Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet.
Folgende amtliche Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Präsident des Bundestages hat gemäß § 96 a der Geschäftsordnung die von der Bundesregierung als dringlich bezeichnete
Einunddreißigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 ({0}) - Drucksache V/543 an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen mit der Bitte um fristgemäße Behandlung überwiesen.
Der Bundesminister der Finanzen hat am 18. April 1966 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Stingl, Dr. Seume, Borm und Genossen betr. Auswirkungen der Artikel 21 und 22 des Haushaltssicherungsgesetzes vom 20. Dezember 1965 in Berlin - Drucksache V/500 - beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache V/542 verteilt.
Der Bundesminister für Gesundheitswesen hat am 18. April 1966 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Schmidt ({1}), Bading, Dr. Hamm ({2}) und Genossen betr. wassergefährdende Tankwagenunfälle - Drucksache V/465 - beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache V/549 verteilt.
Die Tagesordnung beschränkt sich auf die Fragestunde
- Drucksachen V/520, V/523 Ich rufe die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung auf.
Frage XIV/12 des Herrn Abgeordneten Lautenschlager:
Beabsichtigt das Bundesverteidigungsministerium, den Lehrbetrieb an den Bundeswehrfachschulen einzuschränken bzw. diese Schulen ganz aufzulösen?
Bei den Bundeswehrfachschulen, Herr Abgeordneter, sind organisatorische Änderungen auf Grund des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Soldatenversorgungsgesetzes vom 6. August 1964 erforderlich geworden, wodurch der Kreis der länger dienenden Soldaten, die Anspruch auf Besuch der Bundeswehrfachschule haben, eingeschränkt wurde. Während vorher alle Soldaten mit vier- und mehrjähriger Verpflichtungsdauer die Bundeswehrfachschule besuchen konnten, sind jetzt nur noch die Soldaten mit acht- und mehrjähriger Verpflichtungszeit anspruchsberechtigt. Diese Begrenzung führte bisher zur Auflösung von elf Bundeswehrfachschulen. Die Endplanung sieht die Auflösung einer weiteren Schule und die Weiterführung des Lehrbetriebes an 34 Bundeswehrfachschulen vor.
Vizepräsident Dr. Dehler; Keine Zusatzfrage? - Frage XIV/13 des Herrn Abgeordneten Lautenschlager:
Bis wann werden die Lehrkräfte an den Bundeswehrfachschulen besoldungsmäßig und im Hinblick auf die Amtsbezeichnung ihren Kollegen in den Ländern angeglichen?
Die Bundesregierung bereitet, wie bekannt ist, ein Drittes Gesetz zur Änderung des Bundesbesoldungsgesetzes vor, das u. a. die Besoldung der Lehrer im Fachschuldienst des Bundes den inzwischen eingetretenen Besoldungsverbesserungen in den Ländern angleichen soll. Die Vorlage soll alsbald vom Kabinett verabschiedet worden. Änderungen der Amtsbezeichnungen sind nicht vorgesehen. Sie sind bisher von keiner Seite angeregt worden.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Lautenschlager.
Herr Staatssekretär, wenn jetzt so viele Fachlehrer bei der Bundeswehr ausscheiden und die Amtsbezeichnungen nicht angeglichen werden, glauben Sie nicht, daß diese ausscheidenden Fachlehrer, die in anderen Schulen Anstellung suchen, benachteiligt sind?
Ich habe auf Grund der bisherigen Erfahrungen diesen Eindruck nicht gewonnen. Soweit ich weiß, gibt es abweichende Amtsbezeichnungen nur in Baden-Württemberg und in Bayern.
Eine weitere Frage.
Herr Staatssekretär, wären Sie bereit, in dieser Richtung einmal Nachprüfungen vorzunehmen und mir darüber zu berichten?
Dazu bin ich jederzeit bereit, Herr Abgeordneter.
Frage XIV/14 des Herrn Abgeordneten Felder:
Hält das Bundesverteidigungsministerium die bisherige ärztliche Überwachung der Starfighter-Piloten für ausreichend?
Herr Abgeordneter, das Bundesverteidigungsministerium hält die ärztliche Überwachung der Starfighter-Piloten für ausreichend. Die ärztliche Überwachung der Starfighter-Piloten richtet sich wie die aller Flugzeugführer nach den „Bestimmungen für die Untersuchung auf Wehrfliegerverwendungsfähigkeit" und der „Sanitätsanweisung für Fliegerärzte".
Die Untersuchungen auf Wehrfliegerverwendungsfähigkeit werden am Flugmedizinischen Institut der Luftwaffe in Fürstenfeldbruck, die laufenden Kontrollen durch Fliegerärzte durchgeführt, die sich bei jedem fliegenden Verband befinden. Die Fliegerärzte sind infolge ihres engen Kontaktes mit den Piloten in der Lage, frühzeitig Anzeichen einer Leistungsminderung zu erkennen und alle Maßnahmen zu ihrer Behebung zu treffen.
Eine Zusatzfrage?
Herr Staatssekretär, darf ich auf Grund dieser Ausführungen annehmen, daß die Einrichtung eines von vielen Ärzten für notwendig gehaltenen Regenerationszentrums für Bewegungstherapie nicht geplant ist?
Doch, darauf komme ich bei einer späteren Frage noch zu sprechen, Herr Abgeordneter. Zunächst habe ich nur die Frage beantwortet, ob die bisherige ärztliche Überwachung als ausreichen angesehen wird.
Eine weitere Frage, Herr Abgeordneter Felder.
Stehen der Bundeswehr für diesen besonderen Zweck dann wirklich die geeignetsten Ärzte und das nötige Hilfspersonal zur Verfügung, so daß der Regenerationserfolg gesichert erscheint?
Diese Kurse und Kuren sollen ja erst eingerichtet werden. Ich darf darauf vielleicht nachher eingehen.
Ich rufe die Frage XIV/15 des Abgeordneten Felder auf:
Was geschieht, um die einer besonders hohen Beanspruchung ausgesetzten Starfighter-Piloten vor vorzeitigen physischen Verschleißerscheinungen und psychischen Belastungen durch ärztlich empfohlene Regenerationsmaßnahmen zu schützen?
Dem Schutz der Starfighter-Piloten vor vorzeitigen physischen Verschleißerscheinungen und psychischen Belastungen dienen in erster Linie die Untersuchungen und Kontrollen, die ich soeben geschildert habe. Sobald der Fliegerarzt es für erforderlich hält, werden dem einzelnen Flugzeugführer individuelle Kuren verordnet, die zur Stärkung der Wehrfliegerverwendungsfähigkeit wirksam werden sollen. Außerdem ist geplant - und nun komme ich auf das zurück, was Sie eben angesprochen haben -, für diesen Personenkreis auch ohne besonderen Anlaß in Kürze Kurse einzuführen, in denen durch eine unter ärztlicher Leitung stehende Bewegungstherapie die Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft erhalten werden sollen.
Es wird sich also in diesen Zentren nicht nur um Erholung durch Freizeit, sondern um eine intensive Behandlung handeln?
Ja, um eine intensive Behandlung. Das ist also nicht nur eine Individualkur, sondern hier werden auch ohne besonderen Anlaß im Einzelfall die Piloten von Zeit zu Zeit zusammengefaßt, ärztlich besonders überwacht und durch eine Bewegungstherapie in ihrer körperlichen Leistungsfähigkeit erhalten und gestärkt.
Eine weitere Frage.
Haben Sie, Herr Staatssekretär, erfahren, wie sich solche präventiv-medizinischen Maßnahmen bei den anderen NATO-Partnern auswirken?
Ich kann Ihnen diese Frage im Augenblick nicht beantworten, Herr Abgeordneter, werde mich aber erkundigen und sie Ihnen schriftlich beantworten, wenn Sie einverstanden sind.
Danke schön!
Ich rufe die Frage XIV/16 des Abgeordneten Felder auf:
Wie hoch ist der Prozentsatz der Starfighter-Piloten, die jährlich infolge physischer oder psychischer Abnutzung ausfallen?
Ich nehme an, Herr Abgeordneter Felder, daß Sie wissen wollen, wieviel Prozent der Starfighter-Piloten jährlich infolge physischer und psychischer Abnutzung vorzeitig ihre Pilotentätigkeit beenden müssen. Die Frage kann ich nicht exakt beantworten, weil der Fliegerarzt versuchen wird, jeder Überschreitung der physischen und psychischen Belastungsfähigkeit des Piloten sofort Rechnung zu tragen. Das drückt sich in der Praxis etwa darin aus, daß der Fliegerarzt dem Piloten beispielsweise befristete Pausen im Fliegen allgemein oder für bestimmte Flugarten, z. B. Nachtflug oder Instrumentenflug, auferlegt. Es wird also nicht so lange
gewartet, bis ein Starfighter-Pilot wegen physischer und psychischer Abnutzung gänzlich ausfällt. Im Gegenteil, durch diese erwähnten befristeten Einschränkungen des Fliegens wird versucht, ihn möglichst rasch wieder in den vollen Besitz seiner körperlichen und geistigen Kräfte zu bringen, damit er wieder uneingeschränkt zum Fliegen zugelassen werden kann. Durch dieses Verfahren ist es bisher zu keinen Ausfällen gekommen, von denen gesagt werden müßte, daß sie allein auf die besonders hohe Beanspruchung des Fliegens zurückzuführen sind.
Diese Ausfälle stehen also in keiner Beziehung zu dem angeblichen Pilotenmangel?
Nein, Herr Abgeordneter.
Noch eine Frage? - Bitte!
In diesem Zusammenhang darf ich die Frage stellen: Was ist an der in der Presse veröffentlichten Behauptung eines Piloten richtig, die in den USA ausgebildeten Starfighter-Piloten würden bis zu vier Monaten herumsitzen, ehe sie zum Flugtraining nach unseren Wetterbedingungen kämen, wodurch bei ihnen ein Gefühl der Unsicherheit entstehe?
Herr Abgeordneter, diese Äußerung ist mir nicht bekanntgeworden. Es hat eine kleine Verzögerung bei der Umstellung der Ausbildung von den Zentren in Deutschland auf die amerikanischen Zentren gegeben. Dabei ist durch die Überführung zunächst einmal ein gewisser Stau von Flugzeugführeranwärtern entstanden. In der Zwischenzeit hat sich aber das ganze Verfahren eingespielt, und mir ist nicht bekannt, daß irgendwelche Verzögerungen auftreten.
Außerdem meine ich, daß diese Frage nicht im Zusammenhang mit den Fragen steht, die Sie hier aufgeworfen haben, nämlich der ärztlichen Betreuung. Bei den Piloten, die in Amerika ausgebildet werden, liegt die gesamte Ausbildung einschließlich der ärztlichen Betreuung bei den Amerikanern.
Ich rufe die Frage XIV/17 des Abgeordneten Dr. Schulze-Vorberg auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung die Anstrengungen der beiden Weltmächte, zum Schutz ihrer Bevölkerungen und ihrer Industrieanlagen Raketenabwehrsysteme zu entwickeln?
In Ihrer Frage sprechen Sie von der Entwicklung von Raketenabwehrsystemen der beiden Weltmächte. Sie meinen damit - so verstehe ich Sie wenigstens - die USA und die Sowjetunion und die in diesen beiden Ländern unternommenen Anstrengungen zur Entwicklung von Raketenabwehrsystemen gegen interkontinentale ballistische Flugkörper.
Die Bundesregierung ist nur begrenzt in der Lage, zu Ihrer Frage Stellung zu nehmen. Sie kann insbesondere nicht eine Beurteilung der Anstrengungen der USA abgeben. Im Rahmen einer Fragestunde ist es zudem kaum möglich, in eine gründliche Behandlung der außerordentlich komplizierten Materie einzutreten.
Allgemein ist zu den Anstrengungen der beiden Weltmächte zu sagen, daß Nationen, die Offensivwaffen - wie interkontinentale ballistische Raketen - entwickeln, bis zu einem gewissen Grade auch gezwungen sind, entsprechende Abwehrwaffen zu entwickeln. Diese Abwehrwaffen dienen einmal dem Schutz der Bevölkerung und der Industrieanlagen, zum anderen aber dazu, die Wirkung der eigenen Offensivwaffen an den entsprechenden Defensivwaffen zu untersuchen. Es ist also nur natürlich, wenn beide Weltmächte Raketenabwehrsysteme entwickeln.
Mir ist bekannt, daß in den USA jährlich erhebliche Beträge - man spricht von 200 bis 300 Millionen Dollar - für die Entwicklung von Raketenabwehrsystemen auf der Grundlage des Radarprinzips ausgegeben werden. Diese Systeme sind technisch außerordentlich kompliziert und aufwendig. Die Probleme, die dabei bewältigt werden müssen, sind noch nicht voll gelöst. Es scheint theoretisch möglich zu sein, eine Punktverteidigung mit großem materiellem Aufwand aufzubauen. Der lückenlose Schutz einer ganzen Nation mit ihren gesamten Hilfsquellen dagegen ist zur Zeit nicht möglich. Sobald ein solches Abwehrsystem auf beiden Seiten wirksam entwickelt ist, wird es ohne Zweifel dazu beitragen, das nukleare Patt zwischen den Weltmächten aufrechtzuerhalten und die Abschreckung gegen andere Atommächte, die über solche Systeme nicht oder noch nicht verfügen, zu erhöhen.
Eine Zusatzfrage? - Bitte!
Herr Staatssekretär, halten Sie es nicht trotz Ihrer einleitenden Feststellungen für zweckmäßig, daß, nachdem bisher eine Diskussion über diese ungeheuer wichtigen und folgereichen Entwicklungen im Bundestag noch nicht stattgefunden hat - auch im Verteidigungsausschuß nicht -, diese Dinge hier wenigstens einmal kurz angesprochen werden?
Ich habe versucht, auf die Fragen in Kürze einzugehen, Herr Abgeordneter. Ich muß aber sagen, daß die gesamte Materie selber so außerordentlich viele Schwierigkeiten in sich birgt, daß man sie nicht in aller Extensität und erschöpfend behandeln kann.
Ganz sicher.
Herr Staatssekretär, Sie sprachen eben davon, daß das atomare Patt zwischen den beiden Welt1684
machten, wenn solche Systeme ausgebaut wären, noch verstärkt wäre. Welche Konsequenzen ergeben sich nach Ihrer Meinung und nach den Erkenntnissen der Bundesregierung daraus für Gebiete, die nicht unter diesen Schutzglocken liegen werden? Dazu dürfte nach dem augenblicklichen Stand Westeuropa gehören.
Herr Abgeordneter, da zur Zeit ein gewisses Patt zwischen den USA und der Sowjetunion im Hinblick auf die dort vorhandenen Kapazitäten besteht, würde sich im Prinzip an diesem Verhältnis nichts ändern. Ich meine, das hätte die gleichen Auswirkungen dann auch für die Gebiete, die Sie im Auge haben.
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage XIV/18 des Abgeordneten Dr. Schulze-Vorberg auf:
Ist es nach den Erkenntnissen der Bundesregierung derzeit möglich, ballistische Flugkörper bei einem Angriff auf Westeuropa abzuwehren?
Ihre Frage, Herr Abgeordneter, beantworte ich dahin, daß in größerer Zahl gegen westeuropäische Gebiete abgefeuerte ballistische Flugkörper derzeit nicht abgewehrt werden können.
Eine Zusatzfrage, bitte!
Ist es also so, Herr Staatssekretär, daß die Abwehrsysteme nur gegen interkontinentale Raketen aufgebaut werden, nicht aber gegen die Mittelstreckenraketen, die von der Sowjetunion aus Westeuropa bedrohen?
Es verhält sich so, Herr Abgeordneter, daß die Abwehr interkontinentaler Raketen andere technische Voraussetzungen hat als die von Flugkörpern, die etwa im europäischen Raum verwendet werden, und zwar deswegen, weil die Bekämpfung ballistischer Flugkörper im europäischen Raum wegen der relativ flachen Flugbahn ganz andere Voraussetzungen an die Radarerfassung stellt, als das bei den Raketen der Fall ist, die interkontinental, d. h. mit sehr hohen Flugbahnen, geschossen werden. Es sind ganz andere technische Bedingungen, und es sind im Einzelfall andere Untersuchungen notwendig.
Eine zweite Zusatzfrage.
Hält es die Bundesregierung angesichts der bekannten Bedrohung gerade durch diese Mittelstreckenraketen aus der Sowjetunion gegen Westeuropa für geboten,
mit den westeuropäischen Partnern über Abwehrmaßnahmen zu sprechen?
Ich komme in Beantwortung der dritten Frage, die Sie gestellt haben, auf diesen Punkt zurück.
Ich rufe die Frage XIV/19 des Abgeordneten Dr. Schulze-Vorberg auf:
Bestehen Pläne der NATO - oder werden sie von der Bundesregierung erwartet -, das Gebiet der Bundesrepublik mit einer Raketenabwehr zu schützen, entsprechend den amerikanischen Entwicklungen?
Bitte, Herr Staatssekretär, zur Beantwortung!
Ihre dritte Frage, Herr Abgeordneter, beantworte ich dahin, daß der technische Entwicklungsstand einen Raumschutz gegen feindliche Raketen für das Gebiet der Bundesrepublik in der nächsten Waffengeneration etwa bis 1980 nicht erwarten läßt. Die Übernahme etwaiger zum Schutz des amerikanischen Kontinents entwickelten Abwehrsysteme für den mitteleuropäischen Raum ist, wie ich eben in der Antwort auf Ihre Zusatzfrage schon ausgeführt habe, aus technischen Gründen nicht möglich, weil die amerikanischen Systeme für die Bekämpfung von Raketen ausgelegt sind, die in großer Höhe ankommen und eine ganz erhebliche Einfallgeschwindigkeit - etwa 16 Mach - haben.
Wenn sich auch im Augenblick noch keine realisierbare Lösung abzeichnet, so laufen die Planungen der NATO und der Bundesrepublik zur Modernisierung des Luftverteidigungssystems gleichwohl darauf hinaus, die Fähigkeit zur Abwehr auch ballistischer Flugkörper anzuheben. Solche Waffensysteme würden dann beispielsweise auch durch die in der Bundesrepublik stationierten USA-Truppen benötigt werden.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Dr. Schulze-Vorberg.
Herr Staatssekretär, ist es richtig, daß die Interessenidentität, wie sie zwischen Amerika und Westeuropa bisher eindeutig bestand, insoweit nicht mehr besteht, als Westeuropa durch diese Raketen verwundbar bleibt, während für Amerika ein gewisser Schutz möglich werden dürfte?
Eine Interessenidentität besteht insoweit, Herr Abgeordneter, als natürlich alle Nationen, die durch Raketen bedroht sind, danach trachten werden, sich Abwehrwaffen zu schaffen. Ich habe in meiner Antwort aber deutlich zu machen versucht, daß das ein technisch außerordentlich schwieriges Problem ist, das in den Vereinigten Staaten anders gelagert ist als hier in Mitteleuropa, und ich muß hinzufügen, daß die Kosten, die dafür aufgewandt werden müssen, ganz exorbitant hoch sind.
Noch eine Frage, Herr Abgeordneter Schulze-Vorberg.
Wenn es das gemeinsame Bestreben der westeuropäischen Staaten ist, die Raketenbedrohung aus der Sowjetunion nach der von Ihnen gegebenen Darlegung abzubauen, wenn die Abrüstung also unser gemeinsamer Wunsch ist, was kann dann Westeuropa Ihrer Meinung nach gemeinsam tun, um dieser Bedrohung zu begegnen, nachdem immer wieder von der Raketenlücke gerade im Mittelstreckenbereich gesprochen worden ist?
Sie wissen, daß die Politik der NATO insgesamt darauf hinausläuft, dieser Bedrohung durch eine entsprechende Abschreckung zu begegnen. Diese Abschreckung besteht natürlich auch aus dem amerikanischen interkontinentalen Potential auf nuklearem Gebiet. Darüber hinaus sind laufend Bemühungen und Bestrebungen zu verzeichnen, die Abwehrwaffen und die bestehende Abwehr gegenüber einfliegenden Raketen zu verstärken und die Abwehr zu verbessern.
Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Ich rufe die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung auf, zunächst die Frage XIII/1 des Herrn Abgeordneten Cramer:
Ist die Bundesregierung bereit, bei Vorlage des Dritten Neuordnungsgesetzes zum Bundesversorgungsgesetz auch für diejenigen Witwen aus dem zweiten Weltkrieg, die vor Inkrafttreten des Bundesversorgungsgesetzes am 1. Oktober 1950 wieder geheiratet haben und deren Ehen wieder aufgelöst wurden, unter Aufrechnung der Heiratsabfindung die Hinterbliebenenrente wieder zu gewähren?
Das von Ihnen angesprochene Problem, Herr Kollege, ist bereits im geltenden Recht gelöst. Ich weise auf § 44 Abs. 6 des Bundesversorgungsgesetzes hin. Hiernach lebt der Anspruch auf Witwenrente auch dann wieder auf, wenn eine Witwe keine Witwenrente nach dem Bundesversorgungsgesetz bezogen hat, sofern sie ohne die Wiederverheiratung einen Anspruch auf Versorgung hätte. Diese Regelung knüpft übrigens an die schon vor Inkrafttreten des ersten Neuordnungsgesetzes vom 1. Juli 1960 geltende Vorschrift des § 44 Abs. 8 BVG an.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Cramer.
Herr Minister, habe ich Sie richtig verstanden, daß zwischen den Witwen aus der Zeit vor dem 1. April 1950 und nachher kein Unterschied mehr gemacht wird?
Jawohl.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Fritsch.
Herr Minister, ist damit kundgetan, daß die Witwen, die infolge ihrer Verehelichung vor Inkrafttreten des Bundesversorgungsgesetzes keine Abfindung erhalten haben, nunmehr bei der Neuordnung in Form des Dritten Neuordnungsgesetzes mit einbezogen werden sollen?
Nein, Herr Kollege, die Frage der Abfindung ist darin nicht enthalten.
Eine weitere Frage, Herr Abgeordneter Fritsch.
Herr Minister, ist beabsichtigt, in die Neuordnung eine derartige Bestimmung mit aufzunehmen, die diejenigen Witwen mit einbezieht, die infolge ihrer Verehelichung unmittelbar nach 1945 oder einige Jahre später bisher keine Abfindung erhalten haben?
Wir sind mitten in der Vorbereitung des Gesetzentwurfs, und ich kann jetzt darüber noch keine Auskunft erteilen.
Dann rufe ich die Fragen XIII/2 bis XIII/4 des Abgeordneten Schmidt ({0}) auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die jetzige Schlechtwetterregelung nach §§ 143 a bis n des AVAVG bis zum 31. März des jeweiligen Jahres unbefriedigend ist?
Kann damit gerechnet werden, daß für die Mittelgebirgs- und Höhengebiete der Bundesrepublik, in denen die Schlechtwetterperiode über den genannten Termin hinausgeht, eine differenzierte Regelung eingeführt wird?
Ist die Bundesregierung der Meinung, daß die Empfehlung eines Arbeitsamtes, nach Ablauf der Schlechtwetterperiode die Arbeitskräfte zu entlassen, den Interessen des Mittelstandes Rechnung trägt?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Bundesministers Katzer vom 20. April 1966 lautet:
1. Die Bundesregierung hält die Regelung, nach der das Schlechtwettergeld nur für die Zeit bis zum 31. März gewährt werden kann, nicht für unbefriedigend. Sie hat bei der Festlegung der Schlechtwetterzeit durch § 1 der Achten Verordnung zur Durchführung des AVAVG im Jahre 1959 eingehend geprüft, ob - wie von mehreren Seiten gewünscht - eine kürzere oder eine längere Dauer der Schlechtwetterzeit angebracht wäre. Für die Begrenzung auf den 31. März hat sie sich dann im Einvernehmen mit den Sozialpartnern entschieden. In ihrem Bericht über die Auswirkungen der Vorschriften zur Förderung der ganzjährigen Beschäftigung in der Bauwirtschaft ({1}) hat die Bundesregierung dargelegt, daß sie nach den bisherigen Erfahrungen diese Begrenzung für angemessen hält. Die Bundesregierung hat sich bei der von ihr getroffenen Regelung im wesentlichen von folgenden Überlegungen leiten lassen:
a) Daß die Schlechtwetterzeit am 31. März endet, entspricht der im Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe getroffenen Festsetzung der Zeit, in der aus witterungsbedingten Gründen ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden kann.
b) Eine Aufstellung der Frosttage in den letzten 50 Jahren zeigt, daß im Durchschnitt des Monats April nur an wenigen Tagen und dann auch nur leichter Frost erwartet werden kann. So lag z. B. die Mindesttemperatur im Durchschnitt der letzten 50 Jahre im April in Schleswig-Holstein nur an 5 Tagen, im klimatisch so verschiedenen Bayern nur an 6 Tagen unter 0 Grad. Es handelt sich dabei um Frosttage, nicht etwa um Eistage, bei welchen die Temperatur den ganzen Tag unter dem Gefrierpunkt liegt. Arbeitsausfall an diesen wenigen Frosttagen ist selten zu erwarten. Wenn er dennoch eintritt, so können
Vizepräsident Dr. Dehler
Arbeitsausfälle in aller Regel durch Nacharbeit im Sinne der Vorschriften des Bundesrahmentarifvertrages für das Baugewerbe ausgeglichen werden.
2. Es kann nicht damit gerechnet werden, daß die Dauer der Schlechtwetterzeit regional unterschiedlich festgelegt und etwa für die von Ihnen genannten Mittelgebirgs- und Höhengebiete verlängert wird. Die Bundesregierung hat die Frage, ob eine solche Regelung angebracht wäre, bereits vor Erlaß der genannten Verordnung, aber auch späterhin mehrfach eingehend geprüft, sie aber aus folgenden Gründen verneint:
Eine regional unterschiedliche Regelung der Schlechtwetterzeit würde voraussetzen, daß in aller Regel in einzelnen Gebieten zu bestimmten Zeiten aus witterungsbedingten Gründen nicht gebaut werden kann, während in anderen Bezirken zur gleichen Zeit das Bauen möglich ist. Dies trifft jedoch - von ungewöhnlichen Höhenlagen, die für den Baumarkt keine Bedeutung haben, abgesehen - für die Bundesrepublik nicht zu. Die Witterungsverhältnisse verlaufen vielmehr in der Bundesrepublik von Jahr zu Jahr sehr ungleichmäßig, auch was die Relationen zwischen den verschiedenen Gebieten anlangt. Im vergangenen Februar z. B. fiel im Norden Schnee, während im Süden - im Unterschied zu sonstigen Jahren - Vorfrühling herrschte; dort war das Bauen unmöglich, hier bestanden keine Hinderungsgründe. Auch im April können die klimatischen Verhältnisse unter Umständen im Mittelgebirge die Bauarbeiten gestatten, während sie im Küstengebiet an einzelnen Tagen eingestellt werden müssen. Wie die Bundesregierung bereits in dem erwähnten Bericht ({2}) ausgeführt hat, würden daher regional verschiedene Schlechtwetterzeiträume in der Praxis zu erheblichen Unzuträglichkeiten führen.
3. Die Frage, ob Arbeitnehmer nach Ablauf der Schlechtwetterzeit entlassen werden sollen, haben die Unternehmers des Baugewerbes in eigener Verantwortung zu entscheiden. Es gehört nicht zu den Aufgaben des Arbeitsamtes, eine Empfehlung in diesem Sinne zu geben. Das Arbeitsamt hat lediglich Auskunft über die Rechtslage zu erteilen. Wenn Sie mir nähere Unterlagen zuleiten, aus denen hervorgeht, daß ein Arbeitsamt gegen diese Grundsätze verstoßen hat, bin ich gern bereit, die Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung um einen Bericht zu bitten.
Dann rufe ich die Frage XIII/5 des Herrn Abgeordneten Kohlberger auf:
Teilt die Bundesregierung die Meinung des Staatssekretärs Kattenstroth, der laut Zeitungsbericht vom 30. März 1966 gesagt hat, daß deutsche Arbeitnehmer ihre Aufgaben in den Betrieben weniger verantwortungsbewußt als ausländische Arbeitskräfte erfüllen?
Herr Präsident, darf ich die drei Fragen des Herrn Kollegen Kohlberger zusammenfassend beantworten?
Ja. Dann rufe ich noch die Fragen XIII/6 und XIII/7 des Herrn Abgeordneten Kohlberger auf:
Hat die Bundesregierung die gleiche Auffassung wie Staatssekretär Kattenstroth, daß deutsche Arbeitnehmer im Vergleich mit Ausländern häufiger krank sind?
Ist die Bundesregierung nicht auch der Meinung, daß Auslassungen wie die des Staatssekretärs Kattenstroth in Bad Godesberg vom 30. März 1966 die -deutschen Arbeitnehmer kränken können, mit deren Arbeitskraft die Wirtschaft wiederaufgebaut wurde?
Zur ersten Frage. Mir ist ein Zeitungsbericht, Herr Kollege, vom 30. März 1966, nach dem Herr Staatssekretär Kattenstroth gesagt haben soll, daß deutsche Arbeitnehmer ihre Aufgaben in den Betrieben weniger verantwortungsbewußt als ausländische Arbeitnehmer erfüllen, nicht bekannt. Ein solcher Pressebericht wäre auch völlig unzutreffend, denn Herr Staatssekretär Kattenstroth hat in seinen Ausführungen über Probleme der Ausländerbeschäftigung bei der Informationstagung des Bundesverbandes deutscher Arbeitgeberverbände - die Rede liegt mir im vollen Wortlaut vor - diese oder ähnliche Feststellungen nicht getroffen.
Zur zweiten Frage. Herr Staatssekretär Kattenstroth ist in seiner Rede vom 30. März 1966 in Bad Godesberg auf den Krankenstand der Arbeitnehmer überhaupt nicht eingegangen, hat also auch nicht den Krankenstand deutscher und ausländischer Arbeitnehmer verglichen. Presseberichte zu dieser Frage beziehen sich auf Ausführungen anderer Teilnehmer an dieser Tagung.
Zur dritten Frage, Herr Kollege Kohlberger. Da Ihre ersten beiden Fragen, wie ich soeben dargelegt habe, auf offensichtlich unrichtigen Presseberichten basieren, möchte ich annehmen, daß Ihre dritte Frage dadurch gegenstandslos geworden ist. Falls Sie an dem vollen Wortlaut der Rede von Herrn Staatssekretär Kattenstroth interessiert sind, bin ich gerne bereit, Ihnen diese sofort zur Verfügung zu stellen. Ich bin sicher, daß Sie nach der Lektüre der Rede mit mir der Auffassung sind, daß in dieser Rede keinerlei Behauptung enthalten ist, die geeignet wäre, die deutschen Arbeitnehmer zu kränken.
Herr Abgeordneter Kohlberger, eine Zusatzfrage.
Stimmt es Herr Minister, daß die Presse - nicht am 30., aber am 31. den Namen des Herrn Staatssekretärs genannt und berichtet hat, der Herr Staatssekretär habe erklärt, daß deutsche Arbeiter häufiger krank seien als ausländische?
Ich sagte Ihnen schon, Herr Kollege, daß das möglicherweise in einigen Presseberichten gestanden hat, daß das aber nicht mit dem Inhalt der Rede übereinstimmt, die der Herr Staatssekretär tatsächlich gehalten hat. Ich habe mich bereiterklärt, Ihnen den vollen Wortlaut der Rede sofort zur Verfügung zu stellen.
Eine weitere Frage.
Herr Minister, diese Zeitungsmeldung hat Anlaß dazu gegeben, daß Tausende von Menschen ihre Arbeit niederlegten. Wäre es nicht richtig gewesen, eine Berichtigung dieser Pressemeldung zu verlangen?
Ich persönlich habe am gleichen Tage in einem großen Publikationsorgan eine Berichtigung gegeben, und ich glaube, daß sie auch sehr beruhigend gewirkt hat.
Ich rufe die Frage XIII/8 des Herrn Abgeordneten Fritsch ({0}) auf:
Wie beurteilt die Bundesregierung den Sachverhalt, daß Frauen und Mädchen, die sich bei Betrieben um eine Einstellung bewerben, vielfach in einer Weise über das Vorliegen einer Schwangerschaft befragt werden, die den Schutz der Intimsphäre mißachtet?
Herr Kollege Fritsch, die Bundesregierung ist der Auffassung, daß Befragungen von Frauen und Mädchen, die den Schutz der Intimsphäre mißBundesminister Katzer
achten, unzulässig sind. Nicht jede Frage nach dem Bestehen einer Schwangerschaft bedeutet jedoch einen unzulässigen Eingriff in diese Sphäre. Es kommt, wie die Bundesregierung glaubt, vielmehr darauf an, in welcher Form eine solche Frage gestellt wird. Diese Auffassung entspricht der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Ich darf auf das Urteil vom 22. September 1961 hinweisen. Hier hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, daß der Arbeitgeber das Recht hat, eine Stellenbewerberin nach dem Bestehen einer Schwangerschaft zu fragen. Eine solche Frage ist allerdings nach diesem Urteil nur dann gestattet, wenn sie in angemessener Form gestellt wird. Eine angemessene Form sieht das Bundesarbeitsgericht in der Vorlage eines Fragebogens oder in einer zu unterschreibenden Erklärung. Dieser Stellungnahme möchte ich mich vollinhaltlich anschließen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Fritsch.
Herr Minister, sehen Sie, nachdem nicht in Abrede gestellt werden kann, daß in der Praxis diese von dem Bundesarbeitsgericht vorgesehene Form der Befragung nicht gewahrt wird, Möglichkeiten der Durchsetzung dieses Grundsatzes in den Betrieben, da doch, wie Sie zugegeben haben, hier die Intimsphäre und damit grundgesetzliche Rechte des Bürgers in Frage gestellt werden?
Herr Kollege, es ist natürlich, wie Sie sicher zugestehen werden, sehr schwierig, hier mit gesetzesmäßigen Mitteln einzugreifen; denn es ist eben doch eine Frage der persönlichen Haltung und der Persönlichkeit. Ich kann also von mir aus eigentlich nur darauf hinweisen, daß man auch in der Öffentlichkeit dafür Verständnis haben soll. Ich glaube, mehr bleibt uns in diesem Hohen Hause zu dieser Frage nicht zu tun.
({0})
Eine weitere Frage, Herr Abgeordneter Fritsch.
Herr Minister, würden Sie es nicht trotzdem für sinnvoll halten, sich mit den beteiligten Tarifpartnern, Gewerkschaften usw., zusammenzusetzen, um diese Frage doch noch einmal zu besprechen und darauf hinzuweisen, daß hier größte Zurückhaltung zu üben ist, und vielleicht auch die Frage zu prüfen, inwieweit keine Folgen für die Befragte eintreten, wenn sie es ablehnt, diese Frage zu beantworten?
Herr Kollege, ich bin im laufenden Gespräch sowohl mit der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände als auch mit den Gewerkschaften. Ich bin selbstverständlich gern bereit, über diesen Weg - das deutete ich vorhin schon
an - alles zu tun, um die Intimsphäre zu wahren und die entsprechende Aufklärung zu geben.
Frau Kollegin Rudoll zu einer Zusatzfrage.
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß diese Fragen zum Teil in schriftlicher Form im sogenannten Einstellungsfragebogen niedergelegt sind, und sehen Sie keine Möglichkeit, auf die Gestaltung dieser Fragebogen Einfluß zu nehmen, damit die Mißachtung daraus entfernt wird?
Frau Kollegin, ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir einen Fragebogen zuleiteten, von dem Sie annehmen, daß ein Eingriff in die Intimsphäre vorliegt. Mir ist ein solcher bisher nicht bekannt geworden. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir entsprechendes Material zuleiteten. Ich wäre dann selbstverständlich gern bereit, entsprechende Schritte zu unternehmen.
Eine weitere Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Rudoll.
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß bei einer Firma die Einstellungsuntersuchung einmal auf eine Untersuchung durch eine Vertragsärztin, die Gynäkologin war, ausgedehnt wurde und daß es sich dabei um ein 15jähriges Mädchen handelte? Halten Sie solche Maßnahmen für richtig?
Der Fall ist mir bisher nicht zur Kenntnis gebracht worden. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir die Unterlagen zusenden könnten, damit ich mir ein Bild über diesen Einzelfall machen kann.
Herr Abgeordneter Matthöfer!
Herr Minister, da man dieses Problem im Zusammenhang mit anderen Tendenzen in unseren Betrieben sehen muß, die zum Zwecke haben, in den Innenraum des Menschen, der zu seiner menschlichen Würde gehört, einzugreifen, möchte ich Sie fragen, ob in Ihrem Ministerium die Absicht besteht zu überlegen, welche Tendenzen in den deutschen Betrieben bestehen, die in den menschlichen Innenraum einzugreifen geeignet sind, und welche Maßnahmen man unter Umständen dagegen ergreifen könnte?
Herr Kollege, ich muß Ihnen ehrlich gestehen: Das ist so allgemein gehalten, daß ich nicht wüßte, was ich in meinem Hause anstellen sollte, um solchen Dingen zu begegnen. Es ist - ich wäre dankbar, wenn das Hohe Haus das so sähe - eine Frage der Persönlichkeit. Es ist eine Frage des Menschen. Das ist vom Gesetzgeber nicht zu erzwingen.
Ich bin der Meinung, es gehört eine wache öffentliche Meinung und eine selbstbewußte Arbeitnehmerschaft dazu. Wir haben schließlich nicht nur eine Vollbeschäftigung, sondern eine Überbeschäftigung, so daß auch die Position des Arbeitnehmers auf dem Arbeitsmarkt an sich doch relativ stark ist, wenn er sich solchen Dingen widersetzt.
Eine weitere Frage, Herr Abgeordneter Matthöfer.
Herr Minister, da nach unserem Grundgesetz die Würde des Menschen unantastbar ist und die Gewährleistung eines Innenraums, in den niemand eindringen darf, zum Schutz der Würde des Menschen gehört, sind Sie nicht auch mit mir der Meinung, daß es sehr wohl Aufgabe dieses Hauses ist, unter Umständen durch gesetzgeberische Maßnahmen dafür zu sorgen, daß die Würde des Menschen auch in den Betrieben geachtet wird?
Ich bin mit Ihnen dieser Meinung - ich habe das vorhin schon dargestellt -, nur glaube ich, daß es sehr schwierig ist, dieses Problem gesetzgeberisch zu lösen. Ich glaube vielmehr, daß es nur in einem Appell an die Verantwortung aller Beteiligten gelöst werden kann.
Ich rufe nun die Fragen des Herrn Abgeordneten Jahn ({0}) aus der Drucksache V/523 auf. Zunächst die Frage IV/1:
Wann wurde mit der Fertigung des Entwurfs der Verordnung über die Berechnung des Kapitalwertes bei Abfindung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach den §§ 604 und 616 der Reichsversicherungsordnung vom 17. August 1965 ({1}) begonnen?
Herr Präsident, darf ich die beiden Fragen zusammen beantworten?
Einverstanden. Ich rufe also noch die Frage IV/2 auf:
Wann wurde der in Frage IV/1 genannte Verordnungsentwurf erstmals mit dem Spitzenverband der Unfallversicherungsträger beraten?
Herr Kollege Jahn, mit der Fertigung des ersten Entwurfs der Verordnung über die Berechnung des Kapitalwertes bei Abfindung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung wurde Mitte des Jahres 1963 begonnen. Vorarbeiten dazu, insbesondere die Sammlung von Materialien, wurden bereits zu Anfang des Jahres 1962 aufgenommen.
Zur zweiten Frage lautet die Antwort: Der Entwurf der Abfindungsverordnung wurde im Januar 1964 den Spitzenverbänden der Träger der Unfallversicherung zur Stellungnahme übersandt. Die eingegangenen Stellungnahmen wurden am 4. August 1964 mit den Spitzenverbänden der Träger der Unfallversicherung besprochen.
Eine weitere Frage, Herr Abgeordneter Jahn.
Herr Minister, bedeutet das, daß der von Ihnen genannte Zeitpunkt der früheste war, zu dem die Versicherungsträger von der Vorbereitung dieser Verordnung Kenntnis erhielten?
Ja, das dürfte der früheste Zeitpunkt gewesen sein, Herr Kollege Jahn.
Ich rufe dann aus der Drucksache V/520 die Fragen XIII/9 bis XIII/11 des Herrn Abgeordneten Biechele auf:
Sind Informationen zutreffend, nach denen die Zahl der deutschen Grenzgänger, die in der Schweiz arbeiten, in den letzten Jahren beträchtlich zurückgegangen ist, während die Zahl der Schweizer Grenzgänger, die in Deutschland arbeiten, erheblich zugenommen hat ({0}) ?
Liegen die Gründe für die unter XIII/9 geschilderte Entwicklung - wenn die o. a. Informationen zutreffen - nicht nur in der Lohnentwicklung in Deutschland und in der Schweiz, sondern auch in der besseren sozialen Sicherung, die den in Deutschland arbeitenden Menschen zugute kommt?
Erwägt die Bundesregierung, für die in der Schweiz arbeitenden deutschen Grenzgänger einen gerechten Ausgleich im Bereich der sozialen Sicherung ({1}) zu anwährleisten?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des
Bundesministers Katzer vom 21. April 1966 lautet:
1. Nach den statistischen Erhebungen der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung in Nürnberg ist die Zahl der deutschen Grenzgänger, die in der Schweiz arbeiten, vom 30. September 1960 bis 30. September 1965 von 16 915 auf 13 921 gesunken, während die Zahl der schweizerischen Grenzgänger, die in der Bundesrepublik arbeiten, in demselben Zeitraum von 306 auf 488 gestiegen ist.
2. Mir liegen keine Unterlagen darüber vor, ob die in der Bundesrepublik Deutschland bestehende, gegenüber der schweizerischen Regelung vielfach weitergehende soziale Sicherung, die freilich auch höhere Beiträge der Versicherten verlangt, die angesprochene Entwicklung beeinflußt.
3. Die Bundesregierung ist bemüht, im Rahmen der sozialversicherungsrechtlichen Beziehungen zur Schweiz den berechtigten Anliegen der Grenzgänger in angemessener Weise Rechnung zu tragen.
In diesem Zusammenhang verweise ich auf das deutsch-schweizerische Abkommen über Soziale Sicherheit vom 25. Februar 1964, das am 1. Mai d. J. in Kraft tritt. Nach diesem Abkommen - ähnlich wie nach den übrigen für die Bundesrepublik Deutschland wirksamen zwei- und mehrseitigen Abkommen über Soziale Sicherheit und nach der Verordnung des Rates der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft über die Soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer - ist für die soziale Sicherung der deutschen Grenzgänger und der anderen deutschen Staatsangehörigen, die im Gebiet der Schweiz beschäftigt sind, Schweizer Recht maßgebend und umgekehrt. Dabei sind die Staatsangehörigen beider Vertragsstaaten in ihren Rechten und Pflichten in bezug auf die Soziale Sicherheit des Staates, in dem sie arbeiten, grundsätzlich dessen Staatsangehörigen gleichgestellt.
Nach Artikel 18 Abs. 3 und Artikel 19 Abs. 1 des Abkommens erhalten darüber hinaus deutsche Grenzgänger, die in der Schweiz beschäftigt sind, Eingliederungsmaßnahmen und ordentliche Renten der schweizerischen Invalidenversicherung unter erleichterten Voraussetzungen hinsichtlich der Dauer der vorherigen Entrichtung von Beiträgen zu dieser Versicherung.
Die den deutschen Grenzgängern in der Schweiz gewährten Familienzulagen betragen zur Zeit 15 bis 30 sfr. je Kind. Da die schweizerischen Familienzulagen allgemein auch für das erste und das zweite Kind gezahlt werden, erhalten deutsche Grenzgänger mit einem oder zwei Kindern meist höhere Leistungen, als ihnen nach deutschem Recht zustehen würden. Für Grenzgänger mit drei Kindern ist der Gesamtbetrag der schweizerischen Familienzulagen in den meisten Kantonen annähernd so hoch wie das Kindergeld. Für Grenzgänger, die vier oder mehr Kinder haben, ist er dagegen im allgemeinen erheblich niedriger als das Kindergeld. Das bedeutet für kinderreiche Grenzgänger eine Härte. Die Bundesregierung hat daher durch § 3 der Zweiten Durchführungsverordnung zum Bundeskindergeldgesetz vom
Vizepräsident Dr. Dehler
21. März 1966 ({2}) bestimmt, daß diesen Grenzgängern das Kindergeld für das vierte und jedes weitere Kind zur Hälfte gewährt wird, sofern die schweizerischen Familienzulagen für das betreffende Kind nicht höher sind als die Hälfte des Kindergeldes. Einen vollen Ausgleich, d. h. die Zahlung des jeweiligen Unterschiedes zwischen den Familienzulagen, die der Grenzgänger in der Schweiz erhält, und dem für ihn in Betracht kommenden deutschen Kindergeld, hält die Bundesregierung im Hinblick auf die Höhe des allgemeinen Lohnniveaus in der Schweiz sozialpolitisch nicht für notwendig.
Ich danke Ihnen, Herr Minister.
Ich rufe dann die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes auf, nämlich die Fragen auf Drucksache V/523, zunächst die Frage I/1 des Herrn Abgeordneten Hilbert:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die australische Regierung beabsichtigt, wehrpflichtige Einwanderer zum Waffendienst einzuberufen, auch wenn diese nicht die Staatsangehörigkeit dieses Landes erworben haben?
Herr Präsident, darf ich die Fragen des Herrn Abgeordneten im Zusammenhang beantworten?
Einverstanden. Ich rufe dann noch die Fragen I/2 und I/3 des Herrn Abgeordneten Hilbert auf:
Treffen Pressemeldungen zu, daß die australische Regierung die wehrpflichtigen Einwanderer nach erfolgter Ausbildung im Waffendienst vornehmlich in Südvietnam einzusetzen gedenkt?
Falls die Fragen I/1 und 2 bejaht werden: Kann die Bundesregierung gegen die Heranziehung deutscher, nicht naturalisierter Einwanderer geeignete Schritte bei der australischen Regierung unternehmen?
Dauereinwanderer in Australien waren schon bisher vor ihrer Einbürgerung wehrpflichtig, wurden jedoch faktisch kaum einberufen. Unsere Botschaft ist um Bericht gebeten worden, ob sich diese Praxis neuerdings geändert hat. Ich möchte vorschlagen, daß ich Ihnen, Herr Abgeordneter, den Bericht schriftlich übermitteln lasse, sobald er eingeht.
Auch die von Ihnen erwähnten Pressemeldungen werden von unserer Botschaft in Canberra überprüft werden.
Wegen der Einberufung von Deutschen zum Grundwehrdienst könnte, wenn diese Praxis in Australien tatsächlich aufgenommen werden sollte, die deutsche Regierung gegenüber der australischen Regierung keine Einwendungen erheben, da diese Praxis in vielen Einwanderungsländern seit langem geübt wird und nicht völkerrechtswidrig ist. Auch das deutsche Wehrpflichtgesetz in der Fassung vom 14. Mai 1965 sieht vor, daß bei uns Ausländer, deren Heimatstaaten Deutsche gesetzlich zum Wehrdienst verpflichten, unter gleichen Voraussetzungen der Wehrpflicht unterworfen werden können.
Eine Zusatzfrage? - Bitte, Herr Abgeordneter Moersch!
Herr Staatssekretär, würde das also bedeuten, daß Australier, die in Deutschland arbeiten, ebenfalls zum Wehrdienst eingezogen werden könnten, wenn die Praxis umgekehrt wäre?
Diese Möglichkeit würde bestehen.
Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär. Wir sind damit am Ende der Fragestunde.
Die heutige Tagesordnung soll noch um die in der vorliegenden Liste aufgeführten Vorlagen ergänzt werden. - Dagegen erhebt sich kein Widerspruch.
Wir können die Vorlagen sofort behandeln. Es handelt sich um folgende Berichte des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({0}) über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission der EWG für eine Richtlinie des Rats über die Angleichung der Gesetzgebung der Mitgliedstaaten hinsichtlich der Sortierung von Rohholz
- Drucksachen V/292, V/540 - Berichterstatter: Abgeordneter Bewerunge
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({1}) über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats zur Verlängerung einzelner Fristen für die Gewährung von Zuschüssen aus den Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft, Abteilung Ausrichtung, für das Jahr 1965
- Drucksachen V/487, V/541 -Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Rinderspacher
Der Ausschuß empfiehlt Kenntnisnahme der Vorschläge und darüber hinaus Annahme von Entschließungen. - Die Herren Berichterstatter wünschen nicht das Wort.
Das Haus ist, wie ich annehme, damit einverstanden, daß wir der Einfachheit halber über die Vorlagen gemeinsam abstimmen. - Ich höre keinen Widerspruch. Ich komme also zur Abstimmung über die Ausschußanträge auf den Drucksachen V/540 und V/541. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Die Ausschußanträge sind angenommen.
Weiter liegt Ihnen eine Liste auf Überweisung von Vorlagen der Bundesregierung, die keiner Beschlußfassung bedürfen, an die zuständigen Ausschüsse. nach § 76 Abs. 2 der Geschäftsordnung vor:
1. Vorlage des Präsidenten der NATO-Parlamentarier-Konferenz
Betr.: Entschließungen und Empfehlungen der elften Jahreskonferenz vom 4. bis 8. Oktober 1965
- Drucksache V/479 - zuständig: Auswärtiger Ausschuß
Vizepräsident Dr. Dehler
2. Vorlage des Bundesministers des Innern
Betr.: Erfahrungen mit dem Gesetz zur Änderung des Bundesbesoldungsgesetzes vom 31. August 1965
Bezug: Beschluß des Bundestages vom 1. Juli 1965
- Drucksache V/488 -zustandig: Innenausschuß
3. Vorlage des Bundesministers für Verkehr
Betr.: Bericht über den Stand der zivilen Flugsicherung
Bezug: Beschluß des Bundestages vom 1. Februar 1966
- Drucksache V/493 -zuständig: Verkehrsausschuß
4. Vorlage des Bundesministers des Innern
Betr.: Internationale Polizeikonvention
Bezug: Beschluß des Bundestages vom 12. Mai 1965
- Drucksache V/496 -zuständig: Innenausschuß ({2}), Auswärtiger Ausschuß
5. Vorlage des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen
Betr.: Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten der EWG für Postgebühren
Bezug: Beschluß des Bundestages vom 23. Juni 1965
- Drucksache V/497 -zuständig: Postausschuß
6. Vorlage des Bundesministers für Verkehr
Betr.: Huckepackverkehr
Bezug: Beschluß des Bundestages vom 30. April 1964
- Drucksache V/522 zuständig: Finanzausschuß ({3}), Verkehrsausschuß
Erhebt sich gegen die Überweisung Widerspruch? - Das ist nicht der Fall.
Damit sind wir am Ende der heutigen Sitzung. Die nächste Sitzung findet am Mittwoch, dem 4. Mai 1966, statt. Die genaue Uhrzeit wird noch bekanntgegeben.
Ich schließe die Sitzung.