Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet.
Meine Damen und Herren, vor Eintritt in die Tagesordnung gebe ich dem Hause bekannt, daß mit Wirkung vom 28. April 1966 als Nachfolgerin für den verstorbenen Abgeordneten Dr. Philipp Frau Enseling in den Bundestag eingetreten ist. Frau Enseling sitzt hier. Ich begrüße sie;
({0})
in meiner Vorlage heißt es: in unserer Mitte. Aber
die Situation ist im Augenblick atypisch; man wird
vielleicht noch einmal von Mitte reden können.
({1})
Jedenfalls: Herzlich willkommen und gute Zusammenarbeit!
Weiter: Gemäß § 76 Abs. 2 der Geschäftsordnung soll der Bericht des Bundeskartellamtes über seine Tätigkeit im Jahre 1965 sowie über Lage und Entwicklung auf seinem Aufgabengebiet - Drucksache V/530 - an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen überwiesen werden. - Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Folgende amtliche Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Das Bundesversicherungsamt hat am 18. April 1966 die Abrechnung über die Rentenzahlungen, Beitragserstattungen und Beitragszahlungen für die Krankenversicherung der Rentner in der Rentenversicherung der Arbeiter für das Kalenderjahr 1965 ({2}) zur Kenntnisnahme übersandt. Die Abrechnung liegt im Archiv zur Einsichtnahme aus.
Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 25. Juni 1959 die nachstehenden Vorlagen überwiesen:
Verordnung des Rats Nr. 36/66/ EWG vom 30. März 1966 zur Aussetzung der Zollsätze und Abschöpfungen, die von der Italienischen Republiek auf Einfuhren aus Drittländern von Rindern, lebend, Hausrindern, anderen, mit einem Stückgewicht von höchstens 340 kg, der Tarifnummer ex 01.02 A II erhoben werden
an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen - federführend - und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - mitberatend - mit der Bitte um Berichterstattung innerhalb eines Monats, wenn im Ausschuß Bedenken gegen die Verordnung erhoben werden
Verordnung des Rats zur Durchführung einer Erhebung über die Löhne im Straßenverkehrsgewerbe der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft - Jahr 1966 -- Drucksache V/531 -
an den Verkehrsausschuß - federführend - und an den Innenausschuß - mitberatend - mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 15. Juni 1966
Richtlinie des Rats für die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über landwirtschaftliche Zugmaschinen auf Rädern ({3})
- Drucksache V/547 -
an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 29. Juni 1966
Verordnung des Rats, die in Anwendung des Artikels 94 EWG die Bedingungen und Einzelheiten der Anwendung bestimmter Vorschriften des Artikels 93 EWG festlegt
- Drucksache V/548 -
an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen - federführend - und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und den Haushaltsausschuß - mitberatend - mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 18. Mai 1966
Richtlinien des Rats für die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über
a) Meßgeräte im allgemeinen,
b) medizinische Quecksilberglasthermometer mit Maximumvorrichtung,
c) Blockgewichte der mittleren Fehlergrenzenklasse von 5 bis 20 kg,
d) zylindrische Gewichtstärke der mittleren Fehlergrenzenklasse von 1 g bis 10 kg
- Drucksache V/551 an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 29. Juni 1966
Verordnung des Rats über die zeitlich begrenzte Aussetzung
der auf die Einfuhren von unter Zollaufsicht zur Verarbeitung bestimmtem Rindfleisch anzuwendenden Abschöpfungen
an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen - federführend - und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - mitberatend - mit der Bitte um Berichterstattung innerhalb eines Monats, wenn im Ausschuß Bedenken gegen die Verordnung erhoben werden
Verordnung des Rats über die auf Menggetreide, Reis und Bruchreis anzuwendenden Abschöpfungen
- Drucksache V/559 an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen - federführend - und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - mitberatend - mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 22. Juni 1966.
Damit kommen wir zu Punkt 1 der Tagesordnung: Fragestunde
- Drucksachen V/562, V/561 Wir beginnen gemäß der Vereinbarung im Ältestenrat mit dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft. Frage 1 des Herrn Abgeordneten Dr. Schmidt ({4}) :
Welchen Einfluß hat die Bundesregierung auf die Verhandlungen zwischen dem amerikanischen Ölkonzern Texaco und der Deutschen Erdöl-Aktiengesellschaft ({5}) ausgeübt?
Ich wäre dankbar, wenn ich die drei Fragen zusammen beantworten dürfte.
Dann rufe ich auch die Fragen 2 und 3 des Abgeordneten Dr. Schmidt ({0}) auf:
Was ist die Rechtsgrundlage für die in Frage 1 erwähnte Einflußnahme?
Was waren die Gründe für den Abbruch der in Frage 1 erwähnten Verhandlungen durch die Texaco?
Auf Ihre erste Frage, Herr Kollege Schmidt, muß ich Ihnen antworten: Die Bundesregierung hat keinen Einfluß genommen.
Damit entfällt Ihre zweite Frage.
Zur Frage 3: Der Bundesregierung ist nicht bekannt, ob die Verhandlungen abgebrochen worden sind. Die Texaco hat der Bundesregierung lediglich mitgeteilt, daß sie das erwogene konkrete Angebot an die DEA-Aktionäre nicht abgeben werde.
Damit meine Antworten nicht mißverstanden werden, möchte ich sie, soweit ich das kann, durch die Darstellung der Vorgänge ergänzen.
Am Abend des 27. April 1966 erschienen im Bundeskanzleramt beim Leiter der Wirtschaftsabteilung Beauftragte der Firma Texaco und teilten mit, daß die Texaco am Samstag, dem 30. April 1966, den DEA-Aktionären ein Umtauschangebot für TexacoObligationen machen wolle. Der Leiter der Wirtschaftsabteilung hat auf die wirtschaftspolitische Bedeutung dieses Tatbestandes hingewiesen und insbesondere die Kurzfristigkeit der Information bedauert. Er hat eine Stellungnahme der Bundesregierung vorbehalten und gebeten, mit dem Bundesminister für Wirtschaft möglichst schon am nächsten Vormittag Fühlung aufzunehmen.
Am Freitag, dem 29. April 1966, morgens 9 Uhr, habe ich die Herren der Texaco zu einem kurzen Gespräch empfangen. Da ich durch die Behandlung meines Haushaltsplans im Haushaltsausschuß an diesem Vormittag terminlich bereits gebunden war, beauftragte ich Herrn Staatssekretär Dr. Neef, das Gespräch weiterzuführen.
Ich habe den Herren der Texaco dafür gedankt, daß sie vor ihrer Aktion den Bundesminister für Wirtschaft unterrichteten. Von deutscher Seite war keine Mitteilung, weder an mich noch an meine Mitarbeiter, gelangt, und das, obwohl in anderer Sache Gespräche zwischen den an dieser Aktion beteiligten Herren und meinen Mitarbeitern stattgefunden haben. Ich habe darauf hingewiesen, daß der Bundesregierung entsprechend ihrer wirtschaftspolitischen Einstellung sehr an der Erhaltung eines freien Kapitalverkehrs gelegen ist. Ich habe besonders die Hilfe, die uns von amerikanischer Seite in früheren Jahren gewährt worden ist, erwähnt und die Anlage amerikanischen Kapitals in Deutschland begrüßt. Ich habe dann weiter dem Sinne nach ausgeführt: Es gibt in der Bundesrepublik keine Behinderung für den Einsatz ausländischen Kapitals, und die Bundesregierung denkt nicht daran, solche Behinderungen einzuführen; es kann jedoch nicht bestritten werden, daß die öffentliche Meinung den ausländischen Kapitalverkehr in Deutschland aufmerksam beobachtet und in weiten Kreisen ein Unwille darüber besteht, daß Ausländer in bestimmten Branchen mutmaßlich den Aufbau beträchtlicher Marktpositionen anstreben; es liege darum nicht zuletzt an den ausländischen Kapitalanlegern, durch ein maßvolles und vernünftiges Verhalten dafür zu sorgen, daß die Bundesregierung ihre liberale Wirtschaftspolitik aufrechterhalten kann.
Der Vertreter der Texaco, Herr Brandy, erläuterte sodann den Wunsch der Texaco, die über gute Rohölquellen verfügt, Verbindung zu einem eingeführten Absatznetz auf dem deutschen Markt zu erhalten. Aus diesem Grunde beabsichtige die Texaco, den DEA-Aktionären Texaco-Obligationen mit der doppelten Rendite der DEA-Aktien und der späteren Möglichkeit, die Obligationen in Aktien umzuwandeln, anzubieten. Er fügte hinzu, daß, wenn man diese Aktion nicht durchführen könne, die Texaco möglicherweise ein eigenes Tankstellennetz in Deutschland aufbauen würde.
Ich habe den amerikanischen Gästen mein Verständnis für den Versuch, die wirtschaftliche Basis der DEA zu erweitern, ausgedrückt. Ich habe dabei aber auch auf die Wahrscheinlichkeit sehr unterschiedlicher Reaktionen in der deutschen Öffentlichkeit hingewiesen. Wenn die Bundesregierung, die keine Möglichkeit der Einflußnahme auf die Verhandlungen hat und die sie auch nicht wünscht, um ihren Rat gebeten werden sollte - so habe ich ausdrücklich erklärt -, dann müßte ihren Experten die erforderliche Zeit gegeben werden, um alle Auswirkungen zu überdenken. Es sei nicht möglich, von der Bundesregierung einen unverzüglichen Rat zu erbitten in einer Sache, an der die Beteiligten mehrere Wochen gearbeitet hätten.
In dem anschließenden Gespräch haben die amerikanischen Herren Staatssekretär Neef weitere Einzelheiten mitgeteilt. Herr Neef bot an, daß ein kleiner Expertenkreis des Bundeswirtschaftsministeriums den Komplex untersuchen und daß die Unterhaltung nach einer sehr kurzen Frist fortgesetzt werden könne. Am 29. April 1966 ist dann der Bundesregierung von der Texaco mitgeteilt worden, daß die Texaco das von ihr erwogene und dem Bundesminister für Wirtschaft erläuterte Angebot nicht vorlegen werde. Ob noch ein anderes Angebot gemacht wird oder die Verhandlungen aufgegeben worden sind, darüber ist keine Mitteilung an die Bundesregierung erfolgt.
Zusatzfrage!
Herr Bundeswirtschaftsminister, ist die Bundesregierung nicht zu einem früheren Zeitpunkt, z. B. am 20. April, durch den Vorstand der DEA über das Interesse ausländischer, insbesondere amerikanischer Gesellschaften an einer Mehrheitsbeteiligung bei der DEA und darüber, daß diese ein Umtauschangebot an die DEA-Aktionäre beabsichtigten, unterrichtet worden?
Herr Kollege Dr. Schmidt, zu mir ist eine solche Nachricht nicht gedrungen. Ich habe - da ich so etwas vermutete und da ich gewünscht hätte, daß uns eine solche Nachricht frühzeitig gegeben worden wäre - meine Mitarbeiter befragt, ob ihnen eine solche Mitteilung gemacht worden sei. Darauf haben mir zwei meiner Mitarbeiter geantwortet, daß sie in einer anderen Sache mit den Herren dieses Unternehmens gesprochen hätten, daß in dieser Unterhaltung aber nichts von diesem Komplex gesagt worden sei. Das habe ich vorhin auch ausgeführt.
Das gilt auch für Herrn Staatssekretär Neef?
So hat Herr Neef mir berichtet.
Nächste Zusatzfrage!
Herr Bundeswirtschaftsminister, wie erklären Sie sich denn nun das Echo der Pressekonferenz, die Sie offenbar unmittelbar im Anschluß an die Verhandlungen mit den Herren der Texaco gegeben haben?
Ich habe keine Pressekonferenz veranstaltet.
Sie haben überhaupt keine Pressekonferenz veranstaltet?
Nein Herr Kollege Schmidt. Ich sagte ja schon: ich mußte anschließend in den Haushaltsausschuß und habe mich nachher erkundigt. Ich bin auf der Hannoverschen Messe mehrfach auf diesen Komplex angesprochen worden und habe die Dinge so berichtet, wie sie dargestellt worden sind und wie ich sie soeben auch berichtet habe. Eine Pressekonferenz hat nicht stattgefunden. Ich habe mit Journalisten gesprochen, aber nicht auf einer Pressekonferenz.
Eine weitere Zusatzfrage!
Herr Bundeswirtschaftsminister, haben Sie es für richtig gehalten, die DEA selbst, die ja mit ihren ganzen Aktionären die Betroffene war, über Ihre Verhandlungen mit der Texaco zu unterrichten, bevor Sie die Presse über das informierten, was nun bei den Verhandlungen herausgekommen war?
Herr Kollege Dr. Schmidt, ich glaube, das ist eine Umkehrung. Ich hätte es für richtig gehalten, wenn sich die Herren der DEA mit mir in Verbindung gesetzt hätten, und zwar, bevor die Amerikaner mein Haus aufsuchten.
Letzte Zusatzfrage!
Würde die Bundesregierung ihre jetzige Energiepolitik durch eine amerikanische Beteiligung an der DEA gefährdet sehen?
Herr Kollege Dr. Schmidt, ich möchte Sie bitten, mir die Beantwortung der Frage in dieser präzisen Form - ich gebrauche ausdrücklich diese Formulierung - zu erlassen. Es erscheint mir nämlich nicht richtig, von mir aus in dieser Weise in betriebswirtschaftliche Unternehmensangelegenheiten einzugreifen. Ich möchte aber, wenn Sie mir erlauben, Ihre Frage zu generalisieren, sagen: Wenn ein amerikanisches Unternehmen sich an einem vornehmlich deutschen Eignern gehörenden Unternehmen beteiligt, habe ich keine Einwände.
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schulze-Vorberg!
Herr Minister, darf ich fragen, wie hoch nach Kenntnis der Bundesregierung die amerikanische Beteiligung am deutschen Erdölmarkt prozentual derzeit schon ist.
Es ist Ihnen bekannt, daß wir mehrere Vertriebsgesellschaften haben, die sich im wesentlichen in amerikanischem Besitz befinden. Ich kann Ihnen die genaue Zahl in diesem Augenblick nicht angeben, bin aber gern bereit, sie Ihnen mitzuteilen. Die Beteiligung der Amerikaner ist, wie Ihnen bekannt sein dürfte, sehr erheblich.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Pohle!
Herr Minister, ist der Bundesregierung oder Ihnen bekannt, seit welchem Zeitpunkt zwischen den Beteiligten Verhandlungen über diesen Fragenkomplex geführt worden sind?
Nein, Herr Kollege, das ist mir eben nicht bekannt. Ich habe ja schon bedauert, daß man mich von deutscher Seite nicht früh genug unterrichtet hat. Ich hätte dann, wenn notwendig, vielleicht sogar helfend eingreifen können.
Eine weitere Zusatzfrage!
Ist der Bundesregierung bekannt, welche Gruppen von anderen Aufkäufern vor dem Texaco-Geschäft hier aufgetreten sind und die Kursentwicklung der DEA in diesem außergewöhnlichen Maße beeinflußt haben?
Mir ist das Ausmaß nicht bekannt, aber ich habe Ihnen ja gesagt, daß eine Gruppe eingesetzt worden ist, um den ganzen Komplex zu untersuchen. Ich habe darum gebeten, mir diese 14 Tage Zeit zu geben, um alle Fakten zu prüfen. Wenn diese vorliegen, bin ich gern bereit, auch Ihnen darüber Auskunft zu geben.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Westphal.
Herr Minister, besteht nicht ein gewisser Unterschied in dem Tenor zwischen dem, was Sie zu diesem Thema gesagt haben, als Sie an dem Vormittag des 28. April in den Haushaltsausschuß kamen, als noch nicht bekannt war, daß die Texaco-Leute nach Hause gereist sind, und dem, was Sie jetzt zu diesem Thema sagen? Ich erinnere mich aus dem Haushaltsausschuß daran und würde Sie -
Es sind nur ganz kurze Fragen gestattet!
Ich würde Sie gern fragen, ob es zutrifft, daß Sie dort mit großem Ernst den Herren gesagt haben, Sie wünschten keine Übernahme dieses deutschen Konzerns durch eine ausländische Gesellschaft?
Nein, das habe ich nicht gesagt, Herr Kollege Westphal. Ich habe darauf hingewiesen, daß ich es sehr bedauern würde, wenn in bestimmten Branchen Machtpositionen bewußt durch solche Aufkäufe angestrebt würden. Aber ich bestreite gar nicht, daß vielleicht in der Berichterstattung ein gewisser Unterschied gelegen hat; denn ich war in diesem Augenblick noch so sehr überrascht, weil ich vorher nicht informiert war. Ich habe inzwischen alles prüfen können und kann Ihnen daher einen geläuterten Bericht geben.
Ich rufe die Frage 4, Drucksache V/562, des Herrn Abgeordneten Dr. Apel auf:
Welche Problemkreise spielten bei den Verhandlungen der Bundesregierung mit dem Mineralölkonzern Texaco im Zusammenhang mit der Absicht dieses Unternehmens, eine Aktienmehrheit bei der Deutschen Erdöl-Aktiengesellschaft ({0}) zu erwerben, eine besondere Rolle?
Herr Kollege Dr. Apel, wenn Sie gestatten, möchte ich auch Ihre Fragen zusammenfassend beantworten.
Ich rufe dann auch noch die Frage 5 aus der Drucksache V/562, die der Herr Abgeordnete Dr. Apel gestellt hat, auf:
Welche Vorstellungen hat die Bundesregierung entwickelt, um die wirtschaftliche Zukunft der unabhängigen deutschen Mineralölunternehmungen zu sichern?
Den tatsächlichen Ablauf der Gespräche mit den Vertretern der Texaco habe ich bereits bei der Beantwortung der Frage des Abgeordneten Dr. Schmidt dargestellt. Die Herren sind darauf hingewiesen worden, daß die Bundesregierung die Anlage ausländischen Kapitals in der Bundesrepublik grundsätzlich begrüßt und daß sie auch der Tätigkeit internationaler Mineralölgesellschaften auf dem deutschen Markt positiv gegenübersteht. Eine so kurzfristige Meinungsäußerung - ich wiederhole: eine so kurzfristige Meinungsäußerung -, wie sie von den Herren der Texaco erwartet wurde, konnte die Bundesregierung angesichts der Bedeutung des Vorgangs aber nicht abgeben. Ich habe darauf hingewiesen, daß dafür eine Frist von etwa zwei Wochen erforderlich sei. Im übrigen legt die Bundesregierung Wert darauf, daß eine möglichst große Anzahl von Unternehmen unterschiedlicher Struktur auf dem Mineralölmarkt tätig ist. Die Bundesregierung hat sich deshalb bereits in der Vergangenheit darum bemüht, die Stellung unabhängiger, in der Bundesrepublik tätiger Mineralölunternehmen dadurch zu stärken, daß sie ein Darlehensprogramm von insgesamt 800 Millionen DM aufgestellt hat. Diese Darlehen sind dazu bestimmt, denjenigen Gesellschaften bei der Aufsuchung einer eigenen Rohölbasis zu helfen, denen eine Verweisung auf die übliche Finanzierung derartiger Investitionen nicht zugemutet werden kann. Die Bundesregierung wird im Hinblick auf die Entwicklung des Mineralölmarkts prüfen, ob ergänzende Maßnahmen in dieser Richtung notwendig sind.
Eine Zusatzfrage.
Herr Bundeswirtschaftsminister, Sie sprachen bei der Beantwortung der Frage des Herrn Kollegen Schmidt davon, daß es die Bundesregierung ablehnen muß, daß Machtpositionen auf dem deutschen Markt geschaffen werden. Ist Ihnen bekannt, daß die DEA zur Zeit einen Marktanteil von 8 % hat und daß deshalb von Machtpositionen, selbst bei völliger Übernahme, wohl kaum gesprochen werden kann?
Herr Kollege, offenbar habe ich mich nicht klar genug ausgedrückt. Ich habe darauf hingewiesen, daß in der deutschen Öffentlichkeit Befürchtungen entstehen, die auch von mir selbst geteilt werden, daß in bestimmten Branchen Machtpositionen angestrebt werden. Ich habe gar nicht auf diesen einzelnen Fall abgehoben, sondern ausdrücklich meine Bereitschaft erklärt, einen Rat zu geben, wenn man ihn wünscht. Aber ich kann ihn natürlich nicht zwischen Tür und Angel geben, wie das nach Lage der Dinge gefordert wurde.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Bundeswirtschaftsminister, stimmen Sie mit mir darin überein, daß das VerDr. Apel
halten der Bundesregierung nicht nur den Aktionären der DEA gegenüber ein Bärendienst war, sondern daß das Verhalten der Bundesregierung das bereits schwache Vertrauen in die Zukunft des deutschen Kapitalmarkts weiter erschüttert hat?
Nein, ich stimme mit Ihnen 'nicht darin überein. Wenn von mir eine Auskunft oder ein Rat erbeten wird, nehme ich mir die Zeit dazu, die notwendig ist, um alle Fakten zu prüfen. Es ist unmöglich, innerhalb von fünf bis zehn Minuten eine Antwort zu erlangen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Schiller.
Herr Bundesminister, sind Sie in der Lage, jetzt oder in absehbarer Zeit der DEA einen neuen Rat zu erteilen, wie nun, nachdem das Porzellan zerschlagen ist, die Angelegenheit geheilt werden soll?
Herr Kollege Schiller, wenn ich von den Betroffenen um einen Rat gebeten werde, werde ich ihn selbstverständlich gern geben.
Zweite Zusatzfrage.
Sind Sie in der Lage, Herr Bundesminister, uns hier etwas über Ihre Vorstellungen über Maßnahmen zur Gesundung der DEA zu sagen?
Herr Kollege, ich möchte Ihnen die gleiche Antwort geben, die ich schon vorhin gegeben habe. Ich kann natürlich nicht aus dem Handgelenk eine Antwort geben. Es sind Besprechungen mit vielen Kreisen notwendig. Drei Herren meines Hauses sind eingesetzt worden, um diesen Komplex zu prüfen. Ich habe bei den ersten Petenten um eine Zeit von 14 Tagen gebeten. Von dieser Zeit sind schon einige Tage verstrichen. Ist diese Frist abgelaufen - so habe ich hier vorhin schon gesagt -, gebe ich die Auskunft in diesem Haus selbstverständlich gern.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Friderichs.
Herr Bundesminister, ist sich die Bundesregierung im Zusammenhang mit der Frage von Herrn Professor Schiller darüber klar, daß deutsche unabhängige Mineralölunternehmen, wie die DEA eines ist, unter ungleichen Wettbewerbsbedingungen arbeiten, weil sie in Deutschland gegen internationale Unternehmen konkurrieren müssen, die nicht nur aus den steuerbegünstigten ausländischen Rohölgewinnen ihrer Muttergesellschaften, sondern auch aus deren Gewinnen aus der Verarbeitung hier und dem Vertrieb in geschützten Fremdmärkten finanziert werden?
Herr Kollege Friderichs, die Bundesregierung ist sich sehr wohl darüber klar. Das ist ja einer der Gründe, weshalb wir den Gesellschaften Darlehen und Beihilfen nach dem Gesetz über die Umstellung der Abgaben auf Mineralöl geben. Ich kann nur der Hoffnung Ausdruck geben, daß mir das Parlament weiterhin die Möglichkeit gibt, diese Politik fortzuführen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Junghans.
. Herr Bundesminister, erinnern Sie sich nicht der Pläne eines verdienten Staatssekretärs - er sitzt sogar neben Ihnen -, die partiellen Beteiligungen des Bundes im Mineralölgeschäft zusammenzufassen, und wie weit ist es mit der Verwirklichung dieser Pläne?
Ich entsinne mich sehr wohl, und ich bin der Meinung, daß diese Überlegungen auch bei den gegenwärtigen Besprechungen und Untersuchungen eine erhebliche Rolle zuspielen haben.
Zweite Zusatzfrage.
Herr Bundesminister, wäre nicht die Neuordnung der VEBA die letzte Möglichkeit gewesen, zur Zusammenfassung der deutschen Ölinteressen, wie es dio Opposition gefordert hat, einen Beitrag zu leisten?
Herr Kollege Junghans, Gott sei- Dank gibt es daneben noch weitere Möglichkeiten. Ich bestreite aber gar nicht, daß dies eine Möglichkeit gewesen wäre.
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Westphal.
Herr Minister, haben Sie nicht den Eindruck, daß gerade diese letztgenannte Möglichkeit einer Zusammenfassung deutscher Gesellschaften - wenn Sie früher damit angefangen hätten - wesentlich besser gewesen wäre als all das, was bisher im Hinblick auf die Darlehensvergabe geschehen ist, zumal gerade der Konzern, über den wir hier gesprochen haben, 35 Millionen DM an Darlehen bekommen hat und trotzdem die Notwendigkeit empfand, sich an einen internationalen Konzern anzulehnen?
Ich erkenne die in Ihrer Frage erwähnte Möglichkeit an. Aber ich möchte die Frage keineswegs so eindeutig beantworten, wie Sie es tun. Herr Westphal, ich vermute hinter dieser Frage die Auffassung, daß Gesellschaften, die in Staatsbesitz sind, vor Überfremdung mehr geschützt sind als freie Gesellschaften. Hier beginnt dann ja bekanntlich eine neue Debatte.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Kurlbaum.
Herr Minister, glauben Sie nicht, daß es richtiger gewesen wäre, wenn Sie sich, sobald die Vorgänge an der Börse für jedermann erkennbar waren, von sich aus, von Ihrem Ministerium an die DEA mit der Bitte um Informationen gewandt hätten? Glauben Sie, daß es richtig war, eine solche Frage aus Prestigegründen nicht zu stellen?
Ja, Herr Kurlbaum, wenn die Entwicklung bestimmte Formen annimmt, könnte ich mir vorstellen, daß so verfahren wird. Aber nach den Gegebenheiten sah ich dazu keinen Anlaß. Hier sind wir offenbar verschiedener Meinung.
Zweite und letzte Zusatzfrage.
Ist Ihr Ministerium oder sind Sie selbst schon am 20. März von der DEA informiert worden?
Ich habe vorhin bereits gesagt, daß eine solche Nachricht nicht an mich gelangt ist und daß ich meine Mitarbeiter befragt habe und diese mir erklärt haben, ebenfalls nicht informiert zu sein.
Meine Damen und Herren, jetzt gehe ich weiter. Wir haben noch 90 weitere Fragen zu behandeln, und jetzt haben wir für dieses interessante Kapitel bereits eine halbe Stunde gebraucht.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft.
Ich rufe die Frage V/7 des Abgeordneten Dröscher auf:
Welche Schritte wird die Bundesregierung unternehmen, wenn ausländische Ölkonzerne versuchen, auf die Eigentumsverhältnisse einer großen, bisher im wesentlichen dem deutschen Publikum gehörenden Mineralölgesellschaft entscheidenden Einfluß zu gewinnen?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort liegt noch nicht vor. Sie wird nach Eingang im Sitzungsbericht abgedruckt.
Ich rufe die Frage V/1 der Abgeordneten Frau Kurlbaum-Beyer auf:
Billigt die Bundesregierung die Aufwendigkeit der Zeitschrift des Warentestinstituts?
Darf ich die drei Fragen der Frau Abgeordneten Kurlbaum-Beyer zusammen beantworten?
Ja. Ich rufe auch die Fragen V/2 und V/3 der Abgeordneten Frau Kurlbaum-Beyer auf:
Glaubt die Bundesregierung, daß eine Zeitschrift mit so hohem Preis wie die des Warentestinstituts die Verbreitung vor allem auch bei den Beziehern kleiner Einkommen garantiert?
Hält die Bundesregierung es für angebracht, daß die unter V/1 genannte Zeitschrift über mehrere Seiten persönliche Werbung für den Vorsitzenden und die Mitglieder des Vorstandes betreibt?
Frau Kurlbaum-Beyer, ich darf Ihnen zunächst sagen, daß ich auf diese Fragen gewartet habe. Sie bestätigen nämlich genau das, was ich damals im Wirtschaftsausschuß gesagt habe: Die Beteiligung des Staates am Warentestinstitut kann dahin führen, daß sich, aus welchem Anlaß auch immer, eines guten Tages das Parlament mit diesem Institut und seinen Arbeiten befaßt. Dabei war ich der Meinung - und bin der Meinung auch heute noch -, daß ein solches Institut als eine private Einrichtung der Verbraucher bestehen sollte. Ich habe seinerzeit erklärt, daß ich jederzeit bereit sei, bei einer Umwandlung in eine geeignetere Form mitzuwirken.
Nach Lage der Dinge war es bei Gründung des Instituts aber nicht möglich, den Idealtyp zu verwirklichen. Bei allen Überlegungen stand jedoch im Vordergrund, daß das Institut, gleichgültig, welche Form es erhalten würde, selbständig und unabhängig bleiben müsse.
Da die Verbraucher die erforderlichen Mittel nicht selber aufbringen konnten, haben Parlament und Regierung die Mittel zur Verfügung gestellt. Das Institut wurde als Stiftung des privaten Rechts errichtet, um sicherzustellen, daß es unbeeinflußt von allen Seiten, insbesondere unbeeinflußt von der Regierung, arbeiten kann.
Es war und ist deshalb nicht möglich, von seiten der Regierung auf die Arbeiten des Instituts Einfluß zu nehmen. Es ist auch nicht meine Absicht, auf die Arbeiten des Instituts in irgendeiner Form einzuwirken. Dies habe ich bei jeder sich bietenden Gelegenheit ausdrücklich erklärt und dem Bundestag zum Zeitpunkt der Beschlußfassung auch gesagt.
Ich bedaure daher, auf die drei Fragen der Frau Kollegin keine direkte Antwort geben zu können. Für Ihre eigene Urteilsbildung möchte ich Ihnen aber einige Tatsachen mitteilen, mich dabei jedoch von jeder Beurteilung fernhalten.
Die Stiftung Warentest strebt eine größtmögliche Verbreitung ihrer Zeitschrift an. Entsprechend hat sie die Gestaltung angelegt. Nach den bisher vorliegenden Mitteilungen ist das erste Heft mit 210 000 Stück aufgelegt. Davon sind 70 % verkauft.
Die Stiftung ist bestrebt, bald zu einer erheblichen Eigenfinanzierung zu kommen. Die Zeitschrift soll aber nicht die alleinige Form der Veröffentlichung bleiben. Man überlegt, durch andere Massenmedien wie Fernsehen und Funk eine breitere Publizität zu erreichen.
Daß sich die Mitglieder des Vorstandes in der ersten Nummer der Zeitschrift vorgestellt haben, habe ich weder zu billigen noch zu rügen. Dies ist ein weit verbreiteter Brauch. Wenn diese Vorstellung eine Werbung für die betroffenen Personen ausgelöst hat, liegt das sicherlich nicht nur an der Art der Darstellung, sondern auch daran, daß die
Mitglieder des Vorstandes werblich offenbar sehr interessant sind. Das neide ich ihnen nicht, darüber freue ich mich allenfalls.
Frau Abgeordnete Kurlbaum-Beyer zu einer Zusatzfrage.
Herr Minister, sind nicht wir als Parlament für die richtige Verwendung der Steuergelder verantwortlich? Und sind Sie nicht mit mir der Auffassung, daß es die Aufgabe einer mit öffentlichen Mitteln finanzierten Zeitschrift wäre, mit der Fülle und der Qualität der Verbraucherinformation zu arbeiten und nicht ein Heft - wie jetzt - mit Sex aufzuziehen?
Frau Kollegin, ich habe wiederholt darauf hingewiesen, daß ein mit öffentlichen Mitteln gefördertes Institut immer damit rechnen muß, daß es in die parlamentarische Behandlung gerät. Andererseits wurde gefordert, daß keinerlei Einfluß genommen wird. Nun sagen Sie doch selber: Wie soll dieses Problem gelöst werden? Ich möchte als Vertreter der Regierung keinen Einfluß nehmen. Es ist selbstverständlich nicht in meiner Absicht, Ihre Kritik oder Einflußnahme zu behindern. Das müssen Sie selber beurteilen. Ich würde es begrüßen, wenn wir eine Form finden könnten, die diesen Konflikt gar nicht erst heraufbeschwört. Darauf habe ich immer hingewiesen.
Herr Minister, darf ich daraus entnehmen, daß Sie mit uns der Auffassung sind, es wäre besser gewesen, eine Stiftung des öffentlichen Rechts, wie es die Sozialdemokratische Partei vorgeschlagen hatte, zu wählen? Damit hätte man die Möglichkeit gehabt, Weisungen zu erteilen, und könnte vor allen Dingen nun auf die Gestaltung Einfluß nehmen.
Frau Kollegin, es muß Ihnen eigentlich noch bekannt sein, daß dieser Vorschlag, den Sie den sozialdemokratischen Vorschlag nennen, ebenfalls von mir selber gemacht worden ist, und zwar im Ausschuß - ich war damals nicht Bundesminister -, und daß er gescheitert ist, weil die befragten Organisationen die Mittel nicht zur Verfügung stellen konnten, - wohl für eine kurze Zeit, aber nicht um ein Institut auf die Dauer bestehen zu lassen.
Ich habe darum damals gesagt: sollte sich zu irgendeinem möglichst nahen Zeitpunkt die Chance ergeben, diese Form, die wir offenbar - das weiß ich sehr wohl noch - gemeinsam angestrebt haben, zu verwirklichen, haben Sie in mir jemanden, der das sofort unterstützt.
Präsiden D. Dr. Gerstenmaier: Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Schmidt ({0}).
Herr Minister, wenn Sie schon selber nicht die Aufsicht über diese Stiftung haben, besteht doch offensichtlich weiter die Möglichkeit, daß der Bundesrechnungshof die Verwendung der öffentlichen Mittel kontrolliert?
Herr Kollege, es sind ja Kontrollorgane eingebaut. Ich glaube nicht, daß sich der Rechnungshof daran hindern lassen wird, hier eine Kontrolle auszuüben.
Aber, Herr Kollege, es kommt mir darauf an, bei einem unabhängigen Institut, aus welchem Anlaß auch immer, nicht von seiten der Regierung einzugreifen. Denn morgen wird mir dann vorgeworfen, ich hätte die Arbeit erschwert oder diesen öder jenen Test beeinflußt. Ich habe damals gesagt: eines guten Tages stehen wir hier im Parlament und sprechen über Seife; vielleicht entsinnen Sie sich. Ich meine auch, es muß eine Form angestrebt werden, die auch diesen Konflikt, der ganz natürlich kommen mußte, möglichst ausschließt.
Eine Zusatzfrage.
Herr Bundeswirtschaftsminister, sind Sie mit mir der Meinung, daß eine Publikation von der sprühenden Lebendigkeit des Bulletins der Bundesregierung ungeeignet gewesen wäre, der Sache zu dienen?
Herr Kollege, ich bin natürlich sehr gereizt, darauf zu antworten. Aber ich habe den Grundsatz aufgestellt: ich mische mich hier nicht ein, den muß ich durchhalten, so leid es mir tut.
Eine Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Kurlbaum-Beyer.
Herr Minister, ich habe noch eine Frage zum Vorstand. Warum sind nur Vertreter der Regierungsparteien in den Vorstand berufen worden? Müssen wir damit rechnen, daß diese Zeitschrift in Zukunft Werbung für die Bundesregierung betreibt - oder aber für Vertreter des Vorstandes?
Mir ist nicht bekannt, daß alle Vorstandsmitglieder den Regierungsparteien angehören. Ich habe auch keine Möglichkeit, das zu prüfen. Das wäre ein umständliches Verfahren.
({0})
- Ist mir aber nicht bekannt. Ich weiß nicht, wie es Ihnen bekanntgeworden ist. Vielleicht können Sie mir helfen.
({1})
Herr Bundeswirtschaftsminister, werden die Fragen von Ihnen verbunden? Es sind ja drei Fragen.
Ja, die Frau Kollegin war so freundlich, das zu akzeptieren.
Keine weitere Zusatzfrage.
Frage V/4 des Herrn Abgeordneten Dr. Meinecke:
Hält die Bundesregierung die auf Grund der bestehenden Gesetzgebung in den einzelnen Bundesländern verschiedenartig ausgeübte fürsorgerische Beaufsichtigung der gewerblichen Altenheime für ausreichend?
Zur Beantwortung hat der Herr Bundeswirtschaftsminister das Wort.
Die Antwort lautet: Nein, ich halte es für erforderlich, daß die Überwachung der gewerblichen Altenheime und ähnlicher Einrichtungen durch die zuständigen Behörden der Länder verstärkt wird.
Keine Zusatzfrage.
Dann Frage V/5 des Herrn Abgeordneten Dr. Meinecke:
Hat die Bundesregierung eigene Vorstellungen über die Änderungen bestehender Gesetze entwickelt, auf Grund derer es ermöglicht werden kann, im Interesse der Altenhilfe die öffentliche Aufsicht und fortlaufende Überwachung über gewerbliche private Altenheime, Pflegeheime und Altenpensionen zu verstärken?
Die Antwort lautet: Ja, die Bundesregierung hat auf Grund der vorliegenden Berichte durch eine Ergänzung des § 38 der Gewerbeordnung eine verstärkte Überwachung der Altenheime und ähnlicher Einrichtungen vorbereitet, jedoch mit Rücksicht auf einen inzwischen gestellten Initiativantrag des Landes Berlin - Bundesratsdrucksache 593/65 - von der Einbringung dieses Entwurfs Abstand genommen. In der Zielsetzung deckt sich der Antrag des Landes Berlin mit den Vorstellungen der Bundesregierung.
Eine Zusatzfrage, Herr Dr. Meinecke.
Herr Minister, wann ist also mit einer Änderung des § 38 der Gewerbeordnung zu rechnen?
Die Drucksache ist dem Bundesrat zugeleitet worden. Ich habe erklärt, daß die Bundesregierung positiv zu dem Antrag von Berlin steht. Es ist Sache des Hauses und des Wirtschaftsausschusses, die Verabschiedung nunmehr durchzuführen. Ich werde dieses Anliegen unterstützen.
Jetzt Frage V/6 des Herrn Abgeordneten Dr. Meinecke:
Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß es sich bei den unter V/5 erwähnten Gesetzesänderungen um eine gesetzliche
Regelung handeln müßte, die insbesondere die Eignung des Inhabers oder Leiters der Alteneinrichtung und die Betreuung der alten Leute durch geeignete Kräfte sicherstellt?
Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß mit Rücksicht auf die Eigenart der hier in Frage kommenden Betriebe das Schwergewicht einer gesetzlichen Regelung auf dem Gebiet der Überwachung liegen sollte. Durch die hierdurch möglichen laufenden Kontrollen können Mißstände beim Betrieb dieser Heime leichter aufgedeckt und gegen unzuverlässige Gewerbetreibende die erforderlichen Maßnahmen ergriffen werden, notfalls eine Gewerbeuntersagung nach § 35 der Gewerbeordnung. In einem solchen Verfahren kann dem Gewerbetreibenden auch die Beschäftigung ungeeigneter Hilfskräfte untersagt werden.
Keine Zusatzfragen. Die Frage V/7 ist schon beantwortet.
Wir kommen damit zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern. Ich rufe die Frage II/1 des Herrn Abgeordneten Sänger auf:
Ist die Bundesregierung bereit, darüber Auskunft zu geben, wann die wiederholt zugesagte Veröffentlichung der Unterlagen über das Schicksal unserer früheren jüdischen Mitbürger erfolgen wird, die durch die Verbrechen des nationalsozialistischer Regimes umgekommen sind?
Herr Präsident, ich bitte um die Erlaubnis, die Fragen 1 und 2 wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam zu beantworten.
Der Fragesteller ist einverstanden. Dann rufe ich ferner die Frage II/ 2 des Herrn Abgeordneten Sänger auf:
Wann ist mit der Sammlung des Materials im Sinne der Frage II/ 1 begonnen worden?
Ja, die Bundesregierung ist zu einer solchen Auskunft bereit.
Hinsichtlich des Sachverhalts darf ich auf die Beantwortung der Frage des Herrn Abgeordneten Sänger in der Fragestunde vom 13. Juni 1962 verweisen.
In mühevoller Kleinarbeit aller beteiligten Stellen, insbesondere der Kommunen, ist, seit Anfang 1962, systematisch Material, z. B. aus alten Einwohnerkarteien oder Steuerkarten, gesammelt und dem Internationalen Suchdienst in Arolsen zugeleitet worden, wie es verabredet war. Dabei hat sich ergeben, daß das Material infolge der Vernichtung wichtiger Quellen während, vor allem am Ende des Krieges immer unvollständig bleiben wird. Es reicht nicht aus, um die Grundlage für ein Gedenkbuch der Bundesregierung zu geben, wie es angeregt worden ist, und in dem die Namen aller umgekommenen deutschen Juden aus dem Gebiet der Bundesrepublik genannt werden sollen. Ein abschlieStaatssekretär Dr. Ernst
ßendes Gespräch mit allen beteiligten Stellen über die Auswertung des beim Internationalen Suchdienst inzwischen zusammengetragenen, aber noch unvollständigen Materials soli sobald wie möglich stattfinden.
Wer begrüßen es sehr, daß zahlreiche Städte und Gemeinden in den vergangenen Jahren für ihren Bereich eindrucksvolle Gedenkbücher u. ä. über ihre früheren jüdischen Mitbürger herausgebracht haben. Die hierbei gesammelten Erfahrungen sollen in der erwähnten Besprechung berücksichtigt werden.
Es ist nicht zutreffend, Herr Abgeordneter, daß eine Veröffentlichung der Unterlagen früher zugesagt war.
Eine Zusatzfrage.
Da nach Ihrer Auskunft, Herr Staatssekretär, eine Vervollständigung des Materials ohnehin kaum möglich erscheint, möchte ich Sie fragen: Sind dann nicht wenigstens Teilveröffentlichungen möglich, damit nicht nur Gedenkbücher in, sagen wir einmal, menschlich guter Art erscheinen, sondern auch eine sachliche Zusammenstellung über das Schicksal der Menschen erfolgt, von denen wir nicht wissen, wo sie geblieben sind?
Das werden wir in den abschließenden Besprechungen, die wir noch vorhaben, mit berücksichtigen. Soweit das Material irgendwie veröffentlichungsreife Dinge enthält, werden wir sie selbstverständlich veröffentlichen.
Eine zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, meine zweite Frage galt der Auskunft, wann mit der Sammlung des Materials begonnen worden ist. Ich möchte jetzt aber nur die Frage stellen, ob es nicht Möglichkeiten zur Beschleunigung gibt. 20 Jahre nach Ende des Krieges wissen wir nun heute noch immer nichts über das Schicksal dieser früheren jüdischen Mitbürger.
Die Versuche, das Material zu sammeln und auszuwerten, haben nicht erst 1961 begonnen, sondern man hat sich schon früher in dieser Richtung bemüht, insbesondere das Institut für Zeitgeschichte. Man hat aber schon immer befürchtet, daß das, was man bekommen werde, zu unvollständig sein werde, um eine nach außen glaubwürdige Dokumentation zu ergeben.
Ich darf noch einmal versichern: soweit das Material jedenfalls Aussagen auf gewissen Teilgebieten zuläßt und veröffentlichungsreif ist, werden wir diese Aussagen machen.
Ich rufe die Fragen II/ 3, II/ 4 und II/ 5 des Herrn Abgeordneten Picard auf:
Welcher Art sind die NS-Dokumente, die im Bundesarchiv lagern?
Inwieweit sind die unter II/ 3 genannten Dokumente für die Aufklärung von NS-Verbrechen von Bedeutung?
Sind die unter II/ 3 genannten Dokumente von der Zentrale_ Stelle zur Aufklärung von Naziverbrechen in Ludwigsburg oder vom Institut für Zeitgeschichte in München ausgewertet worden?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Bundesministers Lücke vom 3. Mai 1966 lautet:
Zu 1:
Bei den im Bundesarchiv verwahrten NS-Dokumenten handelt es sich um gerettetes Schriftgut von zentralen Stellen und Organisationen der NSDAP.
Zu 2:
Auf Grund des Akteninhalts kommen für die Aufklärung von NS-Gewaltverbrechen aus diesen Schriftgutbeständen sowie aus den Akten von Reichsbehörden aus der Zeit von 1933 bis 1945 im wesentlichen nur die Akten der früheren Hauptämter und Dienststellen des damaligen Reichsführers SS und Chefs der deutschen Polizei Himmler in Betracht. Diese Akten sind von Bedeutung zur Aufdeckung von Straftaten und zur Beweissicherung in laufenden Verfahren.
Zu 3:
Die für eine Strafverfolgung möglicherweise bedeutsamen Akten sind bereits 1960 in den USA von Angehörigen der Zentralen Stelle auf Straftatbestände durchforscht worden. Nach Rückgabe dieser Schriftgutbestände aus amerikanischem Gewahrsam an die Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1962 sind sie sowohl von Gruppen der Zentralen Stelle als auch von einer großen Zahl einzelner Staatsanwaltschaften mit Unterstützung der Archivare des Bundesarchivs so systematisch und gründlich ausgewertet worden, daß sie keine unentdeckten Straftatbestände mehr enthalten. Heute werden diese Unterlagen in diesem Rahmen nur noch ausgewertet, um Beweismaterial für Fragen zu sichern, die sich in laufenden Verfahren stellen.
Dem Institut für Zeitgeschichte stehen die Akten im Bundesarchiv für die ihm obliegenden wissenschaftlichen Forschungsaufgaben zur Verfügung.
Ergänzend darf ich auf die Antwort des Herrn Bundesministers der Justiz vom 4. Juni 1964 auf die Kleine Anfrage der SPD betreffend Verfolgung von Straftaten unter dem NS-Regime - - Drucksache IV/ 2223 - verweisen, in der der von Ihnen angesprochene Sachverhalt ausführlich behandelt ist.
Ich rufe die Frage II/ 6 des Herrn Abgeordneten Dr. Schulze-Vorberg auf:
Hat die Bundesregierung rechtliche Bedenken gegen die Abschaffung der nach dem Bundeswahlgesetz vorgeschriebenen Nachwahlen?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär.
Nein, die Bundesregierung hat solche Bedenken nicht. Es wird ein Änderungsgesetz zum Bundeswahlgesetz vorbereitet, das Nachwahlen bei Tod von Wahlkreisbewerbern nach Zulassung der Kreiswahlvorschläge, aber noch vor der Wahl, nicht mehr vorsieht. Auf Einzelheiten der geplanten Regelung möchte ich im Augenblick nicht gern eingehen, da die Ressorts ihre Überlegungen noch nicht abgeschlossen haben. Insoweit bestehen also gegen eine Abschaffung der Nachwahlen keine Bedenken.
Wir sind uns aber wohl darüber im klaren, daß damit die Nachwahl nicht schlechthin beseitigt wird. Es gibt immer Fälle, in denen sie nötig sein wird, z. B. wenn wegen höherer Gewalt die Hauptwahl nicht stattgefunden hat. Das ist wohl unstreitig.
Der erwähnte Gesetzentwurf, der -eine Lösung des Nachwahlproblems bringen wird, soll dem Bundestag nach unseren Vorstellungen zugehen, sobald der Bericht der Wahlkreiskommission, der im Laufe des ersten Jahres nach Zusammentritt des Bundes1704
tages erstattet werden muß, vorliegt. Aus diesem Bericht könnten sich nämlich bei der Wahlkreiseinteilung Änderungen ergeben, die nur durch Gesetz erfolgen könnten. Wir hätten den Wunsch, daß beide Probleme in einem Gesetz geregelt werden, damit wir nicht zweimal an dem Wahlgesetz mit Novellen arbeiten müssen.
Keine Zusatzfrage.
Frage II/ 7 des Herrn Abgeordneten Kiep:
Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, deutschen Staatsangehörigen, die ihren Wohnsitz vorübergehend im Ausland nehmen - z. B. Entwicklungshelfern -, das Wahlrecht uneingeschränkt zu erhalten?
Nach § 12 des Bundeswahlgesetzes steht das aktive Wahlrecht nur Deutschen zu, die mindestens einen dreimonatigen Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt im Wahlgebiet haben.
Untersuchungen, deren Ergebnisse vom Innenausschuß des 4. Bundestages gebilligt worden sind, haben gezeigt, daß derzeit kein außenpolitisch und verfassungsrechtlich einwandfreier Weg aufgezeigt werden kann, sämtlichen Auslandsdeutschen oder auch nur einigen ihrer Gruppen das aktive Wahlrecht zuzuerkennen. Wir glauben daher, daß es vorerst bei § 12 des Bundeswahlgesetzes in der gegenwärtigen Fassung bleiben muß.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, gibt es keine Möglichkeit, zumindest Personen, die im Interesse der Bundesrepublik Deutschland einen zeitweiligen Aufenthalt im Ausland nehmen, das Wahlrecht in ihrer Heimatgemeinde, in die sie sowieso zurückkehren, zu gewähren?
Es gibt bereits für die im Ausland tätigen deutschen Beamten eine solche Ausnahmebestimmung. Man könnte überlegen, ob man vielleicht im Anschluß daran eine solche Regelung finden kann. Wir wollen das versuchen. Aber ich bitte um Verständnis, daß man das nur sehr vorsichtig machen kann, weil wir sonst in eine sehr schwierige völkerrechtliche und außenpolitische Situation geraten könnten.
Frage II/8 des Herrn Abgeordneten Haase ({0}) :
Sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, die zwischen ihr und der Ministerpräsidenten-Konferenz schwebenden Verhandlungen über die Regelung des Rundfunkgebührenwesens in der Weise fortzuführen, daß die künftige Finanzierung des Deutschlandfunks als besonders dringendes Problem behandelt wird und als Folge dessen eine Klärung dieser Frage nicht von der vorherigen Einigung über den Rechtscharakter der Rundfunkgebühr abhängig ist?
Ja. Die Bundesregierung sieht die Schaffung einer angemessenen Finanzierungsgrundlage für den Deutschlandfunk als ein besonderes dringliches Problem an. Bei den Verhandlungen zwischen Bund und Ländern über die Regelung der Rundfunkgebühren besteht Einverständnis darüber, daß die umstrittene Frage des Rechtscharakters der Rundfunkgebühren ausgeklammert werden soll. Die angestrebte Regelung ist also von einer vorherigen Klärung des Rechtscharakters der Rundfunkgebühren nicht abhängig.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, eine Zusatzfrage: Wann rechnen Sie denn nun damit, daß die Verhandlungen zu einem Resultat führen?
Herr Abgeordneter, das kann ich natürlich schwer sagen. Wir haben die nächste Besprechung mit den von den Ländern benannten Vertretern für Montag kommender Woche bei mir anberaumt. Am Montag werden die Verhandlungen also fortgeführt.
Zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung bekannt, daß neuerdings im Bereich einiger Bundesländer wieder Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Deutschlandfunks geäußert werden, wie sie z. B. in einem Brief Ausdruck finden, den der Justitiar des Norddeutschen Rundfunks am 7. April an die Justitiare der Landesrundfunkanstalten gerichtet hat und in dem unter anderem von der Notwendigkeit die Rede ist, die Frage der Verfassungswidrigkeit des Deutschlandfunks einmal zu untersuchen? Ist Ihnen das bekannt?
Das ist uns bekannt. Wir sind aber der Meinung, daß das nicht Gegenstand der Verhandlungen sein sollte, sondern daß die Verfassungsmäßigkeit des Deutschlandfunks bei diesen Verhandlungen außer Frage stehen sollte.
Frage II/9 des Herrn Abgeordneten Dr. Vogel ({0}) :
Treffen Meldungen zu, daß die Bundesregierung die Errichtung einer Fernseh-Universität erwäge und mit den Fernsehanstalten und Ländern über die Errichtung einer solchen Universität verhandele?
({1}) - Seit wann heißen Sie denn Vogel?
({2})
- Da haben Sie sich gerade noch im letzten Augenblick bemerkbar gemacht. Sonst wäre die Frage passé gewesen.
Das Projekt einer Fernseh-Universität
wurde bereits in der Fragestunde am 16. März 1966 hier erörtert. Auf die Frage des Herrn Abgeordneten Dr. Martin hat damals mein Kollege Schäfer darauf hingewiesen, daß die Entscheidung über eine solche Einrichtung nach der föderativen Ordnung in der Bundesrepublik bei den Ländern liegt. Der Kollege Schäfer hat jedoch das Interesse und die Bereitschaft der Bundesregierung zum Ausdruck gebracht, das Projekt einer Fernseh-Universität mit den Ländern zu erörtern, wenn diese das wünschen. Solche Erörterungen werden vorbereitet. Ich nehme außerdem mit Sicherheit an, daß das Problem auch bei den Beratungen des Bildungsrates, der jetzt seine Arbeit aufgenommen hat, eine Rolle spielen wird.
Keine Zusatzfragen.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts. Ich rufe die Fragen III/ 1 und III/ 2 des Herrn Abgeordneten Dr. Stammberger auf:
Warum haben der Bundeskanzler und die Bundesminister Dr. Heck und Gradl am Ostersonntag in Zeitungsinterviews gegen Vorschläge des Bundesministers Dr. Mende über gesamtdeutsche Auftragsgespräche in scharfer Form Stellung genommen, obwohl dann in dem Koalitionsgespräch am 18. April 1966 ausdrücklich festgestellt wurde, diese Vorschläge hätten im Rahmen der Regierungspolitik gelegen?
Welche Möglichkeiten hat der Bundeskanzler, um in Zukunft zu vermeiden, daß eines der Mitglieder seines Kabinetts nach einer von ihm abgegebenen und vom Bundestag begrüßten Regierungserklärung - wie Bundesminister Dr.-Ing. Seebohm zur Friedensbotschaft in einer Sonntagsrede - zumindest mißverständliche Erklärungen über das Zustandekommen und den Inhalt dieser Botschaft abgibt?
Ich darf die Fragen getrennt beantworten, Herr Präsident.
Auf die erste Frage, Herr Abgeordneter, darf ich folgende Antwort geben. Die stark verkürzte und und überspitzte Wiedergabe der Ausführungen des Herrn Bundesministers für gesamtdeutsche Fragen auf seiner Pressekonferenz am 4. April hatte in der Öffentlichkeit zu Mißdeutungen geführt. Vor der am 18. April in einem Gespräch bei dem Herrn Bundeskanzler erfolgten Klarstellung erschien es daher den von Ihnen genannten Mitgliedern der Bundesregierung notwendig, solchen Mißdeutungen sofort entgegenzuwirken. Im übrigen darf ich auf die Regierungserklärung vom 10. November 1965 verweisen, die die Politik der Bundesregierung in verbindlicher Weise zum Ausdruck bringt.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Stammberger.
Herr Staatssekretär, wenn es auf Mißverständnissen beruht, daß diese Interviews gegen Herrn Dr. Mende erfolgt sind, - wie erklären Sie sich dann, daß Herr Bundesminister Dr. Mende in seinem letzten Fernsehinterview im Report, erklärt hat, daß, falls die CDU nicht nachgegeben hätte, die FDP die Regierung verlassen hätte?
Es ist mir nicht bekannt, Herr Abgeordneter, daß Herr Bundesminister Dr. Mende dies gesagt hat. Daher kann ich zu Ihrer Frage keine Stellung nehmen.
Eine zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Stammberger.
Würden Sie das dann bitte noch einmal überprüfen und mir Nachricht geben?
Ich will es sehr gern überprüfen und Ihnen dann eine Antwort geben.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Dann bitte ich den Herrn Staatssekretär, die Frage III/ 2 zu beantworten.
Ihre zweite Frage, Herr Abgeordneter, darf ich wie folgt beantworten.
Nach den Feststellungen, die die Bundesregierung hat treffen können, hat Herr Bundesminister Seebohm in seiner Rede vorn 3. April 1966 - auf die sich, wie ich annehme, Ihre Frage bezieht - zu der Friedensnote der Bundesregierung eine positive Haltung eingenommen.
({0})
Mißverständliche Interpretationen von Reden lassen sich leider ganz allgemein, Herr Abgeordneter, wie die Erfahrung zeigt, nicht völlig ausschließen.
({1})
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Stammberger.
Würden Sie, Herr Staatssekretär, auch in diesem Falle einmal überprüfen, was von der Rede von Herrn Minister Seebohm in der Abendschau des Bayerischen Fernsehens gesendet worden ist, wo er gerade in dieser Sendung auch gegen das Auswärtige Amt polemisiert hat?
Ich will es gern nachprüfen, Herr Abgeordneter. Ich möchte aber doch wiederholen, daß das, was ich hier gesagt habe, auf einer sehr sorgfältigen Prüfung beruht, nämlich daß Herr Bundesminister Seebohm auf der erwähnten Veranstaltung eine positive Haltung zu der Friedensnote eingenommen hat.
Eine zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Stammberger.
Sind Sie nicht mit mir der Meinung, Herr Staatssekretär, daß das von uns allen gewünschte Heimatrecht und seine Verwirklichung gerade dadurch gefährdet wird, daß durch solche unkontrollierten Reden über den Wunsch des Heimatrechts in den Ländern des Ostens eine völlig falsche Auffassung entsteht?
Es kommt darauf an, Herr Abgeordneter, daß wir alle uns bemühen, eine klare, überzeugende Darstellung dessen zu geben, was wir unter Heimatrecht verstehen.
({0})
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage III/ 3 des Abgeordneten KahnAckermann auf:
Welche praktischen Ergebnisse haben die bisherigen auf Grund der im deutsch-französischen Freundschaftsvertrag enthaltenen Vereinbarungen über die kulturelle Zusammenarbeit geführten Konsultationsgespräche erbracht?
Die Frage wird von Herrn Abgeordneten Dr. Lohmar übernommen.
Herr Präsident, Herr Abgeordneter Kahn-Ackermann hat zwei Fragen gestellt, die Frage, die Sie soeben aufgerufen haben, und eine zweite Frage, die kurz danach aufgerufen werden wird. Beide Fragen hängen so eng miteinander zusammen, daß ich um die Erlaubnis bitten möchte, sie zusammen zu beantworten. Ich bitte gleichzeitig um Ihre gütige Erlaubnis, Herr Präsident, zu diesen beiden Fragen eine etwas ausführlichere Antwort zu geben. Es sind sehr wichtige Fragen, die der Herr Abgeordnete aufgeworfen hat. Ich kann sie schwer mit zwei Sätzen beantworten, zumal es sich um einen Gegenstand handelt, an dessen vollständiger Darstellung der Bundesregierung sehr gelegen ist.
Ich rufe dann gleichzeitig die Frage I/2 des Abgeordneten Kahn-Ackermann auf:
Welche praktischen Ergebnisse haben die Konsultationsgespräche im Rahmen des deutsch-französischen Freundschaftsvertrages am 22. und 23. April über die deutsch-französische Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Fernsehens gehabt?
Ich will dem Hause doch noch sagen, daß hier nach den Ergebnissen der Konsultationsgespräche im Rahmen des deutsch-französischen Freundschaftsvertrages gefragt wird.
Herr Abgeordneter, die Konsultationen mit dem französischen Erziehungsminister über kulturelle Zusammenarbeit auf Grund des deutsch-französischen Vertages werden von Herrn Ministerpräsident Dr. Kiesinger als dem Bevollmächtigten der Bundesrepublik Deutschland für kulturelle Angelegenheiten im Rahmen des Vertrages über die deutsch-französische Zusammenarbeit geführt. In der Antwort, die ich Ihnen jetzt gebe, können die Ergebnisse der bisherigen Konsultationen selbstverständlich nicht erschöpfend dargestellt werden. Mit dieser Einschränkung darf ich Ihre Fragen wie folgt beantworten.
Nach dern deutsch-französischen Vertrag ist es die Aufgabe des Bevollmächtigten und des französischen Erziehungsministers, die Ausführung des Programms der Zusammenarbeit auf kulturellem Gebiet zu verfolgen. Dabei richten sich die Bemühungen hauptsächlich auf die Verbreitung der Sprache des Partners in jedem der beiden Länder, die gegenseitige Anerkennung von Studienzeiten, Prüfungen und Diplomen und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der wissenschaftlichen Forschung.
Zwischen Deutschland und Frankreich haben schon vor Abschluß des Vertrages vielfältige kulturelle Beziehungen bestanden. Der Bevollmächtigte und der französische Erziehungsminister konnten deshalb bei ihren Konsultationen weitgehend an die Arbeit bereits bestehender Institutionen wie der deutsch-französischen Kulturkommission und der deutsch-französischen Rektorenkonferenz anknüpfen und diesen Institutionen Anregungen und Hilfen für ihre weitere Tätigkeit im Dienste der deutsch-französischen Verständigung geben. Dem Bevollmächtigten lag daran, seinen französischen Partner mit den Gegebenheiten unseres Bundesstaates vertraut zu machen. Er legte dabei Wert auf die Begegnung des französischen Erziehungsministers und seiner Mitarbeiter mit den Kultusministern der deutschen Länder. Minister Fouchet unterrichtete demgemäß die Kultusminister in Ludwigsburg über die gegenwärtige Reform des französischen Schulwesens. Umgekehrt hatten die deutschen Kultusminister bei einem Gegenbesuch in Paris Gelegenheit, in das französische Schul- und Hochschulwesen Einblick zu nehmen.
Zum Thema der Verbreitung der Sprache des Partners darf ich folgendes bemerken. Sowohl in Frankreich als auch in der Bundesrepublik Deutschland ist Englisch die am meisten verbreitete und gelehrte Fremdsprache. Trotzdem haben die französische Sprache in Deutschland und die deutsche Sprache in Frankreich als zweite Fremdsprache gute Chancen. Auf deutscher Seite haben sich die Kultusminister der Länder bereit erklärt, den Französisch-Unterricht weiterhin im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen und Vereinbarungen zu fördern. Bei der Neufassung des Düsseldorfer Abkommens im Jahre 1964 wurde durch die Initiative des Bevollmächtigten dem Französisch-Unterricht an den allgemeinbildenden Schulen ein größerer Spielraum verschafft. Es besteht die Möglichkeit, Französisch auch als erste Fremdsprache zu unterrichten. Dies ist vor allem für die deutschen Länder von Bedeutung, die Frankreich benachbart sind.
Der französische Erziehungsminister hat im Zusammenhang mit der von ihm eingeleiteten Reform des französischen Schulsystems Maßnahmen ergriffen, die an den Höheren Schulen und an den Mittelschulen Frankreichs bereits zu einer beträchtlichen
Steigerung der Zahl der Schüler, die Deutsch lernen, geführt haben.
An den Höheren Schulen Frankreichs lernt gegenwärtig etwa jeder dritte Schüler Deutsch, in Deutschland jeder zweite Schüler von Quarta bis Oberprima Französisch. Auch an den Mittelschulen beider Länder steigt die Zahl der Deutsch bzw. Französisch lernenden Schüler stark an. In beiden Staaten wird neuerdings auch an den Volksschulen die Möglichkeit zum Erlernen der jeweils anderen Sprache geschaffen. Hiervon machen die Schüler in zunehmendem Maße Gebrauch.
Auch außerhalb der Schulen wird für die Verbreitung der Sprache des Partners viel getan. In Deutschland nehmen sich Organisationen wie die Volkshochschulen des Französisch-Unterrichts an. Bundesregierung und Länder haben den außerschulischen Sprachunterricht auf Vorschlag des Bevollmächtigten durch Zuwendungen für die Anschaffung von Sprachlabors gefördert.
Der französische Erziehungsminister und der Bevollmächtigte haben ihre Aufmerksamkeit von Anfang an auf den Sprachunterricht über Hörfunk und Fernsehen gelenkt. Der Bevollmächtigte hat die Arbeitsgemeinschaft der Rundfunkanstalten und das Zweite Deutsche Fernsehen darum gebeten, französische Sprachkurse einzuführen.
Bei ihrem letzten Konsultationsgespräch im April dieses Jahres in München haben sich die Gesprächspartner mit dem Sprachunterricht durch das Fernsehen näher befaßt. Zu diesem Gespräch hat der Bevollmächtigte die Intendanten der deutschen Rundfunkanstalten und den Präsidenten des Goethe-Instituts eingeladen. Den Delegationen wurden Ausschnitte aus dem vom Bayerischen Rundfunk und vom Zweiten Deutschen Fernsehen hergestellten Fernsehsprachkurs für Ausländer vorgeführt. Es fand eine ausführliche Diskussion über die zweckmäßige Gestaltung solcher Fernsehsprachkurse statt.
Auf französischer Seite gibt es für den Unterricht in deutscher Sprache Abendkurse an Volkshochschulen und ähnlichen Bildungsanstalten sowie ein Hörfunkprogramm. Für das Fernsehen hat es bisher an geeigneten deutschen Sprachkursen in Frankreich gefehlt. Der vom Bayerischen Rundfunk seit Herbst 1965 im Dritten Fernsehprogramm ausgestrahlte Französisch-Kurs wird auch von anderen deutschen Rundfunkanstalten sowie vom Schweizerischen Rundfunk übernommen. Das Zweite Deutsche Fernsehen strahlt seit dem 1. Januar 1966 seinen Französisch-Kurs viermal wöchentlich über das gesamte Netz aus. Der vom Bayerischen Rundfunk in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut entwickelte Deutsch-Kurs steht für eine etwaige Verwendung im französischen Fernsehen mit oder ohne Ergänzungen zur Verfügung. Von der Möglichkeit des Erlernens der Fremdsprache durch solche Fernsehkurse halten die Gesprächspartner deswegen besonders viel, weil sie die Kursteilnehmer unmittelbar nicht nur mit der Sprache, sondern auch mit der Wirklichkeit des anderen Volkes vertraut machen.
Die Rundfunkanstalten haben den beiden Delegationen außerdem umfangreiches Material über die vielfältige Zusammenarbeit des deutschen und des französischen Rundfunks auf kulturellem Gebiet überreicht.
Auf dem Gebiet der gegenseitigen Anerkennung von Studiengängen und Diplomen haben sich die Gesprächspartner zunächst über das bei der Feststellung der Äquivalenzen einzuhaltende Verfahren geeinigt. Administrative Hindernisse, die sich zunächst ergaben, konnten so weitgehend beseitigt werden, daß die vor allem von der Deutsch-Französischen Rektorenkonferenz zu leistenden Arbeiten nunmehr zügig vorangehen.
Für die Fächer Germanistik, Romanistik und klassische Sprachen ist die gegenseitige Anerkennung der Studiengänge und Diplome inzwischen weitgehend geregelt. In Deutschland wird das französische Zeugnis der Lehrer an Höheren Schulen für diese Fächer anerkannt. Auf dem Gebiet der Rechtswissenschaft und der Naturwissenschaft machen die Äquivalenzfeststellungen gute Fortschritte.
Schließlich noch ganz wenige Bemerkungen zu dem letzten Punkt, der Zusammenarbeit auf wissenschaftlichem Gebiet. Auch hier haben der Bevollmächtigte und der französische Erziehungsminister Gespräche geführt, wie dies im deutsch-französischen Vertrag vorgesehen ist. Sie haben Berichte von deutschen und französischen Experten über die vielfältigen Beziehungen entgegengenommen, die zwischen den Hochschulen, den Forschungsstellen und sonstigen wissenschaftlichen Institutionen bestehen. Ich darf hinzufügen, daß auf diesem Gebiet auch Kontakte zwischen dem Bundesminister für wissenschaftliche Forschung und seinem französischen Kollegen bestehen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Lohmar.
Herr Staatssekretär, darf ich ergänzend zu Ihrem ausführlichen Memorandum nur noch zwei praktische Fragen stellen. Die erste Frage: Wie sieht es seit den Konsultationsgesprächen mit den Resultaten beim Sprachlehreraustausch und beim Austausch von Volksschullehrern aus?
Die Frage kann ich Ihnen so nicht beantworten, Herr Abgeordneter. Ich bitte, mir zu gestatten, daß ich Ihnen darauf schriftlich Antwort gebe.
Zweite Zusatzfrage.
Darf ich die zweite Zusatzfrage auf den gleichen Tatbestand an den Hochschulen beziehen, Herr Staatssekretär: Wie sieht es mit den Gastdozenten - wechselseitig - an den Hochschulen aus?
Ich werde mir erlauben, Herr Abgeordneter, Ihnen auch die dazu notwendigen Mitteilungen schriftlich zu machen.
Ich rufe die Frage VIII/ 5 des Abgeordneten Dr. Marx ({0}) auf:
Was ist der Bundesregierung über verschiedentlich gemeldete und von führenden Funktionären der sowjetisch besetzten Zone angedeutete Lieferungen von Waffen nach Nordvietnam bekannt?
Herr Abgeordneter, ich darf Ihre Frage wie folgt beantworten. Der Bundesregierung ist bekannt, daß aus der SBZ seit Anfang 1965 folgende Waffen an Nordvietnam geliefert wurden: Karabiner, Sturmgewehre, Maschinengewehre und die dazugehörige Munition. Über die gelieferten Mengen liegen keine genauen Angaben vor. Es handelt sich um Waffen, mit denen sowjetzonale Kampfgruppen und Polizeieinheiten nach dem Kriege ausgerüstet wurden.
Eine Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, können Sie bestätigen, daß auch eine Reihe hoher Offiziere der Nationalen Volksarmee", darunter der Leiter der Abteilung Ausbildung im Kriegsministerium der Sowjetzone, Generaloberst Wagner, in Nordvietnam Inspektionen vorgenommen haben?
Ich kann das jetzt hier nicht bestätigen, Herr Abgeordneter. Ich werde der Sache nachgehen und Ihnen darauf eine Antwort geben.
Zweite Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, darf ich in diesem Zusammenhang auch noch bitten, zu überprüfen, ob die Meldungen stimmen, nach denen in der Woche vom 13. bis zum 22. März innerhalb der sogenannten Solidaritätswoche für Nordvietnam bei den Truppen der „Nationalen Volksarmee" und der NVA-Grenze in der Sowjetzone ein entsprechender Teil des Wehrsoldes einbehalten worden ist, um ihn den Soldaten in Nord- und Südvietnam auf kommunistischer Seite zu übergeben?
Ich werde auch diesen Meldungen gern nachgehen, Herr Abgeordneter, und Ihnen über das Ergebnis Mitteilung machen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schulze-Vorberg.
Herr Staatssekretär, ist die Tatsache dieser Waffenlieferungen der Bevölkerung in der sowjetisch besetzten Zone bekannt?
Das kann natürlich nur auf dem Wege bekanntgemacht werden, der dafür zur Verfügung steht. Aber ich bin ganz sicher, daß die jetzige Fragestunde dazu Anlaß geben wird, die Tatsache zu verbreiten.
Zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schulze-Vorberg!
Darf ich fragen, Herr Staatssekretär, ob Ihnen bekannt ist, daß die Machthaber in der Zone diese Tatsache z. B. über den Rundfunk von sich aus bekanntgegeben haben.
Das ist mir nicht bekannt.
Die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten werden gemäß Ziffer 10 der Richtlinien am 17. Mai beantwortet.
Ich rufe die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung auf. Frage VII/1 des Herrn Abgeordneten Fritsch ({0}) :
Hält es die Bundesregierung für vertretbar, wenn die Durchführung des Gesetzes zur Beseitigung von Härten in den gesetzlichen Rentenversicherungen und zur Änderung sozialrechtlicher Vorschriften ({1}) vom 9. Juni 1965 nach den Schätzungen des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger etwa noch 2 bis 3 Jahre in Anspruch nehmen soll?
Eine schnelle Durchführbarkeit des Gesetzes hätte eine pauschalierte Regelung erfordert, die notwendigerweise mit zahlreichen Ungerechtigkeiten verbunden gewesen wäre. Eine echte Beseitigung von Härten setzt voraus, daß auf die individuellen Verhältnisse des einzelnen Falles eingegangen wird. Das zwingt die Versicherungsträger, ihren gesamten Rentenbestand durchzusehen. Es liegt in der Natur der Sache, daß die erforderlichen Arbeiten nicht so schnell abgewickelt werden können, wie das an sich wünschenswert wäre. Die Verzögerung hat man vorausgesehen und im Interesse gerechter Lösungen in Kauf genommen. Die Frage ist in diesem Sinne Ende 1964/ Anfang 1965 im Ausschuß für Sozialpolitik .des Hohen Hauses wiederholt eingehend erörtert worden. Die Bundesregierung vertraut darauf, daß die Versicherungsträger alle Möglichkeiten einer Beschleunigung ausschöpfen. Ich möchte ergänzend noch betonen, daß ein Verzögerung bei der Feststellung der Renten des Neuzugangs selbstverständlich auf keinen Fall eintreten darf.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Fritsch.
Herr Staatssekretär, würden Sie in Ansehung des Umstandes, daß es sich um Hunderttausende von Klein- und Kleinstrentnern handelt, nicht mit dem Verband der Versicherungsträger doch noch einmal prüfen wollen, ob sich über das bisherige Maß hinaus Möglichkeiten ergeben, zu einer Beschleunigung in der Abwicklung und Prüfung der Anträge beizutragen? Denn wenn Härten beseitigt werden sollen, werden sie um so besser beseitigt, je schneller sie beseitigt werden.
Herr Abgeordneter: Ich bin gern bereit, an den Verband der Rentenversicherungsträger in diesem Sinne heranzutreten. Ich möchte aber darauf hinweisen, daß Herr Ministerialdirektor Dr. Jantz im Ausschuß für Sozialpolitik am 28. Januar 1965, wenn ich das mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten verlesen darf, nach dem Protokoll folgendes ausgeführt hat: Je gerechter man eine Sache mache, um so komplizierter werde sie; gestalte man sie einfach, könnten Härten entstehen. Man müsse einen Mittelweg finden. Man hat einen Mittelweg gesucht, und ich hoffe, daß die Rentenversicherungsanstalten sich bemühen werden, bei diesem Mittelweg möglichst schnell zu einem Ergebnis zu kommen.
Zweite Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, sehen Sie bei aller Einhaltung des Gleichheitsgrundsatzes Möglichkeiten, die Durchführung des Gesetzes in den Bereichen derjenigen Landesversicherungsanstalten zu beschleunigen, die das Zonenrand- und Grenzgebiet umfassen, da dort bekannterweise die Zahl der Klein- und Kleinstrentner größer und die Not dadurch bei denen größer ist, die heute mit minimalen Renten auskommen müssen und die große Hoffnung hegen, über das Rentenversicherungs-Änderungsgesetz zu einer höheren Rente zu gelangen?
Herr Abgeordneter, die Durchführung der Rentenneuregelung obliegt bekanntlich den Versicherungsträgern in eigener Verantwortung. Dennoch werde ich entsprechend Ihrer Anregung auch diese Frage den Versicherungsanstalten, die für das Zonenrandgebiet zuständig sind, vortragen.
Ich rufe die Fragen VII/ 2 bis VII/ 4 des Herrn Abgeordneten Varelmann auf:
Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß die Träger der Rentenversicherungen der Arbeiter und der Angestellten bei der Anlegung ihres Vermögens die Belange der Bundesförderungsgebiete ({0}) genügend berücksichtigt haben?
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Träger der Rentenversicherungen der Arbeiter und der Angestellten ihr Vermögen einseitig in den Großstädten und in den Verdichtungsräumen angelegt haben?
Ist die Bundesregierung darüber unterrichtet, in welchem Umfange die Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung ihr Vermögen verwendet, um damit der Förderung der Bundesausbaugebiete, Zonenrandgebiete und Bundesausbauorte -zu dienen?
Die Träger der Rentenversicherungen der Arbeiter und Angestellten sind grundsätzlich gehalten, ihr Vermögen zu marktüblichen Zinssätzen in den vom Gesetz vorgesehenen Anlagearten anzulegen. Eine Verpflichtung, das Vermögen nach regionalen Gesichtspunkten anzulegen, besteht für sie nicht. Da sie in ihren statistischen Unterlagen deshalb auch keine entsprechende Aufgliederung vornehmen, ist die Bundesregierung nicht in der Lage, über den wirklichen Umfang der von den Rentenversicherungen in die Bundesförderungsgebiete geflossenen Mittel eine erschöpfende Auskunft zu geben. Zudem läßt sich, um nur einige Beispiele zu nennen, bei der Anlage in Pfandbriefen, in Anleihen des Bundes und der Länder, in sonstigen Wertpapieren und in nicht zweckgebundenen Darlehen im allgemeinen nicht feststellen, welchen Gebieten die Kredite schließlich zugute gekommen sind.
Nachgewiesen ist allerdings, daß die Träger der Rentenversicherungen der Arbeiter und Angestellten zur Zeit mindestens 346,4 Millionen DM in Bundesausbaugebieten, Zonenrandgebieten und Bundesausbauorten angelegt haben. Nach den meines Erachtens zuverlässigen Schätzungen der Versicherungsträger übertrifft jedoch der wirkliche Anlagebetrag in den Bundesförderungsgebieten den nachgewiesenen Betrag um ein Vielfaches, so daß von einer Vernachlässigung dieser Gebiete bei der Vermögensanlage der Rentenversicherungsträger kaum gesprochen werden kann.
Die Vermögensanlagen in den Bundesförderungsgebieten bezwecken vor allem die Finanzierung der Energie- und Wasserwirtschaft, des Baues und der Erweiterung von Sanatorien und Krankenhäusern, des Wohnungsbaues, des Baues von Alten- und Pflegeheimen, des Straßenbaues und der Ansiedlung von Industrie und Handwerk.
Zu Ihrer zweiten Frage, Herr Abgeordneter: Nach meinen Ausführungen zur ersten Frage bestehen keine begründeten Anhaltspunkte dafür, daß die Träger der Rentenversicherungen der Arbeiter und Angestellten ihr Vermögen einseitig in Großstädten und Verdichtungsräumen angelegt haben.
Zu Ihrer dritten Frage, Herr Abgeordneter: Die Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung hat in nicht unerheblichem Umfang Mittel für die regionale Wirtschaftsförderung in den Bundesförderungsgebieten bereitgestellt, wobei allerdings zu berücksichtigen ist, daß die Richtlinien über die Anlage der Rücklage vom 7. Juni 1963 vorschreiben, die Bundesanstalt solle auf die Liquidität ihrer Anlagemittel achten. An Hand der vorliegenden Unterlagen ist festgestellt worden, daß die Bundesanstalt seit ihrer Errichtung im Jahre 1952 aus ihrer Rücklage insgesamt einen Betrag von
rund 3,17 Milliarden DM für die Wirtschaftsförderung, für die Förderung des Wohnungsbaues, für Verkehrsanlagen und für ähnliche Zwecke bereitgestellt hat.
Von diesem Betrag entfallen rund 725 Millionen DM auf die Finanzierung von Investitionen und Aufträgen für Wirtschaftsunternehmen. Davon sind 164 Millionen DM oder 22 v. H. in Bundesförderungsgebieten angelegt worden. Für den Zeitraum seit 1960 beträgt der Anteil der in den Bundesförderungsgebieten vorgenommenen Anlagen für die Wirtschaftsförderung sogar 32 v. H.
Von den 976,6 Millionen DM, die insgesamt für den sozialen Wohnungsbau bereitgestellt worden sind, entfallen - um ein Beispiel zu nennen -117,7 Millionen DM oder 12 v. H. auf das Gebiet des Landes Niedersachsen. Dagegen beträgt der Anteil der Arbeitnehmer dieses Landes an der Gesamtarbeitnehmerschaft der Bundesrepublik nur 10,8 v. H. Im übrigen hat eine Sondererhebung der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung ergeben, daß 60 v. H. der aus Mitteln der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung geförderten Wohnungen im Rahmen des Wohnungsbaues für Arbeitnehmer, insbesondere für Pendler, außerhalb der Ballungsgebiete liegen.
Auch bei einem Vergleich der in den einzelnen Länder - also nicht auf Bundesebene - angelegten Mittel der Bundesanstalt mit dem Beitragsaufkommen in den Ländern ist zu erkennen, daß in den Ländern mit Förderungsgebieten mehr Gelder angelegt wurden, als es ihrem Beitragsaufkommen entsprechen würde.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, geht aus Ihrer Antwort nicht hervor, daß die Träger der Rentenversicherungen der Arbeiter und Angestellten von ihrem Gesamtvermögen von rund 25 Milliarden DM nur einen kleinen Anteil verwenden, um damit den Belangen der Bundesförderungsgebiete zu dienen? Die Vermutung, daß über den Betrag von 346 Millionen DM hinaus noch zusätzlich eine erhebliche Summe für die Förderung der Bundesausbaugebiete, der Zonenrandgebiete und der Bundesausbauorte verwandt wurde, ist doch wohl etwas fraglich, -
Fragen muß ich hören, Herr Abgeordneter!
- da die Kreditinstitute, bei denen die Träger der Rentenversicherungen ihr Vermögen anlegen, vorwiegend ihren Sitz in den Großstädten haben.
Herr Abgeordneter, daß der in den Bundesförderungsgebieten tatsächlich angelegte Betrag den nachgewiesenen Betrag um ein Vielfaches übersteigt, ist nicht nur eine Vermutung, sondern eine auf Erfahrungstatsachen beruhende und meines Erachtens zuverlässige Schätzung der Versicherungsträger. Der Sitz der Kreditinstitute sagt nichts darüber aus, wohin die gewährten Kredite letztlich fließen.
Eine Zusatzfrage.
Ist die Bundesregierung bereit, auf die Träger der Rentenversicherung und auf die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte Einfluß zu nehmen, damit sie alljährlich einen festen Betrag - ich könnte mir vorstellen, mindestens 100 Millionen DM - dafür verwenden -
Herr Abgeordneter, das geht nicht. Sie können nicht sagen, was Sie sich vorstellen. Das können Sie in der Debatte sagen. In der Fragestunde müssen Sie fragen. Ich habe jetzt schon die Fragestunde überschritten. Ich wollte Ihnen die Chance geben, daß Ihr Komplex zusammen behandelt wird. Das ist aber nur möglich mit präzisen Fragen und auch präzisen Antworten.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ott.
Herr Staatssekretär, sind der Bundesregierung die Gründe bekannt, weshalb die Träger der Rentenversicherung den Versicherten erststellige Hypotheken für Eigentumswohnungen in Großstädten nicht gewähren?
Herr Abgeordneter, ich werde Ihnen diese Frage, nachdem ich mich bei den Versicherungsträgern erkundigt habe, schriftlich beantworten.
Die dritte Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Varelmann.
Ist die Bundesregierung bereit, die Träger der Rentenversicherung und die Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung dahin zu beeinflussen, daß sie in größerem Ausmaß als bisher die Bundesförderungsgebiete bedienen, und ist die Bundesregierung bereit, zusätzlich Zinsverbilligungen zu diesen Darlehen zu geben?
Herr Abgeordneter, ungeachtet dessen, daß die Träger der Rentenversicherungen der Arbeiter und Angestellten und die Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung bei der Anlage ihres Vermögens die Bundesförderungsgebiete sicher nicht vernachlässigt haben, ist die Bundesregierung bereit, die genannten Versicherungsträger auf die Bedeutung der Vermögensanlage in diesen Gebieten hinzuweisen. Bei den Anlagezwecken im einzelnen
müßten jedoch die unterschiedlichen Aufgabenstellungen der Rentenversicherungsträger einerseits und der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung andererseits Berücksichtigung finden.
Zinszuschüsse darauf bezog sich Ihre zweite Frage - für regionale Hilfsmaßnahmen zur Steigerung der Wirtschaftskraft sind in Kap. 60 02 Tit. 571 des Bundeshaushalts vorgesehen. Nach den Erläuterungen zu dem Titel obliegt die Durchführung dieser Hilfsmaßnahmen dem Bundesminister für Wirtschaft.
Ich rufe die Frage VII/5 des Abgeordneten Strohmayer auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung den Vorschlag, dem relativ häufigen Umkippen von Tankfahrzeugen dadurch zu begegnen, daß für die Tanks nicht nur Querschotten, sondern auch Schotten in Längsrichtung vorgeschrieben werden, um etwa plötzliche Gewichtsverlagerungen beim Einbiegen oder Bremsen weitgehend zu vermeiden?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort liegt noch nicht vor. Sie wird nach Eingang im Sitzungsbericht abgedruckt.
Ich muß die Fragestunde jetzt abbrechen. Die nächste Fragestunde ist morgen, Donnerstag.
Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ändederung des Gesetzes über den Finanzausgleich unter den Ländern vom Rechnungsjahr 1965 an ({0}) - DrucksacheV/511 Das Wort zur Einbringung der Vorlage hat als Mitglied des Bundesrates der Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein, Herr Dr. Lemke.
Dr. Lemke, Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe die Ehre, im ausdrücklichen Auftrage des Bundesrats dem Hohen Hause die ihm vorliegende Begründung des vom Bundesrat einstimmig eingebrachten Entwurfs dieses Gesetzes zu erläutern.
Die Zahl der Initiativgesetzentwürfe, die seit 1949 vom Bundesrat eingebracht worden sind, ist nicht besonders groß. Noch seltener sind die Fälle, in denen Mitglieder des Bundesrates in diesem Hohen Hause um das Wort bitten, um von vornherein eine Stellungnahme hier klar zum Ausdruck zu bringen. Wenn heute gleich drei Vertreter des Bundesrates kurz zu Ihnen sprechen werden, dann wollen Sie daraus bitte erkennen, daß der Bundesrat diesem Gesetzentwurf aus grundsätzlichen Erwägungen eine große Bedeutung beimißt.
Der Bundesrat hat diesen Initiativantrag einstimmig beschlossen. Es wäre nun viel zu vordergründig, wollte man es allein darauf abstellen, daß nach der einmütigen Auffassung des Bundesrates den steuerschwachen Ländern jetzt geholfen werden muß und daß es daher bei diesem Initiativgesetzentwurf nur um das liebe Geld geht. Sicherlich soll der Bund zu
Leistungen an Bayern, Niedersachsen, RheinlandPfalz, Schleswig-Holstein und an das Saarland verpflichtet werden. Hinter dem Gesetzentwurf verbirgt sich aber viel mehr als das Verlangen nach Geld; hier ist grundsätzlich eine Neuordnung zu schaffen, eine Neuordnung, die eben aus der jetzigen Situation der Länder heraus notwendig ist. Wir wollen versuchen, mit den Schwierigkeiten in den Ländern wenigstens in etwa fertig zu werden und die steuerschwachen Länder zur Erfüllung ihrer Aufgaben zu befähigen.
Zunächst könnte an eine Berichtigung des Beteiligungsverhältnisses an der Einkommen- und Körperschaftsteuer für das Jahr 1966 gedacht werden. Diese Möglichkeit scheidet indessen aus, nachdem sich Bund und Länder seinerzeit auf einen Bundesanteil von 39 v. H. auch für das Jahr 1966 geeinigt haben. Hiervon abgesehen können nach dem Wortlaut des Art. 106 des Grundgesetzes einzelne Länder oder Gruppen von Ländern, die in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind, eine Revision des Bundesanteils zu ihren Gunsten nicht fordern. Aber auch dem Bund ist es verwehrt, auf eine Revision zu seinen Gunsten mit der Begründung zu drängen, er müsse unterstützend eingreifen, und einzelne Länder seien ohne Beeinträchtigung ihrer Haushaltswirtschaft zur Abführung eines höheren Bundesanteils durchaus in der Lage.
Auch ein weiterer Weg erweist sich als nicht gangbar, nämlich der, den Länderfinanzausgleich zugunsten der steuerschwachen Länder zu intensivieren. Eine Verstärkung der horizontalen Ausgleichswirkung des Länderfinanzausgleichs bedingt höhere Ausgleichsbeträge der steuerstarken -Länder. Diese sind aber im Augenblick gerade noch in der Lage, ihre eigenen Haushalte unter Berücksichtigung ihrer derzeitigen Leistungen im Länderfinanzausgleich auszugleichen. Sie sind mit anderen Worten - Herr Kollege Lemmer wird das anschließend noch begründen - an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit angelangt und damit außerstande, den steuerschwachen Ländern von sich aus noch mehr als bisher zu helfen. - Herr Minister Kubel wird nachher auch im einzelnen darlegen, warum die steuerschwachen Länder in diese Situation gekommen sind.
Der Gesetzentwurf hat nämlich in allererster Linie im Auge gehabt, der Aufgabenstellung und dem Wesen des Bundesstaates Rechnung zu tragen. Nach Art. 29 des Grundgesetzes ist das Bundesgebiet keineswegs allein nach finanzwirtschaftlicher Zweckmäßigkeit, sondern vornehmlich unter Berücksichtigung der landsmannschaftlichen Verbundenheit und der geschichtlichen und kulturellen Zusammenhänge zu gliedern. Einem so gegliederten Bundesstaat wird es dann aber immanent sein, daß er verschieden große und finanziell verschieden starke oder schwache Länder vereinigt; denn eine aus dem Geschichtsbewußtsein der Nation gestaltete Gliederung des Gesamtstaates wird niemals dazu führen können, völlig gleich starke Gliedstaaten zu schaffen. Es wird vielmehr immer in unserer Verfassungswirklichkeit auch Länder geben, deren Kapazität der Staatsfinanzen unter dem Bundesdurch1712
Ministerpräsident Dr. Lemke
schnitt liegen muß. Das hat auch der Verfassungsgesetzgeber bei der Schaffung des Grundgesetzes wohl bedacht.
Der Weg, den man gehen kann, ist ein dritter Weg, der Ihnen jetzt durch diesen Gesetzentwurf vorgeschlagen wird. Diesen dritten Weg gibt es in unserer Verfassung schon seit mehr als einem Jahrzehnt. In unserer Verfassung ist vor 10 Jahren durch die Initiative der Bundesregierung ein neues Element hineingekommen, ein neues Element, mit dem in solchen Fällen, wie sie heute vorliegen, den Ländern geholfen werden kann. Die Bundesregierung hat es initiiert, der Bundesrat hat zugestimmt, und auch der federführende Bundestagsausschuß für Finanzen und Steuerfragen hat in seinem Schriftlichen Bericht zu den Finanzreformgesetzen 1955 gesagt: Den Vorbehalt unmittelbarer Bundeszuweisung im Rahmen des Länderfinanzausgleichs halten wir für möglich.
Wenn der Bundesrat Ihnen vorschlägt, diesen Weg nun zu beschreiten, weil die anderen beiden Wege nicht beschritten werden können, so sind hierfür insbesondere drei Gründe maßgebend, die das Grundsätzliche unseres Vorschlages erkennen lassen.
Der Bundesrat ist erstens der Meinung, daß das Institut der Bundesergänzungszuweisungen gerade für jene Fälle gedacht ist, in denen auf dem Wege über den horizontalen Länderfinanzausgleich, der nach wie vor vorrangig ist, einem Lande oder auch mehreren Ländern nicht mehr oder nicht mehr ausreichend geholfen werden kann.
Zweitens ist der Bundesrat folgender Auffassung. Mit der Gewährung von Bundesergänzungszuweisungen, die nach dem Verfassungstext der ergänzenden Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs der in Betracht kommenden Länder dienen, wird die Gefahr gebannt, diese Länder könnten in ein Abhängigkeitsverhältnis vom Bund geraten. Diese Möglichkeit wäre nicht auszuschließen, wenn dem Vorschlag der Bundesregierung gefolgt würde, gezielte Einzelmaßnahmen zur Erleichterung der Haushaltslage der steuerschwachen Länder vorzunehmen, die - ich zitiere wörtlich - nur im Einvernehmen mit den beteiligten Ländern durchgeführt werden könnten.
Auf der anderen Seite bietet der im Gesetz verankerte allein nach der Finanzkraft der ausgleichsberechtigten Länder orientierte Maßstab für die Bemessung der Bundesergänzungszuweisungen die Gewähr dafür, daß die Voraussetzungen für diese nicht erst durch eine übersteigerte Ausgabenwirtschaft und Staatsverschuldung geschaffen werden können.
Wenn der Herr Bundesfinanzminister in diesem Zusammenhang vor der Einführung einer Tendenz zum vertikalen Finanzausgleich in die Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern warnen zu müssen glaubte, so vermag ich in dieser Hinsicht einen Unterschied zwischen der von der Bundesregierung vorgeschlagenen und seit Jahren praktizierten gezielten Bezuschussung von Einzelmaßnahmen im Aufgabenbereich der Länder und einer globalen Zuweisung von Bundesergänzungszuweisungen zur Entlastung der Länderhaushalte nicht zu erkennen.
Beide sind, wenn Sie so wollen, Erscheinungsformen eines vertikalen Finanzausgleichs.
Aber am 'entscheidendsten ist der dritte Gesichtspunkt, der den Bundesrat zu seiner Initiative veranlaßt hat. Sie entspricht nicht nur dem Wortlaut, sondern vor allem dem Geist des Grundgesetzes. Unsere Verfassung stellt als einen der sie tragenden Grundsätze den Sozialstaatsgedanken heraus und konkretisiert ihn dahin, daß die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet zu wahren ist. Ist diese Einheitlichkeit gefährdet, weil die steuerschwachen Länder anerkanntermaßen dringliche Aufgaben zurückstellen müssen und ihnen der „brüderliche" Länderfinanzausgleich nicht mehr zu helfen vermag, so erwächst dem Bund aus seiner subsidiären Ausgleichsfunktion die verfassungsrechtliche Verpflichtung zum Eingreifen, und zwar - lassen Sie es mich bitte mit Nachdruck unterstreichen - zum rechtzeitigen Eingreifen. Auch hier gilt, daß Vorbeugen besser und vor allem billiger ist als Heilen, als das nachträgliche Heilen. Deshalb ist es auch ausgeschlossen, die Länder auf die bevorstehende große Finanzreform zu verweisen. Keiner von uns weiß, wann sie in Kraft tritt und in welchem Umfange sie den Gegebenheiten der steuerschwachen Länder Rechnung tragen wird. Im übrigen bejaht ja auch das Troeger-Gutachten ausdrücklich das Institut der Bundesergänzungszuweisungen, so daß wir uns in unserem Gesetzesvorschlag in der Tat bereits auf dem Wege zur großen Finanzreform befinden.
Der hierfür verfassungskonforme Weg ist der einer entsprechenden Novellierung des Gesetzes über den Länderfinanzausgleich; nur einen solchen kennt der Artikel 107 Abs. 2 Satz 3 des Grundgesetzes. Die alleinige Einstellung allgemeiner Finanzzuweisungen an die Länder in den Einzelplan 60 und dessen Sanktionierung durch das Haushaltsgesetz würden nämlich nicht genügen. Es bestehen aber selbstverständlich gar keine Bedenken dagegen, schon jetzt in den Haushaltsberatungen die finanziellen Auswirkungen dieses Gesetzentwurfs, den wir eingebracht haben, im Bundeshaushalt 1966 zu berücksichtigen, weil nur so das Anliegen des Gesetzentwurfs auf eine sofortige Entlastung der Länderhaushalte erfüllt wird.
Wenn ich Sie daher bitte, dem Initiativgesetzentwurf Ihre Zustimmung nicht zu versagen, so spreche ich nicht allein pro domo. Gewiß zählt Schleswig-Holstein zu den durch die Vorlage begünstigten Ländern. Wesentlicher aber ist das verfassungspolitische Anliegen, dem der Bundesrat Ausdruck verliehen hat. Denn dieses Anliegen dient der Stärkung der bundesstaatlichen Ordnung, die sich in der Geschichte unseres Volkes als die ihm gemäße und zur Verwirklichung des freiheitlichen Ordnungsprinzips beste Verfassung bewährt hat.
({1})
Als Mitglied des Bundesrates hat Herr Finanzminister Kubel das Wort.
Kubel, Minister des Landes Niedersachsen: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mir ist die Aufgabe zugefallen, zu den Argumenten der Bundesregierung Stellung zu nehmen, die in der Drucksache V/511 enthalten sind. Dabei werde ich auf die Wiedergabe eines größeren Zahlenmaterials verzichten. Ausreichende parlamentarische Erfahrung hat gelehrt, daß solches umfangreiches Zahlenmaterial in die Ausschußberatungen gehört. Ich werde also nur wenige Zahlen nennen, die zur Begründung unseres Begehrens erforderlich sind.
Es ist etwas Besonderes - das ist schon gesagt worden -, wenn der Bundesrat Ihnen einen Initiativgesetzentwurf vorlegt, mit dem erstmalig Ergänzungszuweisungen des Bundes an die steuerschwachen Länder vorgeschlagen werden. Wir meinen also, daß der Art. 107 Abs. 2 Satz 3 in Verbindung mit Art. 106 Abs. 4 Nr. 3 des Grundgesetzes vollständig ausgenutzt werden sollte, und wir meinen, daß die an mehreren Stellen vom Grundgesetz geforderte Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet anders nicht erreichbar ist.
Der Herr Bundesfinanzminister Dr. Dahlgrün hat am 11. Februar und 4. März im Bundesrat zu diesem Gesetzentwurf Stellung genommen. Mit der Genehmigung des Herrn Präsidenten darf ich ihn kurz zitieren:
Die seit 1963 für. den Bund günstiger als für die Länder verlaufende Entwicklung der kassenmäßigen Steuereinnahmen hat folgende Ursachen: 1963 wurde der Bundesanteil von 35 auf 38 % erhöht, d. h. die Vergleichsbasis der Länder um 3 % gesenkt. 1964 kam eine weitere Erhöhung des Bundesanteils von 38 auf 39 % hinzu. Die Basis wurde also um ein weiteres Prozent gesenkt. Dann haben 1965 die Länder eben wegen ihrer höheren Beteiligung von 61 % die Ausfallwirkung des Steueränderungsgesetzes 1964, die wegen der gestiegenen Steuerbelastungsquote in diesem Fall außerhalb dor Diskussion bleiben sollte, bei den Einnahmen
- ich bitte, zu bedenken, daß ich den Herr Bundesfinanzminister zitiere mit verstärkter Wucht verspürt. Die Erhöhungen des Bundesanteils bezwecken ja gerade die eingetretene Einnahmeverlagerung bei Bund und Ländern.
Die Finanzminister der Länder hatten seinerzeit richtig vermutet, wenn sie sagten, der Bund sei keineswegs auf einen Anteil an der Einkommen- und Körperschaftsteuer in der Höhe von zunächst 38 % und ab 1964 von 39 % angewiesen gewesen. Diesen Standpunkt haben auch Herr Ministerpräsident Dr. Lemke und Herr Kollege Pütz im Bundesrat den Ausführungen des Herrn Bundesfinanzministers entgegengestellt. Man könnte auch sagen: Diesen Standpunkt haben sie aus den Ausführungen des Herrn Bundesfinanzministers ableiten können.
Eindeutig ist, daß durch die Erhöhung der Anteilsätze die Gewichte der Steuereinnahmen des Bundes zum Nachteil der Länder verlagert worden sind. Dazu hat Herr Ministerpräsident Dr. Kiesinger am 4. März im Bundesrat erklärt, er habe die bittere
Erfahrung gemacht, daß der Bund die ihm damals von den Ländern zugestandenen Mittel, die sie selbst sehr gut für ihre eigenen Aufgaben häuten brauchen können, nicht für jene Zwecke verwendet habe, für die er sie gefordert hatte. Ich habe Herrn Ministerpräsidenten Dr. Kiesinger damit fast wörtlich zitiert.
Später ist hinzugekommen, daß die Steueränderungsgesetze das Steueraufkommen der Länder noch weiter geschmälert haben. Die Länder befinden sich jedenfalls in einer Situation, in der nach dem Finanzbericht 1966 des Bundesfinanzministeriums die Steuereinnahmen des Bundes mit 8,2 %, die der Länder dagegen nur mit 4,6 % im Jahr 1965 gewachsen sind. Herr Kollege Pütz sagte am 4. März als Berichterstatter des Finanzausschusses im Bundesrat - ich habe die Ehre, einer seiner beiden Stellvertreter im Vorsitz zu sein -, daß nach seinen eigenen Schätzungen die Steuereinnahmen des Bundes um 941 Millionen DM größer waren, während die der Länder um 735 Millionen DM hinter den Steueransätzen der Länderhaushalte zurückgeblieben seien.
Nun hat der Herr Bundesfinanzminister ausdrücklich erklärt, daß der geltende Finanzausgleich seit Jahren nicht genüge, daß vor allem die Bundesregierung anerkenne, er sei für einige Länder unzureichend. Das ist die allgemeine Auffassung des Bundesrates. Auch sie drückte sich in den Worten des Kollegen Pütz aus, als er mit allem Ernst darauf hinwies, die mehrfache Erhöhung des Anteilsatzes habe die finanzschwachen Länder in eine finanzielle Notlage gebracht, aus der sie sich trotz einschneidender und in der Relation weit über das Haushaltssicherungsgesetz des Bundes hinausgehender Haushaltsbeschränkung nicht mehr mit eigener Kraft zu befreien vermögen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie werden verstehen, daß diese bedeutsamen Erklärungen des Herrn Bundesfinanzministers und aller Landesregierungen die Initiatoren der hier einzubringenden Gesetzesvorlage in ihrer Auffassung bestärkt haben, daß sie in unseren Ländern eine breite Erwartung gegenüber dem Bundestag und der Bundesregierung haben aufkommen lassen.
Natürlich haben wir es zunächst als Aufgabe empfunden, alles zu tun, um uns selber zu helfen. Ich möchte die Haushaltsgestaltung des neuen niedersächsischen Kabinetts der großen Koalition hier nicht besonders hervorheben. Aber man wird anerkennen müssen, daß wir bei der Aufstellung unseres Haushaltsplanes jedem bedenklichen Weg in der Beschaffung von Deckungsmitteln vermieden haben und daß wir auch das äußerste Maß an Disziplin gegenüber der Restriktionspolitik der Bundesbank und der Bundesregierung zu wahren bestrebt sind. Dabei ist aber herausgekommen, daß die minimalen Deckungsmöglichkeiten eben die Weiterentwicklung unseres Landes und - nehmen Sie das bitte nur beispielhaft - auch der anderen steuerschwachen Länder und damit die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet in Frage stellen.
Minister Kubel
Natürlich würde es zu weit führen - ich will es auch gar nicht unternehmen -, nun bei dieser Gelegenheit die Haushaltslage aller Länder zu analysieren. Aber ich meine, ich sollte auf die sehr eindrucksvolle Rede des Herrn Ministerpräsidenten Dr. Kiesinger noch einmal hinweisen, die er vor dem Bundesrat gehalten hat. Er sagte, daß sich in Baden-Württemberg aus dem Jahre 1965 ein Defizit von 400 Millionen DM ergeben wird und daß im außerordentlichen Haushalt mehrere hundert Millionen DM nicht bedient werden können, die fehlen, um lebensnotwendige Aufgaben ,durchführen zu können. Sie wissen, meine Damen und Herren: Baden-Württemberg gehört zu den gebenden Ländern.
Herr Ministerpräsident Lemke hat ein übriges getan, um Sie davon zu überzeugen, wie wichtig diese Gesetzesvorlage ist. Er hat die finanzielle Notlage seines Landes bei mehreren Gelegenheiten gekennzeichnet, das ebenfalls seit langem in der Unabhängigkeit seiner Haushaltsführung bedroht ist und in dem sich - lassen Sie mich das freimütig aussprechen - eine .Enttäuschung breit macht, wenn nun wieder der Versuch unternommen werden sollte, gezielte Einzelhilfen zu gewähren, statt die verfassungsmäßige Grundlage durch ein Gesetz auszunutzen, wie es Ihnen der Bundesrat vorgelegt hat.
Einige Länder sind nicht in der Lage, ihr Defizit aus dem Jahre 1964 abzudecken, und im Jahre 1966 sind Kürzungen vorgenommen worden - wie z. B. in Niedersachsen -, die politisch eigentlich nicht mehr zu verantworten sind, Kürzungen in der Förderung der Wissenschaften, des Verkehrs, des Wohnungswesens. Auch auf dem besonders empfindlichen Gebiet der Beamtenbesoldungserhöhung haben wir dem Vorgehen des Bundes nicht zu folgen vermocht.
Ich glaube dem Hohen Hause nicht weiter ausmalen zu müssen - darin würde mich auch unser Kollege Struve übertreffen können -, was es für eine Landesregierung bedeutet, den Milchpfennig praktisch nur noch zur Hälfte auszahlen und nicht einmal in Aussicht stellen zu können, ob und wann die andere Hälfte überhaupt gezahlt werden kann.
Die steuerschwachen Länder erkennen an - sie tun es nicht leicht oder gar leichtfertig -, daß der horizontale Finanzausgleich nicht mehr zugunsten unserer Länder intensiviert werden kann. Auch für 'die finanzstarken Länder hat sich die Situation nach der Auffassung des Finanzausschusses des Bundesrates so geändert, daß eine höhere Leistung nicht mehr zumutbar ist.
Wenn aus dem Bericht des Bundesfinanzministeriums vom 22. April 1966 aus den Einnahmen aus Steuern des Bundes und der Länder im ersten Vierteljahr 1966 geschlossen wird, daß die Steuereinnahmen einen gewissen Zuwachs haben werden, so wird andererseits auch ausdrücklich darauf hingewiesen, daß bei der Körperschaftsteuer in den Ländern Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Saarland und Schleswig-Holstein beträchtliche Abnahmen zu verzeichnen sind.
Im übrigen ist der Zeitraum noch zu kurz, um einen ausreichend klaren Überblick über die voraussichtliche Entwicklung zu haben. Die in echte Not geratenen Länder bedürfen aber der sofortigen Hilfe. Das Beheben größerer Schäden zu einem späteren Zeitpunkt würde mit sehr großer Wahrscheinlichkeit nur teurer sein. Die steuerschwachen Länder haben von ihrer Möglichkeit, fehlende ordentliche Einnahmen durch Ìnanspruchnahme von Kapitalmarktmitteln zu ersetzen, in abgestimmtem Umfange Gebrauch gemacht. Sie glauben nicht, daß eine Entlastung der gegenwärtigen Haushaltssituation durch weitere Inanspruchnahme des Kapitalmarkts möglich oder auch nur von der Entwicklung ihrer ordentlichen Einnahmen her noch zu verantworten wäre. Hier die Kapitalmarktsituation näher zu schildern, ist sicher überflüssig. Sie wird morgen, wenn man wieder am sogenannten „Runden Tisch" beieinander sitzt, gewiß keinen Anlaß zu optimistischer Beurteilung geben.
Ich empfinde es als einen Auftrag des Bundesrates, in diesem Zusammenhang noch auf einen Hinweis des Herrn Bundesfinanzministers in seiner Stellungnahme zum Entwurf des vorliegenden Gesetzes in der Sitzung des Bundesrates vom 11. Februar einzugehen. Der Herr Bundesfinanzminister glaubte darauf hinweisen zu müssen, daß die Länder am 31. Dezember 1965 bei der Bundesbank noch ein Guthaben von 1,11 Milliarden DM gehabt hätten, während der Bund mit 1,7 Milliarden DM im Minus gestanden habe. Meine Damen und Herren, aus dieser Feststellung können falsche Schlüsse gezogen werden. Bei den Länderguthaben handelt es sich um Ablieferungsbeträge auf Grund des Gesetzes über die Bundesbank. Diese Mittel sind für andere Aufgaben verplant. Sie stellen keine Reserven dar, über die die Länder noch verfügen können. Selbstverständlich würde ich etwa auch der Vorstellung entgegentreten, als könnte der Bundesfinanzminister, falls er ein Guthaben bei der Bundesbank hätte, das den steuerschwachen Ländern zur Verfügung stellen. Auch die Höhe eines solchen Bundesguthabens würde gar nichts über seine effektive Leistungsfähigkeit aussagen; auch diese Mittel würden keine Reserven darstellen.
Der Bundesrat hat keinen anderen Weg gefunden, die finanzielle Notlage der steuerschwachen Länder zu lindern, als den dieses Initiativgesetzentwurfs. Ich darf hier auf die verfassungsrechtlichen Ausführungen des Herrn Ministerpräsidenten Dr. Lemke hinweisen. Sie können der Begründung des Gesetzentwurfs entnehmen, daß der Bundesrat keine Vorwegnahme einer Entscheidung über den zukünftigen Anteilssatz der Bundes an der Einkommen-
und Körperschaftsteuer beabsichtigt. Wir waren realistisch genug, die Geltungsdauer dieses Gesetzes auf ein Jahr zu beschränken. Die Gewährung von Ergänzungszuweisungen ist der gesetzliche, verfassungskonforme Weg, den in Not geratenen Ländern zu helfen.
Die Auffassung der Bundesregierung, daß wir ein neues Element in die Steuerverteilung zwischen Bund und Ländern einführen würden, weil alle steuerschwachen Länder Ergänzungszuweisungen erhalten sollten, der weitere Einwand, daß der horizontale Finanzausgleich gewissermaßen unterwanMinister Kubel
dert werde und daß die Auffüllung der Steuereinnahmen der steuerschwachen Länder von 91 auf 93,5 % ihrer Ausgleichmeßzahl bedenklich sei, all diese Einwände hat der Bundesrat geprüft. Er hält sie nicht für begründet.
Herr Kollege Pütz als Berichterstatter des Finanzausschusses hat erklärt, daß über die Zulässigkeit des Gesetzes und der Ergänzungszuweisungen schon deshalb kein Zweifel bestehen könne, weil dieses Rechtsinstitut ausdrücklich im Grundgesetz erwähnt sei, und daß eine Begrenzung auf eine bestimmte Zahl von steuerschwachen Ländern nicht möglich sei, weil alle steuerschwachen Länder durch die Erhöhung des Bundesanteils und durch die Auswirkungen des Steueränderungsgesetzes betroffen seien und weil die Ergänzungszuweisungen entsprechend dem Schlüssel für die Ausgleichszuweisungen im horizontalen Finanzausgleich zu leisten seien.
Erlauben Sie mir noch ein paar Bemerkungen zu dem Vorschlag des Bundesrates, der die haushaltsmäßige Deckung für die gewünschten Ergänzungszuweisungen enthält. Ich denke, man sollte anerkennen, daß der Bundesrat auf die Haushaltslage des Bundes Rücksicht genommen hat. Er tat es einmal dadurch, daß er das im ursprünglichen Entwurf dieses Gesetzes genannte Volumen von insgesamt 338 Millionen DM auf 250 Millionen DM reduzierte, und zum anderen dadurch, daß er - ich erwähnte das bereits - die Geltungsdauer des Gesetzes auf dieses Jahr beschränkte. Ich bitte, mir zu glauben, daß der Finanzausschuß des Bundesrates die Dekkungsvorschläge nach sehr gründlicher und gewissenhafter Prüfung erarbeitet hat. Dabei will ich nicht verschweigen, daß diese Reduzierung der Ergänzungszuweisungen auf 250 Millionen DM für die steuerschwachen Länder sehr schwer zu tragen ist und daß weiter die Beschränkung der Geltungsdauer auf ein Jahr die erforderliche mittelfristige Haushaltsvorausschau - vielleicht sollte man auch Planung sagen - außerordentlich erschwert. Sie werden Verständnis dafür haben, daß der Bundesrat an diese weitgehende Selbstbeschränkung die Erwartung knüpft, daß sich der Bundestag den vorgebrachten Argumenten nicht verschließt.
Ich darf im Namen des Bundesrates an die gemeinsame Verantwortung für die Stärkung der föderativen Ordnung in den Gliedstaaten, wie es im Bundesrat formuliert worden ist, appellieren. Ich darf an Sie appellieren, meine Damen und Herren, den Gesetzentwurf in vollem Umfang zu billigen.
Ich möchte hier wiederholen, was Ihnen ebenfalls schriftlich vorliegt. Es hat zweimal den umgekehrten Fall gegeben, den Fall nämlich, daß der Bund in eine Haushaltssituation kam, in der er an die Hilfsbereitschaft der Länder appellierte unter der Überschrift, die uns gemeinsam verbindet und die man als Forderung zur Bundestreue bezeichnen kann. Die Länder haben ohne rechtliche Verpflichtung im Jahre 1962 eine Hilfe von über einer Milliarde DM gewährt und im Jahre 1960 mit einer halben Milliarde DM den Bund bei der Entwicklungshilfe entlastet. Die Länder haben sich damit praktisch zu der sich aus der Struktur unseres Bundes ergebenden Verpflichtung bekannt. Ich denke, Sie werden Verständnis dafür haben, wenn auch wir nun, noch dazu gestützt auf den klaren Wortlaut des Grundgesetzes, zur Bundestreue mahnen. Das erfordert, daß Bundestag und Bundesregierung die finanzschwachen Länder in dieser Situation nicht im Stich lassen.
Haben Sie auch bitte Verständnis dafür - ich komme jetzt zum Schluß -, daß wir das Fortsetzen der zweckbestimmten Bedarfszuweisungen an andere Länder nicht mit dem Grundsatz einer guten Zusammenarbeit des Bundes und der Länder vereinbaren können. Wenn der Bundesrat auf einer Legalisierung der aus Art. 107 des Grundgesetzes hervorgerufenen Forderung besteht, dann entspringt das auch der Achtung vor dem Geist unserer bundesstaatlichen Organisation, entspringt auch der Achtung, die die Länderregierungen vor der Beschlußfreiheit ihrer eigenen Parlamente bewahren, und schließlich unserer Pflicht, allen Bundesbürgern, wo immer sie wohnen und arbeiten und wo immer sie wohnen und arbeiten müssen, wenn auch nicht die gleichen, so doch mindestens angemessen vergleichbare Chancen für die Befriedigung ihrer berechtigten Interessen zu bieten.
({0})
Das Wort zur Geschäftsordnung hat der Herr Abgeordnete Dr. Schäfer.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist selten, daß der Bundesrat die Gesetzesinitiative ergreift; Herr Ministerpräsident Lemke hat das mit Recht betont. Er hat es in diesem Falle getan, weil es um die Durchführung von Aufgaben geht, die den Ländern übertragen sind, und weil die Länder in diesem Jahr in eine Situation gekommen sind, in der das nicht mehr gewährleistet erscheint.
Dieses Haus hat nun über diesen Antrag Beschluß zu fassen. Nach unseren Grundsätzen sollen in der ersten Lesung die Grundsätze eines Gesetzentwurfs besprochen werden. Das Haus hat Anspruch darauf, daß dabei die Regierung vertreten ist.
({0})
Niemand von der Regierung ist anwesend. Bis vor einigen Minuten waren wenigstens noch Herr Vizekanzler Mende und Herr Schatzminister Dollinger hier im Saal anwesend; aber offiziell ist die Regierung seit Beginn der Verhandlungen nicht vertreten. Im Augenblick ist kein Regierungsvertreter hier, nicht einmal Herr Minister Niederalt, dem es besonders obliegt, das Verhältnis zu den Ländern zu pflegen und die Funktionsfähigkeit des Bundesstaates zu gewährleisten.
({1})
Das ist eine außerordentlich mißliche Sache. Es ist
um so bedenklicher, als es sich um ganz entschei1716
dende Fragen handelt, in die wir mit der Beratung dieses Gesetzentwurfs eintreten,
({2})
- noch ist die Bundesregierung offiziell nicht vertreten, sie kann es nur hier auf der Regierungsbank sein - und als es sich um eine ganz grundsätzliche Frage handelt, mit der wir uns in den nächsten Jahren zu beschäftigen haben.
({3})
Das zeigt aber auch, meine Damen und Herren, daß die Regierung diesem Hause gegenüber nicht das richtige Verhältnis findet und daß sie dem Bundesrat und den Ländern gegenüber nicht das richtige Verhältnis pflegt.
({4})
Ich bin erfreut, daß Herr Vizekanzler Dr. Mende jetzt da ist. Vielleicht hat er die Liebenswürdigkeit, seinen Fraktionskollegen, den Herrn Finanzminister zu vertreten. Es wäre interessant zu hören, was der Herr Vizekanzler zu den Fragen zu sagen hat, die wir ihm zu stellen haben.
Ich will aber ganz offiziell namens meiner Fraktion den Antrag stellen, das Haus möge beschließen, den Herrn Bundesfinanzminister herbeizurufen.
({5})
Nach § 46 der Geschäftsordnung ist der Antrag zulässig. Jeder einzelne Abgeordnete kann das verlangen. Der Antrag bedarf der Unterstützung von 30 anwesenden Abgeordneten. Über den Antrag entscheidet der Bundestag mit einfacher Mehrheit.
Vor der Abstimmung hat das Wort der Herr Abgeordnete Genscher.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bundesfinanzminister ist in Brüssel, um dort an internationalen Verhandlungen teilzunehmen. Sein Staatssekretär ist erkrankt.
({0})
Herr Abgeordneter, ich spreche Ihnen 'den Dank des Hauses für diese Information aus. Ich hätte es aber sehr begrüßt, wenn der Bundestagspräsident in die Lage versetzt worden wäre, aus der Hand .der Regierung das dem Hause hier zur Kenntnis zu bringen.
({0})
Meine Damen und Herren, was tun wir? Das Gesicht der Bundesregierung, Herr stellvertretender Bundeskanzler, scheint mir jetzt gewahrt zu sein. Aber wollen Sie das Wort? - Bitte sehr!
Dr. Mende, Stellvertreter des Bundeskanzlers: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Stellvertreter des Herrn Bundesfinanzministers Dahlgrün, der in Brüssel weilt, ist Herr Bundesschatzminister Dollinger. Ich habe veranlaßt, daß er sofort hier erscheinen wird. Der Herr Bundeskanzler selbst befindet sich auf der Messe in Hannover.
Wollen Sie, daß abgestimmt wird, Herr Abgeordneter Dr. Schäfer?
Ich modifiziere meinen Antrag dahin, daß ich beantrage, daß der ständige Ministerstellvertreter an Stelle des Bundesfinanzministers herbeigerufen wird.
Gut, das ist eine Präzisierung. Aber wollen Sie nicht darauf verzichten, nachdem der Stellvertreter des Bundeskanzlers erklärt hat, daß der Bundesschatzminister als ständiger Vertreter des Bundesfinanzministers bereits unterwegs ist und sofort hier eintreffen wird? Herr stellvertretender Bundeskanzler, Ihr Wort ist uns ein Unterpfand.
Wollen Sie noch, daß abgestimmt wird, Herr Abgeordneter Dr. Schäfer? Sie haben das Recht, auf eine formelle Abstimmung zu bestehen. - Der Antrag wird ausreichend unterstützt. Meine Damen und Herren, Sie haben den Antrag von Herrn Dr. Schäfer gehört. Wer ihm zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das ist eine so faszinierende Entscheidung, daß mir der Herr Schriftführer zuruft, daß der Antrag angenommen sei. Dem ist nicht zu widersprechen. Aber ich kann das aus eigenem Sehvermögen auch noch entscheiden. - So geschieht es. Außerdem kommt es noch ins Protokoll. Aber ich fürchte, daß wir damit auch nicht erreichen, daß der Herr Bundesschatzminister noch schneller hier eintrifft.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Schoettle.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die eben vorangegangene kleine Geschäftsordnungsepisode ist eigentlich eine Illustration dafür, daß man über den Verkehr zwischen den beiden Häusern des Parlaments - wenn ich es so sagen darf - und der Bundesregierung einige Überlegungen anstellen muß. Ich halte es nicht gerade für die beste Manier im Umgang mit den Organen der Gesetzgebung, wenn die Regierungsbank schlechterdings völlig verwaist ist und wenn nachträglich noch ein Mitglied -der Bundesregierung hier auftaucht und so by chance seinen Sitz einnimmt. Das scheint mir ein dürftiger Ersatz für die Repräsentation der Regierung in diesem Hause zu sein.
({0})
- Ich meine selbstverständlich nicht Sie, Herr Minister. Ich nehme an, wir kennen uns zu gut, als daß
Sie nicht wüßten, daß ich nicht Sie persönlich gemeint habe.
Nun zur Sache, zu dem vorliegenden Initiativgesetzentwurf des Bundesrates. Sie werden sich erinnern, daß ich bereits in der ersten Beratung des Bundeshaushalts am 3. März dieses Jahres das Thema angeschlagen habe, als ich darauf hinwies, die Finanzsituation einer Reihe von Ländern sei derart, daß mit aller Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen sei, daß an den Bundeshaushalt eine Forderung in der Größenordnung von etwa 250 Millionen DM herantreten werde. Die Lage der finanzschwachen Länder ist wohl als bekannt vorauszusetzen. Ich brauche darüber im einzelnen nichts zu sagen, zumal Herr Ministerpräsident Lemke und Herr Finanzminister Kubel einiges Zahlenmaterial dazu geliefert haben, und im übrigen ist die Situation ja aus der Vorlage selber zu erkennen.
Der Ernst dieser Lage wird offensichtlich auch von der Bundesregierung nicht bestritten. Wenn auch die Situation in Nuancen von Land zu Land differiert, so ist sie doch im Prinzip die gleiche. Die Länder sind einfach nicht mehr in der Lage, aus eigener Kraft plus den Zuweisungen aus dem horizontalen Finanzausgleich ihre wesentlichen Aufgaben zu erfüllen. Damit ist aber eines der Gebote des Grundgesetzes in Gefahr, eine Voraussetzung für die Wirksamkeit der föderalen Grundordnung, nämlich die annähernde Gleichheit der Lebensbedingungen in allen Teilen des Bundesgebiets.
Die Bundesregierung weist nun darauf hin, daß
diese Notlage der finanzschwachen Länder durch den horizontalen Finanzausgleich behoben werden könne und müsse. Dazu ist zu sagen: Die im horizontalen Finanzausgleich gebenden Länder, gemeinhin als die finanzstarken Länder verstanden, sind im Laufe der letzten Jahre selber in eine Lage geraten, die ausschließt, daß der horizontale Finanzausgleich zu ihren Lasten noch stärker als bisher herangezogen wird.
Ich will nicht im einzelnen die Situation der Länder darstellen. Tatsache ist aber, daß sich die Finanzlage der Länder insgesamt wesentlich ungünstiger gestaltet hat als die des Bundes. Hier auf die Ursachen einzugehen, würde zu weit führen. Aber sicher ist ein Teil auch in der Finanzgesetzgebung des Bundes zu suchen. Als Beispiel für die Lage der sogenannten finanzstarken Länder - der Geberländer im horizontalen Finanzausgleich - ist schon auf das Land Baden-Württemberg hingewiesen worden. Ich will es hier noch einmal tun. Das Land Baden-Württemberg, aus dem ich selber komme, hat als Ausweg aus der eigenen Finanzmisere den Finanzausgleich für die Gemeinden von 26 % auf 22,5 % gekürzt. Die Folgen für zahlreiche Gemeinden, vor allem für große Gemeinden, sind verheerend. Die Gemeinden sind eben auch hier wieder die Letzten, die vom Hund gebissen werden. Würden die Geberländer im horizontalen Finanzausgleich - also entsprechend der Ansicht der Bundesregierung - etwa zugunsten der finanzschwachen Empfängerländer noch über das jetzige Maß hinaus herangezogen, so wäre die 'zwangsläufige Folge wahrscheinlich in allen Ländern die gleiche: eine noch stärkere Belastung der Gemeinden, die schon ohnehin im Gefüge unserer Finanzordnung die Schwächsten sind. Es ist nach unserer Auffassung die typische Lage für die Anwendbarkeit des Art. 107 Abs. 2 des Grundgesetzes, der Ergänzungszuweisungen des Bundes durchaus möglich macht. Hier sehe ich gar keine verfassungsrechtlichen Schwierigkeiten, dem Ersuchen des Bundesrats und der finanzschwachen Länder nachzukommen.
Es ist schon darauf hingewiesen worden, daß die Länder in einer umgekehrten Situation im Jahre 1962 freiwillig geholfen haben, als sie mit 1050 Millionen DM einsprangen und dem Bund eine gemeinschaftliche Finanzhilfe gewährten.
Nun ist damit operiert worden, man müsse die Sache vertagen, das sei schließlich eine Aufgabe der kommenden Finanzreform. Wenn man aber die Nachrichten in den heutigen Zeitungen und dazu die Meinung des Herrn Bundesfinanzministers liest, weiß man, daß diese akute Notlage nicht auf den Zeitpunkt warten kann, wo die Finanzreform vielleicht endlich in der nächsten Legislaturperiode zustande kommt, sondern daß jetzt geholfen werden muß, und zwar in diesem Haushaltsjahr und in diesem dem Hause demnächst zur zweiten Beratung vorzulegenden Bundeshaushalt 1966.
Hier noch eine Bemerkung zu den haushaltswirtschaftlichen Möglichkeiten auf der Seite des Bundes. Die Beratungen im Haushaltsausschuß haben erwiesen, daß die Beträge, um die es sich hier handelt, im Haushalt 1966 durchaus untergebracht werden können. Für einen Teil davon scheint das sogar der Bundesfinanzminister für möglich gehalten zu haben. Hätte er sonst den Gedanken erwägen können, in der Abwehr der Forderung im ganzen eine gezielte Hilfe im Einzelfall zu gewähren? Daß auf diese Weise die Lage der betroffenen Länder nicht entscheidend gebessert wird und daß sie überdies im Widerspruch zu der ihnen im Grundgesetz garantierten Selbständigkeit ihrer Haushaltsgebarung auf bestimmten Gebieten unter Bundeskontrolle geraten müßten, das kann nicht übersehen werden.
Meine Damen und Herren, ich darf zum Schluß sagen, daß die sozialdemokratischen Mitglieder dieses Hauses und vor allem des Haushaltsausschusses sich bei den Beratungen im Ausschuß dafür einsetzen werden, daß die Forderungen, die dieser Gesetzentwurf an den Bundeshaushalt stellt, in möglichst vollem Umfange erfüllt werden. Ich glaube, daß sich dazu auch bereits Wege abzeichnen. Wir werden jedenfalls dem Gesetz zustimmen und an seiner Gestaltung im Ausschuß mitarbeiten.
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Das Wort hat als Mitglied des Bundesrates der Herr Minister Lemmer vom Land Nordrhein-Westfalen.
Lemmer, Minister des Landes Nordrhein-Westfalen: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu dem Gesetzentwurf noch einige Bemerkungen aus der Sicht der im horizontalen Finanzausgleich gebenden Ländern, nachdem hier soeben auch ein Abgeordneter aus einem gebenden
Minister Lemmer
Land gesprochen hat. Diese gebenden Länder unterstützen einhellig den Initiativgesetzentwurf des Bundesrates. Die Haushalts- und Kassenlage der Länder - und zwar aller Länder - hat in den letzten Jahren eine so erschreckende Entwicklung genommen, daß die ordnungsgemäße Erfüllung wichtigster staatlicher Aufgaben schon in naher Zukunft gefährdet sein kann.
Ich möchte Ihnen diese Entwicklung an einigen wenigen Zahlen erläutern. Im Haushaltsjahr 1963 wies der Bundeshaushalt ein Kassendefizit von rund 3,7 Milliarden DM ,auf. Die Länder insgesamt hatten dagegen ein Defizit von nur 0,7 Milliarden DM. Im Rechnungsjahr 1965 allerdings hat sich dieses Bild völlig verschoben. Das Kassendefizit des Bundes betrug rund 1,9 Milliarden DM, ist also auf etwa die Hälfte gesunken. Bei den Ländern ist es demgegenüber auf das Sechsfache angestiegen, nämlich auf 4,2 Milliarden DM.
Parallel zu dieser Entwicklung verläuft die Entwicklung der Verschuldung von Bund und Ländern. Nach den Angaben der Deutschen Bundesbank erhöhte sich von 1961 bis 1963 die Kreditmarktverschuldung des Bundes um 74,6%, während sie bei den Ländern im gleichen Zeitraum um 10,5% zurückging. In den Jahren von 1963 bis 1965, also nach Erhöhung des Bundesanteils an der Einkommen- und Körperschaftsteuer, stieg die Kreditimarktverschuldung des Bundes nur noch um 17,5 % während sie bei den Ländern um 120,6 % anschwoll; hier ist die Steigerungsrate sogar um mehr als das Sechsfache höher als die des Bundes. Allein im Haushaltsjahr 1965 mußten sich die Länder am Kapitalmarkt in Höhe von 3 Milliarden DM zusätzlich verschulden, während die Verschuldung des Bundes nur um 1,26 Milliarden DM stieg.
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Sie sehen an diesen Zahlen, daß genau die Entwicklung eingetreten ist, die von den Ländern in den Jahren 1962 und 1963 während der Auseinandersetzungen um den Bundesanteil vorausgesagt wurde. Dafür, daß in den kommenden Jahren leider keine Besserung für die Länder zu erwarten ist, kann ich Ihnen als Kronzeugen die Deutsche Bundesbank präsentieren, die in ihrem Jahresbericht für 1965 - heute veröffentlicht - wörtlich folgendes schreibt; ich darf mit Genehmigung der Frau Präsidentin zitieren:
Weit prekärer
- nämlich als beim Bund ist nach wie vor die Situation der Länder und Gemeinden, bei denen die tariflichen und strukturellen Verbesserungen in den Bezügen ihrer Bediensteten absolut und relativ erheblich stärker zu Buche schlagen als beim Bund und deren finanzielle Bewegungsfreiheit darüber hinaus immer noch durch Investitionsprogramme beeinträchtigt ist, die in früheren Jahren unter dem Einfluß hoher Einnahmen begonnen worden waren und die sich erst jetzt kassenmäßig auswirken.
So weit die Deutsche Bundesbank.
Zu diesen Investitionen, die von der Bundesbank angesprochen werden, eine kurze Bemerkung, um möglichen Einwendungen zuvorzukommen: Es handelt sich bei diesen Investitionen, die in der Tat neben den Besoldungsausgaben den Schwerpunkt der Länderausgaben darstellen, um so wichtige Aufgaben wie den Neubau und den Ausbau wissenschaftlicher Hochschulen, Ingenieurschulen und anderer Bildungseinrichtungen aller Art. Es handelt sich ferner um den Bau von Straßen, Krankenhäusern und Forschungsstätten, kurz, um Maßnahmen, die in Zukunft in noch verstärktem Maße erforderlich sein werden, wenn das weitere wirtschaftliche Wachstum in der Bundesrepublik Deutschland gewährleistet sein soll. Bedenken Sie bitte bei allen Entscheidungen, die Sie - auch in Zukunft - in Finanzausgleichsfragen zu treffen haben: Diejenigen Aufgaben, die der Herr Bundeskanzler als Sozialinvestitionen bezeichnet hat, die in den kommenden Jahren vorrangig vor konsumtiven Ausgaben zu erfüllen seien, sind zum weitaus überwiegenden Teil Aufgaben der Länder und Gemeinden. An dieser Tatsache darf man bei der Verteilung der Steuereinnahmen nicht vorübergehen.
Aus diesen Gründen muß auch die in der Stellungnahme der Bundesregierung aufgeworfene Frage, ob den finanzschwachen Ländern nicht durch eine Verschärfung des horizontalen Finanzausgleichs geholfen werden könne, in aller Entschiedenheit verneint werden. Berücksichtigen Sie bitte, daß das Volumen -der Ausgleichsmasse von 170 Millionen DM im Jahre 1951 über 541 Millionen DM im Jahre 1955 auf rund 1,75 Milliarden DM im laufenden Jahr 1966 steigen wird. Das ist bereits die äußerste Grenze dessen, was den vier gebenden Ländern angesichts ihrer eigenen wichtigen Aufgaben abverlangt werden kann.
Darüber hinaus dürfte auch die Schätzung der Bundesregierung nicht zutreffend sein, daß diese vier Länder 1966 Steuermehreinnahmen von 10 % - gleich 2,2 Milliarden DM - zu erwarten hätten. Nach Angaben des Bundesfinanzministeriums vom 26. April 1966 sind nämlich die Steuereinnahmen dieser vier Länder im ersten Quartal 1966 nur um rund 380 Millionen DM gewachsen. Hieraus läßt sich für das ganze Jahr auf einen Zuwachs von nur rund 1,6 Milliarden DM schließen. Diese Einnahmen würden jedoch bei weitem nicht ausreichen, um die in den Haushaltsplänen dieser Länder veranschlagten Ausgaben zu decken. Außerdem läßt sich schon jetzt mit Sicherheit feststellen, daß die in den Haushaltsplänen dieser Länder veranschlagten Krediteinnahmen sich ebenfalls bei weitem nicht realisieren lassen werden.
Bei ihrem Hinweis auf die Kassen der vier immer als finanzstark hingestellten Länder hat die Bundesregierung überdies nicht berücksichtigt, daß die Einnahmen dieser Länder sich sehr unterschiedlich entwickeln. So liegen Hamburg und Nordrhein-Westfalen mit ihren Zuwachsraten im ersten Quartal wesentlich unter dem Steuerzuwachs des Bundes, der 8,5 % betrug. Hamburg hatte nur 7 % und Nordrhein-Westfalen sogar nur 5 % aufzuweisen; im wesentlichen eine Folge der Ihnen bekannten
Minister Lemmer
Krise bei der Steinkohle und der schwierigen Lage bei der Schwerindustrie.
Hier muß doch jeder einsichtige Fachmann zugestehen, daß Ländern, die mit derartigen wirtschaftlichen Strukturschwierigkeiten zu kämpfen und dabei im Interesse der gesamten Volkswirtschaft ungeheure Summen aufzuwenden haben, nicht noch zusätzliche Belastungen zugemutet werden dürfen. Ich möchte daher ebenfalls die eindringliche Bitte an dieses Hohe Haus richten, dem Initiativentwurf des Bundesrates in der vom Bundesrat beschlossenen Form zuzustimmen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Windelen.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch wir hätten es begrüßt, wenn bei dieser wichtigen Beratung, die Bund und Länder entscheidend berührt, die Bundesregierung etwas repräsentativer vertreten gewesen wäre. Wir kennen bei einigen Kabinettsmitgliedern zwar die Gründe, warum es nicht möglich war. Aber wir hätten es dennoch begrüßt, wenn hier auch der Optik etwas mehr Rechnung getragen worden wäre. Lassen Sie mich ohne jede Schärfe und ohne jede Polemik eines hinzufügen: Wir beraten in diesem Hause öfters Gesetze, die für Bund und Länder gleichermaßen wichtig sind. Wir haben es dann auch oft schmerzlich bedauert, wenn die Bundesratsbank sehr dünn besetzt war.
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Wir wissen, daß dann sicher ebenso gute Gründe geltend gemacht werden konnten. Wir sollten auch darauf verzichten, gegenseitig aufzurechnen. Aber ich glaube, es würde dem Stil und der Atmosphäre dieses Hauses und dieses Bundesstaates ein wenig dienen, wenn man auch auf diese Dinge etwas mehr achtete.
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Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf schlägt der Bundesrat vor, die Leistungen aus dem Länderfinanzausgleich an alle fünf ausgleichsberechtigten Länder einmalig für das Haushaltsjahr 1966 durch Ergänzungszuweisungen des Bundes nach Art. 107 Abs. 2 zu verbessern. Zu der rechtlichen Problematik dieser Vorlage wird mein Kollege Dr. Abelein gleich noch etwas sagen. Meine politischen Freunde kennen die Schwierigkeiten einiger finanzschwacher, steuerschwacher Länder gerade für das Jahr 1966. Sie kennen auch die Gründe, die dazu geführt haben. Wir sind der Meinung, daß diesen Ländern, und zwar rasch, geholfen werden muß. Wir sind der Meinung, daß man sie nicht auf einen Finanzausgleich, auf eine Änderung des Bund-Länder-Verhältnisses in einer mehr oder weniger fernen Zukunft verweisen kann.
Die Hilfe muß aber - auch das muß zu sagen gestattet sein - dort ihre Grenzen haben, wo der Bundeshaushalt 1966 selbst in Gefahr gerät. Der Haushaltsausschuß hat den Entwurf des Bundeshaushalts 1966 in wochenlangen und gründlichen Beratungen geprüft, und er steht kurz vor dem Abschluß seiner Beratungen. Nur zwei Einzelpläne, nämlich die der Bundesschuld und der allgemeinen Finanzverwaltung, sind noch nicht abschließend beraten worden. Aber schon heute läßt sich übersehen, .daß sich die optimistische Vorstellung mancher Kollegen auf allen Seiten des Hauses, dieser Haushalt enthalte Reserven in der Größenordnung von Milliarden, nicht realisieren wird. Auch die Hoffnung, man werde durch globale lineare Streichungen bei den Subventionen wesentliche Beträge frei machen können, hat sich - ich möchte hinzufügen: erwartungsgemäß - nicht erfüllt. Bisher konnten im Haushaltsausschuß Kürzungsmöglichkeiten in einer Größenordnung von rund 350 Millionen DM aufgezeigt werden. Selbst wenn in den Einzelplänen 32 und 60 noch Ausgaben in Höhe von vielleicht 140 Millionen DM gekürzt werden sollten, wird der Betrag nicht zur Erfüllung aller Wünsche ausreichen.
Den voraussichtlichen Kürzungen stehen beträchtliche unabweisbare Mehrausgaben gegenüber, wie sie teilweise schon in der ersten Lesung des Bundeshaushalts aufgezeigt wurden. Es sind dies, um nur einige Beispiele zu nennen, Mehrausgaben für die Maßnahmen im Steinkohlenbergbau, für humanitäre Hilfsmaßnahmen in Vietnam, für die Aufstokkung der Berlin-Hilfe und nicht zuletzt für die Verstärkung der Mittel für die Wissenschaft. Dabei ist ein Betrag für die finanzschwachen Länder noch nicht berücksichtigt.
Nach den Vorstellungen des Bundesrates sollen die Ergänzungszuweisungen des Bundes auf der Grundlage der Steuereinnahmen berechnet werden, also nach der Steuerkraft, nicht nach dem echten Finanzbedarf der finanzschwachen Länder. Insofern ist der Ausgangspunkt des Gesetzes höchst bedenklich. Hier werden Bedürfnisfragen, die bei der Beurteilung der Notwendigkeit von Ergänzungszuweisungen nach Art. 107 GG im Vordergrund stehen müßten, mit Fragen des horizontalen Finanzausgleichs vermengt, der in erster Linie dem Ausgleich der unterschiedlichen Steuerkraft der Länder untereinander dienen sollte.
Bei dem Gesetzentwurf ist im übrigen noch gar nicht berücksichtigt, daß Länder und Gemeinden nach einer neuen Steuerschätzung - Herr Minister Lemmer hat darauf hingewiesen -, die Ende April im Einvernehmen mit den Ländervertretern erfolgt ist, in ihrer Gesamtheit im laufenden Jahr Steuereinnahmen von über 300 Millionen DM zu erwarten haben, mit denen sie bisher nicht rechnen konnten. Es trifft sicher zu, daß diese Steuermehreinnahmen nicht dort oder jedenfalls nicht proportional dort anfallen, wo sie am dringendsten gebraucht werden. Es sollte aber eigentlich selbstverständlich sein, daß auch diese Mehreinnahmen bei der Beurteilung der Bedürfnisfrage berücksichtigt werden. Es mag sein, daß diese Mehreinnahmen sich in erster Linie bei den leistungsfähigeren - ich will nicht sagen: finanzstarken, denn das ist ein sehr relativer Begriff - Ländern konzentrieren. Ich meine, es geht nicht an, daß diese leistungsfähigeren Länder die Mehreinnahmen ungeschmälert behalten, der Bund dagegen zur Entlastung der leistungsfähigen Länder
1720 Deutscher Bundestag - .5. Wahlperiode Windelen
Ergänzungszuweisungen an finanzschwache Länder zahlt. Dies ist aus der Gesamtschau auch insofern schwer vertretbar, als die Steuereinnahmen der Länder nach den neuesten Schätzungen für die Zukunft, nachdem wir dieses Tal überwunden haben, ohnehin stärker steigen werden als beim Bund, und zwar bei der Ländergesamtheit. Auch hier müssen wir eben wieder differenzieren. Bei der Ländergesamtheit werden sie um ungefähr 10,5 % steigen, beim Bund um 9,1 %. Die Entwicklung des Vorjahres, wo infolge der Auswirkungen des Steueränderungsgesetzes ausnahmsweise die Steuereinnahmen des Bundes stärker gestiegen sind als bei den Ländern, wird sich also mit Sicherheit nicht wiederholen.
Ich habe bereits erklärt, daß meine politischen Freunde trotz der durch das Haushaltssicherungsgesetz gekennzeichneten Enge des Bundeshaushalts 1966 bereit sind, der Ausnahmesituation einzelner finanzschwacher Länder, die sich im wesentlichen aus der Einnahmeentwicklung des Jahres 1965 ergeben hat, Rechnung zu tragen, allerdings nur in einem Rahmen entsprechend dem echten Bedarf.
Der Bundesrat hat die Höhe der Ergänzungszuweisungen, die sich aus dem Gesetz ergeben, mit 251 Millionen DM beziffert. Dieser Betrag ist aber auf der Grundlage des Steueraufkommens von 1965 und nicht von 1966 errechnet. Eine Nachrechnung ergibt, daß der Gesetzentwurf tatsächlich zu Ergänzungszuweisungen von mehr als 280 Millionen DM führen würde. Dieser Betrag ist bei leidenschaftsloser Abwägung der finanziellen Situation von Bund und Ländern sicherlich übersetzt. Im Haushalt des Bundes für 1966 jedenfalls wird ein Betrag von 250 oder gar von 280 Millionen DM nicht gefunden werden können.
Wir werden uns aber dafür einsetzen, daß über die Barzuweisungen hinaus, die wir für diesen Zweck schon in diesem Haushalt einsetzen wollen, in diesem Jahr ausnahmsweise die Haushaltslage der finanzschwachen Länder durch gezielte Einzelmaßnahmen erleichtert wird. Das kann unter anderem durch eine Lockerung gewisser Selbstbeteiligungsauflagen und durch Stundung von Schuldendienstleistungen geschehen. Die Einzelheiten wären im Rahmen der weiteren Beratung zeitnah festzulegen, da dadurch dem echten Bedarf am besten entsprochen werden kann. Wir jedenfalls - und damit lassen Sie mich schließen - werden dafür sorgen, daß den finanzschwachen Ländern im Rahmen der Haushaltsberatungen in angemessener Weise und möglichst rasch geholfen wird.
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Das Wort hat der Abgeordnete Peters.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Für die Fraktion der FDP gebe ich folgende Erklärung ab:
Die FDP stimmt dem Entwurf des Bundesrates über ein Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den Finanzausgleich im Grundsatz zu. Die Finanzlage einiger Länder ist schlecht. Die Unterschiede in der Wirtschaftsstruktur und Unterschiede in der geographischen Lage sind die Ursachen für die völlig verschiedenartige Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben der sogenannten reichen und armen Länder. Es ist notwendig, Ursachen und Folgen dieser Unterschiede zu untersuchen und dauerhafte Lösungen zu finden. Es gibt für die FDP keinen Zweifel, daß auch die Form des Staatsaufbaus mit untersucht werden muß.
Grundsätzliche Überlegungen dieser Art sowie verfassungsrechtliche Darlegungen können aber nicht die gegenwärtige Not lindern. Sofortmaßnahmen sind erforderlich. Es gibt nur zwei Möglichkeiten: die Intensivierung des horizontalen Länderfinanzausgleichs oder Bundesergänzungszuweisungen, die nach der Vorlage als einmalige Hilfen vorgesehen sind.
In meiner Fraktion hat es Überlegungen gegeben, den finanzschwachen Ländern durch eine Überprüfung des Länderfinanzausgleichs zu helfen. Nun sind aber die Länderhaushalte bereits verabschiedet. Eine Änderung des Länderfinanzausgleichs würde erhebliche Schwierigkeiten bereiten, und erst in Monaten würden die finanzschwachen Länder Gewißheit über ihre finanziellen Möglichkeiten erhalten. In Niedersachsen und Schleswig-Holstein sind z. B. die Investitionsmaßnahmen in den Landeshaushalten bis zur Hälfte reduziert worden; ihre Durchführung hängt dazu noch von der Lockerung der Dotationsauflagen des Bundes ab. Erhalten diese Länder nicht sehr schnell zusätzliche Mittel und werden die Auflagen nicht mindestens bis zur Hälfte gemildert, kommen fast alle Investitionen des Küstenschutzes, der Wasserwirtschaft, der Regionalprogramme, des Wegebaues und alle Agrarstrukturvorhaben zum Erliegen.
Vordringlich für die finanzschwachen Länder ist eine schnelle Regelung, damit die Länder ihre Investitionsmaßnahmen ohne zu große Verspätung zum Anlaufen bringen können. Dafür ist es erforderlich, daß schon jetzt durch den Haushaltsausschuß Finanzmittel zur Verfügung gestellt und die Dotationen gemildert werden. Wir sollten uns bemühen, dann schnell zur Verabschiedung des Gesetzes zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes zu kommen.
Die Deckung des Betrages für Finanzzuweisungen an die Länder ist im Rahmen der Kürzungen des Haushaltsausschusses zu finden, der im Haushaltsentwurf weitere etwa 600 Millionen DM gekürzt hat bzw. noch kürzen wird.
So sind wir überzeugt, daß für das Jahr 1966 die vom Bundesrat vorgeschlagene Lösung zur Behebung der Finanznot finanzschwacher Bundesländer eine vernünftige Diskussionsgrundlage darstellt. Für die Zukunft aber sollten Bund und Länder rechtzeitig mit Gesprächen beginnen, um zu einer befriedigenden Regelung des Länderfinanzausgleichs und der Verteilung der Gemeinschaftssteuern ab 1967 zu gelangen.
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Das Wort hat Herr Dr. Abelein.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte die Frage von einer ganz anderen Seite her beleuchten, zumal mir scheint, daß die gegenseitigen Berechnungen - seien sie von seiten des Bundes oder aber von seiten der Länder - dieses Problem ohnehin nicht hinreichend lösen. Es werden sich immer Berechnungsarten finden lassen - auf der Grundlage eines gegenwärtigen Index oder, wenn dieser die Dinge in einem ungünstigen Licht erscheinen läßt, auf der Grundlage einer möglichen zukünftigen Entwicklung -, die dann jeweils den eigenen Standpunkt in dieser Sache unterstreichen. Mir scheint, daß man auch von der verfassungsrechtlichen Seite her einen gewissen Beitrag für die Lösung dieses Problems geben kann.
Wenn man sich das Grundgesetz ansieht, wird man drei grundsätzliche Regelungen für den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern finden. Man sollte diese Frage schon deswegen beleuchten, weil wir zum erstenmal in einem Entwurf zum Länderfinanzausgleich einen Vorschlag für eine sogenannte Ergänzungszuweisung von seiten des Bundes haben, wenn auch im Zusammenhang mit einer Ergänzungszuweisung für das Saarland Ähnliches schon einmal versucht wurde. Die generelle Verteilung des Steueraufkommens zwischen Bund und Ländern im Rahmen des vertikalen Finanzausgleichs sieht Art. 106 des Grundgesetzes vor.
Die Möglichkeiten einer finanziellen Störung, die auftreten könnte und die dadurch auch dem Sozialstaatsprinzip, das die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse vorsieht, entgegenstände, wurde heute schon so oft angesprochen, daß ich mir dazu Ausführungen ersparen kann. Um die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse herzustellen, sind in Art. 107 Abs. 2 generelle Zuweisungen im Rahmen des horizontalen Finanzausgleichs vorgesehen. Sie sollten nach der Vorstellung des Grundgesetzes die Regel sein. Auch aus der Formulierung, daß der Länderfinanzausgleich diese Verschiedenheiten auszugleichen hat, ergibt sich, daß das die Regel sein soll, während die Ergänzungszuweisungen, die im letzten Satz von Abs. 2 vorgesehen sind, nach der Vorstellung des Grundgesetzes Ausnahmecharakter haben sollen. Um recht verstanden zu werden, möchte ich sagen, daß meine Freunde und ich nicht gegen diese Regelung sind; aber diese Regelung muß Ausnahmecharakter haben.
Wenn ich recht informiert bin, haben die finanzschwachen Länder im Bundesrat ursprünglich versucht, diese neue Regelung auszudehnen. Mir scheint, daß der Bundesrat selber gegen eine derartige generelle Regelung Bedenken bekommen hat und ebenfalls- zu der Ansicht gekommen ist, daß es sich hier um eine Ausnahmeregelung handeln muß, was die Auffassung, die ich hier vortragen möchte, noch unterstützt.
Es gibt in der Vergangenheit einen anderen Vorgang, der ebenfalls dafür spricht, daß eine Ergänzungszuweisung Ausnahmecharakter hat. Als man daranging, für besondere Belastungen des Saarlandes Ergänzungszuweisungen vom Bund zu fordern, lehnte der Bund eine solche Regelung ab. Diese Belastungen wurden dann im Rahmen des allgemeinen Länderfinanzausgleichs ausgeglichen. Das haben die Länder akzeptiert.
Ich will resümieren. Die Vorschrift einer Ergänzungszuweisung von seiten des Bundes an die Länder, sei es an ein einzelnes finanzschwaches Land oder an alle finanzschwachen Länder, kann nicht die Regel eines Finanzausgleichs sein, sondern muß Ausnahmecharakter haben, schon deswegen, weil auf diese Weise die generelle Regelung eines Länderfinanzausgleichs nur gestört werden könnte.
Wenn ich richtig gerechnet habe, würde der vom Bundesrat vorgeschlagene Finanzausgleich in dieser Höhe die allgemeine Verteilung von Einkommen- und Körperschaftsteuer um 0,6% verändern. Es liegt sicher nicht im Sinne des Grundgesetzes, daß über diese Möglichkeit der generelle Finanzausgleich verändert wird.
Lassen Sie mich ganz zum Schluß noch einige persönliche Anmerkungen mehr verfassungspolitischer Art machen. Man sollte in diesem Zusammenhang überlegen, ob man nicht eine gemeinsame Instanz im Rahmen eines kooperativen Föderalismus - wie das moderne Stichwort heißt - damit beauftragen sollte, zu überprüfen, ob diese Zuweisungen auch sinnvoll verwendet werden. Vielleicht könnte sich eine solche Instanz mit gewissen Normierungen im Bauwesen, auf den Gebieten der Wissenschaft, der Forschung und auch der Schulen befassen. Man sollte dann darauf sehen, daß Länder erst dann Anspruch auf solche Finanzzuweisungen haben, wenn sie sich an solche Regeln einer ökonomischeren Bauweise halten.
Noch ein Vorschlag, den man hier aufgreifen könnte! Die Lösung dieser Frage ist eine Angelegenheit von Bund und Ländern gemeinsam. Ich möchte jetzt gar keine Ausführungen darüber machen, welche Höhe die Ergänzungszuweisungen haben könnten. Sie haben bereits gehört, daß meine Freunde und ich der Ansicht sind, daß man hier etwas leisten sollte. Aber vielleicht könnten ebenso die Länder im Rahmen einer Ergänzungszuweisung - einer, wenn Sie so wollen, vertikalen Aufstockung des allgemeinen horizontalen Finanzausgleichs - bei der geforderten Abdeckung der Lücke bei den finanzschwachen Ländern mithelfen.
Meine Damen und Herren, das wollte ich dazu in aller Kürze sagen. Ich meine, Bund und Länder könnten eine gute Lösung dieser Frage finden.
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Das Wort hat Herr Vizekanzler Dr. Mende.
Dr. Mende, Stellvertreter des Bundeskanzlers: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bedauere, daß es nicht gelungen ist, den Herrn Vertreter des in Brüssel dienstlich anwesenden Bundesfinanzministers Dahlgrün noch rechtzeitig zu 'dieser Plenarsitzung zu bitten. Ich bitte auch um Nachsicht, daß der Bundesminister für Angelegenheiten des
Vizekanzler Dr. Mende
Bundesrates dienstlich von Bonn abwesend ist. Aber ich bitte dafür dann auch um Verständnis, wenn ich gewissermaßen in Verpflichtung der Bundesregierung vor dem Parlament in meiner Eigenschaft als Stellvertreter des Bundeskanzlers einige grundsätzliche Feststellungen zur Haltung der Bundesregierung zu der hier -anstehenden Frage treffe. Die Stellungnahme der Bundesregierung ist ja aus der Drucksache zu entnehmen. Ich darf die wichtigsten Grundsätze noch einmal wiederholen.
Erstens. Die Bundesregierung ist der Ansicht, daß der Ausgleich zwischen leistungsfähigen und leistungsschwachen Ländern gemäß Art. 107 Abs. 2 des Grundgesetzes grundsätzlich aus der Länderfinanzmasse, also aus den Beiträgen der ausgleichspflichtigen Länder, zu finanzieren ist und daß Ergänzungszuweisungen des Bundes nach Art. 107 Abs. 2 Satz 3 des Grundgesetzes .an leistungsschwache Länder die Ausnahme bilden sollten.
Zweitens. Die Bundesregierung verkennt nicht die finanziellen Schwierigkeiten, die neben dem Bundeshaushalt auch die Haushalte der steuerschwachen Länder treffen. Sie sieht jedoch keine Möglichkeit, für den vom Bundesrat geforderten Betrag eine Deckung im Haushaltsentwurf 1966 aufzuzeigen. Insbesondere ist der Vorschlag des Bundesrates, den Haushaltsansatz zur Deckung kassenmäßiger Mehrausgaben des Vorjahres um 200 Millionen DM zu senken, nicht annehmbar. Es ist heute schon festzustellen, daß die Aufstellung des Haushaltsentwurfs 1967 so große Schwierigkeiten mit sich bringt, daß es nicht zu vertreten wäre, die für 1967 zu erwartende Deckungslücke um weitere 200 Millionen DM zu vergrößern.
Drittens. Die Bundesregierung würde es begrüßen, wenn im Zuge der Haushaltsberatung eine Lösung gefunden werden könnte, die das Anliegen des Gesetzentwurfs des Bundesrates wenigstens teilweise erfüllt. Für den Fall, daß die Bemühungen der Bundesregierung im Benehmen mit dem Bundestag zu keinem Erfolg führen sollten, denkt die Bundesregierung an gezielte Einzelmaßnahmen zur Erleichterung der Haushaltslage der steuerschwachen Länder. Diese Einzelmaßnahmen könnten selbstverständlich nur im Einvernehmen mit den beteiligten Ländern durchgeführt werden.
Weitere als diese grundsätzlichen Erklärungen zur Haltung der Bundesregierung zu diesem Gesetzentwurf kann ich in dieser Stunde nicht vortragen.
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Ich begrüße zunächst im Plenum den Herrn Bundesschatzminister. Ich darf feststellen, daß der Herr Bundesschatzminister nicht der Vertreter des Herrn Finanzministers ist, sondern der Vertreter des Herrn Landwirtschaftsministers.
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Das Wort hat nunmehr Herr Ministerpräsident Lemke.
Dr. Lemke, Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein: Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich muß zum Schluß der Debatte noch vier Bemerkungen machen.
Zunächst einmal appelliere ich auch an Sie als Parlamentarier, dafür Verständnis zu haben, daß unsere Landtage Wert darauf legen, Mittel zu erhalten, über die sie allgemein verfügen können. Einzelzuweisungen in Ehren, aber das ist nicht das Gewollte und nicht das Beabsichtigte. Eine Bemerkung dazu: wir alle vom Bundesrat wären sehr dankbar dafür, wenn die Dotationsauflagen für die finanzschwachen Länder erheblich gemildert würden. Das ist eine Sache, die uns wirklich sehr bedrückt.
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Dann darf ich folgende zweite Bemerkung machen. Wir haben uns sehr lange überlegt, welche Berechnungsgrundlage die richtige ist. Sehr verehrter Herr Kollege Windelen, ich darf Ihnen sagen: wir meinen, daß die Einnahmenseite doch die richtige Berechnungsgrundlage ist, weil sie nämlich objektiv feststellbar ist und weil aus ihr Konsequenzen gezogen werden können. Wenn Sie den Investitionsbedarf der Länder errechnen wollen, wie wollen Sie es machen, welche objektiven Kriterien sollen da maßgeblich sein? Ob Sie die Ausgabenwirtschaft der Länder, ob Sie die Staatsverschuldung der Länder nehmen: das ist alles gleich fraglich. Wenn Sie auf einen Lastenausgleich hinaus wollen, dann ist die objektivste Regelung tatsächlich die Regelung von der Einnahmenseite her. Im allgemeinen werden die Länder, die die geringsten Einnahmen haben, diejenigen sein, die in der Klemme sitzen und ihre Investitionsaufgaben nicht erfüllen können.
Und drittens nun eine Bemerkung zum Grundsätzlichen und zum Weg in die Zukunft. Ich habe vorhin schon gesagt: dieses Gesetz ist, wenn es auch auf 1966 beschränkt wird, in Wirklichkeit ein Wegweiser für eine zukünftige bessere und gerechtere Finanzgestaltung. Wenn eines Tages eine Einigung darüber erzielt sein wird, welches die Aufgaben der Länder und welches die Aufgaben des Bundes sind - und ich halte das für möglich -, dann wird man auch die Verteilung der Steuern so vornehmen, daß die Länder ebenso wie der Bund im allgemeinen ihre Aufgaben erfüllen und die Mittel dafür bereitstellen können. Aber ich sage Ihnen mit Bestimmtheit voraus: auch dann wird es noch finanzschwache Länder geben, die dies nicht können, möge die Berechnung noch so gerecht durch Computer durchgeführt sein. Dann muß der vertikale Finanzausgleich, so wie wir ihn hier ideenmäßig angesprochen haben, durchgeführt werden, um zu einem praktischen Ergebnis zu gelangen, einem viel praktischeren Ergebnis, als es beim doppelten Finanzausgleich erreichbar wäre. Ich will das aber nicht vertiefen, sondern nur auf folgendes hinweisen: Hier handelt es sich um die Neuordnung des föderalen Aufbaus und die Bejahung der Lebenskraft eines Bundesstaates. Diesen neuen Weg sollten wir gehen.
Zum Schluß eine Bitte an die Bundesregierung. . Wir bitten darum, rechtzeitig mit den, Ländern über das Gutachten zu verhandeln, damit die AufMinisterpräsident Dr. Lemke
gaben für das Jahr 1967 - soeben ist das schon angeklungen - rechtzeitig in Angriff genommen werden können. Wir sind ein bißchen spät dran. Lassen Sie mich einmal offen aussprechen: ich habe mich seit drei Jahren laufend darum bemüht, daß ein solches Gespräch, wie wir es heute hier geführt haben, endlich einmal zustande kommt.
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Meine Damen und Herren, ich darf dem Hause noch zur Aufklärung sagen, daß der ständige Vertreter des Bundesfinanzministers der Herr Bundeswirtschaftsminister ist, der sich zur Zeit auf dem Wege nach Brüssel befindet.
Ich bitte Herrn Minister Lemmer, das Wort zu nehmen.
Lemmer Minister des Landes Nordrhein-Westfalen: Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hier ist heute eine Konzeption vorgelegt worden, die in der Tat wiederum den horizontalen Finanzausgleich belasten soll. Erneut werden wieder die Dotationen vorgeschlagen.
Herr Kollege Dr. Abelein, selbstverständlich ist auch nach unserer Auffassung der Art. 107 Abs. 2 des Grundgesetzes maßgebend. Der Regelfall ist, daß zunächst einmal die Länder versuchen, sich 'selber zu helfen. Ich glaubte aber, Ihnen mit meinen Ausführungen nachgewiesen zu haben, daß eine weitere Intensivierung des horizontalen Finanzausgleichs über die Summe von 1,75 Milliarden DM hinaus einfach nicht mehr zumutbar ist. Insbesondere ist es nicht mehr zumutbar, dem Land Nordrhein-Westfalen, einem Land mit schwerwiegenden strukturellen und wirtschaftlichen Problemen, weitere Lasten aufzubürden. Das Land Nordrhein-Westfalen ist in dem gleichen Moment, als die Bundesregierung diesen Fragenkomplex anpackte, bereit gewesen, sich seinerseits daran zu beteiligen, ohne daß dazu eine rechtliche Verpflichtung bestand. Wir haben das für notwendig gehalten, und wir haben das gern getan.
Andererseits glaubte ich Ihnen aber nachgewiesen zu haben, daß bei einer Steuerzuwachsrate von nur noch 5% gegenüber einer Zuwachsrate beim Bund von 8,5 % eine Aufstockung über einen Betrag von 538 Millionen DM jährlich hinaus nicht mehr möglich ist. Wir sollten deshalb versuchen, gemeinsam neue Wege zu finden, wie hier den finanzschwachen Ländern geholfen werden kann.
Zur Frage der Dotationen: Wir haben gemeinsam, Bund und Land, eine Kommission zur Flurbereinigung zwischen Bund und Ländern eingesetzt. Gerade die Vorschläge dieser Kommission sind es gewesen, die Dotationen weitgehend abzubauen. Leider würde das, wenn man diesen Vorschlägen hier folgte, nicht geschehen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Finanzausgleich unter den Ländern vom Rechnungsjahr 1965 an, Drucksache V/511.
Der Ältestenrat schlägt Ihnen Überweisung an den Finanzausschuß als federführenden Ausschuß und zur Mitberatung sowie gemäß § 96 der Geschäftsordnung an den Haushaltsausschuß vor. Wer damit einverstanden ist, erhebe die Hand. - Wer ist dagegen? - Enthaltungen? - Es ist so beschlossen.
Ich rufe auf Punkt 3 der Tagesordnung:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über steuerrechtliche Maßnahmen bei Erhöhung des Nennkapitals aus Gesellschaftsmitteln und bei Überlassung von eigenen Aktien an Arbeitnehmer
- Drucksache V//507 Der Ältestenrat schlägt Ihnen Überweisung an den Finanzausschuß als federführenden Ausschuß und an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen zur Mitberatung vor. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Enthaltungen? - Es ist so beschlossen.
Ich rufe auf Punkt 4 der Tagesordnung:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Steuerstatistiken
- Drucksache V/519 Hierzu hat sich Herr Abgeordneter Dr. Klaus Dieter Arndt zu Wort gemeldet. Ich bitte ihn, das Wort zu nehmen.
Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der Sozialdemokratischen Partei hat mich beauftragt, mit der Bundesregierung heute ein Gespräch über den Entwurf des Gesetzes über Steuerstatistiken und über eine zweckmäßige Gestaltung der Steuerstatistiken zu führen. Letzten Endes hätten wir dabei über Sinn und Unsinn der gegenwärtigen Veranlagungstechnik unserer Finanzbehörden reden müssen.
Nun, Sie werden alle verstehen, daß dieses Gespräch unter den Umständen des heutigen Tages nicht möglich ist. Die Bundesregierung ist unzureichend vertreten. Der Bundesminister der Finanzen, der dafür sachverständig wäre, ist nicht anwesend. Sein Vertreter, der Bundesminister für Wirtschaft, ist ebenfalls nicht anwesend.
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Es hat unter diesen Umständen wohl keinen Zweck, dieses Gespräch heute zu führen. Ich bitte daher um Verständnis, wenn ich meine Ausführungen zu Protokoll gebe *).
({1}) *) Siehe Anlage 2
Frau Abgeordnete Funcke hat sich zu Wort gemeldet.
Frau Präsidentin! Meine Herren und Damen! Da der Sprecher der SPD auf eine Diskussion heute keinen Wert legt, sehe ich keine Veranlassung, daß wir unsererseits antworten, wo nicht gefragt worden ist.
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Herr Schwörer, bitte!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da der Stoff für die Diskussion im Plenum von der Opposition nicht vorgelegt worden ist, haben auch wir keinen Grund, uns zu diesen Fragen zu äußern. Wir werden dann also diese Debatte, die wir heute hier im Plenum führen wollten, im Ausschuß führen. Herr Kollege Arndt, ich glaube, dort gibt es Gelegenheit, gerade diese technischen Probleme, die unter Fachleuten und mit Fachleuten besprochen werden müssen, am besten darzustellen. Auch ich möchte deshalb meine Ausführungen zu Protokoll geben, um damit die Debatte abzukürzen.
Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich schließe die Debatte.
Der Ältestenrat schlägt Ihnen Überweisung an den Finanzausschuß als federführenden Ausschuß und an den Ausschuß für Kommunalpolitik, Städtebau und Wohnungswesen sowie an den Innenausschuß zur Mitberatung vor. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Enthaltungen? - Es ist einstimmig so beschlossen.
Ich rufe Punkt 5 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von den Abgeordneten Frau Dr. Diemer-Nicolaus, Busse ({0}), Dorn und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Versicherungsvertrag
- Drucksache V/473 Zur Begründung hat Herr Abgeordneter Busse um das Wort gebeten.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren Kollegen! Der Gesetzentwurf, den wir Ihnen heute zur Beratung vorgelegt haben, ist aus gewissen Erfahrungen des praktischen Lebens in der Vergangenheit geboren. Als im Jahre 1908 das Versicherungsvertragsgesetz beschlossen wurde, waren gewisse Entwicklungen, die sich im Laufe dieses Jahrhunderts gezeigt haben, noch nicht abzusehen, insbesondere auf dem Gebiet, das hier angesprochen ist, auf dem Gebiet der Unfallversicherung. Im praktischen Leben haben die Unfallzahlen eine Bedeutung erlangt, die man vor nicht allzu langer Zeit noch nicht hat erkennen können. Ich darf nur auf die immense Zahl der Unfälle verweisen, die durch die moderne Entwicklung des
Verkehrs herbeigeführt werden. Es ist ein natürliches Anliegen, daß man ebenso, wie man sich seit Menschengedenken gegen die wirtschaftlichen Folgen des Todes zu sichern sucht, indem man eine normale Lebensversicherung abschließt, heute auch bemüht ist, die wirtschaftlichen Folgen von Unfällen, insbesondere dann, wenn sie tödlich verlaufen, durch geeignete Versicherungsverträge zu regulieren. Dadurch haben die Unfallversicherungen eine weit größere Bedeutung erlangt, als sie sie in früheren Jahren besaßen.
In der Praxis hat sich nun gezeigt, daß zwischen den Unfallversicherungen - insbesondere dann, wenn der Unfall tödlich verläuft - und den normalen Lebensversicherungen ein gravierender Unterschied besteht. Bei der normalen Lebensversicherung ist bestimmt, daß der Versicherer von seiner Leistung frei wird, wenn der Versicherte seinen Tod vorsätzlich herbeiführt, und genauso auch 'bei der Unfallversicherung, daß der Versicherer frei wird, wenn der Versicherte Selbstmord begeht. ber bei der Lebensversicherung ist bestimmt, daß den Beweis für den Selbstmord der Versicherer zu- führen hat; nur wenn er beweist, daß der Verstorbene freiwillig aus dem Leben geschieden ist, wird er von seiner eigentlichen Versicherungsleistung frei. Diese Regelung bei der Lebensversicherung kann auch durch Verträge nicht abgeändert werden. Anders dagegen ist es bei der Unfallversicherung. Auch dort gilt die Bestimmung: Wird der Unfall vorsätzlich herbeigeführt, ist der Versicherer frei. Aber hier fehlt die Klausel, daß diese Regelung durch Vertrag nicht abgeändert werden kann.
Nun ist die Situation faktisch so, daß bei der normalen Lebensversicherung nicht nur keine Änderung der gesetzlichen Bestimmungen in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen, die ja normalerweise den Inhalt von Versicherungsverträgen bestimmen, vorgenommen wird, sondern daß die Versicherungen sogarweitergegangen sind und nach gewissen Fristabläufen selbst den Selbstmord versichern. Anders ist es bei der Unfallversicherung. Hier ist durch die Versicherungsbedingungen festgelegt, daß nur dann die Versicherungspflicht eintritt, wenn der Unfall unfreiwillig erfolgt ist. Das bedeutet also praktisch, daß im Bestreitungsfall der Nachweis ,geführt werden muß, daß der Unfall unfreiwillig war. Das ist da, wo der Unfallablauf eindeutig ist, im allgemeinen nicht schwierig. Schwierig wird es aber da, wo die Dinge nicht eindeutig sind, wo gewisse Umstände die Möglichkeit eines Selbstmordes nicht ausschließen, der Sachverhalt aber nicht mehr geklärt werden kann, weil der Versicherte tot ist und nichts mehr zum Unfallhergang sagen kann. Hier den Hinterbliebenen den Nachweis aufzuerlegen, daß der Tote unfreiwillig aus dem Leben geschieden ist, scheint mir eine Situation zu sein, die unlösbare Probleme ergibt. Dadurch wird doch häufig gerade das nicht erreicht, was die Versicherung eigentlich erreichen wollte und was erreicht werden sollte. Diese Situation tritt häufig dann ein, wenn gerade der entscheidende Partner in der Familie, der Ernährer, durch Unfall zu Tode gekommen ist. Es ist keine Theorie, die ich hier
Busse ({0})
vortrage. Diese Situation hat sich inzwischen in zahlreichen Prozessen ergeben.
Wir meinen daher, daß bei der Bedeutung dieser Versicherung eine Gleichstellung der allgemeinen Lebensversicherung und der Unfallversicherung erfolgen muß. Das ist auf dem Weg, den wir vorgeschlagen haben, zu erreichen.
Die erste Lesung dient nur dazu, die grundsätzliche Situation klarzustellen; aber da Bedenken angemeldet worden sind, ob wir mit unserem Antrag tatsächlich unser Anliegen erreichen, möchte ich noch folgendes hinzufügen. Wir sind an sich bereit, jeden anderen Weg zu gehen, der das gleiche Ziel erreicht, falls unser Weg nicht der richtige sein sollte. Nach nochmaliger sorgfältiger Überprüfung bin ich aber doch zu der Ansicht gekommen, daß unser Weg der richtige ist. Die Situation ist augenblicklich so, daß die vorsätzliche Herbeiführung des Unfalls - wie es das Gesetz vorsieht - den Versicherungsanspruch ausschließen kann. Der Nachweis dieses Umstands sollte aber dem Versicherer auferlegt werden, und es ist nicht umgekehrt die Unfreiwilligkeit des Unfalls zur Anspruchsvoraussetzung zu machen. Das ist es, was wir erreichen wollen und was wir durch unseren Vorschlag glauben erreichen zu können.
Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie sich unserem Anliegen anschließen und dem Gesetz nach den Beratungen im Ausschuß Ihre Zustimmung geben würden.
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Das Wort zur Beratung wird nicht gewünscht. Ich schließe die Debatte. Der Ältestenrat schlägt die Überweisung der Vorlage an den Rechtsausschuß vor. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Enthaltungen? - Es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 6 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Durchführung der Verordnung Nr. 19 ({0}) des Rates der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft
- Drucksache V/527 Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, diesen Entwurf ohne Debatte an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - federführend - und zur Mitberatung an den Ausschuß für Wirtschafts- und Mittelstandsfragen zu überweisen. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Es ist einstimmig so beschlossen.
Ich rufe Punkt 7 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Bundeswaffengesetzes
- Drucksache V/528 Hier liegt eine Wortmeldung des Herrn Abgeordneten Genscher vor. Bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich beantrage, diese Vorlage dem Wirtschaftsausschuß als dem federführenden Ausschuß und dem Innenausschuß zur Mitberatung zu überweisen. Die Vorlage regelt ausschließlich wirtschaftliche Tatbestände. Es handelt sich im Grunde um ein reines Gewerbezulassungsgesetz, das gemäß Art. 74 des Grundgesetzes in die Zuständigkeit des Bundes ällt. Die reinen Fragen .des Waffenbesitzes, des Waffenführens und des Waffenerwerbs sind Fragen, die in der Zuständigkeit der Länder liegen. Deshalb kann sich im Bundestag nur der Wirtschaftsausschuß federführend damit befassen.
Zu diesem Antrag Herr Köppler, bitte!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte Sie bitten, diesem Vorschlag nicht zu folgen, sondern die Federführung entsprechend dem Vorschlag des Ältestenrats dem Innenausschuß zu übertragen. Zwar ist verfassungsrechtlich die Kompetenz des Bundes daraus herzuleiten, daß es sich um Recht der Wirtschaft handelt. Inhaltlich ist aber überwiegend eine Materie Gegenstand dieses Gesetzentwurfs, die in den Bereich des Innenausschusses gehört.
Herr Abgeordneter Schmitt-Vockenhausen, bitte!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr Kollege Köppler hat mit Recht auf den inneren Gehalt der hier zu regelnden Fragen hingewiesen. Wir werden selbstverständlich die verfassungsrechtlichen Kompetenzen des Bundes und der Länder wahren. Das ist ganz klar; das geschieht im übrigen bei zahlreichen anderen Vorlagen auch. Ich bitte Sie, die Vorlage dem Innenausschuß als federführendem Ausschuß und dem Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen zur Mitberatung zu überweisen.
Ich stelle zunächst den Vorschlag des Ältestenrates zur Abstimmung, die Vorlage dem Innenausschuß - federführend - und dem Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen - mitberatend - zu überweisen. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; es ist so beschlossen.
Ich rufe auf Punkt 8 der Tagesordnung:
Erste Beratung des von den Abgeordneten Strauß, Jacobi ({0}), Ertl und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes 1964
- Drucksache V/544 -
Der Ältestenrat schlägt vor, die Vorlage an den Finanzausschuß als federführenden Ausschuß, an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen zur Mitberatung sowie an den Haushaltsausschuß gemäß § 96 der Geschäftsordnung zu überweisen. Wer dafür
Vizepräsident Frau Dr. Probst
ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Es ist einstimmig so beschlossen.
Ich rufe auf den Punkt 9 a) der Tagesordnung:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Hammans, Dr. Klepsch, Dr. Vogel ({1}), Winkelheide und Genossen und der Fraktion der CDU/CSU
betr. Altersgrenze für Schülerfahrkarten bei der Deutschen Bundesbahn
- Drucksache V/546 Hierzu hat Herr Dr. Hammans ums Wort gebeten.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Seit dem 1. März dieses Jahres will die Deutsche Bundesbahn den Bummelanten und ewigen Studenten in der deutschen Studentenschaft dadurch zu Leibe rücken, daß sie Schülerfahrkarten nur noch an Personen ausgibt, die noch nicht 27 Jahre alt sind. Da aber die Vorschläge unseres Kollegen Dr. Dichgans, die die Verkürzung des Studiums betreffen, noch nicht verwirklicht worden sind, ist es durchaus möglich, daß Studenten mit 27 Jahren mit ihrem Studium nicht fertig geworden sind. Das gilt besonders für naturwissenschaftliche Disziplinen. Deshalb und aus einigen anderen Gründen, die ich gleich noch anführen werde, muß diese Maßnahme der Deutschen Bundesbahn überprüft werden, weil sie große Härten mit sich bringt.
Der Antrag geht erstens dahin, daß die Altersgrenze für alle ehemaligen Mitglieder der Bundeswehr um die gesetzliche Dienstzeit verschoben wird. Es darf nicht geschehen, daß unsere Bürger dafür bestraft werden, daß sie in der Bundeswehr 18 Monate ihren Dienst für das deutsche Volk getan haben,
Zweitens. Für alle Personen, die über den zweiten Bildungsweg, über das Abendgymnasium, die Berufsaufbauschule und Institute zur Erlangung der Hochschulreife das Abitur machen oder ins Studium gekommen sind, soll die Altersgrenze aufgehoben werden. Allenthalben werden unsere Bürger unterstützt, die sich auch als Erwachsene noch einer Ausbildung unterziehen. Diese Personen, die über den zweiten Bildungsweg kommen, sind oft verheiratet und haben zu ihren Ausbildungsorten große Entfernungen zurückzulegen. Sie bringen für diese Ausbildung große persönliche Opfer.
Drittens. Für alle Personen, die aus Gründen der Invalidität oder auf Grund von wirtschaftlichen Strukturveränderungen eine Berufsumschulung durchführen, soll die Altersgrenze aufgehoben werden. Möglicherweise wird dies für die Umschulung im Bergbau im Ruhrgebiet besondere Bedeutung haben.
Viele Gespräche, meine Damen und Herren, die ich mit Schülern und Studenten und auch mit Eltern geführt habe, haben übrigens bewiesen, daß man für die seit dem 1. März eingetretene Erhöhung des Preises der Schülerfahrkarten überhaupt sehr viel Verständnis hat. Allerdings wird es einer Überlegung wert sein, ob die Länder aus bildungspolitischen Gründen nicht generell alle Fahrkosten für Schüler übernehmen sollten, wie es bei manchen Gemeinden bei den Kosten für Schulbusse bereits praktiziert wird.
Es dürfte ratsam sein, daß sich der Verkehrsausschuß - federführend - und der Haushaltsausschuß - mitberatend - mit diesem Antrag beschäftigen. Er möge dorthin überwiesen werden. - Vielleicht erweist es sich aus verwaltungstechnischen Gründen ratsam, die Grenze von 27 Jahren überhaupt generell fallenzulassen.
({0})
Wenn das Hohe Haus damit einverstanden ist, rufe ich jetzt zur Begründung den Punkt 9 b auf, weil Herr Abgeordneter Börner und Herr Abgeordneter Moersch in der Debatte zu den Punkten 9 a und 9 b sprechen möchten.
Ich rufe Punkt 9 b auf:
Beratung des Antrags des Abgeordneten Börner und der Fraktion der SPD
betr. Tariferhöhungen und Einführung einer Altersgrenze für Schülerfahrkarten bei der Deutschen Bundesbahn
- Drucksache V/563 Zur Begründung hat der Abgeordnete Börner das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Einführung der Altersgrenze von 27 Jahren bei den Schülerfahrkarten der Deutschen Bundesbahn und die gleichzeitig am 1. März durchgeführte fast hundertprozentige Erhöhung der Tarife für diesen Personenkreis hat mit Recht in den betroffenen Bevölkerungsschichten große Empörung hervorgerufen. Die sozialdemokratische Fraktion hat die Bundesregierung mehrfach durch ihre Abgeordneten hier im Hohen Hause in der Fragestunde auf die problematische Auswirkung dieser Bestimmung aufmerksam gemacht. Zu unserem großen Bedauern hat sich die Bundesregierung unseren Argumenten bei der Beantwortung dieses Komplexes völlig verschlossen. Wir bedauern es auch, daß heute bei der Behandlung dieser Vorlage kein zuständiges Mitglied der Bundesregierung anwesend ist.
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Ich möchte darauf aufmerksam machen, daß diese Frage nicht nur, wie es im Antrag der CDU/CSU skizziert ist, die Studenten betrifft, die ihren Wehrdienst abgeleistet haben, oder aber auch den Personenkreis, der den zweiten Bildungsweg beschritten hat, sondern daß die Auswirkungen dieser problematischen Altersgrenze weit darüber hinausgehen und z. B. auch den Flüchtling treffen, der aus der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands in die Bundesrepublik gekommen ist und hier einen Teil seines Studiums wiederholen muß. Von dieser
Altersgrenze wird auch z. B. derjenige betroffen, der aus fachlichen Gründen ein zweites Studium anschließt, der sich in der Vorbereitung auf das Examen befindet, und eine ganze Reihe von einzelnen Personen, die sich in Ausbildung befinden.
Wir meinen, daß diese Maßnahme vom 1. März, die Erhöhung der Tarife und die Einführung der Grenze von 27 Jahren, für die Bildungspolitik . außerordentlich problematische Folgen hat. So tritt z. B. für eine Familie, die in einem ländlichen Gebiet ansässig ist, zwei Kinder auf die höhere Schule schickt und ein drittes Kind im Studium hat, eine Verdoppelung des Fahrkostenbudgets ein. Sie müssen sich einmal die Zahlen ansehen. Für einen Normalverdiener ist es doch schon ein erheblicher Betrag, wenn z. B. an Stelle von 27 DM nun plötzlich 47 DM gezahlt werden müssen.
Die sozialdemokratische Fraktion hat sich nicht nur in der Fragestunde bemüht, die Bundesregierung rechtzeitig auf dieses Problem aufmerksam zu machen, sondern sie hat sich auch durch Kontakte zur Kultusministerkonferenz bemüht, das Gespräch zwischen der Bundesregierung und den Bundesländern über die Abdeckung der Ausfälle im Budget der Deutschen Bundesbahn in Gang zu bringen bzw. zu beschleunigen. Wir haben leider bis heute kein konkretes Ergebnis dieser uns zugesagten Initiativen der Bundesregierung gehört.
Aus diesem Grunde haben wir nun den Antrag auf Drucksache V/563 eingebracht, der ganz klar sagt - insofern ist er weitgehend als die Vorlage
der CDU/CSU-Fraktion -, daß erstens die ab 1. März eingeführte Altersgrenze von 27 Jahren für ermäßigte Fahrpreise im Schülerverkehr der Deutschen Bundesbahn entfallen soll. Das heißt, wir teilen die Meinung der Kollegen von der CDU/CSU-Fraktion, daß derjenige, der rechtzeitig seine Wehrpflicht abgeleistet hat oder sich sogar, dem Ruf des Parlaments folgend, zum Reserveoffizierslehrgang gemeldet hat, nicht nachträglich in seinem Studium dadurch finanziell schlechter gestellt werden darf. Wir sind darüber hinaus der Meinung, daß es nicht so sein darf, daß derjenige, der den schweren zweiten Bildungsweg geht, nun während seines Studiums nicht die Fahrkostenvergütung bekommt, die ein anderer Student bekäme. Wir sind auch der Meinung, daß eine weitere Spezifizierung nach einzelnen Gruppen, wie sie im Antrag der CDU/CSU zum Ausdruck kommt, verwaltungsmäßig große Schwierigkeiten macht, und halten unsere Formulierung, die sie ja auch schon in Ihrer Begründung angezogen haben, für die bessere und verwaltungsmäßig einfachere.
Wir waren aber in den Vorberatungen unserer Fraktion ° in Kenntnis der schwierigen Lage der Deutschen Bundesbahn auch der Meinung, daß man die Ausfälle aus diesen politischen Lasten, die hier entstehen, nicht dem Budget der Deutschen Bundesbahn zurechnen darf, sondern daß sich der Bundestag bereit finden muß, hier eine ganz klare Form der Abgeltung festzulegen. Deshalb unser Petitum im Antrag, der Deutschen Bundesbahn - zweitens - die Einnahmeausfälle zu ersetzen und drittens in der Frage der Aufhebung der Fahrpreiserhöhung vom 1. März 1966 einen Weg zu finden, der sowohl das bildungspolitische Interesse der Länder an der Angelegenheit finanziell berücksichtigt, als auch den Bund zwingt, in Zukunft seine Verpflichtung nach dem Bundesbahngesetz sehr ernst zu nehmen und die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen. Wir meinen, daß die Deutsche Bundesbahn in ihrer gegenwärtigen schwierigen Finanzlage nicht der Prügelknabe einer solchen Entwicklung sein darf, daß es darum geht, daß hier sowohl die Bundesregierung als auch die Länderregierungen die entsprechenden Schritte tun. Wir würden uns freuen, wenn der unserer Initiative entstammende Antrag so rechtzeitig im Parlament verabschiedet werden könnte, daß der betroffene Personenkreis noch in diesem Semester seinen Nutzen davon hat.
({1})
Das Wort zu Punkt 9 a) und b) der Tagesordnung hat Herr Moersch.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Fraktion der Freien Demokraten erklärt sich mit dem sachlichen Gehalt und dem Wunsch, der in diesen beiden Anträgen der Kollegen von der CDU/CSU und der SPD steht, im Prinzip einverstanden. Es ist völlig richtig dargelegt worden, daß hier außergewöhnliche Härten entstehen, die beseitigt werden müssen. Ich bin Herrn Kollegen Börner vor allem für den Hinweis dankbar, daß es sich hierbei nicht um eine Regelung zu Lasten der bereits finanziell angespannten Bundesbahn handeln kann, sondern daß wir eine klare Verteilung der Kosten haben müssen, damit betriebswirtschaftlich saubere Verhältnisse entstehen.
Die Fraktion der FDP hat sich jedoch nicht entschließen können, dem Antrag der Kollegen von der CDU/CSU beizutreten, und zwar aus einigen Überlegungen, die ich hier darlegen möchte, die natürlich nicht ausschließen, daß wir nachher die Sache selbst im Ausschuß unterstützen.
Wir glauben, daß man in dieser verengten Betrachtungsweise, wie sie in den beiden Anträgen zum Ausdruck kommt, keine Bildungsförderung betreiben kann; denn darum handelt es sich. Das ist für den Bund immer eine sehr komplizierte Frage. Ich sehe allein in dem Antrag auf Überweisung an den Verkehrsausschuß, daß die Bildung nun doch im Verkehrsausschuß landen soll. Es ist im wesentlichen eine Bildungsfrage. Diesen Überweisungsantrag bedaure ich, obwohl ich die verfassungsrechtlichen Schwierigkeiten durchaus sehe.
Wir können in diesem Hause und überhaupt in einem Bundesstaat nicht so weitermachen, daß wir von Schwierigkeit zu Schwierigkeit hüpfen, wenn ich so sagen darf, und mit solchen Anträgen neue Schwierigkeiten auftürmen; denn das ist ohne Zweifel zur Zeit der Fall. Wenn Kollegen von der CDU/ CSU etwa vorschlagen, daß die gesetzliche Dienstzeit in der Bundeswehr für die Dauer des Studiums angerechnet werden solle, so ist das natürlich
gleichzeitig ein Antrag, der sich gegen diejenigen richtet, die sich freiwillig länger verpflichtet haben. Das aber kann doch nicht gemeint gewesen sein. Ich stimme Herrn Kollegen Börner darin zu, daß alle diese Altersbegrenzungen unbefriedigend sind, denn es geht ja hier nicht nur um Kinder und Schüler, sondern auch um diejenigen, die sich später zu einer Fortbildung über den zweiten Bildungsweg entschließen.
Ich glaube, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, es ist der Zeitpunkt gekommen, wo sich dieser Bundestag nun endlich einmal daranmachen muß, das ganze Gestrüpp der Ausbildungsförderungsmaßnahmen zu durchforsten und ein einheitliches Recht zu schaffen - trotz aller dem sonst entgegenstehenden Schwierigkeiten.
({0})
Was ist eigentlich gewonnen, wenn Sie jetzt diejenigen begünstigen, die es sicherlich nötig haben und die bisher besser gestellt waren, nämlich diejenigen, die die Gelegenheit haben, mit der Bundesbahn zu fahren? Die Werbung der Bundesbahn ist ja auf diesem Gebiet sehr anziehend. Es gibt aber daneben andere, die mit privaten Omnibussen fahren müssen und die zufällig in einem Lande wohnen, das diese Privatfahrten nicht in einer solchen Weise unterstützt. Wir haben eine Fülle von rechtlichen Ungleichheiten innerhalb des Bundesgebietes und sogar innerhalb der Länder erlebt. Wir haben eine Regelung, die keineswegs das günstigste Verkehrsmittel zur Regel macht. Wir haben vielmehr eine völlig unübersichtliche Regelung, die Gerechte und Ungerechte in gleicher Weise trifft und denjenigen, die es wirklich brauchen, im Grunde dann immer zuwenig gibt.
Sie ({1}) haben vorhin bei der Finanzdebatte von der Gleichheit der Lebensverhältnisse gesprochen. Ich meine, das ist eine Aufgabe, die wir hier zu lösen haben. Wenn wir die Chancengleichheit herstellen wollen, muß eben die Entfernung zur Ausbildungsstätte ein wesentliches Merkmal einer gezielten Förderung der Ausbildung sein. Das ist einfach die Voraussetzung dafür, um das Bildungsgefälle zwischen Land und Stadt beseitigen zu können. Das kann man nicht nur mit Anträgen machen, die die Bundesbahn betreffen, weil das hier gerade jetzt zufällig akut geworden ist. Das muß man vielmehr insgesamt machen, weil es eben große Gebiete gibt und künftig noch mehr geben wird, wo keine Möglichkeit besteht, mit der Bundesbahn zur Ausbildungsstätte zu fahren. Die Menschen in diesen Gebieten würden Sie hier willkürlich ausschließen. Das ist der Ansatzpunkt, diese Dinge zu regeln.
Ich habe gesagt, Herr Kollege Börner, daß ich mit der Idee, die Bundesbahn finanziell nicht zu belasten, einverstanden bin. Aber Sie sind sich hoffentlich darüber im klaren, daß Ihr Vorschlag, das in einem Verwaltungsabkommen mit den Ländern zu regeln, der zweitbeste Vorschlag ist. Den besten habe ich bisher auch nicht entdeckt. Ihr Vorschlag ist sicherlich besser als gar nichts, aber gut ist er trotzdem nicht. Denn es würde dann außerordentlich kompliziert werden. Man müßte eine große Bürokratie in Bewegung setzen, und zwar im Grunde für Beträge, die gar nicht wirksam werden. Es spricht also alles dafür - und an diesem Beispiel sollte der Bundestag das erkennen -, daß wir einfach gezwungen sind - wir von der FDP werden uns erlauben, dazu eine Vorlage zu machen -, sämtliche Maßnahmen der Ausbildungsförderung zusammenzufassen, auch die in vielen Gesetzen verstreuten Maßnahmen.
Ich möchte darauf hinweisen, daß die Schwierigkeit u. a. darin besteht - für die Abgeordneten ganz besonders -, daß es keine exakten Zahlen über die Mittel gibt, die einer solchen Ausbildungsförderung und der Durchführung ganz bestimmter Gesetze, wie z. B. des Versorgungsgesetzes und ähnlicher Gesetze, dienen. Sie wissen ja - das ist auch eine Sache, die wir hier in der Haushaltsdebatte besprechen müssen -, daß wir heute in der Bundesrepublik Deutschland noch keine ausreichende Bildungsstatistik besitzen, weil es Leute gegeben hat, die der Meinung waren, daß Bildungsfragen Ländersache seien und daß das Statistische Bundesamt eben deswegen keine ausgewogene Bildungsstatistik führen dürfe. Ich hoffe, daß wir das einmal ändern werden. Denn wie sollte man solche Gesetze machen, wenn man keine klaren finanziellen Grundlagen hat.
Ich behaupte, daß die jetzt insgesamt ausgegebenen Mittel für die Ausbildungsförderung durchaus ausreichen. Ich möchte dabei alle gegebenen Mittel hier einbeziehen - einschließlich der Zulagen für die Schüler - und sagen, daß diese Mittel insgesamt genügen, die zu einer vernünftigen, gezielten Förderung nötigen Leistungen zu gewähren, daß also auf diese Weise keine Sonderbelastungen entstehen müssen, die der Haushaltsausschuß natürlich mit Recht fürchtet.
Sie sollten aber eigentlich Ihre eigenen Anträge zum Anlaß nehmen, diese Fragen nun einmal wirklich bis zum Ende weiter zu bearbeiten, und Sie sollten dann mit uns von der Freien Demokratischen Partei bereit sein, ein umfassendes Ausbildungsförderungsgesetz noch in dieser Wahlperiode in diesem Hause zu verabschieden.
({2})
Wir von der FDP erklären uns zur positiven Mitarbeit an diesen beiden Anträgen bereit, möchten sie aber so verstanden wissen, daß sie nur die Voraussetzung und die Vorbedingung für eine umfassende Regelung sind, weil sie hier neue Ungerechtigkeiten zwangsläufig schaffen müssen, wie sie in diesen Anträgen enthalten sind. Das läßt sich auch gar nicht vermeiden. Daß es sich um populäre Anträge handelt, sieht man an der langen Liste derer, die hier unterschrieben haben. Dann, meine ich, sollte man diese Welle der Bildungsfreudigkeit benützen, um wirklich etwas Richtiges zu machen.
Ein weiterer Gesichtspunkt vielleicht noch zum Schluß! Es wird uns vorgehalten, dieser Punkt sei Ländersache. Ich meine, einmal sollte man Bund und Länder im Zusammenhang mit der Finanzreform hier zu einer klaren Aufgabenverteilung bringen. Es kann nicht so bleiben, wie es bisher war, und
man sollte künftig nicht über solche Zwirnsfäden stolpern.
Zum zweiten möchte ich die Kollegen aller Fraktionen herzlich bitten, die beiden Anträge wegen der grundsätzlichen Bedeutung nicht nur dem Verkehrsausschuß und zur Mitberatung dem Haushaltsausschuß zu überweisen; dieser muß ja leider in diesem Falle nur über Geld sprechen. Ich meine vielleicht, daß Sie sich selbst einen Gefallen tun, wenn wir an Hand dieser beiden Anträge Gelegenheit bekommen, im Ausschuß für Wissenschaft, Kulturpolitik und Publizistik die prinzipiellen Fragen einer Gleichheit der Chancen in der Ausbildungsförderung zu beraten. Ich möchte Sie deshalb bitten, die Vorlage an diesen Ausschuß zur Mitberatung zu überweisen. Vielleicht fällt uns dort einiges ein, was Ihren eigenen Anträgen am Ende nützt.
({3})
Ich begrüße Herrn Staatssekretär Seiermann vom Verkehrsministerium.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nur ein paar kurze Bemerkungen im Anschluß an den Diskussionsbeitrag des Herrn Kollegen Moersch.
Um Ihnen deutlich zu machen, wie die finanziellen Größenordnungen bei dieser 27-Jahre-Grenze sind: nach unseren bisherigen Feststellungen hätte die Bundesbahn ganze 2 Millionen DM pro Jahr an dieser Angelegenheit verdient. Ich meine, das ist der Ärger in keinem Falle wert, ganz abgesehen von der grundsätzlichen Stellungnahme, die von den Fraktionen bisher abgegeben worden ist. Das ist die eine Forderung.
Wir sind der Meinung, daß die Bundesregierung in Zukunft bei solchen Diskussionen darauf achten muß, daß hier nicht eine Bürokratie in Gang gesetzt wird, die in keinem Verhältnis zu dem steht, was unter dem Strich dabei herauskommt.
Das andere aber, meine Damen und Herren, ist die Frage der Mitberatung im Ausschuß für Wissenschaft, Kulturpolitik und Publiztik. Ich möchte hier namens der Antragsteller sagen: keine Bedenken. Im Gegenteil, wir begrüßen es, daß sich seit kurzem hier eine Wandlung im Denken über diesen Komplex vollzieht.
({0})
die wir bei der Diskussion über die Ausbildungsförderung im vergangenen Bundestag leider vermissen mußten.
({1})
Herr Kollege Moersch, ich nehme Ihren Diskussionsbeitrag als das reumütige Bekenntnis einer Koalitionspartei, die gesehen hat, daß die bisherigen Methoden der Ausbildungsförderung, wie sie von Ihnen mitverantwortet wurden, nicht zu dem Effekt geführt haben, den Sie sicher dabei unterstellt haben. Deshalb, meine Damen und Herren: es ist nie zu spät, wenn es um die Bildung geht. Wir freuen uns über Ihre Worte. Dann ist die Mehrheit ja gesichert.
Das Wort hat der Abgeordnete Genscher.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bedaure, daß bei dieser Frage, in der es vornehmlich um Bildungsprobleme geht, nicht z. B. ein Vertreter des Landes Hessen das Wort ergreifen kann. Er würde uns hier darlegen können, warum der Versuch des Bundes - auch Ihrer Fraktion, Herr Kollege Börner -, im letzten Bundestag ein bundeseinheitliches Ausbildungsförderungsgesetz zu verabschieden, am Widerstand eben der hessischen Landesregierung gescheitert ist.
({0})
Wir sind nunmehr am Schluß der Rednerliste zu diesem Tagesordnungspunkt.
Ich stelle Punkt 9 a und Punkt 9 b gemeinsam zur Abstimmung. Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor: Überweisung an den Verkehrsausschuß - federführend - und an den Haushaltsausschuß zur Mitberatung und gemäß § 96 der Geschäftsordnung. Außerdem hat Herr Abgeordneter Moersch einen Antrag auf Überweisung an den Ausschuß für Wissenschaft, Kulturpolitik und Publizistik zur Mitberatung gestellt. Ich stelle diesen Antrag zur Abstimmung. Wer dafür ist, hebe die Hand. - Wer ist dagegen? - Enthaltungen? - Es ist einstimmig so beschlossen.
Ich rufe Punkt 10 der Tagesordnung auf:
Beratung der Übersicht 4 des Rechtsausschusses ({0}) über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht
- Drucksache V/545 Wer dem Antrag des Ausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Enthaltungen? - Einstimmig so beschlossen.
Ich rufe Punkt 11 der Tagesordnung auf:
Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen
betr. Veräußerung einer Teilfläche der ehemaligen Flakkaserne in Berlin-Lankwitz, Gallwitzallee 115, an die Stiftung Maria Immaculata
- Drucksache V/550 Der Ältestenrat schlägt Überweisung an den Ausschuß für das Bundesvermögen vor. - Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Enthaltungen? - Es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 12 der Tagesordnung auf:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstands1730
Vizepräsident Frau Dr. Probst
fragen ({1}) über die von der Bundesregierung beschlossene EinunddreißigsteVerordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 ({2})
- Drucksache V/543, V/557 - Berichterstatter: Abgeordneter Lenders
Wünscht der Berichterstatter das Wort? - Das ist nicht der Fall. - Das Wort zur Debatte wird ebenfalls nicht gewünscht.
Wir kommen zur Beschlußfassung. Wer dem Antrag des Ausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Es ist einstimmig so beschlossen.
Ich rufe Punkt 13 der Tagesordnung auf:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen ({3}) über die von der Bundesregierung beschlossene Siebenundzwanzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 ({4})
- Drucksachen V/504, V/558 -Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Steinmetz
Wünscht der Herr Berichterstatter das Wort? - Das ist nicht der Fall. - Das Wort zur Debatte wird nicht gewünscht.
Wir kommen zur Beschlußfassung. Wer dem Antrag des Ausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Enthaltungen? - Es ist so beschlossen.
Ich darf festhalten, daß der Antrag des Ausschusses auf Drucksache V/558 aus zwei Teilen besteht: 1. der Verordnung Drucksache V/504 zuzustimmen und 2. die Bundesregierung zu ersuchen, zollfreie Kontingente für den gesamten Bedarf der deutschen Wirtschaft an Ferrosiliziummangan für die Kalenderjahre 1966/67 durchzusetzen und eine
Kürzung nur insoweit hinzunehmen, als die übrigen Mitgliedstaaten mit Sicherheit zu Weltmarktpreisen zu liefern in der Lage sind.
Ich hatte diese Drucksache ausdrücklich mit aufgerufen. Sie ist in dem Tagesordnungspunkt mit enthalten.
Wir kommen zum letzten Punkt der heutigen Tagesordnung, zu Punkt 14:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und
Forsten ({5}) über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission der EWG für eine Richtlinie des Rats zur Regelung viehseuchenrechtlicher und gesundheitlicher Fragen bei der Einfuhr von Rindern und Schweinen und von frischem Fleisch aus Drittländern und den Entwurf für eine Entscheidung des Rats zur Errichtung eines Veterinärausschusses
- Drucksachen V/11, V/560 -Berichterstatter: Abgeordneter Logemann
Wünscht der Herr Berichterstatter das Wort? - Das ist nicht der Fall. - Das Wort zur Debatte wird ebenfalls nicht gewünscht.
Wir kommen zur Beschlußfassung über den Antrag des Ausschusses, der dem Schriftlichen Bericht Drucksache V/560 angefügt ist. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen ist so beschlossen.
Damit stehen wir am Ende der heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Plenarsitzung ein auf Donnerstag, den 5. Mai, 9 Uhr.
Ich danke dem Hohen Hause und schließe die Sitzung.