Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet.
Zunächst einige amtliche Mitteilungen.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll die Tagesordnung ergänzt werden um die in der Ihnen vorliegenden Liste bezeichneten Vorlagen. - Das Haus ist damit einverstanden; die Erweiterung der Tagesordnung ist damit beschlossen.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sollen die Punkte 30 und 37 der Tagesordnung abgesetzt und in der nächsten Woche behandelt werden. - Darüber besteht Einverständnis.
Wir kommen dann zu Punkt 1 der Tagesordnung: Fragestunde
- Drucksachen V/3574, zu V/3574 Wir beginnen mit den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes. Zur Beantwortung ist der Herr Parlamentarische Staatssekretär Jahn anwesend. Die ersten beiden Fragen stellt der Abgeordnete Dr. Schulz ({0}). Ist der Abgeordnete anwesend? - Das ist nicht der Fall. Die Fragen 106 und 107 werden schriftlich beantwortet.
Frage 108 des Abgeordneten Kahn-Ackermann:
Beabsichtigt die Bundesregierung, in absehbarer Zeit die Fresken aus der burmesischen Tempelstadt Pagan, welche sich in Hamburg befinden, an Burma zurückzugeben?
Herr Staatssekretär, wollen Sie bitte antworten.
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Das Auswärtige Amt hat sich auf Grund eines Berichtes der Deutschen Botschaft in Rangun vom 13. Januar 1967 an das Hamburgische Museum für Völkerkunde und Vorgeschichte gewandt und dieses um Stellungnahme zu dem Wunsch des birmanischen Kultusministeriums gebeten, Fresken aus Pagan zurückzuerhalten, die sich im Besitz dieses Museums befinden. Die Kulturbehörde der Freien und Hansestadt
Hamburg teilte dem Auswärtigen Amt daraufhin in einem Schreiben vom 29. Mai 1967 mit, das Museum für Völkerkunde habe die Fresken 1906 rechtmäßig erworben. Sie stellten künstlerisch und wissenschaftlich einen wesentlichen Bestandteil der Sammlung der Ostasien-Abteilung des Museums dar. Ihre Entfernung wäre geeignet, den Rang der' gesamten Abteilung zu mindern. Die Kulturbehörde sehe sich daher nicht in der Lage, die Fresken an die birmanische Regierung zurückzugeben, die im übrigen in Hamburg der wissenschaftlichen Bearbeitung und Erforschung zugänglich seien.
Auf eine erneute Anfrage des Auswärtigen Amts teilte die Kulturbehörde soeben mit; sie sehe keine Veranlassung, ihren in dem Schreiben. vom 29. Mai 1967 dargelegten Standpunkt zu ändern.
Unter diesen Umständen kann von der Bundesregierung keine Übergabe der Fresken erwartet werden. Ich bin aber der Auffassung, daß die Bundesregierung bei der Eigenart dieses Falles versuchen sollte, einen angemessenen Ausgleich zu suchen, einen Ausgleich, der auch den berechtigten und verständlichen Interessen Birmas entgegenkommt. Ich bin heute noch nicht in der Lage, Einzelheiten über die möglichen Überlegungen mitzuteilen. Ich bin aber gerne bereit, zu einem späteren Zeitpunkt dazu noch etwas zu sagen.
Herr Kahn-Ackermann.
Herr Staatssekretär, da Sie auf die Eigenart des Falles angespielt haben: Darf ich unterstellen, daß der Bundesregierung wohlbekannt ist, daß diese Fresken im Jahre 1899 in Birma, schlicht gesagt, widerrechtlich entfernt worden sind, daß eine Reihe von anderen Staaten, die ähnlichen Vandalismus begangen haben, ihre Fresken wieder zurückgegeben haben, und daß außerdem der Bundesregierung bekannt ist, daß die Fresken in Kisten verpackt seit Kriegsende in dem Hamburger Museum stehen, daß sie wissenschaftlich vollkommen ausgewertet sind, und darf ich unterstellen, daß deswegen - wegen der wissenschaftlichen Auswertung und auch wegen der Umstände der Entfernung aus dem Lande, die in einem amtlichen birmanischen Führer durch Pagan auch so beschrieben sind - diese Absichten der Bundesregierung ¡a nicht erst seit Januar bestehen, sondern
die Bundesregierung es sich schon länger überlegt hat - daß ihr das also alles bekannt ist und sie zu der Handlung veranlaßt hat, die ja hier angedeutet wurde?
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Das ist eine ganze Sammlung von Fragen, Herr Kollege Kahn-Ackermann.
Zunächst einmal: Der Bundesregierung ist bekannt, unter welchen höchst unerfreulichen Umständen die Fresken seinerzeit aus Birma entfernt worden sind.
Zweitens ist die Bundesregierung in der schwierigen Lage, daß sie nicht Eigentümerin dieser Fresken ist und deshalb nicht die Möglichkeit hat, selber darüber zu verfügen. Wie ihre Entscheidung dann ausfallen würde, mag dahinstehen. Objektiv kann sie nicht darüber . verfügen. Sie ist an die Rechtslage gebunden, die es ihr unmöglich macht, etwas zu erzwingen, was ihre Position gegenüber Birma erleichtern-würde.
Wie andere Länder sich in vergleichbaren Fällen verhalten haben, ist deswegen eine etwas theoretische Frage, eben deshalb, weil dort die Rechtslage möglicherweise ganz anders ist.
Die Wünsche der birmanischen Regierung sind der Bundesregierung seit einiger Zeit bekannt. Der deutsche Botschafter in Rangun hat, wie auch aus meiner ersten Bemerkung hervorgeht, schon im Jahre 1967 darauf hingewiesen, daß dieser Wunsch vorgetragen sei, und sich seitdem immer wieder bemüht. Aber es ist ja auch möglich, Herr Kollege Kahn-Ackermann, daß man andere Wege einer befriedigenden Lösung im Einvernehmen mit Birma anstrebt, neue, bisher nicht bedachte; und dazu erbitte ich noch ein bißchen Überlegungsfrist.
Was schließlich die Frage der Bereithaltung und Auswertung betrifft, darf ich noch darauf hinweisen, daß sie zwar nicht öffentlich ausgestellt, aber jedem, der sie sehen will, zugänglich sind. Sie stehen vor allen Dingen zur wissenschaftlichen Auswertung jederzeit zur Verfügung.. Wie dies im Verhältnis zu Birma in einer Weise geregelt werden kann, die den besonderen Interessen dieses Landes entspricht, ist eine der Überlegungen, zu einem Ergebnis zu kommen.
Meine Damen und Herren, ich verspreche mir von einer Erörterung dieses Gegenstandes in der Fragestunde für kein Interesse irgendeinen Nutzen.
({0})
Ich muß das ganz offen sagen. Ich bin mir im Zweifel, ob ich noch eine Zusatzfrage zulassen soll, selbst wenn sie der Verteidigung von Hamburger Museumsinteressen dienen sollte. Herr Berkhan!
Herr Staatssekretär, können Sie dem Hause mitteilen, wann, von wem und zu welchem Preis die Freie und Hansestadt Hamburg diese Fresken erworben hat?
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Erworben worden sind sie im Jahre 1906. Von wem und zu welchem Preis sie erworben worden sind, kann ich Ihnen jetzt und hier nicht sagen. So tief bin ich in die Einzelheiten der hamburgischen Museumsgeschichte noch nicht eingedrungen.
Herr Berkhan!
Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, sich durch den Beauftragten der Freien und Hansestadt Hamburg darüber informieren zu lassen, daß diese Fresken durch die Freie und Hansestadt Hamburg ordnungsgemäß und rechtmäßig erworben worden sind?
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Ich habe in keinem Teil meiner Antworten diese Tatsache in Frage gestellt. Ich muß im Gegenteil sagen, Herr Kollege, der Hinweis darauf, daß die Bundesregierung nicht Eigentümerin geworden ist, bedeutet eben umgekehrt: rechtmäßiger Eigentümer ist auch nach Auffassung der Bundesregierung die Freie und Hansestadt Hamburg.
Mir scheint, jetzt ist genug „Heu hunten", wie. man bei uns im Schwäbischen sagt.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft. Die Frage 58 stellt der Abgeordnete Kühn ({0}) :
Sieht die Bundesregierung in der Formulierung der Nummer 5 des Runderlasses des Niedersächsischen Ministers der Finanzen vom 9. September 1968 ({1}), der sich wortgleich auch in einem Erlaß des Landes Nordrhein-Westfalen in gleicher Sadie findet, keine Gefährdung der bevorzugten Berücksichtigung von Unternehmen aus dem Zonenrandgebiet?
Die Frage wird von dem Abgeordneten Dr. Huys übernommen. Zur Beantwortung hat der Herr Staatssekretär Dr. Arndt das Wort.
Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Nein, es handelt sich lediglich um eine haushaltsrechtliche Regelvorschrift. Die Haushaltsansätze lassen im allgemeinen Spielraum für die Bewilligung etwas erhöhter Preisforderungen durch Anbieter aus dem Zonenrandgebiet. Übrigens sind die neuen Richtlinien bisher für Landesaufträge nur in den Zonenrandländern eingeführt worden.
Herr Huys!
Was sagen Sie, Herr Staatssekretär, zu der Ablehnung einer Bewerbung auf Zuschlagserteilung an eine Firma aus dem Zonenrandgebiet unter Berufung auf beschränkende Verfügungen, obgleich die Endsumme wesentlich unter der durch die Zonenrandverordnung des Bundes wirtschaftsministeriums gesetzten Grenze lag?
Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Herr Kollege Huys, um das sagen zu können, müßte ich wissen, ob es sich um einen Auftrag aus Bundesmitteln oder Landesmitteln handelt und welches Land so entschieden hat. Ich bin gern bereit, diesen Fall zu prüfen.
Herr Staatssekretär, der Herr Kollege Kühn wird Ihnen die Unterlagen zusenden.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Dann kommen wir zu den nächsten Fragen, den Fragen 59, 60 und 61, die der Abgeordnete Gottesleben stellt:
Weiß die Bundesregierung, daß durch die beschlossenen währungspolitischen Maßnahmen, die im Zusammenhang mit den Ereignissen der letzten Tage stehen, die saarländische Wirtschaft viel härter als alle anderen Regionen des Bundesgebietes getroffen wird?
Wie will die Bundesregierung die starken Auswirkungen der beschlossenen Maßnahmen im Export und auf dem Inlandsmarkt beim saarländischen Bergbau, bei der Stahlindustrie und Stahlverarbeitung an der Saar sowie bei der auf Export eingestellten Keramikindustrie beheben?
Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um die starken Wettbewerbsnachteile der saarländischen Wirtschaft zu beseitigen?
Ich weiß nicht, ob sich diese Fragen nicht von selber zur gemeinsamen Beantwortung anbieten.
Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Ich würde sie gern zusammen beantworten, Herr Präsident.
Bitte, Herr Staatssekretär!
Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Ja, die saarländische Wirtschaft wird härter getroffen. Importvergünstigungen wie Exportsteuer verändern kurzfristig die Ausgangslage für die Preispolitik der deutschen Produzenten, und zwar gegenüber den ausländischen Anbietern um 4 % auf den Märkten des Auslandes wie des Inlandes. Im Gesamtdurchschnitt der deutschen Wirtschaft war diese Ausgangslage - ihrer Wettbewerbsfähigkeit - außerordentlich stark; in einigen Branchen war sie dies nicht. Eine regionale Häufung derartiger Grenzbereiche - oder von Grenzunternehmen - führt dann zu einer Verschärfung vorhandener wirtschaftlicher Schwächen in einem Gebiet.
Im Saarland ist diese Häufung durch die Montanindustrie gegeben. Binnenwirtschaftliche Übergangshilfen werden zur Zeit erarbeitet. Die Bundesregierung weiß, daß diese Arbeiten rasch zu Ende geführt werden müssen. Außerdem läuft das Strukturförderungsprogramm für das Saarland weiter. Die Bundesregierung hat in ihren Konjunktur- und Strukturprogrammen dem Saarland eine hohe Priorität eingeräumt. Weitere bedeutsame Entscheidungen will das Bundeskabinett in Kürze treffen.
Herr Gottesleben!
Herr Staatssekretär, darf ich den erwähnten Härtefällen hinzufügen, daß die saarländische Baustoffindustrie durch diese Maßnahmen in ihrer Existenz tatsächlich gefährdet ist, und zwar dadurch, daß zunächst einmal die französische Baustoffindustrie. einen starken Kostenvorsprung hat - man spricht von 4 bis 10 % -, daß sie zum zweiten geringere Lohnkosten hat und daß sie weiter die Möglichkeit des billigeren Einkaufs ihrer Rohstoffe hat. Dazu kommen die zwei Bevorzugungen, die einmal diese Maßnahmen der Bundesregierung - 4 % in der Einfuhr - bringen, zum zweiten ebenfalls dieser Baustoffindustrie aber auch die französischen Exportvergünstigungen zugute kommen.
Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Andererseits, Herr Kollege Gottesleben, soll die französische Industrie in diesem Jahr eine nennenswerte Steigerung ihrer Lohnkosten erfahren haben. Dies fällt natürlich ebenfalls ins Gewicht, wenn man die Veränderung der Konkurrenzlage in einem Einzelfall prüft, wozu wir selbstverständlich gern bereit sind.
Herr Gottesleben!
Herr Staatssekretär, darf ich weiter darauf hinweisen, daß im saarländischen Raum mit einem Rückgang der Produktion und als Folge davon natürlich auch mit Entlassungen zu rechnen ist. Sie wissen, daß die Arbeitslosenquote des Saarlandes weit über dem Bundesdurchschnitt liegt.
Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Herr Kollege, das ist sicherlich nicht das Ziel der Bundesregierung. Im Gegenteil, wir wollen durch die Strukturförderungsprogramme die Wirtschaft des Saarlandes widerstandsfähiger, im Produktionsspektrum und im Fächer ihrer Unternehmen breiter machen, damit die von Ihnen so beklagte Anfälligkeit eben nicht mehr besteht.
Herr Gottesleben!
Gottesleben ({0}) Herr Staatssekretär, sind Sie bzw. Ihre Juristen nicht der Meinung, daß diese Entscheidung dem deutsch-französischen Saarvertrag widerspricht? Ich meine die Beeinträchtigung des Exports.
Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Nein, die Meinung besteht nicht.
Herr Gottesleben!
Noch eine Frage: Herr Staatssekretär, darf ich Sie daran erinnern, daß
Herr Minister Schiller vor einigen Wochen an der Saar war und dort angekündigt hat, besondere Hilfen für die saarländische Wirtschaft zu geben, .und daß die Saarländer daraus wieder starke Hoffnung geschöpft haben? Und darf ich Sie bitten, dafür zu sorgen, daß Ihr Ministerium und der Herr Minister alles tun, um die saarländische Wirtschaft zu fördern.
Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Ich hatte in der ersten Antwort gesagt, Herr Kollege Gottesleben, daß weitere bedeutsame Entscheidungen vom Bundeskabinett zu treffen sein werden, oder vielmehr, daß das Bundeskabinett diese Entscheid ung noch in diesem Jahr treffen will. Das war ein Kabinettsbeschluß und bezieht sich auf diese Strukturförderungsprogramme.
Herr Abgeordneter Brück.
Herr Staatssekretär, können Sie noch einmal ausdrücklich bestätigen, daß sich die Bundesregierung bewußt ist, daß die steuerlichen Maßnahmen vor allem bei Kohle und Stahl Schwierigkeiten bringen und daß die Bundesregierung entsprechende Hilfen vorbereitet?
Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Gern. Ich kann das erklären.
Herr Klein, bitte!
Ihnen, Herr Staatssekretär, und allgemein ist bekannt, daß die Ausfuhrquote der Saarwirtschaft doppelt so hoch ist wie die der übrigen Länder der Bundesrepublik, daß die Stahlindustrie z. B. an die 40 % ihrer Produktion und der Kohlebergbau etwa 30 % ausführen müssen. Ja, die Weiterverarbeitung von Eisen und Stahl hat sogar eine Ausfuhrquote von 47 %. Wenn nun diese Auswirkung -
Einen Moment! Sie müssen fragen. Sie dürfen hier keine Ausführungen machen.
Herr Präsident, ich habe gefragt, ob das dem Staatssekretär bekannt ist.
Es war schwer zu erkennen, ob das noch eine Frage war.
Gut. Ist es auf Grund dieses Tatbestandes der existentiellen Wirkung, die die Ausfuhr für die Saarwirtschaft hat, nicht Ihre Meinung, daß schnellstens und in entscheidendem Maße etwas getan werden muß, um diese unguten Auswirkungen der währungspolitischen Maßnahmen zu verhindern bzw. den alten Zustand so weit wie möglich wiederherzustellen?
Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Herr Kollege Klein, das war eine ganze Reihe von Fragen, von denen einige eigentlich mehr in den Fragenkomplex des Kollegen Hofmann gehören.
Ich würde es vorziehen, Herr Kollege Klein, wenn Sie so lange am Mikrophon blieben, bis Ihre Frage beantwortet ist. Der Fragesteller und der Beantwortende gehören ja beide zusammen.
Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Ein Teil Ihrer Fragen reicht in den Fragenkomplex des Kollegen Dr. Hof-man hinein. Ich möchte mir erlauben, diesen Teil bis dahin zurückzustellen.
Selbstverständlich sind die Probleme der Saarwirtschaft bekannt, und es gibt nur den Ausweg, in einem mehrjährigen Strukturprogramm den Produktionsfächer der saarländischen Wirtschaft zu erweitern. Das ist nicht einfach. Es fällt den dort Betroffenen auch gar nicht leicht. Eine andere Möglichkeit gibt es aber nicht.
Dann kommen wir zur Frage 62 des Abgeordneten Dr. Hofmann ({0}) .
({1})
- Wollen Sie noch zu der anderen Frage eine Zusatzfrage stellen, Herr Draeger? Sie waren etwas spät dran.
Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung bekannt, daß in den elf vergangenen Monaten des Jahres 1968 der Gesamtexport der Saar nur um 2,5 % zugenommen hat, damit praktisch stagniert, während der Import um 18 % zugenommen hat?
Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Das ist der Bundesregierung bekannt. Daran sind aber per se noch keine weiteren Folgerungen zu knüpfen als die Bestätigung, daß die Exportentwicklung zu niedrig und das Importwachstum relativ hoch sind.
Bitte, Herr Kollege!
Darf ich dann fragen, Herr Staatssekretär, ob Sie mit mir der Meinung sind, daß bezüglich dieser Situation nun eben nicht der geringste Anlaß besteht, die Saar global in die zentralen Maßnahmen einzubeziehen, da sie sich hier sehr vernünftig verhalten hat.
Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Sie würden meinen, daß die Bundesregierung darauf achten sollte, eine Struktur, die also vielleicht nicht volle Wettbewerbsfähigkeit sichert, zu perpetuieren. Die BundesParlamentarischer Staatssekretär Dr. Arndt
regierung ist nicht der Meinung; sie ist dafür, und sie ist diesem Hohen Hause gegenüber gehalten, für Strukturwandlungen in Richtung auf regionale Wettbewerbsfähigkeit zu sorgen.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hofmann.
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht der Meinung, daß auf die Dauer dem Saarlande entscheidend dadurch geholfen werden kann, daß wir endlich mit dem Bau des Saar-Pfalz-Kanals beginnen?
Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Das ist eine der Entscheidungen, über die sich das Bundeskabinett in Kürze klarwerden will, Herr Kollege Dr. Hofmann.
Und Ihre Meinung dazu ist im Moment nicht zu erfahren?
Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Ein sehr wichtiger Beitrag zur Entwicklung des Saargebiets.
({0})
Ich glaube, es ist etwas viel vom Herrn Staatssekretär verlangt, jetzt seine Meinung zu sagen, ehe das Kabinett eine Entscheidung darüber getroffen hat.
({0})
- Wollen Sie noch, immer noch?
Ich wollte nur dem Herrn Staatssekretär die Möglichkeit geben, auch seine persönliche Meinung zu sagen.
Ach so, das war nett von Ihnen.
Dann kommen wir zu Ihrer eigenen Frage 62.
Ist die Bundesregierung in der Lage, den der deutschen Wirtschaft durch das Gesetz über die Maßnahmen zur außenwirtschaftlichen Absicherung entstehenden Schaden der Höhe nach zu beziffern?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Nach unseren Schätzungen wird der für 1969 zu erwartende Ausfuhrüberschuß nominal um etwa 3,5 Milliarden DM und real, also in Preisen des Vorjahres, um etwa 5,5 Milliarden DM niedriger ausfallen. Freilich ist diese Rechnung insofern hypothetisch, als es im Zeitverlauf sowieso eine Reduzierung des Ausfuhrüberschusses gegeben hätte, entweder durch Veränderungen in den Währungsparitäten oder durch Preissteigerungen im Inland, also durch die sogenannte Anpassungsinflation. Deshalb vermag sich die Bundesregierung nicht zu entschließen, das Wort „Schaden" in diesem Zusammenhang zu verwenden.
Herr Dr. Hofmann!
Herr Staatssekretär, indem ich Ihnen zunächst sage, daß das Wort „Schaden" ein sehr klarer juristischer Begriff ist, um Tatbestände genau zu umschreiben, möchte ich doch fragen, ob Sie nicht erkannt haben, daß es mir jetzt nicht darum ging, den Begriff „Schaden" zu erläutern, sondern daß ich von Ihnen wissen will, wie hoch der gesamtvolkswirtschaftliche Nachteil hinsichtlich des Bruttosozialprodukts bezüglich seines Zuwachses sein könnte, und ich frage Sie deshalb: Wie hoch hätten Sie für das nächste Jahr - um eine Periode festzulegen - den Zuwachs des Bruttosozialproduktes geschätzt, wenn wir dieses Gesetz nicht gemacht hätten?
Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Die letzte Schätzung des interministeriellen Ausschusses der Bundesregierung kommt auf eine reale Bruttosozialproduktzuwachsrate von leicht oberhalb 4 %. Ein derartiger Produktionsausfall, wie er hier geschildert wurde, würde diese Zuwachsrate um einen glatten Prozentpunkt vermindern können.
Herr Dr. Hofmann!
Herr Staatssekretär, die zweite Frage: Wie sehen Sie die deutsche volkswirtschaftliche Gesamtrechnung hinsichtlich des Zuwachses bzw. hinsichtlich des „Schadens", wenn wir den Gedankengang der Franzosen
- heute morgen in der Zeitung zu lesen - aufgreifen und eine Korrektur aller Wechselkurse anstreben?
Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Zumindest nicht geringer, Herr Dr. Hofmann.
Die nächsten Fragen stellt der Abgeordnete Kurlbaum. - Gehören Ihre Fragen zusammen, Herr Kollege Kurlbaum?
({0})
- Können sie zusammen beantwortet werden? ({1})
- Die beiden ersten. - Bitte sehr, Herr Staatssekretär!
Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Herr Präsident, auch die Fragen des Kollegen Lange gehören so in den Komplex hinein, daß man beinahe die Fragen 63, 64, 65 des Kollegen Kurlbaum und die Fragen 67 und 68 des Kollegen Lange zunächst einmal zusammenhängend beantworten und dann auf die entsprechenden Zusatzfragen eingehen könnte.
Ich wollte soeben den Vorschlag machen. Ich rufe also auf die Fragen 63, 64 und 65 des Abgeordneten Kurlbaum und die Fragen 67 und 68 des Abgeordneten Lange:
Sieht es die Bundesregierung angesichts der Einkommenslage der Marken-Tankstelleninhaber nicht als Mißbrauch wirtschaftlicher Macht an, wenn diese Tankstelleninhaber von den großen Mineralolunternehmen gezwungen werden, teilweise auf über die Hälfte ihrer bisherigen Provisionen zu verzichten, damit die großen Mineralölgesellschaften an ausgesuchten Plätzen - wie es in den Orten Herford, Minden, Nienburg und Soltau geschehen ist -, wo sie einer besonders starken Konkurrenz von freien Tankstellen ausgesetzt sind, gezielte Preissenkungen vornehmen können?
Sieht die Bundesregierung darin nicht auch einen Mißbrauch wirtschaftlicher Macht, wenn die großen Mineralölgesellschaften die Marken-Tankstelleninhaber zum Abschluß von Verträgen zu zwingen versuchen, nach denen die unternehmerischen Dispositionsmöglichkeiten über Gebühr eingeschränkt werden, indem ihnen z. B. eine Sortimentsbeschränkung auferlegt und die Verfügung über die Höhe der Lagerbestände entzogen wird?
Ist die Bundesregierung bereit, Maßnahmen zu treffen oder vorzuschlagen, die zu einer angemessenen Angleichung der derzeitig extrem kurzen Kündigungsfrist für die Agenturverträge ({0}) an die extrem langen Kündigungsfristen für die grundbuchlich eingetragenen Vertriebsbindungen der Tankstelleneigentümer ({1}) führen und damit die Verhandlungsposition der einzelnen Tankstellenpäditer und -eigentümer gegenüber den einheitlich operierenden großen Mineralölgesellschaften mit ihren abgestimmten Vertragsbedingungen zu verbessern, geeignet sind?
Hält die Bundesregierung eine Verschärfung der einschlägigen Bestimmungen des Kartellgesetzes angesichts der jüngsten Vorgänge auf dem Benzinmarkt für notwendig, uni wirksam gegen das Vorgehen der Mineralölunternehmen gegenüber den Tankstelleninhabern einschreiten zu können?
Ist die Bundesregierung der Meinung, daß die einheitliche Senkung der Preise für Markenbenzin an bestimmten Orten und die gleichzeitige Aufrechterhaltung des bisherigen einheitlichen Preisniveaus in den übrigen Teilen der Bundesrepublik Deutschland durch die großen Mineralölgesellschaften als Mißbrauch wirtschaftlicher Macht gegenüber den Tankstellenkunden anzusehen ist?
Jetzt der Herr Staatssekretär!
Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Herr Kollege, soweit einzelne Tankstellen von sich aus Empfehlungen der Mineralölunternehmen, ihre Preise zu senken, befolgt haben, hat das Bundeskartellamt bisher keinen Anlaß zum Einschreiten gesehen. Das gilt auch für den Fall, daß solche Preissenkungen zu Lasten der Provision der Tankstellenverwalter gehen. Die Mißbrauchsklausel des § 22 des Kartellgesetzes kann in diesen Fällen nicht angewendet werden, weil der Nachweis marktbeherrschender Stellungen im Bereich der Mineralölindustrie bisher nicht gelungen ist.
Das Bundeskartellamt hat versucht, zugunsten der Tankstelleninhaber alle kartellrechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen und auch die unternehmerische Dispositionsfreiheit zu schützen. Ich erinnere an die Untersuchung wegen regionaler Preisdifferenzierungen der Mineralölunternehmen in den Jahren 1966/ 67. Weiterhin hat das Bundeskartellamt 1968 vier Beschlüsse gegen Mineralölunternehmen erlassen, in denen Ausschließlichkeitsbindungen für unwirksam erklärt wurden. Aber eine rechtliche Möglichkeit zum Einschreiten besteht nur bei erzwungenen Preissenkungen, und hier ist die Beweisschwierigkeit groß.
Im übrigen verstoßen gezielte Preissenkungen gegen Wettbewerber unter bestimmten Voraussetzungen gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb. Dies festzustellen obliegt aber den ordentlichen Gerichten.
Außerdem ist, wie Sie wissen, versucht worden, durch eine Kartellgesetznovelle die Mißbrauchsaufsicht über marktbeherrschende Unternehmen wirkungsvoller zu machen. Dies hätte auch die Rechtsposition der Tankstelleninhaber verbessert. Im übrigen trifft es zu, daß die Kündigungsfristen in Verträgen mit Tankstellenpächtern für beide Teile drei Monate zum Quartalsende betragen, während Verträge mit Tankstelleneigentümern für beide Teile eine durchschnittliche Laufzeit von etwa 15 Jahren haben.
Herr Kurlbaum!
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht bereit, anzuerkennen, daß eine sogenannte freiwillige Zustimmung zu einer so radikalen Provisionskürzung unter den Bedingungen einer außerordentlich kurzfristigen Kündigungsmöglichkeit des Agenturvertrages gesehen werden muß?
Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Das kann man so sehen, Herr Kurlbaum. Die Frage ist nur, ob es rechtliche Folgen haben kann, zumal wir es hier mit einem Markt zu tun haben, auf dem die freien Tankstellen ihren Anteil nicht unerheblich im Schatten der großen, wie einige sagen, marktbeherrschenden Unternehmen erhöhen konnten. Daß nun eine Politik eines gewissen Stopps dieser Bewegung von großen Unternehmen verfolgt wird und daß damit auch wiederum Vorteile für den Mengenabsatz der mit ihnen kontrahierenden Tankstellen gegeben sind, ist auch offensichtlich.
Herr Kurlbaum!
Herr Staatssekretär, glauben Sie nicht auch, daß die den Tankstelleninhabern zugemutete Kürzung ihrer Provision wenig Aussicht hat, durch Steigerung der abgesetzten Mengen auch nur annähernd ausgeglichen zu werden?
Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Herr Kollege Kurlbaum, ich hatte versucht, die Antwort durch ein Gegenbeispiel zu formulieren, nämlich daß bei den beträchtlichen Preisabständen zwischen Tankstellen, die Konzernbenzin verkaufen, und freien Tankstellen der Mengenabsatz der konzerngebundenen Tankstellen zurückgeht, woraus natürlich auch wieder dem einzelnen Pächter oder Eigentümer ein Nachteil erwächst. Im übrigen lassen Unterlagen über die Tankstellenprovisionen in einigen europäischen Ländern nicht den Schluß zu, daß die Tankstellenprovision in der Bundesrepublik Deutschland relativ niedrig sei.
Herr Kurlbaum!
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht bereit, anzuerkennen, daß die Frage, ob die großen Mineralölgesellschaften eine marktbeherrschende Stellung haben, im Sinne der einschlägigen
Bestimmungen des Kartellgesetzes unterschiedlich gesehen werden muß, erstens gegenüber dem Verbraucher und zweitens gegenüber dem Tankstelleninhaber, und sind Sie nicht bereit, anzuerkennen, daß mindestens die großen Mineralölgesellschaften als marktbeherrschende Gruppe gegenüber den Tankstelleninhabern auftreten, weil sie in ihren Verträgen einheitliche Provisionssätze, einheitliche Mieten vorsehen und in wesentlichen anderen Punkten ihrer Verträge mit den Tankstelleninhabern als einheitliche Gruppe vorgehen?
Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Selbstverständlich kann man diese Auffassung haben. Die Frage ist nur, ob das Kartellgesetz in seiner gegenwärtigen Form irgendeine Möglichkeit zu Maßnahmen bietet.
Herr Kurlbaum!
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht wenigstens der Meinung, daß das Bundeskartellamt versuchen sollte, in der von mir angedeuteten Richtung eines Vorgehens gegen - Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Herr Kurlbaum, dem Kartellamt werden, so nehme ich an, Beschwerden vorliegen. Das Kartellamt muß zunächst Beweismaterial haben, bevor es entsprechend vorgehen kann.
Einen Augenblick! Ich war mit meiner Frage noch gar nicht zu Ende, Herr Staatssekretär.
Gut, stellen Sie Ihre Frage.
Ich hatte fragen wollen: Glauben Sie nicht, daß das Bundeskartellamt - es kann ja dann die Haltung der Gerichte abwarten - wenigstens den Versuch unternehmen sollte, die großen Mineralölgesellschaften in ihrem jetzigen Vorgehen gegenüber den Tankstelleninhabern als eine marktbeherrschende Gruppe anzusehen?
Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Wir werden das mit dem Bundeskartellamt prüfen.
Herr Lange!
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung unbeschadet der von Ihnen dargestellten Rechtslage nicht der Auffassung, daß hier durch das gleichförmige Verhalten der Mineralölgesellschaften am Markt der Verdacht des Mißbrauchs wirtschaftlicher Macht vorliegt, und wenn ja - gegenwärtig nicht erfaßbar durch die Bestimmungen des Kartellgesetzes -: Ist die Bundesregierung dann nicht der Meinung, daß es einer Novellierung im Sinne der Erweiterung des Begriffs der Marktbeherrschung, des Mißbrauchs wirtschaftlicher Macht bedürfe?
Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Herr Kollege Lange, eine Kartellnovelle war konzipiert, ist aber wegen der bekannten Rationalisierungsprobleme für den Rest der Parlamentsperiode zurückgezogen worden. Der § 22 des Entwurfs sah ja eine Verstärkung der Mißbrauchsaufsicht vor.
Jedoch kann ich mich hier nicht zu der Frage äußern, ob ein ähnliches Vorgehen großer Mineralölgesellschaften allein schon Mißbrauch wirtschaftlicher Macht ist. Das bliebe wohl doch im Einzelfall von den zuständigen nachgeordneten Behörden und von den Gerichten festzustellen. Das kann man sicherlich nicht von der Regierungsbank aus feststellen.
Herr Lange!
Glaubt die Bundesregierung, Herr Staatssekretär, in Ansehung dessen, was sich insonderheit bei den Tankstellenpächtern und -besitzern entwickelt, mit einer entsprechenden Gesetzesnovelle so lange warten zu können, bis über Mißbrauch wirtschaftlicher Macht durch die Mineralölgesellschaften überhaupt nicht mehr geredet zu werden braucht?
({0})
Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Herr Kollege Lange, so dramatisch sieht die Bundesregierung die Situation allerdings nicht. Wir haben Preissenkungen auf einem Markt, von dem nicht zu Unrecht wohl angenommen worden ist, daß die Preise relativ hoch sind.
Einen Moment, Herr Staatssekretär. Ich habe soeben gehört, daß von der Tribüne Beifallskundgebungen erfolgt sind. Das ist unzulässig. Ich mache darauf aufmerksam, daß bei Wiederholung Maßnahmen ergriffen werden müssen.
Bitte, Herr Staatssekretär!
Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Außerdem war die Expansion der freien Tankstellen nur deshalb möglich, weil relativ hohe Spannen und relativ hohe Endpreise in den konzerngebundenen Tankstellen existieren.
Herr Lange!
Sind Sie im Ernst der Meinung, daß die Spannen beim Einzelhändler - das sind jetzt die Tankstellenbesitzer und -pächter - exorbitant hoch gewesen sind, oder sind Sie nicht vielmehr der Meinung, daß hier eine besondere Marktstrategie und Markttaktik der Mineralölgesellschaften diesen selbst zugute gekommen ist?
Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Den Mineralölgesell10934
Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Arndt
schaften ist sie nicht zugute gekommen. Sie haben ja Anteil am Markt verloren. Was die Tankstellenprovisionen anlangt, so habe ich angedeutet, daß sie in der Bundesrepublik Deutschland nicht die niedrigsten seien. Man könnte sogar sagen: sie liegen mit deutlichem Abstand über denen übriger europäischer Länder.
Herr Lange!
Herr Staatssekretär, ergibt sich nicht, auch wenn ich das zur Kenntnis nehme, unbeschadet des Marktanteils der Mineralölgesellschaften eine Stärkung ihrer Position am Markte gegenüber ihren Vertragskontrahenten innerhalb der Entwicklung der letzten fünf oder zehn Jahre?
Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Das kann so nicht gesagt werden. Es ist ausgeschlossen, einfach auf Grund einiger Indizien ein summarisches Urteil dieser Art zu fällen. Der Mineralölmarkt ist derart komplex, daß Sie dieses Urteil nicht fällen können.
Jetzt zur Abwechslung mal jemand anders. Herr Huys!
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß es sich beim Tankstellengewerbe um einen Gewerbezweig mit 46 000 Betrieben und etwa 250 000 Arbeitnehmern handelt, der sich auf Grund unzulänglicher Gesetze den Ölgesellschaften gegenüber benachteiligt fühlt?
Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Ja, Herr Kollege Huys. Es ist der Bundregierung aber auch bekannt, daß es etwa 20 Millionen Kunden von Tankstellen gibt, deren Einkaufspreis sich in den letzten Tagen nicht nur bei den freien, sondern auch bei anderen Tankstellen ermäßigt hat.
Herr Apel!
Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, mir zuzustimmen, wenn ich sage, daß die Tatsache, daß die gebundenen Tankstellen in Schwierigkeiten kommen, nicht zuletzt darauf zurückzuführen ist, daß die großen Mineralölkonzerne ihr eigenes Benzinaufkommen zu unterschiedlichen Preisen an die freien Tankstellen und an die gebundenen Tankstellen verkaufen, und daß die Verantwortung für den Rückgang des Marktanteils bei den Mineralölkonzernen selbst liegt, weil sie ihre eigenen Vertragstankstellen schlechter behandeln als die freien Tankstellen?
Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminsiter für Wirtschaft: Ob derartige Praktiken zulässig sind, hängt von der Gestaltung des Vertrages ab, den die Tankstellenpächter oder Tankstelleneigentümer mit den Konzernen haben.
Herr Apel!
Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, in Ihre Überlegungen hinsichtlich der Höhe der Spanne der gebundenen Tankstellen einzubeziehen, daß die gebundene Tankstelle in den letzten Jahren von den Mineralölkonzernen immer wieder wie eine Zitrone ausgepreßt worden ist, nicht zuletzt vor einigen Jahren hinsichtlich der Rabattgewährung?
({0})
Ich muß dringend darum bitten, daß von den Tribünen kein Beifall mehr erfolgt. Das ist unmöglich. Ich muß Sie sonst aus dem Saal weisen.
Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Dann frage ich mich, welchen Vergleich Sie den Tankstelleneigentümern und den Tankstellenpächtern in anderen europäischen Ländern anbieten, die zum Teil mit der Hälfte der Provision pro Pfennig je Liter auskommen müssen.
Herr Schmidt ({0}) !
Herr Staatssekretär, Sie erwähnten, daß in der Bundesrepublik die den Tankstellen gewährten Provisionen mit zu den höchsten in Europa zählen. Ist Ihnen bekannt, daß in der Bundesrepublik die Provisionen seitens der großen Gesellschaften gegenüber den Tankstellenbetreibern zuletzt am 1. September 1955 erhöht worden sind und seitdem keinerlei der Entwicklung angepaßte Erhöhung mehr gewährt worden ist? Unter diesen Umständen kann man doch nicht von europäischen Vergleichen sprechen.
Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Herr Kollege Schmidt, ich entnehme Ihrer Frage, daß die deutschen Tankstellenprovisionen in Europa schon seit 1955 an der Spitze liegen.
Herr Kurlbaum!
Herr Staatssekretär, ist Ihnen entgangen, daß Sie meine dritte Frage noch nicht beantwortet haben? Ich habe nämlich insbesondere auch nach gesetzgeberischen Vorschlägen gefragt.
Ich nehme an, das ist dem Herrn Staatssekretär nicht entgangen, Herr Kurlbaum. Aber wir waren so in die anderen Fragen verwickelt, daß er bisher noch reicht dazu gekommen ist, diese Frage zu beantworten.
Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Die Bundesregierung wird das prüfen. Die Frage der Provisionen und des Sortiments gehört zu der unternehmerischen Dispasiitionsfreiheit; so hatte ich es in der
Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Arndt
ersten Antwort gesagt, Selbstverständlich ist auch das Bundeskartellamt bemüht, die unternehmeriche Freiheit in diesem Fall zu schützen. Das war doch der Kern Ihrer dritten Frage.
Herr Kurlbaum!
Auf die Frage bezüglich der Diskrepanz in den Kündigungsterminen sind Sie nicht eingegangen.
Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Das ist eine Frage des allgemeinen Vertragsrechts. Wir werden das prüfen. Das ist keine Frage des Kartellrechts.
Ist damit Ihre Frage beantwortet, Herr Kurlbaum?
Sind Sie bereit, wenigstens noch kurz auf die Frage einzugehen und Ihre Meinung dazu zu äußern, welche Vorstellungen die Bundesregierung bezüglich des Knebelungscharakters dieser Verträge hat, und daß es hier nicht nur darauf ankommt, das Kartellgesetz zu ändern, sondern auch andere gesetzgeberische Maßnahmen zu treffen?
Das war ein veritabler Diskussionsbeitrag; aber das ist nicht Sache der Fragestunde.
Jetzt Herr Schmidt ({0}) !
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung bereit, von ihrem Weisungsrecht gegenüber dem Bundeskartellamt Gebrauch zu machen und dieses zu veranlassen, die bestehenden Vorschriften des Kartellgesetzes noch mehr als bisher voll auszuschöpfen, um gegen den Mißbrauch wirtschaftlicher Macht der großen Mineralölgesellschaften vorzugehen?
Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Es hat im vorigen Jahr und in diesem Jahr eine Untersuchung durch das Kartellamt gegeben. Es hat Hearings gegeben. Das ist in der breiten Offentlichkeit bekanntgeworden. Das Resultat kennen Sie auch, Herr Kollege Schmidt.
Ich lasse jetzt keine weitere Zusatzfrage mehr zu. Sonst wird den anderen Fragestellern jeder Raum weggenommen.
({0})
Wir kommen zur Frage 66 des Abgeordneten Brück ({1}) :
Sieht die Bundesregierung in einem Verkauf der „Saarbrücker Zeitung" an einen anderen Verlag durch die saarländische Regierung eine weitere Konzentration im Pressewesen?
Herr Staatssekretär, bitte!
Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Das hängt davon ab,
Herr Kollege, welcher Verlag die Zeitung erwirbt. Wird die „Saarbrücker Zeitung" von einem Presseverlag gekauft, der bereits Presseorgane verlegt, so würde eine Auflagenkonzentration entstehen. Wie ihre Folge für die Struktur des Pressewesens zu beurteilen wäre, würde sich nach Erwerbszweck, bisherigem Tätigkeitsfeld, nach der Größe des erwerbenden Presseverlages und anderen Faktoren zu richten haben.
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung der Auffassung, daß es gut wäre, wenn die „Saarbrücker Zeitung" in Form einer Stiftung fortgeführt würde?
Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Ich glaube, das ist eine von den Lösungen, die in der Diskussion sind. Die Bundesregierung selbst hat sich dazu keine Meinung gebildet.
Keine weitere Frage mehr.
Dann kommen wir zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung. Zur Beantwortung ist Herr Staatssekretär Adorno anwesend. Frage 69 stellt der Abgeordnete Fellermaier:
Billigt die Bundesregierung die Auffassungen, die in einem Vortrag von Fregattenkapitän Fried am 18. Oktober 1968 in Ulm vor der Gesellschaft zur Förderung öffentlicher Verantwortung mit dem Thema „Neue Formen in der Wehrpolitik auf Grund der jüngsten Ereignisse" zum Ausdruck gekommen sind und über die in der Presse mit folgenden Schlagzeilen berichtet wurde: „Im Bundesverteidigungsministerium lebt Ludendorffs Theorie vom totalen Krieg; Plädoyer für die Macht; Bundeswehroffizier: Trotz vergaster Juden stolz auf unsere Geschichte."?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Adorno, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Wenn der Herr Kollege Fellermaier einverstanden ist, würde ich alle drei Fragen gerne zusammen beantworten.
Er scheint nicht ganz einverstanden zu sein.
Herr Präsident, ich bin einverstanden, daß die ersten beiden Fragen zusammen beantwortet werden. Ich bitte aber um getrennte Beantwortung der dritten Frage, weil kein unmittelbarer Sachzusammenhang besteht.
Dann rufe ich noch die Frage 70 des Abgeordneten Fellermaier auf:
Ist die Bundesregierung bereit, die Untersuchung über die Vortragstätigkeit von Fregattenkapitän Fried nunmehr, da bereits ein Monat vergangen ist, energischer voranzutreiben und gegebenenfalls Konsequenzen zu ziehen?
Adorno, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege, über den Vortrag des Fregattenkapitäns Fried vom 18. Oktober 1968 wurden in der Presse Thesen verbreitet, die so nicht vorgetragen wurden. Die angeführten Schlagzeilen sind aus einem die Thematik anders darstellenden Zusammenhang gerissen.
Parlamentarischer Staatssekretär Adorno
Das ist durch mehrere Zeugen, die nicht der Bundeswehr angehören, erhärtet.
Ich bitte auch die Herren Fraktionsgeschäftsführer, sich nicht im Saale zu unterhalten. Das stört.
({0})
Herr Staatssekretär, fahren Sie bitte fort!
Adorno, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Die Untersuchungen über das tatsächlich in dem genannten Vortrag Gesagte sind unverzüglich eingeleitet worden. Sie führten zu dem Ergebnis, daß mehrere bei dem Vortrag des Fregattenkapitäns Fried anwesende Zuhörer schriftlich erklärten, daß die Zeitungsberichte nicht zutreffend waren. Da sich der Offizier somit nicht schuldhaft verhalten hat, sieht die Bundesregierung keine Veranlassung, Konsequenzen zu ziehen.
Herr Fellermaier!
Herr Staatssekretär, wenn in einem Garnisonsort mit dem Sitz eines zweiten Korps in der Presse solche Schlagzeilen wie „Im Bundesverteidigungsministerium lebt Ludendorffs Theorie vom totalen Kieg" erscheinen, - wieso braucht das Bundesministerium der Verteidigung unter dem parlamentarischen Druck dieses Hauses so lange Zeit, vom 18. Oktober bis zum 6. Dezember, um zu erklären, daß das nicht so gewesen sei? Wie lange wollen Sie die Bundeswehr in einem solchen Garnisonsort noch im Zwielicht lassen?
Adorno, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege Fellermaier, ich glaube, Ihnen ist der Zeitplan genausogut bekannt wie der Bundesregierung. In der vergangenen Woche ist das Verteidigungsministerium zu dieser Frage nicht mehr gehört worden, und die Woche zuvor war eine sitzungsfreie Woche. Wir haben die Sache mit der angemessenen Beschleunigung bearbeitet, und die Antwort habe ich Ihnen eben erteilen können.
Herr Fellermaier!
Herr Staatssekretär, Sie unterstellen also, daß zwei Zeitungen falsch berichtet haben. Würden Sie - Adorno, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Ich habe meiner Antwort, die ich Ihnen gegeben habe, nichts hinzuzufügen. Ich habe sie auch nicht nachträglich zu interpretieren.
({0})
Wer spricht jetzt im Augenblick?
. ({0})
Wer spricht im Augenblick?
Herr Präsident, ich war nicht fertig.
Also gut, beenden Sie Ihre Frage!
Ich wiederhole, Herr Staatssekretär: Sie unterstellen also, daß zwei Tageszeitungen die Äußerungen des Fregattenkapitäns entweder ganz oder teilweise falsch wiedergegeben haben. Wie erklären Sie sich dann die Tatsache, daß der Vorsitzende jener Gesellschaft in Ulm, bei der die Veranstaltung stattfand, unter dem 18. Oktober 1968 an die Chefredaktion einer dort erscheinenden Tageszeitung schrieb - und er bezog sich auf eine Veranstaltung, die genau einen Monat vorher im gleichen Rahmen stattgefunden hatte -: „Die Wiedergabe des wesentlichen Teils dieses Vortrags, der eine sehr schwierige Materie behandelte, ist Ihrem Herrn Berichterstatter so ausgezeichnet gelungen, daß ich Sie bitten möchte, ihm meine größte Hochachtung für seine Leistungen zu übermitteln. Mit freundlichen Empfehlungen Ihr ergebener ..."? Genau dieser Berichterstatter hat auch über Fried berichtet. Sollte man da davon ausgehen, daß er einmal Hochachtung verdient und zum anderen nicht einmal in der Lage ist, das wiederzugeben, was ein Offizier dort gesagt hat? Wie bewerten Sie diese Tatsache?
Adorno, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege, Sie haben selbst darauf hingewiesen, daß es sich hier um eine andere Veranstaltung gehandelt hat.
Herr Fellermaier!
Herr Staatssekretär, wie bewerten Sie die Tatsache, daß der Fregattenkapitän Fried - nach den Zeitungen - in Ulm über Soziologen, welche die Möglichkeit haben, sich in Hessen als Lehrer für Gemeinschaftskunde und Staatsbürgerkunde ausbilden zu lassen, wörtlich erklärt hat: ... „und jene Brut wird noch auf uns zukommen" ? Wie bewerten Sie die Tatsache, daß jener Fregattenkapitän Fried bei einer anderen Veranstaltung im ÖTV-Schulungsheim Niedersfelde vor Jugendausbildern und Offizieren folgendes gesagt hat: „Junge Politologen sind halbgebildet, weil ihnen das Wehrwissen fehlt; dafür gammeln und stinken sie"? Findet man hier nicht zwei Dinge in zwei verschiedenen Vorträgen, die sich irgendwie decken?
Adorno, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege, wir haben uns mit der Frage befaßt, die Sie gestellt
Parlamentarischer Staatssekretär Adorno
haben. Was Sie eben vorgetragen haben, ist nicht im selben Zusammenhang zu sehen.
({0})
Sie haben keine Frage mehr; Sie hatten vier. - Jetzt Herr Rommerskirchen.
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht mit mir der Auffassung, daß der Herr Kollege Fellermaier nach dem Grundsatz, man solle zunächst einen Beschuldigten selber hören, bevor man ihn verurteilt, auch Herrn Fregattenkapitän Fried eine Gelegenheit hätte geben müssen, sich zu dem ganzen Vorgang zu erklären, bevor er öffentlich einen Maulkorb für ihn bzw. sogar seine Abberufung forderte? Oder soll das eigentlich so sein, daß die Staatsbürger in Uniform von der Praktizierung solcher Grundsätze mitmenschlichen Verhaltens ausgeschlossen sind?
({0})
Adorno, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege, ich teile die in Ihrer Frage enthaltene Auffassung.
Herr Dorn!
Herr Staatssekretär, wäre die Bundesregierung bereit, dieses Verfahren, das der Kollege Rommerskirchen für diesen Tatbestand gefordert hat, dann auch gelten zu lassen, wenn Fernsehkommentatoren sich in einer Weise äußern, die nicht mit den Vorstellungen der größten Fraktion dieses Hauses übereinstimmt?
Adorno, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Die Bundesregierung ist in jedem Fall bereut, so zu verfahren.
Herr Haase ({0}) !
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß Fregattenkapitän Fried am 13. 11. 1968 auf einer Tagung von Jugendoffizieren und Jugendpflegern in Sankelmark bei Flensburg nach einer Klage über die Sozialdemokraten in Hessen-Süd und über die Gewerkschaften im Frankfurter Raum sich insbesondere beschwerte über - ich zitiere - „den Sozialdemokraten Schütte, der durch seine Weigerung, Soldaten in die Schulen Hessens zu lassen, der Bundeswehr viele Schwierigkeiten bereitet"?
Adorno, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Ich bin gerne bereit, das prüfen zu lassen.
({0})
Herr Haase!
Wie beurteilt die Bundesregierung einen Bundeswehroffizier, der auf einen scharfen Protest gegen seine Ausführungen, wie in Sankelmark geschehen, antwortet - ich zitiere wieder wörtlich -: „Zugegeben, ich habe mit offenem Visier gekämpft. Hätte ich jedoch Ihre Reaktion erwartet, wäre ich vorsichtiger gewesen."?
Adorno, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege Haase, wenn es sich auch bei dieser Frage um Herrn Fregattenkapitän Fried handeln sollte, darf ich darauf aufmerksam machen, daß er seit 1960 in zahlreichen Vorträgen im Rahmen der Wehraufklärung zu diesen Themen gesprochen hat und Beanstandungen bis zu diesem Zeitpunkt nicht bekanntgeworden sind.
Herr Berkhan!
Herr Staatssekretär, stimmt denn die Äußerung, die ich der Presse entnehme, wonach der Herr Fregattenkapitän Fried gesagt haben soll, daß hinter jeder Radaugruppe ein evangelischer Pastor stehe?
Adorno, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Wie schon in der Antwort zu Frage 69 ausgeführt, so ist auch dieses Schlagwort aus einem die Thematik völlig anders darstellenden Zusammenhang gerissen. Bereits in einer Gegendarstellung an die Südwest-Presse, die aber erst 14 Tage später als Leserbrief abgedruckt wurde, hat Fregattenkapitän Fried über die Ausbildung heutiger Soldaten in all ihrer Problematik gesagt - ich zitiere -:
Das entscheidend Neue am heutigen Soldaten unseres Volkes ist doch jenes: Neben einer eindeutigen Ausbildung zum Kämpfer wird er doch in gleich starker Weise durch das dynamische Prinzip der Inneren Führung nach Elternhaus und Schule in seiner staatsbürgerlichen Bewußtseinsschärfung weitergeführt. Das ist von allen Seiten anerkannt. Darüber hinaus bemüht sich die Militärseelsorge unabhängig von jeder staatlichen Dienstaufsicht um eine fortlaufende Gewissenschärfung. So ergeben die Ausbildung zum Kämpfer und zum verantwortungsbewußten Soldaten und demokratischen Staatsbürger doch erst jenes Element auch der Zuverlässigkeit für unsere auf abendländischen Werten gegründete Demokratie.
Hierauf wurde die Frage der Angriffe auf die Bundeswehr behandelt, die nachweislich auch von Theologen ethisch untermauert wird und in zahlreichen Protestunterschriften von evangelischen Pfarrern anläßlich der dritten Lesung der Vorsorgegesetze im Mai in Bonn ihren Höhepunkt fand.
Im übrigen trifft es nicht zu - ich darf das hier erwähnen, weil das auch eine Rolle bisher gespielt hat -, daß ein hoher Vertreter der evangelischen Kirche sich in dieser Angelegenheit beschwerdefüh10938
Parlamentarischer Staatssekretär Adorno
rend an das Verteidigungsministerium gewandt hätte.
Herr Berkhan!
Herr Staatssekretär, glauben Sie, daß es die Aufgabe eines Stabsoffiziers ist, bei Vorträgen, die er im Auftrage der Bundeswehr hält, Kritik an der politischen Meinungsbildung in unserer Offentlichkeit vorzunehmen?
Adorno, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Ich konnte aus den Darlegungen des Fregattenkapitän Fried keine Kritik entnehmen.
Herr Brück ({0})!
Herr Staatssekretär, nachdem Sie gesagt haben, die Aussagen von Teilnehmern an der Veranstaltung hätten die Presseberichterstattung widerlegt, darf ich Sie fragen: was halten Sie eigentlich für glaubwürdiger, die Berichterstattung in unabhängigen demokratischen Zeitungen
({0})
oder die Aussagen von Mitgliedern eines Vereins, den sein Vorsitzender so charakterisiert hat, es sei der Zusammenschluß von Leuten, die 1945 ihre politische Heimat verloren haben?
Adorno, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege, wir hatten die Aufgabe, zu untersuchen, ob die in der Presse wiedergegebenen Äußerungen des Fregattenkapitän Fried auch in der Tat so gefallen sind, wie sie wiedergegeben worden sind. Bei den Untersuchungen sind wir zu dem Ergebnis gekommen, daß das nicht der Fall war.
({1})
Meine Herren, ich muß also hier wieder eingreifen. Wir zerstören jede Möglichkeit für andere Fragesteller auf diese Weise.
({0})
Herr Brück!
Herr Staatssekretär, haben Sie bei Ihren Untersuchungen auch die Berichterstatter der Zeitungen befragt?
Adorno, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Wir haben die Untersuchungen mit der erforderlichen Gründlichkeit geführt.
({0})
Herr Kollege Fellermaier, Sie können Ihre Reden zügeln, Sie haben noch eine Frage und kommen jetzt daran.
Bitte, Herr Staatssekretär, wollen Sie die Frage 71 beantworten:
Nach welchen Kriterien werden vom Bundesverteidigungsministerium die Vortragenden auf dem Gebiet Wehraufklärung ausgewählt und eingesetzt?
Adorno, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Der Bundesminister der Verteidigung ist sich bewußt, daß Vortragende auf dem Gebiet der Wehraufklärung besonders sorgfältig ausgewählt werden müssen. Breite Sachkenntnis, rednerisches Darstellungsvermögen, Fähigkeit zur Dikussion sowie vor allem innere Überzeugungskraft und Passion für den Auftrag sind die wesentlichen Kriterien. Eine mehr als dreizehnjährige Praxis zeigt, daß die in der Wehraufklärung bei Vorträgen eingesetzten Angehörigen der Bundeswehr - von wenigen Ausnahmefällen abgesehen - bisher ihre Aufgabe erfolgreich und ohne erwähnenswerte Beanstandungen gelöst haben. Ihre Tätigkeit verdient daher Anerkennung.
Herr Fellermaier!
Herr Staatssekretär, darf ich Sie fragen, wie Sie folgende Notiz bewerten, die hier im Hause von einem Oberst der zuständigen Unterabteilung in einem Gespräch mit dem wehrpolitischen Assistenten meiner Fraktion und mir am 14. November 1968 wie folgt in die Schreibmaschine diktiert worden ist:
({0}) wurde Übereinstimmung
- zwischen dem Abgeordneten Fellermaier und dem Vertreter des Verteidigungsministeriums erzielt, daß ein Vortrag eines Bundeswehroffiziers in der Öffentlichkeitsarbeit der Bundeswehr so unmißverständlich sein müsse, daß die Wehraufklärung in der Offentlichkeit zweifelsfrei erfolgen kann. Die bisherigen Ergebnisse der vom BMVtdg eingeleiteten Überprüfung des Vortrags Fried
- in Ulm lassen jedoch klar erkennen, daß der Vortrag
nicht zweifelsfreie Ausführungen enthielt.
({1})
Adorno, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Mir ist diese Notiz nicht bekannt. Ich lasse sie überprüfen.
Herr Fellermaier!
Herr Staatssekretär, Sie haben vorher auf die Frage des Kollegen Brück sehr ausweichend geantwortet. Ich darf sie deshalb nochmals wiederholen. Haben Sie bei Ihrer amtlichen Untersuchung auch bei den Chefredaktionen, die nach dem baden-württembergischen Pressegesetz für den Inhalt dessen, was dort erschienen ist, verantwortlich sind, Verbindung aufgenommen und das ebenfalls in die amtliche Untersuchung mit einbezogen, um beide Seiten zu hören?
Adorno, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Ich wiederhole meine Antwort von vorhin: die Untersuchungen sind mit dem erforderlichen Maß an Sorgfalt geführt worden.
({0})
Herr Dorn!
Herr Staatssekretär, nachdem Sie sich vorhin über die Qualität der Vortragenden geäußert haben, frage ich Sie, ob Sie es für eine sachlich qualifizierte Information einer großen Anzahl von Kommunalpolitikern halten, wenn am Dienstag dieser Woche ein Vertreter Ihres Hauses, ein Oberstleutnant, u. a. erklärt hat, die Bundesregierung sei z. B. über sämtliche Phasen der Entwicklung in der CSSR nach dem 21. August deshalb genauestens informiert, weil ihr alle 30 Sekunden ein Foto des gesamten Raumes bis nach Prag über die Entwicklung in der CSSR vorgelegen habe?
Adorno, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege, ich bin gerne bereit, auch diese Feststellung prüfen zu lassen.
Ich muß sagen, Herr Kollege Dorn, daß diese Frage nicht mehr in diesen Zusammenhang gehört.
({0})
Herr Staatssekretär, ich bitte Sie, diese Frage nicht zu beantworten. - Herr Berkhan!
Herr Staatssekretär, auf die Charakteristika zurückkommend, die Sie für Vortragende nannten, frage ich Sie: Bezieht das die Diffamierung amtierender Landesregierungen mit ein?
({0})
Adorno, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Auch hier sehe ich keinen Zusammenhang Ihrer Frage mit der ursprünglichen Frage des Abgeordneten Fellermaier.
Herr Berkhan!
Herr Staatssekretär, ich frage Sie, ob die Berichterstatter der „Südwestpresse" Ulm und ob die Berichterstatter der „Neuulmer Zeitung" bei den Untersuchungen gehört wurden oder nicht?
Adorno, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege Berkhan, ich habe darauf hingewiesen, daß wir die Quellen, die uns zur Verfügung standen, herangezogen haben, um die Richtigkeit der in der Presse wiedergegebenen Äußerungen zu überprüfen.
({0})
Herr Sänger!
Herr Staatssekretär, können Sie dem Hause zusagen, daß Sie nach all den Materialien und Andeutungen, die Sie heute hier gehört haben, doch noch einmal eine gründliche - nicht die übliche - Untersuchung gegen die Persönlichkeit des Herrn Fried vornehmen, die von anderen Personen durchgeführt wird?
Adorno, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Ich bin gerne bereit, das noch einmal zu überprüfen.
Herr Josten!
Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, in Ihrem Ministerium zu veranlassen, daß sichergestellt wird, daß nur solche Vortragenden zur Wehraufklärung zugelassen werden, welche sich ganz und gar zu unserem demokratischen Staat bekennen?
({0})
Adorno, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Herr Kollege, ich habe das in meiner Antwort auf die dritte Frage des Kollegen Fellermaier bereits zum Ausdruck gebracht.
Herr Staatssekretär, wären Sie bereit, den Mitgliedern des Verteidigungsausschusses eine Liste zu unterbreiten, auf der die Namen derjenigen verzeichnet sind, die von seiten des Ministeriums auf dem Gebiete der Wehraufklärung tätig sind?
Adorno, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Auch dazu sind wir gerne bereit.
Die letzte Zusatzfrage in dieser Fragestunde hat Herr Haase ({0}) .
Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, den von Ihnen zugesicherten Bericht über die nochmalige Prüfung dieses Falles auf Grund der Aussagen in der heutigen Fragestunde dem Verteidigungsausschuß vorzulegen?
Adorno, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung: Auch dazu sind wir gerne bereit.
Meine Damen und Herren, bevor ich die Fragestunde schließe, teile ich mit, daß die Fragen 10, 11, 76, 115, 116, 117 und
Vizepräsident Schoettle
118 zurückgezogen worden sind. Die restlichen Fragen werden schriftlich beantwortet.
Die Fragestunde ist geschlossen.
Ich rufe die beiden ersten Zusatzpunkte zur Tagesordnung auf, zunächst:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes ({0}) zu dem Gesetz zur Änderung von Vorschriften der Kostenordnung über den Geschäftswert
- Drucksache V/3592 Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Reischl
Ich bitte den Berichterstatter, Herrn Abgeordneten Dr. Reischl, das Wort zu nehmen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gegen das von diesem Hohen Hause verabschiedete Gesetz zur Änderung von Vorschriften der Kostenordnung über den Geschäftswert, das sich im wesentlichen mit Notariatskosten befaßte, hat der Bundesrat den Vermittlungsausschuß angerufen und hat verlangt, daß im Zusammenhang mit den Notariatskosten eine Reihe von Auslagenvorschriften für die Gerichte und Notare geändert werden. Der Rechtsausschuß des Bundestages hatte damals diese Bestimmungen, deren Aufnahme der Bundesrat schon beim ersten Durchgang verlangt hatte, nicht aufgenommen, weil seitens des Bundeswirtschaftsministeriums wegen allgemeiner Kostensteigerungen Einwendungen erhoben worden waren. In den Verhandlungen im Vermittlungsausschuß hat sich nun ergeben, daß diese Auslagen und Gebühren in der Form, wie sie der Bundesrat jetzt verlangt, nicht zu irgendwelchen Kostensteigerungen führen können. Infolgedessen bestehen gegen die Aufnahme dieser Bestimmungen in das Gesetz keine Bedenken. Es soll hier lediglich für den Fiskus und für die Notare hinsichtlich Schreibgebühren und Auslagen nach den Rechtsanwälten nachgezogen werden.
Ich bitte Sie, dem Vorschlag des Vermittlungsausschusses Ihre Zustimmung zu geben.
Erklärungen werden nicht abgegeben. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Vermittlungsausschusses. Wer ihm zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Eine Enthaltung. Im übrigen ist der Antrag des Vermittlungsausschusses mit großer Mehrheit angenommen; ich möchte sagen: mit erdrückender Mehrheit.
Wir kommen zum zweiten Zusatzpunkt:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes ({0}) zu dem Gesetz zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes 1964
- Drucksache V/3593 -Berichterstatter: Abgeordneter Junghans
Ich bitte den Berichterstatter, Herrn Abgeordneten Junghans, das Wort zu nehmen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bundesrat hatte zu dem Gesetz zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes 1964 den Vermittlungsausschuß angerufen mit dem Petitum, den Petrolkoks, der bisher steuerfrei war und erst vom Bundestag in die Besteuerung mit einbezogen worden ist, wieder von der Steuer freizustellen, und zwar soweit er als Reduktionsmittel verwendet wird.
Der Vermittlungsausschuß hat sich diesem Vorschlag des Bundesrates nicht anschließen können, und zwar aus folgenden Erwägungen. Petrolkoks dient zu etwa 70 v. H. Heizzwecken und zu 30 v. H. Reduktionszwecken in Hochöfen. Da infolge der Gründung der Einheitsgesellschaft Kohle die bisher im Verbund mit dem Bergbau stehenden Hütten aus diesem Verbund ausgeschieden sind, bestünde die Gefahr, daß künftig auch diese Hütten den billigen Petrolkoks einsetzen würden.
Der Vermittlungsausschuß hat deshalb eine andere Lösung vorgeschlagen, die Ihnen, meine Damen und Herren, in der Drucksache V/3593 vorliegt. Ausgehend von der Tatsache, daß Petrolkoks etwa im Verhältnis 2 : 1 zu Heiz- bzw. zu Reduktionszwecken in Hochöfen verwendet wird, soll der Petrolkoks einen besonderen Steuersatz, und zwar von 1,50 DM pro 100 kg, erhalten. Dies kommt dann allerdings nicht nur den Hüttenwerken, sondern allen Betrieben zugute - namentlich auch der Zementindustrie -, die Petrolkoks einsetzen.
Namens des Vermittlungsausschusses darf ich Sie bitten, dem Vermittlungsvorschlag zuzustimmen und das Gesetz entsprechend zu ändern.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Wird das Wort zu Erklärungen gewünscht? -- Das ist nicht der Fall. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Antrag des Vermittlungsausschusses zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag ist einstimmig angenommen.
Ich rufe nun Punkt 18 der Tagesordnung auf:
a) Zweite Beratung des von den Abgeordneten Folger, Marx ({0}), Dr. Müller ({1}) und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung wohnungsrechtlicher Vorschriften
- Drucksache V/3079 Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Kommunalpolitik, Raumordnung, Städtebau und Wohnungswesen ({2})
Drucksache V/3536, zu V/3536 -Berichterstatterin: Abgeordnete Frau Holzmeister
({3})
b) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Prinz von Bayern, Geisenhofer, Schmidhuber, Gewandt, Rollmann und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
Vizepräsident Schoettle
zur Änderung der mietpreisrechtlichen Vorschriften
- Drucksache V/3397 -Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Kommunalpolitik, Raumordnung, Städtebau und Wohnungswesen ({4})
- Drucksachen V/3571, zu V/3571 -Berichterstatterin: Abgeordnete Frau Holzmeister
({5})
Wünscht die Berichterstatterin das Wort? - Das ist nicht der Fall.
Wir kommen zur zweiten Beratung des Gesetzes auf Drucksache V/3079. Der Bericht des Ausschusses liegt vor. Ich rufe in der zweiten Beratung des Gesetzes den Art. I, den Art. II, die Einleitung und die Überschrift auf. Der Ausschuß empfiehlt, das Gesetz abzulehnen. Wer den aufgerufenen Artikeln zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Wir wollen die Abstimmung wiederholen.
({6})
- Wir befinden uns .in der Abstimmung.
({7})
- Es ist eine Abstimmung in der zweiten Beratung; die war ganz klar.
({8})
- Dann muß ich Ihnen zur Abstimmung das Wort erteilen; ich tue es allerdings ungern.
({9})
Herr Präsident, ich bitte namens meiner Fraktion um Wiederholung dieser Abstimmung.
Das hatte ich sowieso beabsichtigt, Herr Frehsee.
Wir müssen die Abstimmung wiederholen und stimmen nun durch Aufstehen ab. Wer dem Gesetz zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. - Die Gegenprobe bitte! - Ich glaube, das letzte ist die Mehrheit.
({0})
- Wir sind uns im Präsidium einig, daß das die Mehrheit war. Damit ist das Gesetz in zweiter Beratung abgelehnt. Eine dritte Beratung erübrigt sich.
Wir kommen zur zweiten Beratung des Gesetzes auf Drucksache V/3571. Ich rufe die Art. I, II, III, die Einleitung und die Überschrift auf. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. ({1}) - Wir sind in der Abstimmung.
({2})
- Das habe ich nicht gesehen; es tut mir leid.
({3})
- Wo ist sie denn? - Es tut mir leid, darüber bin ich nicht unterrichtet worden. - In der Tat, Herr Dr. Müller hat recht.
({4})
- Ich hoffe, daß es sich nicht um eine Kritik am Präsidium handelt.
({5})
- Nein, der Abgeordnete Müller hatte sich zu Wort gemeldet. Das ist mir nicht bekannt gewesen, als ich zur Abstimmung aufrief. Ich muß ihm also das Wort geben.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zu dem Antrag der Kollegen aus der CSU Stellung nehmen, weil ich der Meinung bin, daß er die letzte Chance darstellt, nachdem unser weitergehender und früher eingebrachter Antrag gerade abgelehnt worden ist.
Wir haben in München eine besondere Situation, die vor allem darauf zurückzuführen ist, daß wir einen jährlichen Zuwachs von über 20 000 Zureisenden haben, die sich in München niederlassen. Wir können die Umwandlung Münchens in einen weißen Kreis nur dann verkraften, wenn wir für 190 000 Altbauwohnungen - denn um so viele handelt es sich - eine Mietpreisbindung und eine Mieterhöhung von höchstens 20 % vorsehen.
Ich möchte zwei Punkten entgegentreten, die in den Ausschußberatungen eine Rolle gespielt haben. München hat sich seit 1960 um ein Sonderwohnungsbauprogramm bemüht. München hat auch nicht - wie im Ausschuß behauptet wurde - Zweckentfremdungsgenehmigungen für Altbauwohnungen im Stadtinnern in großem Maße erteilt. Im Jahre 1968 waren es zwei Genehmigungen, im Jahre 1967 ebenfalls zwei Genehmigungen, im Jahre 1966 vier Genehmigungen. München hat alles getan, um von der Stadtverwaltung aus einen Übergang in eine freie Wirtschaft vorzubereiten. Infolge bestimmter Bedingungen, für die die Stadt München nicht verantwortlich ist, war es leider nicht möglich, die Vorbereitungen so zu treffen, daß wir in München keinen Wohnungsmangel mehr haben.
Erst vor wenigen Tagen zogen Tausende alter Menschen durch die Stadt München. Sie protestierten wegen der Wohnungssituation. Es waren keine jungen Leute, die Gewalt anwandten, es waren alte, verhärmte Menschen, die Angst um ihre Zukunft haben. Im Interesse der Münchener Mieter, vor allem dieser alten und verhärmten Menschen, sollten wir, nachdem die beste Lösung abgelehnt worden ist, die zweitbeste Lösung annehmen und dem Antrag der CSU-Abgeordneten zustimmen.
({0})
Meine Damen und Herren, ich habe erst jetzt festgestellt, daß hier in der Tat eine Debatte beabsichtigt war. Da sie nicht in der zweiten Beratung zum ersten Gesetzentwurf stattfinden konnte, was am zweckmäßigsten gewesen wäre, muß sie jetzt vor der Abstimmung in der zweiten Beratung des zweiten Gesetzentwurfs, des Gesetzentwurfs der CDU/CSU-Abgeordneten, erfolgen. Deshalb erteile ich jetzt dem Abgeordneten Geisenhofer das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nachdem der Gesetzentwurf der SPD-Antragsteller keine Mehrheit gefunden hat, darf ich Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren des Hohen Hauses, bitten, dem Antrag der CDU/CSU-Antragsteller auf Drucksache V/3397 - Änderung der mietpreisrechtlichen Vorschriften - zuzustimmen.
Der Antrag stellt einen Kompromiß dar, der auch im Ausschuß die Mehrheit gefunden hat. Mit diesem Gesetzentwurf wollen wir auch den Damen und Herren dieses Hohen Hauses die Zustimmung ermöglichen, die vorher dem SPD-Antrag nicht folgen konnten.
Ich darf es noch einmal ganz kurz und deutlich sagen: Die Antragsteller wollen keine Verlängerung der Wohnungszwangswirtschaft. Sie wollen keine Verzögerung der Einführung des weißen Kreises. Ja, sie wollen, daß die Wohnungszwangswirtschaft und der alte Mieterschutz, der durch die Sozialklausel des § 556 a BGB ergänzt wird, am 31. Dezember dieses Jahres auslaufen.
Das wesentliche Anliegen der Antragsteller ist, daß eine Mietpreisbindung für zwei Jahre bis zum 31. Dezember 1970 beibehalten wird. Dabei gestattet unser Gesetzentwurf, daß der vermietende Hausbesitzer den Mietpreis bis höchstens 20 0/o anhebt. Wir glauben, daß wir damit Mieter und Vermieter gerecht werden.
({0})
Wir verfolgen mit der Preisbindung nur den einen Zweck - das möchte ich hier mit Nachdruck betonen -, daß Preiswucher und Preistreibereien verhindert werden; wir befürchten, daß das sonst kommt. Wir haben in München einen Wohnungsfehlbestand von 35 000. Angebot und Nachfrage sind einfach nicht ausgeglichen. Außerdem besteht die Notwendigkeit, durch eine Preisbindung eine Übergangslösung für das in Angriff zu nehmende Sonderbauprogramm von zusätzlichen 5000 Wohnungen zu schaffen. Das muß überbrückt werden. Wir wissen, daß mit der Preisbindung keine Wohnung mehr gebaut wird. Aber die Übergangslösung ist menschlicher.
Wir vertreten hier keine Sonderinteressen, sondern wollen dem Gemeinwohl Rechnung tragen. Unserem Antrag haben die bayerische Staatsregierung und der Herr Bayerische Ministerpräsident Dr. Goppel in einem Schreiben an den Bundeskanzler ausdrücklich und nachdrücklich zugestimmt.
Ich darf Sie abschließend herzlich und dringend bitten, unserem Gesetzentwurf zuzustimmen. Er kostet den Staatshaushalt keinen Pfennig. Er kostet nur - das ° darf ich betonen - tiefes Verständnis für die betroffenen Menschen in den Großstädten Hamburg und München.
({1})
Das Wort hat der Abgeordnete Porsch.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Die Fraktion der Freien Demokratischen Partei lehnt das eingebrachte Gesetz zur Änderung der mietpreisrechtlichen Vorschriften des Ersten und Zweiten Wohnungsbaugesetzes für die kreisfreie Stadt München, den Landkreis München und die Freie und Hansestadt Hamburg ab.
Meine Damen und Herren, zur Begründung: Wir sind der Meinung, daß mit einer Verlängerung der Wohnungszwangswirtschaft weder in München noch in Hamburg denen geholfen wird, die eine Wohnung suchen. Wir sind uns darüber hinaus im klaren, daß gerade für den Fall München im Jahre 1970 - zwei Jahre vor der Olympiade - die Situation schwieriger sein wird als heute, und zwar einfach deshalb, weil es nach Aufhebung der Zwangswirtschaft ein bis zwei Jahre dauert, bis sich die freie Marktwirtschaft eingependelt hat. Und ausgerechnet dann kommt die Olympiade. Dieses Einpendeln wird also nicht möglich sein.
Wenn man einmal überprüft, wie sich die Wohnungsuchenden in München zusammensetzen, und wenn man vor allem einmal feststellt, daß München allein 155 000 Ausländer hat, daß darüber hinaus in München ständig neue Arbeitsplätze geschaffen werden, für diese Arbeitsplätze aber keine Arbeitskräfte da sind, sondern laufend zuziehen müssen, dann weiß man, weshalb die Wohnungsuchenden von heute kaum eine Wohnung bekommen: weil immer neu Zuziehende vorhanden sind.
Wir sind also der Überzeugung, wir sollten alles Menschenmögliche tun, um die private Initiative der Althausbesitzer zu ermöglichen, indem wir den Hausbesitzern Münchens die gleiche Chance wie in den übrigén Städten geben. Außerdem meinen wir, daß das gleiche Recht, das für Nürnberg, für Frankfurt und Köln gilt, auch für München, Hamburg und den Landkreis München gelten sollte.
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Das Wort hat der Abgeordnete Apel, Hamburg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist jetzt sicherlich nicht der richtige Zeitpunkt, noch einmal auf die Situation in Hamburg einzugehen. Sie haben in den letzten Wochen wiederholt Darstellungen der Wohnungsnot in Hamburg wie in München über sich ergehen lassen müssen.
Ich möchte zu zwei Dingen Stellung nehmen, erstens zu dem Ergebnis, das jetzt aus dem Wohnungsausschuß herausgekommen ist. Dieses ErgebDr. Apel
nis entspricht genau dem, was der Hamburger Senat schon vor Monaten auf der Basis eines Gentleman's Agreement mit den Haus- und Grundeigentümern vereinbaren wollte. Leider hat es dann einige schwarze Schafe gegeben, die eine Lawine ins RoIlen gebracht haben, welche heute Mietpreissteigerungen von 40, 50, ja bis zu 120 '°/o auf uns zukommen lassen.
Insofern sind wir froh, daß wir von der ursprünglichen Initiative einer Reihe von Kollegen aus der CDU/CSU-Fraktion weggekommen sind, die uns auf Grund der Bindung an eine Erhöhung des Wohngeldes Mietpreissteigerungen, gesetzlich von Bonn verordnet, bis zu 60 % beschert hätte. Wir wären, nachdem diese Bindung aufgehoben worden war, immerhin noch bei Steigerungen bis zu 27 % gelandet. Jetzt haben wir eine Regelung gefunden, die 20 '°/o Mietpreissteigerungen bringt. Auch das ist für die Mieter schon eine Belastung, eine beträchtliche Belastung; wir akzeptieren sie aber im Interesse des Erfolges dieses Gesetzes als zweitbeste Lösung.
Meine Damen und Herren, heute morgen ist Nikolausmorgen.
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Normalerweise finden die kleinen und die großen Kinder heute morgen in ihren Schuhen eine kleine angenehme Überraschung. Die Hamburger Bürger schauen heute auf Bonn; bisher ist der Stiefel noch leer.
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- Die kriegen auch 20 %, Herr Lücke; die Hausbesitzer finden auch etwas in ihrem Stiefel, so ist es ja nicht. - Es liegt jetzt in Ihrer Hand, ob Sie die Erwartungen in Hamburg erfüllen können.
Meine Fraktion hat einstimmig beschlossen, sich dieser jetzt vorliegenden Initiative anzuschließen. Es liegt bei den Damen und Herren in diesem Hause, die in ihrem Parteinamen das C führen und die deswegen heute am Nikolaustag besonders angesprochen sein müßten, dieser Gesetzesinitiative zur Realität zu verhelfen.
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Ich erteile das Wort dem Herrn Senator Meister, Hamburg.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es trifft zu, daß wir mit den Vermieterverbänden in Hamburg rechtzeitig Vereinbarungen darüber hergestellt haben, daß bei Altbauten die Mietpreise nur bis zu 20 % angehoben werden sollen. Leider ist es aber auch eine Tatsache, daß sich in letzter Zeit sehr viele Vermieter daran nicht gehalten haben, und Sie wissen alle, daß wir mit erheblichen Mietsteigerungen rechnen müssen. Außerdem ist Ihnen allen bekannt, wie die Situation um den sogenannten neuen Hamburger Mietvertrag ausgesehen hat. Sie wissen- auch, daß in Hamburg nach wie vor erhebliche Baukostenzuschüsse gezahlt werden.
Ich begrüße es daher außerordentlich, daß dieser Antrag in diesem Hause beraten wird, und wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie ihn annähmen. Er legalisiert letzten Endes nur das, was wir mit den Vermietern vereinbart haben, und trifft diejenigen, die ungerechtfertigte Forderungen stellen. Ich meine, daß ist Rechtens.
Diese Mietpreisbindung soll nur vorübergehender Art sein, nur zwei Jahre dauern. Wir werden in diesen zwei Jahren weiterbauen, und ich bin sicher, daß wir Ende 1970 eine weitaus bessere Situation in Hamburg haben werden. Ich möchte an Sie alle den dringenden Appell richten, dem Vorschlag des Bundestagsausschusses für Kommunalpolitik, Raumordnung, Städtebau und Wohnungswesen zu folgen. Sie würden eine schwere Last von der Hamburger Bevölkerung nehmen, die aus Furcht und Ungewißheit über die künftige Mietbelastung außerordentlich stark beunruhigt ist.
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Das Wort hat der Herr Abgeordnete Weigl.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf zu den Einwänden des Herrn Kollegen Porsch, der mit Recht darauf hingewiesen hat, daß der Zuzug der Ausländer in München immer stärker wird, der mit Recht darauf hingewiesen hat, daß in München andere Faktoren da sind, nämlich eine Industrieansiedlung, die vielleicht ein bißchen über das normale Maß hinausgeht, folgendes sagen: sosehr sie von der Sache her berechtigt sein mögen - die CSU-Abgeordneten meinen aber, daß der Personenkreis, der durch die volle Aufhebung der Zwangswirtschaft nun in eine ungute Situation hineinkommen würde, nicht für Fehler, die sicherlich in München gemacht worden sind, bestraft werden darf.
Es fällt - das darf ich hier einmal sagen - uns Abgeordneten, die wir Wahlkreise in Bayern außerhalb der Landeshauptstadt vertreten, nicht leicht, nun hier eine Zustimmung zu einem Änderungsantrag des Kollegen Geisenhofer und des Kollegen Prinz Konstantin von Bayern zu geben, aber wir tun es deshalb, weil wir der Überzeugung sind, daß die Menschen, die betroffen werden, einfach nicht dafür büßen dürfen - um es sehr hart zu formulieren -, daß eben in München in den letzten Jahren eine Expansionspolitik betrieben wurde, die ich einmal mit einigen Zahlen beleuchten möchte.
Wir haben in München eine Steigerung der Industriebeschäftigten von 77 000 im Jahre 1950 - ich nenne nur gerade Zahlen - auf 118 000 im Jahre 1955 und auf 186 000 im Jahre 1966. Und wer sich den Flächennutzungsplan der Stadt München ein bißchen ansieht, muß sagen, daß hier in einer sehr großzügigen Art und Weise Industrieansiedlungspolitik betrieben worden ist. Die Zahl der ausländischen Beschäftigten in München ist in kürzester Zeit von 67 000 auf 150 000 gestiegen.
Die Bundes- und die Landesregierung haben vom Jahre 1950 an 1 Milliarde DM zur Förderung des
sozialen Wohnungsbaus in München zur Verfügung gestellt. Allein in dieser Zeit wurden 110 000 Wohnungseinheiten im sozialen Wohnungsbau geschaffen. Das sind Dinge, die auch einmal beim Namen genannt werden müssen, weil sie darauf schließen lassen, daß der Herr Oberbürgermeister in München sich nicht nur vor den Mieterverein stellen und dort gegen drohende soziale Gefahren wettern, sondern auch einmal seine Politik im Rathaus etwas überdenken sollte.
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- Herr Kollege Müller, das ist zum Teil sicherlich auch eine Aufgabe der Landespolitik.
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Gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Bitte schön!
Herr Kollege, ist Ihnen bewußt, daß die Abstimmung über die Preisfreigabe nicht in München erfolgt ist, sondern hier im Bundestag?
Herr Kollege, das ist mir sicherlich bewußt. Aber ich darf auch die Einwände, die wir haben und die wir allen Ernstes hier vorbringen wollen, ganz offen beim Namen nennen. Wir stimmen diesem Kompromißvorschlag der Kollegen Geisenhofer und Prinz Konstantin schweren Herzens, aber im Interesse der betroffenen Menschen zu.
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Das Wort hat der Abgeordnete Erpenbeck.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Daß Politik nicht nur mit Verstand, sondern auch mit Herz und Gemüt gemacht wird, beweist der Antrag Drucksache V/3397, der den Ausschuß in einer sehr veränderten Form verlassen hat. Aber, Herr Kollege Dr. Apel, wenn Sie an das „C" im Namen der Christlich-Demokratischen Union erinnern, dann gebietet uns das zwar, auch der großen Gestalten christlicher Tradition zu gedenken, es entbindet uns jedoch keinesfalls von der Notwendigkeit, sachdienlich zu entscheiden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wer hätte in diesem Hause nicht Verständnis für die Sorgen der Antragsteller aus München und Hamburg und für die Befürchtungen der Mieter von Altbauwohnungen in diesen Städten? Dieses Verständnis und dieses Ernstnehmen der Sorgen darf aber nicht lediglich emotionelles Reagieren zur Folge haben. Die Sache und die betroffenen Menschen erfordern es, daß wir uns trotz des bis zum Sättigungsgrad emotionell aufgeladenen Politikums einer
sachlichen und nüchternen Beurteilung befleißigen.
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Alle in diesem Hause, Befürwortende und Ablehnende des vorliegenden Antrags, wollen das gleiche Ziel erreichen: Schutz der Mieter von Altbauwohnungen in München und Hamburg vor ungerechtfertigten Forderungen. Sosehr Einzelschicksale und Einzeltatbestände Herz und Gemüt in Wallung bringen, so sehr ist im wohlverstandenen Interesse aller Beteiligten - Mieter und Vermieter - leidenschaftslose, aber gleichwohl kritische Beurteilung und Entscheidung notwendig.
Dazu im Namen der CDU/CSU-Fraktion einige Bemerkungen.
Erstens. Dieses Haus hat vor einem Jahr, wie seinerzeit ausdrücklich festgestellt wurde, den Schlußtermin für die noch in der Wohnungszwangswirtschaft verbliebenen sieben Stadt- und Landkreise endgültig auf den 31. Dezember 1968 festgelegt. Die für Berlin geltende Sonderregelung war vorweggenommen und kann in diesem Zusammenhang außer Betracht bleiben. Dieses Ergebnis war nur auf der Grundlage eines Kompromisses erreicht worden, da bei Beibehaltung der bis dahin geltenden rechtlichen Regelung auch die sieben verbliebenen Städte und Kreise am 31. Dezember 1967 aus den Bindungen der Wohnungszwangswirtschaft entlassen werden mußten.
Ich habe seinerzeit auf die von prominenten Gutachtern festgestellte Bedenklichkeit der Maßnahme hingewiesen. Ich zitiere:
Aus dem Prinzip der Rechtsstaatlichkeit und dem im Wesen des Rechts liegenden Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung ergibt sich, daß die Gesamtregelung einer Materie einheitlich zu erfolgen hat.
Gleichwohl sind wir, meine Damen und Herren, mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Schlußtermins für den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft von der sogenannten Defizitberechnung abgegangen und haben einen für die restlichen Kreise einheitlichen und festen Schlußtermin gesetzt, nämlich den 31. Dezember 1968.
Seither ist auch in München und Hamburg kein neuer Tatbestand eingetreten, der die Grundlagen der vorjährigen Entscheidung wesentlich verändert hätte.
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- An dem Sie mirtgewirkt haben.
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Zweitens. Die Überführung von 556 Stadt- und Landkreisen in der Bundesrepublik - darunter auch die Großstädte in den Ballungsräumen wie Frankfurt, Stuttgart, Hannover, Köln, Düsseldorf und viele andere - in ein soziales Miet- und Wohnrecht ist
im ganzen gesehen reibungslos und ohne zu verallgemeinernde Schwierigkeiten und Härten erfolgt.
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Die lautstarken Rufe, die jeweils vor den Freigabeterminen ertönten, sind in allen Fällen durch die Entwicklung der Situation widerlegt worden. Überall hat es vor der Freigabe mehr oder weniger intensiven Widerstand, schlimmste Befürchtungen und düstere Prognosen gegeben. Tatsächlich eingetreten sind im allgemeinen positive Entwicklungen und Merkmale.
Es widerspricht allen bis heute gemachten Erfahrungen bei der Liberalisierung des Wohnungswesens in 556 Kreisen, daß sich für München und Hamburg wesentlich andere Auswirkungen als in den übrigen Städten und Landkreisen ergeben würden. Es besteht keine Veranlassung, für die Bewohner Münchens und Hamburgs ein Sonderrecht zu schaffen gegenüber mehr als 50 Millionen Bewohnern der Bundesrepublik.
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Drittens. Der Abbau der Wohnungszwangswirtschaft und die Einführung eines sozialen Miet- und Wohnrechts - das möchte ich mit Nachdruck unterstreichen - haben sich nicht nur bewährt, sondern haben eine für das Wohnungswesen und für alle daran Beteiligten, Mieter und Vermieter, eine für heute und die Zukunft auf der Grundlage sozialer Gerechtigkeit gesicherte Wohnungsversorgung eingeleitet und die sozial und wirtschaftlich vernünftige Grundlage dafür hergestellt. Diese Tatsache noch einmal herauszustellen und damit die wohnungspolitischen Grundsätze der CDU/CSU und insbesondere die verdienstvolle Arbeit unseres Freundes Lücke zu betonen, gibt der heutige Tag Anlaß.
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Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Verlängerung der Mietpreisbindung, wie sie in dem Antrag vorgesehen ist, kann die Münchener und Hamburger Probleme - das haben die Vorredner indirekt bereits zugegeben - nicht lösen. Hier stimme ich vollinhaltlich dem zu, was zufolge eines Berichts der „Süddeutschen Zeitung" vom 4. Dezember Herr Minister Lauritzen dazu gesagt hat:
Mit Negativmaßnahmen in diesem Bereich, auch in den Brennpunkten des Wohnungsbedarfs wie München und Hamburg, verschärft man eher die Situation, anstatt sie zu entspannen oder gar zu verbessern; denn letzteres kann nur durch Positivmaßnahmen. erreicht werden.
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Meine Damen und Herren, was wir hier tun können, und dazu fordere ich dieses Haus und insbesondere Herrn Minister Lauritzen auf und bitte recht herzlich darum, ist: Verstärken wir den Wohnungsbau, fördern wir ihn auch besonders mit staatlichen Mitteln! Alle Verantwortlichen in der Stadt München, im Land Bayern, in der Freien und Hansestadt Hamburg sind mit aufgerufen, das Ihre dazu zu tun.
Kritisch ist hier die Frage zu stellen, warum erst vor kurzem die Sonderprogramme für München und Hamburg anlaufen konnten. Wenn heute die Bewilligung möglich ist, war sie es auch schon gestern. Die Situation in diesen Städten ist doch wohl nicht erst heute wegen des Ablaufs des Schlußtermins bekanntgeworden.
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Ich möchte mir kritische Bemerkungen zu dem Verhalten und zu den Maßnahmen der Verantwortlichen in den Städten versagen. Ich bin davon überzeugt, daß die Weisheit und die Leistungsfähigkeit dieser Männer und dieser Städte - und der Münchner Oberbürgermeister ist doch gerade in diesen Tagen noch mit einer einschlägigen Auszeichnung in Hamburg öffentlich geehrt worden - mehr und Besseres zu bieten haben als die Verlängerung der Mietpreisbindung als letztes Relikt der Wohnungszwangswirtschaft.
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Meine Damen und Herren, die Aufhebung der Wohnungszwangswirtschaft hat überall, wo sie durchgeführt wurde, die Situation verbessert und nicht verschlechtert.
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- Herr Kollege Jacobi, auch solche Zwischenrufe
- und Sie machen ja dazu ein sehr freundliches Gesicht - können mich nicht dazu zwingen, mich in meinem Vortrag von der nüchternen und sachlichen Beurteilung abzubringen.
Der Wegfall der Zwangsbindungen für Altbauwohnungen hat in den betroffenen Gebieten bis dahin brachliegende Initiativen zur Verbesserung des Wohnungsbestandes geweckt und auch eine durchaus vertretbare und gewünschte Mobilität begünstigt. Die Mietpreisveränderungen im ganzen haben keinesfalls eine ungerechtfertigte Höhe angenommen. Es hat sich erwiesen, daß die Vermieter in ihrer Gesamtheit durchaus keine Unmenschen und Wucherer sind, wie es in den letzten Tagen oft dargestellt worden ist,
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und ich lasse mir nicht einreden, daß die Münchner und Hamburger Hausbesitzer schlechter seien als alle anderen im Bundesgebiet.
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Einzelne traurige Blüten unter ihnen kann und muß man mit den eigens dazu von diesem Hause geschaffenen Mitteln und Möglichkeiten in ihre Schranken verweisen. Auch dem in der Debatte immer wieder zitierten Hamburger Mietvertrag ist nach entsprechender Reaktion nur eine kurze Lebensdauer beschieden gewesen. In aller Schärfe möchte ich allerdings sagen, daß solches Verhalten, wie es in diesem „gestorbenen" Vertragsentwurf deutlich wurde, die Hausbesitzer in ihrer Gesamtheit zu schädigen und ihr Ansehen herabzusetzen geeignet ist. Sozial
ist nicht, wer Nutzen aus einer Notlage erzielen will; sozial ist nicht, wer nichts anderes als Zwangsmaßnahmen anzubieten hat. Sozial ist, wer Gerechtigkeit und Ausgleich anstrebt und dazu mit gezielten positiven Maßnahmen beiträgt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Letztens möchte ich sagen: Dem Anliegen der Antragsteller und dem Wunsch des ganzen Hauses kann nur entsprochen werden, wenn in konsequenter Weise die eingeleitete Wohnungsbaupolitik weitergeführt und das soziale Miet- und Wohnrecht verwirklicht wird. Der Antrag hilft diesem Ziele nicht. Darum bitte ich, ihn abzulehnen.
Wir sollten uns aber in der uns gesetzten Maxime einig sein, daß weitergebaut werden muß - auch mit öffentlichen Mitteln -, bis jede Familie in der Bundesrepublik, also auch in München und Hamburg, eine ihren Ansprüchen und ihrem Einkommen entsprechende und gerecht werdende Wohnung ihr eigen nennt.
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Das Wort hat der Herr Abgeordneter Stiller.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Dr. Müller hat vorhin gesagt, wir sollten den Antrag auf Drucksache V/3571 im Interesse der Münchener Mieter annehmen. Herr Kollege Müller, welche Münchener Mieter sind denn in dem Antrag angesprochen? Wir haben in München 273 000 Neubauwohnungen und 185 000 Altbauwohnungen. Wenn wir bei den 185 000 Altbauwohnungen noch die Eigentümer, die in einem Einfamilienhaus usw. wohnen, abziehen, kommen wir auf 160 000 Altbauwohnungen in München, die vermietet sind. Diese 160 000 Altbaumieter werden durch diesen Gesetzentwurf neue Präferenzen bekommen. Sie werden weiterhin besonders geschützt sein, und zwar besser geschützt sein, als die Neubaumieter seit 20 Jahren geschützt sind. Der Neubaumieter, meine Damen und Herren, mußte schon immer kostendeckende Miete bezahlen, während der Altbaumieter immer besonderen Mieterschutz und besonderen Preisschutz gehabt hat. Es ist so, daß in Schwabing eine Vierzimmerwohnung - gewiß, mit Ofenheizung, es ist aber keine schlechte Wohnung - für etwa 160 DM vermietet wird, daß der Mieter aber ein Zimmer an einen Studenten für etwa 200 DM oder 220 DM untervermietet. So ist doch die Lage.
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Genauso ist es in Hamburg. In Hamburg gibt es 400 000 Neubauwohnungen und 250 000 Altbauwohnungen, die nun besonders geschützt werden sollen und besondere Präferenzen bekommen sollen.
Wer sind denn nun diese Altbaumieter? Altbaumieter sind Leute, die schon seit 20, 30, 40 Jahren in diesen Wohnungen wohnen, die also nicht ausgebombt wurden, die nicht heimatvertrieben sind. Die Altbaumieter haben z. B. in den Jahren 1951/1952 noch die Stoppmieten vom Jahre 1936 bezahlt. Sie haben 60, 70 Pfennig für den qm bezahlt. Der heimatvertriebene Neubaumieter, der in den Jahren 1952/ 1953 eine Wohnung bekommen hat, mußte 1,10 DM, 1,20 DM oder 1,30 DM für den qm bezahlen. Heute bezahlt der Neubaumieter im sozialen Wohnungsbau 3 DM für den qm, während der Altbaumieter, der bisher 1,50 DM, 1,60 DM oder 1,70 DM für den qm bezahlt hat, nun 20 % mehr bezahlen soll.
Meine Damen und Herren, diese Steigerung um 20 % ist besonders problematisch, denn für manche Altbauwohnungen - es gibt solche! - ist eine Erhöhung um 20 % zuviel, während für viele andere gute Altbauwohnungen im Hinblick auf den qm-Preis im sozialen Wohnungsbau, der jetzt schon bei 3 DM, 3,50 DM liegt, 20 % Erhöhung zuwenig sind. Meine Damen und Herren, deshalb bitte ich Sie, sich doch zu überlegen, ob Sie diesem Gesetzentwurf zustimmen wollen.
Noch einige Zahlen über München. Es wird immer behauptet, in München müsse man derartige Regelungen treffen, weil München diesen unerhörten Zuwanderungsgewinn hat. Im Jahre 1965 betrug der Zuwanderungsgewinn 17 600, dm Jahre 1966 16 500, im Jahre 1967 aber nur noch 5000.
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- Bis zum Oktober 1968, nachdem man die Olympiade erreicht hat, kamen nun 9000 Inländer und 18 000 Ausländer als Zuwanderer. Meine Damen und Herren, die Leute kamen doch nur, um an den Bauvorhaben, die nun auf München zukommen, teilzunehmen; sie sind gekommen, um hier Geld zu verdienen. Sie werden München im Jahre 1972 wieder verlassen; sie werden die Schulden, die München dann hat, nicht mitbezahlen,
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sie werden wieder zurückwandern.
Aus all diesen Gründen bitte ich Sie, diesen Gesetzentwurf abzulehnen.
Herr Kollege Apel, Sie sagten, es sei Nikolaustag, da müsse man etwas gewähren. Ich halte es aber für einen schlechten Stil, wenn man Geschenke, die man gewähren will, immer von anderen bezahlen lassen will. Andere sollen diese Geschenke bezahlen.
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Meine Damen und Herren, lehnen Sie diesen Gesetzentwurf ab !
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Das Wort hat der Herr Abgeordnete Rollmann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, es kann nicht oft genug wiederholt werden, daß es heute nicht darum geht, daß Hamburg und München weiterhin schwarze Kreise bleiben. Wir wollen, daß zum 1. Januar des nächsten Jahres beide Städte weiße
Kreise werden. Das Thema, um das es hier heute einzig und allein geht, ist die Verlängerung der Mietpreisbindung für Hamburg und München und auf diese Weise eine Erleichterung des Überganges von dem schwarzen in den weißen Kreis.
Warum wollen wir das? Wollen wir etwa den Haus- und Grundeigentümern, deren Eigentum seit 50 Jahren durch die Zwangswirtschaft beschränkt wird, für weitere zwei Jahre unnötige Opfer zumuten? Wollen wir etwa den Lücke-Plan, diese große Leistung der Überführung unserer Wohnungen aus der Zwangswirtschaft in die soziale Marktwirtschaft, hier gleichsam noch in letzter Minute für die beiden Städte Hamburg und München zu Fall bringen?
Meine Damen und Herren, den Antragstellern geht es nicht darum, dieses zu tun. Uns geht es darum, dafür zu sorgen, daß die Mieter in Hamburg und München angesichts des unausgeglichenen Wohnungsmarktes in diesen beiden Städten in der Zeit nach dem 1. Januar des Jahres 1969 nicht in eine zu schwache Position gegenüber den Hausund Grundeigentümern kommen.
Die Erhöhung der Mieten und der anderen Lasten, die sich in unseren beiden Städten abzeichnen, ist erschreckend. Die Preise gehen in die Höhe, weil das Angebot gegenwärtig einfach nicht ausreicht.
({0})
Nach zuverlässigen Schätzungen fehlen in Hamburg gegenwärtig noch 20 000 bis 24 000 Wohnungen.
Wenn Sie uns, meine Damen und Herren - ich möchte insbesondere an die Kollegen in meiner eigenen Fraktion appellieren -, eine solche Verlängerung der Mietpreisbindung noch für die nächsten zwei Jahre zubilligen, dann haben wir das Wohnungsbaudefizit in Hamburg beseitigt, und dann werden wir in zwei Jahren eine Situation haben,
({1})
in der sich auf dem Wohnungsmarkt Vermieter und Mieter in einer 'ausgeglicheneren Position gegenüberstehen, als es gegenwärtig der Fall ist.
Meine Damen und Herren, es ist oft gefragt worden: Was hat der Hamburger Senat, was hat der Münchner Stadtrat getan, um die Situation in diesen beiden großen Städten in der richtigen Weise auf den Zeitpunkt des weißen Kreises vorzubereiten? Sicherlich kann man sagen: Wenn der Hamburger Senat und auch der Münchner Stadtrat ihre Pflichten in der Wohnungsbaupolitik in den vergangenen Jahren besser erfüllt hätten, dann brauchten wir hier heute nicht vor Ihnen zu stehen
({2})
und dafür zu kämpfen, daß die Mietpreisbindung für Hamburg und München noch einmal für zwei Jahre verlängert wird. Aber wir dürfen, Herr Kollege Müller, die Mieter in Hamburg und in München nicht entgelten lassen, was der Hamburger Senat
und der Münchener Stadtrat in den vergangenen Jahren versäumt haben.
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Ich möchte an die Kollegen aus unserer eigenen Fraktion - der CDU/CSU - hier appellieren, für diesen Antrag zu stimmen, um den Mietern in Hamburg und in München noch eine Schutzfrist zu geben und sie nicht zu früh, zu ungeschützt den rauhen Winden des Wohnungsmarktes in diesen beiden Städten auszusetzen. Von dem Hamburger Senat und von dem Münchener Stadtrat erwarten wir dann allerdings in diesen zwei Jahren eine entschlossene Nutzung dieser Frist, die hier heute letztmalig gewährt werden soll.
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Das Wort hat der Abgeordnete Prinz von Bayern.
Herr Präsident! Hohes Haus!
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Ich glaube, wir haben in dieser Frage alle Argumente für und wider noch und noch geprüft. Es ist niemand in diesem Hause, der nicht weiß, welche Verantwortung er trägt. Ich bin der Meinung, daß jetzt entschieden werden soll.
({1})
Es gibt ein einziges Argument, das diesen unseren Antrag überflüssig machen würde: ein Zuzugsperre für München. Daß sie grundgesetzlich nicht möglich ist, wissen Sie.
Es gilt jetzt, ein Prinzip noch einmal festzuhalten, das heißt: Eigentum an Wohnraum bedingt besondere soziale Verpflichtung. Unser Antrag garantiert dieses. Wer diese Garantie fürchtet, der soll allerdings gegen den Antrag stimmen.
Niemand soll mir herkommen und noch einmal, wie es heute früh geschehen ist, sagen, daß ich im Hinblick auf Wählerstimmen im nächsten Jahr 'spreche. Denn die Hausbesitzer werden bestimmt nicht mich wählen, und wer von den Mietern SPD gewählt hat, wird nicht mir zuliebe CSU wählen. Es geht um die Gerechtigkeit und sonst nichts.
({2})
Die Aussprache ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung. Ich rufe die Art. 1, - 2, - 3, - Einleitung und Überschrift auf. - Wer den aufgerufenen Artikeln, der Einleitung und der Überschrift zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Die Gegenprobe! - Das erste war die Mehrheit; die aufgerufenen Artikel,
Vizepräsident Schoettle
die Einleitung und die Überschrift sind angenommen.
Wir treten in die
dritte Beratung
ein. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Dann kommen wir zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. - Danke. Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit. Das Gesetz ist auch in der Schlußabstimmung angenommen.
Ich rufe Punkt 19 auf:
a) Erste Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die wirtschaftliche Förderung der Ausbildung
- Drucksache V/2416 -
b) Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Ausbildungsförderung
- Drucksache V/3090 -
c) Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/ CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Förderung der Ausbildung ({0})
- Drucksache V/ 3554 Ich frage, ob die Gesetzentwürfe begründet werden sollen. - Das ist offenbar der Fall. Dann hat, da der Gesetzentwurf der Fraktion der FDP an erster Stelle steht, der Abgeordnete Moersch das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die wirtschaftliche Förderung der Ausbildung durch die öffentliche Hand ist ein wesentlicher Teil der Verwirklichung des sozialen Rechtsstaates. Unter diesem Aspekt hat die Fraktion der Freien Demokraten diesem Hohen Hause vor einem Jahr einen Gesetzentwurf vorgelegt, der den Fraktionen Gelegenheit gibt, sich in diesem Hohen Hause zu neuen Grundsätzen der Ausbildungsförderung zu bekennen. Seit dem Jahre 1959 gibt es den Auftrag an die Bundesregierung, der damals vom Deutschen Bundestag gegeben worden ist, eine gesetzliche Regelung der Ausbildungsförderung vorzulegen.
({0})
Meine Damen und Herren, könnten wir mit Rücksicht auf den Redner wenigstens die Unterhaltungen im Saale unterlassen? - Ich bitte fortzufahren.
Diesem Auftrag ist die Bundesregierung bis zum heutigen Tage nicht nachgekommen. Wir begrüßen es dennoch, daß die Fraktionen der SPD und der CDU inzwischen ebenfalls Gesetzentwürfe eingebracht haben, nachdem der sozialdemokratische Gesetzentwurf von 1962 damals an verfassungsrechtlichen Bedenken gescheitert war.
Es ist oft gesagt worden - ich halte das einfach für eine Generalausrede derer, die das ganze Gesetz nicht wollen -, daß die Verfassungsfrage unüberwindlich sei. Wir haben es nun erleben müssen, daß nach dem Einreichen des Gesetzentwurfs der FDP der Druck der öffentlichen Meinung so stark wurde, daß offensichtlich die Verfassungsfrage doch positiv im Sinne einer Bundesgesetzgebung geklärt werden kann.
Die Freien Demokraten haben mit der Begründung dieses Gesetzentwurfs gern gewartet, bis CDU und SPD ihre Entwürfe fertiggestellt hatten. Daß der CDU-Entwurf so spät kommt, macht die Debatte im einzelnen heute etwas schwierig. Wir glauben aber, daß damit doch der Wille des Hohen Hauses dokumentiert worden ist, insgesamt noch in dieser Wahlperiode eine Gesetzgebung abzuschließen. Wir stellen auch mit einiger Freude fest, daß sich die Fraktion der Christlich-Demokratischen Union inzwischen den Grundvorstellungen der Mehrheit dieses Hauses, bestehend aus Freien Demokraten und Sozialdemokraten, über die Ausbildungsförderung angepaßt hat. Das ist ein wesentlicher Fortschritt.
({0})
- Wenn ich die Zwischenrufe der Kollegen von der CDU höre, Herr Dr. Martin, halte ich es doch für ganz nützlich, Ihnen einmal in die Erinnerung zurückzurufen, was Ihr Sprecher in der 36. Sitzung des 4. Deutschen Bundestages von sich gegeben hat, und zwar durchaus im Sinne einer Abwertung einer derartigen Gesetzesvorlage. Damals sprach er gegen den sozialdemokratischen Gesetzentwurf. Dieser Sprecher der CDU hat gesagt
({1})
- Ihre Neugier wird gleich befriedigt, Herr Dr. Martin -: Die nachhaltigste Förderung der Jugend liegt u. a. -
Herr Abgeordneter Moersch, ich bitte, zu erwägen, ob der Ausdruck, jemand habe etwas von sich gegeben, ganz den Gepflogenheiten dieses Hauses entspricht.
({0})
Herr Präsident, ich nehme diesen Hinweis gerne an. Ich möchte sagen: er hat folgende Stellungnahme von sich gegeben. Der Sprecher hat damals gesagt:
Die nachhaltigste Förderung der Jugend liegt u. a. in einer richtigen und folgerichtigen Wirtschaftspolitik, die der Jugend aus sich heraus und auch mit der Hilfe von Staat und Gesellschaft Chancen gibt. ... Noch niemals hat eine junge Generation in unserem Lande durch die wirtschaftliche Situation, verbunden mit der Staatshilfe, so reiche Möglichkeiten, weitgehend unabhängig von der sozialen Herkunft, im
beruflichen Leben gehabt wie die heutige junge Generation.
({0})
- Herr Niederalt, dieser Satz stimmt, sagen Sie. Er wurde damals gesprochen gegen eine solche Gesetzesvorlage. Und wenn Sie den nächsten Satz hören, werden Sie mir zugeben, daß er anders gemeint war, als Sie es heute wahrhaben möchten.
({1})
Der Redner hat nämlich hinzugefügt, er befürchte, daß bei einer fast unbegrenzten Breitenförderung eine negative Veränderung des Bildes unserer Hochschulen eintreten werde. Ich glaube, in diesem Satz liegt die ganze Skepsis gegenüber der Ausbildungsförderung der CDU/CSU-Fraktion von 1962 beschlossen. Der Redner war übrigens der damalige Haushaltssprecher der CDU für dieses Gebiet, der jetzige Bundesforschungsminister Dr. Stoltenberg.
Sie sehen also, daß sich die CDU inzwischen offensichtlich hat überzeugen lassen müssen, daß jetzt jedenfalls nicht mehr laut das Argument gebracht wird, man könne eine Breitenförderung nur um den Preis einer Niveausenkung der Hochschulen - das war doch gemeint - vornehmen. Daß sich die öffentliche Meinung, das öffentliche Bewußtsein inzwischen so stark verändert hat, daß auch die CDU/CSU-Fraktion davon Kenntnis nehmen mußte, verdanken wir, glaube ich, im wesentlichen auch den Rufen, die etwa Georg Picht, Frau Hamm-Brücher und später in einer Untersuchung Professor Dahrendorf an uns gerichtet haben.
({2})
- Herr Dr. Martin, Sie können ja nachher das Wort nehmen
({3})
- das würde ich sehr wünschen - und dazu Stellung nehmen. Jedenfalls steht doch fest, daß Ihnen von der CDU/CSU ohne die publizistischen Vorstöße der hier Genannten und ohne die wissenschaftlichen Untersuchungen der Tübinger Soziologie offensichtlich die Einsicht in die Notwendigkeit einer Ausbildungsförderung als Voraussetzung der Verwirklichung des Verfassungsgebots der Gleichheit der Bildungschancen schwergefallen wäre. Das ist doch wohl der entscheidende Gesichtspunkt. Das hat sich nämlich seit 1962 ereignet. Sonst wäre ja nicht zu verstehen, daß sich jetzt die Meinungen bei Ihnen so geändert haben.
Den Zweck unseres Gesetzentwurfs kann ich in wenigen Sätzen umreißen. Es soll dadurch die freie Berufswahl gefördert und erleichtert werden, es soll nach Eignung, Neigungen und Leistungen gefördert werden. Die materiellen Folgen sind einmal persönlicher Art, zum anderen volkswirtschaftlicher Art. Das ist unbestritten, das brauche ich hier nicht mehr auszuführen. Aber ich denke, wir sollten ganz besonderen Wert auch auf die Konsequenz einer vernünftigen Ausbildungsförderung im Gebiet der politischen Bildung und damit, in der Konsequenz, für unsere Demokratie überhaupt legen. Ein höheres Bildungsniveau insgesamt, in allen Bereichen, kann der Stabilität der Demokratie nur dienen.
Wir haben bei unserem Gesetzentwurf versucht, eine klare Abgrenzung auch in familienpolitischer Hinsicht vorzunehmen. Wir haben ja deshalb auch Gesetzesänderungen bei der Einkommensteuer und anderen entsprechenden Steuern vorgeschlagen. Wir gehen davon aus, daß es in diesem Zusammenhang in drei Bereichen Familienpolitik geben muß: daß man einmal die Familienhilfe hat - im wesentlichen bei der Familiengründung -, zweitens den Familienlastenausgleich wirtschaftlicher Art, dort, wo schulpflichtige Kinder vorhanden sind, und daß die dritte Kategorie der Förderung die familienentlastende Förderung zu sein hat, die wir mit unserem Gesetzentwurf vorschlagen.
Es ist gerade gegen diese familienentlastende Förderung von interessierter Seite manches eingewandt worden, und zwar von beiden Seiten, sowohl von der konservativen als auch von der progressiven Seite. Es ist eingewandt worden, daß von der Volljährigkeit an eine Familienabhängigkeit grundsätzlich auszuschließen sei. Es wird deshalb auch eine Art Studienhonorar verlangt, oder wie immer Sie das nennen wollen, jedenfalls ein voller Ausgleich für mangelndes eigenes Einkommen für den Bereich der Ausbildung von Volljährigen.
Wir von der FDP sind uns darüber im klaren, daß hier für erwachsene Menschen das Problem der Unabhängigkeit in hohem Maße berührt wird, und zwar der Unabhängigkeit bei der Berufswahl und der Unabhängigkeit auch vom Elternhaus. Ohne Zweifel gibt es Fälle, in denen etwa die Wahl des Studienfaches bei den Volljährigen von dem elterlichen Wunsch abhängig gemacht wird, oder bei der Unterstützung des weiteren Studiums darauf Wert gelegt wird, daß der Berufswunsch der Eltern für die Kinder respektiert wird. Es gibt auch Eingriffe von elterlicher Seite, nämlich Drohungen, etwa Drohungen mit Entzug der finanziellen Unterstützung des Studiums bei einer politischen Betätigung, die nicht im Sinne des Vaters oder der Mutter liegt. Wir haben solche Fälle und auch solche Drohungen. Wie hoch der genaue Prozentsatz solcher Differenzen und Schwierigkeiten mit dem Elternhaus bei volljährigen Studenten ist, läßt sich schwer abschätzen.
Wir haben dennoch davon abgesehen, die absolute Elternunabhängigkeit bei der Studienförderung im Gesetzentwurf niederzulegen, und zwar aus zwei Gründen. Dabei ist der materielle Grund der weniger gravierende. Zweifellos hätte das sehr hohe Kosten verursacht. Aber das wäre dann politisch zu entscheiden gewesen. Wir glauben aber, daß in einer weit überwiegenden Zahl von Fällen diese Schwierigkeit zwischen Elternhaus und erwachsenen Studenten nicht besteht, daß es in den meisten Familien durchaus das Gefühl der Verpflichtung zur finanziellen Unterstützung der Studierenden gibt und daß in den meisten Fällen die Berufwahl eben nicht vom Elternhaus beeinträchtigt wird, auch nicht die
freie politische Betätigung. Es gibt auch solche Beispiele in reicher Zahl, gerade in meiner Heimat.
Wenn wir so vorgegangen wären, wie uns manche Kritiker empfehlen, hätten wir einen Zustand gesetzlich fixiert, der offensichtlich nicht üblich ist. Wir hätten dann die Situation der Minderheit zur allgemeinen Situation gemacht. Wir haben sehr reiflich überlegt, in welcher Form man auch dem Verlangen nach Unabhängigkeit in der Berufswahl und in der politischen Betätigung eines Studenten entsprechen kann.
Wir haben deshalb - darauf weise ich in der Begründung besonders hin - im § 17 unseres Gesetzentwurfs eine Klausel geschaffen, die es dem einzelnen Studenten erlaubt, den Rechtsanspruch gegenüber den Eltern an die öffentliche Instanz abzutreten, so daß nicht der Student selber mit den Eltern über diese Frage verhandeln muß. Dann muß der Förderausschuß unter Abwägung der dort gegebenen Möglichkeiten entscheiden. Wir halten das für einen Vorschlag, den man einmal praktizieren sollte. Falls sich herausstellen sollte - was ich nicht glaube -, daß es mehr und mehr zu unzuträglichen Verhältnissen zwischen Eltern und erwachsenen Studenten kommt, müßte selbstverständlich der Gesetzgeber später daraus die Konsequenz ziehen. Ich glaube aber, daß mit unserem Vorschlag allen Bedenken, die aufgetreten sind, Rechnung getragen werden kann.
Ich darf weiter darauf verweisen, daß wir in unserem Entwurf - anders als die übrigen Entwürfe - ein System der gleitenden Anpassung an die Einkommenslage des Vaters oder der Familie gefunden haben. Das klingt im Entwurf zunächst etwas kompliziert. Ich werde aber dem Ausschuß eine bereits fertige Tabelle vorlegen können, aus der Sie dann ersehen, daß diese Anrechnung der elterlichen Einkommen wesentlich einfacher ist, als die Berücksichtigung von Beträgen bei der Lohnsteuertabelle es heute ist. Man kann also mit relativ einfachen Methoden selber feststellen, welchen Förderbetrag der einzelne in Anspruch nehmen kann.
Lassen Sie mich zum Schluß der Begründung doch ein paar Worte zu der Polemik sagen, die in diesem Hause in den letzten Monaten wiederholt gerade gegen den FDP-Entwurf zur Ausbildungsförderung von Sprechern der Regierung und vor allem der CDU/CSU vorgetragen worden ist. Unter anderem hat der Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU kürzlich wieder einmal falsche Zahlen hinsichtlich der Kosten ins Spiel gebracht, Zahlen, die durch nichts begründet sind und die in die Milliardenhöhe gehen.
Ich kann Ihnen heute sagen: wenn der CDU-Entwurf so verwirklicht wird, wie er - ohne den Vorbehalt am Ende - zunächst vorgelegt worden ist, kostet er die Staatskasse wesentlich mehr, als der FDP-Entwurf kostet. Sie haben nämlich in Ihren Entwurf nicht die Berücksichtigung des Kindergeldes - wir haben das vorgenommen - und den Wegfall steuerlicher Vergünstigungen eingebaut, wenn eine Ausbildungsförderung in Anspruch genommen wird. Wir sind jedenfalls bei unserem Entwurf, was die materielle Seite betrifft, äußerst vorsichtig zu Werke gegangen. Wir haben vor Monaten Zahlen vom Finanzministerium bekommen, als man noch nicht die Absicht hatte, sie polemisch gegen uns auszuwerten, die um einige hundert Millionen DM niedriger liegen als die später genannten. Ich halte diese zuerst genannten Zahlen für richtig. Die zusätzliche Haushaltsbelastung wird nur wenige hundert Millionen DM betragen. Dabei müssen Sie vor allem in Rechnung stellen, daß das sogenannte Pennälergehalt nicht gänzlich abgeschafft werden sollte, sondern daß es nur gerechter verteilt werden sollte. Das war ja wohl der Sinn der Sache, und das müssen Sie bei diesen Berechnungen bedenken.
Zu den anderen Entwürfen wird gesagt, mit ihnen werde auf die Haushaltssituation Rücksicht genommen. Ich möchte Ihnen, meine lieben Kollegen von der Koalition, sagen, daß Sie überhaupt kein Gesetz zu machen brauchen, wenn Sie sich von der jeweiligen Haushaltssituation abhängig machen wollen. Wenn Sie dem Verfassungsgebot der Chancengleichheit Rechnung tragen wollen, dann müssen Sie auch den Mut haben, hier klare Zahlen für die Ausbildungsförderung zu nennen. Wenn Sie das aber von der jeweiligen Finanzsituation abhängig machen wollen, dann machen Sie sich in Wahrheit von dem abhängig, was eine andere Mehrheit möglicherweise als politisch vordringlich ansieht. Selbstverständlich können Sie im Haushalt die Mittel finden, wenn Sie den Mut haben, dafür andere Dinge nicht zu tun, die offensichtlich viele von Ihnen auch tun wollten. Wenn das Wort von der Priorität einen Sinn hat, dann nur, daß eine Sache den Vorrang hat, nicht aber daß zwei, drei oder vier Dinge den Vorrang haben. Wenn aus politischen Gründen das Bundeskabinett anderen Fragen den Vorrang gibt, dann sollte man hier im Plenum nicht den Eindruck erwecken, daß die Bildungsaufgaben den Vorrang hätten. An dieser präzisen Frage entscheidet sich, was in dieser Regierungskoalition am Ende wirklich den Vorrang haben wird.
Deshalb sind wir nicht dafür, daß man mit Gleitklauseln und mit Vertröstungen auf die Zukunft arbeitet. Wir plädieren dafür, daß man hier klare Entscheidungen bildungspolitischer Art trifft. Sicher müssen diese Entscheidungen auch sozialpolitisch begründet sein und unsere Vorstellungen von künftiger Familienpolitik enthalten, wie ich sie in der Dreiteilung skizziert habe.
Sie stehen also mit diesem Gesetzentwurf in der Tat vor einer Entscheidung. Die Verwirklichung dieser Vorstellungen kann auf Kosten anderer politischer Vorhaben gehen, die Sie sich vorgenommen hatten. Das müssen Sie wissen. Sie werden in diesem Hause dann Gelegenheit haben, Ihr Votum entsprechend zu begründen.
Daß die Beratung der Gesetzentwürfe nicht ganz ohne Komplikationen vor sich gehen wird, darf ich zum Schluß anmerken. Es ist mir klar, daß von dem, was in unserem umfassenden Entwurf vorgesehen ist, mehrere Ausschüsse berührt werden. Unter anderem sind auf Grund unseres Entwurfs in erhebMoersch
lichem Umfange steuerrechtliche Vorschriften zu ändern. Ich glaube aber, daß man mit gutem Willen - den setzte ich allerdings als notwendig voraus - auch diese vielfältigen Ausschußberatungen in angemessener Zeit erledigen kann.
Ich hoffe, daß dabei die Frau Bundesminister für Familie und Jugend dieses Hohe Haus mit ihrem Ministerium tatkräftig unterstützt und daß sie auch in der Lage sein wird, das Finanzministerium und die anderen Ministerien, die vielleicht ganz anderer Meinung als die Antragsteller in diesem Hause sind, von der Vernunft unserer Vorlage zu überzeugen. Wir bedauern, daß in diesem Hohen Hause keine Regierungsvorlage hierzu eingebracht worden ist. Wir hoffen um so mehr, daß dieses Hohe Haus auf Grund der umfassenden Vorlage der Freien Demokraten seine Entscheidung treffen wird.
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Meine Damen und Herren, ehe ich das Wort weitergebe, darf ich Sie unterrichten, daß wir noch etwas mehr als 20 Punkte auf der Tagesordnung haben. Wir haben keine Beschränkung der Redezeit. Aber ich möchte Sie doch mit einer technischen Neuerung vertraut machen: Wir haben eine Minutenuhr. Wenn die Damen und Herren Redner einen Blick nach links werfen, können sie jederzeit sehen, wieviel Minuten sie schon gesprochen haben.
Das Wort hat Frau Abgeordnete Freyh.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach dem Blick auf die Minutenuhr möchte ich mit der Begründung des Gesetzentwurfs Drucksache V/3090, den die sozialdemokratische Bundestagsfraktion bereits am 26. Juni 1968 vorgelegt hat, in der ersten Lesung beginnen.
Erstmalig liegen ja - darauf hat bereits mein Vorredner hingewiesen - auch von den beiden anderen Fraktionen eigene Entwürfe vor. Die Aktivität der FDP auf diesem Gebiet ist neueren Datums. Die CDU/CSU-Fraktion hat bereits früher Entwürfe erörtert, ohne sich allerdings bisher jemals zu einer Einbringung entschließen zu können. Bei dem Entwurf der CDU/CSU-Fraktion ist der gravierende Unterschied zu früheren Überlegungen, daß die Studentenförderung nach dem Honnefer Modell und andere, analoge Förderungen jetzt in den Mittelpunkt der Überlegungen gerückt werden, während sie früher generell ausgeklammert blieben. Außerdem ist die Verwandtschaft mit dem letzten Entwurf des federführenden Ressorts, des Bundesministeriums für Familie und Jugend, unverkennbar.
Unser Entwurf schließt sich in den Grundsätzen dem bereits 1962 eingebrachten Entwurf eines Ausbildungsförderungsgesetzes der SPD-Fraktion an und sieht für das Inkrafttreten in § 28 von vornherein einen Zusammenhang mit den Möglichkeiten seiner Finanzierung in der Fortschreibung der mittelfristigen Finanzplanung vor. Die Mittel, die für den Zeitraum von 1970 bis 1972 vorgesehen sind, lassen allerdings zunächst nur das gesetzliche Inkrafttreten einer ersten Stufe zu.
Einige wenige Bemerkungen zum Inhalt dieses Entwurfs, wobei ich im übrigen auf Einzelbestimmungen des Entwurfes selbst verweisen möchte. Leistungen sollen für diejenigen gewährt werden, die für den gewählten Ausbildungsgang geeignet sind und nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen oder mit Hilfe ihrer Familien nach Beendigung der Vollzeitschulpflicht den Besuch staatlicher oder staatlich anerkannter Ausbildungsstätten bestreiten können.
Wir stehen hier nun heute, sechs Monate vor Beendigung der eigentlichen Arbeitszeit des Parlaments, in der ersten Beratung eines immerhin wichtigen Gesetzentwurfs. Es ist sicherlich zu begrüßen, daß wir überhaupt heute Gelegenheit haben, in diese erste Lesung einzutreten, denn noch vor kurzer Zeit war ja zu befürchten, daß das erst zu einem späteren Zeitpunkt möglich sein würde und wir damit in große Zeitbedrängnis geraten würden; denn bekanntlich ist ja in den letzten Monaten keine Einigung über die erste Lesung der SPD- und FDP-Entwürfe erfolgt, und auch der Ressortentwurf der Regierung konnte nicht rechtzeitig abgeschlossen werden. Um so mehr freuen wir uns natürlich, daß wir die Beteiligten nun endlich von der Dringlichkeit der Aufnahme der Beratungen überzeugen konnten. Die Einsicht der Beteiligten ist auch deshalb um so höher zu bewerten, weil ich meine - das möchte ich auch noch näher ausführen -, daß es bei konzentrierter Arbeit durchaus möglich ist, diesen Gesetzentwurf noch in dieser Legislaturperiode zu verabschieden.
Nach Lage der Dinge ist also kein Regierungsentwurf mehr zu erwarten. Das bedeutet aber in der Konsequenz für das Parlament, daß es jetzt selbst die Verantwortung für einen Abschluß in den nächsten sechs Monaten übernimmt. Das bedeutet auch, daß wir die Erwartungen der interessierten Öffentlichkeit nach den jahrelangen Erörterungen erfüllen müssen.
Die Ausgangslage besteht aber nicht nur in diesem Zwang zu einer sachgerechten und auch raschen Beratung, sondern sie hat auch einige - für meine Begriffe - positive Akzente, nämlich die weitgehende Übereinstimmung der Fraktionen, die trotz einzelner Differenzen sicherlich in den Grundüberlegungen besteht. Wenn man die in den Fraktionen seit Jahren besonders Engagierten befragte, warum sie überhaupt eine Ausbildungsförderung für erforderlich halten, wäre nach all den Äußerungen, die wir inzwischen gegenseitig voneinander gelesen haben, die Übereinstimmung sicherlich frappierend. Es geht um die in der Verfassung garantierte freie Wahl der Ausbildungsstätte, es geht für uns alle um die Sicherung einer den Fähigkeiten des einzelnen entsprechenden ausreichenden Lebensgrundlage, es geht um die Gleichheit der Startchancen ohne wirtschaftliche Beeinträchtigung, um die Beseitigung des Bildungsdefizits bestimmter sozialer Gruppen und schließlich nicht zuletzt um die Bedeutung qualifizierten Nachwuchses für das wirtschaftliche Wachstum einer hochindustrialisierten Gesellschaft.
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Viele Streitpunkte, die uns in der Vergangenheit belastet haben, sind heute ausgeräumt, so z. B. der Streit um die traditionelle oder moderne Auslegung des Begriffs der öffentlichen Fürsorge oder Sozialhilfe durch das Bundesverfassungsgericht in einem Urteil des letzten Jahres. In dieser Weise hat übrigens auch der Entwurf der SPD-Fraktion in der letzten Legislaturperiode bereits zugunsten eines modernen und zeitgerechten Sozialhilfebegriffs als Grundlage dieses Entwurfes argumentiert. Die verfassungsrechtliche Situation ist darüber hinaus durch die Zustimmung, die die Regierung der Großen Koalition für eine Ergänzung der konkurrierenden Gesetzgebung von den Ländern erhalten hat, geklärt.
Sie mögen nun aber vielleicht einwenden, daß das zunächst einmal nur das ist, was uns in großen Zügen verbindet und was wir in großen Zügen für diese Arbeit vorfinden, daß aber die Schwierigkeiten im Detail liegen werden. Das mag vielleicht in mancher Hinsicht zutreffen, aber die Abstimmung der unterschiedlichen Auffassungen muß meines Erachtens auch aus der Kenntnis, die wir von unseren Auffassungen über Jahre hinaus untereinander gewonnen haben - das gilt für alle Fraktionen -, nicht notwendig in einem fruchtlosen Streit enden.
Zunächst stehen wir ja alle vor der Aufgabe der Einpassung unserer Überlegungen in die mittelfristige Finanzplanung. Gemessen an den Gesamtkonzeptionen, die jede der drei Fraktionen vorgelegt hat, wird das ein Umdenken gegenüber der ursprünglichen Konzeption bedeuten. Die Ausbildungsförderung wird nur stufenweise zu verwirklichen sein. Im Entwurf meiner Fraktion bieten sich dafür bereits einige Ansatzpunkte. Abgesehen von dem schon erwähnten § 28, der die generelle Einpassung in die mittelfristige Finanzplanung und ihre Mittelbereitstellung vorsieht, sind im § 8 auch bereits Ansätze für eine Differenzierung zwischen längerdauernden und kürzerfristigen Ausbildungen vorgesehen, die sich sicherlich für das stufenweise Inkrafttreten ausbauen lassen.
Die in der letzten Zeit so außerordentlich in den Vordergrund gerückte polemische Erörterung der Kostenfrage war unseres Erachtens besonders im Zusammenhang mit der bei uns vorgesehenen Einpassung überflüssig; vielleicht war sie sogar bedenklich. Wir sollten unter diesen Gesichtspunkten die Tatsache besonders hoch bewerten, daß sich die Bundesregierung trotz dieser Polemik über Größenordnungen und Kostenschätzungen bereit gefunden hat, in die mittelfristige Finanzplanung Mittel einzusetzen.
Nach unseren Feststellungen, die auf Zahlenmaterial beruhen, das uns leider erst seit ganz kurzer Zeit bekannt ist, ist außerdem anzuzweifeln, daß die in der Öffentlichkeit verbreiteten Größenordnungen tatsächlich zutreffen. Es gibt da eine ganze Reihe von Diskrepanzen; ich möchte nur zwei kurz andeuten. Zum Beispiel ist für den Bereich der weiterführenden und allgemeinbildenden Schulen für unseren Gesetzentwurf eine Kostenschätzung von 1,6 Milliarden DM vorgesehen. Wenn man sich von der Bildungsstatistik her einmal die Größenordnung der Schüler in diesem Bereich betrachtet, dann kommt man auf 530 000, und wenn man das umlegt, müßte jeder dieser Schüler, also noch nicht etwa nur ein gewisser Prozentsatz, mindestens 250 DM monatlich erhalten. Und dieser Satz von 250 DM übertrifft bei weitem das, was wir ohnehin für diese Stufe als Lebensunterhalts- und Ausbildungsbedarf in unserem Entwurf vorgesehen haben.
Zweifel gelten vielleicht auch für die Unterstellung des Prozentsatzes für die Stufe der Studentenförderung und der analogen Förderungen, wo man davon ausgegangen ist, daß der Anteil der Einzubeziehenden 54 % beträgt. Wir wissen aber, daß augenblicklich nach dem Honnefer Modell nur 20 % gefördert werden, und die Einkommensgrenzen und die eigentlichen Förderungsmittel liegen z. B. nach dem CDU-Entwurf ungefähr in der Höhe des Honnefer Modells, so daß also auch da ein Widerspruch noch aufzuklären sein wird.
Die Einpassung in die mittelfristige Finanzplanung - wenn ich nach diesem Einschub noch einmal darauf zurückkehren darf - wird sicherlich zu pragmatischen Erörterungen Anlaß geben und auch zum effektiven Einsatz der vorhandenen Mittel und damit vielleicht im Ergebnis bedeuten, daß von hier ein Zwang zur Versachlichung der Arbeit durchaus unterstellt werden muß. Aber für die Versachlichung unserer Arbeit in den Ausschüssen wird auch die Übereinstimmung in der Systematik der Entwürfe sprechen. Dafür wird ferner sprechen, daß die CDU/CSU-Fraktion sich in ihrem Antrag hinsichtlich der Leistungen und Freibeträge weitgehend der Honnef-Ebene angenähert hat und daß damit frühere Differenzen wesentlich vermindert worden sind. Wir werden in den Ausschußberatungen Gelegenheit haben, manche Auffassungsunterschiede zum erstenmal gemeinsam zu erörtern und die Motive der anderen näher zu würdigen.
Schließlich wird diese Versachlichung dadurch erleichtert werden, daß sich das Klima der Zusammenarbeit mit dem federführenden Ministerium im Zusammenhang mit dem Wechsel in diesem Ministerium in den letzten Wochen für uns sehr verbessert hat und wir wohl mit Zuversicht auf eine zukünftige Phase der Zusammenarbeit blicken können. Sicher wird es allerdings auch Auffassungsunterschiede geben, über die man länger diskutieren muß, die aber letzten Endes dann im Laufe der Ausschußarbeit entschieden werden müssen. Aus der Sicht des Entwurfs meiner Fraktion mag das vor allem für einige Punkte gelten, die ich hier kurz nacheinander anführen möchte.
Da ist einmal die Frage der Einbeziehung der jetzt im Arbeitsförderungsgesetz vorgesehenen Regelung der Lehrlingsförderung, die erfolgen soll, damit keine künstlichen Schranken zwischen praktischer und übriger Ausbildung aufgerichtet werden.
Da ist ferner die Frage der Bewertung der Erwerbsarbeit beider Eltern in den Freibeträgen, die das Gesetz fixieren muß. Dabei sollte berücksichtigt werden, daß die Mitarbeit der Ehefrau in den für dieses Gesetz in Frage kommenden EinkommensFrau Freyh
schichten fast immer eine wirtschaftliche Notwendigkeit ist und häufig auch die fehlende Sicherung durch Vermögen oder Hausbesitz ersetzen muß.
Ein weiteres Problem ist die Entscheidung der Frage, ob die Belastung durch Darlehen an Stelle von Zuschüssen unter dem Gedanken der Gleichbehandlung der einen Gruppe, die in ein Ausbildungsförderungsgesetz einbezogen wird, und der anderen Gruppe, die die wirtschaftliche Sicherung allein durch die Familie erhält, gerechtfertigt ist und ob nicht hier berücksichtigt werden muß, daß ja für beide, auch für die wirtschaftlich aus der Familie gesicherte Gruppe, doch erhebliche öffentliche Mittel schon von vornherein aufgewandt werden.
Schließlich müßte das Problem der Anpassung der Bedarfssätze und Einkommensgrenzen an die wirtschaftliche Entwicklung überprüft werden. Dafür machen wir einen Vorschlag; in dem Entwurf der CDU/CSU-Fraktion ist dieses Problem nicht gelöst.
Ein Letztes in dieser kleinen Sammlung der Punkte, über die man sich unserer Auffassung nach länger unterhalten muß: auch die Beteiligten und Betroffenen sollten an der Ausgestaltung der Ausbildungsförderung mitwirken.
Aber nun möchte ich im zweiten Teil meiner Begründung auf den zu Beginn der kommenden Ausschußberatungen sicherlich bedeutungsvollsten Punkt zu sprechen kommen, nämlich auf die uns abverlangte Entscheidung über die Stufe, mit der die Ausbildungsförderung beginnen soll. Für die sicherlich ganz am Anfang liegenden Auseinandersetzungen und Diskussionen darüber sind einwandfreie Kostenschätzungen erforderlich. Bedauerlicherweise ist schon jetzt erkennbar geworden, daß die Vorbereitungen für die Beschaffung von verwendbarem statistischem Material nicht in dem Umfang getroffen worden sind, wie es erforderlich gewesen wäre. Zum Beispiel gibt es eine Einkommens- und Verbrauchsstichprobe, nur aus einem Zeitraum, der schon lange zurückliegt. Eine Stichprobe neueren Datums ist erst zu einem künftigen Zeitpunkt zu erwarten. Leider gibt es - was nahegelegen hätte - z. B. auch keine Zusatzerhebung zum Mikrozensus, die die Ausbildungseinrichtungen differenzierter berücksichtigt hätte und damit auch die Übertragbarkeit der Ergebnisse des Mikrozensus sicherer gemacht hätte, wenn es darum geht, die vorgelegten Gesetze, was die Höhe ihrer Kosten angeht, einzuschätzen.
Ich darf nun zu der eigentlich politischen Frage in der Entscheidung über diese erste Stufe kommen. Diese Entscheidung ist offen nach dem Entwurf der SPD-Fraktion und auch - das darf ich hier einmal unterstellen - nach dem der FDP-Fraktion. Beide Fraktionen haben ihre Entwürfe bekanntlich zu einem Zeitpunkt eingebracht, als der Umfang der in der mittelfristigen Finanzplanung bereitgestellten Mittel noch nicht bekannt war. Aber auch die CDU/CSU-Fraktion hat in ihrer Presseerklärung zur Einbringung ihres Entwurfs am 27. November 1968 eine Feststellung getroffen, die ich mit Genehmigung des Herrn Präsidenten kurz zitieren möchte. Dort heißt es:
Darüber, mit welcher Stufe begonnen werden soll, wird im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens zu entscheiden sein.
Das heißt also, daß nicht nur am Anfang der Ausschußberatungen der Zwang zu einer Verständigung stehen wird, sondern daß wir in die Beratungen auch mit einer Offenheit der Standpunkte glauben hineingehen zu können.
Für meine Fraktion möchte ich nun zur Wahl der ersten Stufe einige Bemerkungen machen. Die Entscheidung sollte unter Gesichtspunkten getroffen werden, die die zusätzlich vorhandenen Mittel für Ausbildungsförderungsmaßnahmen so wirksam wie möglich einsetzen lassen. Aber ich möchte auch in Erinnerung rufen, daß zu solchen Zielsetzungen die z. B. vom Herrn Bundesfinanzminister anläßlich der Beratung der Finanzplanung des Bundes für die Jahre 1968 bis 1972 in diesem Hause erneut vorgetragenen Leitgedanken berücksichtigt werden müssen, Leitgedanken, die der Umstrukturierung der Gesamtausgaben des Bundes zugunsten einer Verstärkung der investiven und wachstumsfördernden Ausgaben Rechnung tragen. Damals ist in dem Katalog, der vorgetragen worden ist, unter dem Gesichtspunkt der wachstumsfördernden Ausgaben auch die Ausbildungsförderung erwähnt worden. Man darf unterstellen, daß diese Einschätzung der Ausbildungsförderung die Bundesregierung veranlaßt hat, sie trotz der nur beschränkt für zusätzliche Maßnahmen vorhandenen Mittel mit einzubeziehen in die Planung für die Jahre 1970 bis 1972.
Es ist nun die Frage, wie diese Zielsetzung zu erreichen ist. Besonders stellt sich meines Erachtens die Frage, ob sie dadurch zu erreichen ist, wie es der CDU/CSU-Entwurf in § 39 vorsieht, daß man im wesentlichen Regelungen, die bereits heute bestehen, wie z. B. die Studentenförderung nach dem Honnefer Modell und die analoge Förderung der Länder für Ingenieurschulen, pädagogische Akademien, aber auch Wirtschaftshochschulen, einfach in einem Bundesgesetz kodifiziert und ihre Kosten sozusagen umverteilt, ohne daß tatsächlich neue Aufgaben mit wachstumsförderndem Charakter in Angriff genommen werden. Hier bestehen nach unserer Auffassung Zweifel, zumal ja eine solche Regelung, wie sie mit der Kodifizierung und Umverteilung der Förderung von Honnef in einem Bundesgesetz vorgesehen würde, bereits seit etlichen Jahren besteht: für das Honnefer Modell seit 1957, für die Ingenieurschulen, die pädagogischen Ausbildungsstätten, die Kunst- und Musikhochschulen seit 1959 und für die Wirtschaftsfachschulen seit 1966. Ein zusätzlicher wachstumsfördernder Effekt muß also unter diesen Umständen bei einer Wahl dieser Stufe für die erste Phase der Ausbildungsförderung bezweifelt werden, weil hier im wesentlichen Förderungsmaßnahmen nur in der Zuständigkeit und der Kostenbelastung, wie ich eben schon andeutete, umverteilt würden, die bisher Bund und Länder wahrgenommen haben.
Diese wachstumsfördernde Wirkung würde aber vermutlich erreicht werden, wenn man für die erste Stufe eine andere Gruppe auswählte. Wir meinen, daß sich beispielsweise für diese erste Stufe anbie10954
ten: die Berufsfachschulen, die Realschulen, die Gymnasien ab 10. Schuljahr und der zweite Bildungsweg bis zur Hochschulreife. Für diese Wahl sprechen eine ganze Reihe von Überlegungen Unter dem wachstumspolitischen Gesichtspunkt ist vielleicht zunächst zu sagen, daß in diesen Ausbildungsgängen bereits über Begabungsreserven und über die soziale Zusammensetzung in qualifizierten Berufen entschieden wird, daß also ein Zuwachs von dorther durchaus vernünftig, aber auch zu erwarten wäre, weil in diesen Ausbildungsgängen bestimmte Einkommensschichten wie die Arbeiterschaft, die Landbevölkerung und die Mädchen nach wie vor erheblich unterrepräsentiert sind.
Ich erwähne noch zwei andere Gesichtspunkte. In diesem Bereich sind auch die bisherigen Förderungsmaßnahmen am unzureichendsten und am uneinheitlichsten gewesen. Das dürfte mit dazu beigetragen haben, daß auch die Länder ihre Zustimmung zu einer Verfassungsergänzung gegeben haben.
Der nächste Gesichtspunkt: Bei diesen Ausbildungsstätten, Berufsfachschulen, Realschulen, Gymnasien, hat sich das sogenannte Pennälergehalt überwiegend als direkte Zuwendung ausgewirkt, weil es nicht wie beim Honnefer Modell und der Kategorienförderung als zusätzliches elterliches Einkommen verrechnet worden ist, sondern eben als direkte Geldleistung in Erscheinung trat. Der Wegfall dieser Ausbildungshilfe hat deshalb sicherlich in den unteren und mittleren Einkommensschichten und bei kinderreichen Familien Lücken hinterlassen. Ich meine, dadurch entsteht eine besondere Verpflichtung der Parteien, nachdem sie sich gemeinsam zu dem Schritt bekannt haben, die nach dem Gießkannenprinzip verteilte Hilfe wegfallen zu lassen.
Lassen Sie mich nun abschließend noch einmal ganz kurz zusammenfassen, was mir das Wesentliche für diese erste Lesung und für den Beginn der Ausschußberatungen, aber auch für ihren Abschluß zu sein scheint:
Die SPD-Fraktion hat aus ihrer Sicht mit dem heute vorgelegten Entwurf ihre bis in das Jahr 1959 zurückreichenden Bemühungen um eine Verwirklichung der Ausbildungsförderung fortgesetzt. Aus dieser Sicht begrüßt sie natürlich besonders, daß sich durch die Regierung der Großen Koalition Voraussetzungen schaffen ließen, um endlich die Möglichkeit zu einem Beginn, aber auch zu einer Verabschiedung in dieser Legislaturperiode zu erreichen.
Wir befinden uns ferner in einer relativ günstigen Ausgangslage. Gleichzeitig aber beschäftigen wir uns hier mit einer Frage, die nach unser aller Auffassung regelungsbedürftig ist und auch von der Öffentlichkeit als regelungsbedürftig angesehen wird. Wir müssen außerdem davon ausgehen, daß, da ein Regierungsentwurf nicht mehr zu erwarten ist, die Verantwortung für eine Verabschiedung noch in dieser Legislaturperiode lediglich beim Parlament liegen wird.
Schließlich wird, wie ich ja ausgeführt habe, eine Verwirklichung der Ausbildungsförderung zunächst nur in Stufen möglich sein,
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in Einpassung in die mittelfristige Finanzplanung, aber auf der Basis einer Gesamtkonzeption, in der festgelegt werden sollte - das wäre erstrebenswert -, in welcher Form Ausbildungsförderung in späteren Stufen verwirklicht werden soll. Die Auswahl dieser ersten Stufe sollte aber nicht nur unter Gesichtspunkten des effektiven Mitteleinsatzes, sondern auch unter Gesichtspunkten der Wachstumsförderung getroffen werden.
Und schließlich als Letztes: Eine Verabschiedung des Gesetzentwurfes in dieser Legislaturperiode ist nur erreichbar, wenn wir in den Ausschüssen nicht nur in sachlicher Weise verhandeln - ich habe schon angedeutet, daß ich annehme, daß die Verhandlungen sachlich sein werden -, sondern darüber hinaus die Ausschußarbeit auch in der Behandlung konzentrieren. Dieser Konzentration widerspricht eigentlich eine breite Mitberatung anderer Ausschüsse. Auch wir unterstellen, daß die Federführung des Familien- und Jugendausschusses unbestritten ist. Die Konzentration erreichen wir sicherlich am besten, wenn wir uns auch in der Zusammenarbeit der Ausschüsse darauf einstellen und nach Möglichkeit andere Ausschüsse weitgehend nur gutachtlich tätig werden lassen.
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Das Wort hat Frau Abgeordnete Pitz-Savelsberg.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die CDU/CSU bringt heute auch ihren_ Gesetzentwurf zur Förderung der Ausbildung - Drucksache V/3554 - ein. Es stimmt, was der Kollege Moersch von der FDP und Frau Freyh von der SPD gesagt haben, daß wir die letzten sind, die sich entschließen, einen derartigen Entwurf vorzulegen. Das schließt aber nicht aus, daß wir schon seit langem, eigentlich von Anfang an, seitdem dieses Problem aufkam, damit befaßt waren. Bedenken Sie, daß es hintereinander zwei Minister aus unserer Fraktion gab, die sich um diese Frage bemüht haben. Aber die Sache ist nie weitergekommen, weil sie schon in den Verhandlungen mit den Ländern scheiterte. Daß wir jetzt in der Lage sind, einen Gesetzentwurf vorzulegen, liegt wesentlich daran, daß die verfassungsrechtlichen Bremsen gelockert werden sollen, daß zumindest die Aussicht besteht, daß die verfassungsrechtlichen Bremsen im Hinblick auf die Übertragung der Kompetenz auf den Bund nach Änderung des Art. 74 Nr. 13 GG nicht mehr vorhanden sein werden.
Es wurde von Frau Freyh gesagt, daß wir den Entwurf der CDU/CSU in einer starken Anlehnung an den letzten Entwurf der Bundesregierung gestaltet haben. Es besteht aber doch ein wesentlicher Unterschied. Der Referentenentwurf hatte schon einen Ausschnitt, der. sich finanziell voraussichtlich verwirklichen ließ, als Gesetz vorgesehen. Wir bringen die Gesamtkonzeption, und wir bringen dann in § 39 den Ausschnitt, die Stufe, die wir zunächst verwirklichen zu können glauben. § 39 ist aber, wie ein Gesetzentwurf überhaupt, nur ein Angebot, nur
Frau Dr. Pitz-Savelsberg
sein Vorschlag, der zusammen mit den anderen Entwürfen in den Ausschüssen, die damit befaßt werden, schließlich und endlich zu einem Gesetz verarbeitet werden muß.
Zum FDP-Entwurf muß ich sagen, daß sich unser Entwurf im Umfang gegenüber jenem abgrenzt. Der FDP-Entwurf bezieht auch noch die Umschulung und die Fortbildung ein, die ja heute im Arbeitsförderungsgesetz berücksichtigt sind und die wir in das Ausbildungsförderungsgesetz, dessen Entwurf wir vorlegen, nicht mehr bezogen haben.
Die Sozialstaatlichkeit und die Verpflichtungen, die uns daraus erwachsen, sind hier bereits zitiert worden; ich brauche das gar nicht mehr zu erwähnen. Es besteht aber die Verpflichtung der Herstellung gleicher Chancen zwischen den Beziehern geringerer Einkommen und den Beziehern höherer Einkommen. Die Chancengleichheit ist eine Frage, die die Möglichkeit einer Berufsausbildung entscheidend beeinflußt. Diese Frage wird aber schon in den Jahren entschieden, in denen das Kind noch die Grundschule besucht. Aus diesem Grunde sind wir auch sehr auf die Mitwirkung der Eltern angewiesen. Ich sage das zu der Bemerkung des Kollegen Moersch; Sie wollen im wesentlichen abstellen auf die Volljährigkeit und die Unabhängigkeit des Auszubildenden von der Familie.
Eine zweite Gleichstellung muß erfolgen: Das Gefälle von einem Land zum anderen, das in der Ausbildungsförderung augenblicklich besteht, muß aufgehoben werden. Das ist nicht nur ein Gebot der Chancengleichheit aller Kinder in der Bundesrepublik, es ist auch eine Frage der Freizügigkeit.
Im Zusammenhang mit der individuellen Ausbildungsförderung muß man auch die andere Seite betrachten: die indirekte Förderung, die nach wie vor durch die Länder erfolgt, durch die Zurverfügungstellung der Einrichtungen, durch Schulgeld- und Lernmittelfreiheit, Zuschüsse zur Mensa und dergleichen mehr. Aber in einem modernen Staat, in dem wir darauf angewiesen sind, jede Begabung - jetzt sage ich einmal dieses häßliche Wort - auszunutzen oder im Interesse des Ganzen zur Geltung zu bringen, können diese allgemeinen indirekten Förderungen nicht mehr ausreichen. Wir müssen zu einer individuellen Förderung des einzelnen kommen, die sich auch spürbar bemerkbar macht.
Wir haben, nachdem die vielen Versuche, einen Gesetzentwurf auf den Tisch zu bringen - unser vorletzter Entwurf stammte von 1966, der letzte von 1968 - mißlungen waren, in dem Bemühen, dann in einer anderen Form eine Erleichterung zu schaffen, den Weg beschritten, eine Zulage zum auf die Volljährigkeit und die Unabhängigkeit des Kindergeld in den Fällen der Berufsausbildung zu beschließen. Das ist hier geschehen. Ich halte diese Lösung nach wie vor in Anbetracht der damaligen Schwierigkeiten für gut und richtig. Daß sie sich dadurch, daß sie plötzlich zurückgezogen wurde, so ungünstig auswirkte und daß viele, die sie bezogen haben, nun vor der Tatsache standen, daß hier eine Lücke entstand, war nicht die Absicht des Gesetzgebers. Das ist durch die späteren Beschlüsse entstanden, die wir nicht gewollt haben.
Immer ist aber auch von uns eine individuelle Ausbildungsförderung als die bessere Lösung angesehen worden. Wir haben damals die andere Lösung gewählt, weil eben die bessere Möglichkeit nicht zur Verfügung stand, wir uns aber verantwortlich glaubten, den Familien auf jeden Fall eine Hilfe in dieser Richtung zukommen zu lassen.
Wir dürfen aber nicht verkennen, daß es sich nicht nur um den einzelnen, um seine Förderung und seine Chancengleichheit handelt; auch die Gesamtsituation der Volkswirtschaft erfordert das. Das ist in einem der Gutachten der Sachverständigen zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung zum Ausdruck gekommen. Ich glaube, es war das Zweite Jahresgutachten, welches deutlich sagte, daß man noch soviel an Sachinvestitionen gewähren könne - gegen hohe Sachinvestitionen in die Wirtschaft wehren sich die Parlamente im allgemeinen nicht -, man aber dabei bedenken müsse, daß diese Sachinvestitionen nicht voll zum Tragen kämen, wenn man sich nicht gleichzeitig zu Investitionen in bezug auf den Menschen entschließe.
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Eine gute Ausbildungsförderung stellt eine gute und notwendige Investition dar. Wenn das versäumt wird, wenn wir das heute nicht tun, machen sich die Folgen eines solchen Versäumnisses nicht im nächsten Jahr, sondern in zehn Jahren bemerkbar, und dann sind sie irreparabel. Das ist mit einer der Gesichtspunkte, die uns leiten müssen.
Es ist nicht so, als ob wir bisher keine bundeseinheitliche Ausbildungsförderung, wenigstens auf einzelnen Gebieten, gehabt hätten. Der Bund hat immer schon in der sogenannten Kategorienförderung gefördert. Das sind die Bereiche der besonders Förderungsbedürftigen gewesen; ich führe als wesentliche Förderungsart die Förderung der Kriegerwaisen an. Aber auch das Honnefer Modell war ja schon eine bundeseinheitliche Lösung.
Die ganze Palette der Förderung durch Bund und Länder ist in einem Bericht der Bundesregierung. über die Ausbildungsförderung in der Drucksache V/1580 dargelegt worden. Darin sind auch die aufgewandten Kosten zum Ausdruck gekommen. Auch hier melde ich gegenüber den Zahlen, die in der Offentlichkeit immer genannt werden und mit denen man auch die Einbringung unseres Entwurfs hinausgezögert hat, Bedenken an. Denn auf Grund dieser Kosten gerät man selbstverständlich in eine gewisse Unsicherheit, ob man Idas verantworten kann.
Ich möchte hier bemerken, daß die Zahlen, die das Statistische Bundesamt gegeben hat - die ich nicht bezweifle, die auf Grund der Erhebungen richtig sind -, auf dem Mikrozensus basieren, der auf Befragung beruht. Vergleichen Sie bitte die Zahlen, die in dem Bund-Länder-Bericht Drucksache V/1580 z. B. über die Fachschulen von den Ländern genannt werden, mit dem Bereich der Fachschulen, wie er im Bericht des Statistischen Bundesamtes behandelt wird. Sie finden da nicht unwesentliche Unterschiede. Die liegen im System der Berichte. Deswegen sind die Zahlen, die auf diesen Erhebungen basieren, mindestens anzuzweifeln. Es
Frau Dr. Pitz-Savelsberg
wird eine Frage der Ausschußberatungen sein, um eine Klärung der Kostenfrage bemüht zu sein.
Die Zersplitterung der Ausbildungsförderung zwingt also zu einer einheitlichen Regelung. Die Finanzierung ist im Augenblick äußerst schwierig. Sie ist aber dadurch erleichtert, daß wir wenigstens infolge der mittelfristigen Finanzplanung einen Überblick über das haben, was in den nächsten Jahren verwirklicht werden kann. Sicherheit und Stabilität der Währung waren die Gesichtspunkte und waren auch die Beweggründe, die uns der Planung des Bundes über mehrere Jahre zustimmen ließen. Wir haben dem zugestimmt, wir haben das beschlossen, und nun müssen wir uns daran gebunden halten.
Das kommt in § 39 unseres Gesetzentwurfs in der Schlußbestimmung zum Ausdruck, wo wir sagen: die Inkraftsetzung dieses Gesetzes kann nur stufenweise und nur nach Maßgabe der mittelfristigen Finanzplanung erfolgen. Das ist natürlich eine unvollkommene und eine vorläufige Formulierung. Denn es ist klar, daß die Termine der mittelfristigen Finanzplanung nicht echte Inkraftsetzungstermine sind. Über die Inkraftsetzung entscheidet das Parlament, d. h. wir. Aber es ist für uns eine Leitlinie. Es ist die Absichtserklärung, uns in diesem Rahmen zu halten. Man kann natürlich tief bedauern, daß nicht mehr Mittel für eine an sich so zukunftweisende Aufgabe zur Verfügung stehen.
Die Übertragung der Kompetenz auf den Bund ist zwar noch nicht vollzogen, aber sie ist inzwischen auf dem besten Wege. Das hilft uns, unsere Vorstellungen jetzt zu verwirklichen.
Wir haben - das sagte ich eben - einen Gesetzentwurf vorgelegt, der eine Gesamtkonzeption enthält, aus der wir dann einen Abschnitt herausnehmen, um ihn verwirklichen zu können. Unsere Zielvorstellung ist breit angelegt. Sie umfaßt von der vollendeten Schulpflicht ab alle Ausbildungsbereiche bis zur Universität. Dazu kommen der zweite Bildungsweg unid der Fernunterricht. Jeder kann sich also daraufhin die Chancen errechnen, die auch auf ihn fallen. Die Eltern, die in der Entscheidung stehen, welchen Berufsweg ihre Kinder gehen sollen, können diese Möglichkeiten der späteren Förderung mit einbeziehen.
Aber dem Punkt Lehrlinge muß ich doch noch ein besonderes Wort widmen, weil hier eine echte Meinungsverschiedenheit besteht. Unsere Meinung - die Meinung der CDU -, die auch in dem Entwurf zum Ausdruck kommt, ist die, daß wir Tatsachen respektieren müssen, die im Arbeitsförderungsgesetz bereits in der Behandlung durch die Ausschüsse bestehen. Der ganze Kreis der Lehrlinge ist in das Arbeitsförderungsgesetz einbezogen. Dieses Arbeitsförderungsgesetz wird vor jedem Ausbildungsgesetz in Kraft treten
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und wird damit diesem Personenkreis schon eine Förderung zukommen lassen.
- Herr Moersch, in allen unseren Fraktionsentwürfen sind die Lehrlinge einbezogen gewesen. Wir haben uns natürlich der Situation gefügt. Als sie in das Arbeitsförderungsgesetz hineingenommen worden sind, haben wir gesagt: dann müssen wir den Dingen zunächst ihren Lauf lassen. Aber die Klärung, wohin eine Erstausbildung endgültig gehört und wie die Finanzierung erfolgen soll, wird in den Ausschüssen und in der Mitberatung durch den Ausschuß für Arbeit erfolgen müssen.
Zu den Voraussetzungen nenne ich im wesentlichen die Subsidiarität. Wir sind darauf angewiesen, daß die Eltern, daß die Ehegatten und daß die Auszubildenden selber von sich aus eine eigene Leistung erbringen, die erst die Förderleistung auslöst. Es ist sicherlich richtig, daß man junge Menschen, die mündig sind, die zum Teil in ihrer Berufsausbildung schon sehr weit fortgeschritten sind, nicht wie Kinder behandeln kann. Aber in diesem Zusammenhang ist es unmöglich, auf die Mithilfe und Mitfinanzierung zu verzichten, weil das an sich schon sehr beträchtliche Volumen haushaltsmäßig wahrscheinlich überhaupt nicht zu bewältigen wäre, wenn wir darauf verzichten würden.
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- Na ja. Ich finde das Prinzip, das wir hier vorgeschlagen haben, daß nämlich Eltern, Ehegatten und der Betreffende selbst herangezogen werden, gut. Wir können uns darüber ja im Ausschuß unterhalten.
Wir haben infolgedessen selbstverständlich auch Einkommensgrenzen ziehen müssen, und wir müssen auch Bestimmungen schaffen über die Anrechnung der über diese Grenze hinausgehenden Einkommensteile. Der FDP-Entwurf hat hier eine gleitende Skala mit Tabellen. Die Sätze sind nicht starr. Und ich möchte hier der Abgeordneten Frau Freyh antworten: Wir haben wohl einen Faktor darin, der diese Sätze bewegt, und zwar werden der Leistungsbetrag und auch die Einkommensgrenze durch Rechtsverordnung an die Entwicklung angepaßt. Das steht darin, und daran wollen wir auch festhalten.
Beweglich sind auch die Bestimmungen über die Verwertung des Vermögens. Die Darlehensfrage ist natürlich etwas, was einen bewegen kann, vor allen Dingen, wenn man bedenkt, daß junge Menschen, die am Ende ihrer Ausbildung sind, dann mit einer Schuld belastet sind, die sie abtragen müssen. Aber diese Schuld wird in keinem Fall höher als 3000 DM sein. Sie ermäßigt sich bei einem normalen Abschluß des Studiums, also bei Bestehen des Examens, auf 1500 DM und kann auch noch weiter ermäßigt werden. Die Abtragungsbedingungen werden so festgelegt, daß sie für den Betreffenden günstig sind.
Ich möchte hier aber noch einen Punkt besonders erwähnen, und zwar die Frage der Durchführung des Gesetzes. Auch darüber wird es im Ausschuß wahrscheinlich noch längere Debatten geben. Wir haben in § 25 die Bundesanstalt für Arbeit zur durchführenden Behörde bestimmt. Sie erscheint deshalb geeignet, weil sie im gesamten BundesFrau Dr. Pitz-Savelsberg
gebiet als Ober-, Mittel- und Unterbehörde vertreten und auf der untersten Ebene für jeden Antragsteller leicht erreichbar ist. Die Spitze ist eine Bundesoberbehörde. Der Bund muß bei Beauftragung dieser Behörde selbstverständlich die Kosten übernehmen. Das ist in § 36 unseres Entwurfs geregelt. Der Bundesanstalt obliegt ja auch seit Jahren die Durchführung des Bundeskindergeldgesetzes. Von da her muß man sagen, daß sie auch für den Bereich der Ausbildungsförderung als sachnahe bezeichnet werden darf.
Es kommt aber noch ein anderer Umstand hinzu. Eine der wesentlichen Aufgaben der Bundesanstalt ist die Berufsberatung. Der Bereich der Berufsberatung muß angesichts der Bemühungen, zu einer bundeseinheitlichen Ausbildungsförderung zu kommen und damit ganz bestimmte Akzente zu setzen, entschieden verbessert werden. Auch muß die Berufsforschung - ein Zweig, der heute noch nicht entwickelt ist - so ausgestattet werden, daß die Berufsforschung in der Lage ist, Grundlage sowohl für die Berufsberatung zu sein, die sich ja an den jungen Menschen richtet, als auch für die Studienförderung, die an jeder Hochschule obligatorisch sein sollte. Die Bundesanstalt ist durchführende Behörde und trifft als solche die Entscheidung über die Gewährung der Förderung. Aber die Ausbildungsstätte selbst entscheidet über die Eignung des Betreffenden. Diese Aufgabe liegt also bei den Universitäten, bei den Ausbildungsstätten. Das ist wesentlich.
Es ist in der Debatte in der Öffentlichkeit der Gedanke aufgetaucht - vielleicht sind auch Sie angeschrieben worden, vor allen Dingen aus Kreisen der Hochschulen -, daß man die Gefahr einer eventuell starken Lenkung aus dem Bereich des Arbeitsmarktes her fürchten müsse, wenn diese Behörde die letzte Entscheidung über die Gewährung trifft. Dazu ist zu sagen, daß diese Gefahr doch dadurch wesentlich eingeschränkt ist, daß die Bundesanstalt selber über die Voraussetzung für die Gewährung gar nicht entscheiden kann, sondern ihre Entscheidung abhängig machen muß von der Stellungnahme der Ausbildungsstätte in diesem Punkt.
Inwieweit die Auszubildenden selber - es handelt sich um die Älteren, um die Studierenden und die ihnen Gleichzustellenden - an solchen Entscheidungen beteiligt werden, darüber finden Sie in unserem Entwurf nichts. Wir sind der Meinung, daß das eine Frage der inneren Struktur der Ausbildungsstätte, eine Frage der Mitbeteiligung an den Entscheidungen der Universität oder der Schule ist und daß der Bundesgesetzgeber in die innere Struktur der Ausbildungsstätte nicht hineinreden kann.
Alle zwei Jahre ist eine Überprüfung der Eignung vorgesehen, um zu verhindern, daß ein begonnener Ausbildungsweg, der nicht der geeignete ist, fortgesetzt wird. Hier ergibt sich also immer erneut die Möglichkeit, umzuschalten und sich auf einen anderen, vielleicht besseren Weg zu begeben, ohne dabei allzu viel Zeit zu verlieren.
Nun die Frage der Auswahl der ersten Stufe. Wir wollen ja ein gutes Gesetz machen. Wir können das
Gesetz nicht in der ganzen Breite durchführen, darüber sind wir uns alle klar; und nun fragt es sich: Wie soll man denn die Beschränkung vornehmen? Sollen wir die Leistung beschränken, die vorgesehen ist, oder sollen wir den Personenkreis beschränken? Nach langen Überlegungen sind wir zu dem Ergebnis gekommen, daß man wohl schlecht die Leistungen beschränken kann. Es ist da lediglich in der einen oder anderen Frage ein kleiner Spielraum. Den müssen wir auch haben, weil wir ja, wie gesagt, über die exakten Kosten des Gesetzes heute noch nichts aussagen können. Aber wir sind dann doch zu dem Ergebnis gekommen, daß man den Personenkreis teilen sollte.
Und nun kommt die Frage, die Frau Freyh soeben anschnitt. Wir wissen aus früheren Gesprächen, daß auch die CDU/CSU-Fraktion eine andere Meinung über den Personenkreis hatte, der zuerst einbezogen werden sollte. Wir waren der Meinung, daß die bisher schlecht geförderten und nicht geförderten Zugänge zu den mittleren Berufen stärker gefördert werden sollten. Aber hier erwachsen uns Zwänge, mit denen wir anfangs nicht gerechnet hatten. Es wäre sehr wohl möglich gewesen, eine mittlere Stufe in die Förderung direkt einzubeziehen und das Honnefer Modell so weiterlaufen zu lassen als Verwaltungsabkommen, wie es gestaltet ist. Wir haben uns aber belehren lassen müssen, daß mit dem Übergang der Kompetenz durch die Änderung des Art. 74 Nr. 13 des Grundgesetzes keine Mischfinanzierung mehr möglich ist, daß das Honnefer Modell in dieser Form nicht mehr möglich ist. Die Konsequenz ist die Lösung, die Sie in unserem Entwurf finden.
Aus diesem Faktum ergibt sich ein zweites. Wenn wir die Studierenden an wissenschaftlichen Hochschulen in die Bundesförderung übernehmen, stellt sich die Frage, was wir mit den Studierenden an nichtwissenschaftlichen Hochschulen tun, die ja immer schon gewünscht haben, gleichgestellt zu sein. Es ergibt siçh die Frage der Ingenieurschulen, der höheren Fachschulen, der Akademien und gleichartiger Ausbildungsstätten. Insofern ist in einer solchen Auswahl kein wachstumsförderndes Element; damit haben Sie recht. Aber geht nicht der Wachstumsförderung voran die Bestandserhaltung und die Sicherung dessen, was unter Umständen jetzt in Gefahr geriete? Davon sind wir ausgegangen und haben angeboten, zunächst diese Gruppen der Ausbildungsstätten in die Förderung hineinzunehmen. Zu diesem Personenkreis kommen aber die Schüler von höheren Fachschulen - Berufsaufbauschulen und Berufsfachschulen -, sofern sie nicht nach den §§ 40 und 47 des Arbeitsförderungsgesetzes gefördert werden und sofern sie 18 Jahre alt sind. Den zweiten Bildungsweg habe ich eben schon erwähnt.
Damit ist doch der Wille zum Ausdruck gekommen, einen Teil der Zugänge zu den mittleren Ausbildungswegen schon jetzt zu fördern und dadurch eine gewisse Stärkung nach dieser Seite hin zu geben. Wir können nicht vermeiden, daß wir die Studentenförderung in die erste Stufe mit hineinnehmen müssen. Wenn es nicht so weitergehen kann, wie es bisher konzipiert war, ist es unsere erste Verpflich10958
Frau Dr. Pitz-Savelsberg
tung, die Älteren, die dem Ziele am nächsten sind, zuerst zu sichern. Aber es ist doch eindeutig die Richtung gewiesen, daß man mit der Förderung in die mittleren Berufsausbildungswege hineingehen muß.
Wir stehen noch vor einer anderen Frage. Es ist auch noch der Antrag auf dem Tisch, der sich mit der Akademiereife, den Fachhochschulen und den damit zusammenhängenden Dingen beschäftigt. Das ist unter den „gleichzubehandelnden Ausbildungsstätten" zu verstehen.
Wir haben zwar unter einem gewissen Druck gestanden. Aber wir haben diese Auswahl getroffen, von der ich der Meinung bin, daß sie gut ist. Ausgeschlossen bleiben aus der ersten Stufe die gesamten allgemeinbildenden Schulen mit den Schülern bis zum 18. Lebensjahr; das ist auch ein geschlossener Kreis. Ausgeschlossen bleiben die Lehrlinge, über die wir uns ohnehin noch unterhalten müssen. Die Förderung der Schüler - ich nehme sie jetzt vom vollendeten Schulpflichtalter bis zum 18. Lebensjahr an - bleibt einer späteren Stufe vorbehalten.
Im § 39 ist als Termin des Inkratftretens der 1. Juli 1970 vorgesehen. Damit ist bereits eine Anpassung an die in der mittelfristigen Finanzplanung bereitgestellten Mittel vorgenommen worden. Der Personenkreis, der nach unserer Vorstellung die erste Stufe bilden soll, kann nicht durch das ganze Jahr 1970 hindurch gefördert werden, weil wir dazu zusätzlich 400 Millionen DM brauchen, aber nur 200 Millionen DM zur Verfügung stehen. Deshalb soll hier die Förderung erst im zweiten Halbjahr erfolgen. Im Jahr darauf stehen aber die 400 Millionen DM völlig zur Verfügung, für eine leichte Steigerung der Leistung im darauffolgenden Jahr 500 Millionen DM. Daher dieser Inkraftsetzungstermin.
Mit diesem ersten Schritt meinen wir doch etwas Wesentliches getan und vor allen Dingen der jungen Generation die Aussicht eröffnet zu haben, daß dieser Weg weiterentwickelt wird. Aber auch hinsichtlich der Familienpolitik muß man das Gesetz als eine Verbesserung betrachten; denn es ist doch wohl die wichtigste, aber oft die am schwersten zu bewältigende Aufgabe einer Familie, die Ausbildung ihrer Kinder bis zu einem guten Abschluß durchzustehen. Der soziale Charakter des Gesetzes ermöglicht durch die Festsetzung der Einkommensgrenzen zunächst die Förderung derjenigen Anwärter, die in den qualifizierten Berufen zahlenmäßig am schlechtesten vertreten sind.
Ich habe heute morgen eine Pressenotiz aus Hessen über den Anteil der Arbeiterkinder in den Abiturklassen bekommen. Aber es geht hier ja um das Weitere. Aus den Zugängen zur höheren Schule und den Abiturklassen entwickelt sich der Anteil dieser Schichten an den akademischen Berufsausbildungszügen und später auch an diesen Berufen überhaupt.
Die Möglichkeit, die Kreise einzubeziehen, die in den gehobenen Berufen am schwächsten vertreten sind, ist also mit diesem ersten Schritt gegeben. Es ist auch die Möglichkeit gegeben, daß die ersten und zweiten Kinder, die ja von jeder Kindergeldlösung ausgeschlossen sind, hierunter fallen. Auch das ist zu begrüßen.
Es ist aber andererseits nicht zu verkennen, daß mit diesem Gesetz allein eine Chancengleichheit in vielen Fällen gar nicht geschaffen werden kann. Die Entscheidung, ob ein Kind einen weiterführenden Ausbildungsweg beschreitet, fällt, wie gesagt, schon in der Grundschulzeit. Wie soll eine Familie aus einer ungesicherten allgemeinen finanziellen Lage zu einem solchen Entschluß kommen? Es gibt doch viele Kinder, die trotz Neigung und Eignung nie zu dem von ihnen gewählten Beruf kommen, weil sie eben gezwungen sind, sehr früh zum Unterhalt der Familie beizutragen. Hier ändert auch das Ausbildungsförderungsgesetz nichts. Hier muß zunächst einmal ein verbesserter Familienlastenausgleich die Basis geben. Dann kann dieses Gesetz ansetzen. Es gibt Statistiken genug, in denen die Beziehung zwischen der Zahl der Kinder in einer Familie und der Beteiligung dieser Kinder an weiterführenden Bildungswegen sehr klar zeigt, daß, je höher die Zahl der Kinder in einer Familie, also je höher die Zahl der Aufgaben, um so geringer die Möglichkeit ist, für diese Kinder eine qualifizierte Ausbildung zu erreichen.
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Es sind aber auch nicht immer finanzielle Gründe. Ich erwähne die so oft zitierten Milieuschranken. Das zwingt uns, in einer sehr intensiven und geduldigen Aufklärung die Eltern auf die Aufgaben vorzubereiten, die ihnen erwachsen, wenn ihre Kinder in weiterführenden Ausbildungen sind. Dafür gibt es kein Modell. Das ist nicht mit Erziehungsberatung, auch nicht mit Berufsberatung gleichzusetzen. Das ist eine Form einer Vorbereitung, einer Elternschulung, die aufgegriffen und als Aufgabe einer modernen Familienpolitik gesehen werden muß.
Die Berufsforschung muß ausgebaut werden. Auf Grund der Berufsforschung muß die Studien- und Berufsberatung so ausgebaut werden, daß Risiken wirklich weitgehend ausgeschlossen werden, die dadurch entstehen, daß infolge der mangelnden Beratung die falschen Berufswege, Irrwege und Umwege eingeschlagen werden, die nachher den Ansatz aller Mittel illusorisch machen.
Wir schicken also diesen Entwurf auf den Weg. Das Verantwortungsbewußtsein, das uns für die junge Generation erfüllt, und der Wille etwas für junge und tüchtige Menschen zu tun, die entschlossen sind, auch in hohem Maß eigene Mühe einzusetzen, werden uns sicherlich helfen, die nicht einfache Aufgabe zu lösen. Gewiß liegen viele Steine auf dem Wege. Am nächstliegendsten ist die Sorge, daß die Beratung durch die große Zahl mitberatender Ausschüsse blockiert werden könnte. Aber wenn wir alle entschlossen sind, die Sache konzentriert zu bearbeiten, werden wir noch zu einem Abschluß kommen. Falscher Ehrgeiz ist ja gebremst durch den Rahmen, der uns gesetzt ist. Es kommt jetzt nur auf die ausgewogene Konzeption an, und da, meine ich, werden wir zu einem guten Ergebnis kommen müssen.
Frau Dr. Pitz-Savelsberg
Der Ältestenrat hat die Überweisung an den Ausschuß für Familien- und Jugendfragen - federführend - sowie an den Ausschuß für Arbeit, den Finanzausschuß und den Haushaltsausschuß zur Mitberatung vorgeschlagen. Ich beantrage die Überweisung der Vorlage an den Ausschuß für Familien- und Jugendfragen - federführend - sowie an den Ausschuß für Arbeit, an den Kulturausschuß und an den Haushaltsausschuß zur Mitberatung. Wir sind der Meinung, daß sich durch die Einschaltung des Haushaltsausschusses die Befassung des Finanzausschusses mit unserer Vorlage erübrigt. Ich bitte, der Überweisung in dieser Form zuzustimmen.
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Meine Damen und Herren, Sie haben die Begründungen gehört. Es war einmal eine gute Viertelstunde, zweimal eine halbe Stunde. Ich schaue mit Sorge auf die Uhr, auf mich schauen sehr zahlreiche Bänke des Hauses und weniger zahlreiche Abgeordnete.
Ich darf einen Vorschlag machen. Ich möchte die folgenden Redner bitten, mir vorher zu sagen, wie lange sie etwa reden werden. Das können sie ablehnen, wenn sie wollen. Aber es wäre eine Hilfe, um unser Programm noch zu Ende führen zu können.
Das Wort hat Frau Abgeordnete Funcke.
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Ich möchte gleich da einsetzen, wo Frau Kollegin Pitz-Savelsberg geendet hat. Wir sind uns klar, daß dieses Gesetz helfen soll, allen jungen Menschen die gleichen Startchancen zu geben. Mit Recht hat Frau Pitz-Savelsberg darauf hingewiesen, daß das nicht nur ein finanzielles Problem ist. Wir wissen alle, wo die Schwierigkeiten liegen: es ist die etwas mangelnde Kenntnis von dem, was weiterführende Schulen beinhalten, es ist die Sorge, daß das Kind aus dem Milieu herauswachsen könnte, es ist die Sorge, daß man bei den Schularbeiten nicht helfen kann und damit das Kind mehr Schwierigkeiten hat als vergleichbare Mitschüler, es sind zum Teil die weiten Wege, die zu weiterführenden Schulen führen, und es sind auch direkt und indirekt finanzielle Sorgen.
Wir sind uns in diesem Hause einig, daß eine Menge getan werden kann, um diese psychologischen und praktischen Schwierigkeiten auszuräumen, z. B. daß wir die Möglichkeit einer weiterführenden Bildung in Räume hineinverlegen, die bisher schwer zugänglich waren. Wir wollen die Tagesheimschule schaffen, um die Schularbeiten zu erleichtern, und es gibt vor allen Dingen die Möglichkeit - und darum sprechen wir hier -, die finanziellen Sorgen zu erleichtern. Dabei geht es gar nicht einmal überall darum, den augenblicklichen Ausgabenbedarf zu decken. Bei einem nicht unerheblichen Teil ist das Zögern der Eltern vor einer Entscheidung für eine weiterführende Bildung darin zu suchen, daß sie zwar sagen: Im Augenblick können wir es wohl finanzieren, aber was kann alles kommen? Nach den bisherigen Begriffen brachte ein Kind vielfach mit 15 Jahren bereits wenigstens ein Taschengeld nach Hause, und die Vorstellung, daß es nun mit 25 Jahren immer noch etwas kostet, ist für viele Eltern etwas unübersehbar.
Hier aber, Frau Pitz-Savelsberg hilft gerade Ihr Entwurf nicht weiter; denn mit einer bloßen Absichtserklärung der CDU kann sich kein Vater und keine Mutter Sicherheit kaufen. Daraus kann kein Elternpaar den Mut für eine Entscheidung bereits heute finden, in einem Augenblick, wo es noch nicht um das geförderte Studieren selbst geht, sondern erst einmal um die Weichenstellung, damit das Kind einmal studieren kann. Und da wollen Sie nicht helfen. Deswegen sind wir der Meinung, daß wir kein Gesetz auf Stottern machen, sondern hier eine grundsätzliche Entscheidung fällen sollten.
Meine Herren und Damen, die Entwürfe der Koalitionsparteien einerseits und der FDP-Entwurf andererseits unterscheiden sich in einem entscheidenden Punkt.. Wir möchten nämlich eine grundsätzliche Neuorientierung der Hilfen für die Familien erreichen. Im Augenblick haben wir drei verschiedene Förderungsarten, und zwar unverbunden und untereinander unabgestimmt. Wir haben auf der einen Seite die Steuerermäßigung, die für Besserverdienende bis zu 80 DM im Monat an Plus für das dritte Kind bringt, d. h. also eine progressive Förderung nach der Einkommenshöhe, wir haben daneben das Kindergeld, das nach dem Gießkannenprinzip allen, unabhängig von dem jeweiligen Einkommen - wenn wir hier einmal das zweite Kind herauslassen -, gegeben wird; und jetzt kommt dazu noch, völlig unverbunden, eine dritte Förderung, die sich nach dem Bedürfnis staffelt. Wenn man Glück hat, bekommt man alle drei Förderungen, wenn man kein Glück hat, bekommt man nur eine oder zwei.
An dieser Stelle wird es doch problematisch. Wir haben in der Vergangenheit Schwierigkeiten gehabt, eine koordinierte Gesamtlösung anzustreben, weil bestritten wurde, daß der Bund die Ausbildungsförderung in die Hand nehmen dürfe. Das ist aber entweder inzwischen klargestellt oder wird durch eine hoffentlich von allen begrüßte Grundgesetzänderung klargestellt. Jetzt sind wir doch frei, diese drei Dinge wirklich gemeinsam in den Griff zu bekommen und eine - wie ich meine - koordinierte Lösung zu finden und nicht drei Dinge unverbunden nebeneinanderzustellen.
Frau Kollegin Funcke, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Abgeordneten Dr. Wuermeling?
Bitte, ja.
Frau Kollegin, eine ganz kurze Frage. Sie sprachen eben beim Kindergeld vom Gießkannenprinzip: Müssen wir daraus schließen, daß Sie neuerdings für eine Einkommensgrenze beim Kindergeld sind?
Nein, Herr Kollege.
({0})
Ich habe nicht eine Wertung vorgenommen, sondern ich habe eine Tatsache festgestellt.
Der Entwurf der CDU/CSU bringt es nun mit sich, daß genau in den mittleren Einkommensschichten plötzlich ein Knick nach unten erfolgt, nämlich dort, wo gerade eben die Einkommensgrenze für den Zuschuß überschritten ist, und erst weiter oberhalb folgt allmählich wieder durch die ansteigende Steuervergünstigung bei höheren Einkommen eine neue Progression. Ich glaube, das ist eigentlich mit Ihren sozialpolitischen Vorstellungen - mindestens mit denen von Ihnen, Herr Kollege Wuermeling - gar nicht zu vereinbaren. Sie müßten doch eigentlich froh sein, daß die FDP einen Entwurf vorgelegt hat, bei dem von der Schulentlassung an eine abgestimmte Förderung aus einem Guß einsetzt mit einem leicht degressiven Trend bei den höheren Einkommensschichten, die bei bestimmten sehr hohen Einkommen praktisch ausläuft. Und die Bezieher der ganz hohen Einkommen, bei denen sie dann ausläuft, werden darüber auch nicht traurig sein; denn was Ihr Entwurf mit den drei Förderungen nebeneinander mehr kostet, müßten dann nämlich die Bezieher hoher Einkünfte durch höhere Steuern wieder aufbringen, und ich muß sagen: dann zahlt jeder lieber für sein eigenes Kind als für anderer Leute Kinder.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Freyh?
Bitte sehr!
Frau Funcke, bedeutet das nicht trotzdem - und damit komme ich noch einmal auf die letzte Frage des Kollegen Wuermeling zurück -, daß Sie damit Einkomensgrenzen für das Kindergeld einführen, wenn auch indirekt?
Ja, Frau Kollegin, von der Schulentlassung an. Sie haben den Entwurf ja sicherlich gelesen; das brauche ich Ihnen doch nicht zu erklären. Das Kindergeld läuft nach unserem Entwurf bis zur Schulentlassung. Wir haben jetzt im Entwurf noch 14 Jahre stehen, das wird sich sicher auf 15 Jahre erhöhen, nachdem allmählich die Kinder nicht nur 81/4 Schuljahre, sondern allmählich wirklich ein neuntes Schuljahr durchlaufen. Aber vom Ende der Pflichtschulzeit an wollen wir das Kindergeld in die Ausbildungsförderung hineinlaufen lassen, und das würde bedeuten, daß Leute mit einem Jahreseinkommen von über 30 000 DM etwa nun allerdings kein Kindergeld mehr bekommen. Daß das Ihren Vorstellungen so furchtbar zuwider sein würde, wage ich zu bestreiten, denn bisher gab es doch immer einen gewissen Widerstand in der Linken dieses Hauses - und in diesem Falle schon von der Halblinken angefangen - dagegen, daß immer die Reichen mehr bekommen
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und die Armen dafür nicht genug bekommen. Dies würde jetzt durch die Degression in der Förderung abgefangen werden. Wir hätten dann wirklich ein System, das in die Zukunft weist und für die Zukunft Bestand hat, und nicht ein Hinzufügen von Förderungen zu andern Förderungen, die mehr oder weniger zufällig zu verschiedenen Zeitpunkten entstanden sind.
Meine Herren und Damen! Wir haben die Vorstellung - und das ist für uns ein Prinzip -, daß wir für die auswärtige Unterbringung mehr geben als z. B. die CDU. Denn wir möchten in der Tat, daß der junge Mensch mit wachsendem Alter vom Elternhaus unabhängiger wird - nicht von den menschlichen Bindungen, aber in seinen Entscheidungen. Es ist gut, wenn ein junger Mensch einmal aus dem Elternhaus herauskommt, um ein Stück eigene Entscheidungskraft zu gewinnen. Davon haben wir, so scheint mir, heute ein bißchen zu wenig, und deswegen wäre es gut, die Mittel, die für die auswärtige Unterbringung gegeben werden, höher anzusetzen, um nicht 'eine Bremse dagegen einzurichten. Man sollte sich schon den Wind draußen ein bißchen um die Nase wehen lassen. Das Mittelalter war gar nicht so dumm, daß .es die Gesellen auf Wanderschaft schickte. Darin war schon ein gutes und richtiges Prinzip. Dem sollte man auch nachfolgen, und es ist ja bei Ihnen von der SPD durchaus in diesem Sinne wie bei uns geregelt.
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- Ja, da sind aber die Familien mitgegangen; nein, das meine ich nicht.
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Ich möchte Sie nicht länger aufhalten, meine Herren und Damen, muß aber noch eines sagen. Es scheint uns dringend zu sein, die Grundlagen und die Grundprinzipien dieses Gesetzes schnell zu klären und dieses Gesetz zu verabschieden, denn es müßte ja im Grundsatz in die Finanzreform eingepaßt werden. Ich wundere mich schon, daß die Kulturpolitiker des Bundesrates nicht anwesend sind; aber wenigstens hätten dann doch die Finanzpolitiker hier sein müssen. Denn offensichtlich sollen wir ja in der nächsten Woche - sofern sich die Koalition einigt - die Finanzreform verabschieden. Und da stellen sich natürlich 'entscheidende Fragen, die für die Verteilung der Mittel ausschlaggebend sind.
Wenn Sie unserem Entwurf folgen, werden sich Umstrukturierungen ergeben, da zweifelsohne ein Mehraufkommen an Einkommensteuer zu erwarten ist, das dann auf der anderen Seite wieder in Form der Förderungsbeträge ausgegeben wird. Deshalb haben wir in unserem Entwurf auch die Mitbeteiligung der Länder an der Finanzierung vorgesehen. Ich warne davor, daß wir in der nächsten Woche eine Finanzreform verabschieden und erst ein paar Monate später diese Frage bearbeiten und dabei feststellen, daß wir mit den Herren vom Bundesrat bei der Frage der Ausbildungsförderung wieder in Kollision geraten. Wir sollten hier klären, was wir in bezug auf die Ausbildungsförderung wollen. SoFrau Funcke
wohl die Länder als auch der Bund bekräftigen immer wieder, daß ihnen die Bildung besonders wichtig ist. Wir bezweifeln aber allmählich, ob das, was der Bundeskanzler in dieser Hinsicht sagt, von der Koalition auch verwirklicht wird.
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- Ja, denn wir werden z. B. im kommenden Jahr zirka 8 Millionen DM Mehreinnahmen haben, und davon soll genau nur eine Viertelmilliarde mehr für die Bildung verwendet werden. Es scheint danach doch wohl, daß Sie die versprochene Schwerpunktverlagerung zugunsten der Bildung nicht als besonders schwerwiegend ansehen. Wir aber hätten gern, daß Bund und Länder einen Schwerpunkt in der Bildungspolitik setzen, und aus diesem Grunde scheint es uns wichtig zu sein, daß dieses Gesetz in den Grundzügen bei den Entscheidungen über die Finanzreform eingeplant wird.
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Das Wort hat Herr Abgeordneter Rollmann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was lange währt, wird endlich gut.
Entschuldigen Sie, Herr Rollmann, ich habe vergessen, Sie zu fragen, wie lange Sie zu reden gedenken. - Sieben Minuten, danke sehr.
Was lange währt, wird endlich gut. Das wird man von unserem Vorhaben, das so zersplitterte Ausbildungsförderungsrecht in den einzelnen Ländern und Gemeinden der Bundesrepublik Deutschland einheitlich und umfassend in einem Ausbildungsförderungsgesetz zu regeln, hoffentlich bald sagen können.
Ich möchte hier nicht den langen, mühevollen Weg schildern, den wir in den vergangenen Jahren auf diesem Sektor zurückgelegt haben: bereits im Jahre 1959 das erste Ersuchen des Bundestages an die Bundesregierung auf Vorlage eines Gesetzes, unzählige Kleine Anfragen, Dialoge in der Fragestunde, Berichte der Bundesregierung und der Bundesländer, ein endloser Streit um die verfassungsrechtliche Kompetenz, um die Frage, ob der Bund oder die Länder zuständig sind. Ich möchte hier noch einmal hervorheben, daß es nicht an den Organen des Bundes, weder an der Bundesregierung noch am Bundestag, gelegen hat, wenn wir bisher nicht zu einem solchen Gesetz gekommen sind, sondern vielmehr daran, daß uns die Länder lange Jahre hindurch die Zuständigkeit des Bundes für die Verabschiedung eines solchen Gesetzes bestritten haben und erst heute angesichts der Finanzverfassungsreform und der mittelfristigen Finanzplanung erstmalig bereit sind, dem Bund das Recht der Ausbildungsförderung zuzugestehen. Jetzt stehen im Rahmen der mittelfristigen Finanzplanung auch die ersten finanziellen Mittel für die Verwirklichung eines solchen Gesetzes zur Verfügung.
Das Gesetz, das wir in den nächsten Monaten zu beraten und zu verabschieden haben, wird ein Gesetz zur Förderung der Bildung der jungen Generation, ein Gesetz der Bildungspolitik, ein Gesetz der Jugendpolitik also, sein. Ich sage das hier noch einmal so nachdrücklich, um deutlich zu machen, daß dieses Gesetz kein Ersatz für das ist, was uns auf dem Sektor der Familienpolitik und des Familienlastenausgleichs in den kommenden Jahren noch zu tun aufgegeben ist.
Eine Zwischenfrage von Herrn Abgeordneten Dr. Wuermeling.
Herr Kollege Rollmann, stimmen Sie mir zu, wenn ich der Meinung bin, daß dieses Gesetz vor allem deswegen kein Ersatz für den Ausbau des Familienlastenausgleichs sein kann, weil es gerade den kinderreichen Familien wenig zugute kommen kann, wenn die Grundsicherung durch allgemeine Familienleistungen nicht so ist, daß aus dem allgemeinen Familieneinkommen, wie es ja immer der Fall ist, noch irgend etwas zugeschossen werden kann?
Ich teile Ihre Meinung in vollem Umfang.
Meine Damen und Herren, dieses Gesetz hat zwei Ziele, erstens die Mobilisierung aller Bildungsreserven. Dieses Land kann es sich um seiner wirtschaftlichen und technologischen Zukunft willen nicht erlauben, daß, weil es an den notwendigen finanziellen Mitteln fehlt, irgendwo ein junger Mensch nicht so gebildet, nicht so ausgebildet wird, wie er gebildet werden könnte, wenn die notwendigen finanziellen Mittel vorhanden wären. Es ist eine Allerweltsweisheit, daß qualifizierte Menschen mehr und mehr in allen Berufen und auf allen Sektoren unseres Lebens benötigt werden.
({0})
- Ihre Zwischenrufe ein bißchen lauter, Herr Moersch!
Das zweite Ziel dieses Gesetzes ist die Beseitigung des Bildungsdefizits in weiten Teilen der jungen Generation. Das ist hier bereits kurz angesprochen worden. Lassen Sie mich einige weitere Worte dazu sagen. Wir haben ein Bildungsdefizit heute noch in der Arbeiterjugend, in der katholischen Jugend, in der Landjugend und bei der weiblichen Jugend. Man kann wirklich sagen, daß das katholische Arbeitermädchen vom Lande sozusagen die Inkarnation mangelnder Bildungsmöglichkeiten in unserem Lande darstellt.
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Wenn man sich die Situation in bezug auf die Arbeiterjugend betrachtet, dann kann man sagen, daß wir nach wie vor an 'den Hochschulen und Universitäten in der Bundesrepublik Deutschland nur etwa 6 °/o Studenten haben, die aus Arbeiter10962
familien stammen, während in Schweden, aber auch in Großbritannien, diese Prozentsätze bedeutend höher liegen. Was die Situation bei der katholischen Jugend anlangt, so haben wir heute in der Bundesrepublik Deutschland einen katholischen Bevölkerungsanteil von etwa 44 %. Im Jahre 1961/62 waren nur 34 % der Studenten an 'den Hochschulen und Universitäten unseres Landes katholischer Konfession. Wenn man die Situation im Bereich der jungen Generation auf dem Lande betrachtet, stellt man fest, daß 1961 von den 16- bis 19jährigen Jugendlichen in den Stadtkreisen 18 cío, in den Landkreisen nur 12 % auf den weiterführenden Schulen waren.
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Im Jahre 1961 befand sich noch in mehr als 8000 deutschen Landgemeinden kein einziger Jugendlicher zwischen 16 und 19 Jahren in einer weiterführenden schulischen Ausbildung.
Meine Damen und Herren, in der Verfassung ist erfreulicherweise seit einigen Jahrzehnten der Grundsatz der Gleichberechtigung von Mann und Frau enthalten. Wenn man die Situation im Bildungswesen betrachtet, muß man sagen, daß die weibliche Jugend in unserem Lande immer noch benachteiligt ist.
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Im Jahre 1965 beispielsweise waren nur 11 % der Mädchen, aber beinahe 15 % der Jungen der entsprechenden Jahrgänge in unserem Lande auf den wissenschaftlichen Gymnasien. Obwohl erfreulicherweise der Anteil der Studentinnen in den letzten Jahren gestiegen ist, waren nur 29,3 % der Studenten weiblichen Geschlechts.
In der Frauenenquete der Bundesregierung ist vor einiger Zeit mit Recht festgestellt worden: „Die unausgeschöpften Begabtenreserven befinden sich vor allem bei den Mädchen." Die Mobilisierung der Bildungsreserven und die Beseitigung der Bildungsdefizite sind - das wissen wir alle sehr genau - nicht nur ein finanzielles Problem. Aber für viele junge Menschen und 'für ihre Familien ist dieses finanzielle Problem von entscheidender Bedeutung, das 'entscheidende Hindernis auf dem Weg zum Besuch einer weiterführenden Schule, einer Fachschule, einer Akademie, einer Hochschule und Universität, einer Ausbildungsstätte des zweiten Bildungsweges.
Herr Abgeordneter Rollmann, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Moersch?
Herr Kollege Rollmann, warum haben Sie trotz dieser fundamentalen Erkenntnisse, die vor allem aus den Untersuchungen des Tübinger Soziologen Dahrendorf stammen, im letzten Paragraphen Ihres Gesetzentwurfs alles, was Sie eigentlich wollten, wieder zurückgenommen? Warum haben Sie diesen Paragraphen nicht gestrichen?
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Sehr verehrter Herr Moersch, Gesetzentwürfe der CDU pflegen sich im allgemeinen im Einklang mit den finanziellen Möglichkeiten zu halten.
({0})
Das unterscheidet vielleicht unsere Gesetzentwürfe von den Gesetzentwürfen der FDP.
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Eine Zwischenfrage von Frau Funcke?
Bitte schön, Frau Funcke, mit großem Vergnügen!
Herr Kollege, ist Ihnen noch immer nicht klargeworden, daß Ihr Entwurf mehr kostet als unserer?
Das ist mir bis heute nicht klargeworden, und dafür werden Sie im Ausschuß den Beweis anzutreten haben.
({0})
Noch eine Frage von Frau Funcke.
Haben Sie denn niemals Überlegungen und Berechnungen. darüber angestellt, was es einbringen würde, wenn die Schicht der Bezieher besonders hoher Einkommen eben nicht mehr die volle Steuerprogression ausnutzen könnte?
Verehrte Frau Kollegin Funcke, das ist ein Problem, das sich in der Erörterung und in der Beratung befindet.
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Meine Damen und Herren, die Gesetzentwürfe, die uns heute vorliegen, bergen viele Schwierigkeiten in sich, diejenigen Schwierigkeiten, auf die eben die Kollegen von der FDP hingewiesen haben, finanzielle Schwierigkeiten und strukturelle Schwierigkeiten. Aber mit diesem Gesetz werden wir die Gleichheit der Bildungschancen in unserem Land ein Stückchen weiter verwirklichen, und damit werden wir auch den sozialen Rechtsstaat in der Bundesrepublik Deutschland weiter vollenden.
({1})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Westphal.
Herr Präsident, ich will versuchen, in zwölf Minuten fertig zu werden.
Meine Damen und Herren, wer die jahrelangen Bemühungen um das Voranbringen eines Ausbildungsförderungsgesetzes mitverfolgt hat, wird sicher bereit sein, anzuerkennen, daß wir seit etwa
zwei Jahren in einer neuen, einer veränderten Situation sind. Neu und verändert an der Situation gegenüber früheren Jahren - das Thema bewegt ja die Öffentlichkeit und nicht nur eine fachliche Öffentlichkeit seit vielen .Jahren - sind die zwei folgenden Punkte.
Erstens. Die Länder haben sich endlich einsichtig gezeigt und ihre Bereitschaft erklärt, die Zuständigkeit für die Regelung dieses Bereichs dem Bund im Rahmen der kokurrierenden Gesetzgebung zuzugestehen. Das war lange, lange Jahre umstritten. Eine Änderung ist im Zuge der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zum Jugendwohlfahrtsgesetz und zum Sozialhilfegesetz eingetreten: Sie hat jetzt ihren klaren Ausdruck darin gefunden, daß wir in den Vorlagen zur Finanzreform das Zugeständnis finden, den Art. 74 des Grundgesetzes zu ändern und die Ausbildungsförderung darin aufzunehmen.
Das zweite geht Sie, meine Damen und Herren, von der FDP, in besonderer Weise an. Es gibt jetzt so etwas wie planende Überlegungen im gesamten Bereich der Finanzen. Wir entscheiden nicht mehr aus der hohlen Hand, sondern haben eine Voraussicht auf fünf Jahre. In die mittelfristige Finanzplanung sind Mittel hineingeschrieben, die zusätzlich zu dem, was sonst von Bund und Ländern für die Ausbildungsförderung ausgegeben wird, Verwendung finden sollen. Das ist eine völlig neue, veränderte Lage. Herr Moersch, wenn Sie sagen, wir wollten uns mit dem stufenweisen Inkraftsetzen eines umfasenden Ausbildungsförderungsgesetzes sozusagen den haushaltsmäßigen Gegebenheiten anpassen, ist das eine nicht korrekte Wiedergabe. Hier ist es eindeutig so, daß man sagen kann: Wir bauen auf etwas hin, was wir genau voraussehen können. - Man kann nicht mehr leichtfertigerweise sagen: Da kommt etwas Großes, das wir zahlenmäßig noch nicht übersehen können, aber wir machen trotzdem ein Gesetz.
Eine Zwischenfrage von Herrn Moersch.
Herr Kollege Westphal, ist Ihnen nicht bekannt, daß nichts weniger stimmt als Ihre angeblich so genaue Voraussicht? Sie haben z. B. in der letzten Woche eine neue Steuer beschlossen, die Sie angeblich nicht vorausgesehen haben, und ähnliches mehr. Die Einnahmen sind ganz anders, als Sie sie vorausgesehen haben. Wie wollen Sie denn da von einer genauen Voraussicht sprechen?
Das, was wir in der mittelfristigen Finanzplanung jetzt gemacht haben, ist Voraussicht. Das, was Sie wollen, - das haben Sie mit Ihrer Frage angedeutet -, ist, die Sache im unklaren zu lassen. Ihr Gesetzentwurf, der viele kluge und gute Gedanken hat, die diskussionswert sind, hätte für das Praktische, nämlich das Inkrafttreten einer Ausbildungsförderung, die Folge, daß wir dieses Gesetz nicht mehr in dieser Legislaturperiode bekommen.
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- Herr Moersch, Ihre Partei hält doch allen anderen immer den Gedanken „Ruhe an der Steuerfront" vor. Ist das, was Sie vorschlagen, nicht ein Teil dessen, was die Steuerfront in Unruhe bringt?
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Gewiß von einer anderen Seite her, von einer interessanten Seite her, die ich nicht aus der Diskussion ausklammern will, Herr Moersch; aber das Problem, die Freibeträge in Ordnung zu bringen, dies mit der Regelung des Kindergeldes zusammenzufassen und insgesamt einen Zusammenhang mit den Fragen der Ausbildungsförderung herzustellen, muß eine Sache sein, die wir in Zukunft zu diskutieren haben. Aber denken Sie bitte daran, daß in diesem Hause völlige Klarheit darüber besteht, daß die große Steuerreform, die auch dieses Thema meistern will und soll, in dieser Legislaturperiode bestimmt nicht mehr kommt.
Ich wäre ja gern bereit, über das gerechtere Aufteilen der großen Beträge, die beim Splitting an Leute gehen, die volle Geldbeutel zu Hause haben, mitzureden.
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Herr Moersch, ich wäre aber nicht bereit, Ihnen auf dem Weg, den Sie gehen wollen, zu folgen. Ich bin gegen eine andersartige Verteilung dessen, was wir Kindergeld nennen. Das muß für alle gleichermaßen gezahlt werden.
Meine Zeit ist durch die Beantwortung von Zwischenfragen schon recht stark beansprucht worden. Ich möchte gern die Situation von 1962 in Erinnerung rufen. Damals habe ich, zwar außerhalb dieses Parlaments, aber als mitdenkender und mitwirkender Gutachter den SPD-Entwurf zu beurteilen gehabt. Ich habe mir damals mit Engelszungen Mühe gegeben, gerade dieses Haus und auch die Länder dazu zu bewegen, anzuerkennen, daß es eine Bundeszuständigkeit gebe, auch schon auf der Basis des Art. 74 Nr. 7 des Grundgesetzes. Wir wissen, daß das nicht gelungen ist.
In der Zwischenzeit haben viele, viele Referentenentwürfe das Licht des Bundesministeriums für Familie und Jugend erblickt; teilweise nur dies, nicht das Licht der Öffentlichkeit. Das Licht der Öffentlichkeit haben diese Referentenentwürfe immer nur dann erblickt, wenn die CDU/CSU sie übernommen hat, um sie uns hier vorzulegen, wenn auch manchmal in veränderter Fassung. Das ist in der letzten Zeit zweimal so gewesen. Ich möchte damit sagen, daß das Familien- und Jugendministerium eigentlich immer im Thema war. Es war so, daß es diesen Auftrag nicht erfüllen konnte, der 1959 gegeben worden war, obwohl sehr viele immer darauf gedrängt haben. Man könnte es eigentlich so fassen - ich glaube, es war Weiß-Ferdl,
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der das einmal gesagt hat -: Mögen haben wir ja schon gewollt, aber dürfen haben wir uns nicht getraut.
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Das war etwa die Lage des Familienministeriums im Hinblick auf das Einbringen von Referentenentwürfen vor den Türen des Kabinetts.
Meine Damen und Herren, jetzt haben wir also die für manche kuriose Situation, daß wir drei Vorlagen von drei Parteien in den Ausschüssen haben werden. Aber wir haben dadurch mindestens zwei Monate Zeit gewonnen, denn bei dem normalen Weg eines Regierungsentwurfs über den Bundesrat wäre, wenn wir die Weihnachtszeit berücksichtigen, wahrscheinlich erst im Februar der Tag gekommen, an dem uns hier im Hause der Gesetzentwurf vorgelegen hätte. Insofern bin ich auch unter diesem Gesichtspunkt damit einverstanden, daß ein Referentenentwurf nicht das Licht der Offentlichkeit erblickt hat. Es gibt andere Gründe. Ich will es mir ersparen, sie hier vorzutragen.
Es erscheint mir wichtig, daß diese uns vorliegenden Gesetzentwürfen der Fraktionen Gesamtkonzeptionen enthalten und nicht nur Teilabschnitte, von denen aus man nicht die folgenden Schritte überblicken kann, wie das bei dem letzten Referentenentwurf des Familien- und Jugendministeriums doch wohl der Fall war. Ich erspare mir - weil Frau Freyh in besonderer Weise darauf eingegangen ist - Bemerkungen zu dem Fragenkreis, welches die sinnvolle und richtige Zielgruppe ist. Es scheint mir einige sehr bestimmende Gründe dafür zu geben, daß wir uns auf die sogenannte mittlere Gruppe konzentrieren sollten. Junge Menschen aus den sozial schwächeren Schichten auf die weiterführenden Schulen zu bringen und damit Bildungsreserven besser auszuschöpfen, als das bisher der Fall war, ist ein so starkes Argument, daß es in den Ausschüssen vorrangig beachtet werden muß. Wir müssen heraus aus der Ecke der 5 °/o Arbeiterkinder auf unseren Hochschulen.
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Wir müssen die Eltern gewinnen, wir müssen die Eltern anregen, wir müssen ihnen den Entschluß materiell erleichtern.
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Es gibt auch die Notwendigkeit, die Ausbildungszulage, das, was in der Offentlichkeit unter dem Stichwort „Pennälergehalt" verstanden wird, durch eine Regelung zu ersetzen, die wir immer wollten, nämlich durch eine gezielte Förderung.
Vergleicht man die Hauptgruppierungen, um die es geht - wenn man das Ganze aus finanziellen Gründen nicht in einem Zuge verwirklichen kann -, spricht vieles gerade für diese mittlere Gruppe, für die Besucher berufs- und allgemeinbildender weiterführender Schulen.
An dieser Stelle möchte ich noch eine Bemerkung zu den Ausführungen von Frau Pitz-Savelsberg machen. Sie haben gesagt, Mischfinanzierung auf der Basis der konkurrierenden Gesetzgebung sei nicht mehr möglich, wenn die Finanzreformregelungen in Kraft getreten seien. Zugestimmt! Aber: wir haben jetzt das Honnefer Modell nicht als Teil der konkurrierenden Gesetzgebung; erst wenn wir es einbezögen und zum Gesetz machten, entstünde das Problem und ginge es nicht mehr der Mischfinanzierung.
Anders ist es, wenn man diese mittlere Gruppe fördert und sagt: Da wir noch nicht alles Geld für die Gesamtregelung zusammenhaben, lassen wir den Bereich, der relativ am günstigsten geregelt ist - die Studentenförderung an den wissenschaftlichen Hochschulen und den nichtwissenschaftlichen Hochschulen -, solange außen vor, bis wir sie einbezieken können. Dann entsteht das Problem der Mischfinanzierung nicht. Im Gegenteil, man könnte hingehen und sagen: Dafür, daß wir den Ländern in der mittleren Gruppe eine Reihe von Lasten abnehmen, könnten diese zwischendurch, bis wir so weit sind, das ganze Honnefer Modell bezahlen. - Das gleicht sich, wenn ich die Zahlen richtig gehört habe, finanziell sogar einigermaßen aus. Ich würde diesen Gedanken jedenfalls gern mit in die Betrachtung einbeziehen.
Ich füge noch die Überlegung an, daß bei den Schülern der berufsbildenden und der allgemeinbildenden weiterführenden Schulen eine fühlbare Hilfe auch dann möglich ist, wenn man unterhalb der Sätze von Honnef oder allem Vergleichbaren bleibt. Dort ist dann, wenn man mehr Geld zur Verfügung hat, eine spätere Aufstockung relativ leicht möglich.
Da Zahlen für eine saubere Ausrechnung noch fehlen, müssen sie beschafft werden. Ich finde, die Zeit bis zum Beginn der Ausschußberatung, die ja sicher Anfang Januar sein wird, sollte von dem zuständigen Ministerium genutzt werden, um Alternativrechnungen vorzubereiten, die uns dann möglichst auf den Tisch gelegt werden können, damit wir mit diesen ja so wichtigen Zahlen unsere Beratungen beginnen können.
Es ist, glaube ich, so - da wird mir Herr Staatssekretär Leicht vom Finanzministerium zustimmen; ich bin ja eigentlich in diesem Parlament Haushaltsmann -, daß es eine Rechnungsmöglichkeit gibt, bei der man sagt: Wir haben soundso viel Geld zur Verfügung; nun lassen Sie uns einmal zurückrechnen, wieviel man mit diesem .Geld in der ersten Stufe tatsächlich machen kann. Erst dann entscheidet man, ob dies den Rahmen der Konseption nicht zerstört und darin möglich ist.
Meine Behauptung ist jedenfalls: Wir können einen guten ersten Schritt bei dieser mittleren Gruppe im Rahmen der zur Verfügung stehenden Mittel - mittelfristige Finanzplanung plus das, was bei Bund und Ländern für diese Aufgabe zur Zeit schon zur Verfügung steht - tun.
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Folgendes möchte ich noch kurz erwähnen. Es kommt darauf an, den zweiten Bildungsweg einzubeziehen. Es kommt darauf an zu überlegen, ob und inwieweit wir die Kategorienförderung einbeziehen
können. Es muß auch eine Abstimmung mit dem Arbeitsförderungsgesetz erreicht werden.
Die Zuständigkeitsfrage - welche Behörden zuständig für Ausbildungsförderung sein sollen wollte ich in Ergänzung zu dem, was Frau Freyh vorhin gesagt hat, seitens der SPD-Fraktion dahin gehend beantworten: Das ist doch mehr eine Frage, wie man es gut praktizieren kann. Wir sollten keine Ideologien hineinpacken. Wir sollten auch überlegen, daß es darauf ankommt, sich mit den Ländern abzustimmen. Es sind also Fragen, die in der Ausschußarbeit geklärt werden können. Ich hoffe, das wird möglich sein.
Für jemanden, der hier seine erste Runde parlamentarischer Mitarbeit hinter sich bringt, ist es erfreulich, sagen zu können - gerade dann, wenn er sich um den Bereich der Ausbildungsförderung auch vorher gekümmert hat -: Jetzt geht es los! Jetzt endlich und in dieser Legislaturperiode schaffen wir den Durchbruch. Wir lösen noch nicht das ganze Problem, Herr Moersch, daß muß ich zugestehen. Aber wir lösen es eben auch nicht mit dem, was Sie uns empfehlen; damit wahrscheinlich gar nicht.
Hier schaffen wir auf der Basis einer Gesamtkonzeption den ersten, wichtigsten Teilschritt. Was wir hier beginnen, ist die Erfüllung einer sozialpolitischen Aufgabe mit bildungspolitischen Konsequenzen.
Nachdem die öffentlichen Finanzen wieder in Ordnung gebracht worden sind - darauf kam es erst an, das haben wir alle hier lernen müssen, Herr Moersch -, werden wir wieder sozialpolitisch offensiv. Wir zeigen, daß wir große, gerade von den jungen Leuten gewünschte und geforderte Reformen auch tatsächlich und mutig in Angriff nehmen und dabei realistische Schritte tun, also keine Wahlversprechungen machen, sondern nur das versprechen, was wir auch wirklich zahlen können. Wir schaffen - damit möchte ich abschließen - ein Stück mehr soziale Gerechtigkeit in diesem Land.
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Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Martin.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte nur einige wenige Bemerkungen machen. Nach meiner Einschätzung war das heute eine ausgezeichnete Diskussion über diese Fragen. Es hat sich gezeigt, daß hier eine weitgehende Übereinstimmung vorhanden ist, so daß die Polemik von Herrn Moersch eigentlich etwas den Eindruck des Gekünstelten, des Gemachten, des Demonstrativen machte. Ich will nachher noch einmal darauf eingehen.
Das Wesentliche für mich und für meine Freunde ist, daß mit diesem Gesetz die ökonomischen Voraussetzungen für die Reform des Schul- und Hochschulwesens angegangen werden. Das ist das Entscheidende. Frau Freyh hat dazu auch das Nötige gesagt. Es ist das erste Bundesgesetz mit bildungspolitischem Charakter. Man muß sich klar darüber sein, was damit in unsere Hände gelegt worden ist. Frau Freyh hat schon darüber reflektiert. wohin man die vorhandenen Gelder stecken solle. Sie hat damit gezeigt, daß in diesem Gesetz möglicherweise ein legitimes Steuerungsmoment kulturpolitischer Art liegt. Das muß man sehr genau wissen.
Ich möchte für meine Freunde sagen - das ganze Haus wird wohl darin übereinstimmen, so daß wir darüber nicht mehr zu reden brauchen -: wir sind uns darüber klar, daß wir mit diesem Gesetz die gleichen Bildungschancen verwirklichen wollen. Wir wollen in der zweiten Runde sicherstellen, daß jeder einen Anspruch auf die seinen Fähigkeiten gemäße Ausbildung hat. Ich möchte aber noch hinzufügen - das ist, glaube ich, noch nicht gesagt worden -, daß wir natürlich erwarten müssen, daß jeder einzelne seine Kräfte und seinen Leistungswillen angemessen einsetzt. Begabung verpflichtet, genauso wie auch Eigentum. Wenn wir uns darüber klar sind, müssen wir auch sehen, daß die Bildungsreform zwei Seiten hat, eine individuelle und eine institutionelle. Hier befassen wir uns damit, den jungen Menschen ökonomisch auszurüsten. Wir müssen uns aber gleichzeitig bemühen, das entsprechende Bildungswesen zur Verfügung zu stellen.
Ich habe mich sehr darüber gefreut, daß alle Redner von unserem gegenwärtigen Bildungswesen, also von einem gegliederten Schul- und Hochschulwesen ausgehen und es weiterentwickeln möchten. Ich halte das für richtig. Je gegliederter ein Schulwesen ist, desto begabungsfördernder ist es ja. In der gegenwärtigen Zeit - in diesem und im nächsten Jahr - kommt es darauf an, den mittleren Teil unseres Bildungswesens zu stärken. Denn das, was als Bildungsexpansion gekommen ist, was bekanntlich nicht allein über die Universität laufen kann, muß hier eine echte Chance bekommen. Frau Freyh hat es gesagt: Realschulen, Berufsschulen, Berufsoberschulen, Fachhochschulen. Ich glaube, daß das alles in dieser Sache darin ist. Ich denke, daß wir das im Ausschuß miteinander ganz besonders besprechen.
Ich möchte jetzt noch zu Bemerkungen von Herrn Moersch einiges sagen.
Es hat mich amüsiert, daß Sie von d e r Tübinger Soziologie oder von d e n Tübinger Soziologen sprechen. Ich hatte dazu nur eine einzige Assoziation, und die ist aus dem Mittelalter, Herr Moersch: Wenn der hl. Thomas von Aquin den Aristotoles zitiert, so nennt er gar nicht mehr den Namen, sondern sagt: „ut ait philosophus" - wie der Philosoph sagt. Genauso wie Sie sagen: wie der Tübinger Soziologe sagt. Für so wissenschaftsgläubig oder abergläubisch hätte ich Sie in der Tat nicht gehalten.
({0})
- Nein, ich habe es aufgeschrieben.
Und dann, Herr Moersch: Wenn Sie uns vorhalten, - ({1})
10966 Deutscher Bundestag -,5. Wahlperiode Dr. Martin
- Ich habe es genau zitiert. Herr Moersch, wenn Sie uns dauernd unsere Bildungspolitik vorhalten und uns dabei den Herrn Dahrendorf vorzeigen, so kann ich dazu - jetzt wiederum polemisch - nur sagen: Der Dahrendorf hat mal für den Minister Hahn gearbeitet und hat seine Arbeit abgeliefert, und wir waren mit der Arbeit nicht zufrieden.
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Das zweite ist: Wenn Sie uns Frau Hamm-Brücher vorhalten, so muß ich sagen, das ist eine hochbegabte Bildungspolitikerin, die Staatssekretärin von Herrn Schütte; aber ich sehe nicht, wie Sie von den beiden Persönlichkeiten eine eigenständige Kulturpolitik der FDP herleiten wollen.
({3}) Insoweit muß ich Ihre Polemik zurückweisen.
Seien Sie versichert, daß wir die Fakten und Daten der heutigen Bildungspolitik sehr genau kennen und daß wir sie eigenständig - ohne Rückbezug auf Autoritäten - auch zu formulieren wissen.
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Das Wort hat Herr Moersch.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu dieser Stunde diskutiert es sich deswegen leicht, weil wir so schön unter uns sind und die Mietpreishyänen bereits den Zug nach München oder Hamburg genommen haben.
({0})
- Eben, Herr Dr. Hammans, Sie haben es getroffen.
Schauen Sie, ich will auf Dr. Martin hier gar nicht eingehen; er hat in einer anderen Weise zitiert, als ich es gesagt habe. Es bleibt unter uns, Herr Dr. Martin; ich will es nur feststellen. Aber der Unterschied ist doch sehr deutlich geworden zwischen den Auffassungen der FDP und denen der beiden Regierungsfraktionen.
Herr Westphal, ich muß Ihnen da leider einiges entgegenhalten. Sie haben gesagt: wir können das jetzt noch nicht machen mit dem Kindergeld, aus Gründen, die in der Finanzplanung liegen. Ich beweise Ihnen, daß Ihr Vorschlag mehr kostet als unserer und dazu noch ungerechter ist. Mir geht es dabei um etwas ganz anderes: Wenn Sie jetzt nicht den Mut haben, mit einem falschen Prinzip zu brechen, das zu Ungerechtigkeiten führt, wann wollen Sie es denn jemals tun? Sie müssen doch jetzt - entschuldigen Sie - die Möglichkeit einmal eröffnen - und das können Sie hier -, eine familienentlastende Förderung vom Bildungswillen abhängig zu machen. Das ist unsere Vorstellung, die Vorstellung der FDP. Ich hatte bisher gehofft, es sei auch die der SPD gewesen.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Moersch?
Bitte sehr!
Herr Moersch, würden Sie akzeptieren, daß es eine Möglichkeit gibt, dieses Geld, von dem Sie sprechen und das es umzuverteilen gilt, in der nächsten Runde in guter Weise umzuverteilen, so daß wir sogar endlich das Kindergeld steigern können und darüber hinaus vielleicht den nächsten Schritt für die Ausbildungsförderung daraus machen können?
Herr Westphal, ich bin aus Erfahrung skeptisch. Ich bin der Meinung: Wenn man eine Sache anpackt, muß man sie konsequent anpacken und darf sich nicht mit Halbheiten begnügen, weil nächstes Mal wieder Besitzstandsvorstellungen entstehen, die jedenfalls Ihren Vorstellungen nicht entgegenkommen werden.
Jetzt eine Zwischenfrage von Frau Freyh.
Herr Moersch, würden Sie sich vorstellen können, daß in den sechs Monaten - wir stehen ja tatsächlich vor der Aufgabe, das in sechs Monaten zu erledigen - diese Frage noch klärbar wäre, da sie z. B. ja auch die Bundesländer berührt?
Frau Freyh, ich kann es mir vorstellen; ich habe eben bisher eine große Meinung von einer Großen Koalition gehabt auf diesem Gebiet, daß sie, wenn sie etwas will, es auch durchsetzen könne. Daß Sie das relativieren, kommt mir ein wenig so vor, als ob Sie den Mut verloren hätten, die Reform wirklich durchzusetzen, die Sie sich 1966 eigentlich vorgenommen hatten, wenn ich das recht verstehe.
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Jetzt eine Zwischenfrage von Frau Pitz-Savelsberg.
Herr Moersch, würden Sie es, wenn Sie es durchsetzen würden, dann für richtig halten, daß ganze Gruppen von Familien aus jeder Förderung herausfallen würden, weil sie nämlich oberhalb der in allen Entwürfen ziemlich niedrig angesetzten Einkommensgrenze liegen und auch nicht in der Lage sind, mehrere Kinder ohne jeglich Hilfe auszubilden, und daß dann also ganze Schichten nicht einmal mehr das Kindergeld hätten, was ihnen noch eine kleine Hilfe ist, weil sie die Ausbildungsförderung nicht bekommen können?
Frau Pitz-Savelsberg, aus Ihrer Zwischenfrage ersehe ich, daß unser Gesetzentwurf in diesem Punkte offensichtlich schwer verständlich ist. Ich will Ihnen ganz deutlich sagen, daß ich es hinnehmen will, daß einige weniger bekommen als vorher. Aber wir haben eine Gleitklausel. Wenn Sie etwas umverteilen, werden Sie natürlich nicht allen mehr geben können. Das gibt es nirgends auf der ganzen Welt. Ich will mehr Gerechtigkeit schaffen.
Das kann auch dazu führen, daß einige weniger bekommen. Aber wenn Sie sich unseren Gesetzentwurf - ich habe eine schriftliche Begründung zu Protokoll gegeben, mit Tabellen, die Sie dann ablesen können , genau ansehen, werden Sie mir zugeben, daß genau die bildungswilligen Mittelschichten, auf die es besonders ankommt, gerade dann nicht behindert werden, wenn sie mehrere Kinder in der Ausbildung haben. Ihre Befürchtung auf diesem Gebiet trifft auf unseren Gesetzentwurf nicht zu. Er ist wirklich in sich konsequent, und Sie werden es mir wohl zugestehen, daß ich für diesen Gesetzentwurf streite, weil ich glaube, daß er ein geschlossenes und sinnvolles Konzept darstellt. Sie sollten nicht so herangehen, als ob hier praktisch irgendwo das Fallbeil genau auf diejenigen fiele, die dann nicht mehr in der Lage wären, ihren Kindern eine qualifiziertere Ausbildung zu geben. Ich glaube, daß hier ein viel höheres Maß an Gerechtigkeit hergestellt wird, als es bisher überhaupt der Fall sein konnte. Wir unterscheiden uns darin, daß man in der Koalition sehr schnell mit sich selbst und seinen Werken zufrieden ist, auch wenn sie noch nicht zu Ende gedacht sind. Es ist etwa so, wie wenn einer ein Glas hochhebt und sagt: „Das Glas ist schon halb voll", wogegen der andere sagt
- und das sage ich Ihnen in diesem Falle -: „Es ist noch halb leer." Das entspricht sich, ist aber von einem anderen Standpunkt aus betrachtet.
({0})
- Ich wundere mich, Herr Dr. Hammans, daß die Kollegen von der SPD so zaghaft geworden sind. Daß die CDU auf diesem Gebiet zaghaft ist, wenn es gilt, politische Entscheidungen zu verändern, die man früher fälschlicherweise getroffen hat, ist mir einleuchtend und klar. Aber die sozialdemokratischen Kollegen machen sich hier zum Anwalt einer Sache, die doch eigentlich nicht die ihre gewesen ist.
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Ich kann das nicht verstehen.
Herr Westphal, ich verstehe auch Ihre Haushaltsbedenken nicht. Sie wissen doch ganz genau, daß es Entscheidungen gibt, da heißt es: „Augen zu und beschließen!" - weil das eben politisch notwendig sein soll -,
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daß es dann aber andere Fragen gibt, in denen Sie plötzlich hundert Bedenken vortragen. Lassen Sie das doch mal den Finanzminister vortragen. Der rührt sich nämlich nicht. Das Kabinett hat sich um die Entscheidung bisher gedrückt. Warum wollen Sie ihm denn selber diese Art von Entscheidung erleichtern, nämlich das Nichtentscheiden?
Eine Zwischenfrage noch von Herrn Westphal?
Herr Moersch, ich möchte Sie an dieser Stelle fragen, ob Sie nicht doch der Auffassung sind, daß dieser Ball auf Sie zurückkommt?
Denn im Hinblick auf das, was Sie in die Luft hinein vorschlagen, zu beschließen, ohne- zu wissen, was es wirklich kostet, haben Sie den Überblick über die nächste Zeit nicht berücksichtigt. Das ist bei Ihrer Überlegung überhaupt nicht drin.
Entschuldigen Sie, Herr Westphal: das ist doch I h r Überblick, und ich setze doch die politischen Schwerpunkte anders. Sie haben die mittelfristige Finanzplanung wiederholt geändert. Die können Sie jeden Tag ändern. Das sind doch hoffentlich für Sie keine Zehn Gebote. Oder täusche ich mich da?
Wo haben Sie Ihren neuen, anderen Schwerpunkt gesetzt, für den Sie etwas anderes aus unseren Ausgaben der nächsten Jahre herausstreichen wollen? Das ist in Ihrem Entwurf nicht enthalten. Darf ich Sie fragen: Ist es nicht so, daß Sie auf der einen Seite etwas wegnehmen und auf der anderen Seite etwas dazupacken, aber in denselben Bereich?
Ich kann doch nicht, wenn ich die politischen Vorstellungen der Bundesregierung für die nächsten drei Jahre nicht kenne - sie werden ja auch ständig geändert -, in einem Gesetzentwurf, den ich vor einem Jahr eingebracht habe, etwa solche Vorschläge machen. Das gehört doch auch gar nicht dazu. Das ist die Haushaltsentscheidung jedes einzelnen Jahres, die Sie hier treffen müssen. Aber das können Sie doch selbstverständlich von der Opposition nicht verlangen. Sie behaupten z. B., es müsse sein, daß man den „Phantom" anschafft. Ich behaupte: das muß gar nicht sein. Das ist eben der Unterschied in der Betrachtungsweise. - So kann ich Ihnen viele Beispiele dafür nennen, daß angebliche Sachzwänge zur Politik gemacht werden, die sich hinterher als nicht haltbar erweisen.
Eine Zwischenfrage von Frau Freyh.
Herr Moersch, würden Sie mir zugestehen, daß, seitdem in diesem Hause über die mittelfristige Finanzplanung für den nächsten Zeitraum bis 1970 gesprochen worden ist, keine ausgabenwirksame Veränderung dieser mittelfristigen Finanzplanung erfolgt ist?
Das kann ich Ihnen gar nicht zugestehen. Wenn ich die letzten Tage hier in diesem Hause richtig zugehört habe, sind ganz erhebliche Änderungen vorgenommen worden.
Noch eine Frage von Frau Freyh? - Bitte!!
Herr Moersch, Sie haben vorhin auf ein bestimmtes Gesetz angespielt, auf das Gesetz zur außenwirtschaftlichen Absicherung. Ist Ihnen denn nicht bekannt„ daß dieses Gesetz in sich einen Ausgleich bringen wird?
Frau Freyh, das sind die schönen Reden, ,die uns hier vorgetragen worden sind. Wenn Sie das Gutachten der wirtschaftlichen Sachverständigen lesen, werden Sie mit mir der Meinung sein, .daß es offensichtlich in der Praxis ganz anders aussieht. Ich bin nicht so autoritätsgläubig, daß ich solche Behauptungen, die innerhalb von 48 Stunden aufgestellt werden, einfach hinnehme. Ich habe mit den Sachverständigen den Verdacht, daß diese Gesetzgebung an Stelle einer Aufwertung gemacht wurde, um mehr Geld durch Steuern in die Kasse zu bringen.
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- Aber selbstverständlich! Deswegen haben wir das Recht, Vorschläge zu machen, die in sich konsequent sind, auch wenn Sie der Meinung sind, das könne man nicht decken. Das ist die Ausrede aller Finanzminister von jeher gewesen. 'Das begleitet den Bundestag seit 1949. Wenn man politisch etwas anderes wollte, hat man das Geld dann immer gefunden.
Noch eine Zwischenfrage von Frau Funcke.
Herr Kollege Moersch, würden Sie bereit sein, den Damen und Herren von der Koalition zu sagen, ,daß, wie ihr eigener Finanzminister zugestanden hat, aus der Exportbesteuerung ein Mehr von netto ungefähr 900 Millionen DM anfallen werde, wovon rund 200 Millionen DM für Rückvergütungen an notleidende Industrien vorgesehen sind, so daß mindestens ein Nettogewinn von 600 bis 700 Millionen 'DM vorhanden ist?
Ich danke Ihnen für diesen Hinweis. Ich habe den Verdacht, daß in den letzten Tagen noch vielmehr mit Zahlen jongliert worden ist.
({0})
Eigentlich darf ich jetzt nicht mehr das Wort zu einer Zwischenfrage geben, die sich auf denselben 'Punkt bezieht. - Nicht auf denselben Punkt?
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- Bitte, Frau Freyh! Herr Moersch ist einverstanden.
Herr Moersch, darf ich Sie, nachdem Sie offensichtlich der Auffassung sind, bei der gegenwärtigen Haushaltslage seien Mittel für eine Finanzierung einer Gesamtkonzeption zu finden, fragen, warum Sie in der letzten Legislaturperiode so still gewesen sind, warum Sie damals, als Sie Mitglied der Regierung waren, nicht Ihre Anstrengungen darauf gerichtet haben, die finanziellen Grundlagen zu schaffen.
Frau Freyh, ich werde Ihnen das gern einmal im einzelnen auseinandersetzen. Zunächst muß ich Ihnen sagen, ,daß ich nicht Mitglied der Regierung war. Ich will hinzufügen: Ich billige auch keineswegs talles, was wir in der Koalition damals mitgemacht haben.
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- Ach, Herr Wuermeling, das ist doch früher schon bekannt gewesen. Sie haben mich ja deswegen auch angegriffen, weil ich nicht so fromm war, wie Sie glaubten, daß man koalitionsfromm sein müsse. Inzwischen haben Sie dann auch einige schriftliche Erklärungen zu Protokoll gegeben, die viel deutlicher sind als das, was wir gesagt haben. Wissen Sie, der Unterschied zwischen uns beiden, Herr Wuermeling, list der: ich stelle mich hier und rede, und Sie geben Ihre Reden heimlich zu Protokoll. Hinterher stellt man fest, daß von Ihnen die wildesten Angriffe auf die eigene Regierung zu Protokoll gegeben worden sind.
({1}) Das ist der Unterschied.
Meine Damen und Herren Kollegen, ich will Sie nur bitten, daß Sie, die doch mit uns erkannt haben, wie wichtig die wirtschaftliche Förderung der Ausbildung ist, sich nicht von Augenblickssituationen bange machen lassen, die jeweils hervorgezaubert werden, wenn man politisch einer Entscheidung ausweichen will. Hier geht es doch darum - wie Herr Martin mit Recht gesagt hat -, daß wir unseren bildungspolitischen Willen unterstreichen und daß wir Klarheit auf einem Gebiet schaffen, das in der Zukunft viel wichtiger als manches andere sein wird, was in diesem Hause von Interessengruppen für wichtig gehalten wird. Deshalb bitte ich Sie, nicht von vornherein so zu tun, als ob der FDP-Gesetzentwurf in diesem wesentlichen Teil nicht verwirklicht werden könne. Zunächst muß einmal der Beweis erbracht werden, daß die Kritiker dieses Entwurfs recht haben. Ich hoffe, daß ich bei Ihnen Unterstützung finde, wenn wir den Versuch machen, zu beweisen, daß es so geht, wie wir es uns in der Konsequenz vorgestellt haben.
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Das Wort hat der Herr Abgeordnete Josten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir haben heute eine gute Lesung zum Ausbildungsförderungsgesetz. Es besteht kein Zweifel, daß dieses Gesetz noch in dieser Legislaturperiode zur Verabschiedung kommen kann. Ich teile hier die Meinung des Kollegen Westphal. Die Tatsache, daß wir heute so weit sind, läßt letzten Endes alle diejenigen, die sich schon seit Jahren damit befassen, froh sein. Den auf diesem Gebiet unermüdlichen Kollegen in unseren Fraktionen müssen wir eigentlich sehr dankbar sein. Ich nenne hier Frau Pitz-Savelsberg, Frau Freyh, natürlich auch Sie, Herr Kollege Moersch, Herrn Rollmann,
Martin, Westphal usw. Ich glaube also, daß wir tatsächlich ein gutes Stück weiter sind.
Lassen Sie mich noch einige Gedanken kurz zum Ausdruck bringen. Die in den von der CDU/CSU-, von der SPD- und der FDP-Fraktion eingebrachten Gesetzentwürfen bekundete Absicht, die Gewährung von Ausbildungsbeihilfen zu vereinheitlichen und damit die bisherige Zersplitterung der Rechtsgrundlagen zu beseitigen, wurde heute von allen begrüßt und wird sicherlich draußen im Lande auch einen guten Widerhall finden. Gegen die in den Gesetzentwürfen vorgesehenen Regelungen beim Besuch wissenschaftlicher und nichtwissenschaftlicher Hochschulen, Akademien, Ingenieurschulen sowie höheren Fachschulen und gleichartigen Ausbildungsstätten bestehen im Grundsatz keine Bedenken.
Nun ein wichtiger Hinweis. In diesen Rahmen können auch die auf den Besuch dieser Schulen vorbereitenden Einrichtungen gehören wie Berufsaufbauschulen, Lehrgänge zur Erlernung der Hochschulsowie der Fachschul- bzw. Akademiereife und die weiterführenden allgemeinen Schulen. Entscheidender Wert ist auf eine gesetzliche Festlegung zu legen, daß Ausbildungsförderung nur gewährt wird, wenn die Leistungen des Auszubildenden mit zureichender Sicherheit erwarten lassen, daß er das Ausbildungsziel auch erreicht. Dies müßte auch für den Besuch der vorbereitenden Einrichtungen gelten.
Ein Wort noch bezüglich der Einbeziehung der Berufsfachschulen. Ihre Einbeziehung in die zu fördernden Ausbildungsstätten ist im Zusammenhang mit §§ 38 und 39 des Arbeitsförderungsgesetzes zu sehen, die die Beihilfen für die Ausbildung von Lehrlingen in anerkannten Lehr- und Anlernberufen regeln. Hierher gehört auch die Bewilligung von Beihilfen für das Praktikum gemäß § 1 Abs. 3 des CDU/ CSU-Entwurfs. Wegen des engen Zusammenhangs zwischen der betrieblichen Berufsausbildung mit den Berufsschulen einerseits und dem Besuch von teilweise oder gänzlich die Lehre ersetzenden Berufsfachschulen müßte in jedem Fall besonderer Wert auf eine Harmonisierung der Beihilfengrundsätze nach dem Arbeitsförderungsgesetz und dem Ausbildungsförderungsgesetz gelegt werden.
Meine Damen und Herren, die bisher vorliegenden Gesetzesvorlagen weisen hier eine erhebliche Ungleichheit auf. Darüber wird man im Ausschuß besonders sprechen müssen. So wird z. B. in § 38 des Arbeitsförderungsgesetzes die Beihilfe u. a. von der Frage abhängig gemacht, ob die Aufbringung der erforderlichen Mittel für die Eltern oder Ehegatten noch zumutbar ist oder nicht. Eine entsprechende Regelung fehlt im Ausbildungsförderungsgesetz. Die Vorschriften in der Gesetzesvorlage zur Ausbildungsförderung sehen vielmehr eine wesentlich günstigere Regelung vor. Es muß sicherlich unser Ziel sein, daß wir für alle Jugendlichen die gleichen Voraussetzungen schaffen. Dies wird jedenfalls durch die Bestimmungen auch des § 39 Abs. 2 des Arbeitsförderungsgesetzes unterstrichen, wonach der zu gewährende Förderungsbetrag nicht die vom Arbeitgeber im letzten Ausbildungsjahr zu zahlende Ausbildungsvergütung übersteigen kann.
Meine Damen und Herren, in Anbetracht der begrüßenswerten Absicht aller Fraktionen des Hauses, die Ausbildung auf eine einheitliche Rechtsgrundlage zu stellen, ist eine unterschiedliche Regelung der Beihilfengrundsätze für diesen wichtigen Bereich nicht vertretbar. Es ist zur Zeit natürlich noch nicht durchführbar. Aber, ich glaube, es bietet sich hier als Ziel an, in das Ausbildungsförderungsgesetz die gesamte Berufsausbildung in anerkannten Lehr- und Anlernberufen bis zum Lehrabschluß einzubeziehen.
Der Kollege Rollmann sagte heute: Was lange währt, wird endlich gut. Ich glaube, dazu wollen wir alle beitragen.
Drei Dinge lassen Sie mich noch unterstreichen. Frau Pitz-Savelsberg, Sie erwähnten, daß für die Gewährung von Beihilfen der Grundsatz der Subsidiarität gelten soll. Das möchte ich unterstreichen, es ist ein wichtiger Hinweis. Ebenso glaube ich, die Beauftragung der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung mit der Durchführung des Gesetzes wäre meines Erachtens eine gute Lösung.
Lassen Sie mich abschließen. Hier kommt es also hoffentlich nicht zu einem Tauziehen. Ich war vor kurzem bei einer Schuleinweihung in Nachtsheim in der Eifel. Bei dieser Gelegenheit erlebte ich, wie die Jugend in einem Sprechchor u. a. eine Formulierung vortrug, die auch für unsere Arbeit gelten kann: Wir alle sind in einem Boot; alle sind fähig, alles zu bessern.
Das Wort hat der Herrn Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen.
Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da der Herr Finanzminister etliche Male angesprochen worden ist, darf ich einige Feststellungen treffen.
Erstens handelt es sich bei der Beratung der Entwürfe, die wir vornehmen, um Fraktionsentwürfe. Es ist nicht unbedingt die Aufgabe des Herrn Bundesfinanzministers, dazu von der finanziellen Seite her seine Konzeption vorzutragen.
Zweitens. Ich bin dankbar, daß sich die Fraktionen der CDU/CSU und der SPD eine gewisse Beschränkung im Hinblick auf die finanzielle Situation und das finanziell Mögliche auferlegt haben.
Drittens. Herr Kollege Moersch, ich möchte den Fraktionsantrag der FDP nicht werten; ich stelle nur fest, daß einige Gedanken davon auch vom Bundesminister der Finanzen schon ganz offen als gut hingestellt worden sind, nur meint er, daß man diese Fragen bloß im Zusammenhang mit der großen Steuerreform lösen kann, weil sie auch andere Probleme, die in diesem Zusammenhang mit angeschnitten sind, tangieren.
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Parlamentarischer Staatssekretär Leicht
Viertens. Ich stelle fest, daß sich die Regierung natürlich Gedanken über diesen Fragenkomplex gemacht hat; sonst hätte sie nicht unter Hintansetzung anderer, auch wichtiger politischer Forderungen bei ihren Überlegungen um die mehrjährige Finanzplanung ab 1970 in diesen Planungen Mittel vorgesehen, um eben dafür etwas zu tun.
Schließlich eine letzte Bemerkung. Ich habe festzustellen, Frau Kollegin Funcke, oder nur zurechtzurücken - oder Herr Moersch, wer es gesagt hat; ich habe es nicht mehr recht in Erinnerung -: Die Bundesregierung hat die Maßnahmen, die das Parlament in der vergangenen Woche beschlossen hat, nicht deshalb vorgeschlagen, um sich Mehreinnahmen zu besorgen, sondern um der Gefahr schwerer Veränderungen sowohl im politischen als auch insbesondere im wirtschaftlichen Bereich vorzubeugen.
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Ich wäre dankbar, wenn man nicht mit einer so leichten Bemerkung einen falschen Eindruck aufkommen ließe, der bei der Argumentation draußen gefährlich für uns werden kann.
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Eine Zwischenfrage von Herrn Westphal?
Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Bitte!
Herr Staatssekretär, nachdem wir in diesen Fragen sehr weitgehende Übereinstimmung feststellen können, darf ich Sie fragen, ob Sie zu Ihren Überlegungen im Rahmen der mittelfristigen Finanzplanung auch noch diese in Erinnerung nehmen würden, die mein Fraktionskollege Dr. Möller bei den Beratungen über die mittelfristige Finanzplanung hier vorgetragen hat, als er sagte, daß es gut wäre, wenn bei der nächsten Fortschreibung zusätzlich wieder daran gedacht würde, neue, aufstockende Mittel für die Ausbildungsförderung bereitzustellen?
Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Das ist die Aufgabe bei der Fortschreibung der mehrjährigen Finanzplanung, daß man die politisch primären Akzente, die man setzen will, immer neu durchdenken und dafür natürlich auch die nötigen Mittel bereitstellen muß.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Funcke?
Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Ja, bitte schön.
Herr Staatssekretär, wären Sie bereit zuzugestehen, daß niemand in diesem Hause behauptet hat, daß das Gesetz in der vorigen Woche in fiskalischen Gründen seinen Ausgangspunkt gehabt hat, und sind Sie ebenso bereit, zuzugestehen, daß demnach diese „angenehme" Nebenwirkung für den Staat eintreten wird, nachdem Sie nicht bereit waren, die Altkontrakte von der Besteuerung auszunehmen?
Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Dazu möchte ich Ihnen gerade jetzt etwas sagen, gnädige Frau. Sie haben die Zahl von 0,9 Milliarden genannt. Der Finanzminister hat hier die Zahl von 0,8 Milliarden genannt, und er hat von mindestens etwa 300 Millionen DM gesprochen - auch der Wirtschaftsminister -, die notwendig würden zum Ausgleich von Auswirkungen der Maßnahmen, die wir getroffen haben. Dann bleiben 0,5 Milliarden DM übrig, und Sie sind sachverständig genug - das weiß ich -, um zu wissen, daß wir auch einen gewissen Ausfall im Bereich der Einkommen- und Körperschaftsteuer einkalkulieren müssen. Wie hoch er sein wird, kann ich Ihnen nicht sagen, aber er wird einen wesentlichen Teil des noch verbleibenden Restes wegnehmen.
Ein letztes. Ich weiß nicht, ob Sie die neuen Steuerschätzungen kennen. Ich nehme aber an, daß Sie die Gelegenheit hatten, Sie zu lesen. Diese neuen Steuerschätzungen besagen für das Jahr 1969, daß der Bund - unter Einschluß dieser Maßnahmen - mit einem Mehraufkommen von rund 320 Millionen DM zu rechnen hat. Wenn Sie berücksichtigen, daß wir davon 300 Millionen DM brauchen, um bestimmte Maßnahmen durchzuführen, wissen Sie, was nach den neuesten Steuerschätzungen für 1969 für den Bund an Mehr übrigbleibt.
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Das Wort hat der Minister für Familie und Jugend, Frau Brauksiepe.
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Herr Präsident! Meine Damen und meine Herren! Ich wollte mir nur drei bis vier Minuten ausbitten; denn die reichen aus, um zum Ausdruck zu bringen, wie dankbar ich bin, daß wir diese Gemeinsamkeit in erster Runde erreicht haben. Wissen Sie, wenn man lange genug in diesem Hause arbeitet, erlebt man es nicht oft, daß bei der Einbringung von drei Gesetzentwürfen schon in der ersten Besprechung eine so grundlegende Übereinstimmung da ist; und wenn man lange genug hier ist, erlebt man es nicht oft, daß am Freitagmittag Kollegen um einer wichtigen Sache willen so wunderbar über 1 Uhr hinaus aushalten. Wohl erleben wir es oft, daß die Bank dort leer bleibt, obschon wir uns gewünscht hätten, es wäre manch einer dabei; denn das ist sehr entscheidend.
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Ich muß noch etwas sagen: Ich bin sehr glücklich darüber, Frau Freyh, daß Sie zumindest - die Zeit hat nicht mehr zugelassen - die tiefe Relation
Bundesminister Brauksiepe
zwischen Bildungsstand und Wirtschaftswachstum zum Ausdruck gebracht haben. Das ist eine Sache, über die wir uns sehr, sehr stark Rechenschaft geben müssen, wenn wir auf die Zukunft hin konzipieren und die Politik als planende Gestaltung der Zukunft verstehen. Ich bin also froh, daß Sie diesen tiefen Hintergrund zumindest eben angeleuchtet haben, denn er gehört dazu.
Diese Stunde sollte uns, meine Freunde, an sich glücklich machen. Wir erleben, daß wir in unserem Staat mit so vielen Begabten vor allem die Hochbegabten und die sogenannten Eierköpfe mit ihren Königskarrieren immer und überall sichtbar machen. Was aber machen diese Hochbegabten, wenn nicht unten in dieser Pyramide die breite Schicht der ganz einfach gescheiten Menschen auch mit in die Zubringerarbeit genommen wird? Und eben das kündigt sich hier an.
Mir bleibt also in der dritten Minute nichts anderes, als all jenen zu danken, die doch noch dafür gesorgt haben, daß das auf den Tisch kommt; und Sie haben gesehen, mit welcher Wachsamkeit die betroffenen und die betreffenden Mitglieder des Familienministeriums hier jede Aussage verfolgt haben. Mir bleibt nur die Zusicherung an Sie, meine Damen und meine Herren Kollegen, daß ich persönlich mit allen Mitarbeitern meines Hauses mit voller Kraft in die Ausschußarbeit hinein das geben werde; was wir zu geben vermögen, auf daß sich erfüllt, was man in dieser Stunde zum Ausdruck brachte, daß eine Stufe doch noch realisiert wird.
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Keine Wortmeldungen mehr?
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- Zur Überweisung? Darf ich vorschlagen, Frau
Kollegin, daß ich die Überweisungsvorschläge einzeln vornehme und daß Sie sich dann dazu äußern.
Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Überweisung. Ich habe festgestellt, daß Übereinstimmung darüber besteht, daß die Federführung vom Ausschuß für Familien- und Jugendfragen übernommen wird. - Keine abweichende Meinung dazu.
Der Ausschuß für Arbeit soll mitberatend sein. Besteht Übereinstimmung?
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Es besteht Übereinstimmung.
Der Kulturausschuß soll mitberatend sein. Besteht Übereinstimmung? - Das ist der Fall.
Der Haushaltsausschuß soll nach § 96 der Geschäftsordnung beteiligt sein. Besteht auch darin Übereinstimmung? - Es besteht Übereinstimmung.
Der Finanzausschuß soll jetzt nicht, wie vom Ältestenrat vorgeschlagen, mitberatend, sondern gutachtlich eingeschaltet werden. Dazu Frau Kollegin Funcke.
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Soweit es die Entwürfe der CDU/ CSU und der SPD angeht, wäre das sicherlich richtig. Soweit es aber den Entwurf der FDP angeht, können wir den Finanzausschuß nicht nur gutachtlich einschalten, sondern müssen ihn mitberatend sein lassen. Denn es geht hier ja um grundsätzliche steuerrechtliche Bestimmungen, und ich glaube, niemand in diesem Hause wird der Meinung sein, daß dies nicht in den Finanzausschuß gehört.
Ich bitte daher, wenigstens den Entwurf der FDP auch dem Finanzausschuß zur Mitberatung zu überweisen.
({0})
Ich habe den Eindruck, daß es nicht zweckmäßig wäre, eine der drei Vorlagen zur Mitberatung an den Finanzausschuß zu überweisen; wenn, dann alle drei, nicht wahr. - Gibt es Widerspruch gegen den Antrag der FDP?
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- Dagegen gibt es Widerspruch. Ich glaube, wir brauchen nicht darüber zu reden; wir stimmen ab. Wer den Finanzausschuß als mitberatenden einschalten will, gebe das Zeichen. Danke. - Gegenprobe! - Damit ist entschieden, daß der Finanzausschuß für die drei Entwürfe gutachtlich eingeschaltet wird. - Damit ist die Überweisung erfolgt.
Ich rufe Punkt 20 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu den Änderungen und Ergänzungen des Abkommens über den Internationalen Währungsfonds, die das Direktorium des Fonds im Bericht vom April 1968 dem Vorsitzer des Gouverneursrats des Fonds vorgelegt und die der Gouverneursrat bis zum 31. Mai 1968 genehmigt hat
- Drucksache V/3338 Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen ({1})
- Drucksache V/3567 -Berichterstatter: Abgeordneter Regling ({2})
Wird das Wort in der zweiten Beratung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich rufe die Artikel 1 bis 6 sowie Einleitung und Überschrift auf. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, möge sich erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Vizepräsident Mommer
Ich rufe Punkt 21 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Wehrpflichtgesetzes
- Drucksache V/2528 Schriftlicher Bericht des Innenausschusses ({3})
- Drucksache V/3568 -Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Wörner ({4})
Ich eröffne die zweite Beratung. - Ich rufe die Artikel I und II auf. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Artikel I und II sind angenommen.
Es liegt ein Änderungsantrag der Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen und Genossen auf Umdruck 546, betreffend Einfügung eines Art. II a, *) vor. Soll dieser Antrag begründet werden? - Herr Brück!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die mit Antrag Umdruck 546 beantragte Änderung ist notwendig, damit wir nicht ab 1. Januar eine Gesetzeslücke haben. In einem Gesetz, das noch auf uns zukommt, ist diese Sache wieder enthalten. Dieses Gesetz wird aber nicht früh genug vorliegen. Deshalb haben wir hier die Bestimmungen vorgezogen. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie dem Antrag zustimmen könnten, damit zusätzliche Schwierigkeiten vermieden werden.
({0})
Das Wort wird weiter nicht gewünscht. Wir stimmen ab über den Änderungsantrag Umdruck 546 Ziffer 1. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag ist angenommen. Damit ist ein Art. II a eingefügt.
In Konsequenz dieses Beschlusses muß Art. III die unter Ziffer 2 des Antrags Umdruck 546 beantragte geänderte Fassung erhalten. Wer dem Art. III in dieser neuen Fassung sowie der Einleitung und Überschrift zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Wer dem Gesetz als Ganzem zustimmen will, möge sich erheben. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Gesetz ist einstimmig angenommen.
Wir müssen noch über die Punkte I und II des Ausschußantrages abstimmen. Wer diesen beiden Punkten zustimmen will, gebe das Handzeichen.
*) Siehe Anlage 2 Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag des Ausschusses ist angenommen.
Ich rufe Punkt 22 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über den Abschluß der Sammlung des Bundesrechts
- Drucksache V/3227 Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses ({0})
- Drucksache V/3538 Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Reischl ({1})
Das Wort in der zweiten Beratung wird nicht gewünscht. Wer den §§ 1 bis 5 sowie der Einleitung und der Überschrift zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Wortmeldungen liegen nicht vor. Wer dem Gesetz
als Ganzem zustimmen will, möge sich erheben.
- Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Gesetz ist einstimmig angenommen.
Punkt 23:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung ,eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu der Vereinbarung vom 23. August 1967 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und dem schweizerischen Bundesrat zur Durchführung des Abkommens vom 25. Februar 1964 über Soziale Sicherheit
- Drucksache V/3151 Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik ({2})
- Drucksache V/3540 Berichterstatter: Abgeordneter Riegel ({3})
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Wir treten in die zweite Beratung ein. - Das Wort wird nicht gewünscht.
Wer den Art. 1 bis 3, der Einleitung und der Überschrift zustimmen will, gebe das Zeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe auf zur
dritten Beratung.
Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, möge sich erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe Punkt 24 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines
Vizepräsident Mommer
Gesetzes zu dem Abkommen vom 14. September 1963 über strafbare und bestimmte andere an Bord von Luftfahrzeugen begangene Handlungen
- Drucksache V/3266 Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses ({5})
- Drucksache V/3553 -Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Arndt ({6})
({7})
Wir treten in die zweite Beratung ein. - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den Art. 1 bis 3, der Einleitung und der Überschrift zustimmen will, gebe das Zeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe auf zur
dritten Beratung.
Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, möge sich vom Platz erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe Punkt 25 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Durchführung einer Repräsentativstatistik der Bevölkerung und des Erwerbslebens ({8})
- Drucksache V/3169 -
a) Bericht des Haushaltsausschusses ({9}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
- Drucksache V/3560 -Berichterstatter: Abgeordneter Windelen
b) Schriftlicher Bericht des Innenausschusses ({10})
- Drucksache V/3543 -Berichterstatter: Abgeordneter Gertzen ({11})
Wir treten in die zweite Beratung ein. - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den Art. 1 bis 3, der Einleitung und der Überschrift zustimmen will, gebe das Zeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe auf zur
dritten Beratung.
Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, möge sich vom Platz erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Ich rufe Punkt 26 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Maßnahmen zur Sicherung der Altölbeseitigung ({12})
- Drucksachen V/3075, V/3286, V/3376 Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen ({13})
- Drucksache V/3573 -Berichterstatter: Abgeordneter Opitz
({14})
Das Wort hat der Berichterstatter, Herr Abgeordneter Opitz.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei der Drucklegung zum Schriftlichen Bericht ist ein Irrtum unterlaufen; man kann auch sagen: dem Berichterstatter ist ein Irrtum passiert.
Auf Seite 9 des Schriftlichen Berichts muß es in § 13 Abs. 1 bei der Verweisung statt „§ 7 Abs. 3 Satz 2" richtig heißen: „§ 6 Abs. 3 Satz 2". Ich bitte, den Bericht so zu korrigieren.
Wir haben die Berichtigung zur Kenntnis genommen.
Ich rufe zur zweiten Beratung auf. - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den §§ 1 bis 13 - mit der Berichtigung des § 13 -, der Einleitung und der Überschrift zustimmen will, gebe das Zeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe auf zur
dritten Beratung.
Keine Wortmeldungen. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, möge sich vom Platz erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Ich rufe den Zusatzpunkt zu unserer Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 17. Januar 1966 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über Fürserge und Jugendwohlfahrtspflege
- Drucksache V/3474 Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik ({0})
- Drucksache V/3599 -Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Franz ({1})
Wir treten in die zweite Beratung ein. - Das Wort wird nicht gewünscht.
Wer den Art. 1 bis 4, der Einleitung und der Überschrift zustimmen will, gebe das Zeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Wir treten ein in die
dritte Beratung
Keine Wortmeldungen. - Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, möge sich erheben. - Die Ge10974
Vizepräsident Mommer
genprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Damit sind die Punkte mit zweiten und dritten Beratungen erledigt.
Ich rufe dann Punkt 27 der Tagesordnung auf: Beratung des Antrags der Fraktion der FDP betr. Fettgehalt der Milch
- Drucksache 1(/3091 Das Wort zur Begründung hat Herr Abgeordneter Logemann, der sicher ganz zeitbewußt reden wird.
Herr Präsident, ich möchte beide Anträge, auch den unter Punkt 28 der Tagesordnung, begründen.
Ich rufe dann auch den Punkt 28 der Tagesordnung auf:
Beratung des Antrags der Fraktion der FDP betr. Schulmilch
- Drucksache V/3092 Logemann ({0}) : Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir bitte, zwei die Milch betreffende Anträge kurz zu begründen.
Ich habe den Eindruck, daß die Milch bei meinen landwirtschaftlichen Berufskollegen durch die lange Debatte zum Ausbildungsförderungsgesetz schon sauer geworden ist; sie sind nämlich nicht mehr anwesend. Dafür sind Sie aber als Verbraucher da, und ich hoffe, daß Sie Milchverbraucher sind. Um die geht es eigentlich bei meinem Antrag.
Meine Damen und Herren, in unserem Antrag verlangen wir eine Auffettung der Trinkmilch von 3 auf 3,5 %. Nun ist dieser Antrag aber schon im Juni dieses Jahres gestellt worden, liegt also bereits lange zurück. In der Zwischenzeit ist durch eine Verordnung der Regierung der Fettgehalt der Trinkmilch jedoch schon von 3 auf 3,3 % erhöht worden. Die Regierung ist also unseren Vorstellungen bis etwa zur Hälfte des Weges gefolgt.
Wir sind der Meinung - das war auch unsere Überlegung bei der Einbringung dieses Antrags -, daß eine Erhöhung des Fettgehalts der Milch eigentlich seit Jahren überfällig war. Es ist doch in der Tat so, daß der Durchschnittsfettgehalt der Milch in unseren Nachbarländern schon seit Jahren 3,5 Prozent beträgt, in Dänemark z. B., wo man neben Milch noch sehr viel Sahne verbraucht, sogar 3,8 Prozent. Wir hätten eigentlich Grund, an dem langen Zögern der Regierung Kritik zu üben; aber das will ich heute nicht mehr tun. Sie hat mit der Entscheidung für 3,3 % zu lange gezögert.
Meine Damen und Herren, Trinkmilch mit 3 % Fettgehalt war eigentlich eine Milch, die nur in Notzeiten ihre Berechtigung hatte. Diese 3 % Fettgehalt waren seinerzeit kriegsbedingt. Das stammt noch aus den Jahren des Mangels. Wir waren etwas über die Kritik der deutschen Verbraucherorganisationen überrascht, als die Regierung den Fettgehalt der Trinkmilch erhöhte.
Ich bin in der angenehmen Situation, heute sagen zu können, daß ich mich in Übereinstimmung mit unserem Landwirtschaftsminister Höcherl befinde. Ich weiß nicht, ob auch bei ihm die Milch sauer geworden ist; er ist heute jedenfalls nicht da. Er hat nämlich auf dem Deutschen Milchhandelstag in Essen im September dieses Jahres - unser Antrag ist, wie gesagt, im Juni eingebracht worden - erklärt, er sei der Meinung, man müsse den Fettgehalt so weit erhöhen, daß der natürliche Fettgehalt der Milch erreicht werde. Auch meine Freunde und ich sind der Meinung, daß man bei der Milch der Natur nicht so viel ins Handwerk pfuschen sollte. Denn die Milch kann doch eigentlich nichtbesser sein, als wenn sie direkt von der Kuh kommt. Ich unterstütze also den Herrn Minister durchaus in seiner Auffassung, daß der natürliche Fettgehalt angestrebt werden sollte.
Ich bedauere, meine Damen und Herren, daß man das bei einem so wichtigen Volksnahrungsmittel wie der Milch überhaupt noch besonders herausstellen muß. In der Zwischenzeit haben wir feststellen können, daß der Verbraucher - das können wir nachweisen - die Auffettung der Trinkmilch durch entsprechenden Mehrverbrauch honoriert hat. In .der Tat ist - darauf ist in den letzten Tagen in „AGRA-EUROPE" hingewiesen worden - trotz der Erhöhung des Fettgehalts der Trinkmilch das Gegenteil von dem eingetreten, was die Organisationen der Verbraucherverbände behauptet haben.
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Der Verbrauch von Trinkmilch ist in der Bundesrepublik nicht zurückgegangen, sondern gestiegen.
Meine Damen und Herren, noch ein Hinweis. Wenn wir die Preise der Trinkmilch in der Bundesrepublik und in anderen Ländern vergleichen, stellen wir fest, daß bei uns heute ein Liter Trinkmilch in der Flasche 66 Pfennig kostet; in Belgien und Holland kostet dieselbe Menge Milch schon lange 66 Pfennig, in Frankreich kostet sie 68 Pfennig, in Italien kostet sie sogar 76 Pfennig und in England 74 Pfennig.
Wir wollen uns bemühen, mit unserem Antrag zu erreichen, daß der 'Fettgehalt der Milch dem natürlichen Fettgehalt näherkommt. Ich hoffe, daß uns das gelingt.
Nun eine Bemerkung zu dem zweiten Antrag, in dem wir die Bundesregierung auffordern, Mittel für die Einführung verbilligter Schulmilch zur Verfügung zu stellen. Auch in diesem Punkt befinde ich mich in Übereinstimmung mit unserem Landwirtschaftsminister, der schon auf dem von mir erwähnten Milchhandelstag in Essen u. a. gesagt hat:
Ich werde neue Formen für eine Reorganisation einer Schulmilchspeisung entwickeln. Der Milchhandel könnte mit seiner Anpassungsfähigkeit dabei eine entscheidende Rolle spielen. Ich rechne sehr auf seinen Rat.
Nun kommt etwas sehr Wichtiges:
Die EWG-Grundverordnung sieht als nationale Maßnahme schon die Möglichkeit vor, Mittel für ein Schulmilchfrühstück bereitzustellen.
Wir müssen feststellen, daß trotz dieser positiven Stellungnahme des Ministers auf dem Milchhandelstag im September keine Mittel für die Einführung der Schulmilchspeisung im Etat eingesetzt worden sind. Mir ist auch nichts über eine Initiative des Ministers in Brüssel in Richtung Schulmilchspeisung bekanntgeworden.
Ich weiß, daß die Weiterführung der Schulmilchspeisung 1966 an den Schwierigkeiten zwischen Bund, Ländern und Gemeinden scheiterte. Der Bund sollte aber trotzdem versuchen, Schrittmacher für die Wiedereinführung der Schulmilchspeisung zu sein.
({2})
Ich bin der Meinung, daß das Schulmilchfrühstück, auch wenn das Masseneinkommen ständig steigt, für die Gesundheit unserer Kinder ein sehr wertvoller Beitrag sein könnte. Dabei haben wir als Milcherzeuger natürlich auch die Hoffnung - jung gewohnt, alt getan -, daß wir damit gleichzeitig zu einer Erhöhung des Trinkmilchverbrauchs kommen.
In anderen Ländern gibt es ein Schulmilchfrühstück seit Jahren. Ich nenne hier nur Australien, Belgien, Dänemark, Finnland, Großbritannien, Holland, Luxemburg, Neuseeland, Österreich, Schweden, Schweiz, Sowjetunion, Spanien, USA, und neuerdings geben sogar die Polen den Kindern kostenlos ein Schulmilchfrühstück.
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Meine Damen und Herren, mit unserem Antrag auf Wiedereinführung dieses Schulmilchfrühstückes, also auf Wiedereinführung einer Verbilligung von Vollmilch, überfordern wir den Etat finanziell keineswegs. Uns geht es darum, daß wir für die Verbilligung von Vollmilch Mittel ausgeben, bevor diese Milch zu Butter wird. So kann man, ohne den Etat zu überfordern, solche Möglichkeiten durchaus realisieren.
Meine Damen und Herren, die Verbilligung des Schulmilchfrühstücks bleibt trotz mehr Wohlstand und trotz Steigerung der Masseneinkommen notwendig. Ich habe hier statistische Unterlagen, die besagen, daß noch immer sehr viele Kinder mit nüchternem Magen zur Schule gehen. Wir sollten uns bemühen, allen Schulkindern täglich wenigstens einen Viertelliter Vollmilch verbilligt zur Verfügung zu stellen.
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Das Wort wird nicht gewünscht. Nach dem Vorschlag des Ältestenrates sollen die Anträge auf Drucksache V/3091 und V/3092 dem Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, der Antrag auf Druchsache V/3092 außerdem dem Haushaltsausschuß gemäß § 96 der Geschäftsordnung überwiesen werden. - Dem wird nicht widersprochen. Es ist so beschlossen.
Dann rufe ich Punkt 29 der Tagesordnung auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten
Moersch, Dr. Bucher, Frau Dr. Diemer-Nicolaus, Mertes, Dr. Rutschke und der Fraktion der FDP
betr. Einrichtung eines deutschen PhilosophieArchivs im Ludwigsburger Schloß
- Drucksache V/3343 Das Wort wird nicht gewünscht. - Nach dem Beschluß des Ältestenrates soll der Gesetzentwurf dem Ausschuß für Wissenschaft, Kulturpolitik und Publizistik und dem Haushaltsausschuß gemäß § 96 der Geschäftsordnung überwiesen werden. - Dem wird nicht -widersprochen. Es ist so beschlossen.
Punkt 31:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Damm, Prinz von Bayern, Berkhan, Jung, Dr. Schulze-Vorberg und Genossen
betr. Personallage des Flugsicherungs-Kontrolldienstes
- Drucksache V/3437 Zur Begründung hat das Wort Herr Abgeordneter Damm.
({0})
- Vielen Dank.
Nach dem Beschluß des Ältestenrates soll der Gesetzentwurf dem Verkehrsausschuß - federführend - sowie dem Innenausschuß überwiesen werden.
Hier war ein Zweifel aufgetaucht. Es gibt eine interfraktionelle Verständigung darüber, daß nicht der Verkehrsausschuß, sondern der Innenausschuß die Federführung übernehmen soll und der Verkehrsausschuß mitberatend tätig werden soll. - Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Punkt 32:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für das Bundesvermögen ({1}) über den Entschließungsantrag der Fraktion der FDP zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1968
hier: Einzelplan 24 - Geschäftsbereich des Bundesschatzministers
- Umdruck 412, Drucksache V/3287 - Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Frerichs
Das Wort zu dem Ausschußantrag wird nicht gewünscht. Wer zustimmen will, gebe das Zeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Ausschußantrag ist angenommen.
Ich rufe Punkt 34 der Tagesordnung auf:
Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses ({2}) über den von der Fraktion der FDP zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1968 eingebrachten Entschließungsantrag
Einzelplan 10 - Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
- Umdruck 409, Drucksache V/3318 - Berichterstatter: Abgeordneter Röhner
Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Antrag des Ausschusses zustimmen will, gebe das Zeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Ausschußantrag ist angenommen.
Ich rufe den Punkt 35 der Tagesordnung auf:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Innenausschusses ({0}) über den Bericht der Bundesregierung
betr. Gesamtfinanzierung der Olympischen Spiele 1972
- Drucksachen V/2796, V/3484 - Berichterstatter: Abgeordneter Müller ({1})
Das Wort zu einer Erklärung hat Herr Abgeordneter Müller ({2}) .
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Innenausschuß hatte die Bundesregierung unter Ziffer 2 b) des Antrags, der als Drucksache vorliegt, ersucht, bis zum 31. Dezember 1968 erneut über den Stand der Vorbereitungen und über die Gesamtfinanzierung der Olympischen Spiele 1972 zu berichten.
Der Innenausschuß bittet Sie, seinem Beschluß zu folgen, diese Frist bis zum 31. Januar 1969 zu verlängern.
Sie haben den Antrag gehört. - Dem Antrag wird nicht widersprochen. Dann ist die Änderung im Sinne des Berichterstatters erfolgt.
Wer dem Antrag des Ausschusses in dieser Fassung zustimmen will, gebe das Zeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe Punkt 36 der Tagesordnung auf:
Beratung des Schriftlichen' Berichts des Ausschusses für Arbeit ({0}) über den Antrag der Fraktion der SPD
betr. Vorlage eines Betriebsärztegesetzes - Drucksache V/2500, V/3511 Berichterstatterin: Abgeordnete Frau Schroeder ({1})
Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Antrag des Ausschusses zustimmen will, gebe das Zeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag ist angenommen.
Ich rufe dann die Punkte 38 bis 42 der Tagesordnung auf:
38. Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Sozialpolitik ({2}) über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission
der EWG für eine Verordnung des Rates über die Feststellung der Anhänge zur Verordnung Nr. ... des Rates über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und deren Familien, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern
- Drucksachen V/3209, V/3541 -Berichterstatter: Abgeordneter Langebeck
39. Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Sozialpolitik ({3}) über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der EWG für eine Verordnung des Rates über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und deren Familien, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern
- Drucksachen V/3208, V/3542 - Berichterstatter: Abgeordneter Exner
40. Beratung des Schriftlichen Berichts des Verkehrsausschusses ({4}) über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rates betreffend die Einführung einer einheitlichen und ständigen Buchführung über die Ausgaben für die Verkehrswege des Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehrs
- Drucksache V/3207, V/3528 - Berichterstatter: Abgeordneter Fellermaier
41. Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen ({5}) über die von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschläge der Kommission für
eine Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für Kristallglas
eine Richtlinie des Rats zur Änderung der Richtlinie des Rats vom 27. Juni 1967 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe
eine Richtlinie des Rats für die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die technischen Sicherheitsmaßnahmen beim Bau und Betrieb von Ölfernleitungen
eine Verordnung ({6}) des Rats zur Änderung der Verordnung Nr. 800/68 hinsichtlich der tariflichen Bezeichnung der aus den assoziierten afrikanischen Staaten und Madagaskar oder den überseeischen Ländern und Gebieten eingeführten Stärke
eine Verordnung des Rates über die Änderung des vertragsmäßigen Zollsatzes des Gemeinsamen Zolltarifs für Gewebe aus Seide oder Schappeseide der Tarifstelle 50.09 C II
eine Verordnung des Rates über die zeitweilige vollständige Aussetzung der autonomen
Vizepräsident Mommer
Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs für Acrylnitril, monomer, der Tarifnr. ex 29.27 und für Schaf- und Lammleder, ausgenommen Leder der Tarifnrn. 41.06 bis 41.08, anderes Leder, nur gegerbt, der Tarifstelle 41.03 B I
- Drucksachen V/3124, V/3215, V/3271, V/3276, V/3465, V/3466, V/3566 -Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Serres
42. Beratung des Mündlichen Berichts des Innenausschusses ({7}) über die von der Bundesregierung vorgelegten Entwürfe der Kommission der Europäischen Gemeinschaften für
eine Verordnung des Rates zur Änderung
der Dienstbezüge der Beamten und der sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaf ten
eine Verordnung des Rates zur Änderung der Berichtigungskoeffizienten für die Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten
eine Verordnung des Rates zur Festlegung der Höhe der in Anhang VII Artikel 4 a) des Statuts der Beamten vorgesehenen vorübergehenden Pauschalzulage
eine Verordnung des Rates zur Verlängerung der Gewährung der in Anhang VII Artikel 4 a) des Statuts der Beamten vorgesehenen vorübergehenden Pauschalzulage
- Drucksachen V/3357, V/3570 - Berichterstatter:
Abgeordneter Schmitt-Vockenhausen
Es handelt sich hier um Berichte der Ausschüsse über Vorschläge der Kommission der EWG bzw. der Europäischen Gemeinschaften.
Das Wort zu diesen Berichten wird nicht gewünscht. Dann können wir über diese Anträge gemeinsam abstimmen. - Dem wird nicht widersprochen. Wer den Anträgen zustimmen will, gebe das Zeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe dann Punkt 43 der Tagesordnung auf:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für das Bundesvermögen ({8}) über den Antrag des Bundesministers der Finanzen
betr. Veräußerung einer Teilfläche des ehemaligen Flugplatzes Köln-Ostheim an die Stadt Köln
- Drucksache V/3331, V/3561 - Berichterstatter: Abgeordneter Strohmayr
Wer dem Antrag des Ausschusses zustimmen will, gebe das Zeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag ist angenommen.
Ich rufe den letzten Punkt der Tagesordnung auf, Punkt 44:
Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen
betr. Veräußerung von Teilflächen des Standortübungsplatzes Hameln an die Stadt Hameln
- Drucksache V/3556 Der Antrag soll an den Ausschuß für das Bundesvermögen überwiesen werden. - Kein Widerspruch. Es ist so beschlossen.
Dann sind wir am Ende der Tagesordnung. Ich danke denen, die hier sind, fürs Ausharren.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Mittwoch, den 11. Dezember, 9.00 Uhr, ein.
Ich schließe die Sitzung.