Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Meine Damen und Herren! Die Sitzung ist eröffnet.
Wir kommen zunächst zu den Punkten 20 bis 28 einschließlich.
Ich rufe Punkt 20 der Tagesordnung auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Schulze-Vorberg, Dr. Schober, Raffert, Dr. Lohmar, Dr. Mühlhan und Genossen betr. Postzeitungsgebühren
- Drucksache V/3903 Der Altestenrat schlägt Überweisung an den Ausschuß für Wissenschaft, Kulturpolitik und Publizistik - federführend - sowie an den Postausschuß vor. - Das Haus ist damit einverstanden.
Ich rufe Punkt 21 der Tagesordnung auf:
Beratung der Ubersicht 28 des Rechtsausschusses ({0}) über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht
- Drucksache V/4145 Wer dieser Übersicht zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe Punkt 22 auf:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen ({1}) über die von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschläge der Kommission der Europäischen Gemeinschaften für
eine Verordnung des Rates über eine Abweichung von den Bestimmungen der Verordnungen Nr. 160/66/EWG und Nr. 83/67/EWG für bestimmte, unter die Nummern 19.08 und 21.07 des Gemeinsamen Zolltarifs fallende Waren
eine Verordnung des Rates zur Festlegung
der Grunderzeugnismengen, bei denen davon
ausgegangen wird, daß sie zur Herstellung
der unter die Verordnung ({2}) Nr. .../69 fallenden Waren verwendet worden sind
- Drucksachen V/3901, V/3917, V/4139 Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Steinmetz
Wer zustimmt, den bitte um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe Punkt 23 auf:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({3}) über die von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschläge der Kommission der Europäischen Gemeinschaften für
eine Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend Fleischextrakt, Hefeextrakt, Eiweißextrakt, Suppen- und Speisewürze, Brühen, Suppen und Fleischsoßen
eine Verordnung des Rates zur Festsetzung der Standardqualitäten für Weichweizen, Roggen, Gerste, Mais und Hartweizen
eine Richtlinie des Rates über die Einzelheiten
der Verwirklichung der Niederlassungsfreiheit bei den Tätigkeiten in der Landwirtschaft
eine Richtlinie des Rates über die Einzelheiten der Verwirklichung der Niederlassungsfreiheit für die selbständigen landwirtschaftlichen Dienste
eine Verordnung des Rates betreffend die Herstellung und den Handel mit Fruchtsäften und gleichartigen Erzeugnissen
eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnungen ({4}) Nr. 825/68 und 986/68, hinsichtlich der Beihilfen für Magermilch und Magermilchpulver für Futterzwecke
eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung Nr. 120/67/EWG über die gemeinsame Marktorganisation für Getreide, insbesondere aufgrund des Internationalen Getreideabkommens
eine Verordnung ({5}) des Rates zur Änderung der Verordnung ({6}) Nr. 804/68 über die gemeinsame Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse
eine Verordnung ({7}) des Rates zur Festsetzung der monatlichen Zuschläge der Preise
12868 Deutscher Bundestag - 5. Wahlperiode - 232. und 233. Sitzung. Bonn, Freitag, .den 9. Mai 1969
Vizepräsident Scheel
für Getreide und Mehl, Grütze und Grieß von Weizen oder Roggen für das Wirtschaftsjahr 1969/1970
eine Verordnung ({8}) des Rates zur Festsetzung des Schwellenpreises für Getreide für das Wirtschaftsjahr 1969/1970
- Drucksachen V/3526, V/3712, V/3844, V/3864,
V/3911, V/3975, V/3982, V/4016, V/4017, V/4150 Berichterstatter: Abgeordneter Bauknecht
Wer zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe die Punkte 24 bis 28 auf:
24. Beratung des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen ({9}) über die von der Bundesregierung erlassene Verordnung zur Änderung des Deutschen Teil-Zolltarifs ({10}) - Drucksachen V/4077, V/4130 Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Staratzke
25. Beratung des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen ({11}) über die von der Bundesregierung erlassene Verordnung zur Änderung des Deutschen Teil-Zolltarifs ({12})
- Drucksachen V/3870, V/4131 -Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Preiß
Beratung des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen ({13}) über die von der Bundesregierung erlassene Verordnung zur Änderung des Deutschen Teil-Zolltarifs ({14}) - Drucksachen V/4076, V/4132 -Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Serres
27. Beratung des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen ({15}) über die von der Bundesregierung erlassene
Sechzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung
Siebzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung
Neunzehnte Verordnung zur Änderung der Ausfuhrliste - Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung
Achtzehnte Verordnung zur Änderung der Ausfuhrliste - Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung
- Drucksachen V/3919, V/4073, V/4054, V/4133-Berichterstatter: Abgeordneter Lange
28. Beratung des Schriftlichen Berichts des Finanzausschusses ({16}) über die von der
Bundesregierung beschlossene Zweite Verordnung zur Einschränkung der Begünstigung des
§ 27 des Zollgesetzes
- Drucksachen V/3752, V/4151 -Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Schwörer
Wer diesen Berichten zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Meine Damen und Herren, ich rufe jetzt Punkt 1 auf:
Fragestunde
- Drucksache V/4156 Zunächst kommen wir zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts. Ich rufe die Frage 99 des Abgeordneten Dr. Giulini auf:
Ist es der Bundesregierung möglich, von den Vertragspartnern in Sachen Atomsperrvertrag eine sogenannte Positivliste zu erhalten, die uns deutlich macht, was wir Deutschen nach einer eventuellen Unterzeichnung des Atomsperrvertrages noch tun dürfen?
Das Wort zur Beantwortung hat der Herr Staatssekretär Jahn.
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen Amts: Erstens. Nach der ersten klassischen amerikanischen Interpretationsregel befaßt sich der Nichtverbreitungsvertrag nur mit dem, was untersagt, nicht mit dem, was erlaubt ist. Untersagt ist, Kernwaffen - das bedeutet Bomben und Sprengköpfe - oder die Verfügungsgewalt darüber an irgendeinen Empfänger weiterzugeben. Er untersagt ferner die Weitergabe sonstiger Kernsprengkörper, weil ein für friedliche Zwecke bestimmter Kernsprengkörper als Waffe verwendet oder unschwer für eine derartige Verwendung hergerichtet werden kann. Diese Interpretation ist Teil der amerikanischen Gesetzgebungsgeschichte. Die Sowjets haben von ihr Kenntnis erhalten und ihr nach Kenntnis der Bundesregierung nicht widersprochen. Die Interpretation gilt im Hinblick auf alle Nichtverbreitungsvertragspartner. Sie würde auch in bezug auf Deutschland gelten. Versuche einer diskriminierenden Behandlung der Deutschen würde die Bundesregierung entschieden zurückweisen.
Zweitens. Nach der genannten Interpretation ist alles, was nicht ausdrücklich verboten ist, erlaubt. Nach Auffassung der Bundesregierung gibt die Beschränkung auf die Verbote in Verbindung mit dem allgemeinen Schutzartikel 4 größere Sicherheit hinsichtlich der Freiheit von Forschung und Entwicklung sowie der ungehinderten Nutzung der Kernenergie für friedliche Zwecke als eine detaillierte und zwangsläufig unvollkommene Beschreibung des Erlaubten. Die rasch fortschreitende technische Entwicklung während der Laufzeit des Vertrages von mindestens 25 Jahren ist nicht mit Sicherheit vorauszusehen. Eine Positivliste des Erlaubten könnte schon deswegen nicht erschöpfend sein. Sie ist nach Kenntnis der Bundesregierung auch von keinem entwickelten Industrieland zur Lösung etwa bestehender Probleme in Aussicht genommen worden.
Deutscher Bundestag - 5. Wahlperiode - 232. und
Parlamentarischer Staatssekretär Jahn
Drittens. Für in der Diskussion über den Nichtverbreitungsvertrag besonders erwähnte technologisch fortgeschrittene nukleare Tätigkeiten - wie des schnellen Brutreaktors oder des möglichen Reaktors der Zukunft, der auf der Basis der kontrollierten Kernfusion arbeiten könnte - hat der amerikanische Chefdelegierte in der Nichtverbreitungsdebatte der Vereinten Nationen am 15. Mai 1968 in einer Art illustrativer Positivliste erklärt, daß die genannten Tätigkeiten von den Verboten des Vertrages nicht betroffen sind. Die Bundesregierung hat das gleiche auf der Genfer Konferenz der Nichtkernwaffenstaaten im September 1968 erklärt. Diese Erklärung finden Sie in der Dokumentation des Presse- und Informationsamtes, Seite 25, Ziffer 7, abgedruckt.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Giulini.
Herr Staatssekretär, wäre es zweckmäßig, daß die Bundesregierung von sich aus eine Positivliste an die Staaten, die Atomwaffen besitzen, einreicht, um festzustellen, ob das, was die Bundesregierung positiv aus dem Vertrag herausliest, auch die Meinung der Atomwaffenbesitzer ist?
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Ich kann diese Frage nicht positiv beantworten, Herr Kollege. Denn eine Positivliste wäre eine indirekte Beschränkung aus den dargelegten Gründen. Deswegen sehe ich das nicht als eine hilfreiche Maßnahme an.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Giulini.
Herr Staastsekretär, Sie teilen also nicht meine Meinung, daß eine solche Positivliste, die von der Bundesregierung den atomwaffenbesitzenden Staaten vorgelegt würde, uns gegenüber doch ganz klar sagen könnte, wie weit die einzelnen unterschiedlichen Auffassungen der atomwaffenbesitzenden Staaten in bezug auf das Erlaubte in dem Atomwaffensperrvertrag gehen?
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Ich teile Ihre Auffassung nicht. Ich glaube in der Tat, daß die Grundregel, daß alles erlaubt ist, was nicht ausdrücklich verboten ist, weiter reicht.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Dr. Marx.
Herr Staatssekretär, darf ich fragen, ob dieser Grundregel auch von seiten des sowjetischen Verhandlungspartners zugestimmt worden ist.
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Ich kann im
Augenblick nicht sagen, ob es eine formale, d. h. eine in irgendeiner Form formalisierte Zustimmung gibt. Aber es ist die Grundregel des Vertrages, von der er ausgeht und an dessen Ausarbeitung die Sowjetunion bekanntlich maßgeblich beteiligt gewesen ist.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Marx.
Herr Staatssekretär, darf ich fragen: gibt es nicht aus früheren Verhandlungsstadien Bemerkungen der offiziellen sowjetischen Vertreter, daß alles verboten sei, was nicht ausdrücklich erlaubt sei?
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Mir sind solche Äußerungen im Augenblick nicht geläufig. Ich will mich aber gern noch einmal vergewissern.
Wir kommen zu der Frage 100 des Herrn Abgeordneten Porsch:
Wird die Bundesregierung aus Anlaß des 75. Geburtstages von Rudolf HeB erneut Schritte bei den vier Gewahrsamsmächten unternehmen, um eine Freilassung dieses Gefangenen zu erreichen, dessen 29. Haftjahr nunmehr beginnt?
Zur Beantwortung hat Herr Staatssekretär Jahn das Wort.
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Die Bundesregierung verspricht sich im Augenblick nichts von einem weiteren Schritt, weil leider nicht zu erwarten ist, daß die Regierung der UdSSR ihren bisherigen ablehnenden Standpunkt heute aufgeben und der Freilassung von Rudolf Hell zustimmen würde.
Herr Kollege Porsch, Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, teilt die Bundesregierung meine Auffassung, daß eine weitere Inhaftierung von Rudolf Heß in keinem Verhältnis zu der Schuld steht, die Rudolf Heß möglicherweise vor seinem Flug nach England auf sich geladen hat?
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Kollege Porsch, das ist eine persönliche Bewertung. Die Bundesregierung ist nicht in der Lage, hier von Amts wegen eine Bewertung eines Urteils vorzunehmen, das nun einmal die Grundlage für die Strafe bildet.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Porsch.
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung der Ansicht, daß unabhängig von der Schuld, die Rudolf Heß möglicherweise auf sich geladen hat, eine weitere Inhaftierung allen Geboten der Menschlichkeit zuwiderläuft?
12870 Deutscher Bundestag - 5. Wahlperiode - 232. und
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Kollege Porsch, ich würde dies - entschuldigen Sie bitte - jedenfalls nicht als eine Frage von Schuld oder Nichtschuld bewerten, sondern einfach die Frage stellen: Ist dies eine Überlegung, die eine Begnadigung rechtfertigt, befinden wir uns bei dieser Frage in einer Situation, die eine Begnadigung rechtfertigen würde? Und da würde ich, ohne daß ich hier die Bundesregierung insgesamt ins Wort nehmen kann, für meine Person sagen: Nach den Maßstäben unseres Gnadenrechts wäre diese Frage wohl positiv zu beantworten.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Imle.
Herr Staatssekretär, Sie sprachen vorhin davon, es sei nicht zu erwarten, daß die Sowjetunion ihre Auffassung ändern würde. Ist denn die Bundesregierung nicht einmal bereit, von sich aus bei der Regierung der Sowjetunion wegen einer Freilassung des inhaftierten Herrn Heß vorstellig zu werden, um auf diese Art und Weise auch das Interesse unseres Landes an der Freilassung von Herrn Heß offen zu bekunden?
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Nachdem in den beiden letzten Jahren von den Mitgewahrsamsmächten sehr eindeutige formale Anträge in dieser Richtung vorgelegt und ebenso formal und eindeutig zurückgewiesen worden sind, kann sich die Bundesregierung von einem solchen Schritt nichts versprechen.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Dr. Imle.
Herr Staatssekretär, könnte die Sowjetunion nicht eventuell aus der Tatsache, daß die Bundesregierung nicht selbst einen solchen Schritt unternimmt, schließen, daß die Bundesrepublik selber an einer Freilassung von Herrn Heß nicht interessiert ist, und könnte nicht deswegen allein ein solcher Schritt bereits eine für Herrn Heß günstige Aussage sein?
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Zu einer solchen Schlußfolgerung gibt es nicht den mindesten Anlaß, zumal die Schritte, die seitens der Mitgewahrsamsmächte erfolgt sind, ja nicht im Gegensatz zu den Erwägungen der Bundesregierung stehen.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Kliesing.
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung mit mir der Auffassung, daß die Verweigerung der Begnadigung im Widerspruch zu der von der sowjetischen Regierung immer wieder propagierten sowjetischen Humanität steht?
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Das ist eine reine Frage der Wertung, und über solche Bewertungen hat die Bundesregierung bisher keine Meinung gebildet. Ich kann deswegen hier nicht für die Bundesregierung eine verbindliche Erklärung abgegen, aber ich darf meinerseits das sagen, Herr Kollege Kliesing, was ich soeben schon angedeutet habe. Nach unseren strafrechtlichen Vorstellungen, nach den Maßstäben unseres Gnadenrechts läge hier wohl ein Fall vor, bei dem - und dabei spielen natürlich im Gnadenrecht humanitäre Erwägungen immer eine entscheidende Rolle - ein Gnadenerweis nicht nur möglich, sondern wohl auch notwendig wäre.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Dr. Kliesing.
Ist es vielleicht möglich, daß die sowjetische Regierung zur Beibehaltung ihrer gegenwärtigen Einstellung dadurch ermutigt wird, daß es eine ähnliche Haltung der Verweigerung der Begnadigung auch noch in westlichen Staaten gegenüber dort befindlichen Kriegsverurteilten gibt?
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Das ist schwer zu beurteilen, inwieweit sich die Sowjetunion an anderen Fällen orientiert. Nur liegen die anderen Fälle, an die Sie offenbar denken, Herr Kollege Kliesing, in der Sache auch wesentlich anders, so daß ich von da her diese Verbindung nicht ohne weiteres herstellen würde.
Ich rufe dann die Frage 101 des Abgeordneten Porsch auf:
Ist es zutreffend, daß nach den Verwaltungsbestimmungen des Spandauer Gefängnisses die Vier-Mächte-Verwaltung beendet und das Gefängnis geschlossen werden muß, wenn einer der Gewahrsamsstaaten die Bewachung und die Zahlungen für das Gefängnis einstellt?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Die Vereinbarungen über das Spandauer Gefängnis sind zwischen den vier Mächten getroffen worden. Der Bundesregierung sind die Einzelheiten nicht bekannt. Aus den der Bundesregierung zugänglichen Unterlagen ist eine derartige Vereinbarung nicht ersichtlich.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Porsch.
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung nicht mit mir der Ansicht, daß - unabhängig vom Schicksal des Rudolf Heß - ein derartiger Aufwand, wie er in Spandau betrieben wird, für nur einen einzigen Gefangenen auf keinen Fall zu rechtfertigen ist?
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Der Aufwand ist jedenfalls außerordentlich hoch und ungewöhnlich,
Deutscher Bundestag - 5. Wahlperiode - 232. und
Parlamentarischer Staatssekretär Jahn
und es ließe sich eine einfachere und auch praktikablere Regelung denken. Aber Sie wissen, Herr Kollege, daß es hier eine Grundlage in den VierMächte-Vereinbarungen gibt, die eben nur von allen vier Mächten im Einvernehmen geändert werden kann, und da scheinen die entscheidenen Schwierigkeiten zu liegen.
Wir kommen zur Beantwortung der Frage 102 des Abgeordneten Porsch:
Ist die Bundesregierung bereit, die Besatzungskosten und Zahlungen für das Spandauer Gefängnis, an denen sich bekanntlich die DDR nicht beteiligt, einzustellen, um auf diese Weise auf die Schließung des Spandauer Gefängnisses hinzuwirken?
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Die Kosten für das Gefängnis in Spandau werden vom Haushalt des Landes Berlin getragen. Rechtsgrundlage für diese, Zahlungen sind Anordnungen der Berliner Besatzungsmächte gegenüber Berlin. Eine Einstellung der Zahlungen durch das Land Berlin ist nicht möglich, weil dies einen Verstoß gegen das in Berlin noch fortgeltende Besatzungsrecht darstellen würde.
Eine Zusatzfrage, Herr Borsch.
Porsch ({0})-: Herr Staatssekretär, wodurch ist es nach Ansicht der Bundesregierung gerechtfertigt, daß die Bundesrepublik diegesamten Besatzungskosten für das Spandauer Gefängnis trägt, während sich die DDR an diesen Kosten nicht beteiligt?
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Kollege Porsch, ich verstehe diese Frage nach der Antwort, die ich eben gegeben habe, nicht ganz. Die Bundesrepublik trägt die Kosten nicht. Die Kosten trägt das Land Berlin auf Grund einer Vereinbarung der vier Mächte untereinander, die dem Land Berlin eine entsprechende Auflage gemacht haben. Dies ist eine Vier-Mächte-Entscheidung, auf deren Abänderung wir keinen Einfluß haben.
Eine weitere Zusatzfrage.
Wie groß sind zur Zeit die Besatzungskosten, die die Bundesrepublik für das Spandauer Gefängnis aufbringen muß?
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Die Bundesrepublik trägt keine Kosten für das Spandauer Gefängnis.
. . . die Berlin aufbringen muß!
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Ich bin im Moment nicht ganz sicher. - Nein, die Frage kann ich Ihnen ziffernmäßig nicht beantworten. Es handelt
sich um anteilige Kosten. Ich will das gern noch nachprüfen und nachreichen. Es bedarf dazu der Rückfrage in Berlin.
Frage 103 des Abgeordneten Dr. Hofmann ({0}) :
Muß der gegenwärtige völkerrechtliche Status der Tschechoslowakei auf Grund des Einmarsches ausländischer Truppen am 21. August 1968 und auf Grund der gegenwärtigen Verstärkung der sowjetischen Truppen in diesem Lande mit dem völkerrechtlichen Begriff „Protektorat” bezeichnet werden?
- Der Herr Abgeordnete ist nicht da. Die Frage wird schriftlich beantwortet.
({1})
- Also gut, im Wege des gütlichen Ausgleichs. Die Frage wird übernommen. Es ist eigentlich schon zu spät gewesen; aber die Übernahme ist hiermit genehmigt.
Bitte sehr, Herr Staatssekretär!
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Der völkerrechtliche Begriff des Protektorats kennzeichnet in der Staatenpraxis recht verschiedene Formen von Staatenverbindungen. Zu den wesentlichen Merkmalen eines Protektorats gehört, daß die völkerrechtliche, außenpolitische Handlungsfähigkeit des Protektorats und damit dessen Souveränität als Mitglied der Völkerrechtsgemeinschaft ganz aufgehoben oder wesentlich eingeschränkt ist. In diesem Sinne ist die Tschechoslowakei auch nach dem Einmarsch der Truppen des Warschauer Pakts und ungeachtet der Stationierung sowjetischer Streitkräfte kein Protektorat im Sinne des Völkerrechts, weil ihre Souveränität formell nicht eingeschränkt ist und sie nach außen hin völkerrechtlich voll handlungsfähig geblieben ist.
Wir kommen damit zur Beantwortung der Fragen 16 und 17 des Herrn Abgeordneten Ertl:
Worauf sind nach Meinung der Bundesregierung die sich in letzter Zeit wieder häufenden Morde innerhalb von Exilgruppen im Münchener Raum zurückzuführen?
Was muß nach Ansicht der Bundesregierung getan werden, damit die Sicherungsorgane des Bundes, des Landes Bayern und der Stadt München solche Vorfälle aufklären können?
Der Abgeordnete ist nicht im Saal. Die Fragen werden schriftlich beantwortet.
({0})
- Ich bitte doch, wenn hier Fragen übernommen werden, dies vorher bei mir anzugeben, wie das nach der Geschäftsordnung üblich ist. Es wird nicht gefragt, ob sie übernommen werden. Die Fragen sind dann verfallen.
({1})
- Mir ist davon nichts bekannt. Ich bitte darum, das dann für weitere Fragen zu tun. Die Fragen werden also von Herrn Abgeordneten Porsch übernommen.
12872 Deutscher Bundestag - 5. Wahlperiode - 232. und
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Ich darf beide Fragen zusammen beantworten.
Ich bitte darum.
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Seit September 1967 wurden in der Bundesrepublik sieben serbische oder kroatische Emigranten ermordet, davon fünf in München. Die Ermordeten waren Angehörige von Exilorganisationen, des Verbandes der Angehörigen des ehemaligen serbischen Freiwilligenkorps „ZBOR", der Vereinigung „SMENA" und der „Kroatischen Befreiungsbewegung in Europa".
Bei dem zuletzt in München getöteten Serben wurden Bürstenabzüge eines Flugblattes in serbischkroatischer Sprache vorgefunden, was auf die Einleitung einer neuen Flugblattaktion gegen den jugoslawischen Staat hinweist.
Hinweise auf die Täter liegen - außer einer Personenbeschreibung und der Beschreibung eines benutzten Kraftfahrzeuges - bisher nicht vor.
Den Verfolgungsbehörden ist es bei ihren Vernehmungen außerdem kaum möglich, den Angehörigen der Exilgruppen Auskünfte zu entlocken. Es sind deshalb auch noch keine verwertbaren Rückschlüsse möglich, worauf diese Morde zurückzuführen sind.
Die Bundesregierung beobachtet die Vorkommnisse mit großer Sorge. Sie ist der Auffassung, daß alles getan werden muß, um diese Terroraktionen künftig zu unterbinden. Der Bundesminister des Innern hat bereits am 22. Dezember 1966 dem Bundeskriminalamt einen Auftrag gemäß § 4 des Gesetzes über das Bundeskriminalamt zur Bekämpfung geheimbündlerischer und terroristischer Umtriebe jugoslawischer Personengruppen erteilt. Die Ermittlungen zur Aufklärung der Morde werden von den örtlichen Verfolgungsbehörden mit Unterstützung des Bundeskriminalamtes mit großer Intensität geführt.
Der Bundesminister des Innern hat ferner das Thema „ausländerrechtliche Maßnahmen gegen ausländische Teilnehmer an politischen kriminellen Gewaltaktionen" auf der gestrigen Konferenz der Innenminister der Länder zur Sprache gebracht, damit die ausländer- und sicherheitspolizeilichen Maßnahmen in den Ländern noch mehr intensiviert werden.
Eine auf der letzten Arbeitstagung der Leiter der zentralen Kriminalpolizeibehörden für die Bearbeitung von Staatsschutzsachen mit dem Bundeskriminalamt für technische Einzelfragen gegründete Unterkommission zur Bekämpfung terroristischer Aktionen hat ihre Tätigkeit bereits aufgenommen. Ich bin sicher, daß insbesondere die unmittelbar betroffenen Länder die letzten Vorfälle zum Anlaß nehmen werden, in verstärktem Maße gegen diese Terroraktionen vorzugehen. Die zuständigen Bundesbehörden werden den Ländern im Rahmen der verfassungsmäßigen Möglichkeiten jede Hilfe gewähren.
Wir kommen zur Beantwortung der Frage 104 des Herrn Abgeordneten Dr. Becher:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die jugoslawische Geheimpolizei UDBA nach den in München durchgeführten Mordanschlägen auf die Kroaten Mile Rukavina, Kresimir Tolj, Vid Maricic und Mirko Curic und auf den Serben Ratko Obradovic weitere Anschläge, wie Zeugenaussagen bekundeten, auszuführen gedenkt?
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Der Bundesregierung sind die gegen jugoslawische Emigranten in der Bundesrepublik begangenen Verbrechen bekannt. Die Bundesregierung verurteilt jede Gewaltanwendung auf ihrem Territorium, unabhängig davon, von welcher Seite sie begangen worden ist. Nach den der Bundesregierung vorliegenden Unterlagen ist es den zuständigen Stellen bisher trotz intensiver Untersuchungen nicht gelungen, die in neuerer Zeit gegen kroatische Emigranten begangenen Gewalttaten aufzuklären und die Verantwortlichen zu ermitteln. Der Bundesregierung ist nicht bekannt, daß jugoslawische Dienststellen beabsichtigen, Anschläge im Bundesgebiet auszuführen.
Herr Kollege Dr. Becher, Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung bekannt, daß der in Berlin verhaftete UDBA-Agent Anton Petranovic gegenüber dem Berliner Polizeipräsidium eine unterschriebene Aussage gemacht hat, derzufolge er von der UDBA-Zentrale in Rijeka beauftragt war, den deutsch-kroatischen Arzt Dr. Jelić in Berlin sowie weitere in der Bundesrepublik lebende Kroaten zu ermorden, deren Namen er den Berliner Behörden zu Protokoll gab?
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Die Einzelheiten dieses Vorgangs sind mir persönlich nicht bekannt, Herr Kollege Becher.
Könnte ich vielleicht schriftlich darüber Auskunft bekommen, zumal es sich um einen Mann handelt, der sechs Monate in Haft war und der darüber hinaus angeblich - ich bitte, das zu überprüfen - auch angegeben hat, daß der in München residierende Konsul oder Generalkonsul Dimitrijewitsch als der für die zur Zeit in der Bundesrepublik agierenden UDBAAgenten zuständige Chef gilt, welcher zehn oder zwölf Namen von Exilkroaten genannt hat, die noch ermordet werden sollen?
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Wer soll das gesagt haben?
Dieser Anton Petranovic in schriftlicher Aussage gegenüber der Berliner Polizei.
Deutscher Bundestag - 5. Wahlperiode - 232. und
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Ich denke, dieser Fall bedarf sicher sehr sorgfältiger Klärung, insbesondere auch wegen der Vorwürfe, die hier gegen eine amtliche Vertretung eines Landes erhoben werden, mit dem wir diplomatische Beziehungen haben. Ich bin gern bereit, das aufzuklären, möchte die Gelegenheit aber benutzen, auf folgendes hinzuweisen. Auch gegenüber den Vertretungen des Staates Jugoslawien werden in erheblichem Umfang Gefährdungen beobachtet bzw. behauptet, die mindestens ebenso Anlaß zu Sorge geben wie das, was Sie hier zur Frage stellen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schlager.
Herr Staatssekretär, kann man gerade nach dem, was Sie zuletzt gesagt haben, die Vermutung völlig ausschließen, daß nach dem Tathergang, nach dem Cui bono und auch nach der Art der verwendeten Waffen doch eine offiziöse jugoslawische Institution hier mit im Spiel gewesen ist?
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Ich kann mich an solchen Vermutungen schon deshalb nicht beteiligen, Herr Kollege Schlager, weil dieser Bereich leider in einem solchen Maße unübersichtlich ist, daß jede Vermutung einfach Glatteis ist, auf das man sich begibt. Hier ist von Vermutungen kaum eine Hilfestellung zu erwarten, weil nicht zuletzt unter den verschiedenen Organisationen selber offenbar heftige und auch in einer erkennbar verbrecherischen Weise ausgetragene Spannungen bestehen, hinter die man von außen nur sehr schwer leuchten kann.
Zusatzfrage, Herr Kollege Sänger.
Ist es nicht so, Herr Staatssekretär, daß die Bundesregierung oder die ihr nachgeordneten Behörden oder die Behörden, die von ihr beobachtet werden und angeregt werden könnten, von selbst zugreifen würden, wenn sie solche Behauptungen erfahren, wie sie hier soeben aufgestellt worden sind? Bedarf es dazu erst der Anregung durch öffentliche Diskussionen?
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Sicherlich bedarf es solcher Anregungen nicht. Wenn solche schwerwiegenden Behauptungen aufgegriffen werden können, auf Grund von Vernehmungen oder wo auch immer sie sonst auftauchen, werden selbstverständlich die zuständigen Ermittlungsbehörden dieser Sache nachgehen, und soweit - wie in dieser Frage steckt - davon auch die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik betroffen werden, wird auch das Auswärtige Amt sich in solche Überlegungen einzuschalten haben.
Weitere Zusatzfrage, Kollege Sänger.
Finden Sie nicht, Herr Staatssekretär, daß, wenn sich die Polizei in solche Ermittlungen eingeschaltet hat, es der Sache und dem Ansehen der Bundesrepublik nicht überaus dienlich ist, wenn die Dinge dann noch öffentlich diskutiert werden?
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Es ist nicht meine Sache, hier eine Beurteilung abzugeben, Herr Kollege Sänger. Aber es ist sicher auch ein alter Erfahrungssatz, daß öffentliche Diskussionen den amtlichen Ermittlungen nicht immer sehr bekömmlich sind.
Frage 105 des Kollegen Dr. Becher:
Hat die Bundesregierung bei der Regierung in Belgrad Protest erhoben bzw. gedenkt sie das zu tun, nachdem offenbar feststeht, daß jugoslawische Konsulatsbeamte auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Mordanschläge anregten bzw. selber durchführten?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Da die für die Gewalttaten Verantwortlichen bisher nicht bekannt sind, sieht die Bundesregierung keine Veranlassung, bei der jugoslawischen Regierung in Belgrad Protest zu erheben.
Zusatzfrage, Herr Dr. Becher.
Ist der Bundesregierung aus dem 1967 in Stuttgart geführten Prozeß Goreta bekannt, daß dieser dort Verurteilte von dem in Stuttgart wirkenden Konsul Milanović Waffen mit dem Auftrag, Exilkroaten zu ermorden, erhielt und diese sogar mit dem Hinweis auf diesen Auftrag der deutschen Polizei in Karlsruhe übergab?
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Ich kann mir diese Unterstellungen, von denen Sie hier ausgehen, nicht zu eigen machen, Herr Kollege Becher. Aber aus der Tatsache, daß ein Protest irgendeiner Art seitens der Bundesregierung nicht erfolgt ist, muß ich die Schlußfolgerung ziehen, daß Ihre Annahme nicht zutrifft. Die Bundesregierung würde selbstverständlich in einem solchen Falle das Notwendige tun, um die mißbräuchliche Benutzung der Position eines diplomatischen oder konsularischen Vertreters in gehöriger Form zurückzuweisen bzw. weitergehende Konsequenzen daraus zu ziehen.
Weitere Zusatzfrage, Kollege Becher.
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht mit mir der Überzeugung,
12874 Deutscher Bundestag - 5. Wahlperiode - 232. und
Dr. Becher ({0})
daß wir, wenn wir andere, ähnliche Fälle von Unrechtstatbeständen - ich denke an die südkoreanische Problematik - aufdecken, auch hier nicht nur das Recht, sondern die Pflicht haben, auch Anfragen nach Zusammenhängen zu stellen, die nach den Mordtaten der letzten Wochen und Monate allenthalben als bedenklich erscheinen?
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Niemand wird daran denken, Ihr Fragerecht zu bestreiten, Herr Kollege Becher.
Wir kommen zur Frage 106 des Abgeordneten Dr. Becher:
Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um auf dem Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland den fortlaufenden Mordanschlägen auf Kroaten und andere aus Jugoslawien stammende Volksangehörige Einhalt zu gebieten?
Bitte, Herr Staatssekretär.
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Die vorbeugende Bekämpfung strafbarer Handlungen fällt in den Zuständigkeitsbereich der Länder. Der Bundesminister des Innern hat aber angeordnet, daß die Sicherheitsbehörden des Bundes für die Verhütung von Mordanschlägen und Terrorakten gegen aus Jugoslawien stammende Volksangehörige jede erdenkliche Hilfe leisten. Ich darf im übrigen auf das verweisen, was ich als Antwort auf die Frage des Kollegen Ertl dazu schon ausgeführt habe.
Zusatzfrage, Herr Dr. Becher.
Herr Staatssekretär, darf ich Sie fragen, ob nicht vielleicht die Aufhebung der Visumpflicht die Überwachung und Kontrolle möglicher Grenzgänger erschwert oder ob Ihrer Meinung nach dieses Problem mit der Verhütung der hier besprochenen Mordwelle nichts zu tun hat?
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Ich kann mir nicht vorstellen, daß die Aufhebung der Visumpflicht in dieser Frage eine wirklich spürbare Veränderung herbeiführt. Darüber sollte doch wohl kaum ein Zweifel bestehen, daß derjenige, der, um hier eine Straftat zu begehen oder aus welchen Gründen auch immer, den Weg einer illegalen Einreise in die Bundesrepublik sucht, ihn auch finden wird. Dagegen bieten Visa in unserer Zeit doch keinen Schutz mehr.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Dr. Becher.
Darf ich zuletzt fragen: Ist seitens der Bundesregierung bzw. des zuständigen Ministeriums eine zentrale Mordkommission ähnlich wie in anderen Fällen eingesetzt worden, um der raschen Aufklärung der Ereignisse aus den letzten Tagen und Wochen, auch des Düsseldorfer Falles von vorgestern, Genüge zu tun?
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Ich habe bereits vorhin darauf hingewiesen, Herr Kollege Becher, daß der Herr Bundesinnenminister gemäß § 4 des Gesetzes über das Bundeskriminalamt Anweisung gegeben hat, daß das Bundeskriminalamt unmittelbar in die Ermittlungs- und Verfolgungsarbeit eingeschaltet wird. Die Länderbehörden werden in engem Zusammenhang mit dem Bundeskriminalamt diese Fragen untersuchen.
Ich rufe die Fragen 107, 108 und 109 des Herrn Abgeordneten Bäuerle auf:
Hält die Bundesregierung eine alsbaldige Ratifizierung des deutsch-jugoslawischen Abkommens, das die sozialen und rechtlichen Fragen der in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigten jugoslawischen Gastarbeiter betrifft, für notwendig?
Hat die Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien dieses Abkommen bereits ratifiziert?
Wenn die Frage 108 bejaht wird, wann ist zeitlich nach Meinung der Bundesregierung mit unserer Ratifizierung zu rechnen?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort liegt noch nicht vor. Sie wird nach Eingang im Sitzungsbericht abgedruckt.
Wir kommen zur Beantwortung der Frage 110 des Abgeordneten Dr. Abelein:
Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, daß Einwohner West-Berlins von einer Mitgliedschaft in der neu gegründeten „Gesellschaft zur Förderung der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sowjetunion" laut Satzung dieser Gesellschaft ausgeschlossen sind?
Ist Dr. Abelein im Saal? - Heir Staatssekretär, bitte l
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Die Satzung der Gesellschaft ist der Bundesregierung bekannt. § 3 sagt über den Erwerb der Mitgliedschaft lediglich folgendes:
Mitglieder können Einzelpersonen und juristische Personen werden. Förderer und Freunde der Gesellschaft können solche Personen werden, die, ohne Mitglied zu sein, die Gesellschaft ideell und finanziell unterstützen.
Die Mitgliedschaft wird erworben durch schriftliche, von zwei Mitgliedern unterstützte Beitrittsanträge; über den Antrag entscheidet das Präsidium durch Beschluß. Gegen einen ablehnenden Beschluß kann der Antragsteller innerhalb eines Monats Einspruch beim Kuratorium einlegen, das endgültig entscheidet.
Die Satzung enthält keine Bestimmung, in der gesagt wird, daß Einwohner West-Berlins von der Mitgliedschaft ausgeschlossen sind.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wie erklären Sie sich dann Pressemeldungen, nach denen Bewohner West-Berlins von der Mitgliedschaft dieser Gesellschaft ausgeschlossen sein sollen?
Deutscher Bundestag - 5. Wahlperiode - 232. und
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Der Bundesregierung ist zwar eine Meldung des „Rheinischen Merkur" in diesem Sinne bekannt. Es ist ihr jedoch nicht bekannt, ob sie zutrifft und wie der „Rheinische Merkur" darauf gekommen ist. Die Bundesregierung hat auch keine Möglichkeit, eine private Vereinigung zu veranlassen, bestimmte Mitglieder aufzunehmen und Gäste einzuladen. Allerdings würde sie in ihrem Verhalten einer privaten Vereinigung gegenüber die gebotenen Konsequenzen ziehen, wenn sich herausstellen sollte, daß sie deutsche Staatsbürger, die in West-Berlin wohnhaft sind, diskriminiert.
Eine weitere Zusatzfrage, Kollege Abelein.
Würde die Bundesregierung in einem ähnlichen Fall, unterstellt, eine solche Pressemeldung wäre richtig, offen ihre Mißbilligung über eine derartige Regelung, sei es auch bei einer privaten Gesellschaft, aussprechen?
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Ich hätte keine Bedenken dagegen, daß die Bundesregierung in einem solchen allerdings jetzt sehr hypothetischen Fall ihre Auffassung nicht nur sagt, sondern auch in ihrem übrigen Verhalten gegenüber einer solchen Vereinigung deutlich machte.
Ich muß nur noch einmal betonen, Herr Kollege Abelein: Die Meldung des „Rheinischen Merkur" war bekannt. Aber es ist, da bisher keine Tatsachen in irgendeiner Weise bekanntgeworden sind, nicht ersichtlich, ob das gerechtfertigt wäre. Deswegen habe ich allen Anlaß, gegenüber der damit aufgeworfenen Frage äußerste Zurückhaltung an den Tag zu legen.
Wir kommen dann zur Beantwortung der Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern, zunächst zur Frage 4 des Abgeordneten Nellen:
Was gedenkt die Bundesregierung zur Beseitigung des sozialen Unrechts zu tun, das durch die unterschiedliche Vergütung bei der Beschäftigung von Boten und Pförtnern im Arbeits-, Angestellten- und Beamtenverhältnis entstanden ist und monatliche Unterschiede bis zu 250 DM ergibt?
Das Wort zur Beantwortung hat Herr Bundesminister Benda.
Falls der Herr Kollege Nellen einverstanden ist, Herr Präsident, würde ich gern 'die Fragen 4 bis 6 zusammen beantworten.
Ja, bittel Dann rufe ich noch die Fragen 5 und 6 des Abgeordneten Nellen auf:
Kann nicht in absehbarer Zeit eine Verbeamtung aller Boten und Pförtner angestrebt werden?
Warum wurde die Übernahme in das Angestelltenverhältnis nach dem Tarifvertrag vom 1. August 1968 durch eine Begrenzung auf Bedienstete über 50 Jahre und 60 % der gesamten Gruppe fast unmöglich gemacht und damit die jüngeren Bediensteten gezwungen, wegen der im öffentlichen Dienst niedrigeren Löhne in besser bezahlte Stellen abzuwandern, und einer Überalterung dieser Gruppen Vorschub geleistet?
Ich muß zunächst feststellen, daß bei der unterschiedlichen Vergütung der Boten und Pförtner, je nachdem, ob sie als Arbeiter, Angestellte oder Beamte beschäftigt werden, keineswegs von einem „sozialen Unrecht" gesprochen werden kann. Boten und Pförtner üben - das wird von keiner Seite bestritten - eine arbeiterrentenversicherungspflichtige Tätigkeit aus. Sie sind daher grundsätzlich als Arbeiter einzustellen und dann in die Lohngruppen einzureihen, nach denen auch alle anderen ungelernten Arbeiter entlohnt werden. Eine generelle Übernahme aller Boten und Pförtner in das Beamtenverhältnis ist aus beamtenrechtlichen und personalwirtschaftlichen Gründen nicht möglich.
Um gleichwohl bewährten Kräften, die die Voraussetzungen für die Berufung in das Beamtenverhältnis nicht erfüllen, einen Aufstieg zu eröffnen, haben die Tarifvertragsparteien die Möglichkeit geschaffen, Boten und Pförtner nach dreijähriger Beschäftigung in das Angestelltenverhältnis nach Vergütungsgruppe X zu übernehmen und sie nach zweijähriger Bewährung in die Vergütungsgruppe IX b höherzugruppieren.
Die Bezüge der Boten und Pförtner im Angestellten- und Beamtenverhältnis weisen keine nennenswerten Unterschiede auf. Unterschiede ergeben sich dagegen zwischen den im Arbeiterverhältnis und den im Angestellten- oder Beamtenverhältnis beschäftigten Boten oder Pförtnern, dies aber nur in einem höheren Lebensalter. Dabei kann es sich in Einzelfällen höchstens um einen Unterschiedsbetrag von rund 150 DM handeln. Die Bundesregierung ist bemüht, diesen Auswirkungen durch eine vermehrte Übernahme von Boten und Pförtnern in das Angestelltenverhältnis zu begegnen.
Nachdem im vergangenen Jahr bereits der Anteil der in das Angestelltenverhältnis zu übernehmenden Boten und Pförtner mit Zustimmung des Haushaltsausschusses dieses Hohen Hauses von 40 auf 60 v. H. angehoben worden ist, habe ich im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen unter dem 21. April 1969 die bisherige Altersgrenze von 50 Jahren für die Übernahme in das Angestelltenverhältnis aufgehoben. Damit wird nunmehr auch qualifizierten jüngeren Arbeitern eine Aufstiegsmöglichkeit gegeben. Ich gehe davon aus, daß diese Maßnahme zu einer wesentlichen Verbesserung der Situation führt.
Im übrigen teile ich aber nicht Ihre Auffassung, daß die bisher geltende Regelung die jüngeren Bediensteten gezwungen hat, aus dem öffentlichen Dienst abzuwandern. Gerade der jüngere Arbeiter verdient als Bote oder Pförtner eher mehr als der vergleichbare Beamte.
Ich danke Ihnen, Herr Minister.
Zusatzfrage, Kollege Westphal.
12876 Deutscher Bundestag - 5. Wahlperiode - 232. und
Herr Minister, ich habe mich im vergangenen Jahr im Haushaltsausschuß um diese Sache bemüht und freue mich, daß Sie darauf hingewiesen haben, daß dort schon diese Erhöhung von 40 auf 60 % gebilligt worden ist. Meine Frage ist, ob Ihr neuer Schnellbrief, durch den Sie diese Altersgrenze aufgehoben haben, nun auch zur Folge hat, daß es keine 60 %-Grenze für den Übergang vom Arbeiterverhältnis in das Angestelltenverhältnis mehr gibt. Oder besteht diese nach meiner Meinung ungute Grenze noch weiter?
Dies ist eine Frage, Herr Westphal, die ich aus dem Handgelenk nicht zu beantworten vermag. Ich will ihr gerne nachgehen und Ihnen dann eine Mitteilung zukommen lassen.
Eine weitere Zusatzfrage.
Würden Sie diese Überprüfung mit der Tendenz vornehmen, die Grenze noch weiter nach oben zu drücken und möglichst ganz aufzuheben, wie dies im Haushaltsausschuß von mir und anderen Kollegen mehrfach gefordert worden ist?
Ich bestätige gerne, daß ich tendenziell - bitte legen Sie mich jetzt nicht auf absolute Prozentzahlen fest; so weit kann ich im Augenblick nicht gehen - der Ihrer Frage zugrunde liegenden Auffassung zustimme.
Ich rufe dann die Fragen 7, 8 und 9 des Abgeordneten Haase ({0}) auf:
Was hat die Bundesregierung veranlaßt, mit Erlaß vom 20. Dezember 1968 rückwirkend ab 1. Oktober 1968 die Zahlung einer Zulage für Dienst zu ungünstigen Zeiten für Besoldungsempfänger ({1}) anzuordnen, womit Wehrpflichtige, die den gleichen Dienst leisten, von dem Anspruch auf diese Zulage ausgeschlossen sind?
Ist sich die Bundesregierung darüber im klaren, daß der o. a. Erlaß eine weitere Verschärfung der Wehrungerechtigkeit bedeutet in einer Zeit, in der Parlament und Regierung gemeinsam dabei sind, die Wehrungerechtigkeit unter den Wehrpflichtigen und zwischen Wehrpflichtigen und Besoldungsempfängern abzubauen und auszugleichen?
Ist der Bundesregierung bekannt, daß Kommandeure von Bundeswehreinheiten, in denen Dienst zu ungünstigen Zeiten geleistet wird, besorgt sind durch eine zunehmende Unruhe bei den Wehrpflichtigen, die im Gegensatz zu den Zeit- und Berufssoldaten für diesen besonderen Dienst nicht besonders entschädigt werden?
Die Fragen werden im Einverständnis mit dem Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antwort des Bundesministers Benda vom 9. Mai 1969 lautet:
Die Einführung der Zulage für Dienst zu ungünstigen Zeiten wurde ausgelost durch eine entsprechende, auf besonderer Rechtsgrundlage beruhende Zulageregelung für die Beamten der Bundesbahn und der Bundespost. Die in diesem Bereich schon seit längerer Zeit bestehende Regelung war auf Grund eines Ersuchens dieses Hohen Hauses vom 23. 6. 1965 mit Wirkung vom 1. 1. 1966 erheblich verbessert worden. Die Verbesserung stand im Zusammenhang mit einer Änderung des Arbeitszeitrechts für Bundesbeamte.
In die ab 1. 10. 1968 im gesamten Bundesbereich geltende Zulageregelung mußten die Berufssoldaten und die Soldaten auf Zeit mit einbezogen werden, weil diese den Beamten besoldungsrechtlich grundsätzlich gleichgestellt sind. Für die Bezüge der Soldaten, die auf Grund der Wehrpflicht Wehrdienst leisten, gelten völlig andere Regelungen. Wegen dieser grundsätzlichen Unterschiede zwischen dem Recht der Wehrsoldempfänger und dem der Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit können aus den
Regelungen des einen Bereichs Folgerungen für den anderen nicht gezogen werden.
Im übrigen darf ich bemerken, daß die Zulageregelung der Zustimmung des Haushaltsausschusses des Bundestages bedurfte. Im Haushaltsausschuß, der sich sehr eingehend mit der Ausgestaltung der Regelung befaßt hat, stand gerade die Frage der Einbeziehung des Wehrbereichs im Mittelpunkt der Erörterungen.
Bei den Erörterungen zur Wehrgerechtigkeit geht es um das Problem, wie ein Ausgleich dafür geschaffen werden kann, daß nur ein Teil der Wehrpflichtigen zum Wehrdienst einberufen wird. Die Verbesserung der Wehrgerechtigkeit hat nicht zum Ziel, die Rechtsstellung der Wehrsoldempfänger an die der Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit anzugleichen.
In diesem Zusammenhang darf ich jedoch daran erinnern, daß gerade in letzter Zeit zugunsten der Wehrsoldempfänger verschiedene Verbesserungen wirksam geworden sind, die durch weitere Maßnahmen ergänzt werden sollen. Hierbei ist insbesondere zu erwähnen die Verdoppelung des Entlassungsgeldes, die Verbesserung des Unterhaltssicherungsgesetzes und die vorgesehene Erhöhung des Wehrsoldes.
Es ist richtig, daß von Wehrsoldempfängern der Wunsch geäußert wird, in die Zulageregelung einbezogen zu werden. Hierbei wird jedoch übersehen, daß die Zulage den Berufssoldaten und den Soldaten auf Zeit auf Grund ihrer andersartigen Rechtsstellung, die Ausfluß ihrer auf längere Dauer eingegangenen Verpflichtung ist, gewährt wird.
Dann rufe ich die Frage 10 des Abgeordneten Exner auf:
Wann gedenkt die Bundesregierung zum Gesetz über die Erweiterung des Katastrophenschutzes jene Ausführungsbestimmungen zu erlassen, die nach § 2 Abs. 3 des Gesetzes durch den Bundesinnenminister mit Zustimmung des Bundesrates zu erlassen sind?
Die Frage wird im Einverständnis mit dem Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Köppler vom 7. Mai 1969 lautet:
Das Gesetz über die Erweiterung des Katastrophenschutzes ({2}) hat zum Ziel, den friedensmäßigen Katastrophenschutz und den Luftschutzhilfsdienst zu einem einheitlichen Instrument für Friedenskatastrophen und für den Verteidigungsfall zu verschmelzen. Solche einschneidenden Organisationsänderungen können nur schrittweise vollzogen werden.
Der künftige Katastrophenschutz hat in den Kommunen, den Ländern und dem Bund verschiedene Träger, so daß eine sorgfältige Abstimmung zwischen diesen Stellen unter Beteiligung der mitwirkenden Organisationen erforderlich ist.
Bevor Neuregelungen des einheitlichen Katastrophenschutzes endgültig in Kraft gesetzt werden, sollen sie erst in der Praxis erprobt werden. Diesen Gedanken entsprechend sind bereits eine Reihe vorläufiger Ausführungsvorschriften zum Katastrophenschutzgesetz erlassen worden.
Durch Runderlaß vom 31. Juli 1968, knapp 3 Wochen nach Inkrafttreten des Gesetzes, an die Länder und mitwirkenden Organisationen wurde der Einsatz des Luftschutzhilfsdienstes zur Verstärkung des friedensmäßigen Katastrophenschutzes und die Weiterführung der Einheiten in der Übergangszeit geregelt. Drei Runderlasse zu § 8 Abs. 2 KatSG regeln die Freistellung der Helfer des Katastrophenschutzes vom Wehrdienst nach einheitlichen Grundsätzen. Dabei wurde vorgesehen, daß bis zum Abschluß der Vereinbarung zwischen dem Bundesminister der Verteidigung und dem Bundesminister des Innern über den Kräfteausgleich die Belange der Bundeswehr berücksichtigt werden. Als nächste Maßnahme zur Durchführung des Katastrophenschutzgesetzes und erster Schritt zur Einordnung des Luftschutzhilfsdienstes in den Katastrophenschutz sollen die LSHD-Einheiten auf die Kreisebene übergeleitet werden. Damit wird ein wichtiges Ziel des Katastrophenschutzgesetzes, das Hilfspotential auf der Kreisebene zu koordinieren, erreicht. Diese Überleitung ist bereits mit den Ländern abgestimmt. Die entsprechende Überleitungsweisung ist im Mai d. J. zu erwarten.
Weitere Teilgebiete des Gesetzes, die beim schrittweisen Vollzug des Gesetzes in Kürze vorläufig und probeweise geregelt werden sollen, sind die Mitwirkung privater Katastrophenschutzorganisationen ({3}) und die Bildung von Stäben bei den Hauptverwaltungsbeamten ({4}).
Wegen weiterer Einzelheiten darf auf die schriftliche Antwort zu der weitergehenden Anfrage des Herrn Kollegen Ertl verwiesen werden, die im Protokoll der 227. Sitzung des Deutschen Bundestages vom 23. April 1969 als Anlage 30 abgedruckt ist.
Ich rufe die Frage 11 des Abgeordneten Dorn auf:
Hält die Bundesregierung die auf der „Arbeitstagung über Grundlagenforschung und Kriminalpolizei" in Wiesbaden erhobenen Vorwürfe über eine Bankrotterklärung des Bundeskriminalamtes bzw. dessen nicht mehr gegebene Funktionsfähigkeit für berechtigt?
Die Frage wird von Herrn Abgeordneten Opitz übernommen.
Herr Bundesminister, bitte!
Deutscher Bundestag - 5. Wahlperiode - 232. und
Vom 21. bis 25. April 1969 hat das Bundeskriminalamt eine Arbeitstagung über „Grundlagenforschung und Kriminalpolizei" veranstaltet. Auf dieser Arbeitstagung hat der Leiter der „Arbeitsgruppe elektronische Datenverarbeitung" beim BKA, Diplom-Mathematiker Rouette, über „Probleme der elektronischen Datenverarbeitung für den Bereich des Bundeskriminalamtes" referiert.
Er hat dabei u. a. ausgeführt, daß auf Grund der bisher angestellten Untersuchungen davon ausgegangen werden könne, daß für die Auswertungstätigkeit im Bundeskriminalamt die elektronische Datenverarbeitung gegenüber der bisherigen konventionellen Methode insoweit Vorteile bietet, als mit Hilfe der Datenverarbeitung in fast beliebigem Umfang Informationen mehrdimensional verknüpft werden können, die Auswertung also intensiviert werden kann.
Die Bundesregierung hat in ihren Berichten an den Bundestag über das Bundeskriminalamt mehrfach, zuletzt in dem Bericht vom 30. Januar dieses Jahres, darauf hingewiesen, daß auf Grund der bisher gewonnenen Erkenntnisse die Einführung eines allgemeinen kriminalpolizeilichen Informations- und Auskunftssystems beim BKA verwirklicht werden soll, daß dafür aber erhebliche personelle und materielle Aufwendungen notwendig sind.
Ich halte es im übrigen für falsch, einer Behörde gegenüber den Vorwurf der Bankrotterklärung zu einem Zeitpunkt zu erheben, in dem sie sich anschickt, die neuesten technischen Erkenntnisse in ihrem Bereich einzuführen.
Eine Zusatzfrage, Kollege Opitz.
Herr Minister, können Sie annähernd sagen, wann oder in welchem Zeitablauf die Bundesregierung bereit ist, aus diesen Arbeitstagungen die Konsequenzen zu ziehen?
Ich darf Sie freundlicherweise und der Kürze halber, Herr Kollege Opitz, auf die wiederholten Berichte über das Bundeskriminalamt verweisen, zu denen ja das Hohe Haus aufgefordert hat. Der letzte ist - wie gesagt - am 30. Januar 1969 erschienen. Dort ist gerade diese Frage sehr eingehend beantwortet worden.
Weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Opitz.
Herr Minister, teilen Sie demnach die Meinung von Generalbundesanwalt Martin, der laut dpa in bezug auf Lebach erklärt hat, daß das Verfahren gezeigt habe, daß die Bundesrepublik eine Polizeibehörde brauche, die fachlich und personell gut ausgestattet sei und über die neueste Technik verfüge?
Dem, was Generalbundesanwalt Martin gesagt hat, ist überhaupt nicht entgegenzutreten. Er hat damit eine bloße Selbstverständlichkeit ausgesprochen.
Wir kommen zur Beantwortung der Frage 12 des Abgeordneten Dorn:
Teilt die Bundesregierung die Ansicht des Hamburger Kriminaldirektors Bertling, daß das Bundeskriminalamt die Chance vertan habe, Zentrale der Verbrechensbekämpfung in Deutschland zu sein?
Die Frage wird von Herrn Abgeordneten Opitz übernommen.
Aufgabe und Stellung des Bundeskriminalamtes richtet sich nach dem Gesetz über die Einrichtung eines Bundeskriminalpolizeiamtes ({0}) vom 8. März 1951. Danach ist es wesentliche Aufgabe des Bundeskriminalamtes, Nachrichtensammel- und Auswertungsstelle für die Kriminalpolizei zu sein. Das Bundeskriminalamt ist nach diesem Gesetz also nicht „Zentrale der Verbrechensbekämpfung". Angesichts der Verfassungslage, nach der die Polizeihoheit Sache der Länder ist, könnte das Bundeskriminalamt einen solchen Führungsanspruch nach geltendem Recht nur unter Verletzung der Vorschriften des Grundgesetzes geltend machen.
Zusatzfrage, Kollege Opitz.
Ist die Bundesregierung der Meinung, daß es besser wäre, wenn das Bundeskriminalamt solch einen Führungsanspruch hätte?
Der Inhalt der Vorstellungen der Bundesregierung zu diesem Fragenkomplex ergibt sich aus dem, was in öffentlichen Anhörungen im Innenausschuß erklärt worden ist. Im übrigen wissen Sie natürlich, Herr Kollege Opitz, daß dem Innenausschuß entsprechende Initiativentwürfe des Hohen Hauses vorliegen, von denen ich wohl sagen darf, daß sie inhaltlich und auch in den Formulierungen durch mein Haus wesentlich beeinflußt worden sind, was zweifellos nicht die besondere Qualität hervorheben soll, sondern das hohe Maß an inhaltlicher Übereinstimmung.
Wir kommen zur Beantwortung der Frage 13 des Abgeordneten Regling:
Besteht bei den Bundesbehörden ein grundsätzliches Einstellungsverbot für Diabetiker?
Das Wort zur Beantwortung hat der Herr Bundesminister.
Ein Verbot, Diabetiker einzustellen, besteht nicht.
Zur Einstellung in den öffentlichen Dienst wird von den Bewerbern allgemein verlangt, daß sie für ihren Dienst geeignet sind. Hierzu gehört natürlich auch die körperliche Tauglichkeit. Nach den Er12878 Deutscher Bundestag - 5. Wahlperiode - 232. und
kenntnissen der medizinischen Diabetes-Forschung kommen für eine Aufnahme in den öffentlichen Dienst auch arbeitsfähige Diabetiker in Betracht, deren Stoffwechselstörung ohne und mit Insulin gut einstellbar ist und bei denen die Wahrscheinlichkeit besteht, daß ihre Arbeitsfähigkeit bis zum normalen Ruhestandsalter erhalten bleibt. Natürlich muß die Einstellbarkeit durch eine ärztliche Begutachtung individuell geklärt werden. Allerdings eignen sich - vor allem in den Betriebsverwaltungen - nicht alle Dienstposten für solche Bewerber.
Auf die grundsätzliche Verwendbarkeit von Diabetikern im öffentlichen Dienst hat mein Haus bereits mit Rundschreiben vom 4. September 1959 an die obersten Bundesbehörden ausdrücklich hingewiesen.
Dann die Beantwortung der Anfrage 14 des Abgeordneten Regling:
Trifft es zu, daß die Bundesbehörden gehalten sind, Diabetiker aus dem Staatsdienst zu entlassen, selbst wenn die Ursache zur Diabetes auf einen Dienstunfall zurückzuführen ist?
Herr Kollege, auch Ihre Annahme zur Frage 14 trifft nicht zu.
Für die Versetzung in den Ruhestand oder die Entlassung eines Beamten wegen Dienstunfähigkeit ist es grundsätzlich unerheblich, worauf die Dienstunfähigkeit beruht. Entsprechendes gilt für die Fälle der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses infolge Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit. Für Diabetiker gibt es insoweit keine sie benachteiligenden Sonderregelungen.
Zusatzfrage, Herr Kollege Regling.
Herr Minister, ist Ihnen nicht bekannt, daß nach den Mitteilungen, die laufend vom Deutschen Diabetikerbund bekanntgegeben werden, in der Praxis genau das Gegenteil von dem der Fall ist, was Sie eben unter Hinweis auf Ihre Durchführungsverordnung dargelegt haben?
Herr Kollege Regling, die rechtliche Situation ist in der Tat so, wie ich es hier dargestellt habe. Wenn die Behauptung erhoben werden sollte, daß die Praxis davon abweicht, scheint mir der einzige Weg, die Berechtigung einer solchen eventuellen Behauptung aufzuklären, die Angabe von Einzelfällen, für die ich sehr dankbar wäre. Erst die Prüfung des Einzelfalles könnte ergeben, ob ein solcher Vorwurf zu Recht erhoben wird.
({0})
Wir kommen zur Beantwortung der Frage 15 des Kollegen Regling:
Hält die Bundesregierung es für richtig, daß z. B. die Deutsche Bundesbahn einem von ihr geförderten Studenten nicht nur die zugesagte Einstellung als Inspektoranwärter und Übernahme als Ingenieur verweigert, sondern auch noch 10 000 DM Ausbildungshilfe zurückfordert, nachdem nach einer Erkrankung des jungen Mannes bei einer Nachuntersuchung Diabetes festgestellt wurde?
Herr Kollege Regling, auch zu dieser Frage muß ich sagen, daß sie sich ohne genaue Kenntnis des konkreten Einzelfalles, an den Sie denken, nicht allgemein beantworten läßt, da es hierbei entscheidend auf die konkrete Ausgestaltung der Darlehensvereinbarung ankommt. Ich wäre daher ebenfalls dankbar, wenn auch insoweit der Vorgang zu einer Nachprüfung in den Einzelheiten mitgeteilt werden könnte.
Zusatzfrage, Herr Kollege Regling. .
Herr Minister, es ist Ihnen doch sicherlich bekannt, daß die neuesten Forschungen auf diesem Gebiete im allgemeinen zu der Beurteilung kommen, daß eine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit nicht mehr begründet ist und es somit doch wohl zweckmäßig wäre, die Tauglichkeitspflichten, insbesondere in § 28, einer Überprüfung zu unterziehen?
Ich habe bereits in meiner Antwort auf die Frage 13 gesagt, daß wir nach dem Rundschreiben bereits aus dem Jahre 1959 von dem Prinzip der Arbeitsfähigkeit ausgehen, die natürlich im Einzelfall genauso nachgeprüft werden muß, wie es bei jedem Bewerber für den öffentlichen Dienst der Fall ist, der zunächst einmal arbeitsfähig erscheint und bei dem keine besonderen Gründe für die Annahme vorhanden sind, daß er nicht arbeitsfähig ist, der aber dennoch einer ärztlichen Untersuchung im Hinblick auf die Anforderungen in der betreffenden Stelle unterzogen wird.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Regling.
Herr Minister, auf Grund der auftretenden Schwierigkeiten in der Praxis darf ich doch noch einmal fragen - dankenswerterweise werden ja mit öffentlichen Mitteln Frühuntersuchungen veranlaßt, um bei dem Erkrankten möglichst frühzeitig Diabetes festzustellen -: Wäre es nicht zweckmäßig, auch Überlegungen anzustellen, was mit den Menschen, die an dieser Krankheit leiden, nachher im Arbeitsprozeß geschehen kann, um nicht nachher in der Praxis dauernd auf ablehnende Bescheide zu stoßen?
Ich bin sicher, daß schon der Gesichtspunkt der Fürsorgepflicht es gebietet, auf den körperlichen Zustand von an Diabetes erkrankten Personen besondere Rücksicht zu nehmen. Das gilt auch für den Teilbereich, auf den Sie mit Ihrer Frage abgestellt haben.
Wir kommen zu der Frage 18 des Abgeordneten Dr. Jahn ({0}) :
Ist die Bundesregierung bereit, neben den Verwaltungsjuristen, Volkswirtschaftlern und Sozialwissenschaftlern auch erfahrene Naturwissenschaftler und Ingenieure als zusätzliche Staatssekretäre in allen Bundesministerien, in deren Verantwortungsbereich naturwissenschaftliche und technische Aufgaben eine bedeutende Rolle spielen, einzustellen?
Deutscher Bundestag - 5. Wahlperiode - 232. und
Vizepräsident Scheel
Die Frage wird im Einvernehmen mit dem Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antwort des Bundesministers Benda vom 9. Mai 1969 lautet:
Es kann zweckmäßig sein, in einem Ministerium, in dessen Verantwortungsbereich naturwissenschaftliche und technische Fragen eine Rolle spielen, einen Naturwissenschaftler oder Ingenieur zum Staatssekretär zu berufen. Das ist z. B. in den Bundesministerien für das Post- und Fernmeldewesen und für Gesundheitswesen geschehen.
Die fachliche Ausrichtung des Geschäftsbereichs eines Ministeriums ist jedoch nicht alleiniger Maßstab für die Qualifikation eines Staatssekretärs. Nach § 14 der Geschäftsordnung der Bundesregierung vertritt der Staatssekretär den Bundesminister in dessen Eigenschaft als Leiter einer obersten Bundesbehörde. Die Wahrnehmung dieser Leitungsfunktion setzt Spezialkenntnisse aus den fachlichen Aufgabenbereichen des Ministeriums nicht unbedingt voraus. Sollte es sich im Einzelfall als notwendig erweisen, einen Spezialisten als zusätzlichen Staatssekretär zu berufen, so wird die Bundesregierung diesem Bedürfnis im Rahmen der haushaltsmäßigen Möglichkeiten Rechnung tragen.
Wir kommen zur Frage 19 des Abgeordneten Kubitza:
Ist die Haltung der Bundesregierung gegenüber Flagge und Hymne der DDR bei internationalen Sportveranstaltungen im Bundesgebiet unverändert so, wie sie wiederholt vom Bundesinnenminister und vom Parlamentarischen Staatssekretär des Bundeskanzlers formuliert worden ist?
Die Frage wird von Herrn von Gemmingen übernommen.
Die Haltung der Bundesregierung gegenüber dem Flaggen- und Hymnenproblem ergibt sich aus dem Beschluß des Bundeskabinetts vom 18. Dezember 1968. In der gleichen Kabinettsitzung hat die Bundesregierung die beteiligten Ressorts - mein Haus, das Auswärtige Amt und das Gesamtdeutsche Ministerium, natürlich auch das Bundeskanzleramt - beauftragt, weitere Überlegungen in dieser Frage anzustellen. Die Prüfung in diesem Sinne ist noch nicht abgeschlossen.
Zusatzfrage, Herr Kollege von Gemmingen.
Herr Minister, waren also die Äußerungen des hierfür als besonders kompetent anzusehenden Gesamtdeutschen Ministers, Herbert Wehner, und der Sprecher der SPD in der jüngsten Deutschland-Debatte eigentlich nur in den Wind gesprochen, oder wirken sie bei der Meinungsbildung der Bundesregierung mit?
Herr Kollege, Äußerungen eines Mitglieds dieses Hohen Hauses sind nie in den Wind gesprochen; sie sind selbstverständlich wichtiges Material für die Überlegungen, die die Ressorts, die ich soeben genannt habe, zur Zeit anstellen.
Zweite Zusatzfrage, Herr Kollege von Gemmingen.
Herr Minister, spielt die Auffassung der führenden Männer des Deutschen Sportbundes keine Rolle bei der Meinungsbildung der Bundesregierung? Ich meine die, die auf drohende Internationale Isolierung hinweisen und die in ihrer schwierigen Position nicht gerade gestärkt werden.
Auch diese Äußerungen spielen eine Rolle. Sie sind ebenfalls Material für die Überlegungen, die angestellt werden.
Zusatzfrage, Herr Kollege Mischnick.
Herr Minister, wann, glauben Sie, werden diese Prüfungen endlich abgeschlossen sein können?
Mir ist vom Auswärtigen Amt, dessen Stellungnahme zur Zeit noch aussteht, mitgeteilt worden, daß eine abschließende Vorlage dieses Hauses zur Zeit erstellt wird. Ich nehme an, das bedeutet, daß sie mir und den anderen beteiligten Ressort innerhalb der nächsten Tage oder jedenfalls in einer sehr kurzen Frist zugehen kann. Wenn diese Vorlage vorliegt, haben sich alle beteiligten Häuser geäußert, und dann kann die Entscheidung des Kabinetts vorbereitet werden.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Mischnick.
Liegen Äußerungen der Landesinnenminister zu diesen Fragen vor?
Die Konferenz der Landesinnenminister in Würzburg, die gestern stattgefunden hat und bei der ich anwesend war, hat sich sehr eingehend mit dieser Frage beschäftigt.
Wir kommen zu der Frage 20 des Herrn Abgeordneten Jung. - Der Abgeordnete ist nicht im Saal; die Frage wird schriftlich beantwortet.
Frage 21 des Abgeordneten Peiter:
Wo beabsichtigt die Bundesregierung die „Akademie für öffentliche Verwaltung" zu errichten?
Die vorgesehene Bundesakademie für öffentliche Verwaltung soll Träger der zentralen Fortbildung im öffentlichen Dienst werden. Diese Fortbildung muß praxisnah sein. In erheblichem Umfang werden daher nebenamtliche Lehrkräfte, vor allem aus dem Bereich des Bundes, eingesetzt werden. Diese Kräfte sind auf die Dauer nur zu gewinnen, wenn der Zeitaufwand für die Zurücklegung der An- und Abfahrtswege in Grenzen gehalten werden kann. Entsprechendes gilt bei kurzfristigen Lehrveranstaltungen auch für die Teilnehmer. Ich habe deshalb die Absicht, die Akademie im näheren Einzugsbereich von Bonn unterzubringen. Die Akademie sollte aber so peripher gelegen sein, daß bei längerdauernden Lehrgängen die Aufrechterhaltung eines Internatsbetriebs sichergestellt ist. Erfahrungsgemäß wirkt sich der Internatsbetrieb positiv auf den Lehrgangs12880 Deutscher Bundestag - 5. Wahlperiode - 232. und
erfolg aus. Das Bundeskabinett hat in dieser Frage eine Entscheidung noch nicht getroffen.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Peiter.
Herr 'Minister, können Sie mir sagen, ob in Ihre Überlegungen bezüglich der Standortwahl auch die Gemeinde Rheinbreitbach einbezogen worden ist?
Sie wird einbezogen. Dieser Standort ist einer von mehreren Vorschlägen, die mir vorliegen. Wir sind dabei, diesen Standort neben den anderen vorgeschlagenen zu erwägen.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Minister, wann ist mit Ihrer Entscheidung zu rechnen?.
Zunächst muß die Entscheidung der Bundesregierung über die Errichtung der Akademie ergehen. Die Bundesregierung hat sich bereits in einer Kabinettsitzung mit diesem Thema beschäftigt, und sie wird das in sehr naher Zukunft erneut tun. Ich verbinde damit die Hoffnung, daß dann die Entscheidung über die Gründung der Akademie erfolgen kann. Alsdann werden die konkreten Verhandlungen mit den in Frage kommenden Stellen über den Standort kommen. Erst die Verhandlungen auch über die finanzielle Seite der Angelegenheit werden Klarheit darüber bringen können, welchem der verschiedenen Angebote der Vorzug zu geben ist.
Wir kommen zu den Fragen 23 und 24 des Abgeordneten Picard. Der Abgeordnete ist nicht im Saal; die Fragen werden schriftlich beantwortet.
Ich rufe die Frage 96 des Abgeordneten Porten auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß Assistenzärzte an Universitätskliniken auf Grund ihres Status als Beamte auf Widerruf bei einem regelmäßigen Nacht- und Sonntagsdienst keine finanzielle Entschädigung für die geleisteten Überstunden erhalten, wie sie angestellten Ärzten zusteht?
Der Bundesregierung sind die Umstände, die Herr Kollege Porten in seiner Frage erwähnt, bekannt. Nach dem geltenden Beamtenrecht können Beamte keine Überstundenvergütung erhalten. In der Fragestunde vom 23. April 1969 hat der Herr Parlamentarische Staatssekretär Köppler auf die Frage des Herrn Kollegen Wagner bereits darauf hingewiesen, daß die von Art. 33 Abs. 5 des Grundgesetzes verfassungsrechtlich garantierten hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums, mit denen die Gewährung einer Überstundenvergütung bisher nicht für vereinbar gehalten wurde, einer Weiterentwicklung fähig sind und daß ich eine gesetzliche Regelung für möglich halte, wonach künftig in besonderen Ausnahmesituationen erhebliche Mehrbelastungen der Beamten finanziell abgegolten werden können, wenn ein Freizeitausgleich bei Anlegung eines strengen Maßstabes im Hinblick auf die Personalsituation unmöglich ist. Dieser sehr differenzierte Komplex muß allerdings in Bund und Ländern einheitlich geregelt werden. Hier bestehen noch Meinungsverschiedenheiten zwischen den Innen- und Finanzministern der Länder. Ich hoffe aber, daß schon bald eine Einigung im Grundsätzlichen zwischen den beteiligen Stellen erreicht werden wird.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Porten.
Herr Minister, sind Sie und die Bundesregierung mit mir der Meinung, daß es der wissenschaftlichen Arbeit - um die handelt es sich ja hier auch - abträglich ist, wenn nicht einmal ein Mindestmaß einer in die Zukunft reichenden materiellen Sicherung für diesen Bereich vorhanden ist?
Ich bin durchaus dieser Meinung, Herr Kollege Porten. Allerdings stehen dem von Ihnen vorgeschlagenen Weg zur Zeit noch die von mir bezeichneten Schwierigkeiten entgegen. Ich hoffe, daß sie beseitigt werden können.
Eine weitere Zusatzfrage.
Ist dieser Tatbestand, Herr Minister, im Hinblick auf den gesellschaftlichen Standort dieser Beschäftigten nicht - gelinde gesagt - als Schönheitsfehler im Recht des öffentlichen Dienstes anzusehen?
Herr Kollege Porten, das Problem taucht nicht nur in dem von Ihnen erwähnten Bereich der Ärzte, sondern auch in zahlreichen anderen Gebieten auf, bei denen sich die Notwendigkeit, über die regelmäßige Dienstzeit hinaus zu arbeiten, auf Grund der tatsächlichen Verhältnisse herausgestellt hat.
Frage 97 des Abgeordneten Porten:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß es durch die knappe Zahl von Planstellen in der Regel auch nicht möglich ist, diesen Ärzten eine Freizeitentschädigung zu gewähren, wie sie Beamten zusteht, wodurch insbesondere in den operativen Fächern wie der Chirurgie und bei knapper Stellenbesetzung bis zu 100 Wochenstunden ohne Entschädigung geleistet werden müssen, um die Patientenversorgung aufrechtzuerhalten?
Der Bundesregierung ist im einzelnen nicht bekannt, ob und in welchem Maße - etwa auf Grund zu geringer Planstellenausstattung oder wegen Personalmagnels allgemein - Schwierigkeiten bei der Gewährung des Freizeitausgleichs für die beamteten Assistenzärzte entstehen.
Deutscher Bundestag - 5. Wahlperiode - 232. und
Wir kommen zur Frage 98 des Abgeordneten Porten:
Ist die Bundesregierung bereit, bei den Beratungen der Novelle zum Beamtenrechtsrahmengesetz auf eine Änderung dieses unerträglichen Zustandes hinzuwirken, der nicht nur die Ärzte in ihrer wissenschaftlichen Arbeit erheblich behindert und ihre Gesundheit gefährdet, sondern vor allem auch die Versorgung der Bevölkerung mit speziellen ärztlichen Leistungen in Frage stellt, wenn die Ärzte sich zunehmend von den besonders betroffenen Disziplinen wie z. B. Chirurgie abwenden?
Bei der Beratung des dem Hohen Hause vorliegenden Regierungsentwurfs zur Änderung deis Hochschullehrerteils des Beamtenrechtsrahmengesetzes wird sicher auch diese Frage eine Rolle spielen. Ich sehe allerdings - von den bereits erörterten grundsätzlichen Fragen einer Überstundenvergütung für Beamte abgesehen - keine Möglichkeit, die Ihrer Frage zugrunde liegenden Probleme durch eine bundesgesetzliche Regelung zu lösen. Die erwähnten Engpässe liegen vor allem auf haushaltsrechtlichem und personalwirtschaftlichem Gebiet, auf das der Bund aber, weil es ausschließlich zur Kompetenz der Länder gehört, keinen Einfluß nehmen kann.
Herr Kollege Porten!
Herr Minister, sieht es die Bundesregierung als angemessen an, daß qualifizierte Wissenschaftler wie etwa die mir bekanntgewordenen 5000 wissenschaftlichen Assistenten an Universitätskliniken unter der Furcht, jederzeit entlassen zu werden, also unter Bedingungen arbeiten zu müssen, die man anderen Beschäftigten schon längst nicht mehr anzubieten wagt, und sind Sie nicht mit mir der Meinung, daß das schnellstens geändert werden muß?
Ich vermag hier nicht festzustellen, ob die Voraussetzungen, die Ihrer Frage zugrunde liegen, im Einzelfall zutreffen. Aber unterstellt, daß dies der Fall ist, bin ich in der Tat der Meinung, daß dies ein Anlaß zu ernster Sorge sein muß.
Wären Sie denn bereit, Herr Minister, auf Grund dieser meiner Frage, die Sie im Augenblick berechtigterweise nicht schlüssig beantworten, mir einmal eine schriftliche Nachricht darüber zu geben, ob meine Vermutungen stimmen?
Ja, allerdings würde das voraussetzen oder es jedenfalls die Beantwortung erleichtern, daß Sie mir den konkreten Vorgang, auf den Sie offenbar abstellen, mitteilen. Dann wird sich sicher ein Weg finden und feststellen lassen, wie der Vorgang im einzelnen war.
Ich bin dazu bereit.
Damit kommen wir zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Gesundheitswesen, zunächst zur Frage 93 des Herr Abgeordneten Dr. Freiherr von Vittinghoff-Schell:
Hält es die Bundesregierung weiterhin für vertretbar, daß die sog. mittelbare Einleitung über eine gemeindliche Kanalisation in einen Vorfluter nicht unter die Gefährdungshaftung aus § 22 des Wasserhaushaltsgesetzes fällt, mit der Folge, daß die Gemeinden als Betreiber der Kanalisation einer nach oben hin unbegrenzten Haftung unterliegen, der Einleiter dagegen nur in Anspruch genommen werden kann, wenn ein Haftungstatbestand nach § 823 BGB nachgewiesen werden kann?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Staatssekretärs Dr. von Manger-Koenig vom 8. Mai 1969 lautet:
Die in Ihrer Frage enthaltene Auslegung des § 22 Abs. 1 des Wasserhaushaltsgesetzes für die Haftung der Gemeinden im Falle der Einleitung von Stoffen in Gewässer über eine gemeindliche Sammelkanalisation deckt sich mit den Motiven des Gesetzgebers und der herrschenden Auffassung in Literatur und Rechtsprechung. Die Bestimmungen des Wasserhaushaltsgesetzes erfassen nur den Einleiter in ein Gewässer, nicht aber den Einleiter in eine Kanalisation. Die Gemeinden sind danach auch bei Sammelkanalisationen die Einleiter. Für den jeweils Geschädigten hätte es zudem keinen Wert, den Ersatzanspruch gegen den Einleiter in die Kanalisation zu haben, da er diesen kaum festzustellen vermag. Gemeinden, die in solchen Fällen schadensersatzpflichtig sind, können versuchen, den Einleiter festzustellen und von ihm auf Grund satzungsrechtlicher oder vertraglicher Bestimmungen oder auf Grund des § 823 BGB Ersatz verlangen.
Der Abgeordnete Dr. Meinecke hat seine Fragen - 94 und 95 - zurückgezogen.
Wir stehen damit am Ende der Fragestunde und auch der heutigen Sitzung.
Ich 'berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages ein auf Dienstag, den 13. Mai 1969, 14 Uhr.
Die Sitzung ist geschlossen.