Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet.
Meine Damen und Herren, gemäß § 76 Abs. 2 der Geschäftsordnung soll die Vorlage des Bundesministers des Innern betr. Bundeskriminalamt - Drucksache V/2525 an den Innenausschuß überwiesen
werden. Erhebt sich dagegen Widerspruch? -- Das
ist nicht der Fall. Die Überweisung ist beschlossen.
Gemäß § 6 Abs. 1 des Gesetzes über Maßnahmen zur Förderung des deutschen Films vom 22. Dezember 1967 entsendet der Deutsche Bundestag fünf Mitglieder und fünf Stellvertreter in den Verwaltungsrat der Filmförderungsanstalt. Die Fraktionen haben dafür benannt:
Fraktion der CDU/CSU: Dr. Toussaint und Dr. Huys als Mitglieder, Dr. Martin und Frau Geisendörfer als Stellvertreter;
Fraktion der SPD: Dr. Meinecke und Raffert als Mitglieder, Ravens und Liehr als Stellvertreter;
Fraktion der FDP: Dorn als Mitglied, Moersch als Stellvertreter.
Ist das Haus mit diesen Wahlvorschlägen einverstanden? - Ich höre keinen Widerspruch. Damit sind die genannten Abgeordneten als Mitglieder bzw. Stellvertreter in den Verwaltungsrat der Filmförderungsanstalt gewählt.
Zu der in der Fragestunde der 155. Sitzung des Deutschen Bundestages am 13. Februar 1968 gestellten Frage des Abgeordneten Peiter, Drucksache V/2564 Nr. 3 *, ist inzwischen die schriftliche Antwort des Staatssekretärs Grund vom 14. Februar 1968 eingegangen. Sie lautet:
Die endgültige Höhe der auf das Land Rheinland-Pfalz entfallenden Beträge aus dem 1. und 2. Konjunkturprogramm des Bundes kann erst angegeben werden, wenn die Auswertung Tiber die Auftragsvergaben vorliegt. Zur Zeit können daher hierfür nur Sollzahlen nach den Schätzungen der Ressorts genannt werden.
*) Siehe 155. Sitzung, Seite 7934 A
Von (leni 1, Investitionsprogramm des Bundes entfallen ca. 90 Mio DM und von dem 2. Investitionsprogramm etwa 139 Mio DM ({0}) auf Rheinland-Pfalz.
Von den Ergänzungsweisungen an finanzschwache Länder im Jahre 1967 von insgesamt 260 Mio DM hat Rheinland-Pfalz 55 Mio DM erhalten.
Aus der Erhöhung der Mineralölsteuer im Jahre 1967 ({1}) sind 28,3 Min DM nach Rheinland-Piatz geflossen.
Die Senkung des Bundesanfiis an der Einkommen- und Körperschaftsteuer hat dem Land im Jahre 1967 Mehreinnahmen von 39,1 Mio DM erbracht. Weiter haben sich hieraus für das Land Mehreinnahmen aus dem Länderfinanzausgleich in Höhe von 7,5 Mio DM ergeben.
Meine Damen und Herren, es ist der Wunsch des Bundesrates, daß wir Punkt 12 der Tagesordnung vorweg behandeln, was um so leichter geschehen kann, als dies ohne Aussprache erfolgen soll. Ich nehme an, daß das Haus damit einverstanden ist, und rufe Punkt 12 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes ({2})
- Drucksache V/1983 Gemäß der Vereinbarung im Ältestenrat wird auf Begründung und Aussprache verzichtet. Ich schlage Ihnen Überweisung an den Rechtsausschuß - federführend -- und an den Ausschuß für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung - mitberatend - vor. - Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.
Ich komme zu Punkt 2 der Tagesordnung: Fragestunde
- Drucksachen V/2564, zu V/2564, Nachtrag zu V/2564 -,
zuerst zu den Fragen, die schon am Mittwoch hätten behandelt werden sollen, aus dem Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes.
Frage 66 des Abgeordneten Dr. Giulini. - Ist Herr Dr. Giulini im Saal? - Die Frage wird im Einvernehmen mit dem Fragesteller schriftlich beantwortet, ebenso Frage 67.
Die Antworten liegen noch nicht vor. Sie werden nach Eingang im Sitzungsbericht abgedruckt.
Die Fragen 68 und 69 sind zurückgezogen.
8092 Deutscher Bundestag - 5. Wahlperiode
Vizepräsident Dr. Jaeger
Frage 70 des Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen:
Wann wird die Bundesregierung die in der Fragestunde vom 15. September 1966 angekündigte Ratifizierung des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen vom 24. April 1963 einleiten?
({3})
- Sie vertreten ihn. --- Herr Staatssekretär, ich darf bitten.
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Die Gründe, die die Bundesregierung bewogen haben, den Entwurf eines neuen Konsulargesetzes erst einzubringen, wenn das Wiener Übereinkommen über konsularische Beziehungen vom 24. April 1963 deutsches Recht geworden ist, gelten weiter.
Dieses Übereinkommen legt auf völkerrechtlicher Ebene die Aufgaben und die Rechtstellung der konsularischen Vertretungen und ihrer Mitglieder fest.
Ich darf doch um etwa Ruhe bitten. Wenn die Regierung aus der Mitte des Hauses gefragt wird, dann hat sie ja wohl einen Anspruch darauf, daß man ihre Antwort auch hört.
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtig en: Die Bundesregierung hält es für vordringlich, die Tätigkeit unserer konsularischen Vertretungen im Ausland und der ausländischen konsularischen Vertretungen im Bundesgebiet zunächst auf eine allgemein anerkannte Rechtsgrundlage zu stellen. Demgegenüber muß nach Auffassung der Bundesregierung der Erlaß eines neuen Konsulargesetzes, das nur die innerdeutsche Rechtsgrundlage der amtlichen Tätigkeit deutscher konsularischer Vertreter im Ausland betrifft, zurückstehen. Es ist daher weiterhin erforderlich, dem Wiener Abkommen über konsularische Beziehungen den Vortritt zu lassen.
Der Entwurf zum Zustimmungsgesetz zu dieser Konvention ist im wesentlichen fertiggestellt worden. Es haben sich aber in letzter Zeit noch einige klärungsbedürftige Punkte ergeben. Dennoch hoffe ich, daß die parlamentarische Behandlung in Bälde beginnen kann.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Kopf,
In der letzten Wahlperiode des Deutschen Bundestages ist diesem Hohen Hause bereits der Entwurf eines Konsulargesetzes zugeleitet worden. Ich darf die Frage stellen, ob in diesem damals vorgelegten Entwurf nicht bereits die Grundsätze der internationalen Konvention, die in Ausarbeitung begriffen gewesen ist, weitgehend berücksichtigt worden waren.
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Sicher sind die wesentlichen Grundsätze dabei berücksichtigt worden, Herr Dr. Kopf. Nur, wenn jetzt bei der gegenwärtigen Situation ein neuer Entwurf eingebracht werden muß, ist es, glaube ich, eine angemessene Form des Umgangs mit dieser Materie, das dann auch genau auf die Fragen abzustimmen, die sich aus der Konvention ergeben.
Dann kommen wir zur Frage 71 des Herrn Abgeordneten SchmittVockenhausen:
Bis wann ist mit der Einbringung eines neuen Konsulargesetzes zu rechnen?
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Die ist mit beantwortet, Herr Präsident.
Keine Zusatzfrage mehr? Dann kommen wir zur Frage 72 des Herrn Abgeordneten Diebäcker:
Hat die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Moskau die Möglichkeit, russischsprachiges Intormationsmaterial ungehindert in der Sowjetunion zu verteilen, wie dies umgekehrt der Botschaft der UdSSR in der Bundesrepublik Deutschland möglich ist?
Ist Herr Diebäcker im Saal? - Er wird vertreten durch Herrn Hofmann.
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Ich darf bitten, auch hier beide Fragen zusammen beantworten zu dürfen, Herr Präsident.
Bitte sehr. Ich rufe also auch Frage 73 des Herrn Abgeordneten Diebäcker auf:
Was beabsichtigt die Bundesregierung für den Fall zu unternehmen, daß unter Nichtbeachtung des Gegenseitigkeitsgrundsatzes Informationsmaterial Tiber die deutsche Botschaft in Moskau nicht verteilt werden darf?
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Die Antwort auf die erste Frage: Bisher nicht. Das Auswärtige Amt steht seit geraumer Zeit in der Frage der Herausgabe einer russischsprachigen Zeitschrift über die Botschaft in Moskau mit den zuständigen sowjetischen Behörden in Verbindung. So hat der deutsche Botschafter im Dezember 1965 förmlich die Zustimmung der Sowjetregierung zu diesem Vorhaben erbeten. Eine Antwort hat die Sowjetregierung bis heute nicht erteilt. Auf wiederholte Vorstellungen hin wurde die deutsche Botschaft immer wieder mit Hinweisen auf angebliche administrative Schwierigkeiten vertröstet.
Zur zweiten Frage. Das Auswärtige Amt wird seine Bemühungen um die Herausgabe und Verteilung einer russischsprachigen Veröffentlichung der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Moskau fortsetzen. Sie ist überzeugt, daß eine solche Zeitschrift den Menschen in der Sowjetunion helfen würde, sich ein Bild über Deutschland und die friedlichen Absichten des deutschen Volkes zu machen. Damit würde ein wesentlicher Beitrag zu einer Verständigung zwischen den Völkern geleistet.
Parlamentarischer Staatssekretär Jahn
Da wir zu dem Prinzip der Freiheit der Meinungsäußerung stehen, hat die Bundesregierung bisher davon abgesehen, das im Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen vom 18. April 1961 verankerte Prinzip der Gegenseitigkeit anzuwenden und gegen die Verteilung deutschsprachiger sowjetischer Publikationen in der Bundesrepublik einzuschreiten.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Hofmann,
Herr Staatssekretär Jahn, ist denn abzusehen, wann das „bisher nicht" in etwa überwunden sein kann? Kann man da eine Zeit angegeben?
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Es ist immer sehr schwierig,
({0})
wenn man eingeladen wird, prophetische Gaben zu entwickeln. Da gibt es keine präzisen Zeitvorstellungen. Ich glaube, da muß man sich auch ganz generell mit Geduld wappnen.
Ich komme dann zur Frage 74 des Herrn Abgeordneten Schmidt ({0}) :
Wie beurteilt die Bundesregierung die psychologischen Auswirkungen der Tatsache, daß für die Restaurierung der Residenz des deutschen Botschafters in Paris, des Palais Beauharnais, 20 Millionen 1)M aufgewendet wurden, daß darüber hinaus Jahr für Jahr hohe Haltungskosten anfallen werden zu einem Zeitpunkt, in dem zum Ausgleich des Bundeshaushaltes zweifellos wichtigerer Etatposten um Hunderttausende gerungen werden muß und in dem durch das Finanzänderungsgesetz auf Sozialversicherte und Rentner hohe Belastungen zukommen, ja ein Teil der Kriegsfolgegeschädigten weiterhin zum Hoffen und Harren verurteilt wird?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär!
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Ich begrüße die Gelegenheit dieser Anfrage zu einem klärenden Wort über die Finanzierung der deutschen Botschafterresidenz in Paris.
Wie wohl bekannt ist, wurde das Palais Beauharnais, das seit 150 Jahren Sitz preußischer Gesandter und deutscher Botschafter war, 1961 von dem französischen Staatspräsidenten anläßlich eines Besuchs des Herrn Bundespräsidenten in Paris zurückgegeben. Die Bundesregierung hat diese Geste des französischen Staatspräsidenten, die die Versöhnung der beiden Nachbarvölker symbolisiert, dankbar begrüßt. Damals suchte das Auswärtige Amt bereits seit längerer Zeit eine angemessene Residenz für den Botschafter in Paris, der in einem Stockwerk eines von verschiedenen anderen Parteien mitbewohnten Hauses unzureichend untergebracht war. Der Kauf einer angemessenen Residenz oder der Erwerb von Bauland mit nachfolgendem Neubau hätte nach den damaligen Berechnungen etwa 12 Millionen DM erfordert. Die Kosten für die Wiederherstellung des Palais Beauharnais wurden damals aus 13,1 Millionen DM geschätzt.
Die Bundesregierung hielt es im Jahre 1963 unter den dargelegten politischen Umständen und finanziellen Erwägungen für richtig, die Lösung der Frage der Unterbringung unseres Botschafters, die sich mit dem zurückgegebenen Gebäude bot, zu nutzen. Dafür sprach auch die historische Bedeutung, die der Tatsache zukommen mußte, daß unser Botschafter wieder das Gebäude bezog, das deutsche Botschafter seit langem inngehabt hatten.
Die Bundesregierung trat mit den Sachverständigengutachten, die sie über das Palais Beauharnais eingeholt hatte, zunächst an den Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages mit der Bitte heran, den Betrag von 1,5 Millionen DM als überplanmäßige Ausgabe für die damals unaufschiebbaren Gründungssicherungsarbeiten an dem Gebäude zu bewilligen. Dem Antrag wurde in der Sitzung des Haushaltsausschusses vom 23. April 1964 stattgegeben. Am 11. März 1965 hat der Haushaltsausschuß nach eingehender Prüfung des Bauvorhabens an Ort und Stelle einstimmig die auf 13,1 Millionen DM veranschlagten Baukosten bewilligt. Die genannten Baukosten erhöhten sich auf Grund der allgemeinen Preiserhöhungen und zunächst nicht erkennbar gewesener Gebäudeschäden später um 3,881 Millionen DM.
Bauvorhaben des Bundes werden bei der ersten Mittelanforderung durch den Bundestag grundsätzlich beschlossen; die Ausgaben werden jedoch in der Regel entsprechend dem voraussichtlichen Fortgang der Bauarbeiten auf verschiedene Haushaltsjahre verteilt. In diesem Fall wurden im Haushaltsplan 1965 die ersten 3 Millionen DM bewilligt unter Anrechnung des bereits im Jahre 1964 bewilligten Vorgriffs in Höhe von 1,5 Millionen DM. Die restlichen Kosten wurden verteilt auf die Haushaltsjahre 1966 mit 6,5 Millionen DM, 1967 mit 4,6 Millionen DM und 1968 mit 2,881 Millionen DM. Ausgaben für Einrichtungsgegenstände in Höhe von 2,319 Millionen DM wurden in den Rechnungsjahren 1966 und 1967 bei einem anderen Titel bewilligt.
Der Wiederaufbaubeschluß der Bundesregierung und die grundsätzliche Zustimmung des Haushaltsausschusses bzw. des Bundestages erfolgten zu einem Zeitpunkt, in dem die spätere Entwicklung der Bundesfinanzen, wie sie sich seit Ende 1966 darstellt, noch nicht erkennbar war. Die in Ihrer Anfrage aus heutiger Sicht angesprochenen Probleme des Haushaltsausgleichs bestanden zur Zeit der Entschließung zur Wiederherstellung des Bauwerks noch nicht. Hätte man aber die Wiederherstellung in den Jahren 1964 und 1965 abgelehnt, so wäre statt dessen ein sehr großer Teil dieser Mittel für die Beschaffung einer anderen Botschafterresidenz erforderlich geworden.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schmidt.
Herr Staatssekretär, können Sie Auskunft darüber geben, welche zusätzlichen jährlichen Unterhaltungskosten die Würde und das Alter des Hauses in Zukunft im Vergleich
Schmidt ({0})
zu einem neu errichteten Botschaftsgebäude erforderlich machen werden?
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Kollege Schmidt, Sie haben aus meiner Antwort sicher entnommen, daß ich mich bemüht habe, möglichst alle weiteren Fragen, die sich aus Ihrer Anfrage ergeben könnten, zu berücksichtigen und eine Antwort auf sie zu suchen. Diesen Punkt habe ich nun bei meinen Vorermittlungen nicht auch noch erwischt. Aber ich bin gerne bereit, die Beantwortung in schriftlicher Form nachzuholen.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schmidt.
Herr Staatssekretär, stimmen Sie nicht mit mir darin überein, daß eine moderne Residenz den Anforderungen besser genii-gen würde und daß man jetzt vielleicht auch unter dem Gesichtspunkt der finanziellen Zukunftslasten überlegen sollte, ob man das Palais Beauharnais nicht einer anderen Verwendung zuführen könnte, natürlich unter Verkauf oder musealer Auswertung dieses Gebäudes, und dafür eine modernere Residenz mit geringeren Zukunftskosten zur Verfügung stellen könnte?
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Kollege Schmidt, ich habe zwar durchaus ein gewisses Verständnis für solche Überlegungen; aber jetzt bin ich doch versucht, die Gegenfrage zu stellen: Müßten dann nicht gerade Sie sich veranlaßt fühlen, in einer der folgenden Fragestunden die Frage aufzuwerfen; ob die Entscheidung, unmittelbar nach der Einweihung einer Botschafterresidenz ein neues Botschaftsgebäude zu errichten, eigentlich sinnvoll sei?
({0})
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Strohmayr.
Herr Staatssekretär, glauben Sie nicht, daß auf dieses Danaergeschenk hätte verzichtet werden können?
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Kollege, ich kann mir Ihre Wertung, die in dem Wort „Danaergeschenk" liegt, nicht zu eigen machen. Es gibt Dinge, über die man unterschiedlicher Meinung sein kann; das räume ich gern ein. Es gibt aber Dinge, die einen Wert und einen Sinn haben, der nicht unmittelbar in Geld zu messen ist. Der eine schätzt das höher, der andere weniger hoch ein. Das sollte dann aber nicht mit solchen Wertungen bedacht werden.
Ob damals eine andere Entscheidung möglich gewesen wäre: ich bitte Sie, mir die Beantwortung dieser Frage deshalb zu erlassen, weil ich das für müßg erachten muß, weil eine bestimmte Entscheidung ergangen ist, die nachträglich nicht mehr korrigiert werden kann.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Strohmayr.
Herr Staatssekretär, Sie haben bereits erwähnt, wen die Verantwortung für die Überschreitung der veranschlagten Baukosten von 13 Millionen DM auf 20 Millionen DM trifft, d. h. also für eine Überziehung von 7 Millionen DM. Meinen Sie nicht, daß es endlich an der Zeit wäre, daß die Bundesbauverwaltung besser kalkuliert, damit nicht wieder am laufenden Band Überschreitungen vorkommen?
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Kollege, ich bin sicher, auf diesem Gebiet sind Sie sehr viel sachkundiger als ich. Aber so viel Sachkunde habe ich auch, um zu wissen, daß Voranschläge in aller Regel überschritten werden.
({0})
Da, wo sich besonders schwierige Umstände ergeben wie hier durch verborgene Baumängel, ist die Gefahr besonders groß.
Meine Damen und Herren, jetzt kommt der Abgeordnete Dr. Kopf.
Herr Staatssekretär, trifft es zu, daß das Gebäude Villa Beauharnais unter französischem Denkmalschutz stand und daß daher sein etwaiger Abbruch und seine Ersetzung durch ein modernes Gebäude entweder gar nicht möglich oder nur mit großen Schwierigkeiten erreichbar gewesen wäre?
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Das trifft zu.
Zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, trifft es zu, daß die Wiederherstellung des Gebäudes durch die Bundesbaudirektion in enger Fühlungnahme mit den französischen Dienststellen des beaux arts erfolgt und in mustergültiger Weise durchgeführt worden ist und daß die Vornahme dieser Restaurierungsarbeiten von der französischen Presse und der französischen Öffentlichkeit mit großer Anerkennung als ein Zeichen guter deutsch-französischer Zusammenarbeit bezeichnet worden ist?
({0})
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Es trifft zu, Herr Kollege Dr. Kopf, daß anläßlich der Eröffnung des wiederhergestellten Palais Beauharnais diese TatParlamentarischer Staatssekretär Jahn
sache in der französischen Öffentlichkeit, insbesondere auch in der Presse, eine besonders freundliche Zustimmung und Bewertung erfahren hat. Das erstreckt sich sicher auch auf die Art der Ausführung der Arbeiten.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dröscher.
Herr Staatssekretär, können Sie sagen, wie der Bundesfinanzminister hieß, unter dessen Verantwortung seinerzeit die entsprechenden Beschlüsse gefaßt wurden, das Geld zu investieren?
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Da muß ich erst einmal einen Moment nachdenken.
({0})
- Aber eine gewisse Erfahrung und im Augenblick nicht sehr präzise Erinnerung spricht dafür, daß es sicherlich in jener Zeit ein Kollege war, der der FDP-Fraktion angehörte.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ertl.
Meinen Sie, daß der Finanzminister auch bereits übersehen konnte, daß Mehrkosten für den Bau auftreten?
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Das ist sehr schwer zu beurteilen. Ich würde am liebsten auf diese Frage antworten: vielleicht.
Zusatzfrage.
Darf ich im Zusammenhang mit dem Bau noch fragen, ob die Bundesregierung der besonderen Traditionspflege Frankreichs und vielleicht auch dem Umstand entgegengekommen ist, daß Eugen Beauharnais mit einer Wittelsbacherin verheiratet war?
({0})
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Kollege Ertl, ich glaube, es ist nicht nützlich, zur Klärung des Sachverhalts die Frage so zu stellen. Immerhin sind die maßgeblichen Beschlüsse von einer Bundesregierung gefaßt worden - ich habe eben schon Anlaß gehabt, darauf hinzuweisen -, in der Ihre Fraktion verantwortlich mitgewirkt hat.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kahn-Ackermann.
Herr Staatssekretär, gibt es einen Grund, hier nicht deutlich zu sagen, daß der damalige Bundeskanzler und der damalige Außenminister dieses Geschenk sehr wohl als Danaergeschenk empfunden haben und daß man sehr wohl wußte, daß der Ausbau dieser Residenz ungeheure Kosten verursachen würde, daß man es aber mit der Begründung hier vor Gremien dieses Parlaments vertreten hat, daß eine Zurückweisung dieses Geschenks von der damaligen französischen Regierung als Affront betrachtet werden würde und daß dies der Grund sei, daß man sich im Lichte der damaligen Verhältnisse zum Ausbau dieser Residenz entschlossen hat?
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Zunächst, Herr Kollege Kahn-Ackermann, bin ich außerstande, etwas über Empfindungen früherer Bundeskanzler und Bundesaußenminister zu sagen.
({0})
Sie haben eben die Frage so gestellt. Ich muß leider sagen, ich weiß nicht, was die damals empfunden haben. Aber davon unabhängig haben sicherlich gute Gründe dahin eine Rolle gespielt, auf diese Weise einen Beitrag zu leisten zu einem guten Verhältnis, zu guten Beziehungen zwischen den beiden Ländern, um die es hier geht. Oh dieses das angemessenste, zweckmäßigste und geeignetste Mittel war, darüber läßt sich sicherlich diskutieren und wird ja auch diskutiert, wie z. B. diese Diskussion zeigt.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kahn-Ackermann.
Herr Staatssekretär, empfinden Sie es dann als angemessen, daß zur Einweihung dieses sehr teuren Hauses eine der größten Parties veranstaltet wird, die Paris in Jahren gesehen hat, zu der 3500 Leute eingeladen wurden und die ganz sicherlich die Verfügungsmittel der deutschen Botschaft für andere Zwecke in diesem Rechnungsjahr so beschränken wird, daß einzelne Referate dieser Botschaft ihre Aufgaben nicht mehr richtig werden durchführen können?
({0})
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Ich bedaure sehr, Herr Kollege Kahn-Ackermann, daß ich nicht über Ihre Kenntnis der Größenordnung Pariser Parties verfüge.
({1})
Ich bin aber sicher, daß die Botschaft auch nach dieser Party, wie Sie meinen sich ausdrücken zu sollen, durchaus in der Lage sein wird, ihre Aufgaben sachgerecht zu erfüllen. Die Bundesregierung, in erster Linie also das Auswärtige Amt, wird jedenfalls darauf achten.
Herr Staatssekretär, -
Sie haben jetzt zwei Zusatzfragen gehabt, mehr kann ich Ihnen nicht geben. Jetzt ist Herr Abgeordneter Genscher dran.
Ungeachtet Ihrer, wie Sie eben dargestellt haben, unterentwickelten Kenntnisse Pariser Party-Gewohnheiten frage ich Sie: Halten Sie einen solchen Aufwand wirklich für angemessen?
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Über die Angemessenheit von Aufwänden, das gebe ich Ihnen gern zu, Herr Kollege Genscher, läßt sich sicher streiten. Aber es gibt öfters gute Gründe, ein besonders festliches Ereignis auch festlich zu begehen.
({0})
Daß eine mit dieser Vorgeschichte versehene Einweihungsfeierlichkeit in einen angemessenen Rahmen gestellt wird, dafür gibt es sicher gute Gründe und war ja wohl auch eine Gelegenheit, eine Menge praktischer Begegnungen zu ermöglichen, zu denen bei anderen Gelegenheiten oder unter anderen Umständen die Möglichkeit nicht in gleichem Maße besteht. Ich muß Ihnen offen gestehen: Bei allem Verständnis für Kritik an diesem Vorgang frage ich mich, ob sie eigentlich in einem rechten Verhältnis zu dem Ereignis selber steht.
({1})
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Genscher.
Darf ich aus dieser Antwort entnehmen, Herr Staatssekretär, daß Sie in Zukunft etwas mehr als bisher die Neigung des französischen Staatspräsidenten unter Umständen auch zu einer Einschränkung von Teilnehmerkreisen bei bestimmten Veranstaltungen zu kommen, auch in diesem Bereich berücksichtigen werden?
({0})
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Ich bin sicher, daß der Grundsatz äußerster Sparsamkeit auch hei gesellschaftlichen Veranstaltungen nur bei außerordentlichen Anlässen durchbrochen wird.
({1})
Es erhalten jetzt noch die Abgeordneten Marx und Moersch das Wort, und dann werden wir diesen Punkt abschließen.
({0})
Herr Abgeordneter Marx!
Herr Staatssekretär, wenn Sie von den Erscheinungen um die Feierlichkeiten absehen: Halten Sie unter den übrigen Umständen die Instandsetzung dieses Palais für ungewöhnlich?
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Das ist sicherlich ein Fall, der nicht ohne weiteres auf vergleichbare Vorgänge trifft. Wenn Sie das mit ungewöhnlich bezeichnen wollen, würde ich Ihnen nicht widersprechen.
Herr Abgeordneter Moersch!
Herr Staatssekretär, darf ich aus den Äußerungen schließen, die heute von Ihnen abgegeben worden sind, daß sich die Bundesregierung zur ganzen Geschichte dieses Palais, auch zu den Bewegteilen bekennt?
({0})
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Ich sehe keinen unmittelbaren Zusammenhang mit dem Gegenstand der Ausgangsfrage, Herr Kollege Moersch. Ich will ihr aber gar nicht ausweichen. Ich meine nicht, daß der Erwerb oder die Wiedererrichtung und Wiedereröffnung eines solchen Botschaftsgebäudes unbedingt an Bekenntnisse geknüpft werden muß. Wenn es Ihnen aber darum geht, eine Antwort darüber zu erhalten, wie die Bundesregierung zur deutschen und französischen Geschichte der letzten 150 Jahre steht, muß ich Ihnen allredings sagen: es gibt keinen Grund, einen Teil dieser Geschichte zu unterdrücken oder auszuklammern. Die ganze Geschichte gilt.
Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, zunächst zu der Frage 21 des Herrn Abgeordneten Welslau.
({0})
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Präsident, ich bitte sehr um Entschuldigung, aber ich habe hier noch einen Vorrat an Fragen zu beantworten.
Wo denn, bitte? -Nein, Herr Staatssekretär, die Sache ist so: ich hin jetzt bei den Fragen, die am Mittwoch. hätten beantwortet werden sollen, aber nicht mehr beantwortet werden konnten, weil andere Fragen aufgehalten haben. Ich bin davon ausgegangen, daß erst die Fragen vom Mittwoch erledigt werden, ehe wir zu den anderen Fragen kommen. Daß Ihr Interesse darin besteht, möglichst rasch Ihre Fragen durchzubringen, verstehe ich völlig. Die Fragesteller haben
Vizepräsident Dr. Jaeger
ein anderes Interesse. Aber das Haus ist souverän. Soll ich bei den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts fortfahren oder in der Reihenfolge der Fragen vom Mittwoch? Was ist Ihre Meinung?
({0})
Ist die Mehrheit der Meinung, daß wir mit den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts fortfahren?
({1})
- Nein, diskutieren werden wir hier nicht.
({2})
-- Nein, „zur Geschäftsordnung" machen wir es nicht. Die Sache habe ich hier zu entscheiden. Es bleibt also dabei, daß wir in der Reihenfolge der Fragen vom Mittwoch vorgehen. Ich bitte um Entschuldigung, aber ich muß an die Kollegen denken, die eigentlich mit ihren Fragen schon am Mittwoch hätten zu Wort kommen sollen oder wollen oder können.
Ich rufe die Frage 21 des Herrn Abgeordneten Welslau auf:
Wie groß ist die Zahl der heimatvertriebenen Landwirte, welche noch einen Antrag auf don Neubau einer Nebenerwerbsstelle gestellt haben?
Über die Zahl der heimatvertriebenen Landwirte, die den Bau einer Nebenerwerbsstelle und damit auch eine finanzielle Förderung ihres Vorhabens nach dem Vertriebenengesetz beantragt haben, liegen mir keine Unterlagen vor. Diese gewünschten Angaben werden, da die Durchführung der gesetzlichen Bestimmungen in die Zuständigkeit der Länder fällt, nur von den obersten Siedlungsbehörden bei den zum Teil dezentralisiert eingerichteten Bewilligungsstellen der Länder ermittelt werden können. Eine solche Umfrage wird eine längere Zeit in Anspruch nehmen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Welslau.
Herr Bundesminister, sind Sie bereit, im Einvernehmen mit den Ländern Ermittlungen anzustellen?
Ja.
Herr Abgeordneter Storm!
Herr Minister, ist Ihnen nicht bekannt, daß der Landesausschuß „Siedlungsbewerber" in Nordrhein-Westfalen glaubwürdig nachgewiesen hat, daß allein in diesem Lande noch 22 000 Siedlungsbewerber und Antragsteller vorhanden sind?
Es besteht ein Unterschied zwischen Antragsteller und Siedlungsbewerber. Ich habe von dieser Zahl gehört. Wer zum Zuge kommen kann, wird durch die finanziellen Möglichkeiten und durch die Richtlinien bestimmt.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Rutschke.
Herr Bundesminister, sind Sie nicht der Meinung, daß es mit zu den Aufgaben Ihres Hauses gehört, die Zahl der Siedlungswilligen zu ermitteln und alles zu tun, um diese Leute in ihrem Wunsch auf Neusiedlung und auf eine Nebenerwerbsstelle zu unterstützen?
Ich glaube nicht, daß es zum unmittelbaren Auftrag des Hauses gehört, die Siedlungswilligen zu ermitteln. Das wäre ein Eingriff in die Rechte der Länder. Was in Richtung der Förderung der Siedlungsvorhaben zu tun ist, ist geschehen. Ich darf daran erinnern, daß allein 175 000 Heimatvertriebene in dieser Form eingegliedert worden sind. Ich glaube, diese Zahl spricht eine ganz eindeutige Sprache.
Herr Abgeordneter Leukert!
Herr Bundesminister, ist Ihnen nicht bekannt, daß die Agrar-Soziale Gesellschaft im Auftrage Ihres Hauses bereits vor Jahren eine Erhebung über die Siedlungswilligen durchgeführt hat und diese Zahl zwischen 60 000 und 80 000 liegt? Sind diese Zahlen nicht auch Anhaltspunkte für die tatsächlichen Siedlungsbewerber?
Das ist mir sehr wohl bekannt, und zwar deswegen, weil der Bund diese Untersuchungen mit unterstützt hat. Die Zahlen lauten etwas anders. In der Zwischenzeit sind rund 30 000 weitere Personen eingegliedert worden. Aber die Erfahrungen bei den Ländern zeigen, daß zwischen Antragstellern und Bewilligungen zahlenmäßig ein erheblicher Unterschied besteht.
Zu einer Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Rehs.
Herr Bundesminister, wann können wir damit rechnen, daß bei Ihnen eine klare Zahlenvorstellung hierüber besteht?
Ich nehme an, daß die Länder ein Ersuchen des Bundes so rasch beantworten,
wie sie dazu in der Lage sind. Ich kann keine zeitlichen Angaben machen. Aber wie immer wird alles
sofort, wenn es möglich ist, „vorgestern" erledigt.
({0})
Zu einer Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Kempfler.
Herr Minister, wäre es nicht zweckmäßig, bei dieser Gelegenheit auch die genaue Zahl derjenigen zu ermitteln, die eine Nebenerwerbssiedlung bekommen haben, und diese Zahl mit der anderen Zahl bekanntzugeben, um einen Überblick zu erhalten?
Darüber gibt es eine Übersicht. Ich habe schon eine Zahl von 175 000 genannt. Aber sie kann noch aufgegliedert werden. Es ist vielleicht ganz gut, wenn wir diese beiden Zahlen der Vergangenheit und der Zukunft einander gegenüberstellen.
Zu einer Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Bartsch.
Herr Bundesminister, sind Sie nicht der Meinung, daß die Zahl von 5,5 % tatsächlich Selbständiger unter den Bewerbern in Nordrhein-Westfalen außergewöhnlich niedrig ist?
Das kann ich nicht sagen. Ich glaube auch nicht, daß es möglich ist, aus einem so schwierigen Komplex Prozentzahlen herauszugreifen, die sogar noch in der ersten Stelle nach dem Komma genau sein sollen.
Zu einer Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Bals.
Herr Bundesminister, ist Ihnen bekannt, daß dem bayerischen Staatsministerium für Landwirtschaft und Forsten exakte Zahlen vorliegen?
Ich kann mir das gar nicht vorstellen, weil es überhaupt keine exakten Zahlen darüber geben kann, welche Antragsteller und welche Bewilligungen da sind. In dieser Gleichung sind doch zwei Unbekannte. Es kann keine exakten Zahlen geben, sondern dem Sinn und der Aufgabe nach nur Schätzungszahlen.
Zu einer Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schlager.
Herr Bundesminister, wäre es in diesem Zusammenhang nicht interessant, im Rahmen Ihrer Ermittlungen auch zu erfahren, wieviel heimatvertriebene Landwirte Berufslandwirte geworden sind, also Vollerwerbsbetriebe bekommen haben?
Auch das ist sehr schwierig zu wissen. Ihnen ist ganz genau bekannt, daß solche Umfragen fast statistischen Charakter haben und daß wir eine außerordentliche Abneigung der Länder feststellen, Statistiken zu veranstalten, und für eine genaue Statistik eine gesetzliche Regelung mit Zustimmung des Bundesrats brauchen, der sich aus Kosten und aus Arbeitsgründen gegen solche Statistiken gelegentlich zur Wehr setzt.
Meine Damen und Herren, zu Zusatzfragen gebe ich jetzt noch den Abgeordneten Dr. Müller ({0}) und Maucher das Wort und betrachte die Frage dann als abgeschlossen. Jetzt hat Herr Dr. Müller ({1}) das Wort.
Herr Minister, berät Ihr Ministerium die Bewerber um Nebenerwerbsstellen über die Schwierigkeiten, die in der Landwirtschaft in den nächsten Jahren zu erwarten sind?
Darüber werde ich gleich anschließend bei der Einbringung des Grünen Berichts etwas sagen. Im übrigen machen das die Länder, die ja in unmittelbarem Kontakt mit den Siedlungsbewerbern stehen.
Herr Abgeordneter Maucher!
Herr Minister, nachdem wir jetzt die ganze Zeit die Zahlen über die statistischen Erhebungen hören, frage ich Sie: Sind Sie, wenn die Zahlen, die angedeutet wurden, stimmen, in der Lage, diese Wünsche finanziell zu erfüllen?
Das Hohe Haus hat eine mittelfristige Finanzplanung beschlossen. Es wird darüber verfügen, welche Mittel für diese Aufgabe zur Verfügung gestellt werden.
Ich rufe die Fragen 22 und 23 des Abgeordneten Schmidt ({0}) auf:
Trifft es zu, daß dem Verbraucher immer weniger Flaschenmilch, dafür jedoch vorwiegend Milch in präparierten Tüten angeboten wird, was zu einer erheblichen Verteuerung führt?
Ist beabsichtigt, in Tüten zum Verkauf kommende Milch mit einem auf der Verpackung leicht zu erkennenden Herstellungsdatum zu versehen?
Herr Bundesminister, ich darf bitten.
Wie bei den meisten Lebens- und Genußmitteln ist auch bei der Milch ein Trend zur Einwegpackung festzustellen. Die Vorteile liegen auf der Hand: Eine Reinigung der Flaschen entfällt, und die Probleme des Flaschenpfands stellen sich nicht mehr. Im Wirtschaftsjahr 1965/66 betrug der Anteil der Flaschenmilch am gesamten Trinkmilchverbrauch noch knapp 31 %, während er im Wirtschaftsjahr 1966/67 auf 27,7 % zurückgegangen ist. Im gleichen Zeitraum ist der Anteil von Milch in Einmalpackungen von 21,1 % auf 26,7 % gestiegen. Die Erhöhung um 5,6 % beruht also nicht nur auf dem Rückgang des Flaschenmilchanteils, sondern auch auf einem Rückgang des Absatzes loser Milch.
Die Preise für die Milch in den verschiedenen Anbietungsformen sind durch Verordnung festgesetzt. Milch in Flaschen ist um 10 Pf pro Liter teurer als lose Milch; Milch in Einmalpackungen ist um 3 Pf teurer als Flaschenmilch. Es wird zu prüfen sein, ob nach Inkrafttreten der EWG-Marktordnung für Trinkmilch lediglich der Preise für lose Milch als Festpreis festgelegt wird und ob im übrigen für verpackte Milch ganz gleich, ob in Flaschen oder in Einmalpackungen -- ein Höchstpreis festgelegt wird. Der Verbraucher selber muß und soll bestimmen, in welcher Form er Milch kaufen will.
Zu der zweiten Frage darf ich folgendes sagen. Für Markenmilch ist bundeseinheitlich und für andere Trinkmilch durch die Länderbestimmungen die Angabe des Abfülldatums vorgeschrieben; lediglich das Land Niedersachsen hat eine solche Vorschrift nicht erlassen.
Eine bundeseinheitliche Trinkurilchverordnung ist in Vorbereitung. Sie wird eine allgemeinverbindliche Kennzeichnungsregelung enthalten. Nach den bei der Lebensmittelkennzeichnung geltenden Grundsätzen wird auch bei Milch entweder die Angabe des Abfülldatums oder die Angabe der Haltbarkeitszeit vorgeschrieben. Endgültiges kann bei dem derzeitigen Stand der Arbeiten noch nicht gesagt werden, weil die Ressortbesprechungen insbesondere mit dem Gesundheitsministerium -- noch andauern.
Herr Abgeordneter Schmidt ({0}), haben Sie eine Zusatzfrage? - Bitte.
Herr Minister, ist die Ursache für die Neigung der Käufer, mehr Tütenmilch zu kaufen, nicht auch in der Tatsache zu suchen, daß vielfach Flaschenmilch in den Geschäften nicht zu haben ist und der Käufer mehr oder weniger gezwungen wird, die teure Tütenmilch zu kaufen?
Ich glaube nicht, daß der Käufer gezwungen wird; der Käufer ist vollkommen frei. Wir machen aber die Erfahrung - und das auch zum Nachteil der Landwirtschaft --, daß immer wieder Angebote bevorzugt werden, in deren Preis ein hoher Anteil für die Verpackung enthalten ist und daß dann die Verpackungsanteile der Landwirtschaft zur Last gelegt werden.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schmidt ({0}).
Herr Minister, trifft es zu, daß es bei der Tütenmilch keine klaren Herstellungskennzeichnungen gibt, es sei denn, daß manche Tüten mit mehr oder weniger deutlichen Wochentagssymbolen - z. B. DI für Dienstag, „FR" für Freitag - versehen sind, wobei es dem Käufer überlassen bleibt, zu raten, welche Woche eigentlich gemeint ist?
Ich glaube nicht, daß es ernsthafte Klagen über die Qualität des Angebotes - auch was die zeitliche Seite betrifft - der deutschen Milchwirtschaft gibt.
Dritte Zusatzfrage, bitte sehr!
Herr Minister, ist ihnen bekannt, daß normal erhitzte, das heißt pasteurisierte Milch in Tüten bei einer Aufbewahrung in Kühltruhen, ohne sichtbar zu verderben, bis zu zwei Wochen gelagert werden kann, wobei lediglich eine Geschmacksveränderung festzustellen ist, und daß diese Milch als unverdorben verkauft wird, obwohl sie den Wert einer Frischmilch nicht mehr besitzt?
Ich habe keinen Zweifel, daß ein längeres Lagern eine Verminderung des Wertes der Milch zur Folge hat. Aber ich kann doch nicht eine Frage beantworten, aus der geschlossen werden kann, daß der Milchhandel sich solcher Praktiken bedient. Ich glaube das nämlich nicht.
Die letzte Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schmidt ({0}).
Herr Minister, ist zu erwarten, daß recht bald ein Zwang zur klareren Bezeichnung des Herstellungsdatums eingeführt wird?
Herr Kollege Schmidt, ich habe Ihnen darauf bereits eine Antwort gegeben. Wir sind in der Beratung auf nationaler Ebene mit dem Gesundheitsministerium, um auf dem Verordnungswege diese Klarheit zu schaffen. Außerdem gibt es eine EWG-Milchmarktordnung. Ich darf hier noch sagen, daß wir hinsichtlich der Qualität des Angebots in der EWG einen Spitzenplatz einnehmen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hilbert.
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß Umfragen milchwirtschaftlicher Betriebe bei Hausfrauen und Konsumenten ergeben haben, daß bis zu 90 O/0 der Hausfrauen der abgepackten Milch den Vorzug geben?
Ich kenne diese Umfrage nicht, halte sie aber im Ergebnis für sehr wahrscheinlich.
Herr Abgeordneter Burger!
Herr Minister, sehen Sie nicht in einem vermehrten Angebot von attraktiven, geschmackvollen, hygienisch einwandfreien Pergapackungen auch in Gaststätten und Kiosken eine gewisse Chance, die Milch als Volksgetränk besser zu plazieren und das große Angebot an Milch damit etwas abzubauen?
Ich bin ganz Ihrer Meinung.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Geldner.
Herr Minister, haben Sie Anhaltspunkte dafür, wieviel Trinkmilch insgesamt offen und wieviel in Flaschen bzw. Tüten verkauft wird?
Ja, darüber gibt es eine Aufstellung. Ich darf kurz einige Zahlen dazu bekanntgeben. Ich gehe einmal von der Größenklasse der Städte aus. In der Aufstellung wird unterschieden zwischen Städten unter 50 000 Einwohnern, von 50 000 bis 100 000 Einwohnern und über 100 000 Einwohnern. Dort sind die Zahlen der Betriebe mit einem Angebot von loser Milch, Flaschenmilch und Einmalpackungen genannt. Die Zahlen der Milchversorgungsbetriebe, die diese drei Formen des Angebotes bieten, betragen: in Städten unter 50 000 Einwohnern: 16, in Städten von 50 000 bis 100 000 Einwohnern: 17, in Städten mit über 100 000 Einwohnern: 47 Betriebe. Sie erkennen also eine steigende Zahl. Sie sehen, daß vor allem in den Städten mit über 100 000 Einwohnern, also bei den großstädtischen Milchversorgungsbetrieben, das dreifache Angebot für lose Milch, Flaschenmilch und Einmalpackungen vorliegt. Lose Milch und Flaschenmilch sind sehr stark zurückgetreten. Hier gibt es nur zwei Milchversorgungsbetriebe, die sich darauf beschränken, und mit der zunehmenden Erweiterung des Angebots von Einmalpackungen steigt die Zahl auf 47 an. Das ist ein interessanter Trend, der ganz mit dem übereinstimmt, was andere Kollegen gefragt haben, daß nämlich der Konsument verlangt, daß die moderne Form angeboten wird.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Geldner.
Herr Minister, würde das bedeuten, daß die Einwegflasche zum größeren Verbrauch und damit auch zu einer Verbilligung der Trinkmilch führt?
Ich weiß nicht, ob man das so sagen kann. Es gibt auch eine Gefahr, daß die Kosten, die bei der Einwegflasche, beim modernen Angebot entstehen, nicht unbedingt verbrauchsfördernd sind; möglicherweise halten sich die progressiven und die degressiven Tendenzen die Waage.
Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Meermann.
Herr Minister, sind Sie nicht der Auffassung, daß die Datierung zur Farce wird, wenn z. B. hier in Bonn am Tag vor dem Heiligabend, also am 23. Dezember, die Bonni-Magermilch mit dem Stempel vom Mittwoch, also vom 27. Dezember, verkauft wurde, und würden Sie sich nicht dafür einsetzen, daß überall statt der Vordatierung das echte Abfülldatum eingeprägt wird?
Ich möchte bei einem derartigen Einzelfall nicht von einer Farce sprechen. Ich nehme aber zur Kenntnis, daß Sie solche Feststellungen getroffen haben, und ich werde die Landesbehörden fragen, ob das stimmt und welche Maßnahmen man für die Zukunft treffen kann.
Eine zweite Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Meermann.
Herr Minister, wenn zu den Kostenersparnissen beim Übergang von der Flaschenmilch auf die Tütenmilch, die Sie angeführt haben, noch hinzukommt, daß das Hin und Her des Flaschentransports, das Stapeln der Flaschen, der Ersatz der Flaschen nach zwölfmaligem Hin und Her - dann sind sie nämlich im allgemeinen nicht mehr verwendbar -, außerdem, wie Sie schon gesagt haben, das Spülen der Flaschen, Annahme und Rückgabe des Pfandes wegfallen: Finden Sie nicht, daß es bei Wegfall all dieser Kosten kaum vertretbar erscheint, daß die sehr viel einfacher zu handhabende Tütenmilch teurer ist als die Flaschenmilch, und würden Sie hier nicht einmal eine Preisdurchleuchtung vornehmen?
Frau Abgeordnete Meermann, die Fragen sollen kurz und einfach sein.
Entschuldigung, aber es war eine Frage.
Wir machen keine Preisdurchleuchtung. Solche Kostenelemente, wie sie von Ihnen aufgezählt wurde, benötigen gar keine Preisdurchleuchtung. Wir werden innerhalb der EWG, die ja für die Trinkmilchmarktordnung zuständig ist, sehen, welche Regelungen wir treffen, damit sie für den Verbraucher, aber auch für die Erzeuger, möglichst günstig ausfallen.
- Sie haben schon zwei Zusatzfragen gehabt. Jetzt kommt Herr Abgeordneter Geldner.
Geldner: ({0}) : Herr Minister, war Ihrer Antwort zu entnehmen, daß viele Molkereizentralen überhaupt nicht mehr alle drei Verpackungssorten von Milch herstellen, d. h. beispielsweise Flaschenmilch überhaupt nicht mehr auf den Markt bringen und damit dem Verbraucher diese Wahlmöglichkeit nicht bieten? Sind die Molkereizentralen gehalten, alle drei Angebote an Milch auf den Markt zu bringen?
Die Tendenz, die Sie im ersten Teil Ihrer Frage zum Ausdruck bringen, ist richtig; sie entspricht der Wirklichkeit.
Zweitens sind die Molkereizentralen gehalten, sich nach den Wünschen ihrer Konsumenten, also der Verbraucher, zu richten. Die brauchen keine Vorschriften von uns. Die wissen selbst, wie sie sich geschäftlich am besten verhalten, um einen besseren Absatz zu erzielen.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Enders.
Herr Minister, konnte mit der prozentualen Zunahme des Verbrauchs der abgepackten Milch gegenüber der Flaschenmilch auch eine Erhöhung des Milchverbrauchs in Schulen, bei der Bundeswehr und beim Bundesgrenzschutz erreicht werden?
Das ist eine so differenzierte Frage, daß sie eine sehr differenzierte Untersuchung erfordert. Allgemein gesehen ist der Milchverbrauch leider nicht gestiegen, und wenn ich vom allgemeinen Verbrauch zurückschließe auf diese Angebotsform, dann scheint es nicht so zu sein, daß dadurch ein besonderer Anreiz für einen verstärkten Verbrauch ausgelöst worden wäre. Wahrscheinlich liegt das an den Kosten.
Zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Enders.
Herr Minister, da Sie die Vorteile der abgepackten Milch schilderten und bisher noch keinen Anstieg bei den von mir genannten Stellen nachweisen konnten, frage ich Sie: Wären Sie gegebenenfalls bereit, durch entsprechende Werbung zur Erhöhung des Verbrauchs der Milch bei Bundeswehr, Bundesgrenzschutz und Schulen beizutragen?
Es gibt sehr große und bedeutsame Anstrengungen für die Milchwerbung, die sich heute schon auf diese Vorgänge erstreckt. Wenn das Hohe Haus die Möglichkeiten und Mittel gibt, die Milchwerbung zu verstärken, wird niemand mehr erfreuter sein als ich.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Fritz.
Herr Bundesminister, ist Ihnen bekannt, daß die Molkereien, die Milchhersteller, Wert darauf legen, daß die pasteurisierte Milch nicht länger als drei Tage zum Verkauf angeboten wird und daß deshalb die Kennzeichnung Montag, Dienstag, Mittwoch in der Regel oder durchweg genügt?
Ich habe schon erklärt, daß wir in der Qualität des Angebots einen sehr, sehr guten Platz haben, und das fügt sich gut in Ihre Frage ein, die ich nur bestätigen kann.
Eine zweite Zusatzfrage Herr Abgeordneter Fritz.
Herr Minister, ist Ihnen im Hinblick auf die Wiederverwendung der Flaschen auch bekannt, daß die Flaschen nicht zwölfmal, sondern mindestens dreißig- bis vierzigmal den Weg machen, ehe sie zu Bruch gehen oder ausgeschieden werden müssen, und deshalb auf die Flasche nur ein Kostensatz von 0,8 Pf kommt?
Herr Kollege Fritz, ich bitte, es mir nachzusehen, wenn ich das noch nicht nachgezählt habe.
({0})
Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Freyh.
Herr Minister, aus Ihren Antworten ging hervor, daß Sie wegen des Herstellungsdatums im Zusammenwirken mit dem Gesundheitsministerium eine Prüfung vornehmen. Darf ich Sie fragen, ob es vorwiegend gesundheitliche Gründe sind, die hier Anlaß zu einer länger-währenden Prüfung geben?
Die Beratungen sind noch nicht abgeschlossen. Es wäre nicht zweckmäßig, aus dem großen Bereich dieser Beratungen eine Einzelfrage, die noch keineswegs geklärt ist und die auch
am besten einheitlich in Europa geklärt wird, herauszugreifen. Ich kann auf eine so detaillierte Frage aus einer umfangreichen Beratung keine Auskunft geben.
Meine Damen una Herren, ich darf Sie um etwas mehr Ruhe bitten. Frau Abgeordnete Freyh hat eine zweite Frage.
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß das Mißtrauen, das gegenüber der abgepackten Milch offensichtlich immer noch vorhanden ist, sich vorwiegend auf diese gesundheitlichen Erwägungen bezieht?
Mir ist von diesem Mißtrauen nichts bekannt. Der Absatz der verpackten Milch nimmt, wie aus den von mir vorgelegten Zahlen hervorgeht, zu. Daraus muß ich schließen, daß genau das Gegenteil der Fall ist, daß also ein großes Vertrauen herrscht, nicht ein Mißtrauen. Man muß aber auch wissen, daß die Überwindung des Mißtrauens dort, wo es besteht, auch beinhaltet, daß man die Kosten übernimmt, die die Beseitigung all dieser Einwendungen erforderlich macht. Das wird leicht übersehen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Logemann.
Herr Minister, sehen Sie in der Homogenisierung der Trinkmilch eine Chance zur Steigerung des Trinkmilchverbrauchs?
Ja.
Wären Sie bereit, solche Maßnahmen wie die Homogenisierung in Verbindung mit der von Ihnen angekündigten Auffettung der Trinkmilch durchzuführen?
Das wird auf europäischer Basis geschehen. Unsere Absichten gehen in diese Richtung.
Ich danke Ihnen, Herr Bundesminister.
Die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung werden gemäß einer Absprache im Ältestenrat auf die nächste Sitzungswoche vertagt, sofern sich die Fragesteller nicht mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt haben.
Ich komme zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Post- und Fernmeldewesen und rufe die Frage 55 des Abgeordneten Geiger auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß veschiedene Verlage, die im Zusammenwirken mit der „Deutschen Postreklame" Örtliche Telefonverzeichnisse herausgeben, auf ihre bisherigen Brutto-Preise 10 y. H. als Mehrwertsteuerbetrag zuschlagen?
Herr Präsident, ich bitte die Fragen des Herrn Abgeordneten Geiger wegen des Sachzusammenhangs zusammen beantworten zu dürfen.
Der Fragesteller ist einverstanden. Ich rufe also auch die Fragen 56 und 57 des Abgeordneten Geiger auf:
Hält die Bundesregierung diesen Preiszuschlag für gerechtfertigt?
Ist die Bundesregierung bereit, decant hinzuwirken, daß ein 10%iger Zuschlag unterbleibt?
Dem Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen sind bisher keine Fälle bekanntgeworden, in denen Verlage für örtliche Fernsprechbücher, die sie zusammen mit der Deutschen Postreklame GmbH herausgeben, auf die bisherigen Anzeigenpreise ohne Berücksichtigung der bisherigen Umsatzsteuer 10 v. H. als Mehrwertsteuer zugeschlagen haben. Es ist zwar vorgekommen, daß Verleger den bisherigen Preis um bis zu 10 v. H. erhöht haben. Solche Erhöhungen sind jedoch nicht mit der Mehrwertsteuer allein, sondern hauptsächlich mit den eingetretenen Kostensteigerungen begründet worden.
Ein Zuschlag von 10 v. H. ausschließlich wegen Einführung der Mehrwertsteuer wäre nicht berechtigt, weil in den bisherigen Anzeigenpreisen im Durchschnitt 5 bis 6 v. H. Umsatzsteuer kumulativ enthalten waren. Durch die Einführung der Mehrwertsteuer darf es daher nur zu einer Steigerung von durchschnittlich 4 bis 5 v. H. kommen.
Das Bundespostministerium ist einer Reihe von Fällen nachgegangen, in denen die Preissteigerungen über diesen Sätzen liegen. Dabei hat sich ergeben, daß die höheren Preise ihre Ursache in gestiegenen Herstellungskosten haben. Die Steigerung der Herstellungskosten beruht wesentlich auf den starken Teilnehmerzugängen, also auf wachsender Auflagenhöhe und vergrößertem Buchumfang.
Bereits vor einiger Zeit wurde vom Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen aus auf die Deutsche Postreklame GmbH und über diese auf die Verleger von örtlichen Fernsprechbüchern eingewirkt, die Anzeigenpreise aus Anlaß der Einführung der Mehrwertsteuer nicht um 10 v. H. zu erhöhen, sondern die bisher enthaltene Umsatzsteuer zu berücksichtigen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Geiger.
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht mit mir der Meinung, daß die Vorgabe der Kostenerhöhung eigentlich nicht zutreffen kann, sondern daß die Tatsache der Einführung der Mehrwertsteuer einfach benutzt worden ist, um die Preise zu erhöhen?
Ich glaube nicht, Herr Abgeordneter, daß man das in dieser Weise feststellen kann. Es ist doch zu bedenken, daß die Zahl der Hauptanschlüsse im Durchschnitt jährlich um 10 v. H. wächst und daß dementsprechend die Bücher jährlich im Durchschnitt um 10 v. H. an Umfang und um 10 v. H, in der Auflagenhöhe zunehmen müssen. Daß sich daraus einer beträchtliche Kostensteigerung ergibt, liegt auf der Hand.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Cramer.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß es im nordwestdeutschen Raum einen Verlag gibt, der nach den Rechnungen, die im Januar erstellt worden sind, sogar 11 % Mehrwertsteuer berechnet?
Es ist mir bekannt, daß ein Verlag zusätzlich 11 v. H. anführt, aber nicht auf den Rechnungen, sondern auf den Vertragsformularen, und zwar deswegen, weil die Fernsprechbücher erst nach dem 1. Juli dieses Jahres erscheinen und deshalb die Mehrwertsteuer mit dem Satz von 11 v. H. auf die dann zu zahlenden Rechnungen berechnet werden muß.
Eine zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen auch bekannt, daß dieser Verlag seine Anzeigenpreise nicht um die berühmten 4 % ermäßigt hat?
Ich sagte schon, daß die Kostensteigerung in die Kalkulation eingehen muß, die Kostensteigerung, die in gewisser Weise unvermeidlich ist, und daß der Verlag beim Abzug der bisherigen Steuer die Gegenrechnung der gestiegenen Kosten aufmachen kann.
Keine Zusatzfrage? Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Wir kommen nun zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Wohnungswesen und Städtebau, zuerst zur Frage 58 des Abgeordneten Welslau:
Ist der Bundesregierung bekannt, wieviel Antrage im Rahmen der Förderung für Instandsetzung- und Modernisierungsdarlehen für den Wohnungsbau nicht berücksichtigt werden konnten?
Herr Abgeordneter, die genaue Zahl der unberücksichtigt gebliebenen Anträge ist nicht bekannt. Nach den Annahmen der Leitinstitute der Kreditwirtschaft, über die diese Aktion abgewickelt worden ist, dürfte es sich bei den unerledigten Anträgen um ein Volumen von etwa 500 Millionen DM handeln. Zur Bedienung dieser unberücksichtigt gebliebenen Anträge wären zusätzliche Mittel in Höhe von rund 15 Millionen DM als erste Jahresrate erforderlich. Da es sich aber um ein Vorhaben von fünf Jahren handelt, wäre insgesamt noch ein Betrag von 75 Millionen DM erforderlich.
Im Einvernehmen mit dem Herrn Wirtschaftsminister bin ich der Auffassung, daß die Berücksichtigung auch dieser Anträge von der Sache her dringend notwendig, aber auch konjunkturpolitisch sehr erwünscht wäre. Wir bemühen uns daher gemeinsam mit dem Finanzminister, noch einen Weg zur Finanzierung auch dieser Anträge zu finden.
Eine Zusatzfrage? - Bitte sehr, Herr Abgeordneter!
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß aus Ihrem Hause auf eine diesbezügliche Anfrage eine mögliche Deckung aus nicht ausgegebenen Mitteln des vergangenen Jahres kurzfristig zugesagt worden ist?
Zugesagt sicherlich nicht, aber als möglich dargestellt. Nur hat sich inzwischen herausgestellt, daß eine Umschichtung im Rahmen des Konjunkturprogramms wahrscheinlich nicht realisierbar ist.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Maucher.
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß in einer Reihe von Fällen Anträge zwar rechtzeitig gestellt wurden, die Unterlagen aber wegen Unvollständigkeit wieder zurückgegeben wurden und dann diese Fälle, obwohl Anträge vorher gestellt worden waren, nicht mehr berücksichtigt wurden, weil der spätere Termin zugrunde gelegt wurde?
Herr Abgeordneter, wir haben - ich habe das schon in meiner Antwort zum Audruck gebracht , um zu einer sehr schnellen Erledigung zu kommen, die Institute der Kreditwirtschaft eingeschaltet, d. h. ein sehr weit verbreitetes System der Kassen, der Sparkassen, der Genossenschaftskassen usw. Wie sich die Dinge im einzelnen abgewickelt haben, darüber kann ich Ihnen leider keine Auskunft geben. Ich weiß, daß eine Reihe von Antragstellern aus diesem Grunde oder deswegen, weil die Mittel vor dem Ablauf des Termins erschöpft waren, unzufrieden sind.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Maucher.
Herr Minister, darf ich Ihrer Antwort entnehmen, daß diejenigen, die einen Antrag termingemäß gestellt haben, doch noch mit einer Bezuschussung rechnen können?
8104 Deutscher Bundestag -- 5. Wahlperiode Dr. Lauritzen, Bundesminister für Wohnungswesen und Städtebau: Ich habe die Hoffnung, Herr Abgeordneter. Das hängt davon ab, ob wir zusammen mit dem Finanzminister einen Weg finden, um die finanziellen Mittel, die ich dazu benötige - das sind 75 Millionen DM -, noch aufzubringen.
Herr Abgeordneter Dröscher zu einer Zusatzfrage.
Herr Bundesminister, ist Ihnen bekannt, daß einzelne Kreditinstitute die Aktion offenbar auf Weisung ihrer Zentralen angesichts der zu geringen Mittel vorzeitig abgebrochen bzw. die Annahme eingestellt haben, und haben die Leute eine Chance, doch noch berücksichtigt zu werden?
Wenn es uns gelingt, die Mittel, die ich nach überschlägiger Schätzung für notwendig halte, zu bekommen, rechne ich damit, daß diese Anträge noch berücksichtigt werden können.
Wir kommen damit zur Frage 59 des Abgeordneten Dr. Hammans:
Wieviel Prozent der für Instandsetzung und Modernisierung von Altwohnungen vorgesehenen Jahresrate von 52,539 Millionen DM ist in das Land Nordhein-Westfalen geflossen?
Von den im Rahmen des 2. Konjunkturprogramms des Bundes für die Verbilligung von Kapitalmarktdarlehen zur Förderung der Instandsetzung und Modernisierung von Wohngebäuden bereitgestellten 52,5 Millionen DM - das ist die erste Jahresrate - sind 18,2 Millionen DM, das sind genau 34,6 %, zugunsten von Antragstellern in Nordrhein-Westfalen bewilligt worden. Damit konnten über 750 Millionen DM Kapitalmarktmittel allein in Nordrhein-Westfalen mobilisiert werden.
Keine Zusatzfrage. Frage 60:
Wie hoch ist der Prozentsatz der in Frage 59 angefragten Mittel der in Landkreise des Landes Nordrhein-Westfalen geflossen ist?
Der Prozentsatz der zugunsten von Antragstellern in Landkreisen Nordrhein-Westfalens bewilligten Zuschußmittel ist mir nicht bekannt. Von den nach Nordrhein-Westfalen bewilligten Mitteln entfallen 36 % auf die Strukturgebiete, das sind die Bundesausbaugebiete und Bundesausbauorte sowie die Steinkohlengebiete nach dem Steinkohlenanpassungsgesetz.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Hammans.
Herr Minister Lauritzen, warum war es nicht möglich, zu erfahren, wieviel Prozent dieser Mittel in Landkreise und wieviel in Großstädte geflossen sind?
Bei der Verteilung dieser Mittel über die Kassen liegt das Gesamtergebnis noch nicht vor. Wir warten noch auf dieses Ergebnis. Ich hoffe, Ihnen Ihre Frage später beantworten zu können.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Riegel.
Herr Bundesminister, sind Sie bereit, den Mitgliedern des Hauses eine Übersicht zuzuleiten, aus der ersichtlich ist, wie sich die Mittel für die Sanierung der Altwohnungen auf die einzelnen Bundesländer aufteilen?
Diese Aufstellung kann ich Ihnen jederzeit zur Verfügung stellen.
Damit komme ich zur Frage 61 des Abgeordneten Dr. Hammans:
Werden Antragsteller, die im Jahre 1967 nicht herücksichtigt werden konnten, im Jahre 1968 bevorzugt behandelt werden?
Im ordentlichen Haushalt meines Ministeriums ist für 1968 keine Zuschußmaßnahme mehr vorgesehen. Für Darlehensmaßnahmen stehen allerdings 15 Millionen DM zur Verfügung. Ob Antragsteller, die ihre Anträge auf Gewährung von Zuschüssen bis Ende 1967 gestellt haben, noch berücksichtigt werden können, wird zur Zeit geprüft. Dazu habe ich mich schon bei der Antwort auf die Frage 58 des Herrn Abgeordneten Welslau geäußert.
Frage 62 des Abgeordneten Wurbs:
Wurde der „Wegweiser durch die neuen Mietgesetze" ({0}) vor seiner Drucklegung dem Bundeswohnungshauministerium zur Kenntnisnahme des Inhalts vorgelegt?
Ich beantworte die Frage mit ja. Vor Drucklegung und bevor mein Vorwort zu der Broschüre verfaßt worden ist, hat der Entwurf vorgelegen.
Frage 63 des Abgeordneten Wurbs:
Bei Bejahung der Frage 62: warum wurde dann nicht auf Grund der offensichtlich nicht objektiven Darstellung des neuen Mietrechts eine Verteilung der Broschüre über das Bundeswohnungshauministerium abgelehnt?
Die Broschüre ist eine leicht verständliche und für Vermieter und Mieter gut geeignete Information über das neue Mietrecht. Daher sind auch Tausende von Exemplaren an Hausbesitzervereine und deren Mitglieder auf ihre Anforderung hin verteilt worden. Wie beliebt gerade diese Broschüre bei den Hausbesitzern ist, dafür darf ich nur zwei Beispiele nennen. Der Haus- und Grundbesitzerverein von Garmisch-Partenkirchen hat telefonisch 20 Exemplare angefordert als eine Arbeitsunterlage für eine bevorstehende Hausbesitzerversammlung, bei der man sich über die neuen mietrechtlichen Vorschriften auseinandersetzen wollte.
Der Vorsitzende des Haus- und Grundbesitzervereins von Meschede schrieb mir am 18. Januar 1968 folgendes - ich darf mit Genehmigung des Herrn Präsidenten wenige Sätze vorlesen -: „Ich bitte um Zusendung von 250 Exemplaren des ,Neuen Mietrechts'. Diese kleine Schrift eignet sich sehr gut auch für den Vermieter. Der Hausfrieden bleibt erhalten, wenn beide Vertragspartner im Bilde ihrer Rechte sind."
Ich meine daher, daß von einer einseitigen, nicht objektiven Darstellung in dieser Broschüre keine Rede sein kann.
Herr Abgeordneter Baier, eine Zusatzfrage.
Herr Minister, verschiedenen Pressemeldungen war zu entnehmen, daß zwischen den Darlegungen in dieser Schrift und den tatsächlichen Gesetzesaussagen eine Diskrepanz vorhanden sei. Trifft das zu?
Ich habe diese Frage sehr genau nachprüfen lassen, Herr Abgeordneter. Es ist eine Streitfrage, die auch in der Broschüre als Streitfrage dargestellt wird, nämlich: In welchem Umfang kann der Vermieter, ohne den Vertrag zu kündigen, die Miete einseitig erhöhen? Diese Frage ist umstritten, auch in der Rechtsprechung. Aber es ist bezeichnend, daß auch die Organisation des Hausbesitzerverbandes in Baden-Württemberg nach meiner Kenntnis die Auffassung teilt, die ich vertrete, während die Zentrale in Düsseldorf eine andere Auffassung vertritt. Hier ist also eine offene Streitfrage, und die Broschüre hat diese Frage auch als Streittrage ausgewiesen.
Meine Damen und Herren, wir stehen am Ende der Fragestunde. Ich danke Ihnen, Herr Bundesminister.
Die nicht erledigten Fragen werden schriftlich beantwortet, soweit sie nicht zurückgezogen sind.
Ich erteile das Wort zur Geschäftsordnung dem Herrn Abgeordneten Genscher.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Auswärtige Amt hat im Ältestenrat darum gebeten, daß in Zukunft die Fragen aus diesem Ressort jeweils am Freitag beantwortet werden, und zwar mit der Begründung, das Auswärtige Amt müsse zur Beantwortung in der Regel Rückfragen bei den Auslandsvertretungen halten. Diesem Argument hat sich keine Fraktion des Hohen Hauses verschlossen.
Wenn wir allerdings, wie heute geschehen, streng nach dem bisherigen Gebrauch zunächst den Überhang der Fragen aus den vorangegangenen Fragestunden abhandeln und dann erst die Fragen des Auswärtigen Amts aufrufen wollen, würde die Einhaltung dieser Vereinbarung in der Praxis dazu führen, daß das Auswärtige Amt überhaupt keine Fragen mehr mündlich beantworten kann.
Meine Fraktion wird deshalb in der nächsten Sitzung des Altestenrates diese Vereinbarung erneut zur Diskussion stellen. Wir bitten dafür um die Unterstützung der anderen Fraktionen. Denn niemand, weder die Opposition noch die Regierungsmehrheit und schon gar nicht die Regierung, können ein Interesse daran haben, daß gerade die Fragen dieses wichtigen Ressorts nicht mündlich in der Plenarsitzung beantwortet werden.
({0})
Ich rufe auf Punkt 10 der Tagesordnung:
Bericht der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes
Drucksache V/2540
Ich erteile das Wort dem Herrn Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe die Ehre, Ihnen in Erfüllung des Landwirtschaftsgesetzes den nunmehr 13. Bericht über die Lage der Landwirtschaft zu erläutern und Rechenschaft über das Ergebnis der agrarpolitischen Maßnahmen und Bemühungen der Vergangenheit abzulegen sowie eine Ubersicht über die agrarpolitischen Absichten und Planungen vorzutragen.
Der Grüne Bericht 1968 ist von besonderer Bedeutung, weil die Ergebnisse nach einer ununterbrochenen Reihe von Jahren des Aufstrebens auch von der allgemeinen wirtschaftlichen Rezession beeinflußt worden sind.
Das Landwirtschaftsgesetz von 1955 war ein Schritt zur Versachlichung der Agrarpolitik. Es hat Schule bis nach Japan gemacht, und auch von der EWG erwarten wir in Kürze einen Bericht nach dem Schema und dem Modell des Grünen Berichts auf Grund des Landwirtschaftsgesetzes.
An die Stelle von Emotionen, monographischen Untersuchungen und Schätzungen traten exakte Zahlen über die Lage der Landwirtschaft der Bundesrepublik aus einer sich jährlich wiederholenden Reihenuntersuchung eines ganzen Wirtschaftszweiges, der sich in einer repräsentativen Auswahl von 7- his 8000 Betrieben aller Betriebsklassen einer freiwilligen Selbstkontrolle unterwirft.
Man nimmt diesem schon anerkannten Vorbild der Versachlichung der Agrarpolitik nichts von seiner Bedeutung, wenn man die für die Entstehungszeit dieses Gesetzes sicherlich unvermeidlichen methodischen Mängel, die sich durch die mittelfristige Finanzplanung und die Bindung ihrer Orientierungspositionen sowie die Verlagerung entscheidender Kompetenzen in die EWG eher noch verstärkt haben, ganz offen ausspricht. Um diesem Bericht nun ein Höchstmaß von Aussagekraft zu verleihen, habe ich wie in den beiden vorausgegangenen Jahren auch in diesem Bericht einige entscheidende Änderungen und, wie ich meine, Verbesserungen angebracht.
Den bisherigen Teil A des Grünen Planes, der die getroffenen Maßnahmen zusammenfaßt, finden Sie bei den jeweiligen sachlichen Abschnitten des Grünen Berichtes.
Der frühere Teil B des Grünen Planes, in dem die beabsichtigten Maßnahmen zusammengefaßt waren, steht ebenfalls dieses Mal als zweiter Teil ebenfalls im Grünen Bericht, um einer berechtigten Forderung vor allem auch des Berufsstandes nach besserer Transparenz aller Aufwendungen für die Landwirtschaft nachzukommen.
Betriebe mit weniger als 15 000 DM bereinigtem Betriebsertrag, also einem Arbeitseinkommen von höchstens 4000 DM je Arbeitskraft, bleiben erheblich unter dem Durchschnittseinkommen der versicherten Arbeiter, das gegenwärtig bei etwa 10 000 DM liegt. Diese Betriebe können mit konventionellen agrarpolitischen Maßnahmen nicht an ein zeitgerechtes Einkommen herangeführt werden. Sie werden deshalb in einem Sonderabschnitt ausgewiesen. Die Grenze von 15 000 DM bereinigtem Betriebsertrag ist mit Bedacht sehr tief gelegt worden, um die bei allem Fortschritt noch sehr unterschiedlichen Lebenverhältnisse in der Bundesrepublik mit zu erfassen.
Die sachlichen und methodischen Bedenken der gesetzlich gebotenen Vergleichsrechnung werden zum erstenmal durch eine Vergleichsrechnung auf Unternehmensbasis abgeschwächt. Sie finden diesen Gewinnvergleich in dem Abschnitt „Gewinnermittlung und Gewinnvergleich" des Grünen Berichtes, der die Unternehmerfunktion moderner kapitalintensiver Landwirte deutlich machen soll und vielleicht einmal die bisherige Vergleichsrechnung ersetzen kann, was wünschenswert wäre.
Noch in keinem Jahr ist es so deutlich geworden wie in diesem, daß es nicht genügt, die Lage der Landwirtschaft an Hand der Ergebnisse des letzten abgeschlossenen Wirtschaftsjahres zu analysieren. Mit dem Beginn des Gemeinsamen Marktes für Getreide und getreideabhängige Veredelungsprodukte ab 1. Juli 1967 hat sich die Szenerie der deutschen Landwirtschaft und der der übrigen Partnerländer so entscheidend verändert, daß die Daten des Wirtschaftsjahres 1966/67 erheblich an Aussagekraft und Aktualität eingebüßt haben. Die Ernte 1967 hat mit ihren Rekorderträgen und den damit verbundenen Auswirkungen auf die Preise das Bild der Lage um einen weiteren Aspekt verändert.
Ein Bericht, der sich vorwiegend auf das Wirtschaftsjahr 1966/67 beschränken wollte, wäre mehr ein Akt der Geschichtsschreibung als ein Lage- und Situationsbericht nach dem Sinn und Auftrag des Landwirtschaftsgesetzes und dem Informationsrecht. dieses Hohen Hauses.
Notwendige Ergänzungen des Grünen Berichts 1968 sollen deshalb in dieser Einbringungsrede geschehen.
Nicht nur aus Gründen der Kontinuität, die ihre eigenständige Bedeutung haben, möchte ich zunächst in eine Wertung der Analyse des Wirtschaftsjahres 1966/67 eintreten.
Ich möchte Ihnen deshalb aus dem Grünen Bericht lediglich die Daten erläutern, die für die zukünftige Agrarpolitik richtungweisend sind.
In der zweiten Hälfte des Jahres 1966 befand sich die Wirtschaft der Bundesrepublik zum erstenmal seit 18 Jahren in einer konjunkturellen Abwärtsbewegung mit schrumpfender Investitionstätigkeit, sinkender Beschäftigungszahl, steigenden Arbeitslosenzahlen und stagnierenden Masseneinkommen. Durch entschlossene antizyklische wirtschaftspolitische Maßnahmen der Bundesregierung, insbesondere durch die Aktivierung der öffentlichen Investitionstätigkeit, gelang es, die Talfahrt zu beenden, die Lage zu stabilisieren und eine bescheidene Aufwärtsentwicklung einzuleiten.
Das Ergebnis der Rezession mit zunehmender Arbeitslosenzahl war auf breiter Front ein Nachlassen der Nachfrage und ein Rückgang der Umsätze. Diese Entwicklung machte auch vor der Landwirtschaft nicht halt.
Die allgemein stagnierende Einkommensentwicklung wirkte sich auch in einer Abschwächung der wertmäßigen Nachfrage nach denjenigen Nahrungsmitteln aus, die relativ einkommenselastisch nachgefragt werden. Es wurde sehr deutlich - dieses Mal durch eine negative Wirkung im Gegensatz zu den 18 aufsteigenden Jahren -, daß nur in einer prosperierenden Wirtschaft, die durch eine zunehmende Massenkaufkraft gekennzeichnet ist, der Landwirt seine Waren in hinreichenden Mengen und zu angemessenen Preisen abzusetzen vermag.
Der Anpassungsprozeß der Landwirtschaft, der aus freier Entscheidung der Beteiligten selbst resultiert und der, wie alle Grünen Berichte der Vergangenheit es zeigen, relativ stetig verlief, wurde durch die wirtschaftliche Rezession gebremst. Im Jahre 1967 wurden rund 1,6 % weniger Einheiten gezählt als im Vorjahr. In den vorhergehenden Jahren lagen die Abnahmeraten beträchtlich höher. Dieser Tatbestand läßt die enge Bindung der weiteren agrarBundesminister Höcherl
strukturellen Bereinigung und Gesundung an die konjunkturelle Entwicklung erkennen. Auch die Abwanderung von landwirtschaftlichen Arbeitskräften in andere Berufe, die ihrerseits wieder im ursächlichen Zusammenhang mit der Aufgabe von Kleinbetrieben steht, ist hinter den Zahlen des Vorjahres zurückgeblieben.
Die natürliche Grundlage für die bessere Produktionsleistung des Wirtschaftsjahres 1966./67 war eine gute Ernte und die weiter zunehmende Erzeugung von tierischen Veredelungsprodukten. Der Beitrag der Landwirtschaft einschließlich Forstwirtschaft und Fischerei zum Bruttoinlandsprodukt stieg nominal um 1,7 % und real uni 7,5 % gegenüber dem Vorjahr 1965/66, einem Jahr mit relativ kleiner und bescheidener Ernte. Diese Differenz zwischen nominal und real in dem betreffenden Zeitraum ist auf die für die Landwirtschaft sehr ungünstige, negative Preisentwicklung zurückzuführen.
Die Nachfrage nach Agrarprodukten richtet sich wenn ich die Auslandsnachfrage nach deutschen Agrarerzeugnissen in Höhe von 2,2 Milliarden DM einmal außer Betracht lasse - bekanntlich im wesentlichen nach dem Realeinkommen je Kopf der Bevölkerung und dem Bevölkerungswachstum. Infolge des Rückganges der Zahl der Gastarbeiter stieg die Bevölkerung insgesamt nur um 0,8 %. Das Realeinkommen ist im ganzen lediglich geringfügig gewachsen.
Die Verlagerung des Verbrauchs von kohlehydratischen pflanzlichen Nahrungsmitteln zu den eiweißreichen Nahrungsmitteln tierischer Herkunft hielt an, der Konsum von Fisch, Obst und Gemüse stieg erheblich. Noch stärker dürfte sich aber die bekannte Konsumverlagerung zu wertvollen diätetischen Nahrungsmitteln fortgesetzt haben. Für eine sich abzeichnende bessere Konjunkturlage kann - was entscheidend für die Landwirtschaft ist - mit verstärkter Nachfrage nach fettarmem Fleisch, Eiern, Geflügel usw. gerechnet werden.
Die gute Ernte 1966 und die Rekordernte 1967 mit einer Bruttobodenproduktion von 56 Millionen t Getreideeinheiten lassen sich keineswegs allein mit der Gunst der Witterung erklären. Die fast beispiellosen - auch nach internationalem Standard beispiellosen - Leistungen beruhen auch auf dem zunehmenden Können und Wissen, verbunden mit dem gesteigerten Anpassungsvermögen unserer Landwirtschaft und der zielbewußten Anwendung des technischen Fortschritts und der wissenschaftlichen Vorleistungen.
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Dasselbe gilt auch für die tierische Produktion. Für die Agrarpolitik dürfte in Zukunft die produktbezogene Entwicklung der Marktanteile an Bedeutung gewinnen, gegenüber der globalen Betrachtungsweise der landwirtschaftlichen Produktion.
Bei Getreide wird mit dem Wirksamwerden der Preisbeschlüsse von Luxemburg und der korrigierten Preisrelation von Futtergetreide zu Weizen das Angebot der Nachfrage besser angeglichen werden können.
Auf dem Milchmarkt sind bereits jetzt, also in der Anlaufphase der Milchmarktordnung, beträchtliche Überschüsse vorhanden. Mit aller Deutlichkeit aber möchte ich darauf hinweisen, daß es sich bei diesen Überschüssen nicht um ein deutsches Problem, sondern um ein Problem der Wirtschaftsgemeinschaft handelt. Der Selbstversorgungsgrad der Bundesrepublik Deutschland liegt noch etwas unter 100 % bei stagnierender Kuhzahl, aber immer noch steigender Milchleistung pro Kuh. Die entscheidenden Überschüsse entstehen in Frankreich und Holland. Zumindest in Frankreich sind noch bedeutende Produktionsreserven vorhanden, da die Milchleistung pro Kuh dort noch um 700 kg unter der in der Bundesrepublik liegt. Die Maßnahmen zum Ausgleich von Angebot und Nachfrage auf dem Milchsektor, die gegenwärtig den Ministerrat beschäftigen und am Montag und Dienstag der kommenden Woche auf der Tagesordnung in Brüssel stehen, sind ein ausgesprochenes Problem der EWG.
Dieses Überschußproblem der EWG wurde bei der Unterzeichnung der Römischen Verträge bewußt in Kauf genommen, ja es war geradezu der Preis für die Expansionsmöglichkeiten, die dem gewerblichen und industriellen Sektor erwachsen, und der Preis für die politisch angestrebte Integration.
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Dieser Zusammenhang ist ganz aus dem Bewußtsein verdrängt worden, obwohl er gerade in den bevorstehenden Verhandlungen der letzten Phase, also der Übergangszeit, aus vielen Ursachen wieder besondere Aktualität zu gewinnen scheint.
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Gelegentlich kommt der Verdacht auf, (laß dieser Zusammenhang bewußt verdrängt wird, um sich den politischen Konsequenzen zu entziehen, die sich aus diesem politischen Tauschvorgang mit viel Berechtigung zugunsten der Landwirtschaft ableiten lassen.
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Trotz der gegenwärtigen Marktschwierigkeiten wird der Selbstversorgungsgrad der Bundesrepublik bei Rindfleisch und Kalbfleisch selbst bei steigender Produktion, für die es Anzeichen gibt, zukünftig unter 90 % bleiben. Der Markt für Schweinefleisch ist, angeregt durch die relativ hohen Preise im Jahre 1965/66, unter einen starken Preis- und Angebotsdruck geraten. Auf die Dauer gesehen hat aber die Produktion von Schweinefleisch in der Bundesrepublik eine Chance, weil gegenüber Frankreich und Italien gewisse Standortvorteile bei uns zu verzeichnen sind.
Auch die Entwicklung des Produktionsaufwandes zeigt neue Aspekte. Die laufenden Betriebsausgaben der Landwirtschaft einschließlich der Ersatzbeschaffungen und Nettoinvestitionen sind erstmals gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen. Sie unterschreiten mit 20,4 Milliarden DM den Betrag des Vorjahres um 3 %. Es wird hier eine deutliche Zurückhaltung bei Investitionen sichtbar, die auf die konjunkturelle Unsicherheit zurückgeführt werden muß.
Die deutsche Landwirtschaft ist mit einem Bezug von Gütern und Dienstleistungen in einem Wert von
über 20 Milliarden DM ein großer Käuferkreis am Binnenmarkt.
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Sollte die Landwirtschaft - die auf konjunkturelle
Schwankungen empfindlich reagiert, was ihr niemand zum Vorwurf machen darf - auf Grund ihrer Ertragslage und Einkommenssituation gezwungen sein, in der Zukunft weniger gewerbliche Güter und Dienstleistungen zu kaufen, so muß damit gerechnet werden, daß dies zumindest für wichtige Teilbereiche der gewerblichen Wirtschaft und der Wirtschaft in ländlichen Räumen nicht nur erhebliche Nachteile, sondern vielleicht auch Existenzsorgen zur Folge haben kann.
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Die allgemeine wirtschaftliche Lage und das reichliche Angebot von Agrarerzeugnissen sind nicht ohne Einfluß auf die Preise der landwirtschaftlichen Erzeugnisse geblieben. Daher ist im Berichtsjahr erstmals seit 1960/61 der aufwärts gerichtete Trend der Agrarpreise unterbrochen worden. Bei der Betrachtung des Agrarpreisgefüges muß auf einen interessanten Tatbestand verwiesen werden: Die Entwicklung des Preisindex für das Bruttoinlandsprodukt der Landwirtschaft auf der einen Seite und die des Preisindex für das Bruttoinlandsprodukt der übrigen Wirtschaft lassen erkennen, daß bei dem Beitrag der Landwirtschaft zum gesamten Bruttoinlandsprodukt seit 1950 ein wesentlich geringerer Preisanstieg zu verzeichnen ist als bei dem der übrigen Sektoren. Das ist auch eine Erklärung für den oft im abwertenden und negativen Sinne angeführten Rückgang des Anteils der Landwirtschaft am Bruttoinlandsprodukt in jeweiligen Preisen.
Nutznießer der Hochkonjunkturperioden in den vergangenen Jahren waren in erster Linie nichtlandwirtschaftliche Bereiche mit starker Marktstellung, und zwar dort sowohl Unternehmer als auch Arbeitnehmer,
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insbesondere dadurch, daß erzielte Rationalisierungsgewinne und Produktivitätssteigerungen nicht in Form von entsprechenden Preissenkungen an alle Verbraucher weitergegeben wurden. Das gilt auch für landwirtschaftliche Betriebsmittel.
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Deshalb muß mit aller Deutlichkeit ausgesprochen werden, daß die ungünstige Preisentwicklung in der Landwirtschaft den Zwang zur realen Kostensenkung erhöhte.
Gleichzeitig mußten die Landwirte zur Erfüllung ihrer steigenden Einkommenserwartungen in der Mechanisierungsphase, die auf die Intensivierungsphase folgte und nun durch die Betriebsaufstokkungsphase abgelöst wird, zum Ausgleich für die aus ihren Betrieben von 1950 bis 1967 abgewanderten 2,1 Millionen Arbeitskräfte zunehmend technische Hilfsmittel einsetzen. Das hatte zur Folge, daß der auf eine Arbeitskraft entfallende Kapitaleinsatz inzwischen höher als in vielen Bereichen der gewerblichen Wirtschaft liegt und im Wirtschaftsjahr 1966/67 bereits eine Höhe von fast 78 000 DM je Arbeitskraft erreichte.
Im Wirtschaftsjahr 1966/67 lagen die Bruttoinvestitionen um 15 % unter dem relativ hohen Stand des Vorjahres. Für neue Wirtschaftsgebäude wurden 5 % und für neue Maschinen 24 % weniger ausgegeben als im Jahr zuvor. Zur Finanzierung der Investitionen nahm die Landwirtschaft in großem Umfang Fremdkapital in Anspruch. Im letzten Wirtschaftsjahr wurde zwar mit 1,5 Milliarden DM erheblich weniger Fremdkapital als im Vorjahr aufgenommen. Die Ersatzbeschaffungen sind im Wirtschaftsjahr 1966/67 erneut gestiegen, während der Wert der Nettoinvestitionen beachtlich unter dem des neu aufgenommenen Fremdkapitals blieb, d. h. Ersatzbeschaffungen mußten zum Teil mit Fremdkapital finanziert werden. Das Fremdkapital in der Landwirtschaft betrug am 1. Juli 1967 rd. 22,6 Mrd. DM.
Um nun ähnlich wie in der Industrie, der menschlichen Arbeitskraft eine höhere Grenzproduktivität zu verleihen und um ein den anderen Berufsgruppen vergleichbares Einkommen zu erzielen, muß die Landwirtschaft arbeitssparende und arbeitsbeschleunigende Hilfsmittel einsetzen und in den Grenzen der biologischen Gesetzmäßigkeiten industrielle Produktionsweisen anstreben. Das bedeutet jedoch nicht, daß ich den Agrarfabriken das Wort reden möchte, im Gegenteil, gegen eine derartige Entwicklung habe ich aus den verschiedensten Gründen schwerwiegende Bedenken.
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Ich möchte vor der Gigantomanie auf diesem Sektor warnen; denn auch eine industrialisierte tierische Produktion wird nach allen bisherigen Erfahrungen - es gibt sehr negative Erfahrungen aus der allerjüngsten Zeit - ihre Erzeugnisse dem Verbraucher letztlich nicht besser und nicht billiger anbieten können, wenn ein gewisses Optimum überschritten ist.
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Dazu kommt häufig, daß Einsparungen aus derartigen Rationalisierungen durch erhöhte betriebswirtschaftliche Kosten, nicht zuletzt als Folge notwendig werdender umfangreicher seuchenprophylaktischer Maßnahmen in solchen Betrieben, mehr als kompensiert werden.
Schließlich setzt auch die im Bereich der tierischen Erzeugung nach wie vor gültige ethische Verpflichtung dem Produktionsmittel Tier gegenüber einem übersteigerten Relationsbestreben ethische Grenzen, die in diesem Hause schon oft sehr laut und deutlich angesprochen worden sind, aber bei anderen Diskussionen über Verbraucherfragen regelmäßig vergessen werden.
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Der rationelle Einsatz der modernen Technik - verstanden im weitesten Sinne dieses Wortes -hat jedoch zur Voraussetzung, daß sich das Verhältnis zwischen Arbeitskraft und Fläche, die manland-ratio, zugunsten der Fläche verschiebt.
Die Konzentration auf größer dimensionierte Betriebe ist nicht nur eine Erscheinung im AgrarBundesminister Höcherl
bereich, wie man so oft hören kann. Auch in den übrigen Wirtschaftsbereichen sind ähnliche Entwicklungen erfolgt, wie jeder aufmerksame Beobachter ohne weiteres, beispielsweise im Handwerk und Einzelhandel, feststellen kann, wobei in diesen Wirtschaftszweigen der Aufstieg in optimale Größenordnungen einfacher, wenn auch manchmal risikoreicher ist als in der Landwirtschaft. Allerdings hätte die Mobilität der Produktionsfaktoren Arbeit und Boden in den zurückliegenden Jahren auch in der Landwirtschaft größer sein können, wenn die Vielzahl der altrar- und wirtschaftspolitischen Förderungsmaßnahmen stärker, als dies bisher geschah, auf dieses Ziel hin koordiniert worden wäre.
Die Agrarstruktur im weitesten Sinne des Wortes wurde - auch durch staatliche Hilfsmaßnahmen - im Berichtsjahr weiter an die Gegebenheiten der modernen Landwirtschaft und an die Erfordernisse des europäischen Marktes angepaßt. Wie eingangs bereits angedeutet, wurde jedoch im letzten Jahr der Anpassungsprozeß etwas durch die allgemeine Rezession gebremst.
Die Betriebsgrößen zeigen folgende interessante Entwicklung: Im Jahr 1967 waren rund 570 000 Betriebe unter 20 ha weniger vorhanden als im Jahre 1949; das entspricht einer Abnahme von 32 %. Dafür stieg die Zahl der Betriebe über 20 ha im gleichen Zeitraum um rd. 30 000 an. Die Veränderungen zeigen erneut, daß die Betriebe in der Größenklasse 10 bis 20 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche vor allem im nordwestdeutschen Raum von den Landwirten selbst vielfach nicht mehr als ausreichende Grundlage einer selbständigen landwirtschaftlichen Existenz angesehen werden.
Mit der Veränderung der Betriebsstruktur hat sich auch die Arbeitskräftestruktur gewandelt. Es soll noch hervorgehoben werden, daß sich seit dem Jahre 1951 die Zahl der in der Landwirtschaft Tätigen von rund 3,9 Millionen Arbeitskräften auf 1,8 Millionen, also um 2,1 Millionen, d. h. um 54 % vermindert hat. Im Vergleich zu der Abnahme des Arbeitskräftebestandes im Kohlebergbau war die Abwanderung aus der Landwirtschaft viel gravierender und hat sich zudem relativ lautlos vollzogen.
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In dem Zeitraum von 1950/51 bis 1966/67 stieg die Nahrungsmittelproduktion pro Arbeitskraft von 8,8 t auf 30,6 t Getreideeinheiten. Diese Leistung, die alle Redensarten über die rückständige Landwirtschaft Lügen straft, ist um so beachtlicher, weil sie trotz historischer „Hypotheken" vollbracht wurde. Ich denke dabei an die sehr ungünstige Agrarstruktur und die Lasten einer Agrarpolitik, die aus der historischen Entwicklung in Deutschland resultieren.
Zur Einkommenssituation haben die Grünen Berichte folgende Entwicklungstendenzen sichtbar gemacht:
Die Entlohnung der Produktionsfaktoren Boden, Arbeit und Kapital, die in der Wertschöpfung zusammengefaßt ist, stieg in der Landwirtschaft ebenfalls. Von 1950 an hat sich die Wertschöpfung der Landwirtschaft je Arbeitskraft annähernd vervierfacht.
Betrachtet man die Einkommensentwicklung der Landwirtschaft und der übrigen Wirtschaftsbereiche an Hand der Ergebnisse der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, so zeigt sich bei einer Gegenüberstellung der Wertschöpfung je Erwerbstätigen, daß im Zeitablauf der letzten 16 Jahre der Einkommensabstand nicht eingeengt werden konnte. Das gilt im gleichen Maße auch für andere Wirtschafszweige, die nicht zu den ausgesprochenen Wachstumsindustrien und zu expandierenden Dienstleistungszweigen gehören.
Allen denjenigen, die ein statisches Gleichgewichtsmodell in die Wirtschaftswirklichkeit projizieren wollen, möchte ich in aller Deutlichkeit folgendes sagen: Technische Fortschritte in der gesamten Volkswirtschaft, Änderungen der Bedürfnisse der Haushalte nach Art und Rang sowie andere Datenänderungen auf der einen Seite und die time-lags im Anpassungsprozeß auf der anderen Seite haben zur Folge, daß eine wesentliche Annäherung an ein theoretisch denkbares dynamisches Gleichgewicht, bei dem die Entlohnung der Produktionsfaktoren in allen Wirtschaftsbereichen gleich ist, nicht erreicht werden kann.
Die Vergleichsrechnung, die nach § 4 des Landwirtschaftsgesetzes vorzunehmen ist, ergibt folgendes: Wenn man für alle Betriebsgruppen mit stark abweichenden Produktionsbedingungen und sehr unterschiedlichen Kapitalbesatz das durchschnittliche Betriebseinkommen ermittelt und entsprechend dem Landwirtschaftsgesetz um die kalkulatorischen Positionen wie Zinsanspruch und Betriebsleiterzuschlag vermindert, dann ist der relative Abstand dieser so ermittelten Einkommensgröße der Landwirtschaft vom durchschnittlichen gewerblichen „Vergleichslohn" im Wirtschaftsjahr 1966/67 gegenüber dem Vorjahr annähernd gleichgeblieben, absolut jedoch größer geworden.
Hinter einem statistischen Durchschnittswert für den Einkommensabstand verbingt sich - ganz abgesehen von der großen Problematik der Vergleichsrechnung, auf die auch in früheren Grünen Berichten regelmäßig hingewiesen worden ist - die ganz erhebliche Streubreite in der Einkommenslage von Betrieben, die unter unterschiedlichen Bedingungen wirtschaften. Deshalb wird der Abstand zwischen dem gewerblichen Vergleichslohn und dem „erzielten Lohn" der Landwirtschaft, differenziert nach Nordwest- und Süddeutschland, nach Betriebsgrößenklassen und Bodennutzungssystemgruppen ausgewiesen. Die Ergebnisse dieser verbesserten Vergleichsrechnung weisen allgemein für die kleineren Betriebe, aber auch für die größeren Futterbaubetriebe überdurchschnittlich große Einkommensrückstände aus. Viele sollten sich dabei an unsere Vorschläge bei den 100 Millionen DM - im Rahmen des Getreidepreisausgleichs - erinnern. Diese Differenzierung ermöglicht eine wesentlich bessere Einsicht in die Zusammenhänge zwischen den natürlichen und wirtschaftlichen Produktionsvoraussetzungen und
der erzielten Einkommenshöhe, da sich die Durchschnittszahlen dieser Teilgruppe auf einen statistisch viel enger abgegrenzten Bereich beziehen.
Weil die vom Landwirtschaftsgesetz geforderte Vergleichsrechnung sehr problematisch ist - wie ich schon in meinem Bericht zur Lage der Landwirtschaft im vorigen Jahr Ihnen ausführlich dargelegt habe -, wurde in dem jetzt vorliegenden Grünen Bericht erstmals der in den landwirtschaftlichen Betrieben erzielte Gewinn für das Wirtschaftsjahr 1966/67 versuchsweise ermittelt. Der Gewinn enthält in einer Summe neben dem Arbeitsentgelt für den Betriebsleiter und seine mitarbeitenden Familienangehörigen die Verzinsung des eingesetzten Eigenkapitals und eventuell einen Unternehmergewinn, vermeidet also die problematische Aufteilung des Gesamteinkommens in Kapital- und Arbeitseinkommen. Im Bundesdurchschnitt erzielte die Landwirtschaft 1966/ 67 je Betrieb ab 5 ha einen Gewinn von 12 634 DM. In diesem Zusammenhang muß aber hervorgehoben werden, daß bei dieser Art der Gewinnermittlung der Lohnanspruch der familieneigenen Arbeitskräfte mit im Gewinn enthalten ist. Im übrigen müßte allerdings die Gewinn- und Verlustrechnung auch noch durch eine Vermögensbilanz ergänzt werden, um die sich mein Haus seit längerer Zeit bemüht.
Nachdem ich Ihnen im wesentlichen auf der Basis des Materials des Wirtschaftsjahres 1966/67 die Lage der Landwirtschaft umrissen habe, möchte ich nun einige grundsätzliche Bemerkungen zur Dynamik und den Besonderheiten des landwirtschaftlichen Anpassungsprozesses machen. Der Landwirtschaft fällt wie anderen Bereichen des primären Sektors, z. B. der Kohle, eine weniger aktive Rolle in der volkswirtschaftlichen Entwicklung zu. Sie ist - um mit Fourastié zu sprechen - „gezwungen, sich auf Grund ökonomischer Interdependenzen an die veränderten, ökonomisch relevanten Daten anzupassen". Die Gründe dafür sind Ihnen sicher weitgehend bekannt. Ich darf sie hier trotzdem noch einmal kurz rekapitulieren, weil sie der Schlüssel zum Verständnis der zukünftigen Agrarpolitik sind.
Die Nachfrage nach Nahrungsmitteln steigt in entwickelten Volkswirtschaften nach einer schon sehr früh erkannten Gesetzmäßigkeit zunehmend langsamer als das verfügbare Einkommen der Bevölkerung. Der Anteil der Nahrungsmittelausgaben am gesamten privaten Verbrauch beläuft sich z. Z. nur noch auf etwa 30 %. Die Kaufkraft des Industriearbeiterstundenlohns für Nahrungsmittel ist in den letzten Jahren außerordentlich gestiegen. Während im Jahre 1950 beispielsweise für den Bruttoverdienst einer Stunde 6 Eier gekauft werden konnten, waren es im Jahre 1966 bereits 20 Eier.
Die Nachfrage nach gewerblichen Gütern und Dienstleistungen nimmt dagegen insgesamt gesehen erheblich schneller zu. Durch neue oder verbesserte Güter und Dienstleistungen im außerlandwirtschaftlichen Bereich werden vor allem auch durch gezielte Werbung neue Bedürfnisse geweckt und damit die Voraussetzung für eine ständige Steigerung der industriellen Produktion und des Umfangs der Dienstleistungen geschaffen. Da sich überdies durch technische und organisatorische Fortschritte größere
Möglichkeiten zur Produktivitätssteigerung ergeben, sind vor allem die Wachstumsbranchen in der Lage, ihre Gewinne fortgesetzt zu erhöhen und ihren Arbeitnehmern Lohnerhöhungen zu gewähren, die die schwächeren Bereiche nicht erwirtschaften können. Die Gewinne wurden allerdings von den Wachstumsbranchen in erheblichem Umfange zur Selbstfinanzierung von Erweiterungsinvestitionen verwendet und nicht durch Preissenkungen weitergegeben.
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Der Landwirtschaft sind dagegen hinsichtlich der Steigerung der Absatzmengen ziemlich enge Grenzen gezogen. Auch dem technischen Fortschritt ist sie nicht im gleichen Maße zugänglich. Außerdem wirkt die Anwendung des technischen Fortschritts in der Landwirtschaft vielfach angebotssteigernd und damit - wegen der verhältnismäßig unelastischen Nachfrage - preissenkend. Dennoch orientieren sich aber die Einkommenserwartungen der in der Landwirtschaft Beschäftigten - vollkommen zu Recht - an der Einkommensentwicklung im außerlandwirtschaftlichen Bereich.
Im Gegensatz zum industriell-gewerblichen Bereich kann die Agrarproduktion wegen langsam zunehmender Nachfrage nicht in dem Maße gesteigert werden, wie es notwendig wäre, um bei unverändertem Arbeitskräftebestand zu einer befriedigenden Erhöhung der Arbeitsproduktivität zu gelangen. Diese Produktivitätssteigerungen sind aber - genauso wie in der übrigen Wirtschaft - die Voraussetzung für die Befriedigung der steigenden Einkommenserwartungen der in der Landwirtschaft Beschäftigten. Um diese Erwartungen erfüllen zu können, ist es notwendig, daß sich die Zahl der Beschäftigten ständig vermindert.
Diese wenigen Sätze mögen genügen, um Ihnen die notwendigerweise sehr schwierige Rolle der Landwirtschaft im volkswirtschaftlichen Wachstumsprozeß noch einmal vor Augen zu führen. Hier liegen die wirklichen Ursachen dafür, daß die Landwirtschaft einem ständigen, unausbleiblichen Anpassungsprozeß unterworfen ist, der sichtbaren Ausdruck in einer ständigen Verminderung ihres Arbeitskräftebestandes oder, anders ausgedrückt, in einer immer besseren und umfangreicheren Ausstattung der verbleibenden Arbeitskräfte mit den Produktionsfaktoren Kapital und Boden findet. Je schneller sich die übrige Wirtschaft entwickelt, aber auch je weniger die dort erzielten Rationalisierungsgewinne durch Preissenkungen bei den angebotenen Gütern und Dienstleistungen an die Verbraucher weitergegeben werden, um so stärker gerät die Landwirtschaft ohne eigenes Verschulden unter einen Zwang zur Anpassung.
Für den einzelnen Betrieb nun, soweit er entwicklungsfähig ist, ergibt sich aus diesem Sachverhalt die Notwendigkeit zur fortwährenden Neukombination der Produktionsfaktoren. Gerade dabei treten jedoch wie in anderen entwickelten Volkswirtschaften - auch in der Bundesrepublik immer wieder Anpassungsschwierigkeiten auf, die gerade in letzter Zeit zu einer zunehmenden Unruhe unter der landwirtschaftlichen Bevölkerung geführt haben.
Ursache dieser Anpassungsschwierigkeiten sind die unzureichende Mobilität der in der Landwirtschaft eingesetzten Produktionsfaktoren, insbesondere der Arbeit und des Bodens, sowie das mangelnde Kapitalbildungsvermögen. Die Bundesregierung hat Verständnis für diese Schwierigkeiten und erwartet auch von der Öffentlichkeit Verständnis dafür, daß sie hier verstärkt helfend und fördernd eingreifen muß.
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Zum Problem der Mobilität des Produktionsfaktors Arbeit muß in diesem Zusammenhang folgendes - auch kritisch -- angemerkt werden: In der Zeit der Hochkonjunktur der vergangenen Jahre wurde es leider versäumt, den in der Landwirtschaft Beschäftigten im ausreichenden Maße Umschulungsmöglichkeiten zu bieten.
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Wäre dies geschehen, dann hätten zahlreiche Arbeitsplätze nicht mit Gastarbeitern besetzt werden müssen. Es wäre sinnvoller gewesen, in stärkerem Umfang Kapital in den Heimatländern der Gastarbeiter zu investieren. In Zukunft muß bei der Arbeitsmarktpolitik sichergestellt sein, daß denjenigen, die aus der Landwirtschaft ausscheiden wollen oder die Zu- oder Haupterwerb brauchen, bei entsprechender Ausbildung und Umschulung gut bezahlte Arbeitsplätze in erreichbarer, zumutbarer Nähe angeboten werden.
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Ich möchte dieses Kapitel nicht abschließen, ohne ausdrücklich folgendes hervorzuheben: Der seit Beginn der fünfziger Jahre bis zum heutigen Tag in der deutschen Landwirtschaft bereits vollzogene Umstellungsprozeß kann ohne jede Einschränkung als revolutionierend angesehen werden. Dabei ist der Landwirtschaft ein die Grenzen des sozial Tragbaren vielfach bereits überschreitendes Maß an Anpassung abgefordert und von ihr auch geleistet worden. Mit diesem Urteil befinde ich mich in voller Übereinstimmung mit Auffassungen führender Wissenschaftler der Agrarökonomie.
Insbesondere von Vertretern des landwirtschaftlichen Berufsstandes, aber auch von anderer Seite wird immer wieder darauf hingewiesen, daß es außer der Steigerung der Arbeits- und Kapitalproduktivität noch andere Möglichkeiten gäbe, insbesondere durch eine aktive Preispolitik die landwirtschaftlichen Einkommen zu verbessern, und daß diese Möglichkeiten von der Bundesregierung nicht oder nicht in ausreichendem Maße genutzt würden. Das ist ein sehr schwerwiegender Vorwurf, zu dem ich jetzt in aller Offenheit Stellung nehmen möchte.
Natürlich gibt es neben der Steigerung der Arbeits- und Kapitalproduktivität noch andere Wege, die zu einer Verbesserung der landwirtschaftlichen Einkommen führen können, und zwar eine Anhebung der realen Agrarpreise, die Vergrößerung der Absatzmöglichkeiten durch Verstärkung des Einfuhrschutzes und durch Gewährung von Exportsubventionen sowie Erhöhung des nationalen
Anteils am innergemeinschaftlichen Verbrauch von Agrarerzeugnissen und direkte Einkommensübertragungen an die Landwirtschaft aus dem Staatshaushalt.
Wie sieht es jedoch in der Praxis mit diesen Dingen aus?
Zunächst folgendes: Die Preispolitik ist keineswegs so sehr vernachlässigt worden, wie das vielfach angenommen wird. Preisanhebungen, auch wenn sie agrarpolitisch notwendig und für den Verbraucher zumutbar sind, können, wie Sie alle wissen, seit Beginn der EWG, erst recht seit dem Eintritt in die Endphase des Gemeinsamen Marktes, von der Bundesregierung nicht mehr autonom beschlossen werden.
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Sie müssen vielmehr im Agrarministerrat in Brüssel durchgesetzt werden, d, h. oft gegen die vielfach ganz anders gelagerten Interessen und Absichten anderer Mitgliedstaaten. Wenn Sie einmal die Ausgangsposition der übrigen Mitgliedstaaten vor den entscheidenden Preisverhandlungen der letzten beiden Jahre an Hand der Pressemeldungen mit den tatsächlich erzielten Ergebnissen vergleichen, dann werden Sie erkennen, daß der Bundesernährungsminister und sein Staatssekretär nicht ohne sichtbaren Erfolg gekämpft haben.
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Ich kann Ihnen versichern, daß wir auch in Zukunft in Brüssel keine Möglichkeit ungenutzt lassen werden, die Anpassung von Agrarpreisen an die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung zu erreichen, wenn das die Entwicklung der Nachfrage bei einzelnen Produkten erlaubt und die Kostensituation es verlangt. Unseren Bestrebungen in dieser Richtung sind jedoch Grenzen gesetzt, auf die ich Sie an dieser Stelle mit aller Deutlichkeit aufmerksam machen muß, obwohl dies für den Landwirtschaftsminister keineswegs ein besonderes Vergnügen ist.
Erlauben Sie mir in diesem Zusammenhang noch einige allgemeine Bemerkungen zum Überschullproblem, von dem in der letzten Zeit in der Öffentlichkeit sehr viel gesprochen wird. Zunächst einmal darf ich feststellen, daß wir in der Bundesrepublik gegenwärtig keine wesentlichen Überschüsse haben, wenn man einmal von Butter absieht. Die in der Gemeinschaft vorhandenen Überschüsse stammen zum weitaus überwiegenden Teil aus der Erzeugung der übrigen Mitgliedstaaten. Dennoch können und wollen wir unsere Mitarbeit an der politischen Lösung dieser Frage des Überschusses nicht verweigern. Im Gegenteil, wir haben sogar ein besonderes Interesse daran, daß die gegenwärtigen Überschüsse möglichst schnell beseitigt und zukünftige Überschüsse vermieden werden, weil andernfalls der Spielraum für nationale agrarpolitische Maßnahmen immer stärker eingeengt wird. Je höher der deutsche Beitrag zum Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds in den kommenden Jahren ansteigt und mit einem derartigen Anstieg muß besonders bei einer Zunahme der Überschüsse gerechnet werden ----, desto mehr besteht die Gefahr, daß die vorhandenen Mittel für
die nationalen agrarpolitischen Maßnahmen nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen, weil die Höhe der Gesamtausgaben des Bundes für die Landwirtschaft durch die mittelfristige Finanzplanung für die nächsten Jahre im wesentlichen vorgegeben ist.
So viel zu den Möglichkeiten und Grenzen der Preispolitik.
Wenden wir uns nun der Frage zu, welche realen Möglichkeiten zur Verbesserung des landwirtschaftlichen Einkommens durch Manipulierung des Absatzes bestehen. Der Selbstversorgungsgrad der Europäischen Gemeinschaft bei Agrarprodukten beträgt gegenwärtig insgesamt gesehen knapp 90 %. Unter diesen Umständen kann praktisch kaum damit gerechnet werden, daß der innergemeinschaftlichen Erzeugung durch eine Verstärkung des Einfuhrschutzes größere Absatzmöglichkeiten auf dem Binnenmarkt eröffnet werden können. Die Europäische Gemeinschaft kann sich als zweitgrößte Wirtschaftsmacht der Welt sowohl aus wirtschaftlichen als auch aus politischen Gründen einer engen Zusammenarbeit und einer wirtschaftlichen Verflechtung mit Drittländern nicht entziehen.
Ebenso begrenzt sind die Möglichkeiten zur Vergrößerung des Absatzes der innergemeinschaftlichen Erzeugung durch erhöhte Ausfuhrbeihilfen. Bereits heute entfällt ein recht beträchtlicher Teil der Ausgaben des Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds auf Exporterstattungen. Auch die Erstattungspolitik der Gemeinschaft wird in zunehmendem Maße von Drittländern kritisiert, die allerdings in der staatlichen Förderung ihres eigenen Exports auch nicht kleinlich verfahren,
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um nicht zu sprechen von den aktuellen protektionistischen Neigungen, die in den jüngsten Tagen sichtbar geworden sind. Auch die Ausfuhr von Agrarprodukten in die Entwicklungsländer unter Verzicht auf Bezahlung ist nur in begrenztem Umfang in Verbindung mit technischer Hilfe angebracht und möglich. Sie kann praktisch nur dorthin erfolgen, wo akute Versorgungsnotstände vorliegen. An der Notwendigkeit zur karitativen Opferbereitschaft darf auch heute kein Zweifel bestehen.
Gewisse Möglichkeiten der Einkommensverbesserung für die deutschen Agrarproduzenten bestehen jedoch in einer Ausweitung des deutschen Marktanteils am innergemeinschaftlichen Verbrauch, wenn die deutschen Produkte auf den Märkten der übrigen Mitgliedstaaten hinsichtlich Preis und Qualität konkurrenzfähig sind. Die sehr erfolgreiche Entwickhing im Agrarexport, für die ich in diesem Hohen Haus um eine noch stärkere Förderung bitten möchte, läßt den Schluß und die Erwartung zu, daß dies der Fall ist und daß hier reelle Chancen vorliegen.
Die letzte Möglichkeit zur Verbesserung der landwirtschaftlichen Einkommen schließlich, zu der ich noch einiges sagen möchte, sind direkte Einkommensübertragungen. Es handelt sich hierbei um die Übertragung von Steuermitteln an die landwirtschaftlichen Produzenten. Solche direkten Einkommensübertragungen sind auf die Dauer gesehen jedoch kein geeignetes Instrument zur Verbesserung der Agrareinkommen. Sie können lediglich zeitlich begrenzt in Betracht gezogen werden. Ich darf hier auf die Ausgleichszahlungen verweisen, die als Ausgleich für die Auswirkungen der Getreidepreissenkung des vorigen Jahres gewährt werden. Befristete Einkommensübertragungen als Kompensation für die Einkommens- und Vermögensverluste, die den Betrieben dadurch entstehen, daß von staatlicher Seite Eingriffe in die exogenen Daten, nämlich Preise und Außenschutz, der Betriebe vorgenommen werden, haben den Charakter von Schadensausgleichs- und Anpassungshilfen. Es entspricht dem Prinzip der sozialen Gerechtigkeit, wenn infolge staatlicher Eingriffe verursachte Minderungen des Besitzstandes eines einzelnen oder einer Gruppe durch staatliche Hilfe zumindest befristet wieder ausgeglichen werden.
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Hier und in diesem Zusammenhang ist der für Zwecke der politischen üblen Nachrede so sehr strapazierte Begriff der Subventionen keineswegs angebracht.
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Ich habe Ihnen in meinen bisherigen Ausführungen die Lage der Landwirtschaft skizziert und bin dann auf die Dynamik und die Besonderheiten des landwirtschaftlichen Anpassungsprozesses sowie auf die Möglichkeiten und Grenzen zur Verbesserung der Einkommensentwicklung in der Landwirtschaft eingegangen.
Lassen Sie mich nun etwas zur künftigen Gestaltung der Agrarpolitik sagen. Von der Öffentlichkeit wird mit steigendem Nachdruck eine agrarpolitische Gesamtkonzeption, ein Plan, gefordert. Ich will mich dieser Forderung keineswegs entziehen und ganz klar dazu Stellung nehmen. Die intellektuelle und politische Redlichkeit verlangen aber, daß man sich illusionslos Rechenschaft ablegt über die Grenzen unserer Möglichkeiten und den zeitlichen Bedarf für alle strukturellen Maßnahmen, die für die Ungeduld unserer Gegenwart vielleicht sogar das schwerste Hindernis darstellen. Ich befinde mich hier in voller Übereinstimmung mit meinem Kollegen Strauß, der am 24. Oktober 1967 in diesem Hohen Hause in seiner Etatrede folgendes ausgeführt hat:
Ein anderer Bereich, in dem eine Überprüfung der bisherigen Konzeptionen unausweichlich ist, ist der Bereich der Landwirtschaft. Der deutschen Landwirtschaft sollen - das möchte ich hier unmißverständlich und ohne alle Vorbehalte erklären - auch weiterhin Hilfen zuteil werden, um sie für die Aufgaben und für die Wettbewerbsverhältnisse der Zukunft zu rüsten. Auch im Interesse der Landwirtschaft selbst ist es allerdings erforderlich, gewisse Schwerpunktverschiebungen bei der Förderung vorzunehmen. Eine langfristige Landwirtschaftspolitik muß in erster Linie zum Ziel haben, auf Dauer wettbewerbsfähige Betriebsstrukturen zu schaffen. Dazu hat sich die Bundesregierung in der
Finanzplanung ausdrücklich und wörtlich bekannt.
Hier reicht der Betrachtungshorizont von der Festlegung der langfristigen Ziele zur Verbesserung der Agrarstruktur und der technischen Modernisierung der auf Dauer lebensfähigen Betriebe über Fragen des Pachtrechts bis hin zur landwirtschaftlichen Sozialpolitik. Es handelt sich also um Probleme, die teilweise abseits der tagespolitischen Diskussion über direkte Einkommenshilfen liegen, Probleme aber auch, die vielfach andere Aufgabenbereiche berühren und insoweit einer umfassenden und sorgfältigen Abstimmung bedürfen.
Ich darf dieses Zitat, dem ich vollinhaltlich zustimme, dahin ergänzen, daß dieser Forderung als finanzpolitisches Korrelat eine langfristige oder längerfristige Finanzplanung entsprechen muß, wie wir sie entwickelt haben. Um nun wirkliche Planung auch nach Schwerpunkten innerhalb einer solchen mittelfristigen Finanzordnung durchzuführen, wäre eine gegenseitige Deckungsfähigkeit der wichtigsten Positionen des Haushalts, des Einzelplans 10, unvermeidlich.
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In erster Linie wird man sich darüber klarwerden müssen, welche Kompetenzen heute noch bei uns liegen. In voller Kenntnis der Folgen und Verpflichtungen haben wir entscheidende Kompetenzen in die EWG eingebracht. Im Gegensatz zu anderen Bereichen hat die Landwirtschaftspolitik, wiederum in freier Entscheidung, sich in Stresa entschlossen, bei der Agrarpolitik nicht die leichteren Formeln der europäischen Zusammenarbeit, wie Koordination nationaler Marktordnungen oder gemeinsame Wettbewerbsregeln, sondern trotz aller sichtbaren Schwierigkeiten aus strukturellen, standortbedingten, soziologischen und siedlungspolitischen Differenzierungen eine gemeinschaftliche Agrarpolitik über gemeinsame Preise und gemeinsamen Außenschutz und Marktordnungen zu wagen.
Mit Recht blicken unsere Landwirte besorgt in die Zukunft. Denn die Integration der sechs Landwirtschaften in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft verschärft noch die Anpassungsprozesse, die sich aus dem sozial-ökonomischen Sachzwang schon in der Vergangenheit national vollzogen haben.
Gerade die Landwirtschaft ist aber zum Schrittmacher der europäischen Wirtschaftsintegration geworden. Sie ist der Integration einer Reihe von Bereichen vorausgeeilt, wie der Verkehrs-, Steuer- und Sozialpolitik, die für die Kostengestaltung der Landwirtschaft ihrerseits jedoch von großer Bedeutung sind.
Die anderen Mitgliedstaaten, insbesondere Frankreich, haben aber gerade die Fortschritte auf dem Agrarsektor immer wieder zum Prüfstein für das europäische Einigungswerk gemacht. Aus übergeordneten politischen Gesichtspunkten ist die Bundesregierung dieser Linie gefolgt. Wir dürfen das nicht vergessen, wenn wir über die finanziellen Aspekte der Agrarpolitik sprechen.
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Dabei soll keineswegs verschwiegen werden, daß die EWG der deutschen Landwirtschaft vor allem im Außenschutz auch Vorteile gebracht hat, und die entscheidenden Chancen erwarten wir in der wachsenden Massenkaufkraft eines großen Marktes, der heute schon 184 Millionen Menschen zählt.
Die gewerbliche Wirtschaft der Bundesrepublik hat bereits jetzt und wird in der Zukunft großen Nutzen aus dem Zollabbau und den anderen Integrationserfolgen ziehen können, die sie zum Teil allein und ausschließlich den Fortschritten der EWG- Agrarpolitik verdankt.
Die Agrar- und Wirtschaftspolitik der Bundesregierung in den kommenden Jahren orientiert sich an den Entwicklungslinien der Landwirtschaften anderer Länder mit moderner Agrarpolitik und den Reaktionen der fortschrittlichen Landwirte in unserem eigenen Lande auf die veränderte Datenkonstellation, wie sind in überzeugender Weise in den 13 Grünen Berichten zum Ausdruck kommt. In erster Linie ist die Agrar- und Wirtschaftspolitik auf folgende Ziele ausgerichtet:
Entwicklung einer rationellen Landwirtschaft, die eine angemessene Entlohnung der Produktionsfaktoren Arbeit, Boden und Kapital ermöglicht, wobei gegebenenfalls das Entgelt für außerlandwirtschaftliche Teilbeschäftigung zu einem angemessenen Arbeitseinkommen beitragen kann;
Vermeidung von strukturellen Überschüssen auf dem Agrarsektor in der EWG, die zu dauernden und sehr hohen finanziellen Belastungen der öffentlichen Hand führen müßten.
Zur Verwirklichung dieser Ziele kommen - wenn man von den preispolitischen Maßnahmen absieht, auf deren Problematik ich bereits eingegangen bin; die positive Einstellung der Bundesregierung dazu habe ich nachdrücklich hervorgehoben - im nationalen Bereich vor allem Maßnahmen der Bildungspolitik, der Strukturpolitik und der Sozialpolitik in Betracht. In diesen drei Bereichen kommt es darauf an, eine Reihe von sinnvollen Einzelmaßnahmen weiterzuführen und zu verstärken, die schon in den zurückliegenden Jahren angewendet wurden. Darüber hinaus jedoch müssen einige neue Maßnahmen eingeführt werden, wenn die oben umrissene Zielsetzung realisiert werden soll.
Zunächst einige Worte zur Intensivierung von Ausbildung und Beratung. Im Rahmen der Bildungspolitik wird die fachliche Schulung und Beratung intensiviert werden. Die Erwachsenenfortbildung und die Schulung von Betriebsleitern und Beratern in Seminaren sind in diesem Zusammenhang zu nennen. Die Buchführung als Kontrolle des Betriebserfolgs und die Optimumskalkulation für die Betriebsplanung müssen mehr als bisher in der Praxis Eingang finden. Mit zentralen Rechen- und Auswertungsstellen in den Ländern, an denen sich der Bund beteiligt, wird bereits jetzt erfolgreich versucht, diese Hilfsmittel der modernen Unternehmensführung in der Landwirtschaft verstärkt zur Anwendung zu bringen. Versuche mit elektronischen Datenverarbeitungsanlagen sind in einigen Ländern mit Unterstützung des Bundes bereits angelaufen.
8114 Deutscher Bundestag -- 5. Wahlperiode Bundesminister Höcherl
Außerdem habe ich mich darum bemüht, die landwirtschaftliche Buchführung in der Bundesrepublik so zu vereinheitlichen, daß sie besonders für die Auswertung mit Computern bereits geeignet ist.
Auch die Aufklärung der potentiellen Hoferben über die zukünftigen Einkommenschancen in der Landwirtschaft. auf der einen Seite und die Einkommensmöglichkeiten, insbesondere bei Verpachtung oder Verkauf des Betriebes und Anlage des Vermögens außerhalb der Landwirtschaft andererseits wird stärker bedacht werden müssen. Um die Möglichkeiten der Berufswahl der heranwachsenden Generation insbesondere in den Problemgebieten zu erweitern, muß verstärkt auf die Verbesserung der Bildungsmöglichkeiten in ländlichen Gebieten hingewirkt werden. Hier sind die Herren Kultusminister der Länder angesprochen. Hilfen für begabte Kinder aus einkommensschwachen Familien, Gewährung von Fahrkostenhilfen für den Besuch von Bildungseinrichtungen sowie die Verbesserung der Verkehrsbedingungen können in dieser Richtung wirken.
Es soll an dieser Stelle auch gesagt werden, daß die junge Generation heute fortschrittlicher denkt und daß es nicht als eine Deklassierung angesehen werden sollte, wenn sie die Bildungs- und Umschulungsmöglichkeiten nutzt, um dadurch in die Lage versetzt zu werden, vergleichsweise höhere Einkommen in außerlandwirtschaftlichen Berufen im Zuoder Haupterwerb zu erzielen. Der jungen Generation bedeutet heute das Verfügen über ein angemessenes Einkommen mehr als begrenzt einkommenswirksamer Besitz an Grund und Boden.
In Anbetracht der Tatsache, daß die Bundesrepublik einerseits noch beträchtliche „historische Hypotheken" auf dem Struktursektor abzutragen hat, andererseits aber die staatlichen Mittel im Rahmen der mittelfristigen Finanzplanung begrenzt sind, wird die staatliche Hilfe vorrangig auf Projekte konzentriert, die eine besondere Effizienz versprechen. Dabei muß darauf geachtet werden, daß die Projekte so ausgeführt werden, daß sie nicht schon nach kurzer Zeit durch die wirtschaftspolitische Entwicklung überholt sind, wie das in der Vergangenheit leider so häufig geschehen ist.
Um die Mobilität von Arbeit und Boden zu erhöhen, habe ich meinen Mitarbeitern Weisung erteilt, zusammen mit den anderen zuständigen Ressorts im Rahmen der regionalen Wirtschaftspolitik regionale Schwerpunktprogramme zu entwickeln. Hiernach wird in ländlichen Räumen, die über ein ausreichendes Potential an geeigneten Arbeitskräften verfügen, die Ansiedlung solcher nichtlandwirtschaftlicher Unternehmungen gefördert, die sich durch eine geringe Konjunkturempfindlichkeit auszeichnen.
Ich stehe in aussichtsreichen Verhandlungen mit. einem Bundesland, um noch in diesem Jahr ein solches Projekt als Modell zu verwirklichen. Verhandlungen, an denen zwei andere Länder gleichzeitig an einem Projekt beteiligt sind, haben begonnen.
Voraussetzung für ein ausreichendes Angebot qualifizierter Arbeitskräfte, die aus der Landwirtschaft stammen, ist eine sorgfältige Umschulung. In klarer Erkenntnis dieser Sachlage hat die Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung in Nürnberg im vergangenen Jahr die Voraussetzungen dafür geschaffen, Landwirte und mitarbeitende Familienangehörige, die sich umschulen wollen, in ihre Förderungsmaßnahmen voll und ganz einzubeziehen.
Weitere Maßnahmen, die die Strukturpolitik effizienter machen, sind die Förderung der Kapitalisierung der Pachten und die Modernisierung des Pachtrechts.
Ein besonders heißes Eisen in der Agrarstrukturpolitik ist das Betriebsgrößenproblem. In diesem Zusammenhang wird von vielen Kritikern oft der Faktor Zeit übersehen, der gerade in diesen Strukturprozessen eine besondere Rolle spielt. Der Politik bleibt die unangenehme Aufgabe, den Vorwurf der Rückständigkeit in Kauf zu nehmen und in ihren Bemühungen behutsame Übergangslösungen zu finden, wie sie bereits der Deutsche Bauernverband in seinen Freiburger Beschlüssen im Jahre 1963 definiert hat. Vor allem dürfen wir in diesem Zusammenhang nicht in den Fehler verfallen, Verhältnisse aus den Vereinigten Staaten, Kanada oder Schweden mit ihren weiten Räumen auf die Bundesrepublik übertragen zu wollen.
({23})
Besondere Sorge bereiten der Agrarstrukturpolitik allerdings die Submarginalbetriebe. Diese Betriebe bilden für die Inhaber zur Zeit noch die einzige oder überwiegende Einkommensquelle. Die Einkommenskapazität dieser Betriebe, gemessen an der Qualität und Quantität der Produktionsfaktoren, ist jedoch so klein, daß sich aus diesen Betrieben kein angemessenes, modernes Einkommen erwirtschaften läßt. Auch ein bereits aufgenommener Zuerwerb reicht nicht aus, ein angemessenes Einkommen zu erzielen. Aufgabe der regionalen Wirtschaftspolitik ist es deshalb, denjenigen, die aus diesen Betrieben ausscheiden wollen, den Übergang in außerlandwirtschaftliche Bereiche zu erleichtern. Aufgabe der Agrarpolitik ist es, denjenigen, die in diesem Bereich ihre Betriebe zu Vollerwerbsbetrieben aufstocken wollen, Hilfestellung zu geben.
Die Verfolgung dieser Zielsetzung bekommt insbesondere dadurch Gewicht, daß sich zukünftig bei steigenden Einkommenserwartungen, auf die unsere Wirtschaftspolitik angelegt ist, die Zahl der Submarginalbetriebe vergrößert wird. Bei einem. weiteren wirtschaftlichen Wachstum und damit steigenden Einkommenserwartungen wird die Mindestgröße der Vollerwerbsbetriebe zunehmen, was zur Folge hat, daß die Gesamtzahl der Vollerwerbsbetriebe zukünftig absinkt. Wirtschaftseinheiten, die derzeit noch die Erwirtschaftung eines angemessenen Einkommens ermöglichen, können zu Submarginalbetrieben werden, wenn es nicht gelingt, durch Flächenaufstokkung die Einkommenskapazität des Betriebes zu erweitern oder durch Aufnahme einer zusätzlichen
Tätigkeit außerhalb der Landwirtschaft die Entlohnung der Arbeitskraft zu verbessern.
Modellrechnungen, die sich mit dem Problem der Verminderung der Zahl von Submarginalbetrieben befassen, lassen aber erkennen, wie aufwendig und tiefgreifend die Realisierung einer derartigen Zielsetzung ist. Weiterhin wird deutlich, daß die finanzielle Leistungsfähigkeit der Landwirtschaft nicht ausreicht, einen Strukturwandel in dieser Form aus eigener Kraft zu finanzieren. Notwendigerweise muß der Staat auch zukünftig durch Hilfsmaßnahmen in Form von Zuschüssen für Flurbereinigung, Wegebau, Aussiedlung, Aufstockung, Althofsanierung und Investitionen diesen Strukturwandlungsprozeß fördern. Es ist aber dringend nowendig und geschieht laufend, daß diese Maßnahmen den sich ständig ändernden Verhältnissen angepaßt und fortgeschrieben werden. Staatliche Hilfsmaßnahmen zur Verbesserung der Betriebsstruktur sind, weil der Marktmechanismus hier offensichtlich versagt oder zu langsam arbeitet, durchaus begründet und berechtigt. Öffentliche Zuschüsse sind als volkswirtschaftlich produktive Investitionen gerechtfertigt, um durch eine möglichst dauerhafte optimale Nutzung des landwirtschaftlichen Produktionspotentials im Rahmen der gesamten Volkswirtschaft beizutragen.
Gerade die Vollerwerbsbetriebe müssen durch Investitionshilfen und Zinsverbilligungsmaßnahmen auch weiterhin gefördert werden, weil hier bei richtiger Betriebsorganisation - Vereinfachung, Spezialisierung, überbetriebliche Zusammenarbeit - annähernd ein optimaler Einsatz der Produktionsfaktoren erreicht werden kann. Deshalb haben diese beiden Maßnahmen allgemein ein sehr positives Echo gefunden.
In Gegenden nun mit sehr geringer natürlicher Ertragsfähigkeit, in denen eine Betriebsaufstockung der Submarginalbetriebe nicht zu einer nachhaltigen Verbesserung der Einkommenssituation führt, könnte theoretisch der dort ansässigen landwirtschaftlichen Bevölkerung nur durch erhebliche direkte Einkommensübertragungen geholfen werden. Stehen diese Mittel nicht zur Verfügung, verbleibt nur das Ausscheiden der Betroffenen aus der Landwirtschaft und die Förderung nichtlandwirtschaftlicher Erwerbsmöglichkeiten in diesen Regionen.
Gestatten Sie mir nun einige Worte zur Sozialpolitik. Viele landwirtschaftliche Betriebe sind nicht in der Lage, die Risiken hinsichtlich Krankheit, Unfall und Alter für alle Familienangehörigen zu tragen. Mit zunehmender sozialer Sicherung für alle Bevölkerungsteile wächst auch bei der landwirtschaftlichen Bevölkerung das Verlangen nach zusätzlicher sozialer Sicherung.
Bei der Altershilfe hat sich nämlich ein Funktionswandel vollzogen. Während bei ihrer Einführung primär daran gedacht war, den Übergang der Betriebsleitung auf die nachfolgende Generation zu erleichtern, steht jetzt der Gedanke einer gleichwertigen sozialen Sicherung im Vordergrund. Dieses Problem ist in anderen vergleichbaren Selbständigen-Bereichen seit längerer Zeit gelöst. In der Landwirtschaft vollzieht sich der gleiche Vorgang, vor allem, wenn die Forderung nach besserer Ausbildung zu einer abgeschlossenen Lehre und Gehilfenprüfung führt. Die soziale Sicherung in der Landwirtschaft führt finanziell zu ähnlichen Problemen, wie wir sie etwa im Bergbau und in anderen Bereichen kennengelernt haben, wo die Beitragslast von einer sich ständig vermindernden Zahl von Erwerbstätigen getragen werden muß.
Nachdem ich lhnen nun einige Leitlinien der zukünftigen Agrarpolitik aufgezeigt habe, möchte ich mich noch ganz kurz einigen aktuellen agrarpolitischen Problemen zuwenden, die uns in den nächsten Wochen und Monaten intensiv beschäftigen.
Zunächst zur Milchpolitik. Sie wissen, daß mein Haus sehr intensiv die Möglichkeiten für die Anpassung der Milcherzeugung an die Bedarfsentwicklung untersucht hat. Die Ergebnisse dieser Bemühungen, die in einer Studie zusammengefaßt und veröffentlicht wurden, sind in der Öffentlichkeit eingehend diskutiert worden. Auch der Berufsstand ist meiner in dieser Studie ausgesprochenen Bitte, zu den anstehenden Problemen konstruktiv Stellung zu nehmen, mit einem sehr interessanten Vorschlag nachgekommen. Ich habe eine Fülle von Anregungen erhalten. Auch der Wissenschaftliche Beirat meines Hauses hat sich gutachtlich geäußert.
Alle diese Anregungen sind wertvolle Entscheidungshilfen für den Politiker. Die immer mehr zunehmende Einlagerung von Überschüssen, die mit Recht beanstandet worden ist, wird nicht fortgesetzt werden dürfen.
Wir entwickeln zur Zeit in meinem Hause ein dynamisches Verhandlungskonzept für Brüssel. Sie werden verstehen, daß ich Einzelheiten noch nicht bekanntgeben kann. Ich kann aber schon so viel sagen:
1. Die Anpassung der Erzeugung an den Verbrauch ist allein über den Preis nicht möglich.
2. Es geht nicht an, daß weiterhin hochwertige Butter durch lange Lagerung bei hohen Kosten im Wert vermindert wird.
({24})
3. Bei der Beseitigung der Überschüsse müssen. humanitäre Gesichtspunkte berücksichtigt werden, d. h. einkommensschwachen Bevölkerungsschichten in der EWG und Bedürftigen in den Entwicklungsländern müssen Überschüsse verbilligt oder kostenlos zur Verfügung gestellt werden.
({25})
Die Kosten dieser Aktion müßten sowohl die Produzenten als auch die Allgemeinheit gemeinschaftlich übernehmen.
4. Bei der Formulierung der EWG-Milchmarktordnung muß nach Wegen gesucht werden, die es erlauben, den auf die Milchviehhaltung angewiesenen Betrieben, die keine Alternative haben, ein ausreichendes Einkommen zu sichern.
Ein weiteres aktuelles Problem ist die Verbesserung der Marktstruktur. Nicht nur die Landwirtschaft
unterliegt einem revolutionären Anpassungsprozeß, sondern auch die Strukturen und Absatzformen auf den Agrarmärkten im weiteren Sinne. Diese Entwicklung wird durch den steigenden Wettbewerb im integrierten europäischen Agrarmarkt verschärft und beschleunigt. Um diesen Prozeß zu fördern und zu erleichtern, laufen seit Jahren wissenschaftliche Untersuchungen, nicht zuletzt im Rahmen der von diesen Hohen Hause vorgeschlagenen sogenannten „Struktur- und Preisenquete über die wichtigsten Agrarmärkte", deren erstes Ergebnis Ihnen im April des vergangenen Jahres vorgelegt wurde; aber außerdem gehört die Schaffung verwaltungsmäßiger Voraussetzungen dazu.
tim nur ein Beispiel herauszugreifen: den Vieh- und Fleischmarkt, wo der Trend von der Lebend- zur Tetvermarktung, also zur Fleischvermarktung, geht. Zur Objektivierung der Marktvorgänge und der Preisfindung gehört die Schaffung anerkannter Handelsklassen für Fleisch. Die Verordnung über die Klassifizierung von Schweinehälften ist bereits vorhanden, die entsprechende für Rindfleisch ist nahezu entscheidungsreif. Außerdem wird mit Nachdruck an einem Vieh- und Fleischgesetz gearbeitet, in dem Fleischnotierungen für Versandschlachtereien und auf den Fleischmärkten geregelt werden sollen und die amtliche Klassifizierung von Fleisch vorgesehen wird. In diesem Zusammenhang sollte mit den beteiligten Wirtschaftskreisen versucht werden, die sehr traditionellen Methoden der Notierung und Preisfindung zu modernisieren und damit zu objektivieren, wobei Erfahrungen in Übersee mit Fernschreiber und Telex genutzt werden sollten.
Weitere Einzelheiten über neue Richtlinien und gesetzliche Vorhaben zur Verwirklichung dieser programmatischen Überlegungen gehen Ihnen Zug um Zug zu. Ich habe mir erlaubt, Ihnen eine Mappe der bereits bestehenden Förderungsmaßnahmen mit einer Übersicht zu überreichen, weil ich den Eindruck habe, daß diese Maßnahmen bei weitem nicht in dem Umfange und in dem Maße draußen bekannt sind, wie das wünschenswert wäre.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich komme zum Schluß meiner Ausführungen. Lassen Sie mich zusammenfassen:
1. Die Wertschöpfung der Landwirtschaft, in der alle Arbeits- und Kapitaleinkommen zusammengefaßt sind, hat sich - bezogen auf die Arbeitskraft seit 1950 vervierfacht. Trotzdem besteht nach wie vor ein großer Abstand zwischen der Wertschöpfung der Erwerbstätigkeit in der Landwirtschaft und der anderer Wirtschaftszweige.
2. Die Bundesregierung hat ihre Hilfen selbst im Krisenjahr 1967 im Rahmen der Agrar-, Ernährungs-, Forst- und Fischereipolitik fortgesetzt und sogar noch verstärkt. Der Haushaltsansatz 1967 einschließlich Eventualhaushalt umfaßte einen Betrag von 4,8 Milliarden DM gegenüber 4,7 Milliarden DM im vorausgehenden Haushaltsjahr. Zu diesen Mitteln kommen noch weitere erhebliche Aufwendungen der Länder. Um Mißverständnissen vorzubeugen, muß insbesondere bei den Strukturmitteln hervorgehoben werden, daß diese Mittel nicht unmittelbar für die Landwirtschaft einkommenswirksam sind. Sie wirken zum Teil erst langfristig. Außerdem dienen die Strukturmittel teilweise landeskulturellen Aufgaben, die nicht allein der Landwirtschaft angerechnet werden dürfen, sondern Gemeinschaftsaufgaben klassischer Art sind. In der mittelfristigen Finanzplanung, d. h. für die Jahre 1968 bis 1971, sind im Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 20 Milliarden DM vorgesehen, also erheblich mehr als in den vorausgegangenen Jahren.
3. Der seit Beginn der fünfziger Jahre bis zum heutigen Tag in der deutschen Landwirtschaft bereits vollzogene Umstellungsprozeß kann ohne jede Einschränkung als revolutionierend angesehen werden. Dabei ist der Landwirtschaft ein die Grenzen des sozial Tragbaren vielfach bereits überschreitendes Maß an Anpassung abgefordert und von ihr geleistet worden.
4. Der in der Vergangenheit zu beobachtende Anpassungsprozeß wird sich dennoch aus dem sozialökonomischen Sachzwang fortsetzen. Hinter, diesen Anpassungsprozessen stehen harte menschliche Schicksale. Aufgabe des Staates ist es, diese Härten zu mildern.
({26})
5. Die Landwirtschaft der EWG produziert bei einzelnen Erzeugnissen mehr als auf dem Inlandsmarkt nachgefragt wird. Die auf diese Weise entstehenden Überschüsse sind meist auf dem Weltmarkt nur mit großen Exportsubventionen absetzbar.
6. Die Agrarintegration ist - unter großen Opfern der Landwirtschaft der Bundesrepublik - aus politischen Gründen zum Schrittmacher der Wirtschaftsintegration in der EWG geworden. Nutznießer dieser Entwicklung ist in erster Linie die gewerbliche Wirtschaft. Das sollte bei den Etatverhandlungen nicht vergessen werden.
({27})
Die Mittel des Agraretats werden kaum ausreichen, um die schwierigen Aufgaben, vor denen die Landwirtschaft gerade in den nächsten Jahren stehen wird, zu bewältigen. Ich werde mich mit meinen Mitarbeitern aber bemühen, dem Hohen Haus Vorschläge zu unterbreiten, wie dieses knappe Geld im einzelnen mit der höchsten Effizienz für die deutsche Landwirtschaft und damit auch für die gesamte Volkswirtschaft eingesetzt werden kann. Dabei dürfen wir unsere langfristigen Ziele, die ich Ihnen erläutert habe, jedoch nicht um kleiner tagespolitischer Interessen willen aus dem Auge verlieren.
Die Landwirtschaft hat in der Vergangenheit unter den schwierigsten Umständen bewiesen, daß sie zu hervorragenden Leistungen befähigt ist. Die Kundgebung der deutschen Landjugend anläßlich der Grünen Woche 1968 in Berlin hat mich in der Gewißheit bestärkt, daß unsere Landwirtschaft auch in Zukunft die großen und sehr schweren Aufgaben, vor die sie gestellt wird, meistern kann. Die staatliche Agrarpolitik muß ihren Teil dazu beitragen, daß die hierzu notwendigen Anstrengungen nicht vergeblich sein werden.
Ich darf das Hohe Haus bitten, der deutschen Landwirtschaft und ihrem gerechten Anliegen das bisherige Wohlwollen zu erhalten. Es handelt sich hier nicht nur um ökonomische Prozesse. Andere Effekte werden künftig wohl noch größere Bedeutung haben. Für die Zukunft werden vielleicht die Wirkungen einer Agrarpolitik für die Ordnung des Raumes sowie die soziologische und siedlungspolitische Funktionsfähigkeit unseres Landes, auch innerhalb einer Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, noch bedeutsamer sein.
Meine Damen und Herren, hier in diesem Saale wurde vor wenigen Tagen im Rahmen einer wirtschaftspolitischen Debatte über die Konjunkturlage zum Ausdruck gebracht, daß aus konjunkturpolitischen Gründen angestrebt wird, das Masseneinkommen in einer angemessenen, tragbaren Form zu verbessern. Es ist völlig klar, daß bei einer derartigen Maßnahme, die in ihrer Zielsetzung berechtigt ist und anerkannt wird, entsprechende Rücksicht auch auf die Interessen der Landwirtschaft genommen werden muß. Auch die Landwirtschaft verlangt in allererster Linie und nicht mehr als andere Gerechtigkeit für sich.
({28})
Meine Damen und Herren, Sie haben den Grünen Bericht gehört. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll die Aussprache in der Woche vom 11. März stattfinden. Ich unterstelle, daß das haus damit einverstanden ist und rufe Punkt 11 unserer Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Ausübung der Berufe des Masseurs, des Masseurs und medizinischen Bademeisters und des Krankengymnasten
- Drucksache V/1600 Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Gesundheitswesen ({0})
- Druckache V/2557 -Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Jungmann
({1})
Ich frage den Berichterstatter, ob er das Wort wünscht. - Der Berichterstatter verzichtet.
Ich rufe in zweiter Lesung die Art. 1, 2, 3 sowie Einleitung und Überschrift auf. - Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Wer den aufgerufenen Artikeln sowie der Einleitung und der Überschrift zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe!
Enthaltungen? - In zweiter Lesung einstimmig angenommen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. - Keine Wortmeldungen. Ich schließe die Aussprache.
Wer dem Gesetz in dritter Lesung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Meine Herren, was ist denn das? Jeden, der steht, ob er geht oder nicht, muß ich als dagegen stimmend zählen. Das entspricht doch nicht der Absicht der Betreffenden. - Das Gesetz ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.
Punkt 12 ist erledigt.
Punkt 13:
Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Vorlage eines Betriebsrätegesetzes - ({2})
- Meine Damen und Herren, da sehen Sie, wie eine einzige Karnevalssitzung auf einen Süddeutschen wirkt.
({3})
Das war - das muß ich zu Ihnen sagen - ein ganz unbeabsichtigter Fehler in meinem Zungenschlag. Ich rufe also auf:
Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Vorlage eines Betriebsärztegesetzes
- Drucksache V/2500 Wird das Wort zur Einbringung bzw. Begründung gewünscht? - Das Wort hat der Herr Abgeordnete Horst Schmidt.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Antrag der Fraktion der SPD, der die Bundesregierung auffordert, den Entwurf eines Betriebsärztegesetzes vorzulegen, hat in der Öffentlichkeit ein lebhaftes Echo gefunden. Wir begrüßen das, auch wenn nicht alle Stellungnahmen im positiven Sinne ausgefallen sind.
Es ist durchaus verständlich, wenn beispielsweise im „Arbeitgeber" vom 5. Februar 1968 erklärt wird, daß dieses Gesetz, das beabsichtigt sei, ein „unerwünschter gesetzgeberischer Eingriff", ein „unmögliches Gesetzesvorhaben" sei und daß „der Zwang das schlechteste Mittel" sei. Wenn in dieser Zeitschrift aber gleichzeitig erklärt wird, daß es sich hier um ein „obrigkeitliches Hineinregieren in die privatwirtschaftliche Sphäre" handelt, so müssen wir eine derartige Stellungnahme mit Entschiedenheit zurückweisen. Denn bei unserem Antrag geht es nicht um ein Hineinregieren in die privatwirtschaftliche Sphäre, sondern um die Gesunderhaltung der Arbeitnehmer in den Betrieben.
({0})
Daß diese unsere Überlegung gar nicht so abwegig ist, beweist eine sehr sachliche Feststellung in den Berichten des Deutschen Industrieinstituts, Nr. 14 aus dem Jahre 1967, wo es heißt - ich darf mit Genehmigung des Herrn Präsidenten zitieren -:
Immer mehr setzt sich die Auffassung durch,
daß die Erhaltung der Gesundheit des Menschen nicht nur eine ethisch-humanitäre VerDr. Schmidt ({1})
pflichtung, sondern ebensosehr ein ökonomisches und sozialpolitisches Postulat ist!
In diesen Berichten ist weiterhin davon die Rede, es sei notwendig, gesundheitsschädigende Belastungen in den Betrieben zu verringern und zu vermeiden. Es wird auf die Abnutzungsschäden, auf die Frühinvalidität und die Fehlzeiten, die dadurch entstehen, hingewiesen. Es heißt dann weiter:
Diese Tatsachen zwingen alle Beteiligten im Betrieb, den arbeitenden Menschen und den Staat, wirksame Gegenmaßnahmen zu ergreifen, urn die Gesundheit der Menschen zu garantieren.
Schließlich heißt es:
Per saldo wiegen aber die zu erzielenden wirtschaftlichen, gesundheits- und sozialpolitischen Effekte die Aufwendungen mehrfach auf.
Inzwischen liegen Berechnungen vor, die deutlich machen, daß ein gut funktionierender betriebsärztlicher Dienst eine Kostenersparnis im Verhältnis von 1 : 2 erbringt. Genau das, meine sehr verehrten Damen und Herren, war auch Ausgangspunkt unserer Überlegungen zum vorliegenden Antrag.
Es gibt aber auch noch andere Gründe. Es ist. bekannt, daß die Bundesrepublik in der Betreuung der Arbeitnehmer in den Betrieben hinter anderen Ländern herhinkt. Seit Jahren sind neue Vorschläge in der Diskussion, und zwar nicht nur auf internationaler Ebene. Ich möchte hier auf die Empfehlungen des Internationalen Arbeitsamts von 1959, auf die Empfehlungen der EWG-Kommission von 1962 und auf einen Bericht des EWG-Parlaments vom Jahre 1966 hinweisen, in dem einstimmig, also auch mit den Stimmen der Vertreter der Bundesrepublik, Kritik an den deutschen Verhältnissen geübt wird und aus dem hervorgeht, daß in der Bundesrepublik nur 19,8 % aller Arbeitnehmer in den Betrieben betriebsärztlich betreut werden.
Auch bei uns in der Bundesrepublik gibt es zahlreiche Stimmen, die nach einer gesetzlichen Regelung rufen, um bessere Verhältnisse zu bekommen. Wir Sozialdemokraten haben bereits 1964 auf unserem Karlsruher Parteitag diese Forderung erhoben. Aber nicht nur wir, auch die Gewerkschaften, auch die Fachleute in der Bundesrepublik rufen nach einer gesetzlichen Regelung. Selbst der Verband der Werksärzte hat anläßlich des Hearings des Sozialpolitischen Ausschusses in Berlin 1966 festgestellt:
Sollten alle Bemühungen der Beteiligten, die werksärztliche Betreuung der Arbeitstätigen durch freiwillige Regelungen zu intensivieren, zu keinem Erfolg führen, so sieht auch der Verband der Werksärzte trotz Bedenken eines Teils seiner Mitglieder als Fernziel keine andere Möglichkeit, als ein Rahmengesetz in Erwägung zu ziehen.
Auch das ist ein entscheidender Grund für unsere Überlegungen.
Warum fordern wir diese gesetzliche Regelung? Weil sich herausgestellt hat, daß wir auf andere Weise nicht weitergekommen sind. Wir haben beispielsweise bereits in der Debatte um den ersten Unfallbericht hier in diesem Hohen Hause am 26. Januar 1966 eine gesetzliche Regelung gefordert. Der Herr Bundesarbeitsminister hat damals darauf hingewiesen, daß er beabsichtige, Richtlinien zu erlassen, damit man auf freiwilliger Basis in dieser Frage weiterkomme. Diese Richtlinien sind am 10. Juni 1966 erlassen worden. Wir haben nach dem Erlaß dieser Richtlinien zunächst abgewartet.
Im Herbst 1967 haben wir dann im Rahmen der Fragestunde nach neuen Zahlenergebnissen gefragt. Die Ergebnisse sind niederschmetternd. Vor Erlaß der Richtlinien hatten wir in der Bundesrepublik insgesamt 1320 haupt- und nebenberuflich tätige Werksärzte. Ende 1967, also eineinhalb Jahre nach Erlaß der Richtlinien, waren es nur noch 1282, also 38 Betriebsärzte weniger als vor Erlaß der Richtlinien. Das ist ein Rückschritt. Er ist insbesondere deshalb bedauerlich, weil wir feststellen mußten, daß Betriebe bei ungünstiger Konjunkturlage ausgerechnet beim betriebsärztlichen Dienst anfingen zu sparen. Daneben gibt es noch andere Zahlen, die das deutlich machen. Wir wissen beispielsweise, daß selbst im Jahre 1963 die Zahl der Betriebsärzte noch geringfügig höher war als heute.
Diese Situation kann und darf nicht so bleiben. Wir haben unseren Antrag eingereicht, um eine bessere arbeitsmedizinische Betreuung der Arbeitnehmer in den Betrieben zu erreichen. Wir sind uns selbstverständlich bewußt, daß das nicht von heute auf morgen geht. Aber wir meinen, daß wir auf jeden Fall einen ersten Schritt tun müssen.
Deshalb fordern wir die Vorlage eines Rahmengesetzes mit einem entsprechenden Stufenplan. Wir wollen, daß Betriebe mit über 2500 Beschäftigten oder mit besonderer Gesundheitsgefährdung sofort verpflichtet werden, einen hauptberuflichen Betriebsarzt einzustellen. Das dürfte kein schwieriges Problem sein. Denn heute schon sind alle Betriebe mit über 5000 Beschäftigten betriebsärztlich besetzt. Es liegen Zahlen vor, nach denen zwei Drittel der Betriebe zwischen 2- und 5000 Beschäftigten betriebsärztliche Dienste haben.
Zum zweiten wollen wir, daß stufenweise in zeitlichen Abständen dann auch Betriebe mit Beschäftigten zwischen 2500 und 500 verpflichtet werden, betriebsärztliche Dienste einzurichten, wobei wir uns auch bewußt sind, daß hier eine Parallelität mit dem Ausbau von Lehrstühlen und Instituten an den deutschen Universitäten und Hochschulen vorhanden sein muß. Ich kann in diesem Zusammenhang sagen, daß an den Universitäten in den letzten Jahren eine verbesserte Situation erkennbar geworden ist.
Wir wollen schließlich auch für kleinere Betriebe die Möglichkeit eröffnen, sich zu betriebsärztlichen Arbeitsgemeinschaften, sei es auf Branchenebene oder ortsnah, zusammenzuschließen, damit auch die Arbeitnehmer in diesen Betrieben die Chance erhalten, betriebsärztlich betreut zu werden.
Dr. Schmidt ({2})
Über den Aufgabenbereich, der dem Betriebsarzt als Rahmen zur Verfügung stehen soll, bestehen heute keine besonderen Differenzen mehr. Es geht aber darum, daß die Rechtsstellung der Betriebsärzte im Rahmen einer gesetzlichen Regelung entsprechend verankert werden muß, insbesondere daß die ärztliche Schweigepflicht gewahrt wird und daß die Betriebsärzte ihre arbeitsmedizinische Tätigkeit unabhängig vom Arbeitgeber ausüben können. Einzelheiten, meine sehr verehrten Damen und Herren, werden wir selbstverständlich gern in den Ausschüssen besprechen.
Wir haben die Bitte, daß dieser Antrag im Hinblick auf unsere Situation zügig beraten wird. Wir meinen, daß derjenige, dem es mit einer besseren gesundheitlichen Betreuung der Arbeitnehmer ernst ist und der an einer Verbesserung der ungünstigen deutschen Situation interessiert ist, unserem Antrag zustimmen muß, damit wir für unsere Arbeitnehmer in den Betrieben einen besseren Schutz ihrer Gesundheit erreichen.
({3})
Meine Damen und Herren, Sie haben die Begründung dieses Antrages gehört. Ich eröffne die Aussprache. Wird das Wort gewünscht? - Keine Wortmeldungen. Es ist Überweisung an den Ausschuß für Arbeit - federführend - und an die Ausschüsse für Gesundheitswesen und Sozialpolitik - mitberatend - vorgeschlagen - Kein Widerspruch. Es ist so beschlossen.
Punkt 14 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über technische Arbeitsmittel
- Drucksache V/834 Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit ({0})
- Drucksache V/2516 - Berichterstatter: Abgeordneter Stephan
({1})
Ich frage den Berichterstatter, ob er das Wort wünscht. - Das Wort hat der Herr Berichterstatter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Drucksache V/2516 enthält den Schriftlichen Bericht des Ausschusses für Arbeit zu dem Gesetzentwurf über technische Arbeitsmittel in der Drucksache V/834. Lassen Sie mich diesem Bericht noch einige wenige Bemerkungen für alle diejenigen anfügen, die sich mit der Materie noch nicht ausreichend vertraut gemacht haben oder, aus welchen Gründen auch immer, nicht vertraut machen konnten.
Das Ziel dieses Gesetzes ist, einen wirksameren Schutz als bisher gegen Gefahren für Leben oder Gesundheit bei der Verwendung technischer Arbeitsmittel sowie auch von Haushaltsgeräten und Spielzeug zu erreichen. Vielleicht darf ich als bekannt voraussetzen, daß bisher allein der Verwender bzw. der Arbeitgeber für die Unfallsicherheit der von ihnen verwendeten technischen Arbeitsmittel verantwortlich gemacht worden ist. Es ist aber seit langem bekannt, daß vor allem kleinere Unternehmer gar nicht mehr in der Lage sind, die von ihnen eingesetzten technischen Arbeitsmittel auf Unfallsicherheit kritisch zu beurteilen, ganz zu schweigen von den Haushaltsgeräten und gefährlichem Spielzeug. Die Ursache so zahlreicher Unfälle auf diesem Gebiet: In diesem Bereich gab es bisher kein den Gefahrenschutz regelndes Vorschriftensystem. Das vorliegende Gesetz soll also die noch bestehende Lücke schließen und nun schon dort einsetzen, wo technische Arbeitsmittel hergestellt oder auf den Markt gebracht werden.
Befürchtungen, daß bei der Durchführung dieses Gesetzes etwaige Handelshemmnisse entstehen könnten, werden vom Ausschuß nicht geteilt. Der Ausschuß ist im Gegenteil der Auffassung, es dürfe sogar erwartet werden, daß für deutsche technische Arbeitsmittel nach Inkrafttreten dieses Gesetzes und bei vernünftiger Anwendung des Gesetzes eine Werbewirkung eintreten wird.
Bedenken, der Gesetzentwurf stehe den Harmonisierungsbestrebungen der EWG auf dem Gebiet sicherheitstechnischer Vorschriften entgegen, dürften unseres Erachtens ebenfalls nicht bestehen. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf den neu eingefügten § 3 a, auf den ich gleich noch zu sprechen komme. Überdies hat die EWG-Kommission gegen den Gesetzentwurf, der ihr am 16. Mai 1966 von der Bundesregierung vorgelegt wurde, keine Einwendungen erhoben.
Der Ausschuß für Arbeit hat bei seinen Beratungen einige Vorschriften neu gefaßt, ohne jedoch die Konzeption des Gesetzes verändert zu haben. Lassen Sie mich auf einige dieser Änderungen hinweisen.
Es werden nunmehr in § 3 Abs. 1 bei den zu beachtenden Vorschriften neben den allgemein anerkannten Regeln der Technik auch die Arbeitsschutz- und Unfallvorschriften genannt.
Darüber hinaus wurde von der Fraktion der SPD beantragt, im Abs. 1 des § 3 hinter den Worten „Gefahren für Leben und Gesundheit" die Worte „einschließlich der Gefahren durch Lärm, Staubeinwirkung, Hitze, Erschütterungen und Überbeanspruchung hinzuzufügen. Durch diesen ergänzenden Text sollten Hersteller und Einführer besonders auf die zusätzlichen Gefahren hingewiesen werden, die sich bei ungenügender Beachtung bei der Herstellung oder Einführung technischer Arbeitsmittel auf diesem Gebiet für Benutzer oder Dritte daraus ergeben können.
In der Diskussion wurde besonderes Gewicht der Konstruktion solcher technischer Arbeitsmittel beigemessen, an denen weibliches Personal beschäftigt wird oder unvorhergesehen beschäftigt werden muß. Technische Arbeitsmittel, so wurde hervorgehoben, die die körperliche Leistungsfähigkeit des Menschen überbeanspruchen, werden für die Dauer zur Ursache schwerer gesundheitlicher Schäden.
Von der Mehrheit des Ausschusses wurde dem Antrag mit der Begründung widersprochen, man könne auf diese Einfügung verzichten, da ja der Begriff „Gefahren für Leben oder Gesundheit" diese Gefahrenmomente selbstverständlich einschließe. Eine Verständigung im Ausschuß erfolgte schließlich dadurch, daß zur Klarstellung des Begriffes hinter dem Wort „Gefahren" die Worte „aller Art" eingefügt wurden.
Neu aufgenommen wurde der § 3 a. Durch diesen § 3 a soll der Bundesminister für Arbeit im Einvernehmen mit dem Bundeswirtschaftsminister und mit Zustimmung des Bundesrates ermächtigt werden, die demnächst zu erwartenden EWG-Richtlinien, die technische Arbeitsmittel im Sinne dieses Gesetzes betreffen, in innerstaatliches Recht umzusetzen.
Im Abs. 2 des gleichen Paragraphen wird der Bundesminister ermächtigt, dort, wo für bestimmte technische Arbeitsmittel allgemein anerkannte Regeln der Technik noch nicht erstellt sind oder Arbeitsschutz- und Unfallverhütungsvorschriften noch nicht bestehen, auf dem Wege der Verordnung die an technische Arbeitsmittel zu stellenden sicherheitstechnischen Anforderungen festzusetzen.
Von der Fraktion der SPD wurde im Laufe der Beratungen ein Antrag eingebracht, zusätzlich einen § 3 b ins Gesetz aufzunehmen, der den Bundesminister für Arbeit ermächtigen sollte, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, daß technische Arbeitsmittel, die für Benutzer oder Dritte besondere Gefahren für Leben und Gesundheit mit sich bringen, nur in Verkehr gebracht oder aufgestellt werden dürfen, wenn sie nach einer Bauartprüfung durch die zuständige Behörde oder eine von ihr beauftragte Stelle zugelassen sind oder sie bei der zuständigen Behörde oder einer von ihr beauftragten Stelle zur Registrierung angezeigt und mit der zugeteilten Registriernummer versehen wurden. Dieser Antrag sah vor, den Bundesminister zu ermächtigen, entsprechende Vorschriften zu erlassen, wenn sich zwingende Notwendigkeiten dazu ergeben sollten. Der Antrag wurde von der Mehrheit des Ausschusses abgelehnt. Statt dessen war die Mehrheit des Ausschusses der Auffassung, der Bundesminister solle in angemessener Frist dem Bundestag berichten, ob nach erfolgter Prüfung zusätzliche gesetzliche Maßnahmen zur Intensivierung des Gefahrenschutzes notwendig seien. Einer entsprechenden Entschließung wurde einstimmig zugestimmt.
Die §§ 9 bis 11 des Entwurfs, die die Bußgeldvorschriften des Gesetzes enthalten, wurden gestrichen. Diese Streichung ist gerechtfertigt, da mit dem Inkrafttreten des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten entsprechende Vorschriften allgemein in Kraft treten.
Durch einen neuen § 13 a soll schließlich auch im Bereich der Energiewirtschaft klargestellt werden, daß für das Inverkehrbringen oder Ausstellen von technischen Arbeitsmitteln nur das Gesetz über technische Arbeitsmittel maßgebend sein soll. Der § 24 Abs. 3 Satz 2 der Gewerbeordnung wurde gestrichen. Lassen Sie mich zu § 13 a noch einige
Bemerkungen machen. Nach Abschluß der Beratungen im federführenden Ausschuß ist es zu Meinungsverschiedenheiten über die Geltung des Gesetzes im Bereich der Energiewirtschaft gekommen. Diese Meinungsverschiedenheiten sind aber durch interfraktionelle Verständigung über die Änderung des § 13 a inzwischen ausgeräumt worden. Ein diesbezüglicher Antrag liegt, soweit ich feststellen konnte, dem Hohen Hause bereits vor.
Nun zum Antrag des Ausschusses! Der Ausschuß für Arbeit bittet das Hohe Haus um folgenden Beschluß.
Der Bundestag wolle beschließen,
1. den Gesetzentwurf -- Drucksache V/834 - in der aus der nachstehenden Zusammenstellung ersichtlichen Fassung anzunehmen,
2. die Bundesregierung zu bitten, in angemessener Frist nach Inkrafttreten dieses Gesetzes zu prüfen und dem Bundestag zu berichten, ob verstärkte Maßnahmen des vorbeugenden Arbeitsschutzes für besonders gefährliche Maschinen in Betracht gezogen werden sollen,
3. die zu dem Gesetzentwurf eingegangenen Petitionen für erledigt zu erklären.
({0})
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Ich rufe in zweiter Lesung die §§ 1, - 2, - 3, -3 a - auf ; so weit liegen keine Änderungsanträge vor. Wird das Wort gewünscht? - Keine Wortmeldungen. Wer den aufgerufenen Paragraphen zuzustimmen wünscht, gebe bitte ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Die Bestimmungen sind angenommen.
Nun der Änderungsantrag Umdruck 363 ') der Fraktion der SPD bezüglich Einfügung eines § 3 b. - Das Wort zur Begründung hat der Herr Abgeordnete Zebisch.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen . und Herren! Die Fraktion der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands bittet um Ihre Zustimmung, das Gesetz über technische Arbeitsmittel um den § 3 b, der Ihnen in unserem Antrag vorliegt, zu erweitern. Der Vorschlag wurde im Ausschuß deshalb abgelehnt --
Einen Augenblick, Herr Abgeordneter! - Sprechen Sie frei?
Teilweise, Herr Präsident.
Sie müssen um Genehmigung nachsuchen.
Dann bitte ich um Genehmigung. *) Siehe Anlage 2
Die Genehmigung ist erteilt.
({0})
Herr Präsident, das ist für mich etwas erstaunlich. Vorhin haben wir von Herrn Minister Höcherl einen 31seitigen Bericht vorgelesen bekommen.
({0})
Herr Abgeordneter, einen Augenblick!
Herr Präsident, ich bitte um die Genehmigung - ({0})
Eine Sekunde, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich auch etwas sagen. Das ist eben der große Unterschied: Die Regierung hat in diesem Hause natürlich gewisse Sonderrechte. Die sind ihr von der Verfassung verbürgt. Deshalb kann das Haus dagegen nichts machen. Außerdem finde ich, daß die Einbringung eines Gesetzes es auch erlaubt, sich einer schriftlichen Vorlage zu bedienen. Das ist genau das gleiche wie z. B. vorhin bei dem Berichterstatter, der zu dieser Vorlage gesprochen hat. Auch der darf wörtlich ablesen. Nur wenn die Aussprache im Haus eröffnet ist, muß ich allerdings auf der Übereinkunft des Hauses bestehen, daß nämlich möglichst frei gesprochen wird.
({0})
So, und jetzt fahren Sie bitte fort!
Herr Präsident, recht herzlichen Dank! Ich bitte also einen Teil meiner Ausführungen verlesen zu dürfen.
Ja, bitte sehr! Zebisch ({0}) : Recht herzlichen Dank!
Ich muß zuerst darauf hinweisen, daß auch der Bundesrat eine Anregung im Sinne unseres Antrags gegeben hat. Deshalb könnten diejenigen, die auf eine Verabschiedung ohne diesen § 3 b drängen, eventuell das Gegenteil erreichen, weil es nicht völlig ausgeschlossen ist, daß der Bundesrat den Vermittlungsausschuß anrufen wird, wenn unser § 3 b diesem Gesetz nicht eingefügt wird.
Meine Damen und Herren, dem Gesetz fehlt eine Handhabe für ein wirksames Eingreifen der zuständigen Behörden in besonders schweren Fällen, die wir bei der Teilregistrierung und Zulassung im Auge haben. Um hier von vornherein Mißverständnisse auszuschalten, möchte ich feststellen, daß wir mit unserem Antrag keine generelle Zulassungs- erlaubt, mit Zustimmung des Bundesrates in besonders schweren Fällen eine Bauartprüfung oder eine Registrierung vorzuschreiben.
und Registrierpflicht wollen, sondern nur eine KannVorschrift, die es dem Bundesminister für Arbeit
Der Bundesminister für Arbeit hat bereits nach § 3 a der jetzigen Fassung des Entwurfs die Möglichkeit, Bauartprüfungen und Zulassungen vorzuschreiben und den Herstellern und Lieferern durch Rechtsverordnung Auflagen zu geben, sofern zwischenstaatliche Vereinbarungen das erfordern. Es ist nicht einzusehen, warum das, was im zwischenstaatlichen Bereich möglich ist, im innerstaatlichen Bereich verboten sein soll. Ich bin außerdem der Meinung, daß unser Vorschlag gut in das Konzept des Bundesarbeitsministers paßt. Ich erinnere an seine Rede am 16. November 1967 in Düsseldorf, wo er von den Ordnungsprinzipien gesprochen hat. Er hat damals drei Gruppen aufgestellt: einmal die überwachungsbedürftigen Anlagen, die in § 24 Abs. 3 der Gewerbeordnung aufgezählt sind und die als besonders gefährliche Anlagen bezeichnet werden. Die zweite Gruppe von Maßnahmen betrifft nach seinen Angaben die weniger gefährlichen Anlagen, die durch § 120 e der Gewerbeordnung erfaßt werden. Die dritte Gruppe mit niederem Gefahrengrad soll nach seinen Angaben im Maschinenschutzgesetz erfaßt werden.
Der Minister erkannte selber die Schwierigkeit dieses Verfahrens und betonte, daß es in Zukunft darauf ankomme, den Gefahrengrad der Anlagen und Arbeitsmittel richtig zu erkennen und einzuordnungen. Gerade darin aber wollen wir ihn mit unserem Antrag unterstützen. Durch die Gewerbeordnung sind nämlich keineswegs alle besonders gefährlichen Anlagen, speziell nicht technische Arbeitsmittel im Sinne dieses Gesetzes, erfaßt, sondern nur einzelne Anlagen und Bestimmungen zum Teil wörtlich aufgezählt. Es gibt aber - und ich werde gleich Beispiele nennen - noch eine Reihe von technischen Arbeitsmitteln, die besonders gefährlich sind, für die es aber keine Möglichkeit zum präventiven Eingriff gibt. Lassen Sie mich einige Beispiele aufzählen.
Die Berufsgenossenschaft Feinmechanik und Elektrotechnik hat in ihrem technischen Jahresbericht für 1965 303 Unfälle an Exzenterpressen eingehend untersucht. Dabei stellte sich heraus, daß 246 davon auf das Fehlen von Unfallverhütungseinrichtungen wie Mangel an vernünftig angebrachten Schutzgittern, falsch angebrachten Nachschlagsicherungen usw. zurückzuführen waren. Im selben Bericht bemerkte die Berufsgenossenschaft, daß die englischen gesetzlichen Vorschriften auf diesem Gebiet wesentlich strenger sind und dadurch auch weniger Unfälle vorkommen. Ebenso ist es beispielsweise mit den Bolzenwerkzeugen, von denen nach dem Bericht der Bauberufsgenossenschaften besondere Unfallgefahren ausgehen. Hier werden bereits auf freiwilliger Basis Bauartprüfungen und Registrierungen vorgenommen und auch Zeugnisse darüber ausgestellt. Der Arbeitsminister kann aber nicht von sich aus derartige Vorschriften geben!
Was ist schließlich der Hauptgrund für unseren Antrag?
Alarmierend ist die Entwicklung der Unfälle und der Unfallkosten. Wir hatten 1964 2,6 Millionen Unfälle, von denen 75 700 so schwer waren, daß eine Rente gezahlt werden mußte. Aber es geht hier nicht nur um Geld, sondern hier wurden Tausende von Menschen durch Unfälle betroffen. 4900 Unfälle waren tödlich. Das sind 13 Unfalltote pro Tag!
Sehen wir uns die Kosten dieser Unfälle an. Die Ausgaben der Unfallversicherung betrugen 1964 2,9 Milliarden DM. Außerdem sind im selben Jahr wegen Unfällen 385 Millionen Arbeitsstunden ausgefallen. Das entspricht wiederum dem Wert von ca. 2,8 Milliarden DM.
Nach dem Bericht des Deutschen Industrieinstituts beliefen sich die Ausgaben der gesetzlichen Unfallversicherung im Jahre 1965 auf 3,3 Milliarden DM, von denen 2,9 Milliarden DM an Versicherte und Hinterbliebene gezahlt werden mußten. Das Institut schreibt in seinem Bericht weiter, daß damit freilich nur ein Teil der Kosten erfaßt ist, die durch Arbeitsunfälle verursacht werden; darüber hinaus entstehen aber noch erhebliche andere Kosten.
Nach den Schätzungen des Instituts sollen z. B. im Jahre 1965 die deutschen Unternehmen 1,7 Milliarden DM aufgebracht haben, um ihre Beschäftigten vor Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten zu schützen. Doch damit nicht genug! Den Arbeitgebern entstehen darüber hinaus direkte und indirekte Kosten, die zwar oftmals schwer erfaßbar sind, aber dennoch nicht übersehen werden dürfen. Denken wir an die Verluste an Umsatz, an Ertrag, ferner die Kosten für Verringerung und Verhinderung von Leistungsausfall sowie die Kosten der Unfallsachbearbeitung, der betrieblichen Unfallstatistik und des Arbeitsschutzes; um nur einige der wichtigsten Kostenfaktoren aufzuzählen.
In den Jahren 1966 und 1967 sind diese Unfallzahlen, die nicht zuletzt auf schlechte Maschinen zurückzuführen waren, noch gestiegen.
In diesem Zusammenhang wollen wir auch den wirtschaftspolitischen Aspekt mit berücksichtigen. Einer sicherheitstechnischen Beurteilung komplizierter Arbeitsmittel steht, wie es bereits der Berichterstatter angesprochen hat, entgegen, daß nicht jeder kleine Handwerksbetrieb einen Sicherheitsingenieur führt.
Darf ich ganz kurz den außenwirtschaftlichen Bereich noch ansprechen. Es ist bei uns z. B. bekannt, daß Brasilien nur Maschinen importiert und exportiert, die den Sicherheits- und Schutzvorschriften des Internationalen Arbeitsamtes entsprechen. Der Verein Deutscher Maschinenbau-Anstalten stellt solche Zeugnisse aus, sofern der Hersteller glaubhaft machen kann, daß seine Erzeugnisse sicherheitstechnisch einwandfrei sind. Wir haben ebenfalls erfahren, daß deutsche Firmen durch Klauseln in Exportverträgen oftmals gezwungen werden, die Schutzgütebestimmungen der Arbeitsschutzverordnung der Sowjetzone vom 20. Juli 1966 zu berücksichtigen.
Lassen Sie mich zur Registrierung und Zulassung besonders gefährlicher Arbeitsmittel noch einige
Sätze sagen. In der Berufsgenossenschaft werden bereits auf freiwilliger Basis Registrierungen durchgeführt. Bei den Beratungen zu diesem Gesetz, nicht zuletzt bei der Sachverständigenanhörung, wurde immer wieder betont, daß man nicht die Mehrzahl von Unternehmen treffen will, die ohnehin schon seit langem freiwillig unter finanziellen Opfern sicherheitsbewußt konstruieren, produzieren und liefern, sondern Außenseiter, die aus irgendwelchen Gründen schnell ins Geschäft kommen wollen.
Ich darf zusammenfassen. Nochmals: Die von uns beantragte zusätzliche Vorschrift des § 3 b im Gesetz über technische Arbeitsmittel soll keine generelle Registrierungs- und Zulassungspflicht begründen, sondern ist eine Kann-Vorschrift. Der Minister kann von dieser Vorschrift Gebrauch machen. Sinn dieses Gesetzes über technische Arbeitsmittel kann nur sein, festzulegen, daß dem Willen nach höherem Umsatz und Gewinn die Forderung nach bestmöglicher Sicherheit vorangestellt werden muß.
In diesem Sinne bitte ich um die Zustimmung zu dem von meiner Fraktion beantragten § 3 b.
({1})
Ich mache darauf aufmerksam, daß wir bei der Behandlung des Umdrucks 363 sind.
Das Wort dazu hat der Herr Abgeordnete Franzen.
Herr Präsident, um es kurz zu machen, habe ich ein Manuskript ausgearbeitet.
Was? Ein ausgearbeitetes Manuskript? Herr Kollege!
Um es kurz zu machen.
Aber, Herr Kollege Franzen, Sie sind doch ein altangesehenes Mitglied dieses Hauses. Wozu brauchen Sie überhaupt ein Manuskript?
({0})
Meine sehr verehrten Damen und Herren, zunächst zu der Bemerkung des Kollegen Zebisch, der Bundesrat lege Wert darauf, daß ein § 3 b in dieses Gesetz eingefügt wird, der die Typenprüfung und die Registrierungspflicht vorschreibt. Das ist uns nicht bekannt.
({0})
Ich möchte dazu mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten aus dem Protokoll der Sitzung vom 18. Januar folgendes vorlesen:
MinDirig. Dr. Boisserée ({1}) weist -- unterstützt von MinDirig. Dr. Dantscher ({2}) darauf hin, daß der Bundesrat nicht formell zu diesem Problem Stellung genommen habe. Grundsätzlich würde er zwar eine Registrierungspflicht begrüßen, halte es aber auf jeden
Full für unerwünscht, diese Aufgabe der technischen Gewerbeaufsicht zu übertragen. Der SPD-Antrag unterscheide zwischen einer Typenzulassung und der Registrierungspflicht; ersteres würde auf jeden Fall in den Verantwortungsbereich der Gewerbeaufsicht fallen, die personell auf Jahre hinaus nicht in der Lage sei, die Verantwortung hierfür zu tragen.
({3})
Meine sehr verehrten Damen und Herren, im Namen meiner Fraktion, der CDU/CSU-Fraktion, bitte ich Sie, den Antrag der SPD-Fraktion auf Umdruck 363 abzulehnen. Die SPD-Fraktion will eine besondere Registrierungspflicht für gefährliche Maschinen einführen. Die Registrierpflicht könnte doch nur den Sinn haben, daß die Herkunft eines fehlerhaften Gerätes ermittelt werden kann. Genau das wird mit der im Maschinenschutzgesetz vorgesehenen Auskunftspflicht der Händler gegenüber den Gewerbeaufsichtsbeamten vorgesehen. Wenn der Gewerbeaufsichtsbeamte ein fehlerhaftes Gerät feststellt, kann er beim Händler unschwer den Hersteller des Geräts erfragen. Das kann vielleicht etwas länger dauern, als wenn er die Registrierstelle ermitteln oder anschreiben würde. Einen kostspieligen Verwaltungsapparat einzusetzen, nur um diesen Zeitverlust zu vermeiden, halten wir von der CDU/ CSU nicht für vertretbar, Denn über eines müssen wir uns klar sein: Die Einführung einer Registrierpflicht setzt die Schaffung eines besonderen Verwaltungsapparats voraus, der die Unzahl der auf den Markt gebrachten Geräte - es sind etwa 180 000 im Jahr registrieren und verwalten kann. Ich glaube, wir können davon ausgehen, daß schon heute auf sehr vielen Geräten ein Herstellerzeichen angebracht ist, das den Hersteller erkennen läßt. Wir können auch davon ausgehen, daß die weit überwiegende Zahl der insgesamt 180 000 Geräte, die jährlich neu auf den Markt gebracht werden, sicherheitstechnisch in Ordnung ist. Es kann sich also nur um eine verhältnismäßig kleine Zahl von Geräten handeln, bei denen ein Bedürfnis besteht, den Hersteller zu ermitteln. Wenn das aber mit einfachen Mitteln erreicht werden kann, sollte man dazu keinen großen Verwaltungsapparat ins Leben rufen.
Wir sind aber auch aus einem weiteren Grunde gegen die Registrierpflicht, auch wenn sie sich nach dem Vorschlag der SPD-Fraktion nur auf besonders gefährliche Geräte, die in einer Verordnung des Bundesarbeitsministers als solche bezeichnet werden, bezöge. Wenn es zu einer solchen Registrierung käme, müßte auf dem Gerät ein Stempel oder eine Plakette angebracht sein, auf der die Registriernummer und natürlich auch die amtliche Stelle, die die Registrierung vorgenommen hat, vermerkt sein müssen. Es liegt auf der Hand, daß eine solche amtliche Registriernummer bei den Kunden den Eindruck erwecken müßte, als sei mit der Angabe dieser Registriernummer auch eine amtliche Prüfung und die Billigung der sicherheitstechnischen Vorkehrungen verbunden. Der Verbraucher würde also dazu verführt, sich auf eine amtliche Bestätigung der Sicherheit des Gerätes zu verlassen, die in Wirklichkeit gar nicht gegeben ist und auch gar nicht gegeben sein kann. Es kann sich meines Erachtens keine Fraktion dieses Hauses erlauben, sich dafür einzusetzen, daß ein so großer Apparat aufgezogen wird, wie er für die Prüfung all dieser Geräte notwendig wäre.
Die SPD-Fraktion schlägt weiter vor, eine Bauartzulassng für besonders gefährliche Geräte auf Grund einer Verordnung des Bundesarbeitsministers einzuführen. Ich bedauere feststellen zu müssen, daß auch dieser Vorschlag nicht unsere Zustimmung finden kann, weil er nicht nur nicht in das Konzept des Maschinenschutzgesetzes paßt, sondern weil er uns auch einfach nicht praktikabel erscheint.
Ich will gerne begründen, warum mir dieser Typenzulassungszwang nicht in das Konzept des Maschinenschutzgesetzes zu passen scheint. Das Gesetz überträgt die Verantwortung für die Sicherheit der Maschinen auf den Hersteller oder Importeur. Wir sind der Meinung, daß das nicht nur scheinbar so sein, sondern daß der Hersteller oder Importeur wirklich die Verantwortung tragen sollte. Wir sollten ihm diese Verantwortung auch nicht durch eine vorweggenommene Typenprüfung von Staats wegen abnehmen. Wenn wir schon so viel von Eigenverantwortung der Wirtschaft sprechen und dies für einen guten Grundsatz halten, dann bitte aber auch mit allen Konsequenzen, auch mit der Konsequenz, daß der Hersteller riskiert, eine angelaufene Serienproduktion unter Umständen abstoppen zu müssen, wenn er bei dieser Produktion nicht die erforderliche Sorgfalt hat walten lassen! Wir glauben aber auch, daß die Bauart- oder Typenprüfung nicht praktikabel ist. Sie würde bedeuten, daß der Hersteller einer solchen Maschine, die - bei allem guten Willen des Bundesarbeitsministers - mehr oder weniger zufällig in der Verordnung als „gefährliche Maschine" deklariert worden ist, mit erheblichem Nachteil rechnen müßte. Je nach dem Anfall solcher gefährlichen Maschinen nähme die Typenprüfung so viel Zeit in Anspruch, daß mit erheblichen Produktionsverzögerungen zu rechnen wäre. Ich meine, daß wir uns das auch aus Gründen des internationalen Wettbewerbs einfach nicht leisten können.
({4})
Wäre für diese gefährlichen Maschinen und Geräte eine Bauartprüfung notwendig, dann sollte dies außerhalb des Maschinenschutzgesetzes geregelt werden, wie das z. B. bei den überwachungsbedüftigen Anlagen geschehen ist.
({5})
Einen Augenblick, Herr Kollege. Ich habe den Eindruck, daß wir hier einen Fachmann hören. Aber ich wäre doch dankbar, meine Herren, wenn wir uns in diesen zweiten Lesungen etwas kürzer fassen könnten und wenn möglichst frei gesprochen würde.
({0}) Bitte, fahren Sie fort!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Maschinenschutzgesetz, das
ohne Einschränkung den gewaltigen Bereich aller technischen Arbeitsmittel vom einfachen Spielzeug über die Haushaltsgeräte bis zu komplizierten Krananlagen umfaßt, sollte eine Differenzierung dieser Art nicht enthalten. Außerdem ist wohl jedem von uns klar, daß zur Durchführung einer solchen Rechtsverordnung eine erhebliche Verstärkung der bestehenden Prüfinstitutionen notwendig wäre. Ich kann nur fragen: Wer soll das bezahlen? Aber selbst wenn wir es bezahlen könnten, wäre immer noch die Frage offen, ob wir dafür die notwendige Zahl von geeigneten Prüfingenieuren zur Verfügung hätten.
Daher bitte ich Sie, den Antrag der SPD abzulehnen, weil er sachlich nicht gerechtfertigt ist, weil er Behörden und Verwaltung ungebührlich belasten würde; ferner aus wirtschaftlichen Gründen, weil eine Registrierpflicht und eine Typenprüfung zwangsläufig Kosten und Gebühren verursachen würden.
({0})
Das Wort hat Herr Abgeordnete Schmidt ({0}).
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte zunächst, frei sprechen zu dürfen.
({0})
Einen Augenblick, Herr Kollege Schmidt. Wir wollen es auch nicht übertreiben. Frei sprechen sollen Sie. Da brauchen Sie gar keine Genehmigung.
({0})
Ich möchte für die Freien Demokraten nur einige Bemerkungen anfügen, vor allem zu dem, was Herr Kollege Zebisch sagte. Herr Kollege Zebisch, wenn bei Annahme Ihres Antrages, wie Sie darstellen, Milliardenkosten, die durch Betriebsunfälle entstehen, nicht mehr entstünden, würde dieses Hohe Haus diesem Antrag sofort zustimmen.
({0})
Aber, Kollege Zebisch, so ist es doch nicht. So kann man die Dinge doch nicht darstellen. Es käme lediglich zu einer Perfektionierung von Kann-Vorschriften und allem möglichen mit Registrierpflicht, mit Kosten. Herr Kollege Franzen hat all die Dinge bereits angeschnitten. Deshalb war die Mehrheit des Ausschusses der Meinung, daß wir diesem Antrag der SPD nicht zustimmen sollten. Mit unserem Entschließungsantrag geben wir der Bundesregierung den Auftrag, nach einiger Zeit über die Erfahrungen mit diesem Gesetz zu berichten und daraus eventuell Schlüsse zu ziehen, was noch zu machen ist.
Noch eins, Herr Kollege Zebisch. Uns schreckt auch nicht der Einspruch des Bundesrats. Das Hohe Haus hat in dieser Woche eindeutig bewiesen, daß es bereit ist, über Einsprüche des Bundesrats hinwegzugehen. Wir sind der Meinung, daß wir das auch diesmal tun sollten.
Wir lehnen den Antrag der SPD ab.
({1})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Folger.
Herr Präsident! Meine Damen und und Herren! Herr Kollege Franzen hat vorhin aus dem Ausschußprotokoll Ausführungen von Ministerialdirigent Dr. Boisserée von Nordrhein-Westfalen zitiert. Gegen die Wiedergabe hat Herr Dr. Boisserée Einspruch beim Ausschuß eingelegt, weil sie nicht richtig ist. Er hat nicht in diesem Sinne gesprochen. Die Mitglieder der SPD-Fraktion des Ausschusses haben deshalb auch eine Berichtigung des Protokolls verlangt. Ich finde es unverständlich vom Herrn Kollegen Franzen, daß er solche bestrittenen Ausführungen hier als richtig unterstellt. Herr Dr. Boisserée hat dem Sinne nach gesagt, daß sich die Belastung der Gewerbeaufsichtsämter nicht absehen läßt, weil der SPD-Antrag ja keine zwingende Zulassungs- und Registrierungspflicht vorsieht, sondern nur eine Kann-Vorschrift, und weil, solange man nicht weiß, in welchem Ausmaß der Herr Bundesarbeitsminister von der Kann-Vorschrift Gebrauch macht, man auch nicht absehen kann, wie die Gewerbeaufsichtsämter in Zukunft belastet werden.
({0})
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Frage des Protokolls hat hier in dieser Debatte eine Rolle gespielt. Ich darf dazu folgendes sagen.
Das, was Herr Abgeordneter Franzen hier aus dem Protokoll verlesen hat, ist das ursprüngliche Protokoll des Ausschusses für Arbeit. Dann hat Herr Ministerialdirigent Dr. Boisserée von Nordrhein-Westfalen an den Ausschußsekretär einen Brief geschrieben, in dem er seine Ausführungen vervollständigt hat. Wir haben im Ausschuß auf Antrag des Kollegen Zebisch von der SPD-Fraktion darüber gesprochen. Der Ausschuß hat beschlossen, den Brief des Herrn Boisserée zu den Anlagen des nächsten Protokolls zu nehmen, es im übrigen aber bei dem ursprünglichen Protokoll zu belassen.
Ich habe den Eindruck, daß es hier lediglich um die Frage ging, daß Herr Kollege Zebisch gesagt hat, der Bundesrat würde Einspruch einlegen. Ich muß hierbei feststellen, daß der Bundesrat im ersten Durchgang zu dem von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf zu diesem Problem nicht Stellung genommen hat. Wenn es also jetzt auch nicht in dieses Gesetz aufgenommen wird, dann besteht nach meiner Auffassung für den Bundesrat auch keine Möglichkeit, zu einem ursprünglich nicht im Gesetz stehenden, von ihm im ersten Durchgang nicht behandelten Punkt Einspruch einzulegen.
({0})
Meine Damen und Herren, ich lasse abstimmen über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD, Umdruck 363.
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
Wer zuzustimmen wünscht, gebe bitte ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Also einstweilen noch keine Einigung im Vorstand. Ich muß bitten, aufzustehen. Wer dem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Keine Enthaltungen. Der Änderungsantrag der Fraktion der SPD, Umdruck 363, ist abgelehnt.
Ich rufe auf die §§ 4, - 5, - 6, - 7, - 8, 12
- - und 13. - Soweit liegen Änderungsanträge nicht vor. Wird dazu das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer zuzustimmen wünscht, gebe bitte ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? Diese Paragraphen sind angenommen.
Die Damen und Herren, die jetzt den Saal verlassen, mache ich darauf aufmerksam, daß die Präsenzliste erst eine halbe Stunde nach Beendigung des Plenums aufgelegt wird.
({0})
Dabei war ich heute eigentlich ganz stolz darauf,
wie das Haus am Freitag um 12.25 Uhr besetzt ist.
Jetzt geht es weiter. Es kommt der Änderungsantrag zu dem § 13 a; das ist ein interfraktioneller Antrag. Ich frage den Herrn Berichterstatter, ob er dazu das Wort wünscht.
({1})
Der Änderungsantrag sieht nur einen Absatz vor. Soll der Abs. 2 des § 13 a bestehenbleiben?
({2})
- Der ganze § 13 a in der Vorlage soll also durch die Fassung des Änderungsantrags Umdruck 362 *) ersetzt werden. Wird der Änderungsantrag begründet? - Bitte, Herr Burgbacher!
Nur einen Satz dazu, damit alle wissen, was gemeint ist. Dieser interfraktionelle Antrag sieht vor, daß die Energieversorgungsunternehmen vom Maschinenschutzgesetz befreit werden. Die Energieverbrauchsgeräte bleiben im Maschinenschutzgesetz drin. Der Grund ist der, daß die Energieversorgungsunternehmen unter einem eigenen Bundesgesetz, nämlich dem Energiewirtschaftsgesetz, stehen.
Wird dazu das Wort gewünscht? Das ist nicht der Fall. Wer dem Änderungsantrag Umdruck 362 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag ist einstimmig angenommen.
Ich rufe die §§ 14 und 15 sowie Einleitung und Überschrift auf. - Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
*) Siehe Anlage 3 Wir kommen zur
dritten Lesung.
Das Wort in der allgemeinen Aussprache hat der
Herr Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte den Reformern des Bundestages eine Chance geben und auf eine mündliche Erklärung verzichten. Ich darf die Erklärung zu Protokoll geben. *)
In dieser Stunde möchte ich dem Ausschuß ein sehr herzliches Wort des Dankes für die zügige Beratung dieses Gesetzentwurfs und dafür sagen, daß der Entwurf, worauf der Berichterstatter schon hingewiesen hat, in wesentlichen Punkten verbessert worden ist, aber seine Konzeption erhalten geblieben ist. Dafür bin ich sehr dankbar.
Im übrigen haben wir bei der ersten Lesung und auch jetzt die Grundsätze dieses Gesetzentwurfs so klar und deutlich ausgedrückt, daß ich darauf verzichten möchte, hier etwas zu wiederholen, was schon gesagt worden ist. Ich möchte es dabei bewenden lassen, mich bei Ihnen sehr herzlich für die Beratung dieses Gesetzentwurfs zu bedanken.
({0})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Freiwald.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Namen der Fraktion der CDU/CSU darf ich die Zustimmung dieser Fraktion zu dem Gesetz über technische Arbeitsmittel mit einer kurzen Erklärung verbinden.
Meine Fraktion begrüßt diesen Gesetzentwurf. Sie erwartet von ihm eine weitere Verbesserung des Schutzes unserer Mitbürger vor den Gefahren der modernen Technik. Wir wissen aus den Unfallverhütungsberichten, daß auf diesem Gebiet viel geleistet wird. Aber wir sind uns ebenso klar darüber, daß noch mehr zu leisten ist. Wir erwarten, daß mit diesem Gesetz eine erkennbare Lücke geschlossen wird, die bisher im Unfallschutz bestanden hat.
Wir halten es für notwendig, daß die Verantwortung für die Produktion von unfallsicheren Maschinen dem Hersteller, gegebenenfalls dem Importeur auferlegt wird. Wenn diese Verantwortung nach den bisherigen Rechtsverhältnissen ausschließlich bei dem Verwender, d. h. praktisch beim Arbeitgeber lag, der die entsprechenden Schutzeinrichtungen herzustellen hat, so erscheint uns das zu einseitig und zu begrenzt. Der Produzent der technischen Arbeitsmittel ist wesentlich leichter in der Lage, schon bei der Konstruktion der Maschine die entsprechenden Sicherheitsplanungen vorzunehmen. Ihm muß daher auch die Verantwortung für die Sicherheit übertragen werden.
*) Siehe Anlage 4
Für unsere Handwerksbetriebe und für die kleineren mittelständischen Unternehmen, die sich keinen eigenen Sicherheitsingenieur leisten können, bedeutet das eine wesentliche Erleichterung.
Die gleiche Verantwortung muß aber auch den Hersteller und den Einführer von Haushaltsgeräten, Bastelwerkzeugen, Spielwaren und Sportgeräten treffen. Diese Gegenstände sind bekanntlich bisher durch keine Schutzvorschriften abgesichert. Wir wissen aber gerade aus den Schätzungen der Aktion „Das sichere Haus", daß im letzten Jahr allein über 9000 Unfälle in Haushaltungen passiert sind. Dieser Tatbestand ist bereits Begründung genug für dieses Gesetz.
Was die gesetzgeberische Lösung des Problems betrifft, so glauben wir, daß der eingeschlagene Weg richtig ist. Der Gesetzgeber steht hier zweifellos vor einer gewissen Konfliktsituation. Er könnte mit der Gesetzgebung sehr stark in das Wirtschaftsleben eingreifen aus der Erkenntnis heraus, daß nun einmal jede Maschine und überhaupt jede technische Einrichtung Gefahren mit sich bringt. Wenn er aber jegliche Gefahr dieser Art restlos ausschalten würde, müßte er auf der anderen Seite von vornherein auf den Fortschritt und auf neue technische Errungenschaften verzichten, die doch gerade ihrerseits das Leben in unserer Arbeitswelt und auch in unserer Freizeit so entscheidend erleichtern. Ein solches Verfahren kann sich zweifellos keine Nation, insbesondere keine Industrienation, leisten, die im harten internationalen Wettbewerb steht.
Wir halten es daher durchaus für richtig, daß der Gesetzentwurf die allgemein anerkannten Regeln der Technik zur Richtschnur macht und auch die Arbeitsschutz- und Unfallverhütungsvorschriften ausdrücklich einbezieht. Der Gesetzgeber läßt aber gleichzeitig Abweichungsmöglichkeiten zu - und das ist ein wichtiger und für die Praxis entscheidender Punkt -, wenn der Konstrukteur bessere Lösungen anzubieten hat und dabei die gleiche Sicherheit gewährleistet wie die herkömmlichen Verfahren. Gerade diese Vorschrift halten wir für notwendig, zweckmäßig, modern und fortschrittlich.
Wir halten sie allein schon deshalb für notwendig, weil die technischen Normenwerke und die Unfallverhütungsvorschriften mit der schnellen technischen Entwicklung nicht voll Schritt halten können, obgleich sich unzählige ehren- und hauptamtliche Mitarbeiter in den verschiedenen Selbstverwaltungsorganen um diesen Gleichschritt und diesen Anpassungsprozeß bemühen. Wir haben all diesen Mitarbeitern für ihre Arbeit zu danken und sie aufzurufen, diese wichtige Aufgabe auch in Zukunft mit ganzer Kraft und mit der gleichen Hingabe zu erfüllen. Manche dieser Aufgaben werden allerdings zweifellos jetzt verstärkt auf die höhere Ebene, auf die EWG, übertragen, eine Entwicklung, der in § 3 a des Gesetzes bereits Rechnung getragen ist.
Wir sind der Meinung, daß mit dieser Konzeption ein Optimum an Gefahrenschutz erreicht wird, ohne daß es einschneidender Maßnahmen bedarf, die unser wirtschaftliches Leben allzusehr einengen könnten. Wir haben uns bereits über einen allgemeinen Typenzulassungszwang unterhalten und festgestellt, daß er bei der Vielzahl der auf den Markt gebrachten Erzeugnisse praktisch nicht zu realisieren wäre.
Wir erwarten auch nichts von der wiederholt geforderten allgemeinen Registrierpflicht all dieser Erzeugnisse. Sie kann nicht mehr erreichen, als daß der Hersteller eines Geräts schnell ermittelt wird. Aber auch dies ist über die Auskunftspflicht im Maschinenschutzgesetz jetzt gesichert. Wir würden also lediglich einen ungeheuren Verwaltungsaufwand benötigen und bezahlen müssen, der sich für diesen geringen Vorteil nicht lohnt.
Vor allem aber müssen wir fürchten, daß eine Registrierpflicht erhebliche Verzögerungen in der Produktion unserer Betriebe auslöst, die für uns im internationalen Wettbewerb einfach nicht tragbar wären. Sie könnte auch zu dem ungewollten, aber um so gefährlicheren Ergebnis führen, daß die registrierte Maschine in den Augen des Käufers mit einem Schein der amtlichen Billigung versehen wäre, obgleich in Wirklichkeit durch eine bloße Registrierung eine solche Sicherheitbestätigung nicht gegeben ist.
Ich darf zusammenfassen. Wir sind der Meinung, daß das Gesetz in gut durchdachter Form die Erfordernisse der Sicherheit des einzelnen mit der Notwendigkeit der Freiheit der Technik und mit der Notwendigkeit der Freiheit zum Fortschritt, der wiederum der Allgemeinheit zugute kommt, verbindet.
Selbstverständlich wird auch dieses Maschinenschutzgesetz nicht alle technisch bedingten Unfälle in Betrieben oder Haushalten beseitigen können. Auch die Möglichkeit des menschlichen Versagens läßt sich selbst durch das perfektionierteste Gesetz nicht ausschalten. Das Gesetz wird aber dazu beitragen, daß die Unfallgefahr, soweit sie auf technische Mängel zurückzuführen ist, weiter eingedämmt wird. Damit wird eine größere Sicherheit für unsere Mitbürger im Arbeitsleben, im Haushalt, aber auch in der Freizeit gewährleistet.
Deswegen stimmt die Fraktion der CDU/CSU dem Gesetz zu.
({0})
Meine Damen und Herren, ich bin in einer schwierigen Lage. Ich wollte eigentlich dem Herrn Kollegen Dr. Freiwald zur Jungfernrede gratulieren. So kann ich ihm nur zur „Jungfernerklärung" gratulieren. Daß sie ihrer Natur nach ein bißchen genauer formuliert wird, verstehe ich. Aber, Herr Kollege Freiwald, beim nächstenmal: frische freie Jungfernrede, unabhängig, ohne Papier.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Stephan.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine Fraktion hat im Oktober 1966 die Vorlage des Gesetzentwurfs über technische Arbeitsmittel dankbar begrüßt. Damit
wurde eine alte Forderung derjenigen erfüllt, die das Fehlen eines solchen Gesetzes jahrzehntelang beklagt und bedauert haben. Wir haben aber auch damals niemand im unklaren darüber gelassen, daß wir nur an einem Gesetz interessiert sein können, das den Erwartungen entspricht, die in ein solches Gesetz gesetzt werden. Ferner waren wir der Auffassung, daß dem Arbeitsschutz- und Sicherheitsgedanken kein guter Dienst erwiesen würde, wenn dieses Gesetz nur etwa zur Anreicherung der Gesetzessammlung dienen würde, ohne daß es sich in der Praxis bewährt. Bewähren kann sich das Gesetz aber nur, wenn es so gestaltet ist, daß eine Umgehung weitestgehend ausgeschlossen ist.
Es ist uns sehr wohl bekannt, daß ein großer Teil der Industrie, die technische Arbeitsmittel herstellt, bereit und bemüht ist, dem vorbereitenden Gefahrenschutz bei der Herstellung technischer Arbeitsmittel Rechnung zu tragen. Für diesen Kreis hätte es wahrscheinlich einer gesetzlichen Nachhilfe nicht mehr bedurft. Wir wissen aber auch, daß es immer noch Hersteller und Einführer gibt, die sich dieser Notwendigkeit zu entziehen versuchen. Weil wir das wissen, haben wir in der ersten Lesung des Gesetzentwurfs auf die noch bestehenden Mängel hingewiesen und uns während der Ausschußberatungen bemüht, die vorhandenen Lücken zu schließen.
Es soll anerkannt werden, daß der Ausschuß für Arbeit in einer Anzahl von Punkten wesentliche Verbesserungen beschlossen hat. So werden beispielsweise - um nur einiges zu nennen vom § 1 nicht nur, wie im Entwurf vorgesehen, die in Serien hergestellten technischen Arbeitsmittel erfaßt, sondern es werden auch die bisher im Entwurf ausgenommenen Einzelstücke in den Geltungsbereich des Gesetzes einbezogen. Damit ist unseres Erachtens eine nicht unwesentliche Lücke dieses Gesetzes geschlossen worden.
Eine weitere sehr beachtliche Verbesserung scheint uns in der Aufnahme der Arbeitsschutz- und Unfallverhütungsvorschriften --- neben den nach unseren Vorstellungen noch unzulänglichen allgemein anerkannten Regeln der Technik - im § 3 zu liegen. Einem Anliegen meiner Fraktion im Ausschuß, den § 3 weiter dadurch zu verbessern und zu ergänzen, daß die Tatbestandsmerkmale wie Lärm, Staubeinwirkung, Hitze, Erschütterungen und Überbeanspruchung in den Gesetzestext eingefügt werden, hat die Mehrheit des Ausschusses leider widersprochen. Ob der dafür gefundene Kompromiß, hinter dem Wort „Gefahren" die Worte „aller Art" einzufügen, der großen Bedeutung unseres Anliegens gerecht werden wird, werden nun die Erfahrungen, die wir mit diesem Gesetz machen werden, beweisen müssen.
Wir sind ferner im Zweifel, ob ohne besondere Hinweise im Gesetz die Hersteller oder Einführer bei der Konstruktion oder Einführung technischer Arbeitsmittel gebührende Rücksicht auf die unterschiedliche körperliche Beschaffenheit von Mann und Frau zu nehmen bereit sein werden. Meine Fraktion hat daher starke Zweifel, ob die angestrebte und erhoffte Wirksamkeit des Gesetzes bei seiner jetzigen Fassung eintritt.
Wir waren und sind daher der Meinung, daß ohne die Einführung eines Registrierverfahrens, wenn man von einem generellen Zulassungsverfahren einmal ganz absieht, die gewünschte Wirkung nicht erreicht werden wird. Trotzdem haben wir auf eine solche generelle Einfügung der Registrierpflicht im Gesetz verzichtet und haben dem immer wieder vorgebrachten Einwand, eine generelle Registrierpflicht würde einen kaum zu schaffenden Verwaltungsapparat notwendig machen, Rechnung getragen. Statt dessen haben wir durch einen entsprechenden Antrag im Ausschuß den Herrn Bundesminister für Arbeit ermächtigen wollen, in besonderen Fällen durch Rechtsverordnung Zulassung oder Registrierpflicht anzuordnen, wenn sich zwingende Notwendigkeiten dafür ergeben sollten. Die Mehrheit des Ausschusses hat diesen Antrag abgelehnt. Dieser Antrag ist heute hier noch einmal gestellt und begründet worden. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir bedauern, daß auch dieser Antrag wieder abgelehnt worden ist. Ob damit den Bemühungen, aus dem vorliegenden Gesetz ein wirksames Instrument zur Bekämpfung von Unfällen zu machen, ein guter Dienst erwiesen wurde, wird die Zukunft zu beweisen haben.
Meine Damen und Herren! Der Sprecher der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion hat während der ersten Lesung des Gesetzentwurfs in seinen Schlußbemerkungen folgendes erklärt:
Meine Fraktion wird daher bemüht sein, nach besten Kräften an dem Zustandekommen eines wirklich guten Gesetzes mitzuwirken und mitzuarbeiten.
Ich stelle heute fest, an Bemühungen dazu hat es nicht gefehlt. Der Erfolg befriedigt uns nicht. Obwohl wir mit dem Ergebnis unserer Bemühungen nicht zufrieden sein können, werden wir dem Gesetz unsere Zustimmung nicht versagen.
({0})
Herr Abgeordneter Schmidt ({0}) !
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aller guten Dinge sind drei. Bei einem einstimmig verabschiedeten Gesetz müssen drei Erklärungen abgegeben werden. Ich erkläre namens der FDP-Fraktion, daß wir dem Gesetzentwurf ebenfalls zustimmen. Daß wir unsere Zustimmung nicht noch einmal zu begründen brauchen, brauche ich nicht zu unterstreichen. Der Herr Kollege Freiwald hat alle Positiva, die wir ebenfalls unterstützen, herausgestellt. Herr Kollege Stephan hat einige Bedenken geäußert. Wir werden in Zukunft wieder über diese Dinge reden müssen, wenn der Bericht der Bundesregierung vorliegt.
Wir stimmen dem Gesetzentwurf besonders deshalb gern zu - vielleicht hat das auch zu der einstimmigen Verabschiedung in zweiter und dann wohl auch in dritter Lesung beigetragen -, weil dieser Gesetzentwurf noch in der Koalition, die bis zum Herbst 1966 bestand, geboren wurde. Allmählich bekommt man den Eindruck, daß die Gesetzentwürfe,
Schmidt ({0})
die damals geboren wurden, am ehesten die Einstimmigkeit dieses Hauses erreichen.
({1})
Meine Damen und Herren! Keine weiteren Wortmeldungen. Die allgemeine Aussprache ist damit geschlossen. Wer dem Gesetzentwurf in der in der zweiten Lesung beschlossenen Fassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ja, Herr Abgeordneter Schmidt ({0}), so kann ich überhaupt nicht abstimmen. Ich habe gerade von Ihnen gehört, daß Sie zustimmen wollen. Aber jetzt bei der Abstimmung, beim Dagegenstimmen, stehen Sie. Das ist doch nicht in Ihrem Sinn. Ich bitte sich einstweilen zu setzen. Keine Enthaltungen. Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung einstimmig angenommen worden.
Wer den Anträgen des Ausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Angenommen.
Punkt 15 der Tagesordnung:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Wieninger, Burgemeister, Schlager, Stücklen und Genossen
betr. Förderung mittelständischer Gewerbetreibender
- Drucksache V/2489 Ich frage, ob zur Begründung dieses Antrages das Wort gewünscht wird. - Das Wort hat der Herr Abgeordnete Schlager.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich weiß, daß angesichts der fortgeschrittenen Stunde in der Kürze sicherlich die Würze liegt. Ich darf daher den Antrag mit einigen wenigen Worten begründen. Wir haben zwei Ziele, die wir mit diesem Antrag verfolgen. Vor allem streben wir in Anlehnung an ausländische Vorbilder an, daß künftig eine Goodwill-Klausel in die Lieferungs- und Leistungsverträge von Großaufträgen aufgenommen wird, um damit auch den Marktanteil der mittelständischen Wirtschaft an diesen Großaufträgen - vor allem des Verteidigungsministeriums - zu gewährleisten. Wir. wissen, daß gerade diese Großaufträge des Verteidigungsministeriums in der Regel die Leistungskraft, die Wettbewerbskraft eines mittelständischen Betriebs bei weitem übersteigen. Solange also die mittelständische Wirtschaft nicht auch hier mehr als bisher zur Kooperation kommt, bleibt uns politisch nichts anderes übrig, als gewisse Sicherungen einzubauen, die den Marktanteil der mittelständischen Wirtschaft bei der Vergabe von Großaufträgen sichern. Wir wissen ja, daß das mittelständische Gewerbe immer wieder berechtigte und auch unberechtigte Klagen erhebt, daß es im Zuge der Konzentration zu kurz kommt. Wir sehen es deshalb als unsere bleibende Aufgabe an, immer wieder nach neuen Wegen zu suchen, um den wirtschaftlichen Lebensraum dieses Mittelstandes zu sichern. Wir glauben, daß diese Goodwill-Klausel doch ein brauchbares Instrument werden könnte, um bei einigermaßen gutem Willen aller Beteiligten der mittelständischen Wirtschaft einen angemessenen Anteil an den Vergaben, vor allem der Großaufträge, zu sichern. Wir sind der Auffassung, daß, was in den USA mit Erfolg praktiziert wird, auch bei uns möglich sein sollte.
Außerdem wünschen wir die Vorlage des uns ja eigentlich schon im Juni 1966 zugesagten Berichts darüber, wie sich nun zwischenzeitlich die Mittelstandsregelung des Bundesverteidigungsministeriums bewährt hat. Ich darf daran erinnern, daß wir diese Mittelstandsregelung ja schon seit dem Jahre 1955 haben. Sie ist damals vor allem unter der Federführung unseres Kollegen Wieninger ins Leben gerufen worden. Wir sind auch dankbar dafür. Wir wissen, daß sie sich in der Zwischenzeit gut bewährt hat. Die Bedeutung dieser Mittelstandsregelung kann man kurz damit skizzieren, daß alle Betriebe des Handwerks und der Kleinindustrie mit bis zu 50 Mitarbeitern, darüber hinaus alle Betriebe des Einzelhandels bis zu einem Umsatz von 1 Million DM und weiter auch alle Großhandelsunternehmen mit einem Jahresumsatz bis 5 Millionen DM von dieser Mittelstandsregelung erfaßt werden. Das ist sicherlich keine abschließende Umschreibung des Begriffs Mittelstand, aber immerhin werden nahezu 98 % aller Handwerksbetriebe, 75 % aller Industriebetriebe, 99 % des Einzelhandels und 97 %des Großhandels von dieser Regelung erfaßt, wenn natürlich auch nicht immer beteiligt.
Ich habe schon gesagt: Die Regelung war segensreich. In der 4. Periode, das wissen wir aus den Berichten, sind immerhin 46 % aller für die Klein- und Mittelbetriebe geeigneten Aufträge des Beschaffungsamtes in Koblenz an die mittelständische Wirtschaft geflossen, und erfreulicherweise besagen die Informationen, daß auch andere Ressorts zwischenzeitlich im Sinne dieser Mittelstandsregelung tätig sind: Bundesgrenzschutz, Bundespost, Bundesbahn, Bundesstraßenbau und Bundeswasserstraßenbau. Genaue Zahlen kennen wir noch nicht. Wir wären dankbar, wenn wir im Rahmen des Berichtes diese Zahlen bekommen würden. Wir brauchen den Bericht, damit wir uns darüber klarwerden, welche Maßnahmen noch in diesem Bereich für die Zukunft zu treffen sind, und wir brauchen den Bericht auch deshalb, meine Damen und Herren, damit wir endlich einmal dem Gerede, das immer wieder in der Öffentlichkeit umgeht, die mittelständische Wirtschaft würde bei der Auftragsvergabe nicht berücksichtigt, mit neuen exakten Zahlen entgegentreten können.
Sofern es dabei möglich ist, sollte in dem Bericht auch enthalten sein, erstens in welchem Maße frei schaffenden Betriebe - Ingenieure, Architekten und Künstler - mit Aufträgen bedacht worden sind, zweitens in welchem Ausmaße auf eine gebotene regionale Streuung der Aufträge Bedacht genommen werden muß, vielleicht auch im Hinblick auf gewisse sektorale Krisen. Ich bitte, auch das Zonenrandgebiet mit entsprechenden Maßnahmen zu berücksichtigen. Das alles wünschen wir uns in dem Bericht.
Deutscher Bundestag - 5. Wahlperiode - 157. Sitzung. Bonn, Freitag. den 16. Februar 1968 8129
Es wäre vielleicht ganz interessant - das darf ich zum Schluß sagen -, auch einmal zu hören, wie eigentlich die Länder bei der Vergabe ihrer Aufträge im Sinne der Bundesmittelstandsregelung tätig werden. Ich glaube, da können wir sehr interessante Zahlen bekommen.
Ich beantrage Überweisung der Vorlage an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen federführend - und zur Mitberatung an den Verkehrsausschuß.
({0})
Herr Kollege Schlager, war das nun eine Rede in freiem Vortrag, bei der Sie Aufzeichnungen benutzt haben?
({0})
- Bei der Sie Aufzeichnungen benutzt haben, - einigen wir uns so, dann bleiben Sie im Rahmen des § 37 der Geschäftsordnung.
Meine Damen und Herren, ich komme mir allmählich so vor - wogegen ich ganz und gar bin -, daß der Bundestagspräsident Schulmeister wird, der aufpassen soll, ob jeder auch sein Sprüchlein frei vorträgt. Aber solange wir diese Übereinkunft haben, muß ich sie durchhalten. Da hilft nun alles nichts.
({1})
Wir können uns doch jetzt nicht den Scherz leisten, daß wir wieder so langsam zum alten Brauch zurückkehren. - Ich habe schon ein paar besorgte Briefe bekommen, es würde wieder alles nach der alten Tour laufen.
({2})
Ich bitte also, mir dieses sehr unsympathische Aufpassen nachzusehen.
Nun geht es weiter. Das Wort hat der Herr Kollege Unertl, - er kommt ohne Papier.
({3})
- Ja, was denn? Zeigen Sie es mir bitte mal!
({4})
- Ja, das sind Stichworte, das sind nur „Aufzeichnungen".
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem Blick auf die Uhr so kurz, wie es geht, und mit dem Blick auf den Herrn Präsidenten so frei wie möglich
({0})
und mit dem Blick auf Sie, meine Damen und Herren im Bundestag, mit der Absicht, Gesagtes nicht mehr zu wiederholen.
Wenn der Antrag, der soeben von meinem Kollegen Schlager begründet wurde, nicht von Abgeordneten der CSU und der CDU eingebracht worden wäre, hätte er mindestens heute kommen müssen. Wir überlegen uns doch, wie es am vergangenen
Mittwoch hier in der Fragestunde geschehen ist, wie man der großen Arbeitslosigkeit im ostbayerischen Grenzland begegnen kann. Wir mußten stets darauf hinweisen, daß neben der saisonalen und witterungsbedingten Arbeitslosigkeit auf jeden Fall die Frage der Aufträge eine wesentliche Rolle spielt.
Das Vergabewesen ist bei uns seit Jahren geregelt. Wir haben aber die Erfahrung gemacht, daß sich Behörden auf Bundes- wie auf Landesebene nicht immer an die Richtlinien halten. Es ist beinahe unmöglich, daß ein lohnintensiver Gewerbebetrieb mit den rationalisierten Betriebsformen größerer Ordnung, die wir kennen, heute Schritt halten kann und beim Vergeben von öffentlichen Aufträgen zum Zuge kommt. Wir haben Erfahrungen, daß selbst das Eintrittsrecht, daß Firmen im Zonengrenzgebiet, in den Ausbaugebieten zugestanden ist, nicht zugestanden wird und daß man sich in vielen Bereichen über die bestehenden gesetzlichen Regelungen einfach hinwegsetzt.
In diesem Zusammenhang darf man sagen, daß gerade das Handwerk und die kleine und mittelständische Industrie beinahe bereit sind zu resignieren, - wenn nicht mit diesem Antrag erreicht wird, daß das, was der Gesetzgeber, was die Abgeordneten bei der langjährigen Beratung dieser Fragen beschlossen haben, endlich durchgeführt wird. Es ist einem ländlichen Unternehmer aus der Bauwirtschaft nicht möglich, um ein Beispiel zu sagen, bei sogenannten Olympiabauten jetzt in München zum Zuge zu kommen. Ich bin neugierig, wie die Dinge von der Bundesseite und auch von der obersten Baubehörde in Bayern gehandhabt werden, wenn endlich der Bau einer Autobahn nach Passau in Angriff genommen wird, und zwar von Passau aus aufwärts.
Wenn wir erleben, daß z. B. Betriebe oder Großunternehmen - ich denke hier an die Deutsche Lufthansa -, die zu 90 % dem Bund gehören, Aufträge, wie zuletzt geschehen, zur Hälfte ins Ausland und zur anderen Hälfte nach Berlin geben, ist dem nichts entgegenzuhalten. Ich möchte aber doch erwarten und die Hoffnung zum Ausdruck bringen, daß wir uns wenigstens hier einig sind und daß der Gesetzgeber nicht wollte, daß man in Zeiten großer Arbeitslosigkeit und angesichts der Tatsache, daß es in den von mir genannten Bereichen keine Aufträge gibt, obwohl sie benötigt würden, zunächst das Ausland zum Zuge kommen läßt, wie das Beispiel Lufthansa beweist.
Wir haben internationale Verpflichtungen auf vielen Gebieten und sind solche eingegangen; ich habe nichts dagegen. Aber hier ist uns das Hemd näher als der Rock, und ich möchte hoffen und erwarte, daß in Zukunft und nachdem dieser Antrag im Wirtschafts- und Verkehrsausschuß beraten worden ist, auf dem Gebiet, das bereits in der Fragestunde am letzten Mittwoch angesprochen wurde, wenn diese Dinge im Detail behandelt worden sind, doch eine Verbesserung der Verhältnisse eintritt.
Es ist nämlich jetzt so, daß diejenigen Betriebe der Bauwirtschaft, die in den Ballungsräumen liegen, und zwar gerade im württembergischen Bereich,
jetzt, wie neulich unser Kollege Weigl mit Recht feststellte, die Arbeiter abwerben. Und auch die Arbeitsämter vermitteln weitgehend Fachkräfte dorthin. Wenn dann die Witterungsverhältnisse das Bauen bei uns wieder zulassen, fehlt es sogar oft an Fachkräften im eigenen Lande. Ich sage es noch einmal: unsere Vergaberrichtlinien müssen so gestaltet werden, daß auch der kleine und mittelständische Gewerbebetrieb, der kleine und mittelständische Industriebetrieb in die Lage versetzt werden, bei öffentlichen Ausschreibungen zum Zuge zu kommen.
({1})
Ich stelle mir vor, daß es z. B. möglich ist, daß sich kleine Unternehmen in Losen zusammentun und dann auch in der Lage sind, einen größeren Auftrag zu erhalten. Das, was bisher in vielen Bereichen bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen geschehen ist, ist nicht immer mittelstandsfreundlich, sondern ist - ich sage es rundweg - mittelstandsfeindlich. Hoffen wir, daß in der Zukunft eine Besserung eintritt und daß diejenigen Dinge, die mit Recht hier angesprochen worden sind, eine angenehmere und bessere Regelung erfahren und durch die Behörden dann auch so, wie es der Gesetzgeber will, gehandhabt werden.
({2})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Schmidt ({0}).
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der SPD stimmt dem Antrag auf Drucksache V/2489 betreffend Förderung mittelständischer Gewerbetreibender zu. Wir sind der Meinung, daß die Fortschreibung der Berichte über die Lage der kleineren und mittleren Betriebe weiter durchgeführt werden sollte. Wir haben auf diese Notwendigkeit schon bei früheren Gelegenheiten des öfteren hingewiesen.
Ich darf noch kurz folgendes bemerken. Im letzten Jahr sind hier im Hause Fragen der großen Wirtschaft behandelt worden, z. B. das Gesetz zur Stabilisierung der Wirtschaft, das Bergbauproblem, die Eventualhaushalte usw. Das Anliegen der kleinen und mittleren Betriebe ist leider etwas in den Hintergrund getreten. Das sollte, meine ich, analog der Lage dieses Wirtschaftszweigs kein Dauerzustand sein.
Wir empfehlen die Überweisung des vorliegenden Antrags an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen sowie an den Verkehrsausschuß, damit dort nochmals überprüft werden kann, in welcher Richtung im Interesse einer gerechten Wettbewerbs-und Vergabepolitik eine Ergänzung des gewünschten Berichts noch erforderlich sein könnte.
({0})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Graaff.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir begrüßen den Antrag der Kollegen aus der CDU/CSU. Wir wundern uns, Herr Kollege Schlager, daß Sie den Antrag erweitern und es nicht gleich in den Antrag hineinschreiben, daß Sie die Zonengrenzgebiete und die Vergaben der Länder besonders berücksichtigt wissen möchten. Wir unterstützen das. Was wir aber vermissen, meine Kollegen von der CDU/CSU, ist die Frage an die Regierung, warum sie die Berichte zum 1. Februar 1967 und zum 1. Februar 1968, die sie auf Grund unserer gemeinsamen Kleinen Anfrage am 30. Juli 1966 bereits zugesagt hatte, nicht vorgelegt hat. Herr Kollege Unertl, wenn Sie jetzt von „mittelstandsfeindlich" sprechen, kann ich nur annehmen, daß die neue Große Koalition es unterlassen hat, die Berichte vorzulegen, um damit eine Mittelstandsfeindlichkeit zu dokumentieren. Ich möchte Ihnen das persönlich nicht unterstellen - damit Sie mich nicht mißverstehen.
({0})
- Ja, wir haben oft genug dafür gesorgt. Die Berichte sind uns nicht zugegangen. Das betrifft aber Ihre neue Regierung, nicht die, an der wir mitgewirkt haben.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Aber bitte, selbstverständlich gern!
Sind Sie bereit, noch einmal die Antwort der Bundesregierung nachzulesen? Dann werden Sie erkennen, daß die Bundesregierung auf unsere Frage geantwortet hat, sie sei bereit, in den zuständigen Ausschüssen jeweils -- natürlich ist damit gemeint: auch auf Frage - die entsprechenden Antworten zu geben.
Herr Kollege, ich habe auch in den Ausschüssen nicht festgestellt, daß die Berichte vorgelegt worden sind.
({0}) Sie hat zugesagt, sie vorzulegen.
({1})
Herr Kollege Schlager, ich darf Ihnen - mit Genehmigung des Herrn Präsidenten - wörtlich vorlesen: „Die Bundesregierung ist bereit, alljährlich dem Bundestag in den zuständigen Ausschüssen die Ergebnisse der Förderungsregelung zu berichten." Da steht „auf Anfrage" nicht mehr darin.
Nun, meine Damen und Herren, ein paar letzte Bemerkungen.
Wir würden es begrüßen, wenn in dem Bericht, den vorzulegen die Bundesregierung jetzt aufgefordert worden ist, auch zu der Frage Stellung genommen würde, wie sich die Einführung der Mehrwertsteuer für den Mittelstand ausgewirkt hat. Wir beGraaff
fürchten, daß die vorhergesagte Entlastung des Mittelstandes im Rahmen der Mehrwertsteuer nicht in dem Umfang eintritt, wie es ursprünglich angenommen worden ist.
Wir möchten auch gern wissen, wie sich die Konjunkturprogramme dieser Regierung auf den Mittelstand ausgewirkt haben. Im Jahreswirtschaftsbericht hat der Herr Bundeswirtschaftsminister nachdrücklich darauf hingewiesen, daß insbesondere die Gemeinden nicht in der Lage gewesen seien, die Mittel zur Verfügung zu stellen, um das Konjunkturprogramm in vollem Umfange durchzuführen. Ausgerechnet sind die Gemeinden häufig die größten Auftraggeber der kleineren mittelständischen Betriebe, und wir befürchten, daß auch hier wieder Nachteile eingetreten sind.
Wir würden ein Letztes von der Regierung erbitten: einmal sicherzustellen, daß bei den Ausschreibungen der obersten Bundesdienststellen die mittelständischen Betriebe nicht dadurch benachteiligt werden, daß die Bundesregierung oder ihre Dienststellen nicht in der Lage sind, ordnungsgemäße Ausschreibungsunterlagen, insbesondere im technischen Bereich, vorzulegen. Sie ist einfach nicht in der Lage, Zeichnungen mitzuliefern, auf Grund deren ein mittelständischer Betrieb vernünftig kalkulieren könnte. Im Gegenteil, sie verlangt nachher nach der Lieferung noch die Erstellung von Zeichnungssätzen, die diesen Betrieben teilweise gar nicht zugemutet werden kann.
Wir stimmen, meine Damen und Herren, dem Antrag zu, wären aber dankbar, wenn die Bundesregierung uns diese Auskünfte auch noch geben könnte.
({2})
Keine weiteren Wortmeldungen. Vorgeschlagen ist die Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen - federführend - und den Verkehrsausschuß mitberatend -. Kein Widerspruch? - Es ist so beschlossen.
Punkt 16 der Tagesordnung:
Beratung des Mündlichen Berichts des Postausschusses ({0}) über den Bericht der Bundesregierung über die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten der EWG für Postgebühren
- Drucksachen V/2439, V/2538 -Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Miessner
Das Wort hat der Herr Berichterstatter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf Wunsch des Bundestages hat die Bundesregierung über den Stand der Harmonisierung der Gebühren im Post- und Fernmeldewesen eingehend berichtet. Aus dem Bericht vom 28. Dezember 1967, der uns vorliegt, ist allerdings leider zu entnehmen, daß es eines äußerst behutsamen Vorgehens bedarf, wie es gegen Schluß dieses Berichtes heißt. Es wird also nur langsam vorangehen.
In Anbetracht dieser Lage hielt es der Postausschuß nicht für richtig, der Bundesregierung für einen neuen Bericht einen bestimmten Termin zu setzen, sondern ihr anheimzugeben, erst dann wieder zu berichten, wenn sich neue Gesichtspunkte in den internationalen Verhandlungen ergeben.
Ich bitte Sie namens des Postausschusses, dem Bericht zuzustimmen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Wird das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht.
Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? -Einstimmig gebilligt.
Punkt 17 der Tagesordnung:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Innenausschusses ({0}) über den Antrag der Fraktion der FDP zur Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Sportpolitik
- Umdruck 308, Drucksache V/2546 - Berichterstatter: Abgeordnete Frau Renger
Ich frage, ob die Frau Berichterstatterin das Wort wünscht. - Verzichtet.
Ich eröffne die Aussprache. Wird das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht.
Wer dem Antrag des Ausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Punkt 18 der Tagesordnung :
Beratung des Schriftlichen Berichts des Postausschusses ({1}) über den Bericht der Bundesregierung
betr. Eintragung der niedergelassenen Ärzte in den amtlichen Fernsprechbüchern
- Drucksachen V/845, V/2547 - Berichterstatter: Abgeordnete Frau Enseling
Ich frage, ob die Frau Berichterstatterin das Wort wünscht. - Verzichtet.
Ich eröffne die Aussprache. Wird das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht.
Wer dem Antrag des Ausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? Einstimmig angenommen.
Punkt 19 der Tagesordnung:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Innenausschusses ({2}) über den Entschließungsantrag der Fraktion der FDP zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1967; hier: Einzelplan 06 - Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern
- Drucksachen V/1000 Anlage, V/1756, V/2548, Umdruck 242
Berichterstatter: Abgeordneter Hübner
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
Ich frage den Herrn Berichterstatter, ob er das Wort wünscht. - Der Berichterstatter verzichtet.
Ich eröffne die Aussprache. Wird das Wort gewünscht? - Herr Abgeordneter Dorn!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir begrüßen es, daß sich das Parlament und auch der Ausschuß noch einmal mit unserem Antrag befassen werden, auch wenn er heute in der Sache für diesen Punkt als erledigt zu betrachten sein wird, weil nämlich der Präsident des Bundesrechnungshofs in seiner Eigenschaft als Beauftragter für die Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung sich noch einmal nach seinem Bericht hierzu äußern wird.
Wir haben festzustellen, daß zwischen zwei Bundesbehörden ein heftiger Streit über die Frage ausgebrochen ist, wer in Zukunft die Paßkontrolle an den Grenzübergängen durchführen soll. Wer den Artikel, der vor wenigen Tagen im Bonner General-Anzeiger erschienen ist, liest, „Strauß kontra Lücke", der kann sich ungefähr ein Bild davon machen, mit welchen Methoden hier wohl auch hinter den Kulissen gearbeitet worden ist. Wir bedauern es außerordentlich, daß das in diesem Fall so in die Öffentlichkeit geraten ist, zumal die Sache, um die es geht
({0})
- nein, natürlich bedauern wir das -, im Endergebnis eine sachlichere Auseinandersetzung als eine Polemik um die Dinge verdiente.
({1}) Denn die Probleme, um die es geht - ({2})
- Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen, wir haben uns im Innenausschuß auch über die Sache unterhalten. Warum sollten wir uns hier nicht über die Sache unterhalten können? Ich bin der Meinung, das ist dringend erforderlich. Denn die Zahlen, die uns aus dem Innenministerium vorgelegt worden sind, sind natürlich in der Beurteilung, auch in der politischen Beurteilung, die uns im Innenausschuß gegeben worden ist, nicht so zu akzeptieren. Deswegen wollen wir uns hier zur Sache äußern.
({3})
-- Sie haben nachher Gelegenheit, sich selbst hier dazu zu äußern, Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen. Mein Redebeitrag war an und für sich als sehr kurz vorgesehen. Es wird wohl länger, wenn Sie dauernd Zwischenrufe dazu machen.
Wir wehren uns dagegen, daß entgegen unserem sachlichen Anliegen die Dinge jetzt aus dem Innenministerium in der Form hochgespielt werden: durch die Zollverwaltung seien nur in 1,7 % der Fälle aktive Eingriffe erfolgt, während in 74,6 % der Fälle Eingriffe durch den Bundesgrenzschutzeinzeldienst erfolgt seien. Man könnte die Bedenken, die gegen eine Übertragung der Befugnisse auf die Zollverwaltung bestehen, doch eigentlich nur dann akzeptieren - und das ist das, was ich auch im Innenausschuß vorgetragen habe -, wenn durch die Eingriffe und Maßnahmen, die an den Grenzen zu erfolgen haben, die Sicherheit unseres Staates gefährdet wäre. Tatsächlich aber können von den 22 447 Einzelfällen im Endergebnis maximal nur 180 Fälle als gegen die Sicherheit unseres Staates verstoßend angesehen werden. Wir wissen bis heute nicht einmal, was aus diesen 180 Einzelfällen geworden ist, bei denen die Eingriffe ungefähr je zur Hälfte auf den Bundesgrenzschutz und auf die Länderpolizeien entfielen. Ob es überhaupt zur Anklage gekommen ist, steht bis zum heutigen Zeitpunkt nicht fest. Zumindest ist uns darüber kein Zahlenmaterial zugegangen. Wir haben im Innenausschuß gefragt, ob es überhaupt zu Verurteilungen gekommen ist. Auch darüber liegt uns bis heute kein Zahlenmaterial vor.
Nachdem die Dinge in der Öffentlichkeit in dieser Form dargestellt worden sind, wollte ich an dieser Stelle nur sagen, daß das Kriterium für uns bei der Beurteilung der Sachfrage nicht sein kann, in wieviel Prozent der Fälle die Einzelmaßnahmen durch den Zoll oder durch den Grenzschutzeinzeldienst vorgenommen worden sind. Das einzige Kriterium, das wir zu akzeptieren bereit sind, wäre der Gesichtspunkt, daß berechtigte Einwände gegen die Übertragung der Befugnisse auf die Zollverwaltung bestünden, die mit der Sicherheit unseres Staates zu tun hätten. Darüber ist uns aber bis heute nichts gesagt worden, so daß für uns das vorliegende Zahlenmaterial bisher ohne Bedeutung ist.
Das Wort hat der Abgeordnete Hübner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Dorn hat soeben beklagt, daß kein Material vorliege, das zur Entscheidung schlüssig sei. Eben das ist der Grund dafür gewesen, daß der Innenausschuß heute nur einen zugegebenermaßen sehr kurzen Schriftlichen Bericht abgegeben hat. Er wollte eben jenes Gutachten des Bundesrechnungshofs abwarten, um dann auf der Basis sachlicher Unterlagen Ihnen das endgültig zur Entscheidung vorzulegen, was er nach tiefgründiger Beratung verantwortlich vorlegen zu können glaubt.
Ich darf sagen, daß das Zahlenspiel, das nun aufgenommen worden ist, in dieser Art nicht fortgesetzt werden sollte. Darum eben ein Bericht, der von einer - wenn das gelten kann - doch neutralen Stelle gegeben wird und nicht zu einem Hin und Her, zu einem Tauziehen zwischen zwei Ressorts führen sollte.
Sie werden aber wahrscheinlich noch auf einen weiteren Gesichtspunkt aufmerksam gemacht werden müssen, wenn die Entscheidung an Sie herantritt, nämlich auf die Frage, wie man bei einer sachHübner
lichen Entscheidung die zukünftige Form der Paßkontrolle in unser größeres Anliegen einer allgemeinen vorbeugenden Verbrechensbekämpfung eingliedern kann. Wir haben hier -- und ich habe im Plenum Zustimmung dafür gefunden -- festgestellt, daß die Grenzen der deutschen Länder untereinander ohnehin schon zu einem Netz geworden sind, durch das die Verbrecher hindurchschlüpfen, während die Polizeibeamten in ihm hängenbleiben. Das gleiche muß in noch viel stärkerem Maße für die Grenzen gelten, die die Bundesrepublik insgesamt umschließen. Das ist ein Gesichtspunkt, der in dieser Tiefe im Ausschuß noch nicht erörtert worden ist. Er wird aber mit zu beachten sein.
Aus diesen Gründen haben wir uns entschlossen, Ihnen heute nur schriftlich zu berichten. Wir bitten Sie, abzuwarten, bis wir auf der Grundlage des Gutachtens des Rechnungshofes abschließend vor Sie hintreten können.
({0})
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. - Das Wort hat der Herr Staatssekretär des Bundesministeriums des Innern.
Benda, Parlamentarischer Staatssekretär des Bundesministers des Innern: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Berichterstatter hat mit Recht gesagt - ich meine, daß der Innenausschuß mit Recht so entschieden hat -, daß die verschiedenen Sachfragen, die etwa in den Ausführungen des Herrn Kollegen Dorn angeklungen sind, sinnvollerweise erst dann diskutiert werden sollten, wenn das mehrfach erwähnte Gutachten des Bundesrechnungshofes vorliegt. Ich halte diese Auffassung für richtig und verzichte von mir aus auf Ausführungen zu der Problematik der Sache.
Ich habe mich nur gemeldet, Herr Kollege Hübner, um zu einem Punkt noch etwas zu bemerken. Ich akzeptiere nicht ganz Ihren Satz, daß noch kein schlüssiges Zahlenmaterial vorliege. So haben Sie sich wohl ausgedrückt.
({0})
Ich würde vorziehen zu sagen und ich schlage
dies vor, so zu sagen , daß aus dem vorliegenden Zahlenmaterial zur Zeit vielleicht noch keine endgültigen Schlußfolgerungen gezogen werden können. Dazu gehört in der Tat eine Reihe von Untersuchungen und Erörterungen, die wir zweckmäßigerweise dann anstellen, wenn das Gutachten des Bundesrechnungshofes vorliegt. Das Zahlenmaterial ist allerdings da. Ich will das aber nicht noch einmal in die Debatte einführen.
({1})
Noch eine Randbemerkung zur Sache! Herr Kollege Dorn hat eine Zahl - 180 - genannt, von der ich den Eindruck habe, daß sie sich auf die Aufgriffe wegen Hoch- und Landesverrats bezieht. In Ihrer Argumentation werden wohl die Belange der Sicherheit des Staates im engeren Sinne mit den Belangen
der öffentlichen Sicherheit im weiteren Sinne gleichgesetzt. Das ist natürlich ein ganz anderes Thema.
({2})
Dies klang in den Ausführungen des Herrn Kollegen Hübner an. Ich meine, daß wir gerade über den von Ihnen zuletzt erwähnten Punkt zu gegebener Zeit im einzelnen noch werden zu reden haben. Beides, Herr Kollege Dorn, muß man begrifflich auseinanderhalten. Sonst entsteht wahrscheinlich in der Sachdiskussion keine Klärung, sondern eher Verwirrung. Auf diesen Punkt wollte ich aufmerksam gemacht haben, ohne mich hier zur Sache äußern zu wollen.
Keine weiteren Wortmeldungen. Die Aussprache ist geschlossen. Wer dem Antrag zuzustimmen wünscht, gebe bitte ein Handzeichen. - Gegenprobe! Enthaltungen? - Der Antrag des Ausschusses ist angenommen.
Meine Damen und Herren, ich unterstelle das Einverständnis des Hauses, daß ich die Tagesordnungspunkte 20 bis 23 jetzt zusammen aufrufe. Es handelt sich um Berichte des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen betr. Änderungen des Deutschen Zolltarifs 1966 und 1967:
20. Beratung des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen ({0}) über die von der Bundesregierung erlassene Einhundertsechzehnte Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1966 ({1})
- Drucksachen V/2393, V/2550 Berichterstatter: Abgeordneter Lange
21. Beratung des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen ({2}) über die von der Bundesregierung erlassene Fünfundzwanzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1967 ({3})
- Drucksachen V/2437, V/2551 - Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Serres
22. Beratung des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen ({4}) über die von der Bundesregierung erlassene Siebenundzwanzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1967 ({5})
- Drucksachen V/2475, V/2552 Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Preiß
23. Beratung des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen ({6}) über die von der Bundesregierung erlassene Einundzwanzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1967 ({7})
- Drucksachen V/2501, V/2561 -Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Staratzke
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
In allen Fällen hat das Haus nur von den Berichten des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen Kenntnis zu nehmen. Wünscht einer der Herren Berichterstatter das Wort? - Das ist nicht der Fall. Anträge zu den Berichten liegen nicht vor. Ich empfehle dein Haus, von allen Berichten Kenntnis zu nehmen. Ich stelle fest, daß dies der Fall ist. Damit sind diese Tagesordnungspunkte erledigt.
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 24 bis 27 auf. Es handelt sich um Berichte über EWG-Vorlagen:
24. Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({8}) über die von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschläge der Kommission der Europäischen Gemeinschaften für
I. eine Verordnung des Rats zur Änderung der Verordnung Nr. 121 /67 /EWG über die gemeinsame Marktorganisation für Schweinefleisch im Hinblick auf die Übergangsmaßnahmen,
II. eine Verordnung des Rats zur Änderung der Verordnung Nr. 213 /67/ EWG des Rats zur Festsetzung des Verzeichnisses der repräsentativen Märkte für den Schweinefleischsektor in der Gemeinschaft
- Drucksachen V/2444, V/2456, V/2539
Berichterstatter: Abgeordneter Schröder ({9})
25. Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen ({10}) über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission der Europäischen Gemeinschaften für eine Verordnung des Rats zur Verlängerung der Geltungsdauer von Artikel 2 und 3 b der Verordnung Nr. 127/ 67/ EWG des Rats
- Drucksachen V/2454, V/2543 -Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Preiß
26. Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen ({11}) über die von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschläge der Kommission der Europäischen Gemeinschaften für
eine Verordnung des Rats zur Ergänzung der Verordnung Nr. 120 /67/ EWG hinsichtlich der Erstattungen für Erzeugnisse des Getreidesektors, die in Form von Sorbit ausgeführt werden,
eine Verordnung des Rats zur Ergänzung der
Verordnung Nr. 44/67/ EWG hinsichtlich der
Erstattungen für bestimmte Erzeugnisse des
Zuckersektors, die in Form von Mannit oder
Sorbit ausgeführt werden
- Drucksachen V/2457, V/2544 Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Preiß
27. Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({12}) über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission der Europäischen Gemeinschaften für eine Verordnung des Rats zur Änderung von Artikel 11 Absatz 2 der Verordnung Nr. 23 über die schrittweise Errichtung einer gemeinsamen Marktorganisation für Obst und Gemüse
- Drucksachen V/2420, V/2549 -Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Rinderspacher
Ich frage, ob ein Berichterstatter das Wort wünscht.
- Das ist nicht der Fall. Ich unterstelle, daß das Haus damit einverstanden ist, daß wir der Einfachheit halber gemeinsam abstimmen. - Kein Widerspruch. Wir stimmen also ab über die Ausschußanträge der Drucksachen V/2539, V/2543, V/2544 und V/2549. Wer zuzustimmen wünscht, gebe bitte ein Handzeichen.
- Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Letzter Punkt der Tagesordnung:
Beratung des Antrages des Bundesministers der Finanzen
betr. nachträgliche Mitteilung über die Veräußerung des Steinbruchs Kälberberg in Recke Krs. Tecklenburg an die Firma Hollweg, Kümpers & Co. in Rheine
- Drucksache V/2530 Ich frage, ob das Wort gewünscht wird. - Die Bundesregierung ist anderweitig beschäftigt; von ihr wird das Wort nicht gewünscht. Auch sonst keine Wortmeldungen? - Die Vorlage soll an den Ausschuß für das Bundesvermögen überwiesen werden. - Kein Widerspruch. Es ist so beschlossen.
Meine Damen und Herren, wir sind am Ende unserer Sitzung. Ich lasse die Präsenzlisten um 13.30 Uhr auflegen. Eine halbe Stunde nach Sitzungsschluß soll das geschehen, haben wir gesagt. Ich ging davon aus, daß wir um 13 Uhr fertig seien.
({13})
Ich berufe den Deutschen Bundestag ein auf Dienstag, den 12. März, 14.30 Uhr.
Die Sitzung ist geschlossen.