Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet.
Meine Damen und Herren, der Herr Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen hat den Herrn Präsidenten im Auftrage seines Ausschusses gebeten, die Genehmigung zur Abhaltung der Nachmittagssitzung des Ausschusses auch während der Plenarberatung zu geben. Ich schlage vor, daß das Haus dem mit der Maßgabe nachkommt, daß wir unsere Kollegen in diesem Ausschuß bitten, bei der Beratung des Punktes 4 unserer Tagesordnung - Gesetz über die Besteuerung des Straßengüterverkehrs - doch im Plenum anwesend zu sein.
({0})
- Das ist hiermit auf den Finanzausschuß ausgedehnt. - Das Haus ist mit dieser Regelung einverstanden.
Eine amtliche Mitteilung: Die Fraktion der CDU/ CSU hat mit Schreiben vom 15. November 1968 für die als Schriftführerin ausscheidende Abgeordnete Frau Blohm die Abgeordnete Frau Griesinger benannt. - Das Haus ist einverstanden; dann ist so beschlossen. Die Abgeordnete Frau Griesinger ist als Schriftführerin gewählt. Frau Dr. Blohm ist noch hier und noch voll in Funktion.
Die folgenden amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 15. November 1968 den nachstehenden Gesetzen zugestimmt bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht gestellt:
Gesetz zu dem Vertrag vom 18. Mai 1967 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Ruanda über die Förderung von Kapitalanlagen
Gesetz zu dem Vertrag vom 19. Mai 1967 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Ghana über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen
Gesetz zu dem Abkommen vom 11. April 1967 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Belgien zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen und zur Regelung verschiedener anderer Fragen auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen einschließlich der Gewerbesteuer und der Grundsteuern
Gesetz zu dem Übereinkommen vom 10. Dezember 1962 über die Erklärung des Ehewillens, das Heiratsmindestalter und die Registrierung von Eheschließungen
Gesetz zu den Protokollen Nr. 2, 3 und 5 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten
Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken, der Schiffsregisterordnung und des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung
Handelsklassengesetz
Elftes Gesetz über die Anpassung der Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen sowie über die Anpassung der Geldleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ({1})
Gesetz zu dem Internationalen Fernmeldevertrag vom 12. November 1965
Gesetz zur Änderung des Gesetzes vom 12. Juni 1965 zu dem Übereinkommen vom 20. März 1958 über die Annahme einheitlicher Bedingungen für die Genehmigung der Ausrüstungsgegenstände und Teile von Kraftfahrzeugen und über die gegenseitige Anerkennung der Genehmigung
Der Bundesrat hat in seiner Sitzung vom 15. November 1968 zu den nachstehenden Gesetzen verlangt, daß der Vermittlungsausschuß gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG einberufen wird:
Gesetz zur Änderung von Vorschriften der Kostenordnung über den Geschäftswert
Gesetz zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes 1964
Seine Schreiben sind als Drucksachen V/3507 und V/3508 verteilt.
Der Vorsitzende des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat mit Schreiben vom 15. November 1968 mitgeteilt, daß gegen die inzwischen vom Rat verkündete Verordnung, mit der Belgien zur Gewährung von Beihilfen für die Erzeugung von Vollmilchpulver ermächtigt wird - Drucksache V/3391 - keine Bedenken bestehen.
Der Vorsitzende des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat mit Schreiben vom 15. November 1968 mitgeteilt, daß gegen die inzwischen vom Rat verkündete Verordnung zur Festsetzung der Richtpreise, des Interventionspreises
und des Schwellenpreises für Olivenöl für das Wirtschaftsjahr 1968/69 - Drucksache V/3378 - keine Bedenken bestehen.
Der Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen hat am 16. November 1968 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Fellermaier, Hirsch, Marx ({2}) und Genossen betreffend Bekämpfung betrügerischer Praktiken bei der Ein- und Ausfuhr von Agrarerzeugnissen - Drucksache V/3439 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache V13525 verteilt.
Der Staatssekretär im Bundesministerium des Innern hat am 21. November 1968 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Stücklen, Wagner, Schlager, Dr. Even und Genossen betreffend Bekämpfung umherziehender Täter ohne festen Wohnsitz, insbesondere der von Landfahrern gebildeten Diebes- und Betrugsbanden - Drucksache V/3446 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache V/3544 verteilt.
Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft hat am 22. November 1968 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Frau Geisendörfer, Geisenhofer, Wagner, Gottesleben und Genossen betreffend Konzentration auf dem Gebiete der Raumfahrttechnik und Weltraumforschung - Drucksache V/3385 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache V/3545 verteilt.
Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 25. Juni 1959 die nachstehenden Vorlagen überwiesen:
Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung Nr. 1009/EWG über die gemeinsame Marktorganisation für Zucker - Drucksache V/3400 überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat, die voraussichtlich im November erfolgen wird
Verordnung des Rates über die Rückvergütung der von den Mitgliedstaaten den Erzeugerorganisationen für Obst und Gemüse gewährten Beihilfen
- Drucksache V/3464 überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und
Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor
Vizepräsident Dr. Mommer
der endgültigen Beschlußfassung im Rat, die voraussichtlich im November erfolgen wird
Verordnung des Rates über die Änderung des vertragsmäßigen Zollsatzes des Gemeinsamen Zolltarifs für Gewebe aus Seide oder Schappeseide der Tarifstelle 50.09 C II
- Drucksache V/3465 überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat, die voraussichtlich im November erfolgen wird
Verordnung des Rates über die zeitweilige Aussetzung der autonomen Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs, vom 1. November 1968 bis 31. Dezember 1968, für Acrylnitril, monomer, und für bestimmte Schaf- und Lammleder
- Drucksache V/3466 -überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat, die voraussichtlich im November erfolgen wird
Richtlinie des Rates zur Erfassung der grenzüberschreitenden Straßengütertransporte im Rahmen einer Regionalstatistik
- Drucksache V/3480 überwiesen an die Ausschüsse für Verkehr ({3}) und Innenausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat, die voraussichtlich im Dezember erfolgen wird
Verordnung des Rates über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung des Gemeinschaftszollkontingents für getrocknete Weintrauben in Umschließungen mit einem Gewicht des Inhalts von 15 kg oder weniger der Tarifnr. 08.04 B des Gemeinsamen Zolltarifs
-- Drucksache V/3493 überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat, die voraussichtlich Anfang Dezember erfolgen wird
Verordnung des Rates über die Erhöhung des Gemeinschaftszollkontingents für Zeitungsdruckpapier der Tarifnr. 48.01 A des Gemeinsamen Zolltarifs
- Drucksache V/3510 überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat, die voraussichtlich im November erfolgen wird.
Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Teigwaren
- Drucksache V/3509 überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen ({4}) und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat, die voraussichtlich im Dezember erfolgen wird
Verordnung des Rates über den Absatz von Erzeugnissen des Sektors Schweinefleisch, die Gegenstand besonderer Interventionsmaßnahmen waren
- Drucksache V/3531 überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat, die voraussichtlich im Dezember erfolgen wird
Verordnung des Rates über die Finanzierung der Ausgaben für Interventionen auf dem Binnenmarkt im Sektor Schweinefleisch
- Drucksache V/3530 überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat, die voraussichtlich im Dezember erfolgen wird
Verordnung des Rates über die Erhöhung der Menge und Reserve des Gemeinschaftszollkontingentes für Ferrosiliziummangan der Tarifnr. 73.02 D des Gemeinsamen Zolltarifs
Verordnung des Rates über die Erhöhung des Gemeinschaftszollkontingents für Ferrochrom mit einem Gehalt an Kohlenstoff von 0,10 Gewichtshundertteilen oder weniger und an Chrom von mehr als 30 bis 90 Gewichtshundertteilen ({5}) der Tarifnr. ex 73.02 E I des Gemeinsamen Zolltarifs
Verordnung des Rates über die Erhöhung der Menge und der Reserve des Gemeinschaftszollkontingentes für Rohaluminium der Tarifnr. 76.01 A des Gemeinsamen Zolltarifs
Verordnung des Rates über die Erhöhung der Menge des Gemeinschaftszollkontingents für Rohmagnesium der Tarifnr. 77.01 A des Gemeinsamen Zolltarifs
- Drucksache V/3527 überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat, die voraussichtlich im Dezember erfolgen wird
Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften
der Mitgliedstaaten betreffend Fleischextrakt, Hefeextrakt,
Eiweißextrakt, Suppen- und Speisewürze, Brühen, Suppen und Fleischsoßen
- Drucksache V/3526 überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat, die voraussichtlich im Februar erfolgen wird
Verordnung ({6}) Nr. 1704/68 des Rates vom 29. Oktober 1968 über den Abschluß und die Durchführung einer Vereinbarung zwischen der Gemeinschaft und der Schweiz, die herabgesetzten Zollsätze für bestimmte Gewebe vorläufig beizubehalten
überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen mit der Bitte um Berichterstattung innerhalb eines Monats, wenn im Ausschuß Bedenken gegen die Vorschläge erhoben werden
Verordnung ({7}) Nr. 1705/68 des Rates vom 30. Oktober 1968 zur Aufhebung der Beschränkung der Geltungsdauer der Verordnung Nr. 213/67/EWG zur Festsetzung des Verzeichnisses der repräsentativen Märkte für den Schweinefleischsektor in der Gemeinschaft
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Berichterstattung innerhalb eines Monats, wenn im Ausschuß Bedenken gegen die Vorschläge erhoben werden
Verordnung ({8}) Nr. 1717/68 des Rates vom 30. Oktober 1968 zur Verlängerung der Geltungsdauer der Verordnung Nr. 754/67/EWG über die Beihilfe für Olivenöl
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Berichterstattung innerhalb eines Monats, wenn im Ausschuß Bedenken gegen die Vorschläge erhoben werden
Verordnung ({9}) Nr. 1755/68 des Rates vom 5. November 1968 zur Änderung der Verordnung Nr. 973/67/EWG, soweit sie die Zolltarifbezeichnung von Zitrusfrüchten mit Ursprung in und Herkunft aus der Türkei betrifft
überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen mit der Bitte um Berichterstattung innerhalb eines Monats, wenn im Ausschuß Bedenken gegen die Vorschläge erhoben werden
Verordnung ({10}) Nr. 1756/68 des Rates vom 5. November 1968 zur Änderung der Verordnung Nr. 253/68/EWG, soweit sie die Zolltarifbezeichnung von Zitrusfrüchten mit Ursprung in und Herkunft aus der Türkei betrifft
überwiesen an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen mit der Bitte um Berichterstattung innerhalb eines Monats, wenn im Ausschuß Bedenken gegen die Vorschläge erhoben werden
Verordnung Nr. 1703/68 des Rates vom 29. Oktober 1968 über den Pauschbetrag für nicht raffiniertes Olivenöl, das vollständig in Griechenland erzeugt wurde und aus diesem Land unmittelbar in die Gemeinschaft befördert wird
überwiesen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Berichterstattung innerhalb eines Monats, wenn im Ausschuß Bedenken gegen die Vorschläge erhoben werden
Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 23. Februar 1962 die nachstehende Vorlage überwiesen:
Sechzehnte Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1968 ({11})
- Drucksache V/3463 an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 26. März 1969
Zu der in der Fragestunde der 187. Sitzung des Deutschen Bundestages am 27. September 1968 gestellten Frage des Abgeordneten Folger, Drucksache V/3277 ({12}) Nr. 13 *), ist inzwischen die schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Jahn vom 18. November 1968 eingegangen. Sie lautet:
Nachdem nunmehr das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr sowie die Deutsche Botschaft in Brüssel zu dem von Ihnen angesprochenen Sachverhalt Stellung genommen haben, darf ich Ihre Frage wie folgt beantworten:
Die Generaldirektion der Österreichischen Bundesforsten hat unter dem 5. April 1966 zwar ihr grundsätzliches Einverständnis mit dem Vorhaben erklärt, ihre endgültige Zusage aber von der Einwilligung der Jagdpächterin, Prinzessin Liliane de Réthy, abhängig gemacht. Prinzessin Liliane hat dem Ersten Vorsitzenden der Sektion Tölz des Deutschen Alpenvereins, Herrn Landrat Dr. Huber, mit Schreiben des Oberst-Hofmeisters des Königs Leopold vom 16. 9. 1967 mitteilen lassen, daß sie den Bau einer Materialseilbahn zur „Tölzer Hütte" zwar nicht wünsche, weil dies dem Prinzip eines Naturparks widerspreche; dennoch sei in der Angelegenheit ihrer Ansicht nach die Regierung in Wien entscheidungsberechtigt; sie werde sich dieser Entscheidung unterwerfen.
*) Siehe 187. Sitzung, Seite 10129 D
Vizepräsident Dr. Mommer
Für die Genehmigung des Baues der Materialseilbahn sind also allein die österreichischen Behörden zuständig, so daß eine Intervention der Bundesregierung bei der belgischen Regierung nicht in Betracht kommen dürfte. Da auch auf deutscher Seite ein Interesse an der Errichtung der Materialseilbahn besteht, was durch die Gewährung eines Zuschusses des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus zum Ausdruck kommt, hat das Auswärtige Amt die Deutsche Botschaft in Wien angewiesen, das österreichische Außenministerium um wohlwollende Prüfung und Befürwortung des Vorhabens bei der Generaldirektion der Österreichischen Bundesforsten zu bitten. Dabei soll darauf hingewiesen werden, daß die Bedenken der Prinzessin Liliane, der Bau der Materialseilbahn widerspreche dem Prinzip eines Naturschutzparks, durch die von der Tiroler Landesregierung unter dem 19. 6. 1967 grundsätzlich erteilte naturschutzrechtliche Ausnahmebewilligung ausgeräumt worden sein dürften. Sobald eine Antwort des österreichischen Außenministeriums vorliegt, werde ich Sie ergänzend unterrichten.
Wir kommen dann zu unserer Tagesordnung. Ich rufe Punkt 1 auf:
Fragestunde
- Drucksache V/3529 Zunächst kommen wir zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes. Zur Beantwortung ist der Parlamentarische Staatssekretär Freiherr von und zu Guttenberg hier. Frage 1 des Herrn Abgeordneten Dr. Lohmar:
Welche Folgerungen gedenkt die Bundesregierung aus der Aufforderung des Deutschen Bundestages vom 7. Mai 1968 zu ziehen, die Bundesregierung möge die Zuständigkeiten für die Förderung der wissenschaftlichen Forschung, der Ausbildungsförderung, der technologischen Entwicklung und der Bildungsplanung beim Bundesministerium für wissenschaftliche Forschung konzentrieren?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Freiherr von und zu Guttenberg, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundeskanzler: Herr Abgeordneter Dr. Lohmar, welche endgültigen Folgerungen die Bundesregierung aus dem Beschluß des Deutschen Bundestages vom 7. Mai 1968 ziehen wird, läßt sich erst nach Abschluß der noch laufenden Prüfung sagen. Wie ich schon in der Fragestunde am 15. Mai dieses Jahres auf Ihre damalige mündliche Anfrage und in meiner Antwort auf eine ähnliche Anfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Mühlhan vom 28: Juni 1968 ausgeführt habe, spielen dabei auch die Überlegungen über eine Neuorganisation der Bundesregierung eine Rolle. Mit allen diesen Fragen wird sich der neue Kabinettsausschuß für die Reform der Struktur von Bundesregierung und Bundesverwaltung befassen, dessen Bildung die Bundesregierung am 25. Oktober 1968 beschlossen hat.
Eine Zusatzfrage, Herr Dr. Lohmar.
Herr Staatssekretär, könnten Sie mir sagen, wie die Bundesregierung das Petitum des Bundestages der gelegentlich erhobenen Forderung nach einem Bundesbildungsministerium zuordnet und ob es nicht sinnvoller ist, wenigstens diesen vom Bundestag angeregten ersten Schritt zu tun, bevor man in der Öffentlichkeit deklamatorisch noch weitergehende Forderungen erhebt?
Freiherr von und zu Guttenberg, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundeskanzler: Herr
Abgeordneter Dr. Lohmar, die Bundesregierung ist der Auffassung, daß diese außerordentlich wichtige Frage im Rahmen des Kabinettsausschusses für die Reform der Struktur von Bundesregierung und Bundesverwaltung erörtert werden muß. Dies heißt, daß die Bundesregierung nicht glaubt, diese Sache isoliert vorziehen zu sollen.
Noch eine Zusatzfrage, Herr Dr. Lohmar.
Herr Staatssekretär, können Sie sich vorstellen, daß der Bundestag möglicherweise wenig Verständnis dafür aufbringt, wenn die Regierung von einem halben Jahr zum nächsten mit vertröstenden Auskünften vor das Parlament tritt?
Freiherr von und zu Guttenberg, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundeskanzler: Herr Kollege Dr. Lohmar, die Bundesregierung hätte dafür ihrerseits nicht viel Verständnis, weil sie hofft, daß das Parlament die Schwierigkeit und das Gewicht dieser Frage erkennt und mit der Bundesregierung der Auffassung ist, daß sie im Zusammenhang mit den Überlegungen zu einer Gesamtreform gesehen werden muß und nicht, wie ich schon einmal sagte, isoliert.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Raffert.
Herr Staatssekretär, könnte es nicht dienlich sein, diese Entscheidung eher zu treffen, als nach Ihrer Antwort zu erwarten ist, insbesondere im Zusammenhang mit den eventuell notwendig werdenden Änderungen des Grundgesetzartikels 75 über die Rahmenkompetenz des Bundes in wichtigen Bereichen der Hochschul- und Bildungspolitik?
Freiherr von und zu Guttenberg, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundeskanzler: Man wird diese Frage im Zusammenhang mit dem von Ihnen genannten Grundgesetzartikel sehen müssen. Aber ich bleibe bei meiner Aussage, daß eine derart wichtige Kompetenzänderung, wie sie aus dem Beschluß des Parlaments hervorgehen würde, nicht anders gesehen werden kann als im Zusammenhang mit den Fragen der Gesamtreform der Bundesregierung.
Eine Zusatzfrage, Herr Dorn.
Herr Staatssekretär, teilen Sie meine Meinung, daß die von Herrn Kollegen Raffert soeben angeregte Lösung sehr einfach herbeizuführen wäre, wenn das Parlament den von der FDP eingereichten Anträgen zustimmte?
Freiherr von und zu Guttenberg, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundeskanzler: Dies ist eine Sache, deren Beurteilung ich gerne dem Parlament überlassen möchte.
Noch eine Frage, Herr Dorn.
Herr Staatssekretär, könnten nicht die Überlegungen des Parteitages der Christlich-Demokratischen Union in Berlin, die ja in Anwesenheit von zahlreichen Ministern dieser Regierung zu einer Entscheidung im Sinne der Anregung des Kollegen Dr. Lohmar geführt haben, die Minister zumindest dieses Teiles des Kabinetts veranlassen, nunmehr die Dinge auf Grund dieses Beschlusses des Parteitages zügiger anzugehen?
Freiherr von und zu Guttenberg, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundeskanzler: Herr Kollege Dorn, wenn Sie gestatten, darf ich Sie daran erinnern, daß der betreffende Beschluß des CDU-Parteitages in Berlin auf die Einrichtung eines besonderen Bundeskultusministeriums zielte, während der hier in Rede stehende Beschluß des Parlaments auf eine Konzentration bestimmter Fragen der Kultur und Bildungspolitik im Wissenschaftsministerium zielt. Die beiden Dinge sind also nicht identisch.
Lassen Sie mich bitte zweitens sagen, daß es sich hier um den Beschluß einer Partei handelt, der allerdings bei den Beratungen innerhalb des von mir genannten Kabinettsausschusses natürlich eine Rolle spielen wird.
Eine Zusatzfrage, Herr Ertl.
Herr Staatssekretär, würden Sie mir zustimmen, daß der Vorsitzende dieser Partei der Kanzler dieser Regierung ist, der die Richtninien der Politik bestimmt?
Freiherr von und zu Guttenberg, Parlamentarischer Staatssekreätr beim Bundeskanzler: Herr Kollege Ertl, Sie haben das Grundgesetz gut gelesen.
({0})
Eine weitere Frage, Herr Ertl.
Herr Staatssekretär, würden Sie mir weiter zustimmen, daß diese Regierung bei ihrem Antritt erklärt hat, sie sehe ihren Hauptzweck darin, Reformen, und zwar große Reformen, vorzunehmen? Würden Sie dieses Thema aus Ihrer Reform ausklammern? Sehe ich das als Folge Ihres zögernden Verhaltens richtig?
Freiherr von und zu Guttenberg, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundeskanzler: Herr Kollege Ertl, darf ich mir erlauben, zu wiederholen, was ich bereits zweimal in dieser Fragestunde gesagt habe: Die Bundesregierung hat einen Kabinettsausschuß eingesetzt, um eine Reform vorzubereiten. Diese wird sich allerdings auf ein weiteres Feld beziehen und nicht nur dieses eine Thema beinhalten, über das in dieser Fragestunde zu reden ist.
Eine Zusatzfrage, Herr Ollesch!
Herr Staatssekretär, liege ich richtig mit meiner Auffassung, daß die CDU auf ihrem Parteitag in Berlin im Gegensatz zu Ihren Ausführungen vorhin nicht die Bildung eines Bundeskultusministeriums, sondern die eines Bildungsministeriums gefordert hat?
({0})
Freiherr von und zu Guttenberg, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundeskanzler: Als Mitglied der bayerischen CSU bin ich über den Wortlaut dieses Beschlusses der CDU vielleicht nicht ganz richtig informiert. Das möchte ich Ihnen einräumen.
({1})
Vielen Dank für die Beantwortung dieser Frage, Herr Staatssekretär.
Ich rufe die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen auf. Zur Beantwortung ist anwesend Herr Staatssekretär Dr.-Ing. Pausch. Ich rufe die Frage 2 des Herrn Abgeordneten Sänger auf:
Welche Hindernisse stehen entgegen, um die Postämter auf deutschen Flughäfen für den vollen Postdienst ({0}) auszurüsten?
Die Frage betrifft die Postämter auf deutschen Flughäfen. Es gibt in Deutschland zehn Flughäfen, die an das internationale Flugnetz angeschlossen sind. Bei acht davon wird der Annahmedienst uneingeschränkt durchgeführt. Dazu gehört auch die Annahme von Paketen. Lediglich in Hamburg und München bestehen hinsichtlich der Annahme von Paketen gewisse Einschränkungen. Diese sind durch Platzmangel bedingt, dessen Behebung nicht in der Zuständigkeit der Deutschen Bundespost liegt.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung nicht in der Lage, in Zusammenarbeit mit dem Senat der Freien und Hansestadt Hamburg _ und mit der Flughafenverwaltung die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß auch in dem Weltflughafen Hamburg der Paketdienst und überhaupt der durchgehende Postdienst bis zur Beendigung des Flugdienstes eingerichtet wird?
Herr Abgeordneter, wir sind seit langem bemüht, zusammen mit der Flugplatzverwaltung diese räumlichen Möglichkeiten zu schaffen, und ich bin überzeugt, daß das in absehbarer Zeit möglich sein wird.
Noch eine Frage.
Ist Ihnen bekannt und ist der Bundesregierung bekannt, Herr Staatssekretär, daß sich in Hamburg ständig Unzuträglichkeiten, vor allen Dingen bei den spät nachts anfliegenden Maschinen, die aus dem Ausland kommen, ergeben und daß der Zustand allmählich allseits als unerträglich angesehen wird?
Von solchen außergewöhnlichen Klagen ist mir nichts bekannt. Ich wäre dankbar, wenn Sie uns darüber vielleicht zusätzlich Unterlagen geben könnten. Unsere Dienstbeobachtung hat solche Schwierigkeiten nicht festgestellt.
Eine Zusatzfrage, Herr Berkhan.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß bei Erweiterungsbauten im Flughafengelände Hamburg der Ausbau einer Etage mit der Begründung nicht vorgenommen wurde, daß durch die Bedarfsträger kein Raumbedarf angemeldet worden ist?
Das ist mir nicht bekannt.
Nun die Frage 3 des Herrn Abgeordneten Dr. Arndt ({0}).
Ist die Bundesregierung bereit, einen eventuellen Mehrerlös der Sondermarke, die die Deutsche Bundespost am 10. Dezember 1968 zum Jahre der Menschenrechte herausgibt, der Organisation Amnesty International für deren Aufgaben zur Verfügung zu stellen?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Staatssekretärs Dr. Steinmetz vom 26. November 1968 lautet:
Das am 10. Dezember 1968 erscheinende Postwertzeichen zum Jahr der Menschenrechte wird als Sonderpostwertzeichen ohne Zuschlag herausgegeben, so daß ein Mehrerlös nicht entsteht.
Ergänzend erlaube ich mir mitzuteilen, daß z. Z. Wohlfahrtsmarken vertrieben werden, eine Zuschlagsmarkenserie, deren wichtigster Verkaufszeitraum der Weihnachtsmonat ist. Die dabei anfallenden Zuschlagserlöse kommen der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege zugute, der folgende Wohlfahrtverbände angehören:
Der Deutsche Caritasverband e. V.,
Innere Mission und Hilfswerk der Evangelischen Kirche in Deutschland,
Das Deutsche Rote Kreuz,
Arbeiterwohlfahrt,
Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband, Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland e. V.
Diese Wohlfahrtsverbände vertreten meiner Meinung nach mit Recht die Auffassung, daß neben den Wohlfahrtsmarken keine weiteren Zuschlagsmarken für karitative Einzelzwecke erscheinen sollten.
Damit ist dieser Geschäftsbereich erledigt. Vielen Dank, Herr Staatssekretär!
Aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte rufe ich die Frage 4 des Herrn Abgeordneten Porsch auf:
Sind die Äußerungen des Bonner Ministerialrats Dr. Wolfrum vor der Jungen Union in Bad Godesberg, nur mit großzügigen finanziellen Angeboten der Bundesrepublik Deutschland im
Rücken hätten die tschechischen Führer ihren Reformkurs gegen den Willen der Sowjets so lange einhalten können, in ihren Voraussetzungen und Wertungen gerechtfertigt?
Auch hier hat sich der Fragesteller mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Herr Bundesminister von Hassel hat unterm 26. November 1968 geantwortet:
Herr Ministerialrat Dr. Wolfrum gehört als Referent dem Bundesministerium für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte an; er hat jedoch den Vortrag am 24. Oktober 1968 vor der Jungen Union in Bad Godesberg nicht in dienstlicher Eigenschaft gehalten. Herr Dr. Wolfrum versichert, weder wörtlich noch sinngemäß behauptet zu haben, daß die tschechoslowakische Führung vor dem 21. August 1968 Kreditzusagen von der Bundesrepublik Deutschland erhalten oder erbeten bzw. von dieser angeboten bekommen habe. Er hat auch eine entsprechende Richtigstellung der anderslautenden Meldung im Bonner Generalanzeiger vom 5. November 1968 vorgenommen, die in der Ausgabe vom 23./24. November 1968 dieser Zeitung veröffentlicht worden ist.
Ich rufe die Frage 5 des Herrn Abgeordneten Rollmann auf. - Der Fragesteller ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet.
Ich rufe eine Frage aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Familie und Jugend, Frage 6 des Herrn Abgeordneten Dr. Kreutzmann, auf:
Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, Jugendgruppen aus dem Zonenrandgebiet erhöhte Beihilfen für Fahrten in das Innere der Bundesrepublik Deutschland und ins Ausland zu gewähren?
Zur Beantwortung ist anwesend der Herr Staatssekretär des Ministeriums.
Herr Abgeordneter, ich darf Ihre Frage wie folgt beantworten: Die Bundesregierung hält es nicht für möglich, Zuschüsse für jugendliche Teilnehmer an förderungswürdigen Maßnahmen in unterschiedlicher Höhe unter Berücksichtigung des Wohnsitzes festzusetzen. Die Tatsache, daß ein Jugendlicher im Zonenrandgebiet wohnt, ist nach Auffassung der Bundesregierung kein hinreichender Grund für unterschiedliche Behandlungen. Überdies würde eine nach dem Wohnsitz unterschiedliche Förderung zu unabsehbaren und schwerwiegenden verwaltungsmäßigen Schwierigkeiten führen. Die Bundesregierung befürchtete in einem solchen Falle, daß die Förderungsmaßnahmen insgesamt fragwürdig werden könnten.
Eine Zusatzfrage, Herr Dr. Kreutzmann.
Herr Staatssekretär, glauben Sie nicht, daß vielfach gerade Schulklassen und Jugendgruppen aus Gebieten an der Zonengrenze wegen der durch die Entfernung bedingten hohen Kosten auf solche Fahrten verzichten müssen, die für Jugendgruppen und Schulklassen im Innern der Bundesrepublik eine Selbstverständlichkeit sind?
Herr Abgeordneter, der Bundesregierung ist kein einziger Fall dieser Art bekanntgeworden.
Noch eine Zusatzfrage, Herr Dr. Kreutzmann.
Herr Staatssekretär, glauben Sie nicht, daß man gerade solche Fahrten fördern sollte, weil sie vielfach zu Austauschen führen und damit dazu, daß ausländische Jugendgruppen mit den Problemen des geteilten Deutschland besonders vertraut gemacht werden?
Herr Abgeordneter, es ist ja nicht richtig, daß die Bundesregierung etwa nicht auch die an die besondere Lage im Zonenrandgebiet gedacht hat. Nur ist sie der Auffassung, daß die Förderung von Einrichtungen - und darauf zielt Ihre letzte Frage besonders hin - im Zonenrandgebiet wirksamer und wichtiger ist als eine unterschiedliche Förderung von Jugendlichen aus dem Zonenrandgebiet. Mit den Maßnahmen, die die Bundesregierung in dieser Hinsicht getroffen hat, wird genau das erreicht, was Sie mit Ihrer letzten Frage anvisiert haben.
Eine Zusatzfrage, Herr Schwabe.
Herr Staatssekretär, wenn man in Ihrem Sinne fragen darf, ob Sie vielleicht, auf Herrn Dr. Kreutzmann eingehend, das Anliegen positiv beurteilen wollen - würde sich dann nicht anbieten, daß, da wir junge Leute schwerpunktmäßig ins Zonenrandgebiet schicken, die jungen Leute aus dem Zonenrandgebiet wenigstens nach dem einen Zielpunkt Bonn geschickt werden, um ihnen das einzigartige Erlebnis dieser Bundeshauptstadt zu vermitteln und so im wechselseitigen Besuch die Verbundenheit zu unterstreichen?
Herr Abgeordneter, ich glaube, dem steht schon heute nichts entgegen; das geschieht in weitem Umfange, auch ohne daß man zu einem so problematischen Schritt, zu einer so problematischen Differenzierung greift wie der einer unterschiedlichen Förderung von jungen Menschen je nachdem, wo sie wohnen.
Vielen Dank, Herr Staatssekretär.
Darf ich für das Protokoll nachtragen, daß die Fragen 3 und 4 auf Wunsch der Fragesteller schriftlich beantwortet werden.
Ich rufe dann die Frage 7 des Herrn Abgeordneten Ertl - aus dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit - auf:
Trifft es zu, daß die Bundesregierung ein Programm vorbereitet, wonach 10 % der deutschen Entwicklungshilfe, also 200 Millionen DM, in Zukunft in Form von konservierten Lebensmitteln gegeben werden sollen?
Zur Beantwortung ist hier Herr Bundesminister Dr. Eppler. - Ich glaube, daß er heute seinen Jungfernauftritt als Bundesminister hat. Wenn ich damit recht habe, dann will ich ihm nochmal im Namen des Hauses viel Glück in seinem hohen und schwierigen Amt wünschen.
({0})
Herr Kollege Ertl, die Bundesregierung bereitet kein derartiges Programm vor: Der Wert der Nahrungsmittelhilfen aus öffentlichen Mitteln wird ab nächstem Jahr, also ab 1969, ungefähr 100 Millionen DM betragen. Der größte Teil dieser Hilfen wird aus Getreide- und Mehllieferungen bestehen, die die Bundesrepublik auf Grund einer EWG-Gesamtverpflichtung im Rahmen der Konvention über die Nahrungsmittelhilfe durchführen wird. Sie ist inzwischen in Kraft getreten.
Konservierte, d. h. für längere Zeit haltbar gemachte Lebensmittel werden hauptsächlich über einen deutschen Beitrag an das Welternährungsprogramm geleistet, der in diesem Jahr 10,6 Millionen DM beträgt und in den Jahren 1969 und 1970 voraussichtlich 12 Millionen DM betragen wird.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ertl.
Herr Minister Eppler, sind Ihnen Bemühungen des Finanzministers bekannt - die er bei einer großen Veranstaltung in Bayern angekündigt hat -, daß er sich sehr stark machen wird, daß mindestens 10 % der Entwicklungshilfe, ein Betrag in Höhe von 200 Millionen DM - wenn der mir vorliegende Pressebericht es richtig wiedergibt -, in Zukunft für eine langfristige Nahrungsmittelhilfe verwendet werden?
Ich habe davon gehört, Herr Kollege.
Noch eine Frage, Herr Ertl.
Darf ich Sie dann weiter fragen: werden diese Vorschläge des Finanzministers Ihre Unterstützung finden, und werden sie kabinettsreif und somit natürlich Bestandteil unserer Entwicklungshilfe werden?
Herr Kollege, was die Politik meines Hauses ist, habe ich soeben vorgetragen.
Keine Zusatzfrage mehr. - Vielen Dank, Herr Minister.
Dann kommen wir zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft. Zur Beantwortung ist hier der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Arndt.
Ich rufe die Frage 8 des Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen auf:
Vizepräsident Dr. Mommer
Sieht sich die Bundesregierung durch das am Wochenende in der Gemarkung der Stadt Gernsheim ausgelaufene Dieselöl veranlaßt, die Sicherheitsvorschriften für Lagerung und Transport von Mineralölen zu überprüfen?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Nein, Herr Kollege. Erstens sind die Sicherungsvorschriften in diesem Fall nicht eingehalten worden. Zweitens gelten für diesen Fall landesrechtliche Vorschriften. Der Ölunfall hat sich nämlich auf dem Betriebsgelände der „Ruhrgas" in Gernsheim ereignet, das der Aufsicht der Bergbehörde unterliegt. In diesem Fall gilt ausschließlich eine landesrechtliche Verordnung über das Lagern wassergefährdender Flüssigkeiten.
Bitte, Herr Schmitt-Vockenhausen, zu einer Zusatzfrage.
Sind möglicherweise, Herr Staatssekretär, die Sanktionen, die in solchen Fällen wegen mangelnder Sicherungen verhängt werden können, zu niedrig, so daß dadurch die Sicherheit nicht gewährleistet wird? Denn ähnliche Vorkommnisse häufen sich ja in letzter Zeit, wie ich in meinem Wahlkreis feststellen kann.
Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Die Bundesregierung ist gern bereit, das zu prüfen.
Keine Zusatzfrage.
Die Frage 9 ist vom Fragesteller zurückgezogen worden.
Frage 10 des Abgeordneten Rollmann wurde auf Grund der Richtlinien für die Fragestunde nicht zugelassen.
Frage 11 des Abgeordneten Peters ({0}) - ist er da? -:
Ist die Bundesregierung bereit, im Rahmen regionaler Förderungsmaßnahmen in Bundesausbauorten ({1}) Bundesmittel zum nötigen Neubau von weiterführenden Schulen ({2}) zu gewähren?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Herr Kollege, die Mitttel des Regionalen Förderungsprogramms sind für die Förderung von Industrie, Handwerk und Fremdenverkehr sowie für den Ausbau der Infrastruktur bestimmt. Dazu gehören auch berufliche Ausbildungs- und Fortbildungsstätten.
Wegen der Knappheit der Haushaltsmittel ist die Bundesregierung nicht in der Lage, Ihre Wünsche zu erfüllen und den Katalog auf den Neubau weiterführender Schulen - Gymnasien - auszudehnen. Sie muß davon ausgehen, daß die zuständigen Landesregierungen dafür Sorge tragen.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Peters.
Herr Staatssekretär, kann man damit rechnen, daß im Zuge der Verhandlungen über die Finanzreform der Bereich, den ich angeführt habe, in eine Bundesförderung einbezogen wird?
Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Das ist Verhandlungsgegenstand, aber es ist nicht abzusehen, was dabei endgültig beschlossen wird.
Kann die Frage 12 des Herrn Abgeordneten Dr. Meinecke zusammen mit der Frage 13 beantwortet werden?
Ja!
Dann rufe ich die Fragen 12 und 13 des Abgeordneten Dr. Meinecke gemeinsam auf:
Entspricht die Grundtendenz des Artikels über die Chancen der deutschen Computerindustrie im Wirtschaftsmagazin Capital Nr. 10/68, die deutsche Computerindustrie könne nur in wirksamer Zusammenarbeit im Wettbewerb gegen die ausländische Konkurrenz bestehen, auch der Auffassung der Bundesregierung?
Bei Bejahung der Frage 12: Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung bisher ergriffen oder welche gedenkt sie zu ergreifen, um eine solche industrielle Zusammenarbeit zu fördern oder herbeizuführen?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär!
Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Herr Kollege Meinecke, die Grundtendenz des von Ihnen zitierten Aufsatzes scheint mir in dem Vorschlag zur Totalfusion der deutschen Datenverarbeitungsindustrie am besten zum Ausdruck zu kommen. Dies ist nicht die Auffassung der Bundesregierung.
Ihre Interpretation „wirksame Zusammenarbeit", Herr Abgeordneter, entspräche durchaus der Auffassung der Bundesregierung. Freilich zeigt sich auch gerade in diesem Bereich, daß der Außenseiter keinesfalls chancenlos ist.
Die Bundesregierung achtet bei der Anwendung ihrer Förderungsmaßnahmen darauf, daß Parallelentwicklungen so weit als möglich vermieden werden. „So weit als möglich" heißt, daß bei einem bereits erfolgversprechenden Produkt kein Konkurrenzerzeugnis öffentlich gefördert werden sollte. Ist ein derartiges Urteil nicht mit Sicherheit möglich, wäre eine Verweigerung von Förderungsmitteln nicht zu begründen.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Dr. Meinecke.
Herr Staatssekretär, Sie sagten: die Bundesregierung. Darf ich daraus schließen, daß sowohl das Ministerium für Wirtschaft als auch das Bundeswissenschaftsministerium hier einhelliger Meinung sind?
Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Es besteht eine sehr
Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Arndt
enge Zusammenarbeit der beiden Häuser in der Förderung der Datenverarbeitungsindustrie.
Noch eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wäre es in Anbetracht der Tatsache, daß Herr Minister Stoltenberg darauf hingewiesen hat, daß die durch die Bundesregierung geförderten Projekte von „weitreichender exemplarischer Bedeutung" sind - auch für das, was man als „Software" bezeichnet -, nicht doch angebracht, einen gelinden Fusionsdruck auszuüben, weil ja hier eine Konkurrenz letzten Endes zu einer minderwertigen Leistung führen könnte?
Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Herr Kollege Meinecke, Sie können ja nicht qua Behörde entscheiden, was zu fusionieren hat, und Sie dürfen das Entstehen von neuen Außenseitern nicht von vornherein ausschließen; gerade von dort können Impulse kommen, die der Datenverarbeitungsindustrie zu weiterem Aufschwung verhelfen.
Eine weitere Zusatzfrage? - Herr Kollege Raffert!
Herr Staatssekretär, besteht in diesem Zusammenhang auch eine Verbindung zu den Forschungstätigkeiten, die im Auftrage des Bundesverteidigungsministeriums erfolgen?
Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Soweit mir bekannt ist, nicht.
Wären Sie bereit, zu überprüfen, ob es sinnvoll ist, auch mit dem Bereich zu koordinieren, der in der Verteidigung mit Datenverarbeitung zu tun hat?
Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Herr Kollege Raffert, ich werde diese Frage gern weiterleiten. Soweit das Wirtschaftsministerium in der Förderung von Datenverarbeitungsanlagen engagiert ist, geht es nur um die Förderung von marktnaher Forschung.
Ich rufe die Frage Nr. 14 der Frau Abgeordneten Freyh auf:
Welche Gründe haben die Entscheidung der Bundesregierung über die Behandlung der auf dem Rhein-Main-Flughafen am 2. November 1968 zunächst angehaltenen Luftfrachtsendung von Flugkörperteilen aus Kalifornien mit Bestimmung nach Saudi-Arabien verzögert?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Frau Kollegin, der Bundesminister für Wirtschaft wurde am 4. November, also zwei Tage nach dem von Ihnen genannten Termin, nachmittags durch Fernschreiben davon unterrichtet, daß die Zollbehörden auf dem Frankfurter Flughafen eine Luftfrachtsendung von Raketenteilen aus Kalifornien - Bestimmungsland Saudi-Arabien - sichergestellt haben, da vermutet wurde, daß es Kriegswaffen seien. Bei Kriegswaffen ist auch für den bloßen Transitverkehr eine Genehmigung des Bundesministers für Wirtschaft erforderlich.
Da es sich bei den Raketenmodellen um amerikanische Produkte handelte, wurde mit Hilfe dortiger Fachleute geprüft, ob die Erzeugnisse gemäß der Definition des Kriegswaffenkontrollgesetzes von 1961 „zur Kriegführung bestimmte Waffen" sind. Dies erklärt die weitere Verzögerung zwischen dem 4. und dem 12. November. Übrigens hat die Prüfung ergeben, daß es sich nicht um Kriegswaffen handelte.
Eine Zusatzfrage, Frau Freyh.
Herr Staatssekretär, obwohl ich diese Frage vor fast drei Wochen eingebracht habe, möchte ich doch heute noch einmal fragen, ob der Bundesregierung bekannt ist, warum beim Weitertransport nach der Entscheidung der Bundesregierung ein Transport durch den Libanon auf Grund gesetzlicher Bestimmungen nicht zulässig war und ob Ihnen diese gesetzlichen Bestimmungen bekannt sind.
Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Ich gehe der Frage gern nach.
Noch eine Frage, Frau Freyh.
Ich habe dann noch eine grundsätzliche Frage, Herr Staatssekretär. Sind Sie der Meinung, daß der Zusammenhang zwischen Kriegswaffen nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz und Waffen, die zu Übungszwecken dienen, aber doch in einem gewissen Zusammenhang mit Kriegswaffen stehen, in den gesetzlichen Bestimmungen, die die Bundesregierung leiten, klar genug gefaßt worden ist?
Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Die Abgrenzung ist klar und eindeutig. Es handelt sich nicht um Waffen, die Zerstörungen dienen sollen, sondern um Waffen, die dazu bestimmt sind, selbst zerstört, d. h. als Übungsziele in der Luft getroffen zu werden.
Ich rufe die Frage 15 des Herrn Abgeordneten Weigl auf:
Inwieweit beeinflussen die relativ hohen Energiepreise neben den sonstigen Nachteilen, z. B. des Standortes, die Wettbewerbssituation der im Zonenrandgebiet ansässigen Wirtschaft negativ?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Herr Kollege Weigl,
Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Arndt
die Bundesregierung kann auf Ihre Frage des „inwieweit" noch keine Antwort geben. Zur Zeit ist eine neue Untersuchung über die Strompreise in der Bundesrepublik Deutschland im Gange. Diese Untersuchung basiert auf den gegenwärtigen Verhältnissen. Wir erwarten sie für den Januar des nächsten Jahres. Die bisher vorhandenen Unterlagen beziehen sich auf das Jahr 1965. Sie sind jedoch nicht vollständig, lassen aber erkennen, daß ein Ost-West-Gefälle bei den Strompreisen besteht.
Keine Zusatzfrage. Ich rufe die Frage 16 von Herrn Weigl auf:
Warum wird die Selbstbeschränkung für leichtes Heizöl, die zu erheblichen Verteuerungen für den Verbraucher geführt hat, nicht aufgegeben, wenn feststeht, daß dadurch der Verbrauch an Hausbrandkohle kaum beeinflußt werden dürfte?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Dr. Arndt, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft: Nach Gesprächen mit Vertretern des Steinkohlebergbaus, der Industriegewerkschaft Bergbau und Energie und der Mineralölwirtschaft hat das Bundeswirtschaftsministerium in der letzten Woche mitgeteilt, daß die Selbstbeschränkung für leichtes Heizöl sofort und ohne Befristung ausgesetzt wird. Dies ist am 26. November, also gestern, im Bundesanzeiger bekanntgegeben worden.
Keine Zusatzfrage. Die Frage 17 ist zurückgezogen. Vielen Dank, Herr Staatssekretär, für die Beantwortung dieser Fragen.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigeng. Zur Beantwortung ist der Herr Staatssekretär von Hase hier. Ich rufe zunächst die Frage 18 des Herrn Abgeordneten Kohlberger auf:
Welche Gründe haben den Luftwaffenführungsstab der NATO-Luftstreitkräfte bewogen, den Bombenabwurfübungsplatz Siegenburg ({0}) aufzugeben und ihn in den Raum Dillingen-Höchstädt-Wertingen zu verlegen?
Der Luft-Boden-Schießplatz Siegenburg, der sich in der Verwaltung der amerikanischen Streitkräfte befindet und von der deutschen Luftwaffe lediglich mit benutzt wird, ist bisher weder aufgegeben noch verlegt worden. Auf Wunsch der bayerischen Staatsregierung wird zur Zeit auf Landesebene überprüft, ob ein geeigneter Ersatzplatz gefunden werden kann. In diese Überprüfung ist auch das Donauried im Raum Dillingen-Höchstädt-Wertingen einbezogen worden. Die Stellungnahme der bayerischen Staatsregierung, die das Gelände auf seine Eignung nach den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Raumplanung und nach dem Landesbeschaffungsgesetz überprüft, steht noch aus.
Eine Zusatzfrage, Herr Kohlberger.
Herr Staatssekretär, halten Sie es für vernünftig, daß auf der einen Seite dieses Gebiet als Bundesausbaugebiet ausgewiesen und dort Industrie angesiedelt wird, auf der "anderen Seite aber als Bombenabwurfübungsplatz verwendet werden soll?
von Hase, Staatssekretär des Bundesministeriums der Verteidigung: Herr Abgeordneter, ich räume Ihnen ohne weiteres ein, daß dadurch das Gelände nicht unbedingt für einen Bombenabwurfplatz prädestiniert ist. Aber Sie werden in der gesamten Bundesrepublik, insbesondere im südlichen Raum, kaum ein Gebiet finden, das dafür prädestiniert ist. Das ist außerordentlich schwierig. Auf der anderen Seite haben wir die Verpflichtung, auch den amerikanischen Streitkräften, die auf unserem Territorium stehen, mindestens einen Schießplatz Luft-Boden zur Verfügung zu stellen.
Noch eine Frage des Herrn Abgeordneten Kohlberger.
Herr Staatssekretär, wenn dem so ist, daß die Bayerische Staatsregierung hier Überprüfungen anstellt, wäre es dann nicht auch gut, wenn man sich zuerst mit den Bürgermeistern und Landräten in Verbindung setzte, statt daß die Bevölkerung aus der Zeitung erfahren muß, daß dieses Gebiet als Zielgebiet verwendet werden soll?
von Hase, Staatssekretär des Bundesministeriums der Verteidigung: Die Suche nach einem geeigneten Ersatzgelände richtet sich in erster Linie nach dem von der Landesregierung auf Grund ihrer Erfahrungen entwickelten Procedere. Naturgemäß ist es sehr schwer, jedesmal zu einem sehr frühen Zeitpunkt die Gemeinden damit zu befassen. Da mehrere Gelände zur Auswahl stehen, die dann wieder ausgeschieden werden, würden vielleicht einige Gemeinden unnötig beunruhigt. Ich glaube, daß eine Unterrichtung der Gemeinden erst dann erfolgen sollte, wenn das Verfahren zur Landbeschaffung so weit gediehen ist, daß eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht, daß das Gelände genommen wird.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Fellermaier.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß sich in der unmittelbaren Umgebung des Geländes, das in etwa als Bombenübungswurfplatz in Aussicht genommen worden ist, das Atomkraftwerk Gundremmingen befindet und daß bei aller fliegerischen Leistung unserer Piloten wegen der Gefahren bei einem Fehlanflug oder bei einem frühzeitigen Ausklinken, zumal da es sich um einen Scharfübungsplatz handelt, dieses Atomkraftwerk durchaus in die Gefährdungszone miteinbezogen werden müßte?
von Hase, Staatssekretär des Bundesministeriums der Verteidigung: Der genaue Abstand, Herr
Staatssekretär von Hase
Abgeordneter, ist mir nicht bekannt. Sollte er in der Tat so. gering sein, daß sich eine Gefährdung, wie Sie sie dargestellt haben, ergibt, so bin ich sicher, daß im Rahmen des Verfahrens diese Nachbarschaft berücksichtigt werden wird.
Noch eine Frage des Herrn Abgeordneten Fellermaier.
Herr Staatssekretär, Sie haben in der Antwort auf die Frage meines Kollegen Kohlberger gesagt, es würde zu einer Beunruhigung in der Bevölkerung führen, wenn man die Gemeinden in einem frühen Stadium offiziell damit befaßte. Glauben Sie nicht, daß die Beunruhigung dann größer wird, wenn zwar nicht die Gemeinden befaßt sind, aber in Zeitungsschlagzeilen die Leser in diesem Raum täglich informiert werden, ohne daß es eine Stellungnahme des Bundesministeriums der Verteidigung dazu gibt?
von Hase, Staatssekretär des Bundesministeriums der Verteidigung: Wenn die Öffentlichkeit in einem solchen Stadium durch die Presse informiert ist, Herr Abgeordneter, halte ich es in der Tat für mehr als notwendig, daß die wahrscheinlich betroffenen Gemeinden ebenfalls über die Fakten unterrichtet werden. Ich wiederhole aber, daß dieses Procedere zur Entscheidung Sache der Landesregierung ist.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schmidt ({0}).
Herr Staatssekretär, halten Sie es im jetzigen Zeitpunkt wirklich noch für nötig, das Donauried weiter in die Überlegungen einzubeziehen, nachdem zur Zeit des Vorschlages an die Bayerische Staatsregierung die Tatsachen, daß sich 10 km entfernt das Atomkraftwerk befindet und daß es sich um Bundesaufbaugebiet handelt, dem Verteidigungsministerium, zum mindesten dem zuständigen Referenten, nicht bekannt waren?
von Hase, Staatssekretär des Bundesministeriums der Verteidigung: Herr Abgeordneter, ich kann nur sagen, daß das Donauried nicht der einzige Raum ist, der zur Zeit überprüft wird. Ich möchte aber nicht der Entscheidung des Verfahrens, das die bayerische Landesregierung eingeleitet hat, vorgreifen. Ich darf hier nur unter Bezugnahme auf die zahlreichen Fragestunden, in denen wir uns mit dem Schießplatz Siegenburg beschäftigt haben, noch einmal darauf hinweisen, wie dringend notwendig und wie wichtig es ist, einen Ausweichplatz zu finden. Wir können nicht auf der einen Seite die Verteidigungsbereitschaft und die Präsenz unserer Bundesgenossen fordern und ihnen auf der anderen Seite keine Möglichkeit zur Übung im scharfen Schuß geben.
({0})
Noch eine Frage des Herrn Abgeordneten Schmidt ({0}).
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt und ist es richtig, daß in einer Besprechung im Bayerischen Staatsministerium des Innern die Auffassung vertreten wurde, daß eine Weiterverfolgung der Pläne in bezug auf das Donauried angesichts der jetzt erkannten Situation nicht mehr in Frage kommt?
von Hase, Staatssekretär des Bundesministeriums der Verteidigung: Das ist mir nicht bekannt. Wenn es mir bekannt gewesen wäre und wenn es zuträfe, hätte ich mir die Beantwortung dieser Frage gern leichter gemacht.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Althammer.
Herr Staatssekretär, um auf die vorherige Zusatzfrage zurückzukommen: Ist Ihnen bekannt, daß die örtlichen Stellen bereits drei Wochen bevor die Sache in der Presse stand, von diesen Vorgängen unterrichtet worden sind und daß sie aufgefordert worden sind, ihre Stellungnahme dazu darzulegen?
von Hase, Staatssekretär des Bundesministeriums der Verteidigung: Herr Abgeordneter, ich habe davon erst jetzt gehört. Ich konnte mir aber, wie gesagt, nicht denken, daß die bayerische Landesregierung ein Verfahren anwenden würde, das ihre eigenen Gemeinden so lange amtlich in Unkenntnis läßt.
Noch eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, würden Sie bestätigen, daß, wenn die Bayerische Staatsregierung auf Grund des laufenden Verfahrens zu einem negativen Ergebnis kommt, das von Ihrem Hause respektiert wird?
von Hase, Staatssekretär des Bundesministeriums der Verteidigung: Herr Abgeordneter, das würde ich anerkennen. Aber um so dringlicher würde die Notwendigkeit werden, im südlichen Raum der Bundesrepublik ein anderes Gelände zu finden.
Meine Damen und Herren, jetzt haben wir Zusatzfragen aus allen Fraktionen zu dieser regionalen Frage gehört. Ich mache von meinem Recht Gebrauch und gebe das Wort zu Zusatzfragen nicht mehr weiter.
Ich rufe die Frage 19 des Abgeordneten Strohmayr auf:
Treffen Nachrichten zu, daß der Führungsstab der Luftwaffe beim Bundesverteidigungsministerium den Bombenabwurfplatz aus dem NATO-Gelände Siegenburg ins Donauried zwischen die Städte Höchstädt und Wertingen zu legen beabsichtigt?
Bitte, Herr Staatssekretär!
von Hase, Staatssekretär des Bundesministeriums der Verteidigung: Herr Präsident, ich darf auf die Frage des Herrn Abgeordneten Strohmayr, die sich auf denselben Komplex bezieht, das antworten, was ich in meiner ersten Antwort ausgeführt habe. Ich nehme an, daß der Herr Abgeordnete dann noch einige Zusatzfragen stellen wird.
Da ist sie schon. Bitte, Herr Abgeordneter!
Herr Staatssekretär, welche Überlegungen haben dazu veranlaßt, daran zu denken, den Bombenabwurfplatz Siegburg - ({0})
- Siegenburg zu verlegen, obwohl es sich dort um ein Gebiet handelt, das praktisch unbesiedelt ist?
von Hase, Staatssekretär des Bundesministeriums der Verteidigung: Es hat sich herausgestellt, daß wegen der hohen Brisanz und der kolossalen Anfangsgeschwindigkeiten der Fluggeschosse bei dem Beschuß von der Luft aus - von den Flugzeugen auf den Boden - die Ausmaße des Flugplatzes nicht ausreichen. Eine Verlängerung der Sicherheitszone über das eigentliche Schießplatzgelände hinaus ist aus Bebauungsgründen nicht möglich gewesen. Ich glaube, die bayerische Landesregierung hätte, um sich Schwierigkeiten zu ersparen, gern zu dieser Ersatzlösung gegriffen. Sie ist aber auf Grund der Bebauungssituation in Siegenburg nicht möglich gewesen. Es mußte ein großräumigeres Gelände gesucht werden, damit die Sicherheitsbestimmungen erfüllt werden konnten, die bei Flug- und Raketengeschossen zu beachten sind.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß zusätzlich noch 6000 ha Land des bayerischen Staates zur Verfügung stehen würden, mit denen der Bombenabwurfplatz in Siegenburg erweitert werden könnte?
von Hase, Staatssekretär des Bundesministeriums der Verteidigung: Mir ist von einer Offerte der bayerischen Landesregierung in dieser Richtung bisher nichts bekannt.
({0})
Wenn Sie mir gestatten, davon Gebrauch zu machen, will ich gern die Frage an die bayerische Landesregierung richten.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Lemmrich.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß auf Grund der Witterungsverhältnisse des Donauriedes dieser Platz für die Luftwaffe völlig ungeeignet wäre?
von Hase, Staatssekretär des Bundesministeriums der Verteidigung: Das ist mir nicht bekannt.
Aber ich glaube, es ist wichtig, daß eine Luftwaffe auch unter weniger geeigneten Witterungsbedingungen übt. Ich glaube, daß gerade unsere amerikanischen Bundesgenossen für eine solche lokal außerordentlich begrenzte Einschränkung wenig Verständnis haben würden.
Herr Staatssekretär, würden Sie sehr lange Nebelzeiten, die nicht erkennen lassen, wo der Platz liegt, auch unter solch eine Beurteilung einreihen?
von Hase, Staatssekretär des Bundesministeriums der Verteidigung: Ich weiß nicht, ob ihre meteorologischen Beobachtungen eine Konstante für diesen Platz sind.
({0})
Herr Abgeordneter, in jedem Fall bin ich sicher, daß die anderen Gemeinden, die eventuell in Frage kommen, sich den Schutz des Nebels auch wünschen werden.
({1})
Herr Schmidt ({0}) zu einer Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist es richtig, daß die seinerzeit vom Verteidigungsministerium gemachten Ersatzvorschläge - Raitenbucher Forst und Donauried - bereits im Sommer der Bayerischen Staatsregierung zugeleitet wurden, daß das Verteidigungsministerium seit August seitens der Bayerischen Staatsregierung nichts mehr gehört hat, daß aber erst vor 14 Tagen oder drei Wochen die betroffene Bevölkerung und der gesamte Bereich davon erfahren haben, was auf sie zukommt?
von Hase, Staatssekretär des Bundesministeriums der Verteidigung: Ich darf mich auf das beziehen, was soeben durch eine Zwischenfrage geklärt worden ist. Die Gemeindevertreter sind schon vorher von der Bayerischen Staatsregierung unterrichtet worden. Über die einzelnen Termine in dem Zwischenverkehr zwischen Gemeinde und Landesregierung bin ich im einzelnen nicht unterrichtet. Wenn es interessiert, kann ich das schriftlich nachreichen.
Eine Zusatzfrage, Herr Jung.
Herr Staatssekretär, da die Verlegung und der Ausbau eines solchen Bombenabwurfplatzes und Schießplatzes doch sehr viel Geld kostet, möchte ich - da hier offensichtlich auch einige andere Gesichtspunkte dagegen sprechen - fragen, ob es nicht sinnvoller wäre, wenn die Bundesregierung einmal Überlegungen anstellte, um einen solchen Bombenabwurfplatz und Schießplatz im Zusammenhang mit der Basis Béja in Portugal
zu errichten, die ohnehin ungenutzt ist und in die wir bereits einige Millionen D-Mark investiert haben.
von Hase, Staatssekretär des Bundesministeriums der Verteidigung: Herr Abgeordneter, ich darf noch einmal darauf hinweisen, daß es sich erstens um einen Platz der US-Streitkräfte handelt und wir nach dem NATO-Truppenvertrag verpflichtet sind, den amerikanischen Bundesgenossen Übungsgelände zur Verfügung zu stellen. Außerdem darf ich darauf hinweisen, daß es zur Benutzung des Platzes in Béja auch für die Amerikaner beträchtliche Überfliegungsschwierigkeiten gibt, in bezug sowohl auf das spanische Territorium als auch auf anderes Territorium. Zum dritten darf ich darauf hinweisen, daß Béja seinerzeit nicht als Schießplatz konzipiert worden ist und daß es die portugiesische Regierung von vornherein abgelehnt hat, portugiesisches Gelände für Schießübungen zur Verfügung zu stellen. Der Flugplatz in Béja war konzipiert - und das ist auch so durchgeführt - in erster Linie als eine logistische Basis.
Eine Zusatzfrage, Herr Zimmermann.
Herr Staatssekretär, würden Sie sich in der Lage sehen, dem Herrn Kollegen Strohmayr erstens zu erklären, daß der Platz Siegenburg und nicht Siegburg heißt, und zweitens darzulegen, warum es überhaupt dazu kam, daß die Bundesregierung nach Ersatzplätzen suchte, nämlich aus dem Grund, daß der ganze Platz nicht einmal 300 ha groß ist und wir in den letzten Monaten wöchentlich ein oder zwei Fehlwürfe neben den Platz in der Nähe von Bundesstraßen, in Ortschaften, in Häuser hatten, daß also solche Gründe und nicht etwa die Möglichkeit einer Erweiterung - nicht einmal um 600, geschweige denn um 6000 ha - dazu führte, nach einem Ersatzgelände zu suchen, und daß das, nämlich die Gefährdung von Menschenleben, die ausschließlichen Gründe gewesen sind und keine anderen?
von Hase, Staatssekretär des Bundesministeriums der Verteidigung: Herr Abgeordneter, ich bin Ihnen sehr dankbar, daß Sie noch einmal das präzisiert haben, worauf ich mich unter Bezugnahme auf die Fragestunden bereits bezogen habe.
Eine Zusatzfrage, Herr Berkhan.
Herr Staatssekretär, würden Sie in bezug auf die Frage meines Kollegen Jung meine Auffassung teilen, daß es nicht unser Interesse sein kann, unsere Schutzmächte mit ihren fliegenden Verbänden hinsichtlich ihrer Übungen auf andere Nationen zu verweisen?
({0})
von Hase, Staatssekretär des Bundesministeriums der Verteidigung: Ich schließe mich dieser Auffassung voll an, Herr Abgeordneter.
Eine Zusatzfrage, Herr Porsch. - Nein, keine Zusatzfrage mehr.
({0})
- Ich bin der Meinung, daß ich jetzt das Recht der
anderen schützen muß, die auch Fragen eingereicht
haben, und daß dieser Punkt ausreichend geklärt ist.
({1})
Frage 20 des Herrn Abgeordneten Ollesch:
Wie beurteilt die Bundesregierung die Ansicht des Inspekteurs der Luftwaffe, Generalleutnant Steinhoff, dem Deutschen Bundestag könne der Vorwurf nicht erspart werden, er verzögere die Möglichkeiten zur Abhilfe in bezug auf den Mangel an Unteroffizieren?
von Hase, Staatssekretär des Bundesministeriums der Verteidigung: Die Bundesregierung hat bereits in der Sitzung des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestages am 14. November 1968 folgendes erklärt - ich zitiere aus dieser amtlichen Erklärung -:
Am 12. November 1968 wurde über eine Pressekonferenz in Decimomannu des Inspekteurs der Luftwaffe, Generalleutnant Steinhoff, in einer überregionalen Tageszeitung gemeldet, daß Generalleutnant Steinhoff im Zusammenhang mit den Personalschwierigkeiten erklärt habe, „dem Bundestag könne der Vorwurf nicht erspart werden, daß er die Möglichkeiten zur Abhilfe verzögere".
Das Bundesministerium der Verteidigung stellt dazu fest, daß eine solche Aussage weder dem Wortlaut noch dem Sinn nach gefallen ist.
Generalleutnant Steinhoff hat lediglich darauf hingewiesen, daß ein Problem wie z. B. die Übernahme von Unteroffizieren in die Offizierslaufbahn oder die Schaffung einer neuen Strahlflugzeugführerlaufbahn nicht so schnell gelöst werden kann, wie es im Interesse der Sache erforderlich wäre.
Von dieser Klarstellung, Herr Abgeordneter, hat der Verteidigungsausschuß mit Befriedigung Kenntnis genommen.
Eine Zusatzfrage, Herr Ollesch, die aber nicht den Inhalt dier Ihnen soeben abgelehnten haben darf.
Nein, Herr Präsident.
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht der Meinung, daß unrichtige Pressemeldungen, die einen verhältnismäßig großen Wirbel erzeugen, möglichst bald, d. h. bei Kenntnisnahme dieser Pressemeldungen, durch die dazu besonders eingerichteten Dienststellen dementiert werden sollten, damit diese Aufregung über angeblich unrichtige Pressemeldungen gar nicht erst entsteht?
von Hase, Staatssekretär des Bundesministeriums der Verteidigung: Herr Abgeordneter, wir sind daurchaus dieser Meinung, und wir hätten in
Staatssekretär von Hase
der Tat auf beiden Seiten, wenn ich das so ausdrücken darf, Wirbel und Arger sparen können. Ich kann hier zur Entlastung nur anführen, daß sich die Vorgänge in Decimomannu zugetragen haben und daß die Aufklärung der Vorgänge, in die auch die Presse eingeschaltet werden mußte, etwas mehr Zeit gefordert hat, als es sonst bei derartigen Dementis üblich ist.
Noch eine Frage, Herr Ollesch.
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht mit mir der Meinung, daß auch bei wohlwollender Betrachtung der Arbeit des IPZ, des Informations-und Pressezentrums des . Bundesverteidigungsministeriums, der Zeitraum von drei Tagen bis zum Dementi doch etwas zu lang ist?
von Hase, Staatssekretär des Bundesministeriums der Verteidigung: Herr Abgeordneter, wir werden uns bemühen, in Zukunft in ähnlichen Fällen den Zeitraum zu verkürzen.
Frage 21 des Herrn Abgeordneten Jung:
Wann ist mit dem endgültigen Bau des seit langer Zeit für notwendig erachteten Soldatenheimes in Mellrichstadt zu rechnen?
Die Katholische Arbeitsgemeinschaft für Soldatenbetreuung beabsichtigt, im Jahre 1969 mit dem Bau des Soldatenheims in Mellrichstadt zu beginnen. Die Bauzeit beträgt etwa ein Jahr.
Frage 22 des Herrn Abgeordneten Jung:
Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen, um für die Unteroffiziere und Feldwebel und deren Familien Begegnungsstätten ähnlich denen der Offiziersheime zu schaffen?
von Hase, Staatssekretär des Bundesministeriums der Verteidigung: Die Bundesregierung hat die Absicht, die zur Zeit im Dienst befindlichen Flugzeugmuster F 104 G und G 91 Fiat Mitte der 70er Jahre durch ein neues Flugzeug abzulösen.
({0})
Das ist nicht die rechte Antwort, Herr Staatssekretär. Aber es ist die Tücke des Papiers, daß es Versteck spielt.
von Hase, Staatssekretär des Bundesministeriums der Verteidigung: Ich bitte um Entschuldigung, Herr Präsident.
Bitte, Herr Staatssekretär. Wir haben alle Verständnis.
von Hase, Staatssekretär des Bundesministeriums der Verteidigung: Begegnungsstätten, ähnlich denen der Offiziersheime, für Unteroffiziere und Feldwebel sowie deren Familien werden durch den Bau von Unteroffizierheimen geschaffen. Dort, wo diese Heime noch nicht vorhanden sind, stehen Unteroffizierheimräume zur Verfügung. Die Größe der Unteroffizierheime, besonders die der Unteroffizierheimräume, die nicht mehr der angewachsenen Zahl der Unteroffiziere im Bataillon genügen, und die Bewirtschaftungsform bestimmen jeweils die Möglichkeiten und das Ausmaß der Begegnung.
Bei fehlenden geeigneten Räumlichkeiten kann für diese Zwecke auch das Soldatenheim, sofern im Standort vorhanden, in Anspruch genommen werden. Dasselbe gilt für eine Inanspruchnahme der Offizierheime in Sonderfällen.
Eine Zusatzfrage, Herr Jung.
Herr Staatssekretär, mir sind Fälle bekannt, wo Gebäude vorhanden sind, die die Unteroffiziere gern ausbauen würden, die aber ganz einfach nicht zur Verfügung gestellt werden können. Wäre es in diesen Fällen nach einer Überprüfung, ob diese Gebäude für andere Zwecke nicht mehr benutzt werden, möglich, sie den Unteroffizieren als Unteroffizierheime zur Verfügung zu stellen? Ich glaube, daß die Schaffung von Unteroffizierheimen auch ein Problem darstellt, das wir insgesamt auch unter dem Gesichtspunkt der gesellschaftlichen Anerkennung des Unteroffiziersstandes und der damit verbundenen Unruhe, die derzeit spürbar ist, sehen müssen und das damit beseitigt werden könnte.
von Hase, Staatssekretär des Bundesministeriums der Verteidigung: Ich gebe Ihnen zu, Herr Abgeordneter, daß die Lösung dieser Frage zur Kohärenz und zur Hebung der gesellschaftspolitischen Stellung des Unteroffizierskorps beitragen kann. Ich kann Ihnen versichern, daß von seiten des Bundesministeriums der Verteidigung auch die von Ihnen eben angedeuteten zusätzlichen Möglichkeiten untersucht werden.
Eine Zusatzfrage, Herr Berkhan.
Herr Staatssekretär, würden Sie mir zustimmen, wenn ich dem Kollegen Jung sagte, ich könnte höchstens von einem Soldatenstand sprechen, keineswegs aber von einem Unteroffiziersstand und Offiziersstand? Darüber hinaus bin ich der Auffassung, daß wir aus der ständischen Gesellschaft allmählich herausgewachsen sind.
({0})
Ich glaube, die Frage bedurfte keiner Antwort.
Herr Ertl zu einer Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, würden Sie mir zustimmen, daß entgegen der Meinung des Kollegen Berkhan in der Regel in Unteroffizierheimen keine Offiziere verkehren oder, wie mir berichtet worden ist, sogar nicht verkehren sollen?
von Hase, Staatssekretär des Bundesministeriums der Verteidigung: Herr Präsident, ich möchte hierzu sagen, daß einige Vertreter des Hauses insofern in eine andere Terminologie hineingekommen sind, als bei der Auszeichnung der Soldatenheime, Unteroffizierheime und Offizierheime von einer Unterscheidung ausgegangen wird, die im militärischen und gesellschaftspolitischen Raum nicht mehr wirksam sein sollte.
Noch eine Frage, Herr Ertl.
Herr Staatssekretär, würden Sie sagen, daß der Zustand der Heime und auch die Kontaktmöglichkeiten durchaus befriedigend sind - so, wie von Ihnen dargestellt -, oder sind Sie nicht der Meinung, daß es erhebliche Bedenken und auch erhebliche Mängel gibt?
von Hase, Staatssekretär des Bundesministeriums der Verteidigung: Herr Abgeordneter, es ist sehr unterschiedlich. Ich habe selbst einige Heime gesehen. Es ist unterschiedlich sowohl nach den Standorten als insbesondere auch in bezug auf die Lage der Standorte. Wir sind bemüht, in erster Linie den sogenannten Einödstandorten zu helfen, weil da alle Soldaten auf das kameradschaftliche Beisammensein und einen würdigen äußeren Rahmen besonders angewiesen sind.
Frage 23 des Herrn Abgeordneten Jung:
Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, um auch die Soldaten auf Zeit, die Offiziere sind, nach Ablauf ihrer Verpflichtungszeit in das Berufsleben einzugliedern, ohne daß sie ihren sozialen Besitzstand vermindern müssen?
Nach § 6 des Soldatenversorgungsgesetzes wird allen Soldaten auf Zeit, die Dienstzeitverordnung erhalten, die Eingliederung in das spätere Berufsleben erleichtert. Demnach können auch Offiziere auf Zeit an den berufsfördernden Maßnahmen während der Wehrdienstzeit teilnehmen, soweit diese in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem erlernten oder angestrebten Beruf stehen.
Weiterhin erhalten alle Offiziere auf Zeit Eingliederungshilfen des Berufsförderungsdienstes.
Offiziere auf Zeit haben keinen Rechtsanspruch auf eine Fachausbildung nach § 5 und § 5 a des Soldatenversorgungsgesetzes. Sie erhalten dafür eine höhere Übergangsbeihilfe als Unteroffiziere und Mannschaften. Um ehemaligen Offizieren auf Zeit eine Ausbildung zu erleichtern, die ihnen in Verbindung mit ihren Kenntnissen und Erfahrungen aus dem Wehrdienst den Aufstieg in Führungspositionen der Wirtschaft eröffnet, habe ich in Zusammenarbeit mit der Akademie für Führungskräfte der Wirtschaft, Bad Harzburg, an diesem Institut einen „10Wochen-Lehrgang: Harzburg-Kolleg der Wirtschaft für ehem. Zeitoffiziere der Bundeswehr" eingerichtet. Der Beginn des ersten Kollegs ist für den 20. Januar 1969 vorgesehen.
Zur Zeit verhandle ich mit dem Kurt-Hegner-Institut, Darmstadt, und dem Rationalisierungs-Kuratorium der Deutschen Wirtschaft e. V., Frankfurt a. M., über die Einrichtung entsprechender Ausbildungen.
Im Rahmen ihrer truppenfachlichen Ausbildung können Offiziere auf Zeit an folgenden Akademien der Bundeswehr gleichzeitig das Prädikat „Ing. grad." erwerben: Akademie des Heeres für Maschinenwesen, Darmstadt: Fachrichtung Maschinenbau; Akademie des Heeres für Ingenieurbau, München: Fachrichtung Ingenieurbau ({0}) ; Technische Akademie der Luftwaffe, Neubiberg, für Offiziere aller drei Teilstreitkräfte: Fachrichtung Fernmeldetechnik - Elektrotechnik, Fachrichtung Maschinenbau - Elektrotechnik, Fachrichtung Flugzeug-, Waffen- und Bodengerätetechnik. Darüber hinaus kann an der Akademie des Heeres für Maschinenwesen, Darmstadt, eine Ausbildung zum Betriebswirt erfolgen. Die Anerkennung dieser Ausbildung als „Betriebswirt" steht bevor.
Ich bitte um Ihre Nachsicht, Herr Präsident, Herr Abgeordneter, wenn ich das so eingehend dargelegt habe. Ich wollte damit dartun, daß die Bundeswehr an ihrer Bildungsbezogenheit und an der Schaffung von Ausbildungsmöglichkeiten als einer vorrangigen Aufgabe festhält.
Eine Zusatzfrage, Herr Jung.
Herr Staatssekretär, ich bedanke mich für die Antwort. Ich entnehme ihr, daß Sie weiterhin bemüht sein werden, auch das Problem der Zeitoffiziere mit in die Überlegungen einzubeziehen. Hier kommen nämlich zum großen Teil Abiturienten in die Bundeswehr, die nun nach Ableistung einer Wehrzeit von acht oder zwölf Jahren - das spielt im Moment keine Rolle - mit 30 Jahren als Abiturienten wieder irgendwo mit dem Studium beginnen müssen. Das ist ein Problem, das unbedingt in die Überlegungen, die Sie eben nur in Teilbereichen aufgezeichnet haben, mit einbezogen werden muß.
von Hase, Staatssekretär des Bundesministeriums der Verteidigung: Wir müssen uns dieses Problems mit großem Nachdruck annehmen, weil wir bekanntermaßen nicht nur einen großen Bedarf an Unteroffizieren, sondern auch ein großes Fehl an Zeitoffizieren haben. Wenn wir nicht dazu beitragen, den Übergang von der Zeitoffizierzeit, seien es 6, 8, 12 oder 15 Jahre, in die freie Wirtschaft berufsfördernd und attraktiv zu gestalten, werden wir keine Bewerber mehr als Zeitoffiziere bekommen.
Fragen 24 und 25 des Herrn Abgeordneten Dr. Wörner:
Hält die Bundesregierung an ihrer Absicht fest, die gegenwärtig bei der Bundeswehr im Einsatz befindliche Flugzeuggeneration nach ihrem Auslaufen durch ein von der deutschen Luftfahrtindustrie entwickeltes und gefertigtes Flugzeugmuster ({0}) zu ersetzen?
Ist die Bundesregierung bereit, auch bei einer Mitarbeit ausländischer Staaten der deutschen Luftfahrtindustrie die Federführung bei diesem Projekt zu sichern?
Jetzt kommt nach Fehlstart das NKF.
({0})
Die Bundesregierung hat die Absicht, die zur Zeit im Dienst befindlichen Flugzeugmuster F 104 G und G 91 Fiat Mitte der 70er Jahre durch ein neues Flugzeug abzulösen. Aus Gründen der Standardisierung und der Kostenersparnis ist die Bundesrepublik bestrebt, dieses Flugzeug gemeinsam mit den verbündeten Ländern zu entwickeln und zu fertigen, die einen nach Art und Zeit gleichgelagerten Bedarf wie die deutsche Luftwaffe haben. Gegenwärtig sind Verhandlungen mit interessierten Ländern über die Modalitäten eines gemeinsamen Vorgehens im Gange.
Zusatzfrage, Herr Wörner.
Herr Staatssekretär, welche Vorstellungen hat die Bundesregierung über die Federführung bei diesem Projekt?
von Hase, Staatssekretär des Bundesministeriums der Verteidigung: Das betrifft die zweite Frage, Herr Abgeordneter. Ich darf dazu sagen, daß nach internationalem Usus die Federführung im Grundsatz an den Partner geht, der den stärksten Bedarf für dieses Flugzeugmuster angemeldet hat. Das ist nach dem ganzen bisherigen Stand der Zusammenarbeit im Konsortium die Bundesrepublik Deutschland. Auf jeden Fall, Herr Abgeordneter, sind wir bemüht, der deutschen Luftfahrtindustrie bei diesem Projekt einen Anteil zu sichern, der, wie gesagt, unserer starken Abnahmeposition entspricht.
Eine Zusatzfrage, Herr Wörner.
Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß die deutsche Luftfahrtindustrie durchaus in der Lage wäre, die Federführung eines solchen Projekts zu übernehmen?
von Hase, Staatssekretär des Bundesministeriums der Verteidigung: Die Bundesregierung ist durch den Zusammenschluß von Teilen der deutschen Luftfahrtindustrie ermutigt, nicht zuletzt auch aus dem Grunde, um die starke Konkurrenz des Auslandes auf diesem Gebiete durch entsprechendes technisches Know-how ausgleichen zu können. Die Bundesregierung ist nicht der Auffassung, daß man in bezug auf die Rüstungspolitik in eine isolierte Autarkie zurückfallen sollte. Sie ist der Meinung, daß man hier optimal insbesondere mit den Bündnispartnern, die militärisch einen gleichgelagerten Bedarf haben, zusammenarbeiten soll, daß aber im Rahmen dieser Zusammenarbeit die deutschen Kenntnisse bestmöglich eingesetzt werden sollen. Im Rahmen der technologischen Förderung, die das Verteidigungsministerium in den vergangenen Jahren unserer Luftfahrtindustrie hat zukommen lassen, hat unsere Luftfahrtindustrie sehr erhebliche Kenntnisse auf dem Gebiete des sogenannten Design-Leadership sammeln können.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Dr. Wörner.
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung meiner Auffassung, daß die Entscheidung über dieses Projekt, über die Modalitäten dieses Projekts, über die Durchführung dieses Projekts, noch in diesem Jahr zu fallen hat, wenn bis zum Jahre 1975 dieses Flugzeugmuster zur Ablösung bereitstehen soll?
von Hase, Staatssekretär des Bundesministeriums der Verteidigung: Herr Abgeordneter, die Entscheidung muß so früh wie möglich fallen. Ich möchte mich nicht auf das Kalenderjahr 1968 festlegen, weil es bis zum Jahre 1969 nur noch eine relativ sehr kurze Zeit ist. Durch die beteiligten Industrien wird - wie Ihnen sicher bekannt ist - eine sogenannte Feasibility-Study oder Machbarkeitsstudie des Flugzeugs angefertigt. Wir hoffen, daß von dieser Studie, von der wir einen Zwischenbericht noch im Dezember erbeten haben, ausreichende Klarheit ausgehen wird, auf deren Grundlage dann die endgültigen Entscheidungen zu treffen wären. Der Endtermin für diese Machbarkeitsstudie, also nicht für den Vor- und Zwischenbericht, ist der 1. Februar 1969. Ich glaube, das sollte in der Tat der äußerste Zeitpunkt sein, zu dem eine Entscheidung zu treffen ist, sonst wird die Lücke zwischen den jetzt auslaufenden oder den dann auslaufenden Flugzeugen vom Typ F 104 und den neu zu erstellenden NKF-Mustern zu groß.
Einen Augenblick, Herr Wörner.
An der Nahtstelle zwischen der Fragestunde und dem übrigen Programm wird es immer etwas unruhig, aber es ist fast nicht mehr möglich, die Fragestunde zu Ende zu führen. Ich bitte doch um mehr Ruhe!
Bitte, Herr Wörner!
Für den Fall, Herr Staatssekretär, daß bis zu dem von Ihnen angegebenen Zeitpunkt keine Einigkeit insbesondere mit der britischen Regierung über die Federführung herbeigeführt worden sein sollte: Wäre die deutsche Regierung dann bereit, das Projekt ohne die Beteiligung der britischen Regierung mit den übrigen
interessierten Nationen voranzutreiben und abzuschließen?
von Hase, Staatssekretär des Bundesministeriums der Verteidigung: Herr Abgeordneter, Sie werden verstehen, wenn ich dies als eine hypothetische Frage bezeichne und im Augenblick dazu nicht Stellung nehmen möchte.
Eine Frage, Herr Jung.
Herr Staatssekretär, treffen die Gerüchte zu - gerade in bezug auf die letzte Frage von Herrn Kollegen Wörner -, daß Partner im Konsortium unter Umständen aus dem Projekt „Airbus" aussteigen, wenn ihnen nicht die Federführung für NKF übertragen wird?
von Hase, Staatssekretär des Bundesministeriums der Verteidigung: Herr Abgeordneter, zur Klarstellung darf ich sagen, daß wir hier jetzt nicht über das Projekt Airbus gesprochen haben, sondern über das NKF.
({0})
Keine Debatte bitte, Herr Jung!
von Hase, Staatssekretär des Bundesministeriums der Verteidigung: Ein Junktim zwischen den beiden Projekten Airbus, der ein ziviles Projekt ist, und NKF, das ein militärisches Projekt ist, besteht in den Verhandlungen nicht.
Frage 26 des Herrn Abgeordneten Josten:
In welcher Weise will die Bundesregierung auf Grund zahlreicher Vorschläge zur Wehrgerechtigkeit beitragen?
Der Verteidigungsausschuß des Deutschen Bundestages hat sich mit Fragen der Wehrgerechtigkeit befaßt und auf Antrag des Bundesministers der Verteidigung eine Kommission für den Wehrdienstausgleich gebildet. Diese Kommission hat dem Parlament einen alle Seiten des Komplexes beleuchtenden und umfassenden Lösungsvorschlag vorgelegt. Die Bundesregierung hat dazu eine Stellungnahme erarbeitet, die in Kürze vorgelegt werden kann.
Da ich selbst Mitglied im Verteidigungsausschuß bin, darf ich, nachdem die Nachteile der eingezogenen Wehrpflichtigen seit Monaten größer werden, fragen, ob Ihr Ministerium mehr als bisher zur Herstellung der Wehrgerechtigkeit beitragen will.
von Hase, Staatssekretär des Bundesministeriums der Verteidigung: Herr Abgeordneter, wir glauben, daß sowohl der Bericht des Parlaments wie die dazu zusätzlich erarbeitete Stellungnahme und die zusätzlichen Vorschläge des Ministeriums dazu beitragen werden, dieses sehr schwierige Problem, das fast in keinem vergleichbaren Lande gelöst ist, zu erleichtern.
Eine Frage noch, Herr Josten.
Herr Staatssekretär, darf ich Sie bitten, daß auch Ihr Ministerium in Verbindung mit den Ländern und Universitäten dafür eintreten wird, daß die eingezogenen Studenten nach ihrem Wehrdienst bevorzugt Studienplätze erhalten.
von Hase, Staatssekretär des Bundesministeriums der Verteidigung: Herr Abgeordneter, wir haben uns dieserhalb schon in einem Brief an den Vorsitzenden der Konferenz der Kultusminister der Länder gewandt und hoffen, daß das einigen Erfolg haben wird.
Eine Zusatzfrage, Herr Ott.
Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Meinung, daß die Frage der gleichmäßigen Behandlung und damit der Gerechtigkeit für die Wehrpflichtigen es dringend notwendig machen würde, sich mit etwas mehr Tempo dieses Anliegens anzunehmen, selbst wenn in anderen Ländern und bei uns noch kein Musterbeispiel vorliegt?
von Hase, Staatssekretär des Bundesministeriums der Verteidigung: Herr Abgeordneter, ich räume ohne weiteres ein, daß diese Frage unter einem starken Zeitdruck steht. Ich darf hier zur Entlastung des Ministeriums einfügen, daß gewisse Elemente, von denen wir geglaubt haben, daß sie zur Lösung dieses Problems beitragen könnten, nach der Invasion in die CSSR und nach den Beschlüssen der Ministerratssitzung der NATO einer gewissen Überprüfung und Modifizierung unterzogen werden müssen. Das ändert aber nichts an der grundsätzlichen Anerkenntnis, daß hier ein Zeitdruck besteht.
Ich muß die Fragestunde damit abschließen. Danke, Herr Staatssekretär.
Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:
Beratung der Sammelübersicht 36 des Petitionsausschusses ({0}) über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages zu Petitionen
- Drucksache V/3497 Das Wort dazu wird nicht gewünscht. Wer dem Antrag des Ausschusses zustimmen will, gebe das Handzeichen! - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag des Ausschusses ist angenommen.
Vizepräsident Dr. Mommer
Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf:
Beratung der Sammelübersicht 37 des Petitionsausschusses ({1}) über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages zu Petitionen
- Drucksache V/3517 Wer diesem Antrag des Ausschusses auf Drucksache V/3517 zustimmen will, gebe das Handzeichen! - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag ist angenommen.
Ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung auf:
Dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Besteuerung des Straßengüterverkehrs
- aus Drucksache V/2494, Drucksache V/3421 - Zusammenstellung der Beschlüsse des Bundestages in zweiter Beratung
- Drucksache V/3498 Ehe wir jetzt in die Beratung eintreten, wollen wir uns sammeln und setzen.
({2})
Ich sehe, daß Sie mir zustimmen; ich bitte aber, es auch zu tun. Darf ich die Kollegen bitten, Platz zu nehmen. - Ich bitte, Platz zu nehmen. Das richtet sich an alle, die stehen.
Jetzt frage ich, ob zur allgemeinen Aussprache in dritter Beratung das Wort gewünscht wird. - Das Wort wird nicht gewünscht.
Wir nehmen die Zusammenstellung des Entwurfs mit den Beschlüssen in zweiter Beratung Drucksache V/3498.
Zu § 1 liegen keine Änderungsanträge vor, wohl aber zu § 2, und zwar der Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Imle, Ramms und der Fraktion der FDP auf Umdruck 535 *) Ziffern 1 bis 8. Wird der Antrag begründet? ({3})
- Die Ziffern werden einzeln aufgerufen.
Wir stimmen zunächst über den Änderungsantrag der FDP auf Umdruck 535 Ziffer 1 ab. Wer der Ziffer 1 zustimmen will, gebe das Zeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Mit großer Mehrheit abgelehnt.
Ich rufe den Antrag Umdruck 535 Ziffer 2 auf. - Sie haben das Wort, Herr Imle.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der jetzigen Fassung des Gesetzentwurfs werden Mischfuttermittel nur dann begünstigt, wenn sie in Spezialtankfahrzeugen befördert werden. Das ist natürlich völlig richtig. Damit werden aber die kleineren Landwirte, die Mischfuttermittel nicht aus Tankfahrzeugen beziehen, benachteiligt. Wir meinen, man sollte alle die-
*) Siehe Anlage 2
jenigen, die Mischfuttermittel beziehen, begünstigen. Deshalb sollten wir in § 2 Nr. 6 Buchstabe h die Worte „aus" und „in Spezialtankfahrzeugen" streichen. Dann sind alle, die Mischfuttermittel beziehen, begünstigt. Ich meine, das wäre ein Anliegen, das der gesamten Landwirtschaft gerecht würde.
Das Wort wird nicht weiter gewünscht.
Wir stimmen über den Änderungsantrag Umdruck 535 Ziffer 2 ab. Wer zustimmen will, gebe das Zeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag ist abgelehnt.
Umdruck 535 Ziffer 3! - Herr Ramms, Sie haben das Wort zur Begründung.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! In § 2 Nr. 6 Buchstabe k heißt es:
Von der Besteuerung sind ausgenommen . . . 6. die Beförderung von . . .
k) Mineralbrunnen und den unter ausschließlicher Verwendung von Mineralbrunnen am Quellort abgefüllten süßen, alkoholfreien Erfrischungsgetränken;
Hier machen Sie in der Gesetzgebung einen Unterschied in der Herstellungsform der süßen Limonaden. Dieser Unterschied kann nicht aufrechterhalten werden; denn hier wird die Gleichheit vor dem Gesetz mit berührt. Sie müssen also die Worte „den unter ausschließlicher Verwendung von Mineralbrunnen am Quellort abgefüllten" streichen, und der Absatz müßte lauten:
k) Mineralbrunnen und süßen, alkoholfreien Erfrischungsgetränken;
Nur so können Sie eine Gleichbehandlung der gesamten süßen Limonaden erreichen.
Das Wort wird weiter nicht gewünscht.
Wir stimmen über Umdruck 535 Ziffer 3 ab. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag ist abgelehnt.
Wir kommen zum Änderungsantrag Umdruck 535 Ziffer 4. - Herr Dr. Imle, bitte!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der zweiten Lesung ist beschlossen worden, daß die Beförderung von Rohholz und den anderen in § 2 Nr. 6 Buchstabe m aufgeführten Erzeugnissen bis 170 km von der Besteuerung ausgenommen sein soll. Damit ist ein Anschluß an die Beförderung von und zu Seehäfen vorgenommen worden, und wir halten das natürlich insofern für gut. Was wir allerdings nicht für richtig befinden, ist, daß bei der Beförderung von und zu Seehäfen die Besteuerung erst nach 170 km beginnen soll, während hier in diesem Falle die Besteuerung bereits nach 50 km, nach der Nahverkehrszone er10662
folgen soll. Wir sind der Meinung, daß hier eine völlige Gleichstellung erfolgen sollte, und beantragen deshalb, die Zahl „50" durch die Zahl „170" zu ersetzen. Das heißt, daß die Besteuerung dann auch erst nach 170 km voll einsetzt und nicht schon nach den 50 km der Nahverkehrszone.
Meine Damen und Herren, ehe ich das Wort weiter gebe, bitte ich nochmals um etwas mehr Ruhe. Es ist wirklich schwierig, den Verhandlungen zu folgen. Auch bitte ich, die Stehkonvente im hinteren Teil des Saales aufzulösen oder nach draußen zu verlegen.
Wir stimmen über Ziffer 4 des Umdrucks 535 ab. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag ist abgelehnt.
Ziffer 5 des Umdrucks 535! Das Wort hat Herr Dr. Imle.
Herr Präsident, in diesen Zusammenhang gehört meines Erachtens auch der Änderungsantrag Umdruck 540, der die Baumschulerzeugnisse insgesamt erfaßt. Da dies der weitergehende Antrag ist, der die Erzeugnisse der Forstbaumschulen mit erfaßt, würde ich vorschlagen, daß wir erst den Antrag Umdruck 540 *) behandeln; darin wäre unser Antrag einbegriffen.
Es ist vorgeschlagen, den Antrag Umdruck 540 gleich mit zu behandeln.
({0})
Sie haben das Wort, Herr Kollege Bremer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte um Ihr Verständnis, wenn ich Sie zum zweiten Male jetzt in der dritten Lesung um Gehör für einen Antrag bitte, der die Einbeziehung der Baumschulerzeugnisse ganz allgemein in die Freiliste vorsieht. Ich darf noch einmal in Erinnerung rufen, daß die Baumschulanbaugebiete mit ihren Zentren ganz peripher im Norden unseres Bundesgebietes liegen und nachgewiesenermaßen eine mittlere Transportentfernung von 500 km haben.
Hinzu kommt, daß diese Erzeugnisse außerordentlich transportempfindlich sind. Alle anderen Erzeugnisse mit ähnlicher Transportempfindlichkeit sind in der Freiliste enthalten. Daß diese Transportempfindlichkeit bejaht wird, ergibt sich daraus, daß die Bundesbahn in der Vergangenheit für Fische und für Baumschulerzeugnisse Ausnahmetarife bewilligt hatte, die erst vor kurzem wieder aufgehoben worden sind.
Ich darf daher meinen dringenden Appell an Sie richten, der Einbeziehung der Baumschulerzeugnisse, Produkte eines regionalen und auch vom Umfang her kleinen Wirtschaftszweiges, Ihr Einverständnis zu geben.
({0})
*) Siehe Anlage 3
Keine Wortmeldungen mehr. Wir müssen getrennt abstimmen, weil es sich um deutlich abgesetzte Anträge innerhalb derselben Ziffer 5 - § 2 Nr. 6 Buchstabe m - handelt. Zunächst Ziffer 5 des Umdrucks 535! Wer dem Antrag zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? Der Antrag ist abgelehnt.
Dann Umdruck 540, Antrag der Abgeordneten Bremer und Genossen. Wer dem Antrag zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Das zweite ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
({0})
Dann kommen wir zu Ziffer 6 des Umdrucks 535. - Dazu haben Sie das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich muß noch einmal auf die Befreiung der Zuckerrüben von der Beförderungsteuer eingehen. Sie wissen, daß bei dieser Besteuerung nicht allein die Frucht Zuckerrübe besteuert wird. Gerade in diesem Herbst waren erhebliche Schmutzprozente üblich. Wir mußten bei dem Rohprodukt Zuckerrübe sogar bis zu 50 % Erde mit befördern. Dadurch kommt es zu einer ungeheuren ungerechten Belastung für die zuckerrübenanbauenden Landwirte.
Ich möchte deshalb an Sie appellieren, nachdem wir die anderen Produkte aus der Landwirtschaft, z. B. Getreide usw., befreit haben, daß wir uns hierzu auch bei diesem Produkt entschließen. Ich habe Ihnen schon das letztemal klarzumachen versucht, daß ,es einfach nicht möglich ist, die Zuckerrüben auf der Bahn zu verladen, nicht allein, weil in der Nähe keine Bahnhöfe sind, sondern weil auch die betreffenden Waggons, die zur Verladung notwendig sind, nicht gestellt werden können.
Ich möchte auf ein Schreiben des Bundesernährungsministers vom 1. Juli 1968 an den Verein der Zuckerindustrie hinweisen. Darin schreibt er ganz klar, daß für die Kampagne 1968/69 die für die Abfuhr von Zuckerrüben benötigten Güterwagen nicht in der notwendigen Anzahl zur Verfügung stehen. Es wäre nicht gut, wenn ich jetzt meine anderen Beweggründe hier noch einmal aufzeigte. Aber dieser Hinweis auf das Nichtvorhandensein von Bahnhöfen und auf die fehlenden Waggons müßte uns nun doch endlich Anlaß geben, auch der Befreiung der Zuckerrüben von der Beförderungsteuer zuzustimmen.
Ich bitte also hier um Zustimmung.
Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Antrag Ziffer 6 auf Umdruck 535 zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag ist abgelehnt.
Ich rufe die Ziffer 7 des gleichen Antrags Umdruck 535 auf. Das Wort hat Herr Abgeordneter Peters ({0}).
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In Ziffer 7 beantragen wir, daß außer Lebendrindern und Fleisch, die schon in vorigen Positionen befreit sind, nunmehr auch verarbeitetes Fleisch ausgenommen wird. Wir sind der Meinung, daß es für marktferne Gebiete unbedingt erforderlich ist, daß unserem Wunsch entsprochen wird. Sonst werden diese Gebiete durch Regionalmaßnahmen gefördert. Wenn man sie hier nicht in die Ausnahmeliste einbezöge, würde man diese Betriebe schädigen und sie zum großen Teil zum Erliegen bringen. Wir bitten also, unserem Antrag zu entsprechen.
Keine Wortmeldungen. Wir stimmen ab über Ziffer 7 des Antrags Umdruck 535. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enhaltungen? - Der Antrag ist abgelehnt.
Ziffer 8 des gleichen Umdrucks! Das Wort wird nicht gewünscht. Wir stimmen ab. Wer dem Antrag Ziffer 8 zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ziffer 8 ist abgelehnt.
Meine Damen und Herren, darf ich feststellen, daß mit der Ablehnung des Antrags Ziffer 1 auf Umdruck 535 auch der Bleichlautende Antrag der Abgeordneten Stücklen, Ehnes usw. auf Umdruck 539 *) abgelehnt ist.
Dann ist der § 2 unverändert aus diesen Abstimmungen hervorgegangen.
Ich rufe den § 5 auf, zu dem jetzt Änderungsanträge vorliegen, und zwar zunächst auf Umdruck 536 **) Ziffer 1: Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD, und dann auf Umdruck 535 Ziffer 9: Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Imle, Ramms und der Fraktion der FDP. Wird das Wort gewünscht? - Herr Dr. Imle, Sie haben das Wort!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf mir vielleicht den Hinweis erlauben, daß wir gebeten hatten, § 5 Abs. 2 ganz zu streichen. Das wäre vielleicht das Weitergehende gewesen. Aber nachdem sich die Koalition hier darüber einig ist, daß unserem Anliegen insofern Rechnung getragen werden soll, als nach Abs. 2 lediglich ein buchmäßiger Nachweis verlangt werden soll, werden ,wir diesem Antrag zustimmen und insoweit unseren Antrag als darin aufgegangen ansehen.
({0})
Eine weitere Begründung kann ich mir wohl ersparen.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Gewandt.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine Gruppe
*) Siehe Anlage 4 **) Siehe Anlage 5
unserer Fraktion hatte - wie einige Kollegen der FDP-Fraktion - bei der zweiten Lesung ebenfalls beantragt, § 5 Abs. 2 zu streichen. Wir waren der Auffassung, daß dieser Passus gegen die Prinzipien einer gesunden Strukturpolitik verstößt und zu Wettbewerbsverzerrungen führen würde. Die Unterhaltungen, die im Anschluß an die zweite Lesung, in der dieser Antrag verworfen wurde, geführt wurden, haben nun dazu geführt, daß man diese nach meiner Auffassung berechtigte Kritik anerkennt. Dieser Antrag ist nunmehr in einem Antrag der Koalitionsparteien aufgegangen; deshalb ziehen auch wir unseren Antrag auf Umdruck 538*) zurück und bitten um Annahme des Antrages der Regierungsfraktionen.
Das Wort wird nicht weiter gewünscht. - Wir stimmen ab über den Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD auf Umdruck 536 Ziffer 1. Wer zustimmen will; gebe das Handzeichen! Danke. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Dann ist das sogar einmal einstimmig angenommen.
Damit sind, wenn ich es recht verstanden habe, die Anträge auf Umdruck 538 und 535 Ziffer 9 erledigt.
Damit ist der § 5 in der durch Umdruck 536 Ziffer 1 geänderten Fasung angenommen.
Wir kommen zu § 6. Hier liegen mehrere Änderungsanträge vor, zunächst auf Umdruck 536, Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD zu Abs. 3, ferner auf Umdruck 537. **) Wird das Wort dazu gewünscht? Herr Fellermaier hat das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktionen der CDU/CSU und der SPD beantragen mit dem Umdruck 536 Ziffer 2 eine Änderung des Ergebnisses der zweiten Lesung. In der zweiten Lesung wurden auf Wunsch der CDU/CSU-Fraktion die Bundesausbaugebiete in den Katalog mit aufgenommen. Wenn sich jetzt beide Koalitionsfraktionen in der dritten Lesung entschließen, zur ursprünglichen Vorlage der Bundesregierung zurückzukehren, so vor allem deshalb, weil man dadurch in die Lage versetzt wird, in jedem einzelnen Fall über das Zonenrand- und Frachthilfegebiet hinaus zur Vermeidung schwerwiegender wirtschaftlicher Nachteile dem einen oder anderen Gebiet nach sorgfältiger Prüfung die Steuervergüstigung zu gewähren. Bei der Aufnahme der Bundesausbaugebiete hätten sich viele Unzulänglichkeiten und Benachteiligungen von Gebieten ergeben können, die bei der Festlegung der Bundesausbaugebiete vor vielen Jahren einfach noch nicht berücksichtigt werden konnten. Nach dem Antrag soll der Bundesminister der Finanzen ermächtigt werden, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Verkehr die Steuer für Beförderungen von oder nach bestimmten Teilen des Bundesgebietes um 50 °/a zu ermäßigen. Damit tragen wir auch zahlreichen Bedenken aus den verschiedenen Wirt-
*) Siehe Anlage 6
**) Siehe Anlage 7
schaftszweigen Rechnung, die Wettbewerbsverzerrungen durch eine ausschließliche Fixierung der Bundesausbaugebiete befürchten. Im übrigen haben jetzt auch die Bundesländer Gelegenheit, im Wege der Beratung im Bundesrat bei der Rechtsverordnung in Abstimmung mit der Bundesregierung die Auswahl sehr differenziert und nach volkswirtschaftlichen sowie verkehrsmäßigen Kriterien vorzunehmen. Wir bitten Sie deshalb, dem Änderungsantrag zuzustimmen.
Gestatten Sie mir, Herr Präsident, zugleich noch eine Bemerkung zu dem Änderungsantrag Umdruck 537. Es handelt sich nur um eine Angleichung an das alte Beförderungsteuergesetz. Das Wort „ehemalige" wird lediglich aus rechtssystematischen Gründen eingefügt, ohne daß sich im sachlichen Inhalt etwas ändert.
Sie haben die Begründung des Änderungsantrags Umdruck 536 Ziffer 2 zu § 6 Abs. 3 gehört.
Zunächst müssen wir aber § 6 Abs. 2 behandeln. Dazu liegt der Änderungsantrag Umdruck 537 vor. Kann über die Ziffern 1 und 2 gemeinsam abgestimmt werden? - Wir stimmen ab über den Änderungsantrag Umdruck 537 Ziffern 1 und 2. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Wir kommen dann zu den Änderungsanträgen zu § 6 Abs. 3. Das Wort zu dem Änderungsantrag Umdruck 535 Ziffer 10 hat Herr Dr. Imle.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf gleichzeitig zu den Ausführungen von Herrn Fellermaier Stellung nehmen. Die Fraktion der FDP kann ihr Erstaunen nicht verhehlen, daß es bei dieser Bestimmung dauernd hin und her gegangen ist. Die erste Fassung enthielt eine Bestimmung, wie sie jetzt von der Koalition für § 6 Abs. 3 vorgeschlagen wird. Die ist dann herausgeflogen. Danach sind diese Bundesausbaugebiete neu hineingekommen. Ich habe mir einmal das Vergnügen gemacht, nachzuzählen, wieviel Landkreise nach § 6 überhaupt begünstigt werden sollen. Ich bin auf die Zahl von 211 Landkreisen - in Abs. 3 allein 173 - von insgesamt 425 Landkreisen in der Bundesrepublik gekommen. Das sind 40,7 % aller Landkreise, die hier befreit sind. Ich frage mich: ist es überhaupt noch verfassungskonform, wenn man ein solches Gebiet herausnimmt? Davor hat man wohl Angst bekommen, und man hat gesagt: Dieser Frage, ob das in Ordnung ist, wollen wir uns nicht aussetzen, wir werden daher einen neuen Antrag bringen und werden jetzt die Verantwortung den Ländern zuschieben, weil diese ja der Rechtsverordnung zustimmen müssen. Damit entsteht natürlich wiederum die Gefahr, daß in den verschiedenen Ländern nach verschiedenen Grundsätzen verschieden geurteilt wird und gleiche Tatbestände unterschiedlich angesehen werden. Gleichwohl sind wir der Meinung, daß die andere Regelung nach der Herausnahme bestimmter Landkreise zu noch größeren Ungerechtigkeiten führen wird. Wir werden daher dem § 6 Abs. 3 unsere Zustimmung geben, weil damit vielleicht doch noch etwas insbesondere für den nicht ersetzbaren Werkfernverkehr erreicht werden kann. Schön ist aber diese ganze Sache, wie es hier gemacht worden ist, nicht.
({0})
Mir liegt auch noch der Antrag Umdruck 542 *) der Abgeordneten Stooß, Berberich und Genossen vor.
({0})
- Der Antrag wird zurückgezogen? Vielen Dank!
Wir haben jetzt also nur die Anträge Umdruck 535 Ziffer 10 und Umdruck 536 Ziffer 2. Es gibt wohl keinen Zweifel, daß der Antrag Umdruck 536 Ziffer 2 der weitergehende Antrag ist.
({1})
- Die Ziffern 10 bis einschließlich 14 des Antrags Umdruck 535 sind zurückgezogen zugunsten des Antrags Umdruck 536 Ziffer 2. Dann bleibt nur dieser Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD. Wer zustimmen will, gebe das Zeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Gegen wenige Stimmen bei wenigen Enthaltungen angenommen! Damit ist auch § 6 erledigt.
Wir kommen zu § 7. Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Schwörer, Krammig und Genossen auf Umdruck 541 **) vor.
Das Wort zur Begründung hat Herr Abgeordneter Krammig.
Im Schriftlichen Bericht des Finanzausschusses heißt es zu dem in Rede stehenden Gesetzentwurf wie folgt:
Das Gesetz über die Besteuerung des Straßengüterverkehrs stellt ein Kernstück des verkehrspolitischen Programms der Bundesregierung für die Jahre 1968 bis 1972 dar; es unterwirft den Güterfernverkehr, den Werkfernverkehr sowie den grenzüberschreitenden Güter- und Werknahverkehr einer Beförderungsteuer. Ziel dieser Maßnahmen ist, ein weiteres Anwachsen des Straßengüterfernverkehrs, insbesondere des Werkfernverkehrs, und damit eine Verschärfung des Wettbewerbs zwischen Schiene und Straße für eine Übergangszeit zu verhindern. Die Besteuerung soll dazu führen, den Transport von Massengütern von der Straße auf die Bundesbahn zu verlagern.
An einer weiteren Stelle dieses Berichtes heißt es:
Dem Ausschuß wurde dargelegt, daß es sich bei
der vorgeschlagenen Besteuerung um eine Not-
*) Siehe Anlage 8 **) Siehe Anlage 9
maßnahme handle, die einer allgemeinen Strukturverbesserung im Verkehrsgewerbe dienen solle. Mit dieser Maßnahme würde nach Ansicht der Bundesregierung der gewünschte Umlenkungseffekt von der Straße auf die Schiene am besten erreicht.
Um der Zielsetzung des Gesetzentwurfes Rechnung zu tragen, hätte es demnach nahegelegen, solchen Werkfernverkehr von der Steuer überhaupt auszunehmen, dessen Verlagerung von der Straße auf die Bundesbahn nicht - auch nicht im gebrochenen Verkehr möglich ist. Dieser Konsequenz aus der Zielsetzung des Gesetzentwurfes haben sich jedoch die Ausschüsse des Bundestages entzogen, ohne daß die Gründe dafür aus dem Bericht ersichtlich sind.
Das Problem, das mit sogenanntem unersetzbarem Werkfernverkehr verbunden ist, haben sie allerdings erkannt. In § 7 des Entwurfs sahen sie daher eine Ermäßigung des Werkfernverkehrsteuersatzes bis auf 1 Pf je Tonnenkilometer vor, wenn das Unternehmen, das die Beförderung vornimmt, wegen seiner Eigenart oder geographischen Lage den Werkfernverkehr für bestimmte Güter nicht entbehren, insbesondere auf die öffentlichen Verkehrsunternehmen nicht ausweichen kann und wenn das Unternehmen durch die Einziehung der vollen Steuer in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten ist oder geraten würde. Damit verließen die Ausschüsse die Zielsetzung des Gesetzentwurfes, der genaugenommen nur den ersetzbaren Werkfernverkehr der Besteuerung unterwerfen wollte; denn nur dieser enthält z. B. der Bundesbahn Transporte vor. Wo die Bundesbahn nicht hinfahren kann oder ein gebrochener Verkehr aus ökonomischen Gründen unvertretbar wäre, kann selbst die höchste Steuer der Bundesbahn kein Transportaufkommen bescheren.
Hätten es die Ausschüsse dabei belassen, in solchen Fällen die Steuer bis auf 1 Pf je Tonnenkilometer zu ermäßigen, so wäre das zwar im Hinblick auf die Zielsetzung des Gesetzentwurfes immer noch inkonsequent, aber tragbar gewesen. Wenn aber nun zusätzlich noch gefordert wurde, der Unternehmer müsse, wenn er die Ermäßigung haben wolle, durch die Einziehung der vollen Steuer in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sein oder künftig geraten, dann schießt eine solche Forderung weit über den Grundgedanken der Beförderungsteuer hinaus.
Es kann doch - immer im Blick auf die Zielsetzung des Gesetzentwurfes - nicht richtig sein, unersetzbaren Werkfernverkehr nicht nur zu besteuern-denn auch 1 Pf je Tonnenkilometer stellt noch eine Besteuerung dar -, sondern darüber hinaus noch zu verlangen, daß ein solcher Unternehmer in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sein muß oder geraten würde, wenn ihn die volle Steuer trifft oder träfe. Das kann nach Meinung der Antragsteller nicht sein. Aus diesen Gründen beantragen sie die Streichung des zweiten Halbsatzes, der die Ermäßigung der Steuer von wirtschaftlichen Schwierigkeiten abhängig macht.
Nun wird gesagt, ohne diese zweite Voraussetzung sei die ganze Vorschrift in der Verwaltung nicht handhabbar. Dem können die Antragsteller nicht zustimmen. Kein Ministerialerlaß wird imstande sein, dafür zu sorgen, daß diese Vorschrift überall nach den gleichen Maßstäben und Grundsätzen angewendet würde. Ein Ermessensspielraum für die Behörde bleibt immer. Der kluge Beamte wird sich bei seiner Entscheidung deshalb auf die für die Anwendung des § 131 der Reichsabgabenverordnung maßgebenden Gesichtspunkte zurückziehen und daher Maßstäbe anlegen, die weit über das hinausgehen, was der Gesetzgeber mit seiner Vorschrift wollte. Auch aus diesem Grunde sollte diese Vorschrift fallen.
Das alte Beförderungsteuergesetz, das erst am 31. Dezember 1967 außer Kraft trat, enthielt für Erlaßanträge ähnliche Kriterien. Der Nachweis, daß ein Unternehmer durch Zahlung der vollen Steuer in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät, war in der Regel nicht zu erbringen. Es blieb also bei der Zahlung der vollen Steuer. Die gleiche Wirkung tritt mit dem kommenden Beförderungsteuergesetz sicherlich auch ein, ohne den im Gesetzentwurf verankerten Straßenentlastungseffekt auszulösen. Wenn die Ermäßigungsmöglichkeit aus der Zielsetzung des Gesetzentwurfs also wirklich ernst gemeint ist, sollte sie auch nicht von Voraussetzungen abhängig gemacht werden, die kaum oder überhaupt nicht zum Tragen kommen.
Daher bitte ich Sie namens der Antragsteller, dem Ihnen auf Umdruck 541 vorliegenden Streichungsantrag zuzustimmen.
({0})
Zu dem gleichen § 7 liegt auf Umdruck 535 Ziffer 15 ein Änderungsantrag der FDP vor. Dazu Herr Dr. Imle.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Antrag, der soeben vom Herrn Kollegen Krammig begründet wurde, ist der weitergehende, so daß, wenn dieser Antrag angenommen würde, unser Antrag damit von selbst seine Erledigung fände. Gleichwohl möchte ich noch darauf hinweisen, daß die bis jetzt in Aussicht genommene Regelung der früheren Regelung der Beförderungsteuer entspricht, welche überhaupt nicht zum Tragen gekommen ist, da sie eben praktisch keine nennenswerte Bedeutung erlangt hat. Es ist auch zu berücksichtigen, daß die damals schon vorgesehene gutachtliche Stellungnahme der Industrie- und Handelskammern nicht zum Tragen kam, weil es den betroffenen Unternehmen des Werkfernverkehrs einfach nicht möglich war, nachzuweisen, daß sie bei Zahlung der vollen Steuer in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten waren oder geraten würden. Da aber der Werkfernverkehr in besonders großem Umfang Angebotslücken ausfüllen muß, sind wir der Meinung, daß man hier beides miteinander verzahnen muß.
Wenn also der erste Antrag, dessen Annahme wir gerne sähen, nicht angenommen werden sollte, bitten wir, über unseren Antrag, weil er der Regierung, dem Ministerium, etwas mehr entgegenkommt, dann noch gesondert abzustimmen.
Das Wort hat der Herr Parlamentarische Staatssekretär Leicht.
Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann mich auf die Ausführungen beziehen, die ich zu dieser Frage bereits in der zweiten Lesung gemacht habe. Ich möchte aber doch noch einmal mit allem Nachdruck darauf hinweisen, daß, wenn die Fassung angenommen würde, die vom Herrn Kollegen Krammig begründet worden ist, oder wenn die Fassung angenommen würde, die Herr Kollege Imle hier vorgetragen hat, wenn also das Wort „und" durch das Wort „oder" ersetzt würde, für die Finanzverwaltung die größten Schwierigkeiten entstünden und daß sie dieser Schwierigkeiten - das soll hier festgestellt werden - wahrscheinlich nicht Herr werden kann. Denn es ist selbstverständlich, daß der größte Teil der Werkfernverkehr betreibenden Unternehmer - und sicherlich subjektiv zu Recht - geltend machen würde, ihr Werkfernverkehr sei schon aus Kostengründen einfach nicht ersetzbar. Dann aber kommt der Ermessensspielraum der Finanzverwaltung zum Tragen, und die Flut der Anträge wird dann sicherlich nicht mehr zu bewältigen sein.
Noch ein Wort zu dem, was der Kollege Krammig gesagt hat. § 131 der Abgabenordnung setzt eine Existenzgefährdung voraus. Hier aber werden, wenn ich es richtig sehe, nur wirtschaftliche Schwierigkeiten verlangt, also etwas anderes als eine Existenzgefährdung. Wenn man das herausstreicht, rückt man den § 131 viel weiter weg. Die Fälle, die dann übrigbleiben, können niemals unter § 131 fallen. Für seine Anwendung besteht da keine Möglichkeit mehr. Ich bitte, das doch bei Ihrer Entscheidung zu überlegen.
Herr Dr. Imle würde Ihnen gerne noch eine Frage stellen. Gestatten Sie das? - Bitte, Herr Imle!
Herr Staatssekretär, halten Sie die Ausschaltung der Befürchtung, daß die Finanzverwaltung mit einer großen Zahl von Anträgen überflutet wird, deren Bearbeitung schwierig ist, für besser als eine Regelung, durch die der Wirtschaft Belastungen abgenommen werden und nach der sie nicht erst nachweisen muß, daß sie kurz vor dem Konkurs steht?
Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Ich habe bewußt nicht zu der verkehrspolitischen Frage Stellung genommen, Herr Kollege Imle, sondern nur zu den Schwierigkeiten, die wir sehen und die insbesondere unseren Bereich betreffen. Ich könnte mir aber vorstellen, daß die wirtschaftliche Belastung durch dieses Gesetz in einem gewissen Umfang gewollt ist.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Krammig.
({0})
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es fällt mir als einem ehemaligen Angehörigen der Finanzverwaltung etwas schwer, auf das, was Herr Staatssekretär Leicht gesagt hat, mit der notwendigen Ruhe zu antworten.
({0})
Ich muß Ihnen ganz offen sagen, wenn das Verkehrsministerium, das ja hinsichtlich des unersetzbaren Werkfernverkehrs nach meinem Dafürhalten die Federführung hat, diesen unersetzbaren Werkfernverkehr in einer genauen und umfassenden Liste unter Hinweis auf entsprechende Beispiele definiert, wird jeder Finanzbeamte mit einer solchen Sache fertig, und denjenigen, der nicht damit fertig wird, schickt man am besten nach Hause.
({1})
Meine Damen und Herren, wenn Sie aber darüber hinaus von einem Finanzbeamten verlangen, daß er nun noch prüfen soll, ob wirtschaftliche Schwierigkeiten entstehen und bis zu welchem Ausmaße diese entstanden sind, müssen Sie ein genaues Tableau geben, damit er überhaupt beurteilen kann, ob wirtschaftliche Schwierigkeiten vorliegen oder nicht. Auf was soll er denn seine Begründung abstellen? Nehmen Sie doch einmal einen Unternehmer, der aus den verschiedensten Gewerbezweigen ein bestimmtes Einkommen über Gewinne erzielt. Wollen Sie dann die Unkosten, die ihm im Werksfernverkehr entstehen, isoliert betrachten, oder wollen Sie sie zu den Einkünften aus den anderen Teilen seines Unternehmens in ein Verhältnis setzen? Wenn Sie das letztere tun, verfahren Sie nicht anders als nach den Maßstäben des Billigkeitserlasses nach § 131 der Abgabenordnung. Wenn Sie die Dinge aber isoliert sehen, kann der Unternehmer auch nachweisen, daß für ihn gewisse wirtschaftliche Schwierigkeiten entstehen.
Der Sinn der Sache ist es doch, daß wir den Werkfernverkehr treffen wollen, der ersetzbar ist. Wenn dieses Gesetz über die Besteuerung des Straßengüterverkehrs überhaupt einen Sinn haben soll, muß es doch letzten Endes nur diejenigen treffen, die der Bundesbahn und anderen öffentlichen Verkehrsträgern Beförderungsaufkommen vorenthalten und die ohne Not Beförderungen auf die öffentlichen Verkehrsunternehmen überleiten könnten. Tun sie das nicht, dann sollten sie dafür eine Gebühr bezahlen.
Meine Damen und Herren, wollen Sie denn - um nun einmal ein konkretes Beispiel zu bringen - folgendes? Die großen Mineralölgesellschaften in der Bundesrepublik haben bis in die kleinste Kreisstadt hinein Steuerlager, und von diesen Steuerlagern aus versorgen sie über Spediteure ihre Tankstellen, die an den Straßen unserer Städte und Dörfer gelegen sind. Die kleinen Mineralölgroßhändler, die sich einen solchen Verteilerapparat nicht leisten können, müssen zur Versorgung ihrer und gepachteter Tankstellen über die Nahverkehrszone hinausfahren. Sie belegen sie mit einer Werkfernverkehrsteuer, und die großen Mineralölgesellschaften bleiben frei. Das kann doch nicht der Sinn eines solchen
Gesetzes sein! Daher muß die wirtschaftliche Voraussetzung entfallen.
({2})
Das Wort hat der Herr Bundesminister für Verkehr.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dies ist ein Punkt, von dem abhängig ist, ob die Gesetzgebung im ganzen einen Sinn hat oder ob sie sinnlos wird. Ich möchte das hier mit aller Klarheit sagen, damit dem Hohen Hause, jedem einzelnen der Damen und Herren, bekannt ist, um welches Problem es sich hier handelt.
Wir haben in der Bundesrepublik 24 800 Fahrzeuge, die im gewerblichen Güterfernverkehr eingesetzt sind, die von dieser Maßnahme nicht betroffen werden. Wir haben aber mehr als 70 000 Fahrzeuge, die im Werkfernverkehr eingesetzt sind. Die Schwierigkeit, daß eine Flut, eine Vielzahl .von Anträgen aus diesem Bereich auf die Finanzbehörden zukommt, hat Herr Staatssekretär Leicht soeben schon dargestellt. Ich schließe mich dem voll an. Dies ist Gegenstand einer eingehenden Prüfung im Hinblick auf die verwaltungsmäßige Bezwingbarkeit des Vorgangs gewesen.
Mir kommt es aber auf etwas ganz anderes an, und das möchte ich dem Hohen Hause hier noch gern mitteilen. Wir haben große und kleine Werkverkehrsunternehmer. Der Inspektor im Finanzamt - nicht der Ministerialdirektor in Bonn! - steht dann vor der Frage, ob er dem Antrag nach eigenem Ermessen stattgeben soll oder nicht. Das bleibt zu einem großen Teil immer eine Ermessensfrage. Meine Damen und Herren, wie wollen Sie dem Inspektor eines Finanzamts, wenn die Farbwerke Hoechst oder die Bayer-Werke, Leverkusen, oder andere große Industrieunternehmen kommen und ihm schlüssig beweisen: Dies ist nicht ersetzbarer Werkverkehr!, eine feste Position vermitteln, so daß er nicht nachgibt? Da, wo er der Großindustrie Raum zugesteht, weil diese in der Lage ist, etwas abgerundet zu begründen, kommt dann der kleine Handwerksmeister mit demselben Anliegen. Dieser ist aber nicht in der Lage, das so darzutun und so abgerundet zu begründen. Dessen Antrag wird dann nicht entsprochen. Das ist auch eine Frage des Verhältnisses zwischen mittelständischen Unternehmen, die Werkfernverkehr betreiben, und der Großindustrie.
Meine Damen und Herren, es kommt auch darauf an, daß wir eine Differenz sehen, die ebenfalls beachtet werden muß, daß wir nämlich einen Unterschied machen zwischen dem gewerblichen Güterfernverkehr und dem Werkverkehr. Dort wird Verkehr als hauptwirtschaftliche Aufgabe betrieben, während beim Werkverkehr das Verkehrtreiben ein Nebenprodukt ist, das in die Unkostenrechnung eingeht. Ein Großunternehmen macht keine Bilanz für den Teil des Unternehmens, der sich auf Verkehr gründet, sondern alle Auslagen gehen eben in die Unkostenrechnung des Gesamtunternehmens ein.
({0})
Das Wort hat Herr Krammig.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Verehrter Herr Minister, wenn es die Zielsetzung dieses Gesetzentwurfs ist, daß der Werkfernverkehr besteuert werden soll, sollten Sie das auch sehr klar zum Ausdruck bringen. Da aber in dem Schriftlichen Bericht unseres Kollegen Porzner steht: „Die Besteuerung soll dazu führen, den Transport von Massengütern von der Straße auf die Bundesbahn zu verlagern", und damit nur der ersetzbare Werkfernverkehr getroffen werden soll - das ist die Meinung des Hauses, Herr Minister, die insoweit von Ihrer Auffassung abweicht -, muß dem Antrag stattgegeben werden, den ich gestellt habe.
Wenn wir das aber nicht wollen, müssen wir unseren Bericht und die Zielsetzung dieses Gesetzentwurfs entsprechend ändern, damit wir mit Ihrer Auffassung übereinstimmen.
({0})
Keine Wortmeldungen mehr? - Wir kommen zur Abstimmung, zunächst über den Antrag der Abgeordneten Dr. Schwörer, Krammig, Dr. Frerichs und Genossen auf Umdruck 541. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag ist abgelehnt.
Dann bekommt jetzt der Antrag der FDP auf Umdruck 535, Ziffer 15, einen Sinn: das Wort „und" durch das Wort „oder" zu ersetzen. Wer dem zustimmen will, gebe das Zeichen. - Danke! Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag ist abgelehnt.
Zu den weiteren Paragraphen des Gesetzentwurfs liegen keine Änderungsanträge mehr vor. Ehe wir zur Schlußabstimmung kommen, haben mehrere Mitglieder des Hauses um das Wort gebeten.
Zunächst hat Abgeordneter Müller-Hermann das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Beratungen in der zweiten und in der dritten Lesung haben deutlich erkennen lassen, daß es zahlreichen meiner politischen Freunde nicht leicht fällt, diesem Gesetz ihre Zustimmung zu geben. Wir als CDU/CSU-Bundestagsfraktion haben nie einen Zweifel daran gelassen, daß wir gegenüber dem System der Beförderungsteuer größte Vorbehalte anmelden. Wir wünschen im Bereich des Verkehrs einen echten Leistungswettbewerb auf der Basis gleicher Startbedingungen statt einer mehr oder weniger unorganischen Umlenkung der Güterströme
von einem Verkehrsträger auf den anderen. Aus dieser Sicht heraus hat die CDU/CSU-Bundestagsfraktion auch die Einführung einer Straßenbenutzungsgebühr vorgeschlagen, mit der der Schwerlastverkehr angemessen zur Deckung der Wegekosten herangezogen werden soll.
Das zur Verabschiedung kommende Beförderungsteuergesetz ist daher für die CDU/CSU lediglich ein zeitbedingter Behelf bis zur Einführung der Straßenbenutzungsgebühr. Die für die Straßenbenutzungsgebühr nötige Grundgesetzänderung wird nach einer Verabredung der Koalitionsfraktionen auf jeden Fall noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden. Die CDU/CSU hat besonderen Wert darauf gelegt, daß das Beförderungsteuergesetz auf äußerstenfalls zwei Jahre befristet ist. Sie möchte so bald wie möglich in Übereinstimmung mit der EWG-Konzeption die Änderung des Systems in Richtung auf eine Straßenbenutzungsgebühr.
Die CDU/CSU hofft, daß die beim Bundesverkehrsminister in Gang befindlichen Untersuchungen über die wettbewerbsneutrale Anlastung der Wegekosten schnellstens zum Abschluß gebracht werden. Wir hoffen, Herr Bundesminister für Verkehr, daß das Parlament vor allen anderen Instanzen über das Ergebnis der Untersuchungen unterrichtet wird.
Meine Damen und Herren, einen Umlenkungseffekt erwartet die CDU/CSU durch die Beförderungsteuer nur in einem sehr begrenzten Umfange. Die Umleitung von Verkehr auf die Schiene wird entscheidend und wesentlich davon abhängen, inwieweit die Deutsche Bundesbahn ihr Leistungsangebot entsprechend den Bedürfnissen der Wirtschaft weiter verbessern kann.
({0})
So erwarten wir auch ein vergrößertes Verkehrsaufkommen bei der Bundesbahn noch am ehesten über die Verwendung der 250 Millionen DM, die aus dem Beförderungsteueraufkommen abgeleitet werden sollen, um den kombinierten Verkehr zu fördern. Wir hoffen nur, daß wirklich eine ökonomisch sinnvolle Verwendung dieser Mittel sichergestellt wird.
Wie sich schon aus den Beratungen in den Ausschüssen auch hier im Plenum ableiten läßt, richten sich unsere Bedenken gegen dieses System der Beförderungsteuer einmal gegen den wahrscheinlich relativ großen Verwaltungsaufwand, den die praktische Handhabung der Steuer nötig machen wird. Wir haben natürlich auch aus steuer-systematischen Erwägungen Bedenken.
Was uns aber, meine Damen und Herren, am meisten Kummer macht, ist, daß die im System selbst begründete Ungleichbehandlung von Güternah- und Güterfernverkehr zwangsläufig die revierfernen und die wirtschaftlich schwachen Gebiete besonders benachteiligt. Damit steht dieses Gesetz im Grunde auch im Widerspruch zu den raumordnungspolitischen Vorstellungen aller Fraktionen dieses Hohen Hauses und nicht zuletzt des Herrn Bundeswirtschaftsministers, der sich dieses Gesetzes leider sehr wenig angenommen hat.
({1})
Meine Damen und Herren, um die gröbsten Schäden aus der systembedingten Ungleichbehandlung zu vermeiden, haben wir uns gezwungen gesehen, auf eine Reihe von Ausnahmebestimmungen zu dringen. Sie betreffen sektoral in erster Linie die Agrargüter und Holz, wobei wir es - das muß ich hier feststellen - sehr bedauern, daß es nicht möglich gewesen ist, den Ausnahmekatalog dieses Gesetzes mit dem Ausnahmekatalog des Absicherungsgesetzes, das wir zur Zeit im Parlament beraten, in Einklang zu bringen.
Bei den regionalen Ausnahmen haben wir gewiß keine ideale Lösung gefunden, aber vielleicht doch eine, die wir gerade noch gemeinsam vertreten können. Im Gesetz selbst ist eine Ermäßigung der Steuer für den Berlinverkehr, das Zonenrandgebiet und die Frachthilfegebiete festgelegt worden. Der Bundesfinanzminister ist im Einvernehmen mit dem Bundesverkehrsminister ermächtigt, auch für andere Regionen Ausnahmen vorzusehen.
Meine Damen und Herren, diese Regelung soll über den Bundesrat im Einvernehmen mit den Länderregierungen erfolgen. Ich halte es auch für sehr gut, daß die Verantwortlichkeit der Länderregierungen für diese Ausnahmeregelung festgehalten wird; denn die Herren in den Landesregierungen werden wahrscheinlich besser als wir im Parlament übersehen können, wo solche Ausnahmen zweckmäßig und notwendig sind, ohne daß einheitliche Wirtschaftsräume willkürlich zerrissen werden. Wir erwarten nur, sehr verehrter Herr Bundesverkehrsminister und Herr Bundesfinanzminister, daß die Regelung der Ausnahmen so erfolgt, daß die Wirtschaft in den betroffenen Gebieten keinen Schaden erleidet.
Die CDU/CSU wird anstreben - das sage ich auf Grund der inzwischen gesammelten Erfahrungen; Herr Kollege Börner sieht mich auch sehr charmant an -, bei der Einführung einer Straßenbenutzungsgebühr Ausnahmen von vornherein zu vermeiden oder zumindest auf ein Minimum zu beschränken.
({2})
- Ja, meine sehr verehrten Damen und Herren bei der SPD-Fraktion, das wird auch sehr viel leichter als bei diesem Verfahren möglich sein, weil systembedingt Nah- und Fernverkehr gleichbehandelt werden, während das hier nicht der Fall ist.
Die Verabschiedung dieses Beförderungsteuergesetzes ist nur ein Teilstück der in der Koalition verabredeten Maßnahme. Wir drängen natürlich ganz stark darauf, daß wir in diesem Hause schnellstens auch über die Maßnahmen abschließend beraten und entscheiden, die bei der Bundesbahn selbst oder für die Bundesbahn ergriffen werden müssen, um den dringend notwendigen Gesundungsprozeß bei der Bundesbahn voranzutreiben. Wir werden uns Mühe geben, daß dieses Thema noch vor der Weihnachtspause im Parlament behandelt wird. Bei der Verabschiedung dieses Gesetzes darf kein Zweifel darüber bestehen, daß das wichtigste verkehrspolitische Ziel, das wir mit unseren gesetzgeberischen Maßnahmen im Auge haben, die Sanierung der Bundesbahn ist. Wir können diesen Gesetzentwurf, den
wir jetzt verabschieden, noch am ehesten vertreten, wenn wir ihn als ein Stück der Abschirmung für den Sanierungsprozeß bei der Bundesbahn betrachten, der von der Bundesbahn und uns gemeinsam im Laufe eines überschaubaren, aber möglichst kurz gehaltenen Zeitraums zu einem, wie ich hoffe, guten Ende geführt werden wird.
({3})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Seifriz.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir zunächst wenige Vorbemerkungen zu der Schlußerklärung, die Herr Kollege Dr. Müller-Hermann hier abgegeben hat. Er hat einiges von dem wiederholt, was schon in erster Lesung hier gesagt wurde, und ich kann es mir daher ersparen, zu wiederholen, was wir seinerzeit auf diese Argumente schon erwidert haben.
Ich möchte nur hinzufügen, die Maßnahmen, die der Leber-Plan beabsichtigt und die zu einem guten Teil schon angelaufen sind - daran sollte man vielleicht gelegentlich erinnern, wenn man z. B. an die Bundesbahn denkt, nicht nur, meine Damen und Herren, an die „Rosa Zeiten" -, sollen im Effekt den Leistungswettbewerb der deutschen Verkehrswirtschaft wieder möglich machen.
({0})
Das ist die Zielsetzung des Verkehrspolitischen Programms, für optimale Leistungen aller Verkehrsträger zu sorgen. Wenn wir für eine Übergangszeit, und zwar so lange, wie die EWG uns noch eine nationale Verkehrspolitik in Vorbereitung auf eine europäische Verkehrspolitik gestattet, Maßnahmen ergreifen, die den einen oder anderen Verkehrsträger stärker betreffen, z. B. durch die Verlagerung von Gütern von der Straße auf die Schiene, dann geschieht das, um vernünftige, volkswirtschaftlich verantwortbare Relationen in der deutschen Verkehrswirtschaft wiederherzustellen.
({1})
Es soll an dieser Stelle auch nicht verschwiegen werden, daß die Misere der deutschen Verkehrswirtschaft doch wohl nicht zuletzt mit einer Verkehrspolitik zusammenhägt, von der wir hoffen, daß sie in unserem Lande endgültig überwunden ist.
Herr Dr. Müller-Hermann hat auf die großen Vorzüge der Wegekostenabgabe hingewiesen. Ich hoffe, es werden eines Tages alle Verkehrsträger diese Auffassung teilen. In der Beurteilung des Segens einer Wegekostenabgabe sehen wir keine Unterschiede. Daß aber für diese Übergangszeit bewußt eine Unterscheidung, auch eine steuerliche Unterscheidung zwischen Nahverkehr und Fernverkehr getroffen wird, hängt mit der Lenkungsfunktion der Steuer zusammen. Wenn man Güter mit dieser Steuer von der Straße auf die Schiene verlagern will, kann man es nur dort tun, wo über lange Strecken ein Transport der Güter auf der Schiene sinnvoll ist. Niemand wird behaupten können, daß diese Begründung auf den Nahverkehr zutrifft. Ich meine also, solange wir die Beförderungsteuer zu Recht erheben, um sehr rasch einen bestimmten Lenkungseffekt bis zur Einführung der Wegekostenabgabe zu erzielen, ist diese Unterscheidung richtig. Dann ist es auch richtig, den Nahverkehr nicht in gleicher Weise zu belasten.
Meine Damen und Herren, die sozialdemokratische Bundestagsfraktion begrüßt es, daß mit der Verabschiedung des Gesetzes über die Besteuerung des Straßengüterverkehrs ein wesentlicher Teil des Verkehrspolitischen Programms der Bundesregierung in Kraft treten kann. Es ist nicht unbekannt geblieben, daß es auch nach der zweiten Lesung des Gesetzes einen erneuten Großangriff der Lobby auf die Beförderungsteuer gegeben hat, der erst in letzter Minute durch eine Verständigung in der Koalition abgewehrt werden konnte.
Die dem Bundesfinanzminister zu gebende Ermächtigung, im Einvernehmen mit dem Bundesverkehrsminister unter Anlegung sehr strenger Maßstäbe über den Bereich der Zonengrenz- und Frachthilfegebiete hinaus bestimmte Teile des Bundesgebietes in die Steuerermäßigung einzubeziehen, wird ein Ausufern der Ausnahmen verhindern, damit den Verkehrslenkungseffekt des Gesetzes sichern und zusammen mit § 7 Härtefälle vermeiden helfen.
Insgesamt kann und wird es nur sehr begrenzte Ausnahmen geben, weil z. B. immer der Nachweis erbracht sein muß, daß die vorgesehenen Transporte auf der Schiene nicht volkswirtschaftlich und einzelwirtschaftlich sinnvoll durchgeführt werden können. Die Beförderungsteuer soll zusammen mit der Förderung des kombinierten Gleisanschlußverkehrs sowie vielen attraktiven Maßnahmen der Bundesbahn in Ausführung des Leber-Plans von den belasteten Straßen auf die aufnahmefähigen Schienenwege alle Güter um- und zurücklenken, die vernünftigerweise dorthin gehören. Dieser Gesichtspunkt kam und kommt in vielen Eingaben, die uns erreicht haben, zu kurz. Die Koalition hat sich mit der Ministerermächtigung in § 6 einen schon vor geraumer Zeit von den Sozialdemokraten gemachten Vorschlag zu eigen gemacht und damit erneut bewiesen, daß sie zwar nicht leichtfertig über Gruppeninteressen hinwegsieht, aber letztendlich doch in der Lage ist, das Gemeinwohl über partielle Interessen zu stellen. Ich halte das für einen Erfolg, meine Damen und Herren.
({2})
Gestatten Sie mir gerade auch deshalb, an dieser Stelle ein Wort zu manchen Interessenverbänden und Gruppen zu sagen. Selten haben die Abgeordneten des Deutschen Bundestages so viele Telegramme, Fernschreiben und Briefe bis hin zu Verleumdungen zu verzeichnen gehabt wie in Sachen Beförderungsteuer. Viele Millionen Mark sind für Anzeigen und andere Werbekampagnen ausgegeben worden. Gelegentlich konnte man den Eindruck haben, als glaubte man, den einen oder anderen Abgeordneten mit Pressionen beeinflussen zu können. Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, Interessenverbände sind in einer modernen Demokratie gut und nützlich, wenn sie legitime Anliegen auf eine der Demokratie bekömmliche Art und Weise vertreten. Wenn aber
diese Grenze überschritten wird, dann muß dieses Parlament, wenn es Selbstachtung hat, ein Zeichen setzen, das deutlich macht, daß hier nicht die Lobby entscheidet - auch nicht in den Fraktionen -, sondern der Deutsche Bundestag.
({3})
Die in dem Gesetz über die Besteuerung des Straßengüterverkehrs vorgesehenen Befreiungen und Vergünstigungen erstrecken sich im wesentlichen auf solche Transportleistungen, die nach dem Beförderungsteuergesetz von 1955 dem ermäßigten Steuersatz von 1 Pf pro Tonnenkilometer unterlagen. Die offenen Fragen und die vielen Änderungswünsche von Interessenten sind in den Koalitionsgesprächen und in der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion sorgfältig beraten worden. Die in dem vorliegenden Gesetz verankerten Vergünstigungen und Befreiungen sind so ausgewählt worden, daß die Zielsetzung des Verkehrspolitischen Programms nicht gefährdet wird.
Dieses Gesetz hat Übergangscharakter und soll von einer Wegekostenabgabe abgelöst werden. Die Umwandlung in eine Wegekostenabgabe würde auch einer alten sozialdemokratischen Forderung entsprechen. Bereits in dem Aktionsprogramm der SPD von 1952 und von 1954 wird gefordert, daß der Karftverkehr die auf ihn entfallenden Straßenaufwendungen durch spezifische Steuerleistungen selbst decken soll und daß die Höhe dieser Aufwendungen endlich ermittelt werden muß.
Auf verkehrspolitischen Tagungen meiner Partei ist die Lösung dieses Problems immer wieder als besonders dringlich bezeichnet worden. Die künftige Wegekostenabgabe muß freilich EWG-konform sein. Wir sind aus diesem Grunde sehr dankbar für eine Information, die wir auch im Verkehrsausschuß dieses Hohen Hauses erhalten haben, wonach die Untersuchung im Bundesverkehrsministerium engem Zusammenwirken mit der EWG-Kommission und den zuständigen Fachberatern durchgeführt wird, so daß sichergestellt wird, daß wir von Anfang an in der Bundesrepublik zu einer Lösung kommen, die mit der Lösung übereinstimmt, die wir in der gesamten EWG erreichen wollen. Bei der Berechnung dieser Wegekostenabgabe werden sicherlich die Achslast oder Nutzlast sowie die Fahrleistung den Ausschlag geben. Ausnahmeregelungen und differenzierte Steuersätze wie heute im Beförderungsteuergesetz sind dann kaum noch möglich; Herr Dr. Müller-Hermann hat darauf ja schon hingewiesen.
Das sei insbesondere an die Adresse des gewerblichen Güterfernverkehrs und von Interessengemeinschaften gesagt, die hohe Summen für Aktionen gegen das Verkehrspolitische Programm aufgebracht haben. In der Bekämpfung des Steuergesetzes waren sich der gewerbliche Güterfernverkehr und der Werkfernverkehr einig. Allerdings wurde von diesen Kritikern gelegentlich übersehen, daß der gewerbliche Straßengüterverkehr durch Gesetze in der Zulassung zum Markt geschützt ist, daß seine Beförderungspreise von Staat gesichert werden, daß es der gewerbliche Güterfernverkehr war, der immer wieder die Besteuerung des Werkfernverkehrs gefordert hat, daß jedoch das Bundesverfassungsgericht gegen die alleinige Besteuerung des Werkfernverkehrs Einwände erhoben hat und daß daher die Besteuerung des gewerblichen Güterfernverkehrs auch verfassungsrechtlich den weitaus höheren Steuersatz für den Werkfernverkehr rechtlich sichert, daß die höhere Besteuerung des Werkfernverkehrs letztlich auch die Existenz des Güterfernverkehrs festigt, und schließlich, daß Lastkraftwagen mit einer Nutzlast von weniger als 4 t steuerfrei bleiben.
Steuerfrei bleibt auch die Beförderung von Gütern im kombinierten Verkehr. Wenn also Güter auf einem Teil der Strecke mit der Eisenbahn oder mit einem Binnenschiff im Güterfernverkerhr oder Werkfernverkehr im Huckepackverkehr oder im Containerverkehr befördert werden, braucht der Unternehmer keine Steuern zu zahlen. Die Deutsche Bundesbahn hat bereits große Anstrengungen unternommen, um den kombinierten Verkehr auszubauen. Für diese marktkonforme Umlenkung des Transportgutes von der Straße auf die Schiene wird der Bund einen Fonds errichten, aus dem jährlich 250 Millionen DM zur Förderung des kombinierten Verkehrs und des Gleisanschlußverkehrs fließen. Der Fonds wird von den Steuereinnahmen aus dem Gesetz über die Besteuerung des Straßengüterverkehrs bedient. Auf diese Weise wird gleichzeitig das Straßennetz entlastet und der Eisenbahn zusätzliches Transportgut zugeführt. Durch die Gründung der Gesellschaft für den kombinierten Verkehr zeichnet sich bereits eine enge Zusammenarbeit zwischen Schiene und Straße ab.
Ein weiteres wichtiges Instrument zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse auf unseren Straßen wird die Verordnungsermächtigung für den Bundesminister für Verkehr sein, Verkehrsbeschränkungen für bestimmte Gebiete und für bestimmte Zeiten zu erlassen, sobald es die Verkehrssituation erfordert. Meine Damen und Herren und Herr Bundesverkehrsminister, ich hoffe, daß namentlich von dieser Bestimmung auch im Interesse der vielen Millionen Urlauber im kommenden Sommer Gebrauch gemacht wird, die endlich einmal unsere Bundesfernstraßen auch als Schnellstraßen benutzen möchten.
Diese Maßnahmen insgesamt, meine Damen und Herren, werden eine wirksame Entlastung unseres Straßennetzes bringen, die Verkehrssicherheit erhöhen und letztlich auch nachhaltig die Wirtschaftlichkeit der Deutschen Bundesbahn verbessern. Sie sind insofern, das lassen Sie mich noch anmerken, ein guter, ein vollwertiger Ersatz für das ursprünglich vorgesehene Verbot der Beförderung bestimmter Massengüter im Fernverkehr auf unseren Straßen.
Ich glaube, daß an dieser Stelle ein Wort der Anerkennung für die Leistungen der Deutschen Bundesbahn notwendig ist, die in den letzten Monaten bereits erbracht wurden.
({4})
Die Deutsche Bundesbahn hat sich bereits seit langer
Zeit auf die Zielsetzung des Verkehrspolitischen ProSeifriz
gramms der Bundesregierung eingestellt. Ich erinnere hier an die Verkürzung der Reisezeiten, an die Beschleunigung des Gütertransports und an die Container-Bahnhöfe, die vorzeitig abgeschlossene Elektrifizierung der wichtigsten Hauptstrecken, die Verbesserung des Leistungsangebots auf der Schiene und die Rationalisierungsmaßnahmen des Unternehmens mit dem Ziel der Aufwandminderung.
Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion wird bemüht sein, auch die gesetzlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß die Deutsche Bundesbahn diesen Weg auf der Grundlage des Verkehrspolitischen Programms zu einem modernen und wirtschaftlich gesunden Unternehmen weitergehen kann. Daher legt sie Wert darauf, daß den Bediensteten der Bahn keine unzumutbaren Opfer auferlegt werden.
({5})
Insbesondere kann man von ihnen nicht ständig einseitige Vorleistungen erwarten. Auch aus diesem Grunde ist die Verabschiedung des Beförderungsteuergesetzes notwendig. Denn damit wird sichergestellt, daß das Verkehrspolitische Programm mit seinen Maßnahmen für alle klassischen Verkehrsträger nunmehr starten kann.
({6})
Das Wort hat Herr Dr. Imle.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst eine Vorbemerkung! Herr Kollege Seifriz, Sie haben hier erklärt, daß der Druck der Lobby zwischen der zweiten und dritten Lesung bis zum Schluß wieder außerordentlich stark gewesen sei. Ich kann Ihnen nur meine Verwunderung darüber zum Ausdruck bringen, daß sich zwei so starke Fraktionen unter Druck setzen lassen, um dann nachher zu Änderungsanträgen zu kommen.
({0})
Ich meine, es spricht doch Bände, wenn hier so etwas gesagt werden muß.
Dann ein Weiteres! Herr Kollege Seifriz, hier geht es nicht um Interessenten, sondern um Betroffene.
({1})
Man kann doch wohl denen nicht verwehren, die Gründe vorzutragen, die gegen solche beabsichtigte gesetzliche Bestimmungen sprechen.
({2})
Darum dreht es sich doch und um nichts anderes. Es ist mir genauso ergangen, Herr Kollege Seifriz, wie Ihnen. Ein solches Paket habe ich da liegen, und das werde ich heute abend noch aussortieren, wenn das hier vom Tisch ist, und werde alles das ins Archiv der Bundespartei überweisen. So liegen die Dinge. Aber vorher muß man das lesen und muß sich damit auseinandersetzen.
Nun möchte ich etwas auf die Entstehung des Gesetzes eingehen. Ich erinnere an die Zeit im September vorigen Jahres. Mit welcher Euphorie wurde alles dieses hier in die Welt gesetzt! Welcher Torso ist heute zurückgeblieben, und auch der ist schon geborsten! Da kann ich mich nur fragen: was soll das alles noch? Aus dem Leber-Plan ist ein HermannLeber-Gesetz geworden. Ich meine, das sind Dinge, die nicht mehr alle zusammenpassen.
Es ist einmal gesagt worden, ein wesentlicher Eckpfeiler dieses Gesetzeswerks sei das Beförderungsverbot. Wo ist es geblieben? Weg! An diesem Gesetz ist in den letzten Wochen dauernd herumgedoktert worden. Das muß doch einmal gesagt werden.
({3})
Das ging sogar so weit, daß alle acht Tage neue Anträge vorgelegt wurden, die einander widersprachen. Die letzten sich widersprechenden Anträge sind heute wieder einmal akzeptiert worden. Wie soll man denn das überhaupt noch verkraften und für richtig halten können?
({4})
- Herr Fellermaier, Sie kriegen gleich noch Ihr Fett.
({5})
Natürlich, wir haben in der ersten Lesung bereits erklärt, daß wir dieses Gesetz ablehnen, und das werden wir auch heute tun; ich werde es nachher noch entsprechend darlegen.
Aber wie weit das gegangen ist, wie die Dinge auch im Ausschuß vom Tisch gewischt werden sollten, ergab sich eines Tages, als die Koalition sich in ihrer Vorlage wieder einmal einig war; wir kriegten das - das soll man alles gleich entscheiden können - morgens um 9 Uhr auf den Tisch gelegt, und als wir dann anfingen zu diskutieren, meinte ein Abgeordneter der Koalition, das sei doch alles im Koalitionsausschuß beschlossen, darüber brauche man doch nicht mehr zu diskutieren.
({6})
Dann lassen Sie uns das Parlament auflösen und den Koalitionsausschuß einsetzen. So geht es nicht.
Nun zu der Frage, ob das Ziel damit erreicht wird. Wir stimmen Herrn Kollegen Müller-Hermann - jetzt müssen wir natürlich hier mal ein paar Bundesgenossen suchen - völlig zu, daß das Problem der Verlagerung von Gütern auf die Bundesbahn wohl kaum gelöst wird. Und was die Belastungen der Straßen angeht: das stand ja ursprünglich einmal unter der Rubrik „Gesetz für Straßenentlastung und Sicherheit". Das wird hiermit keineswegs erreicht.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Dr. Imle? Herr Könen möchte eine Frage stellen.
Herr Dr. Imle, haben Sie ein so kurzes Gedächtnis, daß Ihre Bemerkung über den Koalitionsausschuß und über dieses „Das braucht man nicht mehr zu beraten" da aufhört, wo die neue Regierung gebildet wurde?
({0})
Herr Kollege Könen, Sie haben mich wahrscheinlich nicht ganz richtig verstanden!
({0})
Ich muß das daher jetzt noch einmal in aller Deutlichkeit sagen. Daß Koalitionsabsprachen stattfinden, ist völlig klar. Ich habe mich nur dagegen verwahrt, daß man dann im zuständigen Ausschuß auch noch sagt: Wir haben das bereits im Koalitionsausschuß beschlossen, und deswegen brauchen wir hier nicht mehr zu diskutieren. - Das ist ein ganz neuer Stil!
({1})
Sie werden früher nie erlebt haben, daß das gesagt worden ist.
({2})
- Na ja, daß Sie als jetzt Betroffene sich dagegen wehren, ist klar; das täte ich auch, auch wenn es nicht zuträfe.
Fest steht jedenfalls, daß die Entlastung der Straßen, die mit diesem Gesetz beabsichtigt war oder herbeigeführt werden soll, nicht erreicht wird. Und wir können ja auch mit Befriedigung feststellen, und es ist etwas Gutes, daß die beiden Entlastungsautobahnen Bad Hersfeld - Würzburg und die jetzt eröffnete Autobahn von Münster nach Bremen bereits erheblich zu einer Entlastung auf den Parallelautobahnen geführt haben. Und ich meine, diese Entlastung werden wir in Zukunft noch weiter haben, wenn die Dortmund - Frankfurter Autobahn ebenfalls fortgeführt wird.
Was wir allerdings für etwas makaber gehalten haben, das war die Tatsache, daß man im Zusammenhang mit diesem Gesetz die 17 000 Verkehrstoten angeführt hat. So bitter das ist - aber das nachher dem Schwerverkehr und dem Lastverkehr anzulasten, das ist einfach nicht richtig.
({3})
Denn Unfälle mit Todesfolge waren bei den Lkw nur 5,6 % der Unfälle und bei den schweren Lkw nur 1,2 %. Damit kann man, meine ich, jedenfalls nicht begründen, daß weitere Belastungen kommen müßten.
Und nun eine Bemerkung zu den Wegekosten. Wir haben heute morgen im Verkehrsausschuß dem zugestimmt, daß im Grundgesetz die Voraussetzung dafür geschaffen wird, daß eine Straßenbenutzungsgebühr eingeführt werden kann. Dagegen ist nichts zu sagen. Aber darüber werden wir uns doch wohl klar sein, daß wir nachher genau prüfen müssen, wie später das Gesetz selber aussieht und wie dann die Belastungen verteilt werden.
({4})
- Eben, wenn die Ausnahmen bis dahin nicht von Ihnen kommen.
({5})
- Na, wir wollen mal abwarten. Man soll ja nicht immer so für die Zukunft „nein, nein" sagen. Denn es dürfte doch wohl Einmütigkeit darüber bestehen, daß bei uns nicht eine höhere Belastung herauskommen sollte, als wir sie in unseren Nachbarländern Frankreich, Belgien oder Holland haben. Denn lediglich uns aus bestimmten Gründen höher zu belasten würde uns im EWG-Bereich benachteiligen.
({6})
Nun noch ein Weiteres. Ich stimme Herrn Müller-Hermann völlig zu, daß es nicht gut ist, die Beförderungsteuer, die wir jetzt gerade mit der Mehrwertsteuer haben in Wegfall kommen lassen, jetzt wieder einzuführen. Und man sollte das lediglich wegen zweier Jahre - man rechnet, bis dahin etwas anderes zu haben - nicht tun. Was einen nun aber vollends verwundern kann, ist die Tatsache, daß die Einwendungen der EWG-Kommission, die ja ganz erheblich sind und die dieses Gesetz in zahlreichen Bestimmungen für unvereinbar mit dem EWG-Vertrag erklärt haben, einfach vom Tisch gewischt worden sind. Das kann man aber auch nicht damit abtun, daß vielleicht ein anderer EWG-Partner in manchen anderen Dingen auch nicht EWG-treu sei. Wenn der eine in den Teich springt, springen wir ja schließlich auch nicht hinterher. So einfach kann man es sich nicht machen.
Ein Weiteres: Nachdem dieses Gesetz in seinen Grundsätzen geändert worden ist, wäre es notwendig gewesen, noch einmal zu prüfen, ob dieses Gesetz überhaupt noch mit der Verfassung in Einklang zu bringen ist. Insgesamt erwartet man 370 Millionen DM, aber nur 250 Millionen DM davon sollen einem bestimmten Zweck zugeführt werden. Die anderen 120 Millionen DM sollen wohl in die allgemeine Kasse fließen. Ich darf hier Herrn Professor Friauf aus Köln zitieren, der zur Frage der Verfassungsmäßigkeit dieses Gesetzes folgendes gesagt hat:
Eine Geldzahlungsverpflichtung, die vom Gesetzgeber als reines Ordnungsinstrument ohne jede finanzpolitische Zielsetzung auferlegt wird und prononciert nicht als Einnahmequelle dienen soll, erfüllt nicht die verfassungsmäßigen Voraussetzungen des Steuerbegriffs unter dem Grundgesetz. Sie ist daher als Steuer nicht zulässig.
Man hat einen Ausweg gesucht, indem man hier 250 Millionen DM als Zwecksteuer eingesetzt hat. Aber damit wird die Steuer insgesamt nicht verfassungsmäßig.
Ich möchte zudem noch auf folgendes hinweisen. Frühere Verfassungsgerichtsurteile lassen darauf schließen, daß die unterschiedliche Behandlung von Güterfernverkehr und Werkfernverkehr, wenn die Frage jetzt vor das Verfassungsgericht kommt, nicht mehr als verfassungsmäßig anerkannt wird.
Wie wird sich das Gesetz auswirken? Machen wir uns nichts vor! Was die Bundesbahn transportieren soll, soll ihr auch zukommen. Aber die Wirtschaft läßt sich nicht allein durch einen solchen Wunsch regieren; sie wird den Weg gehen, der für sie am
zweckmäßigsten und am schnellsten ist. Da es eine ganze Reihe von Gütern gibt, die nur mit dem Lkw transportiert werden können, wird man eine Preiserhöhung in Kauf nehmen. Die Preiserhöhung wird auch deshalb notwendig sein, weil z. B. beim Güterfernverkehr die bisherigen Tarife nicht ausreichen werden, um die Steuererhöhungen mit aufzufangen. Da kann ich nur sagen, es ist doch recht seltsam, daß man sich hier sonst über Preiserhöhungen, die vorgenommen werden, weil die Kosten nicht mehr getragen werden können, aufregt, daß aber niemand etwas sagt, wenn die Kostenerhöhungen gewissermaßen von Staats wegen diktiert werden. Da ist das seltsamerweise alles unbedenklicher.
Das Problem des Tarifwesens sollte sowieso sehr eingehend überdacht werden. Wir weisen noch einmal auf unseren Antrag auf Einrichtung einer Bundesanstalt für Tarif- und Transportwesen hin, von der alle Verkehrsträger, auch die Bundesbahn, erfaßt werden sollten, damit das Tarifwesen endlich einmal in Ordnung gebracht wird.
Insgesamt gesehen wird zwar nach den Berechnungen - vielleicht sind sie zu optimistisch - die Besteuerung des gewerblichen Güterfernverkehrs und des Werkfernverkehrs 370 Millionen DM erbringen, aber zu einer erheblichen Verbesserung der finanziellen Situation der Bundesbahn wird das nicht beitragen; denn bei dem horrenden Zuschuß, den die Bundesbahn nun einmal braucht - darüber brauchen wir uns nicht zu streiten -, kann man das mit 370 Millionen DM, auch wenn damit zum Teil der kombinierte Verkehr ausgebaut werden soll, nicht in Ordnung bringen. Wir meinen, das wäre ein untauglicher Versuch - aber, Kollege Fellermaier, an einem tauglichen Objekt.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Bitte!
Herr Kollege Imle, glauben Sie nicht auch, daß die 250 Millionen DM jährlich, die vom Bundesverkehrsminister im kombinierten Verkehr eingesetzt werden sollen, ein volkswirtschaftliches Optimum dafür bringen, Schiene und Straße zusammenzuführen und damit den Auslastungsgrad der Bundesbahn wesentlich zu erhöhen?
Herr Abgeordneter Fellermaier, ich will Ihnen das nicht völlig bestreiten. Ich bin aber der Meinung, daß man hier nicht für zwei Jahre ein Gesetz machen sollte, um sich auf diese Art und Weise die Pfennige zu besorgen, sondern daß man das dann auf andere Weise hätte tun müssen.
Lassen Sie mich aber meinen Schlußsatz sagen, meine Damen und Herren. Wir von der FDP werden dieses Gesetz ablehnen und sind der Meinung: In die Wolfsschlucht mit einer solchen Mißgeburt von Gesetz!
({0})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Schwörer.
({0})
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der letzten Sitzung, in der über das Beförderungsteuergesetz gesprochen wurde, wurde der Antrag gestellt, dieses Gesetz an den für Verfassungsfragen zuständigen Rechtsausschuß zurückzuverweisen, um die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes zu prüfen. Dieser Antrag ist abgelehnt worden. Es ist also die Prüfung der Verfassungskonformität des Gesetzes in diesem Hohen Hause nicht erfolgt.
Die Sonderbelastung des Werkfernverkehrs war schon einmal Gegenstand eines Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht. Damals wurde festgestellt - und es liegt heute wieder so -, daß diese Sonderbelastung mit einer Reihe von rechtsstaatlichen Prinzipien, u. a. dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit, dem Übermaßverbot und dem Grundsatz, -die Eingriffe in die Freiheitssphäre des Bürgers meßbar und berechenbar zu machen, in Widerspruch steht. Das kann hier an einzelnen Punkten aufgezeigt werden.
.Zunächst einmal habe ich erhebliche Bedenken hinsichtlich des Prinzips der Verhältnismäßigkeit. Das ergibt sich aus den Relationen zwischen dem Volumen des von der Besteuerung betroffenen Werkfernverkehrs und dem der übrigen Verkehrsträger. Die Beförderungsleistung des Werkfernverkehrs betrug 1967 weniger als 5 % des gesamten Verkehrsaufkommens der Bundesrepublik Deutschland, verglichen mit 38,8 % der Deutschen Bundesbahn, 32,9 % der Binnenschiffahrt und 7,2 % der Pipelines. Ich glaube, daß die Vorlage, wie wir sie heute vor uns haben, schwerste wirtschaftliche Schäden für die betroffenen Unternehmungen in Kauf nimmt, um damit eine Verschiebung der Beförderungsleistung zu Lasten des Werkfernverkehrs zu erreichen und zu erzwingen, der angesichts des Volumens der übrigen Verkehrsträger mengenmäßig kaum ins Gewicht fallen kann. Damit erscheint mir der rechtsstaatliche Gesichtspunkt verletzt, daß Art und Schwere eines Eigriffs in einem angemessenen Verhältnis zu dem angestrebten Erfolg stehen müssen. Dieser Grundsatz besitzt nach zahlreichen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts um so größeres Gewicht, je tiefer diese Maßnahme in die Belange des Betroffenen eingreift.
Diese Problematik des Übermaßverbots muß deshalb besonders schwerwiegend erscheinen, weil nicht erkennbar ist, daß der harten Belastung der betroffenen Unternehmungen ein gleichgewichtiger Vorteil für das Gemeinwohl gegenübersteht. Darauf hat das Bundesverfassungsgericht bereits in dem früheren Werkfernverkehrsurteil hingewiesen. Es ist damals nur deshalb nicht zum Ausspruch der Verfassungswidrigkeit gelangt, weil die Steuer erst relativ kurz eingeführt war und aus diesem Grunde ihre Auswirkungen noch nicht voll zu übersehen waren. Inzwischen liegt das Zahlenmaterial für einen ausreichenden Zeitraum vor, und es zeigt
eindeutig, daß der besonderen Belastung des Werkfernverkehrs kein korrespondierender Nutzen für das Gemeinwohl gegenüberstand. Ich bin der Meinung, bei der neuen Steuer kann es nicht anders sein.
Rechtsstaatlich erscheint mir auch noch besonders bedenklich, daß der Staat hier im Übermaß sein eigenes Unternehmen, die Deutsche Bundesbahn, vor ihren Konkurrenten schützen will. Die Tatsache, daß ein wirtschaftliches Unternehmen wie die Eisenbahn bei uns im Gegensatz zu anderen Ländern als Staatsbetrieb geführt wird, rechtfertigt es meiner Ansicht nach nicht, die hoheitlichen Machtmittel in beliebiger Weise einzusetzen, um die Konkurrenz fernzuhalten.
Zu den Grundrechtsverletzungen: Hier kommt meiner Ansicht nach die Prüfung der Art. 3 Abs. 1, 12 und 14 des Grundgesetzes in Betracht.
Den Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 sieht das Bundesverfassungsgericht dann als verletzt an, wenn der Gesetzgeber Differenzierungen. vornimmt, ohne daß dafür ein sachlich einleuchtender, der Natur gemäßer oder sachgerechter Grund vorhanden ist. Derartige nicht sachgerechte Differenzierungen finden sich bei dem jetzt vorliegenden Text des Gesetzes in reichem Maße. Die Gegenüberstellung der in den Katalog des § 2 aufgenommenen steuerbefreiten Güter mit den nicht aufgenommenen Gütern ergibt zahlreiche Differenzierungen, die als sachwidrig angesehen werden müssen. Ich erspare es mir, angesichts der langen Debatte die Einzelheiten aufzuzählen. Es sind aber effektiv in dem Ausnahmekatalog eine Reihe von Befreiungen enthalten, die nicht die Gleichbehandlung gleicher Tatbestände ergeben.
({0})
- Nein, die meine ich nicht.
Ein weiterer Gesichtspunkt, der mir hinsichtlich der Gleichheit vor dem Gesetz als besonders gravierend erscheint, ist darin zu sehen, daß der Werkfernverkehr mit Lastkraftwagen besonders belastet wird, während der in den Pipelines sich abspielende Werkfernverkehr nicht belastet wird. Das heißt, daß die dort fließenden Mengen, die der Bahn ungleich mehr an Transportgut abgenommen haben, nicht mit einer Sondersteuer belegt werden.
Angesichts der Vielzahl von sachlich nicht gerechtfertigten Differenzierungen innerhalb dieses Gesetzes erscheint mir die Annahme berechtigt, daß durch dieses Gesetz eine verfassungsrechtlich fehlerhafte Bestimmung geschaffen wird. Ich meine, daß diese Differenzierungen, die ich hier angesprochen habe, untrennbare Teile der vom Gesetzgeber getroffenen Grundsatzentscheidung sind und daß deshalb, wenn diese Bestimmungen herausgebrochen werden, der verbleibende Torso nicht mehr als verfassungsmäßig bestehen bleiben kann.
Zum Art. 12, zur Frage der Berufsfreiheit! Es handelt sich hier um einen eindeutig gezielten Eingriff in die berufliche Betätigung. Daß derartige steuerliche Maßnahmen am Grundrecht des Art. 12 gemessen werden können und müssen, steht fest. Bei der Anwendung des Art. 12 kommt es entscheidend darauf an, ob die geplante Maßnahme primär den Bereich der Berufswahl oder der Berufsausübung betrifft. Bei Regelungen für die Berufsausübung sind die Anforderungen weniger schwerwiegend als bei der Berufswahl.
Falls man sich der Ansicht anschließt, daß es sich um eine Berufsausübungsregelung handelt, kann ein solcher Eingriff in die berufliche Betätigung nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur dann als gerechtfertigt angesehen werden, wenn besonders schwerwiegende Interessen des Gemeinwohles zwingend diesen Eingriff fordern. Hier greifen dann wiederum die Gesichtspunkte ein, die bereits im Zusammenhang mit dem Prinzip des Rechtsstaates aufgeführt worden sind.
Man wird also grundsätzlich die Frage stellen müssen, ob der flankierende Schutz zugunsten der Bundesbahn als ein derartig schwerwiegendes Interesse anerkannt werden kann. Dabei wird man folgendes berücksichtigen müssen. Erstens darf der Staat seine hoheitlichen Mittel nicht einseitig zum Schutz seiner eigenen Wirtschaftsunternehmen vor Konkurrenz einsetzen. Zweitens sind angesichts der relativen Verschiebung des Verkehrsvolumens zugunsten der Bahn und angesichts des ohnehin geringen Anteils des Werkfernverkehrs am Gesamtvolumen die hier vorgesehenen Maßnahmen nicht geeignet, die Bahn aus ihrer Misere herauszuführen. Hinzu kommt, daß der Werkfernverkehr im Jahre 1968 gegenüber den anderen Verkehrsträgern eine eindeutig rückläufige Tendenz gezeigt hat. Eine Ausdehnung des Werkfernverkehrs, wie man ursprünglich immer behauptet hatte, war in diesem Jahr, in dem die Freiheit von einer Beförderungsteuer gegeben war, nicht vorhanden. Drittens läßt sich an der Entwicklung der 1955 eingeführten Steuer die Untauglichkeit des Mittels klar aufzeigen. Viertens wird die Gemeinwirtschaftlichkeit der Bundesbahn durch die Verpflichtung des Bundes zum vollen Ersatz der dafür entstandenen Aufwendungen abgelöst. Diesen Ersatz werden wir in der nächsten Woche im Bundesbahn-Anpassungsgesetz beschließen, und ich bin der Meinung, daß das ein guter Beschluß sein wird.
Meine Damen und Herren, zu Art. 14, Schutz des Eigentums: Es steht außer Frage, daß die geplante Steuer in vielfältiger Weise in Eigentumspositionen der betroffenen Unternehmen eingreift, und zwar durch die Entwertung des Wagenparks, den Verlust von Absatzwegen und Geschäftsbeziehungen, im Extremfall sogar durch den Zwang zur Einstellung eines infolge der Belastung konkurrenzunfähig gewordenen Betriebes.
Ich weiß, gegenüber einer Aktivierung des Art. 14 in diesem Zusammenhang könnte eingewandt werden, daß nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Eigentumsgarantie nicht gegen die Auferlegung von Geldleistungspflichten, insbesondere von Steuern schützen soll. Es ist aber im Schrifttum seit langem zwingend nachgewiesen, daß diese Exklave vom Eigentumsschutz nur dort besteht, wo die Steuer zu fiskalischen ZwekDr. Schwörer
ken erhoben wird. Zielt die Steuer dagegen als ordnungspolitische Maßnahme auf bestimmte Vermögensgegenstände, um ihren Wert oder ihre Verwendung im öffentlichen Interesse zu beschränken, dann muß sie unter dem Aspekt des Art. 14 mit einer auf denselben Erfolg abzielenden gesetzlichen Gebots- und Verbotsnorm gleichgestellt werden. Sie aktiviert deshalb in diesem Fall den Schutz der Eigentumsgarantie.
Diese meine Meinung ist im Hearing und auch in Veröffentlichungen von Wissenschaftlern und von Praktikern vielfach vertreten worden, und ich glaube also, man kann hier davon ausgehen, daß die Verfassungsmäßigkeit dieses Gesetzes nicht gegeben ist.
Lassen Sie mich zum Schluß noch ein Wort zu der Situation sagen, in der dieses Gesetz jetzt verabschiedet wird! Heute wird an anderer Stelle über ein Gesetz beraten, das unsere Exportwirtschaft zusätzlich belasten soll. Meine Damen und Herren, wir wissen, daß wir dieses Gesetz beschließen müssen - aus Gründen, die Ihnen gestern dargestellt worden sind -, aber ich frage mich, ob man zu den Belastungen, die aus. diesem Gesetz entstehen, zu den Schwierigkeiten, die uns in unseren Partnerländern auferlegt werden durch Importbelastungen, durch Exportförderung usw., auch noch diese Bestimmung treffen kann, nach der die Transporte unserer Unternehmungen noch zusätzlich durch diese Steuer belastet würden. Ich weiß nicht, ob wir damit nicht eine Situation schaffen, die letzten Endes dazu führt, daß wir die Preisstabilität, der zu dienen wir uns allgemein gelobt haben, mit diesem Gesetz in Gefahr bringen.
({1})
Das Wort hat der Kollege Frerichs.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als gewöhnlich sehr gehorsamer Sohn meiner Fraktion bin ich in der unangenehmen Lage, hier erklären zu müssen, daß ich diesem Gesetz leider nicht zustimmen kann. Gestatten Sie mir ganz kurz eine Begründung.
Die zahlreichen Ausnahmeregelungen in dem Gesetz werden keineswegs dazu beitragen, daß die mit der Einführung der neuen Beförderungsteuer zu erwartenden Wettbewerbsverzerrungen abgebaut werden, sondern es entstehen im Gegenteil neue Benachteiligungen und Verzerrungen in fast allen Bereichen der deutschen Wirtschaft.
Der in § 7, über den wir uns soeben lange unterhalten haben, vorgesehene Steuererlaß für den Werkfernverkehr wird in dieser Fassung keine nennenswerte praktische Bedeutung erhalten. Er ist so gestaltet, daß er im wesentlichen die gleichen Bedingungen für den Steuererlaß enthält, wie sie in den vergangenen Jahren bei der alten Beförderungsteuer praktiziert wurden. Ich weiß aus einer Umfrage über die praktische Handhabung der von der Bundesfinanzverwaltung erlassenen Richtlinien, daß die gutachtliche Anhörung der Industrie- und Handelskammern, die vorgesehen ist, in den meisten Fällen niemals stattgefunden hat, weil es den betroffenen Unternehmen des Werkfernverkehrs einfach nicht möglich war, nachzuweisen, daß sie bei Zahlung der vollen Steuer in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten waren oder geraten würden. Der Werkfernverkehr, der große Angebotslücken der deutschen gewerblichen Wirtschaft ausfüllen muß, würde daher von dem Gesetz besonders nachhaltig getroffen.
Ungeachtet der schlechten Erfahrungen mit Billigkeitsregelungen für den Werkfernverkehr ist anzunehmen, daß die Finanzverwaltung mit einer großen Fülle von Erlaßanträgen überschwemmt werden wird. Nicht nur hierdurch, sondern durch die gesamte Praktizierung der neuen Steuer ist mit einem .sehr hohen Verwaltungskostenanteil zu rechnen. Hinzu kommt die Steigerung der Kostenlast bei den betroffenen Verkehrsunternehmen, insbesondere aber bei den Unternehmen des Werkfernverkehrs. Viele sind gezwungen, eine volle Arbeitskraft einzustellen, die die Führung der Steuerunterlagen durchführen muß. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in der Wahl der Mittel zur Erreichung eines ganz bestimmten steuerpolitischen oder in diesem Fall verkehrspolitischen Erfolges erscheint mir daher nicht mehr gewahrt.
Zum Schluß folgendes. Ich bin der Auffassung, meine Damen und Herren, daß eine neue rechtsförmliche Prüfung dringend notwendig gewesen wäre, bevor man jetzt das Gesetz in der dritten Lesung verabschiedet. Die vorhergehende rechtsförmliche Prüfung hat eine ganz andere Grundlage gehabt und kann daher nicht mehr als Rechtens angesehen werden. Der Gesetzgeber kann es sich nach meiner Auffassung nicht leisten, einen so mangelhaften Gesetzentwurf anzunehmen und damit Gefahr zu laufen, daß die Verfassungsmäßigkeiternsthaft in Frage gestellt wird. Ich sage also noch einmal, daß ich es außerordentlich bedaure, als gehorsamer Sohn meiner Fraktion gegen diesen Gesetzentwurf stimmen zu müssen.
({0})
Als letzter Redner hat jetzt der Herr Bundesminister für Verkehr das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es sind gut neun Monate vergangen, seit das Hohe Haus die erste Lesung der Gesetze vorgenommen hat. In der Zwischenzeit ist viel Mühe und viel Arbeit aufgebracht worden, um den Stand der Beratungen bis zum heutigen Tag ausreifen zu lassen. Ich möchte diese Gelegenheit gern wahrnehmen, von mir aus allen Damen und Herren recht herzlich zu danken, die sich so engagiert und bemüht haben, die Arbeiten so weit voranzubringen, daß wir heute die dritte Lesung dieses Gesetzes miteinander vornehmen können. Wir haben Hearings veranstaltet, haben uns beraten lassen,
haben die Ansichten von Verbänden, Verladern und Gewerkschaften zur Kenntnis genommen.
Dieses Gesetz, über das heute hier beschlossen wird, ist nicht das Verkehrspolitische Programm. Dieses Gesetz ist vielmehr ein Teil, ein wichtiger Teil und wahrscheinlich der umstrittenste Teil des gesamten Programms, das vorgelegen hat. Ich meine, es ist so viel darum gerungen und gefochten worden, daß man das nicht im besonderen hervorheben muß. Herr Dr. Imle hat soeben gesagt, das sei ein Torso. Ich habe in einem großen Nachrichtenmagazin gelesen, es sei praktisch nichts mehr von dem übriggeblieben, was ursprünglich einmal vorgesehen gewesen sei; der Bundesverkehrsminister sei umgefallen. Ich komme darauf noch zurück.
Ich möchte deshalb diese Gelegenheit nutzen, auf folgendes hinzuweisen. Das Verkehrspolitische Programm der Bundesregierung hat viele Bestandteile, die sich in Gesetzen, Verordnungen und in Maßnahmen niederschlagen. Einiges bedarf gar nicht der Gesetze oder der Verordnungen, so beispielsweise fast alle Maßnahmen, die die Reorganisation der Deutschen Bundesbahn betreffen. Das Programm ist deshalb auch gar nicht gut an 'einem Gesetz meßbar, aber jedes einzelne Gesetz mit seiner besonderen Ausgestaltung ist für den. Erfolg des Programms im ganzen ungeheuer wichtig, und diese hohe Bedeutung kommt gerade auch diesem Gesetz zu. Es ist auch wichtig, daß man weiß, daß die Ziele des Verkehrspolitischen Programms von niemandem bestritten worden sind. Es ist weiter wichtig, zu wissen, daß 80 % des Inhalts des gesamten Programms von vornherein niemals strittig gewesen sind. Es ist nur über den Teil des Gesamtprogramms gesprochen worden, der strittig gewesen ist.
Gestatten Sie mir, daß ich wegen dieser Fehlbeurteilung hier ein paar Angaben mache. Bei der Deutschen Bundesbahn sind alle Arbeiten im vollen Gange. Wir haben es in kurzer Zeit, ohne daß es zu Störungen, Spannungen oder Auseinandersetzungen gekommen ist, erreicht, daß das Personal der Deutschen Bundesbahn um 38 000 Menschen verringert worden ist. Wir haben in den wenigen Monaten mehr unwirtschaftliche Strecken stillgelegt als in allen Jahren vorher. Die Vorbereitungen zur Reorganisation der Ämter, der Direktionen und der Verwaltungen der Deutschen Bundesbahn ist so weit gediehen, daß wir vor dem praktischen Vollzug stehen. Es sind viele neue Einrichtungen geschaffen worden, die sich auf den Güterverkehr und seine Aufnahme von der Straße auf die Schiene beziehen, Es gibt viele Baumaßnahmen, die gegenwärtig im Gange sind. Es sind gemeinsame Gesellschaften zwischen der Eisenbahn und dem Straßengüterverkehr ins Leben gerufen worden, die die Praktikabilität nachher sicher noch unter Beweis stellen. Die Deutsche Bundesbahn hat Männer und Frauen ohne Uniformen auf den Weg zur Kundschaft geschickt. Die Deutsche Bundesbahn hat vieles getan, was ihr Gesicht nach innen und nach außen wesentlich verändern wird - sogar der Bahnpolizist legt die Uniform mit dem Schulterstück und der Pistole ab und zieht einen sehr ansehnlichen und schönen Anzug an -, bis hin zu dem, was den Rentnern und anderen Personenkreisen helfen soll, vom Bau neuer Bahnen in großen Städten und Ballungsgebieten bis zu den „Rosa Zeiten". Das ist der Spannungsbogen, den die Deutsche Bundesbahn in diesen Monaten durchgemacht hat.
Alles, meine Damen und Herren, was die Bahn betrifft - das kann ich hier dem Hohen Hause be: richten -, ist angelaufen, ist im guten Gange und läuft zum Teil schon in den Erfolg hinein. Es ist mir ein besonders wichtiges Anliegen, dem Hohen Hause heute, wo auch darüber gesprochen worden ist, ob die Maßnahmen Erfolg haben würden oder nicht, und bei der Bahn müsse man beginnen, zu sagen: Wir haben nicht gesprochen, sondern gehandelt. Die Wirtschaftslage der Deutschen Bundesbahn hat sich schon in Anbetracht des Ankündigungseffektes dieser Maßnahmen auf der Straße so verändert, daß in diesem Rechnungsjahr 250 Millionen DM mehr eingespart worden sind, die nachher nicht als defizitäre Zuschüsse an die Eisenbahn abgeliefert werden müssen.
({0})
Meine Damen und Herren, dies ist ein beachtliches Ergebnis, auf das wir stolz sein können. Das ist eine runde Viertelmilliarde Mark.
Bei der Binnenschiffahrt sind wir gut vorangekommen. Ich habe gestern Gespräche mit meinem holländischen Kollegen geführt und kann berichten, daß ich glaube, wir können guter Hoffnung sein, daß wir zu einem freundnachbarlichen Einvernehmen kommen werden, das beide Seiten befriedigen wird.
Im Bereich des Straßenverkehrs sind eine Fülle von Maßnahmen im Gange und zum Teil bereits durchgeführt, angefangen von einer Verordnung über den Zwang zu stärkeren Motoren und damit zu einem schnelleren Verkehrsfluß, soweit er durch schwere Lastwagen ausgeübt wird, bis hin zu einer Verordnung über eine Entgiftung der Luft durch entsprechende Abgasbereinigung. Die europäische Verkehrspolitik ist in Gang gekommen, und ich bin davon überzeugt, daß dies wichtige Ansatzpunkte sind für das, worum es uns geht.
Meine Damen und Herren, wir haben auch große Schwierigkeiten gehabt. Hier ist schon von den Widerständen gesprochen worden. Ich möchte mich gar nicht in Einzelheiten verlieren, sondern möchte auf einen Diskussionsteilnehmer verweisen, der in den letzten Tagen besonders hart mitgewirkt hat. Ein großes Magazin, das wöchentlich ganze Wahrheiten und halbe Wahrheiten verkündet und in guter Mischung auf den Markt bringt, hat dieser Tage auch geschrieben, das sei nur ein ausgehöhlter Torso. Meine Damen und Herren, dieses Magazin selber ist ein Zeuge dafür, wie schwierig die ganze Operation gewesen ist. Dieses Magazin selber hat nämlich zur kämpfenden Lobby gehört. Sein Verlag wollte durchsetzen, daß dieses Magazin auch sonntags mit schweren Lastwagen auf unseren Autobahnen gefahren werden darf und deshalb eine
generelle Ausnahme vom Sonntagsfahrverbot gemacht werden sollte.
({1})
Meine Damen und Herren, in Verhandlungen mit der Eisenbahn haben die Herren Vertreter dieses Verlages zu verstehen gegeben, man würde direkt mit dem Bundesverkehrsminister verhandeln, und dabei deutlich gemacht, er würde dem starken Druck eines so publikationsstarken Organs nicht gewachsen sein und umfallen. Ich kann hier nur sagen: Wir sind auch da nicht umgefallen.
({2})
Es wird keine Ausnahme genereller Art für den „Spiegel" geben, sonntags mit schweren Lastwagen die Autobahn zu bevölkern. Sie wäre auch eigentlich nicht zu verantworten. Diese Zeitschrift ist ein wichtiges Gut, wie jeder sein Gut natürlich wichtig macht. Sie ist sicher für viele Leute in unserem Lande ein unentbehrliches Objekt ihrer Lektüre. Aber sie ist für das Leben in unserem Lande nicht wichtiger als z. B. Käse.
({3})
Meine Damen und Herren, Käse darf sonntags auch nicht ausgefahren werden, obwohl er noch verderblicher ist als „Der Spiegel".
({4})
Meine Damen und Herren, gegen diese Vorlage ist von Interessenten eine Verfassungsklage angedroht worden. Die Bundesregierung hat allen juristischen Sachverstand aufgeboten, der ihr zur Verfügung steht, und sie kann mit gelassener Ruhe künftigen verfassungsmäßigen Auseinandersetzungen entgegensehen.
Hier ist heute auch wieder behauptet worden, das sei nicht EWG-konform. Das kann gar nicht gegen EWG-Recht verstoßen; denn als das Verkehrspolitische Programm von der Bundesregierung beschlossen wurde, gab es noch gar keine europäische Verkehrspolitik. Die ist erst angeregt worden von der Initiative der Bundesregierung, und alles was in Brüssel geschieht, wird säuberlich aufeinander abgestimmt.
({5})
Meine Damen und Herren, mir ist vorgeworfen worden, ich sei ein Dirigist - gestatten Sie, daß ich das hier einmal erwähne. Ich bin keiner, auch wenn ich weiß, daß jemand, der den Verkehr in Ordnung bringen muß, ihn nicht wild laufen lassen kann, sondern ihn dirigieren muß. Darum geht es. Wenn wir nicht den Mut hätten das zu tun, wie Frankreich nicht rechtzeitig damit begonnen hat, dann würde unsere Bundesbahn in weniger Zeit auch 6 Milliarden DM Defizit haben, wie die französische SNCF in diesem Jahre wahrscheinlich schon 6 Milliarden Franc Defizit aufweist. Ich weiß besser, was man mit 3 Milliarden wachsendem Defizit anfängt, als sie als Zuschuß an die Eisenbahn zu zahlen.
Ich kann hinzufügen, und zwar prophylaktisch: Dirigiert wird nach unserem Konzept nur kurz, nur so lange, bis die Ordnung da ist und der Markt in Freiheit seine eigene Ordnung wieder reguliert. Da wollen wir hin. Diese Freiheit soll dann hoffentlich lange anhalten. Ich hoffe gern, daß alle die, die in den letzten Monaten „Freiheit" gesagt haben, dann auch mit der viel unbequemeren Freiheit leben können. Die ist nämlich viel unbequemer als das, was sich jetzt unter dem Zeichen eines noch gesteuerten Verkehrs tun wird.
Die Regierungskoalition ist übereingekommen, die Gültigkeitsdauer dieses Steuergesetzes auf zwei Jahre zu beschränken. Es soll 1971 durch ein Abgabensystem abgelöst werden, das im Sinne von Harmonisierungsbestrebungen in der EWG auf die Wegekosten abgestellt ist. Das entspricht der Anlage der Verkehrspolitik der Bundesregierung, die sie von Anfang an gehabt hat. Die Vorbereitungen dazu sind seit Monaten in meinem Hause im Gange. Ziel dieses Gesetzes ist es, den Schwerlastverkehr auf der Straße in angemessenem und kontrolliertem Maße in Grenzen zu halten, nicht zuletzt aus Gründen der Verkehrssicherheit, und damit die Straßen zu entlasten und der Bundesbahn die Möglichkeit zu eröffnen, in Verbindung mit ihren eigenen intensiven Rationalisierungsmaßnahmen, die ich nachdrücklich fordere und fördere, eine bessere Auslastung ihrer Kapazität zu erreichen und damit den Bund finanziell zu entlasten.
Diese doppelte Zielsetzung wird aufs wirksamste durch das vereinbarte 250-Millionen-Programm unterstützt. Diese 250 Millionen DM kommen nicht aus den Einnahmen des Programms, sondern aus Haushaltsmitteln, die der Bundesfinanzminister dem Verkehrsminister zur Verfügung stellt. Sie treten an die Stelle des ursprünglichen Transportverbots. Damit gibt es eine Rechnung - und das möchte ich allen Kritikern sagen -, die mathematisch so aussieht: Bisher hätte der gesamte Güterverkehr ein Steueraufkommen von 470 Millionen DM ausgelöst. Wenn man das Transportverbot, das ursprünglich einmal geplant war, davon abzieht, wäre das ein Nettosteuerertrag von 380 Millionen gewesen. Sie wissen, an die Stelle des Transportverbotes ist die Summe von 250 Millionen DM getreten, um Anreize in Richtung auf die Bahn zu schaffen. Es bleiben nach Abzug dessen, was in diesem Programm jetzt an Korrekturen ist, 370 Millionen DM Steuerertrag dieses Gesetzes. 370 Millionen DM plus 250 Millionen DM für Anreize ist meiner Auffassung nach in absolutem Sinne der Uranlage des Programms gleichwertig, die darin bestand: 380 Millionen DM plus Transportverbot.
Ich bin sehr zufrieden mit dem, was nach langjährigen Beratungen zustande gekommen ist, und bin überzeugt davon, es wird einen wichtigen Beitrag zu einer besseren Ordnung des Verkehrs auf unseren Straßen und bei unserer Eisenbahn leisten. Ich bitte das Hohe Haus, diesem Gesetz seine Zustimmung nicht zu versagen.
({6})
Meine Damen und Herren, die dritte Beratung ist damit abgeschlossen. Wir kommen zur Schlußabstimmung über das Gesetz. Wer dem Gesetz als Ganzem zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Gesetz ist mit großer Mehrheit angenommen.
({0})
Meine Damen und Herren, wir haben jetzt über die Punkte 2, 3 und 4 des Antrags des Finanzausschusses abzustimmen. Wer den Punkten 2, 3 und 4 des Antrags des Finanzausschusses zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag des Finanzausschusses unter den Nrn. 2, 3 und 4 ist einstimmig angenommen.
Damit kommen wir zu Punkt 5 der Tagesordnung: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Bundesrechtsanwaltsordnung und der Patentanwaltsordnung
- Drucksache V/2848 Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses ({1})
- Drucksache V/3441 Berichterstatter: Abgeordneter Erhard ({2})
({3})
Wird das Wort zur zweiten Beratung gewünscht?
- Das ist nicht der Fall. Wir kommen dann zur Abstimmung. Wer den Art. 1, 2, 3, 4, 5 und 6, der Einleitung und der Überschrift zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe!
- Enthaltungen? - Einstimmig beschlossen. Wir treten in die
dritte Beratung
ein. Wird das Wort zur dritten Beratung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wir kommen dann zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz als Ganzem zustimmen möchte, den bitte ich, sich zu erheben. - Die Gegenprobe! - Darf ich annehmen, daß die Kollegen, die jetzt noch stehen, sich nicht gegen das Gesetz aussprechen wollen, sondern auf dem Wege nach draußen irrtümlich noch verharren? - Die Annahme scheint richtig zu sein. Enthaltungen?
Das Gesetz ist einstimmig angenommen.
Wir kommen zu Punkt 6 der Tagesordnung: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zu den Protokollen vom 29. November 1965 zum Internationalen Übereinkommen über die Fischerei im Nordwestatlantik, das Inkrafttreten der von der Kommission angenommenen Vorschläge und Kontrollmaßnahmen betreffend
- Drucksache V/3340 - Schriftlicher Bericht des Ausschusses für
Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({4})
- Drucksache V/3467 -Berichterstatter: Abgeordneter Marquardt ({5})
Wird das Wort zur zweiten Beratung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wir kommen zur Abstimmung. Wer den Art. 1, 2 und 3, der Einleitung und der Überschrift dieses Gesetzes zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Gesetz ist einstimmig angenommen.
Wir treten in die
dritte Beratung
ein. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall, wie ich sehe. Damit kommen wir zur Schlußabstimmung über das Gesetz. Wer dem Gesetz als Ganzem zustimmen möchte, den bitte ich, sich' zu erheben. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Gesetz ist einstimmig angenommen.
Wir kommen zu Punkt 7 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Viehseuchengesetzes
- Drucksache V/3267 Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({6})
- Drucksache V/3503 Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Ritz ({7})
Wird das Wort zur zweiten Beratung gewünscht?
- Das ist nicht der Fall. Wir kommen zur Abstimmung. Wer den Art. 1, 2, 3, 4 und 5, der Einleitung und der Überschrift des Gesetzes zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Wir treten in die
dritte Beratung
ein. Wird das Wort zur dritten Beratung gewünscht?
- Das ist nicht der Fall. Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz als Ganzem zustimmen möchte, den bitte ich, sich zu erheben. - Die Gegenprobe bitte! - Enthaltungen? - Das Gesetz ist einstimmig angenommen.
Wir kommen zu Punkt 8 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 7. März 1967 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über
Vizepräsident Scheel
den Schutz von Herkunftsangaben und anderen geographischen Bezeichnungen
- Drucksache V/2421 Schriftlicher Bericht des Auswärtigen Ausschusses ({8})
- Drucksache V/3518 -Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Achenbach ({9})
Wird das Wort zur zweiten Beratung gewünscht?
- Das ist nicht der Fall. Wir treten in die Abstimmung ein. Wer den Art. 1, 2, 3, 4, der Einleitung und der Überschrift zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Wird das Wort zur
dritten Beratung
gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wir kommen zur Schlußabstimmung über das Gesetz. Wer dem Gesetz als Ganzem zustimmen möchte, den bitte ich, sich zu erheben. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Gesetz ist einstimmig angenommen.
Wir müssen noch über die Ziffer 2 des Antrags des Auswärtigen Ausschusses abstimmen. Wer dem Antrag des Ausschusses unter Ziffer 2 zustimmen will, den bitte ich, sich zu melden. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Ausschußantrag ist einstimmig angenommen.
Wir kommen zu Punkt 9 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 19. Oktober 1967 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Italienischen Republik über die Regelung vermögensrechtlicher, wirtschaftlicher und finanzieller, mit dem Zweiten Weltkrieg zusammenhängender Angelegenheiten
- Drucksache V/3339 Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Kriegs- und Verfolgungsschäden ({10})
- Drucksache V/3520 Berichterstatter: Abgeordneter Dr. - Kreutzmann
({11})
Wird das Wort zur zweiten Beratung gewünscht?
- Das ist nicht der Fall. Wir kommen zur Abstimmung. Wer den Art. 1, 2, 3, 4, der Einleitung und der Überschrift zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Das Wort wird zur
dritten Beratung
nicht gewünscht. Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz als Ganzem zustimmen möchte, den bitte ich, sich zu erheben. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Gesetz ist einstimmig angenommen.
Punkt 10 der Tagesordnung:
a) Erste Beratung des von den Abgeordneten Frau Blohm, Dr. Jungmann, Frau Kalinke und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über technische Assistentinnen und technische Assistenten in der Medizin
- Drucksache V/3021 -
b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über technische Assistenten in der Medizin ({12})
- Drucksache V/3461 Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Ihnen liegen die Überweisungsvorschläge des Ältestenrates vor. Danach sollen beide Gesetzentwürfe dem Ausschuß für Gesundheitswesen überwiesen werden. Wer den Überweisungsvorschlägen des Ältestenrates zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig so beschlossen.
Wir kommen zu Punkt 11 der Tagesordnung:
Erste Beratung des von den Abgeordneten Prinz von Bayern, Geisenhofer, Schmidhuber, Gewandt, Rollmann und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der mietpreisrechtlichen Vorschriften
- Drucksache V/3397 Ich höre, daß hierzu das Wort gewünscht wird. - Ich erteile zur Beratung als erstem dem Abgeordneten Geisenhofer das Wort.
Herr Präsident, ich bitte um die Genehmigung, beide Anträge begründen zu können.
Das erleichtert das Geschäft, Herr Kollege.
Ich rufe also auch Punkt 12 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von den Abgeordneten Prinz von Bayern, Geisenhofer, Schmidhuber, Gewandt, Rollmann und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Wohngeldgesetzes
- Drucksache V/3396 Geisenhofer ({0}) : Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Es gibt Probleme, die einen sehr hart bedrängen und berühren, weil man mitten in diese Problemwelt hineingestellt ist und sich ihnen nicht entziehen kann. Ein solches Problem ist die Wohnungsnot, ist der Wohnungsmangel in München und Hamburg. Ich habe die Aufgabe, die großen Sorgen eines großen Teils der Münchener Bevölkerung hier zu vertreten. Nach dem Auslaufen des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Schlußtermins für den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft werden auch die restlichen sieben Stadt10680
und Landkreise von insgesamt 565 Stadt- und Landkreisen aus der Wohnungszwangswirtschaft entlassen und in sogenannte weiße Kreise übergeführt. Darunter befinden sich auch die Ballungsräume Hamburg 'und Stadt- und Landkreis München.
Meine Damen und Herren, in München herrscht große Unruhe und Verbitterung und Aufregung wegen der bevorstehenden Umwandlung in einen weißen Kreis. Die Antragsteller des Ihnen vorliegenden Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der miet-preisrechtlichen Vorschriften - Drucksache V/3397 - vertreten die Auffassung, daß in den Ballungsräumen Hamburg und München zumindest in der Übergangszeit eine gewisse Preisbindung beibehalten werden muß, weil man den Mietpreis wegen der dort herrschenden Wohnungsnot nicht dem freien Spiel der Kräfte überlassen darf, da Angebot und Nachfrage auf dem Wohnungssektor nicht ausgeglichen, sind, sondern in einem starken Widerspruch zueinander stehen.
Die Antragsteller befürchten, vor allem deswegen, weil in München noch 35 000 Wohnungsgesuche in der Dringlichkeitsstufe 1 vorgemerkt sind, daß, wenn keine Zwischenlösung gefunden wird, Preistreibereien erfolgen. In krassem Widerspruch zu diesen 35 000 fehlenden Wohnungen steht allerdings, und das muß ich hier sagen, das rechnerische Defizit, das in München unter 1 % liegen soll, was bedeutet, daß ungefähr 3500 Wohnungen praktisch fehlen - gegenüber dem tatsächlichen Fehlbestand von 35 000. Man wird mit Recht fragen: Wo liegt dieser Widerspruch begründet? Er ist in einer sehr fragwürdigen Wohnungszählstatistik begründet. Wir haben in München einen besonderen Wohnungstyp im frei finanzierten Wohnungsbau, wie wohl in keiner anderen Stadt, nämlich die Einraumwohnungen, die Appartementwohnungen. Es sind 40 000 solcher Wohnungen. Sie wurden bei der statistischen Zählung alle als vollwertige Wohnungen gezählt. Von Fachleuten ist ganz klar und deutlich gesagt worden - und ich glaube, man muß diesen Standpunkt teilen -, daß man nur zwei Einraumwohnungen zusammen als eine wohngerechte Familienwohnung in eine Zählstatistik übernehmen kann.
Wir haben ferner eine besondere Situation deswegen, weil wegen baulicher Maßnahmen Häuser abgerissen werden müssen, andere sanierungsbedürftig sind und dem Wohnungsmarkt nicht voll zur Verfügung stehen.
Ein drittes schwerwiegendes Argument: wir haben einen Zuzug von jährlich ungefähr 20 000 Menschen. Ich spreche hier nicht für die Zuziehenden, weil diese die Situation in München ja vorweg einkalkulieren können; die Antragsteller vertreten das Anliegen der ansässigen Münchener Bevölkerung, die tagtäglich, ich möchte sagen, schon seit Jahren diese Wohnungsnot erleiden und ertragen müssen.
({1})
- Ich weiß, daß es auch in anderen Städten Probleme gibt. Aber München ist ein Sonderfall, und
wo ein Sonderfall ist, müssen auch Sondermaßnahmen eingeleitet werden.
({2})
Es gibt keine Stadt, die - aus den vorhin genannten Gründen - mit so großen Schwierigkeiten zu kämpfen hat wie die Landeshauptstadt München.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn ich die dargelegten Schwierigkeiten folgerichtig würdige, müßte ich eigentlich zu der Schlußfolgerung kommen, daß es die beste Lösung wäre, wenn der schwarze Kreis noch beibehalten würde.
({3})
Aber, meine Kollegen von der SPD, Sie sind doch mit mir einer Meinung, daß man für Ihren Antrag - Fortführung des schwarzen Kreises - weder in Ihrer Fraktion noch in unserer Fraktion eine Mehrheit finden kann.
({4})
Ich sage das mit Überzeugung, weil der Herr Wohnungsbauminister Dr. Lauritzen in einem Fernschreiben - das darf ich hier zitieren - an den Herrn bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Alfons Goppel und auch an den Staatsminister Dr. Fritz Pirkl die Ansicht mit vertreten hat - ich sage jetzt: mit vertreten hat -, daß in München endlich die Auseinandersetzung „schwarzer Kreis - weißer Kreis" und der Streit über das rechnerische Defizit, der jahrelang dauert, zu Ende gehen soll und daß der Bayerischen Landeshauptstadt München und dem Landkreis München am besten gedient wäre, wenn sie das Sonderwohnungsbauprogramm von 5000 Sozialwohnungen realisieren würden.
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Kollegen Jacobi?
Ja.
Herr Kollege, nachdem Sie vorhin unterstellten, in der SPD-Bundestagsfraktion sei keine Aussicht gewesen, für den Antrag meiner Münchener SPD-Freunde eine Mehrheit zu finden: Ist Ihnen unbekannt, daß in der entscheidenden Ausschußsitzung die SPD-Angehörigen des Ausschusses ohne Ausnahme für den Antrag eingetreten sind, aber weder von Abgeordneten aus der CSU noch von Abgeordneten der CDU die gleiche Haltung eingenommen wurde, und ist daraus nicht die Schlußfolgerung zu ziehen, daß Sie selbst zu prüfen haben, ob es nicht merkwürdig ist, daß Sie im Augenblick solche Ausführungen machen?
({0})
Herr Kollege Jacobi, mir ist das Ergebnis der Abstimmung im Ausschuß für Kommunalpolitik, Raumordnung, Städtebau und Wohnungswesen bekannt.
({0})
- Jawohl. Aber Sie werden mir doch zugeben - es ist eine Tatsache -, daß Ihr Antrag kein Fraktionsantrag, sondern ein Gruppenantrag war.
({1})
- Unserer auch. Wir erleiden in dieser Situation fast das gleiche Schicksal.
({2})
Darf ich fortfahren, Herr Präsident?
Ja, bitte!
Dieses Sonderwohnungsbauprogramm, von dem ich sprach, hat der Münchener Stadtrat vor Monaten beschlossen. Sie, Herr Bundeswohnungsbauminister Dr. Lauritzen, haben dankenswerterweise diesem Projekt Ihre Zustimmung gegeben und mitgeteilt, daß die erste Rate der Finanzierung sich noch in diesem Jahr vollziehen könne. Dieses Sonderbauprogramm hat auch der bayerische Staatsminister des Innern bejaht, und er ist bemüht, Landesmittel zu geben.
Aber die Realisierung eines Wohnungsbauprojekts von 5000 zusätzlichen Wohnungen benötigt Zeit, viel Zeit. Die Wohnungen können nicht in wenigen Monaten aus dem Boden gestampft werden. Wir brauchen daher etwas zur Überbrückung. Diese eine Maßnahme reicht nicht aus. Wir brauchen weitere Maßnahmen, zusätzliche Maßnahmen, und diese zusätzlichen Maßnahmen sind nach unserer Gesetzesvorlage eine Preisbindung für weitere zwei Jahre bis zum 31. Dezember 1970 sowie die Erhöhung des Wohngeldes.
Ich darf das jetzt im einzelnen begründen. Unser Gesetzentwurf, der Ihnen vorliegt - Drucksache V/3397 -, verhindert nicht den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft in den genannten Bereichen. Aber er will verhindern, daß Notsituationen in München und Hamburg ausgenützt werden. Da wollen wir den Riegel vorschieben.
({0})
- Kollege Marx, lassen Sie mich das begründen; ich unterbreche Sie auch nicht, wenn Sie reden. Unser Gesetzentwurf wird Mietern und Vermietern gleichermaßen gerecht, zumindest will er beiden Partnern gerecht werden. Er wird den Vermietern gerecht, meine ich, dadurch, daß man ihnen die Möglichkeit gibt, die Wohnungsmiete, ich möchte sagen, maßvoll bis zur Obergrenze des Wohngeldes zu erhöhen - über die Höhe der Obergrenze kann man dann im Ausschuß noch reden -, um damit Wohneigentum vor dem Verfall und Zerfall zu schützen und um es einigermaßen rentabel zu gestalten. Wir sind immer für Eigentumsbildung eingetreten. Wir wollen auch, daß mittelständisches Eigentum erhalten bleibt.
Unser Gesetzentwurf schützt aber vor allem die Mieter, und zwar deswegen, weil verhindert wird, daß Mietpreiserhöhungen ins Unermeßliche nach dem freien Spiel der Käfte vorgenommen werden, weil verhindert wird, daß Preistreibereien entstehen, und weil verhindert wird, daß Kündigungen erfolgen, die über das Limit, das wir setzen, hinausgehen.
({1})
Ich darf jetzt den zweiten Antrag - Drucksache V/3396 - begründen, betreffend Ergänzung des Wohngeldgesetzes. Dieser Gesetzentwurf schützt die einkommenschwachen Mieter - Kinderreiche, junge Familien, Rentner, Pensionäre - vor einer untragbaren Miete, und zwar deswegen, weil Mieterhöhungen, die kommen werden, durch das Wohngeld aufgefangen und abgenommen werden, so daß diese Kreise von einer kommenden Mieterhöhung nicht berührt werden können.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn die Erhöhung des Wohngeldes Gesetz würde - das muß ich hier allen Ernstes sagen -, würden für die Millionenstädte Hamburg und München Beträge von rund 5 Millionen DM benötigt. Aber ich bin der Meinung, daß sich dieses Hohe Haus diesem Mehrbedarf nicht verschließen darf, weil dieses Wohngeld gerade für die sozial Schwachen eine Hilfe bedeutet. Weil hier gezielt sozial Schwachen geholfen wird, die der Hilfe der Gemeinschaft bedürfen, sollten wir dieser Gesetzgebung die Zustimmung nicht versagen.
Ich begrüße es sehr, und ich darf es dankbar anerkennen, daß der Kollege Folger anläßlich der Begründung des Antrages der SPD über die Weiterführung des weißen Kreises unseren Gesetzentwurf bezüglich Wohngelderhöhung bejaht hat. Ich darf hoffen und wünschen, daß auch die sozialdemokratische Fraktion unserem Antrag im Ausschuß und dann auch hier im Plenum zustimmt.
Das Wohngeld ist seit 1965 nicht mehr erhöht worden, aber die Mietpreise sind gestiegen. Ich habe dem Wohngeldbericht des Bundesministers für Wohnungswesen und Städtebau vom 12. Dezember 1967 entnommen, daß nur 3 % - und das ist eine wichtige Feststellung - von insgesamt 21 Millionen Haushaltungen der Bundesrepublik Deutschland Wohngeld beziehen. Nur 3 %: das sind 600 000 Haushaltungen. Ich habe dann als Schlußfolgerung daraus die Feststellung getroffen, daß praktisch 97 % aller Haushaltungen ihre Mieten selbst finanzieren, also die Hilfe der Gemeinschaft nicht benötigen. Ich darf die Situation in München schildern: In München haben wir ca. 25 000 Wohngeldbezieher, und von Monat zu Monat wird ca. 1 Million DM für diese Wohngeldbezieher ausgegeben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Unterstützung unserer Gesetzentwürfe bezüglich der Preisbindung und der Wohngelderhöhung würde, so glaube ich, die Wohnungssituation in München und Hamburg in den Griff bekommen, und ich glaube auch, diese Gesetzentwürfe wären eine vernünftige Übergangslösung, um den sozialen Frieden in München und in Hamburg einigermaßen zu sichern. Die Ablehnung unseres Antrages würde ernstliche Erschütterungen auslösen. Ich sage es ganz offen: wir
Antragsteller müßten dann nämlich befürchten - ich kenne die Münchner Wohnungsverhältnisse allzugut -, daß sich der Mietpreis dann, wenn er nicht irgendwo eine Bindung erfährt, bis die Wohnungsnot einigermaßen überwunden ist, einpendelt und hinpendelt in die Richtung des frei finanzierten Wohnungsbaus, wo die Quadratmetermiete heute in München bei 5, 6 und 7 DM liegt. Und ich darf fragen: Wo und wann kann ein Rentner mit 200 Mark, mit 300 Mark, mit 400 Mark Rente, und wo und wann kann ein Einkommensbezieher, ein Arbeitnehmer, ein Beamter, ein Angestellter mit 600, 700, 800, 900 Mark Einkommen eine Miete in dieser Höhe bezahlen? Nach dem Wohngeldbericht oder nach dem Wohngeldgesetz stehen einem Vierpersonenhaushalt 80 qm Wohnraum zu. Das mal 5 Mark genommen ergäbe 400 Mark Monatsmiete. Das wäre eine unmögliche Belastung, wenn nicht einerseits das Wohngeld erhöht und andererseits die Preisbindung entgegenwirken würde.
({2})
- Ich konnte ihn doch gar nicht ablehnen, Kollege
Marx, ich bin doch nicht Mitglied des Wohnungsausschusses. Ich konnte ihn doch gar nicht ablehnen!
({3})
Ich darf zum Schluß kommen. Ich möchte, meine sehr verehrten Damen und Herren, noch darauf hinweisen, daß der Herr bayerische Ministerpräsident Dr. Alfons Goppel in einem Brief an den Herrn Bundeskanzler Dr. Kurt Kiesinger und daß der Herr Staatsminister Dr. Pirkl in einem Brief an den Herrn Bundeswohnungsbauminister Dr. Lauritzen
({4})
- ich darf jetzt bitte meine Ausführungen zu Ende bringen - ausdrücklich das unterstützen, was ich hier vorgetragen habe.
({5})
Ich darf noch hinzufügen: Beide Persönlichkeiten haben das große Anliegen, § 5 des Wohnungsbindungsgesetzes dahin zu ergänzen, daß die nach diesem Paragraphen auszustellende Bescheinigung nur in den Stadt- und Landkreisen Gültigkeit hat, in denen sie ausgestellt wurde.
Meine Kollegen von der SPD, das ist auch Ihr Anliegen, und ich glaube, wir könnten uns hier finden.
({6})
Ich darf auch noch an den Appell des Stadtrats der Landeshauptstadt München an dieses Hohe Haus und vor allem an die Mitglieder des Wohnungsausschusses erinnern, mit dem der Herr Oberbürgermeister und die Stadtratsfraktionen einstimmig die Abgeordneten des Ausschusses bitten, nach
München zu kommen und die Situation an Ort und Stelle zu prüfen oder, wenn das nicht möglich ist, in der Ausschußberatung Sachverständige aus München hinzuzuziehen.
Ich bitte, die Gesetzentwürfe Drucksachen V/3397 und V/3396 entsprechend dem Vorschlag des Ältestenrats an den Ausschuß für Kommunalpolitik, Raumordnung, Städtebau und Wohnungswesen sowie den Gesetzentwurf zur Ergänzung des Wohngeldgesetzes auch noch an den Haushaltsausschuß gemäß § 96 der Geschäftsordnung zu überweisen. Meine herzliche Bitte geht dahin, dort die Beratung und dann anschließend die zweite und dritte Lesung so zügig durchzuführen, daß die Gesetzgebung noch rechtzeitig wirksam werden kann.
({7})
Herr Kollege Geisenhofer, Sie sind mir sicherlich nicht böse, wenn ich den Kollegen mitteile, daß dies Ihre Jungfernrede war.
({0})
Ich nehme an, daß sie Ihnen, obgleich in der Sache
ganz anderer Meinung, sicherlich dazu gratulieren.
({1})
Ich muß jetzt zunächst einmal Ihre Zustimmung dazu erbitten, daß wir die Beratungen über die Punkte 11 und 12 verbinden. Sie sind ja auch schon gemeinsam begründet worden.
Ich eröffne die Beratung in erster Lesung. Bis jetzt haben sich die Kollegen Dr. Apel, Orgaß und Stiller zu Wort gemeldet. Zunächst hat Kollege Dr. Apel das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als kühler Hamburger, der noch nie am Oktoberfest teilgenommen hat, fühle ich mich natürlich in dieser Münchener Atmosphäre etwas deplaciert.
({0})
Das ist natürlich sehr schade, Herr Kollege.
Dennoch habe ich durchaus Verständnis für die Erregung und auch dafür, daß Herr Geisenhofer hier mit sehr viel Verve die beiden Anträge begründet hat.
Lassen Sie mich als Nichtfachmann dazu einige Bemerkungen machen. Der Antrag betreffend Mietpreisbindung findet unsere volle Unterstützung.
({0})
Wir finden es gut, daß die Unterzeichner dieses Antrags auf diese Art und Weise ab 1. Januar nächsten Jahres in München und in Hamburg eine Obergrenze für Mietpreiserhöhungen ziehen wollen, die für die Mieter tragbar erscheint - ich komme gleich noch zu dem zweiten Antrag - und die den Vermietern ein höheres Einkommen bringt.
Nun haben aber dieselben Damen und Herren der CDU/CSU-Fraktion nicht nur diesen Antrag, sondern noch einen zweiten Antrag unterschrieben, und danach soll das Wohngeld beträchtlich heraufgesetzt werden. Das Bemerkenswerte ist, daß Sie die Mietpreissteigerungen im ersten Antrag an das Wohngeld binden wollen. Wir haben da einmal gerechnet und sind zu dem Ergebnis gekommen, daß Sie auf diese Art und Weise in München und in Hamburg Mietpreisbindungen zulassen wollen, die ungefähr bei 60 % liegen.
({1})
Das übersteigt die kühnsten Erwartungen der Vermieter in Hamburg.
Ein Zweites kommt hinzu. Vielleicht sagen Sie: Na ja, so schlimm ist das auch nicht; denn wir wollen ja gleichzeitig das Wohngeld erhöhen, und auf diese Weise kämen dann die Mehrbelastungen wieder rein. Ich glaube, da müssen wir uns daran erinnern, daß um die 3 bis 5 % der Mieter Wohngeld beziehen. Für diese wäre es in der Tat möglich, falls wir irgendwo das Geld für die Anhebung des Wohngeldes herbekämen, diese Belastung abzuwälzen. Die anderen 95 % aber, die in den gleichen Häusern wohnen, sind dann die Gelackmeierten, sie sind dann doch in einer relativ schwierigen Situation.
Herr Kollege Apel, gestatten Sie eine Zwischenfrage? - Bitte, Herr Abgeordneter Geisenhofer!
Herr Dr. Apel, ist Ihnen bei meinen Ausführungen entgangen, daß ich bei der Frage der Erhöhung des Mietpreises an die Obergrenze des Wohngeldes die Bemerkung gemacht habe, daß wir uns über die Höhe dieser Obergrenze im Ausschuß noch ernstlich unterhalten sollten?
Ich finde es sehr nett, Herr Geisenhofer, daß Sie sich darüber unterhalten wollen. Aber ich glaube, Sie müßten ein wenig konkreter werden. Herr Orgaß spricht ja nach mir; er hat dann die Chance, das zu tun. Sie müßten dann ganz konkret sagen: den einen Antrag, den wir auf der Tagesordnung haben, den Antrag Drucksache V/3396, wollen wir gleich in den Papierkorb tun, er interessiert uns gar nicht mehr, wir reden nur noch über den anderen Antrag; dann bekommen Sie den ungeteilten Beifall meiner Fraktion. Sie versuchen aber - und dafür habe ich volles Verständnis -, sich jetzt aus der Klemme herauszumanövrieren, weil ich Ihnen die 60 % vorhalte. Nun gut, wir werden sehen. Ich sage Ihnen ganz offen, wir Sozialdemokraten sind froh, wenn wir wenigstens den einen Antrag - den anderen wollen wir nicht, das habe ich soeben dargestellt - hier bekommen.
({0})
- Ja, Herr Jacobi. Wir sind natürlich insgesamt,
und Sie insbesondere als einer unserer Sprecher zu
diesem Thema, ein wenig pessimistisch. Denn wir haben es letzte Woche im Wohnungsausschuß erlebt. In der letzten Woche hätten Sie ja schon die Gelegenheit gehabt, für München - und für Hamburg wurde es mit beantragt - die Anerkennung als Schwarzen Kreis zu verlängern. Sie haben das abgelehnt, das hat ja Herr Jacobi soeben dargestellt. Sie haben sich ferner bisher zum Wohngeld nicht deutlich erklärt. Das wird Herr Orgaß vielleicht gleich tun. Insofern, muß ich Ihnen sagen, habe ich doch das Gefühl, daß hier kurz vor Toresschluß versucht wird, zu verschleiern, wie es tatsächlich in diesem Parlament aussieht, wer die Verantwortung für die Schwierigkeiten trägt und wer sie nicht trägt. Nun, sei es, wie es sei! Parteipolitik ist hier nicht angebracht, dieser Meinung sind sicherlich auch Sie. Wir wollen etwas für die Mieter tun. Herr Rollmann hat in Hamburg gesagt, er habe eine Kampfgruppe - „Kampfgruppe Rollmann" - ({1})
- Dann hat die Zeitung wieder einmal falsch berichtet. So jedenfalls die Hamburger Presse: Herr Rollmann habe 80 Mann hinter sich - nicht irgendwelche, sondern Abgeordnete der CDU/CSU. Wenn dem so wäre, brauchten sich die Mieter in Hamburg und München keine Sorgen zu machen; das würde ausreichen, um mit der einstimmigen Zustimmung der sozialdemokratischen Fraktion alles zu tun, für Hamburg und München Erleichterungen zu bringen. Herr Rollmann, Sie sind als Landesvorsitzender unserer sehr geschätzten CDU jetzt im Wort. Wir werden also sehen, was mit Ihren 80 Mann wird. Ich hoffe, es wird sich nicht zum Schluß so darstellen, daß der hochverehrte Herr Orgaß, der sich stets für die Mieterbelange in Hamburg eingesetzt hat, Ihr einziger Gefolgsmann ist. Das reicht natürlich nicht aus. Aber wait and see!
({2})
Das Wort hat der Abgeordnete Orgaß.
Herr Präsident! Meine verehrten Damen und Herren! Wenn Sie, Herr Kollege Apel, soeben etwas resignierend sagten, sie seien leider Pessimist, möchte ich Ihnen sagen, Sie sind viel zu hoffnungsträchtig, als daß Sie diesem Pessimismus huldigen sollten; denn der Pessimist ist der einzige Mist, auf dem nichts wächst. Wait and see! Wir werden morgen, wir werden nächste Woche in der Beratung unsere Meinung sagen. Ich habe das Zwischenspiel vorhin eigentlich nicht so ganz begriffen, weil man versuchte - nun, das ist irgendwo im politischen Geschäft drin -, uns den Schwarzen Peter zuzuspielen; an uns hat es gelegen, daß Hamburg und München hier zum Zuge kommen.
({0})
- Ich will Ihnen einiges begründen. Ich möchte hier nur ein paar Worte im Klartext zu unserem Antrag Drucksache V/3397 sagen. Ich möchte sagen, was unser Antrag im Klartext bedeutet und worin der gravierende Unterschied zu Ihrem Antrag liegt, der vor 14 Tagen im Wohnungsbauausschuß behan10684
delt worden ist. Ich bedaure sehr, daß ich damals wegen eines Todesfalles nicht anwesend sein konnte. Daraus aber zu konstruieren, die CDU wolle nicht, ist etwas unter der Gürtellinie.
({1})
Der gravierende Unterschied zwischen Ihrem und unserem Antrag besteht in folgendem. Wir wollen mit unserem Antrag erreichen, daß auch München und Hamburg zu weißen Kreisen werden. Das ist das Gravierende. Wir wollen damit die Aufhebung der Wohnungszwangswirtschaft. Wir wollen damit auch das Ende des Mieterschutzes. Wir wollen allerdings auch ein drittes, und das ist das Begehren dieses Antrages. Den Vermietern soll dadurch Rechnung getragen werden, daß bei den Altbauwohnungen - nur um diese handelt es sich - eine Erhöhung der Miete möglich ist. Wir gehen sogar mit diesem Antrag so weit, daß wir die Zahl 27 % nennen.
({2})
- Ja, das gebe ich zu Protokoll, Herr Apel. Damit widerlege ich einen Teil Ihrer mühevollen Äußerungen. Wir wollen aber, daß diese 27 % die Obergrenze sind. Es läßt sich nämlich bereits jetzt nachweisen, daß bei diesen Objekten die Kostenmiete schon erreicht und zu einem guten Teil erheblich überschritten ist.
Sie erlauben sicherlich eine Zwischenfrage.
Herr Orgaß, sagen Sie auch noch ein klärendes Wort zum Antrag Drucksache 3396; denn Sie haben von 27 % gesprochen.
Das habe ich bereits getan, zumindest für denjenigen, der Ohren hat zu hören.
Dann darf ich also Ihre Ausführungen so interpretieren, daß Sie den Antrag Drucksache 3396 für falsch halten, obwohl Sie ihn mit unterzeichnet haben?
Kommen Sie morgen um 9.30 Uhr in den Wohnungsbauausschuß - ich bitte Sie darum -, und dann werden Sie hören, wie ich das interpretiere. Orgaß ist immer ein Mann der klaren Sprache gewesen. Ich glaube, diese klare Sprache habe ich soeben gesprochen. 27 % Erhöhung bedeutet: die derzeitige Obergrenze im Wohngeldgesetz. Ist das klar? - Das haben auch Sie jetzt verstanden.
Wir wollten, daß Hamburg weißer Kreis werde, und damit waren wir in trauter Einheit mit den Beschlüssen des Senats und der Sozialdemokratischen Partei Hamburgs. Erst als sich herausstellte, daß dieses Wollen in der Praxis dadurch unterlaufen wurde, daß die Absprachen zwischen den verschiedenen Partnern nicht eingehalten wurden, haben wir Maßnahmen ergriffen.
Konkret: Die CDU - ich glaube, wir waren die ersten in Hamburg - hat beide Vertragspartner, nämlich den Haus- und Grundbesitzerverband und den Mieterverein zur gleichen Zeit zu sich gebeten und gefragt: „Was ist, was steht an, wie können wir unsere guten Dienste anbieten?" Wir haben uns dort geeinigt. Der Syndikus des Hamburger Hausund Grundeigentümerverbandes hat eine Erklärung abgegeben, in der es hieß: in der Regel keine größere Erhöhung als 20 %. Wir haben gesagt: Okay, wenn das so ist, dann ist alles in Ordnung.
Dann kamen plötzlich die alarmierenden Feststellungen in der Öffentlichkeit: 40, 60, 80, zum Teil 100 und mehr Prozent Mehrkosten. Daraufhin haben wir diesen Antrag gestellt. Wenn wirklich darum gestritten werden soll, wer zuerst da war, dann waren wir zwar eher da; aber das ist doch uninteressant.
({0})
- Es geht uns jetzt nicht um unser Prestige, Herr Apel. Die Federn können wir nachher gemeinsam rupfen und verteilen. Jetzt geht es um das Anliegen. Ich bin Ihnen dankbar, daß Sie gesagt haben, Sie würden mitziehen. Ich habe das Meine zu tun, meine Leute auch mitzuziehen. Ich bin auch gar nicht untätig.
({1})
Gravierend wurde die Sache doch erst - und damit begründe ich, weshalb dieser Antrag notwendig ist -, nachdem in der vorvorletzten Woche der Haus- und Grundeigentümerverband glaubte, jetzt habe er grünes Licht für marktwirtschaftliche Bedingungen, wie es der Syndikus dort in erfrischender Offenheit gesagt hat. Man hat schlagartig und überfallmäßig einen neuen Hamburger Mietvertrag für Wohnraum herausgebracht. Ich glaube, daß Sie nicht nur aus der Hamburger Presse, sondern auch aus anderen Zeitungen bereits von diesem skandalösen Verhalten erfahren haben. Dort sind fast sämtliche Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches durch vertragliche Bedingung in ihr Gegenteil verkehrt worden. Dort ist der Skandal geschehen, daß man zwar oben in einer Roßtäuschermanier auf die Sozialklausel hingewiesen hat, aber nicht auf die jetzt geltende, sondern auf die unzulängliche alte Fassung.
In einem Schreiben - ich wollte den Minister in der Fragestunde des Bundestages danach fragen; leider war das nicht heute, denn das hätte die Debatte schon etwas untermauert - hat mir der Syndikus dort mitgeteilt, das sei leider nur aus einem drucktechnischen Versehen geschehen, aber man habe inzwischen längst alle Instanzen - auch die Bundesregierung - davon verständigt, daß das natürlich nicht gelten könne, sondern daß selbstverständlich die neue Klausel gelte. Ich habe das schriftlich. Ich habe außerdem schriftlich, daß trotz dieser Erklärung an demselben Tag, als der Brief geschrieben wurde, diese Verträge noch von der Geschäftsstelle des Haus- und Grundeigentümerverbandes verkauft wurden und laut telefonischer Rückfrage selbst gestern noch vertrieben worden sein sollen.
Durch eine andere Passage geht der Mieter bei Mietstreitigkeiten im Grunde genommen des SchutOrgaß
zes der Sozialklausel verlustig, weil er sich dort vorbehaltlos einem Schiedsspruch unterwerfen muß. Damit ist, glaube ich, für diesen Vertrag mit Recht die Frage der Sittenwidrigkeit aufgeworfen.
Aber es kommt noch mehr. Man will nämlich durch Neuabschlüsse, zu denen alle Vermieter ausdrücklich aufgefordert wurden, die Rechte aus einem langen Mietverhältnis anullieren und die Mietverträge neu datieren, so daß die längeren Kündigungsfristen und andere Bestimmungen nicht mehr gelten. Außerdem verlangt man den Mietern, auch denen, die ihre Wohnungen jahrzehntelang gemietet haben, eine zinslose Kaution in Höhe von zwei Monatsmieten ab, hält sich andererseits aber frei und wälzt fast sämtliche Reparaturkosten für die Wohnungen auf den Mieter ab. Regreßansprüche auf Grund von Feuchtigkeitsschäden und dergleichen werden, soweit sie der Vermieter zu tragen hat, durch Vertrag abbedungen. Ich glaube, das ist ein Skandal.
Erlauben Sie eine Zwischenfrage, Herr Kollege Orgaß?
Herr Kollege Orgaß, werden durch Ihren Bericht über die Hamburger Manipulationen nicht der Pessimismus und die Skepsis bestätigt, die meine Freunde immer hinsichtlich der Ballungsräume gehabt haben, und wird nicht der Optimismus Ihrer Freunde, daß marktwirtschaftliche Regelungen allein schon in Verbindung mit der neuen Sozialklausel ausreichend seien, um sozialwidrige Tatbestände zu verhindern, widerlegt?
Herr Jacobi, ich weiß nicht recht, ob dadurch der Optimismus des einen und der Pessimismus des anderen bestätigt wird. Aber, Herr Jacobi, wir sind keine Historiker, die die Vergangenheit erforschen, wird sind Politiker, die die Zukunft gestalten müssen. Deswegen bedauere ich es auch, daß der Herr Wohnungsbauminister auf Grund der inzwischen veränderten Situation keine andere Antwort an die Hamburger Bürger hatte als die Erklärung, die hier bereits zitiert wurde. Denn ich meine, Herr Minister, selbst biblisch gesprochen war es doch schon so, daß gesagt wurde: Wenn ein Ochs in die Grube fällt, dann muß man helfen und ihn herausziehen und kann nicht sagen, das sei nicht vorgesehen. Hier sind andere Umstände, und denen muß man Rechnung tragen.
Das, was hier jetzt mit dem Mietvertrag geschehen ist, ist - nur deswegen habe ich es erläutert - ja nur ein Symptom für die Situation, in der sich der Hamburger Wohnungsmarkt noch befindet. Ich kann nur meinen hohen Respekt vor jenen statistischen Rechenkünstlern zum Ausdruck bringen, die uns statistisch beweisen, daß wir in Hamburg keine Unterversorgung mehr haben. - Wenn ich z. B. wüßte, daß der Kollege Apel jeden Tag zwei Koteletts ißt, und ich esse keines, dann könnte ich statistisch nachweisen, daß wir jeder eines essen; ergo sind wir beide satt.
({0})
Sehen Sie, so eine alberne Statistik kann man aufmachen. Wenn man aber beim Wohnungsmarkt zu
solchen Ergebnissen kommt, muß man, so meine ich, doch feststellen, daß hier an der Situation etwas nicht echt ist. Eine Berechnung auf Grund seriöser Unterlagen zeigt, daß Hamburg einen Fehlbestand von über 23 000 Wohnungen hat. Dazu kommt die einmalige Situation, daß wir in Hamburg noch über 30 000 Behelfsheimbewohner haben, die das Wohnungsdefizit noch um viele Prozent erhöhen. Damit ist in Hamburg der Wohnungs fehlbestand größer als überhaupt der Wohnungsbestand in anderen Großstädten. Deswegen kann man auch nicht so ohne weiteres sagen: Das schaukelt sich schon zurecht! - Sonst könnte es ja nicht zu einem solchen Mietvertrag kommen!
({1})
Ein anderer Nachweis. Hamburg ist die einzige Stadt -- auch in München gibt es das nicht -, wo es noch Baukostenzuschüsse, zum Teil verlorene Baukostenzuschüsse für den steuerbegünstigten und frei finanzierten Wohnungsbau in Höhe von durchschnittlich 120 bis 150 Mark pro qm gibt. Das bedeutet 7200 his 9000 DM Baukostenzuschuß für eine 60-qm-Wohnung. Das sind Symptome dafür, daß der Markt noch nicht ausgeglichen ist. Wir als die Verantwortlichen im Bundestag müssen deswegen dafür Sorge tragen, daß wir Mittel finden, um eine elastische Überführung des Wohnungsmarkts dieser beiden Großstädte vom schwarzen Kreis in marktwirtschaftliche Bedingungen zu erreichen, und zwar ohne daß es zu Brüchen kommt und ohne daß sich jemand allein auf Grund noch nicht vorhandener marktwirtschaftlicher Bedingungen ungerechtfertigt bereichern kann.
Morgen sollten wir im Ausschuß im einzelnen über diese Dinge reden. Zum Schwur kommt es dann nächste Woche. Wir sind dabei.
({2})
Herr Kollege Orgaß, meine bibelkundige Nachbarin im Präsidium macht darauf aufmerksam, daß das Bibelzitat nicht ganz vollständig war. Es heißt: Wenn am Sonntag ein Ochs oder ein Esel . . . Daß Ochsen und Esel in der Woche aus dem Brunnen herausgehoben werden, verstand sich von selbst
({0})
Das Wort hat jetzt Herr Kollege Stiller.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die drei Kollegen, die vor mir gesprochen haben, gehören meines Wissens erst seit der 5. Wahlperiode dem Bundestag an. Ich gehöre schon seit 1953 dazu. Ich war also auch dabei, als wir im Jahre 1960 die sogenannten Abbaugesetze beschlossen, die die Wohnungszwangswirtschaft in die soziale Marktwirtschaft überführen sollten. Meine Damen und Herren, der Abbau hat sich in Stufen vollzogen. Er hat sich ordentlich und ohne Schwierigkeiten vollzogen
({0})
Erst in der dritten Stufe, als, seit dem Jahre 1963, die schwarzen Kreise in weiße Kreise umgewandelt wurden - das erfolgte auf Grund der Statistik: erst wenn der Wohnungsfehlbestand unter 3 % abgesunken war, wurde ein schwarzer Kreis in einen weißen Kreis umgewandelt -, haben wir überall in den Land- und Stadtkreisen in bezug auf die Umwandlung die gleichen Reden gehört, die auch heute wieder zu hören waren. Es hat geheißen: Das wird furchtbar für die Stadt, für den Kreis werden, es werden Zehntausende von Kündigungen ausgesprochen werden, die Mieter werden auf die Straße gesetzt werden,
({1})
die Mieten werden in die Höhe gehen, es werden unerhörte Mieterhöhungen auf die Mieter zukommen,
({2})
die Städte müssen Obdachlosenheime bauen, um die Leute unterzubringen.
({3})
- Besonders von Ihrer Seite, meine Damen und Herren, wurde das damals behauptet. Wir können es in den Protokollen nachlesen. Das, meine Damen. und Herren, ist nirgends eingetroffen!
({4})
Die Leute wurden nicht auf die Straße gesetzt, weil wir das soziale Mietrecht hatten, das inzwischen sogar verbessert worden ist.
Meine Damen und Herren, alljährlich, ab 1953, sind genauso wie heute entsprechende Anträge von allen Fraktionen hier im Hause gestellt worden. Im vergangenen Jahr sind die Kollegen aus Köln und Düsseldorf gekommen und haben einen Antrag gestellt. Sie haben gesagt: Zwar sind schon 550 Stadt- und Landkreise weiß geworden; das mag richtig gewesen sein; aber gerade bei uns in Köln, in Düsseldorf, geht das nicht. Im vergangenen Jahr hatten wir eine solche Debatte wegen Köln und Düsseldorf, und da haben Sie, Herr Kollege Jacobi, sich auch besonders stark gemacht. Ich nehme es Ihnen nicht übel; Sie sind ja aus Köln, so wie meine Kollegen, die diesen Antrag heute einbringen und begründen, aus München sind.
Meine Damen und Herren, was ist in Köln, in Düsseldorf, passiert? Nichts ist passiert.
({5})
Es mag natürlich, wenn man von der Zwangswirtschaft zur sozialen Marktwirtschaft übergeht, da und dort Schwierigkeiten geben; das ist natürlich klar. Diese Schwierigkeiten wurden aber alle überwunden.
Nun gibt es wieder einen solchen Antrag, der München und Hamburg betrifft. Hier wird auch wieder gesagt: In München herrscht große Wohnungsnot; München ist eine ganz besondere Stadt; wenn das Gesetz dort angewandt wird, gibt es endlich einmal die Schwierigkeiten, die früher immer an die Wand gemalt wurden. Auch mein Kollege Orgaß hat heute wieder gesagt: Die Stadt Hamburg hat etwas Besonderes vorzuweisen. Jeder Kollege erklärt, seine Stadt habe etwas Besonderes vorzuweisen. Wie ist die Wirklichkeit in München?
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Orgaß?
Bitte schön, Herr Kollege Orgaß!
Herr Kollege Stiller, darf ich Sie eingedenk Ihrer Ausführungen auch daran erinnern, daß Sie mich einmal selbst gebeten haben, Ihnen Schützenhilfe zu leisten, um für Ihre Tochter in Hamburg eine Wohnung zu besorgen?
({0})
Herr Orgaß, das stimmt nicht; meine Tochter wohnt in Nürnberg, die hat in Hamburg gar keine Wohnung gebraucht. Ich habe Sie, Herr Orgaß, allerdings gefragt, ob Sie nicht mithelfen könnten, einem Bekannten eine Wohnung zu beschaffen, weil dieser Bekannte eine Sozialwohnung haben wollte.
Meine Damen und Herren, wir sind jetzt bei München. München wehrt sich dagegen, weißer Kreis zu werden, einbezogen zu werden in den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft. Wie ist die Wirklichkeit in München? Bis jetzt haben wir 557 Stadt- und Landkreise in die soziale Marktwirtschaft übergeführt. Die Überführung ist vorgenommen worden, wenn der rechnerische Fehlbestand unter 3 Prozent abgesunken ist. Wir haben also Frankfurt und Hannover übergeführt, Großstädte, die einen Fehlbestand zwischen Null und 3 Prozent hatten. Dort ist nichts passiert. In München liegt der rechnerische Fehlbestand zur Zeit unter Null Prozent. Nun kommen die Münchner und sagen: Gerade bei uns muß aber eine Ausnahme gemacht werden. Ich bin der Meinung, das sollte man nicht tun. Man sollte nicht zweierlei Recht setzen, das Recht für die Frankfurter, die Nürnberger und die Hannoveraner und das Recht für die Münchner und Hamburger. Was dem einen recht ist, ist dem anderen billig.
Ich möchte nun noch einige Sätze zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Wohngeldgesetzes - Drucksache V/3396 - sagen. Diesen Entwurf habe ich mit unterschrieben, und zwar nicht deswegen, weil damit der Übergang in Hamburg oder in München finanziell besser gestaltet werden könnte. Ich weiß auf Grund meiner Erfahrungen in den letzten zehn Jahren, daß der Übergang in München und Hamburg genauso reibungslos sein wird. Da habe ich keine Befürchtungen. Ich habe diesen Antrag mit unterschrieben, weil ich es für richtig halte, daß wir im Wohngeldgesetz noch eine Tabelle einführen für die sogenannten Millionenstädte. Es ist nun einmal so, daß das allgemeine Mietenniveau in den Städten, die mehr als eine Million Einwohner haben, höher als in den anderen Städten, als in den
Kleinstädten ist. Es wäre also richtig, wenn man das im Wohngeldgesetz berücksichtigen würde.
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, den Antrag unter Ziff. 11 der Tagesordnung, Änderung der mietpreisrechtlichen Vorschriften, abzulehnen, dagegen den Antrag unter Ziff. 12, Ergänzung des Wohngeldgesetzes, anzunehmen.
({0})
Das Wort hat jetzt der Herr Kollege Prinz von Bayern.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Verehrter Kollege Apel! Ich bin Ihnen besonders dankbar für die eine Berner-kung, daß wir hier nicht in erster Linie in Parteipolitik zu machen haben, sondern in tätiger Hilfe für einen immerhin beachtlichen Bevölkerungskreis. Trotzdem - wahrscheinlich liegt das in der Sache - klingt in dieser Diskussion bereits so ein gewisser Wahlkampftenor an.
Wer ist denn für diese beiden Anträge der CSU München verantwortlich? Die Verantwortung trage ich. Welches ist meine Position? Meine Position ist die eines Bezirksvorsitzenden einer Volkspartei. Ich habe innerhalb meiner Partei berechtigte Anliegen zu vertreten.
({0})
Hier sind die Anliegen der Hausbesitzer, hier sind die Anliegen der Mieter. Ich muß diese berechtigten Anliegen abwägen und komme zu dem Schluß, daß das Anliegen der Mieter schwerer wiegt, weil die Mieter die Schutzbedürftigeren sind. Nichts anderes steht hinter diesem Antrag.
({1})
Damit sage ich aber auch, daß ich die berechtigten Anliegen der Hausbesitzer nicht beiseite schieben kann. Daher diese beiden Anträge. Ich habe das nur ausgeführt, um Ihnen den Hintergrund klarzulegen, wie diese Anträge zustande kamen. Wahrscheinlich ist es doch so - und Sie, die Sie doch auf dem Wege zur Volkspartei sind, müssen es uns zugeben -, daß der Preis der Freiheit das Kompromiß ist, auch wenn der eine oder andere von uns persönlich einen anderen Standpunkt einnimmt.
Meine Damen und Herren, nun muß ich leider, leider eines feststellen. Es scheint mir eine nicht allzu große Bereitschaft in diesem Hause zu bestehen, unseren Sorgen näherzutreten. Mitglieder, die diese Operation „Weißer Kreis" am eigenen Leibe bereits hinter sich gebracht haben, sagen: Ich habe diese Operation überlebt, warum sollen wir Hamburg oder München diese Operation ersparen? Ich brauche hier jetzt nicht für Hamburg zu reden; das ist bestens geschehen. Lassen Sie mich aber ganz kurz folgendes zu München sagen. Natürlich reizt München zu einem gewissen Neid und damit zu einer Schadenfreude; denn München ist beliebt. Und weil München so beliebt ist, hat es einen so starken, extraordinären Zuzug, und weil der Zuzug so groß ist, zeigen sich jetzt als Kehrseite der
Medaille größere Schwierigkeiten auf dem Wohnungsmarkt.
({2})
- Gut! Sie haben die Operation ja hinter sich. - Aber jetzt sprechen wir davon, meine Freunde, daß es sehr kurzsichtig ware, solche Motive in die Debatte einzuführen. Ich möchte nur folgendes sagen. Wenn München, aus welchem Grund immer, beliebt ist, dann ist das doch ein positiver Akzent, um das Bild Deutschlands im Ausland noch einmal mehr positiv zu unterstreichen. Also lassen wir doch diese Städterivalität hier aus dem Spiel.
Ich möchte noch auf einen Punkt zu sprechen kommen. Wir haben einen Sektor von Betroffenen, der mir besonders am Herzen liegt, nicht angesprochen. Herr Apel, von Ihnen stammte doch die Idee - oder war es schon ein Antrag? -, bei der Umwandlung von Altbauwohnungen in Eigentumswohnungen eine - ich glaube - dreijährige Kündigungsschutzfrist zu beantragen. Ich möchte das ausdrücklich unterstreichen; denn - bitte, da hat Freund Stiller recht - es geht hier um Minoritäten, die betroffen sind. Die Minoritäten sind aber so groß, daß sie aus sozialen Gründen berücksichtigt werden müssen.
Die am meisten betroffene Minorität sind jene alten Leute, die in diesen Altbauwohnungen sitzen und die heute von Spekulanten, die unter ausländischen Firmen auftreten, aufgesucht werden. Man sagt zu ihnen: „Frau X" oder „Herr Y, wie geht es Ihnen denn? Wir bieten Ihnen Ihre Wohnung als Eigentumswohnung an, sie kostet soundsoviel tausend DM. - Was, das können Sie nicht zahlen? Dann müssen Sie eben ausziehen." - Hier, wenn irgendwo, hört die Parteipolitik wirklich auf. Wo ist Ihr Antrag, Herr Apel? Peitschen Sie ihn durch! Wir werden ihm bestimmt beitreten.
({3})
Nun lassen Sie mich noch zu einem Punkt kommen. Was wir mit unseren Anträgen wollen, ist weiter nichts, als ein zusätzliches Mittel in die Hand zu bekommen, mit dem wir uns um ein Mehr an sozialer Gerechtigkeit unter den gegebenen Umständen im Parlament und innerhalb der eigenen Partei bemühen wollen. Auch Sie haben nicht eine ganz einheitliche Struktur in dieser Frage, wie wir festgestellt haben.
({4})
Nun lassen Sie mich noch etwas sagen. Aus Kreisen der Hausbesitzer hat man mir in anonymen Zuschriften und in Telefonanrufen vorgeworfen, ich sei ein roter Prinz. Ob ich rot oder schwarz bin, weiß ich nicht, jedenfalls bin ich weiß-blau oder münchnerisch.
({5})
Aber es stimmt, daß meine Familie, wenn Sie so wollen, zu den größten Hausbesitzern in München gehört. Meinen Sie, ich würde über meinen Schatten springen, wenn nicht ein dringendes Bedürfnis
für diese Übergangshilfen in München vorhanden wäre?
({6})
Jetzt sage ich Ihnen noch eines. Sie haben die Vermutung durchklingen lassen, daß die CSU in München hier sozusagen nachtarocken oder nächstes Jahr parteipolitisch ihr Schäfchen ins Trockene bringen will. Was ich Ihnen anbieten kann, um diese Hemmung auszuräumen - und ich tue es -, ist folgendes. Ich werde am 5. hier in diesem Plenum bei Ihrem Antrag - schwarzer Kreis - die Hand heben, aber in der Erwartung, daß Sie dann auch bei uns die Hand heben im Interesse der betroffenen Münchner.
({7})
Das Wort hat jetzt der Herr Kollege Dr. Müller ({0}).
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es würde mich reizen, ein paar Bemerkungen zum Thema „Volkspartei" zu machen. Kollege Prinz Konstantin, Sie sagten immer: Wir von der CDU/CSU begrüßen den Antrag des Kollegen Apel und der sozialdemokratischen Fraktion, etwa die Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen einzuschränken. Aber ich habe immer noch das Gefühl, daß dieses „wir" ein sehr kleiner Bestandteil der Volkspartei CDU/CSU ist, der diesen Antrag unterstützt.
({0})
Denn wenn ich mich recht erinnere - ich war bei der Debatte hier damals anwesend -, war es Ihr Kollege Erhard ({1}), der sehr heftig gegen 'den Antrag unseres Kollegen Apel polemisierte und ihn als nicht richtig bezeichnete. Ich gebe gern zu, Herr Kollege Orgaß, daß Sie ihn unterstützt haben.
Würden Sie eine Zwischenfrage gestatten?
Bitte sehr!
Herr Kollege Müller, darf ich vielleicht in Ihre Erinnerung rufen, daß der Herr Kollege Erhard ({0}) keineswegs gegen das Anliegen, das in der Überschrift zum Ausdruck kam, zu Felde gezogen ist, sondern es wärmstens empfohlen hat, wohl aber gegen die juristisch unhaltbaren Begründungen, die inzwischen auch von Ihren Leuten restlos aufgegeben worden sind?
Gestatten Sie eine weitere Frage, Herr Kollege Müller? - Herr Stiller!
Herr Dr. Müller, Sie stellen jetzt die Dinge so hin, als ob die CDU
Herr Kollege, darf ich Sie bitten, Ihre Gedanken möglichst in Frageform zu formulieren.
Herr Kollege Müller, ist Ihnen nicht bekannt, daß dieser Antrag, den die Münchner gestellt haben, im Ausschuß mit 14 gegen 8 Stimmen abgelehnt wurde und daß die Sozialdemokraten 12 Sitze im Ausschuß haben, aber nur 8 Stimmen abgegeben haben?
({0})
Herr Kollege Müller, gestatten Sie eine Frage der Kollegin Frau Berger-Heise?
Herr Kollege Müller, jetzt muß ich Sie fragen, ob Ihnen bekannt ist, daß Ihr Antrag nur deshalb auf die Tagesordnung gekommen ist, weil die SPD mit 12 Stimmen dafür war, während die CDU mit 8 Stimmen dagegen stimmte.
Liebe Kollegin Frau Berger-Heise, ich erinnere mich mit großem Vergnügen daran; denn ich war in der Frühe selber anwesend und war sehr erfreut darüber, daß wir gerade eine Stimme mehr hatten als die CDU/CSU und FDP, damit dieser Antrag, der am 25. Juni dieses Jahres bereits im Bundestag eingebracht worden ist, überhaupt auf die Tagesordnung des Ausschusses gesetzt werden konnte. Ich bin den Verdacht nicht los geworden, Herr Kollege Stiller, daß hier vielleicht taktische Gesichtspunkte eine Rolle gespielt haben. Vielleicht wollte man diesen Antrag möglichst lange hinauszögern, um dann zu erklären: Jetzt hat es sowieso keinen Sinn mehr, darüber zu verhandeln, nachdem der 1. Januar bereits eingetroffen ist und man nichts mehr ändern kann. Der Antrag der Kollegen der CDU/CSU, vor allem der Kollegen Geisenhofer und Prinz Konstantin, ist ja erst am 22. Oktober eingebracht worden. Ich hätte es sehr begrüßt, wenn dieser Antrag schon früher gekommen wäre. Das hätte unser Anliegen hier im Bundestag sicher erleichtert.
Aber weil Sie, Herr Kollege Stiller, gerade vom Ausschuß gesprochen haben, gestatten Sie mir, daß ich hierzu noch etwas sage. Ich habe übrigens jetzt zu dem anderen Gesetzentwurf betreffend die Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen gesprochen, noch nicht zu der Frage „weißer Kreis" . Trotzdem haben Sie schon dazu eine Zwischenfrage gestellt. Ich hatte noch gar nicht zu dem Thema gesprochen.
({0})
Ich wollte darauf kommen, aber der Kollege Stiller hat in der Nervosität schon vorausgegriffen und wollte zu dieser Frage Stellung beziehen.
Ich erinnere mich sehr gut an die Debatte im Ausschuß. Sowohl bei Ihren Beiträgen, Herr Kollege Stiller, als auch bei ein paar anderen Beiträgen habe ich das Gefühl gehabt, daß das Grundmotiv der Ausführungen in sehr vielen Fällen nicht die Anliegen der Mieter oder die Probleme der Bevölkerung in München betraf, sondern daß man insgeDr. Müller ({1})
heim. eine Antipathie gegen München hatte. Da kamen Dinge hoch, die mit der Wohnungsfrage gar nichts zu tun hatten. Da wurde gesagt - von anderen; ich habe Sie nicht allein erwähnt, Herr Kollege Stiller -: München rafft alles an sich, München will große Industriezweige, große Bundesbehörden haben; dann soll es sich nicht wundern, wenn die Mietpreise so steigen.
({2})
- Der Herr Kollege Gleissner war es, der ja für seine Eskapaden gegen München bekannt ist.
({3})
- Ja, er hat einen Anti-München-Komplex. Ich meine, hier im Hause müßte bekannt sein, daß z. B. Münchener SPD-Abgeordnete hier im Bundestag einen Antrag eingebracht haben, daß die Bundesanstalt für Fleischforschung, die der Bund nach München verlegen wollte, nicht nach München verlegt wird. Die Münchener SPD-Abgeordneten wollen gar nicht, daß z. B. solche Behörden nach München verlegt werden, weil wir wissen, daß die Lebenskraft dieser Stadt so groß ist, daß wir eher bremsen müssen.
({4})
Man kann München nicht mit anderen Städten vergleichen. In diesem einen Jahr haben wir in München wahrscheinlich wieder eine Zuwachsrate von 20 000 Menschen gegenüber 1967 und 1966.
({5})
- In München-Land ist es genauso, Herr Kollege Becher. Man darf nicht nur den Stadtbezirk München, sondern muß auch den umliegenden Landkreis sehen. Dies ist eine Zuwachsrate, die mit anderen Großstädten nicht vergleichbar ist, da ja die meisten Großstädte sogar eine abnehmende Bevölkerung haben. Man muß die besondere Situation dieser Stadt sehen.
Wir Sozialdemokraten waren der Meinung - hier kann ich bewußt sagen „wir" ; denn unsere Fraktion war als die Fraktion einer Volkspartei in der Frage einmütig auf dieser Position -, daß mit einer Verlängerung der Wohnungszwangswirtschaft - wenn Sie sie so bezeichnen wollen - um ein weiteres Jahr dieser Übergang erleichtert werden könnte. Über das Sonderwohnungsbauprogramm, das dankenswerterweise im Bundeswohnungsbauministerium ausgearbeitet worden ist, kann hier eine Hilfe gegeben werden. Es ist übrigens auch nicht richtig, daß, wie im Ausschuß gesagt wurde, München sich nicht rechtzeitig um ein solches Sonderbauprogramm bemüht habe. Das ist längst vorher geschehen durch einmütige Beschlüsse des Münchener Stadtrates, auch der Vertreter der CSU im Münchener Stadtrat.
Wir werden hier im Plenum hoffentlich eine gemeinsame Abstimmung über alle drei Anträge, die zwei der CDU/CSU und den einen der SPD, haben. Ich appelliere noch einmal an die Volksparteien CSU und CDU, und ich knüpfe an das an, was Prinz Konstantin gesagt hat. Ich möchte sehen, in welchem Verhältnis in diesen Volksparteien Hausbesitzer und Mieter bei der Abstimmung über die Frage „weißer Kreis oder nicht weißer Kreis" vertreten sind. Dann werden wir hier sehr deutlich eine klare Position beziehen können.
Eines ist mir aufgefallen, Herr Kollege Stiller
- ich kann mir nicht verkneifen, das zu sagen -: Sie haben den einen Antrag Ihrer Kollegen aus München abgelehnt, den anderen bejaht. Bei uns in der SPD ist die Tendenz eher genau umgekehrt: den einen Antrag, den Sie ablehnen, anzunehmen; gegen den anderen haben wir eine gewisse Skepsis.
({6})
- Ich weiß es, Herr Kollege Stiller; allerdings: ich habe bei Ihnen auch nichts anderes erwartet.
Bei mir ist der Verdacht natürlich sehr stark, daß eine Wohngelderhöhung um einen so hohen Prozentsatz im Endeffekt natürlich auch ein Anreiz für die Hausbesitzer ist, auf jeden Fall die Wohnungsmieten so zu erhöhen, daß man mit der Begründung: „Ihr könnt ja dann um Wohngeld eingeben!" die Reaktionen gegen die Mieterhöhungen abwehren kann. Man hat gelegentlich den Verdacht, daß dieses Wohngeld auch zu einer Art Subvention des Hausbesitzes mißbraucht werden kann, als die es ja nicht gedacht ist.
({7})
- Aber, Herr Kollege Stiller, die Münchener Hausbesitzer sind nicht schlechter als die Nürnberger Hausbesitzer. Sie sind Hausbesitzer und machen Interessenpolitik. Ich bin der Meinung, daß man eben nicht nur Interessenpolitik vom Hausbesitzer machen kann, sondern in erster Linie die Interessen der breiten Bevölkerung, der Mieter sehen muß. Es gibt niemanden, auch nicht in unserer Partei - das wurde ganz klar dargestellt -, der nicht sähe, daß es beim Althausbesitz Probleme gibt. Wir wissen aber, daß gerade in den großen Ballungsräumen Schindluder mit dieser Machtposition getrieben wird, wo die Bodenpreise ins Immense gestiegen sind, weil man den Boden nicht beliebig vermehren kann.
({8})
- Herr Kollege Ertl, das ist nicht richtig! Das wurde z. B. im Ausschuß behauptet. Ich habe mich daraufhin sofort informiert, und wir haben festgestellt, daß das nicht der Fall ist, daß sogar das Gegenteil der Fall ist.
({9})
Erlauben Sie eine Zwischenfrage von Herrn Becher?
Bitte!
Herr Kollege Müller, würden Sie mit mir übereinstimmen, daß der eigentlich Grund für das rasende Steigen der Bodenrente in den Ballungsräumen die übergroße Zentralisation ist und daß es vereinfachend ist, wenn man dieses Problem nur auf das Verhältnis zwischen Mieter und Vermieter abstellt?
Herr Kollege Becher, natürlich ist es ein Problem der Zentralisation. Aber es ist natürlich ein Unterschied, ob ich Bodenbesitzer oder nicht Bodenbesitzer bin. Ich weiß aus meinem Wahlkreis: da gibt es einen Bauern, der hat innerhalb von zehn Jahren an seinem Boden über 1000 Prozent Gewinn gemacht.
({0})
- Ich habe eine Frage von Herrn Kollegen Becher; Sie erlauben mir doch, daß ich darauf eingehe, Herr Kollege Stiller. Ich habe vorhin von Althausbesitzern etwas gesagt; und hier wurde von der Zentralisation gesprochen. Wir kennen das Problem.
Ich will zum Abschluß noch ein Argument entkräften, das auch im Ausschuß gebraucht wurde und das hier immer wieder eingeführt werden soll. Es wurde im Ausschuß erklärt, so schlimm werde es ja in München nicht, gewisse Mietsteigerungen könne man ja verkraften; und dann gebe es ja noch den Wucherparagraphen im Strafgesetzbuch, den man anwenden könne. Dazu kann ich Ihnen nur eines sagen: In München sind die Mietpreise auf dem freien Wohnungsmarkt schon heute sehr hoch, und Wucher ist nur dann gegeben - das wird Ihnen jeder Jurist bestätigen -, wenn die Preise erheblich über die ortsüblichen Preise hinausgehen, weil man die Preise von Vilshofen nicht mit den Preisen von München vergleichen kann. Wir können, wenn das allgemeine Preisniveau schon sehr hoch ist, kleine Mietsteigerungen dazu, die dann zu Quadratmeter- preisen von 10 und 12 Mark führen, noch nicht mit dem Wucherparagraphen bekämpfen. Und jetzt erklären Sie mir, wie wir den alten Leuten in München, wie wir den jungen Familien in München dann überhaupt noch helfen können. Das Wohngeld kann nicht helfen, der Wucherparagraph kann nicht helfen. Was sollen sie tun?
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Schlager?
Bitte!
Herr Kollege Dr. Müller, haben Sie konkreten Anlaß für Ihre Auffassung oder Ihre Behauptung, daß das Wohngeld, wie wir es gewähren, tatsächlich zu unzulässigen Mieterhöhungen benutzt wird - mittelbar oder unmittelbar?
({0})
Herr Kollege Schlager, ich habe davon gesprochen, daß der Verdacht naheliegt - schon bei der Begründung, die Ihnen vorhin der Kollege Stiller gegeben hat -, daß hier die Möglichkeit einer solchen Mieterhöhung natürlich von Hausbesitzern - sicher nicht von allen; man kann nicht alle Hausbesitzer über einen Kamm scheren, darüber sind wir uns völlig einig - ausgenützt werden kann, indem man bis zu dieser Obergrenze erhöht und etwaige Proteste damit abwehrt, daß man sagt: Bitte, ihr braucht ja nur um Wohngeld einzugeben, dann wird euch das erstattet. - So habe ich das gesehen. Es gibt auch Beispiele -
Herr Kollege, wollen Sie auch eine Zwischenfrage von Herrn Dr. Hesberg beantworten?
({0})
Herr Kollege Müller, ist Ihnen nicht bekannt, daß wir neben den Wuchervorschriften das Wirtschaftsstrafrecht haben und daß diejenigen nach dem Wirtschaftsstrafrecht belangt werden können, die unangemessene Mieten fordern? Das geschieht doch in großem Umfange. Herr Kollege Apel hat das doch neulich auch gerade in unserer Ausschußsitzung dargelegt.
Herr Kollege Hesberg, wir wollen es bei der Frage belassen.
Herr Dr. Müller, wenn Sie ein paar Fragen bündeln wollen, - dann ist der Herr Schlager noch da, zur Hilfe auch noch der eigene Kollege Jacobi.
Ich bitte um Verständnis, ich bin unterbrochen worden; ich wollte noch eine zweite Zusatzfrage stellen.
Bitte, Herr Kollege Schlager!
Herr Kollege Dr. Müller, ist es nicht so, daß man mögliche unzulässige Mieterhöhungen in München oder Mieterhöhungen über Gebühr dadurch ausgleicht, daß man sozusagen als Regulativ dann eben den Wohnungsbau forciert und von daher Angebot und Nachfrage in Übereinstimmung bringt?
Deswegen haben wir ja unseren Antrag gestellt, Herr Kollege Schlager, um genau das zu erreichen,
({0})
in München noch den schwarzen Kreis zu belassen und diese Übergangsfrist durch ein verstärktes Wohnungsbauprogramm zu einem echten Spiel von Angebot und Nachfrage werden zu lassen. Insofern bin ich für Ihre Zwischenfrage sehr dankbar.
Da hatte der Herr Kollege Gleissner vorher noch eine Zwischenfrage stellen wollen. - Wollen Sie das, Herr Kollege Gleissner?
({0})
- Gut, dann wollen wir Herrn Jacobi vorgehen lassen; dann verteilen wir das etwas im Raum. Herr Kollege Jacobi, bitte!
Herr Kollege Müller, falls Sie die Absicht haben, auf die Frage des Herrn
Jacobi ({0})
Kollegen Dr. Hesberg zu antworten: ist Ihnen bekannt, daß sein Hinweis leider graue Theorie ist, weil auch dort die Praxis der Gerichte praktisch nicht zu irgendwelchen Ergebnissen führt?
Herr Kollege Jacobi, ich bin Ihnen sehr dankbar. Genau das wollte ich sagen. Für das Wirtschaftsstrafgesetzbuch gilt genauso wie für das Strafgesetzbuch, daß die Frage der Angemessenheit geprüft werden muß. Wenn das allgemeine Niveau bereits sehr hoch ist, gilt hier genau das gleiche Argument wie beim Wucherparagraphen des Strafgesetzbuchs.
Herr Gleissner, wollen Sie Ihre Frage jetzt stellen? - Bitte sehr!
Herr Dr. Müller, eine Frage! Wie viele Altwohnungen sind nach Ihrer Meinung noch in der Bewirtschaftung, wie groß ist die Zahl? Und zweitens: wäre es nicht besser - wenn Sie mir die Zahl genannt haben; Ihr Wohnungsamt weiß les ja ganz genau -, statt, wie Sie es vorhaben, auf die Altwohnungen loszugehen, das Wohnungsbindungsgesetz einmal einer Prüfung zu unterziehen und hier mindestens 100 000 Wohnungen in München dem Zweck zuzuführen, den Sie meinen?
({0})
- Das Wohnungsbindungsgesetz würde ermöglichen, daß in diesen Sozialwohnraum -
Einen Augenblick, Herr Kollege! Leider können wir den Dialog der Kollegen untereinander mit dem Medium der Frage nicht weiter fortführen.
Ich würde jetzt Herrn Dr. Müller bitten, die noch ausstehenden Antworten zu geben.
Herr Kollege Dr. Gleissner, es handelt sich etwa um 150 000 Wohnungen, die in München davon betroffen sind, etwa 150 000 Wohnungen. Es tut mir leid, das sind die Zahlen.
Ich darf zum Wohnungsbindungsgesetz nur folgendes sagen. Ich weiß nicht, was Sie damit gemeint haben. Aber ich glaube, daß es etwa die Frage ist, die uns alle beschäftigt: daß Leute in Sozialwohnungen leben, die vom Einkommen her längst keinen Anspruch mehr auf Sozialwohnungen haben oder die nicht mehr darin wohnen sollten.
({0})
- Das ist ein echtes Problem. Wir haben das auch in unserer Fraktion bereits einmal geprüft. Wir können es für die Zukunft ändern. Wir wissen aber, daß wir aus verfassungsrechtlichen Gründen das nicht für die Vergangenheit ändern können, weil wir hier nicht ein Gesetz mit rückwirkender Kraft schaffen können. Wir können es für die Zukunft, und ich werde es sehr begrüßen, wenn wir für die Zukunft ein solches Gesetz schaffen, das uns eine
Möglichkeit gibt, zu sagen, daß Leute, deren Einkommen über eine gewisse Grenze hinausgeht - da muß man einen gewissen Spielraum lassen, der nicht zu klein sein sollte -, kein Anrecht auf Sozialwohnungen mehr haben. Dann muß man prüfen, ob es richtig ist, ihnen eine höhere Miete abzuverlangen oder ihnen zu kündigen. Man muß abwägen, was hier besser ist. Es wäre eine sehr gute Sache. Aber, Herr Kollege Gleissner, das hilft uns im gegenwärtigen Zeitpunkt bei dem Münchner Problem überhaupt nicht. Wir stehen jetzt fünf Wochen vor der Entscheidung in München, und ich habe damals im Ausschuß schon gesagt: ich bin neugierig, wie die politischen Parteien die Verantwortung für das tragen werden, was nach dem 1. Januar 1969 in München passieren wird. Ich bin der Meinung, man kann andere Städte in diesem Fall mit München nicht vergleichen. Und es werden sich einige wundern, was in München an politischem Porzellan in einer Demokratie kaputtgehen kann, nur weil man nicht bereit war, über den eigenen Schatten zu springen und hier in einer bestimmten Frage eine Übergangslösung zuzulassen, die wirklich im Interesse der Münchener Bevölkerung und der Münchener Mieter gewesen wäre.
({1})
Das Wort hat jetzt der Herr Bundeswohnungsbauminister.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Leidenschaft, mit der hier diskutiert wird, ist wohl doch ein Beweis dafür, daß es sich um Fragen handelt, die uns alle mit großer Sorge erfüllen und die uns auch in Zukunft noch mit Sorge erfüllen werden. Ich glaube, es ist der Ernst der Diskussion, der dabei deutlich geworden ist. Manchmal kann ich mich allerdings nicht ganz des Verdachts erwehren, als entstünde jetzt der Eindruck, es werde mit ganz anderen Fronten gekämpft als bisher. Und ich bedaure sehr, daß dieser Eindruck so entstanden ist, denn ich bin ja dabei mit in die Diskussion einbezogen worden. Ich darf darauf hinweisen, daß ich es von Anfang an als meine besondere Aufgabe angesehen habe, zwei Probleme, die lange sehr umstritten waren, lösen zu helfen. Das eine war die Frage des sozialen Mietrechts. Das ist geschehen, und die Rechtsprechung dieses Jahres zeigt, daß hier ein wesentlicher Fortschritt erzielt worden ist. Das andere war die leidige und sehr umstrittene Frage der Schlußtermine beim Abbau der Wohnraumbewirtschaftung. Nur darf ich Sie daran erinnern, daß ursprünglich einmal der Schlußtermin für alle der 31. Dezember 1965 sein sollte.
({0})
Ich darf daran erinnern, daß dann dieses Haus den Termin um zwei Jahre hinausgeschoben hat, auf den 31. Dezember 1967. Und dann haben wir hier im vorigen Jahr über einen neuen Gesetzentwurf der Bundesregierung diskutiert. Damals haben die
Städte Hamburg und München darum gebeten, den Schlußtermin um zwei Jahre aufzuschieben.
({1})
Köln und Düsseldorf waren auch dabei. Nach langen, mühsamen Verhandlungen, bei denen Köln und Düsseldorf nicht zum Zuge kamen, kam dann ein Kompromiß heraus: 31. Dezember dieses Jahres. Das soll man nicht vergessen, wenn man jetzt über diese Dinge diskutiert. Ich habe gelegentlich so den Eindruck, als sei jetzt in Hamburg und München ein lokales Schwarzer-Peter-Spiel ausgebrochen,
({2}) was der Sache sicher nicht förderlich ist.
({3})
- Ja, das eine ist vielleicht etwas schwärzer, das andere etwas roter. - Ich sage das deshalb, meine Damen und Herren, weil auch im Zusammenhang mit einer Äußerung, die ich gegenüber dem Ministerpräsidenten des Freistaates Bayern abgegeben habe, heute morgen oder gestern in einer Münchener Zeitung eine völlig falsche Darstellung erschienen ist. Das Schreiben, das ich an den Herrn Ministerpräsidenten gerichtet habe, ist vorhin erwähnt worden. Herr Präsident, ich darf bitte einige Sätze daraus zitieren, um richtigzustellen, was ich gesagt habe:
Das Zweite Gesetz zur Änderung des Schlußtermins vom 21. Dezember 1967 hat den Termin für die Aufhebung der Wohnraumbewirtschaftung auch für die Landeshauptstadt München und den Landkreis München bis zum 31. Dezember 1968 hinausgeschoben. Nach den Erklärungen der Bundesregierung, die dieses Gesetz eingebracht hatte, und auch nach Auffassung des Bundesrates und des Bundestages sollte damit letztmalig eine Ausnahmeregelung getroffen und die jahrelangen Auseinandersetzungen über die Defizitberechnung durch einen tragbaren Kompromiß unter Bestimmung eines eindeutigen Endtermins beendet werden.
Ich bitte um Verständnis,
- das ist der entscheidende Satz daß sich die Bundesregierung nicht in der Lage sieht, nunmehr von sich aus initiativ zu werden und eine erneute Änderung des Schlußtermins vorzuschlagen. Andererseits
- der Satz gehört dazu, meine Damen und Herren vermag die Bundesregierung aber auch nicht der Entscheidung des Deutschen Bundestages über die Initiativanträge bayerischer Abgeordneter vorzugreifen,
({4})
die u. a. eine erneute Verschiebung des Schlußtermins zum Ziele haben und die zur Zeit im zuständigen Ausschuß des Deutschen Bundestages zur Beratung anstehen oder in Kürze beraten werden.
Das ist nach meiner Meinung eine sehr klare Aussage. Die Bundesregierung ist der Meinung, sie sollte, nachdem sie im vorigen Jahr mit einem Kompromiß versucht hat, die Dinge zum Abschluß zu bringen, nicht mehr initiativ sein. Aber sie will keineswegs irgendwie der Initiative des Bundestages vorgreifen. Das kann sie auch gar nicht. Aber daraus haben Münchener Zeitungen in sehr vereinfachender Form geschlossen, ich hätte mich gegen jede Initiative ausgesprochen. So einfach darf man die Dinge nicht darstellen, und ich wollte das hier richtigstellen.
Nun zu den beiden Anträgen selbst. Da muß ich allerdings einige Bedenken geltend machen. Soweit es um die Verlängerung der Mietpreisbindung geht, mag zunächst kein juristisches Problem aufgeworfen sein. Wenn das aber an eine Erhöhung der Obergrenzen im Wohngeldgesetz gebunden wird, entsteht eine ganz schwierige Situation.
({5})
Das muß man sehen. Darüber werden wir uns wahrscheinlich morgen im Ausschuß zu unterhalten haben.
Die Einfachstwohnungen im Altwohnungsbestand liegen im Augenblick bei einer Grundmiete von 1,65 DM je qm. Die Obergrenzen liegen im Augenblick bei 2,40 DM. Nach Ihrem Vorschlag sollen sie auf 3 DM erhöht werden. Das heißt: für die Heraufsetzung der Miete entsteht jetzt ein Spielraum von 1,65 bis 3 DM. Das geht über 60 % hinaus und das muß überlegt sein. Diese Kombination kann zu einer Mieterhöhung führen, die Sie sicherlich nicht wollen.
Zum anderen ist es nicht ohne Problematik, überhaupt die Mietobergrenzen zur Diskussion zu stellen; denn nicht in München und Hamburg allein, sondern überall wird die Auffassung vertreten, daß die Mietobergrenzen zur Zeit nicht mehr ausreichen.
({6})
Wenn wir das Problem anpacken, werden damit finanzielle Aufwedungen zur Diskussion gestellt, die wir im Augenblick in der mittelfristigen Finanzplanung nicht unterbringen können. Ich bitte das bei Ihren weiteren Beratungen nicht außer acht zu lassen.
Nun noch etwas zu der Hamburger Situation. Herr Abgeordneter Orgaß ist darauf schon zu sprechen gekommen. Ich werde ihm morgen oder übermorgen in der Fragestunde darauf antworten. Vielleicht wäre es besser gewesen, wir hätten das heute schon tun können.
({7})
Das, was sich dort entwickelt, ist ein besorgniserregender Vorgang
({8})
und läßt nach meiner Meinung einiges an sozialer Verantwortung vermissen, von der so gern gesprochen wird.
({9})
Dieser Mietvertragsentwurf, zu dem wir von meinem
Hause aus sehr klar Stellung genommen haben
- wir haben sehr deutlich darauf hingewiesen, wieBundesminister Dr. Lauritzen
weit er mit dem geltenden Recht nicht in Einklang steht -, macht doch deutlich, daß man in einer solchen Situation, in der sich die Bevölkerung großer Städte mit Recht Sorge über die zukünftige Entwicklung der Mietverhältnisse und der Mietpreise macht, nicht so vorgehen darf.
({10})
Ich halte das für ein politisch nicht zu verantwortendes Verhalten, und ich hoffe, daß eine Information, die ich heute bekommen habe, richtig ist, nämlich daß die Darstellung meines Ministeriums, die Darstellung des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg und die Reaktion in der Öffentlichkeit dazu geführt haben, daß man beim Landesverband der Haus- und Grundbesitzer in Hamburg einsieht, daß das ein grober Fehler war, und daß man sich jetzt mit den Senatsverwaltungen in Hamburg endlich zusammengesetzt hat, um diese Dinge wieder in Ordnung zu bringen.
({11})
Nur zeigt dies, daß es sich nach wie vor um ein Problem handelt, dessen Lösung wir offensichtlich eben nicht allein dem freien Spiel von Angebot und Nachfrage überlassen können,
({12})
weil immer wieder Mißbräuche und Auswüchse festzustellen sind. Das wird uns nach wie vor mit großer Sorge erfüllen und auch Anstrengungen in der Zukunft erforderlich machen. Ich werde mich jedenfalls bemühen, da vor allem durch den Bau von Wohnungen zu helfen. Ich bin der Meinung, daß auf die Dauer der Bau von Wohnungen das Mittel ist, mit dem wir langfristig den Markt in Ordnung bekommen. Die Verhandlungen mit München und Hamburg sind so weit gediehen, daß noch in diesem Jahr besondere Wohnungsbauprogramme in Angriff genommen werden. Das wird nicht sofort helfen, aber langfristig ist das eine sehr wichtige Aufgabe. Erlauben Sie mir daher, bei passender Gelegenheit, wenn wieder einmal über den Haushalt gesprochen wird, darauf zurückzukommen.
({13})
Das Wort wird nicht weiter gewünscht. Wir stimmen dann über die Vorschläge des Ältestenrats ab, die beiden Gesetzentwürfe Drucksache V/3397 und Drucksache V/3396 an den Ausschuß für Kommunalpolitik, Raumordnung, Städtebau und Wohnungswesen, den Gesetzentwurf Drucksache V/3396 außerdem an den Haushaltsausschuß gemäß § 96 der Geschäftsordnung zu überweisen. Wer mit den Vorschlägen des Ältestenrats einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei einer Enthaltung sind die Überweisungsvorschläge des Ältestenrats angenommen.
Die Punkte 13 bis 19 der Tagesordnung betreffen Ergänzungen der Geschäftsordnung.
Punkt 13:
Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD
betr. Ergänzung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages
- Drucksache V/2954 Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Ausschuß für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung - federführend -, Innenausschuß.
Punkt 14:
Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD betr. Ergänzung der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien, Besonderer Teil ({0})
- Drucksache V/2955 Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Ausschuß für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung - federführend -, Innenausschuß.
Punkt 15:
Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Ergänzung des § 7 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages
- Drucksache V/1418 -Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Ausschuß für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung.
Das Wort hat Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Obwohl es reizvoll wäre, nachdem heute hier so viel über Interessenverbände gesprochen worden ist, noch ein kleines parlamentarisches Feuerwerk zu beginnen, will ich in dieser Stunde davon absehen, sondern ich werde meine Sachausführungen zu den Punkten 14 und 15 zu Protokoll geben *), in der Hoffnung, daß dadurch die Beratung im Ausschuß schneller in Gang kommt.
({0})
Vielen Dank, Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen!
Wir kommen dann zur Abstimmung über die Überweisungsvorschläge des Ältestenrats zu den Punkten 13 bis 15. Wer mit den Vorschlägen des Ältestenrates einverstanden ist, gebe das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Die Vorschläge sind einstimmig angenommen.
Punkt 16:
Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Änderung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages
- Drucksache V/3459 - *) Siehe Anlage 10
Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Änderung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages
- Drucksache V/3447 - Punkt 18:
Beratung des Antrags der Fraktion der FDP betr. Änderung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages
- Drucksache V/3492 Der Ältestenrat schlägt vor, die Vorlagen unter den Punkten 16 bis 18 an den Ausschuß für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung zu überweisen.
Punkt 19:
Beratung des Antrags der Fraktion der FDP betr. Erweiterung der Befugnisse des Petitionsausschusses
- Drucksache V/2640 Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Ausschuß für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung - federführend -, Petitionsausschuß und Rechtsausschuß.
Wer mit den Überweisungsvorschlägen des Ältestenrates zu den Punkten 16 bis 19 einverstanden ist, gebe das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Die Vorschläge sind einstimmig angenommen.
Dann kommen wir zu Punkt 31 der Tagesordnung:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Sozialpolitik ({0}) über den Antrag der Fraktion der SPD zur Großen Anfrage der Abgeordneten Kühn ({1}), Stingl, Frau Schroeder ({2}), Dr. Jungmann, Adorno und der Fraktion der CDU/CSU
betr. Situation der Kinder in der Bundesrepublik Deutschland
- Umdruck 349, Drucksache V/3383 -Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Franz
Hierzu hat sich Herr Kollege Killat zum Wort gemeldet.
Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Damen! Meine Herren! Der Vorschlag des Sozialpolitischen Ausschusses, die Bundesregierung aufzufordern, dem Bundestag einen Gesetzentwurf vorzulegen, der die Gewähr für die Einbeziehung auch der Schulkinder in den Unfallversicherungsschutz bietet, ist von diesem Ausschuß einstimmig angenommen worden. Der Vorschlag beruhte auf einem Antrag meiner Fraktion. Unser Antrag fand dankenswerterweise im Ausschuß noch eine Ergänzung dahin, daß dieser Schutz nicht nur für Unglücksfälle in den Schulen oder auf dem Schulwege, sondern auch für Unglücksfälle bei schulischen Veranstaltungen gelten soll.
Gestatten Sie mir zu dieser Frage einige wenige Anmerkungen, weil ich bei der Diskussion dieser Frage festgestellt habe, daß teilweise falsche Vorstellungen über die Größenordnungen bestehen, die mit der Hereinnahme eines solchen neuen Personenkreises in die Unfallversicherung kostenmäßig oder auch zahlenmäßig verbunden sind. Wir haben über 8 Millionen Schulkinder, davon im Alter von 6 bis 15 Jahren rund 7 400 000. - Ich muß hier auf Zahlen zurückgreifen, die vom Innenminister bei der Behandlung dieser Frage vorgelegt worden sind. - Nach einem Mikrozensus für das Jahr 1964 sind davon 211 000 Kinder zu Schaden gekommen, davon auf dem Wege zur Schule 21 000 und in der Schule 20 000. Das sind 0,3 % der Gesamtzahl der Schulkinder bzw. 20 % aller Unfälle. Wenn man weiter die Fälle zugrunde legt, die so schwer sind, daß eine umfassende Regelung für Dauerschäden erforderlich ist, so sind das davon etwa 8 bis 10 %. Wir werden also vielleicht mit 3- .bis 4000 Fällen im Jahr zu rechnen haben. Gemessen an der Gesamtzahl der Schüler ist das Gott sei Dank eine kleine Zahl. Hier kann man vielleicht sehen, daß unsere Kinder doch immer noch einen Schutzengel haben.
In jedem einzelnen Fail der 3- oder 4000 Kinder, die infolge eines Unfalls mit Dauerschäden durchs Leben gehen müssen, ist nicht nur für das betroffene Kind, sondern auch für die Eltern mit dem Unfall eine hohe Belastung verbunden. Die Kosten für Heilmaßnahmen, für Rehabilitation und für eine Dauerunterhaltung sind so hoch, daß sie in der Regel für eine Familie unerschwinglich sind. Es werden dadurch nicht nur die Familien materiell beeinträchtigt, sondern es leiden unter Umständen auch die Weiterbildung und schulische Förderung von Geschwistern in solchen Familien. Wir glauben also, daß der bisher bestehende Zustand nicht weiter aufrechterhalten bleiben sollte. Deshalb haben wir den Antrag gestellt, einen umfassenden Unfallversicherungsschutz einzuführen.
Vielleicht noch ein Hinweis darauf, was es bisher gibt. Schüler von Berufsschulen, Fachschulen oder Berufsfachschulen sind bisher schon durch die Unfallversicherung geschützt. Auch die Schülerlotsen der allgemeinen Schulen sind in diesen Schutz einbezogen. Für alle anderen Kinder gibt es entweder überhaupt keinen Schutz oder nur einen Schutz auf der Basis von Länderregelungen oder durch Gruppenversicherungsmaßnahmen des Schulträgers oder durch. gemeindliche Maßnahmen. Diese Regelungen gewähren aber nur einen bedingten Schutz. Die durch sie bewirkten Leistungen sind außerordentlich gering. Die Leistungen werden oft nur auf Grund von Ermessensentscheidungen oder aus Billigkeitsgründen gewährt. Nur die Stadt Hamburg hat einen gesetzlichen Entschädigungsanspruch vorgesehen; aber auch hier ist die Höhe nicht ausreichend.
Ich kann es mir nicht verkneifen, darauf hinzuweisen, daß nach diesen bisherigen Regelungen beispielsweise pro Fall für Heilbehandlung - je nach dem Land, um das es sich handelt - nur 1- bis 3000 DM gewährt werden. Bei Invalidität werden, soweit überhaupt irgendwelche Versorgungsleistungen in Rentenform vorgesehen sind, - das ist auch
in Hamburg der Fall -, Beträge zwischen 750 DM und 1800 DM jährlich oder Kapitalabfindungen von 20 000 bis 50 000 DM gegeben. Diese Regelungen sind deshalb makaber, weil bei diesen Beträgen die Leistungen an die geschädigten Kinder im späteren Lebensalter alle unter den Fürsorgerichtsätzen liegen. Ich darf hier einmal eine andere Leistungsart erwähnen: die Leistungen für Bestattungen und für Bergungen. Dort können bis zu 4000 DM aufgewandt werden. Für Heilmaßnahmen werden dagegen innerhalb eines Jahres 1- bis 3000 DM gegeben.
Es ist wohl zufällig, daß einen Tag nach dem 17. Januar d. J., an dem wir im Bundestag unseren Antrag eingebracht haben, die Kultusminister auf ihrer Konferenz vom 18. und 19. Januar die Forderung erhoben haben, die Schulkinder in einen umfassenden Versicherungsschutz einzubeziehen. Wir begrüßen es, daß die Kultusministerkonferenz dieses, Anliegen unterstützt.
Jetzt kommt die Frage, wie wir diese Sache am besten regeln können. Es bietet sich hier die Regelung an, wie wir sie schon für einen Teil der Schüler in der Unfallversicherung haben. Das würde bedeuten, daß die Regierung uns in kürzester Frist eine Vorlage unterbreitet. Durch sie brauchte nur der Personenkreis in § 539 RVO ausgeweitet zu werden. Als Kostenträger kämen wie bisher die Länder und Gemeinden in Frage. Sie haben nämlich bisher auch schon die Kosten für die Schüler der Fachschulen und für die Schülerlotsen übernommen.
Ich glaube, auch noch eine Nebenwirkung würden wir mit dieser Maßnahme erzielen, die Nebenwirkung nämlich, daß in Zukunft der Unfallschutz der Schulkinder verstärkt wird und die Unfallverhütungsmaßnahmen verbessert werden, die dazu führen sollen, daß nach Möglichkeit gar kein Unfall eintritt. Wenn dieser Kostenträger durch die Unfallversicherung verpflichtet wird, auch die bekannten guten Einrichtungen der Unfallversicherung zu benutzen, werden zusätzliche Maßnahmen des Unfallschutzes in den Schulen und auf den Spielplätzen bis hin zu gesicherteren Schulwegen als Nebenprodukt und ein weiteres wertvolles Ergebnis anfallen.
Meine Damen und Herren, ich möchte abschließend auch meinen Dank zum Ausdruck bringen gegenüber den Kolleginnen und Kollegen aus den anderen Fraktionen im Ausschuß - wir haben dreimal beraten -, die im ersten Anlauf vielleicht noch nicht so ganz bereit waren, die Probleme in diesem umfassenden Sinne zu regeln. Es gibt natürlich gewisse Probleme, aber ich glaube, daß es jetzt, nachdem wir uns einstimmig zu dieser Regelung durchgerungen haben, an der Bundesregierung liegt und daß wir sie jetzt nur bitten können, uns zügig und schnell - die Regierung wird das aus dem Protokoll entnehmen können - eine Gesetzesvorlage zu machen, damit wir noch zu Beginn des kommenden Jahres, vielleicht bis Ostern, ein Gesetz verabschieden können, das den umfassenden Schutz der Schulkinder vor den Gefahren des Unfalls in der Schule und auf dem Weg zur Schule beinhaltet und damit auch diesen Personenkreis in eine Regelung einbezieht, die unserer Sozialstaatlichkeit angemessen ist.
({0})
Das Wort hat jetzt Herr Kollege Kühn.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nur drei ganz kurze Anmerkungen.
Wir freuen uns, daß aus der Initiative, die meine Fraktion seinerzeit mit der Anfrage über die Situation der Kinder in der Bundesrepublik ergriffen hat, ein erster sichtbarer Erfolg - dank des Antrages der SPD - in dieser Frage erwachsen ist. Wir haben im Ausschuß darüber beraten; Herr Kollege Killat hat alles das hier sachgemäß und richtig dargestellt. Ich glaube, daß wir durch die Regelung, die wir hier treffen, auch ein gutes Stück Familienpolitik betreiben.
({0})
Ich glaube nämlich, daß vieles, was hier an Nottatbeständen aus der unzureichenden Versorgung - Kollege Killat hat das dargestellt; ich will das nicht wiederholen - deutlich gemacht wurde, die Familien in der Vergangenheit doch außerordentlich belastet hat, und nicht nur die Familien, sondern auch die einzelnen Personen, die einzelnen Kinder und Jugendlichen, die es hart traf.
Ich glaube, wir werden hier, insbesondere auch bei der Beratung der uns jetzt zugegangenen Novelle zum Sozialversicherungsgesetz, über die notwendigen Rehabilitierungsmaßnahmen auf diesem Gebiet noch ganz besonders sprechen müssen. Das kommt natürlich als notwendige Ergänzung hinzu.
Wir haben auf diesem Gebiete, so möchte ich sagen, einen ersten Schritt auf einem sozialpolitisch neuen Wege begonnen, den wir bisher - ich sage das ganz ohne Vorwurf, einfach als Feststellung - nicht genügend in unseren Gesichtskreis einbezogen haben. Es geht nämlich um die Frage, wie die ständig steigende Zahl der schon im jugendlichen Alter oder vielleicht sogar schon von Geburt her Geschädigten entsprechend gefördert und in die Situation versetzt werden kann, für ihr Leben auch selber zu sorgen. Das bleibt wie immer das sozialpolitische Hauptanliegen meiner Fraktion: den Menschen in die Situation zu versetzen, für sich selbst sorgen zu können. Ich glaube, das ist die beste Sozialpolitik, die wir betreiben können.
Wir schließen uns dem Wunsch, den Herr Killat für die Fraktion der SPD hier geäußert hat, an, daß wir möglichst bald von der Bundesregierung eine entsprechende Vorlage bekommen. Ich führe die Nichtanwesenheit des Kabinetts darauf zurück, daß offenbar schon daran gearbeitet wird.
({1})
Ich darf also hoffen, daß wir in diesem, wenn auch im Augenblick sehr mäßig besetzten, Hause durch die repräsentativen Vertreter eine gute Zustimmung zu einem guten Wunsch erhalten.
({2})
Das Wort hat Herr Kollege Spitzmüller.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Ich will mich kurz fassen und nur feststellen: Es ist nicht einzusehen, warum wir, wenn wir die allgemeine Schulpflicht haben, den Kindern nicht auch einen Versicherungsschutz, einen Entschädigungsanspruch geben sollen, wenn ihnen bei der Erfüllung dieser allgemeinen Schulpflicht etwas widerfährt.
Als zweites möchte ich aber feststellen: Es soll hier nicht der Eindruck erweckt werden, daß nun ein umfassender Versicherungsschutz besteht, wenn diesem Anliegen des Ausschusses entsprochen wird. Vielmehr spielen sich nach wie vor 80 % der Unfälle, die Kindern zustoßen, im häuslichen, im privaten Bereich ab; damit kann immer noch viel Leid und Elend durch verunglückte Kinder in den Familien entstehen. Auf diesen Gesichtspunkt wollte ich ausdrücklich hinweisen, damit nicht der Eindruck entsteht, die Eltern seien nun von allen Fürsorgegedanken und -pflichten, wie sie für ihre Kinder außerhalb des schulischen Bereichs vorzusorgen haben, entbunden. Auf diese Verantwortung wollte ich besonders hingewiesen haben.
({0})
Meine Damen und Herren, wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses. Wer dem Ausschußantrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig beschlossen.
Ich rufe jetzt die Punkte 32 bis 35 der Tagesordnung auf:
32. Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({0}) über die von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschläge der Kommission der Europäischen Gemeinschaft für
eine Verordnung des Rats zur Änderung der Verordnung Nr. 136/66/EWG über die Errichtung einer gemeinsamen Marktorganisation für Fette
eine Verordnung des Rats betreffend die Beihilfe für Olivenöl
- Drucksachen V/3214, V/3390, V/3468 Berichterstatter: Abgeordneter Wächter
33. Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Arbeit ({1}) über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission der Europäischen Gemeinschaften für eine Verordnung des Rates über die Durchführung einer Lohnerhebung in Industrie und Handwerk, Energiewirtschaft und Wasserversorgung
- Drucksachen V/3369, V/3481 Berichterstatter: Abgeordneter Stephan Beratung des Schriftlichen Berichts des Verkehrsausschusses ({2}) über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission der Europäischen Gemeinschaft für eine Entscheidung des Rats zur Änderung einiger Bestimmungen der Entscheidung Nr. 65/270/EWG des Rats vom 13. Mai 1965 zur Anwendung von Artikel 4 der Entscheidung Nr. 64/389/EWG des Rats vom 22. Juni 1964 zur Durchführung einer Enquete über die Wegekosten des Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehrs
- Drucksachen V/3201, V/3514 Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Imle
34. Beratung des Schriftlichen Berichts des Verkehrsausschusses ({3}) über die von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschläge der Kommission der Europäischen Gemeinschaft für eine
Richtlinie des Rates für die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über gewisse Ausrüstungen und Merkmale von Kraftfahrzeugen
Rückspiegel; Sichtfeld; Scheibenwischer; Scheibenwascher
Richtlinie des Rates für die Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Steckvorrichtungen an Kraftfahrzeugen für den Anschluß der Beleuchtungs- und Lichtsignaleinrichtungen des Anhängers
Richtlinie des Rates für die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Vorrichtungen für Schallzeichen von Kraftfahrzeugen
- Drucksachen V/3280, V/3513 - Berichterstatter: Abgeordneter Meister
Es handelt sich in allen Fällen um Berichte der Ausschüsse über Vorschläge der Kommission der EWG. Ich nehme an, Sie sind einverstanden, daß wir diese Punkte geschlossen behandeln.
Das Wort wird, wie ich sehe, nicht gewünscht. Wir stimmen über diese Tagesordnungspunkte ab. Wei den Anträgen zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig beschlossen.
Dann kommen wir zu Punkt 36 der Tagesordnung:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Auswärtigen Ausschusses ({4}) über die von der Bundesregierung vorgelegten Berichte vom 28. Dezember 1967 und 26. März 1968 zu dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland, Kanada und dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland betreffend die Durchführung von Manövern und anderen Übungen im Raume
Vizepräsident Scheel
Soltau-Lüneburg ({5})
- Drucksachen V/2442, V/2763, V/3519 -Berichterstatter: Abgeordneter Wienand
Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wer dem Antrag des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig beschlossen.
Jetzt rufe ich die Punkte 37, 38 und 39 der Tagesordnung auf:
37. Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen
betr. Veräußerung einer Teilfläche der ehemaligen Flak-Kaserne in Bochum an die Stadt Bochum
- Drucksache V/3470 38. Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen
betr. Veräußerung von Teilflächen des Komb. Pionier-, Land- und Wasserübungsplatzes in Ingolstadt an die Stadt Ingolstadt
- Drucksache V/3476 -39. Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen
betr. Veräußerung eines Teilgrundstücks in Ludwigsburg an die Katholische Kirchengemeinde Ludwigsburg und an die Stadt Ludwigsburg
- Drucksache V/3502 Nach den Empfehlungen des Ältestenrates sollen die Anträge dem Ausschuß für das Bundesvermögen überwiesen werden. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig gebilligt.
Damit kommen wir zu Punkt 40 der Tagesordnung:
Beratung der Übersicht 23 des Rechtsausschusses ({6}) über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht
- Drucksache V/3504 Wer dem Antrag des Rechtsausschusses zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Meine Damen und Herren, damit sind wir am Schluß der Tagesordnung angekommen. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages für Donnerstag, den 28. November 1968, 14.30 Uhr, ein.
Die Sitzung ist geschlossen.