Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet.
Zwei Kollegen haben ihren 60. Geburtstag gefeiert: der Herr Kollege Struve am 12. Mai,
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der Herr Abgeordnete Dr. Seume am 14. Mai.
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Beiden gelten unsere herzlichen Wünsche.
Als Nachfolger für die verstorbene Abgeordnete Frau Vietje ist mit Wirkung vom 9. Mai der Abgeordnete Dr. Theodor Oberländer in den Bundestag eingetreten. Ich begrüße ihn und wünsche ihm gute Zusammenarbeit.
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Die folgenden amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Herr Bundeskanzler hat unter dem 9. Mai 1963 gemäß § 30 Abs. 4 des Bundesbahngesetzes vom 13. Dezember 1951 den Wirtschaftsplan der Deutschen Bundesbahn mit Erläuterungen und Anlagen sowie den Stellenplan für das Geschäftsjahr 1963 zur Kenntnisnahme übersandt. Der Wirtschaftsplan liegt im Archiv zur Einsichtnahme aus.
Der Herr Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen hat unter dem 6. Mai 1963 gemäß § 17 Abs. 5 des Postverwaltungsgesetzes den Voranschlag der Deutschen Bundespost für das Rechnungsjahr 1963 zur Kenntnisnahme übersandt. Der Voranschlag liegt im Archiv zur Einsichtnahme aus.
Der Herr Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat unter dem 10. Mai 1963 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Adorno, Dr. Zimmermann ({3}), Bauknecht, Seidl ({4}), Weinzierl und Genossen betr. Hopfenanbau im Gemeinsamen Markt ({5}) beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache IV/1256 verteilt.
Das Wort zur Geschäftsordnung hat Herr Abgeordneter Bals.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion beantrage ich, die Vorlagen Drucksache IV/1030 - Antrag der Abgeordneten Frau Dr. Probst und Genossen -, Drucksache IV/1033 - Antrag der Abgeordneten Dr. Rutschke und Genossen - und Drucksache IV/1148 - von der Fraktion der SPD eingebrachter Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Neuordnung des Kriegsopferrechts - auf die vorliegende Tagesordnung zu setzen.
Wir meinen, daß es an der Zeit ist, den vorgelegten Gesetzentwurf in erster Lesung zu beraten und dem Ausschuß für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen zu überweisen. Meine Fraktion ist nicht bereit, die Verzögerungstaktik der Bundesregierung weiter hinzunehmen. Das Verhalten der Bundesregierung ist nicht fair. Der Herr Bundesarbeitsminister hat noch im Februar 1962 im Ausschuß erklärt, die Bundesregierung wisse immer und jederzeit, was nottue in der Kriegsopferversorgung. Die Bundesnegierung war aber nicht bereit, einen Gesetzentwurf vorzulegen. Sie ließ es zu, daß der zuständige Ressortminister, anstatt zu helfen, sich polemisch mit den Kriegsopfern auseinandersetzte.
Die Bundesregierung war auch nicht bereit, dem Antrag der SPD vom 13. Juni 1962, dem der Bundestag zugestimmt hat, nachzukommen und den Entwurf eines Zweiten Neuordnungsgesetzes bis zum 30. November 1962 vorzulegen. Mit Schreiben vom 12. 12. 1962 ,an den Herrn Präsidenten dieses Hohen Hauses erklärte der Herr Bundesarbeitsminister, die Bundesregierung sehe sich außerstande, den Beschluß ,des Bundestages zu vollziehen.
Wenn Sie unseren Antrag ablehnen, dann bedeutet das, wie Sie wissen, daß die Beratung eines Zweiten Neuordnungsgesetzes um ein weiteres halbes Jahr verzögert wird, dann wollen Sie weiter, daß ,die Mittel eingespart werden, welche Sie später geben wollen. Sie wissen genau, daß der Antrag der SPD das Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Juli 1963 vorsieht. Wenn Sie unseren Antrag ablehnen, können Sie den Verdacht nicht ausräumen, daß Ihr Verhalten darauf abzielt, ,den Ausschuß mit den Beratungen so spät beginnen zu lassen, daß die Verabschiedung erst 1964 möglich wird.
Kommen Sie nicht mit dem Argument: Warten wir die Regierungsvorlage ab, und dann beraten wir gemeinsam alle vier Vorlagen! - Nichts hindert das Hohe Haus, heute die erste Lesung vorzunehmen. Das Ausschußsekretariat kann sofort unter Berücksichtigung der Regierungsvorlage eine Synopse erstellen, und wir können nach Pfingsten die Sachverständigen hören. Bis dahin liegt auch die Stellungnahme des Bundesrates vor. Wir können dann bis zum Beginn der Sommerferien die erste Lesung im Ausschuß hinter uns bringen. Somit wäre gewährleistet, daß wir noch 1963 mit dem Zweiten Neuordnungsgesetz zu einem Abschluß kommen.
Es gibt kein vernünftiges Argument dafür, sich heute unserem Antrag zu widersetzen. Im Gegenteil,
3664 Deutscher Bundestag - 4. 'Wahlperiode Bals
wir sollten das gemeinsame Interesse haben - das teilweise auch aus den vorliegenden Anträgen hervorgeht -, soschnell wie möglich eine Beruhigung bei den Kriegsopfern herbeizuführen.
Wir wissen in diesem Hohen Hause alle, wie schwer jede Novelle zum Kriegsopferrecht der Bundesregierung abgerungen werden mußte. Wir waren sicher alle überrascht, ausgerechnet vom Bundesarbeitsminister zu hören, falls .der Bundestag mehr beschließen sollte, als die Bundesregierung in ihrem Gesetzentwurf vorsieht, gedenke man die Reichshaushaltsordnung anzuwenden, d. h. Mehrausgaben zu sperren.
Es war sehr interessant, meine Damen und Herren, zu lesen, daß der Bundesminister der Finanzen am 15. Februar 1963 in Gegenwart des Herrn Bundeskanzlers vor Vertretern eines Verbandes gesagt hat, er bedauere es, daß mit dem Bundesarbeitsminister im Kabinett bisher nicht über die Forderungen der Kriegsopfer habe gesprochen werden können. Wörtlich sagte er - ich zitiere -: Wir wollten immer eine Fortentwicklung des BVG. Blank will aber nur Härten beheben. - Er sagte weiter, es habe ihn - Dr. Dahlgrün - immer überrascht und sehr beeindruckt, 'daß der Bundesarbeitsminister in dieser Frage immer hart geblieben ist.
Hier ist die Frage zu stellen: Wer ist hier der Bundesfinanzminister, und wer ist der Arbeitsminister? Wenn sich ein Arbeitsminister so verhält, muß er mit dem Widerstand der SPD rechnen. Es ist nicht so, Herr Blank, wie Sie meinten, die große Koalition sei der Grund der Gegnerschaft der SPD Ihnen gegenüber. Die Sozialdemokratische Partei hat den Kriegsopfern versprochen, für eine gerechte und menschenwürdige Kriegsopferversorgung einzutreten. Das gilt auch im Hinblick auf die Soldaten der Bundeswehr.
Wir haben uns im Kriegsopferausschuß immer auf eine Formel geeinigt. Wir sollten uns auch heute hier einigen und unser Wahlversprechen, das wir 1961 gegeben haben, einlösen. Ich bitte deshalb, unseren Antrag anzunehmen.
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Das Wort hat der Herr Abgeordnete Rasner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens der Fraktionen der CDU/ CSU und der FDP bitte ich das Hohe Haus, diesen Antrag abzulehnen.
Meine Damen und Herren, der Bundesrat tagt am 31. Mai. Auf der Tagesordnung dieser Sitzung stehen die Beratung des Haushalts, so, wie ihn das Haus verabschiedet hat, die Beratung des Gesetzes über die Verteilung des Aufkommens aus der Einkommen- und Körperschaftsteuer zwischen Bund und Ländern und die Beratung des Regierungsentwurfs zur Kriegsopferversorgung, eines Entwurfs von einem Finanzvolumen, das für diesen Haushalt von erheblicher Bedeutung ist auch für die Frage, wie die Steuern zwischen Bund und Ländern verteilt
werden sollen. Wir möchten infolgedessen unter allen Umständen erst das Votum des Bundesrats zu allen drei Vorlagen hören.
Ich darf die Kolleginnen und Kollegen von der SPD vielleicht daran erinnern, daß nicht nur nach meiner eigenen Erinnerung, sondern auch nach einem ausdrücklichen Hinweis der Frau Kollegin Dr. Probst der verstorbene Experte Ihrer Fraktion, der Kollege Pohle, stets besonderen Wert auf eine Übereinstimmung mit dem Bundesrat und auf die Meinung des Bundesrates in dieser Frage gelegt hat.
({0})
Aus diesen Gründen bitte ich Sie, den Antrag der SPD-Fraktion abzulehnen.
Wir stimmen über den Antrag der SPD-Fraktion, die drei Vorlagen zu einem Zweiten Neuordnungsgesetz auf die Tagesordnung zu setzen, ab. Wer zustimmt, gebe bitte Zeichen. - Gegenprobe! - Der Antrag ist abgelehnt.
Wir treten in die Tagesordnung ein und beginnen mit der
Fragestunde ({0}).
Wir kommen zunächst zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen, und zwar zur Frage II - des Abgeordneten Dr. Fritz ({1}) -:
Warum werden nicht in einem größeren Umfange mit den Entwicklungsländern, in denen deutsche Investitionen in Betracht kommen, Doppelbesteuerungsvereinbarungen getroffen, obwohl viele dieser Länder zum Abschluß von Verträgen bereit sind?
Ich darf die Frage des Herrn Kollegen Dr. Fritz wie folgt beantworten. Die Bundesregierung war schon in den vergangenen Jahren darum bemüht, neben ihrem ausgedehnten Verhandlungsprogramm mit Industriestaaten auch mit Entwicklungsländern vermehrt Doppelbesteuerungsabkommen abzuschließen.
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Ich darf um Ruhe bitten.
Aus dem Kreis der Entwicklungsländer bestehen heute deutsche Doppelbesteuerungsabkommen mit Indien, Pakistan und der Vereinigten Arabischen Republik. Erst im vergangenen Jahr wurden Doppelbesteuerungsabkommen mit Ceylon und Israel unterzeichnet. Die Verhandlungen mit Griechenland sollen in Kürze abgeschlossen werden.
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Einen Augenblick! Ich darf meine Bitte, die Gespräche aus dem Raum zu verlegen, wiederholen.
Bitte, Herr Minister.
Die Bundesrepublik wird damit mehr Doppelbesteuerungsabkommen mit Entwicklungsländern haben als die meisten anderen Industriestaaten. Im übrigen wird durch einseitige Maßnahmen, soweit sie nach dem innerstaatlichen Recht möglich sind, eine doppelte Besteuerung der aus den Entwicklungsländern erzielten Einkünfte und des dort investierten Kapitals ausgeschlossen.
Die Bundesregierung wird ihre Bemühungen verstärkt fortsetzen, das Netz der Doppelbesteuerungsabkommen mit Entwicklungsländern auszubauen. Es liegt jedoch in der Natur der Sache, daß einer Intensivierung des Verhandlungsprogramms enge zeitliche Grenzen gesetzt sind. Wie auch die Vertragsabschlüsse anderer Staaten und die Untersuchungen der OECD zeigen, ziehen sich Doppelbesteuerungsverhandlungen zwangsläufig über eine längere Zeit hin. Hinzu kommt, daß die Verhandlungen mit Entwicklungsländern erschwert sind, da diese Länder als Schuldnerstaaten andere steuerliche Grundsätze verfolgen als die Bundesrepublik und die anderen Kapitalausfuhrländer.
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Meine Damen und Herren, der Herr Minister ist nicht zu verstehen. Es wird darüber aus dem Hause geklagt. Darf ich bitten, grundsätzlich Gespräche nicht im Saal zu führen.
Um jedoch ihrem Verhandlungsprogramm mit Entwicklungsländern eine möglichst große Ausstrahlung zu sichern, ist die Bundesregierung darauf bedacht, auch bei entgegengesetzten Wünschen anderer Staaten zunächst mit den Entwicklungsländern zu verhandeln, bei denen das Schwergewicht der deutschen Investitionen liegt.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Fritz.
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß schätzungsweise zwanzig Entwicklungsländer den Wunsch geäußert haben, Doppelbesteuerungsabkommen mit uns abzuschließen, und daß wir bei dem jetzigen Tempo des Abschlusses solcher Verträge in den nächsten Jahren noch nicht dazu kommen, alle diese Wünsche zu erfüllen?
Ob es gerade zwanzig Entwicklungsländer sind, weiß ich nicht; aber daß in einer ganzen Reihe von Entwicklungsländern ein solcher Wunsch besteht, ist bekannt. Auf der anderen Seite haben wir auch soundso viele Entwicklungsländer, die gar kein besonderes Interesse daran haben, solche Doppelbesteuerungsabkommen mit uns abzuschließen. Im übrigen ist für uns nicht jeder Wunsch eines Entwicklungslandes ohne weiteres akzeptabel. Viele dieser Entwicklungsländer wollen sehr einfache
Doppel'besteuerungsa'bkommen haben und die sachlichen Streitfragen möglichst ausklammern. Das kann auf der anderen Seite auch wieder nicht in unserem Interesse liegen, um unsere Firmen vor den Auswirkungen der ausländischen Steuergesetzgebung zu schützen.
Eine weitere Frage, Herr Abgeordneter Dr. Fritz.
Herr Minister, ist es nicht aber so, daß unsere Doppelbesteuerungsabkommen im Hinblick auf die Entwicklungsländer etwas zu kompliziert gestaltet werden und daß es durchaus möglich wäre, vielleicht einfachere Musterverträge für die Entwicklungsländer zu entwickeln und 'dafür solche Verträge in einer größeren Zahl abzuschließen?
Ich habe allergrößte Bedenken dagegen, mit Entwicklungsländern einfache Doppelbesteuerungsabkommen - wie man sie genannt hat - abzuschließen, weil wir .dadurch für die, sagen wir einmal, richtigen Doppelbesteuerungsabkommen leicht präjudiziert wenden könnten. Diese „einfachen" Doppelbesteuerungsabkommen - ganz unkompliziert - verlagern die Streitfragen auf den Einzelfall und schützen unsere Interessen und die Interessen unserer Wirtschaft nicht in ausreichendem Maße.
Ich danke Ihnen, Herr Minister.
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- Sie haben schon zwei Zusatzfragen gestellt. Damit sind Ihre Möglichkeiten erschöpft.
Ich rufe .auf die Frage III - des Abgeordneten Walter - an den Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten:
Ist die Bundesregierung bereit, den Vorschlägen des Exekutivdirektors des ,.Welternährungsprogramms" ({1}) der Vereinten Nationen, Dr. A. H. Boerma, für eine Ergänzung der Hilfsleistungen der Bundesrepublik zu entsprechen und insbesondere Kartoffel-Trockenerzeugnisse und Zucker anzubieten?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Herrn Ministerialdirektors Dr. Bretschneider vom 15. Mai 1963 lautet:
Die Bundesregierung ist bereit, im Rahmen ihres Beitrags zum Welternährungsprogramm allen Vorschlägen des Exekutivdirektors in bezug auf die Zusammensetzung der Warenlieferungen zu entsprechen, sofern die gewünschten Waren in der Bundesrepublik für diesen Zweck verfügbar sind. Die Bundesregierung möchte jedoch davon absehen, von sich aus der FAO bestimmte Ernährungsgüter anzubieten, da auch der Anschein vermieden werden muß, daß es der Bundesrepublik bei der Aktion in erster Linie um den Absatz von Ernährungsgütern gehe. Bislang ist die Bundesregierung von der FAO aufgefordert worden, Angebote von Trockenfisch, Magermilchpulver und Hülsenfrüchten für die Lieferung in bestimmte Länder vorzulegen. Es ist der Bundesregierung nicht bekannt, ob die FAO an der Lieferung von Kartoffel-Trockenerzeugnissen interessiert ist. Falls ein solcher Wunsch seitens der FAO vorgebracht werden sollte, stünde nichts im Wege, ihm zu entsprechen.
Dagegen ist von der FAO in mündlichen Verhandlungen der Wunsch auf Lieferung von Zucker vorgebracht worden. Die Bundesrepublik hat jedoch infolge der unbefriedigenden Zuckerrübenernte des letzten Jahres einen echten Einfuhrbedarf an Zucker. Bei den erhöhten Weltmarktpreisen müssen
Vizepräsident Dr. Dehler
für die Beschaffung des Zuckers Subventionen zur Verfügung gestellt werden. Unter diesen Umständen kann in diesem Jahr für das Welternährungsprogramm kein Zucker aus deutscher Erzeugung abgegeben werden. Ein eventueller Antrag der FAO auf die Lieferung von Zucker müßte daher abgelehnt werden.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen. Ich rufe die Frage des Herrn Abgeordneten Weigl auf:
Ist sichergestellt, daß mit der Inbetriebnahme des Fernsehsenders Rotbühl bei Amberg auch geographisch etwas abseits liegende Gebiete der Oberpfalz, wie z. B. der Landkreis Tirschenreuth, das 2. Fernsehprogramm einwandfrei empfangen können?
Ist der Herr Abgeordnete Weigl im Raum? - Herr Abgeordneter Dr. Dittrich übernimmt die Frage. Bitte, Herr Minister!
Nach Inbetriebnahme der Fernsehsender Amberg und Hoher Bogen dürfte der größte Teil der Bevölkerung der Oberpfalz das 2. Fernsehprogramm empfangen können. Teilgebiete der Oberpfalz, zu denen auch der Landkreis Tirschenreuth gehört, können aus topographischen Gründen von diesen Fernsehsendern nicht erreicht werden. Zur Versorgung dieser Teilgebiete werden zusätzlich Fernseh-Frequenzumsetzer gebaut werden. Die Planung und der Ausbau dieser Fernsehsender können aber aus technischen Gründen erst dann begonnen werden, wenn die genannten Großsender in Betrieb genommen sind.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Dittrich.
Herr Minister, könnten Sie Auskunft darüber geben, wann etwa der südöstliche Teil der Oberpfalz und der nordwestliche Teil Niederbayerns, also der Bayerische Wald und der Oberpfälzer Wald, das 2. Fernsehen empfangen können?
Herr Kollege Dittrich, das läßt sich nicht genau festlegen. Wir sind davon abhängig, daß die Großsendeanlagen fertiggestellt und daß die Sendungen ausgestrahlt werden. Erst dann können die Messungen vorgenommen werden, die die Voraussetzung für den weiteren Ausbau der Frequenzumsetzer sind. Erst wenn wir diese technischen Daten planungsmäßig erfaßt haben, sind wir in der Lage, die Bestellungen für die Umsetzer aufzugeben. Daher kann heute von uns allein aus noch nicht gesagt werden, wann der Abschluß des Ausbaus auch im oberpfälzischen und im niederbayerischen Raum vollzogen ist.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Dittrich!
Herr Minister, können Sie auch nicht annähernd - unter Angabe des Jahres - sagen, wann etwa damit zu rechnen sein wird, daß das von der Bevölkerung gewünschte 2. Programm dort empfangen werden kann?
Ja, Herr Kollege Dittrich, ich würde auch bei annähernden Jahreszahlenangaben nicht konkret sein können. Ich darf Ihnen nur eines versichern: daß wir ohne Verzögerung den Ausbau der zweiten Fernsehkette auch in diesem Raume vornehmen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Unertl.
Herr Bundesminister, ist denn nicht damit zu rechnen, daß, wenn jetzt der Haushalt verabschiedet worden ist, gerade dieses Gebiet im ostbayerischen Raum bevorzugt herankommen könnte? Die Zeit zu erfahren, die noch verstreichen wird, wäre doch auch eine gewisse Beruhigung.
Herr Kollege Unertl, Sie wissen, daß ich aus meinem bayerischen Herzen nie eine Mördergrube gemacht habe. Trotzdem muß ich als Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen des gesamten Bundesgebietes hier die Kinder alle gleich lieb behandeln. Daher kann ich diese Zusage, so gern ich sie geben möchte, nicht geben. Ich wiederhole: Wir werden ohne Verzögerung, soweit wir dazu kapazitätsmäßig, planungsmäßig und finanziell in der Lage sind, die Sendekette für das 2. Programm im ganzen Bundesgebiet ausbauen.
Bitte, Herr Kollege, eine Zusatzfrage!
Herr Minister, wäre es nicht möglich gewesen, den Ochsenkopf-Sender für das zweite Programm einzuschalten?
Herr Kollege, das haben wir natürlich geprüft. Ich kann hier nur - aus ganz bestimmten Gründen - die einfache Erklärung abgeben, daß das nicht möglich war.
Ich danke Ihnen, Herr Minister.
Dann die Frage aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte - des Herrn Abgeordneten Rollmann -:
Haben sich inzwischen Pressemeldungen als wahr erwiesen, wonach der Hausmeister der jugoslawischen Mission in Bad Godesberg, Popović, der bei dem Überfall auf die Mission am 29. November 1962 verletzt wurde und später seinen Verletzungen erlegen ist, an der Massenliquidation von deutschen Kriegsgefangenen und volksdeutschen Zivilisten sowie insbesondere an der Vergasung volksdeutscher Kinder bei Kriegsende in Jugoslawien maßgeblich beteiligt gewesen sein soll?
Berichte über Massenliquidation von Volksdeutschen und die Vernichtung volksdeutscher Kinder in Jugoslawien beim Zusammenbruch des Deutschen Reiches sind bekannt. Einige sind u. a. in der Dokumentation der Vertreibung der Deutschen aus Ost-MittelBundesminister Mischnick
europa in Band V, „Schicksale der Deutschen in Jugoslawien", 1961, und in der Denkschrift an die Teilnehmer am Salzburger Kongreß des Weltkirchenrates vom 15. his 17. Januar 1950 enthalten.
Die Pressemeldung, auf die Sie, Herr Kollege, verweisen, ist ebenfalls 'bekannt. Als Augenzeuge hat sich nach vorliegenden Berichten der Flüchtling aus Jugoslawien Ivan Boras, der nach langjähriger Inhaftierung in Jugoslawien in Baden-Württemberg lebt, gemeldet. Er hat erklärt, über die Vergasung volksdeutscher Kinder und .andere an Deutschen begangene Greueltaten vor deutschen Gerichten aussagen zu wollen.
Eine Zusatzfrage Herr Abgeordneter Rollmann!
Glauben Sie nicht, Herr Minister, daß sich die deutsche und die internationale Öffentlichkeit, die an dem Ende des Herrn Popović so lebhaften Anteil genommen hat, auch an diesem Abschnitt seines Lebens interessiert zeigen würde, wenn die Tatsachen, ,die Sie uns hier mitgeteilt haben, seitens der Bundesregierung auch der Öffentlichkeit bekanntgegeben würden?
Ich halte es nicht für ausgeschlossen, daß die Punkte, die von dem Flüchtling Ivan Boras bekanntgegeben worden sind, im Rahmen des Prozesses zur Sprache kommen werden. Aber auf diese Dinge vorher einzugehen, halte ich nicht für richtig.
Eine weitere Frage Herr Abgeordneter Rollmann!
Darf ich fragen, Herr Minister, ob es überhaupt eine Stelle in Deutschland gibt, von der Straftaten, die bei Kriegsende von Ausländern an deutschen Soldaten und Zivilisten begangen worden sind, registriert und möglicherweise strafrechtlich verfolgt werden, wie es in Ludwigsburg mit Straftaten aus der Zeit ides Dritten Reiches und in Helmstedt mit Straftaten in der sowjetischen Besatzungszone geschieht?
Sofern eine Anzeige gegen eine bestimmte Person vorliegt, wird sie verfolgt. In diesem Falle ist der angeblich daran Beteiligte verstorben, so daß eine Strafverfolgung gegen ihn nicht mehr möglich wäre.
Herr Abgeordneter Wehner zu einer Zusatzfrage!
Herr Minister, kann es bei der Beurteilung und der Ahndung einer Mordtat eine Rolle spielen, welche Rolle der Ermordete früher in seinem von den Hitler-Leuten besetzten Land gespielt hat?
Die Entscheidung darüber hat allein das Gericht zu fällen. Es ist nicht Aufgabe der Bundesregierung, hier im einzelnen dazu Stellung nehmen, welche Beurteilung diese Frage in öffentlichen Diskussionen erfahren hat.
Eine weitere Frage des Herrn Abgeordneter Wehner!
Herr Minister, wird bei der Verfolgung von Mördern und Mörder-Organisationen ein Unterschied im Hinblick auf die politische Haltung des Ermordeten und die politischen Hintergründe gemacht?
Ich bin überzeugt, Herr Kollege Wehner, daß das Gericht, vor dem der Prozeß stattfinden wird, ausschließlich die Tatbestände, die dort zur Verhandlung anstehen, würdigen wird.
Ich danke Ihnen, Herr Minister.
Dann die Frage aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für gesamtdeutsche Fragen - des Herrn Abgeordneten Müser -:
Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, lebenswichtigen nationalen Anliegen, besonders auch Fragen der Unversehrtheit deutschen Territoriums, in wirksamer, dem Recht ebenso wie der europäischen Verständigung dienender Weise über Rundfunk und Fernsehen einen Ausdruck zu verleihen, der angemessen ist und der der gemeinsamen Auffassung aller demokratischen Parteien und des Deutschen Bundestages Rechnung trägt?
Die Bundesregierung verweist auf Art. 7 des Deutschlandvertrages, in dem die Rechtspflicht niedergelegt ist, eine „frei vereinbarte friedensvertragliche Regelung für ganz Deutschland" zu erstreben, welche „die Grundlage für einen dauerhaften Frieden bilden soll". In diesem Artikel heißt es weiter, „daß die endgültige Festlegung der Grenzen Deutschlands bis zu dieser Regelung aufgeschoben werden muß".
Die Bundesregierung verurteilt alles, was in direkter oder indirekter Weise diese Rechtsposition in Frage stellt. Es liegt im deutschen Interesse, keinerlei Zweifel an dieser Rechtsposition aufkommen zu lassen. Der genannte Artikel des Deutschlandvertrages enthält auch folgende Vorschrift:
Bis zum Abschluß der friedensvertraglichen Regelung werden die Unterzeichnerstaaten zusammenwirken, um mit friedlichen Mitteln ihr gemeinsames Ziel zu verwirklichen: Ein wiedervereinigtes Deutschland, das eine freiheitlichdemokratische Verfassung, ähnlich wie die Bundesrepublik, besitzt und das in die europäische Gemeinschaft integriert ist.
Die Rundfunk- und Fernsehanstalten der Bundesrepublik Deutschland beruhen auf öffentlichem Recht. Es ist Aufgabe der Intendanten und der Organe der öffentlichen gemeinnützigen Rundfunk3668
und Fernsehanstalten, dafür Sorge zu tragen, daß lebenswichtigen nationalen Anliegen in wirksamer Weise Ausdruck verliehen wird. Der Bundesregierung stehen insoweit Weisungsrechte insbesondere gegenüber den Landesrundfunkanstalten nicht zu.
Herr Abgeordneter Müser eine Zusatzfrage.
Herr Minister, um ganz konkret zu werden: Sind Sie der Meinung, daß man in der Präambel zu einem Vertrag zwischen Deutschland und Frankreich, der demnächst ratifiziert wird, auf das Selbstbestimmungsrecht hinweisen kann, hinweisen muß und hinweisen soll, andererseits aber Sendungen widerspruchslos über sich ergehen lassen muß wie die Sendung über Breslau, die dem Selbstbestimmungsrecht wirklich nicht förderlich ist?
Ich glaube mit Ihnen, Herr Kollege Müser, daß unser Anspruch auf Selbstbestimmung überall und immer durch adäquate Taten glaubhaft Ausdruck finden muß.
Eine weitere Frage des Herrn Abgeordneten Müser.
Herr Minister, halten Sie es nicht für gut, daß die Bundesregierung, auch unter Respektierung der Hoheit oder des Rechts, das der
3) Rundfunk und das Fernsehen haben, zu dieser Frage irgendwie Stellung nähme?
Herr Kollege Müser, einzelne Mitglieder der Bundesregierung haben zu dieser Sendung in der Öffentlichkeit Stellung genommen, und ich bedanke mich für die Gelegenheit, das jetzt auch hier vor dem Hause zu tun.
Ich danke Ihnen, Herr Minister.
Wir kommen zur Frage des Herrn Abgeordneten Rollmann aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Familien- und Jugendfragen:
In welchem Stadium befindet sich das Verfahren betr. die Frage der Verfassungsmäßigkeit des Jugendwohlfahrtsgesetzes vor dem Bundesverfassungsgericht?
Das Bundesverfassungsgericht hat den klageführenden Städten
({0})
auf Antrag eine Frist für eine Erklärung bis zum 30. 8. eingeräumt. Damit ist der ursprünglich für die mündliche Verhandlung vorgesehene Termin - 10. 6. - hinfällig geworden.
Keine Zusatzfrage.
Zur vorigen Frage sollte noch eine Zusatzfrage gestellt werden? - Herr Abgeordneter Krüger. Zuerst hatte sich Herr Abgeordneter Rommerskirchen gemeldet, aber dann wieder abgewinkt.
Herr Minister für gesamtdeutsche Fragen, eine Zusatzfrage.
Herr Minister, ist die Regierung der Auffassung daß es für einen dauerhaften Frieden in Europa, für eine befriedigende Bereinigung der zwischen unserem Volk und unserem Nachbarn im Osten schwebenden Fragen zweckdienlich ist, wenn immer wieder von Einzelgängern oder von mit Problemen nicht vertrauten Ausländern dem deutschen Volk eine völlige Kapitulation in seiner Geschichtsauffassung unter Verneinung unseres Rechtsstandpunkts zugemutet wird? Ist es dabei ebenso zweckdienlich, wenn eine )dahingehende Regelung und Anschauung vertreten wird, wie es z. B. neulich bei der Aufführung des Streifens über die jetzige Lage in Breslau im Norddeutschen Fernsehen geschehen ist?
Herr Kollege Krüger, die 'Bundesregierung glaubt, daß alle diese Fragen nur 'auf Grund des Selbstbestimmungsrechtes zu lösen sind, und erachtet es für .die selbstverständliche Pflicht aller Beteiligten, zur deutschen Geschichte in guten und in bösen Tagen zu stehen. Ich glaube, daß der Freundschaftsvertrag zwischen Deutschland und Frankreich, der in diesem Hause wohl morgen. zur Debatte steht, ein Beispiel dafür ist, wie man zum Ausgleich mit Nachbarn kommen kann. Aber dieser Ausgleich setzt immer das Selbstbestimmungsrecht voraus.
Die von Ihnen angesprochene Sendung war nach Meinung der Bundesregierung einseitig, enthielt auch Fehler und gab deshalb wohl ein verzerrtes Bild der Probleme, - 'übrigens wohl auch von der Wirklichkeit in Polen. Nur eine objektive Darstellung kann die Wahrung des Rechts fördern und dem Ausgleich mit unseren Nachbarn dienen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Müller ({0}).
Herr Minister, billigt die Bundesregierung die in ihrer unauffälligen, aber desto bedenklicheren Einseitigkeit gestaltete Darstellung des Norddeutschen Fernsehens am 7. Mai dieses Jahres, die manche politischen Irrtümer und Fehler der Deutschen, aber keine Gewaltakte gegen Deutsche optisch darstellte?
Die Bundesregierung billigt diese Sendung nicht. Sie gab kein objektives Bild der Wirklichkeit und der differenzierten Probleme, die da zur Debatte stehen. Zu dieser Wirklichkeit gehört auch das Unrecht der Vertreibung, das Unrecht gegenüber Deutschen und das Unrecht gegenüber Polen. Wenn, wie in dieser Sendung, die Unschuld der in Breslau .geborenen polnischen Kinder besonders dargetan wird, so ist zu fragen, ob etwa die Kinder der deutschen Breslauer schuldiger sind.
({0})
Herr Abgeordneter Wehner zu einer Zusatzfrage an den Herrn Minister für gesamtdeutsche Fragen.
Hält es die Bundesregierung für ihre Aufgabe, Herr Minister, Urteile über künstlerische und publizistische
({0})
- ich generalisiere jetzt - Arbeiten und Vorführungen abzugeben, oder hält sie es für ihre Aufgabe, dafür zu sorgen und darüber zu wachen, daß keine Meinung unterdrückt oder verfälscht werden kann?
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- Ich halbe ja noch das Recht zu einer Zusatzfrage. Bisher war es nicht üblich, daß Sie sich, wenn Sie Ihre Fragen abrollen lassen, gegenseitig selber stören.
Die Bundesregierung hält das Recht der freien Meinungsäußerung für ein essentielles Grundrecht. Sie hält es nicht für ihre Aufgabe, zu künstlerischen Fragen, zu Fragen des Geschmacks öffentlich Stellung zu nehmen, 'wohl alber, zum politischen Gehalt solcher Sendungen, wenn danach im Hause gefragt wird.
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Eine weitere Frage, Herr Abgeordneter Wehner.
Würde es die Bundesregierung für möglich halten, bei der Beurteilung so schwieriger Probleme, wie es die sind, um die jetzt gefragt und geantwortet wird, an die unglückliche Rolle zu denken, die die Auseinandersetzung über einen Film und ein Theaterstück, „Im Westen nichts Neues", in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg gespielt hat, wobei die Auseindersetzung über das Stück das Insich-Gehen und das Finden eines gemeinsamen Weges im deutschen Volk eher verhindert als gefördert hat?
Herr Kollege Wehner, die Bundesregierung ist bei der Delikatesse der Probleme, um die es hier geht, sehr gern bereit, !die Frage in dem zuständigen Ausschuß zu erörtern.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Czaja.
Ist es nach Auffassung der Bundesregierung Aufgabe von Anstalten, die einen öffentlich-rechtlichen Auftrag haben, in Angelegenheiten von großer staats- und volkspolitischer Tragweite ohne Fühlungnahme mit den durch das Grundgesetz zur Vertretung unserer Staats- und Außenpolitik bestimmten Organen mißverständliche und unpräzise Fragebogen an einen durch keine gesetzlichen Bestimmungen festgelegten Personenkreis auszugeben und auszuwerten, womit der Versuch verbunden sein könnte, der Auswertung dieser Bogen einen plebiszitären Charakter zu geben?
Auch auf diese Frage, Herr Kollege, möchte ich zunächst feststellen, daß die Bundesregierung die Meinungsfreiheit und die Freiheit der Meinungsbildung für ein essentielles Grundrecht hält. Zugleich hält sie es für bedenklich, wenn mißverständliche Methoden angewendet und auf Grund der ungewissen Ergebnisse solcher Methoden diese Meinungen dann als Tatsachen ausgegeben werden, die möglicherweise die deutsche Position beeinflussen. Befugter Sprecher für alle Deutschen ist dieses Haus und sind die Instanzen, die das Grundgesetz dafür vorsieht.
({0})
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Majonica.
Ist der Herr Bundesminister nicht auch der Meinung, daß es nicht Aufgabe von Rundfunk- und Fernsehanstalten als Anstalten des öffentlichen Rechts sein kann, die zukünftige Verhandlungsposition der Bundesregierung bei Verhandlungen über die Grenzfrage zu erschweren, und ist der Herr Bundesminister nicht auch der Meinung, daß die Meinungsfreiheit mit dem wohlverstandenen Interesse des deutschen Volkes in Einklang gebracht werden muß?
Die Anwort lautet: Ja.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Ehren.
Ist die Bundesregierung nicht der Auffassung, daß die veranstaltete Breslau-Sendung im offenen Widerspruch zu dem einstimmig gefaßten Beschluß des Bundestages vom 9. Juni 1961 zu dem sogenannten Jaksch-Bericht steht?
Herr Kollege Ehren, die Bundesregierung ist 'der Auffassung, daß diese Sendung einseitig war, daß sie Fehler enthielt und deshalb kein zutreffendes Bild der Wirklichkeit gab und daß das Bild, das dort vermittelt wurde, mit der einmütigen Auffassung dieses Hauses nicht im Einklang stand.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Blachstein.
Herr Minister, sind Sie bereit, den schweren Vorwurf der Einseitigkeit und der Fehlerhaftigkeit dieser Sendung, den Sie hier öffentlich erhoben haben, vor dem Hause mit der Sorgfalt zu begründen, die das Haus von Ihnen in einer solchen Frage erwarten kann?
Herr Kollege Blachstein, ich habe eben bereits darauf hingewiesen, daß es bei der Delikatesse des Problems wohl angezeigt erscheinen würde, zunächst die Tatbestände, die hier zur Debatte stehen, im Ausschuß zu erörtern und dann die weiteren Schritte zu erwägen.
Eine weitere Frage des Herrn Abgeordneten Blachstein.
Halten Sie es für fair, Herr Minister, so schwere Vorwürfe nicht nur gegen den Autor der Sendung, sondern auch gegen den Intendanten der Anstalt, der diese Sendung zu vertreten hat, zu erheben und die Begründung dann in den Ausschuß zu verlegen?
Sehr verehrter Herr Kollege Blachstein, ich habe bereits Gelegenheit genommen, z. B. bei dem Hinweis auf die Babys - das war wohl das Unpolitischste dabei - eine Einseitigkeit darzutun. Ich möchte jetzt wirklich wegen der Delikatesse des Themas bitten, die Sachverhalte zunächst intern zu erörtern.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Sänger.
Herr Bundesminister, würden Sie, wenn man die Sachverhalte prüfen will, es nicht für angebracht halten, die Sendung vollständig zu sehen, also auch den zweiten Teil, und dann erst zu beurteilen?
Herr Kollege Sänger, ich hoffe mit Ihnen, daß der zweite Teil der Sendung das Bild abrundet und objektiviert.
Sind Sie über den Inhalt der zweiten Sendung bereits unterrichtet?
Nein.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Prof. Schmid.
Herr Minister, es wurde vorhin von den besonderen Pflichten einer Anstalt öffentlichen Rechts gesprochen. Sind Sie der Meinung des Herrn Zwischenfragers, daß es zum Wesen einer Anstalt öffentlichen Rechts gehört, wenn sie glaubt, etwas sagen zu sollen, vorher die Bundesregierung befragen zu müssen, ob sie das darf?
({0})
Dr. Barzel, Bundesminister für gesamtdeutsche ( Fragen: Herr Kollege Schmid, diese Auffassung habe ich nicht.
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Keine weiteren Fragen. Dann darf ich Ihnen danken, Herr Bundesminister.
Ich komme zu der Frage der Frau Abgeordneten Schanzenbach aus dem Geschäftsbereich des Bundesschatzministers:
Ist die Bundesregieiung bereit, zur restlosen Beseitigung der Bunkerruinen des früheren Westwalls im Rheintal ausreichend Mittel zur Verfügung zu stellen?
Herr Minister, bitte!
Dr. Dollinger, Bundesschatzminister: Die Frage der Frau Kollegin Schanzenbach beantworte ich wie folgt. Der Bund ist weder vertraglich noch gesetzlich verpflichtet, die Anlagen des früheren Westwalls zu beseitigen.
({0})
- Nur Geduld bitte! - Gleichwohl sind den Ländern Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg seit 1957, dem Saarland seit 1960 für Beseitigungsmaßnahmen an solchen Objekten Haushaltsmittel des Bundes im Gesamtbetrag von 19 Millionen DM bis einschließlich Rechnungsjahr 1961 zur Verfügung gestellt worden.
Nach den Feststellungen meines Hauses befinden sich an Anlagen des ehemaligen Westwalls in den Ländern Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Baden-Württemberg etwa 21 000 Bunker, 250 km Höckerlinien und 90 km Panzergräben. Bei diesen Zahlen handelt es sich um ungefähre Zahlen. Eine genaue Zahl ist nie genannt und auch von den Ländern nicht bekanntgegeben worden, weil sich sehr viele Westwallanlagen in Wäldern oder Ödländereien befinden, die für eine Beseitigung auch von den Ländern nie vorgesehen sind.
Die Kosten für die Beseitigung sind außerordentlich hoch. Bei einem Bunker sind durchschnittlich 300 cbm Material zu beseitigen. Der Kubikmeterpreis für die Beseitigung beträgt etwa 60 DM. Das macht bei 21 000 Bunkern 378 Millionen DM. Für die Beseitigung der 250 km Höckerlinien wären 12,5 Millionen DM und für die Beseitigung der 90 km Panzergräben rund 10 Millionen DM nötig, so daß bei einer restlosen Beseitigung der Westwallanlagen zumindest etwa 400 Millionen DM erforderlich wären.
Beseitigungsmaßnahmen mit Bundesmitteln wurden und werden von den Ländern nur durchgeführt, wenn übergeordnete, auf die Interessen der Allgemeinheit abgestellte Gesichtspunkte vorliegen und die aufzuwendenden Kosten grundsätzlich nicht in einem auffallenden Mißverhältnis zu den zu erwartenden Erfolgen stehen. Für einen sinnvollen Abschluß der Beseitigungsmaßnahmen, wie er nach dem Ergebnis gemeinsamer Objektbesichtigungen durch Vertreter der Länder und des Bundes für erforderlich gehalten wird, hat der Haushaltsausschuß in der
Bundesminister Dr. Dollinger
Sitzung am 16. November 1962 vorgesehen, nochmals einen Gesamtbetrag von 10,5 Millionen DM für die nächsten Jahre bereitzustellen, so daß folglich der Bund bis einschließlich 1964 29,5 Millionen DM zur Verfügung hat. Für das Rechnungsjahr 1962 sind bereits 4 Millionen DM zur Verfügung gestellt worden.
Die Beseitigung sämtlicher Anlagen des früheren Westwalles ist aus wirtschaftlichen und haushaltspolitischen Gründen nicht möglich und von der Bundesregierung in Übereinstimmung mit der Auffassung des Haushaltsausschusses nicht vorgesehen. Dies gilt auch für die Anlagen im Rheintal.
Frau Abgeordnete Schanzenbach, eine Zusatzfrage!
Herr Minister, wenn ich Sie recht verstanden habe, sagten Sie, daß der Bund für die restlose Beseitigung der Bunkerruinen nicht zuständig sei. Wer ist Ihrer Meinung nach für diese Kriegsfolgen zuständig?
Dr. Dollinger, Bundesschatzminister: Ich habe hier festgestellt, daß die Maßnahmen im Einvernehmen zwischen Bund und Ländern erfolgen. Wenn Sie ein besonderes Anliegen haben, sind wir gerne bereit, das zu prüfen. Hier habe ich eine Akte, da sind allein die Bunker im Regierungsbezirk Südbaden verzeichnet. Ich bin gerne bereit, einzelne Wünsche zu prüfen.
Eine weitere Frage!
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß Bauvorhaben gerade von Privatpersonen nicht durchgeführt werden können, weil diese Bunker nicht beseitigt werden, und sind Sie bereit, in solchen Fällen zu helfen?
Dr. Dollinger, Bundesschatzminister: Ein solcher Fall ist mir im Augenblick nicht bekannt. Wenn mir das vorgelegt wird, bin ich gerne bereit, das eingehend zu prüfen.
Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Schäfer!
Herr Minister, ich muß die erste Frage der Frau Kollegin Schanzenbach wiederholen. Wen halten Sie für die endgültige Beseitigung für verantwortlich?
Dr. Dollinger, Bundesschatzminister: Ich habe in meiner Antwort betont, daß der Bund weder vertraglich noch gesetzlich verpflichtet ist, diese Bunkeranlagen zu beseitigen.
Ich habe gefragt, wen Sie für verantwortlich halten.
Dr. Dollinger, Bundesschatzminister: Die bisherige Beseitigung erfolgte im Einvernehmen zwischen den Ländern und dem Bund.
Meine Frage lautet: Wer ist zuständig und verantwortlich für die Beseitigung, Herr Minister?
Dr. Dollinger, Bundesschatzminister: Ich kann Ihnen keine andere Antwort geben als die, die ich eben gegeben habe.
Ich muß meine erste Frage wiederholen; sie ist noch nicht beantwortet.
Sie haben recht, Sie haben eine zweite Frage, Herr Abgeordneter Dr. Schäfer.
Herr Minister, ist die Bundesregierung bereit, darauf hinzuwirken, daß eine restlose Beseitigung erfolgt?
Dr. Dollinger, Bundesschatzminister: Herr Kollege Dr. Schäfer, ich halte es bei dem Umfang des Objekts einfach nicht für möglich und nicht für sinnvoll, von einer restlosen Beseitigung zu sprechen. Ich darf darauf hinweisen, daß diese Anlagen zum Teil in Wäldern und Ödländereien sind, wo es bestimmt sinnlos wäre, sie überhaupt zu beseitigen. Dort, wo die Bunker irgendwie neuen Entwicklungen im Wege stehen, kann man über ihre Beseitigung sprechen. Das wird nicht bestritten. Aus diesem Grunde sind letzten Endes auch immer wieder Mittel zur Verfügung gestellt worden.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Hörmann.
Herr Bundesminister, haben Sie gemeinsam mit dem Herrn Bundesverteidigungsminister geprüft, ob nicht die Möglichkeit besteht, entsprechende Einheiten unserer Bundeswehr sinnvoll und übungsmäßig einzusetzen, um hier Trümmerbeseitigungen und Sprengungen vorzunehmen? Das würde auch nichts kosten.
Dr. Dollinger, Bundesschatzminister: Ich bin gerne bereit, Ihre Anregungen aufzunehmen und zu prüfen.
Eine weitere Frage des Herrn Abgeordneten Hörmann.
Herr Minister, würden Sie die im Augenblick bestehenden Richtlinien bei den Oberfinanzdirektionen zur jetzigen Bunkerbeseitigung ändern? Hier heißt es nämlich: „Maßnahmen zur nachhaltigen Beseitigung von akuten Gefahrenzuständen bei Kampfanlagen, die im Bereich von Wohngebieten oder sonstigen verkehrsreichen Gebieten liegen". Die Formulierung: „akute Gefahrenzustände" bedeutet eine Einengung. Kann man das nicht ändern?
Dr. Dollinger, Bundesschatzminister: Ich darf noch einmal darauf hinweisen, in welchem Umfange Mittel zur Verfügung gestellt worden sind, und in diesem Zusammenhang auch auf den Beschluß des Haushaltsausschusses verweisen. Wenn man hier nun wieder große Änderungen vornimmt, hat das natürlich auch Konsequenzen im Hinblick auf die Beschlüsse, die bisher getroffen sind.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Rinderspacher.
Herr Minister, kann man aus Ihren Ausführungen, daß der Bund nochmals 10,5 Millionen DM zur Verfügung gestellt habe, schließen, daß das eine abschließende Hilfe für die Beseitigung der Bunker sein soll? Heißt das, daß das der letzte Betrag ist, der dafür zur Verfügung gestellt wird?
Dr. Dollinger, Bundesschatzminister: Es war zumindest bei den damaligen Beratungen vorgesehen, daß damit bis einschließlich 1964 einmal ein Strich gezogen ist. Selbstverständlich besteht die Möglichkeit, 1964 die Frage erneut zu überprüfen. Ich sagte vorhin schon: wenn wir nun Räume benötigen - meinetwegen für Siedlungsgelände oder ähnliches -, in denen bisher keine Siedlungen waren und wo Bunker praktisch nicht gestört haben, wird man diese Frage erneut aufgreifen müssen. Wir können nicht starr sagen: ein für allemal ist Schluß, sondern müssen berücksichtigen, welche Entwicklungen sich ergeben und wie unter einer neuen Entwicklung eine solche alte militärische Anlage zu beurteilen ist.
Herr Abgeordneter Professor Schmid zu einer Zusatzfrage.
Ich möchte fragen, ob die bisherigen Leistungen in der Einsicht erbracht wurden, daß eine Rechtspflicht der Bundesregierung besteht, oder ob sie gewissermaßen aus Gefälligkeit dargeboten wurden.
Dr. Dollinger, Bundesschatzminister: Die Dinge hängen eng mit dem Kriegsfolgenschlußgesetz zusammen.
Ich frage, ob man diese Leistungen in dem Bewußtsein erbracht hat, daß eine Rechtspflicht dafür besteht.
Dr. Dollinger, Bundesschatzminister: Diese Frage kann ich im Augenblick nicht beantworten.
Hat man diese Frage schon geprüft und untersucht?
Dr. Dollinger, Bundesschatzminister: Ich nehme an, daß das von meinem Herrn Vorgänger geprüft worden ist.
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Rutschke.
Herr Minister, in wessen Eigentum stehen diese Bunker?
Dr. Dollinger, Bundesschatzminister: Ich weiß nicht, ob sie so wertvoll sind, daß ein großer Streit über das Eigentum geführt werden sollte.
Ich habe nicht gefragt, ob man darum streiten sollte, sondern danach, in wessen Eigentum sie stehen. Stehen sie im Eigentum der Bundesvermögensverwaltung? Sind Sie nicht der Meinung, daß, wenn die Bundesvermögensverwaltung Eigentümerin ist, sie - also der Bund - auch dafür zuständig ist, diese Bunker zu beseitigen?
({0})
Dr. Dollinger, Bundesschatzminister: Die Bunker sollen nach meinem Wissen teils in Länder-, teils in Bundeseigentum stehen. Auch das ist nicht ganz einheitlich.
Eine Frage des Herrn Abgeordneten Dr. Heinemann.
Herr Minister, wie sollen einfache Staatsbürger Klarheit darüber gewinnen, an wen sie sich zu halten haben, wenn die Bundesregierung derartige Antworten gibt? Es handelt sich doch hier nicht um ein Stockwerkseigentum oder derartig vermischte Dinge. Damit kann man das doch nicht erledigen.
Dr. Dollinger, Bundesschatzminister: Verzeihen Sie, Herr Kollege Heinemann, ich glaube, wenn sich jemand an irgendeine staatliche Stelle - sei es Oberfinanzdirektion, Länderministerien oder Bundesministerien - gewandt hat, sind die Dinge immer eingehend geprüft worden, und man hat versucht, eine Lösung zu finden. Es gibt gar keinen Zweifel, ,daß gerade bei diesen Bunkerbauten in jener Zeit doch viele Dinge ohne eine rechtliche Grundlage in bezug auf die Klärung, wer der Eigentümer von Grund und Boden ist, durchgeführt worden sind. Diese Dinge sind alle bekannt. Deshalb ist heute manches auch rechtlich sehr schwierig.
Eine weitere Frage.
Ist Ihnen nicht bekannt, daß über derartige Fragen sogar Prozesse geführt worden sind? Könnte - mit anderen Worten - die 'Bundesregierung nicht endlich einmal durch eine Klarstellung, wer zuständig ist, diesen ganzen trouble aufheben?
Dr. Dollinger, Bundesschatzminister: Ich hoffe, daß wir auch hier unsere Vergangenheit noch werden 'bewältigen können.
({0})
Eine Frage des Herrn Albgeordneten 'Dröscher.
Herr Minister, da ich weiß, daß der Großteil dieser Bunkeranlagen auf Privateigentum steht und lediglich die Frage des Eigentums an den mit dem Grund und Boden verbundenen Bauten zu klären ist, möchte ich Sie fragen, ob nicht endlich etwas geschehen kann, daß in den Fällen, wo das Eigentum auf den Bund übergehen soll, die Frage der Abwicklung dies Kaufpreises endlich gelöst wird. Da stecken bei den Oberfinanzdirektionen noch Tausende von Fällen.
Dr. Dollinger, Bundesschatzminister: Ich will diesen Dingen gern nachgehen.
Ich rufe auf die Frage- des Herrn Dröscher aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit:
Beabsichtigt die Bundesregierung, das vom Deutschen Volkshochschulverband zur Ausbildung von Erwachsenenbildnern aus Entwicklungsländern vorgesehene Seminar zu unterstützen?
Herr Kollege Dröscher, die Förderung der Erwachsenenbildung in Entwicklungsländern ist ein wichtiger Bestandteil (der Bildungs- und Sozialhilfe. Der Weiterbildung von gehobenen Fachkräften in der Erwachsenenbildung kommt besondere Bedeutung zu. Ein Teil dieser Weiterbildung sollte zweckmäßigerweise auch in Industrieländern stattfinden. Wir haben daher mit dem Deutschen Volkshochschulverband in meinem Ministerium einen Plan entwickelt, ein Seminar für Erwachsenenbildner aus Entwicklungsländern in der Bundesrepublik abzuhalten. Ich (begrüße dieses Vorhaben und beabsichtige, es auch finanziell zu fördern.
Nach (der Verabschiedung des Bundeshaushalts 1963, der ja zum erstenmal Mittel für solche Zwecke enthält, bin ich in der Lage, dieses genannte Seminar effektiv zu finanzieren, und zwar wird diese Finanzierung aus Kap. 23 02 Tit. 301 erfolgen.
Herr Abgeordneter Dröscher, eine Zusatzfrage!
Darf ich Ihrer Antwort entnehmen, Herr Minister, daß das bereits angelaufene Seminar in absehbarer Zeit mit finanzieller Unterstützung rechnen kann?
Das ist sicher. Die bisherigen Schwierigkeiten sind in der Zwischenzeit behoben worden.
Ich danke Ihnen, Herr Minister.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern. Ich rufe
.auf Frage X/1 - des Herrn Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen -:
Sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit für die Rationalisierung des Gebühreneinganges im Bereich der Bundesverwaltung durch die nachdrückliche Empfehlung der Einführung von Registrierbuchungsmaschinen oder von Gebührenstempelmaschinen?
Herr Kollege Schmitt, wir haben solche Maschinen bereits bei der Bundesbahn und bei der Bundespost in einem größeren Umfang. In den übrigen Bereichen der Bundesverwaltung werden solche Registrierbuchungsmaschinen zur Zeit beim Bundesgerichtshof, in der Außenhandelsstelle für die Erzeugnisse der Ernährung und Landwirtschaft und in der Wasserstraßenverwaltung verwendet. Voraussetzung für den Einsatz solcher Maschinen ist, daß es sich um einen hohen Gebührenumschlag, und zwar in bar, handelt. Der Präsident des Bundesrechnungshofs in seiner Eigenschaft als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung ist der Meinung, daß bei dem Anschaffungspreis in Höhe von bis zu 25 000 DM jeder einzelne Fall individuell geprüft werden muß und daß keine allgemeinen Richtlinien gegeben werden können. Selbstverständlich ist das Bundesministerium des Innern im Rahmen seiner allgemeinen Aufgaben an jeder Rationalisierung solcher Verwaltungsvorgänge interessiert.
Keine Zusatzfrage. - Ich rufe auf Frage X/2 - des Herrn Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen -:
Kann das Bundesinnenministerium nunmehr - entsprechend der Antwort des Bundesinnenministers in der Fragestunde des Deutschen Bundestages vom 9. Mai 1962 - Ergebnisse seiner Bemühungen um das Problem der Altersversorgung der älteren Angestellten des öffentlichen Dienstes vorlegen?
Nach der gemeinsamen Vorstellung der Tarifpartner des öffentlichen Dienstes soll die Neuregelung in der Gewährung einer in Anlehnung an beamtenrechtliche Grundsätze errechneten Gesamtversorgung bestehen. Die Tarifpartner haben sich von Anfang September 1962 bis heute in insgesamt sechs Verhandlungen mit dieser Neuregelung befaßt. Ihre gemeinsamen Bemühungen um eine alsbaldige Lösung haben nach Überwindung erheblicher Anfangsschwierigkeiten dazu geführt, daß in den letzten Verhandlungen bestimmte Zwischenergebnisse erzielt werden konnten, die nunmehr einen raschen Fortgang versprechen. Die damals gehegte Hoffnung, die Verhandlungen bereits bis Ende 1962 abschließen zu können, hat sich leider nicht erfüllt.
Eine Zusatzfrage? - Herr Abgeordneter Schmitt!
Müssen wir also, Herr Minister, die Sache auf Wiedervorlage legen?
Nein, nicht auf Wiedervorlage; die Sache ist vielmehr im Fluß.
Ich rufe auf Frage X/3 - des Herrn Abgeordneten Faller -:
Teilt die Bundesregierung die vom Finanzminister des Landes Baden-Württemberg, Dr. Hermann Müller, am 13. März vor der Landespressekonferenz in Stuttgart vorgetragene Auffassung, die Ortsklasseneinteilung sei überholt und müßte abgeschafft werden?
Die Frage wird von Herrn Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen übernommen. - Bitte, Herr Minister!
Die Bundesregierung hält mit der Mehrheit der Länder an der im Regierungsentwurf der Harmonisierungsnovelle vertretenen Auffassung fest, daß das System der derzeitigen Ortsklasseneinteilung nicht überholt ist und daher beibehalten werden sollte.
Die Bundesregierung wird selbstverständlich die wirtschaftliche und soziologische Entwicklung sorgfältig beobachten und die mit dem Ortszuschlag zusammenhängenden Fragen im Benehmen mit den Ländern, die naturgemäß ein erhebliches Interesse an dieser Frage haben, erneut prüfen, sobald die Verhältnisse dazu Anlaß geben.
Ich möchte gleich die nächste Frage mit beantworten, da sie in einem Zusammenhang mit dieser Frage steht.
Einverstanden. Ich rufe also auf Frage X/4- des Herrn Abgeordneten Faller -:
Ist auch die Bundesregierung der Meinung, daß durch die Aufhebung der Ortsklasseneinteilung einerseits Mehrausgaben entstünden, andererseits aber nicht unerhebliche Verwaltungskosten einzusparen wären, wie Minister Dr. Müller erklärte?
Die Bundesregierung ist der Meinung, daß die Mehrausgaben, die durch die Aufhebung der Ortsklasseneinteilung entstehen, für Bund, Länder und Gemeinden sehr erheblich und' für die öffentlichen Haushalte zur Zeit nicht tragbar sind. Demgegenüber spielt die Tatsache, daß gewisse Verwaltungskosten eingespart werden können, eine untergeordnete Rolle.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schmitt-Vockenhausen!
Herr Minister, erinnere ich mich richtig, daß Sie vor wenigen Wochen in Bad Godesberg den Gedanken einer Aufhebung der Ortsklassen zugunsten einer gebietsweisen Regelung als vernünftig und für die Zukunft richtig angesehen haben?
Herr Kollege, Ihre Erinnerung ist absolut zutreffend. Ich habe damals meine private Meinung und nicht die Meinung der Bundesregierung zum Ausdruck gebracht.
({0})
Eine weitere Frage des Herrn Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen!
Sind Sie bereit, Ihre private Meinung in Vorschlägen so verstärkt vorzubringen, daß sie auch zu Ihrer amtlichen Meinung wird?
Wie in allen Fällen!
({0})
Eine weitere Frage, Herr Abgeordneter Berkhan!
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß die Ortsklasseneinteilung insbesondere bei der Kommandierung und Versetzung von Soldaten große Schwierigkeiten bereitet?
Ja. Das ist einer der Gründe, warum ich eine private Meinung habe.
Eine weitere Zusatzfrage!
Herr Minister, sind Sie bereit, im Kabinett Ihre private Meinung nachdrücklich zu vertreten?
Ich habe vorhin schon erklärt: wie immer!
({0})
Ich danke Ihnen, Herr Minister.
Ich rufe auf die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung, zunächst die Frage IX/1 - des Herrn Abgeordneten Keller -:
Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß die Fußballspieler der Bundesliga dem Gesetz für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung unterliegen?
Die Frage 1, ob Fußballspieler der Bundesliga dem AVAVG unterliegen, verstehe ich, da das Problem der Vermittlung in Frage 2 angesprochen wird, dahin, ob Vertragsfußballspieler arbeitslosenversicherungspflichtig sind. Darauf ist zu antworten, daß nach einer Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 20. Dezember 1961 Vertragsfußballspieler Angestellte sind und grundsätzlich der Sozialversicherungspflicht unterliegen. Ob und aus welchen Gründen sie nach besonderen Befreiungsvorschriften oder wegen der Höhe ihres Einkommens der Sozialversicherungspflicht nicht unterliegen, hängt vom Inhalt des Vertrages ab, den der einzelne Vertragsfußballspieler mit seinem Verein abschließt.
Die Arbeitslosenversicherungspflicht ist von der Kranken- oder Angestelltenversicherungspflicht abhängig. Eine Befreiung von der Versicherungspflicht nur in der Arbeitslosenversicherung kann trotz Kranken- oder Angestelltenversicherungspflicht einBundesminister Blank
treten, wenn der Vertragsfußballspieler auf Grund seines Vertrages nicht mehr als wöchentlich 24 Stunden beschäftigt wird.
Ich nehme an, daß die Sozialversicherungspflicht der Lizenzspieler in der Bundesliga, die zur Zeit noch nicht besteht, grundsätzlich nicht anders zu beurteilen sein wird, als es in dem erwähnten Urteil des Bundessozialgerichts geschehen ist. Auch wird es im übrigen auf den Inhalt des einzelnen Vertrages, also darauf ankommen, ob die Versicherungspflichtgrenze der Angestelltenversicherung von 1250 DM Monatsentgelt überschritten ist.
Herr Kollege, wäre es Ihnen recht, wenn ich gleich die Frage 2 mitbeantworte? Sie steht wohl in einem engen Zusammenhang mit Ihrer Frage 1. Herr Präsident, sind Sie einverstanden?
Einverstanden! Dann rufe ich auf die Frage IX/2 - des Herrn Abgeordneten Keller -:
ist die Bundesregierung der Auffassung, daß die Fußballspieler der Bundesliga nur von den Arbeitsämtern vermittelt werden dürfen?
Ich darf auf die zweite Frage wie folgt antworten. Wenn Vertragsfußballspieler, wie zu Frage 1 ausgeführt, als Arbeitnehmer angesehen werden müssen, ist ihre Vermittlung grundsätzlich eine Arbeitsvermittlung im Sinne des § 37 Abs. 1 AVAVG.
({0})
- Herr Wehner, so steht es im Gesetz.
({1})
Ich fahre fort. Nach § 37 Abs. 5 liegt aber eine Arbeitsvermittlung im Sinne des AVAVG dann nicht vor, wenn in einzelnen Fällen gelegentlich und unentgeltlich Arbeitskräfte zur Einstellung empfohlen werden.
Nach den Informationen der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung ist die Fluktuation bei der verhältnismäßig niedrigen Zahl der Vertrags- und Lizenzfußballspieler unbedeutend. Etwaige Vermittlungen werden daher unter § 37 Abs. 5 AVAVG fallen. Somit wird das Vermittlungsmonopol der Bundesanstalt, das sich nur auf die eigentliche Arbeitsvermittlung im Sinne des § 37 Abs. 1 bezieht, nicht berührt.
Im übrigen steht die Bundesanstalt mit dem Deutschen Fußballbund schon seit langem in enger Verbindung. Auch nach dessen Auffassung soll bei der verhältnismäßig geringen Zahl der Vertrags- und Lizenzfußballspieler und der bisher im ganzen nur geringen Fluktuation die Entwicklung zunächst abgewartet werden.
Eine Zusatzfrage!
Herr Minister, wäre es nicht zweckmäßiger, diese Vermittlung dem Deutschen Fußballbund zu überlassen, der ja schon Interesse gezeigt hat?
Die Bundesanstalt wird prüfen - ich glaube, das war in etwa schon in meiner Antwort enthalten -, ob es zweckmäßig ist, einen Auftrag zur Arbeitsvermittlung an eine geeignete Einrichtung zu erteilen. Eine solche Möglichkeit hätte man nach § 54 AVAVG. Grundsätzlich ist bisher eine auf Gewinn gerichtete Arbeitsvermittlung nur bei Künstlern und Artisten zulässig.
({0})
- Na, ob es immer Künstler sind, Herr Keller, wollen wir dahingestellt sein lassen. - Diese Problematik ist neu, und Ihre Frage müßte in diesem Zusammenhang einmal geprüft werden.
Herr Abgeordneter Jacobs zu einer Zusatzfrage.
Herr Minister, wird im Zuge der von Ihnen beabsichtigten Prüfung gegebenenfalls in Erwägung gezogen werden, Herrn Sepp Herberger als Angestellten des Arbeitsamtes zu verpflichten?
Wie bitte?
Entschuldigung, ich hatte vorausgesetzt, daß Ihnen der Name Sepp Herberger ein
Entschuldigen Sie, ich kann doch nichts dafür, wenn die technischen Einrichtungen dieses Hauses nicht in Ordnung sind.
Ich glaube, Herr Kollege, Sie meinen die Frage nicht ernst.
Herr Abgeordneter Ritzel!
Herr Bundesminister, sehen Sie etwa eine Unfallversicherungspflicht dieser Vertragsfußballspieler als gegeben an?
Unter Umständen ja. Aber das wäre zu prüfen.
Würden Sie das prüfen?
Selbstverständlich, gern. Ich werde Ihnen von dem Ergebnis berichten.
({0})
Ich rufe die von dem Herrn Abgeordneten Dröscher gestellte Frage XI/3 auf:
Könnte die Möglichkeit, Hilfskräfte für die Krankenhäuser aus dem Kreis der Kriegerwitwen zu gewinnen, nicht dadurch erleichtert werden, daß Verdienste aus Tätigkeit in Krankenhäusern bei der Ausgleichsrente nicht berücksichtigt werden?
Bitte, Herr Minister!
Ich glaube nicht, daß durch eine Maßnahme, wie Sie sie :in Ihrer Frage vorschlagen, die Schwierigkeiten, Hilfskräfte für Krankenhäuser zu gewinnen, merklich gemildert würden. Die Voraussetzungen für die Zahlung der Ausgleichsrente für Witwen sind so, daß der Kreis der ausgleichsberechtigten Witwen, die noch für eine Tätigkeit in Krankenhäusern in Frage kämen, sehr klein ist. Zudem erscheint es mir sehr zweifelhaft, ob eine arbeitsfähige Frau von der Gelegenheit, 300 DM und mehr monatlich zu verdienen, nur deshalb nicht Gebrauch macht, weil sie sonst 100 DM Ausgleichsrente verlöre. Auch bei geringerem Verdienst sind die Freibeträge so gestaltet, daß es sich in jedem Falle lohnt, zu arbeiten, wenn man kann.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Dröscher!
Herr Minister, würden Sie mir glauben, daß ich zu dieser Frage durch Vortrag verschiedener Krankenhausverwaltungen veranlaßt worden bin, die mir mitgeteilt haben, daß sie eine Reihe von zusätzlichen, wenn auch nur Halbtagsarbeitskräften aus diesem Personenkreis bekommen könnten, wenn die Möglichkeit der Freistellung bei der Anrechnung bestünde?
Das glaube ich Ihnen aufs Wort. So etwas wird ja oft auch mir vorgetragen. Nur glaube ich nicht, daß sich jemand, wenn er arbeiten kann, davon abhalten läßt, 300 DM - das dürfte so etwa die Preislage sein - zu gewinnen, wenn er auf der anderen Seite maximal 100 DM verlieren könnte. Hier wird - um das in diesem Zusammenhang einmal zu sagen, wir werden später darauf zurückkommen - der immer wieder unternommene Versuch sichtbar, angesichts der überspannten Lage auf dem Arbeitsmarkt durch Einbrechen in das System der sozialen Sicherungen Arbeitskräfte zu bekommen. Die Dinge sind aber mit Steuerermäßigungen und Ähnlichem nicht auf eine Ebene zu stellen. Es geht hier um die Versicherten und um diejenigen, für die wir Vorsorge zu treffen haben.
Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Abgeordneter Dröscher.
Würden Sie bereit sein, nachdem doch das Problem der Personalversorgung mittlerer und kleiner Krankenhäuser Ihnen genauso bekannt ist wie mir, wenigstens einmal eine Untersuchung darüber anstellen zu lassen, ob hier nicht eine Möglichkeit der Hilfe besteht?
Ganz gewiß. Die Frage bewegt uns sicherlich, aber im Grunde genommen - das wissen Sie so gut wie ich - ist sie nicht mit solchen Maßnahmen zu lösen. Vielmehr geht es um die soziale Lage der in Krankenhäusern Beschäftigten schlechthin. Das liegt auf einer völlig anderen Ebene.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Neumann.
Herr Minister, Sie haben auf die Frage des Herrn Kollegen Dröscher gesagt, der Kreis der zu Erfassenden sei so klein, daß es sich kaum lohnen würde, darüber weiter zu verhandeln. Können Sie mir in etwa sagen, wie groß die Zahl der betroffenen Kriegerwitwen wäre, die hier überhaupt in Frage kämen?
Ich muß zunächst, Herr Kollege Neumann, eines etwas abmildern. Ich habe sicherlich nicht gesagt - ich möchte auch nicht so verstanden werden -, daß es nur wegen der Größenordnung sich lohne. Wo es sich um menschliche Probleme handelt, lohnt es sich immer.
Aber ich will einmal versuchen, Ihnen zu sagen, warum nicht wesentlich viele gewonnen werden können. Ausgleichsrenten - es dreht sich ja um die Empfängerinnen von Ausgleichsrenten - erhalten Witwen, die a) durch Krankheit oder andere Gebrechen nicht nur vorübergehend wenigstens die Hälfte ihrer Erwerbsfähigkeit verloren haben, b) das 45. Lebensjahr vollendet haben oder c) für mindestens ein Kind des Verstorbenen im Sinne des § 33 b Abs. 2 oder ein eigenes Kind zu sorgen haben, das eine Waisenrente nach diesem Gesetz bezieht. Es ist also nicht so, daß jede Kriegerwitwe schlechthin, nur weil sie einfach nicht arbeiten geht, hier eine Ausgleichsrente bekommt, sondern es gibt, wie Sie sehen, doch immerhin sehr schwerwiegende Bedingungen, an die die Zahlung der Ausgleichsrenten geknüpft ist. Daher glaube ich eben nicht, daß noch eine große Zahl von Kriegerwitwen zur Verfügung stünde, die für diese Tätigkeit zu gewinnen wäre.
Herr Kollege Neumann, um Ihre Frage präzise zu beantworten, will ich einmal sehen, ob wir das statistisch erfaßt haben. Dann teile ich es Ihnen mit. Im Augenblick kann ich es Ihnen nicht sagen.
Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Abgeordneter Neumann.
Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie diese Zahl feststellen könnten. Denn Sie wissen genauso wie wir, daß die Not in den Krankenhäusern so groß ist, daß auch der kleinste Kreis, den wir für eine Mitarbeit gewinnen können, nützlich wäre.
Herr Neumann, ich versuche, das festzustellen, und teile es Ihnen unmittelbar mit. Ich kann es Ihnen im Augenblick nicht sagen.
Herr Abgeordneter Fritsch zu einer Zusatzfrage.
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß die von meinem Kollegen Dröscher geäußerte Sorge auch die Sorge breiter Wirtschaftskreise ist,
die sich von einer Lockerung der Anrechnungsbestimmungen in der Witwenversorgung einen Zustrom von Arbeitskräften aus dem Kreis der Hinterbliebenen versprechen?
Ich habe soeben auf die Zusatzfrage des Abgeordneten Neumann dargetan, daß der Personenkreis gar nicht groß sein kann. Von allen Seiten - nicht nur von seiten der Krankenhäuser, sondern auch aus der Wirtschaft - kommt immer wieder die Vorstellung, als sei auf dem total ausgeschöpften Arbeitsmarkt noch etwas Wesentliches zu gewinnen, wenn man nur gewisse Anrechnungsvorschriften aufhöbe. Ich habe schon mehrfach in Fragestunden gesagt: Ich halte nicht allzuviel davon. Ich glaube nicht, daß man auf diese Weise Arbeitskräfte in nennenswertem Umfang gewinnen kann. Die Anrechnungsvorschriften sind so gehalten, daß man sie niemals auf diese oder jene Tätigkeit allein abstellen kann - das würde Ungerechtigkeiten zur Folge haben -, sondern es wird auf die Tatsache des Einkommens überhaupt abgestellt. Ich glaube, wir könnten davon nicht abgehen, ohne das ganze System ins Schwimmen zu bringen. Es bedarf jedenfalls sehr sorgfältiger Beratungen auch in den zuständigen Fachausschüssen. Ich glaube nicht, daß eine Frage von einer solchen Problematik - wir werden sie demnächst bei der Beratung des Zweiten Neuordnungsgesetzes zu behandeln haben - in einer Fragestunde überhaupt zu behandeln ist.
Zu einer Zusatzfrage Frau Abgeordnete Schanzenbach.
Herr Minister, meinen Sie nicht, daß man versuchen sollte, gerade für die soziale Arbeit Hilfskräfte zu bekommen, damit diesem Notstand entgegengearbeitet wird? Sie haben nun gesagt, daß Ausgleichsrente u. a. jene Frauen bekommen, die das 45. Lebensjahr vollendet haben. Wäre es da nicht sinnvoll, einfach einmal auszuprobieren, ob nicht, wenn hier die Anrechnungsbestimmungen fallen würden, aus diesem Kreis der noch erwerbsfähigen Frauen über 45 Jahre dann vielleicht doch wesentlich mehr Hilfskräfte in die soziale Arbeit strömen würden, als es bisher der Fall war? Warum wollen Sie nicht einmal den Versuch machen?
Wir werden ja in Kürze Gelegenheit haben, hier über die Kriegsopferversorgung zu debattieren. In meinem Gesetzentwurf sind unter anderem auch Vorschläge enthalten, die eine Änderung der bisherigen Anrechnungsvorschriften vorsehen. Ich glaube, daß man über diese Frage nur in diesem Zusammenhang sinnvoll debattieren kann. Ich glaube aber nicht, daß man auf der einen Seite erst ein Recht auf eine gewisse Grundrente, dann ein Recht auf eine gewisse Ausgleichsrente gewähren kann, weil die Betreffende aus Gründen, die soeben genannt worden sind, nicht in der Lage ist, zusätzliches Einkommen zu erwerben, und nun einen dritten Anspruch dergestalt begründen kann, daß sie nun zwar doch im allgemeinen Erwerbsleben Einkommen erwerben kann, aber das Anrecht auf die Leistungen behält, die ihr dehalb gewährt werden, weil sie kein Einkommen erzielen kann. Ich glaube, das ist ein Widerspruch in sich, der aber bei der Beratung dieses Gesetzes gründlich behandelt werden muß. Dazu werden wir, Frau Kollegin Schanzenbach, ja auch im Ausschuß für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen genügend Gelegenheit haben.
Wir kommen zur Frage XI/4 - des Abgeordneten Schmidt ({0}) -:
Sieht die Bundesregierung nach Überprüfung der Jahresrechnung 1962 der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung eine Möglichkeit, die bereits vor einem Jahr ins Auge gefaßte weitere Senkung des Beitragssatzes zur Arbeitslosenversicherung von 1,4 auf 1 % durchzuführen?
Herr Kollege, die Bundesregierung wird über die Höhe des Beitrages für die Aufgaben der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung, der ab 1. Januar 1964 zu erheben ist, erst entscheiden, wenn die hierzu vor einigen Wochen angeforderte Stellungnahme des Verwaltungsrates der Bundesanstalt vorliegen wird.
Schon jetzt aber kann gesagt werden, daß eine Herabsetzung des Beitrages auf 1 v. H. zur Zeit nicht möglich sein wird. Denn im Rechnungsjahr 1962 haben die Einnahmen der Bundesanstalt die Ausgaben nicht ganz gedeckt. Für das Rechnungsjahr 1963 rechnet die Bundesanstalt infolge der Auswirkungen des langen und harten Winters zur Zeit mit einem Fehlbetrag von etwa 270 Millionen DM.
Daß die Bundesregierung vor einem Jahr eine Senkung des Beitrages von 1,4 auf 1 v. H. ins Auge gefaßt habe, trifft nicht zu. In der Fragestunde vom 5. April 1962 habe ich auf eine Frage des Herrn Abgeordneten Freiherr von Kühlmann-Stumm erklärt, daß wir eine Herabsetzung des Beitrages bis auf weiteres nicht ins Auge fassen können. Ich habe lediglich eine spätere Prüfung der Möglichkeit einer Beitragssenkung in Aussicht gestellt.
Eine Zusatzfrage!
Herr Minister, könnten Sie mir mitteilen, wie weit der Stock der Bundesanstalt durch die negative Differenz 1962/63 abgesunken ist?
Nein, das kann ich im Augenblick nicht sagen; das habe ich nicht geprüft. Aber sicherlich ist die Situation noch die gleiche, die damals den Ausschuß für Arbeit in seinem Schriftlichen Bericht vom 11. Februar 1961 zum Vierten Änderungsgesetz zum AVAVG zu folgender Äußerung veranlaßt hat. Damals ist im Hinblick auf die Möglichkeit, die der Bundesregierung eröffnet wurde, das durch Rechts3678
verordnung im Einverständnis mit dem Bundesrat festzusetzen, wörtlich gesagt worden:
Die Rücklage soll einerseits nicht mehr wesentlich steigen,
- das ist sie sicher nicht andererseits aber in Zeiten günstiger Wirtschafts- und Arbeitsmarktlage nicht zur Dekkung der laufenden Ausgaben herangezogen werden;
- das ist sicherlich geschehen vielmehr soll sie dazu dienen, bei rückläufiger Beschäftigungslage für längere Zeit die dann rasch anwachsenden Mehrausgaben unter Vermeidung einer baldigen Beitragserhöhung aufzufangen.
Wenn man alles in allem nimmt, mußten wir uns so verhalten - und wir haben uns auch so verhalten -, wie es, aufs Ganze gesehen, dem damaligen Beschluß dieses Ausschusses entspricht.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Minister, ist es möglich, mir schriftlich mitzuteilen, wie die Entwicklung in den letzten Jahren gewesen ist?
Ohne weiteres; ich könnte es Ihnen sofort sagen, ich habe diese Zahlen nur nicht im Kopf.
Ich danke Ihnen, Herr Minister. Damit sind wir am Ende der heutigen Fragestunde.
Ich rufe auf Punkt 2 und 3 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Beteiligungsverhältnisses an der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer ({0});
Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses ({1}) ({2})
({3}).
Dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1963 ({4}) ({5}); Zusammenstellung der Beschlüsse des Bundestages in zweiter Beratung ({6})
({7}).
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Möller.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Unruhe und Hast unserer Zeit überdeckt eines ihrer Symptome:
die Vergeßlichkeit. Deshalb gestatten Sie mir, an den Anfang meiner Ausführungen die Frage zu stellen: Was wurde im Oktober und November 1962 von Bundesregierung und ihrer Koalition zu dem Thema, das wir jetzt behandeln, gesagt?
Ich beginne rangordnungsgemäß mit dem Herrn Bundeskanzler. Der Herr Bundeskanzler erklärte am 9. Oktober 1962:
Strengste Sparsamkeit, Drosselung aller nicht unbedingt nötigen Ausgaben ist ein Gebot für alle. Die öffentliche Hand soll vorangehen....
Mit der Aufstellung ;des Entwurfs ;des Haushaltsplanes fur 1963 hat die Bundesregierung die ihr zukommende Aufgabe erfüllt. An Ihnen, meine Damen und Herren, vom Bundestag, wind es nun sein, durch Genehmigung dieses Haushaltsplans eine Periode des Maßhaltens zu eröffnen.
Zwei Tage später, am 11. Oktober 1962, erklärte hier im Hohen Hause der Vorsitzende der CDU/ CSU-Fraktion, Herr von Brentano:
Der Realismus, der in der Festlegung dies Plafonds
- der Einnahmen und Ausgaben auf 56,8 Milliarden DM zum Ausdruck kommt, ist ... ein Zeichen von staatspolitischer Vernunft.
({0})
Ich erkläre ausdrücklich, daß wir den Plafonds nicht als Mindestbetrag, sondern als Höchstbetrag betrachten.
({1})
Und Herr Kollege Schmücker stellte am gleichen Tage in der Debatte die Frage:
Ist dieser Bundestag bereit, das Programm der Sparsamkeit, des Maßhaltens, der Stabilisierung so, wie es in 'der Begrenzung des Bundeshaushalts auf 56,8 Milliarden DM zum Ausdruck kommt, zu unterstützen? Das ist die hier gestellte entscheidende politische Frage, und auf diese Frage müssen wir eine Antwort geben.
Nun möchte ich auch noch den Herrn Bundeswirtschaftsminister zitieren, der sich schon vorher, nämlich am 22. Juli 1962, im Westdeutschen Rundfunk wie folgt geäußert hat:
Ich glaube, wir müßten jetzt damit beginnen, daß wir z. B. bei der Aufstellung des Haushalts für 1963 nicht von Einnahmeschätzungen ausgehen, die über den zu erwartenden realen Zuwachs hinausgehen. Über diesen Zuwachs sind sich alle Sachverständigen einig. Wir rechnen für 1963 mit etwa 3,5%. Jede höhere Schätzung der Einnahmen ist sozusagen ein Betrug an sich selbst. Ich für meine Person sehe mich nicht mehr in der Lage, irgendeinem Haushalt zuzustimmen, der diese Grundsätze verletzt.
({2})
Es wäre also interessant gewesen, heute festzustellen, wie der Herr Bundeswirtschaftsminister abDr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller
stimmt. Aber er ist ja der erschlaffenden Föhnluft hier in Bonn entflohen, um sich in der frischen Brise eines Landtagswahlkampfes zu erholen.
Diese Zitate, die ich soeben brachte, sind nicht von mir zusammengestellt worden, sondern ich habe sie der „Stuttgarter Zeitung" entnommen, die diese und andere Zitate unter dem harten Titel brachte: „Von der Besinnung zum Selbstbetrug". Und wenn unsere Regierungspolitiker noch eine Anzahl ähnlicher Zitate finden wollen, empfehle ich ihnen die Nr. 16 der Wochenzeitung „Die Zeit" vom 19. April 1%3, die unter dem Titel „Gesagt - Getan, Zitate anstatt eines wirtschaftspolitischen Kommentars" einiges Nützliche veröffentlicht.
Meine Damen und Herren! In der zweiten Lesung sind von den Sprechern der Regierungskoalition in einigen bedeutsamen Fragen widersprüchliche Meinungen vertreten worden. Herr Kollege Dr. Gleissner gab den Stoßseufzer von sich: „Mit dem Haushalt der Besinnung scheint es vorbei zu sein." Er hat mehrere Male darauf hingewiesen, daß wir mit unserer Haushaltspolitik tatsächlich an einer entscheidenden Wende angelangt sind. Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion hat wiederholt den gleichen Standpunkt eingenommen. Es ist nur natürlich, wenn man in einer solchen Situation und bei der erstmalig auftretenden ernst zu nehmenden Deckungslücke im Bundeshaushalt nach konstruktiven Lösungen sucht. Auch die parlamentarische Opposition ist von dieser Pflicht nicht ausgenommen.
({3})
- Ich freue mich, daß sie ({4}) sich diese Atempause hier im Bundestag gönnen.
({5})
Ich sagte, meine Damen und Herren, daß auch die parlamentarische Opposition nicht von der Pflicht ausgenommen ist, zu versuchen, die Deckungslücke im Bundeshaushalt schließen zu helfen. Ich bedaure es daher, wenn Herr Kollege Dr. Vogel in der 74. Sitzung, also bei der zweiten Lesung behauptet hat, die Opposition habe „das verständliche Bestreben, die Regierungskoalition ein wenig in den Schwitzkasten zu nehmen". Ich werde im Verlauf meiner Ausführungen noch nachweisen, warum es für Herrn Kollegen Dr. Vogel gut wäre, wenn sich recht bald aus der Sauna seiner Vorstellungen befreien würde.
({6})
Es ist eine bedauerliche Abwertung unserer Bemühungen, zu einer Besserung der finanziellen Verhältnisse zu kommen, wenn Herr Dr. Vogel meint, „mit dem kleinen dicken Stock der Finanzdrohungen" wollten wir darauf hinweisen, „wie notwendig und unvermeidlich eine große Koalition in der Zukunft sei".
({7})
- Ja, ich kenne Ihre Vorstellungen, ich weiß, daß
da mit Recht einige Beklemmung am Platze ist.
Aber gerade weil das Protokoll festhält: „Sehr gut! und Heiterkeit bei der CDU/CSU", ist es besonders bemerkenswert, daß in dieser Debatte später Herr Kollege Dr. Schmidt Herrn Kollegen Dr. Vogel darauf hinwies, daß er ernstlich die Frage habe, ob nicht auch bei der CDU/CSU einige Buße tun müßten. Mit dieser Frage kann er eigentlich nur den Kollegen Vogel gemeint haben.
({8})
- Ich habe ihn mir genau angesehen, darauf können Sie sich verlassen. Ich habe das Protokoll von der ersten bis zur letzten Zeile so studiert, daß ich Ihnen anheimstelle, mir aus diesem Protokoll Fragen zu stellen; ich werde sie ohne nachzusehen beantworten.
({9})
Meine Damen und Herren! Bevor ich nun einige Bemerkungen zu dem Kernpunkt der gegensätzlichen Auffassungen mache, halte ich es für wichtig, darauf hinzuweisen, daß der Haushalt, daß die Einnahme- und Ausgabeseite eines Etats ein Spiegelbild der Regierungsauffassung und der Regierungspolitik darstellt.
({10})
Man kann daher der sozialdemokratischen Opposition keinen Vorwurf daraus machen, daß sie auf der Ausgabeseite nicht alle Positionen so bewertet, wie das Regierung und Koalition tun. Im übrigen bezweifle ich, daß die CDU/CSU-Fraktion, falls sie seit der Existenz der Bundesrepublik in Opposition wäre, hier im Hohen Hause bei einem Etat in einem Umfang von 57,7 Milliarden DM nur Anträge mit noch nicht einmal 170 Millionen DM Veränderung auf der Ausgabeseite vorlegen würde.
({11})
Meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, Sie dürfen sicher sein, daß eine sozialdemokratische Regierungsverantwortung Einfluß auf beide Seiten des Etats nehmen würde. Das bedeutet also, daß wir auch für die Einnahmeseite bestimmte Vorstellungen haben. Ich darf daran erinnern, daß im letzten Wahlkampf um die Zusammensetzung dieses Bundestages der finanzwirtschaftliche Teil des Regierungsprogramms der SPD in einer Weise disqualifiziert wurde, daß man ein solches Verhalten auch nicht mehr mit Überhitzungen im Wahlkampf ,abtun kann.
({12})
Interessant ist nun, festzustellen, ob unsere damaligen, im März und April 1961 ohne einen Regierungsapparat vorgenommenen Schätzungen, die ich auf der Bundespressekonferenz am 9. Mai 1961 bekanntgegeben habe, realistisch oder Phantasieprodukte gewesen sind. Ich stelle fest: für das Etatjahr 1961 Steuerschätzung der SPD 80,8 Milliarden DM, Ist-Ergebnis 78,5 Milliarden DM; für 1962 Steuerschätzung der SPD 85,4 Milliarden DM, IstErgebnis 86,4 Milliarden DM; für 1963 Steuerschätzung der SPD 90,3 Milliarden DM, Steuerschätzung des Bundesfinanzministeriums 91,9 Milliarden DM.
Das ergibt nach Adam Riese für diese drei Jahre bei den Steuerschätzungen der SPD einen Gesamtbetrag von 256,5 Milliarden DM. Die Ist-Ergebnisse für die Jahre 1961 und 1962 ergeben zusammen mit der Steuerschätzung des Bundesfinanzministeriums für 1963 den Betrag von 256,8 Milliarden DM.
({13}) 256,5 zu 256,8!
Wer nach diesen Feststellungen unser ernsthaftes Bemühen, gerade in der Finanzpolitik realistisch zu sein, bestreitet, dem ist wirklich nicht mehr zu helfen.
({14})
Ich habe schon einmal, und zwar bei der ersten Lesung des Bundeshaushalts 1962, auf diese Tatsache hingewiesen. In der Debatte hat der damalige FDP-Redner, Herr Kollege Dr. Dahlgrün, diese Seite des finanzwirtschaftlichen Teils unseres Regierungsprogramms anerkennen müssen, aber dann dem Sinne nach erklärt, wir hätten eine Ausgabenpolitik in Vorschlag gebracht, der die solide Grundlage gefehlt habe. Inzwischen ist auch diese Behauptung angesichts der Entwicklung der Etats von Bund, Ländern und Gemeinden nicht mehr aufrechtzuerhalten.
Aber ein Vorgang gibt mir doch Veranlassung, noch etwas zusätzlich zu bemerken. Von maßgebender FDP-Seite wird in letzter Zeit zur öffentlichen Diskussion gestellt, ob es nicht richtig wäre, viele Bemühungen um die Staatshilfe im Alter dadurch aufzufangen, daß man von Staats wegen jedem Bürger eine monatliche Altersrente von 100 DM I gibt. Ich habe am 9. Mai 1961 in der Bundespressekonferenz folgendes wörtlich ausgeführt:
Für das Regierungsprogramm ist in der Mannschaft und im Parteivorstand der SPD die Einführung einer staatlichen Mindestrente erörtert worden. Nach den statistischen Angaben für die Bundesrepublik sind 1962 voraussichtlich 5 850 000 Personen beiderlei Geschlechts 65 Jahre alt und älter. Unterstellt man ein einheitliches Altersgeld von 100 DM Monatsrente, so wären ohne Beachtung der Verwaltungskosten jährlich 7 Milliarden 20 Millionen DM aufzubringen. Die Höhe dieses Betrages führte zu der Konsequenz, daß dieser Punkt nicht Gegenstand des Regierungsprogramms geworden ist.
Man kann also bei den jetzigen Erörterungen nur sagen: Wenn zwei das gleiche tun, ist es nicht das gleiche.
({15})
Nun möchte ich auf einen wichtigen Streitpunkt der zweiten Lesung unter der Überschrift: „Nicht auf das Rechthaben kommt es an, sondern auf das Richtigmachen" zurückkommen. Von meinen Kollegen Schoettle und Ritzel ist der Vorschlag gemacht und eingehend begründet worden, eine Verstärkung des außerordentlichen Haushalts vorzunehmen, um das voraussichtliche Defizit durch Übertragung von vermögenswirksamen Ausgabeposten aus dem ordentlichen in den außerordentlichen Haushalt. zu beseitigen. Die Auswirkung wäre im Zusammenhang mit der von den beiden Kollegen vorgetragenen Konzeption, daß für etwa eine Milliarde D-Mark An leihen mehr benötigt würden. Herr Kollege Dr. Vogel ist nicht für eine solche Verlagerung und hat auch nicht die Hoffnung, auf dem Kapitalmarkt eine Milliarde D-Mark mehr unterbringen zu können. Hier handelt es sich um einen Punkt, der nicht nur für den Haushalt 1963, sondern auch für spätere Jahre seine Bedeutung hat. Ich möchte deswegen dazu einiges sagen.
Zunächst darf ich darauf aufmerksam machen, daß wahrscheinlich den Herren Kollegen der Regierungskoalition noch nicht der Geschäftsbericht der Deutschen Bundesbank für 'das Jahr 1962 vorgelegen hat. Ich bitte, ihn einmal nachzulesen. Um Ihnen das zu erleichtern, verweise ich auf Seite 22, 11. Zeile und folgenden Satz:
Der öffentliche Kreditbedarf sollte also unter den gegenwärtigen Umständen am Kapitalmarkt gedeckt werden.
Meine Kollegen haben schon darauf hingewiesen, daß auch nach internationalen Maßstäben die Verschuldung des Bundes ,am Kapitalmarkt außerordentlich niedrig ist. Im Entwurf des Bundeshaushalts 1963 sind mehr als 1,3 Milliarden DM im ordentlichen Haushalt veranschlagt worden, die in früheren Jahren im außerordentlichen Haushalt eingesetzt waren und gegen deren Übernahme in den außerordentlichen Haushalt danach keine etatrechtlichen Bedenken bestehen könnten, zumal es sich um vermögenswirksame Ausgaben handelt. Ihre Verlagerung in den außerordentlichen Haushalt bedeutet also Finanzierung nicht durch Steuern, sondern durch Kapitalmarktmittel.
In diesem Zusammenhang sei mir ein Wort zur Situation am Kapitalmarkt gestattet. Hauptquellen für den Kapitalmarkt sind erstens die Ersparnisse der privaten Haushalte, zweitens die sich in längerfristigen Bankanlagen und Wertpapierkäufen niederschlagenden Überschüsse der verschiedenen öffentlichen Haushalte einschließlich der Sozialversicherung und drittens der Kapitalverkehr mit dem Ausland. Folgt man nun dem Geschäftsbericht der Bundesregierung - was ich eigentlich in erster Linie von den Koalitionsparteien erwarten müßte -, so wird die Ersparnis !der privaten Haushalte von 18,9 Milliarden DM im Jahre 1962 auf 20 Milliarden DM im Jahre 1963 steigen; eine Schätzung, 'die meines Erachtens nicht zu hoch gegriffen ist. Die Kapitalbildung !der öffentlichen Hand wird im Jahre 1963 kaum hinter der des Vorjahres zurückbleiben. Der Saldo des privaten langfristigen und kurzfristigen Kapitalverkehrs mit dem Ausland wird 1963 auf Grund !des nach wie vor relativ hohen deutschen Zinsniveaus, über das sich auch Herr Kollege Vogel geäußert hat, stark positiv sein, d. h. das Ausland wird per Saldo als Kapitalgeber auftreten. Dabei handelte es sich immerhin im Jahre 1962 um den nicht zu unterschätzenden Betrag von 1,4 Milliarden DM. Alles in allem ist also die Entwicklung der dem deutschen Kapitalmarkt zufließenden Mittel gleich günstig, wahrscheinlich aber günstiger 'zu beurteilen als im Jahre 1962.
In den „Mitteilungen und Kommentaren zur Geldwertstabilität", ,die von der Gemeinschaft zum Schutz der 'deutschen Sparer herausgegeben werden, erschien em 29. Januar 1963 eine Stellungnahme zur Finanzierung der öffentlichen Haushalte. Hieraus darf ich folgendes zitieren:
Eine stärkere Verlagerung der Finanzierung öffentlicher Ausgaben auf den Kapitalmarkt ist auf längere Sicht zweifellos ein Ziel, das nicht nur aus rein finanzpolitischen Gründen, sondern auch deshalb angestrebt werden sollte, um das Mißverhältnis zwischen der privaten und der öffentlichen Vermögensbildung zu beseitigen.
Es ist einfach irreführend, - ich zitiere immer noch wenn in diesem Zusammenhang immer wieder auf die begrenzte Leistungsfähigkeit des Kapitalmarkts hingewiesen wird. Denn die Alternative zur Schuldenaufnahme der öffentlichen Hand heißt ja nicht Schonung des Kapitalmarkts, sondern höhere Steuerlast, als sie sonst erforderlich wäre.
({16})
Ich kann diese Stellungnahme der Sparerschutzgemeinschaft, die sich ja aus Verbänden zusammensetzt, wo nun wirklich Sachverständige zu diesen Fragen zusammenkommen, nur unterstreichen und komme in diesem Zusammenhang nun zu dem Schriftlichen Bericht des Herrn Kollegen Schlee über die Beratungen des Finanzausschusses über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Beteiligungsverhältnisses an der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer.
Da finden wir auf der letzten Seite die Bemerkung, daß die Herren der Regierungskoalition den Standpunkt einnehmen, der Kapitalmarkt werde bereits zur guten Hälfte von Bund, Ländern und Gemeinden ausgeschöpft, und es müsse damit gerechnet werden, daß bei einer weiteren Erhöhung der Anleihewünsche es nicht verantwortet werden könne, den Kapitalmarkt zu strapazieren. An einer anderen Stelle wird darauf hingewiesen, daß es nach Auffassung der Herren der Regierungskoalition besser ist, daß Länder und Gemeinden auf den Kapitalmarkt verwiesen werden.
Dazu ist folgendes zu sagen. Zunächst: der Kapitalmarkt wird von der öffentlichen Hand in einem vertretbaren Umfang in Anspruch genommen. Nach dem Bundesfinanzbericht 1962 Seite 89 beträgt z. B. die Vermögensbildung des Bundes von 1948 bis 1960 44,13 Milliarden DM. Sie wurde nur zu 0,5 Milliarden DM aus Nettoschuldaufnahmen finanziert. Der Finanzierungsanteil der ordentlichen allgemeinen Deckungsmittel erreichte 1960 bereits den Betrag von 31 Milliarden DM. Der Anteil der Nettoschuldaufnahme an der Vermögensbildung ist bekanntlich die Verschuldungsquote; der Anteil der allgemeinen Deckungsmittel ist die Steuerquote.
Für die Zeit von 1948 bis 1960 - immer nach den Angaben des Bundes - ergibt sich nun für den
Bund eine Verschuldungsquote von 1,1 % und eine Steuerquote von 70,2 %, für Länder und Gemeinden eine Verschuldungsquote von 13,6 % und eine Steuerquote von 57,7%.
Es kann nicht in Abrede gestellt werden, daß Länder und Gemeinden in beträchtlichem Umfang den Kapitalmarkt in Anspruch genommen haben. Man kann nicht die Überlegung leugnen, daß dann, wenn ein Anleihebedarf für die öffentliche Hand auftritt, der in dem Bericht gemachte Hinweis schon deswegen nicht zutreffend ist, weil beispielsweise die Gemeinden zum großen Teil einfach die Grenze ihrer Verschuldungsmöglichkeiten erreicht haben und in unzähligen Fällen die Aufsichtsbehörde den Gemeinden gar nicht mehr die Genehmigung erteilt, Anleihen neu aufzunehmen, weil über den ordentlichen Etat die Zinsen und Tilgungsquoten nicht aufzubringen sind, während der Bund nur in einem sehr geringen Umfang verschuldet ist. Wenn nun der Betrag X als Anleihebedarf für die öffentliche Hand in Frage kommt, ist es sicherlich zweckmäßiger, den Teil der öffentlichen Hand an den Kapitalmarkt zu verweisen, der dort Kapitalmarktmittel bisher nur in ganz geringem Umfang in Anspruch genommen hat.
({17})
Wenn das nicht logisch ist, meine Damen und Herren, dann weiß ich nicht, wie man in diesem Hause Finanzpolitik machen soll. Sehen Sie sich im übrigen einmal die Eingabe der kommunalen Spitzenverbände vom 24. April an. Dort sind genaue Angaben über die Veränderungen in der Kreditmarktverschuldung enthalten. Diese Angaben unterstreichen das von mir Gesagte nachdrücklichst.
Aber ich habe mich auch gefreut, vor einiger Zeit aus einer Zeitungsmeldung entnehmen zu können, daß der Herr Bundesfinanzminister eine angemessene Verschuldung als Teil einer richtigen Finanzpolitik des Bundes bezeichnet hat. In einem Interview soll nach den Zeitungsberichten der Herr Bundesfinanzminister erklärt haben, daß er es ablehne, eine Finanzpolitik am Rande des Defizits zu betreiben. Zweieinhalb Generationen sollten nicht alles bezahlen, was zwei verlorene Kriege ausgemacht haben, und zusätzlich noch die Mittel für die gewaltigen Leistungen aufbringen, die der moderne Fortschritt verlange.
Die gegenwärtige Verschuldung des Bundes, die sich nach statistischen Angaben auf etwa 30 Milliarden DM beläuft, ist nach Dahlgrüns Ansicht absolut tragbar. Sie wissen aus den Beratungen der ersten Lesung vom 8. November 1962, daß wir in vollem Umfang dieser Auffassung des Herrn Bundesfinanzministers beizutreten in der Lage sind. Mein Kollege Schoettle hat in der zweiten Lesung darauf hingewiesen, daß Herr Bundeswirtschaftsminister Professor Erhard bei der Debatte zum Wirtschaftsbericht der Bundesregierung in der 72. Sitzung des Deutschen Bundestages folgendes gesagt hat:
Werden alle Ausgaben auch richtig finanziert?
Könnte nicht die Verschuldung der öffentlichen
Hände ein wenig größer sein, da heute doch
bald 50 4VŒ der gesamten Vermögensbildung auf den Staat in allen seinen Erscheinungsformen entfallen?
Das hat der Herr Bundeswirtschaftsminister - ich bitte, das im Protokoll nachzulesen - dann mit Zahlen belegt, nicht nur hinsichtlich des Anteils der Vermögensbildung im Jahre 1962, sondern er hat auch die Entwicklung von 1950 über 1958 bis 1962 aufgezeigt. An diesem Tatsachenmaterial ist einfach nicht zu rütteln.
Das bedeutet zwar in der Beurteilung der Frage einen anderen Ausgangspunkt, als wir ihn haben, aber ich möchte doch dem Herrn Kollegen Vogel hier etwas Zurückhaltung empfehlen und ihm nahelegen, sich dieser Auffassung des Herrn Bundeswirtschaftsministers anzunähern, der ja immerhin einmal in der Lage sein könnte, die Richtlinien der Politik zu bestimmen. Dann müßten Sie es auf alle Fälle tun, Herr Vogel. Also machen Sie es lieber jetzt!
({18})
Auf einer Tagung der Deutschen volkswirtschaftlichen Gesellschaft hat man sich vor einigen Wochen über die Einkommensverteilung und die Vermögensbildung in der Bundesrepublik unterhalten. Nach Zeitungsberichten hat dabei Kollege Professor Dr. Burbacher erklärt, daß die öffentlichen Investitionen nicht mehr aus laufenden Steuereinnahmen, sondern über den außerordentlichen Haushalt des Bundes und der Länder mit Hilfe des Kapitalmarktes finanziert werden sollten.
({19})
Also, meine Damen und Herren, lohnt es sich doch, das ganze Problem noch einmal durchzudenken. Glauben Sie, daß Ihr Standpunkt, keine größere Verschuldung des Bundes über den Kapitalmarkt herbeizuführen, richtig ist auch im Hinblick auf alles, was außenpolitisch auf uns zukommt?
({20})
Man braucht sich doch bei Verhandlungen, die den Verteidigungshaushalt und die die Entwicklungshilfe betreffen können, nur auf den Grad der Verschuldung innerhalb des NATO-Bündnisses zu beziehen, um die Position der Bundesregierung mit solchem Material ganz bestimmt nicht zu verstärken.
({21})
- Natürlich! Aber ich habe zu diesem Punkt in der ersten Lesung schon einiges Material vortragen können. Meine Damen und Herren, Sie sind es doch immer, die sich darüber beschweren, daß die privaten Haushalte einen zu geringen Anteil an der Vermögensbildung haben und die öffentliche Hand einen zu großen Anteil hat.
({22})
- Aber, Herr Kollege Schmidt, ich probiere doch nur, Ihnen jetzt klarzumachen, daß es nicht nur auf
Erkenntnisse ankommt, sondern daß man aus den Erkenntnissen Konsequenzen ziehen muß.
({23})
Das hat doch zur Folge, daß Sie sich nicht von der Überlegung befreien können, in welchem Umfange Sie mindestens vermögenswirksame Investitionen nicht mehr mit Steuern, sondern mit Kapitalmarktmitteln finanzieren sollten.
({24})
- Dann wollen wir ihn bitte auch anwenden; und darum handelt es sich heute.
Herr Kollege Dresbach möchte eine Frage stellen.
Bitte sehr!
Darf ich eine Frage stellen! Der Begriff „vermögenswirksame Ausgaben" hat bisher in der Gesetzgebung noch keinen Widerhall gefunden. Der Art. 115 des Grundgesetzes kennt ihn nicht. Ich darf Ihnen verraten, wer ihn damals eingeführt hat: das war Ministerialdirektor Fischer-Menshausen in der Denkschrift.
({0})
- Herr Studienrat, ich danke Ihnen schön. ({1})
Darf ich Sie bitten - ist das schon eine Frage? -,
({2})
sich mit dem Begriff „vermögenswirksame Ausgaben" etwas näher zu beschäftigen, und zwar im Zusammenhang mit den Begriffen des Art. 115 des Grundgesetzes.
({3})
- Ich wollte Ihnen doch nur eine geistige Anregung geben!
Haushaltsrechtlich setzt Art. 115 des Grundgesetzes einer Ausweitung des .außerordentlichen Haushaltes allerdings Grenzen. Er bestimmt, daß im Wege des Kredits Geldmittel nur bei außerordentlichem Bedarf und in der Regel nur für Ausgaben zu werbenden Zwecken beschafft werden dürfen. Das heißt nach Vialon, den Sie, Herr Kollege Dresbach, sicherlich auch als einen Experten des Haushaltsrechts anerkennen, in seinem Werk „Haushaltsrecht", zweite Auflage, 1959, Anmerkungen 7 und 8 zu Art. 115 des Grundgesetzes, Seite 236: erstens, der allgemeine Verwaltungsbedarf darf nicht durch eine Schuldaufnahme gedeckt werden, zweitens, der Aufwand der zunächst aus der Schuldaufnahme (bestritten wird, soll tunlichst im weiteren Verlauf aus dem Objekt herausgewirtschaftet werden können.
({0})
- Bitte, ich bin erst am Anfang, Herr Dresbach. Warten Sie bitte mit Ihrem „Aha".
Der Begriff „werbender Zweck" wird aber heute so ausgeweitet, daß - nach Vialon, Seite 236 -auch ein Park oder eine Lesehalle mit freiem Eintritt ein werbender Zweck ist. Vialon bezeichnet es deshalb als „eine fromme Täschung," wenn von den Finanzverwaltungen allgemein Anlagen zu werbenden Zwecken gefordert werden. Aus dem Zusatz „in der Regel" entnimmt er, daß die „werbenden Zwecke" von vornherein als eine nicht allzu ernstgenommene Voraussetzung erscheinen, Seite 236.
Trotz dieser Aufweichung der Voraussetzung „werbende Zwecke" beschränken wir uns heute, Herr Kollege Dresbach, bei unserem Vorschlag auf eine Ausweitung des außerordentlichen Haushalts nur auf die vermögenswirksamen Ausgaben.
({1})
- Dann sind Sie aber in der falschen Partei! ({2})
Was vermögenswirksam ist - ich bin danach gefragt worden und möchte diese Frage mit einem letzten Satz beantworten -, ergibt sich aus dem ,alljährlichen Nachweis über das Vermögen und die Schulden des Bundes. Hier weist der Bund insbesondere aus a) den Grundbesitz, b) die Beteiligungen und c) die geldwerten Rechte und insbesondere die Darlehen. Ich hoffe also, mit diesem kleinen Ausflug in das Haushaltsrecht die Frage erschöpfend behandelt zu haben.
Herr Abgeordneter Stoltenberg möchte eine Frage stellen.
Herr Kollege Möller, wie verträgt sich dieser ungetrübte Optimismus hinsichtlich der höheren Leistungsfähigkeit des Kapitalmarktes über 2,2 Milliarden hinaus, den Sie hier vertreten haben, mit dem Antrag Ihrer Fraktion, der Haushaltsausschuß möge die Reihenfolge der Bedienung der Ansätze festlegen? In diesem Antrag kommt doch die klare Skepsis zum Ausdruck, daß überhaupt über zwei Milliarden DM hinaus Mittel vom Kapitalmarkt kommen werden.
Weil wir Sie kennen und weil sich doch aus der zweiten Lesung ergeben hat,
({0})
daß Sie diesen Vorschlag, die Deckungslücke zu schließen, nicht annehmen.
({1})
Stimmt das, oder ist es anders; sind Sie nunmehr
bereit, etwa bei den fehlenden zwei Milliarden DM
eine Milliarde DM über den Kapitalmarkt zur Finanzierung heranzuziehen?
({2})
Sehen Sie, da Sie das also nicht tun wollen und wir der Meinung sind, daß Sie auch bei Verhandlungen im Vermittlungsausschuß nicht den höheren Anteil an der Einkommen- und Körperschaftssteuer erhalten werden, den der Gesetzentwurf der Bundesregierung vorsieht,
({3})
ist es die Meinung der Opposition, daß sie nicht nur darauf hinzuweisen hat, daß sie das für unrealistisch hält, sondern daß sie darüber hinaus auch die Pflicht hat, konstruktive Vorschläge zu machen, wie diese Deckungslücke 2u schließen ist. Das ist auf verschiedenen Wegen möglich.
Wenn es dem Vermittlungsausschuß gelänge, etwa eine Verständigung auf der Basis von 38 % herbeizuführen, wie das in einem Antrag meiner Freunde im Finanzausschuß des Deutschen Bundestages versucht wurde, bliebe immer noch eine Milliarde D-Mark übrig.
({4})
Für diesen Teil, meine Damen und Herren, glauben wir nun aus den von mir vorgetragenen Gründen, Kapitalmarktmittel in Anspruch nehmen zu können. Das ist der Tatbestand.
({5})
Aber Sie können es auch anders machen. Meine Damen und Herren, wir haben Ihnen verschiedene Vorschläge gemacht. Bitte, nehmen Sie das Protokoll der ersten Lesung vom 8. November 1962 zur Hand. Dort werden Sie meine Darlegung finden, daß das Jahr 1963 aus den verschiedenen Gründen, die ich im einzelnen angeführt habe, nicht das geeignete Basisjahr ist, um für den Bund eine Änderung seines Anteils an der Einkommen- und Körperschaftsteuer herbeizuführen.
({6})
Ich wiederhole, ich habe die verschiedenen Gründe dargelegt.
Auf der anderen Seite 'bleibt festzustellen - ich habe das auch vorhin gesagt -, daß eine ernstzunehmende Deckungslücke, die wir als solche anerkennen müssen, vorhanden ist. Das ist doch eine klare Feststellung. Ich habe hinzugefügt, man könne mit den Ländern darüber verhandeln, ob es nicht möglich ist, durch eine frühzeitige Tilgung von Schulden, die die Länder gegenüber dem Bund haben, hier einen Ausweg zu finden. Es kommt ja jetzt darauf an, ein echtes Gleichgewicht zu finden; aber wenn Sie den Haushalt heute so verabschieden, wie er vorliegt, haben Sie das Gleichgewicht noch nicht herbeigeführt. Das wissen Sie doch genauso gut wie ich.
({7})
Wenn Sie also einmal diese Verhandlungen geführt
hätten, wäre es vielleicht auf diesem Wege zu einer
Verständigung gekommen mit dem erheblichen Vor3684
teil, daß wir im Ablauf des Jahres 1963 über den Finanzbedarf des Bundes und der Länder viel klarere Aussagen machen könnten, als das zur Zeit möglich ist.
Nun gestatten Sie mir noch einige Ausführungen zur finanzpolitischen Situation in der Bundesrepublik. Eine solche Betrachtung ist nicht nur von finanztechnisch-ökonomischem Interesse, sondern offenbart auch vor allem eine bedeutsame politischsoziologische Problematik. Insofern verdeckt leider die gegenwärtige öffentliche Diskussion in der Bundesrepublik, die infolge des gestiegenen Finanzbedarfs des Bundes über den Finanzausgleich entbrannt ist, oft aus tagespolitischen Gesichtspunkten den verfassungsrechtlichen und verfassungspolitischen Hintergrund. Ein Finanzausgleich muß nämlich die Gesamtheit der Tatbestände und Regelungen erfassen, durch die alle finanziellen Beziehungen der in einem Territorium bestehenden Gebietskörperschaften untereinander geregelt werden. Die Aufteilung von Rechten und Pflichten, um bestimmte Funktionen richtig erfüllen zu können, bildet den Daseinskern des Finanzausgleichs. Dabei sollte sich die Verteilung der Einnahmequellen in einem geordneten Finanzausgleich immer nach der Abgrenzung der Aufgaben richten. Die Zuweisung der Aufgaben auf die einzelnen Körperschaften, durch die ein moderner Staat seine Struktur erhält, läßt eine Beurteilung darüber zu, ob die Gestaltung der öffentlichen Einnahmen und Ausgaben angemessen und geordnet ist oder nicht. Die Realisierung der Forderung, auf allen Ebenen Aufgaben gleicher
Dringlichkeit befriedigend zu lösen, stellt daher den idealen Finanzausgleich dar.
Nun ist bekannt, daß der Abschnitt X unseres Grundgesetzes, der die Regelung des Finanzwesens vornimmt, das Ergebnis von Verhandlungen mit den Hohen Kommissaren in den Jahren 1948 und 1949 darstellt. Die deutschen Finanzexperten hatten andere Vorstellungen, die sicher richtiger waren; denn niemand kann den Gegensatz zwischen der geschriebenen Verfassung und der heutigen Verfassungswirklichkeit leugnen. So haben auch alle AdenauerKabinette seit 1953 eine grundlegende Finanz- und Steuerreform angekündigt. 1956 und 1957 im Zeichen des damaligen Juliusturms von rund 7 Milliarden DM beim Bund hätte sie sich am leichtesten bewerkstelligen lassen.
Nun hat der Herr Bundeskanzler am 6. Februar 1963 festgestellt, daß die finanzpolitischen Grundsätze aus der Regierungserklärung vom 29. November 1961 noch gültig seien und daß die Entwicklung der Haushaltslage dies eindringlich. bestätige. Allerdings hat die Bundesregierung am 29. November 1961 vernünftige, zum Teil dem Regierungsprogramm der SPD entlehnte finanz- und steuerpolitische Vorstellungen präzisiert.
({8})
Nur ist darauf hinzuweisen, daß von den Ankündigungen bisher bisher nichts realisiert worden ist.
({9}) So hieß es vor eineinhalb Jahren:
Die Bundesregierung wird die politischen, wirtschaftlichen und finanziellen Zusammenhänge durch eine Kommission erfahrener und unabhängiger Persönlichkeiten . . . untersuchen lassen. Diese Kommission soll der Bundesregierung in angemessener Frist gegeignete Vorschläge zur Verbesserung der Finanzverfassung unterbreiten.
Der frühere Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Professor Hettlage, hat am 3. Mai 1963 in der „Zeit" eine sehr beachtliche Arbeit über „Die Krise ist die Mutter der Reform" veröffentlicht. Unter Krise versteht er die Krise in unserer Finanzverfassung, nicht die andere. Von ihm erfahren wir noch zusätzlich folgendes- ich zitiere wörtlich -:
Das Koalitionsabkommen zwischen CDU/CSU und FDP vom 20. Oktober 1961 und - in zurückhaltenderen Wendungen - auch die anschließende Regierungserklärung sprachen von der sofortigen Inangriffnahme der Finanzreform, wobei die Gemeindefinanzen besonders berücksichtigt werden sollten. Vor allem sollten die Gemeindesteuern überprüft werden.
Soweit das Zitat und soweit der Hinweis auf Ihr Koalitionsabkommen vom 20. Oktober 1961.
({10})
- Ich habe es in der „Zeit" gelesen. Es ist ja egal, ob ich es in dem Kanzlerblatt, der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung", lese oder in der „Zeit", die etwas unabhängiger ist.
Am 17. Januar 1962 ist ein entsprechender Antrag der SPD dem Finanzausschuß des Deutschen Bundestages überwiesen worden. Schon bald konnte in den Ausschußberatungen eine Verständigung über die Richtlinien für die Arbeit der Expertenkommission erzielt werden. Berufen wurde sie noch nicht, obwohl sich die drei Bundestagsfraktionen, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände, Industrie- und Handelstag und sonstige wichtige Organisationen mit allen objektiv urteilenden Finanzpolitikern darüber im klaren sind, daß letztlich die fehlende Finanzreform Ursache und Schuld für den Streit zwischen Bund und Ländern in der Frage der Einnahmeverteilung ist.
Nun möchte ich Sie über einen interessanten Vorgang ins Bild bringen. Neben vielen anderen hat der Finanzminister von Nordrhein-Westfalen wiederholt behauptet, daß der Bund 3,7 Milliarden DM für Länderaufgaben ausgebe. Unser Kollege Dr. Schäfer hat Herrn Finanzminister Pütz schriftlich gebeten, uns hierzu nähere Angaben zu machen, und erhielt die Antwort, daß das Finanzministerium von Nordrhein-Westfalen über keine Unterlagen verfüge; Herr Finanzminister Pütz habe die Zahlen aus Reden des früheren Bundesfinanzministers Etzel entnommen.
({11})
Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller - Ich zitiere nur.
({12})
Ganz selbstverständlich, Herr Kollege Vogel, hat sich nun Herr Dr. Schäfer an Herrn Bundesfinanzminister Dahlgrün gewandt und ihn um diese Aufstellung gebeten. Und nun kommt die geradezu klassische Antwort, für die ich selbstverständlich Sie, Herr Bundesfinanzminister Dahlgrün, nicht verantwortlich machen kann, denn Sie haben ja Ihr Amt erst vor kurzem übernommen. Ich möchte das ausdrücklich feststellen, damit kein Mißverständnis entsteht. Ich muß einen Tatbestand wiedergeben, der in den Jahren vorher entstanden ist. Dazu sagen Sie:
Mit Ihrem Schreiben vom 29. März 1963 haben Sie um Unterlagen über die Aufwendungen des Bundes für „Länderaufgaben" gebeten. Bei den Hinweisen meiner Vorgänger hat es sich um Globalangaben über Ausgaben des Bundeshaushalts gehandelt, die auch die großen Posten für die Gemeinschaftsaufgaben von Bund und Ländern, z. B. für die Landwirtschaft, den Wohnungsbau und die Wissenschaftsförderung, umfaßten. Eine erschöpfende detaillierte Aufstellung über die Ausgaben, die in diesem Zusammenhang erwähnt werden könnten, liegt nicht
VOL
({13})
Wie ich Ihnen kürzlich gesagt habe, besteht ein Plan, zur Vorbereitung der Finanzreform bzw. als deren Beginn eine „Bestandsaufnahme" zu machen, zu der nicht zuletzt die Prüfung und Vertiefung der von Ihnen gestellten Frage gehören muß.
Ich bin daher im Augenblick leider nicht in der Lage, Ihrem Wunsche zu entsprechen. Über das Ergebnis unserer Untersuchungen werden Sie von mir hören.
Es ist mir völlig unverständlich, wie man bei diesen Auseinandersetzungen insbesondere zu dem Punkt, wieviel Länderaufgaben vom Bund finanziert werden, auch heute noch vom Bundesfinanzministerium erklären muß, „eine erschöpfende detaillierte Aufstellung über diese Ausgaben" liege nicht vor.
({14})
Damit entfallen auch Voraussetzungen, die der Art. 106 des Grundgesetzes vorschreibt für den Fall, daß das Beteiligungsverhältnis von Bund und Ländern an der Einkommen- und Körperschaftsteuer geändert werden soll. Ich glaube nicht, daß ich Ihnen die Stellen aus dem Grundgesetz zitieren muß.
Nun darf ich noch einige Ausführungen machen über das Verhältnis von Bund, Ländern und Gemeinden im Lichte ihrer Aufgabenstellung.
Der Herr Bundeskanzler hat am 6. Februar 1963 erklärt, daß der Bundeshaushalt 1962 mit einem Fehlbetrag von 409 Millionen DM abschließt, und diesen Umstand als ein Warnzeichen hervorgehoben. Seine Mitarbeiter haben aber vergessen, zur
besseren Beurteilung der Lage etwa folgende Feststellungen hinzuzufügen: Und das trotz 1. einer Mehrausgabe von 1,1 Milliarden DM für den Verteidigungshaushalt 1962; 2. Mehrausgaben von weiteren 840 Millionen DM; 3. Mindereinnahmen, z. B. bei den Steuern in Höhe von 566 Millionen DM - allerdings auch einem Mehr von rund 500 Millionen DM bei Verwaltungseinnahmen und Abschöpfungen -; 4. Verzicht auf vorgesehene Anleihen mit einem Betrag von 870 Millionen DM für den Haushalt 1962; 5. einer Senkung des einmaligen Länderbeitrages, den man für den Haushalt 1962 in Höhe von 1,740 Milliarden DM für unerläßlich bezeichnet hatte, um 690 Millionen DM auf 1,050 Milliarden DM.
Defizite werden oft manipuliert. Das läßt sich an Hand der Kassenabschlüsse für die letzten Jahre auch beim Bundeshaushalt unschwer nachweisen.
({15})
Der frühere Bundesfinanzminister, Herr Kollege Etzel, hat am 29. März 1961 in einer Sitzung des Bundesrates festgestellt:
Der gegenwärtige Haushalt 1961 bietet noch
keine Grundlage für eine Änderung der Einnahmeverteilung zwischen Bund und Ländern.
Dasselbe trifft, wie ich soeben nachgewiesen habe, für den Bundeshaushalt 1962 zu.
Was nun den zu verabschiedenden Etat 1963 betrifft, so darf ich den „Volkswirt" vom 3. Mai 1963, Seite 828 zitieren. „Der Volkswirt" schreibt:
Wer will es den Länderkollegen Dahlgrüns verübeln, wenn bei ihnen die Vermutung hochkommt, für 1963 könnte der Bundesfinanzminister mit einer ähnlichen Manövriermasse
- wie 1962
manipuliert haben. Eine gewisse Bestätigung können sie in den nachträglichen Korrekturen des Haushaltsvoranschlags 1963 sehen, der bei einer Erhöhung des Volumens um rund 940 Millionen DM auf 57,7 Milliarden DM Mehrausgaben in Höhe von 2,6 Milliarden DM verkraftet. Dabei kann nicht übersehen werden, daß dieser Etat auch noch das Defizit von 1962 mit 410 Millionen DM enthält, das - gemäß § 75 der Reichshaushaltsordnung - eigentlich erst im übernächsten Haushalt, also erst 1964, abgedeckt zu werden braucht.
Das schreibt „Der Volkswirt".
Die Länder, ohne Berlin, werden für das Etatjahr 1962 mit einem Rechnungsfehlbetrag von etwa 950 Millionen DM abschließen. Das rechnungsmäßige Defizit der Länderhaushalte ist besonders darauf zurückzuführen - und ich meine, das sollte man festhalten -, daß die Steuereinnahmen der Länder um rund 950 Millionen DM hinter dem Soll zurückgeblieben sind. Außerdem wurde die Einnahmeseite der Länderhaushalte auch dadurch verschlechtert, daß der Bund nach wie vor die Zinsen für Ausgleichsforderungen nicht erstattet. Weiter muß berücksichtigt werden, daß nach Art. 106 Abs. 8 des Grundgesetzes als Einnahmen und Ausgaben der
Länder im Sinne dieses Artikels auch die Einnahmen und Ausgaben der Gemeinden gelten. Niemand kann bestreiten, daß die Konjunkturabschwächung das Aufkommen an gemeindeeigenen Steuern negativ beeinflußt, daß die kommunale Verschuldung, insgesamt gesehen, die Grenze des Vertretbaren erreicht hat und daß wichtige kommunale Aufgaben ausschließlich wegen der fehlenden finanziellen Mittel nicht in Angriff genommen oder nicht erfüllt werden können.
({16})
Hier benötigen wir besonders dringend einwandfreie Unterlagen, die gesetzgeberische Konsequenzen gestatten. Sie lassen sich bekanntlich nur durch eine unabhängige Sachverständigenkommission erarbeiten.
Nun, meine Damen und Herren, darf ich Sie noch einmal auf die Denkschrift der Bundesvereinigung der Kommunalen Spitzenverbände vom 24. April dieses Jahres hinweisen. Ich darf nur einen Abschnitt aus Ziffer 3 b zitieren. Die Kommunalen Spitzenverbände sagen folgendes:
Die Verteilung darf nicht in der Weise geschehen, daß nur eine der drei Ebenen den Bedarf anmeldet und seine volle Deckung fordert. Wir stimmen dem Wirtschaftsbericht der Bundesregierung insoweit zu, als darin ausgeführt wird, daß ein vernünftiger Ausgleich zwischen den verschiedenen Anforderungen an den Staat und den gesamtwirtschaftlichen Erfordernissen voraussetze, daß Prioritäten für die öffentlichen Aufgaben festgelegt werden. Wir würden es deshalb sehr begrüßen,
- so sagt die Bundesvereinigung der Kommunalen Spitzenverbände wenn als Grundlage für die Verteilung ein Sachverständigengremium eine objektive Bedarfsermittlung für Bund, Länder und Gemeinden erstellen sowie eine Rangfolge für die Dringlichkeit des Bedarfs aufstellen würde.
({17})
Das ist ein Abschnitt aus der Denkschrift der Bundesvereinigung der Kommunalen Spitzenverbände. Ich meine, daß es sich durchaus lohnt, sich mit diesem Ersuchen, das doch von besonderer Bedeutung ist, zu beschäftigen. Man sollte, Herr Kollege Dr. Stoltenberg, eine solche Stellungnahme der Bundesvereinigung der Kommunalen Spitzenverbände ernst nehmen.
({18})
Ich halbe schon vorhin darauf hingewiesen, daß neue Aufgabenlasten auch in nächster Zeit beim Bund zweifellos vorhanden sein werden. Ich verweise auf Iden Verteidigungshaushalt und seine mögliche Entwicklung, ich verweise auf eine Erweiterung der Entwicklungshilfe, auf das Gesetz für Miet- und Lastenbeihilfen, das Sozialpaket, die Kriegsopferversorgung, Flüchtlingsgesetzgebung, Anschlußgesetze an die Kriegsfolgengesetzgebung, insbesondere das sogenannte Reparationsschädengesetz, die Kosten des zivilen Bevölkerungsschutzes und einiges mehr. Zweifellos sind aber .auch große I Aufgabenlasten bei Ländern und Gemeinden vorhanden. Herr Dr. Günther Bovermann hat im Oktober vorigen Jahres im „Industriekurrier" Nr. 160 folgende Feststellung getroffen:
Die Ausgaben der Länder und Gemeinden auf dem Kultur- und Gesundheitssektor erreichen im Rechnungsjahr 1963 z. B. die gewaltige Höhe von etwa 18 Milliarden DM, wovon mehr als die Hälfte unmittelbar von den Ländern getragen wird. Die Personalausgaben werden bei den Ländern und Gemeinden fast 15 Milliarden DM betragen, während die Straßen- und Brückenbauten der Gemeinden allein weitere 7 Milliarden DM Kasten verursachen werden.
Ich darf festhalten, daß der Deutsche Städtetag im vorigen Jahr den Investitionsbedarf der Gemeinden auf 157 Milliarden DM beziffert hat. Die Ausgaben für Krankenhäuser, Altersheime, Verkehr, Wasserversorgung, Abwässerbeseitigung, Reinhaltung der Luft sind lebenswichtig.
Ich möchte meinen, daß, wenn man eine objektive Würdigung der Ausgabeverpflichtungen des Bundes, der Länder und Gemeinden vornimmt, doch der Vorschlag bezüglich Schuldenrückzahlung ,an Stelle einer Erhöhung des Bundesanteils noch einmal erwogen werden sollte. Ich habe 'beispielsweise mit großem Interesse von einem Beschluß des Bezirksparteitages der nordbadischen FDP Kenntnis genommen, der am 13. Mai veröffentlicht worden ist und in dem es heißt, daß der Bezirksparteitag der nordbadischen FDP
({19})
- ich bin nicht so genau orientiert - der Auffassung des Herrn Justizministers Dr. Hausmann zugestimmt hat, daß eine Lösung nur durch gegenseitiges Nachgeben gefunden werden könne.
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Wenn sich der Bundestag bereit fände, etwa eine Milliarde D-Mark in seinen bisherigen Haushaltsansätzen einzusparen, könnte man von seiten der Länder über eine maßvolle Erhöhung des Bundesanteils an der Einkommen- und Körperschaftsteuer reden, die aber auf zwei Jahre beschränkt sein müsse. Die vom Bund geforderte Höhe des Anteils lehnte der Minister ab. Es ist nicht uninteressant und nicht unwichtig,
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festzuhalten, daß im Lager der Regierungskoalition Meinungen vertreten werden, die mit der von uns aufgezeigten Linie übereinstimmen.
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Deshalb sind nach unserer Meinung folgende Maßnahmen für die nächste Zeit erforderlich. Erstens: Für das Verhältnis von Bund und Ländern ist die Wiederherstellung der Glaubwürdigkeit das Wichtigste. Ohne diese gegenseitige Glaubwürdigkeit gibt es überhaupt keine vernünftige VerhandDr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller
lungsbasis. Immerhin hat der Herr Bundesfinanzminister Dahlgrün in der 74. Sitzung erklärt:
Die Glaubwürdigkeit aller Finanzminister - beim Bund und bei den Ländern - hat leider, wie das auch Herr Kollege Eberhard vor dem Bundesrat ausgeführt hat, arg gelitten.
Zweitens. Nach den Schätzungen des Bundesfinanzministeriums ist für das Jahr 1963 mit etwa 91,9 Milliarden DM Steuereinnahmen zu rechnen. Das ist ein gewaltiger Betrag. Bevor man Steuererhöhungen zu dem Zweck erwägt, dadurch einen Haushaltsausgleich herbeizuführen, ist zu prüfen, ob nicht in Anwendung des Art. 115 des Grundgesetzes ein Teil notwendiger vermögenswirksamer Ausgaben durch Kapitalmarktmittel gedeckt werden kann.
Drittens - darüber waren sich meines Wissens alle Redner in der zweiten Lesung einig -: der Verteidigungshaushalt darf nicht mehr wie bisher tabu sein.
({23})
Viertens. Es muß einwandfrei ermittelt werden, ob das gesamte Steueraufkommen zur Bedienung der öffentlichen Haushalte ausreicht.
Fünftens. Nur eine Rangfolge in der Dringlichkeit der Aufgaben von Bund, Ländern und Gemeinden, bei der die verschiedenen Nützlichkeitsgrade aufzuzeigen sind, ist der objektive Ausgangspunkt für
eine Neuordnung.
Sechstens. Mehr Steuergerechtigkeit bedeutet nicht Steuererhöhung. Die Besteuerung bzw. „die Steuerpolitik hat" nach Professor Neumark „sowohl finanziell-budgetäre Aufgaben im traditionellen Sinne zu erfüllen als auch der Verwirklichung außerfiskalischer Ziele, insbesondere einer gleichmäßigeren, sozialeren Verteilung des Volkseinkommens und einer Verstetigung des Wirtschaftsgeschehens zu dienen."
Siebtens. Sofortige Inangriffnahme des großen Reformwerks zum Umbau unseres Finanzsystems.
({24})
Das Institut Finanzen und Steuern hat vor kurzem in einer Untersuchung festgestellt:
Es muß ein jedes Land dafür sorgen, daß sein Finanzwesen in Ordnung ist. Das Finanzwesen der Bundesrepublik aber ist notleidend in der Haushaltswirtschaft, in der Besteuerung und in der Verteilung der Steuern auf Bund, Länder und Gemeinden.
Das ist auch die Auffassung der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion. Unser Finanzwesen befindet sich in einem echten Notstand. Ihn beschleunigt zu beheben, ist unser aller Pflicht.
({25})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Vogel.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist natürlich eine mißliche Situation für einen Sprecher der Koalition, hier auf eine solche Fleißarbeit von einer Stunde Länge aus dem Stegreif antworten zu sollen, nachdem man vor eineinhalb Tagen hörte, daß die Beschlüsse der Ältestenrates - ({0})
- Natürlich sind das Stegreifgespräche, die wir jedenfalls zu führen gezwungen sind. Denn mir steht kein Riesenbüro und Ähnliches, sondern 'nur mein eigener Grips zur Verfügung, um darauf zu antworten.
({1})
Wenn ich außerdem überlege, daß am Ende einer so langen und mit so vielen Zitaten gespickten Rede als Schlußfolgerungen Selbstverständlichkeiten stehen, frage ich mich, ob hier bei der ganzen Geschichte nicht einwenig viel Aufregung für ein Omelett involviert war.
({2})
Es ist wohl unbestritten, daß mit diesen Darlegungen an den wesentlichsten Dingen der Debatte, die wir bei 'der zweiten Lesung des Haushalts geführt haben, vorbeigesprochen worden ist. Ich hatte angenommen, daß diese die Generaldebatte gewesen sei. Sie ist jetzt gegen alle Verabredung von neuem aufgenommen worden. Ich hatte erwartet, daß hier neue Argumente vorgetragen würden. Was ich aber feststellen muß, ist, daß bis jetzt an den wesentlichen Dingen vorbeigesprochen worden ist.
({3})
Ich will mich darauf beschränken, lediglich auf diese einzelnen Punkte noch einmal besonders einzugehen. Es ist natürlich sehr einfach, aus einer großen Zahl von Reden, die in den vergangenen und in den vorvergangenen Jahren gehalten worden sind, Zitate herauszuziehen, hier einen Satz und da einen Satz, und daraus ein ganz amüsantes Gemengsel zustande zu 'bringen.
({4})
Auf der anderen Seite möchte ich folgendes sagen: Hat man denn total vergessen, was für Veränderungen wir in der Zwischenzeit erlebt haben und was hier alles an außenpolitischen Ereignissen hineingespielt hat?
({5})
Schließlich kann doch niemand daran vorbeisehen, daß die Folge des für uns furchtbaren Ereignisses der Mauer in Berlin bestimmte Beschlüsse der Bundesregierung mit ganz bestimmten großen finanziellen Auswirkungen waren, die sich nun einmal niederschlagen mußten. Wenn sie sich im Haushalt 1962, ganz gegen die Absicht meiner Freunde, erst im Dezember niedergeschlagen haben, dann war es sicher nicht unsere Schuld, daß dadurch bestimmte Verzerrungen im Haushalt 1962 und bestimmte Auswirkungen auf den Haushalt 1963 entstanden sind.
Das ist der Opposition genauso bekannt, wie es uns bekannt ist. Ich habe aber leider in der Rede meines verehrten Vorredners keinen Bezug darauf gehört.
({6})
- Bitte!
Herr Kollege Dr. Vogel, ist Ihnen nicht aufgefallen, daß mit Abstand die meisten Zitate, die der Kollege Dr. Möller hier verwandt hat, aus der Zeit stammen, als die Bundesregierung den heute zu verabschiedenden Haushaltsplan hier im Hause eingebracht hatte, daß es sich also um Sätze handelt, die in voller Kenntnis der Ereignisse des 13. August und ihrer Folgen hier dennoch gesprochen worden sind?
Herr Kollege Erler, das wäre richtig, wenn nicht etwas anderes vorausgegangen wäre, was Sie genauso kennen wie wir. Ihnen ist genauso bekannt wie uns, daß diese - ich sage es ausdrücklich - unglückliche Nachtragsvorlage über 1,1 Milliarden DM Verteidigungsmehrausgaben leider etwas zu spät, auch dem Kabinett zu spät, vorgelegen hat und daß sehr viele Reden auch von Ministern in Unkenntnis dieser Finanzlage gehalten worden sind. Das will ich hier ausdrücklich festhalten.
({0})
Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich einmal auf den Hauptpunkt eingehen, der hier angesprochen worden ist. Ich habe bisher eigentlich keine formelle Begründung des Antrages gehört, den die SPD im Haushalts- und Finanzausschuß gestellt hatte, nämlich die Anhebung des Prozentsatzes auf 38 % statt 40,5% bzw. 41,5% zu beschränken. Ich weiß nicht, ob das noch nachgeholt werden soll oder ob das in Ihrer Rede, Herr Kollege Möller, enthalten war. Ich habe darüber bisher noch keine näheren Auskünfte gehört.
({1})
- Ich frage ja danach. Im Ausschuß lag er vor. Infolgedessen ist das hier eine Polemik, die im Grunde um vage Dinge geht. Hätten Sie hier klipp und klar das wiederaufgenommen, was Sie im Ausschuß gesagt hatten, dann herrschte Klarheit darüber. Aber so wird um die Geschichte herumgeredet. Ich möchte hier gern klargestellt haben, worum es jetzt in den Deckungsplänen eigentlich geht.
Da sind nun sehr lange, sehr ausführliche, auch mit Zitaten versehene Ausführungen über die Kapitalmarktlage gemacht worden. Ich bin, wie Sie aus dem von Ihnen sehr sorgfältig gelesenen Sitzungsbericht - Sie waren ja in der Debatte nicht anwesend - entnommen haben, sehr ausführlich auf die Möglichkeiten eingegangen. Natürlich kann man auch über die voraussichtlich sich sammelnden Kapitalmengen geteilter Meinung sein. Aber meine Unterlagen decken sich, glaube ich, weitgehend mit den Ansichten der Bundesbank, und ich setze voraus, daß hier doch immerhin sehr fundierte Aussagen über die Möglichkeiten des Jahres 1963 vorliegen.
Lassen Sie mich dabei von einer Voraussetzung ausgehen: Es gibt nach meinem Dafürhalten keinen wirklichen Vergleich zwischen unserer eigenen Verschuldung und der Verschuldung ähnlich hochindustriealisierter Länder, weil wir nach zwei Inflationen jetzt bestenfalls erst einen Kapitalstock von - ich kann mich in einer Kleinigkeit täuschen - von rund 60 Milliarden DM ansammeln konnten, während die nicht von der Inflation betroffenen Länder heute natürlich über ganz andere Kapitalstocks verfügen. Infolgedessen kann man hier natürlich niemals solche Relationen einsetzen, wenn man nicht die Tatsache zweier Inflationen zugrunde legt und darauf entsprechend aufbaut.
({2})
Jede andere Relation ergäbe nach meinem Dafürhalten ein schiefes Bild. Dasselbe gilt dann auch für gewisse Folgerungen, die auf die Verschuldung von Ländern und Gemeinden gezogen worden sind.
Bis jetzt sind die Zahlen, die auch die Bundesbank im allgemeinen ihren Überlegungen zugrunde legt, in der Öffentlichkeit noch nirgendwo ernstlich erschüttert worden. Ich wiederhole deswegen, daß der Bund dieses Jahr 2,2 Milliarden DM fordert. Wir müssen doch einmal davon ausgehen: bis dahin hatte der Bund den Kapitalmarkt so gut wie gar nicht in Anspruch genommen. Er hat es im Frühjahr dieses Jahres zum erstenmal in einem nennenswerten Maße getan. Er sagt, er wird 2,2 Milliarden fordern, und wenn er das im Laufe dieses Jahres zuwege bringt, wird zum erstenmal seit 1949 der Kapitalmarkt wirklich von ihm in einem nennenswerten Maße beansprucht werden. Das stellt für diesen Kapitalmarkt mit seinen begrenzten Möglichkeiten immerhin ein Ereignis von weitreichender und großer Bedeutung dar; das dürfte unbestritten sein.
Wenn aber außer dieser erstmaligen großen Inanspruchnahme durch den Bund jetzt schon sicher ist, daß die Bundesbahn mit einer Milliarde, die Bundespost mit 1,4 Milliarden, der Lastenausgleichsfonds mit 0,5 Milliarden gleichfalls auf den Anleihemarkt gehen werden, wenn wir ferner wissen - und wir hoffen es sogar -, daß die Kreditanstalt für Wiederaufbau ihrerseits sich in zunehmendem Maße auf den Anleihemarkt begeben wird, um auf dem Gebiet der Entwicklungshilfe die Bundespolitik unterstützen zu können, wenn wir das hinzurechnen - und wir wollen ja, daß es so geschieht -, dann sehen wir heute schon eine Inanspruchnahme in einem Ausmaß voraus, die gegenüber der Inanspruchnahme in den vergangenen Jahren etwas Ungewöhnliches darstellt. Davon ist meinem Dafürhalten nach auszugehen.
Sie sind, Herr Dr. Möller, mit keinem Wort auf mein Hauptargument eingegangen, daß wir im Interesse der privaten Wirtschaft unbedingt eine Senkung des Zinsniveaus und nicht eine Steigerung des Zinzniveaus nötig haben.
({3})
Gerade von Ihrer Seite hätte ich eigentlich erwartet, daß Sie sich damit auseinandergesetzt hätten. Es ist nun einmal unbestreitbar, daß, wenn ich stärker, in einem bis dahin nicht bekannten Ausmaß an diesen Markt herangehe, er darauf natürlich mit einer Steigerung der Zinssätze anworten wird.
Ich habe gerade heute morgen zufällig eine sehr interessante, in diesem Zusammenhang wichtige Notiz gelesen, wonach ein großes Unternehmen der chemischen Industrie sich jetzt auf den Schuldscheinmarkt begibt und damit wahrscheinlich die Möglichkeiten der kleinen und mittleren Firmen weiter einengen wird. Schon aus dieser Notiz geht hervor, daß es für die großen Firmen keineswegs mehr so einfach ist - aus vielen Gründen -, sich auf dem Kapitalmarkt die Summen zu besorgen, die sie dringend brauchen, um unsere Industrie auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig zu erhalten; und ich glaube, das ist ein wesentliches Axiom, von dem wir auszugehen haben.
Nun, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, daß wir in einer ganzen Reihe von Einzelpunkten keinerlei Kontroverse mit dem Herrn Vorredner hätten. In seinen Schlußzitaten hat er eine ganze Reihe solcher Punkte erwähnt. Aber lassen Sie mich auch auf einen Punkt noch eingehen, nachdem das Intermezzo über die Fundiertheit oder Nichtfundiertheit der Summen, die der Herr Finanzminister von Nordrhein-Westfalen zitiert hat, hier doch ein auch für mich nicht ganz überraschendes Ergebnis hatte. Denn ich habe, das kann ich hier ruhig sagen, bei Veranstaltungen und in einer direkten Kontroverse Herrn Pütz auch vorgehalten, daß ich nicht wüßte, auf welche wirklichen Unterlagen sich seine Behauptungen über die Verfassungswidrigkeit vieler Bundesausgaben bis dahin bezogen hätten. Das Schreiben, das Sie hier verlesen haben, gibt ja darüber hinreichend Aufschluß.
Das Kernthema der Auseinandersetzung, die wir hier haben, ist im Grunde genommen die Deckungslücke beim Haushalt 1963. Man kann bei dem Streit um die Deckung- der offene Streit zwischen Bund und Ländern wird jetzt im Vermittlungsausschuß entschieden werden - den Blick nicht allein auf 1963 heften, sondern muß 1964 mit in Betracht ziehen; aus einem sehr einfachen Grunde: weil das Gesetz nicht einen Jahresbeitrag vorsieht, sondern sich auf zwei Jahre bezieht. Wenn es sich auf zwei Jahre bezieht, ist automatisch auch der Haushalt 1964 hier mit im Gespräch und muß mit berücksichtigt werden.
Es ist unbestritten, daß wir im Haushalt 1964 bestimmte Steigerungen haben werden. Ich wage sie einmal im voraus aufzuzählen: Wir werden als Folge der Rentendynamik und der Lohnerhöhungen unbestreitbar neue Anträge zur Rentenanpassung haben. Die Tarifabmachungen für die Arbeiter und Angestellten in den öffentlichen Diensten werden sich 1964 auswirken. Die großen Kriegsopferforderungen werden bewältigt werden müssen; ich werde darauf nachher noch einmal zurückkommen. Wir kennen die Vorstellungen über Kindergelderhöhungen. Wir wissen, daß erhöhter Anleihedienst auch erhöhten Schuldendienst mit sich bringt.
Wir kennen den Fünf-Jahres-Plan für die Atomforschung und für die Raumfahrtforschung mit Forderungen von 500 Millionen DM pro Jahr allein für die Atomforschung. Wir wissen - auch das weiß mein Herr Vorredner -, und Herr Kollege Erler hat das mit der von ihm dargelegten Verteidigungskonzeption ausdrücklich noch einmal unterstrichen, daß seine Konzeption wahrscheinlich noch teurer sein wird, als die uns bereits vorliegende. Wenn man weiß, daß man die Bundeswehr mit einem neuen Panzer ausrüsten muß - ich glaube, das ist eine unbestrittene Notwendigkeit -, und wenn man weiß, daß eine multilaterale Atommacht sound-soviel Milliarden DM, auf zehn Jahre verteilt, mehr erfordert, dann muß man sich für 1964 entsprechend einrichten. Wir tun gut daran, wenn wir miteinander den Haushalt 1964 genauso ins Spiel bringen wie den Haushalt 1963.
Lassen Sie mich noch einmal auf die Möglichkeiten zurückkommen, auf den Kapitalmarkt auszuweichen. Es war unsere eigene Forderung, stärker an den Kapitalmarkt zu gehen. Wir empfinden es gar nicht als Argument gegen uns, wenn uns das jetzt vorgehalten wird.
({4}) Nein, wir haben das seit Jahren auch gesagt . ({5})
Wenn wir jetzt auf 2,2 Milliarden DM gehen, wird dieser Forderung ausreichend Rechnung getragen, ohne den Kapitalmarkt zu überziehen. Es kommt hier auf das Ausmaß an, in dem man diese Dinge betreibt.
In dem April-Bericht der Bundesbank, der sich mit den Investitionen beschäftigt, habe ich eine sehr interessante Zahl gefunden. In den letzten vier Jahren sind Ausländer mit 28% aller Netto-Käufe an dem Kauf von Rentenmarkttiteln in der Bundesrepublik beteiligt. Wenn es so ist, daß sie über ein Viertel der Rentenmarkttitel kauften, dann erhebt sich naturgemäß die Frage, ob das angesichts des in Bewegung gekommenen Aktienmarkts noch weiter erwartet werden kann. Ich glaube, Sie werden mit mir übereinstimmen, daß das nicht so ohne weiteres der Fall ist. Denn seit ungefähr 14 Tagen hat sich das Bild erheblich gewandelt. Auch das müssen wir vernünftigerweise mit in unsere Betrachtungen einbeziehen.
Die Argumentation von seiten der Opposition ging dahin: Übertragung von bestimmten Titeln in den außerordentlichen Haushalt und dann Deckung des außerordentlichen Haushalts durch erhöhte Inanspruchnahme des Anleihemarkts. Mir scheint unsere Argumentation, die wir vorgetragen haben und die wahrscheinlich auch der Herr Bundesfinanzminister nachher vortragen wird, im Grunde genommen dem gesetzlichen Verfahren und dem tatsächlichen Stand der Dinge bosser angepaßt und realistischer zut sein als die, die uns von Ihnen empfohlen worden ist. Es wäre natürlich für uns leicht, darauf hinzuweisen, daß Sie zwar auf der einen Seite in Ihren Anträgen zur zweiten Lesung nur 150 Millionen DM mehr gefordert haben, daß Sie aber auf der anderen Seite, falls Sie auf Ihrem Satz von 38%
beharren, eine Einnahmeminderung von rund 900 Millionen DM mit einrechnen müssen. Aber betrachten wir einmal die Situation, die sich ergibt, wenn wir das Jahr 1964 mit einbeziehen. Wir wissen, daß Ihre Fraktion hinter einem Antrag für die Kriegsopfer steht, der nach unseren Schätzungen und nach der Schätzung des Ministeriums rund 1,6 Milliarden DM, vielleicht auch mehr erfordern wird.
({6})
- Darüber gehen die Meinungen auseinander, wie ich gehört habe.
({7})
- Das ist eine Behauptung. Es ist Ihr gutes Recht, die Schätzungen niedriger anzusetzen, um sie schmackhafter zu machen. Aber leider haben wir in der Vergangenheit, glaube ich, nicht immer erlebt, daß Ihre Schätzungen eingetroffen sind.
({8})
- 1,4 Milliarden - Herr Kollege Schulhoff sagt es mit Recht - ist auch ein sehr anständiger Betrag. Ich weiß nicht, wie ein solcher Betrag, wenn wir diesen Antrag einmal zugrunde legen, in Ihre Schätzung für 1964 eingebaut werden soll.
({9})
- Sie meinen den Antrag meiner Kollegin Frau Dr. Probst!
({10})
- Ich will Ihnen dazu ganz offen folgendes sagen. Sie wissen sehr gut, daß die Regierung dazu ein Gegenangebot von 700 Millionen DM gemacht hat, hinter das ich mich mit der großen Mehrheit meiner Freunde voll und ganz gestellt habe, und wir werden uns auch darüber unterhalten. Wir können Sie nicht daran hindern, hier darauf hinzuweisen, daß einzelne aus unseren Reihen mehr gefordert haben. Wir sind eine Fraktion, in der Meinungsfreiheit herrscht. Das ist ein Tatbestand, den Sie nicht immer gern zur Kenntnis nehmen.
Alber, Herr Kollege Schoettle, eines möchte ich Ihnen hier nicht vorenthalten. In der Argumentation meiner verehrten Kollegin Frau Probst spielt ein nicht unwesentliches Argument eine große Rolle. Frau Dr. Probst sagt, sie sehe zwar ein, daß im Bundeshaushalt kein Geld dafür da sei, aber die Länder würden dafür einspringen. Das war ein Hauptargument. Sie sehen nun aber, inwieweit die Länder keineswegs bereit sind einzuspringen. Allein schon diese Weigerung der Länder sollte eigentlich Rückwirkungen auf Ihre Vorstellungen von dem ausgeglichenen Haushalt für das Jahr 1964 haben.
Das Widerspruchsvolle in der Gesamthaltung Ihrer Argumentation ergibt sich dann ganz klar, wenn man nicht über die Gesamtheit diskutiert, sondern wenn man die einzelnen Anträge aneinanderhält und die einzelnen Meinungsäußerungen während der zweiten Lesung des Bundeshaushalts miteinander vergleicht. Es läge hier natürlich nahe, auch einige boshafte Bemerkungen über „Kai Uwe von Erler" - so wird Ihr Kollege bei uns schon genannt - zu machen; aber das wollen wir hier nicht tun.
({11})
Herr Professor Schmid, wir wollen auch nicht Ihre Forderung nach dem Fallenlassen der Hallsteindoktrin- mir schien sie eine „Fleur du mal" zu sein; Sie wissen, worauf ich mich beziehe - aufgreifen.
Aber etwas betroffen waren wir doch, Herr Kollege Ritzel, als Sie mit einem weißen Fliederbusch im Mai - nun, wir sind im Maienmonat - auch vor dem Bund der Steuerzahler eine Verneigung machten und zart andeuteten, man könne in diesem Augenblick sogar an Steuersenkungen denken, wobei Sie Ihre Geste 'begründeten, daß Sie sagten, das Ausweichen auf den Anleihemarkt gebe eine entsprechende Deckungsmöglichkeit.
Meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPD, es gibt eine Menge von Widersprüchen in dem, was Sie uns hier im einzelnen dargelegt haben. Auf den Widerspruch zwischen der Nichtbewilligung von Prozenten auf der einen Seite und den Mehrforderungen für die kommenden Haushalte auf der anderen Seite bin ich hier schon näher eingegangen. Aber lassen Sie mich noch einmal auf einen Punkt eingehen, weil er mir von einer ganz besonderen Bedeutung zu sein scheint.
Hier wird wiederholt argumentiert, daß jede erhöhte Forderung des Bundes sozusagen zwangsläufig zu einer Kürzung der Gemeindehaushalte führen müsse und daß damit die Gemeindeaufgaben notleidend würden. Ich darf darauf verweisen, daß uns in den Länderhaushalten, und zwar in den maßgebenden Haushalten der großen Länder, eine unverhältnismäßig große Steigerung der Überweisungen für den Finanzausgleich an die Gemeinden in den letzten Jahren sehr ins Auge fiel. Damit sind natürlich bestimmte Vorhaben bei den Gemeinden besonders ermutigt worden. Wenn wir wissen, daß der Bauanteil der Gemeinden mit über 7 Milliarden DM an dem Gesamtbauvolumen der öffentlichen Hand weitaus größer ist als der Bauanteil von Bund und Ländern gemeinschaftlich, dann ist hier einer der springenden Punkte, auf die es sich lohnt näher einzugehen. Niemand von uns hat - das möchte ich noch einmal mit allem Nachdruck unterstreichen, um hier einer Legendenbildung vorzubeugen - hier je bestritten, daß Schulbauten, Krankenhausbauten und ähnliche Dinge notwendig sind, die der Volksgesundheit, der Volksbildung usw. dienen. Aber ich betone noch einmal, es wäre widersinnig, alles zugleich zu bauen mit dem Effekt, die Baukosten erneut in diesem Jahre um 10 % zu steigern, nachdem sie in den letzten drei Jahren bereits über 20% angestiegen sind. Eine solche sinnlose Verteuerung kann weder im Interesse der Gemeinden noch im allgemeinen Interesse liegen.
Es ist völlig zutreffend, daß die Gesamteinnahmemasse von rund 92 Milliarden DM ausreichend ist, um die Gesamtbedürfnisse zu decken. Aber die VorDr. Vogel
aussetzung ist eine Mäßigung des Tempos, vor allen Dingen bei den Bauten, aber nicht nur beim Bund allein - hier gehen wir mit einem guten Beispiel voran -, sondern auch bei den Ländern und bei den Gemeinden.
Lassen Sie mich noch ein letztes Wort sagen zur Deckung des Kassendefizits von 410 Millionen DM, das vorhin angesprochen worden ist. Natürlich argumentieren die Länder so, daß sie sagen: Ihr könnt auch das Kassendefizit im Jahre 1964 decken, die Haushaltsordnung erlaubt das. Auch das ist uns wohlbekannt. Aber hätte es einen Sinn, angesichts einer im Jahre 1964 mit Sicherheit schwieriger werdenden Haushaltslage im Jahre 1963 etwas nicht zu tun und in den schwierigeren Finanzabschnitt zu verschieben? Das ist doch einer der bedeutsamen Punkte. Etwas Ähnliches gilt von anderen Streichungsanträgen, die uns von seiten der Länder hier anheimgestellt worden sind.
Ich glaube, der Vermittlungsausschuß, um dessen Anrufung wir nach den Ankündigungen wohl nicht herumkommen werden, wird sich der Mühe unterziehen müssen, alle diese Tatbestände mit gebührender Sorgfalt zu prüfen. Seine Aufgabe wird nicht einfach sein; aber mir scheint sie auch nicht unlösbar zu sein.
In einem stimmen wir überein, Herr Kollege Möller. Ich glaube, daß es notwendig ist, zumindest einmal den Versuch zu machen, über die beiderseitigen unabweisbaren Bedürfnisse bei Bund, Ländern und Gemeinden etwas mehr ins Reine zu kommen, als das bisher der Fall war. Hier ist eine Lücke. Ob die in Aussicht genommenen wissenschaftlichen Untersuchungen sie schließen werden, wage ich ein wenig zu bezweifeln, aber zumindest sollte die Bundesregierung in dieser Richtung mehr tätig werden als bisher.
Wir werden durch einen Entschließungsantrag in der dritten Lesung dazu noch einmal Stellung nehmen und ihn noch ausführlich begründen. Ich glaube jedenfalls, daß meine Darlegungen den Nachweis dafür erbracht haben, daß unser Standpunkt der realistischere ist, daß unser Standpunkt in dieser Frage der deutschen Volkswirtschaft und der deutschen Wirtschaft besser dient als der Ihre und daß es ein gemeinsames Interesse sein sollte, dafür Sorge zu tragen, daß einer blühenden Volkswirtschaft reibungsloser und realistischer das Notwendige auch für die öffentlichen Haushalte entnommen werden sollte, als das auf Grund Ihrer Vorstellungen der Fall wäre.
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Das Wort hat Herr Dr. Imle.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Herr Bundesfinanzminister wird nachher sicherlich noch auf die Frage der Kapitalanleihe und ihre Möglichkeiten eingehen.
Herr Kollege Möller, Sie sprachen davon, daß hier bei dem „Haushalt der Besinnung" auch die Opposition nicht von der Pflicht ausgenommen sei, den Haushalt mit auszugleichen, daß man jedoch der Opposition keinen Vorwurf daraus machen könne, daß sie auf der Ausgabenseite nicht alle Positionen so bewerte wie die Koalition. Dazu muß ich allerdings sagen, daß da aber doch erhebliche Unterschiede in der Auffassung sind; denn auf der Ausgabenseite kommt das bei der Höhe entsprechend zum Ausdruck. Wenn man sich schon darum bemühen will, die Einnahmen und Ausgaben auszugleichen, dann darf man nicht dazu beitragen, die Ausgaben so hoch werden zu lassen, daß sie den Haushalt auf jeden Fall sprengen.
Ich möchte Ihnen einmal vorhalten, was auf Grund der Anträge, die von Ihrer Seite, meine Damen und Herren von der SPD, in dieser Legislaturperiode eingebracht worden sind, im Rechnungsjahr 1963 an Ausgaben auf uns zukommen kann. Bereits bis zum 1. Oktober 1962 lagen Anträge vor, die Ausgaben in Höhe von 2,3 Milliarden DM bedingen. Zu diesen Anträgen sind bis heute noch andere hinzugekommen, die weitere 2,2 Milliarden DM erfordern würden. Es wurden von Ihnen gefordert bei der Kriegsopferversorgung - über die Vorschläge der Regierung hinausgehend - 700 Millionen DM, für die Neuregelung der Wochenhilfe 325 Millionen DM, für das Bundeskindergeldgesetz 750 Millionen DM und für die Auslandsbildungsförderung 400 Millionen DM; das sind insgesamt bei den Anträgen, die nach dem 1. Oktober 1962 eingegangen sind, 2,2 Milliarden DM. Dieser Betrag erreicht schon das, was wir mit der Anhebung des Länderanteils bekommen wollen. Ich glaube also, daß hier etwas Zurückhaltung doch sehr gut wäre. Man käme dann nicht in den Verdacht, doppelt zubewerten.
Das schließt nicht aus - ich bestreite Ihnen das gar nicht -, was Sie uns vorhin vorgerechnet haben, nämlich daß sich Ihre Schätzungen für die Einnahmen von 1961 bis 1963 mit denen des Bundesfinanzministers fast decken. Wenn man schon die Einnahmen so gut schätzen kann, dann sollte man auch die Ausgaben entsprechend gut schätzen, damit der Haushalt ausgeglichen wird.
({0})
Ich darf Ihnen noch ein Weiteres entgegenhalten. Bei der ersten Lesung des Bundeshaushalts 1963 haben Sie in der 46. Sitzung am 8. November zu den Deckungsvorschlägen einen Vorschlag bezüglich der finanziellen Operationsmöglichkeiten gemacht. In einer Erwiderung auf die Ausführungen eines Sprechers des Hauses haben Sie darauf hingewiesen, daß der Bund wahrscheinlich die Verwaltungseinnahmen wiederum urn mehr als 1 Milliarde DM zu niedrig angesetzt habe; diesen Betrag könnte man zur Deckung der Ausgaben in Höhe von 280 Millionen DM für die Bundesbahn und in Höhe von etwa 300 bis 350 Millionen DM für die Bundespost verwenden. Damals ist Ihnen entgegengehalten worden, daß es sich bei einem Großteil dieser Einnahmen nur um durchlaufende Posten handele, denen entsprechende Mehrausgaben gegenüberstünden.
Insofern war also Ihr Vorschlag für einen Ausgleich des Haushaltes in Höhe von 1 Milliarde DM nicht real; er ist dann auch von Ihnen nicht wieder vorgebracht worden.
Heute schlagen Sie uns nun vor, die 1 Milliarde DM, die fehlt, im Wege der Darlehensaufnahme hereinzuholen. Dazu hat soeben schon der Herr Kollege Vogel gesprochen; sicherlich wird der Herr Finanzminister nachher darauf noch eingehen. Ich bin nicht der Ansicht, daß - wie Sie sagen - der Kapitalmarkt es zur Zeit zulasse, Gelder aus ihm herauszuziehen; das ist im übrigen auch in Anbetracht der sonst auf den Kapitalmarkt zukommenden Forderungen zu bestreiten. Es ist auch nicht so, daß man den Kapitalmarkt unbedingt auschöpfen muß.
Wir wissen, daß die gesamten Haushalte von Bund, Ländern und Gemeinden insgesamt 92 Milliarden DM erfordern und daß diese 92 Milliarden DM ausreichen, allen Anliegen von Bund, Ländern und Gemeinden gerecht zu werden. Da muß man eben zu einem Ausgleich auf diesen drei Ebenen kommen, ohne daß wir, wenn der Bund zuwenig hat, die Steuern entsprechend erhöhen oder der Bund auf den Kapitalmarkt geht, um sich zu verschulden; denn eine Verschuldung auf jeden Fall ist nicht richtig.
({1})
Wir sollten also durchaus den Ausgleich suchen, um endlich einmal zu einem gesunden Verhältnis zwischen Bund, Ländern und Gemeinden zu kommen. Wir werden uns sicherlich im Vermittlungsausschuß sehr eingehend über die Anträge hinsichtlich der 38%, der 40,5 % und der 41 % unterhalten. Es sollte aber auch Ihr Anliegen sein, daß nicht die öffentlichen Haushalte weiterhin erhöht werden, indem ich den Bund auf den Kapitalmarkt verweise und den Ländern ihre hohen Einnahmen lasse, die sie dann wieder auf andere Weise ausgeben können, was wiederum zu einer Ankurbelung auf dem Baumarkt oder zu sonstigen Dingen beiträgt.
Lassen Sie mich noch zwei kurze Bemerkungen machen, Herr Kollege Möller. Sie meinten, die FDP als Nachzügler von ehemaligen Anliegen Ihrer Partei ansprechen zu müssen. Sie wiesen dabei in erster Linie auf 'die Altershilfe hin, auf eine allgemeine Altersrente von 100 DM, d. h. auf einen Antrag, den Sie bereits vor zwei Jahren in der Bundespressekonferenz einmal vorgetragen hätten. Ich darf .auf folgendes aufmerksam machen. Hier liegt doch ein sehr erheblicher Unterschied vor: Bei Ihnen ist daran gedacht, diese 100 DM jedem zusätzlich zu geben, während wir der Meinung sind, daß diese Altersrente - und das ist noch in der Prüfung - zwar jedem gegeben werden soll, aber ohne daß dadurch der Bundeshaushalt weiter vergrößert wird. Im übrigen sind wir der Meinung, daß darüber hinaus auch der einzelne von sich aus etwas dazu beitragen muß, seine eigene Altersrente zu sichern. Das war das eine.
Sie waren so nett, auf unseren letzten Bezirksparteitag in Nordbaden hinzuweisen. Sie haben .gesagt, daß der dortige Redner der FDP gemeint
habe, man könne eine Milliarde DM im Bundeshaushalt einsparen. Ich darf Ihnen dazu sagen: Wir sind keine konformistische Partei; bei uns kann auch jemand außerhalb der Fraktion einmal eine andere Meinung haben, und darüber kann man sich unterhalten, ohne daß man nun aber die Bundestagsfraktion darauf festlegen kann.
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- Herr Stoltenberg, das möchte ich nicht sagen; den Zwischenruf nehme ich aber gern entgegen.
Ich glaube also, daß wir den Ausgleich - um das zum Schluß zu sagen - des Bundeshaushalts auf dem von der Bundesregierung vorgeschlagenen Wege vornehmen und uns die Möglichkeit des Herangehens an den Kapitalmarkt für besondere Zeiten offenhalten sollten. Überlegen wir einmal! Wir sind ja heute noch nicht am Ende mit alledem, was auf den Bund zukommt. Hier muß eben dieser Weg gegangen werden, abgesehen davon, daß der Wirtschaft neben dem Bund der Kapitalmarkt viel mehr offengehalten werden sollte. Wir sind also der Meinung, daß man dem Anliegen der Bundesregierung zustimmen sollte.
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Das Wort hat der Herr Bundesfinanzminister.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Während der Beratungen des Ersten Gesetzes zur Änderung des Beteiligungsverhältnisses an der Einkommen-und Körperschaftsteuer und des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1963 hat sich meiner Oberzeugung nach herausgestellt, daß die Opposition weniger gegen den 'Bundeshaushalt 1963 selbst eingestellt ist als vielmehr gegen den Deckungsvorschlag, den die Bundesregierung insbesondere in bezug auf 'die Neuverteilung der Einkommen- und Körperschaftsteuer gemacht 'hat.
Ich muß aber an dieser Stelle doch auf die Ausführungen von Herrn Kollegen Dr. Möller zurückkommen, der, wenigstens in gewisser Hinsicht, das Volumen des Haushalts 1963 kritisiert hat. In diesem Zusammenhang darf ich sagen, daß bei der Verabschiedung des Bundeshaushaltes im Herbst vorigen Jahres im Kabinett von einer realen Steigerung des Bruttosozialprodukts um 3,5 % ausgegangen wurde und den Steuerschätzungen eine effektive Zuwachsrate von 5 % zugrunde gelegt worden ist. Mein Herr Vorgänger hat in der Rede zur Einbringung des Haushaltsplanentwurf 1963 im vorigen Jahre vor diesem Hohen Hause bereits darauf hingewiesen, daß insoweit möglicherweise noch Änderungen eintreten könnten.
Die Beratungen im Haushaltsausschuß zu Beginn dieses Jahres waren dann Anlaß für eine neue Steuerschätzung, die ich genauso habe durchführen lassen, wie eine Steuerschätzung durchgeführt wird,
wenn ein neuer Plan für das folgende Jahr aufgestellt wird. Dabei hat sich gezeigt, daß die effektive Zunahme ,des Bruttosozialprodukts auf 6,2 O/o veranschlagt werden kann. Das war zu Anfang diesels Jahres, als man den Ablauf des Winters und die ganze Entwicklung besser übersehen konnte. Auf dieser Grundlage sind dann die Steuereinnahmen unter Hinzuziehung der Bundesbank, der Wirtschaftswissenschaftlichen Institute, also in dem normalen Steuerschätzverfahren, neu geschätzt worden. Eine andere Schätzung als die, die Ihnen heute auf Grund der Beratungen im Haushaltsausschuß vorliegt, würde keine realistische Haushaltsgebarung rechtfertigen. Auf der anderen Seite liegen diese Schätzungen - ich habe das schon an anderer Stelle ausgeführt - absolut an der oberen Grenze, und die Ist-Zahlen der letzten Monate weisen das auch aus.
Im Verhältnis zum Bundeshaushalt 1962 liegen tatsächlich die Ausgabenansätze des Bundeshaushaltsplans 1963 nach den Ergebnissen der zweiten Lesung mit rund 57 Milliarden DM um 8% höher. Gegenüber dem Regierungsentwurf vom Oktober vorigen Jahres haben sich die Ausgaben noch um 1,6 % erhöht. Damit haben die Ausgabenansätze um 1,8 % stärker zugenommen, als es der Steigerung des Sozialprodukts entspricht. Niemand wird diese Entwicklung aus allgemeinen wirtschaftspolitischen Gesichtspunkten begrüßen. Solange die Mehrausgaben aus ordentlichen Einnahmen oder ich betone - langfristigen Krediten finanziert werden, können aber finanzpolitisch gegen eine Zunahme um 1,8% keine ernsthaften Einwendungen erhoben werden. Eine solche Folgerung müßte man nur dann ziehen, wenn der Anteil der Kreditfinanzierung so stark erhöht würde, daß langfristige Kredite in solcher Höhe nicht beschafft werden könnten. Gerade das vermeidet der dem Hohen Hause zur Beschlußfassung vorliegende Entwurf, ganz im Gegensatz zu den Vorschlägen der Opposition.
Gegen die Geltendmachung der Rechte des Bundes aus Art. 106 Abs. 4 des Grundgesetzes sind gleichfalls keine grundsätzlichen Einwendungen erhoben worden. Einzig Herr Kollege Dr. Möller hat in seiner Rede heute morgen eine gewisse Kritik an dem grundsätzlichen Anspruch geübt, wobei er auf frühere Äußerungen des Herrn Bundesfinanzministers Etzel Bezug genommen hat, wonach der Bund angeblich 3,7 Milliarden DM für Länderaufgaben bereitgestellt habe. Ich bin der Meinung, daß das nur mittelbar etwas mit Art. 106 Abs. 4 des Grundgesetzes und dem heute laufenden Verfahren zu tun hat.
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Die Zahlen, die Herr Bundesfinanzminister Etzel 1961 hier im Bundestag bekanntgegeben hat, sind richtig, sie sind in unserem Hause errechnet worden. Nun ist Herr Kollege Dr. Möller bei der Kritik offenbar davon ausgegangen, Herr Bundesfinanzminister Etzel könnte gemeint haben, der Bund finanziere irgendwie unzulässigerweise oder in nicht gerechtfertigterweise Länderaufgaben mit Bundesgeldern. Das hat aber Herr Kollege Etzel keineswegs gesagt; ich habe mir die damaligen Protokolle des Bundestages verschafft.
Die Anfrage des Herrn Kollegen Dr. Schäfer bei mir konnte jedoch nicht anders beantwortet werden als dahin, daß es sich um Globalzahlen handele, die für Herrn Etzel aus dem Haushalt herausgesucht worden seien. Die Zusammenstellung genauen Materials würde bedeuten, daß ich den ganzen Haushalt Titel für Titel durchsehen und auch die Streitfragen entscheiden müßte, wo Länderaufgaben und wo Bundesaufgaben liegen. Sie wissen ja, daß diese Abgrenzung Schwierigkeiten macht.
Ich darf jetzt zurückkommen auf meine Eingangsbemerkung, daß grundsätzliche Einwendungen gegen die Änderung des Beteiligungsverhältnisses, gegen die Voraussetzungen der Änderung des Beteiligungsverhältnisses aus Art. 106 Abs. 4 des Grundgesetzes auch von der Opposition nicht geltend gemacht worden sind. Auch die Opposition sieht offenbar die Voraussetzungen für eine Änderung des Beteiligungsverhältnisses grundsätzlich als gegeben an. Sie ist allerdings der Auffassung, daß die Forderung des Bundes der Höhe nach nicht in vollem Umfang gerechtfertigt sei. Sowohl Herr Kollege Schoettle als auch Herr Kollege Ritzel hat den Standpunkt vertreten, daß den Ländern ein Verzicht auf mehr als 3 % an dem Einkommen- und Körperschaftsteueraufkommen nicht zugemutet werden könne. Eine Begründung für diesen Standpunkt und eine Auseinandersetzung mit meinen Ausführungen, daß den Ländern und Gemeinden auch nach der von der Bundesregierung geforderten Neufestsetzung des Bundesanteils an der Einkommen- und Körperschaftsteuer immer noch Steuermehreinnahmen von 1,8 Milliarden DM zur Deckung ihres Ausgabenmehrbedarfs verbleiben würden, habe ich leider vermißt.
In diesem Zusammenhang ist es deshalb notwendig, sich noch einmal die im Vergleich zum Bund günstigere Entwicklung der Finanzlage der Länder und der Gemeinden zu vergegenwärtigen. Die Länder, in ihrer Gesamtheit gesehen, haben in den Jahren der bisherigen Aufwärtsentwicklung von 1955 bis 1961 - für 1962 liegen die endgültigen Ergebnisse noch nicht vor - folgende Verbesserungen ihrer Haushaltswirtschaft erreicht, die nach meiner Überzeugung sehr beeindruckend sind: Sie haben steigende Haushaltsüberschüsse mit Mehreinnahmen von insgesamt 2,4 Milliarden DM gehabt, davon 1961 allein 910,4 Millionen DM. Sie haben den Rücklagen brutto 2,4 Milliarden DM zugeführt. Nach Abzug der Entnahmen verbleiben netto 1,4 Milliarden DM. Die Länder unterhielten bei der Bundesbank am 31. Dezember 1962 Guthaben in Höhe von 3,5 Milliarden DM, die sich trotz der im Rechnungsjahr 1962 geleisteten Länderbeiträge an den Bund gegenüber dem gleichen Zeitpunkt des Vorjahres nur ganz wenig verändert hatten und bis zum 31. März 1963 auf 4,7 Milliarden DM gestiegen sind. Ferner haben sie ihre Kreditmarktverschuldung von Ende 1960 bis Ende 1962 um mehr als 700 Millionen DM abgebaut.
Die 'Steuereinnahmen der Gemeinden ergeben unter Berücksichtigung der Zuweisungen der Länder
aus dem Gesamtsteueraufkommen folgende Zuwachsraten: Für die Zeit von 1955 bis 1961 betrug der Zuwachs 106 %; wenn man einen kürzeren Zeitraum aus der jüngeren Vergangenheit betrachtet, 1959 bis 1961, so kommt man auf einen Zuwachs von 29,6%.
Die Auffassung des Herrn Kollegen Schoettle, daß der Bund nur gering, die Länder und Gemeinden dagegen zu hoch verschuldet seien, kann nicht unwidersprochen bleiben. Herr Kollege Schoettle übersieht, meine Damen und Herren, daß dem Bund in den letzten Jahren erhebliche Schulden zugewachsen sind, die nicht über den Haushalt liefen, so der Aufwertungsverlust der Deutschen Bundesbank und die Schuldbuchforderungen der sozialen Rentenversicherungen. Er läßt bei seiner Betrachtung weiterhin die Schulden der Länder gegenüber dem Bund und dem Lastenausgleich außer acht. Am 31. März 1962 waren das über 50% der Gesamtverschuldung der Länder. Herr Kollege Schoettle läßt außer acht, daß diese Schulden keine echte Belastung darstellen, da die Länder diese Darlehen zu den gleichen Bedingungen weitergeben, unter denen sie sie aufgenommen haben.
Außerdem muß berücksichtigt werden, daß der Bund den Ländern die Tilgungsleistungen für ihre Ausgleichsforderungen erstattet und daß der Bund darüber hinaus noch erhebliche Auslandsschulden hat. In der vorstehenden Übersicht über die Neuverschuldung des Bundes sind überdies - Sie können das im Haushaltsplan nachsehen - eine Reihe von Verpflichtungen des Bundes nicht enthalten. Sie liegen zwar gesetzlich fest, sind aber nicht als Bundesschuld ausgewiesen. Es handelt sich hierbei insbesondere z. B. um den Lastenausgleich und die sonstigen Kriegsfolgelasten wie Wiedergutmachung, Rückerstattung usw. Wenn Sie diese Verpflichtungen des Bundes kapitalisieren und als Schuld anrechnen - das muß man eigentlich tun -, würde sich eine Verschuldung des Bundes ergeben, die, gemessen an der Belastung der laufenden Rechnung, weit über der Verschuldung der Länder und Gemeinden liegen würde.
Unter Berücksichtigung dieser Verpflichtungen dürfte die Verschuldung der Bundesrepublik keineswegs unter der Verschuldung anderer Länder der westlichen Welt liegen. Ich möchte das einmal darstellen, damit nicht immer zu leicht davon gesprochen wird, daß die Verschuldung des Bundes zu gering sei. Ich bin der Meinung, daß sie nicht bedrohlich ist, daß sie in keiner Weise zur Kritik Anlaß gibt. Aber auf der anderen Seite darf man nicht vergessen, daß wir doch erhebliche Lasten zu tragen haben.
Die Gesamtverschuldung von Bund und Ländern - dabei rechne ich die beiden Stadtstaaten mit - hat am 31. Dezember 1962 beim Bund 29,78 Milliarden DM, bei den Ländern 31,69 Milliarden DM betragen. Davon beträgt die Altverschuldung beim Bund 12 Milliarden DM, bei den Ländern 9 Milliarden DM; die Neuverschuldung - das ist eine wichtige Vergleichszahl - beim Bund 9 Milliarden DM, bei den Ländern nur 3 Milliarden DM; die Neuschulden aus öffentlichen Sondermitteln - auch
interessant - beim Bund 3,2 Milliarden DM, bei den Ländern nur 1,1 Milliarden DM; bei den Gebietskörperschaften und beim Lastenausgleichsfonds 17 Milliarden DM Schulden der Länder; Auslandsschulden beim Bund 41/2 Milliarden DM, bei den Ländern 200 Millionen DM, also erheblich weniger.
Im Verlauf der Entwicklung der letzten Jahre ist es den Ländern sogar gelungen, ihre Verschuldung am Kreditmarkt abzubauen. Die Steigerung ihres Schuldenstandes ist ausschließlich durch die vom Bund vorwiegend für den sozialen Wohnungsbau gegebenen Darlehen verursacht, und ich darf Sie daran erinnern, daß ich versucht habe, darzustellen, daß diese Darlehen des Bundes an die Länder für die Länder keine echte Belastung darstellen, weil sie zu den gleichen Bedingungen wieder herausgegeben werden.
Nun zur Verschuldung der Gemeinden, die mit 18,03 Milliarden DM, Herr Kollege Schoettle, - davon 13,9 Milliarden DM Kreditmarktschulden - am 31. Dezember 1962 relativ beträchtlich ist; das muß ich Ihnen zugeben. Gegenüber dem 31. Dezember 1961 sind diese Schulden sogar um 2,4 Milliarden DM gewachsen. Dabei muß man jedoch berücksichtigen, daß dieser Zunahme der Schulden erhebliche Vermögenswerte gegenüberstehen, bei denen der Schuldendienst sich selbst trägt. Sie wissen, daß ich dabei an die rentierlichen Anlagen denke, an die Errichtung von Elektrizitätswerken, Gaswerken, Wasserwerken usw. Die Nettobelastung der Gemeinden durch den Schuldendienst für die aufgenommenen Kredite steht insgesamt gesehen in einem durchaus angemessenen Verhältnis zur finanziellen Leistungsfähigkeit der Gemeinden. 1961 haben die Gemeinden - so gerechnet - 11 % des Überschusses der vermögensunwirksamen Rechnung als Schuldendienst geleistet. Die relativ hohen Schuldenzunahmen oder Schuldenaufnahmen der Gemeinden und Gemeindeverbände sind möglich gewesen, weil - auch das muß man sich natürlich vor Augen halten - höhere Steuereinnahmen der Gemeinden eine höhere Verschuldung ermöglicht haben. Unter Berücksichtigung aller dieser Gesichtspunkte und im Hinblick auf die wohl überall vorhandenen Überhänge für noch nicht durchgeführte Baumaßnahmen reichen die den Ländern und Gemeinden bei der Erhöhung des Bundesanteils verbleibenden Steuermehreinnahmen nach meiner Überzeugung vollkommen aus, um daraus die notwendigen Investitionen in volkswirtschaftlich vertretbarem Umfang zu finanzieren.
Demgegenüber handelt es sich bei den vermögenswirksamen Ausgaben des Bundes, das möchte ich auch einmal sagen, mit alleiniger Ausnahme der Bundesdruckerei, um nicht rentierliche Anlagen. Die Förderung kostendeckender Einrichtungen und Anlagen Dritter werden beim Bund durch Bürgschaften, Gewährleistungen oder Garantien ermöglicht. Eine Finanzierung über den Bundeshaushalt haben wir in diesen Fällen vermieden.
Ich bin - abgesehen von der in diesem Hohen Hause unstreitigen Tatsache, daß verfassungsrechtlich zur Zeit die Voraussetzungen des Art. 106 Abs. 4 des Grundgesetzes zur Änderung der BeteiliBundesminister Dr. Dahlgrün
gungsrelation zugunsten des Bundes vorliegen - nach wie vor der Überzeugung, daß eine Erhöhung des Bundesanteils auf 38 v. H. nicht die äußerste Grenze dessen darstellt, was den Ländern für 1963 zugemutet werden kann. Schon für das Rechnungsjahr 1962 haben bekanntlich die Länder auf freiwilliger Grundlage 3 % des Aufkommens der Einkommen- und Körperschaftsteuer als ihren Beitrag an den Bund gezahlt. Die Länder sind in der Lage gewesen, diesen Betrag aufzubringen, ohne daß sie auch nur eine einzige eigene Aufgabe zurückstellen mußten oder Kredite aufzunehmen brauchten.
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Im Gegenteil, ,die Länder haben von den veranschlagten Kreditmitteln in Höhe von 1,2 Milliarden DM im Jahre 1962 ganze 273 Millionen DM aufgenommen.
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Gegenüber dem Bankguthaben der Länder von 3,5 Milliarden DM - nach dem Stand von Ultimo 1962 - dürften sich außerdem die Guthaben der Gemeinden zu ;diesem Zeitpunkt auch auf mehr als 5 Milliarden DM belaufen haben.
Bei der Berichtigung des Beteiligungsverhältnisses hinchsichtlich der Einkommen- und Körperschaftsteuer zugunsten des Bundes darf außerdem nicht unberücksichtigt bleiben, .daß das Investitionsvolumen - ich meine damit die Eigeninvestitionen - bei Ländern und Gemeinden für das Rechnungsjahr 1963 auf etwa 15 Milliarden DM zu schätzen sind. Ein erheblicher Teil dieses Betrages entfällt insbesondere 'bei den Gemeinden und den Stadtstaaten z. B. auf Erwerbsvermögen, auf vollrentierliche Investitionen.
Die Investitionsausgaben der Länder und Gemeinden beziehen sich überwiegend auf Bauvorhaben. Bei der anhaltenden Obernachfrage auf dem Baumarkt dürften die Länder und Gemeinden im laufenden Rechnungsjahr ebenso 'wie im vergangenen Rechnungsjahr nicht in der Lage sein, diese Vorhaben zu verwirklichen. Dabei haben die Länder gegenüber dem Soll 1962 einschließlich der Nachträge eine außergewöhnliche Erhöhung der Bauinvestitionen in Höhe von 14,1 % im Länderdurchschnitt vorgesehen.
Unvermeidlich werden sich daher bei den Ländern und Gemeinden erhebliche Minderausgaben auf Grund der angespannten Lage auf dem Baumarkt und auch als Folge des außerordentlich langen Winters ergeben, so daß die Erhöhung des Bundesanteils um 5,5% im Jahre 1963 für die Länder und Gemeinden überhaupt kein echtes haushaltswirtschaftliches Problem darstellt.
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Die Befolgung der Anregung des Herrn Kollegen Dr. Vogel, die Länder und wahl auch die Gemeinden sollten ihre Ansätze für Investitionen um 10% kürzen, wäre :außerdem .geeignet, den Nachfragedruck, der durch die öffentliche Hand auf dem Baumarkt doch tatsächlich ausgeübt wird, zu vermindern. Ich würde es sehr begrüßen, wenn Länder und Gemeinden dem Bund in vollem Umfang folgen und eine 20 %ige Sperre aller Bauvorhaben nausbringen würden.
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Da das Investitionsvolumen von Bund - einschließlich der Verteidigung -, Ländern und Gemeinden im Rechnungsjahr 1963 rund 20 Milliarden DM - für alle drei Ebenen! - beträgt, würde das sicher zu einer Beruhigung des Baumarktes beitragen.
Die Debatte über den Bundeshaushalt 1963 in der zweiten Lesung und die allgemeine Aussprache haben im übrigen gezeigt, daß gegen den Ausgaberahmen des Bundeshaushalts 1963 begründete Einwendungen nicht erhoben werden. Auch die Opposition hat darauf verzichtet, Kürzungen vorzuschlagen, offenbar in der Erkenntnis, daß in dem vorliegenden Haushaltsplan wirklich keine Reserven mehr vorhanden sind. Soweit in den Personalansätzen möglicherweise die eine oder andere Reserve vorhanden war,
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dürfte sie durch die bevorstehende Verabschiedung der Harmonisierungsnovelle und durch die neuen Tarifverträge für den öffentlichen Dienst aufgezehrt werden. Die sonstigen Vorschläge des Bundesrates auf Kürzungen und Einahmeverbesserungen sind, wie ich schon anläßlich der Einbringung des Änderungsgesetzes nach Art. 106 Abs. 4 des Grundgesetzes vorgetragen habe, in vollem Ausmaß berücksichtigt worden. Darüber hinaus hat der Haushaltsausschuß dieses Hohen Hauses sogar noch erheblich weitergehende Kürzungen und Einnahmeverbesserungen vorgesehen, ohne daß es dadurch für den Bund möglich geworden wäre, sich mit einem geringeren Anteil als 40,5 % an dem Aufkommen der Einkommen- und Körperschaftsteuer zufrieden zu geben. Weitere Kürzungen - das möchte ich auch in diesem Augenblick noch einmal sagen - könnten nur auf Kosten von Ausgaben lebensnotwendiger oder politischer Bedeutung gehen, die inzwischen die Billigung dieses Hohen Hauses erfahren haben.
In diesem Zusammenhang darf schließlich nicht übersehen werden, daß von der Ausgabenseite her noch für das laufende Jahr 1963 neue Belastungen zu erwarten sind, die ich zwar noch nicht genauer bestimmen kann, die aber doch nach unser aller Überzeugung auf uns zukommen werden. Ich denke dabei an die von der Bundesregierung beschlossene Verbesserung der Kriegsopferversorgung, an die Ansprüche der Nahverkehrsbetriebe aus der Beförderung von Kriegsbeschädigten sowie auch an die sich neuerdings abzeichnenden Probleme einer Förderung der Luftfahrtindustrie oder der Nichteisenmetallindustrie. Auch die Opposition hat im Zusammenhang mit ihrem Vorschlag, den Bundesanteil nur auf 38 % zu erhöhen, für die sich dadurch ergebende Deckungslücke von 1 Milliarde DM keinen Ausgleichsvorschlag von der Ausgabenseite her machen können, vielmehr eine Erhöhung der Kreditmittel im außerordentlichen Haushalt vorgeschlagen.
Die Anregung der Fraktion der SPD, werbende Ausgaben in Höhe von 1 Milliarde DM vom ordentlichen in den außerordentlichen Haushalt zu verla3696
gern und das Volumen des außerordentlichen Haushalts von 2,2 Milliarden DM auf 3,2 Milliarden DM zu erhöhen, kann meiner Überzeugung nach nicht zur Lösung des Deckungsproblems führen. Zu diesem Vorschlag möchte ich das unterstreichen, was Herr Dr. Vogel und Herr Dr. Emde heute und bereits am 8. Mai in diesem Hohen Hause vorgetragen haben. Es kann und soll selbstverständlich nicht bestritten werden, daß im ordentlichen Haushalt noch genügend Ansätze vorhanden sind, die unter Anwendung von Art. 115 des Grundgesetzes ihrer Art nach in den außerordentlichen Haushalt verlagert werden könnten.
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Das wäre an sich eine technische Kleinigkeit. ({7})
Aber hören Sie sich bitte auch an und prüfen Sie das, was ich dazu zu sagen habe: Mit einer solchen Verlagerung allein, meine Herren von der Opposition, ist es nicht getan.
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Denn sie ist nur möglich, wenn entsprechende Einnahmen aus Krediten für den außerordentlichen Haushalt auch tatsächlich erwartet werden können. Gerade an dieser entscheidenden Voraussetzung fehlt es aber. Ich habe über diese Frage sehr eingehende Erörterungen mit Fachleuten gehabt. Ich habe das vom Direktorium der Deutschen Bundesbank und dem Zentralbankrat und gerade in der letzten Zeit auch noch von Herrn Präsidenten Butschkau von der Organisation des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes gehört. Gegen eine Erhöhung des Anleiherahmens des Bundes von 1,8 Milliarden DM auf 2,2 Milliarden DM, wie sie während der Haushaltsberatungen erfolgt ist, haben alle diese Organisationen und Gremien ihre Bedenken nur ganz zögernd zurückgestellt. Eine weitere Erhöhung von 2,2 Milliarden DM auf 3,2 Milliarden DM Kreditvolumen halten alle befragten Stellen für absolut unmöglich.
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Herr Kollege Dr. Vogel hat mit Recht darauf hingewiesen, daß nach den Vorstellungen der Bundesbank die Leistungsfähigkeit des Kapitalmarktes im Jahre 1963 auf brutto 12 bis 14 Milliarden DM zu veranschlagen ist. Allein der Kapitalbedarf des Bundes beläuft sich unter Berücksichtigung der Bedürfnisse des Bundeshaushalts sowie der Bedürfnisse der Deutschen Bundesbahn, der Bundespost und des Lastenausgleichsfonds auf etwa 5 bis 5,3 Milliarden DM. Unter Einbeziehung des Kreditbedarfs der Länder und der Gemeinden beläuft sich der Anleihebedarf der gesamten öffentlichen Hand auf mindestens 7 bis 8 Milliarden DM, also auf mehr als die Hälfte des voraussichtlichen Kapitalmarktvolumens. Ich glaube nicht, und wohl niemand hier im Hause wird den Optimismus haben, daß sich der Anteil der öffentlichen Hand an langfristigen Krediten noch wesentlich ausweiten läßt. Im Gegenteil, es wird aller Anstrengungen bedürfen, um den außerordentlichen Haushalt des Bundes in seinem vorliegenden Volumen zu decken.
Zu den Ausführungen des Herrn Kollegen Ritzel gegen die Finanzierung von vermögenswirksamen Ausgaben aus Steuereinnahmen möchte ich allgemein aber noch folgende grundsätzliche Bemerkungen machen. Durch die Kreditfinanzierung von vermögenswirksamen Vorhaben kann eine Belastung des Steuerzahlers nur in den Fällen vermieden werden, in denen die Erträge dieser Investitionen ausreichen, um die aufgenommenen Kredite zu verzinsen und zu tilgen. Soweit es sich dabei um durch Darlehen geförderte Investitionen handelt, müßten demnach, Herr Kollege Ritzel, die Rückflüsse aus den Fälligkeiten der Anleihe so abgestellt werden, daß auch insoweit Zinsen und Tilgungsraten der ausgelegten Darlehen den Darlehensbedingungen entsprechen. Leider liegen diese Voraussetzungen beim Bund, von der bereits genannten einen Ausnahme abgesehen, kaum jemals vor. Die Investitionen des Bundes werfen entweder gar keine oder nur geringe unmittelbare Ertrage ab. Ich darf insoweit auf das von Herrn Kollegen Ritzel angeführte Beispiel Bezug nehmen. Herr Kollege Ritzel hatte gesagt, man solle Botschaftsgebäude im Ausland aus Krediten finanzieren. Daß das keine Erträge bringt, ist sicher. Im Gegenteil, in Botschaftsgebäuden wird häufig sogar über Ausgaben verhandelt.
Auch die Darlehen, die der Bund aus seinen Mitteln gewährt, entsprechen weder in bezug auf die Tilgungsbedingungen noch in bezug auf die Verzinsung den Anleihebedingungen, so daß also auch hier nichts zu machen ist. Letzten Endes muß 'deshalb - das ist die Konsequenz aus dieser Lage - der Steuerzahler die Annuitäten aufbringen, denn die Verzinsung und Tilgung von Anleihen muß nach einer unbestrittenen Regel der öffentlichen Finanzwirtschaft, die auch in der Fassung des Artikels 115 des Grundgesetzes ihren Niederschlag gefunden hat, aus dem ordentlichen Haushalt aufgebracht werden, d. h. aus ordentlichen Einnahmen, nämlich aus Steuern, gedeckt werden.
Durch eine solche Kreditfinanzierung, wie Sie vorgeschlagen worden ist, wird der Steuerzahler daher nicht nur mit den Kosten der Investitionen belastet, sondern er muß zusätzlich auch noch die Zinsen aufbringen. Die Kreditfinanzierung unrentierlichen Investitionen, die in einer bestimmten Größenordnung im Haushalt jährlich wiederkehren, ist daher im langen Lauf gesehen für den Steuerzahler teurer als eine Finanzierung aus ordentlichen Einnahmemitteln.
Der auch von mir schon vor längerer Zeit geäußerte Gedanke - ich bin im Rahmen dieser augenblicklich laufenden Auseinandersetzung vielleicht sogar der erste gewesen, der darauf hingewiesen hat -, durch eine Finanzierung über Anleihen Belastungen auf künftige Generationen zu verlagern, ist im Grundsatz sicherlich richtig. Da die Anleihen jedoch nach den gegenwärtigen Kapitalmarktbedingungen gewöhnlich nur eine Laufzeit von 15 bis 20 Jahren haben und die Tilgung bereits wesentlich früher einsetzt, bedeutet das nicht mehr und nicht weniger als eine Verschiebung der Belastung auf künftige, in nicht allzu ferner Zukunft liegende Rechnungsjahre. Dazu kann man nur insoweit übergehen, als
die ordentlichen Einnahmen nicht zur Bestreitung aller öffentlichen Bedürfnisse ausreichen, aber zu erwarten ist, daß auf der anderen Seite die zukünftige günstige Entwicklung der Einnahmen die Verschuldung rechtfertigt. Schlimme finanzielle Auswirkungen aus einer übermäßigen Kreditfinanzierung müssen und sollten im Interesse des Steuerzahlers vermieden bleiben.
Im übrigen scheint die Opposition selber Zweifel an der Durchführbarkeit ihrer Anregungen zu haben, Zweifel nämlich, ob es wirklich möglich sein wird, einen außerordentlichen Haushalt von 3,2 Milliarden DM echt durch Anleihen zu finanzieren. Sie hat daher in der zweiten Lesung den Vorschlag gemacht, durch das Haushaltsgesetz den Haushaltsausschuß zu bevollmächtigen, eine Rangfolge der Ausgaben des außerordentlichen Haushalts mit dem Ziel festzulegen, die Ausgaben nur insoweit zu bedienen, als Deckungsmittel anfallen.
Herr Finanzminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Bitte schön, sehr gern.
Herr Abgeordneter Ritzel!
Herr Bundesfinanzminister, sind
Sie sich der Tatsache bewußt, daß es nur einen Steuerzahler in der Gemeinde, im Land und im Bund gibt? Sind Sie sich der weiteren Tatsache bewußt, daß die bisherige Finanzpolitik der Bundesregierung in der Praxis lediglich dazu geführt hat, daß in der Hauptsache die Gemeinden stellvertretend für den Bund erhebliche Schulden machen mußten?
Herr Kollege Ritzel, ich bin mir selbstverständlich der Tatsache bewußt, daß uns nur ein Steuerzahler gegenübersteht. Das ist klar. Aber ich darf Sie bitten, wenn Sie möglicherweise nicht gefolgt sind, die Ausführungen über die Verschuldung der Gemeinden, die ich im ersten Teil meiner Rede gemacht habe, einmal nachzulesen. Dann werden Sie sehen, daß die Schulden bei Bund, Ländern und Gemeinden in ihrem Wertgehalt nicht immer dasselbe sind, wenn sie auch in Mark und Pfennig selbstverständlich gleich sind.
Ich darf zu Ihrem Vorschlag, Herr Kollege Ritzel, zurückkommen, daß der Haushaltsausschuß eine Rangfolge festlegen sollte. Ich will einmal ganz von der meiner Überzeugung nach außerordentlich wichtigen staatsrechtlichen Frage absehen, ob nicht in solchen Beschlüssen des Haushaltsausschusses eine Verwischung der Grenze zwischen Legislative und Exekutive gesehen werden könnte; das müßte man natürlich auch bedenken. Aber die Tatsache, daß Sie sich selber vorstellen, gewisse Aufgaben könnten nicht bedient werden, spricht doch dafür, daß Sie möglicherweise nicht an die Realisierbarkeit
eines Kreditvolumens von 3,2 Milliarden DM glauben.
Eine Zusatzfrage von Herrn Abgeordneten Ritzel.
Herr Bundesfinanzminister, ist Ihnen in Erinnerung, daß die SPD bei der zweiten Beratung dieses Haushalts einen Antrag vorgelegt hat, der in der loyalsten Weise anstrebte, vom Bundesfinanzministerium selbst die Zahlen und die Haushaltstitel genannt zu bekommen, die eine Beratung ermöglichen würden, welche Titel aus dem ordentlichen in den außerordentlichen Haushalt zu überführen wären, und sind Sie auch darüber orientiert, daß die Behandlung dieses Antrags seitens der größten Regierungspartei durch einen geschäftsordnungsmäßigen Einwand zu Fall gebracht worden ist?
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Herr Kollege Ritzel, das weiß ich. Ich bin Ihnen sehr dankbar für alle die Anregungen, die von Ihnen und von anderer Seite im Haushaltsausschuß gegeben worden sind. Aber Sie stellen eine Frage, die ich im weiteren Verlauf meiner Ausführungen noch beantwortet hätte. Wenn Sie etwas gewartet hätten, hätten Sie die Frage wahrscheinlich gar nicht gestellt.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.
Herr Bundesfinanzminister, haben Sie nach dem bisherigen Verlauf der Debatte den Eindruck, daß die Koalitionsparteien einer Erhöhung der Kapitalmarktmittel zur Schließung der Deckungslücke zustimmen werden?
Nein.
Können Sie sich dann, Herr Bundesfinanzminister, darüber wundern, daß wir, auf diese Tatsache gestützt, den eben von Ihnen erörterten Antrag gestellt haben?
Den haben Sie vorher gestellt, Herr Kollege Möller.
Das ist in der zweiten Lesung ja erörtert worden. Herr Bundesfinanzminister, können Sie sich an ein Gespräch erinnern, das wir beide geführt haben und in dem ich Ihnen Vorschläge für die Inanspruchnahme von Kapitalmarktmitteln gemacht habe?
Herr Kollege Möller, ich sage Ihnen jetzt genau dasselbe, was ich Herrn Kollegen Ritzel gesagt
habe. Hören Sie erst einmal, was ich weiter zu sagen beabsichtige!
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- Entschuldigen Sie, darf ich es noch einmal sagen. Die SPD hat erstens vorgeschlagen, den Kreditrahmen auf 3,2 Milliarden DM zu erhöhen. Zweitens hat sie vorgeschlagen, dem Haushaltsausschuß solle das Recht gegeben werden, eine Rangfolge der Vorhaben und Aufgaben zu bestimmen, und diese sollten nach der Rangfolge bedient werden, soweit Anleihemittel beschafft werden können. Daraus habe ich gewisse Zweifel bekommen, Herr Kollege Dr. Möller und Herr Kollege Ritzel, ob Sie nicht wirklich doch damit rechnen, daß zusätzlich zu den schon eingeplanten 2,2 Milliarden DM die eine Milliarde DM auf dem Kapitalmarkt nicht beschafft werden könnte.
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- Vielleicht nicht rechtzeitig, Herr Kollege Ritzel. Aber im übrigen sehe ich darin eigentlich keinen Grund, daß Sie hier so schrecklich einhaken. Das ist keine bösartige Unterstellung. Aber hören Sie nun einmal, was ich dazu weiter meine.
Im Endergebnis hat der Vorschlag der Bestimmung einer Rangfolge durch den Haushaltsausschuß doch den Inhalt, daß Ansätze des außerordentlichen Haushalts in Höhe von einer Milliarde DM vielleicht nicht bedient werden können. Das bedeutet eine Kürzung von Ausgaben vielleicht in Höhe 1 einer Milliarde, vielleicht in Höhe von 500 Millionen DM.
Eine Kürzung dürfte bei der Art - das ist das, was ich dazu sagen wollte, Herr Dr. Möller und Herr Ritzel - der im außerordentlichen Haushalt bereits ausgebrachten sowie bei der Art der für eine Umsetzung aus dem ordentlichen in den außerordentlichen Haushalt in Betracht kommenden Ansätze sehr schlecht möglich sein. Sie werden mir das bestätigen, wenn Sie sich einmal .diese Ansätze vor Augen halten.
Heute sind im außerordentlichen Haushalt ausgebracht - ich zähle nur einige Beispiele auf - die Mittel für die ländliche Siedlung, für Agrarstrukturmaßnahmen, für eine Beteiligung an der Deutschen Lufthansa, zur Förderung der deutschen Seeschifffahrt, Mittel für den Wohnungsbau der Bundeswehr, Darlehen für den Flüchtlingswohnungsbau, Kapitalhilfe für Entwicklungsländer sowie das Bundesdarlehen für Berlin.
Wenn Sie jetzt noch eine zusätzliche Umsetzung aus dem ordentlichen in den außerordentlichen Haushalt vorhaben, müßte ich Ihnen vorschlagen - Herr Ritzel hatte im Haushaltsausschuß darum gebeten -: Darlehensmittel für den sozialen Wohnungsbau, für Maßnahmen der regionalen Wirtschaftsförderung, weitere Mittel für den Grünen Plan, insbesondere für 'die Flurbereinigung und Siedlung, sowie die Baumaßnahmen für die Bundeswasserstraßen und Schiffahrtsverwaltung.
Ich gehe doch nicht fehl mit meiner Annahme, daß alle Mitglieder dieses Hohen Hauses Kürzungen
gerade dieser Mitttel wegen ihrer sozialen und politischen Bedeutung und ihrer außer jedem Zweifel stehenden sachlichen Notwendigkeit in dem nach dem Antrag der SPD vielleicht erforderlichen Umfang für ausgeschlossen halten. Ich brauche dazu nur auf die Ausführungen zu verweisen, die bei der Verteidigungsdebatte der zweiten Lesung und die heute hier wieder in bezug auf die Unterbringung der Angehörigen der Bundeswehr gemacht worden sind.
Wenn Kürzungen von Ausgabeansätzen in Höhe von einer Milliarde DM nicht zu umgehen sein sollten - bei einer nicht ausreichenden Änderung der Beteiligungsquote würden wir alle ohne Ausnahme, Regierungskoalition und Opposition, vor dieser schmerzlichen Aufgabe stehen -, könnten nach meiner Meinung Kürzungen in einer solchen Größenordnung nicht auf die vermögenswirksamen Ausgaben beschränkt bleiben, sondern dann müßte man sie in gleicher Weise auf alle Ausgabenansätze des ordentlichen und des außerordentlichen Haushalts erstrecken. Da rund 90 % der ganzen Haushaltsmasse durch Gesetze, Verträge oder sonstige Gegebenheiten festgelegt sind, ist der Spielraum für Kürzungen auf nur 10% des Ausgabevolumens auf den freien Raum, wie ich ihn nennen möchte, begrenzt. Eine solche Kürzung wäre gar nicht zu verantworten - das ist auch meine Meinung -, da sie sich auf Bereiche erstrecken müßte, die ohne schwerwiegende Folgen keine so weitgehende Einengung erfahren können. Es entspricht daher nur einer realistischen Beurteilung, daß dieser Antrag der Opposition auf Umsetzung weiterer Ausgaben in den außerordentlichen Haushalt von der Mehrheit des Hauses abgelehnt werden sollte, wenn er überhaupt gestellt wird.
Nun lassen Sie mich noch etwas zu den Überlegungen von Herrn Kollegen Dr. Vogel bemerken, für Zahlungen Anleihemärkte im Ausland heranzuziehen. Nun, für die Auflegung von Auslandsanleihen könnten die Kapitalmärkte in den Vereinigten Staaten, in der Schweiz und unter Umständen in den Niederlanden in Erwägung gezogen werden.
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Der amerikanische Kapitalmarkt ist leistungsfähig. Das ist bekannt. Die Auflage auch einer größeren Bundesanleihe würde unter diesem Gesichtspunkt meiner Überzeugung nach keine Schwierigkeit bereiten. Allerdings könnte, Herr Dr. Vogel, die Auflage einer Bundesanleihe in den USA möglicherweise Zahlungsbilanzschwierigkeiten machen; denn die Bundesrepublik würde statt des von den Vereinigten Staaten gewünschten Kapitalexports dann Kapitalimport in Form einer Auslandsanleihe betreiben. Prüfen sollte man aber auch diesen Weg. Die Kapitalmärkte in der Schweiz und in den Niederlanden sind verhältnismäßig eng. Eine Anleihe könnte dort allenfalls in einer Größenordnung von 50 bis 100 Millionen Schweizer Franken oder Holländischer Gulden untergebracht werden. Auslandsanleihen in dieser Größenordnung sind aber bei dem Volumen unseres Haushalts .nur von bedingtem Interesse.
Währungspolitisch und zahlungsbilanzmäßig ist die Auflegung von Auslandsanleihen im gegenwärtigen Zeitpunkt nach unserer Auffassung jedoch höchst unerwünscht, da das zu einer erweiterten Geldverflüssigung im Inland und zu einer Erhöhung des Zahlungsbilanzüberschusses beitragen würde. Die Bundesbank und wir haben deshalb bei den bisherigen Anleihen des Bundes und seiner Sondervermögen immer etwas Wert darauf gelegt, daß diese Anleihen in möglichst geringem Umfange ins Ausland verkauft werden. Im übrigen, Herr Dr. Vogel, hat die Aufnahme einer Auslandsanleihe die Verpflichtung zu einer Devisenzahlung bei Fälligkeit - also in wenigen Jahren oder bestenfalls in 10 bis 20 Jahren - zur Folge. Es kann nicht übersehen werden, ob die Devisenlage des Bundes zu diesem Zeitpunkt noch so günstig zu beurteilen ist wie vielleicht heute. Unter Umständen kann deshalb die Rückzahlung devisenmäßig Schwierigkeiten machen, insbesondere auch dann, wenn es sich um kurzfristige Gelder handelt, an denen wir sowieso nicht interessiert sind. Außerdem unterliegen die Auslandsanleihen den jeweiligen Schwankungen des Wechselkurses zwischen Deutscher Mark und der ausländischen Währung. Hieraus können sich, wie die Erfahrung gezeigt hat, vor allem auch erhebliche politische Schwierigkeiten ergeben, da die Auslandsgläubiger unter Umständen auf eine währungsmäßige Sicherung drängen; und in Spannungszeiten werden sich solche Auslandsanleihezeichner, wie die Vergangenheit auch gezeigt hat, unter Umständen sehr schnell von deutschen Anleihen trennen und durch Verkäufe in größerem Umfange einen Kursdruck ausüben, der uns in Krisenzeiten zu vermehrten Stützungskäufen zwingen würde. Das sind alles Überlegungen, die man bei einer solchen Anregung, Herr Dr. Vogel, sicher in Ihrem Sinne, sehr sorgfältig anstellen muß. Die Bedenken gegen die Auflage von Anleihen im Ausland sind gravierend. Die Heranziehung der Kapitalmärkte anderer Länder im Interesse der Steuerzahler sollte deshalb bei unseren derzeitigen Deckungsüberlegungen ausscheiden. Da der deutsche Kapitalmarkt, wie ich dargestellt habe, bereits weitgehend von der öffentlichen Hand beansprucht wird, bleibt uns im Augenblick für ein Mehr kein weiterer Spielraum; das ist meine Überzeugung.
Der Wortlaut des Art. 106 Abs. 4 des Grundgesetzes gestattet es nicht - das möchte ich auch hier noch einmal zum Ausdruck bringen -, das Beteiligungsverhältnis an der Einkommen- und Körperschaftsteuer nur für ein Rechnungsjahr, also etwa für 1963, zu regeln. Ein Gesetz über die Neuverteilung dieser Deckungsmasse muß nach dem Wortlaut der Verfassung mindestens zwei Rechnungsjahre umfassen. Das zwingt uns nun dazu - so wenig schön das ist -, den voraussichtlichen Fehlbedarf des Bundes im Rechnungsjahr 1964 in die Betrachtungen einzubeziehen, obwohl, wie Sie alle wissen, ein Haushaltsentwurf für diesen Zeitraum überhaupt noch nicht besteht. Schon jetzt steht aber mit 'Sicherheit fest, daß mit hohen unabweisbaren Mehranforderungen für Verteidigung, zivile Notstandsplanung, Sozialgesetzgebung und Eingliederung der Landwirtschaft in den Gemeinsamen Markt
zu rechnen ist, die auch bei Berücksichtigung von wegfallenden Ausgaben - das gibt es natürlich auch - auf mehrere Milliarden DM veranschlagt werden müssen. Demgegenüber sind aus den ordentlichen Einnahmequellen des Bundes im Jahre 1964 Mehreinnahmen von allenfalls 2,5 Milliarden DM zu erwarten, die zur Deckung nicht ausreichen.
Selbstverständlich können heute -- und dafür hat, glaube ich, das Hohe Haus Verständnis - im Stadium der allerersten Vorbereitungen für den Bundeshaushalt 1964 genaue Zahlen, wie sie der Bundesrat in der Begründung seines ablehnenden Beschlusses fordert, einfach nicht gegeben werden. Es ist jedoch mit Sicherheit damit zu rechnen - und davon scheint nach dem Ergebnis besonders der Verteidigungsdebatte auch die Opposition überzeugt zu sein -, daß insbesondere die Ausgaben für die Verteidigung beträchtlich erhöht werden müssen. Auch im sozialen Bereich sind auf Grund der dem Parlament zur Zeit vorliegenden Gesetzentwürfe für 1964 Mehrausgaben in Höhe von rund 2,5 Milliarden DM zu erwarten. Ich darf das einmal kurz erläutern: auf Grund der Neuordnung des Kindergeldgesetzes 1,3 Milliarden DM, Kriegsopferversorgung - nach den Vorstellungen der Bundesregierung - 700 Millionen DM, Krankenversicherungs-Neuregelungsgesetz - also Mutterschutz -275 Millionen DM. Für die Landwirtschaft werden im Rahmen des Grünen Planes und für sonstige Förderungsmaßnahmen - insbesondere Umstellungs- und Sozialmaßnahmen in Anpassung an den Europäischen Markt -- ebenfalls Ausgabenerhöhungen erforderlich sein. Ebenso werden auf dem Gebiet des Verkehrs Mehrausgaben voraussichtlich nicht zu vermeiden sein. Auch die Aufwendungen für die wissenschaftliche Forschung, insbesondere für die Weltraumforschung, werden sich erhöhen. Beim Schuldenhaushalt kommen erhöhte Ausgaben für Anleiheverzinsung hinzu sowie für die Tilgung der Nachkriegswirtschaftshilfe und für den Bürgschaftsfonds von - wie ich schätze - rund 500 Millionen DM. Weiter wird der Bund seine Anstrengungen auf dem Gebiet der zivilen Verteidigung erhöhen müssen. Nach Verabschiedung der diesem Haus vorliegenden Notstandsgesetze kommt auf diesem Gebiet möglicherweise ein Bedarf auf uns zu, der den bisherigen Ausgabenrahmen für diesen Zweck weit überschreiten wird.
Damit steht mit Sicherheit schon fest, daß wir mit Mehrausgaben zu rechnen haben, die in Milliardenhöhe über den für 1964 zu erwartenden Mehreinnahmen von rund 2,5 Milliarden DM liegen werden. Wenn keine Änderung des Anteilsverhältnisses an der Einkommen- und Körperschaftsteuer vorgenommen wird, wird die Deckungslücke, die sich 1963 auf 2 Milliarden DM beläuft, 1964 auf das Doppelte oder mehr ansteigen. Die für 1963 vorgesehene Erhöhung um 5,5 % reicht deshalb für 1964 zum Ausgleich des Haushalts keinesfalls aus.
Die Bundesregierung steht vor der Schwierigkeit, eine Erhöhung des Bundesanteils für das Jahr 1964 wegen der Zweijahres-Bestimmung des Grundgesetzes schon zu einem Zeitpunkt vorschlagen zu müssen, in dem die Entwicklung der Länder- und Ge3700
meindehaushalte nur schwer zu übersehen ist. Deshalb geht der Gesetzentwurf für das Rechnungsjahr 1964 lediglich von einer weiteren Erhöhung des Bundesanteils um 1 % - das macht etwa 400 Millionen DM - aus, obwohl die Bundesregierung davon überzeugt ist, daß diese Erhöhung um insgesamt 6,5%keineswegs genügen wird, um den voraussichtlichen Fehlbetrag auszugleichen.
Der gelegentlich vertretene Standpunkt, daß in Anbetracht der für das Jahr 1964 anfallenden Bundesausgaben die bei einer Erhöhung um 1% zu erwartenden Mehreinnahmen in Höhe von knapp 400 Millionen DM kaum zu Buche schlagen dürften und eine weitere Erhöhung des Bundesanteils deshalb unterbleiben müßte, entbehrt der Logik und kann meiner Überzeugung nach finanzwirtschaftlich kaum ernsthaft diskutiert werden. Ein solcher Vorschlag widerspricht im übrigen der Vorschrift des Art. 106 Abs. 4 des Grundgesetzes, wonach das Beteiligungsverhältnis frühestens nach Ablauf von 2 Jahren geändert werden kann.
Entscheidend ist demgegenüber nach meiner Überzeugung, daß nach dem gegenwärtigen Stand mit einer stärkeren Steigerung der Einnahmen der Länder und Gemeinden im Rechnungsjahr 1964 absolut gerechnet werden kann, als es einem Betrag von 1 v. H. Aufkommen aus der Einkommen- und Körperschaftsteuer entspricht. Die den Ländern und Gemeinden danach verbleibenden Steuermehreinnahmen werden ohne Zweifel ausreichen, um ihre unabweisbaren Bedürfnisse zu finanzieren.
Bei dem hohen Anteil der Investitionen an den Gesamtausgaben - das waren im Jahre 1961 30 % -dürften die Länder und Gemeinden in der Lage sein, ihre Ausgaben in den künftigen Rechnungsjahren den ihnen verbleibenden Deckungsmöglichkeiten anzupassen.
Der Mehrbedarf des Bundes für das Jahr 1964 wird im übrigen - das darf ich hier auch ausdrücklich sagen - nur in Grenzen gehalten werden können, wenn, abgesehen von den genannten Bereichen, die bisherigen Ausgabenansätze der Ressorts für das Rechnungsjahr 1964 nicht erhöht werden. Selbst politisch bedeutsame Forderungen müssen deshalb auf einen finanziell tragbaren Rahmen beschränkt werden.
Dieser Ausblick, meine Damen und Herren, auf die voraussichtliche Entwicklung des Bundeshaushalts 1964 läßt meiner Ansicht nach eindeutig erkennen, daß das Verhältnis der Einnahmen und Ausgaben des Bundes und der Länder sich weiter zuungunsten des Bundes verschiebt, so daß eine Erhöhung des Beteiligungsverhältnisses an der Einkommen- und Körperschaftsteuer für das Jahr 1964 um ein weiteres Prozent auf 41,5% notwendig und vertretbar erscheint.
Nun möchte ich noch auf die folgenden Tatsachen ausdrücklich hinweisen. Die günstige Finanzsituation der Länder in den vergangenen Jahren hat es - ich darf ausdrücklich das folgende Kennwort gebrauchen - erfreulicherweise ermöglicht, die Ausgaben auf wichtigen Teilbereichen ganz ungewöhnlich zu steigern. So konnten von 1959 bis 1961 die Ausgaben der Länder und Gemeinden für die Wissenschaft um 37,5%, für den Straßenbau um 30%, für die Schulen um 25% erhöht werden. Die Leistungen im kommunalen Finanzausgleich sind 1962 gegenüber 1961 um 35% erhöht worden, und für das laufende Jahr 1963 ist eine weitere Steigerung um 13% vorgesehen. Das sind, um es noch einmal zu sagen, höchst erfreuliche Zahlen. Niemand kann behaupten, daß für die Wissenschaft, die Schulen oder den Straßenbau etwa zuviel getan worden sei. Das Gegenteil ist richtig.
Angesichts der Forderungen des Bundes, der ebenso dringliche Aufgaben zu finanzieren hat, sollte man nun aber nicht behaupten oder auch nur den Eindruck zu erwecken versuchen, als ob die Länder durch den Bund in unzumutbarer, nicht zu vertretender Weise gebremst würden, weil ihnen der Bund alles Geld wegnehmen wolle, so daß für ihre guten und notwendigen Ausgaben nichts bleibe. Meine Damen und Herren, so ist es nicht, und so geht es nicht. Die in der Regierungsvorlage geforderte Erhöhung des Bundesanteils für 1963 um 5,5% auf 40,5 % und für 1964 um ein weiteres Prozent, insgesamt also auf 41,5% ist gerade unter dem Gesichtspunkt eines sinnvollen Finanzausgleichs zwischen Bund, Ländern und Gemeinden zu vertreten und wird daher aufrechterhalten.
Zum Schluß möchte ich nur ganz kurz auf die Ausführungen von Herrn Dr. Möller hinsichtlich der notwendigen Finanzreform eingehen. Ich bin sehr dankbar, daß diese Frage heute wieder behandelt worden ist, weil ich selbst es ebenfalls für dringend wünschenswert halte, hier weiterzukommen. Eine grundlegende Finanzreform, wie sie die Bundesregierung anstrebt und wie sie auch der Antrag der Fraktion der SPD betreffend Einsetzung einer Expertenkommission zur Vorbereitung der Finanzreform zum Ziele hat, muß über die heute zu entscheidenden und angerührten Fragen hinausführen. Sie setzt eine umfassende Prüfung des bundesstaatlichen Finanzausgleichsystems im weitesten Sinne voraus. Die danach durchzuführende Gesetzgebung wird auch zu einer Änderung der Finanzverfassung, insbesondere des Art. 106, führen müssen. Sie hat Änderungen des Grundgesetzes zum Inhalt, die der verfassungsändernden Zweidrittelmehrheit im Bundestag und Bundesrat bedürfen. Das ist nur durch Zusammenwirken aller politischen Kräfte in Bund und Ländern erreichbar. Damit hängt es auch zusammen, daß die von der Bundesregierung vorgesehene Reformkommission oder Arbeitsgruppe ihre Tätigkeit noch nicht aufnehmen konnte.
Ich habe während der Verhandlungen über die Änderung des Beteiligungsverhältnisses den Eindruck gewonnen, daß auch auf Länderseite - Herr Dr. Möller hat es schon erwähnt - die Bereitschaft zu einer solchen grundlegenden Überprüfung unseres Finanzsystems weitgehend gewachsen ist. Ich werde von mir aus alles tun, um mich mit den Ländern und den Gemeinden zu verständigen, wie wir in dieser Frage möglichst bald praktisch weiterkommen können.
({3})
Meine Damen und Herren, ich unterbreche die Sitzung bis 14.30 Uhr. Als erster Redner hat nachher Herr Abgeordneter Seuffert das Wort.
Die Sitzung ist unterbrochen.
({0})
Die Sitzung ist wieder eröffnet.
Wir fahren in der allgemeinen Aussprache zur zweiten Beratung des Inanspruchnahmegesetzes fort. Das Wort hat der Abgeordnete Seuffert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Dr. Vogel, dem ich hier noch einiges auf seine Ausführungen von heute vormittag erwidern möchte, hat, wie ich fürchte, sich selber kein gutes Zeugnis ausgestellt, als er sich außerstande erklärte, zu den Problemen, die mein Freund Alex Möller heute vormittag hier behandelt hat, Stellung zu nehmen. Denn, Herr Kollege Dr. Vogel, das sind ja keine Probleme aus dem Stegreif, sondern das sind genau die Probleme, die im Mittelpunkt der Diskussion und im Mittelpunkt der Fragen stehen, die uns hier seit Monaten und schon etwas länger beschäftigen. Wenn Sie durch diese Probleme überrascht worden sind, so möchte ich darauf hinweisen, daß der Eindruck entstehen könnte, Ihre Beschäftigung mit diesen Dingen weise einige Mängel auf.
({0})
- Herr Kollege Dr. Vogel, eben deswegen wäre es wünschenswert gewesen, daß Sie die Probleme, die hier behandelt worden sind - denn es handelt sich hier nicht um einzelne Zitate, um einzelne Zahlen, sondern um die Probleme, die hinter der Debatte stehen -,
({1})
auch tatsächlich diskutiert hätten. Es kann Ihnen ja nicht entgangen sein, daß ein wesentlicher Teil der Ausführungen meines Freundes Dr. Alex Möller in Vorhalten bestand, die Sie auf die Widersprüche zwischen Ihren eigenen Ausführungen und den Ausführungen von Regierungsseite, die hier gemacht worden sind, hinwiesen. Wenn Ihnen das bisher auch nicht aufgefallen sein sollte und wenn Sie sich auch außerstande erklärt haben, dazu aus dem Stegreif Stellung zu nehmen, so möchte ich Sie doch darauf hinweisen, daß es sich um nichts anderes gehandelt hat als um eine Aufforderung an Sie, darüber nachzudenken, und ich hoffe, daß es dazu kommen wird.
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Ein Punkt, Herr Kollege Dr. Vogel, den Sie nicht berührt haben, der aber ein zentraler Punkt ist und den immerhin der Herr Bundesfinanzminister in seiner letzten Rede zu erwähnen Veranlassung genommen hat, ist die Frage der Glaubwürdigkeit des Verfahrens, das hier angewandt wird, und der Glaubwürdigkeit der Berechnungen und Aufstellungen, die hier verwandt werden. Diese Frage der Glaubwürdigkeit muß man auch in bezug auf das Verfahren stellen, daß die Regierungsmehrheit in bezug auf dieses Inanspruchnahmegesetz bisher eingeschlagen hat und weiter beibehalten will. - Bitte, Herr Kollege Dr. Dresbach!
Herr Kollege Seuffert, ich trete jetzt als Philologe auf. Sind Sie nicht auch der Meinung, daß das Wort „Inanspruchnahmegesetz" nicht richtig ist? Sind Sie nicht mit mir der Meinung, daß es dem alten Artikel 106 Abs. 3 des Grundgesetzes entspricht? Sind Sie nicht mit mir der Meinung - ich bin in der Fragestellung jetzt aber ganz korrekt, damit ich nicht wieder in eine Rede verfalle -
Ich passe auf.
Sind Sie nicht mit mir der Meinung, daß man hier jetzt von „Beteiligungsgesetz" sprechen muß?
Ja, Sie haben recht, Herr Dr. Dresbach. Es ist richtiger, von dem Gesetz über die Änderung des Beteiligungsverhältnisses zu sprechen. Das Wort „Inanspruchnahmegesetz" ist, wie Sie ganz richtig sagen, irgendwie aus einer alten Diktion übriggeblieben.
Sie, Herr Dr. Vogel, haben eine Erklärung darüber erwartet, ob bzw. warum wir nicht im Plenum einen Antrag zu diesem Gesetz über die Änderung des Beteiligungsverhältnisses stellen. Wir werden diesen Antrag nicht stellen, und zwar einfach deshalb, weil uns mit einer Ablehnung dieses Antrages und insbesondere mit einer Ablehnung ohne Sachdebatte nicht gedient ist und weil uns Ihre bisherige Haltung im Ausschuß und die Erklärungen, die hier abgegeben worden sind, auch von der Regierung, zu der Überzeugung gebracht haben, daß Sie die Dinge hier im Parlament und in seinen Ausschüssen einfach nicht sachlich debattieren wollen.
({0})
Sie wollen sich ganz offenbar auf den Vermittlungsausschuß oder auf irgendwelche politischen Beziehungen, die Sie gar nicht mehr haben, verlassen, um irgend etwas durchzubringen. Ich sehe mich deswegen auch nicht veranlaßt, bei diesem Stand der Verhandlungen auf einzelne Bemerkungen einzugehen, die der Herr Bundesfinanzminister vorhin über Länderguthaben, Kreditmarktverschuldung usw. gemacht hat. Das würde in der Tat eine sachliche Debatte im Ausschuß voraussetzen. Ohne diese ist eine Debatte hier im Hause nicht möglich.
Mit dieser Verschiebung der Entscheidung, so scheint mir, ist die Aufgabe, die durch Art. 106 des Grundgesetzes den beiden gesetzgebenden Organen gestellt ist, nämlich gemeinsam ein Zustimmungsgesetz in Abwägung der beiderseitigen Aufgaben
und der beiderseitigen Deckungsmittel fertigzubringen, wesentlich verkannt.
Ich bedauere, daß der Bundesrat in der ersten Lesung dieses Gesetzes ebenfalls darauf verzichtet hat, einen sachlichen Gegenvorschlag zu machen, und auf diese Weise seine Stellungnahme bis nach der Beschlußfassung des Bundestages verschoben hat. Wenn ich das bedauere, so muß ich gleichzeitig aber feststellen, daß der bisherige Gang der Verhandlungen und die bisherige Haltung der Regierungsmehrheit und der Regierung selbst dem Bundesrat keinen ausreichenden Anhaltspunkt für ein Gespräch über diese Dinge gegeben haben.
({1})
- Nein, die Gespräche sind nicht so geführt worden, und die Vorlage der Regierung ist auch nicht so begründet worden, daß wirklich den Notwendigkeiten eines derartigen Gesetzes Rechnung getragen worden wäre.
({2})
Ich bitte Sie, einmal zu überlegen, welcher Irrtum sich hinter der Formulierung verbirgt, die Herrn Kollegen Dr. Imle heute morgen entschlüpft ist - ohne daß sie hier Widerspruch gefunden hat -, als er sagte: „Wir werden uns über diese Dinge im Vermittlungsausschuß sehr eingehend unterhalten,,. Meine Damen und Herren, wir - soweit es die verantwortlichen Faktoren dieses gesetzgebenden Hauses betrifft - werden uns im Vermittlungsausschuß darüber nicht unterhalten; denn im Vermittlungsausschuß sitzen keine Vertreter der verantwortlichen Fraktionen dieses Hauses und auch keine Regierungsvertreter, sondern unabhängige Mitglieder des Ausschusses. Wir werden uns allenfalls dann mit einem außerhalb zustandegekommenen Vorschlag in den gesetzgebenden Häusern zu befassen haben. Wenn Sie so verfahren - und so wollen Sie eben verfahren -, nenne ich das eine Flucht aus der Verantwortung ,dieses gesetzgebenden Hauses, nenne ich das eine Verschiebung der Verantwortlichkeiten und sehe ich allerdings darin nur einen Bestandteil derjenigen Finanzpolitik der Bundesregierung, die wir nun seit Jahren beklagen, die Politik des Immer-die-Augen-Zumachens, des ImmerWegschiebens, des Immer-mit-kurzsichtig-opportunistischen-Lösungen-Arbeitens. Sie werden sich ja doch nicht der Erwartung hingeben können, daß der Vermittlungsausschuß Ihnen den Deckungsvorschlag mit 40,5 + 1 % vorlegen wird, auf dem Ihr Haushalt, den Sie hier verabschieden wollen, in der Tat beruht. Es fliegt sozusagen in dem Namen „Vermittlungsausschuß", daß das nicht möglich sein wird. Wie auch immer der Vorschlag des Vermittlungsausschusses ausfallen wird: es wird eine Deckungslücke im Haushalt verbleiben, über deren Schließung bisher gar keine Vorstellungen entwickelt worden sind, es sei denn - wie es 'den Anschein hat -, daß Sie die Frage der Deckung des Haushalts, die Frage, welche Veränderungen sich im Haushalt angesichts dieser mit Sicherheit voraussehbaren Dekkungslücke - sei sie nun 900 Millionen DM oder 1100 Millionen DM oder wie immer - ergeben, auch
dem Vermittlungsausschuß überlassen .und von ,der Verantwortlichkeit der gesetzgebenden Körperschaften abschieben wollen.
({3})
- Herr Kollege Dr. Vogel, ich will die Angelegenheit nicht .grundsätzlich vertiefen; aber ich will noch einmal darauf hinweisen, welche Aufgabe der Art. 106 des Grundgesetzes den gesetzgebenden Körperschaften eigentlich stellt. Sie wollen gemeinsam - denn es ist ein Zustimmungsgesetz - ein Gesetz zustande bringen, und dazu ist etwas mehr notwendig an Verhandlungen, an fundierten Gesprächen und Auseinandersetzungen, als einfach zu sagen: das werden wir im Vermittlungsausschuß ausboxen.
({4})
Ich nenne das noch einmal einen Bestandteil der Politik des kurzfristigen, opportunistischen Wegschiebens, des Augen-Zumachens und des Kopf-inden-Sand-Steckens.
Ich will 'die Angelegenheit an dieser Stelle nicht weiter aufgreifen, aber ich möchte noch einmal tonen, 'daß unser heute vormittag kritisierter Antrag über das Eingreifen des Haushaltsausschusses im Falle des Auftretens einer Deckungslücke gerade ein Versuch ist und ein Vorschlag sein soll, dieser mit Sicherheit auftretenden Deckungslücke Herr zu werden, statt einfach zu sagen: Das soll der Vermittlungsausschuß vorschlagen oder das werden wir später sehen.
({5})
- Sie haben doch hoffentlich wenigstens verstanden, was wir damit wollen, und Sie können nicht bestreiten, Herr Kollege Conring, - ich wiederhole es -: da mag der Vermitlungsausschuß sonst vorschlagen, was er will - 40,5 % wird er bestimmt nicht vorschlagen -, und die Deckungslücke wird da sein.
({6})
- Deckungslücke, Herr Kollege Dr. Schmidt, ist Deckungslücke, und Sie müssen eine Vorstellung darüber haben, wie Sie sie ausfüllen können.
Soweit, meine Damen und Herren, hier überhaupt konkret debattiert worden ist, handelt es sich um die Frage, ob im Jahre 1963 2,2 Milliarden DM, wie die Bundesregierung jetzt zugibt - vorher hatte sie auf dem Standpunkt gestanden, es könnten höchsten 1,8 Milliarden sein -, oder etwa 3,1 oder 3,2 Milliarden DM auf dem Kapitalmarkt zu beschaffen sind.
Ich will jetzt keinen Urheberrechtsstreit deswegen anfangen, weil Sie erstaunlicherweise die Forderung nach einer ausreichenden Handhabung und AusSeuffert
stattung des außerordentlichen Haushalts, die von den Sozialdemokraten jahrelang erhoben worden ist, nun plötzlich als Ihre alte Forderung bezeichnet haben.
({7})
- Was in der Tat geschehen ist - Herr Kollege Dr. Vogel und Herr Kollege Dr. Conring, lassen Sie mich das erst sagen; dann gern -, ist, daß Ihre Finanzminister und Ihre Regierungen bisher regelmäßig in allen Jahren nicht einmal die vom Haushaltsgesetz vorgesehenen und vom Parlament bewilligten außerordentlichen Haushalte ausgeführt haben, sondern daß Sie immer wieder diese Lücken aus den ordentlichen Steuereinnahmen gedeckt und damit gleichzeitig nicht nur das Haushaltsbild verschleiert und die künstlichen Ausgleiche vorgenommen, sondern auch den Weg zu Steuerreformen und insbesondere auch zu Steuersenkungen verbaut haben.
({8})
- Es ist ein Fehler, sie nicht zu machen. - Bitte, Herr Kollege Conring!
Herr Kollege Seuffert, können Sie uns den Vorwurf machen, daß wir grundsätzlich keine Anleihen hätten aufnehmen wollen? Denn Sie haben ja selbst - soeben hinterher
- gesagt, wir hätten alljährlich Anleiheermächtigungen gegeben. Sie können infolgedessen auch nicht das „Urheberrecht" für Ihre Partei dafür in Anspruch nehmen, daß Ausgaben durch Anleihen gedeckt werden möchten.
Herr Kollege Dr. Conring, erstens haben wir verschiedentlich die von dem Parlament, d. h. der Mehrheit, .gegebenen Anleiheermächtigungen nicht für ausreichend gehalten. Zweitens haben wir immer Kritik daran geübt - und das ist der Gegenstand, über den ich im Augenblick spreche -, daß diese Ermächtigungen nicht einmal benutzt worden sind, sondern daß der ordentliche Haushalt - nämlich die Steuereinnahmen - unter Druck gesetzt worden ist und daß eine Reform, Durchforstung und eine Verminderung dieser Steuereinnahmen dadurch hintangehalten worden sind, daß die Steuereinnahmen zur Deckung von Ausgaben vorgesehen worden sind, die nach dem Willen des Haushaltsgesetzes durch Kreditaufnahmen zu decken waren. Das ist der Unterschied.
({0})
Nun, ich will hier nicht auf Einzelfragen eingehen, obwohl ich Herrn Kollegen Dr. Vogel darauf aufmerksam machen möchte, welch ein Widerspruch darin besteht, daß er auf der einen Seite auf die Möglichkeit von Auslandsanleihen hinweist - dazu brauche ich mich nur auf das zu beziehen, was der Herr Bundesfinanzminister vorhin gesagt hat - und auf der anderen Seite den angeblichen hohen Anteil von Auslandskäufen auf dem deutschen Rentenmarkt als ein Zeichen für die Schwäche des deutschen Renten- und Kapitalmarktes ansieht. Das dürfte ein ziemlicher Widerspruch sein. Nebenbei - ich spreche hier aus dem Stegreif, Herr Kollege Dr. Vogel -: die von Ihnen genannte Zahl scheint mir irgendwie verschoben zu sein.
({1})
- Verzeihen Sie, das verstehe ich jetzt nicht ganz, wie auf diese Art Fluchtkapital erfaßt werden soll. Ich wollte aber nur darauf aufmerksam machen, daß mir die von Ihnen genannte Zahl - ich spreche, wie gesagt, aus dem Stegreif - irgendwie fehlerhaft zu sein scheint. Sie kann sich nach meiner Schätzung allenfalls auf den Anteil von Auslandskäufen an den Privatkäufen, d. h. ausschließlich der Käufe der Kapitalsammelstellen, beziehen, und die Verkäufe der Kapitalsammelstellen machen bekanntlich immer noch den allergrößten Teil des Kapital- und Rentenmarktes aus.
Das kann man aber später aufklären. Wovor ich jedoch in diesem Zusammenhang warnen möchte, ist die Illusion, als könnte man ganz gesondert und für sich einfach über die Frage sprechen, ob im Jahre 1963 2,3 oder 2,2 oder 3,1 oder 3,2 Milliarden DM aus dem Kapitalmarkt aufzubringen wären. Das kann man nicht als gesonderte Jahreszahl sehen, sondern worum es sich hier handelt und worüber man sich Vorstellungen machen muß, ist der Platz, den die Finanzierung des Bundes in den nächsten Jahren nachhaltig auf dem Kapitalmarkt einzunehmen genötigt sein wird und gesunderweise auch einnehmen soll. Es kann ja gar kein Zweifel darüber bestehen, daß Sie, welche Zahl auch immer Sie im Jahre 1963 für die Beanspruchung des Kapitalmarkts einsetzen, im Jahre 1964 eine wesentlich größere Zahl werden einsetzen müssen, und die Frage, ob einige hundert Millionen nicht schon im Jahre 1963, sondern erst im Jahre 1964 in Anspruch genommen werden können, ist ja eine Frage, die im Wege der Zwischenfinanzierung ohne Schwierigkeiten zu lösen sein sollte.
Noch eine Bemerkung, Herr Kollege Dr. Vogel, zu dem, was Sie über Gemeindeausgaben gesagt haben! Es gibt nun einmal Ausgaben, die auch bezüglich des Zeitpunktes eine solche Dringlichkeit haben, daß man an ihnen einfach nicht vorbeigehen kann. Ausgaben, die zu spät gemacht werden, sind nutzlos oder schlimmer. Solche Ausgaben kann man nicht immer dem Finanzplan anpassen, sondern da muß der Finanzplan den Ausgabebedürfnissen angepaßt werden. Das ist wieder die Frage des Mangels einer langfristigeren und illusionsfreieren Vorstellung von der Situation, als Sie sie hier vertreten haben.
Sie haben gesagt, Herr Kollege Dr. Vogel, man. müsse auch das Jahr 1964 gleich in Betracht ziehen. Sehr wohl! Aber es ist doch reiner Illusionismus, wenn Sie glauben, mit dem einen Prozent mehr im Jahre 1964, das die Regierung vorschlägt, nur einigermaßen den Größenordnungen der Probleme, die im Haushalt 1964 auftauchen werden, gerecht
werden zu können. Der Herr Bundesfinanzminister hat von hohen zusätzlichen Anforderungen für 1964 gesprochen. Er selbst hat die Zahlen genannt, die erkennen lassen, daß die Haushaltsprobleme 1964 in der Größenordnung weit über das hinausgehen, ein Vielfaches von dem erreichen, was 1% mehr Bundesanteil - 380 Millionen - ausmachen könnte. Wenn Sie wirklich eine der voraussichtlichen Haushaltssituation des Bundes 1964 entsprechende Zahl hier hätten nennen wollen, so hätte sie weit über 1% liegen müssen. Sie wissen ganz genau, daß das nicht erreichbar und nicht denkbar ist. Das heißt, die Probleme bleiben bestehen, sie werden nur einstweilen nicht besprochen und nicht gezeigt. Das ist immer wieder die Politik des Augen-Zumachens, ist immer wieder die Politik, die Dinge wegzuschieben und dann im entscheidenden Moment ganz überrascht vor den Problemen zu stehen und irgendeinen Notstand geltend zu machen.
Ich glaube, meine Damen und Herren, wenn Sie in dieser Politik, die Sie gerade in der Frage des Beteiligungsgesetzes mit großer Konsequenz festgehalten haben, so weitermachen, so werden Sie nicht umhinkönnen, sowohl der Herr Bundesfinanzminister wie Sie, meine Damen und Herren von der Mehrheit, in sehr absehbarer Zeit Ihrererseits von Steuererhöhungen sprechen zu müssen.
({2})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Schmidt ({0}).
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst möchte ich dankbar anerkennen, daß Sie von der SPD-Fraktion in der zweiten und dritten Lesung Ihren Antrag, 38 % als Bundesanteil an der Einkommen- und Körperschaftsteuer vorzusehen, nicht aufrechterhalten - aus welchen Motiven auch immer, kann jetzt dahingestellt bleiben -; ich glaube, daß das den Verhandlungen nur förderlich ist.
Ich bedauere nur, Herr Kollege Seuffert, daß Sie in diesem Zusammenhang gemeint haben, wir wichen unserer Verantwortung aus oder wir träten die Flucht an. Nach meiner Auffassung ganz das Gegenteil! Was tun wir denn? Wir fassen hier verantwortlich einen Beschluß, beschließen einen Deckungsvorschlag, ein Beteiligungsgesetz, in dem 40,5%bzw. 41,5 % Beteiligung des Bundes an der Einkommen-und Körperschaftsteuer vorgesehen sind. Wir fassen einen Beschluß. Das kann doch beim besten Willen nicht ein Ausweichen vor der Verantwortung sein; im Gegenteil! Wir rufen nicht den Vermittlungsausschuß an. Wir haben auch gar keine Veranlassung dazu; denn wir haben uns zu einer bestimmten Verantwortung bekannt.
({0})
- Verzeihen Sie - wir rufen ihn ja gar nicht an. Wir denken gar nicht daran! Das müssen wir dem Bundesrat überlassen,
({1})
eben jenem Bundesrat, Herr Seuffert, der von sich aus das Gesetz abgelehnt hat; schlicht abgelehnt, ohne jede Begründung, ohne jeden Hinweis, wie er als verpflichtetes und mitverantwortliches Bundesorgan zur Lösung der Probleme beitragen will.
({2}) Weiter haben wir im Augenblick nichts zu tun.
Der Vermittlungsausschuß ist eine verfassungsmäßige Institution, und es ist das gute Recht des Bundesrates, ihn anzurufen. Wenn er ihn anruft, muß er sagen, aus welchem Grunde und mit welchem Ziele, und er muß auf den Tisch legen, was er zur Lösung vorzuschlagen hat.
Auch in diesem Zusammenhang einmal ein ganz kurzes Wort zum Vermittlungsausschuß. Er ist kein Superparlament, wir verschieben auch nicht die Verantwortung auf diesen Vermittlungsausschuß; denn: Hic Rhodos, hic salta!
({3})
Hier werden wir entscheiden müssen, ob wir das Ergebnis der Beratung des Vermittlungsausschusses annehmen oder ablehnen; auch diese Freiheit haben wir. Es kann also gar keine Rede davon sein, daß etwa der Vermittlungsausschuß eine Instanz sei, auf die wir etwas abschieben könnten.
({4})
Er ist ein sehr segensreiches Organ, insofern, als er eine Plattform zu Verhandlungen bietet, wenn eine anderweitige Verständigung nicht möglich ist. Wenn unser Vorschlag dem Bundesrat nicht annehmbar erscheint, sollten wir es begrüßen, wenn der Bundesrat seinerseits den Vermittlungsausschuß anruft.
Noch eines, Herr Kollege Seuffert. Sie und ich, wir sind Anwälte. Ich kann mir nicht vorstellen, Herr Kollege Seuffert, daß Sie als Anwalt Ihrem Mandanten,, der die Chance hätte, etwa ein Schiedsgericht anzurufen - selbstverständlich ist der Vermittlungsausschuß kein Schiedsgericht; aber gesetzt den Fall, Ihr Gegenüber hätte einen bestimmten Vorschlag Ihres Mandanten abgelehnt und seinerseits einen Vorschlag gemacht -, raten würden, von vornherein auf den Boden des Vorschlages Ihres Gegenübers zu treten.
({5})
Sowenig wie Sie würde ich das tun. Deshalb war ich so dankbar, daß unsere Kollegen von der SPD heute ihren Antrag aus der zweiten Lesung haben fallenlassen.
({6})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen nunmehr zur Abstimmung in zweiter Beratung. Ich rufe auf § 1, - § 2, - § 3, - Einleitung und Überschrift. Anträge liegen nicht vor. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen?
Vizepräsident Dr. Schmid
- Das erste war die Mehrheit; die aufgerufenen Bestimmungen sind angenommen.
Damit ist die zweite Beratung abgeschlossen. Ich rufe auf zur
dritten Beratung.
Hier ist ein Antrag angekündigt, Umdruck 284 *). Bitte, Herr Abgeordneter Stoltenberg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Koalitionsfraktionen haben einen Antrag eingebracht, der in einem sehr engen Zusammenhang sowohl mit der Frage des Beteiligungsverhältnisses an der Einkommen- und der Körperschaftsteuer wie unmittelbar mit dem Bundeshaushalt und darüber hinaus den öffentlichen Etats - von Bund, Ländern und Gemeinden - insgesamt steht.
Wir haben in den sehr ausführlichen Debatten der letzten Stunden gesehen, was wir seit Wochen und Monaten wissen: wie schwierig die Auseinandersetzungen um den Steuerschlüssel schon in diesem Hause sind. Wir wissen, daß sie nicht abgeschlossen sind. Das ist etwas Natürliches, weil die Gegensätze der Wünsche und Interessen in Geldfragen zu groß sind, als daß man eine schnelle, reibungslose Einigung zwischen Bund und Ländern erwarten könnte. Es bestand jedoch in den Vorberatungen zwischen Bund und Ländern, in den Gesprächen der Minister und der Kommissionen zumindest über die Problemstellung weitgehend Einmütigkeit. Eine Diskussion über die Steueränderung setzt eine Prüfung der Aufgaben und der Ausgaben voraus, setzt also auch ein ungefähr gleichmäßiges Verhalten in der Ausgabengestaltung voraus. Es geht dabei vor allem auch um die gleichmäßige Beachtung konjunkturpolitischer Gesichtspunkte in Bund, Ländern und Gemeinden.
In dieser haushalts- und konjunkturpolitischen Bewertung der Etats der öffentlichen Hand stehen die Bauausgaben zunehmend im Vordergrund kritischer Diskussionen. Wir wissen aus vielen Diskussionen in diesem Hause, daß vom Baumarkt her seit Jahren die stärkste Unruhe im Wirtschaftsgeschehen insgesamt kommt. Hier haben wir die stärksten Auftriebstendenzen auf dem Preissektor, die dann in viele andere Bereiche der Volkswirtschaft übergehen. Das ist seit Jahren ein wichtiges Thema in diesem Hause, und es wird uns besonders im Zusammenhang mit den Überlegungen über neue gesetzliche Vorschriften zur Ordnung des Baumarkts in Kürze erneut beschäftigen.
Nun werden aber, wie wir alle wissen, in der Öffentlichkeit äußerst unterschiedliche Erwartungen an den Staat gerichtet. Einerseits erleben wir ständig neue gewaltige, langfristige Planungen, etwa auf dem Gebiet des Verkehrs, der Kultur, der Wissenschaft, des Wohnungsbaus und des Gesundheitswesens, die von Jahr zu Jahr zusätzliche MilliardenSummen erfordern. Wir erleben es, daß sie in diesem Hause und vor allen Dingen in der Öffentlich-
*) Siehe Anlage 2
keit mit großem Beifall aufgenommen werden. Wir hören Parolen vom Versagen des Staates, von der sträflichen Vernachlässigung der Gemeinschaftsaufgaben durch den Staat, um eine sozialdemokratische Formulierung zu gebrauchen. Auf der anderen Seite gilt der Staat in der konjunkturpolitischen Diskussion zunehmend als der Sündenbock und als der Störenfried, der zuviel Geld ausgibt, vor allem auf dem Bausektor, und zu große Kapazitäten beansprucht.
Diese Zwiespältigkeit - ich darf das unter dem Eindruck der zweiten Lesung des Haushalts und der Debatte von heute morgen sagen - ist vor allem auch für die Argumentation unserer Opposition bestimmend. Auf der einen Seite erleben wir es, daß uns Milliarden-Anträge zu Spezialgesetzen und Einzeltiteln angekündigt werden, die auch das Baugeschehen weiter beeinflussen werden, auf der anderen Seite hören wir Erklärungen über die Notwendigkeit der Steuersenkung, der Begrenzung des Staatsbedarfs auf den realen Zuwachs usw. Diese beliebte Schwarz-Weiß-Malerei hilft uns nicht weiter. Sie wird im übrigen auch durch genaue statistische Analysen nicht gerechtfertigt. Wir bekennen uns durchaus - und ich glaube, wir haben das bei den Einzelberatungen über diesen Haushaltsplan bewiesen - zu der konjunkturpolitischen Verantwortung des Bundes auch bei der Behandlung seines Etats in unpopulären Einzelentscheidungen, für die er dann oft sehr heftig angegriffen wird. Der Bund aber - das zeigt eine Betrachtung der einzelnen Ziffern sehr deutlich - kann allein keine wirklich tiefgreifende Wirkung erzielen. Der Staat, die öffentliche Hand, von der in diesen konjunkturpolitischen und nationalökonomischen Diskussionen mit Recht immer wieder die Rede ist, besteht in der Bundesrepublik Deutschland verfassungsrechtlich und politisch aus drei weitgehend unabhängigen Ebenen: dem Bund, den selbstverantwortlichen Regierungen und Parlamenten der Länder und neben ihnen schließlich auch den Kommunen, die zwar der Kommunalaufsicht der Länder unterliegen, aber doch nach den Bestimmungen über die Selbstverantwortung eine weitgehende Autonomie besitzen.
Die Bedeutung dieses verfassungsrechtlichen Faktums wird durch einige wichtige Zahlen erheblich unterstrichen. Das Finanzvolumen des Baugeschehens, des Hoch- und Tiefbaues im Bundesgebiet, hat sich seit 1957 fast verdoppelt; es liegt im Jahre 1962 bei 53 Milliarden DM. Aber wir wissen sehr genau, daß das nur teilweise auf eine Steigerung der Bauleistungen zurückzuführen ist. In dieser erheblichen Vermehrung kommen leider bereits beträchtliche Preissteigerungen zum Tragen.
Der kritische Bereich ist hier der Hochbau. 42 von diesen 53 Milliarden DM, also etwa 80 %, gehen in den Hochbau. Der Anteil der öffentlichen Hand für den eigenen Bereich der Verwaltung ist hier seit sechs Jahren fast unverändert. Er liegt bei 15% gegenüber 14 % im Jahre 1958. Die vieldiskutierte und vielkritisierte Steigerung des Anteils der öffentlichen Hand ist praktisch ausschließlich auf die Entwicklung im Tiefbau, die Vermehrung der Straßenbau-Ausgaben zurückzuführen, eine Forde-
3706 Deutscher Bundestag - 4. Wahlperiode,-
rung, die wirklich von allen Richtungen mit größtem Nachdruck vertreten wurde.
Daneben aber steht in den Etats von Bund, Ländern und Gemeinden eine erhebliche Erhöhung der Hochbaumittel durch steigende Zuschüsse an nichtstaatliche Bauträger der Wirtschaft, im kulturellen Bereich usw.
Obwohl dies so ist, bekennen wir uns nachdrücklich dazu, daß der Staat auch mit einem unmittelbaren Anteil von 15% am Hochbausektor eine entscheidende konjunkturpolitische Verantwortung trägt. Wir haben dafür, glaube ich, bei den Beratungen des Bundeshaushalts 1963 ein Beispiel gegeben. Der Regierungsentwurf hat an Mitteln für den Hochbau rund 2,3 Milliarden DM vorgesehen. Davon sind während der Haushaltsberatungen durch den Haushaltsausschuß rund 600 Millionen DM gestrichen oder gemäß § 8 des Haushaltsgesetzes stillgelegt worden. Entgegen einer weitverbreiteten, auch in dieser Debatte 'wieder geäußerten Auffassung ist der Verteidigungshaushalt von diesen konjunkturpolitischen Notwendigkeiten in keiner Weise ausgenommen worden. Schon nach der Regierungsvorlage haben wir auch im Verteidigungshaushalt eine Verminderung der Hochbau-Ausgaben um 10% gegenüber dem Vorjahr.
Neben diesen Mitteln des Bundes, die bei knapp 2,5 Milliarden DM liegen, stehen fast 6 Milliarden DM für Aufgaben des Hochhaus in den kommunalen Etats, fast 8 Milliarden DM, wenn wir die Straßenbaukosten mitrechnen, und rund 4 Milliarden DM in den Etats der Länder.
Diese Zahlen zeigen mit aller Deutlichkeit, wie unerhört schwierig es für den Bund ist, durch eigene Entscheidungen und Maßnahmen einen wirkungsvollen Effekt zu erzielen. Die Kürzungen im Etat 1963, die wir gegenüber der Regierungsvorlage vorgenommen haben oder die nach § 8 des Haushaltsgesetzes eintreten, belaufen sich auf etwa 1,5 % des gesamten Hochbauvolumens. Das genügt nicht. Der Sinn unseres Antrages ist nun folgender: Wenn es möglich wäre, alle Länder und alle Kommunen zu einem gleichen Verhalten zu veranlassen, würden wir bei Ländern und Gemeinden auf einen stillgelegten bzw. gekürzten Betrag von rund 2,5 Milliarden DM kommen, zusammen also auf einen Betrag von rund 3 Milliarden DM. Der Baumarkt könnte dadurch von seiten der öffentlichen Hand um rund 3 Milliarden DM entlastet werden, d. h. immerhin um 7 Ibis 8 % ,des gesamten Hochbauvolumens. Es kann überhaupt kein Zweifel daran bestehen, daß vor allem in den Ballungsgebieten, in den Zentren der Überhitzung eine solche Entlastung auch eine positive, entlastende Wirkung auf dem Preissektor hervorrufen würde.
Auf Grund dieses Zusammenhanges fordern wir die Bundesregierung auf, ihre Bemühungen, auf die Länder und Gemeinden einzuwirken, durch Gespräche fortzusetzen. Wir würden es begrüßen, wenn die Bundesregierung nach den Gesprächen mit den Fachressorts auch mit den Ministerpräsidenten der Länder über diese so entscheidungsvolle Frage verhandeln würde. Wir sind aber der Auffassung, daß diese Bemühungen um den Etat 1963 nicht genügen.
Deshalb fordern wir im zweiten Teil unseres Antrages die Bundesregierung auf, schon bei der Erstellung des Etats 1964 diese konjunkturpolitischen Gesichtspunkte in den Vordergrund zu stellen. Wir beantragen, daß die Bundesregierung bei der Aufstellung des Etats von einem umfassenden Stopp aller neugeplanten Verwaltungs- und Repräsentationshauten ausgeht, daß sie die Länder und Gemeinden für ein entsprechendes Verhalten zu ,gewinnen versucht.
Es ist nun in diesem Zusammenhang von Mitgliedern des Vorstandes dieses Hauses die Frage ,gestellt worden: was 'bedeutet diese Entschließung, wenn dieses Hohe Haus sie verabschiedet, für das Parlament selbst, hat das etwa Konsequenzen für die nächste Baustufe des Reichstagsgebäudes in Berlin, hat das Konsequenzen für die Planungen, die auf eine zweifellos dringend notwendige Verbesserung der Arbeitsbedingungen in )diesem Haus hier in Bonn abzielen?
Ich möchte zu dieser Frage zweierlei bemerken. Einmal steht völlig außer Frage, daß ein Parlamentsgebäude kein Verwaltungs- und Repräsentationsbau ist. Zum zweiten handelt es sich hier um ein Ersuchen an die Regierung. Das heißt sehr deutlich, über die Frage der Titel für das Parlament selbst entscheidet nicht die Regierung, sondern dieses Hohe. Haus in eigener Verantwortung. Diese Entscheidung muß dieses Haus treffen bei der Beratung der nächsten Etats. Und niemand kann ihm diese Verantwortung abnehmen, hier zwischen den sachlichen Notwendigkeiten einerseits und den konjunkturpolitischen Erwägungen andererseits zu entscheiden.
Wir möchten überhaupt nicht, daß falsche Folgerungen aus diesem Antrag gezogen werden. Dieser Antrag bedeutet nicht, daß es keine berechtigten und ungelösten Wünsche und Notwendigkeiten für die Organe und die Verwaltung des Bundes mehr gibt. Wir wissen sehr genau, daß die Unterbringung für viele Verwaltungsstellen hier in Bonn - vor allem auch die Arbeitsbedingungen in Bonn - in manchen Bereichen durchaus unzulänglich ist. Wir können auf der einen Seite selbstverständlich, da wir Bonn als ,ein Provisorium ansehen, keine perfektionistische, maximale Lösungen für künftige Jahre anstreben. Wir können aber auf der anderen Seite auch nicht die abwegige Vorstellung teilen, daß sich der provisorische staatliche Charakter der Bundesrepublik Deutschland in der Unzulänglichkeit der Arbeitsbedingungen für 'das Parlament und für Teile der Regierung manifestieren muß. Solche Vorstellungen wollen wir mit diesem Antrag nicht fördern. Wir meinen, daß man diese Planungen sorgfältig und kritisch prüfen muß, daß sie überhaupt erst auf Jahre hin zu einer Entscheidung reifen und zur Durchführung kommen können.
Aber trotz der Unzulänglichkeit der jetzigen Situation sollten wir als Bund insgesamt doch hier ein Beispiel setzen. Wir sollten bereit sein, auch berechtigte Wünsche der Verwaltung des Bundes zunächst einmal zurückzustellen. Ich glaube, es hat in der Diskussion über die Entwicklung der Baupreise, über die bedenkliche Entwicklung auf dem BausekDr. Stoltenberg
tor in den letzten Jahren nicht an Deklamationen und Bezeugungen guter Absichten gefehlt. Wir haben im Grunde mit diesen wesentlichen Kürzungen oder Stillegungen von über 20% einer schon sehr sorgfältig kalkulierten Regierungsvorlage ein erstes Beispiel gesetzt.
Dieser Entschließungantrag soll dazu beitragen, daß der Bund auch in Zukunft seine besondere Verantwortung hierfür erkennt. Er soll als eine Aufforderung an die Länder und Gemeinden verstanden werden, diesem Beispiel zu folgen, damit wir dieses unerhört schwere und zweifellos auch gefährliche Problem unserer Wirtschafts- und Konjunkturpolitik meistern.
({0})
Das Wort hat der Abgeordnete Ritzel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst meinem Erstaunen darüber Ausdruck geben, Herr Kollege Stoltenberg, daß Sie in dieser Weise bereits eine Marschrichtung für 1964 angeben. Niemand - auch Sie und Ihre Fraktion nicht - vermag zur Stunde vorauszusehen, wie sich die wirtschaftlichen Verhältnisse und insbesondere die Inanspruchnahme des Baumarktes im Laufe des Jahres 1963 entwickeln werden. Ich bin auch einigermaßen erstaunt darüber - aber das ist Ihre eigene Sache -, inwieweit Sie sich bereits heute veranlaßt sehen, Ihrer eigenen Regierung Direktiven in bezug auf ihr Verhalten bei der Aufstellung des Haushaltsplanes 1964 erteilen. Nach draußen gesehen wirkt eine derartige Argumentation nicht anders als ein kleiner armseliger Beschwichtigungsversuch, hinter dem praktisch nichts steckt.
Einige Ihrer Bemerkungen zeigen mir, daß Sie mit praktischen Fragen der Kommunalpolitik nichts zu tun haben, Herr Kollege Stoltenberg. Sonst könnten Sie in der allgemeinen Formulierung, die Sie hier vertreten haben, nicht fordern, daß die Gemeinden sich an einem 20%igen Baustopp beteiligen. Sie könnten es nämlich in dem Bewußtsein nicht getan haben, daß bei den Gemeinden grundlegend andere Aufgaben - vor allem auf dem Gebiete des Bauwesens - als beim Bund vorliegen. Ich komme als Kreistagsvorsitzender und als ' bisheriger Stadtverordneter aus der praktischen Kommunalarbeit. Ich bin mit Ihnen vollkommen einig in dem Verwerfen jeglicher Repräsentationsbauten. Mir sind Dinge, die unseren Zeitverhältnissen und gewissen sozialen Tatbeständen in unserer Bevölkerung nicht angemessen sind, ebenfalls zuwider und zuviel. Aber eine Verallgemeinerung, die angesichts der Entwicklung der Wohnungsbaupolitik die Durchführung eines Programms zur Erstellung von Notwohnungen unmöglich macht, eine Verallgemeinerung, die die Durchführung zwingend notwendiger Schulprojekte unmöglich macht, eine Programmierung, die die Errichtung zwingend erforderlicher Krankenhäuser unmöglich macht, sollte eigentlich unzulässig sein.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Herr Kollege Ritzel, sind Sie - da Sie ihren Sachverstand im Gegensatz 'zu mir so betont haben - nicht darüber unterrichtet, daß nach Schätzungen von sachverständigen Kreisen in diesem Jahr in Kommunaletats über 300 Millionen DM für Kongreßhallen, Ausstellungshallen, Tagungshallen und ähnliches enthalten sind?
Haben Sie nicht gehört, Herr Kollege Stoltenberg, was ich soeben gesagt habe: daß ich auch kein Freund von Repräsentationsbauten bin?
({0})
Ich habe - das kann ich Ihnen nachweisen - selbst in 'der schärfsten Weise dagegen Stellung genommen. Aber man darf die Sache nicht in einer derartigen Weise verallgemeinern, wie Sie es tun. Die Notwendigkeiten, die 'heute bei den meisten Kommunen, bei den Kreisen und Kommunalverbänden gegeben sind, zwingen .dazu, die Dinge einzeln zu betrachten und nicht in Bausch und Bogen zu urteilen.
Ein Wort auch zu dem Problem Reichstag! Es wäre besser gewesen - wir hätten uns sehr gefreut, und Sie fänden mehr Zustimmung im Hause -, wenn Sie in der Frage der endlichen Fertigstellung der Arbeiten am Wallotbau in Berlin eine positivere Haltung einnehmen würden. Es ist kein Ruhmesblatt für die deutsche Demokratie, daß der Wallotbau noch immer in dem Zustand ist, in dem er sich zur Zeit 'befindet.
({1})
Derartige Dinge fallen auch nicht unter einen Baustopp. Hier handelt es sich um ein Politikum erster Ordnung.
Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, ich möchte Ihnen wärmstens ans Herz legen, zunächst einmal im eigenen Hause ,anzufangen, ehe Empfehlungen an die Adresse Dritter abgegeben werden. In unserem Haushaltsentwurf für 1963 stekken rund und roh heute noch unangefochten 250 Millionen DM für Bundesbauten. Bitte, gehen Sie einmal zur Praxis über und kontrollieren Sie einmal im einzelnen - was wir mit unserem Antrag wollten -, welche Möglichkeiten einer Reduzierung dieses Aufwandes gegeben sind, und fangen Sie einmal im eigenen Hause an.
Ich möchte mit folgender Bemerkung schließen: Sie in den Regierungsparteien sind ja nicht einmal in der Lage, ein. entscheidendes Wort zu sprechen, um einen Zwist zu beseitigen, der zwischen zwei Ministerien oder vielleicht sogar zwischen drei Ministerien schwelt. Ich meine die plötzliche und abrupte Verlegung einer Bauabteilung in das Verteidigungsministerium und das 'berechtigte Verlangen des Herrn Bundesschatzministers, daß die Bauabteilung wieder dorthin kommt, wo sie hingehört, wenn man
wirkliche Ersparnisse machen will. Hier wird das Geld zum Fenster hinausgeworfen.
({2})
- Das paßt Ihnen nicht, das wollen Sie nicht gern hören.
({3})
- Aber es ist eine Tatsache, und beweisbar ist es auch.
({4})
Die sozialdemokratische Fraktion wird sich bei der Verabschiedung dieses Antrags der Stimme enthalten.
({5})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor, auch keine weiteren Anträge.
Wir kommen zur Schlußabstimmung, der sich die Abstimmung über den Entschließungsantrag anschließen wird. Wer dem Gesetzentwurf im Ganzen zustimmen will, der möge sich erheben. - Gegenprobe! ({0})
Enthaltungen? - Damit ist der Gesetzentwurf angenommen.
Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag Umdruck 284. Wer zustimmen will, der gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! -Enthaltungen? - Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Wir kommen nun in dritter Beratung zur Abstimmung über den Entwurf des Haushaltsgesetzes 1963, Punkt 3 der Tagesordnung. Es besteht wohl Einverständnis darüber, daß nach der alten Übung verfahren wird, nur über die Einzelpläne besonders abzustimmen, zu denen Anträge vorliegen. Wenn ein Antrag abgelehnt und der bisherige Text somit nicht verändert ist, würde keine Abstimmung über den Einzelplan stattfinden.
({1})
Eine Ausnahme besteht bei Einzelplan 07; das ist der Etat des Justizministeriums.
Ich rufe auf
Einzelplan 05
Es besteht auch Einverständnis darüber, daß jetzt keine allgemeine Aussprache stattfindet?
({2})
Hierzu liegt ein Entschließungsantrag auf Umdruck 279 *) vor. Wird dazu das Wort ergriffen? - Das ist nicht der Fall.
Wir stimmen jetzt ab über den Entschließungsantrag Umdruck 279 zu Einzelplan 05, auch nach der Übung des letzten Jahres. Wer diesem interfraktionellen Antrag zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmige Annahme.
*) Siehe Anlage 3
Wir kommen zu
Einzelplan 06
Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Abgeordneten von Brentano und Fraktion und Kühlmann-Stumm und Fraktion auf Umdruck 281 ti) vor. Wird der Antrag begründet? - Das ist nicht der Fall. Wird das Wort dazu ergriffen? - Das ist auch nicht der Fall.
Wir stimmen ab. Wer dem Antrag Umdruck 281 zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; der Antrag ist angenommen.
Wir stimmen nunmehr ab über den Änderungsantrag des Abgeordneten Ollenhauer und Fraktion auf Umdruck 285 ***). - Das Wort wird nicht gewünscht.
({3})
Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmige Annahme.
Nunmehr stimmen wir ab über den Einzelplan 06 in der soeben geänderten Fassung. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Gegen zahlreiche Gegenstimmen angenommen.
Wir kommen nun zu dem Entschließungsantrag Umdruck 263 ****). Wird das Wort gewünscht? - Das Wort hat der Abgeordnete Porzner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktionen der CDU/CSU und der FDP hatten in der zweiten Lesung den Antrag der SPD abgelehnt, die Mittel für die Finanzierung des Baus von Turn- und Sportstätten von 30 Millionen DM auf 40 Millionen DM zu erhöhen. Dieses Verhalten steht in krassem Widerspruch zu Äußerungen der Bundesminister Krone und Schröder vor dem Deutschen Sportbund im Dezember 1960. Der Antrag auf Umdruck 263, in dem die Bundesregierung ersucht wird, zu prüfen, ob die Hypothekengewinnabgabe finanzschwacher Turn- und Sportvereine erlassen werden kann, ist meiner Ansicht nach nur dazu geeignet, zur Entlastung des schlechten Gewissens der Koalitionsfraktionen zu dienen.
({0})
Ich darf ganz kurz aus dem Protokoll des Deutschen Bundestages vom 21. März 1962 vorlesen. Herr Staatssekretär Hettlage vom Bundesministerium der Finanzen hat damals auf eine Frage meines Fraktionskollegen Dröscher geantwortet, daß die Hypothekengewinnabgabe im Unterschied zur Vermögensabgabe nicht allgemein wegen gemeinnütziger Zwecke erlassen werden kann.
({1})
Wir glauben, daß der Antrag nur gestellt worden ist, um Ihre Ablehnung des Antrages auf Erhöhung
**) Siehe Anlage 4 ***) Siehe Anlage 5 ****) Siehe Anlage 6
der Mittel zur Finanzierung von Sportanlagen um
10 Millionen DM optisch ein bißchen auszubügeln.
({2})
Wird das Wort dazu gewünscht? - Bitte schön, Herr Kollege Kubitza!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe die Ehre, den hier vorliegenden Entschließungsantrag auf Umdruck 263 namens der Koalitionsfraktionen zu begründen. Ich glaube nicht, Herr Porzner, daß dieser Antrag auf einem schlechten Gewissen unsererseits beruht. Er bringt uns vielmehr angesichts der finanziellen Situation gerade der durch die Hypothekengewinnabgabe belasteten Vereine mit ein Stück vorwärts, um diesen Vereinen die notwendige finanzielle Entlastung zu geben.
Der Kollege Stoltenberg hat letzthin bei seinen Ausführungen zu Ihrem Antrag auf Erhöhung der Spitzenfinanzierungsmittel von 30 Millionen DM auf 40 Millionen DM gesagt, daß Kollegen aller Fraktionen bei den Turn- und Sportvereinen die Hoffnung erweckten, daß ihnen auch finanziell beigestanden würde. Die Kollegen, die sich des deutschen Turnens und des Sports annehmen, tun das wohl nicht nur dadurch, daß sie eine Hoffnung erwecken, sondern es ist ihnen wirklich ernst darum.
Für jeden in diesem Hause stellt sich die entscheidende Frage, wie er die Bedeutung unserer leiblichen Existenz einschätzt und welche Bedeutung er ihr beimißt. Es wäre ungemein erheiternd, wenn wir uns vorstellten, daß wir in diesem Hause als ätherische Wesen herumschwebten - ({0})
Das wäre zuviel! Das ist wahr!
- - Und daß wir nicht mehr die leibliche Fülle so manches Kollegen bestaunen könnten.
({0})
Herr Kollege, man sollte nicht zuviel Neid erwecken wollen!
Seit über acht Jahren bemüht sich der Deutsche Sportbund und bemühen sich auch Abgeordnete dieses Hauses, die Turn- und Sportvereine von der Hypothekengewinnabgabe zu entlasten und ihren Erlaß durch eine Gesetzänderung zu erreichen. Leider ist diesen achtjährigen Bemühungen noch kein Erfolg beschieden gewesen.
({0})
Man kann den Vergleich zu einem Fußballspiel ziehen, wo auf der einen Seite die mit der Hypothekengewinnabgabe belasteten Vereine spielen
und auf der anderen Seite die Behörden, angefangen von dem kleinen Finanzamt bis zu dem Bundesfinanzministerium. Das sieht dann so aus, daß dieser Verein den Ball, die Hypothekengewinnabgabe, zu dem Finanzamt kickt, das Finanzamt läßt den Ball zur Oberfinanzdirektion durchlaufen, die Oberfinanzdirektion flankt ihn weiter zu den Länderfinanzministern, und diese berufen sich wieder auf die Gesetzgebung, die im LAG einen derartigen Erlaß nicht vorsieht.
Wer ist dann der Torhüter, Herr Kollege?
({0})
Der Torhüter ist seit der letzten Entscheidung des Bundesfinanzhofs gegenüber der Klage des Rudervereins Germania Kiel der Bundesfinanzhof. Er hat nämlich mit seiner Entscheidung das Tor mit Brettern vernagelt.
({0})
Ich habe den Eindruck, daß viele Abgeordnete den deutschen Sport nur nach den großen Vereinen beurteilen.
({1})
Wir haben aber in der Bundesrepublik knapp 32 000 Vereine. 80% dieser Vereine haben Mitgliederzahlen zwischen 50 und 200 Mitgliedern. Nur 486 Vereine in der Bundesrepublik haben über 1000 Mitglieder. Auswüchse, die wie bei jeder menschlichen Einrichtung auch im Sport vorkommen, dürfen nicht Maßstab für die Beurteilung des Gesamten sein.
Noch ein anderer wichtiger Faktor scheint mir erwähnenswert. Wir haben im deutschen Turnen und Sport 387 000 ehrenamtliche Helfer. Würden der Staat, die Länder, die Gemeinden diese Funktionen übernehmen müssen, so würde das eine Belastung von 226 Millionen DM jährlich bedeuten. Dieser Betrag wird also von den ehrenamtlichen Helfern erspart.
Es kommt hinzu, daß die deutschen Turn- und Sportvereine jährlich für Übungsstätten im Eigenbesitz 40 438 432 DM und für gemietete Sportstätten 17 079 002 DM, zusammen also etwa 57 Millionen DM jährlich aufzuwenden haben.
Damit die Bundesregierung und besonders der Bundesinnenminister und der Bundesfinanzminister hinsichtlich dieses Entschließungsantrags nicht ganz im Dunkeln tappen, darf ich mir erlauben, auf ein Schreiben vom 2. April 1963 zurückzugreifen, das das Bundesfinanzministerium an das Bundesinnenministerium gerichtet hat und in dem es heißt:
Die vor allem auch in der Presse stark herausgestellten Bemühungen, mehr als bisher die Bevölkerung im Interesse der Gesunderhaltung für eine sportliche Betätigung zu gewinnen, dürften den Turn- und Sportvereinen eine erhöhte Bedeutung beimessen. Ich darf deshalb eine Prüfung der Frage anregen, ob nicht im Rahmen der allgemeinen Förderungsmaßnahmen wie etwa des Goldenen Plans Beträge ab3710
gezweigt werden können, mit denen bei wirtschaftlicher Bedrängnis der Turn- und Sportvereine die von ihnen geschuldete Hypothekengewinnabgabe abzulösen wäre. Eine solche Maßnahme, die wie sie nach der obigen Darstellung schon im Lande Bayern aufgegriffen worden ist, dürfte nach den bisherigen Erfahrungen die einzige Möglichkeit darstellen, bei einzelnen Vereinen bestehende Schwierigkeiten auszuräumen.
Ich darf dazu bemerken, daß die Regelung im Lande Bayern über Gespräche dieser Art nicht hinausgekommen ist. Es heißt weiter:
Die Ablösung der Verpflichtungen aus der Hypothekengewinnabgabe scheint mir für die Existenzfähigkeit der betreffenden Vereine deshalb vorrangig zu sein, weil die ständige Bedrohung durch eine einschneidende Zwangsmaßnahme den Vereins- und Sportbetrieb auf die Dauer lähmt oder gar zum Erliegen bringen kann. Die Finanzbehörden sind bisher durch Stundung der Abgabeleistungen und andere Billigkeitsmaßnahmen den betreffenden Turn-und Sportvereinen in sehr großzügiger Weise entgegengekommen.
Dazu darf ich sagen, daß das in der Form nicht ganz stimmt; denn bislang haben nur zwei Vereine von zwei Oberfinanzdirektionen einen Erlaß der Hypothekengewinnabgabe zugestanden bekommen. Die anderen haben diese finanziellen Leistungen immer noch zu erbringen.
Ich darf diesen Ausführungen, die aus dem Bundesfinanzministerium kommen, hinzufügen, daß meine Vorstellungen nicht dahingehen, diese Mittel im Goldenen Plan zu verankern, sondern dahin, daß im Nachtragshaushalt etwa in einem eigenen Titel 4 Millionen DM dafür zur Verfügung gestellt werden.
Schließen darf ich mit einem Wort des Altbundespräsidenten Heuß, von dem Sepp Herberger einmal sagte: „Ja, der Heuß, das ist ein Sportsmann!"
({2})
Er hatte bei der Eröffnung der Westfalenhalle folgendes gesagt:
Wir wissen, daß der Sport eine öffentliche Funktion geworden ist. Er hat eine gemeinschaftsbildende Kraft, und der Staat muß das wissen.
Ich bitte Sie, diesem Entschließungsantrag zuzustimmen.
({3})
Das Wort hat der Bundesfinanzminister.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der arme Bundesminister der Finanzen ist nicht an allem schuld. In diesem Falle ist er sogar in einer ganz besonders günstigen Position, weil er nachweisen kann, daß sein Unvermögen, Sport- und
Turnvereinen bezüglich der Hypothekengewinnabgabe zu helfen, auf das Parlament zurückgeht. Bei der Beratung des Gesetzes hat der Bundestag seinerzeit nämlich geprüft - und zwar auch im Hinblick auf Turn- und Sportvereine -, ob die Gemeinnützigkeit allein ausreichend sein solle, um die Hypothekengewinnabgabe zu erlassen, oder nicht. Der Bundestag hat es nichtzugelassen.
Wir können, abgesehen von besonderen Einzelfällen, in denen wieder andere Voraussetzungen vorliegen müssen, den Turn- und Sportvereinen hierbei nicht helfen. Der Bundesfinanzhof hat also nicht zu Unrecht eine Sperre errichtet. Er hat sich absolut nach dem vom Gesetzgeber gewollten Tatbestand gerichtet.
Ich halte es für richtig, daß Sie dem Entschließungsantrag Ihre Zustimmung geben. Ich bin bereit, die Angelegenheit noch einmal zu überprüfen. Notfalls - das möchte ich hier ganz klar sagen - muß der Gesetzgeber seinen damaligen Standpunkt revidieren.
({0})
Das Wort hat der Abgeordnete Porzner.
Herr Kollege Kubitza, Sie hätten besser getan, wenn Sie Ihre gute Begründung für diesen Antrag in der vorigen Woche gegeben hätten, als es darum ging, die 10 Millionen DM zu bewilligen.
({0})
Ich danke idem Herrn Finanzminister,' daß er sich bereit erklärt hat, mit uns zu prüfen, ob nicht die Möglichkeit besteht, in Zukunft dafür zu sorgen, daß das Gesetz in der Weise geändert wird, daß man den Sportvereinen, die dadurch betroffen sind, hilft. Trotzdem werden wir mit Ihnen, auch wenn es nur in Ausnahmefällen möglich ist, Erleichterungen zu schaffen, diesem Entschließungsantrag zustimmen.
({1})
Wird das Wort weiter gewünscht? - Das ist nicht der Fall. 'Dann stimmen wir über den Entschließungsantrag Umdruck 263 ab. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - ,Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Wir kommen zu Einzelplan 07
Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz ({0}).
Das Wort zur Abgabe einer Erklärung hat der Abgeordnete Dr. Tamblé.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Haushaltsausschuß hat mich beauftragt, den Schriftlichen Bericht zum Einzelplan 07 durch einen Mündlichen Bericht zu ergänzen,
und zwar sollen dem Hohen Hause idie Verhältnisse des Obersten Rückerstattungsgerichts in Herford, insbesondere die des ersten Senats in Rastatt, zur Kenntnis ,gebracht werden.
Ich darf in Erinnerung 'bringen, daß das Oberste Rückerstattungsgericht auf Grund des Art. 6 des 3. Teils des Vertrages zur Regelung der aus Krieg und Besatzung entstandenen Fragen gebildet worden ist. Dieses Gericht entscheidet als oberste Rechtsmittelinstanz über Streitigkeiten bei Anträgen auf Rückerstattung entzogener Vermögenswerte an Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung auf Grund der in Kraft gebliebenen, für die ehemalige britische, amerikanische und französische Besatzungszone geltenden Rechtsvorschriften, ferner bei Streitigkeiten nach dem Bundesrückerstattungsgesetz vom 19. Juli 1957. Das Gericht besteht neben dem Präsidenten und dem Präsidium aus drei Senaten. Zu Beginn der Tätigkeit des Gerichts hatte der Erste Senat, der für die französische Zone zuständig war, seinen Sitz in Rastatt, der Zweite Senat - zuständig für die britische Zone - seinen Sitz in Herford und der Dritte Senat - zuständig für die amerikanischen Zone -seinen Sitz in Nürnberg.
Da die Zahl der anstehenden Fälle aus der Natur der Sache heraus im Laufe der Zeit rückläufig wurde, war man von deutscher Seite schon seit längerer Zeit aus Kostenersparnisgründen bemüht, die drei Senate zusammenzulegen, und zwar nach Herford, wo sich auch der Sitz des Präsidiums des Obersten Rückerstattungsgerichts befindet. Unsere Bemühungen hatten insofern einen Erfolg, als der Sitz des Dritten Senats laut Beschluß ides Präsidiums im Rechnungsjahr 1961 von Nürnberg nach Herford verlegt wurde. Alle weiteren Bemühungen, auch den Ersten Senat von Rastatt nach Herford zu verlegen, sind bisher gescheitert.
Um den Zusammenlegungsbestrebungen mehr Nachdruck zu verleihen, hat der Haushaltsausschuß bei der Verabschiedung des Entwurfs des Einzelplans 07 für das Rechnungsjahr 1962 dem Hohen Hause einen Entschließungsantrag unterbreitet, der einstimmig angenommen wurde. Der Entschließungsantrag hatte folgenden Wortlaut - ich darf zitieren -:
Der Deutsche Bundestag hat mit Befriedigung davon Kenntnis genommen, daß der Sitz des Dritten Senats des Obersten Rückerstattungsgerichts von Nürnberg an den Sitz des Zweiten Senats des Gerichts in Herford verlegt worden ist. Die Bundesregierung wird ersucht, im Rahmen der Satzung des Obersten Rückerstattungsgerichts auf eine weitere Konzentration des Gerichts, insbesondere auf eine Verlegung des Sitzes des Ersten Senats von Rastatt an den Sitz des Zweiten und Dritten Senats in Herford, hinzuwirken.
Soweit dieser Entschließungsantrag.
Bei der Beratung des Einzelplans 07 in diesem Jahr wurde auf die Frage, was in dieser Angelegenheit in der Zwischenzeit unternommen worden sei, von Vertretern des Justizministeriums der Bescheid gegeben, das Justizministerium habe über das
Auswärtige Amt die französische Regierung gebeten, in die Verlegung des Ersten Senats einzuwilligen; die französische Regierung sei jedoch damit nicht einverstanden gewesen. Der frühere Bundesjustizminister Dr. Stammberger habe versucht, auf den Präsidenten des Ersten Senats einzuwirken, daß dieser selbst eine Verlegung seines Senats nach Herford befürworte; der Präsident dieses Senats habe aber Bedenken gegen die Verlegung geäußert.
Der Haushaltsausschuß ist der Meinung, daß die aus der Besatzungszeit herrührenden Verhältnisse endlich bereinigt werden sollten und daß die Bundesregierung ersucht werden sollte, erneut bei der französischen Regierung in dieser Angelegenheit vorstellig zu werden.
Zur Illustration eine kurze Übersicht über die Tätigkeit der einzelnen Senate. In der Zeit vom 1. Juli 1955 bis zum 30. September 1962, also in einem Zeitraum von rund sieben Jahren, waren beim Zweiten Senat 932 Fälle anhängig, von denen 828 erledigt wurden, so daß am 1. Oktober 1962 noch 104 Fälle anhängig waren. Die Vergleichszahlen für den Dritten Senat: 662 Fälle, davon erledigt 647, noch anhängig 15. Und die Vergleichszahlen für den Ersten Senat in Rastatt: 94 Fälle - im Gegensatz also zu 932 und 662 Fällen -, davon erledigt 87, noch anhängig 7 Fälle. An Neueingängen waren beim Ersten Senat 1962 noch ganze acht Fälle zu verzeichnen. Ohne den vielzitierten Steuerzahler strapazieren zu wollen, glaube ich, daß es nicht angängig ist, daß für diesen Arbeitsanfall der gesamte Apparat in Rastatt aufrechterhalten wird.
(Abg. Ritzel: Sehr wahr! Das ist ein SkanEs wäre zu begrüßen, wenn als erste sichtbare Auswirkung des deutsch-französischen Vertrages die vom Haushaltsausschuß gewünschte Konzentration möglichst bald herbeigeführt würde.
({0})
Das Wort hat der Herr Bundesfinanzminister.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Einvernehmen mit dem Herrn Bundesminister der Justiz erkläre ich, daß wir alles tun werden, um die Pläne des Haushaltsausschusses zu unterstützen und den Sitz dieses Senates von Rastatt nach Herford zu verlegen.
({0})
Zu diesem Einzelplan bedarf es keiner Abstimmung.
Meine Damen und Herren, eine kurze Bemerkung zur Abwicklung unserer Tagesordnung! Für Freitag vormittag sind für die Fragestunde einige Fragen - insgesamt vier - angesetzt. Es wäre schade, wenn man den Freitag zum Präsenztag erklären müßte. Ich schlage daher vor, daß diese Fragen morgen, Donnerstag, mit aufrufen, obwohl wir hier auf das Entgegenkommen der Regierung angewiesen sind, weil die Drei-Tage-Frist nicht eingehalten
Vizepräsident Dr. Schmid
wäre. Aber bei der Courtoisie der Regierung gegenüber dem Parlament können wir uns darauf verlassen, daß die Regierung diese Fragen auch morgen beantworten wird.
Wir kommen zum
Einzelplan 10 Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({0}).
Hier braucht nicht über einen Antrag abgestimmt zu werden, wohl aber über eine Entschließung, die der Ausschuß vorschlägt. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
({1})
- Herr Abgeordneter Dr. Schäfer, es handelt sich um die Drucksache IV/1109, in der ein Antrag des Ausschusses enthalten ist, der dahin geht, erstens dem Einzelplan 10 zuzustimmen, zweitens die Regierung um etwas zu ersuchen und drittens bestimmte Anträge für erledigt zu erklären. Wir brauchen wohl kaum getrennt abzustimmen. Wer den Ziffern 1, 2 und 3 dieses Ausschußantrages zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Ich rufe auf den
Einzelplan 12 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr ({2}).
Hier liegen drei Entschließungsanträge vor, Um- drucke 265, 266 und 267*). Werden die Anträge begründet? - Antrag Umdruck 266 wird zurückgezogen. Dann bleiben also noch die Anträge Umdrucke 265 und 267. Wird dazu das Wort gewünscht? - Herr Abg. Bleiß zu Umdruck 267!
Herr Präsident, ich würde darum bitten, daß der Antrag Umdruck 267 an den Ausschuß für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen überwiesen wird.
Es wird der Antrag gestellt, den Antrag Umdruck 267 an den Ausschuß für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen zu überweisen. Ist das Haus einverstanden? - Dann ist so beschlossen.
Es bleibt noch der Antrag Umdruck 265. Dazu wird das Wort nicht gewünscht. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmige Annahme!
Ich rufe auf den
Einzelplan 14 Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung ({0}).
Hierzu liegt ein Entschließungsantrag Schmücker und Fraktion auf Umdruck 283 ") vor. Wird er begründet? - Bitte!
*) Siehe Anlagen 7, 8 und 9 **) Siehe Anlage 10
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Schon bei den Beratungen im Haushaltsausschuß wurde die Frage, die in dem Ihnen vorliegenden Entschließungsantrag behandelt is t, angeschnitten. Von allen Fraktionen wurde Wert darauf gelegt, daß für den Wohnungsbau für die Bundeswehr mehr als vorgesehen getan werden muß, damit dem Willen des Parlaments, jährlich zu 12 000 Wohnungen für die Bundeswehr zu kommen, auch Rechnung getragen werden kann. Bei der zweiten Lesung des Haushalts in der vergangenen Woche haben alle Fraktionen dieses Hauses - da dieser Wille des Parlaments nicht erfüllt werden kann - auf ihre Sorge hingewiesen, daß Bindungsermächtigungen, die erst einen ordnungsgemäßen Ablauf des Programms gewährleisten können, nicht gegeben worden sind.
Ich habe nun erfahren, daß die in dieser Frage beteiligten Ressorts dem Anliegen des Parlaments ein offenes Ohr geschenkt haben, und zwar in der Zeitspanne seit der Beratung in der zweiten Lesung bis heute. Am vergangenen Montag, also dem 13. dieses Monats, haben das Verteidigungsministerium, das Finanzministerium und das Wohnungsbauministerium für den Wohnungsbau für Bundeswehrangehörige eine einheitliche Marschrichtung für die nächsten Jahre festgelegt, worauf es uns in dem Ihnen vorliegenden Antrag ja ankommt. Nach Ablauf dieses Jahres wird ein rechnerischer Fehlbetrag von etwa 223 Millionen DM vorhanden sein. Man hat nunmehr beschlossen, damit 12 000 Wohnungen auch in diesem Jahr vollendet werden können, wenn notwendig, durch eine Zwischenfinanzierung zu helfen, so daß mit Sicherheit nach Ablauf dieses Jahres 12 000 Wohnungen für die Bundeswehr vollendet werden können.
Für das Jahr 1964 ist auf Grund der Besprechung vom Montag eine Bindungsermächtigung in Höhe von 250 Millionen DM vorgesehen, die sofort gegeben werden soll. Darüber hinaus ist vorgesehen, daß die Ansätze für Finanzierung aus dem Kapitalmarkt von 150 Millionen DM auf 200 Millionen DM erhöht werden. Außerdem ist vorgesehen, im Haushalt des Jahres 1964 für diesen Zweck einen Betrag von 450 Millionen DM in den außerordentlichen Haushalt einzusetzen, so daß insgesamt ein Betrag von 650 Millionen DM zur Verfügung steht, um den Überhang aus 1963 von 223 Millionen DM und die Fälligkeiten aus der nun zugesagten Bindungsermächtigung von 250 Millionen DM, zusammen 473 Millionen DM, abzuwickeln, so daß praktisch ein Rest von rund 180 Millionen DM als Überhang in das Jahr 1965 übergeht. Auch für 'das Jahr 1965 ist auf Grund dieser Besprechung schon ein entscheidender Schritt getan worden. Man hat sich nunmehr entschlossen, sofort auch 150 Millionen DM Bindungsermächtigung für das Jahr 1965 vorzusehen.
Wenn ich das alles in allem nehme, kann ich feststellen, daß durch diese Regelung dem Wunsche, der von allen Seiten des Hauses ausgesprochen worden ist, Rechnung getragen ist und daher das Anliegen, das zu dem Entschließungsantrag geführt hat, praktisch als erledigt betrachtet werden kann. Nach diesen Erklärungen darf ich deshalb erklären, Herr Präsident, daß wir den Antrag zurückziehen.
Herr Abgeordneter Schäfer, wünschen Sie .das Wort? - Wir brauchen also über den Entschließungsantrag nicht abzustimmen. Einzelplan 14 ist angenommen.
Ich muß noch einmal den Einzelplan 12 aufrufen; ich habe vergessen, über den Entschließungsantrag des Ausschusses Drucksache IV/1111 abstimmen zu lassen. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Es ist unklar, wie sich das Haus entscheidet. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei zahlreichen Enthaltungen ist dieser Entschließungsantrag angenommen.
Nunmehr
Einzelplan 36 Zivile Notstandsplanung ({0}).
Hierzu liegt ein Entschließungsantrag auf Umdruck
2881 vor. - Abgeordneter Hansing hat das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als wir vor einigen Monaten die erste Lesung des Notstandsgesetzentwurfs hatten, standen hier gleichzeitig einige Gesetzentwürfe zum zivilen Bevölkerungsschutz an. Herr Minister Höcherl bezog sich in seiner Begründung zu diesen Gesetzentwürfen zum zivilen Bevölkerungsschutz auf die Erfahrungen in den skandinavischen Ländern und ganz besonders in Schweden. Nur hat Herr Minister Höcherl dabei vergessen zu sagen, wie es kommt, daß in den skandinavischen Ländern die Bevölkerung ein positives Verhältnis zum zivilen Bevölkerungsschutz hat. Ich sage: ein positives Verhältnis. Gewiß ist der zivile Bevölkerungsschutz nicht populär - wo wäre er schon populär! -; aber jedenfalls ist dieses positive Verhältnis zum zivilen Bevölkerungsschutz ungeheuer viel wert. Dieses positive Verhältnis ist daraus zu erklären, daß die Regierungen der skandinavischen Länder der Bevölkerung in Denkschriften und Broschüren weitestgehend offen und realistisch klargemacht haben, was ist und was sein kann, und auch gesagt haben, was überhaupt möglich ist. Sie haben in den Broschüren und Denkschriften in rücksichtsloser Offenheit der Bevölkerung schwarz auf weiß klargelegt, wo kein Schutz mehr möglich ist. Auf Grund dieser offenen Bestandsaufnahme hat man in den skandinavischen Ländern den zivilen Bevölkerungsschutz aufgebaut, und auf Grund dieser offengelegten Bestandsaufnahme hat dann auch die Bevölkerung dort den Bevölkerungsschutz ernst genommen.
Wer will, daß die Bevölkerung den Bevölkerungsschutz überhaupt ernst nimmt, muß ihr rücksichtslos und offen sagen, was im Ernstfall eintreten kann. Es ist an der Zeit, daß auch bei uns bezüglich des Bevölkerungsschutzes gesagt wird, was notwendig ist und wo keine Chance besteht. Die deutschen Wissenschaftler haben sich durch ihre Denkschrift zum zivilen Bevölkerungsschutz ein großes Verdienst erworben. Wir meinen aber, daß diese Denkschrift der Wissenschaftler bei der Regierung den Anstoß gegeben haben müßte, von sich aus eine
*) Siehe Anlage 11
Denkschrift herauszugeben. Es ist an der Zeit, diese Denkschrift in Form eines Weißbuchs herauszubringen. Wir haben deshalb den Antrag gestellt:
Der Bundestag wolle beschließen:
Die Bundesregierung wird ersucht, dem Deutschen Bundestag ein Weißbuch über Aufgaben und Möglichkeiten des zivilen Bevölkerungsschutzes vorzulegen.
Ich bitte um Annahme des Antrags.
({0})
Es wurde mir gesagt, die Koalitionsparteien wünschten, daß der Antrag dem Ausschuß für innere Verwaltung überwiesen wird.
({0}) - Dann ist so beschlossen.
Eine weitere Entscheidung zu Einzelplan 36 haben wir nicht zu treffen. Damit sind die Einzelpläne durchberaten.
Wir kommen nunmehr zum
Haushaltsgesetz 1963 ({1}).
Der erste Änderungswunsch findet sich auf Umdruck 286 *) und betrifft § 8 des Gesetzes, Seite 4 der Drucksache.
Das Wort hat der Abgeordnete Lohmar.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Den Ihnen vorliegenden Antrag haben wir uns bereits in der zweiten Lesung vorzulegen erlaubt. Die Mehrheit des Hauses hat ihn in der zweiten Beratung abgelehnt. Aber die Herren Redner der CDU werden sich angesichts ihrer Argumentation selber nicht in der Hoffnung gewiegt haben, daß wir dafür lediglich freundliche Nachsicht aufbringen würden.
Herr Kollege Dr. Vogel hat in der zweiten Lesung die großen Leistungen der Bundesregierung und der Mehrheit dieses Hauses in der Wissenschaftspolitik und für die Wissenschaft gefeiert. Ich habe das mit einigem Schmunzeln zur Kenntnis genommen. Denn, Herr Vogel, in Wirklichkeit handelt es sich seit Jahren und in diesem Jahr in besonderer Weise um etwas ganz anderes. Es ist doch so, daß sich die Kulturpolitiker der CDU während der zweiten Lesung auf einen Zwischenruf und eine Zwischenfrage beschränken mußten, dieselben Kulturpolitiker, die sich ein Jahr lang bemüht haben, den ohnehin nicht allzu farbenfrohen Wimpel Ihrer Kulturpolitik zu hissen, mit dem Ergebnis, daß sich Herr Dr. Stoltenberg
({0})
- Herr Vogel, seien Sie sparsam mit Ihren Zwischenrufen, es kommen noch bessere Gelegenheiten-dann in den Haushaltsberatungen als Sparkommissar Ihrer Fraktion aufführt und diesen Wimpel auf
*) Siehe Anlage 12
Halbmast setzt. Genau das haben wir in diesem Jahr erlebt. Es ist für Sie so wenig wie für uns ein Geheimnis, daß es darüber auch innerhalb der Fraktion der CDU/CSU lebhafte Diskussionen gegeben hat.
Aber das allein hätte mich nicht veranlaßt, mich zur Begründung unseres Antrags zu melden. Mir scheint, daß sich die größere Koalitionsfraktion - die CDU/CSU - zu zwei Argumenten ihres Sprechers Dr. Stoltenberg klar und eindeutig äußern sollte. Herr Stoltenberg hat darauf hingewiesen, man müsse erst abwarten - das ergibt sich im übrigen auch aus dem Antrag Umdruck 290 ({1}) *), den Sie uns vorgelegt haben -, ob die 220 Millionen DM denn überhaupt verbaut werden könnten. Nun, die Bundesregierung hat Sitz und Stimme im Wissenschaftsrat. Sie ist bei den Vorarbeiten im Wissenschaftsrat in jeder Phase beteiligt gewesen. Ich frage mich also: Wieso kann die Regierung eigentlich bezweifeln, ob diese Vorschläge des Wissenschaftsrates sachlich so ausgefeilt sind, daß die Mittel tatsächlich in dem in Frage stehenden Zeitraum verwendet werden können? Was soll also die Begründung im letzten Halbsatz des Antrags Umdruck 290, wenn man sich hier nicht eine Möglichkeit offenhalten will, die Mittel in Wirklichkeit nicht freizugeben?
Sie sollten aufhören, so zu tun, als ob der Wissenschaftsrat etwas von der Bundesregierung Unabhängiges wäre. Die Bundesregierung ist im Wissenschaftsrat zusammen mit den Ländern und den Wissenschaftlern in gleicher Weise wir ihre Partner mitverantwortlich.
Der Wissenschaftsrat hatte unter dem Druck der Parole zum Maßhalten seine ursprünglich höheren Voranschläge schon auf 220 Millionen DM reduziert, einen Betrag, von dem man wußte und weiß, daß er wirklich verbaut werden kann. Die CDU hat nun in 'der zweiten Lesung erklärt, das sei nicht so wesentlich; wichtig sei, daß z. B. das Verwaltungsabkommen mit den Ländern noch nicht zustande gekommen sei, ein Verwaltungsabkommen, das von zwei Ländern bisher nicht gebilligt worden ist - Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz -, deren Landesregierungen von der gleichen politischen Mehrheit getragen werden, wie die gegenwärtige Bundesregierung. Ich möchte doch vorschlagen, daß die CDU sich parteiintern einmal überlegt, was sie zum Abschluß dieses Verwaltungsabkommens beitragen kann, auch dann, wenn man die Schwierigkeiten in diesen beiden „kulturellen Hinterhöfen" der Bundesrepublik sieht, ich meine die Kulturpolitik der CDU/CSU in Rheinland-Pfalz und Bayern.
({2})
- Herr Rasner, wollen wir sagen „Vorhöfe", oder was? Das würden Sie auch nicht gerne hören.
({3})
Ich meine, die CDU sollte sich in der Haushaltsberatung klar dazu äußern, ob sie politisch mit den
*) Siehe Anlage 13
Zuwendungen z. B. für die wissenschaftlichen Hochschulen nur eine Art von Dotation des Bundes an die Länder geben will, wie es Herr Dr. Stoltenberg gesagt hat, oder ob sie, wie es in allen kulturpolitischen Debatten dieses Parlaments auch von den Sprechern der CDU bisher gefordert worden ist, diese Mitfinanzierung .der Aufgaben in der Wissenschaftspolitik als eine von ,der Sache her gegebene Verpflichtung des Bundes ansieht. Nicht nur wir wären dankbar, wenn wir endlich wüßten, .welche Meinung 'in der Fraktion der CDU/CSU als private Meinung zu klassifizieren ist und welche Meinung die Bundestagsfraktion ,der CDU/CSU vertritt.
Meine Damen und Herren, überlegen Sie, welche Konsequenzen damit verbunden sind! Warum haben Sie denn eigentlich ein Wissenschaftsministerium eingerichtet, wenn Sie, wie Herr Dr. Stoltenberg sagt, die wissenschaftspolitische Verantwortung des Bundes lediglich in im Zuge der nächsten Jahre abzubauenden Dotationen sehen wollen? Warum 'dieses Wissenschaftsministerium, wenn dahinter nicht der politische Wille steht, daß der Bund auf die Dauer in der Wissenschaftspolitik mitgestaltend tätig sein soll? Diesen Widerspruch sollten Sie aufklären, meine Damen und Herren, damit wir in den künftigen Haushaltsberatungen damit nicht mehr belastet sind.
Ich darf auf den Antrag zurückkommen, den wir Ihnen vorgelegt haben, und bitten, daß die Minderheit der CDU, die sich mit uns im Ausschuß für Kulturpolitik und Publizistik einstimmig auf diesen Text geeinigt hat,
({4})
und die Mehrheit der FDP unserem Antrag folgen. Sollten Sie das nicht tun wollen, meine Damen und Herren, werden wir von uns aus Ihrem Antrag Umdruck 290 zustimmen, weil er immerhin einen ersten Schritt in der Richtung ermöglichen würde, in die wir gehen wollen. Aber es wäre uns um der Sache willen lieber - auch nach der Überzeugung Ihrer Kulturpolitiker -, wenn Sie hier die wünschenswerte Klarheit schaffen und unserem Antrag die Zustimmung nicht versagen wollten.
({5})
Das Wort hat der Abgeordnete Stoltenberg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Lohmar, der, soweit ich mich erinnere, während der zweiten Lesung nicht zugegen war, hat eine kurze Nachlese zu den Ausführungen gehalten, die hier gemacht worden sind, und sie mit einigen polemischen Tönen angereichert. Vor allem hat er hier meine Betrachtungen behandelt. Ich möchte deshalb etwas zu den beiden Anträgen sagen.
Wenn man die Ausführungen des Kollegen Lohmar im Lichte der Debatte von heute morgen und der allgemeinen Bemerkungen seiner Kollegen zur Steuerverteilung, zur Aufgabenverteilung und zum Bund-Länder-Verhältnis sieht, muß man schon saDr. Stoltenberg
gen, daß hier wieder einmal eine völlig andere Sprache im Detail geführt worden ist, als wir sie heute morgen im allgemeinen gehört haben. Aber das sind wir ja von der Opposition gewohnt; das überrascht uns im Grunde nicht mehr.
({0})
Heute morgen wurde uns vorgeworfen, die Bundesregierung würdige die Rechte der Länder nicht genügend.
({1})
- Ich werde schon auf die Sache eingehen; machen Sie sich keine Sorgen! - Sie begehe Verfahrensfehler. Sie habe einen schlechten Stil gegenüber den Ländern. Heute nachmittag hören wir etwas von den kulturellen Hinterhöfen der Bundesrepublik zur Kennzeichnung der Situation großer Bundesländer, in denen Sie ja auch schon einmal, jedenfalls in zwei dieser drei, regiert haben, Herr Lohmar. Ich glaube, das ist nicht die richtige Art der Behandlung dieser Frage.
Die beiden Anträge, die hier vorliegen, unterscheiden sich zweifellos wesentlich voneinander. Wir stehen mit unserem Antrag - ich darf sagen: geschlossen als Fraktionen der Koalition - auf der Grundlage der Regierungsvorlage. Wir haben aus konjunkturpolitischen Gründen, die im allgemeinen auch von Ihnen vertreten werden, den § 8 des Haushaltsgesetzes, so wie ihn die Regierung vorgeschlagen hat, übernommen. Wir meinen allerdings, daß nach § 8 der Finanzminister die Freiheit und auch die Möglichkeit haben soll, wenn sich auf diesem ganz speziellen wichtigen Sektor des Ausbaus der Hochschulen zusätzliche Notwendigkeiten ergeben, von einer Freigabe der 20 % Gebrauch zu machen, und diese Möglichkeit auch wahrnehmen soll. Damit nehmen wir durchaus - das möchte ich sehr deutlich sagen; ich habe den Bericht gelesen - den Wunsch des Kulturpolitischen Ausschusses auf, so wie er sich in der Bundestagsdrucksache, die dem Hohen Hause zugegangen ist, niedergeschlagen hat. Ich weise also den Vorwurf zurück, daß wir hier eine Inkonsequenz begingen.
Nun hat Herr Lohmar einiges zum Verhältnis zwischen dem Wissenschaftsrat und der Bundesregierung gesagt. Ich darf ganz offen sagen, ich halte es für politisch nicht sehr klug, wenn Sie hier versuchen, den Wissenschaftsrat gegen uns auszuspielen. Der Wissenschaftsrat hat nach dem Verwaltungsabkommen - das Sie vielleicht einmal wieder nachlesen sollten; Ihre Ausführungen zeigen, daß das sehr nützlich wäre - zwei ganz eindeutige Aufgaben. Er stellt ein Gesamtprogramm zur Förderung der wissenschaftlichen Einrichtungen auf. Davon liegt der eine Teil vor: die Empfehlungen zum Ausbau der Hochschulen. Der zweite Teil, Empfehlungen zum Ausbau der wissenschaftlichen Einrichtungen außerhalb der Hochschulen, wird folgen. Die zweite Formulierung, Herr Kollege Lohmar, lautet, daß der Wissenschaftsrat Vorschläge für die Verwendung der in den Haushalten von Bund und Ländern zur Verfügung stehenden Mittel macht.
Nirgendwo in diesem Verwaltungsabkommen steht etwa, daß der Wissenschaftsrat finanzpolitische Entscheidungen trifft. Das tut der Bund, das tun die Länder. Der Wissenschaftsrat gibt Empfehlungen für 'die zur Verfügung stehenden Mittel. Infolgedessen ist es selbstverständlich, - auch nach Auffassung der 'Bundesregierung, der Länderregierungen und des Wissenschaftsrats - das Recht der politisch berufenen Organe, der Parlamente von Bund und Ländern, die Relationen festzusetzen, also über die Frage zu entscheiden, wie ein als notwendig erkanntes Gesamtprogramm in der Relation vom Bund zu den Ländern verwirklicht wird. Das ist von ernsthafter Seite bisher nie bestritten worden. So ist im Bundestag und auch in den Landtagen verfahren worden, in denen Sie die Mehrheit haben. Es ist völlig eindeutig und überhaupt nicht bestreitbar, daß es sich bei diesen Mitteln für den Ausbau der Wissenschaftlichen Hochschulen um Dotationen handelt. Wenn Sie den Ausdruck „Dotationen" nicht lieben, können Sie auch sagen: Zuwendungen an die Länderhaushalte. Was wir hier ausgeben, wird in den Länderetats unter Einnahmetiteln verbucht. Das ist gar nicht zu bestreiten. Ich weiß eigentlich gar nicht, warum dieser Tatbestand hier in Zweifel gezogen wird.
Wir haben im vergangenen Jahr - das ist eine Entscheidung vor größter Bedeutung gewesen - gemeinsam das Votum des Bundesrates - auch der sozialdemokratisch regierten Länder - abgelehnt, den Ländern diese Aufgabe zu übertragen. Wir nehmen diese Aufgabe weiter wahr. Wir haben die Ansätze erhöht. Im Gegensatz zu einer Auffassung, die sich heute in einem Kommentar der Frankfurter Allgemeinen Zeitung widerspiegelt, sind diese Ansätze gegenüber der Regierungsvorlage nicht gekürzt 'worden; sie sind unverändert bei 220 Millionen DM geblieben. Ich glaube, damit haben wir bewiesen, daß wir durchaus unsere Verantwortung und die Verpflichtung des Bundes erkennen. Ich habe in der zweiten Lesung gesagt: Das Kabinett hat eine 6 %ige generelle Kürzung zur Deckung des Defizits vorgeschlagen; wir haben diese Kürzung nicht vorgenommen und damit die besondere Wichtigkeit dieser Aufgabe unterstrichen.
Mit dieser Begründung möchte ich Sie bitten, den Entschließungsantrag der SPD abzulehnen und dem Antrag der Koalitionsfraktionen zu folgen.
({2})
Keine Wortmeldungen mehr. Dann stimmen wir über den Änderungsantrag Umdruck 286 ab. Wer zustimmen will, gebe bitte das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das zweite war die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Zu § 12 a liegen zwei Anträge vor, die mit geringem Unterschied gleichlautend sind. Es handelt sich um die Anträge auf den Umdrucken 280 und 287 *). Der Antrag Umdruck 280 lautet:
§ 12 a wird ersatzlos gestrichen. *) Siehe Anlage 14 und 15
Vizepräsident Dr. Schmid
Der Antrag auf Umdruck 287 lautet schlicht:
§ 12,a wird gestrichen.
Wird das Wort gewünscht? Herr Abgeordneter Wagner!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! § 12 a des Haushaltsgesetzes zielt darauf ab, den § 21 Abs. 2 des Bundesbesoldungsgesetzes für das Haushaltsjahr 1963 außer Kraft zu setzen. In diesem Paragraphen des Bundesbesoldungsgesetzes ist die Zahlung von Zulagen für Beamte geregelt, die auf höherwertigen Posten beschäftigt sind, aber selber noch nicht alle Voraussetzungen erfüllen, um auf diesen Stellen befördert zu werden. Würde der § 12 a des Haushaltsgesetzes in der vorliegenden Fassung angenommen, so ergäbe sich im Bereich des öffentlichen Dienstes insoweit eine ungleiche Behandlung, als diese Zahlungen für die Bediensteten des Bundes nicht mehr geleistet werden könnten, wogegen sie im Bereich von Bundespost und Bundesbahn weiter gewährt würden. Des weiteren bliebe völlig offen, wie mit den Zahlungen zu verfahren wäre, die bereits von Januar bis Mai geleistet wurden.
Der Bundestag wird sich im Zusammenhang mit der Beratung der Harmonisierungsnovelle in Kürze mit diesem Problem erneut zu beschäftigen haben. Es wurden hierfür von der Bundesregierung Vorschläge ausgearbeitet. Der Innenausschuß ist dabei, darüber zu beraten. Wir halten es für zweckmäßig, diese Entscheidung abzuwarten, und bitten Sie deshalb, den § 12 a im Bundeshaushaltsgesetz ersatzlos zu streichen.
Das Wort hat der Abgeordnete Schmitt-Vockenhausen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe mich gefreut, daß die Koalitionsparteien, nachdem unser Antrag noch in der zweiten Lesung abgelehnt worden war, nunmehr zu der Erkenntnis gekommen sind, daß die Vorschrift des § 12 a nicht praktikabel ist. Darüber hinaus muß ich sagen: sie ist auch sachlich nicht gerechtfertigt, und sie ist rechtlich unsystematisch hier ins Haushaltsgesetz eingebaut. Der Herr Kollege Wagner hat die praktischen Bedenken vorgetragen. Ich möchte noch darauf hinweisen, daß es sich um keine Frage des Haushaltsrechts, sondern um eine Frage des Beamtenrechts handelt. Wenn diese Vorschrift so angenommen würde, wäre das ein Rückschritt auf dem Gebiet des Beamtenrechts.
({0})
- Doch, das wäre ein Rückschritt auf einem Gebiet, auf dem sich das Leistungsprinzip durchgesetzt hat. Für viele Beamte hätten Sie hier einen Rückschritt herbeigeführt. Ich bedauere sehr, daß es offensichtlich bei Ihnen - und das ist auch aus der zurückhaltenden Stellungnahme des Kollegen Wagner offenbar geworden - noch Anhänger einer Streichung dieser Bestimmung im Beamtenrecht gibt. Meine Freunde werden sich in jedem Fall einer Streichung oder Änderung dieser Vorschrift widersetzen. Wir bitten, dem Antrag auf Wegfall des § 12 a stattzugeben.
({1})
Keine weiteren Wortmeldungen. Wir stimmen ab über
({0})
- beide Anträge, ja. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen?
- Einstimmige Annahme.
Der nächste Antrag findet sich bei § 22, Umdruck 292 *), Antrag Ollenhauer und Fraktion. - Das Wort hat der Abgeordnete Ritzel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch dieser Antrag befaßt sich mit dem gestern und heute vielerörterten Problem der Dekkung der Ausgabenansätze für werbende Zwecke. Über den Begriff selbst braucht nichts mehr gesagt zu werden. Wir gehen davon aus, daß künftig mit dem neuen Herrn Finanzminister genauso wie früher mit dem Finanzministerium eine gute Zusammenarbeit im Haushaltsausschuß gesichert sein wird.
Wir möchten aber in bezug auf die Ausgaben, die für werbende Zwecke sowohl im ordentlichen als auch im außerordentlichen Haushalt vorgesehen sind, eine Sicherheit haben. Diese Sicherheit muß ich zum Teil jetzt auch mit Ihrem Pressimismus in bezug auf die Bedienung des außerordentlichen Haushalts begründen; Sie selber haben eine Summe von 2,2 Milliarden DM eingesetzt. Wir möchten sicher sein, daß die Ausgaben, die aus diesem außerordentlichen Haushalt, wie auch die Ausgaben, die für werbende Zwecke aus dem ordentlichen Haushalt geleistet werden, nur möglich sind, wenn die erwünschten Mittel in der Tat verfügbar sind.
Diesem Ziel dient unser Antrag. Wir wollen also nicht vor vollendete Tatsachen gestellt werden, sondern wünschen, daß der Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages rechtzeitig mit den Tatsachen befaßt wird und eine Möglichkeit hat, dazu Stellung zu nehmen.
Wird das Wort dazu gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Dann stimmen wir ab. Wer dem Antrag Umdruck 292 zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das zweite war die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Nunmehr liegen mir keine Änderungsanträge mehr vor.
({0})
- Verzeihung! Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Vogel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie alljährlich ist es notwendig, um das Ziffernwerk in Ordnung zu bringen, die Schlußfolgerungen aus den Beratungen ziffernmäßig zu ziehen. Ich bringe infolgedessen im Na-
*) Siehe Anlage 16
men der Koalition folgenden Änderungsantrag zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1963 ein:
Der Bundestag wolle beschließen: In § 1 ändert sich
a) der Gesamtabschluß von 57 736 099 200 DM um 23 250 000 DM auf 57 759 349 200 DM,
b) der Abschluß des ordentlichen Haushalts von 55 517 730 000 DM um 23 250 000 DM auf 55 540 980 000 DM.
Herr Präsident, ich darf Ihnen diesen Antrag überreichen.
Danke schön. Es handelt sich nur um eine arithmetische Operation. Das Haus wird darüber wohl kaum entscheiden. Wird das Wort dazu gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Vor der Schlußabstimmung hat der Herr Bundesfinanzminister das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren!. Am Schluß der Debatte möchte ich dem Hohen Hause für die ausgezeichnete Arbeit danken, die aus Anlaß der Verabschiedung dieser beiden Gesetze bewältigt worden ist. Auch der Opposition möchte ich für die faire und offene Art, mit der sie Meinungsverschiedenheiten ausgetragen hat, und für manche
Anregung, die des Nachdenkens wert war und des Nachdenkens wert ist, aufrichtig danken.
Das politische Klima und das Niveau der Arbeiten im Haushalts- und Finanzausschuß waren trotz aller Gegensätzlichkeiten sehr erfreulich. Dafür habe ich dem Haushaltsausschuß, vor allem seinem Vorsitzenden, Herrn Kollegen Schoettle, und seinem Stellvertreter, Herrn Kollegen Dr. Vogel, sowie dem Finanzausschuß und hier besonders Herrn Kollegen Dr. Schmidt ({0}) und Herrn Kollegen Dr. Imle ebenso aufrichtig zu danken. Die Arbeit des Haushaltsausschusses war in diesem Jahr ungewöhnlich schwierig, weil sich der Haushaltsausschuß während der Beratungen des Regierungsentwurfs des Haushaltsgesetzes 1963 vor die Frage der Deckung von Mehrausgaben in Höhe von rund 2,6 Milliarden DM gestellt sah. Ich bin dem Haushaltsausschuß insbesondere dafür dankbar, daß es ihm gelungen ist, an Stelle einer von der Bundesregierung vorgeschlagenen Globalkürzung die fehlende Deckung durch weitere gezielte Kürzungen in Höhe von 443 Millionen DM herbeizuführen.
In meinen Dank schließe ich alle meine Mitarbeiter im Bundesministerium der Finanzen ein, 'die bemüht waren, den besonderen Anforderungen, die gerade der Haushalt 1963 gestellt hat, gerecht zu werden.
({1})
Meine Damen und Herren, um ganz korrekt zu sein, möchte ich doch über die Neufassung des § 1 des Haushaltsgesetzes
noch abstimmen lassen, ehe wir die Schlußabstimmung vornehmen.
Wer § 1 in der arithmetisch berichtigten Fassung zustimmen will, der gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; § 1 ist angenommen.
Wir kommen nunmehr zur Schlußabstimmung. Wer dem Haushaltsgesetz im ganzen zustimmen will, der möge sich erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ohne Enthaltungen gegen zahlreiche Stimmen angenommen.
Nunmehr stimmen wir ab über eine Reihe von Entschließungsanträgen, und zwar in der Reihenfolge, in der sie eingegangen sind.
Zunächst Antrag Umdruck 282 ({0}) *). Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmige Annahme.
Nun zu Antrag Umdruck 290 ({1}) ! Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmige Annahme.
Wir kommen zu Antrag Umdruck 293 **).
({2})
Das Wort hat Herr Abgeordneter Ritzel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu diesem Entschließungsantrag
({0})
- gut, ja - darf ich eine ganz kurze Begründung geben, die um so kürzer sein kann, als Herr Kollege Vogel soeben in Würdigung der Gründe, die wir hier angeführt haben, seine Zustimmung und wohl auch die Zustimmung seiner Fraktion verkündet hat. Wir wollen mit diesem Antrag nichts mehr, als im Rahmen des Menschenmöglichen Klarheit zu gewinnen. Im übrigen brauche ich den Text nicht zu verlesen. Ich darf Sie bitten, Ihre Zustimmung zu geben.
Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Angenommen.
Damit, meine Damen und Herren, ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt. Nach einer Vereinbarung der Fraktionen sollen heute sämtliche Tagesordnungspunkte bis zu Punkt 37 erledigt und die Punkte 4, 5 und 6 morgen vormittag behandelt werden. Ist das Haus einverstanden,, daß so verfahren wird?
({0})
Dann rufe ich auf Punkt 7 der Tagesordnung:
a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Einschränkung der Bautätigkeit ({1});
b) Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Ge-
*) Siehe Anlage 17 **) Siehe Anlage 18
Vizepräsident Dr. Schmid
setzes zur Verlängerung der Geltungsdauer des Gesetzes zur Einschränkung der Bautätigkeit ({2}).
Keine Wortmeldungen.
Der Ältestenrat schlägt vor, die beiden Gesetzentwürfe an den Wirtschaftsausschuß als federführenden Ausschuß und an den Ausschuß .für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung zur Mitberatung zu überweisen. Besteht darüber Einverständnis? - Das ist der Fall; es ist so beschlossen.
Ich rufe auf Punkt 8 der Tagesordnung:
a) Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Milch- und Fettgesetzes ({3}) ;
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({4}) ({5});
({6}).
b) Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten({7}) über den Antrag der Fraktion der FDP betr. Trinkmilch ({8}).
Das Wort hat der Berichterstatter, Herr Abgeordneter Bauer ({9}).
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe lediglich eine Ergänzung zu den Schriftlichen Berichten vorzutragen, die Ihnen auf den Drucksachen IV/1245 und zu IV/1245 bzw. IV/1246 und zu IV/1246 vorliegen.
In Art. 2 des Gesetzentwurfs Drucksache IV/1245 ist hinter „§ 20 a" einzufügen: „des Milch- und Fettgesetzes". Diese Berichtigung, bei der es sich lediglich um eine Klarstellung handelt, habe ich dem Herrn Präsidenten schriftlich übergeben.
Ferner habe ich bei der Erstellung des Schriftlichen Berichts wegen der zeitlichen Bedrängnis folgendes übersehen. Die Abgeordneten Bewerunge und Dr. Frey hatten im Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten den Antrag gestellt, einen neuen § 12 b einzufügen, der die Verrechnung von Förderungsbeträgen des Bundes zur Verbesserung der Verwertung von Milch mit den nach § 12 sich ergebenden Abgaben und Stützungsbeträgen vorsehen sollte. Der Ausschuß hat mit Einverständnis der Antragsteller davon Abstand genommen, diesen Paragraphen einzufügen, da Übereinstimmung dahin bestand, daß man die Durchführung des § 12 sorgfältig beobachten wolle und notfalls von der Möglichkeit der vorgeschlagenen Verrechnung Gebrauch machen könne. - Das ist der Nachtrag, den ich als Berichterstatter loyalerweise noch nachholen wollte.
({0})
Werden gegen den Vorschlag des Herrn Berichterstatters, in Art. 2 des
Gesetzentwurfs auf Drucksache IV/1245 hinter „§ 20 a" die Worte „des Milch- und Fettgesetzes" einzufügen, Einwendungen erhoben? - Das ist nicht der Fall. Dann werde ich Art. 2 in der so geänderten Fassung zur Abstimmung stellen.
Ich rufe auf die Art. 1, - 2, - 3, - 4, - Einleitung und Überschrift. - Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - In zweiter Beratung einstimmig angenommen.
Ich rufe auf zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die Aussprache. Wird das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. Die Aussprache ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung über das Gesetz im ganzen. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. - Danke. Gegenprobe! - Herr Dresbach, die Prozedur wird Ihnen erlassen. Das Gesetz ist einstimmig beschlossen.
Es ist noch über den Antrag Drucksache IV/1246 des Ausschusses zu beschließen. Der Antrag ist im Zusammenhang mit dem Gesetzentwurf eingebracht worden. Wer diesem Antrag des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Dieser Antrag ist einstimmig angenommen.
Der Ausschuß hat zum Gesetz selbst auf Seite 2 der Drucksache IV/1245 den Antrag eingebracht,
„1. den Gesetzentwurf . . . in der anliegenden Fassung anzunehmen" - das ist bereits geschehen -,
„2. den Antrag der Fraktion der SPD - Umdruck 31 Nr. 2 - durch die Beschlußfassung zu 1. für erledigt zu erklären". Ich frage, ob sich Stimmen gegen diesen Antrag des Ausschusses bemerkbar machen. - Das ist nicht der Fall; dann ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 9 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Zusatzabkommen vom 14. Mai 1962 zu dem zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande am 8. April 1960 unterzeichneten Finanzvertrag ({0}); Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses ({1}) ({2}). ({3})
Berichterstatter ist der Abgeordnete Dr. Stecker. - Der Herr Berichterstatter verzichtet auf das Wort.
Wir treten in die Beratung ein. Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort wird nicht gewünscht.
Ich rufe die Art. 1, - 2, - 3 - sowie Einleitung und Überschrift auf. Wer dem Gesetz in der vorliegenden Fassung zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Weder Nein-Stimmen noch Enthaltungen. Das Gesetz ist in zweiter Beratung einstimmig beschlossen.
Vizepräsident Schoettle Ich rufe zur
dritten Beratung
auf. Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort wird nicht gewünscht. Die Aussprache ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. - Danke. Gegenprobe! - Ich nehme an, die Herren Kollegen Schäfer usw. wollen nicht gegen das Gestez stimmen. - Eine Gegenstimme. Enthaltungen? - Eine Enthaltung. Gegen eine Stimme und bei einer Enthaltung ist das Gesetz angenommen.
Ich rufe Punkt 10 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Zusatzabkommen vom 14. Mai 1962 zu dem zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande am 8. April 1960 unterzeichneten Vertrag über die Regelung der Zusammenarbeit in der Emsmündung ({4}) ({5}). Schriftlicher Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten ({6}) ({7}). ({8})
Berichterstatter ist der Abgeordnete Krüger. Wünscht der Herr Berichterstatter das Wort?
({9}) - Der Berichterstatter verzichtet.
Ich eröffne die Aussprache. Wird das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht.
Ich rufe Art. 1, - 2, - 3 - sowie Einleitung und Überschrift auf. Wer dem Gesetzentwurf in der vorliegenden Fassung zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Die Gegenprobe! Enthaltungen? Weder Gegenstimmen noch Enthaltungen; das Gesetz ist in zweiter Beratung angenommen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die Aussprache. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer das Gesetz in der vorliegenden Fassung annehmen will, den bitte ich, sich zu erheben. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Gesetz ist einstimmig angenommen.
Ich rufe Punkt 11 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. Artzinger, Stein, Dr. Dichgans und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Umsatzsteuergesetzes ({10}) ;
Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses ({11}) ({12}).
({13})
Berichterstatter ist Herr Dr. Eppler. Wünscht der Herr Berichterstatter das Wort? - Das scheint nicht der Fall zu sein.
Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort wird nicht gewünscht.
Ich rufe Art 1, - Art. 2, - Art. 3, - Einleitung und Überschrift - auf. Wer dem Gesetz in der vorliegenden Fassung zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Weder Gegenstimmen noch Enthaltungen; das Gesetz ist in zweiter Beratung einstimmig angenommen.
Ich eröffne die
dritte Beratung.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort wird nicht gewünscht.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz in der vorliegenden Fassung zustimmt, den bitte ich, sich zu erheben. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Gesetz ist einstimmig angenommen.
Ich rufe den Punkt 12 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 29. Juni 1962 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Bundesrepublik Kamerun über die Förderung von Kapitalanlagen ({14});
Schriftlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses ({15}) ({16}).
({17})
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Matthöfer. Wünscht der Herr Berichterstatter das Wort? - Der Herr Berichterstatter verzichtet.
Ich eröffne die Aussprache. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Wir kommen zur Abstimmung. Ich rufe auf Art. 1, - 2, - 3, - Einleitung und Überschrift. Wer dem Gesetz in der vorliegenden Fassung zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Gesetz ist in zweiter Beratung einstimmig angenommen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort wird nicht gewünscht.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Gesetz ist einstimmig angenommen.
Ich rufe den Punkt 13 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Angleichung des Sozialversiche3720
Vizepräsident Schoettle
rungsrechts im Saarland an das im übrigen Bundesgebiet ,geltende Recht ({18}) ({19}) ;
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik ({20}) ({21}).
({22}).
Das Wort hat der Berichterstatter, Herr Abgeordneter Klein ({23}).
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Darf ich darauf aufmerksam machen, daß in Drucksache IV/1243 auf Seite 11 ein Druckfehler unterlaufen ist. Es muß hier anstatt „drei Monaten" „drei Wochen" heißen.
Ich bitte, Herr Präsident, das zur Kenntnis zu nehmen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter für die Korrektur. Das betrifft den § 6 Abs. 2 Satz 2: „drei Wochen" statt „drei Monaten".
Wir treten in die Beratung ein. Wird das Wort gewünscht? - Das Wort hat der Abgeordnete Hussong. Er wird Änderungsanträge begründen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich begründe unseren Änderungsantrag auf Umdruck 289 unter Ziffer 1. Diesem Änderungsantrag liegt folgender Tatbestand zugrunde. Durch Erlaß vom 20. April 1950 - ergangen zu § 363 der Reichsversicherungsordnung - sowie durch Gesetz vom 30. Juni 1950 wurde im Saarland die Krankenversicherung der Studenten der Universität des Saarlandes und der Schüler anderer Lehranstalten eingeführt. Die in Betracht kommenden Studenten und Schüler sind für die Dauer ihrer Einschreibung bei ihren Lehranstalten bei der Allgemeinen Ortskrankenkasse des Saarlandes versichert. Sie erhalten für sich und ihre Angehörigen alle Kassenleistungen mit Ausnahme der Barleistungen, also Kranken- und Hausgeld. Als Beitrag werden monatlich 11,70 DM entrichtet, wovon der Versicherte 5 DM je Semester zusammen mit den Einschreibegebühren zu zahlen hat. Den übrigen Betrag trägt das Saarland. Diese für die Studenten vorteilhafte Regelung hat sich insbesondere beim Aufbau der jungen saarländischen Universität sehr günstig ausgewirkt.
Der zur Verabschiedung anstehende Entwurf sieht vor, daß die gesetzliche Krankenversicherung für die Studenten beseitigt wird, wobei der persönliche Besitzstand gewahrt werden soll. Das heißt, die Studenten, die beim Inkrafttreten des Gesetzes pflichtversichert sind, sollen diesen Versicherungsschutz auch weiterhin behalten. Neu eingeschriebene Studenten oder Schüler sollen nicht mehr versicherungspflichtig werden, sondern nur noch die Möglichkeit haben, sich ,der studentischen Privatversicherung ,anzuschließen.
Meine Damen und Herren, durch das Gesetz würde somit zweierlei Recht geschaffen. Wir würden künftig an unserer Universität und den in die Regelung einbezogenen Lehranstalten und Bildungsstätten einen Teil von Studenten und Schülern haben, der bei geringer Beitragszahlung einen vollen Versicherungsschutz erhält, während ein anderer Teil, der das Studium erst nach Verkündung des Gesetzes aufnimmt, bei einem mehr als vierfachen Beitrag nur Anspruch auf Leistungen weit minderen Grades hat.
Lassen Sie mich zum Vergleich ein paar Daten der Leistungen der AOK des Saarlandes und .der Leistungen der Deutschen Studenten-Krankenversorgung anführen. Die Kosten für Arzneien und Verbandsmaterial werden von der AOK des Saarlandes zu 100 % bezahlt, von der Studenten-Krankenversorgung zu 80 %. Die Krankenhausbehandlung: hier ist bei der AOK für die Dauer von 78 Wochen in drei Jahren 'eine 100 %ige Leistung festgesetzt, während nach der Studenten-Krankenversorgung innerhalb des Bundesgebietes nur ein Höchstleistungssatz von 18 DM pro Tag bezahlt wird, und zwar auch nur für die Dauer von 26 Wochen. Kosten für ärztlich verordnete Transporte werden nach den Bestimmungen der AOK des Saarlandes zu 100 % ersetzt, nach den Bestimmungen der Studenten-Krankenversorgung des Bundes zu 80 %. Für Brillengläser gilt das gleiche Ausmaß bzw. das gleiche Verhältnis, ebenso für Heilmittel und andere wesentliche Dinge.
Darüber hinaus aber besteht noch der Ausschluß von Leistungen bei der deutschen studentischen Krankenkassenversicherung. So sind z. B. Tuberkuloseerkrankungen jeder Art überhaupt nicht einbezogen. Ebenso sind alle Behandlungen ausgeschlossen, die auf ein Versorgungsleiden zurückzuführen sind. Zahnersatz, Schutzimpfungen und eine ganze Reihe anderer Dinge mehr werden nicht gewährt. Dieser Ausschluß von jedem Anspruch, insbesondere bei tuberkulösen Erkrankungen, aber auch beim Zahnersatz, paßt doch wohl nicht mehr in die gesundheitspolitischen Vorstellungen unserer Zeit. Was aus einem mittellosen Studenten wird, der lungenkrank wird und nach dem Recht, das Sie einführen wollen, ohne jeden Versicherungsschutz dasteht, mögen Sie sich selber ausrechnen.
Ein nicht geringer Prozentsatz unserer saarländischen Studenten kommt aus Frankreich. Die Krankenversicherung der Studenten in Frankreich entspricht im wesentlichen den Regelungen, wie sie auch an der Saar zur Zeit noch Gültigkeit haben. Wir werden morgen hier die Ratifizierung des deutsch-französischen Vertrages beschließen. Der Vertrag enthält sehr befürwortenswerte Regelungen über die beiderseitigen Beziehungen der deutschen und der französischen Jugend. Wo aber könnten die Beziehungen enger und besser geknüpft werden als im gemeinsamen Besuch unserer Hochschulen? Sollen nun als erster Akt dieser Beziehungen für die französischen Studenten, die an der Saarländischen Universität ihr Studium aufnehmen, die Semestergebühren erhöht und die Versicherungsleistungen abgebaut werden?
Es ist kaum zu erwarten, daß im Zuge der weiteren Harmonisierung der nationalen Gesetzgebungen auf europäischer Ebene das Krankenversicherungsrecht der Studenten ausgeklammert bleiben wird. Man wird dann nach oben und nicht nach unten harmonisieren müssen. Das deutsche Versicherungsrecht für die Studenten wird sich dann aller Wahrscheinlichkeit nach dem besseren französischen Recht anpassen müssen; das Umgekehrte wird wohl nicht der Fall sein.
Meine Damen und Herren! Meine Freunde und ich sind der Auffassung, daß es in der Frage der studentischen Krankenversicherung eine Reihe von Problemen gibt, die noch nicht ausdiskutiert sind, nicht einmal im Grundsätzlichen. Man vermag nicht ohne weiteres einzusehen, daß der junge Mensch, der eine gewerbliche Berufsausbildung anstrebt, der gesetzlichen Krankenversicherungspflicht unterliegt, während derjenige, dessen Berufsausbildung im wesentlichen schulischer Art ist, anders behandelt werden soll. Wir verlangen nicht, daß diese Frage jetzt und hier im Zusammenhang mit diesem Gesetz ausdiskutiert wird. Wir sind aber der Meinung, daß darüber bei der Beratung des Krankenversicherungs-Neuregelungsgesetzes gesprochen werden muß. Unser Änderungsantrag verfolgt diesen Zweck. Wir haben deshalb beantragt, die Regelung der studentischen Krankenversicherung heute und hier auszuklammern. Wir können uns dabei auf die gleichen Vorstellungen der Regierung des Saarlandes und auf die Entscheidung des Bundesrates in dieser
3 Sache berufen. Unser Änderungsantrag entspricht wörtlich dem, was der Bundesrat auf Antrag des Saarlandes und auf Vorschlag seines Ausschusses für Arbeit und Sozialpolitik beschlossen hat.
Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir abschließend noch ein Wort zu der bisherigen praktischen Auswirkung der bestehenden saarländischen Regelung. 'Die Regierung des Saarlandes hat jetzt dreizehn Jahre lang, dabei in der Vergangenheit bei einem weit geringeren Haushaltsvolumen als jetzt, die finanzielle Unterstützung für dieses soziale Anliegen der Studenten gewährt. Sie will das auch bis zur Regelung des Krankenversicherungsrechts weiter tun. Sie war es, die im Bundesrat die Zurückstellung 'beantragt hat. Die saarländischen Ausbildungsstätten haben für absehbare Zeit ihre maximale Kapazität erreicht, die Zahl der Studenten und Schüler wird sich nicht mehr wesentlich erweitern, so daß auch vom Landeshaushalt her gesehen höhere finanzielle Aufwendungen nicht zu erbringen sind. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung über die Neuregelung des Krankenversicherungsrechts ist in erster Lesung hier angenommen und ist wohl 'der Entwurf, der jetzt vorab im Ausschuß für Sozialpolitik 'beraten werden wird. Dreizehn Jahre lang ist die saarländische Regelung zur Zufriedenheit aller ohne die geringsten Schwierigkeiten praktiziert worden. Es sind nach unserer Auffassung keine Gründe gegeben, die gerade in diesem Augenblick die Abschaffung des günstigeren Krankenversicherungsrechts ,der Studenten und der Schüler an den staatlichen Hochschulen des Saarlandes rechtfertigen könnten.
Meine Damen und Herren, ich darf Sie deshalb bitten, unserem Änderungsantrag zuzustimmen.
({0})
Herr Abgeordneter, ich nehme an, Sie haben damit auch gleich die nächstfolgenden Punkte begründet, oder sollen zu den Punkten 2 und 3 auf Umdruck 289, noch besondere Begründungen gegeben werden?
({0})
Meine Damen und Herren, ich habe etwas entgegen der Regel die ,Begründung der Anträge zu § 4 und anderen Paragraphen dieses Gesetzes aufgerufen, ehe ich die unbestrittenen Paragraphen 1 bis 3 aufrief. Ich werde die Abstimmung zu den Paragraphen vornehmen, wenn sie aufgerufen werden, so daß die Begründung jetzt vorweggehen kann.
Herr Hussong zu § 6.
Meine Damen und Herren! Bei diesem Teil - Ziffer 2 - unseres Änderungsantrages Umdruck 289 wird grundsätzlich das gleiche Problem wie bei der studentischen Krankenversicherung angesprochen. Es handelt sich auch hier darum, die abweichenden und besseren gesetzlichen Regelungen des Saarlandes in der Krankenversicherung für Antragsteller auf Rente aus der Invaliden- oder der Angestelltenversicherung bis zur Verabschiedung des Krankenversicherungsgesetzes fortgelten zu lassen. Nach den im Saarland geltenden Bestimmungen sind alle Rentenantragsteller aus der Invaliden- und Angestelltenversicherung durch die Versicherungsträger in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert. Der Entwurf der Bundesregierung hatte vorgesehen, für solche Personen, wie das im Bund auch der Fall ist, nur die freiwillige Weiterversicherung mit der damit verbundenen eigenen Beitragsleistung zuzulassen. Die vom Ausschuß mit Mehrheit beschlossene Änderung des Regierungsentwurfs, wonach auch die Personen, die bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes Antrag auf Rente aus der Rentenversicherung der Arbeiter oder aus der Rentenversicherung der Angestellten gestellt haben - nach bisherigem saarländischen Recht gestellt haben, möchte ich verbessernd sagen -, versicherungspflichtig bleiben, kann als eine wesentliche Verbesserung des ursprünglichen Entwurfs angesehen werden.
Nach den uns bekannten Zahlen sind zur Zeit rund 7500 Anträge nicht beschieden. Davon sind allein etwa 4500 Fälle bei den Sozialgerichten anhängig. Diese 7500 Personen verbleiben somit bis zur endgültigen Entscheidung nach dem bisherigen saarländischen Recht in der Krankenversicherung pflichtversichert.
Unser Antrag erstrebt nun eine zeitliche Erweiterung, und zwar sollen alle Personen, die Anträge bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung gestellt haben, den gleichen Ver3722
sicherungsstatus weiter haben. Wir sind der Auffassung, daß die Frage der Krankenversicherung der Rentenantragsteller im Zusammenhang mit dem Neuregelungsgesetz neu zu prüfen ist. Das Invorlagetreten für die Beiträge zur Krankenversicherung oder gar die Verweisung vieler Antragsteller, die nicht in der Lage sind, die Mittel für die freiwillige Weiterversicherung aufzubringen, auf die Sozialhilfe kann ja wohl nicht als der Weisheit letzter Schluß angesehen werden.
Angesichts dieser Sach- und Rechtslage sind wir der Meinung, daß jetzt für die Saar nicht eine gesetzliche Regelung eingeführt werden sollte, die eine Menge Verwaltungsarbeit erforderlich macht und die unter Umständen in kürzerer Frist wieder rückgängig gemacht werden müßte. Wir halten es für sinnvoll und zweckmäßig, die bestehenden saarländischen Regelungen bis zur Einführung des Neuregelungsgesetzes in der Krankenversicherung im Saarland bestehen zu lassen. Dies beabsichtigen wir mit unserem Änderungsantrag. Wir bitten auch hier um Ihre Zustimmung.
Wird die Ziffer 3 des Änderungsantrages besonders begründet?
({0}) Zu Ziffer 4 der Abgeordnete Kulawig!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ziffer 4 des Änderungsantrags meiner Fraktion zu § 28 des vorliegenden Gesetzes will den Besitzstand der saarländischen Grenzgänger gewährleisten, die bisher nach einem besonderen saarländischen Gesetz Anspruch auf eine ergänzende Fürsorgeleistung haben.
Nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung sollen nur noch die bis zur Verkündung des Gesetzes zurückgelegten Versicherungszeiten berücksichtigt werden. In Zukunft würde durch die Anrechnung der gesamten ausländischen Leistungen, die auf den Versicherungszeiten beruhen, die nach Verkündung des Gesetzes bis zum Eintreten des Versicherungsfalls zurückgelegt worden sind, ein rascher Abbau der Leistungen eintreten, d. h. die Leistung würde in Zukunft um so geringer sein, je länger der Berechtigte nach der Verkündung des Gesetzes noch arbeitet.
Der Änderungsbeschluß des Ausschusses für Sozialpolitik würde zwar eine kleine Verbesserung bringen. Aber es bliebe die Situation bestehen, daß die in den Jahren nach der Verkündung des Gesetzes in den Ruhestand tretenden Grenzgänger eine soziale Schlechterstellung gegenüber den im Saarland Beschäftigten in Kauf nehmen müßten.
Diese nachteiligen Wirkungen des Gesetzentwurfs der Bundesregierung würden durch unseren Antrag beseitigt. Denn danach sollen die bisherigen Leistungen gemäß dem saarländischen Gesetz Nr. 345 für den bisher anspruchsberechtigten Personenkreis erhalten bleiben. Nach diesem saarländischen Gesetz werden die Grenzgänger in der Krankenversicherung, der Unfallversicherung und der Rentenversicherung so gestellt, als ob sie im Saarland versichert gewesen wären. Sie erhalten Fürsorgeleistungen, soweit der ausländische Versicherungsträger keine oder geringere Leistungen gewährt, als nach dem saarländischen Recht vorgesehen ist.
Das saarländische Gesetz wurde geschaffen, weil 1945 das Reichsknappschaftsgesetz, das auch für die in Lothringen arbeitenden Bergleute galt, außer Kraft gesetzt wurde. Danach erfolgte die Einbeziehung der saarländischen Grenzgänger in das französische Knappschaftsrecht. Durch das saarländische Gesetz Nr. 345 erfolgte die Gleichstellung dieser vor allen Dingen im benachbarten Lothringen beschäftigten Grenzgänger mit den im Saarland Beschäftigten.
Es ist in diesem Zusammenhang besonders zu beachten, daß Leistungen nur an die Grenzgänger gewährt wurden, die vor dem 30. September 1953 eine Beschäftigung im Ausland aufgenommen haben. Dies waren zum überwiegenden Teil Bergleute. So waren z. B. im Jahre 1952 etwa 6000 Grenzgänger im benachbarten Frankreich beschäftigt. Heute sind es bereits weniger als 2800. Es ergibt sich daraus, daß der Personenkreis immer mehr zusammenschmilzt.
Ich glaube, daß die Problematik dieses Personenkreises nicht begriffen werden kann, wenn nicht auch einige Bemerkungen darüber gemacht werden, wie diese Situation an der Saar überhaupt entstanden ist. Man kann von einer Grenzgängertradition in diesem Land sprechen. Denn seit 1871, seit nämlich das Saarland und Lothringen ein einheitlicher Wirtschaftsraum wurden, arbeiten Saarländer in Lothringen und insbesondere saarländische Bergleute in den lothringischen Kohlengruben. Nach dem ersten Weltkrieg wurden durch ein sogenanntes Römisches Abkommen Garantien für die Weiterbeschäftigung dieser saarländischen Grenzgänger in Lothringen ausdrücklich vereinbart. Man ist damals sicherlich in der Hauptsache von der Absicht ausgegangen, diesen Grenzgängern ihre Arbeitsplätze in Frankreich sicherzustellen. Selbst nach der Rückgliederung im Jahre 1935 zeigte die damalige Regierung ein großes Interesse an der Weiterbeschäftigung der saarländischen Grenzgänger in Lothringen.
Nach 1945 ist dann wieder eine andere Situation entstanden. Sie wissen, damals wurde die saarländisch-französische Wirtschaftsunion gegründet. Saarländische Verwaltungsinstitutionen, beispielsweise die Arbeitsämter, überwiesen damals saarländische Bergleute an die lothringischen Kohlengruben. Moderne Transportmittel wurden eingesetzt, die, und zwar wegen des Fehlens von geeigneten Arbeitsplätzen an der Saar, in größtmöglichem Umfang Grenzgänger zu den Bergwerken in Lothringen transportierten, und zwar aus einem Gebiet, das fast die Hälfte des Saarlandes umfaßt.
Deutsche Kriegsgefangene, die in die lothringischen Gruben zur Arbeit eingewiesen wurden, blieben zum Teil nach ihrer Entlassung da, behielten ihre Arbeitsplätze und nahmen im Saarland ihren Wohnsitz.
Daran ist zu erkennen, daß die Lage dieses Personenkreises saarländischer Grenzgänger von 'der Situation der Grenzgänger .an anderen Stellen der
Bundesrepublik zu unterscheiden ist. Die Situation entstand im wesentlichen durch eine fast 90jährige Entwicklung; denn während 'dieses Zeitraums war das Saarland nur von 1935 bis 1940 außerhalb dieses einheitlichen Wirtschaftsraumes. Nach 1945 bis zur Eingliederung des Saarlandes in die Bundesrepublik wurde diese Wirtschaftseinheit wiederhergestellt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es sind Überlegungen darüber angestellt worden, ob nicht Maßnahmen möglich sind, um die heute noch in Frankreich beschäftigten Grenzgänger auf saarländischen Gruben unterzubringen. Man muß dabei berücksichtigen, daß es sich zu einem beträchtlichen Teil um Arbeiter handelt, die durch ihre jahrzehntelange Arbeit im lothringischen Bergbau gar nicht mehr voll bergverwendungsfähig sind, die also wegen Untauglichkeit gar nicht mehr von saarländischen Bergwerken eingestellt werden oder aber im Zuge der Rationalisierungsmaßnahmen, die jetzt auch im saarländischen Bergbau durchgeführt werden und durch die die Zahl der Belegschaftsmitglieder verringert wird, kaum noch Aussicht haben, in saarländischen Gruben unterzukommen.
Aus diesem Grunde treten wir mit unserem Antrag dafür ein, daß für den gesamten Kreis der saarländischen ,Grenzgänger, deren Zahl sich, wie ich darzulegen versucht habe, ohnedies von Jahr zu Jahr reduziert und, wie man annimmt, in etwa 15 Jahren ganz verschwunden sein wird, die bisherige Regelung aufrechterhalten wird.
In der Regelung, die der Entwurf der Bundesregierung vorsieht, müßten die dadurch benachteiligten Grenzgänger eine Härte und ein Unrecht erblicken. Ich bitte Sie, auch zu bedenken, daß das Sozialversicherungs-Angleichungsgesetz Saar das letzte Stück der sozialen Eingliederung des Saarlandes in die Bundesrepublik ist.
Ich bitte Sie daher im Namen meiner Fraktion ' und im Namen der Bevölkerung an der Saar, durch Ihre Zustimmung zu 'unserem Antrag eine sozial gerechte Lösung finden zu helfen.
({0})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Franz.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Namen der Bundestagsfraktion der CDU/CSU darf ich zu den Anträgen der sozialdemokratischen Fraktion auf Umdruck 289 Stellung nehmen, und zwar zu den Ziffern 1 'bis 3, die das Recht der sozialen Krankenversicherung 'betreffen.
Es gibt gar keinen Zweifel darüber, daß die vorliegende Materie außerordentlich gründlich und manchmal auch hartnäckig behandelt worden ist. Das unterstreicht die objektiven Schwierigkeiten, die sich einer jeden sozialpolitischen Harmonisierung entgegenstellen und die uns ganz gewiß im Laufe der kommenden Jahre, ja sogar Jahrzehnte, in Europa beschäftigen werden.
Viel wesentlicher als dieser mehr allgemeine Gesichtspunkt ist jedoch die Feststellung, daß es sich bei der vorliegenden Auseinandersetzung um ein Vorgeplänkel der Krankenversicherungsreform handelt. Es ist deshalb nicht übertrieben, wenn ich feststelle, daß die gegenseitigen Positionen mit einiger Erbitterung angegriffen und auch verteidigt worden sind.
Ich darf nun zum Punkt 1 des SPD-Antrags Stellung nehmen. Sie haben aus dem Munde des Kollegen Hussong gehört, 'daß Studenten und Schüler im Saargebiet heute bei den Allgemeinen Ortskrankenkassen versichert sind. Wir glauben, daß durch den Beschluß des Ausschusses das soziale Problem dieser Studenten und Schüler bis zu ihrer Exmatrikulation durch die Wahrung des Besitzstandes entschärft worden ist. Ich möchte allerdings deutlich darauf hinweisen, daß neu immatrikulierte Schüler und Studenten nach Verabschiedung des Gesetzes nicht mehr in den Genuß dieser Versicherung kommen. Wir müssen uns aber darüber klar sein, daß diese angebliche Härte nur einen Teil der Studenten und Schüler betrifft, weil ein sehr hoher Prozentsatz dieser jungen Menschen entweder durch die elterliche Zugehörigkeit zu einer Privatversicherung oder aber durch den Versicherungsschutz von Eltern, die Arbeiter oder Angestellte sind, auch weiterhin gedeckt wird. Es ist unser Wille, daß die Regelung an der Saar mit Inkrafttreten dieses Gesetzes der Regelung im Bundesgebiet angeglichen wird.
Ferner möchte ich bemerken, daß wir auch an der Saar eine steigende Zahl von Schülern und Studenten an den Hochschulen haben. Wir müssen uns darüber klar sein, daß die SPD mit ihrem Antrag unter Ziffer 1 einen Präzedenzfall schaffen will für die künftige Regelung im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland nach der Reform der sozialen Krankenversicherung.
Nun hat der Kollege Hussong darauf hingewiesen, daß eine wesentliche Ungleichheit besteht zwischen den jungen Menschen, die in der Berufsausbildung stehen und deshalb unter die Krankenversicherungspflicht fallen, und denen, die an den Hochschulen des Landes ihre Ausbildung finden. Wir betrachten das deshalb nicht als Ungerechtigkeit, Herr Kollege Hussong, weil wir das bestehende System der sozialen Krankenversicherung absolut nicht als den Gipfel der sozialpolitischen Entwicklung ansehen.
Der Punkt 2 des Antrags betrifft die künftigen Rentenantragsteller bis zur Krankenversicherungsreform. Auch hier haben wir Übergangsbestimmungen geschaffen, damit bei den jetzt laufenden Rentenanträgen der soziale Besitzstand gewahrt bleibt. Allerdings sollen künftige Rentenantragssteller nach Verabschiedung dieses Gesetzes so behandelt werden wie die Rentenantragsteller in der Bundesrepublik Deutschland. Auch hier ist ein ganz großer Prozentsatz durch die geltenden gesetzlichen Bestimmungen gedeckt, weil die meisten Arbeitnehmer ohne weiteres die vom Gesetz geforderten Vorversicherungszeiten in der Krankenversicherung erfüllen, so daß sich nur für einen ganz kleinen Pro3724
zentsatz der Antragsteller nach Verabschiedung des Gesetzes eine gewisse Härte ergeben dürfte.
Die Ziffer 3 des SPD-Antrags ist eine Konsequenz des Antrags unter Ziffer 1. In dem Augenblick, in dem der SPD-Antrag unter Ziffer 1 abgelehnt wird, entfällt der Antrag unter Ziffer 3 automatisch.
Mit der Entscheidung, die wir heute treffen, werden Ausgangspositionen für die Reform der sozialen Krankenversicherung auf einem kleinen, aber keineswegs unwichtigen Teilgebiet bezogen. Wir sind bereit, das gesamte Gewicht der heute geschaffenen Fakten in die Reformdiskussion hineinzunehmen, und bitten Sie daher, die SPD-Anträge unter Ziffer 1 bis 3 abzulehnen.
({0})
Das Wort hat der Abgeordnete Gaßmann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe die Stellungnahme der Fraktion der CDU/CSU zum Änderungsantrag der SPD Umdruck 289 Ziffer 4 abzugeben. Ich gebe dem Herrn Kollegen Kulawig völlig recht, wenn er darauf hinweist, daß im Saarland auf Grund der besonderen geschichtlichen Entwicklung und der seit bald 90 Jahren vorliegenden engen wirtschaftlichen Beziehungen zwischen dem Saarland und Lothringen' ganz besondere Verhältnisse bestehen und daß deshalb entsprechende besondere Maßnahmen seitens des Saarlandes notwendig waren. Diesen besonderen Verhältnissen, die hier vorliegen, trägt bezüglich der noch 'bestehenden Rechtsungleichheit in der Rentenversicherung der heute zur Beratung stehende Entwurf eines Sozialversicherungs-Angleichungsgesetzes Saar Rechnung.
Wenn man die Probleme des § 28 betrachtet, sollte man nicht an dem Zusammenhang zwischen den §§ 28 und 27 vorübergehen. Der § 27 gewährleistet denen, die schon Bezüge aus der Rentenversicherung nach dem alten saarländischen Recht erhalten, in voller Höhe den Anspruch, den sie bisher hatten, also eine völlige Besitzstandswahrung. Der § 28 befaßt sich nur mit den Fällen, in denen künftig Rentenansprüche entstehen.
Uns geht es darum, ein Angleichungsgesetz und nicht ein Gleichschaltungsgesetz zu machen. Deshalb ist es die Auffassung meiner Freunde, daß kein Anlaß besteht, einer weitergehenden Regelung, wie sie die SPD in ihrem Änderungsantrag fordert, zuzustimmen, da dieser dem Grundprinzip eines Angleichungsgesetzes widerspricht. Die Annahme des SPD-Antrages 'würde praktisch dahin führen, daß die Vorschriften des Saarländischen Gesetzes Nr. 345 - und die danach 211 gewährenden zusätzlichen Fürsorgeleistungen - weiter bestehenbleiben und damit gewissermaßen deutsches Bundesrecht würden.
({0})
- Das ist gerade das, was wir nicht wollen. Wir wollen, daß wir im Saarland bezüglich der wenigen noch bestehenden Rechtsunterschiede endlich eine Angleichung an das deutsche Recht bekommen. Die
Erfüllung Ihrer Wünsche würde bedeuten, daß die saarländischen Grenzgänger auf alle Zeiten gegenüber den anderen deutschen Grenzgängern bevorzugt würden.
(Abg. Dr. Schäfer: Und das Versprechen
der Garantie des sozialen Status?
-Der ist ja gewährleistet. Ich komme noch darauf zu sprechen, Herr Dr. Schäfer.
Was Sie hier vorschlagen, würde zur Folge haben, daß bei den Grenzgängern im Bodenseegebiet, entlang der badischen Rheingrenze, in der Gegend von Straßburg oder im Aachener Bergbaugebiet die gleichen Wünsche entstünden; sie könnten dann auch fordern, das bei Arbeit im Ausland - in Belgien, in Frankreich - weniger günstige Rentenversicherungsrecht durch entsprechende deutsche Zusatzleistungen auch für sie zu verbessern, und wir würden nie zu einer einheitlichen Regelung kommen.
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Herr Kollege, haben Sie überlegt, daß die Arbeitnehmer aus den anderen Gebieten des Bundes, die eine Arbeit im Ausland aufgenommen haben, bei Antritt des Arbeitsverhältnisses wußten, welche Altersversorgung sie zu erwarten haben? Haben Sie weiter überlegt, daß die Saarländer, die schon vor Jahrzehnten im gleichen Wirtschafts- und teilweise auch politischen Raum die Arbeit aufgenommen haben, sich in bezug auf ihre Altersversorgung so gestellt sehen mußten, als wenn sie die Arbeit im Saarland selber aufgenommen hätten? Ich würde meinen, das sei doch ein wesentlicher Unterschied, und den müßte man beachten, wenn man hier Vergleiche zieht!
Diesen Tatbestand hat der Sozialpolitische Ausschuß und haben vor allem meine Freunde von der CDU/CSU und auch von der FDP ganz genau gesehen. Deshalb wurde der § 28 so ergänzt, daß gerade dieser alte Besitzstand weitgehend gewahrt wird. Die neue Regelung geht meines Erachtens weit über das hinaus, was die saarländische Regierung - auf dem Wege über den Bundesrat - hier gefordert hat. Wir glauben, daß unsere Regelung die bessere ist, besser als die, die der Bundesrat gefordert hat.
Aus diesen Gründen bitte ich das Hohe Haus namens meiner Fraktion, den SPD-Antrag Umdruck 289 Ziffer 4 abzulehnen.
({0})
Wird weiter das Wort gewünscht? - Herr Abgeordneter Wilhelm.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte die Debatte nicht unnötig verlängern. Aber die Ausführungen der beiden Vorredner geben mir doch Veranlassung, einige Dinge klarzustellen. - Bitte, Herr Kollege?
({0})
- Nein, das habe ich mir während der Rede notiert; entschuldigen Sie bitte!
Hier wurde davon gesprochen, daß die Fronten abgesteckt werden sollten im Zusammenhang mit der Neuregelung der gesetzlichen Krankenversicherung, soweit es die bisherigen saarländischen Regelungen bezüglich der Studenten und der Rentenantragsteller betraf. Wenn hier davon in diesem Sinne gesprochen wird, muß ich betonen, daß dann im Sinne der CDU/CSU die Fronten im Negativen abgesteckt werden sollen, nämlich: man will sich von vornherein gegen die Erwägung abschirmen, daß im Zusammenhang mit der Neuregelung der gesetzlichen Krankenversicherung unter Umständen die Frage der Krankenversicherung der Rentner in ähnlicher Form vielleicht für das Bundesgebiet geregelt werden sollte, wie sie im Saarland bestand, und daß auch im Hinblick auf die Situation der Studenten und ihr Verhältnis zur Krankenversicherung etwas Ähnliches zur Beratung gestellt werden sollte. Mir scheint, daß Sie sich jetzt schon im voraus, bevor die eigentlichen Beratungen zur Neuregelung der gesetzlichen Krankenversicherung begonnen haben, im Negativen gegen eine solche Beratung auf diesen beiden Teilgebieten abschirmen wollen. Dazu können wir unsere Zustimmung unter keinen Umständen geben.
Ich darf daran erinnern, daß in den vergangenen Monaten sowohl bei der Einführung von Bestimmungen der Unfallversicherung als auch im Hinblick auf die Altershilfe für Landwirte Probleme, die im gleichen Zusammenhang standen - nämlich die Einführung solcher Bestimmungen im Saarland -, jeweils mit dem Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetz und mit dem Gesetz zur Regelung der Altershilfe für Landwirte behandelt wurden. Deshalb müssen wir, wenn wir logisch bleiben wollen, diese beiden Probleme der Krankenversicherung im Zusammenhang mit dem zuständigen Gesetz, nämlich dem Gesetz zur Neuregelung der gesetzlichen Krankenversicherung, beraten und dann für das Saarland selbstverständlich abschließend regeln, ohne daß wir dann Besitzstandsforderungen irgendwelcher Art annehmen können.
Nun zum letzten Punkt! Der Herr Kollege Gaßmann hat zwar anerkannt, daß wir im Saarland seit 90 Jahren eine besondere Situation im Hinblick auf unsere geschichtliche Entwicklung hatten. Er hat aber nachher wiederum den falschen Vergleich gezogen, nämlich den mit den Grenzgängern in anderen Gebieten. Darin ist doch einfach keine Logik. Ich kann mir nicht erklären, warum man immer wieder das Argument der „Grenzgänger in anderen Gebieten" bringt, obwohl wir in den Beratungen des Sozialpolitischen Ausschusses diesen Einwand ganz gründlich ausgeräumt haben. Der Einwand kommt immer wieder auf. Dafür habe ich kein Verständnis.
Leider können wir das Rad der Geschichte auch für das Saarland nicht zurückdrehen. Wir wären als Saarländer sehr dankbar, wenn man es um die letzten 43 Jahre zurückdrehen könnte. Denn manche Opfer wurden uns Saarländern durch die beiden
Weltkriege auferlegt, die andere Gebiete in Deutschland nicht zu tragen hatten.
({1})
Ich möchte nicht auf alle Einzelheiten dieses Leides, dieser Not, dieser Bedrückung und sonstiger Dinge zurückkommen, die wir in diesen mehr als 40 Jahren ertragen mußten. Daß sich aus dieser besonderen geschichtlichen Situation auch besondere Verhältnisse auf sozialpolitischem Gebiet ergeben haben, brauche ich nicht näher zu erläutern. Deshalb ist ein Vergleich mit Grenzgängern in anderen Gebieten der Bundesrepublik aus diesem Grunde allein eben nicht haltbar; er ist sachlich nicht begründet.
Abschließend möchte ich noch folgendes bemerken. Diese Grenzgänger, deren Zahl sich seit 1953 nicht mehr vermehren kann, weil ihr Anwachsen seit 1953 durch eine entsprechende Bestimmung verhindert ist - das Problem ist also auslaufender Natur -, sind, als sie seinerzeit - ob vor 15 oder vor 20 oder 30 oder 40 Jahren - die Arbeit in Lothringen aufnahmen, in ihr Arbeitsverhältnis eingetreten, weil sie wußten, daß sie auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen sozial den im Saarland Beschäftigten gleichgestellt waren. Man würde sie heute gewissermaßen betrügen, wenn man ihnen dieses Recht jetzt streitig machte, unter dem sie seinerzeit ihr Arbeitsverhältnis eingegangen sind. Deshalb meine ich, es besteht ein moralischer Anspruch dieses Personenkreises - gleichgültig, wie groß er ist; es sind aber kaum mehr 3000 Menschen -, daß ihre Rechte gewahrt bleiben. Diesem Gesichtspunkt soll auch unser Änderungsantrag dienen.
({2})
Damit sind die Anträge auf Umdruck 289 begründet und debattiert. Die Abstimmung nehme ich, wie gesagt, bei den entsprechenden Paragraphen vor.
Ich rufe nun auf § 1, - § 2 - und § 3. - Wer diesen Bestimmungen zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? -Die §§ 1, 2 und 3 sind angenommen.
Ich rufe auf § 4. Hierzu liegt ein Änderungsantrag auf Umdruck 289 Ziffer 1 vor. Er ist begründet. Wir kommen zur Abstimmung über diesen Änderungsantrag. Wer stimmt diesem Antrag zu? - Danke. Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das zweite war die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich rufe auf § 5. Wer stimmt § 5 zu? - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - § 5 ist angenommen.
Zu § 6 liegt wieder ein Änderungsantrag vor, Umdruck 289 Ziffer 2. Er ist begründet. Wir kommen zur Abstimmung. Wer stimmt diesem Änderungsantrag zu? - Danke. Gegenprobe! - Das letzte ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich mache noch darauf aufmerksam, daß der Herr Berichterstatter hierzu eine Korrektur vorgetragen hat, die wohl akzeptiert ist: In § 6 Abs. 2 zweitletzte Zeile soll die Frist nicht drei Monate, sondern drei Wochen betragen.
Vizepräsident Schoettle
Ich rufe auf § 7, - § 8, - § 9, - § 10,-§ 11,§ 12, - § 13, - § 14, - § 15. - Wer diesen Bestimmungen zustimmt den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Die Gegenprobe! - Keine Gegenstimmen. Diese Paragraphen sind angenommen.
Zu § 16 liegt ein Änderungsantrag vor.
({0})
- Er wird zurückgezogen; wir brauchen also darüber nicht abzustimmen.
Ich rufe auf § 16, - § 17; - § 18, - § 19, -§20,-§ 21,-§22,-§ 23,-§24,-§ 25,§ 26, - § 27. - Wer diesen Paragraphen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. -Danke. Die Gegenprobe! - Keine Gegenstimmen; diese Paragraphen sind einstimmig angenommen.
Zu § 28 liegt ein Änderungsantrag auf Umdruck 289 Ziffer 4 vor, der begründet worden ist. Wir kommen zur Abstimmung. Wer stimmt diesem Änderungsantrag zu? - Danke. Die Gegenprobe! - Das letzte ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Wir stimmen über § 28 in der Ausschußfassung ab. Wer stimmt dem Paragraphen zu? - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Dieser Paragraph ist mit Mehrheit angenommen.
Ich rufe auf die §§ 29, - 30, - 31, - 32, - 33 und, da der ganze Dritte Abschnitt fortfällt, § 50, - Einleitung und Überschrift. -Wer den aufgerufenen Bestimmungen zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Einstimmig angenommen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die Aussprache. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz in der dritten Beratung zustimmen will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das Gesetz ist einstimmig verabschiedet.
Ich rufe auf Punkt 14 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen Nr. 116 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 26. Juni 1961 über die Abänderung der Schlußartikel ({1}),
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit ({2}) ({3}). ({4})
Wünscht der Herr Berichterstatter das Wort? - Das ist nicht der Fall.
Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort wird nicht gewünscht.
Ich rufe zur Abstimmung auf Art. 1, - 2, - 3, - Einleitung und Überschrift. - Wer zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! Enthaltungen? - In zweiter Beratung einstimmig angenommen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die Aussprache. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Die Aussprache ist geschlossen.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz im Ganzen zustimmt, den bitte ich sich zu erheben. - Gegenprobe! - Das Gesetz ist einstimmig beschlossen.
Ich rufe auf Punkt 15 der Tagesordnung:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes ({5}).
Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort wird nicht gewünscht.
Der Entwurf soll dem Ausschuß für Inneres überwiesen werden. Wird diesem Überweisungsantrag widersprochen? - Das ist nicht der Fall; es ist so beschlossen.
Ich rufe auf Punkt 16:
Erste Beratung des von den Abgeordneten Lemmrich, Wagner, Dr. Franz, Dr. Brenck, Dr. Gleissner und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes ({6}).
Ich eröffne die Aussprache. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Der Gesetzentwurf soll an den Finanzausschuß überwiesen werden. Wird dem Überweisungsvorschlag widersprochen? - Das ist nicht der Fall; es ist so beschlossen.
Ich rufe auf Punkt 17:
Erste Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes ({7}).
Wird das Wort zur Begründung oder in der Aussprache gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Die Aussprache ist geschlossen.
Der Gesetzentwurf soll an den Finanzausschuß überwiesen werden. - Diesem Vorschlag wird nicht widersprochen; es ist so beschlossen.
Ich rufe auf Punkt 18:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Anwendung unmittelbaren Zwanges und die Ausübung besonderer Befugnisse durch Soldaten der Bundeswehr und zivile Wachpersonen ({8}) ({9}).
Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort wird nicht gewünscht.
Vizepräsident Schoettle
Die Vorlage soll an den Ausschuß für Verteidigung - federführend - und weiter an den Rechtsausschuß und den Ausschuß für Inneres überwiesen werden. Werden andere Vorschläge zur Überweisung gemacht? - Das ist nicht der Fall; es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 19 auf:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung der Verbindlichkeiten nationalsozialistischer Einrichtungen und der Rechtsverhältnisse an deren Vermögen ({10}).
Wird der Antrag begründet? - Das ist nicht der Fall.
Ich eröffne die Aussprache. Wird das Wort gewünscht? -Das Wort wird nicht gewünscht.
Die Vorlage soll an den Rechtsausschuß überwiesen werden. Werden andere Vorschläge zur Überweisung gemacht? - Das ist nicht der Fall; dann ist die 'Überweisung an den Rechtsausschuß beschlossen.
Dann rufe ich Punkt 20 auf:
Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Martin, Kemmer und Genossen und Fraktion der CDU/CSU, den Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen, Lohmar, Kahn-Ackermann und Genossen und Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über
Maßnahmen auf dem Gebiet der deutschen
Filmwirtschaft ({11}).
Soll der Gesetzentwurf begründet werden? - Er wird nicht begründet. Wird das Wort gewünscht? - Auch das ist nicht der Fall.
({12})
- Bitte, Herr Abgeordneter Mertes zur Ausschußüberweisung!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der Vorlage Drucksache IV/1172 handelt es sich in der praktischen Wirkung um eine Investitionshilfe. Dieser Ansicht scheinen mir auch die Antragsteller zu sein; denn sie sprechen ja in der Überschrift zu diesem Entwurf ausdrücklich von der Filmwirtschaft und nicht etwa von der Filmkunst.
Es geht dabei um zwei Hauptfragen. Erstens: In welcher Größenordnung soll zusätzliches Kapital aufgebracht werden, um die Filmproduktion aus ihrer finanziellen Misere herauszuführen? Zweitens: Wer soll dieses zusätzliche Kapital bereitstellen?
Die 'Beantwortung der ersten Frage macht wahrscheinlich eine genaue Durchleuchtung des Finanzgebarens der Produzenten notwendig, die ja vielfach auch an Verleihfirmen, an Atelier-Gesellschaften und anderen Wirtschaftsunternelnungen beteiligt sind.
Die zweite Frage ist aber die wichtigere: Wer soll dieses Kapital aufbringen? Nach der Vorlage werden in erster Linie die mittelständischen Filmtheaterbesitzer getroffen. Daraus ergeben sich gewisse Konsequenzen. Es muß z. B. untersucht werden, ob eine Freigrenze eingeführt werden soll. Weiter muß geprüft werden, ob eine Staffelung in der Belastung entsprechend der Umsatzhöhe eingeführt werden soll und dergleichen mehr.
Diese allgemeinwirtschaftlichen und betriebswirtschaftlichen Fragen scheinen meiner Fraktion in der Vorlage nicht gebührend berücksichtigt worden zu sein. Wir sind deshalb dieser Vorlage auch nicht beigetreten. Diese Fragen bedürfen natürlich einer sehr sorgfältigen Prüfung, wenn der wirtschaftliche Effekt und darüber hinaus -- selbstverständlich - auch der kulturelle Effekt erreicht werden sollen.
Daher 'ist meine Fraktion der Ansicht, daß der Gesetzentwurf Drucksache IV/1172 dem Wirtschaftsausschuß - federführend - und 'dem Ausschuß für Kulturpolitik und Publizistik zur Mitberatung überwiesen werden sollte.
Herr Abgeordneter Rasner hat das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte, es 'bei der interfraktionellen Vereinbarung im Ältestenrat zu belassen: Federführung beim Ausschuß für Kulturpolitik und Publizistik. Daß der Wirtschaftsausschuß mittberaten muß, ist selbstverständlich.
Bei dieser Gelegenheit sollten wir aber sinnvollerweise festlegen, daß der federführende Ausschuß unter allen Umständen auch den Finanzausschuß gutachtlich hören sollte. Denn hier wird zum erstenmal auch Umsatzsteuerfreiheit beantragt. Zu dieser Frage muß der Finanzausschuß in jedem Fall gutachtlich gehört werden. Eine Mitüberweisung ist nicht notwendig.
Herr Abgeordneter Schmitt-Vockenhausen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr 'Kollege Mertes hat jetzt eine halbe Sachdebatte geführt. Selbstverständlich sind den Antragstellern diese Probleme bekannt, und Sie wissen auch aus Gesprächen, daß wir mit Ihnen der Meinung sind, daß die Frage der mittelständischen Betriebe - der Filmtheater - sowie die sonstigen Fragen, die Sie angesprochen halben, sehr sorgfältig geprüft werden müssen.
Wir waren aber der Meinung, daß gerade dadurch, daß der Wirtschaftsausschuß mitberatend vorher tätig werden kann und diese Unterlagen für die Urteilsbildung des federführenden Ausschusses aufbereiten kann, eine besonders sorgfältige Prüfung ermöglicht wird.
Deshalb möchte meine Fraktion es bei der im Ältestenrat vereinbarten Regelung - federführender Ausschuß: Ausschuß 'für 'Kulturpolitik und Publizistik, mitberatender Ausschuß: Ausschuß 'für Wirtschaft - belassen. Wir sind im übrigen der Meinung, daß gegebenenfalls der Ausschuß für Mittel3728
Schmidt-Vockenhausen
standsfragen .zusätzlich gutachtlich beteiligt wenden kann.
Herr Abgeordneter Mertes, das Präsidium war so mit sich selber beschäftigt, daß wir den Sinn Ihrer Ausführungen nicht mitbekommen haben.
({0})
Es ist beantragt worden, den Wirtschaftsausschuß mit der Federführung zu beauftragen. Wer stimmt diesem Antrag zu? - Danke. Die Gegenprobe! - Das letzte ist eindeutig die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt. Es wird also bei der Überweisung an den Ausschuß für Kulturpolitik und Publizistik als federführenden Ausschuß und den Wirtschaftsausschuß - mitberatend - bleiben. Herr Kollege Rasner hat darauf aufmerksam gemacht, daß der Finanzausschuß gutachtlich zu hören sei. Das war eine Mitteilung, ein Rat an die beteiligten Ausschüsse. Daraus, daß weitere Vorschläge nicht gemacht werden, schließe ich, daß die Überweisungsvorschläge akzeptiert sind.
Ich rufe Punkt 21 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über Bergmannsprämien ({1}).
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Ich ) sehe niemanden auf der Regierungsbank, der den Gesetzentwurf begründen könnte.
({2})
Ich darf annehmen, daß das Gesetz nicht begründet werden soll. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Es wird vorgeschlagen, die Vorlage an den Wirtschaftsausschuß - federführend - und an den Finanzausschuß zu überweisen. Andere Vorschläge werden nicht gemacht. Das Haus ist mit der Überweisung an die erwähnten Ausschüsse einverstanden.
Ich rufe den Punkt 22 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vierten Protokoll vom 16. Dezember 1961 zum Allgemeinen Abkommen über die Vorrechte und Befreiungen des Europarates ({3}).
Soll die Vorlage begründet werden? - Das ist nicht der Fall. Wird das Wort gewünscht? - Auch das ist nicht der Fall.
Die Vorlage soll an den Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten überwiesen werden. Andere Vorschläge werden nicht gemacht. Dann ist die Überweisung an den Auswärtigen Ausschuß beschlossen.
Ich rufe Punkt 23 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von der Bundesregierung
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu
dem Abkommen vom 1. Juli 1961 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung des Kaiserreiches Iran über den gewerblichen Fluglinienverkehr zwischen ihren Hoheitsgebieten und darüber hinaus ({4}).
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Die Aussprache ist eröffnet. Wird das Wort gewünscht? - Auch das ist nicht der Fall.
Die Vorlage soll an den Ausschuß für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen überwiesen werden. Werden weitere Vorschläge gemacht? - Das ist nicht der Fall. Es ist also beschlossen, die Vorlage an den Ausschuß für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen zu überweisen.
Ich rufe den Punkt 24 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu der Zusatzvereinbarung vom 28. März 1962 zur Durchführung und Ergänzung des Abkommens vom 25. April 1961 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Griechenland über Soziale Sicherheit ({5}).
Das Wort zur Begründung wird offenkundig nicht gewünscht. Ich eröffne die Aussprache. Auch hier wird das Wort nicht gewünscht. Die Aussprache ist geschlossen.
Die Vorlage soll an den Ausschuß für Sozialpolitik überwiesen werden. Werden keine anderen Vorschläge für die Überweisung an Ausschüsse gemacht? - Dann ist so beschlossen.
Ich rufe den Punkt 25 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von der Bundesregierung
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu
dem Zusatzabkommen vom 18. September 1961 zum Warschauer Abkommen zur Vereinheitlichung von Regeln über die von einem anderen als dem vertraglichen Luftfrachtführer ausgeführte Beförderung im internationalen Luftverkehr ({6}).
Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht. In der allgemeinen Aussprache wird das Wort ebenfalls nicht gewünscht. Die Aussprache ist geschlossen.
Der Gesetzentwurf soll an den Ausschuß für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen überwiesen werden. Andere Vorschläge werden nicht gemacht. Dann ist so beschlossen.
Ich rufe auf den Punkt 26:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 13. Dezember 1961 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Thailand über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen ({7}).
Vizepräsident Schoettle
Das Wort zur Begründung wird nicht verlangt. Auch in ,der Aussprache wird das Wort nicht gewünscht.
Die Vorlage soll an den Wirtschaftsausschuß - federführend - und an den Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten - mitberatend - überwiesen werden. Werden andere Vorschläge gemacht? - Das ist nicht der Fall. Dann ist so beschlossen.
Ich rufe auf den Punkt 27:
Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines ,Gesetzes zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiete des Umstellungsrechts ({8}).
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
({9})
- Die Vorlage soll an den Wirtschaftsausschuß als federführenden Ausschuß überwiesen werden, und wie ich einem Zuruf und einer mündlichen Unterrichtung entnommen habe, soll der Haushaltsausschuß sowohl als mitberatender Ausschuß wie nach § 96 der Geschäftsordnung mit der Beratung befaßt werden.
({10})
Das Haus ist mit dieser Überweisungsform einverstanden? - Es ist so beschlossen.
Ich rufe auf den Punkt 28:
Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP betr. Berichte und Entschließungen des Europäischen Parlaments ({11}).
Zur Begründung wird das Wort nicht gewünscht, in der Aussprache ebenfalls nicht.
Die Vorlage soll an den Ausschuß für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung überwiesen werden. Andere Vorschläge werden nicht gemacht. Es ist so beschlossen.
Ich rufe auf den Punkt 29:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Kulturpolitik und Publizistik ({12}) über die Anträge der Fraktion der SPD und den Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP zu den Großen Anfragen der Fraktion der SPD betr. Förderung der wissenschaftlichen Forschung ({13}).
Hier sind drei Berichterstatter beteiligt, Herr Abgeordneter Holkenbrink, Herr Abgeordneter Dr. Huys und Herr Abgeordneter Dr. Kübler. Keiner der drei Herren wünscht das Wort zur Berichterstattung. Ich danke den Herren Berichterstattern für ihren freundlichen Verzicht.
Zu dieser Vorlage liegt ein Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP auf Umdruck
291 *) vor. Soll dieser Änderungsantrag begründet werden? - Anscheinend nicht. Dann kommen wir zunächst zur Abstimmung über den Änderungsantrag. Wer stimmt diesem Änderungsantrag zu? - Wollen die Antragsteller nicht mitstimmen?
({14})
- Ich wiederhole, es ist ein Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP. Ich begreife, meine Damen und Herren, daß bei der Geschwindigkeit der Prozedur die Begriffe hier manchmal etwas durcheinandergeraten. Es geht mir auch so. - Ich brauche die Abstimmung nicht zu wiederholen. Ich habe den Eindruck, der Änderungsantrag ist einstimmig angenommen.
Nun kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses selber, der aus zwei Teilen besteht. Ich glaube, ich kann ihn im ganzen zur Abstimmung stellen. Wer stimmt dem Antrag des Ausschusses in der jetzt geänderten Fassung zu? Ich bitte um ein Handzeichen. - Danke. Die Gegenprobe! - Der Antrag ist einstimmig angenommen.
Ich rufe auf den Punkt 30 der Tagesordnung:
Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen betr. Gesellschaftsrechtliche Neuordnung im Kernforschungszentrum Karlsruhe
hier: Übertragung des Geschäftsanteils des Bundes an der Kernreaktor-Bau- und Betriebsgesellschaft mbH ({15}) an die Gesellschaft für Kernforschung mbH ({16}) ({17}).
Wird hierzu das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Die Vorlage soll überwiesen werden an den Ausschuß für wirtschaftlichen Besitz des Bundes - federführend -, an den Haushaltsausschuß - ich nehme an, hier wird in Zukunft die neue Regelung: Überweisung an den Haushaltsausschuß sowohl zur Mitberatung wie nach § 96 der Geschäftsordnung, praktiziert ({18})
sowie an den Ausschuß für Atomkernenergie und Wasserwirtschaft. - Weitere Vorschläge für eine Überweisung an Ausschüsse liegen nicht vor. Es ist so beschlossen.
Punkt 31:
Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses ({19}) über den Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Bundeshaushaltsrechnung für das Rechnungsjahr 1960 ({20}).
Wünscht der Herr Berichterstatter das Wort? - Das ist nicht der Fall.
Wir kommen zur Beschlußfassung über den Antrag des Ausschusses. Wer dem Antrag des Ausschusses zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke! Gegenprobe! - Enthaltungen? -
*) Siehe Anlage 20
Vizepräsident Schoettle
Gegen eine Stimme ist der Antrag des Ausschusses angenommen.
Ich rufe auf Punkt 32:
Beratung der Ubersicht 13 des Rechtsausschusses ({21}) über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht ({22}).
Wird hierzu das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses Drucksache IV/1210. Wer dem Antrag des Ausschusses zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Keine Gegenstimmen. Der Antrag ist einstimmig angenommen.
Ich rufe auf Punkt 33:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Arbeit ({23}) über die von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschläge der Kommission der EWG für
a) eine Verordnung zur Herstellung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft, die die Liberalisierungsmaßnahmen für einen zweiten Abschnitt festlegt,
b) eine Richtlinie betreffend die Verwaltungsverfahren und -praktiken für Aufnahme, Beschäftigung und Aufenthalt der Arbeitnehmer eines Mitgliedstaates und ihrer Familienangehörigen in den anderen Mitgliedstaaten der Gemeinschaft
({24}).
Berichterstatter ist der Abgeordnete Varelmann. Er sitzt neben mir. Er wird wohl kaum in der Lage sein, jetzt zu berichten. - Er verzichtet überdies. Ich danke ihm.
Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses auf Drucksache IV/1228. Wer dem Antrag des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag ist einstimmig angenommen.
Ich rufe auf Punkt 34:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Außenhandelsausschusses ({25}) über die von der Bundesregierung vorgelegte Zweite Verordnung über die Verringerung von Abschöpfungssätzen bei der Einfuhr von Eiprodukten ({26}).
Berichterstatter ist der Herr Abgeordnete Dr. Brenck. - Der Herr Berichterstatter verzichtet.
Das Wort wird nicht gewünscht. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses, der Verordnung unverändert zuzustimmen. Wer diesem Antrag des Ausschusses zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Gegenprobe! - Keine Gegenstimmen. Der Antrag ist einstimmig angenommen.
Ich rufe Punkt 35 auf:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Gesundheitswesen ({27}) über den Antrag der Fraktionen der CDU/ CSU, FDP betr. Bestallungsordnung für Ärzte ({28}).
Berichterstatter ist ,der Abgeordnete Dr. Schmidt ({29}). Der Berichterstatter verzichtet dankenswerterweise auf mündliche Berichterstattung.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort wird nicht gewünscht.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses auf Drucksache 1233. Wer dem Antrag des Ausschusses zustimmen will, 'den 'bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ohne Gegenstimmen ist die Vorlage angenommen.
Ich rufe Punkt 36 auf:
Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung eines Teils der ehemaligen Wehrkreisreit- und Fahrschule in Aalen ({30}) an die Firma Carl Zeiss in Oberkochen ({31}).
Das Wort wird nicht gewünscht.
Der Antrag des Bundesministers der Finanzen soll an den Ausschuß für wirtschaftlichen Besitz des Bundes überwiesen werden. Andere Vorschläge werden nicht 'gemacht. Die Überweisung ist beschlossen.
Ich rufe den Punkt 37 auf:
Beratung des Antrags des Bundesministers der
Finanzen betr. Bundeshaushaltsrechnung für
das Rechnungsjahr 1961 ({32}).
Diese Vorlage soll an den Haushaltsausschuß überwiesen werden. Ein anderer Vorschlag liegt nicht vor. Das Haus 'beschließt so.
Meine Damen und Herren, damit haben wir diejenigen Tagesordnungspunkte erledigt, die heute behandelt werden sollten.
Ich darf angesichts der Geschäftslage die Ausschußvorsitzenden bitten, soweit sie dazu eine Notwendigkeit sehen, ihre Ausschüsse zur Arbeit einzuberufen, und zwar ab Donnerstag 15 Uhr.
Ich 'berufe die nächste Plenarsitzung auf Donnerstag, 'den 16. Mai 1963, vormittags 9 Uhr, ein.
Die Sitzung ist 'geschlossen.