Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet.
Punkt 1 der Tagesordnung:
Fragestunde
- Drucksachen V/760, V/770 Ich habe eine Dringlichkeitsfrage des Abgeordneten Erler zum Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes zugelassen:
Auf welchen Vorgang und auf welche Tatsachen bezieht der Bundeskanzler seine in der „Süddeutschen Zeitung" vom 27. Juni 1966 wiedergegebene Äußerung während einer Wahlreise durch Ostwestfalen-Lippe, die Opposition scheue sich nicht einmal, das Staatsoberhaupt, das im Ausland die Bundesrepublik Deutschland zu vertreten habe, zu schmähen?
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- Die Frage wird von Herrn Abgeordneten Wehner übernommen.
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung.
von Hase, Staatssekretär, Bundespressechef: Der Bundeskanzler hat die Person des Staatsoberhauptes in keiner der Reden während dieser Wahlreise erwähnt. Diese Tatsache ist mir vom Verfasser des Artikels in der „Süddeutschen Zeitung", bei dem ich unmittelbar vor dieser Fragestunde persönlich telefonisch Rückfrage gehalten habe, bestätigt worden. Im Interesse aller Beteiligten - Bundespräsident, Bundeskanzler und Opposition - werde ich die „Süddeutsche Zeitung" um eine Berichtigung bitten.
Zusatzfrage.
Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär, und möchte die Zusatzfrage stellen, ob damit die Untertöne und die Begleittöne, die dieser Bemerkung, von der es heißt, sie sei so nicht gefallen, beigegeben waren, ihre Erledigung gefunden haben, nämlich daß die SPD als eine Partei hingestellt werden soll, die sogar das Staatsoberhaupt angreift.
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Keine Zusatzfrage! - Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schäfer.
Herr Staatssekretär, auf Grund welcher Umstände fühlen Sie sich legitimiert, eine Frage, die an den Bundeskanzler gestellt ist, zu beantworten?
von Hase, Staatssekretär, Bundespressechef: Weils es dem Bundeskanzler freisteht, in seinem Geschäftsbereich die Beantwortung von Fragen den Staatssekretären zu Übertragen, genauso wie jeder Bundesminister das kann.
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Zweite Zusatzfrage.
Ist Ihnen dabei klar, daß die Staatssekretäre in den Bundesministerien Vertreter der Minister sind, während Sie nicht Vertreter des Bundeskanzlers sind?
von Hase, Staatssekretär, Bundespressechef: Ich bin Vertreter einer obersten Bundesbehörde, die dem Bundeskanzler unmittelbar untersteht. Es ist nach der bisherigen Praxis immer so gewesen, daß Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundeskanzlers von den Staatssekretären beantwortet worden sind.
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen.
Herr Staatssekretär, sind Sie von dem Herrn Bundeskanzler ausdrücklich ermächtigt, hier zu erklären, daß er eine solche mißzudeutende Äußerung nicht getan hat?
von Hase, Staatssekretär, Bundespressechef: Ich habe eine schriftliche Mitteilung des Chefs des Bundeskanzleramtes im Auftrage des Bundeskanzlers
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mit einer Erklärung, mit einem Hinweis - da ich
selbst an der Reise nicht teilgenommen habe 2478 Deutscher Bundestag - 5. Wahlperiode
Staatssekretär von Hase
l und einer Erklärung des Bundeskanzlers, wie die Frage zu beantworten ist. Ich habe mit dem Bundeskanzler selber auch wegen der Beantwortung Rücksprache gehalten.
Zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen.
Würden Sie, Herr Staatssekretär, nach dieser Fragestunde dem Herrn Bundeskanzler berichten, daß es auch gut wäre, wenn er der Fraktion der SPD eine entsprechende Mitteilung zukommen lassen würde?
von Hase, Staatssekretär, Bundespressechef: Ich glaube, ein Tatbestand, der sich als falsche Darstellung erwiesen hat, rechtfertigt einen solchen Schritt nicht. Wenn die Bundesregierung im Interesse aller Beteiligten die Zeitung, die übrigens als einzige diese falsche Darstellung gebracht hat, zu einer Berichtigung auffordert, ist wohl allen Beteiligten Genüge getan.
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Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Jahn.
Herr Staatssekretär, kann nicht in Zukunft dafür Sorge getragen werden, daß auch ohne Anfragen in der Fragestunde der Herr Bundeskanzler derartige Berichte von sich aus richtigstellt?
von Hase, Staatssekretär, Bundespressechef: Wenn falsche Darstellungen erfolgt sind, hat die Bundesregierung stets, wenn sie sich als umfangreich erwiesen haben, eine Berichtigung verlangt. Es wäre aber wohl zuviel, wenn bei jeder Meldung über angebliche Aussagen auf Wahlreisen, die in den einzelnen Zeitungen erscheinen, eine Berichtigung verlangt werden müßte.
Zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Jahn.
Herr Staatssekretär, wenn schon nicht in allen Zeitungen, so aber doch bei den größeren und bei weit verbreiteten Zeitungen. Dabei möchte ich die Frage stellen, ob der Herr Bundeskanzler keinen besonderen Anlaß hat, auch die Berichterstattung über sein öffentliches Auftreten sorgsam zu beobachten oder beobachten zu lassen, wenn - ich unterstelle hier, daß es stimmt - er gesagt hat, er erhebe sich auch im Wahlkampf über jedes parteipolitische Gezänk.
von Hase, Staatssekretär, Bundespressechef: Ich glaube, Herr Abgeordneter, es steht dem Bundeskanzler frei, in seinen Wahlreden seine Auffassung über das Verhältnis zwischen Bundesregierung und Opposition zum Ausdruck zu bringen. Ich darf hier sagen, das beruht ja durchaus auf Gegenseitigkeit, und ich würde daher die Berichtigungspflicht auch gern auf Gegenseitigkeit angewandt wissen.
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Keine Zusatzfragen mehr? - Dann rufe ich aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für wissenschaftliche Forschung die Frage II/1 des Abgeordneten Kubitza auf:
Welche Mehrbelastungen ergeben sich für den Wissenschaftshaushalt der Bundesrepublik durch die Erhöhung des deutschen ELDO-Anteils von 22 auf 27 Prozent?
Bei der erwogenen Erhöhung des deutschen Beitragsanteils von 22,01 0/0 auf 27 % ab 1. Januar 1967 würde sich für Deutschland für das Anfangsprogramm eine zusätzliche Belastung von rund 32 Millionen DM in drei Haushaltsjahren ergeben. Für das zur Steigerung der Leistungsfähigkeit des ELDO-Trägers vorgesehene Zusatzprogramm kann von einer echten Mehrbelastung nicht gesprochen werden.
Der im Finanzprotokoll festgelegte .Beitragsschlüssel mit einem deutschen Anteil von 22,01 % gilt nur für ,das Anfangsprogramm bis zu der mittlerweile überschrittenen Höchstsumme von 80 Millionen Pfund Sterling. Für alle weiteren Programme war ohnehin eine geänderte Beitragsverteilung vorgesehen. Es muß damit gerechnet werden, daß bei einer Neufestsetzung des Beitrags das Volkseinkommen der einzelnen Mitgliedstaaten als Orientierungspunkt dient. Auf dieser Grundlage hätte sich für Deutschland ein Beitragssatz von 27,92 % ergeben, so daß der in Aussicht genommene Beitragsanteil von 27 % noch günstiger ist.
Bei der Diskussion Über den Beitragsschlüssel muß berücksichtigt werden, daß die Bundesrepublik von allen Vertragspartnern der ELDO den höchsten Rückfluß an Aufträgen für die Industrie und Wissenschaft - gemessen am Beitragsaufkommen - hat, nach Abzug der Generalkosten bisher 120 %.
Keine Zusatzfrage? - Frage II/2 des Abgeordneten Kubitza:
Besteht die Gefahr, daß vorgesehene Projekte des Hochschulbaus, der wissenschaftlichen Forschung oder sonstige kulturelle Förderungsmaßnahmen durch die in Frage II/1 erwähnte Mehrbelastung auf Dauer beeinträchtigt werden?
Ich beantworte die Frage mit Nein. Aus meiner Antwort zu Frage 1 ergibt sich, daß auf Grund der Beitragserhöhung für das Anfangsprogramm mit echten zusätzlichen Belastungen von etwa 10 Millionen DM jährlich zu rechnen ist. Demgegenüber können die ursprünglich schon für 1967 vorgesehenen Planungsmittel für ein neues ELDO-Programm in etwa der gleichen Höhe eingespart werden.
Keine Zusatzfrage! - Frage 1I/3:
Ist sichergestellt, daß - wie im Falle Großbritanniens - bei einer weiteren Verschlechterung unserer Haushaltslage auch unser ELDO-Anteil reduziert werden kann?
Nach den Verhandlungen der ELDO-Ministerkonferenz über die Festlegung des Beitragsschlüssels war die übereinstimmende Auffassung, daß dieser Schlüssel jeweils in bestimmten Zeitabschnitten von etwa drei bis fünf Jahren revidiert werden sollte. Dadurch besteht die Möglichkeit, bei Sinken des Volkseinkommens auch eine Senkung des ELDO-Beitrags zu erreichen.
Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Geisendörfer.
Hat die Bundesregierung vorgesehen, daß im. Verhältnis zu der Erhöhung der Leistungen für ELDO auch eine Erhöhung der Leistungenn für die nationale Forschung auf diesem Gebiet erwogen wird?
Ohne den Entscheidungen der Bundesregierung über den Haushalt 1967 vorzugreifen, glaube ich, daß wir zu einer Erhöhung der nationalen Mittel kommen werden.
Keine Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage II/4 des Herrn Abgeordneten Dr. Lohmar auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung die Gründe, die die britische Regierung zu ihren Vorbehalten gegenüber der weiteren Entwicklung der Europarakete bewogen haben?
Die Bundesregierung teilt die von der britischen Regierung vor der zweiten Ministerkonferenz erhobenen Bedenken gegenüber der weiteren Entwicklung der Europarakete nicht. Sie ist in Übereinstimmung mit ihren anderen Partnern der Ansicht, daß der Bau der ELDO-Rakete aus technisch-wissenschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Gründen fortgesetzt und das Programm durch bestimmte Verbesserungen ergänzt werden sollte. Diese Auffassung steht im Einklang mit den Empfehlungen der Beratenden Versammlung der Westeuropäischen Union sowie der Versammlung des Europarates. Es ist zu begrüßen, daß die eingehenden Erörterungen in der Pariser Konferenz auf die Haltung der britischen Regierungsvertreter eine positive Wirkung gehabt haben. Die Bundesregierung ist selbstverständlich bereit, Einzelvorschläge ihrer Partner zur Verbesserung des Verfahrens aufgeschlossen zu prüfen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Lohmar.
Herr Bundesminister, hat die britische Regierung offiziell oder inoffiziell außer dem Hinweis darauf, daß sie sich im Vergleich zu den Partnerländern finanziell zu stark belastet glaubte, auch andere die Sache betreffende Einwände gegen die Sinnfälligkeit der Europarakete A 1 vorgebracht?
Die britische Regierung hat bereits in ihrer ersten Denkschrift - ich glaube, sie ist vom Februar dieses Jahres - eine ganze Reihe von Überlegungen und kritischen Bemerkungen geäußert, die sich auch auf technisch-wissenschaftliche Probleme, vor allem auf die Frage der starken Kostenüberschreitungen erstrecken. Alle diese Fragen sind Gegenstand der Besprechungen in den beiden Konferenzen gewesen. Sie werden jetzt auch noch von. Sachverständigen bei der Vorbereitung der dritten Konferenz behandelt. Ich möchte aber doch sagen - ohne der endgültigen Entscheidung der britischen Regierung vorgreifen zu wollen -, daß die Argumente für eine Fortsetzung des Programms offensichtlich Gewicht bei den Überlegungen der britischen Regierung haben.
Zweite Zusatzfrage.
Herr Bundesminister, ist es zutreffend, daß die britische Regierung einen ihrer schwerwiegenden Einwände vor allem in der Richtung formuliert hat, daß die praktische Nutzanwendungsmöglichkeit der Europarakete I gleich Null sei, und wie beurteilt die britische Regierung bzw. die Bundesregierung heute diesen Einwand?
Eine Formulierung, daß die praktische Nutzanwendung gleich Null sei, kann ich nicht bestätigen, auch nicht als Äußerung der britischen Regierung. Es trifft aber zu, daß die Frage der Anwendungsmöglichkeit in all diesen Überlegungen eine große Rolle gespielt hat. Wir glauben, daß diese Rakete nach dem vorgesehenen und auch von der britischen Delegation grundsätzlich bejahten Zusatzprogramm in der ersten Hälfte der siebziger Jahre sowohl auf dem Gebiete der Forschungssatelliten wie möglicherweise im Bereich der kommerziellen Satelliten ihre wesentliche Anwendung finden kann.
Im übrigen dürfen wir bei all diesen Überlegungen nicht verkennen, daß auch nach den neuen Kostenschätzungen für den Bau dieser Rakete über 70 % der benötigten Mittel entweder ausgegeben oder durch Verpflichtungen gebunden sind. Im Grunde haben wir bereits den Punkt überschritten, in dem wir völlig frei sind. Wir müssen die Tatsache berücksichtigen, daß fast 3/4 der Mittel ausgegeben oder gebunden sind. Deshalb sind die Argumente für einen Abschluß dieser Entwicklung eindeutig die stärkeren, auch unter dem Gesichtspunkt einer möglichen Anwendung.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Raffert.
Herr Minister, ist nicht auch eines der Argumente für die Weiterführung dieses Projekts der ELDO-A-Rakete, daß die Amerikaner uns ihre Raketen nur für begrenzte Programme zur Verfügung stellen, z. B. nicht für Programme, die
sich auf die Weiterentwicklung der technologischen und der wirtschaftlichen Nutzung dieser Satelliten in Deutschland und Europa auswirken könnten?
Die bisherigen Gespräche mit den Vereinigten Staaten haben eine Zurverfügungstellung von Raketen der USA für begrenzte Programme ergeben, für die wir im Grunde sehr dankbar sind, weil sie unsere Forschungsvorhaben fördern. Es ist richtig, daß eine uneingeschränkte Zurverfügungstellung von Raketen bisher nicht angeboten worden ist, obwohl ich in meinen Gesprächen im Mai in Washington den Eindruck gewonnen habe, daß die Vereinigten Staaten auch zu Überlegungen über weitere Anwendungsbereiche bereit sind.
Ich glaube aber, daß diese Frage einer verstärkten Zusammenarbeit mit den USA in der Raketenentwicklung uns erst in der nächsten Generation der Raketen zu beschäftigen hat. Die Frage der Entwicklung einer weiteren Generation von Raketen, die sich nicht jetzt, sondern in einigen Jahren einmal stellen wird, wird unter diesem Gesichtspunkt einer noch weitergehenden Zusammenarbeit sowohl aus finanziellen wie aus technologischen Gründen genau geprüft werden müssen.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Dann rufe ich die nächste Frage des Herrn Abgeordneten Dr. Lohmar - Frage II/5 - auf:
Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, um eine Zusammenarbeit der westeuropäischen Staaten im Rahmen der ELDO für die Zukunft zu sichern?
Sicherung und Erfolg der Zusammenarbeit an einem internationalen Projekt hängen außer von der Eindeutigkeit rechtlicher Vereinbarungen sehr wesentlich von dem Grad der Bereitschaft der beteiligten Regierungen ab, diese Vereinbarungen auch einzuhalten. Über die rechtliche Bindung hinaus ist daher der Wille, an der Zusammenarbeit festzuhalten, eine unabdingbare Voraussetzung für die Sicherung internationaler Kooperation.
Nachdem es im wesentlichen einem solchen kooperativen Verhalten der Partner Großbritanniens zuzuschreiben ist, daß die Gefahr eines Auseinanderbrechens der ELDO wahrscheinlich gebannt ist, liegen die weiteren Möglichkeiten, diese Zusammenarbeit zu sichern, vor allem darin, für die Festlegung klarer rechtlicher Vereinbarungen zu sorgen und den Willen zur Zusammenarbeit zu stärken. Einen erheblichen Fortschritt bedeuten in diesem Zusammenhang die Bestrebungen der an der ELDO beteiligten Staaten, ihre Bemühungen um die Erforschung und Nutzbarmachung des Weltraums zu koordinieren und über die Fragen der Raketenentwicklung hinaus zur Schaffung einer gemeinsamen europäischen Weltraumpolitik beizutragen.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Dr. Lohmar.
Herr Bundesminister, wie beurteilen Sie in diesem Zusammenhang das in Aussicht genommene Abkommen zwischen der Sowjetunion und Frankreich über die Möglichkeiten der Zusammenarbeit zwischen diesen beiden Ländern auf dem Gebiet der Weltraumforschung?
Daß solche Überlegungen angestellt werden, ist uns seit einiger Zeit bekannt; wir sind aber über die Besprechungen, die anläßlich des Besuchs des französischen Präsidenten in der Sowjetunion jetzt stattgefunden haben, nur durch Zeitungsmeldungen informiert. Wir möchten selbstverständlich noch eine genauere Prüfung der in Aussicht genommenen Vereinbarungen vornehmen, bevor wir uns dazu äußern.
Zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Lohmar.
War es im Rahmen der deutsch-französischen Konsultationen nicht möglich, sich frühzeitiger über die Intentionen des französischen Gesprächspartners zu unterrichten?
Bei den Gesprächen über die Vorbereitung der ELDO-Konferenz, die zwischen Frankreich und uns in einem besonders guten Geist stattgefunden haben, ist von französischer Seite auf solche Erwägungen hingewiesen worden. Ich nehme aber an, daß diese Erwägungen ihre endgültige Gestalt erst während der Besprechungen in der Sowjetunion selbst gefunden haben, und glaube deshalb nicht, daß wir, was das Verfahren anbetrifft, einen Vorwurf zu erheben brauchen.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Berkhan.
Herr Minister, ist die Bundesregierung bereit, im Rahmen der Verhandlungen im Ministerrat der WEU darauf hinzuwirken, daß in der WEU als Kern eine gemeinsame Behörde zur friedlichen Erforschung des Weltraums geschaffen wird?
Herr Kollege Berkhan, unsere Überlegungen über eine stärkere Zusammenfassung der Weltraumpolitik haben sich noch nicht so eindeutig auf die WEU konzentriert, daß ich diese Frage im Zusammenhang mit den Überlegungen der WEU bejahen kann. Die Notwendigkeit, über die einzelnen Organisationen hinaus zu einer verstärkten Konzentration der europäischen Weltraumpolitik zu kommen, bejahen wir; die Frage, wie diese Zusammenarbeit ihre organisatorische Form finden soll, können wir heute noch nicht beantworten.
Zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Berkhan.
Sind Sie dann wenigstens bereit, den zuständigen Instanzen vorzuschlagen, daß als erster Schritt ELDO, ESRO und die anderen Organisationen zu einer Behörde zusammengelegt werden?
Die Überlegungen, die in den Arbeitsgruppen der Mitgliedstaaten der ELDO angestellt werden, gehen von einer wesentlich engeren Verbindung der drei Organisationen ELDO, ESRO und CETS aus. Ob eine volle Fusion möglich ist, kann jetzt noch nicht gesagt werden, weil die Mitgliedstaaten der Organisationen nicht identisch sind. Die ESRO hat zehn, die ELDO sechs und die CETS, glaube ich, zwölf Mitglieder. Hier sind also sehr schwierige vertragsrechtliche und politische Fragen zu lösen, vor allem im Hinblick auf die Mitgliedstaaten, die nur einer dieser Organisationen angehören.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Raffert.
Herr Bundesminister, teilt die Bundesregierung die Auffassung vieler deutscher Wissenschaftler in der Raumforschung und mehrerer Industrieller, die in der deutschen Raumfahrtindustrie tätig sind, daß die ELDO schon durch ihre Organisationsform nicht recht funktionsfähig sei, während im Vergleich dazu die ESRO wesentlich beweglicher organisiert sei, und zieht die Bundesregierung aus dieser Auffassung Konsequenzen?
Die Urteile über die Organisationsform der ELDO sind recht unterschiedlich. Natürlich spielt bei den ganzen internationalen Erörterungen und bei unseren Gesprächen mit der deutschen Industrie und Wissenschaft die Frage einer Verbesserung des Verfahrens eine große Rolle. Ich kann aber nicht sagen, daß von deutscher oder von irgendeiner anderen Seite im Rahmen der ELDO wirklich klare alternative Vorstellungen für eine Reorganisation der jetzigen Form vorliegen. Deshalb kann ich diese Frage nur sehr vorsichtig beantworten.
Wir kommen zur Frage II/6 des Herrn Abgeordneten Dröscher:
Ist zu befürchten, daß die wirtschaftliche Wettbewerbslage der deutschen Industrie in absehbarer Zeit dadurch verschlechtert werden kann, daß die deutschen Kernenergieanlagen fast völlig von der Einfuhr von Uranerzen abhängig sind, nachdem weitgehend auf ein Prospektierungsprogramm zur Suche von ausreichenden Vorkommen auf dem Gebiet der Bundesrepublik verzichtet worden ist?
Ist Herr Abgeordneter Dröscher im Saal? - Er ist nicht im Saal. Die Frage wird nicht beantwortet.
Das gleiche trifft auf die Frage II/7 des Herrn Abgeordneten Dröscher zu:
Treffen Behauptungen zu, daß die Bundesrepublik durch die Ausrichtung der Entwicklungsreaktoren auf angereicherten Uranbrennstoff infolge der damit verbundenen Lieferauflagen der Amerikaner, von denen solcher Brennstoff nur bezogen werden kann, verpflichtet ist, ständig Einblick in alle möglichen Reaktorkonstruktionen gewähren zu müssen, während andere europäische Länder dieser totalen Abhängigkeit durch das Ausweichen auf Natururan entgangen sind?
Wir kommen zu Frage XII/1 des Herrn Abgeordneten Dr. Lohmar:
Wieviel Lehrstühle, aufgegliedert nach Hochschulen und Disziplinen, sind gegenwärtig an den Universitäten und Hochschulen der Bundesrepublik nicht besetzt?
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- Entschuldigen Sie, diese Frage wird schriftlich beantwortet.
Ich rufe auf die Frage XII/2 des Herrn Abgeordneten Moersch:
Müssen bei einer Verwirklichung der vom Wissenschaftsrat vorgeschlagenen Reform des Hochschulstudiums die Planungen für den Ausbau und Neubau wissenschaftlicher Hochschulen geändert werden?
Bei dem Ausbau der wissenschaftlichen Hochschulen und bei deren Neubau besteht bekanntlich ein ganz erheblicher Nachholbedarf. Die vom Wissenschaftsrat empfohlene Neuordordnung des Studiums setzt voraus, daß für Lehrkräfte und Studenten die nötigen Arbeitsplätze zur Verfügung gestellt werden. Es ist deshalb unabhängig von dem Ausgang der Verhandlungen über die Empfehlungen des Wissenschaftsrats auf jeden Fall erforderlich, die jetzt für die nächsten Jahre konzipierten Baupläne durchzuführen. Das ist auch in den Empfehlungen des Wissenschaftsrats selber ausdrücklich herausgestellt worden.
Aus den Vorschlägen des Wissenschaftsrats für das sogenannte Kontaktstudium ergeben sich ohnehin langfristige neue Erfordernisse, deren Festlegung noch einiger Zeit bedarf.
Eine Zusatzfrage? - Keine Zusatzfrage!
Frage XII/3 des Herrn Abgeordneten Moersch:
Welche Konsequenzen ergeben sich für den Bundesgesetzgeber aus einer Verwirklichung des Gutachtens zur Reform des Hochschulstudiums?
Die Verwirklichung der Empfehlungen zur Neuordnung des Studiums ist vor allem Sache der Kultusverwaltungen der Länder und der wissenschaftlichen Hochschulen. Der Bundesgesetzgeber kann nur dort, wo er die Voraussetzungen für die Ausübung eines akademischen Berufes zu regeln hat, mittelbar die Verwirklichung der Empfehlungen fördern, indem er die Anforderungen an die Studiendauer entsprechend den Empfehlungen festsetzt. Eine derartige Zuständigkeit des Bundes ist z. B. für die Regelung der Zulassung zu den Heilberufen und der Tätigkeit in der Justiz und der Bundesverwaltung gegeben.
Eine Zusatzfrage? - Keine Zusatzfrage!
Frage XII/4 des Herrn Abgeordneten Moersch:
Zu welchem Zeitpunkt hält die Bundesregierung eine allgemeine Verwirklichung der Vorschläge des Wissenschaftsrates zur Reform des Hochschulstudiums für möglich?
Die Verwirklichung der Empfehlungen des Wissenschaftsrats zur Neuordnung des Studiums ist, wie eben erwähnt, Sache der Kultusverwaltungen und der wissenschaftlichen Hochschulen. Die Bundesregierung kann deshalb zu einem Zeitpunkt, in dem noch nicht einmal alle betroffenen Einrichtungen und Organisationen zu den Empfehlungen selber Stellung genommen haben, nicht abschätzen, wann mit einer Verwirklichung der Empfehlungen zu rechnen ist. Die Bundesregierung befürwortet aber nachdrücklich eine schnelle Verwirklichung der Empfehlungen. Sie wird im Rahmen ihrer begrenzten Befugnisse in den Wissenschaftsorganisationen und gegenüber den Wissenschaftsorganisationen darauf hinwirken, daß die Neuordnung des Studiums möglichst bald in Angriff genommen wird.
Eine Zusatzfrage.
Herr Bundesminister, sind Ihnen Presseberichte bekannt, wonach Mitglieder des Sekretariats der Westdeutschen Rektorenkonferenz angekündigt haben, daß die Rektorenkonferenz etwa ein Jahr brauchen soll, bis sie diese Vorschläge geprüft und Gegenvorschläge ausgearbeitet hat? Oder sind diese Pressemeldungen unzutreffend?
Ich habe die Stellungnahme der Rektorenkonferenz zu diesem Thema genau verfolgt. Diese Pressemeldungen sind mir im Augenblick nicht gegenwärtig. Ich kann deshalb zu dieser Frage nicht Stellung nehmen.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen.
Ich rufe die Frage I/1 des Herrn Abgeordneten Dr. Arndt ({0}) auf:
Besteht ein Widerspruch zu der vom Bundesfinanzminister in der 25. Sitzung des Deutschen Bundestages am 3. März 1966 ({1}) für die IstAusgaben des Bundes 1965 genannten Zahl von 65,8 Milliarden DM und der der Veröffentlichung desselben Ministers „Die Bundesfinanzen im Rechnungsjahr 1965" vom 26. Mai zu entnehmenden Zahl von 66,3 Milliarden DM?
Der Unterschied zwischen den von Herrn Minister Dr. Dahlgrün in der 25. Sitzung des Bundestags am 3. März 1966 genannten IstAusgaben 1965 in Höhe von 65,8 Milliarden DM einerseits und den in der Veröffentlichung des Bundesministers der Finanzen vom 26. Mai 1966 genannten
Zahlen über die Gesamtausgaben 1965 andererseits erklärt sich wie folgt:
Der Bundeshaushaltsplan 1965 war im Soll mit 63,9 Milliarden DM ausgewiesen. Bei der finanzstatistischen Betrachtung sind hiervon die Lastenausgleichsabgaben in der veranschlagten Höhe von 1,6 Milliarden DM als durchlaufende Kosten abzusetzen. Danach ergibt sich ein bereinigtes Soll von 62,3 Milliarden DM. Im Verlauf des Rechnungsjahres 1965 mußten dann zusätzliche Ausgaben von 2,9 Milliarden DM geleistet werden. Demgegenüber sind durch die von der Bundesregierung getroffenen Bewirtschaftungsmaßnahmen bei anderen Positionen Einsparungen von mehr als 0,6 Milliarden DM erzielt worden, so daß saldiert 2,3 Milliarden DM hinzuzurechnen sind. Danach beläuft sich das für finanzstatistische Zwecke bereinigte Ist-Ergebnis 1965 auf 64,6 Milliarden DM. Hierzu bitte ich, die Textübersicht 1 des Berichts des Bundesministers der Finanzen vom 26. Mai 1966 über die „Bundesfinanzen im Rechnungsjahr 1965" zu vergleichen.
Für einen echten Soll-Ist-Vergleich bedarf diese Berechnungsweise aber einer Modifizierung. Den Haushaltsausgaben im engeren Sinne sind nämlich für diese Betrachtung - also für den Soll-Ist-Vergleich - die Lastenausgleichsabgaben wieder hinzuzusetzen, weil ,sie im Haushalts-Soll enthalten sind. Andererseits müssen diejenigen Ausgaben abgezogen werden, für die zwar im Haushaltsplan eine Ermächtigung vorgesehen, aber keine Beträge eingesetzt waren, weil sie auf Grund eines entsprechenden Haushaltsvermerks aus Mehreinnahmen gedeckt werden durften, die im Haushaltsplan nicht ziffernmäßig veranschlagt waren und insoweit im Soll unberücksichtigt geblieben sind. Auf die Notwendigkeit dieser ergänzenden Berechnung für den SollIst-Vergleich ist in Anmerkung 21 der Ihnen, Herr Abgeordneter, vorliegenden Übersicht vom 26. Mai 1966 ausdrücklich hingewiesen.
Für den Soll-Ist-Vergleich ist demnach die von Herrn Minister Dr. Dahlgrün genannte Ausgabensumme von 65,8 Milliarden DM wie folgt zu ermitteln: Haushaltsausgaben im engeren Sinne - Übersicht vom 26. Mai 1966 -: 64,61 Milliarden DM, zuzüglich Abführung an LastenausgleichsFonds: 1,66 Milliarden DM, zusammen: 66,27 Milliarden DM. Davon sind die genannten Ausgaben abzusetzen, die beim Soll-Ist-Vergleich neutralisiert worden sind, 0,41 Milliarden DM; verbleiben Gesamtausgaben von 65,86 Milliarden DM.
Diese Darstellung ergibt sich im übrigen auch aus der Vorlage Nr. 46 des Bundesministers der Finanzen an den Haushaltsausschuß dieses Hohen Hauses vom 17. Mai 1966. Ich bin gern bereit, Ihnen, Herr Abgeordneter, einen Abdruck dieser Vorlage zu überlassen, in der Sie die Aufschlüsselung der von mir genannten neutralisierten Ausgaben von 400 Millionen DM finden.
Die Auskunft war ausführlich. Herr Staatssekretär, eine kürzere hätte es auch getan.
Bitte sehr, eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist die nachträglich gemeldete Erhöhung der Mehrausgaben 1965 um eine halbe Milliarde DM von einer Größenordnung, die konjunkturpolitisch und finanzpolitisch auch für die Beratungen des Etats für 1966, für den der Etat von 1965 die Basis darstellt, belangvoll gewesen wäre?
Herr Abgeordneter, 2,5 Milliarden DM sind allerdings, absolut gesehen, sicherlich belangvoll. Das muß ich ohne weiteres zugeben. In Bezug gesetzt zu dem Gesamtvolumen des Haushalts möchte ich diese Überschreitung noch als vertretbar bezeichnen. Sicherlich sind darin auch Ausgaben enthalten, die für den Haushalt 1966 fortwirken, ganz abgesehen davon, daß der Haushalt 1965 ohnehin die Basis für den Etat 1966 ist.
Zweite Zusatzfrage.
Dann frage ich Sie, Herr Staatssekretär: Warum konnte das diesem Hohen Hause und der Öffentlichkeit nicht während der zweiten und dritten Beratung des Bundeshaushalts 1966, die ebenfalls mit dem 26. Mai abgeschlossen wurde, mitgeteilt werden?
Herr Abgeordneter, die Frage ist im Plenum nicht gestellt worden, und es ist auch nicht ersichtlich gewesen, daß von Ihrer Seite gerade auf diese scheinbare Differenz, die ich in der ausführlichen Darstellung hier erklärt habe, Wert gelegt würde.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schäfer.
Herr Staatssekretär, muß man Ihre Antwort so auffassen, daß Sie nur auf gestellte Fragen Antwort geben, oder halten Sie es nicht für erforderlich, einer eigenen Informationspflicht nachzukommen?
Herr Abgeordneter, die zweite Frage würde ich verneinen. Selbstverständlich, wenn eine Frage von Belang ist, sollte man sie auch von sich aus anschneiden. Da es sich aber hier nur um einen scheinbaren Widerspruch handelt, der durch die von mir dargelegten Zahlen widerlegt ist, bestand meines Erachtens kein hinreichender Grund, diese Frage von uns aus initiativ hier zu behandeln.
Ich rufe die Frage I/2 des Herrn Abgeordneten Mick auf:
Ist es richtig, daß - wie in einer Fernsehsendung „Monitor" behauptet wurde - die Wiedergutmachungsangelegenheit des Ernst Niekisch vom Land Berlin mit großer Langsamkeit bearbeitet worden ist und etwa 8000 Fälle mit Begründungen abgewiesen worden sind, daß Entschädigungen nur dazu benützt würden, die kommunistische Partei zu unterstützen, ohne daß dabei der geringste Beweis erbracht wurde?
Herr Präsident, darf ich die drei Fragen des Herrn Abgeordneten Mick wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam 'beantworten?
Sind Sie einverstanden, Herr Abgeordneter Mick? - Einverstanden. Dann rufe ich auch die Fragen I/3 und I/4 des Herrn Abgeordneten Mick auf:
Ist es richtig, daß die in Frage I/2 erwähnte Begründung auch vom Bundesgerichtshof gegenüber Ernst Niekisch für die Versagung einer Entschädigung gegeben wurde?
Ist es richtig, daß die Urteile der Gerichte aller Instanzen in der in Frage I/2 erwähnten Wiedergutmachungsangelegenheit gegen Ernst Niekisch gegen Artikel 5 und 9 des Grundgesetzes verstoßen?
Die Durchführung des Bundesentschädigungsgesetzes obliegt ausschließlich den Ländern der Bundesrepublik. Daher kann die Bundesregierung weder auf einzelne Verfahren nach dem Bundesentschädigungsgesetz Einfluß nehmen, noch hat sie ein Weisungsrecht gegenüber den Ländern und ihren Behörden. Demgemäß liegt auch die Verantwortung für die Durchführung des Entschädigungsverfahrens des Herrn Professor Ernst Niekisch ausschließlich bei dem für ihn örtlich zuständigen Land Berlin. Ebenso wenig darf und kann die Bundesregierung in die unabhängige Rechtsprechung der Entschädigungsgerichte eingreifen. Diese Gerichte haben in drei Rechtszügen die Entschädigungsansprüche des Herrn Professor Niekisch zurückgewiesen. Gegen die letztinstanzliche Entscheidung des Bundesgerichtshofs hat Herr Professor Niekisch Verfassungsbeschwerde erhoben, deren Zulässigkeit das Bundesverfassungsgericht bejaht hat, ohne jedoch bisher eine Entscheidung in der Sache selbst zu treffen.
Die Zurückweisung der Entschädigungsansprüche Professor Niekischs beruht auf § 6 Abs. 1 Ziffer 2 des Bundesentschädigungsgesetzes. Danach ist von Entschädigungsleistungen ausgeschlossen, wer nach dem 23. Mai 1949 die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekämpft hat. Der gesetzgeberische Zweck dieser Bestimmung ist in folgendem zu sehen: Konnte bei der Größe der durch nationalsozialistische Gewaltmaßnahmen entstandenen Schäden und im Rahmen der finanziellen Leistungsfähigkeit der Bundesrepublik schon nicht für jedes zugefügte Unrecht eine Entschädigung geleistet werden, so erschien es gerechtfertigt, diejenigen von Leistungen nach dem Bundesentschädigungsgesetz auszuschließen, deren politische Tätigkeit eine Gewaltherrschaft unterstützt, die sich zum Ziel gesetzt hat, die demokratische Grundordnung der Bundesrepublik und damit nicht zuletzt auch die von ihr garantierte Wiedergutmachung zu bekämpfen. Nach der übereinstimmenden Auffassung der Berliner Entschädigungsbehörde und der Entschädigungsgerichte, vor allem auch des Bundesgerichtshofs, liegen diese Voraussetzungen im Falle des Professor Niekisch wegen seiner politischen Betätigung in der SED und in weiteren sowjetzonalen Organisationen sowie in
der Volkskammer vor. Allein hierauf stützen sich auch in diesem Fall die Entscheidungen und nicht darauf, daß die Entschädigung nur dazu benutzt würde, die kommunistische Partei zu unterstützen.
Es ist nach Auffassung der Bundesregierung auch nicht richtig, daß die Urteile der Gerichte im Falle des Herrn Professor Niekisch gegen die Artikel 5 und 9 des Grundgesetzes verstoßen haben. Gegenüber den Zielen der kommunistischen Machthaber muß auch das Recht der freien Meinungsäußerung und der Vereinigungsfreiheit im Sinne dieser Artikel seine Grenzen dort finden, wo es dazu mißbraucht wird, die freiheitliche Grundordnung zu zerstören, wie der Bundesgerichtshof ausgeführt hat.
Im Hinblick auf die besondere Problematik des Falles des Herrn Professor Niekisch und mit Rücksicht auf sein persönliches schweres Los hat jedoch inzwischen das Land Berlin unter meiner Beteiligung im Wege des Vergleichs eine durchaus befriedigende Härteregelung gemäß § 171 BEG getroffen.
Die Zahl der Fälle, in denen Antragsteller wie im Falle des Professor Niekisch von Entschädigungsleistungen nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BEG ausgeschlossen worden sind - danach ist hier auch gefragt -, schätzt Berlin auf allenfalls 1000 und nicht auf 8000, wie in der Sendung „Monitor" behauptet wurde. Daß diese Fälle besonders langsam bearbeitet worden sind, ist bei der Vielzahl der anhängig gewesenen und noch anhängigen Verfahren nicht erkennbar. Vielmehr dürfte die Verzögerung der entsprechenden rechtskräftigen Entscheidungen im wesentlichen darauf beruhen, daß die Antragsteller sämtliche gerichtlichen Instanzen in Anspruch genommen haben.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Meinung, daß die Landesregierungen und die Bundesregierung Vorwürfen, wie sie in der Sendung „Monitor" erhoben wurden und die Millionen von Menschen, Zuhörer und Zuschauer, erreicht haben, nachgehen sollten, um der Öffentlichkeit ihre Meinung zu sagen, und daß man solchen Behauptungen, wenn sie nicht richtig sind, mit aller Macht entgegentreten sollte, weil sonst das Ansehen unseres Rechtsstaates auf das höchste gefährdet werden könnte?
Herr Abgeordneter, ich teile Ihre Auffassung, daß sowohl von der Landes- als auch von der Bundesregierung den im „Monitor" aufgestellten Behauptungen, soweit sie tatsächlich nicht zutreffen oder auch in der Formulierung den Eindruck erwekken könnten, daß Wiedergutmachungsansprüche von früheren Widerstandskämpfern nicht fair behandelt werden, widersprochen werden sollte. Ich glaube, daß die heutige Antwort der Bundesregierung dazu beitragen wird, diesen falschen Eindruck, der entstanden ist, zu beseitigen.
Ich rufe die Frage I/5 des Herrn Abgeordneten Krammig auf:
Da § 27 Zollgesetz nur für Waren, die zum ersten Ausrüsten von Schiffen oder Luftfahrzeugen verwendet werden, die Ermäßigung des Zollsatzes oder Zollfreiheit gewährt, frage ich den Bundesfinanzminister, wie die Zollverwaltung die Einhaltung der nur auf die Erstausrüstung beschränkten Begünstigung überwacht?
Herr Präsident, darf ich auf die Fragen des Herrn Abgeordneten Krammig wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam antworten?
Einverstanden?
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Dann rufe ich auch die Fragen I/6 und I/7 des Herrn Abgeordneten Krammig auf:
Sind Verstöße gegen die in Frage I/5 erwähnte Bestimmung des § 27 Zollgesetz festgestellt worden?
Wäre es nicht, um Mißbräuchen vorzubeugen, angebracht, z. B. auf der Schiffsbedarfsliste eine Erklärung des Schiffsführers zu fordern, wonach keine Ausrüstungswaren im Zollausland angeschafft worden sind?
Zu Frage 1! Das Überwachungsverfahren ist im Anhang 18 der Zolldienstanweisung zum Zollgesetz und zur Allgemeinen Zollordnung geregelt. Sie umfaßt 9 Seiten. Ich muß mich deshalb hier auf das Wesentliche beschränken.
Wird das erste Ausrüsten durch eine Werft vorgenommen, so hat diese das Ausrüsten der überwachenden Zollstelle nach vorgeschriebenem Muster vorher anzuzeigen. Über die für das Schiff zu verwendenden Waren hat sie ein sogenanntes Baukonto zu führen. Außerdem hat die Werft der Zollstelle die Beendigung des Ausrüstens anzuzeigen. Alsdann prüft die Zollstelle - bei Großwerften auch der Betriebsprüfungsdienst - das Schiff daraufhin, ob die im Baukonto aufgeführten Waren zweckgerecht verwendet worden sind.
Sollen Waren zum ersten Ausrüsten von einem Schiffsausrüster unmittelbar an einen Schiffseigner geliefert werden, so hat der Ausrüster dies unter Angabe der Waren der Zollstelle vorher schriftlich anzuzeigen. Dieser Anzeige ist eine Erklärung des Schiffseigners beizufügen, aus der sich ergibt, daß die Waren zum ersten Ausrüsten verwendet werden sollen. Die Zollstelle prüft, ob die Erklärung des Schiffseigners zutrifft und ob die Ausrüstungsstücke nach Beschaffenheit, Menge und Art der Größe und dem Verwendungszweck des Schiffes entsprechen. Alsdann übersendet sie ein Zweitstück dieser Anzeige dem für den Wohnsitz des Schiffseigners zuständigen Hauptzollamt. Dadurch soll sichergestellt werden, daß die Zollvergünstigung nicht durch Bezug von verschiedenen Ausrüstern mißbräuchlich in Anspruch genommen wird. - Das ist kurz zusammengefaßt das, was auf 9 Seiten in der Anweisung steht.
Zu Frage 2! Eine mißbräuchliche Ausnutzung der Zollvergünstigung ist bisher nicht festgestellt worden. Bei einer Werft schwebt allerdings eine- Prüfung.
Zu Frage 3! Ihre Anregung werde ich gerne prüfen. Sie kann allerdings nur für solche im Zollgebiet beheimateten Schiffe von Bedeutung werden, die nicht tariflich zoll- und ausgleichsteuerfrei sind; denn soweit tariflich Zoll- und Ausgleichsteuerfreiheit gegeben ist, umfaßt die Abgabenfreiheit auch das Zubehör des Schiffes.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ich stehe etwas unter dem Eindruck, daß meine Frage nicht ganz recht verstanden worden ist. Deshalb darf ich sie einmal ganz kurz wiederholen.
Es dreht sich gar nicht darum, daß auf den Werften im Sinne des § 27 ausgerüstet wird; es handelt sich vielmehr darum, daß Seeschiffe von draußen hereinkommen, Ausrüstungsstücke im Ausland erworben haben und diese nicht vorführen. Da schließt die Frage an, und die ist unbeantwortet geblieben.
Das ist doch keine Frage! Wollen Sie darauf antworten?
Herr Abgeordneter, ich meine, den Kommentar zu dieser Frage hätten Sie früher hinzufügen müssen. Ich konnte das aus der Fragestellung nicht herauslesen.
Sie fragen ganz ausdrücklich, wie die Zollverwaltung die Einhaltung der nur für die Erstausrüstung beschränkten Vergünstigung überwacht. Das darzulegen, habe ich versucht.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, darf ich nicht davon ausgehen, daß Sie unterstellen dürften, daß auch mir die Zolldienstanweisung bekannt ist und ich infolgedessen die Frage nicht auf die 9 Seiten der ZDA bezogen haben kann?
In der Tat, ich habe mir diese Frage selbst gestellt. Aus der Formulierung Ihrer Frage habe ich aber nichts anderes entnehmen können.
Ich rufe die Frage I/8 des Abgeordneten Brück ({0}) auf:
Hält es die Bundesregierung für richtig, daß deutsche Entwicklungshelfer auf Grund ihrer beschränkten Steuerpflicht keine prämienbegünstigten Sparverträge abschließen können?
Es ist richtig, daß nach den Vorschriften des Sparprämiengesetzes und des Wohnungsbauprämiengesetzes für Sparleistungen im Sinne dieser Gesetze Prämien nur gewährt werden können, wenn der Sparer in der Bundesrepublik Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist, d. h. hier seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
Das mit der Frage angeschnittene Problem betrifft aber keineswegs nur die im Ausland tätigen Entwicklungshelfer, sondern darüber hinaus zahlreiche weitere Personengruppen, u. a. Lehrer, die unter Vermittlung des Auswärtigen Amtes an deutschen Schulen im Ausland tätig sind, ferner Geistliche, die vorübergehend in Missionsgebieten arbeiten, auch Techniker, die Montagearbeiten im Ausland ausführen. Ob .diese Personen ihren Wonhsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland aufgeben und damit aus der unbeschränkten Steuerpflicht ausscheiden und ihre Ansprüche nach den Prämiengesetzen damit verlieren, hängt weitgehend von ihrem eigenen Verhalten ab und kann daher auch nur im Einzelfall beurteilt werden.
Soweit etwa das Anliegen dieser genannten Personengruppen dahin geht, daß ihnen auch beim Fehlen der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht Ansprüche nach den Prämiengesetzen zugebilligt werden, vermag ich dem nicht zu folgen. Es erscheint nicht gerechtfertigt, daß Personen, die in der Bundesrepublik nicht ihr volles Einkommen versteuern, an Begünstigungen teilhaben, die aus Steuergeldern gewährt werden. Außerdem würde eine Regelung, die etwa für die genannten Personengruppen Prämienansprüche auch ohne Vorliegen der unbeschränkten Steuerpflicht vorsieht, möglicherweise gegen den internationalen Grundsatz der Nichtdiskriminierung auf Grund der Staatsangehörigkeit verstoßen.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, halten Sie es für richtig, daß auch die Freiwilligen des deutschen Entwicklungsdienstes, die ja für unser Ansehen im Ausland arbeiten, diese Vergünstigungen nicht erhalten?
Wenn sie ihren Wohnsitz und ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort hier in Deutschland aufgeben, dann halte ich das allerdings für richtig, weil das eine Konsequenz ist, die sich für alle ergibt. Wer seine Steuern bei uns nicht entrichtet, wer diesen guten Tropfen in Anspruch nimmt - wenn ich so sagen darf - muß auch den bösen trinken. Er verliert damit eine Vergünstigung nach dem Sparprämiengesetz.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß diese Entwicklungshelfer für zwei Jahre ins Ausland gehen und daß sie zu Hause nur einen Betrag von 90 DM monatlich erhalten?
Das ist mir bekannt. Ich habe aber ausgeführt, Herr Abgeordneter, daß es die Entwicklungshelfer durchaus selbst in der Hand haben, wenn sie hier einen bescheidenen Wohnsitz - bescheiden
meine ich im Sinne einer bescheidenen Wohnung beibehalten, z. B. auch bei den Eltern beibehalten,
um dann in den Genuß der Sparprämien zu kommen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Fellermaier.
Herr Staatssekretär, aus Ihrer letzten Antwort kann man entnehmen, daß es also auf die Wohnsitzfrage ankommt. In Ihrer ersten
Antwort -
Frage, Frage!
Die Frage, Herr Präsident, kommt sofort.
Aus Ihrer Antwort konnte man entnehmen, daß es auf den Wohnsitz ankommt, also nicht nur auf die Frage der beschränkten Steuerpflicht. Was ist nun richtig in der Beurteilung?
Herr Abgeordneter, Sie haben mich mißverstanden. Ich habe ganz klar gesagt, daß es auf den Wohnsitz oder auf den gewöhnlichen Aufenthaltsort ankommt; denn davon hängt die Frage der unbeschränkten Steuerpflicht ab. Unbeschränkt steuerpflichtig ist derjenige, der in unserem Bereich einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat.
Zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wären Sie bereit, für die freiwilligen Helfer, die in den Entwicklungsdienst gehen, diese Frage einmal einer gesonderten Prüfung zu unterziehen und dem Hohen Hause dann zu berichten?
Herr Abgeordneter, wir werden die Abgabenordnung ohnehin im Rahmen der Reformarbeiten überprüfen. Im Rahmen dieser Arbeiten bin ich gern bereit, dieses Sonderproblem auch zu behandeln und gegebenenfalls dann hier Bericht zu erstatten.
Ich rufe dann die Fragen I/9 und I/10 des Herrn Abgeordneten Wendt auf:
Auf welche Weise sollen angesichts der schwierigen Lage des Kapitalmarktes und des Haushaltes die der Deutschen Bundesbahn in Aussicht gestellten Investitionshilfen zur Finanzierung eines Sonderinvestitionsprogramms in absehbarer Zeit aufgebracht werden?
Beabsichtigt die Bundesregierung, die seit 1962 eingeführte und 1965 nur noch etwa zur Hälfte auf dem Kapitalmarkt realisierbare Kapitalaufstockungsanleihe von 500 Millionen DM jährlich in „Sonderinvestitionshilfe" umzubenennen?
Der Abgeordnete ist nicht im Saal. Die Fragen werden schriftlich beantwortet.
Ich rufe dann die Frage I/11 des Herrn Abgeorneten Dr. Schulze-Vorberg auf:
Billigt die Bundesregierung, daß Bundesbürgern bei der Rückkehr aus Ostberlin durch den Zoll in Berlin ({0}) selbst kleine im Sowjetsektor gekaufte Mitbringsel - z. B. eine Schallplatte mit klassischer Musik - beschlagnahmt werden?
Er ist da? - Die Frage wird beantwortet.
Herr Präsident, auch hier möchte ich Ihre Zustimmung erbitten, die Fragen des Herrn Dr. Schulze-Vorberg zusammen beantworten zu dürfen.
Bitte sehr. Ich rufe dann auch noch die Frage I/12 des Abgeordneten Dr. Schulze-Vorberg auf:
Sollten Bestimmungen, die zusätzlich zu der Frage I/11 erwähnten Beschlagnahme auch noch Bußgeldverfahren vorschreiben, nicht unverzüglich aufgehoben werden?
In Berlin gilt die Verordnung über Devisenbewirtschaftung und Kontrolle des Güterverkehrs der Kommandanten des amerikanischen, britischen und französischen Sektors von Berlin ({0}), die dem im übrigen Bundesgebiet für den Zonenverkehr noch weiter geltenden Gesetz Nr. 53 in der Neufassung etwa entspricht. Danach dürfen Vermögenswerte, abgesehen von üblicher persönlicher Habe, aus der sowjetischen Besatzungszone und dem sowjetischen Sektor von Berlin nur mit Ermächtigung der zuständigen Behörden in das Bundesgebiet einschließlich Berlin-West verbracht werden.
Der Begriff „übliche persönliche Habe" umfaßt auch in beschränktem Umfang sogenannte 'Reisemitbringsel. Die Zollstellen sind inzwischen angewiesen worden, die Mitnahme eines einzelnen Buches, einer einzelnn Schallplatte oder auch anderer Gegenstände, die Reisende für Geldbeträge im Rahmen des Zwangsumtausches für Besucher des sowjetischen Sektors - das sind 3,- DM für Besucher aus Westberlin, 5,- DM für Besucher aus dem übrigen Bundesgebiet - erworben haben, nicht zu beanstanden. Diese Anordnung wird von der Bundesregierung begrüßt.
Zu Frage I/12: Werden Waren nach Westberlin verbracht, die nicht unter den Begriff der üblichen persönlichen Habe fallen, wird bei der Frage eines Bußgeldes nach Lage des Einzelfalles zu entscheiden sein. Ist das Verschulden des Täters gering und die verbrachte Warenmenge unbedeutend, so kann nach § 7 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten von der Durchführung eines Bußgeldverfahrens und der Einziehung der verbrachten Gegenstände abgesehen werden. Hierbei sollte nicht kleinlich verfahren werden. Auf das Bußgeldverfahren ganz zu verzichten, wird schon, Herr Abgeordneter, im Hinblick auf den Schutz der Westberliner Wirtschaft nicht möglich sein.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schulze-Vorberg.
Herr Staatssekretär, darf ich aus Ihrer Antwort entnehmen, daß die Bundesregierung für eine großzügige Auslegung dieser Bestimmungen, gerade an einer Grenze, die keine ist und keine sein darf, eintritt, auch wenn ich unterstelle, daß die Zollbeamten es gerade dort besonders schwer haben?
Ich bin ganz Ihrer Auffassung, Herr Abgeordneter; die Bundesregierung wird es sich besonders angelegen sein lassen, daß die Beamten hier nicht kleinlich verfahren. Wir werden auch von uns aus auf das Landesfinanzamt Berlin in diesem Sinne einwirken.
Ich rufe die Fragen XVI/1, XVI/2 und VIII/11 des Herrn Abgeordneten Schmidt ({0}) auf:
Ist es die Absicht der Bundesregierung, der Stadt Bonn zum Erwerb von Grundstücken zu beiden Seiten der vorhandenen Bahngleise zwischen Tannenbusch und der südlichen Bonner Stadtgrenze sowie für die Tieferlegung der Bahnanlagen einschließlich dem Neubau einer Stadtautobahn über und neben dem Eisenbahnneubau in Kürze erhebliche Bundesmittel zur Verfügung zu stellen?
Wie hoch ist die Gesamtsumme für die in Frage XVI/1 genannten Objekte?
Ist es richtig, daß die Deutsche Bundesbahn zur Beseitigung der Schranken in der Stadt Bonn Vorschläge unterbreitet hat, die nur einen geringen Teil der Kosten für die beabsichtigte Tieferlegung des Bahnkörpers erfordern?
Die Frage XVI/2 des Herrn Abgeordneten Schmidt wird schriftlich beantwortet. Die Antwort des Staatssekretärs Grund vom 28. Juni 1966 lautet:
Die Gesamtkosten sind nach dem Preisstand 1964 mit 710 Mio DM errechnet worden. Davon würden auf den Bund für die Tieferlegung der Fernstrecke der Bundesbahn etwa 400 bis 450 Mio DM entfallen. Die Zuschüsse für die Stadtschnellstraße würden etwa 40 Mio DM betragen. Die Beträge verteilen sich auf einen längeren Zeitraum. Die Bauzeit wird auf 12 Jahre geschätzt.
Der Herr Abgeordnete Schmidt ist im Saal. Herr Staatssekretär, bitte zur Beantwortung!
Zu Frage XVI/1: Die Stadt Bonn hält zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Stadt die Tieferlegung der Anlagen der Deutschen Bundesbahn und der parallelen öffentlichen Nahverkehrsanlagen innerhalb des Stadtgebietes für notwendig. Sie beabsichtigt, über den tiefergelegten Schienenstrecken eine kreuzungsfreie Stadtautobahn mit Zu- und Abfahrten innerhalb des Stadtgebietes und für den Querverkehr weitere Straßenbrücken zu bauen. Zur Finanzierung hat die Stadt Bonn .Zuschüsse des Bundes erbeten, und zwar unter anderem mit der Begründung, die Verkehrsverhältnisse seien durch die Wahl Bonns als vorläufige Bundeshauptstadt besonders schwierig geworden.
Die Bundesregierung hat sich in der Kabinettssitzung vom 30. Juni 1965 mit diesem Anliegen befaßt und beschlossen, sich dafür einzusetzen, daß der Bund Zuschüsse leistet, allerdings begrenzt durch die Kosten, die durch das Absenken der Fernstrecke der Deutschen Bundesbahn notwendigerweise entstehen. Die Kosten der Anlagen des Nahverkehrs und die Kosten der geplanten Stadtschnellstraße wurden dabei ausdrücklich ausgeklammert. Für die Stadtschnellstraße wurden lediglich auf die Möglichkeit einer Beteiligung des Bundes im Rahmen der für solche Vorhaben allgemein geltenden Zuschußrichtlinien hingewiesen. Mittel für den Erwerb von Grundstücken können nur im Rahmen dieser Zuschüsse in Frage kommen.
Die Bereitschaft der Bundesregierung, das möchte ich ausdrücklich hervorheben, ist unter der Bedingung erklärt worden, daß die Stadt Bonn die Gesamtfinanzierung des ganzen Vorhabens nachweislich sicherstellt, bevor Ansätze in den Entwürfen des Bundeshaushalts aufgenommen werden können. Die Bereitschaft ist außerdem davon abhängig gemacht worden, daß die Planungen der Stadt Bonn mit den Verkehrsplanungen des Landes Nordrhein-Westfalen für das Gebiet zwischen Köln und Rema-gen übereinstimmen. Wann diese Voraussetzungen erfüllt sein werden, ist nicht bekannt.
Mit einem Baubeginn ist nicht vor 1968 zu rechnen. Mittel des Bundes werden darum voraussichtlich frühestens zu diesem Zeitpunkt benötigt werden.
Es wird keine Zusatzfrage gestellt. Dann bitte zur Frage VIII/11!
Die Bundesbahn ist mit der Tieferlegung der Strecke einverstanden. Sie hatte allerdings aus ökonomischen Gründen zunächst einen billigeren Vorschlag gemacht, nämlich die mäßige Anhebung der Strecke empfohlen. Diese Lösung hat jedoch die Stadt Bonn aus städtebaulichen Gründen abgelehnt. Es trifft zu, daß durch die mäßige Anhebung der Schienen nur ein Teil der Kosten entstehen würde, die bei der Tieferlegung der Bahnanlagen entstehen werden.
Keine Zusatzfragen.
Frage XVI/3 des Abgeordneten Baron von Wrangel:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Zollbeamten und die Beamten des Bundesgrenzschutzes an der Zonengrenze über ihre normalen Verpflichtungen hinaus eine umfangreiche Aufklärungsarbeit im gesamtdeutschen Sinne leisten?
Herr Präsident, darf ich die drei Fragen des Herrn Abgeordneten Baron von Wrangel gemeinsam behandeln?
Bitte sehr! Ich rufe auch die Fragen XVI/4 und XVI/5 auf:
Ist die Bundesregierung bereit, die in Frage XVI/3 aufgezeigten Leistungen in irgendeiner Form zu würdigen oder zu honorieren?
Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um die Grenzübergänge im Zonenrandgebiet mit den für die Aufklärung ins gesamtdeutschen Sinne erforderlichen Mitteln auszustatten, damit die dort tätigen Beamten den in- sind ausländischen Besuchern die Problematik der deutschen Teilung noch eindrucksvoller darstellen können, als dies gegenwärtig geschieht?
Im Einvernehmen mit den Herren Bundesministern des Innern und für gesamtdeutsche Fragen antworte ich wie folgt.
Der Bundesregierung ist bekannt, daß sowohl die Zollbeamten als auch die Beamten des Bundesgrenzschutzes an der Demarkationslinie über ihre eigentlichen Dienstaufgaben hinaus eine dankenswerte Aufklärungsarbeit im gesamtdeutschen Sinne leisten. Die Bundesregierung billigt diese Aufklärungsarbeit. Sie geschieht im Rahmen der normalen Dienstausübung.
Die Bundesregierung hält es deshalb nicht für notwendig, diese Leistungen besonders zu honorieren. Sie würdigt und fördert sie aber dadurch, daß die in Betracht kommenden Beamten zu Tagungen und Vorträgen für ihre politische Aus- und Fortbildung, zu politischen Seminaren usw. entsandt werden.
Um den in- und ausländischen Besuchern die Problematik der deutschen Teilung eindrucksvoll darzustellen, geschieht bereits folgendes. Die Zollbeamten und die Beamten des Bundesgrenzschutzes klären seit Jahren Besucher über die Verhältnisse an der Demarkationslinie auf. Dafür stehen an zahlreichen Schwerpunkten des Besucherverkehrs Informationszentren für die Unterrichtung der Besucher zur Verfügung, die mit Schaukästen, Karten und sonstigem Anschauungsmaterial ausgestattet sind. Ein weiteres Informationszentrum wird demnächst in der ehemaligen Grenzkontrollstelle in Philippsthal/Hessen eingerichtet. Ferner werden im Rahmen der Besucherbetreuung laufend Besucher- und Studiengruppen an der Demarkationslinie geführt und Vorträge vor ihnen gehalten. Neuerdings werden an Grenzübergangsstellen und sonstigen Schwerpunkten des Besucherverkehrs mit geeigneten Diensträumen Filme zur Unterrichtung über die Verhältnisse an der Demarkationslinie und die Teilung Deutschlands vorgeführt. Außerdem hat z. B. der Niedersächsische Minister für Vertriebene, Flüchtlinge und Bundesangelegenheiten einen Zonenrandberatungsdienst eingerichtet, der die Aufgabe hat, Besucher der Demarkationslinie über die geographischen, politischen und historischen Gegebenheiten zu informieren. Im Rahmen seiner Maßnahmen zur Förderung des Zonenrandbesuchs hat das genannte Ministerium mehrsprachige Handzettel herstellen lassen, die vom Zoll an die Besucher der Demarkationslinie verteilt werden. Schließlich sei in diesem Zusammenhang die Ausstellung „Der Zaun" erwähnt.
Nach Auffassung der Bundesregierung werden die Grenzdienststellen an der Demarkationslinie hinreichend mit Aufklärungsmaterial für diese zusätzliche Aufgabe der Beamten ausgestattet. Die Bundesregierung bleibt selbstverständlich laufend um weitere Ausstattung und Verbesserungen bemüht.
Herr Staatssekretär, können Sie nähere Angaben über die weitere Ausstattung der Informationszentren machen?
Herr Abgeordneter, sie kann sich nur in dem Sinne entwickeln, wie ich sie dargestellt
habe: durch Herstellung neuer, zeitgemäßer Filme, durch weiteres Aufklärungsmaterial, durch Karten u. ä. Ich habe bewußt, um die Antwort nicht zu verlängern, nicht gesagt, wie die Ausstellung „Der Zaun" aussieht. Da sind Großfotos und Bildtafeln und änhliche Einrichtungen vorhanden, die geeignet sind, alle Besucher hinreichend aufzuklären.
Herr Staatssekretär, ist dabei auch an eine räumliche Verbesserung der Informationszentren gedacht? Sie wissen, daß die Unterbringung zum Teil sehr dürftig ist.
Herr Abgeordneter, nur aus diesem Anlaß eine räumliche Vergrößerung vorzunehmen, wird sicherlich nicht einfach sein. Wo sie sich bewerkstelligen läßt, bin ich gern bereit, auch das zu unterstützen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Berkhan.
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung bereit, diesen schweren Dienst des Bundesgrenzschutzes mindestens insoweit zu honorieren, daß beim Stellenkegel mit den vergleichbaren Beamten der Länderpolizeien gleichgezogen wird?
Herr Abgeordneter, das ist eine Frage, die ich hier nicht mit Ja oder Nein beantworten möchte. Der Zolldienst ist sicherlich nicht ohne weiteres mit den Landespolizeien vergleichbar. Aber soweit vergleichbare Merkmale vorhanden sind, bin ich gern bereit ,eine Analogie herzustellen, auch im Stellenkegel.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Fritsch ({0}).
Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, zu erklären, daß auch die hier gemeinten normalen Verpflichtungen insbesondere des Zollgrenzdienstes ganz besonderen Tatbeständen und Verhältnissen im Zonenrandgebiet und im Grenzgebiet ausgesetzt sind, die zu Überlegungen Anlaß geben, Konsequenzen in besoldungsrechtlicher und beamtenrechtlicher Hinsicht zu ziehen?
Die Frage möchte ich mit Nein beantworten, Herr Abgeordneter.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Sanger.
Herr Staatssekretär, wären Sie bereit, zur Entlastung der Beamten des Zolls und des Bundesgrenzschutzes, die ja schließlich andere
Aufgaben haben, Persönlichkeiten der freien Volksbildung zur Führung der Besuchergruppen und zur intensiven Information über die Probleme des Zonenrandgebietes einzusetzen?
Herr Abgeordneter, bisher ist diese Anregung nicht an uns herangetragen worden. Nichts würde ich namens des Zolls mehr begrüßen, als wenn die Beamten ihrer spezifischen Aufgabe zugeführt werden könnten und nicht mit Aufgaben belastet würden, die an sich dem Zollwesen fremd sind.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe dann die Frage XVI/6 des Abgeordneten Berkhan auf:
In welchem Umfang verbleiben von den jährlichen Stationierungsaufwendungen der USA und Großbritanniens Devisen in der Bundesrepublik und belasten entsprechend die Zahlungsbilanzen dieser Länder?
Unserer Zahlungsbilanz sind aus der Anwesenheit von Truppen der Entsendestaaten im Jahre 1965 Devisen im Gegenwert von rund 4 Milliarden DM zugeflossen. Hierzu haben die Vereinigten Staaten in einer Größenordnung von rund 2,7 Milliarden DM und das Vereinigte Königreich in einer Größenordnung von rund 960 Millionen DM beigetragen. Der danach noch verbleibende Differenzbetrag erklärt sich aus Devisenzuflüssen der übrigen Entsendestaaten.
Das mit der Regierung der Vereinigten Staaten geschlossene, für die Zeit vom 1. Juli 1965 bis zum
30. Juni 1967 geltende Devisenausgleichsabkommen sieht einen vollen Devisenausgleich durch Beschaffungen und Dienstleistungen auf dem militärischen Sektor vor. Wie Ihnen bekannt sein wird, laufen Verhandlungen über die Ausräumung von Schwierigkeiten, die zur Zeit der Erfüllung dieser Verpflichtung entgegenstehen.
Das mit der Regierung des Vereinigten Königreiches für die Zeit vom 1. April 1964 bis zum
31. März 1967 abgeschlossene Devisenausgleichsabkommen sieht an sich einen Devisenausgleich in einer bestimmten Größenordnung nicht vor. Praktisch wird jedoch davon ausgegangen, daß für den genannten Zeitraum von drei Jahren ein Devisenausgleich in Höhe von rund 1,4 Milliarden DM erreicht werden soll. Der Ausgleich wird durch Beschaffungen und Dienstleistungen im militärischen und zivilen öffentlichen Sektor sowie in beschränktem Umfang durch Förderungsmaßnahmen im zivilen Bereich bewirkt. Unter Zugrundelegung der uns bekanntgewordenen devisenbelastenden Ist-Aufwendungen bleibt insoweit die Zahlungsbilanz Großbritanniens im Durchschnitt der laufenden Abkommensperiode um etwa 50 % unausgeglichen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Berkhan.
Herr Staatssekretär, darf ich noch einmal konkret fragen: Wie hoch sind die Verpflichtungen der Bundesrepublik zum Devisenausgleich, aufgeschlüsselt für die USA und Großbritannien, nach den geltenden Vereinbarungen insgesamt, und welche Beträge müssen davon durch die Bundesrepublik Deutschland noch erfüllt werden und in welchem Zeitraum?
Herr Abgeordneten, ich fürchte, daß ich mit den Zahlen wiederum so ausführlich werden müßte, wie ich es vorhin geworden bin, was von dem Herrn Präsidenten moniert wurde. Ich habe aber bereits bestimmte Zahlen genannt. Der Devisenaufwand der USA beträgt 2,7 Milliarden DM. Ihn müssen wir nach dem Abkommen voll decken. Der Devisenaufwand des Vereinigten Königreiches beträgt 960 Millionen DM pro Jahr. Wir haben hier de facto - nicht de iure, weil nicht ein bestimmter Betrag, sondern nur eine Bemühensklausel vorgesehen ist - 1,4 Milliarden DM für einen Dreijahreszeitraum aufzubringen. Wenn Sie diese 1,4 Milliarden DM durch 3 teilen, kommen Sie zu dem Ergebnis, daß ungefähr die Hälfte von 960 Millionen DM im Jahre 1965 aufgebracht wird. Die Zahlen sind unterschiedlich je nach den einzelnen Jahren. Ich habe bewußt das Jahr 1965 zugrunde gelegt. In diesem Jahr war der Aufwand der britischen Armee, wie gesagt, 960 Millionen DM.
Herr Abgeordneter Berkhan, ich mache darauf aufmerksam, daß Ziffer 14 der Richtlinien vorschreibt, daß es sich auch bei Zusatzfragen immer nur uni eine einzelne, nicht unterteilte Frage handeln darf. Ich bitte, sich daran zu halten, weil wir sonst mit unseren Fragen nie fertig werden.
Ich werde mich bemühen, Herr Präsident. - Darf ich Sie fragen, Herr Staatssekretär: Welche Belastungen ergeben sich daraus für die öffentliche Hand?
Herr Abgeordneter, ich hatte bereits in der letzten Fragestunde Gelegenheit, zu dieser Frage allgemeine Ausführungen zu machen. Es handelt sich bei den Devisenausgleichsabkommen, wie schon der Name sagt, nicht etwa um Ersatz von Stationierungskosten. Es werden Haushaltsmittel für diesen Zweck nicht aufgewandt. Wir sind bemüht und verpflichtet, im Verhältnis zu den beiden Staaten den Nachteil auszugleichen., den die Entsendestaaten dadurch erleiden, daß sie für ihre Truppen, die sie bei uns unterhalten, Devisen aufwenden und damit ihre Zahlungsbilanz verschlechtern. Das geschieht durch Beschaffungen und Dienstleistungen in USA und im Vereinigten Königreich. Echte Haushaltsbelastungen im Sinne verlorener Zuschüsse liegen nicht vor.
Meine Damen und Herren, es tut mir leid, ich muß die Fragestunde abbrechen. Die Fragestunde geht morgen weiter.
Wir müssen die Fragestunde etwas geraffter handhaben, weil wir sonst gar keine Aussicht haben, mit diesem Katalog von Fragen durchzukommen. Ich würde gern sehen, daß die jetzt eingereichten Fragen auch vor dem Beginn der Parlamentsferien beantwortet werden können.
Das Wort zur Geschäftsordnung hat der Herr Abgeordnete Genscher.
Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Im Anschluß an die Beantwortung der Fragen des Kollegen Moersch beantrage ich eine Aktuelle Stunde. Es handelt sich bei dem Gutachten zur Studienreform um eine Angelegenheit von allgemeinem aktuellem politischem Interesse.
Der Antrag ist berechtigt, Herr Abgeordneter Genscher; er muß nur von 30 Mitgliedern des Bundestages unterstützt werden. Wer ist für diesen Antrag? - Der Antrag ist hinreichend unterstützt.
Die
Aktuelle Stunde
beginnt. Das Wort hat der Abgeordnete Moersch.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren ! Ich hätte mir gewünscht, daß auch Kollegen aus anderen Fraktionen diesen Antrag unterstützt hätten, nicht weil er von uns gestellt worden ist, sondern weil es sich, wie wir Freien Demokraten glauben, um ein Thema handelt, das auch in diesem Hohen Hause zu bereden ist und nicht nur außerhalb des Hauses diskutiert werden sollte, wenn dieses Parlament sich selber und seinem Ansehen dienen will.
({0})
- Herr Dr. Huys, das haben wir deshalb gemacht, damit Sie Gelegenheit haben, das vorzutragen, was Sie jetzt vorzutragen gedenken. Als bewährter Altphiologe werden Sie sicherlich um keine Antwort hier verlegen sein.
Es geht hier um das Gutachten des Wissenschaftsrates zur Studienreform. Herr Dr. Martin hat es als das umstrittenste Gutachten des Wissenschaftsrates nach dem Gutachten über die Kollegienhäuser bezeichnet. Wir Freien Demokraten sind in diesem Punkte anderer Meinung. Wir halten das Gutachten für eine außerordentlich nützliche Arbeit des Wissenschaftsrates. Wir freuen uns, daß der Herr Bundesminister für wissenschaftliche Forschung, Herr Dr. Stoltenberg, nach einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vor der Max-Planck-Gesellschaft in Frankfurt dieses Gutachten außerordentlich begrüßt und befürwortet hat, ohne sich - sicher wie wir alle - im einzelnen mit dem Inhalt schon jetzt zu identifizieren.
Hier geht es in der Tat nicht nur um eine Reform des Universitätsstudiums, die vorgeschlagen worden ist, sondern, wie wir glauben, um eine Reform des gesamten Bildungswesens; das wird nämlich die Folge einer Verwirklichung dieses Gutachtens sein. Es wird zum Beispiel - auch das ist in der Öffentlichkeit diskutiert worden - eine Art zweite Reifeprüfung nach dem Grundstudium für das Aufbaustudium geben. Herr Dr. Stoltenberg als Bundesminister für wissenschaftliche Forschung hat uns soeben vorgetragen, daß, um eine andere Konsequenz zu nennen, die gesetzliche Ordnung der Heilberufe insgesamt betroffen werden wird.
Wir sind der Meinung, daß dieses Hohe Haus Gelegenheit haben sollte, die Ansichten kennenzulernen, die der Bundesminister für wissenschaftliche Forschung vor der Max-Planck-Gesellschaft vorgetragen hat. Sie sollten auch diesem Hohen Hause vorgetragen werden, nachdem Mitglieder oder Beauftragte der Bundesregierung maßgeblich an der Erstellung dieses - wie man allerdings sagen muß: umstrittenen - Gutachtens mitgewirkt haben. Wenn ich es recht sehe, ist ein Teil der Reformwünsche, die in den neuen Hochschulen verwirklicht werden sollen, in dieses Gutachten eingegangen.
Ich glaube, der Bundestag hat allen Grund, den Männern und Frauen zu danken, die sich diese Arbeit gemacht und das Gutachten vorgelegt haben; denn es ist an dieser Stelle kürzlich schon einmal betont worden, daß wir zwar bisher keine Hochschulreform bekommen haben, wohl aber eine Geschichte der Diskussionen über die Hochschulreform schreiben könnten. Ich glaube, die Studienreform ist ein notwendiger Anfang einer Hochschulreform. Daß diese Hochschulreform notwendig ist, wenn die Hochschulen ihren Aufgaben in der Zukunft gerecht werden wollen, das ist wohl unbestritten.
Ich möchte also wünschen, daß der Herr Bundesminister Dr. Stoltenberg die Gesichtspunkte, die er in Frankfurt vorgetragen hat, jetzt dem Hohen Hause zur Kenntnis bringt.
({1})
Das Wort hat der Herr Bundesminister für wissenschaftliche Forschung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Thema der Studienreform, das wir in der Fragestunde heute behandelt haben und das uns jetzt in dieser Aktuellen Stunde nochmals eingehend beschäftigt, ist zweifellos ein zentrales Thema jeder Hochschul- und Wissenschaftspolitik. Wir beschäftigen uns in diesem Hause im allgemeinen stärker mit den materiellen Fragen des Ausbaus unserer Hochschulen, den großen Fragen der Finanzierung. Wir wissen, daß sich dort die Größenordnungen völlig verändert haben. Im Jahre 1960 hat der Wissenschaftsrat in seinem grundlegenden Gutachten für vier bis fünf Jahre einen Betrag von 2,6 Milliarden DM vorgeschlagen und gefordert.
Heute sehen wir uns Vorstellungen der Universitäten für die nächsten fünf Jahre in der Größenordnung von 10 bis 12 Milliarden DM gegenüber. Das macht es so dringlich, zu neuen klaren Vereinbarungen zwischen Bund und Ländern über die Bewältigung dieser neuen Größenordnungen und Aufgaben zu kommen.
Die Bundesregierung hat dazu Vorschläge entwickelt, die nach meinem Eindruck in ihren Grundzügen die volle Zustimmung der wissenschaftlichen Organisationen und auch der Kultusminister der Länder finden. Ich möchte aber mit Nachdruck betonen, daß diese großen Fragen der Zukunft unserer Hochschulen nicht allein durch noch so hohe materielle Leistungen gelöst werden können, daß die Frage der inneren Entwicklung und auch der Reform der Hochschulen hinzukommen muß.
In diesem Zusammenhang mißt die Bundesregierung den Empfehlungen des Wissenschaftsrats für die Neuordnung des Studiums, um die es hier geht, eine große Bedeutung bei. Sie tut das nicht als eine nur außenstehende Instanz, die nachträglich ihr Urteil abgibt. Nein, die Bundesregierung selbst hat als ein wesentlicher Teil des Wissenschaftsrats im Wissenschaftsrat an diesen Vorschlägen mitgewirkt und ihnen dort ausdrücklich zugestimmt.
Mit Recht ist darauf hingewiesen worden - ich habe es auch in der Fragestunde gesagt -, daß die sachliche Kompetenz der Bundesregierung bei der Verwirklichung auf wenige Bereiche begrenzt ist, für die sie Gesetzgebungs- oder Verwaltungsfunktion hat. Diese Vorschläge aber bedürfen einer nachdrücklichen geistigen und politischen Unterstützung, die die Bundesregierung ihnen gibt. Sie begrüßt, daß die Vorschläge an der Einheit, an der Verbindung von Lehre und Forschung festhalten. Ich glaube, daß das ein ganz wesentlicher Punkt ist, im Gegensatz zu manchen Fehlinterpretationen der letzten Wochen.
({0})
Vorgesehen ist allerdings eine Differenzierung der Lehre in dem Versuch, eine Art Grundstudium und das Aufbaustudium zu unterscheiden, ein Grundstudium, das sehr stark auf die berufliche Ausbildung hin orientiert ist und das auch in einer überlegten Weise zu einer Verkürzung des Studiums führt.
Meine Damen und Herren, ich glaube, daß wir dem Thema der Verkürzung der Berufsausbildung und auch der Verkürzung des Studiums ganz entscheidende Bedeutung beimessen müssen. Der Deutsche Bundestag hat das nicht nur in den Beiträgen einzelner Kollegen - etwa des Herrn Kollegen Dichgans -, sondern auch in vielen grundlegenden Äußerungen und Entschließungen getan, denen wir auch mit unserem Votum für die Empfehlung des Wissenschaftsrats gerecht geworden sind.
({1})
Nun schließt dies, meine Damen und Herren, nicht aus, daß in der akademischen Welt, im Kreis der Wissenschaft, von den Hochschulen oder jedenfalls Teilen der Hochschulen, Fakultäten, von einzelnen Professoren und Professorengruppen sowie auch in
Beiträgen aus unserem Kreise kritische Einzelfragen aufgeworfen werden, die diskutiert werden müssen. Es würde geradezu dem Geist der Wissenschaft widersprechen, wenn wir diese Empfehlung als einen Kanon ansähen, der jetzt so steht und einer weiteren Diskussion nicht unterworfen ist. Nein, die Bundesregierung, die zu diesen Empfehlungen steht und die an ihnen mitgewirkt hat, betont die Notwendigkeit einer solchen kritischen Erörterung, eines solchen kritischen Durchdenkens, obwohl sie glaubt, daß die Grundzüge dieses Entwurfs und dieser Vorschläge einer solchen kritischen Betrachtung standhalten und verwirklicht werden sollten.
({2})
Ich glaube, so sollten wir an diese große Aufgabe herangehen in dieser Debatte, der vielleicht weitere folgen, um zu verhindern, daß diese Vorschläge schließlich den Weg anderer Gutachten gehen, daß sie nämlich im Grunde nach einer längeren Zeit der Debatte wirkungslos bleben. Sie müssen in dieser oder in einer vielleicht in einzelnen Punkten, in Nuancen abgewandelten Form Wirklichkeit werden, weil wir ohne eine innere Reform der Hochschule und des Studiums diese große Aufgabe nicht meistern könnnen.
({3})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Lohmar.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bundestag wird sich nach der Sommerpause gründlicher, als es in einer Aktuellen Stunde möglich ist, mit den Vorschlägen des Wissenschaftsrates zur Studienreform beschäftigen müssen. Wir werden das in den Ausschüssen des Parlaments tun müssen, aber in angemessener Weise auch im Plenum des Bundestages. Deshalb möchte ich mich für die sozialdemokratische Fraktion heute auf wenige Anmerkungen beschränken.
Mir scheint, daß der Wissenschaftsrat unser aller Dank verdient für die Sorgfalt, mit der er seine Vorschläge ausgearbeitet und zur Diskussion gestellt hat. Ich finde es besonders bemerkenswert, daß im Rahmen der beteiligten Kultusminister und der Bundesregierung über dieses praktische Konzept einer Hochschulreform eine Einigung zwischen den gro-Ben Parteien zustande gekommen ist. Ich finde es ebenso bemerkenswert, daß sich der große Kreis von Wissenschaftlern, der im Wissenschaftsrat direkt oder indirekt mitgewirkt hat, mit den Repräsentanten der beiden großen Parteien auf diesen Reformvorschlag hat einigen können. Mir scheint, daß der Einwand, es handele sich hier um einen radikalen Reformvorschlag, an dem Tatbestand vorbeigeht, daß der Vorschlag des Wissenschaftsrats im Grunde nichts anderes versucht, als aus den Debatten der letzten Jahre ein Resümee zu ziehen und das, was an Reformvorstellungen wenigstens weithin unstrittig geworden ist, nun endlich zu verwirklichen.
Die Einheit von Forschung und Lehre - so scheint mir bei der Lektüre der Vorschläge klar zu
werden - wird nicht aufgegeben, was ich für gut halte, sondern Forschung und Lehre werden in einer sachlich und zeitlich besseren Weise einander zugeordnet, als es bei der heutigen Situation an unseren Hochschulen der Fall ist.
Von besonderer Bedeutung scheint mir die Einrichtung eines Kontaktstudiums zu sein. Hier ist allerdings der Hinweis angebracht, daß eine Verzahnung der Vorschläge des Wissenschaftsrates zur Studienreform mit den Vorstellungen, die sich der Bildungsrat zur Schulreform und zur Bildungsreform zu entwickeln vorgenommen hat, notwendig ist. Herr Bundesminister, ich würde es für eine angemessene Aufgabe der Bundesregierung halten, wenn Sie im Bildungsrat darauf drängen würden, in der Regierungskommission diese Verzahnung von vornherein in der Diskussion sicherzustellen. Ich begrüße auch den Hinweis der Bundesregierung, daß man den Zusammenhang der Realisierung der Vorschläge des Wissenschaftsrates mit dem raschen Ausbau unserer Hochschulen nicht übersehen kann, weil diese Reform an eine genügende Zahl gut ausgestatteter Arbeits- und Studienplätze gebunden ist. Hoffentlich zieht die Bundesregierung daraus angemessenere finanzielle Konsequenzen als im Haushaltsjahr 1966.
Eine Schlußbemerkung, meine Damen und Herren. Ich teile den Wunsch des Bundesministers für wissenschaftliche Forschung, daß wir dieses Dokument des Wissenschaftsrates nicht als eine unverbindliche Loseblattsammlung betrachten dürfen, die irgendwann im Winde verweht und in einer allzulangen Diskussion zerredet wird. Einwände, die im einzelnen dagegen erhoben werden, müssen kritisch und unvoreingenommen geprüft werden.
Im ganzen scheint mir, daß die Bundesregierung Ermutigung in ihrer Absicht verdient, zur raschen Verwirklichung dieser Vorschläge den ihr gebührenden Anteil beizutragen und für die Verwirklichung Sorge zu tragen.
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Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Martin.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin dem Herrn Bundeswissenschaftsminister besonders dankbar dafür, daß er gesagt hat, dieses Gutachten sei nicht ein Kanon, sondern mit ihm werde die Diskussion eröffnet. Herr Moersch, es ist doch eigentlich nicht verwunderlich, daß bei einer solchen Sache nuancierte und differenzierte Meinungen bestehen. Ich meine, gerade ein Liberaler sollte sich am allerwenigsten darüber wundern, daß es so etwas wie Differenziertheit und Individualität gibt.
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Erstens. Ich bin mit meinem verehrten Kollegen Lohmar in einer Sache nicht einig. Ich bin der Meinung, daß der Vorschlag des Wissenschaftsrates zur Studienreform sehr einschneidend ist, und ich
glaube, daß die Universitäten radikal verändert werden, wenn dieser Vorschlag durchgeführt wird. Es geht hier ja nicht um technisch-organisatorische Fragen, sondern in diesem Gutachten wird nach meiner sicheren Überzeugung das Bildungsziel der Universitäten verändert. Bisher wurde das Bildungsziel in der Einheit von wissenschaftlicher und Berufsausbildung erreicht, und die Qualifikation für die akademischen Berufe war mit der wissenschaftlichen Qualifikation untrennbar verbunden.
Das Bildungsziel ist nach den Vorschlägen des Wissenschaftsrates viel stärker berufsorientiert, und es besteht nach meiner Meinung in der Tat die Gefahr, daß am Ende nur noch die Vermittlung des für den jeweiligen Beruf notwendigen Wissens vollzogen wird. Dann würde die Universität in eine Lern- und eine wissenschaftliche Universität zerfallen.
Der Wissenschaftsrat bekennt sich mehrere Male zur Einheit von Forschung und Lehre; die Frage, die hier geprüft werden muß, ist aber die, ob das in der praktischen Durchführung auch durchgehalten wird. Das ist etwas Essentielles an der deutschen Universität.
Zweitens.
Die Vorschläge des Wissenschaftsrates überschneiden sich mit den Reformen, die an den Universitäten im Gange sind, und insbesondere mit der Arbeit des gemeinsamen Ausschusses von WRK und KMK. Hier liegt ein bedeutender methodischer Unterschied: Diese Kommission geht davon aus, daß die Reform von unten nach oben laufen muß; sie geht davon aus, daß man jeden einzelnen Studiengang überprüfen muß und die Reform im einzelnen in der Fakultät durchzuführen hat. Man muß sehen, daß der Wissenschaftsrat im Gegensatz dazu ein für alle Fakultäten gleichsinniges System für die Gesamtreform der Universität entwirft. Es ist die Frage, ob dieses Modell, das nach meiner Meinung für einzelne naturwissenschaftliche Fakultäten stimmig ist, auch für die einzelnen geisteswissenschaftlichen Fakultäten stimmt. Ich persönlich glaube das nicht; ich glaube sogar, daß bereits für die Medizin und für die Chemie nur eine teilweise Durchführbarkeit gegeben ist. Ich denke also, daß es unmöglich ist, den Kosmos der Universitäten total unter ein System zu bringen; ich glaube, daß die einzelnen Fakultäten reformiert werden müssen.
Im Stadium der Diskussion, in dem wir uns befinden, empfiehlt es sich methodisch, nicht zu postulieren oder zu dekretieren, sondern zu fragen. Ich nenne einige Fragen, die aufgeworfen werden müssen und zu diskutieren sind.
Die erste Frage lautet: Ist der Lehrkörper, wie wir ihn haben, in der Lage, diese Reform durchzuführen? Besteht nicht die Gefahr, daß sich die Hochschullehrer dem Aufbaustudium als dem eigentlichen Studium zuwenden und kein oder zumindest wenig Interesse daran haben, das Lernstudium zu begleiten? Wenn das der Fall ist: Will man auf den Mittelbau hinaus, will man das Reservoir der Studienräte benutzen? Wenn das der Fall ist, so ist zu sagen: Dieses Reservoir ist erschöpft.
Zweitens: Wird das Ziel, die Hochschulen zu entlasten, durch die Reform wirklich erreicht? Werden nicht die vitalen und begabten Studenten das Anfangsstudium überschreiten, in das Aufbaustudium hineingehen und dann wieder Studiengänge von 12 und 13 Semestern erzeugen?
Gibt es irgendeine Vorstellung über die Kosten dieser Reform? Darf man die Frage stellen, ob nicht die klassische Universität mit diesen Geldern eher zu bewältigen gewesen wäre?
Schließlich aber: Kann man die Spitze des Bildungswesens, die Universität, reformieren, ohne klare Gedanken etwa über die Reform der Oberstufe des deutschen Gymnasiums zu haben?
Darf ich einen Moment unterbrechen! Ich kann Ihnen nur noch einen Schlußsatz zubilligen, und auch diesen nur aus Konzilianz.
Ich bedanke mich sehr und sage: Zu diesem Gutachten, dessen Erscheinen hoffentlich eine tiefgründige Diskussion auslöst, gehört sicherlich ein Gutachten des Deutschen Bildungsrates - wofür haben wir ihn?! -, der Wirtschaft und auch des Philologenverbandes.
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Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Kübler.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Empfehlungen des Wissenschaftsrats zur Neuordnung des Studiums bieten natürlich eine Fülle von Schwierigkeiten, wie Sie eben in dieser Diskussion gesehen haben. Sie haben die Diskrepanz in der Beurteilung zwischen Herrn Bundesminister Stoltenberg und Herrn Dr. Martin gespürt. Diese Diskussion hat eigentlich Sprengkraft für die aktuelle Stunde und gehört nicht hier hinein.
Ich möchte mich deshalb einem engeren Thema zuwenden und zeigen, daß die Empfehlungen des Wissenschaftsrats hinsichtlich der Ausbilung in Stufen, also Grundstudium und Aufbaustudium, eine neue Studienform vorgeschlagen haben, nämlich das Kontaktstudium. Dieses Kontaktstudium soll ausgebildete Akademiker nach einigen Berufsjahren wieder in die Universität führen. Das ist nicht nur, wie Bundesminister Stoltenberg meinte, eine Frage der materiellen Größenordnung und auch nicht nur eine Frage, die in die innere Ordnung der Universitäten eingreift, bei der unsere Kompetenz, die Kompetenz des Bundestags, sehr begrenzt wäre. Dieser Gedanke des Kontaktstudiums eröffnet zukunftsreiche Aspekte.
Der im Menschen liegende Urwille des Gestaltens und Erkennens kann und darf nicht mit dem Abschluß einer Prüfung plötzlich gestoppt werden. Aber unsere moderne Welt mit der jährlich neu anfallenden Fülle wissenschaftlicher Erkenntnisse und technischer Verfahren unterbindet die in den letzten Jahrhunderten oder seit der Renaissance übliche
Form des privaten Weiterbildens in der Freizeit und des privaten Aneignens des möglichen beruflichen Wissens.
Das Kontaktstudium wird für die meisten akademischen Berufe genauso wichtig wie die éducation permanente in den anderen qualifizierten Berufen unserer modernen Arbeitswelt. Für die politische Führung eines modernen Staates stellt sich deshalb bei diesem Stichwort Kontaktstudium ganz klar die Frage nach der organisatorisch zur Verfügung gestellten Freizeit. Das Kontaktstudium ist natürlich primär eine Aufgabe der Universitäten und der Bundesländer, aber der dafür nötige Bildungsurlaub muß mit allen seinen rechtlichen und auch steuerrechtlichen Konsequenzen auf Bundesebene durchdacht werden. Das Stichwort Kontaktstudium, das der Wissenschaftsrat in die öffentliche Diskussion gebracht hat, zeigt uns deutlich, daß Weiterbildung und Anpassung der eigenen beruflichen Fertigkeiten und Kenntnisse nicht mehr in der Freizeit oder im Urlaub möglich sind, sondern daß wir dafür eine Freistellung besonderer Art brauchen, nämlich den Bildungsurlaub.
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Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Vogel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir begrüßen das Gutachten aus den von Herrn Martin dargelegten Gründen. Wir halten es nicht für einen Widerspruch, Herr Moersch, ein Gutachten zu begrüßen und es doch für umstritten zu halten. Vor allem begrüßen wir es, weil es endlich auf die innere Neuordnung der Hochschulen das Hauptaugenmerk lenkt und nicht nur auf die finanziellen, von uns schon bisher intensiv diskutierten Punkte. Wir haben im Arbeitskreis unserer Fraktion ausführlich darüber diskutiert und beschlossen, diese Diskussion fortzusetzen. Wir sehen uns aber wegen der grundsätzlichen und tiefgreifenden Wandlungen der Universität, die dieses Gutachten vorschlägt, nicht in der Lage, im Rahmen einer Aktuellen Stunde 14 Tage nach Erscheinen zu einem über 80seitigen, sehr komprimierten Text endgültig Stellung zu nehmen,
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sondern wollen, wie das Herr Kollege Lohmar vorgeschlagen hat, im Herbst ausführlich darüber sprechen.
Heute seien lediglich eine Reihe von Fragen für die Diskussion gestellt, d. h. es seien einige zweifelnde Überlegungen angeführt, über die weiter gesprochen werden muß.
Erstens. Bleibt die Einheit von Forschung und Lehre tatsächlich erhalten, oder täuscht die häufige, vielleicht zu häufige Erwähnung dieser Versicherung im ersten Teil über den konkreten Teil und die dort konzipierten Maßnahmen hinweg?
Zweitens. Wird der Student im zweiten Stadium des Studiums tatsächlich noch hinreichend Spielraum für freies Studium haben?
Dr. Vogel ({1})
Drittens. Sind die Situation der Hochschulen und die Erfahrungen der Professoren hinreichend in die Überlegungen des Wissenschaftsrates eingeflossen? Sind die Beteiligten hinreichend gehört worden?
Viertens. Wird der Leisten, der hier mit der Begrenzung des Studiums auf acht Semester geschlagen wird, allen Fachrichtungen gerecht? Läßt sich die Maximalnorm tatsächlich so für alle Fachgebiete festlegen?
Fünftens. Ist das neue Ausbildungsziel, das das Gutachten umreißt, richtig definiert?
Sechstens. Ist ein Universitätswechsel wenigstens während des Hauptstudiums noch gesichert?
Siebentens. Kann man den Zugang zum Aufbaustudium, zum eigentlichen -wissenschaftlichen Studium tatsächlich an eine so qualifizierte Note der Abschlußprüfung binden, wie das hier geschieht?
Achtens. Sind die begrüßenswerten Vorschläge zum Kontaktstudium - und diese Idee, Herr Kollege Kübler, stammt nicht von diesem Gutachten, sondern ist älter - genügend präzisiert, um Aussagen über das Wann, Wie und Wie oft machen zu können?
Neuntens. Muß nicht auch die Didaktik der Hochschule in die Neuordnung mit einbezogen werden?
Zehntens. Wie wirken sich diese Reformvorschläge auf das Verhältnis zwischen Vorlesungszeit und vorlesesungsfreier Zeit während eines Studienjahres aus?
Wie gesagt, das sind Fragen, die man nach der aufmerksamen Lektüre zunächst stellen kann. Über die Beantwortung müssen wir im Herbst ausführlich diskutieren.
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Das Wort hat die Frau Abgeordnete Funcke.
Herr Präsident! Meine Herren und Damen. Herr Kollege Dr. Martin, wir haben volles Verständnis dafür, daß innerhalb der CDU-Fraktion verschiedene Meinungen über ein Problem vorhanden sein können. Ich könnte mir denken, daß das die Debatte nur beleben kann. Selbstverständlich, Herr Kollege Vogel, hat auch die Beantragung der Aktuellen Stunde nicht zum Zweck, daß jetzt jeder eine druckreife Erklärung zu allen Einzelheiten abgibt. Aber da sich alle Parteien in der Öffentlichkeit bereits geäußert haben, erschien es uns doch notwendig, daß auch in diesem Hohen Hause einige Grundzüge zur Sprache kommen.
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Mir scheint in dem Gutachten eines besonders wichtig zu sein, auch für die Arbeit hier in diesem Hause, nämlich der Hinweis auf die permanente Bildung, zu der wir uns in unserem ganzen Bildungswesen durcharbeiten müssen. Durch diese Empfehlung ist einmal in sehr prominenter und repräsentativer Weise, so möchte ich sagen, darauf hingewiesen worden, daß wir in allen Bildungseinrichtungen nicht mit dem einmaligen Studium oder mit der einmaligen Ausbildung auskommen, sondern daß jedes Studium und jede Ausbildung sich durch das ganze Leben hindurchziehen muß. Daher müssen die entsprechenden Fortbildungsmaßnahmen systematisiert und institutionalisiert werden.
Das hat über den reinen Raum der Bildung hinaus natürlich mancherlei Auswirkungen. Herr Kollege Kübler hat eben auf einen Fall hingewiesen. Aber ich denke mir, es wird, wenn wir den Grundsatz der permanenten Bildung ernst nehmen, zu erheblichen Rückwirkungen auf eine Fülle von Gesetzen kommen, etwa auf das Beamtengesetz oder die Steuergesetze und verschiedenes andere, weil Bildung und Ausbildung eben nicht mehr eine Angelegenheit allein von Kindern und Heranwachsenden sein wird, sondern eine Angelegenheit, die das ganze Leben durchzieht. Wir freuen uns, daß an dieser Stelle ein Durchbruch dazu deutlich gemacht worden ist, der, wie wir hoffen, seine Rückwirkungen auch auf die Überlegungen in den Ländern bezüglich anderer Bildungseinrichtungen haben wird.
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Herr Abgeordneter Dr. -Rau hat das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der große Vorzug des Wissenschaftsrates und das Geheimnis seines Erfolges ist, daß hier Hochschullehrer, Vertreter der Länder, Vertreter des Bundes und Vertreter der Wirtschaft zusammengewirkt und Empfehlungen ausgearbeitet haben, die ausgesprochen normativen Charakter für die weitere Entwicklung unseres Hochschulwesens hatten. Ich nehme an, daß auch die Vertreter des Bundes bei der Beratung über die Empfehlungen, die uns jetzt vorliegen, die Fragen, die Herr Kollege Vogel vorgetragen hat, schon mit erörtert haben und daß man dementsprechend also in einiger Zeit hierüber Näheres wird erfahren können. An sich finde ich es noch zu früh, hier eine sehr ausführliche Debatte zu führen; denn es ist ja kaum -ein paar Tage her, daß der Präsident des Wissenschaftsrates dem Herrn Bundespräsidenten diese Empfehlungen überreicht hat.
Auch wir sind der Meinung, daß nicht das bewußte Abgehen von dem Prinzip der Verbindung von Forschung und Lehre zu wünschen ist. Andererseits wissen wir aber, daß die Wandlungen im wissenschaftlichen Leben und im Leben der Hochschulen dazu geführt haben, daß die Verbindung dieser beiden Dinge in vielen Fällen zur Theorie geworden ist. Hoffen wir, daß die Reformen, die der Wissenschaftsrat empfiehlt, 'besonders die vorgeschlagene Gliederung des Studiums, 'bewirken, daß die Verbindung von Forschung und Lehre wieder den beiderseitigen Nutzen bringt, nämlich ebenso für die Entwicklung der wissenschaftlichen Forschung wie für die Lehre.
Es ist gesagt warden, diese Empfehlungen seien zum Teil zu radikal, und es wurde auch bestritten, daß sie radikal sind. Ich bin der Meinung, daß die Aufteilung des Studiums und die Abspaltung des
auf wissenschaftliche Forschung bezogenen Studiums nach einem Abschlußexamen eine ziemlich tiefgreifende Maßnahme darstellen. Trotzdem würde ich in Übereinstimmung mit dem Wortlaut der Empfehlungen des Wissenschaftsrates sagen, daß auch in dem Grundstudium die wissenschaftliche Seite keinesfalls zu kurz kommen darf. Mit vollem Recht ist das Grundstudium in erster Linie am Berufsbild orientiert, aber doch auch wissenschaftlich fundiert. Wenn aber die Empfehlungen wirklich radikal sind, dann ist das nach meiner Auffassung kein Grund, sie abzulehnen. Denn wenn sich radikale Wandlungen im gesellschaftlichen Leben vollziehen, dann wirken diese sich eben auch auf die Entwicklung der Wissenschaften und der Hochschulen aus.
Wir begrüßen die Leitgedanken dieser Empfehlungen. Über Einzelheiten wird noch diskutiert werden. Ich bin der Meinung, daß diese Diskussion unter einem positiven Vorzeichen stehen sollte.
Das Wort hat Herr Dr. Schulze-Vorberg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß bei dem Thema, das hier angesprochen wird - von allen Fraktionen hört man nur Lob -, etwas fällig war. Wie es weitergehen kann, ist eben auch schon gesagt worden: die Gefahr, daß wieder einmal ein großer Wurf da war und es zum Schluß irgendwo versandet.
Ich meine, Herr Minister, es liegt sicherlich bei Ihnen, bei Ihren Kollegen, bei den Kultusministern der Länder. Wenn wir für eine möglichst enge Zusammenarbeit plädieren, so hoffe ich, daß wir bei allen Beteiligten Beifall finden werden. Zusammenarbeit ist hier nötiger als Prinzipienreiterei, so meine ich jedenfalls, ferner ein Denken an die Menschen. Auf die Menschen kommt es an. Bei diesem großen Wurf des Wissenschaftsrats sollte man bei aller Überlegung der Einzelheiten, die jetzt notwendig ist, bedenken wie der Mensch, der junge Akademiker aussehen soll. Nach meiner Meinung benötigen wir ganz bestimmt den Fachmann, darüber hinaus aber den rundum gebildeten Menschen, und zwar stärker als bisher, stärker, als es in den letzten Jahren - vielleicht aus zwangsläufigen Entwicklungen bei uns - betrieben werden konnte.
Ein Wort möchte ich noch für die Außenseiter der Bildung einlegen, wenn ich diese Leute einmal so nennen darf, für die jungen Leute aus der Arbeiterschaft, aus der Bauernschaft, die auf Umwegen, die verspätet zum Studium kommen. Denken Sie bei .der Reform bitte auch an diese Leute, die vielleicht zunehmend auf unseren Hochschulen einen angemessenen Platz finden müssen, denen man helfen, die man fördern sollte.
Ich darf in diesem Zusammenhang die Bundeswehr lobend erwähnen, die sich gerade für die Weiterbildung junger Menschen sehr stark einsetzt, und sie herzlich bitten, dieses Prinzip weiterhin zu fördern. Mir ist gerade ein Fall bekanntgeworden, in dem ein junger Handwerksgeselle sein Abitur bestanden hat, der gern studieren möchte. Er stößt aber nun auch bei der Bundeswehr auf Ablehnung, weil seine Abiturnote nicht so gut war, wie es nun einmal offiziell vorgeschrieben ist. Ich meine, wenn ein junger Handwerker extern das Abitur schafft, dann sollte man ,da einmal vielleicht nicht fünf, aber drei gerade sein lassen und ihm helfen.
({0})
Frau Abgeordnete Dr. Diemer-Nicolaus.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf mich zunächst einmal über etwas freuen, und zwar darüber, daß, nachdem unser Antrag betreffend die Aktuelle Stunde zunächst bei den anderen Fraktionen keine Unterstützung gefunden hatte, die Beteiligung an der Aktuellen Stunde doch sehr lebhaft ist.
({0})
Eine Aktuelle Stunde ist ja dazu da, einzelne Probleme kurz zu behandeln.
({1})
- Meine Herren und Damen, wird sind anteilig genausogut wie Sie vertreten.
({2})
Ich darf nun aber zum Thema zurückkommen. Sie haben schon von dem Vorredner und der Vorrednerin aus meiner Fraktion gehört, daß wir - die FDP - an und für sich dieses Gutachten sehr begrüßen.
Ich möchte noch auf ein Problem zu sprechen kommen, daß mit dem Kontaktstudium zusammenhängt. Gerade dieser Vorschlag hat mich sehr interessiert, und zwar aus folgendem Grunde. Sie werden in Kürze immer mehr mit denjenigen Fragen, die sich aus der Frauen-Enquete ergeben, in diesem Hohen Hause konfrontiert werden. Dazu gehört auch die Frage der berufstätigen Frau, besonders auch der berufstätigen Akademikerin. Man hört immer wieder - Sie wissen, daß der Anteil der Studentinnen an unseren Hochschulen und Universitäten heute bei 25 bis 30 % liegt -: Was hat es für einen Sinn, daß die Mädchen studieren? Später heiraten sie doch und üben den Beruf nicht aus. Die Frauen-Enquete wird Ihnen wahrscheinlich vor Augen führen, daß der Prozentsatz der Akademikerinnen, die trotz Ehe den Beruf weiter ausüben, höher liegt als bei anderen Berufen, in denen eine Frau während der Ehe berufstätig ist. Aber es ist ganz klar und selbstverständlich: wenn eine Frau heiratet und kleine Kinder da sind, dann gehen auch der Akademikerin oft die Familienpflichten vor
und erlauben es ihr nicht, noch beruflich tätig zu sein.
Dieses Problem hat man schon in Amerika erkannt. Man hat dort auch etwas anderes erkannt: daß man, wenn die Kinder groß geworden sind, doch die Frauen wieder für das Berufsleben zurückgewinnen sollte. Es ist aber gerade für die Akademikerin sehr schwierig, wenn sie nicht dauernd im Beruf gestanden hat - ganz abgesehen davon, daß sie bisher die Möglichkeit einer Fortbildung in einem Kontaktstudium nicht hatte -, sich dann wieder so in das Berufsleben einzuordnen, daß sie tatsächlich ihren Beruf, für den sie sich auf der Universität einmal vorgebildet hat, auch noch nach zehn, fünfzehn oder zwanzig Jahren, in denen sie nicht beruflich tätig war, wieder mit den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen und Erfahrungen ausüben kann.
In Amerika hat man schon etwas Ähnliches wie ein Kontaktstudium für Akademikerinnen geschaffen, wodurch die Verbindung der verheirateten Frau auch in der Zeit, in der sie nicht berufstätig sein kann, mit den Universitäten aufrechterhalten wird. Ich glaube, gerade dieses Kontaktstudium würde ein guter Weg sein, auch bei uns dazu beizutragen, daß die Akademikerin, die ihre Verpflichtungen in der Familie ihrem Beruf vorzieht, doch ihre wissenschaftlichen Kenntnisse aufrechterhalten, weiterentwickeln und später in das Berufsleben zurückkehren kann.
({3})
Keine weiteren Wortmeldungen. Die Aktuelle Stunde ist geschlossen.
Ich rufe den Punkt 2 der Tagesordnung auf:
Beratung der Sammelübersicht 7 des Petitionsausschusses ({0}) über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages zu Petitionen
- Drucksache V/748 Ich frage den Ausschuß, ob dazu das Wort gewünscht wird. - Keine Begründung. Wird sonst das Wort zur Aussprache gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Wer dem Antrag des Ausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. -Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag ist angenommen.
Ich rufe dann Punkt 3 der Tagesordnung auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Mommer. Dr. Lohmar, Sänger, Dr. Müller ({1}), Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller, Dr. Meinecke, Dr. Frede und Genossen und der Fraktion der SPD
betr. Tarifvertrag für Wissenschaftler an Forschungsinstituten
- Drucksache V/693 Ich frage, ob zur Begründung das Wort gewünscht wird. - Zur Begründung hat das Wort der Abgeordnete Dr. Müller ({2}).
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Wissenschaftspolitik ist zu einem Kernproblem der Politik aller Industriestaaten geworden. Wir müssen uns darüber im klaren sein, daß sich Wissenschaftspolitik nicht in der Errichtung teurer Anlagen erschöpft, sondern daß sich diese Wissenschaftspolitik auch um den Menschen zu kümmern hat. Sie muß Menschen heranbilden, die diese Anlagen benutzen und betreiben. Sie muß für den entsprechenden Nachwuchs sorgen. Heute haben wir in der Bundesrepublik Schwierigkeiten bei Stellenbesetzungen. Wir registrieren in besonderen Bereichen so große Schwierigkeiten, daß es oft schwer wird, in der Teamarbeit fortzufahren. Wir stellen weiter fest, daß wir eine starke Abwanderung von Wissenschaftlern aus der Bundesrepublik haben. 8,2 % der Hochschulabsolventen in der Bundesrepublik wandern nach den Vereinigten Staaten ab, während es in Großbritannien nur 7,4 % und in Frankreich nur 0,9% sind. Nach einem Untersuchungsbericht der Deutschen Versuchsanstalt für Luft- und Raumfahrt hat diese Anstalt allein in 19 Monaten 27,1 % ihres Personalbestandes durch Abwanderung verloren.
Bei der Abwanderung ist noch besonders zu berücksichtigen, daß vor allem die qualifizierten Kräfte abwandern. Professor Heisenberg hat vor einiger Zeit ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Qualifiziertesten meistens in die Vereinigten Staaten abwandern und daß es sehr schwierig ist, sie zurückzuholen. Wir sollten uns darüber im klaren sein, daß viele Anlagen in Forschungsanstalten stilliegen, daß Computer und Beschleuniger, Forschungsreaktoren und heiße Zellen, wenn sie unzureichend benutzt werden, ihren Sinn nicht erfüllen. Das Problem der Investitionen und der Effektivität dieser Investitionen dürfte in dem Zusammenhang auch den Steuerzahler interessieren; denn die Teamarbeit in den einzelnen Forschungsanstalten wird durch die Fluktuation erheblich erschwert. Das läßt sich kaum etwa durch eine Stunde Mehrarbeit lösen.
Einer der wesentlichen Gründe für die starke Abwanderung aus Forschungsanstalten in der Bundesrepublik liegt in der Bezahlung der Wissenschaftler. Ein internationaler Vergleich zeigt, daß die Bezahlung bei uns in der Bundesrepublik wesentlich schlechter ist, daß der Vergleich etwa zwischen Forschungsanstalten in der Bundesrepublik und internationalen Organisationen wie CERN oder Euratom im Verhältnis 1 zu 2 zuungunsten der Bundesrepublik ausfällt.
Man kann noch für die Anfangsgehälter und für die Spitzenpositionen Verständnis haben, die durchaus positiv in den internationalen Vergleich einbezogen werden können. Aber im sogenannten Mittelbau stellen wir fest, daß hier die Verhältnisse bei uns in der Bundesrepublik besonders schlecht sind. Hier sind vor allem diejenigen betroffen, die als Angestellte nach dem Bundesangestelltentarif der Gruppen II und III besoldet werden.
Wir hatten erst kürzlich eine Delegation des Wissenschaftsausschusses zu einem Besuch im MaxDr. Müller ({0})
Planck-Institut für extraterrestrische Physik in München. Es wurde dort sehr deutlich, daß man mit den herkömmlichen Begriffen des Stellenkegels nicht arbeiten kann, daß der Unterbau nach diesem Stellenkegel ja nicht im Institut, sondern außerhalb des Instituts liegt und man nicht mit vergleichbaren Zahlen etwa aus dem Verwaltungsbereich kommen kann. Wir müssen uns darüber im klaren sein, daß die Leitlinien des Bundesangestelltentarifs nicht für die Wissenschaftler-Besoldung ausreichen. Vor wenigen Tagen erst hat Professor Butenandt vor der Max-Planck-Gesellschaft darauf hingewiesen, daß diese Leitlinien im Sinne eines eigenen Tarifvertrages für Wissenschaftler berichtigt werden müssen.
Man kann sogar von einer Diskriminierung der Wissenschaftler sprechen. Es war der Hochschulreferent im bayerischen Kultusministerium, von Elmenau, der davon sprach, daß gerade die Wissenschaftler, die in der mittleren Ebene tätig sind, zu Sätzen bezahlt werden, die der Staat - wie von Elmenau wörtlich sagte - im allgemeinen den Angestellten zahlt, deren Qualifikationen zum Beamten nicht ausreichen. Wir sind daher der Meinung, daß ein einheitliches Tarifsystem, das den wissenschaftsimmanenten Voraussetzungen Rechnung trägt, für Wissenschaftler geschaffen werden sollte, das auch dem internationalen Vergleich standhält. Wir sind der Meinung, daß dieses Problem nicht mehr auf die lange Bank geschoben werden kann, und wir sind vor allem daran interessiert, daß zwischen den einzelnen Ministerien bald eine Klärung in dieser Angelegenheit zustande kommt. Es sollte nicht passieren - wie es hier in diesem Hohen Hause in der Fragestunde schon zum Ausdruck kam -, daß es zwischen den verschiedenen Ministerien verschiedene Auffassungen zu diesem Problemkreis gibt.
Wir sollten uns darüber im klaren sein, daß wir in der Bundesrepublik nur 3,9 Menschen pro tausend Erwerbstätige in der Forschung beschäftigen, während der Durchschnitt in Westeuropa bei 4,6 liegt. Wenn wir soviel von Bildungswerbung sprechen und beklagen, daß nur etwa 5,5 % Arbeiterkinder an den deutschen Universitäten und Hochschulen studieren, dann sollten wir uns auch darüber klar sein, daß die entsprechenden Anreize geschaffen werden müssen.
Ich darf mit Genehmigung des Herrn Präsidenten vielleicht ein Beispiel zitieren, das sehr augenfällig ist und das von einer Forschungsanstalt in der unmittelbaren Nachbarschaft Bonns stammt. Nach den beiden Gehaltsstreifen, die mir hier vorliegen - und zwar eines deutschen Wissenschaftlers, der 26 Jahre alt und ledig ist, und eines spanischen Gastarbeiters, eines Hilfsarbeiters, der ebenfalls 26 Jahre alt und verheiratet ist -, beträgt der Unterschied im Einkommen beider, die an der gleichen Anstalt beschäftigt sind, lediglich 75,15 DM. Ich glaube, meine sehr verehrten Kollegen, daß ein solcher Unterschied wenn man betrachtet, daß der Wissenschaftler jahrelang studiert hat - einfach keinen Anreiz dafür bilden kann, daß junge Menschen heute in der Bundesrepublik in der wissenschaftlichen Forschung tätig sind. Wir sollten uns bemühen, dieses Problem nicht auf die lange Bank
zu schieben, sondern es schnell zu behandeln. In
diesem Sinne haben wir unseren Antrag gestellt.
Ich darf zum Schluß meiner Ausführungen das Hohe Haus bitten, den Antrag an den Ausschuß für Wissenchaft, Kulturpolitik und Publizistik als federführenden Ausschuß und an den Innenausschuß zur Mitberatung zu überweisen.
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Sie haben die Begründung des Antrages gehört. Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Das Wort hat Frau Abgeordnete Geisendörfer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir stimmen der Begründung des Antrages insofern zu, als auch wir anerkennen, daß hier eine Frage von großer Bedeutung angesprochen worden ist. Weil wir sie aber für so wichtig und bedeutungsvoll halten, glaube ich, daß es heute nicht richtig und möglich ist, in eine große Sachdebatte einzutreten. Wir stimmen der Überweisung an die Ausschüsse, an den Innenausschuß - federführend - und den Ausschuß für Wissenschaft, Kulturpolitik und Publizistik - mitberatend - zu.
Eins möchte ich aber doch sagen: Wenn in dem Antrag in etwa ein Vorwurf eingeschlossen sein sollte, auf diesem Gebiet sei bis jetzt sowohl von unserer Fraktion wie auch von der Bundesregierung nichts getan worden und mit dem Antrag sollte ein erster Impuls gegeben werden, endlich einmal Überlegungen über diese Frage anzustellen, so möchte ich dieser etwaigen Unterstellung von vornherein auf das nachdrücklichste widersprechen. Sie wissen alle, daß wir uns mit diesen Fragen seit langem sehr eingehend befaßt und uns in vielen Gesprächen mit den zuständigen Stellen und den, wenn ich so sagen darf, „Betroffenen" auseinandergesetzt haben, um gemeinsam zu überlegen, wie diese Probleme am besten gelöst werden können. Wir werden das im Ausschuß sehr gründlich tun müssen. Zu fragen wäre allerdings noch, ob der Termin des 15. Oktober, den Sie in Ihrem Antrag genannt haben, angesichts der Komplexität der Problemstellung eingehalten werden kann. Ich möchte aber jetzt keinen Antrag auf eine Verschiebung des Termins stellen; ich möchte nur diesen Vorbehalt angemeldet haben.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Hellige.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich einiges zur Sache sagen. Unser Besoldungs- und Vergütungssystem ist genau wie unser Haushaltssystem abgestimmt auf die Bedürfnisse der großen Laufbahnen, vor allem auf die Bedürfnisse der Verwaltung, und dort haben beide auch ihre Berechtigung. Unser Besoldungssystem gibt Anfängern gleicher Ausbildung die gleiche Vergütung. Es läßt den Beamten alle zwei Jahre in Dienstaltersstufen vorrücken, den Angestellten mit dem Lebensalter. Es betont daher
sehr stark den Wert der Erfahrung für die Berufsausübung. Auch die Beförderungen erfolgen in der Regel nach dem Dienstalter -, wenn man „dran" ist, wie es so schön heißt. Nur Überflieger können mit einem schnelleren Avancement rechnen, sie kommen aus der zu Unrecht so viel geschmähten Ochsentour einmal heraus. Für Beförderungen ist in unserer Verwaltung höhere Stellung in der Hierarchie Voraussetzung.
In den wissenschaftlichen Laufbahnen liegen die Verhältnisse ganz anders. Jeder Forscher arbeitet in eigener Verantwortung. Ein Vorgesetztenverhältnis hat hier nicht den gleichen Inhalt wie ein Vorgesetzenverhältnis in der Verwaltung oder sollte ihn jedenfalls nicht haben.
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- Das wissen wir. - Die Begabung spielt beim wissenschaftlichen Mitarbeiter eine sehr viel größere Rolle als die Erfahrung. Weil die Dinge inkommensurabel sind, sollte man die Bezüge durch einen gesonderten Tarifvertrag regeln. Dieser Tarifvertrag müßte viel flexibler sein als der BAT. Er müßte etwa vorsehen: erstens Sonderregelungen, wie wir sie heute für die Kernforschungs-Institute bereits haben, zum zweiten Zulagen, etwa in der Art der Zulagen, die die Wissenschaftler der MaxPlanck-Gesellschaft erhalten, drittens Gewährung der Endvergütung vor der Zeit, so wie das unsere Kultusminister bei den Hochschullehrern anordnen dürfen. Sie müßte viertens vorsehen eine wesentlich günstigere Gestaltung des Stellenkegels, weiterhin ein Aufrücken bis zur Gruppe BAT I a, die bisher nur den Chefärzten vorbehalten ist. Schließlich müßte auch die Möglichkeit gegeben sein, überund außertarifliche Verträge in genügender Menge abzuschließen. Für Höchstbegabte war in der Diskussion die Möglichkeit, Ordinariengehälter kurz befristet zu geben, um diesen Herren im Laufe von drei oder fünf Jahren die Möglichkeit zu geben, sie wirklich zu erdienen. Alle diese Fragen sind am 14. Januar diskutiert worden, und ich hoffe, daß der Herr Minister inzwischen Gelegenheit hatte, mit seinen Verhandlungen schon weiterzukommen.
Was ist der Staat den Wissenschaftlern schuldig? Das Otium cum dignitate. Mit dem Otium, meine Damen und Herren, hat es heute nicht allzuviel auf sich. Wir wissen, daß die Lehrstuhlinhaber ein gut Teil ihrer Zeit damit beschäftigt sind, ihren Lehrstuhl zu verwalten. Ihnen die Dignitas zu gewährleisten, ist unsere Aufgabe.
Lassen Sie mich zum Abschluß noch eine Bitte hinzufügen. Hier ist gar zu viel von den Naturwissenschaften, gar zu viel von der Technik gesprochen worden. Man hört immer wieder: „Kernforschungseinrichtungen", „Raumfahrt" oder „Flugwissenschaften". Ich meine, eine Regelung für die Wissenschaftler sollte so getroffen werden, daß auch die armen Geisteswissenschaftler daran teilhaben können,
({1})
die heute kaum nach Amerika abgeworben werden.
Ein altes Studentenwort sagte, daß Justinian die
Ehren verleihe und Galenus die Schätze. Heute sind
die Schätze sehr viel leichter auf dem Gebiet der modernen Naturwissenschaft zu erwerben. Unsere Aufgabe ist es, dafür Sorge zu tragen, daß unsere Geisteswissenschaftler an den Vorteilen, die die Zeit bietet, nicht völlig anteillos vorbeigehen.
Meine Freunde stimmen der Überweisung an die beiden Ausschüsse zu.
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Das Wort hat der Herr Bundesminister für wissenschaftliche Forschung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für die Bundesregierung und insbesondere auch im Einvernehmen mit dem federführenden Bundesminister des Innern möchte ich zu dieser Frage und diesem Antrag wie folgt Stellung nehmen.
Es handelt sich zweifellos urn ein Thema von ganz großer Bedeutung, das uns in den letzten Monaten und Wochen innerhalb der Bundesregierung stark beschäftigt hat. Unsere Hochschuldiskussion, unsere Diskussion über Wirtschafts- und Berufsfragen wird zunehmend durch die Tatsache bestimmt, daß wir eine Knappheit an Menschen, eine Knappheit vor allem auch an qualifizierten Menschen haben. Deshalb ist dieses Problem der Besoldung unserer Wissenschaftler, das Problem auch der Abwanderung, das Sie erwähnt haben, Herr Kollege Müller, mit großem Ernst zu betrachten. Es erfordert Entscheidungen und Initiativen. Auch wenn ich die Zahl, die ich auch vor einiger Zeit in der Zeitung gelesen habe, daß 8,2 % unserer Hochschulabsolventen abwandern, für falsch halte, so würde selbst ein geringerer Anteil an Akademikern, die wir verlieren, besorgniserregend sein. Dies gilt vor allem deshalb, weil es sich hier um viele qualifizierte Akademiker handelt.
Die Bundesregierung hat bei der konstituierenden Sitzung des Kabinettsausschusses für Wissenschaft, Forschung, Bildung und Ausbildung im Februar die Abteilungsleiter der hauptsächlich an diesen Fragen beteiligten Ministerien beauftragt, Vorschläge für Verbesserungen auszuarbeiten. Sie hat im Rahmen einer Sitzung dieses Kabinettsausschusses in der vergangenen Woche erste Empfehlungen des Abteilungsleiterausschusses gebilligt, die Verbesserungen bedeuten, und hat den Ausschuß beauftragt, die Arbeit fortzusetzen und im Oktober einen zweiten Bericht vorzulegen. Wir haben, glaube ich, auch in der Vergangenheit schon den besonderen Verhältnissen in den Forschungseinrichtungen Rechnung getragen, u. a. durch den Abschluß von Sonderverträgen für wissenschaftlich-technische Spitzenkräfte, durch Zulagenregelung für bestimmte Forschungsbereiche, vor allem auf dem Gebiet der Kernforschung, und den Abschluß von befristeten Anstellungsverträgen mit einer relativ hohen Vergütung für qualifizierte Nachwuchswissenschaftler. Die vor kurzem rückwirkend zum 1. Januar 1966 eingeführten Tarifänderungen haben insbesondere auch für den mit Recht erwähnten wissenschaftlichen Mittelbau Verbesserungen gebracht, u. a. durch die ErfülBundesminister Dr. Stoltenberg
lung der Forderung, die der Herr Kollege Hellige noch einmal erhoben hat, durch die Möglichkeit des Aufrückens in die Gruppe BAT I a für entsprechend qualifizierte Wissenschaftler. Die noch in diesem Jahre zu erwartenden weiteren Tarifänderungen werden z. B. Verbesserungen im Rahmen der Aufrückungszulage bringen.
Der Kabinettsausschuß für Wissenschaft hat in der vergangenen Woche, wie ich sagte, bestimmte weitere Verbesserungen auf dem Gebiet der Großforschung gebilligt, die sich vor allem für den hier erwähnten Mittelbau auswirken werden und die teilweise spürbare Verbesserungen erbringen. Wir müssen allerdings diese Vorschläge jetzt noch mit den Ländern abstimmen, die mit uns Träger der Großforschungseinrichtung sind. Wir brauchen die Zustimmung der jeweils beteiligten Länder. Ich hoffe, daß wir sie in wenigen Wochen erhalten werden und dann zu sichtbaren Ergebnissen kommen. Wir werden darüber hinaus bis Oktober 1966 prüfen müssen, ob und in welcher Form die Regelung für die Großforschung auch auf andere Forschungseinrichtungen zu übertragen ist. Das Problem wird uns bei der Behandlung des Etats der Max-PlanckGesellschaft ebenso beschäftigen wie bei den Etats der Bundesforschungsanstalt und anderen Einrichtungen.
Die hier mit wenigen Strichen gekennzeichneten Entwicklungen und Absichten, deren vertiefte Erörterung in den Ausschüssen wir begrüßen, zeigen, daß sich die Bundesregierung um schnelle Verbesserungen auf der Grundlage des jetzigen Tarifsystems bemüht. Man darf bei der Frage, ob wir zu einem neuen Tarifsystem kommen werden, nicht übersehen, daß z. B. auch der deutsche Wissenschaftsrat in seinen Empfehlungen zunächst den Weg vorgeschlagen hat, von der Basis des jetzigen Tarifsystems aus sachgerechte Verbesserungen vorzunehmen. Wir sind aber darüber hinaus bereit, mit den Ländern und auch in den zuständigen Ausschüssen des Bundestages in eine Erörterung der Argumente pro und kontra einzutreten, die im Hinblick auf die Forderung nach einem neuen Tarifsystem vorgetragen werden. Diese Frage muß sehr genau behandelt werden. Wir sind zu einer solchen Erörterung, wie ich noch einmal betone, bereit und begrüßen daher den Vorschlag, diesen Antrag dem Ausschuß zu überweisen.
({0})
Das Wort hat der Abgeordnete Müller ({0}).
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Antragsteller erklären sich bereit, wegen der Sommerpause des Parlaments den Termin im Antrag zu ändern. Wir schlagen den 15. November 1966 vor.
Das soll jetzt gleich geändert werden?
({0})
Also lesen wir: 15. November.
Ich habe keine weiteren Wortmeldungen vorliegen. Mit dieser Änderung soll der Antrag an den Innenausschuß - federführend - und an den Ausschuß für Wissenschaft, Kulturpolitik und Publizistik zur Mitberatung gehen. - Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Punkt 4 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 4. Dezember 1965 zur Errichtung der Asiatischen Entwicklungsbank
- Drucksache V/620 -
a) Bericht des Haushaltsausschusses ({1}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
- Drucksache V/747 -
Berichterstatter: Abgeordneter Gewandt
b) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen ({2})
- Drucksache V/712 Berichterstatter: Abgeordneter Opitz
({3})
Ich frage die Herren Berichterstatter, ob sie das Wort wünschen. - Die Herren Berichterstatter verzichten.
Ich rufe die Artikel 1, - 2, - 3, - 4, - 5, - die Einleitung und die Überschrift auf. - Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig in zweiter Lesung angenommen.
Dritte Lesung.
Allgemeine Aussprache. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wer dem Entwurf in dritter Lesung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Gesetz ist in dritter Lesung angenommen.
Ich rufe Punkt 5 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Wirtschaftsplans des ERP-Sondervermögens für das Rechnungsjahr 1966 ({4})
- Drucksache V/305 Schriftlicher Bericht des Ausschusses für das Bundesvermögen ({5})
- Drucksachen V/700, zu V/700 - Berichterstatter: Abgeordneter Lange Abgeordneter Dr. Frerichs
({6})
Ich frage die Herren Berichterstatter, ob sie das Wort wünschen. - Das ist nicht der Fall.
Dann rufe ich in zweiter Lesung die §§ 1 bis 11 - Einleitung und Oberschrift - auf. Wird dazu das
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Paragraphen, der Einleitung und der Überschrift zuzustimmen wünscht, gebe bitte ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - In zweiter Lesung einstimmig angenommen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Wird das Wort gewünscht? - Herr Abgeordneter Junghans, Sie hatten sich zur Abstimmung gemeldet.
({7})
- In zweiter Lesung? - Dann habe ich Sie übersehen. Bitte sehr!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Namen der SPD-Fraktion beantrage ich getrennte Abstimmung, erstens über den Wirtschaftsplan des ERP-Sondervermögens für das Rechnungsjahr 1966 und zweitens über den Wirtschaftsplan des Sondervermögens für berufliche Leistungsförderung für das Rechnungsjahr 1966.
Ich bitte gleich um Erlaubnis, zur Abstimmung über den Wirtschaftsplan des Sondervermögens für berufliche Leistungsförderung für die SPD-Fraktion folgende Erklärung abzugeben. Wir werden diesen Wirtschaftsplan ablehnen.
Nach dem Leistungsförderungsgesetz vom 24. April 1965, das vom Hohen Haus einstimmig angenommen wurde, sollten jährlich 50 Millionen DM aus dem Bundeshaushalt bis zu einer Gesamthöhe von 560 Millionen DM diesem Sondervermögen zugeführt werden. Mit weiteren 500 Millionen DM, die bereits der Entwicklungshilfe zugute kommen, ist das der Darlehensbetrag von 1060 Millionen DM, den die VW-Stiftung der Bundesregierung gemäß dem VW-Privatisierungsgesetz zur Verfügung stellen mußte. 1965 wurden die ersten 50 Millionen DM in das Sondervermögen eingezahlt.
Ich darf noch sagen: das Sondervermögen soll erstens zur Förderung von überbetrieblichen Lehrwerkstätten und Fortbildungsstätten eingesetzt werden und zweitens durch individuelle Förderung den im Beruf stehenden Personen die Teilnahme an Fortbildungsmaßnahmen ermöglichen. Über die Bedeutung dieser Aufgaben brauche ich hier kein Wort zu verlieren; das steht sogar in den Regierungserklärungen der Bundesregierung.
Aber auf Grund des Art. 16 des Gesetzes zur Sicherung des Haushaltsausgleichs - das Haushaltssicherungsgesetz - vom 20. Dezember 1965 wurden dem Sondervermögen keine Mittel zugeführt. Die SPD-Fraktion hat - besonders auch wegen dieser Kürzung auf sozialem Gebiet - das Haushaltssicherungsgesetz 1966 abgelehnt. Aus dem gleichen Grunde lehnen wir deshalb den Wirtschaftsplan für das Sondervermögen für berufliche Leistungsförderung ab, da durch die Kürzung der Zweck für 1966 nicht erreicht wird.
Zum Schluß möchte ich das Hohe Haus auf den Bericht der Kollegen Lange und Dr. Frerichs hinweisen. Hier heißt es - ich zitiere -:
Der Ausschuß hat außerordentlich
- und ich unterstreiche: „außerordentlich" bedauert, daß durch das Haushaltssicherungsgesetz vom 20. Dezember 1965 keine Haushaltsmittel für dieses Sondervermögen zur Verfügung gestellt werden können.
Wir werden deshalb dem Wirtschaftsplan für das Sondervermögen für berufliche Leistungsförderung die Zustimmung verweigern.
Das Wort hat der Herr Bundesschatzminister.
Dr. Dollinger, Bundesschatzminister: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bedauere die Erklärung des Herrn Kollegen Junghans und möchte hier doch auf folgendes hinweisen. Das Leistungsförderungsgesetz wurde im April 1965 in diesem Hohen Hause verabschiedet. Es wurde ein Betrag von 50 Millionen DM zur Verfügung gestellt.
Wie sieht die Verwendung dieses Betrages aus? Für institutionelle Förderung wurde im Programm für das Rechnungsjahr 1965/66 ein Betrag von 35 450 000 DM eingeplant. Von diesem Betrag sind bisher 30 Projekte mit einer Summe von insgesamt 16,6 Millionen DM bewilligt worden. Bis zum heutigen Tage befinden sich weitere acht Anträge in Bearbeitung; die Summe für diese Projekte beträgt insgesamt 8,1 Millionen DM. Das bedeutet, daß bei Genehmigung aller in Arbeit befindlichen Anträge ein Betrag von 24,7 Millionen DM verbraucht wäre, so daß im institutionellen Bereich noch ein Restbetrag von 10,7 Millionen DM zur Verfügung stünde. Mit anderen Worten, das Leistungsförderungsgesetz ist nach wie vor wirksam, und die zur Verfügung gestellten Beträge sind nicht verbraucht. Für die individuelle Förderung war ein Betrag von 15 Millionen DM vorgesehen. Davon ist bis heute praktisch so gut wie nichts verbraucht, denn wir haben noch 14 933 000 DM zur Verfügung.
Warum ist dieser Tatbestand zu verzeichnen? Meine Damen und Herren, das hängt einfach damit zusammen, daß das Gesetz noch nicht einmal ein Jahr alt ist und einer gewissen Anlaufzeit bedarf. Das war auch letzten Endes der Grund dafür, daß wir beim Haushaltssicherungsgesetz diesen Betrag, den Ansatz für 1966, schweren Herzens nicht eingesetzt haben. Wir haben aber eine Bindungsermächtigung, und falls die Beträge, die hier zur Verfügung stehen, nicht ausreichen sollten, können wir die weiteren Wünsche, die in diesem Jahr 1966 an uns herangetragen werden, ohne Zweifel befriedigen. Das Leistungsförderungsgesetz ist aus diesem Grunde voll wirksam. Es ist praktisch in der Wirksamkeit bisher keinesfalls beschränkt.
({0})
Keine weiteren Wortmeldungen,
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
Meine Damen und Herren, ich habe mich hier eben mit dem Herrn Antragsteller, dem Kollegen Junghans, unterhalten. Sein Antrag läuft darauf hinaus, daß die SPD nur die erste Hälfte des § 1, der jetzt in dritter Beratung zur Abstimmung steht, zu akzeptieren wünscht.
Ich stelle deshalb zunächst einmal die erste Hälfte des § 1 - die zweite Hälfte beginnt dann mit „und der als Anlage 2 beigefügte Wirtschaftsplan ..." - zur Abstimmung. Wer der ersten Hälfte des § 1 zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben.
- Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Wir kommen zum zweiten Teil des § 1. - Wer diesem zweiten Teil zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Das erste war die Mehrheit; auch dieser zweite Teil ist angenommen.
Wer nunmehr dem Gesetzentwurf im ganzen zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben.
- Gegenprobe! - Enthaltungen? - In dritter Beratung angenommen.
Ich rufe Punkt 6 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu der Sechsten Zusatzvereinbarung vom 24. Mai 1965 zum Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande über Sozialversicherung über die Anwendung der deutschen Rechtsvorschriften über die Altershilfe für Landwirte
- Drucksache V/416 Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik ({0})
- Drucksache V/746 Berichterstatter: Abgeordneter Berberich
({1})
Ich frage den Herrn Berichterstatter, ob er das Wort wünscht. - Der Herr Berichterstatter verzichtet.
Ich rufe in zweiter Beratung Art. 1, - Art. 2, - Art. 3, - Einleitung und Überschrift auf. - Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Allgemeine Aussprache. - Keine Wortmeldungen.
Wer in dritter Beratung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - In dritter Beratung einstimmig angenommen.
Ich komme zu Punkt 7 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines
Vierten Gesetzes zur Änderung des Soldatenversorgungsgesetzes
- Drucksache V/673 -
a) Bericht des Haushaltsausschusses ({2}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung - Drucksache V/777 -
Berichterstatter: Abgeordneter Leicht
b) Schriftlicher Bericht des Verteidigungsausschusses ({3})
- Drucksachen V/754, zu V/754 - Berichterstatter: Abgeordneter Josten
({4})
Als Berichterstatter hat Herr Abgeordneter Josten das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nur ein kurzer Hinweis: Eine Anzahl von Mitgliedern unseres Hauses hat von Angehörigen ehemaliger Piloten von Strahlflugzeugen, die tödlich abgestürzt sind, Briefe erhalten. Es handelt sich hierbei um Angehörige des fliegenden Personals von Strahlflugzeugen, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes eine einmalige Unfallentschädigung erhalten haben. Es genügt wohl der Hinweis auf das von unserem Ausschuß einstimmig gebilligte Gesetz, das nun in Art. I a auch diesem Gesichtspunkt Rechnung trägt. Ich darf darauf hinweisen, daß die Beratung im Ausschuß auch angesichts dieser Briefe eindeutig zu einem guten Ergebnis geführt hat.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Dann kommen wir in zweiter Lesung zu Art. 1, - 1 a, - 1 b, - Einleitung und Überschrift. - Wird das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - In zweiter Lesung einstimmig angenommen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Wird das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer diesem Gesetzentwurf in dritter Lesung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung einstimmig angenommen.
Ich rufe auf Punkt 8 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Bundesbesoldungsgesetzes
- Drucksache V/688 -
a) Bericht des Haushaltsausschusses ({0}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung - Drucksache V/778 -
Berichterstatter: Abgeordneter Leicht
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
b) Schriftlicher Bericht des Innenausschusses ({1})
- Drucksachen V/765, zu V/765 - Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Wörner
({2})
Ich frage den Herrn Berichterstatter des Innenausschusses, ob er das Wort wünscht. - Der Berichterstatter verzichtet.
Ich rufe in zweiter Lesung auf die Art. 1, - 1 a, - 2, - Einleitung und Überschrift. - Wird das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - In zweiter Lesung angenommen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Wird das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Gesetzentwurf in dritter Beratung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.
Ich rufe auf Punkt 9 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 9. Juni 1965 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Dänemark über einzelne Fragen der Schiffahrt und der Wasserstraßen
- Drucksache V/512 Schriftlicher Bericht des Verkehrsausschusses ({3})
- Drucksache V/742 Berichterstatter: Abgeordneter Ramms
({4})
Ich frage den Herrn Berichterstatter, ob er das Wort wünscht. - Der Herr Berichterstatter verzichtet.
Ich rufe in zweiter Lesung auf die Art. 1, - 2, -3, - Einleitung und Überschrift. - Wird das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - In zweiter Lesung einstimmig angenommen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Es liegt keine Wortmeldung vor. Wer dem Gesetz in dritter Lesung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - In dritter Lesung einstimmig angenommen.
Ich rufe auf Punkt 10 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über eine Statistik der Kraftfahrzeugfahrleistungen 1966/67
- Drucksache V/627 -
a) Bericht des Haushaltsausschusses ({5}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
- Drucksache V/779 -
Berichterstatter: Abgeordneter Mengelkamp
b) Schriftlicher Bericht des Verkehrsausschusses ({6})
- Drucksachen V/756, zu V/756 - Berichterstatter: Abgeordneter Haage ({7})
({8})
Ich frage den Berichterstatter des Haushaltsausschusses, ob er das Wort wünscht. - Der Herr Berichterstatter wünscht das Wort nicht.
Ich frage den Herrn Berichterstatter des Verkehrsausschusses, ob er das Wort wünscht. - Der Herr Berichterstatter verzichtet.
Ich rufe die §§ 1 bis 7, - Einleitung und Überschrift auf. - Wird das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - In zweiter Lesung angenommen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Allgemeine Aussprache. - Keine Wortmeldungen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.
Punkt 11 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 7. Februar 1963 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Sudan über die Förderung von Kapitalanlagen
- Drucksache V/623 Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen ({9}) - Drucksachen V/731, zu V/731 Berichterstatter: Abgeordneter Junker
({10})
Ich frage den Herrn Berichterstatter, ob er das Wort wünscht. - Der Herr Berichterstatter verzichtet.
Ich rufe auf Art. 1, - 2, - 3, - Einleitung und Überschrift. - Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - In zweiter Lesung angenommen.
Präsident D. Dr. Gerstenmaier Wir kommen zur
dritten Beratung.
Allgemeine Aussprache! - Keine Wortmeldungen! Wer in dritter Lesung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.
Ich rufe Punkt 12 auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 4. Dezember 1964 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Kenia über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen
- Drucksache V/622 Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen ({11})
- Drucksachen V/732, zu V/732 - Berichterstatter: Abgeordneter Junker
({12})
Ich frage den Herrn Berichterstatter, ob er das Wort wünscht. - Der Herr Berichterstatter verzichtet.
Art. 1, - 2, - 3, - Einleitung und Überschrift. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - In zweiter Lesung angenommen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Allgemeine Aussprache. - Keine Wortmeldungen. Wer in dritter Lesung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.
Punkt 13 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 30. Januar 1965 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Vereinigten Republik Tansania über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen
- Drucksache V/621 Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen ({13})
- Drucksachen V/733, zu V/733 -Berichterstatter: Abgeordneter Junker
({14})
Der Herr Berichterstatter verzichtet.
Ich rufe auf Art. 1, - 2, - 3, - Einleitung und Überschrift. - Wird das Wort dazu gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - In zweiter Lesung einstimmig angenommen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Allgemeine Aussprache. - Keine Wortmeldungen. Wer in dritter Lesung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - In dritter Lesung einstimmig angenommen.
Punkt 14 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP eingebrachten Entwurfs eines Siebenten Gesetzes zur Änderung des Zollgesetzes
- Drucksache V/393 Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen ({15}) - Drucksache V/735 Berichterstatter: Abgeordneter Ravens
({16})
Ich frage den Herrn Berichterstatter, ob er das Wort zur Berichterstattung wünscht. - Der Herr Berichterstatter verzichtet. Ich bedanke mich.
Ich rufe auf Art. 1, - 2, - 3, - Einleitung und Überschrift. - Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - In zweiter Lesung einstimmig angenommen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Allgemeine Aussprache. - Das Wort hat der Abgeordnete Junker.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem wir eine Reihe von Gesetzen ohne Aussprache haben passieren lassen, erscheint es uns notwendig, zu diesem Punkt, zur Änderung des Zollgesetzes, doch eine Debatte zu führen.
({0})
Sie braucht nicht lang zu sein, aber es ist notwendig,
hierzu einige Bemerkungen zu machen.
Die sozialdemokratische Fraktion sieht sich nicht in der Lage, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen. Das soll nicht bedeuten, daß wir uns grundsätzlich jeder Antidumpingregelung widersetzen wollen. Wir wissen, daß Dumping eine der unfairsten Praktiken im Welthandel ist. Das ist - um ein Beispiel aus dem Sport zu nehmen -, als wenn ein Boxer im Ring mit einem Tiefschlag arbeitet. Dumping sollte nicht sein.
Es gibt seit vielen Jahren Versuche, dieses Problem auf der internationalen Ebene zu bewältigen. Wir haben schon im Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen von 1947 eine Vereinbarung gegen Dumpingpraktiken. Es heißt in diesem Abkommen, daß dann, wenn Preise einer importierten Ware niedriger sind als im Ursprungsland bzw. Ausfuhrland und dies auf Ausfuhrsubventionen, Prämien oder eine
entsprechende Preispolitik der Unternehmungen beruht, Antidumpingmaßnahmen gerechtfertigt sind. Diese Bestimmungen im Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen bedürfen sicherlich zur Interpretation dringend einer Vereinbarung auf der internationalen Ebene darüber, was man unter den einzelnen Bestimmungen dieses Vertrages verstehen will. So haben wir zur Zeit auch Bestrebungen, auf der Ebene der EWG solche Antidumpingmaßnahmen zu vereinbaren, die die nationalen Bestimmungen ablösen sollen.
Wir haben im vergangenen Jahr einen solchen Vorschlag gehabt. Sie finden diesen ersten Vorschlag in dem Bericht des Herrn Berichterstatters mit der Drucksachen-Nummer angegeben. Inzwischen hat, nachdem sich der Wirtschaftsausschuß damit befaßt hat, die EWG-Kommission eine neue Fassung der Antidumpingbestimmungen vorgelegt. Es steht zu erwarten, daß in absehbarer Zeit diese EWG-Regelung Platz greifen wird.
Wir haben die Dumpingfragen gleichzeitig auf der Tagesordnung der Kennedy-Runde im GATT, die sich seit dem 10. Mai dieses Jahres in einer Sonderkonferenz mit diesen Fragen beschäftigt und die für die Entwicklung des Welthandels von großer Bedeutung ist.
Dumpingpraktiken haben den internationalen Handel immer sehr gestört. Man ist dabei, sich zu überlegen, was man tun will, ob man sich für einen fairen Wettbewerb auf der internationalen Ebene entscheiden will oder ob man den Schutz nationaler Industrien voranstellen will. Ich glaube, unser aller Hoffnung geht dahin, daß diese Verhandlungen in Genf dahin führen, daß sich die Wettbewerbskonzeption durchsetzt und daß die Weichenstellung nicht in Richtung Protektionismus geschieht.
Trotzdem meinen wir, daß dieses Gesetz, das Ihnen heute in zweiter und dritter Lesung vorliegt, in dieser Form nicht verabschiedet werden sollte. Wir sind der Meinung, daß 'die Regelung, die wir im Zollgesetz von 1961 haben, den Erfordernissen, die auf diesem Gebiet bestehen, vollauf genügt. Es gibt in diesem Zollgesetz eine Antidumpingbestimmung. Aber wir haben schon in der vergangenen Legislaturperiode einen Versuch eines Kreises von Abgeordneten aus den Koalitionsfraktionen erlebt, die eine solche Antidumpingbestimmung einführen wollten, vor allen Dingen mit vorläufigen, damals sogar mit rückwärts wirkenden Zollsätzen. Dieser Versuch ist an verfassungsrechtlichen Bedenken gescheitert. Wir haben diesen Versuch jetzt neuerdings mit einigen Änderungen, die - das gebe ich zu -- im wesentlichen den Regelungen entsprechen, die auch die EWG vorgesehen hat.
Wir Sozialdemokraten halten die jetzt bestehende Regelung für ausreichend. Wir meinen, daß es aus den Erfahrungen der Vergangenheit keinen Grund gibt, -
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Ja, bitte schön, Herr van Delden!
van Delden ({0}) : Herr Kollege Junker, ist Ihnen bekannt, daß Ihre sozialdemokratischen Kollegen landauf, landab durch Nordrhein-Westfalen ziehen, denen bereits diese Regelung, die wir jetzt zu verabschieden vorhaben, noch nicht scharf genug ist
({1})
und die der Regierungskoalition vorwerfen, diese Dinge viel zu lange hinauszuzögern? _
Nein, das ist mir nicht bekannt, Herr van Delden. Aber ich danke Ihnen für die Aufklärung. Herr Unertl hat von Bayern gesprochen. Wir haben im Ausschuß über die bayerischen Pflastersteine gesprochen. Herr Unertl, Sie waren damals besonders interessiert. Aber von Regierungsseite wurde gesagt, daß gerade das, was Sie verlangten, nicht unter diese Regelung falle, da es sich um Einfuhren aus Niedrigpreisländern handle, das Problem der Niedrigpreisländer aber durch diese Antidumpingbestimmungen gar nicht tangiert werden soll. Ich wäre im Verlauf meiner Ausführungen darauf noch gekommen. Ich weiß nicht, ob nicht auch auf der anderen Seite solche Mißverständnisse bestehen. Wir waren ja im Ausschuß darüber einig, daß sowohl Einfuhren aus EWG-Ländern als auch Einfuhren aus Niedrigpreisländern nicht unter diese Regelung fallen und daß darüber hinaus alle Handelsgeschäfte innerhalb der EWG von dieser Antidumpingregelung nicht betroffen werden sollen.
Angesichts der jetzt geltenden Regelung brauchen wir mindestens 'bis zum Erlaß der EWG-Verordnung keine Neuregelung; denn die Tatsachen, wie sie uns auch im Ausschuß vorgeführt 'worden sind, unterstützen ein solches Bestreben nicht.
Darf ich Sie daran erinnern, daß der Finanzausschuß dem Wirtschaftsausschuß mitgeteilt hat, daß er gegen die Einrichtung eines vorläufigen Zolls Bedenken hat. Er hat vor allen Dingen darauf hingewiesen, daß es nach den Informationen des Bundesministeriums der Finanzen bislang in keinem Fall in einem Prüfungsverfahren zur Festsetzung eines Antidumpingzolls gekommen ist, weil schon die Einleitung eines Verfahrens in der Regel befriedigende Ergebnisse zeitigt. Das heißt, daß das betroffene Unternehmen in einem anderen Land schon bei der Einleitung eines solchen Verfahrens bestrebt ist, sein Verhalten zu ändern, um einem Beschluß zu entgehen. Der Finanzausschuß hat lediglich gesagt, er habe keine gesetzestechnischen Bedenken gegen diese Neuregelung.
Wir meinen, daß auch ein ,anderes Argument nicht stichhaltig ist. Es ist angeführt worden, das jetzige Verfahren daure zu lange. Das könnten zwei, das könnten drei, das könnten vier Jahre sein. Wenn das der Fall ist, dann ist allerdings diese Neuregelung auch nicht ausreichend; denn in dieser Neuregelung ist vorgesehen, daß ein vorläufiger Zoll für drei Monate befristet festgesetzt wird und daß er in einem laufenden Verfahren nicht erneut festgesetzt werden kann. Wenn das zwei, drei oder vier Jahre dauert, stellt sich die Frage: Was geschieht, wenn die ersten drei Monate herum sind?
Darf ich Sie ferner daran erinnern, daß wir sehr schlechte Erfahrungen auf der internationalen Ebene haben mit den weit übertriebenen Antidumpingpraktiken der Vereinigten Staaten. In den anderen Ländern hat es gegen diese Praktiken sehr heftigen Widerstand gegeben. Vielfältige Beschwerden haben dahin geführt, daß die Frage, wie wir die Antidumpingprobleme regeln wollen, jetzt in der Kennedy-Runde erörtert werden soll. Ich glaube, daß gerade der Vorwurf, dem man sich aussetzt, auf dem Gebiet des Außenhandels protektionistisch zu sein, von den Antragstellern durchaus dadurch bedacht worden ist, daß sie sagen: nur für drei Monate und nur einmal in einem laufenden Verfahren. Aber die Frage ist: Wird denn dadurch etwas gewonnen?
Wir haben im Ausschuß ein anderes Argument gehört, das Sie in etwas anderer Form auch im Bericht finden. Es heißt da: Diese Neuregelung könnte dazubeitragen, daß der Belastete, der nach demgeltenden Recht das Verfahren vielleicht zu verzögern sucht, jetzt ein Interesse daran hat, das Verfahren schneller abzuwickeln. Meine Damen und Herren, wir haben das im Ausschuß sehr viel deutlicher gehört. Da haben wir gehört: Laßt uns den vorläufigen Zoll erst mal festsetzen, dann wird sich der Betroffene schon bemühen, nachzuweisen, daß wirklich kein Dumping vorliegt. Das heißt, daß hier ,der Beklagte nachweisen muß, daß er unschuldig ist, während wir doch in der Regel so verfahren, zu sagen: Der Kläger muß dem Belasteten die Schuld beweisen.
Das sind einige der Gründe, die uns veranlassen, zu diesem Gesetz nein zu sagen, vor allen Dingen zu einer ziemlich verschwommenen Formulierung, in der es heißt, daß ein solcher vorläufiger Zoll festgesetzt werden kann, wenn „mit einem hohen Grad von Wahrscheinlichkeit" feststeht, daß Dumping betrieben wird. Das ist eine Formulierung, die uns in ihrer Unbestimmtheit zu weit geht. Wir meinen: Was bestimmt diesen hohen Grad der Wahrscheinlichkeit? - Bitte schön, Herr Professor Burgbacher!
Eine Zwischenfrage?
Bitte schön!
Herr Kollege, sind Sie in der Lage, uns eine präzise Bestimmung des Begriffs Dumping zu geben, die über den hohen Grad der Wahrscheinlichkeit hinausgeht? Die Wirtschaftswissenschaft wäre Ihnen dafür sehr dankbar.
Herr Professor Burgbacher, ich weiß nicht, ob Sie die verschiedenen Auslassungen der EWG-Kommission über dieses Problem gelesen haben. Mat hat auf vielen Druckseiten Bemühungen unternommen, die man jetzt wiederholt hat, zu einer Bestimmung dieses Begriffs zu kommen. Wenn man das im einzelnen bestimmen wollte, so wäre das Inhalt eines abendfüllenden Vortrags. Über eine ganze Reihe von Problemen will man sich ja eben in der Kennedy-Runde schlüssig werden.
Wir meinen, daß wir diese EWG-Regelung nicht präjudizieren sollten, daß wir darüber hinaus abwarten sollten, was im Rahmen der Kennedy-Runde an internationalen Vereinbarungen über die verschiedenen Praktiken erfolgt.
Eine zweite Zwischenfrage!
Verzeihung, Herr Kollege, glauben Sie, daß es in der Bundesrepublik eine verantwortliche Behörde gibt, die bei der Auslegung des Begriffs „hoher Grad der Wahrscheinlichkeit" an den dann bis dahin vorliegenden Dokumenten der EWG vorbeigehen könnte?
Nein, aber was den hohen Grad der Wahrscheinlichkeit angeht, so befürchten wir, daß die Lautstärke des Einflusses dieses oder jenes Verbandes unter Umständen für diesen hohen Grad der Wahrscheinlichkeit bestimmend sein könnte.
Ich darf Sie daran erinnern, daß wir im Wirtschaftsausschuß seinerzeit über die konjunkturpolitische Zollsenkung beraten haben. Wir berieten dann über eine Ausnahmeliste, und ich darf Sie an die wochenlangen Debatten über diese Liste erinnern, darf Sie daran erinnern, wie wir schließlich hinnehmen mußten, daß diese Zollsenkung im ganzen verändert wurde, nur damit ein paar Branchen noch in die Liste der Ausnahmen von dieser Senkung hineinkämen.
Wir debattieren seit Jahren über die Rolle der Verbände, über die Rolle der Interessenten bis hin zu den „Interessentenhaufen", wie man gelegentlich auch sagt. Wir meinen, hier wird unter Umständen ein Einfluß ausgeübt, der diesen hohen Grad der Wahrscheinlichkeit eben nicht von tatsächlichen Voraussetzungen abhängig macht, sondern von solchen Einflüssen und von der Lautstärke der Klagen, vielleicht nach dem Prinzip: Lerne klagen ohne zu leiden!
Ich darf Ihnen ein letztes in diesem Fragenkreis sagen. Es handelt sich um das Problem der Preisstabilität. Wir haben immer darüber gesprochen, es sei notwendig, etwas für die Preisstabilität zu tun. Wir haben gesprochen über die Rolle des Wettbewerbs in bezug auf stabile Preise, und wir befürchten, hier wird eine Möglichkeit eröffnet, daß es dann, wenn wir den hohen Grad der Wahrscheinlichkeit in dieser unbestimmten Form beibehalten, schließlich dahin kommt, daß stets, wenn wir irgendwo billige Einfuhren haben, irgendeine Gruppe erklärt: Bei diesen niedrigen Preisen stehen wir unter dem Druck einer unlauteren ausländischen Konkurrenz, die mit Dumpingpraktiken arbeitet; hier müssen wir jetzt einen vorläufigen Zoll in Höhe von soundsoviel Prozent festlegen. Wir kennen doch die Tendenz, die dahin geht, daß es, wenn wir einmal etwas vorläufig festgesetzt haben, einen sehr hohen Grad der Wahrscheinlichkeit dafür gibt, daß aus solchen vorläufigen Regelungen endgültige werden. Die Debatten über die Subventionen in den letzten Monaten haben uns das ja gezeigt.
Wir möchten eben dieser Gefahr, daß Einfuhren zu niedrigen Preisen immer wieder als Dumpingpraktiken bezeichnet werden und vielleicht auf diese Weise verhindert werden sollen, begegnen. Wir möchten dies tun im Interesse der Preisstabilität. Ich gebe zu, daß es vielleicht kein großes Loch ist, daß wir mit einem solchen Gesetz in das Faß der Preisstabilität bohren; aber die Preisstabilität kann ja auch aus vielen kleinen Löchern auslaufen. Wenn wir jetzt so kurz vor Beginn der Parlamentsferien in einer ganz großen Aktion versuchen wollen, um dieses Faß Preisstabilität eiserne Reifen zu schmieden, dann appelliere ich heute an Sie, daß Sie gegen Ende der Sitzungsperiode in diesem Jahr diesen Gesetzentwurf ablehnen, um noch, bevor wir in die Ferien gehen, ein kleines Loch, aus dem die Preisstabilität auslaufen könnte, zu stopfen.
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Das Wort hat der Herr Abgeordnete Serres.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe mit Bedauern festgestellt, daß die sozialdemokratische Fraktion diese Vorlage ablehnen will. Ich möchte doch einige Richtigstellungen zu den Ausführungen des Herrn Kollegen Junker anbringen.
Zunächst einmal hat er darauf hingewiesen, daß in der vergangenen Legislaturperiode bereits ein ) ähnlicher Antrag eingebracht worden ist, der das Prinzip der vorangekündigten Rückwirkung verfolgt. Ich darf Sie darauf aufmerksam machen, daß dieser Antrag nicht deswegen nicht weiterverfolgt worden ist, weil er angeblich verfassungswidrig war. Das Bundesjustizministerium hat im Gegenteil seinerzeit ausdrücklich festgestellt, daß er verfassungskonform war. Der Antrag ist nur deswegen nicht weiterverfolgt worden, weil eine Regelung der EWG-Kommission in Aussicht stand und weil wir glaubten, daß diese Regelung bis zum Ende des vergangenen Jahres vorliegen würde. Diese Annahme hat sich nicht bewahrheitet. Es hat sich ira Gegenteil herausgestellt, daß sich die Verhandlungen innerhalb der EWG wahrscheinlich noch längere Zeit hinziehen werden. Das ist der Grund dafür gewesen, daß wir es vorgezogen haben, eine nationale Regelung zu bringen.
Ich muß zugeben, daß wir von diesem Prinzip der vorangekündigten Rückwirkung, bei dem wir eine kleine Anleihe bei den USA gemacht haben, abgekommen sind, nachdem sich die EWG-Länder auf gewisse Richtlinien geeinigt hatten, die eine vorläufige Festsetzung von Antidumpingzöllen vorsahen. Wir haben dieses Prinzip selbstverständlich in unseren Antrag übernommen, da es ja unsinnig wäre, eine nationale Regelung einzuführen, die man später wieder aufgeben müßte, nämlich in dem Augenblick, in dem die EWG-Regelung zustande käme.
Nun könnte man darüber streiten, ob es noch Sinn hat, eine nationale Regelung einzuführen in
einem Augenblick, in dem die EWG-Regelung unmittelbar bevorsteht. Die Informationen der Bundesregierung gehen aber dahin, daß damit in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist, daß aber auch nicht damit zu rechnen ist, daß man wesentlich von dem bisher angenommenen Prinzip abgeht.
Meine Damen und Herren, das ist der Grund für die Vorlage, die Sie hier vor sich haben und über die wir heute zu entscheiden haben. Im übrigen, scheint mir alles andere, was Kollege Junker gesagt hat - ich will auf alle Einzelheiten nicht eingehen -, reichlich übertrieben zu sein. Er hat Schwarzmalerei betrieben und gemeint, damit könnte die Preissituation beeinflußt werden, und es könnten Retorsionsmaßnahmen dritter Länder erfolgen. Das alles trifft nicht zu, sondern es handelt sich um eine einfache Verfahrensvorschrift.
Bisher war es nach dem geltenden Recht so, daß zunächst ein längeres Prüfungsverfahren durchgeführt werden mußte. Am Ende dieses Prüfungsverfahrens wurde der Antidumpingzoll festgesetzt. Das führte dazu, daß Spekulanten, die zu unfairen Methoden Einfuhren bewerkstelligten, innerhalb dieser Prüfungszeit ihre Geschäfte ausführen konnten. Wenn die Prüfung beendet und der Antidumpingzoll festgesetzt war, hatte die Angelegenheit längst ihre Erledigung gefunden. Das ist der eigentliche Grund, weshalb wir nunmehr in diesem Antrag dazu übergegangen sind, einen vorläufigen Antidumpingzoll festsetzen zu lassen, und zwar für die Dauer von drei Monaten, und diesen vorläufigen Zoll eventuell wieder aufzuheben, wenn sich nach Abschluß der Prüfung herausstellen sollte, daß die Voraussetzungen für die Festsetzung dieses Ausgleichszolls nicht vorhanden sind.
Eine Zwischenfrage.
Herr Kollege Serres, Sie sprachen von den Spekulanten und gebrauchten die Formulierung: „wenn der Ausgleichszoll festgesetzt war." Stimmt die Mitteilung des Finanzausschusses nicht, 'daß es bislang in keinem Dumpingverfahren zu der Festsetzung eines Antidumpingzolls gekommen ist?
Es hat nur ein verhältnismäßig kleine Zahl von Verfahren gegeben. Im einzelnen kann ich das jetzt nicht darstellen. Es trifft jedenfalls zu, daß ein Mangel darin liegt, daß zunächst das Prüfungsverfahren durchgeführt und erst an dessen Ende der Ausgleichszoll festgesetzt wird. Hier sehen wir einen Vorteil in dem Antrag, den wir nunmehr dem Hohen Hause vorlegen.
Sie haben sich nun darüber beklagt, daß wir gesagt haben: „hoher Grad von Wahrscheinlichkeit". Ja, meine Damen und Herren, daß. wir hier eine gewisse Ermessensspanne für die Bundesregierung festsetzen müssen, ist doch ganz selbstverständlich. Im übrigen darf ich Sie darauf hinweisen - ich hätte den Satz etwas weiter gelesen, verehrter Herr Kollege Junker daß dort nämlich steht, daß die Rechtsverordnung den Ausgleichszoll nur festsetzen
kann, wenn die Schädigung unmittelbar bevorsteht und im Interesse der Allgemeinheit unverzüglich abgewendet werden muß. Also Sie sehen, es sind Kriterien erheblichen Ausmaßes festgesetzt worden. Es muß also zunächst einmal ,die Schädigung eines Wirtschaftszweiges vorliegen; außerdem muß noch ein Interesse der Allgemeinheit daran vorliegen, daß unverzüglich gehandelt wird. Ich könnte mir z. B. vorstellen, daß, wenn in einem bestimmten Bereich die Beschäftigungslage in Gefahr gerät, ein Interesse der Allgemeinheit besteht. Ich möchte Sie fragen, meine Damen und Herren, weshalb Sie gegen diese Regelung sind. Es ist doch gerade der Sinn der Sache, daß wir dann in einem solchen Falle rechtzeitig eingreifen könnten. Ich bin deswegen der Auffassung, daß diese Regelung durchaus sinnvoll ist.
Ich darf noch darauf hinweisen, daß wir diesmal in der glücklichen Lage sind, uns in voller Übereinstimmung mit der Bundesregierung und ebenso mit der EWG-Kommission zu befinden. Die Koalition hat diesen Antrag gestellt. Sie hat ihn in den Ausschüssen angenommen. Es hat mich gewundert, daß im Finanzausschuß keine Bedenken seitens der SPD-Fraktion geltend gemacht worden sind. Ich kann mich erinnern, daß bei der Abstimmung im Wirtschaftsausschuß ein Kollege der SPD-Fraktion sich der Stimme enthalten hat, so daß er nicht ganz mit der Parteilinie einverstanden gewesen sein muß.
Meine Damen und Herren, ich möchte meine Ausführungen dahin zusammenfassen: Die Vorschrift, die wir hier vorschlagen, erscheint mir sinnvoll, sie ist praktisch - ich selbst besitze langjährige Erfahrungen auf diesem Gebiet -, und ich glaube, daß wir sie unbedingt annehmen sollten.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Staratzke.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Fraktion der Freien Demokraten stimmt dieser Änderung des Zollgesetzes insbesondere deshalb zu, weil damit eine Voraussetzung für eine Förderung des freien Welthandels geschaffen wird. In dem Schriftlichen Bericht heißt es dazu mit Recht:
Je weiter der Zollabbau und je weiter die Liberalisierung im Welthandel fortschreiten, desto stärker wird das Bedürfnis nach strikter Einhaltung der Regeln des fairen internationalen Wettbewerbs und ebenso nach wirkungsvollen Sanktionen im Falle ihrer Verletzung.
Dies gilt natürlich besonders für ein Land wie die Bundesrepublik, die, wie wir wissen, die zweitgrößte Welthandelsnation ist. Die englisch sprechenden Länder, ob die Vereinigten Staaten, ob England, ob die Commonwealth-Länder, haben hierfür seit Jahrhunderten das Wort geprägt: „Free trade must be fair trade." Alle freiheitlichen Länder schreiten gegen Dumping-Einfuhren ein. Die Vereinigten Staaten wie aber auch die Länder, die ich eben zitierte - England, die Commonwealth-Länder -, haben in ihrem Recht
schärfere Bestimmungen als diejenigen, die Ihnen hier heute in dieser Änderungsvorlage vorgelegt worden sind. Die alte Regelung erforderte - ich kann das versichern - jahrelange Nachforschungen im Ausland; das hat der Herr Kollege Junker sehr richtig gesagt. Aber in der Zwischenzeit ist etwa eintretenden schweren Schäden in den betroffenen Wirtschaftszweigen nicht wirksam zu begegnen. Dem abzuhelfen, ist alleiniges Ziel dieser Änderung des Zollgesetzes.
Die Bestimmungen dieser Änderung möchte ich jetzt im einzelnen nicht aufführen. Aber - der Herr Kollege Junker hat das mit Recht angeschnitten und hat danach gefragt - nach der neuen Regelung muß ja innerhalb von drei Monaten etwas geschehen sein. Er hat recht damit. Aber sowohl der Importeur wie der Exporteur des Lieferlandes haben hierdurch das allergrößte Interesse, daß schnellstens nachgewiesen wird, ob ein Dumping vorliegt oder nicht.
Und zu der Frage: Was ist das denn eigentlich, dieses geheimnisvolle Dumping und diese Subsidien? Ich glaube, man kann das am besten an einigen Beispielen darstellen; denn ich gebe zu und teile die Auffassung des Kollegen Burgbacher, daß bisher noch keine einheitliche, einwandfreie Definition gegeben worden ist. Ich möchte Ihnen die schlimmsten Fälle vortragen: Ein Exportland gibt regierungsseitig dem Exporteur Prämien für den durchgeführten Export, oder es führt multiple Wechselkurse ein - eine häufige Maßnahme -, oder dem Exporteur werden vom Staat mehr Steuern zurückerstattet, als vorher erhoben worden sind. Das alles sind Praktiken, die nichts mit den preiswerten Einfuhren zu tun haben, die wir damit ganz sicher niemals verhindern wollen.
Ein Wort zu den internationalen Bestimmungen. Die hier vorgesehene deutsche Regelung geschieht in völliger Übereinstimmung mit einer vorgesehenen Regelung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft. Leider ist aber die einheitliche Antidumpingregelung der EWG - aus Gründen, die wir ja kennen, die eigentlich mehr Verfahrensgründe sind - immer wieder zurückgestellt worden. Gerade deshalb halten wir die deutsche Initiative für besonders notwendig. Die hier vorgesehenen Bestimmungen gegen den unfairen Wettbewerb stehen aber auch nicht im Gegensatz zu den internationalen GATT-Bestimmungen. Ich erwähnte bereits, daß die meisten freiheitlichen Länder schärfere Bestimmungen anwenden.
Sodann ein Wort zu dem, was der Kollege Junker zu dem Brief des Vorsitzenden des Finanzausschusses gesagt hat, in dem davon gesprochen wird, daß kein Antidumpingzoll eingeführt worden sei und abgesehen von einem Fall die Einleitung des Prüfungsverfahrens stets zu befriedigenden Ergebnissen geführt habe. Meine Damen und Herren, wer die Materie etwas kennt, der weiß, daß es sich hier um den Begriff Antidumpingzoll gehandelt hat, daß aber das Wort Ausgleichszoll, das gleichzeitig hier fixiert worden ist, nicht angesprochen worden ist. Hätte man das getan, dann müßte man nämlich feststellen, daß eine ganze Anzahl von Fällen, bei denen Ausgleichszölle erhoben werden sollten, entweder laufengelassen sind oder sich infolge mangelnder Initia2508
tive dahingeschleppt haben. Ich nenne ein Land, die Türkei: dort sind Ausfuhrsubsidien von 10 % für bestimmte Waren vorgesehen. Dieses Prüfungsverfahren läuft seit elf Monaten. Ich nenne ein weiteres Land, Österreich: dort sind überhöhte Ausfuhrvergütungen festgestellt und auch gar nicht abgestritten worden. Das Verfahren lief sehr lange, bis man sich im gegenseitigen Einvernehmen der betreffenden Industrien auf eine Regelung geeinigt hat. In Italien erstattet man mehr Steuern, als gezahlt worden sind. In Südamerika gibt es ein Land, das multiple Wechselkurse für die Erzeugnisse anwendet, für die der Exporteur Prämien erhalten soll. Das alles sind Maßnahmen, die mit der Unternehmenswirtschaft nichts zu tun haben und für welche die einzelne Unternehmung nicht einzutreten hat. Nur um die Abwendung dieser Dinge geht es uns.
Aus allen diesen Gründen tritt die Fraktion der Freien Demokraten für diese Antidumpinggesetzgebung ein. Ich möchte noch einmal betonen, daß diese Regelung nichts, aber auch gar nichts mit Protektionismus zu tun hat. Im Gegenteil, sie ist die Voraussetzung für weitere Expansion und Liberalisierung des Welthandels.
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Das Wort hat Herr Abgeordneter Ravens als Berichterstatter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Worte des Herrn Kollegen Dr. Serres zwingen mich, als Berichterstatter hier kurz das Wort zu nehmen. Ich habe in meinem Schriftlichen Bericht im ersten Abschnitt festgestellt, daß schon im 4. Bundestag mit der Drucksache IV/1658 ein Vorschlag vorgelegen habe, der die Anwendung von Antidumpingabgaben mit vorangekündigter Rückwirkung zum Inhalt hatte, und daß gegen diesen Vorschlag seinerzeit verfassungsrechtliche Bedenken angemeldet wurden. Die Äußerungen des Kollegen Serres mußten in diesem Hause so verstanden werden, als hätte der Berichterstatter nicht korrekt aus dem Ausschuß berichtet. Im Ausschuß ist aus den Reihen der Antragsteller dieses neuen Entwurfs in der Debatte ausdrücklich erklärt worden - und von da her stammen meine Notizen, die mit den Notizen der Ausschußsekretärin in Übereinstimmung sind -: Der damalige Antrag wurde nicht wiederholt, sinngemäß: wegen der damals geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken. Aus diesem Grunde habe ich als Berichterstatter diese Dinge aufgenommen. Ich möchte hier nicht den Eindruck entstehen lassen - ich glaube, Herr Kollege Serres, das ist im Interesse von uns beiden -, daß der Berichterstatter eine Berichterstattung abgegeben habe, die nicht den Beratungen im Ausschuß entspreche.
Herr Abgeordneter Serres.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist selbstverständlich, daß ich den guten Glauben des Herrn Berichterstatters
unterstelle. Ich darf nur noch einmal wiederholen, daß ich mich als früherer Vorsitzender des Außenhandelsausschusses sehr wohl an die Vorgänge erinnere, zumal ich der Verfasser des ursprünglichen Antrages mit der vorangekündigten Rückwirkung war. Man kann es vielleicht insofern richtigstellen: Im Ausschuß sind verfassungsrechtliche Bedenken geäußert worden. Daraufhin ist das Justizministerium um eine gutachtliche Stellungnahme gebeten worden. Wenn Sie die Akten des Ausschusses etwas näher durchgesehen hätten, dann hätten Sie festgestellt, daß das Bundesjustizministerium nach eingehender längerer Prüfung - wir haben dann den Antrag wochenlang zurückgestellt - zu dem Ergebnis gekommen ist, daß verfassungsrechtliche Bedenken nicht bestehen den Zweifel konnte man ursprünglich haben, das gebe ich zu -; aber anscheinend hat man Sie nicht darauf aufmerksam gemacht, und deswegen haben Sie das aufgenommen. Ich halte die Sache auch nicht für übermäßig tragisch, weil wir ja selbst den alten Antrag aufgegeben haben. Es steht jedenfalls fest, daß auch das Bundesjustizministerium die Verfassungsmäßigkeit dieser vorangekündigten Rückwirkung bejaht hat und daß wir nur deswegen den Antrag seinerzeit am Ende der Legislaturperiode nicht weiterverfolgt haben, weil wir mit einer EWG-Regelung rechneten, die dann in der Richtung gelegen hätte, wie wir es jetzt zum Inhalt unseres Antrages gemacht haben. Das darf ich nur zur Richtigstellung sagen.
Das Wort hat als Berichterstatter Herr Abgeordneter Ravens.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch diese Erklärung kann mich nicht befriedigen. Ich muß nochmals darauf hinweisen, daß während der Beratungen im Wirtschaftsausschuß zu diesem uns vorgelegten Gesetzentwurf auf Drucksache V/393 aus den Reihen der Antragsteller ausdrücklich erklärt wurde, man habe jetzt ein Verfahren in Übereinstimmung mit der EWG-Kommission gewählt, das den damals geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken Rechnung trage. Von da her ist dieser Satz in meinen Ausschußbericht hineingekommen.
Das Wort hat der Abgeordnete Unertl.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir hören in diesem Hause hier sehr oft ein bestimmtes Argument: wenn man etwas ablehnen will, dann muß die Verfassung herhalten. Ich bin so verfassungstreu, daß ich es mir nicht so leicht mache. Ich habe mich jetzt gerade noch einmal beim früheren Vorsitzenden des Außenhandelsausschusses erkundigt. Er gibt mir recht: wir haben in der letzten Sitzung des Wirtschaftsausschusses überhaupt keine Verfassungsdebatte geführt. Wenn es soweit kommen sollte, dann müßte ja später auch noch das Justizministerium gefragt werden.
Wir haben heute die Möglichkeit, ein Gesetz zu verabschieden, das wir bereits im letzten Bundestag
verabschieden wollten. Die Gründe, warum die Verabschiedung nicht zustande kam, sind hier bereits lang und breit ausgeführt worden. Ich gehe sogar eine kleine Idee weiter und sage, daß damals auch die Bundesregierung einen anderen Standpunkt eingenommen hat als heute. Damit das nicht die Herren von der Opposition sagen müssen, sage ich es als Mitglied der Regierungskoalition.
Ich bin nur neugierig, ob nicht doch einer der SPD-Kollegen aus Bayern hierher ans Rednerpult geht und mir bestätigt, daß wir da unten im oberpfälzischen Raum und im Bayerischen Wald wegen der Vorkommnisse und der Sorgenwelle der dortigen Steinindustrie auf dieses Gesetz warten. Ich bin gar nicht so boshaft und sage nicht, daß die SPD-Kollegen aus Bayern nun mit diesem Gesetz schon hausieren gehen, wie das der Kollege van Delden ausgeführt hat. Ich möchte noch eine Chance geben, damit wenigstens die Abgeordneten der SPD aus Bayern dem Gesetz zustimmen können.
Wir wissen doch, daß es in den drei Jahren, 'in denen wir im 'Bundestag und in den Ausschüssen um diese Gesetzesvorlage gerungen haben, nicht möglich war, das Gesetz durchzubringen. Einmal hat man uns auf die EWG-Regelung verträstet. Die kommt nicht. Heute hören wir: EWG-konform, GATT-konform.
Ich möchte hier den Kollegen Junker widerlegen. Ich habe das bereits im Ausschuß getan. Dort hat Ihr Kollege Professor Schiller die gleiche Auffassung vertreten wie Sie, nämlich daß die bisherige Zoll- und Außenhandelsgesetzgebung genüge, um 0 gegen Dumpingpreise und Preismanipulationen vorzugehen. Ich habe den Vertreter der Regierung, der hier auf der Regierungsbank sitzt, gefragt, ob dies so sei. Die Frage wunde verneint.
Demjenigen, der glaubt, daß für die Steinindustrie gar kein Schutz drin wäre, müßte die Zustimmung noch leichter fallen. Wenn Sie glauben, daß das Gesetz sowieso auf den Sektor nicht anwendbar sei, wo wir uns von einer Anwendung etwas versprechen, könnten Sie ihm doch zustimmen.
Wir bejahen den Welthandel, wir bejahen die Liberalisierung, wir bejahen alle die Möglichkeiten, über die Handelsschranken hinweg weltweiten Handel zu betreiben. Aber 'der Einfuhrhandel muß dort aufhören, wo durch manipulierte Preise bei der Einfuhr die Eigenerzeugung im Inland zum Verfall kommt und wo die Existenzen gefährdet werden.
({0})
Wenn das Gesetz verabschiedet ist - es wird eine Mehrheit im Hause finden -, werden wir uns aus Bayern sofort wegen der Steinindustrie an den Gesetzgeber wenden, weil die Einfuhren aus Portugal eine so starke Konkurrenz sind und auf die Preise drücken. Wir werden uns hier zur Wehr setzen. Wir haben 'im 4. Bundestag erlebt, daß ein Antidumpingantrag gegen Jugoslawien eingereicht wurde; damals ging es um die Hartfaserplattenindustrie. Dieser Antrag kam gar nicht zum Vollzug, weil das ausführende Land - in diesem Falle Jugoslawien - sich in einer Selbstbeschränkung an die Preisdisziplin gehalten hat.
Wir wissen heute, daß aus Portugal zu niedrigsten Preisen eingeführt wird. Die Gründe sind bekannt: es sind die Löhne und Frachten. Es werden hier Einfuhren getätigt, die den Markt überschütten. Ich hoffe, daß uns das Gesetz hier endlich eine Handhabe gibt, um Ordnung dort zu schaffen, wo Unordnung besteht und 'die Wettbewerbschancen verfälscht werden.
Ich bitte daher das Hohe Haus, dem Gesetz zuzustimmen.
({1})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Kurlbaum.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist dem Kollegen Unertl schon im Ausschuß auseinandergesetzt worden, daß der von ihm angeführte Fall von dieser Neuregelung überhaupt nicht betroffen wird und daher auch nicht geschützt wird. Er hat jetzt wiederum gesagt, daß die von ihm angesprochene bayerische Industrie durch Einfuhren aus Portugal wegen der niedrigen Löhne in Portugal und wegen der niedrigen Frachten geschädigt werde.
({0})
- Was weiß ich, weswegen noch. Bitte, darüber müssen Sie sich unterrichten!
Das Gesetz, das heute hier zur Debatte steht, betrifft überhaupt keinen Schutz vor niedrigen Löhnen und niedrigen Frachten. Es handelt sich vielmehr ausschließlich darum, solche Fälle zu treffen, bei denen durch Regierungsmaßnahmen des betreffenden Landes, durch staatliche Subventionen mit öffentlichen Mitteln oder durch Steuervergünstigungen eine Verzerrung eintritt.
({1})
Ich möchte also klarstellen, Herr Unertl - und das ist Ihnen auch schon im Ausschuß gesagt worden -, daß Ihr Fall geeignet ist, hier einen ganz falschen Eindruck bezüglich der Bedeutung dieses Gesetzentwurfs zu erwecken.
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Ja, bitte sehr!
Herr Kollege Kurlbaum, es ist Ihnen doch so gut wie mir bekannt, wie die portugiesischen Einfuhrpreise manipuliert sind. Auf Grund dessen sehe ich nicht ein, warum ,Sie mir unterstellen, daß das, was ich will, mit dem Gesetz nichts zu tun hätte.
Einen Augenblick mal, Herr Unertl, Sie geben es mir jetzt gerade zu. Durch Ihre Zwischenfrage haben Sie deutlich erkennen lassen, daß Sie gar nicht imstande sind, die Gründe dafür anzugeben, warum die Einfuhren aus Portugal eine Unterbietung der 'bayerischen Industrie darstellen. Das ist aber gerade der entscheidende Punkt. Darum
sollten Sie sich vorher darüber unterrichten, wenn Sie behaupten, dieses Gesetz sei nötig zum Schutz der bayerischen Steinindustrie vor portugiesischen Einfuhren. Sie hätten ,sich vorher darüber unterrichten müssen, ob das wirklich ein Fall ist, dem der Schutz dieses Gesetzes zugute kommt. Ich habe Ihren Äußerungen entnehmen können, daß Sie das nicht untersucht haben. Sie haben einfach versucht, durch eine bewegte Klage über diese Industrie die Gemüter für sich zu gewinnen.
Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?
Bitte!
Herr Kollege Kurlbaum, wir wollen doch mit dem Gesetz jetzt nicht bereits irgendeinen konkreten Fall behandeln, sondern uns geht es doch genau wie Ihnen darum, für die Zukunft eine Ordnung herzustellen. Deswegen kann man doch nicht dagegen sein!
Herr Unertl, Sie sind ja überhaupt nicht auf das eingegangen, was ich eben gesagt habe. Ich habe Sie aufgefordert, sich über die Ursachen dieser Unterbietung zu äußern. Das haben Sie nicht tun können. Nun flüchten Sie in allgemeine Redensarten.
({0})
Nun aber noch etwas anderes, meine Damen und Herren. Wir beschäftigen uns schon beinahe seit zehn Jahren in diesem Hause mit dem ernsten Problem der schleichenden Inflation oder - wie man es auch ausdrücken kann - mit einer ziemlich konstanten Geldentwertungsrate von 3 % und darüber. Wir Sozialdemokraten sind der Meinung, daß dann, wenn irgendeine Maßnahme getroffen wird, die preissteigernd wirken kann, die also geeignet ist, die schon vorhandene ständige allgemeine Steigerung des Preisniveaus weiter zu fördern, diese einer ganz sorgfältigen Prüfung bedarf. Sie, meine Damen und Herren, tun durch Ihren Gesetzentwurf folgendes. Sie machen es möglich, daß eine Maßnahme, die auf das Preisniveau steigernd wirken kann, ohne ausreichende Prüfung durchgeführt wird.
({1})
- Jawohl! Sie wollen das Verfahren abkürzen; Sie wollen die Einspruchsmöglichkeiten einschränken; Sie beschwören mit diesem Gesetz die zusätzliche Gefahr einer Preissteigerung herauf, und das machen wir nicht mit. Wir überlassen Ihnen die Verantwortung, wenn es in der Bundesrepublik mit der allgemeinen Preissteigerung so weitergeht wie bisher.
({2})
Das Wort hat Herr Staatssekretär Dr. Langer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Da die Bundesregierung im Laufe der Diskussion so häufig zitiert worden
ist, möchte ich ganz kurz zu dieser Gesetzesvorlage Stellung nehmen. Ich möchte zunächst einmal aussprechen, daß die Bundesregierung nach wie vor die sehr große Hoffnung hat, daß wir in der EWG möglichst bald zu einer einheitlichen Regelung kommen werden. Leider hat sich diese Hoffnung in der fernen und in der jüngsten Vergangenheit nicht erfüllt, so daß es durchaus angebracht ist, die zeitliche Lücke hier zu überbrücken. Aber an der Einstellung der Bundesregierung, daß das eine Materie ist, die EWG-einheitlich geregelt werden sollte, hat sich nichts geändert, und die Bundesregierung wird alles tun, um im Rahmen der Beratungen innerhalb der EWG für eine schnelle Verabschiedung einer EWG-einheitlichen Regelung zu sorgen.
Ich möchte eine zweite Feststellung treffen. Wir sind sehr glücklich darüber, daß dieser Gesetzesvorschlag konform ist mit der Gemeinschaftsregelung in der EWG, so wie sie sich bei dem gegenwärtigen Beratungsstand abzeichnet. Es gibt hier keine irgendwie nennenswerten Unterschiede. Ich glaube, insofern wird die Verabschiedung dieses Gesetzentwurfes der EWG-einheitlichen Regelung förderlich sein.
Dritte Feststellung. Man wird wohl sehen müssen, daß die Dringlichkeit einer Regelung in Deutschland - in der Bundesrepublik, im zweitgrößten Welthandelsland - angesichts der Entwicklung der Importe in der jüngsten Vergangenheit - ich verweise nur auf die Steigerung der Importe um rund 20% im Jahre 1965 - größer geworden ist.
Als nächstes: Herr Abgeordneter Junker hat sich sehr klar zugunsten eines fairen Wettbewerbs ausgesprochen. Ich möchte deutlich sagen, daß die Bundesregierung diesen Gesetzentwurf so versteht, daß er eine Entscheidung zugunsten eines fairen Wettbewerbs in der Weltwirtschaft sein soll.
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Damit möchte ich auch deutlich aussprechen, daß wir den Gesetzentwurf nicht so verstehen, daß er eine Möglichkeit gibt, das inländische Preisniveau auf irgendeinem Gebiet manipulierend anzuheben. Das hat gar nichts damit zu tun, daß echte Dumpingfälle schneller abgewehrt werden sollen. Wir glauben, daß hier ein vernünftiger Mittelweg gegangen wurde, weil eine Fülle von Sicherungen eingebaut ist, eine Fülle von Sicherungen gegen einen Mißbrauch. Hierbei darf ich insbesondere auf die Bedeutung der Drei-Monats-Regelung verweisen, die eben dazu zwingt, daß die Maßnahme nicht in einem sehr frühen Stadium ergriffen werden kann, weil sie dann nach drei Monaten aufgehoben werden müßte und eine sehr schwierige Lage eintreten würde, andererseits aber eben auch dazu zwingt, daß nur in ernsten Fällen von der Maßnahme Gebrauch gemacht werden kann.
Da die übrigen Kriterien im Laufe der Debatte alle genannt worden sind, brauche ich sie hier nicht noch einmal zu wiederholen. Ich möchte aber darauf hinweisen, daß mit der Verabschiedung des Gesetzes ganz bestimmt nicht alle Hoffnungen, die ohne eine gründliche Prüfung hier und da erwachsen sein mögen, in Erfüllung gehen werden.
Ein großes Problem in der Weltwirtschaft bleibt die Unterscheidung zwischen Dumping und Niedrigpreiswaren, ein Problem, das eben bei einem so lebhaften Welthandel, wie er sich in den letzten Jahrzehnten herausgebildet hat, besteht und mit dem man sich auseinandersetzen muß.
Vorletzte Bemerkung: Die Bundesregierung vertraut vor allen Dingen auf die prophylaktische Wirkung einer solchen Regelung. Meine Damen und Herren Abgeordneten! Wir haben im Kabinett zwei Beschlüsse über Dumpingmaßnahmen gefaßt. Es mag Sie interessieren, daß beide Beschlüsse nicht in Kraft traten, weil unmittelbar nach der Beschlußfassung - und hier darf ich sagen: binnen 24 Stunden - eine Erklärung von dem betreffenden Land abgegeben wurde, die in befriedigender Weise die Abstellung der Dumpingimporte ankündigten. Nach dieser Ankündigung wurde verfahren, so daß der beschlossene Verordnungsentwurf eine Woche später im Bundeskabinett wieder aufgehoben wurde.
Ich darf abschließend sagen: Der Vorschlag befindet sich nach unserer Prüfung in Übereinstimmung mit dem Beratungsstand im GATT. Ich möchte das ganz besonders unterstreichen, denn Sie wissen, welch großen Wert die Bundesrepublik auf das Gelingen der Kennedy-Runde und der diesbezüglichen Bemühungen legt; Sie wissen, daß im Rahmen dieser Bemühungen die Frage der Anti-Dumping-Regelung eine große Rolle spielt. Wir befinden uns hier also in Übereinstimmung mit dem Beratungsstand im GATT.
Das sind die Gründe, warum die Bundesregierung diesen Gesetzentwurf begrüßt.
({1})
Es liegt keine weitere Wortmeldung vor, und es liegen keine Anträge vor. Dann stimmen wir in
dritter Beratung
über das Gesetz im ganzen ab. Wer dem Gesetz zustimmen will, der möge sich von seinem Sitz erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Gesetz ist gegen zahlreiche Stimmen angenommen.
Ich rufe Punkt 15 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Deringer, Busse ({0}) und den Fraktionen der CDU/CSU, FDP eingebrachten Entwurfs einer Patenanwaltsordnung
- Drucksache V/276 -
a) Bericht des Haushaltsausschusses ({1}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
- Drucksache V/786 -
Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Tamblé
b) Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses ({2})
- Drucksache V/675 Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Reischl ({3})
Ich möchte mitteilen, daß der Haushaltsausschuß soeben durch Herrn Abgeordneten Tamblé seinen Bericht vorgelegt hat, in dem er mitteilt, daß der Haushaltsausschuß keine Bedenken gegen die Vorlage erhebt.
Zu dem Bericht des Rechtsausschusses hat als Berichterstatter der Herr Abgeordnete Dr. Reischl das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Rechtsausschuß hat Ihnen mit der Ergänzung zu Drucksache V/675 eine Änderung der ursprünglichen Fassung des § 12 vorgelegt, und ich darf diese Änderung kurz begründen.
In der ursprünglichen Vorlage der Koalitionsparteien, die mit der Regierungsvorlage aus der letzten Legislaturperiode übereinstimmte, war vorgesehen, daß die Anwärter, die für die Patentanwaltschaft ausgebildet werden, in der Zeit von einem Jahr, in der sie beim Patentamt und beim Bundespatentgericht und eventuell bei den Patentkammern der Landgerichte oder Patentsenaten der Oberlandesgerichte ausgebildet werden, Darlehen zur Sicherung ihres Unterhaltes bekommen, die sie später wieder zurückzahlen müssen. Der Rechtsausschuß hatte aus der grundsätzlichen Erwägung heraus, daß die Anwärter auf die Patentanwaltschaft in der Zeit, in der sie beim Bundespatentamt und bei dem Bundespatentgericht beschäftigt werden sollten, dort ausschließlich tätig sein sollten, beschlossen, diesen Anwärtern für diese Zeit ihrer Tätigkeit eine Unterhaltsbeihilfe nach den Sätzen zu bewilligen, die für die Gerichtsreferendare gelten.
Gegen diesen Beschluß des Rechtsausschusses hatte der Haushaltsausschuß in einem Schreiben an den Rechtsausschuß Einwendungen erhoben, und der Rechtsausschuß hat deshalb noch einmal neu beraten. Er hat dabei dem § 12 die Fassung gegeben, die Ihnen jetzt vorliegt, und zwar hat er damit die Frage offen gelassen, wie der Unterhalt in der Zeit, in der die Anwärter für die Patentanwaltschaft bei den Bundesbehörden, also beim Bundespatentamt und beim Bundespatentgericht, beschäftigt werden, geregelt werden soll; er hat es der Bundesregierung überlassen, in einer Rechtsverordnung eine Regelung für diese Frage zu treffen.
Allerdings möchte ich namens des Rechtsausschusses eines klarstellen. Der Rechtsausschuß ist der Auffassung, daß die Beschäftigungspflicht bei diesen Behörden unbedingt mit einer Unterhaltsbeihilfe gekoppelt sein muß. Wenn also die Bundesregierung zu dem Ergebnis kommen sollte, in ihrer Rechtsverordnung den Anwärtern auf die Patentanwaltschaft für die Zeit ihrer Tätigkeit beim Bundespatentamt und beim Bundespatentgericht jede andere Nebentätigkeit zu verbieten, was der Rechtsausschuß im Interesse der Vermeidung von Kollisionen und im Interesse einer guten Ausbildung für richtig halten würde, dann müßte sie gleichzeitig für diese Zeit den Anwärtern auch einen Unterhaltszuschuß bewilligen,
während es der Bundesregierung, wenn sie eine
andere Regelung trifft, freisteht, gegebenenfalls auch
eine andere Vorsorge für den Unterhalt zu treffen.
Das wollte ich namens des Rechtsausschusses hierzu klarstellen. Der Haushaltsausschuß hat, wie bereits bekanntgegeben, gegen diese Regelung keine Einwendungen erhoben, weil die Frage der Kosten erst durch die Rechtsverordnung der Bundesregierung oder vielmehr durch eine Rechtsverordnung des Bundesministers der Justiz entsteht, der diese wiederum nur im Einvernehmen mit dem Bundesfinanzminister erlassen kann, so daß haushaltsmäßig nichts passieren kann.
Ich darf also bitten, den § 12 in der durch die Ergänzung zu Drucksache V/675 vorgeschlagenen Fassung anzunehmen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Ich rufe die Einzelbestimmungen in zweiter Beratung auf. Der erste Änderungsantrag ist zu § 14 angekündigt. Ich rufe also die §§ 1 bis 13 auf. - Keine Wortmeldungen. Dann lasse ich abstimmen. Wer diesen Paragraphen in der Ausschußfassung zustimmen will, der gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Zu § 14 ist ein Änderungsantrag angekündigt. Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Dr. Wilhelmi.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Änderungsantrag, der Ihnen mit Umdruck Nr. 80 *) vorliegt, befaßt sich mit dem sogenannten Patentanwaltsyndikus, d. h. einem Patentanwalt, der in einer Firma angestellt ist und daneben eine freie Praxis betreibt. Das Problem des Patentanwaltsyndikus ist dem des Rechtsanwaltsyndikus sehr ähnlich, d. h. einem Rechtsanwalt, der in einer großen Firma angestellt ist, dort die Rechtsabteilung leitet und daneben freie Praxis betreibt. Jahrzehntelang, seit ich Rechtsanwalt bin, ist diese Sache immer umstritten gewesen. Es gibt eine Gruppe der freien Anwälte, die heftig dagegen kämpft, daß es einen solchen Syndikusanwalt geben darf, und es gibt auch eine Gruppe der freien Anwälte, die sich immer für diese Syndizi eingesetzt hat. Zu letzterer habe ich immer gezählt. Mit unserer neuen Rechtsanwaltsordnung, die wir vor einigen Jahren geschaffen haben, ist dieser Rechtsanwaltsyndikus eingeführt worden. Es wäre schon deshalb unter diesem Gesichtspunkt etwas merkwürdig, wenn wir bei der Patentanwaltsordnung von diesem Grundsatz wieder abwichen.
Wir haben deshalb im Rechtsausschuß über diese Sache auch sehr eingehende Verhandlungen gehabt, und es gab Kollegen, die dafür waren, und Kollegen, die dagegen waren. Die letzteren befanden sich bei den Beratungen des Rechtsausschusses in der Mehrheit, so daß die Vorlage des Rechtsausschusses den Patentanwaltsyndikus nicht enthält. Das ist teil-
*) Siehe Anlage 2 weise darauf. zurückzuführen, daß die Formulierungen, die dem Rechtsausschuß vorgelegen haben, etwas unglücklich waren, und ein Teil der Kollegen, die gegen den Patentanwaltsyndikus gestimmt haben, auf dem Standpunkt standen, es sei nicht gesichert, daß der ganze Beruf nach wie vor den Charakter des freien Berufs habe, d. h. aus Leuten bestehe, die die Möglichkeit hätten, nicht nur in einem Dienstverhältnis ihre Arbeit zu leisten, sondern daneben auch in einer freien Tätigkeit.
Infolgedessen haben sich die Kollegen des Rechtseusschusses, die der Koalition angehören, noch einmal zusammengesetzt. Sie haben auch noch einmal mit verschiedenen Vertretern der Patentanwaltschaft gesprochen und legen Ihnen nun auf Umdruck 80 einen Änderungsantrag vor, der sehr zurückhaltend ist und sehr viel enger gefaßt ist als die Formulierung, die ,dem Rechtsausschuß vorlag.
Man kann natürlich immer sagen; Es gibt fest angestellte Patentanwälte, die nicht genügend freie Praxis haben und die sich nicht frei genug fühlen. Ich gebe Ihnen ohne weiteres zu, meine Damen und Herren, dieses ganze Problem ist abhängig von der Persönlichkeit des einzelnen Anwalts oder Patentanwalts. Es gibt eine ganze Menge freier Anwälte und freier Patentanwälte, die, weil sie einen großen Klienten haben, innerlich in viel größerer Abhängigkeit von diesem einen großen Klienten sind als mancher Syndikus und Patentanwaltsyndikus, der eben ein Kerl ist und der seinem Arbeitgeber völlig unabhängig gegenübersteht. Wir sind der Meinung, daß die Stellung des Patentanwalts, der in einem großen Unternehmen fest angestellt ist, fast eine stärkere ist als die des normalen SyndikusRechtsanwalts, weil er auf einem sehr speziellen Gebiet arbeitet und dort schon aus diesem Grunde die nötige Freiheit 'besitzt.
Noch ein anderer Gesichtspunkt hat uns etwas Kopfzerbrechen gemacht, nämlich die Frage, ob nicht eine Kollision der Interessen beim Patentanwalt in größerem Maße vorhanden sein könnte als bei einem gewöhnlichen Anwalt, wenn er nämlich durch seine freie Tätigkeit Dinge erfährt, die vielleicht für seinen Arbeitgeber wichtig sind. Auch hier handelt es sich um die Frage der einzelnen Persönlichkeit. Das gebe ich ohne weiteres zu. Aber ich glaube, man kann nicht generell unterstellen, daß der Stand der Patentanwälte nicht die nötige Festigkeit zeige, um solchen Schwierigkeiten auszuweichen. Man kann annehmen, daß er, wenn er in einer Interessenkollision ist, durch Ablehnung des Mandates diese beseitigt.
Ich möchte Ihnen deshalb die Annahme des Antrags Umdruck 80 empfehlen. Das Hauptbedenken ist ausgeräumt, daß der Betreffende nicht wirklich ein freier Patentanwalt ist, obwohl er bei einer Firma angestellt ist. Wenn dieses Bedenken ausgeräumt ist, sollte man Patentanwälte nicht anders behandeln als die Rechtsanwälte.
({0})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Reischl.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf Sie sowohl in meiner Eigenschaft als Berichterstatter als auch für die SPD-Fraktion bitten, diesen Antrag abzulehnen. Der Rechtsausschuß hat gerade diese Frage sehr eingehend beraten und sich damals in Berlin bei guter Besetzung mit großer Mehrheit dafür ausgesprochen, es bei der Vorlage zu belassen, die ursprünglich eine Regierungsvorlage war und jetzt eine Vorlage der Regierungsparteien ist. Die Hauptbeweggründe hat Herr Kollege Dr. Wilhelmi bereits eingehend dargelegt. Ich kann mich also sehr kurz fassen.
Der wichtigste Grund hierfür war, daß wir aus der Sachverständigenvernehmung den Eindruck gewannen, daß sich die Gefahren von Interessenkollisionen doch nicht ganz beseitigen lassen. Es ist hier eben einfach eine andere Lage als bei den Rechtsanwälten. Bei den Rechtsanwälten handelt es sich um einen großen Kreis von Rechtsstreitigkeiten. Außerdem darf der Syndikus-Rechtsanwalt für seinen eigenen Betrieb, bei dem er angestellt ist, vor Gericht noch nicht einmal auftreten. Das soll aber beim Patentanwalt anders sein, weil sonst die ganze Sache für die Patentanwälte sinnlos würde.
Weiterhin ist aber zu bemerken, daß der Rechtsanwalt eine breite Gruppe von Rechtsstreitigkeiten hat, während der Patentanwalt nur ein verhältnismäßig eng spezialisiertes Gebiet hat, nämlich das Gebiet der Streitigkeiten in Patentsachen, vor allem die Vertretung von Patentsachen vor dem Patentamt und den Patentgerichten. Dazu kommt dann noch, daß der Patentanwalt in der Regel auf ein besonderes technisches Gebiet spezialisiert ist und in erster Linie da tätig wird. Dazu kommt weiter, daß die Zahl der Mandanten viel geringer ist, als das beim Rechtsanwalt der Fall ist.
Wenn nun ein Mandant mit einer Sache aus einem Fachgebiet kommt, in dem der Patentanwalt gerade für seine Firma tätig ist, dann besteht, selbst ohne jede Absicht des Patentanwalts, die Gefahr, daß allein schon durch sein Personal, durch die Kenntnisnahme von einer Anmeldung z. B., die seinen Betrieb interessieren könnte, eine Interessenkollision hervorgerufen wird. Hier genügt allein schon die Mitteilung technischer Tatsachen; denn das ist ja gerade das Entscheidende bei einem Patent.
Außerdem hat die Sachverständigenvernehmung ergeben, daß die Möglichkeit freier Betätigung bei den angestellten Patentanwälten nur in den Spitzenstellungen wirklich besteht. Bei allen anderen wird es praktisch von den Betrieben nicht geduldet. Selbst diese Möglichkeit in den Spitzenstellungen wird, soweit wir das in der Sachverständigenvernehmung feststellen konnten - und wir haben einige sehr prominente angestellte Patentanwälte angehört -, gar nicht ernsthaft, jedenfalls nicht in größerem Umfang ausgenützt. Auch die Weisungsfreiheit, die nun einmal das Merkmal eines freien Berufs ist, besteht in Wahrheit nur bei den Spitzenstellungen.
Alle diese Gründe haben den Rechtsausschuß damals bewogen, mit großer Mehrheit für eine Regelung einzutreten, die den sogenannten SyndikusPatentanwalt, der noch dazu seinen eigenen Betrieb vertreten kann - das ist also anders als bei den Syndikus-Rechtsanwälten -, ausschließen sollte. Ich darf daher bitten, den Antrag, der die Fassung des Rechtsausschusses und der Vorlage ändern soll, abzulehnen.
Das Wort hat der Abgeordnete Busse.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und meine Herren Kollegen! Ich will mich ganz kurz fassen. Die Ausführungen des Herrn Kollegen Reischl würden zutreffend sein, wenn wir in der Vorlage der Koalitionsparteien tatsächlich eine Verbindung zwischen freien Patentanwälten und angestellten Patentanwälten absolut ausgeschlossen hätten. Das haben wir nicht getan. Alle die Möglichkeiten, die Sie jetzt aufgezählt haben, die Sie als nicht gut bezeichnen, sind auch in der Fassung enthalten, die Sie mit beschlossen haben.
Das einzige, wodurch sich unser jetziger Antrag von dem, was wir im Rechtsausschuß beschlossen haben, unterscheidet, ist, daß wir eine gewisse leichte Auflockerung vornehmen wollen, und zwar dahin, daß wir das gleiche gesetzlich festlegen, was der Bundesgerichtshof analog bei Anwälten beschlossen hat. Ich glaube, wir befinden uns in einer guten Gesellschaft, wenn wir sagen: Was bei den Anwälten auf Grund einer guten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zulässig ist, sollte auch hier zulässig sein. Darum unser Änderungsantrag, wie wir ihn gestellt haben. Ich bitte, diesem Antrag zuzustimmen.
({0})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Besold.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will mich sehr kurz fassen, weil von beiden Richtungen schon das Notwendige gesagt worden ist. Ich möchte aber hier im Plenum klar zum Ausdruck bringen, daß ich zu jener Gruppe gehöre, die mit Heftigkeitgegen einen Syndikusanwalt oder Syndikus-Patentanwalt Stellung nimmt. Ich habe damit die Worte des Herrn Kollegen Wilhelmi gebraucht, der ja auch schon erklärt hat, daß es sowohl innerhalb der Rechtsanwälte als auch innerhalb der Patentanwälte zwei ganz verschiedene Gruppen gibt. Ich muß mich vollinhaltlich demanschließen, was die Bundesregierung seinerzeit in ihrer Begründung für ihre Fassung, für die ich ja stimme - und deshalb für die Ablehnung des Änderungsantrags -, erklärt hat. Denn diese Fassung ist klar, und in ihr wird deutlich gesagt, daß dann, wenn der Bewerber auf Grund eines ständigen Dienst- und ähnlichen Beschäftigungsverhältnisses dem Auftraggeber seine Arbeitszeit und -kraft für seine Tätigkeit auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes überwiegend zur
Verfügung stellen muß, er als Syndikus-Patentanwalt nicht zugelassen werden kann.
Meine Damen und Herren, wir sollten uns dazu bekennen, in den freien Beruf, der sowieso in unserer ganzen gestaltenden Rechtsprechung immer und immer wieder vernachlässigt wird, nicht Einbrüche zuzulassen, die eine Aushöhlung eben dieses wirklichen freien Berufes darstellen. Hier, in der Regierungsvorlage, ist eine Definition gegeben, die bei einem überwiegenden Abhängigkeitsverhältnis eines Syndikus-Patentanwalts eine Zulassung eben nicht ermöglicht. Dazu sollten wir uns, so meine ich, bekennen; denn wir wissen alle: Wer in einer solchen Stellung, wer in einem solchen Abhängigkeitsverhältnis steht, kann seinen freien Beruf, an dem er jetzt teilhaben möchte, nicht in dem Sinne ausüben, wie der Angehörige des freien Berufes, der nicht in gesicherter Stellung ist, der sich nicht in einem Abhängigkeitsverhältnis befindet, der täglich den Fährnissen eines solchen Berufs ausgesetzt ist und sich auch bewähren muß. Diesen Beruf sollte man in seiner Reinheit erhalten. Man sollte ihn nicht durchsetzen lassen von Vertretern, die sich in einem Abhängigkeitsverhältnis befinden und die damit naturgemäß einne ganz andere Einstellung zu den Dingen haben.
Ich bitte also, den Änderungsantragabzulehnen und der Regierungsvorlage zuzustimmen.
Das Wort hat Herr Stein.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bitte doch darum, dem Änderungsantrag stattzugeben. Lassen Sie mich als ein Mann, der sowohl Syndikus wie auch freier Anwalt ist, hier einmal die Problematik noch kurz beleuchten.
Das Wirtschaftsleben ist komplex, und die Anstellung, die der Syndikusanwalt sowohl im Rahmen des Patentgesetzes wie auch im Rahmen der allgemeinen Rechtsausübung eingenommen hat, hat sich den wirtschaftlichen Gegebenheiten und Entwicklungen anzupassen. Es wäre völlig falsch, wollten wir dieses Problem losgelöst von der Praxis betrachten. Ich möchte ausdrücklich sagen, daß die Formulierung, die hier Herr Wilhelmi und ein Kreis befreundeter Abgeordneter gefunden haben, der Sachlage gerecht wird, wenn in ihr nämlich abgestellt wird auf die rechtliche und die tatsächliche Behinderung, ob eine Persönlichkeit den Beruf des Patentanwalts wahrnehmen kann.
Ich bin auf Grund langer Tätigkeit als Anwalt der Auffassung, daß es nicht nur eine Frage der Persönlichkeit ist, sondern auch eine Frage der Verhältnisse, in die der Syndikus hineinwächst. Die Entwicklung hat in den letzten Jahrzehnten eindeutig gezeigt, daß die Verhältnisse durchaus dem freien Anwalt wie dem Syndikusanwalt die Ausübung der Praxis ermöglichen, wenn er sich eben in die Voraussetzungen einpaßt, die sowohl in der Rechtsanwaltsordnung wie auch hier in der Patentanwaltsordnung vom Gesetzgeber geschaffen und
von der Rechtsprechung entwickelt worden sind. Sie sind darauf abgestellt, daß er faktisch die Interessen wahrnehmen kann und er sich bewußt sein muß - das ist das rechtspolitisch Gute an dieser Formulierung -, daß er sich auch als Syndikus den standesrechtlichen Grundsätzen zu unterwerfen hat. Gerade die Beobachtung der standesrechtlichen Grundsätze in der Ausübung der Praxis in Verbindung mit einem Angestelltenverhältnis konfrontiert ihn immer wieder mit diesen Gegebenheiten. Aus der Beobachtung dieser Notwendigkeiten erwächst sozusagen eine besondere Ästimation dieser Grundsätze. Ich möchte ausdrücklich ebenfalls aus der industriellen Beobachtung her, die mir zugänglich ist, betonen, daß insbesondere auch die Werke, bei denen Anwälte und Syndikusanwälte angestellt sind, sehr wohl darauf achten, daß gerade diese Standesgrundsätze beobachtet werden, ja, daß sie sozusagen in geläuterter Form hier im Rahmen des Angestelltenverhältnisses zum Gegenstand, zum Inhalt dieses Anstellungsverhältnisses werden.
Darf ich weiter ein paar Worte zu dem sagen, was Herr Reischl bemerkt hat, Herr Reischl hat im Grunde genommen ausgeführt, daß dieses Aufgabengebiet des Syndikus-Patentanwalts beschränkter ist und daß dadurch eher die Möglichkeit der Interessenkollision als bei der größeren, komplexeren Tätigkeit des Anwalts gegeben ist. Meine Damen und Herren, ich glaube, daß das hier nicht eine Frage des Bereiches ist, in dem man tätig ist, sondern daß es im Grunde genommen nur der persönlichen Verantwortungsentscheidung des einzelnen unterliegt. Man kann genausogut argumentieren, daß, je beschränkter der Kreis ist, um so übersichtlicher die Möglichkeit und die Erkenntnis der Interessenkollision ist und daß gerade hierdurch die Möglichkeit einer solchen Kollision verhindert werden kann. Ich meine, auch im Hinblick auf die Entwicklung dieses Berufszweiges, aus der Handhabung in der Praxis würden wir einen Fehler begehen, wenn wir hier die Syndikus-Patentanwälte etwa einschränkender beurteilen als die übrigen Syndikusanwälte, für die in der Rechtsanwaltsordnung und in der Rechtsprechung der Ehrengerichte und des Bundesgerichtshofs ganz markante Grenzen gezogen sind. Ich würde es für eine der Praxis nicht gerecht werdende Entscheidung und darüber hinaus auch rechtspolitisch für absolut falsch halten, wenn wir eine Differenzierung zwischen Syndikus-Patentanwalt und dem allgemeinen Syndikusanwalt vornähmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Erhard.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Shakespeare hat geschrieben: „Das ist der Fluch der bösen Tat, daß sie fortwährend Böses muß gebären."
Das ist von Schiller, aus der „Braut von Messina"!
({0})
Nein, das steht im „Macbeth" !
({0})
- das steht im „Macbeth" ! Jawohl!
({1})
- Ich zeige Ihnen, wo es steht. Das ist aber unwesentlich.
({2})
Zum zweiten! Wenn man bei der Anwaltsordnung Fehler gemacht hat - und nach meiner Überzeugung hat man sie gemacht, indem man den Syndikusanwalt zugelassen hat , dann muß man ihn bei der Patentanwaltsordnung nicht wieder machen.
({3})
Wir haben doch festgestellt, daß durch diesen Fehler in der Rechtsanwaltsordnung eine ganze Menge von den Objekten, die nach der Struktur der Gebührenordnung eigentlich die kleinen Sachen mittragen sollen nämlich die großen -, nur noch im Unternehmen und beim Syndikusanwalt bleiben. Ein wesentlicher Teil der Dinge, die eigentlich auch den freien Anwalt tragen und die kleinen Sachen ermöglichen sollen, kommt nicht mehr zu ihm. Die Sicht ist eine völlig andere, wenn ich eine Praxis als Anwalt habe, bei der ich praktisch nur einen großen Auftraggeber der Industrie habe und nicht sehr viel an beruflichen Risiken zu tragen habe, außer dem Risiko, daß ich diesen Auftraggeber verliere.
Ich bin der Meinung, daß die Frage der Freiheit, die hier angeschnitten wurde, eine sehr untergeordnete ist. Wäre dies die entscheidende Frage, dann gäbe es keinen freien Richter, keinen freien Staatsanwalt, und dann gäbe es auch sonst in allen abhängigen Verhältnissen, in denen ein anderer bezahlt, keine Freiheit. Das ist also nicht das Entscheidende. Das Entscheidende ist, daß der Freiberufliche, der wirklich die Last dieses Berufes zu tragen hat, unterminiert und unterhöhlt wird, was der Kollege Besold richtig bemerkt hat.
Deswegen bitte ich die Kollegen der CDU/CSU-Fraktion, diesem Abänderungsantrag nicht zuzustimmen.
({4})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Der Ursprung des Zitats ist auch nicht geklärt.
({0})
Wir können trotzdem abstimmen. Wer dem Abänderungsantrag auf Umdruck 80 Ziffer 1 und 2 *)
- ich meine, wir könnten beide Paragraphen zusammenfassen ({1})
zustimmen will, der gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Das zweite ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
*) Siehe Anlage 2
Wir stimmen nunmehr über die §§ 14 bis einschließlich 170 ab, wobei ich bemerken möchte, daß § 160 nach der Ausschußvorlage entfällt. Ist das Haus einverstanden, daß wir so global abstimmen?
({2})
Wer diesen Paragraphen in der Ausschußvorlage zustimmen will, der gebe ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmige Annahme.
Zu § 171 liegt ein Änderungsantrag vor *). Zur Begründung hat Herr Abgeordneter Busse das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen, meine Herren Kollegen! Diesmal wird es etwas freundlicher, denn ich habe einen gemeinschaftlichen Antrag der CDU/CSU, SPD und FDP zu begründen.
Bei der Beratung des Gesetzes haben wir insbesondere unser Augenmerk darauf gerichtet, daß wir Härten, die sich aus der Überleitung vom jetzt bestehenden Zustand zum neuen Zustand ergeben könnten, möglichst verhindern wollten. Dabei haben wir alle möglichen Änderungen bereits in den ursprünglichen Entwurf hineingearbeitet. Wir haben aber eine Gruppe dabei übersehen, der eigentlich unsere besondere Sorgfalt und unsere besondere Sorge auch gelten sollten, nämlich die Gruppe, die durch Krieg und Kriegsereignisse in ihrer normalen Berufsentwicklung und Laufbahn behindert oder gestört worden ist. Es geht also um den Mann, der unter Umständen Anfang der 50er Jahre wieder zurückgekommen ist, der vor dem Kriege ein Studium angefangen hatte, dann aber infolge seiner privaten Verhältnisse gezwungen war, in den Beruf zu gehen und Geld zu verdienen und der sein Studium nicht mehr zum Abschluß bringen konnte. Diesem Mann gleichfalls zu helfen, ihm die Möglichkeit zu geben, jetzt noch die notwendige Prüfung, wenn auch in erleichterter Form nachzuholen, ist das Anliegen dieses Antrags. Ich glaube, das spricht für sich, ohne daß ich nähere Einzelheiten hier zu erörtern brauche. Ich bitte, diesem Antrag zuzustimmen.
({0})
Es liegen keine Wortmeldungen vor. Dann stimmen wir ab.
Wer dem Antrag Umdruck 84 *) zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Wir stimmen nunmehr über § 171 in der abgeänderten Fassung, § 172 bis § 189, Einleitung und Überschrift in der Fassung ,der Ausschußvorlage ab. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest. Ich schließe die zweite Beratung.
*) Siehe Anlage 3
Vizepräsident Dr. Schmid Ich rufe auf zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache und erteile das Wort dem Herrn Bundesjustizminister.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dem Hohen Hause liegt in dritter Beratung der von den Kollegen Deringer, Busse ({0}) und den Fraktionen der CDU/CSU, FDP eingebrachte Entwurf einer Patentanwaltsordnung vor. Dieser entspricht im wesentlichen dem in der vorigen Legislaturperiode nicht mehr verabschiedeten Regierungsentwurf. Ich begrüße es, daß dieser Entwurf als Initiativgesetzentwurf zu Beginn dieser Legislaturperiode eingebracht und in den zuständigen Ausschüssen so schnell beraten worden ist.
Ich möchte dem Rechtsausschuß und vor allem seinem Berichterstatter, dem Herrn Kollegen Dr. Reischl, meinen besonderen Dank hierfür sagen. Hierdurch wird es möglich sein, den Schlußstein für die Neuordnung des Berufsrechts auf dem Gebiet der Rechtspflege zu setzen, die Neuordnung, die mit der Bundesrechtsanwaltsordnung, der . Bundesnotarordnung und dem Richtergesetz schon weitgehend verwirklicht worden ist.
Die Bedeutung des Entwurfs liegt darin, daß damit, wieder anknüpfend an die Tradition der Patentanwaltsgesetze von 1900, ein einheitlicher Berufsstand der Berater und Vertreter auf dem Gebiete des gewerblichen Rechtsschutzes geschaffen wird. Dieses Gesetz wird dadurch erreicht, daß der Stand der Erlaubnisscheininhaber geschlossen wird. Der Besitzstand der Erlaubnisscheininhaber und des Personenkreises, dem nach dem geltenden Recht ein Erlaubnisschein erteilt werden kann, wird damit in großzügiger Weise gewahrt. Die Vorschläge des Rechtsausschusses, die die Wahrung des Besitzstandes für diesen Personenkreis verbessern, darf ich befürworten.
Auch in der weiteren Zielsetzung, die Stellung des Patentanwalts als Organ der Rechtspflege zu verstärken sowie die Ehrengerichtsbarkeit neu unserer verfassungsmäßigen Ordnung entsprechend zu regeln, schließt sich der Entwurf an die Regierungsvorlage aus dem Jahre 1964- an. Das ehrengerichtliche Verfahren ist der Neuregelung des Strafverfahrensrechts angepaßt worden.
Für bedeutungsvoll halte ich es ferner, daß die Ausbildung der Patentanwaltskandidaten beim Deutschen Patentamt und den Gerichten so gestaltet worden ist, daß diese Bewerber auf ihre immer umfangreicher werdenden Aufgaben gründlich vorzubereiten sind.
Ich möchte dem Hohen Hause daher die Annahme des Entwurfs sowie der Änderungsanträge des Rechtsausschusses empfehlen.
({1})
Wird das Wort zur allgemeinen Aussprache gewünscht? - Werden
Anträge zur dritten Beratung gestellt? - Das ist nicht der Fall.
Dann stimmen wir über das Gesetz im ganzen ab. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, erhebe sich bitte von seinem Platz. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Damit ist Punkt 15 der Tagesordnung erledigt.
Die Punkte 16, 17 und 18 sollen nach einer Vereinbarung der Fraktionen morgen aufgerufen werden.
Ich rufe Punkt 19 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Patentgesetzes, des Warenzeichengesetzes und weiterer Gesetze
- Drucksache V/714 Wird der Entwurf begründet? - Ich erteile zur Begründung das Wort dem Herrn Bundesminister der Justiz.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mit dem von der Bundesregierung dem Hohen Hause vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Patentgesetzes, des Warenzeichengesetzes und weiterer Gesetze sollen noch vor einer allgemeinen Reform des gewerblichen Rechtsschutzes, die in meinem Hause bereits in Angriff genommen ist, vor allem zwei Fragen vorab geregelt werden: Einmal soll durch eine Änderung des Patenterteilungsverfahrens die Geschäftslage des Deutschen Patentamts die sich in den letzten Jahren zunehmend verschlechtert hat, normalisiert werden. Im Interesse der gesamten Wirtschaft muß die durchschnittliche Dauer der einzelnen Patenterteilungsverfahren, die gegenwärtig bereits vier bis fünf Jahre beträgt, wieder auf ein normales Maß zurückgeführt werden. Zum andern soll durch die Einführung des Benutzungszwangs für Warenzeichen der Überfüllung der Warenzeichenrolle entgegengewirkt und damit insbesondere im Interesse kleinerer und mittlerer Unternehmen die Möglichkeit der Eintragung neuer Warenzeichen verbessert werden.
Die Einführung des Benutzungszwangs wird seit langem gefordert und ist auch in ihrer Ausgestaltung nahezu unumstritten. In dieser Frage ist deshalb die Vorlage der Bundesregierung nahezu einmütig begrüßt worden, so daß ich glaube, von näheren Ausführungen hierzu absehen zu können.
Anders ist die Situation dagegen in der Frage einer Änderung des Patenterteilungsverfahrens. Hier waren die Auffassungen in der Wirtschaft bis zuletzt geteilt. Entschiedenen Befürwortern der von der Bundesregierung vorgeschlagenen sogenannten „verschobenen Prüfung" standen ebenso und etwa im gleichen Ausmaß entschiedene Gegner gegenüber. Dabei verliefen die gegensätzlichen Auffassungen zum Teil quer durch die einzelnen Bereiche der Wirtschaft. An jüngster Zeit hat sich jedoch eine gewissen Übereinstimmung im Sinne der von der
Bundesregierung vorgeschlagenen Lösung abgezeichnet.
Mit welchen Schwierigkeiten das Patentamt seit einigen Jahren zu kämpfen hat, darf ich als bekannt voraussetzen. Die Bundesregierung hat diese Schwierigkeiten, bei denen es sich nicht um eine vorübergehende Erscheinung, sondern um strukturelle Auswirkungen handelt, in der Begründung des Gesetzentwurfs im einzelnen dargelegt. Hervorheben möchte ich vorweg, daß mit einer Personalvermehrung allein das Problem nicht zu lösen ist. Die Bundesregierung hält zwar eine nicht unerhebliche Personalvermehrung für unerläßlich und ist dem Haushaltsausschuß dieses Hohen Hauses dankbar dafür, daß er sich der Notwendigkeit einer Personalvermehrung trotz der angespannten Haushaltslage nicht verschlossen hat. Das Problem aber kann nach der Überzeugung der Bundesregierung zusätzlich nur mit strukturellen Maßnahmen gelöst werden. Die Bundesregierung hält deshalb eine gesetzliche Änderung des Patenterteilungsverfahrens für unvermeidlich.
Die sogenannte verschobene Prüfung, deren Einführung vorgeschlagen wird, ist nicht von uns erfunden worden. Sie wird seit 21/2 Jahren vom Niederländischen Patentamt bereits mit einem selbst für Optimisten überraschend guten Erfolg gehandhabt. Sie liegt dem Entwurf eines Abkommens über ein europäisches Patentrecht zugrunde und wird in zahlreichen anderen Ländern, insbesondere auch in den USA, ernsthaft in Erwägung gezogen. Grundlage dieses neuen Verfahrens sind Erfahrungstatsachen: Einmal die Tatsache, daß Patente im Durchschnitt nach sechs bis sieben Jahren aufgegeben werden, weil sich die Zahlung der progressiv ansteigenden Jahresgebühren im Verhältnis zu dem wirtschaftlichen Ertrag des Patents nicht mehr lohnt; nur 2 v. H. aller Patente erreichen die gesetzliche Höchstdauer von achtzehn Jahren. Zweitens vor allem die weitere Erfahrungstatsache, daß nur ein überraschend kleiner Teil aller angemeldeten Erfindungen im Wirtschaftsablauf praktische Bedeutung gewinnt. Nach unseren Informationen liegt der Anteil der wirtschaftlich verwerteten patentierten Erfindungen weit unter 20 v. H. Aus den USA, dem Land mit der bei weitem größten Zahl der Patentanmeldungen, ist uns kürzlich berichtet worden, daß in wichtigen Bereichen der Industrie von hundert Anmeldungen im Durchschnitt nur jeweils zwei eine wirtschaftliche Bedeutung erlangen. Diese Zahl mag viele von Ihnen, meine Damen und Herren, sehr überraschen; die Zahl mag in Deutschland auch höher liegen. Sicher ist aber, daß selbst bei großzügiger Schätzung sich nur für einen kleinen Teil der angemeldeten Erfindungen ein so aufwendiges Prüfungsverfahren lohnt, wie es nach geltendem Recht mit der materiell-rechtlichen Prüfung auf Patentfähigkeit für jede angemeldete Erfindung durchgeführt werden muß. Das bisherige Patenterteilungsverfahren stellt damit, ich möchte beinahe sagen, einen übermäßigen Aufwand dar, der so lange sinnvoll und vernünftig gewesen war, solange der Arbeitsanfall beim Patentamt bewältigt werden konnte. Wir können uns aber diesen Aufwand angesichts der Strukturwandlung der letzten Jahre jedenfalls auf absehbare Zeit einfach nicht mehr leisten.
Das Ziel des Gesetzentwurfs, meine Damen und Herren, ist es deshalb, das aufwendige Prüfungsverfahren nicht mehr unterschiedslos auf alle Patentanmeldungen anzuwenden. Durch neue Verfahrensmaßnahmen soll vielmehr erreicht werden, daß der mit der Prüfung einer Anmeldung nicht nur für das Patentamt, sondern auch für den Anmelder selbst verbundene hohe Aufwand an Kosten und Zeit künftig nur noch für solche Anmeldungen erbracht wird, für die er sich wirtschaftlich auch lohnt. Es muß also, um es mit einem Schlagwort zu sagen, die Spreu vom Weizen getrennt werden. Dabei soll der Anmelder selbst bestimmen, ob er seine Anmeldung, um im Bilde zu bleiben, als „Spreu" oder als „Weizen" behandelt sehen will. Allein von seiner Entscheidung soll es abhängen, ob das materielle Prüfungsverfahren sofort eingeleitet oder zunächst so lange ausgesetzt werden soll, bis sich herausgestellt hat, ob die wirtschaftliche Bedeutung der Erfindung die Durchführung des Prüfungsverfahrens rechtfertigt. Deshalb soll das materielle Prüfungsverfahren von einem gebührenpflichtigen Antrag abhängig gemacht werden. Wird der Prüfungsantrag gestellt, dann soll das Verfahren praktisch genau wie nach geltendem Recht ablaufen. Das Prüfungsverfahren soll also für die Anmeldungen, für die es durchgeführt wird, praktisch unverändert bleiben. Lassen Sie mich dies hier nachdrücklich unterstreichen.
Es trifft also nicht zu, wie dies gelegentlich behauptet worden ist, daß das in Jahrzehnten bewährte deutsche Prüfungsverfahren, das den Ruf des deutschen Patents in der Welt begründet hat, aufgegeben werden und damit gewissermaßen die Axt an die Wurzel des deutschen Patentrechts gelegt werden soll. Gerade das Gegenteil ist richtig! Wesentlich es Ziel der vorgeschlagenen Neuregelung ist es, das Prüfungsverfahren zu erhalten, nicht, es abzuschaffen. Durch Beschränkung der Zahl der Prüfungsverfahren auf die wirtschaftlich wertvollen Erfindungen soll dieses Prüfungsverfahren sogar nicht nur schneller, sondern nach Möglichkeit auch noch gründlicher als bisher durchgeführt werden. Das System der verschobenen Prüfung hat nur den Zweck, die Prüfungskapazität frei zu machen, die benötigt wird, um die wirtschaftlich bedeutsamen Erfindungen künftig genau so intensiv zu prüfen wie in den vergangenen Jahrzehnten. Das ist der entscheidende Inhalt des Systems der verschobenen Prüfung, und das ist der Vorschlag, den Ihnen, meine Damen und Herren, die Bundesregierung mit diesem Gesetzentwurf unterbreitet.
Der Gesetzentwurf ist seit Ende 1964 mit den beteiligten Kreisen eingehend erörtert worden. Dabei ist immer wieder als zentraler Einwand gegen das System der verschobenenn Prüfunggeltend gemacht worden, daß ihr Verfahren zwar den Interessen des Anmelders durchaus genüge und ihnen in mancher Hinsicht vielleicht sogar besser als das gegenwärtige Verfahren entspreche, daß die von einer Anmeldung betroffene Konkurrenz nunmehr aber die Arbeit zu leisten habe, die das Patentamt künftig nicht mehr zu leisten habe. Die Gegner des Systems
der verschobenen Prüfung sehen mit anderen Worten deren hauptsächlichen Nachteil darin, daß sie sich künftig selbst mit den nach einer im wesentlichen nur formalen Prüfung bekanntgemachten Anmeldungenbefassen und sich über die Schutzfähigkeit klar werden müßten, während nach geltendem Recht diese Arbeit zentral für die gesamte Wirtschaft vom Patentamt geleistet werde und nur solche Anmeldungen bekanntgemacht würden, deren Patentfähigkeit vom Patentamt anerkannt worden sei.
Dieser zentrale Einwand ist jedoch nach der Überzeugung der Bundesregierung vor allem deshalb nicht zutreffend, weil es mit der Idee des Patentrechts schlechterdings nicht vereinbar ist, daß die beim Patentamt eingereichten Anmeldungen infolge der langen Dauer des gegenwärtigen Prüfungsverfahrens jahrelang verborgen bleiben, ohne daß die Konkurrenten des Anmelders jedenfalls in absehbarer Zeit von der Anmeldung Kenntnis erhalten und sich damit bei ihren wirtschaftlichen Dispositionen auf diese Anmeldung einstellen können. Ein Patent wird erteilt; .der Erfinder legt, wie das Wort selbst es zum Ausdruck bringt, seine Einfindung der Allgemeinheit offen. Wenn unter den gegenwärtigen Umständen das materielle Prüfungsverfahren innerhalb angemessener Frist nach der Anmeldung nicht abgeschlossen werden kann, dann müssen nach der Überzeugung der Bundesregierung die Anmeldungen wenigstens vor Abschluß des Prüfungsverfahrens, also noch ungeprüft, bekanntgemacht und damit der Allgemeinheit offengelegt
werden. Anderenfalls wären wirtschaftliche Fehlnvestitionen und Fehldispositionen der Konkurrenten des Anmelders unvermeidbar.
Infolgedessen sieht der Entwurf außer der Einführung der verschobenen Prüfung auch die Offenlegung aller Anmeldungen nach achtzehn Monaten, gerechnet vom Prioritätszeitpunkt an, vor, selbstverständlich unter Gewährung eines einstweiligen Patentschutzes. Auch diese Regelung beruht auf einer Erkenntnis, zu der nicht nur wir gekommen sind, sondern die sich gerade auch bei den Prüfungspatentämtern anderer Staaten durchgesetzt hat und voraussichtlich in Kürze bereits zu einer entsprechenden international-rechtlichen Regelung führen wird. Wenn aber alle Anmeldungen ohne Rücksicht auf den Stand des Prüfungsverfahrens nach achtzehn Monaten offengelegt werden, dann führt dies dazu, daß sich die von der Anmeldung betroffenen Unternehmen nunmehr mit dieser Anmeldung befassen müssen. Mit der verschobenen Prüfung hat diese Mehrarbeit für die Wirtschaft nichts zu tun. Diese Mehrarbeit wird durch den unschätzbaren Vorteil aufgewogen, daß die Unternehmen rechtzeitig und nicht erst nach Jahren die Anmeldungen der Konkurrenz kennenlernen und sich mit den eigenen wirtschaftlichen und technischen Dispositionen auf die Anmeldungen der Konkurrenz einstellen können.
Man sollte im übrigen auch nicht vergessen, daß das neue Verfahren für die Industrie nicht nur Mehrarbeit, sondern für sie ebenso wie für das Patentamt auch eine ganz wesentliche Entlastung bringt. Denn auch der Anmelder muß Zeit, Mühe und Kosten aufwenden, um seine Anmeldung beim Patentamt bis zur Patenterteilung durchzufechten, und diesen Aufwand soll auch er sich nach dem neuen Verfahren ersparen können, solange die wirtschaftliche Verwertbarkeit der Erfindung nicht feststeht. Ich halte es nicht für ausgeschlossen, daß sich Mehrarbeit und Entlastung nach dem neuen Verfahren im wesentlichen die Waage halten werden.
Angesichts der Bedenken eines Teils der Wirtschaft gegen die Einführung der verschobenen Prülung ist in den vergangenen 11/2 Jahren immer wieder der Versuch gemacht worden, auf andere Weise eine Normalisierung der Geschäftslage des Deutschen Patentamts zu erreichen. Alle diese Versuche haben nicht zu einem konkreten und von den beteiligten Kreisen einmütig oder jedenfalls mit großer Mehrheit gebilligten Ergebnis geführt. Unter diesen Umständen haben sich in letzter Zeit auch diejenigen Kreise der Industrie, die der verschobenen Prüfung bisher ablehnend gegenüberstanden, mit der Einführung dieses neuen Verfahrens einverstanden erklärt unter der Voraussetzung, daß es zunächst nur für eine befristete Zeit, etwa für zehn Jahre, eingeführt wird. Ich habe bereits bei der Behandlung des Gesetzentwurfs im Bundesrat erklärt, daß mir eine solche Befristung erwägenswert erscheint. Sie würde die Möglichkeit bieten, Erfahrungen zu sammeln und die endgültige Entscheidung über die Einführung der verschobenen Prüfung erst nach Ablauf der Probezeit zu treffen. Der Vorschlag einer zeitlichen Befristung der Einführung wirft jedoch eine Reihe von Fragen auf, die in den Ausschußberatungen im einzelnen erörtert werden sollten. Ich freue mich aber, feststellen zu können, daß nunmehr innerhalb der Wirtschaft weitgehend Einigkeit darüber zu bestehen scheint, daß zumindest für die nächsten Jahre die Einführung der verschobenen Prüfung neben der vorgesehenen Personalvermehrung das einzige Mittel darstellt, die Geschäftslage des Patentamts im Interesse der Wirtschaft unter Aufrechterhaltung des Prüfungsverfahrens zu normalisieren.
({0})
Die Vorlage ist begründet. Ich eröffne die allgemeine. Aussprache. Das Wort hat Frau Albgeordnete Dr. Kuchtner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der CDU/ CSU ist mit der Bundesregierung der Überzeugung, daß der zutreffende Ausgangspunkt für die Beurteilung der vorgeschlagenen Neuregelung nur gewonnen werden kann, wenn man sich die gegenwärtige Situation des Bundespatentamts klarmacht. Diese ist dadurch gekennzeichnet - wie schon der Herr Bundesminister der Justiz Ihnen dargelegt hat -, daß wir seit 1957 ein zunächst allmähliches Ansteigen der Zahl der Anmeldungen von Patenten und ein etwa entsprechendes Absinken der Zahl der jährlich vom Patentamt erledigten Anmeldungen feststellen mußten. Diese Entwicklung ist nicht auf das Deutsche Patentamt beschränkt, sondern in ähnlicher Weise bei nahezu allen Patentämtern festzuFrau Dr. Kuchtner
stellen, die von Amts wegen die Patentfähigkeit eines Patents prüfen. Die Gründe für diese Entwicklung sind denn auch nicht etwa in Besonderheiten beim Deutschen Patentamt zu suchen, sondern liegen in der Natur der Sache. Auf der einen Seite führt die zunehmende internationale Wirtschaftsverflechtung zu einem steigenden Bedürfnis nach Schutz eigener Erzeugnisse gerade auch im Ausland. Die Anmeldung von Ausländern beim Patentamt nimmt daher ständig zu. Andererseits wird die Bearbeitung der einzelnen Anmeldungen infolge der zunehmenden Komplizierung der technischen Tatbestände immer schwieriger und zeitraubender. Sie stellt insbesondere an die Arbeitsleistung der Prüfer des Patentamts immer höhere Anforderungen. Schließlich nimmt - wie Sie, meine Damen und Herren, ja alle wissen - der Umfang des technischen Schrifttums, das bei der Prüfung von Patentanmeldungen berücksichtigt werden muß, laufend in einem solchen Maße zu, daß man bereits von einer lawinenartigen Entwicklung gesprochen hat. Erst in diesen Tagen war zu lesen, daß sich die Zahl der Veröffentlichungen über technische Tatbestände in den letzten zehn Jahren etwa verdoppelt hat.
Wir müssen also davon ausgehen, daß es sich bei der Verschlechterung der Geschäftslage des Deutschen Patentamts nicht etwa um eine vorübergehende Erscheinung, sondern um ein Strukturproblem handelt, das auch nach unserer Überzeugung nur mit strukturellen Maßnahmen gelöst werden kann. Der Herr Bundesminister der Justiz hat hierauf bei der Beantwortung verschiedener Kleiner Anfragen in diesem Hohen Hause bereits mehrfach hingewiesen, und er hat es auch heute bei der Begründung des Entwurfs getan. Die entscheidende Frage ist nur, welche Maßnahmen hierfür in erster Linie in Betracht kommen und ob insbesondere eine gesetzliche Änderung des Patenterteilungsverfahrens unvermeidlich ist.
Die Bundesregierung hat sich zu dem Vorschlag einer gesetzlichen Änderung dieses Patenterteilungsverfahrens nur sehr zögernd und erst nach eingehender Prüfung aller anderen in Betracht kommenden Möglichkeiten entschlossen. Sie hat zunächst in voller Übereinstimmung mit den beteiligten Kreisen der Wirtschaft trotz des allmählichen Anwachsens des Überhangs unerledigter Anmeldungen abgewartet, und auch wir haben dies zunächst für richtig gehalten. Vor einer einschneidenden Änderung des gegenwärtigen Patenterteilungsverfahrens, das sich in den vergangenen Jahrzehnten ja bestens bewährt hat, sollte zunächst versucht werden, auf andere Weise Abhilfe zu schaffen. Wir konnten dabei nach den damals vorliegenden statistischen Unterlagen davon ausgehen, daß einerseits die Zahl der Neuanmeldungen und der unerledigten Anmeldungen nur relativ langsam weiter ansteigen würde und andererseits die Errichtung eines Europäischen Patentamts, die damals in greifbare Nähe gerückt schien, eine entscheidende Entlastung des Deutschen Patentamts wahrscheinlich machte. Beide Erwartungen haben sich nicht erfüllt. Die Zahl der Neuanmeldungen von Patenten ist im
Jahre 1964 plötzlich von 61 000 auf über 64 000 sprunghaft angestiegen und hat im Jahre 1965 mit weit mehr als 66 000 Anmeldungen eine absolute Höhe erreicht, die bereits um mehr als ein Drittel die Zahl der gegenwärtig möglichen Erledigungen übersteigt. Dementsprechend hat sich natürlich auch der Überhang unerledigter Anmeldungen progressiv weiter vermehrt und inzwischen einen Gesamtbestand von bereits weit mehr als 250 000 Anmeldungen erreicht.
Die jüngsten Zahlen aus den ersten Monaten dieses Jahres zeigen, daß die geschilderte ungünstige Entwicklung noch keineswegs zum Stillstand gekommen ist. Es muß vielmehr weiterhin mit hohen Zuwachsraten sowohl bei den Neuanmeldungen als auch bei der Zahl der unerledigt bleibenden Anmeldungen gerechnet werden. Andererseits sind die Vorbereitungen für die Errichtung eines Europäischen Patentamts seit Mitte 1964 aus Gründen, die nicht patentrechtlicher Natur sind, praktisch zum Stillstand gekommen, und der Zeitpunkt für die Wiederaufnahme und Fortsetzung dieser Arbeiten läßt sich im Augenblick bedauerlicherweise in keiner Weise übersehen. Auch ein Europäisches Patentamt wird also in absehbarer Zeit nicht zu einer Normalisierung der Geschäftslage des Deutschen Patentamts beitragen können.
Unter diesen Umständen bleibt nichts anderes übrig, als mit der Bundesregierung ein weiteres Abwarten nicht mehr hinzunehmen. Wir begrüßen es deshalb, daß die Bundesregierung trotz der Bedenken eines Teils der Wirtschaft die Initiative ergriffen und eine gesetzliche Änderung des Patenterteilungsverfahrens vorgeschlagen hat. Wir sehen darin wirklich die einzige Chance, die bewährte deutsche Patentprüfung auch weiterhin aufrechtzuerhalten.
Wir begrüßen aber auch sehr, daß die Wirtschaft sich der Notwendigkeit dieser gesetzlichen Änderung des Patenterteilungsverfahrens unter den gegebenen Umständen nicht länger verschließt und jedenfalls für eine zunächst befristete Zeit der Einführung der verschobenen Prüfung zustimmt. Wir haben volles Verständnis für die Bedenken und Sorgen, die geäußert worden sind. Wir glauben aber auch, daß sich die Dinge in der Praxis ebenso, wie dies in Holland der Fall gewesen ist, sehr bald einspielen werden.
Da ist z. B. die Sorge der Industrie bezüglich der auf sie zukommenden Mehrarbeit. Ich möchte Ihnen nicht verschweigen, meine Damen und Herren, daß eine Anzahl von Unternehmen diese Mehrarbeit bereits heute freiwillig aufwendet, indem sie die belgischen und französischen Patentanmeldungen, die ohne materielle Prüfung schon kurze Zeit nach der Anmeldung veröffentlicht werden, durchprüfen in der in den meisten Fällen zutreffenden Annahme, daß entsprechende Anmeldungen vermutlich auch beim Deutschen Patentamt eingereicht worden sind. Diese Mehrarbeit wird schon heute geleistet, obwohl dies die Durchsicht von Patentschriften in französischer Sprache erforderlich macht, und zwar einfach deshalb, weil dieser Mehr2520
arbeit der unschätzbare Vorteil gegenübersteht, rechtzeitig die Anmeldungen der Konkurrenz kennenzulernen. Dieser Vorteil soll aber in Zukunft nicht nur den Unternehmen zugute kommen, die zur Durchsicht von Patentschriften in französischer Sprache in der Lage sind. Deshalb trifft auch der gelegentlich zu hörende Einwand nicht zu, daß sich die vorgesehene Regelung in erster Linie zu Lasten der kleineren und mittleren Unternehmen auswirken werde. Vielmehr sollen künftig die neu eingereichten Patentanmeldungen nach Ablauf der 18-Monate-Frist allen Unternehmen in gleicher Weise und insbesondere in deutscher Sprache zugänglich sein. Die Durchsicht dieser ungeprüften Anmeldungen ist natürlich für die Industrie mit einer gewissen Mehrarbeit verbunden. Dies trifft aber doch kleinere Unternehmen nicht stärker als Großunternehmen, weil das kleinere Unternehmen - jedenfalls in aller Regel - sich nur auf einem entsprechend kleineren Bereich der Technik betätigt und sich deshalb auch nur für fremde Patentanmeldungen aus diesem kleineren Bereich zu interessieren braucht. Entscheidend aber bleibt, daß dieser Mehrarbeit immer der Vorteil gegenübersteht, von den Anmeldungen der Konkurrenz rechtzeitig Kenntnis zu erhalten, und dieser Vorteil dürfte den Nachteil der damit verbundenen Mehrarbeit weitgehend ausgleichen. Im übrigen sieht ia das Gebrauchsmusterrecht bereits seit Jahrzehnten die Veröffentlichung ungeprüfter Schutzrechte vor, ohne daß dies, soweit mir bekannt, zu Nachteilen für kleinere und mittlere Unternehmen oder für die Wirtschaft als Ganzes geführt hat.
Insgesamt sehen wir daher in der Vorlage der Regierung eine geeignete Lösung für eine Normalisierung der Geschäftslage des Patentamts. Selbstverständlich sind wir bereit, alle Einwendungen und Vorschläge zu prüfen, die zu einer Verbesserung des Verfahrens und des Entwurfs führen. Wir werden das sehr eingehend und mit der im Rechtsausschuß üblichen Gründlichkeit tun. Wir werden auch alle Vorschläge, die zur Entlastung des Patentamts in anderer Weise führen können, gern prüfen. Insbesondere begrüße ich, daß der Herr Bundesminister der Justiz heute noch einmal darauf hingewiesen hat, daß Stellenvermehrungen und -hebungen beim Deutschen Patentamt doch auch zu einer Milderung der angespannten Geschäftslage führen können. Angesichts der Dringlichkeit einer Beseitigung der gegenwärtigen Schwierigkeiten würde ich es aber sehr begrüßen, wenn dieser Antrag alsbald und zügig im Rechtsausschuß beraten und verabschiedet werden könnte.
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Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Reischl.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf ist in seinem Art. 1 - soweit er die verschobene Prüfung im Patentrecht betrifft - ein erschütterndes Beispiel dafür, wie sich jahrelange Untätigkeit der unmittelbar Verantwortlichen zum
Nachteil der am deutschen Patentwesen Interessierten, insbesondere aber zum Nachteil der deutschen Erfinder und der deutschen Industrie, auswirken kann.
Seit 1957 war bekannt, daß die Patentanmeldungen von Jahr zu Jahr mehr steigen. Ich kann das aus eigener Erfahrung sagen, weil ich selber als Richter am Patentsenat des Oberlandesgerichtes München aus den uns damals immer wieder vorliegenden Patentakten ersehen konnte, wie sich die Zeit bis zur Erteilung der Patente - besonders bei schwierigeren Sachen - immer mehr verlängerte. Seitdem man das gemerkt hat, sind neun Jahre vergangen. Mit Personalvermehrungen hätte man meines Erachtens aber schon von Anfang an etwas gegen eine solche Flut tun können. Doch die Personalvermehrungen wurden erst im Jahre 1964 von der Bundesregierung ernsthaft in Erwägung gezogen. Zwei Anfragen der SPD-Fraktion - im Frühjahr und im Herbst 1964 - wurden damit beantwortet, daß Erwägungen über eine Abhilfe im Gange seien.
Erst jetzt, im Sommer 1966 - also neun Jahre, nachdem dieser Zustand beim Patentamt erkennbar wurde -, liegt uns ein Vorschlag zur Abhilfe vor, aber - wie ich anschließend noch ausführen werde -noch dazu ein untauglicher Vorschlag, an dessen Wirksamkeit die Regierung selbst erheblich zweifelt, wie sich aus einem Absatz der Begründung ergibt.
Nun gebietet die Fairneß, eines zu sagen: Weder den gegenwärtigen Minister noch den gegenwärtigen Staatssekretär trifft an dieser Sache ein Verschulden. Aber irgendwer muß in dieser Geschichte doch geschlafen haben, und es wäre eigentlich interessant, einmal festzustellen, wer das gewesen ist. Man kann weder den Präsidenten des Bundespatentamtes noch die Vorgänger des gegenwärtigen Ministers und des gegenwärtigen Staatssekretärs von diesem Vorwurf freisprechen; denn wie hätte es sonst passieren können, daß jahrelang gar nicht der Versuch unternommen wurde, die Personalstellen im Patentamt zu vermehren, obwohl alle Eingeweihten - die Patentanwälte, die Gerichte in Patentsachen usw. - genau wußten, daß nur eine solche Maßnahme Abhilfe bringen könnte. Hat es da irgendeinen falschen Ehrgeiz des Präsidenten des Bundesnatentamtes oder irgendwo im Justizministerium gegeben? Ich weiß es nicht; ich kann es auch nicht bis ins letzte ergründen und will das auch gar nicht tun.
Aber ich möchte eines zu diesem Entwurf, und zwar zu Art. 1, anführen. Dieses Gesetz wird, wenn es so kommt, wie es da steht, keine Entlastung des Patentamtes bringen, es wird aber eine ganze Menge schwerer Nachteile - sowohl für die Anmelder wie für die Industrie - mit sich bringen.
Zunächst: Warum bringt dieses Gesetz keine Entlastung? Die Anmeldungen sollen in Zukunft ohne Prüfung auf Neuheit, auf Fortschritt und auf Erfindungshöhe bekanntgemacht werden. Wir haben jetzt bei genauer Prüfung der Anmeldungen etwa 20 000 - wohlgemerkt: geprüfte - Anmeldungen im Jahr. Wir werden dann eine Flut von 60 000 AnmeldunDr. Reischl
gen haben, die als Druckschriften des Patentamtes veröffentlicht werden; und wir werden damit eine wahre Prüfstoffinflation auf die Prüfer des Patentamtes zukommen sehen. Die Prüfer des Patentamtes, die bisher jährlich nur 20 000 zusätzliche Druckschriften über Anmeldungen bekommen haben, werden dann nämlich 60 000 bekommen; und bei diesen handelt es sich - das ist das zweite Schlimme an der ganzen Sache - um ungeprüfte Unterlagen, bei denen der Patentanspruch und damit der sehr wichtige Schutzumfang noch gar nicht ausreichend geklärt ist. Es ist doch - das wird jeder, der vom Patentrecht etwas versteht, zugeben - gar nicht möglich, die jüngere Patentanmeldung sachgerecht von einer älteren abzugrenzen, wenn der Schutzumfang dieser älteren Patentanmeldung gar nicht eindeutig klargestellt ist.
Ein Prüfungsantrag für eine spätere Anmeldung, der nun gestellt wird, wird logischerweise dazu zwingen, alle früheren Anmeldungen, auch die, für die kein Prüfungsantrag gestellt ist, nun genau auf ihren Schutzumfang und auf ihren wahren Gehalt zu prüfen, so daß selbst bei den Prüfern des Patentamts eine erhebliche Mehrbelastung hierdurch eintreten wird. Ich sehe also hier gar keine Entlastung, im Gegenteil!
Es liegt noch eine Gefahr darin: Die Prüfer des Patentamts sind nämlich sehr darauf angewiesen, den neuesten Stand der Technik genau zu kennen. Jetzt haben sie es plötzlich mit einer Flut neuester Anmeldungen zu tun, und sie behandeln praktisch in ihrer echten Prüfung alte Anmeldungen, weil innerhalb einer Frist von fünf Jahren noch der Antrag gestellt werden kann, diese Anmeldungen zu prüfen. Sie verlieren also den Anschluß an die neueste technische Entwicklung - eine Gefahr, die gar nicht hoch genug eingeschätzt werden kann.
Drittens: Der mit der Bekanntmachung der ungeprüften Anmeldung verbundene vorläufige Schutz wird sich geradezu als ein Anreiz zum Anmelden auswirken; denn es geht jetzt viel schneller, man bekommt den Schutz sofort, ohne genaue Prüfung, und es liegt eine ganz besondere Gefahr darin, die gerade die kleineren Unternehmen treffen wird. Wenn Sie sich einmal eine solche Patentanmeldung anschauen - ich habe schon eine ganze Menge gesehen -, dann stellen Sie fest, daß das mit sieben, acht oder noch mehr Patentansprüchen anfängt, die sehr ausführlich dargestellt sind. Zum Schluß bleibt oft ein einziger mit drei Zeilen übrig, den der Prüfer aussortiert, der wirklich in diesem Patent drinliegt.
Es liegt die große Gefahr in der hier geplanten Regelung, daß die Unternehmen dazu übergehen werden, einen ganzen Schutzbereich von an sich unbegründeten Ansprüchen um den eigentlichen Kern aufzubauen, um so eine Art Abwehrstellung für spätere Anmeldungen aufzubauen. Das kann dann alles erst nachträglich in jahrelanger Prüfung geklärt werden. In der ganzen Zeit sperrt aber diese Anmeldung neue Anmeldungen. Das muß alles mit bedacht werden. Die Zahl der zu behandelnden Anmeldungen wird jedenfalls nur vermehrt und das Patentamt noch mehr belastet.
In § 28 Abs. 3 des Entwurfs - das ist das vierte - wird eine Recherche gefordert mit einem Neuheitsbericht, die etwa die gleiche Arbeit macht wie der bisherige erste Prüfungsbescheid, in dem der Prüfer seine Bedenken gegen die angemeldeten Ansprüche mitteilt. Aber weil nun die Druckschriften nur mit ihrem Titel angegeben sind, wird es der Beurteilung der Anmelder überlassen, sich darüber klar zu werden, ob sie den Antrag etwa zurücknehmen wollen oder nicht. Es wird ihnen gar kein echter Hinweis gegeben, was sie nun machen sollen. Vor allem aber wird nicht dafür Sorge getragen, daß der Patentanspruch auf den wirklichen Kerngehalt mit der Neuheit und der Erfindungshöhe abgegrenzt wird.
Außerdem werden die vermehrten Bekanntmachungen einen vermehrten Aktenumlauf verursachen und damit einen noch weit größeren Verwaltungsaufwand hervorrufen, als das bisher der Fall war.
Noch ein letztes! Das Arbeitnehmererfindungsrecht wird, wie ich gleich noch bei den Nachteilen darstellen werde, geradezu zu Prüfungsanträgen zwingen, und da der größte Teil - oder jedenfalls ein sehr erheblicher Teil - der Anmeldungen Arbeitnehmererfindungen sind, wird die Entlastung, die man sich erhofft, praktisch nicht eintreten.
Welche Nachteile sind nun in der Regelung für die Anmelder enthalten? - Bisher führen etwa 40 % - nur 40 %! - der eingereichten Anmeldungen zur Bekanntmachung und damit zu einem vorläufigen Patentschutz. 60 % werden zurückgewiesen oder wegen Aussichtslosigkeit bereits vor der Bekanntmachung zurückgenommen. Nach dem Entwurf werden diese Anmeldungen aber alle auch bekanntgemacht und erhalten damit einen vorläufigen Schutz. Die Prüfung, welche Anmeldungen einen .endgültigen Schutz genießen werden und in welchem Umfang, wird damit praktisch auf die Industrie verlagert. Ich halte das, offen gestanden, für unwirtschaftlich. Wenn wir schon einen staatlichen Apparat für diese Prüfung haben, dann ist der in erster Linie dazu da. Er ist zentral dazu da, und er kann es machen, während die Industrie ihre Patentabteilungen noch vergrößern müßte, um diese staatliche Aufgabe zu übernehmen, ganz abgesehen von den kleinen Unternehmen und von den Einzelerfindern, die keine Patentabteilung haben und damit wieder einmal wie so oft in unseren Landen unter die Räder kommen.
Zweitens. Die vorläufigen Schutzrechte führen zu ganz besonderer Rechtsunsicherheit, weil, wie ich schon ausgeführt habe, mangels Prüfung und damit Vorarbeit des Patentamts der Gegenstand des Schutzes nicht klar ist. Es handelt sich also praktisch zu einem erheblichen Teil um Scheinrechte. Für große Unternehmen ist das gerade noch tragbar. Sie können das prüfen, weil sie über eine Dokumentation verfügen, auf ihrem Gebiet jedenfalls und nur um ihres müssen sie sich kümmern. Aber alle die Einzelanmelder und die kleineren und mittleren Betriebe, der ganze Mittelstand z. B., werden das nicht können. Sie sind dann diesen Scheinrechten ausgeliefert, die - davon bin ich überzeugt Dr. Reischl
gerade in solchen Fällen ziemlich rücksichtslos werden geltend gemacht werden.
Außerdem verlagert sich - und auch das bitte ich den Herrn Bundesjustizminister zu bedenken - die Prüfung des Schutzumfangs zu einem erheblichen Teil auf die Gerichte. Wenn jetzt um ein solches Scheinrecht gestritten wird, wenn einer aus diesem Scheinrecht einem anderen verbieten will, etwas herzustellen, dann müssen die Gerichte, die bisher auf Grund einer ,geprüften Anmeldung entscheiden konnten und damit von einem wirklichen Schutzgegenstand ausgehen konnten, selber die ganze Arbeit des Patentamts machen und diesen Schutzgegenstand im Patentverletzungsprozeß erst ermitteln. Auch das würde also vielleicht an einem Ende zu einer ganz kleinen Entlastung, am anderen Ende aber, bei den Gerichten, zu einer schweren Belastung führen, so daß ich auch hier wirklich keinen Nutzeffekt sehe.
Und wie ist es bei der Arbeitnehmererfindung? Der Arbeitgeber muß bekanntlich entweder die Schutzfähigkeit anerkennen oder das Schutzrecht anmelden. Was wird also geschehen? Wenn er es nicht anerkennen will, wenn er bestreitet, daß es schutzfähig ist - und das ist oft der Fall -, dann wird er eben den Prüfungsantrag stellen müssen, und die Entlastung des Patentamts fällt völlig ins Wasser.
Nun will ich aber nach dieser Kritik meinerseits auch noch namens unserer Fraktion Vorschläge machen, wie man der Misere beikommen könnte. Wir sollten, nachdem das Kind nun schon einmal in den Brunnen gefallen ist und wir, die wir jetzt an der Sache beteiligt sind, alle miteinander daran unschuldig sind, wenigstens einen Weg suchen, wie wir dem Patentamt, der Erfinderschaft und der Wirtschaft aus der Misere heraushelfen.
Hier scheint es mir tragbar zu sein, die Regelung des Entwurfs mit der aufgeschobenen Prüfung für alle die Patentanmeldungen eintreten zu lassen, die schon jetzt dem Patentamt als Überhang vorliegen. Denn hier kann nicht mehr nachträglich manipuliert werden. Außerdem ist vielfach mit der Prüfung schon begonnen. Hier ist es also unbedenklicher. Ich könnte mir z. B. gut vorstellen, daß man eine Regelung trifft, daß Jahr für Jahr, beginnend mit den am weitesten zurückliegenden Patentanmeldungen, ein ganzer Schwung, mehrere Jahrgänge der zurückliegenden Anmeldungen in diesem vereinfachten Verfahren bekanntgemacht werden und auf diese Weise jedenfalls der Rückstau beseitigt wird. Auf diese Weise, glaube ich, könnten wir ohne eine auf Dauer angelegte Änderung des geltenden Rechts und ohne Manipulation in der Zukunft möglich zu machen, die im Endeffekt die Entlastung zweifelhaft machen, zu einer Entlastung des Patentamts im Laufe der nächsten Jahre kommen und dann den ganzen Rückstau beseitigt haben.
Während dieser Zeit, in der wir den Rückstau beseitigen, könnte man gleichzeitig an das Wichtigste gehen, nämlich das Patentamt wirklich zu modernisieren und entsprechend auszustatten. Entscheidend ist, die Dokumentation im Patentamt auf den neuesten Stand zu bringen. Diese Dokumentation
soll nicht verschoben werden, wie ich es nach diesem Vorschaltgesetz fast fürchte. Ich gebe Ihnen allen miteinander zu bedenken, meine Damen und Herren, daß solche Vorschaltgesetze dazu führen, daß wichtige Entscheidungen immer wieder aufgeschoben werden, bis man dann eines Tages feststellt, daß die Misere so groß ist, daß man nur noch zum Registrierpatent übergehen kann. Wenn wir dieser Entwicklung steuern wollen, dann müssen wir die Verschnaufpause, die wir dem Patentamt durch eine vernünftige Übergangsregelung verschaffen, dazu nutzen, eine moderne, zentrale Dokumentation unter Ausnutzung aller modernen technischen Mittel zu schaffen und gleichzeitig den Personalstand den Erfordernissen anzupassen. Hierzu ist es aber dann auch notwendig, die innere Organisation des Patentamtes zu verbessern.
Vor allem, meine Damen und Herren, muß man sich Gedanken machen, wie man die Rechtsstellung der Prüfer verbessert. Denn darüber muß man sich klar sein: Mit der jetzigen Stellung, daß ein Prüfer normal bis zum Oberregierungsrat, und wenn er das Glück hat, Abteilungsleiter zu werden, bis zum Regierungsdirektor kommt, können Sie einen fähigen Techniker nicht ins Patentamt locken. Hier muß man einfach einen unkonventionellen Weg suchen. Ich gebe zu, daß uns hier das Beamtenrecht gewisse Grenzen setzt. Aber Prüfer, die ein komplettes technisches Studium haben und dann noch fünf Jahre in der Industrie tätig gewesen sein müssen, wo sie andere Gehälter kennengelernt haben, kann man nicht auf Lebenszeit auf A 14 festlegen, auf ein Gehalt, zu dem ein gut qualifizierter Beamter heute kaum mehr irgendwo auf die Dauer zu haben ist. Hier muß man ernsthaft daran denken, eine Technikerzulage zu schaffen, die der besonderen Qualifikation der Prüfer des Bundespatentamtes gerecht wird.
Wenn wir uns zu so etwas entschließen könnten und wenn wir dann alle diese Maßnahmen, die ich jetzt namens unserer Fraktion vorgeschlagen habe, träfen, würden wir die Misere im Bundespatentamt beseitigen können.
Mit den übrigen Regelungen des Entwurfs, die sich mit dem Warenzeichengesetz befassen, sind wir in vollem Umfang einverstanden. Das war schon längst fällig. Es ist sehr erfreulich, daß diese Regelung endlich kommt.
Ich hoffe, daß die Beratungen des Rechtsausschusses zu einer Lösung führen werden, bei der das gute deutsche Patentrecht, das die Weltgeltung des deutschen Patents begründet hat, uns erhalten bleibt und bei der wir trotzdem das Patentamt von dem Rückstau befreien können, ohne einen so schwerwiegenden Eingriff für alle Zukunft vorzunehmen.
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Das Wort hat der Abgeordnete Busse.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren Kollegen!
Busse ({0})
Ich möchte an die letzten Worte meines Herrn Vorredners anschließen und auch meinerseits unterstreichen, daß wir die Bedeutung dieses Gesetzes keineswegs unterschätzen sollten, dreht es sich doch darum, ein Rechtsinstitut zu erhalten, das in der Tat in der ganzen Welt eine überragende Bedeutung erlangt hat. Wenn die Bedeutung des deutschen Patents nun so erheblich ist, so glaube ich, daß ein wesentlicher Grund darin liegt, daß hier mit besonderer Sorgfalt ein Prüfungsverfahren durchgeführt worden ist, das einmal dem, der das Patent nicht anerkennen will, eine weitgehende Vorsicht auferlegte, aber andererseits auch dem, der das Patent erhielt, eine weitgehende Sicherheit gewährte, daß dieses Patent tatsächlich rechtsbeständig war.
Ich glaube, sowohl die Bundesregierung wie auch die Mitglieder des Hohen Hauses sind mit Herrn Reischl darin einig, daß unser Hauptanliegen sein muß, dieses hohe Gut, das wir besitzen, nicht grundlos zu gefährden. Darauf müssen unsere Bemühungen ausgerichtet sein. Selbst eine Notsituation wird weitgehende Einschränkungen nur dann zulassen können, wenn wir sie mit aller Gewalt anders nicht mehr abweisen können.
Ob in der Vergangenheit alles geschehen ist? Das ist, Herr Kollege Dr. Reischl, eine Frage, die sehr schwer zu beantworten ist. Nur eines kann ich im Moment sagen, wenn wir uns überhaupt mit dieser Frage - weil wir ja für die Zukunft arbeiten wollen - noch weiter befassen wollen: Nach einer mir vorliegenden Tabelle sind jedenfalls in den letzten neun, zehn, elf Jahren ganz erhebliche Personalvermehrungen beim Bundespatentamt vorgekommen. Die Stellen sind fast verdoppelt worden. Wir haben nach dem Bericht, den uns unsere Herren aus dem Haushaltsausschuß gegeben haben, ferner gehört, daß auch jetzt wieder weitere Stellenvermehrungen vorgenommen worden sind.
Wir werden darüber hinaus - meines Erachtens auch im Rechtsausschuß - vor anderen Entscheidungen sehr sorgfältig prüfen müssen, ob nicht zunächst inneramtliche, organisatorische Fragen geregelt und geklärt werden müssen. Ich habe Anregungen von allen möglichen Seiten bekommen, die da vielleicht zu Verbesserungen und zu schnellerer Arbeit führen können. Wir sollten jede dieser Möglichkeiten ausnutzen, ehe man gewichtige weitere Schritte unternimmt. Ob sie freilich zu dem Resultat führen werden, daß wir von weiteren Maßnahmen absehen können - nun, ich nehme an, das wird man bei ,dem Überhang, der sich im Laufe der Jahre beim Patentamt ergeben hat, heute schon verneinen müssen. Wir müssen uns daher ganz präzige mit dem Gedanken befassen, ob und welche Maßnahmen wir ergreifen können.
Wir würden es begrüßen, wenn wir dieses Gesetz überhaupt nicht behandeln müßten, sondern eine allgemeinere Regelung auf EWG-Ebene, die ja kommen wird, abwarten könnten. Aber die Probleme dulden in der Tat keinen Aufschub mehr, und zwar sowohl im Interesse des Patentamts wie im Interesse der Erfinder wie in dem der Wirtschaft; die Angelegenheit muß hier zügiger in Fluß gebracht werden.
Nochmals aber: nur was unabweislich notwendig ist an Änderungen am Patent selbst, am Verfahren und an dem Schutz, den es heute gewährt! Da scheint mir freilich der von der Regierung vorgeschlagene Weg ein möglicher Weg zu sein, mehr aber auch nicht. Ich erkläre mich außerstande, eine abschließende Erklärung abzugeben, und ich glaube, es ist keine Schande, wenn ich sage, daß ich von diesen, zum Teil internen Dingen des Patentamts zu wenig verstehe.
Aber sowohl diese Frage wie auch die weitergehende, ob dann, wenn hier ein möglicher Weg gewiesen ist, er auch zu dem gewünschten Erfolg führen wird, werden wir im Rechtsausschuß wohl sehr eingehend prüfen müssen. Bei aller Hochachtung, die ich vor dem Wissen der Juristen habe, möchte sich doch bezweifeln, daß wir allein in der Lage sein werden, diese Entscheidung zu treffen. Das scheint mir heute schon problematisch zu sein. Ich darf jetzt schon ankündigen, ,daß wir gerade zu diesen 'schwerwiegenden Fragen die Anhörung von Sachverständigen im Rechtsausschuß beantragen werden, um uns dann eine abschließende eigene Meinung bilden zu können. Bis fast in die letzte Stunde vor dieser Beratung - das ist bereits hervorgehoben worden - sind alle möglichen Erklärungen von den verschiedensten Seiten an uns herangekommen, die eine, die behauptet, das sei der einzig mögliche Weg, andere, die feststellen, es sei ein falscher Weg; es gebe bessere Wege usw. Diese Erklärungen kamen von seriösen Leuten, denen es dabei nicht um irgendein privates Anliegen geht, sondern in der Tat um das Grundanliegen, das auch ich herausgestellt habe, nämlich die Bedeutung unseres deutschen Patents zu erhalten.
Jede Regelung, wie auch immer sie getroffen werden mag, die abweicht von dem Bestehenden, hat Nachteile, ganz gleichgültig, welche wir treffen. Es wäre leicht, bereits heute auch an den Vorschlägen, die Herr Reischl hier gemacht hat, die auch von anderer Seite an uns herangetragen wurden, Kritik zu üben. Ich kenne die Kritik, die an diesen Vorschlägen geübt worden ist. Bei allen Regelungen, die wir treffen wollen, werden wir uns über eines klar sein müssen: Ohne Nachteile gegenüber dem bestehenden Zustand werden wir nicht davonkommen. Sie so klein wie möglich zu halten - nach Anhörung von Sachverständigen sowohl aus den Ämtern wie aus der Wirtschaft wie aus dem Kreise der Erfinder und der Patentanwälte -, werden wir versuchen, werden wir einen Weg suchen müssen. Sollte kein anderer als der von Ihnen vorgeschlagene Weg übrigbleiben, so wäre das - ich muß es gestehen - ein bitterer Schritt, den wir hier täten. Sollten wir Wege finden, die allzu große Härte - allzu große Unsicherheiten bedeutet das in diesem Falle - ausschalten können, so würden wir ein solches Ergebnis begrüßen.
Wir müssen uns an eine meines Erachtens schwere Arbeit begeben; aber ich hoff, daß das Ergebnis dem Fleiße, den wir vorher anwenden werden, entsprechen wird.
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Das Wort hat der Herr Bundesminister der Justiz.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich nur noch einige kurze Worte zu den Ausführungen der drei Diskussionsredner sagen, denen ich schon für die intensive Befassung mit dem Thema danken darf. Ich habe nicht die Absicht, die Fragen nach der Vergangenheit zu beantworten. Ich könnte es übrigens auch nicht; denn ich bin, wie Sie wissen und wie Dr. Reischl das selbst betont hat, selbst nicht viel länger als ein halbes Jahr im Amt.
({0})
- Danke schön. Aber, meine Damen und Herren, ich glaube auch, daß es nicht mehr notwendig ist, diese Fragen zu stellen, meine jedoch, daß ich zur Entlastung meiner Vorgänger sagen kann: schließlich war der Widerstand der Wirtschaft, der jetzt in den letzten Monaten aufgegeben worden ist, so stark, daß es nur verständlich war, daß man hier erst mit den Mitteln der Überzeugung wirken wollte, ehe man zu gesetzlichen Maßnahmen griff. Außerdem hatte man in den vergangenen Jahren noch die Hoffnung auf eine baldige Verwirklichung des Europäischen Patentamtes, das ja zu vielleicht 40 oder 50 Obo eine Entlastung des Deutschen Patentamtes gebracht hätte. Das ist nunmehr durch die allgemeine europäische Entwicklung verzögert worden, die ja nicht zu Lasten der Justiz geht.
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- Verehrter Herr Kollege Jahn, die Schaffung eines Europäischen Patentamtes wäre sehr wohl politisches Handeln, und -wir hatten alle die Hoffnung, daß es einmal so weit kommen würde, weil wir alle hofften, daß Europa rascher Gestalt gewinnen würde, als es nunmehr leider der Fall ist. Außerdem darf ich Ihnen, Herr Kollege Jahn, sagen, wenn in einem Jahr wie dem vergangenen gleich drei Justizminister im Amt sind, wirkt sich das nicht fruchtbringend auf die Stabilisierung und Normalisierung der Arbeit des Bundesjustizministeriums aus.
Was ich aber in der Hauptsache sagen wollte, ist folgendes. Dieser Gesetzentwurf soll nicht den Wert des deutschen Patents mindern, sondern ihn nicht nur erhalten, sondern auch erhöhen; denn bei einem fünfjährigen Zeitverbrauch, wie wir ihn bis heute haben, ist dieses Patent nicht mehr das wert, was es in den vergangenen Jahrzehnten wert gewesen ist.
Wenn hier von Stellenhebungen und -vermehrungen gesprochen wurde - es gehört ja nicht unmittelbar zum Gesetzentwurf, aber ich habe es erwähnt, und Herr Reischl hat es vertieft -, dann möchte ich, um Sie darüber ins Bild zu setzen, soweit das in der Kürze der Zeit geschehen kann, folgendes sagen.
Im Jahre 1965 sind vom deutschen Bundestag 62 Stellenhebungen und Stellenumwandlungen bewilligt worden, davon 14 für den höheren Dienst,
im Haushaltsjahr 1966 soeben durch den Haushaltsausschuß 132, davon 29 für den höheren Dienst. Für das Jahr 1967 habe ich beim Finanzministerium 358 Stellenhebungen und -umwandlungen angefordert, davon 71 für den höheren Dienst, insbesondere für die Vorsitzenden der Abteilungen, die jetzt Regierungsdirektoren sind, und für die stellvertretenden Vorsitzenden. Das ist ein Thema, von dem Herr Dr. Reischl gesprochen hat.
Ich darf aber außerdem sagen, daß das Finanzministerium, das Justizministerium und der Rechnungshof in einem gemeinsamen Bericht an den Haushaltsausschuß die Kräfte errechnet haben, die das Patentamt zusätzlich braucht, damit die Rückstände nicht weiter anwachsen, die Geschäftslage stabilisiert wird und die Rückstände innerhalb der nächsten Jahre aufgearbeitet werden können, so daß die Verhältnisse normalisiert werden. Der Haushaltsausschuß hat diesen Bericht dankenswerterweise gebilligt. Nach ,diesem Bericht ist in den Jahren 1965 bis 1968 das Personal um 310 Kräfte zu vermehren, nämlich um 131 Prüfer des höheren technischen Dienstes und um 179 Hilfskräfte. Bei dieser Personalbemessung ist ,die Vereinfachung des Patenterteilungsverfahrens durch die Einführung der aufgeschobenen Prüfung und eine gewisse Entlastung durch die Einrichtung eines Europäischen Patentamtes in Rechnung gestellt. Die letztere Annahme ist falsch; wir werden daher im nächsten Jahr prüfen müssen, ob wir nicht die Vermehrung noch etwas steigern müssen. Für das Deutsche Patentamt wurden bereits an Stellen bewilligt: 1965 80 neue Stellen, davon 45 des höheren Dienstes, 1966 121 neue Stellen, davon 63 des höheren Dienstes. Für 1967 habe ich 159 neue Stellen angefordert, davon 33 des höheren Dienstes.
Meine Damen und Herren, es hätte keinen Sinn, diese Anforderungen etwa durch die Verdoppelung der Zahl übertreffen zu wollen; denn es ist sowieso nur schwer möglich, die Kräfte für die Stellen zu gewinnen, die bewilligt werden. Aber die Bewilligung der Kräfte, die ich hier vorgeschlagen habe oder die bereits erfolgt ist, ist die Voraussetzung dafür, daß wir auch die Arbeitskräfte bekommen, um diesen großen Andrang bewältigen zu können.
Meine Damen und Herren, ich wiederhole, was ich vorhin gesagt habe: Stellenhebungen und Stellenmehrungen sind wichtig; aber sie allein lösen das Problem nicht, wenn wir nicht zu einer durchgreifenden Reform des Verfahrens kommen. Nach allen Beratungen bin ich heute der Überzeugung, daß der vorgeschlagene Weg mindestens im Prinzip der richtige ist. Wenn andere, neue Anregungen kommen oder wenn man noch neue Gedanken hinzufügen und kombinieren will, werde ich mich aufgeschlossen zeigen.
Ich bitte Sie, meine Damen und Herren, vor allem die Mitglieder des Rechtsausschusses, im Ausschuß um Ihre Mitarbeit.
({2})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit ist die Aussprache in der ersten Beratung geschlossen. Das Gesetz soll
Vizepräsident Schoettle
an den Rechtsausschuß überwiesen werden. Das
Haus ist mit diesem Vorschlag einverstanden; es
wird nicht widersprochen. Dann ist so beschlossen.
Ich rufe den Punkt 20 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von den Abgeordneten Freiherr von Kühlmann-Stumm, Zoglmann, Dr. Staratzke, Spitzmüller, Dr. Schwörer, Dr. Besold und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes
- Drucksache V/554 Zur Begründung hat der Herr Abgeordnete Spitzmüller das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Das Kernproblem der derzeitigen Wirtschafts- und Finanzpolitik ist die Stabilität der Währung. Eine geradezu explosionsartige Entwicklung der Nachfrage der öffentlichen und privaten Haushalte und damit der Ausgaben hat nicht nur das Preisgefüge, sondern - was viel schlimmer ist - das gesamte Preisniveau mehr und mehr ins Rutschen gebracht. Wir alle kennen die Versuche, durch Appelle an den einzelnen wie die Gebietskörperschaften und Unternehmen die Nachfrage durch Maßhalten einzudämmen. Wir wissen, daß diese pädagogischen Versuche leider nicht die erhoffte Wirkung gebracht haben. Daher gilt es, durch schnelle und pragmatische Maßnahmen das Problem einmal von einer anderen Seite her anzufassen, d. h. das gestörte Gleichgewicht durch ein erhöhtes Angebot von Gütern und Dienstleistungen wiederherzustellen.
Dem bisher eingeschlagenen Weg, den Nachfrageüberhang durch erhöhte Importe und durch die Heranziehung von immer mehr und mehr Gastarbeitern abzufangen und auszugleichen, sind einmal durch den laufenden Devisenabfluß und zum anderen durch die Erschöpfung der ausländischen Arbeitskräftereserven Grenzen gesetzt; ganz zu schweigen von anderen schwierigen Problemen.
Die Antragsteller schlagen daher vor, nicht nur an die Arbeitswilligkeit und Einsicht unserer Bürger zu appellieren - was wir begrüßen -, sondern zusätzlich die freiwillige Arbeit und Arbeitsbereitschaft durch die Befreiung der Überstunden von Steuern zu belohnen. Erfreulicherweise ist es eine unzutreffende Verallgemeinerung, wenn da und dort behauptet wurde, das deutsche Volk oder gar der deutsche Arbeiter sei faul geworden. Wir wissen doch, daß die tarifliche Arbeitszeit in der Bundesrepublik im Durchschnitt über 42 Stunden wöchentlich beträgt und daß darüber hinaus ebenfalls durchschnittlich 2,4 Stunden wöchentlich mehr gearbeitet wird, ganz zu schweigen von den persönlichen Beobachtungen und Nachrichten über die Schwarzarbeit. Sie ist zwar einerseits nur für manche Bereiche spezifisch und möglich, zeugt jedoch andererseits von der vorhandenenn Arbeitsbereitschaft. Es sollte in diesem Zusammenhang gesehen werden, daß gerade die Schwarzarbeit eine ganze Reihe negativer Folgeerscheinungen mit sich bringt. Nach unserem Vorschlag würden auch diese negativen Dinge zum großen Teil in legale und auch gesundheitlich vernünftigere Bahnen gelenkt werden.
Insgesamt können wir also davon ausgehen, daß eine mangelnde Arbeitswilligkeit nicht die entscheidende Ursache für das gestörte Gleichgewicht am Markt ist. Es ist nicht anzunehmen, daß durch Rationalisierung allein und eine entsprechende Steigerung der Produktivität diese Störungen beseitigt werden können. Dies bedeutet, daß damit leider eine entscheidende Voraussetzung für die Wiederherstellung eines Gleichgewichts von Kosten und Preisen bisher nicht vorhanden ist, d. h. eine Identität von Angebot und Nachfrage.
Die Kollegen der FDP- und CDU/CSU-Fraktion, die die Drucksache V/554 eingebracht haben, glauben, damit einen Beitrag zur Befriedigung der übergroßen Nachfrage leisten zu können. Wir sind der Meinung, daß die Beratungen über diese Materie im vergangenen Bundestag leider unter einem gewissen Zeitdruck gelitten haben und daß es jetzt wichtig ist, die damals wie heute schwierigen Probleme in den Ausschußberatungen eingehend zu diskutieren. Wir sind jetzt in einer günstigeren Situation, weil wir nicht am Ende einer Legislaturperiode stehen.
Es ist sicherlich nicht verfehlt, wenn sich die Parlamentarier darüber Gedanken machen, wie die von Herrn Bundeskanzler Erhard bei vielen Gelegenheiten geforderte Mehrarbeit auf freiwilliger Basis in einer vernünftigen Form erreicht werden kann. Unsere Bitte am heutigen Tage geht daher an alle, die diesem Vorschlag bisher skeptisch oder ablehnend gegenüberstanden, sich angesichts der wirtschaftlichen Situation erneut und unvoreingenommen an einer eingehenden Prüfung aller Gründe, die für und gegen eine entsprechende Maßnahme sprechen, zu beteiligen. Wir wissen, daß jede politische Entscheidung nicht nur positive Auswirkungen hat. Die Antragsteller sind jedoch überzeugt, daß bei Abwägung aller Gesichtspunkte die positiven Elemente trotz aller Problematik überwiegen. In dieser Überzeugung sind die Antragsteller auch durch zahlreiche Zuschriften bestärkt worden, aus denen wir entnehmen konnten, daß viele Mitglieder nicht mit der ablehnenden Haltung ihrer Organisation zu diesen Fragen einverstanden sind.
Meine Damen und Herren, wir können feststellen, daß wir in zahlreichen Gesetzen aus übergeordneten gesellschaftspolitischen oder wirtschaftspolitischen Gesichtspunkten auf steuerliche und soziale Abgaben verzichten oder ein bestimmtes Verhalten durch die Gewährung von Prämien seitens des Staates anerkennen. Auch unser Vorschlag dient einem übergeordneten Ziel. Er sollte daher in den Ausschüssen eingehend geprüft und die Frage der Steuerfreiheit des Mehrarbeitslohnes und bestimmter Zuschläge zum Arbeitslohn einer positiven Lösung zugeführt werden. Das ist es, worum wir Sie am heutigen Tage bitten möchten.
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Nach dieser Begründung eröffne ich die Aussprache über den Gesetzentwurf .in der ersten Beratung. Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Stecker.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Für die CDU/ CSU-Fraktion gebe ich folgende Erklärung ab.
Der in der Drucksache V/554 vorgelegte und soeben hier begründete Antrag zur Änderung des Einkommensteuergesetzes unterscheidet sich von dem in der 4. Legislaturperiode eingebrachten Antrag nur dadurch, daß er die Jahresverdienstgrenze für die Steuerfreiheit des Mehrarbeitslohnes von 15 000 DM auf 24 000 DM erhöht und Bereitschaftsdienst sowie Wartezeiten nicht in die Mehrarbeit einbezieht. Der damalige Antrag ist im Finanzausschuß vor allem im Hinblick auf den zu erwartenden Steuerausfall behandelt und abgelehnt worden. Im übrigen kann ich mich auf die damalige Diskussion dazu beziehen.
Das damals wie heute angestrebte Ziel, zur Entlastung der Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt und damit zur Entspannung der Konjunktur beizutragen, ist auch Gegenstand unserer Bemühungen, ebenso wie der Wunsch, die Schwarzarbeit einzudämmen. Wir verkennen auch nicht, daß die Belastung des Mehrarbeitsverdienstes mit Steuern und anteiligen Sozialversicherungsbeiträgen erheblich ist und in der Regel bei einem Drittel des Mehrarbeitslohnes liegt. Es wird jedoch notwendig sein, in den Ausschüssen kritisch zu prüfen, ob die steuerliche Begünstigung des Mehrarbeitslohnes ein gangbarer und überhaupt wirksamer Weg zu dem erstrebten Ziel ist. Zahlreiche Bedenken rechtlicher, wirtschaftspolitischer und vor allem sozialpolitischer Art sind innerhalb und außerhalb dieses Hauses erhoben und mit den bisherigen Diskussionen nicht beseitig worden. Auch die haushaltsmäßigen Konsequenzen müssen besonders sorgfältig geprüft werden. Es gibt in meiner Fraktion auch Versuche, über andere Wege, etwa über das 312-Mark-Gesetz, zu dem angestrebten Ziel zu kommen. Das alles soll in gründlicher, sachlich-kritischer Diskussion überprüft und einer Entscheidung zugeführt werden, die politisch und rechtlich Bestand haben kann.
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Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Eppler.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Namen der sozialdemokratischen Fraktion darf ich folgende Erklärung abgeben.
Erstens. Der Entwurf zur Änderung des Einkommensteuergesetzes, der diesem Hause in der Drucksache V/554 zugegangen ist, entspricht fast wörtlich dem Antrag, den die Abgeordneten Dr. Imle und Genossen am 29. März 1963 - also nicht am Ende der letzten Legislaturperiode - auf Drucksache IV/1161 vorgelegt haben. Dieser Antrag wurde in diesem Hause am 25. März 1965 abgelehnt, nicht zuletzt deshalb, weil die Bundesregierung und insbesondere der Bundesfinanzminister Dr. Dahlgrün erhebliche verfassungsrechtliche, verwaltungstechnische und fiskalische Bedenken vorgebracht hatten.
Zweitens. Auf eine entsprechende Kleine Anfrage der Abgeordneten Wurbs und Genossen hat sich der Bundesarbeitsminister im Namen der Bundesregierung am 13. Juni dieses Jahres auf Drucksache V/721 ausdrücklich auf die früher geäußerten Bedenken bezogen und im Namen der Bundesregierung eine Befreiung der Überstundenlöhne und -zuschläge von der Lohnsteuer und den Sozialversicherungsbeiträgen erneut abgelehnt. Bei dem heute vorliegenden Antrag handelt es sich also politisch um ,den Versuch einiger Abgeordneter der Koalition, entweder die von ihnen getragene Bundesregierung zu einer Änderung ihrer Haltung zu zwingen oder aber durch ein Spiel mit verteilten Rollen propagandistische Vorteile zu erlangen.
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Es ist nicht die Aufgabe einer Opposition, die Regierung gegen die Forderungen aus den eigenen Reihen zu verteidigen, zumal dann nicht, wenn dieselbe Forderung in regelmäßigen Abständen von denselben Abgeordneten gegen die gleiche Regierung mit den gleichen Argumenten erhoben und wiederholt wird.
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Drittens. Von den Bedenken, die der Herr Bundesfinanzminister Dr. Dahlgrün im März 1965 gegen den Antrag Dr. Imle und Genossen vorbrachte, halten wir die verfassungsrechtlichen Einwände für die wichtigsten. Um festzustellen, ob diese Bedenken inzwischen von der Bundesregierung geklärt oder präzisiert wurden, haben wir eine Kleine Anfrage eingebracht. Wir hoffen dadurch Klarheit darüber zu erhalten, ob nach Auffassung der Bundesregierung eine Befreiung der Uberstundenlöhne von der Lohnsteuer mit dem Grundgesetz vereinbar wäre.
Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion wird daher in die Erörterung der zahlreichen und zugegebenermaßen sehr vielschichtigen Sachargumente zu einer solchen Gesetzesänderung erst eintreten, wenn eine befriedigende Antwort auf ihre Kleine Anfrage vorliegt.
Mit diesem Vorbehalt stimmen wir der Ausschußüberweisung zu.
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Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen. Die Vorlage soll überwiesen werden an den Finanzausschuß - federführend -, den Ausschuß für Arbeit und den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen - mitberatend - und an den Haushaltsausschuß gemäß § 96 der Geschäftsordnung. Das ist etwas viel, aber vielleicht notwendig. Das Haus ist mit diesen Überweisungsvorschlägen einverstanden? - Es ist so beschlossen.
Vizepräsident Schoettle
Ich rufe Punkt 21 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von den Abgeordneten Spitzmüller, Dr. Staratzke, Frau Funcke und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes
- Drucksache V/555 Das Wort zur Begründung hat die Frau Abgeordnete Funcke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist kein Zufall, daß in letzter Zeit die Frage der Teilzeitarbeit in besonderer Weise in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gekommen ist, und es ist auch kein Zufall, daß die Befürworter der Teilzeitarbeit gar nicht einmal vorrangig aus dem Bereich der Wirtschaft kommen. Mir scheint es notwendig zu sein, das zu Beginn der Begründung eines Gesetzentwurfs zu sagen, bei dem es um die steuerrechtliche und sozialrechtliche Erleichterung der Teilzeitarbeit geht. Gewiß, die Arbeitsmarktlage ist sehr angespannt, und so sucht die Wirtschaft heute auch Halbtagskräfte, wenn sie keine Ganztagskräfte bekommt. Aber stärker kommen die Anregungen aus ganz anderen Bereichen: von der Medizin, von den Kirchen, von den Frauen und aus dem Bildungsbereich.
Es ist weithin bekannt, daß die Sterbeziffern bei Menschen, die aus einer Vollzeitbeschäftigung ganz plötzlich ohne Übergang in den Ruhestand treten, ansteigen. Es ist auch bekannt, daß das plötzliche Nachlassen der Spannung und die Leere des Tages körperliche Leiden und seelische Depression mit sich bringen. Darum haben gerade die Ärzte noch kürzlich für eine bewegliche Altersgrenze und für gleitende Übergänge plädiert. Die Teilzeitarbeit ist ein Weg dahin.
Zugleich wird die Teilzeitarbeit aus der Sicht der verheirateten Frau befürwortet. Mehr als ein Drittel aller verheirateten Frauen in der Bundesrepublik ist heute berufstätig, und zwar zumeist ganztägig. Es erscheint nicht angebracht, pauschal darüber zu urteilen, warum sie arbeiten, oder gar zu verurteilen, daß sie arbeiten. Wir wissen sehr wohl, daß unser aller Wohlstand davon abhängt, was in unserem Lande erarbeitet wird, und dafür sind die Zahl der Arbeitskräfte, die Zahl der Arbeitsstunden und die Qualität der Leistung entscheidend. Aber wir wissen ebenso, daß ein augenblicklicher Wohlstand zu schwer erkauft ist, wenn er auf Kosten der Gesundheit oder auf Kosten der Familie geht. Darum muß uns allen - besonders uns Verantwortlichen - daran liegen, daß die Aufgabe der Frau in der Familie und die Aufgabe im Beruf in ein vertretbares Gleichgewicht kommen. Darum wird die Teilzeitarbeit von Ärzten, von Frauenverbänden und nicht zuletzt den Kirchen gefordert.
Es gibt auch bildungspolitische Gründe, die dafür sprechen. Einmal ist erwiesen - nicht zuletzt durch die Kriegerwitwen -, daß die Kinder berufstätiger Mütter oft selbständiger und aufgeschlossener sind als Kinder, die sich auch als Halberwachsene noch wegen jeder Kleinigkeit an die Mutter wenden können. Es wird auch mit Recht darauf hingewiesen, daß eine Mutter, die im Berufsleben steht, für ihre heranwachsenden Kinder nicht selten eine verständnisvollere Ratgeberin als eine nichtberufstätige Mutter ist, weil sie die Probleme der Berufswelt selbst miterlebt. Schließlich verliert eine Frau, die die Verbindung mit ihrem Beruf - wenn auch bei eingeschränkter Arbeitszeit - aufrechterhält, nicht ihre Berufsfähigkeit. Wir alle wissen, wie schnell in unserer dynamischen Zeit die Anforderungen im erlernten Beruf sich wandeln. Ein Aussetzen über Jahre kann leicht eine Ausbildung wertlos machen. Darum kommt gerade für die Frau der Teilzeitarbeit eine besondere Bedeutung zu.
Uns Freien Demokraten scheint es ein Gebot der Stunde zu sein, die Teilzeitarbeit ernst zu nehmen. Aus sozialen, familienpolitischen, psychologischen, bildungspolitischen und wirtschaftlichen Gründen sollten wir sie sinnvoll in die Volkswirtschaft einordnen. Die allgemeine Entwicklung drängt dahin, und die Frauen-Enquete wird das mit Sicherheit unterstreichen. So bin ich auch überzeugt, daß der Herr Innenminister eines Tages seinen Widerstand gegen die Teilzeitbeamtin aufgeben muß.
Der von der FDP vorgelegte Gesetzentwurf zielt nun dahin, für die Teilzeitarbeit steuerliche Vereinfachungen und versicherungsrechtliche Entlastungen zu bringen. Das ist, wie wir alle wissen, nichts Neues. Tatsächlich haben wir im Bundestag und hat die Bundesregierung mit unserer Zustimmung entsprechende Erleichterungen und Vereinfachungen bereits eingeführt.
Wir schlagen vor, bei geringfügiger Teilzeitarbeit die Lohnsteuer ohne zweite Lohnsteuerkarte pauschal mit 8% zu erheben. Das entspricht den geltenden Bestimmungen des Abschnitts 52 c der Lohnsteuerrichtlinien. Nur ist die Begrenzung von 20 Wochenstunden geringfügig auf 24 Wochenstunden angehoben worden. Und bei unständiger Beschäftigung, d. h. bei Aushilfstätigkeit, ist die Dauer von 20 Arbeitstagen auf 30 Arbeitstage ausgedehnt worden. Das erscheint uns gerade deswegen notwendig, weil der verlängerte Urlaub auch eine verlängerte Urlaubsvertretung erforderlich macht und weil sich nun einmal der Weihnachtsverkauf im Einzelhandel über mehr als 20 Tage erstreckt.
Wir schlagen zugleich in dem Entwurf vor, die Sozialversicherungspflicht für Teilzeitarbeit auf Antrag fallenzulassen. Auch dies ist nicht neu; denn bereits das Rentenanpassungsgesetz hat die Teilzeitarbeit in bestimmtem Umfang freigestellt, wobei die derzeitige Praxis sogar bei der unständigen Arbeit noch weitergeht als unser Entwurf. Wir möchten nun einmal mit diesem Entwurf eine gewisse Einheitlichkeit in den gesetzlichen Bestimmungen über die Teilzeitarbeit erreichen. Wenn, wie es zur Zeit der Fall ist, in jedem Gesetz andere Bestimmungen und andere Abgrenzungen bezüglich der Erleichterung der Teilzeitarbeit bestehen, ist das eben keine Erleichterung, sondern eine Erschwerung bei den Betrieben, und das bewirkt eine Unsicherheit bei den Betroffenen.
Bei einer Befragung von Hausfrauen wurde kürzlich festgestellt, daß nur wenige etwas von den steuerlichen Vergünstigungen wußten, wieviel weniger von den komplizierten und differenzierten Entlastungen in der Sozialversicherung. Hier sollte, so meinen wir, ein einheitliches Gesetz Klarheit bringen.
Lassen Sie mich nun abschließend vorab gleich auf drei Einwände eingehen, die gegen unsere Initiative geltend gemacht werden. Einmal wird eingewendet, die Gleichheit vor dem Gesetz werde durch die Pauschalierung der Steuer mit 8 % berührt. Wir haben das sehr genau erwogen und deshalb die Obergrenze bei 3600 DM Jahresverdienst - wie in den geltenden Richtlinien - gezogen. Das mag, wie alle Grenzen, Härten bei der Abgrenzung mit sich bringen; aber wir glauben in der Tat, über diesen Betrag eben wegen des Gleichheitsgrundsatzes nicht hinausgehen zu können, oder wir müßten wegen der Steuerprogression zu einem komplizierten System aufsteigender Pauschalierungssätze kommen, die dann mehr ungerecht als einfach wären.
Zum anderen wird die Befürchtung laut, daß eine besondere Begünstigung der Teilzeitarbeit Vollzeitkräfte veranlassen könnte, zur Teilzeitarbeit überzugehen. Diese Befürchtung scheint mir nicht begründet zu sein; denn obwohl - wie ich schon sagte - die Vergünstigungen bereits heute bestehen, gibt es im wesentlichen keinen Zug von der Vollzeitarbeit zur Teilzeitarbeit, außer eben in jenen Fällen, wo Frauen wegen der Doppelbelastung von Haushalt und Beruf zur Teilzeitarbeit übergehen. Das gerade ist ja wohl auch vernünftig und erstrebenswert, weil sonst die Frauen über kurz oder lang infolge der Überbelastung vollständig aus dem Arbeitsleben ausscheiden müßten.
Schließlich wird ein Ausfall bei den Versicherungsträgern befürchtet. Auch das scheint mir unbegründet zu sein. Sinn des Gesetzes soll es ja sein, zusätzliche Kräfte für die außerhäusliche Arbeit zu gewinnen, und zwar Kräfte, die als Ehefrauen oder als Rentner ohnehin anspruchsberechtigt sind. Durch ihre Arbeit entstehen den Sozialversicherungen keine zusätzlichen Kosten. Darum verlieren sie auch nichts, wenn sie die Teilzeitbeschäftigung von der Beitragszahlung freistellen. Wir möchten sie, d. h. die Ehefrauen, die Rentner und die Teilzeitbeschäftigten, generell nun nicht grundsätzlich von der Versicherung freistellen, sondern nur auf Antrag; denn es könnte im Einzelfall sehr wohl der Wunsch, ja sogar die Notwendigkeit für einen Versicherungsschutz bestehen, insbesondere eben dort, wo kein ausreichender anderweitiger Versicherungsschutz vorhanden ist.
Wir sind uns bewußt, daß dieses Gesetz eine Reihe von Fragen aufwirft, und bitten daher, es an den Finanzausschuß - federführend - und zur Mitberatung an den Ausschuß für Arbeit, an den Wirtschaftsausschuß und den Haushaltsausschuß zu überweisen. Wir sind aber grundsätzlich davon überzeugt, daß wir von einem allzu starken Denken in Ganztagsarbeit abkommen müssen, nicht zuletzt wegen unserer alten Leute. Das Alter hat in unserem Land vielerlei Probleme, die sehr vielschichtig
gelöst werden müssen. Eines ist aber zweifellos dieses, daß es in unserem Arbeitsleben für abnehmende Kräfte vielfach nur das harte „Entweder-Oder" gibt, nicht aber das barmherzige „Soviel du kannst".
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Das Wort hat Frau Abgeordnete Kurlbaum-Beyer.
Frau Kurlbaum-Beyer: ({0}) : Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Ich darf für die sozialdemokratische Fraktion folgendes erklären. Der vorliegende Gesetzentwurf, der von einer Anzahl von Kollegen der FDP-Fraktion eingebracht wurde, birgt eine Reihe von Fragen in sich, die nach unserer Auffassung noch völlig ungeklärt sind. Das haben auch die Ausführungen von Frau Kollegin Funcke deutlich gemacht. Die Haltung der sozialdemokratischen Fraktion zu diesem Gesetzentwurf wird davon abhängen, inwieweit diese Fragen schon vor den Ausschußberatungen geklärt werden können.
Der Gesetzentwurf sieht vor, daß bei Teilzeitarbeit im äußersten Fall 3600 DM im Jahr mit dem halben Steuersatz versteuert werden. Hier muß zunächst vor allem geprüft werden, ob eine so weitgehende Steuerbegünstigung der Teilzeitarbeit das Prinzip der Gleichmäßigkeit der Besteuerung verletzt. Bereits durch die Lohnsteuerrichtlinien 1966 kann der Pauschalsteuersatz von 8 bzw. 10 v. H. bei teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmern auch dann angewandt werden, wenn der Arbeitslohn den Tagesdurchschnitt von 28 DM nicht übersteigt. Das bedeutet bereits eine nicht unwesentliche Verbesserung gegenüber den Vorjahren. Ob nun eine noch weitergehende Begünstigung eingeführt werden kann, muß auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten geprüft werden.
Das sozialpolitische Problem wird nicht verkannt, aber es muß auch die arbeitsmarktpolitische Seite gesehen werden. Es muß daher überprüft werden, ob mit einer solchen Regelung nicht neue Gefahren für den Arbeitsmarkt entstehen, ob nicht z. B. die Anzahl der geleisteten Arbeitsstunden zurückgeht.
Letztlich sollte berücksichtigt werden, daß eine eventuelle Freistellung der Arbeitnehmer von den Sozialversicherungsbeiträgen für deren Altersversorgung erhebliche Nachteile bringen kann. Solche Entscheidungen über den Verbleib in der Sozialversicherung werden oft sehr kurzsichtig getroffen, und das sollte von uns nicht noch gefördert werden.
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Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Stecker.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Situation in der Bundesrepublik, insbesondere der Enge des Arbeitsmarktes werden schon seit Jahren Möglichkeiten erörtert, zusätzliche Anreize für Teilzeit-, Neben- und AushilfsbeschäfDr. Stecker
tigungen einzuführen, um alle denkbaren Arbeitskraftreserven in der Wirtschaft auszuschöpfen. Tatsächlich haben sich die Arbeitgeber im Wirtschafts- und Verwaltungsbereich, im Gesundheits- und sozialpflegerischen Bereich und in den Organisationen weitgehend den neuen Verhältnissen auf dem Arbeitsmarkt angepaßt, wie die ständig wachsende Zahl der Teilzeitarbeitsstellen - insbesondere für Frauen - beweist. Dabei hat sicher das von der Finanzverwaltung schon nach bisherigem Recht praktizierte vereinfachte Besteuerungsverfahren für Teilzeitarbeit erleichternd gewirkt. Auch für den Bereich des Sozialrechts bestehen erleichternde Bestimmungen. In der Sozialversicherung sind Arbeitsentgelte beitragsfrei, wenn sie ein Achtel der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht übersteigen. Im laufenden Jahr ist damit ein monatliches Einkommen bis zu 162,50 DM beitragsfrei. Außerdem bestehen Sonderbestimmungen in den verschiedenen Sozialleistungsbereichen, die allerdings - das ist sicher richtig - für die Beteiligten schwer überschaubar sind.
Der vorliegende Entwurf will nun neben der auch von uns gewünschten Zusammenfassung zusätzliche Anreize schaffen, indem er den Begriff der Teilzeitarbeit für das Steuerrecht und Sozialrecht ausweitet. Bei den Diskussionen in den Ausschüssen wird zu prüfen sein, ob damit nicht über eine begrüßenswerte Vereinfachung und Pauschalisierung hinaus eine steuerliche Privilegierung der Teilzeitarbeit erfolgt, die gegenüber den voll arbeitenden Menschen ungerecht sein könnte.
In ähnlicher Richtung wird auch die Prüfung der sozialrechtlichen Konsequenzen des Entwurfs erfolgen müssen. In meiner Fraktion hat sich schon seit längerer Zeit eine Kommission mit diesen Fragen beschäftigt. Auch im Bundesarbeitsministerium ist eine Bestandsaufnahme aller bisherigen Förderungsbestimmungen erarbeitet worden. All diese Bemühungen sollten dazu beitragen, daß bestehende Hemmnisse gegen eine erwünschte begrenzte Erwerbstätigkeit im Rahmen des Möglichen abgebaut werden.
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Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen.
Die Vorlage soll überwiesen werden an den Finanzausschuß - federführend -, an den Ausschuß für Arbeit, den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen sowie den Haushaltsausschuß gemäß § 96 der Geschäftsordnung zur Mitberatung. Das Haus ist einverstanden mit diesen Überweisungsvorschlägen? - Es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 22 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von den Abgeordneten Wächter, Reichmann, Ertl, Logemann und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes 1964
- Drucksache V/696 Soll diese Vorlage begründet werden? - Das Wort hat der Herr Abgeordnete Wächter.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit der Drucksache V/696 - Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes 1964 - möchten die Antragsteller Sie auf ein Problem aufmerksam machen, das dieses Hohe Haus bereits in der letzten Legislaturperiode beschäftigt hat. In der Fragestunde der 119. Sitzung hatte der Kollege Reichmann dem Bundesfinanzminister die Frage gestellt, ob es der Bundesregierung bekannt sei, daß Heizöl in immer größerem Ausmaße als Dieselkraftstoff verwendet und damit dem Staat erhebliche Steuerausfälle zugefügt würden. Der Herr Bundesfinanzminister bejahte diese Frage und erwähnte weiter, daß die Bundesregierung beabsichtige, sehr bald eine Kennzeichnungspflicht für Heizöl durch Färbung und Zugabe eines chemischen Indikators einzuführen. In einer weiteren Antwort sprach der Bundesfinanzminister die Vermutung aus, daß erhebliche Mengen Heizöl durch diese anderweitige Verwendung ihrem eigentlichen Zweck entfremdet würden. Damals lagen die Schätzungen des Steuerausfalls - und selbstverständlich handelte es sich um Schätzungen - bei zirka 50 Millionen DM.
Die vier bis fünf Millionen Heizölverbraucher erhalten bekanntlich von den zuständigen Zollämtern für den Bezug von Heizöl entsprechend der beantragten Menge eine Zollkarte. Falls diese Menge nicht ganz für Heizzwecke verbraucht wird, steht die Differenz zwischen der beantragten und der tatsächlich verbrauchten Menge entweder für den Mehrverbrauch anderer Heizölverbraucher zur Verfügung, oder sie wird gegebenenfalls zu dem Zweck verwendet, den ich schon einmal angedeutet habe. Dasselbe gilt natürlich auch für den Endverbraucher. Es wird sogar von einzelnen Fällen berichtet, bei denen aus einem Behälter an einer Stelle einmal Heizöl und zum anderen Dieselkraftöl abgetankt wird.
Zwischen leichten Heizölen und Dieselkraftstoff besteht seit mehreren Jahren praktisch kein Unterschied. Daraus ergibt sich, daß die Verwendung von Heizöl als Kraftstoff an Motoren von Dieselfahrzeugen keinen Schaden verursacht. Das hat u. a. meine Kollegen Reichmann, Ertl und Logemann sowie mir und anderen Kollegen meiner Fraktion Veranlassung gegeben, die Bundesregierung in einer Kleinen Anfrage vom 10. Februar 1966 nach dem Verbleib des vor fast zwei Jahren angekündigten Gesetzentwurfes zu fragen.
Wir haben uns seinerzeit weiter nach den Kosten erkundigt, die durch die Kenzeichnung des Heizöls nach Ansicht der Bundesregierung entstehen würden. Weiter ist von uns die Frage angeschnitten worden, ob das so gekennzeichnete Heizöl der Landwirtschaft nicht direkt als Treibstoff zur Verfügung gestellt werden könne und wieweit dieses vereinfachte Verfahren insbesondere eine Entlastung bei den einzelnen mit der Bearbeitung der Anträge beauftragten Dienststellen erbringen würde. Die Bundesregierung hat darauf erneut einen Gesetzentwurf
angekündigt und anfangs die Kosten der Kennzeichnung des Heizöls mit 2 bis 3 Pf pro Kilo angegeben.
Diese Angaben wurden dann aber sehr kurzfristig dahin berichtigt, daß sich diese Kosten nicht für 1 kg ergeben, sondern für 100 kg.
Nachdem nun wiederum ein halbes Jahr vergangen war, in dem die Bundesregierung den angekündigten Gesetzenwurf nicht vorgelegt hatte - sicher wird sie dafür triftige Gründe angeben können -, sind meine Kollegen und ich mit dem heute dem Hohen Hause vorgelegten Gesetzentwurf initiativ geworden. Was hat uns insbesondere dazu Veranlassung gegeben? Beobachtungen gerade in den letzten Jahren haben gezeigt, daß die mißbräuchliche Verwendung von leichtem Heizöl erheblich zugenommen hat. Dem sollte nach unserer Ansicht möglichst schnell ein Riegel vorgeschoben werden. Immerhin haben wir in der Bundesrepublik weit über 2 Millionen Dieselfahrzeuge. Dazu kommt eine beachtliche Zahl stationärer Dieselmaschinen. Es ist sicher die allgemeine Ansicht des gesamten Hohen Hauses, daß man diesen Mißbrauch nicht dulden kann, insbesondere auch gegenüber den gerechten Steuerzahlern.
Wir haben dann zusätzlich - nebenbei - in
diesen Gesetzentwurf einen alten Wunsch der Landwirtschaft aufgenommen, das verbilligte Gasöl frei Tankstelle gegen einen entsprechenden Berechtigungsschein tanken zu können bzw. es sich liefern zu lassen. Die Bundesrepublik ist unter den Mitgliedstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft das einzige Land, in dem die Landwirtschaft eine Rückvergütung nach nachgewiesenem Verbrauch erhält. In den anderen EWG-Ländern gibt es entweder eine Direktverbilligung auf Gutscheine - so in Frankreich und in Italien-oder das Gasöl ist im allgemein gültigen Preis so billig, daß dieser sich dem Durchschnittspreis für die Landwirtschaft in den anderen EWG-Ländern anpaßt. Die Landwirtschaft in der Bundesrepublik bezieht für ihre rund 1, 2 Millionen Schlepper und Landmaschinen den Treibstoff an Tankstellen oder beim Händler zum normalen Verbraucherpreis. Zu Beginn eines jeden Jahres reichen etwa 1 Million Landwirte die Quittungen oder Lieferscheine über die im vorangegangenen Jahre bezogenen Treibstoffmengen bei mehr als 500 Kreisdienststellen ein. Sie erhalten dann nach Bearbeitung und Überprüfung der Anträge im Laufe des Herbstes eine Beihilfe, die in diesem Jahr pro Kilo Dieselkraftstoff 30,7 Pf ausmacht. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus 19,3 Pf, die nach dem Verkehrsfinanzgesetz 1955 gezahlt werden, und aus 11,4 Pf, die aus Mitteln des Grünen Planes gezahlt werden. Durch die Beihilfe wird die gesamte Steuerbelastung des Dieselkraftstoffs aufgefangen.
Der steuerfreie Verbraucherpreis entspricht in etwa dem des Heizöls. Dieselkraftstoff kostet nach den Unterlagen des Statistischen Amtes der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft vom April 1966 in der Bundesrepublik im Durchschnitt des Jahres 1965 46,5 Pf je Liter bei einem Bezug von 500 bis 1000 1. Nach Abzug der Beihilfen wendet der Landwirt also 15,8 Pf pro Liter auf. Nach Angabe des Bundesfinanzministers auf Drucksache V/341 - das war die Beantwortung unserer Kleinen Anfrage - kostete Heizöl im Februar 1966 bei Kesselwagenbezug von 1000 1 16 bis 17 Pf. Das kann sich natürlich im Laufe des Sommers erheblich verschieben.
Die Vorteile, die sich für die Landwirtschaft ergeben, sind also weniger pekuniärer Art. Sie liegen vielmehr, auch für die Verwaltung, in folgendem. Das umständliche und aufwendige Rückvergütungsverfahren kommt in Fortfall. Nach Erkundigungen bei den einzelnen Landkreisen ist damit zu rechnen, daß für die Bearbeitung der Anträge eine Verwaltungskraft während des ganzen Jahres voll beschäftigt ist. Die 1,2 Millionen Schlepper und Arbeitsmaschinen der Landwirtschaft bleiben von vornherein von der vorgesehenen Kontrolle ausgenommen. Es brauchen also in Zukunft nur rund 50% aller vorhandenen Dieselfahrzeuge kontrolliert zu werden. Dadurch ergibt sich für die Zukunft eine weitere Verwaltungsvereinfachung. Dazu kommen zweifellos größere Mehreinnahmen für den Bundesfinanzminister, wenn man sehr schnell den jetzt steigenden Mißbrauch durch erhebliche Kontrollen. einschränkt. Erleichternd für die Kontrolle ist auch noch die Tatsache, daß die Färbung und der Zusatz eines chemischen Indikators eine so nachhaltige Wirkung hat, daß selbst nach mehrmaligem Nachtanken mit normalem Dieselkraftstoff die vorherige Verwendung des gefärbten Heizöls ohne weiteres festzustellen ist.
Ich kann mir vorstellen, meine sehr verehrten Damen und Herren, daß einige Abgeordnete diesem unserem Antrag nicht so positiv gegenüberstehen, wie es sich die Antragsteller an sich wünschen. Aber ich hoffe doch, daß meine Ausführungen diese Kollegen davon überzeugt haben, daß in diesem Antrag sehr viel Wichtiges steckt, was unbedingt auf der gesetzlichen Ebene geregelt werden muß. Deswegen werden Sie mit mir darüber einig sein, daß dieser Antrag in den einzelnen Ausschüssen entsprechend beraten werden muß. Ich möchte vorschlagen, daß dieser Antrag zunächst dem Finanzausschuß als federführendem Ausschuß überwiesen wird und dann zur Mitberatung dem Ernährungsausschuß und, wenn der Wunsch besteht, natürlich auch dem Wirtschaftsausschuß.
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Das Wort hat der Abgeordnete Krammig.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens der CDU/CSU-Fraktion gebe ich zu dem vorliegenden Antrag folgende Erklärung ab.
Erstens. Wir begrüßen die vorgeschlagenen Änderungen des Mineralölsteuergesetzes, die im Art. 1 enthalten sind, und stimmen daher auch dem Art. 3, dem Art. 4 und dem Art. 5 Nr. 1 zu.
Zweitens. Was den Art. 2 angeht, darf ich sagen, daß in diesem Artikel auch ein haushaltswirtschaftliches Problem verborgen liegt, und zwar deshalb, weil die Gasölbetriebsbeihilfe z. B. für das Kalenderjahr 1966 zu Lasten des MineralölsteueraufkomKrammig
mens 1967 gezahlt wird und, wenn ab 1. Januar 1967 der steuerfreie Bezug oder der Bezug zum Steuersatz von 1 DM in der Landwirtschaft möglich würde, dadurch zusätzlich ein Ausfall zu Lasten des Mineralölsteueraufkommens für ein Jahr in Höhe von 360 Millionen DM entstehen würde. Dieses Problem, meine Damen und Herren, muß im Finanzausschuß und meines Erachtens selbstverständlich auch im Haushaltsausschuß nach § 96 der Geschäftsordnung genauestens untersucht werden. Läßt sich hier eine Lösung finden, dann sind wir auch bereit, uns im Ausschuß zu Art. 2 und damit auch zu Art. 5 Abs. 2 positiv zu stellen.
Ich beantrage also, Herr Präsident, Überweisung der Vorlage auch an den Haushaltsausschuß nach § 96 der Geschäftsordnung.
Dies ist bereits im Ältestenrat vorgesehen, wie überhaupt die Überweisungsvorschläge des Ältestenrats sich mit dem decken, was von den Antragstellern hier vorgeschlagen worden ist.
Das Wort hat Frau Abgeordnete Kurlbaum-Beyer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit diesem Gesetzentwurf soll erreicht werden, daß man durch Zuführung eines Farbstoffes Betrügern auf die Spur kommt. Das ist in wenigen Worten der Inhalt des Entwurfs. Niemand wird den Mißbrauch dulden wollen. Darin stimme ich mit dem Herrn Kollegen überein, der hier den Antrag begründet hat.
Aber die Frage der Kosten kann nicht ganz unberücksichtigt bleiben. In der schriftlichen Begründung des Anhangs heißt es z. B. unter B 3 in Abs. 2:
Die Mehrbelastung der mittelschweren Öle beträgt, auf 100 kg berechnet, etwa 3,50 DM.
Dann heißt es:
Daraus ergibt sich bei einem Jahresverbrauch von 600 000 t ({0}) ein Mehrbetrag von rund 2 Millionen DM.
Würde das stimmen, was hier steht, dann müßte es nicht 2 Millionen, sondern 20 Millionen heißen. Ich vermute, daß hier ,ein Fehler enthalten ist. Ich sage es deshalb, weil wir über die Kostenfrage im Ausschuß noch einmal diskutieren müssen. 3,5 Pfennig pro kg hielten wir auf jeden Fall für die Zuführung von Farbstoff für zu hoch.
Meine Damen und Herren, die Aussprache ist geschlossen.
Die Vorlage soll überwiesen werden an den Finanzausschuß als federführenden Ausschuß, an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen und den Haushaltsausschuß gemäß § 96 der Geschäftsordnung. - Den Überweisungsvorschlägen wird nicht widersprochen; es ist so beschlossen.
Ich rufe den Punkt 23 auf:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiet der Landbeschaffung ({0})
- Drucksache V/725 Zu dieser Vorlage wird eine mündliche Begründung der Bundesregierung nicht gegeben.
Wird dazu das Wort gewünscht? - Das ist offenkundig nicht der Fall. Dann ist die Aussprache in der ersten Beratung geschlossen.
Der Gesetzentwurf soll überwiesen werden an den Innenausschuß als federführenden Ausschuß, den Rechtsausschuß und den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. - Das Haus stimmt mit diesen Vorschlägen überein; es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 24 auf:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Arbeit ({1}) über den Antrag der Fraktion der CDU/CSU betr. Anpassung des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung ({2}) an den technischen Fortschritt und an die wirtschaftliche Entwicklung
- Drucksachen V/222, V/752 Berichterstatter: Abgeordneter Schmidt
({3})
Will der Herr Berichterstatter seinen Schriftlichen Bericht mündlich ergänzen? - Das ist nicht der Fall.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses, den Sie auf Drucksache V/752 finden. Wer dem Antrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei zahlreichen Enthaltungen ist der Antrag des Ausschusses angenommen. - Meine Damen und Herren ({4}), Sie können froh sein, daß es sich hier nicht um einen Gesetzentwurf gehandelt hat.
Ich rufe den Punkt 27 der Tagesordnung auf:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Innenausschusses ({5}) über den Antrag der Fraktion der SPD
betr. Bundeskriminalamt
- Drucksachen V/434, V/750 - Berichterstatter: Abgeordneter Hans ({6})
Soll die Berichterstattung ergänzt werden? - Das ist nicht der Fall.
Wir kommen zur Beschlußfassung. Der Antrag des Ausschusses ist zu finden auf der Rückseite der Drucksache V/750. Wer dem Antrag des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Danke sehr! Die Gegenprobe bitte! - Stimmenthaltungen? - Der Antrag ist einstimmig angenommen.
Vizepräsident Schoettle
Ich rufe auf Punkt 28 der Tagesordnung:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Gesundheitswesen ({7}) über den von den Abgeordneten Dr. Elbrächter, Frau Dr. Hubert, Dr. Hamm ({8}) und Genossen eingebrachten Antrags
betr. 2. Richtlinie zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für Arzneispezialitäten
- Drucksachen V/441, V/716 - Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Brenck
Ich bin unterrichtet, daß Herr Abgeordneter Dr. Brenck zu seiner Berichterstattung einige ergänzende Bemerkungen machen möchte. Bitte, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem Antrag wird die Bundesregierung ersucht, der 2. Richtlinie zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für Arzneispezialitäten nur unter der Voraussetzung zuzustimmen, daß entweder die gegenseitige Anerkennung der Zulassungsbestimmungen entsprechend dem Vorschlag des Europäischen Parlaments in dieser Richtlinie festgelegt wird oder daß deren Inkrafttreten nicht vor Verabschiedung einer Richtlinie über die gegenseitige Anerkennung erfolgt.
Der Ausschuß für Gesundheitswesen hat in seiner Sitzung am 15. Juni 1966 den vorliegenden Antrag beraten und ihn ohne Debatte einstimmig gebilligt. Der Ausschuß bittet, dem Antrag zuzustimmen.
Der Gesundheitsausschuß begrüßt es, daß die Vertreter der Bundesregierung bei den Verhandlungen über die pharmazeutischen Richtlinien in der EWG bisher mit Nachdruck die Grundsätze des deutschen Arzneimittelrechts vertreten haben. Er erwartet, daß sie sich auch weiterhin für die Aufrechterhaltung der Verantwortlichkeit der Arzneimittelhersteller einsetzen und es ablehnen, dem Staat eine Verantwortung für die Qualität der Arzneimittelspezialitäten aufzuerlegen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Das Wort in der Aussprache wird nicht begehrt.
Wir kommen zur Beschlußfassung über den Antrag des Ausschusses. Wer stimmt ihm zu? Ich bitte um ein Handzeichen. - Danke! Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Keine Gegenstimmen, keine Enthaltungen; der Antrag ist angenommen.
Ich rufe auf Punkt 30:
Beratung ides Berichtes des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen ({0}) über ,die von der Bundesregierung beschlossene Achtunddreißigste Verordnung zur 2 nderung des Deutschen Zolltarifs 1966 ({1})
- Drucksachen V/722, V/738 - Berichterstatter: Abgeordneter Lange
Hier ist kein Beschluß zu fassen, sondern nur von der Verordnung Kenntnis zu nehmen. - Das Haus nimmt Kenntnis. Damit ist dieser Punkt erledigt.
Ich rufe Punkt 31 der Tagesordnung auf:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen ({2}) über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats zur Durchführung einer Lohnerhebung in der Industrie - Jahr 1966 - Drucksachen V/628, V/734 - Berichterstatter: Abgeordneter Schmidhuber.
Das Wort wird nicht gewünscht. Hier ist Beschluß zu fassen über ,den Antrag des Ausschusses, den Sie auf Drucksache V/734 finden. Wer diesem Antrag des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke! Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Ohne Gegenstimmen und Stimmenthaltungen angenommen.
Ich sehe gerade, daß es sich bei den Tagesordnungspunkten 31 bis 37 - den ersten hatte ich bereits aufgerufen - um Berichte des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen, des Verkehrsausschusses, des Postausschusses und des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten über Vorschläge der EWG-Kommission handelt. Ich darf die Punkte 32 bis 37 gemeinsam aufrufen:
32. Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen ({3}) über die von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschläge der Kommission der EWG für Richtlinien des Rats für die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über
a) Meßgeräte im allgemeinen,
b) medizinische Quecksilberglasthermometer mit Maximumvorrichtung,
c) Blockgewichte der mittleren Fehlergrenzenklasse von 5 bis 50 Kilogramm,
d) zylindrische Gewichtstücke der mittleren Fehlergrenzenklasse von 1 g bis 10 Kilogramm
- Drucksachen V/551, V/736 - Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Staratzke
33. Beratung des Schriftlichen Berichts des Verkehrsausschusses ({4}) über den Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats zur Durchführung einer Erhebung über die Löhne im Straßenverkehrsgewerbe der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft - Jahr 1966 - Drucksachen V/531, V/745 - Berichterstatter: Abgeordneter Müser
34. Beratung des Mündlichen Berichts des Postausschusses ({5}) über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Bericht über den Vorschlag der Kommission der EWG zur Angleichung von
Vizepräsident Schoettle
Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten der EWG für Postgebühren
- Drucksachen V/497, V/761 - Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Miessner
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({6}) über die von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschläge der Kommission der EWG
für eine Entschließung des Rats über die gemeinsamen Preise für Milch und Milcherzeugnisse, Rindfleisch, Reis, Zucker, Fette und Olivenöl,
für eine Entschließung des Rats über gewisse besondere Maßnahmen für Zucker,
für eine Entschließung des Rats über gewisse besondere Maßnahmen für Milch und Milcherzeugnisse
- Drucksachen V/414, V/757 - Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Reinhard
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({7}) über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats über die Finanzierung der Ausgaben für Interventionen auf dem Binnenmarkt für Reis
- Drucksachen V/510, V/758 - Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Ritz
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({8}) über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats über Maßnahmen, die von den Erzeugermitgliedstaaten auf dem Gebiet der Preise und zur Festsetzung der gemeinsamen Schwellenpreise in NichterzeugerMitgliedstaaten für Reis und Bruchreis im Wirtschaftsjahr 1966/1967 zu treffen sind
- Drucksachen V/609, V/759 Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Ritz
Darf ich die Berichterstatter für die aufgerufenen Vorlagen fragen, ob sie das Wort wünschen. - Das ist nicht der Fall. Ist das Haus damit einverstanden, daß wir der Einfachheit halber über die Punkte 32 bis 37 gemeinsam abstimmen?
({9})
- Das ist offenbar der Fall. Dadurch wird das Verfahren erheblich abgekürzt.
Wir stimmen also ab über die Ausschußanträge auf den Drucksachen V/736, V/745, V/761, V/757, V/758, und V/759. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Danke! Gegenprobe! - Enthaltungen? - Die Anträge sind angenommen.
Punkt 29 wird am Freitag behandelt, Herr Bundesverkehrsminister. - Ist er nicht interessiert?
Meine Damen und Herren, - - ({10})
- Entschuldigung, ich bin gerade dabei.
({11})
- Ich kann es nicht ändern. Wenn Abgeordnete den Minister so in Anspruch nehmen, dann kann er Informationen von dieser Seite des Hauses nicht entgegennehmen. Herr Bundesminister, ich wollte Ihnen nur mitteilen, daß der Punkt, nach dem Sie gefragt haben, am Freitag behandelt wird.
({12})
- Ich kann es nicht ändern; aber das ist so die Verabredung.
Ich rufe nun den Punkt 38 der Tagesordnung auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Klepsch, Bauknecht, Bewerunge, Dr. Frey, Dr. Effertz und Genossen
betr. Import von Saatgut der Kartoffelsorte „Bintje"
- Drucksache V/741 Soll der Antrag begründet werden?
({13})
- Offenbar nicht. Aussprache erfolgt nicht, weil keine Wortmeldungen vorliegen. Der Antrag soll an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten überwiesen werden. - Das Haus stimmt diesem Vorschlag zu; es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 39 der Tagesordnung auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Kubitza, Schultz ({14}), Dorn, Rommerskirchen, Draeger, Josten und Genossen
betr. Förderung der Leibesübungen
- Drucksache V/630 Das Wort zur Begründung des Antrages wird nicht gewünscht. In der Aussprache wird das Wort ebenfalls nicht gewünscht. Der Antrag soll an den Innenausschuß - federführend - und an den Verteidigungsausschuß überwiesen werden. - Das Haus stimmt diesen Vorschlägen zu; es ist so beschlossen.
Ich rufe den Punkt 40 auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Häfele, Adorno, Dr. Vogel ({15}) und der Fraktion der CDU/CSU, der Abgeordneten Saam, Dr. Rutschke und der Fraktion der FDP betr. Vereinheitlichung von Bahnbus- und Postbusverkehr
- Drucksache V/701 Eine Begründung erfolgt nicht, ebenfalls keine Aussprache. Die Vorlage soll an den Verkehrsausschuß federführend - und an den Postausschuß
Vizepräsident Schoettle
überwiesen werden. Ein Widerspruch gegen diesen Vorschlag erfolgt nicht; es ist so beschlossen.
Ich rufe den Punkt 41 auf:
Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen
betr. Bundeshaushaltsrechnung für das Rechnungsjahr 1964
hier: Nachträgliche Genehmigung der über-und außerplanmäßigen Ausgaben
- Drucksache V/ 670 Das Wort dazu wird nicht gewünscht. Die Vorlage soll an den Haushaltsausschuß überwiesen werden. Das Haus stimmt diesem Vorschlag zu.
Meine Damen und Herren, damit sind wir in den Punkten, die heute beraten werden sollen, am Ende. Zu einer persönlichen Erklärung wünscht der Herr Abgeordnete Erhard das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der Beratung der Patentanwaltsordnung habe ich zitiert:
Das ist der Fluch der bösen Tat, daß sie fortwährend Böses muß gebären.
Ich habe diese schöne Formulierung Shakespeare zugeschrieben;
({0})
das war falsch. In dieser Formulierung stammt es (1 von Schiller und läßt sich im „Wallenstein" finden - es wurden andere genannt -, und zwar im fünften Akt, erste Szene.
({1})
Der gleiche Gedanke in eindrucksvoller englischer Sprache steht aber auch in Shakespeare „Macbeth", nämlich im dritten Akt, zweite Szene am Ende. Das hatte ich genannt.
({2})
Das war über 150 Jahre, bevor der „Wallenstein" geschrieben wurde. Auf den Gedanken und seinen Ursprung kam es mir wesentlich an.
({3})
Herr Abgeordneter Dr. Hellige, ich bitte immerhin, meinen schwäbischen Landsmann Schiller nicht des Plagiats zu verdächtigen.
({0})
Meine Damen und Herren, damit sind wir am Ende der heutigen Sitzung. Ich berufe die nächste Sitzung auf Donnerstag, den 30. Juni 1966, 9 Uhr vormittags ein. Die Sitzung ist geschlossen.