Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet.
Vor Eintritt in die Tagesordnung darf ich bekanntgeben, daß der Herr Abgeordnete Eichelbaum am 23. Juni seinen 70. Geburtstag gefeiert hat; ich übermittle dem Herrn Kollegen Eichelbaum die Glückwünsche des Hauses.
({0})
Der Herr Bundesminister der Finanzen hat am 10. Juni 1963 gemäß § 33 Abs. 1 der Reichshaushaltsordnung die Zusammenstellung der über- und außerplanmäßigen Ausgaben im Betrag von 10 000 DM und darüber für das vierte Vierteljahr des Rechnungsjahres 1962 - Drucksache IV/1317 - übersandt. Sie ist nach einer interfraktionellen Vereinbarung dem Haushaltsausschuß zu überweisen. Ist das Haus damit einverstanden? - Es wird nicht widersprochen; dann ist es so beschlossen.
Dann habe ich darauf hinzuweisen, daß die ursprünglich für Donnerstag, 16.30 Uhr, vorgesehene Abstimmung über den Antrag des Vermittlungsausschusses zu dem Ersten Gesetz zur Änderung des Beteiligungsverhältnisses an der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer - Punkt 2 der Tagesordnung - bereits für Donnerstag, 10 Uhr, vereinbart worden ist.
Die übrigen amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 21. Juni 1963 den nachstehenden Gesetzen zugestimmt bzw einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes nicht gestellt:
Gesetz zur Änderung und zur Verlängerung der Geltungsdauer des Gestezes zur Einschränkung der Bautätigkeit
Gesetz über Kreuzungen von Eisenbahnen und Straßen ({1})
Gesetz zu dem Internationalen Kaffee-Ubereinkommen 1962.
In der gleichen Sitzung hat der Bundesrat beschlossen, gegen das Haushaltsgesetz 1963 einen Einspruch gemäß Art. 77 Abs. 3 GG nicht einzulegen. Die Begründung für den Beschluß ist diesem Protokoll als Anlage 2 beigefügt.
Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 21. Juni 1963 beschlossen, gegen die Sechsundfünfzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1962 ({2}) keine Bedenken zu erheben. Sein Schreiben wird als Drucksache IV/1391 verteilt.
Der Älteste der Wahlmänner gem. § 6 Abs. 3 BVerfGG hat unter dem 20. Juni 1963 mitgeteilt, daß der Wahlmännerausschuß in seiner Sitzung am 19. Juni 1963 ,die folgenden zwei ausscheidenden Bundesverfassungsrichter mit jeweils 12 Stimmen als Bundesverfassungsrichter auf die Dauer von 8 Jahren wiedergewählt hat:
Herrn Dr. Gebhard Müller in den Ersten Senat,
Herrn Prof. Dr. Dr. Gerhard Leibholz in den Zweiten Senat.
Die Fraktion der SPD hat unter dem 21. Juni 1963 mitgeteilt, daß sie ihre Anträge
betr. Ersuchen an die Bundesregierung auf Vorlage eines Gesetzentwurfs zur Regelung der in § 3 Abs. 1 Nr. 2 des Allgemeinen Kriegsfolgengesetzes vorbehaltenen Fragen - Drucksache IV/1065 -,
betr. vermögenswirksame Ausgaben - Drucksache IV/1232 - zurücknimmt.
Der Herr Präsident des Bundestages hat gemäß § 96 a der Geschäftsordnung die von der Bundesregierung als dringlich bezeichnete
Zweiundsiebzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1962 ({3}) - Drucksache IV/1380 Zweite Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1963 ({4}) - Drucksache IV/1381 Dritte Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1963 ({5}) - Drucksache IV/1382 dem Außenhandelsausschuß mit der Bitte um fristgemäße Behandlung überwiesen.
Wir treten in die Tagesordnung ein. Punkt 1: Fragestunde ({6}).
Wir beginnen mit dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung. Ich rufe die Frage IX/1 - des Abgeordneten Buchstaller - auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Bundesvermögensverwaltung in Koblenz 160 Grundstückseigentümern in Güls bei Koblenz 12 Hektar guten Geländes unter dem dortigen Verkehrswert abzukaufen bemüht ist?
Die Frage wird von Herrn Bundesminister Dr. Krone beantwortet.
Herr Buchstaller, es trifft zu, daß die Bundesvermögensverwaltung ein Gelände in Güls in der Größe von rund 12 ha für militärische Zwecke beschaffen soll. Nach § 18 des Landbeschaffungsgesetzes hat der Bund den gemeinen Wert, d. h. den ortsüblichen Verkehrswert zu zahlen. Das Gelände in Güls ist nach dem Flächennutzungsplan der Gemeinde als landwirtschaftliches Gelände ausgewiesen und als landwirtschaftliches Sonderkulturgelände durch die Oberfinanzdirektion Koblenz bewertet worden. Ob eine Bewertung nach anderen Gesichts-. punkten - z. B. als Industrie- oder Bauerwartungsland - gerechtfertigt ist, wird geprüft werden, sobald die von dem zuständigen Amtsbürgermeister in Aussicht gestellten Unterlagen vorliegen.
Keine Zusatzfrage. Dann rufe ich die Frage IX/2 - des Herrn Abgeordneten Buchstaller - auf:
Entspricht es der allgemeinen Praxis bei der Bundesvermögensverwaltung, den Bauern in einem Anschreiben nicht nur den Kaufpreis, sondern gleich auch die geltenden Enteignungsvorschriften mitzuteilen?
Die Bundesvermögensverwaltung unterrichtet die von der Landabgabe betroffenen Eigentümer von der beabsichtigten Inanspruchnahme ihres Geländes und teilt ihnen hierbei mit, daß der Grunderwerb nach dem Landbeschaffungsgesetz als gesetzlicher Grundlage durchgeführt wird. Dies geschieht, um den betroffenen Eigentümern Gelegenheit zu geben, sich mit den gesetzlichen Bestimmungen vertraut zu machen und zu erfahren, welche Entschädigungsansprüche sie geltend machen können.
Das mir im Wortlaut vorliegende Schreiben der Bundesvermögensstelle Koblenz führt diese Entschädigungsansprüche im einzelnen genau an. Es betont dabei die Verpflichtung der Bundesrepublik, in erster Linie den freihändigen Erwerb zu betreiben. Das Schreiben enthält weiter den Hinweis, daß der Staat bemüht ist, die Angelegenheit im beiderseitigen Einvernehmen auf freiwilliger Grundlage schnellstens zu regeln. Im Zusammenhang mit dem förmlichen Angebot des Kaufpreises heißt es dann weiter:
Zu einer Besprechung über die Regelung im einzelnen bin ich gern bereit.
Schließlich wird der Betroffene aufgefordert, zu erklären, ob er von dem Angebot Gebrauch machen will oder unter welchen Bedingungen er zur Überlassung des Grundbesitzes bereit ist. Ich glaube, daß die Bundesvermögensstelle damit alles tut, um möglichst zu einem Kauf auf freiwilliger Basis zu kommen.
Wir kommen zur Frage IX/3 - ebenfalls des Abgeordneten Buchstaller -:
Ist der Herr Bundesverteidigungsminister bereit, darauf hinzuwirken, daß den Grundstücksbesitzern in Güls ein zwar nicht überhöhter, aber gerechter Preis bezahlt wird, vor allem dann, wenn es der neugebildeten Interessengemeinschaft der Gülser Bauern gelingt, nachzuweisen, daß schon vor Jahren im gleichen Gebiet höhere Preise bezahlt wurden?
Ich kann diese Frage mit Ja beantworten. Der Bundesminister der Verteidigung ist dazu bereit, falls durch echte Vergleichsangebote nachgewiesen wird, daß höhere Verkehrswerte gezahlt wurden und gezahlt werden.
Ebenfalls den Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung betrifft die Frage auf Drucksache IV/1379, gestellt von Herrn Abgeordneten Höhmann ({0}) :
Welches Ergebnis hatten die am 16. Mai 1963 angekündigten Besprechungen zwischen dem Bundesverteidigungs- und dem Bundesfinanzministerium zwecks Erlangung von Bindungsermächtigungen für Bundesfinanzhilfen für kommunale Folgemaßnahmen?
Ich kann diese Frage sicherlich jetzt nicht so beantworten, wie es Herr Abgeordneter Höhmann wünscht. Die Verhandlungen sind noch nicht zum Abschluß gekommen, sie dauern noch an. Aber der Bundesminister der Verteidigung ist der Meinung, daß sie in Kürze abgeschlossen sein werden.
Eine Zusatzfrage Herr Abgeordneter Höhmann!
Herr Minister, können Sie schon eine Voraussage über das voraussichtliche Ergebnis dieser Besprechungen machen?
Nach dem, was mir gesagt worden ist, kann ich sagen, wie das Bundesministerium der Verteidigung darüber denkt. Es geht um 108 Millionen DM für das Jahr 1964, 480 Millionen DM für das Jahr 1965 und 36 Millionen DM für das Jahr 1966.
Noch eine Zusatzfrage des Abgeordneten Höhmann ({0}) !
Herr Minister, sind Sie darüber orientiert, in welchem Sinne der Herr Bundesminister der Verteidigung mit dem Haushaltsausschuß und dem Ausschuß für Verteidigung verhandeln will, damit für die Zukunft nicht auf dem Wege von Bindungsermächtigungen gearbeitet werden muß, sondern diese Mittel ebenfalls im Haushalt eingeplant werden?
Herr Abgeordneter, ich nehme an, Sie wollen damit sagen, daß zwischen den Stellen Verhandlungen stattfinden sollen. Ich will dem Herrn Bundesverteidigungsminister das sagen.
Wären Sie bereit, mir einen Bericht darüber zukommen zu lassen, Herr Minister?
Dazu bin ich bereit.
Danke schön!
Ich habe eine Frage aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung übersehen, aus Drucksache IV/1373 die Frage IX/4 - des Abgeordneten Bauer ({0})
Wer hat die Genehmigung dafür gegeben, daß das Wachbataillon der Bundeswehr bzw ein Teil desselben für eine private Regiments-Traditionsfeier - hier: auf der Hohenzollernburg Hechingen - zur Verfügung gestellt worden ist?
Herr Abgeordneter Schwabe übernimmt die Frage.
Es handelt sich um die 275-Jahrfeier des ehemaligen preußischen 1. Garderegimentes zu Fuß, die am 25./26. Mai 1963 auf Burg Hohenzollern bei Hechingen stattfand. Veranstalter war der Traditionsverband des Regimentes, der kameradschaftliche Verbindungen zum Wachbataillon der Bundeswehr unterhält. Der Bundesminister der Verteidigung hat anläßlich dieses Jubiläums auf Einladung zwei Offiziere, drei Unteroffiziere und zwei Mannschaften des Wachbataillons zur Teilnahme an der Gedenkfeier abordnen lassen. In ähnlicher Weise wird, wenn es im Interesse der Bundeswehr liegt, bei Einladungen zu anderen Treffen ehemaliger Soldaten der alten Armee und der Wehrmacht, der Kriegsopferverbände und des Heimkehrerverbandes verfahren.
Der Bundesminister der Verteidigung ist der Auffassung, daß die Teilnahme der Bundeswehr an derartigen Veranstaltungen besonders geeignet ist, der Achtung vor Leistung und Opfer der ehemaligen Soldaten Ausdruck zu geben.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter?
Gibt es über die hier dargelegten Sachverhalte irgendwelche festgelegten Vorschriften oder Bestimmungen, oder ist aus der eben gegebenen Darstellung nur zu entnehmen, daß in etwa für diesen Kreis von Organisationen die Abordnungen der Bundeswehr zur Verfügung stehen?
Ich darf noch einmal wiederholen: Es handelt sich nicht nur um Traditionsfeiern von ehemaligen Regimentern, sondern auch um Zusammenkünfte von Kriegsopferverbänden, vom Heimkehrerverband und ähnlichen Organisationen. Ob eine eigene Anordnung darüber vorliegt, übersteigt mein persönliches Wissen.
Keine weitere Frage.
Dann kommen wir zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft. Ich rufe auf die Frage I/1 - des Abgeordneten Dr. Kohut -:
An welche Bevölkerungskreise denkt die Bundesregierung, wenn sie vorn „Mittelstand" spricht?
Sie wird beantwortet von Herrn Staatssekretär Dr. Westrick. Bitte, Herr Staatssekretär!
Der Begriff „Mittelstand" läßt sich nicht eindeutig und klar abgrenzen. Hierauf hat die Bundesregierung bereits in ihrem Bericht über die Lage der Mittelschichten in der Bundestagsdrucksache 2012 vom 13. Juli 1960 hingewiesen. Eine allseits befriedigende und anerkannte Definition dieses Begriffes für die Verwaltungspraxis wurde bisher nicht gefunden und kann wegen der wirtschaftlichen Vielfalt des Mittelstandes auch wohl kaum gefunden werden. Die Bundesregierung vermeidet es deshalb in ihren Verlautbarungen nach Möglichkeit, die allgemeine Bezeichnung „Mittelstand" zu verwenden, ohne die jeweils gemeinten Kreise von Personen näher zu beschreiben.
Als gewerblichen Mittelstand bezeichnet die Bundesregierung die kleinen und mittleren selbständigen Existenzen in Handwerk, Industrie, Handel, Hotel- und Gaststätten-, Verkehrs- und sonstigem Gewerbe. Wichtigste wirtschaftliche Merkmale dieser Kreise sind ihre Selbständigkeit, die begrenzte Größe ihres Wirtschaftsbetriebes und die unmittelbare Mitarbeit des Inhabers im Betrieb. Zum Mittelstand zählen ferner die selbständig freiberuflich Tätigen.
Für den Begriff „Mittelschichten", der auch die nicht selbständig Tätigen mittleren Existenzen einschließt, gibt es ebensowenig eine scharf abgegrenzte und allgemein anerkannte Definition wie für den Mittelstandsbegriff schlechthin.
Im übrigen wird sich die Bundesregierung in dem bereits fertiggestellten und in Kürze dem Deutschen Bundestag vorzulegenden Ergänzungsbericht zum Bericht über die Lage der Mittelschichten erneut zu dieser Frage äußern.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter?
Herr Staatssekretär, da es doch im Bundestag für einen einzigen Stand, nämlich den I Mittelstand, einen besonderen Ausschuß gibt, müßte doch eine klare Begrenzung vorliegen. Erfolgt diese Begrenzung des Mittelstandes nach Einkommen, Berufsgruppen oder Merkmalen des Verantwortungsbereichs?
Der von Ihnen so genannte einzige Stand Mittelstand ist ein Oberbegriff, unter dem viele verschiedene Gruppen zusammengefaßt werden. Bei der jeweils in Betracht kommenden Maßnahme werden die Personenkreise oder die Unternehmenskreise abgegrenzt, die von der Maßnahme betroffen sind.
Noch eine Zusatzfrage, bitte!
Darf ich bei dieser Formulierung etwas eigenartig fragen, ob es noch andere Stände gibt, einen Oberstand, einen Unterstand? Wer gehört zum Oberstand und wer zum Unterstand? Etwa die Arbeiterschaft?
Herr Abgeordneter, die Frage ist gar nicht so eigenartig, wie sie vielleicht klingt. Es gibt in der Tat Schichten der deutschen Bevölkerung, die jenseits der Grenze der Mittelschichten stehen.
Ich rufe auf die Frage I/2 - des Herrn Abgeordneten Dr. Kohut -:
Ist der Herr Bundeswirtschaftsminister der Auffassung, daß in einer freien Marktwirtschaft die vielen Monopole in der Bundesrepublik, u. a. Zündholzmonopol, Branntweinmonopol, Gas, Wasser, Elektrizitätswerke, Rundfunk und Fernsehen, Luftverkehr und Arbeitsvermittlung, auf die Dauer gerechtfertigt sind?
Herr Staatssekretär Dr. Westrick!
Die Bundesregierung hat ihre grundsätzliche Haltung gegenüber Monopolen in dem Bericht über Änderungen des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen vom 22. August 1962 zum Ausdruck gebracht. In diesem Bericht wird davon ausgegangen - so sagt der Bericht wörtlich -, „daß eine stärkere Betonung des Wettbewerbsgedankens in den Vorschriften über marktbeherrschende Unternehmen geeignet wäre, die Leistungsfähigkeit der deutschen Wirtschaft auf lange Sicht zu fördern".
Die von Ihnen genannten Monopole beruhen auf gesetzlichen Bestimmungen, Herr Abgeordneter. Bei einer idealen Verwirklichung einer freien Marktwirtschaft sind natürlich Monopole grundsätzlich unerwünscht; aber die Beurteilung der Einzelfälle rechtfertigt auch Abweichungen von diesem Grundsatz. So z. B. beruht das von Ihnen genannte Zündholzmonopol auf einem internationalen Vertrag vom Oktober 1929, der ursprünglich eine Laufzeit bis 1961 hatte und wegen der Unmöglichkeit der Bedienung einer mit dem Vertrag zusammen abgeschlossenen großen Anleihe für das damalige Deutsche Reich bis 1994 verlängert wurde mit einer Kündigungsmöglichkeit für 1980.
Beim Branntweinmonopol handelt es sich um eine weitgehend fiskalische Frage, die nicht allein aus dem Gesichtspunkt der Wirtschaftspolitik entschieden werden kann.
Die Rundfunk- und Fernsehanstalten fallen in die Kompetenz der Länder.
Die Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung gehört zum Ressort des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung. Das Monopol der Arbeitsvermittlung dieser Anstalt beruht auf dem Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung, das seinerzeit eingeführt wurde, um Mißbräuche bei der Arbeitsvermittlung zu verhüten, die zum Nachteil der Arbeitsuchenden geführt haben. Ich bin nicht der Meinung, daß diese Arbeitsvermittlung mit den Grundsätzen unseres marktwirtschaftlichen Systems nicht vereinbar wäre.
Auf dem Gebiet der Elektrizitäts-, Gas- und Wasserversorgung gibt es nur einen beschränkten Wettbewerb. Zumeist ist es für die Versorgungsunternehmen unwirtschaftlich, wenn mehr als ein Unternehmen Leitungsnetze in ein und demselben Versorgungsgebiet verlegt. Außerdem ist die Verlegung von Leitungen unter Inanspruchnahme öffentlicher Wege nur mit Zustimmung des Wegeeigentümers, d. h. regelmäßig der Gebietskörperschaften, zulässig. Der hierdurch bereits stark eingeschränkte Wettbewerb kann durch Gebietsabsprachen zwischen Versorgungsunternehmen und durch ausschließliche Wegebenutzungsverträge noch weiter beschränkt werden. Derartige Verträge sind nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen zulässig. Es ist Ihnen allen bekannt, wie groß die Schwierigkeiten sind, die der Verwirklichung eines freien Wettbewerbs bei der Energie- und Wasserversorgung im Wege stehen. Die komplizierten Beratungen darüber, wie eine Verbesserung der gegenwärtigen Lage herbeigeführt werden könnte, wurden bisher noch nicht zu einem Abschluß gebracht. Zur Zeit ist eine eigene Arbeitsgruppe im Bundeswirtschaftsministerium dabei, zu prüfen, ob vernünftige Grundlagen für eine Änderung der gegenwärtigen Rechtslage gefunden werden können.
Zum Thema Luftverkehr läßt sich in diesem Zusammenhang wenig sagen. Die Deutsche Lufthansa, die ein Zuschußunternehmen ist, kann man angesichts der Vielzahl ausländischer Fluggesellschaften und der anderen mit ihr konkurrierenden Verkehrsmittel nicht als Monopol ansehen. Für den gewerblichen Gelegenheitsverkehr ist im übrigen eine Reihe anderer Luftverkehrsunternehmen zugelassen; Ende 1960 waren das 40 Unternehmen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kohut.
Glaubt die Bundesregierung, daß bei weiterem Zusammenwachsen des Gemeinsamen Marktes die Vielfalt der Monopole in der Bundesrepublik aufrechterhalten werden kann?
Wir haben die Hoffnung, Herr Abgeordneter, daß im weiteren Zusammenwachsen des Gemeinsamen Marktes auch die Monopole eingeengt werden können.
Noch eine Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, sind Sie jetzt schon in der Lage, zu sagen, welche Monopole eventuell eingeengt werden können?
Das kann ich nicht sagen, Herr Abgeordneter. Es hängt ja weitgehend auch von der Bereitschaft der anderen Länder ab. Das Bestreben, die Monopole in ihrer wirtschaftlichen Beeinflussung jedenfalls einzuengen, können Sie bei der Bundesregierung als gegeben unterstellen.
Ich rufe auf die Frage unter II, Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung, gestellt von Herrn Abgeordneten Fritsch:
Sieht die Bundesregierung Möglichkeiten, die vielfach anzutreffenden Bedenken der Arbeitgeber der öffentlichen und privaten Hand bei der Bewerbung und Einstellung von ehemals an Lungentuberkulose erkrankten Arbeitnehmern zu vermindern oder zu beseitigen?
Sie wird von dem Herrn Bundesminister für Arbeit beantwortet.
Das „Deutsche Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose" hat bereits im Januar 1954 unter Mitwirkung von Vertretern des Bundesministeriums des Innern, des Arbeitsministeriums, der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung, der Sozialpartner und anderer Stellen „Richtlinien für die Beschäftigung von Tuberkulösen an geeigneten Arbeitsplätzen" herausgegeben. Diese Richtlinien, die 1960 überarbeitet und neu gefaßt worden sind, sind Ihnen, wie ich annehme, aus Ihrer Tätigkeit in der Arbeitsverwaltung bekannt. Sie wenden sich im Teil I an die Gesundheitsämter und Werksärzte und im Teil II an die Arbeitsämter und Arbeitgeber.
Teil II enthält zahlreiche Hinweise und Empfehlungen an die mit der Arbeitsvermittlung befaßten Stellen, die zum Ziele haben, die Eingliederung oder Wiedereingliederung Tuberkulöser in das Arbeitsleben zu fördern und übersteigerte Furcht vor Ansteckung bei Arbeitnehmern und Arbeitgebern zu überwinden. Bei dieser Aufgabe bedarf es in jedem einzelnen Falle, bei dem die Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes auf Schwierigkeiten stoßen, intensiver Mitwirkung des Arbeitsamtsarztes und des Arbeitsvermittlers.
Die Arbeitsämter nehmen diese Aufgabe sehr ernst. Bei größeren Arbeitsämtern ist sogar eine bestimmte Vermittlungskraft eigens mit der Betreuung der ehemaligen Tuberkuloseerkrankten betraut. Es ist zu erwarten, daß bei Beachtung der erwähnten Richtlinien, vor allem durch fortgesetzte Aufklärung die bei Arbeitgebern und Arbeitnehmern noch bestehende Zurückhaltung gegen die Beschäftigung ehemals Tuberkulöser weiter abgebaut wird.
Um das Interesse für diese Aufgabe wachzuhalten, dürfte es sich empfehlen, die Richtlinien von Zeit zu Zeit bei den beteiligten Stellen in Erinnerung zu bringen. Weitere Möglichkeiten, die Bedenken der Arbeitgeber gegen die Einstellung von ehemals tuberkuloseerkrankten Arbeitnehmern zu beseitigen, sieht die Bundesregierung zu ihrem Bedauern nicht.
Eine weitere Frage? - Bitte, Herr Abgeordneter Fritsch.
Herr Minister, die auf diesem Gebiete bisher gemachten Erfahrungen zwingen nach meiner Meinung doch dazu, zu überlegen, welche Maßnahmen man im Vorfeld der Vermittlung durchführen könnte, um die psychologischen Voreingenommenheiten zu beseitigen. Würden Sie nicht meinen, daß ungeachtet des zunächst vielleicht nicht ganz sichtbaren Weges, wie man das erreicht, zu überlegen wäre, diesen Arbeitnehmern dadurch zu helfen, daß man die zum Teil außergewöhnlich mittelalterlichen Vorstellungen bei bestimmten Arbeitgebern vermindert, wenn nicht ganz abbaut?
Ach, Herr Kollege, ich glaube gar nicht, daß hier mittelalterliche Vorstellungen bei den Arbeitgebern vorherrschen, sondern die gewissen psychologischen Schwierigkeiten - wenn es sie in dem Umfang gibt, wie Sie ihn global andeuten; es ist sehr schwer, das im einzelnen nachzuprüfen - kommen sowohl von Arbeitgebern als auch von Arbeitnehmern, weil die Furcht vor Ansteckung auch bei denen besteht, die nun einmal mit einem solchen Menschen zusammenarbeiten müssen.
Ich glaube, da hätten gerade die Sozialpartner, insonderheit auch die Gewerkschaften, eine sehr große Aufgabe, ihre Mitglieder darauf hinzuweisen, wie sehr man doch als Arbeitnehmer einem solchen Erkrankten kameradschaftlich helfen muß, wieder ins Arbeitsleben hineinzufinden.
Noch eine Frage? - Bitte, Herr Abgeordneter!
Herr Minister, würden Sie vielleicht den Vorschlag einmal überlegen, ob es nicht möglich wäre, daß z. B. die Gesundheitsbehörden am Schluß eines Heilverfahrens den ehemaligen Erkrankten attestieren, daß die Gesundheit nunmehr wiederhergestellt ist und die Ansteckungsgefahr nicht mehr besteht?
Ich nehme an, das geschieht nach jeder Behandlung. Wenn nach Urteil des behandelnden Arztes eine volle Wiederherstellung erfolgt ist, wird er das natürlich bescheinigen.
Aber ich glaube, Ihre Frage zielt mehr darauf hin, daß man gewissermaßen jedem Behandelten einen Ausweis ausstellt, den er vorzeigen soll. Ich glaube, dafür ist doch die ganze Angelegenheit zu diffizil. Ich bin der Meinung: wenn man sich an die Richtlinien hält, die ja von den für diese Dinge in Frage kommenden, sehr verantwortungsbewußten Leuten aufgestellt sind, wenn man außerdem ein klein wenig Nächstenliebe gelten läßt und wenn die Arbeitnehmer sich selber ein wenig bemühen, für einen solchen Arbeitskollegen einzutreten, dann, glaube ich, ist das zweckmäßiger, als wenn man - wie einmal vor 2000 Jahren - jemandem die Pflicht auferlegt, sich ein Reinigungszeugnis zu besorgen und es vorzuzeigen, damit er wieder in die menschliche Gesellschaft zurückkehren kann. Ich nehme an, Sie wissen, worauf ich anspiele.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Könen.
Herr Minister, glauben Sie, daß das Verhalten der Arbeitgeber der öffentlichen Hand so gut ist, daß man es gegebenenfalls den Arbeitgebern der privaten Seite als Beispiel hinstellen könnte? Oder glauben Sie nicht auch, daß auch bei der öffentlichen Hand - ich schließe die Arbeitnehmer nicht aus -, auf diesem Gebiet noch einiges zu tun ist?
Ich glaube, daß sowohl die Arbeitgeber der öffentlichen Hand als auch die privaten Arbeitgeber bisher in diesem Punkte - von einigen Fällen, die ich nicht im einzelnen kenne, abgesehen -ihr Menschenmögliches getan haben und daß kaum ein Bedürfnis besteht, den einen dem anderen als Vorbild hinzustellen.
Herr Abgeordneter Höhmann zu einer Zusatzfrage!
Herr Minister, Sie haben von der Aufgabe der Gewerkschaften gesprochen, die dazu eingesetzt werden könnten, diese Probleme lösen zu helfen. Sind Sie bereit, sich bei der Gewerkschaft, der Sie angehören, mit dem Gewicht Ihres Ministeramtes in dieser Art und Weise zu verwenden?
Ich bin bereit, das, was ich soeben gesagt habe - das ist ja für die deutsche Öffentlichkeit gesagt, weil es in diesem Hohen Hause gesagt worden ist -, natürlich, so oft es möglich und zweckmäßig ist, zu wiederholen, und zwar für alle, weil ich nicht auf dem Standpunkt stehe, daß man immer nur einen bestimmten meinen soll. Im übrigen möchte ich dazu noch einmal abschließend sagen, daß schon die Frage selbst - wenn man einmal auf die ursprüngliche Frage zurückgeht - besagt, wie wenig greifbares Material vorliegt. Da heißt es nämlich: „die vielfach anzutreffenden Bedenken". Mir wäre es lieber gewesen, der Fragestellende hätte mir konkretes Tatsachenmaterial gegeben. Dem wäre ich dann gern nachgegangen.
Herr Abgeordneter Ritzel zu einer Zusatzfrage!
Herr Minister, da Sie vorhin in Ihren Gedanken um 2000 Jahre zurückgegangen sind und von der Nächstenliebe gesprochen haben, möchte ich fragen, ob Sie aus Gründen der Nächstenliebe bereit wären, die Anregung des Herrn Abgeordneten Fritsch einmal igemeinsam mit der Frau Minister für das Gesundheitswesen einer wohlwollenden Prüfung zu unterziehen, statt sie hier kurzerhand abzutun.
Herr Kollege, welche Anregung soll ich mit der Frau Gesundheitsministerin einer wohlwollenden Prüfung unterziehen? Ich bitte, das konkret zu sagen.
({0})
Das will ich Ihnen gern sagen, Herr Minister. Die Anregung des Herrn Kollegen Fritsch, zu der Sie allerdings schon eine Antwort gegeben haben, ging dahin, einen Tbc-Kranken, wenn er nach erfolgreicher Behandlung gesundet ist, eine Art amtlicher Bestätigung als amtliche Unterlage ausstellen zu lassen, daß er nicht mehr Tbc-krank ist.
Herr Kollege, ich sagte schon, in aller Regel wird doch einem solchen Kranken nach Abschluß einer Behandlung - wie Sie wissen, unterliegt er auch behördlicherseits einer gewissen Überwachung - sicherlich ein ärztliches Zeugnis gegeben, wie es um seine Sache steht. Ich glaube, daß ich das nicht erneut anzuregen brauche. Ich wende mich aber gegen das, was ich herausgehört zu haben glaube, daß ein ehemaliger Tbc-Kranker, wie andere Menschen ihre persönliche Identität durch Vorzeigen eines Passes oder einer Kennkarte nachweisen, seine Gesundheit durch das Vorzeigen eines solchen Dokumentes zu beweisen hat. Das halte ich für falsch.
({0})
- Sie, Herr Schäfer!
Herr Abgeordneter Ritzel, Sie können nur zwei Fragen stellen.
({0})
- Die haben Sie.
Ich habe, Herr Kollege Ritzel, Ihre Frage zu beantworten. Ich werde das auch weiter tun. Aber ich stand unter dem Eindruck, daß es jetzt nicht mehr um Fragen, sondern um eine Diskussion ging.
Darf ich fragen, Herr Minister, ob Sie bereit sind, das, was Sie als selbstverständlich voraussetzten, durch eine Absprache mit der zuständigen Ministerin für Gesundheitswesen, amtlich zu fundieren, um dem zu entsprechen, was der Abgeordnete Fritsch angeregt hat?
Herr Kollege Ritzel, darauf antworte ich ganz klar. Was amtlicherseits zu tun ist, ist hier zur Genüge geschehen und wird auch weiter geschehen. Ich brauche daher keine erneute Zusage zu machen, die nichts anderes zum Inhalt hätte als das, was zur Zeit geschieht.
({0})
Eine weitere Frage, Herr Abgeordneter Neumann!
Meine Frage ist durch die letzte Versicherung des Ministers erledigt. Ich möchte aber doch den Herrn Minister noch fragen: Würden Sie es nicht für notwendig halten, daß die Hemmungen, die auf diesem Gebiet bei Arbeitgebern und sicherlich auch bei Arbeitnehmern bestehen, wirklich durch eine amtliche Versicherung Ihres
Neumann ({0})
Hauses und - ich wiederhole jetzt - auch gleichzeitig des Hauses der Frau Gesundheitsministerin beseitigt würden?
Herr Kollege Neumann, ich vermag den Sinn der Frage nicht zu erfassen. Was soll ich amtlich versichern? Was zu tun war, habe ich gesagt, ist getan. Die Richtlinien sind erlassen. Ich habe Ihnen gesagt, wer dabei mitgearbeitet hat. In diesen Richtlinien steht, wie man die einzelnen Fälle zu behandeln hat. Ich glaube, daß ist so weit abschließend geregelt, wie man das kann. Ob und inwieweit es Erfolg hat, hängt, wie gesagt, davon ab, daß man es immer wieder in Erinnerung bringt. Das ist meines Amtes, und das tue ich.
Noch eine Frage!
Dann darf ich Sie noch einmal fragen, Herr Minister Blank, ob Sie, wenn der Herr Abgeordnete Fritsch Ihnen jetzt Einzelfälle vorträgt, gewillt sind, diese Einzelfälle zusammen mit dem Gesundheitsministerium zu überprüfen und dann das Notwendige zu veranlassen. Wir sind uns doch darüber klar, daß die gesundheitlich so schwer Betroffenen auch wirtschaftlich eingereiht werden müssen.
Aber Herr Neumann, das ist doch genau das, was ich ausgeführt habe, als ich bei der Beantwortung der Zusatzfragen noch einmal auf die Frage zurückkam. Ich will es wiederholen. Wie lautet denn die Frage? Sie lautet:
Sieht die Bundesregierung Möglichkeiten, die vielfach anzutreffenden Bedenken der Arbeitgeber der öffentlichen und privaten Hand ...
Weiter will ich nicht zitieren. Darauf habe ich unter anderem geantwortet: es wäre mir viel lieber gewesen, man hätte mir, statt eine so allgemein gehaltene Frage zu stellen - es wird in dieser Frage einfach unterstellt, daß bei den Arbeitgebern vielfach die Bedenken anzutreffen seien -, konkrete Angaben gemacht. Da kann ich Ihnen, Herr Kollege Neumann, eine ganz präzise Antwort geben: ich werde jedem einzelnen Fall, soweit ich dazu überhaupt nur die Möglichkeit habe, nachgehen, wenn er mir bekannt wird. Aber die hier gestellte Frage kann doch nur die Antwort zur Folge haben, die ich gegeben habe.
Noch eine Frage des Herrn Abgeordneten Spies.
Herr Bundesminister, ist es nicht so, daß nach der Behandlung der Erkrankte, jetzt Genesende, noch einer Schonzeit bedarf und daß erst nach dieser Schonzeit, wenn nicht fahrlässig gehandelt werden soll, ein entsprechendes Zeugnis ausgestellt werden kann?
Sicher. Aber die Fälle sind doch, da sie nicht nur von der Erkrankung selbst her, sondern auch von all den seelischen Folgen für die Person her zu betrachten sind, mit höchster Diskretion zu behandeln. So muß man auch meinen Versuch verstehen, auf die mehrfache Aufforderung, etwas vorzuzeigen, zu antworten. Hier geht es um Fragen menschlicher, seelischer Not, und da bemühen sich doch, wie ich feststellen kann, alle Beteiligten, mit höchstem Verantwortungsbewußtsein zu helfen, soweit sie es können.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen. Ich rufe auf die Frage III/1 - des Herrn Abgeordneten Kahn-Ackermann -:
Sind Maßnahmen geplant, um die Fernsehempfangsverhältnisse im Tegernseer Tal zu verbessern?
Diese Frage beantworte ich mit Ja.
Herr Abgeordneter Ertl zu einer Zusatzfrage!
Herr Bundesminister, ist Ihnen bekannt, daß nicht nur im Tegernseer Tal, sondern auch im Schlierseer Gebiet oft kaum eine Möglichkeit besteht, Sendungen des ersten Fernsehens zu empfangen?
Herr Kollege, für das erste Fernsehen bin ich nicht zuständig.
({0})
Aber für die bessere Leitung!
Die Leitung ist gut.
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Dann möchte ich Sie herzlich darum bitten, mir zu sagen, wieso man bei der guten Leitung einen schlechten Empfang hat. Liegt das an der Post?
Ich glaube, Herr Kollege, daß Sie die technischen Dinge etwas durcheinander gebracht haben. Es gibt den Sendeteil und den Übertragungsteil. Beim ersten Fernsehprogramm ist die Bundespost nur für den Übertragungsteil zuständig, nicht für den Sendeteil. Die Übertragungsleitungen sind ohne Zweifel ausgezeichnet. Wenn natürlich die landschaftlichen, topographischen Verhältnisse ungünstig sind, kann es sein, daß die Sende- und Empfangsseite nicht ausreichend ausgestattet sind. Aber diese Frage müssen Sie, so leid es mir tut - ich würde ganz gern auch dafür zuständig sein -, an die Rundfunkanstalten richten.
({0})
Noch eine Frage?
Herr Minister, wie verträgt sich das, daß die Fernsehempfänger dieselben Gebühren bezahlen müssen, ob sie schlecht oder gut empfangen können?
({0})
Auch diese Frage, Herr Kollege, ist nicht an mich zu richten; denn die Gebührenhoheit liegt leider nicht bei mir.
({0})
Nun kommen wir aber wirklich zur Frage III/2 - des Herrn Abgeordneten Felder -:
Ist der Herr Bundespostminister nicht der Meinung, daß es an der Zeit wäre, die allzulange im Gebrauch befindlichen Formulare für Glückwunschtelegramme durch einige neue und eindrucksvolle Entwürfe zu ersetzen?
Zur zweiten Frage kann ich ebenfalls ja sagen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Kohut.
Würde es sich nicht für die Post sehr rentieren, wenn sie ein besonders hübsch abgefaßtes Glückwunschtelegramm für die massenhafte Verleihung des Bundesverdienstkreuzes herausgäbe?
Herr Kollege Kohut, es steht mir nicht zu, zu den Methoden bei Verleihung des Bundesverdienstordens hier Stellung zu nehmen.
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- Ich weiß nicht, ob der Absatz groß genug wäre, daß es gerechtfertigt wäre, dafür ein eigenes Glückwunschtelegramm zu entwerfen.
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Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für wissenschaftliche Forschung. Ich rufe auf Frage IV/1 - des Herrn Abgeordneten Porzner -:
Wie weit sind die Planungen für ein „Institut für Dokumentationswesen" gediehen?
Herr Abgeordneter, ich habe folgendes zu antworten.
Das Institut für Dokumenationswesen in Frankfurt am Main wurde bereits am 1. Oktober 1961 gegründet und bildet vorläufig ein Institut im Rahmen der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der
Wissenschaften. Die Kosten wurden bislang vollständig vom Bund getragen. Für die Leitung des Instituts ist ein Direktor bestellt. Er wird in Fragen des Haushalts und der Organisation von einem Kuratorium unterstützt, dem Vertreter des Bundes, der Länder und der Deutschen Forschungsgemeinschaft angehören. Vorsitzender ist im Augenblick Herr Bundesminister a. D. Prof. Dr. Siegfried Balke. Dem Direktor steht außerdem ein Fachbeirat zur Seite, in den Vertreter aus den verschiedenen Bereichen der Dokumentation berufen wurden. Nach der von der Max-Planck-Gesellschaft erlassenen Satzung hat das Institut die Aufgabe, das Dokumentationswesen in der Bundesrepublik zu fördern und zu koordinieren sowie die internationale Zusammenarbeit auf diesem Gebiet zu pflegen. Es ist bisher nicht daran gedacht, ein Dokumentationszentrum mit eigener Dokumentation zu errichten, vielmehr sollen die bereits für die einzelnen Wissenschaftsgebiete bestehenden Dokumentationsstellen systematisch ausgebaut werden. Solche Dokumentationsstellen bestehen bereits an Hochschulen, an Instituten der Max-Planck-Gesellschaft, bei Bundesanstalten und bei anderen öffentlichen und privaten Institutionen, vor allem auch in der Industrie. Das Institut für Dokumentationswesen erstattet für den Ausbau und die Koordinierung dieser Dokumentationsstellen Gutachten und gewährt finanzielle Beihilfe.
Während der Aufbauzeit bis etwa Ende 1965 soll das Institut unter der Betreuung der Max-PlanckGesellschaft bleiben. Nach dem Beschluß des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages vom 20. Februar dieses Jahres hat die Bundesregierung dafür zu sorgen, daß die Trägerschaft später vom Bund übernommen wird. Da die Arbeit des Instituts erst vor eineinhalb Jahren angelaufen ist, kann im Augenblick über die endgültige Rechtsform und den endgültigen Aufgabenbereich noch nichts gesagt werden.
Eine weitere Frage, Herr Abgeordneter Porzner.
Herr Minister, ich hatte die Frage gestellt, weil ich mir wegen der großen Zersplitterung im Dokumentationswesen Sorgen mache. Ist es noch immer so, Herr Minister, daß die Dokumentation wissenschaftlicher Literatur von 44 Bundesdienststellen sowie von weiteren 23 anderen Stellen vorgenommen wird? Von diesen anderen Stellen ist bekannt, daß sie Bundeszuschüsse erhalten.
Herr Abgeordneter, es ist leider so. Das Vorhaben, ein Dokumentationszentrum zu schaffen, scheitert leider an der Personal- und an der Kostenfrage. Ich weiß, daß es so ist, wie Sie es beschrieben haben.
Noch eine Frage? - Bitte!
Diese Dinge stehen nicht im Vordergrund der politischen Arbeit, Herr Minister.
Aber ist es Ihnen nicht vielleicht möglich, dafür zu sorgen, daß die Mittel bereitgestellt werden - die sicher nicht sehr hoch sein werden -, um auf diesem Gebiet Abhilfe zu schaffen?
Ich will mir große Mühe geben, Herr Abgeordneter. Auch ich halte ein Referat Dokumentationswesen für ein zentrales Referat meiner Abteilung.
Herr Abgeordneter Matthöfer zu einer Zusatzfrage.
Herr Minister, besteht eine gewisse Vorplanung für ein solches Dokumentationszentrum?
Herr Abgeordneter, ich hoffe, morgen vom Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages die Stelle bewilligt zu bekommen, die ich für dieses Dokumentationsreferat brauche. Ich habe infolgedessen leider noch keine Vorplanung.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Matthöfer.
Besteht die Möglichkeit, Herr Minister, ein solches Dokumentationszentrum voll zu automatisieren?
Da bin ich im Augenblick überfragt, Herr Abgeordneter. Ich werde die Frage prüfen lassen.
Ich rufe die Frage IV/2 - des Herrn Abgeordneten Porzner - auf:
Gibt es bereits Ansätze für eine internationale Zusammenarbeit im Bereich der wissenschaftlichen Dokumentation?
Herr Abgeordneter, auf einzelnen Wissenschaftsgebieten besteht ein reger bilateraler Austausch von wissenschaftlichem Dokumentationsmaterial mit europäischen Ländern und mit den Vereinigten Staaten von Amerika. Als Beispiele seien erwähnt: die Forschung auf dem Gebiet der Atomkernenergie, die Weltraumforschung, die Ernährungswissenschaft und das Eisenbahnwesen. Wie ich bereits ausgeführt habe, hat das Institut für Dokumentationswesen auch die Aufgabe, diese internationale Zusammenarbeit zu fördern und weiter auszubauen.
Ich darf noch darauf hinweisen, daß auch zwischenstaatliche Organisationen - z. B. Euratom, OECD und die im Aufbau befindliche ESRO - auf dem Gebiet der wissenschaftlichen Dokumentation und Information tätig sind. Das Institut für Dokumentationswesen steht mit diesen Organisationen in laufender Verbindung.
Ich rufe auf die Frage des Herrn Abgeordneten Porzner aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz:
Ist dafür Sorge getragen, daß besonders die Patentdokumentation modernisiert und erweitert wird?
Das Bundesjustizministerium und das Deutsche Patentamt tun alles, um eine moderne und umfassende Dokumentation zu schaffen. Um das zu illustrieren, darf ich stichwortartig fünf Beispiele aufzählen:
1. Zur Zeit werden in Tests verschiedene Dokumentationsmethoden erprobt. 2. Zusammen mit der Industrie wurde ein Ausschuß für Patentdokumentation gegründet, der sich ebenfalls um Lösungen des Dokumentationsproblems bemüht. 3. Seit dem 1. Mai 1959 besteht beim Deutschen Patentamt ein besonderes Referat für Patentdokumentationen. 4. Im Herbst 1961 ist auf amerikanische Initiative ein besonderer internationaler Ausschuß gegründet worden, der eine arbeitsteilige Bewältigung dieses ja sehr hohe Kosten verursachenden Problems, das in allen Staaten ansteht, erstrebt. Schließlich 5. Das amerikanische Patentamt, das hier führend ist, führt ein Gästeprogramm durch. Zur Zeit befindet sich ein Beamter des Deutschen Patentamtes in den USA, um die dortigen Erfahrungen zu. studieren.
Eine Zusatzfrage.
Herr Minister, trifft es zu, daß mehr als ein Drittel der Patentanmeldungen zurückgewiesen werden müssen, weil den Erfindungen der Neuigkeitswert fehlt und weil die Erfinder nicht wußten, daß entsprechende Erfindungen schon vorher angemeldet wurden?
Ob der Satz „ein Drittel" stimmt, kann ich im Augenblick nicht sagen. Aber es trifft sicher zu, daß ein großer Teil von Anmeldungen deswegen zurückgewiesen werden muß.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern. Ich rufe auf die Frage VI/1 - des Herrn Abgeordneten Dr. Kohut -:
Teilt die Bundesregierung die von Professor Dr. Peters anläßlich seiner Rede am 17. Juni 1963 im Bundeshaus vertretene und im „Bulletin" des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung vom 19. Juni 1963 veröftentlichte Auffassung, daß die Bezeichnung der Bundesrepublik als Provisorium diese abwerte und ein verantwortungsloses Gerede sei?
Die Bezeichnung der Bundesrepublik als Provisorium hält auch die Bundesregierung für nicht richtig. Als vorübergehend gedacht war lediglich das' Grundgesetz, als man es im Jahre 1949 schuf. Dies erweisen die Präambel und Art. 146 der Verfassung, auf die auch Herr Professor Dr. Peters hingewiesen hat. Der durch das Grundgesetz neu organisierte Staat hat nach
Innenminister Höcherl
Auffassung der Bundesregierung nur insofern provisorische Züge, als er noch nicht das gesamte deutsche Volk vereinigt. Die in diesem Staat verwirklichte freiheitlich-demokratische Grundordnung stellt jedoch das unverzichtbare Fundament auch einer gesamtdeutschen Ordnung dar. In diesem Sinne ist die Bundesregierung mit Herrn Professor Dr. Peters der Meinung, daß die Bundesrepublik nicht als Provisorium verstanden werden darf, - aber nur in diesem Sinne!
Eine Zusatzfrage, Herr Dr. Kohut?
Herr Minister, haben Sie in diesem Zusammenhang die Protokolle der Sitzungen des Parlamentarischen Rates, Band 1 und Band 2, beachtet, in denen tagelang darüber verhandelt wurde, ob die Bundesrepublik ein Provisorium sei oder überhaupt ein Staat sein könne, und halten Sie es weiter für richtig, daß der Festredner hier im Hause sagt, unser Staat sei in Wahrheit kein Provisorium, dann von der Unmöglichkeit spricht, der Wiedervereinigung näherzukommen, und damit einer Hoffnungslosigkeit Ausdruck gibt, die im Gegensatz zu dem hervorragenden Optimismus des amerikanischen Präsidenten und seiner Rede heute vormittag in Berlin steht?
Herr Kollege, an Optimismus lassen wir uns nicht übertreffen. Das Studium der parlamentarischen Akten werde ich nachholen. Im übrigen habe ich der Erklärung nichts hinzuzufügen.
Noch eine Frage, Herr Kohut?
Können nicht nach dem Wortlaut der Rede manche Leute so wie ich zu der Auffassung kommen, daß noch vor Abschluß der Ara Adenauer eine gewisse Zementierung eines gewissen Trends der deutschen Regierung in der Wiedervereinigungsfrage erfolgt ist?
Die Bundesregierung rechnet mit wohlwollender und verständiger Auslegung.
Ich rufe auf Frage VI/2 - des Herrn Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen -.
Welche in den Jahren 1961/62/63 fertiggestellten und vom Bundesinnenministerium bzw. seinen nachgeordneten Behörden bezogenen Bauten sind mit Schutzräumen ausgestattet worden?
In dem von Ihnen angegebenen Zeitraum sind folgende Gebäude bezogen worden: das Bundesarchiv in Koblenz, ein Mietgebäude, im Jahre 1961, das Bundesverwaltungsamt in Köln, ebenfalls ein Mietgebäude, im Jahre 1961, die Bundesdienststelle für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge in Zirndorf, ein bundeseigenes Gebäude, im Jahre 1961 und das Bundesamt für zivilen Bevölkerungsschutz in Bad Godesberg, ein Mietgebäude, erster Bauteil. In keinem der Gebäude befindet sich ein Keller oder ein Schutzraum. Wir haben, soweit wir Einfluß auf das Baugeschehen hatten, jeweils versucht, den Bau eines Schutzraums zu erreichen. Der Herr Bundesfinanzminister hat sich mangels eines Schutzraumgesetzes nicht in der Lage gesehen, einer solchen Bewilligung zuzustimmen. Ich bin überzeugt, daß die Beratungen über das vorgelegte Schutzraumgesetz unter Ihrer Leitung so rasch vorangehen, daß alle zukünftigen Gebäude ordnungsgemäß mit Schutzräumen ausgestattet werden können und der Finanzminister dem ohne haushaltsrechtliche Hemmungen zustimmen kann.
Eine Zusatzfrage, Herr Schmitt-Vockenhausen?
Es ist also richtig, Herr Minister, daß in den letzten Jahren nicht nur zahlreiche Gebäude der Ministerien, sondern vor allem auch das Gebäude der Oberbehörde für den zivilen Bevölkerungsschutz ohne Schutzräume gebaut worden sind. Glauben Sie, Herr Minister, daß man nur mit dem Hinweis auf das Fehlen gesetzlicher Grundlagen einen solchen schwerwiegenden Mangel ausreichend begründen kann?
Herr Kollege, ich habe auch auf die Finanzen hingewiesen. Das ist im allgemeinen in diesem Hause ein durchschlagender Grund.
Eine weitere Frage?
Ist es aber nicht richtig, Herr Minister, daß z. B. die Gebäude im Geschäftsbereich des Verteidigungsministeriums schon mit entsprechenden Schutzräumen ausgestattet worden sind?
Jawohl, Herr Kollege, das stimmt. Die sind in finanzieller Hinsicht gesegneter als wir.
Keine weitere Frage mehr. Es folgt die Frage VI/3 - des Herrn Abgeordneten Kalbitzer -:
Was gedenkt der Herr Bundesinnenminister zu tun, um weitere Überfälle kroatischer Terroristen in der Bundesrepublik Deutschland zu verhindern, wie sie im Vorjahr auf die frühere jugoslawische Botschaft in Mehlem und am 14. Juni 1963 auf den Redakteur Paczenski in Hamburg verübt wurden?
Der Vollzug all dieser Aufgaben, die Sie angesprochen haben, Herr Kollege, ist zunächst Sache der Länder. Den Überfall auf die jugoslawische Handelsmission in Mehlem hat die Bundesregierung aber zum Anlaß genommen, die Länder um verstärkten Schutz der Häuser gefährdeter ausländischer Vertretungen zu bitten. Außerdem hat die Bundesregierung den LänInnenminister Höcherl
dern schon vor einiger Zeit empfohlen, einer Anzahl von Ausländern, die durch unerwünschte politische Betätigung besonders hervorgetreten sind, diese politische Betätigung im Auflagewege zu untersagen. Eine Reihe von Ländern hat darüber hinaus eine scharfe Warnung an Emigrantenorganisationen vor Ausschreitungen erlassen und sogar Verbote ausgesprochen. Außerdem wurde mit den Innenministern der Länder eine verschärfte Überwachung dieser Organisationen vereinbart. Im Ausländergesetz, dessen Erlaß in Kürze erwartet werden kann die Beratungen sind sehr vorangeschritten -, sollen Vorschriften über die politische Betätigung von Ausländern niedergelegt werden, die eine Beeinträchtigung der auswärtigen Belange der Bundesrepublik und eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch die politische Betätigung von Ausländern mehr als bisher verhindern.
Wollen Sie noch eine Zusatzfrage stellen? - Bitte, Herr Abgeordneter!
Herr Minister, glauben Sie, daß es bei dieser notorischen Terrororganisation genügt, wie Sie es soeben ausdrückten, daß die Länder diese Organisationen zu gutem Verhalten nur ermahnen?
Ich würde gern mehr tun, wenn mehr gesetzliche Möglichkeiten vorhanden wären. Das Asylrecht und all die Bestimmungen, die uns binden, geben uns leider gerade vom Bund her wenig Möglichkeiten. Aber ich stimme mit Ihnen in der Tendenz überein: wir sollten uns selbst bessere Möglichkeiten beschaffen.
({0})
Ich komme zur Frage VI/4 - des Abgeordneten Kalbitzer - :
Halt der Herr Bundesinnenminister die Äußerung des Sprechers des kroatischen Nationalkomitees in München für statthaft, daß dem Redakteur Schier-Gribowsky der Polizeischutz der ganzen Welt nichts nützen würde, wenn die Kroaten ein Attentat auf ihn verüben wollten, oder hält er womöglich eine Ausweisung zur Verhinderung weiterer Attentate für geboten?
Die Bundesregierung hält eine solche Äußerung eines Ausländers für absolut unstatthaft. Die strafrechtliche Würdigung liegt in den Händen der zuständigen Strafverfolgungsbehörden der Länder.
Die Bundesregierung wird prüfen, ob eine Ausweisung des Betreffenden, die ja durch das zuständige Land zu erfolgen hätte, veranlaßt und möglich ist. Da dieser Mann politischer Flüchtling ist, gelten für ihn die Schutzvorschriften des Genfer Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge. Da in der Regel Ausgewiesene von irgendeinem dritten Land nicht aufgenommen werden und damit eine Ausweisung praktisch nicht vollziehbar ist, ist auch zu untersuchen, ob die erschwerten Voraussetzungen für eine Ausweisung in sein Heimatland Jugoslawien gegeben sind. Diese Untersuchung wird unverzüglich in die Wege geleitet.
Herr Abgeordneter, eine weitere Frage? Bitte sehr!
Herr Minister, wann kann man mit einem abschließenden Bericht über diese Untersuchung rechnen?
Ich werde es so beschleunigen, daß Ihre Wünsche im Rahmen des Möglichen erfüllt werden können.
Wir kommen zur Frage VI/5 - des Abgeordneten Sänger -:
Halt der Herr Bundesinnenminister das Asylrecht für verwirkt, wenn Ausländer in Deutschland politische Gewalttaten begehen?
Wer das Asylrecht zum Kampf gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung mißbraucht, verwirkt es nach Art. 18 des Grundgesetzes. Die Verwirkung muß aber durch das Bundesverfassungsgericht ausgesprochen werden. Davon abgesehen können ausländische Flüchtlinge nach Art. 33 des Genfer Flüchtlingsabkommens selbst in diejenigen Staaten ausgewiesen werden, die sie wegen politischer Verfolgung verlassen haben, wenn sie aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit des Staates anzusehen sind oder eine Gefahr für die Allgemeinheit des Staates bedeuten, weil sie wegen eines Verbrechers oder eines besonders schweren Vergehens rechtskräftig verurteilt worden sind.
Das sind die beiden Tatbestandsmerkmale. Ich bitte, noch einmal zu beachten: Die einzige Begründung, die uns - ohne Verurteilung - zur Verfügung steht, ist die, daß die Sicherheit des Staates insgesamt beeinträchtigt ist, was bekanntlich bei den zahlreichen Rechtsmittelmöglichkeiten bei uns durch die Gerichte nachgeprüft wird.
Eine weitere Frage des Herrn Abgeordneten Sanger!
Halten Sie nicht die Sicherheit des Staates für gefährdet, Herr Minister, wenn in mehreren aufeinanderfolgenden Handlungen von vermutlich doch der gleichen Stelle aus Gewalttaten verübt werden?
Ja, ich bin Ihrer Meinung; aber es muß in jedem Fall dem Betreffenden nachgewiesen werden. Ich muß Sie wiederum auf die Schwierigkeiten hinweisen. In der Tendenz und in der Beurteilung der Angelegenheit bin ich ganz Ihrer Meinung.
Noch eine Frage bitte!
Indem ich Bezug nehme auf die Antwort auf die vorhergehende Frage des Abgeordneten Kalbitzer, kann ich gleichzeitig zu meiner
Frage die Zusatzfrage stellen: Ist die Bundesregierung bereit, den Ländern zu empfehlen, von Asylheischenden eine schriftliche Erklärung zu fordern, daß sie das Asylrecht ihres Gastlandes achten werden?
Wir haben auf der Innenminister-Konferenz der Länder diese Fälle und überhaupt den ganzen Komplex schon wiederholt behandelt. Ich bin gern bereit, auch diese Anregung den Innenministern vorzulegen und sie zu unterstützen.
Eine weitere Frage, Herr Abgeordneter Dr. Schäfer.
Herr Minister, in wieviel Fällen haben Sie von diesen beiden Rechtsmöglichkeiten bis jetzt Gebrauch gemacht?
Es ist mir kein Fall in meiner eigenen Zuständigkeit bekannt. Ich bin aber gern bereit, das zu prüfen. Die Zuständigkeiten liegen ja in erster Linie bei den Ländern, Herr Kollege.
Eine weitere Frage, Herr Abgeordneter Felder.
Herr Minister, sind Sie bereit, diese Zusicherung auch auf die im Lager Zirndorf befindlichen Jugoslawen auszudehnen?
Ja.
Keine Zusatzfragen mehr. Frage VI/6 - des Herrn Abgeordneten Sänger -:
In welchem Bezug standen die führenden Kreise der kroatischen Emigrantenorganisationen zum Nationalsozialismus und Faschismus?
Wer die verwickelten politischen, ethnischen und religiösen Verhältnisse des südosteuropäischen Raumes und die diesen entsprechende Vielfalt von ({0}) Emigranten-Organisationen kennt, weiß, daß bei der Beurteilung derartiger Fragen vor verallgemeinernden Schlußfolgerungen gewarnt werden muß. Die zuständigen Behörden des Bundes und der Länder haben ihre Aufmerksamkeit insbesondere seit den bekannten Zwischenfällen der letzten Zeit auf die politischen Beziehungen und die Vergangenheit der in diesen Emigranten-Organisationen maßgeblichen Personen gerichtet. Dabei wurde festgestellt, daß die führenden Vertreter radikaler Emigranten-Organisationen dieser Art häufig auch schon in der Vergangenheit totalitären Ideologien nahegestanden haben.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Sanger.
Herr Minister, könnten Sie mit mir der Meinung sein, daß der Aufenthalt und die Tätigkeit früherer aktiver ausländischer Nazis und Faschisten in Deutschland dann unerträglich wird, wenn sie wieder im alten Geiste bei uns tätig zu werden sich bemühen?
Durchaus!
Und Sie sind bereit, Herr Minister, entsprechend zu handeln, daß das nicht wirksam werden kann?
Ich hoffe, daß das Hohe Haus den entsprechenden Vorschlägen auch seine Zustimmung gibt.
Eine weitere Frage, Herr Schmitt-Vockenhausen.
Herr Minister, wenn ich das richtig verstanden habe, wird auch Ihr Haus bei der Verschärfung der Vorschriften im Vereinsgesetz und im Ausländergesetz das Hohe Haus in seinen Bemühungen unterstützen?
Durchaus, und ich bin sehr dankbar, daß die Beratungen vorangetrieben worden sind und unmittelbar vor dem Abschluß stehen und eine Verabschiedung etwa im Oktober ermöglichen.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen. Frage VII/1 - des Abgeordneten Folger -:
Ist die Bundesregierung bereit, auf die zuständigen amerikanischen Dienststellen einzuwirken, daß die Gefährdung der Trinkwasserversorgung von Ober- und Unterschleißheim in Oberbayern und anderen Gemeinden für rund 20 000 Menschen durch Ablagerung von Altöl, Fetten und Fäkalien von Fahrzeugen der US-Armee auf dem südlichen Bereich des Flugplatzes Oberschleißheim beseitigt wird, nachdem die jahrelangen Bemühungen der örtlich zuständigen Behörden vergeblich waren?
Ihre Frage, Herr Kollege Folger, beantworte ich wie folgt:
Der Ihrer Frage zugrunde liegende Sachverhalt ist bisher dem Bundesministerium der Finanzen nicht bekannt gewesen. Auf Rückfrage hat der Bevollmächtigte des Landes Bayern beim Bund mitgeteilt, daß die Gefährdung der benachbarten Wasserversorgungsanlagen von Ober- und Unterschleißheim und anderer Gemeinden auf die Einleitung von Altöl, Abwässern und dergleichen in eine Kiesgrube innerhalb des in Anspruch genommenen Flugplatzgeländes zurückzuführen sei. Das in Betracht kommende Gelände liegt nicht innerhalb eines nach dem bayerischen Wassergesetz festgesetzten Schutzgebiets. Ob die Voraussetzungen für die Festsetzung eines Wasserschutzgebietes und den Erlaß entsprechender Schutzanordnungen im Sinne von Artikel 36 des bayerischen Wassergesetzes vorliegen, ist mir
Bundesminister Dr. Dahlgrün
nicht bekannt. Die Bayerische Staatskanzlei hat jedoch bereits im Jahre 1961 mit den Streitkräften über eine Abstellung der Mängel verhandelt. Sie haben daraufhin verschiedene Vorkehrungen getroffen. Neuerdings werden wieder Beschwerden erhoben, über die zur Zeit noch verhandelt wird. Für den Fall, daß diese Verhandlungen zu keinem zufriedenstellenden Ergebnis führen, ist das Bundesministerium der Finanzen gern bereit, in der Angelegenheit vermittelnd tätig zu werden.
Ich rufe auf die Frage VII/2 - des Herrn Abgeordneten Lemmrich -:
Welcher Art sind die Kredite, mit denen die Bundesregierung die Finanzierungslücke des 2. Vierjahresplanes für den Ausbau der Bundesfernstraßen schließen will?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort liegt noch nicht vor. Sie wird nach Eingang im Sitzungsbericht abgedruckt.
Ich schlage vor, die Fragestunde jetzt abzubrechen und die weiteren Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen in der nächsten Fragestunde zu beantworten.
Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf:
a) Mündlicher Bericht des Ausschusses für Petitionen ({0}) über seine Tätigkeit gemäß § 113 Abs. 1 der Geschäftsordnung;
b) Beratung der Sammelübersicht 18 des Ausschusses für Petitionen ({1}) über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages zu Petitionen und systematische Übersicht über die beim Deutschen Bundestag in der Zeit vom 17. Oktober 1961 bis 31. Mai 1963 eingegangenen Petitionen ({2}).
Berichterstatter ist der Abgeordnete Dr. Kübler. Er hat das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor 1200 Jahren mußte Harun al Raschid verkleidet durch das Land streichen, wenn er Fehler seiner Verwaltung, Lücken in den Gesetzen oder irgendeine Not innerhalb des Volkes entdecken wollte. Wir haben es heute leichter als dieser verkleidete Kalif von Bagdad; wir haben Bürger, die von sich aus an das Parlament schreiben. In der Zeit vom 1. März bis 31. Mai 1963, über die ich zu berichten habe, schrieben 2157 Bürger Petitionen an den Bundestag. Der Gesamtbestand der Petitionen hat sich dadurch in der vierten Wahlperiode auf 11 137 erhöht. Sie finden das ganze Zahlenmaterial auf den letzten Seiten des Ihnen vorliegenden Sammelberichts; ich möchte deshalb diese Zahlen nicht wiederholen, sondern sie nur interpretieren.
Erfreulich ist, daß bald 100/o aller Petenten nicht ein persönliches Anliegen, sondern Sorgen um das Allgemeinwohl vortragen. Besonders das Problem der Spaltung Deutschlands wurde von vielen Petenten angesprochen, als die Postgebühren für Geschenksendungen erhöht wurden. Viele Petenten gaben auch Anregungen zu augenblicklich in der Ausschußberatung befindlichen Gesetzesvorlagen wie z. B. zur Notstandsgesetzgebung, zur Strafrechtsreform, zum Sozialpaket, zur Flüchtlingshilfe, zur Kriegsopferversorgung und zum Mietrecht. Diese Petenten machen sich Sorgen um unseren Staat; sie fühlen sich zum Mitdenken und Mitarbeiten verpflichtet. Ich möchte dies als positiv herausstellen und betonen, auch wenn ein großer Teil dieser Petitionen durch die laufende Arbeit des Bundestages gegenstandslos wurde. Immerhin stieg die Zahl der an die ständigen Fachausschüsse oder an die Regierung als Material oder zur Kenntnisnahme überwiesenen Petitionen stark an. Wenn Sie von der Gesamtzahl aller Petitionen diejenigen abziehen, die an die Volksvertretungen der zuständigen Länder abgegeben werden mußten, sehen Sie, daß von allen im Ausschuß sachlich behandelten Petitionen fast 10 % an die Fachausschüsse als Material überwiesen wurden.
In den drei Monaten, über die ich zu berichten habe, betrug der durchschnittliche Posteingang pro Arbeitstag 67 Schreiben, während im Postausgang durchschnittlich 110 Schreiben bewältigt wurden. Da jeder Petent das Recht hat, so zu schreiben, wie es ihm ums Herz ist, und mancher auch schreibt, wie ihm der Schnabel gewachsen ist, haben wir im Ausschuß wegen der mundartlichen Vielfalt der Ausdrucksmöglichkeiten manchmal etwas Amüsement. Aber wir stehen doch auch ab und zu vor der heiklen Frage, ob gewisse Redewendungen und Gedankengänge noch tragbar sind. Ein kleiner Prozentsatz von Petitionen wurde deshalb wegen Respektlosigkeit zurückgewiesen. Der Petitionsausschuß hat übrigens seit 1957 bei immerhin 56 000 Petitionen nur dreimal gegen den Einsender wegen übler Nachrede oder Beleidigung vorgehen müssen.
Es mag durchaus sein, daß in einzelnen Behörden, die durch die Einholung von Stellungnahmen zu Petitionen vom Inhalt einer Petition etwas erfahren, andere Maßstäbe herrschen. Trotzdem legt der Ausschuß Wert auf die Feststellung, daß nur er allein darüber zu befinden hat, ob wegen des Inhalts einer Petition ein Straf-oder Disziplinarverfahren einzuleiten ist. Der Ausschuß hat während der Berichtszeit das Ersuchen des Bundeswehrdisziplinaranwalts um Aushändigung einer Petitionsakte abgelehnt. Er wird auch weiterhin alles tun, um zu verhindern, daß die Ausübung des Grundrechts nach Art. 17 des Grundgesetzes dadurch eingeengt wird, daß irgendein Petent Nachteile zu befürchten hat.
Ich habe eingangs meiner Ausführungen gesagt, daß wir es leichter haben als der Kalif Harun al Raschid, der seine Verwaltung nur verkleidet und heimlich kontrollieren konnte. Wir kontrollieren offen und nicht heimlich. Aber wir lassen uns diese Möglichkeiten offener Kontrolle nicht dadurch einengen, daß ein Ministerium etwa meint, der Petitionsausschuß wäre eine zur Rechts- und Amtshilfe verpflichtete Behörde.
({0})
Aus der laufenden Arbeit ist zu berichten, daß wie bisher die Sachgebiete Sozialversicherung mit 16 %, Lastenausgleich mit 11 % und Kriegsopfer3898
versorgung mit 9 % an der Spitze der Petitionen stehen und uns, zusammen mit den Petitionen der früheren Angehörigen des öffentlichen Dienstes, sehr nachdrücklich auf die Schäden hinweisen, die unser Volk durch den zweiten Weltkrieg und durch den Nationalsozialismus erlitten hat.
Wenn auch die meisten Forderungen nicht zu erfüllen waren, ist es doch noch erfreulich, daß 231 Petenten innerhalb des Vierten Bundestages bisher vom Petitionsausschuß voll geholfen werden konnte. Neben diesen 231 Einzellösungen wurde der im letzten Mündlichen Bericht geforderten Erweiterung des § 181 b ides Bundesbeamtengesetzes entsprochen und damit die in einer Reihe von Petitionen geforderte Hinterbliebenenversorgung von Polizeibeamten, die nach dem 8. Mai 1945 im Gewahrsam einer ausländischen Macht verstorben waren, neu gelöst; bisher abgelehnte Ansprüche werden von Amts wegen neu geprüft.
Aus der Erfahrung, die eine Fülle von Petitionen vermittelt, möchte der Ausschuß an einen bestimmten Personenkreis eine Empfehlung geben. Ein Teil der Eingaben befaßt sich nämlich immer wieder mit der schleppenden, verzögerten Feststellung der Angestelltenversicherungsrenten. Der Ausschuß geht auch diesen Petitionen gewissenhaft nach und ist mit dem Versicherungsträger und der Aufsichtsbehörde darum bemüht, die Versicherten möglichst bald nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsleben in den Genuß des Altersruhegeldes zu bringen, um Unsicherheiten in wirtschaftlicher Hinsicht und die Notwendigkeit der Inanspruchnahme von Sozialhilfe zu vermeiden. Er hat sich jedoch, auch anläßlich eines Besuches in der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte in Berlin, leider davon überzeugen müssen, daß das Rentenfeststellungsverfahren entsprechend den Notwendigkeiten der modernen Bürotechnik und auf Grund anderer, zum Teil gesetzgeberischer Faktoren im Normalfall einige Zeit - und diese normale Zeit ist leider heute durchschnittlich etwa drei Monate - dauert und daß bei Versicherungsfällen am Anfang eines Kalenderjahres ein noch längerer Zeitraum in Anspruch genommen wird. Die Rente kann daher aus technischen Gründen oft nicht im Anschluß an den Monat gezahlt werden, in dem der Versicherte das 65. Lebensjahr vollendet. Aus diesem Grunde empfiehlt der Ausschuß den Versicherten, in ihrem eigenen Interesse das Altersruhegeld möglichst mindestens drei Monate vor Vollendung des 65. Lebensjahres zu beantragen.
In einem einzigen Fall hat der Ausschuß eine Eingabe mit der sehr seltenen, aber stärksten ihm zur Verfügung stehenden Benotung versehen, nämlich „Überweisung an die Bundesregierung zur Berücksichtigung". Der Petent war ein Oberpostrat, der von seiner Behörde in der Zeit vom 20. November bis 17. Dezember 1961 ohne Dienstbezüge beurlaubt war, um als Gutachter auf dem Gebiet der Entwicklungshilfe im Ausland tätig sein zu können. Am 13. Dezember 1961 verkündete die Bundesregierung den bekannten Entschluß, wonach den am 30. November 1961 vorhandenen Beamten und Richtern des Bundes sowie Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit ein sofortiger Vorschuß auf die laufenden Bezüge auszuzahlen war, sofern ihnen für den Monat Dezember 1961 volle Dienstbezüge zustanden. Dem Petenten, der erst ab 18. Dezember 1961 wieder seine Dienstbezüge erhielt, wurde dieser - den Zahlungsempfängern später belassene - Vorschuß verweigert. Der Ausschuß ist, übrigens gemeinsam mit dem Bundesminister für Post- und Fernmeldewesen der Auffassung, daß bei dieser ohne Dienstbezüge, aber im dienstlichen Interesse erfolgten Beurlaubung die Nichtzahlung ,des Vorschusses eine Härte bedeutet. Er ersuchte daher in der gewählten Form des Beschlusses die Bundesregierung darum, dem Anliegen des Einsenders auf Nachzahlung zu entsprechen.
Wir erleben im Petitionsausschuß leider oft und schmerzlich die Grenze unserer Hilfsmöglichkeiten. Einer Petentin, die neben der deutschen Staatsangehörigkeit noch die bolivianische besitzt und die von 1927 bis 1952 in Bolivien lebte, konnten wir nicht die Entschädigung verschaffen, die ihr für die Enteignung ihres Familienbesitzes im Zuge der bolivianischen Ackerreform im Jahre 1952 zustünde, wenn sie entweder in Bolivien lebte oder nur die deutsche Staatsangehörigkeit hätte.
In einem einzigen. Falle konnten wir über die Normen des Rechtsstaates hinaus Hilfe bringen. Dieser Fall wurde schon im Tätigkeitsbericht vom 24. Januar 1962 erwähnt. Eine Petentin, die nach einem ärztlichen Eingriff im Jahre 1948 vollständig gelähmt worden war, heute pflegebedürftig und arbeitsunfähig ist, hatte alle gegen das Land Baden-Württemberg als Krankenhausträger angestrengten Schadensersatzklagen rechtskräftig verloren. Sie wandte sich schließlich an den Petitionsausschuß. Den in der Eingabe gegebenen Anregungen auf Einführung einer Gefährdungshaftung für die ärztliche Tätigkeit und auf Schaffung einer Versicherung des Operationsrisikos konnte zwar nicht gefolgt werden, aber auf Grund der Empfehlungen des Ausschusses in der 12. Bundestagssitzung am 24. Januar 1962, der besonderen Tragik dieses Falles durch eine einmalige Beihilfe Rechnung zu tragen, wurde der Petentin in diesen Tagen - und das ist das Erfreuliche - durch das Land Baden-Württemberg ohne Anerkennung einer Rechtspflicht eine einmalige Entschädigung von 20 000 DM gewährt mit der Maßgabe, daß sich der Landesfürsorgeverband als der für die Anstaltspflege zuständige Träger verpflichtet, diese vom Land gewährte Entschädigung nicht zur Deckung der getragenen und noch zu tragenden Pflegekosten in Anspruch zu nehmen.
Meine Damen und Herren, es mag wenig sein, wenn aus der Flut dieser Eingaben nur in Einzelfällen einmal eine Hilfe gebracht werden kann, und für einen Politiker ist in der Tat im Petitionsausschuß kein parlamentarischer Lorbeer zu verdienen. Aber erlauben Sie mir zum Schluß nochmals einen Vergleich mit dem schon zweimal zitierten Kalifen aus Bagdad. Weil dort kein Amtsstellenleiter wußte, ob nicht unter der Maske des ärmsten Bittstellers der Souverän selbst auftauchte, ging alles in geordneten Bahnen, und das Volk vertraute auf Ordnung und Recht. Bei uns heute kann hinter der Petition des letzten und ärmsten Bürgers, der vielDr. Kübler
leicht ohne Satzzeichen, mit grammatikalischen Fehlern und in unbeholfenen Mundartausdrücken schreibt, auch der Souverän dieses Volkes stehen, wenn Sie, meine Damen und Herren, dem Ihnen vorliegenden Antrag des Petitionsausschusses zustimmen.
({1})
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Wird eine Aussprache gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Wir kommen zur Beschlußfassung über den Antrag des Ausschusses:
Der Bundestag wolle beschließen,
die in der nachfolgenden Sammelübersicht enthaltenen Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages zu Petitionen anzunehmen.
Wer diesem Antrag des Ausschusses zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag ist einstimmig angenommen.
Ich rufe auf Punkt 4 der Tagesordnung:
Große Anfrage der Fraktion der SPD betreffend Kostensenkung in der Landwirtschaft ({0}).
Das Wort zur Begründung hat der Herr Abgeordnete Frehsee.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als nach der Hungerperiode der ersten Nachkriegsjahre die Wirtschaft der Bundesrepublik einen kräftigen Aufschwung erlebte, zeigte sich sehr bald, daß große Teile der Landwirtschaft von diesem allgemeinen Aufschwung und der damit verbundenen günstigen Einkommensentwicklung nur in recht bescheidenem Maße berührt wurden. Die in der Landwirtschaft - besonders in den kleineren und strukturell benachteiligten Betrieben - erzielten Einkommen blieben immer deutlicher hinter den in anderen Wirtschaftszweigen für vergleichbare Tätigkeit erreichbaren zurück.
Unter dem Eindruck dieser Situation kam es 1952 zu der Paritätsforderung der deutschen Landwirtschaft, zur Forderung nach weitgehender Angleichung der landwirtschaftlichen Einkommen an die der übrigen Wirtschaftsbereiche. Diese Paritätsforderung gab den Anstoß zu einer umfassenden öffentlichen Diskussion über die Notwendigkeit und die im Rahmen unserer Wirtschaftsordnung bestehenden Möglichkeiten einer Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Lage der in der Landwirtschaft Tätigen. Der Bundestag verabschiedete vor fast genau acht Jahren, am 8. Juli 1955, einstimmig das Landwirtschaftsgesetz, in dessen § 1 es heißt, daß „die Landwirtschaft mit den Mitteln der allgemeinen Wirtschafts- und Agrarpolitik" in den Stand gesetzt werden soll, „die für sie bestehenden naturbedingten und wirtschaftlichen Nachteile gegenüber anderen Wirtschaftsbereichen auszugleichen und ihre Produktivität zu steigern". Insbesondere sollen die Mittel der Handels-, Steuer-, Kredit- und der Preispolitik angewandt werden. Sozialdemokratische Anträge, auch die Finanzpolitik und die Sozialpolitik in den Katalog dieser Mittel aufzunehmen, verfielen der Ablehnung.
Es ist interessant, daß in den acht Jahren seit Bestehen des Landwirtschaftsgesetzes, in den acht Grünen Plänen, die seitdem beschlossen wurden, von der Bundesregierung vorwiegend finanzpolitische Maßnahmen - so muß man in diesem Zusammenhang die Subventionen zweifellos nennen - vorgeschlagen und vom Bundestag beschlossen wurden. Es sind auch handels-, steuer-, kredit- und preispolitische Maßnahmen ergriffen worden. Seit der Einführung der landwirtschaftlichen Altershilfe gewähren wir der Landwirtschaft in letzter Zeit in sehr schnell zunehmendem Maße erhebliche Beträge für sozialpolitische Zwecke.
Der Gesetzbefehl -- wie der Kollege Lücker damals den Auftrag des § 1 des Landwirtschaftsgesetzes bezeichnet hat - wurde also, wenn auch regelmäßig mit unbefriedigendem Ergebnis, auf sehr verschiedenartige Weise befolgt. Nur in einem Punkt stoßen wir auf eine große Lücke: das ist die allgemeine Wirtschaftspolitik. Wenn man von den mittelbaren Wirkungen der allgemeinen Wirtschaftspolitik auf die Absatzverhältnisse der Landwirtschaft, der Wohlstandsentwicklung, der Kaufkraftsteigerung absieht, sind unmittelbare Maßnahmen der allgemeinen Wirtschaftspolitik zugunsten der landwirtschaftlichen Betriebe und der in ihr tätigen Menschen nicht ergriffen worden. Es hat aber sehr negative mittelbare Wirkungen der allgemeinen Wirtschaftspolitik auf die Lage der landwirtschaftlichen Betriebe gegeben. Die Betriebsausgaben sind von 7,1 Milliarden DM im Jahre 1950/51 auf 16,2 Milliarden DM im Wirtschaftsjahr 1961/62 angestiegen. Um es hier gleich vorwegzunehmen: daran sind nicht die landwirtschaftlichen Löhne schuld. Der Anteil der Bruttobarlöhne für fremde Arbeitskräfte ist von 17,6 % der gesamten Betriebsausgaben im Jahre 1950/51 auf 9,1 % der gesamten Betriebsausgaben im Jahre 1961/62 gesunken. Der Index der landwirtschaftlichen Betriebsausgaben liegt im Vergleich zur Vorkriegszeit, d. h. wenn man die Jahre von 1935 bis 1938 gleich hundert setzt, jetzt bei 423.
Aus diesen Zahlen wird deutlich, warum die bäuerliche Bevölkerung angesichts eines auf Jahre hinaus feststehenden Preisniveaus und ständig weitersteigender Betriebsausgaben unruhig geworden ist, sich abgehängt fühlt und besorgt ist, den Einkommensabstand zu vergleichbaren gewerblichen Berufsgruppen bei einer Fortsetzung dieser allgemeinen Wirtschaftspolitik und der gegenwärtigen Agrarpolitik niemals mehr aufholen zu können.
Diesen Einkommensabstand weist der Grüne Bericht 1963, den wir vor fast vier Monaten in diesem Hohen Hause eingehend diskutiert haben, mit 38 % aus. Während die sogenannten „Vergleichslöhner", die auf dem Lande Tür an Tür und Haus an Haus
mit den Bauern wohnenden gewerblichen Arbeitnehmer, im Wirtschaftsjahr 1961/62 im Durchschnitt 5975 DM erzielten, betrug das Einkommen je Vollarbeitskraft - das ist eine statistische Größe; die 3,2 Millionen in der Landwirtschaft jetzt noch tätigen ständigen Arbeitskräfte sind auf 2,2 Millionen „Vollarbeitskräfte" umgerechnet - in dem gleichen Zeitraum einschließlich der rund 800 DM pro Kopf betragenden Hilfen aus dem Grünen Plan nur 3701 DM.
Die Sprecher der Fraktion der SPD haben in den vergangenen Jahren in den Grünen Debatten regelmäßig mit Nachdruck darauf hingewiesen, daß neben den strukturpolitischen, kredit- und finanzpolitischen und neben sozialpolitischen Maßnahmen auch Maßnahmen zur Kostensenkung in den landwirtschaftlichen Betrieben angestrebt werden sollten. Wir haben die Bundesregierung immer wieder aufgefordert, Bemühungen in dieser Richtung anzustellen, - leider bisher ohne spürbaren Erfolg.
Es ist die Aufgabe dieser nunmehr von der Fraktion der SPD vorgelegten Großen Anfrage, die Möglichkeiten einer allgemeinen und wirksamen Kostensenkung bei den landwirtschaftlichen Betriebsmitteln zu erörtern und zu prüfen und die Regierung zu ernsthaften Anstrengungen zu veranlassen. Wir hoffen auch, daß wir mit der heutigen Erörterung eine allgemeine öffentliche Diskussion anregen. Dabei wird sich nicht vermeiden lassen, manches heiße Eisen anzufassen. Das liegt aber im Interesse der in der Landwirtschaft tätigen Menschen und letzten Endes im Interesse von uns allen.
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Die Sozialdemokratische Partei ist der Auffassung, daß eine der Hauptforderungen des Deutschen Bauernverbandes besonders berechtigt ist, nämlich die Forderung nach Weitergabe der Rationalisierungsgewinne in den Industrien, die landwirtschaftliche Betriebsmittel produzieren, - wie die SPD allgemein für die Weitergabe der Rationalisierungsgewinne an den Verbraucher eintritt. Die Landwirtschaft kann die Forderung nach Weitergabe der Rationalisierungsgewinne der Industrie mit gutem Recht stellen, weil sie selbst mit gutem Beispiel vorangegangen ist. Sie hat seit 1950 rund 21/2 Millionen Arbeitskräfte an die gewerbliche Wirtschaft abgegeben. Das Agrarpreisniveau ist in den letzten 10 Jahren nur ganz geringfügig angestiegen.
Die Agrarpolitik ist von der Bundesregierung bisher - leider - immer sehr isoliert von der übrigen Wirtschaftspolitik gehandhabt worden. Die Landwirtschaft erhielt zwar eine Fülle von finanziellen Hilfen zur Struktur- und Einkommensverbesserung, aber es geschah nichts, um den allgemeinen inflationistischen Trend aufzuhalten, der die Landwirtschaft besonders belastet. Was nützt z. B. die beste Kreditverbilligung, wenn Maschinen oder Anlagen derart teuer sind, daß man auch dann noch amortisieren muß, wenn die Anlage längst überholt oder die Maschine schrottreif ist? Was nützt die enorme Einsparung an Arbeitskräften, die die Landwirtschaft vorgenommen hat, wenn das Kapital, das zum Ersatz der Arbeitskräfte in Anspruch genommen werden muß, die Betriebe so stark belastet, daß bei der notwendigen Mechanisierung die Grenzen des Tragbaren immer sehr schnell überschritten werden?
Dabei bildete die Kostensenkung durchaus einen Programmpunkt der Agrarpolitik der Bundesregierung. Der Bundeskanzler nahm darauf in seiner Regierungserklärung von 1953 Bezug. Er sagte: „Hier ist also in Zusammenarbeit mit der Industrie der Hebel anzusetzen."
Auch 1957 und 1958 - das ist in den Protokollen der 195. Sitzung in der 2. und in der 14. der 3. Legislaturperiode des Bundestages nachzulesen - war die Kostensenkung eines der Hauptziele der damaligen Bundesregierung, des damaligen Bundesministers für Landwirtschaft, unseres jetzigen Bundespräsidenten, Dr. Heinrich Lübke. Er ist damit leider erfolglos geblieben. Weder in der Bundesregierung noch bei der Industrie fand er die ausreichende Unterstützung. Er suchte und fand dann einen Ausweg. Er fand den Ausweg mit der Einführung der Zinsverbilligungsmaßnahmen.
Es ist die Frage, ob wir uns einfach und vielleicht endgültig damit abzufinden haben, daß in dieser wirtschaftlichen Ordnung, die wir hier haben, alle Bemühungen um eine Kostensenkung von vornherein zur Erfolglosigkeit verurteilt sind. Ist es Unvermögen oder ist es Mangel an Entschlossenheit, die aus der Bemerkung des Bundeskanzlers vom 6. Februar dieses Jahres hier herausklang, die Bundesregierung habe sich ja ständig bemüht, die Landwirtschaft auf der Kostenseite zu entlasten?
Lassen Sie mich nun zur Rechtfertigung und zur Begründung der einzelnen Fragen dieser Großen Anfrage in der Reihenfolge dieser Fragen auf einzelne Tatbestände hinweisen. Im Wirtschaftsjahr 1961/62 kaufte die deutsche Landwirtschaft Handelsdünger im Werte von 1374 Millionen DM. In diesem Jahre lag der Preisindex, bezogen auf 1958/59 gleich 100, bei 109,8. Im laufenden Wirtschaftsjahr ist mit einem Durchschnitt von 110 bis 111 zu rechnen.
Nun ist bei diesen Preisteigerungen folgendes zu berücksichtigen. Auf Grund der Düngemittelverordnung setzt die Bundesregierung für das Inland Höchstpreise fest. Die Preissteigerungen werden also mit Willen der Bundesregierung vorgenommen. Um die Landwirtschaft nicht zu verärgern, gab man ihr die Düngemittelsubvention, die jetzt abgebaut wird. Die Industrie konnte also unter dem Deckmantel dieser Subvention die Preise erhöhen, das heißt, die Bundesregierung gab Subventionen an die Bauern, erhöhte aber gleichzeitig die Preise für Düngemittel, und zwar von 1958 auf 1959 gleich um 8 °/o, und baut nun die Düngemittelsubventionen ab, die gestiegenen Düngemittelpreise jedoch nicht.
Die Unterschiede zwischen Import-, Export- und Inlandspreisen für Düngemittel sind geradezu enorm. Da der Import unbedeutend ist, kann sich die Betrachtung auf den Export konzentrieren, in erster Linie auf den Stickstoffexport. Die deutsche Stickstoffindustrie exportiert 45 % ihrer Produktion. Sie exportiert diese 45 % zu Preisen, die durchweg 75 % bis 100 % unter den Inlandspreisen liegen. Zu diesem Ergebnis führten nicht nur unsere eigenen Untersuchungen, sondern ebenso eine DüngemittelFrehsee
enquete der EWG-Kommission, die von Professor Albers durchgeführt wurde, gegen deren Veröffentlichung übrigens naturgemäß die europäische Stickstoffindustrie heftig protestiert hat. Bei diesem hohen Exportanteil handelt es sich einwandfrei um eine Exportsubventionierung, die von den inländischen Düngemittelbeziehern bezahlt werden muß.
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Im Jahre 1958/59 wurde dieser Fragenkomplex von der damaligen DP unter Federführung des Kollegen Logemann in zwei Kleinen Anfragen - Drucksachen 575 und 742 - angesprochen. Das Bundeswirtschaftsministerium antwortete mit den Drucksachen 662 und 816, alles in der 3. Legislaturperiode. In Drucksache 816 heißt es:
Eine Subventionierung . . . von Exportgeschäften durch überhöhte Inlandspreise wäre in der Tat gesamtwirtschaftlich gesehen bedenklich.
Dieses „in der Tat" läßt vermuten, Herr Staatssekretär Dr. Westrick, daß diese Antwort auf die Kleine Anfrage des Kollegen Logemann damals von Ihnen formuliert worden ist.
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- In der Tat! Weiter heißt es in Ihrer Antwort:
Die Tatsache, daß Ausfuhrpreise unter Inlandspreisen liegen, kann jedoch für sich allein noch nicht als Beweis für eine Export-Subventionierung zu Lasten des Inlandsverbrauchers angesehen werden.
Weiter unten heißt es dann in dieser Antwort auf die Kleine Anfrage des Kollegen Logemann sinngemäß:
Die exportierten Mengen bewirken, selbst wenn ihr Preis unter den Selbstkosten liegen sollte, eine Kostendegression für die gesamte Produktion. Durch die Exporterlöse würde dann zumindest noch ein Teil der fixen Kosten gedeckt werden.
Ich verstehe heute noch nicht, Herr Kollege Logemann, wie Sie sich mit einer solchen Antwort damals haben abfinden können. Diese Stellungnahme geht doch offensichtlich von der Voraussetzung aus, daß sämtliche bestehenden Überkapazitäten in der Düngemittelproduktion ausgelastet sein müßten.
Meine Damen und Herren, wo gibt es denn so etwas in der übrigen Wirtschaft? - Wenn in der Landwirtschaft zuviel Gemüse oder Kartoffeln angebaut oder zuviel Schweine gemästet werden, so folgt automatisch der Preis. Niemand fragt nach der Auslastung der Kapazitäten, im Gegenteil. Anstatt nun in der Düngemittelindustrie die unrentablen Grenzbetriebe, die bei normaler Konkurrenz verschwinden würden, abzubauen, wird alles künstlich hochgehalten, und die hohen Kosten und Gewinne werden von der Landwirtschaft gezahlt, deren Einkommen um 38 °/o unter dem Einkommen vergleichbarer Arbeitnehmer in der gewerblichen Wirtschaft liegt.
Dabei darf ich in Erinnerung rufen, was ich vorhin schon gesagt habe, daß nämlich die Düngemittelpreise von der Bundesregierung festgesetzt werden. Dafür muß doch das Bundeswirtschaftsministerium Unterlagen haben, die nur mittels Kostenuntersuchung zu bekommen sind. Die einzige gründliche Untersuchung wurde 1953 vorgenommen. Seitdem hat sich vieles geändert. Insbesondere sind neben die damaligen der Untersuchung zugrunde liegenden teuren carbochemischen Verfahren, d. h. auf Kohlebasis beruhenden, die wesentlich billigeren petrochemischen Verfahren, d. h. auf Ölbasis beruhenden Verfahren, getreten. Die Werke, die diese Verfahren praktizieren --- es sind 2 große Werke in Südwest-Deutschland -, machen natürlich immense Gewinne, und der Bauer bezahlt das alles.
Die Gutachter der Kommission der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft stellen fest: Die Stickstoffindustrie hat in den einzelnen Ländern ein Verkaufsyndikat gebildet, das den inneren Wettbewerb vollkommen ausschaltet. Auf Grund von geheimgehaltenen Vereinbarungen wurden die nationalen Märkte der jeweiligen nationalen Industrie vorbehalten. Ständig steigende Preise der Düngemittel für die Bauern und anomal hohe monopolistische Gewinnspannen sind die Folge. Dies ist eine Feststellung der EWG. Unser Bundesministerium für Wirtschaft geht, man muß schon sagen, sehr gutgläubig - oder? ({3}) von Wettbewerbspreisen aus.
Jeder, der die Materie ein wenig kennt, weiß, daß vor einigen Jahren Bestrebungen bestanden, über Kali und Phosphor auch bei Stickstoff ein Kartell zu bilden. Dort haben wir nämlich 3 große Produzenten: das Verkaufssyndikat Ruhrstickstoff, die BASF und Hoechst. Da jedoch damals Ruhrstickstoff den größten Marktanteil hatte und die beiden anderen sich Ausweitung ihres Absatzes erhofften, und zwar über die vorgeschlagenen Quoten hinaus, lehnten sie ab. Nun, heute haben sie größere Quoten, und die Märkte sind durch geheime Absprachen gesichert. Zudem wurde im vorigen Jahr in Zürich ein Exportkartell mit dem Namen Nitrex gegründet, um den Wettbewerb auch auf den Weltmarkt so weit wie irgend möglich zu beseitigen und gleichzeitig in Europa die bereits abgesprochenen Gebiete und Preise zu fixieren. Die Industrien hielten es übrigens nicht für nötig, dieses Kartell anzumelden, wie aus Brüssel verlautet.
Daß Stickstoff wesentlich billiger geliefert werden kann, als zur Zeit der Preis auf dem deutschen Markt ist, beweisen nicht nur die 45 % Exportlieferungen zum halben Preis, sondern auch die junge italienische ENI-Tochter ANIC in Ravenna, die sich weigerte, Nitrex beizutreten, und heute Stickstoffdüngemittel 30% unter dem italienischen Preis anbietet.
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Außerdem haben amerikanische Firmen Exportoffensiven in Europa zu bedeutend billigeren Preisen angekündigt. Dagegen läuft zur Zeit die Stickstoffindustrie schon wieder Sturm.
Im Thomas-Phosphat-Syndikat sind dreizehn Thomasmehl produzierende Hüttenwerke zusammengeschlossen. Thomasmehl ist ein Phosphordüngemittel.
Die Werke verpflichteten sich, über eine gemeinsame Verkaufsstelle, die Thomasphosphat-Fabriken GmbH in Düsseldorf, zu einheitlicher Preisliste zu verkaufen. Da der Staat Höchstpreise festsetzt, wäre ein Wettbewerb unterhalb dieser Grenze denkbar. Durch den Verkauf zu Einheitspreisen jedoch kann sich ein solcher nicht entwickeln. Da die deutsche Produktion zur Bedarfsdeckung nicht ausreicht und 20 0/o aus Belgien und Luxemburg importiert werden müssen, sollte man annehmen, daß wenigstens von dieser Seite her ein gewisser Wettbewerb inszeniert würde. Verfolgt man jedoch den Weg der Importware, so kommen folgende eigenartige Praktiken ans Licht.
Importeure des Thomasmehls sind neun inländische Großhandelsunternehmen, die sich auf dem Inlandsmarkt gleichzeitig als Großhändler betätigen. Am größten Importunternehmen, der Thomasmehl GmbH in Köln, sind nun acht Kartellmitglieder des Thomas-Phosphat-Syndikats mit Geschäftsanteilen von 51 % beteiligt. So ist es nicht verwunderlich daß die Importeure, und zwar alle, nicht etwa das zu niedrigeren Preisen importierte Thomasmehl an den Einzelhandel abgeben, sondern daß sie es zuerst dem Thomas-Phosphat-Syndikat zur Verfügung stellen. Dieses wiederum verkauft es an denselben Importeur zurück, der nun als Großhändler auftritt. Von »er aus geht es dann an den Einzelhandel und enolich an den Verbraucher.
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Am Ende ergibt sich - wie könnte es anders sein! - für ausländisches Thomasmehl derselbe Preis wie für inländisches. Das Syndikat hat somit über den gesamten inländischen Markt ein Monopol sowohl im Bereich der Produktion wie auf der Handelsebene. Es kontrolliert und steuert den gesamten Inlandsverbrauch.
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Das Bundeskartellamt machte bei der Erlaubniserteilung den Mitgliedern neben anderem zur Auflage, sowohl aus dem Importunternehmen auszuscheiden als auch den Passus des Kartellvertrages, der das Importmonopol begründet, zu streichen. Dies habe nichts mehr mit Rationalisierungsmaßnahmen zu tun. Es diene ausschließlich dazu, den gesamten Absatz zu beherrschen.
Das Thomas-Phosphat-Syndikat legte gegen diese Auflage Einspruch ein und kam - man glaubt es kaum - damit durch. Sowohl die Beteiligung an den Importunternehmen wurde gestattet „solange bis ein Mißbrauch nachgewiesen werde", als auch die Auflage, den Handel mit importiertem Thomasmehl einzustellen, wurde fallengelassen.
Wie es insbesondere zu dieser letzten Entscheidung des Kammergerichts von Berlin vom 6. Juni kommen konnte, erscheint völlig unverständlich. Die Entscheidung kann als Präjudiz möglicherweise sehr weitgehende Folgen haben.
Der Markt wird nunmehr wieder vollkommen vom Thomas-Phosphat-Syndikat beherrscht. Der Laie steht solchen Praktiken der Industrie und des Handels, die zudem noch von den Gerichten unterstützt werden, verständnislos gegenüber. Man kann nur hoffen, daß das Kartellamt, wie es angekündigt hat, trotz des Urteils des Kammergerichts die Syndikatserlaubnis auch wirklich zurückzieht.
Nun einige Bemerkungen zu den Landmaschinen und Ackerschleppern.
Im Wirtschaftsjahr 1961/62 kaufte die deutsche Landwirtschaft Maschinen im Werte von 21/2 Mil-harden DM. Den größten Posten stellten dabei die Ackerschlepper dar, für die 1,142 Milliarden DM ausgegeben wurden. Der Preisindex, Basis 1958/59 gleich 100, kletterte bis Ende des Jahres 1962 auf 111. Im Wirtschaftsjahr 1961/62 allein betrug die Steigerung 4 %. Für die Unterhaltung der Maschinen wurden 1,73 Milliarden DM ausgegeben. Hier stieg der Index auf 119,5 am Ende des Jahres. Die Preissteigerung im Wirtschaftsjahr 1961 betrug 5 %. Es sind jedoch nicht die Preissteigerungen allein, die alarmierend sind, sondern folgende weitere Tatsachen.
Die deutsche Schlepperindustrie exportiert 30 % ihrer Produktion. Vergleicht man die Listenpreise der Schlepper in Deutschland mit den Netto-Exportpreisen, d. h. ,den Preisen des Herstellerwerkes bei Grenzübertritt, so ergeben sich Preisunterschiede bis zu 100 °/o. Die Netto-Exportpreise sind zwar nicht exakt vergleichbar, da die exportierten Schlepper meist nicht die gleiche Ausrüstung, meist keine komplette Ausrüstung haben wie die im Inland verkauften. Darauf hinzuweisen hat sich ja die Landmaschinen- und Ackerschleppervereinigung wenige Tage nach VeröffentlichungidieserGroßenAnfrage der SPD beeilt. Aber selbst wenn für diese Dinge ein Abschlag berechtigt ist und die höhere fiskalische Belastung in Rechnung gestellt wird, bleiben Unterschiede bis zu 80 %. Wenn die deutsche Schlepper-industrie nicht mit gespaltenen Preisen arbeitet, also das Inland und das Ausland zu gleichen Preisen beliefert, ergeben sich immense Spannen, besonders im Vergleich zum Ausland.
Zwei Beispiele: Im vergangenen Jahr konnte man in England den 30-PS-Porschediesel, der in Deutschland 12 500 DM kostete, für 8680 DM
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und den Claas-Mähdrescher Matador, Selbstfahrer 81/2 Fuß, mit Bunkerausrüstung für 26 000 DM kaufen, während er bei uns 33 000 DM kostete.
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Zu diesem Punkt wird sicher nachher darauf hingewiesen werden, daß die Mähdrescherpreise jetzt bei gleicher Ausrüstung bis zu 4000 DM gesenkt worden sind, und zwar jetzt ganz neuerdings. Aber in diesem Zusammenhang interessiert nur, daß die Senkung um 4000 DM möglich ist.
Bei den Importen ist es nicht anders. So kostete der Fordson Super Dexta in Deutschland 13 550 DM, in England 7230, einschließlich Kupplung, unabhängiger Zapfwelle und Hydraulik 8500 DM. Der Super Major kostete in England 9800 DM und bei uns 15 875 DM, der Massey-Ferguson MF 65 in England 9279 DM und in Deutschland 16 700 DM. Das sind Verkaufspreise. Nehmen Sie Netto-Exportpreise frei Grenze und vergleichen Sie sie mit den
Inlandsverkaufspreisen, so ergeben sich für Zoll, Umsatzausgleichsteuer und die verschiedenen Handelsspannen wieder 100 und zum Teil mehr als 100 %.
Wir fragen die Bundesregierung, was sie zu tun gedenkt, solchen eklatanten Preisunterschieden entgegenzutreten und Kostensenkungen im Interesse der Landwirtschaft zu erzwingen. Es gibt hierzu unzählige Möglichkeiten, von der Zollsenkung angefangen bis zur Typenbereinigung, der besseren Einschaltung des Genossenschaftswesens oder der wirksameren Veröffentlichung der KTL-Prüfungsberichte usw. usw.
Lassen Sie mich nun einiges zu den Kosten für die Unterhaltung der Gebäude und den Kosten der Neubauten sagen. Diese Probleme sind Ihnen vermutlich vom Wohnungsbau her wesentlich geläufiger als die Preis- und Gewinnspannenprobleme bei den Düngemitteln und Landmaschinen. Die Landwirtschaft hat für die Unterhaltung ihrer Gebäude im letzten Wirtschaftsjahr 490 Millionen DM, für die Neubauten 1010 Millionen DM ausgegeben. Der Index -- bezogen auf 1958/59 - 100 - steht bei 128,8, und die Steigerung im letzten Wirtschaftsjahr betrug 12 %. Auf dem Lande war die Steigerung wegen der ungünstigeren Infrastruktur meist größer als in der Stadt. Die Landwirtschaft ist aber auf Um-und Neubauten angewiesen, wenn sie mechanisieren und rationalisieren und neue Arbeitsverfahren und -methoden einführen soll.
) Warum hat die Bundesregierung beispielsweise nichts getan, um die von der landwirtschaftlichen Fachwelt seit langem geforderte Entwicklung zum Baukastensystem für Wirtschaftsgebäude, die Vorfertigung oder Teilvorfertigung von Baukastenelementen für möglichst vielfältig gruppierbare und aneinanderreihbare Stall- und Bergeraumeinheiten zu fördern? Meine Freunde vom Bau- und Wohnungswesen haben auf solche Möglichkeiten in diesem Haus und besonders nachdrücklich bei den Diskussionen um den Baustopp immer wieder hingewiesen.
Düngemittel, Landmaschinen, besonders Schlepper und Bauten sind die Positionen, bei denen die Preise besonders stark angestiegen sind und vielfach überhöht sind und bei denen Kostensenkungen in erster Linie möglich sein sollten.
Gerechterweise sei vermerkt, daß die Kosten für Schmierstoffe, Treib- und Brennstoffe, Strom- und Pflanzenschutzmittel nicht gestiegen, sondern leicht gesunken sind. Das besagt aber in keiner Weise, daß bei diesen Positionen keine Möglichkeiten zu weiteren Preissenkungen vorhanden wären. Einerseits handelt es sich hier um Industrien, die nahezu' absolut automatisierbar sind, und andererseits waren die Anfangspreise, an denen der Index ausgerichtet wurde, meist relativ hoch angesetzt.
Damit komme ich zum Schluß. Das Einkommen der in der Landwirtschaft tätigen Vollarbeitskräfte resultiert aus dem Überschuß der Verkaufserlöse über die Betriebsausgaben. Jede Senkung der Betriebsausgaben kann zu einer Erhöhung der landwirtschaftlichen Einkommen führen. Das Agrarpreisniveau ist eingefroren. Die landwirtschaftlichen Einkommen können also nur entweder durch Strukturverbesserungen und durch Subventionen oder durch eine Senkung der Kosten der landwirtschaftlichen Produktion verbessert werden. Verlassen wir uns nicht völlig auf die Subventionen! Auch ihnen sind Grenzen gesetzt. Das beweist die Reaktion auf die Forderung des Deutschen Bauernverbandes vom 10. Juni. Das muß angesichts der Diskussion dieser Tage über den Bundeshaushalt 1963 und die Perspektiven für den Bundeshaushalt des nächsten Jahres auch dem letzten Optimisten deutlich werden. Entschlossene wirtschaftspolitische Maßnahmen, die zu Preissenkungen bei den landwirtschaftlichen Betriebsmitteln führen, sind das Gebot der Stunde.
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Das Wort zur Beantwortung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD hat der Herr Bundesminister für Wirtschaft.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich beantworte die Große Anfrage der Fraktion der SPD im Namen der Bundesregierung wie folgt.
Frage 1:
Ist die Bundesregierung in der Lage und bereit, dem Deutschen Bundestag über die Ergebnisse ihrer wiederholt angekündigten Maßnahmen zur Kostensenkung in der Landwirtschaft zu berichten?
Ich antworte: Die Bundesregierung hat sich in den zurückliegenden Jahren mehrfach für eine Senkung der Preise für die von der Landwirtschaft benötigten Betriebsmittel eingesetzt. Die fortschreitende Rationalisierung der Herstellerbetriebe sowie der zunehmende Wettbewerb auf dem innerdeutschen Markt haben bei einem Teil der Betriebsmittel auch zu Preissenkungen geführt, z. B. bei Pflanzenschutz- und Düngemitteln. Die eingetretenen Preiswirkungen reichten jedoch nicht aus, um die Lage der landwirtschaftlichen Betriebe von der Kostenseite her entscheidend zu verbessern.
Die Kostenseite wurde jedoch dadurch wesentlich entlastet, daß die Bundesregierung im Einvernehmen mit dem Hohen Hause die Preise für Dieselkraftstoff durch eine teilweise Erstattung der Kosten senkte. Dem gleichen Ziel dienen auch die im Jahre 1956 vorgenommene Befreiung der Landwirtschaft von der Umsatzsteuer und die im Jahre 1954 angelaufene und in den folgenden Jahren weiter ausgebaute Zinsverbilligungsaktion.
Über die Auswirkungen der Kostensenkungen in der Landwirtschaft berichtet die Bundesregierung jährlich. Nach dem Grünen Bericht 1963, Drucksache IV/940, haben allein die drei genannten Maßnahmen im Jahre 1962 zu einer Kostensenkung von rund 800 Millionen DM geführt. Im einzelnen sind die Direkthilfen zur Verminderung der Ausgaben in dem Grünen Bericht auf Seite 52 ausgewiesen. Ferner werden auf Seite 83 die Auswirkungen die3904
ser Hilfen auf einige typische Betriebsgruppen dargestellt.
Frage 2:
In welcher Weise hat sich die bisherige allgemeine Wirtschaftspolitik der Bundesregierung auf die Kostenlage der Landwirtschaft ausgewirkt?
Die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung ist bisher stets darauf ausgerichtet gewesen, das allgemeine Preisniveau stabil zu halten. Dies gilt auch für die Preise landwirtschaftlicher Betriebsmittel, bei denen es weitgehend gelungen ist, die im Jahre 1956 bei der Vorlage des ersten Grünen Berichtes bestehenden Relationen zwischen den Indizes für die Erzeugerpreise landwirtschaftlicher Produkte und den Einkaufspreisen für landwirtschaftliche Betriebsmittel beizubehalten. Bei den einzelnen Betriebsmitteln gibt es solche, bei denen die Preise in den letzten Jahren merkbar gesenkt wurden, z. B. Dieselkraftstoff, Pflanzenschutzmittel, einzelne Düngemittel. Es gibt aber auch andere, bei denen sich die Preise zuungunsten der Landwirtschaft entwickelt haben. Dies gilt insbesondere für Neubauten entsprechend der allgemeinen Preisentwicklung auf dem Bausektor.
Daß die Kostensteigerungen insgesamt in Grenzen gehalten werden konnten, ist nicht zuletzt auf den durch die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung geförderten Wettbewerb zurückzuführen.
Im übrigen wird wegen der allgemeinen Lage der Landwirtschaft und ihrer Kostengestaltung auf den Grünen Bericht 1963 hingewiesen, der vom Parlament in seiner Sitzung am 13. Februar 1963 eingehend diskutiert wurde. Auf Grund der von der Bundesregierung aufgezeigten Lage wurde von dem Hohen Hause eine Reihe von zusätzlichen Maßnahmen beschlossen, die zu einer nicht unerheblichen Aufstockung des Grünen Planes 1963 und damit zu einer Verbesserung der Kostenlage geführt haben.
In diesem Zusammenhang sei auch auf die Gesamthöhe des Grünen Planes mit 2,35 Milliarden DM im Jahre 1963 hingewiesen.
Frage 3:
Welche Möglichkeit sieht die Bundesregierung, auf die Preisgestaltung für landwirtschaftliche Betriebsmittel mit dem Ziel von Preissenkungen einzuwirken?
Die Antwort lautet: Die Bundesregierung sieht in der Schaffung und Erhaltung der Voraussetzungen für einen echten Leistungswettbewerb die beste und wirksamste Möglichkeit, auf die Preisgestaltung für landwirtschaftliche Betriebsmittel einzuwirken. Sie hat sich deshalb für eine möglichst umfassende marktwirtschaftliche Ordnung ausgesprochen, und die Erfolge dieser Wirtschaftspolitik können wohl nicht bestritten werden. Er erscheint somit nicht vertretbar, von dem bewährten Weg abzuweichen und vielleicht sogar die heute weitgehend bestehende internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie, aus deren Ertragskraft ja auch die Hilfe für die Landwirtschaft mitgespeist wird, durch zusätzliche und direkte Eingriffe zu gefährden.
Darüber hinaus wird die Bundesregierung diejenigen Maßnahmen, die bisher zur Kostensenkung in der Landwirtschaft angewandt worden sind, im wesentlichen fortführen. Die Maßnahmen zur direkten Kostensenkung sollen weiterhin durch die Zinsverbilligungsaktion des Bundes zugunsten der Landwirtschaft ergänzt werden, insbesondere durch den weiteren Ausbau des 1962 eingeführten allgemeinen Hofkredites.
Frage 4 a:
Trifft es zu, daß der Inlandverkaufspreis für Stickstoffdüngemittel durchweg 75 bis 100 % über dem Exportpreis und 50 bis 75 0/o über dem Importpreis ausländischer Düngemittel einschließlich Zoll und Umsatzausgleichsteuer liegt?
Die Antwort lautet: Die Bundesregierung hat die Untersuchungen über die Exportpreise für Stickstoffdüngemittel noch nicht ganz abgeschlossen. Sie ist bereit, nach Beendigung der Arbeiten über die endgültigen Ergebnisse zu berichten. Aber schon heute ist - trotz der mit Vergleichsrechnungen verbundenen Problematik - erkennbar, daß der Unterschied zwischen dem Exportpreis und dem vergleichbaren Inlandpreis nicht im entferntesten an die Ziffern heranreicht, die in Ihrer Anfrage genannt sind. Schließlich sollte nicht vergessen werden, daß die EWG-Agrarmarktordnung die internationale Konkurrenzfähigkeit von Agrarprodukten aus Mitgliedsländern mit hohen Preisen durch das Erstattungssystem bewußt fördert. Man wird der gewerblichen Wirtschaft kaum verargen können, wenn sie - ohne umfangreiche staatliche Hilfs- und Schutzmaßnahmen - bereit oder geneigt ist, zeitweise weniger günstige Exportgeschäfte zu tätigen, um Auslandsmärkte zu halten und Arbeitsplätze zu sichern.
Zwischen den Import- und den vergleichbaren Inlandspreisen für Stickstoffdüngemittel ließen sich im vergangenen Jahr nur geringe Unterschiede zugunsten der eingeführten Waren feststellen. Der aus Polen, dem derzeitigen Hauptlieferanten von Stickstoffdüngemitteln, importierte Kalkammonsalpeter war um ca. 71/2 % im Preis niedriger als derjenige aus deutscher Produktion. Zu berücksichtigen ist jedoch, daß in Polen die Produktion und der Handel mit Düngemitteln vom Staat manipuliert und reguliert wird.
Frage 4 b:
Trifft es zu, daß die Belastung importierter Schlepper mit Zoll, Umsatzausgleichsteuer und den verschiedenen Handelsspannen ca. 100 °/o ihres Wertes vor dem Grenzübertritt erreicht?
Es trifft zu, daß bei importierten Schleppern aus Drittländern die Differenz zwischen dem Wert vor Grenzübertritt und dem empfohlenen Listenendverkaufspreis bis zu 100 % - bezogen auf den Wert vor Grenzübertritt - oder bis zu 50 % - bezogen auf den Listenendverkaufspreis betragen kann. Der Listenpreis wird jedoch vom Landwirt kaum noch
bezahlt. Es werden vielmehr - zum Teil in der Form einer überhöhten Anrechnung alter, in Zahlung gegebener Schlepper - in der Regel Rabatte von 10 bis 20 °/o gewährt. Aus der dann noch verbleibenden Spanne sind zu decken erstens der Zoll, der bei dem Schwergewicht der Importe aus Drittländern, insbesondere Großbritannien ab 1. 7. 1963 13,6 °/o des Wertes frei Grenze beträgt, zweitens die Umsatzausgleichsteuer, welche 6 °/o vom Wert der Ware frei Grenze einschließlich Zoll ausmacht, drittens die Kosten der in der Bundesrepublik notwendigen Zusatzausrüstung, die mit etwa 16 % des Wertes vor dem Grenzübertritt zu veranschlagen sind, und schließlich die gesamten Vertriebskosten einschließlich derjenigen eines aufwendigen Kundendienstes und der Umsatzsteuer.
Da der Wettbewerb auf dem deutschen Schlepper-markt, wie bekannt, zweifelsohne äußerst hart ist, dürfte zur Zeit auf diesem Sektor kaum von überhöhten Spannen und Preisen gesprochen werden können.
Frage 4 c:
Trifft es zu, daß der Inlandverkaufspreis von Schleppern doppelt so hoch ist wie der Exportpreis gleicher Typen?
Die Frage ist zu verneinen. Zunächst darf wohl festgestellt werden, daß es „den" Exportpreis überhaupt nicht gibt. Er ist vielmehr von Auslandsmarkt zu Auslandsmarkt, je nach der dortigen Marktsituation, verschieden. Es kann durchaus sein, daß der deutsche Endverbraucherlistenpreis im Vergleich zum Listenpreis im Ausland hin und wieder hoch erscheinen mag.
Der Vergleichbarkeit stehen jedoch die in der vorhergehenden Antwort genannten Tatsachen entgegen: die Abschläge vom deutschen Listenpreis, die in der Regel auch gewährt werden, das teuerere Schlepperzubehör, welches im Inland im Gegensatz zu einer Reihe von Exportländern auf Grund gesetzlicher Bestimmungen notwendig ist, und schließlich spielt auch der Umfang der Verbraucherwünsche eine bedeutende Rolle.
Unter Berücksichtigung all dieser Faktoren dürfte zwischen den Endverkaufspreisen für Schlepper im Inland und im Ausland kein wesentlicher Unterschied bestehen.
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Frage 5:
Ist die Bundesregierung bereit, eine erneute Uberprüfunq der Kostenlage und Preisgestaltung der Dünqemittelindustrie spezifiziert nach den Hauptproduzenten vorzunehmen, zumal nach dem Wegfall der Dünqemittelprämien zum 1. Juli 1963 neue Kostensteigerungen für die Landwirtschaft entstehen?
Die Bundesregierung hat seinerzeit Preisverordnungen für Düngemittel erlassen. Sie ist sich jedoch der Problematik jedweder Kostenuntersuchung mit dem Ziele der Preisbestimmung bewußt und hat auf Grund der Kostenenquêten keine starren Festpreise, sondern jederzeit unterschreitbare Höchstpreise festgelegt, um die Möglichkeit des Preiswettbewerbs nicht auszuschalten.
Die Marktsituation und die wirtschaftliche Entwicklung der Unternehmen haben in der Zwischenzeit bei den meisten Düngemitteln zu Effektivpreisen geführt, die sich unterhalb der Höchstpreise befinden. Diese Effektivpreise entsprechen - wie sich aus Untersuchungen der OECD ergibt - im großen und ganzen denjenigen in den übrigen EWG-Staaten. Das deutet darauf hin, daß die gegenwärtig in der Bundesrepublik geforderten Düngemittelpreise nicht überhöht sind. Die Bundesregierung glaubt deshalb, daß die gegenwärtige Preissituation durch eine Kostenenquête - vom Standpunkt der Landwirtschaft aus gesehen - nicht verbessert werden würde.
Frage 6:
Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um nach der Gründung des europäischen Stickstoffkartells NITREX in Zürich Preis- und Gebietsabsprachen innerhalb der Bundesrepublik und im Gemeinsamen Markt zu verhindern?
Die in der NITREX-Konvention enthaltenen wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarungen betreffen ihrem Wortlaut nach ausschließlich Exportmärkte, und zwar insbesondere Entwicklungsländer; die EWG-Staaten sind ausgenommen. Die bei der Anmeldung beim Bundeskartellamt gegebene Begründung läßt nicht erkennen, daß die in der Konvention enthaltene Regelung auch den Verkehr mit Waren oder gewerblichen Leistungen innerhalb des Geltungsbereiches des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen umfaßt. Dennoch untersucht das Bundeskartellamt, ob versteckte Inlandsregelungen bestehen. Die zuständige 3. Beschlußabteilung hat die deutschen Kartellmitglieder veranlaßt, zu einer Reihe von entsprechenden Fragen Stellung zu nehmen. Die eingegangenen Stellungnahmen werden zur Zeit ausgewertet. Sollten sich auf Grund dieser Unterlagen und ständiger Marktbeobachtungen auf dem deutschen oder dem Gemeinsamen Europäischen Markt grundsätzlich verbotene und im Einzelfall nicht sanktionierte Gebietsabsprachen oder Preisabreden feststellen lassen, so wird das Bundeskartellamt nach den geltenden kartellrechtlichen Bestimmungen dagegen einschreiten.
Frage 7:
Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, die bereits genannte und die Schädlings-und Unkrautbekämpfungsmittel herstellenden Industrien zu einer stärkeren Weitergabe ihrer Rationalisierungsgewinne zu veranlassen?
Die Bundesregierung sieht - wie schon zu Frage 3 ausgeführt wurde - in der Schaffung und Erhaltung der Voraussetzungen für einen Leistungswettbewerb den besten Weg, die Unternehmen zur Weitergabe etwaiger Rationalisierungsgewinne in Form von Preissenkungen zu veranlassen. Es ist auch festzustellen, daß die Hersteller von Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmitteln ihre Listenpreise für
wichtige Erzeugnisse im Wettbewerb bis zu 30 °/o gesenkt haben. Darüber hinaus werden im steigenden Maße Rabatte gewährt, welche den Effektivpreis weiter drücken. Diese Tatsache wird u. a. durch eine kürzliche Verlautbarung der Bayrischen Warenvermittlung - BAYWA -, einer der bedeutendsten Großhändler, bestätigt. Darin heißt es, daß in diesem Jahr die klassischen Unkrautbekämpfungsmittel gegenüber dem Vorjahr im Preise um 20 % gesenkt worden seien. Das würde im Absatzgebiet der BAYWA eine Einsparung für die Landwirtschaft von rund 10 Millionen DM bedeuten. Die Preise für Düngemittel sind im allgemeinen in den letzten Jahren nicht erhöht, sondern zum Teil herabgesetzt worden.
Daß schließlich die Landmaschinen- und Schlepperindustrie im allgemeinen keine oder nur sehr bescheidene Gewinne erzielen konnte, läßt sich allein schon aus der rückläufigen Zahl der Hersteller sowie aus veröffentlichten Bilanzen ersehen.
Frage 8:
Ist die Bundesregierung bereit,
a) die Binnenzölle gegenüber den Mitgliedstaaten der EWG für Düngemittel, Ackerschlepper und Landmaschinen wirksam zu senken,
b) im EWG-Ministerrat darauf hinzuwirken, die Außenzollsätze der EWG für die gleichen Erzeugnisse herabzusetzen?
Die Bundesregierung ist immer wieder - auch aus preispolitischen Gründen - für eine möglichst liberale Handelspolitik eingetreten. Sie wird sich des- halb weiterhin mit Nachdruck für eine Senkung der EWG-Außenzölle auf breiter Front einsetzen, ohne diese Bemühungen auf Düngemittel, Ackerschlepper und Landmaschinen zu beschränken.
Die Binnenzölle der genannten Erzeugnisse werden zum 1. Juni dieses Jahres im Rahmen des Abbaus der Binnenzölle nochmals ermäßigt und betragen dann je nach Sorte bzw. Typ bei Düngemitteln sowie Ackerschleppern 0 bis 4 °/o und bei Landmaschinen 1,6 bis 2 %. Eine darüber hinausgehende vorzeitige Binnenzollsenkung ist nicht beabsichtigt. Sie würde angesichts der niedrigen Zollsätze wohl auch kaum eine preisliche Wirkung zeigen.
Frage 9:
Ist die Bundesregierung bereit, Feststellungen über die Höhe der Handelsspannen und evtl. Preisbindungen des Handels mit landwirtschaftlichen Betriebsmitteln zu treffen und darüber zu berichten?
Die Höhe der Handelsspannen für eine Vielzahl von Handelszweigen wird jährlich vom Statistischen Bundesamt veröffentlicht. Aus diesen Unterlagen ist unter anderem zu entnehmen, daß der untersuchte Landmaschinen- und Gerätehandel 1961 - neuere Zahlen liegen bisher nicht vor - mit einer durchschnittlichen Spanne von 20,7 % seines Umsatzes arbeitete. Die Großhandelspanne betrug im Durchschnitt bei Düngemitteln 4,6 %. Aus diesen Spannen sind die Betriebskosten der jeweiligen Unternehmen zu decken. Das Statistische Bundesamt wird in Kürze die Ergebnisse eines Handelszensus veröffentlichen, die noch eingehenderes Zahlenmaterial über die Höhe der Handelsspannen vermitteln werden. Man darf annehmen, daß dann in jedem Fall ein für die Beurteilung der Handelsspannen ausreichendes Material vorliegen wird.
Uber die Zahl der bestehenden vertikalen Preisbindungen hat das Bundeskartellamt erneut in seinem letzten Tätigkeitsbericht für 1962 - Bundestagsdrucksache IV/1220 - Auskunft gegeben. Danach bestanden am 31. 12. 1962 für Ackerschlepper keine vertikalen Preisbindungen; für sonstige Landmaschinen und Zubehör hatten zwei Unternehmen für insgesamt 22 Erzeugnisse vertikale Preisbindungen angemeldet. Ferner bestanden 10 Preisbindungen für Saaten- und Pflanzenschutzmittel sowie Schädlingsbekämpfungsmittel, welche ebenfalls von zwei Unternehmen angemeldet worden waren. Gemessen an der Zahl der Unternehmen und Produkte spielt die vertikale Preisbindung für die erwähnten Erzeugnisse keine Rolle.
Frage 10:
Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung getroffen bzw. gedenkt sie zu treffen, um über eine Typenbereinigung bei Ackerschleppern und Landmaschinen Preissenkungen zu erreichen?
Die Frage der Typenbereinigung ist von der Bundesregierung in den zurückliegenden Jahren wiederholt geprüft und eingehend mit den beteiligten Wirtschaftskreisen besprochen worden. Besondere Arbeitskreise erarbeiteten Vorschläge für eine Verbilligung der Produktion, des Vertriebs sowie des Ersatzteil-, Reparatur- und Kundendienstes. Das Rationalisierungskuratorium der deutschen Wirtschaft führte mit finanzieller Unterstützung des Bundes eine Untersuchung über den Einfluß der Vielzahl von Schleppertypen auf die Herstellungs- und Ersatzteilkosten bei Industrie und Handel durch. Ähnliche Ermittlungen wurden auch im Bereich der Landwirtschaft angestellt. Auf Grund dieser Untersuchungen hat das Kuratorium für Technik in der Landwirtschaft in Zusammenarbeit mit Wissenschaft, Industrie und Landwirtschaft ein Schlepperprogramm aufgestellt. Danach sind in Zukunft noch 4 Schlepperleistungsklassen neben einigen wenigen Sonderbauarten erforderlich, um die berechtigten Wünsche der Landwirtschaft zu erfüllen. Außerdem werden in dem Programm, das vom Land- und Hauswirtschaftlichen Auswertungs- und Informationsdienst veröffentlicht wurde, die Anforderungen genannt, die heute von der Landwirtschaft an einen funktionsgerechten Schlepper zu stellen sind. Daneben hat sich die Bundesregierung stets dafür eingesetzt, daß die Arbeiten auf dem Gebiete der Normung, insbesondere im Rahmen der „Normengruppe Landmaschinen und Ackerschlepper" bei der Landmaschinen- und Ackerschlepper-Vereinigung im Verein Deutscher Maschinenbauanstalten, wegen ihrer großen wirtschaftlichen und praktischen Bedeutung für Industrie und Landwirtschaft in verstärktem Maße vorangetrieben wurden.
Die Zweckmäßigkeit der genannten Maßnahmen wurde durch die Entwicklung bestätigt, die sich auf dem Schlepper- und Landmaschinenmarkt in den letzten Jahren vollzogen hat: erstens eine Reihe von Herstellern die Schlepperproduktion ganz aufgegeben hat, zweitens andere Hersteller sich zu Gruppen zusammenschlossen, um ihre Fertigungsprogramme abzustimmen und einen gemeinsamen Vertrieb einzurichten, drittens eine bemerkenswerte Typenbereinigung und eine zunehmende Verwendung genormter und einheitlicher Bauteile zu verzeichnen sind.
Zur richtigen Beurteilung der heutigen Marktsituation ist zu berücksichtigen, daß etwa 75 % der deutschen Schlepperproduktion in den Händen von nur 6 Herstellern liegen. Keiner dieser Hersteller bietet mehr als vier bis sechs Typen von landwirtschaftlichen Schleppern an, ein Bereich, der dem deutschen Schlepperprogramm und auch dem internationalen Stand entspricht. Dabei werden in der Fertigung weitgehend genormte und für verschiedene Typen gleiche Bauteile verwendet. Viele Einzelteile, wie zum Beispiel Getriebe, Bereifung und elektrische Ausrüstung, entstammen größeren Serien einschlägiger Zulieferfirmen.
Die Bundesregierung wird die Entwicklung auf dem Gebiet der Schlepper- und Landmaschinenproduktion weiterhin genau verfolgen und bemüht sein, alle Bestrebungen zur Typenbereinigung und Normung zu unterstützen.
Frage 11:
Welche Folgerungen gedenkt die Bundesregierung aus der Tatsache zu ziehen, daß durch die starke Erhöhung der Baukosten die agrarstrukturellen Maßnahmen steigende Finanzmittel erfordern? Ist sie bereit, die Fertigbauweise auch für landwirtschaftliche Bauten durch steuerliche oder sonstige finanzpolitische Maßnahmen zu fördern?
Die Bundesregierung hat eine Reihe von Maßnahmen getroffen, um eine Nachfragedämpfung auf dem Bausektor zu erreichen. Es sei nur an das Gesetz zur Einschränkung der Bautätigkeit, an die 20 °/oige Sperrung der Bundeshaushaltsmittel für Bauten in den Rechnungsjahren 1962 und 1963 sowie die teilweise Suspendierung des § 7 b des Einkommensteuergesetzes erinnert. Wenn Länder und Gemeinden eine gleiche Verhaltensweise an den Tag legen, ist zu erwarten, daß hierdurch eine Entlastung der Baumarktes in den Ballungszentren mit den damit verbundenen positiven Rückwirkungen auf die Preise für landwirtschaftliche Bauten eintreten wird. Darüber hinaus trägt die Bundesregierung der durch die Entwicklung auf dem Bausektor bei der Durchführung der agrarstrukturellenMaßnahmen entstandenen Situation dadurch Rechnung, daß sie das bisherige Finanzierungsverfahren auf eine neue Grundlage stellen wird. Vorgesehen ist, durch die Einstellung von zinsverbilligten Kapitalmarktmitteln für diese Maßnahmen ein erhöhtes Darlehensvolumen zu günstigen Konditionen zu erreichen.
Die Umstellung des Finanzierungsverfahrens macht eine Neufassung der Richtlinien für die Aufstockung und Aussiedlung sowie für die baulichen Maßnahmen in Altgehöften erforderlich. Die neuen Richtlinien werden in Kürze nach Abstimmung mit dem Bundesminister der Finanzen vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten herausgegeben.
Die Verwendung von vorfabrizierten Bauteilen erfolgt im landwirtschaftlichen Bauwesen schon seit Jahren in großem Umfang. Eine wesentliche Senkung der Baupreise durch die Verwendung von Fertigbauteilen ist gegenüber der traditionellen Bauweise indessen noch nicht festzustellen. Die Bundesregierung wird die weitere Entwicklung auf diesem Gebiet sorgfältig verfolgen. Dies gilt auch für die vom Bund (geförderte Arbeitsgemeinschaft Landwirtschaftliches Bauwesen, in deren Rahmen ein Arbeitskreis „Maßordnung" gebildet wurde, der sich mit der Erarbeitung von Grundlagen für die Vorfertigung von Bauteilen für landwirtschaftliche Betriebsgebäude befaßt.
Die in dem geltenden Steuerrecht vorgesehenen Begünstigungen des Wohnungsbaues gelten auch für den Fertigbau.
Frage 12:
Welche Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung zu ergreifen, um die Wettbewerbsnachteile auszugleichen, die der deutschen Landwirtschaft anderen EWG-Ländern gegenüber durch die hohen deutschen Frachttarife erwachsen?
Die Ursachen für die vergleichsweise höheren Frachttarife in der Bundesrepublik sind u. a. auf die durchweg größere Belastung der einheimischen Verkehrsträger mit Steuern und Personalkosten zurückzuführen. Hinzu kommt, daß einige der EWG-Mitgliedstaaten ihre Verkehrsträger, insbesondere die Eisenbahnen, finanziell stärker unterstützen und sonstige Beihilfen gewähren. Die Differenz zwischen den Frachttarifen ist jedoch in den letzten Jahren kleiner geworden, da sich die Eisenbahnen der übrigen EWG-Länder aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen sahen, mehrmals ihre Tarife zu erhöhen. Eine endgültige Bereinigung der noch bestehenden Unterschiede wird erst im Rahmen der von allen EWG-Mitgliedstaaten angestrebten gemeinsamen Verkehrspolitik zu erzielen sein.
Im Zusammenhang mit dem geschilderten Sachverhalt hat die Bundesregierung geprüft, ob nicht für bestimmte Güter oder Gütergruppen, bei denen die Frachtunterschiede besonders bedeutsam sind, ähnlich wie bei Getreide Frachthilfen gewährt werden können. Sie ist zu dem Ergebnis gekommen, daß solche Frachthilfen, um dem sonst unvermeidbaren Vorwurf der Diskriminierung zu entgehen, nur in der Weise gegeben werden könnten, daß neben dem Binnenverkehr der Bundesrepublik auch der Ein-, Aus- und Durchfuhrverkehr einbezogen wird. Die Frachthilfen ab deutscher Grenze wären dann aber für die eingeführten Waren die gleichen wie für Güter, die in entsprechender Entfernung zum
Markt im Inland erzeugt werden. Die eigentlichen Vorteile der ausländischen Erzeuger, die darin bestehen, daß durch besonders günstige Tarife bis zur deutschen Grenze die Standortvorteile der deutschen Landwirtschaft weitgehend eliminiert werden, lassen sich durch eine Frachthilfe im Bundesgebiet nicht beseitigen.
Außerdem würden die Frachthilfen öffentliche Mittel in einer Höhe erfordern, wie sie bei der derzeitigen Haushaltslage des Bundes nicht bereitgestellt werden können. Hinzu käme, daß mit einer solchen Lösung ein kaum zu verantwortender Verwaltungsaufwand verbunden wäre.
Die Bundesregierung wird jedoch weiterhin bemüht sein, in ständiger Zusammenarbeit mit den Verkehrsträgern zu erreichen, daß bei der Bildung von Verkehrstarifen auf die Belange der Land- und Ernährungswirtschaft besondere Rücksicht genommen wird. Auch bei den Verhandlungen in Brüssel wird sie darauf dringen, daß bei der Verwirklichung der gemeinsamen Verkehrspolitik insbesondere alle Wettbewerbsverzerrungen, die zu einer Störung des gemeinsamen Agrarmarktes führen könnten, beseitigt werden.
Meinem Herrn Vorredner darf ich sagen, daß er die „Allgemeine Wirtschaftspolitik" zu Unrecht angegriffen hat, wenn er mit seinen Ausführungen etwa zum Ausdruck bringen wollte, daß das Wirtschaftsministerium - oder der Wirtschaftsminister höchstpersönlich - vielleicht nicht daran interessiert wäre, die Landwirtschaft in ihren Lebensgrundlagen und in ihrer Entwicklung gesund zu halten.
Wir werden vielmehr alles in unseren Kräften Stehende tun. Angesichts der gemeinsamen Auffassung aller Fraktionen dieses Hohen Hauses sollte es möglich sein, dem Anliegen der Landwirtschaft Rechnung zu tragen, solange wir es nur irgendwie verantworten oder leisten können. Ich hege die Überzeugung, daß weitere Beratungen, in denen wir nichts zu verschweigen haben, auch zu guten und gedeihlichen Erfolgen und Resultaten führen werden.
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Wir treten in die Aussprache ein. Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Effertz.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe das Gefühl, daß wir alle miteinander, ob wir unten oder oben sitzen, bei der Diskussion über diese Große Anfrage der SPD ein etwas schlechtes Gewissen haben. Dies gilt sowohl für die Antragsteller
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als auch für die Koalitionspartner als auch für die Regierung. Nun will ich nicht untersuchen, wer auch noch ein schlechtes Gewissen haben sollte, der Ernährungsminister oder der Bundeswirtschaftsminister.
Aber noch etwas anderes. Wie haben sich doch inzwischen die Dinge in der deutschen Agrarpolitik geändert! Früher wurden wir nur einmal im Jahr der Ehre teilhaftig, im Zusammenhang mit der Debatte über den Grünen Plan zu Wort zu kommen, meist allerdings vor leerem Haus. Inzwischen ist die Agrarpolitik so etwas geworden wie ein Problem Nummer eins in der europäischen Außenpolitik, wenn man die deutsche Frage und die Berlin-Frage in diesem Vergleich ausnimmt. Mittlerweile geht es uns auch allen auf, wie falsch es damals war, die Agrarpolitik aus der allgemeinen Wirtschaftspolitik auszuklammern, als wir das Landwirtschaftsgesetz in diesem Hause schufen, insbesondere auszuklammern in der gleichwertigen Betrachtung einmal der Kosten-, aber auch der Preisseite, auf die ich nachher noch eingehen möchte.
Als ich die Große Anfrage der SPD zum erstenmal zu Gesicht bekam, habe ich mich gefragt: wer wird wohl für die Regierung darauf antworten, etwa der Herr Bundesernährungsminister Schwarz, oder wird es diesmal vielleicht doch der Bundeswirtschaftsminister Professor Erhard sein? Nun, ich freue mich, daß heute Professor Erhard die Gelegenheit wahrgenommen hat, diese Große Anfrage für die Regierung zu beantworten. Ich muß gestehen: ich hin überrascht - das soll jetzt kein respektloses Urteil sein - über das Geschick, mit dem sich Professor Erhard heute, ich glaube, zum ersten oder zweiten Male - solange ich in diesem Hause bin -zu agrarpolitischen Fragen geäußert hat. Diese Fragen richten sich ja auch nicht an den Bundeslandwirtschaftsminister, sondern an den Bundeswirtschaftsminister; denn er ist für die Kostenonstaltung bei den Betriebsmitteln in der Landwirtschaft verantwortlich.
Als die SPD diese Anfrage einbrachte, fragte ich mich aber auch: wer wird wohl seitens der SPD diese Anfrage begründen? Ich hatte geglaubt, es würde ein Kollege der SPD aus der Landwirtschaft sein. Nun, halbwegs darf ich mittlerweile Herrn Frehsee -- er zeigte heute sehr großes Fachwissen - den Kollegen aus der Landwirtschaft hinzurechnen. Aber daß Sie gerade heute den Mut haben würden, diese Große Anfrage der SPD zu begründen, hat mich gewundert und auch gefreut, gefreut deshalb, weil sich durch Ihr Auftreten und Ihre Begründung - die ich für gut hielt - deutlich zeigt, wie die Fronten sich ändern.
Sie haben z. B. - darüber möchte ich mich mit Ihnen etwas unterhalten, Herr Kollege Frehsee - auf das Landwirtschaftsgesetz 1955, auf seine einstimmige Annahme verwiesen. Nun, warum hat der Bundestag dieses Gesetz einstimmig angenommen? Weil er damals des guten Glaubens war, daß man mit diesem Gesetz einen Teilbereich der Wirtschaftsnolitik, nämlich die Agrarpolitik, in ihrem KostenPreis-Gefüge mit Hilfe des Staates stützen sollte. Daß das nicht geschehen ist und nicht geschehen konnte, haben Sie mit dem Hinweis darauf zu beweisen versucht, daß man - bei der Aufzählung des Katalogs, mit welchen wirtschaftspolitischen Maßnahmen man etwas tun solle, leider nicht
mußte - die finanz- und sozialpolitischen Dinge ausgeklammert hat.
Hier müßten eigentlich die Regierung und die Koalition und die Parteien ein schlechtes Gewissen haben. Denn sie sehen inzwischen, daß man ohne Finanzpolitik und ohne Sozialpolitik in diesem Zusammenhang keine Agrarpolitik machen kann. Aber auch die SPD muß diesmal ein schlechtes Gewissen haben: ohne Preispolitik konnte man auch in der Vergangenheit keine Agrarpolitik machen. Hier haben wir am meisten gesündigt. Hätten wir im Zusammenhang mit der Freigabe der Preise, im Zusammenhang mit der Einführung der sogenannten Freien Marktwirtschaft die Landwirtschaft genauso behandelt wie die übrige Wirtschaft und damit die Preispolitik genauso behandelt und unsere Preise nicht zu politischen gemacht, dann wäre die Disparität heute bei weitem nicht so hoch und auch die Verschuldung in der Landwirtschaft nicht so hoch.
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Ich gehe noch einen Schritt weiter. Ich bedaure sogar die Existenz eines Grünen Plans, und zwar deshalb, weil mit der Existenz des Grünen Plans, in den man auch noch manche Dinge hineinpraktiziert hat, die sich nicht auf das Gesetz beziehen, z. B. den Strukturwandel, wegen der Subventionen die Kritik der öffentlichen Meinung mobilisiert worden ist.
Wenn von Subventionen kritisch gesprochen wird, geht es nicht an, nur die Landwirtschaft anzusore- chen und verschämt die Subventionen in den iibrigen Bereichen der Wirtschafts- und Sozialpolitik - seien sie versteckt oder nicht versteckt, direkt oder indirekt gegeben - zu übersehen. Ich habe Ihnen im Laufe dieses Jahres einmal zwei Zahlen gegenübergehalten, die ich inzwischen berichtigen mußte. Ich habe gesagt: es ist ungerecht, der Landwirtschaft immer Rückständigkeit vorzuhalten und von ihr zu fordern, sie solle sich mehr anstrengen, sich dem Wettbewerb draußen stellen und beweisen, daß sie nicht immer mit Milliardengeschenken der Steuerzahler subventioniert werden müsse; eigentlich wollte man damit sagen: allein subventioniert. werden müsse. Ich habe gesagt: gut gerechnet und wohlwollend gerechnet sind von den Milliarden im Grünen Plan 1,2 Milliarden halbwegs Mittel mit Subventionscharakter. Aber diesen Mitteln stehen 11 Milliarden DM Subventionen in allen übrigen ordentlichen Haushalten gegenüber. Inzwischen habe ich mich belehren lassen: wenn man alle Mittel, die subventionsähnlichen Charakter oder eine ähnliche Wirkung haben, addiert, dann sind es etwa 20 Milliarden DM.
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- Herr Dr. Deist, ich sage ja, bei großzügiger und wohlwollender Berechnung habe ich 1,2 Milliarden DM bei der Landwirtschaft angesetzt. Auch das sind nicht alles Subventionen. Die Kunstdüngersubvention war z. B. keine Subvention der Landwirtschaft, sondern das war - da gebe ich ihnen weitgehend recht - eine Subvention der Düngemittelindustrie. Wenn man bei einem Produktionsmittel subventioniert, darf man nicht u m etwas subventionieren, sondern muß a u f etwas subventionieren, wenn man denjenigen, der die Betriebsmittel kauft, von der Preissteigerung ausnehmen will. Wenn Sie die Preissteigerungen, das Hin und Her in den letzten sechs Jahren, addieren und mit den Kunstdüngersubventionen vergleichen, dann heben sich die Zahlen ungefähr auf. Deshalb habe ich gesagt: „halbwegs subventionsähnlichen Charakter haben".
Ich komme noch einmal auf die Preise zurück. Ich hin nicht der Meinung, daß das Gespräch über die Preise zu Ende ist. Ich bin nicht der Meinung, daß es richtig ist, zu sagen, die Preise seien ein für allemal eingefroren, auch nicht in der EWG. Auch die EWG wird das jetzige Preisgefüge für die landwirtschaftlichen Produkte nicht halten können; denn auch die anderen Länder werden mit der Zeit gezwungen sein, ihre überhöhten Subventionen aus öffentlichen Mitteln abzubauen und auch auf die dort steigenden Kosten und Löhne Rücksicht zu nehmen. Wenn sie ihre Landwirtschaft in einem gewissen Umfang halten wollen, werden sie irgendwann zu einer Preissteigerung greifen müssen, wie z. B. die Preissteigerung, wenn auch kleinen Ausmaßes, für Getreide in einigen Ländern der EWG zeigt. Deshalb bin ich der Meinung, wir sollten uns nun nicht von vornherein aus nationaler Sicht, weil wir uns in einigen Preisfragen in der EWG gebunden und unsere Zuständigkeit abgegeben haben, damit zufrieden geben, zu sagen, die Preise seien eingefroren. Ich bin der Meinung, das sind sie nicht. Man darf durchaus auch bei den bereits ausgehandelten oder nivellierten oder harmonisierten Preisen mit den anderen über Preisänderungen, und zwar nach oben, verhandeln, wenn die anderen Partner einmal anfangen müssen, ihre Subventionen und Wettbewerbsverzerrungen uns gegenüber abzubauen.
Meine Damen und Herren, das Kostenproblem in der Landwirtschaft ist neben schlechten Ernten und neben der Ungewißheit, wohin die Reise geht, mit einer der Hauptgründe für die Unruhe auf dem Lande. Der Landwirtschaft ist nicht verborgen, wie hoch der Anteil vom Bruttoumsatz ist, den sie für den Zukauf von Betriebsmitteln ausgeben muß. Ich bin überzeugt, wenn man die Landwirtschaft im Rahmen der allgemeinen Wirtschaftspolitik mit gleichen Maßstäben gemessen und sich auf ein Mindestproduktionsvolumen aus nationaler Sicht geeinigt hätte, bei dem man dann auch Aufwand und Ertrag hätte pflichtgemäß ausgleichen müssen, dann hätte man in dieser Frage, die Sie angeschnitten haben, die Sie heute hier mit Recht anschneiden, manches für die Landwirtschaft tun und manche Forderungen vermeiden können, die zwangsläufig als Subventionsforderungen auf den Staat zugekommen sind oder noch auf uns zukommen werden. Im übrigen: von den 16 Milliarden DM - Herr Frehsee, ich glaube, Sie haben diesen Betrag genannt - Kosten für Betriebsmittel hätten wir jährlich einige Milliarden D-Mark in der Vergangenheit sparen können, wenn man bei der Preisbildung für Produktionsmittel ähnliche Forderungen und Maßstäbe angelegt hätte, wie man sie bei der Preisbildung für unsere
landwirtschaftlichen Erzeugnisse ab Hof angewandt hat.
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Ich bin der Meinung, es ist noch nicht zu spät. Wir sprechen von der freien Marktwirtschaft. Gut, dann soll sie aber für alle gelten. Wenn Ausnahmen gemacht werden und wenn etwas dirigiert wird, dann, bin ich der Meinung, bitte gerechterweise auch bei allen.
Es ist kein unrechtes Verlangen der deutschen Landwirtschaft an uns Politiker, ihr einmal die Frage zu beantworten: Wie kommt es eigentlich, daß ein Trecker aus England im Vergleich zu einem im Bundesgebiet hergestellten Bleichstarken Trecker billiger als der deutsche Trecker verkauft werden kann, obwohl noch über 20 % Einfuhrzoll darauf liegen? Woran liegt das nun eigentlich? Es liegt daran, daß das Landmaschinengeschäft in der Vergangenheit sehr lukrativ war und daß man erst jetzt, nachdem die Landwirtschaft schon längst stagniert und eine Verschuldung von 1.7 Milliarden DM hat, anfangen muß, zu überlegen, ob man nicht über Normierungen, Zusammenlegung von Betrieben, Typenbereinigungen usw. usw. endlich eine Preissenkung oder auch eine Weitergabe des bisherigen Gewinns an den Abnehmer ins Auge fassen sollte.
Allerdings hat die Landwirtschaft zum Teil auch selbst an diesem Dilemma schuld. Die Selbstdisziplin, das Bestreben, die Landmaschinenindustrie zur Normierung zu veranlassen, ist bei uns unterblieben. Nun, das liegt zum Teil auch an der merkwürdigen Eigenart der Bauern. Wenn der Bauer A einen Trecker X kauft, dann kauft der Bauer B aus Konkurrenzgründen oder aus Gründen des Neides einen anderen Trecker mit auch noch einer anderen PS-Zahl, so daß die Tatsache zu verzeichnen ist, daß es in einem Dorf, wo 20 Traktoren laufen, 15 Typen, 1.5 verschiedene Fabrikate gibt. Dann kommen die Schwierigkeiten bei der Ersatzteilbeschaffung und bei den Reparaturwerkstätten. Nach meiner Meinung hätte hier die Bundesregierung erzieherisch mehr auf die Landwirtschaft einwirken müssen, als das bisher geschehen ist. Wir hätten mehr Selbstdisziplin üben müssen. Aber die Landmaschinenindustrie hätte auch einmal erkennen müssen, daß, wenn es der Landwirtschaft weiter so schlecht geht und sie nun anfängt, unruhig zu werden, das auch nicht auf sie ohne Wirkung bleiben kann. Ich habe unlängst Vertretern der Landmaschinenindustrie gesagt: Wenn die deutsche Landwirtschaft etwa aus irgendwelchen Gründen aufgeben sollte oder nicht mehr weiterkönnte - glauben Sie denn, daß Sie dann noch Maschinen in der Bundesrepublik produzieren; es sei denn, daß Sie dem Ausland gegenüber konkurrenzfähiger sind, als es jetzt der Fall zu sein scheint?
Ich meine, wir brauchen keine 60 oder 70 Traktorenfabriken, die Gott weiß wieviel Typen herstellen. Hier sollte sich die Landmaschinenindustrie einmal etwas einfallen lassen. Wir brauchen auch nicht die Vielzahl von Mähdrescher-Typen. Allerdings brauchen wir in der Landwirtschaft auf der anderen Seite - ich weiß: der Vergleich hinkt etwas - auch nicht noch 40 Weizensorten, mit denen wir operieren, und auch nicht über 100 Kartoffelsorten. Da tut etwas mehr Disziplin zur Rationalisierung und Normierung not.
Herr Frehsee, Sie haben vorhin in Ihrer Kritik bei dem Thema der Betriebsmittel und ihrer Preise die Löhne ausgeklammert und sogar expressis verbis gesagt: Aber die Löhne sind nicht schuld daran, daß die Betriebskosten in der landwirtschaftlichen Produktion gestiegen sind. Da muß ich doch widersprechen. Allerdings betrifft mein Widerspruch nicht nur die Löhne für fremde Arbeitskräfte, sondern auch den gerechten Lohnanspruch der familieneigenen Arbeitskraft, die ich genauso hoch angesetzt wissen möchte.
({4})
Auch das ist ein erheblicher Posten unter den 16 Milliarden Kosten der landwirtschaftlichen Produktion. Also ausklammern sollte man sie nicht.
({5})
- Also gut, „nicht allein". Dann lassen Sie mich hier
doch einmal auf diesen Punkt hinweisen, damit nicht
der Eindruck entsteht, daß Sie diese Frage auslassen.
({6})
- Wir kämpfen heute mit vertauschten Rollen. Nehmen Sie es mir bitte nicht übel, wenn ich sage: Plötzlich ist die SPD so agrarfreundlich, wie ich sie noch nie erlebt habe. Ich freue mich über die Sinnesänderung bei der SPD.
({7})
- Na ja, Sie wollen scheinbar manches nachholen.
({8})
Ich freue mich auch, daß man heute mit der SPD über Agrarpolitik sachlich diskutieren kann. Das war nicht immer der Fall, weil Sie früher den Eindruck erweckten, als ob das kein Gebiet wäre, für das Sie sich interessieren könnten. Das ist mittlerweile anders geworden.
({9})
- Gott sei Dank, Herr Kollege Schmidt. Wir haben allerdings am 31. Januar 1962 gemeinsam eine Entschließung unterschrieben - einstimmig -, wonach wir uns bemühen wollten, nunmehr gemeinsam eine agrarpolitische Konzeption zu entwickeln. Um den Herrn Kollegen Struve jetzt nicht zu ärgern, habe ich dabei das Wort „neue", das ich darin sehe, unterschlagen.
({10})
Herr Frehsee, Sie haben Herrn Logemann zu Unrecht attackiert. Sie haben ihm gesagt, Sie hätten sich gewundert, warum er sich damals mit der Antwort der Bundesregierung auf seine Kleine Anfrage zuDr. Effertz
frieden gegeben habe. Ja, warum haben Sie ihn damals eigentlich nicht unterstützt?
({11})
Die FDP war damals in der Opposition, und Herr Logemann - ({12})
- Nein, aber heute, nachdem nach Ihrer Meinung das Kind im Brunnen liegt, kommen Sie darauf zurück und wollen Sie ihn nachträglich unterstützen. Das ist zu spät. Damals hätten Sie ihn unterstützen sollen!
({13})
Wenn ich ganz offen sein soll, dann gestehe ich ein, daß ich Sie eigentlich um diese Initiative, um diese Schau beneide, die Sie in dieser Großen Anfrage im Bundestag vom Stapel gelassen haben.
({14})
Sie haben uns als Koalitionspartner etwas die Schau geklaut.
({15})
Sie haben es insbesondere fertiggebracht, daß der Bundeswirtschaftsminister heute bei uns ist, sich zu Wort gemeldet und uns in Beantwortung einzelner Fragen versprochen hat. das eine oder andere zu untersuchen und auch gewisse Abstellungen zu veranlassen. Das heißt mit anderen Worten, der Herr Bundeswirtschaftsminister ist bereit, an der künftigen Agrarpolitik auch als Bundeswirtschaftsminister gemeinsam mit uns zu arbeiten und mit uns zu sprechen, sowohl mit Ihnen wie mit den anderen; denn wir haben uns alle dazu verpflichtet.
Eigentlich müßte ich der SPD noch vorhalten
({16})
- na ja, man soll nicht alles übersehen, was in der Vergangenheit war -, daß sie bei der Verabschiedung des Landwirtschaftsgesetzes, zumal sie heute manchmal so tut, als wenn sie so vieles im voraus gesehen oder gekannt hätte, die FDP nicht etwas mehr unterstützt hat, insbesondere bei der Formulierung dessen, was die Regierung auf Grund des Kataloges tun muß. Ich glaube, daß wir heute alle miteinander einig sind, daß wir dieses Gesetz, das wir noch haben und das aus vielerlei Gründen überholungsbedürftig ist, nunmehr gemeinsam novellieren sollten, auch in der Vervollständigung des Katalogs der Maßnahmen, die zu ergreifen wir der Regierung auferlegen wollen; diesmal nicht mit einem Appell, etwas tun zu sollen, sondern mit der Verpflichtung, etwas tun zu müssen. Ich hoffe, daß wir da in ein gemeinsames Gespräch kommen.
({17})
Um nicht allzu lange zu reden, möchte ich mich nicht nur mit der Opposition auseinandersetzen. Ich hoffe, nicht allzu unhöflich gewesen zu sein.
({18})
- Herzlichen Dank! Ich möchte nun auch zur Beantwortung der Großen Anfrage durch den Bundeswirtschaftsminister noch einiges sagen.
Herr Bundeswirtschaftsminister, ich habe Ihnen schon gedankt, daß Sie diese schwere Arbeit nicht Ihrem Kollegen Minister Schwarz überlassen, sondern daß Sie sie selbst beantwortet haben. Mit manchem bin ich einverstanden, aber mit manchem auch nicht. Wir sollen hier ja offen reden. Sie haben darauf hingewiesen, daß einzelne Preise von Betriebsmitteln nicht nur nicht gestiegen, sondern sogar gesenkt worden seien. Sie haben 800 Millionen DM genannt, die, insgesamt gesehen, als Senkung bei den Betriebsmittelpreisen herausgekommen seien. Aber alles in allem gesehen darf man diese Zahl nicht allein nennen, sondern man muß sie in Vergleich stellen zu dem ständig wachsenden Zusatzbedarf an technischen Einrichtungen und Betriebsmitteln. Außerdem muß man die absolute Zunahme der Ausgaben für Betriebsmittel in Vergleich setzen zu möglichen kleineren Einsparungen bei dem einen oder anderen Betriebsmittel. Dann kommt allerdings eine andere Relation heraus. Denn sonst wäre es nicht verständlich, daß die Produktionspreise für Betriebsmittel - und hier insbesondere für das große Paket Maschinen und Düngemittel - in der vergangenen Zeit von Jahr zu Jahr um soundsoviel gestiegen sind.
Herr Professor Erhard, Sie haben zu Punkt 3 gesagt, die Marktwirtschaft erzwingt, auf die Dauer gesehen, eigentlich niedrigere Preise. Da, wo das nicht überall gehalten werden konnte oder gehalten werden kann, verwiesen Sie auf den Hofkredit, der dann einspringen soll. Ich bin der Meinung, Herr Professor Erhard: wären wir gleichberechtigte Partner in der freien Marktwirtschaft - allerdings auch mit den Preisen -, dann wäre dieser Hinweis von Ihnen berechtigt gewesen. Aber wir haben seit 1952 politisch gebundene oder politisch manipulierte Preise, während sich die Preise für unsere Produktionsmittel nach den Kosten und nach Angebot und Nachfrage frei entwickeln konnten und damit auch erhebliche Gewinne für die Hersteller abwarfen, was bei der Landwirtschaft nicht der Fall ist. Man darf also nicht ohne weiteres so tun, als ob die Landwirtschaft in der freien Marktwirtschaft gleichberechtigt und gleichbeteiligt wäre. Das ist nicht der Fall. Wir sind ausgeschlossen oder abgehängt.
Sie haben auf die Schlepperpreise verwiesen, die hier wie draußen, wenn man die Listenpreise zugrunde lege, eigentlich gleich seien. Nun, das kann nicht ganz stimmen, wie sich aus dem Beispiel, das ich soeben erwähnte, ergibt. Es gibt englische Traktoren, die bei gleicher PS-Zahl trotz der 20 °/o Einfuhrzoll und trotz aller Kosten noch billiger sind als die deutschen Traktoren.
Ich glaube, wenn hier die deutsche Industrie einen ähnlichen Zwangsweg wie die Maschinenindustrie in Amerika oder in England gehen müßte - Typenbereinigung, Normierung, Zusammenlegung von Produktionsstätten -, dann könnte der Schlepper in Deutschland über diese Versuche billiger werden.
Etwas anderes! Wenn man öffentliche Mittel gibt, wenn man mit konjunktur- oder wirtschaftspolitischen Maßnahmen bestimmten Gruppen der Wirtschaft, gleich, aus welchen Gründen, ob man sie bejaht oder ablehnt, eine Hilfestellung gibt, z. B. der Kunstdüngerindustrie beim Export des Kunstdüngers, um die Vollbeschäftigung zu erhalten oder die Produktion weiterauszudehnen oder bei der Schlepperindustrie den Export zu vergrößern, wenn man also anderen Bereichen der Wirtschaft staatlicherseits beim Export hilft - das geschieht ja alles mit Steuergeldern, soweit Subventionen eingesetzt werden -, darf man es der Landwirtschaft gerechterweise nicht verübeln, wenn sie von Ihnen, Herr Bundeswiertschaftsminister, fordert: Lassen Sie doch die Traktoren und Maschinen, soweit das heute noch geht oder früher gegangen ist, zollfrei herein. Oder umgedreht: Verbilligen wir doch die Einfuhr, subventionieren wir die Einfuhr unter den Einkaufspreis aus dem Ausland, wenn wir der Landwirtschaft nicht den echten kostendeckenden Preis geben können, wenn wir also glauben, über den Preis, der politisch gebunden bleibt, nichts tun zu können!
Ich bin also der Meinung, man sollte bei der Kritik an all diesen Dingen, wenn man sie miteinander vergleicht - hier wie draußen -, gerechterweise die Ausnahmestellung der Landwirtschaft betonen und berücksichtigen und eingestehen, daß man, gleich aus welchen Gründen, in der Vergangenheit die deutsche Landwirtschaft anders behandelt hat als andere Bereiche der Wirtschaft. Man sollte dann auch eingestehen, aus welchen politischen Gründen man das hat tun müssen.
Ich möchte zum Schluß noch auf die Baukosten verweisen. Herr Professor Erhard, Sie glauben, daß durch das Baustoppgesetz wie auch durch andere Maßnahmen der Regierung und im Zuge der allgemeinen Wirtschaftsentwicklung auf dem Baumarkt mit der Zeit die Baukosten für landwirtschaftliche Bauten niedriger werden könnten. Nun, ein weiteres Steigen hat schon dort seine Grenze, wo die Landwirtschaft nicht mehr zahlen kann. Aber die heutigen Preise müssen nicht nur et w a s gesenkt, es müssen nicht nur weitere Erhöhungen vermieden werden, sondern die Preise müssen erheblich gesenkt werden. Denn das, was wir in der Landwirtschaft an Baukosten aufwenden müssen, entspricht in keinem Fall den Möglichkeiten, diese Auslagen etwa wieder über Preise oder Steigerung der Produktivität oder Kostensenkung hereinzubekommen. Ja, ich möchte sogar so weit gehen, zu sagen, daß die heutigen Baupreise unsere ganze Siedlungstätigkeit erschlagen. Wenn ich mir überlege, was heute ein Hof von 60 Morgen allein an Gebäuden kostet, dann muß ich mich fragen, ob wir es eigentlich verantworten können, diese erheblichen Mittel in ein solches Objekt hineinzustecken, wenn wir im voraus wissen, daß die Abzahlung solcher öffentlichen Mittel über die Tätigkeit in diesem Hof und über die Erlöse daraus niemals möglich sein wird. Auch hier bitte ich, einmal eine genaue Überlegung anzustellen.
Ich habe früher, im Jahre 1957, einmal geglaubt, die Gebäudekosten eines Hofes dürften - in Tausendmarkscheinen ausgedrückt - eigentlich nicht höher sein als die Anzahl der Morgen des Betriebes. Heute sind sie fast dreimal so hoch. Das kommt aus den Preisen für landwirtschaftliche Erzeugnisse nicht mehr heraus, das kann der Bauer, den wir dort ansetzen, nicht zurückzahlen. Wir müssen, wenn wir weiter Siedlungspolitik machen wollen, in Zukunft im voraus wissen, daß der Staat Zuschüsse gibt und nicht mehr Kredite, von denen wir erwarten müssen, daß sie einmal zurückfließen werden.
Alles in allem - damit möchte ich schließen - freue ich mich, wenngleich die SPD uns die Schau gestohlen hat, daß diese Frage einmal unabhängig vom Grünen Plan und von der Debatte um den Grünen Bericht angeschnitten worden ist. Denn wir werden mit der Agrarpolitik und gerade mit der Kostenseite in Zukunft noch sehr viel zu tun haben, insbesondere wenn wir in Brüssel endlich einmal anfangen sollten, uns nicht nur über die Preisharmonisierung, sondern auch über die Harmonisierung der Kosten und die Beseitigung der Wettbewerbsverzerrungen mit den anderen Partnern zu unterhalten. Beides soll ja zu gleicher Zeit geschehen, und beides soll im Jahre 1970 die Chancengleichheit hergestellt haben. Bis jetzt haben wir einseitig zu Lasten der deutschen Landwirtschaft nur an den Preisen herummanipuliert. Die Kostenseite in der EWG und die Wettbewerbsverzerrungen haben die anderen bisher geschickt auszuklammern gewußt. Die deutsche Seite darf nicht stillschweigend zusehen, wie diese Dinge, die die deutsche Landwirtschaft und den deutschen Steuerzahler belasten, weiterhin ausgeklammert werden. Wir sollten nach den Worten von Bundesaußenminister Schröder in Brüssel endlich einmal mit dem ganzen Katalog der Forderungen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft mit dem Ziel, bis 1970 zu synchronisieren, anfangen. Dazu gehört auch Ihr Beitrag, den Sie mit Ihrer Großen Anfrage zu diesem Teilbereich der deutschen Agrarpolitik geleistet haben.
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Meine Damen und Herren, ehe ich weiter das Wort erteile, erfülle ich die traurige Pflicht,
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das Haus von dem Absturz einer belgischen Militärtransportmaschine mit 42 Fallschirmspringern und fünf Besatzungsmitgliedern an Bord in Kenntnis zu setzen. Die Maschine ist heute mittag über einem deutschen Truppenübungsplatz bei Detmold abgestürzt. Ich spreche Seiner Majestät dem König der Belgier und den Angehörigen der im Dienst gefallenen belgischen Soldaten die aufrichtige und herzPräsident D. Dr. Gerstenmaier
liche Anteilnahme dieses Hauses aus. - Sie haben sich erhoben: ich danke Ihnen.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Kurlbaum.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Bundeswirtschaftsminister hat bei der Beantwortung der ersten, grundsätzlichen Frage unserer Großen Anfrage, bei der Frage nach den Ergebnissen der bisherigen Maßnahmen der Bundesregierung mit dem Ziel der Kostensenkung für die deutsche Landwirtschaft, darauf hingewiesen, daß es einen zunehmenden Wettbewerb und auch Preissenkungen gegeben hat. Wir wollen nicht bestreiten, daß es solche vereinzelten Erscheinungen gegeben hat. Der Herr Bundeswirtschaftsminister selbst hat hinzugefügt, daß diese Entwicklungen für die notwendige Kostensenkung in der Landwirtschaft unzureichend gewesen sind. Wir stimmen ihm darin durchaus zu.
Der Herr Bundeswirtschaftsminister hat dann darauf hingewiesen, daß als Ersatz für diese unzureichenden Kostensenkungen Kostensenkungen durch Verausgabung öffentlicher Mittel erreicht worden seien. Ich möchte hier erklären, daß das allerdings nicht der Sinn unserer Großen Anfrage gewesen ist. Das Ziel unserer Großen Anfrage ist nicht in erster Linie, darauf hinzuwirken, daß weitere Kostensenkungen durch die Ausgabe weiterer öffentlicher Mittel zustande kommen. Wir hatten uns vielmehr vorgestellt, daß einmal geprüft wird, ob es nicht möglich ist, der Landwirtschaft durch echte Kostensenkungen auf seiten der privaten gewerblichen Wirtschaft zu helfen. Wir sind überzeugt, daß das durchaus möglich ist.
Der Herr Bundeswirtschaftsminister hat dann davon gesprochen, er wünsche nicht, daß die Wirtschaft durch dirigistische Maßnahmen gestört werde. Das ist ein völliges Mißverständnis. In all dem, was wir in der Großen Anfrage gesagt haben, ist mit keinem Wort von dirigistischen Maßnahmen die Rede. Wir haben sie in diesem Zusammenhang bestimmt nicht im Auge gehabt. Im Gegenteil, unser Anliegen ist es, zu vermeiden, daß bestimmte Industriezweige ihrerseits durch privatwirtschaftlichen Dirigismus den Wettbewerb ausschalten. Darum handelt es sich in erster Linie.
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Der Herr Bundeswirtschaftsminister ist sodann auf die Preisprobleme und auf die Beispiele eingegangen, die mein Freund Frehsee genannt hat. Ich möchte auf diese Themen im Zusammenhang mit der Begründung unseres Antrages Umdruck 311*) eingehen. Wir legen entscheidenden Wert darauf, daß die Debatte, die wir heute durch unsere Große Anfrage eingeleitet haben, nicht in der heutigen Plenarsitzung ein Ende findet, sondern wir haben uns vorgenommen, daß die Aussprache über die hier angesprochenen Probleme in einer sehr eingehenden Beratung im Wirtschaftsausschuß und im Ernährungsausschuß des Deutschen Bundestages fortgesetzt wird. Um die Grundlage dafür zu schaf-
f) Siehe Anlage 3 fen, haben wir unseren Antrag eingebracht. Mit diesem Antrag haben wir versucht - damit darf ich auch kurz auf den Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP eingehen -, diese Probleme sehr viel konkreter anzusprechen als die Fraktionen der CDU/CSU und der FDP. Worum handelt es sich hierbei in erster Linie?
Zunächst einiges zur Frage der Preise für landwirtschaftliche Maschinen. Die Beispiele, die mein Freund Frehsee gebracht hat, zeigen doch sehr eindeutig - sie sind im einzelnen auch gar nicht widerlegt worden -, daß z. B. gewisse deutsche Erzeugnisse in Großbritannien mit einem Abschlag in der Größenordnung von 30 °/o verkauft werden und daß gewisse britische Erzeugnisse in Großbritannien nur etwa 60% des Preises kosten, den man in der Bundesrepublik für sie zahlen muß. Diese Unterschiede können niemals allein durch den Hinweis auf die Zölle aufgeklärt werden.
Nun noch einige sehr interessante Zahlen, die zufälligerweise in diesen Tagen das IFO-Institut in seinem Schnelldienst gebracht hat. Aus diesen Zahlen ergibt sich folgendes sehr eindeutig.
Die britische Produktion an Schleppern ist in den zehn Jahren von 1953 bis 1963 um 93 % gesteigert worden, die der Bundesrepublik nur um 32 %. Die britische Schlepper-Industrie hat einen Exportanteil, der zwischen 75 und 85 % schwankt; die Bundesrepublik hat einen Exportanteil von nur 30 %.
Das IFO-Institut erläutert diese weit größeren Erfolge der britischen Schlepper-Industrie mit dem Hinweis, daß dort in Großserien fabriziert wird und daß infolgedessen die Preise sehr viel niedriger sind. Alle Zeichen deuten, glaube ich, darauf hin, daß wir es in der Tat in Großbritannien mit einem sehr viel leistungsfähigeren Industriezweig zu tun haben und daß wir uns sehr wohl gemeinsam die Köpfe darüber zerbrechen müssen, wie wir die deutsche Landmaschinenindustrie auf den Stand z. B. der britischen bringen können.
Aus dem Beispiel der Maschinenpreise ergibt sich nicht nur der von mir angedeutete Leistungsunterschied zwischen einer ausländischen und einer deutschen Industrie; aus der Tatsache, daß die deutschen Maschinen verbilligt nach Großbritannien kommen und die britischen Maschinen verteuert nach Deutschland, ergibt sich auch sehr deutlich, daß hier offenbar internationale regionale Vereinbarungen eine Rolle spielen, durch die die Partner sich gegenseitig die Märkte geschützt haben.
In diesem Zusammenhang muß ich den Herrn Bundeswirtschaftsminister fragen, was er meint, wenn er bei der Beantwortung unserer Großen Anfrage immer wieder darauf hingewiesen hat, welche Verdienste sich seine Regierung um die Durchsetzung einer guten Wettbewerbsordnung erworben hat. Eines müssen wir feststellen - und das werden wir auch bei der Betrachtung über die Düngemittelmärkte feststellen -, daß hier von einer auch nur einigermaßen befriedigenden Wettbewerbsordnung unter keinen Umständen die Rede sein kann und daß unsere gemeinsamen Anstrengungen sich darauf zu konzentrieren haben, wie wir es zuwege
bringen können, insbesondere auch auf dem Düngemittelmarkt - auf den ich jetzt zu sprechen kommen werde - zu einer für den Verbraucher tragbaren Wettbewerbsordnung und Marktstruktur zu kommen. Es wird entscheidend für unsere Beurteilung der Ehrlichkeit der Bemühungen der Bundesregierung und der Koalitionsparteien sein, ob diese Parteien und die Bundesregierung bereit sind, aus den Mißständen auf diesen Märkten unter Umstanden auch die notwendigen Konsequenzen bei einer Novellierung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen zu ziehen. Hier haben sich außerordentliche Mißstände herausgebildet, die schon allein dadurch charakterisiert sind, daß auf Grund des geltenden Kartellgesetzes z. B. eines der Düngemittelsyndikate trotz des Widerspruchs des Bundeskartellamtes weiter durchgeführt werden kann, so lange, bis der Streit über die Nichtbewilligung bis zur letzten Gerichtsinstanz durchgeführt worden ist.
Zweifellos sind auch auf dem Düngemittelmarkt Preisunterschiede vorhanden. Allerdings sind sie hier dank der noch intensiveren internationalen Zusammenarbeit geringer. Auf dem Kalimarkt sind die deutschen Preise sogar eine Kleinigkeit niedriger als in den anderen großen EWG-Ländern. Das wird aber mehr als ausgeglichen durch größere Preisunterschiede zuungunsten der deutschen Landwirtschaft bei Thomasphosphat und Stickstoff. Man muß also auch bei den Düngemitteln zu dem Ergebnis kommen, daß der deutsche Landwirt per Saldo insgesamt seine Düngemittel teurer einkauft als z. B. der Landwirt in Frankreich, in Italien und in den Niederlanden.
Nun ist aber nicht allein die relative Höhe der Düngemittelpreise in den verschiedenen Ländern interessant, sondern auch die absolute Höhe. Denn hier ist - darauf ist von der EWG-Kommission schon hingewiesen worden - eine sehr gut organisierte Syndikatsorganisation vorhanden, nicht nur in der Bundesrepublik, sondern auch in den anderen Ländern ,der EWG, und außerdem ist es offensichtlich zu einer internationalen Abstimmung gekommen. Darum ist eine absolute Kostensenkung wahrscheinlich nur zu erreichen, wenn wir uns gemeinsam überlegen, wie die jetzige Marktstruktur durch eine bessere ersetzt werden kann.
Ich mache auch in diesem Zusammenhang darauf aufmerksam, daß der Wissenschaftliche Beirat beim Bundeswirtschaftsministerium in seinem Gutachten, das unserer Drucksache 617 - der Drucksache über die von der Bundesregierung vorgeschlagenen Anderungen zum Kartellgesetz - beigefügt ist, den grundsätzlichen Standpunkt vertritt, daß Erlaubnisse zu Syndikaten in Zukunft überhaupt nicht mehr gegeben werden sollten. Diese Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirats sollten wir einer sehr genauen Prüfung unterziehen.
Die Betrachtung der Syndikate allein genügt aber nicht, um die gesamte Situation auf dem Düngemittelmarkt beurteilen zu können. Für die Düngemittel-preise ist die Kombination von Höchstpreisen, wie sie von der Bundesregierung genehmigt worden sind, mit der Syndikatsorganisation entscheidend. Es ist offensichtlich so, daß die Düngemittelsyndikate die Aufgabe haben, dafür zu sorgen, daß die Düngemittelpreise unter keinen Umständen unter die Höchstpreise heruntersinken. Wir werden uns sehr überlegen müssen, ob wir das zulassen sollten.
Bei der Beurteilung der vom Wirtschaftsministerium festgesetzten Höchstpreise wird man auch in Rechnung stellen müssen, daß in den letzten zehn Jahren der Düngemittelverbrauch in der Bundesrepublik um 60 bis 70 % gestiegen ist. Wir stellen die Frage, ob es der Düngemittelindustrie nicht möglich ist, schon allein auf Grund dieser schnell gestiegenen Umsätze zu einer Kostensenkung zu kommen, ganz abgesehen davon, daß wohl auch die Technik und Wissenschaft auf dem Gebiete der Düngemittelherstellung in den letzten zehn Jahren einige Fortschritte gemacht hat. Wir möchten ausdrücklich sagen, daß wir die Forderung des Bauernverbandes nach einer Senkung auf diesem Gebiet nachdrücklich unterstützen; sie ist durch die Umsatzsteigerung und die technischen und wissenschaftlichen Fortschritte gerechtfertigt.
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Es wäre unserer Ansicht nach Aufgabe der Bundesregierung gewesen, diese Dinge sehr frühzeitig und sehr genau zu untersuchen. Daher fragen wir in unserem Antrag nach ,den Grundsätzen, nach denen die Bundesregierung die Höchstpreise für Düngemittel festgesetzt hat. Wir hoffen, daß wir darüber eine sehr gründliche Diskussion in den Ausschüssen haben werden.
In unserem Antrag wird naturgemäß auch auf die anderen Fragen Bezug genommen, auf deren weitere Diskussion wir entscheidenden Wert legen, nämlich einmal auf die Frage der Typenbereinigung. Sie ist für die deutsche Landmaschinenindustrie angesichts deren Rückstandes - gemessen an internationalen Maßstäben - wohl von entscheidender Bedeutung.
Zweitens wollen wir auch auf die Frage der Baukosten zurückkommen. Allerdings ist uns klar, daß ein Fortschritt auf dem Gebiet der Baukostenentwicklung nur dann möglich sein wird, wenn sich dieser Bundestag im allgemeinen dazu entschließt, durchgreifende Maßnahmen auf dem Baumarkt zu treffen. Sie wissen, daß wir das Baustoppgesetz für eine sehr schlechte und unzureichende Maßnahme halten. Wir haben auch sehr bedauert, daß die Änderung des § 7 b so spät gekommen ist. Wir erwarten, daß der Deutsche Bundestag sich noch sehr viel eingehender mit diesen Problemen befaßt, so daß auch auf diesem Gebiet - wenn der Bundestag und seine Mehrheit sich entschlußfähiger als bisher zeigen - Fortschritte für die Landwirtschaft herauskommen werden. Allerdings weisen wir auch daraufhin, daß es bei der Landwirtschaft ein Spezialproblem gibt, nämlich den Fertigbau für die Wirtschaftsgebäude. Es würde zweifellos Aussichten bieten, wenn man sich dieser Methode mehr widmete; darauf hat mein Freund Frehsee schon hingewiesen.
Lassen Sie mich zum Schluß zusammenfassend folgendes sagen. Der Bauer in der Bundesrepublik steht beim Einkauf seiner wichtigsten Betriebsmittel,
wie die Untersuchung der Düngemittelmärkte und des Landmaschinenmarktes ergibt, wohlorganisierten finanzkräftigen Gruppen gegenüber, die nicht darauf verzichten, alle Maschen des geltenden Kartellgesetzes dafür auszunutzen, dem Bauer möglichst viel Geld abzunehmen. Wir haben den Eindruck, daß dabei nicht nur innerhalb des Rahmens des geltenden Kartellgesetzes, sondern auch außerhalb dieses Rahmens vorgegangen wird. Das wird die nähere Untersuchung der Preissituation ergeben.
Wir sind immer bereit gewesen, für diejenige Hilfe zu sorgen, die die deutsche Landwirtschaft anerkanntermaßen wegen ihrer Wettbewerbsnachteile im Zusammenhang mit dem Klima und der Bodenstruktur haben muß. Wir halten es aber für einen schweren Fehler, wenn sich die Dinge so entwickeln, daß industrielle Wirtschaftszweige, die solche Standortnachteile wie die deutsche Landwirtschaft überhaupt nicht haben, versuchen, sich auf ihre Weise an dem großen Topf der agrarpolitischen Subventionen, an den Finanzmitteln des Grünen Plans zu beteiligen. Ich glaube, es ist die Aufgabe der Bundesregierung - und darauf wollen wir sie bei dieser Gelegenheit noch einmal nachdrücklich hinweisen -, dafür zu sorgen, daß die Mittel, die der Deutsche Bundestag zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Landwirtschaft bewilligt hat, auch wirklich hundertprozentig der deutschen Landwirtschaft zugute kommen und nicht zu einem hohen Prozentsatz auch anderen, für die sie gar nicht bestimmt sind.
Wir bitten Sie, unseren Antrag zu unterstützen. Wir stellen uns vor, daß er federführend im Wirtschaftsausschuß und mitberatend im Ernährungsausschuß behandelt wird. Das ergibt sich unserer Ansicht nach schon daraus, daß heute der Herr Bundeswirtschaftsminister die Große Anfrage beantwortet hat. Er ergibt sich unserer Ansicht nach auch aus der Tatsache, daß die Probleme, die Preisprobleme, die Fragen der Marktorganisation gerade im gewerblichen Sektor, wohl vorwiegend Probleme sind, die den Wirtschaftspolitischen Ausschuß betreffen. Wir würden uns daher freuen, wenn Sie sich unserem Vorschlag anschlössen.
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Das Wort hat der Abgeordnete Stein.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als ich an die Bearbeitung der Großen Anfrage der Sozialdemokratie ging, hatte ich zunächst den Eindruck, als ob das Haus in der Frage der Kostengestaltung in der Landwirtschaft verschiedener Ansicht sein könnte und wäre. Nachdem ich die Ausführungen des Kollegen Effertz gehört habe und die Sozialdemokratie seine Bemerkung, daß diese uns die Schau gestohlen habe, mit zustimmendem Gelächter quittiert hat, erlaube ich mir festzustellen, daß hinsichtlich der Prdblematik, über die hier gesprochen wird, offensichtlich doch eine weitgehende Übereinstimmung besteht. Das Hohe Haus wird nicht übersehen haben, daß die Große Anfrage am 14. Mai, unmittelbar vor den niedersächsischen Wahlen, gestartet worden ist,
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und ich glaubte, daß in dieser Großen Anfrage - das war mein persönlicher Eindruck - gewisse „kubelistische" Züge enthalten seien. Wir freuen uns aber, meine Herren, nach dem Ergebnis dieser Aussprache feststellen zu können, daß wir uns doch sehr weitgehend in Übereinstimmung befinden, so weitgehend, daß der Vertreter unserer Kaalitionspartei von einem allgemein schlechten Gewissen sprach. Ich weiß nicht, ob diese Auffassung von allen geteilt wird. Ich neige der Auffassung zu, daß diese Determinierung einer gewissen Einschränkung bedarf.
Ich gebe zu, Herr Kollege Kurlbaum, daß ich, bevor ich Ihre Ausführungen hörte, glaubte, daß Sie in die Preisgestaltung der Landwirtschaft überhaupt und insbesondere auch in die Preisgestaltung des Sektors der Industrie, der für die Landwirtschaft von Bedeutung ist, in gewisser Weise von Staats wegen oder dirigistisch eingreifen wollten. Ihre Ausführungen haben mich in dieser Hinsicht angenehm berührt. Aber ich werde das Gefühl nicht los, daß im Hintergrund Ihrer gesamten Vorstellungen doch so etwas wie Preiskontrolle steht. Ich möchte davor warnen, daß wir im Rahmen des Charakters unserer Volkswirtschaft als einer Veredelungswirtschaft die Wettbewerbsfähigkeit unserer Volkswirtschaft irgendwie antasten. Von der Prosperität der Industrie profitiert auch die Landwirtschaft in hohem Maße, und wir sollten uns bemühen, sie auch hier in vollem Umfange Anteil nehmen zu lassen.
Sie haben immer wieder auf die sogenannten Preisverzerrungen hingewiesen. Ich darf diesen Preisverzerrungen, die Sie hier feststellen, doch ein Argument entgegensetzen. In der Folge der liberalen Handelspolitik der Bundesregierung gerade auf wesentlichen Gebieten ist der deutsche Markt zu einem ausgesprochenen Käufermarkt geworden. Sie wissen, daß in vielen Kreisen der produzierenden Wirtschaft heute das Schlagwort herrscht: Der Gemeinsame Markt findet in Deutschland statt. Darin ist sicherlich ein Körnchen und mehr als ein Körnchen Wahrheit. Jedenfalls ist richtig, daß die deutschen Unternehmen unter einem außerordentlich starken ausländischen Wettbewerb stehen, der sie zu äußerster Preiskalkulation zwingt.
Deswegen haben mich Ihre Zweifel, daß die Rationalisierungsgewinne an die Verbraucher weitergegeben würden, mit einem sehr großen Staunen erfüllt, insbesondere da Sie diese Frage mit Ausführungen über die Produktion der Schädlingsbekämpfungsmittel verbunden haben. In der umfassenden Antwort der Bundesregierung, die in ihrem sachlichen Gehalt in der Diskussion nicht sehr weit angetastet worden ist, ist mit Recht gerade darauf verwiesen worden, daß auf dem Gebiet der Schädlingsbekämpfung die größten Preissenkungen erfolgt sind. Der Herr Bundeswirtschaftsminister hat in seiner Antwort ausdrücklich gesagt, daß ein Unternehmen, nämlich Bayer Leverkusen, eine Palette von Preissenkungen vorgelegt hat, die bei nicht weniger als
20 Präparaten eingetreten sind. Wenn Sie die Situation der Konkurrenz auf diesem Gebiete der Schädlingsbekämpfung kennen, dann wissen Sie, daß dieses Beispiel, das unumstritten und absolut einleuchtend ist, auch für andere Produktionsstätten gilt. Ich glaube also, Sie können der deutschen Schädlingsbekämpfungsmittel- und der chemischen Industrie nicht vorwerfen, sie habe ihre Rationaliserungsgewinne nicht an die Verbraucher weitergegeben.
Meine Damen und Herren, Sie haben dann, zwar nicht sehr intensiv in der Debatte, aber doch in Ihrer Anfrage auf die möglichen Zollsenkungen verwiesen. Mit Recht hat der Herr Bundeswirtschaftsminister gesagt, daß die Binnenzölle am 1. Juli dieses Jahres weiter gesenkt werden und daß die Preisausschläge durch Zollsenkungen danach nicht mehr sehr erheblich sein können. Aber was mich gewundert hat, ist doch, daß Sie von den Außenzöllen sprechen. Wenn Sie an die Außenzölle heranwollen, dann würde ich das doch für außerordentlich bedenklich und eine solche Initiative für verfehlt halten. Sie wissen, daß wir vor der Kennedy-Runde stehen, und Sie wissen, daß wir am 4. Mai des nächsten Jahres vor neuen Verhandlungen im GATT stehen werden. Alle unsere Bemühungen müßten darauf gerichtet sein, daß diese Zollverhandlungen zu einem wesentlichen Abbau der Zölle in den Ländern der westlichen Welt führen. Ein Wunsch etwa der Bundesregierung, hier initiativ zu werden, würde sicherlich auf sehr zweifelhaften Erfolg und geringe Gegenliebe in Brüssel stoßen. Ich glaube also, daß wir mit einer solchen Initiative eher der großen Entwicklung schaden würden, die sich jetzt gerade angebahnt hat und die eine so wesentliche Unterstreichung durch den Besuch des Präsidenten der Vereinigten Staaten erfahren hat, so daß wir diese Dinge sich in sich selbst auswirken lassen sollten.
Aber Sie werden sicherlich erwarten, daß ich noch einige Bemerkungen zu den landwirtschaftlichen Betriebsmitteln mache. Zunächst einmal haben Sie, Herr Kollege, die sozialen Belastungen, jedenfalls im wesentlichen, ausgeklammert. Ich will das dahingestellt sein lassen. Zu diesem Problem gehört aber auch die Frage der Dienstleistungen und Reparaturen, die von der Landwirtschaft verlangt werden. Sie ist auch hier im Kostengefüge, in der Kostenbelastung erheblich beeinflußt worden.
Ich will nun zu der Preisgestaltung bei den Ackerschleppern übergehen und möchte im Rahmen dieser Diskussion herausstellen, daß sich die deutsche Ackerschlepperindustrie nicht nur in einem Konkurrenzkampf, sondern - ich glaube, dies ohne Übertreibung sagen zu können - tatsächlich in einem Existenzkampf befindet. Er hat dazu geführt, daß in den letzten Jahren eine Reihe von Firmen ihre Produktion wegen der schlechten Ertragslage aufgegeben haben oder diese Produktion zur Zeit auslaufen lassen. Mir sind aus diesem Bereich allein sieben Firmen bekannt, die sich so verhalten haben. Außerdem ist die deutsche Ackerschlepperproduktion absolut rückläufig; ihr Produktionswert ist gesunken, und zwar von 3,36 Milliarden DM im Jahre 1961 auf 3,10 Milliarden DM im Jahre 1962. Als Folge der angespannten Kosten- und Ertragslage sind die Firmen zu erheblichen Preiszugeständnissen gezwungen, so daß die tatsächlich von der deutschen Landwirtschaft gezahlten Preise in aller Regel erheblich unter den Preisen liegen, von denen Sie bei Ihrer Anfrage ausgegangen sind. Wer die Praxis auf dem Lande kennt, weiß, daß ich damit nicht übertreibe.
Was die Exportpreise anbelangt, so dürfte allgemein bekannt sein, daß es einen einheitlichen und vergleichbaren Exportpreis überhaupt nicht gibt; darüber können wir uns sicherlich verständigen. Den Exportpreis diktieren der jeweilige ausländische Markt und die Konkurrenz. Damit müssen wir uns abfinden und davon müssen wir ausgehen.
Die Inlands- und Exportpreise sind aber auch aus anderen Gründen nicht vergleichbar. So werden häufig Ackerschlepper ohne Bereifung und ohne Batterien exportiert. Wenn man den Dingen einmal nachgeht, stößt man auf diese Differenzierungen. Beim Verkauf in Deutschland ist überdies durch die Androhung strenger Strafen in der Verkehrsgesetzgebung eine zusätzliche Ausrüstung vorgeschrieben, und es kommt sehr häufig eine Reihe von Zusatzproduktionen, von zusätzlichen Aggregaten hinzu, die mit den Schleppern und mit der Schlepperlieferung verbunden sind. Dadurch wird das Preisbild sehr oft in eine nicht vergleichbare Ebene gerückt.
Daß die deutsche Schlepperindustrie im Export keineswegs zu niedrige Preise berechnet, geht im übrigen vor allem aus der Tatsache hervor, daß die Ausfuhr von Ackerschleppern von 41 170 Stück im Jahre 1961 auf 30 791 Stück im Jahre 1962 zurückgegangen ist. Gleichzeitig ist die Einfuhr in den letzten Jahren laufend gestiegen. 1956 führten wir 2500 fremde Schlepper ein. Seitdem hat sich diese Zahl vervierfacht. Im Jahre 1962 betrug der Export mehr als 10 000 Stück. Ich möchte damit doch die Feststellung verbinden: Einer solchen Entwicklung würden die deutschen Fabriken sicherlich nicht tatenlos zusehen, wenn sie die Möglichkeit hätten, ihr durch Preissenkungen im Inlandgeschäft zu begegnen. Ich glaube, daß das eine klare kaufmännische Erkenntnis ist, an der wir nicht vorübergehen sollten.
Nun ist hier über die Düngemittelpreise gesprochen worden. Dazu möchte ich sagen, daß auch die deutschen Düngemittelpreise unter einem klaren Kostendruck stehen. Obwohl die Produktionskosten, insbesondere die Kosten für Kohle, elektrische Energie und Löhne sich in den letzten Jahren ständig erhöht haben, hat die Industrie die Preise für Düngemittel mehrfach gesenkt. Ich möchte als Beispiel hier die meistverbrauchten Standarddünger nennen. Für Kalkammonsalpeter betrug der Preis je Kilo Stickstoff 1959 1,12 DM; er ist im Jahre 1962 auf 1 DM gesunken; das ist also eine Preissenkung von mehr als 10 %. Daß die deutschen Düngemittelpreise auch im internationalen Vergleich keineswegs überhöht sind, zeigt ein Blick in die EWG. Setzt man die Durchschnittserlöse ab Werk für Kalkammonsalpeter im EWG-Raum auf 100, so ergeben sich nach den mir vorliegenden Unterlagen für einzelne EWG-Länder im Jahr 1962 folgende Indexzahlen: die
Bundesrepublik 98,6, Belgien 105, Frankreich 107, Italien 75 und Niederlande 100. Der niedrige Preis in Italien erklärt sich, wie Sie wissen, aus der Erschließung von Erdgasvorkommen, die den Preis maßgeblich beeinflußt haben.
In der Debatte ist von dem Herrn Vertreter der Sozialdemokratie die Praxis eines Kartells kritisiert worden. Ich kann dazu im einzelnen nicht Stellung nehmen, aber eines hat mich an dieser Kritik im Prinzip gestört. Aus dem Vortrag des Herrn Vertreters der Sozialdemokratie geht klar hervor, daß sich das Kartellamt mit dieser Situation befaßt hat und daß auf Grund dieser anhängigen Sache das Kartellamt zu einem Beschluß gekommen ist und daß dieser Beschluß vom Kammergericht aufgehoben worden ist. Wenn dieser Tatbestand klar ist, halte ich es nicht für vertretbar, hier auszuführen, daß ein hohes deutsches Gericht - nämlich das Kammergericht - die Praktiken des Kartells unterstützt habe. Ich bin der Ansicht, daß der Respekt vor der deutschen Rechtsprechung und vor der deutschen Rechtsstaatlichkeit eine solche Kritik auch in diesem Haus verbietet.
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- Herr Dr. Deist, Sie sind maßgebend an der Schaffung dieses Gesetzes mit beteiligt worden. Ich werde mich nicht zum Verteidiger dieses Gesetzes machen. Aber wenn man es praktiziert, dann muß man, wenn es zu einem für den Antragsteller günstigen Bescheid kommt, dieses Ergebnis respektieren und darf es nicht zum Gegenstand einer Kritik machen, wie es heute der Fall war.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage? - Bitte!
Herr Kollege, meinen Sie nicht, daß es durchaus in Ordnung ist, wenn unter dem Gesichtspunkt, daß eben das Gesetz geändert werden muß, ein solches Urteil hier politisch behandelt wird, und daß darin nicht ein Verstoß gegen die Loyalität gegenüber der Rechtsprechung zu sehen ist?
Herr Kollege Deist, dann unterscheide ich mich von Ihnen absolut darin bezüglich der Ausdrucksweise: ich halte die Art, in der der Herr Kollege das vorgetragen hat, indem er von „Praktiken" gesprochen hat, für nicht vereinbar mit der Würde und der Verantwortung des Gerichts.
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- Tut mir leid; ich habe es als außerordentlich unangenehm empfunden.
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- Ich konnte es leider nicht bekommen; sonst hätte ich es mir eben angesehen.
Ich möchte noch ein weiteres Moment hinzufügen. Ich stehe hier, wie Sie wissen, als Vertreter der CDU, aber wegen meiner beruflichen Stellung habe ich selbstverständlich das Bedürfnis, noch einige Worte im Grundsätzlichen zu sagen. Ich möchte Ihnen ausdrücklich sagen, daß insbesondere die Industrie die Entwicklung der Landwirtschaft in den letzten Jahren mit größter Sorge und mit größter innerer Anteilnahme verfolgt hat und daß insbesondere die Kostensenkung für sie ein ernstes gemeinsames Anliegen ist. Ich freue mich außerordentlich, daß gerade Sie und auch meine Fraktion den Antrag gestellt haben, diese Große Anfrage in den Ausschüssen nach der sachlichen Seite hin weiterzubearbeiten. Der Antrag, den Herr Kollege Reinhard angekündigt hat, wird nachher noch begründet werden. Auch wir sehen es als ein gemeinsames Anliegen der gesamten Wirtschaft an, daß die Kostensenkung und damit die Rentabilität der Landwirtschaft als ein politisches Problem von allergrößter Bedeutung betrachtet wird, und wir werden von unserer Seite aus alles tun, um der Forderung der Landwirtschaft nach Kostensenkung für die Betriebsmittel zum Erfolg zu verhelfen.
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Zur Begründung des Antrags auf Umdruck 316 *) Herr Abgeordneter Struve!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Durch die Einbringung der Großen Anfrage und nicht zuletzt durch die Begründung von seiten der SPD ist die Frage nach der Verbesserung der Rentabilität in der Landwirtschaft sehr stark von der Kostenseite her aufgegriffen und behandelt worden. In der Begründung ist Herr Kollege Frehsee sogar so weit gegangen, daß er dies als das Gebot der Stunde bezeichnete. Er hat in seiner Begründung vor allen Dingen die Probleme im Zusammenhang mit den Bauten, dem Dünger und den Kosten sowie mit der Verwendung von Maschinen hervorgehoben.
Dieses Problem ist sehr alt. Es war kein geringerer als der sehr verehrte Vorgänger unseres Herrn Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, der mit viel Mühe und unter ungeheuren Anstrengungen diese Frage aufgriff. Ihm ist mehrfach zu seinem Leidwesen, nicht zuletzt vom Berufsstand, vorgehalten worden, daß diese seine Bemühungen nicht den erhofften und gewünschten Erfolg hatten.
Die Dinge werden wohl zu einfach behandelt, wenn von seiten der SPD heute diese Fragen so einseitig und so betont in den Vordergrund gerückt werden und dabei die anderen, die Rentabilität unserer Landwirtschaft beeinflussenden Faktoren unberücksichtigt bleiben. Meine sehr verehrten Damen und Herren - das ist eine Frage an die Regierung und an das ganze Haus -, wenn ich nur den Steuersektor behandle, dann können wir nicht mit der Feststellung, daß die Umsatzsteuerbefreiung zugunsten der Landwirtschaft seit Jahren verfolgt wird, zu gleicher Zeit über die Einführung der Mehrwertsteuer diskutieren und dabei die Frage
') Siehe Anlage 4
offenlassen, wie diese auf die Landwirtschaft zurückschlagen und sich auswirken soll.
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Wir können nach meiner Überzeugung die Frage der Überprüfung der Einheitswerte in diesem Hohen Hause nicht behandeln, ohne die Frage zu beantworten, ob dadurch nicht erneut erhöhte Lasten auf die deutsche Landwirtschaft zukommen. Wir können in dem Zusammenhang vor allen Dingen nicht die Fragen unbeantwortet lassen, die zur Zeit viele Kleinbauern belasten, die als Schätzungslandwirte mit dem inzwischen gestiegenen Preis- und Lohnniveau einfach nicht mehr in den gesetzten Rahmen passen. Mir ist bekannt, daß außer dem Bundesfinanzministerium hier die Länder zuständig sind. Aber von diesen Unkosten sollten wir wenigstens zusätzlich sprechen.
Nun wenden wir uns dem großen Sektor Bauten zu. Bei der Debatte über den Grünen Plan ist hierüber sehr viel gesagt worden. Von meinen politischen Freunden ist im Ausschuß eingehend begründet worden, daß im Rahmen des Strukturprogramms für die Aussiedlung, für die Umbauten, für die Althofsanierung wesentlich günstigere Bedingungen nötig sind, um diese Maßnahmen durchführen zu können. Hier ist heute die Verabschiedung der Richtlinien erneut angekündigt worden. In vorläufigen Richtlinien ist auch eine Besserstellung in Aussicht gestellt. Ich möchte keinen Zweifel darüber lassen, daß für meine politischen Freunde die sich im Zusammenhang mit den Bauten im ländlichen Raum ergebenden Fragen nicht einseitig Fragen der Landwirtschaft sind. Hiermit steht und fällt vielmehr die Existenz des ganzen gewerblichen Mittelstandes. Die große Gefahr ist, daß auf der einen Seite die Überlastung der Baukapazität, nicht zuletzt ausgelöst durch den starken Nachholbedarf im Wohnungssektor, dazu führt, daß die wertvollen Kräfte des ländlichen Handwerks in einem Ausmaß abgezogen werden, daß wir diesen Hauptrationalisierungsfaktor in der Landwirtschaft nicht richtig werden zur Geltung kommen lassen können.
Ich bin der Überzeugung, daß die angekündigten Richtlinien über das derzeitige Maß hinaus weitere Verbesserungen im Zinssektor bringen müssen, weil diese Maßnahmen Investitionen auf lange Sicht sind, die nur mit ungewöhnlich günstigen Zins- und Tilgungsbedingungen zu verkraften sind. Wir sollten uns nicht einbilden, daß durch Appelle allgemeiner Art im Bausektor etwas zu gewinnen ist.
Die beiden anderen wesentlichen Punkte sind von meinem Kollegen Stein behandelt worden: die Frage der Düngerpreise und die Frage der Landmaschinenpreise.
Wir sind mit den Antragstellern der Auffassung, daß man diese Dinge sowohl im Wirtschafts- als auch im Ernährungsausschuß weiter behandeln sollte. Ich möchte schon an dieser Stelle darum bitten, uns dahingehend zu verständigen, daß wir beide Anträge an diese beiden Ausschüsse überweisen. Da der Herr Bundeswirtschaftsminister die Anfrage beantwortet hat, sollte vielleicht der Wirtschaftsausschuß federführend und der Ernährungsausschuß mitberatend beteiligt sein.
Gestatten Sie mir aber noch einige zusätzliche Bemerkungen. Ich möchte dabei vor allem die antragstellende Fraktion und die Kollegen von der SPD ansprechen. Solange das Hohe Haus diese Fragen der Landwirtschaft behandelt hat, sind nicht nur in der öffentlichen Meinung, sondern auch in diesem Hause die Probleme der landwirtschaftlichen Preise auch dann noch zu einem großen Politikum erhoben worden, als sie es eigentlich nicht mehr verdienten.
Ich will hier zwei Ihrer Kollegen, die im Augenblick ihr Hauptarbeitsfeld nach Brüssel verlegt haben, nicht zitieren. Aber wenn ich die große Kette der Anträge an mir vorüberziehen lasse, wo unter Beanstandung der Erzeugerpreise immer wieder Zollsenkungen mit allem Drum und Dran beantragt worden sind, so muß ich sagen: Die Debatte wäre ein Fortschritt, wenn das Hohe Haus sich dazu entschließen könnte, dem deutschen Bauern, dem Erzeuger, die Gelegenheit zu bieten, überall dort, wo es von der Angebotsseite her berechtigt ist und wo für den Erzeuger noch eine bescheidene zusätzliche Chance über den Preis gegeben ist, diese Chance zu nutzen. Denn darüber kann es keinen Zweifel geben: die Entwicklung in unserem modernen Industriestaat zeigt, daß es wie in anderen Industriestaaten der westlichen Welt ungeheuer schwer, ja leider unmöglich ist, dem Bauern seiner Veranlagung entsprechend für seine Arbeit den gerechten Preis zu bezahlen. Weil das so ist, ist die Frage der Kostensenkung von großer Bedeutung. Ich glaube, meine politischen Freunde und als Mitunterzeichner auch die Fraktion der Freien Demokraten sind mit mir der Meinung, daß dem Punkt 5 unseres heutigen Antrags eine wesentliche Bedeutung zukommt. Ich glaube nicht, daß es noch um die Frage geht, ob zugunsten der Landwirtschaft weitere Subventionen gewährt werden müssen. Vielmehr ist es eine Frage des Umfangs und eine Frage des Wie.
Diese Dinge stehen im Zusammenhang mit anderen Fragen, die ebenfalls auf der Tagesordnung stehen. Meine sehr verehrten Kollegen von der SPD, ich sehe heute einen Antrag, der indirekt auch wieder das Preisniveau für die nächstjährige Getreideernte bei den Bauern negativ beeinflussen muß. Wir haben doch im Ausschuß festgestellt, daß eine Senkung der Preise sofort die Einschleusungspreise für die Veredelungsprodukte beeinflußt. Ich muß sagen: ich glaube nicht, daß das ein geeigneter Weg ist, den Bauern den gerechten Lohn für seine Arbeit zukommen zu lassen. Wir sollten uns darüber verständigen, daß alles das, was über den Preis und über den Markt möglich ist, zuerst einmal dem Bauern zukommen muß.
Ich komme zum zweiten Punkt im Hinblick auf die heutige Große Anfrage und ihre Beantwortung. Nutzen wir weitere Chancen, sofern sie in den verschiedenen, vor allem in den großen Bereichen gegeben sind, und senken wir die Kosten.
Zum dritten! Nach meiner festen Überzeugung wird das nicht ohne Einsatz öffentlicher Mittel gehen. Wir brauchen eine zufriedene, weiter inStruve
vestierende und vorwärtsstrebende Landwirtschaft und eine ständige Vorwärtsentwicklung in unseren ländlichen Räumen. Wir brauchen eingesundes Gleichgewicht zwischen den hochindustrialisierten, leistungsfähigen, auf Export eingestellten Räumen
ohne die ein gesunder Staat nicht gedeihen kann - und den ländlichen Räumen. Zu einer leistungsfähigen Industrie muß eben eine leistungsfähige deutsche Landwirtschaft und, auf diese aufbauend, ein gesunder Mittelstand kommen.
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Das Wort hat der Herr Abgeordnete Ertl.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mehr denn jede andere hat diese Debatte erwiesen, wie notwendig die Betrachtung der Agrarpolitik unter einer gesamtwirtschaftlichen Konzeption ist und inwieweit die gesamte Wirtschaft auf die Landwirtschaft Rücksicht nehmen muß, insbesondere auf den Sektor der Produktionskosten im allgemeinen. Namens meiner Freunde habe ich nur noch zwei kurze Anträge zu stellen bzw. Bitten an die Regierung zu richten.
Erstens: Die Bundesregierung wird gebeten, dafür zu sorgen, daß die Düngemittelpreise auch bei Auslaufen der Subventionen nicht erhöht werden. Das erscheint nach dem Verlauf dieser Debatte dringend notwendig.
Zweitens: Der Landwirtschaft ist Diesel-Treibstoff, wie in anderen Ländern, frei von Belastungen durch Zölle und Steuern zur Verfügung zu stellen, um so den Staat von Verwaltungskosten und Subventionen zu entlasten.
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Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Schmidt ({0}).
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zum Schluß dieser Debatte über die Große Anfrage einige abschließende Bemerkungen machen.
Ich fange mit dem letzten Redner an. Herr Kollege Ertl, Ihre Wünsche richten sich wohl nur an die Bundesregierung. Ich brauche mich deswegen damit nicht zu befassen.
Herr Kollege Struve, Sie haben gemeint, daß man unter Kostensenkung noch mehr verstehen müsse. Das wissen wir auch. Aber wenn man eine Sache erfolgreich und vernünftig angreifen will, muß man sich in einem eng begrenzten Rahmen halten; denn wenn man alles in einen Topf wirft, könnten sie von einem „Bla-Bla" reden. Wir halten gerade die Beschränkung auf wenige Punkte für richtig und für nützlich. Im übrigen dürfte sich auch Ihre Rede in erster Linie an die Regierung richten. Auf das, was Sie zu Ziffer 5 Ihres Antrags gesagt haben, komme ich beim nächsten Punkt zurück, wenn wir über den Getreidepreis und die Subventionen reden, die damit in Zusammenhang stehen sollen.
Herr Dr. Stein hat unterstellt, daß wir die Große Anfrage wegen der niedersächsischen Landtagswahlen eingebracht haben. Herr Dr. Stein, sie ist fünf Tage vorher eingebracht worden. Wenn sie erfolgreich hätte sein sollen, hätten wir sie mindestens vierzehn Tage vorher einbringen müssen; denn wir wußten, daß das einer der schlagenden Punkte draußen in der Landwirtschaft ist. Aber wir haben solange daran arbeiten müssen. Wir haben reichlich Material dafür herbeigeschafft. Wir haben uns große Mühe gemacht, um nicht leichtfertigt hier etwas zu sagen, was wir nicht beweisen konnten.
Ich habe so den Eindruck, daß Sie den Ausführungen Ihres Herrn Wirtschaftsministers nicht immer recht gefolgt sind; denn Herr Minister Erhard hat ausdrücklich einige Dinge zugestanden. Selbst in den so kritischen Punkten 4 a und 4 b mußten Zugeständnisse gemacht werden. Er hat sich nur geweigert, hier Zahlen zu nennen. Aber ich bin sicher, in den Ausschußberatungen werden Sie alles das bestätigt finden, was mein Kollege Frehsee in der Begründung gesagt hat.
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Wenn alles, Herr Dr. Stein, nach Ihrer Meinung so in Ordnung ist, dann frage ich mich, warum Bundeswirtschaftsminister Erhard am Schluß einen Appell an das gesamte Haus gerichtet hat, ihm in dieser Frage zu helfen.
({1}) Nun, wir sind bereit, daran mitzuwirken.
Wir sind mit der Anwort des Herrn Bundeswirtschaftsministers - er ist im Augenblick nicht da - mehr oder weniger zufrieden. Wir haben zum Beispiel in den Punkten 4 a und 4 b nicht mehr erwartet. Das war uns von weitem schon so ein bißchen angedeutet worden. Man kann dafür Verständnis haben. Daher haben wir auch diesen Antrag gestellt, weil wir die Dinge nicht untergehen lassen wollten.
Herr Bundesminister Erhard hat von den großen Leistungen der Bundesregierung in der Kostensenkung gesprochen. Wenn Sie, Herr Staatssekretär Westrick, sich einmal die Grünen Berichte vornehmen - da finden Sie einiges darüber -, dann werden Sie, wenn Sie nüchtern an die Dinge herangehen, feststellen müssen, daß von diesen Erfolgen bisher wenig die Rede sein kann. Die Schlußbemerkungen, den Schlußappell des Ministers, gemeinsame Anstrengungen zu machen, habe ich so verstanden, daß man wegen des Versäumten anscheinend doch ein schlechtes Gewissen hat.
Die Landwirtschaft hat das Gefühl - das beweist die Resonanz der Großen Anfrage draußen -, daß die Bundesregierung sie nicht vom Kostendruck befreit hat. Die Last fällt dabei natürlich in erster Linie auf Ihren Herrn Wirtschaftsminister. Wir teilen diese Meinung der Landwirtschaft.
Ich erinnere noch einmal an die Worte, die der Vizepräsident der EWG-Kommission, Herr Mansholt , am 19. und 20. Juni in Bad Godesberg auf der 16. Arbeitstagung der Aktionsgemeinschaft soziale Marktwirtschaft gesprochen hat. Im Zusam3920
Dr. Schmidt ({2})
menhang mit den Klagen der Industrie über die
gemeinsame Agrarpolitik hatte er folgendes gesagt:
Ich scheue mich nicht, gerade in Ihrem Kreis auszusprechen, daß mir die Kritik an der Politik eines gerechtfertigten Schutzes der landwirtschaftlichen Bevölkerung mehr imponieren würde, wenn es in Industrie und Handel weniger Preisbindungen, Kartellabreden, Marktverteilungen und Preisdiktate gäbe .. .
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Er hat dazu einiges sehr Bemerkenswerte gesagt. Das war mit ein Grund dafür, meine Damen und Herren, daß wir diese Anfrage hier eingebracht haben.
Ich glaube, Herr Staatssekretär, Sie werden sich wundern: wir haben noch einiges im Schubkasten. Wir kommen hier nicht mit aus der Luft gegriffenen Dingen ins Plenum, sondern wir wissen, was wir zu sagen haben.
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Meine Damen und Herren, die Landwirtschaft erwartet, daß es nicht bei dieser Debatte bleibt. Die Überweisung an den Ausschuß darf keine Beerdigung werden. Herr Staatssekretär, ich appelliere an Sie und Ihr Haus, es möge sich schon heute darauf einstellen, daß die Behandlung der angeschnittenen Fragen nicht untergeht. Daß auch wir uns darum bemühen, dessen können Sie sicher sein. Wir werden in diesen Beratungen den Beweis führen, daß unser Material richtig ist.
({5})
Keine weiteren Wortmeldungen? - Die Aussprache ist geschlossen.
Wenn ich recht verstanden habe, sollen die Anträge Umdrucke 311 und 316 dem Wirtschaftsausschuß - federführend - und dem Ernährungsausschuß zur Mitberatung überwiesen werden. - Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 5 der Tagesordnung auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Logemann, Sander, Wächter und Genossen betref-treffend EWG-Agrarpreispolitik ({0}).
Ich frage die Herren Antragsteller, ob sie das Wort zur Einbringung wünschen. - Die Antragsteller verzichten. Wird sonst das Wort gewünscht? - Keine Wortmeldung.
Vorgeschlagen wird die Überweisung des Antrags an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - federführend - und an den Außenhandelsausschuß zur Mitberatung. Einverstanden? - Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Punkt 6 a der Tagesordnung:
Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, FDP betreffend Rechts- und Wettbewerbsgleichheit in der deutschen Eier- und Geflügelwirtschaft ({1}).
Wird das Wort zur Begründung des Antrags gewünscht? - Bitte, Herr Abgeordneter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag Drucksache IV/1235 der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP betrifft die Rechts- und Wettbewerbsgleichheit in der Eier-und Geflügelwirtschaft. Das Gesetz ist im Juli des vergangenen Jahres ausgelaufen. Besonders in Niedersachsen sind aber eine Reihe von Fällen bis heute noch nicht abgewickelt.
Das Gesetz ist in diesem Hohen Hause verabschiedet worden, um nach der Liberalisierung der Eier-und Geflügeleinfuhren die Wettbewerbsgleichheit zwischen den deutschen und den ausländischen Erzeugern wiederherzustellen. Zum Ausgleich des erheblich höheren Getreidepreises in Deutschland wurde dem Erzeuger pro Ei ein Ausgleichsbetrag bis zu 3 Pf bewilligt. Das war der eigentliche Zweck des Gesetzes. Aus mir unerfindlichen Gründen ist die Auszahlung dieser Beträge damals mit sehr strengen Gütevorschriften gekoppelt worden. Sie wurden noch gesteigert bei der Abfassung eines Anderungsgesetzes vom 27. Juli 1961. Dieses Gesetz ließ zwar Kleinpackungen ohne Kennzeichnung der einzelnen Eier zu, forderte dafür aber auf der Pak-kung zusätzlich einen Stempel des Packdatums.
Daß das für die Verbraucher eine sichere Garantie für das tatsächliche Alter der Eier gibt, wage ich entschieden zu bestreiten. Mit dem eigentlichen Zweck des Gesetzes hat es jedenfalls überhaupt nichts zu tun.
Bei der Handhabung des Gesetzes nun wurde der eigentliche Zweck des Gesetzes kaum noch beachtet. Dafür wurde die Einhaltung der Gütevorschriften um so strenger gefordert, ganz als ob sie der Zweck des Gesetzes gewesen wären. Ich habe gar nichts gegen Gütevorschriften und Klassifizierungen. Der Verbraucher hat ein Recht darauf, daß seine Interessen beachtet werden. Mit der Wiederherstellung der Wettbewerbsgleichheit aber, für die die Ausgleichsbeträge aufgewandt werden, haben Gütevorschriften nichts zu tun.
Es ist mir darum einfach unverständlich, daß bei kleinsten Verstößen gerade gegen die Gütevorschriften, die der Betreffende dazu in den meisten Fällen kaum verhindern konnte - sie waren technisch bedingt -, ganze Monatsbeträge einbehalten wurden. Wenn bei einem Umsatz von 5 Millionen Eiern von den Prüfern fünf Schmutzeier festgestellt wurden und darauf ein Monatsbetrag von 120 000 DM gesperrt wurde oder, weil ein Komma im Datumstempel auf einer Kleinpackung versehentlich mit einem Punkt verwechselt wurde, ebenfalls ein hoher Monatsbetrag einbehalten blieb, kann ich nur von einer spitzfindigen Auslegung des Gesetzes sprechen. Ich könnte dem Hohen Hause eine ganze
Serie ähnlicher Fälle vorlegen. Betroffen sind in erster Linie kleine landwirtschaftliche Erzeuger oder Kennzeichnungsbetriebe aus dem Mittelstand, die im Vertrauen auf Gesetzgeber und Regierung die Beträge an Millionen Bauern bereits ausgelegt haben. Sie haben heute schon - durch die Zinsen - einen hohen Schaden zu tragen und gehen, wenn die Dinge nicht schnell bereinigt werden, ihrer Pleite entgegen.
Geradezu erschütternd aber wird die Angelegenheit, wenn man bedenkt, daß das Gesetz in den Ländern dazu noch ganz unterschiedlich gehandhabt wird. Während in den meisten Ländern bei kleinen Verstößen gegen die Gütevorschiften die Ausgleichsbeträge ausgezahlt wurden, hat die Verwaltung in Niedersachsen aus Sorge, regreßpflichtig gemacht zu werden, das Gesetz hinsichtlich der Gütevorschriften besonders streng gehandhabt. Ob diese Sorge wirklich echt war oder nur als ein Mittel zum Zweck anzusehen ist, wird man niemals ganz klären können. Die Verwaltung behauptet, vom Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Bonn dazu immer wieder aufgefordert zu sein. Die Rechts- und Wettbewerbsungleichheit wird dadurch einfach unerträglich.
Seit über einem Jahr habe ich mich zusammen mit anderen Kollegen bemüht, die Dinge zu bereinigen, ohne die Hilfe des Hohen Hauses in Anspruch zu nehmen. An Verständnis und Zusagen hat es dabei auch nicht gefehlt. In der Fragestunde des Bundestages am 23. Januar hat der Herr Bundesminister Schwarz selber eine baldmögliche Bereinigung zugesagt. Herausgekommen ist dabei in Niedersachsen nicht viel mehr als beim Hornberger Schießen. Mit Datum vom 6. Juni hat zwar das Ministerium Richtlinien an die Länder herausgegeben; sie sind aber wieder so gehalten, daß die Verwaltung in Niedersachsen behauptet, ihre Sorge, regreßpflichtig gemacht zu werden, sei damit nicht behoben. Mit Datum vom 19. Juni bittet darum der niedersächsische Minister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten um Zustimmung für einen Vorschlag, wie er das Gesetz konkret zu handhaben gedenkt. Diese Zustimmung soll die Sorge der Beamten, regreßpflichtig gemacht werden zu können, endgültig beheben. Die Vorschläge beinhalten eine Handhabung des Gesetzes in etwa so, wie auch dieser Antrag es fordert und wie es der Gesetzgeber bei der Verabschiedung des Gesetzes nur gewollt haben kann. Eine Annahme dieses Antrages, so hoffe ich, wird eine schnelle und endgültige Bereinigung eines unerträglichen Zustands ermöglichen. Ich bitte darum namens der antragstellenden Fraktionen um Ihre Zustimmung.
Ich bitte weiter, daß man diesen Antrag nicht an die Ausschüsse überweist, sondern hier zur Abstimmung bringt und annimmt, und zwar aus zwei Gründen. Erstens ist es überflüssig, die Dinge noch einmal im Haushaltsausschuß zu beraten. Sie sind inzwischen beraten. Die Mittel sind in einer solchen Höhe zur Verfügung gestellt worden, daß auch die Verwaltung erklärt, die noch strittigen Fälle könnten damit abgegolten werden. Zweitens sollten wir bedenken, daß, wenn der Antrag jetzt nicht angenommen wird, weitere vier bis fünf Monate durchs Land gehen werden, bis die in Frage kommenden Firmen und Bauern ihr Geld bekommen können. Sie haben heute schon eine hohe Zinslast zu tragen und würden das unter keinen Umständen verstehen können.
Ich bitte darum, dem Antrag zuzustimmen und hier die Entscheidung zu treffen.
({0})
Das Wort hat der Abgeordnete Marquardt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hoffe, daß bei dem sprachlichen Trommelfeuer des Kollegen Tobaben einiges bei Ihnen haften geblieben ist, denn ich möchte nicht noch einmal die Sachlage erläutern.
Wir stimmen mit den Antragstellern darin überein, daß eine Bereinigung der von meinem Vorredner geschilderten Angelegenheit baldmöglichst erfolgen soll. Wir meinen auch, daß ein Schlußstrich unter das ausgelaufene Eierförderungsgesetz gezogen werden muß. Aber so einfach, wie es nach dem Antrag aussieht, ist das wahrlich nicht. Denn wäre es so einfach, hätte man in dem Jahr der Auseinandersetzungen sicherlich eine Lösung gefunden, die alle wünschen.
Zwei Fragen, zwei Probleme will ich hier kurz behandeln. Nach Ihrem Antrag soll die Bundesregierung beauftragt werden, die Länder - wir können ja sagen: sprich Niedersachsen - aufzufordern, die strittigen Ausgleichsbeträge in allen Fällen auszuzahlen, bei denen kein Betrug vorliegt.
Die erste Frage - das will ich aber nicht untersuchen; es müßte an sich von Ihnen dargelegt werden - ist: was meinen Sie mit „Betrugsfällen"?
Wie Sie wissen, gibt es etwa zehn Kategorien von Verstößen unterschiedlicher Art gegen dieses Förderungsgesetz. Die Grenzen sind sehr fließend. Die Verstöße gehen vom Vorsatz über Fahrlässigkeit ´bis zu den hier geschilderten technischen Versehen und technischen Fehlern. Nun kann man sagen ,es sei Sache der Verwaltung, „auszuknobeln", was ein Betrug ist. Aber so einfach sollten wir es uns wahrlich nicht machen.
Noch wichtiger ist folgendes. Sie unterstellen mit der Formulierung, die Sie gewählt haben, ja, Sie treffen sogar die Feststellung, das Land Niedersachsen hätte nach den Bestimmungen des Gesetzes trotz der vorgekommenen Verstöße die Zahlungen vornehmen müssen. Das aber habe das Land, aus welchen Gründen auch immer, unterlassen, und es habe damit gegen Gesetz und Verordnungen verstoßen. Aus Ihrem Antrag geht hervor: Wir müssen das rügen und müssen Niedersachsen auffordern, dieses oder jenes zu tun. Vielleicht haben Sie es nicht so gewollt; aber so wird es draußen gelesen, so wird es draußen verstanden.
Hier muß nun die Frage gestellt werden: Stimmt das? Sie wissen sehr wohl, daß sowohl das Bundesernährungsministerium als auch verschiedene Verwaltungsgerichte - Herr Stein hat vorhin von
den Gerichten gesprochen - bestätigt haben, daß Niedersachsen sich absolut gesetzestreu und gesetzeskonform verhalten hat. Es hätte vielleicht vom Anfang her anders operieren sollen. Aber es ist doch festgestellt worden, daß das Handeln nach dem Gesetz und rechtmäßig gewesen ist.
Wollen und können wir hier den Richter spielen und sogar urteilen, ohne die Sachlage in den Ausschüssen gewissenhaft geprüft zu haben? Können wir kurzerhand beschließen, die Bundesregierung zu beauftragen, einen Auftrag zu geben, der unter Umständen gegen Gesetzesvorschriften verstößt, die das Hohe Haus sich einmal selbst gegeben hat?
Diese Prüfung kann man nicht hier von diesem Platz aus so aus dem Ärmel schütteln. Wenn wir richtig unterrichtet sind, meine Damen und Herren von der Koalition, ist das Justizministerium der Meinung, daß eine Bereinigung der Verstöße in dem von Ihnen gewünschten Umfang nur durch Verwaltungsanordnungen nicht mehr möglich ist, sondern daß dazu eine Gesetzesänderung erforderlich wäre. Daß muß doch geprüft werden. Wir können doch nicht einfach sagen: Bundesregierung, tue das, was wir beschließen! Damit haben wir ein gutes Werk getan, wir haben unser Gewissen vor den Parlamentsferien erleichtert, und die Regierung soll sehen, wie sie damit fertig wird!
Diese Verantwortung können wir Sozialdemokraten nicht mitübernehmen. Wir verkennen nicht die Dringlichkeit; wirt kennen die Schwere der Probleme und die Not, in die einige Betriebe gekommen sind. Aber wegen der unübersehbaren Folgen und der eventuellen völligen Nutzlosigkeit, die sich aus solch einer ad-hoc-Entscheidung ergeben könnten, ja vielleicht ergeben müßten, können wir heute »dem Antrag in der vorgelegten Fassung unsere Zustimmung nicht geben. Wir beantragen vielmehr, den Antrag an den Ernährungsausschuß - federführend - und an den Wirtschaftsausschuß - mitberatend - zu überweisen.
({0})
Herr Abgeordneter Siemer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte trotzdem, den Antrag aufrechtzuerhalten, den Kollege Tobaben gestellt hat, und den Antrag Drucksache IV/1235 anzunehmen. Es handelt sich hier nur um das Land Niedersachsen, das die Prämien für längst vergessene Sachen nicht auszahlen will, während andere Länder die Auszahlung trotz sogenannter technischer Verstöße bzw. menschlichen Versagens geleistet haben. Diesen Antrag anzunehmen, damit unsere Bundesregierung mit Nachdruck diese Dinge klärt, die noch zu klären sind, kann doch nicht contra legem sein; ich halte vielmehr dafür, daß es gegen den Sinn des Gesetzes verstößt, wenn das Land Niedersachsen den Bauern die 3 Millionen DM - um diesen Betrag handelt es sich - bisher vorenthalten hat, nur weil eine Klammer an der sogenannten Vermarktungsschachtel für Eier gefehlt hat. Ich bitte zu bedenken: hier zeigt sich in der Praxis, daß man tatsächlich dem Bauern nicht helfen will. Denn er wartet auf das Geld.
({0})
- Ich wiederhole: hier zeigt sich, daß man natürlich aus juristischen Spitzfindigkeiten etwas unterlassen kann, während die anderen Länder ausgezahlt haben.
({1})
Was soll hier die Diskussion darum? Wir wollen gar nicht die Regierung dazu veranlassen, etwas zu tun, was nicht getan werden darf, sondern es handelt sich um Verordnungen, die wir nicht ändern können, die vielmehr die Regierung ändern muß. Das ist der Tatbestand, meine Herren, nichts anderes. Es geht nicht darum, daß wir eine Gesetzesänderung vornehmen, sondern darum, daß wir die Regierung bitten, auf Grund unseres Antrages diese Dinge schnell und zügig zu erledigen, weil nun schon anderthalb Jahre ins Land gegangen sind, seitdem diese Dinge schwimmen und schweben und nicht erledigt werden konnten.
Es handelt sich, ich wiederhole es, nicht um eine Gesetzesänderung, sondern um Verordnungen und Erlasse, die eventuell geändert werden müssen. Die Ansicht des Landes Niedersachsen ist gegensätzlich zu der anderer Länder, die über kleinliche Erwägungen hinweggegangen sind und natürlich dem Sinn des Gesetzes entsprechend die Verordnungen ausgelegt haben.
Ich bitte also, unseren Antrag anzunehmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Schmidt ({0}).
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst einmal den Herrn Minister auffordern - bitte, Herr Minister! -, hier zu dieser Frage Stellung zu nehmen.
Zum anderen möchte ich dem Kollegen Siemer widersprechen. Wenn eine solche Materie, Herr Kollege Siemer, so unklar ist, dann sollte sie erst einmal geklärt werden.
({0})
- Herr Kollege Siemer, jetzt habe ich das Recht zu reden!
Herr Kollege Siemer, wir können uns morgen am frühen Vormittag im Ernährungsausschuß wiedersehen. Ich bin bereit, den Ausschuß für morgen 8.00 Uhr einzuberufen, und dann können wir darüber verhandeln.
({1})
Dr. Schmidt ({2})
- Das behaupten Sie. - Ich jedenfalls - lassen Sie mich weiterreden! - ich bin bereit, den Ausschuß für morgen früh 8 Uhr einzuberufen, und wir können dann bereits morgen nachmittag über den Ausschußbeschluß befinden. Jedenfalls aber halte ich es für richtig, daß wir uns erst einmal im Ausschuß mit diesem Antrag befassen.
({3})
Meine Damen und Herren, einen Augenblick! - Nur keine Aufregung! Der Antrag auf Ausschußüberweisung geht nach der Geschäftsordnung vor; wir müssen darüber zuerst abstimmen.
Zunächst hat das Wort der Herr Bundesminister für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Tobaben hat in seinen Ausführungen kurz auf seine Anfrage in der Fragestunde vom 23. Januar hingewiesen und zum Ausdruck gebracht, daß auf diese Anfrage hin nicht viel erfolgt sei. Ich darf das Hohe Haus davon unterrichten, daß das Bundeslandwirtschaftsministerium unter dem 6. Juni 1963 einen Runderlaß an die Länder herausgegeben hat und durch diesen Runderlaß jene Mängel beheben möchte, die hier zu Recht genannt wurden. Wir sind selbstverständlich der Auffassung, daß die Angelegenheit Eierausgleichsbeträge bereinigt werden muß und daß es sich vielfach um Fälle handelt, die bagatellartigen Charakter haben und deren Erledigung jedem am Herzen liegen muß. Ich darf aber darauf hinweisen, daß es sich hier um eine sehr heikle Frage handelt, wie von den Herren Kollegen von der SPD auch betont wurde. Hier geht es nicht allein um die noch offenen Fälle, sondern auch darum, daß ein Übergreifen auf bereits erledigte Fälle möglich ist. Die Auswirkungen derartiger Dinge sind nicht einfach zu übersehen.
Der Runderlaß wurde in eingehenden Verhandlungen und sehr langen Sitzungen sowohl mit dem Haushaltsausschuß wie mit dem Bundesrechnungshof und natürlich auch mit den Ressorts abgestimmt. Er enthält im wesentlichen jene Wünsche, ,die hier aufgeklungen sind.
Ich glaubte, das Hohe Haus hiervon unterrichten zu müssen, bevor ein Beschluß gefaßt wird.
Keine weiteren Wortmeldungen. Wir stimmen ab.
Es ist beantragt, den Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP - Drucksache IV/1235 - an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - federführend -- und an den Wirtschaftsausschuß zur Mitberatung zu überweisen.
({0})
- Sie verzichten darauf. Also nur an den Ernährungsausschuß. Wer dem Überweisungsantrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. Gegenprobe! - Wir müssen die Abstimmung wie- derholen. Wer der Überweisung des Antrages an den Ernährungsausschuß zustimmt, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Das letzte ist die Mehrheit; der Antrag auf Überweisung ist abgelehnt.
Ich stelle den Antrag selber zur Abstimmung. Wer dem Antrag auf Drucksache IV/1235 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Das erste war die Mehrheit; der Antrag ist angenommen.
Ich rufe Punkt 6 b auf:
Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, FDP betreffend Braumalzfracht ({1}).
Ich frage die Antragsteller, ob sie den Antrag zu begründen wünschen. - Keine Begründung. Wird sonst das Wort zu diesem Antrag gewünscht? - Nicht.
Vom Ältestenrat ist die Überweisung an den Ausschuß für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen - federführend - und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zur Mitberatung vorgeschlagen. Dann ist hier noch notiert: Wirtschaftsausschuß und Haushaltsausschuß.
({2})
- Ich kann nicht über die Bestimmungen der Geschäftsordnung hinausgehen. Ich schlage Überweisung an den Ausschuß für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen - federführend - und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zur Mitberatung vor. - Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
({3})
- Wenn § 96 in Frage kommt, geht der Antrag automatisch an den Haushaltsausschuß.
Punkt 6 c:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Leicht, Seither, Baier ({4}), Reichmann und Genossen betreffend Förderung des Tabakbaues ({5}).
Wird zur Begründung das Wort gewünscht? - Keine Wortmeldungen. Aussprache. - Keine Wortmeldungen.
Hier wird vorgeschlagen: Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten federführend, Wirtschaftsausschuß mitberatend. Ist das Haus damit einverstanden? - Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 7 a auf:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und
Forsten ({6}) über den von der
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission für eine Verordnung des Rates der EWG betreffend gewisse Maßnahmen, welche die Mitgliedstaaten für das Getreidewirtschaftsjahr 1963/64 und die folgenden Wirtschaftsjahre auf dem Gebiet der Preise anwenden müssen ({7}).
Berichterstatter ist der Herr Abgeordnete Struve. Wünscht er das Wort?
({8})
- Der Herr Berichterstatter verweist auf den Schriftlichen Bericht, für den ich ihm danke.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Schmidt ({9}).
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die zur Debatte stehende Vorlage der EWG-Kommission ist in dieser Form vor Monaten schon in Brüssel begraben worden. Anfang April war das bereits zu erkennen. So habe ich in den Ausschußberatungen auf diese Entwicklung aufmerksam gemacht und den Vorschlag unterbreitet, festzustellen, der Bundestag halte eine Stellungnahme auf Grund der Verhandlungslage in Brüssel nicht mehr für erforderlich. Herr Abgeordneter Struve und seine politischen Freunde hielten es aber für angebracht, noch einmal ihre doch nur ) scheinbar unverrückbare Haltung in der Getreidepreisfrage zu dokumentieren. Damit, meine Damen und Herren, war die Debatte natürlich nicht zu vermeiden.
Wenn ich auch zugeben muß, daß die Regierung Adenauer nur noch verwaltet und die Regierung Erhard noch nicht in Sicht ist und daß es daher sehr schwer ist, eine für die Zukunft verantwortliche Bundesregierung zur Antwort zu bewegen, so ist das doch nicht unsere Verantwortung. Dennoch bitte ich um Verständnis dafür, daß ich zu den anstehenden Fragen einige Bemerkungen mache, ja, machen muß, bevor wir in die Parlamentsferien gehen.
Der Entwurf für eine Getreidepreisangleichung, mit dem wir uns heute zu befassen haben, gehört zu jenen Vorlagen, die im Grunde genommen gar keine Gesetze sind. Es geht ja doch nur darum, einen Beschluß der Kommission ader des Ministerrats in Brüssel gutzuheißen. Hätte der Ministerrat z. B. in der vorigen Woche eine Änderung der deutschen Getreidepreise beschlossen, so könnten wir zwar eine solche Entscheidung kritisieren, aber wir könnten sie nicht mehr ändern. Die Beratungen im Ernährungsausschuß sollten doch allen Kollegen gezeigt haben, wie begrenzt unsere Möglichkeiten sind, und wir alle wissen, daß diese Möglichkeiten in den kommenden Jahren noch weiter schrumpfen werden. Vielleicht können wir im nächsten Jahre nicht einmal mehr über die Reports etwas ändern.
Selbstverständlich können wir diese Entwicklung nicht beanstanden; denn schließlich haben wir nicht nur den Vertrag von Rom, sondern auch die Agrarbeschlüsse vom 14. Januar 1962 hier gutgeheißen. Bedauerlich ist jedoch, daß sich immer noch nicht absehen läßt, wann die Befugnisse, die wir verlieren, auf ein europäisches Parlament übergehen. Aber gerade deshalb, gerade weil uns ein echtes parlamentarisches Entscheidungsrecht in dieser wichtigen Frage der Agrarpreise fehlt, müssen wir von der Bundesregierung verlangen, daß sie uns klipp und klar darüber Auskunft gibt, welche Getreidepreispolitik sie eigentlich im Gemeinsamen Markt durchzuführen gedenkt. Wir - nicht nur wir Abgeordnete, sondern auch die gesamte deutsche Landwirtschaft - haben ein Recht darauf, zu erfahren, was eigentlich beabsichtigt ist.
Wir halten es einfach für unfair, dem Bauern länger zu erzählen, es bleibe alles beim alten, während im Hintergrund schon die Weichen für eine ganz andere Richtung gestellt werden. Wir halten es für unfair, ihn aufzufordern, seinen Betrieb umzustellen, Investitionen vorzunehmen, ohne ihm gleichzeitig zu sagen, wie er denn eigentlich seinen Betrieb ausrichten soll, welche Investitionen sich mit einiger Wahrscheinlichkeit bei guter Betriebsführung auf die Dauer als richtig und lohnend erweisen werden. Nach unserer Meinung liegt hier der eigentliche Grund für die Unruhe in der deutschen Landwirtschaft, und ich möchte hinzufügen, daß diese Unruhe nicht ganz unberechtigt ist. Die Lage ist so verworren, daß man selber schon Mühe hat, sich da durchzufinden.
Schon vor einem halben Jahr, meine Damen und Herren, konnte ich auf einige Ungereinheiten in den Auffassungen der Bundesregierung hinveisen. Seit Monaten wird in fast der gesamten Agrarpresse darauf hingewiesen, daß innerhalb der Bundesregierung ganz offensichtlich zwei Richtungen am Werke sind, von denen die eine durch Außenminister Dr. Schröder und Vizekanzler Professor Erhard repräsentiert wird, während die andere Herr Minister Schwarz und sein Staatssekretär Hüttebräuker vertreten. In der Landwirtschaft verdichtet sich das Gefühl, daß die Bundesregierung entgegen aller Zusage, die sie jahrein, jahraus wiederholt hat, eben doch bereit ist, einer Verminderung des Getreidepreises zuzustimmen, und daß sie dann entstehende Verluste der Erzeuger durch irgendwelche Subventionen ausgleichen will. Worauf laufen denn eigentlich die Reden von dem Herrn Staatssekretär Hüttebräuker über die produktionsneutralen Subventionen hinaus? Daß es sich dabei nicht um den vom Deutschen Bauernverband geforderten Disparitätsausgleich handelt, darüber ist sich doch wohl jeder klar, der von der Materie etwas kennt und der dieses Bündel von Reden und Aufsätzen, Rundfunkinterviews und Fernsehgesprächen der Vertreter aufmerksam studiert. Dazu eine Zwischenfrage an die Regierung: Geben die Reden der Staatssekretäre eigentlich private Ansichten oder die Meinung der Bundesregierung wieder? Wenn man ersteres bejaht, dann die Zusatzfrage, Herr Präsident: Kann ein Staatssekretär überhaupt so viel privat sein?
Meine Damen und Herren, ich kann mich leider nicht des Eindrucks erwehren, daß in den letzten
Dr. Schmidt ({0})
Jahren in der Bundesrepublik eine Agrarpolitik des „als ob" betrieben worden ist, eine Politik des Wunschdenkens, die mit den realen Gegebenheiten nichts mehr zu tun hat. Welches sind diese Gegebenheiten? Da ist zunächst einmal die Tatsache, daß der deutsche Getreidepreis der höchste im Gemeinsamen Markt ist. Da ist weiter die Tatsache, daß sich die Bundesregierung im Rahmen der Brüsseler Beschlüsse vom 14. Januar 1962 verpflichtet hat, an einem Abbau der Preisdifferenz bis zum Ende der Übergangszeit mitzuwirken. Da ist drittens die Tatsache, daß die deutschen Vertreter im EWG-Ministerrat 1966 mit Ende der zweiten Vertragsstufe kein Veto in Brüssel mehr geltend machen können. Das alles erfolgte mit Zustimmung der Bundesregierung. Schließlich haben wir es damit zu tun, daß es der EWG-Kommission gelungen_ ist, den Vereinigten Staaten klarzumachen daß ihre Exportinteressen nur dann gesichert werden können, wenn der deutsche Getreidepreis gesenkt wird.
Zu Punkt 1, zu der Höhe des deutschen Getreidepreises, hat Herr Staatssekretär Hüttebräuker kürzlich auf einer Veranstaltung der Friedrich-EbertStiftung in Bad Godesberg erklärt, der westdeutsche Getreidepreis sei nicht zuletzt deshalb höher als in den Nachbarländern, weil auch die Kosten höher und die Beihilfen geringer seien. Diese These hat sicherlich etwas für sich. Aber wenn schon die Bundesregierung diese Auffassung vertritt, frage ich mich, warum wir eigentlich darüber nur in Godesberg etwas gehört haben und nicht etwa in Brüssel. Niemand kann schlechterdings bestreiten, daß der Preis eben nicht das einzige Element ist, das die landwirtschaftlichen Einkommen bestimmt, sondern daß die Beihilfen auf der einen und die Kosten auf der anderen Seite eine mindestens ebenso bedeutende Rolle spielen. Wir sind der Meinung - und wir haben diese Meinung immer wieder hier im Hause vertreten -, daß mit der Angleichung der Preise selbstverständlich auch eine Angleichung der staatlich beeinflußbaren Kostenfaktoren einhergehen muß.
Meine Damen und Herren, wenn Sie sich vorstellen, was auf diesem Gebiet noch getan werden muß, dann bekommen Sie eine sehr, sehr lange Liste zusammen. Selbstverständlich kann der Staat nicht die Löhne angleichen, und er kann auch nicht die Unterschiede in den Produktionsbedingungen beseitigen. Aber es ist doch nun wirklich nicht zuviel verlangt, wenn wir von der EWG-Kommission und vom Ministerrat fordern, daß beispielsweise für eine gemeinsame Politik bei den Verkehrstarifen oder bei den sozialen Maßnahmen gesorgt wird. Es ist sicher nicht zuviel verlangt, wenn wir fordern, daß nun endlich die Wettbewerbsverzerrungen im Agrarhandel beseitigt werden. Zugegeben, auch von der Bundesregierung sind derartige Forderungen erhoben worden. Aber sie wurden eben nie in den Zusammenhang gestellt, in den sie eigentlich gehören, nämlich in den Zusammenhang mit der Getreidepreisfrage. Die Vertreter der Bundesregierung haben zu keinem Zeitpunkt und bei keiner Gelegenheit in Brüssel zu erkennen gegeben, daß sie zu eine Änderung ihrer Haltung bereit wären, wenn die von Herrn Staatssekretär Hüttebräuker genannten Einkommenselemente, soweit sie durch den Staat und durch die Regierung oder durch die Organe der EWG beeinflußbar sind, irgendwie angenähert würden. Die Bundesregierung hat auf jede eigene Politik in dieser Hinsicht verzichtet und hat sich auf ein stures Nein beschränkt, was um so weniger verständlich ist, als sie sich schließlich sehr wohl darüber hätte im klaren sein sollen, daß diese Haltung nur von sehr begrenzter zeitlicher Bedeutung {ist. Leider besteht die begründete Vermutung, daß man in Bonn gar nicht so recht weiß, wie hoch eigentlich der Preis ist, den man als Gegenleistung von den Partnern fordert.
Wir haben bisher noch nichts darüber gehört, daß sich die Bundesregierung von sich aus darum bemüht hätte, den Umfang der Wettbewerbsverzerrungen im Gemeinsamen Markt und zu Lasten der deutschen Landwirtschaft festzustellen. Wir haben den Eindruck, daß in manchen Zeitungsarchiven mehr Material zusammengetragen ist als in den Aktenordnern der Bundesministerien. Es ist anzuerkennen, daß der Herr Bundesminister Schwarz in Brüssel mehrfach verlangt hat, nun endlich ein Verzeichnis der Beihilfen vorzulegen; bisher mit keinem Erfolg. Meines Wissens wird immer noch an dieser Liste gearbeitet. Die vereinbarten Fristen sind schon längst verstrichen. Wenn die Liste in Brüssel endlich auf den Tisch des Hauses gelegt wird, wird ihr Inhalt wahrscheinlich wieder veraltet sein. Warum hat die Bundesregierung nicht selbst die Initiative ergriffen? Warum hat sie ihre berechtigte Forderung nach Wettbewerbsgleichheit nicht durch eigene Untersuchungen untermauert? Die Antwort liegt vielleicht darin, daß ihr eigenes EWG-Agrarprogramm nur aus einem einzigen Punkt bestanden hat: Erhaltung des Status quo, Verteidigung des Getreidepreises um jeden Preis.
Seit mehr als einem Jahr schiebt man die Dinge vor sich her. Auf der letzten Mitgliederversammlung des Deutschen Bauernverbandes hat der Herr Bundesminister Schwarz erklärt, die ganze Preisfrage sei nur eine Nervensache; der Druck der steigenden Kosten in den Partnerländern werde schon dafür sorgen, daß sich auch deren Getreidepreis dem deutschen annähere. Auf den ersten Blick scheint diese Überlegung nicht einer gewissen Logik zu entbehren, und sie scheint durch die Entwicklung bestätigt zu werden. Auf den zweiten Blick kommt man allerdings zu dem Ergebnis, daß eine solche Haltung, nämlich das Warten auf das Wunder einer inflationären Entwicklung bei unseren Partnern, so ziemlich das verkehrteste ist, was man überhaupt tun kann.
({1})
Versetzen Sie sich doch bitte einmal in die Lage des französischen Landwirtschaftsministers! Soll er sich vielleicht auf den Marktplatz stellen und der Inflation das Wort reden, während seine Regierung zur gleichen Zeit konjunkturdämpfende Maßnahmen verkündet? Selbst wenn es richtig sein sollte, daß die Kosten in Frankreich weiter steigen, muß man doch berücksichtigen, daß es anderen Regierungen nicht so leicht fällt wie der Bundesregierung, einer
Dr. Schmidt ({2})
solchen Entwicklung ungerührt zuzusehen. Das ist doch nun wirklich etwas zuviel verlangt.
Die Verärgerung über die deutsche Argumentation war verständlicherweise bei allen Partner sehr groß. Es waren neue glühende Kohlen auf dem bundesrepublikanischen Haupt, und es mutet seltsam an, meine Damen und Herren von der Koalition, daß die Bundesregierung dauernd von der Stabilität der Währung spricht und sie als Ziel proklamiert, während sie anderen zumutet, weniger stabilitätsfördernd zu sein.
Hinzu kommt, daß die Haltung der Bundesregierung nur dann gerechtfertigt wäre, wenn die gesamte Übergangsfrist zur Annäherung der Getreidepreise tatsächlich zur Verfügung stände. Genau das aber ist nicht der Fall. Die Regierung muß damit rechnen, daß sie in zweieinhalb Jahren ohne Gegenleistung der übrigen EWG-Länder im EWG-Ministerrat überstimmt wird. Mehr noch: nach der jüngsten Entwicklung darf man erwarten, daß der Termin für eine Senkung der Getreidepreise in wenigen Monaten akut wird. Wie Sie wissen, geht die EWG-Kommission davon aus, daß eine Erhöhung der Getreidepreise auf das deutsche Niveau die Produktion in Frankreich so stark anreizen würde, daß der Gemeinsame Markt in kurzer Zeit zumindest bei Weizen zum Selbstversorger würde. In diesem Fall hätten die Amerikaner ihre besten Abnehmer für Getreide verloren. Sie hat deshalb den USA klargemacht, daß es nur eine Möglichkeit gebe, die Absatzchancen für US-Getreide zu erhalten, und das sei die Senkung des deutschen Preises. Ich will gar nicht untersuchen, ob das richtig oder falsch ist. Tatsache ist jedenfalls, daß die Amerikaner auf diese Linie eingeschwenkt sind und daß sie bei den GATTVerhandlungen in Genf mit der Kommission und mit Frankreich und den anderen zusammen gegen uns in einer Linie stehen.
Wenn nun der Bundesregierung daran gelegen gewesen wäre, den Getreidepreis wirklich bis zum äußersten zu verteidigen, dann hätte sie konsequenterweise in Brüssel oder in Genf eine Alternative zu dem Plan der EWG-Kommission vorlegen müssen, etwa den Plan, die Einfuhr wieder zu kontingentieren oder etwas ähnliches. Genau das, Herr Kollege Struve, ist nicht geschehen, und das ist - die Spatzen pfeifen es ja in Bonn von den Dächern -auch gar nicht gewollt.
Wie Sie alle wissen, ist seit der letzten Agrardebatte, die wir in diesem Hause geführt haben, einiges geschehen. Am 2. April hat der Herr Minister Schröder mit einigem Recht das überhastete einseitige Tempo der agrarpolitischen Integration kritisiert und das Primat der großen Politik über die Agrarpolitik verlangt und zugestanden erhalten. Das war auch ein Zeichen dafür, meine Damen und Herren Agrarpolitiker von der CDU, wie die Bundesregierung das Verhältnis der einzelnen politischen Bereiche untereinander sieht, - obwohl Professor Erhard gerade auf seiner Bauernkundgebung in Karlsruhe von der völligen Gleichheit aller Politiken gesprochen hatte. Herr Minister Schröder hat auf dieser Sitzung einen Übergang in ein ruhigeres Fahrwasser verlangt. Er hat aber gleichzeitig gefordert, daß die Außenbeziehungen aktiviert werden. Er hat in diesem Zusammenhang auch die Kennedy-Runde erwähnt und er hat sich außerdem über den Rückgang der Importe aus Drittländern als Folge der gemeinsamen Agrarpolitik beklagt. Mit Idieser Rede von Minister Schröder, meine Damen und Herren von der Koalition, wurden die Weichen für die künftige Politik bereits gestellt.
Auf Grund der Initiative des deutschen Außenministers kam es dann am 9. Mai im Rat der Außenminister zu einer Einigung über den Terminplan für die weiteren Arbeiten, in dem unter anderem, Herr Struve, festgelegt worden ist, daß bis zum 31. Dezember dieses Jahres ein Beschluß über die Annäherung der Getreidepreise im Jahre 1964/65 gefaßt werden muß. Das Wort ,, Annäherung" ist in Brüssel wie in der gesamten EWG so aufgefaßt worden, daß damit die Bundesregierung ihre Bereitschaft erklärt hat, ihre Preise im nächsten Wirtschaftsjahr zu senken.
Das ist auch für die Bundesregierung gar nicht anders denkbar. Denn gleichzeitig wurde der Rahmen für die GATT-Verhandlungen abgesteckt, der in der dritten Mai-Woche in Genf vorgelegt worden ist. Im Schlußkommuniqué der Genfer Konferenz heißt es ausdrücklich, daß in den kommenden Verhandlungen auch die Agrarprodukte - und das auf ausdrückliches Zugeständnis des künftigen Kanzlers - mit einbezogen werden. Wir haben nichts davon gehört, daß auf deutscher Seite irgendwelche Pläne bestünden, aus denen hervorginge, wie man den Forderungen der Amerikaner entgegenkommen will, ohne den deutschen Preis zu senken.
Ich darf dabei die Frage hinzufügen: wie bringt die Bundesregierung die Zugeständnisse Schröders und Erhards an die EWG und Drittländer mit der ständigen Versicherung in Einklang, daß die Ertragslage der deutschen Landwirtschaft nicht verschlechtert werden dürfe?
Hier fügt sich also ein Stein zum anderen. Es ist nicht verwunderlich, daß die Landwirtschaft unruhig wird, weil man es den Bauern nämlich draußen ganz anders erzählt. Am 24. Mai aber 'hat Herr Bundesminister Schwarz im Agrarbrief der CDU/CSU angeführt, er werde auch in Zukunft eine Senkung des deutschen Getreidepreisniveaus mit allem Nachdruck ablehnen. Die gleiche Überzeugung, so hat er hinzugefügt, sei von 'berufenen Vertretern seiner Partei eindringlich und wiederholt vorgetragen worden. Das mag sicher richtig sein, Herr Minister, aber es gibt auch andere, nicht minder berufene Vertreter Ihrer Partei, die zwar nicht mit Worten, wohl aber mit Taten eine ganz andere Entwicklung bereits eingeleitet haben.
({3})
Wie die Dinge stehen, wissen Sie alle selber genug. Die Kulissengeflüster - daran sind auch die Agrarpolitiker der CDU/CSU beteiligt - über die produktionsneutralen Subventionen zeigen deutlich, daß man sich innerhalb der Koalition schon darauf einstellt.
Es ist einigermaßen erstaunlich, meine Damen und Herren von der Koalition, daß ausgerechnet der
Dr. Schmidt ({4})
Herr Staatssekretär, der den Getreidepreis noch vor wenigen Tagen vor der Friedrich-Ebert-Stiftung mit Zähnen und Klauen verteidigt hat, einige Tage später offensichtlich anderen Sinnes geworden ist. Oder war das auch nur wieder einmal der übliche Nebel? Ich habe hier vor mir einen Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 22. Juni, also ganz frisch; danach soll Herr Hüttebräuker in einem Vortrag vor dem Hochschulbund in Stuttgart-Hohenheim erklärt haben:
Wenn das Problem weiter in der Schwebe gehalten werde, so würden bei vielen Landwirten Hoffnungen geweckt, die später nicht eingehalten werden könnten. Hüttebräuker sagte weiter, er sei überzeugt, daß man die Getreidepreisfrage nicht bis 1966 vor sich herschieben könnte, weil dann das Preisniveau mit Mehrheitsbeschlüssen festgelegt werden könnte. Die Vereinigten Staaten würden voraussichtlich schon im nächsten Frühjahr zu Beginn der Kennedy-Runde das EWG-Agrarpreisniveau in den Mittelpunkt der Diskussion rücken. Es wäre fatal, wenn die Bundesregierung dann unter politischem Druck ihre Position ohne Gegenleistung aufgeben müßte, während sie heute noch Konzessionen auf diesem Gebiet honoriert bekäme.
Genau das ist es, was die SPD bisher immer wieder gefordert hat, nicht mehr und nicht weniger!
({5})
Ich habe dem verantwortlichen Minister und Staats) sekretär wiederholt im Ausschuß gesagt, daß so rasch wie möglich ein Verhandlungskonzept entwickelt werden muß. Alle Partner - das wissen wir doch - haben Bauchschmerzen. Aber um erfolgreich in Verhandlungen gehen zu können, muß man doch wissen, wie man und worüber man verhandeln will. Wie ich sehe - ich kann es jedenfalls nicht anders sehen -, hat die Bundesregierung bis heute nichts, kein Papier, in den Händen. Sonst hätte sie doch auch die Kleine Anfrage Drucksache 1164 über die Getreidepreise der führenden Agrarpolitiker der Regierungskoalition vom 29. 3., also vor einem Vierteljahr, längst beantwortet. Oder hat es ihr etwa die Sprache verschlagen?! Aber das nur nebenbei.
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Wir würden es daher begrüßen, wenn eine Politik in der eben angedeuteten Richtung eingeschlagen würde. Wir müssen es aber gleichzeitig bedauern, daß diese Politik dann mindestens um ein Jahr zu spät käme. Wir sind auch heute noch bereit, wenn Sie es wünschen, dazu unseren konkreten Beitrag zu leisten. Schließlich steht hier eine Frage auf der Tagesordnung, die uns alle angeht. Meine Fraktion hat das größte Interesse daran, daß die deutsche Landwirtschaft nicht in die Mühlsteine der kommenden Entwicklung gerät.
Schon seit mindestens drei Jahren kennt die deutsche Agrarpolitik nur ein einziges Thema, den Getreidepreis. Er ist, besonders nach Erstellung des gemeinsamen Gutachtens, zum Fetisch gemacht worden, und alles andere wurde darüber versäumt. Man hat so getan, als handle es sich dabei um ein Tabu, über das nicht diskutiert werden dürfe. Man hat jahrelang die Dinge so dargestellt, als bedeutete es den Untergang des deutschen Bauerntums, wenn man in dieser Frage auch nur einen Millimeter nachgibt. Man hat auf Ihrer Seite, Herr Kollege Struve, völlig vergessen, daß Verhandeln nun einmal kein einseitiges Geschäft ist. Auch die anderen Partnerländer müssen in vielem nachgeben und haben auch schon in manchen Dingen zurückgesteckt. Was sie dafür eingehandelt haben, können wir in der Einfuhrstatistik Punkt für Punkt nachlesen. Niemand wird behaupten können, sie hätten dabei ein schlechtes Geschäft gemacht.
Was haben wir in der Bundesrepublik bisher getan? Die Bundesregierung hat sich in Brüssel an die Getreidepreise geklammert. Zu Hause hat man der Landwirtschaft erzählt, ihr werde nichts passieren. Weil man sich auf die Verteidigung des Status quo eingerichtet hat, hat man alles unterlassen, was notwendig gewesen wäre, um einen neuen Kurs einzuleiten. Dieser neue Kurs, Herr Kollege Struve, war doch auch in der gemeinsamen Entschließung -Herr Effertz sprach heute schon davon - vom 29. Januar gefordert. Damals hieß es in der Debatte, das Landwirtschaftsgesetz gelte unverändert weiter. Inzwischen hat wohl auch die CDU/CSU eingesehen, daß das nicht der Fall ist. Zumindest bei den Erzeugnissen, die gemeinsamen Marktordnungen unterliegen, können wir nicht mehr autonom von den „Mitteln der allgemeinen Wirtschafts- und Agrarpolitik" Gebrauch machen, um die Landwirtschaft „in den Stand zu setzen, die für sie bestehenden naturbedingten und wirtschaftlichen Nachteile gegenüber anderen Wirtschaftsbereichen auszugleichen". Bei der Handelspolitik ist es mit unserer Autonomie vorbei, bei der Preispolitik ebenfalls, und was die Steuer- und Kreditpolitik anbetrifft, so unterliegen alle Maßnahmen, die wir treffen, um irgendwelche Verluste der Landwirtschaft auszugleichen, der Kontrolle - nun hören Sie gut zu! -der EWG-Kommission und des Ministerrats in Brüssel. Wir sind in der Frage der Subventionen auch nicht mehr autonom. Das gilt erst recht für irgendwelche Subventionen, von denen heute die Rede ist. Jeder, der sich mit den Dingen eingehend befaßt, hat das schon vor einem Jahr gewußt. Auf der Seite der Koalition hat man es aber für richtig gehalten, so zu tun, als hätte sich in der Tat nichts geändert. Man wollte nicht zugeben, daß sich etwas geändert hat, weil man dann auch hätte zugeben müssen, daß man den Getreidepreis nicht unberührt lassen kann.
Alles, was notwendig gewesen wäre, wurde versäumt: 1. eine zielstrebige Förderung der marktfernen Gebiete, 2. die Ankurbelung der Agrarexporte, 3. die Durchführung von Strukturanalysen über die weitere Entwicklung der einzelnen Anbaugebiete, Produktionsweisen und Betriebstypen, 4. eine Senkung der Betriebsmittelpreise und so weiter und so fort. Ich will es mir versagen, die Liste noch weiter zu verlängern, sondern mich auf die Feststellung beschränken, daß weder für die Förderung des Anbaus von Qualitätsgetreide - Herr Kollege Bauer! - noch für die Förderung der Vermarktungseinrichtungen amtliche Richtlinien
Dr. Schmidt ({7})
vorliegen, obwohl immerhin schon die Hälfte des Rechnungsjahres vorüber ist.
Weshalb hat man denn nicht vor einem Jahr schon mit diesen Förderungsmaßnahmen begonnen? Weshalb hat man es bisher nicht für notwendig gehalten, Überlegungen darüber anzustellen, wie man eigentlich den deutschen Kartoffelbau - wir sind bekanntlich das größte Kartoffelbauland der Welt - auf den künftigen Bedarf ausrichten kann?
Ich bin mir darüber im klaren, mit welchen Schwierigkeiten eine vernünftige Agrarpolitik hierzulande nun einmal rechnen muß. Aber wer aufmerksam die Fachpresse im In- und Ausland verfolgt, der erfährt Wort für Wort, welche Anstrengungen im Ausland unternommen werden, um sich auf die neue Situation einzustellen. Denken Sie einmal daran, was alles seit dem 14. Januar 1962 in Frankreich geschehen ist! Die Bundesregierung hat sich bisher darauf beschränkt, zu erklären, daß es ihr nicht möglich sei, das Pisani-Gesetz zu kopieren. Aber was sie stattdessen zu tun gedenkt, das hat sie uns bisher nicht gesagt. Wenn man das, was in Frankreich aufgebaut wird, als Wettbewerbsverzerrung bezeichnet, dann muß man eben dafür sorgen, daß das beseitigt wird, und wenn man das nicht kann, muß man dafür sorgen, daß etwas ähnliches in der Bundesrepublik getan und alles das nachgeholt wird, was bisher versäumt worden ist.
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Ich will keineswegs verlangen, daß wir die französischen Agrargesetze Artikel für Artikel kopie-1 ren. Aber auch Sie werden doch zugeben müssen, daß in Frankreich etwas geschieht, daß sich die Regierung in Paris etwas einfallen läßt, um die französische Landwirtschaft auf einen neuen Kurs zu bringen, um ihr Mut zu machen, während es sich bei uns die Bundesregierung als das einzige Verdienst angerechnet hat, daß es ihr gelungen ist, den Getreidepreis zu halten. Mit solchen Sprüchen zieht man dann in die Wahlen und behauptet, die böse SPD habe nichts anderes im Sinn, als den Getreidepreis herunterzudrücken. Wir werden das gleich noch einmal hören. So geht es landauf landab. Aber wenn er schon nicht gehalten werden kann - und dafür hat schließlich die Weichenstellung durch Herrn Schröder gesorgt -, dann soll man ihn so teuer wie möglich verkaufen und im übrigen versuchen, die Verluste, die die Landwirtschaft dabei erleidet, irgendwie auszugleichen, und zwar durch Maßnahmen, die nicht als Wettbewerbsverfälschung angesehen werden können und die nicht in Kürze wieder abgebaut werden müssen, durch Maßnahmen, die in die Zukunft weisen und auch in der Zukunft Bestand haben werden. Mit produktionsneutralen Subventionen allein, meine Damen und Herren von der Koalition, ist es nicht getan. Auf solche Einfälle können nur Leute kommen, die nicht nachgedacht haben und die nun sehen müssen, wie sie schnell aus der Verlegenheit herauskommen, in die sie sich selber gebracht haben. Es gibt keine Patentlösung. Man kann nicht auf irgendein Knöpfchen drücken und die Disparität beseitigen. Worüber man sich schon vor einem Jahr hätte unterhalten müssen, das ist ein Bündel von Maßnahmen, differenziert nach
Produktionsgebieten, Betriebsgrößen und nach eini- gen Produkten. Mit Patentmedizinen machen Sie die Kranken nur kränker und die Gesunden gesünder. Nicht das Geld, meine Damen und Herren, ist das wichtigste in der Agrarpolitik von morgen, sondern Ideen.
Im Lichte dieser meiner Ausführungen ist es uns unmöglich, diese Entschließung auf Drucksache IV/1225 so anzunehmen, wie sie ist. Zugegeben, die Vorlage der Kommission hat nicht die notwendige Geschmeidigkeit des Übergangs in manchen Punkten. So sind z. B. durchaus die Fragen berechtigt: Warum ist die Angleichung der Qualitäten nicht in einigen Etappen möglich? Warum ist die Angleichung des Roggenpreises an den Gerstenpreis nicht in Etappen möglich? Warum gibt es keine Angleichung der Reportshöhen? Warum ist kein unmittelbarer Vorschlag der Kommission unterbreitet worden, wie sie sich den Ausgleich bei einem Einkommensausfall vorstellt? Usw. usf. Man kann ein Bündel von Fragen angesichts dieser Vorlage stellen.
Ich habe anfangs von der scheinbar unverrückbaren Haltung der CDU in der Getreidepreisfrage gesprochen. In Ziffer 2 a der Drucksache IV/1225 finden Sie meine Zweifel bestätigt. Da ist schon nur noch vom Brotgetreidepreis die Rede, der unverändert bleiben soll. Welch ein Fortschritt! Wir sehen, wir kommen uns wirklich näher. Herr Kollege Struve, ich beglückwünsche Sie zu diesem Fortschritt.
Im Sinne dieser meiner Ausführungen hat meine Fraktion den Vorschlag auf Umdruck 318 *) gemacht. Wir haben bereits im Ausschuß darum erbittert gekämpft. Hier und heute, Herr Kollege Bauer - jetzt darf ich Sie als Vertreter der CSU ansprechen -, hoffe ich jedoch auf Ihre Unterstützung. In einer am 29. April in Landshut gefaßten Entschließung der CSU zur Agrarpolitik heißt es in Ziffer 6 - ich darf zitieren:
Die Landesgruppe der CSU hält es für eine dringende Notwendigkeit, das europäische Marktordnungssystem zu vervollständigen und das europäische Preisniveau innerhalb der Sechsergemeinschaft raschestens zu fixieren, um auf dieser Grundlage gemeinsam in die bevorstehenden internationalen Verhandlungsrunden gehen zu können. Bei diesen Verhandlungen muß die Bundesregierung geschlossen die Lebensinteressen der deutschen Landwirtschaft verteidigen.
Was in dieser Entschließung der bayerischen CSU gesagt ist, entspricht genau unserem Antrag. Sollten Sie, meine Damen und Herren, nicht in der Lage sein, dieser neuen Ziffer f zuzustimmen, werden wir den jetzigen Ausschußantrag ablehnen. Die SPD-Fraktion will sich nicht zum Handlanger für eine weitere Irreführung der Bauern machen.
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Das Wort hat der Landwirtschaftsminister.
*) Siehe Anlage 5
1 Schwarz, Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe mit großem Interesse den Ausführungen des Herrn Kollegen Dr. Schmidt gelauscht und kann nur mit Bedauern feststellen, daß wir zwar sehr viel von Kritik gehört haben, sehr viel von herausgerissenen Teilen von Reden, die aneinandergeheftet wurden, in denen Minister und Staatssekretäre gegenübergestellt und gegeneinander ausgespielt wurden. Aber eines habe ich nicht gehört, verehrter Herr Kollege Dr. Schmidt, daß Sie nämlich einen Vorschlag gemacht oder eine irgendwie geartete praktikable Richtung aufgezeigt haben, der von Ihnen nicht befürworteten, sondern für unausweichlich gehaltenen Getreidepreissenkung ein entsprechendes Äquivalent entgegenzusetzen.
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Meine Damen und Herren, die Frage des Getreidepreises, die letzten Endes im Mittelpunkt der ganzen Ausführungen stand, ist doch überhaupt nur zu lösen, wenn konstant wirkende Ersatzlösungen gewährleistet sind. Es nutzt mir also gar nichts, meinen Bauern zu sagen: Für einen herabzusetzenden Getreidepreis bekommt ihr dann aber einen über einige Jahre hinweg reichenden Ersatz in Form einer auf Flächen- oder Arbeitskraft oder eine andere Größe berechneten Subvention. Ich muß vielmehr meinen Leuten dann auch sagen können: Das eine wird euch zwar genommen, aber ihr bekommt einen vollwertigen Ersatz. Meine Damen und Herren, das ist aber nach dem Text des Vertrages, zumindest soweit es bis heute sichtbar ist, nicht möglich.
Ich möchte dazu gleichzeitig auch etwas anderes ausführen. Wir sprechen von Preisen, und unentwegt wird unser Getreidepreis in den Mittelpunkt der Diskussion gestellt. Unentwegt wird davon gesprochen, wir müßten mit dem Preis herunter. Zunächst muß ich feststellen: Wenn wir heruntermüssen, müssen die anderen herauf, und davon ist einstweilen nicht die Rede. Ich bedauere, daß man, wenn man unseren Bauern schon das eine zumutet, von diesem Podium aus nicht gleichzeitig zum Ausdruck bringt, daß dann auch der anderen Seite etwas zuzumuten ist. Das scheint mir dann zum mindesten notwendig zu sein. Zum anderen: Was ist denn der Preis? Er ist das Ergebnis von Kostenfaktoren. Wenn aber die Kostenfaktoren wie in unserem Bereich unterschiedlicher Art sind, so muß unter allen Umständen vorher eine irgendwie geartete Harmonisierung stattfinden. Das ist von Herrn Kollegen Dr. Schmidt zwar erwähnt worden, aber die Konsequenz ist nicht gezogen worden. Bevor das eine nicht erreicht ist, kann man vom anderen nicht sprechen.
Hier, meine Damen und Herren, berühren wir ein Thema, das, wie ich glaube, einen Einwand des Herrn Kollegen Dr. Schmidt sehr stark entkräftet. Er hat gesagt, es gebe offenbar zwei Richtungen, die eine Richtung Professor Erhard/Dr. Schröder und die andere Richtung Schwarz/Hüttebräuker. Ich glaube, die Äußerungen, die Herr Dr. Schröder gerade in den letzten Wochen und Monaten in Brüssel mit Nachdruck getan und sehr hart vertreten hat - daß nämlich erstens eine Harmonisierung der Grundsätze, nach denen man zu verfahren hat, stattfinden müsse und daß zweitens die Landwirtschaft unter keinen Umständen unentwegt vorzupreschen hat, sondern daß die anderen nachzuziehen haben -, sind ein sehr klarer Beweis dafür, daß solche Gegensätze gar nicht bestehen, sondern daß wir uns über diese Dinge offen und ehrlich ausgesprochen haben und nach einer gemeinsamen Richtlinie handeln.
Ich habe noch einiges zu den Preisen zu sagen. Die Frage der Harmonisierung der Faktoren, die zu einem Preis führen, ist eine Angelegenheit, der auch meine Ministerkollegen auf ihren Gebieten nachgehen. Ich kann aber nicht behaupten, daß die Berichte, die ich von dort bekommen habe, irgendwie ermutigend wären. Denn ich kann Ihnen nur sagen, daß es - und das ist Ihnen aus der Presse bekannt - immerhin noch lohnend ist, über die Grenze zu gehen und die Drucksachen in Holland in den Briefkasten zu stecken, weil es den Herren Postministern bisher nicht gelungen ist, auf einem offenbar so einfachen Gebiet, der Harmonisierung der Drucksachenporti, zu einem Ergebnis zu kommen. Bitte, ermessen Sie einmal die Schwierigkeiten der verschiedenen Graduierung bis nach oben hin, die ich zu bewältigen habe, wenn solche Voraussetzungen schon so kompliziert sind.
Bei solcher Gelegenheit taucht dann auch die Frage auf: Wie ist es denn überhaupt möglich, einen Vertrag unterzeichnet zuhaben, der auf dem Agrargebiet, gerade auf dem Gebiet des Getreidepreises, solche Probleme aufwirft? Ich möchte auch einmal darauf hinweisen und das Hohe Haus davon unterrichten - soweit es nicht bekannt sein sollte -, daß wir im März 1957, als wir den Vertrag von Rom unterzeichneten, in Frankreich Getreidepreise hatten, die, in neuen Franken ausgedrückt, über oder zum mindesten in der Höhe der deutschen Weizenpreise lagen. Wir haben damit damals ein Preisniveau bei Weizen - in unseren Augen das Leitgetreide - gehabt, das in Frankreich gleichermaßen wie bei uns, gleichermaßen wie in Italien, gleichermaßen wie in Luxemburg war. In Belgien lag es nur ein wenig darunter. Über 1 DM oder 1,50 DM pro 100 kg läßt sich in solchen Fällen reden. Wirklich unten lag lediglich Holland.
Daß man unter einer solchen Prämisse Dinge ordnen kann oder glaubt ordnen zu können, das scheint mir allerdings akzeptabel. In der Zwischenzeit aber sind zwei Abwertungen des französischen Franken vorgenommen worden, im Oktober 1957 von 125 auf 100 DM und dann noch einmal von 100 auf 85 DM. Damit ist auch der Wert des französischen Weizens gesunken. Das sind Fakten, mit denen man bei der Unterzeichnung des Vertrages natürlich nicht hat rechnen können. Ich möchte hier nicht die Frage aufwerfen, ob sich so etwas nicht irgendwo und irgendwann einmal wiederholen könnte. Zumindest aber haben wir durch unsere fünfprozentige Aufwertung die Dinge in die gleiche Richtung gebracht, d. h. zu dem Auseinanderstreben der Preissituation
bei uns und bei den jetzt tief unter uns liegenden Partnern beigetragen.
Da wir schon dabei sind, über diese sehr heiklen Fragen zu sprechen, lassen Sie mich noch eines klarstellen. Es wird mir immer wieder - und Herr Dr. Schmidt hat es offenbar auch recht gern getan - unterschoben, ich hätte inflationistische Prinzipien aufgestellt, als ich den deutschen Getreidepreis in Brüssel vertreten hätte. Es wurde gleichzeitig gesagt - auch in der Presse war das vielfach zu lesen -, das sei unfair gewesen. Meine Damen und Herren, worum dreht es sich eigentlich? Es dreht sich absolut nur um den einen Punkt, daß ich in Brüssel sehr klar zum Ausdruck gebracht habe, daß wir diese ganzen Fragen nicht nach den nominellen Preisen, sondern nur nach den realen Preisen regeln können.
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Ich möchte mal wissen, ob es wohl fairer ist, das zu verschweigen und etwa den Bauern nicht klar zu sagen, daß die Kaufkraft ihres Getreides für ihren Wirtschaftsbereich letztlich das Ausschlaggebende ,ist und nicht irgendeine Zahl, die vielleicht einmal vor einer Weile 5 oder 7 oder 9 % mehr Wert bedeutete. Ich habe gesagt: Wenn wir uns auf dieser realen Basis einmal über alle die Dinge unterhalten, kommen wir uns schon erheblich näher. - Daraus ist dann das andere gemacht worden. Aber es ist letzten Endes die Schuld des einzelnen: wenn er Minister wird, muß er sich schon gefallen lassen, daß so etwas über ihn ausgeschüttet wird.
Der Getreidepreis, Herr Dr. Schmidt, ist für uns nicht ein Tabu an sich, sondern er ist nur ein Mittel, um die Kaufkraft unserer landwirtschaftlichen Bevölkerung weiter so zu gestalten, daß hier keine Einbußen entstehen. Haben wir eine Lösung, daß wir ohne Kaufkrafteinbuße, insgesamt gesehen, unserer Landwirtschaft konstant helfen können, so bin ich nicht derjenige, der auf einem Dogma besteht. Für mich kommt es darauf an, daß unserer Landwirtschaft jene Mittel zufließen, die sie unbedingt haben muß. Aber wir haben ein Professorengutachten, in dem sehr klar zum Ausdruck gebracht wird, daß eine solche Senkung eine bis zwei Milliarden kosten würde. Wir haben bis heute trotz aller wissenschaftlichen Gutachten, die wir uns haben anfertigen lassen, noch kein probates Mittel, um diese Dinge aufzufangen, und Sie offenbar auch nicht. Unter diesen Umständen möchte ich allerdings sehr davor warnen, an dem Getreidepreis zu rütteln. Denn damit schädigen wir nicht nur den Geldbeutel unserer Bauern, sondern, was noch viel schlimmer ist, wir schädigen sie selbst in ihrem Mut, in ihrer Arbeitskraft, wir schädigen sie in ihrem Unternehmungsgeist. Das scheint mir überhaupt das Schlimmste zu sein. Es ist nämlich nicht so, daß die Unsicherheit allein das Faktum bildet. Es muß umgekehrt argumentiert werden. Man sollte ihnen die Sicherheit geben, daß sie von dieser Seite nichts zu befürchten haben. Diesen Zwiespalt hineinzutragen halte ich nicht für glücklich. Deswegen bin ich allerdings in meiner Haltung sehr hart und sehr unerbittlich. - Ich glaube, ich habe damit im wesentlichen das gesagt, was zu sagen ist.
Zu dem Antrag, den Sie gestellt haben, möchte ich die Auffassung der Bundesregierung dahin gehend zum Ausdruck bringen, daß wir nicht in der Lage sind, uns wegen der zu treffenden Maßnahmen in irgendeiner Form an einen Termin binden zu lassen. Die Bundesregierung tut das, was sie glaubt, unter allen Umständen im Interesse unserer Landwirtschaft tun zu müssen, und sie läßt sich nicht durch irgendwelche Termine zu einer Haltung zwingen, die sie nicht aus ihrer eigenen Verantwortung heraus glaubt vertreten zu müssen. Darum muß ich hier dafür eintreten, daß der Änderungsantrag der Fraktion der SPD, wie er im Umdruck 318 vorliegt, abgelehnt wird.
Die Debatte, die wir heute geführt haben, hat zwar einige Mängel innerhalb unserer Wirtschaft ausgewiesen, um deren Beseitigung wir uns bemühen wollen;
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aber sie soll auch mit dazu beitragen, die gesamte Ertragslage zu verbessern, und ich hoffe, daß diese Tendenz bis zum Schluß unserer heutigen Sitzung durchsteht. Dazu gehört auch, daß wir an dem festhalten, was wir haben, und daß wir das nicht in Zweifel ziehen und daran rütteln lassen, bevor wir nicht unter allen Umständen die Gewähr haben, daß unserer Landwirtschaft dadurch kein Schaden entsteht.
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Das Wort hat der Abgeordnete Struve.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Drucksache 1225, die meinen Schriftlichen Bericht enthält, sieht unter Ziffer 2 einen Buchstaben e) vor. Ich habe dazu ausgeführt, daß dieser Absatz die Zustimmung der Koalitionsfraktionen gefunden hat, während unsere Kollegen der SPD sich in diesem Fall der Stimme enthielten und unter Hinweis auf den schon im Ausschuß gestellten und heute wiederholten Antrag darauf drangen, es müsse doch nunmehr der Landwirtschaft gesagt werden, daß der Getreidepreis um soundsoviel gesenkt werden müsse.
Herr Kollege Schmidt, darüber müssen wir uns im klaren sein: in dieser Frage sind die grundsätzlichen Auffassungen der Koalitionsparteien von denen der SPD einfach verschieden und, wenn Sie so wollen, unüberbrückbar, solange Sie diesen Standpunkt aufrechterhalten.
Sie haben heute merkwürdigerweise den Hinweis auf die Veredelungsproduktion unterlassen.
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Während der hinter uns liegenden Jahre haben Sie keine Gelegenheit versäumt, darauf hinzuweisen, daß es auch im Rahmen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft sehr wohl eine Lösung sein könne, sagen wir, das holländische Prinzip zu überStruve
nehmen: nämlich Futtergetreide billig einzuführen und zu veredeln, um auf diese Art und Weise das Einkommen der breiten Landwirtschaft zu erhöhen. Dem steht gegenüber der Standpunkt der CDU/CSUFraktion, die sich in dieser Frage mit der Bundesregierung, aber auch eindeutig mit der einmütigen Auffassung aller in den großen Organisationen vertretenen Bauern auf einer Linie befindet.
Täuschen wir uns nicht, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn wir dem Vorschlag der EWG-Kommission folgen, wenn wir also den Gerstenpreis zum Ausgangspunkt unserer Agrarpolitik machen und ihn gemäß den Vorstellungen, wie sie heute in Brüssel bestehen, senken, werden - darüber gibt es gar keinen Zweifel - sofort die Schweinepreise, die Eier- und Geflügelpreise und nach einem gewissen Abstand auch die Preise der übrigen Veredelungsprodukte in diesen Sog hineingezogen. Das aber hätte die - nach meiner Überzeugung von Herrn Mansholt falsch gesehene -Folge, daß es zumindest in der Bundesrepublik dann kein Bauerntum in kleineren Bereichen mehr geben kann und geben wird,
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es sei denn, wir folgen gewissen Überlegungen, die in Ihrer Fraktion laut geworden sind und die darauf hindeuten, daß wir hier den Sozialsektor so ausbauen, daß wir eine Art Rentnertum vom Bayerischen Wald entlang der Zonengrenze bis nach Schleswig-Holstein schaffen.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage? - Bitte, Herr Abgeordneter.
Herr Kollege Struve, kennen Sie nicht die Äußerungen eines Ihrer Vertreter in der Regierung, eines Staatssekretärs, der hier auf einer großen Kundgebung davon gesprochen hat, daß nur noch eine bestimmte Anzahl von Betrieben in der Landwirtschaft übrigbleiben würden?
Herr Kollege Schmidt, die Äußerungen eines Herrn Staatssekretärs und die Stellungnahme dazu überlasse ich den Vertretern unserer Bundesregierung. Ich habe nicht die Absicht, dazu Stellung zu nehmen.
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Ich möchte aber - damit wir nicht vom Ziel ablenken - keinen Zweifel 'darüber lassen, daß Sie zu der Frage Stellung nehmen müssen, wie Sie sich das breit gestreute Eigentum im bäuerlichen Bereich, ja wie Sie sich überhaupt z. B. im Lande Baden-Württemberg noch ein Bauerntum, eine bäuerliche Lebensgrundlage vorstellen, wenn wir unseren alten Grundsatz verlassen, daß der Brotgetreidepreis Ausgangspunkt unserer gesamten Agrarpolitik bleibt und daß wir darauf fußend auch einen Veredelungspreis verteidigen, der - ich füge hinzu: auch unter veränderten Verhältnissen, wie der EWG-Vertrag sie nun einmal zwingend bringen wird - eine bäuerliche Existenz ermöglicht.
Herr Kollege Dr. Schmidt, Sie haben in einem sehr umfangreichen Referat alle Grundsätze noch einmal dargelegt. Sie haben aber nicht dargelegt, daß wir im Ausschuß die Frage der Agrarpolitik in den Ramen der großen Wirtschaftspolitik hineingestellt haben. Sie haben sogar, wie ich einleitend schon sagte, Ihre Zustimmung versagt, als wir darauf hinwiesen, daß wir im europäischen Bereich im Agrarbereich und hier wieder einseitig im Agrarpreisbereich zu einseitig vorgehen und binden und daß nun die Harmonisierung in den anderen Wirtschaftsbereichen sehr zögernd vorankommt. Wir haben ein der Ziffer 5 als erstes die Harmonisierung der Wirtschafts-, der Steuer-, der Sozial- und der Verkehrspolitik mit der Agrarpolitik verlangt. Denn darüber, meine sehr verehrten Damen und Herren, müssen wir uns völlig im klaren sein: Das kann und wird nicht gutgehen, wenn man im Agrarbereich die Preise anbindet und europäisch ausrichtet, im übrigen Wirtschaftsbereich aber - die heutige Debatte hat einen kleinen Vorgeschmack davon gegeben - alles nach nationalen Grundsätzen weiterentwickelt, in etwa mit der Tendenz, daß nicht zuletzt durch den Einfluß der Tarifpartner hier von Jahr zu Jahr eine gewisse Tendenz, - mal 3, mal 4, mal 5 % nach oben - weiter anhält. Noch heute, Herr Kollege Dr. Schmidt, habe ich keine Erklärung dafür, daß sie im Ausschuß diesem Grundsatz nicht beigetreten sind.
Wir haben als nächstes dann verlangt, daß die Wettbewerbsverzerrung innerhalb der sechs Mitgliedstaaten beseitigt wird und daß bei den Preisfestsetzungen generell die Produktionskosten auch der deutschen Landwirtschaft berücksichtigt werden. Das ist in der von Ihnen nicht gebilligten Ziffer b eindeutig festgehalten.
Unter Ablehnung dieser Ziffer wollen Sie uns nun heute vorschlagen, daß wir unsere Regierung regelrecht auffordern, sich die Hände noch mehr binden zu lassen. Da möchte ich doch die Frage stellen, Herr Kollege Schmidt: Glauben Sie denn - ich verweise dabei auf die Begründung der Großen Anfrage, die vorhin von Ihrem Freund gegeben worden ist -, daß es eine Rettung der deutschen Landwirtschaft gibt, wenn wir die Düngemittelpreise und die Maschinenpreise um ein paar Prozent senken, im übrigen aber die Preise nicht nur anbinden, sondern mit unserer Zustimmung senken lassen? Stellen Sie sich doch einmal vor, was ein entsprechendes Verfahren bei einem Festgehaltsbezieher bedeuten würde.
Wir alle stehen nicht zuletzt in diesen Tagen unter dem Eindruck, daß die EWG, die große europäische Gemeinschaft, eine Lebensfrage nicht nur für uns, sondern für die westliche Welt ist. Wir sollen aber mit unserem Preisniveau nicht nur Jahr für Jahr etwas mehr heruntergehen, sondern ruhig zusehen, daß sich das Unkostenniveau entgegengesetzt entwickelt. Sie können sich durch ein Professorengutachten ausrechnen lassen, was das in drei oder vier Jahren kostet. Hinterher ist aber die Frage an den Bund und an die Länderregierungen
zu richten, wer das alles bezahlen soll. Über diese Entwicklung kann es doch gar keinen Zweifel geben.
Ich möchte meine kurze Erwiderung dahin zusammenfassen, daß ich das Hohe Haus bitte, dem Bericht und dem Antrag des Ausschusses auf Drucksache IV/1225 beizutreten und den zusätzlichen Antrag der SPD abzulehnen. Täuschen wir uns nicht: das Ringen innerhalb der Gemeinschaft geht weiter.
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Die deutsche Volkswirtschaft hat - das geht aus dem Vertragswerk hervor - im Rahmen dieser Partnerschaft auch Lasten aufzubringen. Meine politischen Freunde sehen durchaus die Schwierigkeiten, die sich bei einer Gesamtschau für die deutsche Landwirtschaft nicht zuletzt dadurch ergeben, daß wir in der Sechser-Gemeinschaft zwar - ganz generell gesprochen - das höchste Preisniveau haben, daß wir aber zu gleicher Zeit - und das wird von Ihnen, Herr Kollege, zum Teil verschwiegen auch das hohe Unkostenniveau haben.
Heute dem Hohen Hause zu empfehlen, die Regierung aufzufordern, daß sie nun endlich bekanntgeben soll, wie weit das Preisniveau noch abgesenkt werden soll, ist nicht nur eine schlechte Politik gegenüber dem deutschen Volk; es ist auch keine gute Aufforderung an eine Regierung. Der deutsche Beitrag zu der politischen Einheit Europas, zu dem meine politischen Freunde und - ich darf das hinzufügen - auch meine Berufskollegen uneingeschränkt stehen, kann und darf nicht von einem Berufsstand allein geleistet werden, sondern ist von dem deutschen Volk insgesamt zu erbringen. Wir von der CDU/CSU werden nicht müde werden, auch dem kleinen Bauer, auch den Bauern in Randgebieten die Existenzgrundlage für die Zukunft nicht nur zu verbessern, sondern zu erhalten zu versuchen.
({2})
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Müller? - Bitte!
Herr Kollege Struve, wie stellen Sie sich die Rettung des derzeitigen deutschen Getreidepreisniveaus über den 1. Januar 1966 hinaus vor?
Ich kann nicht noch einmal von vorn mit einem Diskussionsbeitrag beginnen. Das ist ja eigentlich zunächst eine Frage an die Regierung und keine Frage an das Parlament. Aber, weil Sie durch diese Fragestellung erneut zum Ausdruck bringen, wir wären schon heute für einen faulen Kompromiß,
({0})
möchte ich sagen: in dem Augenblick, wo im Rahmen einer Sechser-Gemeinschaft bei einer echten Partnerschaft dem Bauernstand so etwas zugemutet wird, muß zu gleicher Zeit die Antwort von der
Stelle gegeben werden, von der ein solcher Be- schluß herbeigeführt wird. Wir sind gewillt, unserer Regierung zu jeder Zeit und zu jeder Stunde beizutreten, damit diese Entscheidung nicht gegen die deutsche Gemeinschaft erfolgt; sie darf aber auch ganz bestimmt nicht auf Kosten des deutschen Bauernstandes gefällt werden.
({1})
Eine zweite Frage des Abgeordneten Müller ({0}).
Herr Kollege Struve, sind Sie sich darüber im klaren, daß von den sechs Partnern fünf entgegengesetzter Meinung sind, und wie stellen Sie es sich vor, daß der eine, die Bundesrepublik, diese fünf zu einer anderen Meinung bekehren kann?
Sie sind im Augenblick entgegengesetzter Meinung, wie auch weite Kreise, um nicht zu sagen, politische Parteien im Deutschen Bundestag. Aber Politik ist die Kunst des Möglichen. Bevor der deutsche Bauernstand zugrunde geht, wird ein Vertrag geändert, auch wenn es ein europäischer ist!
({0})
Das Wort hat der Abgeordnete Bauer ({0}).
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Müller, ich will den zweiten Teil der Antwort geben, deren ersten Teil Ihnen Herr Kollege Struve soeben schon gegeben hat. Wenn 1965 oder 1966 von fünf Mitgliedstaaten gegen uns, die Bundesrepublik, etwas derartiges beschlossen wird, dann sind wir der Meinung, daß diese fünf Staaten auch die Verantwortung dafür zu übernehmen, d. h. auch die Ausgleichsleistungen zu übernehmen haben, die wir nachhaltig für den Fall fordern, daß wir Zugeständnisse hinsichtlich des deutschen Getreidepreises zu machen haben. Sie sind genauso dafür verantwortlich. Zeigen Sie mir die Stelle, wo das heute bis zur Stunde schwarz auf weiß steht! Sie wollen doch nicht etwa den deutschen Ernährungsminister, der hier die Sorge geäußert hat, daß dieser Forderung bisher noch keine entsprechende Dauerleistung gegenübersteht, Lügen strafen. - Aber ich habe mich nicht zu diesem Thema zum Wort gemeldet. Ich habe mich nur gefreut, daß ich dazu noch einen Satz sagen durfte.
Ich habe mich zum Wort gemeldet, weil ich freundlicherweise mit meinen Freunden von der CSU in die Nähe der Forderung der SPD auf Umdruck 318 gebracht worden bin. Ich darf zunächst feststellen, Herr Kollege Schmidt: Die CSU freut sich außerordentlich darüber, daß Sie die Beschlüsse, die wir in Landshut gefaßt haben, mit so großer Aufmerksamkeit verfolgt haben.
({0})
Bauer ({1})
- Warten Sie nur ab, es kommt noch viel schlimmer. - Dabei ist Ihnen nur eins unterlaufen. Wir pflegen, wenn wir solch eine Einkehrtagung halten, nicht hinterher große Programmbücher herauszugeben, sondern unsere Gedanken sehr konzentriert in wenigen Zeilen festzuhalten, und daher muß man sie dann sehr sorgfältig lesen, Herr Kollege Schmidt, wenn man nicht hinterher aufs Glatteis geraten will. Sie haben hier ausgeführt, wir sollten Sie doch unterstützen, wenn Sie forderten, sofort oder sobald wie möglich das zukünftige Getreidepreisniveau verbindlich festzustellen. Wissen Sie, was unter Ziffer 6 unserer Landshuter Beschlüsse steht? Dort steht für unsere Begriffe ganz etwas anderes. Von Getreidepreisen ist dort überhaupt nicht die Rede, sondern dort ist von genau der gleichen Politik und genau der gleichen Einstellung, wie sie der Herr Minister soeben hier vertreten hat, nämlich vom gesamten europäischen Preisniveau die Rede. Wir wissen ganz genau, daß nicht von A bis Z sämtliche deutschen Preisvorstellungen, wie wir sie jetzt haben, in Reinkultur in das künftige europäische Preisniveau übernommen werden können. Wenn wir da aber etwas nachgeben müssen, dann wollen wir dafür einen dauerhaften entsprechenden Ausgleich im Sinne der Ausführungen, wie Sie sie vorhin von dem Herrn Bundesminister gehört haben. - Also die herzliche Bitte: genau durchlesen!
Und nun möchte ich eigentlich die Gegenfrage stellen: Wären Sie nicht bereit, Herr Kollege Schmidt, die übrigen fünf Punkte, die wir in unseren Landshuter Beschlüssen niedergelegt haben, auch mitzumachen?
({2})
Dafür wäre ich sehr dankbar. Sie werden ja gleich noch einmal hier heraufgehen. Wenn wir uns in Punkt 6 nicht annähern können, würde ich mich sehr freuen, wenn Sie hier wenigstens ein Bekenntnis zu den übrigen fünf Punkten, die wir in Landshut beschlossen haben, ablegen würden. Herr Kollege Schmidt, wenn wir hier über so erste Fragen der deutschen Agrarpolitik sprechen, dann kann es nicht um Polemik nach der einen oder anderen Seite, sondern nur um einen Wettbewerb um die bestmögliche Lösung gehen - wie es der Kollege Struve zuletzt ausgedrückt hat -, wie wir unseren deutschen und auch, wie ich meine, den europäischen Bauernstand über diese politisch notwendige europäische Integration hinwegbringen. Das ist die Preisaufgabe, vor die wir alle miteinander gestellt sind. Ich meine - ich sage es noch einmal -, wir alle sollten uns um einen ehrlichen Wettbewerb um die bestmögliche Lösung bemühen. Hier kann es kein Über- oder Unterbieten und auch keine Unterstellungen nach der einen oder anderen Seite geben.
Lassen Sie mich damit schließen: Sehr geehrter Herr Kollege Schmidt, Sie haben sich jetzt so beredt und besorgt hier hingestellt und zum Teil ganz ausgezeichnete Ausführungen gemacht. Aber wie verträgt sich denn das - das leuchtet mir gar nicht ein -, wenn wir jetzt zu dieser Getreidepreisverordnung kommen, mit Ihrem Antrag, mit dem Sie faktisch eine erhebliche zusätzliche Senkung des deutschen Getreidepreises fordern?
({3})
Ich frage Sie immer wieder: Wie geht das zusammen, daß Sie hier mit zwei Zungen reden?
({4})
Ich bin überzeugt, daß Herr Kollege Bauer sehr gut rechnen kann.
Das Wort hat der Abgeordnete Ertl.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich meine, heute ist ein erfreulicher Tag für die deutsche Landwirtschaft; denn soweit ich die Debatten in diesem Hohen Hause verfolgen konnte, wurde noch nie so ernsthaft um beide Probleme gerungen, einerseits um die Senkung der Produktionskosten, andererseits um ein gerechtes Einkommen, d. h. um die Verbesserung der Agrarpreise unter Berücksichtigung der Produktionskosten. Das scheint mir ein großer Fortschritt zu sein.
Vorweg einmal zum Getreidepreis! Ich darf auch im Auftrag meiner Freunde sagen, wir sind sehr froh, daß der Getreidepreis bis heute unverändert geblieben ist, weil deshalb die Disparität nicht noch größer geworden ist. Daß wir das verhindert haben, darauf sind wir stolz.
({0})
Wir sind uns dessen bewußt, daß in dieser Frage eines Tages eine Klärung erfolgen muß.
({1})
Ich habe gestern einen Vortrag eines sehr renommierten Diplomaten gehört, der 40 Jahre im Dienste der deutschen Diplomatie stand. Er sagte folgenden Satz über Verträge: Verträge sind das, was man aus ihnen im Verhandlungswege macht. Das gilt auch für den EWG-Vertrag. Er ist für uns kein Dogma. Vor allem da kann er kein Dogma sein, wo es um die Lebensaufgabe und um die Existenz unserer bäuerlichen Betriebe geht.
({2})
Hier meine ich - und ich habe mit großer Freude die leidenschaftliche Feststellung des Kollegen Struve gehört -, notfalls werden wir die Frage des Vertrages zur Diskussion stellen. Herr Kollege Struve, wir haben ehedem, als wir in Opposition waren, vor gewissen Folgen dieses Vertrages gewarnt. Sie werden uns als leidenschaftliche Begleiter finden, wenn es darum geht, Unheil wegen eines Vertrages von der deutschen Landwirtschaft abzuwenden.
({3})
- Wir sind genauso vertragstreu, wie wir uns an die im Landwirtschaftsgesetz übernommenen Verpflichtungen gegenüber der deutschen Landwirtschaft gebunden fühlen.
({4})
Eine Frage erscheint angesichts der Situation aber
dringend notwendig - und hier bitten wir die Bundesregierung, sie einmal deutlich zu klären -: Wer verhandelt in Brüssel? Und welche Kompetenzen, welche Richtlinien sind es? Ist es so, wie man immer wieder hört, daß das Agrarministerium ganz anders verhandelt als das Wirtschaftsministerium und das Außenministerium vielleicht wiederum etwas anders? Wir meinen, hier ist Koordinierung vordringlich, und wir bitten die Bundesregierung, endlich verantwortlich dafür zu sorgen, daß nur ein Mann dort verantwortlich verhandelt und daß nicht zweigleisig und dreigleisig verhandelt wird. Auch das gehört zu einer guten Wirtschafts-, Agrar- und Handelspolitik.
Es wurde heute die Frage des endgültigen EWGGetreidepreises aufgeworfen. Dabei wurde in der Debatte gesagt, man solle sich dessen bewußt sein, daß es im Jahre 1966 im Ministerrat ein Stimmenverhältnis von 1 : 5 geben werde. Ich darf hier einmal folgendes feststellen. Auf Grund der Beobachtungen waren wir uns doch einig, als wir vor einem Jahr einen neuen Weg beschritten durch die Verabschiedung der bis dahin bewährten nationalen Agrarmarktordnungen, ein Wagnis zu unternehmen. Wir waren uns auch darüber einig, daß wir diesen neuen Weg kritisch beobachten müßten. Wenn wir beobachten, müssen wir auch die Maßnahmen der Partnerländer und ihre Folgen kritisch verfolgen. Ist es nicht in der Tat so, daß Italien deshalb nicht daran denkt, den Weizenpreis zu senken, weil Wei) zen dort erzeugt wird, und ist es auf der anderen Seite nicht so, daß es in Italien Sonderwünsche in bezug auf den Gerstenpreis gibt, weil man selbstverständlich ein Interesse daran hat, die durch amerikanische Staatsmittel heruntersubventionierte Futtergerste verbilligt einzuführen? Sind die Verhältnisse in Holland nicht ähnlich gelagert? Hier handelt es sich in der Tat um eine sehr schwierige Frage.
Ich meine - und das ist immerhin auch die Meinung meiner Freunde -, daß wir uns vielleicht übernommen haben, als wir den Angelpunkt der EWGPolitik in der Agrarpolitik sahen. Wir müssen leider sehen, daß immer nur auf dem agrarischen Sektor nach angeblichen Fortschritten gesucht wird, daß man aber keine Fortschritte in der Frage der Beseitigung der Wettbewerbsverzerrungen, der Harmonisierung der Soziallasten, der Löhne und was alles damit zusammenhängt, erzielt.
Daher erscheint mir die Frage mit Recht notwendig: Müssen wir nicht einmal eine Generaldurchforstung durchführen oder eine Reform einleiten, wie sie Bundesaußenminister Schröder in Brüssel gefordert hat?
Ein Wort zu dem berühmten Preis. Kein Geringerer als Agrarminister Pisani hat erklärt, es gebe ja keinen echten Weltmarktpreis für Getreide, der werde ungefähr zu 70 O/o der Kosten abgesetzt. Wir kennen die Probleme, die mit den weltweiten Subventionen in Industriestaaten zusammenhängen. Es wird wohl auch auf die Dauer keine Möglichkeit geben, ganz und gar auf Subventionen und Ausgleichsmaßnahmen zu verzichten.
In diesem Zusammenhang ein Wort zu den produkteneutralen Subventionen. Die Fraktion der Freien Demokraten hat bewußt die Frage der produkteneutralen Subventionen zur Diskussion gestellt, nicht - das möchte ich hier betonen - unter dem Aspekt einer Senkung des Getreidepreises, sondern als einen Weg dazu, die allgemeine Disparität, die seit sechs Grünen Plänen nachweisbar ist, zu beseitigen. In diesem Fall halten wir diesen Weg zumindest für einen solchen, über den man diskutieren sollte und der vielleicht auch die Möglichkeit bietet, zu einer für alle Seiten befriedigenden Lösung zu kommen.
Nun zu den Vorschlägen der Kommission. Wir können dem Vorschlag nicht zustimmen, daß der Preis für Gerste der Leitpreis wird. Wir haben uns im Ernährungsauschuß nach langwierigen Diskussionen, nach vielleicht leidenschaftlichem Ringen und nach Schätzungen bemüht, einen Mittelweg gegenüber dem des Vorjahres zu gehen. Es geht natürlich vorwiegend darum, daß nicht gerade durch die Maßnahmen, die im Hinblick auf diese Verordnung auf uns zukommen, noch das gefährdet wird, was wir bisher gerettet haben, nämlich unsere Qualitätserzeugung im Getreideanbau, insbesondere den Braugerstenanbau. Wir warten darauf, daß das Bundesministerium endlich die Vorschläge bzw. die Richtlinien für den Qualitätsweizenanbau veröffentlicht. Wir meinen, daß diese Qualitätserzeugung besonders gefördert werden muß. Sie muß ein Bestandteil der Agrarpolitik und der Sicherung für die Landwirtschaft sein, die wir angesichts der EWG in Deutschland brauchen. Wir werden nächstes Jahr prüfen müssen, ob der Weg, den wir jetzt bei den Reports beschreiten und der sich zwangsläufig ergibt, der richtige ist.
Nun zur Frage des Anbaus und des Preises des Weizens im allgemeinen. Von Ihnen, Herr Kollege Schmidt, wurde gesagt: wenn wir bei dem deutschen Weizenpreis bleiben, dann wird uns der französische Markt überschwemmen bzw. wird die Produktion in Frankreich so angeregt, daß eines Tages der EWG-Topf überläuft. Nach den bisherigen Ergebnissen muß man feststellen, daß keine Ausweitung eingetreten ist. Wer die letzte Agrarstatistik verfolgt hat, mußte beobachten, daß in Frankreich der Weizenanbau eher zurückgeht und der Gerstenanbau zunimmt. Wir sollten uns hier nicht zu sehr im Spekulativen bewegen, sondern sollten die Dinge in Ruhe abwarten.
Nun zu einer grundsätzlichen Frage, die hier angeführt worden ist; ich will Sie nicht allzulange aufhalten. Wann wird der Bauer Klarheit bekommen? Diese Frage wurde mit Recht von Ihnen angeschnitten, und wir haben auch ein gewisses Verständnis dafür, wie Sie wissen. Wir haben im Ernährungsausschuß leidenschaftlich darüber debattiert. Solange eine komplette Harmonisierung im EWG-Bereich auf dem Sektor der Produktionskosten einschließlich der staatlichen HilfsmaßnahErtl
men nicht möglich ist, kann der deutsche Getreidepreis nicht in irgendeiner Form verändert werden.
({5})
Ich meine, daß es gar nicht so eilt. Wir würden dem deutschen Bauern sicherlich einen Gefallen erweisen, wenn wir ihm erklären könnten: diese Bundesregierung verpflichtet sich, nicht in die dritte Phase der EWG einzutreten, wenn nicht geklärt ist, daß vor dem Jahre 1970 am deutschen Getreidepreis nicht gerüttelt wird.
({6})
Dabei will ich mich in keiner Weise festlegen, sondern ich möchte betonen, daß gerade das, was heute eingangs ,der Debatte gesagt worden ist - daß die Preise sich nach den Produktionskosten zu richten haben -, bei der Entwicklung selbstverständlich mit berücksichtigt werden muß.
Dazu bedarf es allerdings - darin bin ich mit vielen Rednern dieser Debatte einig - der Klarheit und der Wahrheit. Wir müssen unseren Partnern auch einmal klar sagen, was wir wollen. Wir müssen mit ihnen hart verhandeln. Das ist eine ganz klare Antwort. Auch unsere Bauern haben ein Anrecht auf ein klares Wort. Wir müssen ihnen die Zuversicht geben, daß die Bundesregierung sich nicht laufend durch eine Salamitaktik des Herrn Mansholt in Brüssel langsam an die Wand drücken läßt. Wenn es uns gelingt, unseren Partnern klaren Wein einzuschenken und unseren Bauern die Wahrheit zu sagen, wird auch bald wieder Ruhe in der deutschen Landwirtschaft einkehren. Das ist notwendig für die Erhaltung und die gedeihliche Fortentwicklung unserer ländlichen Bevölkerung, was wir ja zuletzt alle wollen.
({7})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr, Schmidt.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hätte gar nicht angenommen, daß meine Ausführungen so gesessen haben.
({0})
Denn alles, was ich bisher - vom Minister angefangen, bis zum Herrn Bauer ({1}) und Herrn Ertl - gehört habe, war praktisch nur Verteidigung. Sie selbst haben hier eine Konzeption oder konkrete Vorschläge zur Zukunft nicht entwickelt. Über die Vergangenheit, Herr Minister, läßt sich viel sagen. Es kommt darauf an, daß wir für die Zukunft etwas tun.
({2})
Ich habe an dieser Stelle einiges dazu gesagt; das sollten Sie noch einmal nachlesen.
({3})
Da werden Sie mehr finden, als Sie bisher vielleicht glauben.
Aber lassen Sie mich mit dem Redner am Schluß anfangen. Herr Ertl, das freut mich von den Freien Demokraten. Wir sind uns einig auch mit dem Staatssekretär in der letzten Äußerung, daß wir bis zum Jahre 1966 etwas tun müssen, Entscheidungen treffen müssen, handeln müssen; darauf kommt es an. Das will die CDU/CSU nicht. Ich hoffe, Herr Ertl, daß Sie sich als Koalitionspartner einmal in dieser Koalition durchsetzen werden.
({4})
Nun, Herr Kollege Bauer ({5}), möchte ich Ihnen etwas sagen. Ihre Gedanken waren in der Tat gegenüber denen Ihres Vorredners konstruktiv. Ich möchte Ihnen doch den Dank dafür aussprechen, daß Sie gesagt haben, wir sollten uns nichts unterstellen. Herr Kollege Struve hat nämlich einiges unterstellt, was ich nachher noch zurückweisen werde.
({6})
- Herr Kollege Struve, warten Sie nur, Sie kriegen Ihr Fett noch ab. - Herr Kollege Bauer ({7}), Sie haben die Frage an mich gerichtet, ob ich bereit sei, die von der CSU am 29. April in Landshut gefaßte Entschließung zur Agrarpolitik zu unterschreiben. Ein glattes Ja! Ich bin bereit, Zeile für Zeile! Die sind so schön, die könnten direkt in meiner Partei gefaßt sein.
({8})
Aber, Herr Kollege Bauer ({9}), es kommt darauf an, daß man nicht nur in Landshut für die Landespresse eine solche schöne Entschließung faßt, sondern daß man auch in Bonn eine entsprechende Politik betreibt.
({10})
Und daran hat es manchmal verdammt gemangelt.
Im übrigen, Herr Präsident, Sie haben völlig recht, Herr Kollege Bauer ({11}) rechnet meistens richtig, aber er kann sich auch einmal verrechnen, und in diesem Falle war es ein glattes Verrechnen.
({12})
Nun zu Herrn Struve. Herr Struve, Sie werden verstehen, daß ich nicht unwidersprochen lassen kann, was Sie in Ihren Ausführungen gesagt haben. Sie haben, wie so üblich, einen Appell an uns gerichtet, doch für das deutsche Bauerntum zu kämpfen und zu wirken, es kräftig zu erhalten. Natürlich unterschreiben wir das. Aber, Herr Kollege Struve, wir sind doch in einer bestimmten Lage, in einer Krisenlage der Landwirtschaft. Das wissen Sie genau wie ich. Wer hat sie denn in diese Lage gebracht? Wer trägt die Verantwortung für die Politik der letzten 14 Jahre?
({13})
Sind es nicht Sie als der maßgebliche Sprecher der Koalition gewesen, der immer die Politik mit entscheidend beeinflußt hat? Sie können sich doch nicht von der Schuld befreien und sagen: wir kämpfen
Dr. Schmidt ({14})
dafür. Das ist wieder diese Tonart, Herr Kollege
Struve! Ich bin genauso Bauer wie Sie. Sie dürfen
mir nicht unterstellen, daß ich nur Falsches wolle.
({15})
Hier sind einige große Reden gehalten worden,
aber in den Taten sieht man nicht das Entsprechende. Ich habe den Eindruck, Herr Kollege Struve
- nehmen Sie mir das bitte nicht übel, Sie waren ja auch sehr freimütig -, daß Sie mit Ihrem agrarpolitischen Latein am Ende sind.
({16})
Sonst würden Sie nicht zu dem Mittel greifen, zu dem Sie heute nachmittag gegriffen haben.
({17})
- Ich sage Ihnen noch einiges. Sie haben gesagt: die Standpunkte scheinen unüberbrückbar zu sein. Sie sind dann unüberbrückbar, wenn es Ihnen darum geht, an Maßnahmen festzuhalten, die längst überholt sind oder die wir automatisch in einer kurzen Zeit abbauen müssen.
Ich erinnere Sie, Sie selber haben sich doch im Laufe des letzten Jahres als Koalitionspartner auch in der Getreidepreisfrage geändert. Noch vor einem Jahr haben Sie in diesem Hause vom gesamten Getreidepreis gesprochen. In der Drucksache 1225 sprechen Sie in Ziffer 2 a nur davon, daß der Brotgetreidepreis unverändert gelassen wird. Vom Futtergetreidepreis sprechen Sie gar nicht.
({18})
- Aber in einer ganz anderen Weise. Da gestehen Sie schon Einschränkungen zu.
({19})
- Natürlich gestehen Sie das zu.
Sie erzählen dann, daß gerade bei den Bauern von Baden-Württemberg unsere Haltung in der Getreidepreisfrage auf kein Verständnis stoße. Da irren Sie sich. Die Kollegen aus Baden-Württemberg werden mir das bestätigen müssen. Gerade die Bauern in Baden-Württemberg leben von der Veredelungswirtschaft und sind an Ihrer Getreidepreispolitik überhaupt nicht interessiert. Die Politik Ihres Präsidenten, des Kollegen Schill, ist eine ganz andere. Er kommt nur im Bauernverband damit leider nicht durch. Aber fragen Sie einmal, wie er sich verhält.
Dann haben Sie gefragt, warum wir bei der Ziffer 2 e nicht mitgemacht hätten. Wir haben uns damals im Ausschuß deshalb der Stimme enthalten, weil der entscheidende Punkt in den kommenden Verhandlungen, der Punkt, den wir hier unter Ziffer f einfügen wollen, nicht drin war. Sie haben anscheinend unseren Antrag Umdruck 318 nicht ganz verstanden. Ich muß das erklären. Wir wollen die Kommission und die Bundesregierung auffordern, das zukünftige Getreidepreisniveau im Rahmen von Verhandlungen verbindlich festzulegen, um die Übergangszeit bis zum Jahre 1970 nicht mit einer untragbaren wirtschaftlichen und rechtlichen Unsicherheit zu belasten. Wenn die Bauern heute so unsicher sind, so doch deshalb, weil sie auf Grund Ihrer Politik und der Äußerungen Ihrer Vertreter
- hie Schröder - hie Schwarz; hie Hüttebräuker
- hie andere - einfach nicht wissen, woran sie sind. Sie glauben doch nicht mehr das, was Sie in diesem Hause verkünden. - Bitte sehr!
Herr Kollege Schmidt, glauben Sie nicht, daß Sie die Stellungnahme der Bundesregierung in Brüssel, die nach Ihrer Auffassung an sich schon so schwierig ist, noch beeinträchtigen, wenn Sie die Regierung zwingen, diesem Antrag zu entsprechen? Die Regierung hat dann doch keine Bewegungsfreiheit mehr, zu einem bestimmten Zeitpunkt, den sie für richtig hält, Verhandlungen aufzunehmen.
({0})
Die von Ihnen angesprochene Bewegungsfreiheit bekommen Sie mit Ihrer Politik nicht mehr. Sie haben sie nur noch bis zum 31. Dezember des Jahres 1965. Was wir wünschen, ist, daß wir bis zu dieser Zeit verhandeln, um uns nachher nicht einfach überstimmen und vorschreiben zu lassen, was die anderen wollen. Darum geht es doch.
({0})
- Herr Kollege Struve, haben Sie noch nicht zur Kenntnis genommen, daß die entscheidenden Beschlüsse in der großen Politik im Außenministerrat gefaßt werden? Das ist Ihnen wohl ganz entgangen?
({1})
- Kennen Sie nicht die Beschlüsse vom 9. Mai? Ich habe sie Ihnen doch vorgetragen.
Nun einige Bemerkungen zu Ihren Ausführungen, Herr Minister. Sie haben gesagt, Sie würden hier an der Preisfrage nicht rütteln lassen. Nun, wir verlangen von Ihnen ja gar nicht, daß Sie kampflos - kampflos! - in die Arena steigen sollen. Aber Sie kennen doch selber Ihre eigene Position. Sie wissen doch - das ist doch hier ein Tagesgespräch -, wie es im Rahmen dieses Kabinetts gewesen ist. Das läßt sich doch gar nicht mehr leugnen, daß bereits am 9. Mai durch die Beschlüsse mit Herrn Schröder die Weichen gestellt worden sind. Daran kommen Sie nicht vorbei. Da ist beschlossen worden, daß bis zum 31. Dezember über die Getreidepreisfrage für das Wirtschaftsjahr 1964/65 im Sinne einer Annäherung Beschlüsse gefaßt werden sollen. In Zukunft wird noch die Kennedy-Runde einige andere Erfordernisse mit sich bringen.
Dr. Schmidt ({2})
Mit dieser Ihrer Haltung, die Sie heute hier wieder dargetan haben, verspielen Sie unsere Position. Ich glaube, daß es besser ist - nun, das ist Auffassungssache -, jetzt in die Verhandlungen einzutreten, solange wir noch etwas in der Hand haben. Ich verlange von der Bundesregierung gar nicht, daß sie von vornherein in Brüssel erklärt: Wir senken den deutschen Getreidepreis automatisch. Im Gegenteil, das sollten wir uns schwer, schwer abkaufen lassen, und wir haben viele Dinge einzuhandeln, die für uns wichtiger sind als eine Senkung von einer Mark je Zentner - viel wichtiger und für die Landwirtschaft und für die Zukunft entscheidender. Darum geht es. Wir wünschen, daß verhandelt und nichts als verhandelt wird. Wir wollen nicht, daß wir im Jahre 1966 einfach vor vollendeten Tatsachen stehen.
({3})
Ich habe Ihnen ein Angebot gemacht. Ich habe Ihnen gesagt: die Sozialdemokratische Fraktion ist bereit, an dem Vergleichspaket, das Sie aufbauen und vorbereiten müssen, aktiv mitzuwirken, und zwar deshalb, weil die Getreidepreisfrage eine zentrale Frage ist, weil sie uns alle angeht und weil wir alle für die Interessen der deutschen Landwirtschaft etwas tun wollen. Weil dem so ist, deshalb unser Angebot. Ich hoffe, Sie werden von diesem Angebot Gebrauch machen.
({4})
Herr Dr. Effertz!
Ich bin der Meinung, daß wir mit diesem Ergebnis die Debatte nicht abschließen sollten. Deshalb noch ein zusätzliches Wort.
Wir alle sind wohl der Auffassung, daß etwas geschehen soll.
({0})
- Entschuldigen Sie, ich greife jetzt keinen an. Wir alle wissen, daß der Landwirtschaft, aber nicht nur ihr, Schweres bevorsteht, wenn es so weiter geht wie bisher. Allmählich zieht sich die Bundesrepublik, wenn wir ewig nur „nein" und „morgen" sagen, die Kritik der öffentlichen Meinung zu, und die verdienen wir nicht.
({1})
Wenn hier von Treue zu Verträgen gesprochen wird, dann bin auch ich der Meinung, Verträge werden geschlossen, damit sie eingehalten werden; aber das gilt für alle Partner, auch für die anderen in der EWG, nicht nur für die Bundesrepublik.
({2})
Man sollte die deutsch-französische Aussöhnung und Freundschaft sehr scharf von den wirtschaftspolitischen Auseinandersetzungen um die EWG in Brüssel trennen. Bis jetzt hat die Bundesregierung auf dem Agrarsektor nur Vorleistungen erbracht, sich verpflichtet, sich gebunden und Souveränitätsrechte abgegeben. Die anderen aber sind ihren Verpflichtungen nicht nachgekommen, gleichzeitig auch
ihrerseits etwas zu tun, z. B. Wettbewerbsverzerrungen abzubauen, die zum Teil sogar für den anderen diffamierend sind, insbesondere für den Partner, der kauft. Ich bin der Meinung, daß man in Brüssel nun endlich vom „Morgen" und vom „Nein"-sagen ablassen und die anderen zwingen muß - und sie können zu einem solchen Beginnen nichts anderes als ja sagen -, sich mit uns über unsere Vorleistungen und darüber zu unterhalten, wie sie sich die Gestaltung des EWG-Marktes im Jahre 1970 vorstellen. Sie müssen alle an ihre Verpflichtungen aus dem Vertrag erinnert werden, darum, daß es nicht nur um Preisharmonisierung, sondern auch um Kostenharmonisierung, um Beseitigung der Wettbewerbsverzerrungen geht, und daß man das alles nur tun kann, wenn man die Agrarpolitik in die allgemeine Wirtschaftspoltik einbettet, die ja auch integriert werden soll. Dazu gehört nolens - volens am Rande dann auch die Sozialpolitik. Und hier wird es besonders schwer.
Ich wage abschließend zu sagen, wenn in Brüssel so weiter verhandelt wird - und bis zum Jahre 1970 dauert es nicht mehr lange -, dann wird im Jahre 1970 als Ergebnis festzustellen sein, daß das Ziel der EWG nicht nur nicht erreicht worden ist, sondern daß das, was geschehen und vielleicht nicht mehr zu reparieren ist, ausschließlich auf Kosten des deutschen Steuerzahlers gemacht wurde.
Aber jetzt noch ein anderes mit Blickpunkt auf die SPD wegen des Eindrucks, der in der öffentlichen Meinung entstehen könnte. Wer sich einbildet, wir würden mit Rücksicht auf das außenpolitische Klima durch ein ,schrittweises Nachgeben im Getreidepreis etwa den deutschen Brotpreis verbilligen, der irrt sich. Glauben Sie etwa, daß bei einem schrittweisen Nachgeben um einige Mark pro Tonne Getreide das Brötchen auch nur um einenPfennig billiger würde?
({3})
Ich bin der Meinung, in Brüssel darf nicht nur über Preise verhandelt werden, in Brüssel darf nicht nur über einzelne Produkte verhandelt werden, sondern in Brüssel müssen sich nun endlich alle zusammenraufen und alles gemeinsam miteinander behandeln; denn dm Römischen Vertrag steht ja etwas von einem gemeinsamen Ziel und von Methoden, die aufeinander abgestimmt, miteinander harmonisiert werden sollen. Das gilt für die anderen genauso wie für uns. Es darf nicht ,so bleiben wie bisher, daß der Eindruck erweckt wird, einer wolle ein Monopol auf Kosten des anderen; denn zahlen muß dann derjenige, der unglücklicherweise und ohne verpflichtet zu sein nachgegeben hat.
({4})
Wortmeldungen liegen nicht mehr vor. Wir kommen zur Abstimmung.
Wir stimmen ab über den Ergänzungsantrag Umdruck 318. Wer zustimmen will, der gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das zweite war die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Vizepräsident Dr. Schmid
Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses. Ich kann doch wohl im ganzen abstimmen lassen?
({0})
Wer zustimmen will, der gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Gegen zahlreiche Gegenstimmen angenommen.
Wir kommen zu Punkt 7 b:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({1}) über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission der EWG für eine Ratsverordnung betreffend die Einrichtung eines Informationsdienstes landwirtschaftlicher Buchführungen über die Einkommenslage und die betriebswirtschaftlichen Verhältnisse landwirtschaftlicher Betriebe in der EWG ({2}).
Herr Abgeordneter Dr. Frey ist Berichterstatter. - Sie verweisen auf Ihren Bericht. Wortmeldungen liegen nicht vor. Über diesen Punkt scheint es keine Debatte zu geben.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses auf Drucksache IV/1344. Wer zustimmen will, der gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Punkt 7 c:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({3}) über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission für eine Verordnung des Rates der EWG über die Bedingungen der Beteiligung des Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft und über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission für eine Verordnung des Rates der EWG betreffend den Europäischen Fonds zur Verbesserung der Agrarstruktur ({4}).
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Schmidt ({5}). Verweisen Sie auf Ihren Bericht, Herr Abgeordneter Schmidt?
({6})
- Das ist der Fall. - Das Haus ist damit einverstanden.
Es liegt der Änderungsantrag Umdruck 320 *) vor. Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Dr. Schmidt ({7}).
*) Siehe Anlage 6
Meine Damen und Herren! Ein kurzes Wort zur Vorlage des Ausschusses Drucksache IV/1369. Der Antrag enthält zwei Abschnitte. Einmal geht es um einen Beschluß über den sogenannten Ausrichtungs- und Garantiefonds, zu dem wir keinerlei Einwendungen zu machen haben. Wir schließen uns der Ausschußvorlage an, und zwar deshalb, weil die gesamte Finanzierungsfrage in der EWG noch nicht geklärt ist und man solche Fonds erst entwickeln sollte, wenn man weiß, wie die europäische Entwicklung finanziert wird, wie die Integration, wie die Agrarpolitik finanziert werden. Solange das nicht klar ist, sollte man einen solchen Beschluß nicht ohne Not fassen. Es wäre gut, wenn der Ministerrat bald zu den entscheidenden Beschlüssen über die Finanzierung käme.
Zum Abschnitt 2, der den Strukturfonds betrifft, lassen Sie mich einige Bemerkungen machen. Die Vorlage wird von der Bundesregierung, vom Bundesrat und von der Koalition im großen und ganzen verworfen. Der Bundesrat lehnt sogar jede Einmischung der EWG in die Fragen der Strukturpolitik ab. Ich halte das für blind, egoistisch und für wenig europafreundlich. Der Bundestag sollte eine solche Politik in keinem Fall mitmachen. Es wäre unter seiner Würde, wenn er einen Beschluß dahin faßte, daß Fragen der Struktur nicht Gegenstand der europäischen Agrarpolitik sein dürfen. In keiner Phase, meine Damen und Herren von der Koalition, der europäischen Entwicklung, der EWG-Entwicklung ist von einer gemeinsamen Strukturpolitik die Rede gewesen. Es ist immer nur von einer Koordinierung die Rede gewesen. Ich meine, die Strukturpolitik ist ein unmittelbarer, entscheidender Bestandteil auch der gemeinsamen Agrarpolitik. Wir sollten für die Bewältigung dieser Aufgabe die notwendigen Steuerungsmittel an die Hand geben. Vor allem, wenn man die Bewilligung an die Hergabe von Mitteln in den Nationalstaaten bindet und wenn man weiß, daß auf Grund der Vorschläge der Kommission ohne einstimmigen Beschluß des Ministerrats kein Geld verwendet werden kann, dürfte die Zustimmung zur Entwicklung eines solchen Fonds nicht unmöglich sein.
Wenn Sie alle Probleme der Strukturaufgaben in der EWG durchdenken, kommen Sie dahin, daß Sie sagen: Dieser Teil gehört mit zum Ganzen. Wenn man Einblick in die Projekte der anderen bekommen will - es dürfte gut sein, wenn man weiß, was der Nachbar tut -, dürfte gerade die Einrichtung eines solchen Fonds nützlich und vernünftig sein. Insoweit finde ich die Bemerkungen des Bundesrats also unzutreffend.
Wir schlagen daher im Antrag Umdruck 320 vor, dieselbe Formel zu verwenden, die in Punkt 1 des Ausschußantrages vorgeschlagen wird:
2. den Vorschlag der Kommission der EWGDrucksache IV/1081 - im gegenwärtigen Zeitpunkt und in der vorliegenden Fassung abzulehnen.
Wir meinen, daß wir uns die Tür offenhalten sollten;
wir sollten sie nicht zuknallen. Eines schönen Tages
Dr. Schmidt ({0})
könnten wir bereuen, daß wir einen solchen Beschluß gefaßt haben.
Das Wort hat der Abgeordnete Pflaumbaum.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zur Klarstellung darf ich Ihnen folgendes sagen. Diese Angelegenheit hat im Agrarausschuß eine lebhafte Debatte ausgelöst; sie ist nach den verschiedensten Richtungen erörtert und unter die Lupe genommen worden. Im Agrarausschuß war die Meinung geteilt, ob man die Agrarstruktur ausschließlich unter nationalen oder unter supranationalen Gesichtspunkten sehen sollte. Diese Frage wurde im Agrarausschuß nicht endgültig geklärt. Die Mehrheit des Agrarausschusses hat diesen Antrag aus anderen Gründen abgelehnt, und zwar aus allgemein wirtschaftlichen und finanzpolitischen Gründen, und ist damit der Auffassung des Bundesrates und der Regierung beigetreten. Ich bitte, den Antrag der SPD abzulehnen und den Antrag des Agrarausschusses anzunehmen.
Keine Wortmeldungen mehr; wir stimmen ab.
({0})
- Wir stimmen ziffernweise ab.
Wer der Ziffer 1 des Ausschußantrags auf Drucksache IV/ 1369 zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Nun stimmen wir ab über den Änderungsantrag Umdruck 320 zu Ziffer 2 des Ausschußantrags. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Das ist die Mehrheit; abgelehnt.
Nunmehr Ziffer 2 der Ausschußfassung. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei zahlreichen Gegenstimmen angenommen.
Ich rufe auf Punkt 8 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Durchführung der Verordnung Nr. 19 ({1}) des Rates der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft ({2});
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({3}) ({4}).
({5})
Berichterstatter ist der Herr Abgeordnete Logemann. - Sie verweisen auf Ihren Schriftlichen Bericht.
Bisher sind zwei Änderungsanträge eingegangen. Ein dritter ist mir vorgelegt worden, der offensichtlich noch nicht abgezogen und nicht verteilt ist; ich werde ihn nachher verlesen.
Zu Art. 1 Nr. 1 liegt vor der Änderungsantrag Umdruck 319 *). Zur Begründung hat das Wort der Abgeordnete Müller ({6}).
Herr Präsident, Meine Damen und Herren! Obgleich unser Antrag Umdruck 319 in der bisherigen Diskussion schon wiederholt angesprochen worden ist, geschah das doch in einem völlig anderen Zusammenhang, als er hier gedacht ist.
Der Antrag Umdruck 319, der eine Änderung der Anlage 1 zum Getreidepreisgesetz beinhaltet, sieht vor, daß die Grundrichtpreise bei Weizen statt 475,50 DM 464,60 DM ausmachen sollen, bei Roggen statt 432,50 DM 422,60 DM und bei Gerste statt 412 DM 402,65 DM. Jetzt sagen Sie, das bedeute eine Senkung der Getreidepreise. Meine Damen und Herren, ich muß den Minister zum Zeugen anrufen. Als im vergangenen Jahr nach Erlaß der EWG-Verordnung Nr. 19 die Getreidepreise für die Bundesrepublik festgelegt werden sollten, da führte die Regierung zur Begründung aus, daß das bisherige Erzeugermindestpreisniveau auch in Zukunft als Grundlage für das Marktpreisniveau genommen werden solle. Das heißt, der Preis, der in dem nach der EWG-Verordnung größten Verbrauchergebiet der Bundesrepublik bisher maßgebend war, sollte die Grundlage für die Fixierung der sogenannten Interventionspreise bilden. Das war im Raum Duisburg der Betrag von 419 DM für Weizen, von 379 DM für Roggen und von 360 DM für Gerste. Dazu sollten dann die Vermarktungskosten kommen. Darauf hat der Minister gesagt, die Regierung sei davon überzeugt, daß auf Grund dieser Regelung der Interventionspreis das bisherige Marktniveau halten werde und Erhöhungen der Getreidepreise nicht zu befürchten seien. Das war doch der erklärte Ausgangspunkt Ihrer Vorschläge. Das wollen wir doch nicht verdrehen lassen, das wollen wir doch festhalten.
Nun hat, Herr Kollege Struve und meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, die EWG-Verordnung Nr. 19 vorgesehen, daß auf diese Interventionspreise ein Aufschlag genommen werden kann, um die sogenannten Richtpreise festzusetzen. In Artikel 6 der EWG-Verordnungsnummer 19 ist ausgeführt, daß der Aufschlag auf diese Grundinterventionspreise im höchsten Fall 7,5 % betragen dürfe und mindestens 5 % betragen müsse. Meine Freunde und ich sind nun der Überzeugung, daß ein Aufschlag von 5 % genügt.
Herr Kollege Struve, ich darf vielleicht darauf aufmerksam machen, daß wir früher bei uns in der Marktordnung für Getreide eine sogenannte Mindest- und Höchstpreisregelung hatten. Die Höchstpreise für. Weizen haben 439 DM betragen, für Roggen 399 DM und für Gerste 400 DM. Wenn ich nun bei Brotgetreide die Vermarktungskosten in Höhe von 23,50 DM, die an sich umstritten sind, dazurechne, komme ich auf einen bisherigen Höchstpreis von Weizen mit 462,50 DM. Unser Vorschlag sagt: 464,60 DM; das ist das frühere Niveau.
*) Siehe Anlage 7
Müller ({0})
Bei Roggen komme ich, wenn ich die Vermarktungsspanne dazurechne, auf 422,50 DM. Unser Vorschlag ist 422,60 DM.
Jetzt werden Sie sagen: Aber bei Gerste! - Hier komme ich auf 423 DM, wenn ich das alte Höchstpreisniveau zugrunde lege. Hierbei muß man allerdings auch berücksichtigen, daß wir bei Brotgetreide Reports hatten, während wir bei Gerste nur ein Latitude hatten, die sich zwischen 360 und 400 DM je Tonne über das ganze Jahr hinweg bewegte. Also über 423,50 DM konnte der Höchstpreis bei der Gerste nicht steigen.
Das ist unwiderleglich, Herr Kollege Bauer. Sie können mir zutrauen, d aß ich die Materie gut kenne; sonst würde ich nicht den Mut haben, das hier vor dem Parlament auszusprechen.
({1})
- Ich bin genau dabei, das jetzt zu erklären! - Wir haben hier jetzt 419,15 DM bei der Gerste als höchsten Grundrichtpreis vorgesehen. Bei dem Vorschlag, den Sie unterbreitet haben, kommen wir auf 428,50 DM.
Ich will damit nur beweisen, daß diese Regelung der Grundrichtpreise über das frühere Höchstpreisniveau hinausgeht. Das war doch nicht die Absicht der Bundesregierung. Sie haben doch hier nie erklärt, daß Sie über das bisherige Niveau hinaus eine Erhöhung der Getreidepreise fordern. Das haben Sie noch nicht einmal in Ihrem Referat vorhin in anderem Zusammenhang ausgeführt. Hier habe ich nur gehört, daß Sie das erhalten wollen, was wir bis zur Einführung der EWG-Getreide-Marktordnung hatten. Was die Grundrichtpreise hier beinhalten, das geht über dieses Niveau hinaus. Das aber wollen wir senken. Warum wollen wir es senken? Weil wir sagen: wenn wir schon importieren müssen, reicht zum Schutz des alten Niveaus auch der Grundrichtpreis, der nur um 5 % über dem Grundinterventionspreis liegt; es genügt ein Grundrichtpreis, der nicht höher ist als das alte Höchstpreisniveau. Das ist unser Anliegen.
Sie können doch nicht sagen, das sei eine Senkung der Getreidepreise. Dann müssen Sie schon sagen: „Wir wollen mehr, als wir früher hatten." Das haben Sie bisher aber nicht gesagt.
Herr Kollege Bauer, wir haben es im vergangenen Jahr erlebt - und Sie haben ja mitgestimmt -, daß von seiten des Deutschen Bauernverbandes erklärt worden ist, die Futtergetreidepreise hätten eine Höhe erreicht, die völlig unerwünscht gewesen sei. Ich habe hier einen Preisbericht aus der Deutschen Bauernzeitung vom 4. Oktober 1962 vorliegen; darin steht z. B., daß bei Gerste in Niedersachsen ein Preis von 47,50 bis 48,75 DM erreicht worden ist.
({2})
- Nein, das ist der Preis frei Hof. Den zahlt der
Bauer. Wenn Sie die Gerste bezogen hätten, hätten
Sie vielleicht noch mehr bezahlen müssen. - Dieses
Niveau ist vom Deutschen Bauernverband mit Recht als überhöht bezeichnet worden, und wir waren doch im Ausschuß völlig einig, daß man etwas tun müsse. Sie waren der Meinung, man könne im Laufe des Getreidewirtschaftsjahres eine Senkung dieser Richtpreise und in Verfolg davon der Schwellenpreise vornehmen, die ja in der Bundesrepublik noch höher als die Grundrichtpreise festgesetzt worden sind. Das ist in keinem anderen Mitgliedstaat der EWG der Fall; nicht in einem! In allen Staaten mit Ausnahme Hollands sind die Schwellenpreise niedriger festgesetzt als die Richtpreise, nur bei uns nicht. Damit verteuern wir ja der veredelnden Landwirtschaft völlig unnützerweise -- wie es der Präsident des Deutschen Bauernverbandes gesagt hat -ihre Kosten. Und wir haben es doch in der Hand! Ich habe damals gesagt: Wenn das neue Getreidepreisgesetz zur Diskussion steht, dann können wir uns darüber unterhalten, was wir tun können, um diese völlig unerwünschte Entwicklung nach oben, die ja zu Lasten der deutschen Landwirtschaft geht, aufzuhalten.
({3}) Darum geht es. Das wollen wir aufhalten.
Herr Kollege Struve, die Preise, die ich vorhin zitiert habe, wären noch viel mehr nach oben davongelaufen, wenn nicht die deutschen Importeure vor dem 30. Juli 1962 so große Mengen an Importgetreide eingeführt hätten. Jetzt kommt der Mechanismus der EWG-Getreidemarktordnung in vollem Umfang zur Auswirkung. Das bisherige Mindest-und Höchstpreissystem, das ,immer einen Marktpreis in der Nähe des Mindestpreises zur Folge hatte, wird jetzt abgelöst durch das System der Interventions- und der Richtpreise, und es ist die erklärte Absicht der EWG, nicht den Interventionspreis - so wie es die Regierung im vergangenen Jahr beabsichtigte - zur Grundlage des Markt-praises zu machen, sondern den Richtpreis als den Marktpreis anzustreben. Sehen Sie: das eben bedeutet die Erhöhung des bisherigen Getreidepreisniveaus.
Aus diesem Grunde bitten wir Sie, - nicht zuletzt auch im Interesse der veredelnden Landwirtschaft -, daß Sie unserem Antrag folgen. Wir wollen keine Senkung der Getreidepreise; wir wollen aber nicht eine Entwicklung über das Höchstpreisniveau hinaus,
({4})
wie wir es bisher gehabt haben. Die Regierung hat ja noch nicht einmal das zur Grundlage der Marktordnung machen wollen, sondern der Herr Minister hat ja hier gestanden und gesagt: das bisherige Mindestpreisniveau muß das Niveau der künftigen Marktpreisentwicklung werden. Ich hoffe, Herr Minister, daß Sie sich daran noch erinnern und daß Sie auch Mut genug haben, hierherzutreten und diesen Standpunkt kundzutun.
({5})
Ich hoffe, daß er den Mut hat. Er wird ja nicht das
Gegenteil bezeugen können. Er muß mir ja recht
geben. Er bestreitet es auch gar nicht; sonst würde
Müller ({6})
er ganz anders auf dem Platz reagieren, auf dein er sitzt. Er kann es nicht bestreiten, weil es verbrieft und weil es die Wahrheit ist.
Also, meine verehrten Damen und Herren, wenn wir der Landwirtschaft helfen wollen - ich will das Niveau an sich gar nicht diskutieren, wie wir es vorhin getan haben -, wenn Sie der Landwirtschaft einen Dienst erweisen wollen, dann müssen Sie unserem Antrag die Zustimmung geben, worum ich Sie recht herzlich gebeten haben möchte.
({7})
Das Wort hat der Herr Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es sind nicht allein die Ausführungen meines Vorredners, die mich hierher auf dieses Podium gebracht haben, es ist auch die Sache selber, die von meiner Seite aus ein klein wenig in das richtige Licht gerückt werden muß. Wir sind auf allen Seiten dieses Hauses darüber einig, daß die in Anlage 1 der Drucksache IV/ 1307 ausgewieserien Preise -- Richtpreise Handelsplatz Duisburg die wir vorgelegt haben, höher sind als die in dem Änderungsantrag Umdruck 319 verzeichneten Preise. Es ergibt sich eine Differenz von etwa 10 DM.
Herr Kollege Müller, Sie haben soeben erklärt, es könne kein Zweifel daran bestehen, daß von der Bundesregierung immer wieder die Absicht verkündet worden sei, die Preise auf diesem Gebiet sollten nicht steigen, sondern sollten gleichbleiben. Ich bestätige das. Aber woher kommt überhaupt die Differenz, um die es augenblicklich geht? Sie kommt daher, daß wir heute nach anderen Prinzipien rechnen. Früher haben wir den klaren Ab-Hof-Preis gehabt. Wir haben heute einen Grundrichtpreis, in dem die Handelsspannen, die Frachten und alle möglichen Dinge mit eingeschlossen sind. Wir unterhalten uns nun darüber, ob die verschiedenen Größen, die wir einschließen mußten, richtig errechnet oder ob hier falsche Grundlagen eingegangen sind. Wir sind der Überzeugung, daß die Größen richtig errechnet sind.
Weiter darf ich folgendes sagen. Die Kommission hat uns auferlegt, daß wir 5 bis 10 % unter dem Grundrichtpreis intervenieren dürfen. Wir sind bei unserer Rechnungsmethode von folgendem ausgegangen: Ab-Hof-Preis 419, dazu die 23,50 für Vermarktungskosten, dazu dann die 7,55 % als Mittel zwischen 5 und 10 %. Damit kommt man zu einer etwas anderen Rechnung, als wenn man - wie nach den Vorstellungen der Kommission - von dem Endpreis von 475 ausgeht und dann die 7,5 % abrechnet. Weil man einmal von dem größeren und einmal von dem kleineren Betrag ausgeht, ergibt sich eine Differenz. Wenn wir also heute dem Wunsch folgten, auf 5 % zu senken, würden wir unter die 5 % kommen, die wir auf Grund der Verordnung Nr. 19 haben müssen.
Insonderheit müssen wir aber folgendes berücksichtigen. Wenn wir von Duisburg sprechen, so sprechen wir von der Marktnähe, also davon, daß sich die Preise, die wir angesetzt haben, tatsächlich immer voll auswirken ohne größere Verminderungen durch Fracht. Wenn wir weiter in die Ferne gehen und in Gebiete kommen, die von den Verbraucherzentren weiter entfernt sind - ich denke vor allem an den Bayerischen Wald und an die Höhenrücken an der Zonengrenze , ergibt sich folgendes: alle diese Gebiete werden in dem Maße, wie sie von Duisburg weiter entfernt sind, schlechter behandelt. Deswegen ist allemal - selbst wenn man den Vorstellungen meines Vorredners folgt -- im Durchschnitt keineswegs eine Preiserhöhung zu verzeichnen; dort hinten ergibt sich vielmehr eine gewisse Preisminderung. In der Nähe mag vielleicht, wenn man die Rechnung nur nach einer Seite hin aufmacht, ein kleines Mehr enthalten sein. Deshalb muß man die ganze Rechnung unter dem Gesichtspunkt betrachten, daß sowohl Duisburg wie der Bayerische Wald zu ihrem Recht kommen sollen. Ich meine, wir hätten alle Veranlassung, auch die entfernteren Gebiete so zu bedenken, daß sie nicht zu kurz kommen.
({0})
Das Wort hat der Abgeordnete Pflaumbaum.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Müller, Sie waren nach den schönen Reden, die wir heute im Laufe des Nachmittags und Abends gehört haben, der Mann der Realität, und die Realität, die Sie uns zumuten, bedeutet Preissenkung. Das hört sich ganz anders an als das, was wir bisher an diesem schönen Nachmittag gehört haben.
Herr Kollege Müller, Sie gehen von der Voraussetzung aus - diese Voraussetzung teilen wir -, daß seinerzeit bei Beginn der neuen Marktordnung erreicht werden sollte, daß keinerlei Preiserhöhungen und keinerlei Preisminderungen eintreten, daß sich die Preise den bisherigen Preisen anpassen sollten. Ich habe hier eine Unterlage vom Bauernverband. Danach ergibt sich im ersten Jahre der neuen Marktordnung ein Erzeugerweizenpreis von 42,68 DM für 100 kg, und 1961 betrug der Erzeugerweizenpreis 42,70 DM. Bis auf 2 Pfennig hat sich also dieser Erzeugerpreis in der neuen Marktordnung dem vorhergehenden angepaßt. Wenn Sie aber senken wollen, müssen wir auch an unsere bayerischen Freunde denken. Dort haben die Dinge anders gelegen. Sie haben einen niedrigeren Weizenpreis gehabt - ich glaube, um 0,69 DM niedriger gegenüber dem Weizenpreis des Vorjahres. - Auch beim Roggen ist der Unterschied nur ganz gering; der Preis liegt für 100 kg um 94 Pfennig höher als im Vorjahr. Auch dort aber die Unterschiede in den einzelnen Gebieten je nach der Roggenerzeugung und dem Bedarf für die Vermahlung.
Ich komme nun noch mit einem Wort zum Futtergetreide. Herr Kollege Müller, Sie haben über diese
Frage im besonderen gesprochen und wir müssen gestehen, daß im ersten Wirtschaftsjahr der neuen Marktordnung die Preisgestaltung in der Futtergetreidewirtschaft auch unseren Wünschen nicht entsprochen hat. Die Ursachen liegen im Grunde darin, daß es schwer ist, die Wünsche in bezug auf Braugerste mit den Wünschen, die für Futtergerste vorliegen, in Einklang zu bringen. Dadurch, daß im vergangenen Jahr die Reports für Gerste eingeführt worden sind und bis in den Februar hinein durchgeführt wurden, hat sich die Tatsache ergeben, daß mit Beginn des neuen Jahres auf dem Futergetreidegebiet eine Spekulation einsetzte, die dazu geführt hat, daß wir im Laufe des Wirtschaftsjahres 400 000 t Futtergetreide mehr einführten, als sich jetzt als notwendig erwiesen hat, und daß eine Reihe von Importfirmen heute wegen dieser Dinge schwer krank geworden sind und sehr um ihre Existenz ringen und kämpfen.
Das muß geändert werden, und darum haben wir der Vorlage der Bundesregierung zugestimmt, unter dem Gesichtspunkt, den Braugersteerzeugern und -ablieferern dadurch zu helfen, daß die Reports einen Monat früher angefangen haben und dann beendet sind, wenn die Futtergerste aus dem Ausland auf den Markt kommt, so daß der Veredelungsbauer nicht die hohen Reports auf die Futtergerste aufgeschlagen bekommt. Wir glauben, daß das ein richtiger Weg ist. Außerdem sind die Reports von 4 DM auf 3,50 DM erniedrigt worden.
({0})
Bei diesem Grundgedanken gehen wir von der Auffassung aus - und wer im Laufe seines Lebens viel auf dem Gebiet der Marktordnung tätig gewesen ist, der muß dieser Auffassung sein -, der Report darf nicht kostendeckend sein, die Kostendeckung muß umstritten sein. Wenn der Report von allen, die das Getreide auf Lager nehmen, als wirklich kostendeckend angesehen wird, dann geht es uns wie bei Futtergetreide im vergangenen Winter, daß Monate hindurch niemand geneigt ist, auszuliefern.
Wir glauben also, daß sich unter diesen Umständen die Entwicklung beim Futtergetreide für das laufende Wirtschaftsjahr bessern und unseren Wünschen und Ihren Wünschen mehr entsprechen wird. Aber wir sehen in dieser Lage keinerlei Veranlassung, der Landwirtschaft schlechthin eine Preisermäßigung oder eine Einkommensherabsetzung zuzumuten.
({1})
- Herr Schmidt, Sie mögen ja klüger sein als ich. Ich habe das im vergangenen Jahr nicht geglaubt. Ich kann Ihnen die Einzelheiten nicht mitteilen. Ich weiß noch nicht einmal, ob es in diesem Jahr gut geht. Aber vielleicht wissen Sie das besser als ich.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage? - Bitte!
Darf ich Ihre Bemerkung von vorhin, als Sie den Preis nannten, den man in Ihrer Heimat für den Weizen bekommt, so verstehen, daß dieser Preis auf dem Interventionspreis basiert, also auf dem Mindestpreisniveau?
Herr Kollege Müller, dieser Preis heißt: durchschnittlicher Erzeugerpreis für Weizen als Ergebnis für das ganze Bundesgebiet.
Was haben Sie dann für Hemmungen, dieser Regelung zuzustimmen, die eine viel größere Preiserhöhung für die Erzeuger zur Folge hätte? Was wollen Sie denn mit dem, was hier gefordert wird, wenn die Erzeuger es doch gar nicht bekommen?
Der Herr Bundesminister hat doch in der Hinsicht die Dinge klargestellt und die Preisgestaltung erklärt.
Nein, Herr Kollege, Sie haben mich nicht richtig verstanden, wenn Sie sagen: 432,50 DM sind eben im Schnitt das, was man für Weizen erlöst hat. Wir wollen ja einen Höchstbetrag von 464,60 DM einräumen. Was haben Sie dann für Bedenken, dem zuzustimmen, wenn man das sonst nicht einmal erreicht? Das ist doch hoch genug, es ist doch genug Luft darin.
Der Weizen soll wieder denselben Preis erreichen wie im vergangenen Jahr. Der Preis ist damals im Vergleich zu 1961 restlos in Ordnung gegangen, und wir haben die Auffassung, nachdem das so gut gegangen ist, soll er auch in diesem Jahr so bleiben, damit weder eine Erhöhung noch eine Ermäßigung herbeigeführt wird.
Herr Kollege, so einfach möchte ich es Ihnen nicht machen.
Wollen Sie sich nicht lieber zum Wort melden?
Ich will nur noch eine Frage stellen.
Aber nur noch die eine Frage!
Sind Sie nicht mit mir der Meinung, daß wir mit diesem Preisvorschlag das bisherige Höchstpreisniveau, wie wir es vor Einführung der EWG-Marktordnung gehabt haben, auch nach wie vor haben?
Nein, der Auffassung bin ich nicht, Herr Kollege Müller. Da trennen sich eben unsere Meinungen.
({0})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Wir kommen zur Abstimmung. Wir stimmen ab über den Änderungsantrag Umdruck 319. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Mit großer Mehrheit abgelehnt.
Ich habe hier einen weiteren Änderungsantrag, aber er ist nicht verteilt. Man sagte mir, er sei interfraktionell.
({0})
Er betrifft den Handelsplatz Frontenhausen. Ich muß gestehen, daß der Ort mir unbekannt ist. Nach dem ersten Unterzeichner wird er bei Wasserburg liegen, denn ich nehme an, daß es seine Heimat ist. Wir kämpfen alle für das Gemeinwohl, indem wir das Unsere zunächst ins Auge fassen.
({1})
Ich verlese den Antrag:
Für den Handelsplatz Frontenhausen sind die
Anlagen 2 und 4 wie folgt zu berichtigen:
abgeleiteter Weidtweizen Roggen Gerste
Richtpreis abgeleiteter 444,80 401,80 381,30
Interventionspreis 427,50 387,50 368,50
Das hat wohl jedermann verstanden und auch in seine allgemeinen Gedankengänge mit aufgenommen? - Ich gratuliere Ihnen.
Wer diesem soeben verlesenen Antrag zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Einstimmige Annahme. Damit sind die in zweiter Beratung gestellten Änderungsanträge erledigt.
Wer dem Art. 1 mit der soeben beschlossenen Änderung zustimmen will, gebe das Handzeichen. -- Gegenprobe! - Art. 1 ist angenommen.
Ich rufe auf Art. 2, - Art. 3, - Einleitung und Überschrift. - Wer diesen Bestimmungen zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Ich rufe auf zur
dritten Beratung.
Hier liegt lediglich ein Entschließungsantrag vor. Ich bin mir nicht ganz im klaren, ob dieser Entschließungsantrag auf Umdruck 328 *), unterzeichnet Ertl, Murr und andere, die Ziffer 2 des Ausschußantrages ersetzen oder ob er eine Ziffer 3 werden soll.
Dabei ist eine Korrektur vorgeschlagen. Es heißt in Ziffer 1, letzte Zeile „Erzeugnispreises", es muß heißen „Erzeugerpreises". Soll das nun eine Ziffer 3
*) Siehe Anlage 8
werden oder soll das die bisherige Ziffer 2 werden?
- Herr Abgeordneter Ertl!
({2})
- Es soll eine weitere Ziffer werden.
Wir können also zunächst über die Ziffern 1 und 2 abstimmen.
({3})
- Bitte, Herr Abgeordneter Struve.
Herr Präsident, dieser Entschließungsantrag deckt sich zum Teil vollinhaltlich mit dem, den wir im Ausschuß gemeinsam angenommen haben. Ich muß gestehen, daß ich im Augenblick gar nicht weiß, was hier an neuen Gedanken drin ist.
Ich möchte empfehlen, daß wir diesen Entschließungsantrag dem Ausschuß überweisen, damit wir uns dann vielleicht über eine entsprechende Regelung abstimmen können; denn als Ziffer 3 paßt er ohne Zweifel nicht zu unserem Ausschußantrag.
({0})
Ziffer 2 des bisherigen Ausschußantrages und der Antrag Umdruck 328 sollen dem Ausschuß überwiesen werden. - Das Haus stimmt dem zu. Wir stimmen also jetzt über keinen der beiden Entschließungsanträge ab, bis geklärt ist, ob beide Anträge sich wirklich praktisch decken oder ob es sich um verschiedene Dinge handelt.
Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Gesetzestext.
({0})
- Ich dachte nicht, daß eine solche stattfinden würde. Ich hatte vorher gefragt. Da ich aber sehe, daß Ihr Eifer nicht zu bremsen ist, eröffne ich die Aussprache und erteile das Wort dem Abgeordneten Müller ({1}).
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte vor der dritten Lesung im Namen meiner Fraktion noch einige Bemerkungen zu dem vorliegenden Gesetzentwurf machen. Wir haben gegen die Vorlage einzuwenden, daß sie zu spät vorgelegt worden ist. Wir haben Verständnis für die prekäre Lage der Regierung, die es ihr offenbar nicht ermöglicht hat, dieses Gesetz früher vorzulegen. In Art. 6 Abs. 4 der EWGVerordnung Nr. 19 ist ausdrücklich bestimmt, daß der Rat vor dem 1. April 1963 zu beschließen hat, welche Maßnahmen die Mitgliedstaaten für das am 1. Juli 1963 beginnende Getreidewirtschaftsjahr auf dem Gebiet der Preise für Getreide anwenden müssen. Das ist eine klare Vorschrift der EWG-Verordnung Nr. 19, die wir hier im vergangenen Jahr verabschiedet haben; und der ist nicht entsprochen worden.
Wenn wir uns den Gesetzentwurf vornehmen, stellen wir fest, daß er nur einige wenige Änderun3944
Müller ({0})
gen gegenüber dem vergangenen Jahr vorsieht, und zwar an Stelle von insgesamt 45 DM an Monatsaufschlägen wie im Jahre 1962 jetzt 40 DM. Dies hat die Regierung im vergangenen Jahr im übrigen schon einmal hier im Plenum vorgeschlagen, dann aber nicht verteidigt, so daß die Reportsumme damals um 5 DM erhöht worden ist.
In diesem Jahr hat man diese 40 DM nicht gleichbleibend auf 10 Reports à 4 DM aufgeteilt, sondern man hat 10 Reports genommen, die mit 4,50 DM beginnen und dann degressiv geregelt sind und mit 3,50 DM im Juni des nächsten Wirtschaftsjahres enden.
Wir haben nicht nur die höchsten Getreidepreise innerhalb der EWG; wir haben auch die höchsten Reports in der EWG. Frankreich beispielsweise hat 10 Monatsaufschläge à 3,24 DM, Italien 8 à 3,20 DM, Holland 9 à 3,86 DM, Belgien 9, davon 4 zu 4 DM und 5 zu 3,20 DM, Luxemburg hat 10 Monatsaufschläge, davon 2 zu 4 DM und 8 zu 3,20 DM.
Bei Gerste hat man die Zahl der Reports von 6 auf 5 reduziert und den Gesamtbetrag von 24 DM auf 16,50 DM verringert. Man hat hier allerdings nicht die degressive Form gewählt wie bei Brotgetreide, sondern die progressive. Man hat mit einem Report von 2,10 je Tonne begonnen und mit einem Betrag von 3,60 aufgehört. Ich hätte auch hier es für richtiger gehalten, wenn man 5 gleichbleibende Reports à 3,30 festgesetzt hätte, zumal das in den meisten EWG-Staaten so geregelt ist.
Die Vermarktungskosten sind wiederum wie im vergangenen Jahr mit 23,50 in den Preisen enthalten. Ich hatte im Ausschuß schon den Versuch gemacht, diese Kosten zu ermäßigen. Aber bei der allgemeinen Stimmung, diese Kosten auf einem möglichst hohen Niveau zu halten, bin ich damit nicht durchgedrungen. Meine Fraktion sieht deswegen davon ab, diesen Antrag im Plenum erneut zu stellen. Aber ich möchte auch hier wiederum darauf hinweisen, daß in der Vermarktungsspanne von 23,50, wie wir sie jetzt in der zweiten Lesung beschlossen haben, 8 DM je Tonne für Frachten enthalten sind. Als ich im Ausschuß erklärte, diese 8 DM seien überhöht, hat man das bezweifelt und hat gesagt: es ist ganz ausgeschlossen, daß das überhöht ist. Ich möchte aber nicht davon absehen, Ihnen folgendes zu sagen. Wenn man per Lkw nach dem gültigen Tarif z. B. 15 t Weizen fährt, dann ergibt das 15 mal 8 gleich 120 DM Fracht. Für 120 DM kann ich aber 15 t fast 79 km weit fahren.
({1})
Wenn ich diese 15 t Weizen mit der Bahn befördere, kann ich sie für 120 DM sogar 82 km weit fahren. Da wir aber in der Bundesrepublik in diesem Gesetzentwurf 200 abgeleitete Interventionspreise und 200 abgeleitete Richtpreise vorgesehen haben, also nur relativ kurze Entfernungen vom Erzeuger bis zur nächsten Erfassungsstelle zu überbrücken sind, ist diese Spanne, wie ich hiermit unwiderlegbar nachgewiesen habe, zweifelsohne überhöht. Aber ich sehe davon ab, den Antrag jetzt zu wiederholen. Lassen wir es dabei.
Über den Abstand von Grundinterventions- und Grundrichtpreis habe ich schon gesprochen. Ich habe dem im Grunde nichts mehr hinzuzufügen. Ich hatte nicht den Eindruck, daß es dem Kollegen Pflaumbaum gelungen wäre, das, was ich hier ausgeführt habe, zu widerlegen. Wenn er nüchtern und kritisch das, was er ausgeführt hat, überprüft, wird er selber zu dem Ergebnis kommen, daß es keine Widerlegung meiner Behauptungen und meiner Beweisführung sein kann.
({2})
Es ist auch nicht richtig, was der Herr Minister von dem Rechnen mit 71/2 % von oben nach unten erzählt hat. Herr Minister, das hatten wir sogar ursprünglich vor. Aber Sie haben doch selber von unten nach oben gerechnet. Diese 7,5 % ergeben sich nicht, indem man von 475,50 DM 7,5 % abzieht - wenn Sie das machen, kommen Sie nämlich zu einem niedrigeren Interventionspreis -,
({3})
sondern dieser Betrag ergibt sich, indem man auf die 442,50 DM diese 7,5 % aufschlägt. Dann kommen Sie auf den Betrag, den Sie als Grundrichtpreis in dem Gesetzentwurf vorgesehen haben und den Sie allem Anschein nach auch durchpauken wollen.
({4})
Daraus muß ich natürlich folgern, daß es Ihnen nicht mehr ernst ist mit dem, was Sie im vergangenen Jahr hier gesagt haben, daß Sie nämlich eine Erhöhung des bisherigen Niveaus unter allen Umständen vermeiden wollen. Wenn ich an den Bericht denke, den Sie kürzlich über die Auswirkungen der EWG-Marktordnung hier erstattet haben, muß ich doch daraus folgern, daß es Ihnen um die Beweisführung geht, die Preise seien gar nicht nach oben davongelaufen und es sei hier alles in bester Ordnung. Wenn dem so ist, dann müßten Sie doch unserem Antrag gegenüber eine andere Position bezogen haben, nämlich diesen Aufschlag auf 5 % zu begrenzen, zumal sich das genau in dem Rahmen hält, den wir vor Einführung der EWG-Marktordnung immer einmütig für richtig gehalten haben.
({5})
Davon weichen nicht wir ab, Sie weichen ab. Sie haben gesagt, Sie wollten die Preise nicht erhöhen, und Sie machen es jetzt - ich frage mich, ob es vernünftig, ob es vertretbar ist - auf die kalte Tour, indem Sie über die Hintertreppe doch eine Erhöhung der Preise vornehmen. Aber wenn das so ist, wie sie gesagt haben, Herr Kollege Pflaumbaum, was der durchschnittliche Erzeugerpreis gewesen ist, dann frage ich mich: Was hindert Sie eigentlich, unserem Antrag zuzustimmen? Das bleibt im Nebel. Aber das ist auch eine Form, in der man sich möglicherweise recht wohlfühlen kann.
({6})
Ich komme noch einmal auf die Futtergetreidepreise zurück. Sie haben gesagt, sie seien überhöht. Was wir jetzt mit der Anhebung des Qualitätsstandards bei der Gerste gemacht haben, macht bei
Muller ({7})
Futtergerste etwa 6,50 DM je Tonne aus. Das ist doch aber nicht die Lösung. Ich habe Sie vorhin darauf aufmerksam gemacht: wenn die Preisschere nicht noch mehr auseinanderklaffte, hängt das damit zusammen, daß wir erhebliche Vorräte hatten. Sie haben mir das auch bestätigt. Sie haben von den armen Importeuren gesprochen, die sich übernommen haben, weil sie zuviel eingeführt hatten. Nun, über die brauchen wir uns keine Sorgen zu machen. Wer zuviel eingeführt hat, muß eben sehen, wie er die Ware wieder los wird. Die Importeure kommen doch auch gar nicht hierher und verlangen nach unserer Hilfe. Weil der Markt so flüssig ist, hat das zur Folge, daß die Preise nicht in dem Umfang in die Höhe gegangen sind, wie sie in die Höhe gehen würden, wenn der Markt nicht so versorgt wäre, wie er es im vergangenen Jahr war.
Aber ich sage Ihnen, Herr Kollege Dr. Pflaumbaum, daß das in diesem Jahr wieder in vollem Ausmaße zur Auswirkung kommt. Vielleicht wird noch viel mehr als im vergangenen Jahre darüber räsoniert werden, warum dieses Preisniveau so sehr nach oben davongelaufen ist. Dann möchte ich nur wissen, was Sie den Bauern, Ihren Berufskollegen, für eine Erklärung abgeben. Das möchte ich einmal wissen!
({8})
Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes hat nach der „Deutschen Bauernzeitung" vom 30. August davon gesprochen:
Die Umstellung der Getreidepreise auf das EWG-Abschöpfungssystem hat zu einer teilweise empfindlichen Verteuerung der von der Veredelungswirtschaft benötigten Futtermittel geführt. In welchem Umfang dies auf Spekulationen des Handels zurückgeht, der die jetzt angebotenen Futtermittel schließlich zu alten Preisen gekauft hat, und welche Rolle schließlich die Festsetzung von Schwellenpreisen für Importgetreide spielt, ist gegenwärtig nicht eindeutig
- also am 30. August vorigen Jahres! zu übersehen. Zu dieser Entwicklung meinte der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, daß das allgemeine Ansteigen der Futtergetreidepreise im Vergleich zum Vorjahr
- also vor Einführung der EWG-Marktordnung nicht im Interesse der Veredelungswirtschaft liege. Sollte das Abschöpfungssystem dafür verantwortlich sein, müßte eine Revision einzelner Elemente dieses Systems in Erwägung gezogen werden, um ein Gleichgewicht zwischen den Preisen für Futtergetreide und Veredelungsprodukte herzustellen. Rehwinkel betonte ausdrücklich, daß sich dadurch an der Haltung der Landwirtschaft gegenüber allen Bestrebungen zur Senkung der Getreidepreise nichts ändere.
Sie sehen, ich zitiere ihn vollständig. Der Überhöhung wollte er entgegenwirken.
Was wir jetzt beschlossen haben, wirkt dieser Erhöhung nicht entgegen. Es wird ein weiteres Ansteigen der Marktpreise zur Folge haben. Auf dem Gebiet der Futtergetreidepreise und der Futtermittel hat das dazu geführt, daß die Tonne bis zu 50 DM teurer geworden ist. Das zahlen doch die Bauern, die darauf angewiesen sind, diese Futtermittel zuzukaufen. Das hätten wir doch in der Hand gehabt, und wir haben es noch in der dritten Lesung in der Hand, diese Gefahren abzuwenden. Ich verstehe gar nicht, warum Sie dazu nicht entschlossen sind.
Dieser Tage hat mir auf dem Internationalen Getreidehandelstag ein Mann aus Ihrer Partei, aus dem süddeutschen Raum, erzählt, es sei doch ein Skandal, daß der Bauer dort für das abgelieferte Brotgetreide ({9}) nur einen Preis von 420 DM die Tonne bei der Einfuhr- und Vorratsstelle erlöse, während er für den eingeführten Futtermais 500 DM die Tonne zu bezahlen habe. Das sollten wir uns vor Augen halten. Das kommt hier alles auf uns zu. Ich will gar nicht davon sprechen, wie groß die Schwankungsbreite ist, zwischen der sich die Preise bewegt haben. Einerseits gibt es eine Erhöhung von 8 %, andererseits sind einzelne Produkte sogar bis zu 76 % ge-gegenüber den früheren Preisen in die Höhe gegangen.
Bei den Schwellenpreisen, die für die Importe maßgeblich sind, haben wir noch ein übriges getan. Wir haben sie über die Grundrichtpreise und die abgeleiteten Richtpreise hinaus erhöht und damit ein weiteres Übel für die deutsche Ernährungswirtschaft geschaffen.
Ich möchte Ihnen zum Schluß doch sagen - ich verspreche mir allerdings nicht mehr viel davon -, daß Sie sich überlegen sollten, ob den Interessen der deutschen Landwirtschaft in dieser so wichtigen Frage mit Ihrer Haltung gedient ist, wenn wir gar nichts tun, um die Veredlungsproduktion kostenmäßig in einer Form zu entlasten, daß es zu ihrem Besten dienen könnte.
({10})
Das Wort hat der Abgeordnete Bauer ({0}). Er hat versprochen, nur 2 Minuten zu reden.
Herr Präsident! Meine Damen und Herrn! Ich möchte bei der Verabschiedung des Getreidepreisgesetzes Gelegenheit nehmen, zunächst einmal ein Wort des Dankes dafür zu sagen, daß wir im Ernährungsausschuß über den Antrag unter Ziffer 2 eine einheitliche Meinung erzielen konnten hinsichtlich unserer Sorgen - Herr Minister! -, daß wir immer noch keine europäische Regelung für den Qualitätsgetreideanbau haben. Deshalb haben wir uns im Ausschuß zusammengefunden. Ich bitte Sie und die Bundesregierung, noch einmal zu prüfen, ob hier nicht wirklich eine Lücke ist, die in irgendeiner Form ausgefüllt werden muß, möglichst mit einer europäischen Regelung.
Sollte das aber nicht möglichst sein, so haben wir die dringende Bitte, Herr Minister, daß Sie dann eben, in irgendeiner Form, vielleicht mit uns gemeinsam, eine nationale Regelung suchen und finden,
Bauer ({0})
etwa in der Form eines Prämiensystems. Für diese 800 bis 1000 Tonnen Braugerste, die wir in der Bundesrepublik haben, muß so oder so eine Regelung gefunden werden.
Ich möchte das Hohe Haus sehr herzlich bitten, den Entschließungsantrag unter Ziffer 2 hier mit der gleichen Einmütigkeit anzunehmen, wie wir ihn im Ausschuß angenommen haben. Sie helfen damit einen sehr wesentlichen Teil fleißiger und bisher schon im Sinne unserer Vorstellung arbeitender Landwirte, den deutschen Braugersteanhauern, ihre künftigen Einnahmen zu sichern.
({1})
Ich möchte zunächst Herrn Abgeordneten Bauer loben. Er hat in der Tat noch weniger als zwei Minuten gesprochen.
Habe ich Sie recht verstanden, Herr Abgeordneter Müller: Sie stellen den Antrag Umdruck 319 in ,der 3. Beratung nicht noch einmal? - Dann liegen weitere Wortmeldungen nicht vor. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, der möge sich erheben. - Gegenprobe! - Enhaltungen? Gegen zahlreiche Gegenstimmen angenommen.
Wir haben nunmehr über den Ausschußantrag unter Ziffer 2 zu beschließen. Wer diesem Entschließungsantrag zustimmen will, gebe bitte das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmige Annahme.
Nun liegt noch der Entschließungsantrag Umdruck 328 der Abgeordneten Ertl und Genossen vor. Soll er ,dem Landwirtschaftsausschuß überwiesen werden? - Das Haus ist einverstanden; es ist so beschlossen.
Wir kommen nunmehr zu Punkt 9:
Erste, zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Durchführung der Verordnungen Nr. 20 ({0}), Nr. 21 ({1}) und Nr. 22 ({2}) des Rates der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft sowie zur Änderung des Gesetzes zur Förderung der deutschen Eier- und Geflügelwirtschaft ({3}).
Der Ältestenrat hat vereinbart, daß heute nur die erste Lesung stattfinden soll, die zweite und dritte Lesung am Freitag. Ist das Haus insoweit mit dem Ältestenrat einverstanden? ({4})
- Gut! Wer begründet das Gesetz? Oder ist man einig, es sofort ohne Debatte, an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - federführend - und den Außenhandelsausschuß - mitberatend - zu überweisen und am Freitag die zweite und dritte Beratung folgen zu lassen? - Es ist so beschlossen.
Wir kommen zu Punkt 10:
Zweite und dritte Beratung des von den Frak-t ionen der CDU CSU, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Bildung eines Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ({5});
Schriftlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses ({6}) ({7})
({8}).
Berichterstatter ist Abgeordneter Junghans. Sie verweisen auf Ihren schriftlichen Bericht. - Das Haus ist damit einverstanden.
Ich rufe auf zur zweiten Beratung: § 1, - 2, - 3, - 4, - 4 a. - Wer diesen Bestimmungen zustimmen will, der gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmige Annahme.
Zu § 5 liegt ein Änderungsantrag vor. Sie finden ihn auf Umdruck 323. ') Wer begründet ihn? - Herr Abgeordneter Porzner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Gesetzentwurf sieht vor, daß das jährlich zu erstellende Gutachten am 15. November der Bundesregierung zugeleitet und acht Wochen danach zusammen mit einer Stellungnahme der Bundesregierung veröffentlicht wird. Die Achtwochenfrist wird damit begründet, daß die Regierung für die Stellungnahme diese Zeit beanspruche. Wenn der Bericht ohne Stellungnahme veröffentlicht würde - so wird argumentiert -, könnte man sich dem Druck der Interessenten kaum erwehren; das ist nicht gerade ein gutes Zeichen für Ministerien. Das Gutachten, das ausdrücklich zur Information der Öffentlichkeit erstellt wird, bleibt also zunächst einmal acht Wochen lang geheim. Die Geheimhaltung treibt bei uns besondere Früchte. Wir müssen uns fragen, ob das in diesem Fall notwendig ist. Der Regierung sei es, so wird gesagt, nicht zuzumuten, ohne eingehende Beratungen Stellung zu nehmen; sie brauche diese acht Wochen. Den Abgeordneten dieses Hauses ist es aber zuzumuten, von heut auf morgen Stellung zu nehmen, wenn dieses Gutachten veröffentlicht wird! Das ist eine Benachteiligung, eine Beschneidung der Rechte des Parlaments, die wir nicht einfach hinnehmen sollten.
Mir ist das nicht anders erklärlich, als daß diejenigen, die das beschließen wollen, eine sonderbare Auffassung vom Verhältnis der Regierung zum Parlament haben. Im übrigen wird diese Achtwochenfrist dazu führen, daß dieses Gesetz jeweils erst im Frühsommer behandelt werden kann, also etwa ein halbes Jahr, nachdem es vom Gutachtergremium der Bundesregierung übergeben wurde, weil nämlich das Parlament die gleiche Zeit braucht, die auch der Bundesregierung zur Verfügung steht. Da es dann sehr häufig vorkommen wird, daß in der Zeit vor Ostern Terminmangel herrscht, wird es meistens so sein, daß dieses Gesetz erst nach Ostern
*) Siehe Anlage 9
im Plenum diskutiert werden kann, in einer Zeit, in der sich die Konjunkturverhältnisse längst geändert haben kunnen.
Aus all den Gründen bitten wir Sie, unseren Kompromißvorschlag anzunehmen und an Stelle der Achtwochenfrist nur eine Vierwochenfrist zu beschließen.
({0})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Aschoff.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erschöpft, aber ungebrochen nach einer fünfstündigen Agrardebatte, wollte ich mir doch erlauben, noch etwas zu einem Punkt zu sagen, der ein etwas allgemeinwirtschaftliches Problem betrifft. Ich habe aus der Debatte des Nachmittags mit Vergnügen vernommen, daß der Wirtschaftsausschuß in Zukunft Gelegenheit haben wird, die Probleme der Agrarpolitik auch einmal im Rahmen der Gesamtsituation der allgemeinen Wirtschaftspolitik betrachten zu können.
Ich bedaure, daß die Annahme des augenblicklich zur Debatte stehenden Gesetzes eine verhältnismäßig schwache Besetzung des Hauses hat.
({0})
Ein Satz des römischen Rechtes lautet: Qui tacet, consentire videtur. Das heißt: Bei dem, der schweigt, wird unterstellt, daß er zustimmt. In Abwandlung einer alten Prozeßmaxime darf man vielleicht auch nicht sagen: der Abwesende hat unrecht, sondern man muß sagen: der Abwesende stimmt zu. Das ist die erfreuliche Tatsache, daß es gelungen ist, in einer sehr sorgfältigen Ausschußberatung zu erreichen, daß alle Parteien dieses Hauses einem entscheidenden Gesetz im Grundsatz zustimmen.
Ich bitte aber um Verständnis dafür, meine Herren von der Sozialdemokratischen Partei, wenn ich - das spreche ich auch im Namen der beiden Koalitionsparteien aus - nicht in der Lage bin, dem Vorschlag auf Verkürzung der Frist zuzustimmen. Das ist wirklich keine Grundsatzfrage, sondern auch nach unserer Auffassung eine Frage der Praxis. Der Vorwurf, den Sie erheben, daß das Parlament in eine schwierige Situation komme, weil allein die Exekutive die Achtwochenfrist hat, trifft nicht den Kern der Schwierigkeiten. Das Parlament sollte endlich mit mehr Nachdruck verlangen und dieses Verlangen vor der Öffentlichkeit vertreten, mit den Hilfsmitteln ausgestattet zu werden, die für seine Arbeit notwendig sind, um gegenüber den Regierungsstellen die Aufgaben der Legislative gleichwertig und fristgemäß erfüllen zu können. Da liegt der Punkt, nicht woanders.
Im übrigen darf ich mir erlauben, darauf hinzuweisen, daß ein Bericht, der am 15. November veröffentlicht wird, nach den praktischen Lebenserfahrungen vor dem 15. Januar sowieso von niemand bearbeitet wird. Ich persönlich habe z. B. den Wunsch, mich in der Zeit vom 15. Dezember bis 1. Januar stärker mit meinen Enkelkindern als mit den Wirtschaftsberichten und anderen Vorlagen der Regierung zu beschäftigen, da auch wir, von denen man verlangt, für jede Arbeitszeitverkürzung einzutreten, Gelegenheit haben müssen, die Siebentagewoche während der Ferienzeit eventuell auch einmal auf eine Eintagewoche zu reduzieren. Ich bitte also, zu verstehen, daß es einfach eine Frage der menschlichen Beurteilung von Möglichkeiten und Notwendigkeiten ist, die uns veranlaßt, diesem Antrag nicht zuzustimmen.
Soweit mir bekannt ist, soll noch ein anderer Antrag vorliegen, zu dem ich nur meine persönliche Meinung sagen kann. Meine Damen und Herren, wir hatten ja gedacht, die Autorität der von uns berufenen Sachverständigen sollte es ausschließen, daß sie in ein niveauloses Gespräch über Gehälter oder so etwas kommen, sondern wir wollten mit einer vornehmen Geste feststellen, daß sie eine angemessene Entschädigung bekommen. Wenn sich schon zwei Minister, der Wirtschafts- und der Innenminister, über die Angemessenheit unterhalten, dann brauchen wir noch einen dritten Minister dazu; denn der Haushaltsminister muß sowieso die Mittel zur Verfügung stellen, die die Ausführung dieses Gesetzes verlangt. Damit bin ich am Ende.
Die FDP stimmt also dem Gesetz in der Vorlage zu. Meine Damen und Herren, wir sollten uns selbst darüber klar sein, daß wir mit der Verabschiedung dieses Gesetzes einen mutigen Schritt in ein Neuland gehen. Wir versuchen, einen Weg einzuschlagen, der die Möglichkeit einer objektiven Orientierung gibt, von der wir erwarten, daß bei richtiger Handhabung und bei sorgfältiger Beobachtung unseres Gedankens der Unabhängigkeit im Rahmen der Verfassung Beurteilungen über unsere wirtschaftliche Situation und daraus zu folgernde Entschlüsse ebenso möglich sein werden, wie wir damit einen Anhaltspunkt bekommen möchten, um den Frieden zwischen den Sozialpartnern zumindest zu fördern.
({1})
Das Wort hat Dr. Steinmetz.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte an das anschließen, was der Herr Kollege Aschoff eben gesagt hat. Wir gehen hiermit einen Schritt in Neuland, und wir wollen hoffen, daß dieser Schritt von Erfolg begleitet ist. Darum wollen wir nicht schon am Anfang Schwierigkeiten für diejenigen schaffen, die in der Hauptsache die Arbeit leisten müssen.
Damit komme ich zu dem Antrag der Fraktion der SPD, die Frist zur Bearbeitung auf vier Wochen abzukürzen. Der Kollege Porzner sagte, man könne ruhig in der Öffentlichkeit diskutieren, bevor die Regierung Stellung genommen habe. -- Aber es ist der Arbeit der Regierung nicht dienlich, wenn diese schwierige Materie schon vorher in der breiten Öffentlichkeit diskutiert wird. Man sollte der Regierung wirklich die nötige Zeit und Ruhe geben, dieses umfangreiche Material gewissenhaft und
sachlich zu bearbeiten. Dazu sind. acht Wochen eigentlich die mindeste Frist, die man-. sich überhaupt denken kann. Denn es ist erforderlich, daß zunächst einmal die einzelnen Ressorts Stellung nehmen, das umfangreiche Material bearbeiten und ihre Entscheidung treffen. Dann muß das Wirtschaftskabinett Stellung nehmen, versuchen, die Meinungen der Ressorts abzustimmen, und seine Entscheidung fällen. Schließlich muß das Gesamtkabinett zusammenfassend Stellung nehmen. Jeder, der etwas von der Arbeit hier in Bonn versteht, weiß, daß acht Wochen wirklich die mindeste Frist sind, die überhaupt denkbar ist.
({0})
-- Ja, und das wollen wir eben nicht, um nicht in der Offentlichkeit all diese Dinge auseinandergezerrt zu sehen, bevor die Regierung in Ruhe und Sachlichkeit all dieses schwierige Material verarbeiten kann.
Im übrigen haben die beiden Gutachter, die Sie herangeholt haben, die Herren Professoren Neumark und von Nell-Breuning, genau denselben Standpunkt vertreten und gesagt
({1})
- Sie haben sie doch geholt -, man müsse mindestens acht Wochen zubilligen. Wir sollten dieses große neue Werk, diese schwierige Arbeit und diese wichtige Entscheidung der Regierung nicht unter Zeitdruck bringen. Wer eine vernünftige Arbeit verlangt, muß dazu auch die unbedingt notwendige Zeit einräumen.
Wir bitten, den Antrag der Fraktion der SPD abzulehnen.
({2})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir stimmen ab, und zwar über den Antrag Umdruck 323. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Das ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich rufe weiter auf die §§ 5, - 6, - 8, - 9, -10. - Wer diesen Paragraphen zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmige Annahme.
Zu § 11 ist ein Änderungsantrag Umdruck 334 *) eingereicht worden, wonach noch einzufügen ist „Bundesminister der Finanzen". Der Antrag wird wohl nicht besonders begründet werden müssen. Der Grund ist wohl deutlich. Keine Wortmeldungen.
- Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. -Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das zweite war wohl die Mehrheit. Das Haus ist so besetzt, daß es nicht immer ganz einfach ist, zu arithmetisch exakten Entschlüssen zu kommen. Aber es war wohl die Mehrheit; abgelehnt.
§§ 11, - 12, - 13, - Einleitung und Überschrift.
- Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - *) Siehe Anlage 10
Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmige Annahme. - Schluß der zweiten Beratung.
Dritte Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Zunächst hat das Wort der Abgeordnete Brand ({0}).
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei dem Sachverständigenrat, dessen Einsetzung mit dem vorliegenden Gesetz beschlossen wird, handelt es sich um jenes neutrale Gutachtergremium, das schon seit längerer Zeit von den verschiedensten Organisationen der Arbeitgeber, der Arbeitnehmer, von den politischen Parteien und der Öffentlichkeit gefordert worden ist. Dieser Sachverständigenrat darf nicht verwechselt werden mit den bisher schon tätigen Wissenschaftlichen Beiräten der Ministerien. Seine Aufgaben sind andere; sie sind in § 2, dem Kernstück des Gesetzes, klar umrissen worden. Ich glaube hier feststellen zu dürfen, daß die im Wirtschaftsausschuß erarbeitete Neuformulierung des § 2 weitgehende Zustimmung innerhalb und außerhalb dieses Hohen Hauses gefunden hat. Eine letzte Perfektionierung wird bei einem Gesetz, das sich auf eine Einrichtung bezieht, die ohne unmittelbares Vorbild neu geschaffen werden soll, nicht erreichen lassen, aber auch kaum erstrebenswert sein.
Wie aus dem Schriftlichen Bericht des Herrn Berichterstatters hervorgeht, war der Wirtschaftsausschuß nicht immer in allen Punkten einheitlicher Auffassung; doch wurden seine Verhandlungen getragen von dem guten Willen aller Parteien, eine gemeinsame Grundlage zu finden, so daß im Endergebnis die Schlußabstimmung im Wirtschaftsausschuß einstimmig erfolgte. Dieser gute Wille muß auch die tragende Kraft bei der Realisierung des Gesetzes sein, d. h. bei der Einrichtung des Rates bei seiner Tätigkeit und der Auswertung seiner Gutachten.
Wir versprechen uns von diesem Sachverständigenrat, daß seine Analysen der gesamtwirtschaftlichen Situation und seine Beurteilung der künftigen Entwicklung zu einer Versachlichung der wirtschafts- und sozialpolitischen Auseinandersetzungen in unserem Lande beitragen und die volkswirtschaftlich notwendige Abstimmung aller Ansprüche an das Sozialprodukt erleichtern werden.
({0})
Er wird zu diesem Zweck alle wichtigen Tatbestände und Entwicklungen in ihren gesamtwirtschaftlichen Zusammenhängen und gegenseitigen Abhängigkeiten zu beurteilen haben.
Nach Inkrafttreten des Gesetzes wird es darauf ankommen, dem Rat in der Bevölkerung den Ruf lauterster Objektivität zu sichern. Es sollte deshalb alles vermieden werden, was den Eindruck erwecken könnte, als handele es sich hier um eine Art Hilfsorgan der jeweiligen Regierung oder als sei der Rat einer einzelnen Partei oder einer einzelnen Gesellschaftsgruppe verpflichtet. Wir wünschen vielmehr, daß er sich zu einer echten, über den Parteien und Organisationen stehenden Autorität entBrand
wickelt, einer Autorität, die wir ihm bewußt zuerkennen, da er diese Autorität braucht, um zu einem stabilisierenden Faktor, zu einem ruhenden Pol in der Flucht unserer sozial- und wirtschaftspolitischen Lebenserscheinungen zu werden.
Weil wir uns von seiner Tätigkeit diese segensreiche Wirkung versprechen, deshalb bejahen wir das Gesetz und wünschen ihm die Unterstützung des ganzen Hauses.
({1})
Das Wort hat der Abgeordnete Porzner.
Herr Präsident! Meine verehrten Damen und Herren! Wir begrüßen, daß dieser Gesetzentwurf heute zur Verabschiedung kommt, weil, wie Sie alle wissen, die Sozialdemokratische Partei seit sieben Jahren versucht, die Mehrheit in diesem Hause zu überzeugen, daß ein solches Gremium notwendig ist.
({0})
Schon 1956 hat die SPD einen Antrag eingebracht, in dem sie die Errichtung eines Gutachtergremiums fordert.
Wir stimmen diesem Gesetzentwurf auch deswegen gerne zu, weil es uns gelungen ist, daß in den Ausschußberatungen viele Formulierungen in unserem Sinne geändert wurden. So ist z. B. die Formulierung, daß insbesondere die Ursachen von Spannungen zwischen der Einkommensentwicklung und dem Güterangebot aufgezeigt sowie die Ansprüche an das Sozialprodukt und deren Vereinbarkeit mit dem Leitgedanken unserer Wirtschaftspolitik untersucht werden sollen, auf unseren Antrag hin durch neutrale Begriffe ersetzt worden, die nicht mehr dazu verleiten, die Schuld an Spannungen im Wirtschaftsablauf in der Hauptsache den Arbeitnehmern zuzuschieben. Es ist unbestritten, daß von den Investitionen oder auch vom Verhalten der öffentlichen Hand Störungen im Wirtschaftsablauf verursacht werden können.
Zweitens ist es uns gelungen, die gewünschte Objektivität des Gutachtergremiums auch dadurch sicherzustellen, daß es nicht von der Bundesregierung, also von der Vertretung auch einer Partei oder der Koalitionsparteien, sondern auf Vorschlag der Bundesregierung vom Bundespräsidenten berufen wird.
Weiterhin ist es auf unsere Initiative hin möglich - im Bericht ist das ausdrücklich betont -, daß wichtige Wirtschaftsbereiche, z. B. die Bauwirtschaft, auch einzeln dargestellt werden können. Das Gremium hat auch das Recht, Empfehlungen hinsichtlich statistischer Erhebungen zu machen, die man bei uns durchführen sollte, um den Wirtschaftsablauf besser überblicken zu können.
Wir bedauern allerdings, daß es uns nicht gelungen ist, die Regierungsparteien davon zu überzeugen, daß dieses Gremium erst dann richtig arbeiten kann, wenn es ein von der Bundesregierung ausgearbeitetes Wirtschaftsprogramm zur Verfügung hat, das auch in gewisser Hinsicht quantifiziert ist und somit eine brauchbare Grundlage für die Arbeit der Gutachter darstellen kann. Wir haben wenigstens erreicht, daß die Minister - leider nicht die Regierung - auf Anfragen der Gutachter Angaben machen müssen die über Vorhaben ihrer Ministerien, weil nach unserer Ansicht die vorhandenen Daten, die allgemein bekannt sind, z. B. diejenigen über die Entwicklung der öffentlichen Finanzen, der Sparquote oder des Außenhandels, nicht ausreichen, Aussagen über die Beschäftigungslage, über Einkommenshöhe und anderes zu machen. Es besteht Einigkeit darüber, daß das Wirtschaftswachstum - und darauf kommt es ja im besonderen an - in hohem Maße von den öffentlichen Investitionen abhängt. Die von der öffentlichen Hand beeinflußten Investitionen machen etwa 50 % der Investitionen in der Bundesrepublik aus. Das Wirtschaftswachstum hängt also im wesentlichen vom Verhalten der öffentlichen Hand ab, und deswegen ist es wichtig, daß die Gutachter wissen, was die Bundesregierung und was andere öffentliche Stellen vorhaben. Auch solche politischen Daten, die für die Regierung zwingend sind - ,selbst wenn sie vom wirtschaftspolitischen Standpunkt aus gesehen unerwünschte Folgen haben -, müssen den Gutachtern bekannt sein, weil sie sonst Hypothesen untersuchen, die irreal sind. Da die Regierung nicht bereit ist, den Sachverständigen ein ausgearbeitetes Programm vorzulegen, hegen wir Zweifel, ob dieses Gremium all die Erwartungen erfüllen kann, die wir in es setzen. Da die Mitglieder der Regierungsparteien jedoch wegen der Geschäftsordnung der Bundesregierung gezwungen sind, bei den Angaben, die sie dem Gutachtergremium machen, immer den Standpunkt der Regierung zu vertreten, mag es dem Sachverständigenrat trotzdem gelingen, all die Angaben zu erhalten, die es für seine Arbeit braucht.
Wir werden mißverstanden, wenn man uns vorwirft, wir wünschten eine Programmierung unserer ganzen Wirtschaft. Die Wissenschaftler benötigen diese Angaben der Regierung nicht, um die Politik der Bundesregierung vor der Öffentlichkeit eventuell zu disqualifizieren. Es geht nicht darum, daß die Bundesregierung den Sachverständigen ein ausgearbeitetes Programm zur Begutachtung vorlegt und dann auf eine mehr oder minder gute Note wartet, sondern es geht darum, daß dieses Gremium brauchbare Unterlagen hat, um überhaupt richtig arbeiten zu können.
Eine Notbremse ist noch dadurch gegeben, daß es den Gutachtern jederzeit vorbehalten bleibt, dann, wenn sie nicht genügend politische Daten von der Regierung erhalten, dies im Bericht zu erwähnen. Das allein schon dürfte für die Bundesregierung Anlaß sein, ausreichende Angaben zu machen und ihre Maßnahmen hinsichtlich der wirtschaftlichen Realisierbarkeit zu überprüfen. Insofern kann sich schon die Existenz des Gutachtergremiums positiv auswirken.
Die Errichtung des Gutachtergremiums ist die einzige konkrete Maßnahme der vielen wirtschaftspolitischen Initiativen, die die Bundesregierung im vergangenen Jahr angekündigt hat. Die Tätigkeit
dieses Gremiums wird aber ohne jeden Erfolg sein, alle Analysen und Alternativberechnungen werden ohne jede Bedeutung sein, wenn sich die öffentliche Hand bei ihren Ausgaben, vor allem bei ihren Investitionsausgaben, nicht mehr an konjunkturpolitischen Gesichtspunkten orientiert, als das bisher der Fall ist.
({1})
Die öffentliche Hand muß im Bereich der Finanzwirtschaft zu langfristigen Plänen kommen. Das ist im Rahmen der einjährigen Haushaltsrechnungen schwer möglich; das wissen wir. Auch unsere Finanzverfassung steht der Koordinierung der gesamten öffentlichen Investitionen im Sinne einer konjunkturgerechten Gestaltung entgegen. Daher muß die Bundesregireung sich endlich entschließen, auf diesem Gebiet zu neuen Methoden zu kommen, und sie darf sich nicht mit allgemeinen nichtssagenden Appellen aus der Verantwortung reden. Sie muß sich mit den Ländern und den Kommunen in irgendeiner Form einigen, um zu Lösungen zu kommen, die ein kontinuierliches Wachstum der Wirtschaft gewährleisten.
Wir sollten uns vor falschen Hoffnungen hinsichtlich dieses Gutachtergremiums hüten. Mit der Errichtung des Sachverständigenrates ist kein einziges wirtschaftspolitisches Problem gelöst. Das Gremium ist ein Instrument der Wirtschaftspolitik. Es kann nur bessere Voraussetzungen für die Diskussion und die Entscheidungen schaffen. An der Regierung und am Parlament wird es liegen, diesen Vorteil zu nutzen.
({2})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Althammer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte um Entschuldigung dafür, daß ich in der letzten Sitzungswoche noch zu so später Stunde das Wort ergreife. Aber ich meine, wir sollten uns nicht in allen Fällen von der Landwirtschaft an Hartnäckigkeit übertreffen lassen.
({0})
Es kommt hinzu, daß ich nach den Ausführungen des Kollegen Porzner - die im übrigen sehr sachlich waren, was ich begrüße - doch auch das Erstgeburtsrecht unserer Partei und Fraktion an diesem konkreten Gesetz behaupten muß.
({1})
Es ist heute genau ein Jahr her, daß auf Initiative der CSU die Koalitionsfraktionen den Antrag zu diesem Gesetz eingebracht haben.
({2})
- Heute genau vor einem Jahr; lesen Sie bitte den Ausschußbericht Ihres Kollegen nach.
({3})
- Herr Kollege Kurlbaum, ich kann Sie damit trösten, daß ich meine damalige Abwesenheit dadurch wettzumachen versucht habe, daß ich die Protokolle - und darin natürlich auch Ihre Äußerungen zu dieser Frage - nachgelesen habe.
({4})
- Das beruht ganz auf Gegenseitigkeit.
Ich lobe den pädagogischen Eifer, der hier zutage tritt; aber ich glaube, Sie sollten zur Sache reden.
Da dieses Gesetz doch von entscheidender Bedeutung für unsere wirtschaftspolitische Zukunft ist, darf ich vielleicht einige Gesichtspunkte, die im Gange dieses Verfahrens eine Rolle gespielt haben, noch einmal kurz beleuchten.
Da war zunächst die Frage, ob nicht ein so kleiner Kreis von fünf Gutachtern zu wenig sei, um das Gewicht zu schaffen, das notwendig ist, um in der Öffentlichkeit die Resonanz zu haben, die ein solches Gutachtergremium braucht. Mit anderen Worten, es war die Frage, ob nicht eine ähnliche Institution wie der frühere sogenannte Vorläufige Reichswirtschaftsrat errichtet werden sollte. Nach den schlechten Erfahrungen, die wir mit dieser Institution gemacht haben, waren wir der Meinung, daß es zweckmäßiger wäre, ein kleines Gremium mit dieser Aufgabe zu betrauen.
Es erhebt sich die weitere Frage, ob dieses Gutachtergremium nach diesem Gesetzentwurf nicht zu wenig Machtbefugnisse erhalten habe. Wenn wir aber ernsthaft prüfen, was diesem Gutachtergremium noch an Einwirkungsmöglichkeiten hätte übertragen werden können, kommen wir sehr schnell auf die Frage der Tariffreiheit. Ich bin der Überzeugung, daß der Gesetzentwurf so, wie er vorliegt, die Tarifhoheit der Sozialpartner in keiner Weise beeinträchtigt - und, meine Damen und Herren, das ist gut so.
Ich darf auch noch mit ein paar Worten auf die Ausführungen des Kollegen Porzner zur Frage der Wirtschaftsprogrammierung eingehen. In der Tat hat dieses Problem der sogenannten „planification" nach französischem Vorbild auch in der Diskussion um dieses Gesetz eine gewisse Rolle gespielt, und
es ist nicht zu verkennen, daß sich Tendenzen haben beobachten lassen, die etwa dahin gingen, mit der Begründung, daß die Gutachter doch Material für ihre Tätigkeit bräuchten, der Bundesregierung den Auftrag zu geben, ein konkretes Wirtschaftsprogramm aufzustellen; es ist sogar davon gesprochen worden: mit Daten- und Quotenangaben, vielleicht sogar für die einzelnen Sparten der Wirtschaft. Ich darf keinen Zweifel daran lassen, daß wir diese Tendenzen, zu einer planwirtschaftlichen oder programmierten Wirtschaftsregelung zu kommen, entschieden ablehnen.
({0})
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Bitte schön!
Herr Dr. Althammer, verwechseln Sie den Bereich der öffentlichen Finanzwirtschaft, von dem ich kurz sprach, mit dem der Wirtschaft allgemein?
Herr Kollege Porzner, ich habe nicht verkannt, daß Sie in Ihren Äußerungen sich an sich zurückhaltend zu diesen Fragen der Planifikation, also der Wirtschaftsprogramrnierung, ausgelassen haben. Aber nach der Vorgeschichte dieses Gesetzes steht zweifelsfrei fest, daß diese Probleme in den Vorbesprechungen zu diesem Gesetz, in der ganzen Diskussion eine Rolle gespielt haben. Ich habe deshalb Veranlassung genommen, mich auch zu dieser Frage hier zu äußern.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage? - Bitte!
Trifft es nicht zu, Herr Dr. Althammer, daß diese Vorschläge auch aus den Reihen Ihrer Partei gekommen sind?
Ich habe, wie Ihnen auch der Beifall von unserer Seite gezeigt hat, hier unsere Stellungsnahme zu diesen Tendenzen klargestellt, und ich wiederhole noch einmal: Diese Planifikationstendenzen lehnen wir ab.
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Interessant ist es auch, daß die Ausarbeitung dieser jährlich zu erstellenden Gutachten sich zeitlich mit dem Wirtschaftsbericht überkreuzt, den die Bundesregierung seit dem vergangenen Jahr zu geben hat. Ich möchte aber meinen, daß das nicht zu den naheliegenden Versuchen führen sollte, daß sich dieses Gutachtergremium im wesentlichen auf eine Stellungnahme zu diesem Wirtschaftsbericht beschränkt oder seine Aufgabe lediglich in einer Kritik dieses Berichts sehen darf. An diesem Punkt sind auch die großen Gegensätze zwischen den Vorschlägen der SPD und unseren Vorschlägen. Wir haben die Hoffnung, daß dieses Gutachtergremium, wie Kollege Brand bereits ausgeführt hat, durch die hohe Würde, die es haben soll, aus ähnlichen Einrichtungen, seien es private Wirtschaftsinstitute, seien es Einrichtungen der Regierung oder einer sonstigen öffentlichen Organisation, herausragt. Wir meinen, es darf sich hier nicht um ein Kampfmittel handeln, das in diesem Streit der einzelnen Parteien im Wirtschaftsleben in irgendeiner Form parteiisch eingesetzt werden soll, sondern um eine Instanz, die über diesem Streit steht und die vermöge ihres Ansehens die objektiven Daten des Wirtschaftsgeschehens aus diesem Streit herausnehmen kann.
Ich bin aber der Meinung, daß es uns nur dann gelingen kann, die Offentlichkeit in dieser Weise mit dem Wirtschaftsrat zu mobilisieren und die öffentliche Meinung auch an gewissen Richtpunkten auszurichten, wenn sich hervorragende Persönlichkeiten für dieses Gremium zur Verfügung stellen. Es wird entscheidend darauf ankommen, ob es der Bundesregierung möglich sein wird, solche Persönlichkeiten mit einem wissenschaftlichen Ruf entweder als Wirtschaftswissenschattler oder mit einem ausgezeichneten Ansehen als Wirtschaftspraktiker dem Herrn Bundespräsidenten zur Benennung vorzuschlagen. Wir sind uns völlig klar darüber, daß diese Frage mit eine entscheidende frage für den Erfolg dieses Gutachtergremiums sein wird. Ich möchte hier meiner Hoffnung Ausdruck geben, daß anerkannte Wissenschaftler und anerkannte Praktiker unseres Wirtschaftslebens einen solchen Ruf nicht ablehnen werden, sondern daß sie die große Verpflichtung und die großen Möglichkeiten sehen, die in dieser Institution liegen können.
Nicht nur der jährlich zu erstattende Bericht, die Außerung dieses Gremiums, ist von Bedeutung, sondern es kann in der Praxis von noch größerer Bedeutung sein, wenn dieses Gremium mit diesem Ansehen, mit diesem Prestige, es für notwendig erachtet, außerhalb der turnusmäßigen Berichterstattung zu bestimmten Punkten ein besonderes Gutachten zu erstatten, weil es der Auffassung ist, doll von bestimmten Entwicklungen unseres Wirtschaftslebens eine Gefährdung unserer allgemeinen Volkswohlfahrt ausgehen kann. Das könnte, mit. Besinnung angewendet, eine sehr wirksame Waffe im Kampf für das Gedeihen unserer Volkswirtschaft sein.
Natürlich kann dieses Gremium der Bundesregierung und diesem Hohen Hause die politische Verantwortung für das Wirtschaftsgeschehen nicht abnehmen. Im Gegenteil! Es ist durchaus denkbar, daß dieses Gremium auch zur Wirtschaftsgebarung der öffentlichen Hand in allgemeinen Gutachten oder auch in besonderen Gutachten Stellung nehmen kann. In § 2 des Gesetzenwurfs kommt ganz deutlich zum Ausdruck, daß der Sachverständigenrat keine Empfehlungen für bestimmte wirtschafts- und sozialpolitische Maßnahmen aussprechen soll. Die Verpflichtung, clie damit den politischen Kräften und besonders diesem Hohen Hause auferlegt ist, euch in seiner Inanspruchnahme des Sozialprodukts maßhaltend zu sein, trifft natürlich alle Parteien, die in diesem Hohen Hause vertreten sind.
({1})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Aschoff.
Herr Präsident, ich verspreche, in höchstens zwei Minuten fertig zu sein.
Meine Damen und Herren, den Versuch, in der Stunde der Public Relations sich gegenseitig die einzelnen Federn an den Hut zu stecken und die Erstgeburt sicherzustellen oder festzustellen, wer welche Anträge mit Erfolg eingebracht hat, könnte man natürlich interessanterweise durch Vorlegung der Protokolle des Wirtschaftsausschusses dahin ergänzen, welche Anträge abgelehnt worden sind. Das sollten wir aber nicht tun. Unser Haus ist offenbar nicht daran gewöhnt, daß es tatsächlich einmal gelingt,
eine entscheidende wirtschaftspolitische Neuerung einstimmig anzunehmen. Deshalb sollten wir bei der dritten Lesung jetzt nicht in Einzelheiten gehen. Der einzige Punkt, der in der dritten Lesung meiner Ansicht nach noch einmal klarzustellen wäre, ist folgender. Der Ausschuß hat mit Mehrheit nach sehr sorgfältiger Beratung klargestellt, daß man nicht nur aus wirtschaftspolitischen, sondern auch aus staatsrechtlichen Überlegungen die Regierung nicht veranlassen sollte, ihrerseits dem Wirtschaftsausschuß ein Programm zur Begutachtung vorzulegen, weil darin für uns ein Grenzfall läge, wo die Stellung objektiver Daten und die Programmierung durcheinandergehen würden.
({0})
Ich bin bereit, über diese Dinge zu sprechen. Sie wissen, daß ich durchaus bereit bin, über das Problem der Planifikation, wenn man sie richtig interpretiert, und auch über modernere Dinge gegenüber einer überlieferten liberalen Auffassung mit mir reden zu lassen.
Ich glaube aber, wir sollten - und es wäre für die Wirkung in der Öffentlichung gut - die Bejahung mit einem positiven Akzent noch einmal in den Vordergrund stellen und der Hoffnung Ausdruck geben, daß alle beteiligten Parteien aus dieser Sache etwas machen.
({1})
Keine weiteren Wortmeldungen? - Dann können wir abstimmen. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, möge sich erheben. - Ich brauche keine Gegenprobe zu machen. Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Meine Damen und Herren, wir haben für heute noch zwei Punkte vorgesehen. Wird über die Tagesordnungspunkte 11 und 12 eine Debatte stattfinden? - Bei keinem der beiden. Dann rufe ich die beiden Punkte noch auf, zunächst Punkt 11 der Tagesordnung:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Mittelstandsfragen ({0}) über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Förderung der Mittelschichten ({1}).
Berichterstatter: Abgeordneter Burgemeister
Zur Berichtigung seines Schriftlichen Berichts erteile ich dem Herrn Abgeordneten Burgemeister das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich verweise auf den Schriftlichen Bericht und habe nicht die Absicht, noch einen mündlichen Bericht zur Ergänzung zu geben. Ich muß aber die Überschrift berichtigen, da die Antragsteller Wert darauf legen, daß schon in der Überschrift festgestellt wird, daß dieser Bericht nur den Teil II des Antrages behandelt. Der Teil I ist seinerzeit in der 33. Sitzung bereits angenommen worden, so daß dieser Bericht sich nur noch auf den Teil II bezieht. Insofern muß die Überschrift heißen: „Schriftlicher Bericht über Nummer 2 des Antrages der Fraktion der SPD".
Ich bitte, diesen Schriftlichen Bericht insoweit zu ändern.
Ich danke Ihnen, Herr Berichterstatter.
Keine Wortmeldungen. - Dann kommen wir zur Abstimmung. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmige Annahme.
Punkt 12 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Wirtschaftsplans des ERP-Sondervermögens für das Rechnungsjahr 1963 ({0}) ({1}) ;
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für wirtschaftlichen Besitz des Bundes ({2}) ({3})
({4}).
Berichterstatter ist der Abgeordnete Lange. Herr Abgeordneter, legen Sie Wert darauf, Ihren Bericht vorzutragen? - Das ist nicht der Fall. Das Haus ist damit einverstanden, daß er sich auf den Schrift- lichen Bericht bezieht.
Ich eröffne die zweite Beratung. §§ 1 bis 6, Einleitung und Überschrift. - Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Ich stelle einstimmige Annahme fest und schließe die zweite Beratung.
Ich eröffne die
dritte Beratung.
Allgemeine Aussprache! - Keine Wortmeldungen; ich schließe die allgemeine Aussprache.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, möge sich erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Damit, meine Damen und Herren, ist die Tagesordnung, die wir uns für heute vorgenommen hatten, erledigt. Morgen fahren wir mit Punkt 13 der Tagesordnung fort. Nach der Fragestunde wird jedoch zunächst Punkt 2 der Tagesordnung aufgerufen.
Ich berufe die nächste Sitzung des Bundestages ein auf Donnerstag, den 27. Juni 1963, 9 Uhr.
Die Sitzung ist geschlossen.