Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet.
Meine Damen und Herren, heute weht wieder wie zum erstenmal vor einem Jahre die Europaflagge, das blaue Tuch mit den zwölf goldenen Sternen, vor dem Bundeshaus sowie vor allen öffentlichen Gebäuden der Bundesrepublik und der siebzehn anderen Mitgliedstaaten des Europarates. Wir begehen den „Europatag" als Mahnung, als Verpflichtung, als Hoffnung auf das große umfassende Europa, das Europa des Abendlandes, darf ich sagen: die „Una sancta Europa".
Wir machen uns bewußt, daß dieses Europa Gewaltiges für die Menschheit geschaffen hat, unter Schmerzen geschaffen hat. Durch zwei Jahrtausende sind in dem magischen europäischen Raum die Gegensätze aufeinandergestoßen und ausgetragen worden. Schicksalhaft ist uns als Erben schwerer Schuld die gleiche Aufgabe gestellt. Wir glauben an die ungebrochene geistige Kraft Europas.
Der Europarat hat ein wichtiges Stück europäischer Gemeinschaft verwirklicht, weit über die Institution und ihre Kompetenz hinaus. Die 18 europäischen Staaten, die sich aus tiefgegründeter Verbundenheit im Europarat zusammengefunden haben, verkörpern Europa, machen es sichtbar.
Als vor 17 Jahren das Statut über den Europarat unterzeichnet wurde, waren wir überzeugt, daß er der Kristallisationspunkt für die wirtschaftliche und politische Einheit sein wird. Die Entwicklung ist anders gelaufen. Durch die Verträge über die europäischen Gemeinschaften ist die engere Verbindung der Sechs, Frankreichs, Italiens, der Bundesrepublik und der Benelux-Staaten, geschaffen worden in dem Glauben, daß damit das Zusammenwachsen des ganzen Europas intensiviert werden kann. Wir haben auch im vergangenen Jahr das Schwierige dieses Prozesses erlebt.
Darf ich sagen, daß der Europarat die gesteigerte Pflicht hat, die reine europäische Flamme zu hüten und weiterzutragen. Wir danken den Kolleginnen und Kollegen aus unserer Mitte, die sich seit langen Jahren hingebungsvoll diesen Aufgaben widmen, herzlich. Wir hoffen, daß sie unverzagt und mit zäher Geduld ihr Werk fortsetzen.
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Folgende amtliche Mitteilung wird ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Stellvertreter des Bundeskanzlers hat am 4. Mai ,1966 gemäß § 6 Abs. 5 Satz 2 des Zuckergesetzes in der Fassung vom 3. Oktober 1951 und des Zweiten Gesetzes zur Ergänzung des Zuckergesetzes vom 9. August 1954 die
Verordnung Z Nr. 1/66 über Preise für Zuckerrüben der Ernte 1966
Verordnung Z Nr. 2/66 zur Änderung der Verordnung Z Nr. 3/58 über Preise für Zucker
zur Kenntnis übersandt. Die Schreiben liegen im Archiv zur Einsichtnahme aus.
Wir kommen zum einzigen Punkt der Tagesordnung:
Fragestunde
- Drucksache V/561 Zunächst die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes. Ich rufe die Frage I/1 des Herrn Abgeordneten Kahn-Ackermann auf:
Haben vor dem Anfang April unterzeichneten französischrussischen Regierungsabkommen über die die sowjetisch besetzte Zone und sechs weitere osteuropäische Staaten betreffende Einführung des verbesserten französischen SECAM-Farbfernsehsystems Konsultationsverhandlungen zwischen der französischen Regierung und der Bundesregierung stattgefunden, um auf der Osloer CIR-Konferenz im Juni die Einführung eines gemeinschaftlichen Farbfernsehsystems in Europa sicherzustellen?
Die Frage wird durch den Herrn Abgeordneten Sänger übernommen.
Aus Moskau war Anfang dieses Jahres bekanntgeworden, daß die Techniker der UdSSR Änderungsvorschläge zu dem französischen SECAM-3-System gemacht hatten, die im wesentlichen auf einen Übergang zur Amplitudenmodulation für SECAM hinausliefen. Dieser Änderungsvorschlag wurde in der Offentlichkeit unter dem Begriff NIR bekannt. Das ist die russische Abkürzung für Wissenschaft, Forschung und Arbeit.
Da damit der wesentlichste Unterschied zwischen dem französischen SECAM- und dem deutschen PAL-System weggefallen wäre, habe ich bei den deutschfranzösischen Gesprächen im Februar zum Ausdruck gebracht, daß Deutschland diese Annäherung des
Staatssekretär von Hase
SECAM/NIR-Systems an das PAL-System begrüßen würde, da damit eine bessere Konvertierbarkeit und unter Umständen eine Fusionsmöglichkeit gegeben wäre. Ich habe gleichzeitig vorgeschlagen, daß technische Kommissionen über die Fusions- bzw. Annäherungsmöglichkeiten der beiden Farbfernsehsysteme sprechen sollen. Mein französischer Gesprächspartner sah sich damals außerstande, zu meinen Anregungen Stellung zu nehmen, da die französisch-sowjetischen Verhandlungen über die Frage NIR oder SECAM 3 noch nicht abgeschlossen waren.
Mit der dann im April in Moskau erfolgten Unterzeichnung des französisch-sowjetischen Abkommens über das SECAM-Farbfernsehsystem ist die UdSSR von ihrem eigenen NIR-System zugunsten des bisherigen französischen SECAM-3-System wieder abgerückt. Ob hierfür politische, technische oder wegen der bevorstehenden Konferenz in Oslo zeitliche Gründe maßgebend waren, entzieht sich einer sicheren Bewertung.
Die Bundesregierung würde es begrüßen, wenn die Osloer Konferenz des CIR ein einheitliches Farbfernsehsystem empfehlen könnte. Wenn das - wie leider zu erwarten ist - nicht der Fall ist, müssen von seiten der Techniker wenigstens Möglichkeiten geschaffen werden, um eine Konvertierbarkeit der einzelnen Farbfernsehsysteme zu erreichen.
Es wird Aufgabe künftiger deutsch-französischer Informationsgespräche sein, daß alle derartigen technischen Möglichkeiten ausgenutzt werden. Die nächste deutsch-französische Gesprächsrunde zu dieser Frage findet anläßlich des Besuchs des französischen Staatssekretärs Bourges heute in acht Tagen, am 12. und 13. Mai, hier in Bonn statt.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Sanger.
'Sänger ({0}) : Herr Staatssekretär, bei dieser Sachlage scheint mir zunächst die Frage notwendig: sind Vorbesprechungen eingeleitet, um eine Austauschbarkeit der Systeme SECAM-3 - SECAM 3 in etwas verbesserter Form wird es im wesentlichen sein - und PAL herbeizuführen?
von Hase, Staatssekretär, Bundespressechef: Der französische Staatssekretär hat in Erwiderung auf frühere Anregungen zu diesem Gebiet von deutscher Seite am 19. April eine Erklärung abgegeben, in der er vorgeschlagen hat, daß eine deutschfranzösische industrielle Zusammenarbeit für diesen Zweck stattfindet. Die Einleitung konkreter Vorgespräche, die also schon in der Vergangenheit stattgefunden haben - darauf zielte Ihre Frage -, war bisher nicht möglich, weil Frankreich vor dem Abschluß des französischsowjetischen Abkommens im April noch keine Bewegungsmöglichkeit in dieser Richtung hatte.
Eine weitere Frage, Herr Abgeordneter Sanger.
Herr Staaatssekretär, wir haben ja alle in den vergangenen Jahren mit einigem Neid gesehen, daß zwischen den Vereinigten Staaten, Kanada und Japan ein gemeinsames Abkommen über das NTSC-System herbeigeführt werden konnte. Sehen Sie eine Möglichkeit, noch vor der Konferenz in Oslo, in Europa doch noch einmal mit einem gewissen Erfolg wenigstens zu versuchen, auch hier eine Einheitlichkeit zu schaffen?
von Hase, Staatssekretär, Bundespressechef: Herr Abgeordneter, ich glaube diese Frage verneinen zu müssen. Die Bundesregierung hat in den vergangenen zwei Jahren bei jeder Gelegenheit aus Anlaß dieser Gespräche den Versuch gemacht, auf die große politische Bedeutung der Notwendigkeit eines einheitlichen Farbfernsehsystems hinzuweisen, hat es aber abgelehnt, diese technische Frage zu sehr zu einer politischen Entscheidung zu machen.
Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß die Entscheidung der Techniker nicht mit politischen Auflagen belastet werden sollte. Die französische Seite hat stets den Standpunkt vertreten, daß eine Einigung nur möglich ist, wenn als Basis hierfür das französische SECAM-System genommen wird. Das war nach dem Stand der deutschen technischen Entwicklung nicht akzeptabel.
Herr Kollege Mommer zu einer Zusatzfrage.
Habe ich Sie recht verstanden, Herr Staatssekretär, daß die Sowjetregierung geneigt war, ein einheitliches europäisches System zu begünstigen, daß das aber an dem nicht vorhandenen Willen der französischen Regierung gescheitert ist?
von Hase, Staatssekretär, Bundespressechef: Ich glaube, diese Auslegung, Herr Abgeordneter, geht etwas zu weit. Die sowjetische Regierung und die sowjetischen Wissenschaftler hatten offenbar den Eindruck, daß das französische System SECAM 3 technisch noch verbesserungsfähig war, und sie haben dazu einen technischen Verbesserungsvorschlag gemacht, den sogenannten NIR-Vorschlag. Der sowjetische Verbesserungsvorschlag zielte durch die Übernahme der Amplitudenmodulation praktisch auf eine starke technische Annäherung der beiden Systeme SECAM und PAL hin.
({0})
In dieser Situation haben wir damals den Vorstoß gemacht, um zu einem Fusionsgespräch mit den Franzosen zu kommen, weil die Voraussetzungen günstig erschienen. Die Entscheidung ist in Moskau dann aber doch so gefallen, daß sich die Sowjets von ihrem eigenen technischen Vorschlag wieder zurückgezogen und SECAM 3 eingeführt haben. Ich wiederhole, ob hierfür politische Gründe, die ich im einzelnen nicht näher zu erläutern brauche, oder technische Gründe oder, was auch möglich wäre, zeitliche Gründe vorlagen - weil bis zur Präsentation
Staatssekretär von Hase
eines ausgereiften Systems in Oslo nicht mehr viel Zeit ist -, vermag ich nicht zu entscheiden.
Diese technische Entwicklung ist bedauerlich, weil damit die Kluft zwischen den beiden Systemen technisch wieder größer geworden ist.
Zu einer weiteren Frage Herr Abgeordneter Dr. 'Mommer.
Dr. Mommer: ({0}) : Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, Ihren französischen Gesprächspartnern zu sagen, welch niederschmetternden Eindruck es in diesem Land und wohl in ganz Europa machen muß, wenn von französischer Seite nicht ein Höchstmaß an gutem Willen aufgebracht wird, um doch noch ein einheitliches europäisches System zustande kommen zu lassen?
von Hase, Staatssekretär, Bundespressechef: Herr Abgeordneter, ich bin sehr gern bereit - und ich danke Ihnen für die Unterstützung, die in dieser Frage liegt -, das meinen französischen Gesprächspartnern noch einmal vorzutragen.
Ich darf auf meine früheren Ausführungen vor diesem Hohen Hause verweisen, daß wir es bei keiner Gelegenheit unterlassen haben, auf die Gefahren dieser Teilung hinzuweisen, die Deutschland psychologisch und auch politisch in besonderem Maße treffen wird.
Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Ich rufe die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen auf.
Zunächst kommen wir zur Frage X/1 des Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen:
Trifft es zu, daß an dem in allen Bundesländern mit Ausnahme kleiner Gebiete in Bayern als Feiertag anerkannten Buß- und Bettag die Fernsprechgebühren wie an Werktagen berechnet werden, obwohl in allen Dienstbereichen der Deutschen Bundespost am Bud- und Bettag Dienst wie an Sonn- und Feiertagen vorgesehen ist?
Der Fragesteller hat seine Frage zurückgezogen.
Ich rufe die Fragen X/2 und 3 des Abgeordneten Bading auf:
Ist die Bundesregierung der Meinung, daß es gerechtfertigt ist, Ergänzungslieferungen zu Loseblattsammlungen in postgebührenmäßiger Hinsicht günstiger zu behandeln, wenn sie nur provisorisch seitlich geklebt sind, als wenn sie mit einer Streifbandhülle zusammengehalten werden?
Ist sich die Bundesregierung bewußt, daß durch die in Frage X/2 erwähnte Behandlung Verlage veranlaßt werden, das Klebeverfahren, das sich zu einer arbeitsmäßigen Belastung der Bezieher auswirkt, einzuführen?
Der Fragesteller wird durch den Abgeordneten Dr. Schäfer vertreten.
Die beiden Fragen betreffen den Versand loser Blätter als Büchersendungen. Ich beantworte die beiden Fragen zweckmäßigerweise zusammen, weil die Materie ineinandergreift.
Die Büchersendung ist eine Einrichtung des internationalen Postverkehrs. Zu den Gegenständen, für die die Postverwaltungen die Gebühren nach dem Weltpostvertrag ermäßigen dürfen, gehören auch Bücher und Broschüren. Diese Gegenstände weisen ihnen eigene äußere Merkmale auf, die allgemein anerkannt sind, Im Gegensatz zum Buch tritt bei einer Broschüre an die Stelle der Bindung der Seiten die Heftung und an die Stelle des Einbandes der Umschlag. Um dem technischen Fortschritt in der Broschürenherstellung Rechnung zu tragen, darf das besondere Rückenteil seit 1964 auch aus einem haltbaren, im sogenannten Patentklebeverfahren hergestellten Leimfilm bestehen.
Die Frage, ob Blätter, die lediglich durch ein Streifband zusammengehalten werden, als Broschüren gelten können, ist bereits wiederholt eingehend geprüft worden. Im Massenverkehr der Post gilt der Grundsatz, daß die Sendungen nach ihrer äußeren Form zu beurteilen sind. Der Dienstbetrieb der Deutschen Bundespost ist nämlich auf die Bearbeitung einer Vielzahl möglichst gleichartiger Sendungen eingestellt, und die Zulassungsbedingungen müssen von allen Annahmebeamten gleichmäßig angewandt werden können. Deshalb sind für die einzelnen Sendungsarten ausschließlich äußere, leicht erkennbare Merkmale maßgebend. Hiernach können aber lose Blätter, die lediglich durch ein Streifband zusammengehalten werden, niemals als Broschüren gelten. Denn lose Blätter sind keine Broschüren, und zwar weder nach Auffassung des Buchhandels noch nach dem allgemeinen Sprachgebrauch.
Im übrigen wird noch darauf hingewiesen, daß es bei der Zulassung eines Streifbandes an Stelle des Umschlages nicht mehr möglich wäre, Drucksachen und Büchersendungen voneinander zu unterscheiden. Diese Unterscheidung ist aber insofern wichtig, als die Büchersendung gegenüber der Drucksache erheblich und gegenüber dem Brief doppelt verbilligt ist. Die äußerst niedrige Gebühr deckt die Kosten für die Behandlung bei weitem nicht. Deshalb sind genau umrissene und eng begrenzte Zulassungsbedingungen unerläßlich, die eine einfache Prüfung sowie eine untragbare Ausweitung dieser Sendungsart unterbinden. Ich bin mir darüber im klaren, daß Verlage veranlaßt sein können, Loseblattsammlungen als Broschüren einzuliefern. Es kann aber nicht der Deutschen Bundespost angelastet werden, wenn Versender, nur um in den Genuß besonderer Tarifvergünstigungen zu gelangen, Loseblattsendungen so herrichten, daß für die Bezieher gegebenenfalls Erschwernisse eintreten.
Herr Abgeordneter Dr. Schäfer zu einer Zusatzfrage.
Herr Bundesminister, aus Ihrer Antwort darf ich entnehmen, daß Sie den Sachverhalt genauso beurteilen: daß von den Verlagen, nur um in den Genuß der Gebührenvergünstigung zu kommen, etwas gemacht wird, was eigentlich nutzlos ist und nur Erschwernisse hervorruft. Aber welche Überlegungen hat man in Ihrem Hause angestellt, um eine solche sinnlose Arbeit zu verhindern?
Diese sinnlose Arbeit kann dadurch verhindert werden, daß sich der Versender entschließt, die Sendung nicht als „Büchersendung", sondern als „Drucksache" zu verschicken. Es geht ja darum, daß der Versender den Tarif für Büchersendungen in Anspruch nehmen, jedoch nicht die Voraussetzungen für diese Sendungsart erfüllen will. Das geht nicht. Das Entgegenkommen, das hier seitens der Deutschen Bundespost bisher erbracht worden ist, ist das Äußerste, was möglich ist.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Minister, ob es sich um ein Buch oder den Teil eines Buches handelt, muß doch wohl gleich sein. Teil eines Buches können auch Ergänzungen von Loseblattsammlungen sein. Die Bundespost ist doch in manchen anderen Dingen so erfindungsreich, daß sie auch hier einen Weg finden sollte.
({0})
- Ich frage: Welche Überlegungen hat man angestellt? Könnte man nicht z. B. eine Kennzeichnung durch einen Stempelaufdruck - etwa: „Loseblattform-Büchersendung" - auf dem Umschlag verlangen, wie das in anderen Fällen auch geschieht? Wäre das nicht ein Weg, um dem Interesse der Versender zu entsprechen? .
Herr Abgeordneter Schäfer, bei Büchern sind 'die Merkmale, auf die es ankommt, klar und eindeutig feststellbar. Bei Loseblattsendungen ist das nicht der Fall. Wir haben weder die erforderliche Zeit noch große Neigung, den Inhalt der aufgelieferten Sendungen einzeln zu prüfen, auch wenn sie für Zwecke der Gebührenprüfung offen sind. Wir können das nicht zulassen, weil es den reibungslosen Ablauf des Dienstbetriebs wesentlich stören würde. Man könnte nicht ohne weiteres unterscheiden, ob es sich um Drucksachensendungen oder um Buchergänzungen handelt. Das gegenwärtige Verfahren ist das Äußerste, wozu wir bereit sind. Herr Abgeordneter Schäfer, ich bitte Sie, auch im Interesse der Kostendeckung bei der Deutschen Bundespost, nicht einen weiteren Ausbau der Verbilligung anzustreben. Denn letztlich muß ja die Deutsche Bundespost von den Einnahmen leben; das heißt, was hier an Vergünstigungen gewährt wird, muß von anderen bezahlt werden.
Eine weitere Frage.
Herr Minister, Aufgabe der Bundespost ist ganz bestimmt das Befördern und nicht das Kontrollieren. Aber sie muß zweifellos auch eine Möglichkeit haben, zu kontrollieren, ob der Tarif eingehalten ist. Nun haben Sie es ja bei Massensendungen dieser Art nicht jeweils mit einer Vielzahl verschiedener Absender zu tun, sondern die Auflieferung solcher Sendungen erfolgt im allgemeinen geschlossen in Hunderten oder Tausenden von Exemplaren. Es wäre also für die Poststelle, bei der die Auflieferung erfolgt, verhältnismäßig einfach, Stichproben zu machen, um festzustellen, ob die Tarifvergünstigung zu Recht in Anspruch genommen wird. Es ist doch nicht einzusehen, daß Buch nicht gleich Buch sein soll.
Herr Dr. Schäfer, das ist ein ausgezeichnetes Plädoyer, aber keine Frage.
Doch meine Frage -
Sie fragen jetzt, ob diese Erwägungen nicht zu berücksichtigen sind?
Vielen Dank, Herr Präsident! Meine Frage ist also, ob nicht, wenn man den von mir bezeichneten Weg beschreitet, die Möglichkeit von Strichprobenkontrollen genügt.
Herr Abgeordneter, ich kann nicht die Auflage machen, daß diese Sendungen in großer Zahl aufgeliefert werden müssen. Es kann sich nur um eine generelle Regelung handeln, die für alle Auflieferer im ganzen Bundesgebiet gilt.
Im übrigen möchte ich Sie herzlich einladen, einmal die Postämter .mit Drucksachenbearbeitung zu besuchen und sich den Dienstbetrieb bei der Deutschen Bundespost in diesem Bereich anzusehen. Sie werden dann erkennen, daß wir infolge der heute schon zumindest teilweisen maschinellen Bearbeitung der Sendungen gar nicht in der Lage sind, komplizierte Einzelprüfungen durchzuführen.
Es tut mir leid, aber ich bin zu einem weiteren Entgegenkommen nicht bereit; denn das, was wir da gemacht haben, war schon ein Entgegenkommen. Normalerweise sind auch Bücher etwas ganz anderes als Loseblattsendungen oder Broschüren.
Keine weiteren Fragen. Ich danke Ihnen, Herr Minister.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung. Ich rufe die Fragen VIII/1, VIII/2 und VIII/3 des Herrn Abgeordneten Dr. Lohmar auf:
Ist dem Bundesverteidigungsminister bekannt, daß der Publizist Winfried Martini häufig als Redner bei Einheiten der Bundeswehr auftritt?
Wie beurteilt der Bundesverteidigungsminister die gelegentlich von Herrn Martini geäußerte Auffassung, die vom Grundgesetz vorgesehene Unterstellung des Militärs unter die politische Gewalt sei ein „rein formales Organisationsprinzip", das auch von Hitler und Stalin erzwungen worden sei?
Werden die Veranstaltungen mit Herrn Martini aus Mitteln finanziert, die für Zwecke der politischen Bildung gedacht sind?
Mir ist bekannt, daß der Publizist Winfried Martini bei Truppenteilen der Bundeswehr Vorträge gehalten hat. Nach meiner Kenntnis trifft es nicht zu, daß dies häufig der Fall gewesen ist. Zur Erläuterung muß ich hinzufügen, daß die TrupStaatssekretär Gumbel
penkommandeure nicht verpflichtet sind, die Namen der Vortragenden und die behandelten Themen zu melden.
Auf Grund Ihrer Frage, Herr Abgeordneter, habe ich in einem Teilbereich, nämlich bei dem II. Korps, dem fünf Heeresdivisionen unterstehen, feststellen lassen, wie oft Herr Martini im Korpsbereich als Redner aufgetreten ist. Mir ist gemeldet worden, daß dies in den Jahren 1963 bis 1965 dreimal der Fall war.
Lassen Sie mich noch folgendes hinzufügen: Den Kommandeuren ist die Auswahl von Themen und Rednern im Rahmen der Weiterbildung, insbesondere der Offiziere und der Unteroffiziere, freigestellt. Wenn Redner aus den Bereichen der Politik, der Wissenschaft, der Kultur und der Wirtschaft für Vorträge bei der Truppe gewonnen werden, geschieht dies vornehmlich zur staatsbürgerlichen Weiterbildung. Um den Kommandeuren ihre Aufgabe zu erleichtern, hat der Bundesminister der Verteidigung eine Liste herausgegeben, in der staatsbürgerliche Themen nach Sachgebieten gegliedert und Vortragende aufgeführt sind, die zum größten Teil auch von der Truppe selbst als besonders geeignet bezeichnet wurden. In dieser von dem Bundesminister der Verteidigung herausgegebenen Liste ist Herr Martini nicht aufgeführt.
Herr Dr. Lohmar zu einer Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, halten Sie es für zweckmäßig, sich auch noch zu meiner zweiten Frage zu äußern?
Ich werde Ihre zweite und dritte Frage noch beantworten, Herr Abgeordneter. - Darf ich fortfahren, Herr Präsident? Zur zweiten Frage: Mir persönlich ist nicht bekannt, ob sich Herr Martini in der in Ihrer Frage wiedergegebenen Weise geäußert hat. Ich nehme Ihre Frage, Herr Abgeordneter, jedoch zum Anlaß, zu erklären, daß nach der Auffassung des Bundesministers der Verteidigung die Unterordnung der Bundeswehr unter die politische Gewalt nicht ein rein formales Organisationsprinzip ist, sondern den grundsätzlichen Standort der Bundeswehr im Verfassungsgefüge bestimmt. In der Bundeswehr ist der im Grundgesetz festgelegte Primat der Politik und damit die Unterordnung der Bundeswehr unter die parlamentarische Kontrolle nie in Zweifel gezogen worden.
Ergänzend möchte ich noch folgendes hinzufügen. Herr Martini hat aus Anlaß Ihrer früher bereits einmal gestellten Fragen an Herrn Bundesminister von Hassel persönlich geschrieben und mitgeteilt, der Primat des Politischen gegenüber dem Militärischen sei seiner Auffassung nach kein spezifisch demokratisches Prinzip, sondern ein Organisationsprinzip der modernen Staaten überhaupt. In diesem Zusammenhang habe er, Martini, auf Hitler und Stalin verwiesen, die dieses Prinzip in besonders rabiater
Weise verwirklicht hätten. Der Primat der Politik sei, wie diese Beispiele zeigten, nicht einer bestimmten Staatsform zuzuordnen, sondern ein Organisationsprinzip des modernen Staats und somit auch der Bundesrepublik.
Ich habe das nur angefügt, Herr Abgeordneter, weil Sie vielleicht ebenfalls in den Besitz einer derartigen Mitteilung gekommen sein könnten.
Zur dritten Frage: In den Fällen, in denen Herr Martini im Bereich des II. Korps geredet hat, hat er zweimal ein Honorar aus Mitteln des Kap. 14 05 Tit. 306 - staatsbürgerlicher und völkerrechtlicher Unterricht -, in dem dritten Fall kein Honorar aus öffentlichen Mitteln erhalten.
Herr Abgeordneter Felder.
. Herr Staatssekretär, halten Sie es nach der Definition, die der Herr Winfried Martini in dem Schreiben an den Herrn Bundesminister der Verteidigung gegeben hat, für besonders zweckmäßig, daß dieser Mann weiterhin eingeladen wird, bei der Bundeswehr Vorträge zu halten, auch wenn das nur von den einzelnen Kommandeuren aus geschieht?
Herr Abgeordneter, das ist eine grundsätzliche Frage, die Sie hier aufwerfen. Es handelt sich bei den Soldaten um mündige Staatsbürger. Wir sprechen von den Staatsbürgern in Uniform. Die Einladung eines Redners bedeutet keinesfalls, wie ich meine, daß man sich von vornherein mit seinen Auffassungen identifiziert. Ich würde also kein Verbot für ein Auftreten von Herrn Martini empfehlen.
Herr Abgeordneter Felder zu einer weiteren Frage.
Glauben Sie nicht, Herr Staatssekretär, daß es dann aber doch zweckmäßig erschiene, wenn vom Ministerium aus der Herr Martini darauf aufmerksam gemacht würde, daß seine Definition den Grundsätzen widerspricht, nach denen die Bundeswehr aufgebaut ist und geleitet wird?
Herr Abgeordneter, ich habe in meinen Antworten ausgeführt, daß der Bundesverteidigungsminister Herrn Martini nicht empfiehlt. Ich habe zweitens klargestellt, welche Auffassung über die Stellung der Bundeswehr im Staatsgefüge besteht. Ich glaube, daß darüber hinaus Weiteres nicht notwendig ist.
Herr Abgeordneter Fellermaier zu einer Zusatzfrage.
Fellermaier ({0}) Herr Staatssekretär darf ich Sie fragen, ob es vielleicht besondere Gründe hat, daß Redner konservativer Prägung im Bereich des
II. Korps zu den Dauerrednern zählen - über Herrn Martini hinaus -; die Dinge sind im. Bereich des II. Korps bekannt.
Ich kann, Herr Abgeordneter, Ihre Behauptung bezüglich der Redner oder Vortragenden konservativer Prägung im II. Korps nicht bestätigen. Ich finde, wenn Herr Martini in zwei oder drei Jahren in einem so großen Bereich wie dem II. Korps mit fünf Divisionen insgesamt dreimal spricht, dann geht daraus hervor, daß er sicher nicht zu den bevorzugten Rednern dieses Korps gehört.
Die nächste Frage - Frage VIII/4 - stellte Herr Abgeordneter Professor Dr. Bechert ({0}):
Trifft es zu, daß - wie „Stimme der Gemeinde" in Heft 7, 1966, S. 218 berichtet - vom Bundesverteidigungsministerium einem Regimentskommandeur befohlen wurde, eine Anordnung zu widerrufen, die einem dienenden Soldaten erlaubte, ein Schild der Atomwaffengegner in seinem Spind nicht entfernen zu müssen?
Herr Professor, die Darstellung in der „Stimme der Gemeinde" trifft nicht zu. Dem Regimentskommandeur ist ein solcher Befehl nicht zugegangen.
Ich möchte jedoch - um Mißverständnisse zu vermeiden - hinzufügen, daß das Verhalten des jungen Soldaten nicht statthaft gewesen ist.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, was sagen Sie dazu, daß der Soldat mir auf eine briefliche Anfrage schriftlich dargestellt hat, daß der Oberst, Herr Battner, ihm, dem Soldaten, gesagt habe: „Das Bundesverteidigungsministerium hat mich angerufen und mir befohlen, die Erlaubnis zurückzuziehen und dem Soldaten das Anbringen des Zeichens der Atomwaffengegner zu verbieten"?
Ich sage dazu, Herr Abgeordneter, daß diese Behauptung falsch ist.
({0})
Eine weitere Frage, Herr Professor Bechert.
Trifft also auch die Darstellung des Soldaten nicht zu, daß er den Oberst gefragt habe, warum de nn das Verteidigungsministerium dieses Verbot ausgesprochen habe, für das das Verteidigungsministerium als Grund angegeben habe, daß es sich beim Offnen des Spindes jedesmal ereignen könne, daß andere Soldaten das Schild sähen, daß dies -eine politische Demonstration oder Kundgebung sei, die nach dem Soldatengesetz in der Kaserne verboten sei?
Herr Abgeordneter, ich habe bereits ausgeführt, daß das Verteidigungsministerium oder der Verteidigungsminister kein Verbot erlassen hat. Es hat sich vielmehr folgendes ereignet.
Eine Illustrierte - durch die Anfrage des verantwortlichen Redakteurs sind wir überhaupt erst auf diesen Fall gekommen - hat bei uns angefragt, wie wir diesen Fall beurteilen. Wir haben daraufhin dem Redakteur der Illustrierten ein Fernschreiben geschickt - Fernschreiben wegen des Redaktionsschlusses -, in dem folgendes ausgeführt war:
Gemäß § 15 Abs. 1 des Soldatengesetzes darf sich der Soldat im Dienst nicht zugunsten oder zuungunsten einer politischen Richtung betätigen. Sein Recht, im Gespräch mit Kameraden seine eigene Meinung zu äußern, bleibt unberührt.
Gemäß § 15 Abs. 2 des Soldatengesetzes hat das Recht zur freien Meinungsäußerung innerhalb dienstlicher Unterkünfte während der Freizeit seine Grenzen in den Grundregeln der Kameradschaft. Danach hat der Soldat sich so zu verhalten, daß die Gemeinsamkeit des Dienstes nicht ernstlich gefährdet wird.
- Das sind Zitate aus dem § 15 des Soldatengesetzes; das darf ich hier einfügen. Der Soldat darf insbesondere nicht als Werber für eine politische Gruppe wirken, indem er z. B. Ansprachen hält, Schriften verteilt oder als Vertreter einer politischen Organisation arbeitet.
Das Anliegen der sogenannten „Ostermarschierer" ist politischer Art. Daher liegt im vorliegenden Falle eine nach dem Soldatengesetz unzulässige Betätigung des Gefreiten Sowieso zugunsten dieser politischen Richtung vor, wenn er das Plakat und das Emblem an der Innenseite seiner Spindtür angebracht hat, um beim Offnen des Spinds, das ja täglich mehrmals geschieht, seine politische Überzeugung anderen Soldaten zur Kenntnis zu bringen und sie in seinem Sinne zu beeinflussen.
Herr Abgeordneter Dr. Schäfer zu einer Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, bezieht sich Ihre Antwort vorhin - „Das ist falsch" - auf die Darstellung, daß das Verteidigungsministerium keine Auskunft gegeben habe und deshalb die Bezugnahme darauf falsch sei?
Nein, Herr Abgeordneter. Wenn ich es recht in Erinnerung habe, hat Herr Abgeordneter Professor Bechert einen Brief des Gefreiten, der an ihn adressiert war, verlesen. Darin hat der Gefreite gesagt, der Kommandeur habe behauptet, vom Verteidigungsministerium einen entsprechenden Befehl bekommen zu haben. Ich habe festgestellt, daß diese Darstellung nicht richtig sein kann,
weil der Kommandeur keinen Befehl des Verteidigungsministeriums bekommen hat. Er hat die Auffassung des Verteidigungsministeriums dadurch erfahren, daß er von dem Fernschreiben, das an die Illustrierte geschickt worden ist, eine Kopie erhalten hat.
Frau Abgeordnete Meermann zu einer Zusatzfrage.
Wären Sie bereit, Herr Staatssekretär, feststellen zu lassen, wer nun von der Wahrheit abgewichen ist, der Soldat oder der Oberst?
Ich habe eine schriftliche Meldung des Obersten zur Hand, und ich habe keinen Anlaß, an der Richtigkeit der Aussage des Obersten zu zweifeln.
Eine weitere Frage.
Würden Sie, Herr Staatssekretär, in der Auslegung dessen, was Sie soeben vorgelesen haben, so weit gehen, daß Sie sagen, ein CDU-Plakat im Spind eines Soldaten sei ebenfalls nicht zulässig?
Genausowenig wie ein SPD-Plakat, Frau Abgeordnete.
({0})
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Strohmayr.
Herr Staatssekretär, war die Übersendung des Fernschreibens nicht vielleicht doch eine Anweisung an den Herrn Oberst?
Nein.
Herr Abgeordneter Fellermaier zu einer Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wenn ein Oberst als Truppenkommandeur ein Fernschreiben des Ministeriums erhält, könnte es dann nicht sein, daß er darin mittelbar eine Weisung sieht, entsprechend den Darlegungen in dem Fernschreiben zu verfahren?
Herr Abgeordneter, ein Oberst ist ein so hochgestellter Offizier, daß er eine Mitteilung von einem Befehl sehr wohl zu unterscheiden weiß.
Eine zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Schäfer.
Herr Staatssekretär, läßt sich der Widerspruch nicht vielleicht sogar hier schon dadurch aufklären, daß sich der Oberst möglicherweise darauf bezog, daß ein Fernschreiben von Bonn vorliege, und daß der Soldat das so aufgefaßt hat: ein Fernschreiben von Bonn ist eine Weisung?
Nein, ich glaube nicht; denn der Oberst hat mit dem Soldaten über das Fernschreiben, das der Oberst abschriftlich bekommen hat, erst gesprochen, als der Mann mit seinen Entlassungspapieren vor ihm stand. Das war, wenn ich das Datum noch genau in Erinnerung habe, am 17. Dezember 1965. Da hat ihm der Oberst gesagt, das sei die Auffassung des Ministeriums, - in dem Augenblick also, als der Betreffende aus dem Dienst ausschied. Aber es ging ja doch darum, ob ein Befehl zur Entfernung des Plakats auf Grund einer Anordnung des Ministeriums erteilt worden sei, und das ist nicht der Fall, Herr Abgeordneter.
({0})
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Strohmayr.
Herr Staatssekretär glauben Sie, daß der Herr Oberst es gewagt hätte, gegensätzlich zu handeln, nachdem er dieses Fernschreiben erhalten hatte?
Diese Frage stellte sich doch gar nicht mehr, Herr Abgeordneter.
({0})
Herr Staatssekretär, ich frage Sie nochmals und bitte um Beantwortung.
An sich hat der Herr Staatssekretär die Frage beantwortet.
Ich habe die Frage beantwortet.
({0})
Die Frage VIII/5 des Abgeordneten Dr. Marx ({0}) ist gestern bereits beantwortet worden.
Ich rufe die Frage VIII/6 des Abgeordneten Brück ({1}) auf:
Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus den Ausführungen des Majors Franz von Schönberg von der Logistikschule der Bundeswehr auf einer „Wehrpolitischen Informationstagung" des „Stahlhelm" in Saarbrücken?
Nach den mir vorliegenden Berichten besteht kein Anlaß, Konsequenzen zu zie1742
hen. Der Major Franz von Schönberg hat auf der Wehrpolitischen Informationstagung in Saarbrücken nicht in dienstlichem Auftrag gesprochen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Brück ({0}).
Herr Staatssekretär ist Ihnen bekannt, daß Major von Schönberg auf dieser Tagung die Haltung des Feldwebels Benitz aus Bergzabern nach einem Pressebericht folgendermaßen verteidigt hat. Er sagte, daß der wegen der Vorfälle in Bergzabern vom Dienst suspendierte Feldwebel der Bundeswehr lediglich aus einer „Stahlhelm"-Fibel aus dem Jahre 1932 zitiert habe, wenn er vom „Sumpf der parlamentarischen Demokratie" gesprochen habe; aus der Sicht der damaligen Zeit sei aber dieser Ausdruck nicht zu hart gewesen. Ist das nicht ein etwas seltsames Verhältnis eines Majors zur Demokratie schlechthin?
Ob das der Fall wäre, Herr Abgeordneter, wäre im Einzelfall vielleicht zu untersuchen. Es steht aber nicht fest, daß eine solche Äußerung gefallen ist. Nach den mir vorliegenden Meldungen hat der Major von Schönberg dort ausgeführt, er könne und wolle zum Fall Bergzabern nicht Stellung nehmen, da die Untersuchungen darüber noch nicht abgeschlossen seien. Es gibt also widersprechende Äußerungen darüber.
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Brück ({0}).
Wollen Sie damit sagen, daß dieser Pressebericht nicht zutrifft?
Ich kann ihn nicht bestätigen, Herr Abgeordneter. Nach den Auskünften, Meldungen und Berichten, die mir vorliegen, kann er nicht richtig sein.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen.
Herr Staatssekretär, würden Sie diesen Fall nicht zum Anlaß nehmen, einmal dafür zu sorgen, daß Herren wie der hier genannte Major nicht auf Tagungen sprechen, wo die Teilnahme eventuell als eine Sympathie zu rechtsradikalen Splitterorganisationen angesehen werden könnte? Eine klare Distanzierung wäre hier im Interesse der Sache gut.
Herr Abgeordneter, ich glaube nicht, daß ich eine Handhabe habe, dem Major den Besuch solcher Veranstaltungen zu verbieten. Ich habe mich noch einmal erkundigt. Es handelte sich um eine Veranstaltung des „Stahlhelm - Bund der Frontsoldaten". Nun ist ja bekannt, daß sich dieser „Stahlhelm - Bund der Frontsoldaten" 1954 gespalten hat. Abgespalten hat sich damals eine wohl als rechtsradikal zu bezeichnende Gruppe „Traditionsgemeinschaft Der Stahlhelm - Bund der Frontsoldaten 1918", wie sich diese Gruppe heute nennt. Der Major von Schönberg war nicht bei dieser zweiten Gruppe, sondern bei der ersten Gruppe, die sich als eine Fortsetzung des „Stahlhelms" aus der Weimarer Zeit empfindet.
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen.
Herr Staatssekretär, würden Sie in Ihrem Hause dann nicht einmal eine klare Erklärung geben, welche Rolle der „Stahlhelm" in der Weimarer Zeit gespielt hat?
Ich weiß nicht, ob das nicht in der Zwischenzeit schon geschehen ist. Ich werde das gern einmal nachprüfen, Herr Abgeordneter.
Herr Abgeordneter Bardens zu einer Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, Sie sagten vorhin, daß Sie keine Möglichkeit hätten, Weisungen zu erteilen, die den Besuch solcher Veranstaltungen verhindern. Meinen Sie nicht, daß an Stelle einer solchen Weisung vielleicht auch die Abschrift eines Fernschreibens ausreichen würde?
({0})
Ich sehe keinen Anlaß, ein Fernschreiben zu schicken, Herr Abgeordneter. In dem anderen Fall habe ich anläßlich eines konkreten Vorfalls auf Grund einer vorhandenen Rechtsvorschrift Stellung genommen. In diesem Fall kann ich nur sagen, daß es keine Vorschriften, welche den Besuch solcher Veranstaltungen verbieten, gibt, also keine Vorschriften, auf die ich aufmerksam machen und hinweisen könnte.
Herr Abgeordneter Professor Bechert zu einer Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, würden Sie es nicht als richtig oder zweckmäßig und in demokratischem Sinne gehandelt ansehen, wenn das Verteidigungsministerium diesen Vorfall zum Anlaß nähme, in einem Rundschreiben an sämtliche Truppenteile klarzumachen, daß erstens ein Zitieren aus einer „Stahlhelm-Fibel" nicht geeignet ist, demokratischen Geist zu verbreiten, und daß man zweitens den Offizieren empfehle, wenn sie in politische Diskussionen eingriffen, nicht Äußerungen zu tun, die bei den Zuhörern den Eindruck erwecken müßten, daß der Offizier gegen die demokratische Grundordnung eingestellt sei?
Ich habe schon auf die Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen geantwortet, daß ich bereit bin, darauf hinzuwirken, daß einmal eine Darlegung über den „Stahlhelm" in den offiziellen Mitteilungsblättern des Bundesverteidigungsministeriums erfolgt. Ich nehme nicht an, daß Ihre Anregung dahin verstanden werden soll, daß ich die freie Meinungsäußerung unterbinden soll.
Herr Abgeordneter Haase zu einer Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, war die zitierte Veranstaltung in Bergzabern eine Veranstaltung des „Stahlhelm" oder war es eine Veranstaltung des nach Ihrer Auffassung rechtsradikalen Traditionsverbandes?
Es war eine Veranstaltung des „Stahlhelm", nicht der abgespaltenen Gruppe.
Herr Abgeordneter Haase zu einer weiteren Frage.
Herr Staatssekretär, würden Sie die von Ihnen gezogenen Konsequenzen aus der Veranstaltung in Bergzabern auf die mit der Frage zitierte Veranstaltung übertragen?
Nein, das kann man wohl nach dem, was ich über den Ablauf dieser beiden Veranstaltungen weiß, nicht sagen.
Herr Abgeordneter Neumann zu einer Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, würden Sie in Ihre Überlegungen und Überprüfungen auch die Rolle des „Stahlhelm" in der „Harzburger Front" mit einbeziehen?
Wenn eine Darstellung erfolgt, wird das wohl zwangsläufig sein.
Ich möchte die gleiche Frage erweitern auf die Rolle des „Stahlhelm" um die Zeit des 30. Januar 1933. Wären Sie auch da bereit, die Rolle des „Stahlhelm" mit einzubeziehen?
Sicher.
Herr Abgeordneter Fellermaier zu einer Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, Sie haben erklärt, Sie seien nicht in der Lage, bei außerdienstlichen Veranstaltungen einzugreifen. Darf ich
Sie aber fragen: Besteht nicht, wenn Truppenoffiziere solcher Prägung staatsbürgerlichen Unterricht erteilen, die Gefahr, daß ein Teil dieses Gedankengutes, das auf außerdienstlichen Veranstaltungen vorgetragen wird, vielleicht auch in diesem staatsbürgerlichen Unterricht in der Bundeswehr in einer solchen Einheit Einfluß bekommt?
Herr Abgeordneter, es handelt sich doch nicht um eine verbotene Organisation, in der der Mann aufgetreten ist und gesprochen hat. Mir ist also nicht klar, welche Handhabe ich haben sollte, den Offizieren eine bestimmte Ansicht oder Meinung vorzuschreiben, sondern ich kann nur sagen, daß sie sich auf dem Boden der demokratischen Grundordnung halten müssen, und nach meinen Feststellungen hat der Offizier gegen diese Verpflichtung nicht verstoßen.
Eine weitere Frage, Herr Abgeordneter Fellermaier.
Herr Staatssekretär, dieser fragliche Major hat - wiederum nach dem Pressebericht - erklärt, der Zusammenschluß der Nationalsozialisten, der Deutschnationalen, des „Stahlhelm" und anderer Verbände gegen die Regierung Brüning sei ein Versuch der konservativen Kräfte gewesen, die NSDAP im Jahre 1931 in die Legalität zu zwingen. Herr Staatssekretär, das allein zeigt doch den Geist, und den Geist kann man nicht trennen: außerhalb und innerhalb des Dienstes.
Herr Abgeordneter, ich bin nicht in der Lage, zu bestätigen, daß diese Zeitungsberichte authentisch sind. Wenn man ein Urteil abgeben wollte, müßte man die ganze Rede haben. Ich kann mich hier nicht auf eine Diskussion von Satzteilen, die aus dem Zusammenhang gerissen werden, einlassen.
({0})
Herr Abgeordneter Dr. Lohmar.
Herr Staatssekretär, bedient sich das Bundesverteidigungsministerium bei der inhaltlichen Fixierung seiner staatsbürgerlichen Bildungsarbeit in der Bundeswehr eigentlich der Hilfe des Professorengremiums, das sich die Bundesregierung vor einigen Jahren als Beratungsorgan für Fragen der politischen Bildung zugelegt hat?
Es bedient sich vornehmlich des Beirates für die innere Führung. Herr Abgeordneter, ich bin im Moment überfragt, wenn Sie wissen wollen, welche weiteren Mitarbeiter noch herangezogen werden. Ich weiß nur, daß sich das staatsbürgerliche Bildungsmaterial, das die Bundeswehr benutzt, verteilt und ihren Angehörigen zur Verfügung stellt, großer Anerkennung erfreut und im1744
mer als besonders qualifiziertes Material bezeichnet worden ist.
Noch einmal Herr Abgeordneter Lohmar.
Herr Staatssekretär, würden Sie es nicht für zweckmäßig halten, wenn die Resultate der zeitgeschichtlichen Forschungen, die weitgehend durch die Bundeszentrale für politische Bildung veröffentlicht worden sind - diese Arbeiten sind von ihr ja auch gefördert worden -, in nachhaltigerer Weise, als es hier und da zu geschehen scheint, auch für die staatsbürgerliche Bildungsarbeit innerhalb der Bundeswehr nutzbar gemacht würden?
Herr Abgeordneter, ich werde Ihnen einmal die „Informationen für die Truppe" zusenden, die Sie vielleicht noch nicht kennen. Sie werden daraus ersehen, in welchem Umfang und mit welcher Intensität die Bundeswehr staatsbürgerliche Bildung betreibt.
({0})
Herr Staaatssekretär, Herr Abgeordneter Dr. Lohmar meint, seine Frage sei nicht beantwortet worden.
({0})
Ich meine doch, Herr Abgeordneter.
Dann Herr Abgeordneter Professor Dr. Bechert.
Herr Staatssekretär, Sie antworteten mir, Sie könnten nicht in die Meinungsfreiheit eingreifen. Hat nicht das Verteidigungsministerium eine Erziehungsaufgabe gegenüber den Soldaten, und hat es infolgedessen nicht die Aufgabe, in einem solchen Falle, selbst wenn er sich nicht in Einzelheiten bestätigen sollte, allgemein den Truppenteilen mitzuteilen, daß solche Äußerungen, die darauf hinweisen oder aus denen sich schließen läßt, daß der Offizier, der da spricht, nicht auf dem Boden der demokratischen Grundordnung steht, nicht in irgendwelchen öffentlichen Versammlungen getan werden sollten?
Herr Abgeordneter, erstens hat natürlich der Bundesverteidigungsminister, hat die Bundeswehr eine Erziehungsaufgabe. Zweitens übt sie diese Erziehungsaufgabe und diesen Erziehungsauftrag auch aus. Ich muß mich aber drittens dagegen wehren, daß hier irgendwelche Presseberichte, die nicht auf ihre Zuverlässigkeit hin überprüft worden sind, zur Grundlage von solchen Urteilen gemacht werden.
({0})
Herr Abgeordneter Haase zu einer Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, ein bedauerliches Versäumnis nachzuholen,
({0})
den gesamten Problemkomplex Stahlhelm-Bundeswehr zu überprüfen und dem Verteidigungsausschuß des Deutschen Bundestages darüber Bericht zu erstatten?
Herr Abgeordneter, erstens weiß ich nicht, ob wir uns hier eines bedauerlichen Versäumnisses schuldig gemacht haben.
({0})
Das steht ja noch gar nicht fest. Ich muß es selbst erst einmal feststellen.
({1})
Bitte, Herr Staatssekretär!
Zweitens habe ich bis jetzt nicht gewußt, daß der „Stahlhelm" eine so bedeutsame Organisation ist.
({0})
Herr Abgeordneter Moersch zu einer Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, habe ich Sie vorhin richtig verstanden, daß Sie die Meinung äußerten, daß es grundsätzlich und durchgehend richtig oder auch erlaubt sei, in Organisationen aufzutreten, die nicht verboten sind? Oder meinten Sie das Auftreten in einer Organisation, die sich zur demokratischen Grundordnung bekennt?
Natürlich Organisationen, die die demokratische Grundordnung bejahen. Ich habe auch nicht gesagt, daß die Offiziere dorthin gehen sollen, sondern ich habe nur zum Ausdruck bringen wollen, daß ich es einfach nicht unterbinden kann und nach meiner Meinung auf Grund der grundgesetzlichen Regelung, die auch meine Pflichten bestimmt, nicht verbieten darf. Man muß doch in der Demokratie, glaube ich, im erlaubten Rahmen diskutieren können und vielleicht auch einmal MeinunStaatssekretär Gumbel
gen anhören können und besprechen können, mit denen man sich nicht selbst identifiziert.
({0})
Herr Abgeordneter Stein zu einer Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht der Meinung, daß eine Vorprüfung dieses Artikels, auf den in der Anfrage Bezug genommen worden ist, durch Sie doch mancherlei Abklärungen hätte erfolgen lassen?
({0})
Ich sehe keinen Anlaß, jeden Zeitungsartikel nachzuprüfen. Ich habe mich darauf beschränkt, mir die Berichte anzusehen, die auf Grund der Anfrage gefordert worden sind. Danach fand ich keinen Anlaß, aus dem Vorgang in irgendeiner Weise Konsequenzen zu ziehen. Das habe ich in meiner grundsätzlichen Antwort ausgeführt.
Eine weitere Frage, Herr Abgeordneter Stein.
Herr Staatssekretär, leben Sie nicht auch in der Vorstellung, daß das, was Sie uns heute vormittag hier vorgetragen haben, kein Beitrag dazu sein kann, den demokratischen Gedanken innerhalb der Bundeswehr -
Das ist keine zulässige Frage, Herr Abgeordneter Stein. Wir wollen ja nicht werten. Die Fragen sollen sich auf Tatsachen beziehen.
Ich sehe das als eine Tatsache an!
Nein, das ist keine Tatsache, das ist eine Wertung, Herr Abgeordneter Stein. Ich bitte, mich nicht kritisieren zu wollen.
({0})
Ich habe mit Absicht eine Fülle von Zusatzfragen zu diesem wichtigen Punkt zugelassen und die Fragen nicht gehemmt. Es wäre schlimm, wenn in unserer Bundeswehr wirklich ein Geist wiederkehren würde, wie wir ihn mit Erschrecken vor 1933 erleben mußten.
({1})
Herr Präsident, darf ich zu dieser Frage noch etwas sagen?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Ich wäre sehr mißverstanden worden, Herr Präsident, wenn Sie aus meinen Antworten entnommen hätten, daß ich in irgendeiner Art und Weise dem Wiedererstehen nationalistischer Gedankengänge Vorschub leisten wollte.
Auf diesen Gedanken ist niemand in diesem Hause gekommen, auch ich nicht. Meine Äußerung hat sich auf den Vorgang bezogen, der Gegenstand der Frage war.
Ich möchte noch sagen, Herr Präsident, daß ich in dieser Situation bei solchen Anfragen natürlich als Staatssekretär und Beamter in einer etwas schwierigen Lage bin. Ich kann mich hier nicht so frei und gelöst äußern, wie das die anfragenden Herren Abgeordneten tun.
({0})
Ich rufe die Frage VIII/7 des Herrn Abgeordneten Dr. Hein auf:
Treffen Pressemeldungen zu, nach denen die von der Bundesregierung gekaufte und der Bundesmarine zur Verfügung gestellte „City of Havanna" nunmehr von einer englischen Gesellschaft für 1,5 Millionen DM ersteigert wurde?
Ich beantworte Ihre erste Frage mit Ja, Herr Abgeordneter.
Dann rufe ich die Frage VIII/8 des Herrn Abgeordneten Dr. Hein auf:
Wie gedenkt die Bundesregierung die in Frage VIII/7 erwähnte Veräußerung gegenüber dem deutschen Steuerzahler zu rechtfertigen, nachdem bekanntwurde, daß das Schiff vor wenigen Jahren gegen die Bedenken der Opposition zu einem Preis von rd. 2,7 Millionen DM gekauft wurde und seitdem ohne Verwendungsmöglichkeit in Bremerhaven und Kiel am Quai lag, bis es jetzt mit einem Millionenverlust versteigert werden mußte?
Bei der Antwort auf Ihre zweite Frage kann ich mich nicht so kurz fassen. Ich möchte bei der Antwort unterscheiden zwischen den militärischen Erwägungen, die seinerzeit zum Kauf der „City of Havanna" geführt haben, und den Wirtschaftlichkeitsüberlegungen - wie ich es einmal nennen will -, die jetzt den Verkauf nahegelegt haben. Was die militärischen Erwägungen anbelangt, so bestand in Übereinstimmung mit einer Empfehlung der NATO, die übrigens auch heute noch Gültigkeit hat, die militärische Forderung und die militärische Planung zum Aufbau eines Landungsschiffsverbandes. Dazu waren zwei landing ship docks - oder anders ausgedrückt: zwei Mutterschiffe - für die Landungsboote erforderlich. Sie waren im Schiffbauprogramm der Bundesmarine mit je 35 Millionen DM veranschlagt. Die Planung und der Aufbau des Landungsschiffsverbandes wurde zum damaligen Zeitpunkt als dringlich angesehen. Etwa im Sommer 1961 bot sich überraschend die Möglichkeit, ein ehemaliges landing ship dock, das zuletzt als Fährschiff zwischen Florida und Kuba eingesetzt war und wegen der Vorgänge in Kuba
keine weitere Verwendung im Fährdienst fand, zu einem besonders günstigen Preis - das Angebot lautete damals auf 4 Millionen DM - zu kaufen. Diese Gelegenheit wollte man sich nicht entgehen lassen.
Das landing ship wurde nach dem Eintreffen in Deutschland nicht sofort umgebaut. Die Rückbaupläne konnten erst danach in Angriff genommen werden. Es wurde vorübergehend als Wohnschiff benutzt. In der Folgezeit ergab sich wie auf anderen Sektoren so auch bei der Marine die Notwendigkeit zu gewissen Umplanungen. Hauptgrund war neben den finanziellen Begrenzungen des Verteidigungshaushalts die zunehmende personelle Schwierigkeit. Dies führte dazu, den Umfang der amphibischen Streitkräfte allgemein zu begrenzen. Während zu Beginn dieser Umplanung durch die Marine noch die Absicht bestanden hatte, das Schiff im Anschluß an die Nutzung als Wohnschiff zu einem Mutterschiff für einen solchen Landungsschiffsverband umzurüsten, entschloß sich die militärische Führung 1964, davon endgültig Abstand zu nehmen, weil die „City of Havanna" nach 1970 - nach diesem Zeitpunkt war an den weiteren Ausbau der amphibischen Streitkräfte gedacht - einfach zu alt sein würde. - Soviel, Herr Abgeordneter, zu den militärischen Erwägungen.
Nun noch einige Worte zu den Wirtschaftlichkeitsüberlegungen. Ich habe schon ausgeführt, daß es möglich war, die „City of Havanna" besonders günstig zu erwerben. Der tatsächlich gezahlte Preis betrug 2,7 Millionen DM. Ich habe bereits gesagt, daß die Neubaukosten mit 35 Millionen DM eingesetzt waren. Allerdings darf man nicht die ganze sich hier ergebende Differenz als Ersparnis nehmen. Der Umbau und der Rückbau zum landing ship dock hätte etwa 10 Millionen DM gekostet. Auf jeden Fall war aber mit dem Ankauf eine evidente Kostenersparnis und außerdem auch eine erhebliche Zeiteinsparung verbunden.
Nachdem sich die Änderungen der militärischen Planung abgezeichnet haben, ist geprüft worden, ob das Schiff nicht auf die Dauer als Wohnschiff der Marine genutzt werden könne. Einer solchen Nutzung sind jedoch Grenzen gesetzt, weil das Schiff bereits in den Jahren 1943/44 erbaut war und weil mit zunehmendem Alter die Unterhaltskosten von Jahr zu Jahr steigen. Unter diesen Umständen erschien es zweckmäßig, aus wirtschaftlichen Überlegungen das Schiff zu veräußern.
Für den Verkauf hat das Bundesministerium der Verteidigung das vorgeschriebene Verfahren eingehalten und über die VEBEG zunächst einmal das Schiff an einen griechischen Reeder verkauft, wobei der Preis im Rahmen des Taxpreises lag. Der Käufer kam jedoch in Zahlungs- und Abnahmeverzug, so daß das Schiff am 19. April 1966 für 1,5 Millionen DM an eine englische Gesellschaft versteigert worden ist.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Hein.
Herr Staatssekretär, ist das Verteidigungsministerium bereit, in Zukunft den Vorstellungen der sozialdemokratischen Mitglieder des Verteidigungsausschusses mehr Rechnung zu tragen, als es in dieser Sache der Fall gewesen ist, um die Gefahr unnützer Ausgaben öffentlicher Mittel besonders auf dem Gebiet der Verteidigung möglichst einzuschränken?
Herr Abgeordneter, das Bundesverteidigungsministerium ist immer bereit, die Vorstellungen und Vorschläge der sozialdemokratischen Abgeordneten zu berücksichtigen. Ich habe die Sache persönlich nicht nachgeprüft, aber mir ist mitgeteilt worden, daß die sozialdemokratischen Mitglieder in diesem Falle kein bestimmtes Votum abgegeben hätten.
Ist Ihnen bekannt, Herr Staatssekretär, daß der Sprecher der Sozialdemokraten, unser Kollege Wienand, ausdrücklich gegen den Ankauf gestimmt hat?
Nein; ich sagte es eben Herr Abgeordneter. Ich nehme es aber zur Kenntnis. An meiner grundsätzlichen Bereitschaft wird sich dadurch gewiß nichts ändern.
Eine weitere Frage.
Können Sie, Herr Staatssekretär, sagen, wie sich der Bundesrechnungshof in dieser Sache geäußert hat?
Der Bundesrechnungshof hat in Zusammenhang mit dem Erwerb, der Benutzung und der Veräußerung der „City of Havanna" eine Reihe von Fragen gestellt, die noch nicht beantwortet worden sind; die Nachprüfung ist noch im Gange.
Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, im Verteidigungsausschuß hierüber nähere Angaben zu machen, wenn der Bundesrechnungshof seine Äußerungen abgegeben hat?
Ja, gern, Herr Abgeordneter.
Ich rufe die Frage VIII/9 des Herrn Abgeordneten Josten auf:
Sind der Bundesregierung die Klagen von Soldaten über die
Stoffqualität, besonders der neuen Uniformhosen, bekannt?
Herr Abgeordneter, soweit mir bekanntgeworden ist, klagen die Soldaten nicht über die Stoffqualität der neuen Ausgehuniformen. Diese Uniformtuche werden aus Kammgarn hergestellt, das zu 100 O/o aus Schurwolle besteht. Derartige
Garne gelten als Spitzenqualität. Die Tuche haben allerdings die Eigenart, daß sie die Bügelfalten nicht so gut halten, wie dies der einzelne Soldat manchmal wünscht. Ich nehme an, daß die Klagen, die Ihnen zu Ohren gekommen sind, darauf zurückgehen.
Herr Abgeordneter Josten!
Herr Staatssekretär, kennen Sie in Ihrem Ministerium die Meinung der Soldaten, die auf einer Bundeswehrverbandstagung am 21. April in Bad Neuenahr geäußert wurde, wo die neuen Uniformhosen wie folgt beurteilt wurden: „Die Hosen hängen wie Säcke, und Bügelfalten halten nicht", so daß die Klagen nicht nur auf die schlechte Haltbarkeit der Bügelfalten, die Sie hier bezüglich der Stoffqualität angeführt haben, zurückzuführen wären?
Ich habe diese Äußerungen noch nicht zur Kenntnis genommen. Ich bin sehr dankbar, daß Sie sie mir mitteilen. Ich werde nähere Feststellungen treffen. Ich muß aber annehmen, daß es sich um eine gewisse Übertreibung handelt, denn, wie gesagt, es handelt sich um Kammgarne und Tuche, die zu 100 % aus Schurwolle bestehen. Wenn man sich eine solche Hose zivil kaufen würde, müßte man, so ist mir gesagt worden, 80 bis 100 DM dafür ausgeben. Die Tuche sind auch von anderen Armeen geprüft worden, wie ich höre, darunter der schweizerischen, die sie als erstklassig bezeichnet hat.
Eine weitere Frage, Herr Abgeordneter Josten.
Herr Staatssekretär, befinden sich die Uniformen unserer Soldaten eigentlich immer noch im Trageversuch, oder sind diese Versuche beendet?
Sie sind beendet. Bis Ende 1965 sind die neuen Ausgehuniformen restlos ausgegeben worden.
({0})
Ich rufe die Frage VIII/10 des Herrn Abgeordneten Josten auf:
Welche Maßnahmen werden getroffen, damit die Truppen in Zukunft nur Uniformen in guter Stoffqualität erhalten?
Qualitätsverbesserungen, Herr Abgeordneter, erscheinen mir unter diesen Umständen kaum möglich, auf jeden Fall nicht erforderlich. Im übrigen werden die Stoffqualität und die Verarbeitung durch die Fachleute des Güteprüfdienstes, die Textilingenieure und Schneidermeister sind, laufend überwacht.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß z. B. die Qualität der Uniformstoffe der amerikanischen Truppen von unseren Soldaten als ausgezeichnet beurteilt wird und daß daher mit Recht der Wunsch nach gleichwertiger Qualität für die Herstellung der Uniformen für unsere Truppen besteht?
Ich glaube nicht, daß ein Qualitätsunterschied besteht. Ich weiß, daß die Qualität der amerikanischen Uniformen erstklassig ist, aber erstklassig ist auch die Qualität unserer Uniformen. Es werden hier verschiedene Stoffe verwendet, nicht die gleichen, aber in der Qualität, Herr Abgeordneter, besteht nach meiner Kenntnis kein Unterschied.
Herr Staatssekretär, darf ich Sie zum Schluß fragen, ob Sie bereit sind, in Ihrem Hause zu überprüfen, ob nicht den zahlreichen Klagen unserer Soldaten bezüglich der Qualität der Uniformstoffe insofern Rechnung getragen werden kann - Sie erwähnten ja, es würden verschiedene Stoffe verwendet -, als nur die besten zur Verwendung kommen?
Innerhalb der Bundeswehr, Herr Abgeordneter, wird nur eine Stoffqualität für Ausgehuniformen verwendet. Sie wissen, daß diese Stoffqualität - das war ja der Grund für die Einführung neuer Ausgehuniformen - wesentlich besser ist als die Qualität der Tuche und Stoffe, die früher verwendet worden sind. Ich habe über Ihre Fragen mit Soldaten gesprochen, die mir für gewisse Beanstandungen keine andere Erklärung geben konnten als die, die ich angeführt habe, daß nämlich bei reinen Schurwollstoffen die Bügelfalte nicht so gut hält wie bei Stoffen aus Garnen gemischter Qualität. Wenn Sie es wünschen, bin ich aber gern bereit, diese Frage im Hause erneut zu diskutieren.
Danke sehr!
Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Wir sind damit am Ende der Fragestunde.
Die Fraktion der SPD hat den Antrag gestellt, zu der Antwort der Bundesregierung auf die Frage des Herrn Abgeordneten Brück an den Bundesminister für Verteidigung eine Aktuelle Stunde anzuberaumen. Bestehen dagegen von irgendeiner Seite formelle Bedenken? Ich bin der Meinung, daß die Voraussetzungen nach den Bestimmungen über die Aktuelle Stunde unter Ziffer 2 gegeben sind. Es wird somit eine
Aktuelle Stunde
angesetzt.
Wer wünscht das Wort? - Herr Abgeordneter Schmitt-Vockenhausen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erfreulicherweise ist die deutsche Öffentlichkeit im allgemeinen gegenüber Links- und Rechtsradikalismus wachsam. Es gibt zwar Leute, die auf einem Auge immer blind sind - die einen nach rechts, andere nach links.
({0})
Worauf es ankommt, ist, daß unsere deutsche Demokratie immer wieder deutlich macht, daß wir dort wachsam sind und schnell handeln, wo sich Erscheinungen zeigen, die wir mit Recht bekämpfen müssen. Die deutsche Öffentlichkeit war wachsam. Ich muß sagen, ich war sehr glücklich, daß der Innenminister von Rheinland-Pfalz, Staatsminister Wolters, anläßlich der „Stahlhelm"-Versammlung in Bergzabern klar und entschieden deutlich gemacht hat, daß wir nichts wieder hochkommen lassen wollen, was die Zeichen einer unseligen Vergangenheit trägt.
In der Frage Nr. 6 des Kollegen Brück ist auf einen Aufsatz in der „Saarbrücker Zeitung" Bezug genommen worden. Diese Frage ist bereits vor der Berlin-Woche des Deutschen Bundestages eingereicht worden. Nun ist ja auch die „Saarbrücker Zeitung" kein Organ, über das man einfach mit einer Handbewegung hinweggehen kann. Selbst wenn der Herr Erklärungen abgegeben hat, daß die Presse ihn mißverstanden habe - ich sehe gerade Herrn Minister Seebohm; er leidet ja bei seinen Sonntagsreden am meisten darunter, daß ihn die Presse mißversteht -,
({1})
dann hätten Sie, Herr Staatssekretär, sich doch darum kümmern sollen und müssen, daß mit der „Saarbrücker Zeitung" auch Verbindung aufgenommen worden wäre, um zu erfahren, wie sie zu dieser Information gekommen ist. Es ist ja ein Blatt, das von Ihnen politisch auch nicht allzuweit entfernt ist. Sie hätten den Gehalt dessen, was dort gesagt worden sein soll, untersuchen müssen. Herr Staatssekretär, daß das nicht geschehen ist, bedaure ich sehr.
Das ist nun der akute Einzelfall. Darüber hinaus hat die Sache aber auch eine grundsätzliche Bedeutung. Ich möchte nur kurz sagen: der Herr Bundesinnenminister hat sowohl zu dem Rechts- wie zu dem Linksradikalismus mehrere gute Berichte abgegeben, die den Stand zeigen. Sie können sich in seinem Hause auch genau vergewissern, wie die Situation bei dem „Stahlhelm" steht. Wir wollen den Leuten nicht mehr Bedeutung geben, als sie haben. Das ist Gott sei Dank nur noch eine der wenigen Traditionskompanien einer Vergangenheit, die hinter uns liegt.
Aber, Herr Staatssekretär, worauf es ankommt, ist, daß Sie heute in diesem Hause klarmachen: Erstens. Sie werden die Angelegenheit ordnungsgemäß prüfen und mit der Zeitung über die Quellen sprechen, damit die Angelegenheit nicht nur mit einer Erklärung, der Herr sei mißverstanden worden, beigelegt wird.
Zweitens. Die deutsche Offentlichkeit will wissen, wie Sie in Zukunft dafür sorgen werden, daß auch die Fragen der deutschen Vergangenheit in der Bundeswehr mit der notwendigen Deutlichkeit publiziert werden. Wenn Sie hierzu etwas sagen könnten, statt zu versuchen, hier um die Angelegenheit nur herumzukommen und auszuweichen, hätten Sie - glaube ich - den Dank des Hauses verdient.
({2})
Das Wort hat der Abgeordnete Moersch.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Diese Aktuelle Stunde kommt nach dieser Fragestellung nicht ganz unerwartet. Dennoch möchte ich sagen, daß es hier nicht unsere Aufgabe ist, die Diskrepanz zwischen Zeitungsberichten und dem, was dem Ministerium vorliegt, im einzelnen zu untersuchen. Aber fest steht doch, daß wir mit einiger Sorge Tendenzen sehen müssen, die da und dort auftreten. Ich glaube, daß die Notwendigkeit besteht, die Frage der politischen Bildung überhaupt ganz intensiv hier einmal zu beanworten und diese Frage auch in den Haushaltsberatungen zur Debatte zu stellen.
({0})
Es wäre falsch, wenn der Eindruck erweckt würde, als ob man nun ausgerechnet die Bundeswehr zum Prügelknaben dieser Fragestellung machte
({1})
- das wäre unangemessen -, sondern wir alle haben uns, glaube ich, zu fragen, ob das, was in die politische Bildung in den vergangenen Jahren investiert worden ist - im wahrsten Sinne des Wortes -, richtig investiert, gut angelegt worden ist.
Da und dort wurden Schriften und Äußerungen gefördert, die aus einer historisch unter Umständen vertretbaren, aber recht einseitigen Art der Darstellung so tun, als ob die demokratischen Parteien in der Weimarer Republik gewissermaßen schuld gewesen seien an dem, was passiert ist, und daß die Reichswehr eine vorbildliche neutrale Rolle in dem Ganzen gespielt habe. Das kann ich einfach nicht hinnehmen, weil dadurch ein völlig verschobenes Geschichtsbild entstehen muß.
Tatsache ist und bleibt doch - heute morgen wurde in dem Zusammenhang schon ein Name genannt -, daß die Existenz einer Reichswehr damals, die abseits des demokratischen Staates stand und auch stehen wollte, die Entscheidung der demokratischen Regierung maßgebend beeinflußt hat, auch wenn es so gar nicht gewollt war und wenn sie im Grunde genommen sicherlich nicht diese Absichten hatte, die man ihr hinterher unterstellte.
Wenn hier derartige geschichtliche Vorgänge - heute morgen ist es hier angeklungen - ständig in einer zwar interessanten, aber im ganzen doch nicht zutreffenden, einseitigen Weise dargestellt werden, kann man von irgendwelchen historisch nicht Gebildeten natürlich nicht verlangen, daß sie das Geschehen in korrekter Weise wiedergeben. Mehr möchte ich dazu nicht sagen, sondern möchte einmal bitten, daß wir dieses Thema nach gründlicher PrüMoersch
fung der ganzen Unterlagen und nicht in der Improvisation behandeln, wie es heute der Fall ist.
Wir hatten kürzlich in Bonn einen Kongreß für politische Bildung. Er hat eigentlich gezeigt, daß wir auf diesem Gebiet noch einmal von vorn anfangen sollten, weil mir die Voraussetzungen für ein gemeinsames Gespräch über die Grundlagen der Demokratie in vielen Fällen nicht gegeben zu sein scheinen, zumal es die Gefühlslage bei vielen einfach nicht zuläßt, diese Dinge nüchtern zu beurteilen. Wir, die wir der jüngeren Generation angehören, haben es hier vielleicht leichter als die Älteren, die aus ihrer eigenen Erfahrung sicherlich befangen sind.
Um so mehr ist es notwendig, daß diese Dinge von der politischen Führung her, und zwar in allen Bereichen - ich meine, hauptsächlich auch vom Bundestag her -, ein für allemal beim Namen genannt werden und daß wir nicht Gemeinsamkeiten vortäuschen, die im Grunde nicht da sind, nämlich Gemeinsamkeiten in der Beurteilung unserer geschichtlichen und tatsächlichen Situation.
({2})
Wir haben heute zu beklagen, daß das Interesse an radikalen Tendenzen im deutschen Volk zunimmt. Dazu möchte ich Ihnen allen in diesem Hause einmal die Frage stellen, ob wir nicht in Wahrheit durch gepflegte Langeweile diesen Tendenzen Auftrieb gegeben haben.
({3})
Das Wort hat der Herr Staatssekretär im Bundesministerium der Verteidigung.
({0})
Herr Präsident! Meine Damen und meine Herren! Herr Abgeordneter Schmitt-Vockenhausen hat mir den Vorwurf gemacht, daß ich den Einzelfall nicht gründlich genug untersucht hätte. Ich muß diesen Vorwurf zurückweisen. Ich habe Berichte des Wehrbereichskommandos und der Vorgesetzten des Offiziers eingefordert. Auf Grund dieser Prüfung habe ich mir die Meinung gebildet.
({0})
- Nein, das habe ich nicht. Ich kann auch nicht annehmen, daß der Zeitungsberichterstatter etwa sagen würde, er habe etwas Falsches berichtet. Ich muß doch auch die andere Seite hören, Herr Abgeordneter, und das habe ich getan.
Aber Sie ignorieren hier ganz einfach, meine Damen und Herren, was mir berichtet worden ist und was die Aussagen der Beteiligten ergeben haben.
({1})
- Doch, Sie unterstellen, Herr Abgeordneter - sonst könnten Sie Ihre Ausführungen nicht so
machen -, daß das, was die Zeitung berichtet hat, zutreffend ist und daß das, was ich auf Grund der mir vorliegenden Berichte gesagt habe, nicht so ganz richtig sein könne. Andernfalls könnten Sie Ihre Schlußfolgerungen nicht ziehen.
Herr Staatssekretär, gestatten Sie eine Frage?
Vielleicht darf ich diesen Gedanken noch zu Ende führen.
Ich habe erst gestern abend erfahren, daß es von der Rede des Majors von Schönberg eine Tonbandaufnahme geben soll, und ich habe noch gestern abend veranlaßt, daß versucht wird, diese Tonbandaufnahme zu bekommen; ich werde sie dann auswerten.
({0})
- Ich hatte keinen Anlaß dazu, Herr Abgeordneter.
({1})
- Nein, ich sah keinen Anlaß.
({2})
Die Einstellung und die Auffassung des Bundesverteidigungsministeriums zu den hier aufgeworfenen grundsätzlichen Fragen hat Bundesminister von Hassel im Zusammenhang mit den Vorfällen in Bergzabern hier ganz eindeutig zum Ausdruck gebracht. Wir rücken auf das entschiedenste von allen nationalistischen oder rechtsradikalen Bestrebungen ab.
Ich muß den Vorwurf zurückweisen, das Verteidigungsministerium sei seiner Aufklärungs- und Informationspflicht und seiner Erziehungsaufgabe in der Vergangenheit nicht gerecht geworden. Ich werde Ihnen eine Sammlung all dessen vorlegen, was wir zur Darstellung der Geschichte in der Vergangenheit getan haben, um die Soldaten zu unterrichten und unserer Erziehungs- und Informationsaufgabe zu genügen.
({3})
Ich hatte heute zwei Fragen zu beantworten. In der einen Frage wurde mir beinahe der Vorwurf gemacht, daß wir das Aufhängen eines Plakats einer linksorientieren, linksradikalen Organisation untersagt hätten. In diesem Fall konnten wir uns auf eine klare gesetzliche Vorschrift berufen. Sie haben in diesem Zusamemnhang immer wieder gefragt, ob das überhaupt statthaft sei. Nun kommt die Kehrseite: Hier handelt es sich um rechtsgerichtete Organisationen und Tendenzen, und da soll ich nun eingreifen, verbieten, untersagen, obwohl mir
- und bisher hat mich niemand eines Besseren belehrt - eine rechtliche Grundlage nicht zur Verfügung steht.
({4})
Meine Damen und Herren, ich wäre dankbar, wenn in beiden Fällen mit gleichem Maße gemessen würde.
({5})
Das Wort hat der Abgeordnete Josten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir sollten den Kollegen von der Opposition dankbar dafür sein, daß sie zu einer Aktuellen Stunde aufgerufen haben, um jedes Mißverständnis aus der Welt zu schaffen, daß hier etwa in diesem Hause noch irgendwo auf einer Abgeordnetenbank jemand sitze, der an dieser Tendenz, die hier im Raume zur Diskussion stand, interessiert sein könnte.
({0})
Jeder von uns in diesem Hause ist selbstverständlich aufgerufen, unter dem Gesichtspunkt: wehret den Anfängen! Es unterliegt keinem Zweifel, daß wir uns gegen die Bestrebungen von rechts oder von der äußersten Linken, die zum Umsturz dieses demokratischen Staates führen sollen, als Parlament, als die Volksvertretung wehren.
({1})
Nun ein offenes Wort! Ich muß zur Ehre von Herrn Staatssekretär Gumbel, den ich schon viele Jahre vor seiner Ernennung zum Staatssekretär kennengelernt habe, und zwar von Mainz, von Rheinland-Pfalz aus, sagen, es gibt keinen Zweifel, daß er auf dem demokratischen Boden dieses Rechtsstaates steht.
({2})
Seine Mitteilung, daß eine Tonbandaufnahme existiert, haben wir dankbar zur Kenntnis genommen.
Wir von der CDU/CSU-Fraktion bitten, daß über dieses Problem abschließend im Verteidigungsausschuß gesprochen wird. Auch ich bin nicht in der
Lage, über eine Rede, von der man heute morgen nur einige Sätze - allerdings sehr gefährliche - gehört hat, etwas Endgültiges zu sagen. Ich halte es also für notwendig, daß diese Tonbandaufnahme zu Papier gebracht und den Mitgliedern des Verteidigungsausschusses zugestellt wird. Danach werden wir dafür eintreten, daß im Verteidigungsausschuß eine Aussprache stattfindet, und dort werden wir dann abschließend zu den Ausführungen des hier zitierten Redners der Bundeswehr Stellung nehmen.
Lassen Sie mich schließen, indem ich Ihnen sage - auch Ihnen, meine Damen und Herren von der Opposition -: In diesem Falle ist sicherlich Recht geschehen aus der Sorge um unseren Rechtsstaat. Aber ich glaube, es wäre überspitzt, wenn wir diese Dinge weiterbehandelten, bevor wir den Inhalt der Rede kennen.
({3})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
({0})
- Ich muß darauf hinweisen, Herr Abgeordneter Schultz, daß verschiedene Wortmeldungen der SPD zurückgezogen worden sind. Es war wohl die Stimmung, daß der Herr Abgeordnete Josten das im Augenblick Richtige gesagt hat,
({1})
so daß wir damit die Diskussion abschließen können. Ich schließe also die Aktuelle Stunde.
Wir sind auch am Ende der Tagesordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung auf Freitag, den 6. Mai, 9 Uhr.
Die Sitzung ist geschlossen.