Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet.
Folgende amtliche Mitteilung wird ohne Verlesung in das Protokoll aufgenommen.
Der Bundesminister der Verteidigung hat am 17. Januar 1968 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Marx ({0}), Stahlberg, Rommerskirchen, Dr. Klepsch und Genossen betr. sowjetisches Manöver „Dnjepr" - Drucksache V/2401 - beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache V/2481 verteilt.
Punkt 1 der Tagesordnung:
Fragestunde
- Drucksachen V/2464, V/2473 Wir haben eine Anzahl von Mündlichen Anfragen vorliegen, die als Dringlichkeitsanfragen auf der Tagesordnung stehen, und zwar aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr. Ich rufe die Frage Nr. 1 des Herrn Abgeordneten Unertl aus Drucksache V/2473 auf:
Ist sich die Bundesregierung darüber im klaren, daß die in den letzten 24 Stunden über die Stadt Vilshofen erneut hereingebrochene schwere Hochwasserkatastrophe darauf zurückzuführen ist, daß durch die offensichtliche Verzögerung der Hochwasserschutzdammbauten an der Vils bis zum heutigen Tage diese Katastrophe ausgelöst wurde?
Das Wort zur Beantwortung hat der Herr Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr.
Herr Abgeordneter, ich darf Ihre Frage wie folgt beantworten:
Die Bundesregierung ist sich durchaus im klaren darüber, daß mit hoher Wahrscheinlichkeit keine Hochwasserschäden in Vilshofen eingetreten wären, wenn die von Ihnen genannten Schutzbauten bereits bestünden.
Soweit der Wortlaut Ihrer Frage, Herr Abgeordneter, einen Schuldvorwurf enthält - indem Sie nämlich von einer „offensichtlichen Verzögerung" der Bauten sprechen - muß die Bundesregierung diesen Schuldvorwurf jedoch als unbegründet und ungerechtfertigt zurückweisen.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, was sagen Sie denn, wenn ich noch zu einem weiteren Schuldvorwurf in dieser Sache komme, und zwar: was geben Sie mir für eine Antwort auf Pressemeldungen, in denen neben dem in meiner Frage geltend gemachten Verschulden durch die Verzögerung der Baumaßnahme auch bemängelt wird, daß die Eisbrecher auf der Donau zu spät eingesetzt wurden, und außerdem bemängelt wird, daß die Schleusen am Kachlet-Stau ebenfalls nicht rechtzeitig geöffnet wurden?
Herr Abgeordneter, dazu möchte ich folgendes sagen. Hier war die Situation so: In Passau herrschte eine Temperatur von minus 7 Grad, und zu dieser Zeit befand sich unterhalb von Passau im Jochenstein-Stauraum noch eine feste Eisdecke. Nach den Erfahrungen verspricht der Einsatz von Eisbrechern bei noch anhaltendem Frost keinen Erfolg. Es mußte in einem solchen Falle, also bei noch anhaltendem Frost, auch befürchtet werden, daß sich eine zusätzliche Eisversetzung im JochensteinStauraum bilden würde.
Ich muß aber ausdrücklich feststellen, Herr Abgeordneter, daß es nur dem tatkräftigen Einsatz der Eisbrecher im Kachlet-Stauraum zu verdanken ist, daß der Hochwasserdamm in Vilshofen - der ja durch die B 8 gebildet wird - nicht überflutet wurde. Das wäre katastrophal gewesen.
Herr Abgeordneter, ich habe die Pressemeldungen mit den Vorwürfen, die gegen die Mitarbeiter des Wasser- und Schiffahrtsamtes in Passau erhoben worden sind, gelesen. Ich möchte hier erklären: diejenigen, die auf den eingesetzten drei Eisbrechern tätig waren, sind tätig gewesen bis zum Einsatz der eigenen Integrität. Als nämlich durch das Wirken der Eisbrecher die Eisbarriere ins Rutschen kam, hat sich eine Wassermenge von 3000 cbm pro Sekunde in Bewegung gesetzt. Es ist also ein regelrechter Wasserschwall die Donau abwärts gebrandet. Der Eisbrecher beispielsweise, der in der Nähe des Kachlet-Stauwehrs tätig war, wäre beinahe über das Wehr hinweggetrieben worden. Das wäre für die Menschen katastrophal gewesen. Es ist nur durch äußerste Geschicklichkeit möglich gewesen, das zu überstehen.
Ich möchte hier also ausdrücklich feststellen: der Einsatz und die Einsatzbereitschaft der Mitarbeiter des Wasser- und Schiffahrtsamts können nicht hoch
genug bewertet werden. Die Männer haben ihre Pflicht voll erfüllt, wie es die Bevölkerung ja auch erwartet.
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Kollegen Unertl.
Herr Staatssekretär, jetzt aber wieder zurück zur Frage des Hochwassers. Sie haben die Frage 3, was die Bundesregierung überhaupt tut, - ({0})
- Dann möchte ich zur Frage 1 noch eine weitere Zusatzfrage stellen. Ist Ihnen bekannt - wenn schon der Bund jede Schuld zurückweist -, was im gleichen Zusammenhang der Bürgermeister der Stadt Vilshofen laut Bericht der „Passauer Neue Presse" gesagt hat, nämlich:
Wenn der Bund seinen Verpflichtungen nachgekommen wäre, dann hätten wir hier kein Hochwasser, so klagt das Stadtoberhaupt. Vor fünf Jahren nämlich sei der Bund bereits rechtskräftig vom Verwaltungsgericht Regensburg verurteilt worden, auf der rechten Seite der Vils in Vilshofen einen Hochwasserdamm zu bauen. Er sagt weiter: Der Prozeß vor dem Verwaltungsgericht Regensburg zog sich dann mehrere Jahre hin, und nach dem Urteil des Gerichts muß der Bund auf Grund von Plänen, die bereits seit dem Jahre 1957 existieren, einen Damm bauen. Wäre der Damm gebaut, wäre das Hochwasser an der Stelle, wo wir jetzt stehen, nicht eingetreten.
Herr Abgeordneter, dazu ist folgendes zu sagen. Das Urteil des Verwaltungsgerichts in Regensburg ist im Dezember 1963 rechtskräftig geworden. Dann ist mit dem Bayerischen Staatsministerium des Innern verhandelt worden, weil man nämlich den Hochwasserschutz in Zusammenhang mit der Binnenentwässerung sehen mußte. Es ist nach Auffassung aller Sachverständigen ein unabdingbarer Zusammenhang zwischen Hochwasserbaumaßnahme und Binnenentwässerung gegeben. Diese Verhandlungen haben dann auch zu einer Einigung geführt. Allerdings hat dann - ich will darüber gar nicht rechten, sondern will es nur als eine Tatsache feststellen -, als man im September 1964 bereit war, die geplante Vereinbarung zu schließen, weil hier ja Bund und Land zusammenwirken müssen, im Oktober 1964 das Bayerische Staatsministerium des Innern mitgeteilt, man gebe nun einer Umsiedlung der Bewohner der Vilsvorstadt den Vorzug und sehe deshalb von einer Vereinbarung über Hochwasserschutzbaumaßnahmen ab. Darüber waren die Bundesbehörden sehr überrascht. Hieraus hat sich dann eine ganz wesentliche Verzögerung ergeben, bis im August 1965 das Bayerische Staatsministerium des Innern erklärt hat, daß der Plan einer Umsiedlung der Bewohner der Vilsvorstadt aufgegeben werde und daß man nun
doch die Hochwasserschutzmaßnahmen treffen wolle.
An diesem Beispiel - das ich nicht im Sinne eines Schuldvorwurfs hier anführe, sondern um zu zeigen, wie schwierig der Gesamtzusammenhang ist - können Sie ermessen, wie außerordentlich schwierig der gesamte Komplex ist. Ich meine aber, der Blick sollte in die Zukunft gerichtet werden. Bereits im Oktober letzten Jahres ist nun Einvernehmen erzielt worden, so daß die notwendigen Maßnahmen schnellstens und unverzüglich durchgeführt werden können.
Das Wort zu einer Zusatzfrage hat der Herr Abgeordnete Fritsch. Herr Abgeordneter Unertl, Ihre Fragekapazität für Ihre erste Frage ist erschöpft, wenigstens soweit die Geschäftsordnung vorsieht, daß die persönliche Fragekapazität limitiert wird. - Zunächst also Herr Abgeordneter Fritsch!
Herr Staatssekretär, ich hatte mich bereits am 28. März 1963 in der gleichen Angelegenheit in der Fragestunde des Bundestages an den damaligen Bundesverkehrsminister Seebohm gewandt. Ich habe, als ich danach fragte, ob nicht ungeachtet der noch ausstehenden gerichtlichen Entscheidung und der Zuständigkeitsfrage diese Hochwasserschutzmaßnahmen durchgeführt werden sollten, von ihm am 28. März u. a. folgende Antwort erhalten.
Herr Abgeordneter, würden Sie bitte den Begriff „Frage" nicht allzu sehr strapazieren, wenn es geht!
Entschuldigen Sie, ich wollte das zur Erklärung meiner nachfolgenden Frage vorausschicken. Herr Minister Seebohm habe sich seinerzeit bereit erklärt, die noch erforderlichen Baumittel bereitzustellen, wenn das Land Bayern diese Mittel vorschieße, bis das Gericht entschieden habe. Der damalige bayerische Staatsminister Bezold hat diesen Vorschlag mit dem Hinweis abgelehnt, daß sein Versuch gescheitert sei und eine entsprechende Zusage seines Finanzministers zu erhalten nicht möglich gewesen sei. Herr Staatssekretär, ich frage: Wäre diese-Fragestellung des Herrn Kollegen Unertl ob dieses Sachverhalts nicht auch an die bayerische Staatsregierung zu stellen?
Herr Abgeordneter, ich kann hier nur für den Bundesverkehrsminister in seiner Eigenschaft als Mitglied der Bundesregierung antworten. Ich nehme davon Abstand, mich jetzt zu der Frage nach der Legitimation der Beantwortung einer auf Landesebene zu stellenden Frage zu äußern. Natürlich, die bayerische Staatsregierung wird sicherlich im Bayerischen Landtag in dem gleichen Sinne gefragt werden, wie Sie mich fragen.
Herr Kollege Fritsch, noch eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, könnten mögliche Verzögerungen der Ausführung dieser Hochwasserschutzbaumaßnahmen dadurch entstanden sein - und damit stelle ich eine Frage, die das Schuldverhältnis berührt -, daß der Herr Bundesminister der Finanzen am 8. März 1967 in einem Brief an Herrn Kollegen Unertl erklärt hat, sein Haus sei der Meinung, daß die Rhein-MainDonau AG für die Folgen möglichen Hochwassers aufzukommen habe, da der Rückstau durch die Errichtung des Kachlett-Werkes entstehe, das ja vorwiegend oder ausschließlich der Gewinnung von Elektrizität für die Rhein-Main-Donau AG diene?
Herr Abgeordneter, ich beantworte die gestellten Fragen im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen. Ich möchte nicht den Eindruck erwecken, als sollten zwischen den Bundesressorts in dieser sehr differenziert zu beurteilenden Angelegenheit die Akzente nun auf ein anderes Ressort verlagert werden. Ich möchte mich allenfalls schriftlich zu Ihrer Zusatzfrage äußern, möchte aber davon Abstand nehmen, jetzt meinerseits im einzelnen dazu Stellung zu nehmen.
Darf ich gerade zu dieser Frage eine Bemerkung machen. Ich bin außerordentlich überrascht - natürlich auch befriedigt - darüber, daß der Herr Staatssekretär des Bundesverkehrsministeriums die spontanen Zusatzfragen in seiner Vorbereitung bereits so wohlbedacht hat. - Das Wort zu einer weiteren Zusatzfrage hat Herr Abgeordneter Ertl.
Herr Staatssekretär, darf ich aus Ihrer Antwort auf die erste Zusatzfrage des Kollegen Unertl bezüglich des nicht möglichen Einsatzes von Eisbrechern schließen, daß Sie der Auffassung sind, daß man mit Hilfe von Eisbrechern eine Hochwasserkatastrophe zu demselben Zeitpunkt nicht vermeiden konnte?
Herr Abgeordneter, ich habe gesagt, daß in Passau eine wesentlich niedrigere Temperatur herrschte. Oberhalb von Passau, also in dem hier in Betracht kommenden Bereich, lag die Temperatur wesentlich höher, so daß sich dort die Eisbildung aufgelockert hatte und ins Rutschen kam, während in dem unteren Bereich, also nach Passau zu gelegen, angesichts einer niedrigeren Temperatur eine feste Eisdecke gegeben war, so daß in dieser konkreten Situation der Einsatz der Eisbrecher keine Aussicht auf Erfolg geboten hat. So ist die Angelegenheit zu beurteilen.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Ertl.
Herr Staatssekretär, ich möchte dieses Thema nicht vertiefen, weil es sicherlich technischer Art ist. Ich möchte aber doch fragen, ob ich Ihren bisherigen Antworten auf die Zusatzfragen
der beiden Kollegen Fritsch und Unertl entnehmen kann, daß Sie mit mir darin übereinstimmen, daß es bei einer besseren Zusammenarbeit zwischen den Bundesressorts für Finanzen und Verkehr und den bayerischen Behörden Möglichkeiten gegeben hätte, Hochwasserschutzmaßnahmen früher zu ergreifen.
Herr Abgeordneter, ich will von dieser Stelle aus nicht rechten über das, was in früheren Jahren im einzelnen geschehen ist. Ich will Ihnen nur folgendes sagen. Es sind jetzt alle Voraussetzungen dafür gegeben, daß schnellstens alles geschieht, um eine Wiederholung des Eintritts von Hochwasserschäden zu vermeiden. Ich meine, das ist das Wesentliche, Herr Abgeordneter.
Sind keine weiteren Zusatzfragen mehr? - Dann kommen wir jetzt zur Beantwortung der Frage 2 des Herrn Abgeordneten Unertl auf Drucksache V/2473:
Fühlt sich die Bundesregierung im Hinblick auf das bereits im Jahre 1962 ergangene und im Jahre 1963 rechtskräftig gewordene Urteil, wonach sie zur Bereitstellung der Mittel zur Errichtung der Hochwasserschutzbauten verpflichtet wurde, veranlaßt, geeignete und sofortige Maßnahmen zu ergreifen, um zukünftig eine solche Katastrophe nicht mehr aufkommen zu lassen?
Das Wort hat der Herr Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr.
Herr Abgeordneter, ich habe bereits in der Beantwortung einer der Zusatzfragen folgendes zum Ausdruck gebracht. Nachdem im Oktober 1967 Einvernehmen mit dem Bayerischen Staatsministerium des Innern über die abschließende Frage erzielt werden konnte, sind alle Voraussetzungen gegeben, die geeigneten und sofortigen Maßnahmen einzuleiten, um künftige Hochwasserschäden in Vilshofen im Rahmen des Möglichen zu vermeiden.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Unertl.
Herr Staatssekretär, Ihnen sind doch sicher aus Ihrem Hause die vielen Briefe, die nicht nur ich, sondern auch andere Kollegen aus Niederbayern geschrieben haben, bekannt. Wir hatten insbesondere darum gebeten, im Rahmen der beiden Investitionshaushalte im Frühjahr 1967 frühzeitig mit .dem Bau zu beginnen. Wenn das getan worden wäre, wäre die Katastrophe - auf jeden Fall in dem Ausmaß - bestimmt ausgeblieben. Diese und die vorhergehende jahrelange Verzögerung sind dazu angetan, daß der Bund von seiner Schuld nicht befreit werden kann.
Darf ich dazu sagen, Herr Abgeordneter: Soweit Sie eine Bewertung bezüglich der Schuldfrage ausgesprochen haben, möchte ich noch einmal ausdrücklich erklären, daß aus der Sicht der Bundesregierung ein Schuldvorwurf nicht anerkannt werden kann.
Zum zweiten möchte ich zu Ihrer Zusatzfrage sagen: Die Einigung mit dem Bayerischen Staatsministerium des Innern ist im Oktober 1967 erfolgt, d. h. also zu einem Zeitpunkt, als die Mittel, die aus dem Investitionshaushalt zur Verfügung gestellt waren, bereits verplant worden waren. Aber ich möchte auch hier erklären, daß die alsbaldige Durchführung der notwendigen Maßnahmen, die ein Kostenvolumen von etwa 1,3 Millionen DM erfordern, nicht etwa daran scheitert, daß der Bund nicht in der Lage ist, die Mittel aufzubringen.
Herr Kollege Unertl, wollen wir uns vorher darüber einigen, daß Sie jetzt noch eine Frage stellen, aber keine Wertungen und Feststellungen mehr treffen wollen.
Eine Frage! - Herr Staatssekretär, es ist bekannt, daß nun -
Herr Kollege Unertl, Sie bekommen das Wort nicht mehr, wenn Sie keine Frage stellen.
Sie kommt sofort; mir geht es nicht besser als dem Kollegen Fritsch. Ich stelle also jetzt die konkrete Frage: Herr Staatssekretär, was tut denn - nachdem das bekannt ist - die Bundesregierung überhaupt, um der dauernd größer werdenden Hochwassergefahr im Raum Vilshofen und Passau endlich durch entsprechende Maßnahmen zu begegnen? Was wird getan, um -
Augenblick! Sie haben diese eine Frage zu stellen; das ist ausreichend.
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär.
Herr Abgeordneter, Sie wissen, daß bereits ein wesentlicher Hochwasserschutz im Raum von Vilshofen und für die Bevölkerung der Stadt Vilshofen dadurch erzielt worden ist, daß die B 8 höher gebaut worden ist, so daß praktisch ein Hochwasserschutzdamm geschaffen wurde.
Im übrigen, Herr Abgeordneter, ist alles, was geschehen ist, in vollem Einvernehmen mit der Bayerischen Staatsregierung und mit dem hier besonders zuständigen Bayerischen Staatsministerium des Innern geschehen. Das gilt sowohl für die Durchführung des Rechtsstreits als auch für die weiteren Verhandlungen und alle Schritte, die unternommen worden sind, bis es schließlich zu der Vereinbarung vom Oktober 1967 gekommen ist.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Klepsch.
Herr Staatssekretär, dürfte ich eine Ihrer vorigen Antworten so verstehen, daß Sie es zwar ablehnen, ein Schuldanerkenntnis zu geben, daß aber im übrigen der inkriminierte Sachverhalt zutrifft?
Herr Abgeordneter, ich habe in der Beantwortung der ersten Frage des Abgeordneten Unertl festgestellt, daß natürlich dann, wenn ein Optimum an Baumaßnahmen durchgeführt worden wäre, die Hochwasserschäden nicht eingetreten wären, die jetzt zu beklagen sind. Diesen objektiven Tatbestand habe ich in keiner Weise in Abrede gestellt und verdunkeln wollen. Eine andere Frage ist die, ob die Unterlassung der Durchführung von rechtzeitigen Baumaßnahmen einen Schuldvorwurf begründet. Herr Abgeordneter, wenn Sie das Protokoll nachlesen, werden Sie feststellen, daß ich mich dazu eindeutig geäußert habe, nämlich dahin gehend, daß nach meiner Auffassung - ich vertrete hier eine Meinung - die Behörden des Bundes und auch die obersten Bundesbehörden nicht die Adressaten eines Schuldvorwurfs sein können.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Klepsch.
Herr Staatssekretär, darf ich noch fragen, ob es zutrifft, daß im Rahmen der Wünsche zum Eventualhaushalt die beteiligten Institutionen entsprechende Vorschläge gemacht haben?
Herr Abgeordneter, hier geht es um einen ganz konkreten Maßnahmenkomplex, der ein Gesamtvolumen von 1,3 Millionen DM erfordert, wovon der Bund etwa 1 Million DM zu tragen hat. Die haushaltsmäßige Voraussetzung für die Finanzierung dieser Maßnahmen ist gesichert, so daß es keiner weiteren Schritte mehr bedarf.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ertl.
Herr Staatssekretär, darf ich in diesem Zusammenhang nochmals fragen: glauben Sie, daß das Verhalten von Behörden in Bund und Ländern beispielhaft ist, wenn nach einem rechtskräftigen Urteil fünf Jahre nichts geschieht, und meinen Sie nicht, daß ein solches Verhalten in zivilrechtlicher Sicht unmöglich gewesen wäre?
Herr Abgeordneter, ich habe vorhin auf dié Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Unertl ausgeführt, welche Meinungsänderungen in einem Bereich außerhalb der Einwirkungsmöglichkeiten der Bundesregierung eingetreten waren. Ich denke an die Meinungsänderung des zuständigen bayerischen Ministeriums, als es nämlich darum ging, ob man an Stelle von Hochwasserschutzbaumaßnahmen eine Umsiedlung durchführen sollte. Ich habe hier nicht darüber zu rechten, wie das zu beurteilen ist, sondern ich möchte nur den Sachverhalt feststellen und Sie bitten, in diesem Zusammenhang einmal - ich wiederholte das - die Differenziertheit des gesamten Sachkomplexes zu ermessen und zum anderen Verständnis dafür zu haben, daß ich keinen Anlaß
sehe, den Bund als den Adressaten eines Schuldvorwurfs zu erklären.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Rutschke.
Darf ich Sie fragen, Herr Staatssekretär, wenn Sie die Feststellung treffen, daß der Bund keine Schuld trage: wer hat denn die Schuld?
Herr Abgeordneter, es ist immer leichter, von Schuld zu sprechen, als von Verstrickung. Sehr oft ist aber das, was wir für Schuld halten, in Wahrheit Verstrickung. Das ist die Antwort, die ich darauf zu geben habe.
Im übrigen treffe ich hier keine Feststellungen. Wenn es sein muß, werden letztlich gültige Feststellungen in der rechtsstaatlichen Ordnung, in der wir uns bewegen, von Gerichten getroffen und nicht von Ministerialbeamten.
({0})
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schwabe.
Herr Staatssekretär, könnte man, nachdem das Hochwasser weiter droht,
({0})
andererseits aber in Vilshofen in Kürze eine sehr gewichtige große Veranstaltung stattfindet, vielleicht Interimsmaßnahmen vorsehen, damit nicht ausgerechnet am Aschermittwoch eine Sturmflut neue Schäden anrichtet?
({1})
Herr Abgeordneter, ich nehme an, daß Ihre Frage - ich möchte das von meiner Seite aus sagen - gebührend zur Kenntnis genommen wird. Sie wird sicherlich auch Anlaß zu Überlegungen sein.
({0})
Herr Abgeordneter Unertl, ich sehe, daß Sie sich fortgesetzt wegen der Abwicklung der Fragen erregen. Das ist unbegründet. Ihre natürliche Erregung kann sich - wenn ich das richtig sehe - noch in vier weiteren Zusatzfragen Luft machen. Zwei würden Sie noch zu Ihrer eigenen Frage 3 stellen können. Dann können Sie ganz geschickt sein und nachher noch zwei Fragen zu den Fragen von Herrn Ertl stellen. Damit sind Ihre Zusatzfragen allerdings erschöpft. Aber wie ich Sie kenne, werden Sie dann auch Ihren Gleichmut wiedergefunden haben.
Jetzt kommen wir zur Beantwortung der Frage Nr. 3 des Kollegen Unertl:
Wird die Bundesregierung den Bewohnern der schwer heimheimgesuchten Stadt und der Stadtverwaltung Vilshofen den
entstandenen Schaden ersetzen, der durch die jahrelange Verzögerung einer der Bundesregierung durch Gerichtsurteil auferlegten Baumaßnahme entstanden ist?
Das Wort hat der Herr Staatssekretär.
Herr Abgeordneter, ich darf hier mit allem Ernst und mit allem Nachdruck sagen: Selbstverständlich empfindet die Bundesregierung volle Anteilnahme für die geschädigten Bewohner der Stadt Vilshofen. Ich kann jedoch zu der Frage des Schadensersatzes im gegenwärtigen Zeitpunkt für die Bundesregierung nicht Stellung nehmen. Soweit unter dem Gesichtspunkt des Ausgleichs von Katastrophenschäden im Falle einer Existenzgefährdung ein Ausgleich zu gewähren ist, dürfte die bayerische Staatsregierung gewiß die bestehenden Möglichkeiten ausschöpfen. Welche Möglichkeiten für die Bundesregierung bestehen, kann heute abschließend noch nicht gesagt werden.
Wenn Ihre Frage, Herr Abgeordneter, darauf abzielt, einen Schadensersatzanspruch wegen schuldhaften Verhaltens des Bundes oder schuldhaften Verhaltens derer, die für den Bund tätig werden, anzukündigen, dann muß ich - und im Grunde wiederhole ich nur das, was ich bereits zum Ausdruck gebracht habe - darauf hinweisen, daß nach meiner Kenntnis der Zusammenhänge von einem Schuldvorwurf, der einen zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch begründen könnte, hier nicht die Rede sein kann.
Herr Kollege Unertl, eine Zusatzfrage bitte!
Herr Staatssekretär, wenn die von Ihnen in Aussicht gestellte Beihilfe - im Einvernehmen mit dem Land Bayern - rechtzeitig kommt, lassen wir Vilshofener auch mit uns reden. Kommt aber die Verzögerung genauso wie die in der letzten Fragestunde zitierte, -
Herr Kollege, ich muß Ihnen leider erst einmal den Ton wegnehmen, weil ich mich nochmals mit Ihnen darüber einigen möchte, bevor ich ihn Ihnen wiedergebe, daß Sie eine Frage stellen müssen. Vielleicht gelingt es bei Ihrer rhetorischen Geschicklichkeit, das, was Sie sagen wollen, in Frageform zu kleiden. Wir wollen jetzt achtgeben.
Herr Staatssekretär, glauben Sie nicht, daß die Behandlung des heute in der Fragestunde erwähnten Falles - und wenn noch bei der Regulierung des Schadens die gleiche Verschleppung eintritt wie bei der Baumaßnahme - zu einer Staatsverdrossenheit führt, an der weder die Bundesregierung noch die Landesregierung interessiert sein kann?
Herr Abgeordneter, ich bin der Auffassung - und auch das sage ich in allem Ernst -, daß in einem solchen Fall wie dem, um den es hier geht, alle Beteiligten und alle, die Verantwortung
empfinden - und viele haben Verantwortung zu tragen -, alles tun müssen, um so schnell wie möglich da, wo Not und Existenzgefährdung eintreten, Hilfe zu schaffen. Ich glaube, daß es nicht nur eine Rechtspflicht - ich habe mich aber von Schadensersatzansprüchen distanziert -, sondern auch eine sittliche Pflicht ist, im Rahmen dessen, was. der Billigkeit entspricht, das zu tun, was geschehen muß.
Dann kommen wir jetzt zur Frage 4 des Abgeordneten Ertl:
Trifft es zu, daß Hochwasserschäden in Vilshofen ({0}) hätten vermieden werden können, wenn der Bund seinen Verpflichtungen nachgekommen wäre, wozu er bereits seit fünf Jahren vom Verwaltungsgericht Regensburg rechtskräftig verurteilt ist?
Herr Präsident, ich bin der Auffassung, daß die Frage des Herrn Abgeordneten Ertl durch die Antworten auf die Fragen des Herrn Abgeordneten Unertl bereits hinreichend beantwortet worden ist. Ich weiß nicht, ob der Herr Abgeordnete Ertl diese Auffassung teilt, bitte aber, meine Antwort auf Ihre Frage, Herr Abgeordneter, damit als erteilt anzusehen.
Ich nehme an, .daß der Kollege Ertl diese Meinung teilt. Er wird aber sicherlich noch das Recht, Zusatzfragen zu stellen, in Anspruch nehmen wollen.
Jawohl, Herr Präsident.
Herr Staatssekretär, haben die zuständigen Behörden nicht erwogen, um eine mögliche Hochwasserkatastrophe zu vermeiden, beispielsweise Punktsprengungen durchzuführen? Wie mir berichtet worden ist, ist so etwas am Rhein mit großem Erfolg wiederholt exerziert worden. Man hätte vielleicht sogar Pioniereinheiten - übungshalber - dazu verwenden können.
Herr Abgeordneter, ich bin - technisch und sachverständig - darüber belehrt worden, daß in einer solchen Situation, wie sie hier bestand, Sprengungen keine Aussicht auf Herbeiführung einer solchen Wirkung haben, wie Sie sie wünschten. Ich bitte, dieses technisch-sachverständige Urteil, das sich hier nur referierend wiedergebe, so hinzunehmen, wie ich es sage.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ertl.
Herr Staatssekretär, darf ich, auf Ihre vorige Antwort zurückkommend, nochmals fragen, ob nun, nachdem zu hoffen ist, daß unverzüglich mit Schutzbauten begonnen wird, in das ganze Problem beispielsweise auch - Sie haben ja den Ausdruck „Binnengewässer" gebraucht - die Vilsregulierung einbezogen wird, weil das ja auch eine sehr langwierige Sache ist, die schon seit einiger Zeit ansteht
Soweit es sich um den sehr schwierigen Zusammenhang zwischen Hochwasserschutz und Binnenentwässerung handelt, hat die mit den zuständigen bayerischen Behörden hergestellte Einigung gerade dies zum Inhalt, so daß ich glaube, daß damit eine Gesamtbereinigung des Komplexes möglich ist.
Eine Zusatzfrage, Abgeordneter Ramms.
Herr Staatssekretär, wären Sie bereit, uns schriftlich die Gründe mitzuteilen, warum die Punktsprengungen in diesem Fall nicht zum Erfolg geführt hätten?
Das kann ich natürlich tun, Herr Abgeordneter.
Es werden keine weiteren Zusatzfragen gestellt, auch von Herrn Unertl nicht, wie ich sehe. Damit ist dieser Teil der Fragestunde beendet.
Meine Kollegen, ich habe die Geschäftsordnung hier etwas liberaler gehandhabt, weil es sich um eine Sache von so aktueller Bedeutung handelt.
Wir kommen jetzt zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundeskanzleramts, und zwar zunächst zur Frage 16, die der Herr Abgeordnete Dr. Stammberger - er ist anwesend - stellt:
Worauf ist das völlige Versagen des Bundesnachrichtendienstes gegenüber der Tätigkeit des südkoreanischen CIA auf dem Gebiete der Bundesrepublik Deutschland zurückzuführen?
Das Wort zur Beantwortung hat der Herr Staatssekretär beim Bundeskanzler.
Freiherr von und zu Guttenberg, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundeskanzler: Herr Kollege Dr. Stammberger, von einem „völligen Versagen" des Bundesnachrichtendienstes kann hier schon allein deshalb nicht die Rede sein, weil es nicht die Aufgabe des BND ist, die Tätigkeit fremder Geheimdienste in der Bundesrepublik Deutschland zu überwachen.
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Stammberger.
Herr Staatssekretär, darf 'ich fragen, wessen Aufgabe das dann ist und warum diese Stellen versagt haben.
Freiherr von und zu Guttenberg, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundeskanzler: Ich habe Ihre Frage leider nicht ganz verstanden.
Ich wollte fragen: Die Aufgabe welcher Stellen in der Bundesrepublik ist es denn, diese ausländischen Geheimdienste, soweit sie auf deutschem Boden arbeiten, zu überwachen, und warum haben diese Stellen dann versagt?
Freiherr von und zu Guttenberg, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundeskanzler: Ich glaube nicht, daß hier, wie Sie es tun, so ohne weiteres von einem Versagen irgendwelcher deutscher Behörden gesprochen werden kann. Die Bundesregierung hat jedenfalls keinen Anlaß, ein solches Versagen anzunehmen.
Eine weitere Zusatzfrage, Kollege Stammberger.
Herr Staatssekretär, wann kann ich wohl damit rechnen, daß der Brief beantwortet wird, den ich bereits am 22. August des vergangenen Jahres über den damals zuständigen Staatssekretär Dr. Mercker an die Bundesregierung gerichtet habe, ein Brief, in dem ich auf verschiedenes merkwürdiges Vorgehen des Bundesnachrichtendienstes hingewiesen und dafür Beweis angeboten habe? Den letzten Zwischenbescheid erhielt ich am 9. Oktober, also vor mehr als einem Vierteljahr, aus Ihrem Amte.
Freiherr von und zu Guttenberg, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundeskanzler: Herr Dr. Stammberger, ich muß leider antworten, daß diese Ihre letzte Frage keine Zusatzfrage war, weil sie mit diesem Thema nichts zu tun hat. Ich will mich aber gerne dieser Frage annehmen.
({0})
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Gscheidle.
Herr Staatssekretär, darf ich noch 'einmal auf die erste Zusatzfrage des Kollegen Stammberger zurückkommen und sie wiederholen: Wer ist denn dafür zuständig?
Freiherr von und zu Guttenberg, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundeskanzler: Ohne hier in die Ressortkompetenz anderer Häuser eingreifen zu wollen, möchte ich Ihnen antworten, daß die Polizei zuständig ist, wenn Angehörige des südkoreanischen Geheimdienstes mit den deutschen Gesetzen in Konflikt geraten.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dorn!
Herr Staatssekretär, war denn der Polizei oder einer anderen Stelle, die vielleicht nicht zuständig war, die Tätigkeit des koreanischen Geheimdienstes auf dem Gebiet der Bundesrepublik bekannt?
Freiherr von und zu Guttenberg, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundeskanzler: Nach einer Auskunft des Generalbundesanwalts hatte nicht eine einzige deutsche Stelle mit dieser hier in Rede stehenden Aktion des südkoreanischen Geheimdienstes irgend etwas zu tun. Weiter darf ich
Ihnen sagen, daß nach einer Äußerung des südkoreanischen Geheimdienstchefs, des Ministers Kim, keine vorherige Konsultation, wie er sich ausgedrückt hat, mit der westdeutschen Regierung - und damit sind wohl die Behörden der Bundesrepublik Deutschland gemeint - stattgefunden hat.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Dorn.
Herr Staatssekretär, stimmen Sie mit mir darin überein, daß es aber doch, was die Qualität der deutschen Dienste - zuständig oder nicht zuständig - angeht, äußerst bedenklich erscheinen muß, wenn ausländische Agenten monatelang auf deutschem Bundesgebiet tätig sind und Personalentführungen vornehmen können, ohne daß deutsche Dienststellen das bemerken?
Freiherr von und zu Guttenberg, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundeskanzler: Ich stimme nicht mit dieser Ihrer Wertung überein. Ich darf darauf hinweisen, daß die Tätigkeit ausländischer Geheimdienste auf deutschem Boden erst dann, wenn sie zu einem Konflikt mit deutschen Gesetzen führt, eine Möglichkeit zum Eingreifen gibt.
({0})
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Felder!
Herr Staatssekretär, können Sie in diesem Zusammenhang von Regierungsseite aus die Meldung der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" bestätigen, daß eine an der Entführung beteiligte Gruppe über den amerikanischen Feldflughafen Ramstein in der Pfalz, eine andere über den ebenfalls amerikanischen Feldflughafen Bitburg eingeflogen worden ist, und haben Sie in dieser Angelegenheit Besprechungen mit den Amerikanern gepflogen?
Freiherr von und zu Guttenberg, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundeskanzler: Ich persönlich kann von dem von mir vertretenen Hause aus diese Meldungen nicht bestätigen, aber ich nehme an, daß sich vielleicht das Auswärtige Amt in der Lage sehen wird, zu dieser Sache etwas zu sagen.
Wenn .der Herr Staatssekretär des Auswärtigen Amts diese Frage jetzt ergänzend beantworten will, gebe ich ihm das Wort.
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Präsident, diese Frage bringt mich deshalb in Verlegenheit, weil das Gegenstand einer formulierten Frage des Herrn Kollegen Dr. Emde ist, auf die ich nachher antworten möchte.
Dann wollen wir das nachher machen,. um dem Herrn Kollegen Schultz nicht das Erstgeburtsrecht zu nehmen.
Jetzt kommen wir zur nächsten Zusatzfrage. Frau Abgeordnete Dr. Diemer-Nicolaus!
Herr Staatssekretär, was für Pässe hatten die Angehörigen des südkoreanischen Nachrichtendienstes, die nach Deutschland gekommen sind?
Freiherr von und zu Guttenberg, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundeskanzler: Auch diese Frage steht, soweit ich orientiert bin, auf der Liste jener Fragen, die das Auswärtige Amt zu beantworten haben wird. Ich bin nach einer von Herrn Stammberger vermuteten Tätigkeit oder Nichttätigkei des Bundesnachrichtendienstes gefragt worden.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Seifriz!
Herr Staatssekretär, ich darf auf eine Antwort zurückkommen, die Sie hier vor einiger Zeit gegeben haben. Muß ich daraus schließen, daß die regulären Polizeiorgane der Länder für die Überwachung der ausländischen Geheimdienste zuständig sind, ganz gleich, ob sie eine legale oder weniger legale Tätigkei auf bundesrepublikanischem Boden ausüben?
Freiherr von und zu Guttenberg, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundeskanzler: Nein, das können Sie aus meiner Antwort nicht schließen. Ich habe präzise gesagt, daß der Bundesnachrichtendienst nicht die Aufgabe hat, die Tätigkeit ausländischer Geheimdienste auf deutschem Boden zu überwachen. Ich habe ebenso präzise gesagt, daß die Polizei dort zuständig ist, wo jemand - in diesem Falle also ein Mitglied eines ausländischen Geheimdienstes - mit dem deutschen Gesetz in Konflikt gekommen ist.
Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Seifriz.
Heißt das also, Herr Staatssekretär, daß die ausländischen Geheimdienste generell nicht überwacht werden?
Freiherr von und zu Guttenberg, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundeskanzler: Dazu darf ich sagen, daß dieser Gegenstand gegenwärtig zwischen dem Bundesminister des Innern und dem Bundesminister der Justiz erwogen wird.
Das Wort zu einer Zusatzfrage hat Herr Abgeordneter Ollesch.
Herr Staatssekretär, nachdem ich auch aus der jetzigen Beantwortung der Frage nicht die nötige Klarheit gewonnen habe, möchte ich fragen: Darf ich auf Grund der Antwort, die Sie vorhin
dem Kollegen Dorn gegeben haben, feststellen, daß in der Bundesrepublik kein ausländischer Geheimdienst überwacht wird, wenn es ihm gelingt, mit der Polizei nicht offenbar in Konflikt zu kommen?
Freiherr von und zu Guttenberg, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundeskanzler: Die Bundesregierung kann eine derartige Aktivität, zu der Sie offenbar der Bundesregierung raten, nur im Rahmen der Gesetze unternehmen. Mir ist ein solches spezielles Gesetz, wie Sie es zu vermuten scheinen, nicht bekannt.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Moersch.
Herr Staatssekretär, welchen Sinn hat das Sammeln von Informationen etwa durch den Verfassungsschutz und andere im Haushalt vorgesehene und ausgewiesene Stellen, wenn ausgerechnet ausländische Geheimdienste nicht in dein Bereich der Informationstätigkeit einbezogen werden, ganz gleichgültig, in welcher Art sie arbeiten?
Freiherr von und zu Guttenberg, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundeskanzler: Erlauben Sie mir, Herr Kollege Moersch, Ihnen zu antworten, daß Ihre Frage offenbar auf einem mindestens partiellen Mißverständnis des Charakters eines Nachrichtendienstes beruht. Die Aufgabe des BND ist eindeutig die,
({0})
im Ausland nachrichtendienstliche Aufklärung auf außenpolitischem, wirtschaftlichem und militärischem Gebiet zu betreiben, um auf diese Weise Grundlagen für politische Entscheidungen zu beschaffen.
Herr Staatssekretär, darf ich das „Mißverständnis" dadurch aufklären, daß ich Ihnen sage: Ich habe nicht nach dem BND gefragt, sondern beispielsweise nach der Tätigkeit des Verfassungsschutzes und des militärischen Abschirmdienstes im Bundesgebiet, deren Aufgabe nach dem Haushalt doch darin besteht, Informationen von allgemeiner Wichtigkeit für die Bundesregierung zu sammeln. Und darf ich fragen, ob es in diesem Falle bei ausländischen Geheimdiensten offensichtlich eben nicht geschieht.
Freiherr von und zu Guttenberg, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundeskanzler: Herr Kollege Moersch, ich bleibe bei meiner Antwort. Ich darf mir die Zusatzantwort erlauben, daß ich in dem, was ich zu diesen heiklen Themen bisher gesagt habe, nach meiner Meinung bereits bis an die Grenze dessen gegangen bin, was in dieser Öffentlichkeit gesagt werden kann.
({0})
Ich glaube, Sie wissen, Herr Kollege Moersch, daß
es ein parlamentarisches Vertrauensmännergremium
gibt, in dem solche Fragen auch von dem Vertreter
Parl. Staatssekretär Freiherr von und zu Guttenberg
Ihrer Fraktion gestellt werden können und selbstverständlich voll beantwortet werden.
Da ich der Meinung bin -
Einen Augenblick! Sie können Ihre Meinung natürlich vertreten, nur nicht in der Fragestunde.
Es sollen noch weitere Zusatzfragen gestellt werden. Zunächst Herr Abgeordneter Rutschke!
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- Dann zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Bading.
Herr Staatssekretär, Sie sagten vorhin, daß es keine gesetzliche Grundlage gibt, um ausländische Geheimdienste hier überwachen zu können, bevor sie mit der Polizei in Konflikt kommen. Würde es die Bundesregierung begrüßen, daß eine solche gesetzliche Grundlage seitens des Parlaments geschaffen wird?
Freiherr von und zu Guttenberg, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundeskanzler: Ich habe bereits gesagt, Herr Kollege, daß augenblicklich zwischen dem Bundesministerium der Justiz und dem Bundesministerium des Innern Besprechungen stattfinden, um in diesem Fragenkomplex eine Meinung der Regierung zu erarbeiten.
Herr Kollege Bading zu einer weiteren Zusatzfrage.
Gehe ich dann recht in der Annahme, daß, bevor mit diesen Verhandlungen zwischen den beiden Ressorts begonnen wurde, noch keine Meinung dafür vorhanden war, diese sehr wichtige Frage innerhalb der Bundesregierung einer Lösung näherzubringen?
Freiherr von und zu Guttenberg, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundekanzler: Herr Kollege, es gibt bei dieser Problematik einen Konflikt zwischen Idealen. Auf der einen Seite wird in diesem Hause mit vollem Recht der Standpunkt vertreten, daß unser Land eine möglichst freiheitliche, liberale Verfassung haben soll, und auf der anderen Seite wird in diesem Hause aus gegebenem Anlaß darauf hingewiesen - wie Sie das soeben tun -, daß natürlich in einer solch freiheitlichen Verfassung Probleme auftreten wie jene, die wir soeben besprechen. In diesem Idealkonflikt ist der Bundesregierung im Augenblick die Aufgabe gestellt, sich auf diesem speziellen Gebiete eine Meinung zu erarbeiten..
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Herr Abgeordneter Schmitt-Vockenhausen zu einer Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist es richtig, daß sich die Bundesregierung seit über zwei Jahren auf Grund von Erörterungen des Innenausschusses mit dieser Frage beschäftigt, daß aber die Kodifizierung außerordentlich große rechtliche Probleme aufwirft?
Freiherr von und zu Guttenberg, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundeskanzler: Herr Kollege, obwohl dies nicht in den hier von mir zu vertretenden Geschäftsbereich fällt, möchte ich Ihnen aus meiner persönlichen Kenntnis völlig recht geben.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Bucher.
Ist Ihnen bekannt, Herr Staatssekretär, daß es vor kurzem eine Diskussion darüber gab, ob studentische Organisationen überwacht werden sollten, wobei von staatlichen Dienststellen, zwar nicht des Bundes, aber eines Landes, die Ansicht vertreten wurde, das müßte geschehen, weil potentiellerweise diese Organisation strafrechtliche Tatbestände verwirklichen könnte? Ist es dann nicht mindestens so angebracht, auch ausländische Geheimdienste zu überwachen - ich sage: zu überwachen, nicht: gegen sie einzuschreiten -, da doch hier die Gefahr strafbarer Handlungen mindestens so naheliegt wie bei den Studentenorganisationen?
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Freiherr von und zu Guttenberg, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundeskanzler: Obwohl ich mich, Herr Kollege Bucher, hier nicht zum Zensor einer Meinung aufwerfen möchte, die in einem Lande vertreten wird, darf ich vielleicht darauf hinweisen, daß es einen Unterschied gibt zwischen den hier in Rede stehenden Sachverhalten einerseits und Bedrohungen der verfassungsmäßigen Ordnung andererseits. Daß es für dieses letztere Problem eine eigene Zuständigkeit gibt, wird niemand in diesem Hause leugnen.
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Herr Kollege Schultz, ich habe die Absicht, Ihre Fragen, die den Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts betreffen, jetzt wegen des Sachzusammenhangs vorzuziehen. Würden Sie mir das erlauben? Dann könnten Sie vielleicht nachher Ihre jetzt beabsichtigte Zusatzfrage stellen. Einverstanden?
Nein, verzeihen Sie, Herr Präsident; ich möchte dem Herrn Staatssekretär eine spezielle Frage stellen.
Bitte schön, Herr Kollege Schultz.
Herr Staatssekretär, empfinden Sie es nicht als einen bedauerlichen Mangel an Souveränität in der Bundesrepublik, wenn die Bundesregierung sich nicht imstande sieht, ausländische Geheimdienste auf bundesrepu7592
Schultz ({0})
blikanischem Boden zu überwachen und zu verhindern, daß hier dem Staat Schaden geschieht?
Freiherr von und zu Guttenberg, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundeskanzler: Herr Kollege, ich habe zu diesem Thema schon einige Antworten gegeben und brauche diesen Antworten nichts hinzuzufügen.
Meine Damen und Herren, ich beabsichtige jetzt, wenn der Herr Staatssekretär des Auswärtigen Amts damit einverstanden ist, die Fragen 26 bis 31 vorzuziehen. Das sind drei Fragen von Herrn Abgeordneten Dr. Emde und drei Fragen von Herrn Abgeordneten Schultz. Ich würde vorschlagen, daß sie jeweils gemeinsam beantwortet werden, und nehme an, es ist auch so vorbereitet worden. - Sie beabsichtigen, sie einzeln zu beantworten? - Dann möchte ich allerdings zunächst noch die zweite Frage von Herrn Dr. Stammberger aufrufen, damit wir die Zeit nicht überschreiten. Sonst hätte ich die anderen sechs Fragen vorgezogen; aber das wird noch etwas länger dauern.
Ich rufe also jetzt die Frage 17 des Herrn Abgeordneten Dr. Stammberger auf:
Trifft die Pressemeldung zu, wonach auf Vorschlag des Bundesnachrichtendienstes dem CIA-Chef sowie einer Reihe weiterer CIA-Leute das Bundesverdienstkreuz verliehen wurde?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Freiherr von und zu Guttenberg, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundeskanzler: Herr Kollege Dr. Stammberger, wie bei Staatsbesuchen üblich, wurden auf Anregung der südkoreanischen Regierung anläßlich des Staatsbesuchs des Herrn Bundespräsidenten in Südkorea vom 2. bis 6. März 1967 eine Reihe von Regierungsmitgliedern sowie hohen Staatsbeamten und Offizieren Südkoreas Bundesverdienstkreuze und -medaillen verliehen. Die Ordensstufen richteten sich, wie international üblich, nach der Stellung des Ausgezeichneten. Unter den Ausgezeichneten befanden sich auch der südkoreanische Minister Hyung Wook Kim, der Chef des CIA ist, sowie hohe Beamte seines Ministeriums.
Zusatzfrage, Herr Kollege Dr. Stammberger.
Herr Staatssekretär, wie hat sich denn nach Meinung der für die Verleihung zuständigen Behörden dieser Geheimdienstchef um das Wohl der Bundesrepublik verdient gemacht? Oder werden diese Orden einfach so im Austauschverfahren verliehen?
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Freiherr von und zu Guttenberg, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundeskanzler: Herr Kollege Dr. Stammberger, die für die Ordensverleihung zuständige Behörde ist der Bundespräsident. Ich habe hier weder die Absicht noch die Möglichkeit, in seine Kompetenzeinzugreifen. Ich möchte allerdings sagen, daß nach meiner Kenntnis das von Herrn Hyung Wook Kim geleitete Ministerium auch für die Sicherheit des deutschen Staatsoberhauptes bei seiner Reise nach Südkorea zuständig war. Auch diesen Sachverhalt sollte man, glaube ich, nicht übersehen.
Im übrigen handelt es sich bei einer solchen Ordensverleihung um eine - ich wiederhole, was ich gesagt habe- international übliche Sache.
Zusatzfrage, Frau Kollegin Diemer-Nicolaus.
Herr Staatssekretär, womit hat denn der Bundesnachrichtendienst .seinen Vorschlag begründet? Welche Verdienste hat er dafür angeführt?
Freiherr von und zu Guttenberg, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundeskanzler: Frau Kollegin, ich habe bereits in Beantwortung der Fragen des Herrn Stammberger ausgeführt, daß nicht, wie Herr Stammberger annimmt, der Bundesnachrichtendienst einen solchen Vorschlag eingereicht hat, sondern die südkoreanische Regierung. Dieser Vorschlag wurde über das Auswärtige Amt geleitet. Ich habe also Ihre Frage bereits beantwortet.
Ich hatte das überhört; ich bitte um Entschuldigung.
Meine Damen und Herren, damit sind die Fragen aus dem Bereich des Bundeskanzleramtes beantwortet. Ich ziehe jetzt die Fragen 26 bis 31 vor, wobei ich davon ausgehe, daß die Fragen des Abgeordneten Dr. Emde übernommen werden. - Schon übernommen vom Abgeordneten Dorn. Zunächst die Fragen 26, 27 und 28 des Abgeordneten Dr. Emde:
Hat die Bundesregierung inzwischen bei den Alliierten, die auf deutschem Boden Flugplätze unterhalten, erfahren können, ob die südkoreanischen Agenten, die an der Entführung ihrer Landsleute aus der Bundesrepublik Deutschland beteiligt waren, über deren Feldflugplätze in die Bundesrepublik eingereist sind?
Wer hat die Dienstpässe an die südkoreanischen Geheimdienstagenten ausgegeben, für die nach Ansicht der Bundesregierung Sichtvermerke der Bundesrepublik Deutschland bei einer Einreise nach Deutschland nicht erforderlich sind?
Ist die Bundesregierung bereit, dem Bundespräsidenten zu empfehlen, den Persönlichkeiten der südkoreanischen Regierung, die Träger deutscher Orden sind, die Befugnis zum Tragen dieser Orden wegen der Entführung der Südkoreaner zu entziehen?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Die Antwort auf die erste Frage des Herrn Abgeordneten Dr. Emde lautet: Ja. Die Nachforschungen der Bundesregierung haben ergeben, daß die südkoreanischen Sicherheitsbeamten, die an der Aktion zur Verbringung ihrer Landsleute nach Korea beteiligt waren, weder bei ihrer Einreise in die Bundesrepublik noch zu einem späteren Zeitpunkt von amerikanischen Dienststellen unterstützt worden sind und auch keinerlei amerikanische militärische Einrichtungen dazu benutzt haben.
Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, treffen Presseberichte zu, wonach die entführten Südkoreaner ganz ordnungsgemäß mit vorläufigen Papieren ihrer Botschaft bzw. ihres Konsulats ausgestattet vom Flughafen Fuhlsbüttel ausgereist sind?
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Ja.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist den deutschen Beamten, die die Prüfung der Grenzpapiere vorgenommen haben, denn nicht aufgefallen, daß diese Papiere, die den Betreffenden zusätzlich behelfsweise ausgestellt worden sind, so nicht in Ordnung sein konnten?
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Es gab keinen Anlaß zu einer solchen Feststellung, Herr Kollege Dorn. Sie wissen, daß der ganze Vorgang vom Generalbundesanwalt in einem verhältnismäßig umfangreichen Ermittlungsverfahren geprüft worden ist. Es haben sich insofern keine Anhaltspunkte für irgendwelche Unregelmäßigkeiten oder auch nur Nachlässigkeiten der deutschen Behörden ergeben.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Bucher.
Herr Staatssekretär, entschuldigen Sie eine vielleicht etwas persönliche Frage. Aber ich betrachte Sie als Parlamentarischen Staatssekretär eben doch noch sehr als Mitglied dieses Hauses. Warum machen Sie aus dem „Agenten", wie es in der Frage heißt, Sicherheitsbeamte und aus der „Entführung" eine Verbringung? Wir haben ja ein Verbringungsgesetz; das befaßt sich aber mit Gütern, nicht mit Menschen.
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Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Herr Kollege Bucher, ich beantworte Ihre Frage sehr gern. Zum ersten Teil Ihrer Frage: „Agenten" enthält eine Wertung. Ob diese Wertung zutreffend ist, kann ich sehr schwer beurteilen. Ich muß mich an das halten, was an tatsächlichen, sachlichen amtlichen Feststellungen im Rahmen der deutschen Ermittlungen herausgebracht werden konnte, und dazu gehört, daß dabei die Rede von südkoreanischen „Sicherheitsbeamten" ist.
Zum zweiten Teil Ihrer Frage: Ich finde das Wort „Verbringung" auch nicht schön. Aber die Ermittlungen, die geführt worden sind, und ihr Ergebnis lassen nun einmal die eindeutige Feststellung des Tatbestandes der Entführung, von dem Sie mindestens so gut wie ich wissen, Herr Kollege Bucher, daß er auch ein juristisch ganz klar umrissener
Begriff ist, nicht zu. Deswegen kann ich ihn nicht gut verwenden. Ich würde sonst den Eindruck erwecken, daß hier von der Bundesregierung ein Tatbestand als erwiesen angesehen werde, der nach den tatsächlichen Feststellungen nicht so gewertet werden kann.
Dann kommen wir zur Beantwortung der Frage 27. Bitte, Herr Staatssekretär!
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Alle koreanischen Pässe, seien es Diplomatenpässe, Dienstpässe oder gewöhnliche Pässe, werden vom koreanischen Außenministerium ausgestellt.
Eine Zusatzfrage des Herrn Kollegen Dorn.
Herr Staatssekretär, sollte es in Südkorea nicht doch noch eine Behörde geben, die außerdem berechtigt ist, Dienstpässe auszugeben, bei deren Benutzung eine Einreise in die Bundesrepublik keine Sichtvermerke erfordert?
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Eine weitere Behörde außer dem Außenministerium?
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Soweit das von unserer Seite festgestellt werden konnte, muß ich die Frage mit Nein beantworten. Ich habe keinen Anlaß, hier eine darüber hinausgehende Vermutung anzustellen.
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Kollegen Dorn.
Herr Staatssekretär, wie erklären Sie dann den Tatbestand, daß jemand mit einem Paß aus der Bundesrepublik ausreist, der ja von vorher eingereist sein muß, aber keinen Sichtvermerk für seine Einreise in seinen Papieren haben kann?
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Natürlich sind - wie das international üblich ist - die nachgeordneten Dienststellen des Auswärtigen Amts., beispielsweise eine Botschaft, befugt, entsprechende Papiere auszustellen. Das ist offenbar - ich muß sagen: Offenbar, weil diese Papiere uns nicht vorgelegen haben - auch in diesem Falle geschehen. Das scheint aber nach allgemeiner Erfahrung keine so ungewöhnliche Ausnahme zu sein, ,daß das Vorlegen solcher neu oder nachher ausgestellten Papiere unter allen Umständen auffällig sein und deswegen zu Beanstandungen führen müßte.
Wir kommen jetzt zur Beantwortung der Frage 28 des Abgeordneten Dr. Emde. Bitte, Herr Staatssekretär!
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Die Antwort lautet: Nein. Eine solche Empfehlung ist nicht geplant.
Ich rufe dann die Frage 29 des Abgeordneten Schultz ({0}) auf:
Was ist der Unterschied zwischen Dienst- und Diplomatenpässen, bei deren Benutzung der Inhaber in beiden Fällen keine Sichtvermerke benötigt?
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Die meisten Staaten kennen zwei Typen von amtlichen Pässen: den Diplomatenpaß für Diplomaten, Regierungsmitglieder und andere hochgestellte Persönlichkeiten sowie den Dienstpaß für andere Beamte und sonstige Personen, die im amtlichen Auftrag reisen. Im einzelnen sind die Kriterien, nach denen Diplomatenoder Dienstpässe ausgestellt werden, in den verschiedenen Staaten unterschiedlich. Eine grundsätzliche Befreiung von Inhabern amtlicher Pässe vom Sichtvermerkszwang kennt das deutsche Recht nicht.
Eine Zusatzfrage des Herrn Kollegen Schultz.
Herr Staatssekretär, hält es die Bundesregierung auch weiterhin für wünschenswert, daß Dienstpässe anderer Staaten in der Praxis zum mindesten in der Beziehung, daß Sichtvermerke nicht notwendig sind, Diplomatenpässen gleichgestellt bleiben?
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Ja. Das dient der internationalen Erleichterung im Reiseverkehr von Inhabern solcher Dienstpässe, ist weithin üblich und wird auch von uns benützt. Es ist deswegen nicht einzusehen, weshalb das für die Zukunft nicht wie bisher weiterhin wünschenswert sein sollte.
Eine weitere Zusatzfrage, bitte!
Herr Staatssekretär, Sie befürchten also nicht einen - wenn ich mich freundlich ausdrücken soll - weiteren Mißbrauch solcher Dienstpässe?
Jahn,_ Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Das ist eine Frage der Abwägung, Herr Kollege Schultz. Natürlich kann man nie ausschließen, daß sich in solchen Fällen auch mißbräuchliche Vorkommnisse ereignen. Wenn man aber zwischen der Gefahr des Mißbrauchs, der - das muß an dieser Stelle auch einmal gesagt werden - nur in Einzelfällen festgestellt worden ist, und den wesentlichen Erleichterungen, die sich auf der anderen Seite im amtlichen Reiseverkehr ergeben, abzuwägen hat, sollte man für die Erleichterung sein. Das ist jedenfalls die von der Bundesregierung vertretene Auffassung. Ich meine auch, bezogen auf diesen Fall, daß es sich hier - so
schlimm dieses einmalige Vorkommnis auch ist -, soweit wir bisher festgestellt haben, eben doch nur um ein einmaliges Vorkommnis handelt, das derart weitgehende generelle Schlüsse doch nicht rechtfertigt.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Fellermaier.
Herr Staatssekretär, würden Sie mit mir darin übereinstimmen, daß eine andere Handhabung, etwa die von dem Kollegen Fragesteller soeben gewünschte, insgesamt möglicherweise zu einem Rückschritt führen würde und nicht dem entspräche, was der Deutsche Bundestag schon mehrfach gewünscht hat, nämlich eine Erleichterung im Paßverkehr zwischen den Staaten insgesamt?
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Das wäre ergänzend mit zu berücksichtigen, obwohl es sich in diesem Fall natürlich zunächst einmal um Dienstpässe handelt, für die die allgemeinen Regelungen über Sichtvermerke in dieser Form ja nicht gelten. Hier ist von einer Sonderregelung die Rede. Aber ich bestätige gern, daß die Bundesregierung in der Frage der Erteilung von Sichtvermerken eine Regelung anstrebt, die eine weitestmögliche Freiheit im internationalen Reiseverkehr ermöglicht. Die Bundesregierung ist im Gegensaz zu anderen Ländern in ihren Regelungen außerordentlich weit gegangen und möchte das auch beibehalten. Einschränkungen auch nur auf Teilgebieten würden insofern sicher als ein Rückschritt zu bewerten sein.
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Meine Kollegen, Sie werden Verständnis dafür haben, daß ich keine Zusatzfrage mehr zulasse, weil wir nämlich die Zeit überschritten haben. Wir müssen aber die beiden Fragen des Herrn Kollegen Schultz wegen des Sachzusammenhangs noch beantworten lassen, und dazu können auch noch Fragen vom Fragesteller gestellt werden.
Wir kommen also jetzt zur Frage 30 des Herrn Abgeordneten Schultz:
Hat die Bundesregierung mit Südkorea ein Abkommen über die wechselseitige Anerkennung von Dienstpässen als „quasiDiplomatenpässe" abgeschlossen?
Zur Beantwortung, Herr Staatssekretär.
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Ich darf die beiden Fragen jetzt zusammen beantworten, Herr Präsident.
Dann rufe ich noch die Frage 31 des Herrn Abgeordneten Schultz auf:
Falls die Frage 30 verneint wird: Auf welcher Rechtsgrundlage verzichtete die Bundesregierung bei der Einreise südkoreanischer Agenten in die Bundesrepublik Deutschland mit Dienstpässen auf Sichtvermerke?
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Die Bundesregierung hat mit der Regierung der Republik Korea ein Abkommen über die gegenseitige Aufhebung des Sichtvermerkzwanges für Inhaber amtlicher Pässe abgeschlossen, das am 1. Januar 1962 in Kraft getreten ist.
Herr Kollege Schultz, eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wären nach diesem Abkommen auch Angehörige deutscher Abwehrdienste berechtigt und in der Lage, mit Dienstpässen nach Südkorea einzureisen?
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Falls sie im. Besitz deutscher Pässe sind, ja.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Kollege Schultz.
Herr Staatssekretär, sind solche Abkommen auch mit anderen Staaten, sei es in Europa oder auch außerhalb in der übrigen Welt, abgeschlossen worden, oder ist das ein Einzelfall?
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Nein, es gibt auch andere Abkommen, ohne daß ich im Moment sagen kann, mit welchen Staaten im einzelnen vergleichbare Regelungen vereinbart worden sind.
Ich gebe jetzt eine Zusatzfrage an Frau Abgeordnete Diemer-Nicolaus.
Herr Staatssekretär, wenn festgestellt wird, daß ein Mißbrauch
mit Dienstpässen getrieben worden ist, welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung, um das in Zukunft zu verhindern? Werden dann diese Abkommen überprüft?
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Zu einer generellen Überprüfung dieser Abkommen, Frau Kollegin Diemer-Nicolaus, geben einzelne - auch mehrere einzelne - Mißbrauchsfälle noch keinen Anlaß.
Letzte Zusatzfrage für Herrn Kollegen Spitzmüller.
Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, dem Hohen Hause mitzuteilen, mit welchen Staaten solche Abkommen geschlossen worden sind und mit welchem Datum, genauso wie Sie das für Südkorea heute getan haben?
Jahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen: Ja, ich bin dazu bereit.
Herr Kollege Schultz, Ihre Zusatzfragen sind, wenn ich richtig gerechnet habe, erschöpft.
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- Ich sehe, daß Sie meine falsche Rechnung dadurch honorieren, daß Sie freiwillig verzichten. Die Fragen sind gemeinsam beantwortet worden.
Damit sind die Fragen, die diesen Bereich betreffen, beantwortet. Meine Damen und Herren, die Fragestunde ist damit beendet.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages ein auf Freitag, den 19. Januar, 9 Uhr.
Die Sitzung ist geschlossen.