Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet.
Meine Damen und Herren!
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Schon wieder hat der Tod eine breite Lücke in unsere Reihen gerissen. Nachdem wir erst letzte Woche den Heimgang von vier Mitgliedern dieses Hauses zu beklagen hatten, trauern wie heute um Heinrich Höfler und Günter Klein.
Heinrich Höfler, der am Montag verstorben ist, ist 66 Jahre alt geworden. Er hat am ersten Weltkrieg teilgenommen und in Heidelberg Geschichte, Volkswirtschaft und Staatswissenschaften studiert. Dann wurde er Journalist im Bereich der Partei, der er sich früh angeschlossen hat, der Zentrumspartei. Er war Schriftleiter ides „Pfälzer Boten" in Heidelberg und ab 1931 Pressereferent bei der Zentrale des Deutschen Caritasverbandes und zugleich Hauptschriftleiter der Zeitschrift „Caritas" bis zu deren Verbot 1941. Hier, im Bereich der tätigen Nächstenliebe, der Caritas, hat Heinrich Höfler sein eigentliches Wirkungsfeld gefunden. Er ist ihm treu geblieben bis zu seinem Tode.
Im zweiten Weltkrieg hat er bis zu seiner Verhaftung das dornenvolle Amt des Leiters der Katholischen Kirchlichen Kriegshilfe wahrgenommen: geistige und materielle Betreuung deutscher und alliierter Krigesgefangener. Auch ihm blieb das Schicksal, eingekerkert zu werden, nicht erspart: vom Mai 1944 bis April 1945 wurde er von der Gestapo in Haft gehalten.
Nach dem zweiten Weltkrieg nahm er, sobald er frei war, seine alte Tätigkeit wieder auf. Er hat sich sofort der Hilfeleistung für die Kriegsgefangenen, für Zivilarbeiter im Ausland und insbesondere für die kriegsverurteilten Deutschen gewidmet. Keiner, der ihn gekannt hat und sein Wirken aus der Nähe betrachten konnte, wird vergessen, mit welcher Intensität er sich gerade für die kriegsverurteilten Deutschen einsetzte.
Er hat sich nach dem Kriege der Christlich-Demokratischen Union angeschlossen. Er war Gründungsmitglied des Landesverbandes Südbaden der CDU und hat deren Vorstand von Anfang an angehört. In seiner parlamentarischen Arbeit im Bundestag hat er sich vor allem den sozial Schwachen und den Mühseligen und Beladenen gewidmet. Auch hier war die Kriegsgefangenenfürsorge ein Hauptarbeitsgebiet Heinrich Höflers. Er hat eine Reihe von Ausschüssen angehört: dem Ausschuß für Kulturpolitik und Publizistik, den Ausschüssen für Heimatvertriebene, für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen sowie für gesamtdeutsche und Berliner Fragen. In der 3. Wahlperiode war er Mitglied des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, und seit 1950 gehörte er der Beratenden Versammlung des Europarates an, seit 1955 der Versammlung der Westeuropäischen Union. Er hat gerade in der Arbeit für die Schaffung eines besseren Europa besonders viel getan; an 'dieser Aufgabe hing sein Herz in besonderem Maße.
Dr. Günter Klein ist in derselben Nacht wie Heinrich Höfler verstorben. Er ist 63 Jahre alt geworden.
Nach dem Studium der Rechtswissenschaften und der Volkswirtschaft trat Günter Klein in die preußische innere Verwaltung ein. Er hat dort eine Reihe von Stufen durchlaufen und wurde schließlich Landrat des Kreises Dinslaken am Niederrhein. Auch er wurde mit seiner Familie unter der Herrschaft der Unmenschlichkeit politisch verfolgt. 1933 wurde er aus dem Staatsdienst entlassen.
Nach dem zweiten Weltkrieg hat er sich sofort der politischen Arbeit für sein Volk zur Verfügung gestellt. Er, der im Posenschen geboren wurde, war in der Zwischenzeit Berliner geworden, Berliner mit Leib und Seele. In Berlin fing er die neue politische Laufbahn an. Er wurde im, Jahre 1948 Vertreter Berlins beim Wirtschaftsrat und beim Vereinigten Wirtschaftsgebiet in Frankfurt am Main.
Seit 1949 hat er mit einer Unterbrechung von beinahe zwei Jahren als Bevollmächtigter und später als Senator für Bundesangelegenheiten das Land Berlin beim Bund vertreten. Er wurde ständiger Vertreter Berlins im Bundesrat. Wir alle, die wir mit ihm zu tun hatten, wissen, in welch unermüdlicher Weise er dabei für Berlin, für Deutschland gewirkt hat. Er war hier in Bonn ein zäher, aber liebenswürdiger Botschafter Berlins.
Seit 1954 gehörte Dr. Klein auch dem Berliner Abgeordnetenhaus an. Im Jahre 1961 gab er sein Senatsamt auf, um am 17. Oktober 1961 als Berliner Abgeordneter im Rahmen der sozialdemokratischen Fraktion in den Bundestag einzuziehen. Er hat dem Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten angehört, außerdem dem Finanzausschuß. Er war Mitglied des Vermittlungsausschusses,
Vizepräsident Dr. Schmid
des Wahlmännerausschusses und des Verwaltungsrates der Deutschen Bundespost.
Der Bundestag hat mit diesen beiden Männern bedeutende Mitglieder und liebenswerte Kollegen verloren. Ich spreche den Angehörigen der betroffenen Fraktionen das Beileid des Hauses aus.
Sie haben sich zu Ehren der Verstorbenen von Ihren Plätzen erhoben. - Ich danke Ihnen.
Folgende amtliche Mitteilungen werden ohne Verlesung in das Protokoll aufgenommen:
Der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat am 21. Oktober 1963 unter Bezugnahme auf den Beschluß des Bundestages vom 14. November 1962 den 2. Halbjahresbericht über die Auswirkungen der EWG-Marktorganisationen auf dem Agrargebiet für die Zeit von Januar bis Juni 1963 übersandt. Der Bericht wird als Drucksache IV/1548 verteilt.
Der Präsident hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 25. Juni 1959 die nachstehende Vorlage an den Außenhandelsausschuß - federführend - und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - mitberatend - überwiesen mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 24. Oktober 1963:
Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung Nr. 54 des Rates in bezug auf die Festsetzung der Prämiensätze und der Abschöpfungsbeträge im voraus bei Getreideeinfuhren aus dritten Ländern - Drucksache IV/1547 Die Frau Bundesministerin für Gesundheitswesen hat unter dem 21. Oktober 1963 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Schmidt ({1}), Bading, Margulies und Genossen betr. Gesundheitsgefährdung durch Pestizide ({2}) - Drucksache IV/1470 - beantwortet. Ihr Schreiben wird als Drucksache IV/1551 verteilt.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll die Tagesordnung um folgenden Punkt erweitert werden:
Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betreffend Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, Drucksache IV/1544.
Das Haus ist einverstanden? - Es ist so beschlossen.
Ich rufe auf Punkt 1 der Tagesordnung: Fragestunde ({3}).
I. Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung, Frage des Abgeordneten Fritsch. Die Frage wird übernommen vom Abgeordneten Lautenschlager:
Ist die Bundesregierung bereit, bei den in der Bundesrepublik stationierten amerikanischen Streitkräften dahin gehend zu wirken, daß bei militärischen Übungen außerhalb der Truppenübungsplätze außerordentliche Lärm- und Schreckbelästigungen der Bevölkerung durch feuernde Panzer und Tiefflieger vermieden werden?
von Hassel, Bundesminister der Verteidigung: Herr Präsident, ich beantworte die Frage wie folgt:
Die Bundesregierung ist bereit, Herr Abgeordneter, mit den US-Streitkräften in dem von Ihnen gewünschten Sinne zu verhandeln. Wenn dabei den Streitkräften der Vereinigten Staaten konkrete Einzelfälle genannt werden könnten, würde dies die Verhandlungsposition der Bundesregierung wesentlich verbessern. Ich wäre Ihnen, Herr Abgeordneter, daher dankbar, wenn Sie mir die Ihnen eventuell bekannt gewordenen Einzelfälle mitteilen könnten, damit ich mich in den mit den US-Streitkräften zu führenden Verhandlungen auf sie berufen kann.
Hinsichtlich der von Ihnen angesprochenen Lärmbelästigung durch Tiefflieger darf ich mich zunächst ganz allgemein auf die Ausführungen beziehen, die in der 85. Sitzung des Deutschen Bundestages in meinem Auftrag Staatssekretär Hopf auf die Frage des Abgeordneten Dr. Schäfer gemacht hat.
Zusatzfrage?
Herr Minister, sind Sie der Auffassung, daß Manöver alliierter Truppen den örtlichen Verwaltungsinstanzen rechtzeitig angekündigt werden sollten?
von Hassel, Bundesminister der Verteidigung: Bei der unzulänglichen Zahl der Truppenübungsplätze sind wir gezwungen, Übungen auch in anderen Gebieten als reinen Übungsplätzen vorzusehen. Wir haben bisher immer vorher von diesen Übungen erfahren und auch mit den örtlichen Stellen Kontakt genommen.
Zweite und letzte Zusatzfrage!
Herr Minister, wären Sie bereit, bei alliierten Dienststellen darauf hinzuwirken, daß ähnliche Vorschriften über Tiefflugzonen angestrebt werden, wie sie für die deutsche Luftwaffe bestehen?
von Hassel, Bundesminister der Verteidigung: Ich habe soeben dargelegt, daß ich mich zunächst auf die Ausführungen des Staatssekretärs Hopf zu der Parallelfrage vor etwa vierzehn Tagen beziehe. Dabei ist das Thema Tiefflugregelungen abgehandelt und gesagt worden, daß für alle, nicht nur für die deutschen, sondern auch für andere Flugzeuge, feste Regeln bestehen, daß aber die Möglichkeit nicht ausgeschlossen ist - vor allem infolge der hohen Geschwindigkeiten der Flugzeuge -, daß hier und dort einmal abgewichen wird, daß man dann aber, wenn abgewichen worden ist, einen Schritt bei den alliierten Partnern am ehesten einleiten kann, wenn man einen konkreten Einzelfall zu benennen in der Lage ist.
Eine andere Zusatzfrage!
Herr Minister, ist Ihrem Ministerium bekannt, daß alliierte Truppen neben dem bei militärischen Übungen unvermeidlichen Lärm auch mutwillig durch manipulierte Fehlzündungen in ihren Fahrzeugen Lärmbelästigungen verursachen?
von Hassel, Bundesminister der Verteidigung: Ich halte es nicht für ganz ausgeschlossen. Ich glaube, daß alliierte Soldaten nicht sehr viel anders sind als unsere eigenen Soldaten und Soldaten nicht sehr viel anders sind als junge Zivilisten. Wenn so etwas bekannt wird, könnte man vielleicht einmal nachstoßen. Ich glaube aber nicht, daß man es allzu tragisch nehmen sollte.
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Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen, Frage des Abgeordneten Dr. Imle unter II:
Aus welchen Gründen hält es der Herr Bundespostminister für zweckmäßig, den verbilligten Nachttarif für Telefongespräche nicht schon ab 20 Uhr zuzulassen?
Die technischen Einrichtungen und die Leitungsbündel für den Selbstwählferndienst werden nach dean stärksten Verkehrsangebot am Tage, das ist etwa von 9.30 Uhr bis 11.30 Uhr, bemessen und soweit als möglich auch ausgebaut. Der frühe Beginn ,des Nachttarifs um 19 Uhr hatte dazu geführt, daß ab 19 Uhr das Verkehrsangebot wesentlich höher war als zu den Hauptverkehrsstunden am Tage und deshalb zahlreiche Verkehrsbeziehungen überlastet waren. Mit der Einführung des Übergangstarifs, der für die Zeit von 18 bis 21 Uhr eine Ermäßigung von 331/3v. H. vorsieht, verteilte sich der zusätzliche Abendverkehr auch auf diese Stunden, so daß eine reibungslosere Abwicklung der verbilligten Gespräche erreicht wurde. Um 21 Uhr treten nur regional unterschiedliche kurzzeitige Überlastungen auf.
Eine Zusatzfrage.
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß die Leitungen - Sie können telefonieren, aus welcher Gegend Deutschlands Sie wollen, ob Berlin, ob München, Frankfurt, Hamburg, Düsseldorf - nach 21 Uhr oft eine bis anderthalb Stunden blokkiert sind, weil nämlich der gesamte verbilligte Verkehr hierauf ausgewichen ist? Ist es daher nicht vielleicht zweckmäßig, diese Zeit auf 20 Uhr zurückzuverlegen, damit nicht nachher alles so stoßweise zusammenkommt? Denn schon ab 20 Uhr ist sowieso schon nicht mehr ein solch starker Fernsprechverkehr.
Herr Kollege Imle, wir haben diese Regelung nach reiflicher Überlegung und nach ausführlichen Messungen durchgeführt. Wenn wir die Verbilligung, die jetzt ab 21 Uhr gilt, bereits ab 20 Uhr einführten, wäre die Gesprächsspitze noch wesentlich höher als heute um 21 Uhr. Deshalb haben wir versucht, durch den verbilligten Zwischentarif von 18 bis 21 Uhr einen Teil des Verkehrs von 21 Uhr abzuziehen in diese Zeit von 18 bis 21 Uhr. Immerhin sind :die Gespräche in dieser Zeit um 331/3 % billiger.
Ich glaube jedoch, daß sich die Öffentlichkeit noch nicht auf diesen verbilligten zweigeteilten Tarif eingestellt hat; man weiß noch nicht, daß man schon um 18 Uhr um 331/3% billiger telefonieren kann, deshalb wartet man die Zeit um 21 Uhr ab. Dann gibt es natürlich Stoßzeiten, aber nicht im entferntesten so wie früher um 19 Uhr. Ich wäre Ihnen dankbar, Herr Kollege Imle, wenn Sie mir exakt sagten, von wo aus Sie diese schlechten Erfahrungen gemacht haben.
Ich sagte es vorhin schon. Ich stelle es z. B. auch von Flensburg aus fest, wo ich wohne. Ich habe es jetzt in Berlin festgestellt, wo ich eineinhalb Stunden warten mußte.
Herr Kollege Imle, das ist keine Frage. Ich muß strikt darauf bestehen, daß nur Fragen gestellt werden. Der Abgeordnete hat nicht zu antworten, wenn der Minister fragt. Abgeordnete fragen Minister, nicht umgekehrt.
Ich will es also in eine Frage kleiden: Herr Minister, bestände nicht die Möglichkeit, von der Post aus zu untersuchen, wann und wo es solche Spitzenbelastungen gibt? Sie würden Ihnen bei Nachforschungen sicher bekannt werden.
Herr Kollege Imle, ich lasse diese Messungen selbstverständlich weiterhin durchführen und lasse nachforschen, wo diese großen Schwierigkeiten aufgetreten sind oder auftreten. Aber ich darf noch einmal betonen: Wartezeiten von einer oder anderthalb Stunden können nur Ausnahmen sein; unsere Messungen ergeben, daß sich die Gesprächdichte 20 bis 30 Minuten nach 21 Uhr wieder normalisiert. Ich bin jedoch gern bereit, nach der Richtung, auf die Sie hingewiesen haben, zu prüfen.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für wissenschaftliche Forschung. Ich rufe auf die Frage unter III, gestellt von Herrn Abgeordneten Dr. Friedensburg:
Hält die Bundesregierung die Einstellung der Schürfarbeiten im Uranerzvorkommen von Menzenschwand im Schwarzwald, einem der reichsten und womöglich auch einem der ausgedehntesten Uranerzvorkommen in Europa, nach Lage der Dinge für unumgänglich und verantwortbar?
Herr Abgeordneter, ich darf Ihre Frage wie folgt beantworten.
Die Bundesregierung hält es weder für unumgänglich noch für verantwortbar, daß die Schürfarbeiten bei dem Uranerzvorkommen von Menzenschwand auf die Dauer eingestellt bleiben.
Eine Zusatzfrage.
Wenn es die Bundesregierung, wie ich mit Freude feststelle, weder für unumgänglich noch für verantwortbar hält, möchte ich bitten, mir zu sagen, was die Bundesregierung unternommen hat, um den Schildbürgerstreich der lokalen Behörden wiedergutzumachen.
Sie wissen, Herr Kollege Friedensburg, daß behördliche und gerichtliche Entscheidungen gefallen sind, gegen die wir im Augenblick nicht sehr viel machen können. Zudem hat die Bundesregierung keine Exekutivgewalt. Sie kann nur im Verhand4216
lungswege mit der Gemeinde Menzenschwand und dem Land Baden-Württemberg und den für Naturschutz zuständigen Stellen auf eine einigermaßen vernünftige Weise erreichen, daß das, was Sie gerade als „Schildbürgerstreich" bezeichnet haben - ich habe den Ausdruck nicht gebraucht, ich habe ihn zitiert -, wieder rückgängig gemacht wird.
Eine letzte Zusatzfrage.
Herr Bundesminister, sind derartige Versuche unternommen worden?
Ja.
Vielleicht kann der Bundestag sich einmal mit der Sache befassen.
IV. Geschäftsbereich des Bundesministers für Gesundheitswesen. Frage 1 - Herr Abgeordneter Müller-Hermann -:
Kennt die Frau Bundesgesundheitsministerin die existenzgefährdenden Schwierigkeiten, die sich für die Fischwirtschaft aus dem Verbot einer weiteren Verwendung des Konservierungsmittels Hexamethylentetramin ({0}) ergeben?
Herr Kollege, wir wissen seit Jahren, daß der Verzicht auf Hexamethylentetramin von der. Fischwirtschaft eine Umstellung und damit i natürlich auch wirtschaftliche Aufwendungen erfordert. Ich darf aber in diesem Zusammenhang die lebensmittelrechtliche Situation in bezug auf Hexamethylentetramin etwas ausführlicher darlegen.
Das Lebensmittelgesetz verbietet grundsätzlich überhaupt den Zusatz von Fremdstoffen. Es gestattet dem Verordnungsgeber lediglich, solche fremden Stoffe zuzulassen, deren Verwendung in Lebensmitteln mit dem Schutz des Verbrauchers vereinbar ist. Auf Grund dieser Rechtslage hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft auf unsere Anfrage hin schon im Jahre 1956 die Verwendung von Hexamethylentetramin aus gesundheitlichen Gründen abgelehnt und bis heute an ihrem damals eingenommenen Standpunkt im Grundsatz festgehalten. Mir wenigstens sind keine anderslautenden Stellungnahmen zugegangen. Diesen Sachverhalt kennt auch die deutsche Fischwirtschaft.
In der Konservierungsstoffverordnung von 1959 war eine auf zwei Jahre befristete Zulassung des Stoffes vorgesehen, um den fischverarbeitenden Betrieben Gelegenheit zu geben, die zur anderweitigen Haltbarmachung von Fischerzeugnissen erforderlichen technischen Umstellungen vorzunehmen. Nachdem sich dieser Zeitraum nicht als ausreichend erwiesen hatte, hat die Bundesregierung die Auslauffrist durch Verordnung vom 19. Dezember 1961 nochmals - letztmalig - um weitere zwei Jahre verlängert. Wir haben damals ausdrücklich erklärt, daß eine weitere Verlängerung nur dann möglich ist, wenn eindeutig klargestellt wird, daß die gesundheitlichen Bedenken unbegründet sind.
Mir ist bekannt, daß diese Fristen von zahlreichen Betrieben genutzt worden sind, so daß zumindest ein Teil der Fischwirtschaft ohne diesen umstrittenen Konservierungsstoff Erzeugnisse von ausreichender Haltbarkeit herstellen und in Verkehr bringen kann. Ich bedaure es deshalb, wenn heute noch nicht alle Betriebe auf den Konservierungsstoff Hexamethylentetramin verzichten können. Mit Rücksicht auf die von der Wissenschaft immer noch geäußerten und nicht widerlegten gesundheitlichen Bedenken bin ich im Interesse des Verbraucherschutzes, zu dem mich die Rechtslage zwingt, leider nicht in der Lage, einer nochmaligen Verlängerung der Auslauffrist zuzustimmen.
Zusatzfrage?
Frau Minister, können Sie etwas darüber aussagen, ob dieses Konservierungsmittel in anderen Ländern, die konservierte Fischwaren exportieren - auch in die Bundesrepublik exportieren, und zwar auf Grund langfristiger Handelsverträge -, weiter benutzt werden darf oder nicht?
Es gibt Länder, die es ganz verbieten, und es gibt solche, die eis in einem bestimmten Prozentsatz und für bestimmte Waren zulassen. Aber das Verbot, das in der Bundesrepublik gilt, gilt selbstverständlich auch für alle Importwaren.
Letzte Zusatzfrage.
Frau Minister, ist es dann nicht zweckmäßig, wenn Importwaren noch für einen gewissen Zeitraum über den 31. Dezember hinaus mit diesem Konservierungsmittel in die Bundesrepublik eingeführt werden können - es wird ja nicht zu verhindern sein -, daß Sie die Frist noch einmal um etwa ein Jahr verlängern?
Herr Kollege, Sie haben mich wohl mißverstanden. Importwaren dürfen, wenn wir die Frist nicht verlängern - im Moment sehe ich mich dazu nicht in der Lage -, ebensowenig wie im Inland hergestellte Waren nach dem 31. Dezember verkauft werden, wenn sie Hexamethylentetramin enthalten.
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Glüsing.
Frau Ministerin, sehen Sie, wenn Sie an dem Termin des 31. Dezember festhalten, nicht die Gefahr, daß dann unter Umständen Waren unkonserviert auf den Markt kommen - ich denke besonders an Krabben - und daß das eine größere Schädigung der Gesundheit der Verbraucher zur Folge haben kann, als wenn Hexamethylentetramin weiter zugelassen wird?
Herr Kollege, der § 3 des Lebensmittelgesetzes verbietet es, irgendwelche Waren auf den Markt zu bringen, die gesundheitsschädlich oder gar verdorben sind. Nachdem so lange über diese Frage in der Öffentlichkeit diskutiert worden ist, sind wohl der Einzelhandel und die Verbraucher genügend aufgeklärt, so daß sie hier vorsichtig sind.
Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Glüsing.
Frau Ministerin, sehen Sie nicht auch die Gefahr, daß gerade in der Krabben- und Kutterfischerei, wo es sich um echte Familienbetriebe handelt, Existenzen zugrunde gehen, wenn die Kühlkette noch nicht geschlossen ist?
Herr Kollege, die Bundesregierung hat die Gefahren, die hier bestehen - die Gefahr einer Schädigung des Verbrauchers und die Gefahr für einzelne Betriebe, die sich nicht rechtzeitig umgestellt haben -, gegeneinander abzuwägen. Es besteht unter Umständen die Möglichkeit, diesen Betrieben bei der Umstellung wirtschaftlich zu helfen. Das gehört aber nicht in mein Ressort.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Kuntscher.
Frau Ministerin, ist auch Vorsorge getroffen, daß Importe in die Bundesrepublik aus Ländern, die heute noch dieses Konservierungsmittel verwenden, dann wegfallen? Können hier langfristige Verträge aufgehoben werden? Ich nenne Finnland, Dänemark, Schweden, Norwegen, die heute noch für ihre Exportwaren dieses Konservierungsmittel verwenden.
Herr Kollege, die Verträge über die Importe von Fischwaren entbinden den Importeur nicht davon, das inländische Recht zu beachten.
Eine letzte Zusatzfrage!
Meine Frage, Frau Ministerin, ging dahin, ob diese ausländischen Firmen, die in die Bundesrepublik exportieren, sich rechtzeitig auf die Lage einstellen können, ob die Importe erhalten bleiben oder wegfallen.,
Sobald festgestellt wird, daß ein importiertes Lebensmittel den inländischen Bestimmungen nicht entspricht, wird es verboten. Damit wird der Exporteur schon gezwungen sein, seine Herstellungsweise auf die inländischen Gesetze einzustellen, wenn ihm an dem deutschen Markt gelegen ist.
Ich rufe auf die Frage IV/2 - des Herrn Abgeordneten Mommer -:
Ist die Bundesregierung bereit, den Bericht, den das englische Committee on the problem of noise dem Parlament zur Lärmbekämpfung erstattet hat, soweit dies für die deutschen Verhältnisse dienlich erscheint, dem Deutschen Bundestag in einer auszugsweisen Übersetzung zur Verfügung zu stellen?
Der Bericht der britischen Kommission über Lärmschäden - ich habe ihn hier - ist ein umfassendes Werk von 235 Druckseiten mit einer Fülle von technischen Daten, Tabellen, Zeichnungen und Karten. Er liegt gedruckt vor und ist im deutschen Buchhandel erhältlich. Eine Übersetzung des gesamten Berichtes mit Bundesmitteln wäre, wie mir scheint, ein unadäquater Aufwand, da der Bericht weitgehend auf die Verhältnisse in England zugeschnitten ist. Jedoch bin ich bereit,
Teile übersetzen zu lassen, die auch für die Bundesrepublik Bedeutung haben, insbesondere den Bericht über den Flugzeuglärm und die Zusammenstellung der Kommissionsvorschläge.
Zusatzfrage!
Frau Ministerin, würden Sie es nicht für gut halten, wenn wir auch in der Bundesrepublik einen ähnlichen Bericht erstellen ließen, um den ständig zunehmenden Lärm besser bekämpfen zu können?
Ich weiß nicht, ob ein ähnlicher Bericht im Augenblick notwendig und nützlich ist. Wie gesagt, die Erkenntnisse dieses Berichts sollen von uns ausgewertet werden. Ich habe schon in einer früheren Fragestunde auf eine Frage des Kollegen Dr. Dichgans geantwortet, daß wir unter Federführung des Bundesministeriums für Gesundheitswesen Richtwerte erarbeiten, die den Maßnahmen zur Lärmbekämpfung zugrunde gelegt werden sollen. Das ist also gewissermaßen ein Schritt weiter als die Erstellung eines Berichts. Dabei werden die Untersuchungen ausländischer Fachgremien - nicht nur in England, sondern auch in den Vereinigten Staaten und der Schweiz - verwertet werden.
Eine Zusatzfrage, Frau Dr. Hubert!
Ich nehme an, daß der Frau Ministerin der Bericht des Europarates über den Lärm und auch die darin enthaltenen Empfehlungen bekannt sind. Darf ich fragen, ob von seiten der Bundesregierung schon Schritte unternommen worden sind, die darin enthaltenen Empfehlungen, zu einer Vereinheitlichung der Meßmethoden hinsichtlich des Lärms zu kommen, zu. verwirklichen.
Unsere Bemühungen um die Er4218
arbeitung von Richtlinien für das Bundesgebiet umfassen auch die Verwertung dieses Berichts.
Darf ich wiederholen: es kommt sehr darauf an, in den europäischen Ländern einheitliche Meßmethoden zu haben.
Die Richtlinien enthalten auch solche über die Anwendung einheitlicher Meßmethoden. Was Sie wünschen, ist durchaus das, worum wir bemüht sind.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern. Die Frage V/1 - des Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen - lautet:
Was gedenkt der Herr Bundesinnenminister zu tun, daß die
Voraussetzung des Gesetzes zur Überwachung strafrechtlicher und anderer Verbringungsverbote ({0}) in jedem Einzelfall sorgfältig geprüft und das Gesetz entsprechend dem Wesen der Grundrechte auf die notwendigsten Fälle einschränkend angewandt wird?
Die Frage wird von dem Herrn Finanzminister beantwortet.
Herr Präsident! Herr Abgeordneter Schmitt-Vockenhausen, ich beantworte diese Frage wie folgt.
Das vom Bundestag ohne Gegenstimmen angenommene Gesetz zur Überwachung strafrechtlicher
und anderer Verbringungsverbote vom 24. Mai 196.1 stellt für die Bundesregierung .die einzige Möglichkeit dar, der tagtäglichen ins Bundesgebiet einströmenden Flut verfassungsfeindlichen Zersetzungs- und Propagandamaterials entgegenzuwirken. Die an seinem Vollzug beteiligten Ressorts haben die ihnen nachgeordneten Dienststellen mit eingehenden, aufeinander abgestimmten Anweisungen versehen, um sicherzustellen, daß nur solche Sendungen .angehalten und geöffnet werden, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht eines Verstoßes gegen ein aus Gründen des Staatsschutzes erlassenes Strafgesetz mit Sicherheit rechtfertigen. Welche Anhaltspunkte dies sein können, ist in den erwähnten Anweisungen festgelegt, soweit das nach den gemachten Erfahrungen überhaupt möglich gewesen ist.
Sie werden Verständnis dafür haben, daß über Einzelheiten an dieser Stelle nicht gesprochen werden sollte. Ich bin bereit, wenn es gewünscht wird, im Ausschuß für Inneres nähere Auskunft zu erteilen. Durch die Anweisungen ist bereits sichergestellt, daß Fehlgriffe auf ein Minimum beschränkt bleiben. Darüber hinaus haben Post und Zollverwaltung veranlaßt, daß nur besonders erfahrene und besonders ausgesuchte Beamte mit dem Vollzug des Gesetzes befaßt sind. Im Bereich der Bundespost nehmen solche Beamte zunächst eine erste Prüfung auf Anhaltspunkte vor. Die von ihnen ausgesonderten Sendungen werden vor der Zuleitung an die Zolldienststellen nochmals durch besonders geschulte Aufsichtsbeamte überprüft. Endlich nimmt die Zollverwaltung eine dritte Prüfung vor, bevor sie Sendungen öffnet.
Gleich durch ,den ersten Ausführungserlaß zu dem Gesetz hat das Bundesministerium für Finanzen angeordnet, daß nach dem Öffnen als harmlos erkannte Briefe mit einem Klebestreifen zu verschließen, mit einem Abdruck des Dienststempels der öffnenden Zolldienststelle zu versehen und anschließend sofort der Post zur Zustellung an den Empfänger zurückzugeben sind. Aus dem Klebestreifen für den Verschluß des geöffneten Briefes ist die gesetzliche Grundlage der Briefkontrolle ersichtlich.
Alle Vorsichtsmaßnahmen haben jedoch ihre natürlichen Grenzen. Bei dem Massenanfall derartiger Postsendungen und den dabei von der SBZ angewandten Tarnmethoden läßt sich leider nicht hundertprozentig ausschließen, daß ganz vereinzelt auch einmal eine harmlose Sendung geöffnet wird, von der auf Grund tatsächlicher Anhaltspunkte angenommen wurde, sie enthalte verfassungsfeindliches Material. Es ist aber gelungen, ,solche Fälle auf einen Anteil von weit unter 1 % der geöffneten Sendungen zu beschränken.
Damit hat die Bundesregierung .alles getan, um zu erreichen, daß die Voraussetzungen des Gesetzes in jedem Einzelfall sorgfältig geprüft und das Gesetz unter Beachtung des Grundgesetzes sachgemäß angewandt wird.
Eine Zusatzfrage!
Herr Minister, entnehme ich Ihrer Antwort und der Bereitschaft, in den zuständigen Ausschüssen über diese Frage zu sprechen, mit Recht, daß Sie bereit sind, die in der letzten Zeit erörterten, manchmal zweifellos peinlichen Mißgriffe in der geringen Zahl von Sendungen, die beanstandet worden sind, nach Möglichkeit noch zu verringern oder auszuschließen?
Selbstverständlich, Herr Abgeordneter.
Herr Abgeordneter Wehner zu einer Zusatzfrage!
Herr Minister, würden Sie bitte darlegen, nach welchen Maßstäben erfahrene Beamte für diese Aufgabe ausgesucht werden?
Herr Abgeordneter Wehner, wir nehmen ältere Beamte, die sich in ihrer Dienstzeit bewährt und eine entsprechende Beamtenposition innehaben. Wir haben sogar Inspektoren dort eingesetzt, weil wir wissen, .daß das Öffnen von Briefen eine sehr unangenehme Angelegenheit ist.
Eine zweite Zusatzfrage!
Herr Minister, Sie haben gesagt, daß die Zahl der irrtümlich geöffneten Briefe - wenn ich Sie recht verstanden habe - weit unter 1 % der Zahl der geöffneten Sendungen liege. Sind Sie imstande, zu sagen, ob mit dieser Angabe die vorher in der Öffentlichkeit gemachten Angaben darüber, daß z. B. im Lande Schleswig-Holstein 1 % der Post überhaupt auf die Weise untersucht worden sei, hinfällig werden, oder haben beide Zahlen nichts miteinander zu tun?
Ich glaube, Herr Wehner, wenn ich Sie richtig verstanden habe, sagen zu können, daß beide Zahlen miteinander nichts zu tun haben. Der Anfall derartiger Sendungen ist zeitlich außerordentlich verschieden. Es kommt vor, daß in einer gewissen Zeit, wenn drüben eine Propagandawelle angeordnet worden ist, das Material, ich möchte fast sagen, tonnenweise anläuft; dann gibt es Zeiten, in denen es mal wieder etwas spärlicher fließt. Ich hatte mit dem „unter 1 0/0" die Fehlerquelle gemeint, nämlich diejenigen Sendungen, die geöffnet werden und wo wir dann feststellen: das ist ein Privatbrief, der Verdacht hat sich nicht bestätigt. Dabei lege ich, Herr Kollege Wehner, den allergrößten Wert darauf, daß jede geöffnete Sendung durch Stempel und Klebestreifen kenntlich gemacht wird. damit der Empfänger sieht, daß die Sendung geöffnet worden ist.
Herr Abgeordneter Brück.
Herr Bundesminister, wären Sie bereit, im Kreise Ihrer Kabinettskollegen zu überlegen, ob es nicht zweckmäßig wäre, alle Bestimmungen über die Postzensur, die es in den einzelnen Bereichen gibt, in einer kurzen Darstellung allen Mitgliedern dieses Hauses einmal zuzustellen, damit gewisse Unklarheiten endlich beseitigt werden?
Herr Abgeordneter, es handelt sich um ein vom Bundestag beschlossenes Gesetz,
({0})
das das Postministerium und das Bundesfinanzministerium durch die Zollverwaltung durchzuführen haben. Nach welchen Verdachtsgründen wir uns im einzelnen richten, möchte ich hier lieber nicht darlegen. Ich bin gern bereit, das in dem Ausschuß von Herrn Kollegen Schmitt-Vockenhausen in aller Breite mit Ihnen zu erörtern, aber, bitte, nicht hier. Herr Bundesminister Stücklen und ich werden in der Lage und bereit sein, Ihnen mit einer Darstellung über das, was vor sich geht, und darüber, welchen Umfang es hat, einen Überblick zu verschaffen.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Minister, wäre es nicht zweckmäßig, zu überlegen, ob das, was Sie zu der ersten Frage hier ausgeführt haben, nicht auch einmal in den Publikationsmitteln - Presse, Funk und Fernsehen - veröffentlicht werden sollte, damit die von Schlechtwettermachern bewußt herbeigeführte Vernebelung in der Bevölkerung endlich beseitigt wird?
Wir haben in dieser Richtung schon einiges getan, Herr Kollege. Ich bin aber gern bereit, noch weiteres zu tun.
Abgeordneter Schmitt-Vockenhausen zu einer Zusatzfrage.
Herr Minister, würden Sie eine Frage in Ergänzung der Frage des Kollegen Wehner beantworten? In der Öffentlichkeit ist die Zahl von 600 000 beanstandeten Sendungen - innerhalb einer Woche, glaube ich - genannt worden. Ist das richtig? Würde das bedeuten, daß immerhin etwa 6000 private Sendungen irrtümlich geöffnet worden sind?
Nein, Herr Abgeordneter Schmitt-Vockenhausen, diese Zahl von 600 000 Sendungen ist mir nicht bekannt. Im übrigen ist die Durchschnittszahl von 1 % selbstverständlich über ein Jahr berechnet. Sie können das nicht auf eine Woche beziehen.
Abgeordneter Könen.
Unter der Voraussetzung, daß Ihnen bekannt ist, daß Bundestagsabgeordnete am laufenden Band Post aus der Sowjetzone bekommen, frage ich Sie, ob ich aus Ihren Ausführungen entnehmen darf, daß in meinem Fall Anhaltspunkte für einen begründeten Verdacht vorliegen, weil meine Post hin und wieder so behandelt wird, wie Sie es eben geschildert haben.
Ich habe den letzten Teil der Frage nicht verstanden.
Herr Minister, unter der Voraussetzung, daß Ihnen bekannt ist, daß Bundestagsabgeordnete laufend Post aus der sowjetisch besetzten Zone bekommen - ich wenigstens kriege sie -, möchte ich fragen, ob ich die von Ihnen gemachten Ausführungen, daß nur dann kontrolliert wird, wenn Anhaltspunkte für einen begründeten Verdacht vorhanden sind, auf meine Post beziehen darf, weil meine Post so behandelt wird, wie Sie soeben dargelegt haben. Besteht in meinem Falle ein begründeter Verdacht? Das möchte ich gern wissen.
Es dreht sich ja nicht um einen Verdacht gegen Sie, Herr Kollege. Auch ich bekomme diese Sendungen laufend wie Sie, und zwar in einem Umfang, daß mich mein Briefträger gefragt hat, ob man denn da4220
gegen gar nichts machen könne. Es zeigt sich also, daß das Netz der Kontrollen, die wir durchführen, sogar noch weite Maschen hat. Aber der Verdacht richtet sich nach bestimmten Äußerlichkeiten der Sendungen. Nach bestimmten Verdachtsgründen, die wir haben, wird geöffnet. Das richtet sich nie gegen den Empfänger; kann es gar nicht.
Letzte Zusatzfrage!
Herr Minister, darf ich hoffen, daß Sie Verständnis dafür haben, daß ich mich etwas gekränkt fühlte, als ich die Begründung hörte, warum meine Post geöffnet wird?
Herr Abgeordneter Gscheidle!
Herr Minister, darf ich Sie fragen, ob nach Ihrer Auffassung die von der Bundesregierung gegebenen Anweisungen zu diesem Gesetz, das hier zur Erörterung steht, klar und eindeutig sind und ob diese Anweisungen im gesamten Bundesgebiet gleichmäßig angewendet werden.
Den letzten Teil Ihrer Frage habe ich .wegen der Unruhe nicht verstanden. - Diese Anweisungen der Ressorts, die mit der Durchführung dieses Gesetzes befaßt sind, haben wir bereits dem Herrn Vorsitzenden des Innenausschusses des Bundestages zur Verfügung gestellt. Wir sind gern bereit, aus dem Innenausschuß Anweisungen oder Anregungen entgegenzunehmen, wie diese Richtlinien noch verbessert werden können.
Letzte Zusatzfrage!
Herr Minister, meine Frage bezog sich darauf, ob nach Ihrer Kenntnis die Anwendung der Anweisungen bezüglich der Postzensur einheitlich im gesamten Bundesgebiet ist.
Ich glaube, ja.
Abgeordneter Dr. Mommer!
Herr Minister, sind bei der Öffnung dieser Post nur unser Postdienst und die Zollverwaltung beteiligt, oder sind auch andere Dienststellen eingeschaltet? Wenn ja, welche und auf welche Weise?
Nein, bis auf die Anweisung, die der Innenminister gegeben hat und die ich auch dem Innenausschuß schon zugestellt habe. Der Zoll bekommt die Sendungen von der Post nach zweimaliger Prüfung, und dann prüfen wir noch einmal. Das Material, das als unter das Gesetz fallend befunden wird, stellen wir der Staatsanwaltschaft zu. Die Sendungen, bei denen sich der Verdacht nicht bestätigt, verkleben und stempeln wir und zeigen so dem Empfänger, daß geöffnet worden ist. Dann bringen wir diese Sendungen wieder in den Postweg zurück. Es ist mit dem Postministerium abgesprochen worden, daß das möglichst geringe Verzögerungen ergeben soll.
Zweite Zusatzfrage!
Darf ich Ihre Antwort so interpretieren, daß also keine Stellen wie Bundesamt für Verfassungsschutz, militärischer Abschirmdienst oder andere deutsche oder alliierte Dienste hier eingeschaltet sind?
Nein, die Zollverwaltung hat nur auf Grund dieses Gesetzes etwas mit der Sache zu tun. Sie stempelt und zeigt offen ihre Tätigkeit.
Wir ziehen nun vor die Frage VI/1 - des Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen -:
Welcher Rechtsweg ist gemäß Artikel 19 Abs. 4 des Grundgesetzes gegeben, das Öffnen und Kontrollieren von Postsendungen durch die Zollbehörden nach dem Gesetz zur Überwachung strafrechtlicher und anderer Verbringungsverbote nachprüfen zu lassen?
Zur Beantwortung der Herr Bundesinnenminister.
Die Rechtsmittel richten sich nach dem Stand des Verfahrens. Allgemein ist die Dienstaufsichtsbeschwerde in jedem Stadium des Verfahrens möglich. Soweit die zollamtliche Nachprüfung zur Beschlagnahme geführt hat, findet gemäß § 2 Abs. 2 Satz 3 des Gesetzes vom 24. 5. 1961 der § 98 Abs. 2 der Strafprozeßordnung entsprechende Anwendung. Der Betroffene kann danach jederzeit die richterliche Entscheidung über den Fortbestand der zollbehördlichen Beschlagnahme nachsuchen. Solange die öffentliche Klage noch nicht erhoben ist, entscheidet der Amtsrichter, in dessen Bezirk die Beschlagnahme stattgefunden hat.
Führt die zollamtliche Nachprüfung, die als ein Verwaltungsakt anzusehen ist, zur Freigabe des Gegenstandes, so ist nach der Verwaltungsgerichtsordnung, die die Generalklausel des Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes insoweit ausfüllt, grundsätzlich der Verwaltungsrechtsweg gegeben. Dabei unterliegt es naturgemäß je nach der Lage des Einzelfalles der ausschließlichen Beurteilung des zuständigen Verwaltungsgerichts, ob das Rechtsmittel in formeller oder sachlicher Hinsicht zulässig oder begründet ist.
Sofern im übrigen darüber hinaus ein Schadensersatzanspruch wegen behaupteter Verletzung von öffentlich-rechtlichen Pflichten geltend gemacht wird, entscheiden die ordentlichen Gerichte.
Zweite Zusatzfrage!
Ist Ihnen bekannt, Herr Minister, daß in verschiedenen Fällen
auf Grund von Beschwerden leider keine Rechtsmittelbelehrungen gegeben worden sind, und wollen Sie die nachgeordneten Behörden aller Bundesressorts durch einen Erlaß der Bundesregierung darauf aufmerksam machen, welche einzelnen Rechtsmittel gegeben sind, damit Petenten Kenntnis haben, welche Rechtsmittel sie gegebenenfalls einlegen können?
Herr Kollege, ich werde nachprüfen, ob eine Rechtsmittelbelehrung unterblieben ist. Soweit sie unterblieben ist, steht fest, daß der Bürger Anspruch darauf hat. Ich werde das Notwendige veranlassen.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Wehner!
Herr Minister, würden Sie es für möglich halten, diese Rechtsmittelbelehrung in einer Art zu geben, die dem Grundsatz entspräche, den der Herr Bundeskanzler in seiner Regierungserklärung hinsichtlich einer gesetzlichen Regelung zum Art. 10 des Grundgesetzes angekündig hat, daß nämlich für jedermann klar erkennbar sein soll, in welchem Punkte in dem dort angezogenen Fall Einschränkungen auf Grund eines Gesetzes gemacht werden oder gemacht werden können?
Soweit ich dafür zuständig bin, werde ich für eine verständliche Formulierung Sorge tragen.
Ich rufe auf die Frage V/2 - des Abgeordneten Kubitza -:
Wieviel Anträge auf Gewährung eines Zuschusses zur Spitzenfinanzierung des Baues von Turn- und Sportstätten sind in den Rechnungsjahren 1961 bis 1963 bei den Ländern gestellt worden?
Herr Präsident, ich bitte, die Antwort auf die drei Fragen des Herrn Abgeordneten Kubitza zusammenfassen zu dürfen. Die Fragen stehen in einem inneren Zusammenhang miteinander.
Gut, dann rufe ich zusätzlich die Fragen V/3 und V/4 - des Abgeordneten Kubitza - auf:
Wieviel der in Frage V/2 näher bezeichneten Anträge konnten jeweils bezuschußt werden?
Wieviel der in Frage V/2 näher bezeichneten Anträge konnten nicht berücksichtigt werden?
Im Jahre 1961 wurden von den Ländern 911 Anträge vorgelegt, im Jahre 1962 986 und im Jahre 1963 1136, insgesamt in diesen drei Jahren also 3033. Das sind nun nicht alle Anträge, die bei den Ländern eingegangen sind. Bereits in einer Art mündlichen Vorerörterungsverfahren sind eine ganze Reihe von Anträgen zurückgewiesen worden. Bei den hier genannten Anträgen handelt es sich um diejenigen, die schriftlich von den Ländern an den Bund weitergeleitet worden sind.
Folgende Anträge sind bezuschußt worden: 1961 469 mit 20 Millionen DM, 1962 495 mit 24 Millionen DM und 1963 480 mit 24 Millionen DM, insgesamt 1444 Anträge mit 68 Millionen DM.
Folgende Anträge konnten nicht berücksichtigt werden: 1961 442, 1962 491 und 1963 656, insgesamt 1589.
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß über 60 % unserer Jugendlichen Haltungsschäden aufweisen, daß bei zwischen 10 und 12 % unserer 10jährigen Kinder bereits Herz- und Kreislaufschäden auftreten und daß von etwa 95 000 Gemusterten der Bundeswehr 25 % Herz- und Kreislaufschäden zeigten und daß die Voraussetzung zur Behebung dieser gesundheitlichen Mängel ein vermehrter Bau von Turn- und Sportstätten wäre?
Herr Kollege, die Tatsache als solche ist mir bekannt. Die Einzelheiten haben Sie soeben mitgeteilt. Auch ich bin der Meinung, daß ein vermehrter Bau von Turn-und Sportstätten zur Abhilfe beitragen könnte. Darüber hinaus bin ich aber der Auffassung, daß die vorhandenen Sportstätten eine erheblich bessere Ausnützung vertragen könnten, und zwar auf freiwilliger Basis.
Herr Minister, sind Sie bereit, im Haushaltsplan 1964 die dafür nach dem Goldenen Plan vorgesehenen 80 Millionen DM einzusetzen?
Der Herr Bundesfinanzminister und ich - und auch die ganze Bundesregierung - wären sehr gern bereit, das zu tun, wenn die Länder ihren Beitrag für den Bundeshaushalt auf 41,5 % anheben wollten.
Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jacobi.
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß die Länder in den letzten Jahren, als der Streit zwischen Bund und Ländern über den Beitrag der Länder noch nicht entbrannt war, weit mehr getan haben, um den Goldenen Plan der Deutschen Olympischen Gesellschaft - der hier gemeint ist - zu fördern, als der Bund und daß im vergangenen Jahre Ihr Haus vergeblich versucht hat, eine Erhöhung des diesbezüglichen Bundesanteils zu erreichen? Sollte infolgedessen nicht das Bemühen Ihres Hauses verstärkt werden, sich nicht auf Konflikte mit den Ländern zu berufen, sondern um der Sache willen die Finanzbeteiligung des Bundes an dem Goldenen Plan zu erhöhen?
Darüber, daß die Sache gut ist, gibt es keinen Streit. Ich bin aber der Meinung, daß die Länder als die „beati possidentes" einen größeren Beitrag leisten könnten. Im übrigen habe ich schon gehört, daß gelegentlich die Zuständigkeit des Bundes überhaupt bestritten worden ist.
Letzte Zusatzfrage!
Ich möchte Sie fragen, Herr Bundesminister, ob Sie bereit sind, die soeben abgegebenen Erklärungen noch einmal im Hinblick darauf zu überprüfen, daß in bezug auf den Goldenen Plan aus Ihrem Hause bisher derartige hemmende Erwägungen nie laut geworden sind, sondern Klagen darüber, daß es Ihrem Hause nicht gelungen sei, sich gegenüber dem Bundesfinanzminister durchzusetzen.
Es handelt sich nicht - wenn ich die Frage richtig verstehe - um einen bösen Willen des Bundesfinanzministers. Der Bundesfinanzminister kann vielmehr mangels Masse die Wünsche nicht erfüllen. Die Bemühungen werden verstärkt werden.
Meine Damen und Herren, ehe ich in der Fragestunde fortfahre, möchte ich Sie bitten, den Herrn Präsidenten des türkischen Parlaments und eine Reihe von Abgeordneten des türkischen Parlaments zu begrüßen.
({0})
Herr Präsident und meine Damen und Herren! Der Deutsche Bundestag entbietet Ihnen ein herzliches Willkommen in der Bundesrepublik.
Wir fahren in der Fragestunde fort. Ich rufe auf Frage VI/2 - des Abgeordneten Bazille -:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß nach einer in der Presse veröffentlichten Darstellung das Kultusministerium des Landes Nordrhein-Westfalen anerkannt haben soll, es herrsche in Duisdorf ein schulischer Notstand, wie er ein zweites Mal in der Bundesrepublik nicht anzutreffen sei?
Herr Präsident, ich möchte die Fragen 2, 3 und 4 zusammen beantworten, weil sie in einem inneren Zusammenhang stehen.
Einverstanden. Dann rufe ich auch auf Frage VI/3 - des Abgeordneten Bazille -:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß das Land NordrheinWestfalen die vom Bund in Aussicht gestellten finanziellen Zuschüsse zum Bau eines neuen Gymnasiums und einer Realschule in Duisdorf auf die Landeszuschüsse anrechnet und damit den geplanten Bau dieser Schule vereitelt?
und Frage VI/4 - des Abgeordneten Bazille -:
Ist die Bundesregierung bereit, beim Land Nordrhein-Westfalen in Anbetracht der Sonderlage Duisdorfs mit allem Nachdruck auf eine Behebung des schulischen Notstands in Duisdorf zu drängen, von dem überwiegend die Kinder von Bundesbediensteten betroffen sind?
Im Einvernehmen mit dem Herrn Bundesminister des Innern darf ich die Fragen wie folgt beantworten.
Eine Presseveröffentlichung des in der Frage mitgeteilten Inhalts ist nicht bekannt. Bekannt sind aber die schulischen Schwierigkeiten im Raume Duisdorf. Nach telefonischer Auskunft des Innenministeriums von Nordrhein-Westfalen hat das dortige Kultusministerium die Notwendigkeit eines zweiten Gymnasiums für Duisdorf anerkannt. Kultusminister und Innenminister von Nordrhein-Westfalen haben sich nach der gleichen Auskunft übereinstimmend dafür ausgesprochen, das zweite Gymnasium in Duisdorf ausnahmsweise als staatliches Gymnasium zu errichten. Es kann demnach angenommen werden, daß das Gymnasium auch als staatliches Gymnasium errichtet werden wird. Ein Antrag auf Finanzhilfe des Bundes ,ist insoweit nicht gestellt worden.
Die Realschule befindet sich noch im Stadium der ersten Planung, so daß das Amt Duisdorf mangels hinreichender Unterlagen für die Planung und Finanzierung bisher weder Landesmittel noch Förderungsmittel des Bundes beantragt hat. In beiden Fällen ist also schon mangels eines Antrages ein finanzieller Zuschuß des Bundes nicht oder noch nicht in Aussicht gestellt worden. Es konnte deshalb auch keine Anrechnung auf etwaige Landeszuschüsse erfolgen.
Im Hinblick darauf, daß ein großer Teil der Schüler in Duisdorf Kinder von Bundesbediensteten sind, hat sich der Herr Bundesminister des Innern mit Schreiben vom 13. August dieses Jahres beim Herrn Kultusminister des Landes Nordrhein-Westfalen für eine Beseitigung der schulischen Schwierigkeiten im Raume Duisdorf mit Nachdruck eingesetzt. Auf dem Gebiete des höheren Schulwesens ist, wie aus meinen Ausführungen hervorgeht, das Notwendige bereits veranlaßt. Das Bundesinnenministerium wird die Angelegenheit weiter mit Aufmerksamkeit verfolgen.
Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Ich rufe auf Frage VII/1 - des Abgeordneten Reichmann -:
Weshalb wurden die Richtlinien zur Durchführung des „Grünen Plans 1963" entgegen der Forderung des Deutschen Bundestages wiederum so spät erlassen, daß der gezielte Einsatz und die beabsichtigte Wirkung der Mittel erheblich verhindert wurden?
Für die dem Umfange nach wesentlichen Maßnahmen des Grünen Planes - unter anderem die Flurbereinigung, die Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur rund die Zinsverbilligung - haben die alten Richtlinien vom Beginn des Rechnungsjahres an weitergegolten. Soweit die Richtlinien im Laufe des Jahres 1963 geändert worden sind - dies gilt für Maßnahmen der Agrarstrukturverbesserung und der Zinsverbilligung -, wurden die alten Richtlinien erst nach Erlaß der neuen außer Kraft gesetzt. Damit war die kontinuierliche Unterstützung der Maßnahmen, die nach diesen Richtlinien gefördert werden, sichergestellt.
Zweitens. Bei einer Gruppe von fünf Maßnahmen, nämlich der Förderung der bäuerlichen Hauswirtschaft, dem Bau von Grünfuttersilos, Unterdachtrocknungs- und Gülleanlagen, der überbetrieblichen Maschinenverwertung, der Verbesserung der Molkereistruktur und der Förderung des Tabakanbaus, sind die Richtlinien rechtzeitig erlassen worden. Ihre Anerkennung durch .die Länder hat sich jedoch verzögert wegen der gegensätzlichen Auffassungen
über ihre finanzielle Beteiligung, die 1963 erstmals gefordert worden war. Die Richtlinien sind erst anerkannt worden, nachdem auf die Länderbeteiligung verzichtet worden war. Der Einsatz der für diese Maßnahmen vorgesehenen Bundesmittel dürfte sich dadurch jedoch nicht verzögert haben. Die einzelnen Vorhaben konnten vielmehr in Erwartung der Bundeszuschüsse bereits weitgehend vorbereitet werden, so daß nach Erlaß der Richtlinien die Möglichkeit bestand, mit der Bewilligung der Mittel und der Ausführung der Projekte zu beginnen.
Drittens. Vermutlich bezieht sich Ihre Anfrage, Herr Kollege, auf die Richtlinien zu einer dritten Gruppe von Maßnahmen, die im Jahre 1963 erstmals in den Grünen Plan aufgenommen worden sind. Es handelt sich hierbei um die 1963 neu eingeleiteten Maßnahmen zur Förderung der horizontalen und vertikalen Verbundwirtschaft, u. a. von Anbaugemeinschaften für die Förderung von Qualitätsweizen, die Förderung von Erzeugerringen für Mastschweine, Ferkel und Mastrinder, die Förderung von Absatz- und Vermarktungseinrichtungen für Schlachtvieh und Eier. Bei diesen Maßnahmen haben die endgültige Festlegung der dafür vorgesehenen Mittel in den parlamentarischen Ausschüssen sowie die Abstimmung der Richtlinien mit dem Ernährungsausschuß, den Ressorts und teilweise auch den Fachverbänden mehr Zeit in Anspruch genommen, als ursprünglich vorgesehen war.
Eine Zusatzfrage.
Herr Minister, darf ich Sie fragen, wie viele Mittel aus dem Grünen Plan nicht zweckentsprechend eingesetzt werden können. Präsident Rehwinkel z. B. sprach auf dem Deutschen Bauerntag in Hamburg von etwa 400 Millionen DM.
Herr Kollege Reichmann, es ist sehr schwierig, diese Frage zu beantworten, weil wir teils Mittel haben, die kassenmäßig am 31. Dezember noch bestehen, teils solche, die endgültig verfallen. Wenn sie kassenmäßig bestehen, können sie durch Zusagen noch im nächsten Jahr Verwendung finden und müssen auch Verwendung finden. Auf diese Art und Weise verschieben sich die Begriffe manchmal um einiges. Nach dem derzeitigen Stand können wir damit rechnen, daß etwa 250 Millionen DM nicht verausgabt werden können. Der kassenmäßige Bestand ist etwas höher.
Eine zweite Zusatzfrage.
Herr Minister, wie gedenken Sie den Verfall dieser Überhangmittel zu vermeiden und sie im Sinne des Landwirtschaftsgesetzes zum Aufwands- und Ertragsausgleich einzusetzen?
Herr Kollege Reichmann, es ist nicht möglich, einen Verfall anders zu verhindern, als daß man vorher die Mittel verausgabt. Die
Mittel, die am 31. Dezember verfallen würden, müssen vorher verausgabt sein. Hier ist aber die Spanne der Zeit vielfach zu kurz gewesen, die verblieb zwischen der Verabschiedung der Grundsätze im Haushaltsausschuß, die zum Teil erst Mai/Juni erfolgte, und dem Enddatum.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Ertl.
Herr Minister, glauben Sie nicht, daß es zweckmäßig wäre, auch auf dem Kreditsektor zu einer langfristigen Planung zu kommen und damit diese Schwierigkeiten zu beheben?
Herr Kollege Ertl, ich glaube nicht, daß es sich allein um eine langfristige Planung handelt. Es müßte sich dann unter allen Umständen sicher auch um übertragbare Mittel handeln, damit wir von einem Jahr in das andere hinein laufend weiter disponieren können.
Eine weitere Zusatzfrage!
Herr Minister, die Richtlinien könnte man aber doch für mehrere Jahre herausgeben, um nicht alljährlich mit neuen Richtlinien dieselben Schwierigkeiten heraufzubeschwören?
Ich habe vorhin ausgeführt, Herr Kollege Ertl, daß wir uns dort, wo die gleichen Maßnahmen über Jahre laufen, weiter nach den alten Richtlinien richten, die auch mit Beginn des neuen Rechnungsjahres sofort wirksam werden. Dort gibt es also keine Schwierigkeiten. Die Schwierigkeiten treten nur dort auf, wo neue Maßnahmen getroffen werden, diese aber erst im Mai, Juni endgültig beschlossen werden. Die Erledigung stößt dann auf Schwierigkeiten beim Ressort.
Ich rufe auf die Frage VII/2 - des Herrn Abgeordneten Reichmann -:
Weshalb wurden die Richtlinien für die Zinsverbilligung der Altschulden ({0}), die besonders vordringlich waren, erst am 11. Juli 1963 erlassen?
Gemeint sind wohl die „Durchführungsbestimmungen für die Zinsverbilligung von Konsolidierungsdarlehen im Rahmen der Zinsverbilligungsrichtlinien 1963". Hierzu folgende Daten: Am 28. Juni wurde der Bundeshaushaltsplan 1963 im Bundesgesetzblatt verkündet. Am 1. Juli traten die Zinsverbilligungsrichtlinien in Kraft. Am 11. Juli ergingen bereits die in den Richtlinien angekündigten Durchführungsbestimmungen. Sie waren schon vor der gesetzlichen Feststellung des Haushaltsplans ausgearbeitet worden. Ebenso war die erforderliche Abstimmung mit dem Finanz4224
ressort zu diesem Zeitpunkt bereits im Gange und konnte in den ersten Julitagen abgeschlossen werden. Hier ist also keine Zeit verloren worden.
Zusatzfrage!
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß gestern, am 22. Oktober, beim Landwirtschaftsministerium in Stuttgart die Durchführungsbestimmungen für Konsolidierungsdarlehen im Rahmen der Althofsanierung noch nicht vorlagen und daß es bei den Ländern wahrscheinlich allgemein so sein wird?
Herr Kollege, es ist mir nicht bekannt, daß in den Ländern die Verordnungen erst jetzt der Landwirtschaft soweit zur Verfügung gestellt werden können, daß man damit arbeiten kann. Ich bedaure das. Ich möchte aber die Länder insoweit in Schutz nehmen, als die Materie sehr schwierig ist und hier offenbar mehr Zeit gebraucht wurde, als wir es für wünschenswert halten.
Keine weitere Zusatzfrage; die Frage ist beantwortet.
Frage VII/3 - des Herrn Abgeordneten Reichmann -:
Weshalb wurden die Richtlinien für die Zinsverbilligung der Altschulden ({0}) so umständlich gefaßt, daß in vielen Fällen bis zur Entscheidung durch die Verwaltung die Mittel schon verfallen sind?
Die vorhin erwähnten Durchführungsbestimmungen meines Hauses sind nicht ganz vier Seiten lang und gliedern sich in sechs leicht übersehbare Abschnitte. Sie enthalten nur das nötigste, um insbesondere das Vorliegen der in den Haushaltserläuterungen gestellten Voraussetzungen zu prüfen; so z. B. ob es sich um einen ordnungsmäßig geführten, entwicklungsfähigen Betrieb handelt.
Ich vermute, daß in der Frage nicht diese Durchführungsbestimmungen als „umständlich" bezeichnet werden sollten, sondern ein notwendigerweise relativ umfangreiches Muster für die Gutachten zur Betriebsentwicklung bei Aussiedlungen und Althofsanierungen. Dieses Muster ist aber für die Zinsverbilligung von Konsolidierungsdarlehen gar nicht vorgeschrieben, weil es für diesen Zweck zu sehr ins einzelne geht. Ich habe es vielmehr den Ländern überlassen, hierfür einfachere Fragebogen zu verwenden.
Im übrigen ist, wenn über der Prüfung das Jahr 1963 verstreichen sollte, der Kreditfall damit nicht abgeschaltet, da die Konsolidierungsmöglichkeit an keine Frist gebunden, sondern als Bestandteil der kontinuierlichen Zinsverbilligungsaktion gedacht ist.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ertl!
Herr Minister, glauben Sie, daß bei dem vielseitigen Gutachten zur Betriebsentwicklung, das seitens der Bundesregierung angefordert worden ist, die Möglichkeit besteht, die Dinge beschleunigt zu behandeln? Oder sind Sie nicht auch der Auffassung, daß eventuell eine kürzere Analyse auch genügen würde?
Herr Kollege Ertl, wir sind der Auffassung, daß unsere Anweisungen für diesen Zweck so kurz und so übersichtlich wie möglich gehalten wurden, immer im Hinblick darauf, daß es sich um eine Materie handelt, die nicht einfach zu bearbeiten ist. Die Schwierigkeit bestand nach unserer Auffassung, wie ich mir zu sagen erlaubte, darin, daß wir ein Muster beigelegt haben, das nicht generell für die ganze Konsolidierungsaktion, sondern nur für spezifische Zwecke Gültigkeit haben sollte, das aber offensichtlich für alles zum Muster genommen wurde, so daß eine außerordentliche Umständlichkeit entstand, die nachher von den Ländern bis in die einzelnen Behörden weitergetragen wurde.
Letzte Zusatzfrage!
Herr Minister, sind Sie bereit, sich mit den Betreuern, den Siedlungsgesellschaften und den Ländern, über die bisherigen Erfahrungen mit den Richtlinien und gegebenenfalls über deren Verbesserung zu unterhalten?
Gerne, Herr Abgeordneter.
Noch eine Zusatzfrage!
Herr Minister, dem Bundestag war voriges Jahr sehr daran gelegen, die Zinsverbilligung zu verbessern. Glauben Sie nicht, daß hier in erster Linie dadurch, daß für die Verbilligung von Altschulden eine Betriebsanalyse gefordert worden ist, eine Verzögerung eingetreten ist und die Mittel nicht verwendet werden konnten? Es ist bekannt geworden, daß in diesem Jahr allein an Zinsverbilligungsmitteln 90 Millionen DM nicht ausgegeben werden konnten.
Die Nichtverausgabung dieser Zinsverbilligungsmittel ist nicht allein darauf zurückzuführen, daß der Komplex, den wir zuletzt in diesem Hause besprochen haben, neu auftrat und zeitliche Schwierigkeiten auslöste. Vielmehr stammt der Großteil der Zinsermäßigungsmöglichkeiten aus Vorlagen, die die Bundesregierung bereits in den letzten Jahren gemacht hatte und die dann zur Durchführung gekommen sind. Es handelt sich hier also nicht etwa um eine Schwierigkeit bei der Beschaffung von Richtlinien, sondern ganz offenbar um die Schwierigkeit, die Interessenten so zeitig an die Materie heranzubringen, daß sie sich in den Genuß dieser Mittel setzen konnten.
Letzte Zusatzfrage!
Herr Minister, sehen Sie eine Möglichkeit, Bestimmungen zu treffen, die es erlauben, auch solche Anträge auf Inanspruchnahme dieser Zinsverbilligungsmittel zu berücksichtigen, die vor dem 31. Dezember 1963 nicht mehr endgültig behandelt werden können?
Jawohl, diese Möglichkeit sehe ich.
Als letzte Frage für heute rufe ich die von dem Abgeordneten Sander gestellte Frage VII/4 auf:
Ist die Bundesregierung bereit, auch nach dem 1. Januar 1964 dafür zu sorgen, daß die importierten Eier nur mit einer deutlichen Angabe des Herkunftslandes auf den deutschen Markt gelangen?
Die Bundesregierung ist bereits damit befaßt, die Kennzeichnung der Importeier mit der deutlich lesbaren Herkunftsbezeichnung des Ursprungslandes auch nach dem 1. Januar 1964 durch Erlaß einer Rechtsverordnung sicherzustellen.
Zusatzfrage?
Dürfen wir also fest damit rechnen, Herr Minister, daß nicht die Gefahr besteht, daß nach dem 1. Januar z. B. Kühlhauseier aus Argentinien mit den ungestempelten guten deutschen Frischeiern verwechselt werden können?
Wir werden alle Anstrengungen machen, damit das Datum des 1. Januar 1964 innegehalten wird.
Damit ist die Fragestunde abgelaufen. Sie wird morgen um 9 Uhr fortgesetzt.
Ich rufe auf Punkt 2 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung ({0}) ({1}); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit ({2}) ({3}) ({4})
Das Wort hat der Berichterstatter, Abgeordneter Müller ({5}).
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der von der Bundesregierung eingebrachte Gesetzentwurf wurde in der 78. Sitzung des Deutschen Bundestages am 19. Juni 1963 dem Ausschuß für Arbeit überwiesen. Der Ausschuß hat in seiner 51. Sitzung am 20. Juni 1963 den
Gesetzentwurf informatorisch behandelt und in seiner 53. Sitzung am 3. Oktober 1963 beraten. Der zunächst vom Ausschuß vorgelegte Bericht - Drucksachen IV/1493 und zu IV/1493 - wurde in der 84. Sitzung des Deutschen Bundestages an den Ausschuß zurückverwiesen. Die erneute Beratung erfolgte dann in der 56. Sitzung des Ausschusses am 10. Oktober 1963.
Mit Rücksicht darauf, daß die Rechtsauffassung des Ausschusses für Arbeit unverändert ist, wurde auf einen erneuten Schriftlichen Bericht verzichtet und der Berichterstatter beauftragt, hier mündlich zu berichten. Ich darf aber sicher in Ihrem Einverständnis auf den Schriftlichen Bericht zu Drucksache IV/1493 verweisen.
In der Vorlage ist nur ein Punkt strittig: § 143 i. Zu diesem Paragraphen war in der 84. Sitzung ein Änderungsantrag eingebracht worden. Der Änderungsantrag wurde von Herrn Kollegen Dr. Nissen begründet. Nach einer Darstellung des geschichtlichen Werdeganges wurde dann gesagt, daß bei der Textierung der gesetzlichen Schlechtwetterregelung die Auswirkungen auf Drifte, nämlich auf die Beziehungen zwischen den Trägern der sozialen Krankenversicherung und den Ärzten, völlig übersehen worden seien.
Wie gesagt, der Ausschuß hat sich am 10. Oktober erneut damit beschäftigt. Der Vertreter der Bundesregireung hat dazu Rechtsauffassungen vorgebracht, die ich hier deswegen vortrage, weil sie mit diesem Änderungsantrag in sehr enger Verbindung stehen. In dem Änderungsantrag wird statt einer Pauschalierung der Beiträge zur Krankenversicherung ein genormter Beitragssatz vorgeschlagen.
Der Vertreter der Bundesregierung hat in der Sitzung des Ausschusses für Arbeit dargelegt, daß die Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung künftig nicht mehr wie bisher nur die Mehraufwendungen an Barleistungen zu erstatten habe, sondern die durch die Krankenversicherung der Bezieher von Schlechtwettergeld entstehenden Gesamtaufwendungen einschließlich der Kosten für die ärztliche Versorgung.
Durch die vom Ausschuß angenommene Fassung des § 143 i sei daher sichergestellt, daß die Zahlungen der Bundesanstalt - und das ist das Entscheidende, - als Beiträge zu verwenden seien, die auch in die Berechnungsgrundlage des Ärztepauschales eingingen. Die dem Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung erteilte Ermächtigung, durch Rechtsverordnung die Höhe des Pauschalbetrages festzusetzen, ermögliche es, der Änderung der Höhe der Aufwendungen durch eine Neufestsetzung in einer Rechtsverordnung Rechnung zu tragen. Vom Vertreter der Bundesregierung wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, es stehe außer Zweifel, daß der festgesetzte Pauschbetrag auch bei der Berechnung des Ärztepauschales zu berücksichtigen sei.
Der Ausschuß für Arbeit hat sich dieser Argumentation nicht verschlossen, er hat sich ihr einstimmig angeschlossen. Ich möchte noch einmal kurz zusammenfassen, welche Gründe den Ausschuß dazu bewogen haben.
Müller ({0})
Der Ausschuß vertrat die Auffassung, daß im AVAVG nur die Beziehungen zwischen den Krankenkassen und der Bundesanstalt geregelt werden können und daß die Beziehungen zwischen den Kassenärzten und den Krankenkassen unmittelbar zwischen diesen Vertragspartnern zu regeln sind. Der Ausschuß hat aber berücksichtigt, daß bisher nur die von der Bundesanstalt an die Kassen nach dem bisherigen Recht - auf Grund des AVAVG - zu zahlenden Mehrleistungen als Barleistungen abgegolten worden sind. Nach der neuen Fassung - diese Meinung vertritt der Ausschuß für Arbeit einmütig - sind künftig die gesamten Aufwendungen der Krankenversicherung für die Bezieher von Schlechtwettergeld von der Bundesanstalt zu tragen. Zu diesen Aufwendungen gehören auch die Aufwendungen für die ärztliche Versorgung. Das bedeutet, daß der künftig von der Bundesanstalt zu zahlende Pauschbetrag bei der Berechnung des Ärztepauschales als Beitrag zu behandeln ist. Das Gesetz gibt also dem Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung die Möglichkeit, durch Rechtsverordnung den Pauschbetrag festzusetzen, und dieser Pauschbetrag soll als Beitrag gelten.
Wir haben es für selbstverständlich gehalten, daß bei der Festsetzung dieses Pauschbetrages der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung alle Beteiligten zu hören hat. Der Vertreter der Bundesregierung erklärte auch, das sei ständige Übung; die Verordnung werde erst dann erlassen, wenn mit allen Beteiligten darüber verhandelt worden sei. Der Ausschuß vertrat aber auch die Meinung, es sei ein Widerspruch in sich, wenn dieses Änderungsgesetz zur Vereinfachung der Verwaltung eingebracht werde - indem diesem Gesetz eine Tabelle für die Auszahlung des Schlechtwettergeldes eingefügt wird -, auf der anderen Seite aber ein kompliziertes Verfahren für die Berechnung des Krankenkassenbeitrages eingeführt werde.
Wir haben daher im Ausschuß für Arbeit den § 143 i - siehe Drucksache IV/1529 - erneut in der Fassung beschlossen, die auch schon in der 84. Plenarsitzung dem Hohen Hause vorgelegen hat. Der Ausschuß für Arbeit empfiehlt, dem Gesetzentwurf in der Ausschußfassung zuzustimmen.
({1})
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Ich rufe zur zweiten Beratung den Art. I auf. Wir stimmen ziffernweise ab.
Ich rufe Ziffer 01 auf. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Angenommen.
Ziffer 1! Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Angenommen.
Ziffer 2! Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Angenommen.
Ziffer 3! Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Angenommen.
Ziffer 4! Hierzu liegen drei Änderungsanträge vor, genauer gesagt zwei und ein Eventualantrag. Ich lasse abstimmen in folgender Reihenfolge: Umdruck 347 Ziffer 1, Umdruck 348, Umdruck 349 *).
Zur Begründung des Änderungsantrages Umdruck 347 Ziffer 1 hat Frau Abgeordnete Dr. Hubert das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir einige wenige Worte zur Begründung des von uns wieder aufgenommenen Antrages, der gleichzeitig auch ein Antrag des Bundesrates zu diesem Gesetz war und der in der letzten Sitzung dieses Hohen Hauses nicht mehr zur Abstimmung gekommen ist. Er ist damals von meinem Kollagen Nissen begründet worden.
Es ist an sich sehr erfreulich, daß, wie der Herr Berichterstatter ausgeführt hat, die von der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung geleisteten Erstattungen an die Krankenkassen als Beiträge angesehen werden sollen. Wenn idas aber der Fall ist, dann sollten wir, meine ich, das klar und deutlich auch im Gesetz zum Ausdruck bringen und diese Festlegung nicht einer Rechtsverordnung überlassen. Vielleicht hat der Ausschuß für Arbeit bessere Erfahrungen gemacht als wir im Gesundheitsausschuß. Wir sind schon manchmal von Rechtsverordnungen enttäuscht worden, auch wenn uns der Vertreter der Regierung im Ausschuß seine Meinung in einer bestimmten Richtung deutlich bekundet hatte.
Aus diesem Grunde zunächst einmal: wenn es also Beiträge sein sollen, dann bitte ich das Hohe Haus, das auch so deutlich und klar in dem Gesetz auszudrücken, daß keinerlei Mißverständnisse aufkommen können.
Nun aber ein Zweites! Es sollen hier die Worte eingefügt werden: „Der Pauschbetrag gilt als Beitrag." Auch diese Regelung ist noch keineswegs befriedigend. Die Bundesregierung befindet sich hier offenbar in einem Widerspruch. Im Krankenversicherungs-Neuregelungsgesetz soll es nachher wieder so geregelt werden, wie wir es in unserem Antrag vorsehen. Das geht ganz klar aus der Vorlage des Krankenversicherungs-Neuregelungsgesetzes -§ 309 - hervor. Ganz gleich, wann dieses Gesetz in Kraft tritt - nach ,der Meinung der Mehrheit des Hauses soll es ja bis zum Juli nächsten Jahres verabschiedet sein -, erhebt sich die Frage, warum jetzt eine Zwischenlösung gefunden werden soll, die nachher wieder geändert wird.
Die Pauschbeträge werden sich natürlich auf einem bestimmten Niveau befinden. Die Folge ist für die eine Krankenkasse unter Umständen ein Vorteil, für die andere Krankenkasse ein Nachteil. Das wirkt sich dann sowohl auf die Finanzen der Krankenkassen wie auf die Honorare der Ärzte aus.
In der Stellungnahme der Bundesregierung zu dem Änderungsvorschlag des Bundesrates wird überhaupt keine Begründung dafür gegeben, warum man den Änderungsvorschlag ablehnt. Da steht ganz
*) Siehe Anlagen 2, 3 und 4
lapidar, der Bestimmung könne nur in der Form stattgegeben werden, die uns in der jetzigen Ausschußfassung vorliegt.
Der einzige Einwand, den ich ,gegenüber unserem Antrag gehört habe, ist der, daß es so überaus schwer sei, einen 1,8fachen Betrag auszurechnen. Beim Arbeitslosengeld haben wir den zweifachen Betrag. Wir würden, wenn wir hier den 1,8fachen Betrag nehmen, weil das Schlechtwettergeld 55 % beträgt, eine völlige Einheitlichkeit bei diesen beiden Gruppen haben. Nun gibt es heute doch Rechenmaschinen. Man könnte sich die Sache auch vereinfachen, indem man erst mit zwei multipliziert und dann 10 % abzieht. Daß das eine so schwierige Rechenmethode sein soll, kann ich mir nicht vorstellen.
Ich bin der Meinung, die Gesetze, die dieses Hohe Haus verabschiedet, sollten so klar und eindeutig wie möglich sein.
({0})
Wir sollten der Bundesregierung nur dort die Vollmacht für Rechtsverordnungen geben, wo es unmöglich ist, die Frage im Gesetz zu lösen. Das ist aber hier nicht der Fall.
Wir haben einen Eventualantrag eingebracht, der nur das fixiert, was der Herr Berichterstatter des Ausschusses schon bestätigt hat. Ich bitte Sie aber sehr dringend, um der Einheitlichkeit und Klarheit willen unserem ersten Antrag zuzustimmen.
({1})
Das Wort hat der Abgeordnete Scheppmann.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin der Auffassung, daß der Ausschuß für Arbeit eine richtige Entscheidung getroffen hat; man sollte es eigentlich dabei belassen. Die Koalitionsfraktionen haben jedoch zur Klarstellung die in Umruck 349 vorgelegte Ergänzung vorgeschlagen. Danach soll folgender Satz 2 angefügt werden: „Der Pauschbetrag gilt als Beitrag." Dadurch soll verhindert werden, daß die vom Ausschuß für Arbeit gefundene Formulierung des zweiten Absatzes falsch ausgelegt wird. Ich bitte 'sie sehr herzlich, diesem Antrag zuzustimmen.
Nun zu dem Änderungsantrag auf Umdruck 347, der soeben begründet worden ist. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn wir uns die Entwicklung einmal vor Augen führen, dann ergibt sich, daß es sich hier um einen Streit zwischen den Organisationen der Krankenkassen und der Ärzte handelt und mit gar nichts anderes. Das möchte ich hier mit aller Klarheit und Deutlichkeit herausstellen. Der Pauschbetrag, der bisher gezahlt worden ist, ist zwischen dem Bundesminister für Arbeit, den Vertretern der Krankenkassen und den Vertretern der Bundesanstalt vereinbart worden. Ich darf kurz darauf hinweisen, daß, solange wir die Schlechtwettergeldregelung haben, seit 1959, aus bestimmten Gründen, die ich gar nicht alle anführen will, weil dies zuviel Zeit -in Anspruch nehmen würde, zunächst einmal die Krankenkassen von den Arbeitsstunden aller im Baugewerbe beschäftigten Arbeiter den normalen Beitrag erhalten. Das kann in keiner Weise bestritten werden. Darüber hinaus haben selbstverständlich die Krankenkassen Aufwendungen. Sie erhalten nach der Vereinbarung zwischen den Stellen, die ich soeben genannt habe, einen bestimmten Satz, und zwar 10 % der Summe, die als Schlechtwettergeld in den Wintermonaten gezahlt ist.
Im letzten Winter - Sie wissen, daß wir einen sehr strengen Winter hatten - hat die Bundesanstalt den Krankenkassen einen Betrag von 80 Millionen DM für deren besondere Aufwendungen gezahlt. Es war für uns selbstverständlich, daß darin auch die Arzthonorare enthalten sind. Wenn nun zwischen den Vertretern der ärztlichen Organisationen und den Krankenkassen keine Einigung zustande gekommen ist, so haben wir diesen Streit nicht auszutragen. Wenn wir dem Antrag, der soeben begründet worden ist, stattgäben, würde das bedeuten, daß man von den 80 Millionen DM als Bemessungsgrundlage ausgehen und diese Summe mit 1,8 vervielfältigen müßte. Das würde im Endeffekt bedeuten, daß die Bundesanstalt, wenn wir noch einmal einen solchen Betrag zahlen müßten, nicht nur 80 Millionen, sondern noch 65 Millionen mehr, also rund 145 bis 150 Millionen DM mehr aufbringen müßte. Das ist es, Frau Kollegin Dr. Hubert, was in Wirklichkeit in diesem Antrag steckt. Sie wollen also einen weit höheren Betrag. Ich möchte Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren, einmal sagen: so kann man es einfach nicht machen, daß alle gewerblich beschäftigten Arbeitnehmer, die der Arbeitslosenversicherung angehören, nun die Beiträge aufbringen und daß diese Summen für einen bestimmten Zweig ausgegeben werden sollen. So geht es einfach nicht.
({0})
Ich bin der Auffassung, daß die Regelung, die wir im Ausschuß für Arbeit getroffen haben, schon richtig ist.
Ich bin dafür, daß der von den Koalitionsparteien eingebrachte Änderungsantrag Umdruck 349 vom Hohen Hause angenommen wird, damit klargestellt wird, daß der Pauschbetrag, der von der Bundesanstalt gezahlt wird, als Beitrag zu bewerten ist. Dann hat man ordnungsgemäß auch mit den Organisationen der Ärzte die Honorarangelegenheit zu regeln. Wir sollten aber nicht darüber hinausgehen. Ichbitte Sie also um Annahme des Änderungsantrages Umdruck 349 und um Ablehnung der Änderungsanträge Umdrucke 347 und 348.
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Das Wort hat der Abgeordnete Schmidt ({0}).
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, daß alle drei Vorredner im Endeffekt genau dasselbe gewollt haben, daß wir alle um der Sache willen hier diskutiert haben. Worum geht es denn bei diesen Änderungsanträgen allgemein? Es geht darum,
Schmidt ({0})
daß die Aufwendungen für die Bezieher von
Schlechtwettergeld den Krankenversicherungen so
ersetzt werden, wie sie tatsächlich angefallen sind.
Zum zweiten geht es darum, daß diese Mittel als Beitrag gelten, in die Masse hineinkommen, die für die Bemessung der Zahlung an die Ärzte vorgesehen ist. Es geht auch wieder darum, Frau Kollegin Dr. Hubert, die Regelung so klar wie möglich zu treffen, damit gewisse Spielarten, wie sie bisher möglich waren, verhindert werden. Insoweit stimmt meine Fraktion Ihren Ausführungen ohne weiteres zu.
Aber es kommt auch darauf an, daß die Regelung eine Mehrheit findet. Erfreulicherweise liegt ein Änderungsantrag zweier Fraktionen vor, mit dem eine sehr klare Regelung angestrebt wird: der Änderungsantrag Umdruck 349. Der Änderungsantrag Umdruck 347 bietet dagegen nur die Möglichkeit, zu einer Mehrheit zu gelangen. Ich bezweifle das. Sie haben auch schon damit gerechnet, daß er keine Mehrheit findet; denn Sie haben bereits einen Eventualantrag vorgelegt, der aber bedauerlicherweise auch nicht die Unterschrift Ihrer Fraktion trägt und deshalb wohl nicht zu dem Ziele führen kann, das wir alle erreichen wollen.
Um der Sache willen schlage ich Ihnen deshalb im Namen meiner Fraktion vor, dem Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP, Umdruck 349, zuzustimmen. Darin wird klargelegt, daß in Zukunft für die Ärzteschaft die Honorierung aus der Gesamtmasse mit erfolgt und - das haben die Zahlenergebnisse gezeigt - der Pauschbetrag eine Höhe hat, die den Tatsachen entspricht.
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Frau Dr. Hubert!
Zu meinem Bedauern muß ich sagen, Herr Kollege Scheppmann, daß mich Ihre Ausführungen nicht überzeugt haben. Die Bundesregierung hat hier erklärt, daß der Pauschbetrag in einer Höhe festgesetzt werden soll, die allen Notwendigkeiten entspricht. Dann ist aber die Behauptung nicht zu verstehen, daß die Bundesanstalt 65 Millionen DM einspart, wenn man einen Pauschbetrag festsetzt, anstatt unsere Formulierung mit der Bestimmung des „1,8fachen Betrages" zu wählen.
Zum zweiten ist nicht einzusehen, warum das, was für alle Arbeitslosen gilt, für die Schlechtwettergeldempfänger unmöglich sein soll.
Ich bitte deshalb erneut, unserem weitergehenden Antrag zuzustimmen.
Keine weiteren Wortmeldungen? - Wir kommen zur Abstimmung.
Wer dem Änderungsantrag Umdruck 347 Ziffer 1 zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Das ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Die Anträge Umdruck 348 und Umdruck 349 besagen, soviel ich sehe, das gleiche. Ich werde nach dem Datum der Einreichung abstimmen lassen.
Wer dem Änderungsantrag Umdruck 348 zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Abgelehnt.
Wer dem Änderungsantrag Umdruck 349 zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag ist angenommen.
Wer der so geänderten Fassung der Nr. 4 zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Angenommen.
Wir stimmen ab über die Nummern 5, 6 und 7. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Angenommen.
Wir stimmen nunmehr ab über Art. I in der neuen Fassung. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Art. II. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Angenommen.
Art. II a. Der Änderungsantrag Umdruck 347 Ziffer 2 dürfte erledigt sein. Dann stimmen wir ab über Art. II a, Art. III, Art. IV, Einleitung und Überschrift. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmige Annahme.
Die zweite Beratung ist abgeschlossen. Ich rufe auf zur
dritten Beratung.
Keine Wortmeldungen? - Dann stimmen wir über das Gesetz im ganzen ab. Wer zustimmen will, möge sich erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Gesetz ist einstimmig angenommen.
Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt. Ich rufe auf Punkt 3 der Tagesordnung:
Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ({0}).
Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht. Nach Art. 44 des Grundgesetzes ist der Bundestag, wenn ein Viertel seiner Mitglieder die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses fordert, verpflichtet, diesen Untersuchungsausschuß einzusetzen. Ich stelle fest, daß das Quorum, das im Grundgesetz vorgesehen ist, erreicht ist, weil die sozialdemokratische Fraktion mehr als ein Viertel der Mitglieder des Hauses hat.
Nach Ziffer II des Antrages soll der Untersuchungsausschuß aus 7 Mitgliedern bestehen. Ich frage, ob das Haus damit einverstanden ist. - Ich höre keinen Widerspruch. Der Untersuchungsausschuß ist damit in Stärke von 7 Mitgliedern und 7 Stellvertretern, die zu bestellen sind, eingesetzt. Das Nähere wird nach dem d'Hondtschen System durch Vereinbarung der Fraktionen geregelt werden.
Damit ist die Tagesordnung erledigt. Ich berufe die nächste Plenarsitzung ein auf Donnerstag, den 24. Oktober 1963, vormittags 9 Uhr, und schließe die heutige Sitzung.