Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet.
Ich habe zunächst die Freude, Herrn Abgeordneten Stooß zu seinem 71. Geburtstag die herzlichsten Glück- und Segenswünsche des Hauses zum Ausdruck zu bringen.
({0})
Zu den in der Fragestunde der 101. Sitzung des Deutschen Bundestages am 12. April 1967 gestellten Fragen des Abgeordneten Baier, Drucksache V/1618 Nrn. V/20, V/21 und V/22 *) ist inzwischen die schriftliche Antwort des Bundesministers Leber vom 11. April 1967 eingegangen:
In die internen Überprüfungen verkehrsschwacher Strecken hat die Deutsche Bundesbahn, wie sie mir mitteilt, auch die Strecke Meckesheim-Obrigheim einbezogen. Die Untersuchungen hierüber sind jedoch noch nicht abgeschlossen.
Erst wenn ein abschließendes Ergebnis vorliegt, wird der Vorstand der Deutschen Bundesbahn darüber entscheiden, ob ggf. für einen Teilabschnitt dieser Strecke ein Verfahren nach dem Bundesbahngesetz eingeleitet wird. Im Rahmen dieses Verfahrens wird dann auch die oberste Landesverkehrsbehörde eingeschaltet, die ihrerseits wieder die zuständigen Behörden anhört.
Bei einer Umstellung des Verkehrs von der Schiene auf die Straße wird auch geprüft, ob das jeweilige Straßennetz für eine solche Umstellung sowohl hinsichtlich des Ausbauzustandes als auch der Belastung geeignet ist. Damit wird eine ggf. erforderliche Abstimmung der Maßnahmen der Deutschen Bundesbahn mit den Absichten des Straßenbaulastträgers gewährleistet.
Zu den in der Fragestunde der 102. Sitzung des Deutschen Bundestages am 13. April 1967 gestellten Fragen des Abgeordneten Meister, Drucksache V/1618 Nrn. XVII/1, XVII/2 und XVII/3, ist inzwischen die schriftliche Antwort des Bundesministers Höcherl vom 13. April 1967 eingegangen:
Die einheimische Konservenindustrie ({1}) nimmt jährlich etwa 5 bis 600 000 t Gemüse und ungefähr 500 000 t Obst ({2}) zur Verarbeitung auf. Rohstoffbasis ist die einheimische Obst- und Gemüseerzeugung. Der Rohwarenbedarf wird zur Zeit nur bei wenigen Erzeugnissen durch Einfuhren ergänzt ({3}).
Eine besondere Stellung nimmt die Herstellung von Gemüsekonserven mit den Schwerpunkten Erbsen- und Bohnenkonserven ein. Die Produktion hatte 1963 ihren bislang höchsten Stand erreicht.
*) Siehe 101. Sitzung, Seite 4674 A
Die Öffnung der deutschen Grenzen gegenüber den Partnerstaaten, Forderungen nach zusätzlichen Einfuhren in Verbindung mit Zollsenkungen, mit denen die Konjunktur gedämpft werden sollte, sowie Kapitalarmut, unterschiedliche Einstandspreise für die Rohware auf Grund schwankender Ernten, Umschlag der Fertigerzeugnisse nur einmal im Jahr, verbunden mit erheblichen Zinsbelastungen und der Übernahme unverkaufter Bestände als Überhänge in die kommende Kampagne, hatten die im wesentlichen mittelständischen Unternehmen in eine schwierige Situation gebracht.
Zu berücksichtigen ist außerdem, daß die deutschen Verarbeitungsbetriebe ihren Sitz ziemlich massiert entlang der Zonengrenze haben, ihnen ein wesentlicher Teil ihrer natürlichen Absatzgebiete durch die Teilung Deutschlands verloren gegangen ist und die Märkte praktisch während des ganzen Jahres mit frischem Obst ({4}) und Gemüse, größtenteils über ihre Aufnahmefähigkeit hinaus, versorgt sind.
Ein Teil der Schwierigkeiten ist jedoch auch darauf zurückzuführen, daß im Zuge der Konzentration, der Automation und der Änderungen der Verkaufsgepflogenheiten die Unternehmen, abgesehen von einigen Großbetrieben, dem harten Wettbewerb kaum noch gewachsen sein dürften. Auch kleinere Konservenfabriken hatten noch vor wenigen Jahren einen bestimmten Kundenkreis. Durch die Zusammenschlüsse des Handels treten heute nur wenige Einkäufer auf, welche die Preise bestimmen und in der Regel Mengen verlangen, die von den kleineren Betrieben nicht geliefert werden können, weil sie größer sind als das ganze Produktionsprogramm dieser Betriebe.
Diese Feststellungen decken sich im wesentlichen mit dem Ergebnis einer Untersuchung über die wirtschaftliche Lage der Gemüsekonservenindustrie, die in meinem Auftrage vorgenommen wurde.
Als Folge der schwierigen Lage der Jahre 1963/64 ging die Produktion stark zurück. Eine gewisse Konsolidierung, unterstützt - so weit als möglich - durch eine behutsame Einfuhrpolitik, zeichnete sich in den Jahren 1965 und 1966 ab; die Produktion stieg wieder an und erreichte bzw. überstieg bei einigen Erzeugnissen sogar die Produktion des Jahres 1963. ({5})
2.
a) Einheimische Produktion und Einfuhren.
Bei durchschnittlichen Ernten der Erwerbsanbauer ({6}) werden in der Bundesrepublik jährlich
etwa 1,0 bis 1,5 Millionen t Obst und
1,1 bis 1,3 Millionen t Gemüse geerntet.
Eingeführt wurden 1964 1965 1966
frisches Obst 1 270 456 t 1 410 180 t 1 343 099 t
frisches Gemüse 924 976 t 1 052 591 t 1 057 622 t
und frische Südfrüchte 1 522 317 t 1 611 433 t 1 632 076 t
b) Anteile der Ländergruppen an den Einfuhren. Von den Einfuhren entfielen
bei Obst 5,8 % 5,4 % 4,7 %
auf die Ostblockländer
auf andere Drittländer 20,9 % 19,3 % 19,2 %;
bei Gemüse
auf die Ostblockländer 8,4 % 9,3 % 10,9 %
auf andere Drittländer 13,3 % 12,0 % 12,0 %.
An den Südfruchteinfuhren sind die Ostblockländer nicht beteiligt. ({7})
c) Anteil der Drittlandware, der verarbeitet wird.
Der Verarbeitung werden zugeführt von den Einfuhren aus Ostblockländern
etwa 20-25 000 t Obst,
das sind etwa 4,5 % des Rohwarebedarfs, etwa 25 000 t Gemüse,
das sind etwa 5,0 % des Rohwarebedarfs,
Vizepräsident Frau Dr. Probst
und zwar Mostäpfel, gewisse Mengen an Aprikosen, Sauerkirschen, Pflaumen und einige tausend t Beerenobst, im wesentlichen Heidelbeeren;
Pilze ({8}), Gemüsepaprika, Einlegegurken und gelegentlich unbedeutende Mengen an Kopfkohl, Pflückerbsen und Wurzelgemüse.
Aus anderen Drittländern werden der Verarbeitung nur unbedeutende Mengen österreichischer, jugoslawischer oder spanischer Herkunft zugeführt, die insgesamt kaum 2,0 v. H. des Rohwarenbedarfs ausmachen.
3.
Hier ist zu unterscheiden zwischen dem Rohwarenbedarf an Obst und Gemüse.
Bei Obst fehlen aus einheimischer Erzeugung Sorten und Qualitäten, die für die Verarbeitung besonders geeignet sind. Das gilt sowohl für Äpfel und Birnen als auch für Pflaumen, Pfirsiche und Aprikosen. Außerdem werden den Verarbeitern in der Regel nur die Mengen angeboten, welche am Frischmarkt nicht befriedigend abzusetzen sind. Der Vertragsanbau ist noch unbedeutend.
Bei Gemüse richtet ein erheblicher Teil der Anbauer noch immer die Produktion nach den Erlösen des Vorjahres aus, während die Konservenhersteller ihr Produktionsprogramm erfüllen müssen, um am Markt zu bleiben. Zwar ist der Vertragsanbau weit verbreitet, doch werden nicht selten größere Mengen den Verarbeitern vorenthalten, wenn am Frischmarkt bessere Preise erzielt werden. Das hat maßgeblich dazu beigetragen, daß seit etwa 2 Jahren auch mit ausländischen Erzeugern, Handelsunternehmen usw. Anbau- und Lieferungsverträge abgeschlossen werden.
Außerdem haben namhafte deutsche Hersteller einen Teil ihrer Produktion bereits ins Ausland verlegt.
Trotzdem sind, insbesondere in letzter Zeit, Anzeichen dafür vorhanden, daß Anbauer und Verarbeiter sich darauf besinnen, daß beide aufeinander angewiesen sind.
Ich komme nun zu Punkt 1 der heutigen Tagesordnung:
Fragestunde
- Drucksachen V/1618, V/1620 Wir beginnen mit dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen. Der Staatssekretär ist anwesend.
Ich rufe die Fragen XV/1 und XV/2 des Abgeordneten Kühn ({9}) auf:
Ist die Bundesregierung mit mir der Auffassung, daß es der Wille des Gesetzgebers war, die Ergänzung des § 13 Abs. 1 Ziffer 4 des Gesetzes über die Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft nach Durchschnittssätzen vom 15. September 1965, wonach die Einkünfte aus Forstgenossenschaften und ähnlichen' Realgemeinden im Sinne des § 3 Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes bei den Genossen als Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft gelten, auch schon für das Wirtschaftsjahr 1964/65 der betr. Forstgenossenschaft anzuwenden, wenn es nach dem Inkrafttreten des vorgenannten Gesetzes endet?
Ist die Bundesregierung bereit, mit den Länderregierungen dahin zu verhandeln, daß diese eine einheitliche Anwendung der in Frage XV/1 genannten Bestimmungen im Sinne des Gesetzgebers sicherstellen?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Bundesministers Dr. h. c. Strauß vom 6. April 1967 lautet:
Zu Frage 1:
Die Vorschriften in § 3 Abs. 2 KStG in Verbindung mit § 24 Abs. 2 KStG sind erstmals für den Veranlagungszeitraum 1965 anzuwenden. Da es bei der Genossenschaft für den Veranlagungszeitraum 1965 auf den Gewinn des Wirtschaftsjahres 1964/65 ankommt ({10}), teile ich Ihre Auffassung, daß der Gewinn dieses Wirtschaftsjahres bereits unmittelbar bei den Genossen zu versteuern ist. Nach § 13 Abs. 1 Ziff. 4 EStG in Verbindung mit § 52 Abs. 15 EStG handelt es sich dabei um Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft; denn das Wirtschaftsjahr 1964/65 der Genossenschaft endet zu einem Zeitpunkt, der nach dem 1. Juli 1965 liegt und damit bereits in das für die Genossen als Land- und Forstwirte maßgebliche Wirtschaftsjahr 1965/66 fällt.
Zu Frage 2:
Ich bin bereit, die Frage auf die Tagesordnung der nächsten Besprechung mit den Einkommensteuerreferenten der Länder zu setzen und meine Auffassung vorzutragen. Über das Ergebnis dieser Besprechung werde ich Sie unterrichten.
Ich rufe die Fragen XV/3, XV/4 und XV/5 des Abgeordneten Strohmayr auf:
Nach welchem Verteilungsschlüssel sind die Leibniz-Gedenkmünzen auf die Landeszentralbanken verteilt worden?
Welchen Schlüssel legen die Landeszentralbanken bei der Verteilung der Leibniz-Gedenkmünzen an die Kredit- und Sparinstitute zugrunde?
Kann bereits jetzt mit einer Erhöhung der Auflage von 1,5 Millionen Stück definitiv gerechnet werden, nachdem es selbst stark interessierten Sammlern nicht möglich war, Leibniz-Gedenkmünzen zu erwerben?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Bundesministers Dr. h. c. Strauß vom 10. April 1967 lautet:
Die Lelbniz-Gedenkmünzen sind an die Hauptverwaltungen der Landeszentralbanken in Anlehnung an die Bevölkerungsanteile der Länder verteilt worden. Die Verteilung ist aus der nachstehenden Gegenüberstellung ersichtlich. Die .Angaben über die Bevölkerung sind der von der Deutschen Bundesbank nach Unterlagen des Statistischen Bundesamtes ({11}) erstellten Tabelle „Die Wohnbevölkerung im Bundesgebiet nach Ländern" entnommen.
Land Bevölkerung % Verteilung der
Mio Personen Leibniz Gedenkmünzen
Berlin 2,2 3,7 4
Baden-Württemberg 8,5 14,2 14
Bayern 10,2 17,1 17
Bremen 0,8 1,3 2
Hamburg 1,9 3,2 4
Hessen 5,2 8,7 9
Niedersachsen 7,0 11,7 12
Nordrhein-Westfalen 16,8 28,1 26
Rheinland-Pfalz 3,6 6,0 6
Saarland 1,1 1,8 2
Schleswig-Holstein 2,5 4,2 4
59,8 100,0 100
Die Abgaben an die Landeszentralbanken wurden auf volle Tausend DM auf- bzw. abgerundet, da die Münzen in Beuteln zu 1000 DM geliefert wurden.
Die Landeszentralbanken - Hauptverwaltungen - haben die Münzen ebenfalls unter Zugrundelegung der Bevölkerungszahlen an ihre Zweiganstalten weitergegeben.
Die Verteilung der Gedenkmünzen durch die Zweiganstalten der Landeszentralbanken an die Kreditinstitute richtet sich nach den örtlichen Verhältnissen. Bestimmend ist die Anzahl der Kreditinstitute im Geschäftsbezirk, ihr Geschäftsumfang und Kundenkreis, auch Vorbestellungen von Sammlern. Eine Norm für die Handhabung bei den Zweiganstalten kann aus diesen Gründen nicht aufgestellt werden.
Die Auflage ist inzwischen auf 2 Millionen Stück erhöht worden. Die Verteilung ist noch nicht abgeschlossen.
Ich rufe die Frage XV/6 des Herrn Abgeordneten Klein auf:
Wie ist das geschätzte Aufkommen der Heizölsteuer für 1967 ({12}) errechnet worden?
Ich bitte den Herrn Staatssekretär um Beantwortung.
Bei der letzten Sitzung des Arbeitskreises Steuerschätzungen am 12. Oktober 1966 ist das Aufkommen aus der Mineralölsteuer auf Heizöle für 1967 auf insgesamt 800 Millionen DM geschätzt worden. Dabei ist von folgenden Annahmen ausgegangen worden: 1. von einer Ist-Einnahme für 1966 in Höhe von 730 Millionen DM, 2. von einer knapp 10%igen Zunahme in 1967, bei der bereits ein geringerer Verbrauchszuwachs als 1966 unterstellt worden war, 3. von einem unveränderten Steuerrecht. Dieser Ansatz wird am 25. April dieses Jahres - wie alle Steuereinnahmen 1967 - im ArbeitsStaatssekretär Grund
kreis Steuerschätzungen, also unter Mitarbeit der Länder und führender Wirtschaftsforschungsinstitute, überprüft werden. Bei dieser Überprüfung dürfte hinsichtlich des Aufkommens aus der Mineralölsteuer auf Heizöle damit zu rechnen sein, daß der Einnahmeansatz um 20 bis 30 Millionen DM erhöht werden kann, weil sich die Schätzungsgrundlagen inzwischen geändert haben. Die Ist-Einnahmen im Jahre 1966 betrugen zwar nur 715,9 Millionen DM, also rund 14 Millionen DM weniger, als im Oktober 1966 erwartet wurde. Andererseits sind wegen der zwischenzeitlich erfolgten Vorverlegung bestimmter Zahlungsfristen im Steueränderungsgesetz 1967 auch bei dieser Steuer Mehreinnahmen von 40 bis 50 Millionen DM zu erwarten. Der voraussichtliche neue Ansatz wird für 1967 rund 825 Millionen DM betragen. Das bedeutet eine Aufkommenszunahme von nahezu 110 Millionen DM gegenüber 1966, wovon ungefähr 40 v. H. auf die Steuerrechtsänderung zurückzuführen sind.
Ich rufe die zweite Frage des Herrn Abgeordneten Klein, Frage XV/7, auf:
Für welche Zwecke ist das Heizölsteueraufkommen 1966 verwendet worden?
Nach Art. 4 des Gesetzes zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes vom 26. April 1960 dient das Aufkommen aus der Besteuerung der Heizöle nach näherer Bestimmung des Bundeshaushaltsplans zur Finanzierung von Maßnahmen zur Anpassung des Steinkohlenbergbaus an die veränderte Lage auf dem Energiemarkt, insbesondere zur Vermeidung sozialer Härten. Im Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes 1964, Bundestagsdrucksache V/1432, der gerade in diesen Tagen den Bundesrat im zweiten Durchgang passiert hat, ist diese Zweckwidmung im wesentlichen beibehalten worden.
Das Ist-Aufkommen 1966 betrug, wie soeben ausgeführt, 715,9 Millionen DM. Hiervon sind verwendet worden - danach ist gefragt - für die Rationalisierung, Stillegung von Förderkapazitäten, Absatzhilfen und sonstige Hilfen für den Bergbau insgesamt 176,8 Millionen DM, und zwar für Rationalisierung und Stillegung 70,5 Millionen DM, für Frachthilfen 62,0 Millionen DM, für energiepolitische Maßnahmen nach Kap. 09 02 Tit. 966 - Förderung zur Errichtung von Block- und Fernheizwerken und einer Ferngasleitung - 9,1 Millionen DM, für dezentrale Einlagerung von Kohle 18,2 Millionen DM, für Abgeltung des Ausfalles von Nachholschichten 17 Millionen DM.
Ferner sind für Maßnahmen im sozialen Bereich 521,5 Millionen DM verwendet worden, und zwar für Leistungen des Bundes an die knappschaftliche Rentenversicherung zur Entlastung der Bergbauunternehmen 76 Millionen DM und für soziale Hilfsmaßnahmen für Bergarbeiter 25,5 Millionen DM.
Von der Ist-Ausgabe des Bundeszuschusses zur Knappschaftsversicherung in einer Gesamthöhe von 2505,3 Millionen DM ist ein Betrag von 437,6 Millionen DM durch das Heizölsteueraufkommen gedeckt worden. Das entspricht nach Auffassung des Bundesfinanzministeriums der Zweckbindung deshalb, weil das erhöhte Defizit der Knappschaft durch die veränderte Lage am Energiemarkt, durch die Verminderung der Beitragsleistungen auf Grund der Freistellung von Arbeitskräften im Bergbau und der Verbesserung der Leistungen bedingt ist.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Klein, bitte!
Herr Staatssekretär, können Sie jetzt schon sagen, wie sich die Deckung der Ausgaben für 1967 gestalten wird? Wenn Ihnen das jetzt nicht möglich ist, bitte ich um schriftliche Beantwortung.
Ich kann Ihnen die Zahlen, wie sie sich nach dem Haushaltsentwurf darstellen, schriftlich geben. Ich möchte allerdings schon jetzt hinzufügen, daß sich eine Verschiebung ergeben wird, weil im Jahre 1967 - und auch in den kommenden Jahren - die Leistungen des Bundes für den Steinkohlenbergbau das voraussichtliche Aufkommen ,aus der Heizölbesteuerung in zunehmendem Maße übersteigen werden.
Ich werde Ihnen in der schriftlichen Beantwortung im einzelnen auseinandersetzen, durch welche Maßnahmen das bedingt ist.
Ich rufe die Frage XV/8 des Abgeordneten Hauser ({0}) auf:
Hält die Bundesregierung es für der Rechtslage entsprechend und sinnvoll, einem gemeinnützigen Trägerverein, der eine anerkannte politische Bildungsstätte unterhält, Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Ziff. 13 UStG für Veranstaltungen zu versagen, die in der Bildungsstätte stattfinden, bei denen aber ein zweiter gemeinnütziger Träger zu den Veranstaltungen einlädt und dieselben finanziert?
Frau Präsidentin, erlauben Sie mir, daß ich die drei Fragen des Herrn Abgeordneten Hauser wegen des Sachzusammenhanges gemeinsam beantworte?
Herr Hauser ist einverstanden. Ich bin es ebenfalls. Ich rufe daher auch die Fragen XV/9 und XV/10 des Abgeordneten Hauser auf:
Wie verhält es sich, wenn die in Frage XV/8 erwähnten Veranstaltungen aus öffentlichen Mitteln - z. B. Bundes- oder Landesjugendplan - bezuschußt werden und Zuschußempfänger der zweite gemeinnützige Träger ist?
Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um bei den in Frage XV/8 erwähnten Veranstaltungen den z. Z. unterschiedlichen Auslegungen der Bestimmungen durch verschiedene Finanzämter entgegenzuwirken?
Zu Frage 1. Eine politische Bildungsstätte, die zur Durchführung ihrer satzungsgemäßen Aufgaben Personen bei sich aufnimmt, ist gemäß § 4 Nr. 13 des Umsatzsteuergesetzes von der Umsatzsteuer befreit, soweit es sich um die Gewährung von Beherbergung, Beköstigung und üblichen Naturalleistungen handelt. Die Steuerbefreiung wird nach einer in der Praxis der Finanzverwaltung vertretenen Auffassung über den Wortlaut des § 4 Nr. 13 des Umsatzsteuergesetzes hinaus auch dann gewährt, wenn die politische Bildungsstätte die Veranstaltungen nicht selbst durchführt, sondern ihre Einrichtungen einem anderen politischen Bildungsträger - z. B. einer politischen Partei - zur Durchführung entsprechender Veranstaltungen zur Verfügung stellt. Diese Auffassung erscheint mit Rücksicht auf den Sinn und Zweck der Vorschrift durchaus vertretbar.
Anders sind jedoch die Fälle zu beurteilen, in denen eine politische Bildungsstätte zur besseren wirtschaftlichen Ausnutzung ihrer Einrichtungen Veranstaltungen bei sich durchführen läßt, die außerhalb ihres eigentlichen Aufgabenkreises liegen. Die Steuerfreiheit kann deshalb nicht gewährt werden für die Entgelte, die eine politische Bildungsstätte z. B. von einer Privatfirma für die in ihren Räumen durchgeführten Kurse oder Fachtagungen erhält. Es kommt hierbei nicht darauf an, ob der Veranstalter als gemeinnützig anerkannt ist oder nicht. Entscheidend ist, ob die bei einer politischen Bildungsstätte durchgeführte Veranstaltung der politischen Bildungsarbeit dient.
Zu Frage 2. Der Umstand, daß die politische Bildungsstätte Entgelte von einem Veranstalter erhält, dem aus öffentlichen Mitteln Zuschüsse gewährt werden, hat auf die dargelegte Rechtslage unmittelbar keinen Einfluß. Jedoch kann hierin ein sicheres Indiz dafür gesehen werden, daß- die Veranstaltung in den Aufgabenbereich der politischen Bildungsstätte fällt und deshalb die Steuerbefreiung anwendbar ist.
Zu Frage 3. Die Feststellungen haben ergeben, daß die politischen Bildungsstätten im Bonner Raum einheitlich behandelt werden. Ob die Finanzämter in anderen Bezirken die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 13 des Umsatzsteuergesetzes auf die politischen Bildungsstätten unterschiedlich anwenden, ist mir nicht bekannt. Das Bundesfinanzministerium ist gern bereit, eine Prüfung zu veranlassen, wenn ihm die betreffenden Fälle mitgeteilt werden.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Hauser.
Herr Staatssekretär, habe ich Sie richtig dahin verstanden, daß nicht entscheidend ist, wer Träger der Veranstaltung ist, sondern welchen Charakter die Veranstaltung hat, und daß dann, wenn es sich eindeutig um eine politische Bildungsveranstaltung handelt, die Umsatzsteuerbefreiung in jedem Fall zu gewähren ist?
Genau so, Herr Abgeordneter, habe ich hier meine Antwort formuliert und verstanden wissen wollen.
Keine weiteren Zusatzfragen.
Ich rufe die Frage XV/11 des Abgeordneten Dr. Schulze-Vorberg auf:
Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß den deutschen Zeitungen, Verlegern und Journalisten unverzüglich die günstigeren Steuerbedingungen eingeräumt werden sollten, wie sie in den anderen Staaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft gültig sind?
Diese Frage ist nach einer Vereinbarung im Altestenrat vom 15. Mai 1962 nicht zulässig, weil sie im unmittelbaren Zusammenhang mit einer Materie steht, die das Haus jetzt gerade behandelt hat. Diese Frage gehört in den Bereich der Nettoumsatzsteuer.
Ich rufe daher jetzt weiter die Frage XV/12 des Herrn Abgeordneten Dröscher auf:
Wie schätzt die Bundesregierung die Folgen der Branntweinsteuererhöhung auf das Gesamtaufkommen ein?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Staatssekretärs Grund vom 12. April 1967 lautet:
Das Steueraufkommen ist im Rechnungsjahr 1966 gegenüber dem Vorjahr um rd. 271 Mio DM oder 17,9 % gestiegen. Damit entsprechen die Mehreinnahmen fast dem Umfang der Branntweinsteuererhöhung um 20 % ab 1. Januar 1966. Dabei muß allerdings berücksichtigt werden, daß in diesen Mehreinnahmen wegen des 6monatigen Zahlungsaufschubs auch die Steuern aus den erheblichen Hortungskäufen in den Monaten November und Dezember 1965 enthalten sind. Darüber hinaus enthält das Steueraufkommen des Jahres 1966 einen Betrag von rd. 91 Mio DM aus der Nachversteuerung von im Handel befindlichen Spirituosen aus Anlaß der Steuererhöhung.
Der Absatz der Bundesmonopolverwaltung an Branntwein zu Trinkzwecken ist im Jahre 1966 gegenüber dem Vorjahr um 25,8 % zurückgegangen. Wegen der Hortungskäufe gegen Ende des Jahres 1965 ist dieser Vergleich für die weitere Absatzentwicklung jedoch wenig aufschlußreich.
Gegenüber dem Jahre 1964, das von besonderen Umständen nicht beeinflußt war, ist der Absatz der Bundesmonopolverwaltung um 7,4 % zurückgegangen. Im IV. Quartal des Jahres 1966, in dem sich die Hortungskäufe mit großer Wahrscheinlichkeit nicht mehr ausgewirkt haben, lag der Absatz bereits um 2,8 % über dem Absatz im IV. Quartal des Jahres 1964. Diese Tendenz zeigt sich auch bei der Erzeugung von ablieferungsfreiem Branntwein, die in den letzten Jahren etwa dem Trinkspritabsatz der Monopolverwaltung entsprach. Hier ist die Erzeugung im Jahre 1966 gegenüber 1965 - trotz der sich auch hier auswirkenden Hortungskäufe - um 2,6 % gestiegen.
Abschließend wird die Entwicklung erst nach dem Ablauf des Jahres 1967 beurteilt werden können. Es kann jedoch jetzt schon gesagt werden, daß die Höhe des Steueraufkommens offenbar mehr von der Entwicklung der allgemeinen Wirtschaftslage als von der Branntweinsteuererhöhung am 1. Januar 1966 beeinflußt worden ist.
Ich rufe die Frage XV/13 des Herrn Abgeordneten Dr. Pohle auf:
Wird die Bundesregierung - vor allem im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach die Steuerbehörden endgültige, aber fehlerhafte Steuerbescheide innerhalb der Verjährungsfrist auch zu Lasten des Steuerpflichtigen aufheben können - eine Änderung des § 220 AO mit dem Ziele veranlassen, daß auch der Steuerpflichtige, dem Grundsatz verfassungsmäßiger Gleichbehandlung entsprechend, innerhalb der Verjährungsfrist die Wiederaufrollung eines Steuerfalles in dem gleichen Umfang herbeiführen kann wie die Finanzverwaltung?
Ich bitte den Herrn Staatssekretär um Beantwortung.
Frau Präsidentin, darf ich auch die Fragen des Herrn Abgeordneten Dr. Pohle gemeinsam beantworten?
Einverstanden. Ich rufe also auch die Fragen XV/14 und 15 des Herrn Abgeordneten Dr. Pohle auf:
Wie steht die Bundesregierung zu einer auf § 131 AO gestützten Erstattung von Steuern oder Abgaben an einen Steuerpflichtigen, der gegen den Abgabenbescheid im Vertrauen auf die Verfassungsmäßigkeit der diesem zugrunde gelegten steuerlichen Bestimmungen auf die Einlegung eines Rechtsmittels verzichtet hat, dann aber von einem nach Eintritt der Rechtskraft des Abgabenbescheides ergangenen Urteil des Bundesverfassungsgerichts Kenntnis erlangt, das die dem Abgabenbescheid zugrunde liegenden steuerlichen Bestimmungen für verfassungswidrig erklärt?
Hält es die Bundesregierung nicht für richtig, auf dem Gebiet der Bundessteuern allgemeine Anweisungen nach § 131 AO zu erlassen, um auf diesem Wege mit Hilfe von Steuererstattungen nachträglich die Gesetzmäßigkeit der Besteuerung in gewissen Fällen wiederherzustellen?
Zur ersten Frage. Die Auswirkungen der Nichtigerklärung einer Gesetzesnorm auf unanfechtbare Entscheidungen wird durch § 79 Abs. 2 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes dahin geregelt, daß diese Entscheidungen unberührt bleiben, es sei denn, daß eine hiervon abweichende besondere gesetzliche Regelung ergeht.
Diese im Bundesverfassungsgerichtsgesetz getroffene Regelung stellt einen Kompromiß zwischen dem Grundsatz der materiellen Gerechtigkeit und dem Grundsatz der formellen Rechtssicherheit dar. Gegenüber dieser Entscheidung des Gesetzgebers sieht die Bundesregierung keine Verbesserungsmöglichkeit. Ich darf in diesem Zusammenhang auf das Schreiben des Herrn Bundesministers der Justiz vom 15. März 1964 an den Herrn Präsidenten des Deutschen Bundestages - Bundestagsdrucksache IV/2126 - verweisen.
Die in § 79 Abs. 2 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes getroffene Regelung bedeutet nach meiner Auffassung, die auch durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs bestätigt worden ist - so im Urteil des Bundesfinanzhofs vom 23. April 1964, Bundessteuerblatt 1964 III Seite 321 -, daß die Nichtigerklärung einer Gesetzesnorm durch das Bundesverfassungsgericht nicht Anlaß einer Fehlerberichtigung nach § 222 Abs. 1 Nrn. 3 und 4 der Abgabenordnung sein kann. Gegenüber diesen Berichtigungsvorschriften wird § 79 Abs. 2 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes als lex specialis angesehen.
Durch § 79 Abs. 2 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes unberührt bleiben aber die Berichtigungsmöglichkeiten wegen neuer Tatsachen und Beweismittel nach § 222 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 der Abgabenordnung. Ich nehme an, daß Sie, Herr Abgeordneter, diese Vorschrift in Ihrer ersten Frage gemeint haben. Bei der Anwendung dieser Vorschrift ist die Nichtigerklärung einer Gesetzesnorm zu berücksichtigen, allerdings nur in dem für die Berichtigung gesetzten Rahmen.
Das bedeutet folgendes: Werden nachträglich neue Tatsachen oder Beweismittel zuungunsten des
Steuerpflichtigen bekannt - ich betone: zuungunsten -, so ist die Nichtigerklärung eine Norm im Rahmen der Berichtigungsveranlagung insoweit zu berücksichtigen, als hierdurch der unanfechtbar gewordene Steuerbetrag nicht unterschritten wird. Liegen dagegen neue Tatsachen oder Beweismittel zugunsten des Steuerpflichtigen vor, so wird in dem Berichtigungsbescheid die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ohne jede Einschränkung berücksichtigt. Gleiches gilt, wenn neue Tatsachen oder Beweismittel sowohl zugunsten als auch zuungunsten des Steuerpflichtigen vorliegen.
Bedenken, die sich dagegen richten, daß beim Vorliegen neuer Tatsachen und Beweismittel zuungunsten des Steuerpflichtigen der bisherige Steuerbetrag im Rahmen der Berichtigungsveranlagung nicht unterschritten werden darf, vermag ich nicht zu teilen. Auch der Bundesfinanzhof teilt diese Bedenken nicht. Meines Erachtens steht die Regelung, daß der bisherige Steuerbetrag nicht unterschritten werden darf, auch im vollen Einklang mit dem Grundsatz des § 79 Abs. 2 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes, wonach unanfechtbare Entscheidungen durch die Nichtigerklärung einer Norm nicht berührt werden. Die Berichtigung nach § 222 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung bei Vorliegen neuer Tatsachen und Beweismittel zuungunsten des Steuerpflichtigen kann nur zu einer Steuererhöhung führen; sie kann jedoch die bisher rechtskräftig festgesetzte Steuer nicht mehr in Frage stellen und unterschreiten. Im übrigen wäre ein Unterschreiten des rechtskräftig festgesetzten Steuerbetrages gegenüber denjenigen Steuerpflichtigen ungerecht, die richtige Steuererklärungen abgegeben haben und bei denen deshalb eine Berichtigung wegen neuer Tatsachen und Beweismittel nicht in Betracht kommen kann.
Zu den Fragen 2 und 3 möchte ich folgendes bemerken. Ist eine Steuerfestsetzung unanfechtbar und kann sie nach Nichtigerklärung einer Norm nicht berichtigt werden, so besteht meines Erachtens keine rechtliche Möglichkeit, die gezahlten Steuern aus Billigkeitsgründen zu erstatten. Dies ergibt sich aus der in § 79 Abs. 2 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes getroffenen Regelung, daß die nicht mehranfechtbaren Entscheidungen vorbehaltlich einer besonderen gesetzlichen Regelung unberührt bleiben. Eine Erstattung aus Billigkeitsgründen würde eine Korrektur dieser gesetzlichen Regelung durch die Verwaltung bedeuten. Das ist aber nach § 79 Abs. 2 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes nicht möglich.
Eine Zusatzfrage .des Herrn Abgeordneten Dr. Pohle.
Ich habe zwei Zusatzfragen. Herr Staatssekretär, Sie haben die Stellungnahme ides Herrn Bundesjustizministers vom 15. März 1964 erwähnt. Können ,Sie darüber Auskunft geben, ob dem Herrn Bundesjustizminister bei der Abfassung ,dieser Stellungnahme zu dem Entschließungsantrag des Finanzausschusses, der vorausging, die Rechtsprechung des Bundesverfassungs4794
gerichts bekannt war, mach der endgültige, aber fehlerhafte Steuerbescheide von den Steuerbehörden innerhalb der Verjährungsfrist zu Lasten des Steuerpflichtigen aufgehoben werden können?
Herr Abgeordneter, ich will der Frage gerne nachgehen. Ich kann jetzt nicht beantworten, ob damals bei der Erteilung der Antwort durch den Herrn Justizminister das bekannt war, was Sie soeben zitiert haben.
Zweite Zusatzfrage.
Wie läßt sich nach Auffassung der Bundesregierung die ungleiche Behandlung von Fiskus und Steuerpflichtigen, die ja so oder so herauskommt, lin einem Rechtsstaat rechtfertigen?
Herr Abgeordneter, die eigentliche Ursache für die sicherlich nicht befriedigende Regelung - insofern teile ich Ihre Bedenken - liegt nicht in den Vorschriften ides § 222 der Abgabenordnung und .der von mir zitierten vier Nummern, sondern sie liegt in der meines Erachtens gegebenen Unzulänglichkeit des § 79 Abs. 2 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes. Es schweben zur Zeit Überlegungen, ob man diese Vorschrift nicht ändern sollte, etwa im Sinne des österreichischen Vorbilds, wonach dem 'Bundesverfassungsgericht die Möglichkeit gegeben werden könnte - könnte; das wird zur Zeit geprüft -, die Nichtigkeit einer Norm zeitlich in die Zukunft zu verschieben, also einen Termin zu setzen, ;an dem die Nichtigkeit eintritt. Das hätte die Folge, daß in der Vergangenheit keine Ungleichmäßigkeit eintritt und daß die Ungerechtigkeit beseitigt wird - das ist ja, glaube ich, der Urgrund Ihrer Anfrage -, die darin besteht, daß ein behördentreuer Steuerbürger oder überhaupt Staatsbürger, der in Verfolg der bisherigen Rechtsprechung oder .der Anordnung der Verwaltung keinen Einspruch gegen Bescheide eingelegt hat, im Ergebnis bestraft wird.
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe nunmehr die Frage XV/16 des Herrn Abgeordneten Seibert auf:
Wann ist die Bundesregierung bereit, angesichts des Explosionsunglücks im US-Munitionsdepot Büchelberg in Aschaffenburg am 3. April 1967, frühere - vom damaligen Minister der Finanzen abgelehnte - Anträge der Stadt Aschaffenburg aufzugreifen, das Depot aus dem dicht besiedelten Wohngebiet in ein dafür günstigeres Gelände zu verlegen?
Ihre Anfrage, Herr Abgeordneter, beantworte ich wie folgt. Zunächst möchte ich feststellen, daß die von der Stadt Aschaffenburg früher gestellten Anträge auf Verlegung des US-Munitionsdepots auf dem Büchelberg in Aschaffenburg zu keiner Zeit von meinem Hause abgelehnt worden sind.
Wie ich Ihnen mit Schreiben vom 19. Juni 1963 bereits mitteilte, hat sich die Stadt Aschaffenburg in einem am 15. Mai 1963 von der Bayerischen Staatskanzlei durchgeführten Ortstermin bereit erklärt, den US-Streitkräften kostenlos eine geeignete Ersatzliegenschaft für die Abstellung der mit Munition beladenen Fahrzeuge zur Verfügung zu stellen. Das Bundesministerium der Finanzen konnte daher annehmen, daß die Verlegung nunmehr zwischen der Stadt Aschaffenburg und den US-Streitkräften unmittelbar geregelt werden würde, zumal die US-Streitkräfte der Stadt eine dementsprechende Zusicherung gegeben hatten.
Offenbar konnte die Stadt Aschaffenburg ihre Zusage hinsichtlich des Ersatzgeländes nicht einhalten. Sie hat auf Rückfrage der Bayerischen Staatskanzlei im Mai 1964 mitgeteilt, daß an eine Verlegung des Muntionsdepots vorerst nicht mehr gedacht werde. Folgerichtig sind alsdann die Verhandlungen der Oberfinanzdirektion Nürnberg mit der Stadt Aschaffenburg über den Abschluß eines Benutzungsvertrages für das Munitionslager am Büchelberg fortgeführt worden. Ein den Wünschen der Stadt und der US-Streitkräfte entsprechender Vertragsentwurf liegt seit Mitte Februar 1967 der Stadt Aschaffenburg zur Unterzeichnung vor.
Die Bundesregierung ist - das möchte ich betonen - nach wie vor bereit, mit den US-Streitkräften über die Verlegung des Munitionsdepots auf dem Büchelberg zu verhandeln, sobald entweder die Stadt Aschaffenburg oder das Land Bayern hierfür eine geeignete Ersatzliegenschaft benennt.
Keine Zusatzfrage.
Die Frage XV/17 des Herrn Abgeordneten Eisenmann:
Welche steuerliche Mehrbelastung trägt das deutsche Fremdenverkehrsgewerbe zur Zeit und nach Einführung der mit 10 % geplanten Mehrwertsteuer gegenüber den Ländern der EWG, Österreich, der Schweiz und Dänemark ({0}) ?
ist aus den gleichen Gründen, wie ich sie soeben
zu der Frage XV/11 dargelegt habe, nicht zulässig.
Ich komme nun zu der Frage II des Herrn Abgeordneten Ertl auf der Drucksache V/1620:
Wird die Bundesregierung entsprechend den Vorschlägen der Sachverständigen einen zweiten Eventualhaushalt einbringen?
Die Bundesregierung hat sich in der Kabinettsitzung vom 12. April 1967 mit dem Sondergutachten des Sachverständigenrats befaßt und ist dabei zu folgendem Ergebnis gekommen.
Erstens. Die im Kreditfinanzierungsgesetz vorgesehenen Investitionen müssen mit höchster Dringlichkeit und in vollem Umfang verwirklicht werden. Alle hierzu erforderlichen administrativen, parlamentarischen und kreditpolitischen Schritte sollten sofort vollzogen werden, insbesondere sollten die Ressorts ihre Auftragsvergabe beschleunigen.
Zweitens. Beim Vollzug des Kernhaushalts sollte die antizyklische Wirkung, insbesondere auf die Investitionen, verstärkt werden, wozu vor allem ein zeitliches Vorziehen von Ausgaben beitragen würde. Die Sperrungen auf dem Ressortwege sollen ab sofort aufgehoben werden.
Drittens. Eine vorsorgliche Absicherung der Wachstums- und Stabilitätspolitik für die zweite Jahreshälfte 1967 erfordert weitere Überlegungen. Der Bundesminister für Wirtschaft und der Bundesminister der Finanzen werden beauftragt, im Hinblick auf § 7 in Verbindung mit § 3 Abs. 2 und 3 des Entwurfs des Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft vorsorglich und rechtzeitig alle geeigneten Vorbereitungen, insbesondere in bezug auf Sachobjekte der Ressorts, zu treffen.
Viertens. Länder und Gemeinden sollten ihre Investitionsausgaben keinesfalls kürzen, sondern ebenfalls erhöhen und die Auftragsvergabe beschleunigen. Entsprechende Verhandlungen mit den Ländern sollen eingeleitet werden.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Ertl.
Herr Staatssekretär, darf ich aus Ihrer Antwort entnehmen, daß der Punkt 4 die Möglichkeit beinhaltet, auch einen zweiten Eventualhaushalt einzubringen?
Das ist noch offen, Herr Abgeordneter. Es ist gesagt worden, daß zunächst die Auswirkungen der von mir genannten Maßnahmen abgewartet werden sollen, daß aber gleichzeitig vorsorglich geprüft werden soll, welche Maßnahmen notwendig sind, falls die erwarteten Wirkungen nicht in dem Umfang eintreten sollten, wie es die Bundesregierung erhofft.
Zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, sind Sie in der Lage, mir die Frage zu beantworten, ob es in dieser Sache zwischen Ihrem Herrn Minister und dem Herrn Minister für Wirtschaft Meinungsverschiedenheiten gibt?
Ich habe Ihnen hier die Auffassung der Bundesregierung darzustellen, und das habe ich getan. Ich darf aber noch hinzufügen: im Prinzip bestehen keinerlei unterschiedliche Auffassungen zwischen den beiden Ressortspitzen.
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Frehsee.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß der Bundestag am kommenden Mittwoch eine sehr ausführliche Aussprache über dieses Thema und über die von Herrn Kollegen Ertl angesprochenen Fragen haben wird?
Die Sache war soeben in der letzten Kabinettsitzung, und das wird sicherlich nicht die abschließende Besprechung gewesen sein, vielmehr ist noch eine weitere in Aussicht genommen.
Sie haben mich vielleicht mißverstanden - Frau Präsidentin, darf ich noch einmal -
Wiederholen Sie bitte die Frage.
Ist Ihnen, Herr Staatssekretär, bei der Beantwortung der Frage des Herrn Kollegen Ertl bekannt gewesen, daß der Bundestag sich mit dem gesamten Fragenkomplex sehr ausführlich am kommenden Mittwoch befassen wird?
Herr Abgeordneter, ich hatte Sie in der Tat mißverstanden. Ich hatte geglaubt, die Frage laute, ob die Bundesregierung sich noch mit der Sache befassen wird. Es ist mir aber auch bekannt, lach sich der Bundestag mit diesem Komplex noch auseinandersetzen wird, und zwar in der nächsten Woche.
Herr Abgeordneter Moersch zu einer weiteren Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, darf man aus der jüngsten Pressekonferenz des Herrn Bundeswirtschaftsministers zu dieser Frage schließen, daß die Länge des Dienst- und Verwaltungsweges bei der Einbringung des Eventualhaushalts nicht allgemein bekannt war, als die ersten Termine gesetzt wurden?
Nein, davon können Sie nicht ausgehen. In der Tat ist zwar überraschend, daß der Vollzug nicht so beschleunigt möglich gewesen ist - ich meine die Auftragsvergabe -, wie wir es erhofft hatten. Da sind Schwierigkeiten aufgetaucht, die wir möglicherweise zunächst unterschätzt haben.
Sind diese Schwierigkeiten nicht einfach in der Natur der Sache, nämlich in den gesetzlichen Vorschriften, begründet?
Zum großen Teil in den gesetzlichen oder anderen Vorschriften, z. B. haushaltsmäßiger Art. Es mußten ja erst die Voraussetzungen geschaffen werden. Es mußten vom Haushaltsausschuß die Tranchen freigegeben werden; die letzte Tranche ist
gerade jetzt freigegeben worden. Selbstverständlich sind noch Verwaltungsvorschriften hinsichtlich der Vergabe von Aufträgen zu beachten gewesen.
Ich danke dem Herrn Staatssekretär für die Beantwortung der Fragen seines Ressorts.
Ich rufe nunmehr den Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft auf - der Herr Staatssekretär ist anwesend -, zunächst Frage XVI/1 des Herrn Abgeordneten Klein:
Warum sind im Jahre 1966 über die Selbstbeschränkung hinausgehende Einfuhranträge für Heizöl nicht abgelehnt worden, obwohl bereits im Laufe des Jahres zu erkennen war, daß die im Rahmen der Selbstbeschränkung vorgesehenen Mengen überschritten werden würden?
Frau Präsidentin! Ich darf die Frage wie folgt beantworten.
Beim schweren Heizöl wurde für das Jahr 1966 eine Zuwachsrate von 8 % vorgesehen. Gegenüber dem Inlandsabsatz des Jahres 1965 von 17,8 Millionen t ergab sich damit für 1966 eine Absatzmenge von 19,2 Millionen t. Bei diesen 19,2 Millionen t wurden langfristig kontrahierte zusätzliche Lieferungen an die Elektrizitätswirtschaft in Höhe von 1,2 Millionen t ausgeklammert. Ohne die zusätzlichen Lieferungen an die Elektrizitätswirtschaft, die auf 0,8 Millionen t vermindert werden konnten, erreichte der Inlandsabsatz des Jahres 1966 19,1 Millionen t, lag damit also um rund 1 % unter der vorgesehenen Zuwachsrate. Beim schweren Heizöl bestand daher kein Anlaß, Einfuhranträge abzulehnen.
Bei Mitteldestillaten - das ist leichtes Heizöl und Dieselkraftstoff - wurde die Zuwachsrate im Jahre 1966 ebenfalls auf 8 % veranschlagt. Die tatsächliche Zuwachsrate betrug 11,6 %. Dies lag im wesentlichen daran, daß erst im Laufe des Jahres die komplizierten verfahrensmäßigen Grundlagen geschaffen werden konnten, um die lückenlose Überschaubarkeit der Einfuhrentwicklung zu gewährleisten. Das Ausmaß des Inlandsabsatzes von Mitteldestillaten der einzelnen Firmen war 1966, bedingt durch die Marktlage, im Verlaufe des Jahres sehr unterschiedlich. Nach den hohen Zuwachsraten der Vorjahre stellte die Verminderung der Zuwachsrate auf 11,6 % jedoch in jedem Falle eine erhebliche Verlangsamung des früheren Wachstumstempos dar.
Ich darf hinzufügen, daß auf Grund der im Jahre 1966 gewonnenen Erfahrungen für das Jahr 1967 ein System entwickelt worden ist, daß eine quartalsmäßige Kontrolle des Heizölabsatzes jeder einzelnen Firma gestattet. Damit kann 1967 auch die Gleichmäßigkeit und Kontinuität des Heizölangebotes laufend verfolgt und kontrolliert werden.
Keine Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage XVI/2 des Herrn Abgeordneten Dr. Schulze-Vorberg auf:
Teilt die Bundesregierung die Ansicht, daß der Landkreis Gerolzhofen/Unterfranken, der 1953 aus mir unbekannten Gründen nicht in den von der Bundesregierung festgelegten „Grenzstreifen "aufgenommen wurde, die Nachteile der Randlage - wie sich das aus den von der Bundesregierung herausgegebenen Karten der Zonenrandgebiete anschaulich ergibt - voll mit den ihn weitumfassenden Zonengrenzkreisen Bamberg, Haßfurt und Schweinfurt teilt und wegen seiner anhaltenden schwierigen Wirtschaftlage besondere Förderung durch den Bund verdient, insbesondere als Zonenrandgebiet anerkannt werden sollte?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Staatssekretärs Dr. Schöllhorn vom 11. April 1967 lautet:
Die Abgrenzung des Zonenrandgebietes entspricht dem Beschluß des Deutschen Bundestages vom 2. Juli 1953. Es gehören seitdem alle Landkreise zum Zonenrandgebiet, die mit mindestens der Hälfte ihrer Fläche oder der Hälfte ihrer Bevölkerung innerhalb eines 40 km breiten Landstreifens entlang dem „Eisernen Vorhang" zum östlichen Machtbereich liegen. Der Landkreis Gerolzhofen erfüllt dieses Kriterium nicht. Würde man ihn dennoch in das Zonenrandgebiet einbeziehen, so könnte eine ganze Reihe anderer, an das Zonenrandgebiet angrenzender Landkreise, die ebenfalls eine schwache Wirtschaftsstruktur haben, das gleiche beanspruchen. Die Folge wäre eine wesentliche Ausweitung des Zonenrandgebietes. Das aber stünde im Gegensatz zu der vom Deutschen Bundestag wiederholt geforderten Konzentration der Bundeshilfen für das Zonenrandgebiet.
Die Bundesregierung verkennt jedoch nicht, daß der Kreis Gerolzhofen, auch wenn er nicht zum Zonenrandgebiet gerechnet werden kann, auf Grund seiner Wirtschaftsschwäche, die sich in einem niedrigen Sozialprodukt und geringer Industriedichte widerspiegelt, über die Hilfen der in erster Linie dafür zuständigen Landesregierung hinaus einer zusätzlichen Bundeshilfe bedarf. Er wurde deshalb im Jahre 1963 als „Bundesausbaugebiet" anerkannt und hat seitdem an den Hilfen des Regionalen Förderungsprogramms der Bundesregierung Anteil.
Aus den Mitteln dieses Programms können im Kreis Gerolzhofen günstige Kredite zum Ausbau der gewerblichen Produktion und des Fremdenverkehrs sowie Zuschüsse und Darlehen zur Verbesserung der Infrastruktur gewährt werden. Die Auswahl der zu fördernden Projekte obliegt der bayerischen Landesregierung, die einen schlüsselmäßig errechneten Anteil an den Mitteln des Regionalen Förderungsprogramms erhält. Sie ist bei der Verwendung der Mittel an Richtlinien der Bundesregierung gebunden.
Die Hilfen des Regionalen Förderungsprogramms werden ergänzt durch Kredithilfen aus dem ERP-Sondervermögen und der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung ({0}). Da der Landkreis Gerolzhofen als Bundesausbaugebiet anerkannt ist, fließen auch diese Kredithilfen der dort ansässigen Wirtschaft zu.
Diese Antwort ist mit dem Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen abgestimmt.
Ich rufe Frage XVI/3 des Herrn Abgeordneten Rollmann auf. Herr Abgeordneter Rollmann ist nicht im Raum. Die Frage wird von Frau Blohm übernommen. Die Frage lautet:
Wie steht die Bundesregierung zu den verschiedenen Bundesministerien vorliegenden Vorschlägen des Herrn Horst Rudloff, durch eine Änderung des Gesetzes über das Kreditwesen vom 10. Juli 1961 ({0}) nach dem Vorbild der Bausparkassen die Gründung von Ausbildungssparkassen zu ermöglichen, die Darlehen zu einem ähnlich günstigen Zinssatz wie die Bausparkassen geben könnten?
Die von Herrn Rudloff vorgeschlagene Ausbildungssparkasse ist ihrer Art nach ein Zwecksparunternehmen. Solche Unternehmen sind mit Ausnahme von Bausparkassen grundsätzlich nach dem Kreditwesengesetz § 3 Abs. 2 verboten. Das Verbot besteht vor allem wegen des Risikos unvertretbar langer Wartezeiten bei nachlassendem Neuzugang, außerdem wegen mangelnder Sicherung der aus den Einlagen gewährten Darlehen sowie wegen anderer Mißstände, die sich
früher in der Praxis von Zwecksparkassen ergeben hatten. Die Verbotsausnahme für Bausparkassen beruht auf den insoweit gegebenen besonderen Umständen. Diese liegen vornehmlich in dem kontinuierlichen weiteren Zufluß von Spargeldern, der, wie jahrzehntelange Erfahrungen gezeigt haben, im Hinblick auf den Sparzweck gesichert erscheint, ferner in der starken Sicherung der Darlehen durch Grundpfandrechte. Diese Besonderheiten wären bei den vorgeschlagenen Ausbildungssparkassen nicht erfüllt. Die durch die Gründung solcher Einrichtungen angestrebte Möglichkeit, Darlehen zu Ausbildungszwecken zu erlangen, ist bereits jetzt bei einer Vielzahl bestehender Kreditinstitute gegeben, vor allem, wenn ein angemessener Betrag angespart ist. Allerdings müssen ausreichende Sicherheiten gestellt werden, auf die auch eine Ausbildungssparkasse nicht verzichten könnte. Die Bundesregierung hält deshalb eine Änderung des Kreditwesengesetzes nach dem Vorschlag des Herrn Rudloff nicht für vertretbar.
Keine Zusatzfrage.
Ich rufe die Fragen XVI/4, XVI/5 und XVI/6 des Herrn Abgeordneten Dr. Hofmann ({0}) auf:
Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, kleinere, mittlere und größere mittelständische Unternehmen, wenn dieselben durch äußere Umstände unverschuldeterweise in Liquidationsschwierigkeiten geraten sind oder in Zukunft geraten sollten, wirtschaftlich zu unterstützen - ähnlich wie die Firma Krupp?
Ist die Bundesregierung evtl. bereit, Betrieben des gewerblichen Mittelstandes/Handwerksbetrieben im Falle von unverschuldeten Liquidationsschwierigkeiten Bürgschaften zur Verfügung zu stellen oder Zinsverbilligungen zu gewähren, die die besagten Betriebe in die Lage versetzen, sich verbilligte Kredite zu beschaffen - ähnlich wie bei der Firma Krupp?
Wie verhält sich die Bundesregierung in ähnlich gelagerten Fällen wie bei der Firma Krupp deutschen Großunternehmen in Zukunft gegenüber?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Staatssekretärs Dr. Schöllhorn vom 11. April 1967 lautet:
Zu Frage 1
Der Bund gewährt zusammen mit den Ländern den Kreditgarantlegemeinschaften - als Selbsthilfeeinrichtungen der Wirtschaft - bereits seit 1954 Rückbürgschaften. Die haftenden Mittel der Kreditgarantiegemeinschaften werden vorwiegend von Banken, Kammern, Verbänden und vom Bund ({1}) aufgebracht. Die Rückbürgschaften des Bundes und der Länder versetzen die Kreditgarantiegemeinschaften in die Lage, durch Übernahme von Bürgschaften mittelständischen Unternehmen des Handwerks, des Handels, des Hotel- und Gaststättengewerbes, der Industrie, des Verkehrsgewerbes und des übrigen Gewerbes die Aufnahme von Krediten zu ermöglichen. Die Kreditgarantiegemeinschaften übernehmen Bürgschaften vor allem für Investitionskredite, aber auch für Betriebsmittelkredite. Dabei ist z. B. in den Rückbürgschaftserklärungen des Bundes und der Länder gegenüber den Kreditgarantiegemeinschaften des Handwerks die Finanzierung längerfristiger Aufträge ausdrücklich als einer der Zwecke derartiger Bürgschaften hervorgehoben worden.
Soweit sich die. Keditgarantiegemeinschaften wegen der Überschreitung der Betragsgrenze zu einer Hilfestellung nicht in der Lage sehen, können der Bund und die Länder im Rahmen der in den jeweiligen Haushaltsgesetzen enthaltenen Ermächtigung Bürgschaftshilfen zur Verfügung stellen. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß die vorhandenen Bürgschaftsmöglichkeiten ausreichen, um die mittelständische gewerbliche Wirtschaft bei ihren Bemühungen um die Erlangung der vollen Wettbewerbsfähigkeit wirksam zu unterstützen.
Zu Frage 2
Wegen etwaiger Bürgschaften zugunsten von Unternehmen des gewerblichen Mittelstandes erlaube ich mir, auf die Beantwortung der Frage 1 hinzuweisen. Ich darf im übrigen darauf aufmerksam machen, daß der Bund im vorliegenden Fall keine Zinssubventionen gibt und durch die Übernahme der Bürgschaft die Firma Fried. Krupp auch nicht in die Lage versetzt hat, Kredite verbilligt aufzunehmen.
Zu Frage 3
Bei dem obengenannten Unternehmen hat das Zusammentreffen außergewöhnlicher Umstände zu einer zeitlich und sachlich genau umgrenzten, wenn in ihren Dimensionen auch ungewöhnlichen - aber durchaus im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung liegenden - Überbrückungsmaßnahme des Bundes geführt. Es ist zur Zeit kein Anlaß bekannt, aus dem zu diesem besonders gelagerten Fall der deutschen Volkswirtschaft eine Parallele gezogen werden müßte.
Ich rufe die Frage XVI/7 des Herrn Abgeordneten Schulze-Vorberg auf:
In welchem Umfang kann die Bundesregierung zur Erhaltung der Arbeitsplätze in der deutschen Presse Kredite zu günstigen Bedingungen, insbesondere aus ERP-Mitteln, zur Verfügung stellen?
Die Bundesregierung hat im Rahmen verschiedener Kreditprogramme die Möglichkeit, deutschen Presseunternehmen Kredite zu günstigen Bedingungen zur Verfügung zu stellen. Ich möchte hier die ERP-Kreditprogramme zur Förderung der Berliner Wirtschaft herausstellen. Aus Mitteln dieser Programme können Berliner Presseunternehmen zins- und tilgungsgünstige Investitionskredite in einer dem Vorhaben entsprechenden Höhe gewährt werden. Von dieser Möglichkeit wird von den Berliner Presseunternehmen reger Gebrauch gemacht. Weiter sind hier zu nennen die Kredithilfen aus Mitteln des Bundeshaushalts und des ERP-Sondervermögens zur Durchführung betrieblicher Investitionen in den Bundesfördergebieten. Diese Gebiete umfassen Bundesausbaugebiete, Zonenrandgebiet und Bundesausbauorte. Presseunternehmen, die ihren Sitz in diesen Gebieten haben oder ihn in diese verlegen, können aus Bundeshaushaltsmitteln Investitionskredite in einer dem Vorhaben angemessenen Höhe und aus ERP-Mitteln von höchstens 1 Million DM erhalten. Die ERP-Kredithilfe beschränkt sich dabei allerdins auf kleinere und mittlere Unternehmen.
Abschließend darf ich noch auf das ERP-Kreditprogramm zur Förderung von Investition kleinerer und mittlerer gewerblicher Unternehmen von Vertriebenen, Flüchtlingen und Kriegssachgeschädigten hinweisen, aus dessen Mitteln entsprechenden Presseunternehmen Kredite in Höhe bis zu 200 000 DM bewilligt werden könnten.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Schulze-Vorberg.
Herr Staatssekretär, teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß diese Kredite nunmehr auf Grund der geänderten Wirtschaftslage vorzugsweise zur Erhaltung bestehender Arbeitsplätze und nicht wie früher zur Schaffung neuer Arbeitsplätze gegeben werden sollten?
Herr Abgeordneter, die Notwendigkeit, in erster Linie die Arbeitsplätze zu sichern, ist zweifellos gegeben und ist zweifellos
anerkannt. Bei der Prüfung einzelner Kreditanträge wird sicherlich das Augenmerk darauf gerichtet, daß es zur Zeit nicht so sehr darum geht, neue Arbeitsplätze zu schaffen, sondern darum, die bestehenden Unternehmen zu sichern. Aber es müssen nach den vorhandenen Richtlinien und bisherigen Übungen eben bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein.
Eine Zusatzfrage des Herrn Josten.
Herr Staatssekretär, wird die Bundesregierung wegen der großen Bedeutung einer unabhängigen Presse in unserem demokratischen Staat und wegen des Nachwuchses an guten freien Journalisten diese von Ihnen genannte Maßnahme in Zukunft in verstärktem Maße treffen?
Das Bestreben, diese Maßnahmen zu verstärken, kann man als gegeben ansehen. Die Möglichkeiten, die Hilfsprogramme auszudehnen, sind aber begrenzt durch die verfügbaren Haushaltsmittel einerseits und die ebenfalls nur begrenzt zur Verfügung stehenden ERP-Mittel. Ich möchte darauf hinweisen, daß sich in der gegenwärtigen Wirtschaftslage die Schwierigkeiten auch in vielen anderen Bereichen sehr stark vermehrt haben und daß damit zusammenhängend auch die Möglichkeiten, im Einzelbereich zu helfen, nicht mehr so groß sind.
Herr Josten, zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wer verfolgt in der Bundesregierung ständig die wirtschaftliche Entwicklung bei der deutschen Presse, in deren Rahmen ja auch die Frage der Erhaltung des Arbeitsplatzes eine Rolle spielt?
Die wirtschaftliche Entwicklung in diesem Wirtschaftsbereich wird vom Bundeswirtschaftsministerium beobachtet, und das Bundeswirtschaftsministerium ist dafür, was den wirtschaftlichen Teil betrifft, auch zuständig.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Moersch.
Herr Staatssekretär, können Sie die Mitteilung der betroffenen Verleger bestätigen, daß ERP-Mittel für derartige Zwecke - zur Rationalisierung und ähnlichem - in den nächsten zwei bis drei Jahren überhaupt nicht zur Verfügung stehen, weil diese Mittel bereits verplant sind?
Ich kann im Augenblick über den Verplanungsstand nichts aussagen. Aber ich werde das sofort prüfen lassen und Ihnen dann darüber Nachricht geben.
Herr Staatssekretär, wie erklären Sie es sich, daß trotz der laufenden Beobachtung der wirtschaftlichen Situation der Presse, die Sie uns eben bestätigt haben, um eine Verlängerung der Frist zur Beantwortung der Kleinen Anfrage der FDP-Fraktion zu diesem Thema bis Ende Juni gebeten worden ist, obwohl die Anfrage bereits vor mehreren Wochen gestellt worden ist?
Das liegt daran, daß sehr umfangreiche Detailuntersuchungen und Nachfragen erfolgen müssen. Ich bin aber gern bereit, mir diesen Vorgang nochmals vorlegen zu lassen und mich im Hinblick auf Ihre Frage sehr darum zu bemühen, daß die Beantwortung schneller erfolgen kann.
Zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Schulze-Vorberg.
Herr Staatssekretär, teilt die Bundesregierung trotz Ihres Hinweises auf die wirtschaftlichen Schwierigkeiten auch in anderen Branchen dennoch die Auffassung, daß es sich bei der Presse, z. B. wegen der Meinungsfreiheit, um ein Wirtschaftsgut besonderer Art handelt? Teilt die Bundesregierung diese Auffassung auch in Ihrem Ministerium?
Herr Abgeordneter, diese Auffassung wird geteilt. Selbstverständlich hat die Presse eine spezifischere und in gesellschaftspolitischer und politischer Hinsicht auch eine andere Bedeutung als die Warenproduktion schlechthin.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Felder.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, ob die Wirtschaftliche Genossenschaft der Presse, die ja auch mit Kreditgewährung zu tun hat, schon mit Ihrem Ministerium wegen Krediten in Verbindung getreten ist?
Nein, mir ist der Vorgang nicht bekannt. Aber auch das kann ich feststellen lassen. Ich werde mich entsprechend informieren und Sie dann unterrichten. Ich habe von einem solchen Verbindungsnamen nichts gehört.
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe die Frage XVI/8 des Herrn Abgeordneten Brück ({0})auf:
Trifft es zu, daß die Generaldirektion VIII in Brüssel bemüht ist, die Zahl der im Rahmen des EWG-Fonds für Entwicklungsländer tätigen deutschen Ingenieurbüros zu reduzieren?
Der Bundesregierung ist beStaatssekretär Dr. Schöllhorn
kannt, daß im Zuge organisatorischer Maßnahmen der Verwaltung des Europäischen Entwicklungsfonds, die Ende 1964 getroffen worden sind, in interessierten deutschen Kreisen Befürchtungen laut geworden sind, wie sie auch in der Fragestellung zum Ausdruck kommen. Die betreffenden Maßnahmen zielen im wesentlichen darauf ab, die Projektplanung der in den assoziierten überseeischen Staaten und Gebieten zu finanzierenden Vorhaben institutionell und personell von der Aufgabe der Projektkontrolle zu trennen und die Kontrolle einzelnen Experten zu übertragen, die einen Dienstvertrag mit der Fondsverwaltung abschließen und dieser unmittelbar verantwortlich sind. Zur Vermeidung von Interessenkollissionen ist gegen eine solche Aufgabentrennung nichts einzuwenden. Die Bundesregierung hat jedoch Anhaltspunkte dafür, daß dadurch die Tätigkeit der selbständigen im Auftrag des Europäischen Entwicklungsfonds arbeitenden deutschen Ingenieurbüros und Consultingfirmen beeinträchtigt worden ist. Solche Firmen sind zum Teil nach wie vor auch mit Kontrollfunktionen betraut.
Der EWG-Kommission ist im übrigen bekannt, daß die Bundesregierung die Entwicklung der deutschen Beteiligung an den Auftragsvergaben des Fonds, nicht zuletzt im Bereich der intellektuellen Leistungen, mit größter Aufmerksamkeit verfolgt.
Eine Zusatzfrage, Herr Dorn.
Herr Staatssekretär, hat die Bundesregierung irgendwelche Unterlagen darüber, in welchem Umfang deutsche Ingenieur -und Consulting-firmen im Vergleich zu entsprechenden Firmen aus anderen EWG-Staaten beteiligt sind?
Ja, ich kann Ihnen diese Zahlen für die übrigen EWG-Länder vorlesen, und zwar getrennt nach Büros und Experten. Für die Ingenieurbüros liegt die Beteiligung Deutschlands - angegeben ist hier der Auftragswert - nach dem Stande vom 1. Januar 1967 bei 14,5 Millionen Rechnungseinheiten, also Dollars. Damit liegt sie an der Spitze der EWG-Länder. Es folgen Frankreich mit 13,7 Millionen, Italien mit 10,8 Millionen, Belgien mit 7,5 Millionen, die Niederlande mit G Millionen, Luxemburg mit 0,15 Millionen und die überseeischen Gebiete und assoziierten Staaten mit 13, 8 Millionen Rechnungseinheiten.
Zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, bestätigen Sie mir damit, daß die Pressemeldungen, in denen eine Benachteiligung der deutschen Ingenieure immer wieder hervorgehoben wird, in der Sache nicht zutreffen?
Es sind uns im einzelnen keine solchen Klagen laut geworden; aber ich kann mir natürlich vorstellen, daß da und dort einem Wunsch oder einem Antrag aus Gründen, die in den Bestimmungen und den rechtlichen Vorschriften liegen, nicht stattgegeben werden konnte. Aber die Entwicklung und auch die Einbeziehung der beteiligten deutschen Experten bestätigt eigentlich nicht, daß eine Benachteiligung deutscher Firmen in diesem Bereich vorliegt.
Frage des Herrn Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen aus Drucksache V/1620:
Ist die Bundesregierung bereit, auf Grund der von der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt/Main e. V., Gegr. 1858, eingereichten Unterlagen erneut die Frage von Einfuhrbeschränkungen für Robbenfelle zu prüfen?
Die von der Zoologischen Gesellschaft eingereichten umfänglichen Unterlagen werden zur Zeit noch eingehend geprüft. Die Deutsche Botschaft in Ottawa ist zu einer ausführlichen Berichterstattung über die Jagd- und Kontrollmethoden während der Fangsaison 1967, die erst vor wenigen Tagen zu Ende gegangen ist, aufgefordert worden. Die Bundesregierung wird, wenn Sie, Herr Abgeordneter, damit einverstanden sind - Ihre Anfrage nach Abschluß der Untersuchungen unverzüglich schriftlich beantworten.
Ich bin damit einverstanden.
Keine Zusatzfragen. Ich danke dem Herrn Staatssekretär.
Ich rufe die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Ministers für Arbeit und Sozialordnung auf. Der Herr Bundesminister ist anwesend. Frage XVIII/1 des Abgeordneten Dr. Geißler ist vom Fragesteller zurückgezogen.
Frage XVIII/2 des Herrn Abgeordneten Burgemeister:
Billigt die Bundesregierung die Begründung des Amtsgerichts Bad Harzburg für den Freispruch einiger Malergesellen von der Anklage wegen Schwarzarbeit, wie sie in einer Tageszeitung am 22. März berichtet wurde und in der es heißt: „Die Justiz wird zum Lotteriespiel, wenn nur einzelne Schwarzarbeiter bestraft werden. Die Schwarzarbeit ist inzwischen fast schon ein Gewohnheitsrecht geworden, zumal jeder 'weiß, daß sie heute üblich ist und auch von Zehntausenden ausgeführt wird."?
Ist der Abgeordnete Burgemeister im Raum? - Das ist nicht der Fall. Wird die Frage von jemandem übernommen? - Auch nicht der Fall. Dann werden die Fragen XVIII/2 und XVIII/3 des Herrn Abgeordneten Burgemeister schriftlich beantwortet. Die Frage XVIII/3 lautet:
Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um die aus der in Frage XVIII/2 erwähnten Begründung sich abzeichnende Entwicklung in der Rechtsprechung abzuwenden?
Frage XVIII/4 des .Herrn Abgeordneten Büttner:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß lt. Pressemeldung der 60jährige kinderreiche, herzkranke Bauarbeiter Johann Gernert aus Köln von einem Vertrauensarzt der Landesversicherungsanstalt Rheinprovinz in Düsseldorf am 1. März 1967 gesund und arbeitsfähig geschrieben worden und am 2. März 1967 bei der Arbeit infolge des Herzschadens tot zusammengebrochen ist?
Frau Präsidentin, ich bitte die drei Fragen des Herrn Abgeordneten Büttner wegen des inneren Sachzusammenhangs gemeinsam beantworten zu dürfen.
Ist der Fragesteller einverstanden? - Es besteht Einverständnis. Ich rufe auch die Fragen XVIII/5 und XVIII/6 des Abgeordneten Büttner auf:
Ohne generalisieren zu wollen, weil ich eine viel zu hohe Achtung vor dem verantwortungsbewußten Arzt habe, frage ich die Bundesregierung, was sie im Einvernehmen mit Ärzten, Kranken- und Rentenversicherungsträgern zu tun gedenkt, kranke und arbeitsunfähige Menschen vor Fehldiagnosen mit tödlichem Ausgang und diskriminierenden Beurteilungen zu schützen?
Sind der Regierung ähnliche Fälle wie der in Frage XVIII/4 erwähnte bekannt?
Die von Ihnen zitierte Pressemeldung, Herr Kollege, habe ich mir vorlegen lassen. Zu den darin behandelten Problemen ist grundsätzlich auf folgendes hinzuweisen: Die Regelung des vertrauensärztlichen Dienstes wird als Gemeinschaftsaufgabe von den Landesversicherungsanstalten wahrgenommen. Diese unterstehen als landesunmittelbare Versicherungsträger der Aufsicht der Arbeitsminister und Senatoren für Arbeit der Länder. Eine Prüfung des in dem von Ihnen zitierten. Presseartikel dargestellten Falles kann also nur von dem für die Aufsicht zuständigen Arbeitsminister des Landes Nordrhein-Westfalen vorgenommen werden.
Unabhängig von dem konkreten Fall möchte ich feststellen, daß die Bundesregierung im Zusammenwirken mit allen anderen beteiligten Stellen darum bemüht ist, kranken und arbeitsunfähigen Menschen - auch im Rahmen der vertrauensärztlichen Betreuung - ein Höchstmaß an Schutz zuteil werden zu lassen. Allerdings dürfte es - darin werden Sie sicherlich mit mir übereinstimmen - nicht möglich sein, Fehldiagnosen generell auszuschließen.
Der Bundesregierung sind ähnliche Fälle wie der in Ihrer Anfrage zitierte von den Arbeitsministern und Senatoren für Arbeit der Länder nicht mitgeteilt worden und auch auf anderem Wege in letzter Zeit nicht bekanntgeworden.
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Büttner.
Herr Bundesminister, darf ich - weil Sie auf die Kompetenz der Länder hingewiesen haben - darauf aufmerksam machen, daß es durchaus Sozialversicherungsträger gibt, die unter die Bundeskompetenz fallen - Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, Ruhrknappschaft, die in mehreren Ländern ihre Mitglieder zu betreuen hat -, und würden Sie es nicht aus diesem Grunde für möglich und deshalb auch für richtig halten, dieses Problem mit den Ministerkollegen in den einzelnen Ländern einmal gemeinsam zu besprechen?
Herr Kollege, ich teile Ihre Auffassung voll und ganz, und gerade dieser Fall gibt mir Veranlassung, diese Frage auf der nächsten Konferenz der Arbeits- und Sozialminister mit zur Erörterung zu stellen.
Eine zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Büttner.
Herr Minister, ich will nicht - das ist aus meiner Frage deutlich geworden - generalisieren, weil ich eine zu hohe Meinung von dem verantwortungsbewußten Arzt habe. Aber sind Sie nicht mit mir der Meinung, daß gerade solche Fälle, wie sie sich nicht nur in Köln, sondern ähnlich auch andernorts ereignet haben - ich könnte es Ihnen an sehr vielen Beispielen aus meiner Sprechstundenpraxis erläutern -, dazu geeignet sind, das Ansehen des gesamten vertrauensärztlichen Dienstes in Mißkredit zu bringen, und daß es deswegen unbedingt erforderlich ist, daß Maßnahmen überlegt werden, um solche Fälle auszuschließen?
Herr Kollege Büttner, ich muß allerdings darauf hinweisen, daß ich mich natürlich in diesem konkreten Falle mit dem zuständigen Arbeitsminister in Nordrhein-Westfalen in Verbindung gesetzt habe und daß ich von dem Vorstand der betroffenen Landesversicherungsanstalt, der den Fall, auf den Sie abgezielt haben, ganz eingehend untersucht hat, den Hinweis bekommen habe, daß man nach eingehender Untersuchung keinen Anhaltspunkt für ein Verschulden des Vertrauensarztes im vorliegenden Fall ermitteln konnte. Sie haben selbst dankenswerterweise vor jeder Generalisierung gewarnt. Ich würde unbeschadet der Tatsache, daß ich gern bereit bin, den gesamten Fragenkomplex mit den Landesarbeitsministern zu erörtern, ebenfalls davor warnen, aus Einzelfällen Schlußfolgerungen zu ziehen, die nicht berechtigt sind.
Eine dritte Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Büttner.
Herr Bundesminister, ist Ihnen bekannt, ob der Vorstand der Landesversicherungsanstalt Rheinprovinz veranlaßt hat, im Interesse des Ansehens der verantwortungsbewußten Vertrauensärzte eine sehr deutliche Presseverlautbarung des Inhalts herauszugeben, daß sich der Berichterstatter dieser Zeitung nicht genügend informiert hat und daß seine Berichterstattung tendenziös gewesen ist?
Herr Kollege Büttner, ich weiß nicht, ob das geschehen ist; aber ich habe auf Grund Ihrer Anfrage Veranlassung genommen, die Landesversicherungsanstalt darum sehr nachdrücklich zu bitten.
Herr Abgeordneter Geiger zu einer Zusatzfrage.
Herr Minister, haben Sie eine Möglichkeit, darauf hinzuwirken, daß vermieden wird, daß sich die unterschiedlichen Beurteilungen der verschiedenen vertrauensärztlichen Dienste - je nach der Art ides Sozialversicherungsträgers - nicht zum Nachteil der Beteiligten auswirken?
Soweit das in meinen Möglichkeiten steht, will ich es 'gern versuchen, Herr Kollege.
Ich rufe die Frage XVIII/7 des Abgeordneten Matthöfer auf:
Wann wird die Bundesregierung die in der Regierungserklärung vom 13. Dezember 1966 angekündigte Kommission unabhängiger Sachverständiger zur Auswertung der Mitbestimmungserfahrungen berufen?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Bundesministers Katzer vom 12. April 1967 lautet:
Die Bildung, die Zusammensetzung und der Arbeitsauftrag der in der Regierungserklärung vom 13. 12. 1966 vorgesehenen Kommission unabhängiger Sachverständiger zur Auswertung der bisherigen Erfahrungen bei der Mitbestimmung als Grundlage weiterer Überlegungen auf diesem Gebiete bedarf gründlicher Vorbereitungen, insbesondere auch einer weitgehenden Abstimmung mit allen beteiligten Stellen. Ich bin bemüht, diese vorbereitenden Arbeiten in enger Zusammenarbeit mit den beteiligten Ministerien so zu beschleunigen, daß die Kommission ihre Arbeiten möglichst bald aufnehmen kann.
Ich rufe dann die Frage XVIII/8 des Abgeordneten Dröscher auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die außerordentliche Verringerung der für die Kapitalabfindung nach dem Bundesversorgungsgesetz bereitgestellten Mittel zu einer Schrumpfung des Bauvolumens beim Eigenheimbau der Kriegsopfer führen muß, die, gerade angesichts der Benachteiligung der Kriegsversehrten gegenüber anderen Bauherren, die in der Lage sind, fehlendes Eigenkapital durch Selbsthilfearbeiten zu ersetzen, mit einem Ausmaß von etwa 4/5 weniger als im Vorjahr doch sehr bedenklich stimmen muß?
Der Fragesteller hat sich auch hier mit ,schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. 'Die Antwort des Bundesministers katzer vom 13. April 1967 lautet:
Im Entwurf des Ergänzungshaushalts für das Rechnungsjahr 1967 sind wegen der schwierigen Haushaltslage die Mittel für echte Kapitalabfindungen nach dem Bundesversorgungsgesetz gekürzt worden. Dadurch sollte aber die Kapitalisierung von Grundrenten nach der Vorstellung der Bundesregierung nicht eingeschränkt werden. Um die Kapitalisierung von Grundrenten im gleichen Umfang wie bisher zu gewährleisten, sollte nach dem Entwurf des Ergänzungsgesetzes zum Finanzplanungsgesetz neben der Gewährung von Kapitalabfindungen die Möglichkeit geschaffen werden, anstelle von Kapitalabfindungen unter Vermittlung des Bundes Darlehen aufzunehmen, für die der Bund Zinsvergütungen gewähren würde. Der Berechtigte würde hierdurch im Ergebnis finanziell keine Nachteile haben. Über den Entwurf des Ergänzungsgesetzes zum Finanzplanungsgesetz ist im Deutschen Bundestag noch nicht entschieden worden. Inzwischen 'hat der Bund den Ländern für besonders gelagerte Notfälle 20 Mio DM zur Gewährung von Kapitalabfindungen zur Verfügung gestellt. Wegen der Freigabe weiterer Mittel sind notwendige Schritte eingeleitet worden.
Dann rufe ich die Frage XVIII/9 des Abgeordneten Flämig auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Dienststellen der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung in verschiedenen Städten der Bundesrepublik weder technisch noch personell in der Lage sind, das den Arbeitskräften in vorübergehend kurzarbeitenden Betrieben zustehende Kurzarbeitergeld in angemessener Frist an die antragstellenden Betriebe auszuzahlen, so daß die Betriebe gezwungen sind, aus eigenen Mitteln Vorschüsse in erheblichem Umfang bereitzustellen, um zu verhindern, daß ihre Betriebsangehörigen in eine schwierige finanzielle Situation kommen?
Frau Präsidentin, ich bitte, die drei Fragen des Abgeordneten Flämig wegen des Sachzusammenhanges zusammen beantworten zu ,dürfen.
Es besteht Einverständnis. Dann rufe ich auch die Fragen XVIII/10 und XVIII/11 des Abgeordneten Flämig auf :
Ist der in Frage XVIII/9 erwähnte Mißstand eine Folge falsch verstandener Rationalisierung, indem Dienststellen und Kassen zusammengelegt und Personalabgänge nicht ersetzt wurden, ohne dem anderen Erfordernis, nämlich dem Aufbau einer durch Mechanisierung voll leistungsfähigen Arbeitsverwaltung gerecht zu werden?
Welche Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung zu ergreifen, um die Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung zu veranlassen, das Kurzarbeitergeld ebenso fristgerecht und in der gesetzlichen Höhe auszuzahlen wie das Arbeitslosengeld?
Die Hauptstelle der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung in Nürnberg hat mir berichtet, daß ihr solche Mißstände nicht bekannt sind. Die Landesarbeitsämter hätten auf Rückfrage ebenfalls bestätigt, daß keine Beschwerden über verspätete Auszahlungen vorliegen. Nur in zwei Fällen sei eine gewisse Verzögerung bei der Auszahlung von Kurzarbeitergeld eingetreten, weil es plötzlich zu einer sehr großen Anzahl von Anträgen zur gleichen Zeit gekommen sei. Diese Schwierigkeiten seien jetzt ausgeräumt.
Allgemein möchte ich zu dem in Ihren Fragen, Herr Abgeordneter, angeschnittenen Problemkreis auf folgendes hinweisen.
Nach § 188 Abs. 3 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung sind die Betriebe verpflichtet, auf Verlangen des Arbeitsamtes das 'Kurzarbeitergeld kostenlos zu errechnen und auszuzahlen. Das bedeutet, daß die Betriebe .auf Verlangen des Arbeitsamtes - und das ist die Regel das Kurzarbeitergeld nicht nur selbst berechnen, sondern es auch .aus .eigenen Mitteln an die Kurzarbeiter auszahlen. Erst danach werden ihnen ihre Auslagen von den Arbeitsämtern erstattet. Treten Verzögerungen bei der Berechnung oder Auszahlung des Kurzarbeitergeldes ein, so wird dies also in 'der Regel nicht auf technische Mängel oder personelle Schwierigkeiten in den Arbeitsämtern zurückzuführen sein.
Sollte ein Betrieb nicht in der Lage sein, das Kurzarbeitergeld unverzüglich auszuzahlen, weil er sich in einer schwierigen finanziellen Situation befindet, so kann er, um das Kurzarbeitergeld unverzüglich auszahlen zu können, einen Vorschuß beim Arbeitsamt beantragen.
Sollte sich die Erstattung der vom Betrieb verauslagten Beträge durch das Arbeitsamt verzögern, so kann der Betrieb beim Arbeitsamt Abschlagszahlungen beantragen, die in einer Höhe bis zu 80 v. H. und unter Vorbehalt bis zu 100 v. H. des Kurzarbeitergeldes gewährt werden. Solche Vorschuß- und Abschlagszahlungen können von den Arbeitsämtern ohne jede zeitliche Verzögerung ausgeführt werden. Damit soll erreicht werden, daß einerseits die Kurzarbeiter die ihnen zustehenden Leistungen rechtzeitig erhalten und andererseits Betriebe, deren Liquidität begrenzt ist, durch Vorabzahlungen der Arbeitsämter entlastet werden.
Die Tatsache, Herr Kollege, daß zunächst die Betriebe das Kurzarbeitergeld auszahlen, ist hiernach eine Folge der gesetzlichen Vorschriften und hängt also nicht mit einer ungenügenden personellen Besetzung der Arbeitsämter zusammen. Besondere Maßnahmen der Bundesregierung für eine fristgerechte Auszahlung des Kurzarbeitergeldes dürften deshalb nicht erforderlich sein.
Erste Zusatzfrage.
Herr Minister, sind Sie bereit, den Vorstand und den Verwaltungsrat der Bundesanstalt darauf hinzuweisen, daß - um zwei Beispiele zu nennen - in Iserlohn ein kleiner Betrieb von Januar bis März dieses Jahres über 70 000 DM Vorschüsse bezahlt hat, während die Arbeitsverwaltung nur 31 000 DM zurückzahlen konnte mit der Begründung, sie sei personell nicht in der Lage, in dieser Zeit die genauen Berechnungen vorzunehmen, und daß in anderen Arbeitsamtsbezirken, wie mir gestern ein Kollege bestätigt hat, sogar Rückstände bei der Auszahlung von Arbeitslosengeld eingetreten sind, so daß die betroffenen Familien darauf angewiesen waren, kurzfristig Fürsorgemittel in Anspruch zu nehmen?
Herr Kollege, diese Fälle sind mir nicht bekannt. Ich darf Sie sehr herzlich darum bitten, mir sowohl den Fall Iserlohn als auch den anderen Fall, den Sie angezogen haben, zuzuleiten. Ich werde unverzüglich veranlassen, daß diese Fälle der Bundesanstalt in Nürnberg zur Stellungnahme zugeleitet werden. Von dem Ergebnis meiner Bemühungen werde ich Ihnen Kenntnis geben.
Die Fragen XVIII/12 und XVIII/13 des Abgeordneten Schmidt ({0}) sind vom Fragesteller zurückgezogen worden. - Damit danke ich dem Herrn Bundesminister für Arbeit.
Ich rufe nun die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern aus der Drucksache V/1620 auf. Die Fragen Ill und I/2 des Abgeordneten Sänger sind vom Fragesteller zurückgezogen worden.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr aus der Drucksache V/1620. Ich rufe die Frage V/I des Abgeordneten Dr. Hauser ({1}) auf:
Bis wann erfolgt der restliche, lediglich noch 2 km betragende Ausbau der überaus stark beanspruchten Höhenstraße im nördlichen Schwarzwald, der Bundesstraße 500, zwischen Seibelseckle und Kurhaus Ruhestein?
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr: Frau Präsidentin, die Fragen des Herrn Kollegen Dr. Hauser beziehen sich beide auf den Ausbau der Schwarzwaldhochstraße beim Kurhaus Ruhestein. Daher wäre ich dankbar, wenn ich die Fragen wegen ihres sachlichen Zusammenhangs gemeinsam beantworten könnte, wenn der Herr Kollege einverstanden ist.
Einverstanden. Frage V/2 des Abgeordneten Dr. Hauser ({0}) :
Erscheint es nicht gerechtfertigt, diese unter Frage V/1 genannte Strecke in diesem Jahr zunächst fertigzustellen, ehe eine völlig neue Straßendecke auf der ausgebauten 10 km langen Fortsetzung der Höhenstraße südlich Kurhaus Ruhestein im vollkommenen Zwischenausbau mit einem Kostenaufwand von 3 Millionen DM aufgetragen wird, wie sich aus der Ausschreibung des zuständigen Straßenbauamtes zu ergeben scheint, obwohl bei dem guten Zustand dieser Fortsetzung der Höhenstraße dort zweifellos die Ausbesserung nur einiger weniger durch Frost verursachter schadhafter Stellen mti viel geringerem Kostenaufwand völlig hinreichen dürfte?
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr: Herr Kollege, der Ausbau der als „Schwarzwaldhochstraße" bezeichneten Bundesstraße 500 zwischen dem Seibelseckle und dem Kurhaus Ruhestein ist für die Jahre 1968 und 1969 vorgesehen. Im Jahre 1967 werden die Ausbauarbeiten auf dem Streckenabschnitt Mummelsee-Dürrbaden abgeschlossen. Auf der von Ihnen angesprochenen Teilstrecke südlich des Kurhauses Ruhestein sind in der Vergangenheit immer wieder umfangreiche Deckenschäden eingetreten. Eine Deckenerneuerung ist daher noch in diesem Jahre unerläßlich, da sonst mit einer völligen Zerstörung der Fahrbahndecke gerechnet werden müßte.
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Hauser.
Herr Staatssekretär, wie überwacht die Bundesregierung - ich meine das ganz allgemein - die Zuteilung der Mittel, damit diese wirklich am zweckmäßigsten eingesetzt werden? Dabei möchte ich leise hinzufügen, daß ich hinsichtlich der Ihnen zuteil gewordenen Informationen über die Notwendigkeit der weiteren Instandsetzung der Strecke ab Kurhaus Ruhestein ein ungläubiger Thomas bleibe.
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr: Herr Kollege, die Bundesregierung ist bei der Bewertung solcher Fragen natürlich auf die Zusammenarbeit mit den Auftragsverwaltungen der Länder angewiesen. Ich möchte darauf hinweisen, daß das hier in Rede stehende Straßenstück in den Jahren 1936 bis 1938 gebaut worden ist, daß es also von der Straßenbautechnik her nicht den Erfordernissen des heutigen Verkehrs entspricht. Die Frostschäden, die auf diesem Straßenstück aufgetreten sind, müssen baldigst ausgebessert werden, da, wie ich vorher bemerkte, sonst nach Auffasssung der beteiligten Landesstraßenbauverwaltung mit einer völligen Zerstörung der Fahrbahndecke gerechnet werden müßte.
Zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, teilen Sie nicht auch die Auffassung, daß die Leistung einer Straße so groß ist wie die ihrer schwächsten Stelle und gerade deshalb der von mir
Dr. Hauser ({0})
angesprochene Ausbau nötiger ist als die Instandsetzung der anderen Strecke?
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr: Herr Kollege, selbstverständlich ist die Leistungsfähigkeit eines Straßenstücks immer nur so stark wie die der schwächsten Stelle, die für den Verkehr dienstbar gemacht werden kann. Aber ich möchte darauf hinweisen, daß die Bewertung dieser Frage, die Sie eben gestellt haben, natürlich auch in engem Zusammenhang mit den finanziellen Möglichkeiten der Bundesregierung gesehen werden muß, die davon abhängen, was für Mittel das Hohe Haus im Haushalt 1967 einsetzt. Ich bin gern bereit, die von Ihnen angedeutete Frage noch einmal von der zuständigen Dienststelle der Landesstraßenbauverwaltung überprüfen zu lassen.
Frage V/3 des Herrn Abgeordneten Biechele:
Treffen die Mitteilungen der Jahrestagung 1967 des Internationalen Bodenseeverkehrsvereins zu, daß die Deutsche Bundesbahn zwei Fahrgastschiffe für die Saison 1967 stillegen und einmotten will, während die Schweiz ein neues Fahrgastschiff zum Saisonbeginn in Betrieb nimmt?
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr: Frau Präsidentin, ich bitte, auch die beiden Fragen des Herrn Kollegen Biechele wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantworten zu dürfen, wenn der Herr Kollege Biechele damit einverstanden ist.
({0})
Der Präsident ist ebenfalls einverstanden. Ich rufe also auch die Frage V/4 ,des Herrn Abgeordneten Biechele auf:
Sind nach der Überzeugung der Bundesregierung die Bedenken des Internationalen Bodenseeverkehrsvereins zutreffend, daß die in Frage V/3 erwähnten Maßnahmen der Deutschen Bundesbahn die Anstrengungen vor allem auf deutscher Seite, die Anziehungskraft des Bodenseegebiets für den Fremdenverkehr zu steigern, beeinträchtigen müssen?
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr: Herr Kollege, die Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn hat meinem Hause zu Ihrer Anfrage mitgeteilt, daß sie zwei Fahrgastschiffe der Bodenseeflotte stillegen wird, um das beträchtliche Defizit in diesem Betriebszweig zu verringern. Diese Maßnahme wird aber keine Minderung des Leistungsangebots zur Folge haben, da der Ausnutzungsgrad der in Betrieb bleibenden 23 Schiffe durch organisatorische Maßnahmen verbessert werden soll. Es ist deshalb nicht zu befürchten, daß die Bemühungen um die Steigerung der Anziehungskraft des Bodenseegebietes als Fremdenverkehrsgebiet beeinträchtigt werden.
Bei dem neuen Fahrgastschiff, das von der Schweiz in Dienst gestellt werden soll, handelt es sich nicht um eine 'Bestandsvermehrung, sondern um den Ersatz eines älteren Schiffes.
Eine Zusatzfrage.
Ist Ihnen bekannt, Herr Staatssekretär, 'daß die Stelle des Leiters der Badenseeschiffsbetriebe - sie untersteht .der Bundesbahndirektion in Karlsruhe - in den Nachkriegsjahren sechs- bis siebenmal umbesetzt wurde, sicher mit der Folge, daß der jeweilige Leiter kaum die Möglichkeit hatte, sich in das schwierige Aufgabengebiet der deutschen Bodenseeschiffahrt einzuarbeiten?
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr: Herr Kollege, ich glaube nicht, daß Ihre Frage im engen Sachzusammenhang mit dem von mir angesprochenen Fragenkomplex steht. Ich darf darauf hinweisen, 'daß in dem „Treuarbeit"-Gutachten für die Deutsche Bundesbahn auch die Frage der Bodenseeschiffahrt angesprochen worden ist, und zwar in der Weise, daß das „Treuarbeit"-Gutachten auf das erhebliche Defizit 'dieses Betriebszweigs hinweist.
Zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ich teile nicht Ihre Auffassung, daß meine Zusatzfrage mit diesen beiden Fragen wenig oder nichts zu tun habe. Deswegen darf ich diese Frage durch folgende Zusatzfrage noch etwas verdeutlichen. Sind Sie bereit, Herr Staatssekretär, sich dafür einzusetzen, daß endlich eine Kontinuität in der Leitung der deutschen Bodenseeschiffahrt gewährleistet wird, die die nach der Meinung der sachkundigen Persönlichkeiten und Vereinigungen des Fremdenverkehrs am Bodensee, auch des Internationalen Bodenseeverkehrsvereins, die Voraussetzung dafür ist, daß das Defizit, von dem Sie vorhin gesprochen haben, abgebaut werden kann und dem Fremdenverkehr am Bodensee neue Impulse gegeben werden können?
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr: Herr Kollege, die Bundesregierung ist der Meinung, .daß ,auf keinen Fall durch organisatorische Maßnahmen der Deutschen Bundesbahn die Attraktivität des Fremdenverkehrsgebiets Bodensee beeinträchtigt werden 'darf. Ich bin gern bereit, die von Ihnen angesprochene personelle Frage an den Vorstand ider Deutschen Bundesbahn heranzutragen.
Damit sind wir am Ende der heutigen Fragestunde angelangt. Ich danke dem Herrn Staatssekretär für die Beantwortung der Fragen seines Ressorts.
Wir kommen nunmehr zu Punkt 3 der Tagesordnung:
Erste Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Ehegesetzes
- Drucksache V/1444 Der Herr Bundesminister der Justiz ist unterwegs, wie ich gehört habe.
Vizepräsident Frau Dr. Probst
Das Wort zur Begründung hat Frau Dr. Diemer-Nicolaus.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich haben wir heute die Fortsetzung einer Debatte, die kurz vor Beendigung der 3. Legislaturperiode, nämlich in der 164. Sitzung des 3. Bundestages im Juni 1961, geführt worden ist. Manche von denen, die damals dabei waren, sind auch heute in unseren Reihen. Allerdings sind einige der Redner, die damals in der sehr lebhaften und eingehenden Debatte zu diesen Problemen der Ehescheidung Stellung genommen haben, nicht mehr bei uns. Den Kolleginnen und Kollegen, die damals die Debatte nicht miterlebt haben, möchte ich raten, das Protokoll der 164. Sitzung einmal durchzusehen. Ich möchte heute nicht all das wiederholen, was damals angeführt worden ist.
Wie war denn die Entstehungsgeschichte des § 48 Abs. 2 Ehegesetz? Im Zusammenhang mit unserem Antrag, der in der Presse und bei der Bevölkerung ein überraschend großes Echo gefunden hat, kam in einer Zuschrift an eine Zeitung wieder die Auffassung zum Ausdruck, es handle sich bei diesem Zerrüttungsparagraphen um eine nationalsozialistische Regelung. Insofern war es sehr schön, daß damals in jener sehr temperamentvollen Auseinandersetzung der 3. Legislaturperiode allgemein ganz klar herausgestellt wude, daß das nicht zutrifft. Die Auffassung der Freien Demokraten gründet sich vielmehr historisch - und da zeigt sich eben, daß der Liberalismus eine grundlegende Basis hat, die durch die Jahrzehnte zu verfolgen ist - auf folgendes. Es war der seinerzeit im Reichstag und auch als Wissenschaftler hoch angesehene Professor Kahl, und es war unsere sehr verehrte frühere Alterspräsidentin Frau Dr. Lüders, die schon im Jahre 1927 darauf hingewiesen haben, daß es, während das seinerzeitige Eherecht eine Ehescheidung nur bei nachweislichem Verschulden eines Ehegatten vorsah, doch schicksalsbedingte Fälle gibt, wo die Ehe einfach zerrüttet ist und wo ebenfalls eine Ehescheidung möglich sein muß. Das wurde in der 3. Legislaturperiode auch ohne weiteres akzeptiert. Ich sehe gerade, Frau Kollegin Schwarzhaupt ist wieder da. Wir waren ja damals Kontrahenten, sowohl im Rechtsausschuß wie auch im Plenum.
Die Quintessenz dessen, was damals von Ihnen, Frau Kollegin Schwarzhaupt, von Professor Böhm, von Professor Wahl und eigentlich von allen Sprechern der CDU, die sich für die Änderung des bis dahin geltenden Eherechts einsetzten, gesagt wurde, war folgendes: Was wir - die CDU - wollen, ist keine Änderung der Rechtsprechung, sondern es soll nur das, was Rechtsprechung des Bundesgerichtshof ist, gesetzlich mehr zum Ausdruck kommen. Von der überwiegenden Zahl der Sprecher der CDU wurde damals mit Entschiedenheit in Abrede gestellt, daß damit eine Erschwerung der Ehescheidung eintreten würde.
Von unserer Seite und von seiten der SPD, die damals gemeinsam mit uns in der Opposition war, wurden Bedenken gegen die vorgeschlagene Änderung geäußert. Wir sprachen die Befürchtung aus, daß es auf Grund dieser Änderung doch zu einer Erschwerung kommen würde. Tatsächlich hat die Rechtsprechung auch gezeigt, daß eine solche Erschwerung eingetreten ist. Wenn es nun so ist, meine Damen und Herren von der CDU/CSU, daß an der bis 1961 bestehenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die Sie als sehr befriedigend bezeichnet haben, nichts geändert zu werden brauchte, dann müßte es Ihnen ja heute leicht fallen, unserem Antrag, die alte Fassung wiederherzustellen, zuzustimmen.
({0})
Natürlich hoffe ich noch mehr auf die Unterstützung seitens der Sozialdemokratischen Partei, auch wenn sie heute Koalitionspartner der CDU ist.
Seien wir doch einmal ganz ehrlich: Hier handelt es sich doch nicht um parteipolitische, sondern um rechtliche Fragen, und es handelt sich natürlich auch darum, wie man die Ehe sittlich bewertet.
Hier muß ich gleich vor einem Mißverständnis zu unserem Antrag warnen. Ich bekam zahlreiche Zuschriften, aus denen hervorging, daß manche den Eindruck erhalten haben, mit unserem Änderungsantrag bekäme der Mann einen Freibrief und könnte sich, wenn er wollte, einfach von der Ehe lösen, und die Ehe müßte auch nach zwanzig- oder dreißigjährigem Bestehen - wenn der Mann eine Jüngere gefunden hat, die ihm mehr zusagt, und er drei Jahre getrennt von seiner Ehepartnerin gelebt hat - geschieden werden.
Eine solche Auffassung steht im Gegensatz zu der Rechtsprechung bis 1961 und damit zu unserem Antrag. Daß sich diese Auffassung bilden konnte, liegt vielleicht daran, daß manche. Pressepublikationen doch sehr gern mit Schlagzeilen arbeiten und weniger bereit sind, auch einen Gesetzestext zu bringen.
Der damals von der SPD und FDP verteidigte Gesetzestext, den wir wiederherstellen wollen, lautet folgendermaßen:
Hat der Ehegatte, der die Scheidung begehrt, die Zerrüttung ganz oder überwiegend verschuldet, so kann der andere der Scheidung widersprechen. Der Widerspruch ist nicht zu beachten, wenn die Aufrechterhaltung der Ehe bei richtiger Würdigung des Wesens der Ehe und des gesamten Verhaltens beider Ehegatten sittlich nicht gerechtfertigt ist.
Dabei spielt natürlich die Frage eine eminent wichtige Rolle, wie die Ehe überhaupt verlaufen ist, wie lange sie besteht, ob Kinder daraus hervorgegangen sind, was der Mann oder die Frau zur Gestaltung der Ehe beigetragen haben, was die Frau - in vielen Fällen ist es so - tatsächlich für diese Ehe geopfert hat, wieweit die Ehegatten gemeinsam eine Existenz aufgebaut haben, und ob das jetzt nach Jahrzehnten einfach vernichtet werden kann.' So einfach liegen die Dinge nicht, sondern es wird auf den sittlichen Wert der Ehe abgehoben. Wir Freien Demokraten teilen die Auffassung - wenn auch zivilrechtlich gesehen die Ehe ein Vertrag ist -, daß die Ehe nicht wie ein sonstiger Vertrag, z. B. ein Handelsvertrag, behandelt werden kann,
daß es nachher nicht einfach möglich ist, sich aus einmal eingegangenen Bindungen wieder herauszulösen. Wir sind der Meinung, daß dann schon schwerwiegende Gründe vorliegen müssen.
Damit komme ich zu einem anderen Einwand, der jetzt im Zusammenhang mit der Diskussion über unseren Antrag erhoben wurde. Es wurde gesagt, man könne es bei Gericht erleben, daß zehn Ehen innerhalb von fünf Minuten geschieden werden. Wahrscheinlich hat der Betreffende nur gehört, wie der Tenor der Ehescheidungsurteile verlesen wurde. Das kann natürlich sehr schnell gehen. Man sieht aber nicht das, was vorausgegangen ist.
Ich bin lange genug Rechtsanwältin und hatte, bevor der Bundestag soviel Zeit in Anspruch nahm, eine große Praxis. Als Frau wurde ich natürlich gerade in familienrechtlichen Fragen von Frauen und Männern mit ihrer Vertretung beauftragt. Wenn man also Erfahrungen bei Gericht hat, weiß man, daß vielfach einverständliche Ehescheidungen erfolgen. Das „einverständlich" bedeutet nicht, daß diese Ehen ohne Grund geschieden werden, sondern es bedeutet, daß sich sowohl die Anwälte als auch die Richter vorher davon überzeugt haben, daß die Voraussetzung, die natürlich auch für unseren Antrag gilt, daß es sich nämlich um eine hoffnungslos zerrüttete Ehe handelt, erfüllt ist.
Damit auch ein Wort an die Frauen, die glauben, ihre Ehe sei nicht hoffnungslos zerrüttet und der Mann werde doch wieder zurückkehren. Wenn das Gericht feststellt, daß gerade auf Grund des sehr langen Bestehens. einer Ehe damit zu rechnen ist, daß es sich vielleicht nur um eine "vorübergehende Neigung des Mannes zu einer anderen Frau handelt, die Bindung aber noch vorhanden ist und der Mann bei einer Ablehnung der Klage wieder zurückkommt, dann ist die Ehe überhaupt nicht hoffnungslos zerrüttet, und es entfällt die Voraussetzung nach § 48 Abs. 1.
Zu berücksichtigen ist natürlich vielfach das Interesse nicht nur der Ehegatten, sondern vor allen Dingen auch der Kinder, die aus einer restlos gescheiterten Ehe hervorgegangen sind. Dann ist es besser, eine Ehe, wie man sagt, einverständlich zu scheiden, d. h. daß man nicht die ganze schmutzige Wäsche vor Gericht wäscht, sondern sich in dem Vorbringen der Ehescheidungsgründe - das sind Fälle, die zum Tatbestand des Ehebruchs nach § 42 oder zum Tatbestand des ehewidrigen Verhaltens nach § 43 zählen - auf das unbedingt Notwendige beschränkt. Dieses Ehescheidungsurteil muß ja immer wieder vorgelegt werden, und manche Ehegatten möchten nicht, daß die Kinder später die ganze Ehegeschichte erfahren. Es liegt im Interesse der Kinder, daß die Fragen des Sorgerechts und der Unterhaltszahlung zufriedenstellend geregelt werden. So ist es also auch nicht, daß man eine Ehe einfach scheiden könnte, wenn man den einverständlichen Willen hat.
Bei den Fällen des § 48 handelt es sich darum, daß keine Verschuldensgründe vorgetragen werden, sondern zunächst einmal gesagt wird: Wenn eine Ehe völlig zerrüttet ist - das ist das Zerrüttungsprinzip in Abs. 1, das auch nach 1945 anerkannt und auf Grund sorgfältiger Beratung mit angesehenen deutschen Professoren aufrechterhalten wurde -, kann sie, auch ohne daß ein spezieller Schuldvorwurf ausgesprochen wird, geschieden werden.
Aber dazu kommt etwas anderes. Man hat auf Grund sehr eingehender Überlegungen einem schuldlosen oder minderschuldigen Ehegatten die Möglichkeit gegeben, gegen eine derartige Klage Widerspruch zu erheben. Diese Auffassung wurde auch von uns Freien Demokraten stets geteilt.
Etwas darf allerdings nicht sein, wie in der Diskussion im Jahre 1961 sehr wohl zum Ausdruck kam: Das Widerspruchsrecht darf nicht so ausgestaltet werden, daß damit Abs. 1 gegebenenfalls vollkommen illusorisch wird. Der Widerspruch durfte nicht so ausgestaltet werden, Frau Kollegin Schwarzhaupt, daß das eintreten konnte, was wir damals befürchtet hatten, von dem Sie aber glaubten, es würde nicht eintreten, daß nämlich jetzt die rein subjektive Auffassung des Widersprechenden genügt, die Scheidung einer hoffnungslos zerrütteten Ehe auszuschließen, auch wenn die Ehegatten nicht nur 3, sondern schon 10, 17, 20 Jahre getrennt leben.
Die Rechtsprechung ist nach 1961 weitergegangen. Sie mußte sich nach der Änderung des § 48 Abs. 2 der von der absoluten Mehrheit der CDU/CSU erreichten Fassung anpassen. Jetzt braucht eine Frau vor Gericht nur zu sagen: Für mich ist die Ehe als ein Sakrament 'unlöslich, und ich fühle mich 'deshalb an sie gebunden. Auch wenn die Ehe hoffnungslos zerrüttet ist, ist es dann nicht mehr möglich, sie zu scheiden, auch wenn bei einer objektiven Würdigung der Richter feststellen muß: Das ist eine Ehe, die, objektiv betrachtet, in sich keinen sittlichen Wert mehr hat, das ist eine Ehe, die nur noch auf dem Papier steht.
Das auslösende Moment für unseren Antrag war folgender Fall. Ich habe natürlich die Rechtsprechung sehr aufmerksam verfolgt.
({1})
- Doch, Herr Kollege Hauser. Wir werden uns im Rechtsausschuß wahrscheinlich noch ganz eingehend mit den einzelnen Entscheidungen auseinander-, setzen. Aber die erste Lesung hier im Bundestag ist nicht dazu da, die Rechtsprechung im einzelnen darzulegen. Sie ist dazu da, das Grundprinzip darzulegen, um das es geht.
Herr Kollege Hauser, der auslösende Fall war der folgende. Durch die Presse ging die Nachricht, daß vor 30 Jahren eine jüdische Ehe nach jüdischem Glaubensrecht geschieden worden war; es war der Scheidungsbrief ausgestellt worden. Seit dieser Zeit lebten die Parteien getrennt. Die Frau lebte in England, der Mann woanders. Aber weil der frühere gemeinschaftliche Wohnsitz in Berlin war, mußte die Ehescheidungsklage in Berlin erhoben werden. In erster und in zweiter Instanz wurde diese schon seit 30 Jahren konfessionell geschiedene Ehe nicht geschieden. Eine endgültige Entscheidung liegt des4806
halb noch nicht vor, weil die Sache an den Bundesgerichtshof kam.
({2})
Insofern war es gut, daß wir für alle Fälle des § 48 den Rechtszug zum Bundesgerichtshof, die Revisionsmöglichkeit, eröffnet haben.
({3})
- Das wollte ich ja gerade sagen, Herr Kollege Hauser, Sie sind heute so temperamentvoll, Sie lassen mich gar nicht aussprechen. Das bin ich sonst doch nicht so gewohnt.
({4})
Der Bundesgerichtshof hat diese Sache zur erneuten Prüfung zurückverwiesen. Gerade bei dem vierten Senat des Bundesgerichtshofs habe ich, nicht nur bei dieser Entscheidung, sondern auch bei anderen, aus Leitsätzen entnehmen können, daß er eine sehr vernünftige Auffassung über das Wesen der Ehe hat.
({5})
Aber wir müssen dem Bundesgerichtshof die Möglichkeiten wiedergeben, die er bis zum Jahre 1961 hatte, damit er diese Fragen des § 48 Abs. 2 nach vernünftigen Grundsätzen beurteilen kann, wie dies bei einer objektiven Wertung der Ehe möglich ist.
Meine Damen und Herren, all die Zuschriften, die ich bekommen habe, habe ich sehr aufmerksam gelesen. Als Rechtsanwältin bin ich mir natürlich durchaus bewußt, daß man immer beide Seiten hören muß. Das bin ich als Rechtsanwältin gewohnt, obwohl ich zunächst einmal auf eine Seite angewiesen bin.
({6})
- Bitte schön, Frau Kollegin Schwarzhaupt!
Frau Kollegin, gerade Ihre letzten Worte, daß man alle Seiten sachlich hören muß, geben mir Anlaß zu einer Zwischenfrage. Halten Sie es für korrekt, eine Entscheidung hier anzuführen, die überhaupt noch nicht rechtskräftig ist, eine Entscheidung in einem Fall, den der Bundesgerichtshof zurückverwiesen hat, weil er doch offenbar mit den vorgelegten Entscheidungen auf Grund des heutigen Rechts nicht einverstanden war?
Sehr wohl, Frau Kollegin Schwarzhaupt. Man muß es nur so wie ich tun: vollständig zitieren und nicht lediglich sagen, daß die Klage in den ersten beiden Instanzen abgelehnt wurde, sondern auch darauf hinweisen, daß der Bundesgerichtshof die Sache zur nochmaligen Entscheidung zurückverwiesen hat. Das ist durchaus korrekt. Man darf nur nicht eine falsche Vorstellung erwecken.
Erlauben Sie eine zweite Zwischenfrage?
Bitte!
Glauben Sie nicht doch, daß Sie bei den juristisch ja nicht durchweg bis ins einzelne informierten Zuhörern eine falsche Vorstellung erwecken, wenn Sie diesen Fall mit der 30jährigen Trennung und allem, was damit zusammenhängt, so vortragen, als wäre dies ein Fall, aus dem sich Schlüsse über das geltende Recht ziehen ließen, obgleich er in der obersten Instanz noch gar nicht entschieden ist?
Frau Kollegin Schwarzhaupt, ich bin sogar der Meinung, ich tue hier der richtigen Darstellung einen Dienst. Denn leider ist dieser Fall in der Presse nicht immer so publiziert worden, daß daraus hervorging, daß es sich noch nicht um eine rechtskräftige Entscheidung handelt.
Es geht aber nicht nur um diesen Fall, sondern es geht um die Frage, wie der klagende Ehegatte gegebenenfalls nachweisen soll, daß für die widersprechende Frau keine Bindung mehr an die Ehe besteht. Auch die Beweislastfrage ist schon im Jahre 1961 behandelt worden. Damals hat der ehemalige Kollege Wittrock von der SPD aus der Sicht eines Anwalts völlig richtig gesagt, es komme bei dem widersprechenden Ehegatten nur darauf an, daß er einen guten Rechtsanwalt habe. Ein guter Rechtsanwalt kennt natürlich die Rechtsprechung und wird seine Partei schon auf die Gründe hinweisen, welche von der Rechtsprechung als maßgeblich für die Feststellung anerkannt werden, daß noch eine Bindung an die Ehe besteht.
Ich darf auch noch auf etwas anderes hinweisen. Meine Damen und Herren, es ist gar nicht immer die ältere Ehefrau, die verstoßen werden soll, sondern es gibt auch die Fälle, wo .ein Mann seine Frau nicht loslassen will, die in der Zwischenzeit eine andere Lebensgemeinschaft gefunden hat, aus der unter Umständen Kinder hervorgegangen sind. Auch in solchen Fällen kommt es vor, daß der Mann - jetzt grübeln Sie einmal nach, aus welchem Motiv - widerspricht. Es gibt sogar Fälle, wo der Mann, obwohl er genau weiß, daß das nicht seine Kinder sind, sich weigert, auch nur die Ehelichkeit dieser Kinder anzufechten, wodurch die Frau und diese Kinder in eine unzumutbare Situation kommen. Übersehen Sie auch das bitte nicht! Was ich hier anführe, das sind Fälle, die sich zugetragen haben.
({0})
Die Frau ist doch in einer schwierigen Situation, wenn der Mann widerspricht. Der Mann braucht doch nur zu sagen: Ich fühle mich als Katholik an meine Ehe gebunden, und ich glaube, daß meine Frau wieder zurückkommt. In einem solchen Fall kann der Richter nach der augenblicklich geltenden Regelung dem Scheidungsantrag nicht stattgeben.
Ich darf auch noch auf folgenden Gesichtspunkt hinweisen. Keinesfalls ist immer ein anderer oder eine andere der Grund 'für die Trennung gewesen.
Vielfach waren die Ehen eben einfach zerrüttet und haben die Ehegatten erst nach der Trennung, häufig erst Jahre danach, einen anderen Lebensgefährten oder eine andere Lebensgefährtin - wie es jetzt so heißt - gefunden, mit 'dem oder mit der sie zusammenleben. Es ist bestimmt nicht schön, daß etwas Derartiges existiert. Ich erinnere an den „Schwanengesang" unserer verehrten Alterspräsidentin Frau Dr. Lüders. Sie hat damals in der dritten Lesung das Wort ergriffen und in der sehr lebensnahen Art, die sie trotz ihres Alters hatte, in den Formulierungen, wie sie eben noch aus den zwanziger Jahren stammten, gesagt - lesen Sie es nach -: Was wird die Folge dieser Regelung sein, wenn die Trennung erfolgt ist? Es wird in vermehrtem Umfang Konkubinate geben, und es wird sich die Zahl der unehelichen Kinder erhöhen. Tatsächlich hat sie mit dieser Voraussage recht behalten.
({1})
Haben Sie Statistiken?
({2})
- Herr Kollege Hauser, ich komme noch auf die Statistik, soweit sie im Statistischen Jahrbuch enthalten ist, das in dieser Hinsicht allerdings nur kümmerlich Auskunft gibt, das mir als Mitglied der Opposition aber allein zur Verfügung steht, noch zu sprechen.
Sie bemühen sich immer wieder um eine Reform des Unehelichenrechts. Dabei müssen Sie doch auch an diese Kinder denken. Es ist für sie natürlich von großer Bedeutung, daß sie die Möglichkeit erhalten, später einmal für ehelich erklärt zu werden.
In einem Punkte, Herr Kollege Hauser, werden wir uns allerdings wahrscheinlich treffen.
({3})
Wenn die erste Ehe aus alleinigem oder überwiegendem Verschulden des Mannes geschieden wird und er wieder heiratet, dann dürfen die erste Frau und die Kinder aus erster Ehe durch die zweite Eheschließung materiell nicht benachteiligt werden. In den Zuschriften, die ich bekomme, werden im wesentlichen doch drei Gründe vorgetragen.
Dabei sind auch - das nehme ich den Frauen gar nicht einmal übel - materielle Erwägungen maßgebend. Es hat mich nicht verwundert, im Zusammenhang mit der Frauenenquete lesen zu müssen - das entspricht auch meiner anwaltlichen Erfahrung -, daß 70 % der geschiedenen Frauen berufstätig sind, auch wenn sie Kinder halben. Denn heute ist die Unterhaltsregelung nicht befriedigend. D'as gilt nicht nur für die nach § 48 geschiedenen Ehen, sondern 'grundsätzlich. Meine Meinung geht dahin: wenn eine Ehe aus alleinigem oder überwiegendem Verschulden des Mannes geschieden wurde und wenn der Mann wieder heiratet, dann muß 'sich die zweite Frau darüber klar sein, daß sie 'eine Ehe schließt, die - materiell gesehen - mit den Unterhaltsverpflichtungen gegenüber der ersten Frau und den Kindern aus der ersten Ehe belastet ist. Wenn dann das Einkommen des Mannes nicht ausreicht, zwei Familien zu unterhalten, sollte die zweite Frau noch 'hinzuverdienen, aber nicht die erste Frau; sie soll materiell nicht benachteiligt werden.
({4})
Insofern sollte noch einmal eine sorgfältige Überprüfung sowohl 'der beamtenrechtlichen Versorgung als auch der entsprechenden Rentenversorgung einer schuldlos geschiedenen Frau erfolgen.
({5})
Ich darf Ihnen noch eines sagen. Es war für mich manchmal sehr schwer, wenn ich als Rechtsanwältin bei einer Mandantin festgestellt habe, daß es sich um eine hoffnungslos zerrüttete Ehe handelt, und zwar nicht nur nach § 48, sondern auch aus Verschulden des Mannes. Ich habe mich dann erkundigt und habe festgestellt: wenn sie sich scheiden läßt - sie ist älter, sie hat keinen Beruf 'erlernt -, 'ist sie nur auf die Unterhaltsansprüche angewiesen. Sie hat aber zu Hause vielfach ein Martyrium. Trotzdem habe ich ihr raten müssen: „Lassen Sie sich nicht scheiden", obwohl ich wußte, daß 'die Frau damit weiter in einer Konfliktsituation steht, daß sie eine seelische Belastung auf Jahre hinaus noch trägt, die 'außerordentlich hart zu ertragen ist.
Ein anderer Grund ist: Heute fürchten manche Frauen immer noch, daß ihr gesellschaftliches Ansehen durch eine Scheidung leidet. Tatsächlich ist es auch so. Eine geschiedene Frau kann nicht ein Plakat umhängen: „Ich bin schuldlos geschieden".
In diesem Zusammenhang 'habe ich eine Frage an die Behörden: Ist es notwendig, daß in einem derartigen Umfang, wie es heute geschieht, stets nach dem Familienstand gefragt wird? Was spielt es z. B. bei einem Verkehrsunfall für eine Rolle, ob die Frau verheiratet, verwitwet oder geschieden ist? Das gleiche gilt für den Mann. Diese Frage ist heute 'in viel zu vielen Formularen enthalten. Die Frauen scheuen immer noch 'das Vorurteil.
Dann kommen 'natürlich auch noch andere Motive hinzu. Menschlich verständlich ist es, zu sagen: Ich gönne den Mann jetzt keiner anderen. - Es sind dies nicht 'immer Gefühle 'der Liebe. Es gibt Frauen, die sagen: Wenn nicht 'ich, dann auch nicht die andere und erst recht nicht, daß er noch Kinder hat. Das sind Motive, die sind nicht sehr schön, aber die sind menschlich verständlich.
({6})
- Herr Kollege Hauser, Sie haben sich offensichtlich sehr eingehend mit der Rechtsprechung befaßt, - so wie ich es auch von Ihnen auf Grund unserer jahrelangen Zusammenarbeit im Rechtsausschuß angenommen habe. Aber dann werden Sie auch wissen, wie eng der Bundesgerichtshof die Grenzen gezogen hat bei der Frage, wann anzunehmen ist, daß -wie es seinerzeit Frau Schwarzhaupt im Rechtsaus4808
schuß formuliert hat - ein Rechtsmißbrauch vorliegt. Das ist nur selten der Fall.
Eine andere Frage ist: Welchen sittlichen Wert hat z. B. noch eine Ehe, wenn die Ehegatten schon jahrelang getrennt leben und der Mann nach der Trennung eine andere Lebensgefährtin gefunden hat? In diesem Fall sind aus dieser neuen Verbindung zwei Kinder da. Aber in der Zwischenzeit hat auch die getrenntlebende Ehefrau ein uneheliches Kind. Trotzdem wurde die Ehe nicht geschieden, und zwar mit der Begründung: Die Ehezerrüttung war ja zuerst durch den Mann gegeben; wenn dann auch noch die Frau ein uneheliches Kind bekommt, braucht doch deswegen die Ehe nicht geschieden zu werden. Ich finde, derartige Ehen haben keinen sittlichen Wert mehr. Wir, die wir ja keine kirchenrechtlichen, sondern zivilrechtliche Entscheidungen zu treffen haben und die wir beachten müssen, daß unsere Gesetze für alle Bürger und Bürgerinnen in unserer Bundesrepublik gültig sein müssen, müssen dabei daran denken, daß natürlich die Einstellung der einzelnen auf Grund 'ihrer Glaubenszugehörigkeit zu der Bindung an die Ehe verschieden ist. Wir müssen .aber Regelungen treffen, ,die für alle gleichmäßig Gültigkeit haben können.
Jetzt komme ich zu der Statistik. Ich sagte ja schon, mir stand nur das Statistische Jahrbuch 1966 zur Verfügung. Aus der Statistik über die Ehescheidungen - die letzten Zahlen sind für das Jahr 1964 angegeben - ergibt sich, daß insgesamt 55 710 Ehen geschieden wurden, davon 2891 nach § 48 des Ehegesetzes. Wenn man das auf die gesamte Bevölkerungszahl überträgt, so bedeutet das, daß 9,5 Ehen auf 10 000 Einwohner geschieden wurden. Wenn Sie die Statistik verfolgen, können Sie feststellen: Der zuerst sehr hohe Scheidungsprozentsatz von über 16 %, der kurz nach dem Krieg da war - begreiflicherweise, ich brauche nicht an die ganze Misere der vielen manchmal vorschnellen Kriegstrauungen zu erinnern -, ist zurückgegangen. Er war sogar vor einigen Jahren noch etwas günstiger. Er lag bei etwas über 8 %. 9,5 % betrug er 1964, wobei jeder einzelne Fall wohl eine persönliche Tragik beinhaltet.
Wenn Sie überlegen, daß über 90 % unserer Ehen Bestand haben, daß sie nicht getrennt und nicht geschieden werden, zeigt das doch, daß tatsächlich in einem ganz großen Umfang das eintritt, was die Menschen sich, wenn sie heiraten, wünschen. Sie heiraten doch nicht mit dem Gedanken: Nachher lasse ich mich wieder scheiden. Sie heiraten doch, weil sie einen gemeinsamen Lebensweg gehen wollen, weil sie sich wirklich gern haben und weil sie sich einfach nicht denken können, daß ihre Ehe scheitern könnte. Und dann geschieht es doch. Im Zusammenhang mit § 48 des Ehegesetzes kranken wir auch heute noch an Ehen, die während des Krieges vorschnell geschlossen worden sind, an Ehen, die infolge der Kriegsverhältnisse jahrzehntelang getrennt sind und nicht geschieden worden sind.
Frau Dr. Lüders hatte gesagt, mit der Verschärfung des § 48 Abs. 2 im Jahre 1961 würden Zwangsehen aufrechterhalten. Auch insofern hat sie recht behalten.
Zum Abschluß möchte ich noch darauf aufmerksam machen, wie nicht geschiedene Ehen von der öffentlichen Hand bewertet werden. Auf der einen Seite wird die Scheidung abgelehnt, und auf der anderen Seite werden getrennt lebende Ehegatten einkommensteuermäßig von den Finanzämtern genauso behandelt, als wären sie geschieden. Das ist doch eine doppelte Moral, die nach meiner Auffassung nicht aufrechterhalten werden kann und nicht aufrechterhalten werden darf.
({7})
- Herr Kollege Köppler, wenn es auf der einen Seite Bundesgesetze gibt, die eine Scheidung nicht zulassen, und auf der anderen Seite die Finanzämter die Betreffenden einkommensteuermäßig wie Geschiedene behandeln, weil dann nämlich mehr Steuern gezahlt werden müssen, ist das doch eine Strafsteuer für getrennt Lebende.
({8})
Ich habe immer die Auffassung vertreten - es hat damit nicht unmittelbar etwas zu tun -,
({9})
daß auch unsere gesamten Steuergesetze so gestaltet werden müssen, daß sie mit unserem bürgerlichen Recht in Übereinstimmung stehen.
Zum Schluß darf ich das, was ich am Anfang gesagt habe, noch einmal zusammenfassen. Wir Freien Demokraten stehen zu der Ehe als einer echten Lebensgemeinschaft. Wir glauben aber nicht, daß man hoffnungslos zerrüttete Ehen durch Paragraphen wiederherstellen kann. Wir sind vielmehr der Meinung, daß - dies steht in unserem Gesetzentwurf, der insofern der Rechtslage bis 1961 und der damaligen Rechtsprechung entspricht, mit der die CDU seinerzeit zufrieden war - bei richtiger Würdigung des Wesens der Ehe und des gesamten Verhaltens beider Ehegatten die Aufrechterhaltung der Ehe immer sittlich gerechtfertigt sein muß. Wo dies nicht der Fall ist, muß die Möglichkeit einer Ehescheidung gegeben werden.
Meine persönliche Erfahrung als Rechtsanwältin geht dahin, daß vielfach nach der Scheidung von Ehen, die in zu jungem Alter geschlossen wurden und auseinanderbrachen, beide, Mann und Frau, eine neue Ehe eingingen, die sich als vorbildlich erwies und für die Ehegatten und auch für die Kinder glücklich wurde. Die Vielfalt des Lebens verbietet es, zu generalisieren, zu verdammen und eben auch einseitig zu urteilen. Der Richter hat in derartigen Fällen eine hohe Aufgabe. Er muß unter Beachtung des Art. 6 des Grundgesetzes, der von uns allen angenommen worden ist, eindeutige Fehlehen, Ehen, die keine Ehen mehr sind und die keinen sittlichen Wert mehr haben, erkennen und dabei berücksichtigen, was beide Teile zur Lebensgestaltung, zu dieser Ehegemeinschaft beigetragen haben. Er muß den Widerspruch nach unserem Vorschlag auch dann für beachtlich erklären, wenn sich ergibt, daß der andere Ehegatte, mag vielleicht auch
schon eine langjährige Trennung bestehen, doch so viel zu der Ehe beigetragen hat, daß es ihm nicht zugemutet werden kann, jetzt in seinem vorgerückten Alter noch geschieden leben zu müssen.
({10})
Herr Mertes hat sich zur Geschäftsordnung gemeldet. Bitte!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Namen der Fraktion der Freien Demokratischen Partei möchte ich der Verwunderung darüber Ausdruck geben, daß es der Herr Bundesjustizminister nicht für nötig hält, bei der ersten Lesung des vorliegenden Gesetzentwurfs in diesem Hause anwesend zu sein.
({0})
Es mag dafür verschiedene Motive geben, entschuldbare, die das Ansehen des Hauses dann nicht tangieren, und nicht entschuldbare. Da ich den Grund des Fernbleibens nicht kenne, will ich darauf verzichten, von § 46 der Geschäftsordnung Gebrauch zu machen und die Herbeirufung des Ministers zu verlangen. Ich möchte jedoch ausdrücklich betonen, daß wir sein Fernbleiben als eine erstaunliche Tatsache ansehen.
({1})
Zur Geschäftsordnung Herr Hirsch.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es mag auf den ersten Blick tatsächlich verwunderlich sein, daß der Herr Bundesjustizminister nicht hier ist. Ich kann es Ihnen aber vielleicht erklären, um zu vermeiden, daß Sie da irgendwelche Spekulationen anstellen. Er könnte ganz einfach deswegen nicht hier sein, weil Sie selbst von der FDP sich so wenig Mühe mit der Formulierung des Antrags gegeben und sich damit begnügt haben, hier wieder die alte Fassung des Kontrollratsgesetzes ins Leben rufen zu wollen. Wenn Sie sich so wenig Mühe geben, können Sie nicht verlangen, daß der Bundesjustizminister das tut.
({0})
Ich erlaube mir, von diesem Platze aus zu erklären, daß das Fernbleiben eines Minister nicht als eine Rüge an diesem Hause betrachtet werden kann.
({0})
Es wird entsprechend altem Parlamentsbrauch erwartet, daß ein Minister bei Beratungsgegenständen, die in sein Ressort fallen, anwesend ist. Zumindest muß die Anwesenheit des Herrn Staatssekretärs verlangt werden.
({1})
Ich werde veranlassen, den Herrn Minister bzw. den Herrn Staatssekretär hierher zu bitten.
Das Wort hat nunmehr Herr Dr. Hauser.
Frau Präsidentin! Meine Damen, meine Herren! Als Frau Kollegin Diemer-Nicolaus soeben mit viel Impetus, viel Feuer und Verve ins Zeug ging, allerdings, das muß ich ehrlicherweise dazu sagen, mit nicht zu tief schürfender Argumentation, um den Antrag ihrer Fraktion auf Änderung des § 48 Abs. 2 des Ehegesetzes zu begründen, fiel mir ein Verschen ein, das nicht nur zum Thema hier, sondern auch zu der Angriffslust meiner Vorrednerin, so glaube ich, passen könnte. Es lautet:
Der beste Mensch wird manchmal zornig, Kein Liebespaar kann immer kosen,
Die schönsten Rosen selbst sind dornig, Doch schlimm sind Dornen ohne Rosen.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?
({0})
Darf ich Ihre Bemerkung so auffassen, daß Sie mich als die Dornen ohne Rosen betrachten?
({0})
Das habe ich nicht gesagt, gnädige Frau.
Die FDP hat den Antrag eingebracht, die alte Fassung des § 48 des Ehegesetzes wiederherzustellen, die vor 1962 gegolten hat. Nach ihren Vorstellungen soll diese Bestimmung wieder lauten:
Hat der Ehegatte, der die Scheidung begehrt, die Zerrüttung der Ehe ganz oder überwiegend verschuldet, so kann der andere der Scheidung widersprechen. Der Widerspruch ist nicht zu beachten, wenn die Aufrechterhaltung der Ehe bei richtiger Würdigung des Wesens der Ehe und des Gesamtverhaltens beider Ehegatten sittlich nicht gerechtfertigt ist.
Nach dem heute gültigen Scheidungsrecht ist der Widerspruch gegen ein Scheidungsbegehren dann unbeachtlich, wenn, wie es jetzt im Ehegesetz heißt, dem widersprechenden Ehegatten die Bindung an die Ehe und eine zumutbare Bereitschaft zur Fortsetzung der Ehe fehlt.
Wenn nun, meine Damen und Herren, die ehedem gültige Fassung wieder eingeführt und von den Gerichten in Scheidungsverfahren erneut angewandt werden soll, dann müßte man meinen, daß die seit 1962 gültige Gesetzesbestimmung zu einer Veränderung der Rechtsprechung geführt hat, die der FDP Anlaß zur Kritik geben mußte. Hier allein, gnädige Frau, liegt das Problem. Es kann also bei der gestellten Frage für die Mitglieder dieses Hohen Hauses in der weiteren Erörterung allein darum gehen, nachzuprüfen, ob sich aus der seit dem 1. Januar 1962 gültigen Fassung unerwünschte oder
Dr. Hauser ({0})
gar unbillige Auswirkungen ergeben haben, die der Gesetzgeber dann eben zu berichtigen hat. Anders wäre es, wenn die FDP über ihren jetzigen Antrag hinaus sagen würde, selbst die nun aus der Versenkung wieder herausgeholte Bestimmung genüge ihr nicht, und eine völlig neue Gesetzesbestimmung müsse nun statuiert werden. Dies wurde aber bei der Begründung nicht vorgetragen, und so war es meine Aufgabe, nachdem ich von meinen politischen Freunden den Auftrag bekommen hatte, hier in der ersten Lesung den Standpunkt der CDU/CSU darzulegen, die einschlägigen Urteile des Bundesgerichtshofs zu prüfen und einander gegenüberzustellen. Ich versuchte dies in dem Willen, auf dem gar so dornigen Feld des Scheidungsverfahrens wenigstens die Rosen einer gerechten Beurteilung, soweit es mir möglich ist, nicht zu übersehen, die aber Sie, Frau Kollegin, vorhin vergessen haben.
Dabei kam ich zu dem Ergebnis, daß die 1961 eingeführte Neufassung an der Ehescheidungspraxis nichts geändert hat; denn die Ehen, die nach der älteren Fassung des Gesetzes geschieden worden wären, wurden auch nach der neuen Fassung geschieden, und die Scheidung wurde nur in den Fällen versagt, in denen auch vor 1961 nicht geschieden worden wäre. Würde also der Antrag der FDP zum Gesetz erhoben, so würden nicht mehr und nicht weniger Ehen geschieden als heute. Denn auch unter der neuen gesetzlichen Bestimmung hat der Bundesgerichtshof seine Entscheidung immer wieder neuen Situationen, die sich ihm in den Einzelfällen ergeben haben, angepaßt. Ohne hier ins einzelne zu gehen, möchte ich wenigstens als Beispiel auf jene Entscheidungen hinweisen, die man allgemein unter dem Begriff der „überholenden Kausalität" zusammenfassen kann.
Es ist daher schwer zu verstehen, warum die FDP diese 1961 getroffene Änderung nun rückgängig machen will.
({1})
- Bitte sehr!
Herr Kollege Hauser, kennen Sie die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 21. März 1962?
({0})
- Der Bundesgerichtshof hat gesagt:
Die Frage, ob auch der Beklagten die Bindung an die Ehe fehlt, ... kann nicht schon dann verneint werden, wenn dem Richter ein Festhalten des beklagten Ehegatten an der Ehe mit Rücksicht auf den unglücklichen Verlauf . . .
Verzeihung, Frau Kollegin. Zwischenfragen haben sich auf kurze Fragen zu beschränken, es können hier keine Zwischenreden gehalten werden. Ich möchte das sehr deutlich sagen. Kleiden Sie es bitte in eine knappe Frage, sonst muß ich Sie leider bitten, abzubrechen.
Darf ich in meiner Frage nur kurz den entscheidenden Satz für Herrn Kollegen Hauser zitieren - wenn er einverstanden ist.
Ja, bitte, wenn Herr Kollege Hauser einverstanden ist.
Der Bundesgerichtshof hat wegen der Bindung an die Ehe ausgeführt:
Insoweit kommt es grundsätzlich allein auf die subjektive Auffassung des beklagten Ehegatten, d. h. darauf an, ob er einen von der Rechtsordnung nicht mißbilligten Sinn in dieser Ehe und in ihrem Fortbestehen sieht und ob er demgemäß der Überzeugung ist, daß sein Festhalten an der Ehe der Verwirklichung eines in diesem Sinn der Ehe begründeten Wertes dient.
Sind Sie .der Meinung, daß in dieser Weise, daß es nur auf die subjektive Auffassung des Beklagten ankomme, auch dann entschieden worden wäre, wenn noch die frühere Fassung des § 48 gegolten hätte?
Hat nicht auf Grund der früheren Fassung des § 48 Abs. 2, gnädige Frau, der Bundesgerichtshof seinen Leitsatz erlassen, den wir dann im wesentlichen ins Gesetz übernommen haben?
Ich darf nun in meiner Argumentation fortfahren. Der Gesetzgeber hat nun einmal die Aufgabe, mit strenger i Maßstab jede Gesetzesänderung zu prüfen. ,Ja, er muß diese Aufgabe mit um so strengerem Maßstab anpacken, wenn er wie hier vor der Frage steht, ob er eine ehedem in Geltung befindliche Bestimmung erneut einführen, also eine Entwicklung zurückdrehen soll. Handelt es sich doch zudem noch um ein Rechtsgebiet, das außerordentlich tief in die menschlichen Verhältnisse eingreift. Gerade darum kann dieses Rechtgebiet auch nicht so obenhin in wenigen Jahren wieder neu installiert werden, es sei denn, dringende Gründe zwängen dazu.
Wenn aber selbst die Humanistische Union, die gar zu gern immer noch das Kulturkampfrößlein alter Art zu reiten versucht, obwohl das Rößlein auf der Hinterhand gar arg lahmt, in einer Leserzuschrift ausgerechnet in „Christ und Welt" erst dazu aufrufen muß, daß Fälle gemeldet werden, in denen eine angebliche Erschwerung der Scheidung in der Praxis zu unmenschlichen Auswirkungen geführt hat, dann kann es mit der Dringlichkeit einer Gesetzesänderung 'so weit sicher nicht her sein.
Bei dem aufgeworfenen Problem geht es um eine Frage, die auch reinen tief weltanschaulichen Hintergrund hat. So verwundert es nicht, daß sich hieran die Geister immer wieder entzünden. In einer Gesellschaft, in der sehr verschiedene, sehr konträre Auffassungen zu Lebensfragen bestehen, in der aber dennoch ,alle zusammen versuchen müssen, unter einem gemeinsamen Dach neben- und miteinander zu leben und auszukommen, vermag der Gesetzgeber eine Ordnung überhaupt nur zu etablieren,
Dr. Hauser ({0})
wenn er im Wege eines Kompromisses zwischen weitgefächerten Anschauungen und Gegensätzen zu vermitteln sucht. Was sich dann ergibt, befriedigt sicherlich weder den einen noch den anderen ganz. Aber der Kompromiß ermöglicht doch ein Savoir-vivre, eine Lebensart, die es jedem gestattet, sein eigenes Haus einigermaßen nach seiner eigenen Art zu bestellen. So eben bewährt sich der Kompromiß, wie wir ihn hier in dem Hohen Hause immer wieder suchen müssen, selbst in einer so heiklen Frage wie der der Ehescheidung.
Aus den ersten Monaten meiner parlamentarischen Arbeit - ich war erst gegen Ende des vorvergangenen Bundestages Mitglied dieses Hauses geworden - erinnere ich mich noch mit viel Achtung an das ehrliche und heiße Bemühen innerhalb unseres Rechtsausschusses, hier eine einigermaßen gültige Fassung zu finden. Was heute Gesetz ist, geht ganz wesentlich 'auf den Vorschlag des Herrn Kollegen Dr. Arndt zurück. So ist es offenkundig, daß es gerade bei so subtilen Rechtsgebieten nicht leicht ist, immer das richtige Augenmaß zu behalten. Hier geht es einmal darum, die Ehe als :die grundgesetzlich geschützte kleinste Gemeinschaft - oder juristisch ausgedrückt: als die grundgesetzlich geschützte Institution - mit der ihr gebührenden Achtung zu respektieren, andererseits aber auch dem einzelnen Partner die Bürde seiner Ehe bei völliger Zerrüttung nicht über Gebühr schwerzumachen,
Ich sagte gerade: es ging und geht hier um Fragen, die tief in die Lebensauffassungen der Menschen eingreifen, etwa wenn der Richter gemäß § 48 darüber zu befinden hat, ob eine Ehe trotz des Widerspruchs 'des Ehegatten, der für die Zerrüttung der Ehe nicht verantwortlich gemacht werden kann, auf die Klage des schuldigen Teils hin geschieden werden soll. Nach der alten Fassung des Gesetzes hatte der Richter bei „richtiger Würdigung des Wesens der Ehe" darüber zu befinden, ob die Aufrechterhaltung der Ehe - wie es im alten Text hieß - sittlich noch gerechtfertigt ist. Hier wurde nun nicht mehr nur über die Scheidung zweier Ehepartner geurteilt, sondern - wie zu Recht vor kurzem im „Hamburger Sonntagsblatt" gesagt wurde - zugleich ein Urteil über das Wesen der Ehe und über die sittliche Rechtfertigung einer Scheidung gefällt. Da aber über beides je nach Religion oder Weltanschauung sehr verschiedene Meinungen bestehen - selbstverständlich auch bei den Richtern, die an einem solchen Scheidungsverfahren mitwirken -, mußten sich zwangsläufig die verschiedenartigsten Ausdeutungen ergeben.
So blieb es dem Bundesgerichtshof vorbehalten, die Grundlage für eine einheitlichere Rechtsprechung zu geben. Er tat dies mit dem Leitsatz, daß die Aufrechterhaltung einer Ehe dann sittlich nicht gerechtfertigt ist, wenn dem Widersprechenden die Bindung an die Ehe verlorenging und ihm auch die Bereitschaft zur Fortsetzung der Ehe fehlt. Allein diesen Leitsatz hat der Gesetzgeber 1961 mit der Neuformulierung fast wörtlich übernommen.
({1}) Ich :bin der Überzeugung, daß die damit erfolgte nähere Umschreibung der zu beachtenden gesetzlichen Voraussetzungen dem Richter eine 'bessere Handhabe gibt, als wenn er sich in jedem Falle über das Wesen der Ehe ganz allgemein und die sittliche Rechtfertigung ihres Fortbestandes bzw. ihres Nichtfortbestandes erklären muß; ist doch der geltende gesetzliche Tatbestand in erster Linie auf das konkrete Verhalten des widersprechenden Ehegatten abgestellt und nicht mehr in einer zu allgemeinen Generalnorm gefaßt, unter der sich ein jeder etwas anderes vorstellen kann.
Griffe man nun wieder auf die allzu weit gefaßte Generalnorm zurück, wie sie von der FDP heute vorgeschlagen wird - und ich darf etwas von vorhin berichtigen, gnädige Frau; Herr Professor Kahl in der alten Weimarer Zeit stand dieser gesetzlichen Bestimmung gar nicht nahe, sondern sein Anliegen war es im Jahre 1927, ein Widerspruchrecht ganz absolut zuzugestehen; darf ich Sie bitten, das nachzulesen -, griffe man - ({2})
- Bitte!
Herr Kollege Hauser, glauben Sie nicht, daß ich nicht die verschiedenen Formulierungen, die der Zerrüttungstatbestand im Laufe der Jahrzehnte erfahren hat, genau kenne, und wissen Sie nicht, daß das Prinzip des Zerrüttungstatbestandes überhaupt damals von Geheimrat Kahl und von Frau Dr. Lüders zur Diskussion gestellt wurde? So habe ich sie auch zitiert.
Gnädige Frau, Sie haben vorhin gesagt, der Kahlsche Vorschlag aus den zwanziger Jahren entspreche dem, was Sie heute wieder vorschlagen. Das muß ich der Wahrheit der Historie wegen richtigstellen.
({0})
Griffe man nun auf die allzu weit gefaßte Generalnorm zurück, wie Sie sie heute wieder vorschlagen, so wäre dies wahrhaftig nichts anderes als eine sogenannte dilatorische Kompromißformel, um einen Begriff zu gebrauchen, den einst Carl Schmitt geprägt hat.
({1})
- O doch, mit Begriffsbestimmungen, Herr Moersch, kann man sehr wohl klar definieren, auch wenn sie von dem alten Staatsrechter Carl Schmitt herkommen. - Mit einer derartigen Generalnorm würde man nämlich einer echten Entscheidung ausweichen, eine echte Auseinandersetzung aufschieben, und man ließe damit Tür und Tor für die verschiedenartigsten Ausdeutungen offen.
Muß ich Sie, gnädige Frau, daran erinnern, daß diese gleiche Generalnorm, die bekanntlich 1938 eingeführt wurde, im „Dritten Reich" zu sehr problematischen Fehlinterpretationen geführt hat?
({2})
Dr. Hauser ({3})
Muß ich etwa das krasseste Beispiel von damals anführen, das Sie in der Reichsgerichtsentscheidung im Band 168, Seite 38 nachlesen können, wo der Kläger seine Frau mit einer Geschlechtskrankheit angesteckt und dadurch ihre Unfruchtbarkeit bewirkt hatte, gleichwohl damals aber der Widerspruch der Frau als unbeachtlich bezeichnet wurde?
Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Frau Dr. Diemer-Nicolaus?
Bitte!
Herr Kollege Hauser, geben Sie jetzt nicht eine falsche Darstellung, indem Sie auf diese längst überholte richterliche Entscheidung aus dem „Dritten Reich" zurückgreifen, ohne darzustellen, wie die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs war, und glauben Sie wirklich, daß unsere Richter am Bundesgerichtshof noch heute in einem derartigen Geist urteilen würden?
Dr. Hauser ({0}) .({1}): Gnädige Frau, ich will nur die möglichen Gefahren aufzeigen, die unter einer solchen Generalnorm gegeben sind. Es liegt mir wirklich fern, zu sagen, unsere Gerichte heute erfüllten ihre richterlichen Aufgaben nicht mit großem Verantwortungsbewußtsein und sittlichem Ernst. Insbesondere dein BGH ist für sein fortgesetztes Mühen um eine einheitliche, den jeweiligen Lebensverhältnissen nahe kommende Rechtsprechung Achtung und Anerkennung zu zollen.
Nein, was ich sagen wollte, ist dies: daß jedes Ausweichen des Gesetzgebers in allzu vage allgemeine Begriffe nur das Eingeständnis wäre, daß ihm der Mut zu einer wirklichen Entscheidung fehlte.
({2})
Bedeutet eine derartige Schwäche nicht immer auch eine Gefahr für unsere Demokratie?
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Bitte!
Herr Kollege Hauser, halten Sie die Begriffe „zumutbar" und „unzumutbar" für eindeutig bestimmt, und sind Sie sicher, daß nicht auch derartige Begriffe bei entsprechender Mentalität in einer von Ihnen nicht gewünschten Weise ausgelegt werden?
Ich darf Sie auf den Reichsgerichtsrätekommentar neuester Fassung verweisen, in dem sehr eingehend - über eine Seite - gerade der Begriff des „Zumutbaren" bis ins Detail erläutert wird.
({0})
Nun, all dies hat der Deutsche Bundestag seit seiner 1. Legislaturperiode gesehen; sonst wäre dieses Thema nicht schon seit 1952 Gegenstand offizieller Gesetzentwürfe gewesen. Seit 1952 steht die Frage einer Änderung der jetzt wieder angestrebten alten Fassung des § 48 Abs. 2 des Ehegesetzes in der Diskussion. Hier, gnädige Frau, denke ich vor allem auch an die ganz eindeutige Stellungnahme, die Herr Dr. Dehler in der Sitzung des Deutschen Bundestages vom 27. November 1952 hierzu bezogen hat, sprach er doch davon, daß er .die Änderung dieser gesetzlichen Bestimmung anstrebe, und er fuhr dann wörtlich fort:
Ich bin der Meinung, daß entsprechend der tatsächlichen Rechtsprechung, die sich durchgesetzt hat, ein solches Scheidungsbegehren an dem Widerspruch des schuldlosen Ehegatten scheitern muß.
({1})
Diese langjährigen Überlegungen und Erörterungen in die Tat umzusetzen, hat der Gesetzgeber des Jahres 1961 unternommen. Meinen Freunden und mir erscheint die jetzige Fassung des § 48 auf alle Fälle besser als die Wiederherstellung des alten Wortlauts mit seinem allzu schweren historischen Ballast und seiner wenig präzisen, wenig klaren Fassung. Solange keine glücklichere Formulierung gefunden ist als die, die heute Gesetz :ist, eine Formulierung, die dem Richter eine noch bessere Handhabe bietet, gleichzeitig aber auch der Ehe als der vom Grundgesetz ausdrücklich geschützten Lebenssphäre in besonderer Weise Gerechtigkeit widerfahren läßt, ohne damit aber den einzelnen einer Notlage auszusetzen, die die Grundlage seiner Existenz in seelischer und wirtschaftlicher Hinsicht bedroht - ich habe dieses Anliegen hier mit den Worten des Bundesgerichtshofs umschrieben -, so lange auf alle Fälle stehe ich für die derzeit geltende Fassung des § 48 des Ehegesetzes ein.
Die FDP hat mit ihrem Antrag eine Diskussion ausgelöst, eine Diskussion, die wieder einmal die Möglichkeit gegeben hat, zu Problemen von sehr ernster und tiefgreifender Art Stellung zu nehmen und dabei Dinge wieder ins richtige Lot zu bringen, die in allzu oberflächlicher Betrachtung von manchen Artikelschreibern nicht mehr richtig gesehen wurden oder die diese nicht richtig sehen wollten. Aus diesem Grunde bin ich für diese Diskussion dankbar. Im Rechtsausschuß werden wir uns mit den juristischen Argumenten noch im einzelnen zu befassen haben.
Zum Ende möchte ich sagen, indem ich auf den Anfang meiner Ausführungen zurückgreife, daß Sie, Frau Kollegin Diemer-Nicolaus, allein durch die Möglichkeiten zur Diskussion heute nicht nur Dornen serviert haben, sondern auch kleine Rosen, selbst wenn Ihre Argumente nicht mehr denn Buschwindröschen waren.
({2})
Das Wort hat der Abgeordnete Hirsch.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Thema, um das es
hier geht, ist zu ernst, als daß man der Versuchung erliegen dürfte, so zu polemisieren, wie das vielleicht reizvoll sein könnte. Aber ich kann mir natürlich die Frage an Sie, verehrte Frau Kollegin Diemer-Nicolaus, nicht verkneifen - das werden Sie verstehen -: Warum haben Sie eigentlich diesen Antrag hier, wenn Sie ihn für richtig halten, nicht im Jahre 1961 nach der Bundestagswahl gestellt, als die CDU/CSU nicht mehr die absolute Mehrheit hatte und Sie - bis zum Frühjahr 1965 - den Bundesjustizminister stellten? Es hätte doch nahegelegen zu versuchen, diesen Antrag - wenn Ihnen das eine so wichtige Sache ist - 1961 über Ihren Justizminister als Regierungsvorlage einzubringen. Sie setzen sich - bitte nehmen Sie mir das nicht übel - ganz einfach dem Verdacht aus, daß Sie mit dem Antrag jetzt, nachdem Sie in der Opposition sind, nichts anderes bezwecken, als sozusagen eine Zeitbombe in die derzeitige Koalition hineinlegen zu wollen. Ich weiß nicht, ob das eine gute Methode ist.
Erlauben Sie mir folgende grundsätzliche Ausführung. Ich weiß nicht, ob es richtig ist, daß man versucht, mit Anträgen, von denen man glaubt, daß sich die Koalitionspartner darüber nicht einigen könnten, eine negative Wirkung zu erzeugen. Anträge in diesem Haus sollten eigentlich etwas Positives bezwecken.
({0})
Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Dr. Diemer-Nicolaus?
Herr Kollege Hirsch, ist Ihnen nicht bekannt, daß es dem Wesen einer fairen Demokratie entspricht, daß man, wenn man einmal in einer Legislaturperiode überstimmt worden ist, diese Sache nachher nicht sofort wieder aufgreift - das war wenigstens im Landtag von Baden-Württemberg so Brauch -, sondern erst einmal eine gewisse Zeit abwartet?
Eine Frage: Warum hat die SPD, die damals nicht in der Regierung war, nicht ihrerseits einen entsprechenden Antrag gestellt?
Das kann ich Ihnen genau sagen. Ich will einmal unterstellen, daß es eine Regel sein könnte, daß man wartet. Dann muß ich Sie zunächst weiter fragen: Warum haben Sie den Antrag nicht im ersten Jahr dieser Legislaturperiode gestellt? Da waren ja die vier Jahre herum.
Wir haben den Antrag nicht gestellt, obgleich wir - zusammen mit Ihnen - der Meinung waren, daß die Änderung des Scheidungsrechts kurz vor Beendigung der Legislaturperiode 1961 nicht der Weisheit letzter Schluß war, obgleich wir insbesondere der Meinung waren, daß es nicht gut gewesen ist, diese neue Formulierung praktisch ohne Ausschußberatungen hier im Plenum zustande zu bringen, auch obgleich wir der Auffassung sind, daß die Lösung, die damals gefunden wurde, keine gute Lösung ist und keine endgültige bleiben darf. Wir haben den Antrag nicht gestellt, weil es leichtfertig gewesen wäre - ich kann Ihnen zeigen, daß wir uns einige Arbeit gemacht haben -, ohne die Erfahrung mit der Rechtsprechung abzuwarten und ohne sehr viel Material für eine neue Lösung zu bekommen, einfach aus Justamentsdenken heraus und um Sprengstoff in die Koalition zu werfen, den Antrag zu stellen.
Wir hätten ja auch denken können: wir sprengen die Koalition und bringen Sie in Verlegenheit. Wir haben das nicht gemacht, weil wir das für keine vernünftige Methode halten, solche negativen Argumente in diese Sache hereinzubringen. Aber ich wollte ja gar nicht mit Ihnen polemisieren.
({0})
- Ich habe gar nichts unterstellt, Herr Kollege. Ich habe gesagt, Sie setzen sich dem Verdacht aus, und auch das sollten Sie nicht tun.
Das Thema ist also sehr ernst. Ich bin der Meinung, daß in diesem großen Bereich des Scheidungsrechts der § 48 sowohl in der Praxis als auch in der Theorie fürwahr keineswegs so in den Vordergrund zu stellen ist, wie Sie das mit diesem Antrag tun. Wären Sie gekommen und hätten uns hier einen Initiativgesetzentwurf vorgelegt, mit dem Sie versucht hätten, all die Mängel des Scheidungsrechts in den Griff zu bekommen, hätte ich mich vor Ihnen verneigt und gesagt: Respekt, Frau Kollegin! Aber der Umstand, daß Sie sich ausgerechnet den § 48 herausgreifen, dessen Rolle in der Praxis - das wissen Sie genauso wie ich - wirklich keineswegs so bedeutend ist, wie es auch jetzt in der Presse wieder herausgestellt worden ist, gefällt mir, das muß ich Ihnen ehrlich sagen, nicht. Denn man gefährdet dadurch unter Umständen ein vernünftiges Anliegen, wenn man etwas derart hochspielt und dabei in Kauf nimmt, daß die wirklichen Probleme des Scheidungsrechts in Vergessenheit geraten.
Die Statistik, die Sie erwähnt haben, ist sehr unvollkommen. Ich habe mich um andere Statistiken bemüht. Aber die kann es nicht geben. Es gibt keine Statistik darüber, wie viele Anwälte einem Ehepartner, der zu ihnen gekommen ist, gesagt haben: Es hat keinen Zweck, die Klage einzureichen. Diese Zahl ist eine echte Dunkelziffer. Trotzdem hat man als Anwalt irgendwie einen Überblick, und man weiß ganz genau, daß es bestimmte Fälle gibt, wo der eine Ehepartner unbedingt geschieden werden will und der andere nicht mag.
Die Briefe, die wir jetzt bekommen haben, konnte man - das werden Sie genauso wie ich festgestellt haben - in zwei Gruppen einteilen. Die Briefe der einen Gruppe stammen von denen, die gedacht haben: Jetzt habe ich ein Mauseloch; jetzt bekomme ich die Scheidung, um die ich mich lange bemüht habe. Die Briefe der anderen Gruppe stammen von denjenigen - meist sind es Frauen -, die geschrieben haben: Um Gottes Willen, macht das nicht; sonst werde ich doch geschieden. Die beiden Gruppen stehen zueinander fast im Verhältnis 50 : 50. Ich möchte sagen, es war unentschieden und mußte unentschieden sein.
Ich will Ihnen sagen, daß nach meinem Gefühl wahrscheinlich kein Gesetzgeber der Welt Schei4814
dungsgesetze schaffen kann, die vermeiden können, daß es Einzelurteile gibt, über die man Bedenken äußern kann. Ich möchte ergänzend dazu sogar sagen, daß nach allen meinen Erfahrungen - ich glaube, sie sind richtig - die Hauptmisere, wenn es in unserem Scheidungsrecht eine solche gibt, darin liegt, daß unsere Richter einerseits nicht genügend Zeit haben, sich wirklich so in die Verhältnisse der jeweiligen Ehe einzuarbeiten, über deren Bestand oder Nichtbestand sie zu entscheiden haben, um sich ein Urteil darüber bilden zu können: Warum ist diese Ehe kaputtgegangen? Oder ist sie nicht kaputt, sondern vielleicht noch zu retten?
Zum anderen müssen sich, was ich für genauso bedenklich halte, unsere Richter wegen einiger erheblicher Mängel in unserem Scheidungsrecht manchmal praktisch zu einem Verfahren herbeilassen - damit meine ich die einvernehmliche Scheidung -, das weiß Gott nicht rechtsstaatlich ist, nämlich zu einem Verfahren, bei dem, genau genommen - das wissen Sie genauso wie ich, Frau Kollegin -, beide Parteien etwas vortragen, was gar nicht oder nur teilweise stimmt, was jedenfalls der Wahrheit dieser Ehe in keiner Weise entspricht. Beiderseits wird unter Umständen etwas zugegeben, was gar nicht zutrifft, nur weil man sich vorher auf irgendeine Weise geeinigt hat:. die Ehe geht auseinander. Das ist eine Heuchelei. Es ist für mich ein viel ernsterer Mangel des Scheidungsrechts, daß in der Praxis deutsche Gerichte in voller Kenntnis dessen, daß ihnen etwas vorgetragen wird, was die Sache gar nicht erschöpft, Scheidungen aussprechen auf Grund von Beweisen, von denen sie genauso wissen, daß sie zweifelhaft sind, nämlich auf Grund des Zugebens des jeweiligen anderen Partners. Man zwingt damit die Gerichte, etwas zu tun, was sie nicht tun sollten. Man sollte sich - das halte ich für viel wichtiger - einmal überlegen, wie man diesen Mißstand beseitigt. Man muß das einmal erlebt haben, wie in manchen Orten im Gerichtssaal tatsächlich manchmal Ehen am laufenden Band geschieden werden, ohne daß die Hintergründe ernstlich geprüft werden. Man sollte sich dieses Mißstandes annehmen. Das wäre sehr verdienstlich. Das muß _nicht dazu führen, daß die betreffenden Ehen nicht geschieden werden, aber es könnte zu einem Verfahren führen, das rechtsstaatlichen Grundsätzen wirklich entspricht.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Herr Kollege, ist bei den Ausschußberatungen von Ihrer Fraktion zu erwarten, daß Sie die von uns in dieser Vorlage vorgeschlagene Regelung, der Sie 1961 zugestimmt haben, in Ihrem Sinne ergänzen?
Herr Kollege, ich kann Ihnen eines sagen: Es ist mit Sicherheit nicht zu erwarten, 'daß wir Ihrem Antrag zustimmen. Darauf wollte ich gerade zu sprechen kommen.
({0})
Dem Antrag können wir nicht zustimmen, weil er schlecht ist. Man kann über eine Reform des § 48 reden, aber man kann Ihrem Antrag nicht zustimmen.
Nachdem Sie mich danach gefragt haben, darf ich gleich sagen, daß Herr Hauser im Laufe dieser Debatte - wenn Sie sie aufmerksam verfolgt haben, werden Sie es gemerkt haben - etwas ganz Entscheidendes gesagt hat, und zwar zum Beweis dafür, daß die alte Fassung des § 48, also praktisch die Fassung des Dritten Reichs, die Fassung des Kontrollratsgesetzes, die Sie wiederaufnehmen wollen, schlecht ist. 'Daß diese Fassung schlecht ist, sehen Sie daraus, daß die Rechtsprechung daraus machen konnte, was sie wollte. „Dritten Reich" wurde der Widerspruch grundsätzlich als uribeachtlich bezeichnet, und nach 1945 haben die Richter mit genau demselben Text praktisch im Zweifel den Widerspruch als beachtlich bezeichnet. Einen klareren Beweis dafür, daß dieser Text, den Sie jetzt wiederaufnehmen wollen, nicht gut ist, kann es gar nicht geben, als wenn Gerichte aus genau demselben Gesetzestext im Laufe der Zeit genau das Gegenteil entscheiden, aus diesem Ihrem Text! Darum - nehmen Sie es mir bitte nicht übel - halte ich den Antrag für etwas ärgerlich. Mit diesem Ihrem Text ist gar nichts genutzt.
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- Bitte schön!
Herr Kollege Hirsch, warum haben damals, sowohl Herr Kollege Wittrock als auch Herr Kollege Arndt und Herr Kollege Jahn, sich mit Verve für die Beibehaltung der damaligen 'Fassung ausgesprochen und sie als besser bezeichnet als das, was von der CDU vorgeschlagen war? Ich teile Ihre Auffassung, daß unser Antrag noch nicht der Weisheit letzter Schluß ist. Wir sind gern zu mehr bereit, wenn wir Ihre Unterstützung bekommen.
Frau Kollegin, Sie irren. Meine Fraktion hat sich damals gegen die heutige Fassung gewandt aus den Gründen, die nachzulesen sind: weil sie es für bedenklich hielt, daß der Begriff der Zumutbarkeit, der an sich der Rechtsprechung des BGH entsprach, ins Gesetz gebracht wurde, weil damit eine sehr gefährliche Situation für die weitere Rechtsprechung auftreten konnte. Das war unser Motiv. Wir haben aber in jener Debatte nicht gesagt, daß wir für die alte Fassung seien, sondern wir haben gesagt: Gebt das in 'den Rechtsausschuß, damit es dort sorgfältig überlegt wind, damit wir versuchen können, gemeinsam eine Formulierung zu finden, die der Situation der Ehe wirklich gerecht wird.
Nachdem FDP und SPD damals überstimmt worden sind und diese Formulierung da ist, ist es doch keine Lösung, jetzt eine ältere Formulierung wiederaufzunehmen, die ich für genauso schlecht halte wie die heutige Formulierung. Man muß sich etwas Neues einfallen lassen, und das haben Sie leider nicht getan.
Wenn Sie nun schon polemisieren wollen - ich wollte es eigentlich gar nicht sagen, weil ich es für nicht gut halte, einander darauf hinzuweisen: Das habt ihr früher gesagt usw. -, dann muß ich Sie in Ergänzung dessen, was Herr Hauser zu der Auffassung des Herrn Kahl vorgetragen hat, daran erinnern - ich weiß nicht, ob es Ihnen überhaupt bekannt ist -, daß es den FDP-Entwurf eines Familiengesetzes von 1953 - Drucksache II/112 - gegeben hat, in dem Sie vorgeschlagen haben, den § 1571 Abs. 2 BGB, der dem § 48 Abs. 2 des Ehegesetzes entspricht - das war ja damals im BGB geregelt -, so zu ändern, daß sogar eine Verstärkung des Widerspruchsrechts erfolgen sollte. Der Widerspruch des schuldlosen Ehegatten sollte nämlich nach diesem FDP-Antrag ohne Ausnahme eine absolute Wirkung haben. Ich nehme Ihnen das nicht übel. Die Auffassungen in diesen Fragen können sich ändern. Aber ich würde davor warnen, daß Sie, da Ihre Partei damals im Gegensatz zu der Rechtsprechung im „Dritten Reich" dieses absolute Widerspruchsrecht vertreten hat, heute diejenigen, die dieses Widerspruchsrecht in etwa verteidigen, gleich als unliberal oder reaktionär, oder was weiß ich, bezeichnen. So sollte man nicht argumentieren.
Ich bin überhaupt der Meinung, daß auch das Scheidungsrecht entkrampft werden muß. Es stand im Laufe der letzten Jahrzehnte ungefähr unter dem Motto: Die sogenannten Konservativen waren da- für, die Scheidung möglichst zu erschweren, und die sogenannten Liberalen waren dafür, die Scheidung zu erleichtern. Beides halte ich für gleich falsch. - Bitte schön, Herr Kollege!
Eine Zwischenfrage, Herr Moersch.
Treffen .die Behauptungen zu, die seit langem verbreitet werden, daß die SPD, von der Sie soeben sagen, daß sie beide Fassungen für schlecht hält, sowohl die geltende wie die jetzt vorgeschlagene, seit Jahren eine hervorragende Fassung besitzt, diese hervorragende Fassung aber niemals hier eingebracht hat?
Wir besitzen eine Fassung, Herr Kollege, das kann ich Ihnen bestätigen. Aber ich maße mir nicht an, eine Fassung von uns als hervorragend zu bezeichnen. So größenwahnsinnig sind wir nämlich nicht. Wir arbeiten selbstverständlich an den Dingen wie wahrscheinlich jeder in diesem Hause, der sich für die Materie interessiert, wir verfolgen die Rechtsprechung, wir überlegen uns, wie man es ändern kann. Wir sind aber der Meinung - das hätten Sie meinen bisherigen Ausführungen entnehmen können -, daß § 48 nur ein Teil der Probleme des Ehescheidungsrechtes ist. Wir sind der Meinunng, wenn man hier reformiert, soll man kein Flickwerk machen, sondern soll den ganzen Komplex in aller Ruhe und in aller Sachlichkeit frei von weltanschaulichen Ressentiments überprüfen und feststellen, wo die echten Mängel liegen.
Nun haben Sie, Frau Diemer-Nicolaus, behauptet, daß es in der Rechtsprechung des BGH seit der
Änderung des Gesetzes tatsächlich andere Auffassungen gegeben habe. Ich bestreite das mit aller Entschiedenheit. Wir hatten das bei der Debatte im Jahre 1961 mit Ihnen befürchtet, aber tatsächlich hat der BGH im Kern weiterhin genauso entschieden, wie er das schon vor der Änderung des Gesetzes getan hatte. Das heißt nicht, daß diese Entscheidungen alle gut sein müssen. Ich warne Sie aber, Frau Kollegin, diese Entscheidungen nur auf Grund von Zeitungsnachrichten zu beurteilen, ohne die Akten zu kennen. Ich warne noch mehr davor, ein Urteil über nicht rechtskräftige Entscheidungen zu fällen, die vom BGH gerade zurückverwiesen worden sind, weil der BGH sie eben nicht gebilligt hat. So sollte man nicht argumentieren.
Eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Moersch.
Herr Kollege, Sie haben soeben die Wendung gebraucht „wenn man reformiert". Würden Sie so freundlich sein, uns zu sagen, ob Sie insgesamt reformieren wollen oder nicht.
Was soll die Frage, Herr Kollege? Ich bin ja gerade im Begriff, die Auffassung meiner Partei darzulegen, und wenn Sie etwas Geduld gehabt hätten, hätten Sie sich die Frage und uns allen etwas Zeit ersparen können.
Ich bin der Meinung, das gesamte Ehescheidungsrecht muß überprüft werden, weil es andere Mängel aufweist, Mängel, die wichtiger sind. Ich habe schon angedeutet, daß man hinsichtlich der einvernehmlichen Scheidung einen anderen Weg finden und die Richter vor dieser unrechtsstaatlichen Methode bewahren sollte.
Auch sollte man - um einen weiteren Punkt zu nennen - überprüfen, ob es richtig ist, daß es bei uns noch sogenannte absolute Scheidungsgründe gibt, über deren Wirkung in bezug auf die Zerrüttung einer Ehe man durchaus streiten kann. Es ist nicht unbedingt gesagt, daß ein Ehebruch nun wirklich die schwerstwiegende Eheverfehlung ist, bei deren Vorliegen ein absoluter Scheidungsgrund gegeben ist, mit dem man die Scheidung auf jeden Fall ohne jede Einwendung durchsetzen kann. Das sollte man überprüfen. Es gibt noch viele andere Einzelfragen.
So muß man auch die Wirkung der Scheidung auf das Schicksal der Familien überprüfen. Ich persönlich halte das Recht des Unterhalts für die zurückbleibende Familie, also für die Frau und die Kinder, für höchst unvollkommen.
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Wenn man schon scheidet, muß man sicherstellen, daß dann wenigstens die erste Familie nicht unter die Räder kommt.
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Das ist sehr schwierig. Aber es ist nun einmal so: Bei dem Kuchen des Verdienstes werden die einzelnen Stücke, wenn zwei Familien zu ernähren sind, immer kleiner, und das geht in der Praxis, zu4816
mindest bei allen selbständig Tätigen, eindeutig zu Lasten der ersten Familie. Die zweite Familiengemeinschaft kommt dann zuerst dran; das wissen wir doch, das kann gar nicht anders sein. Eine Scheidung geht unter Umständen ganz kraß zu Lasten der ersten Ehefrau und auch zu Lasten der Kinder aus der ersten Ehe.
Sehen Sie, Frau Kollegin, das sind Probleme, die bei allen Scheidungen dauernd für jeden Fachmann deutlich hervortreten. Sich ihnen zu widmen, wäre des Schweißes der Edlen und des Nachdenkens viel mehr wert als das Bestreben, § 48 zu ändern, der nur einen ganz kleinen Teil dieser großen Thematik ausmacht.
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Nun, Frau Kollegin oder Herr Moersch - Sie haben ja so direkt danach gefragt -: Es wäre zu überlegen gewesen, ob man diesen Antrag, der so, wie er gestellt ist, keinen Weg zur Änderung des heutigen Rechtszustandes darstellt, in diesem Hause in der ersten Lesung ablehnt. Das tun wir nicht, weil wir Ihnen, gerade weil Sie jetzt eine zahlenmäßig kleine Opposition sind, die Gelegenheit geben wollen, diese Probleme im Ausschuß mit uns zu erörtern. Wir tun es auch deshalb nicht, weil Ihr Antrag - jetzt kommt ein kleines Lob, Frau Diemer-Nicolaus - vielleicht der Anlaß ist, den Versuch zu machen, diese Materie im Ausschuß wirklich so sorgfältig zu klären, wie das notwendig ist. Dazu muß aber - und das haben alle diejenigen, die in den letzten Jahren dauernd geschrien haben: § 48 muß sofort geändert werden, bisher nicht geschafft - wirklich greifbares Material auf den Tisch gelegt werden. Ich habe mich überall erkundigt, seitdem Ihr Antrag da ist - auch schon vorher; das wissen Sie ganz genau -, nach Urteilen, aus denen man wirklich schließen kann, daß die Rechtsprechung des BGH auf Grund der Neufassung des Ehegesetzes zu schlechteren Ergebnissen geführt hätte. Ich habe kein Urteil gefunden, das von der Rechtsprechung des BGH aus der Zeit vor der Änderung des Ehegesetzes wirklich abweicht. Damit bleibt ein peinlicher Rest zu tragen übrig. Es gibt soundso viele Urteile so herum und anders herum, mit denen man nicht einverstanden sein kann. Dabei spielt dann auch noch die persönliche Auffassung eine Rolle. Wir müssen diese Materie, wenn wir an sie herangehen, sorgfältig prüfen an Hand allen Materials, das überhaupt nur denkbar ist. Über solches verfügt keiner von uns, verfügt natürlich aber das zuständige Ministerium. Es wird gut sein, wenn wir im Rahmen der Ausschußberatung vom Ministerium so viel Material bekommen, wie nur irgendwie denkbar ist, wenn das Ministerium im Zusammenwirken mit den Landesjustizverwaltungen die Fälle, um die es geht, zusammenstellt und wenn wir uns darüber anhand von konkreten Akten unterhalten können.
Ich kann Ihnen aber heute schon ganz eindeutig sagen, Frau Kollegin: wenn Sie meinen sollten, Ihr Antrag - so wie er gestellt ist - hätte eine Chance, angenommen zu werden, so ist das eine Illusion. Es könnte sein - ich weiß das nicht -, daß sich im Rahmen der Ausschußarbeit eine Fassung ergibt, der wir alle zustimmen könnten, die besser ist. Aber das heutige Recht zu ändern, ohne etwas Besseres, Neues zu finden, wäre ein Unsinn und wäre nicht zu verantworten. Das Eherecht, das immerhin im Äußeren die Grundlagen für Millionen von Ehen in diesem Lande schafft, kann man nicht je nach wechselnden Mehrheitsverhältnissen in diesem Hause alle paar Jahre hin und her ändern.
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Damit gefährden wir die Stabilität der Familien, gefährden die Stabilität unserer Gesellschaft. Man sollte erst dann etwas ändern, wenn man gewiß ist, daß ein wirklicher Mißstand da ist, eine wirkliche Misere.
Sie haben recht: es gibt Ehen, die wirklich geschieden gehören, weil sie keine Ehen mehr sind, die aber nicht geschieden werden, weil es heute den Begriff der Zumutbarkeit gibt. Den hat aber nicht der Gesetzgeber erfunden, sondern den hat der BGH schon vor Änderung des Gesetzes praktisch angewandt. Mit der „Zumutbarkeit" ist ein sehr subjektiver Begriff hineingebracht worden, der nicht gut ist. Er kann dazu führen, daß die Frau, wenn der Mann eine Eheverfehlung begangen hat, nur aus Gehässigkeit, obgleich sie keinerlei Interesse mehr an der Ehe hat, sagt: Mir ist es nicht zumutbar, den Widerspruch zu unterlassen. Das ergibt dann Fälle, die schlecht sind. Dann werden also „Nichtehen" durch den Gesetzgeber aufrechterhalten. Aber glauben Sie doch bitte nicht, verehrte Frau Kollegin, daß Sie diese „Nichtehen" geschieden bekommen können, wenn Sie Ihren Gesetzentwurf hier durchbringen. Die Gerichte würden - das haben sie vor der Änderung getan- haargenau ebenso entscheiden, gerade in diesen Fällen, die Sie und wahrscheinlich wir alle gar nicht gern mögen. Eine „Nichtehe" sollte der Staat nicht schützen. Aber er sollte eine schützen, die vielleicht noch eine Ehe ist oder die vielleicht noch gerettet werden kann. Er darf in diese Ehe, die - auch nach staatlichem Recht - an sich auf Lebenszeit geschlossen ist, nicht übereilt eingreifen, wenn es nicht unbedingt nötig ist. Er muß aber eingreifen können, wenn diese Ehe keine Ehe mehr ist. Diese „Nichtehe" ist dann unter Umständen schädlicher, auch für die Kinder, als wenn die Partner auf eine vernünftige Art und Weise auseinandergebracht werden. Das ist das Problem, Frau Kollegin. Es hat mir, wie gesagt - damit komme ich auf den Anfang zurück -, etwas leid getan, daß Sie dieses wichtige Thema glauben meistern zu können, indem Sie in die Mottenkiste des Kontrollrats greifen. Eine bessere Lösung ist sicherlich möglich. Wenn Sie sich Mühe gegeben hätten, hätten Sie sie vielleicht erarbeiten können. Vielleicht gelingt es uns gemeinsam im Ausschuß.
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Das Wort hat Herr Abgeordneter Busse.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will die Diskussion heute nicht ins Uferlose fortführen. Aber einige kleine
Busse ({0})
Dinge scheinen mir nach den Äußerungen meiner
beiden Vorredner doch noch bemerkenswert zu sein.
Ad eins möchte ich festhalten, Herr Kollege Hirsch - darin stimmen wir völlig überein -, daß auch Sie der Meinung sind: der jetzige Zustand ist nicht gut, sondern ist verbesserungsbedürftig. Das ist schon viel wert, wenn wir über diesen Punkt mit Ihnen einer Meinung sind. Denn die Frage, wie wir die Verbesserung vornehmen, ist dann eine Frage, die wir ernsthaft miteinander erörtern können.
Sie mögen aus Ihrer Sicht sagen, wir hätten uns die Arbeit etwas leicht gemacht. Aber auch nach Ihren Ausführungen bin ich der Meinung, daß wir keine wesentliche Änderung an dem, was wir vorgetragen haben, vorzunehmen brauchen, um zu dieser besseren Lösung zu kommen. Aber immerhin, darüber mag man reden. Ich glaube, daß damit schon ein wesentlicher Punkt erreicht ist.
Eines sollte man freilich nicht tun - ich bedauere, das nicht nur heute, sondern auch für .die gestrige Debatte und für frühere Debatten feststellen zu müssen -: man sollte uns nicht Motive unterstellen, die nicht sachlicher Art sind. Sehen Sie, Herr Kollege Hirsch, ich würde es Ihnen, selbst wenn Sie unseren Standpunkt voll teilten, keineswegs verübeln, daß Sie, wenn Sie zu einer Zeit, in der Sie mit ,der CDU/CSU in einer Koalition sitzen, derartige Anträge, von denen Sie von vornherein wissen, Ihr Koalitionspartner ist mit Ihnen darüber nicht einer Meinung und so eilig ist die Sache nicht - wollen wir es einmal so ausdrücken -, zurückstellen. Das ist ganz fair und in Ordnung. Aber man sollte uns dasselbe zubilligen und uns, wenn wir diese Bindungen nicht mehr haben und die schon seit Jahr und Tag erforderlichen Maßnahmen nunmehr notwendig erscheinen, dann nicht unterstellen, wir wollten einen Keil zwischen Sie und Ihren Koalitionspartner treiben. Ich glaube, das kann man einfach nicht machen. Selbst wenn man es in der Form der Äußerung eines Verdachts tut, bleibt es eine immerhin ziemlich diskriminierende Äußerung, 'die dahin geht, es gehe uns nicht um das Sachliche - darum geht es uns! -, sondern es gehe uns um irgendwelche taktischen Dinge.
Ich halte es auch nicht für richtig, daß Sie von dem Kontrollratsgesetz hier in einer Form sprechen, als wenn etwas zustande gekommen wäre, was nun irgendwie willkürlich geschaffen worden wäre. Der alte § 48 - insbesondere sein Absatz 2 - ist gleichfalls das Ergebnis einer mühevollen Vorarbeit gewesen und hat eingehender Überlegungen bedurft. Ich glaube, das sollte man bei dieser ganzen Erörterung nicht verkennen. Ich halte es auch nicht für gut, daß man bei der Kritik dieses § 48 Abs. 2 ausgerechnet auf Judikatur und Zeitverhältnisse Bezug nimmt, die eben völlig anomal waren und in unserem deutschen Vaterland hoffentlich anomal bleiben.
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Sich ausgerechnet auf die Judikatur in der nazistischen Zeit zu 'berufen, um damit darzutun - Sie haben es getan -, daß dieser § 48 zu unbestimmt sei, weil ein Regime dieser Art damit das habe
machen können, was es daraus gemacht hat und was Gott sei Dank dann in späteren Zeiten anders wurde, 'das ist nicht richtig. Das sollten wir zur Kritik des § 48 nicht anführen, denn daß in dieser Nazizeit die Rechtsprechung, die vom Reichsgericht geübt worden ist, falsch war, darüber sind wir, glaube ich, einer Meinung.
Herr Busse, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Hirsch?
Bitte schön!
Ich möchte Sie fragen, ob Sie sich daran erinnern können, daß ich nicht die Rechtsprechung im Dritten Reich zum Argument für meine Ablehnung dieses Artikels gemacht habe, sondern daß ich gesagt habe: der Umstand, daß der gleiche Gesetzestext von dem höchsten deutschen Gericht soundso viel Jahre lang im Sinne A ausgelegt worden ist und von dem höchsten Gericht in den späteren Jahren im Sinne B ausgelegt worden ist, ist für mich ein Beweis dafür, daß dieser Gesetzestext nicht gut sein kann.
Das läuft auf das hinaus, was ich eben gesagt habe. Ich glaube, wenn Sie meine Äußerungen nachher noch einmal nachlesen, werden Sie mir das bestätigen müssen. Daß gerade mit dem Begriff des Sittlichen und ähnlichen ethischen Begriffen in der Nazizeit Schindluder getrieben worden ist, darüber sind wir uns doch einig, und zwar nicht nur von Institutionen wie Behörden und ähnlichen, sondern leider Gottes auch von Stellen, von denen man es nicht hätten erwarten sollen. Auch darüber brauchen wir nicht weiter zu diskutieren.
Wenn wir diese Erkenntnisse nun schon einmal gemeinsam gewonnen haben, bleibt eigentlich nur noch eines zu bemerken, und das möchte ich auch sagen, Herr Kollege Dr. Hauser. Ich habe mich nach Ihren Ausführungen vergeblich gefragt, warum Sie denn seinerzeit mit solcher Intensität die Änderung des § 48 Abs. 2 angestrebt haben, wenn Sie heute sagen: Wir bestätigten damit nur eine Rechtsprechung, die bereits vorhanden war. Ich frage mich vergeblich; in der Tat, es stimmt nicht. Sie haben zwar insofern recht, als Sie einen Leitsatz einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes zum Inhalt eines Gesetzes gemacht haben; aber, was das bedeutet, ist, glaube ich, auch Ihnen klar. Natürlich ist es so, daß auch nach der Formulierung, die wir wieder anstreben, die mangelnde Bindung und die mangelnde Bereitschaft, die Ehe fortzusetzen, ein Grund sein kann, um den Widerspruch für unbegründet zu erklären. Darüber brauchen wir nicht zu streiten. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden, und das haben Sie dann zum Inhalt Ihres Gesetzentwurfs gemacht, statt den objektiven Tatbestand, wie er früher gegeben war und nach unseren Vorstellungen wiederhergestellt werden sollte, zum Maßstab zu machen. Dabei ist zu bedenken, daß in diesem 'objektiven Tatbestand natürlich auch die subjektiven Elemente, das Verhalten der beiden
Ehepartnern, die Einstellung der beiden Ehepartner, für die Würdigung des Wesens der Ehe und ihrer sittlichen .Grundlage eine bedeutende Rolle spielt. Das ist alles klar. Aber diese subjektiven Elemente sind nicht die einzigen, und das ist der Punkt, auf den es ankommt. Wer als Anwalt in der Praxis steht, weiß doch - und darauf kommt es entscheidend an -, daß der Widerspruch auf Grund der damaligen Änderung heute auch bei völlig zerrütteten Ehen für unbegründet erklärt wird. Ich darf es jetzt einmal sehr subjektiv ausdrücken: der Widerspruch wird für unbegründet erklärt, wenn ich meiner Mandantin die richtigen Worte in den Mund lege. So ist die Situation tatsächlich, und das ist ein Zustand, den wir nicht wollen.
Wer mit offenen Augen durchs Leben geht und nicht nur die Rechtsprechung des Hohen Karlsruher Gerichts beachtet, der weiß, welche Mißstände sich gerade aus der jetzigen Praxis der Landgerichte und der Oberlandesgerichte - und nicht nur des Bundesgerichtshofs - ergeben haben. Diese Mißstände, die wir im Interesse der Ehe, aber auch im Interesse der allgemeinen Sittlichkeit und Ethik für gefährlich halten, zu beseitigen, ist das letzte und tiefste Anliegen unseres Antrages.
Man mag uns kritisieren und sagen, daß unser Weg, daß unsere Mittel vielleicht nicht richtig oder nicht ausreichend seien. Wir sind bereit, an jedem besseren Weg mitzuwirken. Aber daß diese Zustände beseitigt werden, das ist unser Anliegen, und darum sollten wir uns - und ich glaube, das werden wir auch können - gemeinschaftlich bemühen.
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Das Wort hat der Herr Bundesjustizminister.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mir ist nach Beginn der Debatte über diesen Gegenstand mitgeteilt worden, daß meine Anwesenheit hier erwünscht sei. Daraufhin bin ich dann, freilich mit Verspätung, gekommen. Ich wollte durch das beabsichtigte Fernbleiben von dieser Debatte hier keinen Zerrütterungstatbestand bekunden oder gar schaffen, auch Ihnen gegenüber nicht. Aber die Sachlage ist doch die: Hier wird eine Fraktionsinitiative verhandelt, zu der die Bundesregierung eine politische Meinung noch gar nicht abgeklärt hat. Infolgedessen hätte ich nicht gewußt, was ich hier zur Sache hätte sagen sollen.
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- Ja, das Anhören kann ich ja wie bekanntlich jeder Abgeordnete auch ohne physische Anwesenheit machen.
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- Neuer Stil! - Verehrte Damen und Herren von der Opposition, Sie verlangen doch, daß die Regierung arbeitet. Sie haben ja auch mich hier schon einmal mit solchen Arbeitsanforderungen bedrängt. Wenn man dann eine Zeit nutzt, um zu arbeiten, kann man nicht gleichzeitig wieder in Anspruch genommen werden, bloß um physisch anwesend zu sein, auch wenn man keinen Standpunkt der Regierung vertreten kann, da sie sich einen solchen noch nicht gebildet hat.
Das Wort wird nicht mehr gewünscht. Der Ältestenrat schlägt vor, die Vorlage an den Rechtsausschuß als federführenden Ausschuß und an den Ausschuß für Familien- und Jugendfragen zur Mitberatung zu überweisen. - Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Dr. h. c. Toussaint, Dr. Lohmar, Dorn und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Maßnahmen zur Förderung des deutschen Films
- Druckasche V/1545 Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Toussaint.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag eines Gesetzes über Maßnahmen zur Förderung des deutschen Films ist von Kolleginnen und Kollegen aller drei Fraktionen des Bundestages unterschrieben. Wir haben uns dabei von folgenden Gedanken leiten lassen. Keine Kulturnation unserer Epoche will - und das mit Recht - auf das Massenmedium Film verzichten. Die Darstellung des eigenen Alltags, der eigenen Probleme, der Landschaft, der Kultur und der Art zu leben sind für jede Nation von großer Bedeutung. In Erkenntnis dieser Bedeutung des Films hat die Bundesregierung bereits 1962 dem Deutschen Bundestag einen Bericht über die deutsche Filmwirtschaft vorgelegt. In diesem Bericht kommt die besondere Stellung des deutschen Films für Staat und Gesellschaft zum Ausdruck.
Der Verzicht auf eine nationale Filmproduktion oder eine verkümmerte Herstellung des deutschen Films würde zu einer unerwünschten einseitigen geistigen Beeinflussung durch ausländische Filme führen. Zudem wäre eines der wesentlichen Mittel zur Sympathiewerbung im Ausland aus der Hand gegeben, ein Mittel, dessen sich die deutschen Auslandsvertretungen in ihrer Kulturarbeit bei der Meinungsbildung mit großem Erfolg bedienen. Mit einem weiteren Rückgang der deutschen Filmherstellung würde darüber hinaus mit Sicherheit dem staatlich gelenkten Film im anderen Teil Deutschlands, der als politisches Propogandainstrument des Kommunismus im Rahmen einer starken Kulturoffensive des Ostblocks zur Zeit eingesetzt wird, weiterer Auftrieb gegeben. Die Bundesregierung hat daher in ihrem Bericht die Aufrechterhaltung einer einheimsichen Filmproduktion aus politischen und kulturellen Gründen für unbedingt notwendig erklärt.
Leider müssen wir feststellen, daß seit 1962 die Situation des deutschen Films sich weiter verschlechtert hat. Der deutsche Film verlor nämlich
in den letzten Jahren gegenüber den Produktionen anderer vergleichbarer Filmländer zunehmend an Bedeutung. Der einheimische Marktanteil des deutschen Films sank seit 1959 von 46,6 auf 25 vom Hundert. Demgegenüber ist der nationale Film in Italien durch Förderung der dortigen Regierung von 30 auf 70 % gestiegen; das heißt, der nationale Film nimmt 70 % der Vorführungen in Italien ein.
Meine Damen und Herren! Die deutsche Filmproduktion wurde nach dem Kriege von den Besatzungsmächten beschlagnahmt. Der Neuaufbau mußte daher ohne jede Vermögenswerte vorgenommen werden. Hinzu traten der Verlust der deutschsprachigen Ostgebiete, die hohe steuerliche Belastung durch die Gemeinden sowie die Wettbewerbsverzerrungen, die dadurch entstanden, daß die anderen europäischen Staaten ihre Filmproduktionen durch gesetzliche Maßnahmen umfassend zu fördern begannen.
Der Film ist ein Produkt eigener Art mit hohen Herstellungskosten. Ob diese Kosten wieder eingespielt werden, ist stets ungewiß. Eine große Tageszeitung schreibt erst heute morgen, daß die Herstellung eines Films für einen jungen Produzenten ein persönlich mörderisches Risiko sein könne. Trotz aller Rentabilitäts- und Konzentrationsbemühungen ist die Spielfilm- und Kulturfilmproduktion der gesamten Welt - mit Ausnahme der USA - nur mit staatlicher Unterstützung lebensfähig. Aus diesem Grunde hat die EWG-Kommission beschlossen, die derzeitigen Filmförderungssysteme in den Nachbarländern nicht abzubauen, sondern beizubehalten, um nach Einführung einer Filmhilfe in der Bundesrepublik Deutschland und damit der Herstellung der Wettbewerbsfähigkeit auf dem Filmgebiet im Rahmen der EWG später eine Harmonisierung der Filmförderungsmaßnahmen insgesamt durchzuführen.
Die einheitliche Aufgabe der ausländischen Filmgesetze ist es, durch gezielte, trotzdem nicht dirigistische Maßnahmen der Wirtschafts- und Kulturpolitik eine Konsolidierung der jeweiligen nationalen Filmwirtschaft zu erreichen und Anschluß an den Weltmarkt zu finden, was nur noch - das läßt sich immer klarer erkennen - durch die Herstellung großangelegter oder qualitativ bedeutsamer Filme und vor allem internationaler Co-Produktionen gelingt. Dieses Ziel ist, wie ich schon sagte, dem italienischen, aber auch dem französischen und englischen Film auf Grund der Förderungsmaßnahmen ihrer Regierungen bereits weitgehend gelungen.
Meine Damen und Herren! Aufgabe einer gesetzlichen Filmförderung in der Bundesrepublik sollte es deshalb sein:
a) die Qualität des deutschen Films auf breiter Grundlage - ich wiederhole: auf breiter Gundlage! - zu steigern und insbesondere den guten Unterhaltungsfilm zu fördern, wobei die vom Deutschen Bundestag dem Bundesminister des Innern jährlich zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel für Qualitätsauszeichnungen im Bereich ides Films - Deutscher Filmpreis, Spielfilmprämien, Kulturfilmprämien, Kuratorium „Junger Deutscher Film" - eine sinnvolle Ergänzung bilden sollen;
b) Internationale Gemeinschaftsproduktionen unter maßgeblicher Beteiligung deutscher Filmhersteller zu unterstützen und die Harmonisierung der Maßnahmen innerhalb der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft auf dem Gebiete des Films im Sinne gleicher Wettbewerbsvoraussetzungen anzustreben.;
c) die Zusammenarbeit zwischen Film und Fernsehen zu pflegen - was ich für sehr bedeutsam halte; (ich komme ({0}) An deutsche Filmproduzenten wenden zweckgebunden zur Herstellung förderungswürdiger neuer deutscher Filme Förderungsmittel gezahlt. Hierbei kommt besonderes Gewicht dem „guten Unterhaltungsfilm" zu, also dem Film, der gute Unterhaltung bietet. Zugleich ist mit der Förderung des guten Unterhaltungsfilms auch die innere Rechtfertigung für eine Besucherabgabe gegeben.
b) Deutschen Theaterbesitzern werden zur technischen Erneuerung ihrer Filmtheater Förderungsmittel gewährt.
c) Einrichtungen der Filmwirtschaft werden zu Zwecken ,der Werbung für den deutschen Film im In- und Ausland Förderungsmittel gewährt.
d) Die Anstalt erwirbt die Fernsehlizenzrechte aller nach diesem Gesetz geförderten Spielfilme zum möglichen Verkauf an die deutschen Rundfunk- und Fernsehanstalten unter Berücksichtigung und sinnvolle Koordinierung der Interessen der deutschen Filmwirtschaft und der Fernsehanstalten. Das ist besonders wichtig. Es ist ja so, daß wir Filme, die wir heute im Filmtheater sehen, nach Jahren im Fernsehen zu sehen bekommen. Wenn wir den deutschen Film insgesamt fördern, erreichen wir, daß unsere Fernsehanstalten nicht wie bisher gezwungen sind, in großem Ausmaße im Ausland Filme für ihre Sendungen zu erwerben.
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- Wenn wir mit unseren filmischen Leistungen in Deutschland zufrieden wären, Herr Kollege Moersch, würde ich mich sicherlich nicht für dieses Gesetz einsetzen.
e) Im Rahmen der Richtlinien über die Gewährung der Förderungshilfen stellt die Anstalt sicher, daß bei der Finanzierung, der Herstellung, dem Verleih, dem Einsatz und dem Vertrieb der geförderten Filme die Grundsätze sparsamer Wirtschaftsführung beachtet werden.
f) Bei der Durchführung ihrer Aufgaben kann sich die Anstalt der Einrichtungen der Filmwirtschaft bedienen.
g) Dem Kultur- und Dokumentarfilm sowie dem Kinder- und Jugendfilm und damit auch dem Nachwuchs im Bereich des Filmschaffens läßt die Anstalt eine besondere Förderung zuteil werden.
Einzelheiten der Durchführung des Gesetzes werden durch Richtlinien und Satzungen geregelt, die der Genehmigung des Bundeswirtschaftsministers unterliegen.
Filme, die gegen die Verfassung oder die Gesetze verstoßen oder das sittliche oder religiöse Gefühl verletzen, sind förderungsunwürdig und erhalten keine Beihilfe. Diese Regelung - darauf möchte ich hinweisen - entspricht den Rundfunkgesetzen und sinngemäß den Richtlinien der freiwilligen Selbstkontrolle.
Das Gesetz ist frei von Vorzensur und Dirigismus. Der Kreis der Begünstigten wie auch der Förderungsumfang sind im Gesetz klar umrissen. Hier bei wurden insbesondere bei der Definition „deutscher Film" die erste EWG-Richtlinie auf dem Gebiet des Filmwesens vom 15. Oktober 1963 sowie die anderen Rechtsvorschriften der EWG berücksichtigt. Berücksichtigt im Gesetzentwurf sind auch die Empfehlungen - das möchte ich insbesondere den Kollegen aus der Wirtschaft sagen -, die der Wirtschaftsausschuß in der 4. Legislaturperiode am 12. März 1964 ausgesprochen hat.
Zur Förderung des Films gehören auch Maßnahmen zur technischen Erneuerung unserer Filmtheater. Die Konkurrenz des Fernsehens und die ständig steigende Anzahl großformatiger Filme verlangen die Modernisierung des heutigen Filmtheaters. Der Filmtheaterbesucher erwartet zu Recht eine technisch einwandfreie Wiedergabe der Filme. Da die kleineren Theater aus dem Filmförderungsfonds prozentual mehr erhalten als die großen, wird auch mittelstandspolitischen Anliegen Rechnung getragen.
Ein Interessenausgleich zwischen Filmwirtschaft und Fernsehen war bisher nicht möglich. Als Haupthindernis hat sich hier immer wieder gezeigt, daß die Filmwirtschaft in der Bundesrepublik Deutschland keine adäquate Repräsentanz auf gleicher Ebene wie die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten hatte. Diese Lücke muß geschlossen werden. Das ist die Aufgabe dieser Anstalt, an der auch die Repräsentanten der Fernsehanstalten mitwirken sollen - sie haben ihre Mitwirkung auch. zugesagt -, wodurch andererseits, wie ich hoffen möchte, zugleich die Möglichkeit und der Anspruch eröffnet wenden, ,daß auch die Filmförderungsanstalt in absebarer Zeit einige Delegierte in die Organe der Rundfunkanstalten entsenden kann. Eine Zusammenarbeit zwischen Film und Fernsehen ist ebenso schwierig wie notwendig. Ein Ausgleich zwischen den von der Sache her widerstreitenden Interessen ist nur durch eine verständnisvolle Koordinierung der beiderseitigen Aufgabenstellung möglich. Hierzu gehört insbesondere eine Verständigung über die Auswertung von Spielfilmen im Fernsehen.
Ich komme zum Schluß. Die Finanzierung der einzelnen Förderungsmaßnahmen basiert auf einer Abgabe von 10 Pf pro Eintrittskarte. Es ist Ihnen vielleicht bekannt, daß im letzten Jahr 290 Millionen Eintrittskarten für die Filmtheater ausgegeben worden 'sind; das ist immerhin noch eine beachtliche Zahl von Filmbesuchern, die allerdings gegenüber Italien relativ zurückgegangen ist. In Italien ist die Filmbesucherzahl doppelt so hoch wie bei uns. Bezogen auf den Durchschnittseintrittspreis beträgt diese Abgabe weniger als 4 %. In anderen EWG-Ländern beträgt sie Ms zu 15 %. Das Gesetz entspricht auch in dieser Hinsicht den Rechtsvorschriften der EWG, der OECD und des GATT.
Auf diese Weise werden jährlich zwischen 25 bis 28 Millionen DM an Förderungsmitteln aufkommen. Ich lege Wert auf die Feststellung, daß durch diese Maßnahme unser Bundeshaushalt nicht belastet wird. Wir tun damit für den deutschen Film weniger als unsere Nachbarn, was uns von der Presse immer wieder zum Vorwurf gemacht wird. Doch muß in diesem Zusammenhang erwähnt werden, daß der Haushaltsausschuß dem Bundesinnenministerium jährlich 4 Millionen DM zur Förderung des rein künstlerischen Films wie des Filmnachwuchses zur Verfügung stellt. Diese Maßnahmen des Bundesinnenministeriums bilden eine notwendige und sinnvolle Ergänzung der Ziele des Filmförderungsgesetzes.
Ich lege auch Wert auf die Feststellung, daß es hier primär um die Förderung des deutschen Films geht und daß die Mittel, die der Filmwirtschaft zur Verfügung gestellt werden, nur diesem Ziel zu dienen haben. Wir glauben, daß mit 'diesem Gesetz eine neue Periode in der Entwicklung des deutschen Films eingeleitet werden kann.
Ich bitte, die Gesetzesvorlage dem Ausschuß für Wissenschaft, Kulturpolitik und Publizistik - federführend - und dem Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen zur Mitberatung zu überweisen. Eine Überweisung zur Mitberatung an den Haushaltsausschuß, die vom Ältestenrat vorgesehen war, ist nicht erforderlich, Ida, wie bereits erwähnt, durch dieses Gesetz keine Haushaltsmittel in Anspruch genommen werden. Bei seiner Überlastung dürfte der Haushaltsausschuß nicht böse sein, wenn ihm diese Materie nicht zugeleitet wird.
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Das Wort hat Herr Abgeordneter Meinecke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich werde versuchen, meinen Beitrag auf das Format eines „Kurzfilms" zusammenschnurren zu lassen:
Ich darf für meine sozialdemokratischen Freunde erklären, daß wir uns zu der Miteinbringung und Mitunterzeichnung des vorliegenden Gesetzentwurfs aus dem Wunsch heraus entschlossen haben, die lang anhaltende Diskussion im vorparlamentarischen Raum zu beenden und damit endlich zu einer konkreten Diskussion im Ausschuß und später dann im Parlament zu kommen.
Die einzelnen Formulierungen des Textes wie die Bedingungen der Förderungswürdigkeit und die Zusammensetzung des Verwaltungsrates sind für uns keine fixierten Bedingungen. Wir sind offen gegenüber den bereits vielfältig geäußerten Anregungen, aber auch gegenüber den zahlreichen Kritiken. So könnte es durchaus zu Änderungen, Umformulierungen und damit zur Verbesserung des ganzen Gesetzes kommen.
In diesem Zusammenhang wird das öffentliche Anhörverfahren eine große Bedeutung gewinnen, welches bereits im Mai stattfinden wird, wenn Sie heute der Überweisung zustimmen. Es soll ein breiter, qualifizierter Kreis der unmittelbar Beteiligten gehört werden!
Mein Vorredner hat bereits in seiner Begründung auf die umfassenden Förderungsmaßnahmen anderer europäischer Länder hingewiesen: Italien wendet jährlich über 80 Millionen DM zur Filmförderung auf, Frankreich über 65 Millionen DM und Großbritannien etwa 47 Millionen DM, wobei noch zusätzlich eine Million DM jährlich für die spezielle Förderung der Kinder- und Jugendfilme aufgebracht wird, - ich glaube, eine sehr bedeutsame Maßnahme. Spanien ersetzt etwa 40 % der Herstellungskosten von großen Spielfilmen.
Meine Damen und Herren, Sie haben hier vor zwei Tagen eine halbe Stunde lang über Wettbewerbsverzerrungen auf dem Gebiet der Bergbahnen diskutiert. Wenn es eine echte Wettbewerbsverzerrung im europäischen Raum gibt, dann in der Filmwirtschaft, und wir wären völlig berechtigt, das zu monieren. Das soll für uns nicht unbedingt ein Vorbild für unsere Förderungsmaßnahmen sein. Aber Länder, die selbst über keine nennenswerte Spielfilmproduktion verfügen, haben in den letzten Jahren gesetzliche Filmhilfen beschlossen, gesetzliche Hilfen und Förderung des Films: die Schweiz, die Niederlande und Belgien.
Die gesellschaftspolitische Bedeutung des Films für die Bevölkerung und die großen Möglichkeiten des Films für die nationale Repräsentanz im Ausland scheinen also in allen Nationen unbestritten zu sein. Auch .wir sollten nicht darauf verzichten, insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache, daß es im anderen Teil Deutschlands der DEFA ermöglicht wird, mit einem jährlichen Aufwand von etwa 40 Millionen Ostmark ein bedeutsames und - das muß man zugeben - gutes Produktionsprogramm durchzuführen. Wir sollten uns die Möglichkeit nicht entgehen lassen, unseren Filmschaffenden die gleichen Chancen der künstlerischen Darstellung unseres Lebens gegenüber dem Ausland zu geben, die die DEFA seit vielen Jahren wahrnimmt.
Am Rande ist zu erwähnen, daß die Filmförderungsmittel im Haushalt des Bundesinnenministeriums in bedenklicher Weise seit Jahren nicht ausgeschöpft werden. Da diese Förderungsmittel aber als „flankierende Hilfsmaßnahmen" unserer heutigen Bemühungen zu verstehen sind, wird es nicht zu vermeiden sein, daß die Bewertungskriterien auch im Rahmen dieser Beratungen erneut zur Diskussion gestellt werden.
Nun noch einige spezielle Wünsche meiner Freunde, die ich kurz erwähnen darf.
Erstens. Bei der Zusammensetzung der Organe der Anstalt sollte der „Film" die Majorität erhalten. So erscheint uns eine Zuwahl von Vertretern der Filmakademien und vielleicht von Filmjournalisten in den Verwaltungsrat nicht ausgeschlossen.
Zweitens. Das Gesetz darf auf gar keinen Fall zu zensurähnlichen Beurteilungen der Filme führen. Entscheidungen der Filmförderungsanstalt sollten von qualifizierten Mehrheiten getroffen werden.
Drittens. Die Bemühungen insbesondere junger Filmproduzenten und des „jungen deutschen Films" - als künstlerischer Begriff aufgefaßt - sollten über die jetzige Stiftung hinaus gesichert werden. Auch der Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages hat in der nächsten Woche eine Gelegenheit, ohne zusätzlichen Kostenaufwand hier etwas für eine Ulmer Akademie zu tun.
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Das sei am Rande erwähnt.
Viertens last not least: Meine Fraktion wünscht, daß der Sitz der Anstalt in Berlin ist.
Sie kennen unsere Auffassungen über die Freiheit und Unabhängigkeit von Kunst und Kultur. Dieses Gesetz soll kein staatlicher Eingriff sein, sondern eine gesetzlich verankerte „Hilfe zur Selbsthilfe", wie es mein Freund Dr. Lohmar ausgedrückt hat. Oder, wenn Sie so wollen: das Gesetz soll die Möglichkeit schaffen, dem deutschen Film ein wohl „angepaßtes Mieder auf Zeit" zu verschreiben, damit er nach zurückgewonnener Stabilität furchtlos und damit auch schöpferisch in die Zukunft schauen kann. Die Voraussetzungen hierzu sind gerade zur Zeit optimal, da zweifellos bereits jetzt 'der deutsche Film aus eigener .Kraft eine positive Entwicklung genommen hat.
Wir bitten, der Überweisung zuzustimmen.
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Das Wort hat Herr Moersch.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf für die Fraktion der Freien Demokraten in Vertretung meines Kollegen Dorn, der durch eine anderweite Verpflichtung verhindert ist - er hat dieses Gesetz mit eingebracht -, kurz einige Anmerkungen zu dem Gesetzentwurf machen.
Zunächst Sind wir alle Herrn Dr. Toussaint zu Dank verpflichtet, daß er .die Vorarbeiten für diesen Entwurf geleistet hat, nachdem ein weniger geeigneter Entwurf im vergangenen Bundestag ja nicht Gesetz geworden war. Dennoch enthält auch dieser Entwurf, der eine gute Diskussionsgrundlage ist - ich pflichte einigen Anmerkungen, die Herr Dr. Meinecke gemacht hat, durchaus bei -, einige Risiken. Gerade für uns Liberale ist es nicht ganz leicht, sich mit auf diesen Weg zu begeben oder sich durch die Umstände, die in benachbarten und mit uns konkurrierenden Ländern in der Filmförderung bestehen, auf diesen Weg drängen zu lassen.
Wir sollten auch nicht der Ansicht verfallen, daß mit einem derartigen Gesetz die Situation in der deutschen Filmwirtschaft schlagartig zu verbessern sei. Denn am Anfang steht immer 'die Frage der künstlerischen Potenz, und die kann ja von uns, vom Bund, schon aus Zuständigkeitsgründen kaum gefördert werden. Wir sollten das, was Herr Dr. Meinecke hier gesagt hat, beherzigen, nämlich daß die künstlerische Qualifikation dort zu fördern ist, wo wir überhaupt eine Chance besitzen: Zum Beispiel bei den Bemühungen in Ulm. Ich nenne hier nur einen Namen: Dr. Kluge; aber es sind noch andere. Wir sollten das als eine Maßnahme ansehen, die zur Wettbewerbsgleichheit notwendig ist.
Mit Recht ist hier ausgeführt worden, daß unser Hauptmotiv mit die starken staatlichen Mittel sind, die in Ost-Berlin bei der DEFA ausgegeben werden können und denen wir eigentlich nichts entgegenzusetzen haben. Aber unter Umständen wäre das dann auch ein Anlaß - vielleicht wird sich da in der deutschen Politik manches ändern -, einmal darüber nachzudenken, ob wir nicht selbst auf diesem schwierigen Gebiet zu Kooperationen kommen können, die heute noch nicht für denkbar gehalten werden. Ich darf an ein Wort des jetzigen Außenministers erinnern, der - mit Kahn - das Undenkbare denken wollte, das heute schon in Sicht ist. Unter diesem Aspekt sollten wir diesen Entwurf noch einmal sehr gründlich durchberaten.
Dabei erlaube ich mir die Anmerkung, daß die Anhörung von allen Interessierten und Sachverständigen zwar sicherlich eine sehr nützliche und gute Einrichtung dieses Hauses ist, daß es aber fast noch besser wäre, wenn uns die Ministerien durch eine sehr gründliche Prüfung und sachverständigen Rat von mancher dieser zusätzlichen Arbeiten entlasten könnten. Denn eigentlich ist es nicht sinnvoll, daß wir hier in den Ministerien eine Gesetzesmaschine großen Umfangs haben und daß wir dann im Bundestag sozusagen ab ovo die Arbeit machen müssen, weil es bisher nicht möglich war, derartige Entwürfe aus den Ministerien zu bekommen. Die Abgeordneten sind schließlich nicht dazu da, solche Entwürfe auszuarbeiten; das sollte man durchaus als Ausnahme ansehen.
Gestatten Sie mir eine kleine Anmerkung zum Text. Ich muß sagen, der Entwurf enthält eine außerordentlich kühne Formulierung, die bedeutsame Folgen - welche sicherlich nicht beabsichtigt sind - für das künftige deutsche Geschichtsbewußtsein haben kann. Es heißt dort nämlich, Herr Dr. Toussaint, in § 7 Abs. 1 Nr. 6:
Der Regisseur muß deutscher Staatsangehöriger sein oder aus dem deutschen Kulturbereich stammen.
Das scheint mir eine Formulierung zu sein, die sozusagen die Definition der „Kulturnation" enthält und die uns vielleicht von mancher bisher geschichtlich gewordenen Vorstellung über das Wesen eines Staates befreit.
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- Ausgezeichnet! Aber ich finde, wir sollten bei dieser Formulierung ein bißchen verweilen. Denn das ist ja wohl die Frage, die für uns für die Zukunft nicht ganz unwichtig ist: wie man sich trotz Trennung in Machtbereiche und Staatsgebilde als Kulturnation zusammengehörig fühlen kann und wie man dem in solchen Gesetzen auch Rechnung tragen kann. Dabei tritt natürlich die schwierige Frage auf, was man eigentlich mit den Emigranten macht, die damals nach Amerika gegangen sind, die wir durchaus als deutsche Künstler anzusehen haben, die aber nach dieser Definition nicht den Förderuhgsvorschriften entsprechen. Das ist eine der Fragen, die wir mit zu behandeln haben.
Im übrigen teilen wir die von Herrn Dr. Meinecke vorgetragene Meinung über die stärkere Beteiligung von Angehörigen der Filmwirtschaft im Verwaltungsrat. Sie ist auch nach meiner Ansicht nützlich und notwendig.
Ich möchte gleich vorbehaltlich sagen, daß man - bei allem was hier zum Thema vorgebracht wurde, daß man nämlich gewisse Formen der Filmselbstkontrolle mit benutzt - beim öffentlichen Anhören
der Sachverständigen auch noch einmal die ganze Frage der Verfassungsmäßigkeit unter ,dem Gesichtspunkt des Zensurverbots unseres Grundgesetzes zur Debatte stellen sollte. Das scheint mir keineswegs optimal gelöst zu sein.
Im übrigen sind wir froh darüber, daß diesmal der Versuch weitgehend unterlassen worden ist, hier irgendwelche moralischen Wertungen in ein Wirtschaftsförderungsgesetz mit hineinzubringen. Daß man die künstlerische Hilfe ganz vom wirtschaftlich Notwendigen trennt, scheint uns eine gute Diskussionsgrundlage zu sein.
Ich hoffe, daß wir am Ende zu einem unter den Umständen relativ befriedigenden Ergebnis kommen können, möchte aber gleich hinzufügen: sollte sich herausstellen, daß - aus Gründen, die uns jetzt noch nicht bekannt sind - auch dieses Gesetz in der Praxis keinen Nutzen bringen könnte, dann sollten wir ehrlicherweise auch dieses Gesetz fallenlassen und uns nicht darauf versteifen, unter allen Umständen etwas zu machen, was in der Praxis nicht standhält.
Ich darf daran erinnern, daß uns vor Jahren, als das letzte Gesetz im Bundestag gescheitert war, hier in bewegten Worten von manchen Interessierten erklärt wurde, das sei nun wirklich das Ende des deutschen Films, jetzt sei es endgültig aus, weil dieser Bundestag das Filmförderungsgesetz nicht beschlossen habe.
Inzwischen haben wir in den letzten zwei Jahren - ich weiß nicht, ob trotz oder wegen des Fehlens dieses Gesetzes - erhebliche künstlerische Fortschritte erleben dürfen. Sie meinen, Herr Dr. Toussaint, das gehört nicht zusammen. Aber nach den Kommentaren, die damals erschienen sind, und dem, was wir dann so an künstlerischen Möglichkeiten gesehen haben, scheint es mir doch nicht so ganz entscheidend vom Gesetz selbst abzuhängen.
Wir Freien Demokraten sind bereit, intensiv mitzuarbeiten und gemeinsam zu versuchen, das Beste aus einer schwierigen Sache zu machen.
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Es liegen keine Wortmeldungen mehr vor.
Wir kommen zu den Überweisungsvorschlägen des Ältestenrates: Überweisung an den Ausschuß für Wissenschaft, Kulturpolitik und Publizistik -federführend -, an den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen - mitberatend - und an den Haushaltsausschuß nach § 96 der Geschäftsordnung.
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- Meine Meinung ist, daß man sich - wenn irgendwo ein Zweifel auftaucht - vom Haushaltsausschuß bestätigen läßt, daß es sich nicht um eine Finanzvorlage handelt.
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- Ich weiß. Ich bin sachlich Ihrer Meinung. Nur meine ich: Grundsätzlich sollten insbesondere die Antragsteller nicht sagen, es ist keine Finanzvorlage, sondern sich das vom Haushaltsausschuß bestätigen lassen, der damit sicher nicht viel Arbeit haben wird.
Verbleiben wir deshalb doch beim Vorschlag des Ältestenrates. Einverständnis? - Dann ist so beschlossen.
Ich rufe den Punkt 5 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 15. Dezember 1960 gegen Diskriminierung im Unterrichtswesen und zu dem Protokoll vom 18. Dezember 1962 über die Errichtung einer Schlichtungs und Vermittlungskommission
- Drucksache V/1583 Das Wort wird nicht gewünscht. Der Ältestenrat schlägt vor, die Vorlage an den Auswärtigen Ausschuß - federführend - und den Ausschuß für Wissenschaft, Kulturpolitik und Publizistik - mitberatend - zu überweisen. Kein Widerspruch? - Es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 6 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 15. Juni 1964 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik von Portugal über die Auslieferung und die Rechtshilfe in Strafsachen
- Drucksache V/1595 Keine Wortmeldungen. Der Ältestenrat schlägt Überweisung an den Rechtsausschuß vor. Es ist so beschlossen.
Punkt 7 der Tagesordnung:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Ausübung der Berufe des Masseurs, des Masseurs und medizinischen Bademeisters und des Krankengymnasten
- Drucksache V/1600 - Keine Wortmeldungen.
Der Ältestenrat schlägt Überweisung an den Ausschuß für Gesundheitswesen vor. - Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Punkt 8 der Tagesordnung:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Durchführung der Verordnung Nr. 136/66/ EWG ({2})
- Drucksache V/1609 Der Ältestenrat schlägt Überweisung an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - federführend -, den Ausschuß für Wirtschaft und Mittelstandsfragen zur Mitberatung und an den Haushaltsausschuß gemäß § 96 der Geschäftsordnung vor. - Es ist so beschlossen.
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Sozialpolitik ({0}) über den Bericht der Bundesregierung über den Stand der Unfallverhütung und das Unfallgeschehen in der Bundesrepublik für das Jahr 1964 ({1})
- Drucksachen V/152, zu V/152, V/1143 ({2}) Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Ils
Das Wort wird nicht gewünscht.
Dann kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses auf Drucksache V/1143 ({3}). Wer dem Antrag des Ausschusses zuzustimmen wünscht, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? - Keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen.
Punkt 9 b:
Beratung des Berichts der Bundesregierung
über den Stand der Unfallverhütung und das
Unfallgeschehen in der Bundesrepublik
({4})
- Drucksache V/1470 Zu einer Erklärung hat das Wort Professor Schellenberg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Auftrage der Mitglieder des Ausschusses für Sozialpolitik erkläre ich folgendes:
Der Unfallverhütungsbericht 1965 soll ohne Aussprache den Ausschüssen überwiesen werden. Die Ausschüsse werden sodann unverzüglich in einer öffentlichen Informationssitzung Wissenschaftler und Praktiker zu diesem Unfallverhütungsbericht hören. Die Ausschüsse hoffen, auf diese Weise das öffentliche Interesse an 'der Unfallverhütung weiter stärken zu können.
Keine weiteren Wortmeldungen.
Der Ältestenrat schlägt Überweisung an den Ausschuß für Sozialpolitik - federführend - und an den Ausschuß für Arbeit zur Mitberatung vor. - Es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 10 der Tagesordnung auf:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Innenausschusses ({0}) über den Bericht des Bundesministers des Innern vom 23. Februar 1967
betr. Neuregelung der Beamtenbesoldung - Drucksachen V/1497, V/1578 Berichterstatter: Abgeordneter Schmitt-Vokkenhausen.
Keine Wortmeldungen.
Wir kommen zur Beschlußfassung über den Antrag des Ausschusses auf Drucksache V/1578. Wer dem Antrag des Ausschusses zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen?
- Keine Enthaltungen. f Einstimmig angenommen.
Punkte 11 und 12:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für das Bundesvermögen ({1}) über den Antrag des Bundesministers der Finanzen
betr. Veräußerung einer Teilfläche der ehemaligen Garde-Train-Kaserne in Berlin-Tempelhof an das Land Berlin
- Drucksachen V/1071, V/1576 -Berichterstatter: Abgeordneter Graaff
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für 'das Bundesvermögen ({2}) über den Antrag des Bundesministers der Finanzen
betr. Veräußerung der bundeseigenen Standortschießanlage „Pfeiferhölzle" bei Konstanz an das Land Baden-Württemberg
- Drucksachen V/956, V/1577 -Berichterstatter: Abgeordneter Graaff
Das Wort wird nicht gewünscht. Ich glaube, wir können darüber 'gemeinsam abstimmen. Wer den beiden Anträgen zuzustimmen wünscht, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Punkt 13 der Tagesordnung:
Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses ({3}) über den Antrag 'des Bundesministers der Finanzen
betr. Entlastung der Bundesregierung wegen der Bundeshaushaltsrechnungen für die Rechnungsjahre 1962 und 1963
- Drucksachen V/458, V/1590 Berichterstatter: Abgeordneter Peters
({4})
Abgeordneter Dr. Koch
Der Herr Berichterstatter, Herr Dr. Koch, hat das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Den Antrag des Haushaltsausschusses zur Entlastung der Bundesregierung wegen der Bundeshaushaltsrechnungen für die Rechnungsjahre 1962 und 1963 begründe ich wie folgt.
Ich verweise zunächst auf die Übersicht auf Seite 3 der Bundestagsdrucksache V/458, aus der zu ersehen ist, daß sich an die Bemerkungen des Bundesrechnungshofs zu ({0}) nur der Prüfung durch den Präsidenten des Bundesrechnungshofes oder b) - das sind nun die ganz geheimen Titel im Auswärtigen Amt - weder der Prüfung durch den Bundesrechnungshof noch durch seinen Präsidenten unterliegen sollen. Der Bundesrechnungshof hat gegen das gegenwärtig hierzu geübte Verfahren verfassungsrechtliche Bedenken erhoben, die allerdings von der Bundesregierung nicht geteilt werden. Daher hat der Rechnungsprüfungsausschuß den Bundesminister der Finanzen und den Präsidenten des Bundesrechnungshofes ersucht, möglichst schnell eine Klärung der Rechtslage herbeizuführen und dem Rechnungsprüfungsausschuß hierüber zu berichten.
Der Rechnungsprüfungsausschuß äußert sodann noch Bedenken gegen folgendes Verfahren. Einige Bundesressorts sind dazu übergegangen, Verträge mit Dritten abzuschließen, in denen sie diese verpflichten, nach Angaben der Bundesverwaltung bauliche Anlagen zu errichten und dann wieder dem Bund mietweise zu überlassen. In den Haushaltsplänen sind diese Vorhaben keineswegs vermerkt. Wenn schon so verfahren wird, müßte nach Meinung des Ausschusses in den Haushaltsplänen darauf hingewiesen werden. Der Rechnungsprüfungsausschuß hat einen Beschluß gefaßt, nach dem es für erforderlich gehalten wird, daß der Haushaltsgesetzgeber mindestens in den Erläuterungen darüber unterrichtet wird, in welchem Umfange in den Ansätzen Mieten für Gebäude enthalten sind, die erst errichtet werden sollen.
Abschließend hat der Ausschuß dann noch das Umwälzverfahren geprüft, das in der Bundeswehr bei der Beschaffung von Röntgenfilmen und bei der Lagerung von Medikamenten entwickelt ist. Da die Lagerfähigkeit sowohl der Röntgenfilme wie auch der Medikamente nur beschränkt ist, sind aus der Verwertung der umzuwälzenden sanitären Vorräte Schwierigkeiten entstanden, die teilweise zu Verlusten für die Bundeskasse geführt haben. Um das Problem grundsätzlich für die gesamte Bundesverwaltung, nicht nur für die Bundeswehr, zu klären, hat der Haushaltsausschuß auf Anregung des Rechnungsprüfungsausschusses den Bundesbeauftragten für die Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung um die Prüfung der Frage ersucht, ob Medikamente und Sanitätsverbrauchsmaterial für alle Dienststellen des Bundes zentral beschafft werden können.
Damit bin ich am Schluß meiner Ausführungen angelangt. Ich stelle den Antrag - entsprechend der Drucksache V/1590 -, der Bundestag möge der Bundesregierung wegen der Haushaltsrechnungen für die Jahre 1962/1963 Entlastung erteilen.
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Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Wortmeldungen liegen nicht vor.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses auf Drucksache V/1590. Wer zuzustimmen wünscht, gebe das Zeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Eine Enthaltung. Im übrigen einstimmig angenommen.
Vizepräsident Dr. Mommer
Punkt 14 der Tagesordnung:
Beratung des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen ({0}) über die von der Bundesregierung erlassene Zehnte Verordnung zur Änderung der Ausfuhrliste - Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung -- Drucksachen V/1406, V/15.13, V/1568 - Berichterstatter: Abgeordneter Schmidhuber
Hier sollen wir von .der Vorlage des Ausschusses Kenntnis nehmen. Es widerspricht niemand. - Dann ist das geschehen.
Punkt 15 der Tagesordnung:
Beratung der Ubersicht 12 des Rechtsausschusses ({1}) über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht
- Drucksache V/1574 Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Beschlußfassung über den Antrag des Ausschusses auf Drucksache V/1574. Wer dem Antrag zuzustimmen wünscht, gebe das Zeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Wir kommen zu Punkt 16 der Tagesordnung:
Beratung der Sammelübersicht 17 des Petitionsausschusses ({2}) über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages zu Petitionen
- Druckache V/1612 Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Beschlußfassung über den Antrag des Ausschusses auf Drucksache V/1612. Wer zuzustimmen wünscht, der gebe das Zeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Wir kommen zu Punkt 17 der Tagesordnung:
Beratung des Antrags .des Präsidenten des Bundesrechnungshofes
betr. Rechnung und Vermögensrechnung des
Bundesrechnungshofes für das Rechnungsjahr
1964 - Einzelplan 20 - Drucksache V/1487 Keine Wortmeldungen. Der Ältestenrat schlägt vor, die Vorlage dem Haushaltsausschuß zu überweisen. Kein Widerspruch. - Es ist so beschlossen.
Punkt 18 der Tagesordnung:
Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung einer Teilfläche der ehemaligen Otto-Flugzeugwerke in München-Schwabing an die Firma Gummi-Mayer KG in Landau/Pfalz
- Drucksache V/1597 Keine Wortmeldungen. Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Ausschuß für das Bundesvermögen. Kein Widerspruch. - Dann ist es so beschlossen.
Damit sind wir am Ende der Tagesordnung. Ich berufe die nächste Plenarsitzung des Deutschen Bundestages auf Mittwoch, den 19. April, 14.30 Uhr, ein.
Die Sitzung ist geschlossen.