Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet.
Meine Damen und Herren, ich möchte Sie bitten, sich zu erheben.
({0})
Am Beginn der heutigen Sitzung stehen Worte des Gedenkens. Uns alle hat lähmendes Entsetzen erfaßt, als wir am Sonntag die Nachricht von der Explosionskatastrophe auf dem Güterbahnhof in Iannover-Linden hörten. Eine Welle der Trauer hat unsere Bevölkerung ergriffen. Sie wendet sich teilnehmend den Opfern des Unglücks und deren schwerbetroffenen Angehörigen zu.
Uns bewegt zugleich die Frage: wie konnte es geschehen? Bis zur Stunde ist die Ursache der Explosion noch nicht ermittelt. Dem Unglück kann eine verhängnisvolle Verkettung technischer Mängel zugrunde liegen, aber auch die Möglichkeit eines verbrecherischen Anschlags wird nicht ausgeschlossen. Um so mehr erhebt sich die Forderung, daß die amtliche Untersuchung weiterhin mit größtem Nachdruck und unter Ausschöpfung auch der letzten Möglichkeiten geführt wird, um Klarheit über diesen Katastrophenfall zu gewinnen.
Eine zweite Frage wird in der beunruhigten Bevölkerung gestellt, nämlich: was kann und was muß vorbeugend geschehen? Gewiß hängt die Antwort auf diese Frage wesentlich vom Untersuchungsergebnis des Katastrophenfalles ab. Aber eines kann bereits heute gesagt werden: Wir, die wir als Mitglieder dieses Hauses Verantwortung für das Wohl unseres Volkes tragen und für die Sicherheit der Bürger dieses Staates zu sorgen haben, müssen uns überlegen - und diese Überlegungen müssen rasch, auch über Kompetenzschwellen hinweg, zu einem Ergebnis führen -, was auf dem Feld wachender und schützender Vorsorge zu tun und vielleicht zu verbessern ist.
In dieser Stunde findet in Hannover die Trauerfeier für die Opfer der Katastrophe statt. Wir teilen in tiefer Bewegung die Trauer der Hinterbliebenen und sprechen ihnen unsere Anteilnahme aus.
Wir wünschen den Verletzten baldige Genesung.
Wir gedenken in Ehrerbietung der Männer, die bei ihrem pflichtbewußten und selbstlosen Einsatz ihr Leben lassen mußten. Ich verlese ihre Namen:
Brandoberinspektor Friedrich Beuleke Brandmeister Hans-Jürgen Gieseler Brandmeister Erwin Scheetz Hauptfeuerwehrmann Gerhard Rast Oberfeuerwehrmann Helmut Hermann Feuerwehrmann Friedrich Hennies Feuerwehrmann Gernot Nickel Feuerwehrmann Wolf-Rüdiger Reiche Bundesbahnoberbetriebswart Josef Ketzlick Betriebsaufseheranwärter Dieter Liedtke Oberzugführer Karl-Heinz Nolting Bundesbahnobersekretär Rudolf Paul
Sie haben sich zu Ehren dieser Männer erhoben. - Ich danke Ihnen.
Ich darf zunächst einige Mitteilungen machen. Am 20. Juni 1969 hat unser Kollege Dr. Menne ({1}) seinen 65. Geburtstag gefeiert. Ich gratuliere Herrn Dr. Menne.
({2})
Zweite Mitteilung. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll die Tagesordnung erweitert werden um die
Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, eingebrachten Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes
- Drucksache V/4445 -.
Das Haus ist damit einverstanden? - Ich höre keinen Widerspruch; die Erweiterung der Tagesordnung ist damit beschlossen. Die Vorlage soll zusammen mit Punkt 27 der Tagesordnung beraten werden.
Jetzt hat der Kollege Rasner das Wort zur Tagesordnung erbeten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir müssen den Punkt 37 der Tagesordnung - Beratung des Schriftlichen Berichts des Postausschusses über das Gutachten der Sach13506
verständigen-Kommission für die Deutsche Bundespost vom 6. November 1965, über die Stellungnahme der Bundesregierung, über die abschließende Stellungnahme der Bundesregierung zum Gutachten der Sachverständigen-Kommission für die Deutsche Bundespost vom 6. November 1965 - von der Tagesordnung absetzen. Der Bericht des Haushaltsausschusses liegt nicht vor, und ohne diesen Bericht können wir nicht beraten.
Meine Damen und Herren, Sie haben den Vorschlag von Herrn Rasner gehört, diesen Punkt abzusetzen, weil der Bericht des Haushaltsausschusses nicht vorliegt. Ich nehme an, daß Sie mit diesem Vorschlag einverstanden sind.
- Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Wir kommen dann zu Punkt 2 der Tagesordnung: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs einer Bundeshaushaltsordnung ({0})
- aus Drucksache V/3040 Schriftlicher Bericht des Haushaltsausschusses ({1})
- Drucksachen V/4378, zu V/4378 - Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Althammer ({2})
Wird das Wort zur Berichterstattung gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Wir treten damit ein in die zweite Beratung, und zwar über den Bericht des Haushaltsausschusses V/4378. Meine Damen und Herren, ich denke, daß ich die Paragraphen bis auf jene aufrufen kann, zu denen Änderungsanträge vorliegen. Ich sehe, es liegen keine Änderungsanträge vor.
({3})
- Den habe ich hier in meinen Unterlagen nicht vorliegen. Vielleicht kann ich den nachgereicht bekommen, damit das Präsidium einigermaßen auf dem laufenden der Geschäfte ist. Es liegt also ein Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD vor, den § 53 a zu streichen. Wird zu diesem Antrag das Wort gewünscht? - Das ist offenbar nicht der Fall.
({4})
- Dieser Antrag bezieht sich gar nicht auf das Gesetz, ist das richtig? Natürlich, der bezieht sich auf das Grundsätzegesetz. Zu diesem Gesetz liegt also kein Änderungsantrag vor. Das Präsidium war, wie Sie sehen, doch auf der Höhe der Situation.
Wir kommen zur Abstimmung. Meine Damen und Herren, ich rufe die §§ 1 bis 116 auf. Dazu liegen keine Änderungsanträge vor. Wer den §§ 1 bis 116, Einleitung und Überschrift in der Ausschußfassung zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei einer Gegenstimme angenommen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Wird das Wort in dritter Beratung gewünscht?
({5})
- Diese beiden Punkte werden nicht verbunden, sondern getrennt behandelt. Das entspricht einer Vereinbarung der Fraktionen.
({6})
- Dann ist es in Ordnung. Ich habe hier verwirrende Meldungen, daß Kollegen das Wort wünschten, aber diese beziehen sich offenbar auf das nächste Gesetz. In dritter Beratung wird das Wort nicht gewünscht.
Wir treten damit in die Schlußabstimmung ein. Meine Damen und Herren, wer dem Gesetz als Ganzem zustimmt, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Gesetz ist einstimmig angenommen.
Wir kommen zu Punkt 3 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Grundsätze des Haushaltsrechts des Bundes und der Länder ({7})
- aus Drucksache V/3040 Schriftlicher Bericht des Haushaltsausschusses ({8})
- Drucksachen V/4379, zu V/4379 -Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Althammer ({9})
Zu diesem Gesetz liegt der von mir soeben genannte Änderungsantrag vor. Ich schlage vor, daß wir zunächst über die Paragraphen abstimmen, zu denen keine Änderungsanträge vorliegen, da ich annehme, daß die Kollegen, die sich zu Wort gemeldet haben, zum Änderungsantrag sprechen wollen. Ich rufe die §§ 1 bis 53 auf. Wer den §§ 1 bis 53 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Diese Paragraphen sind einstimmig angenommen.
Zu § 53 a liegt ein Änderungsantrag auf Umdruck 723 *) vor. Zur Begründung des Antrages hat der Kollege Dr. Althammer das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die §§ 52 a und 53 a wurden vom Haushaltsausschuß eingefügt, und zwar zu dem Zwecke, eine moderne Datenverarbeitung in die Amtskassen, die sich mit dem Haushaltsvollzug beschäftigen, einzuführen. § 52 a soll im Gesetz bleiben. Er enthält die Grundsätze, nach denen diese Bundes- und Landeskassen zu führen sind. Gegen § 53 a jedoch hat eine Reihe von Ländern inzwischen Einwendungen erhoben. Eine nochmalige Überprä-
*) Siehe Anlage 2
fung hat ergeben, daß sich unter Umständen vielleicht doch noch bessere Lösungsmöglichkeiten abzeichnen als die, die in § 53 a vorgesehen sind. Dieser § 53 a sollte ja ohnehin nur § 10 des Finanzverwaltungsgesetzes ändern. Er beinhaltet, daß Bundes- und Landeskassen zu trennen sind. Unter der Voraussetzung, daß dieses Finanzverwaltungsgesetz auch noch bei anderer Gelegenheit geändert werden kann und daß unter Umständen noch bessere Regelungen gefunden werden können, schlagen wir mit Rücksicht auf die Stellungnahme der Länder vor, § 53 a zu streichen. Wir verbinden damit die Hoffnung, daß damit für die Länder der entscheidende Grund entfallen dürfte, bezüglich dieses Gesetzes den Vermittlungsausschuß anzurufen.
Wird das Wort weiter gewünscht? - Das ist in zweiter Lesung offenbar nicht der Fall.
Dann komme ich zur Abstimmung über § 53 a. Diejenigen, die dem Antrag der CDU/CSU und SPD zustimmen wollen, müssen also gegen den Paragraphen stimmen. Wer dem § 53 a zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen.
({0})
Ich darf wiederholen. Wir stimmen über den Paragraphen ab. Wer dem Änderungsantrag zustimmen will, muß gegen den Paragraphen stimmen. Wer dem § 53 a zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der § 53 a ist gestrichen.
Wer den §§ 54 und 55, der Einleitung und der Überschrift zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Wird das Wort zur dritten Beratung gewünscht? - Das Wort hat der Kollege Dr. Althammer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sind übereingekommen, aus Zeitersparnisgründen nur zur dritten Lesung des Haushaltsgrundsätzegesetzes unsere grundsätzlichen Bemerkungen zu machen. Ich bitte um Verständnis dafür, daß ich - ich nehme an, daß dies auch meine Kollegen, die zu diesen Gesetzen sprechen, tun werden - dabei auch mit Blickrichtung auf die Bundeshaushaltsordnung spreche.
Diese beiden Gesetze sind ein weiterer Meilenstein auf dem Wege zu einer modernen Finanz- und Haushaltspolitik, wie sie uns im Rahmen der großen Finanzreform vorgezeichnet worden ist. Wenn diese beiden Gesetze angenommen werden, tritt die Reichshaushaltsordnung aus dem Jahre 1922 außer Kraft, und in Zukunft werden Bund und Länder ein modernes Haushaltsrecht haben, von dem wir nur hoffen können, daß es mindestens die gleiche Zeitdauer mit der gleichen Bewährung wie die alte Reichshaushaltsordnung absolvieren wird.
Für den Haushaltsausschuß als den federführenden Ausschuß hat sich bei der Beratung dieser beiden Gesetze aus meiner Sicht ,eine doppelte Aufgabe ergeben. Es waren dabei zwei Hauptziele anzuvisieren.
Einmal erschien es notwendig, dem Parlament und der Verwaltung das modernste Instrumentarium an die Hand zu geben, das im gegenwärtigen Zeitpunkt überhaupt zu geben ist. Es sollte damit die Möglichkeit verbunden werden, nach den neuesten Erkenntnissen die Haushaltsführung nicht nur als .ein Instrumentarium der staatlichen Bedarfsdekkung zu verstehen, sondern auch als ein sehr wesentliches Instrument staatlicher Konjunkturpolitik.
Die zweite für uns sehr wesentliche Aufgabe war die, eine möglichst klare Abgrenzung der Aufgaben zwischen Parlament und Exekutive zu erreichen und dabei, soweit das möglich ist, die Bedeutung des Parlaments zu stärken.
Lassen Sie mich zum ersten Komplex, ein möglichst modernes Gesetz zu schaffen, einige Bemerkungen machen. Hier stellte sich zunächst die Frage, ob es nicht zweckmäßig sein könnte, das Stabilitätsgesetz in diesem neuen größeren Gesetz aufgehen zu lassen. Wer das Stabilitätsgesetz durchliest, findet dort eine Reihe von Bestimmungen, die sich mit rein haushaltsrechtlichen Fragen beschäftigen. Über dieses Problem ist lange debattiert worden. Als Ergebnis haben wir festgehalten, daß wir das Stabilitätsgesetz unangetastet lassen wollten. Es war auch nicht möglich, die Bestimmungen, die sich ganz speziell mit Haushaltsfragen beschäftigen, in das Haushaltsgesetz zu übernehmen, weil dadurch unter Umständen rechtliche Schwierigkeiten der Doppelformulierung solcher Bestimmungen aufgetreten wären. Es ist also in der Zukunft davon auszugehen, daß zur Bundeshaushaltsordnung und zum Haushaltsgrundsätzegesetz als drittes gesetzliches Instrument das Stabilitätsgesetz kommt. Nur diese drei Gesetze zusammen geben eigentlich das rechtliche Instrument für den Haushaltsvollzug.
Das zweite Problem, das hier zu erwähnen ist, ist das Bemühen, eine moderne Haushaltsgestaltung dadurch zu gewährleisten, daß über den einzelnen Jahresabschnitt hinaus längerfristig eine Finanzplanung durchgeführt wird. Auch hier hatte bereits das Stabilitätsgesetz die entscheidenden Weichen gestellt. Es kam nun darauf an, Ergänzungsvorschriften in der Bundeshaushaltsordnung und im Haushaltsgrundsätzegesetz zu erlassen. Diese Ergänzung besteht einmal darin, daß gewisse Dinge der Finanzplanung verdeutlicht wurden, zum anderen darin, daß diese längerfristige Betrachtungsweise fortgeführt wurde durch den Zweijahreshaushalt und die Möglichkeit laufender Anpassungen der einzelnen Schritte des Haushaltsvollzugs. Diese Anpassung, möglichst zeitnah und möglichst schnell, ist geschehen durch eine Aktualisierung des sogenannten Nachtragshaushalts innerhalb des gleichen Haushaltsjahres.
Ein weiterer Gesichtspunkt dieser Modernisierung ist das Bemühen, eine möglichst übersichtliche Gestaltung der Haushaltsbestimmungen auch für den
Abgeordneten und auch für den interessierten Staatsbürger, . der nicht Haushaltsspezialist ist, in der Weise zu schaffen, daß er nicht erst dicke Bücher wälzen muß, sondern daß es ihm möglich ist, Grundlinien der Haushaltsgestaltung in einer kurzen Zusammenfassung zu sehen. Zu diesem Zwecke wurden eine Reihe von Darstellungen des Haushalts mit in das Gesetz eingebaut, so z. B. die Haushaltsübersicht, die Finanzierungsübersicht und die Kreditfinanzierungsübersicht. Weiter wurde bestimmt, als Anlage zum Haushaltsgesetz einen Haushaltsquerschnitt zu veranschlagen, eine Funktionenübersicht, eine Gruppierungsübersicht und eine Gesamtübersicht über die Verpflichtungsermächtigungen.
Weitere Merkmale dieser Modernisierung unseres Haushaltsrechts finden Sie z. B. in § 8 Abs. 2 der neuen Bundeshaushaltsordnung mit einer entsprechenden Vorschrift im Haushaltsgrundsätzegesetz, wo die Nutzen-Kosten-Untersuchung für große Projekte gesetzlich vorgesehen ist.
Ein weiterer Komplex - er wurde vorher beim Änderungsantrag schon angeschnitten - betrifft die Großraumkassen in § 52 a. Diese Großraumkassen sollen es ermöglichen, modernste Datenverarbeitungsanlagen in der Haushaltsausführung einzusetzen und insbesondere auch den staatlichen Stellen durch diese Datenverarbeitungsanlagen jederzeit sofort greifbare neueste Ziffern über die Gestaltung des Haushalts vorzulegen. Diese kurzfristigen Informationen sind in der heutigen Zeit einer raschen Konjunkturanpassung im allgemeinen zwingend notwendig.
Ein Problem in diesem Zusammenhang einer Modernisierung unseres Haushaltsrechts ist natürlich das Verhältnis von Bund, Ländern und Gemeinden. Eine wirksame Konjunkturpolitik ist nur möglich, wenn Bund, Länder und Gemeinden zusammenwirken. Dieses Problem finden Sie schon im Stabilitätsgesetz behandelt. Sie finden es verstärkt wiederum in den Vorschriften der Bundeshaushaltsordnung und des Haushaltsgrundsätzegesetzes, insbesondere in § 48 des Haushaltsgrundsätzegesetzes, nach dem im Finanzplanungsrat Bund, Länder und Gemeinden zusammenwirken, um diese Ziele zu erreichen.
Für den Bundestag hatte sich natürlich die Frage gestellt, ob es notwendig sei, neben einer Bundeshaushaltsordnung noch ein zweites Gesetz zu schaffen. Im Entstehungszeitraum dieser Gesetzesarbeit hatte man ja auch versucht, ein Gesetz zu schaffen, das für Bund und Länder gemeinsam gelten solle. Wir haben uns schließlich der Argumentation der Länder nicht verschlossen, sondern haben neben der Bundeshaushaltsordnung ein Haushaltsgrundsätzegesetz geschaffen, um den Ländern eine möglichst große Bewegungsfreiheit bei ihrer Haushaltsaufstellung und Haushaltsdurchführung zu geben.
Trotzdem hat sich daraus natürlich ein neues verfassungsrechtliches Problem ergeben. Denn dieses Haushaltsgrundsätzegesetz bringt eine neue Form der Gesetzgebung neben der ausschließlichen, der konkurrierenden und der Rahmengesetzgebung. Es ist eine Gesetzgebungsform, bei der Bund und Länder gemeinsam an Gesetze gebunden sind. Ich glaube aber, wir können zunächst einmal der Wissenschaft das Problem überlassen, wie sie diese neue Form der Gesetzgebung würdigt und einordnet.
Das sind also die Fragen, die mit einem optimalen Zusammenwirken von Bund und Ländern zusammenhängen. Wenn man davon spricht, daß diese Haushaltsrechtsreform eine Modernisierung, eine Anpassung an die moderne Wirtschafts- und Finanzpolitik bringen soll, dann ist es aber auf der anderen Seite notwendig, auch ein kurzes Wort zu der fundamentalen Aufgabe zu sagen, die jede Haushaltsplanung und jeder Haushaltsvollzug haben, nämlich: zunächst einmal der Bedarfsdeckung des Staates zu dienen. Dabei möchte ich ausdrücklich sagen, daß man sich von dieser modernen Aufgabenstellung der Konjunkturpolitik nicht dazu verleiten lassen darf, nun etwa auf diese Fragen der Sparsamkeit bei der Inanspruchnahme der Steuergelder für staatliche Zwecke nicht mehr die gebührende Rücksicht zu nehmen.
({0})
Vielmehr ist es notwendig, immer wieder daran zu erinnern, daß nur bei schärfster Kalkulation zunächst einmal die Bedarfsdeckung der unabweisbaren Staatsaufgaben Aufgabe der Haushaltsgestaltung sein muß.
Sie finden den Niederschlag dieser Grundforderung auch darin, daß z. B. der Haushaltsausschuß in § 3 eine Einfügung in die Bundeshaushaltsordnung vorgenommen hat, in der ausdrücklich bestimmt ist, daß die Ausgaben nicht nur der Feststellung des Bedarfs, sondern auch seiner Deckung dienen. Damit sollte ausdrücklich gesagt werden, daß eben hier eine sparsame und enge Wirtschaftsführung geboten erscheint.
Wir haben eine weitere Bestimmung in § 66, in dem die Schranke für die staatliche Betätigung im privaten Wirtschaftsbereich festgelegt ist. Ich weise ausdrücklich auf diese Bestimmung hin, um damit ebenfalls deutlich zu machen, daß wir es nicht als die Aufgabe dieser Gesetzesänderung angesehen haben, schrankenlos jeden Zugriff des Staates auf die Steuermittel zu befürworten.
Wir haben darüber hinaus auch dem nicht zugestimmt, was uns von einer sehr illustren Einrichtung, nämlich vom Wissenschaftlichen Beirat des Bundesfinanzministeriums, vorgeschlagen worden ist: auf das Prinzip des Haushaltsausgleichs in Art. 110 GG zu verzichten. Wir wollen keine uferlose Ausweitung, sondern wir betonen ausdrücklich, daß der einzige Fall, in dem über das absolute Prinzip der engstmöglichen Inanspruchnahme von Steuergeldern hinweggegangen werden kann, der Fall des Stabilitätsgesetzes ist, wo es im engen Rahmen aus absolut zwingenden Gründen einer Konjunkturentwicklung notwendig ist, unter Umständen über Belebungsmaßnahmen einmal mehr zu tun, als im Zeichen einer sparsamen Wirtschaft notwendig ist.
Lassen Sie mich zum zweiten und, wie wir meinen, entscheidenden Problem der Neuordnung des Haushaltsrechts kommen, nämlich zu der Frage, welche
Position das Parlament heute im Rahmen der Haushaltsgestaltung hat. Die Geschichte der demokratischen Entwicklung ist mit dem Kampf der Vertreter des Volkes - früher sagte man: der Ständevertretungen - um das Etatbewilligungsrecht verbunden, also um das Recht, Steuern und Mittel dem Staat und seinen Organen zu bewilligen. Aus diesen Jahrzehnten der Auseinandersetzung heraus entwickelten sich auch die großen Kämpfe im Parlament, aus der Verweigerung großer Steuer- und Mittelbewilligungsansprüche durch die Regierung. Seit der Zeit, da sich der moderne Staat von dem reinen liberalen Nachtwächterstaat zu einem großen Leistungs- und Verteilerstaat weiterentwickelt hatte, haben sich auch Dinge geändert. In der Zeit, in der ein großer Teil des Bruttosozialprodukts über den Staat oder andere öffentliche Einnahmen- und Ausgabenorgane umverteilt wird, ist das Parlament auch immer mehr von der reinen Vertretung des Steuerzahlers hinübergewechselt in die Position eines Organs, das Ausgaben zu beschließen und zu gewähren hat.
Das hat in der letzten Konsequenz zu einer Umkehrung der Fronten geführt. Es ist heute in vielen Fällen so, daß die Bundesregierung, vornehmlich der Bundesfinanzminister, um eine Begrenzung der Ausgaben zu kämpfen hat und daß aus großen Bereichen des Parlaments immer die Bestrebungen kommen, den Rahmen der Ausgaben auszuweiten.
Diese Entwicklung ist nicht ohne Konsequenzen geblieben. Sie hat dazu geführt, daß in einer Neufassung des Art. 113 des Grundgesetzes der Bundesregierung erweiterte Rechte eingeräumt wurden. Das stellt dieses Hohe Haus vor die Frage, ob es eine Selbstdisziplin und Selbstbindung auf sich nehmen will etwa in der Art, wie es der Änderung der Geschäftsordnung, insbesondere dem § 96 in der neuen Fassung, entspricht, oder ob der Weg weitergegangen werden soll, daß das Parlament von außen her, meinetwegen von der Regierung her, unter Kuratel genommen werden soll.
Diese Frage hängt aufs engste mit den Problemen zusammen, die wir bei der Neufassung der Haushaltsrechtsbestimmungen zu bewältigen hatten. Ich möchte das kurz an den drei klassischen Phasen der Haushaltsbewilligung darstellen. In der ersten Phase geht es um die Aufstellung des Haushalts, um das Etatrecht des Parlaments als eine Fundamentalaufgabe und ein Fundamentalrecht der Volksvertretung. Dieses Etatrecht ist selbstverständlich im Kern unangetastet. Aber der entscheidende Vorgang, der sich in den letzten Jahren hier abgespielt hat, war, daß vor dieses Etatbewilligungsrecht des Parlaments die mittelfristige Finanzplanung gesetzt wurde. Je detaillierter diese mittelfristige Finanzplanung der Bundesregierung für die nächsten vier bis fünf Jahre bestimmt, welche Ausgaben vorgesehen sind, um so mehr wird die Aufstellung des einzelnen Haushalts nur noch zu einer Vollzugsmaßnahme dieser mittelfristigen Finanzplanung.
({1})
Man hat sich in der Theorie weitgehend damit geholfen, daß man gesagt hat: Diese mittelfristige Finanzplanung ist eine Sache der Regierung, die das
Parlament nicht bindet, und das Parlament hat die Freiheit, bei der Aufstellung des Haushalts diese Planung der Regierung entsprechend zu ändern. Ich glaube, jeder, der sich näher mit den Dingen befaßt hat, weiß, daß das weitestgehend Theorie ist. Heute' ist es bereits so, daß, wenn das Parlament neue grundsätzliche Ausgaben vorsieht, immer sofort die Frage gestellt wird: Ist das in der mittelfristigen Finanzplanung enthalten? Wenn nicht, dann verlangt das Parlament, daß die Regierung dies in die mittelfristige Finanzplanung einarbeitet.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bekenne aus meiner Sicht, daß dieses Problem auch mit diesen beiden Gesetzen nicht gelöst ist. In den Vorerörterungen ist die Frage gestellt worden, ob nicht das Parlament überhaupt die Aufgabe einer mittelfristigen Finanzplanung als eigene Aufgabe übernehmen sollte, um dadurch von sich aus wieder eine entscheidende Gestaltung des Finanzwesens zu übernehmen.
Wir konnten uns nicht entschließen, in dieser Phase der Entwicklung einen solchen Schritt zu tun. Was wir getan haben, war, daß wir die Vorschriften über die Finanzplanung vom Anfang der Bundeshaushaltsordnung - im Regierungsentwurf ist es ja § 1 gewesen - hinter § 47 des Haushaltsgrundsätzegesetzes zurückgeschoben haben und damit schon dokumentarisch kundtun wollten, daß es sich hier nicht um den Anfang der Aufgaben des Parlaments, sondern um eine Aufgabe der Regierung handelt.
Zum zweiten haben wir eine Bestimmung eingefügt, wonach das Parlament Alternativrechnungen verlangen kann. Wir haben das getan, um auch damit zu dokumentieren, daß wir keineswegs an eine solche Finanzplanung der 'Regierung gebunden sind. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich auch dies sagen: Ich persönlich bin der Meinung, daß dies alles nicht ausreicht, um die Etatfreiheit des Parlaments für die Zukunft in dem Rahmen zu erhalten, den wir für notwendig halten. Wir werden uns diese Frage sicherlich noch etwas überlegen müssen. Ich persönlich habe keinen Zweifel, daß die Kommentatoren dieser neuen Gesetze feststellen werden, daß mit dieser mittelfristigen Finanzplanung und so, wie sie sich in der Praxis eingespielt hat, doch ein weiterer Bedeutungsverlust des Parlaments verbunden ist.
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Wir haben im Rahmen der Modernisierung die Möglichkeit geschaffen, vom Einjahreshaushalt zum Zweijahreshaushalt überzugehen. Ich darf hier feststellen, daß es der Wille des Haushaltsausschusses war, zunächst einmal nur im sogenannten Verwaltungshaushalt auf diese Zweijahresfrist zu gehen, d. h. also, die Personalausgaben und die laufenden Sachausgaben für zwei Jahre zu bewilligen. Dagegen stehen wir mit einiger Reserve dem Vorschlag gegenüber, auch den Investitionshaushalt uneingeschränkt auf zwei Jahre auszubringen. Wir sind hier der Meinung, daß die wesentlichen Investitionen sicherlich langfristig, in vielen Fällen auch über den Zeitraum von zwei Jahren hinaus, geplant werden müssen; andererseits sind wir der Auffassung, daß
gerade im Bereich der großen Investitionen eine zeitnahe Entscheidung notwendig ist. Deshalb vertreten wir die Auffassung, daß dieser Investitionshaushalt, der ja mittelfristig geplant ist, dann jährlich aktualisiert und beschlossen werden sollte.
Wir weisen weiter darauf hin, daß das Instrument des sogenannten Nachtragshaushalts auch hier die Möglichkeit gibt, so aktuell wie möglich zu reagieren, d. h. wenn eine Konjunkturüberhitzung eintritt, unter Umständen Investitionen, die zurückgestellt werden können, kurzfristig zurückzustellen, im Fall einer Konjunkturabschwächung aber zusätzlich diese Investitionen vorzuziehen und damit konjunkturbelebend zu wirken.
Wir haben weiter versucht, die Bedeutung des Parlaments dadurch zu stärken, daß - in Abweichung von allen anderen Gesetzesvorhaben - der Haushalt des Bundes seit der Änderung des Grundgesetzes beim Bundestag und Bundesrat gleichzeitig einzubringen ist. Wir haben also nicht mehr den Vorlauf von acht Wochen beim Bundesrat und damit eine Bekanntgabe des Budgetentwurfes der Regierung in der Öffentlichkeit, lange bevor das Parlament die Möglichkeit hat, sich mit der Materie zu beschäftigen. Aus dem gleichen Grunde haben wir auch den § 30 geändert, in dem die Regierung vorgeschlagen hatte, den Haushalt bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt, nämlich entweder im Juli oder am 1. September, einzubringen. Wir haben diese Änderung vorgenommen, weil wir davon ausgehen, daß, jedenfalls nach der gegenwärtigen Gepflogenheit, das Parlament dann noch in Urlaub ist. Wir wollten vermeiden, daß der Entwurf des Jahreshaushalts in der Öffentlichkeit verkündet wird, während das Parlament in Urlaub ist und überhaupt keine Stellungnahme dazu abgeben kann.
({3})
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Bitte schön!
Herr Kollege Althammer, haben Sie die Hoffnung, daß die Bundesregierung hieraus auch die Konsequenzen ziehen und davon absehen wird, Erörterungen gegenüber der Öffentlichkeit anzustellen, um dazu überzugehen, zuerst hier im Parlament von künftigen Einnahmen und Ausgaben zu sprechen?
Zu diesem Punkt, Herr Kollege Haase, wollte ich eben kommen. Wenn es möglich ist, den Jahreshaushalt gleichzeitig beim Bundestag und Bundesrat einzubringen - im Gesetz heißt es sogar unterschiedlich „ ... dem Bundesrat zuzuleiten und beim Bundesrat einzubringen ..." -, dann erwarten wir von der Bundesregierung - das ist ein wichtiger Punkt, den ich hier mit allem Nachdruck vortragen möchte -, daß sie den Jahreshaushalt bis zur Einbringung hier in diesem Hohen Hause geheimhält.
({0}) Es ist also der Versuch einer Annäherung an das englische Vorbild. Ich würde nicht so weit gehen, zu sagen, daß etwa der Bundesfinanzminister zurücktreten müßte, wenn vorher irgendeine Zahl in einer Zeitung veröffentlicht wird.
({1})]: Warum nicht? -
Heiterkeit.)
Aber immerhin meine ich, daß es für alle Beteiligten eine gute neue Gepflogenheit sein könnte, wenn das Zahlenwerk des Haushalts erstmalig hier in diesem Hohen Hause verkündet würde und wenn der Bundesfinanzminister und die Bundesregierung es sich zur Pflicht machten, vorher keine Veröffentlichung in die Öffentlichkeit vorzunehmen.
({2})
Wir haben auch erfahren, daß im Hause des Bundesfinanzministers durchaus der Wille besteht, so zu verfahren, und wir hoffen, daß sich diese Gepflogenheit einspielen wird.
Ein entscheidender Punkt, der uns noch beschäftigt hat, ist die Frage, ob das sogenannte Bruttoprinzip, also die Verpflichtung, jegliche Ausgabe im Haushalt auszubringen, lückenlos durchgehalten werden muß. Die Regierungsvorlage hatte hier vorgesehen, bei der Kreditfinanzierung in einem engen Rahmen das sogenannte Nettoprinzip anzuwenden, d. h. nur den Saldo nach Abzug dessen, was bloß durchlaufende Posten sind, im Haushalt auszubringen. Die Begründung dafür war, daß, wenn der Bundeshaushalt eine entscheidende Aussagekraft in konjunkturpolitischer Beziehung haben soll, auch dafür gesorgt werden müsse, daß sich unechte, künstliche Aufblähungen, die ein verzerrtes Bild geben, in diesem Bundeshaushalt nicht finden dürfen. Dabei besteht natürlich die Gefahr, daß unter Umständen Kreditfinanzierungsmaßnahmen am Parlament vorbeigehen und nicht die nötige Prüfung finden. Wir haben deshalb versucht, beide Belange miteinander zu verbinden, indem wir auf der einen Seite für den engsten Bereich der Kreditfinanzierung das Nettoprinzip zugelassen haben. Um aber den Einwendungen aus der Wissenschaft Rechnung zu tragen, in denen die Frage der Verfassungsmäßigkeit eines solchen Verfahrens aufgeworfen wurde, haben wir darüber hinaus die Aufstellung eines Kreditfinanzierungsplans als Anlage zum Jahreshaushalt gesetzlich vorgeschrieben. Dieser Kreditfinanzierungsplan muß danach im Gesetzblatt zu veröffentlichender Bestandteil des Haushalts werden. Hiermit wird also für jeden Interessierten die Bruttokreditfinanzierung offengelegt. Wir glauben, daß eine solche Lösung einer verfassungsrechtlichen Nachprüfung standhalten und auch den konjunkturpolitischen Bedürfnissen Rechnung tragen wird.
Der nächste Bereich, ,den ich noch kurz ansprechen will, ist der Haushaltsvollzug. Für den Bereich des Haushaltsvollzugs ist die Forderung aufgestellt worden, daß die Gewaltentrennung zwischen dem Parlament auf der einen Seite und der Regierung auf der anderen Seite deutlicher durchgeführt werden sollte, als ,es in der Vergangenheit der Fall war. Der Vollzug .des Haushalts ist Sache der Exekutive. Nach diesem Prinzip haben wir auch die NeugestalDr. Althammer
tung des Bundeshaushaltsrechts vorgenommen. Allerdings galt es dabei, darauf zu sehen, daß sich die Verwaltung mit dieser Forderung, daß das Parlament nicht in den Haushaltsvollzug hineinregieren soll, nicht etwa Freiheiten verschaffen würde, die mit einer präzisen Einzelbewilligung durch das Parlament nicht mehr vereinbar wären. Das bedeutet, daß wir Wert darauf legten, an einer genauen Bindung der bewilligten Mittel festzuhalten und der Exekutive nicht die Freiheit zu geben, die Mittel so oder so einzusetzen.
Damit hängt auch der § 46 des Regierungsentwurfs zusammen, der die Freiheit zu Umschichtungen innerhalb eines Einzelhaushalts enthalten sollte. Diesen § 46 haben wir gestrichen.
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Wir sind der Auffassung, daß das Instrument des Nachtragshaushalts die geeignete Form ist, notwendige Veränderungen während des Haushaltsjahres von der Bewilligung durch das Parlament abhängig zu machen. Die Regierung darf nicht etwa die Möglichkeit bekommen, wenn - ich greife jetzt einmal ein Beispiel auf - einige hundert Millionen DM für die Beschaffung von Flugzeugen bewilligt sind, zu sagen: Nein, dafür wollen wir keine Flugzeuge beschaffen, sondern dafür wollen wir Kasernen bauen, oder etwas Ähnliches. Das also ist unter der Freiheit der Verwaltung zum eigenständigen Vollzug des Haushalts nicht zu verstehen.
Darüber hinaus haben wir das Instrument der sogenannten außer- oder überplanmäßigen Ausgaben sehr scharf unter die Lupe genommen. Es gibt ja Beispiele dafür, insbesondere auch von seiten der Länder, daß dieses Recht des Finanzministers und der Regierung, in Eilfällen ohne das Parlament große Ausgaben zu beschließen, in sehr problematischer Weise gehandhabt wurde. Deshalb haben wir in diese Bestimmungen die Klausel aufgenommen, daß solche über- und außerplanmäßigen Ausgaben ohne Zustimmung des Parlamentes nur in einem begrenzten Umfange und nicht in der Form einer wesentlichen Veränderung des Haushaltsplanes stattfinden dürfen. Wir haben auch hier darauf hingewiesen, daß, wenn wesentliche Änderungen notwendig sind, der Nachtragshaushalt, der ja in einem einzigen Durchgang durch das Parlament bewilligt werden kann, das geeignete Instrument ist und daß nicht über den Weg der über- und außerplanmäßigen Ausgaben am Parlament vorbei, ohne Bewilligung des Parlamentes große Ausgaben durch die Exekutive zugelassen werden dürfen.
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Wir haben weiter darauf gesehen, daß eine in den letzten Jahrzehnten sich entwickelnde Erscheinung, nämlich daß der Haushaltsausschuß an der Stelle des Parlaments gewisse Bewilligungs- und Zustimmungsrechte hatte, beseitigt worden ist. In allen Fällen, in denen im Rahmen des Haushaltsvollzuges noch eine Zustimmung durch das Parlament einzuholen ist, muß diese Zustimmung durch das Plenum des Parlaments erteilt werden. Sie- ersehen daraus, daß sich der Haushaltsausschuß keineswegs bemüht, ein Neben- oder Überparlament zu sein, sondern daß wir das Bedürfnis haben, das Parlament als Ganzes in diese Willensbildung einzuschalten.
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Der letzte große Komplex, der zur Entscheidung stand, war die Haushaltskontrolle. Wenn schon das Haushaltsbewilligungsrecht durch die mittelfristige Finanzplanung sehr stark überschattet ist und wenn der Haushaltsvollzug verstärkt Sache der Exekutive sein sollte, dann haben wir uns vorgenommen, dafür zum Ausgleich die Kontrollrechte des Parlaments zu verstärken.
Allerdings steht hier noch eine sehr große Aufgabe für den nächsten Bundestag zur Lösung an, nämlich die Frage, welche rechtliche Stellung der Bundesrechnungshof in der Zukunft erhalten soll. Bekanntlich gibt es einen Gesetzesvorschlag der Fraktion der Sozialdemokraten, die versuchen, neue Wege etwa in der Weise aufzuzeigen, daß Präsident und Vizepräsident des Bundesrechnungshofes durch das Parlament zu wählen seien, daß der Präsident des Bundesrechnungshofes ein unmittelbares Vortragsrecht im Plenum des Deutschen Bundestages erhält, und damit zusammenhängend natürlich noch andere Vorstellungen, die alle die Grundtendenz verfolgen, den Bundesrechnungshof verstärkt zu einem Hilfsorgan des Parlaments bei der Kontrolle des Haushaltsvollzugs zu machen. Ich gestehe Ihnen offen: wir waren und sind der Auffassung, daß diese Dinge noch nicht bis ins letzte durchdacht und formuliert sind. Deshalb haben wir diese grundsätzlichen Fragen einer Neufassung des Gesetzes über den Bundesrechnungshof vorbehalten. Wir haben jedoch schon in der Bundeshaushaltsordnung entscheidende neue Bestimmungen getroffen, vor allem um eine zeitnahe Prüfung und eine zeitnahe Unterrichtung des Parlaments zu gewährleisten, darüber hinaus aber auch eine unmittelbare Unterrichtung des Parlaments zu sichern. Diesen Aufgaben dienen neugefaßte Bestimmungen, insbesondere der §§ 87 und 97 der neuen Bundeshaushaltsordnung.
Weil sich in dieser Frage schon ein neuer Streit abzeichnet, möchte ich vor diesem Hohen Hause mit allem Nachdruck feststellen, daß der Art. 112 des Grundgesetzes nicht so zu verstehen ist, daß der Bundesrechnungshof ausschließlich auf die Rechnungsprüfung beschränkt sei und vor dem Zeitpunkt des Abschlusses der Bundesrechnung keine Stellung zu einzelnen Vorgängen nehmen könne. Dies ist nicht gewollt und kommt auch im Gesetz nicht zum Ausdruck.
Wir sind vielmehr der Auffassung, daß der Bundesrechnungshof dann, wenn er sehr wesentliche Mängel oder gravierende Verstöße gegen das Prinzip der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit feststellt, das Recht hat, unmittelbar und sofort - notfalls direkt - mit einem Bericht an das Parlament heranzutreten. Er muß nicht erst warten, bis die Haushaltsrechnung alle Instanzen durchlaufen hat; denn wir haben im Rechnungsprüfungsausschuß die Erfahrung gemacht, daß das, was in der reinen Haushaltsrechnung vom Bundesrechnungshof festgestellt wird, meistens historische Forschung ist. Man befaßt sich mit diesen Dingen mit einem Zeitverlust von
vier bis fünf Jahren, und dann sind sie erfahrungsgemäß nicht mehr aktuell.
Deshalb möchte ich nochmals mit aller Deutlichkeit feststellen: Eine zeitnahe Prüfung beinhaltet, daß solche wesentlichen Sachverhalte auch außerhalb der Rechnung vom Bundesrechnungshof sofort und unmittelbar dem Parlament zur Kenntnis gebracht werden können.
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Der Punkt, der bei der Haushaltsrechtsreform die interessierten Kreise am meisten beschäfitgt hat, war wohl die Neufassung der Bestimmungen über die Prüfung von Wirtschaftsunternehmen mit staatlicher Beteiligung. Der Regierungsentwurf hatte hier in § 50 des Haushaltsgrundsätzegesetzes eine sehr weitgehende Einflußmöglichkeit und weitgehende Kontrollrechte verankert. Wir haben uns im Ausschuß diese Frage nicht leicht gemacht. Wir haben die Bedürfnisse sehr gründlich gegeneinander abgewogen, einerseits das Bedürfnis des Staates und des Parlamentes - des Parlamentes hier als des Repräsentanten des Staatsbürgers und Steuerzahlers - nach einer gründlichen Prüfung auch der privatwirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand, denn letztlich sind es ja Steuergelder, die hierbei vom Staat investiert werden. Auf der anderen Seite stehen mit gleichem Recht die Anliegen und die Bedürfnisse der Unternehmen, die sich privatrechtlich sehr häufig in Konkurrenz mit reinen Privatfirmen zu betätigen und zu behaupten haben.
Wir sind der Auffassung, daß wir durch die Neufassung des § 50 des Haushaltsgrundsätzegesetzes und durch Neueinfügung eines § 50 a beiden Bedürfnissen in einer guten Weise Rechnung getragen haben. Wir haben es zum Prinzip erhoben, daß nur im Rahmen der aktienrechtlichen Prüfung solche Nachprüfungen auch als Material für den Bundesrechnungshof vorgelegt werden und daß darüber hinaus nach den gesellschaftsrechtlichen Normen eine zusätzliche Befugnis mit dem Willen der Beteiligten, also mit Zweidrittelmehrheit, eingeräumt werden kann.
Ich glaube, der beste Beweis dafür, daß diese Regelung befriedigend ist, ist doch wohl die Tatsache, daß auch die Betroffenen damit im wesentlichen einverstanden waren.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Kollege?
Bitte schön!
Herr Kollege Althammer, sind Sie mit mir der Meinung, daß man in Zukunft der Übertragung administrativer Aufgaben öffentlicher Hände auf Gestaltungsformen des Wirtschaftsrechtes eine besondere Aufmerksamkeit widmen müßte?
Herr Professor Burgbacher, ich kann diese Ihre Frage nur zustimmend beantworten. Es gibt ja seit kurzem eine sehr gründliche Untersuchung im wissenschaftlichen Bereich von Staatssekretär a. D. Cartellieri, in der genau diese Tendenzen festgehalten sind, daß es unter Umständen eine sehr gute Möglichkeit ist, wenn sich der Staat solcher Betätigungsmöglichkeiten bedient. Auf der anderen Seite - und das ist für uns, für das Parlament, auch eine entscheidende Frage - darf das nicht dazu führen, daß aus der Kontrolle des Haushaltes wesentliche Punkte herausgenommen und diese damit von der Nachprüfung durch das Parlament freigestellt werden.
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Der Abschnitt über die Rechnungsprüfung im Haushaltsgrundsätzegesetz wird sicherlich im Bundesrat noch eine gewisse Rolle spielen. Ich möchte deshalb betonen, daß wir uns auch den Einwand des Bundesrates sehr genau überlegt haben, diesen gesamten Abschnitt über die Rechnungsprüfung überhaupt nicht ins Grundsätzegesetz aufzunehmen. Wir sind in unserer Auffassung, auch im Grundsätzegesetz Fundamentalnormen über die Rechnungsprüfung aufzunehmen,. durch die Äußerungen der Landesrechnungshöfe bestärkt worden. Die unmittelbar Beteiligten sind also auch hier der Auffassung, daß es notwendig ist, gewisse einheitliche Normen für die Rechnungsprüfung zu haben, insbesondere auch deshalb, weil es eine Vielzahl von Einrichtungen gibt, bei denen sowohl der Bundesrechnungshof als auch die Landesrechnungshöfe aus der Vergabe der Mittel heraus Prüfungsrechte haben. Ein Zusammenwirken ist hier auf jeden Fall notwendig.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe mich bemüht, Ihnen einige der tragenden Gedanken dieses Gesetzgebungswerkes vorzutragen. Ich möchte es am Schluß meiner Ausführungen nicht versäumen, mich sehr herzlich bei den Beamten des Bundesfinanzministeriums zu bedanken, die sich in sehr aufopferungsvoller Weise darum bemüht haben, uns jede Unterstützung bei der Gestaltung dieser beiden sehr wesentlichen Gesetze zu geben. Ich darf aber hinzufügen, daß bei der Bearbeitung dieser beiden Gesetze im Parlament die Mitarbeiter dieses Hauses, speziell die Beamten des Haushaltsausschusses, eine großartige und wertvolle Arbeit geleistet haben.
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Sie haben uns zu den entscheidenden Paragraphen dieses Gesetzes eigene Formulierungen vorgelegt; sie haben uns in dem Bemühen unterstützt, hier auch neue Gedanken einzubauen. Ich möchte nicht zuletzt vor allem den Angestellten dieses Hauses danken, die in Tag- und Nachtarbeit uns das Material auf den Tisch gelegt haben in einer Arbeitsweise, die wirklich an die Grenzen der arbeitsmäßigen Leistungsfähigkeit ging. Auch sie haben ihren wesentlichen Anteil daran, daß es doch noch in dieser Legislaturperiode gelungen ist, dieses wichtige Reformwerk hier und heute zu verabschieden.
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Das Wort hat Herr Kollege Westphal,
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich freue mich, daß es doch noch geklappt hat. Wir hatten am Anfang Schwierigkeiten, den richtigen Zeitpunkt herauszufinden, wann die Reden gehalten werden sollten. Ich danke herzlich für Ihre Hilfe beim Finden des richtigen Zeitpunktes.
Ich bin etwas betrübt darüber, daß ich, wenn ich von mir aus nach links schaue, auf der Bank des Bundesrates niemanden sehe. Wir beraten doch heute ein Gesetz, das gemeinsame Grundlagen für Bund und Länder setzt. Die Herren Finanzminister der Länder haben wohl nicht dieselbe Entschuldigung wie der Herr Bundesfinanzminister, daß sie sich den Arm gebrochen haben. Wir hätten ihn sonst gern hier auf der Tribüne gesehen; so sind wir nur in der Lage, ihm auf diesem Wege Genesungswünsche zu übermitteln.
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Wir hätten allerdings auch gern die Gelegenheit benutzt, dem Herrn Bundesfinanzminister ein wenig von der großen Reform, die wir hier beraten und verabschieden, zu erklären, nachdem er nie an den Beratungen teilgenommen hatte. Wir möchten ihm auch gern schildern, in welcher Art und Weise der Haushaltsausschuß und die Fraktionen auf das Werk, das von seinen Mitarbeitern und von den Vertretern der Länder in langen Beratungen vorbereitet worden ist, Einfluß genommen haben. Ich freue mich, daß auch die Herren des Rechnungshofes so zahlreich, wenn auch noch auf der Tribüne und noch nicht in irgendeiner Position der Mitberatung, in diesem Hause anwesend sind.
Es ist schon ein Kreuz mit der Beratung der Haushaltsrechtsreform. Am Anfang einer solchen Darlegung muß daran erinnert werden, daß wir schon bei den Beratungen, die im Zusammenhang mit der Finanzreform gepflogen wurden und dort auch für das Haushaltsrecht beachtliche Veränderungen mit sich brachten, keine Gelegenheit hatten, hier eine Debatte zu führen. Deswegen ist es wohl notwendig, am Anfang daran zu erinnern, daß die Änderung der Art. 109, 110, 112, 113, 114 und 115 des Grundgesetzes von beachtlicher Bedeutung für die hier zu verabschiedenden Gesetze, die Bundeshaushaltsordnung einerseits und das Haushaltsgrundsätzegesetz andererseits, sind. Ich erinnere nur an die gemeinsam geltenden Grundsätze für das Haushaltsrecht, die verankert worden sind und nun ein Zusammenwirken von Bund und Ländern auf gleicher Basis in diesem wichtigen Bereich möglich machen, oder an die Tatsache, daß wir die gleichzeitige Einbringung des Budgetentwurfs in beiden Häusern im Art. 110 des Grundgesetzes verankert haben, oder auch an die Stärkung der Position des Rechnungshofs im Art. 114 Abs. 2 und schließlich an die im Grundgesetz verankerte volkswirtschaftlich offene Regelung für die Kreditbeschaffung, die im Normalfall durch die Höhe der vorgesehenen Investitionsausgaben begrenzt sein soll.
Auf der Basis dieser Verfassungsänderungen haben wir uns nun - und das muß eigentlich die Kollegen des Hauses, wenn schon leider nicht eine größere Öffentlichkeit, beeindrucken - ein modernes Instrumentarium für Haushaltsaufstellung, Haushaltsberatung, Entscheidung über die Haushaltsentwürfe, Haushaltsvollzug, Rechnungslegung, Rechnungsprüfung bis hin zur Entlastung geschaffen. Aber die Werkzeuge wurden nicht nur erneuert, verbessert und verfeinert, sondern sie wurden auch so gestaltet, daß sie der neuen ökonomischen Aufgabe des Haushalts gerecht werden können.
Der erste Leitgedanke, der meine Freunde in der sozialdemokratischen Fraktion bei den Beratungen dieser Gesetze bewegte, war, das Haushaltsrecht so zu gestalten, daß es der Benutzung des Staatshaushalts als gewichtiges Mittel sowohl der Konjunkturpolitik als auch der Wirtschaftspolitik auf mittlere Sicht nicht nur nicht im Wege steht, sondern hilft. Neben die Funktion des Staatshaushaltes, den Finanzbedarf für die Erfüllung der Staatsaufgaben zu decken, ist die gewichtige neue Aufgabe getreten, an der ständigen Herstellung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts mitzuwirken. Es kam also darauf an, die zweite neue Funktion des Budgets zu entwickeln und zu stärken, ohne dabei die erste Funktion zu vergessen. Es freut mich sagen zu können, daß dies doch im wesentlichen gelungen ist, obwohl es - das muß hier auch gesagt werden, Herr Dr. Althammer - in einer Reihe von Fällen nicht so ganz einfach war, diese nach vorn gerichteten Vorstellungen gegenüber einer manchmal doch konservativ anmutenden Vorstellung auf der Seite unserer Kollegen von der CDU/CSU im Haushaltsausschuß durchzusetzen, bei denen - ich hatte jedenfalls oft den Eindruck - die Vorstellungen des Instituts für Finanzen und Steuern einen recht nachhaltigen Eindruck hinterlassen und auf die Beratungen in diesem Bereich einen bremsenden Einfluß ausgeübt haben.
Ich denke z. B., um Fälle zu nennen, an denen sich das erläutern läßt, an die Überwindung der objektbezogenen Kreditfinanzierung durch eine neu verankerte, mehr situationsgebundene Kreditpolitik sowie an die harten Debatten, die wir schon bei der Grundgesetzänderung hatten, bevor die Bereitschaft wuchs, die Kreditaufnahme so offen zu machen, daß sie ihre obere Grenze bei den Investitionsausgaben des Budgets findet. Es war auch nicht ganz einfach, ein Ja dafür zu bekommen, daß wir die Nettoveranschlagung der Kreditaufnahme in unserem Haushaltsrecht verankern, durch die wir die für die Öffentlichkeit unverständlichen Schwankungen des Etatvolumens vermeiden und gleichzeitig ein zutreffendes Bild der wirklichen Beanspruchung des Kapitalmarkts durch die öffentliche Hand vermitteln können. Die Finanzübersicht als Teil des Gesamthaushalts und auch der Kreditfinanzierungsplan geben dann das Bruttobild, so daß also nichts vertuscht oder verdeckt wird. - Auch das Zögern, die Fehlbetragsdeckung situationsgebunden vorzunehmen und sie nachträglich mit dem Jahr der Entstehung verknüpfen zu wollen, muß in diesem Zusammenhang erwähnt werden, weil es zeigt, wie schwierig es war, manchen Kollegen aus diesem doch sehr festsitzenden Denken, ich möchte es als „Einjahresdenken" bezeichnen, herauszureißen. Wenn wir das Budget zu einem Instrument schmieden wollen, mit dem antizyklische Finanzpolitik betrieben werden soll, dann muß man dieses Ein13514
jahresdenken hinter sich lassen. Das gilt schließlich auch für die Auflockerung des Denkens über das jährliche Ausgleichsgebot, dessen formaler Beibehaltung wir unter dem Gesichtspunkt zugestimmt haben, daß es der längerfristigen Haushaltsbetrachtung, also der Überwindung des Einjahresdenkens, praktisch nicht im Wege steht. Damit habe ich die wichtigsten Punkte der ökonomischen Budgetfunktionen schon genannt.
Zur Fachdiskussion, die sich draußen vor unseren Toren abspielt, ist vielleicht noch eine Anmerkung zu dem Thema Programmbudget oder Ressortbudget zu machen. Wir sind bei der Ressortgliederung des Haushalts geblieben und haben dort keine Veränderungen im Haushaltsrecht vorgenommen. Wir können aber darauf hinweisen, daß die neue Haushaltssystematik, die schon angewendet wird, hilft, auch die Zusammengehörigkeit von bei verschiedenen Ressorts eingeordneten Einnahmen und Ausgaben leichter zu erkennen. Der Gruppierungs- und der Funktionenplan zusammen mit dem Finanzbericht können als wichtige Hilfen für die Durchschaubarkeit des Gesamthaushalts gelten.
Die zweite Grundüberlegung zur Konzeption der Reform bei uns Sozialdemokraten war folgende: Wenn im Zuge der gesamtwirtschaftlichen Funktionsvermehrung des Budgets die Vollmachten der Regierung beim Haushaltsvollzug beachtlich anwachsen und auch die Vorfestlegung durch Absprachen mit den Ländern, durch Finanzplanung auf mittlere Frist sowie die schnelle Durchsetzung von Konjunkturprogrammen oder auch konjunkturellen Bremsmaßnahmen die Möglichkeit der parlamentarischen Einflußnahme eingrenzen, dann müssen dem zur Wahrnehmung der vollen Verantwortlichkeit des Parlaments gegenübergestellt werden: 1. ein kräftiger Ausbau der Informationsrechte des Parlaments, also der Unterrichtung durch die Regierung über alle Vorgänge, die mit der Budgetentwicklung zu tun haben; 2. eine Verstärkung der Kontrollmöglichkeiten durch das Parlament; 3. ein Ausbau der Funktionen der Rechnungsprüfung und des Bundesrechnungshofes; 4. eine Aktualisierung und Politisierung der Beratungen über den Haushalt und seine Nachträge.
Auch hier kann man sagen, daß durch diese Reform wesentliche Schritte getan worden sind. Die Bundesregierung muß z. B. - das liegt im Bereich der Informationsrechte - das Parlament über erhebliche Veränderungen der Haushaltsentwicklung und deren Auswirkungen auf die mittelfristige Finanzplanung unterrichten. Die Informationsschwerpunkte im jährlich fortzuschreibenden Finanzplan sind zu erläutern und zu begründen. Die überarbeiteten mehrjährigen Investitionsprogramme nach § 10 des Stabilitätsgesetzes müssen dem Parlament als Unterlagen zur Verfügung gestellt werden. Ferner geht an den Gesetzgeber das Recht, von der Bundesregierung Vorlagen von Alternativrechnungen zum Finanzplan zu verlangen. Auch der Abschlußbericht zur Haushaltsrechnung ist hier zu erwähnen, der ebenso wie der Finanzbericht, der bei der Vorlage des Entwurfs dem Parlament zugestellt wird, eine wichtige Informationsunterlage sein wird.
Ich erinnere in diesem Zusammenhang an das, was Herr Dr. Althammer hier zur Einführung und Benutzung der elektronischen Datenverarbeitung gesagt hat, ohne von mir aus darauf noch näher eingehen zu wollen.
Was die zeitnahe Prüfung der Rechnung und die Berichterstattung durch die Rechnungsprüfungsbehörden gegenüber den Parlamenten betrifft, beschränke ich mich darauf, zu sagen, daß es hier wirklich .ein erhebliches Stück vorangegangen ist. Wir hätten aber auf der Grundlage des neuen Art. 114 Abs. 2 des Grundgesetzes eigentlich auch erreichen können, daß wir noch ein Stück weitergegangen wären in Richtung auf die wirkliche Heranholung des Rechnungshofes an das Parlament. Es ist nicht erfreulich, daß die Bundesregierung das versprochene Organisationsgesetz für den Bundesrechnungshof nicht mehr vorgelegt hat. Um das Wesentliche nicht untergehen zu lassen, hat meine Fraktion, die sozialdemokratische Fraktion, eine Novelle zum Bundesrechnungshofgesetz von 1950 vorgelegt, deren wesentlicher Inhalt hier nur mit ein paar Sätzen angedeutet sei. Wir wollen erreichen, daß der Präsident und der Vizepräsident des Rechnungshofes durch den Deutschen Bundestag gewählt werden. Wir möchten, daß der Präsident des Bundesrechnungshofes auf Verlangen des Bundestages, Bundesrates, der Bundesregierung und des Finanzministers Gutachten zu allen Fragen aus dem Prüfungsbereich des Rechnungshofes zu erstatten hat. Der Präsident des Bundesrechnungshofes muß schließlich auf Verlangen des Bundestages vor dem Parlament über Prüfungsergebnisse berichten bzw. Auskunft geben.
Der Bundesrechnungshof würde, wenn man diesen Vorschlägen folgte, keine vierte Gewalt, wohl aber würde er näher an das Parlament herangerückt und damit in die Lage versetzt, seine Aufgabe voll zu erfüllen, nämlich Hilfsorgan des Parlaments und der Regierung gleichermaßen zu sein. Wir bedauern, daß es zu diesem Teil der Reform jetzt nicht mehr kommt. Wir bedauern, daß unserer Anregung, diese Änderung in die Bundeshaushaltsordnung einzubeziehen, nicht gefolgt wurde. So bleibt es also vorläufig bei dem einseitigen Beratungsrecht des Bundesrechnungshofes gegenüber den Instanzen Parlament und Regierung, während die Instanzen ihn umgekehrt nicht dazu auffordern können, zu bestimmten Fragen zu berichten. Das neue Organisationsgesetz für den Rechnungshof muß bald verabschiedet werden, denn wir brauchen auch Klarheit über die Zusammenfassung der Aufgaben der Rechnungsprüfung einerseits und der bisher noch gesondert wahrgenommenen Aufgaben des Bundesbeauftragten für die Wirtschaftlichkeit der Verwaltung andererseits.
Zur Aktualisierung und Politisierung der Beratungen über den Haushalt ist hier auch noch ein Wort zu sagen. Es war ein Ziel der Reform, sicherzustellen, daß der Bundestag seine Arbeit am Haushalt rechtzeitig vor Beginn des jeweiligen Haushaltsjahres beenden kann. Andererseits stand dem entgegen, daß dann, wenn die Entwürfe zu früh vorgelegt würden, damit gerechnet werden muß, daß
sie nicht mehr aktuell sind und nicht mehr dem entsprechen, was bei der Aufstellung eines neuen Etats auf Grund der Entwicklung auf dem Gebiete des Haushalts und auf Grund des wirtschaftlichen Verlaufs eines Jahres zu beachten ist. Es war also notwendig, die richtige Mitte zu suchen. Wir haben diesen Gedanken mit dem Versuch verbunden, vom Haushaltsrecht her einen Beitrag zur Parlamentsreform zu leisten. Wir glauben, daß unser Beitrag, den wir leisten können, gar kein so schlechter ist. Herr Dr. Althammer hat das bereits klar hervorgehoben; auch ich möchte dies noch einmal tun. Es kommt uns darauf an, mehr politische Bedeutung in die Diskussion des Zahlenwerks zu bringen. Wenn wir die erste Lesung des Bundeshaushalts an den Anfang der Winterarbeit des Parlaments stellen, also hinter das Ende der Sommerpause rücken, können wir damit einen neuen, besonderen Schwerpunkt setzen. In § 30 der Bundeshaushaltsordnung ist von einer Vorlage des Budgetentwurfs im Bundestag spätestens in der ersten Sitzungswoche nach dem 1. September die Rede. Das ist eine offene Formel. Auf diese Weise wird aber deutlich gemacht, daß die schwergewichtige Beratung des Entwurfs des Bundeshaushalts an den Anfang der Parlamentsarbeit nach der Sommerpause gehört.
Ein weiterer Gedanke ist, das auszubauen, was uns bereits im Hinblick auf die Grundgesetzänderung gelungen ist: die gleichzeitige Vorlage des Entwurfs an Bundesrat und Bundestag. Dem Bundesrat wird der Haushaltsentwurf zugeleitet, und gleichzeitig erfolgt die Einbringung beim Bundestag. Uns liegt daran, deutlich zu machen, daß der Begriff der Einbringung auch wirklich seine besondere Bedeutung dadurch bekommen kann und bekommen sollte, daß in diesem Hause zuerst über den Inhalt des neuen Budgetentwurfs der Regierung gesprochen wird. Am Anfang der Beratungen sollte die Einbringungsrede des Bundesfinanzministers vor diesem Hause im Beisein des Bundesrates stehen. Und auch die dann folgende erste Debatte über den Bundeshaushalt sollte gemeinsam für beide Häuser erfolgen. Dann wäre es denkbar und möglich, daß die Vertreter der Länder, noch bevor der Bundesrat unter Ausnutzung seiner Sechswochenfrist zu einer gemeinsamen Äußerung über den Bundeshaushaltsplanentwurf an den Bundestag kommt, hier ihre gewichtigen Anmerkungen zur Haushaltspolitik und auch zu der zu diesem Zeitpunkt vorgelegten fortgeschriebenen mittelfristigen Finanzplanung vortragen.
Herr Präsident, ich darf mich in diesem Zusammenhang einmal direkt an Sie wenden und Sie herzlich bitten, diesen Grundgedanken, einen neuen Stil zu prägen, zu beachten und wenn möglich zum Gegenstand eines Gesprächs mit Ihrem Kollegen, dem Präsidenten des Bundesrates, und auch mit den Vertretern der Bundesregierung zu machen, unter dem Gesichtspunkt, daß wir die Form neu entwickeln müssen, in der eine gemeinsame erste Lesung des Bundeshaushalts in beiden Häusern - einschließlich der Debatte darüber - erfolgt. Ich könnte mir vorstellen, daß das vielleicht sogar Gegenstand eines Planspiels wäre, das man durchführt, bevor man dieses Verfahren praktiziert. Wir sind ja alle in der Verlegenheit, offen hinzufügen zu müssen, daß es in Wahljahren leider sowieso nicht gelingen kann, den Zeitplan einzuhalten. Aber für das normale Jahr sollte es auf alle Fälle versucht werden, den Stil des englischen Budget day in einer modernisierten Form auf unser Land zu übertragen.
Herr Kollege, Sie werden verstehen, daß ich zur Sache jetzt nichts sagen kann. Ich werde das aber mit meinen Kollegen besprechen.
Vielen Dank, Herr Präsident.
Im Zusammenhang mit der Neuverteilung der Einflußnahme auf das Budgetgeschehen stand auch eine saubere Trennung der Aufgaben zwischen Legislative und Exekutive. Eingriffe in den Vollzug des Haushalts stehen dem Parlament nicht zu. Aber wenn die Konsequenz ist, daß die Regierung im Verlauf des Haushaltsjahres den beschlossenen Entwurf inhaltlich erheblich verändern kann, dann kann dem nicht zugestimmt werden. Der Regierung dürfen keine Möglichkeiten der Veränderung ohne das Parlament gelassen werden. Hier muß in einer sehr engen Fassung das Parlamentsrecht gewahrt werden. Wir glauben, daß wir dazu einen Beitrag geleistet haben, indem wir die Möglichkeit geschaffen haben, in Zukunft das Instrument des Nachtragshaushalts besser zu nutzen. Es ist ein beschleunigtes Verfahren eingeführt worden; es ist gleichzeitige Einbringung der Vorlagen in beiden Häusern vorgesehen; der Bundesrat hat in diesem Falle nur eine Dreiwochenfrist, und wir als Parlament wollen uns - jedenfalls gehen unser Vorschläge für die Geschäftsordnung dieses Hauses dahin - auf eine einzige Lesung solcher Nachtragsvorlagen beschränken.
Dazu gehören dann natürlich auch eine enge Eingrenzung der überplanmäßigen und außerplanmäßigen Ausgaben, das Verbot von Umschichtungen ohne Deckungsfähigkeitsvermerk des Bundestages und auch die Tatsache, daß wir keine Planstellen mehr zwischendurch im Verlauf eines Haushaltsjahres durch Sonderregelungen im jährlichen Haushaltsgesetz bewilligen wollen; auch hier erfolgt die Verweisung auf den Nachtragshaushalt.
Andererseits haben wir den Einfluß des Parlaments bei der Aufhebung der qualifizierten Sperren, bei den Grundstücksveräußerungen und auch beim Verkauf von Bundesvermögen erhalten.
Hier muß ich eine kleine Anmerkung zu einem „Nebenkriegsschauplatz" der Debatte machen, die wir im Haushaltsausschuß über den § 42 der Bundeshaushaltsordnung hatten. Dort ist eine Kann-Bestimmung für Ausgabenkürzungen durch das Parlament bei Konjunkturprogrammen enthalten. Meine Fraktions-Kollegen haben im Haushaltsausschuß mit mir für die Streichung dieses § 42 votiert. Wir blieben in der Minderheit. Unsere Begründung für die Streichung des § 42 war, daß wir dort kein volles Recht des Parlaments bekommen würden. Ein Konjunkturprogramm ist eine wichtige Sache, die schnell über die Bühne gehen muß. Das geht nur, wenn die Ver13516
antwortungen von Legislative und Exekutive dabei klar und deutlich voneinander abgegrenzt sind. Das Kürzen-Dürfen ist ein Drittel der Rechte, die das Parlament sonst hat. Wir haben sonst noch die Möglichkeit des Umschichtens, des inhaltlichen Änderns der Vorlage, und des Aufstockens der Beträge, die für ein Konjunkturprogramm Verwendungen finden sollen. Wenn wir alle diese Rechte wahrnehmen wollten, hieße das, aus der Sache kein Konjunkturprogramm, sondern etwas anderes zu machen mit langen Fristen unter Einschluß der Beratungen des Bundesrates, also nicht das, was eilbedürftig ist und schnell erledigt werden muß. Wir haben deshalb gesagt, es wäre richtiger, daß das Parlament zu solchen Konjunkturprogrammen als Ganzem entweder ja oder nein sagen kann, aber nicht allein ein solches verkürztes Parlamentsrecht des Darin-Herumkürzens behält.
Für die erste, die ältere Funktion des Haushalts, die Kostendeckung für Staatsbedürfnisse, mußte die Wandlung zum modernen Leistungsstaat beachtet werden. Hier ging es darum, in einer Reihe von Fragen neue, modernisierte, auch verbesserte und verfeinerte Regeln zu schaffen. Ich beschränke mich auf wenige Anmerkungen dazu. Wir haben dem Mehrjahreshaushalt zugestimmt. Wir haben hinzugefügt, daß der Verwaltungshaushalt derjenige sein sollte, den man über zwei Jahre gestaltet. Gleich dem, was Herr Dr. Althammer hier von sich aus ausgeführt hat, haben auch wir unsere Position deutlich gemacht: genau hier, wo es um die Investitionsseite des Haushalts, um den Finanzteil des Haushalts geht, ist der Punkt, wo das Parlament durch Beschlüsse und Entscheidungen Einfluß zu nehmen hat auf das, was uns die Regierung in der mittelfristigen Finanzplanung als Absichtserklärung gegenübergestellt hat. Wir vertreten die Auffassung, daß die mittelfristige Finanzplanung eine Absichtserklärung der Regierung sein soll und bleiben muß, an die das Parlament nicht in dem Sinne gebunden ist, wie wenn es darüber beraten und beschlossen hätte. Es hat vielmehr Jahr für .Jahr zur mittelfristigen Finanzplanung neu zu sagen: Dort wollen wir ändern, dort wollen wir zustimmen, dort wollen wir innerhalb des Haushalts zeigen, wie im Sinne der mittelfristigen Finanzplanung praktisch verfahren werden soll.
Die Verpflichtungsermächtigungen, die nach Jahren getrennt im Haushalt ausgebracht werden, will ich erwähnen, ebenso die Kosten-Nutzen-Rechnung, die als eine Voraussetzung für die Einstellung wichtiger Vorhaben in den Etat genutzt werden sollte. Wir haben auch beschlossen, daß die Vermögensrechnung bereits einbezogen wird, obwohl die Verwirklichung dieses Beschlusses von dem Einsatz der elektronischen Datenverarbeitung abhängt. Ein geschlossenes, integriertes Konten- und Buchungssystem und die Abrufbarkeit der Daten im Vergleich zu Vorjahresergebnissen ist für die Beobachtung des Konjunkturverlaufs von großer Bedeutung, damit die Instrumente des Stabilitätsgesetzes rechtzeitig angewendet werden können.
In diesem Zusammenhang möchte ich eine Bitte und eine Mahnung an die Regierung aussprechen: sich bei der Einführung der elektronischen Datenverarbeitungseinrichtungen für unser ganzes Haushaltswesen zu beeilen. Wir sollten vielleicht darum bitten, daß uns laufend darüber berichtet wird, wie es um den Weitergang dieser Dinge steht. Es geht auch darum, zu den vorhandenen wichtigen und vielfältigen Haushaltsgrundsätzen denjenigen hinzuzunehmen, den man mit dem Haushaltsgrundsatz der Schnelligkeit und der Auswertbarkeit für zukünftige neue Rechnungen bezeichnen könnte.
Es ging in der Debatte des Haushaltsausschusses um Sonderrechte für den Bundesfinanzminister im Kabinett bei der Aufstellung des Haushalts und bei der Beschlußfassung über den Budgetentwurf. Ich meine die §§ 28 Abs. 1 a, 29 Abs. 1 a und auch 114 der Bundeshaushaltsordnung. Wir haben unsere Zustimmung dazu gegeben, daß der Finanzminister im Kabinett gegenüber den Ressortministern eine starke Stellung bekommt. Aber was wir nicht wollten, ist: daß der Finanzminister eine Art „Superman"-Position bekommt und dort mit dem Kanzler alles allein entscheiden kann und die Ressortminister, die ja auch ihre Verantwortung haben, in den Hintergrund gedrängt werden. Das gilt nicht nur für den gegenwärtigen Finanzminister - vielleicht für ihn besonders, aber das sei in Parenthese gesagt -, es gilt für alle Finanzminister: eine starke Position - ja, aber keine Übertreibung mit Vorrechten, die in etwas seltsamer Weise in unsere Vorlagen hineingeschmuggelt worden sind. Wir werden anerkennen müssen, daß die Reichshaushaltsordnung in den vergangenen Jahren zu diesen Dingen eine weitgehende Regelung hatte. Aber man muß gleichzeitig sagen, daß es sehr fragwürdig ist, ob der Art. 65 des Grundgesetzes in dieser Sache auch tatsächlich eingehalten wurde. Insofern glauben wir, daß mit der jetzt vorgeschlagenen Regelung, die es der Geschäftsordnung des Bundeskabinetts überläßt, wie das Verfahren sein soll, in welcher Weise das Einspruchsrecht des Finanzministers dort geltend gemacht wird, eine annehmbare und richtige Regelung gefunden worden ist.
Zur Institutionalisierung des Finanzplanungsrates noch ein Wort! Durch das, was wir in das Haushaltsgrundsätzegesetz über den Finanzplanungsrat geschrieben haben, findet ein sozialdemokratischer Antrag seine Verwirklichung, der schon vor längerer Zeit diesem Hause vorgelegt worden ist. Parallel zum Konjunkturrat haben wir Zusammensetzung, Geschäftsordnung usw. aufgeschrieben und auch Sorge dafür getragen, daß diese beiden Räte auf ihre Ergebnisse gegenseitig Rücksicht nehmen. Das Problem, Schwerpunkte zu setzen im Hinblick auf die Erfüllung der öffentlichen Aufgaben - was für den Bundesrat eine der schwierigen Fragen war -, haben wir, glaube ich, durch eine neue Fassung gemeistert, in der nun stehen wird, daß es eine der Funktionen des Finanzplanungsrates sein wird, Schwerpunkte für eine den gesamtwirtschaftlichen Erfordernissen entsprechende Erfüllung der öffentlichen Aufgaben zu ermitteln.
In diesem Zusammenhang sei eine Bemerkung gestattet zu den Einflüssen des Bundesrates auf unsere Beratungen. Es ist erfreulich, sagen zu könWestphal
nen, daß es eine einheitliche Grundlage für das Haushaltsrecht geben wird, die Bund und Länder gemeinsam tragen. Der Wunsch, daß die Länder diese Grundsätze auch in ihren Gemeinden verwirklichen und dort verankern, sei hier ausgesprochen. Einige Dinge hätten aber doch ein wenig besser gelingen können. Ich stelle mir dabei vor, daß z. B. die Nettoveranschlagung der Kredite auch für die Länder hätte gelten können und wir nicht dort ein Wahlrecht hätten schaffen müssen. Denn es wird nichts verschleiert, es kommt alles auf den Tisch und hinein in den Gesamthaushalt durch die Finanzierungsübersicht und auch durch den Kreditfinanzierungsplan. Die Verzerrung des Haushaltsvolumens würde vermieden, während eine echte Belastung des Kreditmarktes durch die öffentliche Hand leicht ablesbar wäre.
Auch die Fehlbetragsdeckung und die Ist-Rechnung anstelle der Soll-Rechnung bei den Fehlbeträgen wären solche Punkte, in denen man gleichartige Regelungen für Bund und Länder hätte finden können.
Wir haben Wahlrechte für die Länder gelassen, so oder so zu verfahren. Die Hauptsache ist aber - das ist wohl gesichert -, daß die Vergleichbarkeit der Haushalte doch weiterhin bestehenbleibt, wenn auch in einigen Punkten auf etwas schwierigen Umwegen.
Zurück zum Problem der Finanzplanung! Die grundlegende Regelung in den §§ 8 bis 11 des Stabilitätsgesetzes wollten unsere Kollegen der CDU/ CSU dort zunächst herausnehmen und in die Bundeshaushaltsordnung übertragen. Wir haben dem widersprochen. Wir haben auch dem Gedanken widersprochen, dieselben Bestimmungen in einem etwas geänderten Wortlaut neben dem Stabilitätsgesetz nochmals in der Bundeshaushaltsordnung niederzuschreiben; denn wir fürchteten ganz einfach, daß, wenn es dazu kommen würde, das Stabilitätsgesetz auf einem kalten Wege ausgehöhlt würde. Alle Juristen werden uns nachweisen, daß die neuere Fassung eines Gesetzes, selbst dann, wenn sie fast den gleichen Wortlaut hat, die gültige wird, und damit würde dieses wichtige Grundgesetz moderner Wirtschafts- und Finanzpolitik, nämlich das Gesetz für Stabilität und Wachstum der Wirtschaft, in einer Weise angekratzt oder gar ausgehöhlt, die nicht erträglich wäre. Ich freue mich, daß es gelungen ist, die Kollegen doch zu einer Regelung zu gewinnen, die es eben nicht dazu kommen läßt, daß hier jeder Minister sein Gesetz erhält, sondern die sicherstellt, daß das Stabilitätsgesetz die gemeinsame Grundlage für Finanzplanung und Konjunkturpolitik bleiben wird.
Nur das Verfahren der Finanzplanung haben wir im Rahmen der Haushaltsrechtsreform ergänzt. Dies für Bund und Länder zusammenzufassen und an einer bestimmten Stelle des Haushaltsgrundsätzegesetzes zu regeln, hat unser Einverständnis gefunden. Wir haben damit das Verfahren der Finanzplanung in solcher Klarheit geregelt, daß nun alles Wichtige über Regierungsaufgaben und Verpflichtungen gegenüber dem Parlament im Gesetz steht. Wichtig sind die Vorlage des Finanzplans mit dem
Etatentwurf, die Erläuterung und Begründung der Investitionsschwerpunkte, die Vorbereitung der Investitionsvorhaben bis einschließlich des dritten Planungsjahres, um sie aus konjunkturpolitischen Gründen schnell vorziehen zu können, aber auch die Vorbereitung von Maßnahmen, um stoppen zu können, wenn die Konjunktur oder die gesamtwirtliche Lage dies erfordern sollte. Das Verfahren für die Durchführung des grundlegenden Gesetzes der Finanz- und Wirtschaftspolitik ist damit neu und zusammenfassend geregelt.
Meine Damen und Herren, am Schluß einer solchen Ausführung ist es sicher nötig, auch einen wertenden Gedanken zu äußern. Ich glaube, wir haben mit dieser Haushaltsrechtsreform eine solide, eine gute Arbeit vorgelegt. Es ist eine Reform, die sich sehen lassen kann. Es ist keine Reform, mit der man Wählerstimmen locken könnte, aber eine Reform, die dem Parlament in seiner täglichen Arbeit hilft und dadurch dem Staatsbürger auf eine stille Weise nützt. Ich möchte sie deshalb als eine „stille Reform" bezeichnen und denke, daß wir sie guten Gewissens und mit dem Dank an alle, die sie vorbereitet haben, annehmen können.
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Das .Wort hat Herr Kollege Dr. Haas.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem der Anteil der Gelder, die auf öffentliches Geheiß in den Kreislauf der Wirtschaft fließen, immer größer wird, muß die vorliegende Neukodifikation des geltenden Haushaltsrechts vor allem unter dem Gesichtspunkt gesehen werden, ob sie die Kontrollfunktion des Parlaments hinreichend wahrt. Dies ist um so nötiger, als mit bestimmten Vorschriften des Stabilitätsgesetzes früher ungeahnte Möglichkeiten für die Exekutive geschaffen wurden, am Parlament vorbeizugehen.
Andererseits erhebt sich die Frage, ob die drei Leitlinien der neuen Haushaltsgesetzgebung, nämlich die Notwendigkeit einer längerfristigen Haushaltsbetrachtung, die Berücksichtigung gesamtwirtschaftlicher Erfordernisse und die Rechtseinheitlichkeit der Reform bei Bund und Ländern, genügend herausgearbeitet wurden. Was den letzten Punkt anlangt, hat sich der Haushaltsausschuß auf den wohl richtigen Standpunkt gestellt, daß die gesetzlichen Möglichkeiten des Grundgesetzes, auch die neu durch die Grundgesetzänderung getroffene Grundsatzgesetzgebungskompetenz, nicht ausreichen, unmittelbar geltendes und rahmenfüllendes Haushaltsrecht für die Gemeinden zu schaffen. Das ist zwar bedauerlich, ist aber die Folge unseres Föderativstaates und nach den Leitsätzen, die das Bundesverfassungsgericht bei der analogen Rahmengesetzgebung entwickelt hat, nicht zu bestreiten. Doch ist der Landesgesetzgeber jetzt wenigstens gesetzlich verpflichtet, das Recht der Haushaltsgrundsätze für seine Gemeinden einzuführen bzw. anzupassen, was vor allem wegen der Vergleichbarkeit der Ausgabenwirtschaft notwendig ist.
Den beiden anderen Erfordernissen, nämlich der längerfristigen Betrachtung und der Berücksichti13518
gung der gesamtwirtschaftlichen Erfordernisse, ist nicht zuletzt durch gewisse Änderungen, die der Haushaltsausschuß vorgenommen hat, wohl hinreichend Rechnung getragen worden. Wichtig ist hier die verstärkte Informationspflicht der Bundesregierung, ihre Verpflichtung, über erhebliche Änderungen der Haushaltsentwicklung und deren Auswirkungen auf die Finanzplanung zu unterrichten, und vor allem ihre Pflichten, in dem jährlich vorzulegenden Finanzplan die vorgesehenen Investitionsschwerpunkte zu erläutern und in dem ebenfalls jährlich vorzulegenden Abschlußbericht die Haushaltsrechnung darzulegen.
Hinsichtlich der Verpflichtung der Regierung, den Haushaltsplan rechtzeitig vorzulegen, sind nunmehr verbindliche Termine gesetzt worden. Darüber, ob gerade die sich laufend ändernde gesamtwirtschaftliche Betrachtung es ratsam erscheinen läßt, Zweijahreshaushalte für den Bereich der Verwaltungsausgaben vorzulegen, werden die praktischen Erfahrungen der ersten Jahre der Handhabung entscheiden. Ebenso werden die ersten Jahre der Handhabung darüber entscheiden, ob es richtig war, im Haushaltsplan von der Brutto- zur Nettoveranschlagung überzugehen. Die Widerstände verschiedener Länder im Bundesrat gegen .das Nettoprinzip waren nicht zu überhören. Vom Standpunkt der wünschenswerten Korrektheit aus ist unseres Erachtens das Bruttoprinzip vorzuziehen.
Erfreulich ist, daß nach der Neuformulierung der Gesamtplan neben der Haushaltsübersicht und der Finanzierungsübersicht nunmehr als Teil 3 einen Kreditfinanzierungsplan enthalten muß, welcher eine Darstellung sämtlicher in den Einzelplänen veranschlagten Einnahmen aus Krediten und Tilgungsausgaben enthält, deren einheitliche Darstellung haushaltswirtschaftlich unbedingt geboten ist. Auch hier muß die praktische Handhabung in der Zukunft lehren, ob diese Maßnahmen ausreichend sind, um auf die Institution des außerordentlichen Haushalts endgültig zu verzichten, gegen dessen Abschaffung von vielen Seiten gewichtige Bedenken erhoben worden sind und der bei den Gemeinden wohl ohnedies bestehenbleibt.
Bei der Fülle der Bestimmungen kann ich auf weitere Einzelheiten nicht eingehen. Ich möchte abschließend sagen: Die neue Regelung beseitigt überaltertes und unzureichendes Haushaltsrecht, das gerade deshalb in der Vergangenheit oft unzulässig ausgeweitet wurde; häufig operierte man zwar nicht gerade contra legem, aber doch praeter legem. Vom Standpunkt der Modernität aus ist seine Ersetzung durch neues Recht in jedem Falle zu begrüßen. Auch die Opposition stimmt daher zu.
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Das Wort hat Herr Staatssekretär Leicht.
Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Die Grundgesetzänderungen zur Haushaltsreform, die wir am 20. März dieses Jahres verabschiedet haben, bilden das Fundament der Neuordnung des Haushaltsrechts. Die heute zu verabschiedenden Ausführungsgesetze, das Haushaltsgrundsätzegesetz und die Bundeshaushaltsordnung, schaffen das Instrumentarium für die Praxis der Haushalts- und Finanzwirtschaft. Ihre Bedeutung kann deshalb kaum hoch genug veranschlagt werden. Daß die Fraktionen dieses Hohen Hauses ihre grundsätzliche Stellungnahme hier vorgetragen haben, war notwendig und diesem Gesetzgebungswerk angemessen. Auch der Bundesminister der Finanzen muß zu diesem Gesetzgebungswerk zumindest einige grundsätzliche Bemerkungen machen, wenn auch konzentriert und in aller Kürze.
Gerade die letzten Jahre haben gezeigt, wie wichtig eine geordnete Haushalts- und Finanzwirtschaft für das Schicksal unseres Staates ist. Wir brauchen ein modernes Haushaltsrecht, das den vielfältigen Anforderungen unserer heutigen und unserer künftigen politischen, wirtschaftlichen und technischen Verhältnisse im Sinne neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse gerecht wird. Die vorliegenden Gesetzentwürfe bringen - erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik - ein abgeschlossenes Programm, das diesen Zielsetzungen neuzeitlicher Haushaltsgestaltung entspricht. Dies wird deutlich, wenn man sich die Schwerpunkte der beiden Gesetzentwürfe noch einmal kurz vor Augen führt.
Das Haushaltsgrundsätzegesetz legt gemeinsam geltende Haushaltsgrundsätze für Bund und Länder fest, um die Rechtseinheit bei der Reform des Haushaltsrechts des Bundes und der Länder zumindest in den Grundsätzen zu sichern und zu einer Vergleichbarkeit - was doch in unserer heutigen Zeit äußerst wichtig ist - der öffentlichen Haushalte zu gelangen. Bei der heutigen Verflechtung und einem Gesamtvolumen der öffentlichen Haushalte von etwa 40 v. H. des Bruttosozialprodukts ist dies ein unabdingbares Erfordernis. Nach Art. 109 Abs. 2 des Grundgesetzes sind Bund und Länder verpflichtet, bei ihrer Haushaltswirtschaft den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts Rechnung zu tragen. Dies erfordert eine Abstimmung zwischen Bund und Ländern über eine konjunkturgerechte Haushaltswirtschaft und eine Koordinierung der öffentlichen Finanzplanung. All dies ist nur bei gleichen Grundlagen des Haushaltsrechts und einem in den Grundzügen übereinstimmenden Haushaltsinstrumentarium möglich.
Die Bundeshaushaltsordnung enthält die näheren Einzelheiten hierzu für den Bund. Die Länder werden sie wahrscheinlich als Muster für ihre künftigen Landeshaushaltsordnungen benutzen. Ich teile die Meinung von Herrn Kollegen Westphal, daß sich nach Möglichkeit auch die Gemeinden diesen Haushaltsgrundsätzen anschließen sollten. Darüber hinaus sieht die Bundeshaushaltsordnung aber auch Lösungen für Probleme vor, die der Praxis in Parlament und Verwaltung seit Jahren auf den Nägeln brennen: einmal die termingerechte Vorlage und Verabschiedung des Haushaltsplanes, weiter die Beseitigung der „Schattenhaushalte" aus ungedeckten Ausgabenresten und mehrjährigen Verpflichtungen, ferner eine größere Beweglichkeit des HausParlamentarischer Staatssekretär Leicht
haltsvollzugs, die Grundlagen für eine Modernisierung des Kassen- und Rechnungswesens, die Modernisierung der Rechnungsprüfung und schließlich die rechtzeitige Vorlage der Rechnung mit den Bemerkungen des Rechnungshofes zur Verbesserung der parlamentarischen Kontrolle.
Es erscheint mir besonders wichtig, daß bei den Beratungen stets auf die Belange der Länder Rücksicht genommen wurde. Auch der Bundesrat dürfte deshalb den Gesetzen im zweiten Durchgang seine Zustimmung nicht versagen. Seinen Anliegen, die er im ersten Durchgang vorgetragen hat, ist weitestgehend Rechnung getragen worden. Ich denke in erster Linie daran, daß die Nettoveranschlagung der Kredite im Haushaltsgrundsätzegesetz nicht mehr zwingend vorgeschrieben ist. Ein zweiter gewichtiger Punkt dürfte sein, daß es den Ländern durch eine Neufassung des § 18 des Haushaltsgrundsätzegesetzes überlassen wird, ob sie den Fehlbetrag istoder sollmäßig bestimmen wollen. Auf dieser Basis können die Länder ohne Schwierigkeiten auch den Abschluß der Haushaltsrechnung getrennt in einen kassenmäßigen Abschluß und einen Haushaltsabschluß nach den Vorschriften des Haushaltsgrundsätzegesetzes erstellen, was ein weiteres Mal der Vergleichbarkeit der Haushalte dient. Auch erscheinen mir die Kompromißvorschläge des Haushaltsausschusses zu den Aufgaben des Finanzplanungsrates eine gute und für die Länder akzeptable Lösung zu sein. Schließlich hat der Haushaltsausschuß bei seinen Beratungen initiativ Vorschriften über die Kassenorganisation in das Haushaltsgrundsätzegesetz aufgenommen. Die Fassung ist so gehalten, daß die Organisation in den Ländern möglichst wenig berührt wird.
Ich möchte daher hoffen und darum bitten, daß auch der Bundesrat diesen Vorschriften zustimmt, nachdem bei den Beratungen im Parlament, im federführenden Ausschuß so viel Rücksicht auf dessen Petitum genommen worden ist.
Als sehr dankenswert empfinde ich auch - dazu muß ich zum Schluß ein Wort sagen -, daß in den Beratungen des Haushaltsausschusses das Verhältnis von Legislative und Exekutive einer eingehenden Prüfung unterzogen worden ist. Unbestreitbar haben sich in der Vergangenheit im Bereich des Haushaltswesens Entwicklungen vollzogen, die nicht mehr der im Grundgesetz verankerten Gewaltenteilung entsprechen. Ich darf nur die übermäßige Ausdehnung der über- und außerplanmäßigen Ausgaben erwähnen, die eine Einschränkung der Budgethoheit des Parlaments darstellt. Andererseits sind in den Jahreshaushaltsgesetzen mit zwangsläufiger Regelmäßigkeit Regelungen über die Mitwirkung parlamentarischer Ausschüsse am Haushaltsvollzug getroffen worden, die zu einer Vermischung der Verantwortlichkeiten von Legislative und Exekutive beigetragen haben. Die vorliegende Fassung der Bundeshaushaltsordnung führt beide Verfassungsorgane auf die ihnen nach dem Grundgesetz zugewiesenen Aufgaben zurück. Während die Exekutive grundsätzlich auf den Haushaltsvollzug beschränkt wird, werden die Budgethoheit und die Kontrollfunktion der Legislative klar herausgestellt.
In diesem Zusammenhang darf ich auf die Frage zurückkommen, die wohl alle drei Sprecher der Fraktionen aufgegriffen haben: die Einbringung des Haushalts, damit verbunden das Nicht-an-die-Öffentlichkeit-Gehen, bevor die Parlamente mit den Vorstellungen der Regierung für den neuen Haushalt konfrontiert worden sind. Ich habe schon im Ausschuß im Namen des Bundesministers der Finanzen erklärt, daß von uns aus alles geschehen soll, um diesem sehr verständlichen Wunsch des Parlaments - und ich habe es ja selber oft miterlebt, wie ärgerlich es ist, wenn man aus der Presse erfahren muß, was jetzt geschehen wird - Rechnung zu tragen.
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Der Stärkung der Budgethoheit dienen insbesondere eine Einschränkung der über- und außerplanmäßigen Ausgaben zugunsten eines vereinfachten Nachtragshaushalts, eine umfangreichere Unterrichtung der gesetzgebenden Körperschaften über die Finanzplanung und eine umfassende Unterrichtung der Legislative über die Haushaltsentwicklung. Auch das ist gegenüber der bisherigen Handhabung zumindest eine starke Verbesserung im Interesse auch des Parlaments und der von ihm auszuübenden Kontrollfunktion. Außerdem werden die Kontrollrechte der Legislative wesentlich verbessert durch eine Modernisierung der Rechnungsprüfung im Sinne einer gegenwartsnahen Prüfung, durch ein erweitertes Berichtswesen des Bundesrechnungshofes über Angelegenheiten von besonderer Bedeutung sowie durch eine eingehendere Regelung des Entlastungsverfahrens.
Nun, meine Damen und Herren, die Ihnen vom Haushaltsausschuß vorgelegten Gesetzentwürfe enthalten - so darf man wohl feststellen - eine wesentliche Verbesserung der Haushaltsinstrumentarien in der Bundesrepublik. Diese umfassende Neuregelung bildet die Grundlage für die Haushaltsund Finanzwirtschaft der Zukunft. Sie ist somit für die Entwicklung unseres Staates von ausschlaggebender Bedeutung.
Zum Schluß bleibt mir noch die Freude und die Aufgabe, an dieser Stelle vor allen Dingen den Kolleginnen und Kollegen meinen herzlichsten Dank auszusprechen, die sich in den Ausschüssen, insbesondere im federführenden Haushaltsausschuß, um diese Gesetze bemüht haben. Sie haben es ermöglicht, daß diese grundlegenden finanzsystematischen Gesetze neben den Gesetzen zur Finanzreform, die dieses Hohe Haus vor eine Woche beraten hat, noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden können. Ich glaube, eine Feststellung darf man am Schluß der Aussprache zu diesem, Gesetzgebungswerk treffen: Hier ist deutlich geworden, daß das Parlament - die von ihm Beauftragten, nämlich die Mitglieder des federführenden Ausschusses - in einer hervorragenden Zusammenarbeit mit der Exekutive Gedanken entwickelt hat - ganz andere, zum Teil verbesserte Gedanken -, die in dieses Gesetzgebungswerk hineingetragen worden sind. Man kann feststellen, daß hier die Initiative des Parlaments ganz deutlich geworden ist. Auch das, meine ich, könnte, wenn es so fortgesetzt wird, ein Beitrag zur Verbesserung der für
Parlamentarischer Staatssekretär Leicht
dieses Parlament nach innen und außen bestehenden Verhältnisse sein.
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Das Wort wird nicht mehr gewünscht. Damit ist die dritte Beratung abgeschlossen.
Wir kommen zur Schlußabstimmung über dieses Gesetz. Wer dem Gesetz als Ganzem zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Gesetz ist einstimmig angenommen worden.
Wir müssen noch über Ziffer 2 des Ausschußantrags abstimmen. Wer diesem Antrag zustimmt, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag ist einstimmig angenommen worden.
Damit kommen wir zu Punkt 4 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Umwandlung von Personenhandelsgesellschaften und von Unternehmen eines Einzelkaufmanns sowie von Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts
- Drucksache V/3165 Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses ({0})
- Drucksache V/4253 Berichterstatter: Abgeordneter Deringer ({1})
Der Herr Berichterstatter hat um das Wort gebeten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich nehme Bezug auf meinen Schriftlichen Bericht und habe lediglich für das Protokoll einige redaktionelle Berichtigungen vorzutragen.
Ich bitte, auf Seite 24 der Drucksache V/4253 in § 385 d Abs. 4 in der dritten Zeile das Wort „überschreiten" durch „übersteigen" zu ersetzen. Ferner ist auf Seite 25 in § 385 i in der ersten Zeile „das" statt „daß" zu schreiben. Auf Seite 27 muß es in § 385 m Abs. 2 in der achten Zeile „Sätzen 4, 5 und 7" statt „Sätzen 4 bis 6" heißen. In § 385 m Abs. 4 auf Seite 28 muß es in der dritten Zeile von unten „jeden" statt „jedem" heißen. In § 385 o auf Seite 28 bitte ich in der vorletzten Zeile „378" durch „379" zu ersetzen, und in § 53 a Abs. 1 muß in der zweiten Zeile auf Seite 33 das Komma hinter dem Wort „Handelsregister" gestrichen werden.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Meine Damen und Herren, wir kommen zur Abstimmung in der zweiten Lesung. Wer den Art. 1 bis einschließlich 5, der Einleitung und der Überschrift des Gesetzes zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe!
- Enthaltungen? - Es ist einstimmig beschlossen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Wird das Wort in der dritten Beratung gewünscht.
- Das Wort wird nicht gewünscht.
Dann kommen wir zur Schlußabstimmung des Gesetzes. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Gesetz ist einstimmig angenommen.
Wir kommen zu Punkt 5 der Tagesordnung:
a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Steuererleichterungen bei Änderung der Unternehmensform
- Drucksache V/3186 -
aa) Bericht des Haushaltsausschusses ({0}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
- Drucksache V/4323 - Berichterstatter: Abgeordneter Röhner
bb) Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses ({1})
- Drucksache V/4245 Berichterstatter:
Abgeordneter Dr. Schmid-Burgk
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b) Zweite Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Steuererleichterungen bei Änderung der Unternehmensform
- Drucksache V/2878 Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses ({3})
- Drucksache V/4245 Berichterstatter:
Abgeordneter Dr. Schmid-Burgk
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c) Beratung des Schriftlichen Berichts des Finanzausschusses ({5}) über den Antrag der Fraktion der FDP
betr. Umwandlung von Unternehmen
- Drucksachen V/1994, V/4245 - Berichterstatter:
Abgeordneter Dr. Schmid-Burgk
Zu Punkt 5 a wird eine Ergänzung des Berichts gewünscht. Der Berichterstatter, Herr Dr. Schmid-Burgk, hat das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als Berichterstatter möchte ich schon jetzt den Änderungsantrag Umdruck 724 *) zu § 29 begründen. § 29 Nr. 1 des Ent-
*) Siehe Anlage 3
Wurfs sieht eine Gesellschaftsteuerbefreiung für bestimmte Fälle der formwandelnden Umwandlung vor, nämlich für die Umwandlung von Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts sowie von Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit in Kapitalgesellschaften. Bei Verabschiedung dieser Vorschrift war dem Finanzausschuß nicht bekannt, daß handelsrechtliche Vorschriften nicht nur für die eben genannten Fälle vorgesehen sind, sondern auch für den Fall der Umwandlung von Genossenschaften in Aktiengesellschaften. Da es sich auch insoweit um formwechselnde Umwandlungen handelt, die Gesellschaftsteuerpflicht gemäß § 2 Nr. 1 des Kapitalverkehrsteuergesetzes auslösen, ist es nun geboten, § 29 Nr. 1 des Entwurfs entsprechend zu ergänzen. Die Ergänzung ist in dem vorliegenden Antrag vorgenommen.
Meine Damen und Herren, gestatten Sie bitte dem Berichterstatter im Hinblick auf die Bedeutung dieses Gesetzes einige wenige Bemerkungen.
Die Dynamik der technischen und wirtschaftlichen Entwicklung erfordert eine hohe Anpassungsfähigkeit der Wirtschaft. Hierzu gehören auch die Wahl der richtigen Unternehmensform und das Hineinwachsen in andere Größenordnungen durch Zusammenschluß. Beides wird in unserem Steuersystem durch steuerliche Schranken erschwert, wenn nicht gar verhindert. Diese Schranken sind zu beseitigen oder wenigstens überspringbar zu machen. Das liegt im Interesse der Unternehmer, es liegt aber auch -und das ist der tragende Gesichtspunkt - im allgemeinen volkswirtschaftlichen Interesse. Damit soll und kann man auch nicht bis zur großen Steuerreform warten, wie es der wissenschaftliche Beirat beim Bundesfinanzministerium vorgeschlagen hat. Die Zeit drängt.
Von früheren Umwandlungssteuergesetzen unterscheidet sich der vorliegende Entwurf, abgesehen von der Systematik, dadurch, daß sein Anwendungsbereich sehr viel größer ist und fast alle nur denkbaren Umwandlungsformen, die teilweise erst handelsrechtlich durch das eben verabschiedete Gesetz geschaffen wurden, einbezogen werden. Er unterscheidet sich auch darin, daß die Grundregeln unbefristet sind. Er schafft ein allgemeines, bedeutsames, modernes steuerliches Umwandlungsrecht.
Das Schwergewicht des Gesetzes liegt bei den ertragsteuerlichen Vorschriften. Mit ihnen soll die Steuerlast, die sich nach allgemeinen Vorschriften aus der Realisierung der stillen Reserven ergeben würde, abgeschwächt, hinausgeschoben oder auch für eine Übergangszeit beseitigt werden. Insoweit verweise ich auf meinen Schriftlichen Bericht.
Alles in allem können die Vorschriften wohl als großzügig angesehen werden, zumal für eine Übergangszeit auf eine Versteuerung des Übernahmegewinns verzichtet wird. Diese Übergangsfrist hat der Finanzausschuß gegenüber dem nun schon fast ein Jahr zurückliegenden Regierungsentwurf wegen der langen Beratungszeit bis Ende 1972 verlängert.
Von großer Bedeutung ist die Grunderwerbsteuer. Hierfür ist der Bund zur Zeit noch nicht zuständig. In den Ländern sind indessen entsprechende Gesetze vorbereitet, nach denen für eine Übergangszeit Grunderwerbsteuerfreiheit vorgesehen ist. Es ist hier an die Länder zu appellieren, diese Gesetze so bald wie möglich zu verabschieden.
Meine Damen und Herren, es liegt wohl in der Materie begründet, daß die Vorschriften sehr kompliziert sind. Für den normalen Steuerbürger sind sie leider kaum lesbar und verständlich. Ihre Tragweite in allen Verästelungen zu erkennen, setzt eine Vertrautheit mit der Materie und ein Expertenwissen voraus, das selbst bei sachverständigen Abgeordneten nicht ohne weiteres und immer angenommen werden kann. Insofern hat uns trotz sehr sorgfältiger Beratung und trotz der vorzüglichen Erläuterungen, die uns die Herren des Bundesfinanzministeriums gegeben haben, denen wir bei dieser Gelegenheit unseren Dank aussprechen wollen, zuweilen ein gelindes Unbehagen beschlichen, ob wir auch sicher sein können, daß die gebilligten und richtigen Grundgedanken der Gesetzesvorschriften nicht etwa zur Erlangung ungerechtfertigter Steuervorteile ausgenutzt werden könnten. Wir haben deshalb auch gern ein Bedenken des Bundesrates aufgegriffen, das solche Vorteile bei einer Rückumwandlung betraf, und haben eine Vorschrift zur Verhinderung von Mißbräuchen eingefügt.
Ich darf im übrigen darauf hinweisen, daß sich im Ausschuß, abgesehen von Fragen geringerer Bedeutung, Meinungsverschiedenheiten nicht ergeben haben. Wie der vorliegende Änderungsantrag der FDP auf Umdruck 726 *) zeigt, bezieht sich diese Einmütigkeit allerdings nicht auf die §§ 25 und 26, die als Schutzvorschriften zur Aufrechterhaltung des Mitbestimmungsstatus zu verstehen sind. Das
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Schwergewicht dieser Vorschriften ist nicht steuerlicher, sondern wirtschafts- und gesellschaftspolitischer Art. Mit ihnen soll nämlich erreicht werden, daß die Vergünstigungen des Gesetzes nicht zu einer Minderung des praktischen Anwendungsbereiches der Mitbestimmung führen. Wie im Schriftlichen Bericht ausgeführt ist, ist die Konzeption dieser Vorschriften demgemäß auch nicht im Finanzausschuß entstanden und näher beraten worden, sondern von den zuständigen Ausschüssen übernommen worden.
Im Namen des Ausschusses erbitte ich die Annahme des Gesetzentwurfes in der vom Finanzausschuß beschlossenen Form.
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Wir danken dem Herrn Berichterstatter für die Ergänzung seines Berichts.
Ich frage, ob das Wort gewünscht wird. - Herr Dr. Staratzke hat das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich nehme an, daß
*) Siehe Anlage 4
die beiden Gesetzentwürfe, so wie sie hier ausgedruckt sind, zusammen behandelt werden, und er- Laube mir daher, bereits in der zweiten Lesung meine Anmerkungen zu machen. Zunächst einmal möchte ich hervorheben, daß diese Gesetzentwürfe einen sehr dornigen und sehr steinigen Beratungsweg genommen haben, dornig und steinig nicht etwa aus sachlichen Gründen, d. h. aus steuerrechtlichen Gründen, sondern vielmehr deshalb, weil immer wieder versucht wurde, Fragenkreise einzubeziehen, die mit der Materie, also mit dem Steuerrecht im engeren Sinne, nichts zu tun haben. Ich möchte jetzt hier nicht aufzählen, wie oft die Beratung dieses Gesetzes in den Ausschüssen abgesetzt werden mußte, weil sich die Koalitionsfraktionen nicht einig werden konnten. Die zuständigen Ausschußvorsitzenden konnten einem wahrhaftig schon manchmal leid tun.
Der schwierigste Punkt war natürlich die eben schon von Herrn Kollegen Schmid-Burgk angeschnittene Mitbestimmungsfrage. Er hat sich, wenn ich das recht verstanden habe, als Finanzausschußmitglied sozusagen entlastet, indem er sagte, daß der Finanzausschuß hierfür keine Schuld trüge. Ich nehme das zur Kenntnis, weiß aber, daß sich andere Ausschüsse hiermit lebhaft beschäftigt haben.
Dann kamen die Bedenken, daß man mit dieser Steuergesetzgebung möglicherweise Konzentrationen bzw. nicht gewünschte Fusionen begünstige. Meine Damen und Herren, das sind nach unserer Ansicht alles Fragen, die ohne Zweifel in den Be) reich der Mißbrauchsaufsicht des Kartellamtes gehören. Schließlich und endlich kam dann die berühmte Frage des Junktims zwischen dem Gesetz über die Umwandlung und dem Publizitätsgesetz. Ich darf noch einmal anmerken, daß das nach unserer Meinung alles Fragen sind, die mit dieser Gesetzgebung im Grunde nichts zu tun haben sollten.
Ich habe in der ersten Lesung bei der Einbringung unseres Entwurfes bereits darauf hingewiesen - das war im Oktober vorigen Jahres -, welche große Bedeutung auch wir einer gesetzlichen Regelung beimessen, die sicherstellt, daß die Umwandlungen in der Wirtschaft steuerneutral durchgeführt werden können. Ich darf noch einmal in Ergänzung zu dem, was der Kollege Schmid-Burgk gesagt hat, zum Ausdruck bringen, daß es einfach unzumutbar und unverantwortlich war, daß das Steuerrecht Umwandlungen erschwert oder sogar verhindert hat oder - was noch schlimmer ist - den Steuerpflichtigen geradezu zwang, mit Hilfe künstlicher Konstruktionen einer Besteuerung im Zeitpunkt der Umwandlung auszuweichen. Wir haben damals dringend verlangt, daß dieses Gesetz, über das man sich, was die steuerliche Seite angeht, weitgehend einig war, möglichst schnell verabschiedet wird, um diesem Übelstand abzuhelfen.
Wir haben in diesem Zusammenhang damals auf die Notwendigkeit hingewiesen, in die beabsichtigte Regelung auch die Umwandlungsvorgänge innerhalb des Bereichs der Personenunternehmen mit einzubeziehen. Ich möchte ausdrücklich bemerken, daß wir es sehr begrüßt haben, daß der Finanzausschuß unserem Antrag entsprochen hat. Damit wird die bisherige Rechtsprechung legalisiert, wonach bei Einbringung eines Betriebes oder Mitunternehmerteils in eine Personengesellschaft keine Verpflichtung zur Aufdeckung stiller Reserven bestand. Es werden außerdem Zweifelsfragen beseitigt, und es wird vor allem sichergestellt, daß diese Fälle in die vorgesehene Grunderwerbsteuerbefreiung einbezogen werden können. Ob allerdings - das möchte ich ausdrücklich anmerken - die eingefügte Bestimmung des § 22 rein steuertechnisch in allen Fällen ausreicht, bleibt abzuwarten.
Meine Damen und Herren, ich will jetzt nicht weiter auf die einzelnen steuerlichen Maßnahmen eingehen. Was den steuerrechtlichen Teil betrifft, kann man diesem Gesetzentwurf zustimmen. Ich muß aber im Namen meiner Fraktion erneut größte Bedenken gegen die Verquickung der steuerlichen Bestimmungen mit den Vorschriften über die Mitbestimmung zum Ausdruck bringen. Solche Verquickungen im Rahmen von Steuergesetzen halten wir grundsätzlich für falsch. Wir sollten unsere Steuergesetzgebung nicht zusätzlich durch eine hier nicht hingehörende Materie belasten und so noch unverständlicher machen, als sie sowieso schon ist.
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Nach unserer Meinung widerspricht es einfach dem Prinzip des Gesetzes - nämlich bei Umwandlungen die Steuerneutralität zu erreichen -, wenn man jene Unternehmen steuerlich diskriminiert, welche durch einen Umwandlungsvorgang aus dem Mitbestimmungsbereich ausscheiden würden. Dies ist keine Sache der Steuergesetzgebung. Deswegen auch der gesondert eingebrachte Entwurf der Fraktion der Freien Demokraten, in dem auf diese Mitbestimmungsklausel verzichtet wird.
Wir haben Ihnen in der zweiten Lesung noch einmal einen Änderungsantrag -Umdruck 726 - vorgelegt. Dieser Änderungsantrag sieht vor, daß die betreffenden Paragraphen wegfallen sollen, d. h. daß die Bestrafung von Unternehmen, die aus dem Mitbestimmungsbereich entlassen werden, entfällt und damit gesetzliche Verrenkungen, die im Gesetzentwurf enthalten sind, ausgeschlossen werden. Ich bitte Sie, diesem Antrag zuzustimmen.
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Das Wort wird nicht mehr gewünscht.
Wir kommen zur Abstimmung in zweiter Beratung. Ich rufe die §§ 1 bis 24, zu denen keine Änderungsanträge vorliegen, auf. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Danke. Die Gegenprobe!
- Enthaltungen? - Diese Paragraphen sind einstimmig angenommen.
Ich rufe § 25 auf. Auf Umdruck 726 wird von der Fraktion der FDP die Streichung von § 25 Abs. 2 beantragt. Der Antrag ist begründet worden. Wir stimmen ab. Wer dem Änderungsantrag zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Danke. Gegenprobe!
- Enthaltungen? - Der Antrag ist gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt.
Vizepräsident Dr. Mommer
Wir stimmen dann über § 25 in der Ausschußfassung ab. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Gegen wenige Stimmen bei einer Enthaltung angenommen.
Ich rufe § 26 auf. Auf Umdruck 726 wird von der Fraktion der FDP die Streichung von § 26 beantragt. Der Antrag wurde begründet. Wir stimmen ab. Wer dem Streichungsantrag der Fraktion der FDP zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Streichungsantrag ist gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt.
Wir stimmen über den § 26 in der Ausschußfassung ab. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Gegen wenige Stimmen angenommen.
Ich rufe die §§ 27 und 28 auf, zu denen kein Änderungsantrag vorliegt. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Diese Paragraphen sind einstimmig angenommen.
§ 29! Hierzu liegt der Änderungsantrag des Herrn Abgeordneten Dr. Schmid-Burgk auf Umdruck 724 vor. Auch darüber ist schon gesprochen worden. Wir stimmen ab. Wer dem Änderungsantrag des Abgeordneten Dr. Schmid-Burgk zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist einstimmig angenommen.
Wer dem § 29 in der so geänderten Fassung zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der § 29 ist in der so geänderten Fassung einstimmig angenommen.
Ich rufe § 30, § 31, Einleitung und Überschrift auf. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Wir treten in die
dritte Beratung
ein. Ich eröffne die allgemeine Aussprache. - Das Wort hat Herr Abgeordneter Ravens.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion geht bei ihrer Haltung zu diesem Gesetzentwurf davon aus, daß wegen der fortschreitenden Technisierung in der deutschen Wirtschaft, der fortschreitenden technischen Entwicklung und der fortschreitenden Integration unserer Wirtschaft in den Gemeinsamen Markt die freie Wahl der Unternehmensform nicht behindert werden sollte und nicht behindert werden darf.
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Die bisherigen Behinderungen bestanden, das haben wir in den Beratungen sehr deutlich gesehen, im wesentlichen in zwei Bereichen: einmal in den handelsrechtlichen Vorschriften, die bestimmte Umwandlungen von Unternehmensformen nicht zuließen - dieses Gesetz ist gerade verabschiedet worden -, und zum zweiten in steuerrechtlichen Vorschriften, die bei Umwandlungen von Handelsunternehmen zu steuerlichen Belastungen führten, die eine solche Umwandlung dann häufig unmöglich machten. Ziel der beiden uns vorliegenden Gesetzentwürfe ist der Abbau solcher Behinderungen bei Umwandlungen, Verschmelzungen, Einbringung von Betrieben und Teilbetrieben. Das ist mit den Entwürfen in weitem Maße geschehen.
Wir sind uns allerdings auch bewußt, daß der Gesetzentwurf neben der Förderung der rechtsförmlichen Umwandlung gleichzeitig die steuerliche Begünstigung der Konzentration in Deutschland bringt. Wir haben deshalb in den Ausschußberatungen von unserer Fraktion aus entsprechende Vorschläge unterbreitet. Mit einiger Überraschung und vielleicht auch mit einiger Freude habe ich heute gelesen, daß sich die Freien Demokraten gestern in ihrer Wahlplattform zu einer Verschärfung der Mißbrauchsaufsicht bei marktbeherrschenden Unternehmen bekannt, eine vorbeugende Fusionskontrolle gefordert und es als notwendig bezeichnet haben, daß der Staat alle betriebswirtschaftlich, volkswirtschaftlich und gesellschaftspolitisch unerwünschten Konzentrationsvorgänge nicht mehr fördert. Meine Damen und Herren von der FDP, mich hat das ein wenig überrascht; denn im Wirtschaftsausschuß des Deutschen Bundestages haben Sie unsere Vorschläge, gerade in diesem Gesetz, in dem Fusionen und Konzentrationsvorgänge steuerlich begünstigt werden, Vorschriften der Marktkontrolle und der Fusionskontrolle einzubauen, abgelehnt. Ich meine, es geht doch wohl nicht darum, in Wahlplattformen in der Öffentlichkeit mitzupfeifen. Denn nun ist ja wohl nach langem in unserem Lande endlich begriffen worden, daß bei uns in Deutschland eine vorbeugende Fusionskontrolle notwendig ist. Es kommt darauf an, dort, wo die Entscheidungen fallen, zu dem zu stehen, was man in Wahlplattformen schreibt.
Gestern ist mir ein Artikel des Sprechers des Mittelstandes der CDU/CSU, des Kollegen Gewandt, in die Hand gekommen, den er gestern in einer Zeitung veröffentlicht hat. Dort heißt es:
Deshalb ist es vordringliche Aufgabe, nicht den sowieso schon immer weiter um sich greifenden Konzentrationsprozeß zu fördern. Vielmehr sollten wir endlich eine wirksame Mißbrauchsaufsicht über Unternehmenszusammenschlüsse schaffen.
Ich muß auch den Kollegen Gewandt fragen, wie seine Haltung im Ausschuß gegenüber unseren Vorschlägen mit seiner Haltung in der Öffentlichkeit zu vereinbaren ist, die ja wohl auf einen bestimmten Kreis, der sich durch die Konzentration in Deutschland verschreckt fühlt, abgestellt ist. Auch hier gilt, daß es nicht reicht, in Artikeln bestimmte Dinge zu fordern, sondern daß es nur ausreichend ist und der Glaubwürdigkeit unserer Politik dient, wenn wir im Parlament zu solchen Worten stehen und durch unsere Handlungen beweisen, daß wir entschlossen sind, in dieser Richtung weiterzugehen. Was werden die mittelstandspoli13524
tischen Freunde wohl sagen, wenn sie erfahren, daß ihre Vertreter in der CDU/CSU und in der FDP im Wirtschaftsausschuß nicht bereit waren, unserem Vorschlag beizutreten?
Wir haben in unserem Vorschlag verlangt - um es noch einmal zu sagen -, daß die Steuererleichterungen nach diesem Gesetz bei Fusionen und Umwandlungen nicht gegeben werden, wenn durch Verschmelzung oder Einbringung eines Unternehmens in ein anderes die marktbeherrschende Stellung des neuen Unternehmens im Sinne des § 22 des Kartellgesetzes verstärkt bzw. geschaffen würde. Die Versagung der steuerlichen Erleichterung wäre ein wirkungsvolles Instrument gewesen. Durch Ihre Haltung, meine Damen und Herren, ist diese Möglichkeit vorbeigegangen. Wir werden sie nicht wiederaufleben lassen können.
Nur in einem sollten wir uns einig sein. Das heute zu verabschiedende Gesetz muß für uns alle der Anlaß sein, im nächsten Bundestag das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen im Sinne einer Verschärfung der Mißbrauchsaufsicht, im Sinne einer präventiven Fusionskontrolle zu novellieren. Unsere Vorschläge dafür liegen seit Jahren auf dem Tisch des Hauses. Wir werden sie unmittelbar nach Zusammentritt des neuen Bundestages wieder vorlegen. Nachdem sich auch die FDP in ihrer Wahlplattform zu diesen Grundsätzen entschlossen hat und auch der Mittelstandssprecher der CDU sich dafür ausgesprochen hat, müßte für eine solche Änderung wohl endlich grünes Licht gegeben sein. Wir werden Sie, meine Damen und Herren, jedenfalls beim Wort nehmen.
Ein Weiteres möchte ich zu dem vorliegenden Gesetzentwurf sagen. Die Regierungsvorlage hatte ein wichtiges Petitum, das uns immer wieder aus dem Bereich der kleinen und mittleren Firmen angetragen worden ist, übersehen. Mein Kollege Regling hat im Wirtschaftsausschuß beantragt, daß in Zukunft auch bei der Einbringung eines Betriebes, eines Teilbetriebes oder eines Mitunternehmeranteils in eine Personengesellschaft die steuerlichen Vorteile gewährt werden sollten. Wir sind sehr froh, daß in den Beratungen Einstimmigkeit bei den Fraktionen bestand, daß diese Regelung eingebaut werden sollte, weil gerade in Personenhandelsunternehmen im Mittelstand, iim Handwerk, im Einzelhandel, häufig die Schwierigkeiten auftreten, wenn der Sohn oder ein verdienter Mitarbeiter in das Unternehmen aufgenommen werden soll, eine Form, die wir ja kennen und mit der Existenz eines Betriebes, der Fortbestand des Betriebes langfristig abgesichert und gewährleistet werden soll.
Ein Drittes ist zu diesem Gesetz zu sagen. In ihrer Regierungserklärung vom 13. Dezember 1966 hat die Bundesregierung zum Ausdruck gebracht, daß sie einer Aushöhlung der Mitbestimmung entgegentreten wird, daß sie eine Aushöhlung der Mitbestimmung nicht zuläßt. Dieses uns von der Bundesregierung vorgelegte Gesetz barg aber die Gefahr, daß bei Fusionen und Einbringungen in bestimmten Bereichen Mitbestimmungsrichtlinien durchbrochen würden, Mitbestimmungsfunktionen verlorengehen konnten. Wir haben deswegen in den Beratungen des Ausschusses beantragt, daß die steuerlichen Erleichterungen nur gegeben werden, wenn im aufnehmenden Unternehmen durch einen Beschluß der Gesellschafterversammlung für einen Zeitraum von vier Jahren nach dem Zusammenschluß die Mitbestimmung so geregelt ist, wie sie im aufzunehmenden Unternehmen geregelt war. Das sollte immer dann geschehen, wenn das aufzunehmende Unternehmen 40 % des Umsatzes des aufnehmenden Unternehmens hatte.
Diese Regelung hatte den Vorteil, daß sie jeweils nach der Fusion in Kraft trat und dann vier Jahre weiterlief. In den Beratungen haben wir jetzt einen, ich würde sagen, tragfähigen Kompromiß gefunden. Danach werden für vier Jahre nach dem Inkrafttreten des Gesetzes steuerliche Erleichterungen nicht gewährt, wenn bei solchen Fusionen Mitbestimmungsrechte untergehen. Man muß dabei allerdings nüchtern sagen, daß der Nachteil der jetzt gefundenen Regelung darin liegt, daß diese bei einem unbefristeten Gesetz auf vier Jahre nach dem Inkrafttreten befristet ist. Mitbestimmungsaushöhlungen, die über diesen Zeitraum von vier Jahren hinausgehen, würden also nicht mehr erfaßt werden. Ein zweiter Nachteil ist auf der wirtschaftlichen Seite zu sehen, nämlich darin, daß auch betriebswirtschaftlich und volkswirtschaftlich notwendige Zusammenschlüsse in diesem Zeitraum von vier Jahren unter Umständen erschwert werden können. Das muß man sehen.
Unser Vorschlag hatte den Vorteil, daß durch einen Beschluß der Hauptversammlung dieses Erschwernis umgangen werden konnte. Aber gerade bei diesem Kompromiß muß man deutlich sagen, daß es - nachdem die Sicherung der Mitbestimmung nur für einen Zeitraum von vier Jahren gelungen ist - für unsere Fraktion ein Ansporn geworden ist, die Frage der Mitbestimmung im nächsten Bundestag endgültig zu klären. Wir haben dafür unsere Gesetzentwürfe vorgelegt. Wir halten es für die wirkungsvollere Maßnahme, wenn man endgültige Entscheidungen im Parlament fällt. Bis dahin - und da stehen wir zu de m, was in der Regierungserklärung gesagt wurde - gilt es, keine Mitbestimmung in unseren Betrieben durch gesetzliche Maßnahmen auf der Bundesebene zu verhindern.
Alles in allem kann die sozialdemokratische Bundestagsfraktion unter dem Gesichtspunkt, daß hier Möglichkeiten geschaffen werden, notwendige Umwandlungen und notwendige Zusammenschlüsse nicht an steuerlichen Vorschriften scheitern zu lassen - und nachdem sichergestellt ist, daß die Mitbestimmung in diesem Gesetzentwurf abgesichert wird -, dem Gesetzentwurf zustimmen. Sie tut das allerdings mit der Aufforderung an die beiden anderen Fraktionen des Hauses, mit uns zusammen im nächsten Bundestag die Fragen der Machtkonzentration in der Wirtschaft und die Fragen der Fusionskontrolle endgültig zu einem guten Abschluß zu bringen.
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Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Pohle.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die beiden neuralgischen Punkte dieses Gesetzes hat Herr Kollege Ravens soeben hervorgehoben. Das eine ist der Punkt Fusionskontrolle, und das zweite ist der Punkt Mitbestimmungssicherung. Er hat bereits gesagt, daß wir einen tragfähigen Kompromiß - ich unterstreiche das - gefunden haben; die Politik ist nun einmal die Kunst des Möglichen und deren Kompromisse.
Die Fusionskontrolle, die er angesprochen hat, ist in diesem Gesetz nicht enthalten. Selbstverständlich werden wir uns im Zuge der Beratungen des Kartellgesetzes in der nächsten Legislaturperiode mit dieser Frage beschäftigen.
Dagegen ist die Mitbestimmungssicherung in der der Form des § 26 hineingekommen. Ich gebe Herrn Staratzke zu, daß das eine gewisse Systemwidrigkeit im Steuergesetz ist. Ich gebe auf der anderen Seite zu bedenken, daß andernfalls das Gesetz jedenfalls nicht mit den Stimmen des Koalitionspartners hätte zum Tragen kommen können. Ich finde, daß die jetzige Fassung des § 26 eine tragfähige Lösung ist. Es gab auch viele andere. Deshalb hat es einige Zeit gedauert, bis sich die beiden Koalitionspartner über diese Frage verständigen konnten.
Was Herr Ravens als Nachteil bezeichnet hat, ist für uns gleichzeitig der Vorteil dieser Kompromißlösung; denn erstens ist sie eben eine befristete Kompromißlösung, und zweitens ist hier der Umsatzschlüssel gefunden. Dabei bedauern wir, daß durch die Hereinnahme des Abs. 2 ein veredelter Umsatzschlüssel entstanden ist, der die Zahl von 40 % etwas verschiebt. Wir stehen aber hinter der gefundenen Lösung.
Meine Damen und Herren, die CDU/CSU-Fraktion begrüßt das Gesetz. Sie hat aus den von mir dargelegten Gründen auch den Änderungsantrag der Freien Demokraten zu § 26 ablehnen müssen. Ich darf daran erinnern, daß es die CDU/CSU-Fraktion war, die bereits durch ihre Anfrage vom Juni 1967 auf dieses Gesetz gedrängt hat. Das Gesetz ist notwendig, um die Flexibilität und die Organisationsmöglichkeiten in der Wirtschaft herzustellen. Weite Kreise der Wirtschaft, insbesondere auch des Mittelstandes, rufen nach diesem Gesetz, und wir sollten mit ihm dem Anliegen Rechnung tragen.
({0})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Staratzke.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich' muß dem Kollegen Ravens in einem Punkt widersprechen. Es besteht kein Unterschied zwischen unserer Aufassung im Wirtschaftsausschuß und der Auffassung, die Sie in der sogenannten Wahlplattform richtig gelesen haben und die soeben verabschiedet worden ist. Herr Kollege Ravens, ich darf Sie darauf hinweisen und daran erinnern, daß ich wiederholt gesagt habe, daß die Regelungen gegen den Mißbrauch von Konzentrationen und Fusionen anders getroffen werden sollten, aber nicht in einem Steuergesetz. Das ist der Gedanke.
Sie sind ja jetzt auch auf die Linie abgeschwenkt, daß das in das Kartellgesetz gehört. Wenn die Mißbrauchsaufsicht, wie manchmal gesagt wird, obgleich die Berichte des Kartellamts etwas anderes aussagen, nicht ausreicht, muß man sich eben über eine Novellierung im Kartellgesetz unterhalten, darf aber nicht in dieses Gesetz etwas hineinbringen, was mit der Materie des Steuerrechts nichts zu tun hat.
Wir haben mit einem Änderungsantrag noch einmal versucht, die Verquickung von Steuergesetzgebung und Mitbestimmung zu vermeiden. Sie haben das abgelehnt, meine sehr verehrten Damen und Herren. Wenn meine Freunde und ich uns trotz der Bedenken nicht gegen die Verabschiedung des Gesetzes aussprechen, so ganz einfach deshalb, weil diese Regelungen dringend gebraucht werden, weil die Wirtschaft dringend darauf wartet und wir keine Verzögerung mehr wünschen.
({0})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Ravens.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Staratzke, Ihre letzte Äußerungen möchte ich nicht unwidersprochen lassen. Hier geht es doch zweifellos darum, daß in diesem Gesetz neben dem wichtigen Anliegen, Umwandlungsvorgänge zu ermöglichen, gleichzeitig vom System her die Förderung der Konzentration eingebettet ist. Wenn wir Steuerbarrieren abbauen, dann heißt das auch, daß man bei Einbringungs- und Konzentrationsvorgängen diese Steuerbarrieren nicht mehr hat. Dadurch wird die Konzentration auf dieser Ebene leichter. Hier ist für uns der Ansatzpunkt gewesen.
Ich verstehe Ihre Auslassung in der Wahlplattform nur so: Sie sagen, daß Sie sich gegen staatliche Konzentrationsförderung wenden. Gut, einverstanden. Aber dann muß man auch sehen, daß in Gesetzen, die eine solche staatliche Konzentrationsförderung beinhalten, die von uns nicht erwünschten Folgen derartiger gesetzlicher Regelungen gemildert werden. Das kann man dann nur in dem vorliegenden Gesetz tun. Hier wäre die Versagung steuerlicher Vorteile mindestens in diesem Zusammenhang eine wirksame Waffe für eine präventive Fusionskontrolle gewesen. Niemand hätte uns dann in Zukunft den Vorwurf machen können, daß wir zwar das eine gewollt, aber das andere nicht gesehen haben.
Es ist einfach schizophren. Herr Staratzke, so ein bißchen mit einem Seitenhieb auf den Bundeswirtschaftsminister - Kohleeinheitsgesellschaft, Konzentrationsförderung - Wahlkampf zu machen, ist eine schöne Sache, aber dann muß man auch hier im Parlament die Konsequenzen daraus ziehen, wenn es darum geht, im Bereich dieser Gesetze Konzentrationsvorgänge zu erschweren.
Eine Zwischenfrage von Herrn Dr. Staratzke.
Herr Kollege Ravens, sind Sie mit mir der Meinung, daß all die Dinge, die Sie jetzt ansprechen, von uns gar nicht bestritten werden, daß wir vielmehr nur der Meinung sind, daß die Regelungen dorthin gehören, wohin die Gesetzgebung es verlangt, in diesem Fall nämlich in die Kartellgesetzgebung?
Hier hätte nach meiner Meinung - Herr Kollege Staratzke, da bin ich nicht Ihrer Meinung - im Steuergesetz diese Möglichkeit bestanden. Wir regeln eine ganze Fülle solcher Dinge auch in den Steuergesetzen. Wir hätten dies auch hier tun können; wir haben uns nicht durchsetzen können. Wir nehmen das zur Kenntnis.
Wir nehmen dies aber zum Anlaß, zu Beginn der nächsten Legislaturperiode unsere alten Vorschläge, die ja seit der letzten Legislaturperiode im Bundestag vorliegen, wiederaufzugreifen, um dann auch endlich einmal zu sehen, ob das, was wir hier jetzt in der Presse hören, nicht nur Geplätscher, sondern ernst gemeint ist.
({0})
Das Wort wird nicht mehr gewünscht. Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Schlußabstimmung über den Entwurf eines Gesetzes über Steuererleichterungen bei Änderung der Unternehmensform. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei drei Enthaltungen einstimmig angenommen.
Wir müssen dann noch abstimmen über den Ausschußantrag auf Drucksache V/4245, Seite 10, Ziffer 2. Es geht darum, den Gesetzentwurf der FDP auf Drucksache V/2878 für erledigt zu erklären. Wir gehen am korrektesten vor, indem wir über den Gesetzentwurf selbst in zweiter Beratung abstimmen.
Wir treten ein in die zweite Beratung des von der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Steuererleichterungen bei Änderung der Unternehmensform - Drucksache V/2878 -. Ich rufe sämtliche Paragraphen, Einleitung und Überschrift auf. Wer diesem Gesetzentwurf der FDP zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung mit großer Mehrheit abgelehnt und dadurch erledigt.
Ich rufe dann Punkt 6 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Rechnungslegung von Großunternehmen und Konzernen
- Drucksache V/3197 - Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses ({0})
- Drucksachen V/4416, zu V/4416 Berichterstatter: Abgeordneter Deringer ({1})
Ich frage den Herrn Berichterstatter, ob er das Wort wünscht. - Das Wort hat Herr Abgeordneter Deringer.
Herr Präsident, ich beziehe mich im übrigen auf meinen Bericht und möchte nur um Erlaubnis bitten, gleich jetzt die drei Änderungsanträge zusammenfassend begründen zu dürfen, um Zeit zu sparen.
Bitte!
Zu Punkt 1 ist folgendes zu sagen. Wir hatten zu § 5 Abs. 2 die Absicht, für Personenhandelsgesellschaften an Stelle der Gewinn- und Verlustrechnung nur eine erweiterte Bilanz zu verlangen. Die Formulierung in Nr. 4 a Buchstabe d ist aber ein Zitat aus dem Aktienrecht und könnte deshalb zu dem Mißverständnis führen, daß diese zusätzlichen Angaben über die Bewertungs-
und Abschreibungsmethoden so vollständig sein müßten, wie sie 'es praktisch bei der Gewinn- und Verlustrechnung sein müssen. Deshalb wollen wir die ergänzenden Worte streichen.
Der Änderungsantrag unter Ziffer 2 bedeutet lediglich eine Klarstellung. Es bestand im Ausschuß Einvernehmen darüber, daß Personenhandelsgesellschaften und Einzelkaufleute nicht verpflichtet sind, die Gewinn- und Verlustrechnung einzureichen. Es ergibt sich aber bisher aus keiner 'Bestimmung des Gesetzes, daß sie dieses Wahlrecht haben. Wir haben versucht, dieses Wahlrecht durch die Neufassung des § 9 Abs. 5 Nr. 3 festzulegen.
Zu Ziffer 3 des Änderungsantrages: Man war sich nicht einig darüber, inwieweit die Pflicht zur Rechnungslegung auch bei solchen Personenhandelsgesellschaften und Einzelkaufleuten bestehen sollte, die auf die Vermögensverwaltung beschränkt sind, ohne die Aufgaben einer Konzernleitung wahrzunehmen. Man könnte sich auf den Standpunkt stellen, daß das schon nach der bisherigen Fassung des Gesetzentwurfes nicht der Fall sei. Aber es wurde gewünscht, diese Frage klarzustellen. Deshalb der Zusatz in § 11 Abs. 5.
Schließlich, Herr Präsident, darf ich noch eine Bemerkung zu § 13 Abs. 2, letzter Satz, machen. Es geht dort darum, daß wir vorn für Personenhandelsgesellschaften und für Einzelkaufleute nicht nur die Pflicht zur Vorlage einer Gewinn- und Verlustrechnung, sondern auch die Pflicht zur Vorlage eines Geschäftsberichts verneint hatten. Hier in § 13 Abs. 2 werden aber nur die Bestimmungen zitiert, die sich auf die Gewinn- und Verlustrechnung beziehen, nicht die über den Geschäftsbericht. Das bedeutet, daß, soweit Personenhandelsgesellschaften oder Einzelkaufleute Konzernspitzen oder Teilkonzernspitzen sind, sie auch verpflichtet sind, einen
Geschäftsbericht vorzulegen. Es bestand aber im Ausschuß Übereinstimmung darüber, daß dieser Geschäftsbericht selbstverständlich nicht der volle Geschäftsbericht nach § 334 des Aktiengesetzes sein muß, sondern lediglich die Erläuterung der angereicherten Bilanz, die auch in diesem Fall vorzulegen ist. Personenhandelsgesellschaften und Einzelkaufleute als Konzernspitzen sind also nicht verpflichtet, den vollen Geschäftsbericht vorzulegen, sondern brauchen nur einen sinngemäß vereinfachten Geschäftsbericht vorzulegen, wie er zur Erläuterung der angereicherten Bilanz notwendig ist.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter für die Ergänzung und die Korrektur des Schriftlichen Berichts.
Das Wort hat jetzt der Herr Bundesminister der Justiz.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich kurz zu den einzelnen Änderungsanträgen Stellung nehmen.
Zunächst zu Änderungsantrag Ziffer 1. Der Sinn des Zusatzes, der nach dem Antrag gestrichen werden soll, wird von den Antragstellern offenbar mißverstanden. Sie sehen darin eine Ausweitung der verlangten Angaben über die Bewertungs- und Abschreibungsmethoden. In Wirklichkeit bedeutet der Zusatz aber eine Einschränkung der Angabepflicht. Ohne ihn müßten alle Bewertungs- und Abschreibungsmethoden und alle Änderungen angegeben werden. Auf Grund des Zusatzes besteht die Angabepflicht nur in dem Umfang, in dem die Angaben zur Vermittlung eines möglichst sicheren Einblicks in die Vermögens- und Ertragslage des Unternehmens erforderlich sind. Ich bitte deshalb, es bei dem Zusatz zu belassen.
Zum Änderungsantrag Ziffer 2 kann man verschiedener Meinung sein, ob die Neufassung notwendig ist. Aber das Justizministerium hat keine Einwendungen gegen die vorgeschlagene Neufassung.
Zum Änderungsantrag Ziffer 3 hat das Justizministerium schon mehrfach dargelegt, daß es diesen Antrag für überflüssig, wenn nicht sogar für mißverständlich hält. Aber offenbar können wir die Herren juristischen Kollegen des Hauses nicht überzeugen.
Der Auslegung, die der Herr Berichterstatter dem § 13 Abs. 2 gegeben hat, stimme ich ausdrücklich zu. Auch nach meiner Meinung müssen Personenhandelsgesellschaften und Einzelkaufleute, die nach dem Publizitätsgesetz einen Konzernabschluß oder Teilkonzernabschluß vorlegen müssen, in dem Konzerngeschäftsbericht nur Angaben zu den Posten machen, die nach den für ihre Rechtsform geltenden Vorschriften in ihrem Jahresabschluß überhaupt aufgeführt werden müssen. Soweit sie von der Angabe bestimmter Posten schon im Jahresabschluß befreit sind, brauchen sie hierauf auch im Konzerngeschäftsbericht nicht einzugehen.
Ein ähnliches Problem stellt sich übrigens auch, wenn umgekehrt Personenhandelsgesellschaften und Einzelkaufleute eines bestimmten Geschäftszweiges, z. B. Kreditinstitute, nach den für ihren Geschäftszweig geltenden Sondervorschriften von bestimmten Angaben im Geschäftsbericht befreit sind. In diesen Fällen brauchen diese Unternehmen selbstverständlich die Angaben auch nicht im Anhang zu der Jahresbilanz zu machen, wenn sie auf die Offenlegung ihrer Gewinn- und Verlustrechnung verzichten wollen.
Das Wort zur allgemeinen Aussprache in der zweiten Beratung wird nicht gewünscht. Wir treten in die Einzelabstimmung ein.
Ich rufe die §§ 1, 2, 3 und 4 auf. Wer diesen Paragraphen zustimmen will, gebe das Handzeichen.
- Gegenprobe! - Enthaltungen? - Gegen die Stimmen der FDP-Fraktion angenommen.
Ich rufe § 5 auf. Dazu liegt der Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD Umdruck 722 *) Ziffer 1 vor. Wer diesem Änderungsantrag zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist gegen die Stimmen der FDP-Fraktion angenommen.
Wer dem so geänderten § 5 zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen?
- Bei den gleichen Mehrheitsverhältnissen angenommen.
Ich rufe die §§ 6, 7 und 8 auf. Dazu liegen keine Änderungsanträge vor. Wer den aufgerufenen Paragraphen zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei den gleichen Mehrheitsverhältnissen angenommen.
Ich rufe § 9 auf. Dazu liegt der Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD Umdruck 722 Ziffer 2 vor. Das Wort dazu wird nicht mehr verlangt. Wer diesem Änderungsantrag zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei den gleichen Mehrheitsverhältnissen ist dieser Änderungsantrag angenommen.
Wer dem so geänderten § 9 zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen?
- Bei den gleichen Mehrheitsverhältnissen angenommen.
Ich rufe § 10 auf. Dazu liegen keine Änderungsanträge vor. Wer § 10 zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei den gleichen Mehrheitsverhältnissen angenommen.
Ich rufe § 11 auf. Dazu liegt der Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD Umdruck 722 Ziffer 3 vor. Das Wort dazu wird nicht mehr gewünscht. Wer diesem Änderungsantrag zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei den gleichen Mehrheitsverhältnissen ist dieser Änderungsantrag angenommen.
*) Siehe Anlage 5
Vizepräsident Dr. Mommer
Wer dem so geänderten § 11 zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei den gleichen Mehrheitsverhältnissen angenommen.
Ich rufe die §§ 12 bis 25 sowie Einleitung und Überschrift auf. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei den gleichen Mehrheitsverhältnissen angenommen.
Ich rufe dann auf zur
dritten Beratung.
Das Wort in der allgemeinen Aussprache hat Herr Abgeordneter Dr. Menne.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn wir uns heute noch einmal über das Publizitätsgesetz unterhalten müssen, dann liegt das an dem Junktim zwischen Umwandlungssteuergesetz und Publizitätsgesetz. Bei der ersten Lesung des Regierungsentwurfs zum Publizitätsgesetz am 23. Oktober 1968 haben wir von seiten der FDP-Fraktion darauf hingewiesen, daß durch das von der SPD geforderte Junktim zwischen den genannten Gesetzen die Verabschiedung des Umwandlungssteuergesetzes hinausgezögert und eine sachgerechte Beratung des Publizitätsgesetzes gefährdet werde. Genau das, meine Damen und Herren, ist eingetroffen.
Das Junktim zwischen beiden Gesetzen ist nicht gerechtfertigt, denn es besteht zwischen ihnen überhaupt kein sachlicher Zusammenhang. Deshalb habe ich auch seinerzeit bei der Einbringung des Publizitätsgesetzes dieses Junktim als einen Kuhhandel bezeichnet. Wer den Ablauf der Beratungen in den Ausschüssen aufmerksam verfolgt hat, wird mir zustimmen, daß es tatsächlich so gekommen ist, daß die dringend notwendige Verabschiedung des Umwandlungssteuergesetzes - wir haben es gerade erst angenommen - immer wieder verschoben werden mußte, weil das Publizitätsgesetz in der Großen Koalition nicht geklärt war.
Als sich nun nach langem Hin und Her im Laufe der letzten Wochen eine Einigung zwischen CDU und SPD abzuzeichnen schien, stellte sich heraus, daß eine gründliche Diskussion in den Koalitionsfraktionen nicht stattgefunden hatte. In aller Eile ist dann vor 14 Tagen zwischen sechs Abgeordneten der CDU und SPD ein Kompromiß gefunden worden, der sich zu Lasten der vom Gesetz Betroffenen auswirken wird.
In der Debatte vom 23. Oktober vorigen Jahres hat mein Kollege Busse die berechtigte Frage gestellt, ob mit dem Regierungsentwurf zum Publizitätsgesetz das von der Regierung verfolgte Ziel überhaupt erreicht werden könnte. Nachdem nun das -Ergebnis der Ausschußberatungen zur Verabschiedung vorliegt, muß ich feststellen, daß mein Kollege Busse damals recht gehabt hat. Ich möchte deshalb im Namen meiner Fraktion zu der vorliegenden Fassung das Folgende erklären:
Die Regierung hat vor einiger Zeit den Referentenentwurf eines GmbH-Gesetzes vorgelegt, das eine
Neuregelung des gesamten Rechts bringen soll. Dieser Gesetzentwurf soll dem Parlament jedoch erst in der nächsten Legislaturperiode zur Beratung und Beschlußfassung vorgelegt werden. Es erscheint uns von der FDP deshalb unangebracht, jetzt einen Teil der Gesellschaften mit beschränkter Haftung in das Publizitätsgesetz einzubeziehen und durch dessen Verabschiedung einer Sonderregelung zu unterwerfen. Es wäre viel besser, diesen Passus zu vertagen, bis das GmbH-Gesetz beraten ist.
Die Einbeziehung der Personenhandelsgesellschaften und der Einzelkaufleute stiftet wirklich nur Verwirrung und schafft große Unsicherheit. Bei der Anhörung der Sachverständigen, die der Wirtschaftsausschuß in Berlin durchgeführt hat, haben sich fast alle Sachverständigen der Wirtschaft, auch die des Instituts der Wirtschaftsprüfer, dagegen ausgesprochen, die Publizität der Personenhandelsgesellschaften mit diesem Gesetz zu erfassen. Folgende Gründe sprechen dagegen:
Erstens: Es ist bisher noch keine brauchbare Lösung gefunden worden, wie eine Trennung des Betriebsvermögens und des Privatvermögens durchgeführt werden könnte. Einigkeit bestand nur darüber, daß das Privatvermögen und insbesondere die Privatschulden nicht in die Berichterstattung mit einbezogen werden können. Zweitens: Die Wirtschaftsprüfer sind aus diesem Grunde gar nicht in der Lage, einen uneingeschränkten Prüfungsvermerk über den Abschluß von Personenhandelsgesellschaften und Einzelkaufleuten zu erteilen. Drittens: Der Gedanke des Aktionärschutzes hat mit dieser Sache gar nichts zu tun; denn die Inhaber von Personenhandelsgesellschaften kennen ihre eigene Finanzlage am besten. Für die Gläubiger dagegen bringt der Bericht wegen der Herausnahme des Privatvermögens auch nicht mehr Aufklärung als bisher. Deshalb ist es unsinnig, die Personenhandelsgesellschaften in dieses Gesetz hineinzubringen.
Aber auch die Rechnungslegung für Konzerne bestimmter Größe ist unzureichend geregelt. Hier kommt nur ein Notbehelf zustande, da die Neuordnung des Konzernrechts noch gar nicht vorliegt. Auch zu diesem Punkt hat die Anhörung von Sachverständigen deutlich gemacht, daß die Frage der Konzernpublizität zurückgestellt werden sollte.
Man kann die Diskussion meines Erachtens erst dann wieder aufnehmen, wenn im Referentenentwurf des neuen GmbH-Gesetzes das Recht der verbundenen Unternehmen auch für die GmbH geregelt sein wird. Für dieses Kapitel sieht der neue Referentenentwurf 37 Paragraphen vor, 37 Paragraphen nur hierfür! Für Einzelkaufleute und Personenhandelsgesellschaften fehlt bisher jeder praktische Vorschlag für ein Konzernrecht. Ich halte es deshalb auch nicht für vertretbar, eine so schwierige Materie für eine Gruppe von Personalgesellschaften beiläufig vorab in dem Publizitätsgesetz zu regeln. Erst wenn das Konzernrecht für alle Betriebe vorhanden ist, könnte man die Publizitätsbestimmungen in Kraft setzen.
Der Entwurf des Kollegen van Delden hat zwar manche Verbesserungen gebracht, aber dennoch
Dr. h. c. Menne ({0})
machen diese drei kritischen Punkte, die ich bezüglich der Gesellschaften mit beschränkter Haftung, der Personenhandelsgesellschaften und des Konzernrechts aufgezählt habe, deutlich, wie unausgereift die Regierungsvorlage auch nach den Ausschußberatungen geblieben ist. Es zeigt sich, daß bei dieser erzwungenen schnellen Verabschiedung nur unausgewogene Kompromisse gefunden wurden. Im Namen der FDP-Fraktion bitte ich Sie deshalb, die Vorlage als Ganzes abzulehnen. Die heutige Verabschiedung dieses Gesetzes ist meiner Auffassung nach der CDU von der SPD aufgezwungen worden, weil das vorhin beratene Umwandlungsgesetz seit langem für die Ordnung der Wirtschaft notwendig ist und nicht mehr aufgeschoben werden kann und die SPD aus unverständlichen Motiven darauf bestanden hat, daß das Umwandlungs- und das Publizitätsgesetz zusammen verabschiedet werden müßten. Man sieht, daß hier leider wieder ein fauler Kompromiß geschlossen worden ist.
Im Namen der FDP-Fraktion und auch im Namen der betroffenen Firmen und Personen bitte ich daher alle Kollegen, diesem unausgegorenen Gesetz die Zustimmung zu versagen und nicht etwa 70 führende Unternehmungen der Wirtschaft wegen ihrer Erfolge und wegen ihrer Größe einem Sondergesetz zu unterwerfen. Oder will die SPD etwa diese Firmen zwingen, ihre bisherige Rechtsform zu verändern? Dann hat die Freiheit der Entscheidung aufgehört. Ich möchte fragen: seit wann ist Größe strafbar? Was soll die Verteufelung der großen Unternehmen, die wir für die EWG und für den Welthandel brauchen? Ich bitte Sie, ganz besonders meine Freunde von der SPD, geben Sie das Junktim auf und vertagen Sie das Gesetz zu einer wirklichen, ordentlichen Beratung in die nächste Legislaturperiode.
Das Wort hat Herr Abgeordneter van Delden.
van Delden ({0}) : Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bevor ich namens der CDU/ CDU-Fraktion auf das Gesetz eingehe, möchte ich mich mit den Ausführungen des Herrn Kollegen Menne befassen. Herr Kollege Menne, Sie haben wiederholt erklärt, daß dieses Gesetz in keinem sachlichen Zusammenhang mit dem Umwandlungsgesetz steht. Darf ich Sie daran erinnern, daß zu der Zeit, als wir noch gemeinsam in der Koalition waren, Dinge geschahen wie der Rücktritt Ihrer Minister auf Grund der Branntwein- und Sekt- und - wie ich glaube - der Tabaksteuer. Das stand auch in keinem Zusammenhang mit diesen Steuern. Sie wissen genauso gut wie wir, daß man, wenn man in einer Koalition ist, das Mögliche, das Bestmögliche aus sich einander widersprechenden oder teilweise unterschiedlichen Auffassungen herausholen muß. Wenn Sie in diesem Zusammenhang von einem „Kuhhandel" sprechen, so muß ich Ihnen ehrlich sagen: Der „Kuhhandel" mit der SPD ist mir viel lieber als das, was wir mit Ihnen in der Vergangenheit erlebt haben. Denn wenn wir mit der SPD einen „Kuhhandel" abschließen, sind wir wenigstens sicher, daß er eingehalten wird, während es umgekehrt bei Ihnen so war, daß man bis zur letzten Minute nicht wußte, was geschehen würde.
({1})
Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Dr. Menne?
van Delden ({0}) : Ja, bitte!
Herr van Delden, darf ich Sie um einige Beispiele bitten. - Außerdem: Kuhhandel hin, Kuhhandel her; wir sprechen hier nicht von der Viehwirtschaft.
({0})
van Delden ({1}) : Herr Kollege Menne, ich will das Haus nicht auf Ihre Kosten noch weiter erheitern. Den Begriff „Kuhhandel" haben Sie in die Debatte geworfen, nicht ich.
({2})
Herr Ertl wollte Ihnen auch eine Frage stellen. Gestatten Sie, daß Herr Ertl Ihnen eine Frage stellt?
({0})
van Delden ({1}) : Darauf habe ich Ihnen eine Antwort gegeben.
Herr Kollege Dr. Menne, es steht dem Redner frei, die Frage zuzulassen, und es steht ihm auch frei, zu antworten oder nicht zu antworten, so wie er es für richtig hält.
Herr Kollege Ertl, Sie haben das Wort zu einer Zwischenfrage.
Herr Kollege van Delden, meinen Sie mit dem „Nichteinhalten" das Verhalten Ihrer eigenen Fraktion und einiger Ihrer Fraktionskollegen z. B beim Sturz des Bundeskanzlers Erhard?
({0})
van Delden ({1}) : Herr Kollege Ertl, wir wollen jetzt nicht in die Geschichte einsteigen, die durch die Branntwein- und Sektsteuer ausgelöst wurde. Der Ausgangspunkt lag bei Ihnen und nicht bei uns.
({2})
Das hat mit diesem Gesetz hier nichts zu tun. Ich hätte es auch gar nicht erwähnt, wenn nicht Herr Kollege Menne einleitend geglaubt hätte, diese abwertende Bemerkung machen zu müssen. Es kann auch nicht von einer Pression die Rede sein. Ich verhehle nicht, daß ich persönlich - das geht auch aus dem Antrag hervor - für eine Erweiterung der
van Delden
Publizität bin. Ich bin der Auffassung, daß wir in
Deutschland endlich einmal von der Geheimniskrämerei wegkommen müssen. Denn wenn die Wirtschaft ihre Zahlen klar- und offenlegte - ich kann
das am Beispiel meiner eigenen Firma bestätigen -,
wäre erst einmal großes Erstaunen darüber, daß der
Gewinn so gering ist und die Steuern so hoch sind.
({3})
Man sollte hier auch ruhig erwähnen, daß die ASU trotz einiger Bedenken, die sie - das steht jedem frei - gegen das Gesetz hat, dankenswerterweise zu einer freiwilligen Publizität im Sinne meines Gesetzentwurfs aufgefordert hat. Sie hat zugleich einige Änderungen vorgeschlagen
Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Dr. Staratzke? - Bitte!
Herr Kollege van Delden, sind Sie nicht mit mir der Meinung, daß der Kollege Menne überhaupt nicht gegen die Erweiterung der Publizität, sondern nur gegen dieses eilig zu verabschiedende Gesetz gesprochen hat, das sehr viele
Mängel hat?
van Delden ({0}) : Das habe ich zwar nicht herausgehört. Aber wenn ich boshaft wäre, würde ich sagen: Ich habe sogar herausgehört, daß er sich eigentlich darüber beklagt hat, daß die privaten Schulden und die privaten Vermögen der Einzelunternehmen nicht mit erfaßt werden können. Sie haben es sozusagen beklagt, daß das nicht geschehen könne, und gemeint, daß, weil es nicht geschehen könne, dieses Gesetz insgesamt abgelehnt werden sollte.
Herr Dr. Menne, noch eine Zwischenfrage. - Bitte!
Herr van Delden, glauben Sie wirklich, daß ich das beklagt habe? Dafür kennen Sie doch die Tatsachen zu genau.
van Delden ({0}) : Ich habe auch gesagt: Wenn ich boshaft wäre, könnte ich die Bemerkung so auffassen.
({1}) - Das bin ich nicht.
Ich darf aber 'noch zu einer Bemerkung Stellung nehmen, die Herr Kollege Menne gemacht hat, der hier die Wirtschaftsprüfer zitiert hat. Ich komme damit gleich zum ursprünglichen Gesetzentwurf der Bundesregierung. Herr Kollege Menne hat aus dem Bericht über die Anhörung der Sachverständigen in Berlin zitiert, daß die Wirtschaftsprüfer Bedenken angemeldet hätten, sie wären gar nicht in der Lage, dem Bericht, der Bilanz oder den zu veröffentlichenden Details den uneingeschränkten Prüfungsvermerk zu geben. Herr Dr. Menne, Sie haben vergessen hinzuzufügen: nach dem, was ursprünglich im Regierungsentwurf stand. Nach dem, was jetzt darin steht, brauchen sie den Prüfungsvermerk lediglich in der Gestalt zu geben, daß es heißt: Die im Bundesanzeiger Nr. Soundso veröffentlichten Angaben der Firma XY entsprechen dem Gesetz. Weiter brauchen die Wirtschaftsprüfer nichts zu tun. Sie brauchen nicht das Aktienrecht zugrunde zu legen, sondern nur dieses Umwandlungsgesetz.
Der Herr Bundesjustizminister - er ist im Moment nicht da - hat bei der Stellungnahme zu den einzelnen Anträgen gesagt, daß es leider seinem Hause nicht gelungen sei, uns zu überzeugen. Er hat uns in der Tat mit dem gesamten Gesetzentwurf, den nicht er, sondern sein Herr Vorgänger für die Bundesregierung erarbeitet hat, nicht überzeugt. Deswegen haben wir ja auch getreu dem, was Helmut Schmidt hier gesagt hat, daß nicht die Regierung die Gesetze mache, sondern wir, wesentliche Änderungen vorgenommen. Was herausgekommen ist, befriedigt nicht alle. Sicherlich kann man darüber streiten, ob man nicht vielleicht noch hätte warten sollen, um das Gesetz gründlicher zu beraten. Ich bin aber der Auffassung, daß alles Für und Wider so ausgiebig in dem ausgezeichneten Sachverständigen-Hearing diskutiert worden ist, daß auch eine weitere Beratung nichts anderes hätte ergeben können. Ich möchte wirklich diejenigen, die hinsichtlich dieses Gesetzes, wie es nun verabschiedet werden soll, noch Bedenken haben, bitten, sich einmal genau durchzulesen, was die Sachverständigen gesagt haben, denn aus den Zitaten, die hier und da angeführt sind, kann man sich kein genaues Bild machen.
Abschließend darf ich Sie namens der CDU/CSU- Fraktion bitten, dem Gesetzentwurf zuzustimmen. Ich möchte betonen, daß dieses manchen unserer Kollegen nicht leicht fällt. Ich bin aber der Auffassung, daß hier ein Weg beschritten worden ist, der nicht nur für die Wirtschaft tragbar ist, sondern der sich - richtig verstanden - für unsere gesamte Volkswirtschaft segensreich auswirken kann.
({2})
Das Wort hat der Abgeordnete Reischl.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nachdem sich der Kollege van Delden dankenswerterweise, noch dazu aus der wirklich sachverständigen Sicht eines Unternehmers, der er ja selbst ist, mit den Einwendungen gegen das Gesetz auseinandergesetzt hat, kann ich mich sehr kurz fassen. Meine Fraktion, die SPD- Fraktion, ist für dieses Gesetz. Das Gesetz liegt auf der Linie, die wir bereits während der Behandlung der Aktienrechtsreform in diesem Hause eingeschlagen haben, bei der wir darauf hingewiesen hatten, daß die verstärkte Publizität nicht allein auf Aktiengesellschaften beschränkt bleiben kann. Wir hatten bereits damals im Rahmen der Beratung
der Aktienrechtsreform vorgeschlagen, die aktienrechtliche Publizität auf Gesellschaften mit beschränkter Haftung oberhalb einer bestimmten Größenordnung auszudehnen. Wir hatten weiter vorgeschlagen - und hier muß ich dem Kollegen Menne ganz energisch widersprechen -, das damals bereits in das Aktienrecht eingeführte Konzernrecht - es ist nämlich nicht so, daß es kein neues Konzernrecht gebe, sondern im Rahmen des Aktiengesetzes ist ein vollständig neues Konzernrecht geschaffen worden, das allerdings zunächst auf die Aktiengesellschaften beschränkt war - ohne Rücksicht auf die Rechtsform der Konzernspitze auf alle Konzerne auszudehnen, aber auch hier natürlich, um die kleinsten herauszulassen, nur auf die, die von wirklich großer volkswirtschaftlicher Bedeutung sind.
Es ist also auch nicht so, daß dieses Problem jetzt völlig neu in der Landschaft gestanden hätte und es nun holterdiepolter im letzten Augenblick hier im Bundestag zu einer Verabschiedung gekommen wäre. Der Gedanke steht schon lange im Raum. In vielen Konferenzen - Herr Kollege van Delden hat auf die ASU hingewiesen - sind schon solche Gedanken geäußert worden, daß die Publizität ausgedehnt werden muß. Ich glaube, daß der Gedanke an sich schon lange bei uns vorhanden ist. Auch international verläuft die Entwicklung auf dieser Linie. Ich denke nur an die amerikanische Entwicklung, in der immer mehr das Prinzip der „gläsernen Taschen", aber zugleich auch das einer straffen Unternehmensführung hervortritt. Ich halte das für richtig. Wenn man auf der einen Seite die Dinge für die Öffentlichkeit durchsichtig und transparent macht, muß man auf der anderen Seite auch hinnehmen - das ist im Interesse einer fortschreitenden Wirtschaft notwendig -, daß die Unternehmen straff geführt werden können. Sie können ja auch jederzeit wegen dieser „gläsernen Taschen" von der Öffentlichkeit kontrolliert werden. Ich glaube, beides paßt ganz gut zusammen. Infolgedessen kann, so meine ich, auch die CDU/CSU-Fraktion diesem Entwurf beruhigt zustimmen.
Ich möchte nun noch einige Anmerkungen zu dem Entwurf machen. Herr Kollege Menne, der Rechtsformzwang ist von uns nie erwogen worden. Wir haben im Gegenteil immer die Auffassung vertreten, daß das zwar ein Weg wäre - denken Sie an Frankreich, dort gibt es das -, daß wir das aber gar nicht brauchen. Wenn wir eine vernünftige Lösung im Hinblick auf die Publizität, wie wir sie jetzt gefunden haben, weiterentwickeln, brauchen wir den Rechtsformzwang nicht, weil wir bei den großen Unternehmen auf diesem Wege die Publizität bekommen. Ich glaube, es ist uns gelungen, hier ein wohlausgewogenes Recht für alle zu schaffen.
Ich möchte für meine Fraktion mit Nachdruck erklären: Wir selbst - einschließlich gerade unseres Wirtschaftsministers, der das ja im Kabinett durchgesetzt hat - sind ausdrücklich dafür eingetreten, daß die Privatvermögen aus dieser zu publizierenden Bilanz ausgeklammert bleiben. Sie gehören nicht hinein, und sie sollen auch in Zukunft nicht hineingehören. Ich glaube, Sie brauchen keine Befürchtungen zu hegen, daß diese Dinge, etwa auf andere Weise wieder in das Gesetz hineingebracht werden sollen.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Dr. Menne?
Ja, bitte sehr!
Bitte, Herr Dr. Menne!
Glauben Sie wirklich, daß ein Bericht einer Personenhandelsgesellschaft für einen Gläubiger übersehbar ist, wenn das Privatvermögen und die Privatschulden nicht darin enthalten sind? Ich meine damit nicht, daß sie darin enthalten sein sollten. Ich frage Sie nur, ob Sie einen solchen Bericht für übersehbar halten.
Herr Kollege Dr. Menne, ich möchte doch behaupten, daß bei Unternehmen dieser 'Größenordnung gerade der Einzelunternehmer kaum in der Lage sein dürfte, so viel private Schulden zu machen, und zwar ohne daß es die anderen merken, daß 'er damit das ganze Unternehmen gefährdet. Ich bin weiter der Meinung, daß er es nicht tun wird. Die Entwicklung hat das eigentlich gezeigt. Ich wundere mich, daß Sie gerade auf diesem Punkt herumreiten. Ich habe da von den Unternehmern offensichtlich eine bessere Meinung als Sie selbst.
({0})
Ich glaube, es ist uns durchaus gelungen, hier ein wohlausgewogenes Recht zu schaffen; das Weitere werden wir der Entwicklung überlassen können. Mir scheint, gerade der Gedanke, der im Rechtsausschuß auf Anregung des Kollegen van Delden aufgenommen wurde, nämlich Anreize für eine freiwillige Publizität im Bereich der Einzelkaufleute und der Personenhandelsgesellschaften zu schaffen, wird eine Weiterentwicklung von Publizitätsformen bringen, die man dann vielleicht eines Tages in Gesetzesform wird gießen können.
Wenn man aber nicht anfängt, eine solche Entwicklung in Gang zu setzen, wird man nach allen Erfahrungen, die wir mit Reformwerken gemacht haben, nie zu einem Ergebnis kommen. Die bloße Vorlage eines Referentenentwurfs für das GmbH- Recht bedeutet nach unseren Erfahrungen noch lange nicht, daß der nächste Bundestag wirklich schon zu einer Verabschiedung der GmbH-Reform kommt. Man sollte sich wirklich viel Zeit lassen, ehe man ein Gesellschaftsrecht komplett reformiert. Deswegen scheint es richtiger zu sein, wichtige Einzelfragen wie z. B. die der Publizität vorweg zu regeln und es der Entwicklung zu überlassen, daß die richtigen Formen gefunden werden. Ich bin überzeugt, daß das möglich ist, und das Gesetz läßt diesen Spielraum. Ich glaube, wir haben in diesem Sinne doch ein gutes Gesetz gemacht.
Die SPD-Fraktion jedenfalls wird diesem Gesetz aus voller Überzeugung zustimmen.
({1})
Das Wort Wird nicht mehr gewünscht. Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz über die Rechnungslegung von Großunternehmen und Konzernen im ganzen zustimmen will, möge sich erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Gesetz ist gegen die Stimmen der FDP-Fraktion angenommen.
Meine Damen und Herren, bei Punkt 5 der Tagesordnung habe ich übersehen, daß unter 5 c) noch formal über den Antrag des Finanzausschusses zu entscheiden ist, den Antrag der FDP betreffend Umwandlung von Unternehmen für erledigt zu erklären.
({0})
- Ja; das kommt auch noch.
Das Haus ist einverstanden, daß dem Antrag des Ausschusses entsprochen wird.
Auch bei Punkt 6 haben wir eine solche Ziffer 2. Es geht darum, den Gesetzentwurf Drucksache V/3771 der Abgeordneten van Delden, Burgemeister, Dr. Giulini, Rawe und Genossen für erledigt zu erklären. Bei einem Gesetzentwurf geschieht das durch Abstimmen über die Gesamtvorlage. Ich rufe also den Gesetzentwurf Drucksache V/3771 - Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Bilanzpublizität-, §§ 1 bis 14, Einleitung und Überschrift auf. Wer zustimmen will gebe das Handzeichen. Gegenprobe! ({1})
- Damit Klarheit herrscht: Der Ausschuß beantragt, diesen Gesetzentwurf für erledigt zu erklären. Wer dem Ausschußantrag entsprechen will, muß in zweiter Beratung gegen die Bestimmungen des Gesetzes stimmen; dann ist der Entwurf erledigt. Wer dem Ausschußantrag nicht zustimmen will, muß für den Gesetzentwurf stimmen. So ist es die Praxis des Hauses.
Wir stimmen also noch einmal über den Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Bilanzpublizität - alle Paragraphen des Gesetzes, Einleitung und Überschrift - ab. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist abgelehnt und damit erledigt.
Punkt 7 der Tagesordnung - Entwurf eines Neunten Strafrechtsänderungsgesetzes - soll heute nachmittag nach der Fragestunde um 15 Uhr aufgerufen werden.
Punkt 8 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte
- Drucksachen V/3970, zu V/3970, V/3959, V/2672, V/3980 -
a) Bericht des Haushaltsausschusses ({2}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
- Drucksache V/4468 -Berichterstatter: Abgeordnete Brese,
Krampe und Müller ({3})
b) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik ({4})
- Drucksache V/4419 Berichterstatter: Abgeordneter Killat ({5})
Ich frage den Herrn Berichterstatter Killat, ob er das Wort als Berichterstatter wünscht. - Das ist nicht der Fall. Wird das Wort in der allgemeinen Aussprache zur zweiten Beratung gewünscht? - Auch das ist nicht der Fall. Wir treten in die Einzelberatung ein.
Ich rufe Art. 1 auf. Dazu liegt auf Umdruck 728 *) ein Änderungsantrag der Fraktion der FDP vor. - Das Wort zur Begründung hat Herr Abgeordneter Spitzmüller.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Bei der Begründung dieses Antrages bin ich in einer sehr seltenen Situation: die Opposition will durch diesen Antrag erreichen, daß das, was die stärkste Koalitionsfraktion noch im März für richtig hielt, im Gesetz in dieser Form beibehalten wird, nämlich daß keine Beitragssteigerungen bei dem Altersgeld vorgenommen werden. Meine Damen und Herren, wir können Gott sei Dank feststellen, daß fast alle Bevölkerungsgruppen in der Bundesrepublik eine Zuwachsrate im Einkommen haben. Die Einkommensverhältnisse der Landwirtschaft jedoch hinken hinterher, haben sich teilweise sogar verschlechtert und werden aller Voraussicht nach aus dieser schwierigen Entwicklung nicht herauskommen, weil nur die landwirtschaftlichen Erzeugerpreise ohne Rücksicht auf die innere Preis-Kosten-Entwicklung herabgesetzt und auf dem niedrigen EWG-Preisniveau zurückgehalten werden. Nur die Landwirtschaft wird aus gesamtpolitischen Gründen einseitig von der gesamtwirtschaftlichen Wachstumsentwicklung ausgeschlossen. Die dadurch verursachten Preissteigerungen können von- der Landwirtschaft nicht abgewälzt werden.
Meine Damen und Herren, was hier vorgeschlagen wird, ist eine zusätzliche Belastung der aktiven Landwirtschaftsbetriebe. Wir müssen die Situation vom Grundsätzlichen her sehen und erkennen, daß der Kreis der Beitragspflichtigen immer geringer wird. Wir haben also ein Strukturproblem, wie wir es im Bergbau ebenfalls haben und hatten. Der Kreis der Beitragszahler wird immer kleiner. Ich nenne nur eine einzige Zahl aus dem Arbeitsministerium. Herr Minister Katzer hat bei der Berechnung der voraussichtlichen Zugänge von Beitragszahlern in der Rentenversicherung angenommen, daß jährlich 100 000 selbständige oder mitarbeitende Familienangehörige diese Selbständigkeit oder diese Tätig-
*) Siehe Anlage 6
keit im eigenen Betrieb aufgeben und als Arbeitnehmer Pflichtversicherte der Rentenversicherung werden. Das Gros dieser Binnenwanderung von 100 000 Personen kommt aus der Landwirtschaft. Damit wird deutlich gemacht, wie der Kreis derer, die für die landwirtschaftliche Alterskasse beitragspflichtig sind und bleiben werden, sich wesentlich verringern wird.
Hier möchte ich darauf hinweisen, daß wir es beim Finanzänderungsgesetz mit zwei großen Tatsachenblöcken zu tun hatten. Einmal war es im Finanzänderungsgesetz notwendig geworden - dem haben sich die Freien Demokraten so wenig entzogen wie die Regierungsfraktionen -, die Beiträge für die Alterssicherung der Unselbständigen zu erhöhen, und zwar um rund 20 % in der Angestellten- und Arbeiterrentenversicherung und um 35% bei den Beiträgen zur Alterskasse der Landwirtschaft, sowie die Leistungen für die Knappschaftsversicherten um 20 % zu senken. Das war der eine Block.
Der zweite Block war der Vorschlag der Bundesregierung, den Bund aus der Defizithaftung für die Knappschaft und aus der Defizithaftung für die Altershilfe der Landwirtschaft zu entlassen. Wie hat das Parlament sich in der gegebenen Situation entschieden? Das Parlament hat die Defizithaftung des Bundes für die Knappschaft belassen, es hat den Vorschlag aber hinsichtlich der Defizithaftung des Bundes für die Altershilfe der Landwirtschaft angenommen, allerdings gegen die Stimmen der Opposition. Das Parlament hat damals in einer schwierigen wirtschaftlichen Situation aus durchaus verständlichen Gründen also gesagt: Die Defizithaftung des Bundes für die Knappschaft darf nicht aufhören, es handelt sich in diesem Falle um Unselbständige, für die der Bund haftet. Bei der landwirtschaftlichen Altershilfe ging es dagegen um kleine Selbständige, schwer arbeitende Menschen. Da hat der Bundestag, wenn auch nicht leichten Herzens, aber immerhin, den Vorschlag der Regierung befolgt.
Wir Freien Demokraten sind der Meinung, es wäre jetzt an der Zeit, diese aus der damals gegebenen Situation noch eben verständliche Mehrheitsentscheidung des Parlaments zu ändern. Die CDU hat selbst im März vorgeschlagen, es bei dem Beitrag von 22 DM, wie wir es vortragen, zu belassen. Der landwirtschaftliche Fachausschuß hat vorgeschlagen, den Beitrag auf 25 DM festzusetzen, und der sozialpolitische Fachausschuß hat 27 DM vorgeschlagen. Dem kann natürlich entgegengehalten werden: Wenn wir diesem Antrag zustimmen, dann stimmt ja unsere mittelfristige Finanzplanung nicht mehr ganz.
Ich möchte hier an das erinnern, was heute morgen zur Frage des Haushaltsrechts gesagt wurde. Ich möchte an das erinnern, was Herr Kollege Schoettle hier vor einigen Tagen einmal gesagt hat: Wir haben die Verpflichtung natürlich für die vorausschauende Finanzplanung, aber wir können uns als Abgeordnete doch nicht zum Sklaven der mittelfristigen Finanzplanung machen, wenn es um Grundsatzentscheidungen geht. Und in dieser Frage geht es eben um eine Grundsatzentscheidung.
Ich möchte an die CDU appellieren, unserem Antrag, der ihrem Antrag vom März entspricht, zuzustimmen und dabei der Worte eingedenk zu sein, die Bundeskanzler Adenauer in seiner Regierungserklärung vom Jahre 1957 sprach. Ich weiß sie deshalb noch auswendig, weil das für mich sehr gewichtige Worte waren. Herr Dr. Adenauer hat damals, als die CDU im Besitz der absoluten Mehrheit war, erklärt: Wir wollen nicht, daß bei der immer größer werdenden Konzentration der Wirtschaft unsere Wirtschaft eines Tages aus wenigen Herren dieser Wirtschaft und einer Masse von Abhängigen bestehen wird.
Meine Damen und Herren von der CDU/CSU, sorgen Sie auch dafür, daß die Selbständigen in der Landwirtschaft durch die Maßnahmen, die hier ergriffen werden sollen, nicht auch in eine solche Finanznot und -situation hineingestellt werden, daß mehr als notwendig ihre Selbständigkeit aufgeben. Das können Sie, wenn Sie unserem Antrag, der Ihrem Antrag vom März gleicht, zustimmen. - Bitte, Herr Kollege Schellenberg!
Zu einer Zwischenfrage Herr Dr. Schellenberg.
Herr Kollege Spitzmüller, würden Sie so liebenswürdig sein, dem Hause mitzuteilen, in welcher Weise die Leistungen für das Altersgeld des einzelnen verheirateten Bauern seit Einführung der Altershilfe gesteigert worden ist? Und würden Sie mir darin zustimmen, daß es eine wesentlich stärkere Erhöhung ist als selbst bei der dynamischen Rente?
Herr Kollege Schellenberg, die Steigerungen stehen prozentual in keinem Verhältnis zu den Steigerungen, die im Beitragsrecht vorgenommen wurden. Nun gebe ich Ihnen ehrlich zu, Herr Kollege Schellenberg: mit Prozenten läßt es sich gelegentlich gut operieren. Wir müssen aber die Prozente auch einander gegenüberstellen, und da ist die Beitragssteigerung prozentual höher als die Leistungssteigerung.
Wir möchten Sie also bitten, unserem Antrag zuzustimmen. Denn wir sind der Meinung, es wäre der Situation wirklich adäquat, wenn wir hier nicht Leistungsverbesserungen für das Jahr 1969 beschließen - also vor den Wahlen -, aber die Finanzierung dieser Leistungssteigerungen dann ab 1. Januar 1970 - nach den Wahlen - auf den immer kleiner werdenden Kreis der Zahlungsverpflichteten bei den Selbständigen in der Landwirtschaft umlegen. Wir sind der Meinung, hier haben wir das, was im Finanzänderungsgesetz geschaffen wurde, wieder rückgängig zu machen und wie in der Knappschaft die Defizithaftung des Bundes wiederherzustellen, wie sie vor dem Finanzänderungsgesetz für die Knappschaft und für die landwirtschaftliche Alterskasse aus wohlerwogenen und berechtigten Gründen bestand. Das ist es, worum wir Sie bitten.
({0})
Ich darf zunächst Herrn Abgeordneten Krampe als Berichterstatter des Haushaltsausschusses das Wort geben.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf darauf aufmerksam machen, daß sich auf Seite 2 des Berichts des Haushaltsausschusses - die Drucksache ist eben verteilt worden - ein sinnentstellender Fehler befindet. Ich bitte, das zu korrigieren und durch folgende Formulierung zu ersetzen: Der Haushaltsausschuß hat festgestellt, daß der Gesetzentwurf keine Mehrausgaben erfordern wird.
Zu Buchstabe b) der Entschließung des Sozialpolitischen Ausschusses - Drucksache V/4419 - ist folgendes zu sagen. Nach der Entschließung würden Ausgaben in Höhe von 10 Millionen DM jährlich entstehen. Diese dürfen jedoch nicht zu einer Erhöhung des Bundeszuschusses führen. Das würde dem Sinn des Entschließungsantrages des Sozialpolitischen Ausschusses entsprechen und die Dinge finanziell sauber darlegen.
Das Haus hat diese Berichtigung zur Kenntnis genommen.
Das Wort hat der Abgeordnete Kühn ({0}).
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erlauben Sie, Herr Präsident, daß ich mit der Stellungnahme zu dem Antrag der FDP gleich die Begründung des Antrages der Regierungskoalition verbinde.
Herr Kollege Spitzmüller hat hier sehr beredt dafür plädiert, eine Regelung wieder aufzunehmen, die in einem früheren Stadium der Behandlung auch von uns vertreten worden ist. Herr Kollege Spitzmüller, ich bedaure eigentlich, daß diese Dinge im Ausschuß nicht in der gleichen Weise und ebenso intensiv behandelt werden konnten. Jetzt - das wissen Sie selber - ist der Zeitpunkt so gestellt, daß wir, wenn wir diese Frage aufgriffen, die Verabschiedung des gesamten Gesetzes gefährden würden. Was das Bessere für die Landwirtschaft ist, überlasse ich Ihrer Beurteilung. Wir sind der Meinung, daß wir das, was wir hier jetzt haben, nehmen sollten, und zwar mit jener Verbesserung, die die Koalitionsfraktionen mit ihrem Antrag ansprechen.
Herr Kollege; gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Spitzmüller?
Herr Kollege Kühn, ist Ihrem Gedächtnis - was ich fast nicht annehmen kann -entfallen, daß ich über diese Frage mit ähnlichen Worten eine sehr oppositionelle Rede im Ausschuß in Berlin gehalten und diesen Antrag dort vielleicht mit noch etwas größerer Verve vertreten habe?
Richtig! Aber wir haben diese Angelegenheit, Herr Spitzmüller, was Ihrer Erinnerung sicher auch nicht entfallen ist, in der vergangenen Woche hier im Ausschuß .behandelt und verabschiedet. Soweit ich mich erinnere, ist da von dieser Sache nicht mehr gesprochen worden.
({0})
- Das stimmt.
Ich darf also sagen: Wenn dieser Antrag hier jetzt eingebracht wird, kann er nur so verstanden werden, daß er ein bißchen - - Verzeihen Sie mir die Bemerkung! Aber Sie haben hier eben von Wahlgeschenken oder von dem Eindruck gesprochen, man wolle vor der Wahl Leistungsverbesserungen machen. Jetzt muß ich Ihnen diese Karte zurückgeben und Ihnen sagen: Wenn Sie das tun, obwohl Sie wissen, daß Sie damit die gesamte Verabschiedung gefährden, erwecken Sie einen falschen Eindruck draußen, der für die Landwirtschaft, wenn wir Ihrem Antrag folgten, viel gefährlicher sein würde, als wenn wir bei dem beharren, was die Ausschüsse beschlossen haben.
Nun zu unserem Antrag. Meine Damen und Herren, wir hatten im Ausschuß eine Kontroverse darüber, ob es zweckmäßig sei, Leistungsverbesserungen schon vom 1. Januar an, wie es die Regierungsvorlage wollte, eintreten zu lassen oder vom 1. Juli an, wie es die Mehrheit des Ausschusses dann beschloß. Wir hatten dann den Vermittlungsantrag gestellt. Wir wollten die Leistungen zum 1. April in Kraft treten lassen und die so frei werdenden Mittel, die dieses Haus ja schon beschlossen hat, so verwenden, daß wir den Schwerstbeschädigten aus der Unfallversicherung der Landwirtschaft bessere Leistungen zukommen lassen und den Rest der Mittel - so will es jetzt unser Antrag - für die Investitionshilfe in der Landwirtschaft verwenden. Ich glaube, das ist eine sehr viel sinnvollere Regelung unter Berücksichtigung der Mittel, die wir hier zur Verfügung haben, als eine Vorstellung zu erwecken, die praktisch nicht realisierbar ist.
Herr Präsident, wenn Sie gestatten, darf ich vielleicht auch noch auf folgendes zu sprechen kommen. Die beiden Regierungsfraktionen haben in diesem Zusammenhang einen Entschließungsantrag eingebracht, der diese Verwendung so sicherstellen soll, wie ich es eben dargelegt habe.
Ich bitte Sie, den Antrag der FDP aus den dargelegten Gründen abzulehnen und die Anträge der Regierungsparteien anzunehmen.
({1})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Spitzmüller.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Herr Kollege Kühn, Sie haben sehr elegant die Kurve bekommen, um darzulegen, warum dem Antrag der FDP heute schwer gefolgt werden kann: weil dann Schwierigkeiten entstehen. Ich kann darauf nur erwidern: Wäre die CDU/CSU im Landwirtschaftsausschuß, wäre die CDU/CSU im Sozialpolitischen Ausschuß dem gleichen Antrag gefolgt, den die FDP gestellt
hatte, dann wären wir jetzt nicht in dieser Zwangssituation. Wir wollten hier nur noch einmal deutlich machen, Herr Kollege Kühn, daß wir eine solche Regelung, nämlich die Wiedereinführung der Defizithaftung des Bundes, für richtig halten. Das wollten wir durch unseren Antrag darstellen.
Herr Präsident, soll ich nun gleich auch noch zu dem Antrag Stellung nehmen, den Herr Kollege Kühn bereits begründet hat, oder erst bei der Abstimmung?
({0})
Bitte jetzt; das spart uns Zeit.
Herr Kollege Kühn, Sie haben hier einen Antrag der CDU/CSU und der SPD, der Koalitionsfraktionen, bezüglich der Inkraftsetzung begründet.
({0})
- Herr Kollege Kühn, diesem Antrag hätte die Freie Demokratische Partei im Sozialpolitischen Ausschuß zustimmen können - und ich habe das auch zum Ausdruck gebracht -, wenn sich die Koalitionspartner einig gewesen wären.
({1})
Es ging bei der Frage der Inkraftsetzung - in diesem Zusammenhang bitte ich, einmal den Ausschußbericht zu § 3 nachzulesen - darum, ob der 1. Januar genommen werden soll, also ein Termin, der vor dem Tag der Einbringung des Gesetzes liegt, oder ob der 1. April, ein Termin, der unmittelbar nach der Einbringung des Gesetzes liegt, genommen werden soll, oder ob in analogem Verfolg dessen, was im Sozialpolitischen Ausschuß in den letzten Monaten und Jahren Praxis geworden ist, nämlich Leistungsgesetze nicht rückwirkend in Kraft zu setzen, der frühestmögliche Termin, nämlich der 1. Juli, genommen werden soll. Ich habe damals für die Fraktion der Freien Demokraten erklärt: Sinnvoll ist an und für sich immer eine Inkraftsetzung, die nach der Verabschiedung liegt, aber das ist für uns kein Grundsatzproblem; deshalb können wir dem 1. April zustimmen, wenn darüber Einigung zu erzielen ist. Es waren die Kollegen der SPD-Fraktion, die erklärten, eine Einigung sei nicht herbeizuführen,
({2})
denn aus grundsätzlichen Erwägungen heraus sei man gegen eine rückwirkende Inkraftsetzung von Leistungsgesetzen.
({3})
Wir haben dann dem SPD-Antrag zugestimmt, weil wir das von der Linie her gesehen auch für konsequenter und richtiger hielten.
Um so mehr sind wir überrascht, heute die Unterschrift „Schmidt ({4}) und Fraktion" unter diesem Änderungsantrag zu finden, was bedeutet, daß die SPD nicht mehr zu ihrem ieigenen Antrag im Sozialpolitischen Ausschuß steht.
({5})
- „Umfallen" nannte man das früher; aber heute ist das natürlich anders. Heute heißt es „gewachsene Koalitionseinsicht" oder ähnlich.
({6})
Meine Damen und Herren von der SPD, ich glaube, Sie machen mit der Unterschrift unter diesem Antrag eines deutlich: daß Sie sich ganz bewußt als Juniorpartner in dieser Koalition fühlen.
({7})
Ich möchte zu diesen Fragen ein Letztes sagen. Herr Kollege Berberich, ich schätze Sie als Kollegen außerordentlich, und ich habe es deshalb sehr bedauert, daß mir Berichte vom Deutschen Bauerntag in Mainz zugänglich gemacht wurden, aus denen ich leider entnehmen mußte, daß Sie dort mit der Wahrheit ein bißchen großzügig oder mißverständlich umgegangen sind,
({8})
indem Sie nämlich die Dinge so dargestellt haben - so wurde es mir berichtet - als hätte die Mehrheit des Ausschusses - Sozialdemokraten und Freie Demokraten - mit diesem Beschluß in bezug auf den 1. Juli der Landwirtschaft irgendwelche Mittel entzogen.
Ich weiß nicht, ob die Berichte, die ich erhalten habe, stimmen oder nicht. Ich möchte aber eines feststellen, Herr Kollege Berberich und meine Damen und Herren in diesem Hause: der Ausschuß war. einmütig der Auffassung, daß die durch den Termin des Inkrafttretens des Gesetzes verfügbar werdenden Bundesmittel ungeschmälert der Landwirtschaft zugute kommen sollen. So steht es im Ausschußbericht. Einstimmig wurde daher einem Entschließungsantrag zugestimmt, auf den Kollege Kühn eben hingewiesen hat. Ich möchte hinzufügen - Herr Kollege Kühn, es war sicher nur ein Versprecher -: das ist nicht nur ein Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen, sondern ein einmütiger Entschließungsantrag des Ausschusses.
({9})
- Ich weiß, das war von Ihnen ein Versprecher, weil es eine Formulierungshilfe der Regierung war. Wir kennen uns viel zu gut, als daß ich Ihnen hier etwas anderes unterstellen würde als einen Versprecher.
Wir sind uns also im Ausschuß darüber einig gewesen, daß, welches Inkraftsetzungsdatum man auch nimmt - 1. April oder 1. Juli -, der deutschen Land13536
wirtschaft als ganzes keine Mark verloren gehen darf.
Wir werden Ihrem Antrag zustimmen.
({10})
- Ich hielt es einfach für notwendig, dies auszuführen, um die Geschichte dieser Entwicklung im Ausschuß in der Öffentlichkeit klarzulegen; denn durch das, was mir aus Mainz berichtet wurde, war ein bißchen der Eindruck entstanden, als wolle man die FDP als einzigen Prügelknaben benutzen, obwohl ich mich bemüht hatte, im Ausschuß diese Einigkeit herzustellen, die jetzt erst gegeben ist. Damals war der kleinere Koalitionspartner der Meinung, er müsse auf seinem 1. Juli bestehen, und wir waren der Meinung, daß für diesen 1. Juli gewichtige Gründe sprechen. Aber, meine Damen und Herren, es gibt auch Gründe, aus denen man dem 1. April zustimmen kann,
({11})
wenn auch nicht mit der tiefen Überzeugung, mit der wir am 18. Juni dem SPD-Antrag mit dem Termin des 1. Juli zugestimmt haben.
({12})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Berberich.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muß den Vorwurf von Herrn Spitzmüller, mit der Wahrheit nicht genau umgegangen zu sein, entschieden zurückweisen und ihn darum ersuchen, sich zunächst einmal ein ganz klares Bild von dem zu machen, was ich in Mainz gesagt habe, bevor er solche Behauptungen aufstellt. Ich habe in Mainz ausgeführt, daß die FDP- Fraktion im Ausschuß leider gegen den 1. April gestimmt hat.
({0})
Ich habe weiterhin ausgeführt, daß einstimmig ein Entschließungsantrag beschlossen worden ist, diese Mittel der Unfallversicherung zuzuführen, daß ich aber aus haushaltsrechtlichen Gründen erhebliche Bedenken habe, ob diese Zuführung an die Unfallversicherung überhaupt möglich ist. Wenn Sie diesen ganzen Bericht gehabt hätten, könnten Sie nicht mit diesen Worten hier Unterstellungen machen.
({1})
Das Wort wird nicht mehr gewünscht. Wir kommen zu den Abstimmungen.
Zunächst stimmen wir ab über Art. 1 Nrn. 2 und 3, zu denen keine Änderungsanträge vorliegen. Wer zustimmt, gebe das Handzeichen. - Danke. Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Dann stimmen wir über den Änderungsantrag der Fraktion der FDP Umdruck 728 Ziffer 1 ab. Wer diesem Änderungsantrag zustimmen will, gebe das Handzeichen. - _Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag ist gegen die Stimmen der Antragsteller bei einigen Enthaltungen aus der CDU/ CSU-Fraktion abgelehnt.
Wir stimmen dann über Nr. 4 in der Ausschußfassung ab. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Gegen die Stimmen der FDP-Fraktion ist Nr. 4 angenommen.
Ich rufe Nr. 5 des Art. 1 auf. Hierzu liegt ein Änderungsantrag der FDP-Fraktion auf Umdruck 728 Ziffer 2 vor. Der Antrag wird nicht mehr begründet. Wir stimmen ab. Wer dem Änderungsantrag der FDP-Fraktion zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag ist gegen die Stimmen der FDP-Fraktion bei einigen Enthaltungen in der CDU/CSU-Fraktion abgelehnt.
Wir stimmen dann über Nr. 5 in der Ausschußfassung ab. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Gegen die Stimmen der FDP-Fraktion ist Nr. 5 angenommen.
Ich rufe die Nrn. 6, 7, 8 und 9 des Art. 1 auf. Änderungsanträge hierzu liegen nicht vor. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Ich rufe Nr. 10 des Art. 1 auf. Hier liegt als Ziffer 3 des Umdrucks 728 ein Änderungsantrag der FDP-Fraktion vor. Das Wort hat Herr Abgeordneter Reichmann.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf unseren Änderungsantrag Ziffer 3 begründen. Wir beantragen, daß die Bestimmung des Buchstabens e dahingehend geändert wird, daß statt des Doppelten das Vierfache der Mindestgröße eines Unternehmens, das Mitglied der Alterskasse- ist, festgesetzt wird. Der Hauptzweck der Landabgaberente ist die Mobilisierung des Bodens zur Verbesserung der Agrar- und Infrastruktur. Mit der Begrenzung auf die doppelte Mindestgröße wird die Zielsetzung des Gesetzes nicht erreicht. Das haben der Bundesrat und der Fachausschuß ebenfalls erkannt. Sie beantragten deshalb, das Vierfache der Mindestgröße im Gesetz zugrunde zu legen. Im Bundesgebiet liegt die Mindestgröße der Alterskassenbetriebe durchschnittlich bei etwa 5 ha, so daß nach dem Vorschlag der Regierung und der Koalition nur Betriebe bis zu 10 ha zur Landabgabe erfaßt werden können. Wir beantragen, auf das Vierfache der Mindestgröße abzustellen, so daß mit demselben Betrag der Landabgaberente das Doppelte an landwirtschaftlicher Nutzfläche, nämlich 20 ha, mobilisiert wird. Der Landabgabeeffekt würde also verdoppelt.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Kühn? - Bitte!
Herr Kollege Reichmann, wollen Sie wirklich das Gesetz an dieser Frage scheitern lassen? Das ist die Frage, vor der wir stehen. Denn das Gesetz müßte erneut an den Haushaltsausschuß zurückverwiesen werden und würde damit in dieser Legislaturperiode mit Sicherheit nicht mehr angenommen werden.
({0})
Das würde bedeuten, daß wir ab 1. Januar bzw. ab 1. April keine Leistungsverbesserung für die Landwirtschaft hätten. Das wäre die Konsequenz.
Herr Kollege Kühn, das ist nicht zutreffend.
({0})
Denn Sie wissen, daß durch die Verschiebung der Inkraftsetzung - statt 1. Januar jetzt 1. April - die erforderlichen Mittel, die für das Gesetz vorgesehen sind, frei werden und damit das realisiert werden kann, was wir mit unserem Antrag wollen. Sie, Herr Kollege Kühn, weisen nun darauf hin, daß Sie diese Mittel zur Investitionshilfe benützen wollen. Wir halten das für einen schlechten Vorschlag, weil diese Mittel im Agrarprogramm der Bundesregierung ausdrücklich zur Verbesserung der sozialen Lage der Landwirtschaft benötigt werden.
({1})
Wir sind gegen die Zweckentfremdung dieser Mittel, die auch im Gegensatz zum Agrarprogramm und zur Zielsetzung stünde, und wir wären Ihnen deshalb dankbar, wenn Sie unserem Antrag zustimmen und damit in den entsprechenden Fällen eine Verdoppelung des Landabgabeeffektes ermöglichen würden.
Ferner beantragen wir die Einfügung eines neuen Abs. 2 a in § 41. Aus der Praxis ist bekannt, daß in kritischen Gebieten schon heute landwirtschaftliche Grundstücke, ja ganze Betriebe weder verkauft noch langfristig verpachtet werden können. Diese Entwicklung wird sich fortsetzen. Das hat zur Folge, daß aufgabewillige Landwirte, besonders ältere mit einer Existenzgrundlage, die weder zum Leben noch zum Sterben ist, in ihrer schwierigen Situation hängenbleiben, weil sie von diesem Gesetz - nach Ihrem Vorschlag - keinen Gebrauch machen können, obwohl es doch gerade für solche Verhältnisse geschaffen wurde. Zur Behebung dieser Schwierigkeiten wollen wir mit unserem Antrag erreichen, daß die in allen Ländern vorhandenen öffentlichen Siedlungsgesellschaften, wenn sie das freiwerdende Land für Agrar- und Infrastrukturverbesserung nicht sofort aufnehmen können, den Antragsberechtigten eine diesbezügliche Bestätigung ausstellen, so daß die Antragsberechtigten dann in den Genuß der Landabgaberente kommen können. Das hat allerdings eine gewisse Stillegung zur Folge. Aber auch im Bergbau, im Schiffbau und in der Mühlenwirtschaft wird ja schon jetzt eine Stillegungsprämie gewährt. Der finanzielle Aufwand - ich darf es noch einmal wiederholen, Herr Kollege Kühn -, der durch unsere zwei Änderungsanträge entsteht, wird infolge der späteren Inkraftsetzung des Gesetzes gedeckt werden können.
Aus all diesen Gründen bitten wir Sie, diesen zwei Änderungsanträgen der FDP zuzustimmen.
({2})
Das Wort hat der Herr Parlamentarische Staatssekretär des Bundesfinanzministeriums.
Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bitte, die Anträge abzulehnen. In den Ausschüssen ist über beide Fragen sehr ausgiebig gesprochen worden.
Sie wissen vielleicht, Herr Kollege Reichmann, daß es ja ursprünglich auch einmal in einem Antrag meiner Fraktion stand
({0})
und ein Vorhaben meiner Fraktion war, ähnlich zu verfahren, wie Sie vorgeschlagen haben. Aus den verschiedensten Gründen, die ich jetzt nicht ausbreiten möchte, ist dann in den Ausschüssen diese Regelung getroffen worden, und ich bin davon überzeugt, daß die ganze Sache dann, wenn anders beschlossen würde, als jetzt vorgesehen ist, nochmals an den Haushaltsausschuß zurücküberwiesen werden müßte.
({1})
Und dann besteht die Gefahr, daß dieses wichtige Gesetz in dieser Legislaturperiode unter Umständen nicht mehr verabschiedet werden kann.
({2})
Vizepräsident . Dr. Mommer: Herr Berberich hat noch einmal das Wort.
Meine Damen und Herren! Es fällt uns sehr schwer, diese Anträge unter Ziffer 3 abzulehnen, aber wir haben uns mit dieser ganzen Frage in den Ausschüssen eingehend beschäftigt, und nachdem uns durch den Haushaltsausschuß bestätigt wurde, daß durch die Verdoppelung der Mindestabgabegrenze erhebliche Mittel notwendig sind, konnten wir über diese Grenze nicht hinaus. Und, Herr Kollege Reichmann, ich muß Sie darauf aufmerksam machen, daß die Einsparungen, von denen Sie gesprochen haben, nur für das Jahr 1969 vorhanden sind, während die Landabgaberente bis zum Jahre 1973 befristet ist.
({0})
Hier hat uns der Haushaltsausschuß eine Rechnung aufgemacht, die im Laufe dieser nächsten vier Jahre mehr als 100 Millionen DM Mehrausgabe vorsieht. Unter diesem Gesichtspunkt können wir einer solchen Ausweitung im Moment nicht zustimmen, sondern wir wollen dieses Gesetz so, wie es beschlossen wurde, einmal anlaufen lassen
({1})
- und Erfahrungen sammeln, und wir werden bei der ersten Novellierung, die im Jahre 1970 fällig ist, weil der Beitrag ja nur für 1970 festgesetzt ist,
({2})
also bei der Überprüfung des Altershilfegesetzes, die Erfahrungen des ersten Jahres auswerten und dann entsprechende Beschlüsse fassen.
({3})
Herr Spitzmüller hat das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Wir haben mit großer Genugtuung vom Kollegen Berberich gehört, daß der CDU die Ablehnung dieser Anträge schwerfällt.
({0})
Wir schöpfen daraus die Hoffnung, daß im nächsten Bundestag vielleicht eine Mehrheit für diese oder eine ähnliche Regelung gefunden werden kann.
({1})
Aber auf eines möchte ich hinweisen, meine Damen und Herren. Ich glaube, wir müssen uns irgendwie einmal darüber verständigen, daß wir hier doch nicht so argumentieren können, wie es eben anklang, daß man nämlich dadurch, daß man zu Gesetzesvorschlägen Änderungsanträge einbringt, die es notwendig machen, daß der Haushaltsausschuß noch einmal zusammentritt, das ganze Gesetzesvorhaben gefährde.
({2})
Meine Damen und Herren, wenn wir diese Argumentation Platz greifen lassen, bedeutet dies, daß der Bundestag in der nächsten Woche zu den Vorlagen, die auf der Tagesordnung stehen, eigentlich nur noch in corpore ja oder nein sagen kann,
({3})
denn dann sind Änderungsanträge natürlich nicht möglich. Ich möchte nur darauf hinweisen, daß diese Argumentation als Bumerang auf uns zurückkommen kann, daß es nämlich heißt, in der letzten Woche ist das Parlament in einer Zwickmühle, in der es nur noch nach einer Seite hin entscheiden kann, indem es die Vorschläge der Ausschüsse absolut übernimmt,
({4})
weil sonst der Haushaltsausschuß in irgendeiner Form nochmals bemüht werden muß.
Meine Damen und Herren, das ist natürlich für das Parlament eine außerordentlich schwierige Situation, und ich will hierzu jetzt gar nichts sagen. Aber ich glaube, man wird sich für die nächste Legislaturperiode, wenn man so viel von Parlamentsreform spricht, einmal überlegen müssen, ob man die Tagesordnung nicht besser so einteilt, daß man den Schluß der normalen Beratungen ungefähr auf den 30. Juni setzt, aber für Mitte Juli noch einmal eine Eventualsitzungswoche vorsieht, damit sich andere Bundestage nicht mehr in einer so erstaunlichen Abstimmungssituation befinden.
({5})
Das Wort wird nicht mehr gewünscht. Wir kommen zur Abstimmung über Ziffer 3 des Antrags der FDP-Fraktion auf Umdruck 728. Wer dem Antrag zustimmen will, gebe das Zeichen. - Danke. Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt.
Wir stimmen dann über Art. 1 Ziffer 10 in der Ausschußfassung ab. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Danke. Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Ich rufe dann Art. 2 und 3 der Vorlage auf. Wer diesen Artikeln zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Danke. Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe Art. 4 auf. Zu Art. 4 liegt ein Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD auf Umdruck 721 *) vor. Er wurde schon begründet. Das Wort wird nicht mehr gewünscht. Wir stimmen über diesen Änderungsantrag ab. Wer zustimmen will, gebe das Zeichen. - Danke. Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Dieser Änderungsantrag ist einstimmig angenommen.
Wer dem Art. 4 in der so geänderten Fassung zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Danke. Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Art. 4 ist in der so geänderten Fassung - bei einer Enthaltung der FDP-Fraktion - einstimmig angenommen.
Ich rufe Einleitung und Überschrift auf. - Das Haus stimmt Einleitung und Überschrift zu. Damit ist die zweite Beratung beendet.
Wir treten in die
dritte Beratung
ein. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort wird gewünscht. Herr Abgeordneter Reichmann hat das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Für die FDP-Fraktion darf ich zur dritten Beratung des Gesetzes wie folgt Stellung nehmen. Der vorliegende Gesetzentwurf ermöglicht, die soziale und strukturelle Lage der Landwirtschaft und der in ihr tätigen Menschen in unserem Lande zu verbessern. Die FDP begrüßt dies, besonders die Anpassung des Altersgeldes. Sie wird deshalb das Gesetz nicht ablehnen.
Bei den Ausschußberatungen konnten Verbesserungen erreicht werden, die ebenfalls zu begrüßen sind. Wir bedauern, daß jedoch die erforderlichen
*) Siehe Anlage 7
weiteren Verbesserungen der sozialen Verhältnisse in der Landwirtschaft entsprechend unseren Anträgen in der zweiten Beratung, obwohl sie möglich gewesen wären, auch in finanzieller Hinsicht, von der CDU und SPD abgelehnt worden sind, angesichts der Tatsache, daß Milliarden Steuermehraufkommen stillgelegt werden sollen und in anderen Bereichen von der Koalition Mehrausgaben beschlossen worden sind. Die Ablehnung dieser notwendigen Verbesserungsvorschläge hindert die FDP an der Zustimmung zum Gesetz. Wir werden uns deswegen der Stimme enthalten.
Vor fast einem Jahr, am 25. Juni, hat die CDU/ CSU-Fraktion bei der schlechteren Haushaltslage in diesem Hohen Hause die Bundesregierung aufgefordert, das Altersgeld für Landwirte auf 200 bzw. 135 DM monatlich zu erhöhen. Wie steht die CDU nun heute zu diesem Wort, müssen wir fragen, obwohl sich die Lage in der Landwirtschaft durch den Strukturwandel, die Einkommensentwicklung usw. sogar verschlechtert hat? Sie begnügen sich jetzt mit 175 DM und stimmen sogar einer zusätzlichen Beitragserhöhung von 27 DM ab 1970, also um fast 25% für das nächste Jahr, zu. Dieser agrarsoziale Rückschritt innerhalb eines Jahres - im Gegensatz zu dem, was von Ihnen oft draußen gesagt wird - ist bedauerlich.
Im allgemeinen sind die Sozialversicherungsbeiträge einkommensbezogen. Das sollte auch für die Landwirtschaft gelten. Weil sich die Einkommensverhältnisse in der Landwirtschaft aus gesamtpolitischen und gesamtwirtschaftlichen Gründen verschlechtert haben und voraussichtlich leider nicht bessern werden, lehnen wir, wie dies vom Kollegen Spitzmüller in der zweiten Lesung ausdrücklich dargelegt wurde, eine Beitragserhöhung ab. Die FDP bedauerte, daß die CDU und die SPD diese schwierige Lage, in welche die Landwirtschaft durch ihre Politik gebracht wurde, übergehen und den Aktiven weitere einseitige Belastungen aufbürgen. Die Forderung der FDP, es trotz der bescheidenen Anpassung bei den bisherigen Beiträgen zu belassen, hätte die Wiederherstellung des § 13 erforderlich gemacht. Das wurde in der Knappschaftsversicherung überhaupt so belassen.
Grundsätzlich möchten wir feststellen, daß dieser Ausgleich nicht nur gerechtfertigt, sondern nach dem Verursachungsprinzip eine politische Verpflichtung ist. Wer die Fortsetzung oder gar die Beschleunigung des Strukturwandels will, wer die EWG-Agrarpolitik mit der einseitigen Blockierung der Agrarpreise, also der Erlöse und der Einkommensverhältnisse, und gleichzeitig damit den Ausschluß der Landwirtschaft von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung fortsetzt, der verhindert, daß sich die Landwirtschaft an einer entsprechenden sozialen Sicherung selbst beteiligen kann. Hier stehen wir wiederum vor einer Entscheidung des Entweder-Oder. Wird die Landwirtschaft, wie geplant und versprochen, gleichberechtigt in die moderne Wirtschaft und Gesellschaft integriert, dann braucht sie diese diskriminierenden Krücken des Ausgleichs nicht, dann kann und wird sich die Landwirtschaft selber helfen, was für uns und für sie die beste Lösung wäre. Aber die Realitäten sind eben anders, und deshalb wird weiter geflickt, anstatt eine ganze Lösung herbeizuführen.
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Wie bei allen agrarpolitischen Maßnahmen heutzutage, so kann auch bei diesem Gesetz die agrarsoziale Situation in der EWG nicht unberücksichtigt bleiben. Das ist nicht erfreulich, aber eine zwingende Notwendigkeit. Denn unbestreitbar ist doch die Landwirtschaft der Prügelknabe der EWG-Politik. Selbst Bundesminister Höcherl mußte an dieser Stelle am 2. Februar 1969 zugeben, daß in Frankreich als unserem größten Wettbewerber 15 % des vergleichbaren Einkommens durch staatliche Sozialhilfen, in der Bundesrepublik nur 8%, gegeben werden. Der agrarpolitische Sprecher der SPD, Kollege Dr. Schmidt, hat schon 1964 hier erklärt, daß die allergrößten Wettbewerbsverzerrungen in der EWG eben diese agrarsozialen seien. Inzwischen sind sie noch größer geworden. Also müssen sie ausgeglichen werden, oder unsere Landwirtschaft wird in ihrer Wettbewerbsfähigkeit stärkstens gefährdet. Weil aber Frankreich nicht abbauen wird, ist der Ausgleich nur durch Anpassung möglich. Oder wie sonst? - Dieser Weg zur Beseitigung der agrarsozialen Wettbewerbsverzerrungen wird mit diesem Gesetz wiederum nicht beschritten, wie es erforderlich und möglich wäre, besonders wegen der Belastung der Aktiven. Mit aus diesem Grund können wir dem Gesetz nicht zustimmen.
Meine Damen und Herren, gestatten Sie noch ein kurzes Wort zur Landabgaberente. Die FDP begrüßt diese kombinierte agrarstrukturelle-agrarsoziale Maßnahme. Überwiegend ist die Landabgaberente aber ein Instrument zur Förderung des Strukturwandels. Die FDP hält eine zu starke Vermischung agrarstruktureller Maßnahmen mit agrarsozialen Mitteln für eine ungute Regelung. Die Kritik an der zu geringen Selbstbeteiligung der Landwirtschaft, obwohl es dabei nicht nur um die im Gesetz aufgeführten Fälle geht, zeigt, daß agrarstrukturelle und agrarsoziale Maßnahmen mehr auseinander gehalten werden müssen. Sie sollten besser voneinander getrennt werden, trotz aller Interdependenz, die dabei gegeben ist. Dies gilt um so mehr, als durch die verabschiedete Finanzreform Verbesserungen der Agrarstruktur mit Recht zu einer Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern gemacht worden sind. Mit der Landabgaberente wird ein neuer erfolgversprechender Weg beschritten, den wir begrüßen. Allerdings ist der Ausschluß Anspruchsberechtigter, die bereit sind, die gesetzlichen Voraussetzungen zu erfüllen, dies aber infolge der schwierigen Verhältnisse zunächst nicht realisieren können, bedauerlich. Die von uns beantragte Übergangslösung, daß die Landsiedlungsgesellschaften durch eine entsprechende Bestätigung die Möglichkeit schaffen sollen, daß die Anspruchsberechtigten in schwierigen Verhältnissen dennoch die Landabgaberente bekommen können, wurde leider von der Koalition abgelehnt. Das ist in struktureller und sozialer Hinsicht eine schlechte Entscheidung. Aber auch die Ablehnung der vierfachen Mindesthöhe, bei der der Landabgabeeffekt hätte verdoppelt werden können, ist bedauerlich.
Durch die Verschiebung der Inkraftsetzung werden nun Mittel für die weitere Verbesserung der sozialen Lage, besonders in der Berufsgenossenschaft, verfügbar. Wir begrüßen besonders daß dadurch die Notlage der Schwerstverletzten in der Landwirtschaft durch eine Zulage behoben werden kann. Diese Notlage war Anlaß zu dem Initiativantrag der FDP auf Drucksache V/3980. Damit wird diesem dringenden Anliegen entsprochen. Weniger wir, als die Schwerstversehrten sind dafür dankbar. Wir bedauern allerdings, daß infolge des Zeitdrucks keine saubere gesetzliche Regelung mehr erreicht werden konnte. Um so mehr erwarten wir eine sinngemäße Durchführung entsprechend unserem Antrag in der verbesserten Fassung der Ausschußvorlage.
Zusammenfassend darf ich feststellen, daß die angesprochenen vermeidbaren Unzulänglichkeiten, die den erforderlichen größeren Fortschritt in der agrarsozialen Politik durch dieses Gesetz verhindern, die FDP veranlassen, dem Gesetz nicht zuzustimmen. Wir werden uns deshalb der Stimme enthalten.
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Das Wort hat der Abgeordnete Berberich.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte die dritte Lesung nicht dazu benutzen, mich mit all den hier angesprochenen Problemen polemisch auseinanderzusetzen. Man könnte das sehr gut tun. Ich möchte vielmehr angesichts der vorgeschrittenen Zeit die Geduld der Abgeordneten, die ausgeharrt haben, nur noch ganz kurze Zeit in Anspruch nehmen
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und lediglich ein paar sachliche Bemerkungen zu Fragen machen, die im Ernährungsausschuß und zum Teil auch im Sozialpolitischen Ausschuß angesprochen worden sind, und zwar zu dem § 7 Abs. 3 des Altershilfegesetzes, der Rehabilitation, und zu den besonderen Maßnahmen des § 9.
Es war zwar bisher schon geltendes Recht, daß in allen Fällen des § 7 Abs. 3 Ersatzleistungen entweder in Form der Gestellung einer Ersatzkraft oder der Zahlung des Ersatzgeldes gewährt wurden. Aus wohlerwogenen sozial- und gesundheitspolitischen Gründen kommt jedoch der Gestellung von Ersatzkräften unbedingte Priorität vor der Gewährung des Ersatzgeldes zu. Es ist durchaus zweckmäßig .und richtig, daß neben hauptberuflichen Ersatzkräften auch nebenberufliche Ersatzkräfte mit Arbeitsnachweis tätig werden, und zwar ganz einfach deshalb, weil wir nicht mehr die nötigen hauptberuflichen Ersatzkräfte bekommen können. Es sollte nach wie vor von seiten der Alterskasse die Möglichkeit bestehen, dem Landwirt den vollen Ersatz der Kosten zu gewähren.
Meine Damen und Herren, wenn wir den vollen Kostenersatz für wünschenswert halten, so selbstverständlich nur bis zu der Grenze der für hauptberufliche Ersatzkräfte notwendigen Kosten. Sonst würden die Ausgaben unter Umständen zu einer Dimension anwachsen - wir wissen ja, was in manchen Fällen an Forderungen aufgestellt wird -, die zur Folge hätte, daß die Übersichtlichkeit der Haushaltsführung gefährdet würde.
Ich komme nun zu den besonderen Maßnahmen nach § 9. Meine Damen und Herren, nach Prüfung der gegenwärtigen Gewährung von Maßnahmen nach § 9 kam der Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten einmütig zu der Auffassung, daß die praktische Anwendung der Vorschrift in sinnvoller Weise erfolgt. Eine Änderung der Vorschrift wurde nicht für erforderlich gehalten.
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Meine Damen und Herren, warum spreche ich diese Frage hier an? Es hat im Hinblick auf die Auslegung einiges an Schwierigkeiten mit der Aufsichtsbehörde gegeben. Ich möchte ausdrücklich feststellen, daß der Ausschuß der Meinung ist, daß die bisherige Handhabung sinnvoll ist und daß sie auch in Zukunft ohne Änderung der gesetzlichen Bestimmungen fortgeführt werden sollte.
Nun möchte ich noch einmal all denen, die bei der Erarbeitung und bei der Beratung dieses Gesetzentwurfes mitgewirkt haben, ein herzliches Wort des Dankes sagen.
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Ein herzliches Wort des Dankes gilt aber auch den Angestellten und leitenden Herren der Alterskassen, die unsere Gesetze draußen durchführen müssen.
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Für die CDU/CSU-Fraktion habe ich noch folgende Erklärung abzugeben. Die CDU/CSU-Fraktion wird dem Gesetz in dritter Lesung zustimmen. Wir bedauern, daß die Verabschiedung der Vorlage durch die starke Beanspruchung des federführenden Sozialpolitischen Ausschusses erst heute möglich ist. Die Regierungsvorlage sah den 1. Januar 1969 als Datum für das Inkrafttreten des Gesetzes vor. Das Hohe Haus hat im Haushaltsgesetz die entsprechenden Mittel in Höhe von 108 Millionen DM bewilligt. Es werden also nunmehr 27 Millionen DM vom Bundestag bewilligte Mittel eingespart. Die Koalitionsfraktionen haben der Bundesregierung in einem Entschließungsantrag ihre Vorschläge für die zweckmäßige Verwendung dieses Betrages unterbreitet. - Ich möchte hier einfügen, daß dieser Entschließungsantrag nicht gleichlautend mit dem Entschließungsantrag des Ausschusses ist. Wenn er angenommen würde, muß er diesen Entschließungsantrag des Ausschusses ersetzen. Aus Zeitmangel werden wir heute das Problem der Beitragsgestaltung für die Zeit nach 1970 nicht abschließend behandeln können. Wir bedauern auch, daß bei der Landabgaberente nicht von dem Vierfachen der nach § 1 Abs. 4 festgesetzten Mindesthöhe ausgegangen wird.
Meine Damen und Herren, ich habe Ihnen dargelegt, warum wir dem Antrag der FDP nicht zugestimmt haben. Durch die heute getroffene Regelung
wird nach Ansicht der CDU/CSU-Fraktion die angestrebte Strukturverbesserung nicht erreicht. Diese offengebliebenen Fragen werden - ebenso wie die Frage der absoluten Höhe des Altersgeldes - den nächsten Bundestag beschäftigen müssen.
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Das Wort hat der Abgeordnete Saxowski.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Für die sozialdemokratische Bundestagsfraktion darf ich zur Abstimmung über dieses Gesetz erklären, daß wir über die jetzt gefundene Lösung, einer Kompromißlösung, nicht nur eitel Freude empfinden. Ich glaube, das geht allen so, die an dieser schwierigen und harten Materie lange Zeit in ernsten Überlegungen gearbeitet haben.
Es muß zunächst noch einmal hervorgehoben werden, daß wir Sozialdemokraten mit unserem Entwurf für das erste Agrarstrukturgesetz .die Idee der Landabgaberente auch für die Bundesrepublik entwickelt haben. Es war ein sehr ernstes Anliegen von uns, den im März 1968 eingebrachten Entwurf auch als eigenes Gesetz durchzubringen, um zu verdeutlichen, .daß es sich hierbei um ein kombiniertes Instrument der Struktur- und Sozialpolitik handelt. Jetzt ist diese Maßnahme mit der allgemeinen Erhöhung des Altersgeldes in einem einzigen Gesetz verbunden. Nun, wir sind dennoch froh darüber, daß damit wenigstens ein erster Schritt nach vorn getan wird. Wir haben jedoch bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, daß uns die haushaltsmäßige Dotierung mit 12 Millionen DM für 1969 nicht ausreichend erscheint. Das kann nur ein erster Anfang sein. Dies ist auch von allen Vorrednern zum Ausdruck gebracht worden.
Auch die Höhe des finanziellen Anreizes mit 275 DM monatlich für ein Ehepaar erscheint uns nicht ausreichend. Wir müssen in der kommenden Legislaturperiode das von uns angestrebte verdoppelte Altersgeld unbedingt durchsetzen.
Weniger problematisch erscheint, wenigstens auf den ersten Blick, die generelle Erhöhung des Altersgeldes auf 175 bzw. 115 DM monatlich. Ein unbequemer Kritiker könnte anmerken, daß die dringend erforderliche Erhöhung - wie zufällig - nur in vierjährigen Zeitabschnitten erfolgt, und zwar wie rein zufällig jeweils vor den Wahlen. Um davon loszukommen, wird es für die weitere Zukunft sicher erforderlich werden auch hier zu einer echten Mechanik der Dynamisierung zu kommen, wie wir sie in anderen Bereichen auch haben. Für beide Teile, für den Gesetzgeber wie für den Annehmenden, ist das ehrlicher und reeller, weil er dann die auf ihn zukommenden Belastungen und auch die Erhöhungen deutlich erkennen kann.
Aber darum gingen ja die Auseinandersetzungen im Ausschuß nicht. Über die Notwendigkeit einer Erhöhung bestanden letztlich wohl keine Meinungsverschiedenheiten. Entscheidend war, daß diese Erhöhungen im Zusammenhang mit folgenden Problemen gesehen werden müssen.
Erstens. Die Finanzmittel, die für die Durchführung des Agrarprogramms zur Verfügung stehen, sind in der bisherigen Auslegung äußerst knapp.
Zweitens. Die erforderlichen Beitragserhöhungen der arbeitenden Landwirte stellen eine empfindliche Belastung dar. Deswegen haben wir ja auch im Augenblick nur das Jahr 1970 einbegriffen.
Drittens. Es ist uns leider nicht gelungen - das betone ich noch einmal -, die Defizithaftung des Bundes wieder einzuführen. Auch darüber werden wir uns im kommenden Bundestag unterhalten müssen.
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An dieser Frage drücken wir uns nicht vorbei.
Ich übertreibe sicher nicht, wenn ich die Vermutung ausspreche, daß wir in .der Zukunft zu einer Neuordnung des gesamten Systems der sozialen Sicherung in der Landwirtschaft kommen müssen. Die abnehmende Zahl der Beitragszahler und die zunehmende Zahl der Leistungsempfänger wird das bisherige System, unvollkommen wie es immer noch ist, in eine Sackgasse führen. Die vom Bundesarbeitsminister in den Ausschußverhandlungen vorgelegten Zahlen - wir sind dankbar dafür, weil sie einigermaßen real waren -,
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werden von der Entwicklung übertroffen, und das wird zwangsläufig, wenn sich nachher die Zahl der Beitragszahler und Empfänger einpendelt, zu einer Neuordnung führen müssen.
Wir Sozialdemokraten werden aber, das haben wir uns fest vorgenommen, gleich zu Beginn der neuen Legislaturperiode den Entwurf für die Pflichtkrankenversicherung der Landwirte und ihrer mithelfenden Familienangehörigen einbringen. Die Verbesserung der Landabgabenrente und die Verwirklichung der Nachversicherung werden die nächsten Ziele sein. Daß wir das allein nicht schaffen, Herr Bauknecht, darüber sind wir uns einig. Daher brauchen wir Ihre tätige Mithilfe.
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Das Wort wird nicht mehr gewünscht.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Vierten Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte zustimmen will, möge sich vom Platz erheben. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Gesetz ist bei Stimmenthaltung der Fraktion der Freien Demokraten angenommen.
Wir müssen noch über den Entschließungsantrag entscheiden. Ich habe verstanden, daß der Entschließungsantrag Umdruck 727 *), wenn er angenommen wird, den Antrag des Ausschusses unter Ziffer 2 hinfällig macht. - Das Wort hierzu hat Herr Abgeordneter Spitzmüller.
*) Siehe Anlage 8
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Wir bitten Sie, Herr Präsident, über den Entschließungsantrag getrennt abstimmen zu lassen. Der Buchstabe a des Antrags Umdruck 727 ist identisch mit dem, was der Ausschuß unter Buchstabe b beschlossen hat. Dem Buchstaben b des Koalitionsantrags können wir nicht zustimmen, weil wir der Meinung sind, daß das, was der Ausschuß einmütig beschlossen hat, sinnvoller ist.
Dem Antrag muß entsprochen werden. Wir stimmen also über den Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD auf Umdruck 727 Buchstabe a ab. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Buchstabe a ist einstimmig angenommen.
Wir stimmen über Buchstabe b ab. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Danke. Gegenprobe!
- Enthaltungen? - Buchstabe b ist gegen die Stimmen der Fraktion der Freien Demokratischen Partei angenommen.
Wir stimmen jetzt über den Entschließungsantrag im ganzen ab. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Entschließungsantrag ist bei Stimmenthaltung der Freien Demokraten angenommen.
Wir treten jetzt in die verkürzte Mittagspause ein. Wir beginnen wieder um 14 Uhr mit der Fragestunde, danach mit der Vorlage zur Verjährungsfrist.
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- Wozu wünschen Sie das Wort, Herr Abgeordneter Brese?
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- Aber, Herr Kollege Brese, ich habe ja die Abstimmungen schon alle geschlossen.
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- Kein Streit! Sonst dauert es noch länger. Herr Brese, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit den eventuellen Beschlüssen zum Inkrafttreten des Gesetzes am 1. April und mit den dadurch frei werdenden Haushaltsmitteln von etwa 28 Millionen DM, von denen etwa nach dem Entschließungsantrag 8 Millionen DM für die Aufstokkung der Schwerbeschädigtenrenten und 20 Millionen DM für die Investitionshilfe zur Verfügung gestellt werden sollen, haben wir uns im Haushaltsausschuß beschäftigt. Ich kann hier erklären, daß der Haushaltsausschuß diesen Vorschlägen für den Fall ihrer Annahme zugestimmt hat. Er ist mit ihnen einverstanden, so daß das Gesetz nicht noch einmal an ihn zurücküberwiesen werden muß.
Wir danken für diese verspätete Unterrichtung über die Prüfung der Vorlage durch den Haushaltsausschuß.
Die Sitzung ist unterbrochen.
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Wir setzen die unterbrochene Sitzung fort.
Meine Damen und Herren, zunächst eine Mitteilung! Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll die Tagesordnung ergänzt werden um die Beratung des Antrags der Abgeordneten Lemmrich, Seifriz, Dr. Imle und der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP betreffend Befreiung von der Kraftfahrzeugsteuer, Drucksache V/4475. Ist das Haus damit einverstanden? - Die Erweiterung der Tagesordnung ist damit beschlossen. Die Vorlage soll zusammen mit Punkt 28 der Tagesordnung beraten werden.
Wir kommen zu Punkt 1 der Tagesordnung, zu der Fragestunde
- Drucksache V/4430 Darf ich eine Bemerkung vorweg machen. Es ist möglich, daß die vorliegenden Fragen die Stunde nicht ganz ausfüllen. Wir werden unter Umständen gezwungen sein, Tagesordnungspunkte vorzuziehen. Nicht vorziehen können wir den Tagesordnungspunkt 7, der auf 15 Uhr fixiert ist. Wir werden also andere Tagesordnungspunkte vorziehen müssen. Wer sich darauf einrichten muß, möge sich diese Mitteilung jetzt schon zur Warnung dienen lassen.
Wir kommen nun zu den Fragen, und zwar zunächst aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für wissenschaftliche Forschung, zwei Fragen, die der Abgeordnete Moersch stellt:
Wie beurteilt die Bundesregierung den Streik der rund 2000 Forscher und Techniker des Euratom-Kernforschungszentrums in Ispra?
Zur Beantwortung ist der Herr Bundesminister für wissenschaftliche Forschung anwesend.
Herr Präsident! Die Bundesregierung versteht, daß bei den Mitarbeitern von Euratom in Ispra auf Grund der Ungewißheit über die Zukunft des Zentrums beträchtliche Sorgen bestehen. Sie bedauert jedoch den Anfang voriger Woche ausgesprochenen, inzwischen beendeten Streik und seine Begleitumstände. Dabei ist zu betonen, daß die Mehrheit der Mitarbeiter des Zentrums trotz der sicherlich auch von ihr geteilten Besorgnis sich nicht mit derartigen Maßnahmen identifiziert hat.
In der von dem sogenannten Verteidigungskomitee einberufenen Generalversammlung hat sich lediglich eine Minderheit für diesen Streik ausgesprochen. Die Mehrzahl der Mitarbeiter ist sich offenbar bewußt, daß derartige Aktionen, die erstmals von gewissen Ausschreitungen begleitet waren, die grundsätzlichen Schwierigkeiten und Probleme bei der Verabschiedung eines tragfähigen gemeinsamen Forschungsprogramms nicht zu lösen
vermögen, sondern allenfalls die psychologischen Voraussetzungen hierfür verschlechtern.
Die Bundesregierung begrüßt es deshalb, daß die Mitarbeiter inzwischen sämtlich einem eindringlichen Appell der Kommission gefolgt sind und die Arbeit wieder voll aufgenommen haben, nachdem zwischenzeitlich der Charakter des Streiks noch dadurch verschärft worden war, daß ab Montag durch gewisse Streikposten auch die arbeitswilligen Mitarbeiter an der Weiterarbeit behindert wurden.
Herr Moersch!
Herr Minister, kann die Bundesregierung Auskunft über die Zukunft dieser Mitarbeiter und ihrer Möglichkeiten geben zu dem Zweck, die Unruhe zu dämpfen?
Diese Frage wollte ich eigentlich auf Grund Ihrer zweiten Frage beantworten, Herr Kollege Moersch, die ja im Grunde darauf abzielt, ob die Forschung eingeschränkt oder aufrechterhalten wird.
Dann rufe ich auch die Frage 6 des Abgeordneten Moersch auf:
Hält die Bundesregierung ihre Befürchtung der Einschränkung der gemeinsamen Forschung in der Europäischen Atomgemeinschaft jetzt für begründet?
Ich darf dann Ihre zweite Frage beantworten. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt läßt sich diese Frage leider nicht endgültig beantworten.
Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat bekanntlich ihren Vorschlag für ein künftiges Mehrjahresforschungsprogramm von Euratom erst Ende April vorgelegt und die erforderlichen Präzisierungen der technischen Programminhalte im Laufe des Monats Mai vorgenommen. Daher war es den mit der Erörterung der Kommissionsvorschläge befaßten Ausschüssen des Rates schon aus terminlichen Gründen nicht möglich, die Prüfung der einzelnen Aktionsvorschläge so rechtzeitig zu beenden, daß eine abschließende Sachentscheidung des Rates hierüber, wie ursprünglich vorgesehen, vor dem 1. Juli möglich gewesen wäre. Die jetzt für den 30. Juni in Luxemburg vorgesehenen Ministerratssitzung wird sich daher zunächst mit einigen grundsätzlichen Orientierungen zu befassen haben, die die industriepolitischen Ziele und Maßnahmen, das Problem des derzeitigen Personals sowie die Einbeziehung nichtnuklearer Forschungsaufgaben in das Euratom-Programm betreffen.
Die Bundesregierung wird weiterhin für die optimale sinnvolle Nutzung der wissenschaftlichtechnischen Kapazitäten der Gemeinschaften und ihrer Mitarbeiter mit alten und neuen Aufgaben eintreten. Ihnen ist aber bekannt, daß neue Programmentscheidungen Einstimmigkeit erfordern.
Herr Moersch!
Sind die Aussichten für solche Einstimmigkeit durch die Neubildung der französischen Regierung nach Ihrer Auffassung gestiegen?
Ich glaube, die Bundesregierung folgt dem allgemeinen Grundsatz der gebotenen Zurückhaltung, über die Position einer neuen Regierung erst dann etwas zu sagen, wenn sie sich selbst dazu geäußert hat. Im Augenblick sind wir wohl noch auf Vermutungen angewiesen.
Herr Moersch!
Haben Sie für den Fall, daß eine vernünftige Änderung der Verhältnisse doch nicht durchsetzbar sein sollte, weil die Einstimmigkeit fehlt, Pläne im Auge, die eine Zukunftssicherung der deutschen Wissenschaftler garantieren?
Wie Sie wissen, Herr Kollege Moersch, haben wir uns mit anderen Mitgliedsstaaten bereiterklärt, gewisse Ergänzungsprogramme in den Zentren durchzuführen. Wir fördern auch solche Vorhaben, die nicht einstimmig von allen Mitgliedstaaten der Gemeinschaft durchgeführt werden. Dies ist eine Möglichkeit, einem wesentlichen Teil der Mitarbeiter weiterhin sinnvolle und interessante Aufgaben zu bieten.
Sollte es unvermeidlich sein, zu einem begrenzten Personalabbau zu kommen, sind wir darauf eingestellt, Mitarbeitern, die daran interessiert und dafür geeignet sind, bevorzugt Arbeitsmöglichkeiten in nationalen Zentren zu eröffnen oder sie der Industrie vorzuschlagen.
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- Ja, die Kultusverwaltungen kommen für die wissenschaftlich-technischen Mitarbeiter dieser Zentren wohl nur in begrenztem Umfang in Frage. Aber es kann im Einzelfall auch auf Hochschulinstitute zutreffen.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft. Zur Beantwortung ist der Herr Parlamentarische Staatssekretär Dr. Arndt anwesend.
Ist der Abgeordnete Weigl, von dem die Frage 53 stammt, im Saal? - Er ist nicht anwesend. Die Frage wird auch nicht übernommen. Dann wird sie schriftlich beantwortet.
Die Fragen 54 und 55 des Abgeordneten Dr. Meinecke
Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß die Einrichtung privater kommerzieller Kabelvisions-Systeme, wie sie zur Zeit auf dem Rennplatz München-Riem eingerichtet und in Gelsenkirchen geplant sind, die Wettbewerbsbeziehungen erneut verzerren und zu Lasten der Werbung in den Tageszeitungen, besonders den Lokalzeitungen, gehen muß?
sieht die Bundesregierung Möglichkeiten, Maßnahmen dagegen zu ergreifen?
werden im Einverständnis mit dem Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Arndt vom 26. Juni 1969 lautet:
Über die Erteilung einer fernmelderechtlichen Genehmigung für die Fernsehanlage auf der Rennbahn Mündchen-Riehm wird gegenwärtig zwischen dem Veranstalter und der zuständigen Oberpostdirektion München verhandelt. Nicht entschieden ist bis jetzt, ob die Veranstaltung derartiger Fernsehsendungen auf Rennplätzen unter den Begriff Rundfunk im Sinne des bekannten Urteils des Bundesverfassungsgerichts ({0}) fällt. Zutreffendenfalls wäre nach dem zitierten Urteil des Bundesverfassungsgerichts eine landesrechtliche Erlaubnis erforderlich. Eine erforderliche fernmelderechtliche Genehmigung würde in diesem Fall von der DBP erst nach Vorlage der landesrechtlichen Erlaubnis erteilt werden.
Wenn es sich bei der Fernsehanlage in München-Riehm um eine Draht-Privatfernmeldeanlage und nicht um eine Funkanlage handeln würde, könnte sie nach Paragraph 3 des Gesetzes über Fernmeldeanlagen vom 14. Januar 1928 ({1}) innerhalb der Grenzen eines Grundstücks ohne fernmelderechtliche Genehmigung der DBP errichtet und betrieben werden.
Unabhängig von dem Ausgang dieser fernmelde- und rundfunkrechtlichen Überprüfung ist folgendes zu bemerken:
Wie sich Werbespots, die in derartige Kabelfernsehsendungen eingeblendet werden, auf die Wettbewerbssituation der Tageszeitungen, insbesondere der Lokalzeitungen, auswirken, kann erst nach einem gewissen Zeitablauf beurteilt werden, wobei alle auf die Tageszeitungen einwirkenden Wettbewerbsfaktoren berücksichtigt werden müssen. Nach den bisherigen Erfahrungen aus den Wettbewerbsbeziehungen zwischen dem Werbefernsehen und den Tageszeitungen ist es unwahrscheinlich, daß dieser neue Werbeträger, der sich an einen sowohl der Zahl als auch dem spezifischen Interesse nach begrenzten Zuschauerkreis richtet, zu einem Rückgang im Werbeaufkommen der am Ort erscheinenden Tageszeitungen führen könnte.
Ich rufe die Frage 56 des Abgeordneten Mertes auf:
Ist die Bundesregierung in der Frage der Diskontsatzerhöhung durch die Deutsche Bundesbank der Meinung des Bundesfinanzministers, der diese Maßnahme in Anbetracht des starken Zinsgefälles zum Ausland als der Lage angemessen bezeichnet hat, oder teilt sie die Ansicht des Staatssekretärs im Bundeswirtschaftsministerium, der in der Diskontsatzerhöhung die Gefahr sieht, aus dem wirtschaftlichen Gleichgewicht zu kommen?
Bitte, Herr Staatssekretär zur Beantwortung!
Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Herr Präsident! Herr Kollege Mertes, die Bundesregierung hat sich zur Erhöhung des Diskontsatzes der Deutschen Bundesbank einheitlich, und zwar zustimmend, geäußert.
Der Bundesminister für Wirtschaft: „Der gestrige Beschluß des Zentralbankrats ist aus der Lage heraus verständlich und konsequent."
Der Bundesminister der Finanzen: „Angesichts des starken Zinsgefälles zum Ausland sei eine der Lage angemessene Maßnahme ergriffen worden."
Von diesen Erklärungen weichen die von Ihnen erfragten Äußerungen von Staatssekretär Dr. von Dohnanyi nicht ab. Er erklärte, in Anbetracht der gegebenen Lage bleibe der Bundesbank indes wohl keine andere Möglichkeit als die Anwendung ihrer Instrumente.
Herr Mertes!
Herr Staatssekretär, wird die Bundesregierung nun stärker als bisher die Deutsche Bundesbank in ihrem Bemühen um Stabilität unterstützen, um die Gefahr, die der Herr Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium unter anderem gesehen hat und die hier in dieser Frage angedeutet wird, zu beseitigen?
Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Alle Maßnahmen der Bundesregierung in den letzten zweieinhalb Jahren sind in engstem Zusammenwirken mit der Deutschen Bundesbank getroffen worden. Selbstverständlich sind vor diesem Beschluß über eine Erhöhung des Diskontsatzes von der Deutschen Bundesbank sowohl der Bundesminister für Wirtschaft als auch der Bundesminister der Finanzen unterrichtet worden. Ihnen ist die übliche Frage gestellt worden, ob von dem Recht zum aufschiebenden Veto Gebrauch gemacht wird. Dieses Recht ist nicht in Anspruch genommen worden. Insofern ist auch eine vorherige Abstimmung über die Maßnahme erfolgt.
Herr Mertes!
Herr Staatssekretär, kann man mit sogenannten flankierenden Maßnahmen der Bundesregierung rechnen, die diese jüngste Diskonterhöhung der Notenbank unterstützen?
Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Die Bundesregierung hat in ihrem Stabilitätsprogramm vom 18. März mehrere dieser Beschlüsse gefaßt. Dieses Programm ist diskutiert worden. Ein Teil des Beschlußpakets sah eine nochmalige Prüfung von Ausgabensperrungen im Bundeshaushalt zum Juli vor. Der Juli rückt näher; es ist damit zu rechnen, daß diese Prüfung erfolgt.
Herr Moersch!
Bis zu welchem Zeitpunkt wird die Bundesregierung in währungspolitischen Fragen insgesamt wieder Tritt fassen können?
Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Die Bundesregierung geht davon aus, daß die deutsche Zahlungsbilanz im Augenblick ausgeglichen ist und daß die internationale Liquidität ebenfalls keine akuten Probleme bereitet. Die interne Preisentwicklung wird sorgsam beobachtet. Wie Sie, Herr Kollege Moersch, aus der Debatte des leiten Jahreswirtschaftsberichts wissen, ist eine öffentliche Diskussion - auch eine Diskussion in diesem Hause - im Gange, welche Maßnahmen besser gewesen wären als diejenigen, die ergriffen worden sind. Im gegenwärtigen Augenblick gilt aber nach wie vor: der nächste Zeitpunkt für eine Prüfung der konjunkturpolitischen Schritte der deutschen Bundesregierung ist der Juli, und zwar im Zusammenhang mit den Sperrungen von 1,6 Milliarden DM an Haushaltsmitteln.
Herr Moersch!
Hat die Bundesregierung für den Fall, daß sie in irgendeiner dieser Fragen wichtige Entscheidungen im Juli treffen will, die Absicht, das Parlament noch einmal zusammenzurufen?
Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Die Bundesregierung hat nicht die Absicht, das Parlament zusammenzurufen, weil sie über derartige Entscheidungen überhaupt noch nicht beraten hat.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Zur Beantwortung ist Herr Bundesminister Höcherl anwesend.
Ich rufe die Fragen 57, 58 und 59 des Abgeordneten Richarts auf:
Welche Begründung hat die Bundesregierung dafür, daß Rindfleischeinfuhren aus Argentinien, Brasilien und Uruguay in die Bundesrepublik Deutschland pro Tonne bis 140 $ teurer sind als der Export der gleichen Waren in andere EWG-Länder?
Stimmen die Behauptungen, daß Fleischpartien, die von anderen EWG-Ländern aus den genannten Staaten zu dem erheblich billigeren Preis eingekauft und von diesen in die Bundesrepublik Deutschland eingeführt werden, obwohl diese von Schlachthöfen aus Übersee stammen, die den veterinärpolizeilichen Vorschriften der Bundesrepublik Deutschland nicht entsprechen?
Ist die Bundesregierung bereit, diese Vorgänge zu überprüfen und Maßnahmen zu ergreifen, die diese groben Wettbewerbsverzerrungen beseitigen?
Die Fragen werden im Einverständnis mit dem Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antwort liegt noch nicht vor. Sie wird nach Eingang im Sitzungsbericht abgedruckt.
Ich rufe die Frage 60 der Frau Abgeordneten Griesinger auf:
Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um den dringend erforderlichen Ausbau der Bundesforschungsanstalt für Hauswirtschaft zum Zwecke der Bundesforschung zu fördern?
Die Bundesforschungsanstalt für Hauswirtschaft war zur Zeit ihrer Errichtung im Jahre 1952 die einzige Forschungsstätte auf dem Gebiet der Haushaltswissenschaft. Inzwischen sind an den Universitäten Bonn, Gießen und Hohenheim hauswirtschaftliche Studiengänge eingerichtet worden. In seinen Empfehlungen zur Neuordnung von Forschung und Ausbildung im Bereich der Agrarwissenschaft vom 10. Mai dieses Jahres hat deshalb der Wissenschaftsrat vorgeschlagen, die Bundesforschungsanstalt für Hauswirtschaft auf die Universität Hohenheim zu überführen und als Bundesanstalt aufzulösen. Auf diese Weise könnte in Hohenheim für die Fachgebiete der Haushalts- und Ernährungswissenschaft ein angesichts der Knappheit an qualifiziertem Personal auf diesen Gebieten dringend notwendiger Schwerpunkt in der Forschung und Ausbildung entstehen. In dem Abkommen über die Errichtung des Wissenschaftsrates haben sich Bund und Länder verpflichtet, die Empfehlungen des Wissenschaftsrates bei der Aufstellung der Haushaltspläne im Rahmen der haushaltsmäßigen Möglichkeiten zu berücksichtigen.
Erste Fühlungnahmen haben ergeben, daß das Land Baden-Württemberg in absehbarer Zeit voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die Anstalt auf die Universität Hohenheim zu übernehmen. Die Anstalt wird deshalb unter Vertiefung ihrer Zusammenarbeit mit der Universität Hohenheim zunächst vom Bund weitergeführt werden. Dabei wird ihre Aufgabe wie bei allen Ressortforschungseinrichtungen in erster Linie daran bestehen, wissenschaftliche Entscheidungshilfen für die Legislative und Exekutive des Bundes zu leisten. Dafür ist die Anstalt unter den derzeitigen Gegebenheiten ausreichend dotiert. Im Rahmen der mehrjährigen Finanzplanung, die lediglich unabweisbar notwendige Erweiterungen zuläßt, konnte deshalb leider ein Ausbau der Anstalt nicht vorgesehen werden.
Frau Griesinger!
Herr Bundesminister, stimmen Sie mir zu, daß zuerst einmal der Beirat der Bundesforschungsanstalt für Hauswirtschaft darüber gehört werden sollte, ob. die Bundesforschungsanstalt ohne einen weiteren Ausbau auch wirklich in der Lage ist, neben den Aufgaben der Bundesforschung auch die Aufgaben der Lehrtätigkeit an der Universität Hohenheim zu intensivieren und ihr gerecht zu werden?
Soweit ich informiert bin, wird der Beirat demnächst tagen. Ich kann mir auch vorstellen, welche Entscheidung er fällen wird.
Frau Griesinger!
Herr Bundesminister, kann man die Bundesforschungsanstalt für Hauswirtschaft, nachdem wir in Deutschland gerade in diesem Forschungszweig hinter manchen fortschrittlichen westlichen Ländern herhinken, nur im Zusammenhang mit Universitätseinrichtungen sehen, oder sollten wir nicht sehr viel mehr den Auftrag dieser Anstalt - wie Sie es vorhin auch genannt haben - in der Hilfe für die Legislative und die Exekutive sehen, zur Lösung gesellschaftspolitischer Probleme im Rahmen des Agrarprogramms mit beizutragen, z. B. der Bewältigung der Doppelfunktion der Frau in Beruf und Familie und in der Landwirtschaft ganz besonders im Zusammenhang mit der Betriebswirtschaft?
Ich glaube, die Bundesregierung ist mit ihrer Entscheidung, gegen das bisherige Votum des Wissenschaftsrates, die Anstalt fortzuführen, schon sehr weit zugunsten der Bundesanstalt gegangen.
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Keine weitere Frage. - Herr Moersch!
Herr Minister, halten Sie es nicht aus grundsätzlichen Erwägungen für wesentlich besser, solche Anstalten in der Freiheit der Universität gedeihen zu lassen, und glauben Sie nicht,
daß ihre wissenschaftliche Unabhängigkeit doch tangiert wird, wenn sie als Ressortinstitute arbeiten?
Ich trete mit den im Rahmen einer Universität gegebenen Freiheitsmöglichkeiten einer solchen Anstalt durchaus in Konkurrenz. Ich glaube, daß wir genauso viel Freiheit gewähren können.
Herr Moersch!
Darf ich dann fragen, Herr Mininister, welche Art von Entscheidungshilfen Ihnen und der Bundesregierung die Forschungsanstalt bisher bei Ihren Gesetzesvorlagen gewähren konnte?
Ich kann das jetzt nicht quantifizieren. Aber das Frauenreferat bei uns wird laufend von der Bundesforschungsanstalt unterstützt.
Keine weitere Frage.
Dann rufe ich die Fragen des Abgeordneten Logemann auf.
Frage 61:
Wo liegt nach den Vorstellungen der Bundesregierung die durchschnittliche Größe landwirtschaftlicher Betriebe, die nach dem neuen Investitionsprogramm des Bundesernährungsministers als „Eingangsschwelle" zum entwicklungsfähigen Betrieb unterstellt wird?
Herr Präsident, ich bitte, mir zu gestatten, die drei im Sachzusammenhang stehenden Fragen gemeinsam zu beantworten.
Wenn der Fragesteller einverstanden ist, gern. - Er ist .es. Ich rufe also auch die Fragen 62 und 63 auf:
Wie hoch muß das Mindesteinkommen eines entwicklungsfähigen Betriebes sein und mit welchen Tierbestandsgrößen kann es in landwirtschaftlichen Veredelungsbetrieben erreicht werden?
Wie hoch beziffert die Bundesregierung die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe, die nach ihrem Investitionsprogramm nicht mehr als entwicklungsfähig angesehen werden können und denen deshalb berufliche und soziale Alternativen angeboten werden müßten?
Zur Frage 61. Nach dem Agrarprogramm der Bundesregierung ist die Investitionshilfe ab 1970 auf eine neue Grundlage zu stellen. Im Vollzug dieses Auftrags wurden in den letzten Monaten in meinem Hause entsprechende Überlegungen angestellt, die ihren Niederschlag in den von mir am 12. Juni 1969 vor der Presse bekanntgegebenen Grundzügen für ein umfassendes Investitions- und Ergänzungsprogramm gefunden haben. Die Bezeichnung „Grundzüge" macht bereits deutlich, daß es sich hierbei um erste Überlegungen handelt, die in den kommenden Monaten in Zusammenarbeit mit den Ländern und den berufsständischen Organisationen einer näheren Konkretisierung bedürfen.
Das gilt auch für die vorgesehene Eingangsschwelle, mit deren Hilfe Fehlinvestitionen vermieden werden sollen. Ich bin davon überzeugt, daß bei ruhiger Betrachtung des Sachverhalts für eine derartige Regelung Verständnis aufgebracht wird, zumal wenn man berücksichtigt, daß das zukünftige Investitionsprogramm durch umfassende Alternativen, insbesondere im Sozialbereich, ergänzt werden soll.
Zur Frage 62. Nach den bisherigen Überlegungen soll die sogenannte Eingangsschwelle durch eine bestimmte Einkommenshöhe ausgedrückt werden, da für die wirtschaftliche Situation der Betriebe das Einkommen und nicht die Betriebsgröße oder ein bestimmter Viehbesatz den entscheidenden Faktor darstellt. Durch die vorgesehene Abstellung auf das Einkommen ist nach meiner Auffassung eine objektive Abgrenzung möglich. Im übrigen bedarf die Festlegung des Mindesteinkommens in Zusammenarbeit mit allen Beteiligten ebenfalls noch einer näheren Konkretisierung. Dabei wird von den Zielvorstellungen des Agrarprogramms auszugehen sein, d. h. es müssen ein angemessener Lebensstandard und ein befriedigender Sozialstatus erreicht werden.
Zu Frage 63: Zur Zeit gibt es - abgesehen von den bekannten Investitionsbeihilfen - noch kein Investitionsprogramm der Bundesregierung, sondern, wie ich betont habe, lediglich Grundzüge für ein umfassendes Investitions- und Ergänzungsprogramm. Aber auch dann, wenn ein derartiges Programm schon bestehen würde, wäre Ihre Frage, sehr verehrter Herr Kollege, nicht zu beantworten, da es sich bei allen Förderungsmaßnahmen des Bundes nur um ein Angebot handelt. Die Entscheidung, ob von diesem Angebot Gebrauch gemacht wird oder nicht, liegt bei den einzelnen Betriebsleitern. An diesem Grundsatz als der uns gemäßen Form sollten wir in jedem Fall festhalten. Inwieweit von den Angeboten Gebrauch gemacht wird, hängt weitgehend von ihrer Ausgestaltung ab, die - wie ich bereits ausführen durfte - noch nicht abgeschlossen ist.
Herr Logemann!
Herr Minister, obwohl Ihre Vorstellungen, wie ich eben höre, noch recht unverbindlich sind, darf ich doch, weil wir jetzt in eine längere Parlamentspause hineinkommen, fragen, wie Sie sich die Entwicklung jetzt z. B. bei der Landabgaberente denken. Meine Frage ist gezielt die: Würden Sie die Betriebe, die als nicht entwicklungsfähige Betriebe ausscheiden müssen, noch mit der Landabgaberente bedenken können, oder müßten diese Betriebe ausgenommen werden?
Die Landabgaberente ist heute im Hohen Hause beschlossen worden, und damit ist der Rahmen gezogen.
Bei uns muß auch niemand ausscheiden, sondern das ist ein freiwilliger Entschluß. Jeder kann eine
kombinierte Erwerbsmöglichkeit suchen; und ich glaube, daß ein Sachzusammenhang zwischen dem Investitionshilfeprogramm, das hier angesprochen ist, und der Landabgaberente nicht besteht.
Herr Logemann!
Herr Minister, darf ich fragen, ob landwirtschaftliche Betriebe, die an sich die Eingangsschwelle nicht erreichen, sich durch Kooperation doch zu entwicklungsfähigen Betrieben zusammenschließen können?
Ja, durchaus, und für die Kooperation haben wir ebenfalls eigene Hilfestellungen vorgesehen.
Keine weitere Frage? - Ihr Konto ist noch lange nicht erschöpft gewesen, Herr Kollege.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern. Die Frage 27 des Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen ist vom Fragesteller zurückgezogen worden.
Ich rufe die Frage 31 des Abgeordneten Moersch auf:
Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um die auch nach Meinung des Präsidenten des Deutschen Akademischen Austauschdienstes für ein sinnvolles Studium nicht ausreichende Höhe der USA-Stipendien, die dem Deutschen Akademischen Austauschdienst vom Bundesministerium des Innern zur Verfügung gestellt werden, in der Höhe wenigstens den vom Bundesministerium für wissenschaftliche Forschung gewährten Stipendien anzupassen?
Bitte, Herr Parlamentarischer Staatssekretär.
Köppler, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Herr Kollege, die Stipendien aus Mitteln des Bundesministers für wissenschaftliche Forschung werden an jüngere deutsche Wissenschaftler vergeben, die ihr Studium mit einem berufsbefähigenden Examen bereits abgeschlossen haben. Sie dienen insbesondere der Durchführung von Forschungsarbeiten.
Die von meinem Haus dem Deutschen Akademischen Austauschdienst bereitgestellten Mittel sollen demgegenüber deutschen Studenten ein Studium an ausländischen Hochschulen ermöglichen. Neben der Gewährung eines Stipendiums zuzüglich Auslandszuschlag werden den Studenten Hochschulgebühren und Passagekosten vergütet.
Die unterschiedliche Höhe der vom Bundesminister für wissenschaftliche Forschung und von meinem Hause über den Deutschen Akademischen Austauschdienst vergebenen Stipendien beruht darauf, daß der junge Wissenschaftler regelmäßig höhere Aufwendungen hat als der Student. Ebenso wird in dieser Unterschiedlichkeit natürlich der unterschiedliche Ausbildungsstand mit berücksichtigt.
In den vergangenen Jahren wurden von meinem Hause erhebliche Mittel für das Studium deutscher Studenten an ausländischen Hochschulen zur Verfügung gestellt. Im Haushalt 1969 sind 1,8 Millionen
DM ausgebracht; im Rahmen der mittelfristigen Finanzplanung sind weitere Erhöhungen der Mittelansätze vorgesehen. In den Jahren 1970 bis 1972 stehen für diesen Zweck insgesamt 5,8 Millionen DM bereit. Damit können sowohl mehr Studenten als bisher gefördert werden als auch die Stipendien selbst notfalls erhöht werden.
Herr Moersch!
Herr Staatssekretär, darf ich aus dem letzten Satz Ihrer Antwort schließen, daß Sie an eine Erhöhung der Stipendien für Studenten denken, die in den USA studieren?
Köppler, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Es müssen selbstverständlich wegen der unterschiedlichen Kosten, die im Ausland entstehen, insbesondere die Auslandszuschläge ständig überprüft werden. Ich halte das auch für die USA für möglich. Sie wissen, daß die Stipendien sich in einen Grundbetrag und in einen individuell gestalteten Auslandszuschlag teilen.
Herr Moersch!
Sieht die Bundesregierung die Möglichkeit, durch eine noch großzügigere Handhabung und durch eine Aufstockung der Etattitel für ein stärkeres Auslandsstudium zu sorgen, was bei unserer Lage im allgemeinen Interesse wäre?
Köppler, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Die Bundesregierung würde für Beschlüsse des Hohen Hauses, die mehr Mittel für das Auslandsstudium zur Verfügung stellten, sehr dankbar sein.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung. Zur Beantwortung ist Herr Staatssekretär Kattenstroth anwesend.
Ich rufe die Fragen 64 und 65 des Abgeordneten Kohlberger auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß § 551 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung den Trägern der Unfallversicherung die Verpflichtung auferlegt, in jedem Einzelfall zu prüfen, ob eine berufsbedingte Krankheit zu entschädigen ist, auch wenn sie nicht in der Liste der Berufskrankheitenverordnung bezeichnet ist oder die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen?
Bei Bejahung der Frage 64: was hat die Bundesregierung bisher unternommen, um zu gewährleisten, daß die Versicherungsträger die Bestimmungen des § 551 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung als Pflichtaufgabe ansehen?
Diese beiden Fragen werden im Einvernehmen mit dem Fragesteller schriftlich beantwortet.
Jetzt rufe ich die Frage 66 des Abgeordneten Kohlberger auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß in der Praxis seitens der Versicherungsträger die pflichtgemäße Überprüfung gemeldeter berufsbedingter Krankheiten gemäß § 551 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung häufig unterbleibt, so daß die Versicherten ein ihnen gesetzlich zustehendes Recht erst auf dem Wege der Klage beim Sozialgericht erzwingen müssen und hier nur Recht erhalten, wenn sie sich eines sachkundigen Rats bedienen?
Herr Staatssekretär, bitte, wollen Sie antworten.
Herr Präsident, ich bin nicht darüber unterrichtet, daß die beiden ersten Fragen schriftlich beantwortet werden sollen.
Es ist . in meinen Akten hier vermerkt. Ich muß also pflichtgemäß darauf hinweisen.
Herr Präsident, ich halte es wegen des Sachzusammenhangs für erforderlich, die drei Fragen zusammengefaßt zu beantworten.
Wenn Sie dieser Meinung sind, bitte sehr.
Nach § 551 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung sollen die Träger der Unfallversicherung eine Krankheit, die nicht in die Liste der Berufskrankheiten aufgenommen ist, wie eine Berufskrankheit entschädigen, sofern nach neuen Erkenntnissen der Erkrankte durch seine Arbeit gesundheitsschädigenden Einwirkungen in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt gewesen ist.
Die Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung sind nach § 1545 der Reichsversicherungsordnung von Amts wegen festzustellen, d. h. die Träger der Unfallversicherung müssen ihnen bekannt werdende Fälle aufklären und über eine Entschädigung entscheiden. Fälle, in denen ein Versicherungsträger sich in dieser Hinsicht seiner Pflicht entzogen hat, sind der Bundesregierung bisher nicht bekannt geworden. Allerdings führt in dieser Frage auch nicht der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung die Aufsicht über die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Daß etwa die Aufsichtsbehörden hier etwas versäumt haben könnten, ist bisher ebenfalls nicht bekannt geworden.
Herr Kohlberger!
Herr Staatssekretär, ich denke hier an die Nr. 41 dieses Katalogs, an Asthma bronchiale. Wenn der Kranke nicht nachweisen kann, daß er an Asthma bronchiale berufserkrankt ist, sondern eine andere asthmatische Erkrankung hat, die auch durch den Beruf kommt, wird das nicht anerkannt, und er muß einen Prozeß führen. Ich glaube, daß ist doch zuviel. Meinen Sie nicht auch, daß man das vereinfachen könnte?
Herr Abgeordneter Kohlberger, ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir die Unterlagen des konkreten Falles einmal übermittelten. Wir werden dann zusammen mit der Aufsichtsbehörde der Sache nachgehen, und ich hoffe, einen zufriedenstellenden Weg finden zu können.
Keine weiteren Fragen.
Dann rufe ich die Frage 67 des Abgeordneten Weigl auf. Ist der Abgeordnete anwesend? - Das ist nicht der Fall; die Frage wird schriftlich beantwortet.
Ich rufe die Fragen 68 bis 70 des Abgeordneten Lampersbach auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß verschiedene Verbrauchermärkte außerhalb der gesetzlichen Ladenschlußzeiten Verkäufe an Endverbraucher tätigen?
Sieht die Bundesregierung in diesen Praktiken der Verbrauchermärkte einen Mißbrauch ihrer Wettbewerbssituation?
Welche Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung zu ergreifen, um diese Mißstände unverzüglich und nachhaltig zu beseitigen?
Die drei Fragen werden im Einverständnis mit dem Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antwort des Bundesministers Katzer vom 24. Juni 1969 lautet:
Der Bundesregierung ist nicht bekannt, daß Verbrauchermärkte in der Form von Großverkaufsstellen für Endverbraucher Waren auch während der gesetzlichen Ladenschlußzeiten verkaufen. Bekannt ist ihr dagegen, daß Schwierigkeiten bei Großhandelsunternehmen, insbesondere bei den sog. Cash-and-Carry-Betrieben, auftreten, wenn sie dazu übergehen, Waren während der Ladenschlußzeiten nicht nur an Wiederverkäufer, sondern auch an Endverbraucher zu verkaufen. Soweit sie die Waren an Wiederverkäufer verkaufen, sind sie an die gesetzlichen Ladenschlußzeiten nicht gebunden, da der Verkauf an Wiederverkäufer nicht unter das Ladenschlußgesetz fällt. Soweit sie dagegen Waren an Endverbraucher verkaufen, müssen sie die Ladenschlußzeiten beachten, weil das Ladenschlußgesetz für jede Form des Verkaufs an Endverbraucher gilt. Beachten diese Betriebe die Ladenschlußzeiten bei dem geschäftlichen Verkehr mit dem Endverbraucher nicht, verstoßen sie gegen das Ladenschlußgesetz und verschaffen sich dadurch auch nach meiner Auffassung einen nicht gerechtfertigten Wettbewerbsvorteil. Die für die Durchführung des Ladenschlußgesetzes zuständigen Landesbehörden gehen gegen Verstöße dieesr Art, soweit sie ihnen bekannt werden, mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mittelst vor. Der Bundesregierung stehen diese Mittel nicht zur Verfügung, weil die Aufsicht über die Ausführung des Ladenschlußgesetzes nicht in ihre Zuständigkeit fällt.
Ich rufe Frage 28 des Abgeordneten Porsch auf:
Trifft es zu, daß die zinslosen Darlehen zur Anschaffung eines Kraftfahrzeuges für Versehrte nur bis zur 1700er Klasse gewährt werden?
Die Gewährung von Darlehen zur Anschaffung von Kraftfahrzeugen im Rahmen der Kriegsopferfürsorge unterliegt weder hinsichtlich der Fahrzeuggröße noch des Anschaffungspreises einer ausdrücklichen gesetzlichen Beschränkung Ein Darlehen kommt vor allem für die Anschaffung eines Kraftfahrzeuges in Betracht, das der Beschädigte benötigt, um seine Arbeitsstätte zu erreichen. Im allgemeinen wird für diesen Zweck ein Kraftfahrzeug bis zur Größe der Mittelklasse ausreichen. Diese Erfahrung kommt auch in Richtlinien über die Darlehensgewährung zum Ausdruck, die in einigen Ländern erlassen worden sind. Da es sich aber bei den Leistungen der Kriegsopferfürsorge grundsätzlich um Individualhilfen handelt und es deshalb darauf ankommt, welcher Fahrzeugtyp und welche Fahrzeuggröße im Einzelfall geboten sind, ist es durchaus möglich, daß nach der Lage des einzelnen Falles auch Darlehen zur Anschaffung eines größeren Kraftfahrzeuges gewährt werden.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Porsch.
Herr Staatssekretär, sind Sie der Meinung, daß es möglich ist, daß die zuständigen Ämter draußen eine solche Auskunft gegeben haben? Denn dort, wo ich diese Frage von Kriegsversehrten vorgelegt bekommen habe, die die Beschwerde geführt haben, muß das ja angenommen worden sein.
Herr Abgeordneter Porsch, ich wäre dankbar, wenn Sie dieses konkrete Beispiel dem Bundesministerium des Innern vortragen würden. Denn für die Kriegsopferfürsorge - es handelt sich in diesem Falle um Kriegsopferfürsorge - ist der Bundesminister des Innern zuständig. Ich habe die Beantwortung der Frage wegen des Sachzusammenhanges mit den beiden anderen Fragen übernommen.
Herr Staatssekretär Köppler, sind Sie in der Lage, Fragen dieser Art zu beantworten?
Köppler, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Offen gestanden, Herr Präsident, nicht aus dem Stegreif; aber ich bin gern bereit, dem Herrn Kollegen Porsch diese Zusatzfrage schriftlich zu beantworten.
Einverstanden. Dann die Frage 29 des Abgeordneten Porsch. Bitte, Herr Staatssekretär!
Warum werden für technische Veränderungen an Versehrtenfahrzeugen nur 400 DM Zuschuß gewährt, obwohl der Einbau einer Automatik 900 DM kostet?
Zur Ergänzung der orthopädischen Versorgung der Beschädigten können nach den geltenden Rechtsvorschriften unter bestimmten Voraussetzungen auch die Kosten für die Änderung der Bedienungseinrichtungen eines Motorfahrzeuges übernommen werden, und zwar bis zu einem Betrag von 900 DM. In welcher Höhe innerhalb des Höchstbetrages die Kosten im Einzelfall zu übernehmen sind, richtet sich nicht allein nach der Höhe der entstandenen Kosten für die technische Veränderung, sondern maßgeblich auch nach Art und Grad der körperlichen Behinderung. Die Beträge liegen zwischen 400 und 900 DM, wobei der Höchstbetrag für die Fälle in Betracht kommt, bei denen die Fahrerlaubnis auf das Führen von Kraftfahrzeugen mit automatischer Kraftübertragung beschränkt ist. Es entspricht dem Sinn der geltenden Vorschriften, den individuellen Bedürfnissen der Beschädigten Rechnung zu tragen und eine schematische Handhabung auszuschließen.
Keine Zusatzfragen. Dann die Frage 30 des Abgeordneten Porsch.
Können in Zukunft auch für Fuß- und Beinversehrte modische Schuhe bezuschußt werden?
Herr Abgeordneter, ich möchte davon ausgehen, daß Ihre Frage nicht die Ausstattung mit orthopädischem Schuhwerk betrifft. Dieses wird nämlich handgefertigt, es muß sich den Deformierungen der Gliedmaßen anpassen und kann daher nicht modisch sein. Ich nehme vielmehr an, daß sich Ihre Frage auf die Prothesenschuhe bezieht. Nach den geltenden Rechtsvorschriften sind Prothesenschuhe als Sachleistung, d. h. in natura zu gewähren. Zur Zeit besteht daher keine Möglichkeit, dem Beschädigten einen Zuschuß für Schuhe zu gewähren, die von ihm selbst beschafft worden sind. Es wird jedoch geprüft werden, ob bei einer Änderung des Bundesversorgungsgesetzes insoweit von dem Sachleistungsprinzip abgegangen werden kann.
Keine Zusatzfragen.
Damit ist die Fragestunde zu Ende, ohne daß sie eine Stunde gedauert hätte. Das liegt an der Zahl der Fragen und der Bescheidenheit der Fragesteller. Ich will hinzufügen: nicht unbedingt an der Länge der Antworten. Auf diesen Umstand möchte ich bei dieser Gelegenheit wieder hingewiesen haben. Denn gelegentlich werden uns von den Ressorts lange Leitartikel vorgelesen, während man manche Frage mit Ja oder Nein beantworten könnte -, wo das nicht möglich ist, wenigstens in zwei Sätzen. Aber das nebenbei! Ich sage das auch nur, um etwas von der angebrochenen, aber nicht ganz konsumierten Fragestunde auszufüllen.
({0})
Ich stehe nun vor folgender Frage. Wir haben einen Punkt der Tagesordnung auf 15 Uhr fixiert. Diesen Punkt kann ich nicht vorziehen. Ich müßte also Tagesordnungspunkte vorziehen, die unproblematisch sind und vermutlich keine Debatte auslösen. Ein solcher Punkt wäre z. B. der Punkt 12 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen sowie des Gesetzes über die Entschädigung der ehrenamtlichen Richter
- Drucksache V/3961 -
a) Bericht des Haushaltsausschusses ({1}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
- Drucksache V/4393 -
Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Tamblé
b) Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses ({2})
- Drucksache V/4352 13550
Abgeordneter Erhard ({0})
({1})
Die Berichterstatter, Abgeordneter Tamblé und Abgeordneter Erhard, wünschen das Wort nicht.
Wir treten in die zweite Beratung ein. Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort wird nicht gewünscht.
Ich rufe die Art. I, II, III, Einleitung und Überschrift auf. Wer den aufgerufenen Artikeln zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke! Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen. Wir müssen noch über den Ausschußantrag abstimmen. Wer den Ziffern 1 und 2 des Antrages zustimmt, gebe ein Zeichen. - Danke. Gegenprobe! Enthaltungen? Der Ausschußantrag ist angenommen.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz im Ganzen zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. - Danke! - Meine Damen und Herren, es ist eine leichte Nachmittagsmüdigkeit eingetreten, die durchaus verständlich ist. - Das Gesetz ist einstimmig verabschiedet.
Ich rufe den Punkt 13 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Bereinigung arbeitsrechtlicher Vorschriften
- Drucksache V/3913 Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit ({2})
- Drucksache V/4376 Berichterstatter: Abgeordneter Müller ({3})
({4})
Der Berichterstatter, der Abgeordnete Müller ({5}) wünscht das Wort nicht. Wir treten in die zweite Beratung ein.
Ich rufe die Art. 1, 2, 3, 4, 5, 6 und 7 sowie Einleitung und Überschrift auf. Wer den aufgerufenen Artikeln, der Einleitung und der Überschrift zustimmen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich möchte alle Anwesenden ermutigen, sich an der Abstimmung zu beteiligen. - Danke! Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Die aufgerufenen Artikel sind einstimmig angenommen.
Ich eröffne die
dritte Beratung.
Wird das Wort in der allgemeinen Aussprache gewünscht?
({6})
- Sie möchten eine Erklärung abgeben? - Das Wort hat der Abgeordnete Folger vor der Abstimmung.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen, meine sehr geehrten Herren! Ich habe die Ehre, im Namen der sozialdemokratischen Fraktion folgende Erklärung abgeben zu dürfen.
Der Ausgangspunkt für das jetzt vor der Verabschiedung stehende Gesetz ist der Beschluß des dritten Bundestages vom 2. Dezember 1959, wonach die Bundesregierung den Entwurf eines Deutschen Arbeitsgesetzbuches vorlegen soll. Das ist übrigens früher schon von der Weimarer Reichsverfassung gefordert, aber nie verwirklicht worden. Nachdem die Vorarbeiten dafür immer noch nicht abgeschlossen werden konnten, ist die Vorwegnahme besonders dringend notwendiger Änderungen fällig geworden.
Soweit uns bekannt ist, beruht der Entwurf weitgehend auf Beratungen und Verhandlungen, die das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung in den letzten Jahren gemeinsam mit den Vertretern der Gewerkschaften und der Arbeitgeber geführt hatte. Da von vornherein nur solche Änderungen des geltenden Rechts in den Entwurf aufgenommen wurden, über die zwischen den Beteiligten Einigkeit herrschte, sind die Fortschritte nicht umwerfend, aber auch nicht unbedeutend.
In der Begründung des Gesetzentwurfs, im Schriftlichen Bericht und in der vom Vorsitzenden des Ausschusses für Arbeit, Herrn Kollegen Müller, anschließend noch abzugebenden Erklärung sind bereits Einzelheiten enthalten, auf die ich nicht eingehen will, damit Wiederholungen vermieden werden. Wir erwarten, daß das so begonnene Werk einer Bereinigung des im Laufe der Zeit durch ständige Änderungen zu einem Dschungel gewordenen Arbeitsrechts fortgesetzt wird. An unserer Mithilfe wird es dabei nicht fehlen. Die SPD-Bundestagsfraktion wird dem Gesetzentwurf zustimmen.
Ebenfalls zu einer Erklärung hat der Abgeordnete Müller ({0}) das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir, daß ich als Vorsitzender des Ausschusses für Arbeit und zugleich im Namen der Fraktion der CDU/CSU eine Erklärung abgebe. Wir sehen in diesem Gesetzentwurf einen hoffnungsvollen Beginn einer allseits für dringend notwendig erachteten Durchforstung des Arbeitsrechts. Dabei muß nach meiner Überzeugung zugleich die notwendige Anpassung an die modernen Anschauungen unserer industriellen Gesellschaft vorgenommen werden, d. h. es sollen nicht nur antiquierte Begriffe und Vorschriften beseitigt, sondern es muß auch dem sozialen Fortschritt Rechnung getragen werden. Ich glaube, dem entspricht die Grundkonzeption des von der Bundesregierung vorgelegten Entwurfs. Von dieser Vorstellung hat sich auch der Ausschuß für Arbeit bei seinen Beratungen leiten lassen, und deswegen ist der Ausschuß auch einen Schritt weiter gegangen, als im Regierungsentwurf vorgeschlagen war.
Müller ({0})
Der Hauptgegenstand des Gesetzes ist die Überarbeitung des Kündigungsschutzrechtes. Der Geltungsbereich des Kündigungsschutzes wird erweitert, und zwar werden einerseits die 18- und 19jährigen Arbeitnehmer, andererseits aber auch die leitenden Angestellten einbezogen. Bei der Erstrekkung auf die leitenden Angestellten geht es um das sozialpolitisch außerordentlich wichtige Problem der rechtlichen Zuordnung dieses Personenkreises, dessen Standort in der sozialen Wirklichkeit sich gerade im letzten Jahrzehnt entscheidend geändert hat.
Es geht aber auch darum, daß wir die Änderungskündigungen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes einbezogen haben, wodurch wir erreicht haben, daß in Zukunft, wenn einem Arbeitnehmer sein Arbeitsvertrag in der Änderung gekündigt wird und er gegen diese Änderungskündigung angeht, dann nicht mehr das ganze Arbeitsverhältnis, sondern eben nur die Änderung im Streit ist, mit dem Vorteil für den Arbeitnehmer, daß nicht der ganze Arbeitsplatz verloren ist, wenn er einen solchen Prozeß verliert, und mit dem Vorteil für den Arbeitgeber, daß er dann seinen Arbeitnehmer nicht ganz verliert.
Schließlich haben wir die Kündigungsfristen insbesondere für ältere Arbeitnehmer entscheidend verbessert. Wir glaubten, daß gerade dieser Personenkreis - das hat die Große Anfrage vor einigen Wochen hier in diesem Haus zur Lage der älteren Arbeitnehmer bewiesen - besonders gefährdet ist. Ich möchte hier der Hoffnung Ausdruck geben, daß diese Entwicklung des Schutzes gerade für die älteren Arbeitnehmer noch nicht am Endpunkt angelangt ist.
Im übrigen wird die Bereinigung der Vorschriften zusammen mit der Beseitigung einiger antiquierter Begriffe wie „Prinzipal" usw. sicherlich Richtschnur für eine Durchforstung in allen arbeitsrechtlichen Gesetzen sein. Wir geben der Hoffnung Ausdruck, daß das Arbeitsgesetzbuch doch eines Tages Wirklichkeit wird.
Die Fraktion der CDU/CSU stimmt diesem Gesetzentwurf zu.
({1})
Werden noch weitere Erklärungen abgegeben? Herr Staatssekretär Kattenstroth hat eine schriftliche Erklärung zu Protokoll gegeben. *) - Das ist nicht der Fall. Die Aussprache ist geschlossen.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. - Danke. Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Gesetz ist einstimmig verabschiedet.
Jetzt müssen wir noch über die Ziffern 2 und 3 des Ausschußantrages entscheiden.
Nach Ziffer 2 sollen die zu dem Gesetzentwurf eingegangenen Petitionen für erledigt erklärt werden. - Diesem Antrag wird nicht widersprochen. Dann ist es so beschlossen.
1 Siehe Anlage 15
Ziffer 3 enthält eine Entschließung. Sie finden sie in Drucksache V/4376 auf Seite 5. Wer dieser Entschließung zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Die Entschließung ist einstimmig angenommen.
Ich rufe Punkt 15 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Pflanzenschutz-Kostengesetzes
- Drucksache V/4257 -
a) Bericht des Haushaltsausschusses ({0}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
- Drucksache V/4462 Berichterstatter: Abgeordneter Röhner
b) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({1})
- Drucksache V/4366 Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Ritgen ({2})
Wünscht der Berichterstatter des Haushaltsausschusses das Wort? - Das ist nicht der Fall.
Wünscht der Berichterstatter des zuständigen Fachausschusses, Herr Dr. Ritgen, das Wort? - Das ist nicht der Fall.
Wir treten dann in die zweite Beratung ein. Ich rufe die §§ 1 bis 10 sowie Einleitung und Überschrift in der vom Ausschuß beschlossenen Fassung auf. Wer den aufgerufenen 'Paragraphen, der Einleitung und der Überschrift zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort wird nicht gewünscht.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Auch dieses Gesetz ist einstimmig verabschiedet.
Mit einem Blick auf die Uhr muß ich feststellen, wann ich in der ursprünglich vom Ältestenrat vorgesehenen Reihenfolge fortfahren kann. Ich rufe zunächst noch Punkt 16 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über technische Assistenten in der Medizin ({3})
- Drucksachen V/3461, V/3021 Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Gesundheitswesen ({4})
- Drucksache V/4418 -Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Meinecke ({5})
Wünscht der Herr Berichterstatter das Wort? - Das ist nicht der Fall.
Vizepräsident Schoettle
Dann treten wir in die zweite Beratung ein. Ich rufe die §§ 1 bis 8 auf. - Wer den aufgerufenen Paragraphen zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Die Paragraphen sind einstimmig angenommen.
Zu § 9 liegt ein Änderungsantrag von allen Fraktionen des Hauses auf Umdruck 725 *) vor. Soll dieser Antrag begründet werden? - Begründung wird nicht gewünscht.
Wir stimmen ab. Wer dem Änderungsantrag auf Umdruck 725 zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist einstimmig angenommen.
Dann stimmen wir über § 9 in der so geänderten Fassung ab. Wer § 9 in dieser Form zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Auch das ist einstimmig beschlossen.
Dann rufe ich die §§ 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, Einleitung und Überschrift auf. - Wer den aufgerufenen Paragraphen zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen. Damit ist die zweite Beratung geschlossen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die Aussprache. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. - Danke. Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Weder Gegenstimmen noch Enthaltungen; das Gesetz ist einstimmig in der dritten Beratung verabschiedet.
Wir müssen noch abstimmen über die Anträge des Ausschusses, Nrn. 2 und 3. Wer diesen Anträgen des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Die Anträge sind angenommen.
Ich rufe den Punkt 17 der Tagesordnung auf:
Zweite. und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung kleingartenrechtlicher Vorschriften
- Drucksache V/2221 Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Kommunalpolitik, Raumordnung, Städtebau und Wohnungswesen ({6})
- Drucksachen V/4369, zu V/4369 - Berichterstatter: Abgeordneter Jacobi ({7}) ({8})
Der Berichterstatter, Herr Jacobi ({9}), wünscht das Wort nicht.
*) Siehe Anlage 9
Wir treten in die Einzelberatung ein. Ich rufe die §§ 1 bis 7, Einleitung und Überschrift auf. Wer den aufgerufenen Paragraphen, der Einleitung und der Überschrift zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei drei Enthaltungen angenommen. Die zweite Beratung ist geschlossen.
Ich eröffne die
dritte Beratung.
Das Wort in der allgemeinen Aussprache wird nicht gewünscht. Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei insgesamt vier Enthaltungen ist das Gesetz angenommen.
Ich muß noch nachtragen, daß die Herren Kollegen Dr. Hugo Hauser und Mertens ihre Reden zu Protokoll gegeben haben. *)
Ich rufe den Punkt 19 der Tagesordnung auf!
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Vertrieb ausländischer Investmentanteile, über die Besteuerung ihrer Erträge sowie zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften
- Drucksachen V/3494, V/3840 -
a) Bericht des Haushaltsausschusses ({10}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
- Drucksache V/4470 - Berichterstatter: Abgeordneter Westphal
b) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen ({11})
- Drucksachen V/4414, zu V/4414 Berichterstatter: Abgeordneter Schmidhuber
({12})
Wünschen die Herren Berichterstatter das Wort? - Das ist nicht der Fall.
Wir treten in die zweite Beratung ein. Ich rufe auf den Ersten Teil, §§ 1 bis 22, den Zweiten Teil, Art. 1 bis 7, Einleitung und Überschrift. Wer den aufgerufenen Artikeln der Einleitung und der Überschrift zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Weder Gegenstimmen noch Enthaltungen. Das Gesetz ist in der zweiten Beratung einstimmig verabschiedet. Die zweite Beratung ist geschlossen.
Ich eröffne die
dritte Beratung.
Die allgemeine Aussprache ist eröffnet. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann ist die Aussprache geschlossen.
Wir kommen zur Schlußabstimmung über das Gesetz. Wer ihm im ganzen zustimmen will, den bitte
*) Siehe Anlagen 16 und 17
Vizepräsident Schoettle
ich, sich zu erheben. - Danke. Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Gesetz ist einstimmig verabschiedet.
Wir müssen noch über den Punkt 2 des Ausschußantrags abstimmen. Danach sollen die Petitionen, die zu diesem Gesetz eingegangen sind, für erledigt erklärt werden. - Diesem Antrag des Ausschusses wird nicht widersprochen; es ist so beschlossen.
Der Vorrat an unstrittigen Gesetzen erschöpft sich langsam. Ich rufe nun noch den Punkt 21 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Mick, Frau Korspeter, Schmidt ({13}) und Genossen und den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Zweiundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes ({14})
- Drucksache V/4224 -
a) Bericht des Haushaltsausschusses ({15}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
- Drucksache V/4460 - Berichterstatter: Abgeordneter Röhner
b) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Kriegs- und Verfolgungsschäden ({16})
- Drucksache V/4390 -Berichterstatter: Abgeordneter Leukert ({17})
Wünschen die Herren Berichterstatter das Wort? - Das ist nicht der Fall.
Dann treten wir in die zweite Beratung ein. Ich rufe auf die Art. 1, 2, 3, Einleitung und Überschrift.
- Wer den aufgerufenen Artikeln zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Keine Gegenstimmen, keine Enthaltungen. Das Gesetz ist in zweiter Beratung einstimmig angenommen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
- Eine Aussprache wird nicht gewünscht.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. - Danke. Die Gegenprobe!
- Es wäre übersichtlich, wenn sich alle Damen und Herren setzen wollten. Das Gesetz ist in dritter Beratung einstimmig verabschiedet.
Es liegt noch ein Entschließungsantrag auf Umdruck 716 *) vor. Soll dieser Entschließungsantrag begründet werden? - Herr Abgeordneter Leukert hat das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ihnen liegt der Entschließungsantrag Umdruck 716 zur dritten Beratung des Entwurfs eines Zweiundzwanzigsten Gesetzes
*) Siehe Anlage 10
zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes vor. Der Antrag bezweckt, daß wir eine soziale Frage, die bisher nicht so gelöst werden konnte, wie es wünschenswert gewesen wäre, noch zu Ende führen. Wir haben in der Bundesrepublik Deutschland das Problem der 15 Millionen Heimatvertriebenen und Flüchtlinge mit Zustimmung dieses Hauses durch unsere Bundesregierung Gott sei Dank so weit lösen können, daß nur noch ein kleiner Teil von Menschen nicht die erforderliche soziale Stellung erreicht hat. Deshalb dieser Antrag. Wir bitten das Hohe Haus, dem Antrag zuzustimmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Seidel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Natürlich ist das eine beachtliche soziale Frage. Aber ich bitte angesichts der haushaltsmäßigen Auswirkungen im Rahmen der kommenden Finanzplanung für die Jahre 1970 bis 1974, den Antrag dem Haushaltsausschuß zu überweisen; denn so global ist er einfach nicht zu akzeptieren.
Vizepräsident .Schoettle: Das Wort hat der Abgeordnete Leukert.
Herr Präsident! Ich muß meinem Kollegen Seidel widersprechen. Dem Herrn Kollegen Seidel ist so gut wie mir bekannt, daß vor wenigen Wochen eine Untersuchung von der AgrarSozialen Gesellschaft durchgeführt wurde. Sie ergab, daß ein sehr großer Personenkreis aus den Reihen der heimatvertriebenen und geflüchteten Bauern hinsichtlich ihrer Existenz und in sozialer Beziehung noch nicht befriedigend untergebracht ist.
Dieser Entschließungsantrag, Herr Kollege Seidel, muß ja später sowieso den Haushaltsausschuß passieren. Aber heute ist es wohl die Frage dieses Hauses, dem Antrag zuzustimmen.
Herr Schmidt ({0}) !
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch die Freien Demokraten sind der Meinung, daß dieser Antrag heute hier entschieden werden soll. Wir werden diesem Antrag sofort zustimmen und bitten die Mehrheit des Hauses, dies ebenfalls zu tun.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Überweisungsanträge gehen bekanntermaßen allen anderen vor. Ich lasse also über den Überweisungsantrag abstimmen. Wer den Entschließungsantrag an den Haushaltsausschuß überweisen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke.
({0})
- Überweisung an - den Haushaltsausschuß ist vorgeschlagen! - Die Gegenprobe!
({1})
Vizepräsident Schoettle
- Nein, das letzte war die Mehrheit. Die Überweisung ist abgelehnt, meine Damen und Herren.
({2}) - Es ist leider so, mögen Sie sagen.
({3})
- Ich habe ja Augen im Kopf und kann beurteilen, wie die Stärkeverhältnisse der Fraktionen sind.
Wir stimmen also über den Antrag selber ab. Wer ihm zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Gegen einige Stimmen und bei einigen Enthaltungen ist der Entschließungsantrag angenommen.
Wir sind jetzt an dem Zeitpunkt, zu dem die Beratung des Punktes 7 vorgesehen war. Ich rufe also Punkt 7 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs
eines Neunten Strafrechtsänderungsgesetzes
- Drucksachen V/4220, V/4326, V/4330 Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses ({4})
- Drucksache V/4415 Berichterstatter: Abgeordneter Hirsch ({5})
Wünscht der Herr Berichterstatter das Wort? - Das ist nicht der Fall.
Dann treten wir in die zweite Beratung ein. Ich eröffne die Aussprache. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Ich rufe die Art. 1 bis 6, Einleitung und Überschrift auf. Wer den aufgerufenen Artikeln, der Einleitung und der Überschrift zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei Gegenstimmen der Fraktion der FDP und einer Anzahl Enthaltungen sind die aufgerufenen Artikel, die Einleitung und die Überschrift angenommen. Die zweite Beratung ist beendet.
Ich eröffne die
dritte Beratung.
Wird das Wort gewünscht? - Das Wort hat Herr Professor Süsterhenn.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe namens der Fraktion der CDU/CSU folgende Erklärung abzugeben. Das uns zur Verabschiedung vorliegende Gesetz trägt die Überschrift „Neuntes Strafrechtsänderungsgesetz". Dieser Titel wird dem Teil des Gesetzes gerecht, der für alle Taten und für jeden Täter allgemeingültig ist und sein und bleiben wird. Diese Allgemeingültigkeit des Gesetzes möchte ich besonders unterstreichen.
, Wollen wir uns aber nicht selbst und andere über die Tatsachen hinwegtäuschen, so kommen wir nicht an der Feststellung vorbei, daß es sich hier quasi um eine Tilgungsrate und, wie wir nach innen und nach außen deutlich sagen wollen, sozusagen um
die Schlußrate auf rechtlichem Gebiet für die schwere Hypothek handelt, die auf unserer Geschichte liegt. Hier ist der wirkliche Ausgangspunkt dieser Gesetzgebung.
Daß ein Kompromiß in Richtung der Allgemeingültigkeit erzielt werden konnte, erleichtert einer Mehrheit der CDU/CSU-Fraktion die Zustimmung zu diesem Gesetz. Nur wenige Fragen haben unsere Fraktion und, wie ich glaube, weiteste Teile des deutschen Volkes so stark beschäftigt wie dieses Problem. Bei uns in der Fraktion haben die zuständigen Arbeitskreise für. Rechtsfragen und für Außenpolitik das Thema in der gründlichsten Weise von allen Aspekten her betrachtet und beraten. Die Gesamtfraktion war in Sondersitzungen und anderen Sitzungen damit befaßt. Wir haben die verschiedensten Gutachten zu diesem Problemkreis eingeholt. Wir haben uns die Entscheidung wahrlich nicht leicht gemacht.
Wenn unsere Fraktion trotzdem keine einhellige Meinung erzielt hat, dann ist das bei dieser Materie nur zu verständlich, und niemand sollte aus dieser Meinungsverschiedenheit unserer Abgeordneten Uneinigkeit oder ähnliches machen wollen. In Fragen, die das Gewissen berühren - und hier handelt es sich wirklich um eine Gewissensfrage allerersten Ranges -, ist nur eines notwendig: daß jeder in seiner Entscheidung frei bleibt und daß jeder die begründete Meinung des anderen respektiert.
({0})
Wenn man anders verfahren wollte, würde es dem Buchstaben und dem Geist der Bestimmungen unseres Grundgesetzes nicht gerecht werden.
Nun zur Sache selbst. Es hat Vorstellungen gegeben, die Verjährung von Mord und Völkermord einfach völlig aufzuheben und damit, wie es hieß, die entsprechende Konvention der Vereinten Nationen, die am 26. November 1968 geschlossen wurde, durch eine innerdeutsche Gesetzgebung, wie man das nannte, zu unterlaufen. Die CDU/CSU-Fraktion ist einmütig der Auffassung, daß eine Annahme dieser Konvention und auch ein Unterlaufen durch eine eigene, innerdeutsche Gesetzgebung nicht in Betracht kamen und auch nicht in Betracht kommen. Diese Konvention der Vereinten Nationen enthält die sogenannte große Rückwirkung und legt dabei Rechtsbegriffe zugrunde, die dem deutschen Recht fremd sind. Die Konvention ist, was die Verfolgung zurückliegender Taten anlangt, einseitig gegen Taten Deutscher anderen gegenüber orientiert. Rechtliche Möglichkeiten, auch Taten, die an Deutschen begangen wurden, zu verfolgen, eröffnet diese Konvention nicht.
Diese Konvention stellt - entgegen verschiedentlich geäußerten anderen Meinungen - auch kein allgemeinverbindliches Völkerrecht dar, sondern bindet nur jene Nationen, die sie ratifizieren. Man kann, weil es sich nicht um allgemeinverbindliches Völkerrecht handelt, auch nicht den Standpunkt vertreten, daß sie auf dem Wege über Art. 25 des Grundgesetzes automatisch ein Bestandteil des innerdeutschen Rechts geworden sei. Wir lehnen auch ein innerdeutsches Vorgehen im Sinne dieser
Konvention ab und halten es auch aus verfassungsrechtlichen Gründen für unmöglich.
Trotzdem stand die CDU/CSU-Fraktion wie jeder rechtlich Denkende vor der Frage, was zu geschehen habe, um mit dem vor uns stehenden Problem fertig zu werden. Wir sind uns einig im Abscheu vor den vom NS-Regime veranlaßten und unter ihm begangenen Untaten; wir sind uns einig in dem gemeinsamen Bestreben, durch Entwicklung des Rechtsstaates ähnliche unheilvolle Entwicklungen auch für die Zukunft unmöglich zu machen. Wir bekennen uns zu der moralisch wie rechtlich begründeten Wiedergutmachung an den Opfern des NS-Regimes, soweit diese überhaupt möglich ist. Daß das nicht nur schöne Worte sind, hat die Bundesrepublik Deutschland in den vergangenen Jahren durch praktisches Handeln bewiesen. Dies ist auch von den Betroffenen anerkannt worden.
Ebenso entschieden wenden wir uns aber auch gegen jedes Unrecht ähnlicher Art, mag es begangen worden sein oder noch begangen werden durch wen immer und an wen immer. Ich glaube, daß wir uns zu dem Gedanken von der unteilbaren Gerechtigkeit bekennen müssen. Man kann nicht die Gerechtigkeit partiell sehen und die Gerechtigkeit - oder auch die Ungerechtigkeit - nur für ein Volk konstatieren und dieses Problem im übrigen für die Gesamtheit der Völker innerhalb der Völkerrechtsgemeinschaft als nicht existent betrachten.
({1})
Dieses Streben nach möglichster Gerechtigkeit, und zwar möglichster Gerechtigkeit auch im Rahmen der Völkerrechtsgemeinschaft, gibt der Verjährungsfrage ihr besonderes, moralisches, rechtliches, rechtspolitisches, innen- und außenpolitisches Gewicht.
Das Bundesverfassungsgericht hat durch sein Urteil vom 26. Februar dieses Jahres klargestellt, daß das Grundgesetz einem Gesetze nicht im Wege steht, das noch nicht abgelaufene Fristen der Verjährung verlängert oder abschafft. Damit ist durch Richterspruch eine Frage klargestellt, die unsere Fraktion lange und intensiv beschäftigt hat. Insofern war man auch gut beraten, indem man dieses Urteil zunächst einmal abwarten und die Probleme nicht vorschnell in Eile aus der Welt schaffen wollte.
Die rechtspolitische Frage, ob ein Strafgesetz mit rückwirkender Kraft wünschenswert sei oder nicht, bleibt durch dieses Urteil freilich unberührt. Uns allen steckt zweifellos noch die Erinnerung an die Lex van der Lubbe und ihre nachträgliche Anerkennung durch das Reichsgericht in den Knochen. Viele betrachten vielleicht nicht mit Unrecht gerade diese rückwirkende Kraft derartiger Gesetze als den eigentlichen Beginn der Kurruption des Rechtswesens im nationalsozialistischen Deutschland. Aber von einem auch nur annähernd ähnlichen Vergleich kann bei dem vorliegenden Gesetz nicht die Rede sein.
({2})
Mord war immer mit der schärfsten Strafe bedroht. Unser Grundgesetz hat durch die Abschaffung der Todesstrafe gegenüber der vorher geltenden Rechtsordnung - auch in der Weimarer Republik geltenden Rechtsordnung - den Mördern schon das Leben geschenkt, freilich das Leben hinter Zuchthausmauern geschenkt, aber immerhin das Leben. Niemand in unserem Lande, am allerwenigsten die CDU/CSU- Fraktion dieses Hauses denkt daran, einen Mörder seiner verdienten Strafe zu entziehen. Die persönliche Schuld ist und soll bleiben die Grundlage für die Bestrafung und für die Zumessung der Strafe. Der alte deutsche Rechtssatz „Mord schreit zum Himmel, gleich wann und warum er begangen wurde" hat auch für heute seine Gültigkeit. Aber die Umstände der Tat spielen natürlich bei der Zumessung der Strafe für den Täter ihre Rolle, natürlich auch für die Bemessung des Grades seiner Verantwortlichkeit und damit auch letztlich für die Zumessung der Strafe.
Dieses Bestreben entsprang dem elementaren Bedürfnis nach Gerechtigkeit, hat aber auch seine Grenze in dem Gedanken, den unser Fraktionsvorsitzender Dr. Barzel zum Ausdruck brachte: Wir sind nicht das Jüngste Gericht. Meine Damen und Herren, selbst der liebe Gott, wenn er die Rolle des weltlichen Gesetzgebers übernehmen wollte, wäre jedenfalls als weltlicher Gesetzgeber kaum in der Lage, in einem Gesetz, in einem staatlichen Strafgesetz so restlos individualisierend zu differenzieren, daß jeder damit zufrieden sein könnte. Wir müssen uns darüber im klaren sein, daß schließlich alles Recht in dem Spannungsverhältnis zwischen innerer Legitimität und formaler und insbesondere auch verfahrensrechtlicher Legalität steht, zwischen den beiden Forderungen nach materieller Gerechtigkeit und Rechtssicherheit, auch im prozeduralen Sinn, auch im Sinne der Berechenbarkeit.
Immer kommt es letztlich entscheidend auf die Schuld des Täters an, und diese Schuld ist verknüpft und unlöslich verbunden mit den Umständen der Tat. Niemand kann die unheilvolle Verknüpfung des Schicksals verkennen, die Männer hat zu Mördern werden lassen und Unschuldige zu ihren beklagenswerten Opfern, eine Verknüpfung, ohne die jene wohl nicht Mörder und diese keine Opfer geworden wären. Ich glaube, für diese Erwägung müßten gerade diejenigen Verständnis zeigen, die im Sinne der modernen Entwicklung innerhalb der Strafrechtswissenschaft und der ihre Fortschrittlichkeit stärker betonenden Lehre darauf hinweisen, daß man eigentlich weniger von dem Verschulden eines Täters, von dem Schuldtäter sprechen dürfe, sondern den Täter vielmehr als Opfer der Gesellschaft betrachten müsse, im übertriebenen Sinne: nicht der Täter, sondern die Gesellschaft sei schuld. Ich glaube, daß man auch bei der Betrachtung dieses Komplexes von solchen Erwägungen nicht einfach völlig abstrahieren kann.
Es kommt noch folgendes hinzu. Der Strafgesetzgeber von 1871 konnte nicht ahnen, daß der état criminel selber Mordbefehle gibt, Zehntausende in sie verstrickt und Hunderttausende, ja, Millionen ihre Opfer werden läßt. So kam es in unserem damaligen kaiserlichen Strafgesetzbuch zu der Verjährungsfrist von 20 Jahren. Wenn aber schon für den „normalen" Mord durch unser soeben beschlos13556
senes Strafrechtsreformgesetz eine 30jährige Verjährungsfrist für richtig und notwendig gehalten wird, so wäre es ganz unerträglich, wenn Massenmörder, deren Schuld im justizförmigen Verfahren festgestellt wird - und, meine Damen und Herren, „im justizförmigen Verfahren" bedeutet: unter Beachtung aller Garantien der Rechtsstaatlichkeit festgestellt wird, wozu auch die Frage der Beweisbarkeit und des Beweises gehört, wozu auch der in unserem Grundgesetz und in der Konvention zum Schutze der Menschenrechte, die von uns ratifiziert worden ist, enthaltene Grundsatz „in dubio pro reo" gehört -, durch den Genuß einer nur 20jährigen Verjährungsfrist günstiger gestellt würden, als es dieses Hohe Haus generell durch die Festsetzung der 30jährigen Verjährungsfrist in der Strafrechtsreform als seinen Willen zum Ausdruck gebracht hat.
Gewisse Kreise, die sich aus ganz anderen Gründen als ein Teil meiner Fraktionskollegen gegen das vorliegende Gesetz wenden, bekennen sich zu der Parole „Schluß machen" und führen in diesem Zusammenhang gern das Wort „Selbstbeschmutzung" im Mund. Ich glaube, man kann sich so, indem man einfach aus einem gewissen Unmut, aus einem gewissen Unbehagen heraus die Parole „Schluß machen" ausgibt, nicht selbst und auch ein Volk nicht aus der historischen Verantwortung wegstehlen.
({3})
Das Wort vom Vogel, der sein eigenes Nest beschmutzt, ist natürlich äußerst populär und auf den ersten Blick sehr eingängig, vor allen Dingen deswegen, weil die Leute, die es gebrauchen, damit rechnen, daß sie für die besseren Vögel gehalten werden. Wir können solchen Überlegungen aber nicht zustimmen. Wir gehen lieber von Tatsachen und ihrer nüchternen Betrachtung aus. Das Sprichwort sagt doch eigentlich: kein Vogel duldet Schmutz in seinem Nest, und ich glaube, in diesem Sinne können wir uns diese Parole zu eigen machen. Wir auch nicht! Wir meinen, daß es für ein Volk unerträglich ist, mit erkannten, überführten, für vollverantwortlich erklärten Massenmördern auf rechtsgleicher Basis innerhalb dieses freiheitlichen demokratischen Rechtsstaates zusammenzuleben.
({4})
Auf der anderen Seite sind wir in unseren Anforderungen an die tatsächlich zu verwirklichende Gerechtigkeit auch einsichtig genug, von der Empfindung her gewiß sehr unbefriedigende Freisprüche hinzunehmen - aber Freisprüche, die letztlich in einem rechtsstaatlich geführten Prozeß erfolgen und die sich auf Fälle beziehen, in denen eben die Beachtung der Regeln dieses rechtsstaatlichen Prozesses kein anderes Urteil erlaubt. Ich glaube, daß auch im Ausland solche Urteile bei den Gutmeinenden verstanden werden. Der Weg zum Vertrauen der anderen Nationen geht ebenso über die möglichste Verwirklichung der materiellen Gerechtigkeit wie aber auch über das unbeirrbare Festhalten an der Rechtsstaatlichkeit.
Das Fazit: Die Schwierigkeit der Beweisfindung in so großem Abstand von der Tat ist ein schwerwiegender justizpolitischer Einwand, entbindet aber nicht von der Pflicht, dort aufzuklären, dort zu verfolgen, dort zu verurteilen, wo dies entsprechend den rechtsstaatlichen Prinzipien unserer Prozeßordnung eben noch möglich ist.
Vom Recht her gesehen sind das einige der Gesichtspunkte - durchaus nicht alle -, die der CDU/CSU-Fraktion in ihrer Mehrheit die Zustimmung zu dieser Vorlage, wie sie über den Rechtsausschuß an uns gekommen ist, ermöglichen. Der Rechtsausschuß hat die rechtssystematischen Ergänzungen vorgenommen, die rechtssystematischen Formulierungen gefunden, die aus den politisch formulierten Initiativen der Fraktionen hervorgegangen sind.
Ein Wort aber auch noch zu den außenpolitischen Überlegungen, die uns bei unserer Entscheidung leiten. Nur wer blind ist oder blind sein will, kann übersehen, daß die Verjährungsfrage entscheidend auch von außenpolitischen Überlegungen bestimmt ist, die übrigens auch ihre innenpolitischen Rückwirkungen haben. Die Kommunisten und ihre Helfershelfer bei uns im Lande werden sich allerdings bei dieser Sache - ich möchte es einmal burschikos ausdrücken - keine Scheibe Speck abschneiden können. Denn allzu offensichtlich ist, daß nicht nur der kommunistische Block im Osten, sondern auch die kommunistischen Parteien in den Ländern der Dritten Welt und in den westlichen Ländern auf eine ewige Diffamierung der Deutschen abzielen. Wir sollen für sie immer eine Nation des Nazismus, des Neofaschismus, des Militarismus und des Revanchismus bleiben, weil man diese Argumentation eben nötig hat, um daraus die entsprechenden politischen Konsequenzen zu ziehen, um etwa auch ein sogenanntes Interventionsrecht statuieren und konstruieren zu können.
Andere Unbelehrbare bei uns, denen man leider das Beiwort „rechts" widmet, werden mit Sicherheit von einem Zu-Kreuze-Kriechen oder ähnlichem sprechen. Sie verschweigen aber dabei, daß leider der Weltöffentlichkeit, auch in den nichtkommunistischen Ländern, die Untaten, die auf das Konto deutscher Geschichte gehen, viel bewußter sind als die Untaten anderer. Das ist eine Tatsache, die wir beklagen mögen, aber das ist nun einmal vorläufig so, und diese Tatsache müssen wir eben auch bei unseren Entscheidungen als einen realen Faktor auf dem Gebiet der Außenpolitik mit berücksichtigen.
Natürlich könnte von uns aus vielleicht noch mehr geschehen, um diese Sachverhalte ins rechte Lot zu bringen. Das hat mit Aufrechnung nichts zu tun, sondern es ist eine Forderung der objektiven, unteilbaren Gerechtigkeit, daß man auch diesem Komplex allgemein schuldhaften Handelns in der Welt überhaupt zumindest hinsichtlich der Tatsachenfeststellung eine stärkere Beachtung schenken sollte, als das bisher geschehen ist.
({5})
Das von mir vorhin gebrauchte Wort von Taten, wo immer und von wem immer sie begangen worden sind, zwingt bei uns wegen des LegalitätsprinDr. Süsterhenn
zips zur Beweissicherung. Das gilt sicherlich zunächst intern, d. h. intern nicht nur in dem Sinne, als es sich um deutsche Täter handelt, sondern intern auch, soweit es sich um mögliche Täterkategorien handelt, die der Hoheitsgewalt der deutschen Rechtspflege etwa durch ihre Anwesenheit im Bundesgebiet unterstehen. Aber auch international sollte der moralische Anspruch erfüllt werden, daß alle Taten in gleicher Weise zu verfolgen sind.
({6})
Das ist eine der Erwartungen, von denen die Mehrheit der CDU/CSU-Fraktion bei ihrer Zustimmung zu diesem Gesetz ausgeht und die auch jene unserer Freunde teilen, die dieser Vorlage nicht zustimmen.
Wir für unseren Teil wollen also so weit als möglich dem Recht, der Gerechtigkeit national und international zum Erfolg verhelfen. Dies ist die Voraussetzung, unter der wir die Zustimmung zu diesem Gesetzestext zum Ausdruck bringen, und so und nicht anders ist unser Entschluß in dieser Sache zu erklären. Es geht uns, wie ich nochmals betonen möchte, nicht um Aufrechnen, sondern um Recht und Gerechtigkeit, um Schutz des Lebens, um gerechte Sühne für Mord und Völkermord.
Die Mehrheit unserer Fraktion wird der Vorlage unter diesen Voraussetzungen - ich kann hier nicht alle Gedankengänge aufführen - ihre Zustimmung geben. Diese Fraktionsmehrheit bezeugt gleichzeitig ihre Achtung vor dem Standpunkt der Minderheit in Erinnerung an das Wort, das Papst Innozenz I. am 13. Dezember 414 an die mazedonischen Bischöfe gerichtet hat. Das Wort liegt also so weit zurück, daß man wagen darf, es hier zu zitieren. Es heißt dort:
Wenn von Völkern oder von großen Gruppen gesündigt wird, dann pflegt das oft ungesühnt durchzugehen, da wegen dieser großen Zahl nicht gegen alle vorgegangen werden kann. Deshalb, sage ich, muß das Vergangene dem Urteil Gottes überlassen bleiben und für die Zukunft mit äußerster Anstrengung vorgebeugt werden.
Mit diesem Gesetz überlassen wir aber das Vergangene nicht ausschließlich der Fürsorge und dem Urteil Gottes, sondern wir versuchen, in dem vertretbaren und möglichen Rahmen - wohl wissend, daß wir nicht die Repräsentanten von Gottes Jüngstem Gericht sind - die irdische Gerechtigkeit so zu verwirklichen, wie es uns unser Grundgesetz aufträgt.
({7})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Zimmermann.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe die Ehre, für eine Gruppe von Abgeordneten der CDU/CSU, deren zahlenmäßiger Umfang sich in der Abstimmung dokumentieren wird, folgende Erklärung abzugeben.
Das vor uns liegende Gesetz kann eine neue Erschütterung des Rechtsbewußtseins im deutschen Volk bewirken. Der Deutsche Bundestag hat 1965 eine aus den gegebenen Verhältnissen begründbare Neuberechnung der Verjährung beschlossen in dem Willen, eine endgültige Regelung zu treffen und das leidvolle Problem der Verjährung damit abzuschließen. Für viele, die auch heute unter uns sitzen, war nach langen und tiefgründigen Erwägungen die Zusicherung der Bundesregierung, sie werde bei einer Verlängerung der Verjährungsfrist um fünf Jahre die anstehenden Verfahren bewältigen und noch ungeklärte Fälle aufzuklären vermögen, die entscheidende Bedingung für ein Ja. Kann jetzt der Gesetzgeber nach wenigen Jahren seine Entscheidung wieder ändern, ohne daß seine Bürger in die Gefahr kommen, an Gesetz und Recht irre zu werden, wenn sie sich als so unbeständig erweisen?
Die heutige Lage ist von der des Jahres 1965 wesentlich verschieden. Wenn immer noch geltend gemacht wird, daß das Auslaufen der Verjährung bisher unbekannt gebliebenen Mördern zu sachlich ungerechter und Ärgernis erregender Straflosigkeit verhelfe, so kann der Gesetzgeber sich im Jahre 1969 nicht mehr mit dem Hinweis auf die abstrakte Möglichkeit unbekannt gebliebener Täter begnügen. Er muß seine Darlegungen und Voraussagen von 1965 weiterführen und dartun, inwiefern seine damaligen Erwartungen sich nicht erfüllt haben. Er muß sagen, mit wieviel Fällen von realer Überführungsmöglichkeit er jetzt noch rechnet. Er muß einigermaßen konkret sagen, wie schwer die Gefahr wiegt, daß durch die Straflosigkeit überführbarer Täter die Gerechtigkeit Not leidet.
Alle Anzeichen deuten darauf hin, daß es sich nur noch um wenige unbekannt gebliebene Täter handeln kann. Es können nur noch wenige sein, weil die intensiven Ermittlungen in der Zeitspanne von 1965 bis 1969 die Möglichkeiten weitgehend ausgeschöpft haben und weil die Zahl der überhaupt noch überlebenden Beschuldigten und Zeugen jeden Tag kleiner wird. Dabei sind sich alle darüber einig, daß es sich bei den in Zukunft auftauchenden Tätern durchweg nur noch um Personen untergeordneten Ranges handeln wird. Der Leiter der Ludwigsburger Stelle hat sich dahin ausgesprochen, daß in Zukunft mehr noch als bisher nur untergeordnete Tatbeteiligte vor Gericht gestellt werden können. Er hat bezeichnenderweise davon gesprochen, daß „die jüngeren untergeordneten Täter ihre zu alt und gebrechlich gewordenen Vorgesetzten auf der Anklagebank vertreten müssen". Das ist ein wörtliches Zitat.
Gegenüber der Gefahr der Ungerechtigkeit durch Straflosigkeit einiger Schuldiger muß als Gegengewicht in der anderen Schale der Gerechtigkeit abgewogen werden, daß für viele, auch für viele Unschuldige, die Gefahr besteht, in ein Ermittlungsverfahren wegen Beteiligung an NS-Mordtaten gezogen zu werden. Denn je ferner in der Vergangenheit die Tat, je unbestimmter die Umrisse und Umstände geworden sind, je ungewisser das Maß der Beteiligung des einzelnen, desto größer die Gefahr
für den einzelnen, in ein Verfahren gezogen zu werden.
Das NS-Verbrechen ist seinem Typus nach ein Staatsverbrechen, von den Machthabern so geplant und zur Ausführung befohlen, daß viele in den Ablauf der Verbrechensausführung gezogen worden sind. Wer in diesem Ablauf auch nur äußerlich auftaucht, ist der Beteiligung verdächtig. Die Gefahr für einen Unschuldigen, in einem solchen Verfahren noch verurteilt zu werden, ist sicher nicht groß, weil Belastungs- und Entlastungsbeweis nach einem Menschenalter gleich schwach sein werden. Aber die Gefahr, in ein solches Verfahren einbezogen zu werden, ist erschreckend groß. Die Dauer eines solchen Ermittlungsverfahrens beträgt nach den Ludwigsburger Auskünften mindestens fünf Jahre. Die Ermittlungsquote wird demnächst unter 1 % liegen, so daß in absehbarer Zeit Hunderte in Ermittlungsverfahren schweben, damit ein Beschuldigter überführt werden kann.
An der Unsicherheit dieses weiten Verfahrenskomplexes kann der Gesetzgeber nicht vorbeigehen. Meine Freunde und ich sehen uns nicht in der Lage, einem Gesetz zuzustimmen, das die Masse der so verschiedenartigen Fälle, die vom wirklichen Mörder bis zur Schreibkraft, vom Lokomotivführer bis zum Wachmann reicht, ohne Unterscheidung noch einmal zehn Jahre vor sich herschiebt und das der Justiz in der praktischen Bewältigung einer fast unlösbar gewordenen Aufgabe keinerlei Hilfe bietet. Wohl hat die Entscheidung des Fünften Senats des Bundesgerichtshofes eine gewisse Unterscheidung der Beihilfefälle gebracht, aber sozusagen zufällig und in der Auswirkung juristischer Kunstbegriffe. Der Gesetzgeber hätte sich der eigenen Unterscheidung zwischen „unerträglichem Unrecht" und der „Masse der minder schweren Fälle" nicht entziehen dürfen.
Meine Damen und Herren, die Verjährung hat einen tiefen rechtspolitischen Sinn. Sie verzichtet auf die letzte Gerechtigkeit wegen der Rechtssicherheit, wegen des Rechtsfriedens. Sie besteht im deutschen Recht seit 1851 und beruht auf einer bewährten deutschen Rechtstradition. Sie ist aufrechterhalten worden sogar unter den Kontrollratsgesetzen von 1945.
Wir müssen auch in Kauf nehmen, daß man uns in weiten Teilen der Welt, insbesondere im angelsächsischen Rechtskreis, mit dieser Institution der Verjährung nicht verstehen wird, weil dort das Opportunitätsprinzip gilt, das mit der Nichtverjährbarkeit korrespondiert, während bei uns eben das Legalitätsprinzip mit der Verjährung gekoppelt ist. Diese Rechtsordnung verzichtet um der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens willen mit großer Absicht und im Bewußtsein dessen, was hier abgewogen werden muß, auf die letzte irdische Gerechtigkeit. An dieser Institution möchten wir festhalten, ob es populär scheint oder nicht. Weder Meinungsbefragungen noch ausländische Stimmen, weder Stimmung noch Schelte haben uns beeinflußt.
Es ist gesagt worden, der Prozeß der Freisprechung unseres Volkes von dem falschen Vorwurf der Kollektivschuld könne nur gelingen, wenn wir
die Mörder in diesem Volke stellen und zur Verantwortung ziehen. Wenn das wahr wäre, könnten wir in der Tat nicht auf einen Frieden unter den Völkern hoffen. Denn wer kann wirklich erwarten, daß wir und andere Völker nach den tausendfachen Greueln dieses Jahrhunderts den letzten Mörder stellen, um sich mit seiner Verurteilung zu entsühnen?
({0})
Wer kann das nicht nur bei uns, sondern über die ganze Welt hin erwarten? Aber eine solche Betrachtungsweise zeugt ja von einer seltsamen Einengung der Geschichte und ihrer Gerechtigkeit auf sozusagen kriminalrechtliche und forensische Maßstäbe.
Wir wissen, daß diejenigen, deren Maßstab die Feindstaatenklausel ist, uns aus dem Zustand der Anklage und der Schuldigsprechung nie entlassen wollen.
({1})
Aber wir hoffen auf den freien und souveränen Spruch der Geschichte, die nicht nach einer fast mechanisch gewordenen Abwicklung von Prozessen fragt, sondern die einem Volk, das sich von einer bösen Vergangenheit abkehrt, und einer neuen Generation, die entschlossen den Weg des Friedens geht, auch die Chance gibt, ohne verewigte Demütigung seine Aufgaben in dieser Welt zu erfüllen.
({2})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Bucher.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der Freien Demokratischen Partei lehnt diesen Gesetzentwurf ab. Sie bleibt damit konsequent bei der Haltung, die sie in dieser Frage schon immer vertreten hat, im Unterschied allerdings zur Mehrheit dieses Hauses, die im Laufe der Jahre sehr verschiedene Haltungen dazu eingenommen hat.
1960 hat es der Deutsche Bundestag mit sehr großer Mehrheit abgelehnt, die Verjährung für Totschlag, die damals ablief zu verlängern. 1965 war die Mehrheit dieses Hauses zwar auch der Meinung, eine Verlängerung der Verjährungsfrist mit rückwirkender Kraft sei verfassungsrechtlich zumindest bedenklich, hat aber dann im Wege des Kompromisses eine Lösung gefunden, die Verjährungsfristen neu zu berechnen mittels der Fiktion, die deutschen Gerichte hätten vier Jahre lang nicht arbeiten können. Es ist interessant, daß das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung, die es kürzlich gefällt hat, diese Fiktion als solche enthüllt, d. h. klar zum Ausdruck gebracht hat, daß es sich damals materiell einfach um eine Verlängerung der Verjährung handelte.
Heute will man nun endgültig die Verjährungsfrist rückwirkend verlängern. Das ist eine Konzeption, die zu der von 1965 in Widerspruch steht, und es ist mir eigentlich nicht ganz klar, wie jemand, der 1965 jener Neuberechnung zugestimmt hat, heute der Verlängerung der Verjährungsfrist zustimmen
kann. Aber unser Kollege Busse hat ja schon 1965 am Ende der Debatte prophezeit, daß wir uns hier in vier Jahren wiedersehen werden. Jedenfalls erregt diese ganze Entwicklung ein ungutes Gefühl. Man bekommt doch den Eindruck, daß hier Rechtspolitik auf dem Gebiete des Strafrechts von Fall zu Fall nach den Bedürfnissen der Tages- oder Jahrespolitik gemacht wird. Wenn man es unhöflich ausdrücken wollte, müßte man von Manipulation sprechen. Das will ich nicht. Ich sage nur: Es ist eine Politik von Tag zu Tag.
Der Herr Kollege Jaeger hat in der ersten Lesung gesagt: „Rechtspolitik wird nicht im luftleeren Raum gemacht, sondern für ein konkretes Volk." Der Satz stammt nun sicher nicht aus einem Lehrbuch der katholischen Naturrechtslehre, und ich würde ihm allenfalls insoweit zustimmen, als es sich um untergeordnete Dinge handelt, um Gewerbeordnung oder Regelung des Straßenverkehrs und ähnliche Dinge. In grundsätzlichen Fragen wird aber Rechtspolitik nicht nur für ein konkretes Volk und für eine konkrete Zeit gemacht, sondern hier handelt es sich wirklich um Prinzipien.
Nun hat zwar das Bundesverfassungsgericht gesprochen und erklärt, die rückwirkende Verlängerung der Verjährung verstoße nicht gegen das Grundgesetz. Wir halten diese Entscheidung - das sage ich ganz offen - für nicht richtig - das darf man ja -, aber wir sehen selbstverständlich davon ab, dieses Argument nach dem Spruch des Bundesverfassungsgerichts weiter vorzutragen. Es ist aber auch nicht das entscheidende Argument. Es kommt nicht entscheidend darauf an, ob die Verjährungsbestimmungen dem materiellen oder dem prozessualen Recht zugehören, sondern das Wesen der Verjährungsbestimmungen ist doch - wenn ich hier unseren Kollegen Adolf Arndt aus einem Aufsatz aus dem Jahre 1965 zitieren darf - „eine Schutzvorkehrung gegen den Justizirrtum, ein Menetekel vor der Hybris". Die Verjährung hat, laut Arndt, nicht nur die Funktion, die Rechtssicherheit zu gewährleisten, sondern sie hat auch Gerechtigkeitsfunktion. Das sind die Grundsätze, von denen auch wir Freien Demokraten uns bei unserer Haltung leiten lassen. Wir meinen deshalb, man darf die Verjährung auch für schwerste Delikte nicht abschaffen, schon gar nicht rückwirkend abschaffen.
In der ersten Lesung ist das Zitat gefallen, das in einer Andeutung soeben auch bei Herrn Kollegen Süsterhenn durchgeklungen ist und das uns immer wieder entgegengehalten wird. Ich weiß nicht mehr, wer es in der ersten Lesung gesagt hat, aber es lautete: „Massenmörder berufen sich auf den Geist des Rechtsstaates." Erlauben Sie mir, daß ich - zum letztenmal - auch dazu den Kollegen Arndt aus dem soeben erwähnten Aufsatz zitiere. Arndt kritisiert dort, daß die Verjährungsdebatte weithin von der falschen Unterstellung ausgeht, die Personen, die man strafrechtlich zu verfolgen wünsche, seien selbstverständlich die wirklichen Täter. So sei man zu der irrigen Auffassung gekommen, die Verjährung sei ein Rechtsvorteil für Verbrecher. In der Tat, diese irrige Auffassung wird weithin vertreten; weithin wird, auch in der populären Meinung, der
Beschuldigte dem Täter gleichgestellt. Oft stellen wir ja fest, daß ein Mann, der wenig mit der Justiz zu tun hat, den Staatsanwalt und dessen Funktion nicht vom Richter und dessen Funktion unterscheiden kann; aber wir müssen das doch hier können. Wenn es so wäre, daß wir hier eine Gruppe von Nazimassenmördern hätten, die rechtskräftig abgeurteilt sind, und es käme jemand auf die Idee, sie zu amnestieren, dann würden wir selbstverständlich mit gutem Gewissen sagen: Diese Massenmörder wollen wir und werden wir nicht amnestieren. Aber wir haben hier eben keine feststehende Gruppe vor uns, und wir sollten uns deshalb auch hüten, diese Identifizierung von Beschuldigtem und Täter so oberflächlich, wie es oft geschieht, vorzunehmen. Ich erinnere an einen Vorfall, der sich vor etwa zwei Jahren in Großbritannien ereignet hat. Der dortige Innenminister hat über das Fernsehen freudig erregt bekanntgegeben, ein lange gesuchter Raubmörder sei nun endlich gefaßt worden. Es gab darauf einen Sturm der Entrüstung in der Öffentlichkeit, weil dieser „lange gesuchte Raubmörder" eben noch kein Raubmörder war, sondern nur ein des Raubmords sehr dringend - zu 95% - verdächtiger Mann. Der Minister hätte sich entsprechend ausdrücken müssen. Derjenige, gegen den ein Ermittlungsverfahren eröffnet wird, gegen den Anklage erhoben wird, der vor Gericht steht, ist nicht der Massenmörder XY, sondern er ist der Bürger XY, der dieses Verbrechens beschuldigt wird.
({0})
- Jawohl. So denken Sie heute, Herr Kollege Stammberger.
({1})
So denke ich auch, aber ich lege Wert auf den ersten Satz, daß es das Institut der Verjährung ja in erster Linie mit dem Beschuldigten zu tun hat. Dieses Institut soll davor schützen, daß Unschuldige nach langer Zeit in ein Verfahren verwickelt werden. Das hat Herr Kollege Zimmermann hier ja schon ziemlich eingehend geschildert. Ich kenne aus meiner eigenen Anwaltstätigkeit mehrere Fälle, wo Leute vor Gericht gestellt wurden, ein langes Verfahren - teilweise mit mehrmaliger Verhaftung, schwersten Belastungen für Beruf und Familie; Be-und Entlastungszeugen fehlten oder versagten - über sich ergehen lassen mußten, und am Schluß stand dann ein Freispruch mangels Beweises. Ich weiß nicht, ob der Betreffende schuldig war oder nicht. Ich weiß es so wenig wie das Gericht. Aber der Freispruch mangels Beweises zeigt, daß er potentiell unschuldig war, und hier gilt eben der Satz: in dubio pro reo. Der Sinn der Verjährung ist, diese Situation einer Infragestellung nach einem jahrelangen Prozeß zu vermeiden.
Es hat noch einen zweiten Sinn. Nicht nur der potentiell unschuldige Bürger soll nach langer Zeit vor einem Verfahren geschützt werden, auch die Justiz soll davor bewahrt werden, daß sie mit solchen Verfahren belastet wird, bei denen infolge
des Zeitablaufes am Ende eben nur ein non liquet stehen kann.
Denjenigen, die bei dieser Entscheidung - was ich gar nicht einmal als absolut unangebracht bezeichnen möchte - vielleicht einen Blick auf die Wirkung im Ausland werfen, gebe ich nur zu bedenken, daß die Wirkung genauso unerfreulich sein wird, wenn die Gerichte zwangsläufig infolge des „in dubio pro reo" in immer mehr Fällen auf Freispruch erkennen. Diese Wirkung wird vor allem bei den ausländischen Staaten, die das Problem nicht sachlich, sondern propagandistisch behandeln, entsprechend ausgewertet werden.
Ich möchte darauf verzichten, zur Anzahl der eventuell noch anstehenden Täter Weiteres auszuführen, da hierzu der Kollege Zimmermann schon einiges gesagt hat. Jedenfalls ist mir auch die Äußerung von Oberstaatsanwalt Rückerl bekannt, daß mit der Aufdeckung von Tatkomplexen der oberen Ebene in Zukunft nicht mehr zu rechnen sei; diese seien bekannt. Ich glaube, man muß dasselbe für die Exzeßtäter in den Konzentrationslagern annehmen; deren Brutalitäten liegen ja offen zutage und sind sicher berichtet worden. Es kann sich also im wesentlichen nur noch um Fälle der unteren Ebene, um Grenzfälle, in denen auf Befehl gehandelt worden ist, und ähnliches drehen.
Lassen Sie mich noch auf die Frage eingehen, warum wir uns im Parlament wiederholt mit diesem Problem befaßten und warum wir unsere Justiz weiterhin damit belasten müssen. Der Grund liegt darin, daß hier - nicht von der Justiz, sondern auf politischer Ebene - schwerwiegende Fehler begangen worden sind. Es sind anfangs von den Alliierten Fehler begangen worden, die häufig die Akten an deutsche Gerichte nicht herausgegeben und die Fälle selber nach einem ganz anderen System behandelt haben. Es wurden zwar sehr hohe Freiheitsstrafen ausgesprochen, aber nach verhältnismäßig kurzer Zeit erfolgte ein Gnadenerweis, und das führte zu der besonders schockierenden Tatsache, daß manche solcher rechtskräftig abgeurteilter Täter, nachdem sie eine verhältnismäßig kurze Freiheitsstrafe verbüßt haben, heute längst wieder frei herumlaufen, während andere von deutschen Gerichten erheblich härter angefaßt werden.
Zweitens. Fehler sind auch von seiten der östlichen Staaten begangen worden, die jedenfalls in den ersten Jahren sehr gezögert haben, ihr Material herauszugeben. Drittens sind auch Fehler von uns selbst begangen worden, indem wir es nämlich unsererseits bekanntlich lange Jahre abgelehnt haben, uns um das Material im Osten zu kümmern. Ich lege besonderen Wert auf diese Feststellung, da wir Freien Demokraten - ich darf das aus meiner Zeit als Bundesminister für mich in Anspruch nehmen; der Herr Kollege Hirsch war so freundlich, es in einer Beratung eines sozialdemokratischen Arbeitskreises zu bestätigen - Wert darauf gelegt haben, daß dieses Material beigezogen wird, und wir uns nicht durch die Hallstein-Doktrin und gar eine völlig übertriebene und verschrobene Auslegung dieser Doktrin daran hindern lassen wollten, das zu tun. Es ging uns nicht darum, NS-Täter zu schützen, sondern es ging uns darum, dem Recht zu seiner Verwirklichung zu verhelfen. Aber diese politischen Fehler nachträglich mit Hilfe der Justiz gutmachen zu wollen, muß ein Versuch mit untauglichen Mitteln bleiben.
Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zum Schluß noch einen mehr philosophisch-moralischen Gesichtspunkt anführen. Es gibt ein Wort von Martin Niemöller, und ich zitiere es auf die Gefahr hin, daß ich das zum zweitenmal in diesem Hause tue. Aber es scheint mir doch bedeutsam zu sein. Martin Niemöller hat nach Kriegsende das Konzentrationslager in Dachau besucht, in dem er eingesperrt war und stellte dort fest, daß auf dem Gedenkstein die Zahlen 1933 bis 1945 eingegraben waren. Er sagte dann nachdenklich: „Und ich war nur acht Jahre hier." Wenn wir alle - ich meine damit alle, mit Ausnahme der Widerstandskämpfer und der politisch Verfolgten -, die wir zwölf Jahre mit den Wölfen geheult oder ihr Heulen zumindest tatenlos mit angehört haben, um unsere Existenz nicht zu gefährden, wenn wir alle das in unserem Gewissen tragen - fest eingeprägt - und, diesem Gewissen folgend künftig handeln, wenn wir jedes Unrecht und jede Gewalt, von wo sie auch kommen mögen, ablehnen und ihnen entgegentreten, werden wir mit diesen zwölf Jahren fertig, nicht aber, wenn wir glauben, sie auf die Justiz abschieben zu können.
({2})
Gestatten Sie mir, daß ich denselben Gedanken mit noch besseren Worten wiedergebe, mit einem Zitat aus der Bundestagssitzung vom 10. März 1965, aus der unvergessenen Rede von Thomas Dehler:
Jeder von uns, der damals Verantwortung getragen hat, hat das Empfinden, daß er zuwenig für das Recht gekämpft hat, daß er zuwenig Mut zur Wahrheit gehabt hat, nicht stark genug war in der Abwehr des Bösen. . . . Was können wir tun, um im Einklang mit der Stimmung, mit dem Willen der Welt zu sein? Sollen wir mit ihr hassen, verfluchen, Schuld und Sühne verewigen? Können wir dadurch Schaden von unserem Volke wenden? Nein. Wir können der Welt nur schlicht und Jest unseren Willen zum Recht dartun. Ein Mehr gibt es nicht.
({3})
Das Wort hat der Abgeordnete Borm.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich spreche in niemandes Namen. Ich stehe vor einer sehr schweren Gewissensentscheidung. Ich verstehe genug vom Recht, um würdigen zu können, welche Gründe dafür sprechen, nach einer gewissen Zeit infolge der eingetretenen Rechtsunsicherheit einen Mörder freizustellen. Ich habe lange mit meinem Gewissen gerungen. Ich werde diesem Gesetzesvorschlag meine Zustimmung nicht geben. Wer bewußt MörBorm
der geworden ist, darf nicht damit rechnen können, daß er eines Tages verfolgungsfrei gestellt wird. Ich werde mich also der Stimme enthalten um weder der Verfährungsfrist von 20 Jahren noch einer solchen von 30 Jahren zuzustimmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Hirsch.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Namens der SPD-Fraktion darf ich folgende Erklärung abgeben. Die SPD begrüßt die Ausschußvorlage. Sie sieht darin ihre wesentlichen Anliegen verwirklicht. Es ging darum, eine Lösung zu finden, die es gestattet, Mordtaten über einen längeren Zeitraum hinweg zu verfolgen, als es im geltenden Recht vorgesehen war. Die konsequenteste Lösung wäre es gewesen, die Verjährungsfrist bei diesen mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedrohten Strafttaten völlig aufzuheben. Aber auch eine Verlängerung der Frist bei Mord auf 30 Jahre genügt den praktischen Bedürfnissen. Im zweiten Strafrechtsreformgesetz, das dieser Bundestag am 9, Mai 1969 mit großer Mehrheit beschlossen hat, ist für die Zukunft eine entsprechende Verlängerung der Verjährungsfrist bei Mord und eine Aufhebung der Verjährungsfrist bei Völkermord bereits vorgesehen worden. Was für die Zukunft richtig ist, kann für die Vergangenheit nicht falsch sein. Wer für die Vergangenheit eine andere Verjährungsregelung haben will als für die Zukunft, setzt sich mit einem gewissen Recht dem Verdacht aus, daß er mit zweierlei Maß messen will. Das jetzige Gesetz erklärt diese Regelung des Zweiten Strafrechtsänderungsgesetzes für anwendbar auch bei Mordtaten, die in der Vergangenheit begangen wurden und die nach bisherigem Recht noch nicht verjährt sind. Wir halten das für konsequent. Diese sogenannte kleine Rückwirkung ist auch verfassungsrechtlich unbedenklich. Das Bundesverfassungsgericht hat sie in seinem Urteil vom 26. Februar 1969 für zulässig erachtet.
Für eine rückwirkende Lösung besteht auch ein Bedürfnis. Die Öffentlichkeit hat zu Recht kein Verständnis dafür, daß Mörder, deren Schuld einwandfrei nachgewiesen werden kann, nur deshalb unbestraft bleiben, weil es in einer zu kurz bemessenen Frist nicht möglich war, die Tat aufzuklären. Mord bleibt im Bewußtsein der Angehörigen der Opfer und auch der Allgemeinheit lebendig. Der Zeitablauf bringt das Bedürfnis nach Sühne und nach Gerechtigkeit für ein so schwerwiegendes Verbrechen nicht zum Erlöschen. Das Rechtsgefühl eines Volkes wurde korrumpiert, wenn Morde ungesühnt bleiben müßten, obwohl sie gesühnt werden könnten. Dies gilt für einen Mord an einem Taxifahrer ebenso wie für die zahllosen, in ihrer Grausamkeit nicht zu beschreibenden Mordtaten, die in der Zeit des nationalsozialistischen Terrors im Namen des deutschen Volkes begangen worden sind. Niemand ist berechtigt, wegen dieser Morde einen kollektiven Schuldvorwurf gegen das gesamte deutsche Volk zu ,erheben. Um so dringlicher ist deshalb die Forderung nach einer Bestrafung der Schuldigen. Diese
Forderung haben zu allererst die Deutschen selbst aufzustellen und zu erfüllen.
Ein großer Teil der Schuldigen konnte bereits zur Verantwortung gezogen werden. Nach den Erfahrungen der Zentralen Ermittlungsstelle in Ludwigsburg gibt es jedoch immer noch zahlreiche unaufgeklärte Mordkomplexe. Das ist der Grund, warum wir über unsere Regelung aus dem Jahre 1965 hinausgehen müssen, ganz abgesehen davon, daß diese Regelung geprägt war durch die Ungewißheit über die Rechtslage, die heute durch das vorhin erwähnte Urteil des Bundesverfassungsgerichts eindeutig geklärt ist.
Das neue Gesetz verhindert, daß in den künftigen Strafverfahren Mörder auf der Zeugenbank erscheinen, die auf die Anklagebank gehören. Es geht lediglich um diejenigen - hier besteht ein weit verbreitetes Mißverständnis -, die selbst grausam, heimtückisch oder aus niedrigen Beweggründen gehandelt haben. Die von Mitgliedern dieses Hauses geforderte differenzierte Lösung ist bereits Praxis der Gerichte, die in jedem Einzelfall zu prüfen haben, ob etwa ein Befehlsnotstand oder ,ein Verbotsirrtum gegeben ist und ob ein Merkmal des Mordtatbestandes in der Person des Täters vorgelegen hat. Für eine darüber hinausgehende gesetzliche Regelung besteht kein Bedürfnis; sie wäre weder gerecht noch praktikabel.
Zum Schluß nochmals eine Bemerkung zu den Auswirkungen des neuen § 50 Abs. 2 StGB. Auch wenn man der Auslegung des § 50 Abs. 2 folgt, die der 'Bundesgerichtshof in einem Urteil vom 20. Mai 1969 vorgenommen hat - mit dieser Frage haben wir uns ja bereits in der ersten Lesung des vorliegenden Gesetzentwurfs beschäftigt -, ist es keineswegs zwangsläufig so, daß nun alle Schreibtischtäter etwa wegen Verjährung straflos ausgehen müßten. Obwohl diese Behauptung immer wieder erhoben wird, muß mit aller Deutlichkeit gesagt werden, ,daß dies falsch ist.
Es bleiben einmal die Fälle, in denen die Tatausführung grausam oder heimtückisch war. Hier kann der Gehilfe nach wie vor wegen Mordbeihilfe bestraft werden, auch wenn er selbst nicht grausam oder heimtückisch handelte. Bei diesen sogenannten tatbezogenen Merkmalen ist die Verjährung nicht eingetreten. Aber auch soweit es sich nicht um niedrige Beweggründe handelte, also um sogenannte täterbezogene Merkmale, die nach der Neufassung des § 50 Abs. 2 'nunmehr auch in der Person des Gehilfen vorliegen müssen, wenn er wegen Beihilfe zum Mord belangt werden soll, ist eine Verfolgung und Bestrafung in Zukunft sehr wohl möglich.
Das Neue ist nur, daß nun in jedem Einzelfall geprüft werden muß, ob bei dem Gehilfen niedrige Beweggründe vorlagen oder nicht. Bisher konnten es sich die Staatsanwälte und Gerichte sehr einfach machen. Wenn nur bei irgendeinem Mann an der Spitze der nationalsozialistischen Hierarchie niedrige Beweggründe, vorzugsweise Rassenhaß, vorlagen, konnten sämtliche Untergebenen und Mitarbeiter als Mordgehilfen verfolgt werden, ohne daß man
fragen mußte, ob auch bei dem Gehilfen niedrige Beweggründe gegeben waren. Das ist nun anders geworden. Jetzt spielt es eine Rolle, ob der Gehilfe aus niedrigen Beweggründen handelte oder nicht. Genau hier liegt in Zukunft aber die erhöhte Verantwortung für unsere Staatsanwälte und Gerichte. Will man es sich sehr einfach machen oder will man den Beschuldigten partout außer Verfolgung setzen, dann verneint man in irgendwelchen formelhaften Wendungen ohne weitere Nachprüfung das Vorliegen niedriger Beweggründe.
Dem muß in aller Deutlichkeit entgegengehalten werden, daß eine solche Praxis nicht dem Willen des Gesetzgebers entspricht. Die Gerichte werden, wenn sie ihre Aufgabe ernst nehmen, in Zukunft sehr genau zu prüfen haben, ob sich die niedrigen Beweggründe eines Schreibtischtäters oder KZ-Bewachers nicht aus den gesamten Umständen seiner Tat herleiten lassen. Die bloße Behauptung eines Angeklagten, er habe nicht auf Rassenhaß gehandelt, sondern nur gegebene Anordnungen und Befehle ausgeführt, kann und darf nicht ausreichen, um niedrige Beweggründe auszuschließen. Genausowenig darf es genügen, daß ein Mann etwa aus der Umgebung Himmlers behauptet, niedrige Beweggründe hätten bei ihm schon deswegen nicht vorgelegen, weil er im Sinne der damals herrschenden Ideologie gehandelt habe. Wenn der Glaube an die NS-Ideologie tatsächlich ausreichen würde, niedrige Beweggründe zu verneinen, daß unsere Strafjustiz vor dem NS-Unrechtsstaat kapituliert.
({0})
Obwohl ich nicht verkenne, welche Probleme entstehen, wenn eine rechtsstaatliche Strafjustiz die staatlich organisierten Verbrechen eines Unrechtsregimes zu bewältigen versucht, sehe ich doch zu solcher Kapitulation weder Grund noch Anlaß. Blinder Funktionärsgehorsam gegenüber staatlicher Willkür darf nicht strafrechtlich privilegiert werden.
Um es noch einmal zu betonen: § 50 Abs. 2 in der geltenden Fassung taugt nicht als Alibi für den, der uns glauben machen will, die Zusammenstellung von Judentransporten nach Auschwitz sei für ihn nichts anderes gewesen als die Fahrplangestaltung für Feriensonderzüge. Die Gerichte werden sich in Zukunft eingehend mit der Frage beschäftigen müssen, ob ein Schreibtischtäter, der zwar nicht aus eigenem Rassenhaß getötet hat, der sich aber der Rassenpolitik des Nationalsozialismus blind unterwarf und bedenkenlos mordete, weil er wußte, er werde dafür nicht zur Verantwortung gezogen, eben nicht doch aus niedrigen Beweggründen gehandelt hat. Der Bundesgerichtshof hat dies in einer Entscheidung - im 18. Band - übrigens bereits bejaht.
Betrachtet man die Dinge genau, so zeigt sich, daß die Neufassung des § 50 StGB, deretwegen wir Juristen so zahlreiche und nicht ganz unbegründete harte Vorwürfe haben einstecken müssen, nicht etwa zu einer unausweichlichen kalten Amnestie für alle Schreibtischtäter führt, sondern nur den Staatsanwälten und Gerichten eine erhöhte Verantwortung aufbürdet. Die Gerichte müssen in Zukunft in einem Punkt Farbe bekennen, über den sie sich früher ohne genaue Prüfung hinwegmogeln konnten. Ich möchte mit einem Appell an unsere Staatsanwälte und Gerichte schließen, diese Verantwortung sehr, sehr ernst zu nehmen.
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, dem Gesetzentwurf zuzustimmen.
({1})
Damit ist die allgemeine Aussprache in der dritten Beratung geschlossen. - Zur Abstimmung hat das Wort der Abgeordnete Ertl.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens zahlreicher Abgeordneter aus zwei Fraktionen beantrage ich namentliche Abstimmung.
({0})
Es ist namentliche Abstimmung beantragt. Ich muß die Unterstützungsfrage stellen. Wer unterstützt den Antrag? - Zur Unterstützung sind mindestens 26 Stimmen notwendig.
({0})
- Entschuldigen Sie, lassen Sie mich doch aussprechen! Ich wollte eben feststellen, daß der Antrag ausreichend unterstützt ist. Vielleicht sind Sie jetzt zufrieden. Wir müssen also namentlich abstimmen.
Ich gebe das Ergebnis der namentlichen Abstimmung bekannt. Abgestimmt haben 411 uneingeschränkt stimmberechtigte und 21 Berliner Abgeordnete. Mit Ja haben 280 uneingeschränkt stimmberechtigte und 18 Berliner Abgeordnete gestimmt, mit Nein 127 uneingeschränkt stimmberechtigte und 2 Berliner Abgeordnete. Enthalten haben sich 4 uneingeschränkt stimmberechtigte und ein Berliner Abgeordneter. Das Gesetz ist also mit Mehrheit angenommen.
Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 409 und 21 Berliner Abgeordnete; davon
Ja: 279 und 18 Berliner Abgeordnete
Nein: 126 und 2 Berliner Abgeordnete
Enthalten: 4 und 1 Berliner Abgeordneter
Ja CDU/CSU
Dr. Aigner Dr. Arnold Balkenhol Dr. Barzel Bauknecht Berendsen Blank
Blumenfeld Brand
Frau Brauksiepe Bremer
Burger
van Delden Deringer Dichgans Diebäcker
Enk
Frau Enseling Ernesti
Erpenbeck
Exner
Falke
Franke ({1})
Franzen
Dr. Freiwald Dr. Frerichs Dr. Frey
Dr. Furler
D. Dr. Gerstenmaier Härzschel
Hahn ({2}) Dr. Hammans Hanz ({3}) von Hassel
Hauser ({4})
Vizepräsident Schoettle
Dr. Hesberg Hörnemann ({5})
Frau Holzmeister
Horten
Frau Jacobi ({6})
Dr. Jaeger Josten
Dr. Jungmann
Kiep
Klein
Dr. Kliesing ({7}) Köppler
Dr. Kopf
Krammig Krampe
Dr. Kraske Dr. Krone Kuntscher Lampersbach
Dr. Lenz ({8})
Lenze ({9})
Dr. Luda
Lücke ({10})
Majonica
Dr. Marx ({11}) Maucher
Meis
Dr. von Merkatz
Mick
Frau Mönikes
Müller ({12})
Dr. Müller-Hermann
Müser
Orgaß
Petersen
Porten
Dr. Prassler Dr. Rinsche Dr. Ritgen Dr. Ritz
Rösing
Rommerskirchen
Ruf
Russe ({13})
Prinz zu Sayn-WittgensteinHohenstein
Dr. Schmidt-Burgk
Dr. Schmidt ({14}) Frau Schroeder ({15}) Frau Dr. Schwarzhaupt
Dr. Serres Springorum Stahlberg Frau Stommel
Struve
Stücklen
Teriete
Varelmann Weiland Weimer
Wendelborn
Frau Dr. Wex
Wieninger Winkelheide
Frau Dr. Wolf
Baron von Wrangel Wullenhaupt
Zink
Berliner Abgeordnete
Benda
Dr. Gradl
Müller ({16})
Nein
Dr. Abelein
Dr. Althammer Dr. Artzinger
Baier
Bauer ({17}) Prinz von Bayern
Dr. Becher ({18}) Becker
Berberich Dr. Besold Bewerunge Biechele
Blöcker
Frau Blohm Brese
Bühler
Burgemeister
Dr. Conring Damm
Draeger
Dr. Eckhardt Ehnes
Dr. Elbrächter
Erhard ({19}) Dr. Franz
Fritz ({20})
Frau Geisendörfer Geisenhofer Gewandt
Gierenstein Dr. Gleissner
Glüsing ({21}) Gottesleben
Dr. h. c. Güde
Haase ({22})
Dr. Häfele
Dr. Hauser ({23})
Dr. Hellige Hösl
Dr. Hofmann ({24}) Horstmeier
Dr. Hudak Dr. Huys
Dr. Jahn ({25}) Frau Kalinke
Dr. Kempfler
Frau Klee Knobloch Krug
Frau Dr. Kuchtner
Kühn ({26}) Lemmrich
Dr. Lindenberg
Dr. Martin Meister
Niederalt
Dr. von Nordenskjöld Ott
Picard
Dr. Preiß ProchazkaRainer
Rawe
Dr. Reinhard
Riedel ({27}) Rock
Röhner
Rollmann Schlager Schlee
Schmidhuber
Dr. Schwörer
Dr. Siemer
Dr. Stark ({28}) Dr. Stecker
Dr. Steinmetz
Stiller
Stooß
Storm
Tobaben Unertl
Dr. Freiherr
v. Vittinghoff-Schell Vogt
Wagner
Weigl
Ziegler
Berliner Abgeordnete
Frau Dr. Maxsein Frau Pieser
SPD Ja
Adams
Frau Albertz
Dr. Apel
Arendt ({29})
Auge
Bading Bäuerle Bals
Baltes Barche Dr. Bardens
Bauer ({30})
Dr. Bayerl
Dr. Bechert ({31}) Behrendt
Berkhan Berlin Beuster Biermann
Börner Brück ({32})
Brünen Buchstaller
Büttner Buschfort
Collet Corterier
Cramer Diekmann
Dröscher
Eckerland
Frau Eilers
Frau Dr. Elsner
Dr. Enders
Eschmann
Esters Faller Felder Fellermaier
Feuring Flämig Folger Franke ({33})
Frehsee Frau Freyh
Fritsch ({34})
Fritz ({35})
Geiger Gerlach Gertzen Glombig
Gscheidle
Haage ({36})
Haar ({37})
Haase ({38}) Haehser
Hamacher
Hansing
Hauck Hauffe Herberts
Frau Herklotz
Hermsdorf
Herold Hirsch
Höhmann ({39}) Höhne
Hörauf
Hörmann ({40})
Hofmann ({41})
Frau Dr. Hubert
Hufnagel Iven
Jahn ({42})
Jaschke Jürgensen
Junghans Junker Kaffka
Kern
Killat
Dr. Koch
Könen ({43})
Koenen ({44}) Kohlberger
Frau Korspeter
Dr. Kreutzmann
Dr. Kübler
Kulawig Kurlbaum
Frau Kurlbaum-Beyer
Lange
Langebeck
Lautenschlager
Lemp
Lemper Lenders Liedtke Löbbert Maibaum Marquardt
Marx ({45})
Matthes Matthöfer
Frau Meermann
Metzger Michels
Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller Dr. Mommer
Müller ({46})
Dr. Müller ({47})
Müller ({48})
Müller ({49})
Dr. Müller-Emmert
Dr. Müthling
Neemann
Nellen
Neumann ({50})
Paul
Peiter
Peters ({51})
Pöhler Porzner Raffert Dr. Rau Ravens Regling Dr. Reischl
Reitz
Frau Renger
Richter
Riegel ({52})
Dr. Rinderspacher
Rohde Roß
Frau Rudoll
Sänger Saxowski
Frau Schanzenbach
Frau Schimschok
Dr. Schmid ({53}) Schmidt ({54})
Dr. Schmidt ({55}) Schmidt ({56})
Dr. Schmidt ({57}) Schmitt-Vockenhausen Schoettle
Vizepräsident Schoettle Schonhofen
Schulte Schwabe Seibert Seidel
Seifriz
Seither Frau Seppi
Spillecke
Dr. Stammberger Stephan
Frau Strobel Strohmayr
Tallert
Dr. Tamblé
Tönjes Vit
Wehner Welke
Welslau Wendt Westphal Wienand Wilhelm Wischnewski
Wolf
Wuwer
Zebisch
Nein
Dr. Arndt ({58}) Dr. Nann
Berliner Abgeordnete
Ja
Dr. Arndt ({59}) Bartsch
Frau Berger-Heise Bühling
Frau Krappe
Liehr
Frau Lösche
Mattick
Neumann ({60})
Dr. Schiller
Dr. Schulz ({61})
Dr. Seume Sieglerschmidt
Urban
FDP Nein
Dr. Bucher Busse ({62})
Frau Dr. Diemer-Nicolaus Dorn
Dr. Emde Frau Funcke
Geldner Genscher Dr. Haas Frau Dr. Heuser
Dr. Imle Jung
Kubitza Logemann
Dr. h. c. Menne ({63}) Mertes
Mischnick Moersch Dr. Mühlhan
Ollesch
Peters ({64})
Ramms Reichmann
Saam
Schmidt ({65})
Schultz ({66}) Spitzmüller
Wächter Walter Wurbs
Zoglmann
Enthalten CDU/CSU
Brück ({67})
Dr. Czaja
Schröder ({68})
SPD
Ahrens ({69}) ({70})
FDP
Berliner Abgeordnete Borm
({71})
Wir müssen noch über Ziffer 2 des Ausschußantrages abstimmen. Wer stimmt dem Antrag zu? Gegenprobe! Enthaltungen? Einstimmig angenommen.
Ich bitte, nun wieder die Plätze einzunehmen, damit wir in den Beratungen fortfahren können.
Ich rufe Punkt 10 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. Schmidt ({72}), Bading, Dr. Hamm ({73}) und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm in der Umgebung von Flughäfen.
- Drucksache V/355 -
a) Bericht des Haushaltsausschusses ({74}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
- Drucksache V/4428 -Berichterstatter: Abgeordneter Haehser
b) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Gesundheitswesen ({75})
- Drucksache V/4427 Berichterstatter: Abgeordneter Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein
({76})
Wünscht der Herr Berichterstatter des Ausschusses für Gesundheitswesen das Wort? - Das ist nicht der Fall.
Wir treten dann in die zweite Beratung ein. Ich eröffne die Aussprache. Wird das Wort in der Aussprache gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Wir kommen zur Einzelberatung. Ich rufe auf die §§ 1 bis 15, Einleitung und Überschrift. Wer den aufgerufenen Paragraphen zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ohne Gegenstimmen und Enthaltungen ist das Gesetz in zweiter Beratung angenommen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In den letzten Jahren hat sich in zunehmendem Maße die Erkenntnis durchgesetzt, daß der Lärm neben seiner belästigenden Wirkung auch zu gesundheitlichen Schäden führen kann. Aus diesem Grunde haben bereits frühere Bundesregierungen in ihrem gesundheitspolitischen Programm diesem Problem einen bevorzugten Platz eingeräumt. So ist z. B. bereits im Jahre 1965 ein Gesetz zum Schutz gegen Baulärm erlassen worden, in dem erstmalig neben Emissionswerten rechtsverbindliche Immissionswerte festgesetzt wurden. Es kann mit Genugtuung festgestellt werden, daß diese Bundesregierung diese Politik fortgesetzt hat.
Die vielen Anfragen von Bundestagskollegen zu dem Thema Fluglärm lassen nicht vermuten, daß dieser Gesetzentwurf, der heute zur Beratung ansteht, in den Ausschüssen wie auch außerhalb der Ausschüsse ganz erheblichen Schwierigkeiten und Hemmnissen unterworfen war. Dank der Hilfe einiger Ressorts, insbesondere des Bundesgesundheitsministeriums, vor allem aber auch der intensiven Bemühungen des Kollegen Dr. Schmidt ({0}) und des Kollegen Dr. Dichgans kann heute der Gesetzentwurf verabschiedet werden. Ohne die Initiative der Interparlamentarischen Arbeitsgemeinschaft wäre aber, glaube ich, diese Diskussion heute nicht erfolgt. Man sollte auch in diesem Hohen Hause einmal die Arbeit der Interparlamentarischen Arbeitsgemeinschaft anerkennend werten; denn gePrinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein
rade sie ist es, die sich um Probleme kümmert und sie angeht, denen das Parlament, die Bundesregierung und leider auch die Parteien nicht immer die Beachtung zuwenden, die sie eigentlich verdienen.
({1})
Allerdings konnte der Entwurf der Interparlamentarischen Arbeitsgemeinschaft in den Ausschußberatungen nicht übernommen werden, weil er zu hohe Kosten verursacht hätte.
Die Sorge um unsere Umwelt - sei es Wasser, Boden oder Luft - muß in der Zukunft in noch weit höherem Maße in politische und gesetzgeberische Aktionen umgemünzt werden. Je eher wir Schritte gegen Fehlentwicklungen in diesen Bereichen einleiten, um so weniger Finanzmittel müssen dereinst aufgebracht werden, um die Gesundheit unserer Mitbürger vor Schäden zu bewahren. Diese Erkenntnis sollte aber nicht nur dann in Schlagzeilen ihren Ausdruck finden, wenn einmal so alarmierende Ereignisse wie die Verseuchung des Rheins vor wenigen Tagen die Öffentlichkeit erschrecken, sondern sie müßte vielmehr ständiger Bestandteil unserer politischen Bemühungen sein. Daß der Schutz vor Lärm und hier besonders vor Fluglärm, vor dem man sich ja weit weniger schützen kann als vor anderen Lärmquellen, zu diesen gesundheitspolitischen Aufgaben gehört, brauche ich hier nicht weiter zu vertiefen. Die Wissenschaft, aber auch die Gesetzgebung werden dann optimale Ergebnisse erzielen, wenn in den von mir genannten Bereichen neben nationalen Anstrengungen engste internationale Zusammenarbeit auf den verschiedenen Ebenen angestrebt wird.
Von manchen Fortschrittsfanatikern wird eingewendet, daß die technische Entwicklung Zugeständnisse und Opfer erfordert. Einer solch leichtfertigen Einschätzung des Wertes der Volksgesundheit und der Erhaltung gesunder Umweltbedingungen muß auf das entschiedenste widersprochen oder noch besser durch entsprechende gesetzliche Maßnahmen begegnet werden. Jeder Fortschritt in Technik und Wissenschaft muß - und das sollte zu einer Selbstverständlichkeit werden - in seiner Wirkung auf die menschliche Gesundheit untersucht werden. Das Ihnen vorliegende Gesetz, meine Damen und Herren, trägt solchen gesundheitspolitischen Überlegungen Rechnung.
Niemand kommt auf den Gedanken, daß wir das Zeitalter von Düsen und Raketen nun wieder in eine Postkutschenzeit umfunktionieren wollen. Die Fortschritte der Luftfahrtindustrie, der Luftverkehrsunternehmen wie auch der Flughafenunternehmungen kommen uns allen zugute. Wenn man aber einmal den finanziellen Aufwand berücksichtigt, der in diesen genannten Bereichen in den letzten Jahren investiert worden ist, so muß eben auch ein anteiliger Betrag für den Schutz derjenigen bereitgestellt werden, die im Interesse der Allgemeinheit die Lasten - insbesondere die gesundheitsschädigenden Lasten - auf sich nehmen. Wenn solche Investitionen durchgeführt werden, muß auch gefordert werden, daß ein angemessener Fortschritt in der Erforschung und Entwicklung weiterer Mittel zur Lärmminderung bei den Triebwerken, also bei den Quellen des Lärms, erreicht wird.
Es muß auch nicht alles durch Gesetzgebung reguliert werden. Auch der gute Wille der Flughafenunternehmungen oder anderer - wie etwa der Bundespost - könnte hier einen erheblichen Anteil haben. Es muß nicht sein, daß in der Nacht die Charterflugzeuge auf unseren Flughäfen landen, wenn sie durchaus auch auf andere Zeiten umgelegt werden könnten. Hier müßte man mehr Rücksicht auf die berechtigte Nachtruhe der arbeitenden Menschen in der Nähe der Flughäfen nehmen. Daß das in anderen Ländern möglich ist, zeigen die Beispiele etwa der großen Weltflughäfen Orly oder auch Zürich, wo man entsprechende Maßnahmen - nämlich Nachtflugverbot - durchgeführt hat.
({2})
Meine Damen und Herren! Einschneidendere Maßnahmen waren in der Diskussion und sind im Hinblick auf die wirtschaftlichen Auswirkungen zurückgestellt worden. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird aber erreicht werden, daß in der Zukunft auch im Luftverkehr noch mehr auf die berechtigten Belange der Bevölkerung Rücksicht genommen wird. Das entspricht den gesundheitspolitischen Zielsetzungen meiner politischen Freunde. Ich darf daher namens der CDU/CSU-Fraktion bitten, dem vorliegenden Gesetzentwurf wie auch den Entschließungsanträgen zuzustimmen.
({3})
Ich darf namens des Ausschusses gleich die beiden Entschließungen, die in der Bundestagsdrucksache V/4427 ausgedruckt worden sind, mit wenigen zusätzlichen Bemerkungen begründen.
Die erste Entschließung ersucht die Bundesregierung, in internationalen Verhandlungen auf die Herstellung lärmarmer Triebwerke hinzuwirken, nationale Ausführungsvorschriften zur Begrenzung höchstzulässiger Schallpegel zu erlassen, die Entwicklung lärmarmer Triebwerke finanziell zu fördern und über das Ergebnis dieser Bemühungen in Abständen von zwei Jahren dem Deutschen Bundestag zu berichten. Auch wenn durch die Verabschiedung des Ihnen vorliegenden Gesetzes Regelungen vorgesehen worden sind, die dazu geeignet sind, lärmmindernde Maßnahmen durchzuführen und Lärm zu vermindern, so ist nach Auffassung des Gesundheitsausschusses die Notwendigkeit gegeben, noch wesentlich mehr an dem Problem, den Lärm an der Quelle zu vermindern, zu arbeiten und hier die Forschungen zu intensivieren. Das Ergebnis der internationalen Konferenz über die Verringerung von Lärm und sonstigen Störungen durch Luftfahrzeuge zeigt, daß diese Aufgabenstellung international erkannt worden ist, und einige Länder, wie Amerika, haben hier bereits gesetzliche Maßnahmen ergriffen. Mit dem Entschließungsantrag soll bewirkt werden, daß die Bundesregierung diese internationalen Bestrebungen nachhaltig unterstützt und auch im nationalen Bereich Forschungsmaßnahmen verstärkt fördert.
Mit der zweiten Entschließung wird die Bundesregierung ersucht, eine Regelung vorzubereiten,
durch die das Überfliegen besiedelter Gebiete mit Überschallgeschwindigkeit verboten wird. Wiederholt sind in diesem Hohen Hause von den Kollegen Anfragen vorgebracht worden, die die Besorgnis zum Ausdruck brachten, daß der Überschallverkehr zu weiteren Belästigungen und unzumutbaren Lärmbeeinträchtigungen der Bevölkerung führen wird. Die Bundesregierung hat in ihren Antworten zwar mitgeteilt, daß sie nicht bereit ist, zivile Überschallflüge über dem Bundesgebiet zuzulassen, solange die Auswirkungen der Knallschleppe nicht durch konstruktive Maßnahmen und Wahl von Flughöhe und Flugverfahren unter das derzeit bekannte Maß gesenkt werden kann. Die Entschließung ist aber geeignet, die Bundesregierung in ihren Bemühungen um internationale Vereinbarungen zu unterstützen und gleichzeitig eben die schädlichen Auswirkungen und Entwicklungen für die Gesundheit der Bevölkerung zu verhindern. Ich möchte feststellen, daß die Entschließung sich nicht auf den militärischen Flugbereich bezieht, der auch im Flugverkehrsgesetz durch § 30 eine Ausnahmeregelung erfährt.
Namens des Gesundheitsausschusses darf ich um die Annahme der beiden Entschließungen bitten.
({4})
Präsident von Hassel: Meine Damen und Herren, das Wort hat der Abgeordnete Dr. Schmidt ({5}).
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann mich im Namen meiner Fraktion auf einige wenige grundsätzliche Worte zur dritten Lesung beschränken. Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion begrüßt es, daß nach dreijährigem Verlauf dieser Gesetzgebung nun endlich eine verabschiedungsreife Vorlage zur Abstimmung steht. Ich brauche nicht besonders zu betonen, daß diese Vorlage den Prinzipien fortschrittlicher sozialdemokratischer Gesundheitspolitik entspricht.
Jeder, der den Verlauf kennt, weiß, wie schwierig es war, bis zum heutigen Tage zu kommen. Von meinem Herrn Vorredner ist schon gesagt worden, daß wir über den IPA-Entwurf hinausgehen mußten, daß wir zahlreiche Ausschüsse zur Mitberatung hinzuziehen mußten. Ich glaube, daß es ein gutes Beispiel interparlamentarischer Zusammenarbeit ist, daß wir gemeinsam mit den zahlreichen Ausschüssen, die mitberatend beteiligt waren, nun zu diesem Entwurf gekommen sind, ohne daß eine endgültige Stellungnahme der Bundesregierung vorhanden war und trotz der zahlreichen Widerstände, die gegen dieses Gesetz von außen geltend gemacht wurden.
Wir können aber auch feststellen, daß damit die Bundesrepublik das erste europäische Land ist, das auf diesem Sektor eine Gesetzgebung vorgelegt hat, die richtungweisend auch für andere Länder ist. Wir kommen damit einer Empfehlung des Europarates vom Januar 1969 nach, der in dieser Empfehlung die Mitgliedstaaten aufgefordert hat, eine solche Gesetzgebung in den Mitgliedsländern durchzuführen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir wissen alle, daß dieses Gesetz keine Ideallösung darstellt. Wir betreten Neuland und konnten diesen ersten Schritt nur im Wege eines Kompromisses gehen. Es gibt hier viele Abgeordnete, die in der Nähe von Flughäfen und Militärflughäfen wohnen, die die Sorgen und Nöte der Bevölkerung um diese Flughäfen kennen und die wissen, daß wir mit diesem ersten Schritt noch längst nicht das erreicht haben, was im Interesse der Bevölkerung angestrebt werden muß, was insbesondere von den Vertretern dieser Bevölkerung, auch von den Gemeinden um die Flughäfen, gefordert wird. Es ist so, daß viele Abgeordnete diesem Gesetz sozusagen zähneknirschend zustimmen.
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Wir meinen aber, daß hier eine gute Grundlage gegeben und - das ist das Entscheidende - ein erster Schritt getan worden ist, auf dem wir aufbauen können. Wir werden in der nächsten Legislaturperiode die Erfahrungen aus diesem Gesetz sammeln. Wir werden Überprüfungen vornehmen müssen, was sowieso eine ständige Aufgabe der Politik ist.
Ich brauche zum Inhalt des Gesetzes nur wenig zu sagen. Es liegt ein ausgezeichneter Bericht des Herrn Kollegen Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein vor, dem ich auf diese Weise den Dank zurückgeben möchte. Ich möchte nur folgendes sagen.
Erstens. Die Raumordnungsmaßnahmen dieses Gesetzes sind in ihrer Auswirkung zwar weit hinter dem zurückgeblieben, was ursprünglich vorgesehen war. Es ist ein Kompromiß zwischen der Gesundheitspolitik und der Finanzpolitik, der hier geschlossen werden mußte. Wir wissen selbst, daß im Haushaltsausschuß noch in letzter Minute eine Einschränkung gemacht wurde, über die debattiert werden könnte, zumal hier eine Jahreszahl zur Diskussion steht, die unter Umständen etwas zweifelhaft erscheint. Aber entscheidend ist doch, daß mit diesem Gesetz jetzt neue Baugebiete in Richtung der Flughäfen nicht mehr erschlossen werden können. Ich glaube, das ist eine ganz entscheidende Maßnahme. Wenn wir mit diesem Gesetz gewartet hätten, wären wir in drei, vier Jahren in viel größere Verdrückung auf diesem Sektor gekommen.
Zweitens. Der zweite Teil des Gesetzes steht etwas im Schatten der Raumordnungsmaßnahmen dieses Gesetzes. Dabei ist er mindestens genauso wichtig, nämlich deshalb, weil hier erstmalig gesetzlich die Kontrolle des Lärms und die Auswertung dieser Kontrollen sichergestellt wird, weil darüber hinaus sichergestellt wird, daß die Bevölkerung und die Vertreter der Bevölkerung, die Kommunen, mitwirken können, daß sie Einfluß auf den Neubau oder die Erweiterung von Flughäfen nehmen können, daß sie mitwirken können bei der Gestaltung lärmmindernder An- und Abflugverfahren und auch bei dem Problem der Nachtflüge, die ebenfalls große Bevölkerungsteile beunruhigen.
In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, daß nicht nur der Gesetzestext als solcher hier richtungweisend ist, sondern daß wir gleichzeitig auch Veränderungen der Luftverkehrsordnung
Dr. Schmidt ({1})
und der Luftverkehrszulassungsordnung zu erwarten haben. Den beratenden Ausschüssen wurden diese Veränderungen seitens des Verkehrsministeriums deutlich gemacht, und es wurde auch zugesagt, sie in dieser Form vorzulegen.
Drittens. Die Entschließung, die hier schon ausführlich begründet wurde, drückt im Grunde das aus, was wir vom Bundestag gesetzlich nicht regeln können. Das ist eigentlich das wichtigste Problem, nämlich den Lärm an der Quelle anzugehen. Das können wir von uns aus nicht, weil Düsenaggregate der Größenordnung, um die es hier geht, in der Bundesrepublik nicht hergestellt werden. Aus diesem Grund ist es zu begrüßen, daß die Bundesregierung aufgefordert wird, durch internationale Verhandlungen auf die Herstellung leiserer Triebwerke hinzuwirken. Zum Zweiten ist es zu begrüßen, daß das Verbot des Überschallverkehrs über besiedelten Gebieten auch weiterhin durchgehalten wird. Im übrigen entsprechen beide Punkte dieser Entschließung der Empfehlung des Europarats, von der ich vorhin schon gesprochen hatte.
Ich darf abschließend feststellen, daß es im ganzen gesehen erfreulich ist, daß erstmalig auf diesem Sektor gesundheitspolitische Interessen wirtschaftpolitischen Interessen gleichgestellt worden sind. Ich glaube, das ist ein guter Weg, den wir hier beschritten haben. Wir sollten auf diesem Wege fortfahren, und ich möchte allen denen danken, die mitgeholfen haben, dieses Neuland erfolgreich zu betreten.
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Präsident von Hassel: Das Wort hat die Abgeordnete Frau Dr. Heuser.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm ist ein Beispiel dafür, wie weitgehend die störenden Einflüsse einer uns dienenden Technik in unser Leben eingegriffen haben. Dieser gesundheitsschädigenden Einflüsse suchen wir uns hier in einem Teilbereich zu erwehren.
Wiewohl Lärmschutzgesetze auch für andere Bereiche bereits erlassen sind und praktiziert werden, zeigt sich eine Schwäche der Gesetzgebung darin, daß der Beurteilungsmaßstab nicht einheitlich ist. Das erscheint gerade dann unerläßlich, wenn hier als Beurteilungsmaßstab der äquivalente Dauerschallpegel benutzt wird. Da dieses Gesetz die Grundlage für erhebliche Entschädigungsleistungen bietet, besteht die Gefahr, daß in Zukunft auch aus anderen Lebensbereichen unter Berufung auf dieses Gesetz Ansprüche geltend gemacht werden, denn die Lärmart, die den größten äquivalenten Dauerschallpegel auf den größten Teil der Bevölkerung bewirkt, ist nicht dieser hier behandelte Lärm, sondern der Straßenlärm. Es erscheint bedenklich, daß nur für einen Teil der Bevölkerung Grenzwerte für eine Entschädigung festgelegt werden, wenn weitaus größere Teile der Bevölkerung, die unter erheblich höheren Imissionswerten zu leiden haben, ausgeschlossen bleiben sollen. Eine äquivalente Entschädigung so großer Bevölkerungsteile wäre aber wohl finanziell nicht tragbar.
Eine weitere Schwäche zeigt sich darin, daß jetzt festgesetzte Lärmschutzbereiche bei wesentlichen Veränderungen der Lärmbelastung in Zukunft jeweils neu festgesetzt werden sollen. Dem verständlichen Wunsch, den notwendigen Lärmschutz der verkehrstechnischen Entwicklung elastisch anzupassen, steht hier eine große Unsicherheit für eine langfristige Städteplanung entgegen. Um solche Unsicherheiten für die Zukunft zu vermeiden, müßte es möglich sein, sinnvolle zukünftige Erweiterungen und Maximalkapazitäten eines Flughafens mit Einrechnung der witterungsbedingten statistischen Benutzungshäufigkeiten der einzelnen Startrichtungen zu ermitteln und so zu abschließenden Werten zu gelangen.
Das Gesetz ist auch ein Beispiel dafür, wie hart gegensätzliche und doch auch berechtigte Interessen aufeinanderprallen können. Einerseits ist die Bevölkerung daran interessiert, eine möglichst moderne verkehrstechnische Aufschließung ihrer Wohn- und Arbeitsbereiche zu erlangen. Die Anlage und Vergrößerung eines Verkehrsflughafens wird aber auch gleichermaßen anziehend auf Industrie und Ansiedlung sein, und Grundstückseigentümer haben gleichermaßen ein Interesse an einer möglichst einträglichen Nutzung ihres Grund und Bodens. Daraus ergibt sich, daß dieses Gesetz, das auf den gesundheitlichen Schutz des Menschen ausgerichtet ist, gleichzeitig seinen wirtschaftlichen Interessen entgegengerichtet sein kann.
Es ist hier der Versuch unternommen worden, unter dem Primat des Gesundheitsschutzes gleichzeitig den verkehrstechnischen und wirtschaftlichen Interessen der Bevölkerung gerecht zu werden. Die ganze Problematik wird dadurch deutlich. Das Gesetz gegen Fluglärm mußte trotz dieses beabsichtigten Primats gesundheitspolitisch unbefriedigend bleiben, und es kommt im Grunde zu spät. Wir haben hier reaktiv gehandelt. Wir mußten versuchen, Schäden, die bereits angerichtet sind, zu mildern. Ich finde, wir sollten aus diesem Versäumnis lernen, daß die rechtzeitige Beachtung unerläßlicher gesundheitspolitischer Belange im Bereich der Raumordnung in die Planung hineingehört, nicht aber in ein Stadium nachsorgender Ordnung. Das wäre eine viel weitblickendere und zudem noch eine billigere Politik.
Es gibt Gelegenheiten genug, in diesem Bereich vorausschauende Politik zu betreiben: erstens bei der Verminderung des Lärms am Ort der Entstehung. Die Herstellung lärmärmerer Triebwerke wird wegen des damit verbundenen Leistungsabfalls ihre Grenzen haben. Das gilt insbesondere für Militärmaschinen. Der Lärm kann aber enger lokalisiert werden, wenn man kurz- und senkrechtstartende Maschinen einsetzt. Die Vorarbeiten, die gerade in der deutschen Luft- und Raumfahrttechnik auf diesem Gebiet geleistet worden sind, müssen unterstützt und gefördert werden.
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Zweitens. Der Flugplatzbau muß mit Hilfe von-baulichen Lärmschutzanlagen - wie z. B. im militärischen Bereich mit Lärmschutzhallen und Lärmschutzwällen schon geschehen - dem berechtigten Anspruch der Bevölkerung auf Lärmschutz gerecht werden. Dazu müssen Wissenschaft und Technik weitere Möglichkeiten entwickeln, um eine Lärmminderung auf dem Übertragungsweg zu erreichen.
Drittens. Die Städteplanung muß mit der Flughafenplanung in engste Koordination treten, auch im Sinne einer zweckmäßigen Verteilung stadtnaher lärmärmerer Zubringerflugplätze und entfernterer Fernflughäfen. Es gibt eine Reihe von betrüblichen Beispielen dafür, daß das bisher nicht in ausreichendem Maße geschehen ist.
Viertens. Eine prospektive Gesamtverkehrsplanung muß die Gewähr dafür bieten, daß nicht in anderen davon betroffenen Bereichen Planungsunsicherheiten zu neuerlichen Schäden führen können.
Fünftens. Die Bundesregierung muß - wie das auch in unserer Entschließung zum Ausdruck kommt - unverzüglich für die Bundesrepublik und auch im Rahmen internationaler Vereinbarungen, dafür Sorge tragen, daß das Überfliegen besiedelter Gebiete mit Verkehrsmaschinen in Überschallgeschwindigkeit verboten wird.
Die Fraktion der Freien Demokraten wird diesem Gesetz trotz der hier angeführten Bedenken zustimmen, weil sie im Grunde diesen ersten Schritt auf dem Wege zu einer Gesetzgebung begrüßt, die dem berechtigten Anliegen des Gesundheitsschutzes unserer Bürger einmal den richtigen Stellenwert zuweist.
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Präsident von Hassel: Das Wort hat der Bundesminister für das Gesundheitswesen, Frau Strobel.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieses Gesetz ist ein Beispiel dafür, wie schwierig es ist, das gesundheitlich Notwendige so möglich zu machen, daß der technische Fortschritt nicht gehemmt wird.
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Vor dieses Problem werden wir in Zukunft laufend gestellt werden. Niemand wird es uns ersparen, hier Entscheidungen zu fällen. Man kann nicht deshalb, weil man den technischen Fortschritt nicht hemmen will, seine Augen vor den gesundheitlichen Schäden verschließen, die durch den dauernden Lärmpegel für die Menschen entstehen.
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Das Bundesministerium für Gesundheitswesen bekommt täglich Briefe, in denen sich die Menschen insbesondere über den Fluglärm beschweren. Wir haben durch eine einfache Fragestellung festgestellt, daß sich 50 % aller Menschen in der Bundesrepublik durch den Lärm gestört fühlen. Wir haben für eine Reihe von Lärmbeeinträchtigungen bereits Spezialgesetze. Aber die Menschen, die am schwersten getroffen werden - nämlich diejenigen, die in der Nähe von Flughäfen wohnen -, waren bisher ungeschützt.
Das Bundesministerium für Gesundheitswesen begrüßt deshalb dieses Gesetz sehr. Natürlich wissen wir genau wie die Damen und Herren Abgeordneten, daß diejenigen, die in der Nähe der Flughäfen wohnen, insbesondere diejenigen, die in den Interessengemeinschaften zusammengeschlossen sind, sagen: das Gesetz geht nicht weit genug, während insbesondere diejenigen, die es finanzieren müssen, sagen: das Gesetz geht zu weit. Vor dieser Schwierigkeit stehen wir immer. Mir liegt sehr daran, besonders dafür zu danken, daß dieses Gesetz trotzdem heute hier verabschiedet wird. Das Gesundheitsministerium hat das Gesetz in allen seinen Phasen begleitet und, wie ich glaube, auch mitgeholfen, es über einige schwierige Hürden zu bringen. Hoffentlich können wir an diesem Gesetz im nächsten Bundestag weiterbauen.
Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang eine weitere Bemerkung machen. Ich bin hier in der Fragestunde wiederholt nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz gefragt worden, das das Generalgesetz für den Schutz vor Luftverunreinigung und Lärmbeeinträchtigung sein soll. Das Bundesministerium für Gesundheitswesen hat den Referentenentwurf dieses Gesetzes längst fertig. Im Zusammenhang mit der Verweigerung der Grundgesetzänderung stellt sich für uns aber die Frage, ob wir diesen Gesetzentwurf nur auf die wirtschaftlichen Fragen beziehen sollen. Wir wollen das trotz dieser Einwände tun. Wir haben dabei noch erhebliche Schwierigkeiten zu überwinden, weil die Wirtschaft sagt: das Gesetz ist ein Torso. Wir haben in den letzten Tagen erlebt, was alles in dieser zum Teil denaturierten Welt geschehen kann. Ich erinnere an das Beispiel des Fischsterbens im Rhein. Vielleicht sind durch solche, an gewisse Katastrophen grenzende Erscheinungen diejenigen aufgeschreckt worden, die bisher solchen im Interesse der Gesundheit notwendigen Maßnahmen noch zuviel Reserven entgegensetzen.
({2})
Ich möchte hoffen, daß wir im nächsten Bundestag gemeinsam dieses umfassende Gesetz zum Schutz vor Luftverunreinigung und Lärm verabschieden können. Ich bin sehr dankbar für die beiden Entschließungen, denn sie helfen der Regierung, die Grundlagen für die Verordnungen zu schaffen, und sie tragen auf internationaler Ebene dazu bei, das zu erreichen, was im Interesse der Gesundheit der Bevölkerung notwendig ist. Auf diese Hinweise wollte ich mich beschränken.
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Präsident von Hassel: Vielen Dank, Frau Bundesminister. Meine Damen und Herren! Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Der Abgeordnete
Präsident von Hassel
Dichgans hat eine Erklärung zu Protokoll gegeben. *)
Wir kommen zur Abstimmung in dritter Beratung. Wer dem Gesetz in seiner Gesamtheit zustimmt, den bitte ich, sich zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei einer Enthaltung ist das Gesetz einstimmig angenommen.
Wir kommen zur Abstimmung über die Anträge des Ausschusses, die Sie auf Seite 8 des Schriftlichen Berichtes finden. Wer den Anträgen unter den Ziffern 2, 3 und 4 zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Es ist einstimmig so beschlossen.
Meine Damen und Herren, wir kehren zu dem in der Tagesordnung übersprungenen Punkt 9 zurück.
Ich rufe Punkt 9 auf:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über individuelle Förderung der Ausbildung ({4})
- Drucksachen V/2416, V/3090, V/3554 -
a) Bericht des Haushaltsausschusses ({5}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
- Drucksache V/4404 - Berichterstatter: Abgeordneter Baier
b) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Familien- und Jugendfragen ({6})
- Drucksachen V/4377, zu V/4377 - Berichterstatterin:
Abgeordnete Frau Freyh
Abgeordnete Frau Pitz-Savelsberg ({7})
Zunächst danke ich der Berichterstatterin. Ich erteile zu einer mündlichen Ergänzung der Berichterstatterin Frau Pitz-Savelsberg das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Leider hat sich erst heute herausgestellt, daß sich beim Druck ein Fehler in die Drucksache V/4377 eingeschlichen hat. Vor dem § 1 des Gesetzes ist ein Passus ausgelassen worden. Nach der Überschrift des Gesetzes „Entwurf eines Ersten Gesetzes über individuelle Förderung der Ausbildung ({0})" muß der Satz eingeschaltet werden:
Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:
Das ist wahrscheinlich in der Druckerei übersehen worden. Der Satz war in dem von den Berichterstattern unterschriebenen Exemplar enthalten.
In der Drucksache befindet sich eine weitere Ungenauigkeit, die korrigiert werden muß. In § 2 „Ausbildungsstätten" heißt es unter Abs. 1 Nr. 1: „weiterführenden allgemeinbildenden Schulen und
*) Siehe Anlage 18
Fachoberschulen". Dem muß der § 43 entsprechen. In der Drucksache V/4377 lautet der § 43 Abs. 1 Nr. 1 aber: „Schüler von Gymnasien ab Klasse 11 und von Fachoberschulen". § 43 Abs. 1 Nr. 1 muß genau entsprechend der Vorschrift des § 2 Abs. 1 Nr. 1 heißen: „Schüler von weiterführenden allgemeinbildenden Schulen ab Klasse 11 und von Fachoberschulen". Ich bitte, diese Korrektur noch einzubeziehen.
Präsident von Hassel: Meine Damen und Herren, Sie haben die Korrekturen gehört. - Eine allgemeine Aussprache wird nicht erwünscht.
Wir treten in die Einzelberatung ein. Ich rufe den § 1 auf und gehe davon aus, daß die Korrektur einbezogen ist. - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem § 1 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - So beschlossen.
Ich rufe den § 2 auf. Dazu liegen Ihnen zwei Änderungsanträge vor, nämlich einmal der Antrag Umdruck 718*) Ziffer 1 und zum anderen der gleichlautende Antrag Umdruck 729 **) Ziffer 1. Zur Begründung des Antrags Umdruck 718 hat sich der Abgeordnete Rollmann gemeldet. Bitte schön, Herr Abgeordneter Rollmann!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sicherlich wird noch von anderer Seite hingewiesen werden auf die epochale Bedeutung dieses Ausbildungsförderungsgesetzes, auf die weitgehende Verwirklichung der Gleichheit der Bildungschancen, auf die Mobilisierung der Bildungsreserven, die dieses Gesetz bringen wird.
Der Ausschuß für Familien- und Jugendfragen hat dieses Gesetz vorsichtig und bescheiden ein Erstes Gesetz über individuelle Förderung der Ausbildung genannt, aus dem Grunde, weil dieses Gesetz nicht vollständig ist. In ihm ist eine wesentliche Lücke vorhanden, die nicht zu sein brauchte und die heute hier geschlossen werden könnte, nämlich die Förderung des Fernunterrichtes. Der Fernunterricht, in Deutschland der sogenannte dritte Bildungsweg neben dem ersten Bildungsweg des allgemeinen Schulwesens und dem zweiten Bildungsweg der Abendgymnasien und der besonderen Bildungswege, ist in Deutschland erst ein aufstrebender Bildungszweig.
Wir haben in diesem Lande erst die bescheidene Zahl von ungefähr 300 000 Fernschülern erreicht. Aber absolut gesehen ist diese Zahl doch bereits ganz beträchtlich. Wir müssen, wenn wir die weiteren Chancen des Fernunterrichts in Deutschland betrachten, vor allem auf die große Bedeutung schauen, die der Fernunterricht im Ausland einnimmt. Wenn wir mit der Bildungsexplosion in unserem Lande, mit der immer weiter wachsenden Zahl von Schülern und Studenten, die auf die weiterführenden Schulen, auf Fachschulen und auf Hoch-
*) Siehe Anlage 11 **) Siehe Anlage 12
schulen unseres Landes drängen, fertig werden wollen, dann muß der Fernunterricht in ganz anderer Weise in unser Bildungskonzept einbezogen werden, als es bisher der Fall war. So meine ich, daß der Fernunterricht um seiner heutigen und um seiner künftigen Bedeutung willen in dieses Ausbildungsförderungsgesetz hineingehört, so wie er seinen Niederschlag im Arbeitsförderungsgesetz, im Berufsbildungsgesetz und im Umsatzsteuergesetz gefunden hat. Ich meine, daß unser Gesetz mit einem Mangel behaftet bleibt, wenn wir das nicht tun.
Die vorgeschlagene Formulierung auf Umdruck 718 ist im höchsten Maße ungefährlich. Dagegen wird eingewandt, das Fernschulwesen in Deutschland sei noch nicht so geordnet, wie es erforderlich wäre. Die vorgeschlagene Formulierung verweigert jedoch die Ausbildungsförderung da, wo sie nicht einer ordnungsgemäßen Vorbereitung dient, und sie gewährt sie nur dort, wo sie einer ordnungsgemäßen Vorbereitung nützlich ist. Das muß durch eine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde nachgewiesen werden. Das ist eine Regelung, die wir ebenfalls im Umsatzsteuergesetz haben.
Eine solche Bestimmung - wenn sie hier heute akzeptiert werden würde - würde von einer positiven Wirkung auf die Entwicklung des Fernschulwesens begleitet sein und die Länder dazu ermuntern, das Aufsichtsrecht über das Fernschulwesen in unserem Lande in etwas stärkerem Umfange als bisher auszuüben. Die Fernlehrinstitute wären gezwungen, sich weiter zu qualifizieren, ihre Leistungen zu verbessern, um ihren Schülern die Möglichkeit zu verschaffen, eine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde zu erhalten. Die Länder wiederum wären gezwungen, dem Fernschulwesen eine größere Aufmerksamkeit als bisher zuzuwenden, um überhaupt die Bescheinigung für die Teilnehmer an den Lehrgängen des Fernunterrichts ausstellen zu können.
In dem Bericht von Frau Pitz-Savelsberg und von Frau Freyh ist ausgeführt worden, es sei Aufgabe des Beirates für Ausbildungsförderung, dem zuständigen Bundesministerium eines Tages das Fernschulwesen als eine neue Ausbildungsform zur Berücksichtigung zu empfehlen. Ich meine, daß das nicht genügt. Denn das würde dann erst des umständlichen Weges einer Gesetzesänderung bedürfen, von der jedermann weiß, daß sie langwierig ist. Unser Antrag - wenn er akzeptiert werden würde - bringt die Förderung der Teilnahme an den Lehrgängen des Fernunterrichts hier und heute.
Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang einige Worte über die Stellungnahme sagen, die die Bundesregierung zu diesen Fragen bisher eingenommen hat. Sicherlich wird Frau Bundesminister Brauksiepe Gelegenheit nehmen, noch einmal heute dazu zu sprechen. Vor mir liegt die Beantwortung einer Kleinen Anfrage der Abgeordneten Deringer, Petersen, Dr. Lenz, Häussler, Meister und Genossen vom 7. Mai dieses Jahres. In dieser Beantwortung heißt es auf Seite 3 - wenn ich das mit Genehmigung des Herrn Präsidenten vorlesen darf -:
Die Bundesregierung tritt für die Einbeziehung des Fernunterrichts in die Entwürfe eines Arbeitsförderungsgesetzes und eines Ausbildungsförderungsgesetzes ein.
Weiterhin habe ich ein Schreiben vor mir liegen, das der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister des Innern unter dem 28. Mai an den Vorsitzenden des Ausschusses für Familien- und Jugendfragen gerichtet hat. Darin heißt es:
Mehrfach brachte die Bundesregierung zum Ausdruck, dieser Bildungszweig werde, sobald eine befriedigende Ordnung im deutschen Fernschulwesen hergestellt sei, sowohl durch gesetzliche Bestimmungen als auch durch eine richtig verstandene Bildungswerbung gefördert. Dabei wurde vor allem auch an das Ausbildungsförderungsgesetz gedacht. Eine Aussparung des Fernunterrichts aus diesem Gesetz würde die bisherigen Bestrebungen unglaubwürdig machen. Sie würde erneut dem Vorwurf Nahrung geben, auch der Bund hinke hinter den neuesten Erkenntnissen der Bildungsforschung her.
Der Staatssekretär sagt weiter:
Da nach meinen Feststellungen diejenigen Kurse des Fernunterrichts, die die Arbeitskraft des Teilnehmers voll in Anspruch nehmen, noch recht selten sind, würde eine Einbeziehung in das Ausbildungsförderungsgesetz zu keinen ins Gewicht fallenden finanziellen Konsequenzen führen. Das Gesetz würde aber einen neuen zukunftweisenden Akzent erhalten und andere vergleichbare gesetzliche Regelungen nach sich ziehen.
Soweit Staatssekretär Köppler in seinem Schreiben vom 28. Mai.
Ich sagte schon, meine Damen und Herren, daß der Fernunterricht in Deutschland ein Bildungszweig mit großen Expansionschancen ist. Wir müssen einmal an die Entwicklung im Ausland denken. In Deutschland haben wir 0,5% Fernschüler, in Norwegen heute bereits 5%. Werden wir diesen Entwicklungschancen gerecht, indem wir unter den strengen Voraussetzungen, wie sie unser Antrag formuliert, die Teilnehmer an den Lehrgängen des Fernunterrichts bereits heute in den Genuß des Ausbildungsförderungsgesetzes geraten lassen!
Präsident von Hassel: Das Wort hat Herr Abgeordneter Kubitza zur Begründung des Antrags Umdruck 729.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was Herr Kollege Rollmann hier soeben ausgeführt hat, kann ich nur unterstreichen. Ich kann mich deshalb relativ kurz fassen.
Das Fortschrittliche am CDU/CSU-Entwurf eines Ausbildungsförderungsgesetzes war die Einbeziehung des Fernunterrichts. Es kann doch nicht wahr sein, daß ursprünglich die Gesamtfraktion hinter dieser Einbeziehung des Fernunterrichts stand und
heute auf sechs Kollegen der CDU/CSU-Fraktion zusammengeschrumpft sein soll!
Wie Sie dem Ausschußbericht entnehmen können, ist man im Laufe der Beratungen von der ursprünglichen beabsichtigten Einbeziehung des Fernunterrichts wieder abgerückt. Die Gründe, die eine Mehrheit des Ausschusses bewogen haben, den Fernunterricht zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht mit einzubeziehen, sind nicht stichhaltig. Die von der Kultusministerkonferenz beschlossene Zentralstelle für den Fernunterricht wird in Kürze ihre Tätigkeit aufnehmen, wie ich mich erkundigt habe, und auf Antrag interessierter Fernlehrinstitute die angemeldeten und für qualifiziert befundenen Lehrgänge anerkennen. Nur die Fernstudierenden können an der Ausbildungsförderung teilhaben, deren Fernlehrinstitute die entsprechenden Voraussetzungen erfüllen.
Es trifft auch nicht zu, daß es keine ausreichenden Maßstäbe für die Beurteilung der Qualität der Fernunterrichtslehrgänge gebe. Als im Jahre 1967 die Mehrwertsteuer eingeführt wurde, hat das Hohe Haus Fernunterrichtsunternehmen von der Steuer freigestellt, sofern sie durch eine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde nachweisen, daß sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten. Unter diesen Voraussetzungen hat sich eine Verbesserung der Qualität und der Geschäftsgebahren der einzelnen Fernlehrinstitute ergeben.
Im Arbeitsförderungsgesetz ist im Rahmen der Förderung der beruflichen Bildung in § 34 a der Fernunterricht ebenfalls einbezogen. Was hier richtig ist, meine Damen und Herren, kann im Ausbildungsförderungsgesetz nicht falsch sein. Wenn wir bei dem einen Gesetz die Voraussetzungen eines qualifizierten Fernunterrichts als Tatsache festgestellt und gesetzlich festgehalten haben, wäre es inkonsquent, so zu tun, als ob beim Ausbildungsförderungsesetz nach anderen Maßstäben gesucht werden müßte.
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Die Bundesrepublik ist bezüglich des Fernunterrichts sowieso ein unterentwickeltes Land. In anderen Ländern hat der Fernunterricht bereits seit Jahrzehnten seine staatliche Anerkennung gefunden.
Die Zahl der zu Fördernden beträgt maximal rund 12 000; denn nur 4% aller Fernstudierenden würden unter die förderungsfähige Ausbildung nach § 2 Abs. 1 fallen. Im übrigen kommen noch die Eigentumsvoraussetzungen hinzu, so daß sich auch diese Zahl noch einmal verringern würde. Außerdem müssen wir darauf hinweisen, daß dieses Gesetz erst am 1. Juli 1970 in Kraft treten soll. Das heißt, es wäre also auch finanziell zu verkraften. Bei der Bedeutung, die dem Fernunterrichtswesen in einem modernen Bildungssystem zukommt, darf ich Sie bitten, unserem Änderungsantrag auf Umdruck 729 zuzustimmen.
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Präsident von Hassel: Das Wort hat der Abgeordnete Josten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wer die Ausführungen meiner beiden Vorredner gehört hat, der könnte den Eindruck haben, als ob sich die Mitglieder des Ausschusses für Familien- und Jugendfragen mit diesem Problem gar nicht befaßt hätten. Aber das ist ganz anders. Lassen Sie mich daher einiges dazu sagen. Es ist gut, daß ich auch die hier erwähnten Drucksachen zur Hand habe, um daraus einige andere Sätze vorlesen zu können, damit Sie verstehen, warum der Ausschuß für Familien- und Jugendfragen und auch die Mitglieder der Ad-hoc-Kommission davon abraten, in das jetzige Gesetz bereits den Fernunterricht mit einzubeziehen.
Meine Damen und Herren, zunächst eins: alle Mitglieder des Ausschusses für Familien- und Jugendfragen haben mit ihrem Vorsitzenden immer die Bedeutung des Fernunterrichts unterstrichen. Es trifft nicht zu, wie hier erwähnt wurde, daß hier vielleicht nur der Fernunterricht herausgenommen wurde, sondern es sind doch auch ganz andere Dinge. Ich nenne z. B. in bezug auf Studenten das Honnefer Modell, das Röhndorfer Modell, Dinge, die jetzt noch nicht mit finanziert werden können. Die Ihnen heute vorliegende Drucksache bezieht all das ein, was auch jetzt in der mittelfristigen Finanzplanung vorgesehen ist. Das bedeutet, daß beispielsweise ab 1. Juli 1970 200 Millionen DM, für das folgende Jahr 1971 400 Millionen DM und für 1972 500 Millionen DM zur Verfügung gestellt werden. In diesem Rahmen sind die Beratungen auch vonstatten gegangen.
Vorhin wurde vom Kollegen Kubitza die Kontrollinstanz erwähnt. Ich darf sagen, daß diese Kontrollinstanz fehlt. Diese sogenannte Zentralstelle will ja auch die Kultusministerkonferenz haben, sie ist aber noch nicht vorhanden.
Lassen Sie mich nun ein paar Sätze aus der Antwort des Bundesministers des Innern vom 7. Mai auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Deringer, Petersen, Dr. Lenz und Genossen bezüglich der Fernlehrinstitute vorlesen. Kollege Rollmann hat sie vorhin zitiert. Selbstverständlich wird die Bedeutung des Fernunterrichts auch von der Regierung unterstrichen. Es heißt in ihrer Antwort:
... ein außerordentlich wichtiges Element unseres Bildungswesens; seine Bedeutung für die Zukunft, vor allem auch für die Mobilisierung der Begabungsreserven, läßt sich u. a. an der Entwicklung des Fernunterrichts in vielen ausländischen Staaten ablesen.
Aber nun ein weiterer Satz:
Der Fernunterricht in der Bundesrepublik liegt fast ausschließlich in den Händen privater Firmen, vereinzelt auch in der Hand von Verbänden und Körperschaften.
Kurz und gut, die Dinge sind einfach noch nicht
spruchreif. Niemand in diesem Haus wird dieser
Entwicklung und dieser Bedeutung etwas abspre13572
chen, die gerade der Fernunterricht auch für die Zukunft hat. Aber auch hier heißt es in der Antwort der Bundesregierung:
Die jüngsten Ergebnisse sind einmal der Beschluß der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder vom 28. November 1968 zur Errichtung einer „Zentralstelle für Fernunterricht"...
Wenn vorhin Kollege Kubitza „soll demnächst" erwähnte, so kann ich nur sagen, daß dieser Bundestag von dem ausgehen muß, was zur Zeit ist. Sicherlich wird der nächste Bundestag noch bedeutende Aufgaben haben. Hierzu gehört auf jeden Fall auch die Einbeziehung des Fernunterrichts in das nächste, das weitere Gesetz, das im nächsten Bundestag sicherlich zur Diskussion stehen wird.
Lassen Sie mich auch zu dem zweiten Punkt dieser beiden Änderungsanträge Stellung nehmen. Sie haben sicher festgestellt, daß sie im Text praktisch identisch sind.
Es heißt dort:
In § 43 Abs. 1 wird folgende Nummer 6 eingefügt:
„6. Teilnehmer an Lehrgängen des Fernunterrichts."
Das heißt praktisch, daß hier das Inkrafttreten zum 1. Juli 1970 gefordert wird. Auch das ist eine Kostenfrage. Meine Damen und Herren, Sie wissen genau, daß der Bundestag dann wieder gehalten wäre, den Haushaltsausschuß zu hören. Wir sind froh und dankbar, daß wir heute soweit sind, auch in Übereinstimmung mit dem Haushaltsausschuß, daß dieses Gesetz, wie es hier vorliegt, verabschiedungsreif ist.
Meine Damen und Herren, ich darf Sie daher bitten, diese beiden Anträge abzulehnen.
({0})
Präsident von Hassel: Das Wort hat der Abgeordnete Horstmeier.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte einmal aus der Sicht des ländlichen Raums dazu Stellung nehmen und noch ein paar Gesichtspunkte hinzufügen.
Das Agrarprogramm der Bundesregierung hat eine starke bildungspolitische Kompenente. Es heißt dort unter anderem: Der aus ökonomischen Gründen erzwungene und von der Bundesregierung geförderte Strukturwandel auf dem Land macht die Lösung des Bildungsproblems vordringlich. Es werden zwei Schwerpunkte in den Mittelpunkt gestellt, einmal die Förderung der Allgemeinbildung und zum anderen die Verbesserung der Fachausbildung. Da die höheren Schulen und die Fachschulen durch dieses Gesetz gefördert werden, darf man sagen, daß hiermit ein wichtiger Teil dieses Agrarprogramms verwirklicht worden ist. Ich glaube, daß das eine auch für die Öffentlichkeit sehr bedeutungsvolle Feststellung ist.
Der wissenschaftliche Beirat für Familienfragen beim Bundesministerium für Familie und Jugend hat festgestellt, daß die größten Bildungsreserven bei den Kindern von Arbeitern und in der ländlichen Bevölkerung liegen. Das hat zwei Ursachen. Es sind einmal wirtschaftliche Gründe, da bei mehreren Kindern in der Familie die Ausbildungskosten nicht getragen werden können. Zweitens aber ist das Angebot an Bildungsmöglichkeiten auf dem Lande zu gering und muß verbessert werden. Dafür bietet sich gerade der Fernunterricht an.
Man muß aber noch einen anderen Umstand berücksichtigen, nämlich den, daß infolge der dezentralen Lage des Landes und der Konzentration der Schulen - die ich bejahe - die Schulwege immer weiter werden. Hier müßte der Fernunterricht zusätzlich angeboten werden können. Gerade in Schweden hat man mit dem Fernunterricht auf dem Land sehr gute Erfolge erzielt. Ich könnte mir für die Zukunft sehr wohl kombinierte Formen von Fern- und Schulunterricht mit einem Ausbildungsziel vorstellen.
Bei der geschilderten Situation auf dem Land wird der Fernunterricht - das sage ich mit allem Nachdruck - in Zukunft dazu beitragen müssen, die Bildungsreserven besser zu nutzen. Denn wir machen nicht nur ein Gesetz für heute, sondern wir wollen auch ein Gesetz für morgen machen. Ich bitte Sie, unserem Änderungsantrag wenigstens - ich sage jetzt: wenigstens - in Nr. 1 zuzustimmen.
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Präsident von Hassel: Das Wort hat Frau Abgeordnete Freyh. Ihr folgt der Abgeordnete Herr Moersch.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Viel bleibt mir nicht mehr zu sagen, nachdem der Herr Kollege Josten bereits auf die Ausschußberatungen verwiesen hat. Ich wende mich daher insbesondere an den Kollegen Rollmann. Wenn Sie an den Beratungen im Ausschuß zu diesem Punkt teilgenommen hätten, Herr Kollege Rollmann, die sehr ausführlich gewesen sind, dann würden Sie wahrscheinlich unsere Argumente auch besser kennengelernt haben. Das Kernproblem ist nämlich, daß sich hier ein Unterschied zwischen dem Ausbildungsförderungsgesetz und dem Arbeitsförderungsgesetz auftut. Im Arbeitsförderungsgesetz gibt es eine Kontrollinstanz, nämlich die Bundesanstalt für Arbeit, die im Einzelfall prüfen wird, ob die Förderung der Teilnahme an beruflichen Bildungsmaßnahmen möglich ist. Aber diese Kontrollinstanz existiert noch nicht für den im Ausbildungsförderungsgesetz zu regelnden Bereich, nämlich für das öffentliche Schulwesen. Wenn diese Kontrollinstanz nicht existiert, dann heißt das, daß die Bestätigung der Förderungswürdigkeit von elf Landesbehörden abhängig machen wollen, daß Sie Sie also sozusagen jeder Landesbehörde die Entscheidung überlassen, welche Einrichtungen sie für förderungswürdig hält und welche nicht. Das entspricht nicht dem Ziel dieses Gesetzes, eine Einheitlichkeit in der Förderung herbeizuführen. Auch aus diesen GrünFrau Freyh
den hätte ich große Bedenken, diese Frage nicht zunächst vom Beirat näher prüfen zu lassen.
Schließlich noch ein weiterer Hinweis. Insbesondere Herr Kollege Rollmann hat hier davon gesprochen, es sei ganz ungefährlich, ihm auf seinem Wege zu folgen. Das klang so ungefähr wie: wenn dich die bösen Buben locken.
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Ich muß aber sagen, Herr Kollege Rollmann, was auch schon Herr Kollege Josten gesagt hat, daß für uns unüberschaubar ist, in welcher Größenordnung der Fernunterricht - Sie haben von im Augenblick n u r 300 000 Teilnehmern gesprochen - kostenmäßig auf dieses Gesetz einwirken würde. Ich kann nur wiederholen: Wenn Sie diese Frage, die wir wegen der Probleme der Kontrolle und der Förderungsfähigkeit zunächst ausgeschaltet haben, im Ausschuß mit erörtert hätten, dann wäre wahrscheinlich auch eine Kostenschätzung zustande gekommen, die das Problem von einem anderen Aspekt hätte mit betrachten lassen. Wir wissen weder über die Personenzahl noch über die Kosten, die sich für dieses Gesetz stellen, Bescheid.
Ich möchte deshalb bitten, so zu verfahren, wie es der Ausschuß getan hat, nämlich anzuerkennen, daß es sich hier um Einrichtungen handelt, deren Bedeutung künftig noch steigen wird, die sicherlich auch für den Bereich des öffentlichen Schulwesens noch an Bedeutung gewinnen werden, soweit es um die Möglichkeit geht, neben dem üblichen Schulweg Ausbildungsabschlüsse des allgemeinbildenden Schulwesens auch auf dem Wege des Fernunterrichts zu erreichen. Diese Bedeutung wird nicht verkannt, und ich glaube, man sollte auch sehr energisch darauf hinwirken, daß das, was fehlt, nämlich die Zentralstelle der Kultusministerkonferenz, sobald wie möglich geschaffen wird. Solange wir hier aber nur nach elf Ländermeinungen entscheiden können und solange wir nicht in der Lage sind, darüber hinaus auch Kriterien zu finden - und das hat ja auch Ihr Antrag letzten Endes nicht getan -, die in das Gesetz hineinpassen, das nur dann fördern will, wenn die Arbeitskraft überwiegend in Anspruch genommen wird, - solange dies alles nicht vorhanden ist, bleibt uns nur der Weg, den Beirat zu bitten, dieses Problem zu überprüfen und dann möglichst rasch eine Novellierung der Ausbildungsförderung vorzusehen.
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Präsident von Hassel: Das Wort hat der Abgeordnete Moersch.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist sicherlich eine schwierige Frage, die hier zur Entscheidung steht, und es ist zu bedauern, daß die Antragsteller selbst im Ausschuß zu wenig insistiert haben. Aber ebenso offensichtlich ist doch auch, daß innerhalb der Bundesregierung verschiedene Meinungen in dieser Frage bestanden haben, daß beispielsweise das Bundesinnenministerium sehr wohl einen solchen Antrag für nützlich hält. Insofern hat der Kollege Rollmann die
Antwort, die hier kürzlich von der Bundesregierung gegeben worden ist, durchaus richtig und zutreffend interpretiert. Frau Kollegin Freyh, ich hatte den Eindruck, Sie wollten eigentlich die Frage stellen: Wer hat Angst vor dem bösen Rollmann? Das ist hier nicht notwendig.
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Herr Kollege Josten, ein Wort zu den Finanzen. Das ist nicht so unübersehbar, das scheint mir nicht das Problem zu sein, und der Haushaltsausschuß - nun, lassen wir uns doch dabei nicht schrecken. Die ganze Finanzierungsplanung der Bundesregierung stimmt sowieso nicht. Warum sollten wir uns also ausgerechnet bei einem solchen Antrag, bei dem es um relativ geringe Summen geht, nachträglich den Kopf des Haushaltsausschusses zerbrechen? Das scheint mir nicht sehr sinnvoll zu sein. Es stimmt keine einzige Zahl, die wir in dem Gesetz angenommen haben, einfach deshalb, weil die Unterlagen nicht gut genug sind.
Aber was hier für den Fernunterricht gesagt wurde, ist zutreffend, und im nächsten Jahr werden wir die Zentralstelle haben. Wir haben eben jetzt die Kriterien, nach denen diese Fernlehrinstitute von den Kultusbehörden behandelt werden; denn wir haben diese Kriterien in der Mehrwertsteuer bereits gefunden, und warum sollten sie nicht auch dafür gelten können?
Präsident von Hassel: Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Kollegin Freyh?
Herr Kollege Moersch, obwohl Sie den Punkt, daß das Gesetz auf keinen richtigen Zahlen aufgebaut sei, nur in einem Nebensatz berührt haben, möchte ich Sie fragen, ob Sie diese Behauptung wirklich im Ernst aufstellen wollen.
Frau Kollegin Freyh, das sind geschätzte Zahlen. Das ist insgesamt nicht zu bestreiten. Sie wissen, daß sich die Einkommensverhältnisse bis zum Inkrafttreten des Gesetzes erheblich verändern werden, und deswegen können die Zahlen heute nur angenommen werden; sie stimmen nicht. Wenn ich die Voraussagen der Bundesregierung über Wirtschaftswachstum, Löhne und allgemeine Einkommensentwicklung in den letzten Monaten mit den Korrekturen derselben Regierung vergleiche, dann kann ich doch behaupten, daß alle Zahlen, die vorgelegt worden sind, falsch sind. Das ist gar nicht böswillig. Es sind alles Annahmen. Warum sollen wir nicht einmal Annahmen zu unseren Gunsten korrigieren?
Präsident von Hassel: Gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Herr Kollege Moersch, würden Sie mir zugestehen, daß Sie damit Ihre Feststellung so relativiert haben, daß die Zahlen genauso stimmen, wie sie bei allen Schätzungen, die
man bei in die Zukunft hineinreichenden Gesetzen vornehmen muß, stimmen?
Frau Kollegin Freyh, ich möchte nicht mißverstanden werden. Ich zweifle überhaupt nicht an der Sorgfalt, mit der diese Zahlen erarbeitet worden sind. Aber die Schätzungen sind hier deswegen besonders grob, weil die Wirtschafts- und Einkommensentwicklung der vergangenen Monate völlig außerhalb der Voraussagen der Bundesregierung gelegen hat, so daß die Zahlen, auf denen wir aufbauen, bereits von falschen Schätzungen ausgehen, die natürlich im nächsten Jahr noch mehr von dem, was ursprünglich gedacht war, abweichen werden. Ich will also damit nur sagen: Jetzt kommt es auf eine kleine Differenz durch den Fernunterricht auch nicht mehr an; die Differenz ist ohnedies im nächsten Jahr viel größer, als wir es uns heute vorstellen. Ich weiß nicht, wie groß sie ist; aber als Argument gegen diese Einfügung möchte ich sie einfach nicht verwendet wissen. Das ist der Grund, weshalb ich das hier sage.
Präsident von Hassel: Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Abgeordneten Josten?
Herr Kollege Moersch, Sie wissen, daß die Zahl derer, die sich im Rahmen des Fernunterrichts betätigen, mit 300 000 bis 400 000 angegeben wird. Teilen Sie meine Meinung, daß wir daher nicht in der Lage sind, auf Grund dieser ungefähren Zahl bereits konkrete finanzielle Auswirkungen zu sehen?
Herr Josten, ich teile sie nicht ganz. Ich habe z. B. für die Teilnahme am bayerischen Fernsehunterricht einige Anhaltspunkte. Dort haben wir ganz bestimmte Zahlen von Absolventen; es sind im letzten halben Jahr 2800 gewesen. Und man könnte angeben, wie viele von diesen in Frage kämen. Die Summen, um die es sich insgesamt handeln kann, fallen zumindest nicht sehr ins Gewicht.
Herr Kollege Moersch, teilen Sie die Meinung - da Sie doch selbst bei den Beratungen dabei waren -, daß nur sachliche Argumente dazu geführt haben, daß der Ausschuß dem Parlament empfiehlt, hier noch keine weiteren Schritte vorzunehmen?
Herr Kollege Josten, das ist ganz unbestritten. Ich habe auch gar nicht behauptet, daß hier von den Antragsgegnern irgendwelche unsachlichen Argumente vorgetragen worden seien. Nur bewerte ich die Argumente ein bißchen anders, und ich habe das im Ausschuß ebenfalls schon getan. Sie müssen mir erlauben, daß ich hier auf dem Gebiet der Finanzen nicht im Sinne der restriktiven Verhaltensweise etwa der Regierung plädiere, sondern daß ich der Meinung bin, daß bildungspolitische Risiken in einem bestimmten Umfang eingegangen werden sollten, weil sie auf die Dauer die besseren Investitionen sind. Das ist mein Argument dagegen.
Präsident von Hassel: Gestatten Sie eine Frage des Abgeordneten Kubitza?
Herr Kollege Moersch, könnten Sie dem Kollegen Josten sagen, daß er mit dieser Zahl von 300- oder 400 000 einfach hochstapelt? Ich habe vorhin gesagt, daß es sich höchstens um 12 000 handelt,
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die hier auf Grund der Bestimmungen des Gesetzes in den Bildungseinrichtungen, die gefördert werden sollen, in Frage kämen.
Herr Kollege Kubitza, für einen Kollegen, der in einem alten Römerkastell zu Hause ist, ist das Problem des Nullenfehlers nichts Besonderes. Natürlich hat er sich hier - wie Cäsar gelegentlich - um eine Null geirrt.
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- Aber es kann sich doch gar nicht darum handeln, Herr Kollege Baier, wie viele Leute an Fernlehrkursen teilnehmen; es kann sich nur darum handeln - -({1})
- Na ja, Herr Kollege Kühn, ich glaube, wir haben das Problem wirklich besprochen. Herr Kollege Kubitza hat selbstverständlich recht: Es handelt sich um die Zahl derer, die nach der sehr engen Auslegung dieser Vorschrift, die Herr Rollmann und Herr Kubitza hier vorgetragen haben, in Frage kommen.
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- Die insgesamt dort teilnehmen! Herr Kollege Kubitza hat ergänzt, daß 12 000 effektiv für die Förderung in Frage kommen. Das ist eine Zahl, die sehr sorgfältig erarbeitet wurde. Ich möchte Ihnen auch sagen, wo: im Bundesinnenministerium. Denen werden Sie vielleicht mehr glauben als mir.
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- Herr Kühn, in Glaubensfragen müssen Sie doch ganz stark sein!
Präsident von Hassel: Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Frau Pitz-Savelsberg?
Herr Kollege Moersch, sind Sie nicht auch der Meinung, daß die Frage, wenn solche Differenzen in der Annahme der Teilnehmerzahl bestehen, vielleicht doch noch nicht so ganz reif ist?
Frau Pitz-Savelsberg, offensichtlich gibt es in den Ressorts der Bundesregierung sehr verschiedene Meinungen. Das Bundesinnenministerium hat eine sehr gefestigte Meinung über den Sinn dieser Maßnahme. Wir tragen sie hier vor, und ich teile die Auffassung des Bundesinnenministeriums und seiner zuständigen Referenten. Sie müssen dann darüber abstimmen. Ich wollte hier
nur nicht den Eindruck erwecken, daß wir deswegen, weil wir in einem Jahr vielleicht sowieso die Zahlen korrigieren müssen, jetzt nicht den Mut haben könnten, einen solchen Beschluß zu fassen. Ich bin sehr wohl der Meinung, daß man auch den Weg über den Beirat gehen kann. Aber ich bin eben nicht so sicher, daß der sechste Bundestag innerhalb kurzer Zeit eine Novelle zu diesem Gesetz verabschieden wird.
Ich glaube, bei Abwägung der Risiken, die wir sicher alle kennen, ist es das geringere Risiko, den Antrag jetzt anzunehmen. Ich bin damit im Ausschuß nicht durchgekommen, die Kollegen sind es auch nicht. Vielleicht kommen wir jetzt auch wieder nicht durch. Aber ich glaube, es ist gerade deswegen ein Thema, das weite Kreise bewegt, weil wir in Deutschland den Fernunterricht in einer anderen Form ausbauen möchten, als es bisher geschehen ist. Auch deswegen, muß ich Ihnen sagen, wird die Sache am Ende billiger, weil die Form des Fernunterrichts für die staatlichen Bildungseinrichtungen im Grunde eine Entlastung bedeuten kann und keine Belastung zu bedeuten braucht, so daß die Förderung der Fernunterrichtsschüler durch das Ausbildungsförderungsgesetz möglicherweise die billigste Art von Bildungsinvestition ist, die Sie vornehmen können, und nicht die teurere. Man muß die Gesamtbilanz ziehen, und da wird wohl am Ende die Vernunft auf der Seite der Antragsteller sein. Deswegen unser Petitum: stimmen Sie dem Antrag zu.
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Präsident von Hassel: Herr Kollege Moersch, ich muß zu Ihren Betrachtungen über die Frage, ob die Zahlen der mittelfristigen Finanzplanung stimmen, eine Bemerkung machen. Gleichgültig, ob sie stimmen oder nicht stimmen: das Hohe Haus ist gehalten, wenn Anträge Kosten verursachen, diese nach § 96 der für uns gültigen Geschäftsordnung auch dem Haushaltsausschuß zur Mitberatung zu überweisen.
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Das hat nichts damit zu tun, ob Sie Zahlen trauen oder nicht trauen, sondern das ist eine Aufgabe dieses Hauses. Wenn das Thema ausgeweitet würde, müßte ich darauf bestehen, daß diese Vorlage noch einmal an den Haushaltsausschuß geht. Deshalb meine ich, daß wir über diese Frage hier zunächst einmal schweigen sollten.
Als letzter hat sich dazu der Abgeordnete Rollmann zu Wort gemeldet.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf vielleicht zu Anfang meiner Kollegin Frau Freyh ins Gedächtnis zurückrufen, daß ich genau diesen Antrag, den ich heute mit einigen Kollegen eingebracht habe, im Ausschuß für Familien- und Jugendfragen gestellt habe, daß dieser Antrag dort beraten und mit einer sehr knappen Mehrheit abgelehnt worden ist und daß ich daraufhin sofort im Ausschuß für Familien- und Jugendfragen angekündigt habe, ich würde ihn hier gemeinsam mit einigen Kollegen wiederum einbringen.
Präsident von Hassel: Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Frau Freyh?
Ja, bitte.
Herr Rollmann, obwohl es mir leid tut, daß wir diesem Thema so breiten Raum schenken, möchte ich Sie doch fragen, ob es nicht zutrifft, daß Sie bei der halbtägigen Beratung dieses Problem im Ausschuß ganz zu Anfang der Beratungen nicht anwesend waren.
Diese Frage ist in der Ad-hoc-Kommission beraten worden, als ich in der Tat nicht dabei war. Bei den entscheidenden Beratungen war ich dabei. Aber, Frau Freyh, es ist doch Beckmesserei, wenn wir uns darüber unterhalten wollten, wer wie lange bei diesen Beratungen anwesend war.
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Auf jeden Fall habe ich diesen Antrag im Ausschuß gestellt, und er ist mit sehr knapper Mehrheit abgelehnt worden.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich nur noch ein Wort zu der Argumentation von Frau Freyh sagen, die Länder würden die Bescheinigung über die ordnungsgemäße Teilnahme am Fernunterricht nach verschiedenen Gesichtspunkten ausstellen. Die Länder können sich untereinander verständigen, und wenn wir heute eine solche Bestimmung in das Gesetz aufnehmen, werden sich die Länder sehr schnell über einheitliche Maßstäbe verständigen, genauso wie sie gezwungen waren, sich über solche einheitlichen Maßstäbe beim Umsatzsteuergesetz zu verständigen, wo eine gleiche Bescheinigung verlangt wird.
Ich darf mir vielleicht zu der Kostenfrage noch die Bemerkung erlauben, Herr Präsident, daß durch die Ziffer 1 unseres Antrags überhaupt keine Kosten entstehen, sondern erst durch die Ziffer 2 unseres Antrags Kosten verursacht werden. Denn Ziffer 1 unseres Antrags wird erst dann kostenmäßig in Kraft Besetz, wenn Ziffer 2 hier akzeptiert wird, so daß die Ziffer 1 unseres Antrags angenommen werden kann, ohne daß irgendwelche zusätzlichen Kosten für den Bund entstehen.
({1})
Präsident von Hassel: Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich selber bin mir nicht darüber im klaren, ob nicht die Annahme der Ziffer 1 zu Kosten führt. Denn in dem Antrag steht: „Ausbildungsförderung wird für die Teilnahme an Lehrgängen des Fernunterrichts geleistet ..." Das heißt, es müßten doch eigentlich Kosten entstehen, nicht nur dann, wenn nach Ziffer 2 noch eine ergänzende Rubrik „Teilnehmer an Lehrgängen des Fernunterrichts" angefügt wird. Ich bin mir darüber nicht im klaren und möchte es nicht vertiefen.
Präsident von Hassel
Wir kommen zur Abstimmung. Ich schlage vor, daß wir über den Änderungsantrag auf Umdruck 718 und den Antrag auf Umdruck 729 - sie stimmen überein - gemeinsam abstimmen, und zwar zunächst nur über die jeweilige Ziffer 1 beider Anträge. Sind Sie damit einverstanden? - Dann bitte ich diejenigen, die der Ziffer 1 der Änderungsanträge auf den Umdrucken 718 und 729 zustimmen, um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen ist der Antrag mit großer Mehrheit abgelehnt.
Ich darf darauf aufmerksam machen, daß damit auch die Ziffer 2 der beiden Anträge abgelehnt ist.
({2}) - Die Ziffer 2 ist damit erledigt.
Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über .die §§ 2, 3, 4, 5, 6 und 7. Wer diesen Paragraphen seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei wenigen Enthaltungen so beschlossen.
Ich rufe § 8 auf. Dazu liegt Ihnen ein Änderungsantrag auf Umdruck 730 *) vor. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Moersch.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In § 8 ist das Förderungsalter prinzipiell zunächst auf 30 Jahre begrenzt. Es werden dann allerdings Härteklauseln eingeführt, so daß sich das wieder relativiert. Dennoch glaubten wir eine Bestimmung aufnehmen zu sollen, die auf das 35. Lebensjahr abzielt, und zwar speziell mit Blick auf die längerdienenden Freiwilligen der Bundeswehr, die bei einer Begrenzung des Förderungsalters auf 30 Jahre eine größere Beweislast hätten, wenn sie aus dem Gesetz Nutzen ziehen wollten, als wenn wir das Alter auf 35 Jahre hinaufsetzten.
Unsere Freunde im Arbeitskreis I, die sich mit der Verteidigungspolitik befassen, haben diese Frage einmal an Hand der ihnen bekannten Fälle geprüft und sind zu der Ansicht gekommen, daß es gerade mit Blick auch auf die Werbewirksamkeit etwa für den Unteroffiziersberuf nützlich wäre, wenn wir in diesem Gesetz die Worte „das 30. Lebensjahr" durch die Worte „das 35. Lebensjahr" ersetzten, wobei ohnedies, wie Sie wissen, prinzipiell die Frage umstritten ist, ob man solche Altersbegrenzungen in ein Gesetz über Ausbildungsförderung überhaupt aufnehmen sollte.
Wir möchten Sie daher bitten, gerade mit Blick auf die betroffene Personengruppe der Bundeswehr, unserem Antrag auf Umdruck 730 zuzustimmen.
({0})
Präsident von Hassel: Das Wort hat der Abgeordnete Josten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch dieses Problem, das der Kol-
*) Siehe Anlage 13 lege Moersch angesprochen hat, ist im Ausschuß ausführlich behandelt worden. Sie wissen, daß dieses ebenfalls eine Kostenfrage ist. Das gleiche, was vorhin eine Rolle spielte, ist auch jetzt wieder gegeben.
Ich kann daher nur empfehlen, den Antrag der FDP abzulehnen.
Präsident von Hassel: Frau Kollegin Freyh hat das Wort.
In der Fassung, die der Ausschuß in dritter Lesung einstimmig verabschiedet hat, ist zu lesen, daß der letzte Ausbildungsabschnitt mit Vollendung des 30. Lebensjahres begonnen haben soll. Das heißt mit anderen Worten: hier ist auch schon wieder eine erhebliche Ausweitung vorgesehen.
Im übrigen darf ich darauf hinweisen, Herr Kollege Moersch, daß Sie wahrscheinlich ein anderes Gesetz im Auge gehabt haben, als Sie diesen Antrag stellten. Sie haben nämlich ein Gesetz im Auge gehabt, das vor allem den Besuch von wissenschaftlichen Hochschulen betrifft. Nach dem vorliegenden Gesetz wi rd sich an die Bundeswehrzeit wahrscheinlich nur der Fachschulunterricht anschließen, und bekanntlich sind die Fachschulen ja Schulen mit verhältnismäßig kurzer Ausbildungszeit - zwei oder drei Jahre -, so daß nicht einzusehen ist, warum man in diesem Gesetz die Altersgrenze auch unter Berücksichtigung dieser sachlichen Gründe hinausschieben sollte. Sie selbst haben richtig auf die Ausnahmebestimmungen hingewiesen, die ohnehin in diesem Gesetz vorhanden sind und die auch im Bericht interpretiert sind. Ich möchte deshalb bitten, den Änderungsantrag zu diesem Gesetz, das vor allem allgemeinbildende und berufsbildende Schulen betrifft, abzulehnen.
Präsident von Hassel: Keine Wortmeldungen dazu.
Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag Umdruck 730. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Dieser Antrag ist gegen die Stimmen der FDP mit großer Mehrheit abgelehnt.
Wir kommen dann zur Abstimmung über die §§ 8 bis 17. Wer diesen Paragraphen die Zustimmung geben will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - So beschlossen.
Ich rufe § 18 auf. Dazu liegt der Änderungsantrag Umdruck 720 der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD vor. Wird das Wort zur Begründung gewünscht? ({0})
- Braucht nicht begründet zu werden.
Präsident von Hassel
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag der beiden Regierungsfraktionen Umdruck 720.*) Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? -- Bei einer Enthaltung ist dieser Antrag angenommen.
Ich komme dann zur Abstimmung über den § 18 mit dieser Änderung sowie über die §§ 19 bis 42. Wir können auch über § 43 abstimmen, denn die Änderungsanträge Umdrucke 718 Ziffer 2 und 729 Ziffer 2 fallen weg und die Korrektur in Abs. 1 Nr. 1 „Schüler ..." ist entsprechend der Vorschrift des § 2 Abs. 1 Nr. 1 vorgenommen. Wir können also über die genannten Paragraphen einschließlich § 43 sowie über die Einleitung und die Überschrift abstimmen. Wer die Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich eröffne die
dritte Beratung.
Ich erteile das Wort Frau Pitz-Savelsberg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir stehen am Ende einer großen Arbeit. Für uns alle bedeutet die Verabschiedung dieses ersten Gesetzes zur Förderung der Ausbildung die Einleitung einer neuen Richtung in der Bildungspolitik. Vor allen Dingen müssen wir unsere Befriedigung darüber ausdrücken, daß es trotz der Knappheit der Zeit und trotz der Enge, mit der wir in der Arbeit steckten, doch noch gelungen ist, dieses Gesetz zu verabschieden. Es bildet eine notwendige Ergänzung zu einigen Gesetzen mit bildungspolitischem Schwergewicht, die schon verabschiedet worden sind, nämlich das Berufsbildungsgesetz und das Arbeitsförderungsgesetz. Das Ausbildungsförderungsgesetz schließt nun die Lücke. Es bildet eine große Hoffnung für viele junge Menschen.
Für den Bund ist dieses Gesetz Neuland. Bisher war die Regelung der Ausbildungsförderung Sache der Länder. Dem Bund obliegt die Sorge für die Herstellung der Chancengleichheit. Die Chancengleichheit hat nicht nur Bedeutung für den jungen Menschen selbst, dem durch dieses Gesetz die Türe zu einer Ausbildung geöffnet wird, die seiner Eignung und seiner Neigung entspricht; sie hat auch Bedeutung für die soziale und wirtschaftliche Zukunft eines Landes. Die Forderung, die wir in erster Linie an dieses Gesetz stellen müssen, geht dahin, daß die bisherige regionale Regelung von einer bundeseinheitlichen Regelung abgelöst werden muß. Die zweite Forderung ist, daß die bundeseinheitliche Regelung für alle Bereiche der Ausbildung in gleicher Weise gilt.
Der technische und wirtschaftliche Fortschritt, die immer anspruchsvoller werdenden Forderungen der Berufswelt, die Verunsicherung des Menschen -durch den ständigen Wandel seiner Umwelt und seiner
*) Siehe Anlage 14 Lebensbedingungen rufen ein stärkeres Bedürfnis nach gründlicher Ausbildung wach. Es geht hier um ein neues Gefühl der Sicherheit des Menschen unserer Zeit. Die Zeit war reif für dieses Gesetz. Wir stehen hier in diesem Punkt an einer Wende. Ich möchte dieses erste Gesetz zur Ausbildungsförderung beinahe mit den ersten Bemühungen um die Sozialgesetzgebung vor 100 Jahren vergleichen. Damals ging es schlicht um die Existenzsicherung. Heute geht es um den Anspruch des Menschen auf freie Entwicklung seiner Fähigkeiten und um den Platz in der Gesellschaft von morgen. Wir wissen, daß der Mensch alles das nur durch Leistung erringen kann. Der Zugang zu dieser Leistung ist die gute Ausbildung. Das Gesetz setzt, wie gesagt, einen Anfang. Aber man soll es deshalb nicht schmähen; man soll nicht sagen: Das, was jetzt auf den Tisch gelegt wird, ist zu wenig. - Wir wollen mit diesem Gesetz einen Anfang setzen, um eine Entwicklung in Gang zu bringen.
Wir haben gefordert, dieses erste Gesetz noch im 5. Bundestag zu verabschieden. Eine weitere Forderung ging dahin, daß dieses Gesetz für künftige Entwicklungen offenbleiben muß.
Ein kurzer Blick zurück! Im Bundestag sind mehrmals einstimmig Entschließungen gefaßt worden, in denen ein Ausbildungsförderungsgesetz verlangt wurde. Aber wir wissen genau, daß schon die ersten Bemühungen - seien es Regierungsentwürfe oder Entwürfe der Fraktionen - in den Zuständigkeitsschwierigkeiten hängenblieben. Eigentlich ist die Tür erst durch den Übergang der Kompetenz auf den Bund geöffnet worden. Das geschah am 9. Mai 1969. Wir müssen uns das vor Augen führen, wenn wir heute über die Frage nachdenken, wie lange es eigentlich gedauert hat, bis dieses Gesetz zustande kam.
Der zweite Faktor, der dieses Gesetz endlich möglich machte, war die Bereitstellung der Mittel in der mittelfristigen Finanzplanung. Aber damit war auch gleichzeitig die Begrenzung dieses Gesetzes gegeben. Es ist wichtig, daß wir uns das in dritter Lesung noch einmal vor Augen halten. Wenn die Kompetenz und das Geld fehlen, sind die besten Bemühungen zwecklos.
Alles das, was in der Vorbereitung zu diesem Gesetz vor sich gegangen ist, hat ja doch seine gute Wirkung gehabt, denn ohne die vorangegangenen Klärungen in vielen Debatten wäre in der kurzen Zeit vom 9. Mai bis heute ein verabschiedungsreifes Gesetz nicht zustande gekommen. In diesem Zusammenhang möchte ich auch den beteiligten Ministerien danken. Trotz der gedrängten Folge der Sitzungen und der erheblichen Arbeitsbelastung sind die zuständigen Ministerien immer wieder neuen Formulierungswünschen des Ausschusses nachgekommen. Ohne die Unterstützung von dieser Seite wären wir vielleicht noch nicht so weit.
Der bemerkenswerteste Beschluß, der in der dritten Lesung im Ausschuß gefaßt wurde, war die endgültige Festlegung auf die sogenannte kleine Lösung. Zunächst war ja eine Gesamtkonzeption geplant, die alle Bereiche der Förderung umschließen
sollte und stufenweise in Kraft gesetzt werden sollte. Von diesem Konzept ist der Ausschuß abgegangen, und er ist stattdessen zu einer kleinen Lösung gekommen. Dafür waren einige Gründe maßgebend.
Mittlerweile ist das Arbeitsförderungsgesetz verabschiedet worden, und in diesem Gesetz ist die Förderung der Lehrlinge festgelegt worden. Wäre die Lehrlingsförderung nun auch in einer weitergehenden Konzeption des Ausbildungsförderungsgesetzes enthalten gewesen, so wäre das ein ungutes Nebeneinander und systematisch wohl kaum zu vertreten gewesen. Das heißt nun nicht, daß wir nicht auch der Lehrlingsförderung viel Aufmerksamkeit zugewandt haben und daß dieses Gesetz nicht zu einem späteren Zeitpunkt durch einen weiteren gesetzgeberischen Akt um den Bereich der Lehrlingsförderung erweitert werden muß. Die Förderung der Lehrlinge erfolgt im Augenblick über das Arbeitsförderungsgesetz aus Mitteln der Bundesanstalt für Arbeit. Das kann nur ein vorübergehender Zustand sein, denn die Lehrlinge müssen wie die gleichaltrigen Schüler aus öffentlichen Mitteln gefördert werden, da auch die Lehrlingsausbildung eine Erstausbildung ist. Es wird Aufgabe des Sechsten Deutschen Bundestages sein, das zehnte Schuljahr, das jetzt auch noch nicht einbezogen ist, sowie die Lehrlinge einzubeziehen und damit eine Ergänzung zu diesem ersten Gesetz zu schaffen. Der Ausschuß hat eine entsprechende Entschließung verabschiedet, die Sie in der Drucksache V/4377 finden.
In diesem Zusammenhang mußte zunächst noch ein anderer Bereich ausgeklammert werden, nämlich der Bereich der Studierenden. Wenn wir im Rahmen der Mittel der mittelfristigen Finanzplanung bleiben wollten, so konnte das nur geschehen, wenn das sogenannte Honnefer Modell kostenneutral einbezogen wurde. Das ließ sich aber nicht durchführen. Die Kosten übertreffen bei weitem den Rahmen, der uns gesteckt war, und es entstand die Frage: sollen wir wegen der Überteuerung in einem Bereich das ganze Gesetz gefährden, oder sollen wir diesen Bereich wie bisher für eine Übergangszeit noch über das Honnefer Modell, über die Bund-Länder-Förderung, fördern lassen? In diesem Zusammenhang ist noch eine Schwierigkeit zu erwähnen, die dazu führte, daß für die Abwicklung des Honnefer Modells eine Übergangszeit eingeplant werden mußte. Beim Honnefer Modell handelt es sich um eine Mischfinanzierung; Bund und Länder finanzieren es gemeinsam. Im Etat des Bundes stehen 50% der Aufwendungen für das Honnefer Modell, 50 % tragen die Länder. Wenn jetzt das Honnefer Modell bzw. die gesamte Studentenförderung, auch der Bereich, der unter der Bezeichnung „Rhöndorfer Modell" läuft, zunächst ausgeklammert bleibt, so muß eine Übergangszeit vorgesehen werden, die eine bestimmte Spanne nicht überschreitet. Denn die Mischfinanzierung kann, nachdem die Kompetenz auf den Bund übergangen ist, nicht unbegrenzt fortbestehen. Aus diesem Grunde hat der Ausschuß geglaubt - und dem sind wir auch alle gefolgt -, einen Rahmen für diese Übergangszeit setzen zu müssen. Er schlägt vor, daß bis zum 1. März 1970 ein Gesetzentwurf vorgelegt werden soll, nach dem zu einem späteren Zeitpunkt auch der Bereich der Studierenden als zweite große Ergänzung in dieses Gesetz einbezogen wird.
Es sind also zwei große Ergänzungen nötig, der Bereich der Lehrlinge und der Schüler des zehnten Schuljahres einerseits und auf der anderen Seite der Bereich der Studierenden. Dabei ist zu beachten, daß die Übergangszeit besonders hinsichtlich des Honnefer Modells einen bestimmten Rahmen nicht überschreiten darf.
Zur Verabschiedung steht also jetzt ein verkürztes Gesetz, das im wesentlichen den Bereich der Schüler umfaßt. Es sind einbezogen die allgemeinbildenden Schulen von der elften Klasse an und die berufsbildenden Schulen - um sie einmal unter diesem großen Oberbegriff zu nennen - und damit der ganze Bereich der Zugänge zu allen Berufen in der mittleren Ebene. In diesen Bereich gehören Berufszweige, die strukturellen Veränderungen ganz besonders ausgesetzt sind. Hier bahnt sich auch eine neue Form der Ausbildung an. Im Gesetz sind z. B. die Berufsfachschulen, die Fachoberschulen und die Fachhochschulen erwähnt, die einen neuen Zug neben den üblichen Schultypen darstellen. Ganz besonders ist es zu begrüßen, daß auch die Berufsfachschüler von der elften Klasse an noch in den Genuß der Förderung kommen. Dies gilt ganz besonders für die Schulen, die den Abschluß einer Realschule voraussetzen. Am stärksten wird sich dieses Gesetz auf den Kreis der Fachschüler auswirken. Die bisher bestehenden gesetzlichen Grundlagen, das Berufsbildungsgesetz, das eine bundeseinheitliche Ordnung für die betriebliche Berufsausbildung geschaffen hat, sowie das Arbeitsförderungsgesetz, das die Chance für Umschulung und Fortbildung geschaffen hat, genügen allein nicht, um die mittlere Berufsebene im wünschenswerten Umfang mit Nachwuchs zu füllen.
Die Überlegungen auf bildungspolitischem Gebiet gehen weiter. Bildungsplanung muß sich auf eingehende Untersuchungen einerseits über den Bedarf und andererseits über die Richtung der Neigungen zu verschiedenen Ausbildungswegen gründen können. Hier fehlt weitgehend noch der Unterbau. Wenn wir uns heute auch um die Reform der Universitäten und um die Zahl der Studierenden ständig Sorge machen, so sind auf diesem Gebiet doch wenigstens die Ursachen erkennbar und überschaubar. Aber das berufsbildende Schulwesen in seiner jetzigen Gestalt ist viel undurchsichtiger und viel weniger durchforscht. Wenn also Bemühungen um Ausbildungsförderung und um die Herstellung der Chancengleichheit in großem Umfang Erfolg haben sollen, muß ebenfalls dafür gesorgt werden, daß eine bundeseinheitliche Ordnung im Sinne einer Harmonisierung des berufsbildenden Schulwesens von den Ländern in Angriff genommen wird. Hier liegen große Chancen. Ein leistungsfähiges Schulwesen ist ein wesentliches Element jeder Bildungsplanung, das die Zukunft im Auge behalten muß.
Einer Begrenzung auf diesen mittleren Bereich stimmt meine Fraktion zu, nicht zuletzt aus Gründen der Begrenztheit der Mittel. Wir bedauern sehr, daß wir nicht wenigstens auch noch den Bereich des
zehnten Schuljahres einbeziehen konnten. Damit hätten wir eine Förderung der Schüler im ganzen gehabt. Aber meine Fraktion sieht in der Auswahl dieses mittleren Bildungsbereichs doch eine sinnvolle Lösung und begrüßt sie ausdrücklich.
Es ist Ihnen wohl allen bekannt, daß es leichter war, ein akademisches Studium zu beginnen und über das Honnefer Modell gefördert zu werden, als irgendeine Fachschulausbildung ins Auge zu fassen, unter Umständen auch noch in einem anderen Land als dem Wohnland. Diese Ausbildung wurde im allgemeinen nicht gefördert. Dieser Zustand konnte nicht länger anstehen. Denn so wie wir für die Förderung der Studierenden die Freizügigkeit wollen, damit sie studieren können, wo sie wollen, auch in einem anderen als in ihrem Wohnland, müssen wir dies auch für die älteren Fachschüler und für Schüler anderer Schularten vorsehen. Für die Schüler sehen wir allerdings vor - auch dieser Vorschrift stimmt meine Fraktion zu -, daß möglichst eine Ausbildungsstätte nahe am Wohnort der Eltern besucht wird.
In diesem Zusammenhang spielt die Aufgabe des Beirates eine große Rolle. Der Beirat muß darüber wachen, daß durch rechtzeitige und sinnvolle Anpassung der Leistungen das Gesetz gleichmäßig effektiv bleibt. Der zuständige Minister überprüft im Abstand von zwei Jahren, ob eine Anpassung infolge der veränderten Verhältnisse - Lebensverhältnisse, Entwicklung der Einkommen - dringend erforderlich ist. Er wird gegebenenfalls eine Regierungsvorlage machen, zu der der Beirat Stellung nehmen muß.
Er hat ferner neue Formen zu berücksichtigen. Wir haben ja soeben die Debatte über den Fernunterricht gehabt. Nach Anhörung eines Vertreters der Kultusministerkonferenz ist der Ausschuß zu der Überzeugung gekommen, daß der Fernunterricht zwar ein wesentliches Element der Ausbildung sein kann, daß aber seine Formen noch nicht in der Weise überprüft und gesichert sind, wie es wünschenswert wäre, um sie in ein Förderungsgesetz einzubauen. Auf der anderen Seite hätte die Kostenfrage nach Ansicht des Auschusses ein unsicheres Moment in dieses Gesetz gebracht. Da wir alle bestrebt waren, das Gesetz noch im fünften Bundestag zu verabschieden, mußten wir in jeder Weise Risiken vermeiden.
Der zweite Bildungsweg, der in diesem Gesetz gegenüber der regulären Ausbildung begünstigt ist, erfährt diese Begünstigung nach Meinung eines großen Teils der Ausschußmitglieder zu Recht; denn man geht von ,der Vorstellung aus, daß einem zweiten Bildungsweg immer schon ein erster Ausbildungsweg vorangegangen ist, vielleicht ein falsch eingeschlagener, und daß nun eine zweite Ausbildung mit erheblich größerer Mühe folgen muß. Aber wir hoffen, daß gerade durch dieses Gesetz und durch den Zusammenhang dieses Gesetzes mit dem Arbeitsförderungsgesetz der zweite Bildungsweg in Zukunft immer weniger Bedeutung haben wird, weil ja unter den gegebenen Förderungsmöglichkeiten die Möglichkeit besteht, von vornherein den richtigen Ausbildungsweg einzuschlagen. Sicher wird es immer noch Fälle geben, und es wird auch immer noch eine Möglichkeit im Gesetz geben müssen, diese Fälle zu korrigieren.
Noch einen Punkt hat meine Fraktion für sehr wichtig angesehen, und in diesem Punkt hat meine Fraktion auch nicht ganz leichten Herzens den Ausschußbeschlüssen zugestimmt: das war die Frage der Durchführung. Leider müssen wir sie hier vor vollkommen leerer Bundesratsbank erörtern. Die Gesetzentwürfe aller drei Fraktionen sahen vor, daß die Bundesanstalt für Arbeit durchführende Behörde sein sollte. Ich muß hier die Einschränkung machen: es war der Gesamtentwurf, der aus den Initiativen der drei Fraktionen hervorgegangen war.
Die Bundesanstalt war nach Auffassung vieler Mitglieder des Ausschusses - ich möchte beinahe sagen: der Mehrheit der Mitglieder des Ausschusses - die geeignetste Behörde für die Durchführung des Gesetzes. Diese Behörde bringt für diese Aufgabe erhebliche Voraussetzungen mit. Aber die Länder beanspruchten sehr beharrlich die Durchführung für sich. Das war schon lange bekannt, aber man hoffte immer noch auf eine Übereinstimmung. Die Verhandlung mit den Vertretern der Ministerpräsidenten am 3. Juni in Berlin ließ aber keinen Zweifel daran, daß die Länder hart bleiben würden.
Die Alternative - jetzt eine lange Auseinandersetzung über diese Frage mit den Ländern oder eine Verabschiedung - zwang dann den Ausschuß zu einer Entscheidung. Der Ausschuß entschied sich dafür, die Durchführung des Gesetzes den Ländern zu übertragen. Dabei war - das möchte ich auch für meine Fraktion sagen - im wesentlichen der Gesichtspunkt maßgebend, daß es sich nicht um irgendeinen Bereich, sondern um den Bildungsbereich handelt, daß hier Bund und Länder eine gemeinsame Aufgabe haben und daß wir die Aufgabe der Ausbildungsförderung nicht gegen die Länder, sondern mit den Ländern durchführen müßten. Insofern kam es zu dieser Festlegung auf die Durchführung durch die Länder.
Wir begrüßen es sehr, daß die Behörden überall in der ganzen Bundesrepublik die einheitliche Bezeichnung „Amt für Ausbildungsförderung" haben. Wir glauben, daß dadurch die Durchführung erleichtert wird, vor allen Dingen für diejenigen, die dieses Gesetz in Anspruch nehmen.
Das Gesetz gibt einen Rechtsanspruch, allerdings einen bedingten Rechtsanspruch: sofern der Betreffende selbst oder seine Eltern die Mittel für seine Berufsausbildung nicht aufbringen können. Insofern sind wir bei der Konzeption der familienabhängigen Lösung geblieben, d. h. daß nicht unabhängig von der Familie jeder gefördert wird, sondern daß zunächst die Mittel des einzelnen und seiner Familie in Anspruch genommen werden.
Für die Zukunft müssen wir erwarten, daß die Anpassung so erfolgt, daß jeder, der dieses Gesetz in Anspruch genommen hat, auch mit der Zuverlässigkeit dieser Hilfe rechnen kann; eine abgebrochene Berufsausbildung wegen eines vorübergehenden Mangels an Mitteln oder aus Gründen anders gefällter politischer Entscheidungen ist eine ganz
schwer zu ertragende Sache für den Auszubildenden. Alle Parlamente, die in bezug auf Bildungsfragen Entschließungen fassen und Gesetze auf den Weg schicken, müssen damit rechnen, daß Bildung eine Planung auf lange Zeit hinaus erfordert. Aber wenn man sich dazu entschließt, muß man auch entschlossen sein, die Ebene der Leistungen beizubehalten, den natürlichen Zuwachs der Berechtigten und das einzuplanen, was sich aus der Anpassung ergibt.
Dieses Gesetz, das aus der Initiative dieses Hauses hervorgegangen ist, ist gedeckt durch die mittelfristige Finanzplanung bis zum Ende 1972. Dann wird eine Fortschreibung notwendig sein, da die Entwicklung konstant bleiben muß.
Die Entschließung, die der Ausschuß dem Gesetzentwurf beigefügt hat, verlangt eine doppelte Ergänzung dieses ersten Gesetzes in absehbarer Zeit. Sie verlangt auch, daß für die auf Grund der Ergänzungsgesetze benötigten Beträge Mittel im Haushalt zur Verfügung gestellt werden. Das ist also unser Anliegen an den 6. Deutschen Bundestag: darüber zu wachen, daß diese Konzeption, die wir heute anstreben, auch erfüllt wird. Nach und nach muß dieses Gesetz zu einem großen Gesetzeswerk ausgebaut werden, das zu einem Instrument wird, das den einzelnen befähigt, den Anforderungen einer modernen Leistungsgesellschaft zu genügen.
Meine Fraktion stimmt diesem Gesetz zu.
({0})
Das Wort hat Frau Abgeordnete Freyh.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für die sozialdemokratische Bungestagsfraktion möchte ich zur dritten Lesung abschließend folgendes erklären.
Meine Fraktion begrüßt, daß wir heute nach zehnjährigen heftigen Auseinandersetzungen um die Ausbildungsförderung, ein Gesetz verabschieden werden, das dort, wo bisher der freien Entfaltung des einzelnen in der Ausbildung durch Unterschiede in der wirtschaftlichen Leistungskraft Grenzen gesetzt waren, nunmehr die Chancengleichheit und die freie Wahl von Beruf und Ausbildungsstätte verbessert.
Es geht in diesem Gesetz um den Abbau von Bildungsprivilegien und darum, daß sich die Begabungen aus allen Schichten unseres Volkes in den Führungsgruppen unserer Gesellschaft repräsentieren. Wir Sozialdemokraten sind stolz, durch unsere Initiativen in der 3. Legislaturperiode, dann 1962 und auch wieder bei diesem Gesetzentwurf entscheidend zum gesellschaftlichen Durchbruch beigetragen zu haben.
Wir alle wissen heute, daß sich der Umweg über das sogenannte Pennälergehalt als eine Sackgasse erwiesen hat, das die wirklichen Probleme der Chancengleichheit nicht lösen konnte. Es hatte wenig Sinn, beachtliche Millionenbeträge so aufzuteilen, daß damit eine Ausbildungshilfe von monatlich 40 DM über alle ausgegossen wurde, gleichgültig, ob es sich für die einen um ein Taschengeld und für die anderen nur um einen geringen Zuschuß zu den tatsächlich notwendigen Kosten für ihre Ausbildung gehandelt hat. Deshalb mußte das „Gießkannenprinzip" durch gezielte Ausbildungsförderung ersetzt werden.
({0})
Bei diesem Gesetz geht es nun um die individuellen und unterschiedlichen Bedürfnisse der Familien. Es geht um ausreichende Förderungsbeträge. Es geht um die gezielte Berücksichtigung der Familien, denen eine qualifizierte und längere Ausbildung ihrer Kinder nicht nur Opfer abverlangt, sondern die ihnen oft auch aus wirtschaftlichen Gründen nicht möglich ist; und es geht um den Schwerpunkt bei Ausbildungsgängen, die bisher nicht oder nur unzureichend gefördert worden sind.
Kernpunkte des Gesetzes aus dieser Sicht sind:
1. Auf Ausbildungsförderung besteht ein Rechtsanspruch.
2. Die Ausbildungsförderung wird nicht von Fleißprüfungen abhängig gemacht, sondern nur von den Ausleseverfahren, die in den Ausbildungsstätten ohnehin für alle bestehen.
3. Die Förderungssätze berücksichtigen sowohl den Lebensunterhalt wie auch den Ausbildungsbedarf.
4. Die Einkommensgrenzen sind so festgelegt, daß auch diejenigen Familien noch berücksichtigt werden, die ein durchschnittliches Einkommen haben. In dem Gesetz ist sichergestellt, daß diese Einkommensgrenzen den. künftigen allgemeinen Einkommensentwicklungen angepaßt werden.
5. Der Schwerpunkt wird auf Ausbildungseinrichtungen gelegt, die die Grundlagen für qualifizierte Berufe und für den Besuch von höheren Fachschulen und Hochschulen schaffen.
Die Ausbildungsförderung, meine Damen und Herren Kollegen, hat einen langen Weg durchlaufen, der weit hinter die in dieser Legislaturperiode eingebrachten Gesetzentwürfe zurückreicht. Meine Fraktion hat diesen Weg entscheidend mitbestimmt. Zweimal, im Jahre 1959 und im Jahre 1966, hat das Parlament des Deutschen Bundestages einstimmig Anträge angenommen, die aus Initiativen der SPD-Fraktion entstanden waren. In beiden Fällen wurden von den damaligen Bundesregierungen gesetzliche Maßnahmen für die Vereinheitlichung und Verbesserung der Ausbildungsförderung gefordert. Das federführende Ressort kam jedoch über Referentenentwürfe nicht hinaus.
Der erste Gesetzentwurf zur Ausbildungsförderung, der diesem Hause überhaupt vorgelegen hat, war der SPD-Entwurf vom Mai 1962. Wegen angeblich verfassungsrechtlicher Bedenken gelang es uns damals nicht, die anderen Fraktionen von einem mutigen Schritt nach vorn zu überzeugen. Nachträglich hat allerdings ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts - das übrigens, Frau Kollegin Pitz, vom Mai 1967 stammt - die unserem Gesetzentwurf zugrunde gelegte Auslegung des SozialhilfeFrau Freyh
Begriffs bestätigt. Als im Dezember 1968 noch kein Regierungsentwurf zur Ausbildungsförderung vorlag, ergriff das Parlament die Initiative. Es blieben nur fünf Monate Beratungszeit, eine wirklich kurze Zeit. Ich möchte an dieser Stelle die Gelegenheit ergreifen, all denjenigen zu danken, die mit persönlichem Engagement und mit konzentrierter Arbeit zu einem rechtzeitigen Abschluß dieser Beratungen beigetragen haben.
Das Ausbildungsförderungsgesetz ist ein erstes Gesetz für den Bereich der allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen. Ich möchte für meine Fraktion mit Nachdruck erklären, daß wir uns für eine Vervollständigung der Gesetzgebung in der nächsten Legislaturperiode einsetzen werden. Bis dahin richtet sich die Studentenförderung weiter nach den Richtlinien des Honnefer und Rhöndorfer Modells und die Lehrlingsförderung nach dem Arbeitsförderungsgesetz. Aber die notwendigen strukturellen und finanziellen Verbesserungen der Studentenförderung bedürfen natürlich nicht nur der Mitarbeit anderer beteiligter Verbände, sondern auch der konkreten Mitarbeit der Studenten.
Bereits in der ersten Lesung war es unsere Auffassung, daß der Schwerpunkt des Gesetzes bei den allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen liegen sollte. Wir halten es für einen Erfolg, daß es uns gelungen ist, die anderen Fraktionen davon zu überzeugen, und daß die in der mittelfristigen Finanzplanung bereitgestellten Mittel zuerst für diesen Bereich verwandt worden sind, der einerseits am uneinheitlichsten und am schlechtesten geregelt war und in dem andererseits die Vorentscheidung für die Ausschöpfung von Begabungsreserven, für Chancengleichheit und für die soziale Zusammensetzung der Führungsschichten fallen.
Dieses Gesetz aber ist in seinen Grundprinzipien mehr als ein erster Schritt, weil es seine Ziele ohne Diskriminierung derjenigen verfolgt, die öffentliche Mittel in Anspruch nehmen müssen, um eine kostspielige Ausbildung zu absolvieren; ohne Diskriminierung deswegen, weil es keinen Zwang zu einseitiger Beteiligung durch Pflichtdarlehen geben wird und weil schließlich auch die anderen, die nicht auf diese öffentliche Förderung angewiesen sind, zu den hohen indirekten Aufwendungen für ihre Ausbildung nur als allgemeine Steuerzahler beitragen. Diskriminierung gibt es auch deswegen nicht, weil die nach diesem Gesetz Geförderten keinem anderen Ausleseverfahren unterworfen werden als denen, die die Ausbildungsstätten ohnehin für alle vorsehen. Schließlich wird die Berufswahl nicht eingeengt, weil die freie Wahl auch allen übrigen offensteht, die auf einer besseren wirtschaftlichen Grundlage ihren Berufsweg wählen können.
Unsere Überlegungen zielten von Anfang an in diese Richtung, und wir sehen mit Genugtuung auf unseren Anteil an diesen Grundsatzentscheidungen, die sich übrigens auch abheben von den Vorstellungen früherer Entwürfe des Familienministeriums. Damit haben wir auch den Auftrag des Grundgesetzes erfüllt und in gemeinsamer Arbeit die wirtschaftlichen Voraussetzungen der Chancengleichheit gesichert.
Nicht so, wie es gestern in einer großen Tageszeitung zu lesen war, sondern auch organisatorisch wird dieses Gesetz in den Fragen der Durchführung erhebliche Verbesserungen bringen, Verbesserungen insbesondere gegenüber den bisher hinsichtlich der Leistungen, der Voraussetzungen und des berücksichtigten Personenkreises stark aufgesplitterten Länderregelungen. Aber da in dieser wichtigen Frage in Übereinstimmung mit den Ländern entschieden werden mußte, wurde zwar die Bundesanstalt nicht mit der Durchführung beauftragt; aber die vorgesehene Bundesauftragsverwaltung ergibt, daß künftig im gesamten Bundesgebiet Ausbildungsförderung auch auf diesem Wege nach einheitlichen Richtlinien geleistet und in jedem Stadt- und Landkreis künftig nur noch ein Amt für Ausbildungsförderung zuständig sein wird.
Im übrigen sollte sicher darauf geachtet werden, daß dieses Gesetz so unbürokratisch und so rationell wie möglich durchgeführt wird.
Es muß in dieser abschließenden dritten Lesung noch etwas hervorgehoben werden, nämlich daß es für meine Fraktion von entscheidender Bedeutung war, daß wir uns durch die voreiligen Kostenschätzungen zu diesem Gesetz nicht von unseren Vorstellungen haben abbringen lassen. Unser Gesetzentwurf wurde, nachdem er im Juli 1968 eingebracht worden war, von dem zuständigen Ressort der Regierung mit dem Hinweis auf einen überhöhten Kostenbedarf von 5 Milliarden DM in der Öffentlichkeit als undurchführbar dargestellt. Auch wenn diese Kostenschätzungen im Laufe der Monate reduziert wurden, so hatten diese Fehlschätzungen offenbar keine ausreichende Berechnungsgrundlage. Man hätte sich besser rechtzeitig um reale Grundlagen für die Berechnung der Kosten eines Ausbildungsförderungsgesetzes bemühen sollen, die sich dann erst der Ausschuß in seinen Beratungen hat erarbeiten müssen.
Lassen Sie mich noch einmal zusammenfassen, wo nach meiner Meinung und nach der Meinung meiner Fraktion die Handschrift der Sozialdemokraten in diesem Gesetz deutlich geworden ist: erstens bei der Durchsetzung des Rechtsanspruchs auf Ausbildungsförderung, zweitens bei der Abkehr von der Begabtenauslese, drittens bei der gleichwertigen Einbeziehung der berufsbildenden neben den allgemeinbildenden Ausbildungsstätten, viertens bei der regelmäßigen Anpassung der Bedarfssätze und Freibeträge entsprechend der Einkommensentwicklung, fünftens bei der ausreichenden Berücksichtigung von Fahrtkosten und überdurchschnittlichem Ausbildungsbedarf, sechstens bei der vollen Einbeziehung des Zweiten Bildungswegs und siebtens bei der Gestaltung der Einkommensfreibeträge, insbesondere, wenn beide Eltern berufstätig sind.
In diesem Zusammenhang möchte ich der Unterstützung durch die Sachverständigen ein besonderes Wort des Dankes widmen, ihnen danken für ihren Rat in diesen Fragen und für die fruchtbare Zusam13582
menarbeit, von der ich hoffe, daß sie auch in der weiteren Gesetzgebung fortgesetzt werden kann.
Nun zum Abschluß, meine Damen und Herren. Auch dieses Gesetz steht im Zusammenhang mit den gesellschaftspolitischen Reformgesetzen, die der Deutsche Bundestag in der letzten Zeit verabschiedet hat. Die wirtschaftliche Entwicklung der Zukunft stellt uns gesellschaftspolitisch vor große und veränderte Probleme. Das Ausbildungsförderungsgesetz ist ein neuer Anfang, um der kommenden Entwicklung gerecht zu werden. Ebenso wie in der Förderung der beruflichen Bildung im Arbeitsförderungsgesetz geht das Gesetz von dem Grundsatz aus, daß eine gute Bildung die beste Investition für die soziale Sicherheit bedeutet. Es berücksichtigt darüber hinaus den steigenden Bedarf der Gesellschaft nach gut ausgebildeten Menschen, und es wird dem Anspruch des einzelnen auf die volle Entfaltung seiner Persönlichkeit gerecht.
Meine Fraktion betrachtet dieses Gesetz als einen beachtlichen gesellschaftspolitischen Fortschritt und stimmt ihm zu.
({1})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Moersch.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion, Frau Pitz, hat vorhin gemeint, die Zeit sei früher für ein solches Gesetz nicht reif gewesen. Ich meine, die Mehrheit, der Bundestag ist eben jetzt erst reif für dieses Gesetz, nicht die Zeit
({0})
und noch nicht reif für dieses Gesetz ist die Bundesregierung gewesen, denn sie hat keinen Entwurf vorgelegt. Das muß, glaube ich, hier festgehalten werden. Wir warten bis zum heutigen Tage vergebens auf eine Regierungsvorlage. Waren es früher die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen ein Bundesgesetz - Frau Kollegin Freyh hat davon gesprochen; übrigens Bedenken, die hauptsächlich das Land Hessen vorgetragen hat -, die von der Regierung vorgeschützt werden konnten, so ist jetzt nach der ausdrücklich in die Verfassung aufgenommenen Kompetenz für die Ausbildungsförderung kein Platz mehr für solche Entschuldigungsbemühungen etwa einer Bundesregierung. Wir müssen vielmehr registrieren, daß die mit so viel Selbstlob angetretene Regierung der Großen Koalition in einem der wichtigsten Bereiche der Sozial- und Bildungspolitik nicht zu einer Entscheidung fähig gewesen ist.
({1})
- Wollen Sie das vielleicht bestreiten, Herr Baier?
({2})
Der Gesetzentwurf, den wir jetzt verabschieden, wird trotz und nicht wegen dieser Koalition in Kraft treten. Wir Freien Demokraten sind dankbar dafür, daß unsere Initiative aus dem Jahre 1967 die beiden
anderen Fraktionen dieses Hauses ein Jahr später zu ähnlichen Initiativen stimuliert hat.
({3})
- Ja, gerade hier erweist sich der Wert des Wettbewerbsprinzips in der Demokratie. Vor allem aber zeigt sich doch, wie nützlich der Zwang zur Entscheidung für die Zaudernden und Saumseligen gelegentlich sein kann. Manchmal funktioniert eben zu unserer großen Freude das Geleitzugsystem doch nicht, dem wir so oft unterworfen sind.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Abgeordneten Baier? Baier ({0}) : Herr Kollege Moersch, haben Sie in der Tat nicht mitbekommen, daß wir jetzt die verfassungsmäßigen Kompetenzen für die Verabschiedung dieses Gesetzes haben?
Herr Kollege Baier, Sie zitieren nur halb. Die Regierung hat auf Druck dieses Hauses erstens einmal die Verfassung geändert.
({0})
- Sie werden doch nicht bestreiten können, daß die Regierung jahrelang keine Vorlage in dieser Richtung gemacht hat. Erst als hier die Ausbildungsförderung zur Debatte stand, als wir unseren Gesetzentwurf einreichten, hat die Regierung eine Vorlage zur Verfassungsänderung gemacht, aber sie war eben nicht in der Lage, einen Gesetzentwurf dazu einzubringen. Was nützt Ihnen denn eine solche Verfassungskompetenz ohne Ausführungsgesetz? Das bleibt doch ein leeres Versprechen.
({1})
- Sie können nicht wegdiskutieren, daß die Bundesregierung in dieser Frage keine Meinung hatte.
({2})
- Das sind Tatsachen, die Sie nicht bestreiten können. Aber entschuldigen Sie: warum haben Sie sich nicht vorhin aufgeregt, als Frau Kollegin Freyh dasselbe, nur mit feineren Worten, gesagt hat? Das ist Ihnen anscheinend gar nicht aufgefallen, meine Herren von der CDU/CSU.
({3})
Die Mehrheit des Familien- und Jugendausschusses hatte übrigens die Absicht, ein umfassendes Gesetz zu verabschieden. Aber eben diese Große Koalition war nicht in der Lage, ihre längst überholten und, ich sage es noch einmal, sachlich höchst bedenklichen Finanzdispositionen entsprechend zu verändern. Deswegen müssen wir mit einem Teilgesetz für die Ausbildungsförderung heute zufrieden sein. Das ist die Lage. Die Prioritätsentscheidung dieser Bundesregierung hat eben nicht für eine umfassende Ausbildungsförderung ausgereicht, die uns allen in diesem Bundestag vorgeschwebt hat.
Wenn wir Freien Demokraten dennoch zustimmen, so deshalb, weil nun endlich - das ist hier
schon gesagt worden - der Gesetzgeber auf diesem Gebiet den richtigen Weg einschlägt. Mit dieser Vorlage wird nicht mehr wie früher mechanistisch verteilt und gefördert, sondern es wird eben die qualifizierte Ausbildung zur Voraussetzung der Förderung; vor allem aber wird die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Erziehungsberechtigten oder der Auszubildenden zum wesentlichen Maßstab staatlicher Hilfe. Wir freuen uns jedenfalls deshalb besonders darüber, weil es uns mit der Diskussion der vergangenen Jahre gelungen ist, nun eine derart sozial gerechte Ausbildungsförderung zu erreichen. Wir wissen aber, daß die schwierigsten Entscheidungen erst noch bevorstehen, dann nämlich, wenn die gesetzliche Regelung im tertiären Bildungsbereich, also bei den Studierenden, zu erfolgen hat, wie es hier ja allgemeiner Wunsch ist.
Ich muß hier ein Wort zu dem soeben beendeten Bundesparteitag der Freien Demokraten sagen. Denn dort in Nürnberg ist mit Mehrheit - ({4})
- Wollen Sie es nicht hören, halten Sie es nicht für nützlich, daß ich Ihnen mitteile, welchen Standpunkt die FDP hier mehrheitlich und in demokratischer Weise beschlossen hat? Wir haben dort nämlich mit Mehrheit beschlossen, daß die FDP gehalten ist, das Prinzip der familenunabhängigen Förderung in einem neuen Gesetz zu verwirklichen. Meine Damen und Herren, das ist ein sehr einfacher Grundgedanke, der sich hier - wann auch mit knapper Mehrheit - durchsetzen konnte, der Gedanke nämlich, daß Erwachsene - also im Augenblick solche, die über 21 Jahr alt sind, vielleicht künftig die über 18jährigen - ihre Bildungschancen ohne Rücksicht auf die Leistungsfähigkeit oder den Willen ihrer Eltern selbst wahrnehmen können. Das ist zweifellos konsequent gedacht, wenn auch finanziell nicht leicht zu verwirklichen. Nur möchte ich Ihnen sagen, daß die finanzielle Belastung dabei wiederum nicht so groß sein wird, wie das auf den ersten Blick erscheinen mag, weil bei der familienunabhängigen Regelung der Ausbildungsförderung die bisher geltenden Steuervergünstigungen für die Eltern wegfallen.
Schließlich sollten die Einwände wegen der finanziellen Belastung auch zum Nachdenken darüber führen, ob es nicht durch eine vernünftige Bildungs- und Studienreform endlich auch in der Bundesrepublik möglich sein muß, die Schul- und Studienzeit, die Ausbildungszeit insgesamt auf ein vertretbares Maß zu reduzieren. Dann sind nämlich die finanziellen Belastungen nicht mehr die, die heute in diesen Zahlen enthalten- sind. Das wäre ein wesentlicher Fortschritt.
({5})
Besonders wichtig erscheint uns dabei der Gedanke, daß Fortbildung und Umschulung künftig wesentliche Faktoren der Berufsentwicklung sein werden und daß wir deshalb Ausbildung, Fortbildung und Umschulung nicht mehr als den Ausnahmefall, sondern als Bestandteil von Beruf und Arbeit anzusehen haben. Das bedingt bei der Weiterentwicklung der Ausbildungsförderung einige Überlegungen über .den derzeitigen Stand der Diskussion hinaus. Vor allem aber macht, so meine ich, dieser Hinweis deutlich, daß die Aufteilung öffentlicher Förderungsmaßnahmen in verschiedene Gesetze - wie wir heute gehört haben - nur für eine Übergangszeit gelten darf, weil sie sonst zu einer Ungerechtigkeit und Unübersichtlichkeit führen würde.
Nun fehlt allerdings der Bundesregierung für diesen gesamten Bereich bis heute ein klares Konzept. Sie ist, wenn überhaupt, aus den verschiedensten Blickwinkeln mit der Fragestellung der Chancengleichheit beschäftigt, und es muß befürchtet werden, daß die Nützlichkeitserwägungen, die sich neuerdings wiederum im bildungspolitischen Konzept der CDU niedergeschlagen haben, ebenso vorherrschend sein könnten wie gewisse Arbeitsmarktanpassungswünsche bei den Sozialdemokraten. Wir Freien Demokraten haben demgegenüber mit unserer Gesetzesvorlage und mit anderen Vorlagen klar zum Ausdruck gebracht, daß für uns das Bürgerrecht auf Bildung für jeden einzelnen den absoluten Vorrang hat.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Freyh? - Bitte!
Herr Kollege Moersch, ich muß Sie doch einmal fragen, ob Sie eigentlich gar nicht bemerkt haben, daß wir inzwischen ein Arbeitsförderungsgesetz verabschiedet haben;
({0})
denn Sie sprechen in diesem Zusammenhang doch über Dinge, die auch mit Ihrer Zustimmung eine abschließende Regelung erfahren haben.
Frau Kollegin Freyh, ich kann das gar nicht bestreiten. Ich stelle nur fest, daß in maßgebenden Entwürfen der SPD und auch in der öffentlichen Diskussion einiger ihrer Sprecher - nicht von Ihnen persönlich - der Gedanke der Anpassungsfähigkeit an den Arbeitsmarkt hervorgetreten ist und nicht so sehr der Gedanke, den Sie vorhin erwähnt haben, nämlich der des Bürgerrechts auf Bildung, d. h. auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und Wahrnehmung aller Lebenschancen. Ich kann hier feststellen, daß in diesem Punkte offene Diskrepanzen in Ihrer Partei vorhanden waren und Sie deswegen, wenn ich das recht sehe, auch lange Zeit Schwierigkeiten hatten, diesen Gesetzentwurf durch Ihre Fraktion in dieser Wahlperiode vorzulegen.
Aber lassen Sie mich damit schließen, daß ich Ihnen sage, daß wir eine umfassende Ausbildungsförderung, zu der wir heute den ersten Schritt tun, für die entscheidende Voraussetzung der Verwirklichung der Grundrechte für alle Menschen in diesem Lande halten, nämlich für die Voraussetzung der Verwirklichung des Rechtes auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und auf Wahrnehmung der Lebenschancen. Noch einmal: Das Bürgerrecht auf Bildung ist hier materiell in einem ersten Schritt
abgesichert worden.. Deshalb stimmen wir diesem Gesetzentwurf zu.
({0})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Josten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nur wenige Worte. Ich möchte Dank von seiten der CDU/CSU-Fraktion und im Auftrag unseres Ausschußvorsitzenden, des Kollegen Vogt, sagen. Aber zunächst möchte ich ihm, dem Kollegen Vogt, danken, der seit 12 Jahren dem Bundestag angehört. Wir kennen ihn noch, wie er hier bei bester Gesundheit gewirkt hat. Und besonders wir als die Mitglieder des Ausschusses danken ihm herzlich, daß er trotz seines sehr angeschlagenen Gesundheitszustandes geholfen hat, daß dieses Gesetz zustande kam.
({0}).
Meine Damen und Herren, dieser Dank gilt sicherlich allen Mitgliedern unseres Ausschusses und natürlich auch der stellvertretenden Vorsitzenden, Frau Schanzenbach. Sie werden verstehen, daß ich als Vorsitzender der Ad-hoc-Kommission zwei Kolleginnen ein herzliches Wort des Dankes sagen will, unseren Berichterstatterinnen, Frau Frey und Frau Pitz-Savelsberg. Wenn sie nicht so fleißig mitgewirkt hätten, könnten wir dieses Gesetz heute nicht verabschieden, das wissen wir.
({1})
Das muß man auch hier im Parlament einmal offen sagen.
Herr Kollege Moersch, Sie haben doch eifrig mitgearbeitet. Aus drei Initiativgesetzen wurde eine Vorlage des Bundestages; alle drei Fraktionen haben mitgearbeitet. Die Regierung hat uns in der Arbeit unterstützt, und ich möchte für die CDU/CSU- Fraktion besonders dem zuständigen Familienministerium ein herzliches Wort des Dankes sagen.
({2})
Ich glaube, dieser Bundestag kann froh sein, daß es noch vor Abschluß dieser Legislaturperiode gelungen ist, ein gutes Fundament für eine weitere Gesetzgebung zu legen. Der Bundestag hat mit diesem Gesetz sicherlich eine gute Arbeit getan.
({3})
Das Wort hat der Bundesminister für Familie und Jugend, Frau Brauksiepe.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin weit davon entfernt, in diesen „edlen Sängerwettstreit" einzustimmen, und auch das „Lob der Frauen" will ich hier nicht unbedingt vertiefen. Ich finde es ungewöhnlich, daß es in diesem Hause ausgesprochen wird. Aber eines möchte ich vorwegschicken: Herr Moersch, wenn Sie vorhin darüber klagten, daß etwas, was in all den Jahren nicht geschah, jetzt wohl geschehe, muß ich Ihnen entgegnen: Als nichts geschah, waren wir mit Ihrer Gruppe verbunden; als etwas geschah, hatten wir diese Koalition. Da ist es geglückt. Am Ende ist doch der Erfolg entscheidend! Und daher sollten wir in dieser letzten Stunde nicht allzulange bei vergangenen Chancen verweilen.
Aber in diesem Augenblick, da wir ein Gesetz für diejenigen verabschieden, die bisher draußen vor der Tür standen, die bisher durch die Türen zur Weiterbildung und Ausbildung nicht so leicht hindurchkamen, drängt es mich, all denen zu danken, die bei diesem für die Zukunft bedeutungsvollen Werk mitgearbeitet haben. Zunächst möchte ich Ihnen allen, meine Kolleginnen und Kollegen, hier noch einmal zum Ausdruck bringen, wie dankbar ich bin. Der Optimismus, die Zähigkeit und die Unverdrossenheit, mit denen über die kurze Strecke von der Einbringung an jenem Freitagnachmittag vor fast leerem Hause bis heute gearbeitet worden ist, haben etwas Umwerfendes. Wir sind ja in dieser Beziehung nicht allzu sehr verwöhnt.
Der beste Dank, der uns vielleicht eines Tages, in gar nicht zu ferner Zukunft, für dieses Gesetz gegegeben werden kann, ist der Dank der vielen Eltern und der vielen jungen Menschen, die auf Grund dieser Gesetzesarbeit ein anderes, ein erfüllteres Leben haben und die durch unsere Arbeit für ihre Zukunft eine neue Sinnerfüllung bekamen.
({0})
Diesem Dank schließe ich allerdings sogleich eine Hoffnung an, nämlich die Hoffnung, daß nun auch die Zustimmung des Bundesrates kommt. Wir alle wissen, aus langjähriger Arbeit, wie sehr wir auf das Miteinander angewiesen sind, das Miteinander von Bund und Ländern. Es nützt gar nichts - das sage ich jetzt noch einmal -, immer wieder darauf hinzuweisen, wie leidvoll der Weg war und daß es acht Entwürfe gegeben hat usw. Nichts war vergeblich, jede Unterlage wurde mit eingearbeitet. Aber wir konnten und durften es erst verwirklichen, als wir das Recht dazu bekamen, nämlich am 13. Mai 1969. Da nun der Bundesrat bereits während der Beratungen in den Ausschüssen so intensiv mitwirkte, sogar durch besondere Bevollmächtigte der Herrn Ministerpräsidenten der Länder, insbesondere in den Fragen, die die Durchführung angehen, glaube ich, daß ich die Hoffnung nicht vergeblich ausspreche, daß man Ihrem Satz von vorhin, Frau Freyh, folgt: „Einfach, nicht so kompliziert und durchführen!" Denn mit der Perfektion, die wir immer anstreben, bringen wir nur neue retardierende Momente hinein. Dieses hier ist ein Gesetz - darin stimmen wir alle überein -, das noch alle Möglichkeiten der Beweglichkeit und Ergänzung in _der Zukunft enthält. Der Bundesrat wird es, hoffe ich - - annehmen.
({1})
- Das macht mir gar nichts aus. Er hört es trotzdem; wir werden es ihm schreiben.
({2})
Wir werden das Gesetz, so hoffe ich, im Bundesrat mit der gleichen inneren Zähigkeit wie hier durchsetzen können.
Ich will es mir ersparen - die beiden Berichterstatterinnen haben den zurückliegenden Weg dargestellt -, daran zu erinnern, wie langwierig und mühevoll auch das Einarbeiten früherer Anregungen gewesen ist. Auch die Gesetzentwürfe der Fraktionen haben neue Anregungen gegeben und verschiedene Akzente gesetzt. Entscheidend ist aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, daß das Ergebnis einer gemeinsamen Arbeit vorliegt. Ich will in dem Zusammenhang auch nicht vergessen darauf hinzuweisen, daß der im Ministerium erstelle umfangreiche Bericht vom 20. März 1967 über den „Stand der Maßnahmen auf dem Gebiet der individuellen Förderung von Ausbildung und Fortbildung" eine Leistung und Dokumentation war, die man hier noch einmal erwähnen sollte, weil alle weiteren Entwürfe darauf aufbauen konnten.
Meine Damen und Herren, die zuständigen Ausschüsse - es war nicht nur der eine - haben uns jede Hilfe zuteil werden lassen. Die Fachkräfte, die wir brauchten, haben sich zur Verfügung gehalten. Auch wenn heute - bedauerlicherweise - nur das erste Gesetz angeboten wird, so geschah das auf Grund der Einsicht und der Erkenntnis, daß finanziell nicht mehr möglich war. Wir haben aber - das kommt überall zum Ausdruck - einen Schlüssel für die erste Tür eines großen und überschaubaren Hauses gefunden. Wenn man mit diesem Schlüssel die erste Tür öffnen kann, bleibt uns, meine ich, auch die Zuversicht - und die setzen wir in den kommenden Bundestag und seine Politiker, die daran weiterarbeiten werden -, daß uns auch die übrigen Kammern eines Tages geöffnet werden.
Vielleicht interessiert es das Hohe Haus, daß es sich auf Grund der bisher vorliegenden statistischen Erhebungen des Bundesrates ({3}) um 500 000 Schüler handelt, die die Einrichtungen besuchen. In Frage kommen, soweit wir das übersehen können - es sind wiederum bisherige Schätzungen des Statistischen Bundesamtes -, nach den Förderungsgrundsätzen, die heute endgültig angenommen werden, immerhin 245 000 junge Menschen, die unter diese Förderung fallen. Ich meine, daß eine solche Zahl zu dem Selbstbewußtsein, das Herr Moersch bemängelte, durchaus berechtigt. Es besteht also, wo immer sich Zähigkeit, Koordinierung und das MiteinanderUnterwegssein bewähren, aller Anlaß, anzunehmen, daß auch in Zukunft - bei enger Zusammenarbeit -, der Erfolg der zweiten und dritten Stufe garantiert sein wird.
Meine Damen und Herren, wenn es wahr ist, daß in unserer Zeit das magische Schlüsselwort „Bildung" heißt, wenn „Bildung und Weiterbildung" heute geradezu die Archimedischen Punkte sind, dann haben wir mit diesem ersten Gesetz vielleicht tatsächlich heute den Schlüssel in der Hand, der uns weiterhin den Zugang zu dem „großen Haus" offenhält.
Ich danke Ihnen, die Sie geholfen haben, ich danke auch denen, die auf der Regierungsbank sitzen, die viele zweite, dritte und vierte Entwurfskorrekturen vornehmen mußten. Ich danke Ihnen allen für die Ermutigung, die Sie mir auf der kurzen Strecke, die mir verblieben ist, gegeben haben.
({4})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dorn.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mich nur deswegen noch einmal gemeldet, um einer Legendenbildung vorzubeugen, die mir aus den Anfangsworten der Frau Ministerin hervorzuklingen schien. In der Erwiderung auf die Rede meines Freundes Moersch haben Sie gesagt, Frau Ministerin: Solange wir mit Ihrer Gruppe verbunden waren, haben wir es nicht geschafft; jetzt, in dieser Regierung, haben wir es geschafft. - Nun frage ich Sie, woran das wohl gelegen haben mag. Hat Ihr Vorgänger, Herr Minister Heck, vieleicht keine Zeit oder nicht die genügende Mehrheit in seiner Fraktion gehabt, um dem Kabinett eine Vorlage zuleiten zu können? Denn er war doch der Zuständige. Ich meine also: So kann man schlecht argumentieren, vor allen Dingen dann, sehr verehrte gnädige Frau, wenn die Regierung auch in dieser Zusammensetzung der Koalitionspartner nicht in der Lage gewesen ist - aus welchen Gründen auch immer; ich will das hier gar nicht untersuchen -, dem Hause eine Regierungsvorlage zuzuleiten. Wenn also das Parlament hier Initiativen ergriffen hat, sollte man so nicht argumentieren.
Ich glaube, wenn Sie sich einmal die Daten der Einbringung der drei Vorlagen für ein solches Gesetz ansehen, kommen Sie einfach nicht an der Feststellung vorbei, daß die Drucksache der Freien Demokraten mit einem derartigen Gesetzentwurf immerhin rund ein Jahr älter ist als die Drucksache der beiden Koalitionsfraktionen. Es kann doch also nicht an uns liegen, wenn das Gesetz nicht früher zustande gekommen ist, sondern die Ursache muß eindeutig woanders gelegen haben. Wenn das also in der vorigen Koalition nicht an uns gelegen haben kann - wir haben ja mit unserer Initative den Beweis dafür erbracht -, würde ich doch einmal in Ihrer eigenen Partei und Fraktion Überlegungen anstellen, wieso eine solche Verspätung überhaupt zustande gekommen ist.
Meine Damen und Herren, ich meine, wir sollten froh sein, daß wir einen kleinen Schritt auf dem dringend notwendigen Wege haben tun können. Es ist sinnlos, hier zu versuchen, eine Legende zu bilden, die jeglicher Grundlage entbehrt.
({0})
Das Wort wird nicht mehr gewünscht. Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Ausbildungsförderungsgesetz im ganzen zustimmen will, möge sich erheben. - Danke. Gegenprobe! - Danke. Enthaltungen? - Keine Enthaltungen. Das Gesetz ist ohne Enthaltungen gegen eine Stimme angenommen.
({0})
Meine Damen und Herren, außerhalb der Tagesordnung können wir schnell folgendes erledigen. Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses schreibt unter dem heutigen Datum dem Herrn Präsidenten des Deutschen Bundestages:
Betr.: Antrag der Fraktion der FDP
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Maßnahmen zur außenwirtschaftlichen Absicherung gemäß § 4 des Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft
- Drucksache V/4331 - Sehr geehrter Präsident!
Der Entwurf der Fraktion der FDP wurde dem Haushaltsausschuß bisher nicht überwiesen. Nach Mitteilung des Vorsitzenden des Finanzausschusses wird der vom Finanzausschuß im Grundsatz angenommene Antrag der Fraktion der FDP - Drucksache V/4331 - zu jährlichen Mindereinnahmen des Bundes in Höhe von ca. 8 bis 10 Mio DM führen.
Die Gesetzvorlage ist somit nunmehr zur Finanzvorlage geworden.
Ich bitte daher, den Antrag der FDP - Drucksache V/4331 - nachträglich gemäß § 96 GO dem Haushaltsausschuß zu überweisen.
Diese Überweisung erfolgt nach der Geschäftsordnung zwangsläufig. Das Haus hat das zur Kenntnis genommen.
Meine Damen und Herren, vom Punkt 9 der Tagesordnung bleiben uns noch die Ziffern 2, 3 und 4 des Antrags des Ausschusses auf Seite 2 der Drucksache V/4377 zu erledigen. Wer den Anträgen des Ausschusses zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Die Anträge des Ausschusses sind angenommen.
Ich rufe dann Punkt 11 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Rechtspflegergesetzes
- Drucksache V/3134 Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses ({1})
- Drucksache V/4341 Berichterstatter: Abgeordneter Erhard ({2})
({3})
Wird in der allgemeinen Aussprache das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht.
Wir kommen dann zur Einzelberatung. Ich rufe die §§ 1 bis 40, Einleitung und Überschrift auf. Wer den aufgerufenen Paragraphen zustimmen will, möge das Zeichen geben. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmige Annahme.
Ich rufe zur
dritten Beratung
auf. - Das Wort wird nicht gewünscht.
Wir kommen zur Schlußabstimmung über das Rechtspflegergesetz. Wer dem Rechtspflegergesetz im ganzen zustimmen will, möge sich erheben. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Der Ausschuß stellt in Drucksache V/4341 auf Seite 7 unter Ziffer 2 noch einen Entschließungsantrag zur Abstimmung. Wer dem Antrag des Ausschusses zustimmen will, gebe das Zeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Ausschußantrag ist einstimmig angenommen.
Ich rufe dann Punkt 14 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Förderung der Verwendung von Steinkohle in Kraftwerken und des Gesetzes zur Sicherung des Steinkohleneinsatzes in der Elektrizitätswirtschaft
- Drucksache V/3549 -
a) Bericht des Haushaltsausschusses ({4}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
- Drucksache V/4319 -
Berichterstatter: Abgeordneter Westphal
b) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen ({5})
- Drucksache V/4144 Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Apel ({6})
Wird in der allgemeinen Aussprache das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht.
Wir treten dann in die Einzelberatung ein. Änderungsanträge liegen nicht vor. Ich rufe die Art. 1 bis 4, Einleitung und Überschrift auf. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe zur
dritten Beratung
auf. - Das Wort wird nicht gewünscht. Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, möge sich erheben. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Vizepräsident Dr. Mommer
Ich rufe dann Punkt 18 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Bundessozialhilfegesetzes
- Drucksache V/3495
a) Bericht des Haushaltsausschusses ({7}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
- Drucksache V/4469 -Berichterstatter: Abgeordneter Bremer
b) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik ({8})
- Drucksache V/4429 Berichterstatter: Abgeordneter Kühn ({9})
({10})
Wird das Wort in der allgemeinen Aussprache gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht.
Wir treten in die Einzelberatung ein. Ich rufe die Art. 1 und 2 auf. - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den Art. 1 und 2, der Einleitung und der Überschrift zustimmen will, gebe das Handzeichen! - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Wir treten in die
dritte Beratung
ein. - Das Wort hat Herr Abgeordneter Kühn ({11}).
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens meiner Fraktion habe ich eine kurze Erklärung zur dritten Beratung dieses uns vorliegenden Gesetzes abzugeben.
Meine Fraktion begrüßt es mit großer Freude, daß wir heute diese Novelle, auf die wir so lange gewartet haben, verabschieden können. Wir tun das mit um so größerer Freude, als es sich hier um die Gestaltung von Rechten für eine Personengruppe handelt, die in diesem Hause - mit Ausnahme von einigen Kollegen, die sich mit den Fragen dieser Gruppe besonders befaßt haben - über keine Lobby verfügt. Ich glaube, daß wir gerade deswegen um so dringender die Rechte dieser Gruppe immer wieder zu Gehör bringen müssen.
Wir freuen uns daher, daß die Vorlage, die die Regierung uns vorgelegt hat, in sehr wesentlichen Punkten noch erweitert werden konnte, sowohl im Leistungsrecht wie auch in bezug auf den einbezogenen Personenkreis. Für den Personenkreis begrüßen wir die Erweiterung insbesondere deswegen, weil wir hier zum erstenmal in fühlbarer Weise für jene besonders benachteiligten Kreise von Mitbürgern - vor allen Dingen junger Mitbürger - etwas tun konnten, die in besonderer Weise die Last des Lebens zu tragen haben. Ich denke an die behinderten Kinder und Jugendlichen, denen wir durch die Bestimmungen dieser Novelle eine erweiterte Ausbildungsmöglichkeit geschaffen haben, und ich denke daran, daß wir durch die Erhöhung der Leistungen, die wir vorgenommen haben, vor allem auch viele Familien von einer harten Last befreien konnten.
Wir wissen, daß mit diesem Gesetz auf diesem Gebiet noch nicht alles getan ist, daß wir schrittweise vorgehen müssen, daß vieles, was getan werden müßte, einfach deswegen nicht im erforderlichen Umfang geschehen kann, weil wir bis zum heutigen Tage nicht wissen, wie groß der Personenkreis ist und wie stark die Schädigungen in den einzelnen Gruppen sind. Deswegen sind die Bestimmungen zur stärkeren Erfassung dieser Gruppe, die als Voraussetzung für die Gestaltung der Rechte für diese Gruppe besondere Bedeutung hat, sehr wichtig. Ich glaube, daß wir hier - wenn auch in einem bescheidenen Maße, von dem wir nicht glauben, daß es schon alle Möglichkeiten ausschöpft - einen ersten Schritt zu einer Feststellung des Personenkreises und damit zur Schaffung der Voraussetzung für wirksame Hilfsmaßnahmen getan haben. Wir sehen darin das Mindeste dessen, was wir auf diesem Gebiet fordern müssen.
Ich hoffe, daß - das ist die dritte Bemerkung, die ich machen möchte - die Möglichkeiten, die dieses Gesetz auf diesem Gebiet und auf anderen Gebieten schafft, auch in der Durchführung besser als bisher genutzt werden. Wir haben mit dem Sozialhilfegesetz ein vorbildliches Gesetz geschaffen. Wir haben auch jetzt bei den Beratungen der Novelle immer wieder hören müssen, daß Schwierigkeiten nicht so sehr deswegen auftreten, weil etwa einzelne Gesetzesbestimmungen unzureichend gewesen wären, sondern weil von den Gesetzesbestimmungen nicht in dem Sinne, wie der Gesetzgeber es hier gewollt hat, Gebrauch gemacht wurde. Meine dringende Bitte geht an die Bundesregierung - die leider im Augenblick nicht entsprechend vertreten ist; ich bedauere das ({0})
- eben -, mit den Länderregierungen ernsthaft darüber zu sprechen. - Verzeihung, Herr Bundesjustizminister, aber Sie sind hier nicht der unmittelbar Anzusprechende. Aber ich nehme an, daß Sie es im Bundeskabinett gern weitergeben.
Ich kann also nur der Hoffnung Ausdruck geben, daß in der intensiven Zusammenarbeit zwischen Bundesregierung und Landesregierungen die gesetzlichen Bestimmungen, so wie wir sie gemeint haben, bei der Durchführung beachtet werden und daß damit ein weiterer Schritt getan wird auf dem Wege, für eine Gruppe das Notwendige zu tun, die wir bisher - ich habe es in der ersten Lesung schon gesagt - in einer nicht zu vertretenden Weise vernachlässigt haben.
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Das Wort hat Herr Abgeordneter Glombig.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch ich möchte nur eine verhältnismäßig kurze Erklärung abgeben. Aber ich möchte sie in drei Punkte etwas pointierter abgeben, weil ich glaube, daß die Gelegenheit, hier noch die zweite Novelle zum Bundessozialhilfegesetz zu verabschieden, uns veranlassen sollte, einen Augenblick auch bei den Behinderten, vor allem den behinderten Kindern, z. B. denen, die unter dem ConterganUnglück zu leiden haben, zu verweilen.
Im Namen der SPD-Bundestagsfraktion begrüße auch ich es ausdrücklich, daß der Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Bundessozialhilfegesetzes trotz der Überlastung der Ausschüsse - damit hatten wir es in den letzten Wochen zu tun - noch beraten werden konnte und noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden soll - es sah zeitweise nicht so aus -, um am 1. Oktober 1969 in Kraft treten zu können.
Der Entwurf sieht unbedingt notwendige stungsverbesserungen vor und erstrebt eine Verstärkung der Maßnahmen, die eine Sicherung der Eingliederung Behinderter in Arbeit, Beruf und Gesellschaft zum Ziel haben. Von besonderem Gewicht ist die neue Bestimmung über die Freistellung der Eltern behinderter Kinder von den Kosten der Schulbildungsmaßnahmen. Es war nämlich unerträglich geworden, daß die Erfüllung der Schulpflicht durch schwerbehinderte Kinder überall dort, wo diese Schulpflicht nur in besonderen Einrichtungen abgeleistet werden kann, hohe Kosten für die Eltern zur Folge hatte. In diesen Fällen sollen zukünftig den Eltern keine zusätzlichen Kosten entstehen. Insofern ist also die ungleiche Behandlung von behinderten Kindern beseitigt worden.
Die SPD-Bundestagsfraktion stimmt, wenn auch mit großen Bedenken, ebenfalls den Bestimmungen der §§ 123 ff. des Bundessozialhilfegesetzes in der Regierungsfassung zu, wenngleich sie mit ihren Vorstellungen über eine effektive Meldepflicht im Interesse der Behinderten und ihrer notwendigen Rehabilitation nicht durchgedrungen ist. Herausgekommen ist lediglich ein, wenn auch erheblich verbessertes ,und verstärktes, Melderecht. Hier haben sich also mehr die Vorstellungen bestimmter Ärztekreise als die Vorstellungen der Behinderten und ihrer Verbände durchgesetzt. Die Zukunft wird zeigen, ob sich der gefundene Kompromiß bewähren wird, d. h. ob in allen Fällen die notwendige individuelle Hilfe rechtzeitig einsetzen wird - darauf wird es ankommen - und ob das jetzt vorgesehene Melderecht die Voraussetzungen für die Schaffung der notwendigen institutionellen Hilfen erfüllen kann. Meine Damen und Herren, obwohl ich deswegen in der Vergangenheit des öfteren angegriffen worden bin, bleibe ich dabei: Meldepflicht oder Melderecht ist auch ein technisches Planelement im Interesse der Behinderten. Länder und Gemeinden werden nur dann bereit sein können, das Notwendige zu tun und Millionen für Rehabilitationseinrichtungen zu investieren, wenn der Bedarfsnachweis geglückt ist. Das war unsere Schwierigkeit in der Vergangenheit. Oder wollen wir diese Aufgabe z. B. der „Aktion Sorgenkind" des Zweiten
Deutschen Fernsehens weitgehend überlassen? Diese Frage muß ich immer wieder stellen in dem Zusammenhang.
So sehr ich jede Initiative der Bürger in unserem Lande begrüße und anerkenne, so sehr muß ich es aber auch ablehnen, die Behinderten immer wieder auf die Nächstenliebe allein zu verweisen. Denn das kann doch nur dann funktionieren, wenn ich an das Mitleid appelliere. Das aber hat für die Behinderten selbst einen entwürdigenden Beigeschmack.
({0})
Hier handelt es sich also in erster Linie um eine Staatsaufgabe. Nur der Staat ist ein Kulturstaat, der sich seiner Alten, seiner Behinderten, seiner Kranken und seiner Schwachen annimmt. Um das zu garantieren, hat die SPD im Ausschuß den Antrag gestellt, zu beschließen, daß die Bundesregierung dem Bundestag in jeder Legislaturperiode, erstmals zum 1. Oktober 1972, einen Bericht über die Durchführung und den Erfolg der Maßnahmen auf Grund des Abschnitts über die Sonderbestimmungen zur Sicherung der Eingliederung Behinderter vorlegt.
Lassen Sie mich zum Abschluß noch kurz auf das Pflegegeld eingehen. Wir haben im Bundessozialhilfegesetz eine Blindenhilfe für Zivilblinde. Deren Höhe wollen wir in Zukunft der Pflegezulage für Kriegsblinde anpassen. Hier haben wir eine Automatik in das Gesetz hineingebracht, damit wir nicht immer wieder den schwerfälligen Gang der Änderung des Bundessozialhilfegesetzes gehen müssen. Wir sind diesen Weg aber nur halb gegangen. Für die Blinden, die in einer Anstalt untergebracht sind, gilt diese automatische Anpassung nicht. Wir haben dieser Fassung nur schweren Herzens zugestimmt. Wir müssen sehen, ob sie sich bewährt. Ich habe meine Zweifel.
Wir haben aber etwas Entscheidens zusätzlich getan: wir haben die sogenannten „Schwerstbehinderten" in die Bestimmungen über die Gewährung des Pflegegeldes mit einem Rechtsanspruch eingegliedert, der höher liegt als der normale Anspruch auf Pflegegeld von künftig 150 DM. Wir haben dieses Pflegegeld von 120 auf 150 DM erhöht. Schwerstbehinderten wollen wir künftig 150 % dieses Pflegegeldes geben analog einer Regelung, die wir seit Jahren bereits fortschrittlicherweise in Berlin haben. Das würde bedeuten: 225 DM.
Nun muß man aber wissen, daß unter den Begriff der Schwerstbehinderten - wir haben ihn nicht ausdrücklich festgelegt - die Ohnhänder z. B. nicht fallen würden. Ich will Ihnen das ganz kurz noch vortragen, weil ich meine, daß dieses Hohe Haus wissen muß, welche Lücken auf diesem Gebiet für die schwerbehinderten Menschen in unserem Lande noch bestehen. Unter diese Regelung fallen zum Beispiel Querschnittsgelähmte mit Blasen- und Mastdarmlähmung, Hirngeschädigte mit schweren physischen und psychischen Störungen und Gebrauchsbehinderung mehrerer Gliedmaßen, Ohnhänder mit Verlust eines Oberschenkels, Personen, die an allen Gliedmaßen vollständig gelähmt sind. Die erschwerten Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um in den Genuß eines solchen Pflegegeldes zu kommen.
Ich sage es auch deswegen bewußt, weil wir mit unseren. Beschlüssen das Finanzvolumen des Gesetzentwurfs erheblich gesteigert haben. Das wird in der Länderkammer, dem Bundesrat, keine Freude auslösen. Aber ich appelliere von dieser Stelle aus an den Bundesrat, hier wirklich der Vernunft zu folgen und nicht allein dem Gefühl, das ein voller oder nicht so voller Geldbeutel auslöst. Vor allen Dingen möchte ich den Bundesrat daran erinnern, daß wir durch Verabschiedung des Arbeitsförderungsgesetzes die berufliche Rehabilitation für die Behinderten aus der Zuständigkeit der Sozialhilfeträger herausgenommen und in die Zuständigkeit der Bundesanstalt für Arbeit gegeben haben. Hier wird also auch für die Länder und für die Gemeinden eine erhebliche Einsparung eintreten. Auch das bitte ich zu bedenken, wenn man seinen Unmut über diese von uns beschlossenen notwendigen Leistungsverbesserungen äußert.
({1})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Spitzmüller.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Namens der Freien Demokratischen Partei darf ich hier einige kurze Ausführungen machen.
Nachdem die Novelle zum Bundessozialhilfegesetz dem Bundestag recht spät im Verlaufe dieser Legislaturperiode, nämlich im Dezember 1968, zuging, bestand zunächst einmal die Gefahr, daß die dringend notwendige Novellierung überhaupt nicht mehr verabschiedet werden könnte, da wir unter Zeitmangel für die Beratung standen. Daß nun doch noch wenigstens diese vorliegende Novellierung möglich war, erfüllt uns Freie Demokraten mit einer sehr gedämpften Genugtuung, und zwar deshalb, weil diese Verabschiedung heute nur möglich ist, indem alle drei Fraktionen im Interesse der Betroffenen ihre eigenen, weitergehenden und grundsätzlichen Vorstellungen zurückstellten, um nicht die Novellierung insgesamt zu gefährden. Was hier zur Verabschiedung ansteht, enthält weder das Wünschenswerte, ja, noch nicht einmal das Nötige, sondern nur das im Augenblick politisch noch eben Durchsetzbare.
Meine Kollegen haben auf die wenigen gesetzten Schwerpunkte dieser Novelle bereits hingewiesen. Ich kann sie nur noch einmal bestätigen und unterstreichen. Wir Freien Demokraten stimmen dem Gesetz zu und hoffen, daß die in dieser Legislaturperiode nicht mehr zu regelnden Fragen im nächsten Bundestag in einer weiteren Vorlage zeitig entschieden werden können.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe mich bemüht, nicht durch eine schwergewichtige Erklärung den bescheidenen Inhalt dieser Novellierung aufzuwerten; denn sie enthält wirklich nur das Allernötigste, die unumgänglichsten Verbesserungen. Ich möchte mich dem Appell meines Kollegen Glombig anschließen und hoffen, daß der Bundesrat keine Schwierigkeiten macht. Denn aus den Ausführungen des Kollegen Glombig ist hervorgegangen: Was hier gegeben wird, ist wirklich an der untersten Grenze dessen, was gegeben werden muß.
({0})
Das Wort wird nicht mehr gewünscht. Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Bundessozialhilfegesetzes zustimmen will, möge sich erheben. Danke. Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Der Ausschuß beantragt unter Punkt 2 auf Seite 5 der Drucksache V/4429, die eingegangenen Petitionen für erledigt zu erklären. - Das Haus stimmt dem zu.
Ich rufe dann Punkt 20 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Deutsche Bundesbank
- Drucksache V/4332 Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen ({0})
- Drucksache V/4421 Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Luda ({1})
Der Berichterstatter wünscht das Wort nicht. - Auch in der allgemeinen Aussprache wird das Wort nicht gewünscht. Änderungsanträge liegen nicht vor.
Wir kommen zur Abstimmung in zweiter Beratung über §§ 1 bis 3 sowie über Einleitung und Überschrift. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe zur
dritten Beratung
auf. - Das Wort wird nicht gewünscht.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Deutsche Bundesbank im ganzen zustimmen will, möge sich erheben. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Ich rufe Punkt 22 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Busse ({2}), Dr. Hauser ({3}), Dr. Reischl und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung kostenrechtlicher Vorschriften
- Drucksache V/4146 Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses ({4})
- Drucksache V/4387 Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Arndt ({5})
({6})
Vizepräsident Dr. Mommer
Das Wort wird in der allgemeinen Aussprache nicht gewünscht. Änderungsanträge liegen nicht vor.
Wir stimmen dann über die Einzelbestimmungen des Gesetzes ab. Ich rufe auf Art. 1 bis 3 sowie Einleitung und Überschrift. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Wir treten in die
dritte Beratung
ein. - Das Wort wird nicht gewünscht. Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz zur Änderung kostenrechtlicher Vorschriften im ganzen zustimmen will, möge sich erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Ich rufe Punkt 23 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Durchführung der Ersten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts
- Drucksache V/3862 Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses ({7})
- Drucksache V/4406 Berichterstatter: Abgeordneter Deringer ({8})
Das Wort wird in der Aussprache nicht gewünscht. Änderungsanträge liegen nicht vor. Wir stimmen über Art. 1 bis 9 sowie Einleitung und Überschrift ab. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Wir treten in die
dritte Beratung
ein. - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer diesem Gesetz im ganzen zustimmen will, möge sich erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Ich rufe Punkt 24 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Lebensmittelgesetzes
- Drucksache V/4028 Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Gesundheitswesen ({9})
- Drucksache V/4407 Berichterstatterin: Abgeordnete Frau Lösche ({10})
Das Wort wird nicht gewünscht. Wir stimmen über Art. 1 bis 3 sowie Einleitung und Überschrift ab. Wer zustimmen wille, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Wir treten in die
dritte Beratung
ein. - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, möge sich erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Ich rufe Punkt 25 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes
- Drucksache V/2780 Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen
({11})
- Drucksache V/4384 -Berichterstatter: Abgeordneter Lange ({12})
Das Wort wird in der Aussprache nicht gewünscht. Wir stimmen über Art. 1 bis 4 sowie Einleitung und Überschrift ab. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Wir treten in die
dritte Beratung
ein. - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Gesetz zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes im ganzen zustimmen will, möge sich erheben. - Gegenprobe? - Enthaltungen? - Das Gesetz wurde einstimmig angenommen.
Punkt 26 der Tagesordnung ist abgesetzt. Ich rufe Punkt 27 der Tagesordnung auf:
Beratung des Schriftlichen Berichts des 2. Untersuchungsausschusses zu dem Antrag der Fraktion der SPD
betr. Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses gemäß Artikel 44 des Grundgesetzes
- Drucksachen V/3442, V/4208 -Berichterstatter: Abgeordneter Hirsch
Zur Abgabe einer Erklärung hat das Wort Herr Abgeordneter Hirsch.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als Vorsitzender dieses Untersuchungsausschusses und als sein Berichterstatter möchte ich doch den vier anderen Mitgliedern dieses Ausschusses für ihre Mitarbeit besonders herzlich danken. Es waren ja die Vorsitzenden der drei Fraktionen und in der Person des Herrn Stücklen sozusagen auch noch ein Stückchen Fraktionsvorsitzender. Ich möchte als alter Obergefreiter meinen: es hat sich wieder einmal bewährt, daß Generale sozusagen die Maschinenpistole in die Hand genommen und einen Spähtrupp gemacht haben.
Vielleicht könnte dieses Beispiel auch auf anderen Gebieten manchmal ganz nützlich sein. Es sollte Schule machen. Es hat sich eben deswegen bewährt, weil dadurch das Gewicht dieses Untersuchungsausschusses so groß gewesen ist, wie das auf diesem Gebiet wohl notwendig war, und weil - das sage ich deswegen, weil in gewissen Zeitungsberichten einmal etwas anderes darüber gestanden hat - dieses höchste Establishment der Fraktionen tatsächlich sehr tatkräftig und nützlich in dem Ausschuß mitgearbeitet hat. Ich möchte hier keine Zensuren erteilen. Aber weil das in der Presse anders dargestellt worden ist, möchte ich sehr deutlich machen, daß die betreffenden Herren dieses Amt nicht nur übernommen, sondern es in harter Arbeit auch durchgeführt haben, was insbesondere für das Studium der unzähligen Akten, gilt, die uns da vorgelegen haben. In diesem besonderen Fall ist es also, glaube ich, nötig, auch einmal ein Lob von dieser Stelle zu sagen.
Aber ich möchte mich auch sehr herzlich bei der Bundesregierung bedanken, die in diesem Fall nun wirklich - was in anderen Untersuchungsausschüssen nicht immer selbstverständlich gewesen ist - das Material, das wir für die Untersuchung gebraucht haben, auf den Tisch gelegt hat und jedem der zum Teil sehr diffizilen Zeugen, die wir brauchten, auch tatsächlich die Aussagegenehmigung gegeben hat, so daß der Ausschuß die Möglichkeit hatte, sich auf diesem schwierigen Gebiet ein Bild zu machen.
Das Ergebnis finden Sie in dem Schriftlichen Bericht. Er braucht, glaube ich, keine Erläuterung. Er ist recht kurz, und ich würde hoffen, daß ihn jedes Mitglied dieses Hauses gelesen hat. Diejenigen, die noch hier sind, haben das sicher getan. Die Hauptpunkte, um die es geht, möchte ich ganz kurz in Erinnerung rufen. Die unzähligen Fehler, die in dem Fall Lüdke gemacht worden sind und die sich von heute aus betrachtet fast wie eine Kettenreaktion ausnehmen, haben uns veranlaßt, den Problemen meher im Grundsatz nachzugehen.
Von den Feststellungen des Ausschusses ist vielleicht die allerwichtigste, daß wir dafür sorgen müssen, daß in unserem Volk eine andere Einstellung zu den Nachrichtendiensten kommt. Das ist kein makabres Gewerbe oder sollte es wenigstens nicht sein, sondern ist eine Notwendigkeit auch für einen demokratischen Staat. Diejenigen, die diese nachrichtendienstliche Tätigkeit ausüben, ob nun in den Ländern oder beim Bundesamt für Verfassungsschutz oder beim Bundesnachrichtendienst oder beim MAD, müßten eigentlich die Elite der Elite sein. Die Besten wären gerade gut genug dafür. Leider ist das nicht ganz so, weil bei uns ein Widerstreben insbesondere in der Jugend ist und weil sehr gute Leute, die sich dafür eignen würden, eben nicht bereit sind, sich dieser Arbeit zu unterziehen. Das muß anders werden.
Es gehört dazu vielleicht auch die Einstellung der Bevölkerung überhaupt hinsichtlich ihrer eigenen Möglichkeiten, die Bundesregierung so zu informieren, wie sie informiert sein muß, wenn sie richtig entscheiden soll. Ich habe in einer Pressekonferenz eine Äußerung gemacht, die vielfältig mißverstanden worden ist. Ich habe damals gesagt, ich finde gar nichts dabei, wenn ein Deutscher, der im Ausland reist und dort etwas Bemerkenswertes sieht oder hört, das seiner Regierung mitteilt. Das hat mit Spionage nämlich nichts zu tun. Das tut jeder Presseberichterstatter.
Daraus ist dann gemacht worden, ich hätte gesagt, jeder deutsche Tourist sollte ein Spion sein. Nun, Humor hat man, wenn man trotzdem lacht. Ich möchte Ihnen eine Postkarte nicht vorenthalten, die ich in diesem Zusammenhang bekommen habe. Da steht:
Sehr geehrter Herr Abgeordneter!
Getreu dem Motto, jeder Deutsche sollte im Ausland die Augen offenhalten, haben wir dies getan. Dabei entdeckten wir in London ({0}) eine befestigte Anlage, von fremdartig uniformierten Soldaten bewacht ({1}). Es wäre deutschen Touristen anzuraten, diese Anlage weiterhin im Auge zu behalten. Vielleicht könnten Sie, verehrter Herr Abgeordneter, einen diesbezüglichen Vorschlag im Parlament machen.
Das tue ich hiermit. Das Bild zeigt den Tower. Nun, das ist sehr nett, wie diese jungen Leute das gemacht haben, leider ohne Absenderangabe; sonst hätte ich ihnen gern geantwortet. Aber es zeigt doch, wie falsch das gesehen wird. Es ist unser aller Aufgabe, dafür zu sorgen, daß dieses falsche Bild beseitigt wird.
Wir haben ferner festgestellt, daß es notwendig ist, abgesehen von der Nachwuchsfrage, dafür zu sorgen, daß Leute, die durchaus tüchtige Mitarbeiter auf einem anderen Gebiet sein können, aber für nachrichtendienstliche Tätigkeit aus irgendwelchen Gründen nicht mehr geeignet sind, aus dem Nachrichtendienst aussteigen und in eine andere Arbeit kommen können. Wir haben uns sogar vorgestellt, es wäre denkbar, daß das überhaupt aus dem Beamtenschema herausgelöst wird und daß man diese Leute zwar sehr hoch bezahlt, aber unter Umständen mit täglicher Kündigung beschäftigt, was vielleicht die richtige Lösung wäre.
Wir haben festgestellt - das wissen Sie -, daß die Dinge besser koordiniert werden müssen. Das ist, wie ich weiß, inzwischen seitens der Bundesregierung weitgehend geschehen. Es war bei diesem Ausschuß so etwas wie der Wettlauf zwischen Hase und Igel. In vielen Fällen hat die Bundesregierung, als wir untersuchten, gesagt: wir sind schon längst da, und so soll es ja bei einem solchen Ausschuß wohl eigentlich auch sein.
Was die Koordinierung anbetrifft, haben wir die Vorschläge abgelehnt, die darauf hinausliefen, all die Nachrichtendienste in ein Instrument zusammenzulegen. Das wäre ein Machtinstrument, das in einem demokratischen Staate sehr gefährlich werden könnte. Wir haben auch die Ideen abgelehnt, ein neues Institut in Form einer besonderen Einrichtung „Gegenspionage" zu schaffen. Das würde
nämlich die Koordinierung nur noch schwieriger machen.
Wichtig ist, daß die Verantwortung auf seiten der Regierung völlig klargestellt wird - das haben wir in unserem Bericht gefordert -, und wichtig ist, daß das Parlament ein besseres Instrument bekommt, die Tätigkeit der Regierung und der Nachrichtendienste zu kontrollieren. Mit dem bisherigen Instrument des Vertauensmännergremiums bei dem Herrn Bundeskanzler ist diese Kontrolle nicht genügend möglich gewesen, oder sie war nicht wirksam genug, oder es war, wie dieser Fall zeigt, dann erforderlich, sehr umständlich mit großem Apparat und großem Aufsehen erst einen normalen Untersuchungsausschuß ins Leben zu rufen.
Die Quintessenz des Berichts ist also der einstimmig angenommene Vorschlag der Mitglieder des Untersuchungsausschusses, in Form einer Verfassungsänderung - die Ihnen inzwischen durch den gemeinsamen Antrag aller drei Fraktionen Drucksache V/4445 vorliegt - eine besonderen Ausschuß zu schaffen, der etwa in der Form wie der Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten und der Verteidigungsausschuß zur Kontrolle der Nachrichtendienste ständig da ist und der damit auch das Recht bekommt, sich sofort und ad hoc als Untersuchungsausschuß zu konstituieren. Ich bitte Sie sehr - damit will ich schließen -, diesen Antrag der drei Fraktionen heute dem Rechtsausschuß zu überweisen, damit dieser die Möglichkeit hat, ihn noch zu beraten, und damit wir diese Grundgesetzänderung auch noch in der nächsten Woche verabschieden können. Wir sollten, wenn wir diese Dinge ernst nehmen, auch dafür sorgen, daß wir in der nächsten Woche wenigstens bis zum Übergang in die nächste Legislaturperiode diesen neuen Ausschuß auch personell besetzen; denn man kann nicht wissen, ob er nicht gerade während der Ferienzeit eine wichtige Aufgabe hat.
Vielen Dank, daß Sie mir doch so lange zugehört haben.
({2})
Wir danken dem Herrn Berichterstatter für die Ergänzung seines Schriftlichen Berichts. - Das Wort wird nicht gewünscht.
Der Ausschuß beantragt, den Bericht zustimmend zur Kenntnis zu nehmen. - Das Haus hat so beschlossen.
Dann haben wir den Zusatzpunkt:
Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes
- Drucksache V/4445 Es handelt sich um die Einsetzung eines aus fünf Abgeordneten bestehenden Ausschusses für Angelegenheiten der Nachrichtendienste. Beantragt wurde die Überweisung an den Rechtsausschuß. - Es ist so beschlossen.
Dann rufe ich den Punkt 28 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von den Abgeordneten Seifriz, Fellermaier und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes
- Drucksache V/4413 Mit diesem Punkt verbinden wir die heute mittag zusätzlich auf die Tagesordnung gesetzte
Beratung des Antrages der Abgeordneten Lemmrich, Seifriz, Dr. Imle und der Fraktionen der CDU/CSU, SPD FDP betr. Befreiung von der Kraftfahrzeugsteuer
- Drucksache /4475 Zunächst der Gesetzentwurf der Abgeordneten Seifriz, Fellermaier und Genossen zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes in erster Beratung. - Das Wort wird nicht gewünscht. Der Ältestenrat schlägt die Überweisung an den Finanzausschuß
- federführend - sowie an den Verkehrsausschuß zur Mitberatung vor. - Das Haus hat so beschlossen.
Dann der Antrag der Abgeordneten Lemmrich, Seifriz, Dr. Imle und der drei Fraktionen des Hauses. Dieser Antrag soll zur Abstimmung gestellt werden. Wer dem Antrag zustimmen will, der gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen?
- Der Antrag ist einstimmig angenommen.
Ich rufe Punkt 29 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 27. Januar 1967 über die Grundsätze zur Regelung der Tätigkeiten von Staaten bei der Erforschung und Nutzung des Weltraumes, einschließlich des Mondes und anderer Himmelskörper
- Drucksache V/4431 Das Wort wird nicht gewünscht. Es wird Überweisung an den Auswärtigen Ausschuß - federführend - und an den Ausschuß für Wissenschaft, Kulturpolitik und Publizistik - mitberatend - empfohlen. - Das Haus hat so beschlossen.
Punkt 30 der Tagesordnung:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 5. November 1968 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der italienischen Republik über die Erstattung der Aufwendungen für Sachleistungen, welche von den italienischen Trägern der Krankenversicherung in Italien an Familienangehörige in der Bundesrepublik Deutschland versicherter italienischer Arbeitnehmer gewährt wurden, durch die deutschen zuständigen Träger der Krankenversicherung
- Drucksache V/4434 Vizepräsident Dr. Mommer
Das Wort wird nicht gewünscht. Die Vorlage soll dem Ausschuß für Sozialpolitik überwiesen werden. - Es ist so beschlossen.
Wir kommen zu Punkt 31 der Tagesordnung:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Berlinhilfegesetzes
- Drucksache V/4435 Das Wort zur Aussprache wird nicht gewünscht. Gemäß dem Beschluß des Ältestenrates soll der Gesetzentwurf dem Finanzausschuß - federführend -, dem Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen zur Mitberatung und dem Haushaltsausschuß gemäß § 96 der Geschäftsordnung überwiesen werden. - Das Haus ist damit einverstanden.
Punkt 32 der Tagesordnung:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Rechtsausschusses ({0}) über die von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission der EG für eine Richtlinie des Rates über die Einzelheiten zur Verwirklichung des Dienstleistungsverkehrs für bestimmte Rechtsanwaltstätigkeiten
- Drucksache V/4153, V/4394 -Berichterstatter: Abgeordneter Hirsch
Ich frage, ob das Wort gewünscht wird. - Das Wort wird nicht gewünscht. Wir stimmen ab. Wer dem Bericht des Ausschusses zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Punkt 33 der Tagesordnung:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Innenausschusses ({1}) über den Bericht der Bundesregierung
betr. Internationale Polizeikonvention
- Drucksachen V/3425, V/4420 - Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Kempfler
Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Antrag des Innenausschusses zustimmen will, der gebe das Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Wir kommen zu Punkt 34 der Tagesordnung:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für das Bundesvermögen ({2}) über den Antrag des Bundesministers der Finanzen
betr. Veräußerung von Teilflächen des ehemaligen Flugplatzes Großenbrode an die Firma Pomosin Werke Großenbrode GmbH
- Drucksachen V/4214, V/4408 -Berichterstatter: Abgeordneter Strohmayr
Wer dem Bericht des Ausschusses zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Er ist einstimmig angenommen.
Ich rufe Punkt 35 der Tagesordnung auf:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für das Bundesvermögen ({3}) über den Antrag des Bundesministers der Finanzen
betr. Veräußerung einer Teilfläche des Grundstücks in Nürnberg, zwischen Regensburger und Hainstraße, an die Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung
- Drucksachen V/4034, V/4423 -Berichterstatter: Abgeordneter Strohmayr
Wer diesem Bericht zustmmen will, gebe das Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Punkt 36 der Tagesordnung:
Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen betr. Bundeshaushaltsrechnung für das Rechnungsjahr 1967;
hier: Nachträgliche Genehmigung der über und außerplanmäßigen Ausgaben
- Drucksache V/4409 Der Ältestenrat schlägt Überweisung an den Haushaltsausschuß vor. - Das Haus ist damit einverstanden.
Der Tagesordnungspunkt 37 ist abgesetzt.
Wir kommen dann zu Punkt 38 der Tagesordnung:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Verkehrsausschusses ({4}) über das von der Bundesregierung eingebrachte Verkehrspolitische Programm für die Jahre 1968 bis 1972
hier: Kapitel V, Erhöhung der Sicherheit im Straßenverkehr
- aus Drucksache V/2494, Drucksachen V/4412, zu V/4412 Berichterstatter: Abgeordneter Meister
Abgeordneter Fellermaier
Dazu liegt der Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung auf Drucksache V/4461 vor. Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Antrag des Verkehrsausschusses zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Danke. Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe Punkt 39 der Tagesordnung auf:
Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen
betr. Tausch von bundeseigenen Grundstükken in Hannover, Vahrenwalder Straße, ge13594
gen stadteigene Grundstücke in Hannover, An der Breiten Wiese
- Drucksache V/4436 Die Vorlage soll gemäß der Empfehlung des Ältestenrates dem Ausschuß für das Bundesvermögen überwiesen werden. - Das Haus ist damit einverstanden.
Die folgenden Punkte, 40 bis 45, werden morgen, am Freitag, verhandelt.
Wir sind damit am Ende der heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages für morgen, Freitag, den 27. Juni, 9 Uhr, ein.
Die Sitzung ist geschlossen.