Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 7/2/1969

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Die Sitzung ist eröffnet. Zunächst eine amtliche Mitteilung. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll die Tagesordnung um die in der Ihnen vorliegenden Liste bezeichneten Vorlagen ergänzt werden. - Das Haus ist damit einverstanden. Die Erweiterung der Tagesordnung ist damit beschlossen. Die folgenden amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen: Der Bundesminister für wissenschaftliche Forschung hat am 26. Juni 1969 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Frau Funke, Borm, Dr. Achenbach, Genscher, Schultz ({0}) und der Fraktion der FDP betr. Friedensforschung - Drucksache V/4371 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache V14528 verteilt. Der Präsident der Versammlung der Westeuropäischen Union hat am 21. Februar 1969 die von der Versammlung der Westeuropäischen Union während des Zweiten Teils ihrer Vierzehnten Ordentlichen Sitzungsperiode am 20. und 21. Februar 1969 in Paris angenommene Empfehlung Nr. 179 betr. die politischen Kräfte in den Mitgliedsländern der WEU und die europäischen Fragen Entschließung Nr. 39 betr. die Krise der WEU vorgelegt. Sie werden als Drucksache V/4456 verteilt. Der Vorsitzende des Innenausschusses hat am 25. Juni 1969 mitgeteilt, daß der Ausschuß die Entschließungen und Empfehlungen der 14. Jahrestagung der Nordatlantischen Versammlung in Brüssel; hier: Anordnung des Ausschusses für Erziehung, Kultur und Information - Drucksache V/3637 zustimmend zur Kenntnis genommen und beschlossen habe, von einem Bericht an den Deutschen Bundestag abzusehen. Der Vorsitzende des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat mit Schreiben vom 13. Juni 1969 mitgeteilt, daß gegen die nachfolgenden Verordnungen keine Bedenken erhoben werden: Verordnung ({1}) Nr. 750/69 des Rates vom 22. April 1969 zur Änderung der Verordnung ({2}) Nr. 324/69 des Rates vom 21. Februar 1969, mit der Italien ermächtigt wird, besondere Interventionsmaßnahmen auf dem Orangenmarkt anzuwenden Verordnung ({3}) Nr. 750/60 des Rates vom 22. April 1969 zur Änderung der Verordnung ({4}) Nr. 985/68 zur Festlegung der Grundregeln für die Interventionen auf dem Markt für Butter und Rahm Verordnung ({5}) Nr. 832/69 des Rates vom 2. Mai 1969 zur Ergänzung der Verordnung ({6}) Nr. 290/69 zur Festlegung der Kriterien für die Bereitstellung von Getreide für die Nahrungsmittelhilfe Zu den in der Fragestunde der 243. Sitzung des Deutschen Bundestages am 26. Juni 1969 gestellten Fragen des Abgeordneten Richarts, Drucksache V/4430 Nrn. 57, 58 und 59 *), ist inzwischen die schriftliche Antwort des Bundesministers Frau Strobel vom 27. Juni 1969 eingegangen. Sie lautet: Nach Feststellungen des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, das Ihre Fragen am 25. Juni 1969 an das Bundesministerium für Gesundheitswesen abgegeben hat, beträgt der Preisunterschied, den deutsche Importeure gegenüber den Importeuren anderer Mitgliedsländer für entbeintes Gefrierfleisch in den von Ihnen genannten Ländern zahlen müssen, nicht 140, sondern etwa 40 pro Tonne. Folgende Gründe können diesen Preisunterschied bewirken: Entbeintes Fleisch kann von deutschen Importeuren nur von Schlacht- und Zerlegebetrieben bezogen werden, die nach den deutschen Vorschriften die notwendigen hygienischen Voraussetzungen erfüllen. Das Fleisch, das in Betrieben gewonnen wird, die nicht über ausreichende hygienische Einrichtungen verfügen, kann möglicherweise billiger angeboten werden. Den Behauptungen, daß jetzt entbeintes Gefrierfleisch, das den deutschen veterinär- und gesundheitspolizeilichen Anforderungen nicht entspricht, von Importeuren anderer Mitgliedsländer gekauft und dann unter Umgehung der deutschen Bestimmungen in die Bundesrepublik Deutschland verbracht wird, wird bereits nachgegangen. Die Bundesregierung ist selbstverständlich bestrebt, solche Verstöße festzustellen, zu ahnden und zu verhindern. Im übrigen hoffe ich, daß die bereits in einem fortgeschrittenen Stadium befindlichen Verhandlungen zur Harmonisierung der tierseuchenrechtlichen und gesundheitlichen Vorschriften für die Einfuhr von Fleisch aus Drittländern in Kürze zum Abschluß kommen, so daß damit einheitliche Wettbewerbsbedingungen gegeben sind. Für eine erschöpfende Beantwortung sind noch Rückfragen und Überprüfungen erforderlich. Idh darf mir erlauben, nach Abschluß der erforderlichen Überprüfungen in Kürze auf eine abschließende Beantwortung Ihrer Fragen zurückzukommen. Zur Tagesordnung hat Herr Abgeordneter Rasner das Wort.

Will Rasner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001777, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich bitte, den Punkt 54, die Große Anfrage einer Anzahl von Abgeordneten meiner Fraktion betr. Weiterentwicklung des föderativen Systems, von der heutigen Tagesordnung abzusetzen. Ich glaube, wir können diese Materie jetzt in der letzten Woche nicht mit der wünschenswerten Gründlichkeit behandeln. Ich möchte dem Hause informandi causa dann mitteilen, daß die CDU/CSU-Fraktion in der Mittagspause eine Fraktionssitzung durchführen wird, bei der wir uns über unsere Haltung zu Punkt 45 der Tagesordnung - zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes, Drucksache V/4515 - entscheiden wollen. *) Siehe 243. Sitzung, Seite A3545 A

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Das Wort zur Tagesordnung wird nicht weiter gewünscht. Herr Rasner hat sicher im Namen der Anfragenden gesprochen. ({0}) Damit ist entschieden, daß wir der Bitte stattgeben. Punkt 54 der Tagesordnung ist abgesetzt. ({1}) Ich rufe dann Punkt 2 der Tagesordnung auf: Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften der gesetzlichen Rentenversicherungen und über ' die Zwölfte Anpassung der Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen sowie über die Anpassung der Geldleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ({2}) - Drucksachen V/896, V/1440, V/2880, V/2960 - a) Bericht des Haushaltsausschusses ({3}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung - Drucksache V/4517 - Berichterstatter: Abgeordneter Krampe b) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik ({4}) - Drucksache V/4474 Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Schellenberg ({5}) Wünscht der Herr Berichterstatter das Wort? - Der Berichterstatter, Herr Professor Schellenberg, hat das Wort.

Dr. Ernst Schellenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001954, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als Berichterstatter bin ich dem Hause einige Erklärungen darüber schuldig, weshalb die Regierungsvorlage vom 5. September 1966 dem Plenum erst heute vorgelegt wird und weshalb sie in wichtigen Punkten entscheidend neugestaltet wurde. Da die Zusammenhänge nicht ganz einfach darzustellen sind, halte ich mich - mit freundlicher Genehmigung des Herrn Präsidenten, aber auch zur Ersparung von Zeit - an ein Manuskript.

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Das ist ein nützlicher Zweck.

Dr. Ernst Schellenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001954, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Die Vorlage des Ausschusses ist auf den ersten Blick eine Sammlung unverbundener komplizierter technischer Paragraphen. Doch dieser erste Eindruck trügt. Dieses scheinbar rein technische Gesetz hat z. B. für die bruttolohnbezogene Rente eine große Bedeutung. Erstens. Die Regierungsvorlage vom September 1966 war notwendig geworden, weil der erste Zehn-j ahresdeckungsabschnitt in der gesetzlichen Rentenversicherung im Jahre 1966 zu Ende ging und die Beiträge kraft Gesetzes neu festgesetzt werden mußten. Die damalige Bundesregierung schlug dem Parlament u. a. vor: Übergang zum reinen Umlageverfahren, kein weiteres Anwachsen der Rücklage, Festsetzung der Beiträge für einen Vierjahresabschnitt und damit verbunden eine Erhöhung der Beiträge vom Jahre 1968 an auf 15 % und vom Jahre 1970 an auf 16 %. Das Finanzänderungsgesetz 1967 hat dann die Beitragssätze vorab geregelt und erhöht, nämlich von 1969 an auf 16 % und vom 1. Januar 1970 an auf 17 %. Bei den eingehenden Ausschußberatungen -36 Sitzungen - stellten wir fest, daß die finanzielle Begründung der ursprünglichen Regierungsvorlage keine ausreichende Basis für die jetzt notwendigen Entscheidungen bot. Deshalb mußten wir die Bundesregierung um eine Fülle neuer und eingehender Berechnungen bitten. Wir wollten zuerst genau wissen, wie der Rentenberg aussieht: Ist er eine Steilwand? Ist er ein Kegelberg? Wann ist der Gipfel erreicht, und wo stehen wir? Nach den angeforderten Zahlen, die Sie, meine Damen und Herren, aus Anlage 2 des Berichts entnehmen können, gewann der Ausschuß die neue Erkenntnis, daß der Rentenberg - wenn ich plastisch sprechen darf - eigentlich gar kein Berg, sondern ein Hochplateau ist, das erst allmählich abfällt. Auf Grund dieser Berechnungen des Bundesarbeitsministeriums über den Rentenberg kam der Ausschuß zu der Überzeugung, daß es notwendig ist, die Finanzierung nicht nur, wie in der Regierungsvorlage vorgesehen, für vier Jahre, sondern über den Rentenberg hinaus, d. h. bis zum Jahre 1985, fortzuführen. Die Rentenfinanzierung und damit die dynamische Rente - das war, so darf ich wohl feststellen, die gemeinsame Auffassung des Ausschusses - kommt erst dann aus der kritischen Situation heraus, wenn eine langfristige Finanzlösung vorausschauend bis zum Jahre 1985 vorgelegt wird; und das war die erste wichtige politische Entscheidung des Ausschusses. Zweitens. Auf Grund dieser Entscheidung hat der Ausschuß dann von der Bundesregierung Vorausschätzungen der Einnahmen, der Ausgaben, des Vermögens - getrennt nach Arbeiter- und Angestelltenversicherung - bis zum Jahre 1985 erstellen lassen. Aus dem vorgelegten Zahlenmaterial ergab sich, daß die beiden Rentenversicherungen, für Arbeiter und für Angestellte, einer völlig unterschiedlichen Entwicklung entgegentreiben. Begründet in der sich rasch wandelnden Wirtschaftsstruktur entstehen für die Arbeiterrentenversicherung die größten finanziellen Schwierigkeiten, dagegen ständig wachsende Überschüsse in der Rentenversicherung der Angestellten. In den Rentenversicherungs-Neuregelungsgesetzen von 1957, also in der Rentenreform, hat der Gesetzgeber für die Arbeiter- und Angestelltenversicherung den Grundsatz gleicher Beiträge und gleicher Leistung verwirklicht. Niemand im Ausschuß dachte im Ernst daran, diesen Grundsatz aufzuheben. Das war eine weitere bedeutsame politische Willenserklärung. Da die Regierungsvorlage von 1966 das Ausmaß dieser unterschiedlichen Entwicklung zwischen Arbeiter- und Angestelltenversicherung nicht vorausgesehen und deshalb auch keine entsprechende Vorsorge im Hinblick auf diese unterschiedliche Entwicklung getroffen hatte, mußte der Ausschuß zusammen mit der Bundesregierung eine Lösung für dieses sehr schwierige Problem finden. Drittens. Der Ausschuß hat sich zunächst von der Bundesregierung einen genauen Überblick über die derzeitige Vermögenslage der einzelnen Träger der Rentenversicherung vorlegen lassen. Sie finden diese Übersicht in Anlage 3 des Schriftlichen Berichts. Aus dem Material sahen wir, daß der Unterschied zwischen den „reichen" und „armen" Anstalten innerhalb der Arbeiterrentenversicherung genauso groß, wenn nicht sogar noch größer ist als zwischen der Rentenversicherung der Arbeiter insgesamt und der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte. Die logische Konsequenz mußte für den Ausschuß zunächst ein gemeinsamer Ausgleich innerhalb der Rentenversicherung der Arbeiter sein. Die finanztechnisch einfachste Lösung für einen solchen Finanzausgleich innerhalb der Arbeiterrentenversicherung wäre die Errichtung einer Bundesanstalt für Arbeiter, eine Konzeption, zu der sich für seine Person auch der Herr Bundesarbeitsminister bekannt hat. Obwohl der Ausschuß eine solche Anstalt stets als eine dezentralisierte Einrichtung mit lediglich zentraler Finanzsteuerung erörtert hatte, zeigte sich, daß hierüber schwierige Verhandlungen mit den Ländern erforderlich sind, die noch dazu kurz nach der Finanzreform nicht mehr zu einem sinnvollen Abschluß gebracht werden konnten. Der Ausschuß schlägt deshalb dem Plenum eine kompliziertere Regelung vor. Zunächst soll das Vermögen innerhalb der Rentenversicherung der Arbeiter gleichmäßig verteilt werden. Das wird dadurch geschehen, daß die „reichen" Anstalten den „armen" Anstalten beim Ausgleich ihrer Defizite helfen. Darüber hinaus hat der Ausschuß die bisherige Gemeinlast in der Arbeiterrentenversicherung um das Heilverfahren und die Verwaltungskosten erweitert. Viertens. Der Ausschuß stellte ferner fest, daß die bisherige Anlagepraxis der Rentenversicherungsträger insbesondere im Hinblick auf die notwendige gegenseitige Hilfestellung viel zu unbeweglich ist. Der Ausschuß beschloß deshalb, daß die Rentenversicherungsanstalten dafür Sorge tragen müssen, stets über liquide Mittel zu verfügen. Es muß eine Liquiditätsreserve von 11/2 Monaten vorhanden sein. Fünftens. Auch die umfassendste Finanzhilfe innerhalb der Rentenversicherung der Arbeiter hinsichtlich Liquidität und hinsichtlich Vermögen kann nicht verhindern, daß die gesamte Arbeiterrentenversicherung langfristig unweigerlich in rote Zahlen geraten muß, wenn kein Finanzausgleich mit der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte geschaffen wird. Deshalb war sich der Ausschuß darüber einig, daß ein solcher Finanzausgleich zwischen beiden Zweigen der Rentenversicherung gesetzlich festzulegen ist. Der Ausschuß hat die Bundesregierung auch in dieser Hinsicht um entsprechende Formulierungshilfe gebeten und diese dann anschließend mit den Beteiligten erörtert. Erfreulicherweise hatten die beiden Versicherungszweige in ihren Organen, also sowohl die Vertreter der versicherten Arbeiter und Angestellten als auch der Arbeitgeber, beschlossen - ich zitiere aus dem entscheidenden Schreiben -: „Die Arbeiterrentenversicherung und die Angestelltenversicherung stimmen darin überein, daß ein Finanzausgleich zwischen beiden Versicherungszweigen durchzuführen ist." Der Ausschuß hat dieses Einvernehmen zwischen den Repräsentanten der beiden Versicherungszweige begrüßt und beschlossen, daß jeder Versicherungszweig dem anderen Finanzhilfe zu gewähren hat, wenn das Vermögen des einen Zweiges unter zwei Monatsausgaben absinkt und das Vermögen des anderen Zweiges mindestens vier Monatsausgaben ausmacht. Ein solcher Finanzausgleich zwischen den Versicherungszweigen wird nach dem Ihnen vorliegenden Zahlenmaterial - das ist die große Aufstellung am Schluß des Schriftlichen Berichts, Anlage 5; wir haben diese finanzielle Berechnung durch die Bundesregierung durchführen lassen - voraussichtlich vor 1972 praktisch nicht akut werden. Dabei wirkt sich die vom Hause nunmehr beschlossene Lohnfortzahlung für Arbeiter positiv auf die Finanzlage der Arbeiterrentenversicherung aus. Um diese Berechnungen konnte der Ausschuß die Bundesregierung aber erst bitten, nachdem die Einführung der Lohnfortzahlung politisch gesichert war. Auch das ist ein wesentlicher Grund dafür, weshalb der Ausschuß seinen Bericht erst heute vorlegen kann. Sechstens. Die detaillierten Vorausschätzungen, die der Ausschuß durch die Bundesregierung erstellen ließ, zeigen, daß bei einem Finanzausgleich zuerst innerhalb der Rentenversicherung der Arbeiter und später zwischen beiden Versicherungszweigen der Rentenberg mit einem Beitragssatz von 18 % ab 1. Januar 1973 finanziell bewältigt werden kann. Diese Entscheidung hat der Ausschuß getroffen, weil wir gemeinsam der Auffassung waren, wir müssen der Öffentlichkeit sagen, welchen Preis die bruttolohndynamische Rente und die Überwindung des Rentenberges kostet. Mit diesem Beitragssatz wird nach den Vorausschätzungen des Bundesarbeitsministeriums - Anlage 5 - das Vermögen beider Versicherungszweige, zusammengenommen, niemals eine Ausgabe von 100 Tagen unterschreiten. Das gilt selbstverständlich auch dann, wenn sich die Zahl der Angestellten viel schneller erhöhen und die Zahl der Arbeiter entsprechend vermindern sollte. Da wir aber ganz sichergehen wollten, hat der Ausschuß noch weitere Beschlüsse gefaßt. Siebentens. Wir haben im Gesetz festgelegt, daß die Vorausschätzungen bis zum Jahre 1985 jährlich auf den neuesten Stand zu bringen und von Jahr zu Jahr fortzuschreiben sind. Das soll im Sozialbericht, der ohnehin jährlich vorzulegen ist, erfolgen. Zur unbedingten Sicherung der bruttolohndynamischen Rente wird die aktualisierte fünfzehnjährige Vorausberechnung der Rentenfinanzierung in dem Gesetz, das wie heute dem Plenum vorlegen, verankert werden. Achtens. Als zusätzliches Sicherungselement schlägt der Ausschuß außerdem noch folgende Regelung vor: Sollten diese Berechnungen -- die Jahr für Jahr für 15 Jahre im voraus zu erstellen sind - ergeben, daß in drei aufeinanderfolgenden Jahren das Vermögen der beiden Rentenversicherungszweige zusammen eine Ausgabe von drei Monaten unterschreitet, so hat die Bundesregierung einen Gesetzesvorschlag zur Erhöhung der Beiträge einzubringen. Im Interesse der Versicherten, aber auch der Wirtschaft hat der Ausschuß davon abgesehen, eine höhere Rücklage als mindestens für drei Monate zu beschließen. Wir wollten nicht, daß zu den ohnehin erforderlichen Belastungen, die sich aus der Überwindung des Rentenberges ergeben, zusätzlich Beiträge entrichtet werden müssen, die nicht unbedingt erforderlich sind. Im übrigen wird - das ergibt sich auch schon jetzt aus der Vorausschau - Anfang der 80er Jahre das Gesamtvermögen der Rentenversicherung wieder steigen. Der Ausschuß hält es für erforderlich, daß neben der Finanzierung der bruttolohndynamischen Rente über den Rentenberg hinaus noch eine Reihe von anderen Fragen der Rentenversicherung in diesem Gesetz geregelt werden. Ich hebe drei Fragen hervor. Erstens. Wir haben die Bundesregierung gebeten, uns Formulierungshilfe für den Einbau eines Zwölften Rentenanpassungsgesetzes in den vorliegenden Gesetzentwurf zu gewähren. Das war ein Beschluß des Ausschusses. Es ist deshalb - das muß ich vortragen - für das Verhältnis von Parlament und Bundesregierung nicht gut, wenn die Abgeordneten lesen - ich zitiere aus „Sozialpolitische Informationen" des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung vom 6. Juni 1969 -: Auf Vorschlag von Bundesarbeitsminister Katzer hat die Bundesregierung in ihrer Sitzung vom 30. Mai beschlossen, dem Deutschen Bundestag zu empfehlen, über die Anpassung der Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und der Unfallversicherung noch vor der parlamentarischen Sommerpause zu beschließen. Der Ablauf der Dinge war folgendermaßen. Im Oktober 1968, also längst vor diesem Beschluß des Bundeskabinetts, hat der Ausschuß bei seinen Bemühungen, die Auszahlung der erhöhten Renten möglichst früh zu bewerkstelligen, festgestellt, daß die Verwaltung viele Wochen vor Beschlußfassung des Gesetzgebers aus technischen Gründen bereits die Berechnungen mit dem neuen, erst noch zu beschließenden Anpassungssatz abzüglich Rentnerkrankenversicherungsbeitrag durchführt. Wenn auch der Ausschuß nicht verkennt, daß dieser Eifer im Interesse der Rentner lag, so kann doch eine solche Praxis nicht hingenommen werden. Sie führt, meine Damen und Herren, beispielsweise zu folgenden Auswirkungen, die zwar wohlgemeint, aber parlamentarisch nicht angängig sind. Ich zitiere aus einem Schreiben des Herrn Bundespostministers vom 17. Oktober 1968 an den Vorsitzenden des Ausschusses für Sozialpolitik: Wegen der weiteren Vorbereitungsarbeiten benötigt die Deutsche Bundes post bis zum 18. Oktober 1968 - d. h. also bis zum nächsten Tag eine verbindliche Zusage, ob die nach dem 11. Rentenanpassungsgesetz erhöhten Renten wie bisher für März oder einen Monat früher, für Februar, ausgezahlt werden sollen. Der Ausschuß hat damals im Interesse der Rentner einhellig beide Augen zugedrückt, aber gleichzeitig beschlossen, daß die Rentenanpassungsgesetze künftig vor der Sommerpause verabschiedet werden sollen. Dadurch sollen solche schwierige und parlamentarisch bedenkliche Situationen vermieden werden, die auch unerfreulich für die beteiligten Dienststellen und selbstverständlich auch für den Herrn Bundespostminister sind, der uns ebenfalls gebeten hat, für eine bessere gesetzestechnische Regelung zu sorgen. ({0}) Hinzu kommt, daß für dieses Jahr, für 1969, bei korrekter Durchführung des geltenden Gesetzgebungs- und Verwaltungsverfahrens wegen der Bundestagswahl die sich aus der Rentenanpassung ergebenden Erhöhungen erst zusammen mit den April- oder Mairenten 1970 ausgezahlt werden könnten, wenn nicht dieses Haus eine andere gesetzliche Regelung trifft. Deshalb hat der Ausschuß beschlossen, das Zwölfte Rentenanpassungsgesetz in das Dritte Rentenversicherungs-Änderungsgesetz einzubauen. Auf diese Weise werden die Rentner bereits Ende Dezember dieses Jahres zusammen mit ihren Januarrenten die über 6 % erhöhten Renten erhalten. Im übrigen soll die Bundesregierung nach einem Entschließungsantrag des Ausschusses bis zum 31. März 1970 den Entwurf eines Gesetzes vorlegen, das die Zeitpunkte für die Vorlage des Sozialberichtes und die Anpassungsvorschläge der Bundesregierung für die Zukunft so ändert, daß dann stets die Auszahlung der erhöhten Renten gleichzeitig mit den Januarrenten erfolgen kann. Zweitens. In Anlehnung an andere gesetzliche Regelungen ist der Ausschuß zu der Auffassung gekommen, daß Frauen, die sich bei der Eheschließung Beiträge haben erstatten lassen, die Möglichkeit gegeben werden soll, Beiträge nachzuentrichten. Da diese Beiträge zu dynamischen Renten führen, mußte der Ausschuß zwei Bedingungen an die Nachentrichtung knüpfen: die Versicherte muß nach der Beitragserstattung zwei Jahre, wenn auch mit Unterbrechungen, pflichtversichert gewesen sein und im Zeitpunkt der Beitragsnachentrichtung eine versicherungspflichtige Beschäftigung ausüben. Im übrigen werden Art und Höhe der Beitragsnachentrichtung den Frauen völlig freigestellt. Das außerordentliche Echo, das diese Ausschußinitiative gefunden hat, zeigt, daß hier eine Regelung geschaffen wird, für die offensichtlich ein breites Bedürfnis besteht. Drittens. Der Ausschuß hat sich auf Grund eines Entschließungsantrages der Fraktion der SPD vom Juni 1967 mit dem Problem der elektronischen Datenverarbeitung in der Rentenversicherung befaßt und hierfür einen Unterausschuß unter Vorsitz des Kollegen Rohde eingesetzt. Wegen der Bedeutung, die die Datenverarbeitung für die Gewährung von Kontenauszügen über erworbene Rentenansprüche gewinnen wird, wurde der Bericht des Unterausschusses in den Schriftlichen Bericht eingearbeitet. Im Hinblick auf diese Arbeiten des Parlaments ist es - das muß ich auch beanstanden - ebenfalls nicht in Ordnung, wenn die Abgeordneten in der Zeitung lesen, daß ein Ministerialdirektor des Bundesarbeitsministeriums ohne Fühlungnahme mit den Mitgliedern des Ausschusses oder des Unterausschusses die Presse über die Vorhaben des Parlaments in bezug auf die automatische Datenverarbeitung unterrichtet hat. Nunmehr komme ich zum Schluß. Was den Dank an die Beteiligten angeht, der üblicherweise vom Ausschußvorsitzenden oder Berichterstatter ausgesprochen wird, so darf ich auch in dieser Hinsicht auf meinen Schriftlichen Bericht verweisen. Im übrigen haben alle am Gesetzentwurf Beteiligten - es waren viele Stellen und viele Mitarbeiter der verschiedenen Ministerien - nur ihre Pflicht erfüllt. Sicher haben sie das im Interesse unserer Rentner gern getan. Ich danke Ihnen und bitte das Plenum, der Ausschußvorlage zuzustimmen. ({1})

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Ich danke dem Herrn Berichterstatter für seinen Schriftlichen Bericht und für die mündliche Ergänzung. Wir treten in die zweite Beratung ein. Das Wort zur allgemeinen Aussprache wird nicht gewünscht. Wir treten in die Einzelberatung und Abstimmung ein. Änderungsanträge liegen nicht vor. Ich rufe Art. 1 bis 5, Einleitung und Überschrift auf. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest. Wir treten dann in die dritte Beratung ein. Das Wort hat der Herr Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung.

Hans Katzer (Minister:in)

Politiker ID: 11001073

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Gesetzentwurf der Bundesregierung hat diesen Bundestag fast drei Jahre beschäftigt. Wesentliche Teile des Gesetzentwurfs sind auf Vorschlag der Bundesregierung, wie der Herr Berichterstatter schon ausgeführt hat, vorweg in das Finanzänderungsgesetz 1967 übernommen worden, insbesondere die Fragen der Beitragsgestaltung. Zugleich wurde die Rentenversicherung durch zusätzliche Maßnahmen finanziell konsolidiert. In diesen drei Jahren sind die Renten jährlich an die Lohn-und Gehaltsentwicklung angepaßt worden, und die jüngst verabschiedete Lohnfortzahlung für erkrankte Arbeiter wird die Beitragseinnahmen der Rentenversicherung der Arbeiter erhöhen. So trifft der Gesetzentwurf - auch das ist vorhin dargelegt worden - heute auf eine veränderte Situation. Seine Bedeutung hat sich erweitert, und es haben sich neue Fragen ergeben, die in diesem Gesetz jetzt mitgeregelt werden. Lassen Sie mich einige wenige Bemerkungen dazu machen. Mit diesem Gesetzentwurf ist die Finanzierung der Rentenversicherung über den „Rentenberg" hinaus gesichert. Die Bundesregierung hat hierauf den allergrößten Wert gelegt, und ich habe mich persönlich nachdrücklich für dieses Ziel eingesetzt. Daher hat das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung im Abstimmungskreis durch zahlreiche Vorausberechnungen die finanzielle Situation geklärt, sie mit den hauptbeteiligten Bundesministerien, dem Bundesrechnungshof, der Deutschen Bundesbank, dem Verband der Rentenversicherungsträger und der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte abgestimmt und zusammen mit dem Ausschuß für Sozialpolitik die Erfahrungen der letzten drei Jahre ausgewertet, die Folgerungen aus der Entwicklung aufgezeigt und Vorschläge zur Bewältigung der finanziellen Probleme gemacht. Als Ergebnis kann festgestellt werden: Erstens. Nach der Einführung der Lohnfortzahlung für kranke Arbeiter reicht nach dem heutigen Stand der Erkenntnis für die Rentenversicherung ein Beitragssatz von 18 % ab 1. Januar 1973 aus, um die Belastung der Rentenversicherung im nächsten Jahrzehnt aufzufangen. Zweitens. Das Gesetz wird das solidarische Eintreten von Arbeitern und Angestellten füreinander auf dem Gebiet der Rentenversicherung verwirklichen und keine Unterschiede in der Alters-, Invaliden- und Hinterbliebenenversicherung für Arbeiter und Angestellte zulassen. Drittens. Das Gesetz wird zur gemeinsamen Finanzierung die Versicherungsanstalten der Arbeiterrentenversicherung finanziell noch stärker als bisher miteinander verbinden. Viertens. Wie schon die mittelfristige Finanzplanung der Bundesregierung geht auch der Gesetzentwurf davon aus, daß das System der brutolohnbezogenen dynamischen Rente und damit auch der jährlichen Rentenanpassung unverändert auch in Zukunft vollzogen wird. In diesem Sinne stellt der Ge13678 setzentwurf auch die Sicherung des Versprechens dar, daß die Rentner an der wirtschaftlichen Entwicklung in den nächsten Jahrzehnten ebenso wie in den vergangenen 13 Jahren teilnehmen werden. ({0}) Deshalb begrüße ich den Entschluß des Ausschusses für Sozialpolitik, den Beitragssatz von 18 % ab 1973 schon jetzt in das Gesetz einzufügen. Denn dadurch zeigt sich der Wille und die Kraft des Gesetzgebers, mit den Problemen, die aus dem Altersaufbau unserer Bevölkerung erwachsen, vorausplanend fertig zu werden, und wenn in den vergangenen Jahren von dieser oder jener interessierten Seite der Eindruck erweckt wurde, als sei die Finanzierung der Rentenversicherung unsicher, so kann, glaube ich, nichts besser das Vertrauen in die Zukunft unserer Rentenversicherung stärken als der Entschluß, die zur Aufrechterhaltung der finanziellen Leistungsfähigkeit notwendigen Maßnahmen bereits heute im Gesetz festzulegen. ({1}) Jene, die nicht müde werden, zu behaupten, gerade auf dem Felde der Sozialpolitik würde es Wahlgeschenke geben, sollen erkennen, daß es uns jetzt und in der Vergangenheit immer nur darum ging, den Alten in unserer Gesellschaft den Platz einzuräumen, der ihnen auf Grund ihrer Leistungen in einem langen Arbeitsleben gebührt. ({2}) Stabilität der Rentenversicherung bei wachsenden Renten - das ist das Ziel, das die Bundesregierung bei der Beratung dieses Gesetzentwurfs im Auge gehabt und vertreten hat. Diese vorausschauende Gesetzgebung ermöglicht es im übrigen auch der Wirtschaft, sich auf die Belastungen einzustellen, die der Altersaufbau unserer Bevölkerung als Folge der Industrialisierung und zweier Kriege mit sich bringt. Die abgestimmten Vorausschätzungen zeigen, daß der Rentenberg mit maßvollen und damit für alle Beteiligten tragbaren Beiträgen überwunden werden kann. Dieses Gesetz soll gleiches Rentenrecht für Angestellte und Arbeiter für die Zukunft sichern und sieht deshalb vor, daß Angestelltenversicherung und Arbeiterversicherung sich gegenseitig helfen, wenn sich die Finanzsituation beider Versicherungszweige auseinanderentwickelt. Ich begrüße es dankbar, daß sich die Angestelltenschaft dazu grundsätzlich bereit erklärt hat. Mit diesem Maß an Solidarität hat die Angestelltenschaft nicht nur Einsicht bewiesen, sie braucht auch keine weitere Belastung ihrer Versicherung zu befürchten. Auch die Angestellten können in Ruhe und Vertrauen auf die sichere Zukunft ihrer Versicherung schauen und davon überzeugt sein, daß Bundesregierung und Bundestag ihre Rechte beachten und ihre Anliegen behandeln werden. Die wirtschaftliche Rezession der Jahre 1966/67 hat, wie der Herr Berichterstatter vorhin schon dargelegt hat, für die Arbeiterrentenversicherung weit größere Schwankungen als für die Angestelltenversicherung mit sich gebracht. Die Zahl der beschäftigten Arbeiter ist von 1966 auf 1967 um 600 000 zurückgegangen und hat sich erst im Konjunkturaufschwung wieder erhöht. Die Arbeiterrentenversicherung muß daher alle finanzielle Kraft zusammennehmen, um der Schwierigkeiten Herr zu werden. Sie liegen nicht nur in dem Wandel vom Überschuß zum Defizit, sondern auch in der Liquidität. Gerade aus diesem Grunde ist ja während der Beratung des Gesetzes im Ausschuß für Sozialpolitik die Notwendigkeit einer zentralgesteuerten Finanzierung erörtert und die Frage einer organisatorischen Lösung aufgeworfen worden, zu der ich mich auch hier nachdrücklich bekenne, weil sie, wie dargestellt wurde, die einfachere ist und weil sie, wie ebenfalls dargelegt wurde, per saldo weniger Belastungen für die Angestelltenversicherung mit sich gebracht hätte. ({3}) Aber es ist im zeitlichen Ablauf nicht mehr möglich gewesen, diese Frage zu Ende zu diskutieren. Deshalb ist es, glaube ich, richtig, wenn wir heute zuerst zu einem Abschluß kommen, der leider etwas komplizierter ist als die Lösung, die auch ich ins Auge gefaßt hatte. Der finanzielle Verbund innerhalb der Arbeiterrentenversicherung, den dieser Gesetzentwurf, in der Zielrichtung übereinstimmend mit den Vorschlägen der Länderarbeitsminister und der Rentenversicherungsträger, vorsieht, beinhaltet noch mehr als bisher die finanzielle Einheit der Arbeiterrentenversicherung. Für die Bundesregierung kommt es darauf an, daß die Zahlung der Renten auch in der Arbeiterrentenversicherung gewährleistet ist. Hier setzt ein System gegenseitiger Liquiditätshilfe ein, das von den Versicherungsträgern bereits in den letzten zwei Jahren praktiziert worden ist und dessen Weiterentwicklung der Ausschuß in den Gesetzentwurf aufgenommen hat. Darüber hinaus wird sich die Bundesregierung - wie auch schon in den letzten zwei Jahren - in gemeinsamen Beratungen mit den Versicherungsträgern und der Deutschen Bundesbank um eine kapitalmarktschonende Sicherung der Liquidität der Rentenversicherung bemühen. Dieser Gesetzentwurf, meine Damen und Herren, muß schließlich auch unter dem Gesichtspunkt gesehen werden, wie die Sozialpolitik mit der Wirtschafts- und Finanzpolitik verzahnt werden kann. Sie wissen, daß ich diese These immer wieder vertreten und praktiziert habe. Im Gesetz ist dem in dreifacher Weise Rechnung getragen worden. Erstens. Der Beitragssatz wird langfristig festgelegt. Damit ist eine klare und langfristig überschaubare Kalkulationsgrundlage geschaffen, und zwar sowohl für die Versicherungsträger wie für die Unternehmer als auch für die Versicherten. Die Erhöhung auf 18 °Io zum Januar 1973 bleibt ganz zweifellos im Rahmen der Belastungsgrenze, die allgemein als tragbar empfunden wird. Zweitens. Es ist sichergestellt, daß auch in Zeiten der höchsten Belastung die Versicherungsträger ständig eine Rücklage von über drei Monatsausgaben halten können. Diese Rücklage bewegt sich in einer Größenordnung von mehr als 20 Milliarden DM. Damit steht die Rentenversicherung absolut auf sicheren Füßen. Drittens. Im Gesetz ist erstmalig in der Rentenversicherung eine liquiditätsorientierte Anlagepolitik vorgeschrieben. Sie sorgt dafür, daß die Reserven jederzeit flüssig und damit verfügbar sind. Damit wird ein leidiges Problem aus der Welt geschafft, nämlich die Gefahr, daß die Versicherungsträger zur unpassenden Zeit den Kapitalmarkt beanspruchen müssen und hier Störungen verursachen. Diese drei Regelungen sorgen dafür, daß unser Rentensystem trotz aller kommenden Belastungen auf den Rentenberg jederzeit mit der wirtschaftlichen und finanzpolitischen Entwicklung in Einklang steht. Entgegen der beliebten Behauptung vieler Kritiker wird die deutsche Rentenversicherung in Zukunft kein Störungselement in der wirtschaftlichen Entwicklung sein. Entsprechend .den Vorarbeiten des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung legt dieses Gesetz eine weitere Grundlage für die Einführung der automatischen Datenverarbeitung. Der Herr Berichterstatter hat vorhin zwei Punkte genannt, die ihm nicht gefallen. Nun, Herr Berichterstatter - oder in dem Falle nicht Herr Berichterstatter, sondern Herr Kollege Schellenberg -, auch für den Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung ist es nicht ganz angenehm, wenn er mühsam Zahlen erarbeitet und abgestimmt hat und diese Zahlen dem Ausschußvorsitzenden zuleitet und wenn dieser dann in einer Pressekonferenz die Zahlen der Öffentlichkeit bekanntgibt. Er hätte das ganz gern selbst getan. Aber, meine Damen und Herren, ich bin da gar nicht so kleinlich. Ich erlebe das in den letzten Wochen bei jedem Sozialgesetz unentwegt: Jeder war der erste, jeder war der beste. - Mich stört das alles gar nicht; Hauptsache, wir verabschieden diese Gesetze, und Hauptsache, wir erreichen das damit verfolgte Ziel. ({4}) Meine Damen und Herren! Wir wollen im Rahmen der Datenverarbeitung so bald wie möglich, am besten durch eine einmalige Aktion, allen Versicherten eine Versicherungsnummer - so heißt das leider im Sprachgebrauch; ich kann das Wort nicht vertragen und würde also vorschlagen, man sollte sich noch ein besseres überlegen - zuteilen und von da an neue Nachweise für die Beitragsentrichtung einführen, um so die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß die Versicherten Kontoauszüge erhalten können. Mit den gesetzlichen Grundlagen, die in diesem Gesetz enthalten sind, hoffen wir, einen großen Schritt diesem Ziele näherzukommen, -dem Versicherten schon vor seinem Rentenantrag eine Vorplanung für seine eigene Altersvorsorge zu ermöglichen. Das Dritte Rentenversicherungs-Änderungsgesetz faßt eine Reihe von Regelungen sonstiger Rentenversicherungsfragen zusammen, die für verschieJene Gruppen von Versicherten von erheblicher Bedeutung sind, etwa die Nachentrichtung von Beiträgen bei Heiratserstattung; der Herr Berichterstatter hat darauf hingewiesen. Am wichtigsten scheint mir, meine Damen und Herren, daß sich sämtliche Fraktionen dieses Hohen Hauses - sämtliche Fraktionen! - darin einig sind, das System der bruttolohnbezogenen dynamischen Rente auch für die Zukunft zu sichern und danach zu handeln entschlossen sind. ({5}) Lassen Sie mich abschließend eine Feststellung treffen, die weit über den Inhalt dieses Gesetzes hinausgeht. Im Jahre 1957 ist das gegenwärtige System der leistungsbezogenen Rente auf der Basis eines Umlageverfahrens eingeführt worden. Dieses System war in den letzten Jahren hart umstritten. Die alten Gegner des Systems glaubten, in der Zeit der Rezession die Rentenformel ändern zu können. Das Dritte Rentenversicherungs-Änderungsgesetz schafft ein tragfähiges Fundament auf lange Zeit und bestätigt endgültig die Richtigkeit der Konzeption von 1957. Ich glaube, daß damit die Diskussion um die Fundamente unserer Rentenversicherung beendet werden kann. Wir können nun - und das brauchen wir sowohl im Interesse der Versicherten, im Interesse der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer, die die Beiträge aufbringen, als aber auch vor allen Dingen im Interesse der 9 Millionen Rentner - mit Recht von einer Ruhe an der Rentenfront sprechen. Das scheint mir in der letzten Woche, in der der Deutsche Bundestag tagt, wichtig zu sein. Wir können mit Recht von einer soliden Finanzierung unserer Renten für die Zukunft sprechen. Ich glaube, damit hat der Deutsche Bundestag in der letzten Sitzungswoche eine entscheidende Leistung im sozialpolitischen Feld vollbracht. ({6})

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Das Wort hat Herr Abgeordneter Spitzmüller.

Kurt Spitzmüller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002202, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Aus Anlaß der Verabschiedung dieses Gesetzes darf ich namens der Fraktion der Freien Demokratischen Partei folgende Erklärung abgeben. Wir Freien Demokraten werden dem Dritten Rentenversicherungs-Änderungsgesetz und dem darin enthaltenen Zwölften Rentenanpassungsgesetz zustimmen. Allerdings sind wir Freien Demokraten der Auffassung, daß weder Anlaß zu einem Lob für die Bundesregierung, noch zu freudigen Fanfarenstößen in der Öffentlichkeit über diese Art der Sozialpolitik besteht. ({0}) Erstens. Das Ziel der Rentenreform von 1957 war, nach 40jähriger Versicherungszeit eine Rente von durchschnittlich 60 % des vergleichbaren durchschnittlichen Arbeitsentgelts, bei 50jähriger Versicherungszeit von 75 % zu erreichen. Dieses Ziel konnte bisher mit Abstand nicht erreicht werden und wird auch in der Zukunft unter den nach diesem Gesetz gegebenen Verhältnissen nicht erreicht. SpitzmülLer Zweitens. Im Gegenteil, den Beitragszahlern werden weitere Belastungen durch die Erhöhung der Beitragssätze auf 18 % des versicherungspflichtigen Entgelts auferlegt, ohne daß hierdurch ihre eigenen Rentenansprüche erhöht würden. ({1}) 1956 versprach man anläßlich einer Umfrage bei einem Beitragssatz von 13 % eine Erhöhung der Renten um 50 % und eine laufende Anpassung. Beschlossen wurde dann aber eine Erhöhung von 11 auf 14 %. Mit etwas mehr als 16 % glaubte man von 1967 bis 1976 auskommen zu kommen. 18 % sieht dieser Entwurf nun bereits ab 1973 vor. Damit ist die Zuwachsrate der Beitragssteigerungen nahezu doppelt so hoch wie vorausgesagt. Drittens. Trotz dieser enormen Steigerungen der Beitragssätze haben wir nur das Schlagwort von der bruttolohnbezogenen Rente, tatsächlich aber eine scheinbruttolohnbezogene Rente, die nur wenig über einer aktuellen Nettolohnbezogenheit liegt. Wer dies nicht glaubt, dem empfehle ich, sich einmal die Broschüre des DGB zu dieser Frage zu Gemüte zu führen. Angesichts der immer wiederkehrenden Behauptungen, daß mit diesem Dritten Rentenversicherungs-Änderungsgesetz die Bruttolohnbezogenheit der Rente bis 1985 gewährleistet sei, muß ich einmal nüchtern feststellen, daß wir die echte, aktuell bruttolohnbezogene Rente nicht haben und auch nach diesem Gesetz nicht haben werden. ({2}) - Meine Damen und Herren, ich muß das hier so klar und nüchtern feststellen, weil sonst in der Öffentlichkeit der Eindruck entsteht, als ob alles, was man 1957 verkündet habe, erreicht und eingetreten sei. Es ist leider nicht so. ({3}) - Leider nicht so! Leider haben unsere Bedenken von damals zum Teil gestimmt. ({4}) - Ihre optimistischen Erwartungen sind auch nicht in vollem Umfang, sondern nur zum Teil eingetroffen. Das wollen wir ganz klar feststellen. Unsere Sorge war damals, daß die Vorausschätzungen nicht zutreffen würden. Leider müssen wir nun auch auf einen Beitragssatz von 18 % gehen. Viertens. Dieses Gesetz legt den Angestellten große Opfer zugunsten der Arbeiterrentner auf. Ich stelle dies fest, weil es in der Offentlichkeit teilweise schon als Selbstverständlichkeit dargestellt wird, daß durch einen Finanzausgleich aus Beiträgen der Angestellten von 1972 bis 1985 voraussichtlich mehr als 26 000 Millionen DM für die Renten von Arbeitern abgezweigt werden. Hier handelt es sich, meine Damen und Herren, um einen Solidarausgleich zwischen Angestellten und Arbeitern grandiosen Ausmaßes. Heute gehen viele davon aus - das klang auch schon aus den Worten des Berichterstatters heraus -, daß trotz unterschiedlicher Risiken gleiche Beiträge zu gleichen Leistungen führen sollen. Das war nicht immer so; auch das wollen wir uns ins Gedächtnis rufen. Bis 1942 hatten wir ein unterschiedliches Beitrags- und Leistungsrecht in der Arbeiterrenten- und Angestelltenversicherung. Auch ohne die strukturellen Verschiebungen wäre heute ein höheres Rentenniveau für die Angestellten vorhanden, wenn z. B. die allgemeine Bemessungsgrundlage nach den durchschnittlichen Einkommen der Arbeiter und Angestellten getrennt errechnet würde oder die gesamten Einnahmen der Angestelltenversicherung für einen höheren Steigerungssatz an Stelle des solidaren Finanzausgleichs verwendet würden. Ebenso könnte ohne diesen Solidarausgleich die Abgabebelastung in der AngestelltenRentenversicherung niedriger sein, wenn man von gleichen Versicherungsleistungen ausginge. Wenn . die Selbstverwaltungseinrichtungen der Angestellten Ausgleichsbelastungen, wie sie hier vorgesehen sind, akzeptieren, zeugt dies von einem hohen Maß an Solidaritätsgefühl, dem wir in diesem Hause ein besonderes Wort der Anerkennung zollen wollen. ({5}) Meine Damen und Herren, so selbstverständlich, wie es manche draußen schildern, ist das, was hier vorgenommen wird und was die Angestelltenvertreter in der Selbstverwaltung akzeptiert haben, nicht. Alle Maßnahmen, z. B. die Beitragserhöhungen von 11 % im Jahre 1956 auf 18 % im Jahre 1973 und die durch das Finanzänderungsgesetz verringerten Leistungen - ich erinnere nur an die Hinausschiebung des Rentenbeginns, die Reduzierung der Renten durch die Einführung des Rentnerkrankenversicherungsbeitrags, die volle Anrechnung bei Bezug von Arbeitslosengeld, die Abschaffung der Erstattung bei Heirat - sowie die Erschließung zusätzlicher Einnahmequellen, ferner alle Maßnahmen, die den Rückzug des Bundes aus Erstattungsverpflichtungen zum Inhalt hatten, gewährleisten aber auch in der Zukunft nur dann entsprechende Renten und deren Anpassung, wenn die Annahme einer 5 %igen jährlichen Lohn- und Gehaltszuwachsrate bei entsprechend hoher Beschäftigtenzahl sich als nicht zu hoch geschätzt erweist. Diese Renten sind in der Zukunft nur dann gesichert, wenn wir eine voll funktionsfähige Wirtschaft mit entsprechenden Wachstumsraten haben. Davor wollen wir die Augen nicht verschließen. ({6}) Doch, Herr Kollege Schellenberg, ich halte es für notwendig, daß man in aller Nüchternheit darauf hinweist, daß zu einem euphorischen Höhenflug wegen dieses Gesetzes keine Veranlassung besteht. Vielmehr zwingt uns die Verabschiedung des Gesetzes, auch darauf hinzuweisen, daß es an bestimmte Voraussetzungen geknüpft ist, die zu schaffen und zu erhalten immer Aufgabe einer verantwortungsvollen Regierungs- und Parlamentsarbeit sein muß. ({7}) SpitzmülLer Wenn diese Erwartungen, von denen auch wir Freien Demokraten ausgehen, sich nicht erfüllen, wird die Situation noch schwieriger als in den zurückliegenden Jahren werden, weil in Zukunft die Vermögensrücklage im Verhältnis zum Jahresbedarf abgebaut wird. Damit ist in schwierigen Phasen ein Rückgriff auf Vermögen noch weniger möglich als bisher. Meine Damen und Herren, ich möchte nicht versäumen, hier in aller Deutlichkeit zu sagen, daß mit dem relativen Abbau des Vermögens der Rentenversicherungsträger eine erhöhte Verantwortung nicht nur gesamtwirtschaftlicher, sondern auch sozialpolitischer Art auf die Tarifpartner insbesondere bei Tarifstreitigkeiten zukommt, Verantwortung sozialpolitischer Art - das müssen wir sehen - insbesondere deshalb, weil jeder größere Beitragsausfall die Rentenleistungen gefährden kann, .z. B. durch große oder lange Streiks, wie wir sie in Nachbarländern mit allen negativen Konsequenzen feststellen können. Faktisch ist ein großer und ausgedehnter Streik als schwere Waffe in den Tarifauseinandersetzungen sozialpolitisch kaum mehr denkbar. Als positiv an diesem Finanzausgleich muß aber festgestellt werden, daß mit der getroffenen Regelung endgültig der Versuch abgewehrt sein dürfte, den die Bundesregierung beim Finanzänderungsgesetz unternommen hatte, die Defizithaftung des Bundes für die knappschaftliche Rentenversicherung in eine Defizithaftung der Arbeiter- und Angestelltenversicherung umzuwandeln. Ich glaube, das ist ein sehr positiver Effekt, der mit dieser Art des Finanzausgleichs erreicht wird. Der jetzt vorliegende Entwurf eines Dritten Rentenversicherungs-Änderungsgesetzes hat mit der ursprünglichen Fassung - darauf ist schon mehrfach hingewiesen worden - nur noch begrenzt etwas zu tun. Aus dem Rentenfinanzierungs-Sicherungsgesetz ist ein Sammelgesetz geworden. Die Sicherung der Rentenfinanzierung ist nur noch einer von vier großen Fragenkomplexen. Der zweite Fragenbereich ist eine Summe von notwendigen Korrekturen und Ergänzungen, die sich aus der Hopplahopp-Verabschiedung des Finanzänderungsgesetzes ergeben. Ich denke z. B. an die Konsequenzen der totalen Versicherungspflicht in der Angestelltenversicherung. Wären die Koalitionsfraktionen im Dezember 1967 unseren Anträgen gefolgt oder zum Teil gefolgt, wäre die nachträgliche Flickschusterei überflüssig geworden. Ich erinnere an die Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften und an Angestellte im Ausland. Mit diesen Problemen haben wir die Bundesregierung bereits im Frühjahr 1968 durch Kleine Anfragen konfrontiert. Mit Befriedigung stellen wir deshalb fest, daß nunmehr viele Monate später Regierung und Koalition zumindest teilweise einsichtig geworden sind. Insofern können sich bevorstehende Wahlen durchaus positiv auf die Korrektur schlechter oder undurchdachter Gesetze auswirken. Die Möglichkeit der Nachversicherung für Frauen ist vom Berichterstatter und Ausschußvorsitzenden hier bereits angesprochen worden. Die Möglichkeit dieser Nachversicherung für Frauen, die sich wegen ihrer Heirat 50 % der Beiträge zur Rentenversicherung haben auszahlen lassen, ist eine weitere Konsequenz aus dem Finanzänderungsgesetz, d. h. aus der ersatzlosen Beseitigung der Beitragserstattung bei Heirat. Mit diesem Schritt kann jedoch nach Meinung der Freien Demokraten das im Ausschußbericht angesprochene Ziel - und ich zitiere nun aus dem Bericht -, „daß alle verheirateten Frauen einen Rentenanspruch für ihre Person erwerben und behalten" sollen, nicht erreicht werden. Der Gesetzentwurf schränkt den Kreis der zur Nachversicherung Berechtigten auf die versicherungspflichtigen Erwerbstätigen ein. Nach Auffassung der FDP wird das angesprochene Ziel am ehesten erreicht, wenn der Ehefrau direkte Ansprüche nicht nur aus eigenen Beiträgen, sondern über ein Splittingverfahren aus den Beiträgen des Mannes zuwachsen. ({8}) In der Sozial-Enquete ist unter der Ziffer 118 dieses Problem angesprochen. Die rechtliche Unterbewertung der Arbeit der Frau im Haushalt und in der Familie hat auch negative Konsequenzen in sozialrechtlicher Hinsicht. Diese Struktur wird durch die vorgesehene Regelung leider verhärtet, weil sie nur auf die berufstätigen Hausfrauen zugeschnitten ist. Hier werden ganz andere Schritte erforderlich sein, um dem Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes im Sozialrecht in einem stärkeren Maße zum Durchbruch zu verhelfen. Wir stellen zu diesem Punkt keine Änderungsanträge, weil Änderungsanträge in dieser Woche natürlich ihre besondere Problematik haben. Als dritter Bereich wesentlicher Änderungen sind die Vorschriften zur automatischen Datenverarbeitung eingefügt worden. Bei diesen Maßnahmen handelt es sich um eine selbstverständliche Konsequenz aus dem komplizierten Rentenberechnungssystem. Wenn der einzelne Bürger schon nicht mehr in der Lage ist, auch nur überschlägig seine jeweilige Anwartschaft zu berechnen, müssen die technischen Möglichkeiten so weit wie irgend möglich genutzt werden, damit ihm von Zeit zu Zeit über den jeweiligen Stand der Anwartschaft Auskunft erteilt werden kann. Was für jeden Bankkunden und für jeden Privatversicherten schon heute eine Selbstverständlichkeit ist, muß in der Zukunft für den Sozialversicherten zur gleichen Selbstverständlichkeit werden. Die Transparenz der Beiträge und Leistungen gehört auch in das System der gesetzlichen Sozialversicherung. Deshalb begrüßen wir diesen Abschnitt besonders. Meine Damen und Herren, allerdings - auch hier etwas Wasser in den Wein - ist diese wünschenswerte Transparenz einer jährlichen Unterrichtung noch weitgehend Zukunftsmusik. Voraussichtlich werden 10 Jahre kaum ausreichen, um für alle Versicherten so weit zu sein. Die Verabschiedung dieses Gesetzes wird für den neuen Berufsstand der Rentenberater also nicht einen Berufsnotstand auslösen. Als letzten und vierten großen Bereich möchte ich den Art. 4, das Zwölfte Rentenanpassungsgesetz, erwähnen.. Wir begrüßen und unterstützen die Ab13682 sieht, das Zwölfte Rentenanpassungsgesetz so rechtzeitig zu verabschieden, daß die erhöhten Renten tatsächlich mit Beginn ihrer Laufzeit voll ausbezahlt werden. Wäre die Bundesregierung zielstrebig an diese Frage herangegangen, nachdem der Ausschuß dies bereits im Oktober vergangenen Jahres angesprochen hatte, hätte nicht dieses parlamentarisch höchst fragwürdige Verfahren gewählt werden müssen. Immerhin sind eine Reihe anderer Punkte, die in keinem direkten Zusammenhang mit dem ursprünglichen Entwurf eines Dritten RentenversicherungsÄnderungsgesetzes standen, dem Ausschuß vom Plenum als Gesetzentwurf überwiesen worden. Sie sind also ihren üblichen parlamentarischen Weg gegangen. Das Anfügen eines ganzen Gesetzes als ein besonderer Artikel ohne eine erste Lesung im Parlament, ohne Überweisung der Materie an den Ausschuß ist auch vom Haushaltsausschuß mit Bedenken registriert worden. Wir Freien Demokraten können - und wir müssen das tun - in diesem Zusammenhang nur betonen, daß wir an dem Grundsatz festhalten wollen, daß ein Gesetzgebungswerk für jedermann sichtbar seinen normalen Gesetzgebungsweg gehen muß. Es kann politisch höchst gefährlich werden, wenn aus Ausschüssen ganze Gesetze in irgendeiner Form zur zweiten und dritten Beratung kommen, ohne daß eine erste Lesung stattgefunden hat, d. h. ohne daß sie vorher der Offentlichkeit vorgelegt wurden. Ein solches Sich-Hinwegsetzen über zwingende Vorschriften der Geschäftsordnung und damit über Fragen des parlamentarischen Stils ist leider eine jener negativen Erscheinungen, die sich aus einer Koalition ergeben, die glaubt, vieles damit rechtfertigen zu können, daß sie über 90 % der Mandate verfügt. Meine Damen und Herren, wir Freien Demokraten hatten Regierung und Koalitionsfraktionen angeboten, das Zwölfte Rentenanpassungsgesetz in Form eines Initiativentwurfs aller drei Fraktionen als eigenes Gesetz einzubringen, eine erste Lesung durchzuführen und dann im Ausschuß zu beraten. Seine rechtzeitige Beratung und Verabschiedung hätte dadurch nicht gelitten. Es wäre außerdem eiñ parlamentarisch saubereres Verfahren gewesen. Leider konnten Sie, meine Damen und Herren von CDU/CSU und SPD, sich dazu nicht verstehen. Diese Verfahrensfragen mögen von vielen oder manchen als nebensächlich angesehen werden, weil es sich beim Rentenanpassungsgesetz um keine neue und unbekannte Materie handelt. Meine Damen und Herren, aber auch hier gilt das Wort „Wehret den Anfängen", damit nicht das Vertrauen der Offentlichkeit in die parlamentarische Gesetzgebung durch eine mögliche Überrumpelungstour in anderen Fällen schwindet. Das ist unsere Sorge, die wir in diesem Zusammenhang klar zum Ausdruck bringen wollen. ({9}) Dieses Rentenversicherungs-Änderungsgesetz trägt die Bezeichnung Drittes Rentenversicherungs-Änderungsgesetz. In ihm sind eine Reihe weiterer Rentenversicherungs-Änderungsgesetze aufgegangen, bei denen zum Teil auf die fortlaufende Numerierung bereits verzichtet wurde. Daß weitere Rentenversicherungs-Änderungsgesetze folgen werden, ist bereits aus den Entschließungsanträgen des Ausschusses, denen auch wir zustimmen werden, zu entnehmen. Das Rentenversicherungsrecht wird durch diese Änderungen leider nicht übersichtlicher und nicht klarer. Zweifellos haben der Sozialpolitische Ausschuß und die Beamten des Ministeriums unter den gegebenen Umständen nach Lösungen gesucht, die im Interesse der heutigen und der künftigen Rentner liegen. Leider war es in der Schlußphase der Beratungen nicht viel anders als beim Finanzänderungsgesetz, d. h. es gab Ausschußabstimmungen über Gesetzesformulierungen, die soeben erst vorgelegt worden waren. Dies lag nicht an den Beamten, nicht am Ausschuß und seinem Vorsitzenden, sondern daran, daß der zuständige Minister die Dinge weitgehend schleifen ließ, statt im Ausschuß und in Abstimmung innerhalb der Regierung und durch ständigen Kontakt mit den Versicherungsträgern und den Bundesländern akzeptable Vorschläge und Vorstellungen rechtzeitig selbst zu entwickeln und dem Ausschuß zu unterbreiten. Wenn dieses Gesetz nun heute, trotz aller Mängel in den einzelnen Bereichen, doch einigermaßen ausgewogen ist, so ist dies kein Verdienst dieser Regierung und schon gar nicht des verantwortlichen Ressortministers, sondern ein Ergebnis der Zusammenarbeit innerhalb des Sozialpolitischen Ausschusses. Diese Zusammenarbeit war von dem Willen ge- tragen, trotz aller sichtbaren Unzulänglichkeiten und aller aufgetretenen Schwierigkeiten zu einem insgesamt positiven Abschluß im Interesse der Rentner zu kommen. Daß den Freien Demokraten als Opposition in Anbetracht des Verfahrens hierbei ein gerüttelt Maß an good will abverlangt wurde und daß sie es erbrachten, wird wohl keiner der Beteiligten bestreiten. Dies darf aber nicht als Alibi für eine künftige Regierung verstanden werden, Sozialpolitik in der gleichen Weise zu betreiben. Die Ankündigungen des Bundeskanzlers in seiner so oft selbstzitierten Regierungserklärung vom 13. Dezember 1966 haben viele Erwartungen geweckt, denen die entsprechenden Leistungen der Regierung nicht gefolgt sind. Die Mitglieder des Sozialpolitischen Ausschusses haben unter den gegebenen Umständen sichergestellt, daß die tatsächlichen Verhältnisse und die gesetzlichen Grundlagen wieder miteinander im Einklang stehen. Daß dies gelungen ist und daß dies erreicht ist, begrüßen wir, und deshalb stimmen wir zu. ({10})

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Das Wort hat Herr Abgeordneter Kühn ({0}).

Friedrich Kühn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001244, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens der CDU/CSU-Fraktion habe ich die Ehre, folgende Erklärung abzugeben. Meine Fraktion begrüßt es mit Genugtuung, daß durch die Verabschiedung dieses Gesetzes ein erneutes und gemeinsames Bekenntnis aller FraktioKühn ({0}) nen zu der wesentlich von der CDU/CSU im Jahre 1957 getragenen Formulierung der bruttolohnbezogenen dynamischen Rente erfolgt. Diese Zustimmung ist nicht selbstverständlich, wenn wir an die langjährige Diskussion um die Wirkung und um den Wert dieser Rentenformel denken. Ich glaube, man muß hier die Einmütigkeit dieser Zustimmung um so mehr unterstreichen, wenn man daran denkt, daß heute zu Verteidigern gerade dieser bruttolohnbezogenen dynamischen Rente viele derjenigen geworden sind, die uns damals eine negative Wirkung dieser Rentenformel vorausgesagt haben. Es erweist sich, daß wir damals den Weg eingeschlagen haben, der wirklich dahin führt, daß dem Arbeitnehmer im Alter jene soziale Stellung garantiert wird, die er auf Grund seiner eigenen Leistung erreicht hat und in Anspruch nehmen darf. Wir haben vor schwierigen Entscheidungen gestanden, und hier möchte ich nun doch einmal unterstreichen, welches Verdienst auch der Herr Bundesarbeitsminister und sein ganzes Haus in der laufenden Beratung dieses Gesetzes für sich in Anspruch nehmen dürfen. Unser Ausschuß war in die Notlage versetzt, immer wieder Berechnungen und Neuformulierungen von dem Haus verlangen zu müssen. Das ging, möchte ich sagen, weit über die normale Beanspruchung eines Ministeriums hinaus; es ging über die Grenze desjenigen, was man üblicherweise mit Recht erwarten darf. Ich glaube also, daß hier ein Wort des Dankes durchaus angebracht ist. ({1}) Wenn hier vorhin die Meinung zum Ausdruck gekommen ist, eine Reihe von Schwierigkeiten bei der Ausschußberatung sei auf unzureichende Vorbereitung aus dem Ministerium zurückzuführen, dann darf ich doch daran erinnern, daß es die Beschlüsse des Ausschusses waren, die die Vorlage des Ministeriums in sehr wesentlichen Punkten völlig veränderten und das Ministerium vor eine völlig neue Situation stellten. Es war auch- noch ein zweiter Grund, meine Damen und Herren, weswegen das Ministerium von uns immer wieder mit neuen Forderungen konfrontiert wurde. Nach unserer Auffassung - ich darf das inbesondere auch für meine Fraktion sagen - konnte diese Regelung nicht getroffen werden ohne eine sinnvolle Zusammenarbeit mit denjenigen Stellen, die sie durchzuführen haben. Das sind insbesondere die Rentenversicherungsträger. In den langwierigen Beratungen und in den wiederholten Anhörungen haben wir den Rentenversicherungsträgern die Möglichkeit gegeben, ihre Auffassungen darzulegen. Von der Konzeption, die auch wir von unserer Fraktion zunächst hatten, weil sie von der Sache her schlüssiger erschien, sind wir dann abgewichen und zu Formulierungen gekommen, deren Durchführung sicher etwas 'schwieriger ist, weil wir damit unterstreichen wollten, daß wir die Zusammenarbeit, die zwischen den Rentenversicherungsträgern schon in Gang gekommen ist und offenbar schon praktiziert wird, nicht unterbrechen, sondern unterstützen wollen. Wir werden natürlich aufmerksam verfolgen, mit welchem Erfolg diese Maßnahmen dort weiterhin durchgeführt werden. Hier kann es nicht primär um Organisationen und Organisationsformen gehen, sondern hier muß es immer darum gehen, die Regelungen so zu treffen, daß die angebliche Unsicherheit über die Möglichkeit der Rentenzahlung, um die in den vergangenen Monaten immer wieder die Diskussion geführt wurde, in der Zukunft ein für allemal ausgeräumt ist. Wenn ich eine Hoffnung habe, dann ist es die, daß mit der Verabschiedung dieses Gesetzes bei Unterstreichung dessen, was ich vorhin als das erste Positivum der Verabschiedung durch das ganze Haus hier gezeigt habe, die Diskussion über die Unzulänglichkeit der Finanzierung der Renten ein für allemal ausgeräumt ist. Meine Damen und Herren, wir sollten uns nicht immer wieder darauf versteifen - das ist jedenfalls unsere Auffassung -, daß die Beitragssätze wiederholt gesteigert werden. Die Tatsache, daß wir über die Beitragssätze in dieser Zeit reden, zeigt, daß wir hier etwas anderes tun, als Wahlgeschenke zu verteilen. Wir machen deutlich: wo Leistungen gefordert werden, müssen auch auf der Gegenseite Leistungen stehen. Daß die Große Koalition den Mut dazu hat, beweist, daß sie weit davon entfernt ist, mit einer solchen Regelung nur Augenblickserfolge einheimsen zu wollen. Wir wollen deutlich machen, daß die im Alter erwartete Leistung einer zureichenden Rente auf Grund der eigenen Lebensleistung immer ihren Ausdruck findet auf der Gegenseite in der Leistung während der Tätigkeit im Erwerbsleben. Deswegen haben wir den Mut, zu sagen: es kommt nicht auf die nominale Höhe an, sondern es kommt darauf an, daß die Relation zwischen jetziger Belastung und künftiger Leistung im gleichen Verhältnis gehalten wird. Das scheint uns das Wesentlichere und das Entscheidendere zu sein. Wir haben von den Körperschaften der Selbstverwaltung eine Reihe von Vorschlägen bekommen. Wir haben durch dieses Gesetz die Rentenversicherungsträger auch insofern in die gesetzliche Verpflichtung einbezogen - das darf ich hier feststellen, und das sollten auch die Rentenversicherungsträger anerkennen -, als nun erstmals durch Gesetz die Verpflichtung ausgesprochen ist, bei Erlaß bestimmter Verordnungen und bei der Vorbereitung bestimmter Gesetze die Rentenversicherungsträger zu hören. Das ist sicherlich eine Stärkung dieser Selbstverwaltung, die man auch einmal herausstellen sollte. Als wir uns so lange und so eingehend über die Frage des Ausgleichs unterhielten, ging es uns auch darum, deutlich zu machen, daß wir jene Differenzierung zwischen der Arbeiterrentenversicherung auf der einen Seite und der Angestelltenversicherung auf der anderen Seite, wie wir sie 1957 beschlossen haben, auch für die Zukunft erhalten wissen wollen. Deswegen haben wir die Formulierungen so gewählt, wie sie Ihnen heute zur Verabschiedung vorliegen. Welche Erwartungen haben wir für die Zukunft? Ich kann nur unterstreichen, was der Herr Bericht13684 Kühn ({2}) erstatter und insbesondere der Herr Minister vorhin dargelegt haben. Das Ministerium ist auch hier einen neuen Weg gegangen, indem es als Grundlage unserer Beratungen nicht nur auf Grund eigener Schätzungen, sondern auch in Abstimmung mit den übrigen Ressorts sowie mit der Bundesbank und allen anderen zuständigen Stellen ein Material erarbeitet hat, von dem man wohl sagen darf, daß es nach menschlicher Voraussicht in jeder Weise stichhaltig ist. Das haben wir bisher nicht gekannt. Herr Bundesarbeitsminister, auch dafür Dank! Denn damit sind wir in der Lage, jene Zusicherung zu geben, die wir heute gemeinsam aussprechen können: unsere Rentner brauchen in der Zukunft nicht darum zu bangen, daß ihre Leistungen abfallen könnten. Hier ist nach menschlicher Voraussicht alles getan, was an Sicherheit gegeben werden konnte, um für die Zukunft sichere Renten zu zahlen. Vorhin ist die Form bemängelt worden, in der wir das Zwölfte Rentenanpassungsgesetz in dieses Dritte Rentenversicherungs-Änderungsgesetz einbezogen haben. Dem wird man im Grundsatz zustimmen müssen. Aber wenn es sich darum handelt, jetzt schnell und für die Rentner wirksam eine Regelung zu finden, dann muß man auch einmal die Freiheit haben - bei aller Zustimmung zu dem Grundsatz -, einen Weg zu suchen, der diese Dinge ermöglicht. Wir wissen, welche Schwierigkeiten es gegeben hätte, wenn wir den anderen Weg gegangen wären. Wir freuen uns, daß das Zwölfte Rentenanpassungsgesetz gleichzeitig mit dem Dritten Rentenversicherungs-Änderungsgesetz verabschiedet wird: Wir sehen darin einen Beweis dafür, daß die Rentenversicherung auch in der Zukunft das sein wird, was sie in der Vergangenheit schon war: eine sichere Garantie für den Lebensunterhalt und die Gestaltung des Lebensabends unserer Rentner in der Zukunft. ({3})

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Das Wort hat Herr Abgeordneter Professor Schellenberg.

Dr. Ernst Schellenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001954, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens der sozialdemokratischen Fraktion möchte ich folgendes erklären. Durch dieses Gesetz wird die Rentenreform langfristig gesichert. Herr Kollege Spitzmüller meinte, das Ziel der Rentenreform sei bei weitem nicht erreicht worden. Ich möchte ihm zwei Zahlen entgegenhalten: 1956 - vor der Rentenreform - betrug das Altersruhegeld für Arbeiter und Angestellte nach 45 Jahren Arbeitsleben 163,30 DM, und 1969 beträgt das Altersruhegeld für Arbeiter und Angestellte nach 45 Arbeitsjahren 539,20 DM. ({0}) Das ist nicht nur ein bedeutsamer finanzieller Fortschritt für die Rentner; das hat die Stellung des alten Menschen in unserer Gesellschaft gewandelt, und darauf können wir alle miteinander stolz sein. ({1}) Meine Fraktion stimmt dem Dritten Rentenversicherungs-Änderungsgesetz zu. Den Rentnern von heute und von morgen, für die wir dieses Gesetz in erster Linie geschaffen haben, bringt es eine Reihe wichtiger Vorteile: 1. Das Gesetz garantiert den Rentnern, soweit ein Gesetz das überhaupt kann, die bruttolohnbezogene Rente bis über den Rentenberg hinaus. Es ist ein Gesetz mit dem Blick auf die achtziger Jahre. 2. Das Gesetz bringt die Auszahlung der jährlich angepaßten Renten nicht erst im Frühjahr, sondern schon im Dezember mit den Januarrenten. 3. Das Gesetz gibt vielen Frauen die Chance, früher zu einer höheren Rente zu kommen.-Sie können unter bestimmten Voraussetzungen ihre bei Heirat erstatteten Beiträge wieder einzahlen. Das ist nach Auffassung meiner Fraktion ein erster wichtiger Schritt in Richtung auf das Ziel einer Verbesserung der Renten für Frauen. Doch nicht nur gegenwärtige und zukünftige Rentner, sondern auch die Versicherten haben von diesem Gesetz Nutzen. 1. Das Gesetz beschränkt die erforderliche Beitragsmehrbelastung durch den Altersaufbau auf das absolut Notwendige. So kommen wir bei guter Wirtschaftspolitik mit einem Beitragssatz von später 18 °/o sicher über den Rentenberg. 2. Das Gesetz koordiniert die Heilmaßnahmen der Rentenversicherungsanstalten der Arbeiter. Jeder Versicherte soll nicht nur die Kur erhalten, die seine Anstalt im Programm hat, sondern die Kur, die er für sein Leiden braucht. Auch das ist ein wichtiger Beschluß des Parlaments, den wir heute fassen. 3. Das Gesetz schafft Voraussetzungen für eine moderne Datenverarbeitung, deren Ziel es ist, jeden Versicherten durch regelmäßige Kontoauszüge über seine Rentenansprüche zu unterrichten. So steht dieses Gesetz im Zeichen der Stabilisierung und der Modernisierung unserer gesetzlichen Rentenversicherung. Wir nehmen mit diesem Gesetz vielen Menschen die Zweifel, die sie seit der Rezession hinsichtlich der unbedingten Sicherheit ihrer Altersrente bedrücken. Dank unserer erfolgreichen Wirtschaftspolitik können wir am Schluß dieser Legislaturperiode unserem Bürger getrost sagen: Deine Rente hat eine gute Zukunft. ({2})

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Das Wort hat Herr Abgeordneter Mertes.

Dr. h. c. Werner Mertes (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001483, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Das Dritte Rentenversicherungs-Änderungsgesetz bringt ohne Zweifel erhebliche Verbesserungen für die Rentner. Ich möchte ausdrücklich betonen, daß ich für diese Verbesserungen bin. Trotzdem kann ich diesem Gesetz meine Zustimmung nicht geben, weil mit ihm die eigentlichen Probleme nicht gelöst werden. Die Schwierigkeiten werden nur zeitlich verschoben. Außerdem erblicke ich in dem Finanzausgleich zwischen der Angestelltenversicherung auf der einen und der Arbeiterrentenversicherung auf der anderen Seite eine Ungerechtigkeit gegenüber den Angestellten. Ich meine, daß wir damit einen gefährlichen Weg beschreiten. ({0})

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Herr Abgeordneter Härzschel hat eine Erklärung zu Protokoll gegeben. Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Dritten Rentenversicherungs-Änderungsgesetz zustimmen will, möge sich erheben. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Keine Enthaltungen. Das Gesetz ist gegen eine Stimme ohne Enthaltungen angenommen. Wir haben dann noch über den Ausschußantrag Ziffern 2 bis 4 auf den Seiten 2 und 3 der Drucksache V/4474 abzustimmen. Wer den Ausschußanträgen zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen. Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 12. Oktober 1968 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien über Arbeitslosenversicherung - Drucksache V/4149 Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit ({0}) - Drucksache V/4447 -Berichterstatter: Abgeordneter Jaschke ({1}) Das Wort in der allgemeinen Aussprache wird nicht gewünscht. Änderungsanträge liegen nicht vor. Wir stimmen in zweiter Beratung über Art. 1 bis 4, Einleitung und Überschrift des Gesetzes ab. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen! - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen.? - Ich stelle einstimmige Annahme fest. Wir treten in die dritte Beratung ein. Das Wort wird nicht gewünscht. Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf im ganzen zustimmen will, möge sich erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest. Ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung auf: Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Porten, Biermann, Geldner und den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Arbeitszeit in Bäckereien und Konditoreien - Drucksache V/4200 - Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit ({2}) - Drucksache V/4493 Berichterstatter: Abgeordneter Franzen ({3}) Wir treten in die zweite Beratung ein. - Das Wort wird nicht gewünscht. Änderungsanträge liegen nicht vor. Wir stimmen über Art. 1 bis 3, Einleitung und Überschrift des Gesetzentwurfs ab. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen! - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest. Wir treten in die dritte Beratung ein. Das Wort wird nicht gewünscht. Wir stimmen ab. Wer dem Gesetzentwurf im ganzen zustimmen will, möge sich erheben! - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest. Ich rufe Punkt 5 der Tagesordnung auf: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 5. Dezember 1958 über den internationalen Austausch von Veröffentlichungen - Drucksache V/4271 Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wissenschaft, Kulturpolitik und Publizistik ({4}) - Drucksache V/4497 Berichterstatter: Abgeordneter Raffert ({5}) Das Wort in der allgemeinen Aussprache wird nicht gewünscht. Änderungsanträge liegen nicht vor. Wir stimmen über Art. 1 bis 3, Einleitung und Überschrift ab. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen! - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest. Wir kommen dann zur dritten Beratung. Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Gesetzentwurf im ganzen zustimmen will, möge sich erheben. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest. Ich rufe Punkt 6 der Tagesordnung auf: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung , eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Durchführung der Verordnung ({6}) Nr. 1174/68 des Rates der Europäischen Gemeinschaften - Drucksachen V/4232, zu V/4232 Schriftlicher Bericht des Verkehrsausschusses ({7}) - Drucksache V/4482 13686

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Abgeordneter Schmidt ({0}) ({1}) Änderungsanträge liegen nicht vor. Dann stimmen wir in zweiter Beratung über Art. 1 bis 3, Einleitung und Überschrift ab. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen! - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest. Wir treten dann in die dritte Beratung ein. Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Gesetzentwurf im ganzen zustimmen will, möge sich erheben. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest. Punkt 7 der Tagesordnung müssen wir zurückstellen, da der Bericht des Haushaltsausschusses zu diesem Tagesordnungspunkt noch nicht vorliegt. Ich rufe dann Punkt 8 der Tagesordnung auf: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 13. November 1968 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Österreichischen Bundesregierung über den Personenverkehr - Drucksache V/4218 Mündlicher Bericht des Innenausschusses ({2}) - Drucksache V/4455 -Berichterstatter: Abgeordneter Picard ({3}) Änderungsanträge liegen nicht vor. - Das Wort wird nicht gewünscht. Wir stimmen in zweiter Beratung über Art. 1 bis 3, Einleitung und Überschrift ab. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen! -Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest. Wir treten in die dritte Beratung ein. Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, möge sich erheben. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest. Ich werde soeben gebeten, den Punkt 9 zurückzustellen. Ich rufe ihn etwas später auf. Ich rufe dann Punkt 10 der Tagesordnung auf: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 5. Juli 1968 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Panama über den Luftverkehr - Drucksache V/3850 Schriftlicher Bericht des Auswärtigen Ausschusses ({4}) - Drucksache V/4452 - Berichterstatter: Abgeordneter Metzger ({5}) Es liegen keine Änderungsanträge vor. Das Wort in zweiter Beratung wird nicht gewünscht. Wer den Art. 1 und 2, der Einleitung und der Überschrift des Entwurfs zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest. Ich rufe zur dritten Beratung auf. - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, möge sich erheben. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest. Ich rufe Punkt 11 der Tagesordnung auf: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 6. August 1968 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Ghana über den Luftverkehr - Drucksache V/4062 Schriftlicher Bericht des Auswärtigen Ausschusses ({6}) - Drucksache V/4453 -Berichterstatter: Abgeordneter Metzger ({7}) Änderungsanträge liegen nicht vor. In zweiter Beratung wird das Wort nicht gewünscht. Wir stimmen über Art. 1 und 2, Einleitung und Überschrift ab. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen. Ich rufe zur dritten Beratung auf. - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, möge sich erheben. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest. Ich rufe Punkt 12 der Tagesordnung auf: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem. Protokoll vom 28. August 1952 über die Rechtsstellung der auf Grund des Nordatlantikvertrages errichteten internationalen militärischen Hauptquartiere und zu den dieses Protokoll ergänzenden Vereinbarungen ({8}) - Drucksache V/4255 -Schriftlicher Bericht des Auswärtigen Ausschusses ({9}) - Drucksache V/4454 Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Kliesing ({10}) ({11}) Vizepräsident Dr. Mommer Änderungsanträge liegen nicht vor. Wer in zweiter Beratung den Art. 1 bis 9, der Einleitung und der Überschrift zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen. Wir treten in die dritte Beratung ein. - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, möge sich erheben. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest. Ich rufe Punkt 13 der Tagesordnung auf: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 27. Januar 1967 über die Grundsätze zur Regelung der Tätigkeiten von Staaten bei der Erforschung und Nutzung des Weltraumes, einschließlich des Mondes und anderer Himmelskörper - Drucksache V/4431 Schriftlicher Bericht des Auswärtigen Ausschusses ({12}) - Drucksache V/4502 Berichterstatter: Abgeordneter Raffert ({13}) Änderungsanträge liegen nicht vor. Das Wort wird in zweiter Beratung nicht gewünscht. Wir stimmen über Art. 1 bis 3, Einleitung und Überschrift ab. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - In zweiter Beratung einstimmig angenommen. Ich rufe zur dritten Beratung auf. - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, möge sich erheben. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest. Ich rufe Punkt 14 der Tagesordnung auf: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Wiener Übereinkommen vom 24. April 1963 über konsularische Beziehungen - Drucksache V/3449 Schriftlicher Bericht des Auswärtigen Ausschusses ({14}) - Drucksache V/4512 Berichterstatter: Abgeordneter Dr. von Merkatz ({15}) Änderungsanträge liegen nicht vor. Das Wort wird in zweiter Beratung nicht gewünscht. Wir stimmen über Art. 1 bis 4, Einleitung und Überschrift ab. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest. Wir treten in die dritte Beratung ein. - Das Wort wird nicht gewünscht. ({16}) - Zuerst Schlußabstimmung über das Gesetz im ganzen. Wer zustimmen will, möge sich erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Gesetz ist einstimmig angenommen. Wir stimmen nun ab über den Antrag des Ausschusses auf Drucksache V/4512, Seite 2. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen. Ich rufe Punkt 15 der Tagesordnung auf: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Europäischen Übereinkommen vom 22. Januar 1965 zur Verhütung von Rundfunksendungen, die von Sendestellen außerhalb der staatlichen Hoheitsgebiete gesendet werden - Drucksache V/4026 Schriftlicher Bericht des Auswärtigen Ausschusses ({17}) - Drucksache V/4503 -Berichterstatter:Abgeordneter Mattick ({18}) Wir treten in die zweite Beratung ein. Änderungsanträge liegen nicht vor. Das Wort wird nicht gewünscht. Zunächst eine Berichtigung. In Art. 4 ist das Wort „strafbare" durch die Worte „mit Strafe bedrohte" zu ersetzen. Das Haus nimmt diese Berichtigung zur Kenntnis. Wir stimmen ab über die Art. 1 bis 6, Einleitung und Überschrift. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen. Wir treten in die dritte Beratung ein. - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, möge sich erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest. Ich rufe Punkt 16 der Tagesordnung auf: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Fischerei-Übereinkommen vom 9. März 1964 - Drucksache V/4289 13688 Vizepräsident Dr. Mommer Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({19}) - Drucksache V/4488 Berichterstatter: Abgeordneter Marquardt ({20}) Anträge liegen nicht vor. Das Wort wird nicht gewünscht. Wer in zweiter Beratung den Art. 1 bis 3, der Einleitung und der Überschrift zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen. Wir treten in die dritte Beratung .ein. - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, möge sich erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen. Ich rufe Punkt 17 der Tagesordnung auf: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über forstwirtschaftliche Zusammenschlüsse - Drucksache V/4231 - a) Bericht des Haushaltsausschusses ({21}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung - Drucksache V/4465 - Berichterstatter: Abgeordneter Brese b) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({22}) - Drucksache V/4444 -Berichterstatter: Abgeordneter Bewerunge ({23}) Änderungsanträge liegen nicht vor. Das Wort in zweiter Beratung wird nicht gewünscht. Wir stimmen ab über §§ 1 bis 32, Einleitung und Überschrift. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen. Wir kommen zur dritten Beratung. Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Gesetz als Ganzem zustimmen will, möge sich erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Gesetz ist einstimmig angenommen. ({24}) - Entschuldigung, eine Gegenstimme. Das Gesetz ist also gegen eine Stimme, im übrigen einstimmig angenommen. Ich rufe Punkt 18 der Tagesordnung auf: Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein, Kühn ({25}), Ruf, Frau Kalinke, Müller ({26}), Dr. Hammans und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Verkehr mit Arzneimitteln ({27}) - Drucksache V/3836 Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Gesundheitswesen ({28}) - Drucksache V/4526 -Berichterstatterin: Abgeordnete Frau Dr. Heuser ({29}) Änderungsanträge liegen nicht vor. Das Wort in zweiter Beratung wird nicht gewünscht. Wir stimmen ab über die Art. 1 bis 3 sowie Einleitung und Überschrift. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gepenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen. Ich rufe auf zur dritten Beratung. Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, möge sich erheben. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest. Ich rufe auf Punkt 19 der Tagesordnung: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Bundesärzteordnung - Drucksache V/3838 Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Gesundheitswesen ({30}) - Drucksache V/4525 -Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Jungmann ({31}) Änderungsanträge liegen nicht vor. Das Wort wird in zweiter Beratung nicht gewünscht. Wir stimmen ab über Art. 1 bis 5, Einleitung und Überschrift. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen. Wir treten ein in die dritte Beratung. Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, möge sich erheben. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Gesetz ist einstimmig angenommen. Es liegt ein Antrag des Ausschusses auf Drucksache V/4525, Nr. 2, Seite 4, vor. Wer dem Ausschußantrag zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen. Den Punkt 20 müssen wir zurückstellen, weil auch hier der Bericht des Haushaltsausschusses nach § 96 der Geschäftsordnung noch nicht vorliegt. ({32}) Vizepräsident Dr. Mommer - Die Punkte 21 und 22, so wird mir eben gesagt, sollen auch zurückgestellt werden. - Das Haus ist damit einverstanden. Ich rufe auf Punkt 23 der Tagesordnung: Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Wissenschaft, Kulturpolitik und Publizistik ({33}) über den Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD betr. Bericht über die Auswirkungen des Filmförderungsgesetzes - Drucksachen V/4039, V/4513 -Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Meinecke Das Wort zu dem Ausschußbericht wird nicht gewünscht. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Ausschußantrag zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen. Ich rufe auf Punkt 24 der Tagesordung: Beratung des Mündlichen Berichts des Innenausschusses ({34}) über den Bericht der Bundesregierung über das Konzept der zivilen Verteidigung und das Programm für die Zeit bis 1972 - Drucksachen V/3683, V/4480 - Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Kempfler Das Wort hat der Herr Berichterstatter.

Dr. Friedrich Kempfler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001085, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich erfreue mich sicher nicht Ihrer Zustimmung, wenn ich die so zügigen Beratungen jetzt durch einen- allerdings nur kurzen-mündlichen Bericht unterbrechen muß. Aber wenn auch hier und heute nicht die Zeit zu einer gründlichen Debatte dieses Problems zur Verfügung steht, so soll doch mit Nachdruck gerade vom Berichterstatter und im Namen des zuständigen Ausschusses betont werden, daß es sich bei der Zivilverteidigung und bei der Gesetzgebung über dieses Problem um eine der dringendsten, aber bis jetzt noch völlig unzureichend behandelten Fragen der gesamten deutschen Verteidigungsbereitschaft handelt. Ich ergreife das Wort auch deswegen, um nicht den Eindruck entstehen zu lassen- namentlich draußen in der Bevölkerung und besonders bei den vielen freiwilligen Helfern mit Idealismus, die wir bis jetzt gefunden haben -, als handele es sich bei der Zivilverteidigung nur um eine lästige Pflichtübung des Bundestages und als handele es sich bei den Berichten der Bundesregierung nur immer um Erinnerungsposten und um sonst nichts. Ich darf daran erinnern, meine Damen und Herren, daß wir in der letzten Phase des letzten Bundestages ein absolut durchdachtes Konzept der zivilen Verteidigung und des Bevölkerungsschutzes beschlossen haben, daß es aber fast restlos auf dem Papier geblieben ist, weil fast sämtliche Vorschriften im Rahmen der Finanznot dann von diesem Bundestag wieder gestrichen wurden. Wenn Sie heute das Konzept der Bundesregierung, so wie es Ihnen vorliegt, ansehen, dann fühlen Sie sich trotz Anerkennung des Eifers und des Bemühens, das irgendwie Mögliche herauszuholen, an das Dichterwort erinnert: In den Ozean sticht mit tausend Masten der Jüngling. Froh des geretteten Boots kehrt in den Hafen der Greis. Wenn wir von diesem Konzept zustimmend Kenntnis zu nehmen vorschlagen, dann nur deswegen, weil wir der Auffassung sind, daß 1 % immerhin mehr ist als null, wobei wir darauf hinweisen wollen, daß an 100 °/o noch 99 Punkte fehlen. Sie sollen durch den nächsten Bundestag ergänzt werden, oder - ich möchte mich gar nicht so optimistisch ausdrücken - es sollen wenigstens einige Punkte ergänzt werden, und dazu dient der Vorschlag des Innenausschusses, den wir Ihnen unterbreitet haben und dessen Annahme ich Ihnen hiermit im Auftrag des Innenausschusses empfehlen möchte. ({0})

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Wir danken dem Herrn Berichterstatter für seinen Mündlichen Bericht. Das Wort hat Herr Abgeordneter Dorn.

Wolfram Dorn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000409, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Wir haben schon in der vergangenen Woche von dem Abteilungsleiter aus dem Innenministerium, der für die Zivilverteidigung zuständig ist, eine herbe Kritik an den Maßnahmen dieser Bundesregierung gehört. Er hat sich unmißverständlich dahin geäußert - der Kollege Kempfler hat das in wohlgesetzten Worten, aber in der Sache nicht anders hier vorgetragen -, daß das, was von der Bundesregierung geschieht, völlig unzureichend ist. Nun sagt Herr Dr. Kempfler, wir haben hier keine Zeit für eine gründliche Debatte. Herr Kollege Kempfler, ich hätte es begrüßt, wenn Ihre Fraktion oder die Sozialdemokraten die Ausführungen, die ich während der Haushaltsberatung zu diesem Einzelplan gemacht habe, zum Anlaß genommen hätten, diese gründliche Debatte dort zu führen, weil sie ja zumindest dort notwendig gewesen wäre. Leider hatten Sie damals auch keine Zeit für diese gründliche Debatte - ich meine nicht Sie persönlich, sondern die Koalitionsfraktionen -, so daß in der Offentlichkeit eben doch der Eindruck entstehen muß - zwangsläufig entstehen muß, meine Damen und Herren, und aus dieser Verantwortung können Sie sich nicht davonschleichen -, daß Sie zu diesem Thema immer wieder Hoffnungen erwecken und daß Sie Erklärungen abgeben, die sich schön anhören, daß aber in der Sache selbst fast gar nichts geschieht. Das ist auch das, was der Kollege Kempfler hier mit vorsichtig formulierten Worten noch einmal als Ergänzung vorgetragen hat. Wir meinen - und gerade auch bei der verteidigungspolitischen Debatte hat mein Fraktionskollege Schultz kein Hehl daraus gemacht -, daß Zivilverteidigung und militärische Verteidigung eine geschlossene Einheit sind und daß für die Zivilbevölkerung überhaupt nur dann die militärische Ver13690 teidigung sinnvoll sein kann, wenn ein Mindestmaß an Voraussetzungen für den Bereich der Zivilverteidigung geschaffen werden kann. Ich bin mit Ihnen, Herr Kempfler, in der Beurteilung der Situation des Jahres 1965 einig. Wir glaubten damals, im Innenausschuß eine eindeutige, klare Konzeption gefunden zu haben, zu der sich auch alle drei Fraktionen des Deutschen Bundestags bekannt haben. Und dann kamen die finanziellen Diskussionen oder die Diskussionen über die finanzielsen Auswirkungen. Ich erinnere mich noch sehr genau, daß der heutige Bundestagspräsident damals u. a. erklärt hat, für den Bereich der militärischen Verteidigung dürfe der Haushaltsplan nicht um eine einzige D-Mark gekürzt werden. Das, was sich dann abgespielt hat, nachdem wir diese Regierung bekommen hatten, haben wir alle selbst erleben können. Wir meinen also - insofern stimmen wir mit dem Berichterstatter überein -, daß hier eine der dringendsten Fragen der deutschen Innenpolitik angesprochen wird und daß sie von dieser Bundesregierung völlig unzureichend gelöst worden ist. Meine Damen und Herren, es ist nicht uninteressant, die Vorstellungen der letzten drei Innenminister, die wir in diesem Hause erlebt haben, einmal kurz Revue passieren zu lassen und an das zu denken, was damals Herr Höcherl als Innenminister vorgetragen hat, was dann Herr Lücke als Innenminister weiterentwickelte und was bei Herrn Benda als Innenminister von den Vorstellungen, die im Parlament weitgehend einmütig vertreten worden sind, übriggeblieben ist. Daß das natürlich nicht nur die Kritik des Berichterstatters, nicht nur die Kritik der Opposition, sondern auch die des Parlaments und naturgemäß des zuständigen Abteilungsleiters im Innenministerium auslösen muß, ist doch selbstverständlich, wenn man weiß, was auf dem Papier stehengeblieben ist und was realisiert werden konnte. Herr Kollege Kempfler hat das Konzept der Regierung in ein Zitat gekleidet. Ich möchte mit einem anderen Zitat antworten, das in der Divina Comedia von Dante steht und den Spruch über dem Eingang zur Höllenpforte enthält. Es heißt in der deutschen Übersetzung: Laßt alle Hoffnung fahren, die Ihr hier eintretet! - Das könnte eigentlich über dem Konzept dieser Bundesregierung zur Zivilverteidigung stehen. Besser kann man es kaum noch umschreiben. Herr Kollege Kempfler. Ich bedauere es eigentlich, daß jetzt wieder gesagt wird: der nächste Bundestag muß das dann ergänzen. Vorstellungen, die man in der Sache für richtig hält, muß man auch durchzuziehen bereit sein, vor allen Dingen wenn man eine so breite Mehrheit im Parlament hat. Es nützt nichts, nur resignierend zur Kenntnis zu nehmen, daß diese Bundesregierung leider nichts tun wird, sondern dann muß man sich auch in der Sache zu dem bekennen, was man an kritischen Bemerkungen vorgetragen hat. Lassen Sie mich noch ein Wort zum Abschluß sagen. In dem Mündlichen Bericht werden einige Vorstellungen vorgetragen, z. B. daß in Zukunft bei Neubauten von Drei- und Mehrfamilienhäusern die Errichtung und Einrichtung von Schutzräumen ermöglicht und dafür finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden sollen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, dieses Konzept, das ich in der vorigen Legislaturperiode mit vielen anderen in diesem Hause selbst sehr energisch vertreten habe, ist durch die Entwicklung in unserem Lande völlig überholt. Die Zahl der Neubauten, die entstehen und bei denen solche Möglichkeiten eingeplant werden können, steht in keinem Verhältnis zu der Zahl der Bauten, bei denen nachträglich kaum noch etwas gemacht werden kann, weil damals in der Planung einfach die statischen und andere Voraussetzungen dafür gefehlt haben. Deswegen, Herr Kollege Kempfler, sollten wir uns und sollte sich die Bundesregierung vielleicht noch mehr Gedanken darüber machen. Die Freien Demokraten haben solche Gedanken durch mich zum Abschluß der vorigen Legislaturperiode und auch in dieser Legislaturperiode wiederholt vorgetragen. Unabhängig davon, ob wir in der Regierung oder in der Opposition waren, haben wir immer die gleiche Konzeption vertreten, indem wir gesagt haben: Diese Mittel sind überhaupt nicht mehr sinnvoll verwendbar, sondern man sollte sich jetzt darum kümmern, daß so schnell wie möglich bei unterirdischen Verkehrsbauten, bei Mehrzweckbauten, bei allen möglichen andersgearteten Anlagen, die nunmehr errichtet werden, solche Voraussetzungen geschaffen werden, wie wir sie uns damals in den nordischen Staaten angesehen haben und die in der Schweiz und in anderen europäischen Ländern seit vielen Jahren praktizierte Wirklichkeit geworden sind. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich weiß, daß das allein nicht ausreicht. Wenn wir aber diesen Weg konsequent beschritten, könnten wir ein Vielfaches von dem an Schutzmöglichkeiten für die Zivilbevölkerung schaffen, als mit der Konzeption der alten Planung für die absehbare Zukunft überhaupt auf einem anderen Wege zu erreichen wäre. Ich meine also, der neue Bundestag und die neue Bundesregierung, ganz gleich, wie sie aussehen mag, wären wirklich gut beraten, wenn endlich auch auf dem finanziellen Sektor eine einheitliche Konzeption in der militärischen und der Zivilverteidigung hergestellt würde und wenn man erkennen würde, welche Bedeutung trotz aller Entspannungsversuche die Zivilverteidigung auch in der heutigen Zeit noch hat. ({0})

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Das Wort hat Herr Abgeordneter Schmitt-Vockenhausen.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002033, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, es ist angezeigt, im Anschluß an die Ausführungen des Herrn Berichterstatters und die des Kollegen Dorn noch einige Bemerkungen zu machen. Erstens. Herr Staatssekretär Köppler, ich glaube, die Bundesregierung wäre gut beraten, wenn in dem Weißbuch zur Verteidigungspolitik die Zivilverteidigung in Zukunft einen angemessenen Rang beSchmitt-Vockenhausen käme. Die Bundesregierung hat diesmal einen gesonderten Bericht vorgelegt. Der Bericht ist gut und hat die gegenwärtige Ausgangslage und die sich hieraus ergebenden Probleme geklärt; aber um die Bedeutung der zivilen Verteidigung im Rahmen der Gesamtverteidigung deutlich zu machen, sollte die Zivilverteidigung unbedingt in dem Weißbuch einen angemessenen Platz finden. Zweitens. Herr Kollege Dorn, ich glaube, man sollte doch hier auch einmal ganz klar sagen, daß dem Hause mit diesem Bericht über die Zivilverteidigung zum erstenmal ein ungeschminktes Bild über die Lage gegeben worden ist. ({0}) - Doch, das ist der Fall. ({1}) - Entschuldigen Sie, in solcher Klarheit hatte sich die Bundesregierung zu diesen Problemen bisher noch nicht geäußert. Drittens, - und das muß man hier sagen -: Was uns Sorgen macht, ist die Frage: Welche Konsequenzen sind aus der jahrelangen, insbesondere finanziellen Unterbewertung der Zivilverteidigung gezogen worden, und welche müssen für die Zukunft gezogen werden? Es ist doch so - dies geht ja schon auf die fünfziger Jahre zurück -, daß die Zivilverteidigung immer ein Stiefkind in der politischen Prioritätenliste geblieben ist. Es wäre eine Verniedlichung, wenn man hier sagen wollte, das sei in den letzten Jahren anders geworden. Mir ist in diesen Wochen und Monaten klargeworden: Wenn es nicht im Rahmen der mittelfristigen Finanzplanung rechtzeitig gelingt, die notwendigen Mittel für diesen Bereich einzuplanen, werden wir auch künftig keine neue und wirksame Konzeption verwirklichen können. Herr Staatssekretär, es ist jetzt Aufgabe der Regierung, im Rahmen der mittelfristigen Finanzplanung nach realistischen Lösungen zu suchen. Viertens. Wir sind - dies gilt auch für den Innenausschuß - mit dem Entschließungsantrag noch nicht auf bestimmte Einzelmaßnahmen festgelegt; wir sind auch für Änderungen der bisherigen Planungen offen. In diesem Sinne haben wir auch die Fragen der Beratungsstellen für den Schutzraumbau erörtert. Worauf es uns jetzt ankommt, Herr Staatssekretär, ist, daß die Substanz, die ja zum Teil angegriffen ist, nicht noch weiter verringert wird. Fünftens. In diesem Zusammenhang muß man, Herr Kollege Dorn, sehen, daß hier natürlich auch ein NATO-Problem liegt. Solange die Zivilverteidigung fast allein den einzelnen Mitgliedern der NATO überlassen bleibt - das ist die eigentliche Ursache der Schwierigkeiten -, wird sie immer wieder zurückgedrängt werden. Sie, Herr_ Staatssekretär Köppler, haben die Ausgabenpläne von Großbritannien, von Frankreich und von anderen NATO-Staaten für die Zivilverteidigung vorliegen: überall ist leider im Gesamtzusammenhang der Verteidigungsanstrengungen in den letzten Jahren die Zivilverteidigung zurückgetreten. Das hat nicht zuletzt auch psychologische Ursachen, wie überhaupt bei allen Fragen der Verteidigung, aber wir sollten uns hierdurch nicht völlig entmutigen lassen. Ich möchte noch einmal auf den. entscheidenden Punkt hinweisen: was nicht im Rahmen der mittelfristigen Finanzplanung von Ihrem Hause, Herr Staatssekretär Köppler, beansprucht wird und festgelegt werden kann, ist nachher im Hinblick auf die zahlreichen weiteren Anforderungen bei der Festlegung der Haushaltspläne nur noch schwer durchzusetzen. Eine letzte Bemerkung, Herr Kollege Dorn. Es wäre reizvoll, einmal alle die Anträge, die wir früher gestellt haben und die Sie mit abgelehnt haben, hier in Gegenüberstellung zu Ihren heutigen Ausführungen zu zitieren. Wir tun das jedoch nicht, weil wir ja eine gemeinsame Basis für einen verbesserten Ausbau des zivilen Bevölkerungsschutzes suchen. ({2}) - Nein, nein, da ist gar nichts Überraschendes! Ich habe mir das natürlich noch einmal für diese Aussprache zusammenstellen lassen. ({3}) - Wir auch! - Mit dem Bericht haben wir der deutschen Offentlichkeit deutlich gemacht: Die bisher geplanten Anstrengungen reichen jedenfalls noch nicht, um den Aufgaben der Zivilverteidigung und damit der notwendigen Hilfe für unsere Bürger im Verteidigungsfall gerecht zu werden.

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Das Wort hat der Parlamentarische Staatssekretär im Innenministerium, Herr Köppler. ({0}) Köppler, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir nur wenige Worte zu den Beiträgen in der Debatte zu diesem Thema. Ich bin Herrn Kollegen Schmitt-Vockenhausen sehr dankbar dafür, daß er die Debatte noch einmal auf den Punkt gelenkt hat, auf den es der Bundesregierung zunächst ankam, nämlich diesem Hohen Haus einen ungeschminkten Bericht über die Lage in diesem Bereich zu geben. Ich bin mit dem Vorredner der Auffassung, daß die Lage auf diesem Gebiet in der Tat nicht befriedigend ist. Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen hat die Zivilverteidigung hier als eine Art Stiefkind in der gesamtpolitischen Prioritätenordnung dargestellt. Man könnte es so nennen. Ich bin auch der Meinung, daß sein Hinweis darauf, daß auch in anderen NATO-Ländern ähnliche Schwierigkeiten bestehen, richtig ist. Ich bin auch gern bereit, die Anregung, die Zivilverteidigung mit in das Verteidigungsweißbuch einzubeziehen, aufzunehmen. Ich halte diese Anregung für wertvoll. Ich bin mir auch darüber im klaren, daß bei einer Veränderung der Situation, die durch die mittelfristige Finanzplanung gegeben ist, die Bundesregie13692 Parlamentarischer Staatssekretär Köppler rung die Initiative ergreifen muß. Zugleich möchte ich aber die Bitte an dieses Hohe Haus aussprechen, sie bei entsprechenden Bemühungen zu unterstützen. Herr Kollege Dorn, ich will in diesem Zusammenhang nicht auf Ihre Äußerungen über den Abteilungsleiter meines Hauses eingehen. Wir werden voraussichtlich heute mittag in der Fragestunde dazu Gelegenheit haben. Ich möchte nur Ihrer Feststellung widersprechen, daß die im Antrag des Innenausschusses mit Priorität gekennzeichnete Aufgabe des Schutzraumbaus in Mehrfamilienhäusern völlig überholt sei. Ich bin mit Ihnen der Auffassung, daß neben dieser Aufgabe andere Programme im Schutzraumbau mindestens von gleicher Bedeutung oder sogar von Vorrangigkeit sind, aber ich würde es im Interesse der Vermeidung von Mißverständnissen für falsch halten, den Schutzraumbau in Wohnhäusern, insbesondere in Mehrfamilienhäusern als überholt anzusehen. Ich glaube, wir sind uns im Prinzip auch einig darüber, daß die Möglichkeiten, die hier bestehen, im Interesse des Schutzes unserer Bevölkerung genutzt werden sollten.

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Kempfler.

Dr. Friedrich Kempfler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001085, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich nur noch ganz kurz zu einigen Sätzen aus der Rede des Kollegen Dorn Stellung nehmen. Herr Kollege Dorn, was den zivilen Bevölkerungsschutz angeht, so war nie problematisch, dafür Mehrheiten in diesem Hause zu finden. Wir haben das letzte Gesetzeswerk einstimmig beschlossen. Das Problem sind vielmehr die Mittel. Auch die breiteste Mehrheit ist manchmal nicht imstande, die Mittel herbeizuschaffen.

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Gestatten Sie eine Frage?

Dr. Friedrich Kempfler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001085, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Bitte sehr!

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Bitte sehr, Herr Abgeordneter Dorn!

Wolfram Dorn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000409, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Kollege Kempfler, sind Sie nicht mit mir der Meinung, daß nicht die Mittel an sich das Problem sind, sondern die falsche Verteilung auf die einzelnen Positionen innerhalb des Kabinetts?

Dr. Friedrich Kempfler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001085, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Dorn, die Antwort finden Sie in Abschnitt A Ziffer 2 a des Ausschußantrages, nach der der zivilen Verteidigung nun endlich die ihr gebührende Stellung im Rahmen der Gesamtverteidigung eingeräumt werden soll. Das scheint mir das Problem zu sein, bis wir - das muß die breite Mehrheit immer wieder betonen - wenigstens einen Schritt weitergekommen sind; ich möchte gar nicht sagen: am Ziele sind. Weil wir dieses Bestreben nicht aufgeben sollten, kann ich auch Ihr Zitat „Laßt alle Hoffnung fahren" nicht am Ende dieser Debatte stehen lassen, denn gerade das würde ja enorm entmutigend auf die Leute wirken, die - teils freiwillig, teils beruflich - jetzt schon in der zivilen Verteidigung mitwirken. Ich schlage Ihnen vor, daß wir - wir sind ja offenbar beide große Zitierer - ein anderes Zitat nehmen: Wir sollten am Grabe des Gesetzgebungswerkes von 1965 die Hoffnung für die Jahre 1969 bis 1973 aufpflanzen. ({0})

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Das Wort wird weiter nicht gewünscht. Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung über den. Antrag des Ausschusses. Können wir über ihn im ganzen abstimmen? ({0}) Wer dem Antrag des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das ist einstimmig beschlossen. Ich rufe Punkt 25 der Tagesordnung auf: Beratung des Mündlichen Berichts des Innenausschusses ({1}) über den Bericht des Bundesministers des Innern betr. Rechtsstellung und Ausbildung der deutschen Beamten für internationale Aufgaben - Drucksachen V/3794, V/4484 Berichterstatter: Abgeordneter Schmitt-Vokkenhausen Wünscht der Berichterstatter das Wort? ({2}) - Ich habe kein Verlangen dieser Art gehört; ich habe nur gefragt. - Das Wort wird nicht gewünscht. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses auf Drucksache V/4484. Wer dem Antrag des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag ist einstimmig angenommen. Ich rufe Punkt 26 der Tagesordnung auf: Beratung des Mündlichen Berichts des Innenausschusses ({3}) über den Antrag der Fraktion der SPD betr. einheitliche Richtlinien zur Bewertung der Dienstposten und über die Harmonisierung der Stellenpläne - Drucksachen V/185, V/4477 - Berichterstatter: Abgeordneter Brück ({4}) Ist zu diesem Punkt eine Ergänzung des Herrn Berichterstatters notwendig? - Das ist nicht der Fall. Wer dem Antrag des Ausschusses auf Drucksache V//4477 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag ist einstimmig angenommen. Vizepräsident Schoettle Jetzt kommen wir zu Punkt 27 der Tagesordnung: Beratung des Mündlichen Berichts des Innenausschusses ({5}) über den Bericht des Bundesministers des Innern betr. Arbeitsbedingungen des wissenschaftlichen und technischen Personals an den hochschulfreien Forschungseinrichtungen des Bundes - Drucksachen V/3963, V/4476-Berichterstatter: Abgeordneter Schlager Der Herr Berichterstatter wünscht das Wort zu einer Ergänzung nicht. - Das Wort zur Sache selber wird ebenfalls nicht gewünscht. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses auf Drucksache V/4476. Wer dem Ausschußantrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das ist einstimmig beschlossen. Ich rufe den Punkt 28 auf: Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Arbeit ({6}) über den von der Bundesregierung vorgelegten Bericht über die Art, den Umfang und den Erfolg der von ihr oder den Länderregierungen vorgenommenen Beanstandungen betreffend die Anwendung des Artikels 119 des EWG-Vertrages - Drucksachen V/3782, V/4495 - Berichterstatterin: Abgeordnete Frau Rudoll Wünscht die Frau Berichterstatterin das Wort? - Das ist nicht der Fall. - Das Wort zur Sache wird ebenfalls nicht gewünscht. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses, den Sie auf Drucksache V/4495 finden. Wer dem Antrag des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das ist einstimmig beschlossen. Ich rufe den Punkt 29 auf: Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen ({7}) über den Antrag der Abgeordneten Dr. Burgbacher, Dr. Jahn ({8}), Burgemeister und Genossen betr. Forschungsauftrag zur Herstellung von Kraftstoffen aus Kohle - Drucksachen V/2806, V/4496 Berichterstatter: Abgeordneter Matthöfer dazu Bericht des Haushaltsausschusses ({9}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung - Drucksache V/4508 Berichterstatter: Abgeordneter Hermsdorf Wünscht der Herr Berichterstatter das Wort? - Das ist nicht der Fall. - Auch sonst wird das Wort nicht gewünscht. Wir kommen dann zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses, den Sie auf Seite 2 der Drucksache V/4496 finden. Wer dem Antrag des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das ist einstimmig beschlossen. Ich rufe nun den Punkt 9 der Tagesordnung auf, der zurückgestellt worden war: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Entlastung des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen - Drucksache V/2849 Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses ({10}) - Drucksache V/4458 -Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Wahl ({11}) Der Berichterstatter wünscht das Wort offenbar nicht. Wir kommen zur Einzelberatung. Ich rufe auf die Art. 1, 2, 3, 4, 5, 6, Einleitung und Überschrift. - Wer den aufgerufenen Bestimmungen, der Einleitung und Überschrift zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist in zweiter Lesung bei Enthaltung der sozialdemokratischen Fraktion beschlossen. Wir treten in die dritte Beratung ein. Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Reischl.

Prof. Dr. Gerhard Reischl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001813, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Gesetzentwurf, der uns heute vorliegt, ist ein weiteres Stück Flickwerk, um den Bundesgerichtshof zu entlasten. Bereits am Ende der letzten Wahlperiode - man ist fast versucht zu sagen: „Alle Wahlperioden wieder" - war ein ähnlicher Entwurf diesem Hause vorgelegen, der damals die Streitwertgrenze erhöht hat. Er sollte sie zunächst auf 20 000 DM erhöhen, es ist dann aber bei 15 000 DM geblieben. Ich selber habe damals in dritter Lesung zu diesem Gesetzentwurf erklärt, daß, wenn wir uns nicht endlich entschließen, einen anderen Weg zu gehen, wir uns mit Sicherheit in absehbarer Zeit wieder hier sehen werden, wieder mit einem Gesetzentwurf zur Erhöhung der Streitwertgrenze, um den Bundesgerichtshof zu entlasten, weil wir uns einfach nicht entschließen konnten, einen wirklich neuen Weg zu einer grundlegenden Änderung des Revisionsrechts zu gehen. Die jetzige Regelung des Revisionsrechts geht einfach von der falschen Voraussetzung aus, daß derjenige, der einen höheren Streitwert bei seinem Prozeß hat, auch mehr Instanzen haben muß. Das ist also nun wirklich keine sinvolle Begründung dafür, sondern es muß einfach so sein, daß es auf die Wichtigkeit des Prozesses ankommen muß, auf die Wichtigkeit der zu behandelnden Rechtsfrage, ohne Rücksicht auf den Streitwert, ob ein Prozeß in die Revisionsinstanz, die ja eben nur dazu da ist, Rechtsfragen nachzuprüfen, gehen soll oder nicht. Infolgedessen war auch dem vergangenen Gesetzentwurf kein Erfolg beschieden. Es ist genauso gekommen, wie es zu erwarten war: der Streitwert wurde auf 15 000 DM erhöht. Sie wissen ja selber, wie die Streitwertfestsetzung vor sich geht: bei einem großen Teil der Prozesse, wo es mehr oder minder im Ermessen des Gerichts liegt, den Streitwert nach dem Vortrag der Parteien festzusetzen, wurde der Streitwert eben entsprechend höher festgesetzt, und es blieben die ganzen Prozesse anhängig. Das ist vor allem bei dem I a- und dem I b-Senat des Bundesgerichtshofes der Fall, wo eine Entlastung überhaupt nicht eingetreten ist. Das gleiche wird jetzt wieder passieren. Nur sind die Wirkungen des jetzigen Gesetzentwurfs sozial noch sehr viel weniger tragbar als bisher. Denn jetzt wird die Streitwertgrenze auf 25 000 DM erhöht. Wer also einen Prozeß mit einem Streitwert unter 25 000 DM hat, bei dem endet es eben in der zweiten Instanz. Nur in den wenigen Ausnahmefällen, die das Gesetz vorsieht, kann der Prozeß überhaupt an den Bundesgerichtshof kommen. Diese Sache kann auf die Dauer nicht zu einer Entlastung führen. Im Gegenteil! Das Gesetz ist zugegebenermaßen nur auf drei Jahre befristet. Das ist schon ein Fortschritt gegenüber dem letzten Mal; denn letztesmal war es unbefristet. Aber es ist halt wieder nur ein Flickwerk, das unter gar keinen Umständen zur Entlastung des Bundesgerichtshofes führen kann. Wir werden vielmehr, wenn wir so weitermachen, nach drei Jahren mit dem nächsten Gesetzentwurf hier stehen, der dann den Streitwert auf 50 000 DM erhöht, usw. usf. Wir sollten uns vielmehr endlich entschließen, das zu tun, was die SPD-Fraktion bereits während der Beratungen im Rechtsausschuß des Bundestages vorgeschlagen hatte, nämlich grundsätzlich dazu überzugehen, daß die Revision nur noch zulässig ist, wenn sie vom Bundesgerichtshof selbst wegen der besonderen rechtlichen Bedeutung der Sache, auch zugegebenermaßen wegen der besonderen wirtschaftlichen Bedeutung der Sache, zugelassen wird. Nur dadurch würde die Zahl der Revisionen entscheidend verringert, ohne aber dabei auf den doch völlig willkürlichen Streitwert abzustellen, und es würde erreicht, daß wirklich alle wichtigen Prozesse noch nach oben gebracht werden; ganz abgesehen davon - das möchte ich noch einflechten -, daß es einfach notwendig erscheint, schon im Interesse der Weiterentwicklung der Rechtsprechung, diesen Weg zu gehen. Denn es muß nun endlich einmal alles - die volle Bandbreite, auch die kleinen Verträge - an den Bundesgerichtshof kommen können, wenn es der Prozeß wegen seiner besonderen Bedeutung rechtfertigt. Ich möchte hier nun nicht all die Voraussagen vom letztenmal wiederholen; es ist ja auch genauso eingetreten. Sie werden sehen, es wird genau dasselbe wieder passieren. Um hier nun aber wenigstens eine Möglichkeit und der Bundesregierung auch einen Hinweis zu geben, hat meine Fraktion einen Entschließungsantrag eingebracht. Ich darf ihn mit Zustimmung des Herrn Präsidenten gleich mitbegründen, weil wir damit Zeit sparen.

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Bitte, tun Sie das!

Prof. Dr. Gerhard Reischl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001813, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Der Entschließungsantrag *) stellt zunächst einmal grundlegend fest, daß der Bundestag bei seiner Beschlußfassung davon ausgeht, daß die zur Entlastung des Bundesgerichtshofs vorgesehene erneute Erhöhung der Revisionssumme nur eine befristete Übergangsmaßnahme ist und aus rechtspolitischen Gründen auf die Dauer nicht bestehenbleiben kann. Im zweiten Teil unseres Entschließungsantrags wird die Bundesregierung ersucht, in der nächsten Wahlperiode, und zwar möglichst am Anfang, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der die Revision unabhängig von der Höhe des Streitwerts in größerem Umfang als bisher zuläßt. Sie sehen also, wir haben hier eine flexible Fassung gewählt, um auch den Kollegen des Hauses, die immer noch Bedenken haben, von der Streitwertrevision völlig abzugehen, eine Möglichkeit zu geben, dieser Entschließung zuzustimmen, damit die Regierung einen festen Auftrag erhält darüber, was sie dem Bundestag auf diesem Gebiet überhaupt vorlegen soll. Das soll dann - auch das muß klar gesagt werden - kein Gesetz zur Entlastung des Bundesgerichtshofs mehr werden, sondern ein Gesetz zur Neuordnung des Revisionsrechts, womit automatisch eine Entlastung des Bundesgerichtshofs verbunden ist. Ich darf damit auch die Begründung des Entschließungsantrags abschließen und für meine Fraktion erklären, daß wir uns außerstande sehen, dem Gesetzentwurf, der unserer Meinung nach rechtspolitisch nicht vertretbar ist, zuzustimmen. Da wir aber einsehen, daß der Bundesgerichtshof eine Entlastung braucht, wollen wir den Gesetzentwurf auch nicht durch ein Nein womöglich hier zu Fall bringen, sondern wir werden uns bei der Abstimmung über das Gesetz der Stimme enthalten und bitten, unserem Entschließungsantrag zuzustimmen.

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Das Wort hat der Abgeordnete Busse.

Hermann Busse (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000316, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren Kollegen! Der jetzt zur Beratung anstehende Gesetzentwurf ist eine Kompromißlösung, die im Laufe der Ausschußberatungen gefunden wurde. Der Zweck des Gesetzentwurfs war, eine Enlastung des Bundesgerichtshofs herbeizuführen. Diesen Gesetzentwurf hatte die sozialdemokratische Fraktion zum Anlaß genommen, eine grundsätzliche Umgestaltung der Möglichkeiten der Revision im Zivilprozeß vorzuschlagen. *) Siehe Anlage 2 Busse ({0}) Damit wurde der eigentliche Zweck, der mit dem Gesetz verfolgt war, nämlich den Bundesgerichtshof zu entlasten, mindestens in Frage gestellt. Denn, was auch immer gesagt wird, kein Mensch kann heute voraussagen, welche Auswirkungen es gehabt haben würde, wenn die SPD mit ihren Vorstellungen durchgekommen wäre. Die Mehrarbeit, die damit dem Bundesgerichtshof ohne weiteres zugewachsen wäre, hätte den Entlastungseffekt sehr leicht weitgehend wieder kompensiert. Dagegen läßt sich mit Sicherheit voraussagen, daß der jetzt vorliegende Gesetzentwurf eine Entlastung des Bundesgerichtshofs bringt. Neben der Erhöhung der Revisionssumme sind weitere Maßnahmen in dem Gesetz vorgesehen, die unzweifelhaft zu einer Entlastung des Bundesgerichtshofs führen. Ob und in welchem Umfang der gewünschte Erfolg eintreten wird, ist freilich wieder eine Frage, die erst in der Zukunft beantwortet werden kann. Darum stimmen wir dem vorliegenden Gesetzentwurf zu; wir halten ihn für richtig. Auch die Angriffe, die gegen die Revision immer wiederholt werden, halten wir im letzten nicht für berechtigt. Gewiß - ich habe das hier früher schon einmal vorgetragen -, eine Revisionssumme ist kein ideales Entscheidungsmittel für die Frage, ob eine Revision zulässig sein soll oder nicht, aber unter den möglichen Auswahlmitteln eines der besten, das wir haben. Daß mit der Höhe des Streitwertes die Bedeutung der Sache steigt, wird, glaube ich, nicht ernsthaft in Abrede gestellt werden können. Daneben auch in den Fällen, in denen die Revisionssumme nicht erreicht ist, bessere Möglichkeiten zu schaffen, als sie heute bereits bestehen - es ist ja nicht so, als ob sie nicht bestünden -, kann man künftig durchaus regeln. Aber das, was die SPD dann mit ihrem Entschließungsantrag wiederum andeutet und was sie in den Beratungen des Rechtsausschusses laufend angestrebt hat, ist tatsächlich eine völlige Revision des Revisionsrechts. Ich möchte ernsthaft die Frage stellen: Ist es wirklich gut, wenn wir bei der Revision unseres Prozeßrechts, die im allgemeinen angestrebt und deren Notwendigkeit von niemandem bestritten wird, ausgerechnet an der Spitze anfangen und dort neue Grundsätze aufstellen, ehe wir wissen, wie der gesamte Unterbau und die Funktion dieses Unterbaus aussieht? Es muß doch so sein, daß erst dann, wenn das klar ist, deutlich gesagt werden kann, welche Rechtsmittel in dem so geschaffenen neuen Prozeßrecht und gegen die ergehenden Entscheidungen angebracht sind. Wenn Sie das berücksichtigen, dann, so glaube ich, werden auch Sie dem Antrag der SPD nicht zustimmen können. Ich halte diesen Antrag aber auch für überflüssig; denn das Gesetz, das heute hier beschlossen werden soll, ist auf drei Jahre befristet. Nach Ablauf dieser Zeit tritt es außer Kraft, und es entsteht aus sich heraus die Notwendigkeit, dann etwas anderes an dessen Stelle zu setzen. Warum sollten wir heute in einer der letzten Sitzungen des Plenums noch über einen Entschließungsantrag abstimmen, der bereits Richtlinien für den nächsten Bundestag, den wir sowieso nicht binden können, enthält? Meine Fraktion wird den Antrag ablehnen. ({1})

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Wird weiter das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wir kommen zur Schlußabstimmung über das Gesetz im ganzen. Wer dem Gesetz zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei Enthaltung der sozialdemokratischen Fraktion ist das Gesetz in dritter Beratung angenommen. Wir kommen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag. Wer dem Entschließungsantrag, den die Fraktion der SPD vorlegt, zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Keine Enthaltungen. Der Antrag ist abgelehnt. Wir kommen nun zu Punkt 30 der Tagesordnung: Beratung des Schriftlichen Berichts des Verkehrsausschusses ({0}) über den Antrag der Abgeordneten Dr. Häfele, Adorno, Dr. Vogel ({1}) und der Fraktion der CDU/CSU, der Abgeordneten Saam, Dr. Rutschke und der Fraktion der FDP betr. Vereinheitlichung von Bahnbus- und Postbusverkehr - Drucksachen V/701, V/4471 Berichterstatter: Abgeordneter Maibaum Der Herr Berichterstatter wünscht das Wort nicht. Das Wort zur Sache hat der Abgeordnete Ramms.

Egon Wilhelm Theodor Ramms (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001771, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Namen der Freien Demokraten gebe ich folgende Erklärung ab. Wir begrüßen die Verhandlungen zwischen Bahn und Post zur Bildung einer Verkehrsgemeinschaft für den Bahnbus- und Postreisedienst. Wir begrüßen auch den Kabinettsbeschluß, der zu dieser Bildung der Einheitsgesellschaft beitragen soll. Sie wissen aber, daß bei der Bahn ca. 2000 private Verkehrsträger beschäftigt sind. Wir erwarten, daß im Zusammenhang mit den §§ 8 und 20 a des Personenbeförderungsgesetzes der Besitzstand der privaten Verkehrsträger und der Besitzstand der öffentlichen Nahverkehrsbetriebe gewahrt bleibt. ({0})

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Keine weiteren Wortmeldungen. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses, den Antrag Drucksache V/701 für erledigt zu erklären. Wer dem Antrag des Ausschusses zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen. Ich rufe Punkt 31 der Tagesordnung auf: Beratung des Schriftlichen Berichts des Verkehrsausschusses ({0}) über den Vizepräsident Schoettle Antrag der Abgeordneten Dr. Imle, Ramms, Graaff und der Fraktion der FDP betr. zukünftige Finanzierung des Straßenbaus - Drucksachen V/3676, V/4492 -Berichterstatter: Abgeordneter Wendelborn Wünscht der Herr Berichterstatter das Wort? - Das ist nicht der Fall. Wird das Wort in der Sache gewünscht? - Auch das ist nicht der Fall. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses, den Sie auf Drucksache V/4492 finden. Wer dem Ausschußantrag zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das ist einstimmig beschlossen. Wir kommen zu Punkt 32: Beratung des Schriftlichen Berichts des Verkehrsausschusses ({1}) über das von der Bundesregierung eingebrachte Verkehrspolitische Programm für die Jahre 1968 bis 1972 hier: Kapitel II, Luftfahrt - aus Drucksache V/2494, Drucksache V/4442 - Berichterstatter: Abgeordneter Lemmrich dazu Bericht des Haushaltsausschusses ({2}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung - Drucksache V/4536 Berichterstatter: Abgeordneter Haehser Der Berichterstatter wünscht das Wort nicht. Vom Haushaltsausschuß liegt ein Bericht des Abgeordneten Haehser vor. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Der Antrag des Ausschusses Drucksache V/4442, Seite 2, steht zur Abstimmung. Wer dem Antrag des Ausschusses zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig beschlossen. Wir kommen zu Punkt 33: Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für das Bundesvermögen ({3}) über den Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung von bebauten Teilflächen des Notaufnahmelagers Berlin-Marienfelde an die Deutsche Gesellschaft zur Förderung des Wohnungsbaues, gemeinnützige Aktiengesellschaft ({4}), Berlin-Schöneberg - Drucksachen V/4246, V/4478 - Berichterstatter: Abgeordneter Strohmayr Das Wort wird vom Berichterstatter nicht begehrt. Auch sonst wird das Wort nicht gewünscht. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses auf Drucksache V/4478, Seite 2. Wer dem Ausschußantrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das ist einstimmig beschlossen. Ich rufe Punkt 34 der Tagesordnung auf: Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für das Bundesvermögen ({5}) über den Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung des Grundstücks in München-Riem, Am Mitterfeld 114, an die Flughafen München-Riem GmbH - Drucksachen V/4172, V/4479 - Berichterstatter: Abgeordneter Strohmayr Das Wort wird nicht gewünscht. Der Ausschußantrag auf Drucksache V/4479, Seite 2, steht zur Abstimmung. Wer dem Antrag zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Es ist einstimmig beschlossen. Ich rufe den Punkt 35 auf: Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für das Bundesvermögen ({6}) über den Bericht des Bundesschatzministers betr. Ergebnisse der Entbehrlichkeitsprüfung und der Veräußerung von Bundesgelände zu Zwecken des Wohnungsbaues und der Eigentumsbildung - Drucksachen V/3874, V/4457 - Berichterstatter: Abgeordneter Strohmayr Der Herr Berichterstatter wünscht das Wort nicht. Auch sonst wird das Wort nicht gewünscht. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses auf Drucksache V/4457, Seite 2. Wer dem Ausschußantrag zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Es ist einstimmig beschlossen. Ich rufe Punkt 36 der Tagesordnung auf: Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses ({7}) über den Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Entlastung der Bundesregierung wegen der Bundeshaushaltsrechnung für das Bundesrechnungsjahr 1965 auf Grund der Bemerkungen des Bundesrechnungshofes - Drucksachen V/2695, V/4459 - Berichterstatter:. Abgeordneter Beuster Der Berichterstatter wünscht das Wort nicht. Auch sonst wird das Wort nicht gewünscht. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses auf Drucksache V/4459. Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - 'Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei zahlreichen Enthaltungen ist der Antrag des Ausschusses angenommen. Ich rufe Punkt 37 auf: Beratung des Schritflichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({8}) über den von der Bundesregierung vorgelegten 7. Bericht über die Auswirkungen der EWG-MarktorganisatioVizepräsident Schoettle nen auf dem Agrargebiet für die Zeit vom 1. Juli 1967 bis 30. Juni 1968 . - Drucksachen V/3649, V/4489 - Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Reinhard Der 'Berichterstatter wünscht das Wort nicht. Auch sonst wird das Wort nicht begehrt. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses auf Drucksache V/4489. Wer diesem Ausschußantrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Ausschußantrag ist einstimmig angenommen. Ich rufe Punkt 38 auf: Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Gesundheitswesen ({9}) über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission der Europäischen Gemeinschaften für eine Richtlinie dies Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über diätetische Lebensmittel - Drucksachen V/4114, V/4523 - Berichterstatterin: Abgeordnete Frau Klee Die Frau Berichterstatterin wünscht das Wort nicht. Auch sonst liegen keine Wortmeldungen vor. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses auf Drucksache V/4523, Seite 3. Wer diesem Ausschußantrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig beschlossen. Ich rufe Punkt 39 auf: Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Gesundheitswesen ({10}) über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission der EWG für eine Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für Emulgatoren-Stabilisatoren, Verdickungs- und Geliermittel, die in Lebensmitteln verwendet werden dürfen - Drucksachen V/3973, V/4522 -Berichterstatterin: Abgeordnete Frau Holzmeister Die Frau Berichterstatterin wünscht das Wort nicht. Auch sonst wird das Wort nicht gewünscht. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses auf Drucksache V/4522. Wer diesem Ausschußantrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig beschlossen. Ich rufe Punkt 40 auf: Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Gesundheitswesen ({11}) über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission der. Europäischen Gemeinschaften für eine Verordnung des Rates über die Herstellung von Margarine - Drucksachen V/3621, V/4472 - Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Hammans Der Berichterstatter wünscht das Wort nicht. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses auf Drucksache V/4472, Seite 3. Wer diesem Ausschußantrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Ausschußantrag ist einstimmig angenommen. Ich rufe Punkt 41 auf: Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Gesundheitswesen ({12}) über den Bericht der Bundesregierung über die Erfahrungen beim Vollzug des Gesetzes zum Schutz gegen Baulärm vom 9. September 1965 - Drucksachen V/3475, V/4473 - Berichterstatterin: Abgeordnete Frau Lösche Die Frau Berichterstatterin wünscht das Wort nicht. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses auf Drucksache V/4473. Wer diesem Ausschußantrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig beschlossen. Ich rufe Punkt 42 auf: Beratung der Sammelübersicht 46 des Petitionsausschusses ({13}) über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages zu Petitionen und systematische Ubersicht über die beim Deutschen Bundestag in der Zeit vom 18. Oktober 1965 bis 15. Juni 1969 eingegangenen Petitionen - Drucksache V/4417 - Das Wort wird nicht gewünscht. Wir stimmen ab über den Antrag des Ausschusses auf Drucksache V/4417, Seite 1. Wer diesem Ausschußantrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig so beschlossen. Ich rufe nun auf den Punkt 20 der Tagesordnung, der wegen des Fehlens des Berichts des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung zurückgestellt worden ist; der Bericht ist inzwischen eingegangen: Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über den Verkauf von bundeseigenem Gelände in München zur Errichtung frei finanzierter Wohnungen, die während der Olympischen Spiele 1972 als Olympisches Dorf der Männer benutzt werden sollen - Drucksache V/4491 - a) Bericht des Haushaltsausschusses ({14}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung - Drucksache V/4545 13698

Not found (Mitglied des Präsidiums)

Abgeordneter Hauser ({0}) b) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für das Bundesvermögen ({1}) - Drucksache V/4538 Berichterstatter: Abgeordneter Strohmayr ({2}) Ich eröffne die zweite Beratung des Gesetzes und rufe die §§ 1 und 2, Einleitung und Überschrift auf. Wer den aufgerufenen Paragraphen zustimmen will, den . bitte um ein Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Es ist einstimmig beschlossen. Ich eröffne die dritte Beratung. Wird das Wort in der allgemeinen Aussprache gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wir kommen zur Abstimmung über das Gesetz im ganzen. Wer ihm zustimmen will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Gesetz ist einstimmig beschlossen. Es liegt dazu noch ein Ausschußantrag vor, über dessen Ziffer 2 hier zu entscheiden ist. Der Antrag lautet: Die Bundesregierung wird ersucht, sich dafür einzusetzen, daß der Unterschiedsbetrag zwischen dem Verkehrswert des bundeseigenen Grundstückes, der ohne Berücksichtigung der olympischen Planungen 36 792 052 DM betragen würde, und dem jetzt vom Deutschen Bundestag durch Gesetz genehmigten Kaufpreis von 13 319 300 DM auf die vom Bund für die Olympischen Spiele 1972 in München zu erbringenden Leistungen angerechnet wird. Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Dieser Entschließungsantrag ist einstimmig angenommen. Was können wir jetzt machen? ({3}) Ich rufe auf Punkt 46 des Tagesordnung. ({4}) - Ja, das ist nicht möglich; das können wir offenkundig nicht machen. ({5}) - Punkt 51. Ja, bei der Aufräumungsarbeit, die wir in diesen Tagen leisten müssen, ist es klar, daß die Tagesordnung manchmal etwas durcheinander gerät. Ich rufe also auf Punkt 51 der Tagesordnung: Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung ({6}) betr. Änderung und Ergänzung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages hier: Änderung und Ergänzung der Bestimmungen der Haushalts- und Finanzvorlagen - Drucksache V/4518 Berichterstatter: Abgeordneter Dichgans Das sind Paragraphen der Geschäftsordnung, die seinerzeit bei der Beratung zurückgestellt wurden, weil sie Finanz- und Haushaltsvorlagen betrafen und der Haushaltsausschuß noch an der Beratung beteiligt werden mußte. Sie sind jetzt reif zur Abstimmung. Wünscht der Herr Berichterstatter des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität das Wort? - Das ist nicht der Fall. Wir können dann über die Vorlage selber entscheiden. Der Ausschuß schlägt vor, die Änderungen und Ergänzungen der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages in der aus der Anlage ersichtlichen Fassung anzunehmen. Wir kommen zur Abstimmung. Wer diesen Paragraphen zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Die aufgerufenen Paragraphen der Geschäftsordnung sind einstimmig beschlossen. Es ist noch über das Inkrafttreten abzustimmen, und zwar nach Ziffer 2 des Ausschußantrags. Er lautet: Die unter 1. angenommenen Änderungen und Ergänzungen treten am 1. Oktober 1969 in Kraft. Wer diesem Teil des Ausschußantrags zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das ist einstimmig beschlossen. ({7}) --- Herr Kollege Genscher, ich habe vorhin gesagt, daß die Abwicklung der Tagesordnung etwas kompliziert wird, weil wir zum Teil Punkte zurückgestellt haben, weil die Anträge des Haushaltsausschusses noch nicht vorlagen. Jetzt müssen wir also stückweise heraussuchen, was verabschiedet werden kann. ({8}) - Punkt 50 zum Beispiel. Ich habe mich von den Herren Fraktionsgeschäftsführern beraten lassen, die mir sagen, was verabschiedet werden könnte. Ich rufe also Punkt 50 auf: Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung ({9}) über den Antrag der Fraktion der FDP betr. Änderung der Richtlinien für die Fragestunde - Umdruck 704 Nr. 3, Drucksache V/4524 -Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Klepsch Das Wort hat der Abgeordnete Genscher.

Hans Dietrich Genscher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000661, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der Beratung der sogenannten Parlamentsreform haben wir eine sehr eingehende Debatte über diesen Antrag der Fraktion der FDP geführt. Entgegen der Haltung des Geschäftsordnungsausschusses ergab sich, hier im Plenum bei einer großen Zahl von Mitgliedern der Fraktion der Sozialdemokratischen Partei, aber auch bei einzelnen Kollegen der CDU/CSU, eine Sympathie für den Antrag, der am Beginn jeder Wochenarbeit eine politische Fragestunde vorsieht, eine Fragestunde also, in der in Anwesenheit der gesamten Bundesregierung aktuell und ohne schriftliche Einreichung Fragen gestellt werden können. Wir haben in der Sache nicht abstimmen können, weil die Fraktion der CDU/CSU Überweisung an den Geschäftsordnungsausschuß beantragt hat. Unsere Sorge, daß damit eine Beerdigung dieses Antrags für diese Legislaturperiode beabsichtigt gewesen sei, hat sich bewahrheitet. Im Geschäftsordnungsausschuß hat es die Mehrheit aller Kollegen der SPD und der CDU - das deckt sich nicht mit den Mehrheitsverhältnissen, die wir im Plenum hatten - abgelehnt, diesen Antrag noch in dieser Legislaturperiode zu beraten, obwohl er verabschiedungsreif gewesen wäre. Wir bedauern das, weil hier ein wirklicher Beitrag zur Parlamentsreform, wie es Herr Kollege Mommer ausgedrückt hat, hätte geleistet werden können. Wir hätten die Spontaneität und Aktualität der Sitzungen des Deutschen Bundestages, vornehmlich aber der Fragestunde, erhöhen können, und wir hätten damit auch die Rechte des Parlaments gegenüber der Regierung stärken können. Wir hätten zudem mit der Annahme dieses Antrags dafür Sorge tragen können, daß die Parlamentsberichterstattung politischer geworden wäre, daß nämlich an Stelle der Regierungspressekonferenz am Mittwoch jeder Woche hier im Parlament die Bundesregierung nach ihrer Kabinettssitzung die aktuellen politischen Fragen beantwortet hätte. Wir brauchen dazu keine verfassungsrechtlichen Gutachten. Diese Frage kann juristisch klar beantwortet werden. Meine Fraktion bittet deshalb das Haus, auch die Kollegen der anderen Fraktionen, heute noch einmal zu prüfen, ob wir nicht durch die Annahme des Antrags der FDP und die Ablehnung des Ausschußberichts einen wirklichen Beitrag zur Parlamentsreform leisten könnten. ({0})

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Das Wort hat der Abgeordnete Bauer ({0}).

Hannsheinz Bauer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000105, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Leider ist der Berichterstatter, Herr Dr. Klepsch, glaube ich, noch nicht im Hause. Infolgedessen sehe ich mich als Vorsitzender des Ausschusses veranlaßt, eine kleine Richtigstellung vorzunehmen. Die Mehrheit des Ausschusses, und zwar eine klare Mehrheit, war der Auffassung, daß dieser Antrag noch nicht entscheidungsreif sei, weil verschiedene Probleme in der Kürze der Zeit einfach nicht geklärt werden können. ({0}) Ich will nur eine Frage andeuten: Drei Arten von Fragestunden wären etwas viel. Man müßte, wenn diese Form der Fragestunde Platz greifen sollte, dann zumindest die Aktuelle Stunde aus der Geschäftsordnung entfernen. Außerdem sollten noch mehr Erfahrungen aus anderen Parlamenten berücksichtigt werden. Es ist sogar angeregt worden, sich einmal den Ablauf der Fragestunde im kanadischen Parlament, auf den Bezug genommen wurde, anzusehen. Das alles hat dazu geführt, daß der Ausschuß nur eine Vertagung beschlossen hat. ({1}) Ich darf bitten, den Bericht des Ausschusses in dieser Richtung - das ist der Antrag des Ausschusses - zur Kenntnis zu nehmen. ({2})

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Apel. ({0}) - Erledigt! Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir stimmen über den Antrag des Ausschusses ab, der dahin geht: Der Bundestag wolle beschließen: Der Bericht des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung wird zur Kenntnis genommen. In diesem Bericht ist praktisch die Entscheidung über den Antrag der FDP enthalten. Wer dem Ausschußantrag zustimmt, gebe bitte ,ein Handzeichen. - Danke! Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Ausschußantrag ist gegen die Stimmen der FDP angenommen. Damit ist Punkt 50 ebenfalls erledigt. Ich rufe Punkt 52 der Tagesordnung auf: Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Steuerverteilung und den Finanzausgleich unter den Ländern vom Rechnungsjahr 1970 an ({1}) - Drucksache V/4305 Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses ({2}) - Drucksache V/4481 Berichterstatter: Abgeordneter Krammig ({3}) Wünscht der Herr Berichterstatter das Wort? - Das ist nicht der Fall. Wir treten dann in die zweite Beratung ein. Ich rufe die §§ 1 bis 20, Einleitung und Überschrift, auf. Wer den aufgerufenen Paragraphen zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? ({4}) Die Stimmen der FDP waren Nein-Stimmen. Im übrigen sind die aufgerufenen Paragraphen gegen die Stimmen der FDP angenommen. Vizepräsident Schoettle Wir kommen zur dritten Beratung. Ich eröffne die allgemeine Aussprache. - Das Wort hat zunächst der Abgeordnete Krammig.

Karl Krammig (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001195, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe die Ehre, im Namen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion vor der Verabschiedung dieses Gesetzentwurfs in dritter Lesung eine kurze Erklärung abzugeben. Mit diesem Gesetzentwurf wird ein Teil der Finanzreform durchgeführt. Es fehlt an Ausführungsgesetzen nunmehr nur noch das Zerlegungsgesetz, das mit eine Verhandlungsgrundlage für den zweiten Vermittlungsvorschlag zur Finanzverfassungsreform darstellte. Wenn im Schriftlichen Bericht die Rede davon ist, daß die Gestaltung des horizontalen Finanzausgleichs in erster Linie Sache der Beteiligten sei, nämlich der Länder, so ist dem nicht zu entnehmen, daß sich der Bundesgesetzgeber, der Bundestag, nicht in Form einer kritischen Stellungnahme zu Initiativvorschlägen des Bundesrates äußern würde. In Anbetracht der Kürze der zur Beratung zur Verfügung stehenden Zeit konnte der Finanzausschuß die Vorlage nur entweder en bloc annehmen oder ihre Verabschiedung in dieser Legislaturperiode gefährden. Da aber das Zerlegungsgesetz, das als ergänzendes Gesetz bei Wiederzusammentritt des Bundestages eingebracht werden muß, sowieso erneut das ganze Problem des horizontalen Finanzausgleichs zur Debatte stellt, weil nämlich die eigenen Steuereinnahmen insbesondere der ausgleichsberechtigten Länder durch das Zerlegungsgesetz wohl ansteigen werden, mußte darauf verzichtet werden, jetzt in eine gründliche Einzelberatung einzutreten. Meine Damen und Herren, wir betrachten diesen Gesetzentwurf als als einen Teil der Finanzverfassungsreform, der ihrer Komplettierung dient. Ich habe die Ehre, Ihnen namens der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zu empfehlen, den Gesetzentwurf anzunehmen.

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Das Wort hat Frau Abgeordnete Funcke.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000620, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Die FDP-Fraktion hat vor einigen Monaten die sogenannte Finanzreform abgelehnt, weil es sich nicht um eine Reform handelt, sondern - wenn Sie so wollen - um einen Etikettenschwindel. ({0}) - Um einen Etikettenschwindel, Sie können doch ernstlich nicht von einer Reform reden. - Gerade das jetzt vorliegende Gesetz macht deutlich, daß es sich nicht um eine Reform, sondern um eine zusätzliche Komplizierung unseres gesamten Finanzwesens handelt mit dem Ergebnis, daß das, was gewollt ist, eben nicht erreicht wird: nämlich eine bessere Verteilung der Finanzmasse. Wir wissen alle, daß sich die ausgleichsberechtigten Länder nicht im Bundesrat und naturgemäß auch nicht im Bundestag haben durchsetzen können, d. h. gerade diejenigen, denen wir durch eine bessere Kapitalausstattung bei ihren Aufgaben haben helfen wollen. Sie haben sich gegen dieses Gesetz gewehrt, und so machen wir uns zum Sprecher auch dieser durch die sogenannte Reform nicht berücksichtigten Länder. Meine Herren und Damen, was uns diese Finanzreform und auch das jetzt vorliegende Gesetz bringen, ist eine furchtbare Komplizierung und ein Hin-und Herverteilen von Geld ohne eine bessere Verteilung. Sie brauchen nur zu lesen, was ausgerechnet worden ist. Wenn etwa Schleswig-Holstein sagt: „Wir bekommen bei dem ganzen Verfahren nachher zwei bis vier Millionen DM mehr", wird doch niemand in diesem Hause behaupten können, daß es sich hier um eine Reform und um eine bessere Verteilung der Finanzmasse handelt. Der Finanzausschuß - das hat Herr Kollege Krammig soeben gesagt - hat dieses Gesetz, das ihm am 11. Juni in erster Lesung überwiesen wurde, in einer einzigen knappen halben Stunde beraten, und zwar mit dem Hinweis - das hat Herr Kollege Krammig auch soeben gesagt -, daß ja eigentlich alles vorbestimmt sei. Denn was in diesem Gesetz stehe, entspreche den Abmachungen, die seinerzeit im Vermittlungsausschuß mit den Ländern getroffen worden seien. Meine Herren und Damen, das bedeutet eine eindeutige Kapitulation dieses Hauses vor dem Bundesrat. Ich meine, der Bundestag sollte sich gegen solcherlei Vorbestimmtheiten wenden; denn noch sind wir diejenigen, die die Gesetze beraten und beschließen. Wir sind nicht abhängig von den Herren dort oben auf der Bundesratsbank und von deren gemeinsamen Beschlüssen unter Unterdrückung ihrer eigenen Minderheit. Schon dieses Verfahren sollte uns Anlaß sein, das Gesetz abzulehnen; denn wenn wir erst einmal anfangen, uns zum Gefangenen des Bundesrates zu machen, können wir ja gleich unsere Sachen einpacken und den Herren von der Bank dort oben das Feld überlassen. Das sollten wir nicht tun, und wir bedauern deswegen sehr, daß es nicht möglich war, eine hinreichende und vernünftige Aussprache und Debatte im Finanzausschuß durchzuführen, um auch alle die Bedenken, die von den ausgleichsberechtigten Länder vorgetragen worden sind, ausreichend zu diskutieren. Hier wird auf Kosten der Minderheiten gehandelt, und dagegen müssen wir uns wehren. Meine Herren und Damen, der Effekt dieser sogenannten Reform ist doch, daß wir jetzt Geld umverteilen. Zunächst einmal geben die Länder 50 % ihrer Einkommensteuer, Körperschaftsteuer und Lohnsteuer an den Bund ab. Der Bund gibt 30 % der Umsatzsteuer an die Länder und an die Gemeinden ab, wobei 25 % erst einmal den finanzschwächeren Ländern vorbehalten sein sollten, nach den neuesten abweichenden Beschlüssen nun aber zum Teil auch noch an die finanzstärkeren Länder gegeben werden sollen. Dadurch werden die finanzschwächeren Länder wiederum benachteiligt. Die Gemeinden geben 40 °/o der Gewerbesteuer an Bund und Land ab und die Länder wiederum geben 14 % von ihrer Einkommensteuer an die Gemeinden ab. Die Länder haben weiterhin einen horizontalen Ausgleich, und außerdem gibt es nach der Verfassung noch einen vertikalen Ausgleich. Aber die Beschlüsse hier besagen wieder: Der vertikale Ausgleich findet nicht mehr statt. Meine Herren und Damen, das kann doch mit gutem Gewissen keiner mehr als eine Reform bezeichnen, sondern nur als ein Gesellschaftsspiel unter den Ministerialbeamten, die ausrechnen, wer, was, wie, wann und warum jeder etwas gibt und bekommt. Ein solches Gesetz lehnt die FDP ab. ({1})

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Das Wort hat der Abgeordnete Schlee.

Albrecht Schlee (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001978, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich hier zum Befürworter des Saarlandes und zum Sprecher meiner saarländischen Freunde machen, wie ich das auch schon im Finanzausschuß getan habe. Meine saarländischen Freunde haben davon abgesehen, zu § .7 des Gesetzes einen Änderungsantrag zu stellen, um die Verabschiedung des Gesetzes im Ausklang der 5. Legislaturperiode nicht zu gefährden. In § 7 Abs. 4 ist vorgesehen, daß im Rahmen des Finanzausgleichs zur Abgeltung übermäßiger Belastungen von den Steuereinnahmen des Saarlandes vorab 55 Millionen DM abgezogen werden sollen. In diesen 55 Millionen DM sind 20 Millionen DM Unterhaltungskosten für die Universität in Saarbrücken berücksichtigt. Dazu ist aber folgendes auszuführen. Das Saarland hielte es für notwendig, daß dieser Betrag um 15 Millionen DM auf 35 Millionen DM, mithin der hier genannte bei der Abgeltung insgesamt zu berücksichtigende Betrag auf 70 Millionen DM erhöht würde. Das Saarland wird nämlich im Rechnungsjahr 1969 für seine Universität einen Landeszuschuß von 68,2 Millionen DM aufzubringen haben, und dieser Zuschuß wird in den kommenden Jahren bis 1973 bis auf ca. 112 Millionen DM anwachsen. Ich habe hier einen Vergleich der Belastungen, bemessen pro Kopf der Bevölkerung. Daraus ergibt sich für das Rechnungsjahr 1969, daß im Saarland bei einem Landeszuschuß von 68 Millionen DM pro Kopf eine Belastung von 60,36 DM, in Rheinland-Pfalz bei einem Landeszuschuß von 92 Millionen DM pro Kopf eine Belastung von 25 DM und in Schleswig-Holstein bei einem Landeszuschuß von 78 Millionen DM eine Pro-Kopf-Belastung von 31 DM entstehen wird. Meine Damen und Herren, Sie wissen, daß die Universität in Saarbrücken auf eine Initiative der Französischen Republik hin gegründet wurde und daß die Französische Republik in den Jahren, in denen das Saarland von der Bundesrepublik getrennt war, die Hälfte der Investitions- und Unterhaltungskosten getragen hat. Mit der Rückkehr des Saarlandes zur Bundesrepublik ist diese Unterstützung weggefallen. Die Universität hat sich aber inzwischen gut entwickelt. Sie hat einen guten Ruf erlangt, und ihre Entwicklung übersteigt allmählich die Kosten, die das Saarland allein tragen kann. Ich halte es für eine nationale Pflicht, daß das Saarland in der Bundesrepublik eine ähnliche Unterstützung erhält, wie sie die Französische Republik dieser Universität hat zuteil werden lassen. ({0}) Wenn daher meine saarländischen Freunde heute, um keine Gefahr für das Gesetz heraufzubeschwören, von einem Antrag abgesehen haben, so habe ich mir doch erlaubt, diese Verhältnisse hier vorzutragen, damit sie für etwaige künftige. Gesetzgebung auf diesem Gebiet in Erinnerung bleiben und festgehalten werden. ({1})

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Möller.

Dr. h. c. Dr. - Ing. e. h. Alex Möller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001521, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion wird dem Gesetz zustimmen. Ich habe mich nur zu Wort gemeldet, um der Frau Kollegin Funcke zu sagen, daß ich es für höchst bedauerlich halte, daß sie hinsichtlich der Finanzreform von einem „Etikettenschwindel" spricht. Das können Sie, Frau Kollegin, wirklich nicht mit gutem Gewissen verantworten. Wenn Sie die Absicht gehabt hätten, eine nach Ihrer Auffassung gute Finanzreform vorzubereiten, dann hatten Sie dazu ausreichend Gelegenheit in der Zeit, in der die FDP die Bundesfinanzminister gestellt hat. ({0}) Da konnten Sie mit Herrn Starke beginnen und mit Herrn Dahlgrün aufhören. Dann wäre es wahrscheinlich nach Ihr en Vorstellungen gegangen. Wer sich der Mühe unterzieht, einmal festzustellen, welcher Zustand vorhanden war, bevor wir uns zur Finanzreform entschlossen, muß doch erkennen, daß wir uns auseinandergelebt haben, daß die Wirklichkeit, die Praxis nicht mehr mit dem in Übereinstimmung stand, was der Text des Grundgesetzes ausgesagt hat. Wer dann das Ergebnis betrachtet, das in den Verhandlungen zwischen Ländern und Bund erzielt wurde und was aus der Vorlage der Bundesregierung geworden ist, und wer berücksichtigt, wie wir uns in wirklich ausreichenden Diskussionen, einschließlich Hearings, um die bestmögliche Lösung bemüht haben, der muß dieses Bemühen und die erzielten Ergebnisse anerkennen. Ich verwahre mich gegen die Unterstellung, daß wir uns zu Gefangenen des Bundesrates gemacht hätten. Es ist doch die Tatsache einfach nicht zu übersehen, daß wir die Änderungen des Grundgesetzes, die mit dem Begriff „Finanzreform" zusammenhängen, nicht nur in diesem Hohen Hause mit Zweidrittelmehrheit beschließen mußten, sondern auch eine Zweidrittelmehrheit des Bundesrates für diese Finanzreform benötigt haben. Da sind natürlich die Interessen der finanz13702 starken und die Interessen der finanzschwachen Länder aneinander geraten. Man muß für die Lage von finanzschwachen Ländern Verständnis haben und hat einiges zu tun, um hier eine Annäherung zu vollziehen; und da haben wir in der Finanzreform einen Weg gefunden. Wir haben noch nicht das Idealziel erreicht; es ist auch in der parlamentarischpolitischen Arbeit nicht immer möglich, auf einen Schlag das Idealziel zu erreichen. Aber die Problematik ist erkannt worden, und wir haben eine Annäherung versucht. Ich hatte nach der zweiten Anrufung des Vermittlungsausschusses in den Verhandlungen den Eindruck, daß dieses Ergebnis mit großen Mehrheiten, auch von seiten der Länder, als ein vertretbares Ergebnis akzeptiert worden ist. Wenn der Finanzausschuß in der letzten Sitzung, in der er sich mit diesem Gesetz beschäftigt hat, nicht mehr das Bedürfnis hatte, eingehende Diskussionen durchzuführen, dann deswegen, weil sie bereits stattgefunden hatten, weil wir doch nicht wieder von vorn anfangen konnten und weil man - das, Frau Kollegin, müssen Sie doch zugeben -- inzwischen eine Vereinbarung zwischen den Ländern und dem Bund dahin gehend getroffen hatte, daß die Länder einen Anteil von 30 % an der Umsatzsteuer erhalten. Bei den . Verhandlungen über die Finanzreform, auch im Vermittlungsausschuß, war dagegen ein Satz genannt worden, der um 28 % lag. Daß der Bund hier 30 % zugestanden hat, macht 700 Millionen DM. Wenn man weiter berücksichtigt, welche zusätzlichen Aufgaben der Bund infolge dieser Finanzreform in den späteren Jahren finanzieren muß, dann war kein Raum mehr vorhanden, in diesem Augenblick weitere Ergänzungszuweisungen an die Länder zu beschließen. Draußen in der Offentlichkeit wird von der FDP immer wieder behauptet, Frau Kollegin, das sei keine Finanzreform. Ich meine, allein die unendlich großen Schwierigkeiten, die wir gehabt haben, diese Grundgesetzänderungen mit Zweidrittelmehrheit in beiden Häusern zu erreichen, die Tatsache, daß wir einige Ausführungsgesetze vorgelegt haben, die Tatsache, daß einige Fraktionen Rahmenzuständigkeiten schon dazu benutzen, Neuland zu betreten, beweisen doch eindeutig, daß wir mit der Finanzreform und den Ausführungsgesetzen ein erhebliches Stück vorwärtsgekommen sind. Wir haben Gemeinschaftsaufgaben für Bund und Länder, wir haben Rahmenkompetenzen und andere Kompetenzen für den Bund erreicht. ({1}) - Wir haben die Investitionshilfen erreicht und, wie ich meine - das war jedenfalls mein Eindruck -, auch im Einverständnis mit den finanzschwachen Ländern. Wir haben da insbesondere den Vorstellungen des Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein Rechnung getragen. Wir haben unser menschenmöglichstes getan, die Finanzreform so über die Bühne zu bringen, daß ich sagen kann: auf dieses Werk der Finanzreform, ein Werk, das weiterentwickelt werden muß, kann dieser Deutsche Bundestag gemeinsam mit dem Bundesrat stolz sein. ({2})

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Das Wort hat Frau Abgeordnete Funcke. Frau Funcke ({0}) : Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Ich habe mich gemeldet, als Herr Dr. Möller bestritt, daß wir nicht die Gefangenen des Bundesrates geworden seien. Ich wollte etwas dagegen sagen. Aber das brauche ich nicht mehr zu tun; denn Ihre ganze Rede, Herr Kollege Dr. Möller, war ein eindeutiger Beweis dafür, daß Sie sich von den Bundesländern das Gesetz des Handelns haben aufzwingen lassen müssen. Sie haben es in schöner Deutlichkeit gerade bestätigt. Ich halte das Wort „Etikettenschwindel" aufrecht, und ich kann mich da auf sehr prominente Kronzeugen aus den Reihen des Regierungslagers beziehen. Um dies festzustellen, braucht es nicht der Opposition. Denn alle diejenigen, die sich so lange und intensiv mit einer wirklichen Reform befaßt haben, können in diesem unabgestimmten Restbestand keine Reform mehr sehen. Ich brauche nur einmal nach rechts auf die Regierungsbank zu sehen. Da sind mehrere Leute, die das der Offentlichkeit hinreichend klargemacht haben. Ich denke etwa an Herrn Hettlage. ({1}) - Ich sehe ihn im Geiste, Herr Kollege Schmidt. Die Zahl der Skeptiker in bezug auf das Wort „Reform" ist sehr groß.

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Frage?

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000620, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Ja, gern.

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Bitte, Herr Abgeordneter Krammig!

Karl Krammig (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001195, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Frau Kollegin, stimmen Sie mit mir darin überein, daß wir, wenn wir Ihren Intentionen gefolgt wären, keine Mehrheit des Bundesrates hinter die Beschlüsse gebracht hätten und die Finanzreform in dieser Legislaturperiode gescheitert wäre?

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000620, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Kollege Krammig, dann müßte man - ({0}) - Ach, Herr Dr. Möller, das können Sie doch wirklich nicht behaupten. Unsere konstruktive Arbeit an dieser Finanzreform kann nicht bestritten werden. Es waren immerhin unser Finanzminister Starke und unser Finanzminister Dahlgrün, die die Reform in Gang gesetzt haben. Insofern stimmt Ihr Angriff im Anfang absolut nicht. Sie wissen sehr genau, daß es die Minister der FDP gewesen sind, die die ersten Schritte getan haben, indem sie unabhängige KomFrau Funcke missionen berufen haben, und diese haben Reformvorschläge vorgelegt, ({1}) aus denen heraus dann die Gesetzesvorlage der Regierung entwickelt worden ist. Das können Sie doch nicht einfach leugnen. Sie wissen das doch sehr genau.

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage, Frau Abgeordnete?

Dr. h. c. Dr. - Ing. e. h. Alex Möller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001521, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Frau Kollegin, ist Ihnen entgangen, daß der eben von Ihnen zitierte Bundesfinanzminister Starke zwar bereit war, eine Expertenkommission zu berufen, dazu aber nicht gekommen ist, wahrscheinlich deswegen, weil er im späteren Zeitpunkt erkannt hat, daß es sich um eine Expertenkommission von Pensionären gehandelt hätte?

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000620, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Kollege Möller, ist Ihnen denn vielleicht entgangen, daß Herr Minister Starke nach einem Jahr das Amt an einen Nachfolger abgegeben hat und daß dieser Nachfolger die Expertenkommission berufen hat? ({0}) Ganz eindeutig ist doch damit die Initiative - wenn Sie schon dieses Thema hier anschneiden - von der FDP und ihren Ministern ausgegangen. Das sollte man hier doch nicht wegreden wollen. Als Sie nachher in die Regierung eintraten, haben Sie Ausarbeitungen und Gutachten vorgefunden, die auf Grund dieser Initiative erarbeitet worden sind. Was wir erwartet haben und wofür wir konstruktive Vorschläge vorgelegt haben, war doch das Bemühen, bei einer Finanzreform die ungleiche Finanzverteilung etwas anzugleichen. Denn wir wissen nun einmal, daß in unserer Zeit ein Mindestbestand an Daseinsvorsorge für die Bevölkerung überall notwendig ist. Sowohl in der Stadt wie auf dem Land, in Flächenstaaten wie in Stadtstaaten haben die Menschen in gleichem Maße Anspruch auf Bildung, auf ' Erschließung, auf Verkehrsmöglichkeiten und vieles andere. Die dafür erforderlichen Mittel müssen überall, nicht nur in den Ballungsgebieten, ausreichend vorhanden sein. Darum geht es doch. So, wie das Gesetz jetzt aussieht, haben wir Länder, die ganz eindeutig die Frage stellen, wie man sich das eigentlich vorstellt. Der Bundestag unterläßt es, durch Zusammenfassung von Ländern leistungsfähige Länder zu schaffen, so wie es Verfassungsauftrag ist, und gleichzeitig unterläßt er es, wenn das schon nicht geschieht, den leistungsschwächeren Ländern hinreichende Mittel für die notwendigen Aufgaben zu geben. Hier ist eine klare Diskrepanz im Handeln dieses Hauses. Das ist es, was wir hier mit Bedenken anmerken und weswegen wir von einer Reform nicht sprechen können. Wir haben seinerzeit den Anstoß zu einer durchgreifenden Finanzreform gegeben. Wir hätten uns wahrlich eine bessere gewünscht als das, was jetzt herausgekommen ist. ({1})

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer in der dritten Beratung dem Gesetz in der vorliegenden Fassung zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. - Danke. Ich bitte um die Gegenprobe. - Das Gesetz ist gegen die Stimmen der FDP mit großer Mehrheit angenommen. Ich rufe Punkt 57 der Tagesordnung auf: Zweite Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über eine Bundesanstalt für das Transport-und Tarifwesen - Drucksache V/2815 Schriftlicher Bericht des Verkehrsausschusses ({0}) - Drucksache V/3855 Berichterstatter: Abgeordneter Meister ({1}) Wünscht der Abgeordnete Meister das Wort? - Das ist nicht der Fall. Wir_ treten in die Beratung ein. Ich rufe die Art. I, II, III und IV, Einleitung und Überschrift auf. Wer diesen Vorschriften zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - In der zweiten Beratung sind die aufgerufenen Vorschriften des Gesetzes mit großer Mehrheit abgelehnt worden. Eine dritte Beratung erübrigt sich. Damit ist dieser Tagesordnungspunkt erledigt. Ich rufe Punkt 58 auf: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den zivilen Ersatzdienst - Drucksache V/3795 Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit ({2}) - Drucksache V/4443 Berichterstatter: Abgeordneter Müller ({3}) ({4}) Der Herr Berichterstatter verzichtet auf das Wort. Wir treten in die Einzelberatung ein. Ich rufe Art. 1 und 2 sowie Einleitung und Überschrift auf. Wer den aufgerufenen Vorschriften zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig beschlossen. Wir treten in die dritte Beratung ein. - Das Wort wird nicht gewünscht. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Gesetzentwurf in der Fassung der zweiten Beratung zu13704 Vizepräsident Schoettle stimmt, den bitte ich, sich zu erheben. - Danke. Gegenprobe! - Das Gesetz ist einstimmig beschlossen. Wir müssen noch über Ziffer 2 des Ausschußantrags abstimmen. Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag ist einstimmig angenommen. Ich rufe nun Punkt 59 auf: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Bundesrückerstattungsgesetzes - Drucksache V/4288 Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Kriegs- und Verfolgungsschäden ({5}) - Drucksache V/4485 Berichterstatter: Abgeordneter Hirsch ({6}) Der Berichterstatter verzichtet auf das Wort. Wir treten in die zweite Beratung ein. - Das Wort wird nicht gewünscht. Ich rufe Art. I, II, III und 1V sowie Einleitung und Überschrift auf. Wer den aufgerufenen Vorschriften zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig beschlossen. Wir treten in die dritte Beratung ein. Wird das Wort gewünscht? - Das Wort hat der Abgeordnete Mick.

Josef Mick (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001504, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, es geziemt sich doch, daß man zu diesem Gesetz einige wenige Worte sagt, weil mit dieser Novelle zum Bundesrückerstattungsgesetz Unzuträglichkeiten aus der Welt geschaffen werden sollen, die im Zuge nationalsozialistischen Unrechts entstanden sind. Mit dieser Novelle zum Bundesrückerstattungsgesetz wird vor allen Dingen eine zügigere Bearbeitung der anstehenden Fälle gewährleistet. Diese Novelle stellt sicher, daß die wirklich Berechtigten nun schnell und sicher zum Zuge kommen, daß die von der Bundesregierung eingesetzten Behörden von der Bremse gehen, weil sie fürchten mußten, irgend etwas gutzuheißen, was nicht gutgeheißen werden konnte, und das ging zu Lasten derer, an denen wirklich etwas wiedergutzumachen ist. Ich verbinde diese kurzen Bemerkungen mit dem Wunsch, daß Unrecht nun auch wirklich zügig wiedergutgemacht wird, daß vor allem die Wiedergutmachung den Menschen zugute kommt, die damals bitteres Unrecht erleiden mußten und heute zum großen Teil schon sehr alt sind. Es ist mein Wunsch, daß die Wiedergutmachung diesen alt gewordenen Menschen zuteil wird und nicht unter Umständen erst ihren Enkeln und Urenkeln. Diesen Appell an die Bundesregierung zu richten, hielt ich für geboten. ({0})

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Das Wort wird weiter nicht gewünscht. Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmt, den bitte ich, sich zu erheben. - Danke. Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Gesetz ist einstimmig angenommen. Wir müssen noch über Punkt 2 des Ausschußantrages abstimmen, die zu dem Gesetzentwurf eingegangenen Petitionen für erledigt zu erklären. - Wenn diesem Antrag des Ausschusses nicht widersprochen wird, stelle ich fest, daß so beschlossen ist. Ich rufe Punkt 60 der Tagesordnung auf: Zwéite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Einrichtung eines Bundeskriminalpolizeiamtes - Drucksachen V/3742, V/3802, V/3803 Schriftlicher Bericht des Innenausschusses ({0}) Drucksache V/4530 Berichterstatter: Abgeordneter Bühling Abgeordneter Hanz ({1}) ({2}) Die Herren Berichterstatter verzichten auf das Wort. Ich muß darauf aufmerksam machen, daß in dem Gesetzentwurf, der vom Innenausschuß vorgelegt worden ist, die Einleitungsformel „Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:" fehlt und hinzugefügt werden muß. Ich rufe Art. 1 bis 4, Einleitung und Überschrift auf. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Keine Gegenstimmen und keine Enthaltungen. Der Gesetzentwurf ist einstimmig so beschlossen. Wir treten dann in die dritte Beratung ein. Wird in der allgemeinen Aussprache das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. - Danke. Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Keine Gegenstimmen und keine Enthaltungen. Das Gesetz ist einstimmig verabschiedet. Wir müssen noch über die Ziffern 2, 3 und 4 des Ausschußantrages abstimmen. Sie finden diesen Antrag des Ausschusses auf Seite 4 der Drucksache V/4530. Wer diesem Antrag des Ausschusses zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen. Vizepräsident Schoettle Ich rufe Punkt 61 der Tagesordnung auf: Beratung des Schriftlichen Berichts des Auswärtigen Ausschusses ({3}) über den Antrag der Fraktionen der SPD, CDU/CSU betr. verbesserte Familienzusammenführung aus den Ostblockstaaten - Drucksachen 1T/4173, V/4483 Berichterstatter: Abgeordneter Leukert Wünscht der Herr Berichterstatter das Wort? - Das ist der Fall. Das Wort hat der Abgeordnete Leukert.

Edmund Leukert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001334, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Ich darf zunächst auf den Schriftlichen Bericht verweisen und möchte mündlich nur kurz anführen, daß der Antrag der Fraktionen der SPD und der CDU/CSU im Ausschuß einstimmig angenommen wurde, also auch von den Kollegen und Kolleginnen der FDP-Fraktion. Es handelt sich um ein altes, bedeutsames Anliegen. Ich darf das Hohe Haus bitten, diesem Antrag zuzustimmen. Die Erklärung meiner Fraktion zu diesem Antrag gebe ich zu Protokoll *), um die Geschäftslage zu erleichtern. ({0})

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Zu Protokoll hat der Herr Berichterstatter eine Erklärung abgegeben. ({0}) - Die Erklärung für die Fraktion. Ferner hat der Abgeordnete Ahrens zu diesem Tagesordnungspunkt eine Erklärung zu Protokoll **) gegeben. Wir danken den beiden Herren dafür, daß sie die Geschäftslage etwas erleichtert haben, obwohl sie im Augenblick etwas günstiger ist, als es zunächst aussah. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses auf Drucksache V/4483, Seite 2. Wer dem Ausschußantrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag ist einstimmig angenommen. Ich rufe den Punkt 62 auf: Beratung des Schriftlichen Berichts des Innenausschusses ({1}) über den von den Abgeordneten Dr. Schmidt ({2}), Bading, Mertes und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Tierschutzgesetzes - Drucksache V/934, V/4422 - Berichterstatterin: Abgeordnete Frau Enseling Berichterstatter ist die Frau Abgeordnete Enseling. -- Sie wünscht das Wort nicht. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Rollmann.

Dietrich Wilhelm Rollmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001878, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, daß man nicht ohne ein Gefühl der Bitterkeit zu dem An- *) Siehe Anlage 9 **) Siehe Anlage 10 trag des Innenausschusses sprechen kann. Der Innenausschuß hat unseren Entwurf, den Entwurf der Antragsteller, nicht etwa im Sinne der Verabschiedung dieses Entwurfs durchberaten, sondern der Innenausschuß geht den auch verfassungspolitisch meinem Gefühl nach bedauerlichen Weg, in seinem Antrag unseren Gesetzentwurf, einen Gesetzentwurf aus der Mitte des Hauses also, für erledigt zu erklären und seinerseits die Bundesregierung, die Exekutive also, zu ersuchen, unter Übernahme der Grundgedanken unseres Entwurfs nun ihrerseits den Entwurf eines neuen Tierschutzgesetzes vorzulegen. Einem Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Tierschutzgesetz kann allerdings bei den Verhältnissen, wie sie nun einmal sind, kein besseres Schicksal garantiert werden als den bisherigen Gesetzentwürfen aus der Mitte des Hauses. Damit ist der leidvollen Geschichte des Kampfes um ein neues Tierschutzgesetz hier in diesem Bundestag ein neues Kapitel hinzugefügt worden. Wir haben wenigstens diese Gewißheit: Auch in dieser Legislaturperiode wird es kein neues Tierschutzgesetz geben. In der nächsten Legislaturperiode des Deutschen Bundestages wird sich der Kampf um ein neues deutsches Tierschutzgesetz fortsetzen. In der nächsten Legislaturperiode aber werden wir vor den gleichen Schwierigkeiten bei der Schaffung eines solchen Gesetzes stehen wie in dieser Legislaturperiode, nur daß dann weitere Jahre ins Land gegangen sein werden. Wir werden wiederum die Frage zu beantworten haben, ob die Bundeskompetenz für die Schaffung eines solchen Gesetzes ausreicht oder nicht und ob wir den Willen haben, gegebenenfalls eine solche Bundeskompetenz zu schaffen. Wiederum wird behauptet werden, daß die Zeit für ein neues Tierschutzgesetz nicht reif oder der Stand der Wissenschaften in der Verhaltensforschung nicht ausreichend sei, und die Argumente, daß zuviel Tierschutz in der Massentierhaltung unsere Wettbewerbsfähigkeit gegenüber unseren EWG-Partnern beeinträchtigen wird, werden in der nächsten Legislaturperiode genauso wieder dasein wie in dieser Legislaturperiode. ({0}) Seit der Einbringung unseres Entwurfs eines Tierschutzgesetzes sind insgesamt beinahe drei Jahre vergangen. Ich verkenne nicht die Arbeitsbelastung der beteiligten Ausschüsse. Die Ausschüsse haben aber in dieser Legislaturperiode so viele und auch später eingebrachte Gesetze beraten, daß sie auch noch das Tierschutzgesetz hätten verabschiedungsreif machen können, wenn sie es nur gewollt hätten. An diesem Willen zu einem neuen Tierschutzgesetz aber hat es gefehlt, und ich bezweifle, daß wir in der neuen Legislaturperiode bessere Verhältnisse haben werden. Aus diesem Grunde bin ich von tiefer Skepsis erfüllt gegenüber dem Antrag des Innenausschusses. Wir erleichtern uns die Lösung keines der Probleme, indem wir die Schaffung eines neuen Tierschutzgesetzes auf die nächste Legislaturperiode verschieben. Im 4. Deutschen Bundestag wurde dem Entwurf eines Tierschutzgesetzes in den Ausschüssen ein Begräbnis dritter Klasse bereitet; denn niemals erblickte auch nur ein Ausschußbericht, geschweige denn ein verabschiedungsreifer Gesetzentwurf, das Licht des Plenums. ({1}) In dieser Legislaturperiode haben wir nun einen Bericht und sogar einen Antrag des Innenausschusses zu unserem Entwurf eines Tierschutzgesetzes. Aber das alles ist doch nicht mehr als, . sagen wir einmal, eine Beerdigung zweiter Klasse für unseren Entwurf. Sie werden verstehen, meine Damen und Herren, daß ich als einer der Antragsteller dieses Entwurfs dem meine Zustimmung hier nicht geben kann. ({2})

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Das Wort hat der Abgeordnete Büttner.

Fritz Büttner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000301, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es liegt nicht in meiner Absicht, jetzt eine Rede für eine Fachzeitschrift zu halten. Ich freue mich aufrichtig über den Entschließungsantrag, den der Innenausschuß vorgelegt hat. Für meine Fraktion darf ich erklären, daß wir diesem Entschließungsantrag zustimmen werden. Dabei will ich nicht unerwähnt lassen, daß ich genauso wie der Kollege Rollmann bedaure, daß es in dieser Legislaturperiode zu einem besseren Tierschutzgesetz, das überfällig ist - darin stimmen wir überein -, nicht gekommen ist. Nachdem aber der Innenausschuß sich der Mühe unterzogen hat, sich die Intensivhaltungen im Lande Niedersachsen anzusehen, und nachdem er sich gelegentlich der Berliner Sitzungswoche auch der Mühe unterzogen hat, sich das Hühnerhochhaus in Neukölln anzusehen, ({0}) hat dies doch die Mitglieder des Innenausschusses bewogen, einen solchen Entschließungsantrag vorzulegen. Ich bin nicht so pessimistisch wie der Kollege Rollmann, der meint, das sei ein Entschließungsantrag, der dann irgendwo im nächsten Bundestag liegenbleiben werde. Die Schwierigkeiten liegen doch an anderer Stelle. Wir haben uns ja gemeinsam bemüht, Herr Kollege Rollmann. Wir müssen, wenn wir weiterkommen wollen, den Art. 74 des Grundgesetzes ergänzen und den Schutz der Tiere .einschließen. Das wird sich nicht vermeiden lassen. Aber diese Grundgesetzänderung im letzten Augenblick angesichts der vielen Schwierigkeiten, die aufgezeigt wurden, und der vielen Arbeit, die sonst geleistet worden ist, ({1}) über die Bühne zu bringen, das war zu schwierig. - Aber das hat doch nicht an uns gelegen; das hat doch an anderer Stelle gelegen! ({2})

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Gestatten Sie Zwischenfragen? - Bitte.

Dietrich Wilhelm Rollmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001878, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ist Ihnen nicht bekannt, Herr Kollege Büttner, daß sich der Rechtsausschuß gegen jede Verfassungsänderung in dem Sinne ausgesprochen hat, daß der Bund eine zweifelsfreie Kompetenz im Sinne der konkurrierenden Gesetzgebung oder wenigstens der Rahmengesetzgebung erhält?

Fritz Büttner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000301, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Rollmann, das ist mir bekannt. Aus diesem Grunde habe ich einmal an einer Besprechung unserer Minister auf Länderebene teilgenommen, die sich im Grundsatz bereit erklärt haben, eine Grundgesetzänderung zu befürworten, aber nicht mehr in dieser Legislaturperiode. Ich darf für meine Fraktion erklären, daß wir dem Entschließungsantrag zustimmen.

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Das Wort hat der Abgeordnete Schmitt-Vockenhausen.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002033, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da zumindest die Gefahr besteht, daß sich der Herr Kollege Rollmann in Blättern von Tierschutzverbänden mißverständlich ausdrückt und Kollegen dieses Hauses ohne Begründung angreift, möchte ich hier doch zwei, drei Bemerkungen machen, zumal ich beispielsweise gesehen habe, daß Sie, Herr Kollege Rollmann, im Juni in einer Zeitung des Tierschutzverbandes geschrieben haben, Sie hätten auf ein Schreiben an mich vom 11. Februar 1969 keine Antwort erhalten, obwohl die Antwort am 1. April an Sie erging. Ich kann Ihnen das beweisen. Diese Art finde ich unfair. Deswegen bin ich verpflichtet, hier doch wenigstens ein paar Bemerkungen zu machen. Meine Damen und Herren! Der Herr Kollege Rollmann hat in all den Jahren keine Initiative im Ernährungs- und im Rechtsausschuß entfaltet. Beide Ausschüsse haben sich leider mit den Entwürfen nicht beschäftigt, und erst am Schluß hat der Rechtsausschuß erklärt, er sehe zu seinem Bedauern keine Möglichkeit für eine Änderung der Bundeskompetenz für den Bereich des Tierschutzes. Sie wissen aber auch, Herr Kollege Rollmann: wenn wir das Gesetz auf das beschränkt hätten, was der Bund regeln kann, hätte das zu einer großen Enttäuschung bei all denen geführt, die sich wirklich um den Tierschutz kümmern, weil das ein solcher Torso eines Gesetzgebungswerkes geworden wäre, daß man in diesen Kreisen vermutet hätte, wir hätten in der Sache keinen guten Willen gehabt. Wir haben diesen guten Willen gehabt, und ich bin dem Kollegen Büttner, der ja mit diesem Fragenkreis besonders vertraut ist, sehr dankbar, daß er hier die Gelegenheit benutzt und deutlich gemacht hat, daß wir bereit sind, uns weiterhin des Problems anzunehmen. Ich möchte auch folgendes mit Nachdruck feststellen. Wirtschaftliche Erwägungen, wie Sie, Herr Kollege Rollmann, sie hier angedeutet haben, mögen vielleicht beim Ernährungsausschuß angestellt worden sein. Der federführende Innenausschuß hat jedenfalls derartige Erwägungen in keiner Weise überhaupt in seine Sachüberlegungen einbezogen, und ich weise es zurück, daß Sie in dieser Form pauschal das Haus angesprochen haben. Dazu hatten Sie nach dem, was war, keinen Grund. Ich möchte hier noch einmal wiederholen: Wir sind, wenn es zu keiner Grundgesetzänderung kommt, bereit, auf der Grundlage, die wir verfassungsrechtlich haben, ein Tierschutzgesetz zu machen. Dann müssen Sie aber auch draußen den Menschen sagen, daß wir nicht mehr tun können als das, was in einem solchen Restgesetzgebungswerk bleiben würde, und Sie dürfen nicht Hoffnungen erwecken, die der Gesetzgeber dann wegen der fehlenden Zuständigkeit nicht erfüllen kann. Das muß ich mit aller Klarheit sagen. ({0})

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Rutschke.

Dr. Wolfgang Rutschke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001909, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann mich den Worten des Kollegen Rollmann anschließen und muß sagen, daß mir diese Art der Erledigung dieses wichtigen Gesetzes eine drittklassige Beerdigung zu sein scheint. Seit 1966 liegt dieser Gesetzentwurf vor. ({0}) - Herr Kollege Brück, ich kann Ihnen dazu nur sagen: Daß man dazu drei Jahre braucht, halte ich nicht für gerechtfertigt. Diese Feststellung - die Probleme lagen ja klar vor uns auf dem Tisch - hätte man bei Gott früher treffen können. ({1}) Die Art, wie die Sache jetzt erledigt wird, findet nicht unsere Zustimmung, denn wir meinen, daß das Tierschutzgesetz nun wirklich eine Sache ist, die man schneller hätte erledigen und bei der man den Wünschen, wie sie allenthalben vorgetragen worden sind, besser hätte gerecht werden können. Deshalb sind wir nicht in der Lage, der Überweisung in dieser Form zuzustimmen. ({2})

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Das Wort hat der Herr Parlamentarische Staatssekretär Köppler. Köppler, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will mich nicht zur Sache, um die es hier geht, äußern; ich will nur den Versuch machen, die Skepsis, die insbesondere bei Herrn Kollegen Rollmann zum Ausdruck gekommen ist, zu mildern. Es scheint in diesem Hohen Hause doch Übereinstimmung dahin zu bestehen, daß die wünschenswerte Neuregelung des Tierschutzrechtes eine neue verfassungsmäßige Grundlage voraussetzt. Ich kann hier nur zusagen, daß die Bundesregierung, falls dieses Hohe Haus dem Antrag des Innenausschusses und der darin zum Ausdruck gebrachten Überzeugung zustimmen wird, das ihre tun wird, um die notwendigen Initiativen zu ergreifen. ({0})

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Das Wort wird weiter nicht gewünscht. ({0}) - Das ist übersehen worden. Aber Sie haben das Wort, Herr Abgeordneter Rollmann.

Dietrich Wilhelm Rollmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001878, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte nur einige Worte zu den Ausführungen von Herrn Schmitt-Vockenhausen sagen. Herr Schmitt-Vockenhausen, den Artikel, den ich in einer Tierschutzzeitung veröffentlicht habe und von dem Sie eben hier gesprochen haben, habe ich im März geschrieben; er ist bedauerlicherweise erst im Juni veröffentlicht worden und gibt insofern nicht den neuesten Stand der Dinge wieder. Ich habe mich heute morgen bereits beim Herausgeber dieser Zeitung darüber beschwert und gesagt, daß infolge des Zeitablaufs von zwei Monaten der Sachstand nun insofern nicht mehr der ist, der er im März gewesen ist. Ich glaube, das darf ich Ihnen zur Erklärung sagen. ({0}) - Ich kann verstehen, daß Sie sich durch diesen Bericht von mir nach dem Stand vom März etwas tangiert gefühlt haben. Es ging mir genauso. Aus diesem Grunde habe ich gleich heute morgen Protest eingelegt. Ein Zweites darf ich sagen. Ich habe mit verschiedentlich im Rechtsausschuß bemüht, die Dinge im Sinne der Antragsteller zu fördern und etwas voranzubringen. Das ist mir leider nicht gelungen, weil speziell im Rechtsausschuß - ich bin gern bereit, das zuzugestehen - eine unüberwindliche Mauer vorhanden gewesen ist und nach meiner Ansicht auch jetzt noch vorhanden ist gegen die Verabschiedung eines Tierschutzgesetzes und auch gegen die Schaffung einer Bundeskompetenz. Sie kennen, verehrter Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen, selbst den Brief, den der Rechtsausschuß an den Innenausschuß geschrieben hat. Nun lassen Sie mich noch ein Wort zu der Frage sagen: Wäre das Nichts oder das Wenige, was im Augenblick hier zur Verabschiedung ansteht, besser als der Torso, der möglicherweise hätte verabschiedet werden können, wenn wir uns an die Formulierungshilfen erinnern, die uns das Bundesjustizministerium zu dieser Frage vorgelegt hat? Ich glaube, daß, obwohl die Formulierungshilfen des Bundesjustizministeriums unseren Entwurf beschnitten haben, immer noch genügend geblieben wäre, um die Verabschiedung eines solchen Gesetzentwurfs zu rechtfertigen. Möglicherweise ist das eine Angelegenheit, die man hier im Plenum nicht ausdiskutieren kann; dafür reicht die Zeit nicht. Aber ich wollte das als meine Meinung in dieser Sache hier bekunden.

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Nach diesen Erklärungen dürfte die Streitaxt zwischen dem Herrn Vorsitzenden des Innenausschusses und Herrn Rollmann begraben sein. ({0}) Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses. Wer ihm zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Die Gegenprobe! ({1}) - Gegen die Stimmen der FDP-Fraktion und 2 Stimmen aus der CDU/CSU-Fraktion - ({2}) - Nein, meine Damen und Herren, so machen wir das nicht. Dann erkläre ich, daß wir nicht ermitteln können, wie das Abstimmungsergebnis ist. Wir zählen aus. ({3}) Ich bin zwar der Meinung, daß die Mehrheit auf der zustimmenden Seite war. ({4}) - Das Signal zur Auszählung ist bereits gegeben; es tut mir leid. Ich gebe das Ergebnis der Abstimmung bekannt. Insgesamt wurden 254 Stimmen abgegeben. Das Haus war also beschlußfähig. Mit Ja haben 211 Abgeordnete, mit Nein 42 Abgeordnete gestimmt, ein Abgeordneter hat sich der Stimme enthalten. Der Antrag des Ausschusses ist also angenommen. Ich rufe dann noch Punkt 1 der Zusatzpunkte zur Tagesordnung auf: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Durchführungsgesetzes EWG-Fette - Drucksache V/4505 Nach dem Beschluß des Ältestenrates soll der Gesetzentwurf dem Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten überwiesen werden. - Diesem Vorschlag wird nicht widersprochen. Dann ist es so beschlossen. Meine Damen und Herren, damit stehen wir am Ende der heutigen Vormittagssitzung. Die Sitzung wird um 14 Uhr mit der Fragestunde fortgesetzt. Um 15 Uhr finden Abstimmungen über Grundgesetzänderungen statt. Die Sitzung ist unterbrochen. ({5})

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Die Sitzung ist wieder eröffnet. Meine Damen und Herren, zunächst eine Mitteilung. Als Nachfolger für den durch Verzicht ausgeschiedenen Abgeordneten Dr. Dr. Heinemann ist der Abgeordnete Dortans mit Wirkung vom 30. Juni 1969 in den Bundestag eingetreten. Ich begrüße ihn in unserer Mitte. ({0}) Die Fraktion der CDU/CSU hat mit Schreiben vom 1. Juli 1969 für den aus dem Rundfunkrat des Deutschlandfunks ausscheidenden Herrn Ottfried Hennig den Abgeordneten Dr. Czaja vorgeschlagen. - Das Haus ist mit diesem Vorschlag einverstanden. Der Abgeordnete Dr. Czaja ist damit als Mitglied des Rundfunkrates des Deutschlandfunks gewählt. Wir kommen zur Fragestunde - Drucksache V/4504 Zunächst Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für gesamtdeutsche Fragen. Frage 1 des Herrn Abgeordneten Dr. Enders: Welche Entschädigung erhalten Anwohner unmittelbar an der Demarkationslinie für die durch Minendetonationen oder sonstige Ereignisse verursachten materiellen und körperlichen Schäden? Das Wort zur Beantwortung hat Herr Staatssekretär Dr. Wetzel.

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Ich bitte damit einverstanden zu sein, daß ich beide Fragen des Herrn Abgeordneten Dr. Enders wegen ihres sachlichen Zusammenhangs zusammen beantworte.

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Ich bitte darum. Ich rufe auch die Frage 2 des Herrn Abgeordneten Dr. Enders auf: Ist die Bundesregierung bereit, falls in diesen Fällen keine ausreichende Entschädigung gewährleistet ist, eine angemessene Regelung herbeizuführen?

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Ich beantworte die Fragen im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung. Für Personen- und Sachschäden, die im Bereich der Demarkationslinie durch Sperrmaßnahmen der mitteldeutschen Behörden verursacht werden, wird aus Bundesmitteln Entschädigung gewährt. Im einzelnen gilt folgendes. Die Entschädigung für durch Minendetonation oder sonstige Ereignisse an der Demarkationslinie verursachte körperliche Schäden erfolgt nach Richtlinien, die der Bundesminister für Arbeit und SozialStaatssekretär Dr. Wetzel ordnung gemeinsam mit den zuständigen Ministern und Senatoren der Länder erarbeitet hat. Nach diesen Richtlinien kann derjenige, der an der Demarkationslinie durch die mitteldeutschen Sperrmaßnahmen eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag aus Mitteln des Bundes eine Versorgung erhalten, die der nach den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes entspricht. In gleicher Weise können auch die Hinterbliebenen eines Beschädigten auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes erhalten. Die Richtlinien erfassen auch Schäden, die an der Sektorengrenze in Berlin entstehen. Für Sachschäden, die im Bereich der Demarkationslinie unmittelbar durch Sperrmaßnahmen der mitteldeutschen Behörden verursacht worden sind, erfolgt die Entschädigung auf Grund eines Verwaltungsabkommens - dessen Unterzeichnung zwischen der Bundesregierung und den Regierungen der vier Zonenrandländer unmittelbar bevorsteht - nach Richtlinien, die der Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen im Einvernehmen mit diesen Ländern erarbeitet hat. Sperrmaßnahmen im Sinne dieser Richtlinien sind Schüsse, Minenexplosionen, Versprühen von Chemikalien und ähnliche Handlungen oder Ereignisse. Die Entschädigung wird auf Antrag gewährt, wenn keine andere Ersatzmöglichkeit besteht. Sie bemißt sich nach der Wertminderung des betroffenen Gegenstandes oder nach den für die r Wiederherstellung oder Neubeschaffung erforderlichen Aufwendungen. Mittelbarer Schaden, z. B. entgangener Gewinn, wird allerdings nicht erstattet. Entschädigung wird für künftige, aber auch für zurückliegende Schäden gewährt, soweit sie nach dem 31. Dezember 1967 entstanden sind. Die Entschädigungsanträge sind bei den von den Ländern hiermit beauftragten Behörden zu stellen; zumeist werden es die Kreisverwaltungen sein. Diese Behörden ermitteln unter Mitwirkung des Geschädigten den Sachverhalt. Die Länder leiten die Entschädigungsanträge mit dem Ermittlungsergebnis dem Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen zur Entscheidung zu. Sachschäden, die im Bereich der Sektorengrenze in Berlin durch Sperrmaßnahmen der mitteldeutschen Behörden eintreten, werden nicht nach diesen Richtlinien ersetzt, sondern nach einer vom Senat von Berlin bereits eingeführten Entschädigungsregelung.

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Eine Zusatzfrage, Kollege Dr. Enders.

Dr. Wendelin Enders (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000469, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ab wann kann mit dem Einreichen der Anträge bei den. Landratsämtern begonnen werden?

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Sofort. Wenn die Vorschriften auch noch nicht in Kraft getreten sind, so bestehen doch, weil die Regelungen zu erwarten sind und die Haushaltsmittel im Etat angesetzt sind, keine Bedenken, daß über die Anträge schon vorab entschieden wird.

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Zusatzfrage, Kollege Dr. Kreutzmann.

Dr. Heinz Kreutzmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001212, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, wie lange etwa wird ein solches Entschädigungsverfahren dauern?

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Das hängt davon ab, wie schnell der Sachverhalt der Schädigung bei der Kreisverwaltung festgestellt wird. Im Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen wird die Entscheidung sehr kurzfristig erfolgen.

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Wir kommen dann zur Beantwortung der Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung. Ich rufe die Frage 3 des Herrn Abgeordneten Dröscher auf: Sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit zur baldigen Veränderung der Vorschriften des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung in der Fassung vom 30. April 1963, nachdem es bei der Entwicklung der Verletztenrenten in den letzten Jahren eindeutig zu erheblicher Benachteiligung derjenigen Rentner gekommen ist, die sich haben abfinden lassen, weil z. B. bei einer Abfindung mit Wirkung vom 1. Januar 1964 mit einer Abfindungssumme von 10 800 DM bis zum Jahre 1973 errechenbar ein Rentenverlust von 7111,20 DM eintreten würde? Die Frage wird von Herrn Kollegen Peiter übernommen. Das Wort zur Beantwortung hat Herr Staatssekretär Kattenstroth. Bitte, Herr Staatssekretär!

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, da Sie einen Zeitraum von zehn Jahren genannt haben, nehme ich an, daß sich Ihre Frage auf die Abfindungen bezieht, die auf Grund der §§ 607 und 614 der Reichsversicherungsordnung gewährt werden können und die praktisch einer Rentenvorauszahlung für die Dauer von zehn Jahren gleichkommen. Eine solche Abfindung kann der Verletzte auf seinen Antrag hin nur für bestimmte Zwecke erhalten, nämlich zum Erwerb oder zur wirtschaftlichen Stärkung eigenen Grundbesitzes oder grundstücksgleicher Rechte. Die meisten Abfindungen werden zum Bau eines Eigenheims verwandt. An den Rentenerhöhungen durch die jährlichen Rentenanpassungen nimmt allerdings der abgefundene Rententeil. während des Abfindungszeitraumes nicht teil. Dafür hat aber der Verletzte mit Hilfe der Abfindungssumme ein Grundstück erworben oder bebaut, das er nutzt. Der Ausschuß für Sozialpolitik des Hohen Hauses hat sich in seinem Schriftlichen Bericht zu der heute geltenden Abfindungsregelung in Drucksache 938 ({0}) der 4. Wahlperiode noch eindeutiger geäußert. Er hat gesagt: Der Versicherungsträger trägt für die Dauer der Abfindung das Risiko einer möglichen Rentenminderung oder eines Rentenwegfalls. Dem13710 gegenüber muß sich der Verletzte in etwa den Zinsvorteil anrechnen lassen, der ihm bei der Abfindung zuwächst. Auch die Vorschrift über die Rentenanpassung soll nicht auf abgefundene Rententeile erstreckt werden. Der Verletzte erwirbt mit der Abfindung Rechte, deren Werte sich gewöhnlich ebenso wie die Rentenanpassungen entwickeln. Mit dem Wiederaufleben der Rente kommt der Verletzte ohnehin in den vollen Genuß der während der Abfindungszeit vorgenommenen Rentenanpassungen. Der Bundesregierung erscheint es daher zur Zeit nicht notwendig, für Abfindungen, die zum Zwecke des Grunderwerbs gewährt werden, eine Gesetzesänderung zu erwägen. Falls sich die Fragen des Herrn Abgeordneten Dröscher, Herr Abgeordneter, auch auf andere Arten der Abfindung von Unfallrenten beziehen sollten, so wäre ich für eine Konkretisierung dankbar. Ich würde dann unverzüglich schriftlich antworten.

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Ich rufe die Frage 4 des Abgeordneten Zebisch auf: Ist die Bundesregierung bereit, Mädchen und Frauen, die längere Zeit aus dem Erwerbsleben ausgeschieden waren, durch eine Förderung der stufenweisen betrieblichen Ausbildung den beruflichen Anschluß zu erleichtern? Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Staatssekretärs Kattenstroth vom 2. Juli 1969 lautet: Der Bundesregierung ist bekannt, daß Frauen, die für längere Zeit aus dem Erwerbsleben ausscheiden, bei einer späteren Rückkehr öfter Schwierigkeiten haben, den beruflichen Anschluß zu finden. Sie hat diese Problematik im Jahre 1966 in ihrem Bericht über die Situation der Frauen im Beruf, Familie und Gesellschaft ausführlich dargelegt. Zur Lösung kommen mehrere Wege in Betracht. Im Rahmen der Maßnahmen zur individuellen Forderung der beruflichen Fortbildung wurde bereits vor einigen Jahren die Möglichkeit geschaffen, Frauen, die an Lehrgängen zur Wiedereingliederung in das Berufsleben teilnehmen, Beihilfen zu gewähren. Das Arbeitsförderungsgesetz hat jetzt diese Förderungen noch erweitert und verbessert. Ferner wird in Zukunft die Rückkehr von Frauen in das Erwerbsleben auch durch die Gewährung von sogenannten Einarbeitungszuschüssen an die Arbeitgeber erleichtert werden können. Nach dem Arbeitsförderungsgesetz können den Arbeitgebern solche Zuschüsse für Arbeitnehmer gewährt werden, die eine volle Leistung erst nach einer gewissen Einarbeitungszeit erreichen. Darüber hinaus können die Frauen selbst zur Überwindung der erwähnten Schwierigkeiten dadurch beitragen, daß sie in vermehrtem Umfang schon während der Unterbrechung ihrer Erwerbstätigkeit Kontakte zu ihrem Beruf und seiner Fortentwicklung halten. Neben gelegentlichen Urlaubsvertretungen, der Teilnahme an Abendkursen und vielem anderen wird hier dem Fernunterricht, u. a. auch durch Fernsehen, in Zukunft sicherlich steigende Bedeutung zukommen. Das sicherste Mittel, berufliche Schwierigkeiten bei einer späteren Rückkehr in das Erwerbsleben zu vermeiden, bleibt jedoch mehr denn je eine qualifizierte Berufsausbildung. Die im Arbeitsförderungsgesetz vorgesehenen Förderungen der beruflichen Bildung sollten deshalb gerade auch von den jungen Mädchen ernsthaft genutzt werden. Wenn noch immer zu wenig Mädchen einen Beruf erlernen, so liegt das nicht an einem Mangel der Ausbildungsmöglichkeiten und der materiellen Hilfen, sondern mehr daran, daß das junge Mädchen noch nicht genug auf die Bewältigung seiner doppelten Aufgabe in Beruf und Familie vorbereitet wird. Wir kommen zur Beantwortung der Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen. Ich rufe die Frage 5 des Abgeordneten Kiep auf: Aus welchem Grunde erhalten an Fernsprechvermittlungsplätzen beschäftigte Teilzeitkräfte im Gegensatz zu den vollen Betriebskräften für ihre überdurchschnittliche Beanspruchung weder Arbeitszeitverkürzung noch Bargeldabgeltung? Auch hier hat sich der Fragesteller mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Bundesministers Dr. Dollinger vom 30. Juni 1969 lautet: Ihre Anfrage nach einer Arbeitszeitverkürzung für Teilkräfte, die im Fernsprechvermittlungsdienst beschäftigt sind, darf ich folgendermaßen beantworten: Entsprechend der Verordnung über die Arbeitszeit der Bundesbeamten, die analog auch für die Teilkräfte im Fernsprechvermittlungsdienst gilt, kann die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit bis zu 4 Stunden gekürzt werden, wenn während des Dienstes außergewöhnliche Belastungen eintreten. Im Fernsprechvermittlungsdienst sind diese Belastungen durch die ständige Bindung an den Arbeitsplatz und die Verwendung des Kopfhörers gegeben, wenn gleichzeitig ein erhöhter Arbeitsanfall eintritt. Ich bin in Übereinstimmung mit dem Bundesminister des Innern und dem Bundesminister der Finanzen der Auffassung, daß im Zuge fortschreitender Arbeitszeitverkürzung schon bei Vollkräften außergewöhnliche Erschwernisse des Dienstes nur noch vermindert zu einer Kürzung der Arbeitszeit führen können. Damit trägt man dem Gedanken Rechnung, daß eine Verkürzung der regelmäßigen Arbeitszeit die Freizeit vergrößert. Was für die regelmäßige Arbeitszeit gilt, muß erst recht für eine Teilbeschäftigung gelten. Deshalb gibt es für Teilkräfte keine Verkürzung der Arbeitszeit wegen außergewöhnlicher Belastung. Ich rufe weiter die Fragen 6 und 7 des Abgeordneten Richter auf: Wann ist mit dem schon seit längerer Zeit vorgesehenen Neubau des Postamtes in Wertheim zu rechnen? Welcher Umfang ist für das neue Postamt in Wertheim vorgesehen? Der Fragesteller hat sich auch mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort liegt noch nicht vor. Sie wird nach Eingang im Sitzungsbericht abgedruckt. Wir kommen zu der Frage 8 des Herrn Abgeordten Weigl aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für wissenschaftliche Forschung. Herr Abgeordneter Weigl ist nicht im Saal; die Frage wird schriftlich beantwortet. Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesschatzministers. Die Frage 9 des Abgeordneten Dorn wird vom Abgeordneten Jung übernommen: Treffen Meldungen zu, daß die VEBA-Hauptverwaltung aus Herne an einen anderen Ort in Nordrhein-Westfalen verlegt werden soll? Das Wort zur Beantwortung hat Herr Staatssekretär Dr. Vogel.

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Herr Abgeordneter, zu Ihrer ersten Frage nöchte ich folgendes sagen. Die Hauptverwaltung der VEBA ist seit dem Jahre 1966 im Verwaltungsgebäude der Hibernia AG in Herne untergebracht. Dieses Verwaltungsgebäude ist als Sitz ,einer Gruppenverwaltung der Ruhrkohle AG vorgesehen. Infolgedessen müssen die Verwaltungen der Hibernia AG und der VEBA an andere Orte verlegt werden.

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jung.

Kurt Jung (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001038, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, können Sie mir sagen, warum eigentlich seinerzeit die VEBA ihren Verwaltungssitz von Bonn nach Herne verlegt hat?

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Die VEBA fühlte sich verpflichtet, ihre Verwaltung näher an ihre Hauptwerke heranzurücken. Bonn war etwas entfernt, von dem eigentStaatssekretär Dr. Vogel lichen Zentrum der Tätigkeit. Infolgedessen wurde seinerzeit der Sitz in das Zentrum nach Herne verlegt. Das war vor meiner Amtstätigkeit, 1966. Es waren also damals sehr wohlerwogene Gründe, die, glaube ich, in den Aufsichtsräten ausführlich besprochen worden sind.

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Eine weitere Zusatzfrage, Kollege Jung.

Kurt Jung (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001038, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, würden vielleicht die Gründe dafür, daß der Hauptsitz früher in Bonn war und - trotz Ihrer Erklärung soeben - die Stadt damit wirtschaftliche und finanzielle Vorstellungen verbunden hatte, die Bundesregierung veranlassen können, ihre Stimme für eine Rückverlegung der VEBA nach Bonn abzugeben?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, ich fürchte, die Gründe, die damals zur Verlegung von Bonn nach Herne geführt haben - über weitere Verlegungspläne hat die Gesellschatf selber noch keinen Entschluß gefaßt -, bestehen nach wie vor weiter. Man würde also gegen die Interessen der Gesellschaft handeln, wenn man heute eine solche Rückverlegung ins Auge faßte.

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Die Frage 10 des Herrn Abgeordneten Dorn wird auch von Herrn Jung übernommen: Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Stadt Bonn durch die seinerzeitige Verlegung der VEBA-Hauptverwaltung von Bonn nach Herne erhebliche finanzielle Ausfälle hat hinnehmen müssen?

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Herr Abgeordneter, durch die Verlegung der VEBA-Hauptverwaltung von Bonn nach Herne im Jahre 1966 sind als zwangsläufige Folge der Stadt Bonn die Gewerbesteuerzahlungen der VEBA - d. h. nur der Konzernobergesellschaft - verlorengegangen. Ich kann hinzufügen, das ist im letzten Rechnungsjahr ein Betrag von 1,1 Millionen DM gewesen.

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Eine Zusatzfrage dazu? - Herr Abgeordneter Jung!

Kurt Jung (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001038, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, sind Sie nicht auch der Auffassung, daß ein solches Unternehmen für die Stadt Bonn wegen der Arbeitsplätze auch dann attraktiv sein könnte, wenn als Folge der Finanzänderung, die eventuell auf die Gemeinden zukommt, keine Gewerbesteuern mehr zu bezahlen sind?

Not found (Staatssekretär:in)

Die Frage, die Sie stellen, wirft natürlich die Frage auf: was würde der hier wahrscheinlich nicht anwesende Abgeordnete von Herne dazu sagen, wenn eine Verlegung von Herne in eine mir noch nicht bekannte andere Stadt in Erwägung gezogen würde?

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Damit sind die Fragen I aus dem Geschäftsbereich des Bundesschatzministers erledigt. Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Ich rufe die Frage 11 des Herrn Abgeordneten Kiep auf: Welche entwicklungspolitischen Gründe veranlassen den Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit, osteuropäischen Ländern wiederholt eine Zusammenarbeit in der Entwicklungshilfe anzubieten? Das Wort zur Beantwortung hat der Herr Bundesminister Dr. Eppler.

Dr. Dr. h. c. Erhard Eppler (Minister:in)

Politiker ID: 11000484

Herr Kollege, es ist meine Auffassung, daß Entwicklungspolitik in der zweiten Dekade nicht in Konkurrenz zwischen Industriestaaten, sondern nur in koordinierter Zusammenarbeit aller Beteiligten in Entwicklungs- und Industrieländern erfolgerich sein kann. Auch die Länder des Ostblocks dürfen dabei nicht ausgeschlossen sein. Es ist Ihnen sicher bekannt, daß mein Vorgänger bei der Beantwortung der Großen Anfrage der FDP am 11. Oktober 1967 im Namen der Bundesregierung u. a. folgendes erklärt hat: Auf die Dauer nutzt es weder einem westlichen noch einem östlichen Geber, noch weniger den Entwicklungsländern, wenn jedes der Geberländer ohne Rücksicht auf entwicklungspolitische Maßnahmen des anderen bestimmte Vorhaben durchführt. Hier geht es um ein Bemühen, dort, wo die Möglichkeiten gegeben sind, zu einer positiven Zusammenarbeit zu kommen. Diese Linie führe ich fort. Im übrigen entspricht der Wille zur Zusammenarbeit aller Industrieländer in der Entwicklungspolitik auch der Friedenspolitik der Bundesregierung. Ich verweise dabei auf .die Äußerungen des Herrn Bundesministers des Auswärtigen am 26. Juni dieses Jahres in Bad Godesberg.

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Zu einer Zusatzfrage Herr Kollege Kiep.

Dr. h. c. Walther Leisler Kiep (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001094, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Indem ich Ihnen, Herr Minister, was die Wünschbarkeit einer Koordinierung der Entwicklungspolitik zwischen Ost und West betrifft, zustimme, möchte ich Sie fragen, ob es sich bei den von Ihnen erwähnten Projekten einer Zusammenarbeit einfach um die Verlagerung von auf Grund deutscher Kapitalhilfe gegebenen Aufträgen auf osteuropäische Lieferanten handelt oder ob darüber hinaus eine echte Abstimmung und Zusammenarbeit in der Entwicklungshilfe in den betreffenden Empfängerländern vorgesehen ist.

Dr. Dr. h. c. Erhard Eppler (Minister:in)

Politiker ID: 11000484

Ich glaube, das letztere ist der Fall, Herr Kollege.

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Kollege Kiep.

Dr. h. c. Walther Leisler Kiep (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001094, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Minister, könnten Sie mir sagen, ob die Abkommen oder die Gespräche in dieser Richtung schon so weit gediehen sind, daß man Näheres über diese Projekte erfahren kann?

Dr. Dr. h. c. Erhard Eppler (Minister:in)

Politiker ID: 11000484

Herr Kollege, ich habe mich in Bad Godesberg ja sehr vorsichtig geäußert, um die laufenden Gespräche nicht zu stören. Es gibt zwei Möglichkeiten, wie man auf unser Angebot reagiert. Die eine Möglichkeit ist, daß man nein sagt, und einige Länder dort tun dies. Dann ist aber auch klar, auch in der Dritten Welt, wer nein sagt. Oder man sagt ja; dann beginnt die Kooperation. Vielleicht darf ich hinzufügen, daß die Bundesregierung mit zwei osteuropäischen Ländern schon längere Zeit Rahmenabkommen für den Außenhandel hat, in denen ausdrücklich eine Zusammenarbeit beim Vertrieb von Waren und bei der Durchführung von Projekten in dritten Ländern vorgesehen ist. Was ich hier sage, ist also »durchaus bereits Vertragsrecht.

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Zu einer Zusatzfrage Herr Kollege Freiherr von Gemmingen.

Not found (Mitglied des Bundestages)

, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Minister, darf ich Sie bezüglich Ihrer soeben erwähnten vorsichtigen Formulierungen, derentwegen Ihre Antwort nicht ganz klar gewesen ist, fragen: Können Sie mir vernünftige Gründe dafür nennen, daß man mit osteuropäischen Ländern auf dem Gebiet der Entwicklungspolitik nicht zusammenarbeiten kann?

Dr. Dr. h. c. Erhard Eppler (Minister:in)

Politiker ID: 11000484

Das ist einfach eine Frage des technischen Beitrags. Ein vernünftiger Grund wäre nur dann gegeben, Herr Kollege von Gemmingen, wenn diese Länder nichts Eigenes und Besonderes beizutragen hätten. Aber es gibt eben Gebiete, z. B. das Gebiet der Petrochemie, wo diese Länder auch im Sinne des sogenannten „Know how" einiges beizutragen haben, was bei uns nicht in gleicher Weise vorhanden ist.

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Freiherr von Gemmingen.

Not found (Mitglied des Bundestages)

, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Minister, darf ich aus Ihrer Antwort schließen, daß es absolut nicht verwerflich, sondern im Gegenteil sinnvoll und zweckmäßig ist, mit den osteuropäischen Ländern eben auf diesem Gebiet zusammenzuarbeiten?

Dr. Dr. h. c. Erhard Eppler (Minister:in)

Politiker ID: 11000484

Herr Kollege, genauso ist es, und ich möchte hinzufügen, daß es die Entwicklungsländer leid sind, Entwicklungshilfe anzunehmen, die sie selbst als ein Mittel im kalten Krieg betrachten, und daß sie selbst - ich habe das in verschiedenen Ländern bemerkt - auf eine Kooperation zwischen westlichen und östlichen Firmen und Ländern drängen.

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Zu einer Zusatzfrage Herr Kollege Wörner.

Dr. Manfred Wörner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002547, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Bundesminister, sind Sie mit mir einig, wenn ich meine, daß eine Zusammenarbeit im Bereich der Entwicklungshilfe, die ich grundsätzlich für wünschenswert halte, voraussetzt, daß auch im politischen, im publizistischen und im propagandistischen Bereich ein abgestimmtes Verhalten vorzuliegen hat, d. h. konkret gesprochen: daß dann gelegentlich zu beobachtende Diffamierungskampagnen gegenüber der Bundesrepublik aufzuhören haben?

Dr. Dr. h. c. Erhard Eppler (Minister:in)

Politiker ID: 11000484

Verehrter Herr Kollege Wörner, wenn wir unsere Politik - nicht nur unsere Entwicklungspolitik, sondern unsere gesamte Politik - von der Propaganda» der Ostblockländer abhängig machen wollten, können wir, glaube ich, nicht sehr weit. Ich würde umgekehrt sagen, Herr Kollege, gerade die Tatsache, daß es das eine oder andere gemeinsame Projekt gemeinsam mit kommunistischen Ländern gibt, macht es der Ostpropaganda in der Dritten Welt, die unsere Entwicklungshilfe als Neokolonialismus zu verleumden sucht, sehr viel schwerer.

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Wörner.

Dr. Manfred Wörner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002547, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Bundesminister, sind Sie bereit, dann, wenn die offensichtlich nur vorbereitenden Gespräche zu konkreten Ergebnissen geführt haben, das diesem Hohen Hause bekanntzugeben, damit hier weitere Überlegungen angestellt werden können?

Dr. Dr. h. c. Erhard Eppler (Minister:in)

Politiker ID: 11000484

Ich nehme an, daß, wenn die Projekte laufen, dies selbstverständlich bekanntwird. Wenn Sie es wünschen, kann ich das ausdrücklich dem Hohen Hause bekanntgeben. Vielleicht reicht es auch, wenn ich es dem Ausschuß bekanntgebe.

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Eine weitere Frage, Herr Kollege Brück.

Alwin Brück (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000276, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, ist es nicht so, daß Sie mit Ihrer Politik einer Empfehlung folgen, die eine internationale Parlamentarierkonferenz, an der Parlamentarier aus allen westlichen Geberländern teilgenommen haben, hier in Deutschland gegeben hat?

Dr. Dr. h. c. Erhard Eppler (Minister:in)

Politiker ID: 11000484

Ja, so ist es.

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Wir kommen dann zur Frage 12 des Herrn Kollegen Kiep: Wie interpretiert der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit seine Äußerung in einer Rede vom 26. Juni 1969, der-zufolge Entwicklungshilfe-Konsortien, die Firmen aus west- und osteuropäischen Ländern umfassen, sich einem gesamteuropäischen Modell nähern? Das Wort zur Beantwortung hat Herr Bundesminister Dr. Eppler.

Dr. Dr. h. c. Erhard Eppler (Minister:in)

Politiker ID: 11000484

Herr Kollege, je mehr Firmen aus westlichen, neutralen und kommunistischen Ländern sich gemeinsam an einem Projekt beteiligen - dazu gibt es Ansatzpunkte -, desto mehr nähern sich solche Anstrengungen einem gesamteuropäischen Modell.

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Kiep.

Dr. h. c. Walther Leisler Kiep (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001094, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Es handelt sich also bei diesem gesamteuropäischen Modell um ein gesamteuropäisches Modell wirtschaftlicher Zusammenarbeit und nicht um ein gesamteuropäisches Modell etwa in Richtung auf gemeinsame gesellschaftspolitische Vorstellungen hin. In diesem Punkt war Ihre Ausführung vielleicht nicht ganz klar.

Dr. Dr. h. c. Erhard Eppler (Minister:in)

Politiker ID: 11000484

Nur das erste. Wenn ich Ihre Frage so verstanden hätte, hätte ich natürlich sofort entsprechend geantwortet. Aber ich habe dies aus Ihrer Frage nicht so ersehen, Herr Kollege.

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Eine weitere Frage, Herr Kollege Kiep.

Dr. h. c. Walther Leisler Kiep (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001094, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Werden die Kontakte über die normalen Kanäle des Auswärtigen Amtes geführt, oder finden direkte Gespräche zwischen der Bundesregierung und den ausländischen Regierungen statt?

Dr. Dr. h. c. Erhard Eppler (Minister:in)

Politiker ID: 11000484

Herr Kollege, Sie wissen, daß solche Dinge ja meistens zuerst von den Firmen selber initiiert werden. Natürlich sind auch die Regierungen daran interessiert und beraten mit.

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Schwabe.

Wolfgang Schwabe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002119, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, sind solche Vorbehalte, wie sie trotz aller grundsätzlichen Zustimmung aus den Fragen von Herrn Kollegen Kiep und von Herrn Wörner herausklingen, eigentlich jemals im Kabinett oder im zuständigen Ausschuß gemacht worden, oder ist das hier gegen Ende der Legislaturperiode eine neue Nuance, die uns bisher verborgen geblieben ist? ({0})

Dr. Dr. h. c. Erhard Eppler (Minister:in)

Politiker ID: 11000484

Herr Kollege Schwabe, Sie nehmen es mir nicht übel, wenn ich hier jetzt keine Kabinettsgeheimnisse ausplaudere. Es ist aber zweifellos so, daß z. B. Herr Kollege Kiep auch bei früheren Gelegenheiten seine Vorbehalte in dieser Sache geäußert hat. Dies ist nicht neu.

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Schwabe.

Wolfgang Schwabe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002119, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Müssen wir damit rechnen, daß die Bearbeitung von Entwicklungshilfeproblemen, und -fragen auch mit solchen Überlegungen in Verbindung gebracht wird, wie wir sie gerade hörten, daß also erwartet wird, daß in den betreffenden Ländern diese Propaganda aufzuhören habe?

Dr. Dr. h. c. Erhard Eppler (Minister:in)

Politiker ID: 11000484

Herr Kollege Schwabe, ich kann nur noch einmal sagen: Bei den Ostblockländern ist sehr häufig Propaganda die eine und Politik eine andere Sache. ({0}) Wer sich nur an der Propaganda orientieren will, orientiert sich falsch. Umgekehrt aber hat das, was man miteinander tut, manchmal gegen den Willen derer, die die Propaganda machen, einen Einfluß auf die Möglichkeiten und die Verkaufbarkeit ihrer Propaganda.

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern. Die erste Frage stellt der Herr Abgeordnete Hirsch. - Der Abgeordnete Hirsch ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet. Dann kommen wir zur Frage 25 des Herrn Abgeordneten Dr. Kliesing, die von Herrn Kollegen Wullenhaupt übernommen wird: Wann ist mit dem Erlaß der Ausführungsbestimmungen zum Katastrophenschutzgesetz zu rechnen? Das Wort zur Beantwortung hat der Parlamentarische Staatssekretär Köppler. Köppler, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Herr Kollege, das Katastrophenschutzgesetz bildet die Grundlage für die Vereinigung von Katastrophenschutz und Luftschutzhilfsdienst zu einem einheitlichen Instrument für zivile Friedenskatastrophen und für den Verteidigungsfall. Bei der Vereinigung der beiden bisher selbständigen Organisationen müssen folgende Grundsätze beachtet werden: Die Vereinigung darf das in gewachsenen Einheiten vorhandene Hilfspotential nicht schmälern, muß auf die Eigenheiten der freiwilligen Organisationen Rücksicht nehmen und muß beachten, daß Kommunen, Länder und Bund gemeinsam den einheitlichen, verstärkten und erweiterten Katastrophenschutz tragen. Bei dieser Sachlage erscheinen ,ein schrittweiser Vollzug des Gesetzes und auch probeweise vorläufige Regelungen angebracht. Das hat den Vorteil, daß damit die verwaltungsmäßige Durchführung erleichtert und we13714 Parlamentarischer Staatssekretär Köppler sentliche Ziele des Gesetzes bereits vor der umfassenden Ausführungsregelung verwirklicht werden können. Durch Runderlasse vom 31. Juli 1968, also knapp drei Wochen nach Inkrafttreten des Gesetzes, an die Länder und die mitwirkenden Organisationen wurde der Einsatz des Luftschutzhilfsdienstes zur Verstärkung des friedensmäßigen Katastrophenschutzes und die Weiterführung der Einheiten in der Übergangszeit geregelt. Durch drei Runderlasse zu § 8 Abs. 2 des Katastrophenschutzgesetzes ist die Freistellung der Helfer vom Wehrdienst nach einheitlichen Grundsätzen unter Berücksichtigung der Belange der Bundeswehr geregelt worden. Als erster Schritt zur Anordnung des Luftschutzhilfsdienstes in den Katastrophenschutz sollen nunmehr die LSHD-Einheiten auf die Kreisebene übergeleitet werden. Dies ist bereits mit den Ländern abgestimmt. Nach Klärung von Einzelheiten soll in Kürze eine Überleitungsanweisung ergehen. Weitere Teilgebiete des Gesetzes, die bei seinem schrittweisen Vollzug in Kürze vorläufig und probeweise geregelt werden sollen, sind die Mitwirkung privater Katastrophenschutzorganisationen gemäß § 1 und die Bildung von Stäben bei den Hauptverwaltungsbeamten gemäß § 7 des Katastrophenschutzgesetzes. Die Durchführung dieses Gesetzes ist auch auf der Innenministerkonferenz im Mai in Würzburg erörtert worden. Dabei wurde die schrittweise Ausführung als der einzig mögliche Weg zur Durchführung dieses Gesetzes bezeichnet. Die Innenministerkonferenz nahm von den eben dargelegten Gedanken zur Ausführung des Katastrophenschutzgesetzes zustimmend Kenntnis.

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Wir kommen dann zur Frage 26 des Herrn Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen: Welchen Stand haben die Bemühungen zur Errichtung eines besonderen Auswandererlagers für auswanderungswillige ausländische Flüchtlinge in der Bundesrepublik Deutschland? Die Frage wird von Herrn Kollegen Peiter übernommen. Bitte sehr, Herr Staatssekretär! Köppler, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Herr Kollege, das Bundesministerium des Innern ist bekanntlich in diese Bemühungen nicht eingeschaltet, da die Zuständigkeit der Bundesregierung gemäß § 39 des Ausländergesetzes auf die Bestimmung von Sammellagern für solche Asylbewerber beschränkt ist, deren Anwesenheit im Lager für eine ordnungsgemäße Durchführung des Anerkennungsverfahrens erforderlich ist. Die Einrichtung eines Lagers zur Unterbringung ausländischer Auswanderungsbewerber ist dagegen Sache der Länder. Dementsprechend hatte sich die Innenministerkonferenz im Oktober 1967 mit dieser Frage befaßt und sie dem zuständigen Fachgremium, ihrem Arbeitskreis II, zur Vorklärung übergeben. Dort ist es jedoch bisher zu einer Behandlung dieser Frage nicht gekommen. Sie stand zwar auf der Tagesordnung einer Sitzung im November 1968; aber der Freistaat Bayern, der an sich ein besonderes In teresse daran hat, daß ein Auswandererlager für aus- t` ländische Flüchtlinge in einem der anderen Bundesländer errichtet wird, weil er sich davon eine Entlastung des von ihm unterhaltenen Sammellagers für ausländische Flüchtlinge in Zirndorf verspricht, ließ diesen Tagesordnungspunkt damals kurzfristig wieder absetzen, nachdem sich die in erster Linie zuständigen Arbeits- und Sozialverwaltungen dieser Frage angenommen hatten. Das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und soziale Fürsorge hatte bei dem Arbeits- und Sozialminister von Nordrhein-Westfalen angeregt, das Land Nordrhein-Westfalen möge ein solches Auswandererlager errichten. Wie zu erfahren war, steht die Entscheidung der Landesregierung in Nordrhein-Westfalen noch aus.

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Eine Zusatzfrage, Kollege Peiter.

Willi Peiter (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001686, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, wann werden Ihrer Meinung nach die Landesinnenminister diesen Fragenkomplex zur Entscheidung bringen? Köppler, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Herr Kollege, die Bundesregierung kann darüber deshalb keine Angaben machen, weil sie zwar an einer Regelung dieser Frage interessiert ist, aber keine rechtlichen, verfassungsmäßigen Möglichkeiten hat, auf die Meinungs- und Willensbildung in den Landesregierungen einzuwirken.

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Ich rufe die Frage 27 des Kollegen Dorn auf, die vom Herrn Kollegen Jung übernommen wird. Kann man aus dem Vorwurf des Leiters der Abteilung Zivilverteidigung im Bundesinnenministerium, Ministerialdirektor Thomsen, in der Frankfurter Rundschau vom 26. Juni 1969, „eine verantwortungsbewußte Bundesregierung hätte nach der Erhöhung des Verteidigungsetats auch die Mittel für den Bevölkerungsschutz aufstocken müssen", den Schluß ziehen, daß die Bundesregierung in dieser Frage verantwortungslos gehandelt hat? Köppler, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Auf den Artikel in der „Frankfurter Rundschau", auf den sich Herr Kollege Dorn bezogen hat, hat der Bundesminister des Innern sofort eine dienstliche Erklärung des Leiters der Abteilung Zivile Verteidigung im Bundesministerium des Innern veranlaßt. Ministerialdirektor Thomsen versichert darin, er habe die ihm von der „Frankfurter Rundschau" in den Mund gelegte Äußerung so, wie sie in dem Artikel wiedergegeben ist, nicht getan. Vielmehr habe er darauf hingewiesen, daß es die selbstverständliche Pflicht einer verantwortungsbewußten Bundesregierung sei, im Rahmen der Verteidigungsbemühungen auch für die Zivilbevölkerung zu sorgen. Die Überlegungen der Bundesregierung zum Komplex der zivilen Verteidigung sind in dem Bericht über das Konzept der zivilen Verteidigung und das Programm für die Zeit bis 1972 zusammengefaßt. Dieser Bericht ist heute morgen im Plenum dieses Hauses nach eingehender Vorberatung in den Ausschüssen behandelt worden. Ich will deshalb der Beurteilung, die der Bericht in der Debatte von heute morgen gefunden hat, nichts hinzufügen.

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Eine Zusatzfrage, Kollege Jung.

Kurt Jung (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001038, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, unabhängig von der letzten Erklärung des Herrn Ministerialdirektors Thomsen gegenüber dem Herrn Innenminister möchte ich Sie doch fragen, ob Sie es für sehr verantwortungsvoll halten, daß die Bundesregierung Millionenbeträge z. B. zur Vorbereitung von Hilfskrankenhäusern ausgegeben hat, aber die Funktionsfähigkeit dieser Hilfskrankenhäuser einfach deshalb nicht hergestellt worden ist, weil die Mittel für eine ganze Reihe von Maßnahmen, z. B. die dazugehörenden Außenschutzraumbauten oder die Einrichtungen dafür, bisher nicht zur Verfügung gestellt werden konnten. Köppler, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Herr Kollege, Ihre Frage betrifft zwar einen anderen Komplex als den in der ursprünglichen Frage des Kollegen Dorn angesprochenen; trotzdem will ich versuchen, darauf zu antworten, und zwar in dem Sinne, daß ich Ihre Voraussetzung, die Hilfskrankenhäuser seien nicht funktionsfähig, nicht teile. Daß die Maßnahmen des zivilen Bevölkerungsschutzes in diesem Bereich verstärkungs- und verbesserungsfähig sind, ist nicht zu bestreiten und auch heute morgen in der Debatte dieses Hohen Hauses zum Ausdruck gebracht worden.

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Eine weitere Frage des Kollegen Jung.

Kurt Jung (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001038, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, ich bin der Meinung, daß dies im Gesamtbereich - ich habe deswegen gesagt: zum Beispiel - ein sehr wichtiger Teilbereich zum Schutz der zivilen Bevölkerung ist. Darf ich deshalb aus Ihrer Antwort schließen, daß Sie überprüfen werden, inwieweit die bisher eingeleiteten Maßnahmen ergänzungsbedürftig sind, und die dafür notwendigen Mittel dann in Kürze zur Verfügung gestellt werden? Köppler, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Herr Kollege, Sie können generell unterstellen, daß die Bundesregierung ständig dabei ist, Maßnahmen zur Verbesserung der Situation auch im Bereich des zivilen Bevölkerungsschutzes zu überprüfen.

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Eine Zusatzfrage, Kollege Dr. Gleissner.

Dr. Franz Gleissner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000689, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung bereit, zu überprüfen, ob die seinerzeitigen Kürzungen für diesen Bereich wieder ausgeglichen und die notwendigen Erhöhungen angesichts der- Bedeutung des zivilen Bevölkerungsschutzes nachgezogen werden können? Köppler, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Herr Kollege, ich kann Ihnen nur für den Bundesminister des Innern sagen, daß er sich um entsprechende Verbesserungen bemüht,

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Wir kommen dann zur Beantwortung der Frage 28 des Herrn Kollegen Sänger: ist die Bundesregierung bereit, die von ihr dankenswerterweise bereits eingeleiteten vorbereitenden Arbeiten fortzusetzen, die der Errichtung einer gemeinsamen Altersversorgung aller Journalisten in Zeitungen, Zeitschriften, Rundfunk, Fernsehen und Pressestellen dienen sollen, um die für diesen Beruf staatspolitisch besonders notwendige soziale Sicherheit und damit die Gewißheit der Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit der Journalisten und die Wirksamkeit einer freien Presse zu stärken? Das Wort zur Beantwortung hat der Herr Staatssekretär. Köppler, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Die Bundesregierung hat sowohl in ihrer Stellungnahme zum Vorbericht als auch in ihrer Stellungnahme zum Schlußbericht der Pressekommission ihre Überzeugung bekundet, daß für alle Journalisten, ob sie im Bereich der Presse oder in dem des Rundfunks tätig sind, ein gemeinsames Versorgungswerk errichtet werden sollte. Die soziale Sicherheit, die durch die Errichtung eines gemeinsamen Versorgungswerkes aller Journalisten beträchtlich verstärkt würde, ist eine der Voraussetzungen dafür, daß der Journalist die Unabhängigkeit gewinnt, die ihm in einer freien Presse und in einem freien Rundfunk zukommt. Ich kann deshalb Ihre Frage mit einem uneingeschränkten Ja beantworten.

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Sänger.

Fritz Sänger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001914, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich darf mich für diese Antwort bedanken, Herr Staatssekretär, und noch folgende Fragen stellen. Würden Sie bei Ihren weiteren Arbeiten und Überlegungen auch in Erwägung ziehen, ob es zweckmäßig wäre, wenn die deutschen Verleger von Tageszeitungen und von Zeitschriften einen besonderen Beitrag hierfür leisteten, damit später eine völlige Gleichstellung hinsichtlich der Versorgung erreicht werden kann? Köppler, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Im Ziel, das Sie eben mit Ihrer Zusatzfrage angesprochen haben, Herr Kollege Sänger, bin ich völlig mit Ihnen einig. Auf welchem Weg dieses Ziel erreicht werden kann, muß intensiv geprüft werden, und die Bundesregierung hat auch entsprechende Prüfungsaufträge bereits an eine ganze Reihe von Einrichtungen erteilt. Ob dabei der von Ihnen angesprochene Weg eines besonderen Beitrages von Verlegern notwendig wird, kann ich nicht sagen, weil ich der Prüfung der Experten nicht vorgreifen will.

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Wir kommen dann zur Beantwortung der Fragen aus dem Geschäftsbereich Vizepräsident Scheel des Bundesministers der Finanzen. Ich rufe Frage 29 des Abgeordneten Rommerskirchen auf: Wird die Bundesregierung veranlassen, daß - angesichts der nunmehr verbesserten Praxis im Entschädigungsverfahren für jugendliche Nationalgeschädigte nach dem BEG - die nach der früheren Spruchpraxis abschlägig beschiedenen Fälle von Amts wegen wieder aufgenommen werden, in denen lediglich kriegswirtschaftliche Maßnahmen und nicht Menschenrechtsverletzungen aus nationalen Gründen als Ursachen der Zwangsverschleppung von Kindern und Jugendlichen slawischer Nationalität zur Arbeitsaufnahme anerkannt worden waren? Kollege Wuermeling übernimmt diese Frage. - Das Wort zur Beantwortung hat Herr Staatssekretär Leicht. Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Die Wiederaufrollung unanfechtbarer Entscheidungen von Amts wegen ist nicht möglich, weil im Rahmen des durch das. Bundesentschädigungsgesetz geregelten Verfahrens Verwaltungsbescheide, die mangels rechtzeitiger Anfechtung unanfechtbar geworden sind, nur in den Fällen und nur unter den Voraussetzungen abgeändert werden können, die in diesem Gesetz bzw. im BEG-Schlußgesetz im einzelnen genau umschrieben sind. Die Bundesregierung ist jedoch bereit, zu veranlassen, daß diejenigen unanfechtbar abschlägig beschiedenen Fälle dieses Personenkreises, die unter Berücksichtigung der jetzigen Verwaltungspraxis offensichtlich fehlerhaft sind und deshalb eine unbillige Härte für die Betroffenen darstellen, auf Antrag, der innerhalb angemessener Frist zu stellen ist, erneut überprüft werden.

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Wuermeling.

Dr. Franz Josef Wuermeling (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002570, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Leicht, glauben Sie nicht, daß ein großer Teil der Betroffenen praktisch von einer verbessernden Billigkeitsregelung ausgeschlossen wird, wenn diese Überprüfung von einem Antrag abhängig gemacht wird? Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Daran glaube ich nicht. Warum sollte man nicht den Antrag verlangen? Ich habe keine andere Möglichkeit, als zu sagen, daß es im Gesamtzusammenhang - auch in Auswirkung auf andere Regelungen - unmöglich ist, einen anderen Weg zu wählen.

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Dr. Wuermeling.

Dr. Franz Josef Wuermeling (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002570, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Wäre es möglich, Herr Kollege Leicht, dem beteiligten Kreis in Form irgendeiner Veröffentlichung davon Kenntnis zu geben, daß solche Anträge jetzt gestellt werden müssen? Ich bin nicht der Meinung, daß eine Behandlung hier im Bundestag allein als genügende Veröffentlichung anzusehen wäre. Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Es ist, glaube ich, eine Selbstverständlichkeit, Herr Kollege Wuermeling, daß das, wenn wir einen solchen Schritt täten, durch entsprechende Veröffentlichung dort bekanntgemacht würde, wo es sein müßte.

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Dr. Czaja.

Dr. Herbert Czaja (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000344, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, kann man, nachdem Sie in Aussicht gestellt haben, daß diese Fälle überprüft werden, davon ausgehen, daß nun eine Veröffentlichung des Bundesfinanzministeriums bezüglich der Antragstellung tatsächlich erfolgt, um so mehr, als die Gerichtspraxis - ich verweise auf das Urteil des Landgerichts Köln, Aktenzeichen 540 274/66 - ausdrücklich bestätigt hat, daß die Verbringung von unter 18 Jahre alten Personen in Konzentrationslager in jedem Fall als nationaler Verfolgungstatbestand zu würdigen ist? Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Ich kann mir natürlich nicht unmittelbar den Inhalt dieser Entscheidung ins Gedächtnis rufen, aber es gibt auch eine ganze Reihe anderer Entscheidungen, die nicht unbedingt dasselbe aussagen wie das, was hier gesagt worden ist, sondern Einschränkungen machen. Insofern bin ich gern bereit, die Frage zu prüfen.

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Wir kommen dann zur Beantwortung der Frage 30 des Herrn Kollegen Dr. Czaja: Warum werden Entschädigungsanträge von Angehörigen slawiseher Nationen entgegen dem klaren Wortlaut von Artikel VI Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 des BEG-Schlußgesetzes, wonach bei im Westen lebenden Personen von nichtdeutschem Volkstum vermutet werden muß, daß ein Verfolgungsschaden während der nationalsozialistischen Herrschaft aus Gründen der Nationalität zugefügt worden ist, immer wieder mit der Begründung abgelehnt, daß die Zwangsverschleppung aus allgemeinen kriegswirtschaftlichen Gründen erfolgte, ohne daß die besonders harten, auf nationale Verfolgung konzentrierten Maßnahmen gegen diese Personen in der Sache geprüft oder die vom Gesetz ausgesprochenen Vermutungen widerlegt werden? Bitte sehr, Herr Staatssekretär! Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Herr Präsident, ich muß um Ihre freundliche Genehmigung bitten, daß ich eine Vorwegbemerkung mache, weil ja die Fragen des Herrn Kollegen Dr. Czaja, die Frage des Herrn Kollegen Dr. Wuermeling und wohl auch die Frage des Herrn Kollegen Dr. Marx in einem Zusammenhang stehen und ich keine Mißverständnisse aufkommen lassen möchte. Die Bundesregierung verkennt nicht, daß auch der Zwangsarbeitseinsatz ausländischer Arbeitskräfte während des Krieges in Deutschland eine nationalsozialistische Unrechtsmaßnahme war. Das Ausmaß des nationalsozialistischen Unrechts insgesamt war, wie leider nur allzu sehr bekannt ist, so ungeheuerlich, daß eine Abgeltung aller Schäden schlechterdings außerhalb jeder nur vorstellbaren finanziellen' Möglichkeit lag. Dem Gesetzgeber blieb keine andere Wahl, als die Entschädigung auf bestimmte Tatbestände zu beschränken. Mit Bezug auf Unrechtsmaßnahmen gegen Angehörige eines fremden Volkstums ist damals vom Gesetzgeber der BeParlamentarischer Staatssekretär Leicht griff der sogenannten Nationalschädigung geschaffen worden. Nun unmittelbar zu Ihrer Frage, Herr Kollege Czaja. Die gesetzliche Vermutung des Art. VI Abs. 1 Satz 3 des BEG-Schlußgesetzes greift in den Fällen des zwangsweisen Arbeitseinsatzes als solchen nicht Platz; denn nach der bisherigen ständigen Rechtsprechung war der kriegsbedingte Arbeitskräftemangel wesentlicher Grund für den unfreiwilligen Arbeitseinsatz ausländischer Arbeitskräfte während des Krieges und nicht deren Nationalität oder Volkszugehörigkeit. Auch nach dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers erfüllt der Zwangsarbeitseinsatz als solcher nicht den Tatbestand einer Nationalschädigung. Nur dann, wenn der ehemalige ausländische Zwangsarbeiter aus Gründen seiner Nationalität konkreten schädigenden Einzelmaßnahmen ausgesetzt war, die unter Mißachtung der Menschenrechte gegen ihn ergriffen wurden, liegt eine Nationalschädigung im Sinne der Gesetzesbestimmung vor. Ergibt sich im Einzelfall, daß sich der Arbeitseinsatz unter Mißachtung der Menschenrechte vollzogen hat, ist aber zweifelhaft, was den überwiegenden Grund hierfür gebildet hat, wird von der Vermutung zugunsten des Antragstellers Gebrauch gemacht. Es wird daher jeweils geprüft, unter welchen Arbeits- und Lebensbedingungen sich der Arbeitseinsatz im Einzelfall vollzogen hat.

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Wir kommen zur nächsten Frage Nr. 31 des Abgeordneten Czaja: Warum werden Entschädigungsanträge von Angehörigen slawischer Nationen im Verfahren nach dem BEG unter anderem mit Begründungen abgelehnt, die die damalige Verbringung in Konzentrationslager und zur Zwangsarbeit selbst wegen leichter Verstöße gegen menschenrechtswidrige Maßnahmen der Besatzungsmacht und auch bei Jugendlichen gerechtfertigt erscheinen lassen, z. B. aus Gründen der Sippenhaft ({0}), wegen der Teilnahme am - menschenrechtswidrig verbotenen - höheren Schulunterricht, wegen Mitgliedschaft in legalen politischen Parteien vor der Besatzungszeit usw.? Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Der Bundesgerichtshof hat in einem nach Inkrafttreten des BEG-Schlußgesetzes ergangenen Beschluß vom 18. Dezember 1967 die Auffassung bestätigt, daß gegen Personen, die die Sicherheit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft gefährdet hätten, überall mit großer Strenge und unter Einsatz aller den nationalsozialistischen Machthaber zur Verfügung stehenden Mittel ohne Rücksicht auf Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte eingeschritten worden sei und es ihnen dabei auf das Volkstum der Betroffenen in keiner Weise angekommen sei. Zu der von Ihnen aufgeworfenen Frage der Sippenhaft möchte ich kurz feststellen. daß nach Kenntnis der Bundesregierung das Bundesverwaltungsamt nunmehr auch solche Fälle entschädigt, in denen glaubhaft versichert wird, daß die betreffenden Familienmitglieder keinerlei Verbindung zu den im Widerstand befindlichen Angehörigen gehabt bzw. von deren Tätigkeit nichts gewußt haben. Die Beurteilung der von Ihnen des weiteren angesprochenen Lehrtätigkeit in Polen ist schwierig. Historisch steht fest, daß das Verbot jeder höheren Schulbildung das polnische Volk bildungsmäßig diskriminieren sollte. Feststeht aber auch, daß die noch einigermaßen intakten polnischen politischen Organisationen die geheime Unterrichtung der Jugend organisierten, verbunden mit der Erziehung im nationalen Geiste und dem Aufruf der Jugend zur Unterstützung des nationalen Widerstandskampfes. Im Hinblick auf die Problematik der Beurteilung dieser Frage ist das Bundesverwaltungsamt im Laufe der letzten Jahre dazu übergegangen, diejenigen Fälle zu entschädigen, in denen sich eine solche Verbindung zum Widerstand nicht konkret nachweisen läßt. Schließlich werden Fälle, in denen eine Schädigung wegen politischer Tätigkeit vor der Besetzung festgestellt wird, schon seit zwei Jahren vom Bundesverwaltungsamt positiv bearbeitet.

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Zusatzfrage, Kollege Dr. Czaja.

Dr. Herbert Czaja (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000344, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, darf ich in dem Zusammenhang, da Sie vor allem auf Zwangsverschleppung zur Zwangsarbeit Bezug nahmen, die Frage stellen, ob bei Zwangsverschleppung in Konzentrationslager, insbesondere von Jugendlichen wegen Schulbesuchs - dazu kann ich eine Reihe nicht positiver Entscheidungen nennen, beispielsweise die Entscheidung des Bundesverwaltungsamtes IV/7-9793, wo eine ganze Schulklasse in das Gefängnis von Kielce und später in zwei Konzentrationslager verbracht wurde, wo ablehnende Bescheide erfolgten, weil angebliche sicherheitspolizeiliche Gründe vorgelegen hatten -, und in Fällen der Sippenhaft in Konzentrationslagern die negativen Entscheidungen auch unter Berufung auf „berechtigte" sicherheitspolizeiliche Belange der nationalsozialistischen Machthaber ergangen sind. Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Ich werde diese besonders angesprochenen Fälle, Herr Kollege Czaja, überprüfen und Ihnen unmittelbar Nachricht zukommen lassen.

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Weitere Zusatzfrage, Kollege Dr. Czaja.

Dr. Herbert Czaja (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000344, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Darf ich noch fragen, Herr Staatssekretär, ob Sie bereit sind, die Ausführungen des Berichterstatters zu dem Gesetz über die Rechtsstellung der heimatlosen Ausländer in der 121. Sitzung des Bundestages vom 28. Februar 1951, in denen die Deportation zu Zwangsarbeit als Versuch zur Wiedereinführung der Sklaverei aus nationalen Gründen bezeichnet wurde, und auch entsprechende Entscheidungen des Landgerichts Köln bezüglich bestimmter Fälle in Warschau, in denen ausdrücklich festgestellt wurde, daß die Zwangsverschleppung vorrangig aus nationalen Gründen erfolgten, mit in die Betrachtung der Richtlinien einzubeziehen. Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Selbstverständlich kann das geschehen.

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Wir kommen dann zur Frage 32 des Herrn Abgeordneten Dr. Wuermeling: Wird die Bundesregierung angesichts vieler Beschwerden ihre die Spruchpraxis des Bundesverwaltungsamts im Entschädigungsverfahren Nationalgeschädigter erheblich einschränkenden Richtlinien vom 8. Mai 1968 ({0}) überprüfen, um der gesetzlichen Forderung des Artikels VI Nr. 1 Satz 3 des Bundesentschädigungsschlußgesetzes zu entsprechen, demzufolge bei schädigenden Maßnahmen gegen Nichtdeutsche nicht vorrangig auf kriegswirtschaftlich erlaubte Maßnahmen geschlossen werden kann, sondern zu vermuten ist, daß die unter Mißachtung der Menschenrechte getroffene Maßnahme eine Schädigung aus Gründen der Nationalität war? Bitte, Herr Staatssekretär! Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Ich darf die Frage des Kollegen Dr. Wuermeling, die im Zusammenhang mit den von Herrn Kollegen Czaja gestellten Fragen steht, wie folgt beantworten. Die Richtlinien zu Art. VI des Bundesentschädigungs-Schlußgesetzes stellen lediglich Auslegungsregeln dar und sind im wesentlichen eine Zusammenfassung des in der Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift zum Ausdruck gekommenen Willens des Gesetzgebers und der im Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung vorhandenen Rechtsprechung. Sie sollen insbesondere eine einheitliche Anwendung der Vorschrift sicherstellen. Ob die in den Richtlinien niedergelegte Auslegung mit dem Gesetz in Einklang steht, Herr Kollege Wuermeling, obliegt letztlich der Prüfung durch die zuständigen Gerichte. Daß die bisherige Entschädigungspraxis den gesetzlichen Vorschriften entspricht, wird durch nichts besser erhellt als durch die Tatsache, daß die Gerichte nur in einem sehr geringen Umfang aller Fälle die Entscheidungen des Bundesverwaltungsamtes aufgehoben haben. Sollte die höchstrichterliche Rechtsprechung zu einzelnen der in den Richtlinien angesprochenen Auslegungsfragen eine andere Auslegung rechtfertigen, wird dieser selbstverständlich durch entsprechende Änderung der Richtlinien Rechnung getragen werden. Was nun die von Ihnen angesprochene gesetzliche Vermutung anbelangt, darf ich mir folgende Bemerkung erlauben. Der Zwangsarbeitseinsatz ausländischer Arbeitskräfte während des Krieges in Deutschland als solcher - ich habe es eben in Beantwortung der Frage von Herrn Kollegen Czaja gesagt - stellt nicht den Tatbestand einer Nationalschädigung allein dar. Für die Anwendung der Gesetzesvermutung ist daher insoweit kein Raum. Ansprüche dieses Personenkreises nach Art. VI des BEG-Schlußgesetzes lassen sich aus dem zwangsweisen Arbeitseinsatz nur dann herleiten, wenn die Umstände des vollzogenen Arbeitseinsatzes im Einzelfall eine Schädigung unter Mißachtung der Menschenrechte enthielten. Ist der einzelne Zwangsarbeiter wegen seiner Zugehörigkeit zu einem fremden Staat oder nichtdeutschem Volkstum Arbeits- oder Lebensbedingungen ausgesetzt gewesen, die eine Mißachtung der Menschenrechte darstellten, wird für die hierdurch verursachte dauernde Gesundheitsschädigung die gesetzlich vorgesehene Entschädigung gewährt. Steht im Einzelfall eine Schädigungsmaßnahme unter Mißachtung der Menschenrechte fest, ist auf der anderen Seite aber auch zweifelhaft, was den überwiegenden Grund hierfür gebildet hat, wird von der Vermutung zugunsten des Antragstellers Gebrauch gemacht.

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Zusatzfrage, Kollege Wuermeling.

Dr. Franz Josef Wuermeling (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002570, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Darf ich Ihrer Antwort zwecks letzter Klarstellung so verstehen, daß die Bundesregierung die Richtlinien vom 8. Mai 1968 wenn nicht ändern, so doch eindeutig in dem Sinne gehandhabt wissen will, daß bei einem unter Mißachtung der Menschenrechte erfolgten Arbeitseinsatz Angehöriger einer anderen Nationalität die Rechtsvermutung einer Schädigung aus Gründen der Nationalität besteht, daß also die Beweislast für etwaiges Vorliegen anderer Gründe in diesen Fällen bei der Behörde und nicht beim Geschädigten liegt? Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Das kann ich so global nicht sagen, Herr Kollege Wuermeling. Ich habe, glaube ich, in meiner Antwort klargestellt, daß das nur unter gewissen Voraussetzungen möglich ist.

Dr. Franz Josef Wuermeling (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002570, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, hatte ich nicht in meiner Frage die Einschränkung gemacht, daß eine Verletzung der Menschenrechte bei dem Arbeitseinsatz vorgelegen haben muß, und ist es nicht so, daß in dem Falle die Rechtsvermutung zugunsten des Nationalgeschädigten spricht? Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Ich habe ja gesagt, daß der Tatbestand sein muß: vollzogener Arbeitseinsatz im Einzelfalle, Schädigung unter Mißachtung der Menschenrechte. Das ist eine klare Antwort. Wenn Sie glauben, daß das den Tatbestand, den Sie im Auge haben, trifft, muß ich sagen: Jawohl.

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Herr Dr. Czaja hat noch eine Zusatzfrage zu Frage 32.

Dr. Herbert Czaja (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000344, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, würden Sie überprüfen lassen, ob die Fassung der Richtlinien, die besagen, daß auszugehen sei von den Beweggründen, die den Schädiger zu der schädigenden Maßnahme veranlaßt haben, und daß es nicht auf die Annahme des Geschädigten ankomme, mit dem gesetzlichen Wortlaut über die Vermutung, der eben hier angesprochen worden ist, übereinstimmt, und würden Sie überprüfen lassen, ob es sinnvoll ist, daß die Klärung der Tatbestände nur durch polizeiliche Einvernahme derjenigen, die an der Schädigung beteiligt waren, gesucht wird? Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Ich werde beides überprüfen lassen.

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Noch eine Zusatzfrage, bitte sehr!

Dr. Hugo Hauser (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000834, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, kann die Bundesregierung genaue Angaben über das Ergebnis der gerichtlichen Überprüfung der Verwaltungsverfahren machen? Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Ich glaube, Herr Kollege Hauser, ich bin in der Lage, das zu tun. - Von den bis zum 31. Mai 1969 erledigten Verfahren der ersten Instanz wurden lediglich 93 Fälle - das sind 5,5 v. H. - zuungunsten bzw. teilweise zuungunsten der Bundesrepublik entschieden oder durch Vergleich erledigt. Nur in 27 Fällen von diesen 93 ist die Bundesrepublik voll, in vier weiteren Fällen teilweise unterlegen. Von den bis zum gleichen Zeitpunkt erledigten 304 Berufungsverfahren ist in 9 Fällen zuungunsten der Bundesrepublik entschieden worden. In 17 weiteren Fällen wurde das Verfahren durch Vergleich abgeschlossen. Bis zum 31. Mai 1969 hat darüber hinaus der Bundesgerichtshof in einem Falle die Revisionsbeschwerde wegen Nichtzulassung der Revision zugelassen und in 8 Fällen zugunsten der Bundesrepublik zurückgewiesen. Über die beim Bundesgerichtshof am 31. Mai 1969 anhängig gewesenen 21 Revisionen ist bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht entschieden worden.

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Zusatzfrage, Dr. Czaja.

Dr. Herbert Czaja (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000344, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, sind Sie nicht auch der Meinung, daß über die Spruchpraxis der Gerichte erst nach einer genügenden Zahl oberstgerichtlicher Entscheidungen, also Entscheidungen des Bundesgerichtshofs Abschließendes gesagt werden kann? Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Abschließendes sicherlich; ich würde aber nicht ausschließen, daß man schon jetzt die Rechtsprechung verfolgen muß.

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Wir kommen dann zur Beantwortung der Frage 33 des Kollegen Dr. Marx: Was beabsichtigt die Bundesregierung zu tun, um die - wie Eingaben von Verbänden und Kirchen nachweisen - uns außenpolitisch belastende Entschädigungspraxis für Nationalgeschädigte zu verbessern, nachdem von den 36 000 gestellten Anträgen Nationalgeschädigter bisher nicht einmal 10 Prozent positiv entschieden, viele tausend Anträge ohne Nachforderung von Beweismaterial als unbegründet abgewiesen und von den behandelten nur 15 Prozent zugunsten der Antragsteller beschieden worden sind? Herr Hauser übernimmt diese Frage. Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Es trifft zu, daß nur 16 % - nicht 15 %, wie in der Frage gesagt wird - der behandelten Anträge zugunsten der Antragsteller beschieden wurden. Die Tatsache, daß der Anteil an positiv beschiedenen Entschädigungsanträgen im Verhältnis zu den abgelehnten Anträgen und im Verhältnis zur Gesamtzahl der gestellten Anträge sehr gering ausfällt, ist darauf zurückzuführen, daß der größte Teil der Antragsteller von irrigen Vorstellungen über die Voraussetzungen einer Entschädigung nach Art. VI BEG-Schlußgesetz ausgegangen ist. Solange die Verwaltungspraxis von den zuständigen Gerichten bestätigt wird - und das wird sie, wie ich eben auf Ihre Zwischenfrage, Herr Kollege Hauser, sagen konnte -, sieht die Bundesregierung keine Veranlassung, das Bundesverwaltungsamt anzuweisen, seine bisherige Praxis zu ändern. Schließlich weist die Bundesregierung den Vorwurf zurück, daß viele tausend Anträge ohne Nachforderung von Beweismaterial als unbegründet abgewiesen worden seien. Von der Einleitung von Amtsermittlungen und der Nachforderung von Beweismaterial wurde nach Kenntnis der Bundesregierung nur in den Fällen abgesehen, in denen schon nach dem Sachvortrag die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Entschädigung nicht vorlagen.

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Zusatzfrage, Herr Dr. Czaja!

Dr. Herbert Czaja (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000344, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, werden für die weitere Spruchpraxis auch die Urteile aus der letzten Zeit berücksichtigt werden, beispielsweise die Urteile des Oberlandesgerichts Köln 5 U 12/67, 5 U 148/67, das Ostarbeiter-Urteil 560 159/66 und andere? Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Ich halte es für eine Selbstverständlichkeit, daß diese Urteile in die Überlegungen und Abwägungen mit einbezogen werden. Ob sie aber berücksichtigt werden können, weiß ich nicht.

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Wir kommen zur Beantwortung der Fragen 34, 35 und 36 des Kollegen Dr. Müller: Wie begründet die Bundesregierung die Tatsache, daß Bundesliga-Sportvereine elf Prozent Mehrwertsteuer, Vergnügungsstätten, in denen Striptease geboten wird, jedoch nur 5,5 Prozent zahlen müssen? Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß die Gemeinnützigkeitsklausel für die Sportvereine im Vergleich zu den steuerbegünstigten Striptease-Vorführungen bedeutungslos ist? Hat die Bundesregierung konkrete Pläne, wie die Steuerbelastungen für die Sportvereine - über die vom Finanzausschuß am 3. Juni 1969 festgesetzte Körperschaftsteuer-Obergrenze hinaus - günstiger und im sportfördernden Sinne geändert werden können? Herr Staatssekretär, ich schlage vor, daß wir die Frage 45 des Abgeordneten Stücklen gleich mit behandeln, weil sie, wenn ich das richtig sehe, genau den gleichen Tatbestand umfaßt: Ist die Bundesregierung gewillt, bei der nächsten Novellierung des Umsatzsteuergesetzes Begünstigungen für Fußball-Bundesligavereine einzuführen? Das. Wort zur Beantwortung hat Herr Staatssekretär Leicht. Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Zu Ihrer ersten Frage, Herr Kollege Müller: Ihre Annahme, daß Vergnügungsstätten, in denen Striptease geboten wird, nur 5,5 v. H. Umsatzsteuer zahlen, ist nicht zutreffend. ({0})

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Zusatzfrage, Herr Kollege Dr. Müller.

Dr. Günther Müller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001548, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ich bin gern bereit, Ihnen solche Stätten, in denen nicht nur, aber auch Striptease geboten wird, mitzuteilen. Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Ich weiß, worauf Sie anspielen, Herr Kollege Müller. Es handelt sich wahrscheinlich um Vorstellungen künstlerischer Art in einem Theater. Sie wissen, daß die Beurteilungen da sehr weit auseinandergehen.

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Kollege Müller hat sicherlich nur die künstlerisch hochwertigen Darbietungen im Auge. ({0}) Wir kommen dann zur Frage 35. Bitte, Herr Staatssekretär! Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Herr Kollege Müller, da die Annahme in ihrer ersten Frage nicht zutreffend war, wäre an sich diese Frage, die sich unmittelbar auf die vorhergehende Frage bezieht, gegenstandslos. Aber ich möchte Gelegenheit nehmen, etwas zur Gemeinnützigkeitsklausel zu sagen. Die Gemeinnützigkeitsklausel für Sportvereine ist nach unserer Meinung keineswegs bedeutungslos, denn aus dem Gemeinnützigkeitsrecht ergeben sich mittelbar die Voraussetzungen für die Umsatzsteuerermäßigung der Sportvereine. Die Anlehnung an die Gemeinnützigkeit, die wir in § 12 Abs. 1 Nr. 8 des Umsatzsteuergesetzes haben, ermöglicht es, daß die ohnehin für andere Steuerarten zu treffenden Entscheidungen - beispielsweise in der Frage der Körperschaftsteuer - in der Regel auch für die Umsatzsteuer übernommen werden können. Eine solche Anlehnung ist aus Gründen einer praktikablen Anwendung des Gesetzes nur zu begrüßen.

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Zusatzfrage, Herr Kollege Müller.

Dr. Günther Müller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001548, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß die Bundesligasportvereine, die Lizenzspielermannschaften haben, in vielen Fällen bis zu 70 Schüler- und Jugendmannschaften betreuen und damit einen Beitrag zu der allgemeinen Sportausbildung leisten - an unseren Schulen wird ja bekanntlich sehr wenig Sportunterricht betrieben -, daß aber diese Sportvereine u. a. wegen der hohen Belastung durch die Mehrwertsteuer zum Teil bereits in finanzielle Schwierigkeiten gekommen sind? Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Diese Frage, Herr Kollege Müller, hängt unmittelbar mit Ihrer dritten Frage und der Frage von Herrn Stücklen zusammen. Darf ich sie vielleicht zusammen beantworten. Ich möchte dazu folgendes sagen. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß die beschlossene Anhebung, die automatisch auch für die Umsatzsteuer bedeutsam ist, durch das Steueränderungsgesetz auf Grund des Beschlusses des Finanzausschusses vom 3. Juni den Belangen des deutschen Sports jedenfalls für den Bereich der Amateur- und Vertragsspielervereine weitgehend Rechnung trägt. Weitergehende steuerliche Vergünstigungen hält die Bundesregierung deshalb im Augenblick nicht für erforderlich. Was die Frage nach der Bundesliga angeht, so würde ich sagen: die Bundesregierung wird im Rahmen einer Novellierung des Umsatzsteuergesetzes, allerdings erst in der nächsten Legislaturperiode, diese Frage prüfen.

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Eine Zusatzfrage dazu, Kollege Dr. Müller.

Dr. Günther Müller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001548, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, halten Sie die Meinung des Bundesfinanzministers Franz Josef Strauß, die er anläßlich der Meisterschaftsfeier des FC Bayern München geäußert hat - wo er die Zusicherung gegeben hat, daß in Zukunft bei einer Novellierung der halbe Steuersatz gewährt werden soll -, für eine Meinung des Privatmannes Franz Josef Strauß oder des Bundesfinanzministers Franz Josef Strauß? Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Sie machen mir sicherlich das Zugeständnis, daß ich zuerst mit Herrn Strauß darüber sprechen will, was er eigentlich gesagt hat.

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Zusatzfrage, Kollege Dr. Gleissner.

Dr. Franz Gleissner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000689, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, besteht in Verbindung mit den Bemühungen um Förderung und steuerliche Entlastung der Sportvereine, insbesondere im Interesse der Verstärkung des Breitensports, auch die Aussicht und Möglichkeit, das immer stärker kritisierte Starunwesen zu ändern und damit in Verbindung stehende Mißstände abzustellen? Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Diese Frage, Herr Kollege Gleissner, kann ich so aus der Hand nicht beantworten, zumal da sie auch akustisch bei mir schlecht angekommen ist. Ich werde das prüfen und Ihnen dann schriftlich Mitteilung geben.

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Damit ist die Fragestunde beendet. Die Fraktion der CDU/CSU hat darum gebeten, die Sitzung für 15 Minuten zu unterbrechen und die Behandlung des Punktes 44 nach dieser Zeit anzusetzen und nicht, wie ursprünglich vorgesehen, um 15 Uhr. Ich nehme an, daß die Kollegen, wie bisher immer üblich war, einverstanden sind. Ich unterbreche daher die Sitzung für 15 Minuten. ({0})

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Meine Damen und Herren, die unterbrochene Sitzung ist wiederaufgenommen. Herr Kollege Rasner hat um das Wort zur Geschäftsordnung gebeten. Bitte sehr, Herr Kollege Rasner!

Will Rasner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001777, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es war vereinbart, daß wir nach der Mittagspause, also jetzt, zwei Grundgesetzänderungen beraten, die auch auf der Tagesordnung des Hauses stehen. Dabei handelt es sich zunächst einmal um die Änderung des Art. 29 des Grundgesetzes. Herr Präsident, wenn ich recht sehe, ist inzwischen über einen Änderungsantrag zum Antrag des Rechtsausschusses eine interfraktionelle Einigung erzielt worden. Die entsprechende Drucksache ist aber noch nicht gedruckt. Aus diesem Grunde schlage ich vor - ich glaube, daß das Ausdrucken sehr schnell gehen wird -, daß das Haus jetzt mit der Beratung der vier Berichte des Vermittlungsausschusses beginnt und unmittelbar anschließend die Grundgesetzänderungen berät. Darüber hinaus stand auf der Tagesordnung eine Änderung des Grundgesetzes in bezug auf eine Reihe von Artikeln, die folgende Materien behandelten: Verankerung des Petitionsausschusses im Grundgesetz, Regelung des Verfahrens vor Untersuchungsausschüssen, spezieller Ausschuß für die Nachrichtendienste. Ich möchte bei dieser Gelegenheit sagen, daß meine Fraktion die Verankerung des Petitionsausschusses im Grundgesetz durch Änderung des Grundgesetzes jetzt für verabschiedungsreif hält, die beiden anderen Punkte hingegen nicht. Die beiden anderen Punkte erscheinen uns nicht genügend ausdiskutiert. Wir werden - die Drucksache bleibt ja auf der Tagesordnung - infolgedessen in diesen beiden Punkten der Änderung des Grundgesetzes nicht zustimmen. Das bedeutet nicht, daß wir damit schon in der Sache ein Votum fällen; das möchte ich ganz deutlich sagen. Das bedeutet nur, daß die Dinge noch nicht genügend diskutiert sind und wir sie ausdiskutiert zu sehen wünschen, wie das der Würde des Grundgesetzes entspricht. Wir werden erst im nächsten Bundestag darauf zurückkommen können.

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Wenn ich das richtig sehe, dann schlagen Sie zunächst vor, statt der Tagesordnungspunkte 44 und 45 jetzt mit dem Tagesordnungspunkt 46 zu beginnen, ({0}) bis die Drucksachen hier eingetroffen sind, was sicherlich im Laufe der nächsten zehn bis zwanzig Minuten der Fall sein wird. Ferner haben Sie angekündigt, daß Sie bei Punkt 45 nicht zustimmen werden, wohl aber bei Punkt 44. Sie haben das angekündigt; Sie haben nicht die Absetzung des Punktes 45 beantragt. Herr Rasner, bitte!

Will Rasner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001777, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich habe angekündigt, Herr Präsident, um es klarzumachen, daß wir bei Punkt 45, der Verankerung des Petitionsausschusses im Grundgesetz zustimmen werden, den beiden anderen Vorschlägen aber nicht. Das soll keine Sachentscheidung sein, sondern geschieht nur, weil wir die Sache nicht für ausdiskutiert halten.

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Zur Geschäftsordnung, Herr Kollege Frehsee.

Heinz Frehsee (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000576, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident, es ist sicherlich zweckmäßiger, wenn wir die Grundgesetzänderung zu einem bestimmten Zeitpunkt vornehmen. Ich schlage im Namen meiner Fraktion vor, daß wir diese Abstimmung um 17 Uhr vornehmen. ({0})

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Herr Rasner! .

Will Rasner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001777, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das ist sicher keine politische Frage, sondern eine reine Zweckmäßigkeitsfrage. Herr Kollege Frehsee, ich bitte Sie, sich das zu überlegen. Das Haus ist voll versammelt, wissend, daß wir um 15 Uhr über die Grundgesetzänderung beraten wollten. Je kürzer die Verschiebung ist, Herr Kollege Frehsee, um so besser. Wir haben Grund zu der Annahme, daß die Drucksachen in zehn, fünfzehn Minuten verteilt sind; dann kann abgestimmt werden. Ich persönlich halte es angesichts des Quorums, das wir haben müssen, nicht für gut, diese Angelegenheit bis 17 Uhr zu verschieben.

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Meine Damen und Herren, ich schlage Ihnen vor, daß wir jetzt zunächst die Berichte des Vermittlungsausschusses und unmittelbar danach - vorausgesetzt, daß die noch ausstehenden Drucksachen hier eingetroffen sind - die beiden Grundgesetzänderungen behandeln. Das wird das zweckmäßigste Verfahren sein. Die Damen und Herren sind zu diesem Zweck im Raum. Wir kommen damit zu Punkt 46 der Tagesordnung: Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes Vizepräsident Scheel ({0}) zu dem Gesetz zur Änderung des Fleischbeschaugesetzes - Drucksache V/4498 Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Lenz ({1}) Wird das Wort zur Berichterstattung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Der Ausschuß schlägt Ihnen vor, über die Ziffern 1 und 3 gemeinsam und über die Ziffer 2 gesondert abzustimmen. Wir stimmen daher zunächst über die Ziffern 1 und 3 ab. Wer den Ziffern 1 und 3 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Gegen zwei Stimmen sind diese Ziffern 1 und 3 angenommen. Wir kommen zur Abstimmung über Ziffer 2. Wer der Ziffer 2 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Gegen eine Stimme ist die Ziffer 2 angenommen. Wir kommen damit zur Abstimmung über den Vorschlag des Ausschusses als ganzen. Wer dem Vorschlag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Vorschlag ist gegen eine Stimme angenommen. Wir kommen zu Punkt 47 der Tagesordnung: Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes ({2}) zu dem Architektengesetz - Drucksache V/4499 -Berichterstatter Abgeordneter Dr. Reischl Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Dr. Reischl. Wird das Wort zur Berichterstattung gewünscht? - Das Wort hat der Herr Berichterstatter.

Prof. Dr. Gerhard Reischl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001813, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu dem vorn Bundestag erneut auf Antrag aller drei Fraktionen beschlossenen Architektengesetz hat der Bundesrat den Vermittlungsausschuß angerufen mit dem Begehren, den gesamten Gesetzesbeschluß des Bundestages wieder aufzuheben. Der Vermittlungsausschuß hat dieses Begehren in einer ersten Abstimmung mit großer Mehrheit abgelehnt. Daraufhin kam im Vermittlungsausschuß die Frage auf, ob dieser den Gesetzesbeschluß des Bundestages auch ändern könne, um dem Bundesrat nun seinerseits die Annahme dieses Gesetzes zu ermöglichen. Hier wurde von der Mehrheit des Vermittlungsausschusses die Auffassung vertreten - ich bringe das hier, weil es hierüber offensichtlich Streit gibt -, daß dies möglich sei. Mit einer Anrufung des Vermittlungsausschusses mit dem Ziel der Aufhebung des ganzen Gesetzesbeschlusses stellt der Bundesrat den gesamten Gesetzesbeschluß zur Disposition. Der Vermittlungsausschuß würde seinem Namen meinem Gefühl nach nicht allzu viel Ehre machen, wenn er nicht den Versuch machte, nachdem er nun schon einmal den gesamten Gesetzesbeschluß zur Disposition gestellt bekommen hat, eine Lösung zu finden, die der Annahme in beiden Häusern sicher ist, dies um so mehr, als es sich bei den Änderungen nur um überwiegend technische Dinge handelt, die ich deswegen auch gar nicht im einzelnen begründen will - Sie kennen sie aus der Drucksache - und die im wesentlichen darauf abzielen, die bundeseinheitliche Regelung den schon bestehenden Ländergesetzen anzupassen, um es den Ländern zu erleichtern, diese bundeseinheitliche Regelung nunmehr praktisch an die Stelle ihrer landesgesetzlichen Regelungen treten zu sehen. Es gibt auch einen Fall aus der jüngeren Zeit - um diese meine Auffassung zu erhärten, habe ich die Archive durchstöbern lassen -, wo das bereits ausgetragen worden ist, und zwar in der 3. Wahlperiode bei einem Gesetz zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes. Auch da hatte der Bundesrat den Vermittlungsausschuß mit dem Ziel angerufen, das ganze Gesetz aufzuheben. Der Vermittlungsausschuß hatte sich auf eine geänderte Fassung des Gesetzes geeinigt; und dann stimmten Bundestag und Bundesrat diesem Gesetz zu. Damit war das Ziel des Vermittlungsverfahrens erreicht. Ich darf also, meine sehr geehrten Damen und Herren, bitten, dem Vermittlungsvorschlag zum Architektengesetz auf der Drucksache V/4499 zuzustimmen, weil damit die Verabschiedung des Gesetzes auch im Bundesrat gesichert sein dürfte. ({0})

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Meine Kollegen, ich darf Ihnen eine kurze Information geben. Für eine für den Besucherdienst notwendige Tonbildschau über die Arbeit des Hauses werden einige Aufnahmen benötigt, die entgegen aller Übung aus diesem Saal aufgenommen werden. Ich wollte Sie vorher darauf aufmerksam machen, bevor hier hinten ein Fotograf erscheint; Sie sollen nicht erschrecken, wenn Sie ihn sehen. Nun hat Herr Dr. Lenz um das Wort zu einer Erklärung gebeten.

Prof. Dr. Carl Otto Lenz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001322, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu dem Verfahren, in dem das Architektengesetz zustande gekommen ist, möchte ich im Namen meiner Fraktion folgende Erklärung abgeben. Wir werden dem Gesetz zustimmen. Wir möchten aber das Verfahren rügen, in dem es zustande gekommen ist. Die Sache war die - Herr Kollege Reischl hat das schon geschildert -, daß ein Anrufungsbegehren des Bundesrats auf Aufhebung des gesamten Gesetzes vorlag. In der Sitzung wurde uns dann eine Ausschußdrucksache des Bundesrates vorgelegt, die einen neuen Gesetzestext enthielt, der sich materiell nicht sehr viel von dem anderen unterschied. Es wurde mit Mehrheit beschlossen, diesen zu behandeln und als Empfehlung an den Deutschen Bundestag weiterzuleiten. Die Mitglieder der CDU/CSU des Vermittlungsausschusses haben sich an diesen Beratungen nicht beteiligt, weil sie der Auffassung sind, daß der Vermittlungsausschuß kein eigenes Initiativrecht hat, sondern sich nur mit solchen Dingen befassen Dr. Lenz ({0}) darf, 'die in dem formellen Ersuchen für sein Tätigwerden vorher mitgeteilt worden sind. Wir sehen daher dieses Verfahren als nicht ordnungsgemäß an und können uns auch nicht damit zufriedengeben, daß in der 3. Wahlperiode ein derartiger Fall schon einmal vorgekommen sei. Wir halten das für eine ganz schlechte Praxis. Gesetzentwürfe können nach unserer Verfassung in beiden Häusern eingebracht werden, aber nicht im Vermittlungsausschuß. Nach unserer Auffassung sollte es bei der verfassungsmäßigen Regelung auch in der Detailhandhabung verbleiben. ({1})

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Wird weiter das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Vermittlungsausschusses. Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag ist bei einigen Gegenstimmen angenommen. Ich rufe Punkt 48 der Tagesordnung auf: Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes ({0}) zu dem Beurkundungsgesetz - Drucksache V/4500 Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Reischl Wird das Wort zur Berichterstattung gewünscht? - Bitte Herr Kollege Dr. Reischl.

Prof. Dr. Gerhard Reischl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001813, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu dem Beurkundungsgesetz hatte der Bundesrat den Vermittlungsausschuß mit einer ganzen Reihe von Begehren angerufen, von denen in dem Vorschlag des Vermittlungsausschusses nur wenige übriggeblieben sind. Ich kann mich daher bei der Begründung dieser Vorschläge kurz fassen. Die Vorschläge des Bundesrates lassen sich etwa in drei Gruppen zusammenfassen. Die erste Gruppe zielte darauf ab, die Zuständigkeit der Registergerichte für die Beurkundung der Anmeldungen zum Registergericht und der Zeichnung von Unterschriften wiederherzustellen. Die zweite Gruppe von Begehren zielte darauf ab, die Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden zur Beurkundung von Vorgängen in ihrem eigenen Bereich wiederherzustellen, um das Verwaltungsverfahren zu vereinfachen. Die dritte Gruppe bilden die Vorschläge, denen der Vermittlungsausschuß gefolgt ist. Den beiden ersten Gruppen konnten wir nicht folgen. Die gesamte Konzeption des Gesetzes ist darauf abgestellt, die Gerichte von der Beurkundungstätigkeit zu entlasten. Infolgedessen erschien es dem Vermittlungsausschuß unmöglich, die Urkundstätigkeit der Registergerichte in Registersachen wiederherzustellen. Damit war dieser ganze Komplex erledigt. Nun zum zweiten Punkt: die Wiederherstellung der Urkundstätigkeit der Verwaltungsbehörden in Verfahren, die vor ihnen selbst anhängig sind. Hiergegen hatte der Vermittlungsausschuß mit großer Mehrheit grundsätzliche Bedenken erhoben, weil durch das Beurkundungsgesetz gerade ausgeschaltet werden soll, daß der Staat sozusagen in eigener Sache durch seine eigenen Verwaltungsbehörden Dinge beurkunden läßt, ohne daß dabei wenigstens ein Dritter, ein Unabhängiger als Urkundsperson eingeschaltet ist. Wenn hundertmal gesagt wird: Das macht ein Beamter, und zwar generell für alle Ämter, so ist dem entgegenzuhalten: Das ist auch nicht das gleiche; denn er befindet sich im gleichen Dienstverhältnis zum Staat. Deswegen hat sich der Vermittlungsausschuß entschlossen, auch diese Wünsche des Bundesrates abzulehnen. Übriggeblieben ist als wesentlicher Punkt der Vorschlag, die Zuständigkeit der Amtsgerichte zur Beurkundung von Vaterschaftsanerkenntnissen für nichteheliche Kinder wiederherzustellen. Hier ließ sich die Mehrheit des Vermittlungsausschusses davon überzeugen, daß der uneheliche Vater manchmal lieber zum Amtsgericht als zum Notar geht. Da wir in dem Fall, daß einer freiwillig anerkennen will, eigentlich keine Bremsen anbringen wollten, waren wir der Auffassung, daß wir in diesem Punkt der Änderung zustimmen könnten. Ich darf also bitten, die drei Änderungsvorschläge zum Beurkundungsgesetz anzunehmen.

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Wird das Wort weiter gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Antrag des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei mehreren Gegenstimmen und mehreren Stimmenthaltungen ist der Antrag angenommen worden. Wir kommen zu Punkt 49 der Tagesordnung: Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes ({0}) zu dem Gesetz über die rechtliche Stellung der nichtehelichen Kinder - Drucksache V/4501 Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Reischl Wird das Wort zur Berichterstattung gewünscht? - Herr Kollege Dr. Reischl, bitte sehr!

Prof. Dr. Gerhard Reischl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001813, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu dem Gesetz über die Rechtsstellung der nichtehelichen Kinder, das dieses Haus ja in einer sehr eingehenden Debatte beschäftigt hat, hatte der Bundesrat wegen einer ganzen Reihe von Punkten den Vermittlungsausschuß angerufen. Hier gab es auch im Vermittlungsausschuß eine sehr lange Debatte über die einzelnen Fragen, und ich will deshalb bei meiner Berichterstattung ganz kurz auf die wesentlichsten Punkte eingehen. Zu Ziffer 1 der Ihnen vorliegenden Drucksache V/4501. Hier soll lediglich eine Klarstellung in das Gesetz eingefügt werden, und zwar für den Fall, daß keiner der Elternteile das Recht hat, für die Person des Kindes zu sorgen. Für diesen Fall war die Frage des Wohnsitzes in dem Gesetz nicht geklärt. Wir ließen uns davon überzeugen, daß dies notwendig ist. Zu Ziffer 2 der Anträge des Bundesrates - das ist jetzt nicht Ziffer 2 Ihrer Drucksache -: Hier konnte sich der Vermittlungsausschuß nicht davon überzeugen, daß das, was hier beantragt wird, unbedingt eingefügt werden müßte. Der Antrag wurde mit einer verhältnismäßig großen Mehrheit abgelehnt. Es handelte sich hier um eine Einschränkung einer Bestimmung, die wir nicht für notwendig hielten. Der wichtigste Punkt der ganzen Vorlage ist die Ziffer 2 Ihrer Drucksache, nämlich die Änderung der §§ 1706 bis 1710 des Bürgerlichen Gesetzbuches mit all den daraus sich ergebenden Folgeänderungen. Nach dem Gesetzentwurf, wie er hier im Bundestag verabschiedet worden war, sollte die uneheliche Mutter, d. h., die Mutter eines nichtehelichen Kindes - ich muß jetzt auch erst einmal lernen, mich auf die neue Terminologie einzustellen; es darf ja nicht mehr „unehelich" gesagt werden, sondern muß „nichtehelich" heißen - grundsätzlich von Amts wegen einen Beistand - in der Regel in Gestalt des Jugendamtes - erhalten. Dieser Beistand sollte dann in drei bestimmten Fragen die Stellung eines Pflegers haben. Das heißt also, er sollte der Mutter als Beistand in allen Fragen beistehen, die das Kind betreffen, und er sollte zusätzlich als gesetzlicher Vertreter in der Frage der Feststellung der Vaterschaft, in der Frage der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen und bei der Regelung von Erb-und Pflichtteilsrecht auftreten können. Der Bundesrat hatte seinerseits schon beim ersten Durchgang gebeten, hier von einer Beistandschaft abzusehen. Er war der Auffassung - und das hat er auch in seinem Vermittlungsbegehren wiederholt -, daß diese Beistandschaft eine Diskriminierung der nichtehelichen Mutter darstellt, weil sie ja auch bei den ehelichen Müttern nicht gegeben sei. Bei denen müsse sich das Jugendamt zwar auch einschalten, wenn die Mutter das Kind schlecht behandle, aber eben nur vom Amts wegen und nur, nachdem es Kenntnis davon erhalte. Deswegen hat der Bundesrat vorgeschlagen, diese Beistandschaft zu streichen und an ihre Stelle eine Pflegschaft zu setzen, eine Pflegschaft von Amts wegen, die nur in diesen drei Fällen eintritt und die genau wie die Beistandschaft nach dem ursprünglichen Vorschlag von der Mutter abgelehnt werden kann, wobei dann das Vormundschaftsgericht darüber entscheiden muß, ob die Pflegschaft eintreten soll oder nicht. Die Mehrheit des Vermittlungsausschusses hat ,sich dieser Meinung des Bundesrats angeschlossen und hat die Auffassung vertreten, daß es in dieser Frage ausreiche, der unehelichen Mutter lediglich für die drei vorgeschlagenen, von mir geschilderten Fälle einen Pfleger beizugeben, im übrigen aber die Pflegschaft oder eine Beistandschaft kraft Gesetzes nicht eintreten zu lassen. Die unter dun Buchstaben b bis h aufgeführten Änderungen sind Folgeänderungen dieser Entscheidung. Zu Ziffer 3. Dort handelt es sich lediglich um eine Ergänzung, die notwendig war, um das Verfahren für die Entschädigung des Vormunds zu regeln. Dies war vom Bundesrat bemerkt worden, und wir haben diese Regelung jetzt vorgenommen. Zu Ziffer 4. Das Rechtspflegergesetz ist von uns inzwischen neu gefaßt worden. Infolgedessen sind alle Änderungen des alten Rechtspflegergesetzes, die damals noch notwendig waren, aus dem Gesetz gestrichen worden, weil das neue Rechtspflegergesetz auch nicht früher in Kraft tritt als das Recht der nichtehelichen Kinder, so daß der gleiche Termin, der 1. Juli 1970, gilt. Infolgedessen ist es nicht nötig, hier noch Änderungen des alten Gesetzes vorzunehmen, das im Zeitpunkt des Inkrafttretens gar nicht mehr gilt. Die Änderung des Personenstandsgesetzes ist technischer Art ebenso wie die letzte Änderung unter Ziffer 6. Ich darf Sie also namens des Vermittlungsausschusses bitten, dem Vorschlag des Vermittlungsausschusses Ihre Zustimmung zu geben.

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Wird das Wort gewünscht? - Herr Dr. Stark zu einer Erklärung.

Dr. Anton Stark (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002217, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Namen der CDU/CSU-Fraktion darf ich folgendes zu dem Vorschlag des Vermittlungsausschusses erklären. Mit Ausnahme des Änderungsvorschlags unter Ziffer 2 stimmen wir allen Änderungsvorschlägen ohne Bedenken zu. Gegen den Änderungsvorschlag in Ziffer 2, der die Beistandschaft betrifft, haben wir Bedenken, weil wir der Meinung sind, daß die Entscheidung des Bundestags in dieser Frage dem Kind und der Mutter des nichtehelichen Kindes mehr entsprochen hätte als der jetzige Vorschlag. ({0}) Es trifft keinesfalls zu - wenn man die Dinge nicht ideologisch, sondern pragmatisch sieht -, daß die Mutter des nichtehelichen Kindes durch den Vorschlag des Bundestags diskriminiert würde. In der Mehrheit der Fälle wäre den Müttern nichtehelicher Kinder mit der Entscheidung des Bundestags mehr gedient gewesen. Aber die Änderung ist nicht so schwerwiegend, daß wir glauben, deshalb dem Gesetz und dem Vorschlag des Vermittlungsausschusses nicht zustimmen zu können. Wir schlagen deshalb ebenfalls vor, dem Antrag des Vermittlungsausschusses mit dieser Einschränkung zuzustimmen. ({1})

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Wird das Wort weiter gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Vermittlungsausschusses. Wer dem Antrag zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag ist einstimmig angenommen. Deutscher Bundestag - 5. Wahlperiode - 246. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 2. Juli 19b9 13725 Vizepräsident Scheel Wir kommen zu Punkt 44 der Tagesordnung: Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes - Drucksache V/2470 Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses ({0}) - Drucksache V/4515 Berichterstatter: Abgeordneter Erhard ({1}) ({2}) Mir liegt ein Änderungsantrag *) vor, der noch nicht umgedruckt ist. Ich nehme an, meine Damen und Herren, Sie sind damit einverstanden, daß ich den Änderungsantrag jetzt verlese: Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Bayerl, Frau Dr. Diemer-Nicolaus, Erhard ({3}), Dr. h. c. Güde, Dr. Hauser ({4}), Dr. Reischl, Spitzmüller und Genossen zur z weit en Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes - Drucksachen V/2470, V/4515 - Der Bundestag wolle beschließen: Artikel 29 Absatz 3 Satz 1 erhält folgende Fassung: „({5}) Ist ein Volksbegehren nach Absatz 2 zustande gekommen, so ist in dem betreffenden Gebietsteil bis zum 31. März 1975, im Gebietsteil Baden des Landes Baden-Württemberg bis zum 30. Juni 1970 ein Volksentscheid über die Frage durchzuführen, ob die angestrebte Änderung vorgenommen oder die bisherige Landeszugehörigkeit bestehen bleiben soll." Bonn, den 2. Juli 1969 Dann folgen Unterschriften. - Wird zu diesem Änderungsantrag das Wort gewünscht? Das Wort hat der Herr Bundesminister des Innern.

Prof. Dr. Ernst Benda (Minister:in)

Politiker ID: 11000139

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung hat mich in der Kabinettsitzung, die heute vormittag stattgefunden hat, beauftragt, zu dem Antrag des Rechtsausschusses - dieser Auftrag erstreckt sich auch auf den Ihnen vorgelegten Änderungsantrag der Kollegen, der soeben vorgetragen worden ist - folgende Erklärung für die Bundesregierung abzugeben. Die Bundesregierung begrüßt den im Antrag des Rechtsausschusses vom 27. Juni 1969 zum Ausdruck gebrachten Willen, die rechtlichen Hindernisse zu beseitigen, die bisher der Bereinigung der mit den verschiedenen Volksbegehren aufgeworfenen Fragen der territorialen Neugliederung des Bundesgebietes entgegenstanden. Dies gilt namentlich für die 1 Siehe Anlage 3 Lösung der sogenannten Baden-Frage, die den Bundestag seit Anbeginn immer wieder beschäftigt hat. Es soll auch nicht verkannt werden, daß der Entwurf der SPD-Fraktion, den der Rechtsausschuß zur Annahme empfohlen hat, mit der Einführung eines allerdings bedingt konstitutiven Volksentscheids in Abs. 3 und 4 Satz 1 die seit längerer Zeit zum Stillstand gekommenen Neugliederungsverfahren wieder in Gang setzen und in einem Teil der Fälle in absehbarer Zeit zu einem allseits befriedigenden Ende führen könnte. Da es sich jedoch um eine Änderung unserer Verfassung handelt und die zu beschließende Verfassungsänderung nicht nur die Bereinigung der seit langem anhängigen Neugliederungsverfahren, sondern eine vernünftige Gesamtlösung der Neugliederungsfrage ermöglichen soll, darf uns die Dringlichkeit des konkreten sachlichen Anliegens nicht davon abhalten, sorgfältig zu prüfen, ob die vorgeschlagene Vorschrift in all ihren Teilen hinreichend klar, in sich logisch, schlüssig und vollziehbar und mit den Grundprinzipien unserer Verfassung vereinbar ist. Anderenfalls wäre weder der Sache noch den berechtigten Wünschen der betroffenen Bevölkerungsteile gedient. Unter diesen Gesichtspunkten und nur unter ihnen siehe ich mich veranlaßt, für die Bundesregierung auf folgende Bedenken hinzuweisen, die vielleicht in den unter Zeitdruck geratenen Ausschußberatungen nicht mehr genügend geprüft werden konnten. Erstens. Abs. 4 Satz 1 des Entwurfs gestattet Abweichungen vom Ergebnis eines Volksentscheids durch das mit der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages zu beschließende Bundesgesetz, wenn das Ergebnis des Volksentscheids nach Auffassung des Gesetzgebers nicht mit den Grundsätzen des Abs. 1, den sogenannten Richtbegriffen, übereinstimmt. Eine Korrektur dieses Gesetzes durch einen weiteren Volksentscheid etwa im ganzen Bundesgebiet soll nicht mehr möglich sein. Es kann also ein ausdrücklich erklärter, wenn auch partikulärer Volkswille durch Parlamentsbeschluß aufgehoben werden. Darin liegt jedenfalls in den Fällen, in denen nicht ein regional sehr beschränktes Interesse einem offensichtlich überragenden Interesse der Gesamtheit gegenübersteht, nicht nur ein politisches, sondern auch ein verfassungsrechtliches Problem. Zweitens. Sehr schwierige Fragen wirft Absatz 4 Satz 2 des Entwurfs auf. Sieht das Gesetz die Änderung der Landeszugehörigkeit eines Volksteils vor, die nicht durch Volksentscheid verlangt worden ist, so bedarf es der Annahme durch Volksentscheid in dem gesamten Gebiet, dessen Landeszugehörigkeit geändert werden soll. Offenbar stellt diese Vorschrift auf die Fälle ab, in denen in engem sachlichem und verfahrensrechtlichem Zusammenhang mit einem Gesetz nach Absatz 4 Satz 1, also auf Grund eines Volksbegehrens, weitere territoriale Änderungen verfügt werden. Es ergibt sich die Schwierigkeit, a) zu klären und näher zu bestimmen, welcher sachliche Zusammenhang mit einem Volksbegehren die Anwendbarkeit des Absatzes 4 Satz 2 im Gegensatz zu Absatz 5 mit seiner ganz abweichenden Ver- fahrensregelung - Volksentscheid im ganzen Bundesgebiet - begründet. Ich bezweifle, ob eine befriedigende Lösung dieser Frage überhaupt möglich ist. b) Angenommen, eine Annexregelung im Sinne des Absatz 4 Satz 2 ist zu Recht getroffen, durch Volksentscheid aber abgelehnt worden. Der Entwurf bestimmt nichts darüber, daß der Bundestag durch ein neues Gesetz, sei es auch mit absoluter Mehrheit, diesen Volksentscheid wieder aufheben kann. Auch ein Volksentscheid im ganzen Bundesgebiet ist im Gegensatz zu dem hier einschlägigen Verfahren nach Absatz 5 nicht vorgesehen. Es liegt auf der Hand, daß auf solche Weise die Gesamtkonzeption für einen bestimmten Raum in Frage gestellt werden kann. c) In Fällen der Ablehnung der Annexregelung nach Absatz 4 Satz 2 stellt sich schließlich weiter das Problem des rechtlichen Schicksals der damit eng zusammenhängenden Regelung nach Absatz 4 Satz 1 auf Grund eines vorangegangenen Volksentscheides. Soll dann das ganze Gesetz als abgelehnt gelten, obwohl der Teil des Gesetzes, der auf Absatz 4 Satz 1 beruht, durch Volksentscheid nicht mehr abänderbar ist, oder ist nur die Annexregelung nicht zustande gekommen, obwohl sie - und das ist doch wohl die Voraussetzung der Anwendbarkeit des Satzes 2 - in der Regelung nach Satz 1 ein untrennbares Ganzes bildet? Zu denken ist dabei vor allem an die Lösung der territorialen Fragen im mittelrheinischen Raum. Meine Damen und Herren, ich beschränke mich auf diese besonders dringenden Zweifelsfragen. Andere Fragen, die einer Klärung bedürften, kämen hinzu. Aber das, was ich gesagt habe, mag dazu anregen, nachzudenken, ob es bei aller sachlichen Dringlichkeit verantwortet werden soll, in das Grundgesetz eine Vorschrift aufzunehmen, die trotz angestrengter Bemühungen nach Auffassung der Bundesregierung noch nicht zu jener Klarheit ausgereift ist, die wir für die Verfassung, zumal in so wichtigen und so umstrittenen Dingen, fordern müssen. ({0})

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Meine Damen und Herren, wird das Wort weiter gewünscht? - Frau Kollegin Dr. Diemer-Nicolaus!

Dr. Emmy Diemer-Nicolaus (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000387, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister, ich bin außerordentlich überrascht über die Erklärung, die Sie jetzt hier abgegeben haben. Ich darf darauf hinweisen, daß dieser Antrag von der Fraktion der SPD immerhin bereits im Februar 1968 eingereicht wurde, daß damals die erste Lesung stattfand und der Antrag dann an den Rechtsausschuß überwiesen wurde. Die Bundesregierung hätte also über ein Jahr lang die Möglichkeit gehabt, diese Probleme eingehend zu behandeln und den Mitgliedern des Rechtsausschusses rechtzeitig zur Kenntnis zu bringen. ({0}) Das möchte ich hier mit aller Deutlichkeit sagen. Wir als Freie Demokraten sind bereit, nachdem jetzt im Rechtsausschuß diese Entscheidung einmal gefallen ist - wobei ich Ihnen durchaus recht gebe: es ist nicht alles so, wie ich es gerne gehabt hätte, vor allen Dingen auch nicht bezüglich der Abstimmung im ganzen Bundesgebiet -, damit diese BadenFrage weitergeht, heute trotzdem dieser Grundgesetzänderung unsere Zustimmung zu geben. ({1})

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Das Wort hat der Bundesminister des Innern.

Prof. Dr. Ernst Benda (Minister:in)

Politiker ID: 11000139

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Dr. Diemer-Nicolaus, es ist zutreffend, daß die verschiedenen Anträge der drei Fraktionen, wie Sie gesagt haben, vor etwa zwei Jahren in der ersten Lesung hier behandelt und dann dem Rechtsausschuß überwiesen worden sind. Die Entscheidung darüber, zu welchem Zeitpunkt diese Gesetzentwürfe im Rechtsausschuß behandelt werden, liegt, wie Sie nicht verkennen werden, nicht bei der Bundesregierung, sondern beim Rechtsausschuß selbst. Der Umstand, daß der Rechtsausschuß vor drei Wochen beschlossen hat, diese Materie in der vergangenen Woche zu behandeln, ist ein Umstand, den ich hier nicht erörtern will, der aber sicherlich ebenfalls nicht in der Sphäre der Bundesregierung, sondern in der des Rechtsausschusses liegt. ({0})

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Meine Damen und Herren, wird das Wort weiter gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wir kommen dann zunächst zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Bayerl, Frau Dr. Diemer-Nicolaus, Erhard, Dr. Güde, Dr. Hauser, Dr. Reischl, Spitzmüller und Genossen. Wer diesem Änderungsantrag, den ich soeben verlesen habe, zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen ist der Antrag angenommen. Wir stimmen nun über Art. 1 in der geänderten Form ab. Wer Art. 1 in der geänderten Form zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei wenigen Enthaltungen ist Art. 1 in der geänderten Form angenommen. Wir kommen zur Abstimmung über Art. 2, Einleitung und Überschrift. Wer Art. 2, Einleitung und Überschrift zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei einer Gegenstimme und mehreren Enthaltungen sind Art. 2, Einleitung und Überschrift angenommen. Wir treten in die dritte Beratung ein. Wird das Wort in der dritten Beratung .gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Vizepräsident Scheel Wir kommen zur Schlußabstimmung. Meine Damen und Herren, es handelt sich um eine Grundgesetzänderung. Wir müssen das grundgesetzändernde Quorum feststellen und sind daher - ob wir wollen oder nicht - genötigt, diese Schlußabstimmung durch Auszählen vorzunehmen. Herr Kollege Frehsee hat das Wort.

Heinz Frehsee (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000576, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren. Angesichts der Bedeutung der hier heute vorzunehmenden Änderung des Art. 29 des Grundgesetzes beantrage ich, diese Abstimmung in der Form der namentlichen Abstimmung vorzunehmen.

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Meine Damen und Herren, es ist namentliche Abstimmung beantragt. Der Antrag auf namentliche Abstimmung ist ausreichend unterstützt. Ich möchte Ihnen in der Zwischenzeit, in der ausgezählt wird, mitteilen, daß Herr Abgeordneter Erhard eine Erklärung zu Protokoll *) gegeben hat. Ich darf Ihnen das vorläufige Ergebnis der Abstimmung mitteilen. Die für die Änderung des Grundgesetzes notwendige Mehrheit beträgt 331 Stimmen. Es sind abgegeben worden 402 Stimmen und 19 Stimmen der Berliner Abgeordneten. Mit Ja haben gestimmt 375 voll stimmberechtigte Abgeordnete und 18 Berliner Abgeordnete, mit Nein 6 Abgeordnete. Es haben sich 21 voll stimmberechtigte Abgeordnete und ein Berliner Abgeordneter der Stimme enthalten. Die erforderliche Mehrheit ist damit erreicht. Endgültiges Ergebnis Abgegebene Stimmen: 398 und 19 Berliner Abgeordnete; davon Ja: 371 und 18 Berliner Abgeordnete Nein: 6 Abgeordnete Enthalten: 21 und 1 Berliner Abgeordneter Brück ({0}) Budde Bühler Dr. Burgbacher Burgemeister Burger Dr. Conring Dr. Czaja van Delden Diebäcker Draeger von Eckardt Dr. Eckhardt Ehnes Dr. Elbrächter Enk Erhard ({1}) Erpenbeck Dr. Even Exner Falke Franke ({2}) Franzen Dr. Freiwald Ja CDU/CSU Dr. Abelein Adorno Dr. Aigner Dr. Althammer Baier Balkenhol Dr. Barzel Bauknecht Dr. Becher ({3}) Becker Berberich Berendsen Berger Dr. Besold Bewerunge Biechele Blank Blöcker Frau Blohm Brand Brese *) Siehe Anlage 11 Dr. Frey Frieler Fritz ({4}) Frau Geisendörfer Geisenhofer Gewandt Gierenstein Dr. Götz Gottesleben Frau Griesinger Dr. h. c. Güde Haase ({5}) Dr. Häfele Härzschel Hanz ({6}) von Hassel Hauser ({7}) Dr. Hauser ({8}) Dr. Hellige Dr. Hesberg Hörnemann ({9}) Hösl Dr. Hofmann ({10}) Frau Holzmeister Horstmeier Horten Dr. Hudak Dr. Huys Frau Jacobi ({11}) Dr. Jahn ({12}) Josten Frau Kalinke Kiep Klein Dr. Kliesing ({13}) Knobloch Dr. Kopf Krampe Dr. Kraske Dr. Krone Kühn ({14}) Kuntscher Lampersbach Leicht Lemmrich Lenze ({15}) Leukert Majonica Dr. Martin Dr. Marx ({16}) Maucher Meister Mick Frau Mönikes Müller ({17}) Müser Dr. von Nordenskjöld Orgaß Ott Petersen Picard Dr. Pohle Porten Dr. Prassler Dr. Preiß Prochazka Rainer Rawe Rehs Dr. Reinhard Riedel ({18}) Dr. Ritgen Rösing Rollmann Rommerskirchen Ruf Prinz zu Sayn-WittgensteinHohenstein Schlager Dr. Schmidt ({19}) Frau Schroeder ({20}) Schröder ({21}) Frau Dr. Schwarzhaupt Dr. Schwörer Dr. Serres Dr. Siemer Dr. Sinn Stahlberg Dr. Stark ({22}) Dr. Steinmetz Stiller Frau Stommel Stooß Storm Struve Stücklen Teriete Tobaben Dr. Dr. h. c. Toussaint Varelmann Dr. Freiherr v. Vittinghoff-Schell Vogt Wagner Weigl Weiland Weimer Frau Dr. Wex Wieninger Winkelheide Baron von Wrangel Ziegler Zink Berliner Abgeordnete Dr. Gradl Frau Dr. Maxsein Müller ({23}) SPD Ahrens ({24}) ({25}) Dr. Apel Dr. Arndt ({26}) Dr. Arndt ({27}) Bäuerle Bals Baltes Barche Dr. Bardens Bauer ({28}) Dr. Bayerl Dr. Bechert ({29}) Behrendt Berkhan Berlin Beuster Biermann Blume Böhm Börner Brück ({30}) Brünen Buchstaller Büttner Buschfort Collet Cramer Diekmann Dortans Eckerland Frau Eilers Eschmann Esters Vizepräsident Scheel Faller Felder Fellermaier Feuring Flämig Folger Franke ({31}) Frehsee Frau Freyh Fritsch ({32}) Fritz ({33}) Geiger Gertzen Glombig Gscheidle Haage ({34}) Haar ({35}) Haase ({36}) Haehser Hamacher Hansing Hauck Hauffe Herberts Frau Herklotz Hermsdorf Herold Hirsch Höhmann ({37}) Höhne Hölzle Hörauf Hörmann ({38}) Hofmann ({39}) Frau Dr. Hubert Hufnagel Jacobi ({40}) Jahn ({41}) Jaschke Jürgensen Junghans Junker Kaffka Kahn-Ackermann Killat Dr. Koch Könen ({42}) Koenen ({43}) Kohlberger Frau Korspeter Dr. Kübler Kurlbaum Frau Kurlbaum-Beyer Lange Langebeck Lautenschlager Leber Lemp Lemper Lenders Liedtke Löbbert Dr. Lohmar Maibaum Marquardt Marx ({44}) Matthes Matthöfer Frau Meermann Dr. Meinecke Metzger Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller Dr. Mommer Müller ({45}) Dr. Müller ({46}) Müller ({47}) Müller ({48}) Dr. Müller-Emmert Dr. Nann Neemann Nellen Neumann ({49}) Paul Peters ({50}) Pöhler Porzner Raffert Dr. Rau Ravens Regling Dr. Reischl Reitz Frau Renger Richter Riegel ({51}) Rohde Roß Frau Rudoll Sänger Saxowski Frau Schanzenbach Frau Schimschok Dr. Schmid ({52}) Schmidt ({53}) Dr. Schmidt ({54}) Schmidt ({55}) Dr. Schmidt ({56}) Schmidt ({57}) Schmitt-Vockenhausen Schoettle Schonhofen Schulte Schwabe Seibert Seidel Seither Frau Seppi Spillecke Dr. Stammberger Stephan Frau Strobel Strohmayr Dr. Tamblé Tönjes Vit Welke Welslau Wendt Westphal Wienand Wilhelm Wolf Wuwer Zebisch Berliner Abgeordnete Dr. Arndt ({58}) Bartsch Frau Berger-Heise Bühling Frau Krappe Liehr Frau Lösche Mattick Neumann ({59}) Dr. Schulz ({60}) Dr. Seume Sieglerschmidt Urban FDP Dr. Bucher Dr. Dahlgrün Frau Dr. Diemer-Nicolaus Dorn Dr. Emde Ertl Geldner Freiherr von Gemmingen Genscher Graaff Dr. Haas Frau Dr. Heuser Dr. Imle Jung Kubitza Freiherr von Kühlmann-Stumm Logemann Mischnick Moersch Dr. Mühlhan Opitz Peters ({61}) Porsch Dr. Rutschke Sander Schultz ({62}) Spitzmüller Dr. Staratzke Walter Wurbs Zoglmann Berliner Abgeordnete Borm Nein CDU/CSU Lücke ({63}) Meis Niederalt FDP Busse ({64}) Saam Enthalten CDU/CSU Bauer ({65}) Prinz von Bayern Blumenfeld Bremer Frau Enseling Ernesti Glüsing ({66}) Dr. Hammans Frau Klee Köppler Frau .Dr. Kuchtner Dr. Lenz ({67}) Dr. Müller-Hermann Röhner Dr. Schmid-Burgk Dr. Schulze-Vorberg Dr. Wahl Wendelborn Frau Dr. Wolf Wullenhaupt Berliner Abgeordnete Frau Pieser Meine Damen und Herren, wir kommen jetzt zur Abstimmung über Ziffer 2 des Ausschußantrages. Wer der Ziffer 2 des Antrages des Ausschusses zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Ausschußantrag ist angenommen. Wir kommen zu Punkt 45 der Tagesordnung: Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur ... Änderung des Grundgesetzes - Drucksachen V/2425, V/3965, V/4445 -Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses ({68}) - Drucksache V/4514 Berichterstatter: Abgeordneter Hirsch ({69}) Zu diesem Punkt liegt ein Änderungsantrag der Abgeordneten Frau Jacobi, Frau Dr. Schwarzhaupt, Dr. Reischl und Genossen vor, Umdruck 739 *). Wird zu diesem Antrag das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zur Abstimmung über den Änderungsantrag zu Art. 1. ({70}) *) Siehe Anlage 4 Vizepräsident Scheel - Änderungsantrag auf Umdruck 739. Der Umdruck liegt Ihnen vor. ({71}) - Ich höre, daß dieser Umdruck noch nicht verteilt worden ist. Der Antrag liegt als Umdruck vor. Der Einfachheit halber darf ich den Änderungsantrag verlesen: Änderungsantrag der Abgeordneten Frau Jacobi, Frau Dr. Schwarzhaupt, Dr. Reischl und Genossen zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes - Drucksache V/4514 Der Bundestag wolle beschließen: In Artikel 1 Ziffer 4 erhält Artikel 45 c Absatz 2 folgende Fassung: ({72}) Bei der Überprüfung von Beschwerden wird der Ausschuß zur Vorbereitung und in Ausübung parlamentarischer Kontrolle tätig. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz. Meine Damen und Herren, Sie haben den Änderungsantrag gehört. Wer dem Änderungsantrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen ist der Änderungsantrag angenommen worden. Wer nunmehr dem Art. 1 in der geänderten Form - -({73}) - Herr Rasner, wollten Sie zu Art. 1 etwas sagen? - Das Wort zu Art. 1 hat Herr Abgeordneter Rasner erbeten.

Will Rasner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001777, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir müssen über Art. 1 nummernweise abstimmen. Ich habe vorhin schon gesagt, daß meine Fraktion die Nrn. 1, 2 und 3 des Art. 1 ablehnen wird, ohne daß damit eine endgültige Stellungnahme in der Sache verbunden ist. Die Nr. 4 hingegen werden wir annehmen. Wir halten die Bestimmungen der Nrn. 1, 2 und 3 für nicht genügend ausdiskutiert. Dem Antrag auf getrennte Abstimmung der Nummern muß wohl nach der Übung des Hauses in jedem Falle entsprochen werden.

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Zur Geschäftsordnung Kollege Mischnick.

Wolfgang Mischnick (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001512, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die FDP-Fraktion bedauert, daß die CDU/CSU-Fraktion den Nrn. 1 bis 3 ihre Zustimmung - wenn ich es richtig verstanden habe - zu diesem Zeitpunkt versagt, ({0}) weil sie der Meinung ist, daß die Fragen nicht ausreichend diskutiert werden konnten. Wir bedauern diese Entscheidung deshalb, weil durch die Aufnahme der Nrn. 1 bis 3 in die Art. 44 und 45 des Grundgesetzes die Rechte des Parlaments gestärkt, die Kontrollfunktionen des Parlaments ausgebaut und die Folgerungen aus dem Untersuchungsbericht „Geheimdienste" gezogen werden würden. Meiner Ansicht nach wäre es doch möglich gewesen, seit Ende April - seit diesem Zeitpunkt liegt der Vorschlag vor, für die Nachrichtendienste einen besonderen Ausschuß einzurichten - alle Bedenken und alle zustimmenden Überlegungen ausreichend zu prüfen. Wir waren darüber hinaus der Auffassung, daß eine Zustimmung um so leichter möglich sein könnte, als in dem Ausschuß, in dem diese Fragen beraten worden sind, die Fraktionsvorsitzenden und zwei stellvertretende Fraktionsvorsitzende aus den Koalitionsfraktionen vertreten waren. Ich bitte deshalb die Kollegen der CDU/CSU, ihre im Augenblick noch negative Haltung zu überprüfen und jetzt schon die Zustimmung zu den Nrn. 1 bis 3 zu geben. ({1})

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Das Wort zur Geschäftsordnung hat der Kollege Hirsch.

Martin Hirsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000909, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte mich der Bitte des Kollegen Mischnick hiermit anschließen. Ich muß Ihnen ehrlich sagen, daß ich betrübt bin, daß durch diese Entscheidung der CDU/CSU-Fraktion der Versuch, endlich dem Parlament etwas mehr echte Kontrollmöglichkeiten gegenüber der Regierung zu geben, wiederum hinausgeschoben wird. Ich hätte noch Verständnis hinsichtlich der aus dem 2. Untersuchungsausschuß herausgekommenen völligen Neuregelung für die Nachrichtendienste. Es ist richtig, da ist es etwas schnell gegangen, obgleich die Argumente, die jetzt plötzlich auftauchen - nicht hier im Hause -, mit Sicherheit unbegründet sind. Die verfassungsrechtlichen Bedenken, die einem da so zugeflüstert werden - ich sage das in verfassungsrechtlichen Fragen nicht gern -, sind mit Sicherheit absolut unbegründet. Aber, wie gesagt, da hätte ich noch Verständnis für das Argument: Das ging uns zu schnell. Ganz sicher gilt dieses Argument nicht für den Komplex der Untersuchungsausschüsse; das ist Art. 1 Nrn. 1 und 2 Buchst. a und b. Das ist in vielen Jahren Arbeit in der Interparlamentarischen Arbeitsgemeinschaft sowie in der Literatur und bei allen Fachleuten ausdiskutiert. Da kann es eigentlich für jeden, der die Rechte des Parlaments ernst nimmt, gar kleinen Streit mehr geben, daß es notwendig ist - darum geht es doch -, das bisher von der Bundesregierung und dem Bundesrat in Anspruch genommene Recht, auch an den Beratungssitzungen der Untersuchungsausschüsse teilzunehmen - was ein Widersinn in sich ist -, ({0}) auszuschließen. Es geht zweitens darum, daß in der Verfassung endlich die Grundlage für ein Gesetz über Untersuchungsausschüsse geschaffen werden muß. Bisher wurde auf die Strafprozeßordnung verwiesen. Diese paßt in mancherlei Hinsicht nicht auf das Untersuchungsverfahren. Darum die schlichte Einfügung: „das Nähere regelt ein Bundesgesetz." Daraufhin könnten wir in der nächsten Legislaturperiode den bereits vorliegenden Entwurf eines Bundesgesetzes, wiederum eine Arbeit der IPA, insbesondere des jetzigen Bundesinnenministers, endlich in Angriff nehmen und verabschieden. Der dritte Punkt ist das Problem der Vorlage von Akten und der Erteilung von Aussagegenehmigungen. Auch das kann in Wirklichkeit nicht umstritten sein. Was dann übrigbliebe, wäre der jetzt durch die Zusammenfassung der drei Grundgesetzänderungen geschaffene Zusammenhang zwischen Untersuchungsausschüssen und dem neuen Ausschuß zur Überwachung der Nachrichtendienste. Darin steht dann nämlich, daß im Konfliktsfall dieser Ausschuß zuständig sein soll. Wenn man nun meint, daß dieser dritte Punkt, die Kontrolle der Nachrichtendienste, noch nicht entscheidungsreif sei, dann muß ich sagen: Es wäre einfach gewesen, das hier herauszunehmen. Das hätte man später machen können. Dann hätte man wenigstens die drei vorerwähnten Sachen jetzt verabschiedet, um den Untersuchungsausschüssen ein vernünftiges Instrumentarium für ihre Arbeit zu geben. Meine Hilfsbitte wäre also, sich doch noch einmal zu überlegen, ob es nicht möglich ist, die Bestimmung eventuell unter Weglassung des letzten Satzes von Nr. 2 Buchst. b zu verabschieden. Das wäre ein gewisser Torso, aber er würde uns wenigstens etwas weiterbringen. Zum Schluß, meine Damen und Herren, möchte ich aber auch etwas hinsichtlich des Ausschusses zur Überwachung der Nachrichtendienste sagen; denn das ist ja etwas merkwürdig. Wir haben hier in der vorigen Woche den Bericht des 2. Untersuchungsausschusses beraten. Weder aus diesem Hause noch seitens der Bundesregierung, von der ich mir habe sagen lassen, das Kabinett habe ausdrücklich gesagt, daß es da Bedenken habe, ist hier ein einziges Wort dazu gesagt worden. Es war allgemeines Kopfnicken und allgemeine Zustimmung. Ich halte es nicht für ein gutes Verfahren, daß dieses Kopfnicken dann außerhalb dieses Hauses plötzlich wegfällt und aus dem Kopfnicken ein Kopfschütteln oder eine Unsicherheit wird. Wenn die Bundesregierung etwas gegen diese Konstruktion hat - das wäre ihr gutes Recht; sie war durch den Bericht des Untersuchungsausschusses ja angesprochen -, dann hätte sie das in der vorigen Woche hier im Hause bei der Beratung des Berichts des Untersuchungsausschusses sagen sollen. Das wäre ihr gutes Recht gewesen. Aber daß man so hintenherum hört: „Da hat angeblich das Kabinett . . .", das war - das muß ich ehrlich sagen - keine gute Sache; das sollte man nicht so tun. Das Ergebnis des Streichens oder des Nicht-Zustandekommens dieser Regelung, meine Damen und Herren, wird sein - ich habe ja schließlich als Vorsitzender dieses Untersuchungsausschusses da einen gewissen Eindruck bekommen -, daß die Nachrichtendienste in der Zukunft noch weniger vom Parlament kontrolliert sein werden, als das schon bisher der Fall war. ({1}) Ob wir uns das auf die Dauer leisten können, wage ich zu bezweifeln. ({2})

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Das Wort hat Herr Kollege Rasner.

Will Rasner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001777, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Mischnick, Sie haben von einer negativen Einstellung meiner Fraktion zu diesem Gesetz gesprochen. Das ist nach dem, was ich vorhin erklärt habe, nicht zulässig. ({0}) Auch Sie, Herr Kollege Hirsch, haben den Eindruck erweckt, als herrsche bei uns eine negative Einstellung. Das ist nicht der Fall. Wir halten diese Angelegenheit nur nicht für genügend ausdiskutiert. ({1}) - Wir halten sie für nicht genügend ausdiskutiert. Warum wir das meinen, möchte ich mit einem Punkt begründen. Sie, Herr Kollege Hirsch, haben gerade eben angeboten, bei dieser vorgeschlagenen Grundgesetzänderung im Wege des Kompromisses doch noch den zweiten Satz in Nr. 2 Buchst. b zu streichen. Hier im Plenum Streichungen von Sätzen aus Grundgesetzänderungen, die in Ausschußdrucksachen vorliegen, vorzunehmen, ohne daß der Ausschuß damit befaßt ist, ist nicht die Art und Weise, wie man ein Grundgesetz ändert, ({2}) auch dann nicht, wenn es sich um einen der letzten Tage der Legislaturperiode handelt. ({3}) Wir behalten uns vor, entsprechende Initiativen, wenn sie ausdiskutiert sind, im neuen Bundestag einzubringen. Wir möchten nicht, daß unsere Ablehnung jetzt als ein negatives Votum in der Sache bewertet wird; ich habe das vorhin schon einmal deutlich gemacht. Wir bleiben bei dem, was ich hier vorhin für unsere Fraktion bekanntgegeben habe.

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Meine Damen und Herren, Herr Rasner hat beantragt, über Art. 1 nummernweise abzustimmen. Wir kommen zur Abstimmung. Wer Nr. 1 des Art. 1 zustimmt, den bitte ich uni das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich muß die Abstimmung wiederholen. Ich bitte Sie, sehr deutlich die Hand zu erheben, weil Unklarheit über die Mehrheit besteht. Wer Nr. 1 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Das erste ist die Mehrheit. Nr. 1 ist damit angenommen. Wer Nr. 2 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Das erste war die Mehrheit. Nr. 2 ist angenommen. Vizepräsident Scheel Wer Nr. 3 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Nr. 3 ist mit Mehrheit angenommen. Wer Nr. 4 zustimmt, d en bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Nr. 4 ist angenommen. Wer der Einleitung und der Überschrift zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! ({0}) Mit Mehrheit angenommen. Wir stimmen nunmehr über Art. II ab. Wer Art. II zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Art. II ist einstimmig angenommen. Wir treten dann in die dritte Beratung ein. Wird das Wort in dritter Beratung gewünscht? - Das ist der Fall. Herr Kollege Rasner!

Will Rasner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001777, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich beantrage auch zur dritten Beratung nummernweise Abstimmung. ({0})

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Das Wort hat Herr Kollege Genscher.

Hans Dietrich Genscher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000661, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach Auffassung meiner Fraktion muß über das Gesetz im ganzen abgestimmt werden. ({0})

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Herr Kollege Rasner!

Will Rasner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001777, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Haus muß sich darüber im klaren sein, was jetzt geschieht: dann wird nämlich auch jener Artikel, den wir einstimmig verabschiedet haben wollten - Verankerung des Petitionsausschusses im Grundgesetz - bei diesem Verfahren und zu diesem Zeitpunkt fallen. Das ist dann die Konsequenz.

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Herr Kollege Frehsee.

Heinz Frehsee (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000576, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident, ich bitte Sie, dem Antrag des Kollegen Rasner in puncto nummernweise Abstimmung nicht zu folgen. Es sind in der zweiten Beratung keine Änderungen vorgenommen worden. Nach Auffassung meiner Freunde ist jetzt die Gesamtabstimmung in dritter Lesung fällig.

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Herr Kollege Genscher.

Hans Dietrich Genscher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000661, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ausführungen des Kollegen Rasner zwingen mich, hier festzustellen: Wenn es zu einer Ablehnung des Gesetzes im ganzen kommt, trägt dafür ausschließlich die Fraktion der CDU/CSU die Verantwortung. ({0})

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Meine Damen und Herren, ich nehme an, daß Herr Kollege Rasner, wenn ich seine Kopfbewegung richtig verstanden habe, seinen Antrag auf nummernweise Abstimmung - das könnte nur in der Form des Streichungsantrags geschehen - zurückzieht. Ich komme damit zur Schlußabstimmung über das Gesetz. Meine Damen und Herren, wer dem Gesetz als Ganzem zustimmt, den bitte ich, mit Ja zu stimmen. Wir müssen, weil es ein verfassungsänderndes Gesetz ist, auszählen. Meine Damen und Herren, ich darf darauf aufmerksam machen, daß bei der Abstimmung über dieses Gesetz nur die unbeschränkt stimmberechtigten Mitglieder abstimmen dürfen. Meine Damen und Herren! Ich darf Ihnen das Ergebnis bekanntgeben. Es sind 362 Stimmen abgegeben worden; davon haben mit Ja 225 Abgeordnete gestimmt, mit Nein 76 Abgeordnete; enthalten haben sich 61 Abgeordnete. - Die erforderliche Stimmenzahl ist 331. Der Gesetzentwurf hat die erforderliche Stimmenzahl nicht erreicht. Wir kommen damit zu Punkt 21 unserer Tagesordnung: Beratung des Schriftlichen Berichts des Rechtsausschusses ({0}) über den von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD eingebrachten Entwurf einer Geschäftsordnung für den Gemeinsamen Ausschuß - Drucksachen V/4349, V/4509 Berichterstatterin: Abgeordnete Frau Dr. Kuchtner Meine Damen und Herren, es liegt uns hierzu ein Änderungsantrag der Fraktion der FDP vor. Wird das Wort zur Begründung dieses Änderungsantrages gewünscht? - Das ist der Fall. Das Wort zur Begründung des Antrags hat der Abgeordnete Dorn.

Wolfram Dorn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000409, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Ich habe den Auftrag, den Änderungsantrag der Fraktion der Freien Demokratischen Partei auf Umdruck 734 *) zu begründen. Wir wollen mit diesem Änderungsantrag erreichen, daß der Vorsitzende des Gemeinsamen Ausschusses nicht ein Mitglied des Präsidiums des Deutschen Bundestages, sondern ein Mitglied dieses Hauses, das keine besondere Funktion hat, sein soll. In dieser Frage, wie nun der Gemeinsame Ausschuß funktionsfähig gemacht werden soll, hat es in der Vergangenheit viele Auseinandersetzungen im Rahmen der Notstandsdebatte gegeben. Es hat damals in der Notstandsdebatte bei der Beratung über *) Siehe Anlage 5 diesen Gemeinsamen Ausschuß in den beiden Fraktionen der Regierungsparteien eine große Zahl von Kollegen gegeben, die Einwände, die zum Teil aus ihren eigenen Reihen, zum Teil aus den Reihen der Opposition kamen, mit der Bemerkung beiseite geschoben haben: Das werden wir in der Geschäftsordnung für den Gemeinsamen Ausschuß regeln. Ich habe mir einmal in den letzten drei Tagen eine Fülle von Argumenten und eine Fülle von Detailzusagen zusammengestellt, um festzustellen, was eigentlich die Kollegen der beiden Regierungsfraktionen in dieser Geschäftsordnung alles geregelt haben wollten. Man kommt dort zu dem „hervorragenden" Ergebnis, daß bis auf eine einzige alle Zusagen, die hier den Kollegen gemacht worden sind - vor allen Dingen auch Kollegen, die aus dem Kreis der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion gesprochen und ihre Vorstellungen dazu entwickelt haben -, in der Vorlage, die von den beiden Regierungsfraktionen erarbeitet worden ist, nicht berücksichtigt worden sind. ({0}) Meine Damen und Herren, wir als Freie Demokraten sind der Meinung, daß der Vorsitzende dieses Gemeinsamen Ausschusses eben nicht der Präsident des Deutschen Bundestages sein sollte. Was ist eigentlich in der Stunde der Not - denn um die geht es, für sie sollen Regelungen geschaffen werden - die Aufgabe des Parlamentspräsidenten dieses frei gewählten Parlaments in unserem Teile Deutschlands? Wenn es nach dem Vorschlag der Regierungsparteien geht, soll der Bundestagspräsident sofort mit den Mitgliedern des Gemeinsamen Ausschusses und auch ihrer Vertreter und auch den Vertretern der Bundesregierung und der Ministerien in den Bunker einziehen. Er steht dann dem Gesamtparlament, das als Parlament seine Funktionsfähigkeit so bald wie möglich wieder erreichen soll, wenn es nach den Vorstellungen vieler im vergangenen Jahr geht, überhaupt nicht mehr zur Verfügung. Wir meinen also, daß es an dieser Stelle notwendig ist, die verfassungspolitischen Unterschiede zwischen den Regierungsparteien und der Opposition in dieser Frage noch einmal sichtbar zu machen. Deswegen müssen wir hier noch einmal auf einige Dinge eingehen, die wir bereits im vergangenen Jahr vorgetragen haben. In Zeiten großer Gefahr für alle kommt der Aufrechterhaltung der Gewaltenteilung, die Grundlage unseres Staatslebens ist, eine besondere Bedeutung zu. Nach den Vorstellungen der Freien Demokraten sind alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um das gesamte Parlament aktionsfähig zu erhalten und dadurch ein Gegengewicht zur Exekutive aufrechtzuerhalten, der in derartigen Zeiten eine Machtkonzentration zuzuwachsen droht, die normalerweise nicht eintreten wird. Ich meine also, der Gemeinsame Ausschuß, der als ein Kernstück der Notstandsgesetzgebung anzusehen ist und den wir auch als solchen empfunden haben und für dessen Zustandekommen, wenn auch unter anderen Kriterien, wir uns nicht nur in dieser Legislaturperiode, sondern auch in der vorigen eingesetzt haben, hat eine besondere Funktion. Es ist aber eine Funktion, die von vornherein nur eine Ausweichfunktion sein kann, eine Funktion, die zeitlich eindeutig begrenzt sein muß und dort ihre Grenze findet, wo das Parlament wieder zusammentreten kann und beschlußfähig ist. ({1}) Die Regierungsparteien haben eine andere Konzeption vertreten. Sie sind auf unsere verfassungspolitischen Vorstellungen leider nicht eingegangen. Sehen wir uns die Funktion dieses Gemeinsamen Ausschusses in der so geänderten Fassung an. Von den kritischen Bemerkungen, die z. B. der Kollege Reischl im vergangenen Jahr zu diesem Thema vorgetragen hat, ist nicht sehr viel übriggeblieben, ganz zu schweigen von dem, was er in Aussicht gestellt hat. Von dem, was in der Geschäftsordnung berücksichtigt werden sollte, Herr Kollege Reischl, ist leider gar nichts übriggeblieben, wenn wir uns das ansehen, was Sie damals hier vorgetragen haben. Wir bedauern ganz besonders, daß nunmehr im Rahmen der Geschäftsordnung vorgesehen ist, daß der Gemeinsame Ausschuß oder, wie wir meinten, das Notparlament nicht nur in der Stunde der Not, mindestens zweimal im Jahr zu Informationssitzungen zusammentreten soll. ({2}) - Ja, Sie haben es so geändert, Sie haben es so gewollt, Herr Kollege Hirsch. Wir haben das von vornherein für falsch gehalten. Wir wollten aus dem Gemeinsamen Ausschuß kein Institut machen. Wir wollten vielmehr den Gemeinsamen Ausschuß wirklich nur zu einem Notparlament machen, nicht zu dem Nebenparlament, zu dem Sie ihn nunmehr mit Ihrer Verfassungsänderung abgestempelt haben. ({3}) - Ach, Herr Kollege van Delden, halten Sie das Parlament für eine „uninformierte Gesellschaft"? Halten Sie die Regierung für unfähig, das Parlament auch in Krisenzeiten in den Ausschüssen und als Ganzes zu informieren? Glauben Sie an die Gefahr, daß das Parlament eine „uninformierte Gesellschaft" werden könnte? ({4}) - Entschuldigen Sie, so billig sollte man es sich nicht machen. Hier geht es doch nicht darum, daß das Parlament nicht informiert werden kann, sondern darum, daß Sie ein Institut schaffen, das von vornherein ein Nebenparlament bedingt. Damit erreichen Sie genau das, was viele Kollegen nicht nur aus meiner Fraktion, sondern auch aus den Reihen der Sozialdemokraten im vergangenen Jahr vorgetragen haben: daß Sie auf diesem Weg letzten Endes auch die Frage der Qualifizierung von Abgeordneten in der Information aufwerfen. Diese Manipulation des Wissens oder die „Manipulation der Information", wie sie Scheuch einmal genannt hat, scheint mir viel problematischer zu sein als die Möglichkeit, daß einige vielleicht erst einige Tage später alles erfahren. Das Notparlament sollte erst zu einem Zeitpunkt zusammentreten, zu dem der Bundestag beschlußunfähig ist. ({5}) Das haben wir nicht in dem Sinne erreichen können, wie wir es uns vorgestellt haben, sondern der Gemeinsame Ausschuß tagt bereits in normalen Zeiten, in Friedenszeiten. Wir sehen nicht ein, daß dazu irgendeine besondere Notwendigkeit besteht. Meine sehr verehrten Damen und Herren, offen ist nach wie vor die Beantwortung der Frage, wo der Parlamentspräsident seine Funktion wahrzunehmen hat. Nach unseren Vorstellungen sollten mit Eintritt des Verteidigungsfalles Bundestag, Bundesrat und Gemeinsamer Ausschuß einberufen sein. Wir glaubten, daß mit dieser gemeinsamen Einberufung aller für eine solche Krisenzeit zuständigen Organe das Selbstversammlungsrecht des Bundestages als ausgeübt gelten würde und auf diese Weise auf jeden Fall sichergestellt werden könne, daß das Parlament beschlußfähig am Sitzungsort zusammentreten kann. Sie sind einen anderen Weg gegangen, einen Weg, den wir für falsch halten. Aber wir können darüber jetzt keine erneute Diskussion herbeiführen. Die Frage ist nur: wo liegt die Funktion, wo liegt die Aufgabenstellung für den Parlamentspräsidenten? Wir sind der Meinung, daß sich der Präsident nicht mit den 22 Abgeordneten des Bundestages, die Mitglieder des Gemeinsamen Ausschusses sind, in den Bunker zurückziehen sollte, sondern daß der Parlamentspräsident primär zur Verfügung stehen muß, um die übrigen Mitglieder des Parlaments, die nicht dem Gemeinsamen Ausschuß angehören, als beschlußfähiges Gesamtparlament zusammenzubringen. Wir meinen also, daß seine Aufgabe darin besteht, die Funktionsfähigkeit der Gesamtvertretung des Parlaments so schnell wie möglich wiederherzustellen. ({6}) Der Bundestagspräsident darf nicht dem Not- oder Restparlament verpflichtet sein, sondern er muß dem gesamten Parlament ständig zur Verfügung stehen. Wir stellen auch fest, daß eine Reihe anderer Fragen, die damals vorgetragen worden sind, z. B. die Auffüllung des Gemeinsamen Ausschusses zum Gesamtparlament, nicht berücksichtigt worden sind. Ein Kollege hat damals gesagt: Ich sehe gerade in einer solchen Zeit die wichtigste Aufgabe des Abgeordneten darin, am Platz der Ereignisse zu sein und beim parlamentarischen Geschehen dabei zu sein. Ich möchte deshalb ausdrücklich darum bitten ..., dafür zu sorgen, daß bis zur dritten Lesung klare Vorstellungen bestehen, wie die Zugänglichkeit zu diesem Notparlament geschaffen werden kann, und entsprechende Geschäftsordnungsbestimmungen vorzusehen, damit das Parlament oder die Abgeordneten, die mitbestimmen und mitreden wollen, sich nicht selbst in einem Augenblick in ihrer Wirksamkeit entmannen, in dem ihre Mitwirkung entscheidend notwendig ist. Es handelte sich um den Kollegen Dröscher von der SPD-Fraktion, der das unter dem Beifall der SPD und der FDP am 15. Mai des Jahres 1968 von dieser Stelle aus erklärte. In der gleichen Rede hat der Kollege Dröscher noch einmal darauf hingewiesen, und der Kollege Reischl hat dann erwidert, wie notwendig es ist, daß die Zugänglichkeit für diesen Gemeinsamen Ausschuß für alle Abgeordneten erreicht und garantiert wird, weil sich nur durch ein frei gewähltes Parlament die Funktionsfähigkeit einer parlamentarischen Demokratie in der Stunde der Not eindrucksvoll beweist im Unterschied zu den Diktaturen, die wir im Osten und Westen an vielen Stellen dieser Erde viel zu oft vorfinden. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will jetzt gar nicht noch weiter auf die Fragen des § 8 Abs. 2, also auf die Tagung dieses Nebenparlaments auch in Friedenszeiten, eingehen. Wir bedauern, daß diese Geschäftsordnung mit diesem Inhalt zustande gekommen ist. Sie ist, das gebe ich zu, die konsequente Fortführung dessen, was sich die Regierungsparteien im vergangenen Jahr vorgenommen haben. Ich erinnerte mich vorhin, als sich der Kollege Rasner so vehement aus geschäftsordnungsmäßigen Gründen dagegen wehrte, daß die Verfassung unseres Landes so schnell in einigen Punkten, die noch nicht ausdiskutiert sind, verändert werden sollte, sehr an die Begründung, die meine Freunde Mischnick und Genscher und auch ich selbst im vergangenen Jahr oft genug hier vorgetragen haben. Damals hat Herr Rasner gerade als Sprecher der anderen Seite permanent erklärt, das sei alles ausdiskutiert und könne sofort entschieden werden, auch wenn uns die ausgedruckten Anträge, genau wie heute, nicht vorlagen, sondern in zwei Fällen vom Parlamentspräsidenten vorgelesen werden mußten. So ändern sich die Zeiten eben innerhalb eines Jahres, oder so ändert sich die Betroffenheit innerhalb eines Hauses in so kurzer Frist. Ich überlasse es jedem von Ihnen, die Wertungen daraus zu ziehen. Wir aber, meine Damen und Herren, können einer solchen Geschäftsordnung nicht die Zustimmung geben, weil wir meinen, daß die Aufgabe eines Parlamentspräsidenten primär die Verpflichtung dem ganzen Hause gegenüber ist und daß sie nicht dadurch abgeschnitten werden darf, daß man ihn mit 22 oder 21 anderen Kollegen der Verpflichtung des ganzen Hauses entzieht. ({7})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat Frau Kollegin Dr. Kuchtner.

Dr. Edeltraud Kuchtner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001237, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte, diese Anträge des Kollegen Dorn abzulehnen. Wir haben uns bei der Beratung der Geschäftsordnung dieses Gemeinsamen Ausschusses sehr genau überlegt, wer den Vorsitz in diesem Gremium führen soll. Es geht meines Erachtens nicht an, den Präsidenten des Bundes13734 tagen gerade in Notzeiten von der Führung dieses Gremiums auszuschließen. ({0}) Wer soll denn außerhalb dieses Hauses oder außerhalb des Präsidiums besser als der Präsident wissen, wann eine solche Notzeit, in der das normale Parlament nicht mehr zusammentreten kann, gegeben ist? Diese Funktion muß doch dem Präsidenten überlassen bleiben. Sie haben dann gesagt, es sei nicht geregelt, wann und wo dieses Notparlament zusammentreten soll. Das ist doch in den §§ 4 und 8 geregelt. Sämtliche Mitglieder des Hauses haben, wenn nicht geheime Sitzung beschlossen ist, Zutritt zu den Sitzungen des Notparlaments. Ich meine, es ist nötig, diese Geschäftsordnung für den Gemeinsamen Ausschuß zu verabschieden, um für Notzeiten gerüstet zu sein. Ich bitte daher namens der CDU/CSU-Fraktion, den Antrag des Kollegen Dorn abzulehnen. ({1})

Walter Scheel (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001949

Das Wort hat Herr Kollege Dr. Arndt ({0}).

Prof. Dr. Claus Arndt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000048, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal, Herr Dorn, muß ich es zumindest für meine Fraktion, aber auch für einige Kollegen aus der CDU/CSU-Fraktion mit allem Nachdruck zurückweisen, daß Anträge und Drucksachen zur Beratung dieser Geschäftsordnung nicht rechtzeitig vorgelegen hätten. ({0}) Sie haben alle in den von unserer Geschäftsordnung vorgeschriebenen Fristen vorgelegen. Darüber hinaus haben bereits seit Monaten Vorbesprechungen stattgefunden, zu denen auch Ihre Fraktion immer eingeladen gewesen ist. Allerdings sind Sie fast niemals zu diesen Sitzungen erschienen. ({1}) Es ist allerdings nicht die Schuld der Regierungsparteien, wenn Sie, obwohl Sie eingeladen waren, keinen Vertreter entsenden. Weiter möchte ich hier auch - zumindest für die Freunde aus meiner Fraktion - darauf hinweisen, daß ich nicht akzeptieren kann, wenn Sie sagen, daß wir irgendwann irgendwo einmal Zusagen gemacht hätten, die durch die Formulierung der Geschäftsordnung, wie sie heute vorliegt, nicht eingehalten worden seien. Das möchte ich hier ausdrücklich festgestellt wissen. Meine Damen und Herren, der Rechtsausschuß hat sich diese Frage reiflich überlegt. Wir haben uns intensiv mit diesem Problem befaßt und es eingehend beraten. Um so mehr bin ich erstaunt, Herr Dorn, daß Sie hier eine solche Rede halten, wenn ich mich daran erinnere, daß die FDP im Rechtsausschuß zugestimmt hat. ({2}) - Sie mögen hier etwas anderes sagen, aber es gibt ja Protokolle unserer Ausschüsse, ({3}) und da läßt sich das sehr einfach feststellen. ({4}) - Ich habe gesagt, daß die Unterlagen dagewesen sind und daß Sie nach dem Ende der Beratungen zugestimmt haben. Das ist eine furchtbar einfache Sache. ({5}) - Es ist Ihr gutes Recht, das zu sagen. ({6}) Meine Damen und Herren, zur Sache selbst! Ich meine, der Präsident muß gerade auch in Notzeiten dasjenige Organ, das die parlamentarische Verantwortlichkeit in diesem demokratischen Staat repräsentiert, persönlich leiten. Es ist eine der entscheidenden Aufgaben des Präsidenten, gerade an dieser Stelle hier zu stehen. Es ist doch eine Illusion und zugleich ein, wie ich meine, völlig unberechtigtes Mißtrauen dem Präsidenten gegenüber, annehmen zu wollen, den Präsidenten durch Geschäftsordnungsmanipulationen zu einer bestimmten Haltung oder Nicht-Haltung bewegen zu wollen. ({7}) - Herr Dorn, bisher war Ihre Begründung doch die, daß der Präsident, wenn er nicht dem Gemeinsamen Ausschuß angehört, um so eher geneigt sein wird, das Plenum hier einzuberufen. Es ist also die Vorstellung, daß sich der Präsident durch seine Mitgliedschaft oder Nichtmitgliedschaft bestimmen lassen könnte, in einer solchen Notzeit eine bestimmte Haltung einzunehmen. Meine Damen und Herren, eine solche Vorstellung von einem Präsidenten dieses Parlaments ist mir so fremd, daß ich sie nicht im geringsten nachzuvollziehen vermag. Was haben Sie eigentlich für eine Vorstellung von einem Präsidenten dieses Parlaments, wenn sie ihn nur 'dadurch, daß sie ihn dem Gemeinsamen Ausschuß fernhalten, bestimmen wollen, hier das Plenum auch in einer Notsitution einzuberufen? Einen solchen Präsidenten vermögen wir Sozialdemokraten uns nicht vorzustellen. ({8}) - Sie wissen ja gar nicht, wen ich gewählt habe. ({9}) - Das stimmt auch nicht, Herr Dorn. Außerdem: woher wollen Sie das wissen? Es war ja vertrauliche Abstimmung! Dr. Arndt ({10}) Meine Damen und Herren, da wir uns eine solche Vorstellung von dem Präsidenten dieses Hauses nicht zu machen vermögen, bittet die sozialdemokratische Fraktion, beide Anträge der FDP abzulehnen und es bei der Ausschußfassung zu belassen. ({11})

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Das Wort hat Herr Abgeordneter Genscher. ({0})

Hans Dietrich Genscher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000661, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf zunächst zur Frage der Anwesenheit meiner Fraktion in dieser Kommission sagen, daß ich selber die Gespräche mit Herrn Kollegen Hirsch geführt hatte. Wir waren uns darüber einig, daß in der Berliner Sitzungswoche des Bundestages diese Kommission nicht zusammentreten sollte. Wenn sie dennoch einberufen wurde, so ist damit unseren Wünschen nicht Rechnung getragen worden, und derjenige, der sie einberufen hat, hat die Verantwortung dafür zu tragen, daß wir in dieser Sitzung nicht anwesend sein konnten. ({0}) Das ist eine Frage der Zusammenarbeit in diesem Parlament. Auch wir nehmen auf andere Rücksicht, wie sich heute mittag bei der Verschiebung des Beginns der Plenarsitzung gezeigt hat. ({1}) - Ich rede von der entscheidenden Sitzung in Berlin, Herr Kollege. Aber zur Sache! Es geht bei dem Antrag der FDP um die Frage, wie in optimaler Weise sichergestellt werden kann, daß das Parlament, und zwar das Parlament in seiner Gesamtheit, seine Rechte wahrnimmt. Es besteht kein Zweifel, daß mit der Aufnahme der Arbeit des Gemeinsamen Ausschusses ein Spannungsverhältnis zwischen Ausschuß und Parlament entstehen kann. Wir wollen nicht, daß in einer solchen Situation eine Interessenkollision in der Person des Bundestagspräsidenten entsteht, der als Präsident des Bundestags die Rechte des Plenums zu wahren hat, zugleich aber auch als Vorsitzender des Gemeinsamen Ausschusses, möglicherweise fern dem Parlamentsort, tätig und handlungsfähig sein muß. Aus diesem Grunde wollen wir, daß durch eine Trennung der Persönlichkeiten, die den Vorsitz in den beiden Gremien führen, ich wiederhole es noch einmal: in optimaler Weise die Rechte des Gesamtparlaments, die ja doch auch nach Ihrer verfassungspolitischen Deutung der Aufgaben des Gemeinsamen Ausschusses vorgehen sollen, dadurch garantiert werden, daß der Bundestagspräsident nicht zugleich Vorsitzender des Gemeinsamen Ausschusses ist. Um es klarzustellen, Herr Kollege: das ist kein Mißtrauen gegen irgendeine bestimmte Person, gegen irgendeinen bestimmten Bundestagspräsidenten, sondern das ist eine ganz generelle, aus schwerwiegenden verfassungspolitischen Gründen getroffene Regelung, die wir hier wünschen. Ich glaube, es wird niemandem ein Recht genommen, aber der Gesamtheit des Parlaments mehr Recht gegeben, wenn die Interessenkollision in der Person des Bundestagspräsidenten durch Annahme unseres Antrages vermieden wird. ({2})

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Das Wort wird nicht mehr gewünscht. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Antrag der Fraktion der FDP auf Umdruck 734 Ziffer 1 zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag ist gegen die Antragsteller mit großer Mehrheit abgelehnt. Wir stimmen dann über den § 2 in der Ausschußfassung ab. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei Stimmenthaltung der Fraktion der FDP angenommen. Wir stimmen ab über die §§ 3, 4, 5 und 6, zu denen kein Änderungsantrag vorliegt. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. -- Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei Stimmenthaltung der Fraktion der FDP angenommen. Wir kommen zum § 7. Hierzu liegt der Änderungsantrag der FDP Umdruck 734 Ziffer 2 vor. Der Antrag wurde schon begründet. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Antrag der Fraktion der FDP Umdruck 734 Ziffer 2 zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? --Der Antrag ist gegen die Stimmen der Antragsteller bei einer Enthaltung abgelehnt. Wir stimmen über den § 7 in der Ausschußfassung ab. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei zahlreichen Enthaltungen, im übrigen einstimmig angenommen. Wir stimmen dann über die §§ 8 bis 19, Einleitung und Überschrift ab. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei Stimmenthaltung der Fraktion der FDP angenommen. Wir stimmen jetzt über die Vorlage insgesamt, also über die Geschäftsordnung für den Gemeinsamen Ausschuß, ab. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Die Geschäftsordnung ist bei Stimmenthaltung der Fraktion der FDP angenommen. Ich rufe Punkt 22 der Tagesordnung auf: Beratung des Schriftlichen Berichts des Rechtsausschusses ({0}) über den von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD eingebrachten Entwurf einer Geschäftsordnung für das Verfahren nach Artikel 115 d des Grundgesetzes - Drucksachen V/4348, V/4510 -Berichterstatterin: Abgeordnete Frau Dr. Kuchtner Vizepräsident Dr. Mommer Zu dieser Vorlage liegen keine Änderungsanträge vor. Wir können in einer Abstimmung über die Vorlage befinden. Wer dem Antrag des Ausschusses, der Geschäftsordnung für das Verfahren nach Art. 115 d) des Grundgesetzes, zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest. Wir kommen nun zu Punkt 43 der Tagesordnung: Beratung des Mündlichen Berichts des Innenausschusses ({1}) über die Berichte des Bundesministers des Innern betr. Sportförderung - Drucksachen V/3729, V/3954, V/4079, V/4543 -Berichterstatter: Abgeordneter Müller ({2}) Wird das Wort zu dem Bericht des Innenausschusses gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zur Abstimmung über den Ausschußantrag auf Drucksache V/4543. Wer dem Antrag des Ausschusses zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest. Jetzt kommen wir zu Punkt 53 der Tagesordnung: Beratung des Schriftlichen Berichts des 1. Untersuchungsausschusses zu dem Antrag der Fraktion der FDP betr. Einsetzung eines Untersuchungsausschusses - Drucksachen V/1468, V/4527 -Berichterstatter: Abgeordneter Moersch Das Wort hat der Berichterstatter, Herr Abgeordneter Moersch.

Karl Moersch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001526, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als Berichterstatter darf ich Ihnen einige mündliche Erläuterungen zu der Ihnen vorliegenden Drucksache geben. . Sie finden in dem Schriftlichen Bericht ausführliche Minderheitenvoten der Kollegen von Merkatz, Süsterhenn und Schulze-Vorberg. Diese Minderheitenvoten sind im Gegensatz zum Untersuchungsbericht nicht im Ausschuß im einzelnen durchgegangen und verändert worden. Sie stehen deshalb in keinem Bezug unter der Verantwortung des Berichterstatters. Dem Umfang nach handelt es sich um einen Minderheitenbericht. Tatsächlich liegen dem Bundestag also zwei Berichte vor. Sie sind lediglich des sachlichen Zusammenhangs wegen nicht in zwei Teile gegliedert worden. Der 1. Untersuchungsausschuß hatte beschlossen, daß in den Bericht Zitate aus den Vernehmungen und Unterlagen nicht übernommen werden sollten, wenn es sich um ehrverletzende Zitate handelt. Dieser Beschluß ist im Bericht des Ausschusses respektiert worden. In der Darstellung der Minderheit dagegen finden sich mehrere Zitierungen, die als ehr-verletzend angesehen werden müssen. Im Minderheitenvotum wird dem Beschluß an mehreren Punkten dadurch widersprochen, daß die im Bericht genannten Zeugenaussagen wichtiger Personen durch eine ausführliche Erörterung der Persönlichkeit der betreffenden Zeugen den Tatbestand selbst widerlegen sollen, um den es sich jeweils handelt. Ich zitiere hierzu vier Punkte: 1. die Frage der Produktionsstätte, 2. die Frage der Zuwendungen an Beamte, 3. die Frage der Scheckübergabe, 4. die nachrichtendienstlichen Hintergründe der Beschaffung. Hierzu werden die Zeugen Götze, Hans-ohm, Dattendorfer und Holzapfel als Gegenpole figürlich aufgebaut. Eine Widerlegung der Feststellungen des Ausschusses kann jedoch auf solche Weise nicht erreicht werden. Weiter weise ich darauf hin, daß es ursprünglich der ausdrückliche Wunsch der CDU war, von einer Erörterung des Todes von Dr. Otto Lenz abzusehen, weil dieser nicht Gegenstand des Untersuchungsverfahrens war. Die Minderheit hat nun gerade diese Frage in ihrem Beitrag zur Zeugin Dattendorfer ausführlich behandelt. Zur Vollständigkeit der Erörterung sehe ich mich veranlaßt, hier einen Bericht zu bestätigen, nach dem der ehemalige Generalkonsul in Neapel, der jetzige Bonner Rechtslehrer Professor Partsch, erklärt hat, er sei von Rechtsanwalt Dr. Schneider, dem Sozius von Dr. Otto Lenz, in Neapel gebeten worden, eine Neuausstellung des Totenscheines, der auf Urämie lautete, zu veranlassen. ({0}) Die genannte Todesursache sei, so bekundete Partsch, unwahrscheinlich und aus gewissen Gründen unzweckmäßig. Professor Partsch hat seinerzeit an das Auswärtige Amt darüber zwei Vermerke gegeben. Beide sind nicht mehr vorhanden. Das Auswärtige Amt hat sie nach eigener Bekundung an das Bundeskanzleramt weitergegeben: Dort aber sollen sie nach dem Ausscheiden des Staatssekretärs Globke mit dessen Handakten aus dem Amt gekommen sein. Professor Partsch hat versucht, die Durchschriften vom Generalkosulat Neapel zu erhalten. Partsch hat vom Generalkonsulat Neapel über das Auswärtige Amt nur den offenen Vermerk erhalten. Der Vermerk, in dem Partsch auf das Ansinnen von Schneider betreffend Todesursache eingegangen war, hat sich in den Akten des Generalkonsulats nicht finden lassen. Zum Problem der Aktenführung insgesamt einige Hinweise! Im Bericht auf Seite 94 ist die Kritik des Bundesrechnungshofes an der Aktenführung des Verteidigungsministeriums - dort ist gesagt, diese sei „nicht mit der üblichen Sorgfalt" vorgenommen worden - zitiert. Sogar die Minderheit räumt dies auf Seite 110 ihres Berichts ein. Ein besonders gravierender Fall von Aktenfrisierung ist der Fall Haneberg; ich verweise in diesem Zusammenhang auf die Seite 17 des Berichts und zitiere aus einem Schreiben Dr. Hanebergs: Das . . . unter dem Datum angebrachte Handzeichen Dr. H/W wie auch die auf dem Original handschriftlich angebrachte Datierung 11. 8. 58 stammen nicht von mir. Auch die Bleistiftdatierungen 11. 8. 58 bzw. 12. 8. 58, jeweils auf Blatt 1 oben angebracht, stammen nicht von mir. So weit das Zitat. Schließlich verweise ich auf die schleppende Aktenherausgabe des Verteidigungsministeriums an den 1. Untersuchungsausschuß mit der Begründung, man habe in einem Falle überlegt, ob überhaupt herausgegeben werden könne, weil es sich um etwas Ähnliches wie um eine Handakte eines Staatsanwaltes handele. Die Minderheit hat in ihrem Beitrag zum Komplex Beschaffung die Beweiskraft von Akten - siehe Beispiel Haneberg-Vermerk - nicht genügend untersucht. Sie hat wohl auch übersehen, daß der Zeuge Hopf zur Produktionsstättenfrage bekundet hat - ich zitiere -: Nie sei an HS die exakte Frage gestellt worden: Seid ihr Generalunternehmer oder produziert ihr das in eigenen Betrieben? So weit die Frage und das Zitat. Im Minderheitenvotum auf Seite 21 stützt die Minderheit den Ausschußbericht zur Frage der Produktionsstätte durch ein Zitat, das der Ministerialdirektor Holtz gegenüber dem Zeugen Kraemer gebraucht haben soll - ich zitiere -: Geben Sie den Teil, den Sie nicht erzeugen können, ablehnend weiter. So weit das Zitat. Ferner heißt es in einer Vertragsklausel, die Herstellung der Liefergegenstände, soweit sie von Dritten gefertigt würden, erfolge unter Aufsicht von British MARC. Diese beiden Zitate dokumentieren, daß das Verteidigungsministerium seinerzeit der Ansicht gewesen sein muß, British MARC betreibe mindestens eine Teilfertigung. Ergänzend darf ich noch anfügen, daß eine von Staatssekretär Gumbel unterschriebene Aufzeichnung vom 9. November 1966 vorliegt, die die Bemühungen der Bundesregierung zur Aufklärung des HS-30-Komplexes in einer Zeit erhellt, als die CDU/ CSU kurze Zeit allein im Kabinett vertreten war. In der Aufzeichnung heißt es - ich zitiere -: Das Kabinett hat in seiner heutigen Sitzung außerhalb der Tagesordnung den Fall HispanoSuiza behandelt. Das Kabinett hat zum Schluß festgestellt, daß die Tatsache der Erörterung des Hispano-Suiza-Falls nicht bekanntgegeben und auch im Protokoll nicht breit ausgeführt werden soll. Soweit meine ergänzenden Bemerkungen zum Schriftlichen Bericht. ({1})

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Ich danke dem Herrn Berichterstatter für die mündliche Ergänzung des Schriftlichen Berichts. Wir kommen zur Aussprache. - Das Wort hat Herr Professor Süsterhenn.

Dr. Adolf Süsterhenn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002288, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst eine grundsätzliche Bemerkung zu diesem Bericht, darüber hinaus aber auch zur Einrichtung des Untersuchungsausschusses machen. Ein Untersuchungsausschuß hat eine quasi richterliche Funktion auszuüben. Er soll sich, wie soeben zu einem anderen Punkt bereits der Herr Kollege Hirsch ausgeführt hat, nach den Regeln der Strafprozeßordnung richten. Als Untersuchungsausschuß soll er ähnlich wie ein Untersuchungsrichter möglichst objektiv zur Feststellung und in einem gewissen Umfang auch zur Beurteilung und Würdigung der festgestellten Tatsachen kommen. Aber wenn man schon einmal jeden Untersuchungsausschuß als quasi richterliches Gremium sieht und mit einem Gericht vergleicht, drängt sich einem auch folgende Erwägung auf. Wenn von irgendeinem Gericht ein Votum, ein Urteil erlassen wird und die bei der Abstimmung von vier Mitgliedern abgegebenen Voten für die eine These mitgeteilt werden, denen drei Voten kontra gegenüberstehen, dann pflegt man zu sagen: Na, das ist ja nicht gerade ein starkes, sich überzeugend aufdrängendes Ergebnis. Man wird also ein derartiges Urteil nicht nach arithmetischen Prinzipien beurteilen. Natürlich kann man sagen: Vier sind mehr als drei, das weiß jeder. Aber letzten Endes wird man bei der Würdigung eines derartigen Urteils auf die Argumente der beiden Gruppen zurückgreifen müssen. Diese Argumente der beiden Gruppen sind Ihnen in dem Schriftlichen Bericht ausführlich dargestellt worden. Es ist unmöglich, heute und hier die Fülle dieser Pro- und Kontra-Argumente zu erörtern. Es scheint mir vielmehr notwendig zu sein, einige Dinge von grundsätzlicher Bedeutung, auch von grundsätzlicher politischer Bedeutung, einmal herauszustellen. Auch in den Ausführungen des Herrn Kollegen Moersch, in seinen zusätzlichen Bemerkungen als Berichterstatter, aber ebenso bei den meisten Ausführungen des Mehrheitsberichts hat man sich im wesentlichen, ich möchte sagen: auf sogenannte Nebenkriegsschauplätze konzentriert, ({0}) etwa die Aktenführung beim Bundesverteidigungsministerium, die Verzögerung von Antworten an den Rechnungshof von diesem oder jenem. Das sind Dinge, die mit dem Wesen des HS 30 und dem Wesen des seit mehr als einem Jahrzehnt erhobenen Vorwurfs doch eigentlich nur am Rande etwas zu tun haben. ({1}) Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist doch so, daß in gewissen Presseorganen, etwa in der „Frankfurter Rundschau", in dem von Paczensky herausgegebenen „Deutschen Panorama" - das ja, wie allgemein bekannt, trotz Millionenzuwendungen einer bekannten Arbeitnehmerorganisation sein Erscheinen einstellen mußte -, ({2}) ferner im „Spiegel" und im „Stern", sensationell aufgemachte Artikel erschienen, etwa mit den Überschriften: „Stapellauf einer Staatsaffäre", „Die Leiche im Keller der CDU", „Ein Herr in Grau mit dem Pappanzer", „Die gebundenen Hände des Franz Josef Strauß" und ähnlichen anreißerischen Titeln. ({3}) - Meine Damen und Herren, das sind ja Tatsachen, die nicht bestritten werden können und mit denen die deutsche Öffentlichkeit mehr als ein Jahrzehnt lang gefüttert worden ist. Man will natürlich an solche Tatsachen nicht mehr erinnert werden, wenn sich nachher herausstellt, daß in diesen Ballons noch nicht einmal Luft vorhanden war! ({4}) In diesen Artikeln ist in den verschiedensten Versionen immer wieder die Behauptung aufgestellt worden, daß im Zusammenhang mit der Beschaffung des HS-30-Panzers die CDU als Wahlkampfspende und der damalige Bundestagsabgeordnete Dr. Lenz für sich persönlich Zuwendungen in Höhe von vielen Millionen D-Mark erhalten hätten, ({5}) wobei teilweise von 50 Millionen DM und mehr die Rede war. ({6}) - Ich kann mir vorstellen, daß derartige Summen sicherlich, was die Vermehrung der Parteikasse angeht, von allen Parteien und Fraktionen auch dieses Hohen Hauses als eine große Unterstützung der Ausübung ihrer Parteiarbeiten empfunden würden. Sehen wir uns aber diese Behauptungen einmal etwas näher an. Diese Behauptungen sind vom Jahre 1957, als sie zum erstenmal von einem Journalisten, Miska, in der „Frankfurter Rundschau" veröffentlicht wurden, bis zum Jahre 1966 immer wieder in derselben Form, lediglich mit unterschiedlichen Zahlen, und mit kriminalschriftstellerischen Ausmalungen der angeblichen Begleitumstände serviert worden. Aber dieses bis dahin mehr allgemein gehaltene nebulose Gerede verdichtete sich dann wie folgt. In der „Spiegel"-Nummer 44 vom 24. Oktober 1966 wurde die „eidesstattliche Versicherung" - als solche war sie aufgemacht und bezeichnet; ob es im juristischen Sinne eine solche war, ist eine andere Frage - einer Frau Maria Clerc veröffentlicht, in der die Behauptung aufgestellt wurde, Dr. Lenz habe ihr Ende 1956 oder Anfang 1957 „wedelnderweise" zwei Schecks gezeigt ({7}) und dabei bemerkt, der eine sei für die CDU, der andere für ihn selbst, Dr. Lenz, gewesen. ({8}) Die Dame Clerc erwähnte allerdings in ihrer damaligen „eidesstaatlichen Versicherung" im „Spiegel" weder Namen noch Beträge noch Banken. Für diese „eidesstattliche Versicherung" hat die Zeugin trotz dieser relativen Ungenauigkeit, wie sie später vor dem Untersuchungsausschuß erklärte und wie auch von dem als Zeugen vernommenen damaligen „Spiegel"-Redakteur und jetzigen stellvertretenden Bundespressechef Conrad Ahlers bestätigt wurde, ein Autorenhonorar von 15 000 DM erhalten. ({9}) Die Dame vertrat jedoch vor dem Ausschuß den Standpunkt, einen Honoraranspruch in Höhe von insgesamt 30 000 DM zu haben; dieses Honorar werde ihr zu Unrecht vom „Spiegel" vorenthalten. ({10}) Meine Damen und Herren, nach fast zwei Jahren - ({11}) - Bitte schön!

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Zu einer Zwischenfrage Herr Abgeordneter Hauser.

Dr. Hugo Hauser (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000834, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege, können Sie uns etwa auch Zahlenangaben darüber geben, was die Frau, von der Sie gerade gesprochen haben, dann beim „Stern" bekommen hat?

Dr. Adolf Süsterhenn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002288, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Da war man im Ausdruck etwas vorsichtiger. Der betreffende „Stern"-Journalist hat sich auf die allgemeine Formulierung zurückgezogen, daß es „nicht über das übliche Honorar hinausgegangen" sei. Aber wer die Großzügigkeit der „Stern"-Redaktion aus anderen Fällen kennt, kann sich ungefähr Vorstellungen darüber machen, daß dieses Honorar als „das übliche" wahrscheinlich noch weit über dem des „Spiegel" gelegen hat, mindestens in der Höhe dessen, was angeblich der „Spiegel" an Honorar versprochen hatte. ({0}) - Meine Damen und Herren, Sie können das ja nachher anders hinstellen. Sie haben genug andere Sachen hier hingestellt. Jetzt stelle ich einige Sachen hier hin. ({1}) Fast zwei Jahre nach dieser „Spiegel"-Veröffentlichung verschärfte sich das Gedächtnis der Dame in einer geradezu erstaunlichen Weise. Während sie für den „Spiegel" noch allgemein von Schecks gesprochen hatte, war sie nunmehr in der Lage, in einer für den „Stern" abgegebenen eidesstattlichen Versicherung vom 12. Mai 1968 diese Schecks bereits näher zu beschreiben: Der erste Scheck, der für Otto Lenz bestimmt war, kam vom Schweizerischen Bankverein Zürich, namentlich für Dr. Otto Lenz, über die Summe von 3,75 Millionen Schweizer Franken. ({2}) - Ein tolles Gedächtnis, muß man wirklich sagen. Dr. Süsterhenn Dieser Scheck war unterzeichnet - so heißt es weiter mit einem Namen, den ich zuerst für einen Mädchennamen hielt. Otto Lenz klärte mich auf, daß es sich um den Namen des Herrn Birkigt, des Inhabers des Konzerns Hispano-Suiza, handle. ({3}) - Hatte „Brigitte" gelesen, wahrscheinlich; ({4}) das war ja auch naheliegend. Der andere Scheck, von dem Otto Lenz sagte, - so fährt die Zeugin Dattendorfer fort er sei für den Wahlkampf der CDU bestimmt, kam vom Bankhaus Oppenheim in Köln und lautete über 35 Millionen. Auf diesem Scheck stand, - so wiederum die Zeugin offenbar ausgestellt vom Bankhaus Oppenheim, in Handschrift ebenfalls der Name Birkigt, jedoch nicht als Unterschrift. Es scheint mir wesentlich zu sein, daß aus dieser letzten „Stern"-eidesstattlichen Versicherung `folgende zwei Punkte festgehalten werden, nämlich die unzweideutigen Erklärungen, daß der eine Scheck vom Bankhaus Oppenheim in Köln und der andere vom Schweizerischen Bankverein in Zürich stammte. Nun fand ein Gespräch, eine Unterhaltung in einer Weinstube in Innsbruck am 11. August 1968 statt. Dieses Gespräch, das dort in dieser Weinstube mit der Zeugin Dattendorfer von zwei Mitgliedern des Ausschusses - warum soll man es schamhaft verschweigen -, vom stellvertretenden Ausschußvorsitzenden, Herrn Kern, und vom Ausschußberichterstatter, Herrn Moersch, geführt worden ist, hat auch in der diplomatischen Welt und in der österreichischen Regierung etwa unter dem Gesichtspunkt der Ausübung bundesdeutscher Hoheitsgewalt auf österreichischem Territorium eine gewisse Rolle gespielt. ({5}) - Diese Tatsache läßt sich ja nicht bestreiten. Es hat sich daran auch eine Aktion der hiesigen österreichischen diplomatischen Vertretung geknüpft, die dann der Vorsitzende des Ausschusses, der da sozusagen als Sühneprinz aufgetreten ist, wieder heruntergespielt hat. In diesem Weinstubengespräch - so will ich es ausdrücklich bezeichnen - wußte die Dame Dattendorfer auch noch vom Bankhaus Oppenheim in Köln und vom Schweizerischen Bankverein in Zürich als den mit den beiden Schecks über 35 Millionen und 3,7 Millionen befaßten Banken. Das ergibt sich -

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Herr Kollege Süsterhenn, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Schultz?

Dr. Adolf Süsterhenn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002288, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Bitte schön!

Fritz Rudolf Schultz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002103, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Kollege Süsterhenn, sprechen Sie jetzt vom Hauptkriegsschauplatz oder vom Nebenkriegsschauplatz? ({0})

Dr. Adolf Süsterhenn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002288, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich glaube, daß das der Hauptkriegsschauplatz ist. Sie sehen aus dieser Zwischenfrage des Herrn Kollegen Schultz wieder, daß Ihnen der Hauptkriegsschauplatz offen- sichtlich unangenehm ist. ({0}) Ich darf noch hinzufügen - ({1}) - Ja, natürlich war der auch intim; das läßt sich gar nicht bestreiten. Aber über die Unterredung in der Weinstube, die ich also ausdrücklich herunterspiele ({2}) - so; ich kann es nicht genau sagen, ich war Gott sei Dank oder leider nicht dabei; ich weiß nicht, was ich sagen soll -, ist von Herrn Kollegen Moersch ein Protokoll angefertigt worden, das allerdings von der Zeugin nicht unterschrieben war, sondern das offensichtlich ein von Herrn Moersch nachträglich gefertigtes Gedächtnisprotokoll war. Ich bitte, auch diesen Umstand festzuhalten, weil er in einem anderen Zusammenhang unter Umständen noch eine gewisse Rolle spielen kann. Meine sehr verehrten Damen und Herren, dieses bis zu der Weinstuben-Unterhaltung so erfreulicherweise aufgeblühte Gedächtnis der Dame Dattendorfer reduzierte sich dann in ganz auffallender Weise innerhalb von wenigen Monaten. ({3}) Als diese Dame nämlich vor dem Untersuchungsausschuß am 24. Oktober 1968, also rund zwei Monate nach dem Innsbrucker Gespräch, als Zeugin vernommen wurde, machte sie eine Einschränkung ihrer früheren Aussagen, sowohl bezüglich der eidesstattlichen Versicherung im „Stern" als auch bezüglich des Weinstuben-Gesprächs; sie könne sich allerdings nicht mehr genau an die Namen der beiden Banken erinnern. ({4}) Vor dem Untersuchungsausschuß zerschwamm ihre vorherige klare Aussage: „Bankhaus Oppenheim" in eine völlig unbestimmte Erklärung: „irgendeine Bank in Köln", und aus dem Schweizerischen Bankverein Zürich wurde irgendeine Bank, die in ihrer Firmenbezeichnung die Worte „Schweizer" oder „Schweizerische" enthalten habe. Wie ist dieser partielle Gedächtnisschwund zu erklären? Ich glaube, daß dabei auch folgende Tatsache eine erhebliche Rolle gespielt hat. Nach der Veröffentlichung der eidestattlichen Versicherung im „Stern", in der ja die beiden Banken präzis namentlich angegeben waren, war nämlich durch die Presse bekanntgeworden, daß die beiden von der Dame konkret genannten Banken erklärt hatten, bei ihnen seien derartige Schecks niemals vorgekommen. Infolgedessen hat die Zeugin dann vor dem Ausschuß so mehr diese vagen, allgemeinen Angaben gemacht. Ich glaube, dieses eine Beispiel eines überraschenden Gedächtnisschwundes ist schon geeignet, die Glaubwürdigkeit dieser Zeugin, die der Herr Kollege Kern einmal in einem Presse- und Rundfunkinterview sogar als „Kronzeugin" bezeichnet hat, in das richtige Licht zu setzen. ({5}) - Es fragt sich nur, auf welchem Gebiet. ({6}) - Ich kann Sie beruhigen, Herr Herold: das war keine Freudsche Fehlleistung von mir; ich wollte Ihnen nämlich in dieser Richtung gerade einen Gefallen tun. ({7}) Wer ist nun diese Zeugin Dattendorfer? Daß die Dame wegen Erpressung zu schwerem Kerker verurteilt worden ist und wegen Zechprellerei und sonstiger Delikte rechtskräftig vorbestraft ist, soll hier bloß erwähnt werden. ({8}) Der Herr Kollege Moersch hat soeben schon eine Rüge darüber erteilt, daß die Minderheit das in den Ausschußbericht geschrieben hat. ({9}) Aber ich glaube, meine Damen und Herren, für die Glaubwürdigkeit einer Zeugin sind derartige Vorstrafen doch von einer absolut wesentlichen Bedeutung. ({10}) Die Verurteilung zu schwerem Kerker wegen Erpressung hat diese Zeugin unter Eid frech abgestritten. ({11}) - Im Jahre 1945, ungefähr. Sie ist rechtskräftig wegen Erpressung verurteilt worden, und das hat sie unter Eid abgestritten. Hier ist also eine klare Eidesverletzung dieser Zeugin gegeben. Daß die Zeugin natürlich alles verharmlost, was ihr nicht in den Kram paßt, haben wir auch bei anderen Gelegenheiten feststellen können. ({12}) - Mein Verhältnis? - Ist keins gewesen! ({13})

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Dorn?

Dr. Adolf Süsterhenn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002288, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Bitte, gern!

Wolfram Dorn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000409, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Kollege Süsterhenn, ich würde Ihnen nie unterstellen, daß Sie ein Verhältnis mit ihr gehabt haben. ({0}) Ich wollte nur sagen: wenn Sie eine derart negative Charakterisierung geben, ({1}) sind Sie nicht auch der Meinung, daß die Bewertung ihrer Freundschaft und ihres Verhältnisses mit einem hohen Beamten, der Ihrer Partei angehört hat, dann auch mit unter diese Kriterien in der Beurteilung gehört? ({2})

Dr. Adolf Süsterhenn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002288, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, ich glaube nicht, daß persönliche, intime Beziehungen zwischen irgendeinem Minister, gleichgültig, welcher Partei er angehört hat ({0}) die Zeugin hat sich da nicht nur auf eine Partei beschränkt - -({1}) - Meine Damen und Herren, wir wollen hier doch die Dinge unterhalb einer gewissen Gürtellinie nicht verbreiten. Es handelt sich ja um die Glaubwürdigkeit der Zeugin in einem anderen Zusammenhang und nicht um irgendwelche Nichtbeziehungen oder Beziehungen, die da stattgefunden haben oder nicht stattgefunden haben. ({2})

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Herr von Merkatz möchte Ihnen eine Frage stellen. - Bitte, Herr von Merkatz! ({0}) - Ich bitte um Ruhe! Meine Damen und Herren, ich glaube, wir sollten den Ton dämpfen, und wir sollten vorsichtiger umgehen mit diesen Dingen, ({1}) besonders wenn die Namen von anwesenden oder von verstorbenen Abgeordneten im Spiele sind. ({2}) Bitte, Herr von Merkatz!

Dr. Hans Joachim Merkatz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001477, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Meine Frage richtete sich ungefähr in die gleiche Richtung wie das, was der Herr Präsident gesagt hat. Daher erübrigt sie sich. ({0})

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Meine Damen und Herren, streiten wir nicht darüber, wie es jetzt hier hineinkam. Wir wollen diesen Punkt, wenn er sachlich notwendig ist, sachlich und sehr nüchtern behandeln; aber nur, wenn er sachlich notwendig ist, wollen wir darüber reden. Das gebietet die Würde des Hauses. ({0}) - Bitte, Herr Kollege Süsterhenn, fahren Sie fort!

Dr. Adolf Süsterhenn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002288, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Darf ich darauf hinweisen, daß das ja keine Dinge sind, die erstmalig von m i r vorgebracht werden, ({0}) sondern daß das ja alles Dinge sind, die Jahre über Jahre in der breitesten Öffentlichkeit eine Rolle gespielt haben. ({1}) Und wenn ich nun gezwungenermaßen, ({2}) um mich mit diesen Angriffen auseinanderzusetzen, auf diese Dinge eingehe, dann habe ich persönlich nicht den Eindruck, daß ich dadurch die Würde des Hauses verletzen würde. ({3})

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Herr Kollege Süsterhenn, jetzt muß ich mich erklären. Ich habe gegen niemanden hier eine Beschuldigung erhoben. Aus der Atmosphäre im Hause hat sich da etwas entwickelt, was ich zurückdrängen wollte. ({0}) Das ging gegen niemanden persönlich. ({1}) Herr Sänger möchte Ihnen eine Zwischenfrage stellen. Gestatten Sie das? ({2})

Fritz Sänger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001914, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Professor Süsterhenn, darf ich Sie - in dem Bemühen, hier die richtige Ebene zu halten - bitten, in Ihre Erwägungen über die Dame und ihren bedeutenden oder weniger bedeutenden Wert auch die Tatsache mit einzubeziehen, daß sie Inhaberin der „Medaille Konrad Adenauer für besondere Verdienste" ist?

Dr. Adolf Süsterhenn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002288, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Das hat diese Dame einem Journalisten gegenüber behauptet. Ob das wahr ist oder nicht wahr ist, vermag ich nicht zu beurteilen. Ich weiß eigentlich nicht, ({0}) was der Sinn dieser Frage sein soll. ({1})

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Noch eine Zwischenfrage von Herrn Sanger?

Fritz Sänger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001914, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Professor Süsterhenn, darf ich darauf hinweisen, daß wir uns beide heute nicht zum erstenmal sehen und sprechen und daß Sie vielleicht unterstellen könnten, daß ich mit dieser Frage die Absicht hatte, Sie darauf aufmerksam zu machen, daß man mit solchen Ausführungen auch seiner eigenen Fraktion Schaden zufügen kann. ({0})

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Herr SchulzeVorberg wollte Ihnen auch eine Zwischenfrage stellen. ({0}) - Herr Schulze-Vorberg!

Dr. Max Schulze-Vorberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002112, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Professor, darf ich Sie als einen alterfahrenen Politiker der CDU fragen, ob Sie jemals von einer Verdienstmedaille gehört haben, die Konrad Adenauer verliehen hat. Ich kenne sie nicht. ({0})

Dr. Adolf Süsterhenn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002288, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Doch, es sind mal irgendwann solche Medaillen verteilt worden. Verdienstmedaillen sind das nicht; ich glaube, die waren in einer Auflage von 100 000 oder noch mehr hergestellt worden. Ich habe sie auch bekommen, ({0}) aber die ist bei mir weder in Gold noch in Silber, ({1}) sondern, glaube ich, aus einem sehr billigen Metall undefinierbaren Charakters, was aber für mich den Erinnerungswert in keiner Weise mindert. Meine Damen und Herren! Es ist ja doch leider so, daß die Dame Frau Dattendorfer durch ihre Verurteilung zu schwerem Kerker wegen Erpressung eigentlich - jedenfalls auf diesem Spezialgebiete der Erpressung - nichts gelernt hat, denn mit einem Schreiben vom 1. März 1968 machte sie wiederum einen Erpressungsversuch, diesmal an die Adresse der Bundesgeschäftsstelle der CDU zu Händen unseres Bundestagskollegen Dr. Kraske. ({2}) - Ich glaube auch, aber es gibt auch noch Leute, die uns überschätzen. - Sie forderte die Zahlung eines Schweigegeldes in Höhe von 85 000 DM gegen die Zusicherung, daß sie ihr angebliches Material über das Panzergeschäft und über die Zahlung an Herrn Lenz und die CDU dann nicht veröffentlichen werde. Wenn Sie sich für das Phänomen dieser Dame weiter interessieren - ich will damit gern den Anregungen des auch von mir sehr verehrten Herrn Kollegen Sänger Folge leisten -, dann bitte ich Sie, Näheres auf den Seiten 86 bis 92 des Ihnen vorgelegten gedruckten Berichts nachzusehen. Es ist nicht sehr wichtig, aber immerhin könnte es in die Kategorie einer gewissen Entspannungslektüre einrangiert werden. Meine Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend zur Frage der vollen Unglaubwürdigkeit dieser Zeugin nur zwei Zitate bringen. Die Bonner Staatsanwaltschaft hat in ihrer Einstellungsverfügung bezüglich des HS-30-Verfahrens, das wegen Bestechungen usw. durchgeführt worden ist, erklärt, bei Frau Dattendorfer handle es sich allerdings um eine Persönlichkeit, der, was die Frage der Glaubwürdigkeit anlangt, mit großen Zweifeln zu begegnen ist. Ihren Bekundungen könnte, gleich welchen Inhalts die Aussagen wären, kein entscheidender Beweiswert beigemessen werden. Ein anderer Bonner Staatsanwalt hat in einer Strafverhandlung vor dem Amtsgericht in Bonn, vor dem Frau Dattendorfer als Angeklagte erschienen war, allerdings freigesprochen wurde, erklärt: Es handelt sich um eine geltungssüchtige, phantastische Bohème-Natur, absolut unglaubwürdig. Meine Damen und Herren, letzten Endes sind auch die Herren Kollegen von der Mehrheit bei der Erörterung der Glaubwürdigkeit der Zeugin Dattendorfer zu dem Ergebnis gekommen, daß ihre Bekundungen nicht ausreichen, um die gegenüber Dr. Lenz und der CDU ergangenen Beschuldigungen zu beweisen. Allerdings hat der Herr Kollege Kern laut Pressemeldungen dazu bereits einen Kommentar gegeben und gesagt, das sei für die CDU lediglich ein Freispruch aus Mangel an Beweisen. Eine solche Formulierung - wenn sie in der Weise gefallen ist, wenn die Pressemitteilung richtig ist - ist offensichtlich geeignet, in der breiten Öffentlichkeit die Vorstellung zu erwecken: Na ja, das Geld hat die CDU ja doch bekommen; man konnte es nur nicht hundertprozentig nachweisen. Ich glaube, wenn der einzige Belastungszeuge ein derartiger ist, dann darf man doch nicht zu solchen Auslegungen kommen. Ich als Jurist würde nicht dazu kommen. Ich war nur erstaunt, daß Kollege Kern als Theologe bei der Auslegung zu einem derartigen Ergebnis gekommen ist. Dabei wird noch völlig außer acht gelassen, daß sämtliche potentiellen Geldgeber verhört worden sind, sämtliche Direktoren oder Bevollmächtigte von der Firma Hispano-Suiza, daß die amtliche Wirtschaftsprüfungsgesellschaft vernommen worden ist, deren Prüfunaserqebnis durch die Steuerbehörde des Kantons Genf als richtig bestätigt worden ist - Ergebnis: keine Zahlungen -, daß auch die potentiellen Geldempfänger, nämlich die Parteivorsitzenden oder Generalsekretäre, also sagen wir einmal: Herr Heck und Herr Strauß, oder daß Parteikassierer wie Herr Burgbacher und andere - ({3}) - Entschuldigen Sie, Schatzmeister; Kassierer ist vielleicht nicht der richtige Ausdruck; es sollte aber keineswegs irgendwie despektierlich gemeint sein. ({4}) Bis hinunter zu den einfachen Buchhaltungsassistenten ist einstimmig bekundet worden: keine Zahlung, nicht der geringste Anhaltspunkt dafür. Schließlich haben auch die in Frage kommenden Banken, über die die Transaktionen abgewickelt worden sind, ({5}) erklärt: quod non. Ich glaube, daß es, wenn man dieses Beweisergebnis einmal der Aussage der Zeugin Dattendorfer gegenüberstellt, doch zu den, sagen wir einmal, normalen Gepflogenheiten einer richterlichen Beweiswürdigung, zu der ars boni judicis gehört hätte, die Aussagen dieser doch sehr reputierlichen Kollegen, ehemalige und aktive Bundesminister, Mitglieder dieses Hohen Hauses, der Staatssekretäre und anderen hohen Beamten, mindestens irgendwie als glaub- und vertrauenswürdig in Betracht zu ziehen. Aber die Ausschußmehrheit beschränkt sich eigentlich nur darauf, diesen Zeugen aus dem Kreis der CDU Intelligenz, um nicht zu sagen, Raffinesse zu bescheinigen, indem man sagt, daß sie sicherlich in der Lage gewesen wären, eine so große Summe „heißen" Geldes unauffälliger zu transferieren. Meine Damen und Herren, ich muß schon sagen, eine derartige Beweiswürdigung ist, jedenfalls für einen Juristen, doch etwas eigenartig. Geld ist keines gezahlt worden. Das ist nicht nur nicht erwiesen, dafür ist nicht nur nicht der Beweis erbracht, sondern durch die drei Zeugenaussagekategorien Geldgeber, Geldempfänger und Geldinstitute ist der Gegenbeweis dafür erbracht, daß tatsächlich nichts gezahlt worden ist. Es war Behauptung von Geldzuwendung, auf der sich die gesamte HS-30Geschichte aufgebaut hat, auf der als Zentralpunkt sich auch noch die Kleine Anfrage aufbaut. Was bleibt dann eigentlich noch übrig, nachdem die Nichtzahlung erwiesen ist? ({6}) - Einiges! Natürlich bleibt einiges übrig, zunächst einmal die Frage der Beschaffung. Die Mehrheit des Ausschusses ist zu dem Ergebnis gekommen, die Bundesregierung habe bei der Beschaffung des Schützenpanzers in mehrfacher Hinsicht ihre Sorgfaltspflicht verletzt. Diese Sorgfaltspflichtverletzung wird säuberlich aufgegliedert in Sorgfaltspflichtverletzung bei der Auswahl der Konstruktionsfirma, der Auswahl des Modells, der Auswahl der Nachbaufirmen, beim Vertragsabschluß und bei der Vertragsabwicklung. Ich kann diese Dinge nicht alle im einzelnen hier erörtern. Ich will Ihnen das nicht zumuten. Ich überlasse es Ihnen, sie im einzelnen in der Darstellung der Gegenmeinung der Minderheit, die nicht nur eine einfache, sondern eine begründete Meinungsäußerung ist, nachzulesen. Ich beschränke mich nur auf folgenden wesentlichen Punkt. Was z. B. die Auswahl des Schützenpanzermodells betrifft, wird im Mehrheitsbericht schlicht und einfach behauptet, es habe damals eine Alternative zum HS 30 gegeben, obwohl alle vernommenen Zeugen, bis auf einen, der seine eigene Konstruktion an den Mann bringen wollte, erklärt haben, daß es zu der Zeit, als sich der HS 30 anbot, und innerhalb der Zeit, in der der HS 30 nach damaliger Auffassung aufgestellt werden konnte, eine Alternative weder im Inland noch im Ausland gab. Das haben nicht irgendwelche Zeugen ausgesagt, sondern Professor Aders, der Chefkonstrukteur des bekannten „Tiger"-Panzers des letzten Weltkrieges, Generalleutnant a. D. und Amtsgruppenchef im Heereswaffenamt der deutschen Wehrmacht, Herr Diplomingenieur Philipps, der Generaldirektor von Hanomag, Dr. Merker, und der damalige Unterabteilungsleiter „Wehrtechnik Land" im Bundesverteidigungsministerium, General Schanze. Meine Damen und Herren, es gibt natürlich auch die Meinung, man hätte es vielleicht doch etwas anders machen können. Aber über vage Vermutungen oder Erwägungen sind alle diese Betrachtungen nicht hinausgekommen. Ich will aus Zeitgründen nur noch auf einen weiteren Punkt eingehen, der immer wieder groß herausgestellt worden ist, nämlich die Behauptung, die besonders publikumswirksam ist und immer war, der HS 30 sei lediglich auf Grund eines Holz- und Pappmodells ausgewählt worden. Wenn das der Fall gewesen wäre, wäre das natürlich eine eklatante, eine geradezu infame Pflichtverletzung der damaligen Bundesregierung und der damals verantwortlichen Offiziere, Techniker und sonstigen Persönlichkeiten im Bundesverteidigungsministerium gewesen. Aber diese Behauptung ist völlig unwahr, obwohl sie xmal in allen möglichen Zeitschriften abgedruckt worden ist Ehe sich die Bundesregierung für den HS 30 entschloß, existierten bereits zwei Prototypen der HS-Entwicklung, damals noch mit HS 10 bezeichnet. Einer dieser Prototypen wurde den Sachverständigen des Verteidigungsministeriums bereits im November 1955 in Paris vorgeführt. Das gleiche Fahrzeug diente wenige Monate später bekannten deutschen Panzersachverständigen als Grundlage für die Erstellung ihres Gutachtens, in dem es als brauchbare Grundkonzeption bezeichnet worden ist. Der zweite Prototyp wurde den Abgeordneten des Unterausschusses Beschaffung des Verteidigungsausschusses - vielleicht sind noch einige Herren hier, die dabei waren - in Hangelar vorgeführt. Tatsächlich gab es daneben auch noch ein Holzmodell. Dieses diente jedoch nicht der Vorbereitung der Auswahl des HS-30-Panzers, sondern lediglich der Prüfung der Raumverhältnisse, wie es bei jeder Panzerkonstruktion üblich ist. ({7}) - Ich bitte Sie, wenn Sie noch an diesem Holzmodell festhalten wollen, dann bin ich gerne bereit, Sie mit diesem Spielzeug glücklich werden zu lassen. ({8}) Meine Damen und Herren, man muß auch folgendes berücksichtigen: Die Bundeswehr befand sich damals in der Stunde Null. Das Verteidigungsministerium befand sich im Stadium des Aufbaus. Es hatte einige wenige hundert Leute und keine 3000 wie heute. Es bestand Personalmangel in zahlenmäßiger Hinsicht, außerdem Mangel an eingeübtem Personal. Der Beschaffungsapparat war lediglich rudimentär vorhanden. Dazu kam die international eingegangene Verpflichtung gegenüber der NATO, 500 000 Mann binnen drei Jahren aufzustellen und mit dem Schwerpunkt Panzer und Panzergrenadiere auszurüsten. Man stand also unter Zeitdruck. Es kommt hinzu, daß die deutschen Offiziere der Wehrmacht und die Militärtechniker 10 Jahre von der internationalen Waffenentwicklung abgeschnitten waren. Das sind ja alles Realitäten, über die man sich nicht mit einer großen Handbewegung schlicht hinwegsetzen kann. Alle diese Momente, alle diese Schwierigkeiten, die ich hier aufgezeigt habe, hätten an sich ausgereicht, um eine im Endergebnis völlig verfehlte Beschaffung nach sich zu ziehen. Es ist eigentlich ein Wunder, daß in Wirklichkeit die Bundeswehr einen Panzer erhalten hat, der sowohl einsatzfähig als auch preiswert ist. ({9}) Meine Damen und Herren, wir kommen auch an dieser Feststellung nicht vorbei. Das rede ich nicht so dahin, sondern immerhin hat der Inspekteur des Heeres, Herr Generalleutnant Moll - ich weiß nicht, ob er auch zu Ihnen nähere Beziehungen hat, Herr Kollege Moersch - in seiner zusammenfassenden Stellungnahme ausgeführt - ({10}) - Ich weiß es nicht. ({11}) - Ich sage doch: Ich weiß es nicht! . ({12})

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Herr Kollege Moersch, ich glaube, Sie haben als nächster oder übernächster das Wort. Darf ich Sie bitten, das bis dahin zu vertagen.

Dr. Adolf Süsterhenn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002288, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Moll hat gesagt: Durch laufende Verbesserungen hat der HS 30 einen technischen Stand der Einsatzbereitschaft von 85 % erreicht, der allen übrigen in der Bundeswehr eingeführten Kettenfahrzeugen gleichzusetzen ist. Meine Damen und Herren, er sagt weiter: In Feuerkraft und Panzerschutz ist er allen eingeführten Schützenpanzern oder gepanzerten Mannschafttransportwagen des Ostens überlegen. ({0}) Meine Damen und Herren, das ist gesagt worden, und er hat hinzugefügt - sicher ein Fachmann -: Seit 1966 haben die Sowjets in verhältnismäßig geringen Stückzahlen den Schützenpanzer BTR oder 60 BP eingeführt, der in wesentlichen Merkmalen der Konzeption des HS 30 entspricht. Also so schlecht kann der ja nun wirklich nicht gewesen sein, wenn uns das ein Sachverständiger mitteilt. Dasselbe sagt der damalige Unterabteilungsleiter Führung im Führungsstab des Heeres, Generalmajor Reischle; das sagt Generalmajor Dr. Schnell, ehemaliger Unterabteilungsleiter Logistik. Er sagte zur Einsatzbereitschaft des HS 30, und zwar aus seiner jetzigen Stellung Divisionskommandeur unmittelbar nach der Heimkehr aus einem Panzermanöver: Wenn Sie gerade jetzt in diesem Schlamm und Dreck in Munsterlager und in Bergen-Hohne mitgefahren wären, wenn Sie diese hohen Anforderungen an das Gerät sehen, die bei solchen Übungen und Manövern kommen, dann ist die Zahl 80 °/o der Einsatzbereitschaft unserer Fahrzeuge als außerordentlich hoch und zufriedenstellend zu bewerten. ({1}) - Sie können ja nachher das andere weiter verlesen, Herr Kollege Moersch. Es soll gar nicht bestritten werden, meine Damen und Herren, daß dieses hohe Maß an Einsatzbereitschaft erst durch eine intensive Zusammenarbeit der Fachleute des Heeres, der Techniker und Militärs aus dem Verteidigungsministerium, der Konstrukteure der Firma Hispano-Suiza und der Ingenieure der deutschen Nachbaufirmen erreicht wurde. Es hat im Jahre 1965 einen Tiefstand der Einsatzbereitschaft mit 65 % gegeben, aber immerhin ist heute nunmehr - wie uns durch offizielle Meldungen mitgeteilt worden ist - dieser Normalzustand von 85 °/o erreicht.

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Herr Kollege Süsterhenn, Herr Kaffka möchte eine Zwischenfrage stellen. Gestatten Sie?

Dr. Adolf Süsterhenn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002288, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Gern.

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Bitte, Herr Kaffka!

Rudolf Kaffka (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001049, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege, wenn der Schützenpanzer so gut ist, wie Sie hier schildern, ist es dann vom Verteidigungsministerium nicht unverantwortlich gewesen, daß es es dabei bewenden ließ, nur 2400 Schützenpanzer zu bestellen? Hätte man nicht eine wesentlich höhere Zahl bestellen müssen? ({0})

Dr. Adolf Süsterhenn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002288, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege, Ihnen scheint während der Beweisaufnahme vor dem Untersuchungsausschuß entgangen zu sein - vielleicht ist es Ihnen in der Zwischenzeit auch entfallen; man kann das ja nicht alles behalten -, daß seitens des Bundesverteidigungsministeriums ausdrücklich erklärt worden ist: Der entscheidende Grund für die Reduzierung des Auftrages war die Veränderung der militärstrategischen Konzeption, weil das ursprünglich bestehende Kriegsbild der modernen massierten Panzerangriffe, die mit ebenso massierten Panzerformationen abgeschlagen werden, aus bekannten Gründen inzwischen auch im Denken unserer Verbündeten einer Revision unterzogen worden war. Meine Damen und Herren, selbst die Mehrheit des Ausschusses sagt, der Panzer sei bedingt einsatzfähig. Dabei ist dieses „bedingt" ein etwas zu generalisierender Ausdruck, denn es ist uns von allen Sachverständigen erklärt worden, daß der HS 30, verglichen mit den Panzern seiner Generation, nämlich mit dem M 48, voll einsatzfähig ist, jedoch verglichen mit den Panzern der folgenden Generation, also etwa mit dem „Leopard", nur bedingt einsatzfähig ist. Das ist aber keine Erfahrung, die speziell mit dem HS 30 gemacht worden ist, sondern eine Erfahrung, die bei jedem Gerät gemacht wird, wenn seit seiner Konstruktion und seit seinem Serienbau 10 und mehr Jahre vergangen sind. Aber über das Wort „bedingt" wollen wir uns nicht weiter streiten. Nun noch ein Wort zum Schaden, zu dem enormen Schaden, der der Bundesrepublik zugefügt worden sein soll. Immerhin konnte dieser enorme Schaden auch von der Mehrheit des Ausschusses nicht mit irgendwelchen Markbeträgen spezifiziert werden. Es ist eigentlich nur so ein Schlagen nach irgendeinem Schaden. Die beiden Beamten des Bundesrechnungshofes, Herr Dilger und Herr Dorn, haben als Zeugen vor dem Ausschuß klar ausgesagt: Natürlich, ursprünglich sah die Sache anders aus; zunächst erschien es auch so, als sollten die Dinge mit einem großen Schaden auslaufen. Aber nachdem wir die Dinge jetzt im Gesamtergebnis sehen, müsen wir sagen, daß aus der heutigen Sicht von einem Schaden nicht mehr gesprochen werden kann. - Und diese Herren müssen etwas Derartiges ja schließlich wissen. Meine Damen und Herren, es gibt noch einige weitere interessante Nebenkriegsschauplätze. Einer ist der, auf dem der Herr Botschafter a. D. Dr. Holzapfel als Kampffigur in Erscheinung getreten ist. Ihm sei verboten worden, sich um Waffengeschäfte zu kümmern. Die Beweisaufnahme hat ergeben, daß sich das gar nicht auf den HS 30 bezog, sondern auf ganz andere Dinge, die zu einer Zeit eine Rolle spielten, als an den HS 30 noch von niemand gedacht war. Als der HS 30 eine Rolle spielte, war die Firma Octogon, über die Herr Holzapfel etwas Negatives ausgesagt hatte, längst aufgelöst. Dann: Die Bundesregierung habe den Bundesrechnungshof in seiner Prüfungstätigkeit behindert. Meine Damen und Herren, ich möchte dazu folgendes sagen. Es steht fest, und das haben selbst die Beamten des Bundesrechnungshofes bestätigt, daß das Bundesverteidigungsministerium diese Beamten des Bundesrechnungshofes bereits in einem recht frühen Stadium der Vertragsverhandlungen mit hinzugezogen hat, weil das Bundesverteidigungsministerium bei dem äußerst komplizierten Text und Komplex gerade diese erfahrenen Leute dabei haben wollte. Also kann von einem Bestreben, die Dinge irgendwie gegenüber dem Rechnungshof zu verdunkeln, allein schon aus diesem Grunde keine Rede sein. Außerdem haben die zuständigen Prüfungsgebietsleiter des Bundesrechnungshofes erklärt, daß sie eben nicht in ihrer Tätigkeit behindert worden seien, und der Bundesrechnungshofs-Vizepräsident Brettschneider hat am 28. April 1967 laut der „Süddeutschen Zeitung" erklärt, dem Bundesrechnungshof seien keine Unterlagen vorenthalten worden. Auch ich bin der Überzeugung, daß die Übersendung der Unterlagen an den Bundesrechnungshof und die Beantwortung der Prüfungsmitteilung durch das Bundesverteidigungsministerium reichlich spät erfolgt ist. Ich habe mich aber bei einem Fachmann, der seit langen, langen Jahren Mitglied des Haushaltsausschusses ist, erkundigt und habe mir von ihm erzählen lassen, bei ganz besonders schwierigen ) und umfangreichen Komplexen komme es häufiger vor, daß sich die substantiierten Äußerungen mitunter mit einer jahrelangen Verzögerung einstellten. Das gilt insbesondere in einem derartigen Fall, wo vom ersten Vertragsabschluß bis zum endgültigen Abwicklungsvergleich insgesamt sechs Jahre oder vielleicht sogar acht Jahre vergangen sind. Daß natürlich ein Bericht über eine derartige Entwicklungsperiode, über die Geschichte einer Beschaffung und ihrer Schwierigkeiten, ihrer Abwicklung und ihres Vergleichs nicht sozusagen aus dem Handgelenk herausgeschüttelt werden kann, wird jeder gerechterweise zugeben müssen. Eines, was besondere Aufmerksamkeit und auch eigentlich die besondere Angriffslust der Mehrheit des Ausschusses erregt hat, ist das berühmte ES-Referat. Meine Damen und Herren, auch hier sollte man, glaube ich, Wesentliches von Unwesentlichem scheiden. Für wesentlich halte ich z. B. die Tatsache, daß die Ergebnisse der Ermittlungen des ES-Referats sich in vollem Umfange mit den Ergebnissen der Untersuchungen des Untersuchungsausschusses und auch mit dem decken, was die Bundesregierung auf Grund der Ermittlungen des ES-Referats damals in der Beantwortung der Kleinen Anfrage von 1966 erklärt hat: „Die Bundesregierung war und ist nach eingehender Prüfung aller dieser in verschiedenen Versionen wiederkehrenden Gerüchte über Geldzuwendungen im Rahmen des HS-30-Geschäfts an politische Parteien oder diesen nahestehende Personen der Überzeugung, daß diese Behauptungen unwahr sind." Diese zusammenfassende Erklärung der Bundesregierung deckt sich also im Kern mit den Feststellungsergebnissen des Ausschusses und auch mit dem, was das ES-Referat ermittelt hat. Was für die generelle Feststellung gilt, gilt auch für die Einzelfeststellungen, daß die Behauptung des Journalisten Miskat, ihre Wertung, die Erklärungen des Reichsministers a. D. Gottfried Treviranus unglaubwürdig seien. Ich weise hier nur darauf hin. lch will es mir ersparen, hier einen Satz aus einem Beschluß des Landgerichts Detmold aus dem Jahre 1951 über das stark getrübte Erinnerungsvermögen dieses einstmals in der Weimarer Zeit durchaus verdienten Reichsministers zu verlesen. Die Feststellungen des ES-Referats ergaben auch keine verwertbaren beweisbaren Informationen von Ebelseder. Holzapfels Ausführungen sind ohne jeden Beweiswert. Und die Ausführungen des Journalisten Engelmann, der diesen bekannten Kriminalroman geschrieben hat, den man wirklich mit heißem Herzen lesen kann, haben sich ebenfalls bei tieferer Nachprüfung jedenfalls als unverwertbar und unglaubwürdig erwiesen. Von der Ausschußmehrheit werden auch weniger die Ergebnisse der Tätigkeit des ES-Referats angegriffen als die Arbeitsmethoden, die es angewandt hat. Hier wird etwa die Behauptung aufgestellt, das ES-Referat fertige Vermerke oder, wie die Ausschußmehrheit sagt, Gedächtnisprotokolle und führe nicht jedes Gespräch in Form einer Vernehmung mit unterschriebenem Protokoll durch. Hier darf ich darauf hinweisen, daß die Fälle, wo derartige formelle Protokollierungen stattfinden müssen, gesetzlich genau geregelt sind und daß es eine derartige gesetzliche Verpflichtung für dieses Referat auch nach seiner ganzen Aufgabenstellung überhaupt nicht gibt. Aber schon für das Verfahren der Staatsanwaltschaft, die ja doch eine echte Strafverfolgungsbehörde ist, ist in den Richtlinien für das Strafverfahren unter Nr. 4 vorgesehen, daß die Staatsanwaltschaft die mündliche Erörterung des Sachverhalts mit den Beteiligten und die Festlegung des Erörterten in einem Vermerk niederlegen kann. Ausweislich der Akten der Staatsanwaltschaft hat auch die Bonner Staatsanwaltschaft nach diesem Grundsatz gehandelt, indem sie nämlich über Besprechungen mit dem Leiter des ES-Referats, gegen den die Staatsanwaltschaft ein Verfahren wegen des Verdachts der Begünstigung eingeleitet hatte - ein Ermittlungsverfahren, nicht, wie es irrtümlich in dem Mehrheitsbericht heißt, ein Untersuchungsverfahren; soweit ist es Gott sei Dank nicht gekommen -, immerhin Aktenvermerke gemacht hat, die diesem Verdächtigen nicht vorgelegt worden sind und nicht zur Kenntnis gebracht worden sind.

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Herr Kollege Süsterhenn, Herr Moersch möchte eine Zwischenfrage stellen. Gestatten Sie?

Dr. Adolf Süsterhenn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002288, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Bitte!

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Bitte, Herr Moersch!

Karl Moersch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001526, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Kollege Süsterhenn, damit Ihre Ausführungen vorständig sind, würden Sie uns bitte auch mal erklären, wie Sie sich zu der Frage der Aktenfrisur im Fall Haneberg stellen.

Dr. Adolf Süsterhenn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002288, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich glaube, daß diese Frage im Fall Haneberg in unserem Bericht genügend geklärt ist. Es war ja nicht der Herr Haneberg allein, sondern es waren ja auch andere dabei, die diese Reise mitgemacht haben und die die von der Bundesregierung vertretene Auffassung bestätigt haben. Das Bundesverteidigungsministerium hat die dienstlichen Erklärungen mehrerer Beamten dem Untersuchungsausschuß eingereicht. Ich sehe keine Veranlassung, diesen Erklärungen der Beamten, die dadurch gar nicht sich irgendwie in eine günstige. oder ungünstige Position setzen konnten, zu mißtrauen. Sie sind mir mindestens so wichtig wie die Erklärungen des Zeugen Dr. Haneberg, die auch nur schriftliche Erklärungen sind. Bitte!

Karl Moersch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001526, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Kollege Süsterhenn, darf ich aus Ihrer Antwort schließen, daß Sie es für ganz gleichgültig halten, daß auf Original und Durchschlag verschiedene Daten stehen und daß der angebliche Verfasser erklärt, er habe diese überhaupt nicht signiert? Halten Sie das in diesem Zusammenhang wirklich für unerheblich?

Dr. Adolf Süsterhenn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002288, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich glaube, in diesem Gesamtzusammenhang gesehen ist das unerheblich. ({0}) - „In diesem Gesamtzusammenhang gesehen", möchte ich dem verehrten Kollegen, der das Oho zum Ausdruck gebracht hat, ausdrücklich erklären. Sie dürfen auch bei der Beurteilung der Tätigkeit des ES-Referats natürlich nicht übersehen, daß dieses Referat nur beschränkte Operationsmöglichkeiten hat. Es kann im Gegensatz zur Staatsanwaltschaft keine Zeugen zitieren, kann keine Beschuldigten zwangsweise vorführen lassen, sondern ist darauf angewiesen, Informationen aus Randerkenntnissen zu sammeln, die bei diesem oder jenem zur Untersuchung gelangenden Korruptionsfall oder sonstwie anfallen. Die meisten Zeugen wären gar nicht bereit, sogenannte vertrauliche Informationen, die vielfach dazugehören, auch noch unter Nennung ihres Namens preiszugeben. Aber die Dinge müssen zu den Akten genommen werden, um bei der entsprechenden Gelegenheit zu sehen: ist da was dran, oder ist da nichts dran? Wir haben hier bei der Tätigkeit des ES-Referats die Wahl. Entweder erreicht man eine erfolgreiche Aufklärung der Korruptionsfälle, auch der internationalen Korruptionsfälle - denn bei der heutigen internationalen Waffenbeschaffung spielen sie eine ganz erhebliche Rolle, und eine solche Aufklärung ist außerordentlich schwer zu erreichen -, oder aber man paralysiert gewissermaßen durch eine übermäßige Reglementierung die Tätigkeit eines solchen Referats. Immerhin - das hat Strauß vor dem Untersuchungsausschuß erklärt -- sind 50 Millionen DM, die bereits verloren waren, durch dieses Referat und seine Arbeit wieder zurückgebracht worden, und die Auszahlung von weiteren 250 Millionen DM, zu denen sich die Bundesregierung bereits vertraglich verpflichtet hatte, wurde durch die Intervention dieses Referats verhindert. Ganz allgemein zeigt sich die positive Auswirkung dieses Referats auch in einer klaren Degression der Korruptionsfälle bei der Bundeswehr, insbesondere im Aufbaustadium, verglichen mit der Zahl der Korruptionsfälle damals bei dem Aufbau der Deutschen Wehrmacht. Als letzter angeblicher Randskandal bleibt die Behauptung, die Bundesregierung habe in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der SPD vom 17. Oktober 1958 Fragen falsch und unvollständig beantwortet und damit die Fragesteller, also eine Fraktion dieses Hohen Hauses und damit letzten Endes auch das Hohe Haus selbst getäuscht. Hier handelt es sich zunächst um folgende Frage: Die Frage 15 der Kleinen Anfrage der SPD lautete wie folgt: Entspricht die Behauptung den Tatsachen, wonach ein damaliges Mitglied des Vorstandes der CDU-Bundestagsfraktion - und jetzt bitte ich, genau zuzuhören für die Lieferfirma bei ihren Vertragsvorbereitungen gegenüber dem Bundesverteidigungsministerium beteiligt war? Ich nehme an, daß diejenigen, die diese Kleine Anfrage gestellt haben, sich diesen Text sicher gründlich überlegt haben. Die Frage wurde von der Bundesregierung mit Nein beantwortet. Diese Antwort war auch zutreffend. Sie stellte keine Verletzung der Wahrheit dar. Denn die Frage lief doch, für jedermann erkennbar in ihrer Zielrichtung, darauf hinaus, festzustellen, ob Dr. Lenz sich für die Firma HS bei ihren Vertragsvorbereitungen gegenüber dem Verteidigungsministerium beteiligt habe. Das sollte doch heißen: ist dieser Einfluß dieser politischen Persönlichket Lenz gegenüber dem Verteidigungsministerium bei den Vertragsvorbereitungen zugunsten der Firma HS 30 eingesetzt worden? Das ist doch der vernünftige Kern dieser Frage. Dem kann man natürlich nicht mit der Tatsache begegnen, daß Herr Dr. Lenz in einer Anwaltssozietät mit den Rechtsanwälten Schneider und Aretz sich befunden hat. Es ist bekannt - das war auch damals schon bekannt -, daß diese Sozietät Mandate der Firma Hispano-Suiza geführt hat. Das ergibt sich aus dem Protokoll der 165. Sitzung des Verteidigungsuntersuchungsausschusses vom 24. September 1957, Seite 10, sowie auch aus einem Artikel der „Frankfurter Rundschau" vom 27. August 1957, der der fragestellenden Fraktion sicher nicht unbekannt geblieben sein kann. Meine Damen und Herren, folgendes kommt aber hinzu. Die als Zeugen vernommenen Sozii von Lenz haben bekundet, daß sich Lenz um die Bearbeitung der Angelegenheit überhaupt nicht gekümmert hat, sondern daß die Arbeit ausschließlich von dem Sozius Aretz geführt worden ist. Zweitens. Von den als Zeugen vernommenen Beamten des Verteidigungsministeriums und Offizieren ist bestätigt worden, daß Herr Lenz in keiner Weise irgendwie ihnen gegenüber im Zusammenhang mit dem HS-30-Geschäft in Erscheinung getreten ist, geschweige denn, daß er versucht hätte, Einfluß zugunsten der Firma Hispano-Suiza auszuüben. Schließlich ist durch ein Schreiben des früheren Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses, Herrn Jaeger, vom 15. November 1967 und durch ein Schreiben des Ausschußsekretärs vom 27. November 1967 bewiesen, daß der verstorbene Dr. Lenz an keiner Ausschußsitzung teilgenommen hat, in der über die Beschaffung des HS-Schützenpanzers beraten worden ist. Meine Damen und Herren, gegenüber diesen klaren, feststehenden Bekundungen kann man ja nun wirklich nicht sagen, die Bundesregierung habe mit ihrem Nein die Unwahrheit gesagt.

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Eine Zwischenfrage von Herrn Stücklen. - Bitte, Herr Stücklen!

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002281, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Süsterhenn, bei einem so eindeutigen Sachverhalt frage ich: Warum steht denn das Gegenteil im Mehrheitsbericht des Ausschusses noch drin?

Dr. Adolf Süsterhenn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002288, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Verehrter Herr Kollege Stücklen, für den Mehrheitsbericht bin nicht ich verantwortlich, sondern das sind die drei Herren von der SPD und der Herr Kollege Moersch. Vielleicht sind diese Kollegen aber bereit, nachher diese - von Ihnen hier an die falsche Adresse gerichtete - Frage zu- beantworten. Weiterhin hat die Mehrheit des Ausschusses den Vorwurf erhoben, Strauß habe gegenüber dem Bundestag dadurch die Unwahrheit gesagt, daß er die Aktenzusammenziehung zum Fall HS 30 anläßlich der Einsetzung der Becker-Kommission im Mai 1958 als keine außergewöhnliche Maßnahme bezeichnet habe. Minister Strauß hat vor dem 1. Untersuchungsausschuß bekundet, daß er mehrfach aus bestimmten Anlässen Untersuchungen in seinem Ministerium veranlaßt und durchgeführt hat und daß der Umfang der jeweiligen Untersuchung, was ja selbstverständlich ist, sowie die Art der zur Durchführung der Untersuchung angeordneten Maßnahmen sich selbstverständlich jeweils nach dem Untersuchungsgegenstand und dem Untersuchungszweck richten. Wenn nun der Herr Minister Strauß im Falle der Zusammenziehung der Akten bei der Becker-Kommission das von ihm veranlaßte Untersuchungsverfahren, diese Maßnahme der Zusammenziehung aller Akten als außergewöhnlich oder nicht als außergewöhnlich betrachtet hat, meine Damen und Herren, dann ist das ja zunächst einmal eine Frage der persönlichen Ansicht und Wertung des verantwortlichen Ministers, der diese Maßnahme angeordnet und durchgeführt hat. Daß diese Anordnung nun bei diesem oder jenem Bediensteten in seinem Ministerium als außergewöhnlich empfunden wird, das mag durchaus sein. Aber diese Empfindungen der Ministerialangehörigen brauchen ja in keiner Weise die Auffassung des Ministers von diesem Vorgang irgendwie zu binden. Wie man also hier von einer unwahren Antwort sprechen kann, das vermag ich schon rein logisch aus der Immanenz dieses Vorgangs selbst nicht zu verstehen. ({0}) Meine Damen und Herren, handelt es sich denn, ob nun der Minister Strauß den Vorgang als außergewöhnlich oder nicht außergewöhnlich bezeichnet hat, da nicht bloß um eine Art Wortklauberei, um eine Silbenstecherei! Ist das wirklich ein Problem, das einen Untersuchungsausschuß oder einen Bundestag interessieren kann! Ich glaube - jedenfalls vertrete ich mit meinen politischen Freunden den Standpunkt -, es kam bei der Beantwortung der Kleinen Anfrage und es kommt auch heute gar nicht darauf an, ob die von Minister Strauß veranlaßte Untersuchungsaktion ungewöhnlich oder nicht ungewöhnlich war, von diesem als ungewöhnlich, von jenem als nicht ungewöhnlich empfunden worden ist, sondern es kam ausschließlich darauf an, daß diese Maßnahme mit der erforderlichen Energie in Angriff genommen und durchgeführt wurde, und das ist bisher von keiner Seite bestritten worden! ({1})

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Herr Kollege Süsterhenn, Sie sprechen jetzt eine Stunde und fünf Minuten. Ich schlage vor, daß Sie allmählich dem Ende entgegenstreben.

Dr. Adolf Süsterhenn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002288, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Jawohl, ich werde schleunigst dem Ende entgegenstreben. Abschließend darf ich noch folgendes sagen. Man muß sich eigentlich darüber wundern, wie diese Gerüchte entstanden sind und wie sie sich zehn Jahre halten konnten. ({0}) Woher kommen diese Gerüchte? ({1}) Diese Frage hat bereits der „Spiegel" im Jahre 1953 beantwortet, als er erklärte, daß Herr Gerold, der Herausgeber der „Frankfurter Rundschau", als er sich mit diesem Komplex - der damals noch Octogon-Komplex war - in einem Artikel beschäftigt hatte, offensichtlich nicht bemerkt habe, daß es sich hier um die Auseinandersetzung zwischen zwei konkurrierenden Waffenfirmen, nämlich Oerlikon und Hispano-Suiza, gehandelt hat. ({2}) So der „Spiegel", dem ich mich ausnahmsweise, in diesem Punkt, einmal anschließen kann, ({3}) nicht deshalb, weil ich es für richtig halte, weil es im „Spiegel" gestanden hat, sondern deshalb, weil die ausführlichen Beweisaufnahmen, die der Ausschuß durchgeführt hat, auf dem Wege über Richter13748 Rettershof und auch Antonowitsch, der Verhandlungen mit dem Kollegen Helmut Schmidt geführt hat - Helmut Schmidt hat diesen Mann in seinen Aktennotizen als „Gauner" bezeichnet; leider hat Helmut Schmidt diese Aktennotizen erst acht Jahre nach diesen Verhandlungen vorgelegt -, alle in diese Richtung führen. Sie landen alle bei Schaufelberger, sie landen alle bei Plappert, und diese landen schließlich alle bei Bührle. Ich glaube, daß das der eine Grund dafür ist, daß diese Dinge eine solche Verbreitung finden konnten und mit so unerhörter Aggressivität immer wieder wiederholt und dem deutschen Volk geradezu eingetrichtert, eingehämmert wurden. Meine Damen und Herren, das allein kann diese Dinge nicht restlos erklären. Ich glaube, man darf auch folgendes nicht übersehen. Gewisse Kreise, die schon immer dem deutschen Verteidigungsbeitrag im Rahmen der NATO und der Aufstellung der Bundeswehr gegenüber ablehnend eingestellt waren, gewisse Kreise von Atomtod-Marschierern oder -Demonstranten, denen die Bundeswehr als solche ebenso wie die gesamte Politik, die gesamte Außenpolitik und die Wehrpolitik, welche die Regierung Adenauer damals trieb, unerwünscht war, glaubten wahrscheinlich, die Bundeswehr als solche dadurch diskreditieren zu können, daß sie dem Neubeginn der Bundeswehr direkt in den Uranfängen den Makel eines großen Korruptionsskandals anhefteten. Aber diese Aggressivität richtete sich nicht nur gegen die Bundeswehr und den deutschen Verteidigungsbeitrag im Rahmen des NATO-Bündnisses, sondern auch gegen diesen Staat, gegen diese Bundesrepublik Deutschland selbst; denn nur so kann man es verstehen, daß man über ein Jahrzehnt lang - man tut es heute noch, man kann dies in den Zeitungen aus den letzten Tagen lesen - den ersten Kanzler der Bundesrepublik Deutschland, Konrad Adenauer, systematisch verdächtigt hat, er habe seiner Partei, die immerhin von Beginn der Bundesrepublik Deutschland bis zum heutigen Tage die führende Regierungspartei war und ist, durch korruptive Maßnahmen, durch politische Bestechungsgelder, Millionen zuschanzen wollen, indem er zu einer Aufrüstung mit schlechten Waffen seine Zustimmung gab. Ich glaube, daß man derartigen gegen unseren Staat gerichteten und bis zum heutigen Tag wiederholten Angriffen - Gott sei Dank keine Angriffe in diesem Hohen Hause - nur mit Entrüstung und Verachtung gegenüberstehen kann. ({4})

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Das Wort hat der Abgeordnete Kern.

Karl Hans Kern (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001087, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch ich möchte zunächst einige grundsätzliche Bemerkungen machen, weil hier in den Ausführungen des Kollegen Süsterhenn von Haupt-und Nebenkriegsschauplätzen die Rede war. ({0}) - Das ist eine ursprünglich von Herrn Kollegen Süsterhenn gemachte Äußerung, eine Mehrheit im Ausschuß habe sich auf Nebenkriegsschauplätze verlegt, weil die Hauptkriegsschauplätze nichts ergeben hätten. ({1}) _ Deswegen möchte ich jetzt zunächst einmal an ein Zitat anknüpfen - das freut Sie vielleicht -, das ich vorgestern in der Politisch-Sozialen Korrespondenz fand und wo die Forderung nach einem „ungebrochenen Staatsbewußtsein erhoben wurde, das nichts in Frage stellt und das alles verteidigt und festigt," ein Zitat, das in diesem Augenblick manche ähnliche Staatsauffassungen, wie sie in diesem Ausschuß vertreten worden sind, wachgerufen hat. Ich darf in diesem Zusammenhang vielleicht ein paar Zitate erwähnen, die in diesem Ausschuß gefallen sind und die die Minderheit, die auf den Hauptkriegsschauplatz kommen wollte, charakterisieren, etwa das Zitat: „Jeder Staat hat Schattenseiten, die um des Staates willen nicht ans Licht kommen dürfen", ({2}) oder ein anderes Zitat - ({3}) - Ein Mitglied des Ausschusses. ({4}) - Sie können das im Protokoll nachlesen. Herr Schulze-Vorberg, Sie waren so oft im Ausschuß. Ich glaube, es dürfte Ihnen nicht entgehen. ({5}) Ein weiteres Zitat in dieser Richtung: „Wir haben einen Auftrag, nämlich die Beschaffung des HS 30 zu klären, nicht aber, zu klären, wie sich die Parteien ihr Geld auf bittere Weise für die Wahlkämpfe beschaffen müssen." ({6})

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Kollegen Süsterhenn?

Karl Hans Kern (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001087, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Bitte schön.

Dr. Adolf Süsterhenn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002288, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Kern, ist es nicht richtig, daß die von Ihnen zuletzt zitierte Bemerkung gefallen ist, als von verschiedenen Seiten der Versuch gemacht wurde, die Arbeit des Untersuchungsausschusses etwa auf die Beschaffung der Wahlkampfmittel für den Wahlkampf des Jahres 1953 auszudehnen, daß eine derartige Ausweitung zurückgewiesen worden ist und ich gesagt habe, dann müßten wir uns natürlich auch einmal über gewisse Geldzuwendungen bei anderen Parteien ausführlich unterhalten?

Karl Hans Kern (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001087, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Der Gesamtzusammenhang ist nicht richtig gesehen, Herr Professor Süsterhenn. Aber ich darf eines hinzufügen. Was Wahlkampfgelder und Parteigelder anlangt, so ist im Mehrheitsbericht des Ausschusses nirgends davon die Rede. Lediglich im Minderheitenbericht ist vom Austausch der Gelder zwischen der CDU und der Democrazia Cristiana Italiens die Rede. Das haben Sie zu verantworten, daß das dort drinsteht. ({0}) Ich bin der Meinung, die beiden Zitate beweisen hinlänglich, ({1}) daß in diesem Ausschuß der Versuch gemacht wurde, das Thema so einzugrenzen, ({2}) daß kein Schauplatz mehr vorhanden war, ({3}) und daß das Untersuchungsthema umgangen werden sollte. ({4}) - Herr Hauser, Lautstärke ist noch nie ein Ersatz für Argumente gewesen. ({5}) Ich möchte aber auf die einzelnen Bemerkungen des Herrn Kollegen Süsterhenn eingehen und fange zunächst einmal mit den Bemerkungen an, die mich selbst betreffen. Er hat in ironischer Weise jenes Gespräch in Innsbruck geschildert. ({6}) - Ich nehme ausführlich auch zu dieser beleidigenden Formulierung Stellung. ({7}) Dieses Gespräch ist erst auf die Ebene - Sie sagten: der diplomatischen Welt - der Presse gekommen, nachdem in der Menschenrechtskommission in Straßburg der Verfasser des ersten giftigen Artikels, Herr Professor Ermacora, mit Herrn Professor Süsterhenn zusammengetroffen war. ({8}) Hier kann man Ursache und Wirkung sehr deutlich zusammensehen. ({9}) - Bitte!

Dr. Adolf Süsterhenn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002288, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ist es nicht richtig, daß Sie das Gespräch in der Weinstube in Innsbruck, das man später so herunterzuspielen versuchte, in Ihrer Eigenschaft als stellvertretender Vorsitzender des Untersuchungsausschusses auf einem Bogen des Deutschen Bundestages an alle ordentlichen und stellvertretenden Mitglieder übersandt und damit das ganz offiziell in die Arbeit des Deutschen Bundestages eingeführt haben? Betrachten Sie es nicht als mein Recht, mich mit einem bekannten Völkerrechtler über derartige Fragen - was ist nach dem Grundsatz der Souveränität zulässig oder nicht zulässig? - zu unterhalten? Das kommt unter Juristen öfter vor. ({0})

Karl Hans Kern (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001087, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Süsterhenn, auch hier will ich Ihnen ganz klar Antwort geben. Ich habe aus reiner Kollegialität mit dem Vermerk - und dieser Vermerk war unterstrichen - „streng vertraulich - zur persönlichen Kenntnisnahme" versehene Schriftstücke allen ordentlichen und stellvertretenden Mitgliedern des Ausschusses mitgeteilt, ({0}) weil ich nicht wollte, daß ich etwas in Erfahrung bringe, was die übrigen Mitglieder des Ausschusses nicht wissen. Ich habe nicht die Absicht gehabt, etwas hinter dem Rücken des Ausschusses zu tun, ({1}) sondern ich wollte sämtliche Mitglieder des Ausschusses davon unterrichten. Daß Sie dann das, was ich Ihnen vertraulich in die Hand gebe, benützen, um nun diplomatische Verwicklungen zu inszenieren, ({2}) das ist im Bereich Ihrer Verantwortung. ({3}) Aber nehmen Sie bitte zur Kenntnis - und das sei vor allem auch auf ihren Zwischenruf „Partisanentätigkeit" gesagt -, daß die österreichische Regierung amtlich mitgeteilt hat, sie habe festgestellt, daß hier keinerlei Verletzung der österreichischen Souveränität vorliege, daß keine Vernehmung vorgelegen habe und daß sie ein dreiseitiges Protokoll von einem eigens dafür hingeschickten Beamten habe anfertigen lassen, der eben solches feststellte. ({4}) Sie sehen also, welch unnötige Mühe Sie der österreichischen Regierung bereitet haben. ({5})

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Einen Augenblick, Herr Kollege Kern. Zunächst zu dem Zwischenruf „Partisanentätigkeit", den ich soeben überhört habe - aber jetzt steht er auch offiziell im Protokoll -: ich glaube nicht, daß mit diesem wahrschein13750 Vizepräsident Dr. Mommer lich spöttisch gemeinten Zwischenruf die Grenzen des parlamentarisch Erlaubten überschritten wurden. ({0}) Jetzt möchte Herr Schulze-Vorberg Ihnen eine Zwischenfrage stellen. Gestatten Sie, Herr Kollege Kern?

Karl Hans Kern (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001087, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Bitte!

Dr. Max Schulze-Vorberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002112, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Kern, Sie sagten soeben, Sie wollten damals nicht hinter dem Rücken des Ausschusses handeln. Haben Sie nicht tatsächlich hinter dem Rücken des Ausschusses gehandelt, als Sie in Innsbruck waren? Ich habe das vorher jedenfalls nicht gewußt und, soweit ich weiß, auch der Vorsitzende des Ausschusses nicht. ({0})

Karl Hans Kern (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001087, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Schulze-Vorberg, wir haben über diese Geschichte des Innsbrucker Gesprächs mehrere Stunden lang in einer nichtöffentlichen Sitzung gesprochen. Ich habe damals auch mitgeteilt, daß ich vor meiner Reise nach Innsbruck mit dem Vorsitzenden des Ausschusses darüber gesprochen habe. Und all das ist - wenn Sie da vielleicht nachlesen wollen - im Protokoll 66 ausführlich abgehandelt. ({0}) - Nein, eben nicht! Lesen Sie die Protokolle nach, ({1}) wenn Sie schon ein so kurzes Gedächtnis haben. ({2}) Ich möchte weiterkommen. ({3}) - Lesen Sie das Protokoll nach! ({4}) - Zunächst einmal möchte ich also, obwohl ich - ({5})

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Herr Kollege Kern, Sie haben soeben sagen wollen, daß Sie keine Zwischenfragen zulassen wollen?

Karl Hans Kern (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001087, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich möchte in dem Komplex jetzt weiterfahren.

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Bitte!

Karl Hans Kern (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001087, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich habe ursprünglich nicht die Absicht gehabt, auf diesen ganzen Komplex „Dattendorfer" einzugehen, und ich bedauere es eigentlich, daß im Ausschußbericht und in der Ausschußarbeit durch die Art und Weise, wie das mein Vorredner hier getan hat, nun dieses Thema zu einem zentralen Thema gemacht worden ist. ({0})

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Meine Damen und Herren, darf ich einen Augenblick um Gehör bitten. Ich möchte den Ton dämpfen und außerdem darauf hinweisen, daß wir nicht unbegrenzt Zeit haben. Es sind noch mehrere Redner eingeschrieben, und um 20 Uhr findet hier nebenan ein Abschiedsessen der ausscheidenden Abgeordneten statt, so daß wir dann auch wohl hier Schluß machen müssen. Ich bitte also, die Debatte konzentriert zu führen ({0}) und den Redner zu Ende reden zu lassen. Bitte, Herr Kollege Kern, Sie haben das Wort.

Karl Hans Kern (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001087, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich möchte auch noch auf den Ausdruck „Kronzeugenrolle" eingehen und finde, nachdem Herr Kollege Süsterhenn dieses Thema vorhin als den Hauptkriegsschauplatz bezeichnet und das in langen Ausführungen dargelegt hat, die Kronzeugenrolle hier bestätigt. ({0}) Und außerdem kam es mir darauf an, nicht einfach ein Vorurteil anderer zu übernehmen, sondern selbst zu prüfen, was an den Vorwürfen dran ist. Ich hielt das für die Aufgabe dieses Ausschusses. ({1}) - Darauf kommen wir jetzt. Sie sind von Vorurteilen ausgegangen, und Sie zwingen mich jetzt dazu, zu sagen, warum wir, die Mehrheit des Ausschusses, das Urteil der Staatsanwaltschaft über die Unglaubwürdigkeit dieser Zeugin nicht ohne weiteres haben akzeptieren können. ({2}) - Hören Sie doch einmal gut zu, Sie sind so merkwürdig ungeduldig heute! ({3}) Die Staatsanwaltschaft hat die Unglaubwürdigkeit dieser Zeugin mit anderen Zeugenaussagen begründet, und wir haben uns diese vier Zeugenaussagen also einmal der Reihe nach angeschaut. Da fielen uns zwei auf: das war die Aussage des Herrn Rechenberg, und das war die Aussage des Herrn Schneider. Beide sind vor dem Ausschuß vernommen worden; beide sind vor dem Ausschuß recht merkwürdig ins Zwielicht geraten. Herr Rechenberg beispielsweise hat vor dem Ausschuß gestanden, daß er aus der Wohnung der Frau Dattendorfer die Briefe, die Herr Lenz an sie geschrieben hat, entwendet hat. ({4}) - Wollen Sie das auch noch in allen ausführlichen Detailschilderungen haben? ({5}) Und diese aus der Wohnung der Frau Dattendorfer entwendeten Briefe hat er dann an den Herrn Schneider weitergegeben. Bei diesem Herrn Schneider sind die Briefe in einer Schatulle aufbewahrt worden. Eines Tages waren sie dann völlig spurlos verschwunden. Aber derselbe Herr Schneider, der hier als Kronzeuge für die Unglaubwürdigkeit von Frau Dattendorfer so herausgestrichen wurde, ist doch der Mann, der beim Tod von Dr. Lenz in Ischia zunächst versuchte, den deutschen Konsul dazu zu bewegen, daß der Totenschein gefälscht wird. Als der deutsche Konsul das ablehnte, ist er zum Chefarzt des Krankenhauses gegangen und hat versucht, dort eine Fälschung des Totenscheins zu erreichen.

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Herr Kollege Kern, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Rasner?

Karl Hans Kern (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001087, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ja, bitte.

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Herr Kollege Rasner!

Will Rasner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001777, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Kern, darf ich fragen, damit wir das Verfahren abkürzen: Halten Sie die Zeugin für glaubwürdig?

Karl Hans Kern (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001087, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Wir haben unsere Aussage im Bericht sehr deutlich begründet. ({0}) Wir differenzieren hier, ({1}) und ich sage Ihnen: was die Hauptaussagen anbetrifft, halte ich sie für glaubwürdig. ({2}) - Das ist keine Glaubensfrage. ({3}) Dann komme ich noch zu einer anderen Stilfrage. Sie, Herr Kollege Süsterhenn, haben heute mehrfach auf die juristische Qualifizierung ihrer Minderheitenvoten abgehoben. Sie scheuen sich aber nicht, hier erstens längst verjährte Urteile aus der Zeit des „Dritten Reiches" zu zitieren, um Personen schlechtzumachen. Sie scheuen sich nicht, in Ihren Minderheitenvoten Krankheitsberichte aus Personalakten zu zitieren, um Zeugen, die Ihnen unliebsam sind, schlechtzumachen. ({4}) - So etwas gibt es auch in diesem Hause. Hier gibt es auch Leute, denen schon § 51 in einem speziellen Teil zugestanden worden ist. ({5}) Nun lassen Sie mich fortfahren.

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Rasner?

Karl Hans Kern (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001087, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich möchte jetzt fortfahren.

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Keine Zwischenfrage, Herr Rasner; das ist das gute Recht des Herrn Kollegen. ({0})

Karl Hans Kern (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001087, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

- - die von Ihnen und Herrn Kollegen Süsterhenn inszeniert wurde. ({0}) Vielleicht sind Sie so freundlich, sich das anzuhören, auch wenn es für Sie unbequem ist. ({1})

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001529

Meine Damen und Herren, ich bitte, hier doch Ruhe zu bewahren. Wir müssen Disziplin üben und auch durch diesen schwierigen Punkt hindurchkommen.

Karl Hans Kern (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001087, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Die Frage, warum wir in verschiedenen Punkten zu dieser Bewertung gekommen sind, hängt damit zusammen, wie das Verteidigungsministerium und die die damalige Regierung hauptsächlich tragende Partei mit der Darstellung dieses Schützenpanzermodells umgegangen sind, und vor allem, welche Rolle eine Selbstdarstellung der Firma Hispano-Suiza aus dem Frühjahr 1956 gespielt hat, nämlich eine Selbstdarstellung, in der dieses Modell als voll ausgereifte, mehrere Jahre auf schwierigem Gelände erprobte Konstruktion dargestellt wurde. Diese Selbstdarstellung der Firma Hispano-Suiza hat zu dem falschen Urteil über dieses Modell geführt, und diese Selbstdarstellung der Firma Hispano-Suiza ist, wie die Ausschußvernehmungen ergeben haben, nachweislich falsch. Nun haben Sie uns aber zum Vorwurf gemacht, wir würden das ES-Referat des Verteidigungsministeriums kritisieren. Ich möchte dazu grundsätzlich folgendes sagen. Wir begrüßen es, daß es in einem Ministerium, das im Rahmen von Beschaffungsvorgängen mit so hohen Summen zu tun hat, auch ein Referat gibt, das sich mit Korruption beschäftigt. Was uns aber nicht gefällt, ist die Tatsache, daß die Befugnisse des ES-Referats in keiner Weise abgegrenzt sind. Sie sind weder gegenüber dem MAD noch gegenüber der Staatsanwaltschaft genau abgegrenzt. Was wir wollen, ist eine genaue Abgrenzung der Befugnisse dieses Referats, damit nicht vorkommen kann, was im Laufe des Verfahrens von uns entdeckt worden ist, und zwar dreierlei, nämlich erstens, daß das ES-Referat willkürlich darüber entscheiden kann, ob jemand, der der Bestechung verdächtig ist, den Strafermittlungsbehörden überstellt wird oder nicht. ({0}) Wir kennen einen Fall, in dem ein kleiner Beamter wegen einer Bestechungsaffäre bis zum höchsten Gericht gehen mußte, ({1}) während zum selben Komplex ein General überhaupt nicht gehört wurde, weil im Verteidigungsministerium die Anordnung getroffen wurde, daß er nicht zu hören sei. In dieser Weise hat das ES-Referat hier bereits sondiert. Das halte ich für einen Willkürakt, den es nicht geben darf. Das zweite Beispiel, das ich in dem Zusammenhang erwähnen will -

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Gestatten Sie eine Frage des Herrn Abgeordneten Damm?

Karl Hans Kern (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001087, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ja, bitte schön!

Carl Damm (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000351, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Kern, könnten Sie bitte angeben, welchen Punkt des Untersuchungsauftrags an den Untersuchungsausschuß das betrifft, von dem Sie jetzt gerade reden? ({0})

Karl Hans Kern (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001087, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Selbstverständlich betrifft das den Untersuchungsauftrag. ({0}) Denn es geht darum, ob die Bundesregierung die nötige Sorgfalt hat walten lassen oder nicht. ({1}) - Gut, wir sind uns einig, Herr Rasner. Wenn es Ihnen nicht paßt, kann ich auch nichts machen. ({2}) Ich bin jetzt beim zweiten Punkt. Ich halte es nicht für gut, wenn das ES-Referat seitenlang recherchiert und ermittelt, nicht etwa darüber, ob es Korruption gegeben hat, sondern darüber, was ein Journalist im Augenblick gerade recherchiert, was er bereits weiß und was er noch nicht weiß. Das ist nicht Sache eines Korruptionsreferats im Verteidigungsministerium. ({3})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Meine Damen und Herren, ich bitte um etwas Ruhe für den Redner. Wir werden um so rascher vorwärtskommen, je ruhiger wir alle Redner anhören. ({0})

Karl Hans Kern (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001087, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Wir haben eine Fülle von Beispielen, wo uns die Methode der Befragung, der Untersuchung und der Ermittlungen des Sonderreferats „Ermittlungen in Sonderfällen" nicht gefiel, etwa daß Leute, die zum HS 30 gehört wurden, nicht wußten, daß darüber Vermerke verfaßt wurden, die nachher an die Staatsanwaltschaft gingen, die nachher anderen gegenüber verwendet wurden, um eine andere Aussage herbeizuführen. ({0}) - Das gehört nun wirklich nicht zum Thema, Herr Schulze-Vorberg. ({1})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, sich in geordnetem Verfahren zu Zwischenfragen zu melden. ({0}) - Ich bitte rechts und links um Ruhe, damit der Redner weitersprechen kann.

Karl Hans Kern (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001087, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Wir haben auch zu der Frage Stellung genommen, ob der Bundesrechnungshof in seiner Arbeit behindert worden ist oder nicht. Hier nur ein Beispiel für meherere, die ich aufzählen könnte. Aber ich möchte Ihre Geduld nicht zu lange strapazieren. ({0}) Der Bundesrechnungshof hat sich jahrelang bemüht, die Akten der Becker-Kommission zu erhalten. Es ist ihm nicht gelungen. Er hat sie schließlich dann erhalten, aber eigentlich mehr oder weniger ohne Zutun des Verteidigungsministeriums, denn die Akten der Becker-Kommission wurden erst bei einer Durchsuchung durch die Staatsanwaltschaft Koblenz im Dienstzimmer eines Beamten im Verteidigungsministerium wiederentdeckt. Bis dahin waren sie verschollen. ({1}) - Ja.

Dr. Adolf Süsterhenn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002288, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Stimmt es nicht, daß Beamte des Bundesrechnungshofes als Zeugen vor dem Untersuchungsausschuß ausgesagt haben, daß alles, was in diesen ihnen angeblich vorenthaltenen Akten der Becker-Kommission drinstand, dem Rechnungshof schon längst bekannt war und von ihm in seinen Prüfungsfeststellungen bearbeitet und verarbeitet worden war?

Karl Hans Kern (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001087, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Süsterhenn, weder Sie noch ich haben eine Garantie dafür, daß die schließlich im Jahre 1964, nachdem die Becker-Kommission 1958 gearbeitet hat, dem Bundesrechnungshof zugeleitete Becker-Akte die tatsächliche und vollständige Akte gewesen ist. ({0}) Wir haben im Zusammenhang mit dem Bericht nicht nur einseitig das ES-Referat kritisiert. Eine solche Kritik findet sich ebenfalls, wenn Sie die Freundlichkeit haben, das noch einmal nachzulesen, in den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten. Auch dort ist bei der Vernehmung von Herrn Schnell dessen Methode kritisiert, daß nicht feststellbar ist, ob Akten vollständig sind oder nicht, ob Akten ausgesondert worden sind oder nicht. Ich möchte hier nur aus der Akte der Staatsanwaltschaft zitieren, damit Ihnen das etwas deutlicher wird. Dort heißt es ({1}) das hat Herr Schnell vor der Staatsanwaltschaft ausgesagt; ich entnehme das dem Bericht der Staatsanwaltschaft -, er nehme an, daß einige Unterlagen zu irgendeiner Zeit von der Registratur ausgesondert worden seien. Auch halte er für nicht völlig ausgeschlossen, daß Aktenteile unter Umständen verloren gegangen seien. Wenn also das ES-Referat solche Aussagen macht, dann, glaube ich, dürfen Sie mir das nicht übelnehmen, wenn ich solche Aussagen wiederhole. ({2})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Abgeordneter Kern, gestatten Sie dazu eine Zwischenfrage des Abgeordneten Süsterhenn?

Karl Hans Kern (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001087, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Bitte!

Dr. Adolf Süsterhenn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002288, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Stammt das, was Sie da verlesen haben, etwa aus einem Aktenvermerk der Bonner Staatsanwaltschaft, den diese hinter dem Rücken des Herrn Schnell angefertigt hat, ohne ihn zur Unterschrift vorzulegen? ({0})

Karl Hans Kern (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001087, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Er stammt aus der Abschlußschrift der Staatsanwaltschaft, wo also die Zeugenaussage Schnell in diesem Punkt abschließend so gewürdigt worden ist. ({0}) Meine Damen und Herren, die Untersuchungen des Untersuchungsausschusses hatten die Aufgabe - jedenfalls haben meine Fraktionskollegen das so angesehen -, daß dort, wo der Bürger in diesem Staat den Eindruck hat, daß etwas vertuscht werden soll, das Parlament verpflichtet ist, Transparenz zu schaffen, ({1}) einfach deswegen, weil in der Demokratie die Information zu den wesentlichen Prinzipien gehört. Wir haben das Mögliche getan, um hier aufzuklären. Sicher ist vieles nicht aufklärbar geblieben. Und weil Sie, Herr Kollege Süsterhenn, die Frage an mich gestellt haben, ob ich nun tatsächlich gesagt hätte, was diese Bestechungsgelder anlange, so sei das ein Freispruch mangels Beweises oder zweiter Klasse, möchte ich das jetzt bestätigen: Ja, der Meinung bin ich. Im Volksmund - da Sie ja nun als Partei sozusagen in der Rolle des Angeklagten gewesen sind - würde ich sagen: Angeklagter, Sie sind freigesprochen; machen Sie so etwas nicht wieder! ({2})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Moersch.

Karl Moersch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001526, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Süsterhenn hat in einer über einstündigen Rede hier die Pflichtverteidigung der Bundesregierung und seiner Partei übernommen. ({0}) Er hat dabei allerdings gelegentlich eine Art Conférence gegeben, die ich im Ausschuß sehr oft an ihm geschätzt habe, die aber sicherlich bei diesem Gegenstand manchmal nicht ganz passend gewesen ist. Das soll an meiner Wertschätzung für Herrn Professor Süsterhenn nichts ändern; ich stelle es hier lediglich fest. ({1}) - Danke schön! Herr Professor Süsterhenn, Sie haben davon gesprochen, daß sich der Bericht auf Nebenkriegsschauplätzen begeben habe. Ich möchte Ihnen hier eines sagen. Die Gesamtumstände, die wir hier zu untersuchen hatten, können Sie nicht in Einzeltatbestände auflösen. Diese Gesamtumstände sind leider - auch das muß ich hier feststellen - äußerst dubios geblieben. Diese dubiosen Gesamtumstände haben überhaupt zu der Notwendigkeit dieses Untersuchungsverfahrens geführt. Wenn die Bundesregierung die Untersuchungen des Rechnungshofes früher in einer anderen Weise unterstützt hätte, wenn diese Untersuchungen nicht mindestens verzögert worden wären, hätten wir uns vielleicht die Mühe dieses Untersuchungsverfahrens ersparen können. ({2}) Sie haben es sich selbst zuzuschreiben, daß im Jahre 1969 die Gegenstände der Jahre 1956, 1957, 1958 und sogar noch 1955 untersucht werden mußten. ({3}) - Herr van Delden, Sie irren schon wieder einmal. Wir sind 1956 wenige Tage, bevor die Einführungsverfügung für diesen Panzer von Herrn Staatssekretär Rust gegeben wurde, aus der Bundesregierung ausgeschieden. ({4}) Was hier geschehen ist, haben Sie von der CDU/CSU ganz allein zu vertreten. Das nimmt Ihnen kein Mensch in diesem Lande ab. ({5}) - Als wir wieder in die Regierung kamen, war gerade jemand dabei, diesen Panzer einigermaßen fahrbereit zu machen. Insofern haben wir Freien Demokraten diese Periode ausgelassen, in der Sie den großen Ärger verursacht haben. Das möchte ich ganz klar sagen. Ich möchte zu den persönlichen Dingen, die Sie gesagt haben, Herr Professor Süsterhenn, nur eine Anmerkung machen. Ich wundere mich einfach darüber, daß Sie es für notwendig hielten, diesen Fall in solcher Breite ins Persönliche zu bringen. Wir hatten damals im Ausschuß beschlossen - ich habe das vorhin schon erwähnt -, daß wir möglichst wenig von persönlichen Gegenständen Gebrauch machen wollten, und zwar im Interesse des Ansehens des ganzen Parlaments. Sie haben hier persönliche Bemerkungen z. B. über Honorierungen, die von Zeitungen geboten worden sind, gemacht. Dem wäre natürlich der Vollständigkeit halber noch einiges hinzuzufügen. Zu dieser Vollständigkeit gehört z. B. die Frage, wer denn Frau Dattendorfer 1953 honoriert hat, als sie für die Wahlwerbung der CDU den „Brief an die deutsche Frau" verfaßt hat. Ist das vielleicht aus dem Titel 300 honoriert worden? Diese Frage müssen Sie sich dann auch gefallen lassen. ({6}) Ich könnte die Reihe fortsetzen. Meine Damen und Herren, wenn Sie Lust haben, sich auf dieses Feld zu begeben, - ich bin dazu bereit, aber ich möchte es damit jetzt bewenden lassen, weil ich glaube, daß es im Grunde niemandem nützt. Die Praktiken, die Sie dort angewandt haben, gehören hoffentlich der Vergangenheit an. Wir haben diese Dinge inzwischen in diesem Hause ja etwas geändert.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Herr Abgeordneter Moersch, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten van Delden?

Karl Moersch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001526, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Bitte schön! van Delden ({0}) : Herr Kollege Moersch, kann ich nach diesen Ausführungen, die Sie hier gemacht haben, annehmen, daß Sie die Zeugin Frau Dattendorfer in allen Punkten für glaubwürdig halten?

Karl Moersch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001526, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Nein, Herr van Delden. Ich habe es im Bericht sehr genau abgegrenzt. Meine Meinung dazu ist in diesem Bericht niedergelegt. Ich habe dem nichts hinzuzufügen. Ich pflege solche Berichte auf Grund von Unterlagen zu schreiben. Aber auch Ihre Kollegen - Herr van Delden, Sie waren bei diesen Gesprächen nicht immer dabei - haben ja noch über einige Dinge gesprochen, bei denen die Zeugin für Sie früher offensichtlich eine recht glaubwürdige Mitarbeiterin gewesen ist. Ich möchte hier an die Aussage von Herrn Dr. Heck erinnern. Lesen Sie bitte einmal nach, was er vom Wahlkampf 1953 über ihre Zuverlässigkeit gesagt hat. Dann können Sie sich doch nur wundern, daß Ihre Kollegen selbst es für notwendig befunden haben, hier in der Vergangenheit herumzustochern. ({0}) - Entschuldigen Sie bitte, ich möchte jetzt an diesem Punkt fortfahren. ({1})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Der Redner möchte fortfahren. Das ist sein gutes Recht, Herr Abgeordneter Schulze-Vorberg.

Karl Moersch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001526, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Ich hatte mir nicht vorgenommen, dieses Thema weiter zu verfolgen. Sie haben die Sache aufgebracht. Dann müssen Sie aber auch vollständig berichten. Dann müssen Sie auch Ihre angesehenen Bundestagskollegen zitieren, die z. B. die Zuverlässigkeit dieser Zeugin ausdrücklich im Ausschuß dokumentiert haben, allerdings bevor sie wußten, daß die Zeugin selber im Ausschuß aussagen würde. Das möchte ich noch hinzufügen.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Gestatten Sie eine Zwischenfrage oder lehnen Sie Zwischenfragen grundsätzlich ab? - Sie gestatten eine Zwischenfrage?

Karl Moersch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001526, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herrn Süsterhenn, ja! ({0})

Dr. Adolf Süsterhenn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002288, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ist es richtig, Herr Kollege Moersch - so mußte ich Sie nämlich verstehen -, daß der Kollege Heck, als er als Zeuge vor dem Ausschuß vernommen wurde, ganz generell sozusagen eine Begutachtung über die menschliche Vertrauenswürdigkeit und charakterliche Qualität der Zeugin abgegeben hat, ({0}) oder hat der Kollege Heck lediglich erklärt, sie habe einige schriftsstellerische Reklame-, Propagandaarbeiten ordentlich erledigt? ({1}) Bezog sich das auf das erste - die generelle Persönlichkeit - oder auf einige Wahlkampfbeiträge und Artikelchen?

Karl Moersch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001526, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Professor Süsterhenn, ich hatte gar nicht für möglich gehalten, daß Sie in dieser späten Abendstunde Haare noch so fein zu spalten wissen. ({0}) In Wahrheit ist es doch so, daß Herr Heck uns bestätigt hat, sie sei im Wahlkampf 1953 - und offenbar auch noch später - eine zuverlässige Mitarbeiterin der Bundesgeschäftsstelle der CDU gewesen. Dem habe ich nichts hinzuzufügen. ({1}) - Herr Kollege Schulze-Vorberg, wir sind dem Wandel der Zeit unterworfen, und Sie am allermeisten. Denn ich habe Sie doch kennengelernt, als Sie Mitglied der SPD gewesen sind. ({2}) Im Jahre 1948/49. ({3}) - Natürlich! Das haben Sie mir selber damals bekundet. Das müssen Sie doch mal zugestehen. Herr Kollege von Merkatz, ich habe den Zuruf nicht provoziert. Es liegt ja im Ermessen eines Kollegen, über seine Vita hier Auskünfte geben zu lassen. Ich möchte ganz klar sagen: Dieser Untersuchungsausschuß - ({4}) - Das ist eine Tatsache! Das haben Sie damals gesagt. Sie sind von Herrn Dr. Högner, dem damaligen Ministerpräsidenten der SPD in Bayern, in den Bayerischen Rundfunk als Korrespondent nach Bonn gebracht worden ({5}) und haben sich uns gegenüber als Sozialdemokrat ausgegeben. ({6}) - Selbstverständlich, das haben Sie gemacht. ({7}) Sie müssen schon Antworten entgegennehmen, wenn Sie Fragen stellen. ({8}) - Dann nehme ich das zur Kenntnis, daß das nicht stimmt. ({9}) - Einverstanden; gut. Wir können es dabei bewenden lassen. ({10}) - Ich leide unter Verschiedenem, aber unter schlechtem Gedächtnis leide ich im allgemeinen nicht; das möchte ich nur hinzufügen. Ich möchte hier betonen, daß für mich dieser Untersuchungsausschuß und dieser Bericht als Ergebnis doch ein demokratisches Lehrstück war. Ich darf auf das hinweisen, was Herr Kollege Kern ausgeführt hat. Es ist falsch, zu sagen, daß bei solchen Untersuchungen der Staat Schaden leide. Es ist richtig, zu sagen, daß der Staat Schaden leidet, wenn solche Dinge nicht untersucht werden. Es ist in der Demokratie notwendig, das zu tun, ({11}) und es ist in dieser Demokratie notwendig, daß das Parlament von seinem Kontrollrecht Gebrauch macht und es in Anspruch nimmt. ({12}) Es wäre besser, Herr Kollege Süsterhenn, wenn Sie in diesem Falle weniger in die Rolle des Pflichtverteidigers geschlüpft wären. Das wäre meiner Ansicht nach für das Parlament besser gewesen. Sie hätten trotzdem hier Ihre Meinung sagen können. Es ist hier eine Reihe von begründeten Vorwürfen zu erheben gewesen. Ich will sie nicht noch einmal aufzählen: die Verletzung der Sorgfaltspflicht, die haarsträubende Art, wie man Anfragen haarscharf neben der Fragestellung beantworten kann, und vieles andere mehr, was eben doch ein Stück Täuschung des Parlaments gewesen ist. Das kann man nicht hinwegdiskutieren. - Wie es gemeint gewesen sein mag, ist ganz egal. Die Tatsache, daß hier ganz wesentliche Leute von einem Schaden gesprochen haben, die Tatsache, daß dieser Schützenpanzer doch eine Alternative hatte, die man eben nicht verfolgt hat, daß Ihre Gutachter, die Sie hier zitiert haben, alle interessengebunden gewesen sind - das geht doch aus den Akten eindeutig hervor - und daß deswegen ihr Wert von Anfang an relativiert gewesen ist. ({13}) Sie müssen doch die Aussagen auch nach der Interessenlage der einzelnen werten und nicht nur nach dem Dienstrang, den sie im Augenblick auf den Achselstücken tragen. ({14}) - Sicher gilt das für alle, Herr Damm. Aber die Frage ist doch, wie ich z. B. einen angesehenen Konstrukteur werten muß, wie ich einen Unternehmer werten muß, der uns sagt: „Jawohl, man braucht sechs Jahre für die Entwicklung." Und Sie haben doch sechs Jahre gebraucht, Sie haben doch nicht nur drei Jahre gebraucht. Am Ende haben doch die Sachverständigen recht behalten, die das I für Utopie erklärt haben, was Sie in einem Mut zum Risiko damals getan haben. Ich würde sagen, es war damals nichts als schierer Übermut. ({15}) - Sie haben doch versucht, dem deutschen Volk und der Welt weiszumachen, Sie könnten dank deutschem Genie in drei Jahren eine 500 000-MannArmee aus der Erde stampfen. Das ist schon bei Schillers Jungfrau von Orléans danebengegangen, das ist erst recht hier danebengegangen. ({16}) - Das war ihr Fehler, wahrscheinlich. ({17}) Es ist doch wahr, daß die Justiz sich behindert gefühlt hat, daß die Staatsanwaltschaft sich behindert gefühlt hat vom ES-Referat des Verteidigungsministeriums. Lesen Sie es doch einmal nach! Es ist doch wahr, daß die Beamten des Rechnungshofes wiederholt Schwierigkeiten hatten bei der Vorlage des Berichtes, daß der Große Senat den Bericht zurückgewiesen hat, daß es zwei Jahre gedauert hat, bis sie durchgekommen sind. Es ist doch wahr, daß es Aktenvermerke gibt, in denen Herr Hopf dokumentiert hat, daß er sich mit der Sache befaßt hat, nachdem er uns gegenüber einen anderen Eindruck erweckt hatte, wobei ich offenlassen will, ob er Einfluß genommen hat. Aber befaßt hat er sich damit. Das konnten Sie doch alles nachlesen. Meine Damen und Herren, daß Sie hier in diesem Falle so aufgetreten sind und daß das so lange gedauert hat, ,hat Herr Professor Süsterhenn zum Schluß erklärt. Unfreiwillig, würde ich sagen. Er hat nämlich seine Partei wiederum mit dem Staatsinteresse identifiziert. Ich möchte Sie dringend bitten: tun Sie der Demokratie in Deutschland einen Gefallen und lassen Sie als Partei diese Indentifikation mit dem Staat, den Sie dann jeweils feststellen und von dem Sie sagen, wer das eigentlich ist. ({18}) Was hier den demokratischen Staat festigt, ist allein die Klarheit und die Wahrheit und die Offenheit, mit der diskutiert wird. Das halte ich für notwendig ({19}) und nicht die Methode: Wir kehren das ein bißchen unter den Teppich, weil es vielleicht der NPD oder sonst jemandem nützen könnte. Denen nützt eine unklare Atmosphäre, aber Klarheit nützt der Demokratie. ({20}) Vor allem eines müssen Sie in diesem Fall tun. Sie müssen diese allgemeinen Verdächtigungen dadurch aus der Welt räumen, daß Sie klar sagen, wer verantwortlich war. Es gibt 3000 Beamte in dem Ministerium. Da kann man nicht von d e m Ministerium sprechen. Da muß man sagen, wer gemeint war. Deswegen haben wir den Bericht verfaßt, damit die vielen korrekten Beamten und Offiziere nicht weiterhin mit verdächtigt werden konnten. ({21}) Es ist für mich geradezu überraschend, in welcher Art hier plötzlich diskutiert wurde, nachdem ich in diesem Ausschuß jahrelang wirklich eine Kollegialität erlebt habe. Das möchte ich ganz besonders den Kollegen von Merkatz und Süsterhenn hier bescheinigen. Es ist doch wirklich ein Wunder gewesen, daß wir überhaupt in einem Ausschuß bei einem solchen Gegenstand so weit gekommen sind. Ich bedaure ein wenig, Herr Kollege Süsterhenn, daß Sie diese lange Rede hier verlesen haben, die doch in manchen Punkten Ihren wirklichen Ansichten eigentlich gar nicht entsprechen kann. Das ist für mich etwas, was mir noch nicht ganz eingeleuchtet hat. Ich möchte hier noch einen Zusatz machen. Als diese ganzen Dinge entstanden, meine Herren und Damen von der CDU/CSU, da waren Sie im Vollbesitz Ihrer Stärke,. da hatten Sie 1956 das ganze Wirtschaftswunder als Erfolg im Rücken. Da hatten Sie den Juliusturm. Da wußten Sie im Augenblick noch gar nicht, was Sie mit dem Geld anfangen sollten. Da waren Sie gerade dabei, den „Kuchenausschuß" zu bilden. Da kam es natürlich für Sie gar nicht darauf an, einmal 200 Millionen DM nach England vorauszuzahlen und auf die Zinsen zu verzichten. Das ist doch auch geschehen. Kein Mensch weiß, wo die Zinsen geblieben sind. Da waren Sie doch sicher, daß Sie 1957 ganz groß herauskommen würden. Da kam es auf Kleinigkeiten in der SorgMoersch faltspflicht gar nicht so sehr an. Heute sieht sich das natürlich anders an, zugegeben. Aber damals haben Sie gedacht: Die Zeit wird mit uns sein, und die Dinge werden verrauschen, am Ende wird kein Mensch mehr davon reden. Aber dann kamen so ein paar Esel aus dem Journalismus und haben das Gras abgefressen, das gerade darübergewachsen war. So ist es doch in Wahrheit gewesen. Deswegen müssen wir heute über diese Dinge noch einmal reden. Es ist eben die Sorgfaltspflicht verletzt worden. Sie haben es sich zu leicht gemacht. Sie haben unseren Verbündeten weisgemacht, man könne das, weil man Deutscher sei, fabelhaft organisieren. Jetzt stellen wir fest, daß wir genauso tüchtig und genauso wenig tüchtig sind, wie es alle in der Welt waren, die es uns von Anfang an nicht so ganz geglaubt haben, die aber unserer eigenen Propaganda mit zum Opfer gefallen sind. Ich will die lange Liste der Merkwürdigkeiten in diesem Falle nicht weiter aufzählen. Herr Kollege Kern hat einige genannt, ich habe vorhin in der Zwischenfrage einige genannt. Sie wissen, daß es mit den Akten in diesem Hause immer schon schwierig gewesen ist und daß gelegentlich offensichtlich unbefugt Fotokopien auch in Büros vorgenommen worden sein müssen. Diesen Eindruck haben wir jedenfalls aus dem ganzen Verfahren und seinem Verlauf gewonnen. Ich möchte zum Schluß nur fragen: war es eigentlich nützlich, daß wir das gemacht haben? Diese Frage muß man sich doch stellen, wenn man sich zweieinhalb Jahre mit einer solchen Materie befaßt hat und eigentlich besser einiges andere in diesem Hause gemacht hätte, was für die Zukunft sicher sehr wichtig gewesen wäre. Diese Frage müssen wir uns stellen. Ich glaube, daß es doch die Mühe gelohnt hat - trotz allem, was am Ende unklar bleiben mußte, und obwohl man nicht eindeutig sagen konnte: Es kann nur so oder so gewesen sein. Aus diesem Verfahren sind Lehren für die Zukunft zu ziehen. Wir haben hier schließlich ein Lehrstück für die Demokratie schreiben müssen. Wir haben jetzt die Konsequenz zu ziehen und zu sagen: es darf künftig nicht mehr so sein, daß der Rechnungshof der Regierung untersteht, sondern das Parlament muß die Möglichkeit haben, den Rechnungshof in Untersuchungen einzuschalten. ({22}) Dann können wir uns diese große Arbeit sparen. Dann wissen wir schneller als bisher, wo wir dran sind. Wir müssen einen Untersuchungsstab in diesem Hause haben. Was mußten wir denn alles machen, und welcher Front von Mitarbeitern auf der anderen Seite haben wir gegenübergestanden?! ({23}) - Herr van Delden, richtig. Aber das sind Konsequenzen, die zu ziehen sind. Sonst ist dieses Parlament nichts als eine von der Regierung degradierte Einrichtung. Das möchte ich jedenfalls der Demokratie in Deutschland nicht weiter angetan haben. Das ist doch die Gefahr. Es ist auch die Frage: welche Konsequenzen werden eigentlich in einem großen Ministerium gezogen, nachdem dem Ministerium bescheinigt werden mußte, daß es doch ziemlich mit Schlamperei geleitet worden sei? Das ist ziemlich deutlich die Übersetzung dessen, was im Bericht des Rechnungshofes stand, und die Erkenntnis, die wir auch aus den Untersuchungen haben. Ich möchte noch eines fragen: Hat es sich gelohnt? Wenn ja, dann nur, wenn von uns allen die Folgerungen daraus gezogen werden, daß eben jede Art der Erweckung eines Anscheins, man gehe mit dem Staatswohl leichtfertig um, künftig unterbleibt. Es hat sich vor allem dann gelohnt, wenn es uns mit der Art der Untersuchung gelungen ist, diejenigen Beamten in ihrem Mut zum eigenständig-verantwortlichen Handeln zu stärken, die bisher der Meinung gewesen sind, daß derjenige, der in diesen Ämtern für Recht und Ordnung sorgen will., am Ende der Betrogene sein könne. Es ist doch bezeichnend, wie viele Beamte zu ihrem eigenen Schutz bei bestimmten Weisungen Aktenvermerke angelegt haben, die sie uns Jahre später auf den Tisch gelegt haben. Es ist bezeichnend, daß diese Beamten nicht die Möglichkeit hatten, auf dem normalen Dienstweg ihre Vorstellungen durchzubringen, daß sie nicht richtig angehört worden sind, daß sie im Grunde damit rechnen mußten: Wenn ich hier für eine saubere Art der Abwicklung sorge, dann kann es mir passieren, daß ich in meinem Leben nie mehr befördert werde. Ob das so war, weiß ich nicht; es war jedenfalls der Eindruck, den sehr viele Beamte gehabt haben. Meine Damen und Herren vom Parlament hier insgesamt, ich muß Ihnen sagen: sorgen wir dafür, daß wir nicht noch einmal einen solchen Untersuchungsausschuß machen müssen, sorgen wir dafür, daß künftig diejenigen in diesem Land etwas mehr Mut haben, die für Sauberkeit eintreten und das Zwielicht beseitigen wollen! ({24})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Stücklen.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002281, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe Herrn Kollegen Süsterhenn eine Frage gestellt, die im ganzen Saal verstanden wurde. Herr Kollege Süsterhenn, Sie haben erklärt, Sie seien für die Beantwortung nicht zuständig. Inzwischen haben zwei Vertreter gesprochen, die für die Beantwortung dieser Frage zuständig sind. Sie haben diese Frage nicht beantwortet. Aus diesem Grunde möchte ich folgende Erklärung abgeben, und ich möchte sie mit Nachdruck abgeben, weil ich eines aus der Welt schaffen möchte: daß eine für uns unerträgliche Diffamierung im Raume bleibt. Der Ausschußbericht ergibt klar, daß sich der damalige Bundesminister der Verteidigung tatkräftig eingesetzt hat, um der Schwierigkeiten des HS 30 Herr zu werden. Trotzdem hat sich die Ausschuß13758 mehrheit bemüßigt gefühlt, mißt ihrem Bericht eine parteipolitische Privatjustiz zu üben. ({0}) Sie hat versucht, den damaligen Bundesminister der Verteidigung mit der Behauptung zu diffamieren, er habe 1958 auf 2 von 28 Fragen unwahre Antworten erteilt. Der Tatbestand ist folgender. ({1}) - Dann gehen Sie hier rauf und widerlegen Sie diesen Tatbestand, Herr Kollege Kaffka. 1. Der damalige Bundesminister der Verteidigung hat die im Bundestag gestellte Frage, ob sich Dr. Lenz bei den Vertragsvorbereitungen gegenüber dem Bundesministerium der Verteidigung beteiligt habe, mit Nein beantwortet. Er hatte diese Frage durch persönliche Nachforschungen geklärt und dabei festgestellt, daß Dr. Lenz sich gegenüber dem Bundesminister der Verteidigung nicht beteiligt hatte. Er konnte daher nur mit Nein antworten. Fest steht heute auch nach Auffassung der Ausschußmehrheit, also des Gesamtausschusses, daß sich Dr. Lenz nicht beteiligt hatte. 2. Die Frage nach dem Zweck der Becker-Kornmission hat der damalige Bundesminister der Verteidigung auch nach Meinung der Ausschußmehrheit wahrheitsgemäß beantwortet. Nicht richtig soll lediglich sein Kommentar sein, es handle sich nicht um eine außergewöhnliche Maßnahme. Der Bericht der Ausschußminderheit weist schlüssig nach, daß dieser Kommentar den Tatsachen entsprach. Hier kann man nur eines folgern: Einige wenige haben unter mißbräuchlicher Benutzung der Funktion des Untersuchungsausschusses geglaubt, mit unwahren Behauptungen auf ihre Art den Wahlkampf vorzeitig beginnen zu können. ({2}) Sie haben sich selbst, der Institution des Untersuchungsausschusses und damit diesem Hohen Hause einen schlechten Dienst erwiesen. Hätte der damalige Bundesminister der Verteidigung die Fragen so beantwortet, wie es die parteipolitische Mehrheit des Ausschusses nachträglich verlangt, hätte er wider besseres Wissen die Unwahrheit gesagt. Daß er es nicht getan hat, will sie ihm heute als Unwahrheit anrechnen. Dazu ist jeder Kommentar überflüssig. ({3})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Schultz.

Fritz Rudolf Schultz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002103, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin nicht Mitglied dieses Ausschusses gewesen, sondern bin einer der Abgeordneten dieses Hauses, die versucht haben, sich in 24 Stunden einen Überblick über das zu verschaffen, was hier auf diesen Seiten dargelegt worden ist. Ich kann deswegen zu solchen intimen Feststellungen, wie sie eben Herr Stücklen getroffen hat, keine Stellung nehmen. Ich kann weder sagen, ob sie richtig, noch sagen, ob sie falsch sind. Das sehe ich auch nicht als meine Aufgabe hier als Abgeordneter dieses Hauses an. ({0}) Ich möchte in der gebotenen Kürze nur noch auf einige Dinge hinweisen, von denen ich meine, daß sie eigentlich behandelt werden müßten und in einer sehr viel breiteren Form hätten behandelt werden müssen als wir es bisher gehört haben. Ich spreche hier natürlich als Mitglied des Verteidigungsausschusses, dem ich inzwischen lange genug angehöre, und möchte von dieser Seite her zu diesem Untersuchungsausschuß und dem Ergebnis einige Bemerkungen machen. Zunächst einmal: Hat es Mängel im organisatorischen Bereich gegeben oder nicht? Ich würde Ihnen, meine Damen und Herren, doch empfehlen, auf Seite 41 rechts unten des Berichts zu lesen, was Herr Verteidigungsminister Strauß, der heutige Finanzminister, vor dem 1. Untersuchungsausschuß gesagt hat - ich zitiere -: Ich habe meinen Herren schwere Vorwürfe gemacht, daß sie bei der Vorgeschichte, bei der Auswahl, bei der Vertragsgestaltung Fehler begangen hätten. .. . Ich darf Sie nun - es handelt sich darum, was für Lehren man aus diesem Bericht ziehen kann - auf Seite 42 verweisen, wo über Nähring - das scheint nach der Aufzählung der Zeugen hinten einer zu sein, der heute noch im Ministerium tätig ist - links steht: Nähring betonte, „es ist auch wie heute im Ministerium: die Aufgabengebiete sind hübsch getrennt und koordiniert wird nur manchmal" ... Ich muß sagen, daß auch ich das unterstreichen kann. Es scheint mir eine wichtige Feststellung zu sein; denn wenn Sie im Verteidigungsministerium einer Sache nachgehen, werden Sie nie jemand erwischen, der in der Tat für etwas verantwortlich ist, im guten oder im schlechten Sinne. Verantwortlich ist immer nur die politische Führung, und weil eben immer nur die politische Führung praktisch gefaßt werden kann, wird dann alles darauf umkonstruiert, daß man einen weiter unten nicht mehr fassen können darf, weil nämlich dann die Sorgfalts- oder die Fürsorgepflicht des Vorgesetzten dadurch in Frage gestellt würde. Also meine Meinung: Dieses Ministerium ist auch heute noch reorganisationsbedürftig. ({1}) Es hat keinen Sinn, daß der Staatssekretär praktisch als der Mann dasteht, über dessen Tisch alles gehen muß; denn gerade dann können Sie Verantwortlichkeiten nicht mehr feststellen. Wann wird sich dieses Ministerium endlich dazu durchringen, Verantwortung zu delegieren, dann aber auch klarstellen, wer für was verantwortlich ist? Schultz ({2}) Die Ausführungen, die Herr Kollege Kern zum ES-Referat gemacht hat, möchte ich auf Grund meiner persönlichen Kenntnis mancher Dinge hundertprozentig unterstreichen. Dieses ES-Referat ist eine komische Einrichtung; das hat nichts mit den Menschen zu tun, die in ihm tätig sind, sondern ist einfach von der Sache her zu sehen. Es ist, wie in dem Schriftlichen Bericht steht, „zuständig und geeignet, den Hinweisen nachzugehen". Das, was dazu hier in dem Bericht gesagt worden ist, ist mir viel zuviel. Ich bin der Meinung, daß dieses Referat ein Zwitterdasein zwischen einer staatsanwaltschaftlichen oder polizeilichen Untersuchungsstelle im Ministerium und der dafür eigentlich zuständigen Staatsanwaltschaft führt. Es geht weit über seinen Aufgabenbereich hinaus, der hier so definiert worden ist, daß es „zuständig und geeignet" sei, Hinweisen nachzugehen. Das ES-Referat betätigt sich praktisch als Ermittlungsorgan. Ich frage mich nur: Wird hier immer in der richtigen Richtung ermittelt, ({3}) oder werden hier nicht die Gewichte verschieden schwer verteilt? Mancher, gegen den eigentlich ermittelt werden sollte, ist auf der Waage plötzlich oben, und der andere, bei dem es eigentlich gar nicht notwendig gewesen wäre, sitzt ganz unten und kommt auch nicht mehr heraus. ({4}) Ich bin der Meinung, daß im Ministerium - das ist eine Regierungsangelegenheit - die Aufgabenstellung bezüglich dieses Referats einer sorgfältigen Prüfung bedürfte. Ich bin weiter der Meinung, daß die Vorwürfe, die mein Kollege Moersch hier erhoben hat und die ich gar nicht wiederholen will, daß nämlich das Ministerium die Möglichkeit der Aufhellung und Aufklärung aller Dinge, die in Frage gestanden haben, verhindert oder zumindest verzögert hat, durchaus richtig sind. Sie können das gar nicht wegwischen. Das kann auch gar nicht durch die Rede des Herrn Professors Süsterhenn weggewischt werden; denn zu diesem Bericht sagt die Minderheit - ich zitiere -: Bei der Vorbereitung der Verträge und bei Vertragsabschluß sind sicher nicht alle Möglichkeiten genutzt worden, die unter normalen Umständen bei geordnetem Ablauf des Geschehens hätten genutzt werden können. Weiter wird gesagt: „... kann von einer schuldhaften Verletzung der Sorgfaltspflicht kaum die Rede sein." Ich betrachte diese Feststellung nur .als eine abgeschwächte Feststellung dessen, was praktisch im Mehrheitsbericht steht. ({5}) Ich möchte auch noch auf eine Frage eingehen, die von Herrn Süsterhenn nur leicht angeschnitten worden ist: Wie steht es eigentlich mit der Truppenbrauchbarkeit, der Kriegsbrauchbarkeit, der Feldbrauchbarkeit dieses Fahrzeugs? Dazu geben in dem Bericht die Seiten 69 bis 72 Auskunft, in denen die Befragung der Herren von der Truppe, die mit diesem Fahrzeug zu tun haben, herausgestellt wird. Auf Seite 69 wird - das kann man eigentlich nur auf der Zunge zergehen lassen - die Aussage eines Hauptmanns Liebig, 29 Jahre, technischer Offizier, zitiert. Ich will Ihnen diese Aussage nicht vorlesen. Dort wird dargelegt, warum dieses Fahrzeug eben nicht den Ansprüchen entsprochen hat und auch heute noch nicht entspricht. Es heißt hier weiter: Nach Liebig meldete sich Otl Pein, Gruppenleiter Panzergrenadiere bei der Kampftruppenschule II in Munsterlager:.. Er sagte: Ich glaube, der eben vernommene Zeuge hat manches falsch gesehen. Es spricht vielleicht die mangelnde Erfahrung daraus. ... Ich füge ein: Hauptmann Liebig, 29 Jahre, technischer Offizier. - Liebig fuhr fort: Man muß in dem ganzen Problem die Zeit sehen, in der der HS 30 ausgelegt wurde ... Das, meine Damen und Herren, begegnet mir allerdings sehr oft, daß in der Diskussion mit der Truppe draußen, wo der Abgeordnete den Soldaten gegenübersteht, ein junger Mann eine Beanstandung in irgendeiner Richtung feststellt und dann der übergeordnete Mann sagt: Das sieht der nicht so richtig, da mangelt die Erfahrung. - Vorsicht damit! Wir sollten auch im Bereich der Soldaten nicht unbedingt immer nach dem Vorgesetzten schielen. Herr van Delden! van Delden ({6}) : Herr Kollege Schultz, Sie haben hier einen Offizier zitiert und in Ihrer letzten Bemerkung gesagt: Man soll nicht immer nach dem Vorgesetzten schielen. Darf ich Sie bitten, den Bericht über den Termin des Untersuchungsausschusses in Munsterlager einmal ganz durchzusehen. Dort werden Sie feststellen, daß wir mehr Untergebene gehört haben als die von Ihnen apostrophierten Vorgesetzten; und dann würden Sie vielleicht, noch dazu, weil Sie Fachmann sind, zu einem anderen Ergebnis kommen, als wenn Sie hier nur ein Zitat von einem Offizier erwähnen.

Fritz Rudolf Schultz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002103, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Kollege van Delden, mir kam es darauf an, das Haus und die, die an dieser Geschichte Interesse haben - das sollten wir alle sein -, überhaupt einmal auf die entsprechenden Seitenzahlen hinzuweisen, wo sie etwas finden können, was eigentlich zu lesen notwendig wäre. ({0}) - Natürlich. Ich habe den Bericht in dieser Sache ganz durchgelesen, und ich habe vorhin auch Herrn Kollegen Süsterhenn zugerufen, er solle ganz zitie13760 Schultz ({1}) ren. Er zitierte den Generalmajor Dr. Schnell. Der nächste der Zeugen war Herr Hellwig. Es heißt im Bericht: Der Zeuge Hellwig äußerte auf die Frage, ob er der Meinung sei, „daß dem HS 30 auch heute noch recht schwerwiegende konstruktive Mängel anhaften, die das Fahrzeug als nicht tauglichen Schützenpanzer erscheinen lassen:" „Der Schützenpanzer ist bedingt brauchbar." Also auch hier sind zum Gesamtverständnis noch diese Zeugen in der Gegenüberstellung zu den anderen erforderlich. Meine persönliche Meinung ist die: Dieser HS 30 ist ein brauchbares Ausbildungsfahrzeug und war immer ein nicht ganz brauchbares Kriegsfahrzeug. Das lag aber schon am Anfang der Konstruktion. Ich möchte wirklich wissen, auf welchen militärischen Erfahrungen man gefußt hat, daß man das Aussteigen und Einsteigen in ein solches Fahrzeug nach oben über die Bordkante vorgesehen hat. Das hat es noch nie gegeben. ({2}) Nun, meine Damen und Herren, komme ich zum Schluß: Welcher Schaden ist 'entstanden? Hier bestehen ohne Zweifel gegensätzliche Auffassungen zwischen der Mehrheit und der Minderheit des Ausschusses. Man lese hier Seite 73 nach. Mir scheint es allerdings abenteuerlich zu sein, zu sagen: Ein Schaden ist nicht entstanden, weil Entwicklungskosten eingespart worden sind. Gerade weil diese Entwicklungskosten eingespart worden sind, weil man hektisch gearbeitet hat, bar jeder militärischen Vernunft, deswegen ist ein erheblicher Schaden entstanden, und zwar dadurch, daß die Soldaten unserer Bundeswehr kein Vertrauen in ihre Waffe haben können. Das muß hier im Zusammenhang mit diesem Bericht auch ausgesprochen werden können. Daß wir in dieser Hinsicht nicht noch weiteres erlebt haben, kann man eigentlich nur als Glück bezeichnen. Ich erinnere mich noch, wie seinerzeit in Berlin die Einführung des heutigen Jeeps beschlossen wurde. Damals erging sich der Kollege Schmidt ({3}) in sehr heftigen Worten über die mangelnde Erprobung dieses Fahrzeugs. Die allgemeine Meinung des Ausschusses war dann schließlich die: Nun ja, wir müssen die Bundeswehr jetzt aufstellen; dann nehmen wir halt das, was jetzt da ist. Darüber, daß sich das mit diesem Radfahrzeug nicht zu einer größeren Pleite ausgewirkt hat, können wir, darüber können Sie, meine Damen und Herren von der Christlich Demokratischen Union, die Sie im wesentlichen diese Beschaffungen zu verantworten haben, in der Tat glücklich sein. Das muß hier doch auch einmal klar ausgesprochen werden. Ich bin deswegen der Meinung: selbst wenn der finanzielle Schaden schlecht oder nicht zu beziffern ist, ein psychologischer Schaden, auch im Bereich der Truppe, ist ohne Zweifel entstanden. ({4})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Kern.

Karl Hans Kern (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001087, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich nicht dem Vorwurf aussetzen, nicht auf die von Herrn Kollegen Stücklen gestellte Frage eingegangen zu sein. Ich bin nicht darauf eingegangen, weil ich den Eindruck hatte, Ihre Geduld sei ohnehin am Ende. Nun möchte ich aber voraussetzen, daß Ihre Geduld wieder vorhanden ist, und deshalb auf diese Frage eingehen. Die Mehrheit des Ausschusses hat keineswegs aus parteipolitischen Überlegungen ihr Urteil gefällt, sondern auf Grund der Vernehmungen. Was die Frage 15 der Kleinen Anfrage der SPD-Fraktion. von 1958 anlangt, so haben wir bei der Vernehmung des Zeugen Kraemer festgestellt - was nachzulesen ist im Protokoll Nr. 58, Seite 51 ff. -, daß die Firma Hispano-Suiza ihre Vertretung dem Anwaltsbüro übertragen hat, und zwar anläßlich eines vorausgegangenen Gesprächs zwischen Dr. Lenz und dem Generaldirektor Kraemer in der Wohnung von Herrn Dr. Lenz in Bad Godesberg. Insofern ist damals schon die. Kleine Anfrage der SPD falsch beantwortet worden. Was die Frage 27 anlangt, so hat damals Minister Strauß geantwortet, es handle sich um keine außergewöhnliche Maßnahme im Zusammenhang mit der Becker-Kommission. Wir haben trotz Heranziehung jahrzehntelanger Verwaltungserfahrung nicht feststellen können, daß irgendwoanders ein ähnliches Verfahren praktiziert worden ist, nämlich das Verfahren, daß sämtliche Stellen, die mit einem Vorgang betraut sind, sofort sämtliche Akten an das Ministerbüro abliefern müssen, daß eine Frist gesetzt wird: innerhalb von zwei bis vier Stunden müssen die Akten abgeliefert und mit dem Namen des Bearbeiters im Ministerbüro sein, und die Sachbearbeiter dürfen nichts mehr mit dieser Sache zu tun haben. ({0}) Falls aber das noch nicht ausreichen sollte: ich glaube, daß die außergewöhnliche Aktion im nachhinein noch erst recht dadurch bestätigt worden ist, daß die Akten der Becker-Kommission so unter Verschluß gebracht wurden, daß sie erst anläßlich einer staatsanwaltschaftlichen Untersuchung überhaupt wieder entdeckt werden konnten. Wenn das nicht außergewöhnlich ist, dann möchte ich Sie fragen, was eigentlich noch außergewöhnlich sein soll.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Süsterhenn? - Bitte!

Dr. Adolf Süsterhenn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002288, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Halten Sie die Anordnungen, die in diesem Augenblick der Minister Strauß zum Zweck der Untersuchung getroffen hat, für angemessen und richtig oder nicht?

Karl Hans Kern (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001087, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich halte sie für eine außergewöhnliche Maßnahme. ({0}) - Was das Ergebnis anlangt, so kann ich es nicht für die richtige Methode halten, wenn das Ergebnis nachher im Panzerschrank verschwindet und nicht mehr, auch nicht dem Rechnungshof zugänglich ist, sondern erst dadurch zufällig wieder ans Tageslicht kommt, daß die Staatsanwaltschaft eine Hausdurchsuchung veranlaßt. ({1})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. von Merkatz.

Dr. Hans Joachim Merkatz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001477, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es geht irgendwie durch die Offentlichkeit so etwas wie ein Seufzer: HS 30 und kein Ende. - Ich hoffe, daß wir hier heute doch zu Ende kommen, und möchte mich ganz kurz fassen. Eigentlich wollte ich als Vorsitzender des Ausschusses nach der vielen Arbeit und der Mühe, die wir gehabt haben, und nach dem doch letzthin kollegialen Verfahren, das wir erlebt haben, am Schluß der Dinge ein versöhnliches Wort sprechen. Aber das fällt mir schwer; es wäre ein bißchen Heuchelei nach der Debatte, die wir hier geführt haben. Herr Kollege Kern; ich möchte Sie wirklich ernstlich bitten, etwas zurückzunehmen, was Sie gesagt haben und was auch nach dem Bericht der Mehrheit - von dem Bericht der Minderheit gar nicht zu reden - von Ihnen nicht aufrechterhalten werden kann. Sie haben am Schluß Ihrer Rede gesagt: Angeklagter, ich spreche Sie frei. ({0}) Angeklagter - das sagt der Richter, den Sie zitiert haben -, tun Sie das nicht wieder! - Das heißt doch, in schlichtes Deutsch übersetzt, daß Sie die ganze Diffamierung, die Unterstellung gegen eine der Parteien dieser Demokratie aufrechterhalten. ({1}) Herr Kollege Kern, ich bitte Sie herzlich - ich gebe Ihnen gleich das Wort -, nehmen Sie das zurück und stellen Sie das richtig. - Bitte, Herr Kollege Kern!

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Eine Zwischenfrage, Herr Abgeordneter Kern!

Karl Hans Kern (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001087, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich muß das in die Frageform kleiden: Herr Kollege von Merkatz, zunächst einmal verstehen Sie bitte, daß in meiner Absicht nicht eine Diffamierung lag. ({0}) Verstehen Sie aber gerade nach Ihren Bemerkungen - ({1}) - Genau das will ich nicht! Verstehen Sie bitte, daß ich jetzt nicht heucheln und nicht gegen meine Überzeugung etwas sagen kann, was nicht meine Meinung ist. Infolgedessen muß ich bei dem bleiben, was ich gesagt habe. ({2})

Dr. Hans Joachim Merkatz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001477, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Dann liegt also eigentlich gar kein Bericht der Mehrheit vor. Aber ich möchte es hier jetzt wirklich es geht gegen 8 Uhr, und wir haben noch so viele wichtige - ({0}) - Genau darauf wollte ich noch zu sprechen kommen. Die Öffentlichkeit hat ja eine ganz falsche Vorstellung von solchen Untersuchungsausschüssen. Da, wo es sich um innerparlamentarische Auseinandersetzungen handelt, kann man doch dabei in gar keiner Weise von einem gerichtsähnlichen Verfahren sprechen. Dennoch haben wir, um eben die Selbstreinigung zu vollziehen, falls sie notwendig wäre, uns bemüht, so weit aufzuklären wie überhaupt nur möglich. Und damit ist doch das, was die Demokratie und was dieses Haus fordert und braucht, vollzogen: in der letzten Hingabe an eine Aufgabe hier die Wahrheit zu finden, die Klarheit. Ich kann niemand anderem ins Gewissen reden. Aber wenn solche Summen von Fakten objektiv dargestellt sind, dann kann man doch das, was die Bosheit einem eingegeben hat, nicht aufrechterhalten. ({1}) Meine sehr verehrten Damen und Herren! Trotzdem halte ich es jetzt am Schluß dieser Sache für meine Pflicht, unseren Kollegen, die im Ausschuß mitgearbeitet haben - auch als Vorsitzender darf man das wohl tun -, meinen Dank auszusprechen für die große Arbeit. Dies gilt vor allen Dingen auch unserem Sekretariat. ({2}) Das bedeutet etwas, diese drei Tonnen Akten greifbar zu machen und so aufzubereiten - und das ist die Arbeit von Ihnen allen gewesen, auch vom Berichterstatter -, daß wirklich hier bei dieser Schlußdebatte die Dinge jeweils präsent sind. Dazu gehört eine große technische Vorbereitung. Ich möchte es damit bewenden lassen. Die sachlichen Dinge sind von Herrn Süsterhenn und von anderen Rednern angesprochen worden. Sie sehen, es bleibt eine Spannung, es bleiben Mehrheit und Minderheit. Aber eines sollten wir uns zur Lehre machen - ich stimme Herrn Moersch durchaus zu -: Demokratie lebt von der Offenheit, Demokratie lebt von der Wahrheit. Man soll nichts unter den Teppich kehren, sondern man soll die Selbstreinigung vollziehen. Aber wenn man das tun muß, dann muß auch die Grundlage ein gewisses Gewicht und eine gewisse Reife haben. Wie leichtfertig wird in unserem Lande und in unserer sogenannten so fortschrittlichen, modernen Welt von der Waffe der Verleumdung Gebrauch gemacht, und nachher ist es keiner gewesen! ({3}) In unserer Jugend gab es ein Sprichwort - entschuldigen Sie, daß ich es einmal sage; es gehört eigentlich nicht auf diese Tribüne -: „Dem Schwein ist alles Schwein". Es ist doch so. Es gibt ein Mißtrauen, das nicht die Suche nach der Wahrheit, nach der Gerechtigkeit und dem Anständigen zum Ziel hat, sondern das eine tiefe, geheime Freude an dem Schmutz dieser Welt hat. Wenn wir diesem nicht einen Damm vorschieben, wenn hier nicht die eigene Selbstprüfung in der Beschuldigung und in dem, was man vorzubringen hat, in die Tiefe geht, dann gehen wir den Weg von Weimar. Weimar ist im wesentlichen auch an der Verleumdung gestorben. ({4}) - Unsere sozialdemokratischen Kollegen waren mit die Hauptleidtragenden der ganzen Sache; das stimmt. ({5}) - Kampfpresse, gut. Aber mit Sensationen Geld verdienen ist und bleibt eine Schweinerei. ({6}) Meine Damen und Herren, ich will es damit genug sein lassen. Dank dafür, daß wir mit dieser Sache zu Ende gekommen sind. Aber nun muß das auch wirklich zu Ende sein. Denn mehr Akribie, mehr Energie, aufzuklären - wobei natürlich die Meinungen über die Wertung dieser oder jener Tatsache und ihrer Kombinationen verschieden bleiben können -, kann man kaum aufwenden. Insofern bleibt für mich sozusagen als die letzte parlamentarische Tat doch ein Stück Dank und Befriedigung zurück - in der Politik versteht sich das Moralische nicht immer von selbst -, daß wir hier einen Weg im Kampf des Parlaments um sein Selbstverständnis suchen und letzthin doch einsehen, daß wir allein mit der Diffamierung ohne Fundus eben doch das Gute nicht schaffen. ({7})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat Herr Abgeordneter Wienand.

Karl Wienand (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002507, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

°Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es fiel gelegentlich des letzten Diskussionsbeitrags das Wort von der parteipolitischen Diffamierung. Ich möchte hier ausdrücklich erklären, daß kein Sozialdemokrat auch nur eine Sekunde Diffamierung parteipolitischer Art im Sinn gehabt hat. Ich spreche hier für die Fraktion und beziehe mich auf den Bericht. Das, was von Herrn Kollegen von Merkatz appellierend an meinen Kollegen Kern gesagt wurde, bezog sich auf eine Bemerkung, die der Kollege Kern einem Journalisten gegenüber gemacht hat. Ich identifiziere mich nicht damit, weil ich mich auf den Bericht stütze - und die Fraktion stützt sich auf den Bericht -, aber ich bitte um Verständnis, daß ich das, was ein Kollege als seine persönliche Überzeugung sagt, auch respektiere, ohne mich damit identifizieren zu können. Meine Damen und Herren, für die sozialdemokratische Bundestagsfraktion ist das Ergebnis des 1. Untersuchungsausschusses Anlaß zu einer politischen - nicht zu einer parteipolitischen, zu einer politischen! - Bilanz der Beschaffung des HS 30 und zu politischen Folgerungen aus der Beschaffung und den damit zusammenhängenden Umständen. Meine Fraktion kann für sich in Anspruch nehmen, daß sie gegen die verteidigungspolitische Konzeption, die der Beschaffung des HS 30 zugrunde lag, und gegen .die Beschaffung selbst von Anfang an Gegenvorstellungen entwickelt hat. Ich sage das hier mit Absicht und betont, um zu zeigen, daß auch aus einem echten politischen Anliegen heraus Gegensätze entstehen können, die nichts mit Diffamierung zu tun haben und die keineswegs geeignet sein sollten, einen solchen Dissens herbeizuführen. ({0}) Die SPD-Fraktion hat damals ihre Bedenken ausgesprochen und vor Schaden gewarnt. Wir sehen leider, sage ich, unsere damalige Auffassung nunmehr bestätigt. Wenn ich sage „leider", so deshalb, weil mir daran liegt, daß wir gemeinsam mehr aufeinander hören, wenn es noch Zeit ist, und daß wir dann, wenn nicht aufeinander gehört worden ist, das Anliegen des Parlaments sehen und das in den Vordergrund stellen, was hier von allen Rednern beschworen worden ist, nämlich daß es darauf ankommt, der Offenheit und der Wahrheit zu dienen. Meine Damen und Herren, wenn wir uns den Zeitgeist vergegenwärtigen, dann ist es doch keine Schande, wenn man Fehler eingesteht, ,dann ist es doch keine Schande, wenn man sagt: aus diesen oder jenen Gründen ist das passiert; wir mißbilligen das, wir sehen heute ein, daß es falsch war. Wenn in diesem Hause in den vergangenen Jahren so verfahren worden wäre, bei vielen Anlässen, hätten wir uns viel an Temperament und an gegenseitiger Reibung ersparen können, Und vieles wäre der Sache in der Entwicklung dienlicher gewesen. ({1}) - Man kann das auch so machen: § 1; der Chef hat immer recht; § 2, wenn der Chef einmal nicht recht hat, tritt § 1 in Kraft: der Chef hat immer recht. ({2}) - So sind teilweise Regierungsverantwortliche in letzter Zeit verfahren, indem sie viel Zeit darauf verwandt haben, klarzumachen, daß sie recht hatten, statt menschliche Irrtümer einzugestehen und damit das Klima hier zu entgiften. ({3}) Meine Damen und Herren, wir müssen heute Bilanz ziehen. Einige haben das getan, und ich möchte das ebenfalls tun. Wir können die Bilanz unbefangen ziehen, weil es sich in diesem Fall um wehrpolitische und wehrwirtschaftliche Entscheidungen der Regierungen Adenauer und Erhard handelte, gegenüber denen wir in Opposition standen. Die Verantwortung für die jetzt zu ziehenden politischen Folgerungen hat allein die Mehrheit zu tragen, haben die Regierungen zu tragen, die damals die Regierungsverantwortung trugen. Der von der Regierung Adenauer gehegte Wunsch und die sich selbst und freiwillig auferlegte Verpflichtung - zunächst im Rahmen der EVG, dann im Rahmen der NATO -, in drei Jahren die Bundeswehr in einer Stärke von 500 000 Mann aufzustellen und darin den gepanzerten Truppen eine besondere Rolle zuzuweisen, ist nach unserer Überzeugung die Wurzel für die Fehler, die Schwierigkeiten und den Schaden, die sich im Verlauf des Realisierungsversuchs herausstellten. Der frühere Bundesminister der Verteidigung, unser Kollege Blank, hat vor dem Untersuchungsausschuß als Zeuge ausgesagt. Er sagte: „Es war aus Sicherheitsgründen geboten, die sogenannte Durststrecke ... so kurz wie möglich zu halten." - Das war seine Auffassung damals. Wir wissen heute - und meine Fraktion hat schon damals darauf hingewiesen -, daß am Anfang des hier untersuchten Vorgangs nach unserer Meinung eine politische Fehleinschätzung und damit eine politische Fehlentscheidung standen. Diese Entscheidung ist von der damaligen Regierung und ihren Mitgliedern politisch zu verantworten. Auch der frühere Staatssekretär und jetzige Präsident des Bundesrechnungshofs, Herr Hopf, betonte als Zeuge vor dem Ausschuß, die Erfüllung der Planungen sei - ich zitiere wörtlich - „von vornherein nicht möglich" gewesen. Man sollte das doch heute zugeben und gemeinsam dafür sorgen, daß so etwas nicht wieder auftritt. Ich werde nachher auf die Schlußfolgerungen und auf die Konsequenzen zu sprechen kommen. Aus der politischen Fehlentscheidung folgte, daß zu hohe Bedarfszahlen und zu kurze Zeiträume für die Ausführung Eingang in die militärischen Planungen fanden. Im April 1956 forderte das Bundesministerium der Verteidigung vom Bundestag 10 680 mittlere Schützenpanzer und ließ sich hierfür von der Mehrheit ,gegen die Stimmen der SPD eine Bindungsermächtigung von über 2,4 Milliarden DM geben. Schon ein halbes Jahr später war diese Größenordnung nicht mehr zu halten. Es sind vorhin Gründe genannt worden, die ich nicht prinzipiell in Abrede stelle; denn im November 1956 erfolgte eine Reduzierung des Planziels von 500 000 auf 350 000 Mann. Zur gleichen Zeit sollten nur noch 6200 Schützenpanzer - ich nenne runde Zahlen - erforderlich sein. Eine weitere Kürzung auf 4000 Schützenpanzerwagen 'erfolgte dann im Frühjahr 1957. Wegen des Versagens der HS-Firma und wegen der schlechten Lieferung unausgereifter und nicht funktionsfähiger erster HS 30 kam es in den Verträgen zu einer weiteren Kürzung auf 1027 Schützenpanzer „lang" HS 30. Wir sollten das festhalten, um diesen Ablauf auch chronologisch zu sehen. Die hohe Bedarfszahl und die Kürze der Zeit, in der die Panzer zur Verfügung stehen sollten, führten nun dazu, .daß ohne hinreichende Vorbereitung, Entwicklung und Erprobung und ohne ausreichende Prüfung von Alternativ-Konstruktionen eine Firma und ein Fahrzeug ausgewählt und sozusagen die Stahlversion des Holzmodells auf Band gelegt wurde, nur um die Serienproduktion so 'schnell wie möglich in Gang zu bringen - aus dieser politischen Alternativstellung, wie sie damals gesehen wurde. Die SPD-Bundestagsfraktion hat damals in allen Ausschüssen gegen die Konzeption „500 000 Mann in drei Jahren" und gegen die Planung, gegen den Kauf dieses Modelles in so hoher Stückzahl gesprochen und gestimmt. ({4}) - Ich würde jetzt nicht das doch etwas platte Argument, wir seien damals gegen alles gewesen, wieder in diese Diskussion 'bringen. ({5}) Wenn Sie das wünschen, können wir hier eine Gesamtaufrechnung all dieser Dinge vornehmen. Helmut Schmidt hat als Zeuge vor dem Ausschuß bestätigt, er habe es schon damals für eine Schnapsidee gehalten, zu glauben, man könne in drei Jahren eine moderne Armee mit 500 000 Mann aufbauen. Worauf kam es uns an? Wir wollten damals die Entwicklung von Prototypen und die Erprobung sowie den Kauf von zunächst einer Null-Serie von hundert Stück. Wir wollten dies, bevor sich der Bund in der Weise, wie es geschah, festlegt. Mein Freund Helmut Schmidt hat vor dem Untersuchungsausschuß seine damalige Überzeugung, die zu ändern er keinen Grund gehabt hat, wiederholt, die Prüfung sei nicht ausreichend gewesen, und er habe den ganzen Vorgang damals als „leichtfertig" empfunden. Der vorliegende Bericht bestätigt, daß die SPD mit diesen Befürchtungen recht behalten hat. ({6}) - Wir sind damals erstens davon ausgegangen, daß es nicht möglich ist, innerhalb von drei Jahren 500 000 Mann unter Waffen zu bringen. Wir haben aber neben diesem sachlichen Argument - von der Erfahrung her mitbestimmt - in dieser Zeit eine andere politische Lagebeurteilung gehabt. Ausgehend von dieser politischen Lagebeurteilung - das war ja der Dissens in diesen Jahren - haben wir nicht nur dieses eine Sachargument, es ließen sich in drei Jahren keine 500 000 Mann unter Waffen 13764 Deutscher Bundestag - S. Wahlperiode Wienand bringen, sondern auch das Argument mit in den Vordergrund gestellt, daß weniger mehr wäre und wir, wie es dann später die Reduzierungen gezeigt haben, ja dann auch in der Tat Zeit hatten. ({7}) - Bitte sehr!

Dr. Werner Marx (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001431, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Wienand, darf ich fragen, ob diese Einschätzung, die Sie eben geben, auch für Ihre damalige Gegenwehr, die einen Eintritt der Bundesrepublik in die NATO betraf, gilt und ob Ihre damalige Einschätzung der militärischen Lage im Abschnitt Europa-Mitte so war, wie Sie eben hier andeuteten?

Karl Wienand (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002507, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Die Diskussion über den Eintritt in die NATO oder vorher noch über die Beteiligung an der EVG wurde ja einige Jahre vor der Entscheidung über die Aufstellungsziele und vor der Entscheidung über die Einführung von Schützenpanzerwagen geführt. ({0}) Ich kann also hier nicht einen Kausalzusammenhang herstellen zwischen dem, was damals grundsätzlich von der Opposition in diesem Hause auf Grund der politischen Bewertung vertreten wurde, und dem, was dann von seiten dieser Fraktion gesagt wurde, nachdem die Entscheidung gefallen war; denn aus der Entscheidung heraus, die gegen sie gefällt worden war, mußte sich diese Fraktion nunmehr auf diese Basis stellen und daraus das Beste machen. Herr Kollege Dr. Marx, bitte!

Dr. Werner Marx (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001431, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Wienand, war Ihre Entscheidung damals auf die technischen Werkzeuge, die Waffen und das Gerät abgestützt, oder war es eine militärpolitische Grundsatzentscheidung, die im Grunde genommen gegen die Bundeswehr und gegen den Eintritt unseres Landes in die NATO gefällt wurde? ({0})

Karl Wienand (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002507, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Dr. Marx, ich habe mit Bedacht meinen Freund Helmut Schmidt zitiert, der nicht in dem Geruch steht, gegen das Militär zu sein, und der damals im Verteidigungsausschuß, sich auf den Boden der hier im Bundestag getroffenen Mehrheitsentscheidungen stellend, das Beste für die Soldaten und die Truppe herausholen wollte. Wir wollten deshalb Aufstellungsziele längen; wir wollten erproben. Wir wollten genau das vermeiden, was heute hier beklagt worden ist. In diesem Sinne hatten wir damals zu entscheiden. ({0}) Der vorliegende Bericht bestätigt, daß die SPD mit ihren damaligen Befürchtungen Recht hatte. Der frühere Verteidigungsminister Strauß nimmt das Verdienst für sich in Anspruch, die Planung drastisch gekürzt zu haben. Ich bestreite das nicht. Es ist aber auch festzustellen, daß vor dieser Kürzung der Wunsch nach einem schnellen Erreichen militärischer Stärke stand, ferner das Wunschdenken - das wurde vorhin schon von meinen Vorrednern angesprochen -, deutsches Organisationstalent könne Unmögliches möglich machen. Über die psychologischen Folgen haben wir uns hier oft genug unterhalten, auch was die Überforderung der Truppe in diesem Zusammenhang angeht. Meiner Meinung nach liegt hier kein Verschulden der Truppe vor, sondern eine Überforderung der Truppe auf Grund der politischen Zielsetzung. Auch das sollten wir uns eingestehen. Egal, wie wir die Lage damals beurteilt haben, es war eine Überforderung. Nach der Devise des damaligen Verteidigungsministers Blank „Schnelligkeit geht vor Genauigkeit" sind dann improvisiert die Auswahl der Firma und die Verträge zustande gekommen. Die Organisation der Verwaltung war einem solchen Beschaffungsvorhaben nicht gewachsen. Ich stelle das nüchtern fest und erhebe damit keinen Vorwurf. ({1}) Das erklärt manche, entschuldigt aber nicht alle Fehler, die beim Abschluß und der Durchführung der HS-Verträge gemacht wurden. Meine Damen und Herren, es wurde eine Firma ausgewählt, die nie Panzer gebaut oder entwickelt hatte, die einen Konstrukteur präsentierte, der nie zuvor einen Schützenpanzerwagen, der über das Stadium des Prototyps hinauskam, gebaut hatte.

Dr. Adolf Süsterhenn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002288, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Wienand, ist Ihnen bei dem Studium der Ausschußunterlagen entgangen, daß die Firma HS 30 niemals von sich behauptet hat, sie habe bereits irgendwann einmal Panzer gebaut, ({0}) daß die Firma Hispano-Suiza auch niemals die Behauptung aufgestellt oder gar die Verpflichtung übernommen hat, sie wolle selbst bauen, sondern daß sie immer nur als Generalunternehmerin, als Generalmanagerin, als Lizenzgeberin aufgetreten ist und der Bau durch andere Firmen durchgeführt werden sollte? ({1})

Karl Wienand (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002507, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Durch andere Firmen, die zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt waren. Ich beantworte Ihre Frage mit Ja. Was Sie gesagt haben, ist eine Unterstreichung dessen, was ich gesagt habe. ({0}) Es wurde eine Firma ausgewählt, die in erster Linie daran interessiert war, mit deutschen militärischen Stellen und Rüstungstechnikern ein Gerät zu bauen, das später - ich unterstreiche das - dank deutscher Wertarbeit und dem deutschen Ansehen auf dem Gebiet der Rüstungstechnik zu einem erfolgreichen Exportartikel für die Firma in aller Welt werden sollte. Der Bundesminister der Verteidigung hat aus den Fehlern und Folgen dieser Beschaffung und dieser Verträge gelernt. Auch das sollten wir hier festhalten. Es ist keine Schande, wenn man aus Fehlern, die man gemacht hat, lernt. Heute - ich betone das - ist vieles besser geworden; Gott sei Dank! Es ist die Frage, ob das Optimum erreicht ist. Wir werden das weiter im Auge zu behalten haben. Sicher ist, daß dem Bund Schaden entstanden ist. Der Schaden ergibt sich aus der schlechten Erfüllung der Verträge durch die Firma Hispano-Suiza, durch zeitliche Verzögerungen, durch Personal-, Sach- und Kapitalaufwand wegen unzureichender Planung, durch fortwährende Änderungswünsche und hohe Reparaturanfälligkeit des mit Konstruktionsfehlern und -mängeln behafteten Fahrzeugs und durch Umrüstungen. Daß dieser Schaden nicht genau in Zahlen zum Ausdruck gebracht werden kann, wird jeder verstehen, der sich mit dieser Materie befaßt. Keiner kann aber bestreiten, daß Schaden entstanden ist. Vieles hätte vermieden werden können, wenn die Vernunft von Anfang an bei dieser Beschaffung Pate gestanden hätte. Auch im Bereich der Regierung gab es hohe Beamte im Wirtschafts- und im Finanzministerium, die auf die Folgen dieser übereilten Beschaffung hingewiesen haben, und ich erinnere mich noch Sitzungen des Verteidigungsausschusses in dieser Zeit, in der Vertreter des Wirtschaftsministeriums und des Finanzministeriums - damals auch Ministerien in den Händen von CDU/CSU-Leuten - davor gewarnt haben, in dieser Form die Beschaffung vorzunehmen. Kollegen, die damals mit im Verteidigungsausschuß waren, werden sich noch genauso daran erinnern. Die Fehler dieser Beschaffung und die Miseren, die sich im Laufe der Jahre an das HS-30-Programm geknüpft haben, sowie die Eilfertigkeit, mit der diese Verträge zustande kamen, haben früh den Verdacht aufkommen lassen und immer mehr genährt, daß Bestechungen und Geldzahlungen an die politischen Parteien, die dieses Programm durchgesetzt haben, im Spiel gewesen sein müßten. - Ich bin hier im Konjunktiv geblieben, weil ich nachher für mich oder für meine Fraktion die Konsequenz daraus ziehen will, d. h. eine Feststellung treffen will. Erlauben Sie mir zunächst aber noch folgende Feststellungen. Die Regierungen Adenauer und Erhard waren von diesen Vorwürfen betroffen und hätten nach unserem Dafürhalten ein Interesse daran haben müssen, den Verdacht auszuräumen und ihn glaubhaft zu widerlegen. Aus Gründen, die jetzt durch diesen Ausschußbericht evident geworden sind, ist das nicht geschehen. Das bedauern wir. Denn wir hätten um der Offenheit, der Warheit in diesem Staate willen diese Klärung gern vor Jahren gehabt. Es wäre uns dann innenpolitisch vieles erspart geblieben. - Bitte, Herr Kollege!

Dr. Max Schulze-Vorberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002112, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege, darf ich folgende Frage stellen. Sie haben bei der SPD vor über zehn Jahren die Unterlagen gehabt, daß Bestechungen geplant waren. Ein Waffenhändler ist an Sie herangetreten und hat das versucht. Sie wußten das. Warum hat die SPD nicht damals die Untersuchung beantragt, sondern zehn Jahre später? Warum hat man das Material, das man ja nachlesen kann - es ist ein geradezu klassisches Dokument, das Helmut Schmidt verfaßt hat, von dessen Untadeligkeit ich überzeugt bin, das darf ich jetzt auch noch einmal sagen, um nicht mißverstanden zu werden; er hat das niedergelegt, um mal festzuhalten, was da an Schwindel überhaupt geplant war -, warum hat man dieses Dokument nicht in den ersten Untersuchungsausschuß eingeführt? Wir haben ja schon einmal einen gehabt. Wenn wir heute, zehn Jahre zu spät, das tun - ist es nicht auch Ihre Meinung, daß, wenn schon ein Versagen der Regierung womöglich da und dort gewesen sein mag, hier ein Versagen der Opposition vorlag? Sie hätten dieses Dokument einführen müssen, zur Prüfung vorlegen müssen.

Karl Wienand (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002507, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Schulze-Vorberg, nach dem Stand des Wissens, das wir in jenen Jahren hatten, hatten wir einen Untersuchungsausschuß beantragt. Dieser Untersuchungsausschuß hat getagt. Dieser Untersuchungsausschuß konnte dann, weil die Wahl dazwischenkam, nicht fortgesetzt werden. Es starben Zeugen. ({0}) Wir haben damals aus einer Reihe von Gründen, die ich heute bewußt von mir aus nicht in die Debatte bringen kann, und weil auch für uns nichts zusätzlich Beweisbares oder unter Beweis zu Stellendes bekanntgeworden war, diese Dinge nicht wieder in Angriff genommen. Aber wir haben schon kurze Zeit später durch Kleine Anfragen, durch Intervention im Haushaltsausschuß, durch Intervention im Verteidigungsausschuß en detail zu klären versucht, und es kam dann in dieser Entwicklung mit den Bemühungen des Bundesrechnungshofes zu den Ergebnissen, die Sie im Ausschuß dankenswerterweise jetzt mit erreicht haben.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Herr Wienand, der Abgeordnete Kern möchte eine Zwischenfrage stellen.

Karl Wienand (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002507, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Bitte schön!

Karl Hans Kern (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001087, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege, ist Ihnen bekannt, daß Helmut Schmidt in diesem ersten Untersuchungsausschuß selbst mitgewirkt hat und seine Kenntnisse über diese Vorgänge dort bereits, in diesem ersten Untersuchungsausschuß, mitgeteilt hat, was im jetzigen Untersuchungsausschuß in vielen Sitzungen auf viele, immer wieder dieselben Fragen des Kollegen Schulze-Vorberg erörtert worden ist und was eigentlich heute nicht noch einmal hätte beantwortet werden müssen?

Karl Wienand (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002507, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich habe vorhin auf die Frage des Kollegen Schulze-Vorberg gesagt, daß wir auf der Basis unseres Wissens und ausgehend von diesem Wissen den ersten Untersuchungsausschuß gefordert haben. Ich habe damals ebenso wie Helmut Schmidt diesem Untersuchungsausschuß angehört. Wir konnten in diesen Untersuchungsausschuß aber nicht mehr einbringen, als uns damals bekannt war. Nachdem dieser Untersuchungsausschuß zu Ende gegangen war, wie ich geschildert habe, haben wir dann je nach Erreichung von Informationen im Verteidigungsausschuß, im Haushaltsausschuß oder durch Kleine Anfragen in diesem Parlament die Dinge weiter zu klären versucht. - Bitte schön!

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Herr Abgeordneter van Delden! van Delden ({0}) : Herr Kollege Wienand, Sie haben vorhin gesagt - so habe ich es verstanden -, daß aus dem Ausschußbericht die Gründe evident geworden sind, warum die CDU/ CSU eine weitere Untersuchung in der Vergangenheit, jetzt mit meinen Worten: unterdrückt hat. Darf ich Sie fragen, wo diese Hinweise in dem Bericht zu finden sind. Oder würden Sie vielleicht einige Ergänzungen zu dem, was Sie hier gesagt haben und uns vorgeworfen haben, geben?

Karl Wienand (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002507, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich bin Ihnen für diese Frage sehr dankbar, Herr Kollege van Delden, weil sie mir Gelegenheit gibt, etwas zu korrigieren. Entweder habe ich mich schlecht ausgedrückt, oder Sie haben mich mißverstanden. Ich habe im Zusammenhang mit dem Schaden, der entstanden ist, von der Evidenz gesprochen. Ich habe nicht von Motiven oder im Zusammenhang mit Motiven, die Regierung oder CDU/CSU-Fraktion geleitet haben können, von Evidenz gesprochen. Ich habe mir darüber überhaupt keine qualifizierende Bemerkung erlaubt. ({0}) Ich bin Ihnen dankbar, Herr van Delden, daß Sie die Frage gestellt haben und mir damit die Möglichkeit gegeben haben, das klarzustellen. Ich bin weit davon entfernt, das zu unterstellen. Der Bundesrechnungshof stieß bei seiner Prüfung auf eine Unordnung, die selbst von Männern, die etwas davon verstehen, als immens bezeichnet wurde. Wichtige Akten wurden ihm jahrelang vorenthalten. Nun mag man sagen, das mag der Übung entsprechen. Ich sehe das nicht als eine Übung in der Verwaltung an und kann es auch nicht als Übung empfehlen. Ich möchte mich hier schon ausdrücklich der Forderung anschließen, daß man den Bundesrechnungshof nicht mehr von der Regierung aus besetzt, sondern mehr an das Parlament bringt. ({1}) Dann hätte er eine Stellung, die ihn in die Lage versetzte, auf unverzügliche Vorlage von benötigten Unterlagen zu dringen. Ich bin sicher, wenn das damals schon der Fall gewesen wäre, hätten wir uns über Jahre hinweg vieles ersparen können. Lassen Sie mich extemporierend einen Eindruck wiedergeben. Ich habe das Gefühl, wenn der Bundesrechnungshof Anfang der 60er Jahre alle Unterlagen gehabt hätte, wäre er dem Grunde nach zu einem ähnlichen, wenn nicht vergleichbaren Ergebnis gekommen wie der Untersuchungsausschuß. Wir hätten uns dann vieles ersparen können. Das ist ein persönlicher Eindruck, den ich dm Laufe dieser Zeit gewonnen habe. Mit der Beantwortung der Prüfungsmitteilungen wurde der Bundesrechnungshof hingehalten, obwohl der zuständige Berichterstatter im Haushaltsausschuß und die SPD-Bundestagsfraktion über Jahre hin auf Vorlage eines Berichtes des Bundesrechnungshofs drängten. Die SPD wurde auch hier mit ihren Anträgen niedergestimmt. Im Ministerium wurde dem Korruptionsverdacht nicht nachgegangen, wie vorhin auch hier dargetan worden ist. Den verfassungsmäßig zuständigen Strafverfolgungsbehörden wurde eine Zeitlang nicht die Möglichkeit gegeben - wie sie bei frühzeitiger Weitergabe von Verdachtsmomenten bestanden hätte - eine objektive Prüfung durchzuführen. Die Regierung und auch einzelne Ministerien sollten in eigener Sache nicht versuchen, Aufklärung zu verhindern und zu verzögern und statt dessen eigene Ermittlungen durchzuführen, was meistens unzureichend und zudem ergebnislos verläuft. Die Staatsanwaltschaft hat wegen des Verdachts in ihrer Abschlußverfügung klargemacht, daß sie bei fast allen Verdachtsmomenten an einer Aufklärung gehindert war, weil bereits Verjährung eingetreten war und sie deshalb keine Ermittlungen mehr führen konnte. In diesem Zusammenhang möchte ich noch kurz auf die Tätigkeit des Referats „Ermittlungen in Sonderfällen", kurz „ES-Referat" genannt, eingehen und es einer Kritik unterziehen. Zweifellos müssen bei Ausgaben für Waffen und Gerät, Munition und dergleichen, die jährlich in die Milliarden von Mark gehen, besondere und zusätzliche Kontrollen eingeschaltet werden, um Korruption, Betrug, sonstige Nachteile und die Gefahr von Kriminalität auszuschließen. Die Kontrolle muß aber rechtsstaatlich sein, und das bedeutet: der Aufgabenbereich muß klar umgrenzt werden, und es darf keine Überschneidungen und keine Beschränkung der für strafrechtliche Ermittlungen zuständigen Strafverfolgungsbehörden geben. Wo ein Verdacht genügend substantiiert ist, ist die Staatsanwaltschaft einzuschalten und hat sich das Referat eigener Ermittlungen zu enthalten. Ich komme zu einer abschließenden Würdigung. Durch den Vorgang HS 30 ist nicht nur materieller Schaden entstanden. Durch diese Beschaffung ist in der Bundeswehr viel Vertrauen bei der Truppe verspielt worden. Aus der vom Untersuchungsausschuß geforderten Stellungnahme des Bundesministeriums der Verteidigung zur heutigen Beurteilung des Schützenpanzerwagens HS 30 geht hervor, daß das Fahrzeug jahrelang wegen größerer oder kleinerer Mängel nur teilweise einsatzbereit war und heute nur noch bedingt den technischen Erfordernissen entspricht. ({2}) . - Ohne Frage. Hier liegt ein Beispiel dafür vor, wie das Prinzip der Verhältnismäßigkeit von miliWienand tärischem Auftrag und den zur Verfügung gestellten Mitteln nicht beachtet wurde. Vertrauen wurde nicht nur bei der Truppe, sondern auch bei den Bürgern dieses Landes verspielt. - Bitte!

Dr. Adolf Süsterhenn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002288, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Wienand, haben Sie Verständnis dafür, wenn ich Sie - nicht in einer Frage - zu tiefergehenden Vergleichen zwischen den Ausfallerscheinungen des HS-30-Panzers und eines neueren Geräts veranlasse?

Karl Wienand (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002507, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich habe Verständnis dafür. Aber ich bin auch dafür, daß wir bei dem neueren Gerät, das Sie im Auge haben, die gleichen Kriterien anlegen, weil wir ja gemeinsam bemüht sein müssen, abzustellen, was abzustellen ist. Nichts ist schlimmer, als daß die Truppe das Vertrauen darin verliert, daß sie wirklich das beste Gerät und das beste Material nach dem derzeitigen Stand der Technik zur Verfügung gestellt bekommt. ({0}) Ich glaube, darüber sind wir uns einig. ({1}) Die schlechte Beschaffung und der jahrelang schwelende Korruptionsverdacht bewirkten diesen Vertrauensschwund. Die zweijährige Arbeit des 1. Untersuchungsausschusses hat ergeben, daß die vorhin wiederholt erwähnte Kleine Anfrage der SPD-Bundestagsfraktion vom 17. Oktober 1958 in dieser Angelegenheit nicht vollständig beantwortet wurde, vielleicht nicht wahrheitsgemäß. Herr Kollege Stücklen, jetzt möchte ich Ihnen entgegenkommen. Wenn wir diese Feststellung treffen, liegt darin auch nicht im entferntesten der Vorwurf - und involviert diese Feststellung auch nicht unterschwellig -, daß der Minister oder die Regierung oder die Beamten, die damals diese Kleine Anfrage beantwortet haben, das vorsätzlich getan hätten. Das ist eine Feststellung, die wir bei retrospektiver Betrachtung, bei Bekanntwerden der Dinge, die uns durch den Untersuchungsausschuß bekanntgeworden sind, glauben treffen zu müssen. Sie bedeutet nicht eine Unterstellung, wir seien vorsätzlich getäuscht worden, um von Spuren abgelenkt zu werden. Ich sage das hier mit dieser Betonung, weil ich endlich einmal den Dolus aus den Diskussionen heraushaben will. Wenn man das unter den Gesichtspunkten sieht, glaube ich, kann man diese Dinge mit weniger Vehemenz diskutieren und prüfen, weil dann noch nicht einmal Prestigeverlust damit verbunden sein muß. Mir liegt an dieser Feststellung. ({2}) - Aber verzeihen Sie, Herr Kollege Stücklen, ich habe doch gesagt, daß ich jetzt die Dinge so darstelle, wie ich sie sehe, und Sie haben vorhin erwartet, daß die Fraktion ein Wort zu bestimmten Dingen sagt. ({3}) Und jetzt bemühe ich mich, das klarzustellen. Ich finde, das sollte doch honoriert werden. ({4})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Stücklen?

Karl Wienand (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002507, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Aber bitte!

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002281, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Wienand, Sie erhalten also das Wort „wahrheitswidrig" nicht aufrecht? Darauf kommt es an.

Karl Wienand (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002507, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Bitte, ich habe gesagt: nicht vollständig, nicht wahrheitsgemäß in der retrospektiven Betrachtung. Das bedeutet nicht - ich sage es noch einmal -, daß auch nur der Hauch einer Andeutung damit verbunden ist, als hätten damals die Verantwortlichen mit einem Dolus, um uns abzulenken, etwas Falsches gesagt. Ich glaube, deutlicher kann ich das hier doch nicht feststellen. ({0})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Eine zweite Zwischenfrage.

Dr. h. c. Richard Stücklen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002281, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Wienand, ich hätte es trotzdem gern noch ein bißchen deutlicher. „Wahrheitswidrig" und „nicht wahrheitsgemäß", diese Unterscheidungsform ist sehr schwierig. Ich glaube, daß Sie mit mir übereinstimmen können, wenn ich jetzt feststelle, daß aus den Erkenntnissen von damals die Frage nach bestem Wissen und Gewissen - es ist Frage 15 - beantwortet wurde.

Karl Wienand (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002507, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich habe keinen Anlaß, daran zu zweifeln. ({0}) Ich bleibe aber bei dieser Feststellung aus unserer Bewertung. Ich habe das schon zweimal ausgeführt, ehe Sie Ihre Frage stellten. ({1}) Nun, die damalige Bundesregierung - dieser Eindruck ist weitgehend entstanden, das ist, wie ich hier sagen will, die Beurteilung der Ausschußmehrheit - hat den Fragesteller getäuscht. So, glaube ich, steht es wörtlich im Ausschußprotokoll. Oder irre ich mich hier? - Bitte, ob sich diejenigen, die das festlegen, getäuscht fühlen, ist etwas, was sie zu beurteilen haben. Ich bleibe bei den Feststellungen, die ich hier getroffen habe. ({2}) Für meine Fraktion ergibt sich aus diesem Beschaffungsvorgang und der Beurteilung durch den 1. Untersuchungsausschuß, daß den verantwortlichen Bundesregierungen Adenauer und Erhard in der jetzt untersuchten Materie keine Entlastung erteilt werden kann. Wir glauben dies sagen zu können, ohne dem Haushaltsausschuß dieses Hohen Hauses vorzugreifen, dem der Bericht des Untersuchungsausschusses auf Antrag vorgelegt werden soll. ({3})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Damm. ({0}) - Er verzichtet. Meine Damen und Herren, wünscht noch jemand das Wort? - Herr Abgeordneter Schmidt.

Helmut Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002007, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe die Debatte nur im Büro am Fernseher und am Hörfunk verfolgen können. Wenn ich es richtig kapiert habe, haben einige Kollegen in einem durchaus sachlichen Zusammenhang auch eine Rolle erwähnt, die ich seinerzeit - das sind jetzt wohl 12 oder 13 Jahre her - im Deutschen Bundestag als Mitglied des damaligen Verteidigungsausschusses gespielt habe; damals hieß er, glaube ich, noch Sicherheitsausschuß, ich weiß es nicht mehr genau. Ich war damals Vorsitzender des Unterausschusses „Beschaffung". Ich bin ein bißchen erstaunt über die Art und Weise, wie darüber gesprochen worden ist, und insbesondere auch erstaunt über den hier zum siebenundzwanzigstenmal wiederholten Vorwurf, der damalige Abgeordnete Schmidt habe es nicht für nötig gehalten, andere über die Vorgänge zu informieren, die damit zu tun haben, daß ein Gauner namens Antonowicz den damaligen Abgeordneten Schmidt besucht und ihm eine große Räuberpistole auf den Tisch ausgebreitet hat. Ich meine: man kann das natürlich noch siebenunzwanzigmal erzählen. Nur: auf mich macht das nicht den Eindruck des äußersten Willens zur Fairneß, wenn das zum achtundzwanzigstenmal erzählt wird. Auf mich macht es den Eindruck eines ziemlich durchsichtigen Ablenkungsmanövers, und das, wovon hier abgelenkt werden soll, ist eigentlich das, worüber man sich gemeinsam unterhalten muß, um daraus Schlußfolgerungen zu ziehen. ({0}) Auch die Bemerkungen - soweit ich sie gehört habe -, die Herr Marx hier über grundsätzliche Einstellungen zur Sicherheitspolitik in der Mitte der fünfziger Jahre gemacht hat, haben mit dem Thema nichts zu tun. ({1}) - Alles gut und schön, ich habe mir das am Radio angehört. Das alles hat mit dem Thema nichts zu tun. Die Lage des Jahres 1955 oder 1956 - auch die militärische Lage - ist sehr weitgehend verschieden von der des Jahres 1960 und insbesondere von der des Jahres 1969. ({2}) - Genau. Ich kann mich nur wundern, mit welcher Eleganz intellektuell befähigte Kollegen Argumente austauschen, die, wenn man am Ende einer Legislaturperiode genug Zeit und Lust dazu hätte, mühelos hier oben in lauter kleine Fetzen zerlegt und ausgebreitet werden könnten. Worauf es hier ankommt, Herr Marx - das sage ich auch Herrn Schulze-Vorberg -, ist eigentlich doch ganz wesentlich nur, die Schlußfolgerungen aus damaligen Fehlern und Versäumnissen zu ziehen. Ich habe zwei Schlußfolgerungen zu ziehen, und zwar sowohl aus dem damaligen Untersuchungsausschuß Hispano-Suiza 30, den ich seinerzeit beantragt hatte - 12 Jahre ist es her - und der zu keinerlei Ergebnissen führte, als auch aus diesem gegenwärtigen Untersuchungsausschuß, den andere beantragt, aber alle Fraktionen des Bundestages gemeinsam gebilligt haben, weil wir alle der Meinung waren, daß dann, wenn schon irgendwo ein Verdacht bestand, dieser untersucht und aufgeklärt werden müsse. Ich ziehe aus beiden Untersuchungsausschüssen in derselben Sache zwei übereinstimmende Konsequenzen. Die erste und zur Sache notwendige Konsequenz ist folgende. Man kann bei Beschaffungsverfahren, die sich auf Rüstungsgüter und Waffensysteme beziehen, zumal bei diesem großen finanziellen Umfang, der hier fast immer notwendigerweise involviert ist, nicht vorsichtig genug verfahren. Sie wissen alle, daß diese Vorsicht und Sorgfalt, die man sich eigentlich selber als Konsequenz aus diesen beiden Untersuchungsausschüssen anempfehlen muß, und zwar auch unter der gemeinsamen Verantwortung, in die die sozialdemokratische Bundestagsfraktion eingebunden ist, auch heute nicht überall angewandt wird. Ich brauche Herrn Kollegen van Delden, der sich besonders für einen Teil der Bundeswehr interessiert, nicht extra anzuschauen. Er weiß, was ich meine, und jeder von Ihnen, der hier zuhört, weiß ebenfalls, was gemeint ist. Das ist aber nur ein Teil dessen, was ich für den gegenwärtigen Zustand in bezug auf die Qualität von Beschaffungsentscheidungen und die Prozedur von Beschaffungsentscheidungen zu sagen habe. Es ist nach wie vor so, daß wir Beamte und Offiziere, die für diesen Beruf nicht ausgebildet sind und für ihn keine ausreichende Lebens-und Berufserfahrung besitzen, mit Entscheidungen betrauen, für die man in der Industrie einen langen beruflichen Lebensweg braucht, ehe man an eine Position kommt, um solche Entscheidungen zu treffen. ({3}) Dies ist eine der Erfahrungen - ich habe heute morgen Ihren gedruckten Bericht gelesen -, die nach wie vor zutrifft. Das war vor zwölf Jahren so, das ist heute wieder so. Das ist etwas, was sich jeder von uns, der sich als Haushaltspolitiker oder als Sicherheitspolitiker im Haushalts- oder Verteidigungsausschuß damit beschäftigt, bei der nächsten Regierungsbildung und bei der nächsten Gelegenheit, bei der die Struktur des Verteidigungsministeriums zur Debatte steht oder bei der sie geändert wird, zu Herzen nehmen muß. Die andere Konsequenz - diese ziehe ich nur für meine Person; ich spreche in dieser Beziehung gar Schmidt ({4}) nicht für meine Fraktionskollegen - ist eine bei mir zusätzlich gestiegene Skepsis gegenüber parlamentarischen Untersuchungsausschüssen. ({5}) - Diejenigen, die jetzt im Augenblick am lautesten klatschen, haben am meisten zu dieser meiner Feststellung Anlaß gegeben. ({6}) - Nein, aber Herr Schulze-Vorberg hat sehr laut geklatscht; er hat allerdings Anlaß gegeben. Sie nicht, Herr Stücklen. Ich bin inzwischen routiniert genug, um hier keine leichtfertigen Worte zu reden. Ich habe mir den Bericht genau durchgeguckt und habe festgestellt, daß zu jedem sachlichen Kapitel und zu jedem Unterabschnitt eine Minderheit einen Minderheitsbericht in der Bewertung verfaßt hat. Was dieses eigentlich soll, habe ich zwar verstanden. Aber daß es den Zweck, den es erfüllen will, bedeckt, bezweifle ich sehr. Ich glaube darüber hinaus, daß es Schaden anrichtet. Im Grunde darf bei einem Untersuchungsausschuß unter dem Gesichtspunkt der Aufrechterhaltung der Effektivität parlamentarischer Kontrollmethoden von dem guten Recht von Minderheitsvoten doch nur in einem wirklich dringenden Fall Gebrauch gemacht werden. ({7}) - Ich will das gern glauben, daß Sie das so empfinden. Aber da es in jedem einzelnen Kapitel geschieht - und ich habe sie alle inzwischen gelesen; manches ist sehr lustig; es ist in manchen Fällen nur ausführlicher als das, was die Mehrheit sagt, ohne daß sich in der Qualität etwas ändert - ({8}) - Ich gucke niemanden scharf an. Der Untersuchungsausschuß hat mit seinem Gesamtbericht, ohne daß ich mich hier auf Mehrheit oder Minderheit kapriziere, den Eindruck gemacht, als ob sowohl die Minderheit als auch die Mehrheit mit Fleiß versucht haben, taktische Vorteile für sich herauszuholen; wenn man schon nicht Recht haben konnte, dann doch wenigstens schon taktische und psychologische Vorteile. Sie haben den großen Nachteil, meine Damen und Herren, daß alles das, was Sie an Arbeit und Schweiß hineininvestiert haben - ({9}) - Ich kann doch wohl meine Meinung hier sagen, Herr Mertes. Ich habe vorher angekündigt, daß ich für meine Person sprechen würde. Man braucht nicht für alles einen Fraktionsbeschluß. Da ich in diesem Geschäft hier, im Geschäft der Beschaffung von Waffensystemen und auch in dem Geschäft von Untersuchungsausschüssen ein bißchen Erfahrung gesammelt habe, nehme ich mir das Recht, auch wenn es spät ist, zumal hier einige versucht haben, mich ein bißchen durch den Kakao zu ziehen, ebenfalls meine Meinung dazu zu sagen und das zu sagen, was ich für das Wesentliche an dieser Sache halte und nicht für die Randerscheinungen, die um taktischer Vorteile oder um polemischer Marginalien willen hier vorgebracht worden sind. ({10}) Ich will noch einmal sagen, daß ich zweifle, ob diese Art von Untersuchungsausschüssen der Kontinuität parlamentarischer Kontrolle über Regierungen wirklich nützen. Das will ich noch einmal sagen. Ich muß Ihnen erklären, ob Sie Minderheit oder Mehrheit in dem Ausschuß sind, daß Sie nach meiner Meinung viel zu viele Zeugen zu unwichtigen Themen gehört haben ({11}) und daß Sie sich nicht auf die politisch wichtigen Themen konzentriert haben und auch nicht auf die Beweisthemen konzentriert haben. Wenn Sie jetzt „Sehr richtig!" sagen, wiederhole ich: das gilt für die Mehrheit wie für die Minderheit. ({12}) Ich habe mich im Laufe dieser Jahre mehrfach auf dem laufenden gehalten und darüber unterrichten lassen, wer welche Beweisanträge gestellt hat. Zwingen Sie mich nicht zu detaillierter Darlegung, Herr Süsterhenn! Zwingen Sie mich nicht dazu! ({13}) Zu beachten ist, daß ein parlamentarischer Untersuchungsausschuß weder mit einem Tribunal auf dem Marktplatz verwechselt werden darf, was hier zum Teil geschehen und was schlimm ist, noch mit einem Prozeß vor dem Bundesverwaltungsgericht, was hier zum Teil ebenfalls geschehen ist. Mitglieder eines Untersuchungsausschusses haben nicht die Pflicht, die einen als Verteidiger des einen Zeugen und die anderen als Verteidiger des anderen Zeugen aufzutreten. Sie haben die Pflicht, die Wahrheit herauszufinden. Dies hier ist ein Mannschaftswettkampf gewesen, wo verschiedene Mannschaften gegeneinander angetreten sind. Wenn Sie diesen Bericht durchlesen, sehen Sie das ganz genau. Das läßt mich an der Brauchbarkeit solcher Ausschüsse für die Zukunft sehr zweifeln. Zugleich erfüllt mich das Ganze mit tiefer innerer Besorgnis. Denn der Bundestag muß sich die Institution des Untersuchungsausschusses aufheben. Sie muß einsetzbar bleiben. Sie darf nicht durch allerhand Mätzchen kaputtgemacht werden. ({14}) Ich meine das wirklich so, und deswegen ist es auch ziemlich witzlos, alle möglichen Geschichten, die irgendwo am Rande früher einmal eine Rolle gespielt haben mögen, heute für wichtig zu verkaufen. Es ist auch gar nicht mehr interessant, wer sich 1957 alles geirrt hat. Schmidt ({15}) Ich bleibe bei diesen beiden Konsequenzen, die ich sich zu überlegen bitte. Die eine ist in bezug auf die personelle Besetzung und die organisatorische Struktur des Verteidigungsministeriums zu ziehen. Die andere ist von uns allen zu ziehen, ob wir etwas mit Verteidigung oder mit Haushalt zu tun haben oder nicht, hinsichtlich der Frage: Welchen Rang, welchen Sinn und welche Möglichkeiten sollen in Zukunft parlamentarische Untersuchungsausschüsse behalten? Alles, was ich bisher gesagt habe, macht hoffentlich auf niemanden den Eindruck, daß ich mich hätte einmischen wollen in die Feststellung, die die Ausschüsse getroffen haben, oder in die Bewertungen, die hier gegeben worden sind. Ich habe die Rede meines Freundes Wienand von Anfang bis Ende gehört, und ich kann nur unterstreichen, was er für meine Fraktion gesagt hat. Ich identifiziere mit dem, was er hier ausgeführt hat; denn es ist sehr vieles faul im Staate Dänemark gewesen. Ich weiß nicht, wem damit genützt wird, wenn wir heute alles in extenso ausbreiten; aber ich meine, wir nützten dem Parlament, wenn wir über die Funktion von parlamentarischen Untersuchungsausschüssen nachdächten. Dies empfehle ich auch durchaus den Kollegen der CDU/CSU, die mir im Augenblick zuzunicken scheinen. ({16})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Damm.

Carl Damm (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000351, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die spontanen Äußerungen des Fraktionsvorsitzenden der SPD haben mich veranlaßt, nun doch noch meine Wortmeldung zu wiederholen. Ich möchte ihm in vielem zustimmen. Wir haben Grund, in der nächsten Legislaturperiode dahin zu wirken, daß manche Organisation im Verteidigungsministerium besser gestaltet wird und Erfahrungen, wie wir sie hier gemacht haben, genutzt werden können. Da will ich Ihnen überhaupt nicht widersprechen. Allerdings möchte ich sagen, daß wir zu dieser Erkenntnis in diesem Untersuchungsausschuß eben auch unter der Überschrift gekommen sind, daß man, wenn man aus dem Rathaus herauskommt, eben sehr viel schlauer ist, und bei aller Bewertung muß das dann eben auch fairerweise mit zugrunde gelegt werden dürfen. Was mich am allermeisten veranlaßt hat, hier noch einmal ein Wort zu sagen, ist folgendes. Wer wie ich erst in dieser Legislaturperiode in den Bundestag gekommen ist und sich auch noch der Aufgabe unterziehen mußte, in diesem Ausschuß - wenn auch nur als stellvertretendes Mitglied - tätig zu sein, der mußte besonders frei und offen für die Möglichkeit sein, daß tatsächlich die Verdächtigungen, hier wäre an eine Partei Geld gezahlt worden, beweisbar seien. Aber für den Fall, daß das nicht zu beweisen war, muß dann auch um der Wirkungsweise parlamentarischer Untersuchungsausschüsse willen, die wir auch in Zukunft brauchen werden, eine Mehrheit in der Lage sein, zu sagen: In der Tat, wir haben das nicht beweisen können, und es ist im Grunde auch gar nicht beweisbar, und darum kommen wir zu dem Schluß, daß an diesem Vorwurf nichts dran ist. Im Grunde hat doch dieser Untersuchungsausschuß nur dadurch überhaupt ein so großes Interesse in der Offentlichkeit wecken können, daß der Vorwurf der Millionenbestechung erhoben worden ist. Es ist doch gar keine Frage, daß nur dadurch das Ganze überhaupt so interessant wurde und sich über zehn Jahre als Thema halten ließ. Nun nützt es gar nichts, daß wir von dem Vorsitzenden der SPD-Fraktion hier bedeutsame Hinweise auf die Nebenkriegsschauplätze erhalten haben. Es nützt auch nichts - das muß ich für mich sagen -, daß der Sprecher der SPD-Fraktion, Herr Wienand, erklärt hat, er mache sich die Meinung seines Kollegen Kern nicht zu eigen. Das Publikum draußen wird sagen: Herr Kern war stellvertretender Ausschußvorsitzender und kommt zu dem Schluß, daß in der Tat dieser Vorwurf nicht ausgeräumt ist. Das ist das, was mich persönlich sehr traurig stimmt. Wenn wir nämlich nicht in der Lage sind, solche Schlüsse gemeinsam zu ziehen: Hier war kein Verdacht nachzuweisen, sondern wirklich ein Freispruch fällig, dann können wir in der Tat dieses Institut „Untersuchungsausschuß" zukünftig nicht mehr gebrauchen, weil es dann ein Kampfmittel der Parteien gegeneinander bleiben wird.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Herr Abgeordneter Damm, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Schmidt ({0}) ? - Bitte.

Helmut Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002007, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Lieber Herr Damm, nur in dem Wunsche, das, was ich vorgetragen habe, von Ihnen nicht in einer Weise interpretiert zu sehen, die mich noch einmal zwingt, selbst etwas dazu zu sagen, möchte ich Sie fragen, ob Ihnen geläufig und deutlich ist, daß so wie in einem Gericht so natürlich auch in einem solchen Ausschuß die Bewertung dessen, was man gehört hat, im Endergebnis verschieden sein muß. So wie jeder Richter seine Meinung vor seinem Gewissen verantworten muß, so muß auch jeder Abgeordnete in diesem Untersuchungsausschuß - denke ich, und das frage ich Sie - die Konsequenzen, die er aus dem zieht, was er gehört hat, vor seinem Gewissen verantworten. Was mich befremdet hat, war nur, daß zu jedem eigenen Abschnitt jeder sein eigenes Gewissen mit einem Mehrheits- oder Minderheitsvotum strapaziert hat.

Carl Damm (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000351, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Schmidt, es ist gar keine Frage, daß jeder durch sein Gewissen gebunden ist, auch in dieser Angelegenheit. Aber wir sind doch am Ende auch durch die Praxis des Untersuchungsausschusses hier einer Richtung gefolgt - das muß man doch vielleicht einmal sagen -, die uns diese Verdächtigungen überhaupt erst eingebracht hat. Es ist einmal - ich weiß nicht mehr, von welchem Journalisten - im Zusammenhang mit den Verdächtigungen, hier sei Geld gezahlt worden, gesagt worden: Ja bitte, monatelang haben diese Behauptungen im Raum gestanden, und sie sind nicht widerlegt worden. Herr Schmidt, wenn wir nach diesem Motto - „Hier ist verdächtigt worden, aber es ist nicht widerlegt worden" - handeln wollten, dann könnte jedes Ressort einer Bundesregierung die Hälfte seiner Mitarbeiter abstellen, um Verdächtigungen, die erhoben werden, aus der Öffentlichkeit herauszubringen. Ich meine, daß das nicht eine Methode sein kann, mit der man versuchen sollte, Kontrolle über die Regierung auszuüben. Was in hier heute von meinem Kollegen Professor Süsterhenn zitierten Artikeln an Verdachtsmomenten geäußert worden ist, ist doch in sich zusammengefallen. Am Ende haben wir festgestellt, daß sich diese Artikel, die in der Regel nur von einem ganz kleinen Kreis von Journalisten verfaßt worden sind, immer wieder auf die gleichen Leute beriefen. Und wenn man diese dann hier vorlud, was stellte sich heraus? Einer bezog sich auf den anderen, und am Ende blieb eine Zeugin übrig, die behauptet hat, sie hätte-tatsächlich einen Beweis für Zahlungen an die CDU gesehen. Die Unglaubwürdigkeit dieser Zeugin ist nun aber so eklatant, daß ich meine, dadurch ist klargelegt worden, daß dieser Verdacht ausgeräumt worden ist. Nur die Tatsache, daß auch im Untersuchungsausschuß immer wieder nach dem Motto „Es ist behauptet, aber nicht dementiert worden" verfahren worden ist, hat dazu geführt, daß die Minderheit glaubte, sie müsse auch auf jede Behauptung eingehen. Ich stimme Ihnen zu: Sie hätte das möglicherweise mit der großen Geste übergehen können. Aber ich befürchte, dann wäre gesagt worden: Dazu haben sie im Minderheitsvotum nichts gesagt, also stimmt es so, wie sie es hier zum Ausdruck gebracht haben.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Herr Abgeordneter Damm, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Kern?

Karl Hans Kern (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001087, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege, ist Ihnen völlig entgangen, daß die Aussage dieser einen Zeugin durch die Aussage eines anderen Zeugen bestätigt worden ist? Ich rede vom Zeugen Winkelhog. ({0}) - Ich habe jetzt von einem anderen Zeugen gesprochen, Herr Rasner; ({1}) Sie schlafen schon zu fest.

Dr. Adolf Süsterhenn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002288, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Darf ich eine Frage an Herrn Kollegen Damm richten? ({0}) - Herr Kollege Damm, erinnern Sie sich an die Feststellung anläßlich der Vernehmung des Zeugen Dr. Winkelhog, daß der über solche Gespräche mit Dr. Lenz berichtete, die im Jahre 1951 geführt worden waren, zu einer Zeit als noch niemand an einen HS-30-Panzer gedacht hatte oder denken konnte? ({1})

Carl Damm (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000351, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Süsterhenn, ich kann hier nur wiederholen, was ich vorhin gesagt habe, daß für mich eindeutig klargelegt worden ist, daß diese Zeugin absolut unglaubwürdig ist, daß es einen anderen Zeugen für die behauptete Bestechung oder Zahlung von Millionenbeträgen nicht gegeben hat und daß sich am Ende herausgestellt hat, daß sich immer einer auf den anderen beruft. Darum bedauere ich so sehr, daß wir von dieser Behauptung nicht gemeinsam haben abrücken können. Denn ich wiederhole - und das sage ich. auch dem Vorsitzenden der SPD-Fraktion -: Die ganze Schwere der Vorwürfe, die zweifellos zu einem Großteil ihre Berechtigung hinsichtlich des Panzers und seiner zunächst nicht voll ausreichenden Tauglichkeit hatten, ist doch überhaupt erst dadurch zustande gekommen, daß das Ganze mit der Korruption, mit dem Verdacht der Korruption vermischt und daß der Eindruck erweckt wurde, als ob Beschaffungen von Rüstung eben überhaupt nur über die Parteikasse der CDU zu erreichen wären. Dieser Eindruck ist nicht bestätigt worden, und ich bedauere - ich wiederhole das -, daß ein Mitglied des Ausschusses, ein Mitglied der Mehrheit, nicht in der Lage war, hier deutlich zu sagen, daß auch er abrückt von den nicht bewiesenen Behauptungen. ({0})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Meine Damen und Herren, ich frage, ob noch jemand das Wort wünscht. ({0}) - Offenbar ist das nicht der Fall. Meine Damen und Herren, ich darf die Aussprache schließen. Der Antrag des Ausschusses steht in der Drucksache auf Seite 120. ({1}) - Zur Abstimmung der Herr Abgeordnete Rasner.

Will Rasner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001777, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident, der Antrag des Ausschusses, dem wir zustimmen wollen, lautet „zur Kenntnis zu nehmen und dem Haushaltsausschuß als Grundlage für die Beratungen zu überweisen". Wenn wir zur Kenntnis nehmen, bedeutet das nach dem, was vorangegangen ist - und ich möchte den beiden Sprechern der .SPD-Fraktion, die für die Fraktion gesprochen haben, meinen Respekt bezeugen -, nicht, daß wir von dem Mehrheitsbericht zustimmend Kenntnis nehmen. Dies, damit hier kein Mißverständnis entsteht.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Meine Damen und Herren, über die Kenntnisnahme allein könnte man überhaupt nicht abstimmen lassen; denn das Haus hat natürlich in dieser Debatte Kenntnis genommen, wobei die Art, in der das Haus Kenntnis genommen hat, unterschiedlich war. Aber über das Ganze kann ich abstimmen lassen. Wer der Überweisung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Einstimmig über13772 Vizepräsident Dr. Jaeger wiesen. Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt. Meine Damen und Herren, die Zeit ist sehr weit fortgeschritten. Ich weiß nicht, ob Sie noch die Absicht haben, weiter zu verhandeln. ({0}) - !Nach allgemeinen Erfahrungen wäre es wohl besser, zu schließen. Aber wenn Sie anders verfahren wollen, bitte ich, hier anzugeben, welche Punkte Sie jetzt behandeln wollen. - Herr Abgeordneter Rasner!

Will Rasner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001777, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es lag eine interfraktionelle Vereinbarung vor - und die sollten wir einhalten -, daß wir den Punkt Pressepolitik - darf ich mich jetzt pauschal ausdrücken, weil ich die Drucksachennummer nicht vor mir habe - heute noch behandeln wollen. Ich glaube, wir sollten bei dieser interfraktionellen Vereinbarung bleiben.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Will das Haus in diesem Sinne weiterverhandeln? - Widerspruch erhebt sich nicht. Dann rufe ich die Zusatzpunkte 3 und 4 auf: Beratung des Berichts der Kommission zur Untersuchung der Wettbewerbsgleichheit von Presse, Funk/Fernsehen und Film sowie der Stellungnahme der Bundesregierung - Drucksachen V/2120, zu V/2120 Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Wissenschaft, Kulturpolitik und Publizistik ({0}) über die Vorlage des Bundeskanzlers betr. Vorläufiger Bericht der Kommission zur Untersuchung der Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz von Presseunternehmen und der Folgen der Konzentration für die Meinungsfreiheit in der Bundesrepublik Deutschland ({1}) mit den Empfehlungen für Soforthilfemaßnahmen, sowie der Stellungnahme der Bundesregierung zu den Empfehlungen der Pressekommission über die Vorlage des Bundeskanzlers betr. Schlußbericht der Kommission zur Untersuchung der Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz von Presseunternehmen und der Folgen der Konzentration für die Meinungsfreiheit in der Bundesrepublik Deutschland ({2}) über die Stellungnahme der Bundesregierung zum Schlußbericht der Pressekommission - Drucksachen V/2403, V/3122, V/3856, V/4344 Berichterstatter: Abgeordneter Raffert Die Beratung der beiden Punkte wird verbunden. Das Wort hat Herr Abgeordneter Raffert als Berichterstatter.

Joachim Raffert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001765, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu dem Ihnen vorliegenden Bericht sind noch einige kleine Anmerkungen zu machen. Es handelt sich bei diesem Antrag, den der Ausschuß einstimmig verabschiedet hat, nicht um den Beginn und auch nicht um den Abschluß einer Entwicklung. Der Ausschuß hat mit diesem Antrag eine Art Zwischenbescheid gegeben, durch den er den Extrakt aus dem Versuch zieht, das Feld der Pressekonzentration, auf dem so heftig gefochten wird, ein wenig zu erhellen. Gleichwohl sind wir in sechs Punkten zu ganz konkreten Forderungen an die Regierung gekommen. Am umstrittensten war dabei - und ist es auch geblieben - der Punkt 4, in dem es um die Frage der Marktanteilsbegrenzung geht. Wir wissen, daß Konzentrationsvorgänge nicht immer negativ sind, sehr häufig unvermeidbar, und sogar positive Folgen haben können. Wir wissen aber auch, daß bestimmte marktbeherrschende Unternehmen Gefahren für Information und Meinungsfreiheit darstellen können. Der Ausschuß hat sich nicht genau mit den Prozentrechnungen beschäftigen wollen, die der Günther-Bericht enthält. Er hat sich auch nicht zu eigen machen wollen - aber wohl beachtet, ebenso wie er die Prozentzahlen beachtet hat -, was die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme über die verschiedene Struktur der einzelnen Märkte gesagt hat, und ist dann zu der Aufforderung gekommen, die Bundesregierung aufzufordern, „unverzüglich Vorschläge zur Marktanteilsbegrenzung zu unterbreiten". Dazu liegt ein Änderungsantrag der CDU/CSU-Fraktion vor, den ich in meine Berichterstattung gleich einbeziehen darf. Wenn man sich noch einmal vor Augen führt, was im Bericht als Intention des Ausschusses gesagt worden ist, erkennt man, daß dieser Antrag auf der Linie dessen liegt, was der Ausschuß mit Punkt 4 bezweckt hat. Wenn wir ihn annehmen, vermeiden wir ,das für manche - für mich nicht - ein bißchen gefährlich erscheinende Wort „Marktanteilsbegrenzung". Ich kann als Berichterstatter empfehlen, diesen Antrag anzunehmen und ihn in .den Ausschußantrag hineinzunehmen. Ich rege jedoch an, ihn zu kürzen und statt dessen zu sagen: „4. das Wettbewerbsrecht auf dem Markt der Kommunikationsmittel zu überprüfen", weil sich die Feststellung „im Hinblick auf die Verzerrung des Wettbewerbs" nach dem Ergebnis der vorliegenden Berichte nicht halten läßt. Wir müßten den Antrag ablehnen, wenn man das unverändert ließe. Ich glaube, im Einvernehmen auch mit den Kollegen von der CDU/CSU zu stehen, wenn ich diesen Vorschlag mache. Ich empfehle also den Antrag des Ausschusses in der durch den Antrag der CDU/CSU geänderten Form anzunehmen, die dann lautet: „4. das Wettbewerbsrecht auf dem Markt der Kommunikationsmittel zu überprüfen." Das würde die Bundesregierung veranlassen, uns Vorschläge zu machen, auf Grund deren wir Maßnahmen ergreifen könnten. Es gibt noch keine Kriterien dafür, wie man eine Marktanteilsbegrenzung überzeugend durchführen kann. Es gibt aber schon Hinweise darauf, wie man das Wettbewerbsrecht ändern kann. Darüber gibt der Bericht auch Auskunft. Ein wichtiger Punkt ist noch der Punkt 5, zu dem erläuternd etwas zu sagen wäre. Hier geht es um „Maßnahmen hinsichtlich der Stellung und Verantwortlichkeit der Journalisten in Verlagen und Rundfunkanstalten" usw. Zu der sozialen Seite, die hier involviert ist, wird der Kollege Sänger bei der Begründung unseres Antrags noch mehr beitragen. Ich möchte darauf hinweisen, daß beim Beruf des Journalisten im Augenblick auf eine angebotene Stelle vier Bewerber kommen. Es ist einer der wenigen Berufe in der Bundesrepublik Deutschland, bei dem diese Situation gegeben ist. Der Ausschuß hat, was den Bereich angeht, den wir mit „innere Pressefreiheit" bezeichnen, zunächst - ich unterstreiche das Wort „zunächst" zweimal - davon abgesehen zu sagen, das müsse durch ein Gesetz geregelt werden. Wir haben immer noch die Hoffnung, wenn auch nur eine schwache, daß sich die Verlegerverbände und Anstalten mit den Journalistenverbänden und Gewerkschaften auf der Ebene der Tarifpartner' etwa in einem Manteltarif oder in einem Vertrag einigen können. Es gibt inzwischen eine beispielhafte Reihe von Redaktionsordnungen oder Redaktionsstatuten, die von kämpferischen Redaktionen erreicht oder von verständnisvollen Verlegern zugestanden worden sind. Aber damit werden wir immer nur einen Teil der Unternehmen erreichen, insbesondere nicht die kleinen. Wir möchten hiermit - das tut der Ausschuß, und das unterstreiche ich als seine Absicht in meiner Eigenschaft als Berichterstatter - den Tarifpartnern eine letzte Chance geben. Im Ausschuß bestand - ich betone das - Einvernehmendarüber, 'daß wir, wenn sich das jetzt nicht unter den Partnern regeln läßt, ein Gesetz machen müssen. Aber lieber wäre es uns und besser wäre es gewiß auch für das Verhältnis zwischen Redakteuren, Anstalten und Verlagen, wenn .es anders gemacht werden könnte. Sonst müssen wir im nächsten Bundestag ein solches Gesetz machen. Zu den anderen Punkten ist zu sagen, daß es bei Punkt 1 - Pressestatistik und regelmäßiger Bericht - verdienstvolle Vorarbeiten gibt, die Einrichtungen wie der Presserat geleistet haben. Wir brauchen Materialien, um schneller reagieren zu können als bisher. Bei Punkt 2 - Fusionskontrolle - ist der Ausschuß über das hinausgegangen, was die Kommission und auch die Bundesregierung bis jetzt selbst vorgeschlagen haben, indem wir verlangen, „unverzüglich den Entwurf einer gesetzlichen Regelung zur Fusionskontrolle einzubringen". Es ist möglich, das zu tun. Dafür gibt es Kriterien, anders als bei Punkt 4. Punkt 3 - Offenlegungspflicht für die Besitzverhältnisse - betrifft eine allgemeine Forderung, über die Einvernehmen bei allen Beteiligten besteht. Punkt 6 schließlich betrifft die Einrichtung des Kuratoriums. Darin sind sich Bundesregierung, Kommission und Ausschuß einig. Dieses Kuratorium kann auch dazu dienen, insbesondere kleinere und mittlere Unternehmen zu beraten, für die wir in den letzten Jahren, solange die Beratungen über den Antrag andauerten, schon einiges getan haben. Ich denke an das Umsatzsteuerrückvergütungsgesetz und an die ERP-Kredite, die inzwischen 31 Betriebe, insbesondere in der Größenordnung unter 80 000 Auflage, erhalten und die Gutes gewirkt haben. Wir haben dabei allerdings auch gesehen, daß das einzige Begrenzungskriterium der 160 000 kein Instrument ist, mit dem wir künftig werden arbeiten können. Das hat sich ganz besonders bei dem Umsatzsteuerrückvergütungsgesetz herausgestellt, wo eine ganze Reihe von Betrieben in den Genuß von Hilfen gekommen ist, die sie nicht gebraucht hätten, andere aber, die sie gebraucht hätten, sie nicht bekommen haben. Ich sage ganz offen, es ist uns im Ausschuß nicht gelungen, Kriterien zu finden, die besser funktionieren .als diese „gegriffene" Grenze. Dazu erbitten wir auch noch den Rat der Sachverständigen, denen ich im übrigen im Namen des Ausschusses dafür danken will, daß sie uns sowohl in der Günther-Kommission - insbesondere danke ich da dem Präsidenten Günther für die exzellente Leitung der Presse-Kommission - als auch in den Hearings weitergeholfen haben. Wir werden auf ihren Rat wieder angewiesen sein, wenn wir sie erneut darum bitten müssen, uns zu helfen, das Verfassungsgebot des Art. 5 des Grundgesetzes, nämlich das der Meinungs- und Informationsfreiheit, besser auszuführen, als das bisher möglich war. ({0})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Wir treten in die verbundene Aussprache ein. Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Kliesing.

Dr. Georg Kliesing (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001130, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir befinden uns in der etwas mißlichen Lage, in später Stunde und im Eiltempo hier Probleme diskutieren zu müssen, die doch, wie ich meine, sehr stark in unsere Verfassungswirklichkeit eingreifen, sie zumindest sehr berühren. Wir haben im Oktober 1967, wie erinnerlich, hier eine Pressedebatte gehabt, in der wir unter dem Eindruck der damaligen Situation und des verhältnismäßig rasch um sich greifenden Konzentrationsprozesses festgestellt haben, daß die Presse sehr rezessionsempfindlich ist. Wir könnten natürlich heute sagen, daß es der Presse in wirtschaftlicher Hinsicht relativ gut geht, daß sie von dem konjunkturellen Aufschwung profitiert hat und daß sich der Konzentrationsprozeß wesentlich verlangsamt hat. Das ist sicherlich richtig, ich möchte aber davor warnen, daraus weitgehende Schlüsse zu ziehen; denn schließlich ist der Trend zur Konzentration eine fast überall in der Wirtschaft zu beobachtende Erscheinung - und Presseunternehmen sind ja schließlich Wirtschaftsunternehmen -, der man in vollem Umfange wohl auch mit noch so gezielten staatlichen Maßnahmen nicht entgegenwirken kann, weil sich hier eine Entwicklung vollzieht, die man so ausdrücken kann, daß auch hier der Trend zur Schaffung technisch optimaler Betriebsgrößen geht. Dr. Kliesing ({0}) Das spezielle Problem - wir kennen es alle - besteht eben darin, daß diese allgemeine wirtschaftspolitische Entwicklung mit der im Grundgesetz verbürgten Informationsfreiheit des Staatsbürgers zusammenstößt. Deshalb müssen wir auch in Zukunft diesem Problem eine erhöhte Aufmerksamkeit zuwenden. Ich möchte das dahingehend konkretisieren, daß ich speziell, was die regionale Presse angeht, diesen Konzentrationsprozeß mit großer Besorgnis verfolge. Wir als Abgeordnete sollten am besten wissen, daß gerade die Regionalpresse doch eine meinungsbildende Kraft ausübt, die über den Durchschnitt des sonstigen Einflusses der Tageszeitungen wesentlich hinausgeht. Ich möchte darum bitten, daß die Bundesregierung gerade diesen Punkt in ihre künftigen Beratungen, Beobachtungen und Prüfungen einschließt und ihm Vorrang gibt. Ich bin damit schon beim Punkt 1 des Ausschußantrages. Diesen Punkt 1 halten wir für sehr wichtig. Es geht natürlich jetzt wegen der Kürze der Zeit nicht an, hier zu jedem einzelnen Punkt Stellung zu nehmen, ich kann es mir aber doch nicht versagen, im Zusammenhang mit den Punkten 4 und 5 einige Bemerkungen zu machen. Herr Kollege Raffert hat bereits betont, daß sich der Ausschuß nicht mit jener Aussage der Pressekommission identifiziert hat, die dahin ging, daß bei einem 20%igen Marktanteil eine Gefährdung und bei einem 40%igem Anteil bereits eine Beeinträchtigung der Pressefreiheit festzustellen sei. Mir scheint, daß man bei einer Frage, die doch verfassungsrechtliche und verfassungspolitische Probleme zur Diskussion stellt und die in unsere Verfassungswirklichkeit eingreift, nur Vorschläge machen kann, wenn diese solide untermauert sind. Hier habe ich allerdings gegenüber den Empfehlungen der Pressekommission gewisse Bedenken. Ich möchte aus der Fülle der Diskussionsbeiträge mit Genehmigung des Herrn Präsidenten hier zwei Stellen zitieren. Es heißt in der Stellungnahme des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger vom August 1968: Dieser Vorschlag wurde auch nur mit sechs Stimmen von 17 berufenen und 13 anwesenden Kommissionsmitgliedern so beschlossen. Das ist an sich keine erfreuliche Aussage. Wenn sie stimmen sollte, so habe ich gegen ein derartiges Verfahren Bedenken. ({1}) - Es wird natürlich bei einer solch großen Liste von Fehlenden und von solchen, die an der Abstimmung nicht teilgenommen haben oder anders gestimmt haben, nicht leicht sein, das aus dem Handgelenk zu sagen. ({2}) - Ja, aber es hat ja keinen Zweck, wenn ich hier nun eine ganze Liste von Namen verlese. Außerdem müßte ich fairerweise ja auch noch auf die abweichenden Stellungnahmen einzelner Kommissionsmitglieder zu sprechen kommen. Ich möchte nun auf die Äußerung von Herrn Dr. Ehmer, ebenfalls Kommissionsmitglied, zu sprechen kommen, der in der Zeitschrift „ZV +ZV", Nr. 38, folgendes schreibt: Was nun die berühmt gewordenen MarktanteilProzentziffern der Kommission betrifft, so ist zuzugeben, daß sie statistisch und wissenschaftlich nicht exakt begründet sind. Es konnte dies wegen eines nicht von der Kommission verschuldeten Zeitmangels nicht geschehen. Weiter unten heißt es: Man sollte deshalb die anstößigen Prozentziffern als Markierungspunkte oder auch als Warnsignale auffassen. Sie kamen zustande aus der sogenannten Lebenserfahrung der verlegerischen und journalistischen Mitglieder der Pressekommission. Ich muß schon sagen, daß mir das eine keineswegs solide Untermauerung eines derartig tief in unsere Verfassungswirklichkeit eingreifenden Vorschlages zu sein scheint. Selbstverständlich haben die Kommission und Dr. Ehmer recht, wenn Sie sagen: Wir waren nicht für diesen Zeitdruck verantwortlich! - Die Frage ist nur, ob man sich unter diesen Umständen überhaupt zu so weitgehenden und so konkreten Vorschlägen hätte verleiten lassen sollen. ({3})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Herr Abgeordneter Moersch, zu einer Zwischenfrage würde ich mich doch auf die geschäftsordnungsmäßig übliche Weise melden. Im übrigen sind Sie der nächste Redner. Sie können ja alle Ihre Gedanken noch an den Mannn bringen.

Dr. Georg Kliesing (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001130, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich konnte akustisch nicht verstehen, was Sie gesagt haben. ({0}) - Ja, wenn man sie verstehen kann. Es tut mir leid, ich habe Sie einfach nicht verstanden. Die Geschichte wird aber noch problematischer, wenn wir erfahren, daß dieselben Prozentsätze auch für die sogenannten Publikumszeitschriften gelten sollen. Hier stehen wir allerdings vor einem sehr fragwürdigen Begriff. Die Zeit erlaubt es mir nicht, dem Hohen Hause zur Kenntnis zu bringen, was alles zu diesen Publikumszeitschriften gehört. Wenn man diese Liste - angefangen von der Zeitschrift „Deine Eisenbahn", der „Niedersächsischen Toto-und Lottozeitung" über die großen Illustrierten und Sportzeitungen bis hin zu den Kirchenzeitungen usw. - einmal durchliest, gewinnt man doch die Überzeugung, daß man hier nicht nur Äpfel und Birnen, sondern auch eine Menge anderer Obstsorten zusammenaddiert. Dr. Kliesing ({1}) Mir scheint, dieser Begriff „Publikumszeitschrift" ist sehr geeignet, die Wirklichkeit zu vernebeln und tatsächliche Monopolbildungen auf bestimmten Sektoren des Zeitschriftenwesens unsichtbar zu machen. Wenn man z. B. bedenkt, wer hier alles mit einspringen muß, um zu verhindern, daß einzelne Zeitschriften an die kritische 20 %-Grenze herankommen, empfindet man die Situation - entschuldigen Sie bitte - geradezu als grotesk. Deshalb kann meines Erachtens der Begriff „Publikumszeitschrift" nicht als seriöse Arbeitsgrundlage angesehen werden. Er sollte baldmöglichst in seine Bestandteile zerlegt und durch sachgerechtere Begriffe ersetzt werden. Lassen Sie mich im Anschluß an das, was der Kollege Raffert gesagt hat, noch ein paar Bemerkungen zu dem Problem der inneren Pressefreiheit machen, wie es ja auch in Punkt 5 des Ausschußantrags angesprochen ist. Die SPD hat hierzu einen Entschließungsantrag eingebracht. Wir schließen uns diesem Antrag an, weil auch wir sehr am Zustandekommen eines einheitlichen Versorgungswerks für alle Journalisten interessiert sind, damit endlich auch hier die Wettbewerbsverzerrung zwischen Zeitungen und Rundfunk verschwindet. Ich bin ebenfalls der Auffassung, daß wir zunächst einmal die beiden Verbände ermuntern sollten, alles zu versuchen, um zu einer freiwilligen, umfassenden Regelung zu kommen. Wir verfolgen mit großem Interesse die Versuche und Abkommen, die in einzelnen Verlagen bereits existieren und beobachten, wie sie sich bewähren. Aber ich gestehe Ihnen offen, daß es uns sehr viel lieber wäre, wenn hier eine generelle Regelung zustande käme. Die gesetzliche Regelung sollte eigentlich nur dann Platz greifen, wenn alle anderen Stricke reißen. Einstweilen möchte ich jedenfalls noch nicht die Hoffnung aufgeben, daß Verleger- und Journalistenverband zu einer beiderseits befriedigenden Regelung kommen; dazu möchten wir sie jedenfalls ermuntern. ({2})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Moersch.

Karl Moersch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001526, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Meine Damen und Herren! Für die Fraktion der FDP darf ich erklären, daß wir Wert darauf legen, daß es bei dem Antrag des Ausschusses bleibt und daß das ominöse Wort ,,Marktanteilsbegrenzung", das eine Reihe von Kollegen der CDU/CSU nachträglich gestört hat, nachdem die CDU/CSU diesem Antrag im Ausschuß zugestimmt hatte, doch in dieser Ausschußfassung stehenbleibt. Sie können uns ja nachher dabei sicherlich überstimmen. Ich finde es ein bißchen bedauerlich, daß man diesem Problem verbal ausweicht und daß beide Teile, die sich auf diesen Antrag geeinigt haben, doch offensichtlich unter ihrem Antrag verschiedenes verstehen. Dann soll man auch sagen, was man meint. Ich kann es kurz machen. Wir Freien Demokraten sind der Ansicht, daß es bisher in der Tat keine Kriterien gibt, die diese Marktanteilsbegrenzungen auf gesetzliche Grundlage stellen ließen. Wir sind ebenfalls der Meinung, daß die Informationsfreiheit ein konstitutives Recht in diesem Lande ist. Wir müssen eben Kriterien entwickeln, die dieses Recht sichern, sei es auch durch solch eine Art von Gesetzgebung. Die Bundesregierung hat sich nicht besonders viel Mühe gegeben, den Bericht der Günther-Kommission zu verdeutlichen. Vielmehr war es ihr wegen unterschiedlicher politischer Auffassungen anscheinend nicht möglich, zu der Klarheit zu kommen, die wir uns gewünscht hätten. Der Wert dieses Berichts der Günther-Kommission und des Bemühens aller daran beteiligten Mitarbeiter liegt für mich ganz besonders darin, daß das Thema Informations- und Pressefreiheit nun auf eine Basis gestellt wurde, von der aus wir sicherlich noch manche andere Konsequenz zu ziehen haben, und daß die gesamte deutsche Öffentlichkeit dieses Problem besser als früher, nämlich als ein Recht des Bürgers kennengelernt hat und nicht als ein Recht von Journalisten und Verlegern. Das ist, glaube ich, das Entscheidende. Journalisten und Verleger sind diejenigen, die dem Bürgerrecht auf Informationsfreiheit zu dienen haben und die ihren Beruf im ganzen auch durchaus so verstehen. Zu der Frage des Redaktionsstatuts, die hier angeschnitten worden ist, möchte ich ebenso klar bekennen, daß nach meiner Erfahrung freiwillige Vereinbarungen nicht ausreichen werden; denn alle die Verlage, in denen das Verhältnis zur Redaktion in Ordnung ist, können zu solchen Statuten kommen, während alle die Verlage, in denen das Verhältnis nicht in Ordnung ist, durch eine freiwillige Vereinbarung gar nicht berührt werden können. Hier muß der Gesetzgeber eine Rahmenvorschrift erlassen, die bestimmt, daß die Abgrenzung der Verantwortlichkeit innerhalb eines Redaktionsstatuts vorgenommen wird und daß - das ist besonders wichtig - die Leserschaft in regelmäßigen Abständen über diesen Inhalt aufgeklärt wird. Es muß bekanntgemacht werden, welche Grundlinie die Zeitung vertritt, welche Art der Nachrichtengebung vorgesehen ist, wer die wirklich Verantwortlichen hier sind. Das stärkt meiner Meinung nach die innere Pressefreiheit ganz erheblich. Es ist gar keine Frage, daß diese Offenlegung der Fakten auch dem Ansehen der Zeitungen selbst dient und damit auch im Wettbewerb selbst nützen wird. Die Vorstellung, die die sozialdemokratischen Kollegen angekündigt haben, daß man die zentrale Versorgung im Journalistenberuf anstreben müsse, teile ich in vollem Umfang. Ich darf für meine Fraktion sagen, daß wir diesem Teil des Antrags jedenfalls zustimmen können. Das ist eine notwendige Entscheidung, die der Mobilität der Redakteure und Journalisten nützt und damit auch ihre Unabhängigkeit stärkt. Wenn wir auf diese Weise etwas zur Verbesserung des journalistischen Berufs tun können, sollten wir es als Gesetzgeber tun. ({0})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Sanger.

Fritz Sänger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001914, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zwischen der Teilnahme an der Abschiedszusammenkunft und der selbstverständlichen Pflicht, hier zu einem Thema etwas zu sagen, das ein ganzes Leben lang Inhalt der Arbeit und des Denkens war, sollte ich, meine ich, wenigstens einige Bemerkungen, sehr wenige nur, machen. Herr Kollege Moersch meinte soeben, die Bundesregierung habe sich nicht besondere Mühe gegeben, den Günther-Bericht auszuwerten. Herr Kollege Moersch, seit Erstatten des Günther-Berichts und den Feststellungen, die die Günther-Kommission machen mußte, ehe der Bericht zustande kam, sind so viele Veränderungen im Pressewesen eingetreten, daß es heute so selbstverständlich wie nur möglich erscheint, diesem Wesen Presse zunächst einmal seine Entwicklung zu überlassen. Dabei sollte jedermann - und gerade wir werden uns in allen Fraktionen darin gemeinsam finden - ein Interesse daran haben, daß möglicherweise die Zeitungsverleger von selbst jetzt auf Gedanken kommen und neue Wege beschreiten, jedenfalls betreten, daß sie zu einem Ziel gelangen, an dem sie sich dann, kommt eine neue Rezession, selber zu helfen vermögen. Ich möchte gern, daß wir alle uns einig sind in dem Grundsatz: sowenig Staat wie möglich und soviel Selbsthilfe wie möglich, gerade auf diesem Gebiet der Presse, des Nachrichtenwesens also, und der Meinungsäußerung. Lassen Sie mich bitte nur ein kurzes Wort zu dem Antrag der Sozialdemokraten sagen, die allgemeine Altersversorgung zu betreiben. Es ist eine der merkwürdigsten Tatsachen unserer Zeit, daß heute ein Journalist, der von einer Rundfunkanstalt zu einer anderen Rundfunkanstalt geht, in dieser Anstalt seine Rechte verliert und in jener Anstalt sie erst wieder in langsamer Entwicklung erwerben muß. Geht er gar von der Anstalt zur Presse, so verliert er sie hier und hat dort ein noch viel schlechteres, langsames Vorwärtskommen. Umgekehrt brauche ich es wohl nicht noch einmal darzustellen. Meine Damen und Herren, noch ein anderes. Da bin ich, Herr Bundesminister des Innern, zunächst dankbar für die Antwort, die ich heute morgen in der Fragestunde zu der gleichen Sache -aus Ihrem Haus bekommen habe. Danach wollen Sie weiterarbeiten an dem Thema der gemeinsamen Altersversorgung für die Journalisten. Ich bitte in diesem Augenblick aber hinzufügen zu dürfen: es gibt noch eine Gruppe von Journalisten, auf die wir auch achten müssen. Das sind nicht nur diejenigen, die frei arbeiten, sondern auch diejenigen, die aus der Zeitung oder aus dem Rundfunk oder aus der freien Tätigkeit in eine Pressestelle, gar etwa in das Auswärtige Amt als Presseattaché, überwechseln und die dann nach einigen Jahren wieder in eine freie Pressearbeit zurückwechseln wollen. Sie haben entweder die Jahre in der Behörde oder aber die Jahre in der freien Arbeit verloren, aus verschiedenen rechtlichen Gründen, auf die ich jetzt nicht eingehen will. Wir haben erlebt, ich habe noch erlebt, daß Journalisten in der Weimarer Zeit wegen ihrer ausgezeichneten Auslandskenntnisse, wegen ihrer großartigen sprachlichen Kenntnisse zum Auslandsdienst gerufen wurden und, heute längst alt geworden, aus dieser Zeit keine Rechte zu erwerben vermochten und nun aus dem Dienst, wenn sie nach 1945 wieder eingetreten sind, so entlassen werden, als wären sie niemals vorher im öffentlichen Dienst tätig gewesen. Auf diese Frage habe ich den Herrn Minister des Auswärtigen, weil dort einige besondere Fälle vorliegen, schon aufmerksam gemacht. Sie muß aber wahrscheinlich einmal eine grundsätzliche Regelung erfahren. Das letzte, was ich sagen möchte, ist dies: wir brauchen diese durch materielle Dinge gesicherte Unabhängigkeit der Journalisten einfach deshalb, weil sie nicht danach gucken dürfen: Was wird denn aus mir, oder was kommt denn danach, wenn ich diese Meldung, die ich bringen möchte, vor meiner Verantwortung bringen muß, wenn ich diese Meinung, die ich aussprechen möchte, aussprechen muß, tatsächlich veröffentliche, was kommt danach?, sondern sollen sagen können: Ich bin auf jeden Fall gesichert. Wir hatten im Journalismus einen alten Kollegen, der vor einigen Jahren gestorben ist. Er pflegte immer dann, wenn junge Redakteure in die Redaktion eintraten, ihnen einen längeren Vortrag zu halten und zu sagen: „Du, paß mal auf! Hier, wenn Du durch die Tür hereinkommst, links ist der Pfosten mit einem Nagel, da hängst Du Deinen Hut auf! Häng ihn nicht in den Schrank, dessen Tür zugeschlossen werden muß und dessen Schlüssel dann nicht immer zu finden ist. Denn wenn man etwas von Dir will, was Du glaubst nicht verantworten zu können, dann findest Du den Hut am Nagel neben der Tür schneller, als wenn Du erst die Tür von dem Schrank aufschließen mußt und dabei vielleicht überlegst, ob Du nicht doch noch bleiben sollst." Es nutzt der Unabhängigkeit, zu wissen, daß man gehen kann, wenn man will. Es ist einer der wenigen Berufe, in denen man gehen muß, wenn man nicht verantworten kann, was zu sagen und was zu schreiben ist. Ich möchte deshalb gern, daß diese Frauen und diese Männer wissen, daß wenigstens in ihrem Alter für sie gesorgt ist, gleichgültig, ob sie in der heute noch gedruckten Tageszeitung, ob sie in der Zeitschrift, ob sie in der Pressestelle, ob sie in dieser oder jener Rundfunk- oder Fernsehanstalt gearbeitet haben. Standen sie im Dienst der Nachrichtengebung und der freien Meinungsäußerung und haben sie diesen Dienst verantwortungsbewußt geleistet, so sollen sie, meine ich, für ihr Alter gesichert sein und das vorher wissen. ({0})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete von Eckardt. von Eckardt ({0}) : Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Zeit ist sehr fortgeschritten. Ich hätte zu diesem Thema - ich darf das meinem Parlamentskollegen und auch Berufskollegen Sänger sagen; Sie sind, glaube ich, etwa gleich lange tätig in diesem Geschäft - vielerlei zu sagen. Aber ich von Eckardt werde mich kurz fassen. Ich möchte einige allgemeine Bemerkungen machen, kurze Bemerkungen. Der Bericht, den wir von der Günther-Kommission bekommen haben, ist außerordentlich umfangreich; es ist ein riesiges statistisches Material drin. Es ist zu einem ganz großen Teil auch schon wieder überholt; das ist aber das Schicksal solcher Berichte. Eine Frage ist schon erledigt, indem wir die Zustimmung gefunden haben mit unserem Antrag, die Marktbegrenzungsanteile aus dem Bericht herauszunehmen. Man kann natürlich einen Markt beurteilen, z. B. den Stahlmarkt. Man kann sagen - die Zahl ist wieder völlig aus der Luft gegriffen - wer 60 % der Flachstahlproduktion in der Hand hat, ist marktbeherrschend, und das geht nicht, da muß das Kartellamt eingreifen. Das Zahlenspiel mit Auflagenhöhen stimmt im Pressewesen überhaupt nicht. Langjährige, jahrzehntelange Erfahrungen haben gezeigt, daß es Presseorgane mit relativ geringer Auflage gibt, die eine ungleich größere Meinungsbildung bewirken als Massenblätter. Wenn Sie in die älteren Zeiten zurückgehen - ich darf mich wieder an meinen Freund Sänger wenden -, so kann ich nur sagen: eine Zeitung von großem Ansehen in Deutschland und der Welt wie die „Vossische Zeitung" hat nie mehr als 40 000 Exemplare gehabt. Die vielleicht berühmteste deutsche Zeitung, das „Berliner Tageblatt", hat sich bei knapp 100 000 gequält. Selbst bei Ihnen, den Sozialdemokraten, gab es eine parteiamtliche amtliche Zeitung, den „Vorwärts", der von Königsberg bis Basel und von Flensburg bis in den Bayerischen Wald erschien. Der war auch etwa bei 80 000. Diese Blätter hatten eine ungeheure politische Wirkung. Sie hatten eine weit größere Wirkung als Publikums- und Straßenverkaufsblätter. Denn diese Zeitungen werden nicht gekauft, um sich politisch zu informieren und sich politisch beeinflussen zu lassen. Es sind ganz andere Gründe, aus denen diese Blätter gekauft werden. Selbstverständlich interessieren mich die Fragen der Konzentration, ob die Presse lebensfähig ist, wieweit die Regionalpresse lebensfähig ist, außerordentlich. Aber worauf es mir ankommt und was entscheidend ist, ist doch, ob Art. 5 des Grundgesetzes, nämlich die Meinungsfreiheit, irgendwo begrenzt ist. Nun kann ich Ihnen nur sagen: Es hat in Deutschland und, ich glaube, in dem zivilisierten oder technisierten Teil der Welt ein solches Angebot an Informationen, an Nachrichten und an Kommentaren überhaupt noch niemals gegeben. Das Problem liegt überhaupt nicht an dem Mangel an Angebot, sondern darin, daß überhaupt kein Mensch mehr Zeit hat, das zu konsumieren. Das ist die entscheidende Frage, mit der wir uns zu beschäftigen haben. Ich will mich nicht heute abend damit beschäftigen, aber wir sollten uns in der Zukunft damit befassen. Denn, meine Damen und Herren - ich werde so kurz sprechen wie Sie alle auch -, die Zukunft ist das Wichtige. Wenn wir uns heute hier in einem sehr kleinen, aber interessierten Kreis mit der Frage beschäftigen, was denn aus der Information der Öffentlichkeit und aus der Informationsfreiheit wird, dann müssen wir in diese Zukunft hineinblicken, dann müssen wir wissen, daß nur wenige Jahre vergehen werden, bis wir geostationäre Nachrichtensatelliten haben, die etwa 300 Kanäle bedienen. Sie sind heute schon möglich, sie brauchen nur abgeschossen zu werden, sie sind da, und zwar können sie das alles frei Haus liefern, direkt in die Wohnung hinein. Ich komme weiterhin zu der Feststellung, daß wir im Dezimeterbereich und im Gigameterbereich die verschiedensten Informationsmittel auf uns zukommen sehen, und da werden noch ganz neue Dinge auf uns zukommen. Was ich heute abend noch beisteuern wollte, ist, daß wir uns mit neuen Kommissionen, neuen Untersuchungen, neuen Vorschlägen aus dem Schoße von Kommissionen zu beschäftigen haben, daß diese in die Zukunft weisen sollen, daß sie sich mit den Problemen beschäftigen sollen, die mit rasanter Geschwindigkeit auf uns zukommen. Wir dürfen nicht auch in diesem Fall wie in manchen anderen Fällen - daran sind wir alle in diesem Hause beteiligt - hinter der Entwicklung herlaufen, sondern wir müssen diese Dinge wirklich im wahrsten Sinne des Wortes auf uns zukommen sehen. Darum glaube ich, daß es in dem Änderungsantrag der CDU/CSU - für mich wenigstens - das Wichtigste ist, daß wir den Wunsch äußern, eines Tages ein Gesamtkonzept der Informationsmöglichkeiten, also der Informationsträger, auf den Tisch zu kriegen. Das ist eine sehr schwierige Sache. Ob das bis zum 1. Januar 1971 zu machen ist, wage ich gar nicht zu beurteilen. Ich kann es auch gar nicht beurteilen; dazu fehlen mir die Maßstäbe. Aber ich möchte hier mit allem Nachdruck darauf hinweisen, daß wir da ein Gebiet haben - ähnlich wie in den Fragen der Schule, der Hochschule, überhaupt in Bildungsfragen -, wo ein Problem in einem ganz rasanten Tempo auf uns zukommt. Zwei, drei Jahre mag es noch angehen, aber dann ist es da. Wenn wir die Sache nicht anfassen, werden die Satelliten vom Ausland abgeschossen, über uns hängen und uns in deutscher Sprache mit Informationen versorgen, ob sie uns gefallen oder nicht. Meine Damen und Herren, in dieser Richtung möchte ich gern die zukünftige Arbeit sehen. Ich möchte den Blick in die Zukunft lenken, die auf uns zukommt. Lassen Sie mich mit einem Satz schließen. Lieber Kollege Sänger, ich brauche gar kein Wort hinzuzufügen. Alles, was Sie über die Altersversorgung, alles, was Sie über die gleichmäßige Versorgung aller Journalisten gesagt haben - wenn wir einmal dieses Gesamtwort benutzen wollen -, und zwar gleichmäßig, ob es sich um den Rundfunk, das Fernsehen, die Zeitung oder um freie Mitarbeiter handelt, ist eine unbedingte Möglichkeit. Darin steckt die Freiheit des Journalisten - darin stimme ich mit Ihnen überein -, darin steckt auch die Fluktuationsmöglichkeit zwischen den einzelnen Medien, die heute in weitem Maße nicht besteht, aber unbedingt wiederhergestellt werden muß. ({1})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Spitzmüller.

Kurt Spitzmüller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002202, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Als Mitglied dieses Hauses, das schon in vielen Fällen hier sprechen durfte, konnte und mußte, kann ich eigentlich nur mit großer Bedrückung feststellen, daß über eine Änderung dessen, was der Ausschuß einstimmig beschlossen hat, durch dreizehn Abgeordnete der CDU/ CSU, sechs Abgeordnete der FDP und fünf Abgeordnete der SPD entschieden werden soll, daß also von ihnen entschieden werden soll, ob das in den Antrag des Ausschusses hineinkommt, was die CDU will. Ich muß Ihnen ganz ehrlich sagen: das ist eine peinliche Stunde für mich als Mitglied dieses Hauses, ({0}) nachdem die SPD sich nach dem merkwürdigen Beitrag ihres Fraktionsvorsitzenden offensichtlich schamvoll zurückgezogen hat und bezüglich der Anwesenden die drittstärkste Fraktion im Hause ist. Ich kann Ihnen nur sagen: das ist kein guter Stil zum Abschluß einer Legislaturperiode, insonderheit deshalb, weil dieser Änderungsantrag eigentlich nach dem, was Sie, Herr Kollege Kliesing zur Regionalpresse ausgeführt haben, nicht begründet ist; denn aus diesem Antrag kann jeder das herauslesen, was er will. Das scheint auch Ihre Absicht zu sein.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Herr Abgeordneter Spitzmüller, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Raffert?

Kurt Spitzmüller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002202, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Bitte schön, Herr Kollege Raffert.

Joachim Raffert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001765, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Spitzmüller, haben Sie im Bericht des Berichterstatters überlesen, daß es dort wörtlich heißt: Bei seinem Vorschlag zur Marktanteilsbegrenzung denkt der Ausschuß z. B. an die Möglichkeit von ergänzenden Bestimmungen im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen . . . durch die das Ziel der Pressekommission erreicht werden könnte. Das läßt sich durch den Antrag, den die CDU/CSU jetzt eingebracht hat, durchaus decken. Ich sehe wirklich nicht so wie Sie einen eklatanten Widerspruch zu dem, was wir bisher im Ausschuß beschlossen haben. Ich darf Sie fragen: Finden Sie diese Stunde auch dann immer noch so peinlich, wenn ich Sie an diese Tatsache erinnere?

Kurt Spitzmüller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002202, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Kollege Raffert, ich bin zwölf Jahre Mitglied dieses Hauses und habe allzu oft erlebt, daß dann, wenn die CDU/CSU in einer solchen Stunde in letzter Minute Änderungswünsche hatte, dahinter ganz massive Vorstellungen standen, die letztendlich zu dem führten, was ich schon ausgeführt habe, daß die CDU nämlich eine Formulierung wählte, aus der jeder das Seine herauslesen konnte. Das hatte zum Ergebnis, daß das Problem ausgeklammert, verschoben oder vertagt wurde. Diese Sorge habe ich aus diesem Text heraus. Deshalb bin ich noch einmal hier heraufgegangen, um das klar zum Ausdruck zu bringen. ({0})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Wird zu diesen beiden Punkten noch das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Aussprache. Zum Zusatzpunkt 3 liegt der Entschließungsantrag der Abgeordneten Sänger und Genossen und der Fraktion der SPD vor *). Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen. Wer diesem Entschließungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen! - Ich bitte um die Gegenprobe! - Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? - Auch keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen. Zum Zusatzpunkt 4 liegt der Bericht des Ausschusses vor und dazu ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Umdruck 735 **). In der Neufassung zu Ziffer 4 des Ausschußantrages sollen die Worte „im Hinblick auf die Verzerrung des Wettbewerbs" gestrichen werden. Es soll also heißen: „4. das Wettbewerbsrecht auf dem Markt der Kommunikationsmittel zu überprüfen;". Ist das so richtig? ({0}) - Das ist aber auf der Vorlage, die Sie mir übergeben haben, Herr Dr. Kliesing, nicht gestrichen. Nach Ihrer Meinung soll es also heißen: „4. das Wettbewerbsrecht der Kommunikationsmittel zu überprüfen;". Ist es so richtig? ({1}) - Das liegt an den Antragstellern; das liegt nicht an Ihnen und nicht an mir. - Also, meine Damen und Herren, der ganze, längere Text liegt Ihnen vor. Sie brauchen also nur aus dem Text des Umdrucks 735 einiges zu streichen. Es' soll heißen: 4. das Wettbewerbsrecht der Kommunikationsmittel zu überprüfen; Es ist also klar, worüber wir abstimmen. Wer diesem Änderungsantrag - ({2}) *) Siehe Anlage 6 **) Siehe Anlage 7 Vizepräsident Dr. Jaeger - Also, Herr Dr. Kliesing, vielleicht begeben Sie sich jetzt auf die Rednertribüne und sagen, welches der gültige Text ist. ({3})

Dr. Georg Kliesing (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001130, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe an sich nichts dagegen, daß die Worte „auf dem Markt" stehenbleiben. Ich finde nur, daß das gegenüber dem allgemeinen Begriff „das Wettbewerbsrecht" eine gewisse Einschränkung darstellt. Ich möchte das Wettbewerbsrecht, so wie Sie es eben im Zusammenhang mit Ihrem Schriftlichen Bericht interpretiert haben, möglichst umfassend zur Prüfung durch die Bundesregierung stellen.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Wie lautet jetzt Ihr Antrag, damit ich genau weiß, worüber abgestimmt werden soll? ({0}) - Dann heißt es jetzt also: „das Wettbewerbsrecht auf dem Markt der Kommunikationsmittel zu überprüfen". Darüber besteht kein Zweifel, worüber jetzt abgestimmt wird? - Gut. Wer dem Änderungsantrag der Fraktion der CDU/ CSU auf Umdruck 735 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. Ich bitte um die Gegenprobe. - Meine Damen und Herren, ich bitte um Wiederholung. Wer stimmt dem Antrag zu? ({1}) Ich bitte um die Gegenprobe. - Jetzt war es klar; das erste war die Mehrheit. Damit lasse ich über den Antrag des Ausschusses mit der Änderung, die zu Ziffer 4 beschlossen worden ist, abstimmen. Wer diesem Antrag des Ausschusses mit dieser Änderung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen. ({2}) - Meine Damen und Herren, wollen Sie bestreiten, daß die FDP zahlreich vertreten ist, relativ zahlreich vertreten ist? Meine Damen und Herren, wir stehen am Ende der heutigen reichhaltigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung auf morgen, Donnerstag, den 3. Juli 1969, 9 Uhr, ein. Die Sitzung ist geschlossen.