es gibt eine Reihe von Kollegen, die in ernste Schwierigkeiten gekommen sind, weil sie von ihren beruflichen Planungen nun Abstand nehmen müssen. Aber, meine Damen und Herren, so bedauerlich das ist, - auf der anderen Seite gehen natürlich die Rechte und die Notwendigkeiten, die jedenfalls dem Bundestagspräsidenten hinsichtlich der Einberufung des Bundestages durch die Verfassung auferlegt worden sind, allem anderen vor. Ich bedauere deshalb sagen zu müssen, daß kein Mitglied dieses Hauses gewissermaßen einen Anspruch darauf hat, daß Verabredungen - die ich für richtig halte und an denen festzuhalten ich auch weiter empfehlen würde - nicht unter höherem Zwang und mit zwingenden Argumenten geändert werden. Infolgedessen besteht eben kein Anspruch darauf, daß man die drei Monate verbürgt. Ich mache darauf aufmerksam, und ich appelliere an Ihre Einsicht und an Ihr Verständnis dafür.
Meine Damen und Herren, wir fangen jetzt an, indem wir eine Ehrenpflicht erfüllen.
({0})
Wir gedenken unseres in den Ferien verstorbenen Kollegen Josef Braun. Er ging nach der letzten Sitzung aus dem Bundestag weg als ein, ich nehme an, gesunder Mann. Er ging mit seiner Familie in den Urlaub nach Südfrankreich und starb dort plötzlich, am 17. Juli.
Josef Braun wurde am 5. April 1907 in Berlin geboren. Nach einer Ausbildung im Bankfach war er bis 1939 im Bank- und Versicherungsgewerbe tätig.
Von 1940 bis 1946 war unser Kollege Braun Soldat und teilte das Schicksal vieler, war in Kriegsgefangenschaft.
Mit 17 Jahren engagierte er sich erstmals, indem er sich der Gewerkschaftsbewegung anschloß. Gleichzeitig trat er der SAJ - für die, die nicht dabei waren, sage ich: der Sozialistischen Arbeiterjugend - bei. Später war er im Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold. Nach Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft stellte er sich in den Dienst des politischen Wiederaufbaues, das heißt, er führte fort und blieb dem treu, wozu er sich in früher Jugend entschlossen hatte. Im Jahre 1946 trat er demzufolge der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands bei. Von 1946 bis 1952 war er hauptberuflich in der Berliner Gewerkschaftsorganisation tätig. Von 1952 bis 1961 war unser Kollege Braun Geschäftsführer des Landesverbandes Berlin der Sozialdemokratischen Partei und war als solcher auch Kreisvorsitzender und stellvertretender Landesvorsitzender.
Dem Deutschen Bundestag gehörte er seit 1961 als Berliner Abgeordneter für die Sozialdemokratische Partei Deutschlands an. In seiner parlamentarischen Arbeit widmete er sich besonders sozialpolitischen Fragen. Er war Mitglied des Ausschusses für Arbeit.
Ich habe den Angehörigen unseres verstorbenen Kollegen Josef Braun die herzliche Anteilnahme des Hauses ausgesprochen, und ich spreche heute Ihnen, meine Damen und Herren von der sozialdemokratischen Fraktion dieses Hauses, die tiefempfundene Anteilnahme des ganzen Hauses aus.
Meine Damen und Herren, Sie haben sich zu Ehren des Verstorbenen erhoben. Ich danke Ihnen.
Die Abgeordnete Frau Lösche hat am 29. Juli 1966 als Nachfolgerin für den verstorbenen Abgeordneten Braun die Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag erworben. Ich begrüße Frau Lösche in unserer Mitte und wünsche Ihnen, Frau Kollegin, eine gute Zusammenarbeit.
Nun Glückwünsche zu Geburtstagen! Am 7. Juli 1966 ist der Herr Kollege Borm, Berlin, 71 Jahre alt geworden,
({1})
am 8. Juli 1966 der Herr Abgeordnete Dr. Müthling 65 Jahre,
({2})
2642 Deutscher Bundestag - 5. Wahlperiode - 55. Sitzung. Bonn, Mittwoch, ,den 14. September 1966
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
gleichfalls am 8. Juli die Kollegin Frau Pitz-Savelsberg, - bei Damen sage ich das Alter nie, trotzdem Glückwunsch!
({3})
Am 11. Juli 1966 ist Herr Kollege Wehner 60 Jahre alt geworden,
({4})
am 15. Juli der Herr Abgeordnete Enk 72 Jahre.
({5})
Jetzt kommen lauter Geburtstage des Jahrganges 06: am 16. Juli der Herr Abgeordnete Hörnemann ({6}),
({7})
am 19. Juli der Herr Abgeordnete Corterier,
({8})
am 22. Juli der Herr Abgeordnete Burgemeister, ({9})
am 6. August der Herr Abgeordnete Krug, am
8. August der Herr Abgeordnete Brünen und am
22. August der Herr Abgeordnete Dr. Koch. Und nun:
am 23. August feierte der Herr Abgeordnete Dr. Bechert seinen 65. Geburtstag.
({10})
Am 30. August hatte der Herr Abgeordnete Walter Geburtstag; dazu steht in meiner Vorlage nicht, wie als er ist, - offenbar ohne Alter.
({11})
- Das ist offenbar nicht durchgedrungen bis zu meiner Verwaltung, die sonst ganz pünktlich ist. Also wir gratulieren dem Herrn Abgeordneten Walter zu seinem 70. Geburtag am 30. August.
({12})
Ich teile weiter dem Hause mit, daß der Herr Bundesminister der Finanzen am 31. Juli 1966 gemäß § 33 Abs. 1 - ({13})
- Herr Kollege Schmid, jetzt gleich? ({14})
- Ich kann diese hoch feierliche Sache auch unterbrechen. Bitte sehr, Herr Abgeordneter Professor Schmid!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist eine feste, strenge, unverzichtbare Regel, daß Handlungen wie Unterlassungen des amtierenden Präsidenten in diesem Hause nicht auf Rüge aus dem Hause stoßen dürfen. Doch wie jede Regel leidet - und manchmal fordert
- auch diese eine Ausnahme. Dieser Fall scheint mir heute gegeben zu sein.
Der Herr Präsident hat bei der Verlesung der Geburtstagsglückwünsche eine Unterschlagung begangen.
({0})
Er hat dem Hause verschwiegen, daß im August dieses Jahres der Abgeordnete Eugen Gerstenmaier sein 60. Lebensjahr vollendet hat.
({1})
Damit hat er dem Hause die Gelegenheit geraubt, durch eine Ovation zum Ausdruck zu bringen, wie sehr es sich mit seinem Präsidenten verbunden fühlt und wie sehr ein jeder in diesem Hause dem Herrn Präsidenten - dem Kollegen Eugen Gerstenmaier - zu dem Eintritt in das siebte Lebensjahrzehnt Glück und Segen wünscht zum Nutzen für ihn und für dieses Haus.
({2})
Dieses Versäumnis, dessen sich der Präsident schuldig gemacht hat, mußte korrigiert werden. Als der älteste seiner Vertreter habe ich mir erlaubt, diese Korrektur vorzunehmen.
Ich bitte um Nachsicht, Herr Präsident.
({3})
Der Präsident im Stuhl erteilt Dispens. Aber der Abgeordnete Eugen Gerstenmaier erbittet die Erlaubnis des Hauses, doch wenigstens in geziemenden Worten aufrichtig und herzlich für dieses freundliche Wort zu danken und Ihnen, meine Damen und Herren, Dank zu sagen für die vielen Zeichen freundlicher Gesinnung und Zuneigung, die mir aus diesem Anlaß zuteil geworden sind. Erlauben Sie mir, zu sagen, daß es mir eine Freude ist, Ihr Kollege zu sein, und daß es mir eine Ehre ist, der erste Diener dieses Hauses zu sein. Ich danke Ihnen.
({0})
Nun zurück zu den amtlichen Mitteilungen:
Der Herr Bundesminister der Finanzen hat am 31. Juli 1966 gemäß § 33 Abs. 1 der Reichshaushaltsordnung die Zusammenstellung der über- und außerplanmäßigen Haushaltsausgaben im vierten Vierteljahr des Rechnungsjahres 1965 und am 18. August 1966 die Zusammenstellung der über- und außerplanmäßigen Haushaltsausgaben im ersten Vierteljahr des Rechnungsjahres 1966 übersandt, die den Betrag von 10 000 DM übersteigen - Drucksachen V/862, V/881 -. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung werden diese Vorlagen dem Haushaltsausschuß überwiesen. Ist das Haus damit einverstanden? - Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Dem Haus liegt eine Liste auf Überweisung von Vorlagen der Bundesregierung, die keiner Beschlußfassung bedürfen, an die zuständigen Ausschüsse gemäß § 76 Abs. 2 der Geschäftsordnung vor:
1. Vorlage des Sprechers der Deutschen Delegation in der Beratenden Versammlung der Westeuropäischen Union
Betr.: Bericht über die Tagung der Versammlung der Westeuropäischen Union vom 13. bis 17. Juni 1966 in Paris - Drucksache V/739 zuständig: Auswärtiger Ausschuß ({1}), Verteidigungsausschuß
2. Vorlage des Bundesministers für Wohnungswesen und Städtebau
Betr.: Erster Bericht der Bundesregierung über die in den einzelnen Ländern gemachten Erfahrungen mit dem Wohngeldgesetz
Beschluß des Bundestages vom 12. Februar 1965 - Drucksache V/796 zuständig: Ausschuß für Kommunalpolitik, Raumordnung, Städtebau und Wohnungswesen
3. Vorlage des Präsidenten des Europäischen Parlaments
Betr.: Entschließung betreffend die Anwendung von Artikel 119 des EWG-Vertrags
- Drucksache V/817 zuständig: Ausschuß für Arbeit
4. Vorlage des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages
Betr.: Jahresbericht 1965 - Drucksache V/820 zuständig: Verteidigungsausschuß
5. Vorlage ides Präsidenten der Versammlung der Westeuropäischen Union
Betr.: Empfehlung 136 über die der Versammlung bei jeder Revision des Nordatlantikvertrages zukommende Rolle - Drucksache V/827 zuständig: Auswärtiger Ausschuß ({0}), Verteidigungsausschuß
6. Vorlage des Bundesministers für Gesundheitswesen
Betr.: Kredit- und Bürgschaftsprogramm für technische Anlagen zur Reinhaltung der Luft und für lufthygienische Heizformen
Bezug: Beschluß des Bundestages vom 30. Juni 1965 - Drucksache V/828 zuständig: Ausschuß für Gesundheitswesen
7. Vorlage des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen
Betr.: Eintragung der niedergelassenen Ärzte in den amtlichen Fernsprechbüchern
Bezug: Beschluß des Bundestages vom 12. März 1965 - Drucksache V/845 zuständig: Postausschuß
Erhebt sich gegen die beabsichtigten Überweisungen Widerspruch? - Das ist nicht der Fall. Es ist so beschlossen.
Die folgenden amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 1. Juli den nachstehenden Gesetzen zugestimmt:
Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Überführung der Anteilsrechte an der Volkswagenwerk Gesellschaft mit beschränkter Haftung in private Hand
Gesetz über befristete Freistellung von der deutschen Gerichtsbarkeit.
Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 15. Juli 1966 den nachstehenden Gesetzen zugestimmt bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht gestellt:
Patentanwaltsordnung
Drittes Gesetz zur Änderung des Jugendarbeitsschutzgesetzes
Gesetz über eine Statistik der Kraftfahrzeugfahrleistungen 1966/67
Gesetz zur Änderung der Frist des § 190 a des Bundesentschädigungsgesetzes
Gesetz über die Feststellung des Wirtschaftsplans des ERP-Sondervermögens für das Rechnungsjahr 1966 ({1})
Gesetz zur Sicherung des Steinkohleneinsatzes in der Elektrizitätswirtschaft
Gesetz zu dem Übereinkommen vom 4. Dezember 1965 zur Errichtung der Asiatischen Entwicklungsbank
Gesetz zu dem Vertrag vom 4. Februar 1964 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Korea über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen
Gesetz zur Änderung des Reichsknappschaftsgesetzes und des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung
Gesetz zu der Sechsten Zusatzvereinbarung vom 24. Mai 1965 zum Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande über Sozialversicherung über die Anwendung der deutschen Rechtsvorschriften über die Altershilfe für Landwirte
Gesetz zur Änderung des Gesetzes über eine Schlachtgewichtsstatistik
Gesetz über die Unterbringung von Rüböl aus inländischem Raps und Rübsen
Zweites Gesetz zur Änderung des Bundesbesoldungsgesetzes
Viertes Gesetz zur Änderung des Soldatenversorgungsgesetzes
Gesetz zu dem Vertrag vom 8. April 1965 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Sierra Leone über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen
Gesetz zu dem Vertrag vom 7. Februar 1963 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Sudan über die Förderung von Kapitalanlagen
Gesetz zu dem Vertrag vom 28. Juni 1965 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Ecuador über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen
Gesetz zu dem Vertrag vom 4. Dezember 1964 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Kenia über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen
Gesetz zu dem Vertrag vom 30. Januar 1965 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Vereinigten Republik Tansania über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen
Gesetz zu dem Vertrag vom 8. November 1963 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Ceylon über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen
Gesetz zu dem Vertrag vom 9. Juni 1965 zwischen der
Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Dänemark
über einzelne Fragen der Schiffahrt und der Wasserstraßen
Siebentes Gesetz zur Änderung des Zollgesetzes.
Der Bundesminister der Finanzen hat am 5. Juli 1966 die Kleine Anfrage der Fraktion der SPD betr. Fristgerechte Einbringung des Haushalts 1967 - Drucksache V/729 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache V/808 verteilt.
Der Bundesminister für Familie und Jugend hat am 1. Juli 1966 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Frau Funcke, Mischnick, Opitz und Genossen betr. Gutachten über Hausfrauenarbeit Drucksache V/689 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache V/815 verteilt.
Der Bundesminister des Innern hat am 7. Juli 1966 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Kempfler, Schlager, Wagner, Dr. Althammer, Dr. Even, Leicht und Genossen betr. Beschaffungen für das Zivilschutzkorps - Drucksache V/694 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache V/818 verteilt.
Der Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen hat am 8. Juli 1966 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Klepsch, Frau Klee, Dr. Marx ({2}), Schlager und Genossen und der Fraktion der CDU/CSU betr. Reiseverkehr in Deutschland - Drucksache V/740 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache V/821 verteilt.
Der Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen hat am 14. Juli 1966 die Kleine Anfrage der Fraktion der SPD betr. Sofortmaßnahmen zur Verbesserung der Gemeindefinanzen - Drucksache V/774 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache V/830 verteilt.
Der Bundesminister für wissenschaftliche Forschung hat am 16. Juli 1966 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. von Merkatz, Frau Dr. Maxsein, Berkhan und Genossen betr. Empfehlung 132 der Versammlung der Westeuropäischen Union - Drucksache V/802 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache V/831 verteilt.
Der Bundesminister der Verteidigung hat am 20. Juli 1966 die Kleine Anfrage der Fraktion der SPD betr. Flugsicherheit in der Bundeswehr - Drucksache V/730 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache V/836 verteilt.
Der Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft hat am 18. Juli 1966 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Schlager, Schlee, Röhner, Schmidhuber, Dr. Schulze-Vorberg, Walter und Genossen betr. Regelung des öffentlichen Auftragswesens in der EWG hier: Sicherstellung der Bevorzugung von Bewerbern u. a. aus dem Zonenrandgebiet - Drucksache V/724 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache V/837 verteilt.
Der Bundesminister des Auswärtigen hat am 20. Juli 1966 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Blachstein, Blumenfeld, Dr. Kliesing ({3}), Dr. Schulz ({4}) und Genossen betr. Empfehlung 133 der Versammlung der Westeuropäischen Union - Drucksache V/801 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache V/842 verteilt.
Der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat am 20. Juli 1966 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Logemann, Ertl, Dr. Effertz, Reichmann, Wächter, Walter und Genossen betr. Maßnahmen zur Senkung der Kosten in der Landwirtschaft - Drucksache V/814 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache V/843 verteilt.
Der Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft hat am 20. Juli 1966 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Unertl, Schlager, Schmidhuber, Weigl und Genossen betr. Lage der bayerischen Granitindustrie - Drucksache V/789 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache V/844 verteilt.
Der Bundesminister des Auswärtigen hat am 20. Juli 1966 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Kliesing ({5}), Berkhan, Lenze ({6}), Blachstein und Genossen betr. Empfehlung 137 der Versammlung der Westeuropäischen Union - Drucksache V/803 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache V/846 verteilt.
Der Bundesminister für Wohnungswesen und Städtebau hat am 25. Juli 1966 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Baier, Dr. Hesberg, Josten, Dr. Czaja, Röhner, Wurbs und Genossen betr. Öffentlich geförderte Eigentumsmaßnahmen im Wohnungsbau - Drucksache V/783 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache V/850 verteilt.
Der Staatssekretär im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat am 28. Juli 1966 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ertl, Logemann, Dr. Effertz, Wächter, Reichmann, Walter und Genossen betr. Kostenentwicklung in der Landwirtschaft - Drucksache V/813 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache V/854 verteilt.
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
Der Bundesminister der Verteidigung hat am 11. Juli 1966 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Marx ({7}), Petersen, Damm, Dr. Klepsch, Dr. Schulze-Vorberg, Rommerskirchen und Genossen und der Fraktion der CDU/CSU betr. Sowjetische Truppenstreitkräfte in der sowjetisch besetzten Zone Deutschlands - Drucksache V/782 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache V/855 verteilt.
Der Bundesminister des Innern hat am 1. August 1966 die Kleine Anfrage der Fraktion der SPD betr. Notstandsgesetze - Drucksache V/851 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache V/856 verteilt.
Der Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft hat am 30. Juli 1966 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Wieninger, Wagner, Schlager, Schmidhuber, Lemmrich, Röhner, Ott, Gewandt, Burgemeister, Dr. Klepsch und Fraktion der CDU/CSU, der Abgeordneten Mertes, Dr. Staratzke und Fraktion der FDP betr. Förderung mittelständischer Gewerbetreibender hier: Erweiterung der Möglichkeiten für mittelständische Gewerbetreibende, sich an den Beschaffungen der Bundesressorts und ihrer nachgeordneten Dienststellen zu beteiligen - Drucksache V/695 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache V/857 verteilt.
Der Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft hat am 10. August 1966 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Kurlbaum, Lange, Schmidt ({8}) und der Fraktion der SPD betr. Verhältnisse im Tankstellengewerbe - Drucksache V/822 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache V/866 verteilt.
Der Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen hat am 8. August 1966 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Seume und der Fraktion der SPD betr. Streichung von Subventionen - Drucksache V/841 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache V/867 verteilt.
Der Staatssekretär im Bundesministerium des Innern hat am
10. August 1966 die Kleine Anfrage der Fraktion der SPD betr. Datenverarbeitungsanlagen im öffentlichen Dienst - Drucksache V/804 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache V/871 verteilt.
Der Staatssekretär im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat am 11. August 1966 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Wächter, Logemann, Walter, Ertl, Dr. Effertz, Reichmann, Sander, Struve, Bauknecht, Bauer ({9}) und Genossen betr. Durchführung der Verordnung Nr. 19 EWG ({10}) - Drucksache V/771 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache V/872 verteilt.
Der Bundesminister für Verkehr hat am 10. August 1966 die Kleine Anfrage der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP betr. Wettbewerbsverfälschungen der gemeinsamen Verkehrspolitik zu Lasten der deutschen Seehäfen - Drucksache V/705 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache V/873 verteilt.
Der Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen hat am
11. August 1966 die Kleine Anfrage der Fraktion der SPD betr. Einheitlicher Aufbau der Haushaltspläne - Drucksache V/852 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache V/880 verteilt.
Der Bundesminister der Finanzen hat am 24. August 1966 die Kleine Anfrage der Fraktion der SPD betr. Steuerfreiheit des Mehrarbeitslohns - Drucksache V/773 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache V/888 verteilt.
Der Bundesminister für Verkehr hat am 26. August 1966 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Schmidt ({11}), Bading, Mertes und Genossen betr. Zweckmäßige Stoßstangen zur Erhöhung der Sicherheit im Straßenverkehr - Drucksache V/868 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache V/889 verteilt.
Der Bundesminister für Wohnungswesen und Städtebau hat am 2. September 1966 die Kleine Anfrage ,des Abgeordneten Jacobi ({12}) und der Fraktion der SPD betr. Novelle zum Zweiten Wohnungsbaugesetz - Drucksache V/876 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache V/892 verteilt.
Der Bundesminister für Wohnungswesen und Städtebau hat am 2. September 1966 die Kleine Anfrage des Abgeordneten Jacobi ({13}) und der Fraktion der SPD betr. Finanzierungsmittel für den Wohnungsbau bei Ländern und Gemeinden - Drucksache V/877 beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache V/893 verteilt.
Der Bundesminister für Wohnungswesen und Städtebau hat am 2. September 1966 die Kleine Anfrage des Abgeordneten Jacobi ({14}) und der Fraktion der SPD betr. drohendes weiteres Absinken des Wohnungsbaues - Drucksache V/878 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache V/894 verteilt.
Der Bundesminister für Wohnungswesen und Städtebau hat am 2. September 1966 die Kleine Anfrage des Abgeordneten Jacobi ({15}) und der Fraktion der SPD betr. Kürzungen beim Wohngeld und bei den allgemeinen Haushaltsmitteln für den Wohnungsbau - Drucksache V/879 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache V/895 verteilt.
Der Bundesminister für Wohnungswesen und Städtebau hat am 5. September 1966 die Kleine Anfrage des Abgeordneten Jacobi ({16}) und der Fraktion der SPD betr. Gebäude- und Wohnungszählung 1967 - Drucksache V/883 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache V/905 verteilt.
Der Bundesminister der Finanzen hat am 8. September 1966 die Kleine Anfrage der Fraktion der SPD betr. Abschaffung der Coupon-Steuer - Drucksache V/864 - beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache V/910 verteilt.
Der Bundesminister des Innern hat am 25. Juli 1966 unter Bezug auf den Beschluß des Bundestages vom 1. Juli 1965 über die Durchführung des Vierten Änderungsgesetzes zum G 131 vom 9. September 1965 hier: Neue Vorschriften über einen
innerdeutschen Zuzugsstichtag berichtet. Sein Schreiben ist als Drucksache V/853 verteilt.
Der Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen hat am 25. August 1966 gemäß § 19 Abs. 6 des Postverwaltungsgesetzes den Geschäftsbericht der Deutschen Bundespost über das Rechnungsjahr 1965 zur Kenntnisnahme übersandt. Der Bericht ist als Drucksache V/900 verteilt.
Der Bundeskanzler hat am 18. August 1966 gemäß § 30 Absatz 4 des Bundesbahngesetzes den Wirtschaftsplan der Deutschen Bundesbahn mit Erläuterungen und Anlagen sowie den Stellenplan für das Geschäftsjahr 1966 mit der Bitte um Kenntnis übersandt. Wirtschafts- und Stellenplan liegen im Archiv zur Einsichtnahme aus.
Der Bundeskanzler hat am 30. August 1966 gemäß § 32 Abs. 6 des Bundesbahngesetzes den Jahresabschluß der Deutschen Bundesbahn für das Geschäftsjahr 1964 mit der Bitte um Kenntnis übersandt. Der Jahresabschluß liegt im Archiv zur Einsichtnahme aus.
Die für die Zeit vom 28. Juni bis 29. Juli 1966 eingereichten Mündlichen Anfragen sowie die dazu erteilten schriftlichen Antworten sind als Drucksache V/897 verteilt worden.
Der Präsident des Deutschen Bundestages hat am 9. September 1966 gemäß § 96 a der Geschäftsordnung dem Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen die nachstehenden Zollvorlagen überwiesen:
Einundfünfzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen
Zolltarifs 1966 ({17})
- Drucksache V/901 Sechsundfünfzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 ({18})
- Drucksache V/902 Siebenundfünfzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 ({19}) - Drucksache V/903 Einundsechzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 /({20})
- Drucksache V/904 -.
Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 25. Juni 1959 die nachstehenden Vorlagen überwiesen:
Erste Richtlinie des Rats zur Koordinierung der die Aufnahme und Ausübung der Direktversicherung ({21}) betreffenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften ({22})
- Drucksache V/805 an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 23. November 1966
Richtlinie des Rats zur Änderung der Richtlinie des Rats vom 26. Juni 1964 zur Regelung viehseuchenrechtlicher Fragen beim innergemeinschaftlichen Handelsverkehr mit Rindern und Schweinen
Richtlinie des Rats zur Änderung der Richtlinie des Rats vom 26. Juni 1964 zur Regelung gesundheitlicher Fragen beim innergemeinschaftlichen Handelsverkehr mit frischem Fleisch - Drucksache V/806 an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten -federführend - und an den Ausschuß für Gesundheitswesen -mitberatend - mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 7. Oktober 1966
Richtlinie des Rats für die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Stoffe, die Arzneimitteln zum Zwecke der Färbung hinzugefügt werden dürfen
- Drucksache V/807 an den Ausschuß für Gesundheitswesen mit der Bitte um Vorlage
des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 23. November 1966
Verordnung des Rats zur Aufstellung einer ergänzenden
Liste der Grunderzeugnisse, die als Berechnungsgrundlage
für die Finanzierung der Erstattungen bei Ausfuhren nach
dritten Ländern dienen
- Drucksache V/847 an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen - federführend - und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - mitberatend - mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 20. Oktober 1966
Verordnung des Rats zur Verlängerung der Gültigkeitsdauer der Verordnung Nr. 3/63/EWG vom 24. Januar 1963 betreffend die Handelsbeziehungen zu den Staatshandelsländern in bezug auf bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse
- Drucksache V/848 an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen - federführend - und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - mitberatend - mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 20. Oktober 1966
Verordnung des Rats über Beihilfen an Unternehmen des
Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehrs
- Drucksache V/849 an den Verkehrsausschuß - federführend - und an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen - mitberatend - mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 1. April 1967
Richtlinie des Rats zur Vereinheitlichung der Vorschriften über die abgabenfreie Einfuhr des in den Treibstoffbehältern der Nutzkraftfahrzeuge enthaltenen Treibstoffs
- Drucksache V/859 Präsident D. Dr. Gerstenmaier
an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 20. Oktober 1966
Verordnung des Rats über bestimmte Sozialvorschriften im Straßenverkehr
- Drucksache V/860 an den Verkehrsausschuß - federführend - und an den Ausschuß für Arbeit - mitberatend - mit der Bitte um Vorlage
des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 14. Dezember 1966
Verordnung des Rats zur Änderung der Verordnung Nr. 121/ 64/EWG des Rats betreffend die Regelung für Einfuhren von Reis mit Ursprung in Madagaskar und in Surinam
- Drucksache V/861 an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - federführend - und an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen - mitberatend - mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 20. Oktober 1966
Verordnung des Rats zur Verlängerung der Geltungsdauer der Verordnung Nr. 130/65/EWG über die Erstattung bei der Erzeugung für die Grob- und Feingrießsorten aus Mais, die in der Brauerei-Industrie Verwendung finden
Verordnung des Rats über besondere Maßnahmen betreffend die Erstattung bei der Ausfuhr von Malz nach den Mitgliedstaaten
Verordnung des Rats zur Änderung der Verordnung Nr. 142/ 64/EWG über die Erstattung bei der Erzeugung für Getreide- und Kartoffelstärke
an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit
der Bitte um Vorlage des Berichts innerhalb eines Monats, wenn
im Ausschuß Bedenken gegen die Verordnung erhoben werden
Verordnung des Rats Nr. 67/66/EWG vom 14. Juni 1966 betreffend gewisse Maßnahmen, die für das Wirtschaftsjahr 1966/1967 auf dem Gebiet der Getreidepreise anzuwenden sind
an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten -federführend - und an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen - mitberatend - mit der Bitte um Vorlage des Berichts innerhalb eines Monats, wenn im Ausschuß Bedenken gegen die Verordnung erhoben werden
Verordnung Nr. 76/66/EWG des Rats vom 28. Juni 1966 zur Änderung des italienischen Wortlauts des Artikels 8 der Verordnung Nr. 141/64/EWG des Rats über die Regelung für Getreide- und Reisverarbeitungserzeugnisse
Verordnung Nr. 77/66/EWG des Rates vom 28. Juni 1966 über die Festsetzung der innergemeinschaftlichen Abschöpfungsbeträge für geschlachtete Hühner und Truthühner in dem Fall des Artikels 3 Absatz ({23}) der Verordnung Nr. 22 des Rates
an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten federführend - und an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen - mitberatend - mit der Bitte um Vorlage des Berichts innerhalb eines Monats, wenn im Ausschuß Bedenken gegen die Verordnung erhoben werden
Verordnung des Rats über die Eingruppierung bestimmter
Käsesorten im Anhang II der Verordnung Nr. 111/64/EWG
an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts innerhalb eines Monats, wenn im Ausschuß Bedenken gegen die Verordnung erhoben werden
Verordnung des Rats über besondere Maßnahmen für Malz
an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts innerhalb eines Monats, wenn im Ausschuß Bedenken gegen die Verordnung erhoben werden
Verordnung des Rats zur Verlängerung der Geltungsdauer der Verordnung Nr. 88/65/EWG betreffend die Erstattungen bei der Ausfuhr von Schweinefleisch, Eiern und Geflügelfleisch in dritte Länder
an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen - federführend - und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - mitberatend - mit der Bitte um Vorlage des Berichts innerhalb eines Monats, wenn im Ausschuß Bedenken gegen die Verordnung erhoben werden
Verordnung des Rats betreffend die vorübergehende Abweichung von einigen Bestimmungen der Verordnung Nr. 111/ 64/EWG im Hinblick auf die Errechnung der Abschöpfung auf bestimmte Arten Milchpulver für Schmelzkäse
an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen - federführend - und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - mitberatend - mit der Bitte um Vorlage des Berichts innerhalb eines Monats, wenn im Ausschuß Bedenken gegen die Verordnung erhoben werden
Verordnung des Rats über die zeitlich begrenzte Aussetzung der auf die Einfuhren von unter Zollaufsicht zur Verarbeitung bestimmten gefrorenem Rindfleisch anzuwendenden Abschöpfungen
an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen - federführend - und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - mitberatend - mit der Bitte um Vorlage des Berichts innerhalb eines Monats, wenn im Ausschuß Bedenken gegen die Verordnung erhoben werden
Verordnung des Rats zur Verlängerung, für das Wirtschaftsjahr 1966/1967, der Verordnung Nr. 127/65/EWG zur Einführung eines Abschlags auf den Abschöpfungsbetrag, der bei Einfuhren von geschältem Reis aus dritten Ländern erhoben wird
an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen - federführend - und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft
und Forsten - mitberatend - mit der Bitte um Vorlage des Berichts innerhalb eines Monats, wenn im Ausschuß Bedenken gegen die Verordnung erhoben werden
Verordnung des Rats über die Maßnahmen bei den Preisen für gewisse Milcherzeugnisse In Deutschland während des Milchwirtschaftsjahres 1966/1967
an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten federführend - und an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen - mitberatend - mit der Bitte um Vorlage des Berichts innerhalb eines Monats, wenn im Ausschuß Bedenken gegen die Verordnung erhoben werden
Verordnung .der Räte der EWG/EAG zur Festlegung des Verzeichnisses der Orte, an denen eine Mietzulage gewährt werden kann, sowie des Höchstbetrages dieser Zulage und der Bedingungen für ihre Gewährung
Verordnung der Räte der EWG/EAG zur Festlegung des Verzeichnisses der Orte, an denen eine Fahrtkostenzulage gewährt werden kann, sowie des Höchstbetrages dieser Zulage und der Bedingungen für ihre Gewährung
an den Innenausschuß - federführend - und an den Haushaltsausschuß - mitberatend mit der Bitte um Vorlage des Berichts innerhalb eines Monats, wenn im Ausschuß Bedenken gegen die Verordnung erhoben werden
Verordnung Nr. 110/66/EWG des Rats vom 28. Juli 1966 zur Ermächtigung der Italienischen Republik, ihre Zollsätze und Abschöpfungen auf Einfuhren von Rindern, lebend, Hausrindern, anderen, mit einem Stückgewicht von höchstens 300 kg, der Tarifnummer ex 0102 A II, auszusetzen
Verordnung Nr. 111/66/EWG des Rats vom 28. Juli 1966 zur Ermächtigung der Französischen Republik, des Königreichs Belgien und der Bundesrepublik Deutschland, besondere Interventionsmaßnahmen bei Rindfleisch zu ergreifen
Verordnung Nr. 112/66/EWG des Rats vom 28. Juli 1966, durch die die Bundesrepublik Deutschland ermächtigt wird, im Jahre 1966 Interventionsmaßnahmen zu ergreifen, um die Einfuhr von Rindern aus Dänemark zu ermöglichen
an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen - federführend - und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - mitberatend - mit der Bitte um Vorlage des Berichts innerhalb eines Monats, wenn im Ausschuß Bedenken gegen die Verordnung erhoben werden
Richtlinie des Rats vorm 28. Juli 1966 zur Änderung des Artikels 22 der Richtlinie des Rats vom 26. Januar 1965 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Arzneispezialitäten
an den Ausschuß für Gesundheitswesen mit der Bitte um Vorlage des Berichts innerhalb eines Monats, wenn im Ausschuß Bedenken gegen die Verordnung erhoben werden
Verordnung Nr. 82/66/EWG des Rats vom 28. Juni 1966 über die Festsetzung der innergemeinschaftlichen Abschöpfungsbeträge für Schweine, Schweinefleisch und Schweinefleisch enthaltende Erzeugnisse
Verordnung Nr. 83/66/EWG des Rats vom 28. Juni 1966 über die Festsetzung der Abschöpfungsbeträge gegenüber dritten Ländern für Schweine, Schweinefleisch und Schweinefleisch enthaltende Erzeugnisse für Einfuhren im dritten Vierteljahr 1966
Verordnung Nr. 84/66/EWG des Rats vom 28. Juni 1966 zur Änderung der Nomenklatur einiger in den Anlagen II A und B der Verordnung Nr. 85/63/EWG des Rats aufgeführten Schweinefleischerzeugnisse
an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen - federführend - und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - mitberatend - mit der Bitte um Vorlage des Berichts innerhalb eines Monats, wenn im Ausschuß Bedenken gegen die Verordnung erhoben werden.
Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 23. Februar 1962 die nachstehenden Vorlagen überwiesen:
Vierundvierzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 ({24})
- Drucksache V/797 -an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 12. Oktober 1966
Zweiundvierzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 ({25})
- Drucksache V/798 an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 12. Oktober 1966
Dreiundvierzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 ({26})
- Drucksache V/799 an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 12. Oktober 1966
Fünfundvierzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 ({27})
- Drucksache V/800 2646
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 12. Oktober 1966
Einundvierzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 ({28})
- Drucksache V/809 an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen mit des Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 26. Oktober 1966
Achtundvierzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen
Zolltarifs 1966 ({29})
- Drucksache V/819 an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 26. Oktober 1966
Sechsundvierzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 ({30})
- Drucksache V/824 an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 12. Oktober 1966
Siebenundvierzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 ({31}) - Drucksache V/829 an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 26. Oktober 1966
Sechsundzwanzigste Verordnung zur Änderung der Einfuhrliste - Anlage zum Außenwirtschaftsgesetz - Drucksache V/840
an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 26. Oktober 1966
Vierundfünfzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 ({32}) - Drucksache V/863 an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 23. November 1966
Neunte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung
- Drucksache V/906 an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 7. Dezember 1966.
Damit, meine Damen und Herren, kommen wir zur Tagesordnung. Punkt 1:
Fragestunde - Drucksachen V/908 -Nach einer Vereinbarung im Ältestenrat wird begonnen mit dem Geschäftsbereich des Bundesministers ,der. Finanzen. Dann folgt der Geschäftsbereich Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, dann Post- und Fernmeldewesen. Auch der Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr soll heute aufgerufen werden, dann noch der des Bundesministers der Verteidigung und der des Bundesministers für wissenschaftliche Forschung. Die anderen kommen morgen.
Ich rufe Frage 1 aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen auf - Frage des Herrn Abgeordneten Reichmann -:
Wie hoch sind die Mehrkosten infolge der durchgeführten Gleichstellung der Arbeiter und Angestellten im öffentlichen Dienst mit der Altersversorgung der Beamten?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär des Bundesministeriums der Finanzen.
Herr Präsident, darf ich die beiden Fragen des Herrn Abgeordneten Reichmann gemeinsam beantworten?
Bitte sehr! - Dann rufe ich auch Frage I/2 des Herrn Abgeordneten Reichmann auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung die Auswirkungen der in Frage I/1 erwähnten Maßnahme sozialpolitisch, kosten- und stabilisierungsmäßig auf die anderen Bereiche?
Die von den Tarifpartnern im Grundsatz bereits 1965 vereinbarte Angleichung der Altersversorgung der Arbeiter und Angestellten im öffentlichen Dienst an die der Beamten wird der öffentlichen Hand in absehbarer Zeit keine Mehrkosten auferlegen. Im Gegenteil, innerhalb des ersten zehnjährigen Deckungsabschnitts werden die Arbeitgeber nach versicherungsmathematischen Berechnungen eine Entlastung um 0,6 v. H., nämlich von bisher 4,6 v. H. auf 4 v. H. der Dienstbezüge, erfahren. Diese Entlastung kann auch für weitere 10 oder 20 Jahre anhalten, vorausgesetzt daß die Lohn- und Gehaltssteigerungen ein durchschnittliches Maß an jährlichen Erhöhungen nicht überschreiten. Dieses Ergebnis wird dadurch erreicht, daß die bisher nach dem Anwartschaftsdeckungsverfahren arbeitende Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder auf ein modifiziertes Umlageverfahren - Abschnittsdeckungsverfahren - umgestellt wird.
Die Auswirkungen dieser Maßnahmen beurteilt die Bundesregierung wie folgt, zunächst in sozialpolitischer Hinsicht. Der öffentliche Dienst war jahrzehntelang mit seiner Altersversorgung führend. Durch die Rentenreform 1957 mit ihrer dynamischen Rente haben die Arbeiter und Angestellten des öffentlichen Dienstes, die von den Zusatzversorgungseinrichtungen ihrer Arbeitgeber lediglich eine feste und unabänderliche Rente erhalten, diese Position eingebüßt. Die dem öffentlichen Dienst vergleichbaren gewerblichen Großunternehmen gewähren vielfach eine Versorgung, die zusammen mit den Renten aus der Sozialversicherung die Altersversorgung des öffentlichen Dienstes im wesentlichen erreicht und teilweise sogar überschreitet. Mit dem Reformwerk wird daher lediglich ein Nachziehen der Arbeiter und Angestellten des öffentlichen Dienstes bewirkt. Das gilt sowohl gegenüber den Beamten wie auch gegenüber der gewerblichen Wirtschaft. Bei dieser Sachlage erscheint ein Anlaß für sozialpolitische Auswirkungen auf andere Bereiche nicht gegeben.
Auch in kosten- und stabilisierungsmäßiger Hinsicht - danach war gefragt werden negative Auswirkungen nicht erwartet. Mehrkosten entstehen, wie bereits ausgeführt, durch die Reform jedenfalls auf eine absehbare Zeit nicht. Andererseits wäre die sonst notwendige Sanierung der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder bei fortbestehendem Anwartschaftsdeckungsverfahren ohne eine beträchtliche Inanspruchnahme der öffentlichen Haushalte nicht möglich.
Die wirtschaftliche Stabilität wird durch das Umstellen ,der Zusatzversorgung auf ein neues, sorgsam vorbereitetes und tarifpolitisch ausgehandeltes System nicht betroffen. Soweit das neue Versorgungssystem eine Anhebung der Altersversorgung im öffentlichen Dienst mit sich bringt, ist diese im Durchschnitt nicht so bedeutsam, daß hierdurch etwa
die Gefahr einer Abwanderung von Arbeitskräften aus anderen Bereichen in den öffentlichen Dienst begründet würde. Schließlich sind auch keine Auswirkungen auf die Sozialversicherungsgesetzgebung erkennbar, da die Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes lediglich an die Sozialversicherung angeglichen und mit dieser zu dem neuen System der Gesamtversorgung zusammengefaßt wird.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wird durch den Rückgriff auf die Reserven nicht die künftige Altersversorgung beeinträchtigt?
Nein, Herr Abgeordneter. Durch die Umstellung des Verfahrens ist das sichergestellt.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wird durch die Gleichstellung die Disparität zwischen der Altersversorgung im öffentlichen Dienst und in den übrigen Bereichen nicht vergrößert, so daß ein Nachziehen mit allen kostensteigernden Folgen in den anderen Bereichen nicht zu erwarten ist?
Herr Abgeordneter, ich habe ausgeführt, daß die Umstellung des Verfahrens ein Nachziehen bedeutet, also ein Angleichen an schon vorhandene Verhältnisse im Bereich der freien Wirtschaft oder in anderen Bereichen. Infolgedessen kann die von Ihnen befürchtete Wirkung nicht eintreten.
Keine Zusatzfrage.
Ich rufe ,die Frage des Herrn Abgeordneten Büttner aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten auf:
Ist die Bundesregierung bereit, ein Verzeichnis darüber aufzustellen, ob und welche Stellen Genehmigungen und Ausnahmegenehmigungen für Tierversuche erhalten haben?
Herr Kollege Büttner, eine solche Liste gibt es bereits. Sie wird nach § 6 des Tierschutzgesetzes bei den Ländern geführt, in deren ausschließlicher Zuständigkeit die Handhabung dieses Gesetzes liegt.
Zusatzfrage.
Herr Bundesminister, sind Sie bereit, in Ihrem Ministerium einmal eine zusammenfassende Liste ,aufstellen zu lassen und mir diese zuzustellen?
Ich kann nur die Länder bitten - ich selber habe kein eigenes Recht, das zu tun -, mir eine solche Liste zu geben. Es gibt wohl keine Gründe, warum das nicht geschehen sollte.
Zweite Zusatzfrage.
Darf ich zusätzlich die Bitte äußern, dieses Verzeichnis zu spezifizieren a) nach medizinisch-wissenschaftlichen Gesichtspunkten, b) nach ,den Handhabungen in der pharmazeutischen Industrie und c) in der kosmetischen Industrie.
Ich werde das tun. Ich bitte aber zu berücksichtigen, daß ein entsprechender Zeitraum notwendig ist, bis diese Erhebungen durchgeführt und .die Ergebnisse klassifiziert sind.
Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen. Frage III/1 .des Herrn Abgeordneten Josten:
Ist die Bundesregierung bereit, Anträge auf Fernsprechanschlüsse in Gemeinden der Eifel, wo nur ein Fernsprechanschluß besteht, vorrangig zu berücksichtigen?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär.
Die Deutsche Bundespost ist nach der Fernsprechordnung verpflichtet, alle eingehenden Anträge auf Einrichtung neuer Fernsprechanschlüsse gleichmäßig im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten zu berücksichtigen. Deshalb ist die Deutsche Bundespost nicht in der Lage, in solchen Gemeinden, in denen zur Zeit nur ein Fernsprechanschluß besteht, neue Anschlüsse vorrangig bereitzustellen. Nur bei wichtigen öffentlichen oder 'dienstlichen Gründen, die im. Einzelfalle nachgewiesen werden müssen, kann von dieser Regel abgewichen werden.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, liegen Ihrem Hause auch die Klagen von kleinen Eifelgemeinden vor, daß ausgerechnet diese einzigen Telefonanschlüsse auch noch oft gestört sind?
Herr Abgeordneter, es ist mir nicht bekannt, daß die einzigen Anschlüsse in den betroffenen Eifelgemeinden besonders störungsanfällig sind. Da diese Anschlüsse in der Regel über Freileitungen geführt werden, ist die Störungsanfälligkeit natürlich größer als bei Anschlüssen, die durch Erdkabel hergestellt werden. Die Fernmeldeämter kennen aber die Wichtigkeit dieser Anschlüsse und tragen für eine entsprechende Entstörung Sorge. Wenn sich allerdings, Herr Abgeordneter, die Störungen trotzdem an bestimmten Stellen häufen und Sie uns davon Kenntnis geben,
wird der Herr Bundespostminister die Vorfälle prüfen lassen und entsprechende Maßnahmen anordnen.
Zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, da nach Ihren ersten Ausführungen mit einer schnellen Änderung des jetzigen Zustandes nicht zu rechnen ist, möchte ich Sie fragen, ob Sie in Ihrem Hause die Anweisung geben würden, daß bei Störungen solcher einziger Telefonanschlüsse die Instandsetzung vorrangig erledigt wird.
Herr Abgeordneter, ich kann gern die nachgeordneten Behörden auf die Wichtigkeit dieser Anschlüsse hinweisen. Man kann aber nicht anordnen, daß in jedem Falle eine Vorrangigkeit vor allen anderen Anschlüssen gegeben ist. Es gibt auch andere Fälle, die berücksichtigt werden müssen. Bei Massenstörungen muß es im Einzelfalle der Entscheidung des Amtes überlassen bleiben, an welcher Stelle zuerst eingegriffen wird.
Ich rufe die Frage III/2 des Abgeordneten Josten auf:
Wann können die Gemeinde Niederdürenbach und der Ortsteil Hain im Amtsbezirk Niederzissen, die nur je eine öffentliche Fernsprechstelle haben, damit rechnen, daß Privatanschlüsse genehmigt werden?
Etwa ab Mitte 1968 können in der Gemeinde Niederdürenbach und dem Ortsteil Hain, die zur Vermittlungsstelle Burgbrohl gehören, neue Fernsprechanschlüsse eingerichtet werden.
Die Vermittlungsstelle Burgbrohl ist zur Zeit voll beschaltet. Es ist geplant, diese Vermittlungsstelle bis Mitte 1968 zu erweitern und das Ortsnetz auszubauen. Voraussetzung dafür ist jedoch, daß die erforderlichen Mittel in Höhe von 1,2 Millionen DM aufgebracht werden können.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, um die Dringlichkeit dieser Angelegenheit zu unterstreichen, darf ich Sie fragen, ob Ihnen bekannt ist, daß es sich z. B. bei der öffentlichen Fernsprechstelle in Niederdürenbach um einen Zweieranschluß handelt und somit die einzige öffentliche Fernsprechstelle oft auch noch besetzt ist.
Herr Abgeordneter, erst bei der Prüfung Ihrer Anfrage ist mir bekanntgeworden, daß es ein Zweieranschluß ist. Wenn aber die Herstellung dieses Zweieranschlusses die einzige Möglichkeit war, dort überhaupt einen Anschluß herzustellen, wird es kaum
möglich sein, vor Vergrößerung der genannten Vermittlungsstelle Burgbrohl einen Einzelanschluß herzustellen. Es wird von uns aber noch einmal überprüft werden, ob es nicht doch möglich ist, einen Einzelanschluß herzustellen.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr.
Ich rufe die Frage VI/1 des Abgeordneten Baier auf:
Sind Veröffentlichungen richtig, wonach mangels Koordinierung der Tiefbaumaßnahmen ({0}) mit den Straßenbauvorhaben alljährlich Milliardenbeträge verlorengehen?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär.
Herr Abgeordneter, meine Antwort hierzu kann sich nur auf den in der Zuständigkeit unseres Hauses liegenden Bereich der Bundesfernstraßen beziehen.
Was die Bundesfernstraßen betrifft, so verneine ich Ihre Frage. Ich darf daran erinnern, daß die Aufwendungen für den Straßenbauplan 1966 beispielsweise 3,51 Milliarden DM betragen, so daß die zum Vorwurf erhobenen verlorenen Milliardenbeträge sicher nicht begründet sind.
Die Koordinierung von Tiefbaumaßnahmen spielt bei den Bundesfernstraßen im Gegensatz zu denen bei Stadtstraßen aber keine entscheidende Rolle. Die Stadtstraßen liegen jedoch nicht in meiner Zuständigkeit. Der Bundeshaushalt wird damit nicht befaßt, es sei denn, es handelt sich um Ortsdurchfahrten von Bundesstraßen in Gemeinden bis zu 50 000 Einwohnern.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, halten Sie es denn für notwendig, daß in der Bundesrepublik insgesamt eine stärkere Koordinierung der Straßenbauvorhaben mit den Tiefbaumaßnahmen von Bund, Ländern und Kommunen erfolgt? Und ist es richtig, daß zwischen Bund und Ländern vor einiger Zeit ein Koordinierungsausschuß für den Straßenbau geschaffen wurde, aber die Einbeziehung der Tiefbaumaßnahmen dabei ausdrücklich nicht erfolgt ist?
Ihre erste Frage beantworte ich mit Ja. Ich komme bei der Beantwortung Ihrer zweiten Frage darauf ausführlicher zurück, Herr Abgeordneter.
Ich rufe die Frage VI/2 des Abgeordneten Baier auf:
In welcher Weise wird eine sinnvolle Koordinierung der in Frage VI/1 genannten Maßnahmen herbeigeführt?
Wie ich bereits erwähnte, spielt die Koordinierung von Tiefbaumaßnahmen beim Bau der Bundesfernstraßen keine entscheidende Rolle. Die Bundesregierung ist jedoch im Sinne der ihr übertragenen Aufgaben bestrebt, nachteilige Auswirkungen, welche durch eine mangelnde Koordinierung von Baumaßnahmen eintreten können, zu verhindern. So hat die Bildung des Koordinierungsausschusses für Straßenbauplanung eine neue gemeinsame Gesprächsplattform aller Straßenbaulastträger geschaffen, die die beste Voraussetzung dafür sein dürfte, ,daß Planung und Durchführung von Straßenbaumaßnahmen des Bundes, der Länder und der kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften im gegenseitigen Benehmen aufeinander abgestimmt werden, wozu auch die Tiefbaumaßnahmen als Bestandteil des Straßenbaus gehören.
Unbeschadet der Arbeit dieses Ausschusses, der sich diesen Fragen vom Grundsätzlichen her zu widmen haben wird, sind bereits heute durch das nach dem Bundesfernstraßengesetz geforderte Planfeststellungsverfahren die Grundlagen für eine Koordinierung der verschiedenen Baumaßnahmen gegeben.
Die Bundesregierung hat hierzu besondere Planfeststellungsrichtlinien erlassen, die u. a. Art und Dauer der Auslegung der Pläne in den Gemeinden festlegen. Darin wird nachdrücklich darauf hingewiesen, daß betroffene Grundstückseigentümer und auch Versorgungsunternehmen, die ihren Sitz oder ihre Wohnung nicht im Gemeindegebiet haben, über die Auslegung und deren Bekanntmachung gesondert benachrichtigt werden.
Wir sind außerdem bemüht, die Durchführung der genannten Baumaßnahmen durch Darlehen zu ermöglichen, wenn der Eigentümer nicht in der Lage ist, seine Verpflichtungen zu erfüllen. Entsprechende Beträge von insgesamt 4,5 Millionen DM sind alljährlich im Haushalt unter Kap. 12 10 Tit. 1910, 1911 und 1912 veranschlagt.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, darf ich Ihren Ausführungen entnehmen, daß in die Tätigkeit des Koordinierungsausschusses auch die Koordinierung dieser Tiefbaumaßnahmen mit einbezogen ist?
Jawohl.
Ich rufe die Frage VI/3 des Herrn Abgeordneten Prochazka auf:
Welche Gründe waren für den Abbruch der Verhandlungen in Leipzig zwischen Beauftragten der Deutschen Bundesbahn und Bevollmächtigten für das Verkehrswesen der Sowjetzone maßgebend?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär.
Die Verhandlungen in Leipzig scheiterten an der Weigerung der Reichsbahn, die anstehenden fachlichen Fragen zu besprechen. Die Vertreter der Deutschen Reichsbahn forderten zuvor die Zustimmung zu einem Protokoll mit politisch unannehmbaren Formulierungen. Sie lehnten es ab, gemäß der schriftlichen Vereinbarung über den Jahresfahrplan 1966/67 eine einfache Niederschrift zu fertigen.
Dem Bemühen der Vertreter der Deutschen Bundesbahn um Eintritt in ,die Fachverhandlungen begegnete der politische Berater der Reichsbahn-Delegation in aggressiver Form mit einer negativen Erklärung zur Hallstein-Doktrin, zu dem Alleinvertretungsanspruch der Bundesregierung und zu den angeblich „völkerrechtswidrigen" Gesetzen der Bundesregierung. Er bezweifelte die ehrlichen Verhandlungsabsichten der Vertreter der Deutschen Bundesbahn. Die Delegation der Deutschen Bundesbahn sah sich daher unter Einlegung schärfster Verwahrung gegen diese Ausführungen nicht mehr in der Lage, die Verhandlungen fortzusetzen.
Keine Zusatzfrage. Ich rufe die Frage VI/4 des Herrn Abgeordneten Prochazka auf
Muß mit einer Einschränkung des Interzonenzugreiseverkehrs gerechnet werden?
Die Leipziger Verhandlungen haben keinen Einfluß auf den Jahresfahrplan 1966/ 67, der bis Ende Mai 1967 festgelegt ist. Die Leipziger Verhandlungen sollten lediglich die Umstellung auf den Winterfahrplan, beginnend am 25. September 1966, und den zusätzlichen Weihnachts- und Neujahrsverkehr regeln. Für eine Einschränkung des Interzonenreisezugverkehrs ist kein Grund ersichtlich.
Wir kommen zu der Frage des Abgeordneten Jungmann.
Herr Präsident, darf ich die drei Fragen des Herrn Abgeordneten Jungmann im Zusammenhang beantworten?
Der Fragesteller ist einverstanden. Dann rufe ich die Fragen VI/5, VI/6 und VI/7 des Herrn Abgeordneten Jungmann auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß es im Zuge der Bundesstraßen 1 und 3 im Raume Elze noch mehrere schienengleiche Bahnübergänge gibt, an denen der Verkehr oft kilometerweit gestaut wird?
Welche Gründe sind für das bisherige Fortbestehen des in Frage VI/5 erwähnten unerträglichen Zustandes maßgebend gewesen?
Wann ist mit der Beendigung des in Frage VI/5 erwähnten unerträglichen Zustandes zu rechnen?
Der Bundesregierung ist natürlich bekannt, daß im Raum Elze noch vier höhen2650
gleiche Bahnübergänge im Zuge der Bundesstraßen 1 und 3 vorhanden sind und daß es hier zeitweise zu Verkehrsstauungen kommt, da an drei dieser Bahnübergänge die hochbelastete Nord-Süd-Strecke Hannover-Göttingen gekreuzt wird.
Die beiden südlich Elze liegenden 5 km voneinander entfernten Bahnübergänge der B 3 mit der vorgenannten Strecke werden gegenwärtig durch Verlegung der Bundesstraße auf die Westseite der Bahnstrecke für den Fernverkehr ausgeschaltet. Diese Verlegungsstrecke wird zwecks höhenungleicher Beseitigung des 300 m weiter nördlich liegenden Bahnübergangs mit der Strecke der Deutschen Bundesbahn Hameln-Elze verlängert.
Im Planfeststellungsverfahren nach §§ 17 und 18 des Bundesfernstraßengesetzes, das 1964 nach der Linienbestimmung und Entwurfsgenehmigung eingeleitet wurde, sind vom Landkreis Alfeld Einwendungen erhoben, in denen u. a. für die künftigen Baulastträger der abzustufenden heutigen B 3 die Kostenfreistellung bei später durchzuführenden Maßnahmen nach dem Eisenbahnkreuzungsgesetz verlangt wurde. Während für den Nordabschnitt Elze-Eime die Einwendungen im Januar 1966 in Übereinstimmung mit dem Herrn niedersächsischen Minister für Wirtschaft und Verkehr zurückgewiesen wurden, bedürfen sachlich gleiche Einwendungen des Landkreises Alfeld und der Gemeinde Banteln für den Südabschnitt Eime-Banteln der Weisung nach § 18 Abs. 5 des Fernstraßengesetzes, die zur Zeit vorbereitet wird.
Die Fertigstellung der gesamten Verlegungsstrecke zur Ausschaltung der beiden Bahnübergänge kann 1968 erwartet werden, vorausgesetzt daß ein Verwaltungsstreitverfahren nicht zur Verzögerung führt.
Für den Bau der höhenungleichen Kreuzung mit der Bundesbahnstrecke Hameln-Elze steht bislang die Zustimmung der Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn noch aus. Ebenso ist die Bereitstellung des Kostenanteils der Deutschen Bundesbahn noch offen.
Nördlich von Elze befindet sich am Haltepunkt Poppenburg ein Bahnübergang der Nord-Süd-Strecke im Zuge der B 1. Die Linie für die Verlegung der B 1 zur Beseitigung dieses Bahnübergangs wurde am 7. Mai 1965 nach § 16 des Bundesfernstraßengesetzes bestimmt, nachdem die technische Lösung in Zusammenarbeit mit der Bundesbahn geklärt worden war. Die im Juni/Juli 1965 aufgestellte Vereinbarung nach § 5 des Eisenbahnkreuzungsgesetzes bedarf noch der Genehmigung durch die Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn. Die Baudurchführung ist im Rahmen des 3. Vierjahresplans vorgesehen.
Sind damit alle Fragen des Abgeordneten Dr. Jungmann beantwortet? Dr. Seiermann, Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr: Jawohl.
Frage VI/8 des Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen:
In welchem Umfang sind die Benzinpreise auch bei den an den
Bundesautobahnen gelegenen Tankstellen gesenkt worden?
Herr Abgeordneter, die Preise für Vergaserkraftstoff ({0}) sind auch in den meisten Tankstellen der Bundesautobahnen ab 2. September 1966 gesenkt worden. Die Preissenkung bei den Bundesautobahn-Tankstellen liegt zwischen 0,2 und 5,9 Pfennig je Liter Vergaserkraftstoff. So haben z. B. die Bundesautobahn-Tankstelle Lübeck um 1,5 Pfennig je Liter, die BundesautobahnTankstelle in Göttingen um 4,1 Pfennig, die Bundesautobahn-Tankstelle in Kassel um 5,5 Pfennig und in Stuttgart um 3,7 Pfennig je Liter ihre Preise für Vergaserkraftstoff gesenkt.
Das sind nur Beispiele, die ich territorial kurz ausgewählt habe.
Zusatzfrage.
Ist es aber nicht richtig, Herr Staatssekretär, daß die Mineralölgesellschaften zunächst die Autobahn-Tankstellen von der ersten Preissenkung ausgenommen haben?
Herr Abgeordneter, ich habe davon gelesen. Bei der ersten Rückfrage, die ich bei der Gesellschaft für Autobahn-Nebenbetriebe gehalten habe, wurde mir aber bereits mitgeteilt, daß diese Meldungen überholt seien.
Herr Abgeordneter Könen!
Herr Staatssekretär, ist die Behauptung richtig, daß es sich bei dieser Angelegenheit - Senkung der Benzinpreise an den Tankstellen - um einen gezielten Vernichtungswettbewerb ausländischer Gesellschaften handelt?
Herr Abgeordneter, ich halte mich zur Beantwortung dieser Frage nicht für zuständig. Sie fällt wohl in ,den Zuständigkeitsbereich des Herrn Bundesministers für Wirtschaft, der meines Wissens zu dieser Frage mit der Beantwortung einer Kleinen Anfrage auch bereits Stellung genommen hat.
Ich habe nichts dagegen, wenn der Herr Bundeswirtschaftsminister antwortet.
Herr Kollege, ich möchte diese Frage zur Zeit weder mit Ja noch mit Nein beantworten. Ich möchte Ihnen aber mitteilen, daß ich in eine gründliche Untersuchung dieses Komplexes eingetreten bin.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung, zunächst zur Frage V/1 des Abgeordneten Kahn-Ackermann:
Billigt die Bundesregierung, daß auf Beschwerdebriefe an den Bundesverteidigungsminister wegen übermäßiger Belästigung durch Lärm von tief fliegenden Maschinen des Typs F 104 als Antwort vom Luftwaffenamt Porz-Wahn eine Broschüre „Leben mit dem Lärm" zugesandt wird?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort liegt noch nicht vor. Sie wird nach Eingang im Sitzungsbericht abgedruckt.
Frage V/2 des Abgeordneten Jos ten:
Wann können die ehemaligen Grundstückseigentümer der
Standortschießanlage Mayen mit ihrer Vergütung rechnen?
Zur Beantwortung der Frage 2 Herr Staatssekretär.
Für das zum Bau der Standortschießanlage in Mayen benötigte Gelände von rund 4 ha - 11 verschiedene Eigentümer, darunter die Stadt Mayen - hat der Bund die Besitzeinweisung in der zweiten Hälfte des Jahres 1964 erhalten, zehnmal freiwillig, einmal durch die Enteignungsbehörde.
Mit zwei Eigentümern konnten bis jetzt Kaufverträge abgeschlossen werden. Die Kaufverhandlungen mit der Stadt Mayen, die den größten Teil des Geländes bereitstellte, stehen kurz vor dem Abschluß. Die restlichen acht Eigentümer haben ihr Einverständnis zu den angebotenen Kaufpreisen noch nicht erklärt. Es wird aber erwartet, daß die vier Eigentümer von Waldgrundstücken zu einem Kaufpreis von 0,35 DM je qm für den Waldboden Kaufverträge abschließen werden, da auch die Stadt Mayen diesen Preis für die von ihr abgegebenen Waldstücke akzeptiert hat.
Dagegen fordern die restlichen vier Eigentümer für ihre früher landwirtschaftlich genutzten Grundstücke die Erhöhung des von den Gutachtern der Bundesvermögensverwaltung ermittelten Grundstückspreises von 0,60 DM je qm auf 1 DM je qm. In die Verhandlungen über diese vier Ankaufsfälle hat sich als Interessenvertretung der Bauern- und Winzerverband Mayen eingeschaltet, mit dem die Bundesvermögensstelle Koblenz in den nächsten Tagen verhandeln wird.
Der Kaufpreis, der vom Tage der Besitzeinweisung mit 7 % verzinst wird, gelangt an die Eigentümer zur Auszahlung, sobald die Umschreibung im Grundbuch auf Grund des beurkundeten und aufgelassenen Kaufvertrages erfolgt ist. Es steht den Grundstückseigentümern aber auch frei, zwischenzeitlich die Zahlung einer laufenden Besitzeinweisungsentschädigung zu verlangen, die auf die Verzinsung des Kaufpreises anzurechnen ist.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, Sie erwähnten den Bauern- und Winzerverband von
Mayen. Ist Ihnen bekannt, daß der Geschäftsführer des Bauern- und Winzerverbandes vor einem Jahr einen Brief an die Bundesvermögensstelle gerichtet hat und daß dieser Brief nicht beantwortet wurde?
Nein, das ist mir nicht bekannt, Herr Abgeordneter. Die Bundesmögensstelle ist eine Abteilung des Oberfinanzpräsidenten in Koblenz.
Herr Staatssekretär, darf ich Sie dann bitten, sich in Ihrem Hause dafür einzusetzen, daß bald ein Abschluß gefunden wird, zumal man den ehemaligen Eigentümern vor drei Jahren eine schriftliche Mitteilung zukommen ließ, in der es wörtlich heißt, daß sich der Bund verpflichtet, den Kaufpreis bis spätestens vier Wochen nach lastenfreier Umschreibung zu zahlen.
Das wird sicher geschehen. Aber bisher ist in verschiedenen Fällen noch kein Kaufvertrag zustande gekommen, so daß die Umschreibung im Grundbuch noch aussteht.
Ich rufe die Fragen V/3 und V/4 des Herrn Abgeordneten Dr. Abelein auf:
Welche Mittel werden seitens des Bundesverteidigungsministeriums an den Reservisten-Verband und an die Zeitschrift „Die Reserve" gezahlt?
Inwieweit fließen aus den in Frage V/3 erwähnten Mitteln Gelder wieder zurück an aktive Offiziere oder Beamte des Bundesverteidigungsministeriums?
Die Fragen werden schriftlich beantwortet. Die Antwort liegt noch nicht vor. Sie wird nach Eingang im Sitzungsbericht abgedruckt.
Ich rufe die Frage V/5 des Herrn Abgeordneten Mick auf:
Ist dem Bundesverteidigungsminister bekannt, daß in seinem Ministerium und bei der Bundeswehr Waffensysteme als „Waffenfamilien" bezeichnet werden?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär.
Herr Präsident, darf ich bitten, die drei Fragen des Herrn Abgeordneten Mick gemeinsam beantworten zu dürfen?
Einverstanden, Herr Abgeordneter? --- Dann rufe ich auch die Fragen V/6 und V/7 des Herrn Abgeordneten Mick auf:
Sieht der Bundesverteidigungsminister die in Frage V/5 genannte Bezeichnung nicht als eine Verballhornung der deutschen Sprache und als ethische Entleerung des Begriffes „Familie" an?
Gedenkt der Bundesverteidigungsminister etwas gegen den in Frage V/5 erwähnten, wie ich meine, schlechten Ton zu unternehmen?
Die Bezeichnung „Waffenfamilie" ist in die militärische Fachsprache nicht offiziell eingeführt. Ihre Einführung ist auch nicht beabsichtigt.
9652 Deutscher Bundestag - 5. Wahlperiode - 55. Sitzung. Bonn, Mittwoch, Iden 14 September 1966
In der Umgangssprache wird die Bezeichnung innerhalb der NATO für eine Gruppe von Waffensystemen mit gleichen Grundmerkmalen gelegentlich verwendet. Die Bezeichnung „Waffenfamilie" ist aus dem amerikanisch-englischen Sprachgebrauch - „weapons family" - übernommen.
Die übertragene Verwendung des Wortes „Familie", mit der Gruppen bezeichnet werden, die gleiche oder ähnliche Merkmale aufweisen, findet sich in vielen Bereichen, z. B. in der Botanik, in der Zoologie und in der Technik. In der Technik spricht man beispielsweise von „Fahrzeugfamilien". Ähnliche Wortverbindungen sind die „Schraubenmutter", die „Tochtergesellschaft" oder das „Schwesterschiff".
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In diesen Fällen kann man meines Erachtens nicht von einer „Verballhornung der deutschen Sprache" oder einer „ethischen Entleerung von Begriffen", beispielsweise des Begriffes „Familie", sprechen.
Der Bundesminister der Verteidigung hat keine Möglichkeit, den allgemeinen Sprachgebrauch zu ordnen.
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Er kann nur zusagen, daß die Bezeichnung „Waffenfamilie" nicht in offiziellen Verlautbarungen, z. B. in Vorschriften, Erlassen und dergleichen, verwendet wird.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, gilt die letzte Zusage auch für Fernsehinterviews?
Ich weiß nicht, ob Fernsehinterviews Erlassen oder Vorschriften und dergleichen gleichzusetzen sind. Ich sagte ja, in der Umgangssprache wird dieses Wort verwendet, und wir haben es in den Verhandlungen mit den Engländern und mit den Amerikanern einfach übernehmen müssen.
Zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, darf man dann die Hoffnung haben, daß Sie wenigstens der Verwendung des Begriffs „organisieren" entgegenwirken werden?
In dieser allgemeinen Form möchte ich das nicht unbedingt sagen, Herr Abgeordneter.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für wissenschaftliche Forschung. Ich rufe die Frage VII/1 des Herrn Abgeordneten Dr. Tamblé auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung die Schließung der „Zentralen Registrierstelle für die Zulassung zum Studium der Medizin und der Zahnheilkunde, Sitz Bonn"?
Ich bitte, die Fragen VII/1 bis VII/3 zusammenfassend beantworten zu dürfen, weil sie eng miteinander verzahnt sind.
Sind Sie einverstanden, Herr Kollege?
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Dann rufe ich noch die Fragen VII/2 und VII/3 des Herrn Abgeordneten Dr. Tamblé auf:
Hat die Bundesregierung die Möglichkeit, gemeinsam mit der Ständigen Konferenz der Kultusminister neue Maßnahmen vorzuschlagen, die Mehrfachbewerbungen ausschließen oder wenigstens einschränken?
Welche Erfahrungen wurden mit der in Frage VII/1 erwähnten Zentralen Registrierstelle gemacht?
Die Zentrale Registrierstelle für die Zulassung zum Studium der Medizin und Zahnheilkunde ist nicht endgültig geschlossen worden. Ihre Tätigkeit ruht lediglich für das Wintersemester 1966/67. Nach Mitteilung der Kultusminister der Länder findet im November eine gemeinsame Sitzung zwischen den Kultusministern und der Westdeutschen Rektorenkonferenz über einheitliche Zulassungsrichtlinien für Medizin und Zahnmedizin statt, die Voraussetzung für das Funktionieren einer Zentralen Verteilerstelle sind. Im Falle einer Einigung ist zu erwarten, daß die Zentrale Registrierstelle ihre Tätigkeit zum Sommersemester 1967 wieder aufnimmt.
Die Bundesregierung. hat rechtlich keine Möglichkei, in das Zulassungsverfahren für Medizin und Zahnmedizin einzugreifen, weil dafür ausschließlich die Kultusminister der Länder und die wissenschaftlichen Hochschulen zuständig sind. Wie ich bereits ausgeführt habe, ist zu erwarten, daß die temporären Schwierigkeiten der Zentralen Registrierstelle bis zum Sommersemester 1967 behoben sein werden.
Die Zentrale Registrierstelle wurde von den Kultusministern der Länder auf Anregung der Westdeutschen Rektorenkonferenz eingerichtet. Der Bund ist an ihr nicht beteiligt. Die Registrierstelle sollte feststellen, ob die seit 1962 aufgetretene Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage nach Studienplätzen in der Medizin und Zahnmedizin durch eine Verteilung der Studienbewerber auf die verschiedenen Hochschulen beseitigt werden kann. Die Registrierung der Studienbewerber vom Sommersemester 1965 bis zum Sommersemester 1966 zeigte jedoch, daß die Kapazität an Studienplätzen nur für etwa 50 % der Studienbewerber ausreichte. Die Frage des Überhangs an Studienbewerber in der Medizin und Zahnmedizin kann daher nur durch Erweiterung der Studienkapazität und nicht durch eine Verteilerstelle gelöst werden.
Deutscher Bundestag - 5. Wahlperiode - 55. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14 September 1966 2653
Über die Gründe, die zur Einstellung der Tätigkeit der Registrierstelle geführt haben, bin ich im einzelnen nicht unterrichtet. Soweit ich erfahren konnte, sind für das Wintersemester 1966/67 aus zwei Abiturientenjahrgängen etwa 7000 bis 8000 Studienbewerber zu erwarten, denen nur 1000 bis 2000 Studienplätze gegenüberstehen sollen. Bei einem solchen Mißverhältnis zwischen Angebot und Nachfrage war es der Zentralen Registrierstelle nicht mehr möglich, eine Verteilerfunktion auszuüben. Sie sah sich daher außerstande, ihre Aufgabe zu erfüllen. Außerdem sollen zwischen den Kultusministern der Länder und den wissenschaftlichen Hochschulen Meinungsverschiedenheiten über die Zulassungsbedingungen, die an den einzelnen Hochschulen unterschiedlich geregelt sind, bestehen.
Keine Zusatzfragen.
Meine Damen und Herren, damit ist die Fragestunde für heute beendet.
Einer interfraktionellen Vereinbarung folgend sollen zunächst die Tagesordnungspunkte 4 bis 25 aufgerufen werden - in der Hoffnung, die Ausschüsse damit glücklich zu machen. Aussprachen sind für alle diese Punkte nicht vorgesehen. Punkt 3 der Tagesordnung ist abgesetzt worden.
Ich rufe also zunächst Punkt 4 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Bildung eines Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung
- Drucksache V/810 Wird das Wort zur Einbringung gewünscht? -Das ist nicht der Fall. Keine Aussprache. - Der Entwurf soll an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen überwiesen werden. - Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 5 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Sechsten Gesetzes zur Ändedes Tabaksteuergesetzes
- Drucksache V/811 Auf das Wort zur Einbringung wird verzichtet. Allgemeine Aussprache. - Keine Wortmeldungen. Vorgeschlagen ist die Überweisung an den Finanzausschuß. - Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Punkt 6:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über betriebs- und marktwirtschaftliche Meldungen in der Landwirtschaft
- Drucksache V/812 Das Wort zur Einbringung wird nicht gewünscht. Allgemeine Aussprache. - Das Wort wird nicht gewünscht. Der Entwurf soll an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - federführend -, an den Innenausschuß - mitberatend - und an den Haushaltsausschuß gemäß § 96 der Geschäftsordnung überwiesen werden. - Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Punkt 7:
Erste Beratung des von den Abgeordneten Frau Pitz-Savelsberg, Dr. Pohle, Häussler, Meister, Baier und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes
- Drucksache V/816 Das Wort zur Einbringung wird nicht gewünscht. Allgemeine Aussprache. - Keine Wortmeldungen. Der Entwurf soll an den Finanzausschuß überwiesen werden. - Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Punkt 8:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Wehrpflichtgesetzes
- Drucksache V/823 -Das Wort zur Einbringung wird nicht gewünscht. Allgemeine Aussprache. - Keine Wortmeldungen. Überwiesen werden soll an den Verteidigungsausschuß - federführend -, an den Innenausschuß - mitberatend - und an den Haushaltsausschuß gemäß § 96 der Geschäftsordnung. - Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Punkt 9:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu der Erklärung vom 5. März 1964 über den vorläufigen Beitritt Islands zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen und zum Protokoll vom 14. Dezember 1965 zur Verlängerung der Geltungsdauer der Erklärung vom 5. März 1964 über den vorläufigen Beitritt Islands zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen
- Drucksache V/835 Das Wort zur Einbringung wird nicht gewünscht. -- Keine Aussprache. Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen. - Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Punkt 10:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 11. Juni 1965 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Kolumbien über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen
- Drucksache V/838 Das Wort zur Einbringung wird nicht gewünscht. Allgemeine Aussprache. - Keine Wortmeldungen. Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen - federführend -, an den Auswärtigen Ausschuß und den Ausschuß für Entwick2654
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
lungshilfe - mitberatend -. - Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Punkt 11:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Durchführung der Verordnungen Nr. 20 ({0}), Nr. 21 ({1}) und Nr. 22 ({2}) des Rates der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft sowie zur Änderung des Gesetzes zur Förderung der deutschen Eier- und Geflügelwirtschaft
- Drucksache V/839 Das Wort zur Einbringung wird nicht gewünscht. Allgemeine Aussprache. - Keine Wortmeldungen. Überweisung an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten -federführend -, an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen mitberatend -. -- Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Punkt 12:
Erste Beratung des von ,der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Pflanzenschutzgesetzes
- Drucksache V/875 Auf das Wort zur Einbringung wird verzichtet. Allgemeine Aussprache. - Keine Wortmeldungen. Überwiesen werden soll an den Ausschuß für Gesundheitswesen - mitberatend - und an den Haushaltsausschuß gemäß § 96 der Geschäftsordnung. Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Punkt 13:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Entschädigung der Mitglieder des Richterwahlausschusses
- Drucksache V/884 Das Wort zur Einbringung wird nicht gewünscht. Allgemeine Aussprache. - Keine Wortmeldungen. Überwiesen werden soll an den Bundestagsvorstand. - Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Punkt 14:
Erste 'Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Reichsabgabenordnung und der Finanzgerichtsordnung ({3})
- Drucksache V/885 Das Wort ,zur Einbringung wird nicht gewünscht. Allgemeine Aussprache. - Keine Wortmeldungen. Überwiesen werden soll an 'den Finanzausschuß - federführend -, an den Rechtsausschuß sowie den Haushaltsausschuß - mitberatend -. - Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Punkt 15:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes 1964 - Drucksache V/886 Das Wort zur Einbringung wird nicht gewünscht. Allgemeine Aussprache. - Keine Wortmeldung. Überwiesen werden soll an den Finanzausschuß als federführenden Ausschuß, an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen als mitberatenden Ausschuß. - Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Punkt 16:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Bundesbesoldungsgesetzes
- Drucksache V/891 Das Wort zur Einbringung wird nicht gewünscht. Allgemeine Aussprache. - Keine Wortmeldung. Überwiesen werden soll an den Innenausschuß als federführenden Ausschuß sowie an den Haushaltsausschuß als mitberatenden Ausschuß und nach § 96 der Geschäftsordnung. - Kein Widerspruch; so beschlossen.
Punkt 17:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Achten Strafrechtsänderungsgesetzes
- Drucksache V/898 Auf das Wort zur Einbringung wird verzichtet. - Keine Wortmeldung zur allgemeinen Aussprache. Überwiesen werden soll an den Sonderausschuß für die Strafrechtsreform. - Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Punkt 18:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Mühlengesetzes
- Drucksache V/899 Auf das Wort zur Einbringung wird verzichtet. Allgemeine Aussprache. - Keine Wortmeldung. Überwiesen werden soll an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten als federführenden Ausschuß sowie an den Haushaltsausschuß, den Finanzausschuß, den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen als mitberatende Ausschüsse. - Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Punkt 19:
Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Ausgleichsbeträge für Betriebe des Bundes und der Länder sowie für gleichgestellte Betriebe
- Drucksache V/832 Das Wort zur Einbringung wird nicht gewünscht. Allgemeine Aussprache. - Keine Wortmeldung. Überwiesen werden soll an den Finanzausschuß als federführenden Ausschuß sowie an den Ausschuß für Kommunalpolitik, Raumordnung, Städtebau und Wohnungswesen mitberatend und den Haushaltsausschuß nach § 96 der Geschäftsordnung. - Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Beratung der von der Bundesregierung beschlossenen Zweiundfünfzigsten Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 ({0})
- Drucksache V/825 -Auf das Wort zur Einbringung wird verzichtet. Allgemeine Aussprache. - Keine Wortmeldung. Überwiesen werden soll an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen. - Kein Widerspruch; so beschlossen
Punkt 21:
Beratung der von der Bundesregierung beschlossenen Dreiundfünfzigsten Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 ({1})
- Drucksache V/833 Das Wort zur Einbringung wird nicht gewünscht. Allgemeine Aussprache. - Keine Wortmeldung. Überwiesen werden soll an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen. - Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Punkt 22:
Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung des Grundstücks in Berlin-Charlottenburg, Heubnerweg 2, an den Kaufmann Wolfgang Seidel in Tokio
- Drucksache V/874 Das Wort zur Begründung des Antrags wird nicht gewünscht. Allgemeine Aussprache. - Keine Wortmeldung. Überwiesen werden soll an den Ausschuß für das Bundesvermögen. - Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Punkt 23:
Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung des bundeseigenen Dorfes Dalherda/Rhön an die Hessische Heimat, Siedlungsgesellschaft mbH in Kassel
- Drucksache V/882 Das Wort zur Einbringung wird nicht gewünscht. Allgemeine Aussprache. - Keine Wortmeldung. Überwiesen werden soll an den Ausschuß für das Bundesvermögen. - Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Der Punkt 24, meine Damen und Herren, soll heute abgesetzt werden. Dagegen wird Punkt 25 aufgerufen:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Rawe, Vogel ({2}), Dr. Klepsch, Prinz von Bayern und Genossen betr. Olympiagroschen
- Drucksache V/794 -
Die Antragsteller verzichten auf Begründung. Allgemeine Aussprache. - Keine Wortmeldung. Überwiesen werden soll an den Innenausschuß. - Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Damit, meine Damen und Herren, kommen wir zu dem Punkt 2 der Tagesordnung:
a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes
- Drucksache V/890 -b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung der wirtschaftlichen Stabilität
- Drucksache V/890 Das Wort hat der Herr Bundeskanzler.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bevor der Herr Bundeswirtschaftsminister die Regierungsvorlagen zur Änderung des Art. 109 des Grundgesetzes und des Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung der wirtschaftlichen Stabilität einbringt und im einzelnen begründet, sehe ich mich verpflichtet, dem einige grundsätzliche Bemerkungen vorauszuschicken.
In meiner Erklärung zum Abschluß der dritten Lesung des Bundeshaushalts 1966 - das war am 27. Mai dieses Jahres - hatte ich diese beiden Regierungsvorlagen bereits angekündigt.
Welche Ziele verfolgen wir mit diesem Gesetzeswerk?
Wir wollen die Voraussetzungen schaffen, um die Stabilität von Wirtschaft und Währung in optimaler Weise gewährleisten zu können. Wir wollen damit die Erfolge unserer Politik, die Früchte der gemeinsamen Arbeit unseres Volkes und seine Zukunft sichern.
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Wie können wir dieses Ziel erreichen?
Die Grundgesetzänderung soll die Möglichkeit eröffnen, durch Bundesgesetz bzw. durch Rechtsverordnung - und dies jeweils mit Zustimmung des Bundesrates - Grundsätze für eine konjunkturgerechte mehrjährige Finanzplanung aufzustellen. Sie soll ferner Gefahren für das „gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht" durch den Erlaß von Vorschriften für die Schuldaufnahme durch die öffentlichen Hände sowie durch eine Konjunkturausgleichsrücklage abwehren.
Diese Verfassungsänderung ist also keineswegs nur zur Behebung aktueller Schwierigkeiten bestimmt. Sie soll vielmehr die verfassungsrechtliche Voraussetzung für die Einführung eines dauerhaften konjunkturpolitischen Instrumentariums schaffen. Ohne diese Voraussetzungen ist heute in unserer modernen großräumigen und weltoffenen Wirtschaft eine erfolgreiche Steuerung der Konjunkturpolitik nicht mehr möglich. Wir wollen damit vorsorglich auch bedenkliche Entwicklungen verhindern, wie sie in einer Reihe von Ländern - ich brauche sie hier nicht zu nennen - aller Welt sichtbar geworden sind. Die Bundesregierung will unter allen Umständen verhindern, daß freiheitsbeschränkende Maßnahmen wie Lohn- und Preisstopp, eine teilweise Devisenbewirtschaftung und eine drastische Erhöhung der Besteuerung von Gütern des täg2656
lichen und vor allem auch des zivilisatorischen Bedarfs notwendig werden.
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Wir wollen damit, wie noch deutlich werden wird, zugleich ein wichtiges Problem lösen, das sich jedem, der mit offenen Augen unsere wirtschafts- und finanzpolitische Situation betrachtet und erkennt, immer dringlicher stellt.
Dieses Problem betrifft eine der wichtigsten Fragen unserer Wirtschafts- und Finanzverfassung, nämlich die Frage des Verhältnisses zwischen öffentlicher und privater Finanzgebarung sowie die Erhaltung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts. Innere Stabilität, wirtschaftliches Wachstum und außenwirtschaftliches Gleichgewicht auf eine gemeinsame Formel zu bringen, stellt sich uns immer wieder erneut als Aufgabe, die wir unter ständig wechselnden Bedingungen stets neu zu bewältigen haben.
Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang drei Grundsätze ganz klar herausstellen:
Erstens. Das Stabilitätsgesetz ist notwendig. Zweitens. Das Stabilitätsgesetz ist jetzt nowendig.
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Drittens. Das Stabilitätsgesetz ist in den dem Hohen Hause vorgelegten Grundzügen notwendig.
Eine der Weltwirtschaft eingegliederte Volkswirtschaft, ein moderner Staat muß der Wirtschaft in ihrer Gesamtheit wie auch der öffentlichen Hand - ich meine damit Bund, Länder und Gemeinden - die Finanzierung der Sozialinvestitionen sowie der privaten produktiven Investitionen in einem ausgewogenen Verhältnis sicherstellen. Das erweist sich immer mehr als unumgänglich. Es dürfte wohl niemand in diesem Hohen Hause sein, der diese Notwendigkeit ernsthaft bestreiten möchte.
Ich will an dieser Stelle bewußt darauf verzichten, im einzelnen darzustellen, zu welch unmöglichen, ja unerträglichen Entwicklungen es im Wettlauf der öffentlichen Hände auf dem nationalen und internationalen Geld- und Kapitalmarkt gekommen ist. Niemand kann sich dem verschließen. Die kreditbedürftige deutsche Wirtschaft liegt bei so ungleichem Wettbewerb in einem fast aussichtslosen Rennen. Sie muß nämlich den Kapitaldienst durch Leistung erarbeiten, weil sie die Lasten in einem immer schärfer werdenden Konkurrenzkampf nicht wie die öffentliche Hand auf den Verbraucher oder Steuerzahler abwälzen kann.
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Der These von einem unaufschiebbaren Nachholbedarf kann nur eine relative Bedeutung zuerkannt werden; denn was wir nicht erarbeiten, können wir auch nicht ausgeben.
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Ich meine, wir sollten nach vorn blicken, um ein Problem zu lösen, das jeden einzelnen Bürger unmittelbar angeht. Denn die Erhaltung der Arbeitsplätze, die Gewährleistung eines weiteren vernünftigen Zuwachses des privaten Verbrauchs, die Sicherstellung der vertretbaren öffentlichen Investitionsvorhaben und dazu eben nicht zuletzt auch die Berücksichtigung des Kapitalbedarfs für unsere Wirtschaft sind eine Lebensfrage für unser Volk und damit für jeden einzelnen Bürger. Dies alles ist indirekt oder direkt mit diesem Gesetz angesprochen.
Dieses Gesetzgebungswerk geht also nicht nur den Bundestag an, der zusammen mit dem Bundesrat eine äußerst wichtige Entscheidung zu fällen hat, sondern es betrifft, wie schon gesagt, tatsächlich jeden einzelnen, und zwar in einer sein gesellschaftliches Leben und seine Sicherheit entscheidenden Weise. Deshalb möchte ich mit großem Ernst davor warnen, durch taktische Winkelzüge das Hohe Haus, aber vor allem auch die deutsche Öffentlichkeit von der verantwortungsvollen Aufgabe abzulenken, die uns hier gestellt ist.
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Niemand kann an der Tatsache vorbeisehen, daß heute das allgemeine Interesse Regelungen erforderlich macht, Ordnung und Klarheit auf diesem wichtigen Gebiete der öffentlichen Finanzwirtschaft herbeizuführen.
Ich möchte deshalb an dieser Stelle den Ministerpräsidenten der Länder und ich füge hinzu: allen Ministerpräsidenten - für ihre Erklärung danken, die sie im Anschluß an die gemeinsame Sitzung am 4. August dieses Jahres abgaben, in der es ausdrücklich heißt, daß ein Stabilisierungsgesetz ohne Änderung des Art. 109 des Grundgesetzes nicht wirksam werden kann und daß die Ministerpräsidenten deshalb grundsätzlich zu dieser Änderung des Grundgesetzes bereit seien.
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Die Haltung des Präsidenten der Deutschen Bundesbank ist in dieser Frage klar und eindeutig: zusammen mit der Bundesregierung hält die Bundesbank das vorgelegte Gesetzgebungswerk für geradezu unerläßlich.
Ich sagte, das Stabilisierungsgesetz ist jetzt notwendig, und meine damit, daß wir in der zügigen Beratung der Gesetzentwürfe keine Zeit verlieren dürfen. Anregungen und wirkliche Verbesserungsvorschläge, soweit sie nicht zu einer Aushöhlung dieses Gesetzes führen, werden wir mit der gebührenden Aufmerksamkeit entgegennehmen und beraten.
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Eines allerdings möchte ich in diesem Zusammenhang ebenso klar aussprechen: Wir werden auf keinen Fall bereit sein, unsere freiheitliche Wirtschaftsordnung unter dem Stichwort „Stabilität" kollektiven Bindungen
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und überflüssiger staatlicher Bevormundung zu unterwerfen.
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Wir brauchen dieses Gesetz vor allem bald, um allen denkbaren Entwicklungen gegenüber gerüstet zu sein. Ich bitte darum das Hohe Haus, seine Entschlüsse so rasch als möglich zu fassen. Ich habe die Bitte an Sie, meine Damen und Herren von der sozialdemokratischen Fraktion, sich der Mitarbeit an einer Aufgabe, die uns alle angeht, nicht zu verschließen.
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Ich betone: das Stabilisierungsgesetz muß ein wirksames Instrument sein. Es wäre unverantwortlich, ein Gesetz zu schaffen, das nicht eine erfolgreiche Bewältigung der hier aufgeworfenen Probleme zuließe. Wir wollen keinem Perfektionismus huldigen, wir brauchen vielmehr ein funktionierendes Instrument.
Das Gesetz, um dessen Verabschiedung die Bundesregierung dieses Hohe Haus bittet, ist nicht nur als eine Sofortmaßnahme für die Sicherung unserer wirtschaftlichen Stabilität zu betrachten, sondern bedeutet einen Vorgriff auf die ebenfalls dringend. notwendige Haushalts- und Finanzreform, die den Bundestag sehr bald und gewiß intensiv beschäftigen wird. Die Änderung des Grundgesetzes, ,die wir heute vorschlagen, soll als notwendiger Vorgriff auf diese systematische und umfassende Reform gewertet werden. Wir alle wissen sehr wohl, daß das Grundgesetz insoweit unzulänglich ist und daß die Finanzverfassung weitgehend durch Einflüsse und Vorbehalte der früheren Besatzungsmächte bestimmt wurde.
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Aus dieser Erkenntnis heraus haben, wie ich schon betonte, die Ministerpräsidenten aller Länder ausdrücklich erklärt, daß ein Stabilisierungsgesetz ohne Änderung des Art. 109 nicht wirksam werden könne und daß sie grundsätzlich zu dieser Änderung der Verfassung bereit seien.
Um so erstaunlicher ist es, daß einzelne Sprecher der Opposition einer Änderung des Art. 109 ablehnend gegenüberstehen und die Bundesregierung ersatzweise auf den Abschluß von Staatsverträgen mit den einzelnen Ländern verweisen wollen. Sie begründen diese Haltung mit ihrem Respekt vor der Verfassung und mit der Sorge vor einem „maßstablosen" Ermessen der Regierung. Ich möchte hierzu mit aller Entschiedenheit feststellen: Es geht hier nicht um die Achtung vor dem Grundgesetz - sie ist für uns alle hier im Hause selbstverständlich -,
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es geht vielmehr um die Tatsache, daß die hier in Frage stehende Bestimmung ,des Grundgesetzes nicht mehr den veränderten Lebensbedingungen des deutschen Volkes in Bund, Ländern und Gemeinden entspricht.
So vermag ich also einer solchen Begründung nicht zu folgen. Staatsverträge wären zur Lösung der anstehenden Frage völlig unpraktikabel, weil damit jedem einzelnen Land die Möglichkeit gegeben wäre, notwendige Beschlüsse zu verhindern und somit das geschaffene Instrument zur Wirkungslosigkeit zu verurteilen. Es ist darum höchste Zeit, das in
dieser Frage mittlerweile unzulänglich gewordene
Grundgesetz der heutigen Verfassungsnotwendigkeit anzupassen.
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Die jetzt zur Diskussion stehende Erweiterung des Art. 109 stützt sich zudem bewußt auf das Sachverständigengutachten über die Finanzreform, dessen Ergebnisse auch von der SPD begrüßt worden sind.
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Die Bundesregierung hat sich im übrigen mit den Änderungswünschen des Bundesrates zu Art. 109 weitgehend einverstanden erklärt. Dazu gehört auch der Vorschlag, daß die Bundesregierung zum Erlaß von Verordnungen nicht unmittelbar durch das Grundgesetz ermächtigt werden soll, sondern durch ein Ausführungsgesetz nach Art. 109, d. h. also hier: durch das Stabilitätsgesetz. Dies wieder bedeutet, daß die im Stabilitätsgesetz vorgesehenen Verordnungsermächtigungen nur im Rahmen des Art. 80 möglich sind und daher hinreichend konkretisiert und limitiert sein müssen. Von einer Gefahr einer „Ermessenswillkür der Regierung" kann also keine Rede sein. Darum ist jede Gedankenverbindung zum Art. 48 der Weimarer Verfassung völlig fehl am Platze.
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Lassen Sie mich abschließend nochmals erklären: die dem Hohen Hause vorliegenden Gesetzentwürfe sind Maßnahmen, die der Sicherung der Stabilität von Wirtschaft und Währung dienen sollen und können. Sie sollten deshalb nicht zerredet werden.
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Sie sind ein Teil des umfassenden Programms der Finanzreform und der gesamten öffentlichen Haushaltswirtschaft, das ich in den Grundzügen in meiner Erklärung am 27. Mai dem Hohen Hause vorgetragen habe. Die zur Verwirklichung dieses Programms erforderlichen Arbeiten sind innerhalb der Bundesregierung in vollem Gange. Mit einer Zustimmung zum Stabilitätsgesetz leisten Parlament und Regierung gemeinsam einen weiteren bedeutsamen Beitrag zu einem Reformwerk, das die Zukunft unseres Volkes in einem modernen leistungsfähigen und gesunden Staatswesen gewährleistet.
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Das Wort hat der Herr Bundeswirtschaftsminister.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung unterbreitet Ihnen erstens den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes - Art. 109 - und zweitens den Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der wirtschaftlichen Stabilität. Beide Gesetze werden seit Monaten lebhaft diskutiert. Die Bundesregierung stellt mit Genugtuung fest, daß die überwiegende Mehrheit unserer Bevölkerung die dringliche Notwendigkeit dieser Gesetze bejaht.
Unsere Menschen spüren genau, daß an vielen Ecken und Enden die Wirtschaftskraft überfordert wird.
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Sie sind von dem Ausmaß des Fortschritts so beeindruckt, daß sie sich immer wieder fragen, ob und wie lange das in diesem Tempo so weitergehen kann.
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Sie haben ein durchaus gesundes Empfinden dafür, daß eine Entwicklung sich organisch vollziehen soll. Sie verlangen darum danach, daß diejenigen, die immer wieder über die wirtschaftlichen Grenzen hinausgreifen, zum konjunkturgerechten Verhalten gedrängt werden. Die positive Einstellung zu den Gesetzen wird am deutlichsten in jener Kritik, die schon eine frühere Vorlage gewünscht hätte. Die Zustimmung wird aber auch deutlich an dem ernsten Bemühen, mit dem von fast allen Seiten um die richtige Gestaltung der einzelnen Bestimmungen gerungen wird.
Zu Beginn der Beratungen im Deutschen Bundestag möchte die Bundesregierung erklären - wie sie dies gegenüber dem Bundesrat getan hat -, daß sie nicht nur notgedrungen, im Hinblick auf die Verfassungsänderung, sondern auch wegen der weittragenden Bedeutung des Stabilitätsgesetzes eine breite Mehrheit anstrebt. Die Bundesregierung geht deshalb auch ohne Autorenehrgeiz in die Debatte. Ich bitte Sie aber, meine Damen und Herren, diese Gesetze nicht auseinanderzureißen.
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Sie stellen ein zusammengehöriges Ganzes dar und müssen deshalb aus einer gesamtpolitischen Betrachtung beurteilt werden.
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Deshalb ist es wohl unvermeidlich, die Begründung der Vorlagen mit einigen allgemeinen Feststellungen zu beginnen.
Meine Damen und Herren! Vollbeschäftigung, beständiges Wirtschaftswachstum und Geldwertstabilität bei außenwirtschaftlichem Gleichgewicht sind Ziele jeder fortschrittlichen Wirtschaftspolitik, gleichgültig, welchen Namen sie sich zugelegt haben mag. Bisher aber ist es in keinem Land gelungen, alle drei Forderungen über einen längeren Zeitraum gleichmäßig zu erfüllen. Mit anderen Worten: Wir sprechen über Probleme, mit denen sich fast alle Länder auseinanderzusetzen haben. Wir diskutieren sie nach den Tatsachen und Umständen unseres Landes, aber wir diskutieren nicht etwa eine nur deutsche Frage, schon gar nicht eine Frage, die lediglich diese Bundesregierung anginge. Auch in den Ländern, in denen die Regierungen mit der wirtschaftlichen Freiheit weniger behutsam umgehen als wir, ist eine befriedigende Lösung bisher nicht gelungen.
Diese zweite Beobachtung ist deswegen so wichtig, weil sie erneut beweist, daß die Einengung der
Freiheit ein untaugliches Rezept für die Wirtschaftspolitik ist.
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Ja, man kann sogar sagen, je stärker die Eingriffe und je länger bindend die Planung, um so schlechter das Ergebnis. In keinem Land, auch nicht in unserem, kann darauf verzichtet werden, in kritischen Situationen vorübergehend gewisse Beschränkungen vorzunehmen, aber man sollte sie nicht zum alltäglichen Bestandteil der Politik machen.
Die dritte Feststellung betrifft ebenfalls eine Selbstverständlichkeit, jedoch wiederum eine Selbstverständlichkeit, die immer wieder außer acht gelassen wird. Die Überbetonung eines der drei Ziele, der Vollbeschäftigung, des beständigen Wirtschaftswachstums oder der Geldwertstabilität, führt zwangsläufig zu einer Schwächung eines anderen. Minderbeschäftigung geht meistens zu Lasten des Wachstums. Die dabei entstandene Stabilität wird zu teuer erkauft. Überbeschäftigung gefährdet die Stabilität und verleitet zu übereilten Wachstumsplanungen. Übertriebenes Wachstum geht immer mit Preissteigerungen einher und führt leicht zu Erschütterungen in der Beschäftigung. Und um nun auch diese Variante zu sagen: Stabilisierung, die bis zur Deflation getrieben wird, bekommt weder dem Wachstum noch der Vollbeschäftigung.
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Es ist nun kein Trost, daß das Gleichgewicht, wenn es gestört wird, sich nach einiger Zeit von selbst wieder einstellt. Ich bin sicher, daß die große Mehrheit dieses Hauses mit der Bundesregierung darin übereinstimmt, daß die Schäden, die bei einem solchen laisser-faire entstehen, zu groß sind, als daß man sie in Kauf nehmen könnte. Es kommt also darauf an, durch eine behutsame Beeinflussung des Wirtschaftsablaufs das Gleichgewicht in jeweils optimaler Weise zu erreichen.
Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie die vorgelegten Gesetze im Sinne dieser Überlegungen betrachten würden und sie herausnähmen aus dem einseitigen Bezug auf die gegenwärtigen Schwierigkeiten. Wenn Sie das tun, erledigen sich viele Bedenken von selber, denn es geht nicht darum, diesen oder jenen einzuengen - oder gar zu bestrafen -; es geht darum, einen breiteren Bewegungsraum für alle zu sichern. Ich bitte Sie ferner, bei aller Berücksichtigung der internationalen Angleichungen, die durch das hohe Maß außenwirtschaftlicher Verflechtung entstehen, nicht einem Defaitismus zu verfallen.
Die Gefahren der importierten Inflation dürfen nicht bagatellisiert werden, aber sie sind nicht durch einen Kunstgriff zu bändigen. Das einstweilen beste Mittel gegen sie ist eine internationale Absprache zu einer soliden Wirtschafts- und Finanzpolitik, zumindest zwischen den führenden Industrieländern.
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Die Bundesregierung hat sich in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, in der OECD, im Weltwährungsfonds und insbesondere im Zehnerklub unentwegt bemüht, die internationale Währungsdisziplin zu verbessern. Die Erfolge dabei sind unbestreitbar,
wenngleich sie noch nicht voll befriedigen. Aber aus diesen Bemühungen auszuscheren und im Alleingang eine Sonderposition anzustreben, wäre verhängnisvoll. So stark ist die deutsche Position im Welthandel nun auch wieder nicht, daß wir uns währungspolitisch erlauben könnten, was nur uns zum Nutzen ist. Die beste Methode ist, daß jedes Land zunächst zu Hause das tut, was erforderlich ist. Die Bundesregierung sieht also auch in diesen ihren Vorlagen einen Beitrag zur Stärkung der internationalen Währungs- und Wirtschaftsdisziplin. Es bleibt ihr Ziel, das sie so lange beharrlich anstreben wird, bis sie es erreicht hat, analog den im GATT festgelegten Regeln für den Welthandel, eine vertragliche Sicherung der Geldwertstabilität durchzusetzen. Natürlich darf nicht übersehen werden, daß sich die großen Industrieländer in sehr unterschiedlichen Situationen befinden, was bedeutet, daß nationale Maßnahmen auch sehr unterschiedlich wirken.
Wir in der Bundesrepublik registrieren seit etwa 1959/60 eine bemerkenswerte Überbeschäftigung. Die Inlandsreserven an Arbeitskräften sind von Jahr zu Jahr geringer geworden. Die Vermehrung der Beschäftigtenzahl ist 1965 nur noch durch Gastarbeiter möglich gewesen. Ich frage midi: Wie lange will man diese Tatsache eigentlich noch ignorieren? Trotz des steilen, ja bewundernswerten Anstiegs der Sparleistungen und eines beträchtlichen Wachstums der Investitionen war die überzogene Nachfrage nicht zu erfüllen. Den Preis für das überdurchschnittliche Wachstum und die Über-Vollbeschäftigung haben wir in den letzten Jahren bei der Stabilität bezahlen müssen. Das ist ein unbefriedigender Zustand. Ihn aber „Wirtschaftskrise" zu nennen, meine Damen und Herren, ist eine maßlose, ich meine sogar, eine üble Übertreibung!
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Und ich gehe wohl nicht fehl in der Behauptung, daß die lautesten Rufer diesen Zweckpessimismus verbreiten, um dabei Geschäfte zu machen,
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Geschäfte kommerzieller und auch Geschäfte politischer Art!
Nun, meine Damen und Herren, auch das ist keineswegs eine nur deutsche Untugend, sie ist weit verbreitet und in allen Ländern zu Hause. Auch in diesem Punkt brauchen wir einen internationalen Vergleich nicht zu scheuen. Also, lassen wir uns durch die Übertreibungen nicht irre machen! Es bleibt unser Ehrgeiz, allen Unzulänglichkeiten und neuen Schwierigkeiten zum Trotz die drei großen Anliegen zu erfüllen, nämlich die Vollbeschäftigung und das Wachstum aufrechtzuerhalten und dazu die Geldwertstabilität in optimaler Weise zu verwirklichen. Dabei kommt es darauf an, in der Konkurrenz der Ideale den goldenen Mittelweg zu finden. Um dies zu können, benötigen wir eine Erweiterung des konjunkturpolitischen Instrumentariums; aber wir bedürfen zugleich der verstärkten Zusammenarbeit aller am Wirtschaftsleben beteiligten Kräfte. Die besten Gesetze nützen nichts, wenn diese Zusammenarbeit unterbleibt. Ich wäre darum dankbar,
wenn wir diese Debatte über die beiden Gesetzesvorlagen hier und in den Ausschüssen so führen könnten, daß von der Art der Erörterung der technischen Hilfsmittel und Instrumente eine Aufforderung an alle ausgeht, wirtschaftspolitisch zusammenzuarbeiten.
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Wer diese Gesetze in der jetzigen oder in einer nach seiner Meinung noch zu verbessernden Form will, der muß diesen Willen zur richtigen Anwendung schon während der Beratung durch seine eigene Bereitschaft zur Kooperation unter Beweis stellen.
Als Grundlage für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit im Sinne des „kooperativen Föderalismus" brauchen wir die Änderung des Grundgesetzes in Artikel 109. Der Vorschlag, das Ziel durch staatsvertragliche Vereinbarungen zu erreichen, ist sicherlich einer gründlichen Überlegung wert. Die Bundesregierung hat diese Überlegungen bereits bei Beginn ihrer Arbeiten angestellt. Ja, sie hat sogar eine weite Strecke ihrer internen Beratungen auf der gedanklichen Grundlage vertraglicher Vereinbarungen geführt. Sie ist dann aber zu dem Ergebnis gelangt, daß diese eminent politischen Entscheidungen nicht durch vertragliche Vereinbarungen herbeigeführt werden sollten. Der Platz für derartige Entscheidungen ist nun einmal das Grundgesetz.
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Nach Auffassung der Bundesregierung wären Staatsverträge, die Kompetenzen verändern, welche zwischen Bund und Ländern im Grundgesetz festgelegt sind, verfassungsrechtlich in hohem Maße bedenklich.
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Sie würden gegen die in der Verfassung festgelegte bundesstaatliche Ordnung verstoßen. Sie würden uns auf den gefährlichen Weg der Rückentwicklung des Bundesstaates zum Staatenbund führen.
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Ein einzelnes Land könnte Entscheidungen, die für die Gesamtheit von lebenswichtiger Bedeutung sind, blockieren. Dieser Weg wäre in einer Zeit, die durch eine zunehmende Verflechtung und eine wachsende Abhängigkeit aller Bereiche und Regionen geprägt ist, anachronistisch. Er würde unsere staatliche Entwicklung der letzten hundert Jahre ignorieren. Aber ganz abgesehen von dieser verfassungsrechtlichen und verfassungspolitischen Problematik könnten vertragliche Vereinbarungen in angemessener Zeit keine tragfähigen Grundlagen für eine stabilitätsorientierte Finanzpolitik aller öffentlichen Hände schaffen. Wie z. B. sollten Länder in die Lage versetzt werden, durch Verträge mit dem Bund auch die Gemeinden zu verpflichten? Oder denkt man daran, in gleicher Weise wie zwischen Bund und Ländern Verträge zwischen den Gemeinden und den Ländern abzuschließen? Es ist doch sehr fraglich, ob die Landesregierungen und die Parlamente ohne Änderung ihrer eigenen Verfassung - ich wiederhole: ohne Änderung ihrer eigenen Ver2660
fassung - solche vertraglichen Regelungen durchführen könnten.
Natürlich darf das Grundgesetz nicht mutwillig und voreilig geändert werden, aber man sollte den geraden und sauberen Weg einer Verfassungsänderung nicht scheuen, wenn die veränderte Lage dies erfordert. Daß der Bundesrat sich mit Mehrheit schon für die Ergänzung des Grundgesetzes ausgesprochen hat, ist ein ermutigendes Zeichen.
Ich habe in den letzten Tagen mehrfach gehört, daß der Bundestag ein höheres Mitwirkungsrecht haben möchte, als dies in der Grundgesetzänderung und in dem Entwurf des Stabilitätsgesetzes vorgesehen ist. Die Bundesregierung betont darum ausdrücklich, daß bei Wahrung der Zuständigkeiten von Legislative und Exekutive ein Höchstmaß an Beteiligung des Deutschen Bundestages wünschenswert ist. Ich selber habe aus meiner Tätigkeit im Wirtschaftsausschuß nicht vergessen, daß wir uns sehr häufig darüber ärgerten, im Wirtschaftsrecht in den nebensächlichsten Fragen entscheiden zu dürfen, während die Wirtschaftspolitik häufig an uns vorbeiging. Man sollte hier im Hause und im Ausschuß überlegen, welche Wege gewählt werden sollen. Die Bundesregierung wird sich gern an der Erarbeitung solcher Vorschläge beteiligen. Sie bittet das Hohe Haus, die Grundgesetzänderung zu ermöglichen, damit Bundesregierung, Bundesrat und Bundestag jeder in seinen Zuständigkeiten - und also alle gemeinsam - der Verantwortung für die Wirtschaftsentwicklung besser entsprechen können. Heute reicht das Grundgesetz dazu nicht aus. Ich wiederhole: Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung sowie alle Länderregierungen sind darauf angewiesen, diese Grundgesetzänderung zu erhalten, wenn sie eine moderne und erfolgreiche Wirtschafts- und Finanzpolitik treiben wollen.
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Es geht also bei der Grundgesetzänderung nicht nur um die Ausweitung der Befugnisse der Bundesregierung, sondern um eine notwendige Kompetenzzuweisung an alle Bundesorgane und an die Länder.
Meine Damen und Herren, auch zum Gesetz zur Förderung der wirtschaftlichen Stabilität hat die Bundesregierung die vielfältigen Vorschläge und Anregungen des Bundesrates sorgfältig geprüft und sie weitgehend übernommen. Ich habe bereits gesagt, weshalb wir dieses Gesetz benötigen. Die Überbeschäftigung, die Normalisierung der Wachstumsmöglichkeiten, die wirtschaftliche Integration Europas und die steigende weltwirtschaftliche Verflechtung haben die Voraussetzungen für die Sicherung einer gleichgewichtigen Wirtschaftspolitik wesentlich verändert. Wir müssen unser konjunkturpolitisches Instrumentarium daher modernisieren. Das ist keineswegs eine Abkehr von dem Grundkonzept unserer erfolgreichen Sozialen Marktwirtschaft. Im Gegenteil, es ist gerade das Kennzeichen dieser Wirtschaftsordnung, nicht in starrer Verharrung hängenzubleiben, sondern mit ihren eigenen Erfolgen Schritt zu halten.
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Und daß die Arbeit an der marktwirtschaftlichen Ordnung je aufhören würde, dieser Täuschung haben wir uns niemals hingegeben. Das Trugbild, man könnte eine Wirtschaftsordnung wie eine Maschine bauen und brauchte sie dann nur noch laufen zu lassen, entstammt einer Ideologie, nicht unseren Grundsätzen. Wir geben uns keineswegs der Täuschung hin, daß alle diejenigen, die ihr Herz für die Marktwirtschaft erst in den letzten Jahren erwärmen konnten, unter diesem Namen dasselbe verstehen wie wir. Ich befinde mich aber mit denen in Übereinstimmung, die unter marktwirtschaftlicher Konjunkturpolitik eine Globalsteuerung verstehen. Ich bitte jedoch darum, daß man sich dann auch mit einer globalen Auswirkung begnügt und nicht selektive Ergebnisse verlangt.
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Es geht nicht an, Unzulänglichkeiten im einzelnen der Globalsteuerung als Versagen anzulasten.
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Wer bis ins einzelne hinein beeinflussen will, also selektiv vorgehen möchte, dem bleibt nichts anderes übrig, als zu dirigieren. Das konjunkturpolitische Instrumentarium, das die Bundesregierung Ihnen vorschlägt, greift nicht nach Einzelheiten. Das ist keine Unzulänglichkeit, sondern das ist, wie ich meine, gerade der Vorzug dieser Vorlage. Es ist gewollt und wird von der Bundesregierung mit Nachdruck vertreten. Die Verantwortung von Unternehmern, von Tarifpartnern und auch des Verbrauchers bleibt bestehen, so wie ihre Freiheiten unangetastet bleiben sollen.
Meine Damen und Herren, das neue Instrumentarium muß nach allen Seiten hin wirksam und anwendbar sein. Heute steht noch die Konjunkturdämpfung im Vordergrund. Die Lage kann sich rascher ändern, als es uns lieb ist; wir müssen Vorsorge treffen, auch in veränderter Lage handeln zu können.
Das Stabilitätsgesetz hat vier Ansatzpunkte. Der erste und zugleich wichtigste Ansatz zielt auf eine wirtschafts- und konjunkturpolitische Orientierung der öffentlichen Haushalte. Die öffentliche Hand ist mit einem Anteil von rund 30 % am Bruttosozialprodukt der bei weitem größte Auftraggeber der Wirtschaft und ein stets hungriger Nachfrager am Kapitalmarkt. Die Wirkungen der öffentlichen Haushalte gehen außerdem weit über die rechnerischen Quoten und Anteile hinaus; denn der Bund, die Länder und auch die Gemeinden werden - ob sie wollen oder nicht - als Beispiel genommen. Leider hat sich auch hier schon ein Zahlen-Fetischismus entwickelt, der das Denken überflüssig machen will und viel Unvergleichbares durcheinanderwirft. Wir sollten dem gemeinsam entgegentreten und diese schwierigen Auseinandersetzungen nicht allein dem Herrn Bundesfinanzminister überlassen; denn Haushaltsrecht ist Parlamentsrecht, meine Damen und Herren.
Den öffentlichen Händen Zuwachsraten zuzuweisen wie Einkommensbeziehern, ist wirklich eine schreckliche Simplifizierung! In § 1 werden Bund
und Länder verpflichtet zu einer Einordnung ihrer gesamten wirtschafts- und finanzpolitischen Entscheidungen in die übergeordnete Zielsetzung der Geldwertstabilität, der Vollbeschäftigung, des Wachstums und des außerwirtschaftlichen Gleichgewichts. Diese verpflichtende Generalregel findet ihre konkrete Ausgestaltung für den Bereich der Haushaltspolitik in den §§ 2 bis 18. Wenn dabei an einzelnen Stellen anstelle einer Muß-Vorschrift ein „Sollen" steht, so ist das nicht etwa, wie einige sagten, ein Ausdruck mangelnder Konsequenz, sondern das Ergebnis sehr eingehender, vor allem auch juristischer Beratungen und Prüfungen. Konjunktursteuerung ist Politik, und die politische Entscheidung bei der Wahl der Mittel und ihrer Dosierung muß erhalten bleiben.
Für die öffentlichen Haushalte von Bund, Ländern und Gemeinden sieht das Gesetz vor allem eine Verpflichtung zur konjunkturellen Aufstellung und Ausführung vor. In den Zeiten übermäßiger konjunktureller Gesamtnachfrage sollen überschüssige Steuermittel zur Schuldentilgung bei der Bundesbank verwandt oder in eine Konjunkturausgleichsrücklage gegeben und damit stillgelegt werden. Umgekehrt muß bei drohender Rezessionsgefahr die fehlende Nachfrage durch Mittel der Konjunkturausgleichsrücklage und eine Kreditfinanzierung rasch angefüllt werden können.
Um je nach der Konjunkturlage schnell handeln zu können, soll das Gesetz, anknüpfend an die Vorschriften in den letzten Haushaltsgesetzen, der Bundesregierung Möglichkeiten zu einer Ausweitung oder Sperre von Ausgaben geben.
Der jährlichen Haushaltswirtschaft ist dabei eine mittelfristige Finanzplanung zugrunde zu legen. Das ist keine Kann-Vorschrift, sondern eine Muß-Vorschrift, die ich nicht nur wegen der konjunkturpolitischen, sondern ebenso auch wegen der strukturpolitischen Bedeutung für einen der Kernpunkte des Gesetzes halte. Die mittelfristige Finanzplanung soll ja nicht nur die Möglichkeiten für die globale Ausweitung des öffentlichen Finanzvolumens aufzeigen, sondern sie soll und sie muß auch die Prioritäten für die großen politischen Aufgaben festlegen. Dabei wird es sicherlich nicht ohne Bestimmung von Quantitäten gehen. Die mehrjährige Finanzplanung wird so etwas wie eine Regierungserklärung in Zahlen sein müssen. Eine mittelfristige Finanzplanung funktioniert natürlich nur mit einer Vorschau auf die Gesamtentwicklung der Wirtschaft und auf das, was sie in den nächsten Jahren vermutlich zu leisten vermag.
Wir haben in den Gutachten des Sachverständigenrates bereits jährliche gesamtwirtschaftliche Analysen und Prognosen. Ich würde es für nützlich halten, wenn wir daneben wieder zu einer Darlegung der Wirtschaftsentwicklung und der notwendigen Leitlinien kämen, wie es früher in den Wirtschaftsberichten praktiziert worden ist. Das hat seine Bedeutung nicht nur für die Löhne, sondern ebenso auch für die gesamten wirtschafts- und finanzpolitischen Entscheidungen des Staates. Aber Dei all diesen Zahlen zur Wirtschaftsentwicklung
und zur Finanzplanung kann es selbstverständlich keine absolute Verbindlichkeit geben. Sie können nur die großen Linien andeuten und die Ausgabenwünsche harmonisieren; im einzelnen müssen sie beweglich bleiben. Das schwierigste an einer mittelfristigen Planung ist nicht die Aufstellung dieses Planes, sondern danach die tägliche Anpassung an die Notwendigkeiten und die Möglichkeiten.
Man sollte beispielsweise folgendes ebenfalls nicht übersehen: Das notwendige, für manchen bittere Gegenstück zu einer mittelfristigen Finanzplanung ist die Begrenzung der gesetzlich gebundenen Ausgaben auf ein unverzichtbares Minimum, denn nur dann ist wirkliche Politik möglich. Es geht also bei der mittelfristigen Planung nicht um eine zusätzliche Bindung der ohnehin schon viel zu gering gewordenen Manövriermasse, sondern um eine weitgehende Auflockerung der durch Gesetze viel zu langfristig und zu starr festgelegten Mittel. Der Haushalt sollte den Finanzablauf bestimmen und nicht eine Vielzahl von zählebigen Sondergesetzen. Ich bin sogar der Auffassung, daß wir für jeweils akute Maßnahmen, also zur kurzfristigen Disposition, einen erheblich höheren Betrag zur Verfügung haben müssen, als das bisher der Fall gewesen ist. Wir müssen uns heute so manches entgehen lassen, was im harten internationalen Wettbewerb stärkere Partner rascher an sich ziehen können, weil wir uns im öffentlichen Haushalt zu sehr verausgaben. Ich bin sicher, daß das Hohe Haus meine Sorgen teilt. Doch das reicht nicht, es muß auch die Mittel parat halten! Und es muß bereit sein, methodisch klug vorzugehen, und es muß nicht immer die Minister mit dem Schellenbaum auf die Jagd schicken wollen. Schon aus diesen Anmerkungen geht hervor, daß die mittelfristige Betrachtung keineswegs eine Erleichterung im Sinne der Verringerung der Arbeiten darstellt. Im Gegenteil, die Politik soll durch die mittelfristige Planung vielseitiger und reagibler gemacht werden, und das bedeutet, ihr ein höheres Maß an Mühen und Verantwortung zuzuweisen.
Im Zusammenhang mit der mittelfristigen Finanzplanung werden wir uns auch um die Klärung der Begriffe „volkswirtschaftliche Gesamtrechnung", „Nationalbudget" und „Einkommenspolitik" bemühen müssen. Ich hoffe sehr, daß es gelingt, im Bundestag eine Übereinstimmung über die Abgrenzungen in der mittelfristigen Politik herbeizuführen. Wenn das aber nicht gelingt, dann sollte sich niemand scheuen, die Unterschiede deutlich anzusprechen.
Meine Damen und Herren, die Bemühungen um eine mittelfristige Finanzplanung und um eine antizyklische Haushaltspolitik können auf die Dauer nur erfolgreich sein, wenn Bund, Länder und Gemeinden sich abstimmen. § 12 des Gesetzes sieht deswegen eine gemeinsame Beratung von Bund und Ländern vor. Bund und Länder stehen dabei gleichrangig nebeneinander, und jeder kann die Initiative ergreifen. Die Initiative für eine Begrenzung der öffentlichen Kreditaufnahme liegt zwar bei der Bundesregierung, die Rechtsverordnungen bedürfen aber nach § 13 der Zustimmung des Bundesrates, und sie werden vorher im Ausschuß für
öffentlichen Kredit mit den Vertretern der Länder und Gemeinden beraten. Ob für die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern neben diesem Ausschuß für öffentlichen Kredit und den bestehenden Gremien noch weitere Institutionen nützlich sein könnten, erscheint mir fraglich. Wir sollten darüber diskutieren. Vielleicht aber kommen wir mit Zusammenfassungen eher zum Ziele. Die Bundesregierung ist der Meinung, daß diese Frage nicht theoretisch, sondern aus der Erfahrung entschieden werden sollte. Darum sind die textlichen Vorschläge im Gesetz so gehalten, daß man jederzeit die bestmögliche Form wählen kann.
Hinsichtlich des Verfahrens bei der Kreditlimitierung in § 14 gibt es noch gewisse Unterschiede in den Auffassungen zwischen der Bundesregierung und dem Bundesrat. Es soll nicht bestritten werden, daß das vom Bundesrat vorgeschlagene Verfahren mit Gesamtbeträgen für den Bund und die Länder zunächst einfacher aussieht. Aber die Bundesregierung hält den Weg, die Begrenzung der Kredite unmittelbar für jeden Haushalt nach bestimmten Maßstäben und Schlüsseln durchzuführen, für praktikabler und für wirksamer. Er wird auch der gleichmäßigeren Behandlung der Beteiligten besser gerecht. Ich glaube aber nicht, daß die Notwendigkeit, Bund, Länder und Gemeinden zu einem abgestimmten Verhalten bei ihrer Mittelbeschaffung am Kapitalmarkt zu bringen, im Prinzip bestritten wird. Das aber ist die Frage, um die es geht, und diese Frage muß so oder so entschieden werden. Wir haben in den beiden letzten Jahren gesehen, daß selbst die unerhört hohe Sparleistung von 11 bis 12 % des Einkommens der privaten Haushalte nicht ausreicht, um die Nachfrage am Kapitalmarkt zu befriedigen. Eine Ausweitung des Kapitalangebots aus ausländischen Quellen vorzunehmen ist so lange gefährlich, wie in unserem Lande keine Reserven vorhanden sind, welche die güterwirtschaftliche Deckung übernehmen. Ausländisches Geld, das zusätzlich hereinkommt, ohne die entsprechende gesamtwirtschaftliche Produktionsleistung auszulösen, inflationiert nur. Das zu übersehen wäre eine Selbsttäuschung!
Der zweite wichtige Ansatz des Stabilitätsgesetzes liegt bei der privaten Investitionsnachfrage. Wie die Last der Stabilisierung und der Sicherung des Gleichgewichtes nicht allein von der privaten Wirtschaft getragen werden kann und darf, so kann sie umgekehrt auch nicht ausschließlich den öffentlichen Haushalten aufgebürdet werden. Die Entwicklung der privaten Investitionen in den letzten Jahren zeigt deutlich den engen Zusammenhang zwischen der Investitionsnachfrage und dem Konjunkturverlauf. Schwankungen in den Zuwachsraten der Ausrüstungsinvestionen während der ersten 60er Jahre zwischen +19,1 % und +2,9 % oder von +12,3 % im Jahre 1965 auf voraussichtlich 31/2 bis 5 % im Jahre 1966 sind weder für die private Wirtschaft noch für die gesamte Volkswirtschaft von Vorteil. Die Konjunkturpolitik braucht ein Instrument, um das notwendige Wachstum der Investitionen beständiger und stetiger zu machen. In § 19 des Gesetzentwurfs ist deswegen eine Erweiterung der Möglichkeiten für die konjunkturpolitische Variierung der Abschreibungsmodalitäten vorgesehen. Die Veränderung der steuerlichen Abschreibungssätze ist vor allem ein wirksames Mittel zur Abwehr einer drohenden Stagnation. Aber wer die Möglichkeit zur Erhöhung der Abschreibungssätze fordert, muß auch ja sagen zu der umgekehrten Möglichkeit im gegenteiligen Fall. Es kann und soll bei der Variierung der Abschreibungssätze auf gar keinen Fall um eine Einschränkung der privaten Investitionstätigkeit oder ihres Wachstums gehen. Die Bundesregierung kennt sehr wohl die zentrale Rolle der privaten Investitionstätigkeit für das künftige Wachstum der Wirtschaft. Sie übersieht keineswegs, daß der Konjunkturausgleich, der von der Angebotsseite her kommt, gesünder und vorteilhafter ist als eine Beschränkung der Nachfrage. Darum gebührt der Angebotsausweitung immer der Vorrang.
Bei der Variierung der Abschreibungssätze geht es - ich betone das ausdrücklich nicht um eine Beschränkung der Investitionen, sondern um ein höheres Maß an Stetigkeit und Beständigkeit in ihrem Wachstum. Die Modalitäten sind so gewählt, daß in die laufenden Abschreibungen nicht eingegriffen werden kann. Nur solche Investitionen, die in einem begrenzten Zeitraum der Verordnungsdauer getätigt werden, erhalten andere - erweiterte oder verminderte - Abschreibungssätze. Im übrigen ist in unserer gegenwärtigen Konjunkturlage eine Senkung der Abschreibungssätze ebensowenig aktuell wie die Anwendung der Kreditplafondierung. Dieser dritte Ansatzpunkt des Gesetzes ist ein notwendiges Gegenstück und eine unverzichtbare Ergänzung zur Kreditlimitierung im öffentlichen Bereich. Würden wir darauf verzichten, so wären bei einer. Begrenzung des öffentlichen Kredits einem Ausweichen auf privatwirtschaftliche Finanzierungsformen Tür und Tor geöffnet. Ich erinnere nur an das Vordringen der Leasing-Finanzierung und die Verlagerung von öffentlichen Finanzierungsaufgaben auf private Gesellschaften.
Ich weiß, daß in der Wirtschaft viele Bedenken bestehen, wenn sie auch nach den Diskussionen der letzten Monate geringer geworden sind. Man spricht hie und da von einem verhängnisvollen Weg in den Dirigismus. Aber dann müßten auch die bisherigen direkten Liquiditätseingriffe durch Mindestreservevorschriften und Rediskontplafonds dirigistisch sein. Die Kreditplafondierung trifft auch den Mittelstand nicht härter als die Anwendung der bisherigen Instrumente der Kreditpolitik. Bonität und Rentabilität werden auch bei einer Kreditplafondierung den Zugang zum Kredit bestimmen. Außerdem ist die Struktur unseres Bankwesens derartig, daß große Bereiche unserer Kreditwirtschaft speziell auf die mittlere Wirtschaft ausgerichtet sind. Um jedoch alle Mißverständnisse auszuräumen, betone ich an dieser Stelle, daß die Kreditplafondierung kein Instrument des alltäglichen Gebrauchs werden kann und werden darf. Auch nach Meinung der Bundesbank soll dieses Mittel nur dann eingesetzt werden, wenn die anderen regulären Mittel nicht ausreichen, insbesondere dann, wenn es gilt, eine akute Gefahr
für die Währung abzuwehren. Es wird nicht bestritten, daß die Anwendung zu Härten führen kann; das ist bei ,den übrigen Notenbankinstrumenten auch der Fall. Die Bundesregierung ist aber bereit, der Anregung des Bundesrates zu folgen und die Reduzierung auf 90 Prozent fallenzulassen, so daß durch die Kreditplafondierung jetzt nur der Zuwachs der Gesamtkreditsumme und nicht ,die vorhandene Kreditsumme selbst beschränkt werden kann. Ich hoffe, daß durch diese Stellungnahme der Bundesregierung auch die Bedenken und Einwände des Kreditgewerbes gemildert worden sind. Ich bitte, vor allem den Zusammenhang zwischen der Kreditlimitierung für die öffentliche Hand und der Kreditplafondierung bei den Banken zu sehen.
Der vierte und letzte Ansatzpunkt des Gesetzes liegt schließlich in einer Verbesserung der Offenmarktpolitik der Bundesbank. Nach § 21 sollen dabei die Rentenversicherungsträger und die Nürnberger Bundesanstalt durch Rechtsverordnung verpflichtet werden können, einen mäßigen Teil ihrer „flüssigen" Mittel in Mobilisierungs- und Liquiditätspapieren anzulegen. Das mag manchem als eine gewisse Einschränkung der Autonomie der Sozialversicherungen erscheinen, eine wirksame Konjunkturpolitik kann aber im Notfall auf eine Beeinflussung der dort angesammelten sehr umfangreichen Geldmittel nicht verzichten. Den Versicherten entsteht dadurch kein Nachteil, denn die Papiere werden von der Bundesbank verzinst. Im übrigen ist die Sicherung der Stabilität gerade für den Rentenempfänger von besonderer Wichtigkeit.
Die Bundesregierung hat auf Grund verschiedener Anregungen in den letzten Wochen geprüft, ob - und wenn ja, in welchem Ausmaß - Anlagevorschriften auch für die Privatversicherungen und Bausparkassen gesetzlich ermöglicht werden sollen. Der Vorschlag, die Versicherungen und Bausparkassen in die Plafondierung einzubeziehen, ist völlig systemwidrig. Die Privatversicherungen legen nur die von ihnen eingesammelten Beiträge der Versicherten wieder an. Im Unterschied zu den Kreditinstituten betreiben sie keine Kreditexpansion und keine Giralgeldschöpfung. Dies trifft im großen und ganzen auch für die Bausparkassen zu. Es könnte daran gedacht werden, die Offenmarktpolitik der Bundesbank auf private Kapitalsammelstellen und Bausparkassen auszudehnen. Die Bundesbank selber glaubt jedoch, ohne weitere Vorschriften auskommen zu können. Darum verzichtet die Bundesregierung auf besondere Vorschläge.
Man sollte in der unterschiedlichen Behandlung der privaten und der gesetzlichen Versicherungen keine Diskriminierung sehen. Die Zwangsversicherung ist ein Teil der öffentlichen Hand. Hier setzt der Staat die Mitgliedschaft und die Beitragshöhe fest und beteiligt sich regelmäßig an der Aufbringung der Mittel durch sehr beträchtliche Zuschüsse. Wenn er nun, sobald es konjunkturpolitisch erforderlich ist, auf die Anlagepolitik der Sozialversicherungen in gewissem Umfang einwirkt, so ist das nur eine Entsprechung seiner gesetzgeberischen Beteiligung und seiner hohen Zuschußleistung. Betonen möchte ich aber ausdrücklich, daß die sozialen Versicherungen sich gegenüber der Bundesregierung stets entgegenkommend gezeigt haben, und das sollte man dankbar anerkennen.
Meine Damen und Herren, ich habe Ihnen in kurzen Zügen die vier wesentlichen Punkte des Gesetzentwurfs erläutert. Ich bitte Sie herzlich, die Zusammenhänge nicht aus dem Auge zu verlieren. Wenn e i n wesentlicher Bestandteil aus dem Gesetz herausgerissen wird, wird das ganze Gesetz unbrauchbar. Mit dieser Bemerkung möchte ich davor warnen, das Gesetz in Teile auseinanderzubrechen oder es stückweise zu verabschieden. Über Ergänzungen mag man reden können, aber Streichungen machen das Gesetz stumpf. Ich weiß sehr wohl, daß das eine oder andere Instrument dem einen oder anderen als sehr scharf, vielleicht als zu scharf erscheinen kann. Aber die Stabilität ist mit Streichelei und schönen Worten nicht zu erreichen. Es müssen sich alle einordnen. Nicht so in Reih und Glied, ja nicht einmal zu einem Konzert, in dem jeder nach ihm vorgesetzten Noten unter einem Dirigenten zu spielen hat. Wir müssen ganz schlicht und einfach mit dem auskommen, was wir erarbeitet haben. Mehr nicht! Wer sich dennoch mehr nimmt, der holt es anderen oder der Allgemeinheit weg. Er tut dies vielleicht, ohne es selber zu merken. Aber es bereichert sich auf anderer Leute Kosten. Darum kommt es darauf an, die Grenzen sichtbar zu machen - und sie zu schützen. Das und nicht mehr ist der Sinn dieses Gesetzes. Wer dies als Behinderung empfindet, der hat nicht begriffen, daß die moderne, arbeitsteilige Wirtschaft andere Spielregeln erfordert als die vermeintliche gute, hauswirtschaftliche Zeit. Es glaubt doch auch kein Mensch, daß wir heute im Zeitalter der Motorisierung ohne Verkehrsregeln auskommen können, wie das zu Reiters- und Droschkenzeiten noch möglich gewesen ist. Niemand ist so töricht, in unseren Verkehrsregeln - wenn sie nicht übertrieben werden - eine Behinderung zu sehen. Im Gegenteil, je selbstverständlicher und fairer diese Regeln eingehalten werden, desto reibungsloser läuft der Verkehr. Das gilt auch für die moderne arbeitsteilige rationale Wirtschaft. Jeder muß gehen können, wohin er will. Aber er muß auf der rechten Straßenseite bleiben. Nehmen Sie dieses Beispiel bitte, wie es gemeint ist, und gestatten Sie mir die Fortsetzung mit dem Hinweis: Verkehrsregeln müssen einfach und übersichtlich sein, sie müssen für alle gelten, und sie müssen auch auf die Vernunft der Bürger rechnen können.
Meine Damen und Herren! Sie können von dem Gesetz zur Förderung der wirtschaftlichen Stabilität nicht eine Regelung aller offenen Probleme der Wirtschaftspolitik erwarten. Alles mit einem Schlag ändern zu können, ja, das müßte schon sein. Aber ich bin dafür, auch in der Gesetzgebung - und gerade dort - maßzuhalten. Die Zielrichtung dieses Gesetzes ist klar und eindeutig. Es geht darum, unsere nationalen Möglichkeiten zur Sicherung der Vollbeschäftigung und eines beständigen Wachstums und zur Erreichung ,der Geldwertstabilität optimal einzusetzen, und das alles unter Wahrung
des außenwirtschaftlichen Gleichgewichts. Es scheint mir keine fruchtbare Methode zu sein, bei der Beratung dieses Gesetzes auch noch andere zu lösende Aufgaben aufzuzählen und ihre Nichterwähnung im Gesetz als Mangel auszulegen. Der Gesetzentwurf kann nicht neben den konjunkturpolitischen Problemen zugleich auch die sehr differenzierten Aufgaben der Strukturpolitik angehen, wenngleich die vorgesehene mittelfristige Haushaltspolitik auch dazu einen wichtigen Beitrag leistet.
Es kann natürlich über die Entwicklung der Außenwirtschaft gesprochen werden, in der wir auch neue Wege wagen müssen, wenn wir unsere starke Position ausbauen wollen. Die Erfahrung meiner letzten Auslandsreisen sagt mir, daß unsere derzeitigen Anstrengungen nicht ausreichen, um den wachsenden Wettbewerb zu bestehen. Das gilt in gleicher Weise für die Fortschritts-Industrien hier in unserem Lande, für die wir erheblich mehr Anstrengungen machen müssen als bisher. Aber dieses Gesetz, wenn es wirkungsvoll bleiben soll, muß sich auf ,die Aufgabe beschränken, die ihm in der Überschrift zugewiesen wird, die Förderung der wirtschaftlichen Stabilität.
Ich kann mir vorstellen, daß von einigen eine stärkere Einflußnahme auf die Tarifpartner gewünscht wird. Die Bundesregierung steht aber nach wie vor zur Autonomie der Tarifpartner. Sie ist sich jedoch darüber im klaren, daß die Popularität dieser Tarifautonomie in unserer Bevölkerung steht und fällt mit ihrer verantwortungsbewußten Handhabung.
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Die Bundesregierung hat ganz bewußt auf die Variierung der Steuersätze zur Beeinflussung der privaten Nachfrage verzichtet. Eine so weitreichende Maßnahme ist weder erforderlich noch durchführbar, ganzdavon abgesehen, daß ,sie in ein zentrales Recht ,des Parlaments eingreifen würde.
Der härteste Vorwurf - und der nach meiner Meinung am wenigsten gerechtfertigte Vorwurf gegen dieses Gesetz ist, daß es keine außenwirtschaftliche Absicherung der binnenwirtschaftlichen Stabilisierungsmaßnahmen bringt. Eine solche Kritik ist schnell und leicht gesagt. Aber keiner der Kritiker hat bisher konkrete Vorschläge machen können, die ohne Gefährdung der deutschen Welthandelspolitik durchzusetzen sind. Ich bitte darum, das dann hier zu tun. Bloße Formulierungen ohne konkreten Inhalt helfen uns nichtweiter, sie verwirren nur. Die Variierung des Grenzausgleichs bei der Umsatzsteuer betrachte ich nicht als eine annehmbare Lösung. Sie verstößt gegen EWG-Vereinbarungen und würde unsere außenwirtschaftliche Position empfindlich treffen. Über flexible Wechselkurse kann man doch nur reden, wenn man die internationale Vertragslage dabei beachtet. Der § 23 des Außenwirtschaftsgesetzes besteht, und es muß genügen, dieses Bestehen zu erwähnen.
Ich weiß, daß es in der internationalen Diskussion vielen zu langsam vorangeht. Auch ich sähe lieber, daß man rascher zu konkreten Ergebnissen käme. Meine Damen und Herren, übersehen Sie aber bitte nicht, mit welchen Währungsnöten andere Länder zu kämpfen haben. Vielen dieser Länder erscheinen unsere Sorgen wie ein Hohn auf ihre mißliche Lage. Ich bitte Sie, keinen Zweifel daran zu haben, daß internationale Experimente und Extratouren eine Renationalisierungswelle in der Außenwirtschaft auslösen würden, die uns Deutsche am Ende am allerhärtesten treffen würde.
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Integration und weltweite wirtschaftliche Verflechtung sind und bleiben unverzichtbare Grundlagen
unserer Politik. Auf ihnen basiert unser Wohlstand.
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Maßnahmen, welche rechnerisch das außenwirtschaftliche Gleichgewicht verbessern, aber unsere außenwirtschaftliche Position schwächen, sind kein Fortschritt, sie wären ein resignierender Verzicht auf den Ausbau der deutschen Position in der Weltwirtschaft. Meine Damen und Herren, wir werden uns Mühe geben, in den Genfer Verhandlungen zur Kennedy-Runde die Handelshemmnisse abzubauen, um den Welthandel zu erweitern. Wir werden uns Mühe geben, mehr Anhänger für den Gedanken zu finden, daß gleichzeitig mit dem Abbau der Handelshemmnisse eine vertraglich abgesicherte Disziplinierung der Weltwährungspolitik einhergehen muß. Wir haben auf unserer Seite eine starke wirtschaftliche Position. Aber sie ist nicht stark genug, um einen Alleingang zu wagen. Unsere Stärke in der internationalen Währungsdiskussion liegt vor allem in der Qualität unserer Argumente. Die Sicherung unserer Konjunktur vor nachteiligen außenwirtschaftlichen Einflüssen ist eine hochrangige Aufgabe. Ich widerspreche nicht einmal, wenn gesagt wird, sie ist eine den binnenwirtschaftlichen Bemühungen gleichzusetzende Aufgabe. Aber sie ist nicht die vorrangige Sache dieses Gesetzes. Um diese Aufgabe zu lösen, bedarf es internationaler Anstrengungen, verstärkter Anstrengungen, wie wir sie in der OECD, in der EWG, im Weltwährungsfonds und im Zehnerklub unternehmen. Hier geht es aber um die Maßnahmen, die wir in eigener Zuständigkeit treffen können. Durch diese Gesetze erhalten unsere Initiativen zu einer gemeinsamen Konjunkturpolitik in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und unsere Bemühungen um eine Aktivierung der gemeinsamen Währungspolitik erst volles Gewicht. Wir sind doch heute das einzige unter den sechs Ländern, das nur mit halber Zuständigkeit - eben nur für den Bund - in Brüssel antritt.
Meine Damen und Herren, wenn Sie die Grundsatzdebatte ausweiten, vergessen Sie bitte nicht, daß die Verabschiedung dieser Gesetze und ihre Anwendung der Bundesbank erst die Voraussetzungen bieten werden, den gegenwärtigen Restriktionskurs zu mildern. Darauf aber wartet die deutsche Wirtschaft. Bundesbankpräsident Blessing hat mir diese Konsequenz ausdrücklich bestätigt. Wenn wir die Restriktionen lockern würden, bevor wir wirkungsvoll auf die Kreditbeanspruchung durch die öffentlichen Hände einwirken, dann bestünde die Gefahr, daß der so gewonnene Spielraum anders genützt würde, als es von uns gewünscht wird.
Hier und heute geht die Entscheidung über die beiden Gesetze, die Ihnen die Bundesregierung vorgelegt hat. Ich bin sicher, meine Damen und Herren, daß die Entscheidung positiv ausfallen wird; denn niemand könnte es verantworten, daß die Bundesrepublik untätig bleibt, wenn sich ringsum in der Welt alle anstrengen, ihre Wirtschaft gesund zu halten. Sehen Sie nach Großbritannien, nach Belgien, nach den USA, wohin Sie wollen. Die Methoden sind unterschiedlich, und ich wünsche auch denjenigen, die aus einer anderen politischen Konzeption als wir ihre Maßnahmen aufbauen, einen vollen Erfolg. Die wirtschaftliche Stabilität eines jeden anderen Landes ist zugleich unser eigener deutscher Vorteil.
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Unsere Bevölkerung würde es weder der Regierung und den Koalitionsparteien noch der Opposition abnehmen, wenn wir den Dingen ihren Lauf ließen. Sie würde es auch nicht verstehen, wenn wir vor lauter Debattieren nicht zum Handeln kämen. Die vorgeschlagenen Gesetze sollen die Bundesregierung und die Landesregierungen, sie sollen den Bundesrat und den Deutschen Bundestag in die Lage versetzen, zur Förderung der wirtschaftlichen Stabilität das Notwendige zu tun. Die Gesetze und ihre Anwendung werden unserem Volke die Zuversicht geben, daß seine politische Führung in den Regierungen und Parlamenten alle Kräfte einsetzt, Wirtschaft und Währung zu sichern durch Vollbeschäftigung, beständiges Wachstum, Geldwertstabilität und außenwirtschaftliches Gleichgewicht.
Ich habe die Ehre, namens der Bundesregierung Sie, meine Damen und Herren des Deutschen Bundestages, zu bitten, auf der Basis der Vorschläge der Bundesregierung den Organen des Bundes und den Ländern die dringend benötigten Vollmachten zu geben.
({21})
Das Wort hat der Abgeordnete Professor Schiller.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor diesen beiden heute uns vorgelegten Gesetzentwürfen liegt eine Anlaufzeit von zweieinhalb Jahren. Am 11. März 1964 waren Zeichen und Wunder geschehen: das Bundeskabinett hatte beschlossen, die Vorbereitung gesetzlicher Maßnahmen zur Beeinflussung der Konjunktur einzuleiten. Außer einer pädagogischen Stilübung - Nachtrag zum Wirtschaftsbericht 1964 - geschah nach außen hin nichts. Um die löblichen Absichten von 1964 in die Form eines Gesetzentwurfs zu bringen, dauerte es bis zum 4. Juli dieses Jahres, und der Entwurf selbst ist diesem Hause am 2. September vorgelegt.
Dies nur zum Zeitablauf und denjenigen gesagt, die heute kommen und sagen: Rascher, rascher und noch rascher! Hier sehen Sie, was bisher bereits an Zeit im Bereich der Exekutive benötigt wurde.
Was ist in den zweieinhalb Jahren nun praktisch in der Wirtschaft und in der Wirtschaftspolitik geschehen? Das wissen wir alle: Das wirtschaftliche Ungleichgewicht verstärkte sich. Das Jahr 1965 war ein besonderes Jahr der Sünde, in dem Geldpolitik und Fiskalpolitik völlig auseinanderliefen. Außer dem „Runden Tisch" für den beschränkten Kreis der Aufnahme öffentlicher Anleihen gab es keine Einrichtungen für ein gemeinsames Konjunkturverhalten von Bund, Ländern und Gemeinden. Und dabei hatten wir am 29. November letzten Jahres, bei der ersten Debatte um die Regierungserklärung dieser Regierung Erhard II, die Einsetzung eines Konjunkturrats beantragt. Der Aufruf des Sachverständigenrats 1965 zu einer konzertierten Aktion fand ebenfalls keine Gnade. Auch alle immer wiederholten Anregungen und Vorschläge unserer sozialdemokratischen Bundestagsfraktion zur besseren Benutzung der vorhandenen Instrumente und zu ihrer Weiterentwicklung blieben vergebens. Ich erinnere allein noch einmal daran, daß an dem 27. Mai, der eben erwähnt wurde, bei Ende der dritten Lesung des Haushalts 1966, der Sprecher unserer Fraktion vier Offerten, die wir bis dahin gemacht hatten, zur Zusammenarbeit und zum Einbringen neuer Instrumente, vergebens wiederholte.
Alle Ratschläge waren ins Wasser gezeichnet. Es waren zweieinhalb Jahre der amtlichen Negation, zweieinhalb Jahre - was diese Dinge betrifft - des Kanzler-Neins.
({0})
Nun liegt nach diesem ersten Anfang vor zweieinhalb Jahren dieser Gesetzentwurf jetzt vor, und aus den Worten von Herrn Minister Schmücker konnte ich entnehmen, daß nun auch wohl er der Meinung ist - und ich freue mich darüber -, daß dieser Gesetezntwurf verbesserungsbedürftig ist,
- im Gegensatz zu dem Lob, das der Herr Bundeskanzler diesen beiden Entwürfen aussprach.
Wir sagen und können das im einzelnen begründen: Der vorliegende Entwurf ist unzulänglich. Er hat Lücken, und er verrät schon vielzuviel verwaltungswirtschaftliche Kleinkrämerei.
({1})
- Sie wissen ja, welchen Grad in der Debatte man einnimmt, wenn man mit dem Namen arbeitet. Aber Courths-Mahler wäre Ihnen natürlich lieber, nicht wahr?
({2})
Dieser Entwurf muß sehr gründlich umgebaut und er muß freiheitlich durchlüftet werden.
({3})
- Hoffentlich haben Sie ihn gelesen!
({4})
- Ich habe ja nicht für Sie allein gesprochen, da brauchen Sie keine Angst zu haben!
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Schulze-Vorberg?
({0})
Ja.
Herr Abgeordneter Schulze-Vorberg!
Herr Professor Schiller, bei der „freiheitlichen Durchlüftung" würden Sie da etwa englische Vorbilder empfehlen, den „totalen Lohnstopp", oder woran denken Sie?
({0})
Herr Kollege Schulze-Vorberg, zügeln Sie Ihre Geduld! Ich komme auf das englische Beispiel bei unserem Vorschlag zu einer orientierenden Einkommenspolitik der leichten Hand. Sie kriegen das alles noch, nach der Reihe!
({0})
Wir sind der Meinung: dieser Entwurf muß umgebaut werden, damit er der zweiten Phase unserer marktwirtschaftlichen Ordnung entspricht.
({1})
Ein solches verbessertes Gesetz läßt sich sachlich begründen - wenn Sie das zur Kenntnis nehmen wollen, meine Damen und Herren von der CDU/ CSU -, weil wir der Meinung sind, daß die Anforderungen der neuen Zeit mit den Schablonen von 1948/1949 tatsächlich nicht mehr zu bewältigen sind. Das haben wir im Jahre 1964 in Karlsruhe festgestellt, und wir werden Ihnen das heute wieder zeigen.
Ich habe gesagt: ein solches Gesetz läßt sich sachlich begründen. Heute haben wir auch sachliche Begründungen von dem Herrn Bundesminister für Wirtschaft gehört. Wir haben auch maßvolle Begründungen von dem Herrn Bundeskanzler für dieses Gesetz - für beide Gesetze - in diesem Hause gehört. Aber der Herr Bundeskanzler hat daneben noch zwei andere Sorten von Begründungen, draußen auf den Straßen, in den Versammlungen, in den Interviews und in dem verehrlichen Bulletin der Bundesregierung vorgebracht. Jene Begründungen, die dort für dieses Gesetz gegeben wurden, lehnen wir rundheraus ab. Ich werde Ihnen ein paar Beispiele geben.
Da hören wir einmal jene Formel, daß man die Freiheit von Staats wegen einschränken müsse, wenn sie mißbraucht werde. So im Bulletin. Herr Schmücker hat sich heute gegen die Einschränkung der Freiheit gewandt. Nun, das ist ein inneres Kabinettsproblem, ist nicht unser Problem.
({2})
Oder ein anderes Kanzlerwort - das müssen doch für Sie alles goldene Worte sein, die ich hier zitiere -,
({3})
es lautet: „Wenn ich ernüchtert bin",
({4})
- es ist ein Kanzlerwort! - „dann nur darüber, weil niemand bereit ist, freiwillig etwas zu tun, sondern eben nur unter Zwang." Zitatende. - Meine Damen und Herren, ich wiederhole deutlich: Form und Inhalt derartiger Begründungen für ein solches Gesetz lehnen wir rundheraus ab.
({5})
Herr Abgeordneter, die Abgeordnete Frau Kalinke möchte Sie etwas fragen.
({0})
Herr Professor, sind Sie der Meinung, daß man die Freiheiten in der Demokratie unbegrenzt benutzen und mißbrauchen darf, oder sind wir nicht darin einig, daß die große Freiheit in der Demokratie nur dann auf Dauer verteidigt werden kann, wenn man sie verantwortungsvoll benutzt?
({0})
Ich kann Ihnen sofort darauf antworten. Dieses Gesetz soll nach unserer Meinung nicht als Strafe für Freiheitsmißbrauch gedacht sein, sondern es soll ein Gesetz als Basis für eine bessere Staatspolitik sein. Das ist der Unterschied.
({0})
Meine Damen und Herren, deswegen lehnen wir jene Haltung ab, die aus den Worten klingt, welche den Anschein erwecken, als ob es wegen Mißbrauchs mit der freiheitlichen Entwicklung zu Ende ginge und nun die Zwangswirtschaft eintreten müsse,
({1})
- Ja, natürlich! Sie lachen immer so, Herr Gewandt.
Wir haben in den letzten Monaten in der deutschen Öffentlichkeit eine Debatte gehabt - ich weiß nicht, ob Sie alle sie verfolgt haben -, aus der man den Eindruck gewinnen konnte, als ob sozusagen an neuen dirigistischen Maßnahmen - es ging bis hin zu Anspielungen auf Reisedevisen - alles möglich sei. Nur zwei Ausnahmen waren da, die Gott sei Dank nicht genannt worden sind: die Güterbewirtschaftung und der Preisstopp. Alles andere wurde diskutiert.
({2})
Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen noch einmal: Wir fassen dieses Gesetz gerade als ein MitDr. Schiller
tel auf, zwangswirtschaftliche Möglichkeiten, die im Entwurf gegeben sind, zu reduzieren und - um ein Bild aus einer anderen Atmosphäre zu nehmen - um die Schwelle, von der ab zwangswirtschaftliche Maßnahmen verlangt werden, möglichst weit nach oben zu verschieben. Das ist die Aufgabe dieses Gesetzes aus unserer Sicht.
({3})
Noch viel ärgerlicher empfinden wir die zweite Art der Kanzler-Begründungen für ein solches Gesetz. Diese Begründungen haben wir bei diesem Gesetz in diesem Sommer seines kanzleramtlichen Mißvergnügens immer dann gehört, wenn der Kanzler „auf die Pauke haute".
({4})
Ich meine jene Begründungen, die es so erscheinen ließen, als ob das deutsche Volk für mangelndes Wohlverhalten bestraft werden müsse. Ich gebe Ihnen nur einen Satz wieder; und der steht auch im Bulletin: „Wenn das deutsche Volk nicht hören will, dann muß es eben fühlen."
({5})
- Ein Kanzlerwort! Das als Begründung für dieses Gesetz.
({6})
Meine Damen und Herren, ich darf Ihnen noch zwei dieser goldenen Worte sagen.
({7})
- Ich kann gar nicht verstehen, daß Sie von der CDU sie nicht hören wollen. Warum nicht?
({8})
- Das sind Kanzlerworte, und ablesen kann ich sie noch; so weit reicht es noch.
({9})
Die zweite Kostprobe: „Ein Volk, das in der Trägheit des Geistes und des Herzens dahintaumelt, gefährdet die Freiheit."
({10})
- Freuen Sie sich darüber? Habe ich Ihnen einen Gefallen getan?
({11})
Ein Drittes und Letztes. Am Tegernsee wurde gesagt: „Wenn ich an etwas irre geworden bin, dann nur daran, ob das deutsche Volk wirklich den Freiheitswillen hat, den ich ({12}) ihm einzuimpfen versucht habe."
({13})
Meine Damen und Herren, ich möchte hier auf weitere Zeugnisse dieser Begründung - ({14})
- Ich kann Ihnen nachher noch ein bißchen nachschieben. Aber ich möchte in diesem Augenblick auf weitere Zeugnisse jener Mischung von Selbstgerechtigkeit und Ungerechtigkeit verzichten.
({15})
Ich darf vielleicht einen Augenblick den Bundestag sich auf ein Wort von Christian Fürchtegott tellert - vgl. Moralische Vorlesungen, Leipzig, 1770 - besinnen lassen.
({16})
- Das Zitat ist ganz ungefährlich und lautet folgendermaßen: „Wir sind hochmütig, wenn wir uns Verdienste zuschreiben, die wir gar nicht oder doch nicht in dem Maße besitzen, als wir uns schmeicheln, und uns dadurch über andere setzen." Das ist dieses Zitat.
({17})
Meine Damen und Herren, ich will auch nicht weitere Mißtöne aus der Pauke des Kanzlers hier bringen.
({18})
- Das sind jene Begründungen dieses Gesetzes gewesen.
({19})
- Meine Damen und Herren, ich habe auch gar keine Lust, daß wir hier im Bundestag noch über Windeln reden. Wollen wir ruhig damit abschließen! Ich halte es für notwendig, daß wir hier einige Schutthalden dieses ruppigen Sommers abtragen, damit wir anschließend allesamt wieder an die Arbeit, an dieses Gesetz gehen können.
({20})
Herr Bundeskanzler, Sie haben heute eine andere Art von Begründung gegeben. Ich habe das mit Genugtuung zur Kenntnis genommen.
({21})
Wären Sie bei jenen anderen Tönen, die das ganze deutsche Volk betroffen haben, geblieben, dann hätte ich Ihnen hier allerdings geraten, Sie sollten sich bei der Gelegenheit dieses ersten erneuten Zusammentretens des Deutschen Bundestages vor dem ganzen deutschen Volk für jene Entgleisungen entschuldigen.
({22})
Herr Abgeordneter, gestatten Sie dem Abgeordneten Klepsch eine Zwischenfrage? Er steht Ihnen gegenüber.
Natürlich.
Herr Kollege Schiller, würden Sie es nicht auch für richtiger und besser halten, wenn Sie hier davon abgingen, das deutsche Volk mit organisierten Störtrupps gleichzusetzen,
({0})
die in Sprechchören zu rufen pflegen: „Maßhalten, du dicke Sau! Hau ab, du alter vollgefressener Fettsack"?
({1})
Das ist der Stil Ihrer Leute, Herr Schiller!
({2})
Herr Abgeordneter Schiller, wollen Sie antworten?
Nachher! - Herr Kollege Klepsch, eigentlich müßten Sie sich nun entschuldigen, weil Sie hier diese scheußlichen Worte gebraucht haben.
({0})
Herr Abgeordneter, Frau Abgeordnete Kalinke möchte Ihnen eine weitere Frage stellen.
Im übrigen kann ich Ihnen - -({0})
- Würden Sie meine Antwort vernehmen: Sie waren mit Ihrer Aussprache der scheußlichen Vokabeln anscheinend so zufrieden, daß Sie mir gar nicht mehr zuhören. Ich darf nur sagen: Ich würde diese Störtrupps, wenn ich sie kennte, genauso zur Entschuldigung bei demjenigen auffordern, den sie beleidigt haben. Genauso!
({1})
Herr Abgeordneter Schiller, Frau Abgeordnete Kalinke möchte eine Frage an Sie richten.
Was meinen Sie wohl, Herr Kollege Professor,
({0})
wie oft sich der Vorsitzende Ihrer Partei, Herr Brandt, vor dem deutschen Volk zu entschuldigen hätte, wenn wir ihm ein Kompendium seiner Wahlreden vorlegten?
({1})
Frau Kollegin, auf diese Retourkutsche, die Sie da versuchen, kann ich nur antworten: Ich kenne bei Herrn Brandt kein Wort dieser Art, das sich gegen das deutsche Volk, seinen Freiheitswillen, seine Vernunft, sein Wohlverhalten in der Weise richtet, wie es in jenen Kanzlerzitaten der Fall war.
({0})
Meine Damen und Herren, hier geht alles um die Begründung dieses Gesetzes.
Herr Abgeordneter Barzel möchte eine Zwischenfrage stellen.
Herr Kollege Schiller, habe ich Ihr Kanzlerzitat richtig verstanden, daß es hieß: „Ein Volk, das ..." und nicht etwa: „Das deutsche Volk, das jetzt ..."?
({0})
Ich glaube, er hat von unserem deutschen Volk gesprochen.
({0})
- Sie wissen ganz genau, daß ich Ihnen drei gebracht habe, und ich kann Ihnen noch mehr nachschieben. Dieses Zitat ist aus dem Bulletin.
({1})
Aber darf ich jetzt zu unserer Begründung kommen.
({2})
- Ich danke Ihnen für Ihre Höflichkeit
Ich sagte Ihnen schon, daß wir das Gesetz nicht unter dem Motto sehen: „Wenn das deutsche Volk nicht hören will, dann muß es fühlen." Das ist nun ein Kanzlerwort; da gibt es gar keinen Zweifel. Vielmehr sehen wir das Gesetz als die Basis für eine bessere Politik, und ich sage Ihnen nur eins, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien: solange jene Begründungen als Strafe für Nichtwohlverhalten vorwalten, ist an dieser Ecke die Frage nach dem heilen Tischtusch berechtigt, weil es einen Unterschied der Meinungen in bezug auf die Begründung dieses Gesetzes aufdeckt. Das sage ich mit allem Nachdruck.
Wir wollen über die Sachprobleme reden. Wir sind dazu bereit.
({3})
- Sie wollen anscheinend überhaupt nicht hören, was Ihr Bundeskanzler monatelang in den Ferien außerhalb des Parlaments zur Motivierung dieses Gesetzentwurfs im deutschen Lande erzählt hat.
({4})
- Ich darf Sie daran erinnern, daß wir im Sinne eines gemeinsamen Sachauftrages unsere Bereitschaft zu Gesprächen beim Bundeskanzler und beim Bundeswirtschaftsminister vor Monaten bekundet haben. In diesem Sinne haben wir auch jetzt das
Gespräch am 8. September beim Bundeskanzler geführt. Wäre man unseren früheren Wünschen gefolgt - vor jenem ruppigen Sommer des Mißvergnügens -,
({5})
dann wären wir heute natürlich sehr viel weiter, auf Ihrer Seite und auch auf unserer Seite. Darüber besteht gar kein Zweifel. Wir wären sehr viel weiter, wenn Sie das von uns erbetene Gespräch rechtzeitig aufgenommen hätten. Ich habe an dem Tage nach dem Gespräch bei Herrn Schmücker - das war schon Anfang Juli nach der Fertigstellung des Regierungsentwurfs - gesagt: wir werden an dem unvollkommenen Entwurf mitwirken, um ihn gründlich zu verbessern. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Wir können jetzt nach Abschluß der Ferien diese unsere Haltung nahtlos fortsetzen. Das nehmen Sie bitte zur Kenntnis.
Gleichzeitig habe ich damals gesagt: das Gesetz ist kompliziert; das Gesetz bedarf des Sachverstandes der Betroffenen, der Wirtschaft - also Hearings! Daher kann das parlamentarische Bearbeiten dieses Gesetzes, Herr Barzel, kein Termingeschäft sein. Das macht man anderswo.
({6})
- Ich hätte es für viel netter und schöner gehalten, wenn Sie in den 21/2 Jahren der von Ihnen getragenen Bundesregierung auch einmal so ein paar Arbeitstermine für diesen Gesetzentwurf gesetzt hätten.
({7})
Aber wir denken gar nicht daran, das zu verzögern. Der Herr Alois Niederalt, Bundesminister für Angelegenheiten des Bundesrats, hat sich jetzt todesmutig in das Gefecht gestürzt. Er redet immer von Verzögerungen und will eine Parforce-Tour machen. Ich kann nur sagen, er möge zur Kenntnis nehmen, wie lange seine Bundesregierung an der Vorbereitung gesessen hat, und er möge weiter zur Kenntnis nehmen, daß unsere Fraktion jetzt beantragt hat - damit sich nicht fünf oder sechs oder sieben Ausschüsse mit der Sache befassen -, einen Sonderausschuß zu bilden, der uno actu die Sache machen kann. Das ist ein technischer Vorschlag zur Erleichterung und zur Beschleunigung der Arbeit. Wir sind dazu bereit; nehmen Sie das bitte entgegen; nehmen Sie es zur Kenntnis. Wir sind bereit, dieses Gesetz oder beide Probleme ebenso intensiv wie zügig in diesem Parlament zu behandeln.
({8})
Herrn Minister Niederalt darf ich noch sagen, er möge sich nur das letzte Vierteljahr vor den Parlamentsferien ansehen. Herr Minister Schmücker hat uns noch im Februar in diesem Hause gesagt: „Das Kabinett hat die Bundesminister der Finanzen und für Wirtschaft aufgefordert, bis zum 31. März einen Gesetzesvorschlag vorzulegen." Minister Schmücker hat ganz ungewohnt friderizianisch hinzugefügt - er ist sonst viel gemütlicher -: „Dem wird entsprochen." Bloß: aus „dem wird entsprochen" ist der 4. Juli geworden, und das heißt, die Verabschiedung durch das Kabinett war ein Vierteljahr später, eine Verzögerung, Herr Niederalt, an der bestimmt kein einziger Sozialdemokrat beteiligt war.
Nun, meine Damen und Herren, müssen wir uns das Gesetz ein wenig ansehen. Diejenigen, die da immer sagen: „Stabilität ist eine gute Sache", ohne in das Gesetz, wie es jetzt ist, hineinzublicken, werden es ja wohl nicht allein beurteilen. Ich darf es ganz kurz machen, so wie der Gesetzentwurf jetzt hier vorliegt.
Als erstes fällt uns auf, daß in dem Zielkatalog, den auch Minister Schmücker erwähnt hat, das „magische Dreieck" anders formuliert ist, und zwar definitorisch anders formuliert als in dem Gesetz über den Sachverständigenrat von 1963. Es entbehrt nicht einer gewissen Pikanterie - sehen Sie es sich an -, daß in diesem neuen Entwurf der Regierung Erhard gegenüber dem vom Jahre 1963 die Bedingung „im Rahmen der marktwirtschaftlichen Ordnung" jetzt fehlt. Ist es pure Vergeßlichkeit? - Ich hoffe es. Es fehlen auch die Gleichberechtigung und Gleichzeitigkeit der Ziele. Wir sind der Meinung - und damit ist schon der erste Punkt erledigt -: Der Gesetzgeber sollte heute in derselben Sprache reden, wenn er das „Zieldreieck" formuliert, wie im Jahre 1963.
Zweitens. Die Konjunkturausgleichsrücklage, die in dem Gesetz vorhanden ist, ist durch den Bundesrat verstärkt worden. Dabei ist der unvoreingenommene Leser etwas frappiert. Wir haben in dem Gesetzentwurf, den uns die Bundesregierung mit ihren Gegenäußerungen vorgelegt hat, nunmehr eine Konjunkturausgleichsrücklage Nr. II neben einer mit Nr. I. Wir haben nicht den Ehrgeiz - so gehen wir nicht an das Gesetz heran -, noch eine Ausgleichsrücklage Nr. III zu erfinden, sondern wir sind der Meinung - das ist eine Sache der „Durchlüftung und Durchforstung" -, daß die Konjunkturausgleichsrücklage Nr. I der Bundesregierung wegfallen kann. Wir sind sogar der Meinung, daß der Bundesrat bei seiner Schöpfung II den Schalk im Nacken hatte, weil er meinte, I, die Variante der Bundesregierung, sei nur eine Deklamation. Wir sind für eine einfache Lösung.
Drittens. Die geforderte und nun endlich im Gesetz vorgesehene mittelfristige Finanzplanung bedarf der Gesamtrechnung. Auch Herr Schmücker hat darüber eben gesprochen. Ich werde nachher bei unseren Forderungen darauf zurückkommen.
Nun kommt als Viertes die Begrenzung der Kreditaufnahme für Bund, Länder und Gemeinden. Herr Minister Schmücker, an dieser Stelle habe ich nun wirklich nicht verstanden, warum Sie gegen das Selektionieren polemisiert und damit sicherlich ihre politischen Gegner gemeint haben. Denn die Kreditbegrenzung ist eine Maßnahme, die Sie selber vorschlagen und die nun unweigerlich das Selektionieren nach sich zieht. Die Begrenzung des Kredits für die öffentlichen Körperschaften, für Bund, Länder und Gemeinden, ist eine Bewirtschaftungsmaßnahme. Man muß sich darüber Gedanken machen, wie das nun aufgeteilt werden soll. Der
Bundesrat hat eine andere Fassung als die Bundesregierung. Ich darf Sie, Herr Schmücker, daran erinnern, daß ich, als wir in Ihrem Zimmer saßen und über dieses Problem sprachen, Ihnen sagte: Wenn jetzt jemand zur Tür hereinkäme, Herr Minister Schmücker, dann könnte er meinen, wir redeten über Textilpunkte. Denn es ging da nur um ProKopf-Quoten, Referenzperioden und um Sonderpunkte für eine großartige Stadt mit Olympischen Spielen demnächst. Das sind doch Probleme der Selektion, das sind echte Bewirtschaftungsprobleme. Ich kann nicht ganz verstehen, daß Sie das nun bei anderen so angreifen. Sie selber schlagen in Ihrem Entwurf so etwas vor.
Meine Damen und Herren, diese Geschichte mit der Kreditbegrenzung für die öffentlichen Körperschaften ist von erheblicher materieller Bedeutung. Wir haben den Herrn Bundeskanzler, den Herrn Bundeswirtschaftsminister gefragt: Was werden Sie, Regierung, Sie, Herr Bundeskanzler, Sie, Herr Bundeswirtschaftsminister, als erstes denn nun praktisch machen, wenn dieses Gesetz mit Hilfe auch sogar vielleicht der Sozialdemokraten irgendwann in diesem Jahr in Kraft tritt? Das haben wir Sie gefragt, und wir haben gehört: Wieder Ordnung in den Kapitalmarkt bringen durch Eindämmung des öffentlichen Kreditbegehrens, insonderheit im Bereich der Schuldscheindarlehen der Gemeinden, und
- das klang heute auch an - durch die Kreditbegrenzung als „fleet in being". Aber irgendwann -- das war ja wohl klar - und wohl auch bald, Herr Schmücker, sollte der „Panzerkreuzer" dann auch ausfahren. Die Bundesbank hat selber sehr viel unverblümter gesagt, sie rechne damit, daß das unverzüglich gemacht wird.
Da, meine Damen und Herren, müssen wir einen Augenblick die Hauptbetroffenen hierbei ansprechen. Das sind die Gemeinden. An dieser Stelle, der Bevollmächtigung dieser Regierung zu einer Kreditbegrenzung, und bei der Absicht, sie als erste Maßnahme erst einmal potentiell und dann auch effektiv einzusetzen, zeigt sich ein ganz schweres, ja, unverständliches Versäumnis der Bundesregierung, vor allen anderen des Bundesfinanzministers. Denn wenn man den Gemeinden im kommenden Winter irgendwann ,den angeblich illegitimen Kredithahn abdrehen will, was geschieht dann bei den Gemeinden? Wo bleiben dann die Mittel für die großen Investitionsaufgaben der Gemeinden: Verkehr, Schulen, Krankenhäuser? Wenn man schon eine Kreditbegrenzung vor allem für die Gemeinden vorhat, dann wäre doch ein gleichzeitiger komplementärer Akt notwendig, damit die Gemeinden nicht vertrocknen. Aus dem großen Paket der großen Finanzreform hätte nämlich ein Sofortprogramm zur Sanierung der Gemeindefinanzen vorgezogen werden müssen,
({9})
und zwar auf den Zeitpunkt, an dem eine Kreditbegrenzung exekutiert wird.
An dieser Stelle, meine Damen und Herren, kann ich Ihnen versichern: Die SPD-Fraktion ist nicht
bereit, nach 150 Jahren an einem nochmaligen Begräbnis des Freiherrn vom Stein teilzunehmen.
({10})
Dazu ist sie nicht bereit. Wir sind nicht bereit, sein Erbe deshalb, weil hier eine komplementäre Maßnahme des Finanzministers und der Regierung fehlt, in diesem Winter oder im nächsten Jahr kaputtgehen zu lassen.
({11})
- Dann müssen Sie sich über die Kreditbegrenzung selber Gedanken machen - und das wollen auch wir -, ob man dann eine solche Waffe einsetzen kann, wenn man kein Mittel hat, um die Wunde, die diese Waffe schafft, zu schließen.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Abgeordneter Dr. Schiller?
Ja.
Herr Professor Schiller, ich möchte aus der Zeit des Freiherrn von Stein wieder in die Gegenwart kommen: Halten Sie die Maßnahmen, die in. Bayern - wenn ich recht sehe, bisher als einzigem deutschen Land - zugunsten der Gemeinden ergriffen worden und die unter dem Namen Eberhard-Plan bekanntgeworden sind, für vernünftig? Sind das die Auffassungen, die Sie auch weiterentwickelt sehen möchten?
Unsere Auffassungen kann ich Ihnen ganz genau angeben. Sie sind sehr präzise dargelegt im „Sonderprogramm zur Sanierung der Gemeindefinanzen" als Vorgriff auf die Finanzreform. Dieses Programm haben wir im Juni dieses Jahres auf unserem Parteitag in Dortmund beschlossen. Da können Sie es nachlesen.
Aber in den sozialdemokratischen Ländern ist insoweit noch nichts geschehen, Herr Professor! Sehe ich das richtig?
({0})
Dr. Schiller ({1}) Herr Schulze-Vorberg, ich möchte Ihnen darauf antworten: Ich habe nicht von der Vergangenheit gesprochen, sondern von der Zukunft,
({2})
vom kommenden Winter, wenn die Kreditbegrenzung eintreten kann. Ich habe nicht von sozialdemokratischen oder von CDU-Ländern oder, wenn es das geben sollte, FDP-Ländern gesprochen, sondern ich habe vom Bund, von der Bundesrepublik, von der Politik dieser Regierung gesprochen - von nichts anderem.
({3})
Meine Damen und Herren! Die übrigen Instrumente - über dieses habe ich, glaube ich, genügend gesagt - ({4})
- Wenn Sie mehr hören wollen!
({5})
- Sie bekommen dann mehr zu hören. Haben Sie doch nicht solche Ungeduld.
({6})
Ich spreche jetzt fünftens genauso wie Ihr Minister über die steuerlichen Abschreibungen und mache es für Sie ganz kurz. Ich sage Ihnen: Wir haben uns über die steuerliche Variation der Abschreibungen, über die Bedenken, die dagegen sprechen, über die Argumente, die dafür sprechen, schon in einer früheren Debatte unterhalten. Das möge im Augenblick genügen.
Wir bejahen sechstens gleichzeitig die vorgesehenen Möglichkeiten der Erweiterung der Offenmarktpolitik der Bundesbank.
Siebentes äußere ich mich nun etwas ausführlicher - ({7})
- Ich habe bisher nichts vergessen, Herr Burgbacher!
({8})
- Ich habe nichts vergessen.
Nun zu dem Thema „Kreditplafondierung", zu dem ja auch schon andere in diesen Wochen kritisch Stellung genommen haben. Herr Bundeskanzler und Herr Minister Schmücker, es ist doch noch völlig offen, wie diese ebenfalls eine Bewirtschaftung darstellende Maßnahme gehandhabt werden soll. Leider hören wir nach wie vor bei dieser wichtigen Sache nichts darüber, wie sie gehandhabt werden soll: Dazu will sich die Bundesregierung im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens äußern.
Meine Damen und Herren. Es ist klar: Kreditplafondierung ist Dirigismus. Ohne Polemik! Sie können auch sagen: eine zentralverwaltungswirtschaftliche Maßnahme. Wenn man diese Maßnahme als notwendig ansieht, dann muß man sie - das hat diese scheußliche Sache an sich - technisch zu Ende denken. Das ist bisher sicherlich nicht geschehen, denn wir haben nichts davon gehört, wie die Kreditplafondierung aufgeteilt werden soll. Marktwirtschaft so nach der Art freischaffender Künstler kann eine ganze Weile gut gehen, aber Zentralverwaltungswirtschaft können Sie nicht so freihändig und nicht so wie ein freischaffender Künstler machen. Sie müssen die Kontingente ganz genau technisch ausrechnen, Schemata entwickeln und sie der Bevölkerung bekanntgeben. Darauf müssen wir leider immer noch warten.
Meine Damen und Herren! Die übrigen Sorgen hinsichtlich der Kreditplanfondierung und ihrer Wirkung auf das wirtschaftliche Wachstum insgesamt
will ich hier nur andeuten. Wenn wir diese sechs Instrumente im Entwurf und den Zielkatalog überblicken, können wir doch wirklich nicht sagen: Dieser Entwurf hat heute schon das Zeugnis der Reife verdient.
Aber nun sagt vielleicht die Regierung oder die Regierungspartei: das ist uns ganz egal; her mit diesem Entwurf mit dem schönen Namen! Ganz schnell verabschieden; denn das ist ein herrlicher, wenn auch zusammengeflickter Notverband für eine angeschlagene Regierung.
({9})
Aber, meine Damen und Herren, bei dieser „Ersten Hilfe bei Unfällen" machen wir nicht mit. Wir wollen das Gesetz sachlich durchbringen, nicht aber diesem Zweck zuführen.
Meine Damen und Herren! Wenn wir das Gesetz als lose Ansammlung von Instrumenten sehen, stellen wir folgendes fest. Drei Instrumente sind völlig unumstritten; darüber brauchen wir gar nicht zu reden: mittelfristige Finanzplanung. Konjunkturausgleichsrücklage als Idee und die Ausdehnung des Aktionsbereichs der Offenmarktpolitik. Die anderen sind sicherlich umstritten. Alle Instrumente können überhaupt nur endgültig beurteilt werden, wenn sie in einem bestimmten finanz- und wirtschaftspolitischen Gesamtkonzept gesehen und einer bestimmten Situation zugeordnet werden.
Damit kommen wir auf eine ganz wesentliche Lücke. Der Entwurf, wie er hier vorliegt, kann natürlich nicht das Konzept bringen, ganz selbstverständlich nicht. Aber er könnte einen heilsamen Zwang auf die Regierung ausüben, ein Konzept für die jeweilige Entwicklungsphase der Wirtschaft zu entwickeln. Dieses Thema war ja wohl auch Gegenstand der beiden Briefe, die die Herren Kollegen Strauß und Barzel in der schönen Ferienzeit an den Herrn Bundeskanzler gerichtet haben. Bei beiden Briefen - soweit sie einer geneigten Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden - konnte man auch Erfreuliches feststellen: daß nämlich kritische Äußerungen der Sozialdemokraten gegenüber dem Gesetzentwurf damals, bevor er erschienen war, und gegenüber der Wirtschafts- und Finanzpolitik der Regierung hier ihren Niederschlag gefunden hatten. Wir haben nichts dagegen. Im Gegenteil, man freut sich über jeden Erfolg bei hoffnungsvoll Beflissenen. Und der Altphilologe unter den Briefschreibern wird sicherlich dabei an ein Wort von Cicero gedacht haben: „Ein Brief errötet nicht."
({10})
Ich glaube, in der Sache sind wir uns klar: Es kommt darauf an, einen Zwang auszuüben, daß eine Therapie entwickelt wird. Es langt nicht, mit dem Gesetz ein paar Medizinen mehr in den Apothekerschrank zu tun.
Bevor ich nun unsere fünf Voraussetzungen nenne, die an dieses Ziel heranführen wollen, kann ich es Ihnen nicht ersparen, daß ich dazu eine Vorbemerkung mache. Ganz wesentlich für unsere Einstellung zu dem Gesetz und zu der Art und Weise, wie es verfassungspolitisch verankert wird, wird es
sein, wie die Bundesregierung mit dem Haushaltsplan 1967 fertig werden wird.
({11})
Die Engländer sagen: „Die Probe auf den Pudding besteht darin, daß man ihn ißt."
({12})
Tatsächlich ist der Bundeshaushalt 1967 nach unserer Meinung ein Testfall für den Geist der Politik der Regierung und dafür, ob diese Regierung eine Politik führt, die mit ihren Absichten in dem Stabilisierungsgesetz übereinstimmt. Ich glaube - ich kann hier wohl für die Öffentlichkeit sprechen -, es gibt augenblicklich in Deutschland eine herrschende Meinung: Der Haushaltsentwurf 1967 - soweit die Regierung ihn bisher beschlossen hat - hat ein ungewöhnliches Maß von Unsolidität bewiesen. Wenn wir die Beschlüsse so entgegennehmen, könnten wir sagen: Der Stabilitätsgesetzentwurf .ist noch nicht einmal ein Appell der Bundesregierung an sich selbst.
({13})
Herr Abgeordneter Schiller, Herr Abgeordneter Schulze-Vorberg möchte eine Frage an Sie richten.
({0})
Der Erfolg der Bemühungen des Bundeskanzlers - so stand es in allen Zeitungen - zusammen mit seinen Gehilfen um eine Kürzung bestand bekanntlich darin, in 13- oder 14stündigem Ringen das zu erreichen, na, ich hätte beinahe gesagt: was jeder Verkaufschef bei C & A machen muß, nämlich eine Summe von 74 auf 73,9 herunterzukürzen. Das ist das einzige.
({0})
Aber daneben gibt es noch die kosmetischen Operationen an dem Volumen des Haushalts.
Angesichts des Steuerkonflikts mit den Ländern sind nach den bisherigen Beschlüssen außerdem noch 2 Milliarden DM ungedeckt. Der Herr Bundeskanzler hat vorhin ein großartiges Wort gesagt: Niemand kann mehr ausgeben, als er einnimmt. Hier haben Sie nach Ihren jetzigen Beschlüssen mit 2 Milliarden, die Ihnen ganz unsicher sind, einen Haushaltsplan gemacht. Das ist der Gegensatz. Ich kann dazu keinen Kommentar geben. Daß dieser Haushalt in dieser Beziehung ungedeckt ist, soweit er bisher beschlossen ist, steht fest. Auch ein anderes Kanzlerwort kann man dazu anführen. Es entspricht dem etwas drastischer als das, was er heute gesagt hat. Er hat auf dem denkwürdigen Wirtschaftstag der CDU/CSU 1965 wörtlich gesagt - ich zitiere es ganz -:
Nur ein Lump gibt mehr, als er hat. Das stammt von Goethe, nicht von mir.
({1})
Meine Damen und Herren, dieser Bundeshaushalt 1967 wird beschlossen von einer Bundesregierung, die in einem Gesetzentwurf verlangt, daß die
Länder „sinngemäß handeln" sollen. Das steht darin. Sie verlangt gleichzeitig Ermächtigungen, mit denen sie in die Autonomie der Länder tief eingreifen kann. Ich bin der Meinung, bei einer solchen Gelegenheit - der erste Haushalt in dieser neuen Ara! - müßte man doch von der Bundesregierung her einen Musterhaushalt erwarten. Was dieser Haushalt, so wie er bisher im Volumen beschlossen ist, an Modellwirkung auf die Länder und Gemeinden und vor allen Dingen auf die Tarifparteien, die immer so gern vom Bundeskanzler bedrängt werden, ausüben wird, das wage ich noch gar nicht auszusprechen. Auf jeden Fall: die ganze ´Öffentlichkeit und wohl alle Fraktionen in diesem Hause werden die Aufstellung des Bundeshaushalts durch die Bundesregierung als einen wesentlichen Maßstab für die Beurteilung des Stabilitätsgesetzes ansehen.
Nun zu unseren fünf Vorschlägen zur Ergänzung der Lücken des Entwurfs, den Vorschlägen, die für uns entscheidend sind.
Das erste ist: Das „gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht" - Herr Schmücker hat darüber gesprochen ist ein ökonomischer Begriff, aber nicht justiziabel. Er ist sehr dehnbar. Ein Referent oder ein Regent, der dazu neigt, die Gesetzesnorm extensiv auszulegen, könnte praktisch dieses Erfordernis, daß das Ungleichgewicht besteht, unaufhörlich erklären, so daß wir in Permanenz die Ermächtigungen, die das Gesetz gibt, in Kraft hätten. Das will, glaube ich, niemand in diesem Haus. Wir sind auch der Meinung, daß die Erklärung: Es ist ein gesamtwirtschaftliches Ungleichgewicht da, eine politische Aussage der Regierung ist, und sie soll es bleiben. Aber wir sind der Auffassung, daß die Bildung dieser Meinung bei der Regierung deutlich eingegrenzt werden sollte, z. B. indem die Bundesregierung bei der Feststellung des wirtschaftlichen Ungleichgewichts verpflichtet wird, sich vorher des Urteils des Sachverständigenrates zu bedienen. - Das ist das eine.
Wir sind auch der Meinung, daß - und dies erscheint uns noch viel wichtiger die Bundesregierung durch dieses Gesetz verpflichtet werden sollte, zu Beginn jeden Jahres einen Jahreswirtschaftsbericht vorzulegen - Herr Schmücker scheint dazu bereit zu sein - auf der Basis der Stellungnahme zum Jahresgutachten des Sachverständigenrates, zu der sie ohnehin verpflichtet ist. Sie sollte verpflichtet sein, dort die Ziele ihrer Politik auch quantitativ für dieses Jahr zu formulieren. Ganz von selbst ergibt sich daraus, daß die Regierung dann darlegen muß, welche möglichen wirtschaftspolitischen Mittel sie zur Abwendung eines drohenden Ungleichgewichts einsetzen will. Damit würden wir die Regierung zwingen, ein Konzept darzulegen, das den Einsatz der schärferen Instrumente des Gesetzes vermindert. Mehr Globalsteuerung, weniger Einzeldirigismus - das ist in der Tat einer der Grundsätze, nach denen wir den Entwurf umgestalten wollen.
Das Zweite ist die Einkommenspolitik. So, wie uns der Entwurf heute vorgelegt wurde, ist er ein Tisch mit zwei Beinen, und er muß umfallen. Es fehlt zum mindesten das dritte Bein, die EinkomDr. Schiller
menspolitik. Das wird allenthalben öffentlich festgestellt.
({2})
- Die starke Wand, Herr Barzel - wo finden Sie die?
({3})
- Die gemeinsame starke Wand ist vielleicht ganz gut; aber sonst gibt es auch eine Klagemauer für Sie. Sie wissen ja!
({4})
Meine Damen und Herren, wir alle wissen, daß der Bereich der Einkommenspolitik unter die Autonomie der Tarifparteien fällt. Wir sind aber der Meinung, daß die Regierung in diesem Gesetz verpflichtet werden sollte, den autonomen Tarifparteien bei deren Entscheidungen Orientierungs- und Entscheidungshilfe zu geben.
Es wurde auf das Beispiel Großbritannien verwiesen. Jawohl, wir wollen nicht die drakonischen Maßnahmen der Einkommenspolitik via Lohnstopp, via Preisstopp wie in Großbritannien. Wir wollen das der deutschen Bevölkerung ersparen, und gerade deswegen drängen wir - gerade wir - auf die Einführung orientierender Mittel und damit auf die Einführung einer Einkommenspolitik der leichten Hand.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Professor Burgbacher?
Bitte!
Herr Kollege, ich habe zunächst nur eine Frage zu dem Passus betreffend die autonomen Tarifparteien. Welcher Unterschied besteht nach Ihrer Auffassung zwischen Orientierungshilfe und Entscheidungshilfe?
Nun, das können Sie nehmen, wie Sie wollen, Herr Burgbacher; ob Orientierungshilfe oder Entscheidungshilfe. Orientierungshilfe ist der allgemeine Begriff, den es überall jetzt gibt. Neuerdings hat sich eingebürgert - einfach deutsche Sprachentwicklung -, auch von Entscheidungshilfen zu sprechen, zumal es neuerdings in ,dem einen Falle sehr prominente Entscheidungshilfen gegeben hat. Das Wort ist neuerdings sehr Mode geworden. Wenn es Ihnen nicht gefällt, können Sie es weglassen. Für uns hat das keine Bedeutung.
({0})
- Ich habe es Ihnen ja gesagt, und ich habe Ihnen auch die Bedeutung gesagt.
Meine Damen und Herren, es versteht sich am Rande, daß wir als Partei und Fraktion überhaupt kein Interesse daran haben, uns in der Zukunft durch die Lethargie unserer Regierungsvorgänger
eine Situation bescheren zu lassen, wie sie bekanntlich Harold Wilson seinerzeit vor die Haustür gelegt wurde. Genau das!
({1})
- Jetzt reden Sie wieder einmal von der Zukunft. Vielleicht ist sie näher, als wir alle denken.
Meine Damen und Herren, über die außenwirtschaftliche Problematik - das ist unser dritter Punkt - hat Minister Schmücker schon etwas gesagt. Natürlich wollen wir nicht durch eine gesetzliche Bestimmung ein Instrument, etwa die Wechselkurspolitik, festlegen. Das wäre ganz unmöglich. Wir sind aber der Meinung, daß eine Bestimmung hineingehört, die einige Instrumente nennt, jedoch die Sache offenläßt - es können ja auch noch andere hinzukommen -, aber die Regierung verpflichtet, bei auftretenden Spannungen ihrerseits marktkonforme Maßnahmen zu ergreifen. Es gefällt uns nämlich nicht ganz, Herr Minister Schmücker,
- und Ihnen im Innersten eigentlich auch nicht -, daß wir im Moment als einziges Instrument eine rein verwaltungswirtschaftliche Maßnahme haben, den § 23 des Außenwirtschaftsgesetzes. Wir würden es für gut ansehen, wenn in diesem Zusammenhang ein paar Instrumente mehr zur Auswahl - nicht als Festlegung - genannt würden. Im übrigen ist die ganze Sache für uns eine Frage der Ehrlichkeit. Man kann nicht dem deutschen Volk vormachen, daß man mit einem Gesetz, das sich allein auf die Inlandsnachfrage richtet, Stabilität herbeiführen könne. In dem Gesetz muß gesagt werden, daß eine entsprechende außenwirtschaftliche Ergänzung notwendig ist. Sonst ist das Gesetz sachlich eine Lüge, oder es ist ein Gesetz mit einer offenen Flanke, ein Gesetz, das zwar Stabilität verspricht, sie aber nicht einhalten kann.
Viertens Koordination! Im Gesetz sind zwei Ausschüsse angedeutet, einer etwas präziser. Wir sind der Meinung, sie sollten beide zusammengelegt werden zur besseren Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Gemeinden in Richtung des Konjunkturrats, wobei die Bundesbank natürlich automatisch beratend dabei sein müßte. Dieser Koordinierungsausschuß wir nennen ihn Konjunkturrat - sollte für die laufenden Dinge da sein. Die Rechtsetzungsbefugnisse - um das klarzustellen - bleiben bei den Verfassungsorganen.
Schließlich fünftens parlamentarische Kontrolle! Ich glaube, auch da müßte sich eine Lösung finden lassen. Wir haben Verständnis dafür, daß der Bundesrat selber in einem wichtigen Falle bei Rechtsverordnungen sogar das Erfordernis der Zweidrittelmehrheit verlangt hat. Wir für den Bundestag verlangen, daß in dem Gesetz bestimmt wird, daß der Bundestag bei allen in Frage kommenden Ermächtigungen der Bundesregierung das Recht hat, innerhalb von sechs Wochen die entsprechenden Maßnahmen, die auf Grund der Ermächtigungen ergriffen worden sind, außer Kraft zu setzen. Das Prinzip
ist in einem Falle im Gesetzentwurf vorgesehen. Wir sind der Meinung, es sollte auf alle irgendwie in Frage kommenden Akte und Ermächtigungen angewendet werden, - nicht nur aus rechtsstaatlich-parlamentarischen Grundsätzen heraus, sondern auch deswegen, weil wir meinen, daß sich dann im Deutschen Bundestag ein Gremium entwickeln wird, das ein laufendes partnerschaftliches Verhältnis zu den entsprechenden Stellen haben wird, die mit einer solchen Stabilitätspolitik zu tun haben.
({2})
Meine Damen und Herren, das sind unsere fünf Forderungen. Als Abgeordneter von Berlin bin ich versucht zu sagen: sie sind unsere fünf Essentials.
({3})
Nehmen Sie dazu die kritischen Anmerkungen und Vorschläge zu den im Entwurf selbst enthaltenen Regelungen und Instrumenten, und dann sagen Sie nur, diese fünf Essentials und die anderen Bemerkungen, die wir gemacht haben, seien keine konstruktiven Beiträge und seien keine Alternativen!! Im übrigen habe ich den Eindruck, daß bei dem Bundeswirtschaftsminister schon jetzt eine gewisse Neigung besteht, einen Teil dieser Essentials zu erfüllen.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Herr Präsident, darf ich im Hinblick auf die fortgeschrittene Zeit im Moment den Schlußteil weiterführen.
Meine Damen und Herren, ich kann nunmehr zu dem vom Kanzler und vom Wirtschaftsminister so oft berührten Thema „Grundgesetzänderung - Staatsvertrag" etwas sagen. Sie wissen, daß wir der staatsvertraglich-freiwilligen Regelung zwischen Bund und Ländern als Basis auch eines Konjunkturrats den Vorzug geben vor dem schweren Geschütz der Verfassungsänderung. Wir haben diesen Vorschlag des Staatsvertrags und des Konjunkturrats sehr früh gemacht, lange Monate vor Erscheinen des Regierungsentwurfs, weil wir der Meinung waren, die Bundesregierung hätte zur Beschleunigung auf freiwillige Übereinkommen losgehen sollen, etwa unter dem Motto: Nun ist die Stunde der Bewährung des Förderalismus gekommen, also versuchen wir es mit einem Staatsvertrag!
({0})
Das ist nicht geschehen, obgleich drei Länder, darunter auch Bayern, der Idee des Staatsvertrages ganz aufgeschlossen waren, sogar zwei - dazu gehört auch Bayern - Modellverträge gemacht haben. Aber die Bundesregierung wollte nicht.
Wir können weder die Bundesregierung noch die Länderregierungen - aber hier geht es in erster Linie um die Bundesregierung, die nicht will - zu einem Staatsvertrag zwingen. In der Tat, wir können die Bundesregierung zu einem Staatsvertrag mit den Ländern nicht zwingen. Ich sage deshalb:
Wenn unsere soeben präzis formulierten fünf Essentials in fairer Weise in das Gesetz eingebaut werden und wenn die übrigen Probleme in dem Gesetzentwurf - auch nach den Hearings mit der Wirtschaft - befriedigend gelöst sind, dann werden wir auch über jenen anderen Weg mit uns reden lassen. In der ganzen Zeit aber werden wir Sie von der Regierungskoalition immer wieder fragen: Was wollen Sie eigentlich praktisch, wozu sagen Sie ja oder nein?
Im übrigen ist die Änderung der Verfassung, des Art. 109, in ihrem Inhalt noch völlig unklar. Es ist eine parlamentarische Selbstverständlichkeit: Die Abstimmung über das Gesetz und auch die Abstimmung über eine mögliche Verfassungsänderung erfolgt, nachdem die Ausschüsse oder der Ausschuß ihre Beratungen abgeschlossen haben. Die Abstimmung über diese Dinge erfolgt am Ende, nicht heute.
({1})
Sie sehen aus diesen Darlegungen, daß es uns auf die Sache ankommt und daß wir unsere endgültige Entscheidung von dem Inhalt des Gesetzes abhängig machen oder, wenn Sie so wollen, von dem Inhalt der gesamten Normierung. Wir fordern keine „sachfremden Preise". Was ist uns in diesen Monaten alles unterstellt worden, so also z. B., daß wir mit sachfremden Preisen kämen wie in einem Tauschgeschäft: einmal Düsseldorf gegen einmal Grundgesetzänderung oder ähnliches. Trauen Sie uns das bitte nicht zu! Wir fordern nur sachbezogene Preise.
({2}) - Ich kenne keine.
Sicherlich ist das Grundgesetz in einer besonderen Situation nach dem Kriege entstanden. Die Verfassung ist aber zugleich ein wesentliches Fundament des Vertrauens unserer Bevölkerung in die parlamentarische Ordnung.
({3})
Das Vertrauen in die staatliche Autorität und in das Regime hat allerdings in den letzten Wochen und Monaten Not gelitten, nicht weil die Verfassung unzulänglich ist, sondern einzig aus dem Grund, weil es der Bundesregierung an Führungskunst und Führungskraft gebrach.
({4})
Aus diesem Grund muß ich gerade im Zusammenhang mit der Grundgesetzänderung sagen: Wesentlich ist doch die Feststellung, daß wir zur Zeit eine Regierung haben, die lediglich nach dem Prinzip operiert: Überleben ist alles.
({5})
Das sind die Realitäten.
({6})
- An dieser Geschichte bin ich nicht beteiligt. Und wir haben zur Zeit eine Regierung, deren ReDr. Schiller
gierungschef - lassen Sie mir die Freiheit, das zu sagen -, der mit einem gescheiterten Minister durch dick und dünn geht, weil man gemeinsam besser und weicher fällt. Genau das ist es.
({7})
- Das wollen Sie nicht hören. - Natürlich, das ist doch so!
({8})
- Herr Blumenfeld, Sie müssen doch zugeben, daß eine solche Situation, daß der derzeitige Status der Bundesregierung nicht die allerprächtigste Ausgangsposition für die Regierung ist, jetzt von einem Parlament eine Verfassungsänderung mit neuen Vollmachten zu verlangen.
({9})
Und im übrigen: wir sind ja alle darüber orientiert, diese Situation hat sich doch herumgesprochen, von der Isar bis an die Alster, von Franz Joseph Strauß bis zu Erik Blumenfeld hat sich das herumgesprochen.
({10})
Ich habe sogar den Eindruck: manchen Mitgliedern der CDU/CSU-Fraktion wird z. B. unsere Forderung 5 nach verstärkter parlamentarischer Kontrolle bei ihrer eigenen Entscheidung, die später ansteht, hilfreich sein.
({11})
Bezüglich unserer sachlichen Forderungen können Sie wirklich nicht sagen - sie werden nachher noch verdeutlicht werden -, daß wir nicht einen Beitrag leisten. Wir wollen mit diesem Gesetz eine neue Ara einleiten. Der Bundeskanzler will es auch. Wir wollen Schluß machen mit einer Politik, die zwischen einem Haushaltssicherungsgesetz 1966 und einem Budgetmodell 1967 hin- und hertaumelt. Das ist doch klar, das muß doch ein Ende nehmen. Und sicherlich betreiben wir mit unseren fünf Essentials und mit unseren Einzelbemerkungen keinen Perfektionismus. Es gibt natürlich keine narrensichere Truppendienstvorschrift für die richtige Politik. Ein noch so gutes Gesetz kann eine schwache Regierung nicht ersetzen, das ist allerdings wahr.
({12})
Aber es könnte doch wenigstens normative Voraussetzungen für eine bessere Politik geben. Wenn ein so verbessertes Gesetz angenommen wäre, könnte das ein echter Fortschritt sein, ein Fortschritt, der dem Wandel der Situation in unserer Wirtschaft und in unserer Stellung in der Weltwirtschaft und Weltpolitik gerecht wird, ein Gesetz also wirklich - wie wir es nennen - „zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Volkswirtschaft" - und nicht der derzeitigen Regierung. Wir sind im Gegenteil der Meinung: ein so vervollständigtes, besseres Gesetz würde eine Herausforderung für die jetzige Regierung sein. Es würde eine besondere Situation entstehen. Wie immer man sie beschreiben will:
Wenn es uns gelingt, ein gutes Gesetz aus diesem Torso zu machen, bin ich fast sicher, daß das neue und gute Gesetz sich dann eine neue und bessere Regierung suchen wird.
({13})
Das Wort hat der Abgeordnete Barzel.
Herr Präsident! Meine Damen und meine Herren! Die Rede des Kollegen Schiller veranlaßt mich, einen kurzen Beitrag zu einigen politischen Aspekten zu leisten; zu den Einzelheiten werden andere Kollegen im Laufe der Debatte sprechen.
Herr Kollege Schiller, ich war enttäuscht über den polemischen Teil Ihrer Rede,
({0})
und zu dem spreche ich zunächst. Ich war deshalb enttäuscht, Herr Kollege Schiller, weil ich Sie bisher für einen guten Polemiker gehalten habe. Diesen Ruf sind Sie heute losgeworden.
({1})
Daß Ihnen dies im Beisein Ihres Freundes Günter Graß passieren mußte, tut mir aufrichtig leid.
({2})
Meine Damen und Herren,. ich glaube, der Unterschied im Ton zwischen den Reden der Regierung und dem polemischen Teil der Rede des Kollegen Schiller - auf den sachlichen komme ich zurück, Herr Kollege Schiller - ist offenkundig und für jedermann unüberhörbar und unübersehbar. Polemik fordert nun eigentlich Polemik heraus. Aber da diese Polemik von Ihnen danebenging, kann ich mir das heute schenken.
({3})
Wenn ich nämlich Ihre Rede mit den Reden des Herrn Bundeskanzlers und des Herrn Kollegen Schmücker vergleiche, dann ist doch deutlich geworden, wo das bessere Konzept und wo die besseren Männer sind.
({4})
Meine Damen und Herren, Polemik unter Politikern ist gestohlene Zeit für die Lösung der Sachfragen unseres Volkes.
({5})
Wenn wir hier auf unseren Antrag hin drei Wochen
früher zusammengetreten sind, als es vorgesehen
war, dann war es sicherlich nicht zweckdienlich, in
dieser ersten Stunde so lange Zeit für polemische Äußerungen wegzunehmen.
({6})
Meine Damen und Herren, wir haben gemeinsam die Pflicht, Schaden von unserem Volk zu wenden,
({7})
wir haben gemeinsam die Pflicht, das sachlich Richtige jetzt zu tun und zu einem Sachgespräch über das, was hier ansteht, zu kommen.
({8})
Hierzu gehört nur noch eins: wir sollten uns den permanenten Wahlkampf ersparen.
({9})
Unser Verfassungsauftrag ist - und ich sage dies vor dem Hintergrund dessen, was gestern Ihr Parteivorsitzender aus der hohlen Hand zu einer Verfassungsänderung leichtfertig gesagt hat -,
({10})
daß wir vier Jahre lang so, wie es die Wähler entschieden haben, miteinander arbeiten, miteinander auskommen und sachliche Arbeit für unser Land leisten. Dies ist unsere Aufgabe.
({11})
Damit auch dies zu Ende sein kann
({12})
- nur um zu zeigen, Herr Kollege Schiller, wir können es auch noch; aber es nutzt eigentlich gar nichts -, erlauben Sie mir nun, zu wenigen politischen Bemerkungen, die hier angebracht sind, überzugehen. Erlauben Sie zuerst und ganz ernsthaft und im Geiste der Kollegialität,
(Zurufe von der SPD: Aha! - weitere Zurufe von ({13})
die uns hier verbindet,
({14})
und im Geiste der Menschlichkeit, die Gott sei Dank in diesem Hause - ({15})
- Meine Damen und Herren, Sie können zurufen, was Sie wollen,
({16})
ich werde mich nicht abhalten lassen, jetzt das zu tun, was ich vorhabe.
mom
({17})
Ich habe vor, von dieser Stelle aus als erstes zum
Sachlichen dieses Beitrages im Namen meiner Fraktion Ihnen und dem Kollegen Fritz Erler von Herzen
baldige und völlige Wiederherstellung seiner Gesundheit zu wünschen.
({18})
Meine Damen und Herren, im sachlichen Teil der Rede des Kollegen Schiller ist einiges zum Haushalt gesagt worden und, wenn ich ihn recht verstanden habe, auch dazu, daß diese Regierung auf dem Gebiet mehr und Härteres hätte machen können. Habe ich Sie so recht verstanden? - Diesem Tatendrang kann leicht ein Ziel gesetzt werden. Wir werden darauf zurückkommen, wenn wir Ihr Ja zu den konkreten Punkten des haushaltspolitischen Teils unserer Stabilitätspolitik erbitten müssen. Wir werden dann sehen, ob Sie hier nur den Mund spitzen oder auch pfeifen. Denn, meine Damen und Herren, völlig zu Unrecht wird in der Öffentlichkeit der harte Teil der Haushaltspolitik der Bundesregierung übersehen. Das wird uns noch im einzelnen zu schaffen machen. Die Debatte über den Haushalt 1967 wollen wir heute nicht führen. Denn auch das kann man nicht aus dem Ärmel schütteln. Uns liegt keine Vorlage vor. Ich 'bin unterrichtet, daß die Bundesregierung hierzu am 28. September die Beschlüsse fassen wird.
Nun noch ein paar Sätze zu dieser Vorlage! Herr Kollege Schiller, wie nicht anders zu erwarten, wir werden dieser Vorlage zustimmen und wir werden uns auch bemühen, die Beratungen hierüber zügig in Beschlußfassungen enden zu lassen. Ich rechne hierbei auch insoweit auf Ihre konstruktive Mitarbeit, Herr Kollege Schiller.
Sie werden es allerdings dem von Ihnen eben zu Terminen angeratenen Fraktionsvorsitzenden der stärksten Regierungspartei erlauben, auch weiter mit einem gewissen Termindruck zu arbeiten, damit sich hier nicht etwa nur andere Tendenzen durchsetzen.
({19})
- Herr Kollege Hermsdorf, von „überrollen" ist gar keine Rede. Hören Sie auf das, was ich jetzt sagen möchte.
Wir sind uns der Tragweite der beantragten Änderung des Grundgesetzes voll bewußt. Was die Bundesregierung beantragt, ist nicht eine Verbesserung verfahrenstechnischer Normen, sondern eine Änderung von hohem Rang und tiefem Einschnitt. Die Bundesregierung beantragt diese Änderung des Grundgesetzes nicht für sich, sondern für jede vom Wähler beauftragte Regierung.
({20})
Sie beantragt sie nicht, weil sie ihr gerade so einfiel, sondern weil sie ohne diese Änderung ihrer Verantwortung für unser gutes deutsches Geld wie für weiteren sozialen Fortschritt und weitere Sicherheit nicht voll gerecht zu werden vermag.
({21})
Meine Damen und Herren, der Wiederaufbau ist zu Ende. Deshalb sind die Probleme von heute und von morgen anderer Art, und sie verlangen - ich freue mich, daß Sie dem im Grunde nicht widersprochen haben - ein verbessertes Instrumentarium.
Sie verlangen die Gesamtschau der öffentlichen Haushalte sowie die Möglichkeiten der Zusammenordnung. Wir glauben nicht, daß dies ausreichend und zweckdienlich durch Staatsverträge geschehen könnte. Das wird aber im einzelnen noch von Kollegen von uns vorgetragen, und auch Herr Kollege Schmücker hat schon einiges dazu gesagt.
Ich habe den Eindruck, daß die sozialdemokratische Opposition in den vergangenen Jahren zu oft und zu viel an Verfassungsänderungen herangegangen ist unter dem Blick auf die jeweilige Lage, die jeweilige Regierung. Bitte, darum geht es nicht. Es geht um die Gesamtordnung des Staates. Ich denke, Herr Kollege Schiller, daß dies auch eine Antwort auf die Schlußpolemik ist. Ich will am Schluß nicht noch einmal eine Polemik machen, wie Sie das getan haben.
Unsere heutige Entscheidung, meine Damen und Herren - und wir treffen heute Entscheidungen durch die Art, in der wir Kraft und Entschlossenheit hinter diese Stabilitätspolitik insgesamt setzen -, sowie die zügige Behandlung dieser Vorlage und auch die Kraft, welche dieser Deutsche Bundestag geschlossen hinter diese Politik stellt, werden über die Paragraphen hinauswirken, die hier vorgelegt sind. Sie werden von Einfluß sein auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung. Sie werden sicher nicht übersehen werden von den Ländern und Gemeinden und den anderen öffentlichen Händen. Sie werden sicher auch von den Tarifpartnern gewürdigt werden. Auch die Bundesbank - das ist schon von der Regierungsseite angekündigt worden, aber ich will es aus gutem Grunde noch einmal sagen - wird kaum an ,dem ernsten Willen dieses Hauses zur Bescheidung bei den öffentlichen Ausgaben achtlos vorbeigehen. Sie wird eine solche Tatsache sicher voll werten, und eben dies könnte, natürlich nicht automatisch, aber doch im Zusammenhang, zur Lockerung ihrer Politik zunächst auf dem Kapitalmarkt und dann sicher auch beim Export führen.
Dieser Punkt, der hier indirekt mit zur Debatte steht, diese Bundesbankpolitik des knappen Geldes berührt doch nicht nur unsere Unternehmungen und ihre Investitionen, also das Brot und den Arbeitsplatz von morgen, sondern sie berührt doch die Menschen in unserem Lande. Da gibt es den jungen Mann, der gespart und einen Bauplatz für das Familienheim erworben hat, der aber nun mit der Finanzierung nicht so recht weiterkommt. Da gibt es den älteren oder beschädigten Arbeitnehmer, der seinen Chef besorgt durch den Betrieb gehen sieht und ,der sich deshalb aus Sorge um seinen Arbeitsplatz -- das müssen wir hier auch ansprechen - entschließt, eine Kur zu verschieben oder trotz leichter Erkrankung weiterzuarbeiten. Da gibt es ferner die Sorgen all derer, die, sei es in der Wissenschaft, in der Wirtschaft, sei es in der Politik, mit der Zukunft unseres Landes zu tun haben, mit unserem Rang in der Welt, mit der sozialen und äußeren Sicherheit von morgen, mit der Wahrung unserer Position in der deutschen Frage. Sie wissen, daß all dies von unserer Wirtschaftskraft, von der Stabilität und dem Wachstum zugleich abhängt.
Wer nun dem erwähnten Arbeitnehmer, der bauen will, und dem anderen, der um seinen Arbeitsplatz besorgt ist, wer jenen um die allgemeine Zukunft Besorgten helfen will, der muß jetzt für die Verabschiedung dieses Gesetzes sein.
({22})
Ich füge hinzu - und das ist ein bißchen der Grund, Herr Kollege Schiller, warum ich mich auch bemühe, Termine zu setzen; wir können auch über Termine sprechen, wenn es eine gemeinsame Einlassung gibt; das ist sehr gut; ich will Ihnen auch helfen, um Ihnen den Vorwurf der Verzögerung zu ersparen -:
({23})
wer unser Land und uns alle vor einer Entwicklung, wie sie in anderen Ländern ist, bewahren will - ich hatte manchmal den Eindruck, Herr Kollege Schiller, als ob Sie im falschen Saal einiges sagten -, wer unsere Rentner, unsere Arbeiter und - sprechen wir es ruhig aus - unsere Touristen vor solchen Entwicklungen bewahren will, der muß jetzt dieser Vorlage zustimmen.
({24})
- Ich komme gleich zu Ihren Änderungsvorschlägen. Diese Vorlage ist ja kein Allheilmittel. Aber ohne das Ja zu dieser oder einer gemeinsam verbesserten Vorlage
({25})
- ich kann doch nicht damit anfangen; ich muß doch auch Ihnen erst das Vergnügen lassen, hier zum Teil aus sich herauszugehen, wenn ich spreche ({26})
gibt es eben überhaupt keine Chance für das Ganze, was jetzt für morgen not tut.
Was ist dieses Ganze? Ich möchte sagen - weil Sie, Herr Kollege Schiller, dieser Regierung und der sie tragenden Koalition doch direkt oder indirekt so ein ganzes Stück Vorwürfe gemacht haben -, das Ganze ist, daß wir am Schluß der Wiederaufbauphase festzustellen haben: wir stehen in den sozialen Leistungen in der Welt auf Nr. 1, wir stehen im Welthandel auf Nr. 2 und in der Industrie und Produktion auf Nr. 3. Eine schöne Bilanz am Schluß der Wiederaufbauphase!
({27})
Nun geht es einfach darum, das durch sachgerechte Antworten für morgen zu erhalten und auszubauen und mit einem modernen Instrumentarium der Regierung zu helfen. Wir brauchen eben für diesen gesunden Fortschritt eine solche Gesetzgebung. Schon die Ankündigung dieser Gesetzgebung hat ja einiges bewirkt. Die Bundesregierung wird sicher im Laufe dieser Debatte Gelegenheit nehmen, die erfreulichen Daten einer sich verändernden wirtschaftlichen Situation vorzutragen. Wir können einen neuen Aufschwung schaffen. Es gibt bei den wirtschaftlichen Daten Lichtpunkte nach vorn.
Noch einmal zu einem Ihrer Punkte, Herr Kollege Schiller. Der sachliche Teil Ihrer Rede enthielt manchen Hinweis außer jenen, zu denen ich etwas ge2678
sagt habe , dem wir im gemeinsamen Nachdenken sorgfältig nachgehen sollten. Ich will deshalb auch auf irgend etwas im einzelnen, was ich hier nur flüchtig gehört habe, ohne genügende Prüfung nicht eingehen. Ich frage mich nur - und das werden Sie sicher noch im Verlauf dieser Debatte aufklären wollen -, wie Sie die Vorschläge - wenn ich Sie recht verstanden habe - hinsichtlich der steuerlichen Abschreibungen und der Kreditplafondierung in Frage stellen können, zugleich auf der anderen Seite rügen können, daß dieser Entwurf mehr auf den Staat als auf die private Wirtschaft gerichtet sei. Dies, meine Damen und Herren, wird sicher der Auflösung bedürfen, auch wegen derer, die an dieser Debatte Interesse haben; ich glaube, ich brauche hier nicht deutlicher zu werden.
Meine Damen und Herren, wir stehen vor einer Frage, die entweder gemeinsam gelöst wird oder nicht gelöst werden kann. Dies wissen wir. Sie können es nicht allein; wir können es nicht allein. Wir wollen sie miteinander lösen. Diese Gesetzgebung verlangt eine Zweidrittelmehrheit, und sie verlangt Zügigkeit. Wir sind bereit - ich sage dies noch einmal in aller Form -, Ihre Vorschläge sorgsam zu diskutieren, sofern weder der wesentliche Gehalt noch die gebotene Beschleunigung beeinträchtigt wird. Wir sind bereit, durch diese für unser Land unerläßliche Gesetzgebung darzutun, daß uns alle, bei allem notwendigen Streit, Gemeinsinn verbindet. Wir sind aber - und dies muß auch heute schon gesagt werden - nur bereit, das Ganze, also den privatwirtschaftlichen wie den öffentlichen Teil - wenn ich es so sagen darf - dieser Gesetzgebung, geschlossen zu verabschieden. Sie werden mir erlauben, mit Genugtuung und Freude festzustellen, daß insoweit in der Koalition, bei unseren Koalitionspartnern, den Freien Demokraten, ebenso wie bei den Landesregierungen in diesen Fragen eine sehr erfreuliche Übereinstimmung festzustellen ist.
({28})
- Sie werden mir erlauben, das festzustellen, Herr Hermsdorf; danke schön!
Herr Kollege Schiller, noch ein Wort zu der Frage, die Sie gestellt haben und die ich mir unter dem Stichwort „Warum erst jetzt?" notiert habe. Sehen Sie, wenn wir unpolemisch miteinander diskutierten und uns vorstellten, wir würden jetzt beide zusammen durch einen Garten gehen, würden wir sicher beide in einem übereinstimmen: Alles Vernünftige braucht seinen richtigen Zeitpunkt. Auch jede wichtige Gesetzgebung braucht die politische und psychologische Landschaft, die sie überhaupt erst möglich macht.
({29})
- Lassen Sie mich noch zwei Sätze dazu sagen, Herr Kollege Schiller; Sie kommen gleich dran. Ich erinnere mich jetzt, auf was für Widerspruch wir im vergangenen November, als wir anfingen, von solchen Dingen zu sprechen, in der öffentlichen Meinung gestoßen sind. Sie reagiert jetzt anders; auch die Länder reagieren anders.
({30})
Ich erinnere mich auch daran, Herr Kollege Schiller - und damit bekommen Sie Ihr Stichwort -, was etwa Herr von Savigny in seinem berühmten Buch „Vom Beruf unserer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft" geschrieben hat. Sie werden mir zustimmen, daß jede vernünftige Gesetzgebung ihre politische und psychologische Landschaft braucht, in der sie überhaupt erst möglich wird. Dieser Zeitpunkt ist jetzt da, meine Damen und Herren.
({31}) Bitte, Herr Kollege!
Herr Dr. Barzel, Sie haben gesagt: „Jede Sache braucht ihre vernünftige Zeit." Warum wenden Sie diesen gesunden und sehr selbstverständlichen Grundsatz eigentlich nicht auf die Arbeit dieses Parlaments an, die heute erst mit diesem Gesetz beginnt? Warum reden Sie ausgerechnet in dieser Phase der Arbeit von „Beschleunigung" und von „Terminen"?
Herr Kollege Schiller, ich hoffe, dieser Zwischenruf soll nicht bedeuten, daß hier irgend jemand eine besonders lange Zeit für die Beratungen anstreben will. Wir haben gesagt, wir sind bereit, sorgsam zu prüfen. Das ist eine klare Auskunft. Aber Sie scheinen hier wirklich das Wort „Zeit" falsch verstanden zu haben. Ich habe nicht von der „Zeit" im Bundestag, sondern von einer psychologischen und politischen Landschaft in der Gesellschaft, im Volk, in der öffentlichen Meinung, bei den Ländern und Gemeinden insgesamt gesprochen. Heute haben alle eingesehen, daß die Bäume nicht in den Himmel wachsen.
({0})
Vor einem Jahr war dies noch anders.
Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage?
Aber gern!
Herr Kollege Barzel, finden Sie denn, daß es im Sinne dieser Auslegung des Begriffes „Zeit" eine besonders gute psychologische Situation ist, das Gesetz unter dem Druck vorzulegen? Das Parlament muß frühzeitig zurückkehren, das Parlament könnte ja oder nein sagen und damit über das Bleiben oder Nichtbleiben des Bundeskanzlers entscheiden, wie einige Ihrer Herren bereits gesagt haben. Das alles sind doch psychologische Voraussetzungen. Gehören die zu diesem Bild, das Sie jetzt von der Zeit gemalt haben?
Sehr verehrter Herr Kollege, die Unterstellungen in Ihrer Frage weise
ich zunächst einmal zurück. Ich will hier nicht polemisieren. Aber nun nehmen Sie doch - ({0})
- Es hat wirklich keinen Zweck. Meine Damen und Herren, ich bemühe mich ja gerade darum, mit Ihnen in ein sachliches Gespräch einzutreten und den anderen Kollegen zu erlauben, nachher in einem ruhigen Klima rein sachlich miteinander zu sprechen. Aber ich sage Ihnen dies - und das nehmen Sie mir bitte so ab, wie ich es meine -: Ich habe auf den Gesamtzusammenhang unserer volkswirtschaftlichen Situation hingewiesen. Ich könnte Ihnen, Herr Kollege Schiller, dazu auch Zitate von Ihnen aus dem Zettelkasten vorlegen, ob nun nicht Zeit sei für mehr Wachstumspolitik. Wegen dieses Gesamtzusammenhangs haben wir gebeten, drei Wochen früher hier zu arbeiten, weil Stabilität, gutes deutsches Geld und dann das Ziel, durch diese Politik wieder in ein gesundes Wachstum zu kommen, vor allem anderen Vorrang haben.
({1})
Gestatten Sie eine Frage?
Bitte schön!
Herr Kollege Barzel, Sie sagen: mehr Wachstumspolitik. Brauchen Sie dazu in diesem Augenblick das Gesetz? Da brauchten Sie bloß die Restriktionspolitik der Bundesbank zu ändern.
({0})
Herr Kollege Schiller, ich glaube, daß der Zusammenhang zwischen der Restriktionspolitik der Bundesbank und der Ausgabenpolitik aller öffentlichen Hände insgesamt, des Bundes, der Länder und der Gemeinden, offenkundig ist. Erst wenn völlig klar wird, daß dieses Haus durch entschlossenes Handeln in der Zurückdrängung öffentlicher Ausgaben mit gutem Beispiel vorangeht, ist für die Deutsche Bundesbank eine andere Situation vorhanden.
({0})
Meine Damen und Herren, erlauben Sie mir, nachdem ich nun mehrere Zwischenfragen beantwortet habe, im Hinblick auf die Uhr nur noch wenige Bemerkungen zu machen; denn ich glaube, daß auch unsere Kollegen von der Koalition aus bekannten Gründen noch bald zu Wort kommen möchten.
Ich möchte noch ein Wort zu Herrn Kollegen Schmücker, dem Herrn Bundeswirtschaftsminister, sagen; ich glaube, das gehört in diese Debatte. Auch wir sehen, Herr Bundeswirtschaftsminister - dies nicht ohne Besorgnis -, wie andere Länder, die mit uns im Welthandel konkurrieren - und dies ist hinsichtlich unserer Arbeitsplätze von morgen entscheidend -, sich nicht nur im grenzüberschreitenden Verkehr, sondern auch durch Förderung ihrer produktiven Wirtschaft und ihrer Wissenschaft um
ungleiche Startbedingungen bemühen. Wir sehen auch, wie die Mächte mit einer entwickelten Raumfahrt und mit starker nuklearer Position - und dies sage ich an die Adresse des Herrn Bundeskanzlers vor seiner Reise in die USA - Ergebnisse der aus Steuermitteln betriebenen militärischen und staatlichen Forschung ihren Industrien zur Verfügung stellen. Unsere Patent- und Lizenzbilanz ist negativ. Die Arbeitsteilung im Bündnis, Devisenhilfe und anderes zwingen uns, auch diese Fragen international auf den Tisch zu legen. Ich möchte es heute vor dieser Reise bei diesem generellen Hinweis bewenden lassen.
Meine Damen und Herren, unsere Fraktion hat in diesen Tagen - auch das gehört hierher - völlig klargemacht, daß zu einer solchen Politik, die die Wirtschaftskraft für morgen im Sinne von mehr Sicherheit nach außen und innen stärken will, auch gehört, daß wir Europäer - und wenn es gewünscht wird, auch im atlantischen Rahmen - zu einer verstärkten Zusammenarbeit kommen, wirtschaftlich, wissenschaftlich, technologisch und sozial. Wir unterstützen die Position, die der Bundeswirtschaftsminister hier eingenommen hat, indem er vor dem Rückfall in Nationalismen gewarnt hat. Die Antwort kann nur eine vermehrte Zusammenarbeit in allen diesen Fragen sein.
({1})
Wir, die CDU/CSU, werden alles in unseren Kräften Stehende tun, um diese für unsere Zukunft essentielle Gesetzgebung sachgerecht, im Gespräch mit allen und zügig zu verabschieden. Indem wir dies tun, stärken wir „die Realitäten Deutschlands als Volk und Nation", und eben dies nannte Kennedy in Berlin die Voraussetzung für die Selbstbestimmung aller Deutschen in Frieden und Freiheit.
({2})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Starke.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zu den Ausführungen des Herrn Kollegen Barzel nur sagen, daß ich mich seinen Betrachtungen über die Polemik, die hier stattfindet, anschließe. Ich möchte die Zeit damit aber jetzt nicht noch länger in Anspruch nehmen. Gestatten Sie mir aber, einen Punkt herauszugreifen, das ist der Zeitpunkt. Ich stimme Ihnen, Herr Kollege Barzel, voll und ganz zu: Man kann dieses Gesetz nicht mit jedem anderen vergleichen. Hier spielt vielmehr in der Tat der Zeitpunkt eine große Rolle, und der Zeitpunkt ist wirklich da! In der Bevölkerung, in der Öffentlichkeit ist eine Unruhe, eine Beunruhigung, und man erwartet jetzt, daß das Parlament nüchtern und sachlich, aber auch zügig diesen schwerwiegenden Gesetzentwurf berät und verabschiedet.
Ich möchte nur zu einem einzigen Punkt etwas sagen. Wenn Sie, Herr Kollege Schiller, jetzt eben einwarfen, die Bundesregierung und die Koalition brauchten sich nur zu bemühen, daß der Notenbankpräsident die Restriktionen aufhebt, dann hät2680
Dr. Starke ({0})
ten wir wieder wunderschöne Verhältnisse und ein gutes Wachstum, so bin ich ein wenig entsetzt, daß das in diesem Hohen Hause aus Ihrem Munde möglich ist.
({1})
Wir alle wissen, wie die Dinge liegen. Wir alle wissen, vor welchen Schwierigkeiten jede Regierung jetzt stünde, und es ist schon ein starkes Stück, eine so ernste Frage in dieser Form, wenn auch in einem Zwischenruf, hier zu behandeln.
({2})
Die Freien Demokraten begrüßen die Vorlage des Stabilisierungsgesetzes, das dem Inhalt nach schon seit 1961 von den Freien Demokraten und ihren Finanzministern gefordert worden ist. Jeder kann das in den betreffenden Reden nachlesen. Auch wir fordern eine gründliche, aber zügige Beratung und Verabschiedung des Gesetzentwurfes und eine unverzügliche Anwendung des Gesetzes mindestens in dem Teil, der die Begrenzung der Kreditaufnahmemöglichkeiten der öffentlichen Hand zum Ziele hat.
Ich möchte an dieser Stelle einmal einfügen, daß damit selbstverständlich der ganze Kapitalmarkt erfaßt werden muß. Es darf in Zukunft nicht mehr möglich sein, daß in den Vorhöfen des Kapitalmarktes noch Sondergeschäfte gemacht werden, bevor wir dann an die Begrenzung des Kapitalmarkts selbst herangehen. Es ist gleichgültig, ob es sich dabei um Gemeinden und Länder oder aber auch um den Bund handelt. Ich möchte das betonen.
Die Erhaltung des Geldwerts und der Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft sowie die Aufrechterhaltung der sozialen Leistungen in Deutschland erfordern baldige und wirkungsvolle Maßnahmen, nicht zuletzt auch, um nicht durch weitere Kasten- und Preissteigerungen die Lage der Bezieher von Klein- und Kleinsteinkommen zu verschlechtern. Die klassischen Mittel der Bundesbank mußten eingesetzt werden; daran kann kein Zweifel sein. Sie vermögen aber allein ;die Probleme nicht zu lösen, weil sie eben nur die Wirtschaft und ihre Investitionskraft betreffen, die öffentliche Hand aber nicht zu erreichen vermögen. Es ist deshalb notwendig, jetzt zu diesem Zeitpunkt - endlich, möchte ich sagen - der Bundesregierung und der Bundesbank die Befugnisse zu geben, mit denen in kritischer Zeit eine einheitliche Stabilitätspolitik in Bund, Ländern und Gemeinden betrieben werden kann.
Es wird die erste Aufgabe nach der Verabschiedung des Gesetzes sein, eine Begrenzung der Kreditaufnahmemöglichkeiten der öffentlichen Hand und damit eine schonende Behandlung des Kapitalmarkts herbeizuführen, um so das Vertrauen des Sparers wiederzugewinnen, was allein dann zur Anreicherung des Kapitalmarkts führen kann. Erst wenn das erreicht ist, können wir an die Aufhebung der Kreditrestriktionen gehen. Gerade auch deshalb ist eine zügige Beratung und ein Termindruck ausgesprochen am Platze.
({3})
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte jetzt mit ein paar Worten zu dem übergehen, was Herr Kollege Schiller gesagt hat. Die Ausführungen von Herrn Kollegen Schiller waren bezüglich des Gesetzes und bezüglich der Situation, in der wir uns befinden, sehr allgemein gehalten. Wir haben aber jedenfalls eines nicht gehört - und das halte ich für einen großen Vorzug -, daß nämlich etwa wegen einer Veränderung der konjunkturpolitischen Situation das Gesetz nicht mehr notwendig sei. Ich lasse dabei den Zwischenruf, den ich vorhin gebrandmarkt habe, weg und halte mich an die Ausführungen von vorher.
Daß wir in dem Gesetz keine Therapie für die Behandlung der Probleme in den kommenden Monaten und Jahren geben können, ist doch selbstverständlich. Auch die bescheidenen Andeutungen, die Herr Schiller hier versucht hat, sind doch nicht zutreffend. Dieses Gesetz gibt eine Auswahl von Mitteln, mit denen man Konjunkturpolitik treiben kann.
In einem Punkt möchte ich Herrn Schiller zustimmen: Die Bewährungsprobe ist selbstverständlich der Haushalt 1967. Man kann nicht in dieser Frage versagen und auf der anderen Seite erwarten, daß man ein gutes Stabilisierungsgesetz in die Scheune einbringt.
({4})
Ich möchte hier an dieser Stelle einmal sagen, daß der Finanzminister der Bundesregierung in den letzten Monaten mit einer unerhörten Energie versucht hat, in der sehr, sehr schwierigen Situation, in der wir uns auch politisch - außenpolitisch wie auch innenpolitisch - befinden, zu einem Haushalt zu kommen, der den hohen Anforderungen, die wir an ihn stellen, entspricht. Wir möchten ihm für die nächsten Wochen und Monate für die Beratungen über die weitere Gestaltung des Haushalts unsere guten Wünsche mit auf 'den Weg geben und ihm sagen, daß wir zu ihm und seinen weiteren Handlungen bezüglich dieses Haushalts volles Vertrauen haben.
({5})
Zu der von Herrn Schiller angesprochenen Frage einer Ersetzung der Grundgesetzänderung durch Staatsverträge, wird mein Kollege Genscher morgen Ausführungen machen, weil er besondere Erfahrungen auf diesem Gebiet hat und diesen Vorschlag der SPD mit anderen, früher gemachten Vorschlägen vergleichen möchte.
Die Konjunkturausgleichsrücklagen Nrn. 1 und 2 - was so etwas ungewöhnlich klingt - hat Herr Schiller meines Erachtens nicht sachgerecht behandelt. Diese beiden Konjunkturausgleichsrücklagen unterscheiden sich in ihrem Wesen grundlegend, und es ist gar nicht daran zu denken, daß man etwa nur e i n Instrument hat, für das man die im Augenblick für die eine Maßnahme vorgeschlagene Zweidrittelmehrheit im Bundesrat benötigt. Das sind im übrigen aber Fragen, die dann in den Ausschüssen behandelt werden müssen.
Mit Herrn Schiller bin ich der Auffassung, daß die Aufteilung der Kreditbeträge bei einer BegrenDr. Starke ({6})
zung der Kreditaufnahmemöglichkeiten in dem Gesetz, wie es den Bundesrat verlassen hat, nicht glücklich geregelt ist. Hier wird man eine andere Lösung suchen müssen.
Im übrigen teile ich die Auffassung von Herrn Professor Schiller nicht, wenn er so sehr zweckbetont davon spricht, daß das alles dirigistische Maßnahmen seien. Ich würde mit diesem Ausdruck „Dirigismus" in einem Zeitpunkt, wie wir ihn jetzt haben, in ,der Stimmung, in der sich unsere Bevölkerung befindet, vorsichtg sein. Ich werde Ihnen zum Schluß sagen - und ich betonte, das schon einmal am Anfang -: die Freiheit und die freiheitliche Entwicklung, die wir wollen, hatihren Preis.
Nun hat Herr Kollege Schiller zu den Gemeindefinanzen gesprochen und hat komplementäre Maßnahmen gefordert, wenn die Begrenzung der Kreditaufnahmemöglichkeiten nach diesem Gesetz in Kraft gesetzt werden sollte. Ich habedafür volles Verständnis, möchte aber zwei Dinge ,sagen.
Erstens habe ich Sorge vor dem Ausdruck „komplementäre Maßnahme"; 'denn das sieht so aus, als ob alles, was nach diesem Gesetz gemacht werden wird, durch komplementäre Maßnahmen ergänzt werden müßte, damit man alles wieder so wie vorher machen kann.
({7})
- Ich will das zugeben, aber es klang so, Herr Arndt. Aus diesem Grunde habe ich ein bißchen Sorge vor komplementären Maßnahmen.
An dieser Stelle möchte ich einmal etwas, was kürzlich gesagt worden ist - nicht etwa bös -, hier 'deutlich erwähnen. Es wurde gesagt, konjunkturpolitische Maßnahmen dürften nicht nur der Stabilität dienen, sondern sie müßten auch die Prioritäten beachten. Dem würde ich 'aus einer langen Erfahrung und' einer langen Beschäftigung mit den Dingen entgegenstellen: es ist besser, wenn man die Prioritäten von Anfang an so setzt, daß sie konjunkturgerecht sind. Dann tut man sich leichter.
({8})
Ich habe das hier erwähnt, weil es einen gewissen Zusammenhang mit diesen komplementären Maßnahmen hat.
Herr Professor Schiller sprach davon: Wir haben sachgerechte Beiträge geliefert und eine Alternative gegeben. Wenn Sie es mir zum Schluß noch gestatten, würde ich sagen: ,die sachgerechten Beiträge - wenn man von der Polemik 'absieht - gestehen wir in vollem Umfang zu. Die Alternative ging aber, glaube ich, in der Polemik etwas unter; jedenfalls habe ich sie nicht so bemerkt. Und wenn Herr Professor Schiller den Satz formulierte: Wir wollen weniger Einzeldirigismus und dafür mehr Globalsteuerung, dann wage ich immerhin der Sorge Ausdruck zu geben, daß dieses „immer mehr Globalsteuerung" uns dann langsam eines Tages mindestens so große Schwierigkeiten bereitet wie die von ihm angeführten dirigistischen Einzelmaßnahmen.
({9})
Es kommt darauf an, daß wir jetzt - so möchte ich das Ganze noch einmal umschreiben - für unsere freiheitliche Ordnung einen Rahmen schaffen, einen festen Rahmen, den wir brauchen. Unsere Bevölkerung, das deutsche Volk, das so fleißig in über einem Jahrzehnt das alles aufgebaut hat, was wir heute um uns sehen, wartet darauf, daß wir jetzt handeln. Wir sind überzeugt - das darf ich an dieser Stelle noch einmal zum Ausdruck bringen -, daß so die ganze Bevölkerung denkt. Das hat 'auch - und das ist gut - die Sozialdemokratische Partei gesehen. In diesem Sinne begrüße ich die sachgerechten Beiträge, die Herr Schiller von der Sozialdemokratischen Partei heute hier erbracht hat.
Zu dem Gesetzentwurf selbst! Dieser Gesetzentwurf ist nicht perfektionistisch, und er soll es auch nicht sein. Wichtig ist, ,daß er ein Instrument zur Belebung u n d zur Dämpfung der Konjunktur enthält und - lassen Sie mich das bitte sagen, um so manchen Schrecken zu nehmen - ein Instrumentarium, das den meisten Regierungen um uns herum in der westlichen Welt, vor allem aber in den sozialistisch regierten Ländern, seit geraumer Zeit zur Verfügung steht. Wichtig ist auch, daß 'die in dem Gesetzentwurf enthaltenen Maßnahmen im Prinzip sogar international beinahe unumstritten sind.
Die Freien Demokraten halten es für richtig, daß die Bundesregierung davon Abstand genommen hat, dieses Gesetz, das der schwierigen Aufgabe der Einordnung der öffentlichen Haushalte unter ein Minimum von einheitlicher Konjunkturpolitik dient, wofür es einer Grundgesetzänderung bedarf, mit weiteren Problemen zu belasten, vor allem solchen, die weder national noch international ausdiskutiert sind. Das gilt für die sogenannte Einkommenpolitik, die in einigen Ländern - wie ich glaube, mehr lautstark als mit Erfolg - praktiziert wird, und das gilt auch für die Abwendung außenwirtschaftlicher Gefahren für die Stabilität.
Im ersten Falle, bei der Einkommenspolitik, würde immer die Tarifhoheit der Sozialpartner auf dem Spiel stehen. Wir aber stehen auf dem Standpunkt, daß eine richtig angelegte Konjunkturpolitik mit den Mitteln des Gesetzes, das wir jetzt beraten, ohnehin einen Rahmen für die Sozialpartner zieht. Die Freien Demokraten sind der Auffassung, daß wir hier weitere Erfahrungen sammeln müssen. Die Weimarer Zeit mit ihren direkten Eingriffen war ohne Erfolg und schreckt von Wiederholungen ab.
Der zweite Fall, die Abwendung außenwirtschaftlicher Gefahren, ist zur Zeit nicht akut. Hier geht - ich habe den Darlegungen des Herrn Kollegen Schiller entnommen, daß auch er es so sieht - die klärende Diskussion national und international im Zehnerklub der Notenbanken weiter. Letzten Endes stünde der § 23 des Außenwirtschaftsgesetzes zur Verfügung.
Ich würde nicht dazu raten, in diesen nicht ausdiskutierten Fragen weitere Festlegungen im Gesetz vorzunehmen, so wichtig es auch ist, daß wir uns unmittelbar nach seiner Verabschiedung diesen. Fragen mit besonderem Eifer und Nachdruck zuwenden. Ich möchte ausdrücklich hervorheben, daß es
Dr. Starke ({10})
für die von mir sonst noch erwähnten Maßnahmen, über die man wird sprechen müssen und von denen ich glaube, daß sie nicht in das Gesetz hineinsollten, keiner Verfassungsänderung bedarf. Um so eher ist es möglich, sie jetzt auszuklammern.
Dann darf ich noch darauf hinweisen, daß anscheinen auch Herr Kollege Schiller nicht mehr der Meinung ist, es sollten variable Steuersätze in diesem Gesetz vorgesehen werden. Die Änderung von Steuersätzen möchten wir dem Parlament vorbehalten.
Auf keinen Fall sollte man, so möchte ich diesen Punkt abschließen, über die vorgesehene mehrjährige. Finanzplanung hinaus versuchen, jetzt etwa das Problem konkreter quantifizierter Aussagen über die wirtschaftliche Entwicklung und die wirtschaftlichen Ziele zu lösen. Darüber wird mein Kollege Dr. Friderichs morgen noch Ausführungen machen.
Es kommt jetzt vorzüglich darauf an - und das ist der Schwerpunkt -, unserem Bundesstaat eine Ausprägung zu geben, die den föderalistischen Aufbau erhält, zugleich aber Bund und Länder einer gemeinsamen Konjunkturpolitik zuordnet, die als fester Rahmen für unsere freiheitliche Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung unerläßlich ist. Ein Versagen vor dieser Frage, das möchte ich diesem Hohen Hause sagen, würde der Bundesstaat auf die Dauer nicht überleben, weil die Erhaltung des Geldwertes die Voraussetzung für eine freiheitliche Ordnung in Staat, Wirtschaft und Gesellschaft ist. Eine Fortsetzung der Geldentwertung würde über kurz oder lang zutiefst unsozial wirken und zum Verlust der Freiheit und damit, wie wir in Deutschland aus Erfahrung wissen, unweigerlich zur Denaturierung des Bundesstaates führen.
Diese Überlegungen allein ergeben eine Beurteilungsgrundlage dafür, ob die Grundgesetzänderung verantwortet werden kann. Wir Freien Demokraten bejahen diese Frage aus dem hohem Verantwortungsbewußtsein und aus tiefinnerer Überzeugung. Durch diese Grundgesetzänderung - so möchte ich es zusammenfassen - wird nicht die freiheitliche Ordnung gefährdet, sondern sie wird, in einem höheren Sinne verstanden, fester verankert.
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Eine straffe und tatkräftige Währungs- und Stabilitätspolitik - das ist der Kernsatz, den ich sagen möchte - ist der Preis für eine gesunde soziale und freiheitliche Entwicklung. Aus dieser Überzeugung haben wir auch das Recht, die politische Opposition der SPD zur Mitwirkung an der Grundgesetzänderung aufzufordern. Es geht um letzte Fragen in unserem modernen Staatsleben. Auch die SPD wäre in ihrer freiheitlichen Entwicklung gefährdet, wenn wir mit dem Geldwert die freiheitliche Ordnung zerstörten. Gerade die SPD würde außerdem mindestens die gleichen Befugnisse für den Bund und für die Bundesregierung fordern und nach ihrem Programm fordern müssen, wenn sie selbst die Bundesregierung stellte.
Über Einzelheiten und Formulierungen kann man bei den Beratungen sprechen - nicht natürlich über
die Einfügung von Bestimmungen in das Gesetz, die unser Wirtschaftssystem änderten. Denn nicht die Marktwirtschaft hat versagt, sondern wir alle gemeinsam haben sie überfordert. Dem Einhalt zu gebieten ist gerade die Aufgabe des jetzt zur Beratung anstehenden Gesetzes.
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Insbesondere muß auch die Konjunkturpolitik übergeordnete Politik bleiben und damit in der Zuständigkeit der Bundesregierung und der Bundesbank liegen. Die Errichtung etwa einer vierten Gewalt lehnen die Freien Demokraten ab.
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Die Freien Demokraten glauben, daß im Bundesrat bei den Beratungen des Gesetzes im allgemeinen ausgewogene Lösungen gefunden worden sind. Über Einzelheiten wird auch hier in den Ausschüssen gesprochen werden müssen. Diese Ausgewogenheit - und hier stimmen wir Freien Demokraten dem Kollegen Schiller von der SPD zu - fehlt in dem Gesetzentwurf im Verhältnis zwischen Bundesregierung und Bundestag. Nur im § 19, bei der Änderung des Einkommensteuergesetzes, ist für das Parlament eine Kontrollfunktion vorgesehen. Bei den Ermächtigungen der §§ 3 und 13 des Entwurfs wird dagegen das Parlament gar nicht erwähnt. Es bleibt - im übrigen nach unserer Überzeugung ohne jede Notwendigkeit - völlig ausgeschaltet. Würde diese Regelung Gesetz, meine verehrten Kollegen, dann befände sich unser Parlament, das ohnehin schon Befugnisse über Befugnisse an den Ministerrat nach Brüssel ohne parlamentarische Kontrolle abgegeben hat, auf dem weiten Feld der Konjunkturpolitik in der Lage des Europäischen Parlaments, d. h. ohne ausreichende Informationen und ohne jede Möglichkeit der Einflußnahme. Das kann nicht Sinn unserer gemeinsamen Bemühungen sein. So wie die Konjunkturpolitik nicht einer vierten Gewalt anvertraut werden soll, darf auch nicht das Parlament in dieser grundgesetzändernden Gesetzgebung ausgeschaltet werden.
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Es sähe dann beinahe so aus, als ob auf der einen Seite eine vierte Gewalt für die Konjunkturpolitik geschaffen werden sollte und zum Ausgleich, damit wir wieder auf drei Gewalten kommen, das Parlament ausgeschaltet würde. Die Bundesregierung soll in diesen schwierigen Fragen rasch handeln können. Wir hoffen, daß das angesichts der nunmehr vorgesehenen Beratungen im Bundesrat möglich sein wird. Aber sie muß der Kontrolle durch das Parlament unterliegen. Andernfalls gibt das Parlament sich selbst und geben wir alle unsere Staatsordnung auf. Die Freien Demokraten fordern daher, daß die Bestimmungen über die Kontrollrechte des Parlaments in § 19 des Entwurfs auf die §§ 3 und 13 des Entwurfs ausgedehnt werden, wobei sich viele Modalitäten denken lassen, wie man das im einzelnen ausgestaltet. Es kann nicht eine so weitgehende Rechtsetzungsbefugnis der Bundesregierung ohne angemessene parlamentarische Kontrolle - nachträgliche Kontrolle - geben. Jede andere Lösung würde nicht nur, wie ich sagte, das Parlament ausDr. Starke ({15})
schalten, sondern, meine verehrten Kolleginnen und Kollegen in diesem Hohen Hause, sie würde auch der Entwicklung des Verantwortungsbewußtseins in diesem Parlament höchst abträglich sein.
Ausdrücklich darf ich für die Freien Demokraten nunmehr erklären, daß wir nur einer Verabschiedung des Gesetzes als Ganzem zustimmen werden. Es besteht für uns ein Junktim zwischen den drei Teilen des Gesetzes, soweit es die öffentliche Hand, die Wirtschaft und die öffentlich-rechtlichen Versicherungsträger betrifft. Auch schon eine Verwässerung der Bestimmungen über die Begrenzung der Schuldenaufnahme durch die öffentliche Hand würde ausreichen, das ganze Gesetz für uns nicht akzeptabel zu machen. Es würde dann in diesem Zeitpunkt, in dieser Landschaft - wie Herr Barzel sagte -, in der wir uns befinden, Sinn und Zweck verfehlen.
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Es kommt jetzt vielmehr darauf an, das Instrument der Kreditbegrenzung so wirksam und durchschlagend wie möglich zu gestalten.
Das vom Bundesrat gegen den Vorschlag seines eigenen Wirtschaftsausschusses vorgesehene Verfahren zur Verteilung und Unterverteilung von trotz der Beschränkung zugelassenen Kreditbeträgen ist nicht praktikabel. Hier muß eine andere Lösung gefunden werden. Darüber und über etwaige Änderungen sowie die Modalitäten bei der Anwendung der §§ 19 und 20 des Entwurfs werden meine Fraktionskollegen in weiteren Beiträgen sprechen.
Es kommt schließlich - das lassen sie mich zum Schluß zu dem Entwurf selbst sagen - nicht zuletzt darauf an, einwandfrei klarzustellen, daß die Stilllegung von Mitteln der öffentlich-rechtlichen Versicherungsträger unter jederzeitiger Aufrechterhaltung ihrer Liquidität, wie das Gesetz es vorsieht, eine konjunkturpolitische Maßnahme ist und nicht etwa, auch nicht im entferntesten, ist und sein darf ein Zugriff des Staates auf diese Mittel. Hier werden wir der Öffentlichkeit in den Beratungen aufklärende Worte sagen müssen, weil diese Bestimmung Mißdeutungen ausgesetzt gewesen ist. Ich lasse dabei offen, ob sich diese Mißdeutungen aus unklaren Äußerungen ergeben haben oder ob es gewollte Mißdeutungen waren. Auf alle Fälle sind diese Mißdeutungen über einen Zugriff des Staates auf die Mittel der öffentlich-rechtlichen Versicherungsträger für die ganze weitere Diskussion höchst gefährlich.
Ich komme zum Schluß. Die Freien Demokraten werden sich mit aller Kraft und aus tiefer Überzeugung für diesen Gesetzentwurf einsetzen. Wir brauchen diese Befugnisse, wir brauchen diesen festen Rahmen zur Erhaltung der Freiheit und des Wohlstands, den sich unser ganzes Volk seit dem Zusammenbruch erarbeitet hat. Wie ich sagte: Die Freiheit hat ihren Preis, zahlen wir ihn für eine gute und gesunde weitere Entwicklung, wie wir sie alle für unser Volk wollen!
({17})
Das Wort hat der Herr Bundeswirtschaftsminister.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte nicht mit einem längeren Diskussionsbeitrag eingreifen, sondern nur zu zwei Punkten klärend Stellung nehmen.
Herr Kollege Schiller hat bemängelt, daß die Vorlage zu spät gekommen sei, und er hat dabei angeführt, ich hätte zu einem früheren Zeitpunkt hier im Hause angekündigt, es werde bis zum 31. März eine Vorlage kommen. Das Zitat ist nicht richtig. Ich habe damals gesagt, die Bundesregierung habe den Finanzminister und mich beauftragt, dieses Gesetz vorzulegen. Dank der vorzüglichen Zusammenarbeit zwischen dem Finanzminister und mir ist es gelungen, zwar nicht am 31. März, aber am 1. April das Gesetz der Bundesregierung vorzulegen.
({0})
- Ja, es muß gesagt werden, weil die behauptete Verzögerung in dem Ausmaße nicht stimmt, wie Herr Schiller sie dargetan hat.
Das zweite, was ich kurz - ich hoffe, auch zur Klärung - sagen möchte, ist dies. Herr Schiller wirft uns vor, daß wir selektive Maßnahmen verurteilen, aber im gemeindlichen, im öffentlichen Sektor dazu greifen. Ich glaube, hier muß geklärt werden, das selbstverständlich die öffentliche Hand in ihrem eigenen Bereich selektiv eingreifen, also planen muß. Das ist aber etwas völlig anderes, als wenn sie die Gesetzgebung und ihre Verwaltung einsetzt, um in die Dispositionen der Unternehmen der freien Wirtschaft einzugreifen. Ich finde, diesen Unterschied sollte man sauber herausarbeiten und die Dinge nicht durcheinanderwerfen.
({1})
. Das Wort hat Herr Abgeordneter Hermsdorf.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hatte ursprünglich die Absicht, viel später in die Debatte einzugreifen. Aber ich halte es für notwendig, daß die Ausführungen des Kollegen Barzel hier nicht unwidersprochen bleiben. Dazu möchte ich zunächst folgendes feststellen. Ein Parlament ist nicht denkbar ohne Polemik.
({0})
Und Polemik spielt sich genauso im Parlament ab wie in den Fraktionen. Es muß einer Opposition erlaubt sein, daß, nachdem die Regierung und die Regierungsparteien während der Parlamentsferien Tag für Tag über Wochen hinweg eigene Polemik, eigene Kritik an der Regierung üben, sie hier, wenn sie die Möglichkeit hat, das fortsetzt, was zur Übung bei den Koalitionsparteien gehört.
({1})
Sie können doch von uns nicht verlangen, daß wir,
wenn Sie jetzt während der Parlamentsferien Kritik
an dem Herrn Bundeskanzler üben, wenn Sie von
„Auswechslung gewisser Minister" sprechen, unsererseits sagen: „Alles, was Sie sagen, was in der Regierung nicht stimmt, ist falsch; Ihre Kritik an der Regierung ist völlig falsch." Sie können doch von uns nicht erwarten, daß wir sagen, das sei die beste Regierung, die wir haben, nachdem Sie sie selber in der Luft zerrissen haben. Das ist doch völlig unmöglich.
({2})
Sie dürfen es dem Kollegen Schiller doch hier nicht verübeln, wenn er von seinen sachlichen Darstellungen zu Ihren eigenen Auseinandersetzungen Stellung nimmt, hier an dem Ort, wo diese Kritik üblich ist, nun auch den Standpunkt der Opposition zum Verhalten des Bundeskanzlers und zur Kritik an dieser Regierung vorträgt.
Hier ist von Herrn Barzel gesagt worden: „Aber jetzt muß die ganze Geschichte rasch gehen." Dazu lassen Sie mich auch ein ganz ruhiges Wort sagen. Die Opposition verfügt in diesem Hause über 41 % der Mandate. Sie wissen ganz genau, daß eine Verfassungsänderung ohne Opposition in diesem Hause nicht durchzusetzen ist. Sie wissen ganz genau, daß bestimmte Maßnahmen, die Sie - nach Ihrer Auffassung - jetzt vorsehen, ohne Verfassungsänderung nicht möglich sind. Wenn das so ist und wenn Sie dazu die Zustimmung der Opposition brauchen, dann ist es doch alles andere als ein normales Verfahren, daß Sie sagen: „Termin gekürzt, drei Wochen früher, Beschluß: jetzt wird angetreten zur Grundgesetzänderung." So einfach ist die Sache nicht. Seit 1964, aber mindestens seit 1965 ist in diesem Hause von meinem Freund Schiller gesagt worden, daß wir bereit sind, mit uns über die verschiedenen Maßnahmen sprechen zu lassen. Wir haben gefordert, daß Sie Maßnahmen vorschlagen.
Jetzt hat Herr Wirtschaftsminister Schmücker gesagt, hier stimme der Termin, den Herr Schiller genannt habe, nicht. Er stimmt insofern nicht, als Herr Minister Schmücker sich auf die Kabinettsvorlage bezieht, aber nicht auf die Vorlage zu dem Zeitpunkt, zu dem sie hier ins Haus gekommen ist. Sie ist viel später ins Haus gekommen. Wir haben sie erst wenige Wochen zur Verfügung. Wir haben bereits vor zweieinhalb Jahren angeboten, daß wir zu Gesprächen bereitstehen. Wir sind aber das erste Mal im Juli dieses Jahres während der Parlamentsferien zu einem Gespräch mit Herrn Wirtschaftsminister Schmücker zusammengekommen. Wir haben uns nicht gegen dieses Gespräch gewehrt.
Sie müssen doch zugeben, daß eine Grundgesetzänderung, auch wenn man die These des Herrn Bundeskanzlers billigt, das Grundgesetz entspreche nicht mehr unserer heutigen Zeit, von so weittragender Bedeutung und so einschneidend ist, daß man zumindest mit dem Partner, ohne den man diese Grundgesetzänderung nicht machen kann, nicht nur im Parlament, sondern auch vorher einmal ein Gespräch führen und sich mit ihm über seine Vorstellungen unterhalten muß. Daß das nicht geschehen ist, muß hier in aller Deutlichkeit gesagt
werden. Wir sind hier nicht zum Befehlsempfang hergekommen. Wir haben Ihnen von Anfang an unsere Bereitschaft angekündigt, und Sie haben diese Bereitschaft nicht entgegengenommen.
({3})
Ich möchte ein Zweites sagen. Herr Barzel meinte, es gehöre nun sozusagen ein psychologischer Punkt in die Landschaft, der die Möglichkeit gebe, dieses Gesetz unter diesen psychologischen Voraussetzungen zu verabschieden. Wenn es nach dem Herrn Bundeskanzler gegangen wäre, dann wäre der psychologische Punkt nicht erst jetzt, sondern schon zu dem Zeitpunkt erreicht gewesen, als er über die Lande zog. Er hat aber jetzt erfreulicherweise eingesehen, daß man mit solchen Appellen allein nichts unternehmen kann.
Ein solches Gesetz verlangt also eine entsprechende Behandlung des Partners, dessen Zustimmung man braucht, und eine sachliche Information. Man kann von dem Partner keine Zustimmung erwarten, wenn man versucht, ihm laufend gegen das Schienbein zu treten; das ist völlig ausgeschlossen.
({4})
- Entschuldigung, wer zuerst getreten hat, hat Professor Schiller ganz deutlich dargelegt. Sie können doch hier jetzt nicht sagen, das sei Wahlkampf gewesen. Ich muß Ihnen ganz offen sagen: Wahlkampf hin, Wahlkampf her, die Würde eines Regierungschefs sollte auch im Wahlkampf gewahrt bleiben.
({5})
Was ist denn das für eine Auffassung: Man verlangt von der sozialdemokratischen Opposition nicht nur eine, sondern im ganzen sechs Grundgesetzänderungen, sagt aber: Jetzt müssen wir die erst einmal anständig verhauen, und dann könnnen wir mit ihnen reden. Das können Kinder auf der Straße machen; aber eines Bundeskanzlers ist das unwürdig.
({6})
Ich darf noch zu ein paar Punkten hinsichtlich der Haushaltspolitik kommen, die teilweise von Herrn Barzel, teilweise auch von Herrn Schmücker angeschnitten worden sind. Für einen Angehörigen dieses Parlaments, gleich, auf welcher Seite des Hauses er sitzt, ist es eine etwas fatale Situation, sich zum Haushalt 1967 zu äußern. Keiner der Abgeordneten kennt bis zur Stunde den Haushalt 1967. Wenn ich die letzten Informationen des Finanzministers richtig verstehe, dann hat bis zur Stunde das Kabinett den Haushalt 1967 noch nicht verabschiedet. Bis dahin gut, Herr Dr. Conring; aber jetzt kommt ein anderes. Über alle Fraktionen hinweg haben wir immer darauf gedrängt, daß dieses Parlament die Gesamtkonzeption des Haushaltes so früh wie möglich kennen sollte. Diesem Petitum des ganzen Hauses, die Gesamtkonzeption zu kennen, ist in diesem Jahr von der Regierung in der Praxis mehr als sonst nicht entsprochen worden. Jeder einzelne Ressortminister hat nämlich für sich
gezielte Indiskretionen in die Welt gesetzt und sofort den Interessenverband über das und jenes hochgebracht, was in seinem Haushalt gestrichen werden soll. Nennen Sie das noch eine Führung, sei es vom Bundeskanzler, sei es vom Finanzminister? Wo wollen wir denn überhaupt auch in der Öffentlichkeit zu einer Gesamtschau für den Haushalt 1967 kommen, wenn wir bei diesem Haushalt auf Stottern jedem Interessenverband einzeln seine Kürzung servieren, ohne daß das Parlament hier gefragt ist? Ich halte das für eine unmögliche Methode, die nicht nur von der Opposition, sondern von diesem ganzen Hause gerügt werden sollte.
({7})
Von meinem Freund Schiller ist hier gesagt worden: Wir werden die Regierung in der Frage, inwieweit sie die Grundsätze für die Stabilität anwendet, an ihrem Haushalt 1967 messen. Das ist sein gutes Recht. Professor Schiller hat diesen Haushalt noch nicht in Einzelheiten kritisiert, sondern er hat nur das gesagt, was wir bisher wissen, was aber vielleicht auch noch vage ist, daß man von 74 auf 73,9 Milliarden DM gekommen ist. Wenn das so ist und wenn darüber hinaus eventuell zumindest noch 1,25 Mililarden DM bzw., wenn man die Öffa und anderes hinzunimmt, noch mehr dazukommt, dann frage ich: Was ist die Position dieser Bundesregierung und dieses Bundesfinanzministers bei einer solchen Unsolidität des Haushalts, wenn er mit den Länderministern oder auch den Gemeinden darüber verhandeln will, daß sie mit ihrem Haushalt heruntergehen? Das ist eine unmögliche Situation!
Noch einmal! Ich möchte hier - ich hoffe, daß ich dabei Unterstützung habe - den Bundeskanzler bitten, in seinem Kabinett endlich darin Ordnung zu schaffen, daß über den Haushalt erst dann geredet wird, wenn ihn der Bundesfinanzminister und der Bundeskanzler selber kennen. Bis zur Stunde kennen sie ihn nämlich nicht.
({8})
- Entschuldigen Sie, ich kenne ihn nicht.
({9})
- Moment! Warum spreche ich darüber? Bisher habe ich geglaubt, Sie hätten zugehört. Aber es gibt immer einige, die nicht zuhören. Ich habe eben die Methode kritisiert und gesagt, es sei völlig unmöglich, die Gesamtkonzeption einer Regierung zu beurteilen, wenn jeder einzelne Ressortminister über einen Monat lang übers eine Haushaltskürzung und seinen Haushalt redet. Wenn Sie das nicht einsehen, frage ich Sie allerdings, wie Sie ,die Achtung dieses Parlaments vor der Regierung und der Öffentlichkeit noch durchhalten wollen.
Jetzt noch 'ein Wort zu Herrn Minister Schmücker. Er ist leider nicht mehr hier. Wir haben - das ist leider ganz untergegangen, bei Herrn Barzel völlig, bei Herrn Starke zum Teil - gesagt: Es gibt in diesem von der Regierung vorgelegten Gesetzentwurf zur Stabilisierung des Geldwertes und der Wirtschaft drei Fundamente, die unumstritten sind, es gibt einige, idie umstritten sind, und es gibt Vorstellungen der sozialdemokratischen Fraktion, wie mandiese 'umstrittenen Fundamente verbessern könnte, und es gibt ein Anliegen dieses Hauses, wie man diesem Haus sein Kontrollrecht erhalten kann und wie man es in das Gesetz mit einbaut.
Herr Schiller hat hier die Frage des Kassationsrechts angesprochen. Der Wirtschaftsminister hat in Besprechungen und auch hier gesagt, man sollte darüber reden. Herr Starke hat eben, wenn ich richtig verstanden habe, die Frage Ides parlamentarischen Kontrollrechts auf zwei oder drei zusätzliche Punkte erweitert. Aber Sie 'sollten sich den Vorschlag, den die 'sozialdemokratische Opposition hinsichtlich des Kassationsrechts gemacht hat, doch einmal genau überlegen, weil er erstens das Ziel dieser Regierung, daß die Maßnahme sofort wirksam wird, nicht stört, weil er zweitens nach einer gewissen Zeit dem Parlament die Möglichkeit gibt, zu beurteilen, ob diese Maßnahme a) richtig war und b) fortgesetzt werden soll oder nicht. Das heißt, daß man in dem Zeitraum von ungefähr sechs Wochen dem Parlament die Möglichkeit gibt, sich von sich aus einzuschalten, ohne die Maßnahmen, die die Regierung für richtig hielt, zum Zeitpunkt der Einschaltung torpedieren zu können. Ich halte diese Gedanken für erwägenswert. Sie sollten sich nicht nur in der Ausschußberatung, sondern auch jetzt in der weiteren Verhandlung damit auseinandersetzen.
Im übrigen möchte ich 'hier zu meiner Zwischenbemerkung -als solche war sie nur gedacht - lediglich sagen: Neben der Polemik, die in diesem Hause erlaubt war, sind noch eine Reihe von Sachvorschlägen gemacht worden, die Sie sich sehr genau überlegen sollten. Wir erheben keinesfalls den Anspruch, daß das nun der Weisheit letzter Schluß sei. Aber wir halten Sie auf alle 'Fälle für notwendig und für sehr beachtenswert. So bitte ich, die Vorschläge der Opposition und das, was ich hier gesagt habe, zu verstehen. Lassen Sie uns nicht in der Frage der Polemik auseinanderfallen. Verkennen Sie nicht, daß wir hier unsere Bereitschaft zur Mitarbeit angekündigt haben. Wir werden sie beweisen. Aber wir werden uns keinesfalls unter das Damoklesschwert der Regierung stellen, etwa in dem Sinne: was Opposition ist und was sie darf, bestimmt das Bundespresseamt.
({10})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Luda.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich könnte mich jetzt hier hinstellen und eine Rede halten über Koalition und Opposition, über Erhard und Schiller. Ich bitte um Ihre Nachsicht, wenn ich mich vielmehr 'bemühen werde, eine Rede über Preise, über Währung und über das Stabilitätsgesetz zu halten, das uns die Bundesregierung vorgelegt hat.
({0})
Der Herr Kollege Schiller hat soeben die wirtschaftspolitische Situation in einer Weise geschildert, mit der wir uns leider nicht voll einverstanden erklären können. Wenn man das Gesetz hinreichend erörtern und beraten will, ist es aber notwendig, daß man sich über die gegenwärtige wirtschaftspolitische Situation vorher genügend klar ist. Dazu einige Bemerkungen.
Wir können jetzt eine Art Zwischenbilanz ziehen. Im Januar dieses Jahres wurde das zweite Jahresgutachten des Sachverständigenrats veröffentlicht. Es enthielt unter Ziffer 190 den bekannten Stabilisierungsvorschlag. Inzwischen liegen uns sämtliche statistischen Daten über die ersten sechs Monate des Kalenderjahres 1966 vor. In Richtigstellung einiger Akzente, die vorhin falsch gesetzt worden sind, sollten wir uns jetzt einmal mit der Frage beschäftigen: Was ergibt diese Zwischenbilanz?
Sie wissen, daß in diesem Stabilisierungsvorschlag des Sachverständigenrats drei Bereichen, nämlich 1. Bund, Ländern und Gemeinden, 2. den Sozialpartnern und 3. der Kredit- und Investitionswirtschaft, die Empfehlung gegeben worden ist, ihre Steigerungsrate im ganzen Kalenderjahr 1966 nicht über jeweils 6 % hinaus auszudehnen. Ich stelle jetzt die Frage: Wer ist es gewesen, der in diesen ersten sechs Monaten des Jahres 1966 sich stabilitätskonform verhalten hat, und wer hat dagegen verstoßen?
Nun, ,die Bilanz für den Bundeshaushalt in seinem tatsächlichen Vollzuge ergibt eine Steigerungsrate für das erste Halbjahr von 4 %. Bei den Bundesländern ergibt sich eine Steigerungsrate von durchschnittlich etwa 7 %. Bei den Gemeinden und Gemeindeverbänden mit über 10 000 Einwohnern beträgt die Steigerungsrate plus 8 %.
Ich darf zu diesem Kapitel sagen: eine gewisse Mühe haben sich alle gegeben, aber nur einer hat sich an die Weisung gehalten, nämlich der Bund mit seinem Haushaltsvollzug.
„Kreditvolumen zur Finanzierung der privaten Investitionen" heißt es in dem Kapitel B des Stabilisierungsvorschlages des Sachverständigengremiums. Nun, die Bruttoanlageinvestitionen der privaten Wirtschaft für 1966 betragen nach Ifo-Test etwa plus 3 %. Sie bleiben also um 50 % unter der Weisung des Sachverständigenrates, sind also stabilitätskonform.
Was die Kredite der Kreditinstitute an NichtBanken, die sich auch an 6 % hätten halten sollen, betrifft, so hat von Ende Juni 1965 bis Ende Juni 1966 eine Kreditexpansion kurzfristig von 11,5 %, mittelfristig von 23% und langfristig von 11,8% stattgefunden. Darauf müssen wir nachher im Zusammenhang mit der Kreditplafondierung noch zurückkommen.
Bei .den Sozialpartnern war eine Zuwachsrate von 7,1 % zu verzeichnen. Durchschnittlich liegen auch sie über der Empfehlung des Sachverständigenrats.
Die Zwischenbilanz lautet also -- und sie ist von Mitgliedern des Rats bei einem Hearing im Wirtschaftsausschu vor den Ferien gezogen worden - Ja, bitte schön!
Sie sprachen von der Steigerungsrate bei den Sozialpartnern. Handelt es sich dabei um die Steigerungsrate der Löhne und Gehälter oder um die Steigerungsrate der Gewinne?
Entschuldigung; natürlich bei den Löhnen und Gehältern; Sie haben vollkommen recht.
Würden Sie dann so freundlich sein, auch über die Steigerungsrate der Gewinne zu sprechen und bei den Löhnen zu erklären, ob es sich um Effektivlohnsteigerungen oder Tariflohnsteigerungen handelt.
Herr Kollege Matthöfer, an sich ist Ihre Frage berechtigt; aber in dem Zusammenhang, in dem ich hier spreche, indem ich nämlich eine Antwort auf die drei Punkte, die unter Ziffer 190 des letzten Jahresgutachtens genannt worden sind, gebe, ist dafür zur Zeit kein Raum. Wir können darauf aber zurückkommen.
({0})
Meine Damen und Herren, die Zwischenbilanz ist im Wirtschaftsausschuß von Professor Giersch und von Professor Bauer gezogen worden. Beide gehören dem Sachverständigenrat an. Professor Bauer hat wörtlich gesagt: „Die Haushalte und die Tarifparteien sind also keineswegs in allem stabilitätskonform gewesen, namentlich die Tarifparteien noch nicht". Herr Kollege Schiller hat dann an die Sachverständigen die Frage gerichtet: „Hat es in diesem Jahr in der Praxis etwa der Tarifparteien wenigstens Ansätze zu einer quasi oder inoffiziellen konzertierten Aktion gegeben?" Darauf antwortete Professor Bauer wörtlich: „Ja, das habe ich gesagt; Ansätze im Bundeshaushalt", und Professor Giersch hat in Beantwortung derselben Frage von Herrn Kollegen Schiller auf die Initiative des Herrn Bundeswirtschaftsministers Schmücker verwiesen, der am 21. Januar 1966 zu einer Sitzung am runden Tisch eingeladen hatte, und zwar mit Rosenberg, Brenner und Leber. Dort hatte man sich auf gewisse Grundlagen geeinigt. Es hat also Ansätze zu einer konzertierten Aktion bei dieser Bundesregierung, bei diesem Bundeshaushalt und bei den privaten Investoren gegeben. Alle anderen haben die Rate von 6 °/o ganz eindeutig überschritten. Das ist eine objektive Feststellung. Ich will zur Zeit keine Wertung daran anknüpfen.
Herr Professor Schiller möchte eine Frage an Sie richten.
Bitte schön!
Herr Kollege Luda, ist Ihnen nicht bekannt, daß der Bundeskanzler Mitte Februar
in diesem Hause die ganze Sache mit der konzertierten Aktion vom Tisch gefegt hat, so daß man von da ab nur noch von einer quasi konzertierten Aktion reden konnte?
Herr Kollege Schiller, diese Behauptung ist von Ihnen bei mancherlei Anlaß aufgestellt worden. Sie entspricht aber nicht den Tatsachen; das möchte ich hier ausdrücklich festhalten.
({0})
Diese Bundesregierung hat die Einkalkulierung einer Inflationsrate in das Stabilisierungsprogramm bekämpft, und dazu bekennen wir uns auch heute abend.
({1})
Im übrigen haben wir uns aber zu dem guten Willen und der sehr brauchbaren Basis bekannt, die mit der Ziffer 190 des Sachverständigengutachtens gegeben ist.
Im Jahre 1966 war es nach alledem kein Wunder, daß die Schwierigkeiten in bezug auf die Preisentwicklung zunächst angedauert haben. Inzwischen können wir aber dankbar feststellen, daß eine Beruhigung auf dem Preissektor eingetreten ist. Sie befriedigt uns noch nicht. Ich will hier gar nichts verkleinern oder beschönigen. Es ist aber eine deutliche Beruhigung auf dem Preissektor eingetreten.
Export und Auslandsnachfrage sind in einer ganz deutlichen Expansion befindlich. Es bestehen Tendenzen zum Ausgleich der Zahlungsbilanz. Die Sparrate ist bei uns höher als irgendwo in der Welt, und auf dem Kapitalmarkt haben sich Anzeichen der Beruhigung ergeben. Der Aktienindex der Tageszeitung „Die Welt" für den Monat August hat eine Steigerungsrate von 6 °/o ergeben. Nach allen Enttäuschungen ist das natürlich nicht viel. Aber die Tendenz ist gut, und das dürfen wir heute hier feststellen.
Herr Abgeordneter Jacobi möchte eine Frage stellen.
Bitte sehr.
Herr Kollege Luda, ich bitte um Entschuldigung, ich hatte mich eben schon gemeldet; es war übersehen worden. Ich muß auf Ihre statistischen Hinweise mit einer Frage zurückkommen. Ist Ihnen, auch wenn Sie soeben erklärt haben, daß Ihnen eine Wertung fernliege, klar und bewußt, daß, wenn schon Vergleiche zwischen Bund und Ländern schwierig sind, statistische Vergleiche bei den Gemeinden überhaupt kein Bild ergeben, aus dem man objektive Schlüsse ziehen kann?
Herr Kollege, der Schwierigkeit dieser Materie bin ich mir voll bewußt und habe deshalb mit dem eigenen Urteil zurückgehalten und mich ausschließlich durch wörtliche Zitate auf die Urteile von Professor Giersch und von Professor Bauer bezogen; die werden es doch wohl wissen.
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Außerdem wird im zweiten Quartalsbericht der EWG ausdrücklich gesagt, daß sich die nächste Aufschwungphase in der Bundesrepublik Deutschland bereits ankündigt.
Ja, meine Damen und Herren, wenn ich mir diese positive Bilanz, die uns, wie ich nochmals sage, nicht voll befriedigt, vor Augen führe, muß ich doch sagen: Nachlassender Schmerz ist ein angenehmes Gefühl. Nach dem, was der Kollege Schiller hier der Bundesregierung vorgeworfen hat, sie habe voriges Jahr und dieses Jahr nichts getan, möchte ich Sie doch fragen: Wie macht diese Bundesregierung das, ewig die Hände in den Schoß legen und trotzdem Erfolg haben?
({1})
Meine Damen und Herren, wenn ich wüßte, wie man das macht, dann hätte ich mich schon längst zur Ruhe gesetzt.
Was aber war das Geheimnis des Erfolges, meine Damen und Herren? War das Geheimnis des Erfolges der Refrain, den wir immer wieder von Ihnen hören: Globalsteuerung, Rahmenplanung, Wohlfahrtspolitik, kurzfristig, mittelfristig, langfristig? Nein, meine Damen und Herren - „Rhabarbergemurmel" hat uns Herr Kollege Schiller in diesem Zusammenhang vorhin entgegengehalten -, das Geheimnis war unter anderem das Haushaltssicherungsgesetz, das wir gegen die Stimmen der SPD hier verabschieden mußten. Geheimnis des Erfolges war der Bundeshaushalt 1966, von dem die Sachverständigen erklärt haben, er sei stabilitätskonform, und der gegen die Stimmen der SPD hier verabschiedet worden ist. Geheimnis des Erfolges ist die Politik - und das wollen wir nicht vergessen - der Deutschen Bundesbank, die aber nur deshalb wirken konnte, weil wir vorher im Deutschen Bundestag bei Stimmenthaltung der SPD das Kuponsteuergesetz, zu dem ich mich als damaliger Berichterstatter heute ganz klar bekenne, verabschiedet haben. Nur deshalb haben die Bremsen wieder greifen können. Die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Bundesbank hat das bewirkt.
({2})
Alles gegen die Stimmen der SPD bzw. bei ihrer Stimmenthaltung!
Und was sagt sie jetzt zum Stabilitätsgesetz? Nun ja, meine Damen und Herren: Globalsteuerung, Rahmenplanung, Wohlfahrtspolitik, kurzfristig, mittelfristig, langfristig. Bisher war alles, was diese Bundesregierung in 18 Jahren auf den Tisch dieses Hauses gelegt hat - und jetzt komme ich auf die Kritik von Herrn Professor Schiller hier zurück -, entweder zu spät - auch dieses Gesetz ist natürlich wieder zu spät - oder aber zu früh; es war entweder zu langsam oder zu hektisch, entweder zu lahm oder zu energisch, entweder zu wenig oder zu viel, entweder unzureichend oder zu perfekt. So war es doch allemal, meine Damen und Herren!
({3})
- Ich bin mit diesem Gedanken sofort fertig. Dann komme ich gern darauf zurück.
Ich möchte deshalb herzlich an die Opposition appellieren, auch an Sie persönlich, Herr Kollege Schiller: Lösen Sie sich doch bitte von Ihrer Devise, die Ihre Antrittsrede hier im Deutschen Bundestag bestimmt hat: „Da gibt es nur ein Nein!" Sorgen Sie doch bitte mit dafür, daß wenigstens dieser Schlußstein unserer Stabilitätspolitik, dieses Stabilitätsgesetz, ein Gemeinschaftswerk aller drei Parteien dieses Bundestages wird.
({4})
Herr Professor Schiller, Herr Dr. Luda gibt Ihnen die Möglichkeit, eine Frage zu 'stellen.
Eine Frage, die durch so lange Zeit von dem Anlaß getrennt ist, verliert natürlich an Entsprechung; aber, Herr Kollege Luda, ich möchte Sie dennoch fragen: Haben Sie nicht vernommen, daß das Wort „Globalsteuerung" - als erstes Essential von mir genannt - von Herrn Kollegen Schmücker akzeptiert wurde, und wissen Sie nicht, daß alles andere, was Sie eben gesagt haben, - wie Wohlfahrtspolitik mittelfristig, kurzfristig, langfristig - heute in meiner Darstellung des Stabilisierungsgesetzes keine Rolle gespielt hat?
Herr Kollege Schiller, das letztere ist nicht richtig.
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- Entschuldigung, meine Bundestagsrede zum zweiten Jahresgutachten hat genau unterschieden, inwieweit wir Ihren Vorstellungen zustimmen und inwieweit wir differieren. Wenn ich vorhin auf diese „Zauberworte" hier verwiesen habe, dann deshalb, weil ich der Meinung bin, daß es nicht genügt, so etwas immer wieder vor sich herzubeten. Wenn Gesetze vorgelegt werden, muß man ihnen dann auch 'zustimmen.
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Nun, meine Damen und Herren, wir müssen alle diese Überlegungen aber auch in den Gesamtzusammenhang der europäischen Politik hineinstellen. Der EWG-Vizepräsident Marjolin, zuständig für die Konjunkturpolitik der EWG, hat am 18. Januar in Straßburg eine große Rede gehalten, in der er sich mit den Punkten, die uns heute abend hier bewegen, befaßt hat. Er hat dabei drei Feststellungen getroffen, die mir wichtig erscheinen. Einmal sind die Verbraucherpreise von 1960 bis 1965 in Italien um 24 % gestiegen. Deutschland liegt an zweitletzter Stelle mit 16 %. Am günstigsten liegt Belgien mit 15 %. Wir stehen also ziemlich am Schluß unter allen europäischen Partnerstaaten.
Die zweite Feststellung. Die Staatsausgaben haben sich 1965 im Vergleich zu 1958 in der EWG wie folgt entwickelt: In Italien haben sie sich mehr als verdoppelt, in Deutschland und den Niederlanden
sind sie um 80 % gestiegen, in Frankreich sind sie um 60 % gestiegen.
Meine Damen und Herren, nur soviel. Die öffentlichen Hände haben also überall und nicht nur in Deutschland zu offene Hände gehabt. Die öffentlichen Hände waren nirgendwo antizyklisch. Überall haben sie die vorhandenen Ungleichgewichte noch verstärkt.
Drittens deshalb das wörtliche Zitat aus der Rede von Herrn Marjolin, die Schlußfolgerung für alle Partnerstaaten der EWG:
Die Anwendung einer wirklich antizyklischen Haushaltspolitik, selbstverständlich in Verbindung mit einer entsprechenden Geld- und Kreditpolitik, ist eine absolute Notwendigkeit geworden.
Meine Damen und Herren! Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion erklärt ihren Dank an die Bundesregierung, daß sie mit der Vorlage dieses Stabilitätsgesetzes Deutschland als erstem aller EWG-Partnerstaaten die Möglichkeit gibt, der Forderung der EWG nach einer modernen Konjunkturpolitik zu entsprechen.
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Spannt man den Bogen noch etwas weiter, so ergibt sich ein interessantes Phänomen, daß nämlich - weltweit - für diejenigen Länder, die in den früheren Jahren den geringsten Preisauftrieb gehabt haben - ich denke hier vor allem an die USA, Kanada, Belgien und Deutschland, wobei ich im folgenden Deutschland ausklammere - das Jahr 1965 ein Stichjahr gewesen ist, in dem es überall ganz plötzlich enorme Preisbewegungen gegeben hat.
Ich möchte in dem Zusammenhang Herrn Martin, den Vorsitzenden des Federal Reserve Board - diese Institution ist unserer Bundesbank vergleichbar -, zitieren, der im Mai vor einem Kongreßausschuß in Washington gesagt hat, sowohl im privaten wie im öffentlichen Bereich suche man zuviel auf einmal zu tun. Amerika habe noch nicht gelernt, die Frage der Preisinflation bei Vollbeschäftigung zu meistern, und dies werde auch in den nächsten Jahren das Hauptproblem bilden.
Also, meine Damen und Herren, bei dem, was uns hier heute alle miteinander bewegt, handelt es sich um weltweite Fehlentwicklungen, und ich würde es sehr begrüßen, wenn es der Bundesregierung in Zukunft besser gelingen würde, als es in der Vergangenheit geschehen ist, der deutschen Bevölkerung klarzumachen, daß es nicht speziell deutsche Schwierigkeiten sind, sondern weltweite Schwierigkeiten in allen Industrieländern.
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Welches ist nun die Ursache des Preisanstieges in Deutschland? Meine Damen und Herren, wiederum gebe nicht ich Ihnen die Antwort. Das Jahresgutachten 1965 gibt die Antwort: Erstens das ungeduldige Drängen vieler Gruppen in Gesellschaft und Staat, zweitens mangelnder Widerstand der verantwortlichen Instanzen, vor allem in Wahljahren. Auch das ist richtig.
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In dem Zusammenhang - „Hört! Hört!" wurde da gesagt - möchte ich verweisen auf eine Äußerung des sehr geehrten Herrn Bundestagskollegen Schmidt aus Hamburg, der laut „Frankfurter Allgemeine Zeitung" vom 30. August 1965 gesagt hat -ich zitiere jetzt wörtlich die FAZ -:
Schmidt räumte ein, daß alle Fraktionen des Bundestages, auch die sozialdemokratische - und diese selbstverständlich auch aus wahltaktischen Erwägungen -, an den Ausgabebeschlüssen mitgewirkt hat.
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Das nur zur Vollständigkeit, meine Damen und Herren.
Drittens nenne ich die Feststellung des Sachverständigenrates in seinem 2. Jahresgutachten unter Ziffer 141:
Die Länder haben sich 1965 noch weniger Zurückhaltung auferlegt als der Bund.
Schließlich dann die Auffassung des Sachverständigenrates: Wir haben ungenügende automatische Sicherungen. Und weil wir zu wenig Sicherungen haben, deshalb jetzt dieses Gesetz.
Durch dieses Gesetz, meine Damen und Herren, soll erreicht werden, daß die Konjunkturzyklen, die bisher oft eine expansive Überspannung oder aber die Gefahr der Rezession gebracht haben, mehr und mehr eingeebnet werden können. Dieses Gesetz hier bezweckt die Stabilisierung des Konjunkturverlaufs, die Milderung der Zyklen. Der Boom soll ebenso wie die Rezession verhindert werden. Wir denken also nicht daran, auf ein Wirtschaftswachstum irgendwie zu verzichten, sondern wir wollen ein gleichgewichtiges Wirtschaftswachstum. Das ist unser Ziel. Deshalb keine nur einseitig wirkenden Instrumente in diesem Stabilitätsgesetz, sondern ausschließlich Instrumente mit Umkehrmöglichkeit.
Das ist auch im Sinne von Herrn Marjolin, der soeben empfohlen hat, bei nachlassender Konjunktur mehr auszugeben als einzunehmen und so den Kreislauf anzuregen und bei überhitzter Konjunktur umgekehrt. Keiner unserer Partner in der EWG und darüber hinaus verfügt über ein so modernes Instrumentarium.
Meine Damen und Herren! Ich möchte gerade wegen der Möglichkeit der Umkehrwirkung aller Instrumente auch den Bedenken, die in Teilen der Wirtschaft noch vorhanden sind, begegnen, indem ich sage: das Stabilitätsgesetz liegt wegen dieser Umkehrmöglichkeit, d. h. wegen der Möglichkeit, sofort wirksame Anreize in Zeiten der Rezession zu geben, gerade auch im eigenen Interesse der deutschen Volkswirtschaft.
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Ich möchte jetzt zwei Einzelpunkte herausgreifen. Zunächst die Variierung der Abschreibungssätze. Gerade die Wirtschaft schaut sehr auf dieses vorgesehene Instrument. Es ist eines der wichtigsten Instrumente dieses Gesetzes. Herr Kollege Schiller, leider muß ich Ihnen sagen, daß Sie mich insofern enttäuscht haben, als Sie über dieses Instrument
nur einen Satz gesagt haben. Dieser eine Satz besagte, daß in der Variierung der Abschreibungssätze sowohl Möglichkeiten als auch Gefahren begründet sind. Jetzt weiß die deutsche Wirtschaft, was los ist, meine Damen und Herren.
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Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Professor Schiller?
Bitte sehr.
Haben Sie überhört, Herr Kollege Luda, daß ich dabei gleichzeitig gesagt habe: ich verweise auf meine früheren Äußerungen in diesem Hause?
Herr Kollege Schiller, Entschuldigung, ich habe den Text, den Sie vor Ihrer Rede draußen an die Presse haben verteilen lassen, nachgelesen, und da steht das, was Sie jetzt zusätzlich sagen, nicht drin.
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Ich glaube nicht, daß Sie das verlesen haben. In der Rede, die Sie hier verlesen haben, stand das nicht drin.
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Ich darf nun in meinen Stichworten fortfahren. Auch hier gilt also hinsichtlich der Variierung der Abschreibungssätze nicht: Reduzierung der Investitionen, sondern: Stabilisierung des Investitionsverlaufs. Das aber ist dringend nötig, weil wir bisher jährliche Wachstumssprünge bei unseren Investititionen in der Industrie in Deutschland zwischen 1,5 und 25 % gehabt haben. Meine Damen und Herren, wenn sich daraus keine konjunkturellen Störungen ergeben sollen, dann weiß ich es nicht. Es ist also dringend nötig, hier zwar nicht zu einer völligen Egalisierung, aber tendenziell zu einem Ausgleich zu kommen.
Meine Damen und Herren, die Kredit- und Geldpolitik allein reicht nicht aus, das zu erreichen. Ich habe natürlich auch gewisse Bedenken in bezug auf dieses Instrument. Es ist nicht besonders schön, es ist nicht unbedenklich. Ich meine deshalb, daß wir in unseren Beratungen in den Ausschüssen zumindest folgendes beachten sollten: daß eine unantastbare Zone der betriebswirtschaftlich gerechtfertigten Abschreibungen auf jeden Fall gewährleistet bleibt. Wir sollten auch dafür sorgen, daß Variierungen höchstens global, nicht aber partiell für diese oder jene Branche, ausgesprochen werden können; denn sonst gibt es zumindest Abgrenzungsschwierigkeiten.
Hier habe ich persönlich ein herzliches Anliegen an die Bundesregierung: Soweit Unternehmer kraft gesetzlicher Vorschrift gezwungen sind, bestimmte Investitionen durchzuführen, z. B. aus dem Gewerberecht heraus, wegen Reinhaltung von Luft oder Wassser, wegen des Zivilschutzes oder dergleichen, würde ich persönlich es für fragwürdig hal2690
ten, auch insoweit durch unsere Ermächtigung die Möglichkeit geben zu wollen, diese Sonderabschreibungen irgendwie zu reduzieren.
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Denn das, meine Damen und Herren, sind ja in der Regel keine produktiven Investitionen.
Wir müssen nach meiner persönlichen Überzeugung auch eine Alternative prüfen. Wir haben in Schweden das interessante Modell, daß Steueranreize gewährt werden, um in Zeiten eines herannahenden Booms Investitionsentschlüsse auf die lange Bank zu schieben. Meine Damen und Herren, Schweden hat aber dabei auch die Regelung, daß eine Investitionsbehörde nach Ablauf der Stilllegungsfrist darüber befindet, was mit einem großen Teil dieser stillgelegten Gelder zu geschehen habe. Das allerdings - und das muß ich hier mit Nachdruck feststellen - ist nicht nach unserer Mütze, das wollen wir ganz gewiß nicht. Irgendeine Art der Investitionskontrolle ist abzulehnen. Das müssen wir im Zusammenhang mit der Variierung der Abschreibungssätze hier eindeutig feststellen.
Meine Damen und Herren, warum sage ich das so? Ich sage das deshalb, weil der Herr Kollege Schiller bei einer seiner letzten Bundestagsreden insoweit ein Zwielicht geschaffen hat. Er hat am 27. Mai leider ein Zwielicht geschaffen durch sein Bekenntnis zum Godesberger Programm und durch seine Äußerung, wir, die CDU/CSU, würden dieses Godesberger Programm demnächst noch einmal abschreiben. Meine Damen und Herren, was steht denn im Godesberger Programm? Herr Schiller weiß es schon. Wörtlich:
Wirksame öffentliche Kontrolle muß Machtmißbrauch der Wirtschaft verhindern. Ihre wichtigsten Mittel sind Investitionskontrolle und Kontrolle marktbeherrschender Kräfte.
Meine Damen und Herren, der Herr Kollege Schiller - entschuldigen Sie, daß ich Ihnen schon wieder zu nahe trete - hat den Mut, auf der einen Seite Investitionskontrolle zu fordern und gleichzeitig die mündige Gesellschaft zu proklamieren.
Herr Professor Schiller möchte eine Frage stellen, Herr Kollege Luda.
Herr Kollege Luda, ist Ihnen nicht bekannt, daß ich die Aufforderung an Ihre Partei, Ihr Godesberger Programm noch zu schreiben, auf ein ganz bestimmtes Gebiet bezogen habe, daß ich Ihnen damals gar nicht zugemutet habe, das ganze Godesberger Programm für die CDU/CSU zu übernehmen,
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sondern einzig und allein für das Thema „mittelfristige Finanzplanung"? Das habe ich Ihnen damals empfohlen, nicht das ganze Programm.
Herr Kollege Schiller, soweit mir Ihre damalige Bundestagsrede vor
Augen steht, haben Sie es auf das ganze Programm bezogen. Wenn es anders sein sollte, bin ich gern bereit, mich mit Ihnen zu unterhalten und das von dieser Stelle aus zu widerrufen, um Ihnen Genüge zu tun.
Das ist dieser Punkt, meine Damen und Herren. Eine SPD jedenfalls - das eine muß gesagt werden; und von der Investitionskontrolle des Godesberger Programms sind Sie, Herr Professor Schiller, ja gerade nicht abgewichen -, die auf dem Standpunkt der Investitionskontrolle steht, hat weder ihre Vergangenheit bewältigt noch Aussicht, die Zukunft zu gewinnen.
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In diesem Gesetzentwurf der Bundesregierung ist ein zweites sehr wichtiges Instrument vorgesehen: die Kreditplafondierung, d. h. die Ermächtigung an die Deutsche Bundesbank, die Ausweitung der Kreditgewährung mengenmäßig und auch qualitativ - das muß man immer dabei berücksichtigen - zu begrenzen, somit eine Bremse für den Notfall. Weil der Herr Kollege Schiller in diesem Zusammenhang von Dirigismus gesprochen und eine sehr herbe Kritik angebracht hat, muß ich zu diesem Punkte doch einiges sagen.
Dieses Instrument wird uns angeraten von dem zweiten Jahresgutachten der Sachverständigen, wird uns angeraten vom Troeger-Gutachten, wird uns angeraten von sämtlichen internationalen Autoritäten, an denen wir beteiligt sind, z. B. vom Währungsausschuß der EWG - Bericht über die Währungs- und Finanzlage in der Bundesrepublik vom 20. Dezember 1965 und im Jahresbericht vom Mai 1966 -, wird uns angeraten vom Vizepräsidenten Marjolin in seiner großen Rede vom 18. Januar dieses Jahres, wird uns angeraten auch vom Wirtschaftspolitischen Ausschuß der OECD im Bericht vom 8. Juli 1966 Ziffer 11. Meine Damen und Herren, das will doch einiges besagen. - Herr Kollege Möller nickt zustimmend. Ich danke Ihnen sehr für diese Unterstützung.
Außerdem muß ich das andere sagen: Dieses Instrument wird in sämtlichen Partnerstaaten der Bundesrepublik Deutschland schon seit zwei, drei und mehr Jahren praktiziert. Die Bundesrepublik Deutschland ist der einzige Staat, der dieses Instrument bis heute noch nicht hat.
In Italien sind damit besonders gute Erfahrungen gemacht worden. Dort hat man 1964 in der bekannten damaligen Wirtschaftskrise dieses Instrument eingeführt und hat damit einen durchschlagenden Erfolg erzielt. Ich bitte Sie, meine Damen und Herren, die internationale Literatur diesbezüglich nachzulesen.
Es wird in Frankreich schon seit 1963 gehandhabt; weniger streng, aber auch dort hat man gute Erfahrungen damit gemacht.
Herr Dr. Arndt möchte eine Frage stellen.
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Herr Kollege Luda, täusche ich mich darin, daß die Kreditplafondierung in Italien nur auf die Wareneinfuhr in diesem Jahr angewandt worden ist?
Herr Dr. Arndt, das ist nicht richtig. Das Mittel ist in Italien in erster Linie zur Sanierung der Kapitalbilanz eingesetzt worden. Lesen Sie es bitte nach. Ich kann Ihnen die Literatur zur Verfügung stellen.
Besonders möchte ich auf das Beispiel Holland hinweisen, weil man dort in diesem Zusammenhang besonders gute Erfahrungen mit Gentleman's Agreements gemacht hat. Das halte ich für besonders wichtig. Nicht Kreditplafondierung, um autoritäre Anordnungen qua Bundesbank an die privaten Kreditinstitute zu treffen, sondern Kreditplafondierung als letzte Ermächtigung, um auf dieser gesetzlichen Basis eine Zusammenarbeit zwischen der Bundesbank in Frankfurt und den privaten Kreditinstituten in Deutschland zu ermöglichen, eine Zusammenarbeit, die es in der Vergangenheit leider Gottes nicht gegeben hat. Darauf komme ich gleich noch. .
Jetzt noch ein anderes Beispiel. Vor allem in der Schweiz ist seit 1964 dieses Mittel in Anwendung, und auch dort hat man mit der Methode von Gentleman's Agreements besonders gute Erfahrungen gemacht. Darüber existiert eine ausführliche Literatur, die ich gleich noch kurz erwähnen werde.
Dr. Kurt Klein hat eine Dissertation geschrieben, die in den nächsten Wochen im Verlag Duncker und Humblot in Berlin erscheinen wird. Er hat darin die drei Länder England, Osterreich und die . Schweiz ausführlich abgehandelt. Das ist ein Teil der Literatur, Herr Dr. Arndt, die ich Ihnen zur Verfügung stellen könnte.
Alle Partnerstaaten praktizieren das Instrument, obwohl sämtliche Partnerstaaten der Bundesrepublik Deutschland den Kapitalverkehr noch längst nicht voll liberalisiert haben. Wir sind das einzige Land in der freien Welt, in dem der Kapitalverkehr eindeutig liberalisiert worden ist. Wir haben als einziges Land die volle Konvertibilität. Trotzdem aber haben wir nicht dieses Instrument. Aber die anderen, die nicht so liberal waren, die haben dieses Instrument. Und da geht der Herr Schiller hin und macht es madig mit dem Vorwurf des Dirigismus.
Professor Stucken, der Nestor der deutschen Finanzwissenschaftler, hat sich in den letzten sechs Jahren gerade mit diesem Instrument, der Kreditplafondierung, befaßt, und er hat in seinen Studien und Veröffentlichungen festgestellt, daß seit Herbeiführung der vollen Konvertibilität in Deutschland die Bundesbank die Herrschaft über die Geldschöpfung verloren habe. Das ist ein sehr gravierender Umstand. Denn der Geldwert, meine Damen und Herren, hängt zum großen Teil vom Geldvolumen ab, und wenn Staat und öffentliche Stellen nicht mehr hinreichend auf die Geldschöpfung einwirken können, dann ist offenbar ein Signal gegeben und eine Situation entstanden, über die man zumindest sprechen muß. Professor Stucken führt aus, daß unsere Zielsetzung: binnenwirtschaftliche Stabilität und Konvertibilität bei stabilen Wechselkursen
äußerst komplex und völlig neu ist, und daß sie das Instrumentarium der Deutschen Bundesbank schwächen werde, haben wir im Jahre 1958 bei Herbeiführung der Konvertibilität nicht gewußt.
Hier muß jetzt also ein Ausgleich geschaffen werden, damit die Deutsche Bundesbank die Herrschaft über die Geldschöpfung zurückerlangt - nicht durch autoritäre Anordnungen, sondern durch Partnerschaft zwischen der Bundesbank und den privaten Kreditinstituten. Die hat es bei uns nur einmal gegeben: im Jahre 1960 bei der bekannten BlessingMilliarde. Diese Zusammenarbeit ist dann aber sofort von dem größten Teil der privaten Kreditinstitute konterkariert worden, indem sie sofort andere Mobilisierungstitel abgestoßen haben. Und so ist es bis zum heutigen Tage. Meine Damen und Herren, die Restriktionspolitik der Deutschen Bundesbank, die seit Anfang 1964 betrieben wird, ist von den privaten Kreditinstituten - ich sage das hier sine ira et studio, nur als Tatsachenfeststellung - durchkreuzt worden. Was wollen Sie davon halten, daß sich in den zwei Jahren die Deutsche Bundesbank alle Mühe gibt, Kreditrestriktionen durchzusetzen, daß aber gleichzeitig die privaten Kreditinstitute von Juni 1965 bis Juni 1966 kurzfristig eine Expansion von 11,5 %, mittelfristig von 25 % und langfristig von 11,8 % gehabt haben? Dabei kann eine Geldpolitik nicht funktionieren, vor allen Dingen wenn man sie in Zusammenhang bringt mit der äußersten Richtlinie des zweiten Jahresgutachtens: auch in den Krediten keine Ausweitung über 6 % hinaus.
Bei Dr. Klein ist zahlreiche Literatur aus der Schweiz angeführt, aus der sich ergibt, wie sich dort die freiwilligen Absprachen ausgewirkt haben. Er zitiert Gaston Jaquemet. Danach sind die Wesensmerkmale der freiwilligen Abreden Schnelligkeit und Anpassungsfähigkeit; innerhalb kürzester Frist kann beschlossen, angewendet, aber auch wiederaufgehoben werden. Hauptvorteil aber ist, daß die privaten Kreditinstitute dann ein Mitspracherecht bekommen. Es soll gar nicht so sein, daß ihnen einseitig irgend etwas oktroyiert wird. Meine Damen und Herren, international ist die ständige Zusammenarbeit der monetären Autoritäten Gott sei Dank in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren hergestellt worden. Nur in Deutschland haben wir es nicht vermocht, eine auch nur annähernd ähnliche Zusammenarbeit zwischen der Deutschen Bundesbank und den privaten Kreditinstituten zustande zu bringen. Das ist eine Schande. Das muß sofort geändert werden.
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Meine Damen und Herren, ich möchte den Punkt der Kreditplafondierung, der etwas speziell ist, hier nicht noch mehr ausweiten. Es ist aber immerhin ein sehr wichtiges Instrument, und ich bedaure deshalb sehr, daß Herr Professor Schiller auf die wahre Problematik dieses Punktes gar nicht eingegangen, trotzdem aber vorhin zu einem negativen Urteil gekommen ist. Über die Einwendungen, die gegen die2692
ses Instrument erhoben werden, möchte ich aber doch noch einiges sagen.
Es wird gesagt, kleine Unternehmen würden am meisten betroffen. Wenn das der Fall wäre, dann müßten wir uns die Sache doppelt und dreifach überlegen. Aber es ist nicht nur die quantitative Beschränkung möglich, sondern auch die qualitative Beschränkung. Kleinere Kredite können generell ausgenommen werden, es können auch kleinere Kreditinstitute oder besondere Sparten von Kreditinstituten völlig von dieser Maßnahme ausgenommen werden, von der wir ja ohnehin hoffen, daß davon niemals Gebrauch gemacht werden muß. Das hoffen wir; wir hoffen, daß das Problem durch Partnerschaft erledigt wird.
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Außerdem bekommt bei dieser Kreditplafondierung die Deutsche Bundesbank endlich einmal die Möglichkeit, zu bremsen, ohne daß die Zinsen ansteigen. Das war doch das Bedenkliche an der Restriktionspolitik der Deutschen Bundesbank seit 1964, das war das Janusköpfige. Sie hat natürlich gedrosselt und gedämpft; aber die Preise sind durch den Zinsanstieg ebenfalls negativ davon betroffen worden. Mengenmäßige Beschränkung der Kredite bedeutet aber ein Bremsen ohne Zinsanstieg. Auf diese Feststellung legen wir hier besonderen Wert.
Einfrieren bestehender Wettbewerbspositionen: Meine Damen und Herren, Banken, die erst in den letzten fünf oder acht Jahren gegründet worden sind, können von einer eventuellen Maßnahme der Bundesbank ausgenommen werden. Aber ich sage nochmals, wir hoffen ja, daß solche Maßnahmen nie getroffen zu werden brauchen.
Ich komme zu einem weiteren Punkt, der Herrn Kollegen Schiller sehr am Herzen liegt, aber offenbar noch nicht so sehr, daß er jetzt anwesend wäre, um das von mir mit anzuhören.
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Er sagt immer wieder: Hier fehlt die Möglichkeit der außenwirtschaftlichen Absicherung. Nun, meine Damen und Herren, durch das Mittel der Kreditplafondierung wird gerade zusätzlich eine partielle außenwirtschaftliche Abschirmung herbeigeführt, nämlich dadurch, daß, wenn die Bundesbank einmal von diesem Mittel Gebrauch gemacht haben sollte, die Banken sich zwar aus dem Ausland Geld leihen, es aber nicht im Inland ausleihen dürften. Ich bitte doch, das Herrn Professor Schiller mit auf den Weg zu geben, weil er jetzt nicht zugegen ist. Das ist die außenwirtschaftliche Absicherung, die er sich wünscht; damit kann man etwas anfangen.
Wir haben in Deutschland ja eine positive Erfahrung mit der Kreditplafondierng. Denn die Bank deutscher Länder hat sie in einer sehr kritischen Situation der deutschen Wirtschaft, nämlich in der Korea-Hausse des Jahres 1951, angewendet, und ich bitte, in den Geschäftsberichten nachzulesen; ich will es nicht zitieren. Das hat prompt gewirkt. Es hat keine zwei Jahre gedauert, ehe die Bank deutscher Länder einen Erfolg zu verzeichnen hatte.
Natürlich ist die Kreditplafondierung kein Allheilmittel, keine voll befriedigende Maßnahme, aber immerhin eine Methode, die monetäre Nachfrage notfalls so zu beschränken, daß sie in keinem Zeitpunkt über das reale Angebot hinausgeht, also der Bundesbank den nötigen Einfluß auf die Geldschöpfung zurückzugeben.
Abschließend noch der Punkt Dirigismus. Ich bitte, Herrn Kollegen Schiller zu sagen,
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er möge doch bitte nachlesen bei Hans Gestrich, Walter Eucken und David Ricardo. Überall dort wird er die Festellung finden, daß eine Wettbewerbsordnung nur mit straff geordnetem Geldwesen funktionieren kann. Freiheit im Wirtschaftsleben setzt strenge Bindungen auf dem Gebiete des Geldwesens voraus. Im „Dritten Reich", als Löhne und Preise gestoppt waren und als mengenmäßige Beschränkungen für Waren und Dienstleistungen bestanden, brauchte die Reichsbank keine straffen Instrumente, da war dem Staat das alles völlig gleichgültig. Aber wenn die Volkswirtschaft so im Sinne der Wettbewerbswirtschaft laufen soll, wie die soziale Marktwirtschaft das in Deutschland eingeführt hat, dann brauchen wir das klare und starke Rückgrat eines geordneten Geldwesens, repräsentiert durch die Deutsche Bundesbank. Der Vorwurf des Dirigismus geht daher absolut ins Leere. Er läßt sich vom fachlichen Standpunkt in keiner Weise rechtfertigen.
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Gestatten Sie mir jetzt einige Worte als Gesamtwürdigung zu diesem Entwurf eines Stabilisierungsgesetzes und damit vorab eine Stellungnahme zu ,den wesentlichsten Punkten der Kritik, die wir gehört haben. Da steht im Mittelpunkt die Frage der Grundgesetzänderung. Sie ist von besonderem Ernst, von besonderer Bedeutung, und deshalb wollen wir sie an die Spitze und nicht an den Schluß stellen.
Durch unser Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, eine in seinen wesentlichen Zügen vorbildliche und moderne Verfassung, hat sich folgende Diskrepanz ergeben. Nach Art. 73 Nr. 4 des Grundgesetzes trägt die Bundesregierung die Verantwortung für unsere Währung. Was heißt das? Heißt das, die Zuständigkeit für die Ausgabe von Banknoten ruht bei der Bundesregierung oder ihrer Bundesbank? Heißt das, daß die Bundesregierung die Währungsparitäten festzusetzen habe? Nun, Karlsruhe, das Bundesverfassungsgericht, hat sich mit dieser Frage befaßt und hat in mehreren Urteilen festgestellt: Nein, das geht darüber hinaus, die Bundesregierung ist für den Geldwert verantwortlich, sie ist also auch dafür verantwortlich, daß nötigenfalls inflationsbekämpfende Maßnahmen getroffen werden können.
Aber welcher ist denn einer der wesentlichsten Faktoren preisbildender Art bei uns in Deutschland? Wir haben es vorhin gehört, wieviel Prozent des Bruttosozialprodukts durch die öffentlichen Kassen, vor allem durch die öffentlichen Haushalte, laufen. Auf der einen Seite also hat die BundesDr. Luda
regierung die volle Verantwortung dafür, daß Preise und Währung stabil bleiben, aber die wesentlichsten Faktoren ruhen nicht in ihrer Hand, sondern zumindest zu 50 % in der Hand von Ländern und Gemeinden, die - und jetzt kommt die Diskrepanz - nach Art. 109 des Grundgesetzes in ihrer Haushalts-, d. h. in ihrer Ausgabenpolitik, völlig unabhängig sind. Das ist eine Mißhelligkeit, die damals von den Vätern des Grundgesetzes - ich will keinem einzigen zu nahe treten - ganz offenbar nicht hinreichend beachtet worden ist. Aber sicherlich ruht die Schuld nicht bei ihnen, sondern offensichtlich liegt sie begründet in der Tatsache, daß wesentliche Strukturen dieser Verfassung uns von den Besatzungsmächten in den Jahren 1948 und 1949 oktroyiert worden sind.
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Deshalb ist dieser Punkt reparaturbedürftig. Diese Regelung ist nicht weiter praktikabel, wenn auch weiterhin die Regierung - gleichgültig, von welchen Parteien sie gestellt wird - die Verantwortung für den Geldwert tragen soll.
Aber - und das hat uns enttäuscht - das war ja nicht eine Offenbarung von heute: Herr Kollege Wehner hat schon laut „Frankfurter Allgemeine Zeitung" vom 17. August 1966 erklärt, die SPD gebe der staatsvertraglichen Lösung den Vorzug. Meine Damen und Herren, was spricht gegen die staatsvertragliche Lösung? Herr Minister Schmücker hat es vorhin schon ausgeführt, auch Herr Bundeskanzler Erhard. Ich möchte folgendes sagen. Die Länder sind verfassungsrechtlich nicht befugt, vertraglich, d. h. freiwillig, auf einen Teil ihrer Hoheitsrechte zu verzichten. Das ist das eine.
Zum anderen: Staatsverträge, die Herr Kollege Wehner uns anraten will, bedürften der Zustimmung sämtlicher 11 Landtage. Stellen Sie sich einmal die Prozedur vor, die dann durchgeführt werden müßte, die ganzen Schwierigkeiten! Wenn Sie eine blasse Ahnung von den Schwierigkeiten haben wollen, die dann entstehen würden, bitte ich Sie, einmal das Bundesratsprotokoll über den ersten Durchgang dieses Stabilitätsgesetzes einzusehen und nachzulesen, mit welchen Ausflüchten - das muß ich hier sagen - Bürgermeister Weichmann gegen verschiedene konstruktive Vorschläge der Bundesregierung polemisiert hat. Meine Damen und Herren, das würde uns dann blühen, noch und noch, wochenlang und monatelang.
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Stellen Sie sich einmal vor, es gelingt einer Bundesregierung, mit der Mehrzahl der Länder solche Verträge unter Dach und Fach zu bringen, und einige Länder sperren sich. Was soll dann das ganze System der Staatsverträge? Herr Kollege Wehner hört weg, weil das für ihn natürlich sehr unangenehm ist; er hatte diesen Vorschlag ja gemacht, der sich nicht praktizieren läßt. Aber trotzdem muß ich das hier sagen.
Nun, ein Vertrag kann auch jederzeit gekündigt werden. Außerdem ist ein schriftlich fixierter Vertrag nicht grundsätzlich verschieden von der Vereinbarung, die Bundeskanzler Ludwig Erhard im Juni 1964 mit allen Ministerpräsidenten der deutschen Bundesländer getroffen hat, als ihm alle in die Hand versprachen: Wir werden in unserer Haushaltsexpansion 1965 nicht über 6 % hinausgehen. Die meisten haben sich nicht daran gehalten. Ein solcher Staatsvertrag, den Herr Wehner uns hier vorschlagen will, wäre nichts anderes als ein geduldiges Stück Papier, wäre nicht eine Garantie für die Stabilität unserer Währung. Wir möchten hier ganz eindeutig sagen: wo der Chirurg nötig ist, da dürfen wir uns nicht der Homöopathie verschreiben.
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Aber deshalb jetzt das Folgende. Im Bundesrat, in dem föderalistischen Organ unserer Verfassung, dem Organ, welches den verfassungsmäßigen Auftrag hat, die berechtigten Anliegen des deutschen Föderalismus zu wahren, in diesem Organ zeichnet sich eine Zweidrittelmehrheit für diese Verfassungsänderung ab. Ich verweise auf die Äußerung von, Ministerpräsident Diederichs, dem ich dafür ausdrücklich danken möchte. Er hat erklärt, daß die Stimmenthaltung des Landes Niedersachsen in der ersten Lesung des Stabilitätsgesetzes im Bundesrat kein Nein zu der geplanten Verfassungsänderung bedeute. Ist das aber der Fall, dann wird das föderalistische Organ dieser, sagen wir mal, Modifizierung des Föderalismus in Deutschland seine Zustimmung geben.
Jetzt kommt in der unitarischen Komponente unseres Verfassungslebens und unserer Verfassungsstruktur, nämlich im Deutschen Bundestag, eine Partei und sagt: „Wir, die SPD, müssen den deutschen Föderalismus retten. Wir müssen dafür sorgen, daß die berechtigten Anliegen der Bundesländer gewahrt werden." Da kann ich nur sagen: offenbar verfährt man dabei nach dem Prinzip: Der Gebrauch der Logik hat in Widersprüchen zu erfolgen.
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Jetzt kommt noch folgendes hinzu. Ausgerechnet Ministerpräsident Dr. Goppel von Bayern ist derjenige gewesen, der im Bundesrat für sein Bundesland Bayern nicht nur dieser Modifizierung des Föderalismus zugestimmt, sondern der sogar noch eine einschneidende Verschärfung dieser Modifizierung im Bundesrat vorgeschlagen hat. Sie wissen ja: obligatorische Konjunkturausgleichsrücklage. Das ist ein ganz einschneidender Eingriff, und dieser Vorschlag kommt von Herrn Goppel von der CSU.
Meine Damen und Herren, jetzt gestatten Sie mir mal eine Reminiszenz. Solange Fritz Schäffer hier in Bonn Bundesfinanzminister -war, war er im Rahmen seiner Zuständigkeiten immer der Garant für die Stabilität der Deutschen Mark. Ich freue mich und bin sehr glücklich darüber, daß Herr Goppel als bayerischer Ministerpräsident und als Exponent der CSU diese glückliche Tradition jetzt fortsetzt.
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Ausgerechnet jetzt verfällt die SPD in die übertrieben föderalistische Neigung zum Parzellieren.
Aus dem Bundesstaat möchte Herr Wehner gern einen Staatenbund machen. Die SPD ist jetzt das letzte Aufgebot, sozusagen der Volkssturm des Föderalismus in Deutschland,
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und vorne weg marschiert Herr Wehner als eine Art Hauptmann von Vilshofen.
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Was Herr Goppel der deutschen Öffentlichkeit demonstriert hat, ist der kooperative Föderalismus, der im Troeger-Gutachten uns allen angeraten worden ist. Aber was Herr Wehner - laut FAZ - vorgeschlagen hat und was von Herrn Kollegen Professor Dr. Schiller heute nochmals vertieft worden ist, das ist die Spielart des Föderalismus, mit der das deutsche Volk in Jahrhunderten leider Gottes eine leidvolle Erfahrung hat machen müssen. Da wollen wir nicht ein Zurück in diese Vergangenheit.
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Das eine ist ein kooperativer Föderalismus; dieses hier kann ich nur als „Vulgär-Föderalismus" bezeichnen.
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Dann kommt das Thema der notwendigen außenwirtschaftlichen Absicherung. Ich sagte soeben schon: auf Teilgebieten ist diese Absicherung bereits erreicht. Ich verweise auf das zweite Jahresgutachten, Ziffer 125; da heißt es wörtlich: „Die Kuponsteuer wirkt weiter abschirmend." Damit kann man die Sorgen von Herrn Kollegen Schiller, die an sich berechtigt sind, für diesen Teilbereich als erledigt ansehen. Es heißt weiter wörtlich: „Man kann sie" - die Kuponsteuer - „als eine Art Zollmauer gegenüber der Geldsphäre des Auslandes betrachten". Das ist, glaube ich, wichtig im Hinblick auf dieses Argument. Kreditplafondierung ist eine Teilabschirmung; ich sagte es eben schon. In Reserve steht der § 23 des Außenwirtschaftsgesetzes.
Wenn außerhalb dieser jetzt schon gegebenen Möglichkeiten die Opposition weitere außenwirtschaftliche Absicherungen verlangt - wofür ich Verständnis habe, darüber müssen wir reden; aber die Frage ist, ob wir das heute oder in den nächsten 12 Monaten erledigen können -, dann müssen wir hier die offizielle Anfrage an die Opposition richten: Welche konkreten Vorschläge wollen Sie uns in diesem Punkte machen?
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Wollen Sie - Herr Kollege Schiller hat sich darüber wohlweislich ausgeschwiegen - einen Antrag einbringen, daß wir zu flexiblen Wechselkursen übergehen sollten? Es spricht vieles dafür; das gebe ich zu. Aber ich möchte auch zu bedenken geben: Flexible Wechselkurse bedeuten Abschirmung der deutschen Volkswirtschaft von den Impulsen und Aktivitäten der Volkswirtschaften unserer Partnerstaaten. Und genau das Gegenteil wollen wir durch unsere Europapolitik doch erreichen. Wir wollen das Gegenteil, wir wollen die Impulse und Aktivitäten aller beteiligten Volkswirtschaften auf einen Nenner bringen, wollen sie harmonisieren und dadurch potenzieren. Das ist und bleibt auch in Zukunft unser Ziel. Die Einführung flexibler Kurse würde eine Abkapselung der deutschen Volkswirtschaft bedeuten. Das können wir nicht ohne Absprache und klare Vereinbarungen mit unseren Bündnispartnern erledigen. Das Bundeswirtschaftsministerium ist in Verhandlungen im Rahmen des IWF und im Rahmen der OECD, im Zehnerklub. Sie wissen das alle. Die Initiative ist insoweit längst ergriffen. Außerdem hindern uns zahlreiche internationale Verträge daran, einseitig von dem Prinzip fester Wechselkurse bis auf eine Spanne von 10 %, die wir im Jahre 1961 bald schon zu 5 % verbraucht hatten, abzuweichen.
Meine Damen und Herren, wenn die SPD - sie schweigt sich immer noch aus - diesen Punkt nicht vorschlagen will, bleibt nur die andere Möglichkeit, daß sie zu ihrem Antrag zurückkehrt, nämlich die Schaffung einer Möglichkeit, die Exportüberschüsse durch Variierung des Umsatzsteuerausgleichs beim grenzüberschreitenden Verkehr zu reduzieren.
Ich darf mit Genehmigung des Herrn Präsidenten Herrn Kollegen Professor Schiller zitieren, der in der Bundestagssitzung vom 29. November 1965 gesagt hat: Der Vorschlag, den Umsatzsteuerausgleich an der Grenze zu variieren, hatte zum Ziel, die Exportüberschüsse wegzubringen. Es war also der entscheidende Vorschlag, um die Exportsalden zu beseitigen. - Herr Kollege Schiller hat damals von Exportüberschüssen wie von einem inzwischen lästig gewordenen Spielzeug gesprochen. Ich habe dafür kein Verständnis.
Meine Damen und Herren, die Exportmärkte sind heute heiß umkämpft. Was Fleiß und Intelligenz deutscher Arbeiter, Forscher und Kaufleute auf dem Weltmarkt erreicht haben, ist ein nationaler Besitzstand. Eine Politik der Exporterschwerung können wir uns als industrielles Veredelungsland heutzutage - das unterstreiche ich - nicht leisten. Die freiwillige Aufgabe eines Teils der deutschen Märkte wäre in der heutigen Situation ein frevelhaftes Tun.
Keiner unserer Konkurrenten auf den Weltmärkten denkt an einen solchen Akt der Selbstverstümmelung. Trotzdem hat Herr Kollege Schiller in seiner Pressekonferenz vom 14. September vorigen Jahres unter Ziffer 7 folgendes gesagt - ich zitiere mit Genehmigung des Herrn Präsidenten -: Das wäre die erste Maßnahme des Wirtschaftsministers einer sozialdemokratischen Regierung. - Ja, meine Damen und Herren, wie schlau ist doch der deutsche Wähler am 19. September gewesen, daß er sich keine sozialdemokratische Regierung gegeben hat!
({15})
Herr Professor Schiller möchte eine Frage stellen.
Bitte sehr.
Herr Kollege Luda, ist Ihnen nicht bekannt, daß Sie selber vorhin von flexiblen Wechselkursen gesprochen haben, und ist Ihnen
nicht bekannt, daß ich vorhin in meiner Ansprache die daneben möglichen Mittel auch wieder aufgezählt habe, z. B. die Variation der Umsatzsteuer im grenzüberschreitenden Verkehr, und daß beide Mittel in einer Situation, wie sie 1964/65 bestand, in der gleichen Richtung wirken würden und daß alle Anstrengungen auch der Bundesregierung dahin gingen, eine Equilibrierung der Zahlungsbilanz herbeizuführen? Haben Sie nicht irgendwann einmal etwas von der importierten Inflation gehört?
Ich danke Ihnen herzlich für dieses Stichwort. Aus der Situation der importierten Inflation in den Jahren 1963 und 1964 ist Ihr damaliger Vorschlag geboren worden. Das war Ihr Vorschlag. Selbstverständlich kann und muß man über so etwas diskutieren. Der Vorschlag der Bundesregierung war die Einführung der Kuponsteuer, und in .dem Moment, in dem die Bundesregierung den Gesetzentwurf der Kuponsteuer einbrachte, war das Problem ,der importierten Inflation bis auf den heutigen Tag gelöst.
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- Herr Kollege Hermsdorf, genau das ist falsch. Ich kann auf dieses Thema eingehen; dann muß ich aber eine Stunde überschreiten. Herr Kollege Schiller hat fünf Viertelstunden gesprochen. Wenn Sie mir dasselbe konzedieren, will ich mich gern noch damit befassen. Aber Ihr Argument trifft nicht zu. Der Kapitalmarkt ist ein Jahr später durch die übermäßige Inanspruchnahme vor allem seitens ,der öffentlichen Hände zusammengebrochen. Das können Sie überall nachlesen.
Es heißt, in dem Gesetzentwurf der Bundesregierung fehle eine orientierende Einkommenspolitik der - wie man es sinnig formuliert - „leichten Hand". Vorbild für diesen Vorschlag der Opposition ist offenbar das Prinzip des government by guidelines in den Vereinigten Staaten von Nordamerika. Dort ist seit Kennedy - Johnson hat es fortgesetzt - diese Einkommenspolitik, bei der die Regierung, d. h. der Präsident, von Jahr zu Jahr Richtsätze zur Entwicklung von Löhnen und Preisen festsetzt, erprobt worden. Es ist erstaunlich - ich muß das offen sagen -, daß die Opposition mit ihrem Vorschlag ausgerechnet in diesen Tagen wieder ankommt, in denen Sie in jeder Zeitung in Deutschland lesen können, daß diese Richtlinienpolitik des amerikanischen Präsidenten absolut zusammengebrochen ist. Ich will Ihnen auch jetzt wiederum nicht zumuten, mein Urteil zu übernehmen, sondern nur auf das Urteil kompetenter Leute verweisen. Frederick Rosenstiel, der seit Jahrzehnten Beobachter der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" in den USA ist, hat am 18. Mai 1966 in der FAZ geschrieben:
Die Regierung - Johnson steht unter dem wachsenden Druck der Gewerkschaften, die die Lohnrichtlinien nie anerkannt haben.
Dann heißt es bei Rosenstiel weiter - ich darf mit Genehmigung des Herrn Präsidenten zitieren -:
Bei einer Tagung von mehr als 100 Nationalökonomen,
- ich glaube, wir haben im Deutschen Bundestag vier oder fünf Professoren der Nationalökonomie; von diesen vier oder fünf Professoren steht einer auf dem Standpunkt, daß wir einmal ,diese orientierende Einkommenspolitik der „leichten Hand" probieren sollten; die anderen haben sich noch nicht geäußert; wahrscheinlich sind sie nicht dafür; aber auf dieser Tagung waren 100 Nationalökonomen versammelt -die von der Universität Chikago veranstaltet wurde, zeigte sich beinahe Einmütigkeit darüber, daß Beschränkung der Preise und Löhne durch das um sich greifende Netz der Richtlinien scheitern muß.
Inzwischen ist die Richtlinienpolitik tatsächlich zusammengebrochen, und zwar im Zusammenhang mit den 43tägigen Streik der Flugzeugmechaniker in den USA. Dieser Streik hat trotz orientierender Einkommenspolitik der „leichten Hand" nach 43 Tagen zu dem Ergebnis geführt, daß man entgegen der Richtlinie des Präsidenten, 3,2 % als Optimum anzusehen, 5 % erzwungen hat. Das wird in sämtlichen Bereichen der Volkswirtschaft der Vereinigten Staaten von Nordamerika seine Auswirkungen haben. Hans Martin Kölle hat zu dieser Situation am 6. September dieses Jahres in der „Welt" geschrieben ich sagte soeben: die Richtlinienpolitik „ist zusammengebrochen" „... ist endgültig überrannt worden." Rudy Schlesinger, jahrzehntelang Beobachter der „Neuen Zürcher Zeitung" in New York, schrieb am 6. August 1966 in der NZZ: „... in ihren Grundlagen erschüttert."
Einkommenspolitik wird nur in solchen Staaten versucht, wo man notfalls die Tarifautonomie der Sozialpartner einschränken kann und will. Wir von der CDU/CSU wollen diese Tarifautonomie der Tarifpartner nicht einschränken. Das sage ich Ihnen heute abend.
Herr Dr. Luda, Sie sprechen bereits erheblich länger als eine Stunde.
Ja, Herr Präsident, ich komme jetzt zum Ende. Ich werde nicht länger sprechen als Herr Professor Schiller vorhin.
In der Politik ist nur dann etwas zu erreichen - und dieses Beispiel hier zeigt es -, wenn entweder Kompensationen angeboten oder Sanktionen verhängt werden können. Jenseits dieser Alternative sind Orientierungshilfen und Richtlinien Schall und Rauch. Wenn die Orientierungshilfen des Sachverständigenrats bei uns in Deutschland eine positive, wenn auch noch nicht voll überzeugende Wirkung gehabt haben, so deshalb, weil der Druck der öffentlichen Meinung hinter den Orientierungshilfen dieses neutralen Sachverständigengremiums steht.
Meine Damen und Herren, nun noch ein abschließendes Urteil über das Stabilitätsgesetz der Bun2696
desregierung, nicht aus dem Munde eines Abgeordneten des Deutschen Bundestages, sondern aus dem Munde internationaler Autoritäten. Ich glaube, das ist doch sehr interessant angesichts der kritischen, allerdings nicht zu kritischen Worte des Herrn Kollegen Schiller: das möchte ich auch gleich hinzufügen. Im 2. Quartalsbericht 1966 der EWG heißt es: „Das Stabilitätsgesetz der Bundesregierung verdient volle Unterstützung." Von den Gegenvorschlägen der SPD ist in diesem 2. Quartalsbericht der EWG mit keinem Wort die Rede.
Auch das Memorandum der EWG-Kommission an den Rat - es liegt zur Zeit dem Ministerrat der EWG vor und ist auch schon in Deutschland, im „Industrie-Kurier" vom 18. August veröffentlicht worden - geht auf keine einzige der SPD-Forderungen ein.
Der Bericht des Wirtschaftsausschusses der OECD vorn 8. Juli 1966 erwähnt unter Ziffer 11 alle Punkte der Regierungsvorlage, die uns heute beschäftigt. Er erwähnt dagegen keinen der Punkte, die von der Opposition heute hier vorgetragen worden sind. Wörtlich wird dann folgendes Fazit gezogen:
Der Ausschuß sprach die Hoffnung aus, daß diese Vorschläge sobald als möglich vom deutschen Parlament gebilligt werden.
Eine ähnlich positive Stellungnahme hat Professor Giersch - Mitglied des Sachverständigenrats - bei diesem Hearing im Wirtschaftsausschuß vor den Parlamentsferien abgegeben.
Jetzt ein letztes Wort zum Verfahren. Ich möchte auch meinerseits die Feststellung treffen: Wir brauchen dieses Gesetz dringend, nicht wir, die CDU/ CSU, sondern die deutsche Öffentlichkeit; erstens, weil eine neue konjunkturpolitische Phase laut Feststellung des 2. EWG-Quartalberichts bereits bevorsteht. Wir müssen die Instrumente haben, um nicht wieder in den übermäßigen Boom hineinzugeraten. Zweitens brauchen wir das Gesetz, weil die Lockerung der Restriktionspolitik der Bundesbank, die wir uns alle wünschen, erst möglich ist, wenn wir hier die Auffangstellung dieses Stabilitätsgesetzes geschaffen haben; drittens, weil der Kapitalmarkt auf die Verabschiedung des Gesetzes wartet. Diese wichtige Materie muß gründlich beraten werden, das ist selbstverständlich; unbegründete Verzögerungen müssen wir aber ablehnen.
Der Parlamentarische Rat hat zur Beratung und Verabschiedung von 146 Artikeln des Bonner Grundgesetzes neun Monate benötigt. Meine Damen und Herren, es sollte und müßte diesem Deutschen Bundestag möglich sein, drei zusätzliche Absätze eines einzigen Artikels dieser Verfassung in wenigen Wochen hier zu beraten und zu verabschieden, einschließlich des Ausführungsgesetzes mit 21 Paragraphen.
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Jedes Prestigedenken - gleichgültig ob auf dieser oder jener Seite des Hauses - ist in dieser so wichtigen Angelgenheit absolut verwerflich. Ich möchte daher namens der CDU/CSU-Bundestagsfraktion der Bundesregierung dafür danken, daß sie nach Vorlage der Gegenvorschläge und Ergänzungsvorschläge, die der Bundesrat in der ersten Lesung gemacht hat, spontan dem größten Teil dieser Änderungs= und Ergänzungsvorschläge zugestimmt hat. Ich stelle hier ausdrücklich fest: Dies ist kein Gesetz für' Ludwig Erhard und kein Gesetz für die CDU/CSU; dies ist nur ein Gesetz für alle fleißigen und sparsamen Menschen in Deutschland.
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Wir wissen ganz genau, dieser Entwurf ist verbesserungsfähig. Dazu bekennen wir uns.
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- Ja, natürlich. Ich habe doch gar nichts anderes behauptet. Gleichgültig, wer in diesem Hause Verbesserungsvorschläge machen wird, wir werden sie gern und sorgfältig prüfen. Wir sind auf sachgerechter Basis zu jeder Einigung bereit. Der Kompromiß gehört zur Sozialhygiene einer jeden Gesellschaftsordnung; dessen sind wir uns bewußt.
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- Ich würde nicht lachen, wenn es darum geht, hier ein solches Währungssicherungsgesetz zu beraten, meine Damen und Herren. - Allen etwaigen Versuchen, dieses wichtige Gesetz zu verwässern, allen Versuchen, es aus bloßen Prestigegründen zu ändern oder zu ergänzen, werden wir allerdings widerstehen. Wer diese Situation vielleicht mißbrauchen wollte, um an seiner Fraktionsmatratze zu stopfen, der versündigt sich an der Allgemeinheit.
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion wird sich ganz energisch für die Konzeption der Bundesregierung einsetzen, nicht aus Prestigegründen, sondern weil alle gutgesinnten Menschen in Deutschland mit Recht von allen im Bundestag vertretenen Parteien erwarten, daß sie im Interesse von Wirtschaft und Währung diesem Gesetz ihre Zustimmung geben.
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Das Wort hat der Abgeordnete Staratzke.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch ich möchte den Versuch machen, noch zu so später Stunde einen sachlichen Beitrag zu leisten, erstens wirklich einen sachlichen, zweitens einen kurzen und drittens einen ohne Zitate.
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Meine Damen und Herren, ich glaube, niemand kann im Ernst gegen die Grundsätze des Gesetzentwurfs zur Förderung der wirtschaftlichen Stabilität Einwendungen erheben, wenn er es mit der Bekämpfung des Geldwertschwunds und mit der Erreichung und dann der Erhaltung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts in der Bundesrepublik ehrlich meint. Genauso muß man hervorheben, daß jeder, der etwas von den Zusammenhängen verDeutscher Bundestag - 5. Wahlperiode - 55. Sitzung. Bonn, Mittwoch, ,den 14. September 1966 2697
steht, dieses Stabilisierungsgesetz nicht als eine Wunderwaffe ansehen kann, das allein zur Erreichung der bekannten gesteckten Ziele ausreicht.
Ich betone noch einmal, die Freien Demokraten sind dezidiert der Meinung, daß sowohl die Verfassungsänderung wie das Gesetz selbst notwendig sind, daß beides unter größter Beschleunigung verabschiedet und daß das Stabilisierungsgesetz dann auch wirklich schnellstens angewendet werden sollte. Lassen Sie mich noch einmal hervorheben, meine Damen und Herren, daß an der Verfassungsänderung nach unserer Auffassung kein Weg vorbeiführt, so schwer es auch ist, an eine Verfassungsänderung heranzugehen. Wir sind davon überzeugt, daß diese Verfassungsänderung die korrekteste Lösung ist, die sich aus der Situation heraus, in der wir uns befinden, anbietet, nicht deshalb, weil es sich um eine Situationserscheinung handelt, sondern weil wir mit diesem Gesetz einen Weg für lange und längste Zeit gehen wollen. Die Finanzhoheit der Länder und der Gemeinden ist natürlich ein wesentlicher Bestandteil der föderativen Ordnung. Dennoch rühren nach unserer Meinung die Eingriffe, die dieses Stabilisierungsgesetz vorsieht, die Substanz dieser Finanzhoheit nicht an, da sie doch eine erträgliche Grenze nicht überschreiten. Hierüber wird aber sicher noch gesondert zu sprechen sein. Der Herr Kollege Luda hat ebenfalls darauf hingewiesen.
Meine Damen und Herren, wir müssen uns vergegenwärtigen, daß seit dem Inkrafttreten der Verfassung die Bundesrepublik ein hochmoderner Industriestaat mit großen öffentlichen Aufgaben und Ausgaben geworden ist. Wir müssen uns vergegenwärtigen - und ich wiederhole das noch einmal -, daß heute das Verhältnis der gesamten öffentlichen Ausgaben zum Bruttosozialprodukt zu Marktpreisen fast 40 % beträgt und daß der Anteil der öffentlichen Hand an den Bauinvestitionen rund 30 % beträgt. Meine Damen und Herren, 14 Milliarden Mehreinnahmen an Steuern und 14 Milliarden Mehrverschuldungen in den letzten drei Jahren haben für die Ausgabenwünsche der öffentlichen Hand nicht ausgereicht. Das hat den Zusammenbruch des total überforderten Kapitalmarkts herbeigeführt. Das ist aber auch ein Beweis dafür, daß von dieser Seite her - von dieser Seite, betone ich - eine Gesundung erreicht werden muß. Es scheint uns die wichtigste Aufgabe des Stabilisierungsgesetzes zu sein, die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes wiederherzustellen. Geschieht das nicht, so können wir in Zukunft nicht einmal die dringenden, unaufschiebbaren Investitionen -, und zwar sowohl auf dem öffentlichen wie aber auch auf dem privaten Sektor - durchführen.
Meine Damen und Herren! Die Restriktionspolitik der Bundesbank ist hier oft angesprochen worden, und diese Restriktionspolitik hat seit geraumer Zeit, und zwar in steigendem Maße, Kritik auf sich gezogen. Man übt Kritik, und oftmals tun es gerade diejenigen, die vor noch nicht langer Zeit energische Maßnahmen gegen die Geldentwertung forderten. Der Bundesbank blieb -- das wissen wir alle - kein anderer Weg, als diese Politik zu betreiben,
und zwar so lange, bis der Preistrend zur Stabilisierung neigt.
Natürlich wird hier eine Bremse angezogen, die insbesondere die Privatwirtschaft sehr erheblich getroffen hat und immer noch erheblich trifft. Unter dieser Einradbremse, so möchte ich sagen, leiden natürlich immer wieder das Klein- und ,das Mittelunternehmen, kurz gesagt, alles, was zur mittelständischen Wirtschaft zu rechnen ist. Es ist ohne Zweifel in der Wirtschaft ein Unbehagen entstanden, ein Unbehagen aus der Befürchtung, daß die Aufrechterhaltung dieser scharfen Restriktionspolitik der Bundesbank über die Abkühlung ,der Konjunktur hinaus eine echte Wirtschaftskrise erzeugen würde. Wenn aber diese Einradbremse über kurz oder lang gelockert werden soll, um zu vermeiden, daß sich vielleicht vereinzelte Schwächen zu Kettenreaktionen und Rückschlägen in der gesamten Wirtschaft ausweiten, dann muß man eben mit größter Beschleunigung dieses Gesetz verabschieden, um die Bremsen bei der öffentlichen Hand anzuziehen. Das Stabilisierungsgesetz muß also schnellstens in Kraft treten, und die Bundesregierung muß es sofort nachdrücklich anwenden.
Meine Damen und Herren, andererseits muß man, glaube ich, an dieser Stelle einmal gegen einen Zweckpessimismus antreten, der sich allenthalben breitgemacht hat, einen Zweckpessimismus, wie er gerade in der letzten Zeit von sozialdemokratischer Seite zum Ausdruck gekommen ist. So malt beispielsweise der Vorsitzende der Industriegewerkschaft Metall das Gespenst einer industriellen Reservearmee nach dem Angedenken von Marx an die Wand, obwohl zum gleichen Zeitpunkt über 1,3 Millionen ausländische Arbeitnehmer jene Lücken in den Betrieben ausfüllen müssen, die mit deutschen Arbeitnehmern längst nicht mehr zu schließen sind. Wir glauben, daß es nicht erlaubt sein kann, eine solche groteske Schwarzmalerei zu betreiben, wenn auf der anderen Seite alle wirtschaftlichen Daten inzwischen auf eine gute Normalisierung hinweisen, obgleich bisher - ich wiederhole das - nur an einem Rad, nämlich von der Notenbank, gebremst ist.
Wir alle wissen, daß die im Stabilisierungsgesetz vorgesehenen Maßnahmen zunächst dazu dienen sollen, die Ausgaben und Schulden der öffentlichen Hand sowie die privaten Investitionsausgaben zu steuern. Nicht möglich ist es - ich betone das noch einmal, weil es in der Diskussion immer wieder hervorgehoben worden ist -, mit diesen Maßnahmen den aufwärts gerichteten Lohndruck unmittelbar zu verringern und damit in das Gesetz die Lösung eines Problems einzubeziehen, das uns bedrückt. Ich sage es noch einmal ganz deutlich - der Kollege Luda hat es vorhin angesprochen -, die Einbeziehung dieses Problems der Einkommenspolitik in eine gesetzliche Regelung wünschen wir nicht, auch nicht eine Einbeziehung mit leichter Hand.
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Dies würde nämlich bedeuten, daß wir die Tarifautonomie zugunsten einer dirigistischen Lohn- und
Preispolitik und einer Kontrolle preisgeben müßten.
Wir haben nicht den Wunsch, dem Beispiel der englischen Labour-Regierung in ihren Maßnahmen zu folgen.
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Hingegen sollte man an dieser Stelle betonen, daß parallel zu dem Stabilisierungsgesetz Maßnahmen notwendig sind. Denn leider steigen die Löhne trotz beginnender Entspannung am Arbeitsmarkt noch immer weit stärker als die Produktivität. Hier ist noch einer gefährlichen Entwicklung zu begegnen, aber, wie ich sagte, nicht im Gesetz, sondern parallel zu den Maßnahmen, die das Stabilisierungsgesetz ermöglicht. Der Stabilisierungsbeitrag, zu dem die Tarifpartner aufgerufen sind, muß also bewirken, daß sich die inflationäre Schere zwischen dem Lohnanstieg und dem Produktivitätswachstum wieder schließt.
Nun einige Worte zu dem zweiten, dem privatwirtschaftlichen Teil des Gesetzes. Das Stabilisierungsgesetz enthält natürlich auch hier Ermächtigungen für die Bundesregierung, die möglicherweise einmal scharfe Eingriffe in die Privatwirtschaft bringen werden. Es sind Ermächtigungen, die - das wurde dankenswerterweise schon von dem Herrn Bundesminister für Wirtschaft betont - sicherlich nicht in der heutigen oder morgigen Phase unserer Wirtschaftsentwicklung unbedingt angewendet zu werden brauchen. Aber sowohl die Möglichkeit, die Abschreibungen aus konjunkturpolitischen Gründen zu verschlechtern, als auch die Ermächtigung hinsichtlich der Festlegung des Kreditplafonds können ) natürlich schwergewichtige Instrumente bei der Durchführung dieses Vorhabens hier sein. Wir sind da etwas anderer Meinung als der Kollege Luda. Wir sind nämlich der Auffassung, daß in der Möglichkeit, die Abschreibung zu variieren, d. h. auch zu verschlechtern, Gefahren stecken, die man irgendwie abmildern muß. Wir verkennen nicht, daß aus konjunkturpolitischen Gründen auch eine Steuerung der Investitionstätigkeit der privaten Wirtschaft notwendig sein kann. Das ist eine Erkenntnis, an der sich niemand stoßen wird. Hierzu aber sollte man vornehmlich natürlich die Kreditpolitik als das klassische Mittel anwenden. Wenn man aber schon auch die steuerlichen Abschreibungen für diese Politik verwenden will, so glauben wir, daß alle Schärfen bei einer Verschlechterung der Abschreibungsmöglichkeiten vermieden werden müssen. Denn Abschreibungen bedeuten Selbstfinanzierung für Investitionen, und Investitionen sind in unserer modernen Wirtschaft und bei unserem rasanten technischen und wirtschaftlichen Fortschritt dringend notwendig zur Rationalisierung und zur Entlastung des Arbeitsmarktes auf lange Sicht. Zuerst müssen wir hochrationelle Betriebe haben, die im internationalen Wettbewerb bestehen und Steuern zahlen können, dann erst können wir Beethoven-Hallen, Rathäuser und Schwimmbassins bauen. Wir sind also der Meinung, daß in dieser Frage eine Erleichterung gebracht werden muß. Wir erwarten, daß im Zuge der Ausschußberatungen nach Lösungen gesucht wird, die eine Abschreibungsverschlechterung aus konjunkturpolitischen Gründen nur für kurze Zeit bringen. Lösungen hierzu bieten sich an.
Wir sind deswegen nicht etwa nun dabei, dieses Gesetz zu torpedieren. Ich möchte das ausdrücklich klar sagen.
Lösungen bieten sich an durch eine Änderung des § 7 Abs. 3 des geltenden Einkommensteuergesetzes, und zwar dahin, daß nicht nur der Übergang von der degressiven zur linearen Abschreibung, sondern auch der umgekehrte Übergang möglich ist.
Herr Abgeordneter Dr. Arndt möchte eine Frage stellen.
Herr Kollege Staratzke, täusche ich mich, daß Ihr Revisionsvorschlag für die Abschreibungsvariation bedeutet, daß die totale Übereinstimmung, von der uns vorhin Herr Barzel erzählte,
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zwischen Ihnen und der CDU doch nicht so total ist?
Ich behaupte nicht, daß wir in totaler Übereinstimmung sind.
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Ich kann mich nicht erinnern, ob Herr Kollege Barzel „total" gemeint hat. Ich meine, wir sind dazu da, die Entwürfe hier zu beraten und in der ersten Lesung auch Anregungen zur Änderung und Verbesserung zu geben. Insofern, glaube ich, habe ich nichts Falsches gesagt entgegen dem, was der Kollege Barzel ausgesagt hat.
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Meine Damen und Herren, noch ein Wort zu dem Kapitel der Investitionen; denn - ich betone - Investitionspolitik ist eine sehr schwerwiegende Angelegenheit, und wir sollten nicht leichtfertig darüber weggehen. Auch wir sind der Meinung, daß man bei gewissen Sonderabschreibungen - ich glaube, es wurde auch von einem der Kollegen aus der CDU genannt -, die zweckgebunden sind, keine Verschlechterung vornehmen sollte. Hierzu gehören vornehmlich jene Abschreibungen für Forschungsanlagen, für Anlagen zur Reinhaltung der Luft und für Anlagen zur Abwasserreinigung, alles Bereiche, die die Allgemeinheit sehr stark tangieren und in denen die Investitionen oftmals nicht als produktiv im Sinne der Unternehmenswirtschaft zu gelten haben.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch ein Wort zu Steuererhöhungen etwa zum möglichen Ausgleich der Haushalte sagen. Wir glauben - ich betone das besonders -, daß wir uns als höchstbesteuertes Land Steuererhöhungen nicht erlauben können und daß steuerliche Überforderungen den Rückgang der Wirtschaftstätigkeit und die Verminderung der Steuereinnahmen bewirken.
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Abgesehen davon sind wir der festen Überzeugung,
daß das Problem, das vor uns liegt, nicht mit SteuerDr. Staratzke
erhöhungen und damit mit einer Aufblähung der Haushalte, sondern nur mit Ausgabensenkungen zu lösen ist.
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Ein letztes Sachproblem, weil es wiederholt angeschnitten worden ist.
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Meine Damen und Herren, ich habe mit Entsetzen gehört, daß man in bezug auf die Außenwirtschaft ,die Umsatzausgleichsteuer und die Exportrückvergütung, also die steuerlichen Regelungen im grenzüberschreitenden Verkehr, zugunsten außenwirtschaftlicher Absonderung oder Abschirmung variieren möchte. Ich glaube, dabei wurde verkannt, daß diese Dinge nichts zu tun haben etwa mit Ab- und Aufwertung, sondern daß sie etwas mit der umsatzsteuerlichen Vorbelastung zu tun haben, die bei uns in den Produkten steckt und die wir an der Grenze entweder wegbringen oder aufschlagen müssen. Das ist eine steuerliche Angelegenheit und nicht eine Frage etwa des Wechselkurses oder der Auf- und Abwertung.
Ich fasse zusammen, meine Damen und Herren. Die gegenwärtigen Tendenzen der konjunkturellen Entwicklung und die dazu angemessene Wirtschaftspolitik lassen sich wie folgt skizzieren.
Erstens. Die Verbesserung des konjunkturpolitischen Instrumentariums der Bundesregierung und der Bundesbank ist notwendig. Es widerspricht realpolitischer Einsicht, einerseits eine wirksame Konjunkturpolitik zu fordern, gleichzeitig aber die Instrumente, die dafür nötig sind, zu verweigern.
Zweitens. Das Stabilisierungsgesetz trifft im Falle seiner Anwendung alle Bereiche der Wirtschaft, aber nicht die Lohn- und Gehaltsentwicklung im Verhältnis etwa zur Produktivitätssteigerung. Hier sind allenfalls indirekte Auswirkungen zu erwarten.
Drittens. Die unmittelbaren Auswirkungen auf die private Wirtschaft sind sowohl bei der vorgesehenen Kreditplafondierung als auch bei der vorgesehenen Abschreibungsregelung durchaus schwerwiegend. Bei letzterer sollte eine zeitliche Begrenzung angestrebt werden, die sich mit den konjunkturellen Erfordernissen deckt.
Viertens. Parallel zu der Beschränkung der öffentlichen Ausgaben, der Kredite und der Investitionsausgaben muß eine Tarifpolitik praktiziert werden, die sich an der Produktivität und damit an den Erfordernissen der Preisstabilität orientiert. Sonst bringt die Anwendung der in diesem Stabilisierungsgesetz vorgesehenen Maßnahmen nicht den gewünschten Totalerfolg.
Als letzten Punkt: wir sehen in diesem Gesetz keinen Dirigismus.
Ich glaube sagen zu dürfen, alles schaut auf das weitere Schicksal dieses Gesetzes: die Verbraucher, die Sparer, die Rentner, die Arbeitnehmer, die Arbeitgeber, die Banken und die ganze Wirtschaft. Wir fordern dieses Haus auf, zum Wohle dieser Gruppen und damit zum Wohle jedes deutschen
Bürgers sowohl die Verfassungsänderung wie dieses Gesetz baldmöglichst zu verabschieden.
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Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Arndt ({0}).
Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Unser Volk ist der Taktik müde. Ich muß sagen: auch der Ihren, Herr Kollege Luda. Meine Kollegen und ich haben aus Ihrer Rede ein Plädoyer gehört, ein Verteidigungsplädoyer, das mich lebhaft an das Plädoyer für einen wegen Trunkenheit am Steuer Angeklagten erinnert hat.
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Er hat in diesem Plädoyer drei Punkte herausgestelllt. Er hat gesagt, erstens sollte das Gesetz das Trinken überhaupt verbieten, zweitens trinke der Staatsanwalt gelegentlich auch, und drittens trinke der Angeklagte heute nicht mehr so viel wie damals.
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Aber das genügt doch nicht, um dem Stabilitätsgesetz, einem Gesetz, das sich aus diesem Entwurf und vielen Verbesserungen zusammensetzen würde, die parlamentarische Basis zu verschaffen, von der man heute eingangs der Debatte beinahe den Eindruck gehabt hätte, sie sei in gar nicht so weiter Ferne. Die parlamentarische Basis dieses Gesetzes ist durch diese Rede nicht gestärkt worden. Ich werde jetzt nicht dazu beitragen, daß sie noch schwächer wird. Aber diese Bemerkung mußte wohl heute abend hier noch fallen.
Unser Volk will voran; das heißt: es will Wachstum. Unser Volk will das Erreichte sichern; und das heißt: es will Stabilität. Für uns Sozialdemokraten heißt dies, daß wir mit unseren Verbesserungsvorschlägen aus diesem Entwurf eine Waffe des Wachstums und der Sicherheit, der Stabilität und der Expansion schmieden helfen wollen. Dieser Entwurf ist zur Zeit, man kann sagen: ein „Torso ohne Kopf und Arme" oder ein „Tisch auf zwei Beinen". Solange Sie zur Geldpolitik, die bis jetzt nahezu allein das Feld regiert, nur die Finanzpolitik hinzunehmen und die Außenwirtschaft und die Einkommenspolitik nicht mit einbeziehen, können Sie nicht auf dieses Podium treten und dem deutschen Volk Stabilität und Wachstum verheißen. Darüber gibt es in der Fachwelt keinen Zweifel, und das werden wir in den Hearings herauszufinden suchen - und nach der Rede von Herrn Luda mit besonderer Sorgfalt.
Vier Dinge sind für eine derartige Wachstums- und Konjunkturpolitik erforderlich: Erstens muß Klarheit über die Ziele sein, zweitens müssen die Instrumente dasein, drittens muß der Staat über die Lage Bescheid wissen, und viertens muß er Entscheidungen treffen.
Mein Kolleger Professor Karl Schiller hat einen Vorschlag zu den Zielen gemacht. Er hat gesagt, es wäre unerträglich, wenn der Bundestag im Abstand von drei Jahren die Ziele der Wirtschafts- und
Dr. Arndt ({2})
Finanzpolitik unterschiedlich definierte, das magische Dreieck oder Viereck einmal sich aus marktwirtschaftlicher Ordnung zusammensetzen läßt und das zweite Mal in dem Entwurf von diesem Begriff abstrahierte. Ferner ist das erste Mal statuiert, diese Ziele seien gleichzeitig anzustreben und zu gewährleisten - danach soll nämlich der Sachverständigenrat seine Untersuchungen durchführen, ob und wie das möglich ist -, und jetzt soll auf die Gleichzeitigkeit verzichtet werden. Das wären zwei getrennte Willenserklärungen - wenn Abstimmungen darüber erfolgen würden. Es kann aber nur eine Fassung in beiden Gesetzen für die Zielsetzung der Regierung und des Parlaments sinnvoll sein und zuletzt - aber nicht ganz zuletzt - auch für die Arbeit des Sachverständigenrats, die dieses Haus ja unterstützen soll. Entweder muß das erste Gesetz oder es muß dieser Entwurf geändert werden. Die Sympathie der sozialdemokratischen Fraktion hat die Änderung des Entwurfs, also die Fassung des Sachverständigenratsgesetzes. - Soviel zu den Zielen.
Zweitens zu den Instrumenten. Ich sagte - und das sage nicht nur ich, das ist die Meinung der sozialdemokratischen Fraktion -, die Einkommenspolitik muß hinzukommen. Wir haben soeben von Herrn Staratzke gehört, einer Einbeziehung der Einkommenspolitik in das Stabilitäts- oder Stabilisierungsgesetz könnte er nicht zustimmen, und ich glaube, aus den Ausführungen von Herrn Luda etwa Ähnliches heraushören zu können. Andererseits haben wir aber von Bundeswirtschaftsminister Schmücker in seiner Eingangsrede gehört, daß er offen sei für entsprechende Vorschläge, die in den Beratungen des Ausschusses herauskommen würden.
Das ist ein wichtiger Punkt. Einkommenspolitik ist natürlich keine leichte Sache. Selbstverständlich, Wirtschafts- und Konjunkturpolitik sind auch sonst keine leichte Sache, und auch bei der Finanzpolitik, zu der Sie diese Regierung ermächtigen wollen, wird es einfacher sein, die Ermächtigung zu geben, als sie nachher zu nutzen. Das gleiche gilt für die Einkommenspolitik. Darüber, was in einer gegebenen Situation an einkommenspolitischen Leitlinien zu geben wäre, welche Daten zu setzen wären, wird man sich wahrscheinlich schneller verständigen können als darüber, ob eine gegebene Regierung in der Lage ist, diese Leitlinien zu verifizieren und zu vollziehen. Denn Einkommenspolitik fällt keiner Regierung in den Schoß, auch nicht der Regierung Erhard, und sie würde auch keiner sozialdemokratischen Regierung in den Schoß fallen. Dazu muß man erst ein Klima herstellen, dazu muß man Vertrauen schenken. Da muß der Staat vorleisten gegenüber dem Partner, den es zu überzeugen gilt, im Interesse des Gesamten und auch in seinem eigenen Interesse.
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An dieser Vertrauensbasis hat es gefehlt, und ich habe schon einmal, bei einer Haushaltsdebatte, gesagt, ich habe den argen Verdacht, daß es deshalb gefehlt hat, weil es dem Bundeskanzler vielleicht
genehmer wäre, in jeder Situation einen Schuldigen zu haben
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für Fehlentwicklungen, die aus diesen oder jenen Gründen eintreten.
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Aber vielleicht habe ich mich da geirrt.
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Dieser Irrtum wäre jedoch leicht zu beseitigen, und ich werde nicht zögern, ihn zuzugeben, wenn die Regierung die entsprechende Aktion unternimmt. Die eine Möglichkeit, die auf dem Tablett geboten wurde - vom Sachverständigenrat, von den Gewerkschaften und auch von der sozialdemokratischen Fraktion -, der Stufenplan des Sachverständigenrates, ist abgelehnt worden.
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- Das ist so, darum können Sie nicht herumreden. Aber es wird weitere Aktionen, weitere Gelegenheiten dieser Art geben. Mit der Verabschiedung des Gesetzes in dieser oder jener Form, auch in einer verbesserten Form, sind Wachstum und Stabilität noch nicht gesichert. Sie werden die Chance haben, mit uns erneut zu versuchen, eine Möglichkeit zu finden, mit den großen sozialen Gruppen die Ansprüche an das Sozialprodukt abzustimmen und sie auf das jeweils vernünftige Maß auszurichten. Aber das kann man natürlich nicht mit der einen Gruppe allein machen. Man kann sich nicht nur an die Gewerkschaften, an die Arbeitnehmer allein wenden; das muß schon im Rahmen einer allgemeinen Unterhaltung über die Maßstäbe erfolgen, die von jedem zu halten sind, und darüber, in welcher Höhe sie von jedem zur gegebenen Zeit zu halten sind. Das muß doch erst einmal probiert werden!
Sie haben recht, Herr Luda: in den USA ist die Politik der guidelines zur Zeit gescheitert. Sie hat sich fünf Jahre bewährt, aber jetzt ist sie gescheitert. Das ist jedoch kein Argument gegen das, was wir Ihnen, der Mehrheitsfraktion des Hauses und der Regierung, als Ergänzung vorschlagen. Der Fall USA 1966 ist doch mit dem Fall Deutschland 1966 ökonomisch überhaupt nicht vergleichbar! Sie haben eine auf vollen Touren laufende Wirtschaft in den USA, der noch 10 Milliarden Dollar an Ausgaben für Vietnam aufgepackt worden sind. Wenn Übernachfrage dieses Ausmaßes in einer derartigen Konzentration auftritt, dann bricht natürlich die Einkommenspolitik zusammen, und zwar deshalb, weil die Effektivlöhne den Tariflöhnen in einer solchen Situation davonlaufen.
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- Was heißt „die alten Mätzchen"?
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- Vielleicht darf ich erst einmal dem Herrn Kollegen Starke diese verkappte Frage beantworten, bevor Sie Ihre Zwischenfrage stellen, Herr Luda. - Das ist nun einmal so: wenn die Auftragsbücher
Dr. Arndt ({10})
schwellen und schwellen, muß der Unternehmer sehen, woher er Arbeitskräfte und Maschinen be-, kommt, und kriegt er sie nicht zum gängigen Preis, dann muß er einen höheren Preis bewilligen; andere Unternehmer müssen sich schützen, daß ihnen die Leute nicht abgeworben werden, müssen ebenfalls mehr bieten, und so steigen die Effektivlöhne. Das ist nun einmal so in einer Welt, die vielleicht anders ist, als sich das in Ihrem Kopf abspielt, mit der wir aber rechnen müssen, wenn wir Effekte erzielen wollen. In einer solchen Situation befinden sich die USA, und deshalb können die guidelines von 3 bis 3,5 % angesichts der Übernachfrage nach Arbeitskräften nicht funktionieren.
Jetzt bitte, Herr Kollege Luda!
Herr Kollege Arndt, ist es nicht auch nach Ihrer Auffassung sehr auffallend, daß die Richtlinienpolitik des amerikanischen Präsidenten mit Ach und Krach funktioniert hat, solange es in Amerika noch Arbeitslosigkeit gab, daß aber ausgerechnet seit der Zeit, in der auch in Amerika der Zustand der Vollbeschäftigung erreicht worden ist, diese Richtlinienpolitik zusammengebrochen ist?
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Ich darf Ihnen gleich darauf antworten. Sie werden auf diese Frage von Fachleuten wahrscheinlich keine klare Auskunft bekommen können, weil die Meinungen da einfach auseinandergehen. Sicher ist eines: Arbeitslosigkeit ist immer noch in hohem Umfang da, viel höher als bei uns, trotz aller statistischen Unterschiede. Aber das Abschmelzen der Arbeitslosigkeit kann natürlich ebenfalls, und zwar aus dem gleichen gemeinsamen Grunde der Übernachfrage, auch zur Erhöhung der Effektivlöhne über das tariflich von der Regierung angestrebte Maß hinaus beigetragen haben. Aber die Antwort ist nicht: mehr Arbeitslosigkeit in den USA als jetzt. Diese Antwort gibt dort niemand. Sondern: die temporäre Übernachfrage muß gedrosselt werden; Abbau der Arbeitslosigkeit, aber die temporäre Übernachfrage muß gedrosselt werden.
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- Aber doch nicht heute! In welcher konjunkturellen Situation leben wir denn? Aber darauf kommen wir nachher noch. Das hängt mit dem Bescheidwissen des Staates zusammen; das ist der Punkt 3, auf den ich dann noch eingehen muß.
Also das ist Einkommenspolitik. Ich habe in der Haushaltsberatung gesagt: Hier lag die Führungschance der Regierung, hier sind ihr alle Hemmnisse von außen, von der Opposition und von den Wissenschaftlern, vom Sachverständigenrat, aus dem Wege geräumt worden, die einem derartigen Kontrakt im Wege gestanden hätten. Sie ist auf diese Lösung nicht eingegangen. Da lag die Führungschance, und da liegt sie heute und vielleicht morgen wieder. Aber dazu muß man natürlich in dieses Gesetz auch eine Willenserklärung hineinbringen,
daß man das Instrument gemeinsam mit den anderen versucht. Denn auf die Gemeinsamkeit kommt es an. Sie können weder mit der Geldpolitik noch mit der Finanzpolitik mit zwei von vier Beinen allein; ich rede gar nicht von einem von vier Beinen - die Effekte erzielen, die Sie dem deutschen Volk mit diesem Stabilisierungsgesetzentwurf versprochen haben, vielleicht unwissentlich versprochen haben; immerhin, diese Hoffnung ist im Volk erweckt worden.
Unser Problem, das Problem der sozialdemokratischen Fraktion, ist wie eh und je dasselbe: wir müssen die Hoffnungen zu realisieren versuchen, indem wir das, was Sie vorschlagen, verbessern, indem wir Sie zu dem Handeln bewegen, das vernünftig und den Interessen des Ganzen adäquat ist. Um Weiteres geht es bei unserer Debatte über dieses Gesetz überhaupt nicht.
Nun zur Außenwirtschaftspolitik! Es ist völlig klar - das hat der Sachverständigenrat in beiden Gutachten gesagt, und das ist jetzt eine Binsenwahrheit des Faches -, daß es keinen Zweck hat, im Innern zu drosseln, wenn dafür die Ausfuhrüberschüsse um so stärker steigen und dann den inflatorischen Effekt hervorrufen. Nicht den durch das hereinströmende Geld, Herr Luda! Sie haben immer nur von importierter Inflation in dieser Hinsicht gesprochen: es kommt zuviel fremdes Geld ins Land, und dadurch wird das Geldvolumen zu groß. Das ist zwar ein Problem, aber es ist ein Problem, mit dem die Bundesbank auch ohne Kuponsteuer spielend fertig wird. Sie kann beliebig über Swap-Geschäfte und über den Kauf von US-Schatzwechseln das Geld wieder herausleiten. Das ist nicht das Problem. Das Problem ist anders. Wenn Sie Vollbeschäftigung und eine volle Anforderung der Produktivkräfte im Land haben, fehlen Ihnen natürlich bei einem steigenden Ausfuhrüberschuß die Güter, die den heimischen Einkommen zur Verfügung stehen müssen. Das ist das Problem. Und dagegen nützen Ihnen monetäre Mittel überhaupt nichts. Sie können sogar sagen, daß jeder Dollar und jedes Pfund Sterling, das Sie qua Bundesbank in die Welt hinausleiten, in einer derartigen Situation ziemlich automatisch wieder nach Deutschland zurückkommt und zur weiteren Finanzierung unserer Ausfuhrüberschüsse und ihrer Einfuhrüberschüsse dient. Das heißt, Sie müssen in einer derartigen Situation schon tatsächlich auf die Handelsbedingungen durchgreifen. Darum kommen wir nicht herum. Dafür gibt es einen ganzen Fächer von Maßnahmen, angefangen vom Wechselkurs bis hin zu der Umsatzausgleichsteuer und der Umsatzsteuerrrückvergütung, von der uns der Herr Bundeswirtschaftsminister sagte, daß sie mit den EWG-Vereinbarungen nicht übereinstimmten. Aber das muß geprüft werden. Vielleicht stimmt sie nur dann mit den EWG-Vereinbarungen nicht überein, wenn sie in Richtung auf Exportförderung und Einfuhrerschwerung in Deutschland angewendet wird. Aber hier steht der umgekehrte Fall zur Debatte. Daß unsere Ausfuhrüberschüsse dann den Warenaustausch beeinträchtigen würden - das war der zweite Teil Ihres Satzes, Herr Bundeswirtschaftsminister Schmücker -, ist selbstverständlich. Aber das ist
Dr. Arndt ({1})
in einem derartigen Fall auch gewollt, weil notwendig.
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Bitte schön!
Herr Kollege Arndt, würden Sie mit mir darin übereinstimmen, daß wir in der EWG einen Abbau der Steuergrenzen anstreben und daß mit dieser Zielsetzung Umsatzausgleichssteuern an der Grenze nur mit gewissen Schwierigkeiten zu vereinbaren sind?
Sie haben völlig recht, das ist ein Zielkonflikt. Sie müssen sich entscheiden, ob Sie Stabilität wollen oder ob Sie vorübergehend eine Steuerveränderung vornehmen. Zulässig ist es. Das ist zunächst einmal der wichtigere Punkt. Da müssen Sie sich entscheiden. Allein auf das, worauf die Regierung vertraut, auf die internationale Kooperation zu bauen - das ist richtig, daß sie immer wieder beschworen wird und daß darauf hingewirkt wird, daß das geschieht -, und für den nächsten Fall 1963/64, den wir bekommen könnten, wiederum darauf zu vertrauen, heißt natürlich, die Stabilität in den Wind schreiben. Dann bekommen Sie wieder eine solche Expansion, wie Sie sie in diesen Jahren hatten, dann geht alles wieder den alten Gang, dann bekommen Sie wieder die Preiswelle, die Lohnwelle im eigenen Land. Da können Sie in der Fiskalpolitik zunächst rudern, wie Sie wollen, Sie bekommen die importierte Inflation herein.
({0})
- Sofort.
Vielleicht darf ich hier noch ein Wort zu dem jetzt in der Presseberichterstattung wiedergegebenen letzten Bundesbankbericht sagen. Da ist entwickelt, daß wir - in der Abgrenzung der Zahlungsbilanz - einen Handelsbilanzüberschuß von 8 Milliarden DM zur Deckung unseres Dienstleistungsdefizits und zur Deckung der „unentgeltlichen Leistungen" brauchten. Wir haben im Winterhalbjahr 1963/64 - das ist alles wichtig; es tut mir leid, daß ich Sie damit quälen muß - einen Handelsbilanzüberschuß in der gleichen Abgrenzung von nur 7,5 Milliarden DM gehabt. Ich würde sagen: Bekämen wir das im nächsten Jahr wieder - ich beziehe mich auf die Äußerung eines zwar autonomen, aber nicht unbedingt unfehlbaren Organs der öffentlichen Sphäre -, sollte tatsächlich die Bundesregierung sich ein derartiges Ziel - in kurzer Zeit einen Handelsbilanzüberschuß von 8 Milliarden DM zu schaffen - zu eigen machen, dann können Sie sich ausrechnen, daß ziemlich automatisch wieder alle Konsequenzen des letzten Booms eintreten, und zwar bis zur Preissteigerung, die auch heute noch anhält; denn heruntergegangen ist nur der „Gemüse"-Preisindex, aber nicht der Preisindex ohne die saisonbereinigten Waren, der immer noch über einer Zuwachsrate von „plus vier" liegt. Deshalb brauchen Sie auch die außenwirtschaftliche Absicherung, nicht um jedes
Atmen von Ausfuhrüberschüssen zu zerschlagen, aber um Dinge von wahrhaft gravierender Dimension unter Kontrolle zu halten.
Bitte sehr, Herr Kollege Burgbacher!
({1})
- Das tut mir leid.
Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?
Herr Kollege, wenn wir für die anderen Posten der Leistungsbilanz die Liquiditätsabflüsse in Höhe von 8 Milliarden DM haben - für die unentgeltlichen Übertragungen, für die Dienstleistungen und Auslandsreisen , dann ist doch die Liquidität wieder aufgezehrt. Sie ist doch dann abgeflossen, wenn sie sich in der Größenordnung von 8 Milliarden bewegt.
Wenn Sie das nur als ein reines Geldproblem sehen, ja. Sie können die 8 Milliarden DM minus dem, was an anderen Dingen verlorengeht, sicher wieder ins Ausland zurückführen. Aber Sie sind die Güter los. Die Güter sind in Deutschland produziert. Dafür sind Einkommen entstanden. Diese werden ausgegeben.
({0})
- Ich habe ja gesagt: Wenn Sie von den 8 Milliarden DM die Dienstleistungen abziehen.
Das Problem - nur um das handelt es sich - müssen wir mit einer außenwirtschaftlichen Absicherung in den Griff kriegen. Ich hoffe, Sie haben Verständnis dafür - nein, Sie müssen sogar Verständnis dafür haben; denn wir kommen sonst aus dem Dilemma nicht heraus -, daß wir das in den Ausschußberatungen nun einmal ganz genau mit den Leuten, die mit diesem Problem zu tun haben und es sich beruflich sorgfältig überlegt haben, erörtern und erwägen.
Das dritte ist die Offenmarktpolitik. Da schlagen wir eine Erweiterung über den Gesetzentwurf hinaus vor. Wir hielten es für eine gute Sache, wenn die Bundesbank, um am Kapitalmarkt zu intervenieren, nicht lange, zeitraubende Umwege über die Veränderung der Bedingungen am Geldmarkt brauchte, sondern auch direkt in längerfristigen Titeln kaufen und verkaufen könnte. Das ist ihr nach dem Bundesbankgesetz nicht verboten. Nur sie hat diese Titel nicht. Sie müssen ihr halt vom Staat zur Verfügung gestellt werden wie in der Offenmarktpolitik die kurzfristigen Titel. Es ist in Amerika zur Mitte der 50er Jahre eingeführt worden, und es soll sich - auch das müssen wir herausfinden --gut bewährt haben. Ist dies richtig, dann sehe ich keinen Grund, warum Sie diesem Erweiterungsvorschlag nicht zustimmen sollten.
Das war der Punkt Instrumente. Nun kommt der Punkt: Bescheidwissen. Es sind ja drei Sachen: Ziele, Instrumente, Bescheidwissen.
Dr. Arndt ({1})
Die Einschätzung der wirtschaftlichen Lage des Tages und der nahen Zukunft ist natürlich keine selbstverständliche Sache. Es ist immer ein kleines Element des Subjektiven dabei. Man kann sogar sagen, die Konjunkturforschungsinstitute und der Sachverständigenrat, die bisher immer gut gelegen haben, haben vielleicht auch ein kleines bißchen Glück gehabt. Aber sie haben gut gelegen, und es gibt keinen Grund, diese Institute, vor allen Dingen den Sachverständigenrat, nicht in die unmittelbare Tätigkeit für dieses Gesetz hineinzuziehen. Das wäre schon eine gute Sache. Denn viel schwieriger sind diese Diagnosen natürlich für eine Exekutive. Wie leicht ist doch die Versuchung, daß man nicht auf Grund einer Meinung über die Lage eine Politik entwickelt, sondern umgekehrt eine Politik mit einer Meinung über die Lage rechtfertigt! Das ist sehr naheliegend, und deswegen müssen unabhängige Institutionen hinein.
Außerdem können sich Exekutiven irren. Z. B. hat die Bundesbank im Mai-Heft - warum sollte sie sich nicht einmal irren? - einen Frühjahrsaufschwung diagnostiziert und angenommen, es gebe im Bau usw. in diesem Jahr eine unerhörte Belebung. Davon ist im August-Heft, von dem ich vorhin sprach, keine Rede mehr. Der Bundeswirtschaftsminister hat im Frühjahr 1965 geglaubt, daß der Lebenshaltungskostenindex im Jahresdurchschnitt nicht über 3 % steigen würde. Auch er hat sich geirrt. Bescheidwissen ist also nicht selbstverständlich.
Wir wollen deshalb zwei Dinge. Erst einmal soll die Regierung, bevor Maßnahmen auf Grund dieses Gesetzes getroffen werden, sich dazu äußern, ,ob und warum eine Gefährdung des Ungleichgewichts vorliegt. Wenn die Situation vorbei ist, soll sie selbstverständlich ebenfalls sagen, warum. Sie soll das auch zwischendurch tun und nicht nur im Wirtschaftsbericht, den der Herr Bundeswirtschaftsminister in seiner Einleitungsrede als ein interessantes Instrument bezeichnet hat und der von Herrn Professor Schiller schon seit längerem als ein wichtiges Instrument einer Stabilisierungspolitik genannt worden ist. Er ist ein Zwang für die Regierung, sich über die Lage zu orientieren. Das ist vielleicht ein Nebenziel; aber es ist ein nicht unwichtiges Nebenziel in einer Zeit, in der wir etwas zuviel mit vagen Stellungnahmen über die ökonomische Lage dieses Landes abgefüttert worden sind.
({2})
Wir wollen, daß sich die Regierung vom Sachverständigenrat unterrichten läßt. Zur Jahreswende ist das im Gesetz sowieso vorgesehen. Es kann die Grundlage für den Wirtschaftsbericht bieten. Wenn zwischendurch etwas geschieht - auch die Beseitigung einer Gefährdung; das wäre natürlich immer das Erfreulichste -, soll der Sachverständigenrat die Bundesregierung darauf aufmerksam machen. Denn sonst ist antizyklische Politik wahrscheinlich eine Fata Morgana. Wenn nicht rechtzeitig Maßnahmen getroffen werden, sondern erst dann, wenn die Kalamität jedem offensichtlich ist, wenn man sich also an einem Tiefpunkt oder in einer Überhitzung befindet, ist es zu spät.
Der Herr Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion, Kollege Barzel, hatte uns in Aussicht gestellt, daß wir heute noch vom Bundeswirtschaftsminister irgendwelche Daten über die Lage hören würden. Sicherlich kann er den Herrn Bundeswirtschaftsminister nicht dazu verpflichten. - Jedenfalls ist es bisher unterblieben. Vielleicht könnte das morgen nachgeholt werden. Bei meinem Plädoyer für ein Gesetz des Wachstums und der Stabilität interessiert mich aber nun gerade die Einschätzung der augenblicklichen Lage durch das Bundeswirtschaftsministerium. Ich kann sie wohl dem Bulletin vom 9. September entnehmen. Wenn wir das auf uns wirken lassen, was dort in der einen oder anderen Vokabel zum Ausdruck kommt, dann erscheinen uns doch viele Dinge, die jetzt noch im Vordergrund des allgemeinen Interesses stehen, sehr relativ. Wir müßten uns eigentlich fragen - das ist jetzt meine eigene Meinung -: Ist es nicht höchste Zeit, eine halbe Milliarde DM in den Straßenbau zu stecken oder ,der Bundespost zum Kauf von Fernmeldeeinrichtungen zur Verfügung zu stellen, trotz der Lage des Kapitalmarktes?
Ich darf aus dem Bulletin zitieren:
Zügige Auslieferungen der Industrie . . haben die Auftragsbestände auf der Erzeugerstufe nochmals leicht vermindert, weil die gleichzeitigen Neubestellungen das Niveau des entsprechenden Vorjahrsmonats
- Juli 1965 - nicht 'erreichten.
Bei diesen Anzeichen handelt es sich um Merkmale des nun auch von der Nachfrage her verlangsamten Wachstumsrhythmus, also nicht mehr um zu wenig Angebot.
Von der Industrie wird noch gesagt:
Bei dem gemäßigten Eingang von Neubestellungen leerten sich die Auftragsbücher der Industrie um so mehr, . . .
„Leerten" ist eine interessante Vokabel. Sie nahmen also nicht nur ab, sondern „leerten sich".
Davor heißt es:
Die insgesamt ruhige Nachfrage für industrielle Erzeugnisse fand eine Parallele in der Entwicklung der Baugenehmigungen, deren Umfang um 8,5 % unter dem der gleichen Vorjahreszeit lag. Sie spiegelt
- alles Vokabeln, die eine allgemeine Bewegung kennzeichnen, von der nur ein Bereich ausgenommen ist, nämlich die Ausfuhr sich auch im Bereich des Einzelhandels, der im Berichtsmonat nur um 1,3 v. H. höhere Umsätze erzielte als im vergangenen Juli.
Nun war der Juli ein schlechter Monat. Er hatte weniger Arbeitstage. Aber immerhin sind es mit dem Monat Juni zusammen im Durchschnitt 3 %, d. h. real so gut wie nichts mehr.
Dr. Arndt ({3})
Es heißt dann weiter:
... hat sich die Zahl der Arbeitslosen ({4}) nicht - wie sonst in diesem Monat verringert, sondern leicht erhöht. Gleichzeitig nahmen die Anmeldungen offener Stellen nicht wie üblich zu, sondern ab.
Das ist eine allgemeine Bewegung. Unglücklicherweise fehlte auch im Juli das nun jetzt seit mehreren Monaten gewohnte Anziehen der Auslandsaufträge. Es gab gar keine Kompensation. Da kann man nur hoffen - mehr tut das Ministerium auch nicht -, aus einer generellen Deduktion über die internationale konjunkturelle Lage - das Wort „Vietnam" ist nicht erwähnt; das hätte man hinschreiben können -, daß sich das in den nächsten Monaten wieder ändern wird.
Wenn das aber die Lage ist, wie sie hier geschildert wird, dann fragt man nach dem Resümee; und das ist tatsächlich überraschend. Denn da steht:
Eine solche Entwicklung bietet gesamtwirtschaftlich gesehen gute Ansatzpunkte für produktivitätsfördernde Änderungen der Produktionsstruktur ... Dieser für die Volkswirtschaft durchaus zuträgliche Prozeß sollte weder durch übertriebenen Pessimismus forciert
- also noch stärker nach unten gebracht werden noch durch vorzeitig expansive Finanz- und Kreditpolitik beendet werden.
({5})
- Das „Sehr richtig" ist sehr leicht gesagt. Wann wollen Sie denn dagegen halten? Wann wollen Sie denn dagegen halten? - Wenn die Binnennachfrage völlig im Keller liegt? Das müssen Sie sich einmal überlegen, bevor Sie das Gesetz beschließen; denn da steht etwas von antizyklischer Konjunktur- und Finanzpolitik drin.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Verehrter Herr Kollege Arndt, haben wir nicht alle unsere Bemühungen darauf gerichtet, diesen gegenwärtigen Zustand der Abkühlung zu erreichen? Sind wir uns nicht im klaren darüber - Herr Kollege, darf ich das fragen -, daß es ohne Abkühlung keine Stabilität gibt? Haben wir nicht diesen Zustand gewollt? Sollten wir nicht froh sein, daß diese Abkühlung zu verzeichnen ist, ohne daß sich eine Rezession zeigt? Haben wir nicht vielleicht ganz verlernt, den Normalzustand - meines Erachtens steuern wir auf den Normalzustand zu - eigentlich zu erfassen? Müssen wir denn immer in Übernachfrage leben?
Das ganz sicher nicht; aber Sie sprechen von einem Extrem. Wir müssen im Wachstum und in der Stabilität leben.
({0})
Das will das Volk, und das müssen ja auch wir wollen, wenn wir uns ein paar Ziele für -die nächsten
10, 20, 30 Jahre setzen. Die 3 % reales Wachstum,
mit denen Sie jetzt herumkrabbeln, schafft die Ostzone allemal; daran denken Sie doch bitte einmal.
({1})
Das schaffen die trotz aller statistischen Mätzchen, die sie dabei machen, allemal.
({2})
- Die liegt im Moment bei 5 %. Warum?
({3})
- 5 % real!
({4})
- 3 bis 4 0/o ist die Produktivitätssteigerung.
({5})
-- Ja eben! Davon wollen wir uns ja nicht distanzieren. Das wollen wir ja verlängern. Notfalls müssen wir das gegen Ihren Willen verlängern, gegen Ihren Widerstand; es tut mir schrecklich leid, Herr Luda, in dem Punkt gibt es dann keine Gemeinsamkeit zwischen uns. Wir wollen Wachstum und Stabilität wegen der nicht nur ökonomischen Zielsetzung, die wir in diesem Staat doch verfolgen müssen,
({6})
und auch wegen der rein ökonomischen Tatsache, daß Stabilität nicht ohne Wachstum zu bekommen ist. Wenn Sie Stabilität gegen Wachstum auszuspielen versuchen, kriegen Sie die „Englische Krankheit" oder das, was es in den USA unter Eisenhower gab.
({7})
Aber nun, Herr Haase, Sie haben recht, wir mußten ein bißchen runter. Aber wir können doch nicht beliebig runter mit dem Expansionstempo.
({8})
- Na ja, mir ist das jetzt schon zuviel herunter. Sie haben im Straßenbau und in der Elektrotechnik und an dieser und jener Stelle Kapazitäten verschenkt, sie sind ungenutzt. Es sind Arbeitsstunden ungenutzt, die für Dinge verwendet werden könnten, die wir wirklich nötig brauchen, im Straßenbau und im Fernmeldewesen, also in Produktionen, in denen von einem Preisauftrieb nicht die Rede sein kann. Im Straßenbau ist der Preisindex nach dauernden Rückgängen heute auf dem Stand von 1961.
Ich weiß, das muß man nicht unbedingt akzeptieren. Aber Sie müssen die Quittung akzeptieren, die Sie bekommen werden. Auch in Bayern liegt die Investitionsgüterproduktion unter dem Vorjahr, nicht nur im Bundesdurchschnitt, und das werden Sie merken.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Bitte schön!
Herr Kollege Arndt, in einem Atemzuge sagten Sie eben, die bisher festgestellte Preisstabilität resultiere lediglich aus günstigen Ernteerträgen, wenn ich es mal ganz kurz sagen darf, sagten also mit anderen Worten, wir hätten sie noch nicht ganz erreicht, und im selben Atemzuge sagen Sie - ({0})
- Ja, ich frage. wie er sich dazu stellt. Verehrte Kollegen, wir reden doch hier ganz vernünftig über eine Sache. Lassen Sie es doch mal zu!
Verzeihen Sie, ich muß Sie leider abläuten. Sie müssen sich auf eine Frage beschränken.
Habe ich Sie richtig verstanden, daß Sie im selben Atemzug dann aber sagen, Kollege, daß des Guten schon zuviel getan worden sei?
Ja, klipp und klar will ich beides verbinden. Sie haben Wachstum verloren und sind der Preisstabilität nicht nähergekommen, wenn Sie den Gemüseindex aus den Lebenshaltungskosten herausnehmen. Das ist das Problem. Es geht ja auch nicht anders, wenn Sie nur die Instrumente der Fiskalpolitik und der Notenbankpolitik einsetzen und glauben, die Kapitalmarktschwäche liege allein daran, daß die öffentliche Hand zuviel nachfrage, und nicht überlegen, ob nicht vielleicht das KapitalAngebot und damit die Politik der Notenbank auch involviert ist. Deswegen, meine Damen und Herren von der CDU und möglicherweise oder wahrscheinlicherweise auch von der FDP: Wachstum und Stabilität! Das hat Herr Professor Schiller heute meines Erachtens so deutlich ausgeführt, daß es nicht zu überhören war. Dazu brauchen Sie den Tisch mit den vier Beinen. Sie müssen natürlich die Einkommenspolitik in so einer Situation einsetzen.
({0})
- Wollen wir uns mal darüber unterhalten, inwieweit das notwendig ist, so detailliert zu werden. Das
ist eine Sache, die man ganz gut herausfinden kann.
Zur Einkommenspolitik gehört dann natürlich auch eine Einkommensverwendungspolitik. Sparförderung abschaffen zu wollen - niemand hat das hier vorgeschlagen, aber manchmal hatte man den Eindruck, in der Öffentlichkeit wurde das so verstanden -, das ist natürlich ein völliger Unsinn. Die private Ersparnis ist eine der stärksten Waffen gegen die Preissteigerungen in den Jahren 1965 und 1964 gewesen.
({1})
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Friderichs?
Einen kleinen Moment, Herr Friderichs, Sie kommen gleich dran. Sonst vergesse ich das, was ich sagen wollte. Ich habe ja kein Manuskript; das ist hier erwünscht.
Diese Waffe wollen wir doch einsatzbereit halten.
Ich gehe noch einen Schritt weiter. Wenn der Staat - das ist für den Bundesfinanzminister vielleicht wichtig zu wissen - mit gewaltigem oder nicht unbeträchtlichem Aufwand Sparkapital durch Subventionierung mobilisiert, durch Prämien usw. - eine antiinflationäre Waffe, gut -, wenn er das tut, dann hat er doch wohl auch ein bescheidenes Recht darauf, die so mobilisierten Kapitalien in Anspruch zu nehmen, wenn es not tut, auch für den Bundeshaushalt. Dann braucht er sich nicht sagen zu lassen, die Privatwirtschaft habe in diesem Fall den Vorrang. Bei dem durch staatliche Prämien geförderten Sparkapital hat der Staat den Vorrang. Denn er finanziert seine Investitionen durch Anleihen oder durch Geld, das auf Grund von Prämiensparen hereingekommen ist, an Stelle einer Finanzierung durch Steuern, d. h. er nimmt dem Bürger kein Einkommen weg, er erlaubt ihm eine Vermögensbildung, und das war auch eines der Ziele des dritten und vierten Bundestages. Davon wollen wir doch nicht abgehen. Natürlich ist in den letzten zwei Jahren am Kapitalmarkt viel versaut worden, aber das müssen wir doch wieder in Ordnung bringen.
({0})
Herr Kollege Arndt, erlauben Sie mir, daß ich den von Ihnen eben bekanntgegebenen Thesen und Zahlen dieselbe Glaubwürdigkeit beimesse wie Ihrer Ankündigung eingangs, Sie wollten nur kurze Bemerkungen machen?
({0})
Herr Abgeordneter Genscher möchte noch eine Zwischenfrage stellen.
Herr Kollege Arndt, wie wollen Sie den Staat über dieses private Sparkapital verfügen lassen? Durch welche Eingriffe?
Durch überhaupt keine Eingriffe. Wenn sich eine Kommune von ihrer Sparkasse ein Darlehen geben läßt, ist das eine Art, in der dieses private 'Sparkapital, das bei der Sparkasse auf Grund von staatlicher Prämienförderung eingelegt ist, der Kommune zugeführt wird. Das gleiche können Sie sich von Anleihen denken. Die Sparkasse kann ja Bundesanleihen kaufen.
Eine weitere Zwischenfrage.
Sie sprechen von einer Inanspruchnahme dieser privaten Sparkapitalien. Wollen Sie den Staat oder wollen Sie die öffentlichen Hände bei der Inanspruchnahme privilegieren?
Ich will die Benachteiligung verhindern, die jetzt zu vermuten ist, nachdem zwei Jahre lang eine heftige Kampagne gegen die öffentliche Überforderung des Kapitalmarkts erfolgt ist, was temporär richtig war, aber doch nicht generell und für immer stimmt.
({0})
- Doch, doch. Solche Sachen wirken leider sehr lange im öffentlichen Bewußtsein. Das muß eben heraus!
Zweitens ist auch zu sagen: Die Finanzierung öffentlicher Investitionen durch aufgenommene Fremdmittel ist eine saubere Sache. Da hat der Staat, wenn er dazu etwas tut, vollen Anspruch.
Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?
Jetzt muß ich bitten, keine weiteren Zwischenfragen zu stellen, sonst ziehe ich mir den Zorn von Herrn Friderichs erneut zu.
Ich habe noch ein paar Schlußworte zu machen.
({0})
- Nein, das hat deswegen solange gedauert, weil ich tatsächlich eine ganze Menge Fragen zu beantworten hatte. Ich habe sie auch gern beantwortet. Ich bitte Sie jetzt aber, von weiteren Fragen Abstand zu nehmen, nachdem ich diese Frage von Herrn Friderichs - „Rüge" will ich nicht sagen -, wie lange ich denn hier noch zu reden gedenke,
({1})
habe einstecken müssen.
„Bescheid wissen" - das war der Punkt. Deswegen wollen wir auch den Sachverständigenrat beteiligt sehen. Deswegen wollen wir auch die Regierung sich zum „Gleichgewicht" erklären lassen. Einige von Ihnen klagen doch auch über politischen Nebel. Haben wir nun eine Gefährdung des Ungleichgewichts oder haben wir keine? Sind Maßnahmen anzuwenden oder nicht?
Letzter Punkt: Entscheidungen treffen. Darüber brauche ich nicht mehr zu reden, wenn wir alle drei anderen Punkte gelöst haben. Zu allen drei anderen Punkten kann die sozialdemokratische Fraktion auf
dem Wege der Veränderung dieses Gesetzes beitragen. Zum letzten Punkt, zu dem EntscheidungenTreffen kann sie nur sehr indirekt über den Wählerwillen beitragen - eine wirksame Waffe! -, aber nicht mehr hier durch Verbesserungen des Gesetzes. Das muß, wie gesagt, von der Regierung selbst beigesteuert werden. Das eignet sich sicher auch nicht zu Fragen in den Hearings. Aber Ermächtigungen sind eben dazu da, daß sie auch benutzt werden.
Das waren die vier Punkte, die für eine Wachstums- und Konjunkturpolitik wichtig sind. Warum eine derartige Politik des Wachstums und der Stabilität wichtig ist, habe ich zwischendurch ausgeführt. Wir sind nicht allein in dieser Welt. Wir haben auch Zielsetzungen, innere Zielsetzungen, die nicht ökonomisch sind - in bezug auf unsere Bevölkerungsentwicklung, in bezug auf unsere Schulbildung, auf unsere Universitäten. Wir wollen doch verschiedene Dinge erreichen, die uns im internationalen Wettlauf, im Wettlauf nicht nur mit der Ostzone, sondern auch mit anderen Ländern bestehen lassen. Wir wollen auch einmal mit gutem Gewissen ins Ausland fahren können und uns nicht vorrechnen lassen müssen, wie wir in diesen und jenen Punkten jämmerlich dastehen. Das wollen wir doch, uns dazu gehören eben etwas weitere Horizonte als die des Tages. Wir erhoffen uns das von der mittelfristigen Finanzpolitik und von ihrer Ausdehnung auf andere Punkte der Wirtschaft, soweit sie quantifizierbar sind. Manches ist ja quantifizierbar. Jedenfalls tut es die EWG, und warum wollen wir es nicht auch tun? Wir wollen damit auch ein paar Ziele fixieren können, die nicht nur im wirtschaftlichen Bereich liegen. Wenn Sie da mitmachen, glaube ich, können wir das Problem nicht nur dieses Gesetzes, sondern auch der wirtschaftlichen Zukunft unseres Landes besser meistern, als das bisher der Fall war.
({2})
Meine Damen und Herren, nach einer interfraktionellen Vereinbarung sollen keine weiteren Wortmeldungen erfolgen; es liegen auch keine mehr vor. Wir sind damit am Ende der heutigen Tagesordnung. Die Debatte wird morgen fortgesetzt.
Ich berufe die nächste Sitzung des Hohen Hauses ein auf morgen vormittag 9 Uhr. Sie beginnt mit einer Fragestunde.
Ich schließe die Sitzung.