Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet.
Folgende amtliche Mitteilung wird ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung hat am 27. März 1968 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Maucher, Mick, Burger und Genossen betr. Kriegsopferversorgung und Landwirtschaft - Drucksache V/2688 - beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache V/2764 verteilt.
Einziger Punkt der Tagesordnung: Fragestunde
- Drucksache V/ 2753 Zunächst Frage 3 des Herrn Abgeordneten Dr. Marx ({0}) aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für gesamtdeutsche Fragen:
Auf Grund welcher Instruktionen der Bundesregierung kann es - laut Bericht der Bonner Rundschau vom 1. März 1968 - der neue Chef des „früheren ,Hauses Einheit in Freiheit' " in Bonn, Armin Hindrichs, wagen, diese bisher ausgezeichnet arbeitende Informationsstätte mit dem Satz zu diskriminieren „bisher war das Haus ein Abbild einer traditionellen Deutschlandpolitik. Es war so provinziell wie die Politik." und mitteilen, daß ab 1. April 1968 nicht mehr die weitbekannten und vielbesuchten Ausstellungen gezeigt würden, sondern in dieser „politischen Boutique" „jedem interessierten Bürger die Chance gegeben" werde, sich „objektiv über die Anliegen beider Seiten in der Deutschlandfrage zu informieren"?
Die Frage wird mit Einverständnis des Fragestellers schriftlich beantwortet. Die Antwort des Bundesministers Wehner vom 26. März 1968 lautet:
Das Haus „Einheit in Freiheit" in Bonn ist eine Einrichtung des vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen finanziell geförderten und der Fachaufsicht des Ministeriums verantwortlichen Vereins für die Wiedervereinigung Deutschlands.
Seit Juli 1959 werden dort Besucher und Einzelgruppen empfangen, die durch Filme, Vorträge, Ausstellungen und eine Bibliothek Gelegenheit haben, sich über politische Probleme der Situation im geteilten Deutschland zu informieren und sich allgemeiner über das Leben der Menschen in Mitteldeutschland und seine Traditionen zu unterrichten.
Bei der Planung für das kommende Haushaltsjahr war die Arbeit des Hauses „Einheit in Freiheit", insbesondere die dortige Ausstellungstätigkeit, in Einklang zu bringen mit den durch die Haushaltslage erzwungenen Kürzungen, vor allem aber besser auf die Erfordernisse einer aktualisierten Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit zur Erläuterung der Vorbedingungen, Aufgaben und Ziele der neuen Deutschlandpolitik abzustimmen. Schließlich legte die in der westdeutschen Öffentlichkeit vielfach bewiesene Unkenntnis über die Lebensverhältnisse in Mitteldeutschland es außerdem dringend nahe, hier mehr als bisher zur aktuellen Unterrichtung zu tun.
Aus diesem Grunde wurde der Verein für die Wiedervereinigung Deutschlands Anfang Januar d. J. von der zuständigen Abteilung des Bundesministeriums für gesamtdeutsche Fragen aufgefordert, der Arbeit des Hauses „Einheit in Freiheit" künftig den Charakter eines gesamtdeutschen Informationszentrums zu verleihen. Ausstellungen zu weniger aktuellen Themen, wie sie mit erheblichen Kosten und unter Inanspruchnahme eines wesentlichen Teiles der verfügbaren Räume seither eingerichtet worden waren, sollen zunächst nicht fortgesetzt werden.
Ende Februar d. J. wurde die einstweilen letzte größere Ausstellung des Hauses unter dem Titel „Alte Graphik - Städte an der Ostsee eröffnet und, wie bei ähnlichen früheren Anlässen, durch den derzeitigen Leiter, Herrn Armin Hindrichs, der örtlichen Presse vorgestellt.
Es bestand für den Leiter des Hauses sicher kein Anlaß und keine Möglichkeit, sich in diesem Zusammenhang Fragen nach den weiteren Plänen seiner Arbeit zu entziehen. Hierbei hat Herr Hindrichs allerdings im einzelnen eigene Vorstellungen entwickelt, die weder mit dem Geschäftsbereichsleiter des Vereins für die Wiedervereinigung Deutschlands noch mit dem Fachreferat des Bundesministeriums für gesamtdeutsche Fragen bisher besprochen wurden. Nach seiner Erklärung hat allerdings der Berichterstatter der Zeitung - wie etwa mit dem Begriff „politische Boutique„ - bei der Wiedergabe von Äußerungen auch eigene Formulierungen gewählt.
Auch wenn Mißverständnisse und Mißinterpretationen angenommen werden müssen, ist Herr Hindrichs nicht von der Mitverantwortung für das damit entstandene Aufsehen zu entlasten, das der in der „Bonner Rundschau" veröffentlichte Bericht verursachte.
Völlig unabhängig von dem hier zur Sprache gebrachten Vorfall wird im übrigen jedoch ab 1. April d. J. die Leitung der politischen Informationsarbeit im Büro Bonner Berichte und damit auch die Leitung des Hauses „Einheit in Freiheit" einem anderen Mitarbeiter des Vereins für die Wiedervereinigung Deutschlands übertragen werden.
Wir kommen zur Frage 4 des Herrn Abgeordneten Ramms aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Gesundheitswesen:
Was unternimmt die Bundesregierung auf dem Gebiet der Unfallforschung insbesondere in Fragen der sogenannten Biomechanik, d. h. der Klärung, welche Ursachen bei den jeweiligen Unfällen tatsächlich zum Tode geführt haben, welche Kräfte der menschliche Körper effektiv aushalten kann, welche Verzögerungen für bestimmte Organe im Falle seines Aufpralls nicht überschritten werden dürfen?
Das Wort zur Beantwortung hat der Herr Staatssekretär.
Die Antwort lautet:
Ich habe den Direktor des Instituts für gerichtliche und soziale Medizin an der Universität Kiel vor. zwei Jahren beauftragt, in einem mehrjährigen Forschungsvorhaben die Todesursachen bei Verkehrsunfällen zu untersuchen. Hierbei werden alle Sektionsprotokolle der Leichenöffnungen von Verkehrstodesfällen ausgewertet. Diese Protokollaufzeichnungen werden dazu mit den technischen Unfallberichten verglichen, die den Unfallhergang und die äußeren Einflüsse festhalten.
Um eine statistisch verwertbare Grundlage zu erhalten, ist die Mithilfe der Statistischen Landesämter des Bundesgebietes notwendig, bei denen alle Unfallberichte zusammenlaufen. Die technischen Vorarbeiten für die Verschlüsselung und Koordinierung der Befunde sind inzwischen abgeschlossen, und die Einzeluntersuchungen haben begonnen.
Hierfür haben sich dankenswerterweise die gerichtsärztlichen Institute in weitgehendem Maße zur Verfügung gestellt. Die Forschungsarbeiten werden sich über Jahre erstrecken müssen, wenn die ausgewerteten Ergebnisse hinreichend schlüssig sein sollen.
Sie werden im übrigen auch dazu beitragen, weitere Aussagen über die maximal zumutbaren Beschleunigungs- und Verzögerungskräfte zu ermöglichen, die im Kraftfahrzeug auftreten können.
Die grundsätzlichen Fragen dieser Zusammenhänge sind bereits bekannt; sie sind zumeist in den USA erforscht worden, da sie in der Luft- und Raumfahrtmedizin eine große Rolle spielen. Für die Unfallverhinderung in der Praxis kommt es in biomechanischer Sicht mehr darauf an, die bei Aufprallunfällen wirksam werdenden kinetischen Energien so abzubauen, daß es nicht zur Verletzungen lebenswichtiger Organe kommt. Mit diesen Fragen beschäftigen sich das Max-Planck-Institut für Arbeitsphysiologie in Dortmund sowie die Kraftfahrzeug- und die Zubehörindustrie, insbesondere auch die Hersteller von Sicherheitsgurten. Es handelt sich also weniger um biologische als um technische Einzelprobleme.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ramms.
Herr Staatssekretär, sehen Sie eine Möglichkeit, daß unsere private Automobilindustrie in ihren Versuchen und Forschungen von der Bundesregierung unterstützt wird?
Wir haben dazu bisher keinen Anlaß gesehen. Wir halten uns für die medizinischen Fragen für zuständig, während die technischen Untersuchungen von der Industrie, glaube ich, in ausreichendem Umfang durchgeführt werden und deren Ergebnisse bereits in verkehrsmedizinischen Kolloquien untereinander ausgetauscht worden sind.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz. Die Frage 5 des Herrn Abgeordneten Bühler ist vom Fragesteller zurückgezogen.
Frage 6 des Herrn Abgeordneten Mick:
Hat die Äußerung des bekannten Regisseurs und Schriftstellers Pavel Kohout in einer Prager Massenversammlung „In der ganzen zivilisierten Welt gibt es nur zwei Länder, wo für Justizmorde verantwortliche Ankläger nicht ins Gefängnis müssen. Das sind die Bundesrepublik und die CSSR. Ich hoffe, daß dieser Zustand bald nur noch in der Bundesrepublik existiert.", soweit sie die Bundesrepublik Deutschland angeht, irgendeinen realen Hintergrund?
Die Frage wird im Einverständnis mit dem Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antwort des Bundesministers Dr. Dr. Heinemann vom 26. März 1968 lautet:
Soweit sich die von Ihnen zitierte Äußerung des tschechoslowakischen Schriftstellers Kohout auf die Bundesrepublik Deutschland bezieht, dürfte auf die Mitwirkung von Staatsanwälten bei nationalsozialistischen Unrechtsurteilen angespielt worden sein. Dieser Komplex war bei der Beratung des Deutschen Richtergesetzes, das sich auch auf Staatsanwälte bezieht, Gegenstand eingehender Erörterungen im Deutschen Bundestag.
Ich darf daran erinnern, daß der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung vom 14. Juni 1961 eine Entschließung gefaßt hat ({0}), wonach die an den Unrechtsurteilen des nationalsozialistischen Regimes beteiligten Richter und Staatsanwälte aufgefordert wurden, hieraus die Konsequenzen zu ziehen. Dieser Aufruf hat den Erfolg gehabt, daß der ganz überwiegende Teil der betreffenden Richter und Staatsanwälte aus dem Dienst ausgeschieden ist.
Die Frage der strafrechtlichen Verantwortlichkeit der Richter und Staatsanwälte wurde in jedem bekannt gewordenen Fall von den zuständigen Landesjustizverwaltungen sorgfältig geprüft. Mir ist kein Fall bekannt, in dem ein Staatsanwalt nicht belangt, worden wäre, obwohl ihm ein strafbares Verhalten im Zusammenhang mit einem rechtswidrigen Todesurteil hätte nachgewiesen werden können. Allerdings lassen sich mit den Mitteln unseres demokratischen Rechtsstaates heute nicht mehr alle Fälle völlig aufklären; die gilt vor allem bezüglich der der subjektiven Seite. Es ist daher nicht auszuschließen, daß es noch ehemalige Staatsanwälte gibt, bei denen der Verdacht einer strafbaren Mitwirkung an Unrechtsurteilen des nationalsozialistischen Staates bestehen geblieben ist.
Wir kommen zur Frage 7 des Herrn Abgeordneten Köppler:
Was ist tinter den „Heinemannschen Rechtsreformen" zu verstehen, die nach einer Mitteilung des Staatssekretärs im Bundesjustizministerium noch in dieser Wahlperiode verabschiedet werden müssen?
Auch diese Frage wird im Einverständnis mit dem Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antwort des Bundesministers Dr. Dr. Heinemann vom 27. März 1968 lautet:
Der Ausdruck „Heinemannsche Rechtsreformen" ist von Herrn Staatssekretär Ehmke als Kurzbezeichnung für die Reformen, deren Verwirklichung der Bundesminister der Justiz noch in dieser Legislaturperiode für erforderlich und möglich hält, verwandt worden.
Hier sind insbesondere zu nennen:
1. die Reform des Unehelichenrechts;
2. die Reform des Eherechts;
3. die Reform des Strafrechts; hierher gehören
die Teilreform des Strafgesetzbuches und im Vorgriff dazu die Reform des politischen Strafrechts sowie im Zusammenhang damit die Frage des Zeitungsaustausches, ferner die Frage der freiwilligen Kastration und anderer Behandlungsmethoden bei Triebverbrechern
die Reform des Rechts der Ordnungswidrigkeiten, d. h. Umstellung aller Bagatelldelikte auf Ordnungswidrigkeiten, Einführungsgesetz zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten
die Einführung einer 0,8 Promille-Grenze
die Förderung der Resozialisierung durch die Reform des Strafregisterrechts
die Unverjährbarkeit von Mord und Völkermord;
4. im Vorgriff zur Justizreform: '
die Novellierung des Rechtspflegergesetzes. Der Aufgabenkreis des Rechtspflegers soll erweitert und seine Stellung als selbständiges Rechtspflegeorgan gestärkt werden
das Beurkundungsgesetz, das die Urkundstätigkeit auf den Notar konzentriert und die Gerichte entlastet
das Erste Gesetz zur Neuordnung der Zivilgerichtsbarkeit ({1}).
5. Ferner nenne ich nur: das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes ({2})
das Gesetz zur Entlastung des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen
das Gesetz über die Rechnungslegung von Großunternehmen und Konzernen
das Gesetz über die Umwandlung von Personengesellschaften und von Unternehmen eines Einzelkaufmanns sowie von Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts.
Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit
({3})
Ich kann mich hier nur an die amtlichen Mitteilungen halten. Ich würde Ihnen empfehlen, das nachher mit der Verwaltung zu klären. In meinen Unterlagen steht „zurückgezogen". Ich verstehe den Unterschied sehr wohl; Sie
Vizepräsident Scheel
wollen die Frage hier mündlich beantwortet haben. Ich nehme an, das läßt sich klären.
Wir kommen damit zur Frage 8 der Frau Abgeordneten Herklotz:
Ist die Bundesregierung bereit, im Sinne der Empfehlung 515 der Beratenden Versammlung des Europarates das Welternährungsprogramm weiterhin zu unterstützen und eventuell seiner Erweiterung durch Lieferung von landwirtschaftlichen Produktionsmitteln an die Entwicklungsländer zuzustimmen?
Das Wort zur Beantwortung hat der Herr Staatssekretär im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit.
Die Bundesregierung leistet zur Zeit zum Welternährungsprogramm mit 10,6 Millionen DM jährlich den vierthöchsten Beitrag nach den Vereinigten Staaten, Kanada und Schweden. Der deutsche Beitrag übertrifft die Leistungen anderer vergleichbarer Länder wie Frankreich und Großbritannien erheblich. Die Bundesregierung beabsichtigt, ihre Leistungen an das Welternährungsprogramm ab 1969 zu erhöhen. Sie hat bereits auf der Beitragskonferenz im Januar dieses Jahres eine Erhöhung ihres Beitrages auf 12 Millionen DM jährlich für die Beitragsperiode 1969/70 angekündigt.
Die Bundesregierung hätte keine Bedenken, daß denjenigen Ländern, die im Rahmen des Welternährungsprogramms landwirtschaftliche Produktionsmittel bereitstellen wollen, eine solche Möglichkeit eingeräumt wird. Soweit Produktionsmittellieferungen der Bundesrepublik an das Welternährungsprogramm überhaupt in Frage kommen, dürfen sie nicht zu Lasten der Ernährungsmittellieferungen gehen. In Anbetracht der landwirtschaftlichen Lage im Bundesgebiet und in der EWG insgesamt sieht sich die Bundesregierung im Gegenteil sogar gezwungen, zu prüfen, inwieweit die Nahrungsmittellieferungen an die Entwicklungsländer im Sinne einer wirksamen Überschußverwertung ausgeweitet werden können. Die Bundesregierung gibt bei den Produktionsmittellieferungen im allgemeinen ihren bilateralen Hilfen für die Entwicklungsländer den Vorzug.
Was die Produktionsmittellieferungen betrifft, so hat die Bundesregierung bereits bisher landwirtschaftliche Produktionsmittel, vor allem Düngemittel, Saatgut, landwirtschaftliche Geräte und Maschinen, jährlich in steigendem Umfang zur Verfügung gestellt: so 1966 in Höhe von 11 Millionen DM, 1967 15 Millionen DM, und 1968 werden es wahrscheinlich 18,5 Millionen DM werden.
Aus diesen Mitteln werden landwirtschaftliche Produktionsmittel auch in Projekten eingesetzt, die in Zusammenarbeit mit der FAO geplant und durchgeführt werden. Die Beteiligung der Bundesregierung an diesem Produktionsmitteleinsatz im Rahmen der FAO-Programme mit jährlich zirka 1 Million DM stellt den höchsten Beitrag aller Geberländer dar.
Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Herklotz, bitte.
Herr Staatssekretär, wie ist das Welternährungsprogramm mit der Nahrungsmittelhilfe koordiniert, die 1967 im Rahmen der Kennedy-Runde vereinbart wurde?
Frau Abgeordnete, die im Rahmen der Kennedy-Runde für drei Jahre vereinbarte jährliche Nahrungsmittelhilfe in Höhe von 4,5 Millionen t Getreide wurde in die Konvention über Nahrungsmittelhilfe übernommen. In dieser Konvention haben sich die EWG und ihre Mitgliedstaaten verpflichtet, von der Gesamthilfe rund 23 a/o, das sind reichlich 1 Million t, zu übernehmen.
Innerhalb der Gemeinschaft ist bisher noch nicht entschieden, ob die Abwicklung der Nahrungsmittelhilfe durch die einzelnen Mitgliedsländer oder durch die Gemeinschaft erfolgen soll. Ob ein Teil der vorgesehenen Nahrungsmittelhilfe auch über das Welternährungsprogramm abgewickelt werden kann, bedarf noch der näheren Prüfung.
Wir kommen damit zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern. Ich rufe zunächst die Frage 9 des Herrn Abgeordneten Kahn-Ackermann auf:
Trifft die in einer Sendung des WDR am 12. März 1968 gemachte Feststellung zu, daß es sich bei einem großen Teil der im Rahmen der deutschen Arzneimittelspenden für Südvietnam gestifteten Antibiotika um Medikamente handelte, deren Haltbarkeitsgrenze bereits am Tage der Lieferung überschritten war?
Das Wort zur Beantwortung hat der Herr Staatssekretär des Bundesministers des Innern.
Benda, Parlamentarischer Staatssekretär des Bundesministers des Innern: In der deutschen Arzneimittelspende für Südvietnam im Werte von 17,5 Millionen DM, die im April 1966, Juni 1966 und Juli 1967 ausgeliefert wurde, waren keine Antibiotika oder andere Arzneimittel enthalten, deren Haltbarkeitsgrenzen bereits überschritten waren.
Die Überprüfung der Laufzeitbegrenzung bei den von Ihnen speziell angesprochenen Antibiotika hat ergeben, daß bei den meisten Präparaten die Laufzeiten bis heute noch nicht überschritten sind. Inzwischen abgelaufen sind die Laufzeiten für etwa 500 000 Mycipen-Ampullen, und zwar im September 1966, für zirka 400 000 Cobiotic-Ampullen im September 1967. Beide Medikamente wurden im April bzw. Juni 1966 entsandt, da sie als besonders dringlich angefordert waren.
Mit einer Verwendung innerhalb der verbleibenden Laufzeit von drei bis sechs Monaten bei Mycipen und von achtzehn Monaten bei Cobiotic konnte gerechnet werden.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Kahn-Ackermann.
Herr Benda, nachdem in dieser Sendung sozusagen von Augenzeugen behauptet worden ist, sie hätten bei Durchsicht der
entsprechenden Lagerhäuser in Saigon, Da Nang und anderen Orten und nach Unterhaltung mit den zuständigen Stellen den Tatbestand festgestellt, den ich in meiner Frage aufgeworfen habe, und nachdem eine große Rundfunkstation dieses Landes diese Behauptung verbreitet hat, wäre es da nicht sinnvoll, wenn das Bundesinnenministerium in der Öffentlichkeit zu den hier erhobenen Vorwürfen Stellung nähme?
Benda, Parlamentarischer Staatssekretär des Bundesministers des Innern: Das geschieht ja jetzt im Rahmen der Fragestunde, Herr Kollege Kahn-Ackermann, so daß insoweit auch die interessierte Öffentlichkeit die Antworten des Bundesinnenministeriums bekommt.
Vielleicht darf ich zu der von Ihnen erwähnten Rundfunksendung über das, was ich gesagt habe, hinaus noch folgendes bemerken. In dieser Sendung ist von einem Journalisten gesagt worden, die Medikamente, deren Haltbarkeitsdauer bereits abgelaufen sei, hätten eigentlich eingestampft werden müssen, sie seien aber trotzdem nach Vietnam geliefert worden. Hierfür hätten die Lieferfirmen gutes Geld von der Bundesrepublik erhalten. Dazu darf ich zusätzlich noch sagen: Die Arzneimittelindustrie, die angeblich „gutes Geld" für diese angeblich unbrauchbaren Arzneimittel bekommen hat, ist an der Spende überhaupt nicht beteiligt gewesen; denn die Spende ist aus Lagerbeständen des Zivilschutzes, also aus Bundesmitteln und ohne Einschaltung der Arzneimittelindustrie, gegeben worden.
Im übrigen beziehe ich mich auf das, was ich in der Antwort auf die Hauptfrage bereits gesagt habe.
Die Fragen 10, 11 und 12 des Herrn Abgeordneten Dr. Lohmar
Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um die Hochschule für Gestaltung in Ulm in ihrer wissenschaftlichen und künstlerischen Selbständigkeit zu erhalten?
Hält die Bundesregierung eine Verstaatlichung der Hochschule für Gestaltung für eine erwägenswerte Möglichkeit?
Ließe sich aus der Hochschule für Gestaltung eine staatliche Akademie für angewandte Kunst entwickeln?
werden von Herrn Kollegen Kübler übernommen. Ich nehme an, Herr Staatssekretär, daß Sie sie gemeinsam beantworten wollen.
Benda, Parlamentarischer Staatssekretär des Bundesministers des Innern: Wenn der Herr Fragesteller damit einverstanden ist, würde ich das gerne tun.
Bitte sehr!
Benda, Parlamentarischer Staatssekretär des Bundesministers des Innern: Nach der verfassungsmäßigen Verteilung der Aufgaben zwischen Bund und Ländern hat der Bund keine rechtliche Handhabe, die zukünftige Organisationsform der Hochschule für Gestaltung in Ulm zu bestimmen. Die Entscheidung der Frage, ob eine Verstaatlichung der Hochschule für Gestaltung eine erwägenswerte Möglichkeit ist, fällt in die Zuständigkeit des Landes
Baden-Württemberg und der „Geschwister-SchollStiftung", der Trägerin der Hochschule für Gestaltung in Ulm.
Das gleiche gilt auch für die Frage, ob sich aus der Hochschule für Gestaltung eine staatliche Akademie für angewandte Kunst entwickeln ließe. Im übrigen hat der Herr Bundesminister des Innern schon in seinem Schreiben an den Herrn Präsidenten des Deutschen Bundestages vom Januar dieses Jahres - das ist die Drucksache V/2467 - und erneut am 4. März dieses Jahres - Drucksache V/2637 - auf zwei Anfragen der FDP-Fraktion zu den Möglichkeiten der Bundesregierung, auf das weitere Schicksal der Hochschule für Gestaltung in Ulm Einfluß zu nehmen, eingehend Stellung genommen. Ich darf mich auf den Inhalt dieser Drucksachen beziehen.
Eine Zusatzfrage, bitte sehr!
Herr Staatssekretär, teilen Sie die Auffassung, die im Gutachten zur Finanzreform zum Ausdruck kommt, daß die Hochschule für Gestaltung nicht unter die Einrichtungen falle, die auf kulturellem Gebiet nationale Repräsentanz haben, angesichts der Tatsache, daß eine weit überdurchschnittliche Zahl von Lehrkräften und Studenten Ausländer sind und die Hochschule eine starke Ausstrahlung in Ost und West hat?
Benda, Parlamentarischer Staatssekretär des Bundesministers des Innern: Die Antwort auf diese Frage, Herr Kollege Rau, ist in der Drucksache V/2467 auf die Frage 2 der FDP-Fraktion enthalten. Ich darf vielleicht zitieren:
Der Deutsche Bundestag und die Bundesregierung haben in Übereinstimmung mit dem Bundesrechnungshof die finanzielle Hilfe für die Hochschule für Gestaltung Ulm ab 1967 eingestellt, . . .
und zwar wegen der verfassungsmäßigen Zuständigkeiten.
Auch in dem Gutachten über die Finanzreform - auf das Sie sich ja bezogen haben in -der Bundesrepublik Deutschland ist ausdrücklich festgestellt, daß die Finanzierung der Hochschule für Gestaltung Ulm weder den Bundesaufgaben noch den Gemeinschaftsaufgaben zugerechnet werden kann.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Dr. Rau.
Das war an sich nicht die Antwort auf meine Frage. Ich fragte, ob auch die Bundesregierung ebenso wie das Gutachten die nationale Repräsentanz dieser Einrichtung als Merkmal für eine Bundeszuständigkeit verneint.
Benda, Parlamentarischer Staatssekretär des Bundesministers des Innern: Ich fürchte, Herr KolParlamentarischer Staatssekretär Benda
lege Rau, es war doch die Antwort auf Ihre Frage; denn das, was ich hier noch einmal vorgelesen habe, nimmt zu der Frage der verfassungsmäßigen Zuständigkeit des Bundes in dem von mir dargestellten Sinn nämlich - leider, füge ich ausdrücklich hinzu - negativ Stellung.
Also keine nationale Repräsentanz?
Benda, Parlamentarischer Staatssekretär des Bundesministers des Innern: Keine verfassungsmäßige Zuständigkeit des Bundes für die Finanzierung.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Kahn-Ackermann.
Herr Staatssekretär, ich gehe doch sicher nicht fehl in der Annahme, daß Sie wissen, welch langer und zäher Kampf durch viele Jahre hindurch - wenn ich mich recht erinnere, beginnend mit dem Jahre 1954 - in diesem Hause um die Unterstützung dieser Hochschule durch den Bund geführt worden ist und daß die Frage der Unterstützung trotz aller Widerstände positiv entschieden worden ist. Wie können Sie mir heute erklären, daß eine Repräsentanz, die der Bund, wenn ich mich recht erinnere, nahezu 12 Jahre hindurch als legitim betrachtet hat, nun auf einmal nicht mehr den Voraussetzungen der Verfassung entsprechen soll?
Benda, Parlamentarischer Staatssekretär des Bundesministers des Innern: Herr Kollege Kahn-Ackermann, Sie gehen durchaus nicht fehl in der Annahme, daß mir dieser Vorgang bekannt ist. Ich muß aber wiederholen, daß Bundesrechnungshof, Bundesregierung, Gutachten über die Finanzreform und last, aber wahrhaftig nicht least, wenn ich recht unterrichtet bin, der Haushaltsausschuß dieses Hauses die von mir in der Sache vertretene Auffassung vertreten.
Vizepräsident -Scheel: Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Kahn-Ackermann.
Herr Staatssekretär, würden Sie mir nicht beipflichten, wenn ich sage, daß gerade Ihr Haus ein bißchen darauf achten muß, daß unabhängig von Fachgutachten und fiskalischer Kastenarithmetik, was wohin gehört, für gewisse Bereiche, die in unserer Verfassung gar nicht so abtrennbar sind, jemand in dieser Bundesregierung eine Mitverantwortung übernehmen muß? Meinen Sie nicht, daß das Ihr Haus tun muß, und meinen Sie nicht, daß, wenn Gutachten dies oder jenes feststellen, dies nicht die letzte Entscheidung sein kann, wenn es hier ein übergeordnetes politisches Interesse gibt?
Benda, Parlamentarischer Staatssekretär des Bundesministers des Innern: Herr Kollege Kahn-Ackermann, die Frage verfassungsmäßiger Zuständigkeiten oder Nichtzuständigkeiten ist leider keine Frage des Kästchendenkens - nicht des Kastendenkens, sondern des Kästchendenkens -. Im übrigen hoffe ich, daß wir in der Sache - dafür gibt es ja doch gewisse Anzeichen - dennoch zu einer im Ergebnis positiven Entwicklung, die auch die Bundesregierung ausdrücklich begrüßen würde, kommen werden.
Noch eine Zusatzfrage, Herr Dr. Rau.
Herr Staatssekretär, halten Sie das Verfahren für angängig, daß keine Abstimmung zwischen Bund und Land stattgefunden hat, als dieses Ergebnis vom Bund aus dem Troeger-Gutachten gezogen wurde?
Benda, Parlamentarischer Staatssekretär des Bundesministers des Innern: Herr Kollege Rau, natürlich kann ich jetzt nicht den Einzelablauf aller Diskussionen hier wiedergeben. Aber es hat natürlich einen Meinungsaustausch in dieser Frage zwischen den zuständigen Stellen des Bundes und des beteiligten Landes gegeben.
Dann kommen wir zur Frage 13 des Herrn Abgeordneten Spillecke. Herr Abgeordneter Spillecke ist nicht im Saal; die Frage wird schriftlich beantwortet.
Dann kommen wir zur Frage 14 des Herrn Abgeordneten Dr. Wörner:
Welche Folgerungen ergeben sich aus der Äußerung des neuen Vorsitzenden des VDS, daß der VDS diesen Staat negiere, und aus der eindeutigen Politisierung des VDS für Aufgaben, Rechtsnatur und Stellung des VDS an unseren Hochschulen sowie für die Zwangsmitgliedschaft der Studenten in diesem Verband?
Sie wird von Herrn Kollegen Dr. Hammans übernommen.
Das Wort zur Beantwortung hat der Herr Staatssekretär.
Benda, Parlamentarischer Staatssekretär des Bundesministers des Innern: Die jüngsten vom Verband Deutscher Studentenschaften verabschiedeten Verlautbarungen und Resolutionen, insbesondere auf der Münchener Tagung des VDS, haben eine deutliche Politisierung des VDS in einer bestimmten Richtung erkennbar gemacht. Inhalt und Auswirkung dieser Erklärungen bedürfen im einzelnen einer näheren Prüfung. Diese Erklärungen enthalten eine Stellungnahme zu dem sogenannten politischen Mandat der Studentenschaften im Sinne einer Bejahung und ausdrücklichen Inanspruchnahme dieses politischen Mandats. Insoweit wird es nach Auffassung des Bundesministers des Innern angebracht sein, zunächst den Fortgang der laufenden Gerichtsverfahren abzuwarten. Es hat eine Reihe erstinstanzlicher Entscheidungen von Verwaltungsgerichten, nämlich in Berlin, in Sigmaringen und in Köln, gegeben, die in der Begründung und im Ergebnis übereinstimmend festgestellt haben, daß das vom VDS in Anspruch genommene politische Mandat in dieser Form nicht mit dem geltenden Recht
Parlamentarischer Staatssekretär Benda
vereinbar ist. Aber ich wiederhole, daß es sinnvoll ist, den weiteren Verlauf dieser Verfahren zunächst abzuwarten. Erst dann wird sich auch abschließend feststellen lassen, welche Folgerungen sich gegebenenfalls hieraus für Aufgaben, Rechtsnatur und Stellung des VDS an den einzelnen Hochschulen und auch für die Zwangsmitgliedschaft der Studenten in diesem Verband ergeben; und schließlich wird dann auch - aber erst dann - zu prüfen sein, ob die Voraussetzungen und Möglichkeiten für eine ideelle und finanzielle Unterstützung des VDS durch den Bund als fortbestehend angesehen werden können.
Zusatzfrage, Herr Kollege Hammans.
Herr Parlamentarischer Staatssekretär, was geschieht - da es sich hier ja bekanntlich um eine Zwangsmitgliedschaft der Studenten handelt -, wenn ein Student erklärt, daß er mit der politischen Richtung des VDS nicht einverstanden ist und keinen Beitrag bezahlen will?
Benda, Parlamentarischer Staatssekretär des Bundesministers des Innern: Sie haben mit dem Tatbestand, der Ihrer Frage zugrunde liegt, Herr Kollege Dr. Hammans, völlig recht. Die Studenten sind in einer Zwangskörperschaft Zwangsmitglied. Sie haben Beiträge abzuführen für bestimmte Zwecke, die sich nicht mit den in den Erklärungen des VDS in München in Anspruch genommenen Zwecken decken. Es ist zunächst die Entscheidung des einzelnen Studenten, welche Konsequenzen für sich persönlich er daraus ziehen will, und dann eine Frage der rechtlichen Überprüfung von derjenigen Seite, die mit dieser Entscheidung nicht einverstanden ist. Das gleiche gilt umgekehrt auch im Verhältnis zwischen dem einzelnen Studenten und dem Verband Deutscher Studentenschaften.
Eine weitere Frage, Herr Kollege Dr. Hammans.
Herr Benda, was muß der Student tun, um dann zu seinem angestrebten Recht zu kommen? Muß er den ordentlichen Rechtsweg beschreiten, oder was muß er tun?
Benda, Parlamentarischer Staatssekretär des Bundesministers des Innern: Ich fürchte, Herr Kollege Dr. Hammans, daß ich die Fragestunde nicht dazu benutzen kann - ich halte mich dazu auch nicht für legitimiert -, Rechtsberatung zu erteilen.
Die Rechtsordnung regelt im einzelnen, welche Möglichkeiten jemand, der von einer, wie er meint, unrechtmäßigen Maßnahme betroffen ist, dagegen wahrnehmen kann. Ich bin sicher, daß, wo ein Wille ist, insoweit auch ein Weg sein wird. Aber die Entscheidung über diese Frage obliegt auch nicht der Bundesregierung, sondern nach unserer Ordnung den Gerichten.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Dr. Lohmar.
Herr Staatssekretär, darf ich Sie dann wenigstens nach den Absichten der Bundesregierung in der Politik befragen, soweit es sich um den VDS handelt. Mich würde interessieren, welche Vorstellungen die Regierung entwickelt hat, nach welchen Gesichtspunkten und Leitlinien sie mit der neuen VDS-Führung, die sich ja qualitativ nach ihrer eigenen Selbstdarstellung erheblich von allen bisherigen VDS-Führungen unterscheidet, zu verhandeln gedenkt.
Benda, Parlamentarischer Staatssekretär des Bundesministers des Innern: Ich glaube. schon angedeutet zu haben, Herr Kollege Dr. Lohmar, daß eben diese Überlegungen zur Zeit angestellt werden. Ich kann und will dem Ergebnis dieser Überlegungen nicht vorgreifen.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Lohmar.
Darf man erfahren, Herr Staatssekretär, bis wann die Bundesregierung sich über ein politisches Konzept klar zu werden hofft?
Benda, Parlamentarischer Staatssekretär des Bundesministers des Innern: Ich hoffe, daß das in absehbarer Zeit geschehen wird.
Zusatzfrage, Herr Dr. Imle.
Herr Staatssekretär, würde, wenn die von Ihnen soeben angezogenen Urteile in den weiteren Instanzen bestätigt werden sollten, die Bundesregierung daraus die Folgerung ziehen, daß die Zwangsmitgliedschaft für diese Organisationen aufgehoben wird?
Benda, Parlamentarischer Staatssekretär des Bundesministers des Innern: Auch insoweit ist natürlich wiederum die Frage der verfassungsmäßigen Zuständigkeit im Verhältnis zwischen Bund und Ländern zu beachten. Auf dieses Thema stoßen wir in diesem größeren Sachgebiet früher oder später immer wieder. Das ist nun einmal so.
Zusatzfrage, Kollege Dr. Rinderspacher.
Herr Staatssekretär, meinen Sie nicht, daß es angesichts der Äußerung, daß der VDS diesen Staat negiere, eines deutlicheren Wortes aus Ihrem Hause zu dieser Aussage bedürfte?
Benda, Parlamentarischer Staatssekretär des Bundesministers des Innern: Ich bin durchaus der Meinung, Herr Kollege, daß ein solches deutliches
Parlamentarischer Staatssekretär Benda
Wort gesprochen werden sollte. Ich bin sicher, daß das geschehen wird.
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Rinderspacher.
Herr Staatssekretär, ist es zuviel verlangt, wenn ich Sie frage, wann und von wem dieses deutliche Wort gesprochen werden wird?
Benda, Parlamentarischer Staatssekretär des Bundesministers des Innern: Ich habe bereits bei meiner Antwort auf die Frage des Kollegen Dr. Lohmar Gelegenheit gehabt, in großen Umrissen zeitliche Vorausschätzungen zu geben. Eine genauere Aussage ist mir zur Zeit nicht möglich.
Eine Zusatzfrage des Herrn Kollegen Schlager.
Herr Staatssekretär, wäre es nicht ein deutliches Wort, wenn der Bund eventuell seine Bundeszuschüsse bis zur Klärung Ihrer Fragen aussetzte?
Benda, Parlamentarischer Staatssekretär des Bundesministers des Innern: Es ist gar kein Zweifel, daß dies ein deutliches Wort wäre.
({0})
Wir kommen jetzt zur Beantwortung der Frage 15 des Abgeordneten Geldner:
Welche Haltung nimmt die Bundesregierung gegenüber den beabsichtigten Gebührenerhöhungen für Rundfunk und Fernsehen ein?
Das Wort zur Beantwortung hat der Herr Parlamentarische Staatssekretär des Bundesinnenministeriums.
Benda, Parlamentarischer Staatssekretär des Bundesministers des Innern: In dem Schriftwechsel zwischen Bund und Ländern über eine einvernehmliche Regelung des Rundfunkgebührenwesens ist die Höhe der Gebühren bisher nicht angesprochen. Falls die Länder bei den bevorstehenden mündlichen Erörterungen eine Änderung der Gebührenhöhe zur Diskussion stellen sollten, werden sie auch entsprechende Unterlagen zur Verfügung stellen. Erst eine sorgfältige Prüfung solcher Unterlagen kann ergeben, wie die Forderungen nach einer Gebührenerhöhung zu bewerten sind. Bisher liegt der Bundesregierung kein Zahlenmaterial vor, das eine Gebührenerhöhung rechtfertigen könnte.
Eine Zusatzfrage des Herrn Kollegen Geldner.
Herr Staatssekretär, sieht sich nicht die Bundesregierung auch noch aus ihrer Verantwortung für eine freie Presse in unserem Lande verpflichtet, sich nicht erst, wenn es zu spät ist, mit der Frage der Rundfunk- und Fernsehgebühren zu befassen, da doch immerhin befürchtet werden muß, daß eine Reihe von Mitbürgern, die künftig vielleicht 10 DM statt 7 DM an Rundfunk- und Fernsehgebühren bezahlen müssen, dafür an ihrem Zeitungsabonnement sparen werden, was ja wohl aus vielen Gründen nicht erwünscht sein kann?
Benda, Parlamentarischer Staatssekretär des Bundesministers des Innern: Herr Kollege Geldner, natürlich befaßt sich die Bundesregierung in den zuständigen Ministerien im Rahmen der verfassungsmäßigen Zuständigkeiten, die auch hier wiederum eine Rolle spielen, mit dieser Frage. Nicht zuletzt wiederholte Anfragen auch von Ihrer Seite haben uns ja Gelegenheit dazu gegeben. Aber das war nicht das einzige, was uns Anlaß gegeben hat, diese Fragen hier zu erörtern.
Eine Zusatzfrage der Frau Kollegin Geisendörfer.
Herr Staatssekretär, hält es die Bundesregierung nicht für nötig, zunächst einmal die Frage der Rechtsnatur der Rundfunkgebühren endgültig zu klären, ehe sie ihre Haltung zu einer Gebührenerhöhung festlegen kann?
Benda, Parlamentarischer Staatssekretär des Bundesministers des Innern: Die Meinung der Bundesregierung glaube ich hier angedeutet zu haben. Die Frage des Rechtscharakters der Rundfunkgebühren ist ja in einem Urteil des VII. Senats des Bundesverwaltungsgerichts vor ganz kurzer Zeit, am 15. März dieses Jahres, beantwortet worden, und zwar in dem Sinne, daß das Bundesverwaltungsgericht nicht dem Bunde, sondern den Ländern die Gesetzgebungsbefugnis für das Rundfunkgebührenwesen zugesprochen hat. Insoweit bitte ich um Verständnis dafür, daß ich mich zu dem Urteil, das selbstverständlich im Falle einer endgültigen Entscheidung der Rechtsfrage respektiert werden muß, erst äußern kann, wenn die Entscheidungsgründe dieses Urteils vorliegen. Das ist zur Zeit noch nicht der Fall.
Eine weitere Zusatzfrage der Frau Kollegin Geisendörfer.
Herr Staatssekretär, erlauben Sie noch einmal die laienhafte Frage: Das würde dann bedeuten, daß es Anstaltsnutzungsgebühren und nicht Lizenzgebühren sind?
Benda, Parlamentarischer Staatssekretär des Bundesministers des Innern: Die Argumentation, soweit sie uns aus den bisherigen Mitteilungen der mündlichen Urteilsbegründung bekannt ist, läuft darauf hinaus. Ob dies das endgültige Wort ist - möglicherweise wäre ja auch das Bundesverfassungsgericht für die Klärung der Frage zuständig -, bleibt abzuwarten. Aber zunächst ist das die Mei8530
Parlamentarischer Staatssekretär Benda
nung eines oberen Bundesgerichts, die natürlich gebührende Beachtung finden muß.
({0})
Eine Zusatzfrage des Hern Kollegen Mertes.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen außer der Rundfunkgebühr eine andere Leistungsgebühr, ganz gleich welcher Art, bekannt, die seit dem Jahre 1945 nicht erhöht worden wäre?
Benda, Parlamentarischer Staatssekretär des Bundesministers des Innern: In der kurzen Zeit, die Sie mir zur Anstrengung meines Gedächtnisses lassen, kann ich Ihnen keinen anderen Fall nennen. Das schließt nicht aus, daß es ihn dennoch geben könnte; aber mir ist kein anderer Fall bekannt.
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Kollegen Mertes.
Herr Staatssekretär, könnten Sie sich denken, daß die finanzielle Situation der Rundfunk- und Fernsehanstalten, wenn es zu keiner Gebührenerhöhung kommt, dadurch verbessert werden könnte, daß die Deutsche Bundespost auf einen Teil der Abführungsbeträge verzichtet?
Benda, Parlamentarischer Staatssekretär des Bundesministers des Innern: Das ist eine Frage, die ich ungern ohne Zusammenarbeit mit dem zuständigen Herrn Bundesminister und seinem Ressort hier beantworten möchte. Ich bitte dafür um Verständnis.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Josten.
Herr Staatssekretär, wird die Bundesregierung, bevor es zu Gebührenerhöhungen für Rundfunk und Fernsehen kommt, in erster Linie darauf hinwirken, daß bei den Rundfunkanstalten sorgfältig überprüft wird, wie durch Einsparungen auf Gebührenerhöhungen verzichtet werden kann?
Benda, Parlamentarischer Staatssekretär des Bundesministers des Innern: Dies ist neben der Höhe der Aufwendungen natürlich ein notwendiges Element für die Urteilsbildung.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wird die Bundesregierung im Zusammenhang mit der Frage, wie Gebührenerhöhungen vermieden werden können, auch prüfen lassen, ob z. B. durch bessere Zusammenarbeit oder sogar durch Zusammenlegung von Rundfunkanstalten nicht nur Geld gespart, sondern bei den einzelnen Anstalten sogar das Programm verbessert werden kann?
Benda, Parlamentarischer Staatssekretär des Bundesministers des Innern: Auch dies ist eine der Möglichkeiten, und die Bundesregierung wird sicher weiterhin Überlegungen dieser Art in die künftigen Diskussionen mit einbringen, ich wiederhole: weiterhin.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Geldner.
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung nicht auch auf Grund ihrer Verantwortung für den Deutschlandfunk und die Deutsche Welle verpflichtet, sich Gedanken über die finanzielle Situation des Rundfunks und über die Gebührenlage zu machen?
Benda, Parlamentarischer Staatssekretär des Bundesministers des Innern: Soweit es Deutschlandfunk und Deutsche Welle anbelangt, selbstverständlich. Daß auch hinsichtlich der übrigen Rundfunk- und Fernsehanstalten gewisse Rückwirkungen oder Wechselbeziehungen bestehen, verkenne ich durchaus nicht.
Eine Zusatzfrage, Kollege Dr. Lohmar.
Herr Kollege Benda, darf ich Sie, nachdem ich gehört habe, in welch vielfältiger Weise sich die Bundesregierung im Stadium der Überlegungen befindet, wirklich nicht spaßeshalber, sondern ganz ernsthaft fragen, wann sie von diesem Stadium der Überlegungen in das von Entscheidungen überzugehen gedenkt.
Benda, Parlamentarischer Staatssekretär des Bundesministers des Innern: Ja, Herr Kollege Dr. Lohmar, ich beschränke es jetzt einmal auf diese Frage. Es ist ja ein weites Feld, das Sie anschneiden;
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die Fülle der Überlegungen ergibt sich ein bißchen aus der Fülle der Themen, mit denen man sich zu beschäftigen hat. Aber spezifiziert auf diese Frage darf ich wiederholend zusammenfassen, was ich auf verschiedene Fragen, glaube ich, schon gesagt habe. Es gibt über diese Frage seit einer sehr langen Zeit eine Diskussion auch in diesem Hohen Hause und selbstverständlich zwischen den beteiligten Stellen des Bundes und der Länder. Wer in der Lage und vor der Pflicht stehen wird, diese schwierige Frage abschließend zu entscheiden, ist u. a. wiederum eine Rechtsfrage. Hier gibt es eine ganz neue Entscheidung, deren Auswirkungen und Konsequenzen noch nicht endgültig zu überblicken sind. Aber ich nehme an, daß es, hier kann ich wohl sagen: innerhalb kurzer Zeit möglich sein wird, sich zu überlegen, welche Konsequenzen gegebenenfalls aus diesem Urteil zu ziehen sind.
Wir kommen zur Beantwortung der Frage 16 des Herrn Abgeordneten Dr.
Vizepräsident Scheel
) Schmidt ({0}), die von Herrn Kollegen Brück übernommen wird:
Wie gedenkt die Bundesregierung den Widerspruch zwischen § 53 Abs. 3 des Bundesbesoldungsgesetzes n. F. und den §§ 2, 4 und 7 der Finanzgerichtsordnung zu beseitigen?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Benda; Parlamentarischer Staatssekretär des Bundesministers des Innern: Die Bundesregierung ist nicht der Auffassung, daß das Bundesbesoldungsgesetz den Vorschriften der Finanzgerichtsordnung widerspricht. Die rahmenrechtliche Regelung des § 53 Abs. 3 des Bundesbesoldungsgesetzes über die Besoldung der Richter beruht in der jetzigen Fassung auf dem Ersten Besoldungsneuregelungsgesetz vom 6. Juli 1967. Sie ist am 1. Juli 1967 in Kraft getreten.
Der Finanzgerichtsrat ist dabei entsprechend der durch die Finanzgerichtsordnung vom 6. Oktober 1965 veränderten Stellung einbezogen worden. Es wurde berücksichtigt, daß die Finanzgerichte einerseits erstinstanzliche besondere Verwaltungsgerichte sind, bei denen auch Richter auf Probe verwendet werden können - dies ergibt sich aus den §§ 1, 35 sowie 15 der Finanzgerichtsordnung -, andererseits gegen die Urteile dieser Gerichte nur das Rechtsmittel der Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen ist, wie sich aus § 36 der Finanzgerichtsordnung ergibt.
Aus dieser Stellung der Finanzgerichte ergibt sich zwangsläufig die Gleichstellung der jüngeren Berufsrichter mit den Amts- und Landgerichtsräten, der älteren - unter Berücksichtigung der Ausgestaltung der Gerichte als obere Landesgerichte - mit den Verwaltungsgerichtsdirektoren.
Herr Staatssekretär, darf ich Sie fragen, ob Sie vielleicht durch einen entsprechenden Auftrag an Ihre Herren dazu beizutragen bereit sind, daß wir diese Frage im Rahmen der Beratung des Zweiten Besoldungsneuregelungsgesetzes noch einmal in aller Breite erörtern.
Benda, Parlamentarischer Staatssekretär des Bundesministers des Innern: Das wird ohnehin geschehen, Herr Kollege Brück. Ihnen ist ja sicher bekannt, daß es einen Vorbescheid eines Senats des Bundesfinanzhofs gibt, der sich auf die hier von Herrn Kollegen Dr. Schmidt angeschnittene Frage bezieht. Die Bundesregierung hat bereits in ihrer Stellungnahme zu den Vorschlägen des Bundesrats zu dem Entwurf eines Zweiten Besoldungsneuregelungsgesetzes zugesagt - das ergibt sich aus der entsprechenden Drucksache -, daß nach Abschluß des Verfahrens vor dem Bundesfinanzhof die Frage geprüft werden wird, ob sich hieraus etwa Folgerungen für das Bundesbesoldungsgesetz ergeben. Ich bin sicher, daß die Diskussion schon dieses Vorgangs Anlaß genug sein wird, diese Frage in den zuständigen Ausschüssen eingehend zu erörtern.
Wir kommen jetzt zur Beantwortung der Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen, zunächst die
Frage 17 des Herrn Abgeordneten Müller ({0}) :
Hat die Bundesregierung inzwischen geprüft - wie es am Schluß der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Müller ({1}), Stingl, Meis, Frau Jacobi ({2}) und Genossen betr. unterschiedliche steuerliche Behandlung des Krankenhaus-Pflegepersonals ({3}) heißt -, „ob durch eine Änderung der Rechtsauslegung oder eine Gesetzesänderung eine Lösung gefunden werden kann", die es ermöglicht, auch die Nachtwachenzuschläge in nicht tarifgebundenen Krankenanstalten unter § 34 a EStG fallen zu lassen?
Das Wort zur Beantwortung hat der Herr Staatssekretär des Bundesministers der Finanzen.
Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Im Einvernehmen mit den Herren Bundesministern der Justiz, des Innern, für Arbeit und Sozialordnung und für das Gesundheitswesen beantworte ich Ihre erste Frage, Herr Kollege Müller, mit Ja.
Zu Ihrer zweiten Frage. Die Bundesregierung und die obersten Finanzbehörden der Länder räumen ein, daß die derzeitige Rechtslage nicht immer zu befriedigenden Ergebnissen führt. Gleichwohl sehen sie keine Möglichkeit, das Problem im Wege einer Rechtsauslegung einer Lösung zuzuführen. In einer beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Verfassungsbeschwerde wird außerdem gerügt, daß die vom Bundesfinanzhof zur Auslegung der Vorschrift des § 34 a des Einkommensteuergesetzes vertretene Auffassung verfassungswidrig sei. Der erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hat der Bundesregierung mitgeteilt, daß ihm bei der Beratung dieser Verfassungsbeschwerde Zweifel gekommen sind, ob die Vorschrift im ganzen verfassungsgemäß ist.
Bei dieser Situation erscheint es nicht empfehlenswert, eine Änderung des Gesetzes - was auch möglich wäre -, durch die die anstehenden Probleme gelöst werden könnten, vorzuschlagen. Die Bundesregierung ist der Meinung, daß die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts abzuwarten ist.
Zusatzfrage, Herr Kollege Müller, bitte!
Herr Staatssekretär, schließt das aus oder nicht aus, daß nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts die Bundesregierung noch einmal eine entsprechende Gesetzesänderung erwägt?
Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Das schließt dies nicht unter allen Umständen aus. Es wird auf den Spruch des Verfassungsgerichts ankommen.
Damit ist auch die Frage 18 beantwortet worden:
Zu welchem Ergebnis ist die in Frage 17 erwähnte Prüfung gekommen, falls diese tatsächlich stattgefunden hat?
Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Jawohl, Herr Präsident.
Wir kommen jetzt zur Beantwortung der Frage 19 des Herrn Abgeordneten Fellermaier. - Der Herr Abgeordnete Fellermaier ist nicht im Saal. Die Frage wird schriftlich beantwortet.
Das gleiche gilt für die Frage 20.
Frage 21 des Herrn Abgeordneten Mertes:
Welche Bemühungen wird die Bundesregierung zur strukturellen Sanierung des Bundeshaushalts im Sinne der Empfehlung des Rates der Europäischen Gemeinschaften an die Mitgliedststaaten über die Konjunkturpolitik im Jahre 1968 anstellen?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär!
Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Herr Kollege Mertes, die Bundesregierung wird auch 1968 die zur strukturellen Sanierung des Bundeshaushaltsplans eingeleiteten Maßnahmen fortsetzen, wie das z. B. erst kürzlich mit Unterstützung des Haushaltsausschusses dieses Hohen Hauses durch Einsetzung besonderer Mittel für Strukturmaßnahmen an der Ruhr und an der Saar sowie durch Sonderzuweisungen für Strukturmaßnahmen finanzschwacher Länder - Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Schleswig-Holstein - geschehen ist. Die Erhöhung der Ansätze für derartige Maßnahmen konnte in vollem Umfang durch Kürzung nichtintensiver Ausgaben ausgeglichen werden. Ich darf auch darauf hinweisen, daß die Bundesregierung den Gemeinden für dieses Jahr 250 Millionen DM ERP-Mittel zur Verfügung stellt. Auch damit ist ein wesentlicher Beitrag zur strukturellen Sanierung des Bundeshaushalts geleistet worden - mit allen Maßnahmen natürlich, nicht nur den jetzt hier von mir genannten.
Sollten im Laufe des Jahres 1968 unerwartete Störungen im Konjunkturablauf eintreten, würde die Bundesregierung im Sinne einer antizyklischen Haushaltspolitik die durch das Stabilitätsgesetz gegebenen - hier nicht näher zu erläuternden - Möglichkeiten ausnutzen. Die Haushaltspolitik des Bundes ist weiter darauf ausgerichtet, im Interesse eines ausgewogenen Wachstums unserer Wirtschaft die Finanzierung des außerordentlichen Haushalts 1968 noch überwiegend durch Aufnahme kurz- und mittelfristiger Kredite zu bestreiten. Damit soll gleichzeitig ein wichtiger kapitalmarktpolitischer Beitrag geleistet werden.
Sollten auf Grund der Konjunkturentwicklung in der zweiten Jahreshälfte 1968 unerwartete Steuermehreinnahmen eintreten, wird die Bundesregierung diese Steuermehreinnahmen - wie schon im Finanzbericht 1968 ausgeführt und seitdem des öfteren vom Herrn Finanzminister auch in der Öffentlichkeit betont - zur Verminderung des kurzfristigen Kreditbedarfs verwenden.
Die Bundesregierung wird auch künftig keine Gelegenheit ungenutzt lassen, den durch die mehrjährige Finanzplanung vorgezeigten Weg zu einer strukturellen Sanierung des Bundeshaushalts fortzusetzen und dadurch der Empfehlung des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 4. März 1968 Rechnung zu tragen.
Zu einer Zusatzfrage Herr Kollege Mertes.
Sind Sie, Herr Staatssekretär, der Meinung, daß die von Ihnen aufgeführten geplanten Maßnahmen ausreichen, den Empfehlungen des Rates wirklich gerecht zu werden? Werden sie den ganzen Umfang der Empfehlungen abdecken?
Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Sicherlich könnte man mehr tun, Herr Kollege Mertes. Wir müssen aber auch mit unseren Verhältnissen rechnen, und der Finanzminister hat eine besondere Aufgabe. Er ist damit auch in seinen Maßnahmen beschränkt.
Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Kollege Mertes.
Herr Staatssekretär, wie beurteilen Sie bestimmte Äußerungen, die im Blick auf die künftige Entwicklung nicht aus Ihrem Ressort, sondern aus anderen Ressorts gekommen sind, im Zusammenhang mit der Empfehlung des Rates, nach der es sich bei etwaigen Vorkehrungen auf dem Gebiet der Investitionen und gegebenenfalls des Verbrauchs zur Stützung der Wirtschaftstätigkeit in erster Linie nur um selektive Maßnahmen von begrenzter Dauer handeln sollte?
Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Ich würde das ähnlich beurteilen, wie es von den von Ihnen genannten anderen Stellen beurteilt wird.
Ich rufe die Frage 22 des Abgeordneten Kubitza auf:
Unter welchen Voraussetzungen ist die Bundesregierung bereit, die Frage einer Sonderregelung für gebrauchte Kraftfahrzeuge bei der Mehrwertsteuer zu prüfen?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Ich darf Ihre Frage, Herr Kollege Kubitza, wie folgt beantworten. Wenn sich herausstellen sollte, daß die Erhebung der vollen Mehrwertsteuer auf gebrauchte Kraftfahrzeuge zu einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Automobilindustrie und des Kraftfahrzeughandels führt, wird die Bundesregierung die Frage einer Sonderregelung für gebrauchte Kraftfahrzeuge in ihre Überlegungen einbeziehen. Ich habe eine ähnliche Antwort schon öfters auf ähnliche Fragen gegeben. Auf Grund des gegenwärtig vorliegenden Zahlenmaterials ist hierfür allerdings noch kein hinreichender Anlaß gegeben.
Soweit der Inlandsverkäuf neuer Kraftfahrzeuge Anfang dieses Jahres zurückgegangen ist - Sie kennen sicherlich die Zahlen des Monats Januar -, könnte das verschiedene Ursachen haben, die mit der Mehrwertsteuer auf gebrauchte Kraftfahrzeuge nicht in einem ausschlaggebenden Zusammenhang zu stehen brauchen. Ein Indiz hierfür dürfte die
Parlamentarischer Staatssekretär Leicht
Tatsache sein, daß die Zahl der Umschreibungen gebrauchter Personenkraftwagen und Kombiwagen im Januar 1968 mit 148 000 Stück sogar etwas über der Vergleichszahl für den Monat Januar 1967 von 143 000 Stück lag.
Die Bundesregierung wird - das sei bereits jetzt gesagt -, falls die Entwicklung ungünstig verläuft, bei eventuellen Sonderregelungen zugunsten der Kraftfahrzeugwirtschaft allerdings die Haushaltsauswirkungen zu berücksichtigen haben und die Steuermindereinnahmen durch entsprechende Gesetzesänderungen an anderer Stelle ausgleichen müssen.
Zu einer Zusatzfrage, Herr Kollege Kubitza.
Herr Staatssekretär, halten Sie die Gründe, die der Gebrauchtwagenhandel angibt, nicht für stichhaltig?
Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Wie ich soeben ausgeführt habe, Herr Kollege Kubitza, glaube ich nicht, daß die Voraussetzungen für eine andere Regelung jetzt schon gegeben sind. Wir sind der Meinung, daß die verschiedensten Umstände dazu beitragen, möglicherweise das zu bewirken, was sich im Augenblick abzeichnet.
Zu einer Zusatzfrage, Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen!
Herr Staatssekretär, wäre es möglich, daß die Steuerausfälle, wenn die Neuzulassungen durch den stockenden Absatz an Gebrauchtwagen zurückgehen, vielleicht größer sind als durch eine Erleichterung für den Gebrauchtwagenverkauf?
Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Die Schwierigkeit, Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen, liegt doch darin, daß ich eine gebrauchte Ware, hier den Gebrauchtwagen, dann nicht unbedingt allein von dieser Steuer befreien kann. Das gibt dann gewaltige Ausfälle.
Eine weitere Zusatzfrage.
Aber, Herr Staatssekretär, da darf ich noch einmal fragen: Ist es nicht so, daß der Rückgang an Mehrwertsteuereinnahmen durch weniger Neuzulassungen gegebenenfalls viel größer wäre, weil doch die Neuzulassungen in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Gebrauchtwagenumsatz stehen?
Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Wir müssen die Entwicklung abwarten, Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen. Wir haben die berechtigte Hoffnung, daß z. B. schon im Februar das Bild wieder etwas anders aussieht als im Januar.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Fellermaier.
Herr Staatssekretär, darf ich Sie fragen, ob Ihnen bekannt ist, daß unter den Gesichtspunkten, die der Kollege Schmitt-Vockenhausen genannt hat, in Frankreich bei der Mehrwertsteuer eine andere Regelung im Gebrauchtwagensektor vorhanden ist, offensichtlich wohl auch unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Auswirkungen im Neuwagenverkauf, und sind Sie nicht der Meinung, daß man, auch wenn die Harmonisierung der Steuern in der EWG zwar noch lange auf sich warten läßt, aber wettbewerbsmäßig in den einzelnen Staaten dann die gleichen Voraussetzungen für eine solche Schlüsselindustrie schaffen sollte, wie sie die Automobilindustrie zweifelsohne ist?
Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Mir ist bekannt, Herr Kollege Fellermaier, daß in Frankreich im Jahre 1968 gebrauchte Kraftfahrzeuge von der Mehrwertsteuer noch befreit sind. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen - auch das muß man in diesem Zusammenhang sagen -, daß dort der Vorsteuerabzug für Kraftfahrzeuge zum Teil versagt ist.
Ab 1. Januar 1969 soll bei gebrauchten Kraftfahrzeugen in Frankreich grundsätzlich nur die Differenz zwischen Einkaufs- und Verkaufswert zur Steuer herangezogen werden. Bei der ab Mitte 1967 geltenden ähnlichen Regelung in Dänemark z. B. ist, wenn ein Händler einen Personenkraftwagen veräußert, den er von einem Nichtunternehmer erworben hat, nur die Differenz zwischen dem Einkaufs- und dem Verkaufspreis zu versteuern. Sie sehen daraus schon, daß verschiedene Regelungen auch im EWG-Bereich - wenn ich jetzt Frankreich sehe - bereits bestehen und daß das, was wir tun, nicht unbedingt den EWG-Regelungen - oder den unter Umständen zu erwartenden - widersprechen müßte.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Fellermaier.
Herr Staatssekretär, interpretiere ich Sie richtig mit der Feststellung, daß Sie damit doch sagen, die derzeitige Regelung in der Bundesrepublik bereite zweifelsohne größere Schwierigkeiten als die Regelung in anderen europäischen Staaten?
Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Das will ich damit nicht sagen.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Kubitza.
Herr Staatssekretär, wo gibt es Ihrer Meinung nach noch einen nennenswerten Gebrauchtwarenhandel, der zu solch enormen Steuerausfällen führen würde, wie Sie ausgeführt haben?
Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Ich könnte Ihnen sicherlich eine Fülle von Gebrauchtwaren nennen, die draußen im Handel eine Rolle spielen; die kennen Sie sicherlich auch. Nur gibt es wahrscheinlich darunter keinen solch ausgeprägten wie gerade den im Kraftwagenbereich. Trotzdem sind wir verpflichtet, die Frage zu prüfen, ob, wenn das gebrauchte Kraftfahrzeug von der Steuer freigestellt, mit einem ermäßigten Steuersatz oder mit einer anderen begünstigenden Regelung versehen wird, dann nicht eben alle Gebrauchtwaren unter diese Regelung fallen müßten.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Maucher.
Herr Staatssekretär, aus allen Antworten, die Sie gegeben haben, und auch aus der Diskussion darf man schließen, daß die Bundesregierung bereit ist, wenn sich tatsächlich erheblich größere Schwierigkeiten ergeben, als im Augenblick von der Bundesregierung vermutet wird, daraus die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen.
Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Ich habe schon mehrmals betont, daß die Bundesregierung diese Frage laufend verfolgt und die Konsequenzen ziehen wird, wenn es notwendig wird. Dafür sind aber Voraussetzungen notwendig.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Picard.
Herr Staatssekretär, darf ich fragen, woher Sie die Hoffnung nehmen, daß die Entwicklung im Gebrauchtwagenhandel sich bessern wird, - entgegen der Auffassung derer, die diesen Handel betreiben.
Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Wir können das aus dem Neuwagengeschäft entnehmen. Ich habe angedeutet - ohne daß die genauen Zahlen jetzt schon vorliegen; das würde die Beantwortung der Fragen erleichtern -, daß im Februar das Neuwagengeschäft, soweit man es jetzt schon einschätzen kann, besser gelaufen ist, als zu erwarten war.
Eine weitere Frage, Herr Kollege Picard.
Herr Staatssekretär, erwägt die Bundesregierung - wie Sie soeben vorgetragen haben -, lediglich die Differenz zwischen Einkaufspreis und Verkaufspreis des Gebrauchtwagens zu versteuern?
Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Wenn es notwendig ist, wird es natürlich eine der ersten Überlegungen sein, ob man zu diesem Verfahren kommt oder nicht.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Brück.
Herr Staatssekretär, halten Sie das soeben erwähnte Verfahren nicht für systemgerechter, weil ja erst dadurch der geschaffene Mehrwert versteuert wird?
Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Der zuständige Fachausschuß dieses Hohen Hauses und seine sachverständigen Mitglieder - die Kollegen waren sicherlich sachverständig - haben entschieden, daß die Regelung, wie sie jetzt vorgesehen ist, systemgerecht ist.
Eine Zusatzfrage, Frau Kollegin Funcke.
Herr Staatssekretär, an welchen Maßstäben messen Sie Ihre Feststellung, daß die Entwicklung des Neuwagengeschäfts besser ist als erwartet? Heißt das, daß es besser ist als im Januar - das wäre ja normal - oder besser als im Februar vorigen Jahres oder besser im Vergleich zu den etwas bescheidenen Erwartungen des Bundesfinanzministers?
Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Ich würde sagen, aus einer Kombination aller drei Punkte, gnädige Frau.
Damit kommen wir zur Beantwortung der Frage 23 des Herrn Abgeordneten Dr. Imle:
Sind nach den deutsch-französischen Konsultationsgesprächen auf dem Gebiet der Steuerpolitik noch Wünsche im Hinblick auf die steuerliche Gleichbehandlung offengeblieben?
Herr Staatssekretär, bitte!
Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Ich darf Ihre Frage, Herr Kollege Imle, wie folgt beantworten.
Im Rahmen der deutsch-französischen Konsultationsgespräche vom 15./16. Februar 1968 ist zwischen Frankreich und Deutschland grundsätzliches Einverständnis über eine Regelung erzielt worden, die die steuerliche Gesamtbelastung der deutschen Aktienanlagen in Frankreich auf die Belastung zurückführt, wie sie für französische Inlandsanlagen besteht. Zugleich ist damit auch eine Angleichung an die Steuerbelastung erreicht worden, die deutsche Aktionäre für ihre Inlandsdividenden zu tragen haben. Diese Vereinbarung, die einen neuen Weg der internationalen Steuergestaltung vorzeichnet, leistet damit einen entscheidenden Beitrag zur Verwirklichung der Steuerneutralität im europäischen Kapitalverkehr.
Deutscher Bundestag - 5. Wahlperiode - 163. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den. 28. März 1968 8535
Parlamentarischer Staatssekretär Leicht
Die Vereinbarung sieht unter gleicher Zielsetzung vor, daß für deutsche Muttergesellschaften die französische Kapitalertragsteuer aufgehoben. wird. Schließlich konnte auch die grundsätzliche französische Zustimmung dafür erlangt werden, die Zusatzbesteuerung, der die Betriebsstätten deutscher Gesellschaften in Frankreich unterliegen, zu beseitigen.
Damit sind alle deutschen Anliegen zum Ziele der steuerlichen Gleichbehandlung auf dem vorgenannten Gebiet im Grundsatz erfüllt. Die Vertragsregelungen müssen in weiteren Verhandlungen ausgearbeitet werden, in denen auch noch verschiedene von der französischen Seite bisher nur allgemein vorgetragene Einzelaspekte zu erörtern sind.
Zusatzfrage, Herr Kollege Imle.
Herr Staatssekretär, Sie sagten gerade, daß auf dem vorgenannten Gebiet damit alle unterschiedlichen Auffassungen usw. erledigt sind. Sind darüber hinaus andere Fragen offengeblieben, die noch einer späteren Regelung zugeführt werden müssen?
Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Ich habe im Schlußsatz gesagt, Herr Kollege Imle, daß natürlich auch von französischer Seite die eine oder andere Frage noch offengeblieben ist. Die grundsätzlichen und wichtigen Punkte aber sind damit wohl nach unseren Wünschen geregelt.
Wir kommen zur Beantwortung der Frage 24 des Herrn Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen:
Wie ist der Stand bei der Neuzulassung von Personenkraftwagen seit der Einführung der Mehrwertsteuer?
Das Wort zur Beantwortung hat der Herr Staatssekretär.
Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Im Januar 1968, Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen, sind rund 65 000 neue Personenkraftwagen - einschließlich Kombiwagen - zugelassen worden. Die Vergleichszahl für den Monat Januar 1967 beträgt 74 000. Ein Teil dieses Rückgangs dürfte darauf zurückzuführen sein, daß die Zahl der Neuzulassungen von Personenkraftwagen einschließlich Kombiwagen im Dezember 1967 - wahrscheinlich im Hinblick auf die bevorstehende Einführung der Mehrwertsteuer -besonders hoch war. Im Dezember 1967 sind nämlich rund 100 000 Personenkraftwagen - einschließlich Kombiwagen - neu zugelassen worden im Vergleich zu rund 81 000 Stück im Dezember 1966.
Nach vorläufigen Berechnungen - und nun kommt das, was ich schon zweimal andeuten durfte - hat sich der Inlandsabsatz neuer Kraftfahrzeuge im Februar 1968 wieder gebessert. Endgültige Zahlenangaben liegen jedoch noch nicht vor. Sie lagen
auch vor einer halben Stunde noch nicht vor, zumindest nicht bei mir.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen.
Herr Staatssekretär, kann ich aus Ihrer Antwort - auch zu den vorhergehenden Fragen - entnehmen, daß Sie diesen gesamten Fragenkomplex in den nächsten Tagen und Wochen mit aller Umsicht beobachten, bevor größere Schädigungen für die Kraftfahrzeugindustrie eintreten?
Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Ich kann diese Frage uneingeschränkt bejahen.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Fellermaier.
Herr Staatssekretär, glauben Sie nicht, daß diese Beobachtung insofern beschleunigt werden müßte, als gerade das Frühjahr ein Konjunkturbarometer für die Kraftfahrzeugindustrie ist und sich etwa ergebende Haldenbestände im Neuoder Gebrauchtwagensektor in den Sommermonaten zwangsläufig nicht mehr absetzen lassen, weil die Konjunktur im Bereich der Automobilindustrie ja ihren eigenen Gesetzen folgt?
Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Wir können wohl schlecht beschleunigt beobachten, Herr Kollege. Wir können die Entwicklung verfolgen und dann beschleunigt handeln. Das werden wir tun.
Wir kommen dann zur Beantwortung der Fragen 25 und 26 des Herrn Abgeordneten Dr. Emde. Da ich annehme, Herr Staatssekretär, daß Sie die beiden Fragen zusammen beantworten werden, rufe ich die beiden Fragen 25 und 26 zusammen auf:
Sieht die Bundesregierung in der Anregung des Oberbürgermeisters der Stadt München, als Sofortmaßnahme 20 Prozent der unrentierlichen kommunalen Schulden auf den Bund zu übertragen, einen sinnvollen Vorschlag zur Gemeindefinanzreform?
Falls die mittelfristige Finanzplanung nach ihrem gegenwärtigen Stand dies. nicht zuläßt: Ist die Bundesregierung bereit, eventuell eine geringere Quote zu übernehmen?
Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Ich darf die Fragen zusammen beantworten, Herr Präsident.
Nach dem Grundgesetz ist es nicht möglich, Herr Kollege Dr. Emde, daß der Bund Schulden der Gemeinden übernimmt. Soweit die eigenen Einnahmen der Gemeinden zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht ausreichen, isst es allein Sache der Länder, sie im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs zu ergänzen.
Auch im Rahmen der. Gemeindefinanzreform kommt ein derartiger Eingriff in den Aufgabenbe8536
Parlamentarischer Staatssekretär Leicht
reich der Länder, der eine Änderung des Grundgesetzes für eine einmalige Maßnahme erfordern würde, nicht in Betracht. Die Übernahme unrentierlicher Schulden der Gemeinden halte ich im übrigen nicht für einen geeigneten Weg zur Verbesserung der Finanzlage der Gemeinden.
Der Schuldenstand der Gemeinden ist stark von der Finanzpolitik der einzelnen Gemeinden abhängig. Er steht in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit dem unbefriedigten Finanzbedarf der einzelnen Gemeinden, so daß er nicht als Maßstab für die Verbesserung der Finanzausstattung der Gemeinden verwendet werden kann.
Zusatzfrage, Herr Kollege Dr. Emde, bitte.
Herr Staatssekretär, steht das, was Sie soeben ausgeführt haben - daß der Bund nicht Lasten der Gemeinden im Rahmen des Grundgesetzes übernehmen könne -, nicht im Gegensatz zu der Sonderregelung, die vor einigen Wochen zugunsten von Bad Godesberg und Bonn getroffen worden ist?
Leicht, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Wie Sie selber sagten, Herr Kollege Dr. Emde, handelt es sich dabei um eine Sonderregelung. Warum ist diese Sonderregelung getroffen worden? Deshalb, weil diese Gemeinden zu einem Zeitpunkt, als der Bund für solche Maßnahmen noch keine Mittel geben konnte, obwohl er diesen Gemeinden schon Belastungen brachte, in der Infrastruktur - sowohl in Bonn als auch in Bad Godesberg - das eine oder andere taten und große Mittel aufbrachten. Ich glaube, insofern liegt dieser von Ihnen angesprochene Fall anders.
Meine Damen und Herren, ich darf Ihnen nur noch bekanntgeben, daß die Fragen 27 und 28 bereits gestern vom Bundeswirtschaftsministerium beantwortet wurden. Die Frage 29 des Herrn Abgeordneten Zebisch wird im Einverständnis mit dem Fragesteller schriftlich beantwortet. Die Antwort liegt noch nicht vor. Sie wird nach Eingang im Sitzungsbericht abgedruckt.
Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesfinanzministers erledigt. - Die Fragestunde ist damit beendet.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Freitag, den 29. März 1968, 9 Uhr ein.
Die Sitzung ist geschlossen.