Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 5/8/1963

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Die Sitzung ist eröffnet. Meine Damen und Herren, der Bundestag beklagt einen schmerzlichen Verlust. Wir gedenken in dieser Stunde unserer Kollegin Frau Elisabeth Vietje, die am 2. Mai nach längerer, schwerer Krankheit verstorben ist. ({0}) Frau Vietje wurde am 11. Mai 1902 in Hannover geboren. Sie war Lehrerin, Rektorin in Hannover und später Oberschullehrerin am Mädchengymnasium St. Ursula in Hannover. Sie hat sich der Verbandsarbeit ihres Berufsstandes gewidmet und war Vertreterin des Vereins Katholischer Deutscher Lehrerinnen Niedersachsens und Vorstandsmitglied der Gemeinschaft Deutscher Lehrerverbände in diesem Lande. Nach dem Zusammenbruch des Jahres 1945 hat sie sich in den Dienst des politischen Wiederaufbaus gestellt und war Gründungsmitglied der Christlich-Demokratischen Union in Hannover und später Vorsitzende der Frauenvereinigung des Landesverbandes. Sie hat dem kulturpolitischen Landesausschuß ihrer Partei angehört. Sie war von 1945 bis 1954 Mitglied des Rates der Stadt Hannover. Dem Deutschen Bundestag hat sie - über die Landeslisten Niedersachsens - in der Zeit von 1951 bis 1957 und erneut seit 1960 angehört. Sie war im Ausschuß für Inneres tätig. Ich spreche den Angehörigen der verstorbenen Kollegin und der Fraktion der Christlich-Demokratischen und Christlich-Sozialen Union die tiefe Anteilnahme des Hauses aus. - Ich danke Ihnen. In der Zwischenzeit haben Geburtstage gefeiert, zu denen ich die Wünsche des Bundestages aussprechen darf, der Herr Kollege Dr. Möller am 26. April den 60., ({1}) Herr Kollege Lemmer am 28. April den 65. ({2}) und ebenfalls den 65. Herr Kollege Scheuren am 30. April. ({3}) Es muß eine irrtümliche Überweisung an einen Ausschuß richtiggestellt werden. In der 72. Sitzung des Deutschen Bundestages am 24. April ist der Gesetzentwurf zu dem Vertrag vom 6. September 1962 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und. der Republik Österreich über Zollerleichterungen im kleinen Grenzverkehr und im Durchgangsverkehr, Drucksache IV/1184, an den Außenhandelsausschuß überwiesen worden. Die Vorlage soll nur dem Finanzausschuß zugewiesen werden. Ist das Haus damit einverstanden? - Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen. Die folgenden amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen: Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 3. Mai 1963 den nachstehenden Gesetzen zugestimmt: Gesetz zur Einschränkung des § 7 b des Einkommensteuergesetzes Gesetz zur Änderung des Reichsknappschaftsgesetzes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte. Zum Gesetz zur Änderung des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte hat er ferner eine Entschließung gefaßt, die als Anlage 2 diesem Sitzungsbericht beigefügt ist. Der Herr Bundesminister des Auswärtigen hat unter dem 3. Mai 1963 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Majonica, Lemmer und Genossen betr. Papst Pius XII ({4}) beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache IV/1221 verteilt. Der Herr Stellvertreter des Bundeskanzlers hat unter dem 30. April 1963 unter Bezugnahme auf § 50 Abs. 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen vom 27. Juli 1957 den Bericht des Bundeskartellamtes über seine Tätigkeit im Jahre 1962 sowie über Lage und Entwicklung auf seinem Aufgabengebiet sowie die Stellungnahme der Bundesregierung zu dem Bericht übersandt. Der Bericht wird als Drucksache IV/1220 verteilt. Gegen die nachstehenden Verordnungen wurden im Außenhandelsausschuß des Bundestages keine Bedenken erhoben: VO Nr. 1/63/EWG des Rats vom 16. Januar 1963 zur Verlegung des Zeitpunkts für den Beginn der Anwendung der Abschöpfungsregelung für einige Schweinefleischerzeugnisse ({5}) VO Nr. 6/63/EWG des Rats vom 28. Januar 1963 zur Verlängerung der Geltungsdauer der VO Nr. 156 des Rats Amtsblatt S. 191/63) VO Nr. 11/63/EWG des Rats vom 20. Februar 1963 zur Verlängerung der Geltungsdauer der Verordnung Nr. 156 des Rats ({6}) VO Nr. 12/63/EWG des Rats vom 20. Februar 1963 zur Änderung der VO Nr. 42 des Rats und zur Verlängerung der Verordnung Nr. 45, 46 und 116 des Rats ({7}) VO Nr. 16/63/EWG des Rats vom 26. Februar 1963 zur Änderung der VO Nr. 55 des Rats betr. gestutzten Hafer ({8}) VO Nr. 23/63/EWG des Rats vom 21. März 1963 über von der Verordnung Nr. 55 des Rats abweichende Maßnahmen betreffend die für einige Futtermittelarten geltenden Abschöpfungsbeträge ({9}) VO Nr. 25/63/EWG des Rats vom 21. März 1963 über die gegenüber dritten Ländern geltenden Abschöpfungsbeträge für geschlachtete Schweine und für lebende Schweine für die vom 1. April bis zum 30. Juni 1963 getätigten Einfuhren ({10}). Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 25. Juni 1959 die nachstehenden Vorlagen überwiesen: Vizepräsident Dr. Dehler Richtlinie des Rates über die Einzelheiten zur Verwirklichung der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs für selbständige Berufstätigkeiten der verarbeitenden Gewerbe der Hauptgruppen 23-40 der CITI ({11}) ({12}) Richtlinie des Rates über die Einzelheiten der Übergangsmaßnahmen auf dem Gebiet der selbständigen Berufstätigkeiten der verarbeitenden Gewerbe der Hauptgruppen 23-40 der CITI ({13}) Richtlinie des Rates über die Einzelheiten zur Verwirklichung der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs für selbständige Berufstätigkeiten des Bergbaus und der Gewinnung von Steinen und Erden ({14}) - Drucksache IV/1214 an den Wirtschaftsausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 26. Juni 1963 Vorschlag der Kommission der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft für eine Haushaltsordnung betreffend den Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft und den Europäischen Fonds zur Verbesserung der Agrarstruktur - Drucksache IV/1207 an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten gemäß Artikel 2 Satz 1 Verordnung Nr. 30/63/EWG des Rats vom 2. April 1963 zur Verlegung des Zeitpunkts für den Beginn der Anwendung der Abschöpfungsregelung für einige Schweinefleischerzeugnisse ({15}) an den Außenhandelsausschuß - federführend - und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - mitberatend - mit der Bitte um Berichterstattung innerhalb eines Monats, wenn im Ausschuß Bedenken gegen die Verordnung erhoben werden Verordnung Nr. 31/63/EWG des Rats vom 2. April 1963 über eine von Artikel 17 der Verordnung Nr. 19 des Rats abweichende Regelung betreffend die vorherige Festsetzung der Abschöpfung für bestimmte Erzeugnisse ({16}) an den Außenhandelsausschuß - federführend - und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - mitberatend - mit der Bitte um Berichterstattung innerhalb eines Monats, wenn im Ausschuß Bedenken gegen die Verordnung erhoben werden. Wir kommen dann zur Fragestunde ({17}). Zunächst rufe ich die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramts auf. Frage I/1 - des Herrn Abgeordneten Ritzel -: Wie viele Gruppen aus der Bundesrepublik haben im Jahre 1962 auf Kosten des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung die Einrichtungen der NATO in Paris besucht? Darf ich bitten, Herr Staatssekretär. von Hase, Staatssekretär, Bundespressechef: Ich beantworte die Frage wie folgt. Im Jahre 1962 haben mit Förderung des Presse- und Informationsamts der Bundesregierung 94 Gruppen aus der Bundesrepublik Dienststellen der NATO in und bei Paris besucht. Jede Gruppe umfaßte etwa 35 bis 40 Teilnehmer. 35 Gruppen, die im Einvernehmen mit den im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien zusammengestellt wurden, und sechs Journalistengruppen erhielten die Reisekosten vergütet. Die 53 übrigen Gruppen erhielten Zuschüsse zu den Fahrtkosten.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ritzel?

Heinrich Georg Ritzel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001860, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, in welchem Umfang beteiligten sich Abgeordnete des Deutschen Bundestages als Begleiter oder als Führer solcher Gruppen, getrennt nach Fraktionen? von Hase, Staatssekretär, Bundespressechef: Genaue Zahlen darüber, in welchem Umfang sich Abgeordnete an den Reisen selbst beteiligt haben, liegen mir im Augenblick nicht vor. Sehr viele dieser Reisen sind auf Initiative von Abgeordneten zustande gekommen. Die Aufteilung der Reisegruppen nach Fraktionen des Deutschen Bundestages entspricht etwa der Fraktionsstärke.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Noch eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ritzel!

Heinrich Georg Ritzel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001860, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Wären Sie bereit, Herr Staatssekretär, mir schriftlich darüber eine etwas genauere Ubersicht zu geben? von Hase, Staatssekretär, Bundespressechef: Ich bin gern bereit, Herr Abgeordneter, Ihnen mitzuteilen, wieviel Abgeordnete teilgenommen haben und nach welchem Schlüssel genau entsprechend den einzelnen Fraktionen die einzelnen Reisegruppen zusammengesetzt waren.

Heinrich Georg Ritzel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001860, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich danke Ihnen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schwabe!

Wolfgang Schwabe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002119, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, in welcher Weise ist der Öffentlichkeit die Möglichkeit solcher Reisen und die Möglichkeit der Bezuschussung durch eine Stelle des Bundes bekanntgeworden? von Hase, Staatssekretär, Bundespressechef: Es ist ein Institut, das bereits seit mehreren Jahren besteht. Ich möchte also annehmen, daß es besonders in den Kreisen, aus denen gewöhnlich die Initiative für solche Reisen kommt, d. h. von Journalisten, Lehrern, Hochschulen, von den sogenannten Multiplikatoren der öffentlichen Meinung, genügend bekannt ist. Wir können uns über Mangel an Anträgen und über Gleichmäßigkeit aus allen Gebieten der Bundesrepublik nicht beklagen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schwabe!

Wolfgang Schwabe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002119, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Darf ich aus Ihrer Antwort entnehmen, daß sich hinsichtlich der von Ihnen betonten Gleichmäßigkeit eine Besserung der Situation gegenüber früheren Jahren ergeben hat, wo sowohl hinsichtlich der politischen Betreuung als auch der Art der Gruppen erhebliche Mängel auch in Paris genannt wurden? von Hase, Staatssekretär, Bundespressechef: Selbstverständlich mußten im Laufe der Jahre Erfahrungen gesammelt werden. Wir sind ständig bemüht, die Eindrücke, die wir bei den Reisen selber haben, in Erkenntnisse bei der Zusammenstellung der Reisegruppen umzusetzen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Frage I/2 - des Herrn Abgeordneten Ritzel -: Wie groß ist die Zahl der Besuchergruppen im Jahre 1962 gewesen, die auf Einladung oder auf Kosten des Presse- und Vizepräsident Dr. Dehler Informationsamtes der Bundesregierung den Deutschen Bundestag, das Bundespresse- und Informationsamt oder andere Bundeseinrichtungen besucht haben?

Not found (Staatssekretär:in)

Ich beantworte die Frage 2 wie folgt: Im Jahre 1962 haben auf Einladung und - oder - auf Kosten des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung 9211 Gäste den Deutschen Bundestag, das Presse- und Informationsamt oder andere Bundeseinrichtungen besucht. 136 Gruppen mit 5345 Gästen waren Besucher aus dem Inland, 3866 Gäste kamen - zum Teil als Einzelreisende, zum Teil in kleineren oder größeren Gruppen - aus dem Ausland. Weiteren 1358 Ausländern wurden Zuschüsse zu einem Besuch der Bundesrepublik gewährt. Der größte Teil der Ausländer wurde auch zu einem Besuch Berlins eingeladen. Sofern die Einladung nicht durch das Presse- und Informationsamt ausgesprochen wurde, erfolgte sie durch die deutschen Vertretungen im Ausland, durch andere Bundesressorts oder staatsbürgerliche Vereinigungen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ritzel!

Heinrich Georg Ritzel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001860, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Darf ich Sie zusätzlich fragen, in welchem Ausmaß diese Besuche auch auf Initiative von Abgeordneten des Hohen Hauses, getrennt nach einzelnen Fraktionen, zurückzuführen waren? von Hase, Staatssekretär, Bundespressechef: Ich muß Ihnen in bezug auf das Ausmaß, Herr Abgeordneter, dieselbe Antwort geben wie bei der vorhergehenden Zusatzfrage: daß ich Ihnen augenblicklich im einzelnen darüber kein Zahlenmaterial geben kann. Die Anregungen zu diesen Reisen sind, wie ich in der Beantwortung gesagt habe, im wesentlichen - soweit es sich um Personengruppen aus dem Ausland handelt - auf Grund von Vorschlägen der deutschen Missionen im Ausland gekommen und - soweit es sich um Reisegruppen aus dem Inland handelt - durch staatsbürgerliche Vereinigungen, Verbände und andere Berufsgruppen, selbstverständlich auch auf Initiative der Abgeordneten dieses Hauses. Ich selbst weiß aus meinem laufenden Schriftverkehr mit zahlreichen Abgeordneten - auch Ihrer Fraktion, Herr Abgeordneter -, daß da ein lebhafter Kontakt besteht.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine weitere Frage, Herr Abgeordneter Ritzel.

Heinrich Georg Ritzel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001860, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, da es mir darauf ankommt, diese Initiativen möglichst zu verbreiten und zu verbreitern, wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie auch hier die Freundlichkeit hätten, mir eine schriftliche Mitteilung darüber zukommen zu lassen, in welchem Ausmaß die Abgeordneten des Deutschen Bundestages - getrennt nach Fraktionen - dabei initiativ gewesen sind. von Hase, Staatssekretär, Bundespressechef: Das werde ich machen, Herr Abgeordneter.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär. Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Ich rufe auf die Frage II/1 - des Abgeordneten Weigl -: Ist die Bundesregierung bereit, darauf hinzuwirken, daß in diesem Jahr die Landwirtschaftsämter bedeutend früher die neuen Richtlinien des „Grünen Planes" erhalten, nachdem die Richtlinien für 1962 den Landwirtschaftsämtern zum Teil erst im August des vergangenen Jahres zur Verfügung gestanden haben? Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Herrn Ministerialdirektors Mann vom 8. Mai 1963 lautet: Die Bundesregierung bemüht sich in jedem Jahr, die Richtlinien für die Verwendung der Mittel des Grünen Planes so frühzeitig wie möglich herauszugeben. Für einen Teil der Maßnahmen, z. B. auf dem Gebiet der Agrarstruktur, bestehen Dauerrichtlinien, die ohne weiteres für das nächste Jahr fortgelten. Schwierigkeiten treten daher im wesentlichen nur bei neuen Maßnahmen auf, für die in dem jeweiligen Rechnungsjahr erstmalig Mittel im Bundeshaushalt vorgesehen sind. Aber auch hier ist die Bundesregierung bestrebt, mit den notwendigen Vorbereitungen für diese Richtlinien im Kreise der Bundesressorts, der Länder und der zuständigen Stellen der Wirtschaft so rechtzeitig zu beginnen, daß auch bei einer im Laufe des Rechnungsjahres späten Verabschiedung des Haushalts möglichst keine weiteren Verzögerungen beim Erlaß der Richtlinien eintreten. Für das Rechnungsjahr 1963 ist ein Teil der Richtlinien bereits ergangen. Es ist damit zu rechnen, daß die noch fehlenden den mit der Ausführung befaßten Stellen in den Ländern im Laufe des Mai, spätestens Anfang Juni, vorliegen werden. Ich rufe auf die Frage II/2 - des Abgeordneten Ertl -: Ist der Bundesregierung bekannt, daß in zahlreichen landschaftlich besonders reizvollen Feriengebieten der Bundesrepublik in zunehmendem Maße bäuerliche Familienbetriebe zu reinen Spekulationspreisen aufgekauft werden, die einerseits die Bodenpreise in diesen Gegenden unverantwortlich in die Höhe treiben und andererseits zu einer beunruhigenden Reduzierung der für die Landwirtschaft und den Fremdenverkehr notwendigen Existenzgrundlage führen? Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Herrn Ministerialdirektors Mann vom 8. Mai 1963 lautet: Zur Erhaltung der bäuerlichen Familienbetriebe ist am 28. Juli 1961 das Gesetz über Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur und zur Sicherung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe ({0}) verkündet worden, das am 1. Januar 1962 in Kraft getreten ist. Nach diesem Gesetz ist die Rechtswirksamkeit rechtsgeschäftlicher Veräußerungen land- und forstwirtschaftlichen Grund und Bodens grundsätzlich von einer behördlichen Genehmigung abhängig. Diese gesetzliche Regelung bietet, richtig angewendet, eine wirksame und vollauf ausreichende Handhabe, der Bodenspekulation und Abwanderung land- und forstwirtschaftlichen Bodens in landwirtschaftsfremde Hände zu unterbinden. Sie gilt nach dem Bundesgesetz für Grundstücke jeder Größe. Landrechtlich kann jedoch bestimmt werden, daß die Veräußerung von Grundstücken bis zu einer bestimmten Größe keiner Genehmigung bedarf. Solche Freigrenzen haben die Länder Baden-Württemberg, Bayern und Hessen festgesetzt. Auf Grund des bayerischen Ausführungsgesetzes zum Grundstückverkehrsgesetz vom 21. Dezember 1961 ({1}) beträgt in Bayern die Freigrenze 1 ha ({2}). Diese Regelung hat zur Folge, daß in Bayern rechtsgeschäftliche Veräußerungen von Grundstücken bis zu 1 ha genehmigungsfrei sind und nicht verhindert werden können. Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung. Ich rufe auf die Frage III/1 - des Abgeordneten Fritsch -: Wie beurteilt die Bundesregierung den Sachverhalt, daß eine zu Unrecht gewährte Waisenrente nach § 45 BVG im Vollstreckungswege von der volljährig gewordenen Waise zurückgefordert wird, obwohl diese Rentenbezüge von der Kindsmutter Vizepräsident Dr. Dehler beantragt und von dieser zum Lebensunterhalt der Waise verwendet wurden? Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Herrn Bundesministers Blank vom 7. Mai 1963 lautet: Eine Waise ist nach § 47 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung ({3}) zur Rückzahlung derjenigen Versorgungsbezüge verpflichtet, die sie durch das Tun oder Unterlassen ihrer Mutter zu Unrecht empfangen hat, weil ihr diese Leistungen zugute gekommen sind und weil sie das Verhalten ihrer Mutter gegen sich gelten lassen muß. Eine Geltendmachung dieses Rückforderungsanspruches soll erst dann erfolgen, wenn die Prüfung des Einzelfalles ergeben hat, daß auf den Rückerstattungsanspruch nicht verzichtet werden kann. Nach § 47 Abs. 4 VfG kann auf die Rückerstattung verzichtet werden, wenn sie eine besondere Härte für den Rückerstattungspflichtigen bedeutet. Eine besondere Härte ist grundsätzlich nur bei einer wirtschaftlich bedrängten Lage des Rückerstattungspflichtigen anzuerkennen. Es können aber auch Umstände berücksichtigt werden, die zur Entstehung des Rückerstattungsanspruches geführt haben und nicht in der Person des Schuldners selbst liegen, wie z. B. die Waise verpflichtendes Handeln ihres gesetzlichen Vertreters ({4}). Ob in dem Ihrer Anfrage zugrunde liegenden Falle diese Prüfung vorgenommen wurde und warum ggf. von der Möglichkeit des Verzichtes kein Gebrauch gemacht wurde, vermag ich nicht zu beurteilen, da diese Entscheidungen in die Zuständigkeit des das Bundesversorgungsgesetz durchführenden Landes fallen. Ich rufe auf die Frage III/2 - des Herrn Abgeordneten Dr. Schmidt ({5}) -: Wann kann endgültig mit der Herausgabe der mehrfach angekündigten Richtlinien über die Gewährung von Härteausgleich ({6}) bei Krebsfällen gerechnet werden?

Theodor Blank (Minister:in)

Politiker ID: 11000195

In meiner Antwort auf Ihre Anfrage vom 27. Februar 1963 hatte ich Ihnen mitgeteilt, daß nach Auskunft von Herrn Professor Bauer das Gutachten im Entwurf fertiggestellt sei. Herr Professor Dr. Bauer hat inzwischen auch einen Entwurf des Gutachtens übermittelt. In einer Besprechung haben wir Herrn Professor Bauer gebeten, das Gutachten in einigen Punkten noch zu erweitern. Die endgültige Fassung liegt deshalb noch nicht vor. Aber unabhängig davon wird auf Grund des Entwurfs und der Besprechungen in den nächsten Tagen ein vorläufiges Rundschreiben an die Länder über die Gewährung von Versorgung im Wege des Härteausgleichs bei Krebserkrankungen ergehen, damit über einen Teil der inzwischen gestellten Anträge entschieden werden kann.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Schmidt.

Dr. Horst Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002009, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, darf ich aus Ihrer Antwort entnehmen, daß damit endgültig die vielen Anträge, die bei den Versorgungsämtern vorliegen oder noch gestellt werden müssen, nun in kurzer Zeit erledigt werden können?

Theodor Blank (Minister:in)

Politiker ID: 11000195

Ja, wir werden, sobald das Gutachten in seiner endgültigen Form vorliegt - wir machen jetzt, wie ich schon sagte, ein vorläufiges Rundschreiben -, den gesamten Fragenkomplex bereinigen können.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Ich danke Ihnen, Herr Minister. Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung. Ich rufe die Frage IV/1 - des Herrn Abgeordneten Dr. Supf - auf: Ist die Bundesregierung bereit, nach dem Feldwebel Erich Boldt, dessen Opfertodes der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung am 6. Dezember 1961 gedacht hat, eine Kaserne in seiner Heimat oder in Garnisonstädten, in denen er als Soldat Dienst getan hat, zu benennen?

Kai Uwe Hassel (Minister:in)

Politiker ID: 11000824

Herr Präsident! Ich beantworte die Frage wie folgt. Die Frage der Benennung einer BundeswehrKaserne nach dem Feldwebel Boldt wird z. Z. von den zuständigen Stellen des Bundesministeriums der Verteidigung geprüft.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Frage IV/2 - des Herrn Abgeordneten Dröscher -: Wann wird die Bundesregierung die einigen Garnison-Gemeinden gegebenen Zusagen, sich an den notwendig gewordenen Schulbauten finanziell zu beteiligen, einlösen und damit die durch Vorfinanzierung kritisch gewordene Finanzlage dieser Gemeinden - wie z. B. der Stadt Birkenfeld - erleichtern?

Kai Uwe Hassel (Minister:in)

Politiker ID: 11000824

Die Bundesregierung erkennt an, daß die bei den Garnison-Gemeinden notwendig gewordenen Schulbauten auch im Interesse der Bundeswehr so rasch als möglich in Angriff genommen werden sollten. Bei der bekannten Haushaltslage können jedoch die Haushaltsmittel für die zahlreichen geplanten Bauvorhaben nicht insgesamt im Haushaltsjahr 1963 bereitgestellt werden, sondern werden in den Haushaltsjahren 1964 und 1965 mit übernommen und aufgebracht werden. Auf Grund der in den Vorjahren ergangenen Bewilligungsbescheide wären im Haushaltsjahr 1963 rund 118 Millionen DM für Aufschließungsmaßnahmen und Folgeeinrichtungen zu zahlen. Der entsprechende Haushaltsansatz beträgt jedoch für 1963 nur rund 103 Millionen DM, also rund 15 Millionen DM weniger als die bestehenden Verpflichtungen. Darüber hinaus liegen weitere Anträge der Garnison-Gemeinden auf Bundesfinanzhilfen allein für die Errichtung von Volksschulen in Höhe von 63,9 Millionen DM vor. Unter diesen Umständen ist die Entscheidung, das umfangreiche Schulbauprogramm auf die folgenden beiden Haushaltsjahre zu strekken, nicht zu umgehen; davon wird leider auch der Neubau der Volksschule in Birkenfeld betroffen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dröscher!

Wilhelm Dröscher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000422, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Bundesminister, ist dieser Antwort zu entnehmen, daß die Verlagerung auf mehrere Haushaltsjahre die einzelnen Projekte etwa gleichmäßig erfaßt, so daß mit Teilbewilligungen der Gelder im Laufe der Jahre für jedes einzelne Projekt zu rechnen ist, oder ist daraus zu schließen, daß einzelne Projekte in diesen Jahren I zunächst nicht zum Zuge kommen und von den Gemeinden ganz vorfinanziert werden müssen? von Hassel, Bundesminister der Verteidigung: Da die Situation, Herr Abgeordneter, in jeder Gemeinde nach der Finanzkraft der Gemeinde unterschiedlich ist, wrid man jeden einzelnen Fall individuell prüfen müssen. Das Instrument der Vorausbewilligung oder der Bindungsermächtigungen, die für die nächsten Jahre Gültigkeit haben, wird von uns geprüft, und Sie können sich darauf verlassen, daß das Verteidigungsministerium ebenso wie das Finanzministerium die Frage der Folgemaßnahmen und ähnliches sehr sorgfältig prüft und in dieser Beziehung versucht, zu Lösungen zu gelangen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine weitere Frage, Herr Abgeordneter Dröscher!

Wilhelm Dröscher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000422, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Bundesminister, würden Sie in Ansehung dessen, daß diese Gemeinden materiell durch die Garnison erheblich betroffen sind, indem sie für die Kinder, die sie durch die Garnison haben, Schulen bauen müssen, - würden Sie in Ansehung dieser schwierigen Situation bereit sein, die Vorfinanzierung der notwendigen Beträge wenigstens insofern zu erleichtern, als Sie für die Zwischenfinanzierungsdarlehen die Zinsen übernehmen werden? von Hassel, Bundesminister der Verteidigung: Bei der Frage der Zinszuschüsse handelt es sich um eine Maßnahme, die vom Prinzip her geklärt werden muß. Ich habe Ihnen schon gesagt, Herr Abgeordneter, daß wir uns darum bemühen, Lösungen zu finden, die die Schwierigkeiten bei den Gemeinden, wenn nicht heute ausräumen, so doch jedenfalls in den nächsten ein oder zwei Jahren auszuräumen geeignet sind.

Wilhelm Dröscher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000422, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Danke.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Höhmann!

Egon Höhmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000919, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß einzelne Länder solche Schulbauvorhaben in Garnisonsgemeinden schon deshalb nicht mehr bezuschussen, weil der Bund mit seinen Finanzhilfen nicht nachkommen kann, und ist es deshalb nicht wünschenswert, daß die militärischen Bauvorhaben und die Bundesfinanzhilfe koordiniert werden? von Hassel, Bundesminister der Verteidigung: Ich glaube, daß die Länder die Situation des Bundeshaushalts im Raum der Verteidigung sehr genau kennen; denn die Beratungen im Bundesrat haben ja gezeigt, daß von dort her auf den Verteidigungsetat aufmerksam gemacht worden ist. Ich gehe also davon aus, daß die Länder selber über die Schwierigkeiten im Haushalt des Verteidigungsministeriums unterrichtet sind, die selber aber ein Interesse daran haben, daß in den Gemeinden die Folgemaßnahmen in bezug auf Bauten getroffen werden können, und Land und Bund gemeinsam wohl in der Lage wären, die Fragen zu lösen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine weitere Frage, Herr Abgeordneter Höhmann!

Egon Höhmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000919, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Halten Sie es für gut, Herr Minister, daß auf einen Antrag, den ich persönlich auch in Ihrem Ministerium schon unterstützt habe und der seit dem Jahre 1961 läuft, erst in diesem Jahre ein Bewilligungsbescheid ergeht, in dem lediglich steht, man sei erst im nächsten Jahre in der Lage, dieses Projekt zu bezuschussen? von Hassel, Bundesminister der Verteidigung: Ich glaube, Herr Abgeordneter, daß in vielen Fällen eine Entscheidung lange Zeit hinausgezögert werden muß, weil viele Fragen noch offen sind, möglicherweise auch die Frage, ob wirklich von Anfang an der Bau einer Kaserne vorgesehen ist. Sie wissen, daß vielfach Änderungen erfolgen und auf Grund dieser Änderungen auch bei den Folgemaßnahmen Änderungen eintreten müssen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Ich danke Ihnen, Herr Minister. Der Herr Bundesschatzmeister ist dienstlich verhindert; das Amt hat auch keinen Staatssekretär. Die Frage der Frau Abgeordneten Schanzenbach wird voraussichtlich am 15. Mai beantwortet werden können. Die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts und des Bundesministers des Innern werden am Donnerstag aufgerufen werden. Wir kommen nunmehr zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen. Frage VIII/1 - des Herrn Abgeordneten MüllerHermann -: Trifft es zu, daß für die vom Bundestag einstimmig gewünschte Anhebung der Umsatzsteuerrückvergütung für Wasserfahrzeuge bis zur tatsächlichen Vorbelastung entgegen der ursprünglichen Meinung des Bundesfinanzministers, daß für diesen Zweck eine Rechtsverordnung genüge, nunmehr eine gesetzliche Regelung für notwendig erachtet wird?

Dr. Rolf Dahlgrün (Minister:in)

Politiker ID: 11000348

Ich darf die Frage wie folgt beantworten. Es trifft zu, daß das Bundesministerium der Finanzen für die Anhebung der Ausfuhrvergütung für Wasserfahrzeuge neuerdings eine gesetzliche Regelung für notwendig erachtet, weil aus zwei Gründen nach besseren Erkenntnissen der Weg der Rechtsverordnung bedenklich gewonden ist. Eine durch Rechtsverordnung durchgeführte Anhebung der Vergütungssätze kann sich nur auf solche Wasserfahrzeuge erstrecken, die auf Inlandswerften hergestellt sind. Freihafenwerften könnten in die Regelung nicht einbezogen werden, da sie die von ihnen im Freihafen - d. h. umsatzsteuerrechtlich im Ausland - hergestellten Wasserfahrzeuge nicht ausführen, so daß eine Ausfuhrvergütung für die Liefe3454 rung eines solchen Schiffes nicht gewährt werden kann. Schon aus diesem Grunde bedarf es einer gesetzgeberischen Maßnahme. Darüber hinaus ist es durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 27. November 1962, nach der die Ermächtigung in § 6 Abs. 2 des Umsatzsteuergesetzes mit Art. 80 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes nicht vereinbar und deshalb nichtig ist, fraglich geworden, ob die fast Bleichlautende Ermächtigung in § 16 Abs. 2 des Umsatzsteuergesetzes den verfassungsrechtlichen Forderungen entspricht. Es war daher geboten, von einer Vergütungsanhebung, die auf der Ermächtigung des § 16 Abs. 2 des Umsatzsteuergesetzes beruhen soll, abzusehen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine Zusatzfrage.

Dr. Ernst Müller-Hermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001569, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Minister, waren diese Tatbestände nicht auch vorher bekannt, als man noch von einer Verordnung sprach?

Dr. Rolf Dahlgrün (Minister:in)

Politiker ID: 11000348

Herr Kollege Müller-Hermann, wir haben diese Dinge mit weit über einem Dutzend Freihafenwerften besprochen. Dabei ist herausgekommen, daß eine große Schwierigkeit bestand: Das Halbzeug, das an die Freihaferuwerften in den Freihäfen geliefert wird, wird ausgeführt. Nun reicht das aber nicht für die Vergütung. Man hätte diesen Betrag um das aufstocken müssen, was im Freihafen als Wertschöpfung 'hinzugekommen wäre. Da hat der Werftenverband selber gesagt: So geht es nicht, das ist nicht genau 21.1 errechnen. Daher müssen wir, weil dies wirklich keine Ausfuhr aus dem Freihafen im Sinne des Gesetzes ist, eine gesetzliche Regelung finden, die diesen Tatbestand ordnet.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Herr Abgeordneter Gewandt zu einer Zusatzfrage.

Heinrich Gewandt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000675, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Wann können wir denn damit rechnen, daß Sie die Vorlage unterbreiten?

Dr. Rolf Dahlgrün (Minister:in)

Politiker ID: 11000348

Herr Kollege Gewandt, das werde ich in den Antworten auf die folgenden Fragen des Herrn Kollegen Müller-Hermann ausführen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Ich rufe die Frage VIII/2 - des Abgeordneten Müller-Hermann - auf: Kann die Bundesregierung gegebenenfalls eine Zusage dafür geben, daß ein etwa notwendiges Umsatzsteueränderungsgesetz dem Bundestag so rechtzeitig vorgelegt wird, daß dieser noch vor der Sommerpause das Gesetz verabschieden kann?

Dr. Rolf Dahlgrün (Minister:in)

Politiker ID: 11000348

Ich beantworte die Frage 2 wie folgt: Über den Entwurf des 14. Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes findet am 21. Mai dieses Jahres eine Ressortbesprechung statt. Ein früherer Termin ist nicht zweckmäßig gewesen, weil das mit Schreiben vom 19. März 1963 eingeleitete Konsultationsverfahren bei der EWG, sofern sich von dort keine Verzögerungen ergeben, nach unseren Erfahrungen etwa zwei Monate in Anspruch nimmt. Der Entwurf wird anschließend dem Bundeskanzleramt zugesandt. Unter Berücksichtigung der Dreiwochenfrist für die Stellungnahme durch den Bundesrat nach Art. 76 Abs. 2 des Grundgesetzes könnte der Regierungsentwurf noch im letzten Junidrittel beim Bundestag eingebracht werden, und am 26. Juni könnte die erste Lesung erfolgen. Ich bin bemüht, diesen Zeitplan mit allen Mitteln einzuhalten, sofern nicht unvorhergesehene Zeitverschiebungen eintreten sollten.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Müller-Hermann.

Dr. Ernst Müller-Hermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001569, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sehr geehrter Herr Minister, können Sie sich wenigstens für Ihr Haus verbürgen, daß man den Versuch macht, durch eine Kombination aller Anstrengungen seitens der Regierung und dieses Hohen Hauses sicherzustellen, daß dieses leidige Thema noch in der letzten Sitzungswoche vor der Sommerpause vom Bundestag erledigt werden kann?

Dr. Rolf Dahlgrün (Minister:in)

Politiker ID: 11000348

Uneingeschränkt ja, Herr Kollege Müller-Hermann.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Ich rufe die Frage VIII/3 - des Abgeordneten Müller-Hermann - auf: Sieht der Herr Bundesfinanzminister eine Möglichkeit, angesichts der ständig verzögerten Gleichstellung der deutschen Werftindustrie mit ihrer ausländischen Konkurrenz eine Umsatzsteuerrückvergütung für Wasserfahrzeuge rückwirkend für einen Termin vor dem 1. Januar 1963, möglichst mit Wirkung vom 1. Januar 1962 in Kraft zu setzen?

Dr. Rolf Dahlgrün (Minister:in)

Politiker ID: 11000348

Zur Frage 3 darf ich folgende Antwort geben: Was die Frage der Rückwirkung der Vergütungserhöhung für Wasserfahrzeuge auf einen Termin vor dem 1. Januar 1963 betrifft, so darf ich darauf aufmerksam machen, daß die Erhöhung der Vergütungssätze von 3 % auf 7 % den Bund jährlich rund 64 Millionen DM kostet. Die Einnahmen des Bundes aus der Umsatzsteuer sind demgegenüber im Jahre 1962 um rund 277 Millionen DM hinter dem Voranschlag zurückgeblieben. Unter diesen Umständen dürfte es unserer Auffassung nach nicht zu vertreten sein - abgesehen von den damit verbundenen großen verwaltungsmäßigen Schwierigkeiten -, das verflossene Haushaltsjahr noch in dieser Höhe zu belasten.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Müller-Hermann!

Dr. Ernst Müller-Hermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001569, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Minister, sind Sie nicht mit mir ,der Meinung, daß es ungerechtfertigt ist - nachdem diese Frage nun seit über einem Jahr ständig hin- und herdiskutiert worden ist, und angesichts der Tatsache, daß in der Sache an sich eine völlig einheitliche Meinung beMüller-Hermann steht -, die Rückwirkung, die sich aus den Verzögerungen in der Gesetzgebung ergeben hat, nicht ,akzeptieren zu wollen?

Dr. Rolf Dahlgrün (Minister:in)

Politiker ID: 11000348

Herr Kollege Müller-Hermann, daß das Verfahren, das wir einhalten müssen und das über den nationalen Raum hinaus in die EWG hineinreicht, sehr umständlich ist, wissen Sie. Sie wissen auch, daß rückwirkende Gesetze, insbesondere rückwirkende Steuergesetze, sehr problematisch sind. Bei allem Verständnis, das ich für die Lage dieser Werften habe, die ja unter Druck stehen, glaube ich, daß wir eine Rückwirkung bei diesen Umsatzsteuervergütungen nicht vorsehen können.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine weitere Frage!

Dr. Ernst Müller-Hermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001569, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Minister, ich muß noch einmal auf die Frage zurückkommen. Müssen Sie mir nicht zustimmen, wenn ich sage, daß die Werften in diesem Falle völlig ungerechtfertigterweise die Leidtragenden dafür sind, daß wir hier in dieser Frage beim Gesetzgebungs- bzw. beim Rechtsverordnungsverfahren nicht vorankommen?

Dr. Rolf Dahlgrün (Minister:in)

Politiker ID: 11000348

Ich glaube, daß unangemessene Verzögerungen nicht eingetreten sind. Sowas kann immer vorkommen, Herr Müller-Hermann.

Dr. Ernst Müller-Hermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001569, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich werde auf die Frage wieder zurückkommen. Ich bin nicht zufrieden.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Im Augenblick haben Sie diese Möglichkeit aber nicht. - Ich danke Ihnen, Herr Minister. Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft. Ich rufe auf die Frage IX/1 - des Herrn Abgeordneten Jacobi ({0}) -: Ist der Bundesregierung bekannt, daß bisher vom Saarland belieferte Versorgungsunternehmen des süddeutschen Raumes mit dem Ablauf des Kohlenwirtschaftsjahres ({1}) nur noch zu wesentlich verschlechterten Preisen und Bedingungen mit Gaskohle beliefert werden? Ist der Kollege Jacobi im Saal? - Wird die Frage von einem anderen Kollegen aufgenommen? - Das ist nicht der Fall; dann wird die Frage schriftlich beantwortet. Ich rufe auf die Frage IX/2 - des Herrn Abgeordneten Jacobi ({2}) -: Ist die Bundesregierung der Überzeugung, daß die für das in Frage IX/1 erwähnte Geschäftsgebaren gegebene Begründung ({3}) zutreffend und vertretbar ist? Auch diese Frage wird schriftlich beantwortet. Ich rufe auf die Frage IX/3 - des Herrn Abgeordneten Weigl -: Ist der Bundesregierung bekannt, inwieweit wesentlich niedrigere Bruttopreise der französischen Elektromotorenhersteller auf staatliche Vergünstigungen im Herstellerland zurückzuführen sind? Ist der Kollege Weigl im Saal? ({4}) - Herr Abgeordneter Spies ({5}) übernimmt die Frage. Bitte, Herr Staatssekretär!

Not found (Staatssekretär:in)

Besondere staatliche Vergünstigungen für Elektromotorenhersteller in Frankreich sind nicht bekannt. Ein geringer Vorteil der französischen Hersteller gegenüber den deutschen könnte in den verschiedenen Steuersystemen der beiden Länder begründet sein. Das französische Mehrwertsteuersystem ermöglicht eine exaktere Ausfuhr-Umsatzsteuerrückvergütung als die deutsche kumulative Umsatzsteuer. Der Unterschied wird bei Elektromotoren aber höchstens zwei bis drei Punkte betragen. Darüber hinaus genießen die französischen Exporteure Steuervorteile, wie bevorzugte Abschreibung, Steuererlaß und staatliche Hilfe bei der Exportversicherung und ähnliches. Alle diese Begünstigungen gelten für die gesamte Warenbreite des französischen Exports und werden seit vielen Jahren gewährt. Sie können nicht als besondere Ursache für die derzeitigen niedrigen Bruttopreise der französischen Elektromotorenhersteller herangezogen werden.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Herr Abgeordneter Weigl ist jetzt im Raum. Eine Zusatzfrage? ({0}) - Das ist nicht der Fall. Dann rufe ich auf die Frage IX/4 - des Herrn Abgeordneten Dr. Schmidt [Gellersen] -: Aus welchen Gründen werden den Vorlagen der Europäischen Kommission an den Ministerrat, die auf Grund des Ratifikationsgesetzes zu den europäischen Verträgen dem Bundestag vorgelegt werden, die Begründungstexte nicht beigefügt? Bitte sehr, Herr Staatssekretär!

Not found (Staatssekretär:in)

Die Begründung der Vorschläge der Kommission der EWG ist in den Präambeln enthalten. Zusätzlich legt die Kommission ihren Vorschlägen Erläuterungen bei. In ihnen sind vielfach Ausführungen enthalten, denen die Bundesregierung aus wirtschaftlichen, rechtlichen oder anderen Erwägungen nicht immer zustimmen kann. Die Bundesregierung müßte daher bei der Übersendung dieser Erläuterungen ihrerseits Stellungnahmen beifügen, damit Mißverständnisse vermieden werden. Da solche Stellungnahmen aber oft erst nach längeren Beratungen abgegeben werden könnten und da es im Interesse unserer Verhandlungsführung unzweckmäßig wäre, die Auffassung der Bundesregierung in den der Öffentlichkeit zugänglichen Bundestagsdrucksachen festzulegen, bevor die Verhandlungen im Rat überhaupt begonnen haben, beschränkt sich die Bundesregierung in der Regel auf die Übersendung des Textes der Vorschläge mit der in der Präambel enthaltenen Begründung. Erforderliche Er3456 läuterungen werden jeweils bei den Beratungen in den Ausschüssen gegeben.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Keine Zusatzfrage! - Frage IX/5 - des Herrn Abgeordneten Dr. Kohut Weiß der Herr Bundeswirtschaftsminister, welche Regreßansprüche von der Sowjetunion an mehrere Firmen gestellt wurden, die sich nicht in der Lage sahen, die vertraglich zugesicherten Lieferungen von Röhren an die Sowjetunion zu erfüllen?

Not found (Staatssekretär:in)

Die Firmen Hoesch, Mannesmann und Stahlunion Export GmbH - letztere für Phoenix Rheinrohr - haben mitgeteilt, daß ihr sowjetrussischer Vertragspartner wegen Nichterfüllung der vereinbarten Rohrlieferungen eine Schadensersatzforderung angekündigt hat. Die Firmen haben die Berechtigung solcher Forderungen von sich aus zurückgewiesen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Kohut.

Dr. Oswald Adolph Kohut (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001169, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Es ist doch anzunehmen, daß die Vertragspartner der genannten Firmen die Schadensersatzforderung aufrechterhalten und unter Umständen damit durchdringen. Wird in diesem Falle die Bundesregierung für die beklagten Firmen eintreten müssen?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, diese Frage ist jetzt nicht zu beantworten. Nach Meinung der Bundesregierung bestehen Schadensersatzforderungen nicht zu Recht, und zwar aus ganz eindeutigen vertraglichen Gründen. Bei dieser Lage bin ich der Meinung, daß die Bundesregierung keine Veranlassung hätte, ihrerseits in Schadensersatzforderungen einzutreten, die die Firmen unter Umständen akzeptieren würden.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine weitere Frage des Abgeordneten Dr. Kohut.

Dr. Oswald Adolph Kohut (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001169, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Liegt nicht in diesem Falle ein wirklicher Vertragsbruch vor, .so daß die Schadensersatzforderung berechtigt ist?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, die Bundesregierung ist eindeutig der Meinung, daß kein Vertragsbruch vorliegt.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Spies.

Josef Spies (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002198, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, die Vertragspartner wußten doch, daß zum vollständigen Abschluß des Vertrages die Genehmigung .der Bundesregierung notwendig war?

Not found (Staatssekretär:in)

In den Verträgen ist expressis verbis ein Vorbehalt für die entsprechenden Genehmigungen gemacht, so daß nach Meinung der Bundesregierung diese Verträge überhaupt schwebend unwirksam sind. ({0})

Josef Spies (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002198, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Daher bestehen auch keine Ansprüche, wollen Sie sagen?

Not found (Staatssekretär:in)

Nach unserer Meinung bestehen keine Ansprüche.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Frage IX/6 - des Abgeordneten Dr. Kohut -: Trifft es zu, daß die bundeseigene Howaldt-Werft spätestens bis zum Frühjahr 1964 rund 3000 Arbeiter entlassen muß, weil sie den bisher größten Nachkriegsauftrag von neun Schiffen mit einer Tonnage von 270 000 t im Wert von 700 Millionen Mark von der Sowjetunion als Regreßmaßnahme für das RöhrenEmbargo nicht erhält?

Not found (Staatssekretär:in)

Ich möchte den Herrn Abgeordneten fragen, ob er unter Umständen bereit wäre, die Frage zurückzustellen oder ihre Beantwortung auf eine private Unterhaltung zu verweisen, angesichts der Tatsache, daß es nach meiner Meinung nicht im deutschen Interesse gelegen wäre, sie jetzt in der Öffentlichkeit zu behandeln. ({0})

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Herr Abgeordneter Dr. Kohut?

Dr. Oswald Adolph Kohut (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001169, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Im Hinblick auf die für die zweite Hälfte dieses Monats vorgesehenen sehr wichtigen Verhandlungen und im deutschen Interesse bin ich damit einverstanden, daß die Beantwortung der Frage zurückgestellt wird. Ich werde sie erneut im Juni aufgreifen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Herr Abgeordneter Dr. Kohut zieht also die Frage dm Augenblick zurück. Dann Frage IX/7 - des Abgeordneten Margulies -: Ist der Herr Bundeswirtschaftsminister bereit, durch sofortige Aufnahme von Verhandlungen mit Großbritannien das Anliegen der niederländischen Regierung zu unterstützen, für Tropenholz und Tee zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des handelspolitischen Teils des Abkommens über die Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und den mit dieser Gemeinschaft assoziierten afrikanischen Staaten und Madagaskar eine gemeinsame Regelung der EWG und Großbritanniens herbeizuführen, wie sie in den Beitrittsverhandlungen mit Großbritannien schon vorbesprochen war, um den europäischen Konflikt möglichst von Afrika und Madagaskar fernzuhalten?

Not found (Staatssekretär:in)

Der EWG-Ministerrrat hat am 2. April 1963 die EWG-Kommission beauftragt, im Namen der Gemeinschaft Verhandlungen mit dem Vereinigten Königreich über die Zölle für Tee in Packungen von mehr als 3 kg und für tropische Hölzer aufzunehmen. Das Ziel dieser Verhandlungen soll sein, daß sowohl im Gemeinsamen Zolltarif als auch im britischen Zolltarif die genannten Zölle beseitigt werden. Die am 25. April 1963 in Genf unter Beteiligung von Vertretern der Bundesrepublik und der übrigen Mitgliedstaaten aufgenommenen Verhandlungen sind bisher zufriedenstellend verlaufen. Es ist vorgesehen, daß die afrikanischen assoziierten Staaten zu der Frage noch konsultiert werden. Falls sie zustimmen - womit gerechnet werden kann -, ist der baldige Fortfall der Zölle für Tee in Großpackungen und tropische Hölzer zu erwarten.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine Zusatzfrage wird nicht gewünscht. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär. Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr. Ich rufe auf die Frage X/1 - des Abgeordneten Dr. Tamblé -. Was gedenkt die Bundesregierung zur Behebung der unzureichenden Verkehrssicherheit der B 5 zwischen Struckum ({0}) und Bredstedt ({1}) - 23 Verkehrsunfälle im Jahre 1962, davon 4 mit tödlichem Ausgang - zu tun?

Not found (Staatssekretär:in)

Der Streckenabschnitt der Bundesstraße 5 zwischen Struckum und Bredstedt umfaßt Teile der Ortsdurchfahrten Struckum und Bredstedt sowie die Ortsdurchfahrt Brecklum. Die dazwischen liegenden Abschnitte freier Strecken sind etwa 250 und 400 m lang. Die Fahrbahn der Bundesstraße 5 zwischen Struckum und Bredstedt ist 5,5 bis 6 m breit; Radwege und Fußwege sind nicht vorhanden. Zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse ist für 1964 der Bau eines besonderen „Rad- und Fußweges" vorgesehen; der baureife Entwurf wird zur Zeit bearbeitet. Der Bundesminister für Verkehr hält diese Ergänzung des Straßenzuges für unbedingt erforderlich, da bei den Unfällen überwiegend Fußgänger und Radfahrer betroffen worden sind.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Ich rufe auf die Frage X/2 - des Herrn Abgeordneten Ertl -: Bis zu welchem Zeitpunkt wird nach den Plänen der Bundesregierung voraussichtlich damit gerechnet werden können, daß alle Autobahnstrecken des Bundesgebietes mit den der Unfallverhütung dienenden Sicherheitsplanken versehen sind?

Not found (Staatssekretär:in)

Ich habe die Frage des Herrn Abgeordneten Ertl bereits in der Fragestunde am 7. Dezember 1962, und zwar damals auf eine Frage des Herrn Abgeordneten Baier ({0}), beantwortet. Die Antwort gilt auch heute noch. Bis Ende 1962 sind etwa 1600 km Leitplanken im Mittelstreifen der Autobahnen aufgestellt worden. Im Jahre 1963 werden weitere 600 bis 700 km angebracht, so daß dann 2200 bis 2300 km gesichert sind. Ende des Jahres 1964 wird das gesamte Netz von dann etwa 3200 km auf diese Weise gesichert sein.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Keine Zusatzfrage. Ich rufe auf die Frage X/3 - des Herrn Abgeordneten Vogt Warum wurde entgegen der bisher geltenden Rechtsauffassung, nach der der Bund als Straßenbaulastträger gemäß § 5 FStrG für Ortsdurchfahrten im Zuge von Bundesstraßen auch die Kosten für an ihnen zu errichtende Verkehrssignalanlagen - Lichtsignalanlagen eingeschlossen - in geschlossener Ortslage anteilig zu tragen hat, neuerdings unter Berufung auf die VO zur Durchführung des Reichspolizeikostengesetzes aus dem Jahre 1940 angeordnet, diese Kasten nicht mehr zu übernehmen?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Präsident, ich bitte, die Fragen 3 und 4 zusammen beantworten zu dürfen, da sie denselben Gegenstand betreffen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Einverstanden. Dann rufe ich auch auf die Frage X/4 - des Herrn Abgeordneten Vogt -: Soll diese in Frage X/3 angeführte Anordnung auch für solche Baumaßnahmen geiten, denen längst abgeschlossene Umbau/ Ausbau-Verträge zugrunde liegen und deren Planung genehmigt ist?

Not found (Staatssekretär:in)

Zu der Frage 3: Art. 14 Abs. 5 der Durchführungsverordnung zum Reichspolizeikostengesetz von 1940 bestimmt, daß Verkehrseinrichtungen und -anlagen, die in der Regel nur innerhalb geschlossener Ortslagen erforderlich werden, in den Ortschaften auf Kosten der Gemeinden zu errichten und zu unterhalten sind, ohne Rücksicht darauf, wer Träger der Straßenbaulast ist. Zu diesen Verkehrseinrichtungen gehören laut ausdrücklicher Aufzählung auch die Signalanlagen. Mit Erlaß vom 10. August 1960 hatte sich der Bundesminister für Verkehr auf den Standpunkt gestellt, daß diese Regelung durch die Verkehrsentwicklung überholt sei. Signalanlagen werden heute auch immer mehr außerhalb geschlossener Ortschaften verwandt. Der Bundesminister für Verkehr erklärte sich daher damit einverstanden, daß innerhalb der Ortsdurchfahrten von Bundesstraßen, deren Baulast der Bund trägt, also bei Gemeinden bis zu 50 000 Einwohnern, die Kosten von Signalanlagen wie die Kosten sonstiger Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen vorn Bund übernommen werden, wobei gegebenenfalls auch der Träger der Straßenbaulast einer kreuzenden Straße nach den Bestimmungen des Bundesfernstraßengesetzes zu beteiligen war. Dieser Auffassung haben der Bundesrechnungshof und der Bundesminister der Finanzen widersprochen, und eine Übereinstimmung konnte nicht erzielt werden. Der Bundesminister für Verkehr sah deshalb keine andere Möglichkeit, als im März 1963 den Erlaß von 1960 wieder aufzuheben. Die Gemeinden haben demgemäß die Kosten für die Errichtung, Änderung, den Betrieb und die Unterhaltung von Signalanlagen in Ortsdurchfahrten von Bundesstraßen, auch soweit diese in der Baulast des Bundes stehen, wieder selbst zu tragen. Eine Änderung wäre nur durch eine entsprechende gesetzliche Regelung möglich. Zu Frage 4: Soweit bis März 1963 der Bund die Kosten für Signalanlagen in Ortsdurchfahrten von Bundesstraßen getragen hat, wird es im Hinblick auf den Erlaß vom 10. August 1960 für die Vergangenheit damit sein Bewenden haben müssen. In Zukunft müssen jedoch leider die Gemeinden wieder die Kosten für die bestehenden Signalanlagen selbst tragen, also für den Betrieb, die Unterhaltung und Erneuerung einstehen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Vogt!

Karl Heinz Vogt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002382, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Habe ich Sie richtig verstanden, Herr Staatssekretär: daß der Bund die Baulast für Signalanlagen in geschlossener Ortslage an Bundesstraßen auch weiterhin trägt, wenn bis zum Jahr 1963 sogenannte UA-Verträge zwischen den Gemeinden und den zuständigen unteren Straßenbaubehörden abgeschlossen sind?

Not found (Staatssekretär:in)

So ist es beabsichtigt.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine weitere Frage des Herrn Abgeordneten Vogt!

Karl Heinz Vogt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002382, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, bringt diese Absicht bereits eine Gewißheit für die Gemeinden mit sich, daß 'es so werden wird?

Not found (Staatssekretär:in)

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Ich will sagen, bis zum Tag der Aufhebung des Erlasses vom Jahre 1960 sollen die Zusagen, die gemacht worden sind, auch eingehalten werden.

Karl Heinz Vogt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002382, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident, ich habe zwei Fragen eingereicht. Darf ich eine weitere Zusatzfrage stellen?

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Sie haben das Recht, vier Zusatzfragen zu stellen.

Karl Heinz Vogt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002382, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Danke. Dann darf ich meine Frage noch einmal wiederholen. Habe ich Ihre Antwort, auch die letzte, so richtig verstanden, Herr Staatssekretär, daß der Bund bereit ist, die Verpflichtungen zu tragen, die er durch den Abschluß von Umbau/Ausbau-Verträgen zwischen den unteren Straßenbaubehörden und ,den Gemeinden bis zur Aufhebung des Erlasses eingegangen ist?

Not found (Staatssekretär:in)

Ja.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Herr Abgeordneter Dröscher zu einer Zusatzfrage!

Wilhelm Dröscher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000422, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, aus Ihrer Darstellung war, wenn ich Sie richtig verstanden habe, zu entnehmen, daß das Verkehrsministerium ursprünglich der Ansicht war, daß die Tragung der Kosten durch den Bund berechtigt sei. Auf Grund der Stellungnahme des Finanzministeriums ist die Übernahme offenbar ohne Gesetzesänderung nicht möglich. Deshalb frage ich, ob nicht beabsichtigt ist, eine Gesetzesänderung vorzuschlagen, ober ob es dafür Vorarbeiten gibt.

Not found (Staatssekretär:in)

Für eine Gesetzesvorlage ist natürlich eine Übereinstimmung zumindest der nächstbeteiligten Ministerien erforderlich, sofern die Gesetzesvorlage durch die Regierung eingebracht wird.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Ich rufe die von der Abgeordneten Frau Meermann gestellte Frage X/5 auf: Besteht die Absicht, die derzeitige Maschenweite der Gittertrittbretter an Eisenbahnwagen auch künftig beizubehalten?

Not found (Staatssekretär:in)

Die Frage beantworte ich nach Rückfrage bei der Deutschen Bundesbahn mit Ja. Die nach dem Kriege von der Deutschen Bundesbahn an allen Neubau- und Umbauwagen verwendeten Trittbretter in Form von Gitterrosten haben sich als äußerst wirksames Mittel erwiesen, Unfälle durch Ausrutschen bei Nässe und besonders bei Schnee- und Eisglätte zu vermeiden. Vor der Einführung dieser Gittertrittbretter haben technische Stellen der Deutschen Bundesbahn Untersuchungen über die anzuwendende Maschenweite der Roste angestellt. Dabei ergab sich als unterstes Minimum ein Maß von etwa 20 mm. Engere Gitter setzen sich mit Schmutz, Bremsstaub und Schnee zu und sind dann genauso rutschgefährlich wie die früher verwendeten echten Trittbretter. Zusammenfassend möchte ich feststelllen, daß die Gittertrittbretter in ihrer jetzigen Ausführung das Sicherheitsbedürfnis des weitaus größten Teils der Reisenden erfüllen. Eine Anpassung an die derzeitige Damenschuhmode mit Absätzen bis herunter zu 8 mm Durchmesser würde zwar den Trägerinnen solcher Schuhe zugute kommen, dafür aber sämtliche Reisenden bei entsprechendem Wetter der Gefahr des Ausrutschens aussetzen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Meermann!

Hedwig Meermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001453, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ist untersucht worden, ob nicht bei einer etwas geringeren Maschenweite die Sicherheit noch genauso gewährleistet ist? Glauben Sie nicht, daß man einmal überlegen sollte - ohne daß ich deswegen etwa eine Änderung der vorhandenen Trittbretter beantragen möchte -, ob man die künftig herzustellenden Trittbretter als eine Art Kundendienst für reisende Damen mit einem etwas engeren Gitterrost herstellen könnte?

Not found (Staatssekretär:in)

Gnädige Frau, die Absätze haben, wie ich auf Grund der Akten festgestellt habe, ein solches Minimum an Breite oder, besser gesagt, Spitze erreicht, daß es meines Erachtens technisch kaum möglich sein wird, diesem Wunsche Rechnung zu tragen. ({0}) Aber das Problem wird weiter im Auge behalten.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Zu einer weiteren Frage Herr Abgeordneter Dröscher!

Wilhelm Dröscher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000422, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, obwohl die Sache vielleicht lächerlich klingt, glaube ich doch, daß hier ein ganz ernstes Problem vorliegt. Denn die Gefährdung der benutzenden Damen - Entschuldigung! -, ({0}) der die Gittertrittbretter benutzenden Damen ist sicher prozentual höher als die Gefährdung durch die allgemeine Rutschgefahr bei Verwendung von Einheitstrittbrettern. ({1}) Meine Frage ist jetzt, ob die Untersuchungen, die damals angestellt worden sind - die sicher berechtigt waren und deren Ergebnis sicher damals richtig war -, vom Zeitpunkt der Gestaltung der heute modischen Schuhe an hinsichtlich der Voraussetzungen noch richtig sind. Ich frage Sie, ob man nicht dahin kommen müßte, daß eine völlig neue Form solcher Trittbretter gefunden wird, die auch mit Pfennigabsätzen gefahrlos zu benutzen sind.

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, ich bin überzeugt, daß dieses Problem, nachdem es durch die Anfrage aufgerollt und auch der Bundesbahn Anlaß zu Überlegungen gegeben hat, weiter geprüft werden wird.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Zimmermann.

Else Zimmermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002596, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Eine Frage zur Sicherheit der Trittbretter: Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß der Abstand der Trittbretter untereinander und der zu den Bahnsteigkanten häufig so ist, daß es akrobatischer Anstrengungen bedarf, um einen Zug zu besteigen oder zu verlassen, und daß kurzbeinige, gehbehinderte oder ältere Menschen dies ohne fremde Hilfe nicht bewerkstelligen können?

Not found (Staatssekretär:in)

Diese Schwierigkeiten sind bekannt. Ich bin überzeugt, sie hängen wohl damit zusammen, daß es durch die Elektrifizierung möglich ist, längere Züge einzusetzen, während die Bahnsteige natürlich aus der Zeit stammen, da die Züge noch kürzer waren. Ich bin aber überzeugt, daß die Bundesbahn sich schon jetzt mit dem Problem befaßt, wie man diesen Schwierigkeiten begegnen kann. Es wird in jedem Fall wahrscheinlich technischer Maßnahmen auf den Bahnsteigen bedürfen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine weitere Zusatzfrage Frau Abgeordnete Meermann.

Hedwig Meermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001453, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, da zwar feststeht, daß die Damenschuhmode sich ändern wird, aber keineswegs feststeht, daß sie uns breitere Absätze bescheren wird, möchte ich gerade auch im Hinblick auf einen Prozeß, der gegen die Bundesbahn kürzlich geführt wurde und den sie gewonnen hat, fragen, ob dieses Problem nicht doch noch einmal überprüft werden könnte. Es ist durchaus nicht sicher, daß alle Richter - wenn sich Unfälle ereignen - bei ähnlichen Klagen genauso entscheiden.

Not found (Staatssekretär:in)

Ich habe bereits gesagt, gnädige Frau, daß die Frage weiter geprüft wird. Man. sollte aber, glaube ich, etwas vorsichtig mit dem Wort „niemals" sein. Ich darf daran erinnern, daß sich die Bundesbahn vor zehn Jahren, als diese neuartigen Gittertrittbretter eingeführt worden sind, auch mit dem Fachverband der Damenschuhindustrie in Verbindung gesetzt hat und dieser Fachverband damals der Auffassung war, daß die damals gefundene Lösung allen Eventualitäten Rechnung trägt. Auch das war nicht der Fall.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ritzel.

Heinrich Georg Ritzel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001860, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ich möchte eine Frage ih umgekehrter Richtung stellen. Sieht das Bundesverkehrsministerium im Interesse der Sicherheit des Verkehrs für die Damen eine Möglichkeit, gegebenenfalls in Verbindung mit dem Gesundheitsministerium auf eine Normalisierung des Schuhwerks der Damen ({0}) in der Richtung hinzuwirken, daß sich die Schuhe den Füßen und nicht die Füße den Schuhen anpassen? ({1})

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, ich werde diese Anregung gern dem dafür zuständigen Ministerium weiterleiten.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Ich danke dem Herrn Staatssekretär. - Damit sind wir am Ende der heutigen Fragestunde. Ich rufe den Tagesordnungspunkt II ,auf: Sammelübersicht 16 des Ausschusses für Petitionen ({0}) über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages zu Petitionen ({1}). Es liegt der Antrag des Ausschusses vor, die Anträge, die aus der Sammelübersicht ersichtlich sind, anzunehmen. Wer zustimmt, gebe bitte ein Zeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmige Annahme. Vizepräsident Dr. Dehler Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt III: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Beteiligungsverhältnisses an der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer ({2}) ; ferner den Tagesordnungspunkt IV: Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1963 ({3}) ({4}). Berichte des Haushaltsausschusses. Die beiden Punkte sollen zusammen beraten werden, und es soll eine einheitliche Aussprache stattfinden. Es ist vorgeschlagen worden, die zweite Beratung des Haushaltsgesetzes mit einer allgemeinen Beratung zu beginnen. Ich darf das Einverständnis des Hauses damit feststellen. Das Wort zu beiden Tagesordnungspunkten, insbesondere zur Begründung des Gesetzentwurfs unter Punkt III, hat der Herr Bundesminister der Finanzen.

Dr. Rolf Dahlgrün (Minister:in)

Politiker ID: 11000348

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich begrüße es dankbar, daß den darauf gerichteten Bemühungen der Bundesregierung entsprochen und die erste Lesung des Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Beteiligungsverhältnisses an der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer vor Beginn der zweiten Lesung des Bundeshaushalts angesetzt worden ist. Die Beratung und Verabschiedung dieses Gesetzentwurfs in Verbindung mit der zweiten und dritten Lesung des Bundeshaushalts 1963 ist notwendig, weil ein untrennbarer Sachzusammenhang besteht. Außerdem gewinne ich bei den Beratungen des schon im vorigen Jahre eingebrachten Bundeshaushalts auf diesem Wege meinerseits Gelegenheit zu einigen grundsätzlichen Bemerkungen. Die Tatsache, meine sehr verehrten Damen und Herren, daß der Gesetzentwurf nach den Vorstellungen der Bundesregierung und dem Ergebnis der Beratungen des Haushaltsausschusses des Bundestages zur Deckung des Fehlbetrages des Bundeshaushalts 1963 in Höhe von rund 2 Milliarden DM dienen soll, zwingt ja dazu, diesen Gesetzentwurf über die Änderung des Beteiligungsverhältnisses und den Bundeshaushalt 1963 im Zusammenhang zu sehen und in einer Gesamtbetrachtung zu prüfen. Die Bundesregierung hätte es deshalb gerne gesehen, wenn der Gesetzentwurf bereits zu einem früheren Zeitpunkt hätte vorgelegt werden können. Die Prüfung der Frage, in welchem Umfang eine Erhöhung des Bundesanteils an der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer möglich und geboten sein könnte, ist bereits während der Aufstellung des Entwurfs für den Bundeshaushalt 1963 im vorigen Jahr begonnen worden und hat damals bereits zu dem Ihnen jetzt vorliegenden Vorschlag geführt. Die Tatsache, daß damit zugleich Fragen des bundesstaatlichen Finanzausgleichs in seinem ganzen Umfang, mit seinen Ausstrahlungen auf Bund, Länder und Gemeinden berührt werden und daß das Gesetz der Zustimmung des Bundesrates bedarf, ließ es geboten erscheinen, auf der Grundlage des vom Bundesrat im ersten Durchgang geprüften Bundeshaushaltsplans 1963 zunächst eine vorbereitende Verhandlung mit den Ländern zu führen. Dafür wurde in einer Besprechung der Herren Ministerpräsidenten bei dem Herrn Bundeskanzler am 25. Oktober 1962 ein Ausschuß von je vier Mitgliedern der Bundesregierung und der Landesregierungen vorgesehen. Dieser Ausschuß sollte prüfen, welche Aufgaben des Bundes und welche Aufgaben der Länder von besonderer Dringlichkeit sind, und sollte eine angemessene Verteilung des Aufkommens aus der Einkommen- und Körperschaftsteuer vorschlagen. Dieses am 25. Oktober des vorigen Jahres eingesetzte Gremium hatte also nach dem Gründungsprotokoll - wenn ich das einmal so nennen darf - ausdrücklich auch den Auftrag, in bezug auf das Aufkommen der beiden genannten Steuern eine angemessene andere Verteilung zwischen Bund und Ländern vorzuschlagen. Es ist nicht verständlich, daß später dieser Auftrag bestritten worden ist. Die Bildung der Bund-Länder-Kommission ist zunächst durch die Umbildung der Bundesregierung, danach aber leider auch durch Terminschwierigkeiten auf der Länderseite etwas verzögert worden. Die Kommission hat die Beratungsunterlagen in einer Zusammenstellung des Bundesfinanzministeriums nach dem neusten Stand der Ist-Zahlen am 15. Februar 1963 und in einer Stellungnahme der Länder vom 25. März 1963 erhalten. Es wurden zwei Sitzungen, am 7. März und am 2. April 1963, abgehalten. Ich bedaure sehr, daß die Beratungen nicht zu einer Verständigung geführt haben, sondern angesichts der Notwendigkeit, den Gesetzentwurf einzubringen, für beendet erklärt worden sind. Die Bundesregierung hat den Gesetzentwurf einbringen müssen, damit er mit der Stellungnahme des Bundesrats vom Bundestag im Zusammenhang mit dem Bundeshaushalt 1963 beraten werden kann. Bei diesem Stand der Verhandlungen hat zwischen dem Bund und allen Ländern ohne Ausnahme - das möchte ich ausdrücklich hervorheben - volles Einvernehmen darüber bestanden, daß nunmehr der Weg des institutionellen Verfahrens eingeschlagen werden solle und eingeschlagen werden müsse. Selbstverständlich kann bei dieser Sachlage keine Rede davon sein, daß nun zwischen Bund und Ländern etwa ein unüberbrückbarer oder höchst unerquicklicher Streit ausgebrochen sei. Bund und Länder gehen gemeinsam den ordnungsgemäßen Weg, den unsere Verfassung festgelegt hat, und werden auf diesem Wege die in einer Demokratie durchaus normale Verschiedenartigkeit ihrer Auffassungen auf demokratische Weise lösen. Zu dem vom Bundesrat im ersten Durchgang gefaßten Beschluß, 'die Vorschläge der Bundesregierung in der geforderten Höhe abzulehnen, möchte ich ergänzend darauf hinweisen, daß das doch offenbar kein glattes Nein 'ist und daß auch der BundesBundesminister Dr. Dahlgrün rat den Wunsch hat, das Gesetz über die Änderung des Beteiligungsverhältnisses an der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer mit dem Bundeshaushalt 1963 rechtzeitig in derselben Sitzung zu verabschieden. Dabei hat sich der Bundesrat die Begründung seiner Ablehnung vorbehalten und bisher nur inoffizielle und teilweise bekannte Vorschläge zur Deckung des noch verbleibenden Fehlbetrages unterbreitet. Ich vermag nicht zu sagen, ob das die Anrufung des Vermittlungsausschusses oder nur eine Stellungnahme mit Empfehlungen zu Kürzungen und einsparender Bewirtschaftung bedeutet. Die Verhandlungen im Bundesrat haben - wie aus den Ausführungen des Herrn Berichterstatters im Plenum des Bundesrats klar hervorgeht - zwei sehr wesentliche Gesichtspunkte ergeben, in denen der Bundesrat mit der Bundesregierung übereinstimmt und die ich betont hervorheben möchte. Erstens. Im Bemühen um eine gerechte, allseits befriedigende, im Interesse aller Beteiligten liegende Lösung müssen Bund und Länder die gemeinsame Verantwortung sehen. Zweitens. Steuererhöhungen auf dem Rücken des Staatsbürgers sind keine mögliche Lösung, ({0}) weil das Problem damit nur zeitlich hinausgeschoben würde, von den zu befürchtenden schädlichen Auswirkungen einmal ganz abgesehen. Dazu möchte ich zunächst wiederholen, was ich bereits im Bundesrat gesagt habe. Der Bundesminister der Finanzen ist bei der Erfüllung seiner Aufgaben nach dem Grundgesetz verpflichtet, an die Finanzen des Bundes, der Länder und der Gemeinden in gleicher Weise zu denken. Das gilt bereits, wenn es sich um die Steuergesetzgebung, um die Prüfung neue Lasten begründender Gesetze oder um die Gestaltung des Bundeshaushaltes selbst handelt. Diese Verpflichtung erhält ihr besonderes Gewicht dadurch, daß zur bedarfsgerechten Aufteilung der Steuereinnahmen auf die einzelnen Aufgabenträger die Entwicklung der öffentlichen Haushalte und die volkswirtschaftlichen und finanzpolitischen Notwendigkeiten berücksichtigt werden müßten. Heute möchte ich hier noch hinzufügen: Der Bundesminister der Finanzen ist gleichzeitig jedem Staatsbürger gegenüber besonders verpflichtet, darauf zu achten, daß die steuerlichen Belastungen unter wirtschaftlichen und sozialen Gesichtspunkten möglichst gerecht verteilt werden und tragbar sind und daß der Gesichtspunkt sparsamer Haushaltsführung nicht vergessen wird. Er ist deshalb jedem dankbar, der ihm vertretbare Möglichkeiten zur Senkung der Ausgaben konkret zeigt. Lassen Sie mich nach diesem Überblick über die bisherigen Verhandlungen nunmehr zu dem Gesetzentwurf selbst sprechen. Die bedarfsgerechte Verteilung der Steuereinnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden ist eine der wichtigsten Aufgaben der bundesstaatlichen Finanzverfassung und zugleich ein Prüfstein für die Lebens- und Funktionsfähigkeit unseres föderalistischen Staatswesens. Nach Art. 106 Abs. 4 des Grundgesetzes soll das Beteiligungsverhältnis - soll, nicht kann - an der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer geändert werden, wenn sich das Verhältnis zwischen Einnahmen und Ausgaben bei Bund und Ländern - wobei man gemäß Art. 106 Abs. 8 des Grundgesetzes hinzusetzen muß: einschließlich der Gemeinden - unterschiedlich entwickelt und dadurch in der Haushaltswirtschaft des Bundes oder der Länder ein so erheblicher Fehlbetrag entsteht, daß eine entsprechende Berichtigung des Beteiligungsverhältnisses zugunsten des Bundes oder zugunsten der Länder geboten ist. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die unterschiedliche Entwicklung des Verhältnisses zwischen Einnahmen und Ausgaben seit der letzten Festsetzung des Beteiligungsverhältnisses durch das Finanzverfassungsgesetz von 1955 kann angesichts der unterschiedlichen Entwicklung der Steuereinnahmen und der Ausgabenbelastungen nicht bestritten werden. Sie finden dazu in der Gesetzesbegründung die Zahlengegenüberstellungen für die Zeit von 1955 bis 1963 und, da der Bundesrat das Jahr 1955 nicht als Ausgangsjahr gelten lassen möchte, in der Gegenerklärung der Bundesregierung, die unserer Vorlage als Anlage 3 beigefügt ist, die Zahlen von 1958 bis 1963 gesondert, aus denen aber derselbe Schluß gezogen werden muß, wie wenn Sie das Jahr 1955 zugrunde legen würden. Von 1958 - ich nehme also das Jahr des Bundesrates - bis 1963 hat der Bund bei den Steuereinnahmen einen Zuwachs von 68,9 v. H. zu verzeichnen, die Länder und Gemeinden dagegen einen Zuwachs von 83,8 v. H. Die Gesamtausgaben im gleichen Zeitraum sind beim Bund um 63,9 v. H., bei den Ländern und Gemeinden aber nur um 57,2 v. H. gewachsen. Es kann also überhaupt keinem Zweifel unterliegen, zumal diese von mir genannten Zahlen bis heute unbestritten sind, daß die vom Grundgesetz als erste Voraussetzung für eine Änderung des Beteiligungsverhältnisses festgelegte unterschiedliche Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben von Bund und Ländern einwandfrei vorliegt. In dieser Rede von diesem Platze möchte ich Sie nun weiterhin nicht mit einzelnen Zahlen ermüden, aber zur Ermittlung der Zahlen, zu ihrer Errechnung und Festlegung, darf ich vielleicht doch noch das folgende erklären. Alle Dinge haben zwei Seiten. Die durch die Vorverhandlungen verursachte Verzögerung der Vorlage hat auf der anderen Seite den großen Vorteil, daß die Zahlen jetzt dem neuesten Stand entsprechen; ein Stand, der so aktuell ist, wie das überhaupt nur möglich ist. Die Schätzungen der Steuereinnahmen beim Bund für 1963 und die Zahlen für den Bundeshaushalt 1963 entsprechen dem einstimmigen Ergebnis der letzten Beratungen im Finanzausschuß und im Haushaltsausschuß des Bundestages. Von den Zahlen für die Haushaltsentwicklung der Länder und Gemeinden liegen heute nicht nur ,die Ist-Ergebnisse bis 1960 vor, sondern auch bereits die Ist-Ergebnisse nach der Finanzstatistik für das Rechnungsjahr 1961. So mußten wir nur für 1962 und 1963 hinsichtlich der Zahlen für die Länder und die Gemeinden schätzen, wobei wir die Zahlen aus den Unterlagen nach den bisher bewährten und von keiner Seite jemals angefochtenen Fortschreibungsmethoden abgeleitet haben. Weitere Erläuterungen zu den Zahlen bleiben zweckmäßigerweise den Ausschußberatungen vorbehalten. Der Bundesminister der Finanzen ist jedenfalls zu jeder Auskunft über die den Berechnungen zugrunde liegenden Angaben und zum Spiel mit offenen Karten bereit. Meine Damen und Herren, bei der Verabschiedung des Haushaltsentwurfs der Bundesregierung für 1963 durch die Bundesregierung standen einem Ausgabebedarf von 56,8 Milliarden DM nach den damaligen Schätzungen folgende Einnahmen gegenüber: Steuern 48,1 Milliarden DM, sonstige Einnahmen 3,1 Milliarden DM, Lastenausgleichsabgaben 1,7 Milliarden DM, Kreditmittel 1,8 Milliarden DM, insgesamt also 54,8 Milliarden DM, so daß eine Deckungslücke von 2 Milliarden DM verblieb, die durch eine Erhöhung des Bundesanteils an der Einkommen- und Körperschaftsteuer geschlossen werden sollte. Nach der Einbringung des Haushaltsentwurfs 1963 haben sich dann unabweisbare Mehrausgaben von rund 2,5 Milliarden DM ergeben. Davon entfallen auf die Verteidigung 1,4 Milliarden DM, auf Zuschüsse für die Landwirtschaft auf Grund der Beschlüsse des Haushaltsausschusses 448 Millionen DM, auf Bundeshilfe für Berlin 112 Millionen DM, auf die Förderung des Steinkohlenbergbaus 163 Millionen DM sowie auf die Deckung des Fehlbetrages 1962 410 Millionen DM. Alle diese Ausgaben sind so dringlich und wichtig, daß man sich über sie nicht hinwegsetzen konnte. Wenn diese Ausgaben zusätzlich zu den Ausgaben der Regierungsvorlage hinzugetreten wären, hätte sich ein Ausgabevolumen von 60,2 Milliarden DM ergeben, und der aus eigener Finanzkraft des Bundes nicht zu deckende Fehlbetrag wäre von 2 Milliarden auf 4,5 Milliarden DM gewachsen. Die Bundesregierung ist sich darüber im klaren gewesen, daß die Beseitigung einer solchen, großen Deckungslücke auf dem Wege des Art. 106 Abs. 4 GG die Länder überfordert hätte. Aus diesem Grunde haben sich die Überlegungen der Bundesregierung und des Haushaltsausschusses darauf gerichtet, eine Lösung zu finden, die für die Länder tragbar erschien. Dabei ist die Bundesregierung von der Erwägung ausgegangen, daß die in der Regierungsvorlage vorgesehene Erhöhung des Bundesanteils an der Einkommen- und Körperschaftsteuer um 5,5 v. H. und die damit verbundene Verschiebung der Finanzmasse die Grenze darstellt, die für 1963 nicht überschritten werden konnte. Diese Regelung trägt auch dem Grundgedanken des Art. 106 Abs. 4 GG Rechnung, der eine Schutzklausel - das wird oft und leicht übersehen - nicht nur zugunsten des Bundes, sondern auch zugunsten der Länder darstellt, weil ein billiger Ausgleich für Bund u n d Länder herbeigeführt werden muß. Unter den gegebenen Umständen lag es nahe, zunächst die Einnahmenansätze zu erhöhen. Ich habe daraufhin mit den zuständigen Stellen, nicht zuletzt mit dem Zentralbankrat, verhandelt, der im Hinblick darauf, daß der Kreditermächtigungsrahmen für 1962 nicht voll ausgeschöpft war, es auch vom Standpunkt der Bundesbank mit Rücksicht auf den Kapitalmarkt für vertretbar hielt, den Außerordentlichen Haushalt um 400 Millionen DM auf 2,2 Milliarden DM zu erhöhen. Darüber hinaus hat eine erneute Überprüfung unserer Steuerschätzungen stattgefunden, die auch vom Bundesrat im ersten Durchgang gefordert worden war. Sie hat zu dem Ergebnis geführt, daß nach der Entwicklung an Stelle der dem Regierungsentwurf zugrunde liegenden Wachstumsrate von 5 % eine Zunahme um 6,2% erwartet werden kann. Die Bundesregierung hat sich deshalb entschlossen, die Schätzungen der ordentlichen Einnahmen entsprechend zu erhöhen, so daß ein Mehrbetrag von rund 524 Millionen DM gerechtfertigt erscheint. Damit ist die Bundesregierung noch um mehr als 100 Millionen DM über die vom Bundesrat vorgeschlagene Höherschätzung der Steuereinnahmen hinausgegangen. Die Bundesregierung ist dem Bundesrat auch darin gefolgt, daß sie die Verwaltungseinnahmen um 100 Millionen DM höher angesetzt hat. Diese Maßnahmen haben insgesamt auf der Einnahmeseite zu einer Verbesserung des Haushalts um 940 Millionen DM geführt, so daß der zusätzliche Mehrbedarf bis auf 1,6 Milliarden DM gedeckt werden konnte. Diese verbleibende Deckungslücke sollte nach Auffassung der Bundesregierung durch Behandlung eines Teiles der überplanmäßigen Ausgaben für die Verteidigung 1962 als Vorgriff in Höhe von 400 Millionen DM, durch Umwandlung eines Teiles der Bausperre in Kürzungen in Höhe von 200 Millionen DM sowie durch gezielte Kürzungen in Höhe von 662 Millionen DM geschlossen werden. Da dann noch eine Lücke von 383,5 Millionen DM verblieb, hatte die Bundesregierung eine Globalkürzung von 6 % aller nicht auf Rechtsverpflichtung beruhenden Ausgaben der zivilen Haushalte in Aussicht genommen, und, wie das Hohe Haus im Verlaufe der zweiten Lesung noch hören wird, der Haushaltsausschuß hat statt der Globalkürzung weitere gezielte Kürzungen beschlossen, ohne daß sich dadurch das Ergebnis geändert hätte. Auf diese Weise wird der Haushalt 1963 ausgeglichen, ohne daß die Belastung der Länder den Rahmen überschreitet, der im Regierungsentwurf vorgesehen war. Daß dadurch eine Reihe von wichtigen Vorhaben gestrichen, eingeschränkt oder hinausgeschoben werden mußte, versteht sich von selber. Nun, meine Damen und Herren, der Fehlbetrag für das Rechnungsjahr 1964! Dieser Fehlbetrag muß in dem vorliegenden Gesetzentwurf bereits besonders berücksichtigt werden, weil Art. 106 Abs. 4 des Grundgesetzes eine neue Regelung des Beteiligungsverhältnisses vor Ablauf von zwei Jahren nicht zuläßt. Die schon jetzt erkennbaren hohen und unabweisbaren Mehranforderungen für 1964 - ich nenne beispielsweise Verteidigung, zivile Notstandsplanung, Sozialgesetzgebung und Eingliederung der Landwirtschaft in die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft - müssen auch bei Berücksichtigung wegfallender oder zu kürzender Ausgaben auf einige Milliarden D-Mark geschätzt werden, und die aus vorhandenen ordentlichen Einnahmequellen zu erwartenden Mehreinnahmen von vielleicht rund 2,5 Milliarden DM werden zur Deckung nicht ausreichen. Ins einzelne gehende Zahlen, wie sie der Bundesrat in der Begründung seines ablehnenden Beschlusses fordert, können in diesem Stadium der Vorbereitung des Bundeshaushalts 1964 wirklich noch nicht gegeben werden. Auf der Grundlage des Haushaltsentwurfs 1963, dessen Beratung nunmehr im wesentlichen abgeschlossen werden soll, genügen die bereits erkennbaren, nicht abzuweisenden Mehrbelastungen, um die wachsenden Deckungsschwierigkeiten für den Bundeshaushalt 1964 erkennen zu lassen. Es gefällt auch mir nicht, meine Damen und Herren, daß ich für das Jahr 1964 heute noch keine genauen Zahlen nennen kann, was der Bundesrat beanstandet. Weil aber Art. 106 Abs. 4 die Änderung zwingend immer nur nach einem Zeitraum von zwei Jahren zuläßt, bleibt nur der Weg der verantwortungsbewußten Schätzung. Ich könnte es mir ersparen, in diesem Zusammenhang auf die während der Beratung des Entwurfs des Bundeshaushalts 1963 durch den Haushaltsausschuß vorgenommenen Änderungen einzugehen, wenn nicht die im Bundesrat und in der Öffentlichkeit an der Haushaltswirtschaft des Bundes geübte Kritik einige grundsätzliche Bemerkungen erforderte. Der Auffassung, daß der Bund in den vergangenen Jahren großzügig alle als notwendig oder auch nur wünschenswert angesehenen Aufgaben erfüllen konnte, muß ich mit allem Nachdruck entgegenhalten, daß bereits bei der Aufstellung der Haushaltsentwürfe und während des Laufes der Haushaltsjahre Milliardenbeträge abgelehnt wurden, um den Haushaltsausgleich zu sichern. ({1}) Die Behauptung, daß die Bundeshaushalte der früheren Jahre stets erhebliche Überschüsse gebracht hätten und daß die Überschüsse mit einem Defizit manipuliert gewesen seien, bringt uns, meine Damen und Herren, heute, wo es um die Haushalte 1963 und 1964 geht, nicht weiter. In den Länderhaushalten, meine Damen und Herren, hat es übrigens auch nicht anders ausgesehen. ({2}) Die Glaubwürdigkeit aller Finanzminister - beim Bund und bei den Ländern - hat leider, wie das auch Herr Kollege Eberhard vor dem Bundesrat ausgeführt hat, arg gelitten. ({3}) Für den vorliegenden Haushalt 1963 kann aber jedenfalls nicht angenommen werden, daß er übersehbare Reserven enthalte. Man darf auch nicht außer acht lassen, daß Abweichungen der Haushaltsabschlüsse von den ursprünglichen Haushaltsplänen auf zwei Faktoren beruhen, die bei Bund und Ländern in den früheren Jahren gleichermaßen wirksam geworden sind. Lassen Sie mich diese beiden Faktoren nennen. Es sind einmal die in der Vergangenheit Jahr für Jahr unerwartet hoch und höher angewachsenen Steuermehreinnahmen und zum anderen Verschiebungen innerhalb der Ausgaben, um notwendig gewordene neue Anforderungen durch Zurückstellung weniger wichtiger Vorhaben befriedigen zu können. Verschiebungen innerhalb der Ausgaben führen nicht einfach schlank zu Einsparungen, die eine Herabsetzung der Einnahmesätze zulassen. Wenn in den vergangenen Jahren Einsparungen bei einzelnen Haushaltsansätzen eingetreten waren, so mußten sie für dringend notwendige über- und außerplanmäßige Ausgaben in Anspruch genommen werden. Die Vergangenheit hat nur gezeigt, daß im Laufe des Rechnungsjahres bei einem so großen Haushalt wie dem Bundeshaushalt Verschiebungen in den Ausgabeansätzen großen Umfang ganz natürlich und immer zu erwarten sind, nicht aber, daß echte Reserven, lies: Überschüsse, vorhanden seien. Schließlich kann auch der Umstand, daß im Zuge der Haushaltsberatungen im Bundestag Änderungen innerhalb der Ansätze vorgenommen worden sind, um den inzwischen zusätzlich aufgetretenen unabweisbaren Ausgabebedürfnissen Rechnung zu tragen, nicht als Beweis gegen den Bundesminister der Finanzen dafür angesehen werden, daß die Forderung nach Erhöhung des Bundesanteils nicht gerechtfertigt wäre. Meine Damen und Herren, die Vornahme solcher Änderungen in dem Entwurf eines Haushalts ist der Sinn der Beratungen des Haushalts durch den Gesetzgeber ({4}) und sein gutes Recht. Wesentlich ist in diesem Zusammenhang, daß die Einplanung zusätzlicher Ausgaben in großem Umfang nur durch Zurückstellung anderer wichtiger Aufgaben erreicht werden konnte. Dabei hat der Haushaltsausschuß - das möchte ich hier auch einmal sagen - die Anregungen und Empfehlungen des Bundesrates aus dem ersten Durchgang sorgfältig gewertet und ist teilweise sogar weit über die Vorschläge des Bundesrats hinausgegangen. ({5}) Wer in der Öffentlichkeit nur die Veränderungen des Bundeshaushalts während des Haushaltsjahres und sogar während der Haushaltsberatungen kritisieren will, sollte sich bewußt sein, daß Veränderungen als solche nur ein Zeichen der dynamischen Entwicklung unserer Zeit sind, der auch im Bundeshaushalt Rechnung getragen werden muß. ({6}) Positive Kritik kann zweckmäßigerweise nur darauf gerichtet sein, mir konkret und ausführlich diejenigen Haushaltsansätze zu bezeichnen, bei denen ich kürzen kann, oder diejenigen, die ich streichen kann. ({7}) Aber, meine Damen und Herren - das muß ich leider sagen -, an einer solchen positiven Kritik fehlt es leider .in vielen Fällen. ({8}) Es ist sehr einfach und leicht, von der ständig steigenden Ausgabenflut zu reden und zu schreiben ({9}) und die öffentlichen Haushalte als aufgebläht anzuprangern. Das hört man gern draußen im Lande, und über „die in Bonn" herzuziehen ist ja eine beliebte Sache. Meine Damen und Herren, ich will nichts beschönigen. Wir sind alle Menschen, machen alle Fehler, und ganz sicher geschieht vieles, was unnötig, was unnütz ist, und bürokratische Auswüchse sind schlimme Dinge. Aber sollte man denn nicht ein wenig fairer, ein wenig gerechter sein und z. B. bei der immer wieder publizierten Zahlenreihe über die Aufblähung der Haushalte in den verflossenen Jahren wenigstens im Zusammenhang erwähnen, daß wir inzwischen mit weit über 40 Milliarden DM eine nie dagewesene, kaum vorstellbare Vermögensumschichtung geschafft haben, ({10}) daß nach der Vertreibung und Flucht als größter Völkerwanderung aller Zeiten viele, viele Millionen neuer Arbeitsplätze geschaffen wurden, daß zur Verteidigung, also für unsere äußere Sicherheit, unter Zustimmung aller Fraktionen dieses Hohen Hauses die Bundeswehr geschaffen wurde, daß für die hartbetroffenen Opfer der Jahre des Unheils, die Kriegsopfer, die Vertriebenen, die Geschädigten aller Kategorien, darüber hinaus für die schwächeren Glieder unseres Volkes, die Alten und die Kranken, Jahr für Jahr Milliarden über Milliarden aufgebracht worden sind? ({11}) . Meine sehr geehrten Damen und Herren und ihr Bürger unseres Staates draußen im Lande, ist denn das alles gar nichts gewesen? Und wollen mir alle, die nichts weiter vorbringen als die billige Kritik am aufgeblähten Haushalt - ohne einen konkreten Vorschlag -, jetzt einmal sagen, wie alle diese Leistungen mit dem ungleich schwächeren Volumen der Haushalte der Vergangenheit bewältigt werden sollten? ({12}) Und eines möchte ich auch noch sagen: Man stelle es sich nicht so leicht vor, Ungerechtigkeiten, die auf der Hand liegen, die man erkannt hat, nicht beseitigen zu können, weil die Deckung fehlt, und berechtigte Forderungen aus dem gleichen Grunde einzugrenzen oder gar abweisen zu müssen. Dann bedenken Sie bitte in diesem Zusammenhang außerdem, daß nicht nur die Verwaltung von Menschen mit menschlichen Schwächen betrieben wird. Auch auf der anderen Seite stehen ebensolche Menschen, die zwar jedem Ruf nach Sparsamkeit zustimmen, aber trotzdem nicht davon abzubringen sind, daß gerade ihr Anliegen, ihr Fall, die Forderung ihrer Organisation und ihres Verbandes Vorrang vor allen anderen haben muß. ({13}) Das alles nach dem Motto: Sparsamkeit ja, aber erst nach voller Erfüllung in eigener Sache! Überall sollte man sich deshalb in jedem Augenblick der Tatsache bewußt sein: jeder Steuerzahler ist zugleich auch Verbraucher von Steuern, und je höher die Ansprüche an den Staat heraufgesetzt werden, desto mehr muß er wegsteuern, um alle diese Ansprüche befriedigen zu können. ({14}) Meine sehr geehrten Damen und Herren, zum Abschluß halte ich es für notwendig, kurz auf die Folgen einzugehen, die sich angesichts der von mir dargestellten Haushaltslage des Bundes im Falle einer Ablehnung des vorliegenden Gesetzentwurfs ergeben können. Die Bundesregierung hält es nicht für vertretbar, den Ausgleich durch Steuererhöhungen vorzuschlagen, zumal da sie der Auffassung ist, daß das Gesamtvolumen der in der Bundesrepublik Deutschland verfügbaren Steuereinnahmen der öffentlichen Hände mit rund 92 Milliarden DM beim Bund, bei den Ländern und bei den Gemeinden für alle notwendigen Ausgaben insgesamt ausreicht. ({15}) Meine Damen und Herren, bei diesem Tatbestand entfällt das Recht der öffentlichen Hand auf weitere Belastungen des Steuerbürgers, weil es lediglich am Verteilungsschlüssel liegt, ({16}) während das Volumen an sich ausreicht. Im Falle des Falles wäre die Bundesregierung daher gezwungen, im Rahmen eines Nachtragshaushalts zum Ausgleich des Bundeshaushalts die Kürzung von zahlreichen Haushaltsansätzen vorzuschlagen, die nicht auf gesetzlicher Verpflichtung beruhen. Dabei wird es sich auch um Ansätze für Gemeinschaftsaufgaben des Bundes und der Länder handeln müssen, die sowohl nach der Auffassung des Bundes als auch nach der Auffasung der Länder für notwendig gehalten werden. Diese unvermeidbaren Konsequenzen sollte man heute schon ganz klar sehen, wenn die notwendige Erhöhung des Bundesanteils nicht oder nicht in der erforderlichen Höhe erreicht werden sollte. Ich würde eine solche Entwicklung sehr bedauern, weil ich der Überzeugung 'bin, daß sie das Gegenteil der notwendigen Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern wäre, deren Pflege ich vom Tage meiner Amtsübernahme an im Zusammenwirken mit dem Herrn Bundesratsminister besondere Aufmerksamkeit gewidmet habe. Meine Damen und Herren! Die eigentliche Bedeutung des Gesetzentwurfs ist in den Auswirkungen auf die Länder- und Gemeindefinanzen am besten zu erkennen, da es die Aufgabe des Gesetzes ist, durch die neue Regelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs für Bund, Länder und Gemeinden einen billigen Ausgleich zu erreichen. Ich darf dazu sagen, daß für das Rechnungsjahr 1963 auch nach der Erhöhung des Bundesanteils um 5,5 % auf 40,5 % den Ländern und Gemeinden noch etwa 1,8 Milliarden DM Mehreinnahmen gegenüber 1962 verbleiben. Diese Mehreinnahmen reichen nach Auffassung der Bundesregierung aus, um ihre notwendigen Ausgaben zu decken. Für das Rechnungsjahr 1964 werden die den Ländern und Gemeinden zuwachsenden Steuermehreinnahmen gegenüber 1963 auf mindestens 2,5 Milliarden DM geschätzt. Die für 1964 geforderte weitere Erhöhung des Bundesanteils um 1 % auf 41,5 % ist auf rund 400 Millionen DM zu veranschlagen, macht also nur einen ganz geringen Bruchteil aus, der ,auch unter vorsichtiger Abwägung der gesamten Haushaltsentwicklung von Bund, Ländern und Gemeinden gerechtfertigt erscheint. Die Bundesregierung hält danach die in der Regierungsvorlage geforderte Erhöhung des Bundesanteils für 1963 um 5,5 % auf 40,5 %, für 1964 um 6,5 % auf 41,5 %, unter dem -Gesichtspunkt eines sinnvollen Finanzausgleichs zwischen Bund, Ländern und Gemeinden für notwendig und für tragbar. ({17})

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Der Herr Minister hat damit den Tagesordnungspunkt III begründet. Wir treten nun in die allgemeine Aussprache ein. Das Wort hat Herr Abgeordneter Schoettle.

Erwin Schoettle (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002061, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Bundesfinanzminister hat soeben den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Beteiligungsverhältnisses an der Einkommen- und Körperschaftsteuer begründet. Mit der Aussprache über dieses Gesetz ist gleichzeitig eine allgemeine Aussprache zur zweiten Beratung des Bundeshaushalts 1963 verbunden. Das ist ein Verfahren, das nicht ganz üblich ist, und der Herr Bundesfinanzminister selbst hat ja seine Begründung zu dem Gesetz nach Art. 106 des Grundgesetzes ebenfalls mit einer Art von Haushaltsübersicht und Haushaltskritik - wenn man so sagen darf - verbunden. Wir Sozialdemokraten hätten an sich gegen die Ansetzung der Beratung des eben begründeten Gesetzes einen Fristeinwand erheben können, der in der Sache wahrscheinlich besser begründet gewesen wäre als der Einwand der größten Fraktion der Regierungsmehrheit bei der Debatte über das Röhrenembargo schlechten Angedenkens. Weil wir aber - und da sind wir mit dem Herrn Bundesfinanzminister einig - die sachliche Notwendigkeit der Verabschiedung und der Beratung dieses Gesetzes mit dem Bundeshaushalt anerkennen, haben wir den Fristeinwand nicht erhoben, obwohl wir wissen, daß das Gesetz schon sehr lange von der Regierung diskutiert wurde und weit früher hätte in den Gesetzgebungsgang kommen können, als es tatsächlich der Fall war. Begründungen für diese Verzögerung sind eigentlich nicht recht einzusehen, und es sind auch keine einleuchtenden vorgebracht worden. Zunächst einmal, wir bestreiten grundsätzlich nicht das Recht der Bundesregierung, den Art. 106 des Grundgesetzes in Anspruch zu nehmen. Es ist richtig, die Aufgaben des Bundes haben sich erweitert und infolgedessen auch die Ausgabenotwendigkeiten. Das gleiche kann man aber auch von den Ländern sagen, die zudem die Verantwortung für die ausreichende finanzielle Ausstattung der Gemeinden haben und dieser Verantwortung auch zu Lasten ihrer eigenen Haushalte nachkommen. Gerade die Lage der Gemeinden aber müßte sich nach unserer Meinung beträchtlich verschlechtern, wenn der Anspruch des Bundes an die Einkommen- und Körperschaftsteuer in dem Umfange verwirklicht würde, wie ihn das von der Bundesregierung vorgelegte Gesetz in Aussicht nimmt. Ich habe während der Rede des Herrn Bundesfinanzministers das Gefühl nicht loswerden können, daß er sich mit seinen Argumenten etwas außerhalb der Realität bewegt, wie sie sich in Parlament und Bundesrat darstellt; denn es ist ja doch wohl nicht zu bestreiten, daß die Argumente der von den Ländern eingesetzten Kommission für die Verhandlung mit dem Bundesfinanzminister über den Bundesanteil an der Einkommen- und Körperschaftsteuer einigermaßen stechen, daß nämlich die Notwendigkeit einer Neufestsetzung weder mit den unterschiedlichen Steuerzuwachsraten bei Bund, Ländern und Gemeinden noch mit dem Hinweis auf einen ungedeckten Finanzbedarf des Bundes begründet werden könne. Außerdem ist wohl unbestritten, daß die Ausgaben des Bundes in den nächsten Jahren noch eine Tendenz nach oben zeigen werden, eine Tendenz, die insbesondere von den Verteidigungslasten ganz beträchtlich angeheizt werden wird. Wenn die Auskünfte, die vor einiger Zeit im Haushaltsausschuß über die Steigerungstendenzen gerade bei den Verteidigungslasten gegeben worden sind, richtig sind, dann kann man hier mit einer ziemlich großen Milliardenzahl rechnen, die den Bundeshaushalt weiter belasten wird. Ebenso ist es sicher, daß andere, ebenso unausweichliche Aufgaben der zivilen Verteidigung der Demokratie - ich meine jetzt nicht die zivile Verteidigung, sondern die soziale Verteidigung der Demokratie - hinzukommen. Wir wissen das alle. Es scheint uns Sozialdemokraten eine Illusion zu sein, wenn die Bundesregierung etwa glauben sollte, daß sie die wachsenden und schwieriger werdenden Probleme des Bundeshaushalts, auf die Länge gesehen, durch die Steigerung ihrer Ansprüche an die Einkommen- und Körperschaftsteuer lösen könne. Manches von den Argumenten, die der Herr Bundesfinanzminister hier vorgebracht hat, liegt auch eher in der Richtung einer wirklichen Finanzreform, über die wir schon so lange und so oft geredet haben, ohne daß sie wirklich vom Fleck gekommen wäre. Wir glauben, daß bei der Inanspruchnahme der Einkommen- und Körperschaftsteuer durch den Bund eine obere Grenze nicht überschritten werden kann und überschritten werden sollte, wenn nicht die Aufgaben der Länder und, wie ich noch einmal angesichts der unlöslichen Verflechtung der beiden miteinander hinzufügen muß, auch der Gemeinden in unerträglicher Weise geschädigt werden sollen. Wir glauben, daß diese obere Grenze mit 38 % Bundesanteil an der Einkommen- und Körperschaftsteuer erreicht ist. Das entspricht genau dem, was im vergangenen Jahr zwischen Bund und Ländern vereinbart worden ist. Damals hat der Bundesfinanzminister - zwar nicht der heutige - zunächst ohne Fühlungnahme mit den Ländern ebenfalls das Äquivalent von 3 % der Einkommen- und Körperschaftsteuer in seinen Entwurf eingesetzt, um den Ausgleich zu erzielen. Die Methode, die Dinge sozusagen vorwegzunehmen, war schon 1962 falsch, und sie ist leider auch wieder für 1963 angewandt worden, wenn auch auf dem Hintergrund des Gesetzes zur Inanspruchnahme des Artikels 106. Das hat gewiß nicht zur Erleichterung der Verhandlungen mit den Ländern und mit den Länderfinanzministern beigetragen. Der Bundesrat hat dann auch, wie zu erwarten war, zu dem sehr spät vorgelegten Gesetz im ersten Durchgang schlicht und einfach nein gesagt, und da es sich dabei unbestrittenermaßen um ein Zustimmungsgesetz handelt, bei dem der Bundestag ein definitives Votum des Bundesrates nicht überstimmen kann, entsteht daraus die Möglichkeit, wenn die Verhandlungen nicht geschickt geführt werden und mit dem Ziel eines wirklichen Kompromisses, daß - wie auch der Finanzminister angedeutet hat - der Bund vielleicht sogar auf den 35 % Bundesanteil sitzenbleiben wird, auf den er jetzt einen gesetzlichen Anspruch hat. Damit würde die Situation noch ungemütlicher, als sie jetzt schon ist. Um es kurz zu machen: Wir Sozialdemokraten plädieren also dafür, daß der Bund sich mit einem Anteil von 38% an der Einkommen- und Körperschaftsteuer begnügt. Eine andere Annahme erscheint uns angesichts des Widerstandes, der gerade auch von Regierungen kommt, die von der CDU geführt werden, absolut unrealistisch. Das bedeutet aber - und damit komme ich zum Bundeshaushalt 1963, den das Haus heute in zweiter Lesung behandelt - einen Einnahmeausfall von rund 1 Milliarde D-Mark. Es _scheint uns, daß das Schließen dieser Lücke das wirkliche Problem, das Hauptproblem dieses Haushalts ist, den wir jetzt vor uns haben. Der Entwurf für den Bundeshaushalt 1963 ist nach dem verfassungsmäßigen Vorspiel im Bundesrat vom Bundesfinanzminister in der 46. Sitzung der 4. Wahlperiode am 8. November dem Hause vorgelegt worden. Sie erinnern sich noch alle an die große Rede des Bundesfinanzministers von damals. Man wäre fast versucht, alle die ,schönen Bekenntnisse und Beteuerungen, alle die vielerorts beinahe als Sensation oder gar Offenbarungen empfundenen Ankündigungen des Herrn Bundesfinanzministers zu zitieren, in denen er bekundete, daß es sich hier - ich zitiere wörtlich - „um einen integrierenden Bestandteil des Ihnen .am 9. Oktober dieses Jahres in der Regierungserklärung durch den Herrn Bundeskanzler vorgetragenen Stabilisierungsprogramms" handle. Ich habe damals in der Debatte zur ersten Beratung gesagt - und ich möchte hier gegen meine Gewohnheit mich auch einmal selber 'zitieren -, daß man diesen Entwurf weit eher als einen Haushalt der Lücken bezeichnen könnte. Die Skepsis von Anfang November 1962 hat sich als berechtigt erwiesen. Wir haben damals bereits diesen Haushalt auf seinen Anspruch untersucht, er sei ein Haushalt der Besinnung, der Stabilisierung usw., usw. Es gab ja eine ganze Menge von sehr schönen Charakterisierungsversuchen, die in die gleiche Richtung gehen. Während der Haushaltsberatungen im Ausschuß ist ganz klar geworden, wie wenig realistisch die Vorschußlobpreisungen des damaligen Herrn Bundesfinanzministers gewesen sind, wobei ich Herrn Starke den guten Glauben an seine guten Absichten gar nicht absprechen möchte. Nur konnte man bereits Anfang November 1962 sehen, in welche Richtung die Haushaltsreise tatsächlich gehen würde. Heute ist vieles anders, als es damals erschien. Die politische Landschaft in der Bundesrepublik hat in diesem halben Jahr doch einige nicht unbeträchtliche Veränderungen erfahren. Eine tiefgehende Krise erschütterte die Regierung, die diesen Haushaltsentwurf dem Hause vorgelegt hat. Der Bundesfinanzminister selbst wurde ersetzt durch einen anderen, der uns Sozialdemokraten - und ich meine das jetzt ganz menschlich - nicht weniger sympathisch ist als sein Vorgänger. Ein Verteidigungsminister mußte gehen, und einige andere Minister der damaligen Regierung wurden ohne sonderliche Formalitäten und in dem einen oder andern Fall nicht einmal mit guten Gründen aus ihren Ämtern entfernt. Und schließlich haben wir nach langem Hin und Her sogar einen Bundeskanzler auf Abruf und einen noch nicht inthronisierten Nachfolger. In der Tat .eine Veränderung der politischen Szenerie, die doch etwas über das Bäumchenauswechseln hinausgegangen ist! Und der Haushalt, den Herr Dr. Starke damals vorgelegt hat und den Herr Dr. Dahlgrün heute vertreten muß, obwohl er an seinem Zustandekommen nur in den letzten Phasen beteiligt war, bei denen es darum ging, die guten Vorsätze und Absichten seines Amtsvorgängers außer Kraft zu setzen, wie hat sich dieser Haushalt verändert! Der Herr Minister hat selber darauf hingewiesen, welche Veränderungen gerade in den Endpositionen eingetreten sind. Von den 56,8 Milliarden, die nach Herrn Dr. Starkes starken Worten bei der ,ersten Beratung die eherne obere Grenze sein sollten, ist längst nicht mehr die Rede, und man kann jetzt schon voraussehen, daß im Laufe dieses Haushaltsjahres noch ein Nachtragsentwurf kommt, der beträchtliche Belastungen mit sich bringt. Es sind jetzt in Einnahmen und Ausgaben 57,736 Milliarden DM geworden, d. h. fast 1 Milliarde DM mehr als im ursprünglichen Regierungsentwurf; gegenüber dem Haushalt 1962 - das muß man ja auch zum Vergleich heranziehen - ist das also eine Steigerung des Volumens um 4,33 Milliarden DM oder um mehr als 8 %. In der Öffentlichkeit - ich möchte da jetzt einen Punkt berühren, über den der Herr Bundesfinanzminister in einem etwas anderen Sinne und mit einer etwas anderen Tendenz bereits gesprochen hat - ist systematisch der Eindruck erweckt worden, daß diese Ausweitung des Haushalts den Absichten des Parlaments und der Parlamentarier entsprungen sei. Die Vorstellung von der Ausgabefreudigkeit der Abgeordneten ist so lange geflissentlich genährt worden, daß man offenbar eine liebe Gewohnheit daraus gemacht hat, dieses keineswegs liebevolle Bild auch 'weiterhin zu konservieren. Tatsache ist aber - und das muß hier festgehalten werden -, daß die Bundesregierung nach der Einbringung des Entwurfs und seiner Überweisung an den Haushaltsausschuß Abgeordnete der Regierungsmehrheit veranlaßt hat, ihre eigenen Vorschläge für die Erhöhung von Haushaltsansätzen im Ausschuß aufzunehmen und durchzusetzen. ({0}) So sind auf der Ausgabenseite des Haushalts - darüber hat der Herr Minister schon gesprochen - nachträglich und zusätzlich eingesetzt worden: für die Landwirtschaft 448 Millionen DM, für die Verteidigung 1400 Millionen DM und für Mehrausgaben in anderen Bereichen 737,9 Millionen DM. Ich muß um der Wahrheit willen hinzufügen, daß wir Sozialdemokraten nicht gegen jede einzelne Mehrausgabe Einwände erhoben haben. Einige haben wir begrüßt. Gegen die Methode allerdings haben wir erhebliche Bedenken gehabt. ({1}) Es wäre sauberer und ehrlicher gewesen, wenn die Regierung unabweisbare Mehrausgaben auf dem ordentlichen Wege in einem Nachtragshaushalt an das Parlament gebracht hätte. Bei einigen sehr ins Gewicht fallenden Erhöhungen sind wir nicht davon überzeugt - das muß ich auch sagen -, daß sie tatsächlich in vollem Umfang unabweisbar sind. Insgesamt sind rund 21/2 Milliarden DM auf diese Weise zusätzlich in den Haushalt gekommen. Wenn der Haushalt schließlich nicht um diesen ganzen Betrag erhöht worden ist, sondern nur um rund 900 Millionen DM, so verdanken wir dieses Ergebnis dem Umstand, daß Minderausgaben von rund 1,2 Milliarden DM - ich nenne jetzt runde Zahlen - von der Rechnung abgesetzt wurden und so die Steigerung herabgemindert werden konnte. Schließlich hat der Haushaltsausschuß selbst im Rahmen der eben erwähnten Minderausgaben den Ersatz für eine von der Regierung vorgeschlagene 6 %ige Globalsperre gesucht und gefunden. Nicht untergehen sollte auch der Beschluß der Mehrheit des Ausschusses, im Schlußgalopp der Beratungen des Ausschusses einige hundert Millionen DM für den Bereich der Landwirtchaft, die nachträglich noch aus politischen Gründen bewilligt worden sind, haushaltsmäßig dadurch relativ unschädlich zu machen, daß man einmal andere Haushaltsansätze kürzte, gleichzeitig aber die Bindungsermächtigungen zu diesen Ansätzen so erhöhte, daß sie jetzt beträchtlich höher liegen als die eigentlichen Haushaltsansätze. Diese Methode ist deshalb außerordentlich bedenklich, weil die Bindungsermächtigungen im kommenden Haushaltsjahr im Etat wieder als ordentliche Ausgaben erscheinen müssen und deshalb die Veranschlagung der entsprechenden Neuansätze außerordentlich problematisch sein wird. Daß die Mehrheit des Ausschusses dann noch zur Abrundung des Ganzen eine Reihe von Kürzungen zum Teil bedenklicher Art auch bei Haushaltsansäitzen durchsetzte, bei denen sachliche Bedürfnisse gegen Kürzungen sprechen, sei hier nur vermerkt. Ich denke hierbei insbesondere an Kürzungen im Bereich der Wissenschaftstitel. Auf einzelne dieser Kürzungen werden meine Freunde bei den entsprechenden Einzelplänen noch zurückkommen. So hat der Haushaltsausschuß heute - und das ist das Fazit dieser Überlegungen - einen auf dem Papier ausgeglichenen Haushalt vorgelegt, wie es das Grundgesetz befiehlt. Ist der Haushaltsplan aber wirklich ausgeglichen? Die Frage muß gerade im Hinblick auf das voraussehbare Schicksal des Gesetzes zur Neuverteilung der Einkommen- und Körperschaftsteuer verneint werden. Wenn dieses Gesetz nicht den Betrag erbringt, den der Bundesfinanzminister seiner Rechnung zugrunde gelegt hat - und es ist ziemlich sicher anzunehmen, daß es das nicht tut -, so hätten wir nur die bereits genannten 38%. Dann bleibt eben eine Lücke von einer runden Milliarde zu schließen, wenn der Haushalt verabschiedet werden soll. Der Presse konnte man gestern entnehmen - heute hört man es wieder etwas anders -, daß man sich auch bei den Regierungsparteien darüber klar zu werden scheint, daß nicht viel mehr als 38 % „drin" sind, wie man 'so schön sagt. Man will - so konnte man lesen - die Lücke durch radikale Abstriche an Ausgabepositionen schließen. Man könnte auf die Richtung gespannt sein, in der sich solche Abstriche, die sich auf eine runde Milliarde belaufen müßten, bewegen. Darin würde vielleicht eine gewisse politische Tendenz spürbar. ({2}) Wir Sozialdemokraten schlagen ein anderes Verfahren vor. Wir meinen, daß aus einer von uns seit langem immer wieder vertretenen und neuerdings von manchen ursprünglichen Gegnern dieser Auffassung aufgegriffenen These die praktische Konsequenz gezogen werden sollte. Wir schlagen - und zwar in allem Ernst - die Verstärkung des außerordentlichen Haushalts vor - zu einem Teil ist das ja schon bei den Haushaltsberatungen erfolgt - um den Betrag des voraussichtlichen Defizits aus dem Inanspruchnahmegesetz durch Übertragung von vermögenswirksamen Ausgabeposten aus dem ordentlichen in den außerordentlichen Haushalt, ferner die Erhöhung des Anleiheplafonds im Haushaltsgesetz um denselben Betrag und dazu eine Ergänzung des Haushaltsgesetzes durch eine Bestimmung, wonach der Haushaltsausschuß des Bundestages im Zusammenwirken mit der Bundesregierung ermächtigt werden soll, für den Fall, daß sich herausstellen sollte, daß eine restlose Befriedigung der Anleiheermächtigung durch den Kapitalmarkt aus zwingenden Gründen nicht möglich ist, eine Rangordnung der Dringlichkeiten in der Ausführung der Ansätze des außerordentlichen Haushalts festzulegen. Wir werden dem Hause einen entsprechenden Antrag vorlegen. Wir sind überzeugt, daß dieser Weg gangbar ist. Für die Bezeichnung derjenigen Positionen im ordentlichen Haushalt, die für eine Umsetzung in Betracht kommen, werden wir im weiteren Verlauf der Beratungen Beispiele nennen. Aus dem Finanzministerium ist uns eine Summe genannt worden, die für die Umsetzung in Betracht käme und die etwa 2,5 Milliarden DM beträgt. Man wird so hoch gar nicht zu gehen brauchen. Für unseren Vorschlag haben wir überdies den Art. 115 des Grundgesetzes auf unserer Seite, der klipp und klar sagt, daß im Wege des Kredits Geldmittel nur bei außerordentlichem Bedarf und in der Regel nur für Ausgaben zu werbenden Zwecken und nur auf Grund eines Bundesgesetzes beschafft werden dürfen. Wir haben dazu noch aus der allerjüngsten Zeit die Stimme eines Mannes, der nach seiner Erhebung zum Kanzlerkandidaten auch für Sie, meine Damen und Herren von der Mehrheit, besonderes Gewicht haben muß. Vielleicht erinnern Sie sich noch an die Rede des Herrn Bundeswirtschaftsministers zum Wirtschaftsbericht der Bundesregierung in der 72. Sitzung des Deutschen Bundestages. In dieser Sitzung hat Herr Professor Erhard neben einigen anderen überlegenswerten Bemerkungen zu Haushaltsfragen, die ich von ihm eigentlich nicht erwartet hätte, auch dieses gesagt: Werden alle Ausgaben auch richtig finanziert? Könnte nicht die Verschuldung der „öffentlichen Hände" - dieser Ausdruck ist besonders nett gewesen ein wenig größer sein, da heute doch bald 50 % der gesamten Vermögensbildung auf den Staat in allen seinen Erscheinungsformen entfallen? Wen Herr Professor Erhard gemeint hat, als er von den „öffentlichen Händen" sprach, die sich etwas höher verschulden könnten, ist nicht schwer zu erraten. Die Gemeinden sind bereits sehr hoch verschuldet, so hoch, daß die Verschuldung nicht weitergehen kann. Das ist allgemein bekannt. Anerkannt ist auch, daß die Verschuldung der Länder ebenfalls einen Punkt erreicht hat, der nicht mehr sehr zu überschreiten ist. Anerkanntermaßen ist der Bund diejenige öffentliche Hand in der Bundesrepublik, die sowohl im Vergleich mit anderen Trägern der öffentlichen Gewalt in unserem Lande, also den Ländern und den Gemeinden, als auch im Vergleich mit anderen Ländern am geringsten verschuldet ist. ({3}) Gerade aus dieser letzten Linie des Vergleichs mit anderen Ländern sind von diesen immer wieder Schlußfolgerungen auf den Wohlstand der Bundesrepublik und ihre Leistungsfähigkeit für Verteidigung, Entwicklungshilfe und dergleichen gezogen worden, die angesichts des Standes der Verschuldung des Bundes schwer zu widerlegen waren, aber in unserer wirklichen finanziellen Situation eigentlich keine Begründung gefunden hätten. Die Verschuldunsquote - in Hundertsätzen vom Bruttosozialprodukt - betrug z. B. im Jahre 1961 in Frankreich 27,69 %, in Großbritannien 105,65 %, in den Vereinigten Staaten 56,88 % und in der Bundesrepublik 7,98 %. Die Bundesrepublik rangiert also mit einem gewaltigen Abstand in der letzten Reihe, hat also die niedrigste Verschuldungsquote. Es ist auch nicht einzusehen, meine Damen und Herren, warum gewisse längerfristige Investitionen ausschließlich von der gegenwärtigen Generation der Steuerzahler in wenigen Jahren aus Steuerleistungen bezahlt werden sollen. ({4}) Statt dessen sollten wir diese Kosten durch Kreditaufnahme über längere Zeiträume verteilen. Wir sind überzeugt, daß wir mit unseren Vorschlägen einen realistischen Weg aus dem Dilemma des Haushalts 1963 gezeigt haben, einen Weg, der sowohl der Verfassung als auch dem wohlverstandenen Interessen aller an der öffentlichen Finanzmasse Beteiligten gerecht wird. Wir werden in den Beratungen, die dieser Generaldebatte folgen, diese Auffassung mit Nachdruck vertreten. ({5})

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Vogel.

Dr. Rudolf Vogel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002380, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Situation beim Haushalt 1963 in der zweiten und dritten Lesung ist in der Tat etwas ungewöhnlich; denn wir waren es bis jetzt gewöhnt, die allgemeine Aussprache in der dritten Lesung zu führen. Aber die Eingangsrede des Herrn Finanzministers und die zwingende Notwendigkeit der Einbringung des neuen Gesetzes über die „Inanspruchnahme" haben es erforderlich gemacht, hier eine Änderung stattfinden zu lassen, und wir gehen sehr gerne darauf ein. Lassen Sie mich zunächst einmal den Bemerkungen folgen, die mein verehrten Herr Vorredner gemacht hat, und dann im weiteren einiges darlegen, was wir bei diesem Haushalt anzumerken haben. Wie hat sich der Haushaltsausschuß bei der Lösung seiner Aufgabe in dieser ungewöhnlich schwierigen Situation des Jahres 1963 verhalten? - Wir haben zunächst einmal den Versuch gemacht, Zeit zu gewinnen, indem wir die in jedem Jahr die Haushaltsberatung ungewöhnlich belastenden Personalfragen weitgehend ausgeschaltet und ihre Behandlung für die Zeit nach den Haushaltsberatungen vorbehalten haben. Wir sehen also auch nach der Beendigung der Haushaltsberatungen einem gerüttelten Maß an Arbeit entgegen, da wir uns mit den Forderungen der Ressorts, wie sie sich schon jetzt abzeichnen, auseinandersetzen müssen. Ich verweise hier im besonderen auf § 13 des Haushaltsgesetzes. Mein verehrter Herr Vorredner und vor ihm der Bundesfinanzminister haben besonders auf die Streichungsarbeit des Haushaltsausschusses verwiesen. In der Tat ist die Kürzung um fast 1,2 Milliarden DM eine ungewöhnliche Angelegenheit. Sie hat das Bild des Haushaltsentwurfs der Regierung an wesentlichen Stellen stark verändert. Aber auch diese Kürzungen sind jetzt mit einem Fragezeichen versehen worden, auf das bereits das neu eingebrachte „Inanspruchnahmegesetz" mit seinen Folgen hinzielt. Ich möchte hier der gründlichen Arbeit der Berichterstatter aller Fraktionen dankbar gedenken, die eine nicht kleine und höchst unerfreuliche Arbeit vollbracht haben, indem sie in langwierigem Ringen mit den Ressortwünschen, den Wünschen aus den eigenen Reihen und den Forderungen des Bundesfinanzministeriums nach einem ausgeglichenen Haushalt versuchten, ein vernünftiges Maß zu finden. Das war in einzelnen Positionen - wir kommen darauf insbesondere bei Wissenschaft und ForDr. Vogel schung noch zu sprechen - niche ganz einfach. Alle diese Einsparungen erfolgten nicht aus der hohlen Hand heraus, sondern nach sehr sorgfältigen Überlegungen. Lassen Sie mich hier eine Bemerkung einfügen: Ich muß mich dagegen verwahren, daß häufig genug in Veröffentlichungen auch von wissenschaftlichen Verbänden, von Forschungsgemeinschaften - nicht von der „Deutschen Forschungsgemeinschaft", sondern von anderen - immer wieder mit der meiner Überzeugung nach falschen Argumentation gearbeitet wird, der Haushaltsausschuß habe ihre Ansätze gestrichen oder „gekürzt". Das ist meinem Dafürhalten nach eine nicht ganz redliche Darstellung; denn die Ausgangsbasis kann nur der Haushaltsansatz des vergangenen Jahres sein. ({0}) Wenn Sie - worum ich Sie bitte - einmal die Ansätze prüfen, die jetzt nach den Streichungen des Haushaltsausschusses gerade für Wissenschaft und Forschung übriggeblieben sind, dann werden Sie feststellen, daß sie durchweg über den Ansätzen des Vorjahres liegen. Realiter ist also nicht eine Kürzung, sondern in sehr vielen Fällen eine wesentliche Steigerung gerade dieser Ausgaben eingetreten. Das Hohe Haus hat, glaube ich, ein Interesse daran, festzuhalten, daß allein dieses Haus bestimmt, was ausgegeben wird, und daß nicht der Regierungsentwurf dafür bestimmend ist. Nun lassen Sie mich zu einer weiteren Bemerkung des Herrn Bundesfinanzministers etwas sagen und damit zu einem Problem zurückkehren, über das wir uns im Haushaltsausschuß schon sehr oft und sehr ausführlich unterhalten mußten. Der Spielraum, den dieses Hohe Haus bei seinen alljährlichen Beratungen hat, verengt sich in einer beunruhigenden Weise zusehends. Wir können heute praktisch nur noch damit rechnen, bestenfalls über 10 % der Haushaltsmasse wirklich verfügen zu können. Rund 90 % sind entweder durch Gesetze oder durch Verträge oder durch sonstige Gegebenheiten, an denen man schwer oder gar nicht rütteln kann, festgelegt und entziehen sich also unserer Bestimmung überhaupt. Angesichts eines so beschränkten Spielraums sollte man sich sehr ernsthaft überlegen, wie man in der Zukunft weiter verfahren will. Die Regierungskoalition hat deswegen auch unter Bezugnahme auf diesen sehr geringen Spielraum des Hohen Hauses in diesem Jahre erneut an dem Beschluß festgehalten, keine Globalkürzungen vorzunehmen, sondern auf gezielte Kürzungen auszugehen, und hat sich dann dieser schwierigen Aufgabe unterzogen, die restlichen 443 Millionen DM durch gezielte Kürzungen einzusparen. Aber hier eine generelle Bemerkung zu bestimmten Vorschlägen, die uns gerade in der letzten Zeit, in den letzten anderthalb Monaten von seiten bestimmter Organisationen - ich spreche hier im besonderen den „Bund der Steuerzahler" an - überreicht worden sind. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich weiß nicht, was für einen Sinn Vorschläge wie der haben sollen, dieser Bundestag solle auf das Gesamtvolumen von 55,2 Milliarden DM zurückkehren, mit anderen Worten, er solle eine Einsparung von 21/2 Milliarden DM zusätzlich zu den Einsparungen vornehmen, die er bereits vorgenommen hat. Das Unrealistische einer solchen Forderung liegt auf der Hand, zumal wenn sie nicht von ganz konkreten Kürzungsvorschlägen begleitet wird. Ich stimme hier dem Herrn Bundesfinanzminister sehr energisch zu, wenn er von allen solchen Forderungen verlangt, daß sie klipp und klar enthalten, wo gestrichen werden kann und welche Chance besteht, eine Mehrheit zu finden. ({1}) Auch die neuerdings sehr gepflegte Methode, das Wachstum des Bundeshaushalts mit dem Wachstum des Bruttosozialprodukts zu vergleichen, kann nicht an bestimmten Gegebenheiten der gesamten Nation vorübergehen. Wir stehen nun einmal vor der von uns keineswegs etwa als glückhaft empfundenen Notwendigkeit, von Jahr zu Jahr den Verteidigungshaushalt heraufzusetzen - was für uns sicher nicht einfach ist -, bis er einmal den Forderungen der NATO und den vertraglichen Verpflichtungen der Bundesregierung entsprechen wird. Wenn sich die Gesamtheit dieses Hohen Hauses mit dieser Steigerung der Verteidigung einverstanden erklärt, dann muß auch im Haushalt Jahr für Jahr die Konsequenz daraus gezogen werden. Ich möchte mit dieser Bemerkung keineswegs etwas ausschließen, was ich schon in den vergangenen Jahren stets als ein Recht des Haushaltsausschusses in Anspruch genommen habe: notfalls auch mit dem Rotstift an die Verteidigungsausgaben heranzugehen. Bei dem ungeheuren Umfang der Verteidigungsausgaben lassen sich Umgruppierungen im Verteidigungshaushalt durchaus vertreten. Angesichts der Tatsache, daß über 1000 Stärkenachweisungen bis jetzt noch nicht durchgeprüft worden sind, wird sich hier wohl ein gewisser Spielraum eröffnen. Dabei darf keineswegs etwa die Effektivität und Schlagkraft unserer Bundeswehr in irgendeiner Weise beeinträchtigt werden, sondern die Nachprüfungen sollten sich lediglich auf den organisatorischen Aufbau der Bundeswehr und die Zweckmäßigkeit ihrer Ausrüstung konzentrieren. Im Haushaltsausschuß haben wir uns bereits seitens der Koalition - ich glaube, auch mit Zustimmung der Opposition - vorgenommen, entsprechende Stellen beim Bundesfinanzministerium und beim Bundesrechnungshof zusätzlich zu bewilligen, die uns bei dieser Arbeit helfen können. Ohne eine entsprechende personelle Verstärkung der Kontrollorgane sind derartige Probleme schwer lösbar und derartige Aufgaben für uns beinahe undurchführbar. ({2}) Welche Bremsen bieten sich nun an, um in diesem Dilemma in der Zukunft überhaupt zu Rande zu kommen? Das berühmte englische Beispiel ist bis jetzt noch nicht angeführt worden. Ich glaube auch, daß wir angesichts der Schwierigkeiten, mit den Ländern zu einem Übereinkommen über den Prozentanteil des Bundes bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer .zu gelangen, ohnedies auch bei der Einführung des englischen Beispiels auf unüberwindbare verfassungsmäßige Schwierigkeiten stoßen würden. Aber wir werden uns wohl trotzdem in ,der Zukunft ernsthafter als bis jetzt überlegen müssen, wieweit wir bestimmte Dinge vermeiden, die sich in der Vergangenheit als nicht sehr zweckmäßig erwiesen haben. Ich denke hier auch daran, daß nicht unwesentliche Beträge an den Gesamtausgaben der Bundesregierung vom Haushaltsausschuß zur Kenntnis genommen worden sind, nachdem der Haushalt verabschiedet worden war, das heißt also, daß ein sehr wesentlicher Teil der Gesamtausgaben am Haushaltsentwurf als solchem vorbeigegangen ist. Es ist für uns eine nicht ganz einfache Lage, selbst bei gewissenhafter Information des Haushaltsausschusses durch die Vorlagen des Bundesfinanzministers, in Abständen nur zuzustimmen oder nachträglich von Dingen Kenntnis zu nehmen, die wir sehr schwer oder gar nicht ändern können. Wir haben wohl in den vergangenen Monaten ein Beispiel dafür geliefert, wie durch eine Initiative aus den Reihen der Koalition selbst den Forderungen Rechnung getragen werden kann, die durch wachsende neue Ausgabenprobleme und wohl auch unabweisbare Ausgaben an uns herangetragen werden. Lassen Sie mich einmal von ein paar Problemen sprechen, die uns in der Zukunft wahrscheinlich besondere Kopfschmerzen machen werden. Nehmen wir einmal den Atomforschungshaushalt heraus oder die uns angekündigten neuen Forderungen im Zusammenhang mit der Raumfahrt. Wir hören, daß allein für die künftige Planung der Atomforschung pro Jahr ein Bedarf von 500 Millionen DM für vier his fünf Jahre in Aussicht gestellt wird. Aus diesem Betrag läßt sich schon jetzt voraussagen, welche Schwierigkeiten in den kommenden Jahren auf uns zukommen werden. Bei der Raumfahrt können sich diese Forderungen unter Umständen noch erheblich über dieses Maß hinausbewegen. Vor mir liegt ein Aufsatz, den der bekannte Militärschriftsteller Ferdinand Otto Miksche - er ist kein Deutscher, sondern Franzose - in einer Nummer von „Christ und Welt" geschrieben hat. Ich lese hier, daß allein 21,8 Milliarden Dollar für Forschungsaufträge von der amerikanischen Wehrmacht vergeben worden sind. Dort befassen sich gegenwärtig nicht weniger als 49 Firmen mit 72 Raketentypen. 32 weitere Firmen setzen sich allein mit Radarproblemen auseinander. Ich möchte nur hoffen, daß es dem Bundesverteidigungsminister gelingen möge, seine Absicht zu verwirklichen, bei uns in der Bundesrepublik ein solches Nebeneinander und Durcheinander zu verhindern. Ich glaube zu wissen, daß ich hier seine eigene Absicht ausspreche, auf diesem Gebiete zu einer Vereinfachung und zu einer straffen, klaren Organisation nicht nur in Deutschland selber zu kommen, sondern mit allen Kräften danach zu trachten, auf europäischer Ebene und innerhalb der NATO zu einer Vereinfachung und damit auch zu einer Kostenersparnis zu kommen. Die wachsende Verzahnung von Forschung und Wirtschaft bei den ausführenden Firmen macht uns im Haushaltsausschuß in zunehmendem Maße zu schaffen. Bei sehr vielen Anträgen, bei denen man die Wissenschaftler vorschickt, sind wir nicht immer ganz sicher, welche sehr realen wirtschaftlichen Interessen hinter solchen Anträgen stehen. ({3}) Ich möchte wünschen, daß der Herr Bundesverteidigungsminister in der Zukunft auch diesem Problem sein besonderes Augenmerk zuwendet. Wir sind gern bereit, ihm dabei mit allen Kräften zu helfen. Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang noch ein weiteres Problem anschneiden, das nicht nur in diesem Haushalt, sondern auch in dem künftigen Haushalt von wachsender Bedeutung für uns alle sein wird. Ich spreche von dem für uns neuen Begriff der „Bildungsökonomie". Verzeihen Sie, wenn ich wieder ein Fremdwort einfüge; aber wir haben noch keinen anderen Fachausdruck dafür gefunden. Wenn wir uns die Forderungen anschauen, die heute auf breitester Basis von den neuen Instituten und von einzelnen sehr bekannten und sehr verdienstvollen Professoren vorgetragen werden, den Anteil der Ausgaben für Bildung, Forschung und Wissenschaft innerhalb der nächsten Jahre bis 1970 von rund 2 % auf 4% zu verdoppeln, dann wird das auch den Bundeshaushalt in der Zukunft vor sehr, sehr schwer zu lösende Aufgaben stellen. Überlegen Sie bitte einmal: wir sind ja durch das, wenn auch noch nicht ratifizierte Kulturabkommen zwischen Bund und Ländern schon an den Universitätsbauten und -erweiterungsbauten mit 250 Millionen DM jährlich sehr involviert, und unsere Ausgaben in dem allgemeinen Wissenschaftsfonds belaufen sich auf über 300 Millionen DM. Wir haben also ein dringendes Interesse daran, in Zukunft wesentlich bessere und genauere Zahlen zu erhalten, als sie uns bis jetzt vorliegen. Lassen Sie mich ein Beispiel sagen. Es war mir bis jetzt noch nicht möglich, festzustellen, welche durchschnittlichen Kosten ein Student dem Staat an einer deutschen Hochschule verursacht. Österreich hat sich die Mühe gemacht, das einmal durch sorgfältige Erhebungen zu prüfen. Ich bin der Überzeugung, daß die Kosten bei uns wesentlich höher sein werden. Man schätzt sie bis jetzt auf 5000 bis 6000 DM pro Jahr, aber wir müssen konkrete Zahlen in der Zukunft haben, um mit einem besseren Rüstzeug als bis jetzt an die Beratungen über die wachsenden Forderungen herangehen zu können. Überlegen Sie einmal, welche Kosten dabei voraussichtlich erwachsen werden! Nach dem Plan, das 9. Schuljahr generell durchzuführen - eine Angelegenheit, die allein Sache der Länder ist; aber auch in diesem Hohen Hause haben wir schon Forderungen dieser Art gehört -, werden sich die Kosten bis zum Jahre 1970 - mit den Kosten für die dazugehörenden neuen Lehrkräfte - auf mehr als 20 Milliarden DM belaufen. Wenn Sie weiter die auf den Baukosten von 1960 beruhenden Schätzungen der Ausgaben für die Universitätserweiterungsund -neubauten hinzunehmen, sehen Sie Kosten - nach den Schätzungen von 1960 - von minimal 6 Milliarden DM vor uns. Ich will das nicht weiter vertiefen. Aber lassen Sie mich hier eine Bitte anknüpfen: wie wäre es, wenn sich dieses Hohe Haus darauf verständigen könnte, Bund und Ländern nahezulegen, gemeinschaftlich etwas Besonderes zu unternehmen, um die vor uns stehenden Kosten auf ihre Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit auch wirklich zu überprüfen. Sie sehen, ich sage nichts gegen die Notwendigkeit dieser Bauten. Ich spreche nur von dem Gebot der Sparsamkeit, das auch bei diesen Bauten beachtet werden muß. Eine Zahl auch dazu. Gelänge es, nur 10 % bei diesen Schulbauten im Betrage von 20 Milliarden DM einzusparen, dann würde ungefähr der gleiche Betrag erreicht werden, den Bund und Länder allein an Zuschüssen für die Universitätsbauten der nächsten Jahre aufbringen sollen. Wenn es also dem Bund und den Ländern gemeinschaftlich durch ein Zusammenwirken der beiderseitigen Rechnungshöfe gelänge, hier auch nur Einsparungen in einer Größenordnung von 10 bis 20% zu erreichen - und die sind zu erreichen! -, dann wäre das ganze Problem finanziell wesentlich leichter zu bewältigen, als es bis jetzt der Fall ist. ({4}) Meine Damen und Herren, welche Möglichkeiten bleiben uns bei der Finanzpolitik, wie sie sich uns jetzt darstellt? Hier lassen Sie mich einmal etwas näher auf die Vorschläge meines verehrten Herrn Vorredners eingehen, nämlich eine runde Milliarde mehr - so habe ich Sie doch wohl richtig verstanden - in den außerordentlichen Haushalt einzusetzen. Wie liegen hier überhaupt die Dinge? Daß die Verhandlungen mit den Ländern im Vermittlungsausschuß, dessen Anrufung wir wohl mit einiger Sicherheit erwarten können, sich nicht einfach gestalten werden, weiß jeder von uns. Die Sozialdemokraten haben sich also, wenn ich sie recht verstehe, ihrerseits auf 38 % festgelegt, und ich glaube, die Länder werden nicht unerfreut darüber sein, daß eine große Fraktion des Bundestages im voraus schon die Verhandlungsmöglichkeiten des Bundestages wesentlich einschränkt. Nun, das ist eine Summe von 1080 Millionen DM, und wir brauchen allein über 2 Milliarden DM. Jetzt erhebt sich die Frage, wie diese Beträge hereinzuholen sind. Sie schlagen also vor: eine Milliarde mehr an Anleihen? Wir haben, glaube ich, das Äußerste dessen getan, was man vernünftigerweise und unter Berücksichtigung der Möglichkeiten des deutschen Kapitalmarkts tun kann, wenn wir schon den außerordentlichen Haushalt von 1,8 auf 2,2 Milliarden DM, d. h. um volle 400 Millionen DM gesteigert haben. Aber finden Sie nicht, Herr Kollege Schoettle, daß es logischer gewesen wäre, wenn man bei dieser Gelegenheit Ihrerseits vielleicht radikale Kürzungsvorschläge gemacht hätte und wir uns darüber unterhalten hätten, statt daß wir aus den ersten Vorlagen und Anträgen Ihrer Fraktion ersahen, daß gar nicht unerhebliche Mehrausgaben vom Bund verlangt werden? ({5}) Wie z. B. die Ausgaben für Wissenschaft und Forschung durch den außerordentlichen Haushalt gedeckt werden sollen, ist mir unerfindlich; denn das widerspräche genau dem, was Sie vorher unter Berufung auf die Verfassung gefordert haben. Nun, wir gehen mit Ihnen konform in der Forderung, eine Rangordnung der Werte zu schaffen. Ich werde darauf am Schluß meiner Ausführungen noch näher eingehen. Aber lassen Sie uns doch einmal gemeinschaftlich untersuchen - das ist ja ein rein sachliches Problem -, wie die Chancen auf dem Kapitalmarkt stehen. Ich habe einen Bericht vor mir liegen, der sich mit den einzelnen Notwendigkeiten auseinandersetzt. Wir können hier unmöglich allein die Forderungen des Bundes in Betracht ziehen; denn die Forderungen der öffentlichen Hand sind ja, soweit sie den Bund angehen, etwas Gemeinsames. Wir können damit rechnen, daß sich voraussichtlich auf dem Kapitalmarkt durch die Ersparnisse der deutschen Volkswirtschaft ein Gesamtvolumen von vielleicht 14 bis 15 Milliarden DM - bei 15 Milliarden gehe ich schon sehr hoch - ansammeln kann. Der gesamte Anleihebedarf der öffentlichen Hand wird nach den jetzt überschaubaren Forderungen aller Beteiligten auf 7 bis 8 Milliarden DM geschätzt. Für die Privatwirtschaft - und hier komme ich zu einem sehr wesentlichen Punkt - blieben dann insgesamt 5 bis 6 Milliarden DM übrig. Der Bund hat davon in seinem Haushaltsvorschlag, den wir vertreten, 2,2 Milliarden DM für sich in Anspruch genommen. Er hat davon bis jetzt im Januar 400 Millionen DM und im April 500 Millionen DM begeben, ferner an Obligationen 190 Millionen DM und von der Landesrentenbank 75 Millionen DM, zusammen also jetzt schon ein Volumen von 1165 Millionen DM in Anspruch genommen. Dabei befinden wir uns erst im Frühlingsmonat Mai. Weitere 400 Millionen DM sind jeweils für die Monate Juli und Oktober vorgesehen worden. Nun, meine Damen und Herren, verlangt die Bundesbahn ihrerseits Anleihen in einer Größenordnung von rund 1 Milliarde DM und hat davon bis jetzt erst 300 Millionen DM unterbringen können. Sie will die weiteren Tranchen eventuell in den Monaten August und November unterbringen. Die Bundespost hat einen Anleihebedarf von 1,4 Milliarden DM und hat davon bis jetzt erst 200 Millionen DM begeben. Selbst wenn sie sich weiter auf das nach meinem Dafürhalten nicht gerade sehr erfreuliche Gebiet der Schuldscheindarlehen stürzt, wird sie Mühe haben, eine derartige Forderung auf dem Kapitalmarkt ohne weiteres durchzubringen. Der Lastenausgleichsfonds hat einen Kapitalbedarf von 500 Millionen DM. Ob er damit nach dem jüngst hier- beschlossenen Gesetz in der Zukunft weiter durchkommt, lasse ich einmal dahingestellt. Er hat bis jetzt davon nur 150 Millionen DM begeben können. Also auch hier stehen weitere erhebliche Anforderungen bevor. Der Länderbedarf wird angesichts der 5 Milliarden DM, die die Länder noch in den Kassen liegen haben, auf nur 300 Millionen DM geschätzt. Er fällt hier also nicht weiter ins Gewicht. Dagegen werden die Gemeinden in diesem Jahr einen Anleihe- und Obli3472 gationsbedarf von voraussichtlich 2,5 Milliarden DM haben. Die Privatwirtschaft insgesamt verlangt die im folgenden im einzelnen aufgegliederten Beträge. Die Hypothekenbanken haben einen Bedarf von 5,5 bis 6 Milliarden DM trotz der Rekordbegebungen, die wir im ersten Vierteljahr bereits hinter uns haben und die im vergangenen Jahr beinahe 40 % des gesamten Kapitalmarkts für sich in Anspruch genommen haben. An Industrieanleihen bleiben im wesentlichen ganze 1,1 Milliarden DM offen. Ich halte diese Summe für notorisch zu gering, um überhaupt den Investitionsbedarf dieses kommenden Jahres zu dekken. Damit bin ich bei einem sehr wesentlichen Punkt der Argumentation meines verehrten Vorredners angelangt. Er zitierte hier - natürlich mit sichtlichem Genuß - aus der Rede von Herrn Professor Erhard vor dem Bundestag. Ich könnte mit dem gleichen Genuß Herrn Dr. Deist zitieren, und ich könnte boshafterweise vielleicht auch auf bestimmte Bemerkungen aus ihm nahestehenden Kreisen über das Ergebnis der Vermittlungsverhandlungen von vorgestern nacht zurückverweisen. Von wem kam denn die Kritik an diesem doch sehr vernünftigen Ergebnis, das beide Seiten im großen und ganzen als befriedigend ansehen dürfen und können? Wenn man schon der einen Seite ein bestimmtes Verhalten vorwirft, dann, glaube ich, fällt das auf die andere Seite genauso zurück, es sei denn, sie entschlösse sich, mit uns gemeinschaftlich wirklich an der Bewältigung dieser Probleme zu arbeiten. Ich halte nach diesen Darlegungen die Hoffnung, auf dem Anleihemarkt 1 Milliarde DM mehr unterzubringen, aus vielen Gründen für nicht realistisch. Lassen Sie mich jetzt auf Grund der Entwicklung der letzten zwei, drei Tage noch ein weiteres hinzufügen. Wir stehen vor einer ganz unerwarteten Börsenhausse. Hier ist an sich nicht der Platz, sich über Börsenhaussen zu unterhalten. Aber ich muß sagen: Eine Folge haben solche Vorgänge in der Vergangenheit unbestreitbar gehabt, nämlich sofortige Rückwirkungen auf den Rentenmarkt. Wenn eine Börsenhausse eintritt, engt sich der Rentenmarkt automatisch ein, weil dann nämlich sehr große Summen, die sonst in öffentlichen Titeln angelegt werden, automatisch zur Wirtschaft hinüberfließen. Wenn das so ist und wenn vor allen Dingen à conto dieser Hausse die bisherigen sehr großen Ankäufe deutscher öffentlicher Werte von seiten des Auslandes ausbleiben, wird hier nach meinem Empfinden ein Vorgang eintreten, der uns nicht gleichgültig lassen kann. Wir können es nach meinem Dafürhalten nicht dabei bewenden lassen, daß der Zinssatz der öffentlichen Anleihen bei uns bei 6 % bleibt. Wir sollten nach einer Verminderung dieses Zinssatzes streben; ({6}) denn dieser Zinssatz ist bei uns notorisch zu hoch. Wenn wir ein solches Spiel im Interesse der gesamten deutschen Wirtschaft, auch der Finanzwirtschaft, verfolgen, dann sollten wir, meine Damen und Herren, aber nicht danach trachten, durch eine übermäßige Beanspruchung des Kapitalmarkts unweigerlich den Zinssatz noch weiter heraufzudrücken, anstatt ihn zu senken. ({7}) Ich glaube, das wird und muß ein sehr wesentliches Argument gegen die Argumentation der Opposition sein. Überhaupt habe ich den Eindruck - man mag mir verzeihen, wenn ich dieses Bild aus dem Ringkampf hier gebrauche -, daß die Opposition das verständliche Bestreben hat, die Regierungskoalition ein wenig in den Schwitzkasten zu nehmen. Das heißt, sie stellt neue Forderungen in der sicheren Erwartung, daß die Länder nicht mehr bewilligen werden. Sie unterstützt die Forderung der Länder nach 38 % Bundesanteil noch und will uns damit - the big stick - mit dem kleinen dicken Stock der Finanzdrohungen darauf hinweisen, wie notwendig und unvermeidlich eine große Koalition in der Zukunft sei. ({8}) Dieses Ziel ist, glaube ich, verständlich. Es ist aber leicht durchschaubar, und ich nehme an, wir von unserer Seite werden alles tun, um es nicht zu realisieren. Soviel kann ich, glaube ich, für die Koalition hier aussagen. Im übrigen stimme ich dem Herrn Bundesfinanzminister voll und ganz zu, wenn er sagt, mit 92 Milliarden DM Gesamtsteueraufkommen seien nun einmal die Bedürfnisse von Bund, Ländern und Gemeinden deckungsfähig, und wir sollten unbedingt von vornherein von weiteren Steuererhöhungen absehen. Der Steuerzahler wird es nie und nimmer begreifen, wenn wir angesichts eines solchen Einnahmevolumens unsererseits als Ausweg, als billigen Ausweg, zu neuen Steuern greifen. Auf welche Konjunkturprognosen stützt sich nun die Voraussage des Bundesfinanzministers? Er hat mit Recht darauf hingewiesen, daß wir heute bereits das steuerlich höchstbelastete Land sind. Ich möchte hier allerdings einen Wunsch aussprechen. Man sollte in der Berechnung der Steuerbelastungen zu einer größeren Einheitlichkeit der betreffenden Institute kommen, Herr Bundesfinanzminister. Mir liegen z. B. die Ziffern vor, die das National Institute of Economic and Social Research in London errechnet hat und die in den „Economic Review" Nr. 14/1961 niedergelegt sind. Danach beträgt die Gesamtbelastung gemessen am Bruttosozialprodukt für Deutschland 34 %, für Großbritannien nur 29 %; für .die USA beträgt sie 26 %. Ich möchte doch darum bitten, daß derartige Ziffern, gerade wenn sie von einer unanfechtbaren internationalen Seite gebracht werden, auch allgemein Eingang in unsere eigenen Publikationen finden, damit jede Verwirrung in der Zukunft vermieden wird. Das halte ich gerade in diesem Punkt bei den kommenden Auseinandersetzungen, vor allen Dingen über die Höhe des deutschen Verteidigungsbeitrages, für äußerst wichtig und für unsere Position sehr stützend. Wir haben dank des Überblicks, den uns die Hannoversche Messe geben kann, jetzt etwas bessere Anhaltspunkte für den voraussichtlichen Konjunkturablauf des Jahres 1963, als es in den sehr schwankenden Prognosen deis Frühjahrs an Hand der Frostschäden möglich gewesen ist. Ich glaube, man kann jetzt folgendes feststellen: daß die wesentlichen Bereiche der deutschen Wirtschaft, auf die eis ankommt, auf Grund des Ergebnisses der Hannoverschen Messe, das immer einen ganz guten Querschnitt ergibt, mit einer befriedigenden Konjunktur rechnen können und daß nur einzelne Branchen, wie z. B. Optik, Schmuckwaren und einige kleinere, vielleicht unter dem Durchschnitt geblieben sind, während andere, wie z. B. die gesamte Büroindustrie und natürlich die Bauwirtschaft, mit einem weitaus überdurchschnittlichen Ergebnis zu rechnen haben. Das wirft natürlich auch seine Schatten auf das Jahr 1963 voraus. Insgesamt hat sich die Investitionsneigung der deutschen Wirtschaft keineswegs besonders gesteigert, auch wenn wir erfreulicherweise innerhalb der letzten beiden Monate einen gestiegenen Auftragsbestand zu verzeichnen hatten. Dieser Punkt verdient natürlich besondere Aufmerksamkeit. Aber, meine Damen und Herren, geben Wir uns keinen Illusionen darüber hin, daß dieser gehobene Auftragsbestand vielleicht auf einen Glückzufall zurückzuführen sei, darauf nämlich, daß sich die deutsche Wettbewerbsfähigkeit infolge der ungewöhnlichen Kostensteigerung in Italien und in Frankreich besser gestaltet habe, als wir das ursprünglich hätten voraussehen können. Ich möchte hier vorsorglich gleich auf die außerordentlichen Anstrengungen hinweisen, die England im Laufe des kommenden Haushaltsjahres unternehmen wird, um der eigenen Wirtschaft eine kräftige Expansion zu ermöglichen. Der englische Haushalt dieses Jahres sieht ein bewußtes Defizit von 7,6 Milliarden zugunsten der Expansion der eigenen Wirtschaft vor. Das ist ein Punkt, mit dem wir unis in der Zukunft sehr ernsthaft werden auseinandersetzen müssen. Ich glaube, daß wir infolgedessen allen Grund haben - um noch einmal auf das Anleiheproblem zurückzukommen -, auch nicht der deutschen Wirtschaft die Möglichkeit zu verbauen, zu billigeren Prozentsätzen als bis jetzt ihren Investitionsbedarf zu befriedigen und damit auf dem internationalen Markt konkurrenzfähig zu bleiben. Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang ein wenig auch auf die Rolle der Bauwirtschaft eingehen. Vor mir liegt eine sehr nette Ausarbeitung in dem Wochenbericht des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung in Berlin. Dazu muß ich gleich eine kleine Bemerkung machen. Nachdem man uns darin sehr genau und mit großer Akribie nachgewiesen hat, um wieviel das Bauvolumen in den letzten Jahren gestiegen ist und wie sich vor allen Dingen die Kosten entwickelt haben, kommt man am Schluß zu einer beinahe witzigen Bemerkung. Der Referent, der diese Sache bearbeitet hat, sagt am Schluß seines sehr lesenswerten Berichtes: Die Gemeinden, die öffentliche Hand haben Krankenhäuser, Schulen, Forschungsstätten usw. zu bauen, nicht etwa nur aufwendige Verwaltungsgebäude, und er fährt dann wörtlich fort: Wenn sie ihren bisherigen Trend beibehält, wird sich auch das Wachstum der Hochbautätigkeit nicht allzu sehr abschwächen. Die Aussichten für eine solche Entwicklung sind gut, - sagt dieser freundliche Berichterstatter trotz der ständigen, angesichts der gegenwärtigen Konjunkturlage nicht jedoch erforderlichen Rügen, die sich die wirtschafts- und finanzpolitischen Instanzen selbst ob ihrer Ausgabenpolitik erteilen. Ich muß sagen, die Logik, die dahinterstehen soll, ist mir völlig fremd. Auf der einen Seite wird hier nachgewiesen, daß allein beim Tiefbau die Baupreise von 1960 gleich 100 binnen drei Jahren auf 115 und beim Wohnungsbau von 1960 gleich 100 binnen drei Jahren auf 120,4 gestiegen sind. Wie man angesichts einer solchen Überentwicklung dann auf der anderen Seite noch, eine solche Ermunterung aussprechen kann, ist mir unerfindlich. Ich sehe zwar klar, daß die noch nicht vollendeten Bauten und eine Reihe anderer Dinge, vor allen Dingen der Flaschenhals, der sich beim Bauhandwerk ergeben hat, dazu führen werden, daß sich von selbst eine Mäßigung in der Überkonjunktur anbahnen wird. Wir von seiten der Mehrheit haben den Ländern und den Gemeinden, glaube ich, ein wirklich gutes Beispiel gegeben, indem wir bei den Bundeshochbauten Kürzungen in einer Größenordnung von 225 Millionen DM und bei dem Wohnungsbau von 125 Millionen DM ihnen angeboten haben. Das ist ein Beispiel unserer eigenen Entschlossenheit, hier voranzugehen. Denn nur wenn wir selbst vorangehen, können wir von den Ländern, mehr aber noch von den Gemeinden und den Kreisverbänden ihrerseits ein gleiches Beispiel erwarten. ({9}) Niemand von uns - und das möchte ich hier kategorisch feststellen - bezweifelt die Notwendigkeit der Errichtung von Schulen, von Krankenhäusern und von Durchgangsstraßen durch die jetzt schon zum Brechen vollen Großstädte. Aber, meine Damen und Herren, das Problem, das hier angesprochen wird, heißt nicht die Notwendigkeit, sondern das Tempo, in dem diese Aufgaben durchgeführt und bewältigt werden sollen. ({10}) Hier, glaube ich, gebietet einfach die Vernunft, dazu beizutragen, daß nicht durch sinnlose Kostensteigerung dieser Absicht zuwidergehandelt und das ganze verteuert wird. Wir glauben, daß wir, wenn sich vor allen Dingen die Gemeinden - an sie geht unser Appell - an unserem Beispiel beteiligen, hier leichter zu Rande kommen werden. Dabei möchte ich allerdings auch die Länder mit angesprochen haben. Denn ohne die riesenhafte Steigerung der Zuwendungen an die Kommunen - an die die Länder ja vorher selber nicht geglaubt haben - wäre sehr vieles von dem nicht möglich gewesen, was sich jetzt an Überkonjunktur vor unseren Augen ausgebreitet hat. Wir haben ja nicht nur den Haushalt 1963 vor uns, sondern wir haben auch noch einen Blick auf die noch ungelösten Probleme des Haushalts 1964 zu werfen. Wir haben niemals Haushaltspolitik nur für ein Haushaltsjahr betrieben, sondern wir haben versucht, es in den größeren Rahmen der vor uns liegenden Aufgaben mit einzubauen. Was steht nun vor uns und was müssen wir für unvermeidbar halten? Der Herr Bundesfinanzminister hat Ihnen bereits eine Reihe von Zahlen genannt. Wir selber wissen, daß ein Nachtragshaushalt sich als unvermeidlich erweisen wird. Aber lassen Sie mich hier auf ein Argument der Opposition eingehen, das sich auf unser Verhalten, das Verhalten der Majorität, im Haushaltsausschuß selber bezieht. Wir haben - und mein verehrter Herr Vorredner hat das stark kritisiert - eine sehr erhebliche Ausweitung des Bundeshaushalts durch die Hereinnahme neuer Ausgaben bewältigt. Dieses Verfahren ist kritisiert worden. Wir sind dagegen der festen Überzeugung, daß es der Wahrheit des Haushalts und seiner Lage entspricht, wenn wir dem Hohen Haus ein möglichst vollständiges Bild der mit dem Datum der Haushaltsvorlage abschließenden Ausgaben darlegen ({11}) und nicht dieses Problem wieder auf einen Nachtragshaushalt weiter vor uns herschieben. Wenn ich mir hier ein Wort der Kritik erlauben darf: Der Bund ist doch gerade durch das von Ihnen hier gelobte Verhalten im vergangenen Haushalt gegenüber den Ländern in eine bestimmte Verdrückung geraten, die ich hier nicht näher ansprechen möchte. Hätte damals der Herr Bundesfinanzminister rechtzeitig das Paket mit den 1,1 Milliarden DM seiner unvermeidlichen Rüstungsausgaben auf den Tisch unseres Hauses gelegt, hätten wir uns manchen Kummer auch gegenüber den Ländern ersparen können. ({12}) Ich weiß nicht, wie unsere Position gegenüber den Ländern mit unserer Forderung nach 40,5 und 41,5 % aussehen würde, wenn wir Ihrem Beispiel gefolgt wären und wenn wir nicht dafür gesorgt hätten, daß das klare Bild unserer Haushaltsausgaben, soweit sie unvermeidlich sind, vor dem Hohen Hause und den Ländern ausgebreitet wird. Meine Damen und Herren, wir müssen uns nun damit vertraut machen, daß eine Reihe von unvermeidlichen Forderungen auf uns zukommen werden. Wir haben wachsende Leistungen z. B. an die Entwicklungsländer. Wir haben 170 Millionen DM gestrichen in der sicheren Überzeugung - und unsere Auffassung wird durch den sehr lesenswerten Jahresbericht der Kreditanstalt für Wiederaufbau voll gedeckt -, daß diese Summe in diesem Haushaltsjahr - „in diesem", sage ich ausdrücklich - nicht gebraucht wird. Im nächsten Haushaltsjahr ist das ein ganz anderes Problem. Wir haben zu verzeichnen, daß allein 300 Millionen DM fixe Kosten für die sogenannten technischen Aufgaben und die technische Hilfe für Entwicklungsländer bereits im Haushalt involviert sind. Wir sind uns darüber im klaren, daß der Druck auf uns, hier aus Steuergeldern, nicht nur aus Anleihen, mehr zu leisten, wachsen wird. Herr Kollege Schoettle, das eine möchte ich klar sagen: Wenn wir schon mehr Anleihen fordern, dann sollten wir nicht außer acht lassen, daß wir bis jetzt noch nicht den letzten Versuch unternommen haben, auch einmal noch flüssigere Anleihemärkte anderer Länder mit einer Bundesgarantie für die Bewältigung dieser Aufgaben heranzuziehen. Hier sehe ich nämlich noch eine Reihe von Möglichkeiten vor uns. Wir wissen auch, was die deutsche Zusage für eine multilaterale Atommacht finanziell involvieren wird. Wir wissen auf der anderen Seite auch, welche Probleme die deutsche Landwirtschaft in den kommenden Jahren zu bewältigen haben wird. Die Forderungen der Kriegsopfer, die Forderungen der Familienverbände nach erhöhtem Kindergeld, eine Vielzahl anderer Forderungen sind jetzt in Tarifverhandlungen zwischen dem Bund, den Ländern und den kommunalen Tarifpartnern auf der einen Seite und den Angestellten und Arbeitern auf der anderen Seite in ein entscheidendes Stadium getreten. Franz Herbert Götz von der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" hat jetzt ein Buch herausgebracht „Weil alle besser leben wollen". Dieser Titel sagt in der Tat einiges .aus. Alle wollen besser leben, und wir stehen hier inmitten der Bundeshaushaltsberatungen vor dem Dilemma, wie wir mit diesen Forderungen aus allen Schichten fertig werden können. Wir stehen vor einem für uns in einem hohen Maße immer stärker in Erscheinung tretenden Prozeß der Säkularisation der Einzelpersönlichkeit, der nicht nur unsere Jugend generell erfaßt hat, sondern der dadurch so bedeutsam wird, daß er mit dem gleichen Säkularisationsprozeß der Verbände, der Gruppen und der Organisationen gegenüber dem Staat Hand in Hand geht. Das ist hier das für uns entscheidende Problem. Das deutsche Volk darf im Parlament nicht den Schauplatz von Gruppenkämpfen sehen, sondern wir sollten gerade bei den Haushaltsberatungen das gemeinsame große staatspolitische Ziel gemeinsam ansteuern, zum Wohle des gesamten deutschen Volkes und aller Bevölkerungsgruppen, auch derer, die sich nicht so lautstark zu Wort melden können, hier in diesem Hause etwas zu unternehmen, unid für sie eine gemeinsame Basis schaffen. ({13}) Je widerstandsfähiger sich dieses Haus gegenüber so massiven Gruppenforderungen erweist, desto stärker wird es auch in seinem Ansehen draußen in der Öffentlichkeit bestehen, und sein Ansehen wird um so mehr schwinden, je weniger widerstandsfähig es sich gerade in diesem entscheidenden Punkt erweist. ({14}) Der Steuerzahler mißt die Tätigkeit dieses Hohen Hauses nicht zuletzt auch an der Erhaltung des Geldwertes. Die Prognose des Bundeswirtschaftsministers für 1963 mit 3,5 % sollte deswegen nicht so ohne weiteres als etwas für künftige Jahre FestDr. Vogel stehendes hingenommen werden. Gerade die Koalition erwartet von der Bundesregierung, daß sie alle Anstrengungen unternimmt, die Stabilisierung des Geldwertes nicht nur im Haushaltsjahr 1963, sondern vor allem im kommenden Haushaltsjahr als ,das vornehmste Prinzip ihrer Wirtschaftspolitik zu betrachten. ({15}) Uns fällt dabei eine Führungsrolle desto mehr zu, je mehr sich die Schatten großer, gewaltiger Mehrausgaben in den kommenden Jahren und der wachsende Druck der Vereinigten Staaten auf uns in den Rüstungsausgaben ausprägen. Von dieser Führungsrolle können wir nicht entbunden werden. Wir müssen hier mit gutem Beispiel vorangehen, und ich hoffe, das Ergebnis dieser Beratungen wird erweisen, daß das Hohe Haus sich in seiner Mehrheit geschlossen hinter diesen Haushalt stellt und dabei auch der Bundesregierung die Unterstützung gibt, die sie und unsere eigenen Freunde in den kommenden Verhandlungen im Vermittlungsausschuß dringend brauchen werden. ({16})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Das Wort hat der Abgeordnete Emde.

Dr. Hans Georg Emde (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000466, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Entwurf der Bundesregierung eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Beteiligungsverhältnisses an der Einkommen- und Körperschaftsteuer ist Anlaß für ein außergewöhnliches Verfahren bei der Haushaltsberatung dieses Jahres. Die Grundsatzdebatte, die bei der ersten Lesung eines Haushalts geführt wird, wird in der dritten Lesung durch die Abschlußdarstellung der Parteien ergänzt. Wir haben in diesem Jahr auf der Basis der Änderung des Beteiligungsverhältnisses die Möglichkeit und die Notwendigkeit, uns bei der zweiten Lesung nunmehr erneut in eine Grundsatzauseinandersetzung über den Haushaltsentwurf zu begeben. Das ist notwendig und möglich. Wir haben nämlich im Laufe der letzten Monate in diesem Haushalt eine Reihe von Veränderungen erlebt, die vor Beginn der zweiten Lesung in der Öffentlichkeit zu diskutieren notwendig und sinnvoll ist. Der vorliegende Gesetzentwurf der Bundesregierung ist zum Kernproblem des Haushalts geworden, denn er füllt die Deckungslücke von zwei Milliarden aus, die in diesem Haushalt bestehen würde, wenn wir mit dem alten Anteil des Bundes an der Einkommen- und Körperschaftsteuer von 35% weiter operieren müßten. Wir haben im Laufe der letzten Monate den Haushaltsausgleich, der bei der Einbringung gegeben war und dann im Laufe der Monate wieder zerstört wurde, im Haushaltsausschuß nur mit außergewöhnlicher Mühe wieder erreichen können. Es hat sich eine Erhöhung des Haushalts im Volumen der Ausgaben um 2,5 Milliarden DM ergeben, 2,5 Milliarden, denen wir dann Kürzungen von 1,6 Milliarden und Mehreinnahmen gegenübergestellt haben, so daß sich das Haushaltsvolumen insgesamt nur um 900 Millionen DM erhöht hat. Aber die Tatsache ,daß wir zusätzliche Ausgaben von 2,5 Milliarden DM aus dem bestehenden Gefüge des Haushalts heraus decken mußten, hat natürlich zu ganz komplizierten und schwierigen Verhandlungsabläufen innerhalb des Haushaltsausschusses, zwischen den Parteien und der Regierung geführt. Das Ergebnis, das wir erreicht haben, wäre gefährdet, der Haushalt nicht ausgeglichen, wenn die Quote von 40,5 %, die die Bundesregierung beantragt, nicht in voller Höhe erreicht würde. Die Frage der Deckung des Haushalts ist dann neu aufgeworfen. Der Entwurf des Haushaltsplans, der im Oktober eingebracht und mit viel Beifall und nur gedämpfter Kritik begrüßt wurde, hat also eine Reihe von Veränderungen erfahren. Es ergibt sich daraus, daß sechs Monate ein zu langer Zeitraum für die Behandlung eines Etatentwurfs sind. Zwangsläufig erfolgen Erhöhungen des Etatvolumens durch neue Aufgaben und Notwendigkeiten infolge der Verabschiedung von Gesetzen. Nahezu zwangsläufig entstehen neue Ausgabenwünsche durch den Drang von Parlament und Verwaltung, zusätzliche Aufgaben noch in den Etat einzubauen oder bestehende Aufgaben besser lösen zu wollen. Darüber hinaus erfolgt fast immer ein gewisser Umbau des Haushaltsgefüges im Rahmen der Wünsche der Parteien, neue Schwerpunkte zu bilden oder bestehende Schwerpunkte zu verändern. So kann es geschehen, daß ein Entwurf im Zuge der Beratungen völlig umgestaltet und damit seiner innere Aufgabenverteilung verändert wird. Ist das bei dem Haushalt 1963 geschehen? Bei der Aufstellung des Haushalts ist der Versuch gemacht worden, die Ausgaben des Bundes dem realen Zuwachs des Sozialprodukts anzupassen. Das führte naturgemäß zu einer Fülle von Streichungen aus dem Wunschkatalog der verschiedenen Ressorts, wobei die Streichungen aus den Anforderungen des Bundesverteidigungsministeriums in ihren Auswirkungen besonders bedeutsam waren. Hier möchte ich zum erstenmal meinem Kollegen Vogel in aller Form zustimmen. Es ist richtig, daß wir in der Zwischenzeit die realen Forderungen des Verteidigungshaushalts berücksichtigt haben. Die Verhandlungen mit den Ländern wären in ein falsches Gleis geraten, wenn wir mit den zu stark gekürzten Forderungen des Verteidigungshaushalts operiert hätten. Es war notwendig, diese 1,4 Milliarden DM mehr einzusetzen. Die Situation gegenüber den Ländern ist dadurch ehrlicher, klarer und vernünftiger geworden. ({0}) Die Regierung hat im vorigen Jahr angekündigt, daß der Haushalt im Laufe des Jahres durch einen Nachtragshaushalt ergänzt werden würde, in dem dann alle die Maßnahmen ihren finanziellen Niederschlag finden sollen, zu denen Gesetze im Laufe des Haushaltsjahres 1963 voraussichtlich noch vom Plenum verabschiedet werden könnten. Die Endsumme des Haushalts von 56,8 Milliarden DM ist dabei vielen Stellen als eine Art magische Zahl erschienen, eine Zahl, die Symbol der Regierung zu sein schien, in der Ausgabenwirtschaft nunmehr einen anderen Stil walten zu lassen. Ich hatte für meine Fraktion die Aufgabe, bei der ersten Lesung dieses Entwurfs unsere Stellungnahme abzugeben. Ich habe dabei eine Reihe von Wünschen meiner Fraktion ausgedrückt, die ich kurz folgendermaßen zusammenfassen will. Wir hielten es für wünschenswert, daß in stärkerem Maße Ausgaben zur Förderung der Wirtschaft und für das Verkehrswesen dotiert werden sollten. Wir waren darüber hinaus der Meinung, daß die Gewinnung dieser Mittel durch Einsparung an anderer Stelle im Haushalt erreicht werden könnte. Wir hatten diese Wünsche geäußert, weil wir damals der Meinung gewesen sind und es heute noch sind, daß die Produktivität der Volkswirtschaft in stärkerem Maße als bisher durch wirtschaftsfördernde Maßnahmen des Staates gesteigert werden sollte. Die Abflachung der Zuwachsrate unseres Sozialprodukts, der zunehmende Konkurrenzkampf auf den Weltmärkten zwingen uns zu der Überlegung, ob wir die Schwerpunktbildung bei den Staatsausgaben in der richtigen Weise gefunden haben. Ich möchte noch einmal das betonen, was ich bei der ersten Lesung gesagt habe: je größer Volkseinkommen und Volksvermögen sind, um so leichter ist es, hohe Leistungen für Verteidigung und Entwicklungsaufgaben im Haushalt frei zu machen. Wir fordern daher erneut Stärkung der Produktivität der Volkswirtschaft und fortgesetzes Bemühen um zumindest die Bewahrung der heutigen Zuwachsrate des Sozialprodukts. Diese Forderungen stehen in keiner Weise im Gegensatz zu der anderen Notwendigkeit: Verteidigung des inneren Wertes unserer Währung. Im Gegenteil, eine Währung ist um so eher in ihrem inneren Wert zu halten, oder der innere Wert der Währung ist um so leichter zu erhöhen, je stärker sich die produktiven Teile einer Volkswirtschaft ausdehnen. Die sinnvolle Form der Wirtschaftsförderung steht dabei in keiner Weise der Forderung nach einer Zügelung der öffentlichen Haushalte im Wege. Das Zügeln oder Bremsen der öffentlichen Haushalte darf auf keinen Fall zur Gefährdung volkswirtschaftlich notwendiger Aufgaben führen. Diese Überlegungen haben uns im November veranlaßt, insbesondere für die Bereiche der Verkehrsinvestitionen, von Forschung und Wissenschaft und von Maßnahmen der aktiven Wirtschaftshilfe zusätzliche finanzielle Leistungen im Rahmen des bestehenden Haushaltsvolumens zu verlangen. Wir haben diese Ziele nicht voll erreicht. Wir haben zwar mancherlei zusätzliche Maßnahmen finanzieren können, aber es war z. B. nicht möglich, den Verkehrshaushalt aufzustocken. Auch ist das Haushaltsvolumen nicht bei der ursprünglichen Höhe geblieben, sondern auf 57,7 Milliarden DM gewachsen. Aber die Grundtendenz unserer Absichten ist verwirklicht worden: statt einer Erhöhung der Steuerbelastung an verschiedenen Stellen im Haushalt erhebliche Beträge freizusetzen. Zwar mußten diese Beträge zum großen Teil für den Verteidigungshaushalt zur Verfügung gestellt werden, dafür sind aber manche unserer Wünsche erfüllt worden. Lassen Sie mich Ihnen noch einen kurzen Überblick über die Veränderungen geben. Wir haben den Verteidigungshaushalt um 1,4 Milliarden DM erhöht. Im Lauf der letzten Jahre sind damit die Verteidigungsausgaben in einem außergewöhnlichen Maße angewachsen: von 15 Milliarden DM im Jahre 1962 auf nunmehr 18,4 Milliarden DM in diesem Haushaltsjahr. Der Verteidigungshaushalt ist damit zu einem zweiten Kernproblem unseres Gesamthaushalts geworden. Wir haben zweitens die Mittel für den Grünen Plan erheblich aufgestockt, nämlich von rund 2,1 Milliarden DM um 448 Millionen DM auf rund 2,5 Milliarden DM. Wir haben an einer dritten Stelle - an einer neuralgischen Stelle - unseres politischen Lebens Mittel erhöhen können, zwar nur um 131 Millionen DM, haben damit aber dennoch bei den Mitteln für Berlin - von 1,6 Milliarden auf 1,8 Milliarden DM - einen erheblichen Sprung nach oben gemacht. Wir haben ferner die Mittel für Förderungsmaßnahmen für den Steinkohlenbergbau um 163 Millionen DM erhöhen können. Meine Damen und Herren, alles das ist aber nur haltbar, wenn es uns gelingt, im Rahmen der Verhandlungen zwischen dem Bund und den Ländern von den Ländern den Anteil an der Einkommen- und an der Körperschaftsteuer zu erhalten, den der Bund mit den Erhöhungswünschen von 5,5 % ausgedrückt hat. Wir fordern - in Zahlen - 2,007 Milliarden DM. Die Kollegen von der SPD haben vorgetragen, daß ihnen ein Satz von 38 % ausreichend erscheint. Das würde eine Einnahmeminderung des Bundes von 912 Millionen DM bedeuten. Woher diese 912 Millionen DM genommen werden sollen, wenn wir uns nicht auf den Weg der Darlehensaufnahme begeben können, ist hier nicht ausgesprochen worden. Darüber müssen wir uns im Laufe der zweiten Lesung und dann im Haushaltsausschuß eingehend unterhalten. ({1}) Mit .der Erhöhung des Bundesanteils an den erwähnten Steuern wird aber das Gesamtproblem der Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern erneut in den Mittelpunkt der Auseinandersetzungen gestellt. Als sich die Länder im Haushaltsjahr 1962 bereit gefunden haben, zum Haushaltsausgleich einen freiwilligen Beitrag in Höhe von 1 Milliarde DM zur Verfügung zu stellen, war es für jeden Fachmann klar, daß es sich hierbei nur um eine einmalige Maßnahme handeln konnte und daß damit automatisch für das kommende Haushaltsjahr - also für 1963 - eine Neufestsetzung des Verteilungsschlüssels erfolgen mußte. Ich darf einmal mit Genehmigung des Herrn Präsidenten zitieren, was ich für meine Fraktion bei der Verabschiedung des Etats 1962 im April ausgeführt habe: Um eine Steuererhöhung zu vermeiden, erwarten wir daher, daß der Anteil des Bundes an der Einkommen-, Körperschaft- und Lohnsteuer in fairen Verhandlungen mit den Ländern für das Jahr 1963 erhöht wird. Dabei wollen wir die Länder finanziell nicht aushöhlen. Meine Damen und Herren, ich hatte gesagt: in fairen Verhandlungen. Die Verhandlungstechnik bei den Verhandlungen mit den Ländern ist im letzten Jahr natürlich auch nicht immer allzu glücklich gewesen. Es liegen Schuld und Nichtschuld auf beiden Seiten gleichmäßig verteilt. Wir haben aber den Eindruck gewonnen - aus einer Fülle von Gesprächen mit den Länderministern der verschiedenen Parteien -, daß das Klima zwischen Bund und Ländern sich im Laufe der letzten Wochen doch erheblich verbessert hat und daß nunmehr die Hoffnung besteht, im Vermittlungsausschuß ein letzten Endes vernünftiges Ergebnis erreichen zu können. Wenn zum jetzigen Zeitpunkt noch energische Auseinandersetzungen über den neuen Schlüssel stattfinden, so sollte man diese Diskussion heute nicht mehr überbewerten. Es ist ganz natürlich, daß jede Seite zuerst ihre eigenen Interessen sieht und versucht, sich im Rahmen der Verhandlungen möglichst weitgehend durchzusetzen. Dieses eigene Interesse muß aber auf beiden Seiten unter das Allgemeininteresse gestellt werden. Wir können uns in Deutschland keinen Konflikt zwischen Bund und Ländern leisten.

Dr. Dr. h. c. August Dresbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000419, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege, Sie sind doch wohl mit mir der Meinung, daß der Weg des Jahres 1962, nämlich der Weg der Staatsverträge zwischen Bund und Ländern, nicht richtig war? Sie sind wohl auch mit mir der Meinung, daß der jetzt eingeschlagene Weg der richtige ist, nämlich der, ein exaktes Gesetz im Sinne des Art. 106 Abs. 4 des Grundgesetzes zu machen?

Dr. Hans Georg Emde (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000466, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Völlig einverstanden, Herr Kollege Dresbach; das habe ich vorhin auszudrücken versucht. Was im Jahre 1962 geschehen ist, war eine Ausnahmeregelung, eine einmalige Regelung, auf die wir nie wieder zurückkommen sollten. Das geht nur im Rahmen eines vernünftigen Gesetzes, zwischen beiden Partnern wirklich ausgehandelt. ({0}) Aber lassen Sie mich fortfahren. Bund und Länder sind in diesen Fragen aufeinander angewiesen, und es darf nicht übersehen werden, was soeben schon eindeutig ausgeführt wurde, daß jede Einwirkung auf die Länderhaushalte ihre direkten Auswirkungen auf die kommunalen Finanzen hat. In allen Ländern sind die Kommunen mit einem direkten Anteil am Steuerertrag beteiligt. Wird die Masse des Fonds geschmälert, sei es durch sinkende Einnahmen, sei es durch steigende Anteilsquoten des Bundes, so wird damit automatisch der Kommunalanteil beschränkt. Hier handelt es sich aber nicht um eine Beschränkung des Anteils. Der Finanzminister hat soeben eindeutig dargelegt, daß trotz unserer Erhöhungswünsche die Finanzmasse der Länder im Laufe des Jahres 1963 um einen erheblichen Betrag wächst, daß damit auch die kommunalen Finanzen automatisch um einen erheblichen Anteil zunehmen. Es geht also hier nicht darum, daß die Kommunen weniger bekommen, sondern nur darum, daß ihre Zuwachsrate geringer ist, als im Jahre 1962 für das Jahr 1963 erwartet wurde. Dennoch sollten wir die Wünsche und die Interessen der Kommunen nicht übersehen. Wir können nicht durch Handlungen an der einen Stelle in unserem Staatsgefüge Aktionen auslösen, die an anderer Stelle Schäden verursachen. Uns sollten die Interessen und die Sorgen der Kommunen als genauso bedeutsam erscheinen wie unsere eigenen Sorgen und unsere eigenen Interessen. Wir müssen allerdings auch hier ein Wort an die Kommunen richten, dem Beispiel des Bundes hinsichtlich einer sparsamen Haushalts- und Finanzgebarung zu folgen. Ich möchte auf einen Vorgang hinweisen, den der Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen in einer seiner Reden der letzten Monate einmal dargestellt hat. Er hat gesagt: Natürlich ist die kommunale Situation im Bereich der Finanzen nicht glücklich; dennoch gibt es bei vielen Kommunen einen Verwaltungsaufwand, ein Repräsentationsinteresse, das durchaus eingeschränkt werden könnte. Er verwies auf das Beispiel eines Kreistages, der in voller Besetzung nach Frankreich zum Studium von Landwirtschaftsfragen gefahren ist und diese Landwirtschaftsfragen ausgerechnet in Paris studieren wollte. ({1}) Das ist natürlich ein extremer Fall, ({2}) aber wir, die wir heute noch in kommunalen Parlamenten tätig sind, wissen doch, an wievielen Stellen die Möglichkeit zur Sparsamkeit besteht. ({3}) Wir sind noch aus einem anderen Grunde an einem guten Verhältnis zwischen Bund und Ländern interessiert. Wir werden auch in der Zukunft gemeinsame Probleme zu lösen haben, über die wir uns sicher in der Fortsetzung dieses Haushaltsjahres noch unterhalten müssen. Ich meine etwas, was heute als Argument in dieser Diskussion überhaupt nicht in die finanzpolitische Landschaft hineinpaßt, was wir aber sicher im Lauf der nächsten Monate als Beratungsgegenstand hier auf dem Tisch vorfinden werden, nämlich den Wunsch nach einer gezielten Steuersenkung. Kollege Schmidt von der CDU hat schon vor einigen Tagen an einer anderen Stelle in einer repräsentativen Rede für seine Parteifreunde den Wunsch ausgedrückt, den „Mittelstandsbauch" möglichst schnell wegfallen zu lassen; ein Wunsch, den wir schon vor vielen Monaten angemeldet haben und den wir auch bei der Einbringung des Haushalts angeführt haben. In einem Monat, in dem in Amerika und in England Steuersenkungen erheblichen Umfangs erfolgen, wird auch für unsere Wirtschaft die Frage diskussionsnotwendig, ob wir mit der heutigen Steuerbelastung in der Zukunft weiter operieren können. ({4}) Da wir aber wissen, daß eine Wegoperation dieses „Mittelstandsbauchs" zu einer viel stärkeren Schmä3478 lerung der Einnahmen der Länder als der Einnahmen des Bundes führen würde, müssen wir schon am Anfang des Jahres 1963 in einem günstigen Klima mit den Ländern stehen; sonst brauchen wir uns im Laufe des Sommers und des Herbstes nicht über diese Frage mit den Ländern zu unterhalten. Ein weiteres Problem zwischen Bund und Ländern müssen wir nunmehr endlich 'in den Griff bekommen, nämlich die Arbeitsteilung und die Aufgabenbereinigung zwischen beiden Säulen der öffentlichen Hand. Wir alle kennen aus unserer eigenen kommunalpolitischen und sonstigen Erfahrung genügend Beispiele dafür, in welchem Umfang parallel und gleichmäßig bei Bund und Ländern gearbeitet wird. Zum Teil werden Bagatellbeträge mit Kontrollauflagen des Bundes zugewiesen. Wir haben eine totale Vermischung der Ausgabenwirtschaft bei Bund, Ländern und Kommungen dadurch, daß die Haushalte so ineinander verfilzt sind, daß keine Stelle eine klare definitive Zuständigkeit in ihrem Bereich hat. Wir müssen dort zu einer Aufgaben- und Arbeitsteilung im Laufe der nächsten Monate kommen, wenn wir nicht automatisch in neue Schwierigkeiten hineingeraten wollen. ({5}) Wir haben im Moment den Haushaltsausgleich mit einem Bundesanteil von 40,5 % und mit gegenüber dem Ansatz um 500 Millionen DM erhöhten Steuerbeträgen hergestellt. Wir sind also in unseren Steuererwartungen um 500 Millionen DM hochgegangen. Wir haben natürlich eine Verschiebung zwischen den verschiedenen Steuerbereichen vorgenommen. Aber insgesamt haben wir die Steuererwartung um 500 Millionen DM hochgeschraubt. Das bedeutet, daß wir uns an der obersten Grenze der realen Möglichkeiten bewegen. Diese Erhöhung um 500 Millionen DM bedeutet, daß wir keine Chance haben, die Steuereinnahmen in höherem Umfang fließen zu sehen, als sie in diesem Bundeshaushalt veranschlagt sind. Hier ist keine Möglichkeit mehr, weiter nach oben zu gehen. Ferner ist der Darlehensbetrag von 2,2 Milliarden DM erhöht worden. Das ist der Punkt, an dem die SPD die Möglichkeit sieht, durch eine weitere Erhöhung um eine Milliarde DM einen Ausgleich dafür zu finden, daß sie den Bundesanteil auf nur 38'0/o festzusetzen wünscht. Ich halte diesen Antrag auf Erhöhung des außerordentlichen Haushalts um eine Milliarde DM für unrealistisch. ({6}) Es sind zwar im ordentlichen Haushalt genügend vermögenswirksame Ausgaben vorhanden, die man in den außerordentlichen Haushalt verlagern kann. Aber ich glaube nicht, daß ein Betrag von 3,2 Milliarden DM tatsächlich so gedeckt werden kann. Das würde bedeuten, daß die berechtigten Kreditbedürfnisse der übrigen Interessenten, die Kollege Vogel eben so ausführlich aufgezählt hat, daß ich auf sie gar nicht mehr einzugehen brauche, tatsächlich geschmälert würden. Im Laufe des Sommers und des Herbstes wird zweifelsohne der Wunsch der Wirtschaft kommen, eine Fülle von Investitionen, die heute nicht mehr über den Preis oder über Unternehmergewinne finanziert werden können, über den Darlehensmarkt zu finanzieren. Das ist etwas, was wir immer als richtig angesehen und gefordert haben. ({7}) Wir dürfen aber in einem solchen Moment, in dem die Wirtschaft diese von unserer Sicht aus gesunde Entwicklung nimmt, ihr nicht die Chance am Kapitalmarkt durch eigene überhöhte Forderungen einschränken. ({8}) Wenn wir aber damit rechnen müssen, daß wir diesen Betrag von 1 Milliarde DM nicht bedienen können, würde das heißen, daß wir einen Teil der Aufgaben, die wir von dem ordentlichen Haushalt in den außerordentlichen Haushalt zusätzlich verlagert haben, nicht finanzieren und damit nicht ausführen können. Das hieße aber, da wir nur vermögenswirksame Ausgaben transponiert haben, daß eine Ausgabeneinschränkung nur bei vermögenswirksamen Ausgaben erfolgen würde, nur auf diese beschränkt bliebe. Wir sind dagegen der Meinung, daß, wenn wir schon Ausgabenansätze kürzen, diese Kürzung sich auf alle Ausgabenansätze des ordentlichen Haushalts ausdehnen müßte, und nicht nur auf die vermögenswirksamen. Wenn aber die Länder nicht bereit sind, wenn wir im Vermittlungsausschuß nicht zu einem Bundesanteil von 40,5 % kommen, ergibt sich allerdings für uns eine neue Situation, die wir nur durch einen Nachtragshaushalt lösen können. Wir haben dabei nichts Besonderes zu tun. Die Bundesregierung hat 'im vorigen Jahr den Nachtragshaushalt für Maßnahmen angekündigt, die noch im Laufe dieses Haushaltsjahres verabschiedet werden sollten, also zum Beispiel für Teile des Sozialpakets, die Übernahme des Kindergeldes auf den Bundeshaushalt, die Erhöhung .des Kindergeldes. Wir sind der Meinung, daß in einem Nachtragshaushalt Mittel bereitgestellt werden müssen für die Regelung der Kriegsopferversorgung, für die nunmehr der Regierungsentwurf vorliegt. Die Auswirkungen der Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst werden in diesem Nachtragshaushalt berücksichtigt werden müssen. Aber zur gleichen Zeit werden wir dann vor der Notwendigkeit stehen, bei Mehranforderungen für diesen Nachtragshaushalt, also bei steigenden Ausgaben, eine Mindereinnahme von etwa 1 Milliarde DM einzusetzen, wenn wir nicht den Bundesanteil von 40,5 % bekommen. Das zeigt doch, meine Damen und Herren, in welchem Maße wir darauf angewiesen sind, ,die Forderungen der Bundesregierung nach einem Anteil von 40,5 % zu unserer eigenen zu machen. Ich halte die Taktik der SPD, schon jetzt auf einen Anteil von 38 % zurückzugehen, zumindest für eine erhebliche Schwächung der Verhandlungsposition des Bundestages und der Bundesregierung bei den kommenden Verhandlungen, die man in diesem Moment nicht hätte vornehmen sollen. ({9}) Wir sind weiter der Meinung, daß zusätzliche Belastungen in der jetzigen Situation während der zweiten Lesung des Haushalts unrealistisch sind, auch wenn diese zusätzlichen Belastungen gleichzeitig durch Ausgabeneinschränkungen an anderer Stelle kompensiert werden sollen. Wir werden jede Ausgabenbeschränkung brauchen, um die zusätzlichen Ausgaben, die sich auf der Basis des Sozialpakets, der erhöhten Besoldung des öffentlichen Dienstes und der Kriegsopferversorgung ergeben, finanzieren zu können. Wir können nicht sagen: wir sparen jetzt etwas und geben es an anderer Stelle im Haushalt aus, die bereits dotiert ist. Für die Aufgaben, die wir im Laufe der nächsten Monate zu finanzieren haben, benötigen wir jede mögliche Reserve, die in diesem Haushalt noch an irgendeiner Stelle verborgen sein sollte. ({10}) Wir sollten aber in diesem Moment auch einige Worte zum Verteidigungshaushalt sagen. Sein Anteil am Haushaltsvolumen ist ständig gewachsen, von 28,8 % im Jahre 1961 auf 33,8 % im Haushaltsjahr 1963. 33,8 %, also rund 34 %, sind ein gewaltiger Anteil. Ich will nicht verhehlen, daß ich im vorigen Jahr die Hoffnung hatte - ich habe das hier in der Haushaltsrede ausgeführt -, im Verteidigungshaushalt ließen sich ohne Beeinträchtigung der Verteidigungsfähigkeit einzelne Positionen verringern. Die Praxis hat gezeigt, daß diese Hoffnung nicht zu erfüllen war. Im Gegenteil, der Verteidigungshaushalt isst um 1,4 Milliarden DM gestiegen. An dieser Steigerung ist auch durch alle finanzpolitischen Überlegungen nichts ungeschehen zu machen. Wir haben zwar, so wie es unsere Vorstellung war, bei der Fahrzeugbeschaffung 40 Millionen DM absetzen können. Aber was bedeutet eine Absetzung von 40 Millionen DM im Verhältnis zu der Steigerung von 1,4 Milliarden DM?! Sie ist eine Bagatelle, über die wir weiter keine Worte zu verlieren haben. Wir Finanz- und Haushaltspolitiker haben auch nur einen relativ beschränkten Einfluß auf diesen Verteidigungshaushalt. Er ist schon durch die Zwangsläufigkeit in der technischen Ausrüstung der Truppe in der Masse betoniert. Er ist weiter betoniert durch die allgemeine Vorstellung von der Verteidigungspolitik, durch vertragliche Abmachungen mit unseren westlichen Freunden. Wir haben darüber hinaus die Schwierigkeit, einen Haushalt mit einem Volumen von 18 Milliarden DM praktisch kaum durchleuchten zu können, weil wir bei großen Teilen dieses Verteidigungshaushalts im Rahmen der Geheimhaltung operieren. Selbst wenn alle Dinge in einem gläsernen Haushalt uns vorgeführt werden könnten: jeder weiß, daß es nahezu unmöglich ist, mit der bestehenden Zahl von fachkundigen Abgeordneten einen 18-auf Bruchteile des Gesamtvolumens beschränken werden. Milliarden-Haushalt sachkundig zu untersuchen. Wir müßten uns in der Zukunft wahrscheinlich einmal die Mühe machen, wenigstens gewisse Teile des Verteidigungshaushalts Jahr um Jahr unter die Lupe zu nehmen. Wir können das Ganze überhaupt nicht mehr übersehen. Wir müssen stückweise Kontrollfunktionen ausüben. Dabei bin ich mir darüber im klaren, daß die finanziellen Einsparungsmaßnahmen und die Einsparungsmöglichkeiten sich nur Aber dieser Verteidigungsrahmen ist irgendwo in seinem Wachstum beschränkt. Er ist einmal beschränkt durch die technischen Möglichkeiten; wir können unsere Verteidigung nur im Rahmen der uns zur Verfügung stehenden Technik erweitern. Wir können nicht technischen Hirngespinsten nachjagen, sondern wir können nur solche Dinge 'in unsere Verteidigungskonzeption, in unsere Technik, in die Verteidigungsapparatur einbeziehen, die technisch durchführbar sind. Das, was technisch durchführbar ist, muß im Rahmen des Verteidigungsausschusses untersucht sein. Das ist die Begrenzung nach der einen Seite. Die Begrenzung nach der anderen Seite liegt im Rahmen des Finanzpolitischen. Irgendwo wird es unmöglich, über die Grenze hinauszugehen, wenn wir nicht erhebliche Schäden für die gesamte Volkswirtschaft auslösen wollen. ({11}) Diese Grenze festzulegen, ist sehr schwierig. Die Grenze ändert sich von Jahr zu Jahr. Sie steht im Verhältnis zum Sozialprodukt. Sie steht im Verhältnis zum Volkseinkommen. Sie steht im Verhältnis zu sonstigen Staatsaufgaben. Sie steht im Verhältnis zur Sozialpolitik. Deshalb wird das, was im Jahre 1961 schon die äußerste Grenze war, unter Umständen im Jahr 1964 bei weitem überschritten werden können. Aber ich möchte einmal aus der Sicht des Finanzpolitikers sagen: irgendwo ist eine Grenze, und man muß uns Haushalts- und Finanzleuten glauben, wenn wir in ernster Diskussion erklären, daß nunmehr die Grenze erreicht ist. Die Grenze kann zahlenmäßig auch nicht haargenau berechnet werden. Zur Finanzpolitik gehört ein Stück Fingerspitzengefühl. Irgendwo muß man spüren, wie die Entwicklung in der Zukunft laufen wird. Das kann man nicht auf Heller und Pfennig vorausberechnen. Aber es gibt Grenzen, und ich glaube, daß wir in diesem Haushaltsjahr, im Jahr 1963, mit den 18,4 Milliarden DM den Fuß praktisch über die Grenze hinaus gesetzt haben. Die Zuwachsrate kann deshalb in den Jahren 1964 und 1965 nicht ins Ungemessene wachsen. Sie muß auf der Basis dieses Jahres 1963 berechnet sein. Wir müssen uns im Laufe der nächsten Monate in allem Ernst darüber unterhalten, ob wir noch eine Ausdehnungsmöglichkeit haben oder wo für 1964 die finanzpolitische Grenze für die Verteidigungsmöglichkeiten liegen wird. Zur Deckung der Ausgaben werden zum Teil völlig irreale Vorschläge gemacht. Im Laufe der letzten Monate hat sich eine Industrie- und Handelskammer dahin geäußert, man möge eine Autobahnsteuer einführen, um mit den Ergebnissen dieser Autobahnsteuer den Autobahnbau zu forcieren. Ich halte so etwas für nicht durchführbar. Ich habe mich gestern noch einmal erkundigen können - bei einer Behörde des Straßenbaus in der Bundesrepublik -, in welchem Umfange im Vorjahr Reste im Straßenbau 'entstanden sind. Ich habe festgestellt, daß im Jahr 1962 in dieser Behörde in gleichem Umfange wie im Jahr 1961 im Straßenbau Reste gebildet worden sind. Die Beschränkung unserer Aufgaben im Straßenbau, die wir im vorigen Jahr vorgenommen haben, hat also noch nicht einmal dazu geführt, daß die Restquote abgebaut wurde. Erst jetzt verringern sich diese Reste sehr schnell. Die Behörde erklärte aber, man erwarte, daß im Jahr 1964 sich erneut erhebliche Reste dadurch auftürmen werden, daß die Neubauvorhaben erst jetzt im Monat Mai wieder voll angelaufen sind. Man wird also wieder nicht voll verbauen können. Wozu führt es denn, wenn wir eine Autobahnsteuer einführen? Sie führt nur zu einer Erhöhung von Resten. Sie führt zu einer Optik. Wir werden nicht mehr erreichen können, es sei denn, daß die Baukapazität im Tiefbau - und zu der Baukapazität im Tiefbau, Herr Hermsdorf, gehören nicht nur Maschinen, sondern auch Menschen; wir haben nicht genug Menschen, um diese Maschinen zu bedienen - erheblich ausgebaut wird. Erst dann wären solche Überlegungen sinnvoll. ({12}) Es ist weiter von einem früheren verdienten Offizier, der sich im Ruhestand befindet, der Gedanke geäußert worden, man solle eine Wehrsteuer erheben, um mit dieser Wehrsteuer eine Miliz zu finanzieren. Auch das ist irreal. Die steuerliche Belastung unseres Volkes ist insgesamt zu hoch. Es kommt nicht darauf an, zu sagen: Wir könnten hier oder da für einen gewissen Sonderzweck noch irgend etwas tun. Wir müssen anerkennen, daß wir mit der steuerlichen Belastung, die wir heute in Deutschland haben, an einer Obergrenze sind, die vorläufig nicht weiter erhöht werden darf. ({13}) Ich habe vorhin schon darauf hingewiesen, daß die USA und England ihre Steuern senken, selbst auf die Gefahr von erheblichen Haushaltsdefiziten hin. Natürlich befinden sich England und Amerika in einer anderen Situation. Amerika hat einige Millionen Arbeitslose. In England ist .ein starkes Abflauen der Wirtschaftstätigkeit im Laufe der letzten zwei Jahre zu beobachten. Im Rahmen eines längerfristigen Haushaltsdenkens, eines Denkens über zwei oder drei Jahre hinaus, ist es, ohne daß man sich direkt zur Methode der deficit spending bekennt, durchaus sinnvoll, einmal für ein Jahr ein Haushaltsdefizit in Kauf zu nehmen, damit die Wirtschaft anzukurbeln und durch erhöhte Steuereinnahmen im nächsten Jahr dann dieses Defizit wieder auszugleichen. Wir sind heute nicht in dieser Situation. Für uns ist deshalb im Jahre 1963 die Notwendigkeit einer Steuersenkung aus dieser Grundüberlegung heraus nicht gegeben. Wir wissen aber, daß auf Grund dieser amerikanischen und englischen Steuersenkungen im nächsten Jahr 'die amerikanische und englische Wirtschaft uns gegenüber ganz andere Konkurrenzbedingungen haben wird, daß unsere Exportchancen sinken, daß (der amerikanische und englische Importdruck in unserer Volkswirtschaft steigen wird. Die Kostenverhältnisse werden sich auf der anderen Seite bessern, und unsere Wirtschaft wind dann eines Tages Entlastung brauchen, um in dem Kostenwettbewerb bestehen zu können. Wir meinen, daß im Jahre 1964 als erste Maßnahme der Mittelstandsbauch wegoperiert werden muß; in welchem Umfang wir das durchführen können, werden wir dann im Ablauf des Haushaltsjahres sehen. ({14}) - Gut, flachen wir ab. Ich glaube, daß damit ein allgemeiner Überblick über die Situation aus der Sicht unserer Fraktion gegeben worden ist. - Ich sehe, daß Kollege Dr. Schmidt schon hin und her läuft und sich mit dem Kollegen Ritzel darüber abstimmt, in welcher Weise nun weiter diskutiert werden soli. ({15}) - Ich bin gleich fertig; aber ich nehme an, daß Sie vor 13 Uhr auch noch zum Zuge kommen werden, es sei denn, daß die SPD noch neue Gedanken in diese Debatte einführt, Gedanken, die Kollege Schoettle noch nicht vorgetragen hat, und damit dann natürlich bei einem unserer Freunde den Wunsch auslösen würde, auch noch zu sprechen. Zum Schluß möchte ich noch einmal auf eine Übereinstimmung in unseren Ansichten hinweisen, die mir wesentlich zu sein scheint, weil wir morgen eine Grundsatzdebatte über den Verteidigungshaushalt haben werden und weil wir wissen, daß der Verteidigungshaushalt mit seiner Wachstumsrate in den nächsten Jahren die Finanzsituation des Bundes entscheidend beeinflussen wird. Kollege Dr. Möller hat im vorigen Frühjahr bei der Verabschiedung des Haushalts den Bundeswirtschaftsminister zitiert. Es handelt sich dabei um einen Artikel im „Handelsblatt" im Jahre 1954. Kollege Möller hat dazu ausgeführt, daß das, was Minister Erhard damals geschrieben habe, durchaus die Meinung der SPD sei. Ich kann vorweg erklären, daß das auch durchaus unsere Meinung ist. Ich zitiere: Rüstungsleistungen sind nur so lange und soweit vertretbar, als das Produktionsvolumen und die Produktivität der Volkswirtschaft es ohne Störung der sozialen Zwecksetzung alles wirtschaftlichen Tuns zulassen, Teile unserer gesellschaftswirtschaftlichen Arbeit Rüstungszwecken zuzuwenden. Jedes Mehr müßte entweder zum Verzicht auf die Erhaltung und Fortentwicklung der Produktivkräfte führen bzw. durch Konsumverzichte erkauft werden oder aber eine Störung oder sogar Zerstörung der wirtschaftlichen Ordnung und der Währung zur Folge haben. Damit aber würde sich der Sinn der Verteidigungsanstrengungen ins Gegenteil verkehren. Über diesen Teil sind wir uns alle einig. Ich wäre froh, wenn wir mit der Opposition auch eine Einigkeit über den Anteil des Bundes an dem SteueraufDr. Emde kommen der Länder erzielen könnten. Auch das wird, wenn die Frage ins Extrem umschlägt, wenn sie nicht richtig gelöst wird, zu einer Schmälerung der volkswirtschaftlichen Leistung führen, zu einer Beschränkung der Möglichkeit des Bundes, seine Aufgaben richtig zu lösen. Meine Damen und Herren, darum geht es uns auch hier. Wir müssen unsere Aufgaben richtig lösen, wenn wir dem Auftrag gerecht werden wollen, den wir von der Wählerschaft erhalten haben. ({16})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Das Wort hat der Abgeordnete Ritzel.

Heinrich Georg Ritzel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001860, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst meiner Freude darüber Ausdruck geben, daß ein schüchterner Versuch, den ich vor etwa zwei Jahren an dieser Stelle gemacht habe, heute eine glorreiche Wiederauferstehung erlebt, nämlich nach dem Abschluß der Etatsberatungen im Haushaltsausschuß das Ergebnis dieser Beratungen im Sinne dessen, was nach der Geschäftsordnung zulässig ist, einer allgemeinen Besprechung 211 unterziehen. Davon darf ich gleich Gebrauch machen, indem ich auf einige Bemerkungen meines verehrten Kollegen Dr. Vogel eingehe. Er war ein bißchen böse in bezug auf die Kritik und die Kritiker, die an der Bundesfinanzgebarung und der Haushaltsaufmachung Anstoß nahmen. Nun, ich glaube, an sich ist die Kritik in der Demokratie so ungefähr mit dem Pfeffer an den Speisen vergleichbar. Wenn es ein bissel würzig sein soll, dann muß auch Kritik geübt werden. - Herr Kollege Conring, schütteln Sie nicht den Kopf. Schon Friedrich der Große hat gesagt: Die Gazetten sollen nicht genieret werden. - Aber eines sollte man wünschen: daß die Kritiker erst dann kritisieren, wenn sie sich mit der Materie ein bißchen gründlicher auseinandergesetzt haben. Das ist, glaube ich, ein sehr berechtigter Wunsch. Herr Kollege Vogel befaßte sich auch mit der zweifelsfreien Verengung des Spielraums im Haushalt. Schauen Sie, Herr Kollege Vogel, Herr Abgeordneter Schoettle hat heute morgen eine Feststellung über etwas getroffen, was in der Hauptsache leider von der CDU zu verantworten ist. Sie haben den Spielraum für den Haushalt 1964 in einer verhängnisvollen Weise, aber sicherlich mit Bewußtsein verengt, indem Sie besonders im Gebiet des Einzelplans des Ernährungsministeriums plötzlich so aus der hohlen Hand heraus Bindungsermächtigungen geschaffen haben, die die böse Eigenschaft haben, im nächsten Jahr finanziert und realisiert werden zu wollen. ({0}) - Sehen Sie sich einmal die Posten an, und hören Sie die Klagen aus der Landwirtschaft, und fragen Sie mal die Kollegen aus Ihrer eigenen Fraktion, wie wenig die von dem System begeistert sind! ({1}) Sie haben, Herr Kollege Vogel, keine Freude daran gehabt - verständlich -, zu sehen, daß wir 38 % als Bundesanteil an der Verteilungsmasse der Einkommen- und Körperschaftsteuer vorgeschlagen haben. Ich habe vorhin in einem Zwischenruf Herrn Kollegen Emde gebeten, das nicht gleich als Landesverrat zu qualifizieren. Und Sie meinten, Herr Vogel, das sei eigentlich eine Sache, die man im Zusammenhang mit der Bereitwilligkeit der SPD, einmal in die Koalition einzutreten, sehen müsse. Wenn so viel Vernunft bei der SPD schon außerhalb der Koalition herrscht, wieviel Vernunft könnten Sie dann erst erwarten, wenn wir mit in der Regierung säßen! ({2}) - Meine Herren, machen Sie sich doch keine Illusionen! Mein letzter Vorredner ist hier vom Fingerspitzengefühl in Fragen der Finanzpolitik ausgegangen. Hoffentlich werden Sie, Herr Kollege Emde, in bezug auf die künftige Gestaltung des Einzelplans 14, des Verteidigungshaushalts, mit Ihrem finanzpolitischen Fingerspitzengefühl nicht enttäuscht werden! Wenn Sie die Dinge so betrachten, dann finden Sie doch schließlich die Tatsache, daß sich in der ganzen Entwicklung, in der ganzen Diskussion, die heute zwischen Bund und Ländern und in der öffentlichen Meinung stattfindet, ein mittlerer Weg geradezu aufdrängt und aufzwingt. Ich möchte einmal denjenigen hier im Hohen Hause kennenlernen, der im Innersten, im tiefsten Kämmerlein seines Herzens wirklich daran glaubt, daß der Bund einen Anteil an der Einkommen- und Körperschaftsteuer von 40,5 % erreichen kann. Herr Dr. Vogel, gehen wir nachher einmal heraus; Sie werden mir wahrscheinlich bescheinigen, daß Sie auch nicht daran glauben. Also wir wollen einen Beitrag zur vernünftigen Gestaltung leisten und sonst nichts.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Heinrich Georg Ritzel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001860, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Bitte sehr!

Dr. Rudolf Vogel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002380, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Ritzel, hätten Sie diesen Rat auch den Ihnen nahestehenden Tarifpartnern vor den Verhandlungen bei dem Metallarbeiterstreik gegeben? ({0})

Heinrich Georg Ritzel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001860, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Wenn Sie mir Gelegenheit geben, werde ich Ihnen meine Meinung dazu gern ebenso sagen, wie Sie sie mir zu dem Punkt sagen können, bei dem ich Sie eben eingeladen habe, einmal mit mir zusammen hinauszugehen. Aber, Herr Dr. Vogel, Sie haben auch über die Kommunalausgaben gesprochen und dabei auf das Tempo im Straßenbau bei den Kommunen hingewiesen. Sie haben hier eine Warnung ausgesprochen. Gestatten Sie mir dazu eine ganz kurze Bemerkung. So wird den Gemeinden nicht geholfen, so wird den großen Städten in ihrer Verkehrsnot nicht geholfen! Wir stehen einer echten Notlage gegenüber, und wir werden Farbe bekennen müssen, in welchem Ausmaß der Bund den Gemeinden hilft, damit sie auf der zweiten Verkehrsebene das Dilemma, das in allernächster Zeit auf uns zukommen wird, lösen können. ({0}) Eine weitere Bemerkung des Herrn Dr. Vogel gibt mir Veranlassung, auch ein Wort zu dem zu sagen, was Herr Kollege Schoettle hier bereits hinsichtlich der Vermehrung der Ausgaben im Haushaltsausschuß gesagt hat. Es ist ja nicht die Schuld des Haushaltsausschusses, wenn ihm 1,4 Milliarden DM auf dem Gebiete der Verteidigung oder 400 Millionen DM auf dem Gebiete der Landwirtschaft so quasi unter die Weste gejubelt werden. Was wir kritisieren, meine Herren Kollegen von der Koalition, ist nicht die Tatsache an sich - mit der wir uns sachlich auseinanderzusetzen bereit sind -, daß diese Beträge gefordert werden; was wir kritisieren, ist ({1}) der komische Umweg, den hier die verehrte Bundesregierung gegangen ist, indem sie einen Abgeordneten des Haushaltsausschusses und durch ihn eine Mehrheit im Haushaltsausschuß so informierte, daß Beträge in der Größenordnung von 1400 Millionen DM nicht durch Regierungsvorlage, sondern durch den Antrag eines Abgeordneten eingebracht wurden. ({2}) Das sind doch keine Methoden für eine Finanzberatung, für eine Haushaltsberatung in dem verantwortlichen Haushaltsausschuß! ({3}) Das ist es, wogegen wir uns in erster Linie und entscheidend wehren. Ich habe den Herrn Bundesfinanzminister vor Wochen schon einmal in einem Artikel eingeladen - es war gut gemeint, Herr Minister -, er möchte doch nicht einen Etat verteidigen, den er gar nicht verfaßt hat. Ich habe Ihnen, Herr Minister, damals geraten - und da war noch Zeit -, einen neuen Haushalt aufzustellen, uns im Haushaltsausschuß zu überraschen, das ganze Hohe Haus zu überraschen. Nun, heute machen Sie eine Vorlage in der Drucksache IV/1219, in der Sie 40,5 % Beteiligung des Bundes an der Einkommen- und Körperschaftsteuer fordern. Diese Vorlage wäre dann meiner Ansicht nach nicht notwendig gewesen - den Gang hätten Sie sich ersparen können; es wird schätzungsweise zur Hälfte ein Gang nach Canossa bleiben -, wenn Sie dem Rat gefolgt wären und einen neuen Gesetzentwurf eingebracht hätten. Daß da einiges zu machen wäre, ergibt sich ja aus einer ganzen Fülle von Stimmen. Kollege Schoettle hat bereits den Herrn Bundeswirtschaftsminister zitiert. Es ist eine ganze Reihe von späten, sehr späten Erkenntnissen, die sich da aufdrängen. Ich darf hier aus dem Bericht der Deutschen Bundesbank noch einmal das vorlesen, was die Bundesbank aus dem amtlichen Protokoll des Bundestages übernommen und was sie zu zitieren für der Mühe wert gehalten hat. Ich meine das, was der Herr Bundeswirtschaftsminister sagte, als er hier an dieser Stelle davon sprach, daß man bei den über 25 000 öffentlichen Haushalten einen neuen Versuch machen sollte, weniger auszugeben, als die Finanzierungsmöglichkeiten es an sich erlaubten. Ich werde Ihnen im Verlauf meiner Ausführungen sagen, wozu das Hohe Haus und alle seine Ausschüsse nach dem Gesetz verpflichtet sind. Der Herr Bundeswirtschaftsminister hat eine sehr scharfe Kritik an der bisherigen Haushaltsgebarung ausgesprochen, als er sagte, daß die armen Finanzminister - er meinte Ihre Vorgänger, Herr Bundesfinanzminister - am Schluß eines Haushaltsjahres immer vor der Sachlage standen, daß die von diesem Haus beschlossenen Mehrausgaben, für die scheinbar keine Deckung vorhanden war, dann schließlich doch gedeckt werden konnten. Ja, sie konnten gedeckt werden - das ist das Urteil unseres Herrn Bundeswirtschaftsministers - auf Grund einer Finanzpolitik und auf Grund einer Ausgabenpolitik, die eben doch eine sehr kritische Beurteilung verdienen. Man wäre beinahe versucht, unter Hinweis auf eine entsprechende Bemerkung des Bundes der Steuerzahler zu fragen, ob der Bundeswirtschaftsminister nach der Gewinnung dieser Erkenntnisse bereit und in der Lage sein kann, dem Haushalt so, wie er jetzt vorliegt, seine Zustimmung zu geben. Die Frage ist: Kann dieser Etatentwurf noch einmal einer Durchforstung unterzogen werden? Wir alle kennen die Zeitnot des Parlaments. Aber wir wissen, daß eine Möglichkeit bestehen dürfte, wenn wir wollen. ({4}) - Bitte sehr, Herr Kollege!

Dr. Gerhard Stoltenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002259, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Ritzel, würden Sie nicht auch einmal die kritischen Ausführungen, die Herr Kollege Deist über das zu starke Wachstum des Haushalts in der gleichen Debatte gemacht hat, mit den Hunderte-von-Millionen-Anträgen konfrontieren, die Sie uns ohne Deckungsvorschläge wieder auf den Tisch legen?

Heinrich Georg Ritzel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001860, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Sie erwecken wiederum einen falschen Eindruck. Herr Kollege Schoettle hat vorhin schon in einem Zwischenruf gesagt, daß unsere Anträge nicht Hunderte von Millionen ausmachen, sondern im ganzen, wenn Sie es einmal genau ausrechnen wollen, - ich stehe gern zur Verfügung - rund und roh 150 Millionen DM, und wir werden Ihnen auch Deckungsmöglichkeiten zeigen. Nun aber die Frage der Durchforstung, von der soviel gesprochen wird! Es gibt ja auch Länderminister Ihrer Parteizugehörigkeit, die von einer Durchforstung vor allem des Einzelplans 14 sprechen. Frage: Ist eine solche Durchforstung heute noch möglich? Herr Dr. Stoltenberg, Sie sind Sachkenner, Sie werden das mit am ehesten beurteilen können. Ich sage: Unter einer Voraussetzung ist das möglich, nämlich dann, wenn bestimmte Ansätze im Verteidigungshaushalt - über die wir uns einigen könnten - mit einem qualifizierten Sperrvermerk versehen werden könnten. Dann hätten wir genau wie bei der Frage der Behandlung der Personaltitel nach dem Abschluß der Haushaltsberatung die Möglichkeit, im Haushaltsausschuß in dem einen oder anderen Falle einmal gründlich hinter den Busch zu leuchten. Ich glaube, daß das notwendig wäre. Es gibt Leute, die das ganz gut zu beurteilen vermögen. Ihr Kollege, Ministerpräsident Dr. Meyers von Düsseldorf, hat ja gesagt, 80% aller Bundeswehraufträge würden freihändig und ohne Ausschreibung vergeben. Ein Ihrer Koalition nahestehender Landesfinanzminister hat sich noch viel schärfer ausgesprochen. Ich nehme an, daß diese Leute das nicht aus der hohlen Hand heraus behaupten, sondern daß da gewisse Erkenntnisse vorhanden sind, die man praktisch respektieren sollte. Eine solche Maßnahme der Durchforstung ist um so mehr erwünscht und notwendig, als ja auch noch gewisse andere Möglichkeiten angekündigt sind. Ich darf hier zitieren, was das Institut Finanzen und Steuern in einer heute veröffentlichten Mitteilung schreibt: Auch wir sind der Auffassung, daß bei den Ansätzen des Verteidigungshaushalts Einsparungen erzielt werden können, ohne daß die gesteckten Ziele im mindesten beeinträchtigt zu werden brauchen. Man gewinnt sowohl bei der Durchsicht des Haushalts wie bei der in der Öffentlichkeit sich vollziehenden Ausgabengebarung der Bundeswehr, ob es sich nun um neue Uniformen, Paspeln oder Lederkoppeln, um die Ausstattung der Kasernen mit Kunstwerken oder um bei Bauten und Beschaffungen gezahlte Preise handelt, den Eindruck, daß die Bundeswehr aus dem Vollen wirtschaftet und daß sowohl eine ausreichende Kontrolle wie die eigene Erkenntnis der Notwendigkeit, sich nach der Decke zu strecken, weithin fehlen.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Heinrich Georg Ritzel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001860, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Bitte sehr, Herr Kollege Leicht!

Albert Leicht (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001309, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Ritzel, ist Ihnen entgangen, daß mittlerweile dasselbe Institut, das Sie soeben zitiert haben, alles widerrufen hat? ({0})

Heinrich Georg Ritzel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001860, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Das ist mir in der Tat entgangen und ist mir neu. ({0}) - Das wird mich sehr interessieren. Ich werde mich dann mit dem Institut selbst auseinandersetzen. Meine Damen und Herren! Eine nochmalige Durchforstung einzelner Haushalte, vor allem des Haushalts des Einzelplans 14, Verteidigung, ist nach meiner Auffassung und nach Auffassung meiner Fraktion um so notwendiger, als wir doch alle verpflichtet sind, mit den Realitäten einer ständig steigenden Belastung des Bundeshaushalts auf den verschiedensten Gebieten zu rechnen.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Gestatten Sie eine Zwischenfrage? Dr. Stoltenberg ({0}) : Herr Kollege Ritzel, erwecken Sie jetzt nicht den falschen Eindruck, daß wir uns im Haushaltsausschuß nicht um diese Fragen des Verteidigungshaushalts gekümmert hätten, und ist es nicht zutreffend, daß wir dort mehrere hundert Titel in sorgfältiger Einzelprüfung und meistens im Einvernehmen zwischen den Fraktionen geändert haben?

Heinrich Georg Ritzel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001860, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Doch, das habe ich nicht bestritten. Ich bestreite aber, daß in diesem Posten des Haushalts des Verteidigungsministeriums mit 18,4 Milliarden DM das, was in bezug auf die Praktiken der Durchführung der Aufgaben, die sich aus dem Haushalt ergeben, bekanntgeworden ist, keine weitere" Veranlassung bieten sollte, den Dingen auf den Leib zu rücken. Das ist es, was ich meine. Ich möchte auf Realitäten hinweisen, die öffentlich wenig diskutiert werden. Ich erinnere an die Auswirkungen, die auf dem Gebiet des Sparprämiengesetzes auf uns zukommen werden, und an das Problem der Wiedergutmachung. Während man bisher glaubte, daß das BEG mit einem Gesamtaufwand von 20 Milliarden DM abgewickelt werden könne, rechnet man heute damit, daß dieser Betrag, ohne daß eine Novelle in Rechnung gestellt wird, schon etwa Mitte des Jahres 1966 verausgabt sein wird. Für künftige Rentenleistungen in den nächsten zehn Jahren ist mit einem weiteren Aufwand von mindestens 5 Milliarden DM zu rechnen. Der derzeitige Ist-Betrag der Leistungen nach dem BEG beläuft sich auf rund 14 Milliarden DM. Geschätzt wurde 1952 beim Abschluß der Haager Vereinbarungen ein Gesamtaufwand von 2 bis 3 Milliarden DM. Herr Kollege Dr. Vogel und auch Herr Kollege Emde haben an der durch Herrn Kollegen Schoettle angekündigten Auffassung der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion in bezug auf die Übertragung von Ausgaben aus dem ordentlichen in den außerordentlichen Haushalt Kritik geübt. Ich habe nicht den Eindruck gewonnen, daß meine beiden Vorredner, die ich eben zu nennen die Ehre hatte, sich dabei mit den gesetzlichen Bestimmungen so auseinandergesetzt haben - sie sind ihnen sicherlich bekannt -, wie es eigentlich das Gesetz befiehlt. Darf ich Ihnen den Wortlaut des Art. 115 des Grundgesetzes in Erinnerung rufen: Im Wege des Kredites dürfen Geldmittel nur bei außerordentlichem Bedarf und in der Regel nur für Ausgaben zu werbenden Zwecken und nur auf Grund eines Bundesgesetzes beschafft werden. Ich möchte dazu feststellen: Bisher hat der Bund bis 1962 Jahr um Jahr entweder den außerordentlichen Haushalt überhaupt nicht beansprucht, oder er hat den außerordentlichen Haushalt durch die Steuereingänge im ordentlichen Haushalt bedienen können. Darf ich zitieren, was ein so guter Kenner des Haushaltsrechts wie der heutige Staatssekretär und frühere Direktor der Haushaltsabteilung im Bundesfinanzministerium, Herr Dr. Vialon, in seinem Buch „Haushaltsrecht", zweite Auflage 1959, Seite 84/85, sagt: Außer zur Schuldentilgung entbehrt die Einsetzung von Ablieferungen des ordentlichen Haushalts an 'den außerordentlichen. Haushalt ebenfalls ides letzten Sinnes, weil die ordentlichen Einnahmen, 'insbesondere die Steuern, regelmäßig nur zur Deckung des ordentlichen, nicht eines außerordentlichen Bedarfs erhoben werden. Überschüsse der Steuerwirtschaft, die in den außerordentlichen Haushalt abfließen, - was ja am laufenden Band geschehen ist würden die Bedeutung haben, daß im Wege des öffentlichen Zugriffs der Wirtschaft und der Einzelperson mehr Mittel entzogen werden, als zur Erfüllung der dringendsten Staatsaufgaben nötig ist. Für eine ordentliche Haushaltswirtschaft bedeutet die zwingende Vorschrift des Haushaltsausgleichs also, - sagt Vialon weiter daß der ordentliche Haushalt, auf ordentliche Einnahmen und ebensolche Ausgaben beschränkt, in sich ausgeglichen wird und daß das Extraordinarium nur wirklich außerordentliche Ausgaben enthält. Was ergibt sich daraus? Sowenig der allgemeine Verwaltungsbedarf durch eine Schuldenaufnahme gedeckt werden soll, so wenig sollte es zulässig sein, außerordentlichen Bedarf im Sinne des Art. 115 des Grundgesetzes aus Steuer-Einnahmen zu decken. Das Ergebnis der bisherigen Politik ist vor allem auch durch das Fehlen einer Finanzreform, durch die Vorenthaltung ausreichender .Steuereinnahmen zum Nachteil der Gemeinden gekennzeichnet. Die unverhältnismäßig starke Inanspruchnahme durch die Gemeinden spricht dafür Bände, liefert den Beweis. Die Frage ist, welche Konsequenzen wir aus diesem Sachverhalt zu ziehen haben. Wir müssen vor allem an eine Stabilität des Geldwertes denken und eine mögliche Beschränkung der Ausgabensätze anstreben. ({0}) Darin sind wir im Haushaltsausschuß - mit Unterschieden bezüglich der Frage, bei welchen Punkten - praktisch eines Sinnes. Das darf ein Mitglied des Haushaltsausschusses für den Ausschuß hier auch einmal aussprechen. Wir müssen auch einmal einen Anfang machen mit dieser Tätigkeit des Haushaltsausschusses auf dem Gebiet der Verweisung von Ausgaben aus dem ordentlichen Haushalt dorthin, wohin sie gehören, nämlich in .den außerordentlichen Haushalt. Wir müssen Schluß machen mit einem System, das den jetzt lebenden, den augenblicklichen Steuerzahler mit Ausgaben belastet, deren Wirkung nicht nur der jetzigen Generation zugute kommt. Das ist bisher in einer gefährlichen Weise Jahr um Jahr am laufenden Band geschehen. Das bisherige System bedeutet, daß durch die übermäßige Inanspruchnahme von Steuern, durch Schonung des außerordentlichen Haushalts ein Substanzverzehr beim Steuerzahler eingetreten ist, der auf die Dauer einfach nicht verantwortet werden kann. Dieser Zustand, ich sagte es bereits, verhindert auch einen echten Finanzausgleich zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Man kann - das ist der Ausgangspunkt der Überlegungen der sozialdemokratischen Fraktion dieses Hauses - von dem heutigen Steuerzahler nicht verlangen, daß er vermögenswirksame Ausgaben des Bundes, z. B. Darlehen an Dritte, Grunderwerb des Bundes, Hausbauten des Bundes, finanziert und damit dem Bund Jahr um Jahr zu Milliardenvermehrungen des Bundesvermögens zu Lasten der jetzigen Steuerzahlergeneration verhilft. Um welche Summen handelt es sich? Ein Blick in den Haushalt 1963, wie er uns im Entwurf zur zweiten Beratung vorliegt, zeigt, daß zivile Investitionsausgaben zumeist im ordentlichei Haushalt, nämlich bis auf einen Betrag von 2218 Millionen DM, enthalten sind: 7317 Millionen DM. Davon gehen rund zwei Milliarden DM ab, die im ordentlichen Haushalt stehend durch die Zweckbindung der Mineralölsteuer auf dem Gebiete des Straßenbaues gedeckt werden. Es bleiben dann noch 3027 DM im ordentlichen Haushalt, die praktisch, im Rahmen des Vertretbaren, in den außerordentlichen Haushalt gehören. Daß nicht alles dorthin gebracht werden kann, wird eine Prüfung sehr rasch ergeben. Aber ich habe mir hier einige Zahlen notiert. Ist es richtiig, so möchte ich das Hohe Haus fragen, daß wir vom Steuerzahler Steuergelder einnehmen und sie an Dritte als Darlehen weitergeben, die eines Tages wieder zurückfließen und Bundesvermögen werden? ({1}) Wir haben 7,5 Millionen, bisher Jahr um Jahr 10 Millionen, an die nicht bundeseigenen Eisenbahnen als Darlehen gegeben. Wir geben 8 Millionen DM in diesem Haushalt an die Flughafengesellschaften. Wir haben 206 Millionen DM für Bauten auf dem Gebiet der Atomkernenergie im Rahmen des Einzelplans 31 vorgesehen, die den ordentlichen Haushalt belasten. Wir haben Bundesbauten im Gesamtwert von schätzungsweise 250 Millionen DM, die im ordentlichen Haushalt eines Haushaltsjahres stehen. Wir geben 25,7 Millionen DM aus für - notwendige, nicht bestrittene - Bauten für Vertretungen der Bundesrepublik im Ausland. Diese Tatsachen führen zu dem Verlangen einer Nachprüfung, auf die ich nachher noch kurz zu sprechen kommen werde. Wenn wir eine Senkung des ordentlichen Haushalts durch die Verweisung von dorthin nicht gehörenden Ausgaben in den außerordentlichen Haushalt vornehmen, wird eine Steuererhöhung vermieden, auf die Dauer vielleicht sogar eine Steuersenkung ermöglicht, die mehr als alle anderen Maßnahmen zur Vermögensbildung der breiten Massen unseres Volkes beitragen könnte. Der Bund sollte nach unserer Auffassung auf eine weitere Erhöhung der ihm zustehenden indirekten Steuern verzichten, und diese Politik sollte Hand in Hand gehen mit einer Normalisierung und Stabilisierung der Preise, um dadurch echte Ausgabensenkungen auch im Haushalt des Bundes zu erreichen. ({2}) Nun wurde heute morgen einiges gesagt zu dem Problem der Möglichkeit oder Unmöglichkeit der Aufnahme von Anleihen. Auch wir wissen und rechnen gar nicht anders, daß Anleihen in unbeschränkter Höhe, noch nicht einmal Anleihen in dem Außmaß, wie der außerordentliche Haushalt in diesem Jahr vermögenswirksame Ausgaben enthält, nicht möglich sind. Aber nirgends steht geschrieben und niemand kann sagen, daß es bei dem Ansatz von 2,2 Milliarden DM, die jetzt im außerordentlichen Haushalt - ich sage, endlich einmal - vorgesehen sind und vermutlich nicht durch Überschüsse aus dem ordentlichen Haushalt gedeckt werden können, nicht möglich und nicht erreichbar sei, daß diese 2,2 Milliarden DM noch eine Steigerung erfahren könnten. ({3}) - Der Präsident der Bundesbank ist nicht allein auf dieser Welt, auch nicht in der Bundesrepublik. Er ist auch nicht der Allwissende, er ist auch nicht der Papst auf dem Gebiet der Finanzen und der Anleihepolitik. ({4}) Zwei müssen miteinander reden, und der Herr Bundesfinanzminister hat als Sachwalter der Bundesinteressen gewisse Verpflichtungen, und er wird sie wahrzunehmen wissen, wenn der Wille des Hohen Hauses dahintersteht. Der Steuerzahler wird Ihnen jedenfalls sagen ({5}) - das möchte ich hier einmal ganz deutlich aussprechen -, daß er, der Steuerzahler, auf die Dauer nicht bereit ist - heute morgen erst las ich die Zusammenstellung aus Ihren Kreisen, in der gesagt wird, daß die Bundesrepublik Deutschland in bezug auf die Summe der Steuererhebungen noch immer an der Spitze aller Staaten steht -, Steuern in dieser Höhe zu leisten, damit auf diesem Gebiet Bundesvermögen entsteht. Der Bund soll so verfahren, wie es eine Familie machen muß. Wenn sich eine Familie eine neue Wohnungseinrichtung anschaffen muß, kann sie sie auch nicht aus der Westentasche bezahlen.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Dresbach?

Heinrich Georg Ritzel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001860, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Bitte sehr!

Dr. Dr. h. c. August Dresbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000419, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Ritzel, können Sie meine Freude verstehen, wenn ich höre, daß ein Sozialist für Steuersenkungen und gegen die Mehrung des Bundesvermögens ist? - Aber deshalb wollte ich Sie nicht fragen. Es gibt aus der Vergangenheit den Begriff der Fehlbetragsanleihe. Habe ich die Hoffnung, daß Sie diesen Typ genauso verabscheuen wie ich?

Heinrich Georg Ritzel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001860, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Aber sicher, Herr Kollege Dresbach. Ich bin ein gesetzestreuer Mann; ich halte es mit den Bestimmungen des Grundgesetzes, wonach der Haushalt und damit auch die Rechnung ausgeglichen sein soll. Ich glaube aber, daß wir uns auf dieser Basis sehr rasch werden verständigen können. Nun, meine Damen und Herren, zur Frage der Anleihen kurz folgendes. Der derzeitige Steuerzahler muß entlastet werden, ({0}) mindestens darf er nicht stärker belastet werden. ({1}) Vermögenswirksame Ausgaben sollen nicht den gerade jetzt lebenden Steuerzahlern aufgebürdet werden, wenn es sich um Gewährung von Darlehen des Bundes handelt, die bei ihrem Rückfluß zu Vermögen werden, um Investitionen, die im Sinne von § 115 des Grundgesetzes vermögenswirksam werden, und wenn durch Kapitalaufnahmen für langfristige vermögenswirksame Projekte Steuererhöhungen vermieden oder Steuersenkungen herbeigeführt werden können. Soweit es nicht möglich ist, den begründeten Anleihebedarf des Bundes auf dem Kapitalmarkt zu decken, empfiehlt es sich, eine Änderungsvorschrift in das Haushaltsgesetz für 1963 aufzunehmen, von der Herr Kollege Schoettle bereits gesprochen hat. Wir bereiten einen entsprechenden Antrag vor, wonach der Haushaltsausschuß des Bundestages über die Rangfolge der zu bedienenden Ansätze entscheiden soll, wenn die Ausgabenansätze für werbende Zwecke im außerordentlichen Teil des Bundeshaushalts nicht restlos durch Kapitalaufnahmen bedient, werden können. Ich darf ferner sagen, daß wir uns bei all diesen Überlegungen in guter Gesellschaft befinden. Aus der Fülle der Darstellungen will ich Ihnen nur zwei Zitate bringen. Ein Mann hat gesagt: Es kann nicht eingesehen werden, daß die riesigen Verteidigungsausgaben sämtlich von einer Generation getragen werden sollen. Eine stärkere Verlagerung der Finanzierung öffentlicher Ausgaben auf den Kapitalmarkt ist ein Ziel, das nicht nur aus finanzpolitischen Gründen angestrebt werden sollte, sondern auch um das Mißverhältnis zwischen der privaten und der öffentlichen Vermögensbildung zu bessern. Es ist auch irreführend, wenn immer wieder auf die begrenzte Leistungsfähigkeit des Kapitalmarktes hingewiesen wird, - Herr Dr. Stoltenberg! denn die Alternative zur Schuldenaufnahme der öffentlichen Hand heißt ja nicht etwa Schonung des Kapitalmarktes, sondern heißt höhere Steuerlasten, als es sonst erforderlich wäre. Ich möchte das noch ergänzen, was ich eben als Zitat eines amtierenden Landesfinanzministers brachte - Sie werden gleich „Aha" sagen -, nämlich des Herrn Dr. Conrad, des hessischen Finanzministers. Aha! ({2}) Ich möchte noch darauf hinweisen, daß mit einer stärkeren Inanspruchnahme des Kapitalmarktes durch den Bund ein anderer Faktor erreicht werden kann, was heute auch so zwischendurch angeklungen ist, nämlich eine Entlastung der Gemeinden, die dann nicht mehr in dem bisherigen erschreckenden Ausmaß genötigt wären, den Kapitalmarkt für sich in Anspruch zu nehmen. Es gibt Städte - ich will sie nicht nennen; sie werden Ihnen bekannt sein -, deren Aufnahmefähigkeit bereits überschritten ist, die nicht mehr in der Lage sind, weitere Schulden zu machen, weil sie dafür nicht gut sind. Aber da Sie sicherlich nicht mit dem zufrieden sind, was ich als Stimme eines sozialdemokratischen Finanzministers zitierte, der ja auch etwas von der Sache versteht, darf ich Ihnen noch ein anderes Zitat bringen. Da hat ein Ihnen und uns allgemein bekannter, sehr geschätzter Herr, Mitglied dieses Hauses, nach einem Bericht vom 7. Mai gesagt: Die Eigentumsbildung in der Bundesrepublik sei tendenziell unbefriedigend. Wie die Mehrzahl der Referenten, so forderte auch dieser Redner ein Zurückdrängen 'des Vermögenszuwachses der öffentlichen Hand zugunsten der privaten Haushalte. ({3}) Das könne dadurch erreicht werden, daß die öffentlichen Investitionen nicht mehr aus laufenden Steuereinnahmen, - Hört! Hört! - ich wiederhole den Halbsatz: daß die öffentlichen Investitionen nicht mehr aus laufenden Steuereinnahmen sondern über den außerordentlichen Haushalt - Kapitalmarkt - finanziert würden. Darin sieht Herr Professor Burgbacher den einzigen Weg, Steuererhöhungen zu vermeiden und die private Vermögensbildung zu steigern. ({4}) Meine Damen und Herren, ich wiederhole: Wir sind in guter Gesellschaft. Wir beantragen: Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird beauftragt, zur Vorbereitung des Ausgleichs des Bundeshaushalts 1963 bis zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1963 in einem Bericht an den Bundestag diejenigen Haushaltsansätze einzeln zu benennen, die in Anwendung von Art. 115 GG als vermögenswirksame Ausgaben aus dem ordentlichen in den außerordentlichen Haushalt verwiesen werden können. Ich darf diesen Antrag idem Herrn Präsidenten des Hauses überreichen. ({5}) - Ich verstehe nichts vom Pferdehandel; ich kann Ihnen nicht antworten. ({6}) - Ich bin auch nicht Mitglied des Bundes der Steuerzahler. Ich habe in vielen Dingen eine ganz andere Auffassung, als sie von ihm vertreten wird. Ich möchte damit schließen, um noch Herrn Kollegen Schmidt die Möglichkeit zu geben, seine Ausführungen zu machen. ({7})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Meine Damen und Herren, ich habe noch drei Namen auf meiner Liste. Es ist 12.55 Uhr. Ich schlage vor, ehe wir in die Pause eintreten, noch Herrn Dr. Schmidt anzuhören.

Dr. Otto Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002015, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem Herr Kollege Ritzel zunächst für seine Person und - durch den Schlußantrag dokumentiert - offenbar auch für seine Fraktion auf den Boden der klassischen Haushaltspolitik zurückgekehrt ist und damit heute einige sozialistische Grundlehren über den Haufen geworfen hat, ({0}) habe ich ernstlich die Frage, Herr Vogel, ob nicht auch bei uns einige Buße tun müssen und ob wir nicht demnächst tatsächlich einigen sehr wirksamen Parolen des Herrn Ritzel folgen müssen, damit nicht nur er auf die Titelseite der Zeitschrift des Bundes der Steuerzahler kommt, sondern auch - wenigstens abfallweise - der eine oder andere von uns. Die Revolution im Finanzministerium kann ich mir gar nicht vorstellen, die nun einsetzen wird, nachdem wir so lichtvolle Ausführungen gehört haben. Aber mein heutiger Beitrag sollte sich auf das Inanspruchnahmegesetz beschränken. Meine Damen und Herren, wir sollten aus der Tatsache, daß das Gesetz so verspätet eingebracht worden ist - was wir sicherlich alle irgendwie aus den verschiedensten Motiven bedauern -, einmal zu analysieren versuchen, was der Grund dafür gewesen ist. Wir werden dann nämlich auf eine bemerkenswerte Strukturschwäche der Bundesrepublik Deutschland stoßen. Meine Damen und Herren, das Kennzeichnende dieses Verfahrens ist doch, daß man zunächst davon abgesehen hat, das ordentliche Gesetzgebungsverfahren in Gang zu setzen, sondern außerhalb desDr. Schmidt ({1}) selben versucht hat, zu einem Akkord zu kommen. Das Inanspruchnahmegesetz hätte ordnungsmäßig dem Bundesrat im Oktober vergangenen Jahres im Zusammenhang mit dem Haushaltsgesetz zugehen müssen. Man hat schon vorher und man hat dann seit der Einbringung des Haushalts versucht, im Gespräch mit den Ländern ({2}) zu irgendeinem überzeugenden und für den Bund tragbaren oder, wie das Gesetz sagt, zu einem billigen Ausgleich zu kommen. Meine Damen und Herren, wenn es dazu nicht gekommen ist, so meines Erachtens deshalb, weil sich hier der Bund direkt an die Länder gewandt hat. Die Länder haben ihre Aufgaben, die Gemeinden haben ihre Aufgaben, so wie auch der Bund seine Aufgaben hat. Es ist durchaus legitim - ich sage das als einer, der lange Jahre Landesminister gewesen ist, der lange Jahre in Kommunal- und Landesparlamenten gewirkt hat -, daß im Hinblick auf diese Aufgaben jede dieser öffentlichen Körperschaften für sich in Anspruch nimmt, ihre Mittelfonds zu verteidigen und möglichst dafür zu sorgen, daß diese Fonds gestärkt werden. Ihre Aufgaben haben auch die Tendenz zur Expansion, wie unsere Aufgaben im Bund eine ganz natürliche Tendenz zum Wachstum haben. Deshalb ist es sachlich nicht richtig, sich außerhalb des Gesetzgebungsverfahrens des Bundes an Körperschaften zu wenden, die gewissermaßen in einer Atmosphäre der Unverbindlichkeit ihrerseits freiwillig nun einen verbindlichen Schritt tun sollen. Da liegt der Fehler. Nach meiner Auffassung ist es für die Bundesrepublik dringend notwendig, laufend eine gute Atmosphäre mit den Ländern zu pflegen - in jeder Hinsicht! - und deren Belange, deren Aufgaben und deren Bestrebungen nicht nur kennenzulernen, sondern auch Verständnis dafür zu haben. Das ist die Aufgabe. Es kann aber unmöglich der Sinn sein, außerhalb des geordneten Gesetzgebungsverfahrens nun gewissermaßen verbindliche Entscheidungen der Länder herbeizuführen. Der Bundesrat, in dem die Landesregierungen vertreten sind, ist ein Organ des Bundes. Im Bundesrat als solchem werden zwar Länderbelange vertreten, aber Länderbelange im Hinblick auf die Belange des Bundes. ({3}) Das scheint mir das Wesentliche und Entscheidende zu sein. Hier ist durch mehrere Umstände eine verfahrene Situation eingetreten. Das Haushaltsgesetz hat seinerzeit auf der Einnahmeseite - und das wurde im Rahmen des Stabilisierungsprogramms als das besondere Kennzeichen dieses Haushalts herausgestellt - den Unterschied zwischen realer und nominaler Schätzung gemacht. Ich will auf diese Dinge nicht weiter eingehen, aber diese Unterscheidung mußte ja schon gesetzespolitisch fehlgehen, weil die Einnahmeseite in der Landeswährung zu schätzen ist. Sie mußte fehlgehen. Wenn man also nicht strukturell auf dem Gesetzgebungsweg vorgehen wollte, etwa auf dem Wege über ein Gesetz zur Stillegung öffentlicher Einnahmen zur Gesunderhaltung der Währung, das sich unmittelbar auch an die Länderhaushalte wendete und den Grundsatz der realen Schätzung gesetzespolitisch auch in die Länderhaushalte übertrüge, mußte zwangsläufig die Antwort der Länder auf diesen Versuch des Bundes lauten: Die Einnahmeseite ist ja fehlgeschätzt; also kann eine Inanspruchnahme der Länder in diesem Ausmaß gar nicht in Betracht kommen. Die andere Seite der Entwicklung, die nach meiner Auffassung ebenfalls unerfreulich war und die diese Verhandlungen mit den Ländern zum Scheitern führen mußte und zum Aufbau der unglücklichen taktischen Situation, der wir heute gegenüberstehen, führte, ist die Tatsache, daß die Vorschläge des Bundesrats zur Kürzung von Ansätzen im Bundeshaushalt von der Bundesseite nicht voll ernst genommen worden sind. Erst im allerletzten Stadium ist man auf die Vorschläge zurückgekommen, die der Bundesrat gemacht hatte, um nun Kürzungen vorzunehmen. Heute berichtet der Haushaltsausschuß dem Hohen Hause sogar, daß er über die Anregungen des Bundesrates zum Bundeshaushalt hinausgegangen ist. Meine Damen und Herren, warum sage ich das? Wir stehen heute insofern in einer unglücklichen Situation, als der Bundesrat aus den Beratungen mit den Ländern eine taktische Position übernommen und aus Prestigegründen praktisch das Ganze abgelehnt hat. Nun, wir wissen, daß dahinter noch Spielraum ist. Aber wie könnten wir, da das Gesetzgebungsverfahren nun zwangsläufig im Vermittlungsausschuß enden wird, in diesen Vermittlungsausschuß gehen, ohne auch unsererseits eine taktische Position aufzubauen? Die Möglichkeit, im Haushalts- und im Finanzausschuß mit allen sachlichen Argumenten auf einen Mittelweg zu kommen, sofern er überhaupt gangbar sein sollte, ist uns insofern verbaut, als man einen Beschluß des Bundestages angreifen könnte, mit dem Ziel, die Position des Bundestages noch einmal zu reduzieren. Meine Damen und Herren, uns in diesem Hause ist aufgegeben - und damit wende' ich mich an die Opposition -, zunächst einmal das bundespolitische Interesse zu sehen und das bundespolitische Interesse so gut wie möglich geltend zu machen; denn uns sind die Interessen des Bundes aufgegeben. So bedauere ich es außerordentlich, Herr Kollege Schoettle, daß Sie hier von einer oberen Grenze gesprochen haben, ohne eigentlich die Gründe anzugeben, warum das eine obere Grenze sein muß. Die Einkommensteuer, die Körperschaftsteuer und - auf der Gemeindeseite, die ja hinter der Länderseite steht - auch die Gewerbesteuer sind drei Steuerarten, die einen progressiven Zuwachs über den normalen Zuwachs hinaus haben. Der Bund verfügt über keine Progressionssteuern. Die Folge ist also, da die Länder mit Schwerpunkt an Progressionssteuern beteiligt sind, daß die Ländereinnahmen über den Normalzuwachs hinaus wachsen. Wir wissen ja, in welchem Maße die Steuerleistungen der Steuerzahler aus der Proportionalzone in die Progressionszone hineingewachsen sind. Meine Damen und Herren, sollen wir uns in diesem Stadium Dr. Schmidt ({4}) etwa von vornherein auf eine obere Grenze festlegen und angesichts dieses Zuwachses, der ein wirkliches progressives Mehr bedeutet, den Ländern und Gemeinden von vornherein mit der Fixierung der Obergrenze entgegenkommen? Das scheint mir eine verfehlte Ausgangsposition zu sein. Wir müssen in den Verhandlungen, die nun zwangsläufig im Vermittlungsausschuß enden werden, beweglich sein. Wir müssen für alle Argumente, für alle Gesichtspunkte offen sein. ({5}) Ich bin sicher bereit dazu, auch in einer guten Atmosphäre mit den Ländern die Interessen der Länder zu sehen, bin jedoch nicht bereit, die Interessen des Bundes zu vernachlässigen. ({6}) Taktisch können wir aber nicht in eine Situation hineingehen, in der sich ein Teil dieses Hauses, die Opposition, gewissermaßen mit der Länderposition identifiziert. ({7}) Das habe ich heute morgen außerordentlich bedauert. Ich wäre dankbar, wenn wir die Möglichkeit hätten, das Problem im Vermittlungsausschuß vollkommen offen, vollkommen freimütig gegenüber allen Gesichtspunkten des Bundes und der Länder neu zu erörtern, um an Sie und den Bundesrat einen Vorschlag heranzutragen, der dann wirklich gangbar ist und der darauf verzichtet, irgendeine Steuererhöhung vorzusehen. Das scheint mir der gebotene Weg zu sein. Ich wäre daher dankbar, wenn das Hohe Haus die Vorlage der Regierung in diesem Augenblick in vollem Umfang unterstützen würde. ({8})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Meine Damen und Herren, es wäre wohl nicht weise, noch zwei Redner vor der Mittagspause sprechen zu lassen. Ich schlage Ihnen vor, daß wir jetzt die Pause eintreten lassen und uns dann wieder um 14.30 Uhr treffen. Ich unterbreche die Sitzung bis 14.30 Uhr. ({0})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Wir fahren in der unterbrochenen Sitzung fort. Ich hoffe, meine Herren Haushaltsexperten, daß sich an dieser besonders wichtigen Sitzung vielleicht noch einige Kollegen im Laufe des Nachmittags beteiligen. Das Außerordentliche dieser Sitzung ist die allgemeine Aussprache in der zweiten Beratung. Das Haus hat zugestimmt. Ich gebe dem nächsten Redner, Herrn Abgeordneten Dr. Conring, das Wort. ({0}) - Er hat verzichtet. Ich habe nichts dagegen. Es liegt noch die Wortmeldung von Herrn Abgeordneten Gleissner vor. ({1}) - Nein, nein! ({2}) Wollen Sie verzichten? - Herr Abgeordneter, wenn Sie das Wort haben wollen, dann sprechen Sie ruhig, auch wenn das Haus nicht sehr eindrucksvoll besetzt ist.

Dr. Franz Gleissner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000689, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der heutigen Debatte zum Haushalt 1963 wurde in besonderen Auseinandersetzungen um die Beurteilung der wirtschaftlichen Situation, um die weitere Belastung des Haushalts, seine Grenzen und das Verhältnis Bund-Länder und um die Woge neuer Anforderungen gerungen. Es wurde über alle Gruppen hinweg festgehalten, daß es keine Steuererhöhungen geben darf und geben soll. Aber gerade die Aussprache über diesen Haushalt zeigt uns doch, daß es nicht schwer ist, bei Allgemeinplätzen - das ist ja unsere Erfahrung - Einverständnis zu erzielen, daß es aber dort, wo es um die erste konkrete Entscheidung geht oder morgen gehen würde, sehr schwer ist, weiterzukommen, und daß immer neue Verzögerungen bei wichtigen Entscheidungen oder bei Verpflichtungen, die notwendig werden, entstehen. Wer die verschiedenen Appelle und Stellungnahmen betrachtet, fragt sich: Wer hat da eigentlich recht? Wer erfüllt die Forderungen der Sachgerechtigkeit, diejenigen hier im Hause oder in der Öffentlichkeit, die versuchen, eine gesamtwirtschaftliche Betrachtung vorzunehmen, und zur Vorsicht und Sparsamkeit mahnen. oder jene, die einen solchen Standpunkt hier im Hause oder draußen als Übertreibung abtun oder als Zweckpessimismus betrachten oder einen Zweckoptimismus verbreiten, um für ihre Forderungen Raum zu haben - vielleicht ein bequemer angenehmer Standpunkt auf Kosten der Zukunft -? Ich gehöre zu jenen, die sich dazu offen bekennen, und sage das auch im Namen meiner Freunde von der CSU, daß wir mit unserer Wirtschafts- und Sozialpolitik und mit unserer Haushaltspolitik tatsächlich an einer entscheidenden Wende angelangt sind, ohne die wiederholt genannten Kriterien und Kronzeugen dafür wiederholen zu wollen. Um so mehr ist zu bedauern, daß bei allen Anstrengungen des Bundesfinanzministers und des Bundesfinanzministeriums - ich möchte auch den Bundeswirtschaftsminister dazu nennen - es nicht gelungen ist, der Öffentlichkeit die Grenzen und die Wende in der Haushaltssituation ausreichend bewußt zu machen. Die Parolen und Appelle gingen zwar von einer richtigen Erkenntnis oder, richtiger gesagt, Grunderkenntnis aus. Aber sie blieben wirkungslos, ebenso wie die Baudämpfung oder die angekündigte Raumordnung. Alles das wurde, wenn man das harte Wort gebrauchen darf, mehr oder weniger als unglaubwürdig abgetan, weil die Konsequenzen nicht ausreichend oder nicht sichtbar waren oder sich Widersprüche zeigten. Das mag für viele Haushalte gelten, nicht nur für den Bundeshaushalt. Aber ich möchte als Abgeordneter dazu doch einiges ergänzen, auch wenn der Bundesfinanzminister empfahl, über die Vergangenheit und die letzten Haushalte und den allerletzten vielDr. Gleissner leicht gar nicht mehr zu reden. Tun wir damit dem Bundeshaushalt 1963 und dem von 1964 einen Dienst? Was wurde für die beiden letzten Haushalte - um die Frage aufzunehmen - alles an Prognosen verkündet! Ich brauche nur einige Überschriften vorzulesen. Da heißt es „Wende in der Finanzpolitik", „Finanzminister auf dem Sprung ins Defizit" oder „Bundeshaushalt am Rande des Defizits wandelnd", „Der Haushalt im Dienst der Preisstabilität", „Haushalt der Sparsamkeit als notwendige Voraussetzung für eine gesunde Währungs-, Konjunktur- und Wirtschaftspolitik". Ich wiederhole einiges, gestatten Sie mir bitte diese kurze Wiederholung. Als im November 1962 der Bundeshaushalt 1963 bekanntgegeben wurde, nannte man noch eine Summe von 56,8 Milliarden DM, und dabei sagte der Finanzminister: Der vorliegende Haushalt ist das Ergebnis einschneidender Kürzungen der Anforderungen der Ressorts. Dabei betrug die Ausgabensteigerung gegenüber 1962 immer noch 2,8 Milliarden DM, also eine Steigerung von 5 %. Auch diese Steigerung muß im Hinblick auf das von der Bundesregierung verkündete und auch von allen Parteien mehr oder weniger gut geheißene Stabilisierungsprogramm als kritisch angesehen werden. In der Zwischenzeit, von November 1962 bis heute, ist der Haushalt auf eine Summe von 57,7 Milliarden DM - das ist ein Mehr von fast 939 Millionen - gestiegen. Selbst diese Summe als Begrenzung für 1963 ist längst umkämpft durch übergroße Anforderungen von fast allen Seiten. Was soll der Teil der Bevölkerung, der dies durchschaut und verantwortlich mitdenkt, sagen? Unter dem Druck der Forderungen von allen Seiten, nicht zuletzt aus diesem Hause selbst - das müssen wir eingestehen -, sind wir immer noch dabei, alle noch vor Monaten beschworenen finanzpolitischen und haushaltspolitischen Grundsätze wiederaufzuweichen oder preiszugeben. Mit dem „Haushalt der Besinnung" scheint es vorbei zu sein. Wir schreiten trotz ernster Hinweise auf die Haushalts- und Konjunktursituation mehr oder weniger den bisherigen Weg der Ausgabenausweitung weiter. Vielleicht war das in den letzten Jahren noch möglich! Von seiten des Bundesfinanzministers und im Rahmen dieser Debatte haben wir mehrmals gehört, was auf uns zukommt und was sich noch in den Bänken des Parlaments befindet. Damit ist aber doch die Tatsache gegeben, daß sich, wie heute auch schon festgestellt worden ist, ein endgültiges Urteil über die Bundesfinanzen im Jahre 1963 in dieser Beratung noch nicht fällen läßt, auf keinen Fall in optimistischer Richtung. Vielmehr wäre äußerste Zurückhaltung angebracht. Hier entsteht nun die Frage: Warum kommen wir mit diesen Stabilisierungsmaßnahmen, mit diesen Monierungen nicht weiter, und warum gelingt es uns nicht, nicht genügend aus eigener politischer Kraft zu einem langsameren Wachstum und zu einer Begrenzung des Staatsverbrauchs zu kommen? Warum gelingt es uns nicht, das zu tun, was wir alle als richtig erkennen: die Bevölkerung, die oft zitiert wird, die Wirtschaft, die Regierung und auch die Parlamente? Warum kommen wir nicht nach Abschluß der, man darf doch sagen, hektischen, überstürzten Aufbauphase jetzt endlich zu den Maßnahmen, die zur Sicherung der Kaufkraft der D-Mark erforderlich sind? Die Entscheidung darüber liegt doch in 'unserer Hand, in der Hand der Parteien, und die Lage ist 1963, wie heute schon festgestellt worden ist, noch dringender geworden als im Haushaltsjahr 1962. Es wurde ja auch schon vom nächsten und übernächsten Jahr gesprochen. Lassen Sie mich nun die Frage nach dem Wachstum des Haushalts in einigen Sätzen beantworten. Wie kam es zu den enormen Ausweitungen des Haushalts? Über diese Frage ist heute schon gesprochen worden; ich darf noch einiges ergänzen. Erst einmal: Sind wir als Parlament uns der Bedeutung und der Verpflichtung des Budgetrechtes tatsächlich voll bewußt bzw. voll bewußt geblieben? Was in der Entwicklung der Parlamente mühsam erreicht, vielleicht erkämpft worden ist - das Budgetrecht gegenüber den Feudalherren. und den Landesherren -, das scheint heute vergessen zu sein. Es besteht doch die Gefahr - oder ist es schon Tatsache? -, daß das Parlament nicht mehr als erster Wächter des Haushalts tätig ist, daß diese Rolle seit Jahren ganz auf den Finanzminister, seine Verwaltung und innerhalb des Parlaments auf den Haushalts- und Finanzausschuß übergegangen zu sein scheint. Das reicht aber, meine Damen und Herren, wie die Praxis zeigt, nicht aus. Man braucht sich nicht zu wundern, wenn man bei der Lektüre der Haushaltsverhandlungen des Deutschen Bundestages feststellt, daß sich das Bundesfinanzministerium schon in einer Zeit der Kassenfülle als Wächter und Verteidiger gegenüber dem Parlament fühlen mußte, ja, durch uns in diese Rolle mehr oder weniger gedrängt wurde. Uns sind die parlamentarischen Beschwörungen aus der Zeit - der Ausdruck sei erlaubt - des Meisters auf diesem Gebiet, des früheren Bundesfinanzministers Schäffer, bekannt.. Seine Nachfolger tun mehr oder weniger das gleiche, nur daß es sich jetzt eben nicht nur um die obligatorische Abwehr handelt, sondern darüber hinaus auch um eine ganz andere Haushaltssituation als seinerzeit. Wollen wir doch deutlich sagen, daß viel Schuld in der Politik des Nachgebens liegt, die dazu führt, das mühsam errungene Gleichgewicht immer wieder zu stören! Insofern sind die Anstrengungen des Bundes der Steuerzahler, vor allem seine letzte Eingabe an den Bundestag zu begrüßen und auch die Schützenhilfe der Länder gegen den steigenden Staatsverbrauch positiv anzusetzen. Ein Zweites. Nicht nur beim Parlament, sondern auch bei der Verwaltung auf allen Ebenen - das muß gesagt werden - besteht ein Trend zur Ausweitung des Staatsverbrauchs. Hierführ gibt es sehr viele Motive. Oft ist es die Tendenz, den eigenen Aufgabenbereich zu stärken und zu intensivieren. Oft geschieht das auch in Verbindung mit dem Parlament. Dieses großzügige Geldausgeben mag sich in der Haushaltspraxis wie ein demokratisches Mäzenatentum ausnehmen, aber es wird leider eher vom Ressortegoismus als vom echten Bedürfnis und vom Allgemeinwohl angetrieben, und die notwendigen Bremsen sind entweder nicht ausreichend vorhanden oder zu schwach. Die Hauptursachen dafür, daß die zahllosen Appelle des Finanzministers und die Appelle von wirtschaftspolitischer Seite sowie alle ernsten Hinweise auf die Währung bis jetzt kaum Erfolg hatten meinetwegen trotz des Arbeitsfriedens der letzten Tage -, liegen doch in zwei Tatsachen: in der noch übersteigerten Nachfrage der Hochkonjunktur und ihren anhaltenden Begleiterscheinungen und dann in der Optik, die sich aus der übermäßigen Zuwachsrate des Bundeshaushalts und der anderen öffentlichen Haushalte ergibt. Zu dem Thema „Übernachfrage" will ich an dieser Stelle keine weiteren Ausführungen machen. Lassen Sie mich nur den Wirtschaftsbericht der Bundesregierung mit einem einzigen Satz zitieren. Es heißt dort: Besonders der bis zur Aufwertung ungezügelte Export- und Investitionsboom hatte bei beträchtlich gestiegenen Gewinnen und einer dementsprechend hohen Selbstfinanzierungsquote zu einer übermäßigen Beanspruchung des Arbeitsmarktes und zu Anspannungen auf anderen Gebieten geführt. Mehr braucht hierzu nicht gesagt zu werden. Aber uns interessiert heute und bei der zweiten Lesung die Expansion der öffentlichen Haushalte. Freilich ist es billig, das unangenehme Thema immer wieder anzugehen. Aber ich möchte sagen: Wenn wir nicht darüber sprechen, wer soll es dann tun? Ich glaube, es schadet nichts, hier einiges herauszustellen. Mit der gesteigerten Übernachfrage und der wirtschaftlich überschnellen Expansion wurde auf eine der Hauptursachen für zahlreiche gegenwärtige Schwierigkeiten hingewiesen. Leider trägt ein großes Maß von Schuld auch die Tatsache, daß sich unsere Haushalte noch in den letzten Jahren und auch in diesem Jahr übermäßig expandierten. Eine Gesundung der überspannten Situation und der weitere Abbau der noch immer vorhandenen Überliquidität ist nur möglich, wenn sich auch der Staatsverbrauch nachhaltig beschränkt, ja, wenn er sichtbar reduziert wird. Auch wenn diese Monierung 1963 nichts mehr ändern sollte, dann möge sie für 1964 endgültig zu einem festen Vorsatz, zum Handeln führen. Im öffentlichen Haushalt sollte man alles tun, um auf den Geld- und Einkommenskreislauf, wie es neulich in einer Verlautbarung hieß, kontraktiv einwirken, so wie es in den zurückliegenden Jahren, wenn auch unbeabsichtigt, so doch in der Praxis durch die Ansammlung von Kassenüberschüssen geschehen ist. Alles Gerede, ganz gleich, von welcher Seite, und alle Appelle helfen doch nicht, wenn nicht die Überliquidität auch dadurch abgebaut wird, daß der Staatsverbrauch mit den gegebenen Möglichkeiten in Einklang gebracht wird. Aber wie sieht es hier in der Praxis des Haushaltes 1963 aus? Ich wiederhole es: Trotz aller Bemühungen des Bundesfinanzministers und des Haushaltsausschusses - wenn ich diese beiden herausstellen darf - gehen von diesem Haushalt 1963 - und dessen wollen wir uns als Parlamentarier doch bewußt sein - wahrhaftig kaum kontraktive oder wesentliche stabilisierende Wirkungen aus, zumal mit vollem Recht Steuererhöhungen von der Regierung und vom Hohen Hause abgelehnt werden. Nach den uns vorliegenden Gesamtzahlen müssen wir mit einer Zuwachsrate von 8 bis 9 %, vielleicht sogar noch mit mehr rechnen, und damit übertreffen eben Staatsverbrauch und öffentliche Investitionen wieder erheblich die zu erwartende Steigerung des Sozialprodukts. Ich bin im Unterschied zu einem der Vorredner schon der Auffassung, daß auch der Haushaltszuwachs sich nicht nur am Sozialprodukt orientieren, sondern sich nach ihm richten muß. Wir müssen im Gegenteil befürchten, daß von den öffentlichen Haushaltsansätzen und Ausgaben erhebliche expansive Impulse ausgehen werden, zumindest regional gesehen. Es sei erlaubt, daran zu erinnern, daß die Vertreter der IG Metall, vielleicht - mag man sagen - wenig gesamtwirtschaftlich denkend, bei dem Startschuß zu dem Großstreik auf den überdimensionalen Zuwachs des Bundeshaushalts 1963 - weit über den Zuwachs des Sozialprodukts hinausgehend - hingewiesen haben. Und andere könnten bald folgen und sich nach dem Vorbild unserer großzügigen Geldpolitik richten. Gerade diese Tage haben uns zwar gezeigt, wie bedauerlich das Fehlen eines Lohngutachtergremiums ist und wie wichtig, so sagt man gern, bei der Lohnpolitik und bei der Arbeitszeitverkürzung mehr Einsicht in die Grenzen unserer Wirtschafts- und Haushaltspolitik ist. Daran wollen wir auch festhalten. Aber es ist nicht allein das Verhalten der Tarifpartner, nämlich der Großindustrie und der Großgewerkschaften, schuld - ohne daß ich diese beiden Seiten entlasten Will -, wenn die Stabilität des Geldwertes in Schwierigkeiten kommen sollte und die Preise in Bewegung geraten. Ebenso gefährliche Impulse - und .das führen eine Reihe von wissenschaftlichen Instituten an, und selbst die Bundesregierung hat es wiederholt festgehalten - für eine weitere Verschlechterung unseres Geldwertes gehen von der gesamten öffentlichen Hand und ihrem Verhalten aus, von ihren wirtschafts-, sozial- und finanzpolitischen Interventionen, von ihren Haushalten in Bund und Land. Auch mit dem Bundeshaushalt 1963 - bei den Ländern und zum Teil bei den Gemeinden mag es nicht Viel anders sein - wird es ohne Rücksicht auf den Wirtschaftsbericht der Bundesregierung und ohne Beachtung wissenschaftlicher Gutachten zu einer weiteren kräftigen Expansion der öffentlichen Nachfrage kommen. Und darauf kommt es mir in dieser Betrachtung an. Da auch nicht damit zu rechnen ist, daß gleichzeitig die private Investitionstätigkeit stärker zurückgeht, besteht die Gefahr, daß der bedenkliche Kreislauf weitergeht; das heißt, es muß zu einer weiteren Aufblähung der Einkommen vor allem der unDr. Gleissner selbständigen Gruppen kommen, und zwar im wesentlichen wohl auf Grund der Tatsache und der Erfahrung, daß die erhöhten öffentlichen Ausgaben im Bereich der Volkswirtschaft als erhöhte Einkommen wiedererscheinen. Ich darf hierzu noch einmal den Wirtschaftsbericht der Bundesregierung zitieren: Die nachfolgende Dämpfung und Entspannung der Industriekonjunktur konnten sich nur allmählich preisstabilisierend auswirken, zumal die öffentliche Hand - und damit waren wohl Bund und Länder gemeint ihre - weit über den nominalen Zuwachs des Sozialprodukts hinausgehende - Ausgabensteigerung fortsetzte. Hiermit hängt vor allem der verstärkte Preisauftrieb am Baumarkt zusammen, dem auch 1962 mehr Mittel zugeführt wurden, als Produktionsmöglichkeiten vorhanden waren. So weit der Wirtschaftsbericht der Bundesregierung. Wenn auch die sich aus den jahrelangen übergroßen Exportüberschüssen ergebende Überliquidität im Wirtschaftsbericht der Bundesregierung vielleicht nicht genügend herausgestellt wird, so werden doch auch von der Bundesregierung der Bundeshaushalt und der gesamte Staatsverbrauch von Bund, Ländern und Gemeinden als eine der wichtigsten Ursachen für die überhöhte Gesamtnachfrage angesprochen. Darum sollten wir als Parlamentarier doch an der Expansion des Bundeshaushalts und der Haushalte insgesamt nicht so schnell vorübergehen. Der Staatsverbrauch auf allen Ebenen muß daher endlich - das ist eine Forderung der Öffentlichkeit nachhaltig beschränkt und mit den vorhandenen Möglichkeiten in Einklang gebracht werden, auch wenn an uns als Parlament immer wieder neue Anforderungen, Anträge gestellt und Wünsche geäußert werden. Bei der wiederholten Diskussion des Stabilisierungsprogramms der Bundesregierung wurde doch von allen Seiten - von der Regierung, vom Parlament und von der Wirtschaft - immer dargelegt, daß das Gleichgewicht in Gefahr gerät und damit die Stabilität unserer D-Mark nicht mehr gesichert ist, wenn nicht gleichzeitig die Staatsausgaben begrenzt und eingeschränkt werden. Ich glaube, wir leisten uns, der Gesamtwirtschaft und unserer eigenen Regierung keinen guten Dienst, wenn wir diese Zusammenhänge beschönigen oder opportunistisch andere Deutungsversuche unternehmen oder uns zuviel Abstinentia in dieser Hinsicht auferlegen. Wir verspüren doch alle den Druck, der gerade in diesen Tagen des Metallarbeiterstreiks auf uns lag und der sich morgen im öffentlichen Dienst oder anderswo fortsetzen und zu weiteren Anforderungen an den nächsten Haushalt führen kann. Die Expansion der öffentlichen Haushalte und der öffentlichen Nachfrage wird aber auch noch dadurch verschärft - ohne darauf jetzt näher einzugehen -, daß die Vermögensbildung der öffentlichen Hand nicht nur absolut, sondern auch relativ ständig ansteigt, auch in diesem Haushaltsjahr wieder - es wurde schon darauf hingewiesen -, nachdem die öffentliche Hand im Jahre 1962 bereits den übermäßig hohen Anteil von 47 % erreicht hatte. Ich habe in Verbindung mit dem Haushalt 1963 noch einmal kurz die Frage zu beantworten versucht, wo die Hauptquellen für die übersteigerte Konjunktur und für die Gefährdung unserer Stabilität liegen, warum bisher die Appelle nahezu ohne praktischen Erfolg geblieben sind und inwiefern gerade auch die bisherige Ausgabenpolitik dieses Hohen Hauses und die überhohen Zuwachsraten des Bundeshaushalts mit schuld sind. Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang noch auf eine Tatsache hinweisen, die mit der Haushaltspraxis zu tun hat. Ich möchte auf das doch recht bedenkliche Dilemma hinweisen, das darin besteht, daß - wie schon eingangs erwähnt - in den letzten Jahren immer wieder das Haushaltsdefizit groß angekündigt wurde, sei es bei der Haushaltseinbringung, sei es bei der zweiten oder dritten Lesung oder sogar noch später, daß es dann aber am Ende des Haushaltsjahres eigentlich immer recht gut, ja, fast zu gut ging. Ich habe Verständnis, insoweit es sich hier um die Methode .des Abwehrens nach dem Rezept des früheren Finanzministers Schäffer handeln sollte. Aber wie soll der Bürger draußen, wenn er vom Haushalt der Besinnung, der Wende, ides Sparens hört, seinen Glauben bewahren, wenn er in Appellen aufgerufen wind, maßzuhalten? Ich bin als Mitglied des Haushaltsausschusses ernstlich überzeugt - und ich glaube, mit mir meine Freunde -, daß wir uns an einer einschneidenden Wende befinden, wenn auch das in der Praxis der Haushaltsführung, ganz gleich aus welchen Gründen, immer wieder überdeckt bzw. kompensiert wurde. Lassen Sie mich nur das letzte Jahr 1962 daraufhin kurz ansehen! Dile Klagerufe und Mahnungen, das Verkünden eines großen Defizits brauche ich nicht zu wiederholen; sie sind in Zeitungsartikeln und Protokollen des Bundestages festgehalten. Aber wie lief denn das Haushaltsjahr 1962 ab? Es wurde heute schon kurz darauf hingewiesen. Ich darf es noch einmal unterstreichen und glaube, das muß an dieser Stelle noch einmal eindeutig geschehen. Der Vollzug des Bundeshaushalts 1962 ging doch in der Praxis verhältnismäßig befriedigend vor sich. Erlassen Sie es mir, dazu Zahlen anzugeben. Das Bundesfinanzministerium selbst hat sich dazu u. a. auch im amtlichen Bulletin geäußert. Es heißt dort: In der Durchführung des Haushalts 1962 werden sich im Ergebnis voraussichtlich keine Schwierigkeiten ergeben. Es kann gehofft werden, daß der Haushalt 1962 ohne Defizit abgeschlossen werden kann. Der Vorsitzende des Finanzausschusses des Bundesrates - ich glaube, man darf ihn hier zitieren, auch wenn er von der anderen Seite, von der Länderseite ist -, Finanzminister Dr. Eberhard, konnte dazu in der Sitzung ides Bundesrates vom 26. Oktober 1962 bei der Behandlung des Haushaltsgesetzes 1963, meines Wissens ohne ernstlichen Widerspruch von seiten der Bundesregierung und ihrer Vertreter, wörtlich sagen: Diese .sehr günstige Vorhersage des Bundesfinanzministeriums hat in der Öffentlichkeit keine besondere Überraschung ausgelöst. Das ist an sich erstaunlich, wenn man bedenkt, daß noch im Februar dieses Jahres der Entwurf zum Bundeshaushalt 1962 in der öffentlichen Diskussion als defizitär bezeichnet, ein Länderbeitrag von 1740 Millionen DM als unabweisbar angesehen wurde und daß die damals von uns aufgezeigten Haushaltsreserven vielfach als unrealistisch oder gar eigennützig abgetan wurden. Meine Damen und Herren, was sollen dann alle bekannten pessimistischen Voraussagen bedeuten, wenn dann doch beruhigend - und gegen diese Methode wende ich mich - selbst noch 1962 erklärt werden konnte, daß der Haushalt 1962 in Einnahmen und Ausgaben abgeglichen abgeschlossen werden kann? Man braucht sich nicht zu wundern - und darauf möchte ich verweisen -, daß dann die Gewerkschaften oder auch .die Öffentlichkeit uns in der gegenwärtigen oder einer anderen Situation auf diesen scheinbaren Widerspruch hinweisen, obwohl doch die wirtschaftliche Lage, die Haushaltssituation in der Tat eine Reihe ernster Kriterien dafür aufweist, daß wirklich Gefahr im Verzug ist und daß tatsächlich eine Wende in der Haushaltspolitik gegeben ist. Dieses Beispiel, meine Damen und Herren, sollte sich 1963 nicht wiederholen. Dieser Bundeshaushalt 1963 hat das Licht der Welt als Sparsamkeitsetat, als Haushalt der Besinnung - so wurde er getauft - erblickt und ist meines Wissens von uns allen auf allen Seiten des Hauses als ein wesentlicher Teil der Stabilisierung begrüßt worden. Jeder Gutwillige sollte den Versuch - und das ist in der heutigen Debatte im wesentlichen geschehen -, gegen den beängstigenden Zuwachs der öffentlichen Ausgaben anzugehen, unterstützen und den angekündigten Kurs des Herrn Bundesfinanzministers positiv aufnehmen. Die Bemühungen des Bundes, die Ausgabensteigerung für das Jahr 1963 einzudämmen und entsprechend einer auf Stabilisierung gerichteten Wirtschaftspolitik in einem vertretbaren Rahmen zu halten, wurden auch von der Öffentlichkeit und auch von den Ländern, soweit ich im Bilde bin, voll anerkannt. Gerade deswegen muß das Versteckspielen, wie es manche nennen, zwischen Bundes- und Länderfinanzen jetzt endlich beendet, das Hin und Her der Streitfragen und verschiedenen Standpunkte gerade im Hinblick auf die Ausführungen, die heute zur Auseinandersetzung zwischen Bund und Ländern gemacht worden sind, beendet werden und - ich schließe mich dem ganz an - auf dem zur Verfügung stehenden institutionellen Weg geklärt werden. Wir begrüßen, daß heute der Bundesfinanzminister erklärt hat, er sei zum Spiel mit offenen Karten bereit. Ich darf aber noch einige dieser kritischen Punkte zwischen Bund und Ländern kurz anführen, weil es so interessant ist, darauf hinzuweisen, was die beiden Seiten konträr sagen. Stecken wirklich noch große echte Polster, wie der Bundesrat und andere behaupten, im Haushalt 1963, so wie es tin den vergangenen Jahren der Fall war? Der Bundesfinanzminister sagte heute, er habe keine mehr. Die Länder sagen das Gegenteil. Zweitens: Sind die Steigerungsraten der Länder im Staatsverbrauch 1963 tatsächlich wesentlich geringer als die des Bundes? Eine dritte Frage: Hat der Bund ein Recht, sich an die Länder und Gemeinden mit der Aufforderung zu wenden, sich dem Vorbild des Bundes anzuschließen, wenn doch die Länder behaupten - und das haben sie erst auf der letzten Sitzung des Bundesrates getan -, daß sie sich erheblich unter der Steigerungsrate des Bundeshaushalts befinden und sich nicht weniger konjunkturbewußt verhalten als der Bund? Eine vierte Frage: Wo ist denn die Stelle für eine gemeinsame Konjunkturpolitik im Hinblick auf alle öffentlichen Haushalte, wenn die Länder den immer wieder auftretenden Ruf nach Eingriffsmöglichkeiten des Bundes in ihre Finanzgebarung als sachlich unbegründet zurückweisen, mit der geltenden Verfassung als nicht vereinbar und angesichts der föderativen Struktur unseres Staatswesens auch rechtspolitisch als bedenklich erachten können? Oder besteht tatsächlich, wie es von Bundesseite gesagt wird, in den Kassen der Länder eine Geldschwemme? Besitzen sie einen Juliusturm und Guthaben in Höhe von vielen Milliarden als sichtbare Zeichen allzu großen Reichtums? Ich führe das nur an, ohne jetzt die Fragen und Widersprüche noch weiter aufzählen zu wollen. Diese Auseinandersetzungen dauern nun lange genug. Das Hohe Haus hat heute von allen Rednern erklären lassen, daß der Wunsch besteht, diese Auseinandersetzungen zu beenden. Die nur in wenigen Strichen gezeichneten, mehr oder weniger festgefahrenen Standpunkte, wie ich sie an Beispielen aufgezeigt habe, dürfen nicht zu einer Machtprobe führen, wenn auch die Rechtsfindung sehr schwer zu sein scheint. Wir sind daher für die sehr geschickt geführten Vorverhandlungen des Bundesratsministers Niederalt, aber auch anderer, sehr dankbar, weil sie viel zur Klärung und Vorbereitung beigetragen und ein besseres Verhandlungsklima geschaffen haben, wie das heute auch von anderen Sprechern gefordert wurde. Bund und Länder - das darf ich gerade als Vertreter der CSU sagen - sind eine Gemeinschaft, und es muß das sinnvolle Zusammenspiel der Kräfte, vor allem auf dem Gebiet des Staatsverbrauchs erreicht werden. Darum geht es ja. Es muß mit aller Deutlichkeit gesagt werden: die Öffentlichkeit hat für ein weiteres Hinausschieben der Klärung, wobei alle Karten aufgedeckt werden müssen, kein Verständnis mehr. Es besteht auch die Gefahr, daß die wertvolle Idee, die Konzeption des Bundesstaates, zu der sich meine Freunde von der CSU und ich vorbehaltslos bekennen, Schaden leidet. Lassen Sie mich dies klar aussprechen und hierzu abschließend noch einige Punkte kurz behandeln. Für Bund und Länder ist es allerhöchste Zeit, sich über die Grundlagen eines gerechten Finanzausgleichs zu verständigen, wobei jede Seite, wie heute angekündigt wurde, „die Karten offen auf den Tisch legen soll". Das Hin und Her um die Erhöhung des Bundesanteils hat die Öffentlichkeit satt, nachdem beide Seiten so tun, als würde sie von der anderen mehr oder weniger hinters Licht geführt. Es ist unwürdig und nicht nur dem Bund und den Ländern, sondern auch der Demokratie höchst schädlich, wenn der Bund immer wieder behauptet, den Ländern gehe es so gut, und wenn die Länder einen Tag später in der Öffentlichkeit so tun, als wisse man in Bonn nicht, wohin mit dem Geld. Es wäre tatsächlich eine „Wende der Finanzpolitik", Herr Bundesfinanzminister, wenn es gelänge, diese Methoden beiderseits zu beenden. Zudem drängt gleichzeitig das Problem der Gemeindefinanzen zur Lösung. Ich brauche in diesem Zusammenhang auf die angekündigte Finanzkommission, die noch immer nicht benannt wurde, nicht einzugehen. Ein zentraler Punkt dieser Auseinandersetzung besteht allerdings darin, daß die gesamten Ausgaben der öffentlichen Hand, d. h. der gesamte Staatsverbrauch von Bund, Ländern und Gemeinden, aus einer Reihe von Gründen als einheitlich zu sehen und einer Neuordnung zu unterziehen sind. Da es, wie wir hier im Hause heute von allen Seiten geschworen haben und wie auch die Länder erklärt haben, zu keiner Steuererhöhung kommen darf und kann, bleibt es ein Verteilungsproblem unter dem Gesichtspunkt, daß entsprechend der Leistungsfähigkeit der deutschen Wirtschaft und ohne Gefährdung der D-Mark das Steueraufkommen gemäß den Aufgaben neu zu verteilen ist, auch wenn das mit einschneidenden Kürzungen der Ausgaben für Vorhaben der öffentlichen Hand und mit Verzichten gekoppelt wäre. Ferner: Das Gerede, es werde dieses Jahr noch ohne Steuererhöhungen gehen, sollte man nicht mehr hinnehmen. Die Mehrheit meiner Freunde ist für die endliche Beseitignug der seit Jahren allseits kritisierten Steuerungerechtigkeiten, wobei ich nur das Stichwort „Mittelstandsbauch" nennen möchte, wenn es auch kein schönes Wort sein mag. Es spricht dabei vieles dafür, die Drosselung der von Jahr zu Jahr steigenden Ausgaben durch eine überlegte Beschneidung der Einnahmen zu erreichen und so die öffentliche Hand in Bund, Ländern und Gemeinden zu dem so viel beredeten antizyklischen Verhalten zu zwingen. Die Eindämmung der Baulust scheint uns hier richtiger als die Eingriffe des Bundes in die Ausgabenpolitik auf der Ebene der Länder und Gemeinden, die schließlich nur über eine Grundgesetzänderung realisiert werden könnten. Es ist nicht von der Hand zu weisen, daß die Gelder in der privaten Hand wirtschaftlich vernünftiger - zumindest in der Masse - verwaltet werden als von den öffentlichen Auftraggebern. Ein weiterer Punkt hierzu! Bund, Länder und Gemeinden sollten sich endlich auf die Praxis unserer Vorväter besinnen - und ich freue mich, daß über diesen Punkt heute schon gesprochen wurde -, bei denen es die Regel war, langfristige Ausgaben auch langfristig zu finanzieren. Die Finanzierung der vermögenswirksamen Ausgaben über den Kapitalmarkt ist, auch wenn darüber Meinungsverschiedenheiten bestehen mögen - wie die Debatte heute zeigte -, noch keinesfalls im nötigen Umfang realisiert. Die öffentliche Hand sollte in der Verschuldung keinesfalls anderen Gesetzen unterworfen sein als der einzelne, der baut und Werte für die Zukunft schafft. Diese Forderung dient natürlich ausschließlich der Einsparung im Haushalt und im Staatsverbrauch und soll nicht Raum für neue Forderungen von anderer Seite geben. Bis jetzt waren, jedenfalls meiner Unterrichtung nach - darüber wurden wir auch heute vormittag wieder belehrt -, die öffentlichen Anleihen immer noch im Nu überzeichnet. Eine weitere Frage. Die Forderung, zu einem Zweijahreshaushalt zu kommen, Wie sie in einigen Ländern ventiliert wird, sollte auf Bundesebene sehr bald und eingehend geprüft werden, ebenso der Vorschlag, Gesetze mit Ausgaben für den Staat nur zusammen mit der Haushaltsgebarung zu prüfen, um nicht im Laufe des Haushaltsjahres präjudizierend zu wirken. Es würde manchen Ausgabewünschen gut bekommen, wenn sie zur Abkühlung eine gewisse Zeit in den Warteschrank kämen. Eine andere Sorge in dieser Auseinandersetzung: Die Dotationsauflagen bei Bundeszuschüssen und Darlehen an Länder und Gemeinden sind - ohne diesen Punkt hier eingehend behandeln zu wollen - Anlaß zu langen Auseinandersetzungen und ein Arbeitsfeld, das von den Bürokraten - ich sage das Wort gar nicht im abträglichen Sinne - immer wieder mit mehr oder weniger Lust beackert werden muß. Hier könnte viel an Arbeit und Verdruß eingespart werden - neben Geld natürlich -, wenn Bund und Länder sich über ihre Aufgaben und Ausgaben bzw. über die Vorrangstellung, die gegeben ist, einig würden. Auch sonst täte der Bund gut daran, die Zahl der kleinen und kleinsten Töpfchen im Bundeshaushalt, aus denen bestimmte Einrichtungen, oft mehrfach, gespeist werden, zu überprüfen. Wir müssen uns auch entschließen, auf sogenannte Tabus oder auf sogenannte Heilige Haine im Haushalt zu sprechen zu kommen und darauf zu verzichten, daß sie Tabus bleiben. Auch das gehört zu einer Reform und zu einer Wende für den Haushalt 1963 oder, wenn es für diesen nicht mehr möglich ist, für den Haushalt 1964. Ich brauche nur einige Themen zu nennen. Ich bekenne offen, daß das für den Verteidigungshaushalt gilt, ich bekenne offen, daß dies auch für die Landwirtschaft gilt, daß es für die Kriegsfolgelasten gilt, die einer Überprüfung bedürfen, daß das schließlich auch für Berlin gilt, ganz gleich, welche Bereiche Sie da herausnehmen wollen, und daß wir bald wohl auch nicht um eine Überprüfung mancher Gesetze herumkommen. Ein weiterer Punkt ist die Rangordnung der finanziellen Forderungen. Wir sind als Parlamentarier nicht glaubwürdig, wenn wir uns in großer Einmütigkeit hier im Hause vor wenigen Wochen einen ganzen Tag lang zum Teil in klassischen Worten für die Bedeutung und hohe Rangordnung der wissenschaftlichen Forschung aussprechen, wenn wir aber kaum oder nur in Nebensätzen die gesamten haushaltsmäßigen und finanziellen Konsequenzen zu ziehen bereit sind. Ich glaube, Dr. Martin hat das in einigen Bemerkungen versucht. Am nächsten Tag oder wenige Tage später setzen wir 1 Milliarde DM und mehr für den Sozialbereich ein und legen eine Woche darauf ein Ausbildungsförderungsgesetz vor, das noch mehr kostet, und lassen uns auf die bereits bekannte Stichtagsänderung ein. Dabei wissen wir ja aus dem Haushalts- und Finanzausschuß, wieviel Milliarden allein dieser Brocken kosten würde! Wir haben nicht den Mut, rechtzeitig, bevor wir die Verbände auf dem Hals haben, dazu von uns aus nein zu sagen. ({0}) Soviel zu diesen kritischen Punkten, die vielleicht, wenn man sie näher beleuchten würde, heiße Eisen sind, denen man noch einige hinzufügen könnte. Aber ich glaube, diese „heißen Eisen" sind gar nicht so heiß, und solange wir dank der guten Wirtschaftssituation und der relativ guten Lage der Finanzen das Gesetz des Handelns noch in der Hand haben, sollten wir initiativ bleiben, bevor wir gezwungen werden, harte Maßnahmen zu ergreifen. Ich stelle zum Schluß die Frage: Sind wir mit den heute und auch von mir und anderen Rednern geforderten Reformen überfordert, oder tun wir alles, was wir da sagen, als unrealistisch, als nicht durchführbar ab, oder haben wir wirklich keine Möglichkeit, es zu tun? Meine Damen und Herren, wir als Abgeordnete können nicht aus der Verpflichtung entlassen werden, zu bekennen, mit welcher Rangfolge, mit welcher Begrenzung wir „was und wie" zu erreichen suchen. Wir können uns auch nicht mit dem Hinweis auf sogenannte Zwangslagen oder nur gesetzliche Verpflichtungen allein entschuldigen. Diese Zeit wird allmählich vorbei sein. Aber wir brauchen dazu neben objektiven Sachverständigengremien, die man nicht zu überschätzen braucht, das Verständnis der Bevölkerung und aller Gruppen. Damit ist in unserer Haushaltssituation 1963 jeder deutsche Bürger, jede Partei, jeder Wirtschafts- und Sozialverband eigentlich Mitspieler - wie es wohl Herr Dr. Vogel heute schon in seinen Schlußworten sagte - der Finanz- und Haushaltspolitik. Wenn wir hier versagen und die Dinge weitertreiben lassen und wenn wir fortfahren - so ist es oft in der Praxis -, kostenverursachende Gesetze mit dem bisherigen Mangel an langer Sicht zu beschließen, dann rollen die Wogen von Anforderungen, die schon angekündigt worden sind - es sind gar nicht alle genannt worden - weiter auf uns zu, dann werden die Grenzen gesprengt, die wir erst für den Haushalt 1963 zu setzen versuchten. Aber auch Opfer und harte Maßnahmen drohen, die ganz anders aussehen werden als die Zumutungen an Maß und Einsicht, mit denen wir uns gegenwärtig noch auseinandersetzen und mit denen wir gegenwärtig noch operieren können. Ich glaube, jetzt kommt es darauf an, das Maß des Möglichen nach diesem überschnellen wirtschaftlichen Aufstieg und in dieser besonderen Haushaltssituation 1963 zu sehen und nichts zu überspannen. ({1})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Keine weiteren Wortmeldungen zur allgemeinen Aussprache! Wir kommen zur Überweisung der Drucksache IV/1219 Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Beteiligungsverhältnisses an der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer. Vorgesehen ist der Finanzausschuß - federführend - und der Haushaltsausschuß zur Mitberatung. Das ist der Vorschlag des Ältestenrates. Dieser Überweisung wird zugestimmt. - Kein Widerspruch; es ist so beschlossen. Wir treten nun in die zweite Lesung der Einzelpläne ein. Ich rufe auf den Einzelplan 01: Bundespräsident und Bundespräsidialamt ({0}) Ich frage den Herrn Abgeordneten Baier ({1}), ob er das Wort wünscht. ({2}) - Der Herr Berichterstatter verzichtet. Ich eröffne die Aussprache zum Einzelplan 01. Wird das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Einzelplan 01 in zweiter Lesung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Einzelplan 01 ist in zweiter Lesung einstimmig angenommen. Ich rufe auf den Einzelplan 02: Deutscher Bundestag ({3}). Wünscht der Berichterstatter das Wort? ({4}) - Ich bedanke mich, daß die Berichterstatter im Interesse der Arbeitserleichterung des Hauses kollektiv verzichten. Zum Einzelplan 02 liegen Änderungsanträge vor. Ich rufe zunächst den Änderungsantrag Umdruck 248 *) der Abgeordneten Frau Wessel, Spies, Murr und Genossen auf. Wird zur Begründung das Wort gewünscht? - Zur Begründung ides Änderungsantrages hat die Abgeordnete Frau Wessel das Wort.

Helene Wessel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002487, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Ihnen vorliegende Änderungsantrag Umdruck 248 bezweckt die Wiederherstellung des vom Bundestagsvorstand geschäftsordnungsmäßig festgestellten Haushaltsvorschlags des Einzelplans 02 - Deutscher Bundestag -, soweit es sich um die Petitionsstelle handelt. Der Antrag enthält Lediglich die vom Vorstand beschlossenen, vom Haushaltsausschuß reicht gebilligten Personalanforderungen der Petitionsstelle. Die Mitglieder des Petitionsausschusses sind mit mir der Ansicht, daß mit halben Maßnahmen nichts gewonnen wird unid daß die Stellenplanwünsche in vollem Umfang erfüllt werden müssen, wenn die dem Petitionsausschuß auf Grund des Art. 17 des Grundgesetzes gestellten Aufgaben sorgfältig, gründlich und schnell erfüllt und vor allen Dingen die angestrebte notwendige Beschleunigung, Verbesserung und Vertiefung der Petitionsbearbeitung verwirklicht werden sollen. Das augenblickliche Petitionsverfahren ermöglicht *) Siehe Anlage 3 zwar die Behandlung der großen Zahl von Petitionen - ich darf einmal daran erinnern, daß in der dritten Wahlperiode 44 499 Einzelpetitionen und 288 858 Masseneingaben an den Petitionsausschuß gekommen sind -, auch bei der augenblicklichen Personallage des Büros, also mit diem vorhandenen Personal diese Petitionen zu bearbeiten; aber die bestmögliche Bearbeitung der Petitionen, wie wir sie seit Jahren erstreben, ist nach der einhelligen Auffassung aller Mitglieder des Petitionsausschusses nicht möglich. Die Petitionen können also nicht so bearbeitet werden, wie es auf Grund des Art. 17 des Grundgesetzes eigentlich verlangt werden könnte. Die Petitionen müßten nämlich im Interesse des einzelnen Petenten so gut bearbeitet werden, daß seinem Anliegen bestmöglich gedient wird und auf der anderen Seite dadurch auch das Ansehen des Bundestages und das Vertrauen, Idas er in der Öffentlichkeit genießt, gestärkt wird. Meine Damen und Herren, wenn wir eine Verbesserung der Arbeit wünschen, denken wir vor 'allem an eine Fristenverkürzung, an eine gründlichere Überprüfung der Stellungnahme der Regierungsstellen, die in den Petitionen angesprochen sind, um so eine Verstärkung der Kontrollfunktion des Bundestages gegenüber Regierung und Verwaltung zu erreichen, und an eine bessere Auswertung der Petitionen und Regierungsstellungnahmen zwecks Anregung des Parlaments und in bezug auf Gesetzesinitiativen. Auch denken wir an eine für Abgeordnete und Staatsbürger aufschlußreichere Form der Sammelübersichten, wie wir sie idem Bundestag vorzulegen haben. Ich weiß aus Besprechungen mit Kollegen und Kolleginnen, daß gerade nach dieser Richtung hin noch mancherlei Wünsche an uns gerichtet werden. Wir denken nicht zuletzt an eine dem Ansehen des Bundestages dienlichere Gestaltung der den Einsendern zu erteilenden Endbescheide. Vor allen Dingen sollte eine eigene Stellungnahme des Bearbeiter der Petition im Petitionsausschuß beigefügt werden. Es darf eben nicht so sein, daß wir vielfach nur dazu kommen, den Petenten die Bescheide der einzelnen Bundesministerien zu der Petition mitzuteilen. Frau Kollegin Klee hat im letzten Tätigkeitsbericht des Petitionsausschusses mit Recht darauf hingewiesen, daß der Schwerpunkt der sachlichen und technischen Vorbereitung der Petitionen und die Ausführung der Ausschußbeschlüsse mit der Bescheiderteilung bei den Verwaltungsangehörigen der Petitionsstelle lägen; durch die Tätigkeit auch des Büropersonals - ich bitte, einmal darauf zu achten - werden auch das Ansehen und das Vertrauen, die der Deutsche Bundestag 'in der Öffentlichkeit genießt, weitgehend mitbestimmt. Ähnlich äußerte sich auch Frau Kollegin Dr. Flitz in einem früheren Bericht. Sie hat den Petitionsausschuß als das Schaufenster gegenüber der Öffentlichkeit für die Arbeiten dieses Hohen Hauses bezeichnet, und sie hat gefordert, daß diese Arbeit gut und schnell vor sich gehen und daß das bei der Personalausstattung der ,Petitionsstelle gebührend berücksichtigt werden müsse. Die Mitglieder des Petitionsausschusses glauben daher, daß für die Durchführung der Aufgaben der Petitionsstelle die Genehmigung von Stellen für besonders qualifiziertes und geschultes Personal erforderlich ist. Die Verwaltungsangehörigen der Petitionsstelle sind aber zur Zeit nicht nur ausgelastet, sondern infolge erhöhten Arbeitsanfalles zum Teil überfordert und werden wegen der Eilbedürftigkeit der Bescheiderteilung dann leicht zu einer oberflächlichen Bearbeitung verleitet. Dieser unbefriedigende Zustand läßt sich nicht dadurch beseitigen, daß zu Zeiten geringerer Beschäftigung, etwa in den Parlamentsferien, wie schon wiederholt versucht worden ist, andere Kräfte der Bundestagsverwaltung zur Aufarbeitung an die Petitionsstelle abgestellt werden. Abgesehen davon, daß solche Kräfte - das wissen wir alle - aus Urlaubs- oder anderen Gründen kaum zur Verfügung stehen, ist die Arbeit von Aushilfskräften, was zwar bedauerlich, aber psychologisch durchaus verständlich ist, in der Regel nun einmal nicht ausreichend. Die notwendige Beschleunigung und Verbesserung der Petitionsbearbeitung, die, abgesehen von der schon vorhandenen Belastung, einen zusätzlichen, nicht unerheblichen Zeit- und Arbeitsaufwand mit sich bringt, kann daher nur erreicht werden, wenn dem Petitionsausschuß nicht nur zahlenmäßig, sondern vor allem auch hinsichtlich der Qualität ausreichendes Stammpersonal zur Verfügung gestellt wird. Das, so meinen wir, entspräche der Bedeutung der Petitionsstelle für den Bundestag. Hier sollte ,es sich um ein Anliegen des ganzen Hauses handeln. Daß Sie sich zu dieser Meinung auch schon bekannt haben und daß sich diese Erkenntnis immer mehr durchzusetzen beginnt, möchte ich aus Ihrem Beifall schließen, ,den Sie an dieser Stelle bei den Ausschußberichten von Frau Kollegin Klee und Frau Kollegin Dr. Flitz gespendet haben. All die vorgenannten Überlegungen fanden ihren Niederschlag in den Personalanforderungen der Petitionsstelle zum diesjährigen Bundeshaushalt. Sie wurden dankenswerterweise von dem Herrn Bundestagspräsidenten und von dem Bundestagsvorstand unterstützt und auch im Hinblick auf die vom Bundestag gefaßten Beschlüsse zur Geschäftsordnung als durchaus richtig und notwendig anerkannt. Dafür möchte ich auch von dieser Stelle aus allen Beteiligten nochmals herzlich danken. Bedauerlicherweise ist dann der Haushaltsausschuß den vom Vorstand getroffenen Beschlüssen zum Teil nicht gefolgt, und zwar soweit es sich um die Hebung der Planstellen für die Beamten des höheren und des gehobenen Dienstes handelt. Wegen der Qualität der von der Petitionsstelle mit Recht verlangten Arbeit glauben die Mitglieder des Petitionsausschusses - und, so muß ich hinzufügen, besonders ich als die verantwortliche Vorsitzende dieses Ausschusses, die die zu leistende Arbeit aus jahrelangem Vorsitz genau kennt -, auf die Forderung nach diesen Planstellen nicht verzichten zu können. Die Unterzeichner des Änderungsantrags Umdruck 248 wünschen daher die Hebung einer Planstelle der Besoldungsgruppe A 14 in eine solche der Besoldunggruppe A 15 für den Leiter der Petitionsstelle, die Hebung einer Planstelle der Be3496 soldungsgruppe A 13 in eine solche der Besoldungsgruppe A 14 für den zweiten wissenschaftlichen Mitarbeiter und Referenten der Petitionsstelle und die Hebung einer Planstelle der Besoldungsgruppe A 9 in eine der Besoldungsgruppe A 10 für einen Sachbearbeiter der Petitionsstelle. Meine Damen und Herren, lassen Sie es mich noch einmal betonen: Wenn wir gute Arbeit verlangen, müssen wir auch bereit sein, entsprechende Planstellen zu schaffen und die Mittel dafür zu bewilligen. Beamte des höheren und des gehobenen Dienstes können in der Bundestagsverwaltung nur noch nach Ableistung der in den laufbahnrechtlichen Vorschriften geforderten Außenverwaltungstätigkeit eingestellt werden. Das bedeutet, daß qualifizierte Kräfte auf die Dauer nur zu erhalten sind, wenn man ihnen bereits bei der Stellenausschreibung oder bei der Einstellung - und das ist bei den Stellen, die ich hier erwähnt habe, von seiten der Verwaltung auch durchweg geschehen - die Möglichkeit einer Beförderung nach Besoldungsgruppe A 15 bzw. A 10 in Aussicht stellt. Abgesehen davon rechtfertigen aber unseres Erachtens auch die Dienstpostenbewertung entsprechend dem Umfang und der Bedeutung der einzelnen Arbeitsgebiete und auch ein Vergleich mit der Organisation und der Zuweisung von Planstellen bei der Dienststelle des Wehrbeauftragten die erbetene Hebung der Planstellen. Lassen Sie mich bitte auch noch erwähnen, daß nach den Untersuchungen des Bundesrechnungshofes durchaus ein Vergleich der Arbeit des Wehrbeauftragten mit der der Petitionsstelle möglich ist, nur mit dem Unterschied, daß wir in den vergangenen Jahren wesentlich mehr Petitionen zu bearbeiten hatten, als das beim Wehrbeauftragten der Fall war. Deswegen unsere diesbezüglichen Wünsche, die in dem vorliegenden Antrag niedergelegt sind. Meine Damen und Herren, wir sind überzeugt, daß die Arbeit in der Petitionsstelle zügig geleistet werden kann und sie dem Grundrecht des Artikels 17 des Grundgesetzes und damit dem Ansehen und Vertrauen, das der Deutsche Bundestag in der Öffentlichkeit genießt, besser gerecht wird, wenn Sie die vom Vorstand gebilligten Personalanforderungen der Petitionsstelle genehmigen und wenn die Planstellen auch qualitativ ausreichend im Wege des Austausches oder der Stellenausschreibung besetzt werden. Ich habe mir erlaubt, auch einige Ausführungen sachlicher Art zu der Arbeit des Petitionsausschusses zu machen, weil ich weiß, daß mancherlei Wünsche bestehen. Ich gehe übrigens sogar so weit, zu sagen, daß auch Beschwerden über die Arbeit der Petitionsstelle sicherlich ihre Berechtigung haben. Aber bitte, dann sorgen Sie mit den Mitgliedern des Petitionsausschusses und seiner Vorsitzenden dafür, daß wir auch die qualifizierten Arbeitskräfte bekommen. Die Mitglieder des Petitionsausschusses, die dort als Berichterstatter und Mitberichterstatter tätig sind, haben hin und wieder auch ihre besonderen Klagen. Diese sind immer wieder darauf zurückzuführen, daß Unzulänglichkeiten in der Personalbesetzung der Petitionsstelle vorhanden und dafür mitverantwortlich zu machen sind. Darum bitte ich Sie, nicht zuletzt im Interesse dieses Hohen Hauses und seines Ansehens in der Öffentlichkeit, dem Änderungsantrag auf Umdruck 248 Ihre Zustimmung zu geben. ({0})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Meine Damen und Herren, ich überlege mir, ob es nicht besser ist, den Antrag auf Umdruck 249 *) in die Diskussion einzubeziehen. Er betrifft die gleiche Sache und ist unzweifelhaft der weitergehende Antrag. Sind Sie damit einverstanden? - Zur Begründung des Änderungsantrages auf Umdruck 249 hat das Wort der Herr Abgeordnete Brese.

Wilhelm Brese (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000264, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir stehen unter dem Eindruck unserer Haushaltsberatungen und eines Haushalts von 57,9 Milliarden DM Gesamtvolumen. Diese Zahl liegt wie ein Alpdruck auf uns. Alle Redner, die heute morgen gesprochen haben, haben sich mit diesem Problem und damit beschäftigt, wie man dem Wachsen der öffentlichen Ausgaben Einhalt gebieten kann. Man ja leinmal feststellen, daß sich dieser Haushalt von 1955 bis heute verdoppelt hat, von damals 29,7 Milliarden DM auf jetzt 57,9 Milliarden DM. Aber dazu will ich jetzt nicht Stellung nehmen. Der Herr Finanzminister, den ich persönlich sehr schätze, hat vorhin schon gesagt, es sei sehr billig, zu dieser Ausgabenflut Stellung zu nehmen; man könne sich damit große Sympathien erwerben. ({0}) - Das ist sehr wahr, mag sein. Ich bin immer auf diesem Wege tätig gewesen und habe mir keine großen Sympathien hier im Hause damit erworben. Hoffenlich dienen meine heutigen Ausführungen dazu, daß Sie sich dafür erwärmen können. Ich möchte mich in meinen heutigen Ausführungen - und das gilt auch für meinen Antrag auf Umdruck 249 - mit dem Wachsen der Bürokratie beschäftigen. Auch der 'Bundesfinanzminister hat ja gesagt, das Wachsen der Bürokratie sei .eine furchtbare Sache. Ich habe mir einmal Zahlen für die Zeit von 1953 bis 1962 geben lassen. 1953 hatten wir 7376 Bedienstete in unseren Ministerien, ohne das Verteidigungsministerium. Heute sind wir bei einer Zahl von 10 468 angelangt, also etwas über 3000 Stellen mehr. Sehr auffallend ist das Anwachsen der Stellen des höheren Dienstes von 1700 auf 2328 Stellen. Ich glaube, man sollte seine besondere Aufmerksamkeit dieser weiteren Aufblähung der Verwaltung zuwenden. Ich habe das in meiner ganzen politischen Arbeit getan. Ich bin nicht als Interessenvertreter hierher gekommen. ({1}) Ich bin hierher gekommen mit den Erfahrungen, die ich vor 1933 gesammelt habe, als wir auch schon auf dem Wege zur Verbürokratisierung waren und als andere Leute kamen und damit ihre Politik *) Siehe Anlage 4 machten. Denn mit der Bürokratisierung, meine Damen und Herren, ist eine Abwertung der Demokratie, eine Abwertung der Selbstverwaltung verbunden. Aus diesem einen Grunde bin ich hierher gekommen, um mitzuarbeiten und zu versuchen, mit meinen Ideen zum Zuge zu kommen. Das wird immer schwieriger, je größer diese Bürokratie wird. Deswegen habe ich in all den Jahren nie den bequemen Weg der Mitarbeit im Parlament gewählt, sondern ich bin Mitglied des Haushaltsausschusses gewesen, und zwar vom 10. April 1948 bis auf den heutigen Tag. Herr Ritzel, ich gehöre also zu denen, die nach Ihren Worten Kritik üben können, weil sie sich mit der Materie beschäftigt haben. Ich will hoffen, daß meine heutigen Ausführungen dazu dienen - Könen ({2}) ({3}) : Herr Kollege Brese, darf ich Ihre Bemerkung über den bequemen Weg, den Sie nicht gegangen seien, weil Sie in den Haushaltsausschuß gegangen sind, so verstehen, daß ich zu den Leuten gehöre, die die bequemeren Wege gegangen sind?

Wilhelm Brese (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000264, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich weiß nicht, in welchem Ausschuß Sie sind. ({0}) - Der bequemere Weg ist der, daß man in einen nebensächlichen Ausschuß geht. ({1})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage?

Willy Könen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001156, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Brese, wollen Sie bitte davon Kenntnis nehmen: Ich fühle mich dann also nicht betroffen.

Wilhelm Brese (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000264, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Nein! Das glaube ich! Ich habe Sie auch bisher als einen sehr fleißigen Menschen kennengelernt. ({0}) Aber wenn ich Ihnen sage, ich bin nicht den bequemen Weg gegangen, dann behaupte ich das, weil ich in diesen 15 Jahren im Haushaltsausschuß eifrig mitgearbeitet habe. Ich hätte es mir bequemer machen können. Aber ich sagte Ihnen, ich sehe darin meine Wirkungsmöglichkeit, eine Möglichkeit, den Auswüchsen, die sich nun allerdings leider trotzdem gezeigt haben, entgegentreten zu können. In meinem Antrag - bisher sollte es nur das Vorgespräch sein - wollte ich mich mit unserem eigenen Haushalt beschäftigen. Denn, meine Damen und Herren, in diesem Hause sind wir souverän; hier haben w i r zu entscheiden. Hier macht der Vorstand des Bundestages seine Vorschläge, und der Haushaltsausschuß ist dann in der schwierigen Lage, an diesen Vorschlägen noch Kritik zu üben. Ich weiß, daß meine Kollegen aus dem Vorstand das immer kritisiert haben und daß sie uns am liebsten ausschalten möchten. Aber bisher haben wir noch ein Wort dazu zu sagen gehabt. Nun ist gerade in diesem Hause eine besondere Aufblähung - das muß ich Ihnen nach meiner Meinung sagen - zu verzeichnen. Ich habe mir einmal den Haushalt des Deutschen Reichstags von 1932 zur Hand genommen; das Exemplar können Sie hier einsehen. Da waren vertreten: 110 Beamte, 45 Angestellte und 174 Arbeiter, zusammen 329 Kräfte, und davon waren 47 - heute heißt es „Raumpflegerinnen" - damals Reinemachefrauen. Unser Haushalt ist 1962 angewachsen auf 281 Beamte, 294 Angestellte und 178 Arbeiter; zusammen 753 Kräfte, ohne Reinemachefrauen. Wir sind also bei weitem über das Doppelte hinausgekommen. Ich kenne Ihre Argumente, die Sie dagegen einwenden. Aber man muß das Leben nicht so kompliziert ansehen. Viele Dinge gehen auch ohne diesen großen Verwaltungsaufwand. Und hier kann ich mir in diesem Hause ein Urteil erlauben. Wenn ich hier allein zu sagen hätte, dann würde ein anderer Maßstab angelegt werden. ({1}) - Ich komme ja aus der Landwirtschaft. Da haben wir uns schon längst von der Verwaltung getrennt. Wir sind froh, wenn wir unsere Arbeitsleistung vollbringen können. Für die Verwaltung bleibt dabei nichts übrig. Aber gerade aus dieser Erkenntnis - jetzt haben Sie mir ein Stichwort gegeben - bin ich so sehr gegen übertriebene Verwaltungen; denn ich sehe bei mir zu Hause die Qual der selbständig Wirtschaftenden, der Gewerbetreibenden, der Kaufleute, der Landwirte, die nach ihrer langen Tageslast ohne eine Arbeitszeitbegrenzung bis in die Nacht an ihren Büchern sitzen und schreiben müssen. Diese Menschen sind überfordert, und zwar nicht zuletzt durch unsere Gesetzesmacherei, die von einem Perfektionismus ergriffen ist, ({2}) daß sich darin kein Mensch mehr zurechtfindet. Sie tun das allein; denn irgendwelche Hilfskräfte können sie nicht mehr bekommen - die gehen zu den Verwaltungen! ({3}) Ich leite selbst eine größere Spar- und Darlehnskasse auf dem Lande, und ich muß sagen: es ist außerordentlich schwierig, noch die notwendigen Hilfskräfte, die Bürokräfte zu bekommen. Nur hier bei uns wird organisiert, als ob alles so ohne weiteres vorhanden wäre. ({4}) Ich will einmal auf die Bewertung der Stellen eingehen. Zunächst wiederum der Haushalt des Deutschen Reichstags von 1932. Da gab es einen Ministerialrat, 3 Oberräte und 26 Regierungsräte. Das waren die Beamten des höheren Dienstes. Und nun hören Sie einmal, wie es bei uns aussieht! Sie haben gerade von meiner Kollegin Frau Wessel gehört, daß noch andere Anforderungen gestellt werden. Ich weiß ganz genau, was noch alles auf uns zukommt. Lassen Sie mich gleich auf den Petitionsausschuß eingehen. Frau Wessel, wir haben uns darüber im Haushaltsausschuß unterhalten. Sie wollen Volljuristen haben, damit die Petanten ({5}) - nee, nee; mir machen Sie nichts weiß. Ich nenne sie „Petanten", nicht „Pedanten" - hören Sie genau zu; etwas verstehen wir nämlich auch von Fremdwörtern - die in der letzten Instanz beim Gericht unterlegen sind, nun noch eine Möglichkeit haben, hier wieder gerichtlich vorgehen zu können. Meine Damen und Herren, es würde eine Rechtsunsicherheit geben, wobei ich sagen muß: Unsere gesamten Juristen sollten da auf die Bühne treten und müßten dagegen aufstehen. ({6}) Deswegen möchte ich auch jetzt diesen Antrag meiner Kollegen ablehnen. Ich möchte Sie alle bitten, ({7}) ich möchte Sie warnen: Geben Sie diesem Antrag nicht nach! Steuern Sie der weiteren Aufblähung!

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Wilhelm Brese (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000264, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Bitte schön.

Werner Jacobi (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001000, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege, würden Sie trotz Ihrer Darstellung - die sicherlich sehr gezielt darauf ausgeht, der Öffentlichkeit ein Bild zu verschaffen von der angeblich trostlosen Situation, in die wir hier durch die Bürokratisierung des Hauses und durch unsere Arbeit, die der Hilfe der Bürokratie nach Ihrer Meinung offenbar nicht bedarf, geraten sind - bereit sein, auch einmal darüber zu berichten, in welcher Weise sich der von Ihnen gerühmte Reichstag in bezug auf seinen Arbeitsumfang und vor allem durch die Anzahl seiner Gesetze vom gegenwärtigen Bundestag abhebt, damit hier ein möglichst objektives Bild entsteht? ({0})

Wilhelm Brese (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000264, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Abgeordneter, darüber kann ich Ihnen leider keine nähere Auskunft geben. ({0}) - Das könnten der Kollege Ritzel und der Kollege Bausch tun, die selbst Mitglieder des Reichstages gewesen sind. ({1})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Ritzel?

Wilhelm Brese (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000264, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Bitte.

Heinrich Georg Ritzel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001860, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Dann möchte ich den verehrten Kollegen Brese um eine Auskunft in einer Sache bitten, in der er als erster kompetent ist: In welchem Ausmaß, Herr Kollege Brese, ist der von Ihnen als Berichterstatter seit vielen Jahren betreute Haushalt des Ernährungsministeriums des Bundes sowohl personell als auch der Summe nach gewachsen? Vielleicht erzählen Sie auch das einmal dem Hause.

Wilhelm Brese (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000264, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Ritzel, ich kenne Ihre Stellung zur Landwirtschaft. Sie sind weit entfernt von der Sachkenntnis, die ich habe. ({0}) Ich glaube, wir wollen uns hier nicht über landwirtschaftliche Probleme unterhalten. ({1}) Gehen Sie jetzt alle einmal während des niedersächsischen Wahlkampfes in eine Bauernversammlung oder sonst aufs Land! Gerade da wird das Elend des Bauerntums von Ihren Vertretern ({2}) ganz gewaltig rot an die Wand gemalt. ({3}) Ihr Minister Kubel schürt diese Unruhe im Land wie kein zweiter. Das muß ich Ihnen sagen. Wir haben alle Sorge, mit den kleinen Pflästerchen, die wir hier drauflegen, dem Bauernstand noch einigermaßen den Glauben an die Zukunft zu erhalten.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Gestatten Sie eine Zwischenfrage? - Zu einer Zwischenfrage Herr Abgeordneter Ritzel!

Heinrich Georg Ritzel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001860, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Brese, wir sind ja nicht in einer Bauernversammlung im niedersächsischen Wahlkampf, sondern wir sind hier im Deutschen Bundestag bei der Erörterung eines Antrages, den Sie gestellt haben, und eines anderen Antrages, dessen Ablehnung Sie empfohlen haben. Ich frage Sie, ob Sie bereit sind, den gleichen Maßstab, den Sie in bezug auf die Arbeit des Parlaments, in bezug auf die Angestellten und Beamten des Parlaments hier anwenden, dank Ihrer intimen Kenntnis und auf Grund Ihrer ständigen Befürwortung in Fragen des Einzelplans des Ernährungsministeriums ebenfalls anzuwenden? Wenn ja, bitte, hier ist der Platz, jetzt reden Sie!

Wilhelm Brese (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000264, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich bin jederzeit dazu bereit -und bin es auch bezüglich dieses Einzelplans 10 gewesen -, dafür zu sorgen, daß die Bürokratie nicht wuchert. Das ist die Antwort, die ich darauf zu geben habe. Ich hatte Ihnen aber noch nicht gesagt, wie es in unserem Hause aussieht. Ich wiederhole die Zahlen von 1932 ({0}) und muß sagen: 110 Beamte, 45 - ach, nein, das habe ich schon gesagt -, ({1}) 1 Ministerialrat, 3 Oberregierungsräte und 26 Regierungsräte. Und nun 1962 in diesem Hause - und das soll aufgestockt werden -: 1 Ministerialdirektor, 3 Ministeralräte, 37 Oberräte, 21 RegieBrese rungsräte und 1 Regierungsdirektor. Die Zahl der Regierungsdirektoren soll ja jetzt auf 7 erhöht werden. ({2}) Meine Damen und Herren, ich muß Ihnen sagen, daß das eine Entwicklung ist, der man seine Zustimmung nicht geben kann. Ich habe mich bei dem Leiter unseres Finanzamts in Celle erkundigt. Das ist ein Mann, der eine große Behörde verwaltet. Das ist gar nicht so einfach; denn da müssen ja die Gelder eingenommen werden, und er muß in seiner Stellung sehr objektiv sein. Er ist als Oberregierungsrat eingestuft. Ich habe ihm gesagt: Also, hören Sie mal, da haben wir andere Kriterien hier bei uns im Bund! Bedenken Sie, meine Damen und Herren: Oberregierungsrat für eine solche Stelle, wo Hunderte von Beamten und Angestellten zu betreuen sind. Und all die Beamten, die unten tätig sind, z. B. als Leiter von Kulturbauämtern usw., sind Regierungsräte. Ich finde, wir sollten hier nicht über das Ziel hinausschießen; denn diese Beamteninflation, wenn ich sie einmal so nennen soll, ({3}) trägt sehr viel dazu bei, daß der ganze Beamten- und Angestelltenstand in Mißkredit kommt. Es sollte unsere größte Sorge sein, daß das nicht geschieht. Ich war in der Versammlung von Herrn Parkinson und wollte mich informieren, wie die Bürokratisierung des öffentlichen Lebens in englischer Sicht ist. Herr Parkinson sieht es viel krasser als ich. Er hat unter anderem gesagt: wenn eine Behörde 1000 Personen hat, dann haben die einzelnen Abteilungen genug damit zu tun, daß sie gegenseitig die Schriftstücke lesen, die sie machen, und an positiver Arbeit kommt nichts mehr heraus. Das mag übertrieben sein; aber daß eine Durchforstung - so ist es hier oft genannt worden - sehr am Platze ist, das ist meine Meinung. Einmal, meine Damen und Herren - es war im Juni 1955 -, haben Sie meinem Antrag zugestimmt, daß jede vierte freiwerdende Beamtenstelle nicht wieder besetzt werden dürfte. Das war ein wunderschöner Erfolg und hatte auch überall eine große Schockwirkung. Deshalb möchte ich (in der dritten Lesung einen Entschließungsantrag 'einbringen, der bezweckt, daß wir wieder in einen Einstellungsstopp eintreten. Ich suche 15 Unterschriften. Hoffentlich bekomme ich sie. ({4}) Weil das sehr schwer ist, mußte ich hier schon in der zweiten Lesung einen Änderungsantrag einbringen; denn in der zweiten Lesung kann man dies ja auch nur mit seinem eigenen Namen. Ich halte das für außerordentlich notwendig. Denn seien wir doch einmal ganz ehrlich: augenblicklich sind sehr viele Beamte kurz vor Erreichen der Altersgrenze. Es ist jedem Ressort möglich, jetzt Kräfte neu einzustellen - statt dieser ausscheidenden Kräfte -, die ihren Wünschen entsprechen; denn sicher gibt es überall neue Aufgaben. Aber, meine Damen und Herren, ich höre nur von neuen Aufgaben und von neuen Stellen für diese Aufgaben. Ich habe in meiner langjährigen 'Praxis noch niemals gehört, daß Stellen auslaufen und daß Stellen überflüssig geworden sind. Die Zeit ist weitergegangen; auch dieser Fall müßte einmal eingetreten sein. Deshalb wende ich diesen Entschließungsantrag einbringen, um noch 'ein Jahr einen Stopp einzulegen. Aber heute möchte ich Sie bitten, für meinen Antrag auf Umdruck 249 zustimmen, der besagt, daß wir hier in diesem Hause unseren Personalstand von 1962 erhalten. Das bedeutet natürlich gleichzeitig, daß der Antrag auf Umdruck 248 abgelehnt werden soll. Und nun, meine Damen und Herren, habe ich noch ein persönliches Anliegen. Wir haben hier eine Hausordnung. Die Presse beschäftigt sich ja sehr weidlich mit uns Abgeordneten und stellt fest, daß wir sim großen und ganzen unsere Pflicht nicht tun. Meine eigene Frau ist entsetzt ({5}) und sagt: Ja, was macht 'ihr denn eigentlich? Du verzehrst dich noch in dieser Politik. ({6}) Du bist von Montag bis Sonnabend unterwegs. Und das ist die Anerkennung dafür! ({7}) Ja, und in der Presse steht: Die Abgeordneten müssen schon eine strengere Hausordnung bekommen; die sind aus sich heraus nicht mehr in der Lage, ihre Aufgaben wahrzunehmen. ({8}) Meine Damen und Herren, dagegen bäumt sich mein Gewissen, möchte ich sagen, dagegen bäumt sich meine ganze Einstellung auf. Ich habe in meinem Leben nach meiner Entlassung vom Militär 1918 immer pflichtbewußt gehandelt. Ich habe die Aufgaben, die mir gestellt worden sind, immer so wahrgenommen, wie ich es konnte, und ich tue das auch hier. Ich lehne es ab, mich hier irgendwie unter eine Hausordnung zu stellen. Herr Präsident, nehmen Sie es mir nicht übel. ({9}) Aber das muß ich einmal sagen. Ich habe deswegen schon geschrieben, habe aber keine Antwort bekommen. ({10}) Die Amtsgehilfen, die hier eingestellt sind, damit sie uns überprüfen und um 12 Uhr mit der Liste hinter uns herlaufen, können Sie einer produktiveren Beschäftigung zuführen. ({11}) Ich will Ihnen meinen Standpunkt sagen. Ich arbeite freudig in diesem Parlament mit. Ich bin in meinem ganzen Leben ein überzeugter Demokrat gewesen, und darauf bin ich stolz. Sorgen Sie dafür, daß die Demokratie auch künftig die Achtung behält! Durch solche Dinge wird sie abgewertet. ({12}) - Nein, nicht Sie, unser gesamtes Präsidium oder wer das verbrochen hat, das weiß ich nicht ({13}) hat diese Anordnung getroffen. Wann ich eine Sitzung verlasse, bestimme ich, und ob ich wichtigere Aufgaben zu erledigen habe, das entscheide ich. Ich bleibe nicht nur wegen der 30 DM bis 12 Uhr sitzen, um darauf zu warten, daß ein Bote kommt und mir die Liste vorlegt. ({14}) Wir sollten alle so viel Stolz haben und dafür sorgen, daß diese Dinge wieder ins reine gebracht werden. ({15}) Denn das sind kleine Dinge. Wenn ich vorhin so in freier Rede gesagt habe, ich hätte mir einen schwierigen Ausschuß ausgesucht, so sollte das keine Abwertung sein. Aber wenn es da räudige Schafe in den Ausschüssen gibt, die nicht mitarbeiten, sollte das unserer kollegialen Aufsicht unterliegen. Dann sollten wir selber, der Vorsitzende, der stellvertretende Vorsitzende und die Mitglieder, entscheiden. Wir sollten dann unseren Kollegen zur Rechenschaft ziehen und ihm sagen: mein lieber Freund, das geht nicht, scheide aus, - und wenn er dann schließlich in keinem Ausschuß mehr ist, dann wird ihn ja auch kein Mensch wiederwählen. ({16}) Tun Sie mir den Gefallen, unterstützen Sie meinen Wunsch, daß wir von diesen Fesseln wieder befreit werden, daß wir nicht nach der Stoppuhr zu arbeiten brauchen und daß wir hier als freie Menschen auftreten können. ({17}) Damit hat sich die ganze Sache etwas gelöst. Aber nehmen Sie das, was ich Ihnen gesagt habe, nun nicht auf die leichte Schulter. Ein Abgeordneter hat mir vorhin am Eingang gesagt: Na, Sie haben ja auch einen Antrag eingereicht, alle Jahre wieder muß ja dieses Gespräch kommen, und der Antrag wird natürlich abgelehnt. Nehmen Sie meine Ausführungen bitte ernst. Ich arbeite weiter im Haushaltsausschuß, und dort habe ich viele Freunde. Herr Ritzel hat es ja schon gesagt: Wir alle, alle Fraktionen, sind davon überzeugt, daß hier Einhalt geboten, daß eine sparsame Verwaltung aufgebaut werden muß. Das ist aber kein Erfolg, wenn wir bei diesem Haushalt von den in der Vorlage geforderten 779 Kräften - 26 mehr als im Vorjahr - schließlich auf 773 kommen, also nur 6 eingespart haben. Meine Damen und Herren, das kalkulieren die Verwaltungen schon mit ein; sie fordern gleich etwas mehr, weil sie von vornherein wissen, daß doch etwas gestrichen wird. Nehmen Sie also meinen Antrag ernst! Lehnen Sie vor allen Dingen zunächst den Antrag Umdruck 248 ab, ({18}) und dann stimmen Sie meinem Antrag zu! Dann haben wir zum erstenmal einen Stopp in diesem Hause. Und vor allem noch einmal die Bitte: Unterschreiben Sie meinen Entschließungsantrag zur dritten Lesung, der einen Stopp einlegt! Ich nehme an, Herr Schäfer, Sie werden der erste sein, gerade als Beamter wissen Sie ja auch, wie schlecht es ist, wenn Sie in eine falsche Sicht kommen. ({19})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Meine Damen und Herren! Ehe ich weiter das Wort gebe, mache ich auf eine geschäftsordnungsmäßige Bestimmung aufmerksam, die es dem Präsidenten des Hauses verbietet, von diesem Sitz aus auch in einer Sache, die er als Präsident zu vertreten hätte, in der Debatte das Wort zu nehmen. Dem Präsidenten bleibt nichts übrig als zu schweigen ({0}) was nicht bedeutet, daß er auf jede Art von Reaktion verzichten müßte. ({1}) Das Wort hat zu diesem Änderungsantrag der Herr Abgeordnete Dr. Götz.

Dr. Hermann Götz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000704, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Brese, ich möchte Ihnen zunächst ein freundliches Wort sagen. Ich meine, Sie verdienen den Dank des Hauses dafür, daß Sie durch Ihre Ausführungen wesentlich dazu beigetragen haben, die Arbeitsstimmung dieses Hauses in dieser frühen Nachmittagsstunde aufzulockern. ({0}) Zur Sache selbst werde ich im Laufe meiner Ausführungen noch ein Wort sagen. Ich möchte Sie bitten, Ihre Aufmerksamkeit wieder dem Antrag zuzuwenden, den Frau Kollegin Wessel hier eingebracht und begründet hat. Denn ich bin der Meinung, daß eingroßer Teil der Argumente, die sie zur Begründung ihres Antrages vorgebracht hat, durchaus erwägenswert ist. Ich habe Verständnis dafür, Frau Kollegin Wessel, daß Ihnen der Arbeitsanfall im Petitionsausschuß und die Personallage in der Petitionsabteilung einige Sorgen bereiten. Es ist nicht das einzige Problem dieses Hauses, das die Arbeits- und Funktionsfähigkeit des Parlaments betrifft und das uns einiges Kopfzerbrechen macht. Wenn Sie hier beispielsweise eine erhebliche quantitative und qualitative Ausweitung der Petitionsabteilung fordern, dann stellt sich sofort ein anderes Problem, nämlich das Problem der Arbeitsplatzversorgung für das Mehr an Arbeitskräften, das Sie gefordert haben. Sie wissen, wie sehr uns dieses Problem immer wieder beschäftigt. Aber bevor ich zur Sache ein Wort sage, darf ich eine ganz allgemeine Bemerkung zum Verfahren machen, eine Bemerkung, zu der mir der Antrag Anlaß gibt, die ich aber ganz generell meine. Meine Damen und Herren, es ist doch sehr ungewöhnlich und es entspricht auch nicht der bisher geübten Praxis dieses Hauses, bei einer zweiten und dritten LeDr. Götz sung des Haushalts Änderungsanträge hier zu beraten und darüber zu entscheiden, die den Stellenplan betreffen, die eine Änderung des Stellenplans durch Stellenvermehrungen oder Stellenhebungen vorsehen. Ich meine, wir sollten von der Praxis, die Wir bisher geübt haben, nicht ohne wirklich zwingenden Grund abgehen, vor allem dann nicht, wenn es sich um den Stellenplan ides eigenen Hauses handelt und wenn dabei schließlich auch noch bedacht werden muß, daß sich mit diesem Stellenplan schon zwei Gremien eingehend befaßt haben, nämlich der Vorstand dieses Hauses und der Haushaltsausschuß. Der Haushaltsausschuß hat übrigens - ich glaube, das muß man hier einmal sagen - nach sehr eingehenden Beratungen gerade über den Stellenplan dieses Hauses den Beschlüssen des Vorstands in einem Umfang zugestimmt, wie er Ihnen aus der Vorlage ersichtlich ist. Wir haben Stellenhebungen vorgenommen, wir haben sogar Stellenvermehrungen vorgenommen, soweit wir diese im Augenblick für unabweisbar und für unbedingt erforderlich gehalten haben. Wir sind - Sie haben darauf hingewiesen, wenn ich Sie richtig verstanden habe, Frau Kollegin Wessel - dem Vorstand nicht in allen seinen Beschlüssen gefolgt, das ist richtig. Aber wir sind ihnen nur dann und dort nicht gefolgt, wo wir als Haushaltsausschuß in Ausübung der dem Haushaltsausschuß zukommenden und zustehenden Funktionen glaubten, nicht anders entscheiden zu können. Ich glaube, der Haushaltsausschuß muß nun einmal - und das wird niemand bestreiten - allgemeingültige Grundsätze der Personalpolitik bei allen Ressorts und bei allen Häusern gleichermaßen anwenden und zur Geltung bringen. ({1}) Er darf keine Berufungsfälle schaffen. Der Präsident des Hauses hat in der Plenarsitzung am 14. März 1962 ausdrücklich erklärt, daß niemand daran denke, die normative Kontrolle des Haushaltsausschusses anzutasten. Nur im Rahmen dieser normativen Kontrolle hat der Haushaltsausschuß seine Beratungen geführt und seine Beschlüsse gefaßt, denen nun schließlich auch der Vorstand nicht widersprochen hat. Die Beschlüsse, die der Haushaltsausschuß zum Stellenplan dieses Hauses gefaßt hat - das möchte ich als Antwort auf das, was Herr Brese ausgeführt hat, sagen -, tragen den Notwendigkeiten einer funktionierenden Parlamentsverwaltung Rechnung. Ich glaube, diese kurze Feststellung genügt als Antwort auf das, was Herr Brese hier über die Aufblähung der Bürokratie gesagt hat. Ganz kurz ein Wort zu Ihrem Argument „Arbeitsanfall im Petitionsausschuß", Frau Kollegin Wessel. Das ist nicht zu 'bestreiten, das wird auch niemand bestreiten. Es ist auch nicht zu bestreiten, daß der Zustand, daß heute viele Petenten sehr lange Zeit auf die Erledigung ihrer Petitionen warten müssen, unerfreulich ist. Aber ich möchte doch einmal die Antragsteller fragen, wie sie denn nun eigentlich diesen Übelstand durch zwei Stellenhebungen, durch die wir nicht eine zusätzliche Arbeitskraft bekommen, beheben wollen. Das scheint mir nicht der richtige Weg zu sein. Wir haben uns im Haushaltsausschuß auch mit der Beschäftigungslage der Ausschüsse und Sekretariate und auch des Petitionsausschusses befaßt. Ich glaube, die Anregung, die dort gegeben wurde, sollte man aufgreifen, nämlich einmal zu prüfen, ob nicht bei der unterschiedlichen Beschäftigungslage unserer Ausschüsse und ihrer Sekretariate vor allem in Zeiten, in denen das Haus und seine Ausschüsse nicht tagen, in den Ferien, Arbeitskräfte in anderen Ausschüssen und anderen Abteilungen der Verwaltung, soweit sie dort nicht voll ausgelastet sind, abgezogen und in der Petitionsabteilung zur Aufarbeitung der vorliegenden Petitionen verwendet werden können. Frau Kollegin Wessel, ich persönlich bin der Meinung, daß dieser Möglichkeit in der Praxis wahrscheinlich sehr enge Grenzen gezogen sind. Immerhin sollte man den Versuch machen. Sie haben darauf hingewiesen, daß die Personallage bei der Petitionsabteilung - das scheint mir eines der erwägenswerten Argumente zu sein - dazu führt, daß die Petitionen nur routinemäßig bearbeitet werden können, daß der Petitionsausschuß und die Petitionsabteilung weitgehend auf die Stellungnahme der Exekutive angewiesen und davon abhängig ist. Das ist gewiß kein befriedigender Zustand; da gebe ich Ihnen recht. Das ist ein Gesichtspunkt, der Beachtung verdient. Aber wenn man diesem Gesichtspunkt Rechnung tragen will, muß man auch über die Konsequenzen im klaren sein, die sich daraus ergeben. Ich frage mich, wie groß die Zahl der erstklassigen Fachkräfte sein muß, die erforderlich ist, um den Zustand, wie wir ihn heute haben, zu beseitigen. Sicherlich ist die Zahl der erforderlichen erstklassigen Fachkräfte nicht klein. Es stellt sich dann natürlich sofort auch die Frage der Planstellen, die benötigt werden, damit man diese Fachkräfte überhaupt bekommt. Was ich damit sagen will, ist, daß es sich hier um eine Frage handelt, die man jetzt im Plenum nicht ausdiskutieren kann, wie ich überhaupt der Meinung bin, daß die Personallage dieser nicht unwichtigen Abteilung des Hauses nicht isoliert gesehen werden kann, sondern im Zusammenhang mit der Frage gesehen werden muß, was noch geschehen muß, um die Funktionsfähigkeit des Parlaments weiter zu erhalten, was in der Frage der Organisation oder der Reorganisation der Verwaltung dieses Parlaments geschehen muß. Sie wissen ja, daß sich Vorstand und Haushaltsausschuß mit dieser Frage im Zuge der Beratung des Haushalts 1963 befaßt haben. Wir sind noch zu keinen endgültigen Ergebnissen gekommen, und wir werden bei der Vorbereitung des Haushalts 1964 die Diskussion darüber weiterführen müssen. Ein Wort an die Antragsteller! Ich habe drei Gründe kurz genannt, die meines Erachtens - und das ist auch die Auffassung meiner Freunde - gegen eine Entscheidung über diesen Antrag hic et nunc bei dieser zweiten Lesung sprechen. Frau Kollegin Wessel, ich spreche mich keineswegs gegen die Motive aus, aus denen heraus dieser Antrag gestellt wurde. Darüber sollte man sich, darüber muß man sich im Vorstand und im Haushaltsausschuß einmal Gedanken machen. Daher stelle ich auch nicht den Antrag, diesen Antrag abzulehnen, sondern ich beantrage, den Antrag dem Vorstand und dem Haushaltsausschuß als Material für die Vorbereitung des Haushalts 1964 zu überweisen. ({2})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Schäfer.

Dr. Friedrich Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001930, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ausführungen meines Vorredners geben mir Anlaß zu einigen grundsätzlichen Bemerkungen, und ich freue mich, daß ich in einigen Punkten an das von Ihnen, Herr Dr. Götz, Gesagte anknüpfen darf. Wir müssen uns zunächst überlegen, daß es ein ganz wesentliches Grundrecht des Bürgers ist, sich an die höchste Stelle, an das Parlament, zu wenden. Damit entsteht für das Parlament eine ganz entscheidende Verpflichtung, nämlich diese lezte Möglichkeit des Bürgers ernst zu nehmen und seinen Beschwerden und Anregungen den entsprechenden Wert beizumessen. So wie das bislang im Bundestag geschieht - das müssen wir grundsätzlich feststellen -, ist es unbefriedigend. Der Bundestag wird nach § 113 der Geschäftsordnung tätig, indem er die Argumente der Exekutive übernimmt - das ist die Mehrzahl der Fälle - und die Angelegenheit durch die Stellungnahme der Exekutive für erledigt erklärt; in wenigen Fällen werden die Petitionen als Material überwiesen, und in den anderen Fällen geschieht gar nichts. Nun müssen wir uns einmal der Reihe nach die Dinge überlegen. Wenn sich jemand an den Bundestag, ,an das Parlament, an den obersten Souverän wendet, dann tut er es aus einer bedrängten Situation heraus. Entweder meint er, daß ihm durch die Behörden Unrecht geschieht, ,daß in Gesetz zu Unrecht angewandt wird oder daß ein Gesetz selber Unrecht enthält. Dann ist es Aufgabe des Petitionsausschusses - so muß das ausgestaltet werden, so ist das bislang nicht möglich -, diesen Fragenkomplex zu prüfen und dem betreffenden Bürger eine eigene Antwort mit eigenen Gründen zu geben, nicht die Begründung, die er schon vorher durch irgendein Ministerium erhalten hat. Wir erfahren ja, daß diese Abschrift dann wieder in dem Bescheid des Petitionsausschusses enthalten ist und dann wiederum einem einzelnen Abgeordneten zugeht. Es ist eine Frage der Pflege des Vertrauens in die öffentliche Verwaltung, die hier zur Debatte steht. 90 % der Fälle sind so gestaltet, daß man dem Betreffenden sagen muß, die Behörde hat richtig gehandelt; die Gesetze verlangen den Vollzug in der und der Weise. Dann muß .das Parlament aber auch den Mut und die Fähigkeit haben, dem Bürger zu sagen: wir haben durch ein Gesetz diese Frage so entschieden, die Verwaltung hat sich korrekt verhalten. Es ist außerordentlich wichtig, daß dem Bürger gerade in diesen Fällen durch das Parlament bestätigt wird, daß die Verwaltung richtig gehandelt hat. Das Parlament kann dann aber nicht kurzerhand die Stellungnahmen der Regierung übernehmen, sondern muß sie seinerseits prüfen und muß über sie mit eigener Begründung entscheiden. Der zweite Fall: es kommen Anregungen, und man stellt selber fest, daß hier Lücken sind, die durch zukünftige Gesetzgebung ausgefüllt werden sollten. Das ist einfach. Nun aber der dritte Fall. Da benimmt sich irgendein Beamter schlecht, und der Betroffene wendet sich dann an das Parlament. In diesem Fall muß das Parlament in der Lage sein, die Dinge zu untersuchen und nicht nur an die Verwaltung zu überweisen, die dann in eigener Zuständigkeit, zum Teil sozusagen unter sich, die Angelegenheit erledigt. Man muß hier das gleiche schaffen, was wir in anderen Ländern, in skandinavischen Ländern, schon haben. Wenn Sie sich jetzt einmal den Bericht des Wehrbeauftragten ansehen, werden Sie erkennen, daß der Wehrbeauftragte nicht nur durch seine Existenz, sondern durch die Behandlung und Überprüfung einzelner Fälle ganz entscheidend auf die Haltung und Gestaltung innerhalb der Bundeswehr Einfluß nimmt. Dieses Parlament muß der Sorge und dem Anliegen des einzelnen Bürgers genauso viel Wert beilegen und ihm genauso seine Aufmerksamkeit widmen, wie wir es tun, wenn es um die Nachprüfung einer Mark durch den Rechnungshof geht, wo wir Planstellen für selbständige Beamte in großer Zahl billigen, die den einzelnen Pfennigen nachgehen können. Wichtiger, so meine ich, ist noch das Vertrauen, das der Bürger in diese demokratsiche Staatseinrichtung setzt; wichtiger ist, daß das Parlament diese Kontrollmöglichkeit im Einzelfall auch tatsächlich ausnützt. Ich möchte deshalb anregen - man kann das nicht in der Plenardebatte ausdiskutieren; darin bin ich mit Ihnen, Herr Götz, einig -, daß man sich im Ältestenrat oder im Vorstand einmal darüber unterhält, wie das Parlament dieser Aufgabe tatsächlich gerecht werden kann. Ich meine - darüber sind wir uns doch wohl einig -, da geht es nicht um eine Stelle hin oder eine Stelle her; das ist eine absolut zweitrangige Frage. Hier geht es um das Vertrauen des Bürgers in die Staatseinrichtung, und zwar in die letzte, in die oberste Staatseinrichtung. Wenn wir uns nicht selber in die Lage versetzen, dem Rechnung zu tragen, dann kommen wir unserer eigentlichen Aufgabe nicht nach. Deshalb: dieser Antrag, der hier von den Mitgliedern des Petitionsausschusses vorgelegt wird, ist an und für sich erst ein kleiner Anfang. Das ist gar nicht die entscheidende Sache. Wir müssen uns in den entsprechenden Gremien zusammensetzen; wir müssen eine neue Konzeption finden. Ich habe mir vor kurzem die Unterlagen des skandinavischen Ombudsmannes geben lassen. Ich meine, daß wir daraus gute Anregungen schöpfen könnten und daß wir bei uns etwas Ähnliches tun sollten. ({0})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Das Wort hat der Abgeordnete Dürr.

Hermann Dürr (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000424, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn ich annehmen darf, daß das ganze Haus die Meinung vertritt, die Herr Kollege Dr. Schäfer eben vorgetragen hat, dann kann ich es mir ersparen, über den Petitionsausschuß weitere Ausführungen zu machen. Ich habe vier Dienstjahre im Petitionsausschuß hinter mir und kann mich etwas in die Situation eines Petenten hineindenken, der nach langem Warten einen Bescheid eines Bundesministeriums bekommt, der, weil der Regierungsdirektor gerade keine Zeit zum Unterschreiben hatte, mit „Beglaubigt Soundso, Angestellte" unterschrieben ist. Das ist dann die Antwort, die der Petent von seinem Parlament, von seiner Volksvertretung erhält. Hier muß geändert, hier muß verbessert werden, und das können wir heute in dieser Lesung nur sehr schwer tun. Nun aber ein paar Worte zu Herrn Kollegen Brese. Da ein Bundestagsabgeordneter das Recht hat, über die Herkunft seiner Informationen das Zeugnis zu verweigern, kann ich Ihnen, lieber Herr Kollege Brese, folgende Geschichte erzählen. Ich war gerade als Jüngster meiner Fraktion im Bundestag, und Sie haben eine Rede ähnlichen Kalibers wie heute gehalten. Ich fragte meinen Nebensitzer: Wer ist das denn? Und der sagte: Das ist Brese, der Erfinder der Sparsamkeit. ({0}) Herr Kollege Brese, ich habe den Satz gebraucht, um Ihnen zu zeigen, daß darin etwas Demagogie liegt. Aber in dem, was Sie sagten, lag noch viel mehr Demagogie. Sie haben gesagt, wir dürften hier keine Stellenvermehrungen vornehmen, sonst vermehrten wir die Bürokratie. Das ist unrichtig. Die Stellenvermehrungen betreffen hauptsächlich Assistenten unseres wissenschaftlichen Hilfsdienstes. Diese zu den Bürokraten zu rechnen, ist schlankweg eine Fehlbezeichnung. Wenn diese zu den Bürokraten gehören würden, lieber Herr Kollege Brese, dann wäre damals, als Sie aus dem Lehrerberuf ausgeschieden und zur Landwirtschaft übergegangen sind, die Welt um einen Bürokraten ärmer geworden, und das würde doch auch nicht stimmen. Das heißt: Unsere Assistenten sind doch, wenn sie auch Beamte sind, so wenig Bürokraten, wie ein Oberlehrer oder der Rektor einer Schule als Bürokrat bezeichnet werden kann. Mit dem Wachstum der Staatsaufgaben, mit der Vergrößerung der Zahl der Gesetze, die uns zur Bearbeitung gegeben werden, brauchen wir auch mehr Assistenten. Oder halten Sie es für möglich, weiterhin so zu verfahren wie in der letzten Legislaturperiode, wo ein Ausschußassistent vier Ausschüsse zu betreuen hatte? Er mußte sich dann nicht nur wie Rumpelstilzchen in zwei, sondern eigentlich in vier Teile zerreißen, was ihm nicht gelang. Dann sagten Sie, Sie hätten noch nicht gehört, daß Stellen weggefallen seien. Herr Kollege Brese, Ich empfehle Ihnen das Studium ides Einzelplans 26. Herr Minister Mischnick wird Ihnen sagen, daß vom letzten bis zu diesem Jahr in seinem Ministerium 150 Stellen weggefallen sind. Das ist meines Erachtens allen Lobes wert. Noch ein Letztes, Herr Kollege Brese. Wenn wir die Stellen für unsere Ausschußassistenten sehr bescheiden dotieren, so daß die Assistenten mit dem Oberregierungsrat etwa an die obere Grenze kommen und in der Bundestagsverwaltung nicht weiterkommen können, was machen die Assistenten dann? Dann gehen sie von der Bundestagsverwaltung weg, die Klügsten zuerst, unid wir haben uns dann vielleicht mit gewissen Restbeständen zu befassen. Diese Gefahr besteht. Herr Kollege Brese, je besser der wissenschaftliche Hilfsdienst im Deutschen Bundestag ist, desto weniger wird der Parlamentarier - gestatten Sie mir den übertriebenen Ausdruck - von den wirklichen Bürokraten über den Löffel balbiert. Ich habe das übertrieben ausgedrückt; eis ist aber etwas Wahres daran. Deshalb bin ich der Meinung, daß wir Ihren Antrag, lieber Herr Kollege Brese, der im letzten Grunde - obwohl Sie das glatte Gegenteil wollen - nicht brokratiefeindlich, sondern bürokratiefördernd ist, ohne Gehässigkeit und Unfreundlichkeit gegen Sie ablehnen sollten. ({1})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Herr Abgeordneter Brese!

Wilhelm Brese (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000264, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin hier soeben als Demagoge hingestellt worden. Das ist mir noch nicht passiert; denn ich führe immer eine ziemlich offene Sprache, und bei mir weiß jeder, woran er ist. Ich stehe eben auf dem Standpunkt, daß Sparsamkeit eine der höchsten Tugenden eines Mannes sein muß, und das habe ich in meinem Leben bewiesen. Ich bin fünf Jahre Schulmeister gewesen, aber Bürokrat war ich damals auch nicht. Mittlerweile bin ich 42 Jahre Bauer, und da bin ich wohl unbürokratisch. Daß man mich in meinem Wahlkreis nicht als Demagogen ansieht, sondern als einen Mann, der zu seinen Worten steht, das will ich Ihnen an Hand einer Karte zeigen, die ich mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten vorlesen darf. Ich habe gerade in den letzten Tagen eine Dankkarte - nicht von einem Wähler, sondern von einem der Bewohner meines Wahlkreises - erhalten. Ich lese vor: Nun, mein lieber Herr Brese, ich achte und bewundere Ihre Schlichtheit und Aufmerksamkeit. ({0}) Ich verfolge die Vorgänge - warten Sie erst die Zeit iab, nicht zu früh klatschen! des politischen Geschehens noch mit allergrößtem Interesse und habe Sie als einen aufrichtigen Menschen, - also nicht als einen Demagogen der es ehrlich mit seinem Wahlkreis meint, kennengelernt. Parteipolitisch gehöre ich seit 1896 der SPD an. ({1}) - Bitte, wollen Sie lesen? Ich wollte mich nur gegen dieses Wort verwahren, Herr Dürr. Nehmen Sie mich, wie ich bin, aber Sie haben keinen Demagogen vor sich! ({2})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Das Wort hat der Abgeordnete Hermsdorf.

Hans Hermsdorf (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000883, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sind sicher dem Kollegen Brese für die heitere Art, in der er hier gesprochen hat, sehr dankbar. In der Sache, muß ich sagen, ist es gefährlich. Es ist außerordentlich gefährlich, Herr Brese, und ich muß Herrn Kollegen Dürr recht geben: im Grunde genommen ist dieser Antrag sogar unaufrichtig. Ich will Ihnen das ganz offen sagen. Wenn Sie sagen, die Bürokratie muß eingedämmt werden, so unterstellen Sie, daß in diesem Hause und in der Arbeit des Haushaltsausschusses in den ganzen Jahren nicht immer und 'immer wieder aufs neue der Versuch gemacht worden sei, hier die Maße zu setzen, die für die Arbeit in diesem Hause und in anderen Häusern notwendig sind. Das ist aber von allen Kollegen in allen Fraktionen getan worden, und es kann deshalb von Ihnen hier nicht gesagt werden: der Verwaltungsapparat wird sich immer mehr aufblähen, ohne daß wir etwas 'dagegen tun. Es ist sehr viel dagegen getan worden. Ein zweiter Punkt. Herr Brese, wir haben diese Ihre Auffassung ja heute nicht zum erstenmal gehört, sondern wir hören sie häufiger. Sie wird nur dann als wirklich lauter und aufrichtig anerkannt, wenn Sie diese Auffassung auch bei dem von Ihnen vertretenen Haushalt mit derselben Verantwortung vertreten. ({0}) Ich kenne nicht einen einzigen Streichungsantrag in den ganzen Jahren, in denen ich Mitglied des Haushaltsausschusses bin, der von Ihnen zu dem Bereich, den Sie vertreten, gestellt worden wäre. Und das, so muß ich sagen, ist nicht ganz in Ordnung.

Wilhelm Brese (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000264, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Hermsdorf, sind Sie nicht auch davon überzeugt, daß die Landwirtschaft zu den Fußkranken des Wirtschaftswunders gehört und daß jede Hilfe notwendig ist?

Hans Hermsdorf (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000883, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Brese, mit der Zustimmung meiner Fraktion haben wir in den letzten Jahren versucht, diesem Fußkranken mit einigen Milliarden DM auf die Beine zu helfen. Es geht aber nicht um die Subventionen für die Landwirtschaft, sondern es geht um das, was Sie beanstanden. Es geht um den Stellenkegel in der Landwirtschaft, insbesondere bei der für die Abschöpfungsbeträge zuständigen Stelle, bei der Einfuhr- und Vorratsstelle, und was weiß ich alles. Aber, Herr Brese, wo ist einmal ein Antrag von Ihrer Seite jemals auf den Tisch des Hauses gekommen, auch dort einmal eine Stelle zu kürzen? Einen solchen Antrag gibt es nicht, obwohl zur Stellung eines derartigen Antrages Grund genug vorhanden gewesen wäre. ({0}) - Herr Brese, das war sicher sehr nett pariert, nur muß ich Ihnen sagen: wir haben von unserer Seite und zusammen mit Ihren Kollegen von der CDU dann doch noch gegen Ihre Stimmen bremsen müssen. Das ist auch eine Tatsache. Aber jetzt muß ich Ihnen sagen, Herr Kollege Brese: Sie sagen hier - das ist völlig klar, und das bestreitet kein Mensch -, Sie seien ein aufrechter Demokrat, und mehr Bürokratie bedeute eine Aushöhlung der Demokratie. Das Umgekehrte ist ungefähr richtig. Die Art und Weise, wie Sie heute versuchen, die Bürokratie sozusagen als einen ewig aufgeblähten Schwamm hinzustellen, gegen den das Parlament nichts tue, ist uns in diesem Hause abträglich. Deshalb sollten Sie nicht solche Anträge stellen, die so unaufrichtig sind wie dieser und von denen Sie genau wissen, daß sie abgelehnt werden, damit Sie dann in Ihrem Wahlkreis als billiger Jakob durch die Gegend ziehen können. ({1})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Herr Kollege Hermsdorf, in meiner Heimat Württemberg ist der „billige Jakob" nicht gerade ein Schimpfname. ({0}) Aber hier, im feinen Hochdeutsch, muß ich „billiger Jakob" natürlich rügen. Zu einem Ordnungsruf langt es nicht. Wir wollen volksverbunden bleiben. Aber „billiger Jakob", - nein, meine Herren, - ({1}) Es ist einem unbenommen, so zu denken. Aber sagen darf man das nicht. ({2}) Meine Damen und Herren, mit dem schmerzlichen Verzicht des Bundestagspräsidenten auf die Rede muß ich jetzt diese Debatte abschließen. Damit kommen wir zur Abstimmung. Von Herrn Kollegen Dr. Götz ist der Antrag gestellt worden, wir sollten den Änderungsantrag 248 als Material überweisen. Praktisch bedeutet das natürlich Ablehnung hier, aber das Versprechen kann ich geben, daß der Bundestagspräsident dafür sorgen wird, daß diese Sache sowohl dem Bundestagsvorstand wie dem Haushaltsausschuß vorgelegt wird und die Motive dazu noch einmal diskutiert werden. Herr Berichterstatter, Sie sind offenbar derselben Meinung. - Ich frage die Antragsteller: Wollen Sie, daß darüber abgestimmt wird? - Herr Kollege Schäfer.

Dr. Friedrich Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001930, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident, es ist verhältnismäßig schwierig, zu sehen, welcher Ausschuß dann sozusagen den Auftrag hat, hier einen Vorschlag zu machen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Nach der Geschäftsordnung kann das nur der Bundestagsvorstand. Die Sache ist auch für die innere Arbeit des Hauses insofern interessant, als hier ein unterschiedliches Votum des Bundestagsvorstandes, der in Anspruch nehmen muß, federführend in der Sache zu sein, und des Haushaltsausschusses vorliegt. Aber es besteht ein Einvernehmen - von dem ich glaube, daß ihm das Haus im ganzen folgen muß -, daß sich in Fragen, die von Konsequenzen für die Gestaltung der Haushaltspläne in der gesamten Bundesverwaltung sind, auch dieses Haus für seinen eigenen Betrieb der normativen Kontrolle des Haushaltsausschusses unterwirft. Insofern habe ich als Vorsitzender des Bundestagsvorstandes keine Bedenken gegen diese Art des Votierens des Haushaltsausschusses. Trotzdem wäre es sinnvoll, diese Sache dem Bundestagsvorstand und dem Haushaltsausschuß in gleicher Weise zurückzuschicken.

Dr. Friedrich Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001930, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident, wir könnten zustimmen, wenn wir zur dritten Lesung einen Bericht des Vorstands vorliegen haben.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Herr Kollege Schäfer, das ist ausgeschlossen. Das wäre eine Überforderung. Ich will Ihnen etwas sagen. Im Interesse dieser Debatte würde es mir leid tun, wenn dieser Antrag jetzt nicht zurückgenommen, sondern abgelehnt würde. Ich finde, die Debatte ist so gelaufen, daß eine formelle Ablehnung diesem Antrag nicht beschieden werden sollte. Deshalb würde ich dafür plädieren, daß die Antragsteller ihn in diesem Zusammenhang zurückstellen.

Dr. Friedrich Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001930, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident, mit welcher zeitlichen Behandlung dieses Antrags kann man dann rechnen? Es wäre, so wie die Debatte lief und wie es wohl das ganze Haus meint, nicht gut, wenn dieser Antrag ungefähr Weihnachten wieder im Plenum erschiene.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Herr Kollege Schäfer, jetzt zurückzuverweisen bedeutet natürlich nur, daß die Debatte beim nächsten Haushaltsplan, 1964, wieder aufgenommen würde. Für die Debatte 1963 kann ich Ihnen nichts mehr versprechen. Sonst müßten wir es jetzt durchfechten. Also was wollen Sie? ({0}) - Jetzt entscheiden! Gut, meine Damen und Herren, ich komme zur Abstimmung. - Der weitergehende Änderungsantrag ist ohne Zweifel der Änderungsantrag des Abgeordneten Brese. Wer diesem Änderungsantrag auf Umdruck 249 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Stimme des Antragstellers! Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen ist dieser Änderungsantrag gegen eine Stimme abgelehnt. Änderungsantrag auf Umdruck 248 der Abgeordneten Frau Wessel, Spies, Murr und Genossen! Wer diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! Im Vorstand besteht keine Einmütigkeit, ich muß die Abstimmung wiederholen lassen. Wer für diesen Änderungsantrag ist, den bitte 'ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Das letzte ist die Mehrheit; der Änderungsantrag auf Umdruck 248 ist abgelehnt. Damit steht der Einzelplan 02 - Deutscher Bundestag - im gesamten in der zweiten Lesung zur Abstimmung. Wer dem Einzelplan 02 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Einzelplan 02 ist einstimmig angenommen. Einzelplan 03 Bundesrat ({1}). - Ich frage den Herrn Berichterstatter, Herrn Abgeordneten Mengelkamp, ob er das Wort wünscht. ({2}) - Der Herr Berichterstatter verzichtet; ich bedanke mich. Ich eröffne die Aussprache. Änderungsanträge liegen nicht vor. Wird das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. Abstimmung! Wer dem Einzelplan 03 - Bundesrat - in zweiter Lesung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Einzelplan 03 - Bundesrat - ist einstimmig angenommen. Wir kommen zu Einzelplan 04 Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes ({3}). Ich frage den Herrn Berichterstatter, Herrn Abgeordneten Dr. Vogel, ob er das Wort wünscht. ({4}) - Der Herr Berichterstatter verzichtet; ich bedanke mich. Hier liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der SPD vor. Ich frage, ob zur Begründung das Wort gewünscht wird. - Herr Abgeordneter Erler, zur Begründung des Änderungsantrages auf Umdruck 252 *) ! ({5}) - Sie wollen das, was Sie jetzt zur Begründung des Änderungsantrages zu sagen haben; in der allgemeinen Aussprache sagen? - Bitte sehr

Fritz Erler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000488, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident, ich verstehe Ihre Sorge. Wir sind mit der Zeitplanung durch aas kleine Intermezzo mit ziemlicher Breite zwischen Filser und Bauernkrieg etwas durcheinandergeraten. Ich kann nachträglich nur sagen, daß die Auseinandersetzung über die Zahl der Putzfrauen des Bundestages und die Probleme der notleidenden Landwirtschaft in Niedersachsen, bei der dann auch noch die Reden des Herrn Rehwinkel Herrn Kubel angelastet wurden, was so in der Hitze des Gefechts mit unterlaufen ist, uns einiges an Zeit gekostet hat. Aber sei's drum. Es hat die Stimmung des Hauses erheblich belebt. *) Siehe Anlage 5 Ich habe nicht die Absicht, jetzt beim Beginn der Beratung des Einzelplans 04 eine große Rede zu halten, und zwar einfach aus schmerzlichen Erfahrungen. Ich habe hier schon einmal eine Abschiedsrede für den Bundeskanzler gehalten, und man kann nie wissen! ({0}) Aus diesem Grunde meine ich, für eine Abschiedsrede ist es zu früh. Eine Vorschau auf die Amtsführung eines eventuellen künftigen Bundeskanzlers kann heute auch noch nicht gegeben werden. Das lohnt nicht recht. Mein Kollege Schoettle hat sich mit einigen Veränderungen, die sich im Bestand der Bundesregierung ergeben haben - nicht nur seit der Einbringung des Haushaltsplans, sondern auch seit der letzten, vorjährigen Haushaltsdebatte -, bereits beschäftigt. Wir haben es jetzt gegenüber dem vergangenen Jahr mit einem neuen Kabinett zu tun, aber das neue Kabinett unter dem alten Kanzler. Daß die CDU/CSU-Bundestagsfraktion es für richtig gehalten hat, hier eine bestimmte Terminierung und Umbesetzung mit einem der Öffentlichkeit sehr sichtbar bekanntgewordenen Beschluß in Aussicht zu nehmen, hat ja die Öffentlichkeit im In- und Ausland recht lebhaft interessiert. Deswegen glaube ich nicht, daß wir uns heute noch einmal in großer Breite mit jenem Kapitel der Politik in diesem Haushaltsjahr beschäftigen sollten, das nun direkt in die Verantwortlichkeit des Regierungschefs fällt. Es sind allzuviele Stachel auch im Menschlichen haften geblieben; Stachel zum Beispiel bei verdienten ehemaligen Ministern, deren Ausscheiden aus dem Amte, wenn ich etwa nur an die Herren Lemmer und Balke denke, doch vom Regierungschef in einer anderen Weise gestaltet worden ist als etwa das Ausscheiden jenes Ministers, der durch sein eigenes Verhalten den unmittelbaren Anlaß für das Auseinanderfallen des vorigen Kabinetts Adenauer gegeben hatte. ({1}) Ein seltsamer Zwiespalt. Aber es gab der Zwiespalte sicher noch mehr. Das alles hat nun die Regierungspartei zu der Einsicht geführt, daß, da im Herbst eine Ablösung in Aussicht genommen ist, dieser Haushaltsplan ja dann nur noch wenige Monate unter der Verantwortung des derzeitigen Bundeskanzlers bewirtschaftet würde; dann sollte dieser Haushalt in andere Hände übergehen. Ob es wirklich bei diesen Entschlüssen bleibt, bei dem Gesamtpaket - das ist ja jetzt ein moderner Ausdruck - dieser Beschlüsse, das wagt wohl niemand heute ganz fest vorauszusagen; das werden wir abwarten. Ich möchte dennoch im Hinblick auf jene Beschlüsse einer großen Fraktion daran erinnern, daß verfassungsrechtlich die Lage doch wohl so ist, daß der Bundestag einen Bundeskanzler wählt, nachdem der Herr Bundespräsident dem Bundestag einen Vorschlag unterbreitet hat. ({2}) - Ich will ja nur daran erinnern; weiter gar nichts. Ich nehme an, Sie haben an dieser Bestimmung des Grundgesetzes nichts auszusetzen. Deshalb sollte man wenigstens darauf aufmerksam machen. ({3}) - Ja sicher! Es wäre deswegen auch ganz gut, sich zu überlegen, inwieweit der Herr Bundespräsident in seiner Entscheidungsfreiheit viele Monate vorher ernsthaft gebunden werden kann. ({4}) - Sicher haben wir diese Überlegung angestellt, weil wir genau wissen, daß die Handlungsfreiheit des Bundespräsidenten durch die Benennung eines Kandidaten allein noch keinesfalls eingeschränkt ist. ({5}) Wir sind auch nicht zum Herrn Bundespräsidenten gegangen und haben ihm unseren Kanzlerkandidaten bereits als den von ihm zu nennenden jetzt schon mitgeteilt, was Sie getan haben. Das ist der Unterschied. ({6}) Aber lassen wir das. Wir werden im kommenden Herbst noch einmal darüber sprechen, was von den Beschlüssen möglicherweise übrig ist und was nicht. Das wird sich alles noch weisen. Auf alle Fälle glaube ich, daß im Hinblick auf diese Übergangslage, in der wir uns zur Zeit befinden, für die SPD- Fraktion kein Anlaß besteht, zum Einzelplan 04 des Haushalts eine andere Haltung als im Vorjahre einzunehmen. Wir werden diesen Haushalt ablehnen. Wie der Haushalt eines neuen Kanzlers, um mich vorsichtig auszudrücken, zu werten ist, das wird von der Person dieses Kanzlers, vom Inhalt seines Haushaltsplans und von seinem Verhältnis zum Parlament abhängen; mit einem Wort: vom gesamten Regierungsstil. Damit bin ich bei zwei Sätzen der Begründung zum Antrag Umdruck 252. Diese Anträge haben wir in den vergangenen Jahren auch gestellt. ({7}) Sie sind von Ihnen regelmäßig abgelehnt worden. Wir meinen, daß Anlaß wäre, auch einem neuen Kanzler schon für die Zukunft ein Stück neues Verhältnis zum Parlament mit auf den Weg zu geben. Daher beantragen wir erneut, weil wir das ohne Rücksicht auf die Person des Kanzlers für erforderlich halten, die Kürzung des Dispositionsfonds, um Mißbräuche auszuschließen, und die Einführung einer parlamentarischen Kontrolle. Was dem Bundesnachrichtendienst recht ist, das sollte dem Dispositionsfonds des Bundeskanzlers billig sein. Es geht hier einfach um die Sauberkeit auch in der Bildung der öffentlichen Meinung. Diese Sauberkeit muß Symbol für einen neuen Regierungsstil werden. Ich bitte Sie, dazu einen Beitrag zu leisten und dem Antrag Umdruck 252 zuzustimmen. ({8})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. von Brentano.

Dr. Heinrich Brentano (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000263, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Erler hat in seinem Vortrag auch von dem Stil gesprochen. Ich weiß nicht, ob es dem Stil entspricht, den wir wünschen, daß eine solche Rede gehalten wird, in der Herr Erler es bedauert, daß er heute noch nicht die Abschiedsrede auf den Bundeskanzler halten kann. Ich möchte ganz klar zwei Dinge feststellen: Einmal hat die Fraktion der CDU/CSU die Amtszeit des Kanzlers nicht terminiert. Wir wissen, was wir dem Bundeskanzler Adenauer schuldig sind, ({0}) und wir haben die von ihm getroffene Entscheidung honoriert. Ich möchte hier auch in aller Offenheit erklären, was schon mein Freund Stoltenberg gesagt hat: Es ist nicht nur das Recht der Opposition, Kanzlerkandidaten zu benennen, sondern auch das Recht der Mehrheitspartei. ({1}) Gerade Sie waren es, die uns den Vorwurf machten, wir wüßten ja nicht, was wir tun sollten, wenn Bundeskanzler Adenauer auf sein Amt verzichte. Wir wissen es sehr genau, und ich glaube, wir werden Sie im Herbst davon überzeugen. ({2}) Ich lehne es auch ab, von Ihnen Belehrungen darüber entgegenzunehmen, wie unser Verhältnis zum Bundespräsidenten bestimmt sein soll. Auch das ist kein Stil; das ist schlicht und redlich gesagt eine Taktlosigkeit. ({3}) Unsere Achtung vor dem Grundgesetz ist nicht geringer als die Ihre, Herr Kollege Erler. ({4}) Wenn Sie sich die Mühe gemacht hätten, den Beschluß zu lesen, den meine Fraktion auf meinen Vorschlag gefaßt hat, hätten Sie zur Kenntnis genommen, daß ich nach dem Beschluß in dem Augenblick, wo der Herr Bundespräsident in Ausübung seiner verfassungsrechtlichen Funktionen die Gespräche mit den Fraktionsvorsitzenden aufnimmt, ermächtigt werde, im Namen meiner Fraktion einen konkreten Vorschlag zu machen. Das ist keine Mißachtung des Bundespräsidenten, die uns weiß Gott fernliegt, sondern das ist eine völlig korrekte und notwendige Maßnahme, die die Fraktion der CDU/ CSU dann einstimmig getroffen hat. ({5}) Ich glaube nicht, daß sich diese Dinge in dieser Weise für eine Diskussion eignen. Ich lehne es ab, mehr dazu zu sagen. Ich lehne es auch ab, Herr Kollege Erler, noch ,einmal zu dem Antrag der SPD Umdruck 252 zu sprechen. Dieser Antrag ist in den letzten Jahren immer wieder gestellt worden. Ungeachtet Ihres selbstverständlichen Rechts als Opposition, solche Anträge zu stellen, habe ich das Recht zu sagen: in diesen Anträgen kommt eine Art des Mißtrauens gegen die Amtsführung des Regierungschefs zum Ausdruck, die ich bedaure. Ich glaube nicht, daß in vergleichbaren Fällen unsere Fraktion ähnliche Anträge in den Landtagen gestellt hat, wenn es sich um die Dispositionsfonds der Ministerpräsidenten Ihrer Fraktion gehandelt hat. ({6})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Wird weiter das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wir kommen zur Abstimmung. Zur Abstimmung steht zuerst der Änderungsantrag der Fraktion der SPD Umdruck 252. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das zweite ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt. Wir kommen damit zur Abstimmung über den Einzelplan 04 in der Ausschußfassung. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit; der Einzelplan 04 ist angenommen. Ich rufe nunmehr auf den Einzelplan 05 Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts ({0}). Wünscht der Berichterstatter das Wort? ({1}) - Der Herr Berichterstatter verweist auf den Schriftlichen Bericht. Ich danke ihm dafür. - Das Wort hat der Abgeordnete Professor Schmid.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001993, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In früheren Zeiten wartete die Öffentlichkeit - in manchen Ländern tut sie es auch noch heute - jedes Jahr gespannt auf die Debatte über den Haushalt des Außenministers. Es war meistens die einzige große außenpolitische Debatte im Jahr, und so konnte man damit rechnen, daß man bei diesen Verhandlungen des Parlaments hören konnte, welches die heikelsten Punkte der internationalen Politik sind, daß man sich in Rede und Gegenrede bemühen werde, den politischen Ort des Landes im Koordinatensystem des Kräftefeldes der Weltpolitik zu finden, und konnte erwarten, daß das Vielerlei der Einzelheiten zu einem geschlossenen Mosaik geordnet werde. Da waren Überraschungen, da waren spannungsreiche Dispute zu erwarten. Dies machte die Ungeduld jeder Seite verständlich. Bei uns ist es anders. Das ist nicht die Schuld von irgend jemandem, sondern es ist anders geworden, weil sich in der Technik unserer Behandlung außenpolitischer Fragen im Parlament einiges geändert hat. Heute sind bei uns in dieser Aussprache über den Haushalt des Außenministers Überraschungen nicht zu erwarten, auch keine großen Spannungen. Wir haben über fast alle politischen Probleme schon Dr. Schmid ({0}) dm Laufe des Jahres in Spezialdebatten gesprochen, die durch Große Anfragen oder durch die Notwendigkeit, Verträge zu ratifizieren, oder durch die Regierungserklärung - einmal ;in vier Jahren -ausgelöst worden sind. So haben wir im allgemeinen recht gründliche Einzeldebatten gehabt. Aber Gesamtanalysen, Vorstellungsbilder umfassender Art können solche Einzeldebatten nicht erbringen, so wenig, wie man dabei auf dieser und ,auf jeder Seite des Hauses zu einer außenpolitischen Doktrin kommen kann. Das mag gut oder schlecht sein; es ist nun einmal so. So ist es gekommen, daß bei der Debatte über den Haushalt des Außenministers meist nur die Technik des außenpolitischen Betriebs behandelt wurde. Ich möchte mich damit nicht begnügen. Zwar will ich keine umfassende außenpolitische Grundsatzdebatte vom Zaune brechen - so weit will ich die bisherige Übung nicht umstürzen -; aber ich möchte einen kurzen Überblick über politische Probleme und Tatbestände geben, die unsere Gedanken beschäftigen sollten. Das große Thema - oft das einzige - unserer außenpolitischen Debatten war einst die Wiedervereinigung Deutschlands. Aus gutem Grunde! Denn es gab eine Zeit, da man daran denken konnte, durch ein bestimmtes Verhalten näher an die Wiedervereinigung heranzukommen. Man fragte sich: Was ist da am besten zu tun, was darf bei Gefahr, sie zu erschweren oder gar zu verhindern, nicht geschehen? Alle anderen Fragen wurden damals, wo noch so viel im Fluß war, in Funktion dieser vordringlichsten und schmerzlichsten Aufgabe gesehen. Man konnte über diese Dinge recht verschieden denken und hat recht verschieden darüber gedacht. Aber jede Position, die eingenommen wurde, zwang dazu, an Grundprobleme zu rühren. Da gab es recht spannungsreiche Kontroversen. Vor allen Dingen zeigte sich dort die Abhängigkeit fast aller Probleme, die uns Deutsche angehen, von fremden Problemen, - von Problemen, zu deren Lösung wir selber nicht unmittelbar beitragen können. In jenen Tagen mußte man, so gut wie heute, zwischen zwei Möglichkeiten eine Wahl treffen, von denen jede gute Gründe für sich hatte. Das engagierte mehr, als es Erwägungen technischen Sachverstandes für sich allein könnten. Nun - leider - ist Wiedervereinigungspolitik in diesem alten Sinn des Wortes nicht mehr akut und noch nicht wieder akut. Wir wissen heute, daß die Wiedervereinigung bei der derzeitigen Weltlage nur als Teilstück eines großen, - ich scheue mich nicht, zu sagen - weltgeschichtlichen Ordnungsunternehmens erfolgen kann und wird. Ich wiederhole, daß dies schmerzlich ist. Aber es ist so. Das engt die Zahl der möglichen Alternativen für deutsche Außenpolitik in tragischer Weise ein. Andere Völker haben mit Problemen zu tun, deren Tatbestände über den ganzen Erdkreis hinweg verstreut sind. Für uns, die wir keine Weltmacht mehr sind, gibt es letzten Endes bei über die Welt hin verstreuten Problemen nur die Möglichkeit, uns abstrakte Vorstellungen über das der Welt Zuträgliche zu machen und da und dort ein wenig Schützenhilfe zu leisten. Unsere wirklichen Sorgen, jene, die uns unmittelbar angehen und brennen, unsere Wünsche, - die liegen im Weichbild unseres Landes, genauer gesagt: im Weichbild unseres Kontinents. Aber diese Erkenntnis darf nicht dazu führen, zu glauben, es sei nun der Notwendigkeit, Wiedervereinigungspolitik im weiteren Sinne des Wortes zu treiben, ein Ende gesetzt. In jede politische Erwägung muß die Frage eingestellt werden: „und die Wiedervereinigung?" Das Selbstbestimmungsrecht der Deutschen, dieser Punkt darf nicht von der Tagesordnung der internationalen Politik verschwinden. ({1}) Es darf keine Erledigung durch Verschweigen geben. Und verschwiegen ist etwas sehr leicht; denn die Menschen, vor allen Dingen jene, die nicht unmittelbar betroffen sind, lieben Erledigungen, die so geräuschlos vor sich gehen, sehr . . . Man mißverstehe mich nicht! Es gilt nicht, Querelen herunterzuleiern. Die Gebetsmühle ist kein taugliches Instrument für gute Außenpolitik. Weinerlichkeit zahlt sich nicht aus, so wenig wie Arroganz. Aber wo irgend es am Platze ist, müssen die deutschen Forderungen klar erhoben werden. Und wir sollten uns nicht scheu machen lassen durch die Behauptung, wir langweilten damit die Welt. Vielleicht müssen wir sie langweilen! Dazu möchte ich sagen: Manchmal stört man das rechte Gleichgewicht der Machtverhältnisse auch dadurch, daß man darauf verzichtet, Forderungen seinem politischen Rang und ihrer moralischen Notwendigkeit gemäß zu erheben. Man stört die Weltordnung nicht nur dadurch, daß man über das Maß hinausgreift, sondern auch dadurch, daß man unter dem Maße des Gebotenen bleibt. Wir müssen dabei Argumente gebrauchen. Es gilt zu überlegen, welches wohl die richtigen sein könnten. Ich glaube, daß es nicht gut wäre, dabei quantitative Argumente zu gebrauchen, etwa davon zu sprechen, daß wir ein Anrecht auf „diese Potentiale" haben usw. Das wird man uns glauben; aber es wird nicht viel in Bewegung setzen. Wir sollten hier in erster Linie von dem Naturrecht der Selbstbestimmung sprechen! Wir müssen die Völker mahnen, daß es in. dieser Frage darum geht, die Glaubwürdigkeit des demokratischen Pathos des Westens zu erweisen. . Ein endgültiger Status Berlins wird wohl erst im Rahmen einer Deutschlandlösung zu erreichen sein; also ist Berlinpolitik Deutschlandpolitik. Heute werden wir konkret nur Interimslösungen für die Freiheit seiner Bewohner und die Freiheit der Zugänge anstreben können, bei voller Aufrechterhaltung des Status quo als Mindestmaß eines Interimsstatus Berlins. Die Schutzmächte müssen mit ihren Truppen in Berlin bleiben; sie dürfen keine ihrer Verantwortungen abgeben! Jede UNO-Lösung wäre eine verkehrte Lösung. Wir sollten bei unseren Beweisführungen nicht unterlassen, darauf hinzuweisen, daß Berlin auch heute die Hauptstadt Dr. Schmid ({2}) Deutschlands ist, wie es immer war, seit es ein Deutsches Reich gab. ({3}) Wir sollten das sagen in der Bereitschaft, alle Konsequenzen daraus zu ziehen: z. B. den Bundestag in Berlin tagen zu lassen, und dies nicht erst nach jahrelangen Pausen. ({4}) Wir sollten in alle internationale Verträge Berlin einbeziehen und es nicht wieder dazu kommen lassen, wie beim Konsularvertrag mit der Sowjetunion, wo unklar blieb, wer für Berlin sprechen kann, ob die Bundesregierung oder eine eigene Berliner Souveränität. Wenn wir heute von Berlin sprechen, denken wir alle doch wohl an die Mauer. Es gibt tausend politische Gründe gegen sie, es gibt tausend juristische dazu. Aber wenn wir eine wirksame Politik im Hinblick auf ihre Beseitigung oder Durchlöcherung machen wollen, müssen wir in erster Linie an die politisch verantwortlichen Menschen dieser Welt den Appell richten, hinzugehen und sich das Elend anzuschauen, das sie bringt. Der Augenschein wird unser bester Helfer sein. Wir sollten die Beseitigung nicht nur als politische Forderung verlangen, sondern sie verlangen im Namen der elementarsten Grundsätze der Humanität! Wir Deutschen haben einst nicht sehr viel von humanitären Prinzipien in der Außenpolitik gehalten - zu unserem Schaden. Wenn wir - glaubwürdig! - an die Humanität appellieren, wird das auf die Dauer wirken. Ich glaube nicht, daß die Mauer einstürzen wird, als hätten die Trompeten von Jericho geblasen. Es gilt aber auch an das Wort vom steten Tropfen zu erinnern, der den Stein zu höhlen vermag. Unsere aktuellen Großprobleme sind heute die europäische Integrationspolitik und die atlantische Bündnispolitik. Der Weg zur Integration Europas ist ein Kreuzweg gewesen, und vielleicht wird er es noch bleiben. Es wäre falsch, zu leugnen, daß wir auf diesem Wege ein schönes Stück vorangekommen sind. All denen soll gedankt werden, die dazu beigetragen haben. Vielleicht haben wir ein wenig zu schnell vergessen, was ursprünglich den Anstoß zur Europapolitik gab. Für uns Deutsche war es naheliegend, nach dem Zusammenbruch uns nach einer Fluchtburg umzusehen, in der wir uns bergen konnten. Da war es leicht, europäisch gesinnt zu sein; es war auf jeden Fall besser, ein Europäer zu sein als ein getretener Deutscher. Für die anderen war es schwerer. Sie fingen an, mit dem Begriff Europa Politik zu machen, als man feststellte, daß die Morgenthau-Politik nicht nur den Deutschen, sondern dem ganzen Westen geschadet hat. Nach Prag und Korea fühlte er sich bedroht; man sah ein, daß der ganze Westen die deutschen Potentiale brauchte. Man fragte sich: Wie kann man diese Potentiale wieder mobilisieren, aber so, daß die Deutschen darauf keine Sonderpolitik bauen können, die gefährlich werden könnte? Man fand ein Mittel: Man schaffe europäische Einrichtungen, in die man dieses deutsche Potential einbringt und worin man sich festzementiert. Dann können die Deutschen zum Wohl des ganzen Westens Kohle und Stahl fabrizieren und können auch Soldaten aufstellen, ohne daß man zu fürchten braucht, daß sie damit Unfug machen. Das war der Anfang. Daraus ist im Laufe der Zeit etwas anderes geworden, nämlich eine echte europäische Gesinnung, eine Gemeinschaftsgesinnung, und man hat sich hier auf neue Wege begeben. Man fing zunächst in Straßburg an. Es hat dort große Anstrengungen gegeben, weiterzukommen. Diese Bemühungen auf dem Reißbrett haben nicht zu politischen Realitäten geführt. Man ist zu europäischen Realitäten gekommen, als man anfing, auf dem Gebiet der Wirtschaft Europäisches zu schaffen. Ich denke hier vor allen Dingen an die EWG. Als man sie schuf, stand man schon mitten im Politischen, man brauchte sie nicht erst zu politisieren, sie ist Politik durch ihren inneren Mechanismus. Sie muß mehr politisiert werden, als sie es heute ist. Aber zu glauben, man müsse erst das Politische hineintragen, ist falsch. Das Politische steckte von allem Anfang an in ihr. Schon jetzt enthält die Gemeinschaft eine ganze Reihe von Integrationselementen. Sie ist keine bloße „Gesellschaft", in der souveräne Staaten mit ungebrochener Souveränität miteinander verkehren und ihre Interessen ausgleichen, sondern sie ist eine „Gemeinschaft", in der es Gemeinschaftsverpflichtungen gibt, die manchmal nicht mit der Erfüllung der Interessen des Landes identisch zu sein brauchen, das auf diese Gemeinschaftshaltung angesprochen wird. Es gibt in der EWG - auch im Ministerrat - echte Gemeinschaftsverantwortungen. Der Ministerrat ist nicht nur - nicht nur ! - ein Ort, an dem nationale Gruppeninteressen ausgehandelt oder abgestimmt werden. Es wird immer sehr schwer sein, von Fall zu Fall den jeweiligen Vorrang von Gemeinschaftinteresse oder Sonderinteressen zu bestimmen, aber vor manchen Gemeinschaftspflichten muß das Recht auf nationale Interessenverfolgung zurückstehen. Aus diesen heute schon bestehenden Realitäten von embryonaler Supranationalität muß das politisch voll integrierte Europa hervorgehen. Es darf keine politischen Verträge geben, die aufheben könnten, was an Gemeinschaft schon geschaffen worden ist. Ich möchte davor warnen, zu glauben, man könne Europa fördern, indem man zu den bestehenden Geleisen ein weiteres Geleise legt, etwa auf der Grundlage von bilateralen oder trilateralen Verträgen. Das wäre eine schlechte Sache. Ich sagte schon, daß Fortschritte erzielt worden sind. Gewisse Hoffnungen, die berechtigt schienen, mußten für eine Weile beiseite getan werden. Die Bundesregierung, der Außenminister sind für einige Initiativen zu loben, die sie in Brüssel unternommen haben. Andererseits hatte ich den Eindruck, daß der Außenminister im Kabinett vielleicht nicht immer genugend darum gekämpft hat, daß, was er in Brüssel versuchte, auch nach außen offen und eindeutig als offizielle Politik der Bundesregierung deklariert werden konnte. Wir haben in Brüssel Vorleistungen gemacht, um den Mechanismus des Gemeinsamen Marktes Dr. Schmid ({5}) schneller in Gang zu bringen. Ich glaube, daß es gut von der Bundesregierung war, sich so zu verhalten. Nun konnte man in letzter Zeit hören, daß man es mit den Vorleistungen anders halten will, mit anderen Worten, daß man künftig andere Wege gehen will. Es ist verständlich, daß man versucht, auf das Zögern anderer mit eigenem Zögern zu antworten. Ich hielte es trotzdem für falsch, es zu tun; ich halte es auch nicht für im Sinne der Römischen Verträge. Wir dürfen nicht vergessen - und ich wiederhole hier schon Gesagtes -, daß diese Verträge uns zu Gemeinschaftshandeln zwingen, uns zwingen, in erster Linie an die Notwendigkeiten der Gemeinschaft zu denken, ihre Entwicklung und ihren Ausbau stärker zu fördern als die eigenen Gruppeninteressen. Das schließt die ausschließliche Besorgung des Interesses nationaler Gruppen aus für jedermann, aber auch für uns. Hier möchte ich gerade in Anbetracht der heutigen Situation warnen. Es wäre schlimm, wenn wir, nachdem wir uns bisher so gut verhalten haben, auf diesem Feld nun zuletzt doch durch das Spiel der Diplomatie und mancher Zufälle den Schwarzen Peter für das Scheitern wichtiger Dinge in die Hand gedrückt bekämen. Vor fünf Monaten noch sah es so aus, als würde es bald zu der so notwendigen Ausdehnung der Wirtschaftsgemeinschaft durch den Beitritt Großbritanniens und einiger skandinavischer Staaten kommen. Diese Ausweitung ist notwendig. Ich glaube, daß in diesem Hause darüber keine Meinungsverschiedenheiten bestehen. Ohne den Beitritt dieser Staaten fehlt dem Gemeinsamen Markt einfach das innere Gleichgewicht; er würde das nicht aushalten können. Denn manche seiner sechs Mitglieder, die sich schwächer fühlen als andere Mitglieder, würden den Versuch machen, außerhalb des Marktes Anlehnung zu suchen; damit wäre die Desintegration schon eingeleitet. Dem kann man nur dadurch steuern, daß man jenen Staat, an den sich einige der Sechs anzulehnen getrieben sehen könnten, in die Gemeinschaft hereinnimmt, so daß der Ausgleichsprozeß innerhalb der Mauern der Gemeinschaft stattfinden kann. Es ist uns klar, welche Schwierigkeiten für Großbritannien bestehen, in erster Linie in Beziehung auf das Commonwealth. Wir haben allen Grund, den Briten die Sorge um das Commonwealth zu nehmen. Es wäre eine schlimme Sache, wenn das Commonwealth aus irgendwelchen Gründen, auch aus dem Grunde des Beitritts Großbritanniens zur EWG, aufgelöst würde. Denn das Commonwealth ist eine der mächtigsten und wirksamsten Ordnungsmächte in dieser Welt. ({6}) Es bedeutet für das Gleichgewicht in dieser Welt etwas Gewaltiges, daß von Australien über Indien bis nach Kanada Hunderte von Millionen Menschen entschlossen sind, sich ihr politisches Weltbild nach den Vorstellungen des Westens zu bilden, und das tun sie eben, weil sie den britischen way of life für sich akzeptiert haben. Ob sie ihn noch akzeptieren würden, wenn man eine Zäsur anbrächte, weiß ich nicht. Diese Notwendigkeiten sind einiges Nachgeben, einige Konzessionen - wenn auch schmerzliche - der europäischen Staaten wert. Ich sagte, daß es vor fünf Monaten so aussah, als sei man diesem Ziel recht nahe gekommen. Doch am 14. Januar dieses Jahres hat der Präsident der Französischen Republik sich auf einer Pressekonferenz gegen den Beitritt Großbritanniens gewandt. Es fielen da Worte über die Angelsachsen im allgemeinen, die mich erstaunt haben, auch Worte über Gemeinschaft und Supranationalität, Worte, die später wiederholt und Verstärkt wurden. Es sprach aus diesen Worten keine große Achtung für die Leute, die Supranationalität für notwendig und für möglich halten und glauben, Gemeinschaften stellten einen Fortschritt über eine Welt nationaler Individualitäten und Souveränitäten dar. Ende Januar haben dann seine Instruktionen die Zusammenkunft der Minister in Brüssel gegenstandslos gemacht. Man kann sich fragen, warum er dann 16 Monate hat verhandeln lassen. Ich kann mir nur einen Grund denken. Er hat wohl erwartet, die Briten würden so unerfüllbare Forderungen stellen, daß andere Staaten zu ihrem Beitritt nein sagen würden. Als aber klar wurde, daß sie diese unannehmbaren Forderungen nicht stellen würden, hat er wohl geglaubt, handeln zu müssen, und auf sich genommen, was man ihm nachsagen würde. Ich glaube, daß heute keine Hoffnung besteht, den Präsidenten der Französischen Republik umzustimmen. Dieser bedeutende und geschichtsbewußte Mann hat eine klare Doktrin. Es ist nicht die unsere; aber es ist eine Doktrin, und er hält sich daran und zieht die Konsequenzen aus dem Denkansatz, der ihr zugrunde liegt. Dieser Denkansatz ist, daß der höchste Wert in dieser Welt, in dieser Zeit die Nationen seien, daß es die Staaten sind, die die Nationen gemacht haben, daß jede Nation ihre Seele habe und daß diese Seele sich auflösen müsse, wenn die Staaten auf ihre Souveränität verzichten, indem sie in supranationale Gemeinschaften eingehen. Mag es sein, wie es will; es ist das nicht unsere Art zu denken. Aber es ist seine Art zu denken, und solange er die Geschicke Frankreichs lenkt, wird er. davon nicht abgehen, und ohne Frankreich kann man nicht weiterkommen. Man darf keine Retorsion üben wollen; das wäre sicherlich das Verkehrteste; damit würde man die Situation nur verhärten. Man muß Formen ausfindig machen - es wird schwer sein -, die es beiden Seiten erlauben könnten, schrittweise ohne Prestigeverlust immer näher an das Notwendige heranzukommen, bis die Zeit reif ist, das Notwendige selbst möglich zu machen. Auf jeden Fall aber darf man nun nicht aufhören, die Gemeinschaften weiter auszubauen und weiter zu aktivieren. Man muß sie ausbauen, soweit es irgend möglich ist, und aktivieren, soweit es irgendwie geht. Ich weiß, daß manche anders denken und glauben, wenn man jetzt auch kurz träte, könnte man den Franzosen vielleicht einsichtig machen, daß ein anderes Verhalten ihres Regierungschefs für sie besser wäre. Ich glaube, damit erreichen wir gar nichts. Dr. Schmid ({7}) Wir wissen, daß Präsident Kennedy im Juni letzten Jahres sich ein Gesetz hat geben lassen, das ihn ermächtigt, mit Europa Verhandlungen über eine Reduktion der Zollsätze bis zu 50 % zu führen. Aber diese Ermächtigung hat er nicht, um mit jedem einzelnen Staat für sich solche Verhandlungen zu führen, sondern mit einem Europa, das dazu imstande ist. Ich glaube, für uns alle, für uns Europäer oder für uns Deutsche insbesondere ist das Gelingen dieses Unternehmens - das man Kennedy-Round nennt - eine Lebensfrage. Die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft wird - das Wort ist nicht von mir - mit ihrem Produktionsüberschuß wie ein überhitzter Kessel explodieren, wenn sie nicht genügend Absatz findet. Diesen Absatz kann sie nur finden, wenn sie bei den Kunden, die sie braucht, die landwirtschaftlichen Erzeugnisse kauft, die sie verkaufen müssen, um die Industrieprodukte bezahlen zu können, die wir ihnen verkaufen müssen. Vergessen wir nicht, daß es im Außenhandel der Bundesrepublik um 50 Milliarden DM hin und 50 Milliarden DM her geht, um 100 Milliarden insgesamt, und das nur für die Bundesrepublik! Daß man sich da nicht in einen quasi autarken Wirtschaftsraum einsperren kann, liegt doch wohl auf der Hand. Ich denke, daß wir wünschen sollten, daß die Verhandlungen der Kommission mit Washington und mit Großbritannien zu einem guten Ende kommen. Der deutsch-französische Vertrag! Ich glaube, daß man nur glücklich darüber sein kann, daß beide Völker nunmehr feststellten - ich betone: feststellten -, daß sie sich ausgesöhnt haben. Ich spreche von der Aussöhnung der Völker; das Wort ist entscheidend. So gut es ist, daß Regierungen miteinander nützliche Verträge schließen, - Verträge sind nur das wert, was an Realität dahinter steht. Wenn ein Vertrag ein Aussöhnungsvertrag heißt, wird er mit all seinen Mechanismen nur wirksam werden können, wenn die Aussöhnung der Völker zu lebendiger Wirklichkeit wird. Ich hoffe, daß auf beiden Seiten alles geschehen wird, dies möglich zu machen und nicht zu stören. Für ein so weit gestecktes Ziel würde die Einigung zweier Regierungen für sich allein nicht genügen. Ich möchte an dieser Stelle an die großen Worte erinnern, die Victor Hugo im Jahre 1871 in der Nationalversammlung zu Bordeaux gesprochen hat, Worte, die man überall anschlagen sollte, bei denen er mit dem Satz endet - sinngemäß -, er sei überzeugt, daß gerade durch diesen Krieg -er meint den Krieg von 1870/71 - der Tag nähergebracht sei, an dem das große deutsche Volk und das große französische Volk Arm in Arm miteinander in eine gemeinsame Zukunft marschieren werden. Aber die Freude über den Vertrag ist durch einige Bedenken, die die Art seines Zustandekommens erregte, getrübt worden. Das „Timing", das man beliebte, war höchst unglücklich. War es denn wirklich nötig, diesen Vertrag so unmittelbar nach der Pressekonferenz vom 14. Januar zu unterzeichnen? Mußte uns das nicht in den Verdacht bringen, daß wir uns damit urbi et orbi zum Bundesgenossen der Vorstellungen de Gaulles über Europa und Nicht-Europa machen wollten? Gewiß wollten wir das nicht. Die Vorstellungen der Regierung sind andere; das wissen wir. Aber man hätte hier auch den Schein meiden müssen! Der Schein spielt in der Politik manchmal eine bedeutende Rolle. Ein Meisterstück deutscher Diplomatie war das nicht. Der Schock bei unseren Verbündeten war ungeheuer, nicht bloß in den Vereinigten Staaten, sondern auch überall in Europa. Es kam eine Zeitlang zu einer wirklichen Vertrauenskrise. Jeder von uns, der mit Staatsmännern anderer Ländern zu tun hatte, hat dies feststellen können. Man hat versucht, sie zu beseitigen. Vielleicht gehört auch die Haltung der Bundesregierung zum Problem des Röhrenembargos in die Reihe der Versuche, diese Vertrauenskrise den USA gegenüber auszubügeln. Ich weiß es nicht; manche Leute denken so. Der Schock würde weitgehend dadurch ausgeräumt, daß sich unser Außenminister in Brüssel nachträglich sehr gemeinschaftsbetont verhalten hat. Dafür möchte ich ihm ein Lob aussprechen; er hat es verdient; denn ich kann mir denken, daß er es dafür in Bonn nicht immer ganz leicht gehabt hat.... Aber es gibt noch Mißtrauen, das man wird weiter ausräumen müssen. Ich glaube, daß sich die Fraktionen dieses Hauses einig sind, daß dazu unmißverständliche Kennzeichnungen im Ratifikationsgesetz - etwa in seiner Präambel - einen nützlichen Beitrag leisten könnten. Der Blick nach Westen impliziert die Bereitschaft, nach Osten zu blicken. Sosehr es notwendig ist, eine richtige, aktive und fruchtbare Westpolitik zu betreiben, so notwendig und wichtig ist es, den Versuch zu machen, eine Ostpolitik zu treiben, die einiges in Bewegung zu setzen vermöchte. Natürlich ist das ein anderes Blatt, und natürlich weiß jeder von uns, was wir von den Absichten Chruschtschows zu halten haben. Wir wissen, was er will, was er im letzten will, und wir wissen, daß für ihn jede politische Bewegung und Reaktion als ein Stück Weges zu dem Ziel, das er anstrebt, angesehen wird. Aber das zu wissen, entbindet uns nicht von der Verpflichtung, auch eine Ostpolitik zu treiben. Vielleicht müssen wir gerade deswegen besonders an Ostpolitik denken! Daß wir dabei nicht große Sprünge machen können, ist klar, daß wir dabei die Dinge nicht von heute auf morgen umwälzen können, versteht sich von selbst, aber wenn irgendwo, dann gilt hier das Wort von den kleinen Schritten, mit denen man schließlich dann doch ein Stück weiterkommen kann. Um z. B. ein Problem anzusprechen: soll man mehr Handel mit den Russen treiben oder weniger oder gar keinen Handel? Das ist eine Frage, die in den Rahmen aktiver deutscher Ostpolitik gehört. Man kann diese oder die andere Formel für die bessere finden; auf jeden Fall muß man den Versuch machen, die richtige Antwort zu finden. Sonst hat man auf diesem Feld keine Politik. Meine Freunde sind der Meinung, man könnte die Ostpolitik dadurch in Bewegung setzen, daß man normale diplomatische Beziehungen mit den Ostblockstaaten - außer natürlich mit Pankow - ein3512 Dr. Schmid ({8}) leitet. Gewiß, wir haben die Hallstein-Doktrin. Ich bin überzeugt, daß sie am Anfang ihren Nutzen gehabt hat. Die Frage ist, ob sie diesen Nutzen heute noch hat, ob sie nicht heute mehr Schaden stiftet als Nutzen, ob sie heute sehr viel mehr ist als eine Fessel. Ich glaube, daß das so ist, und ich meine, daß wir resolut über diese Schatten springen und den Versuch machen sollten, über Handelsmissionen, wie wir sie jetzt mit Polen haben, allmählich zu normalen diplomatischen Beziehungen mit den Ostblockstaaten zu kommen, die mit uns welche unterhalten wollen. Es ist gut, daß man den Versuch macht, was Jugoslawien betrifft, wenigstens die Handelsbeziehungen zu aktivieren und zu normalisieren, wenngleich es natürlich sehr viel besser wäre, einige Schritte weiterzugehen. Die arabische Welt ist für alle Staaten von besonderer Bedeutung. Jeder von uns, jeder Staat hat ein Interesse daran, daß die revolutionären Bewegungen zum Stillstand kommen oder sich so kanalisieren lassen, daß sie nicht zu einer Flutkatastrophe werden. Ich weiß nicht, ob es gut 'ist, mit Rücksicht auf die arabischen Dinge, diplomatische Beziehungen mit Israel zu unterlassen. Ich glaube es nicht. Ich glaube auch nicht, daß es uns sehr viel ausmachen könnte, wenn nun wirklich - was ich gar nicht glaube - einige arabische Staaten Pankow anerkennen sollten. ({9}) Was wird denn damit an der Wirklichkeit der Dinge verändert? Ob diese Staaten Handelsmissionen nach Pankow schicken; ob sie mit Pankow umgehen, als wäre es ein richtiger Staat; oder ob dieses Als-ob fällt - ({10}) - Wieso? ({11}) - Ach, Sie meinen, daß ich mit diesem Wort deutsche Interessen verraten hätte? ({12}) - Ich danke Ihnen für diese Nachsicht. ({13}) - Das ist meine Meinung, Herr Majonica, und die spreche ich hier aus. ({14}) - Sicher, sicher. Ich habe Ihnen ja auch schon manchmal unterstellt, daß Ihre Meinungen falsch sind. ({15}) Nun zum letzten Punkt: die Entwicklungshilfe, ein großes Problem, eine wichtige Aufgabe. Vielleicht läßt sich hier doch einiges anders machen als bisher. Vor allen Dingen müßte man endlich dazu kommen, wirklich zu kooperieren und zu koordinieren, allerdings nicht so, wie es in dem europäischen Entwicklungsfonds nach dem Prinzip der Societas Leonina gemacht worden ist: wir bezahlen 35 % hinein und deutsche Firmen bekommen insgesamt 2,9 % an Aufträgen zurück. Das schein mir kein richtiges Verhältnis zu sein. Es könnte wohl auch anders gemacht werden. Zur Außenpolitik gehört heute mehr denn je Kulturpolitik. Ich glaube, daß wir daran am wenigsten sparen sollten. ({16}) - Ich sage nur: Wir sollten alles tun, um der Versuchung zu widerstehen, den Ermahnungen des Kollegen Brese auch auf dieses Gebiet zu folgen und weniger auszugeben, als wir bisher ausgegeben haben. Im Gegenteil, ich meine, daß jede Mark, die wir auf diesem Felde mehr anlegen, sehr viel mehr einbringen wird, als wir ausgeben. ({17}) - Vielleicht geht es auch so, ohne daß man die Zuschüsse kürzt. Zum Beispiel: Muß man denn unbedingt den Zuschuß an „Inter Nationes" um 20 % kürzen? Ist das so unbedingt notwendig? Ich weiß einigermaßen, was dort an Arbeit geleistet wird. Es ist eine gute Arbeit. Ich glaube, daß durch die Tätigkeit dieser Stelle ein großer Nutzen gestiftet worden ist. Wenn man es ihr unmöglich macht, im bisherigen Umfang tätig zu werden - und das wird der Fall sein, wenn man diese Streichung durchführt -, wird dadurch Schaden entstehen, und das sollten wir doch verhindern. Das sind doch keine Beträge, die zu Buche schlagen. Das spielt doch keine Rolle. Weiß Gott, wenn man sparen will, gibt es anderswo Möglichkeiten. ({18}) - Das wissen die Damen und Herren vom Haushaltsausschuß besser als ich. ({19}) Nur bin ich immerhin alt genug geworden, um zu wissen, daß man das Ja und das Nein der Sachverständigen nicht immer absolut zu nehmen braucht. Denn nach Tische liest man's auch bei ihnen oft anders als vor Tische. ({20}) - Sicher, deswegen möchte ich gern, daß die Welt auch hier für einen guten Zweck so geht, wie sie sonst zu gehen pflegt. Ich möchte zum Schluß kommen. Ich habe den Herrn Außenminister ein paarmal gelobt. Ich glaube, daß es gut und richtig war, es zu tun. Es gibt aber auch einiges, wofür ich ihn tadeln möchte, und zwar mit allem Ernst. Ich habe es z. B. nicht gut befunden, daß er in einigen wichtigen Fällen den Auswärtigen Ausschuß nicht für würdig befunden hat, ihm gewisse Dokumente zu unterbreiten, und ich habe es auch nicht für gut befunden, daß er in Sachen des Röhrenembargos dem Auswärtigen Ausschuß nicht Dr. Schmid ({21}) den Text des Ministerratsbeschlusses mitgeteilt hat. Ich war höchst erstaunt, nach dieser Sitzung zu hören, was der englische Außenminister über diesen Beschluß gesagt hat. Das ist ein Verhalten, das mißbilligt werden muß. Deswegen ist meine Fraktion nicht in der Lage, dem Haushalt des Außenministers zuzustimmen. ({22})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Herr Bundesminister des Auswärtigen.

Dr. Gerhard Schröder (Minister:in)

Politiker ID: 11002077

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich werde auf meinen Herrn Vorredner der Einfachheit halber in der Reihenfolge des Gedankengangs eingehen, den er entwickelt hat, obwohl es mir eigentlich mehr gefallen würde, mit den beiden Schlußpunkten anzufangen. Aber ich beherrsche mich. Er hat mit der Wiedervereinigung angefangen. Das meiste, was er darüber gesagt hat, kann ich ohne weiteres unterschreiben. Er hat etwa formuliert: nicht mehr öder noch nicht wieder eine akute Frage. Darüber denke ich anders, wenn das vielleicht auch nur im Akzent anders ist. ({0}) Lassen Sie mich hier gleich einbeziehen, was er über Berlin gesagt hat. Für mich, d. h., richtiger gesagt, für die Bundesregierung und für uns ist das Thema Wiedervereinigung ein essentielles Element unserer Gesamtpolitik. Es gibt keine politische Entscheidung bei uns, die nicht dem Test ausgesetzt werden müßte und auch ruhig ausgesetzt werden kann, ob sie aus dieser Perspektive heraus gefällt ist und ob sie mit dieser Perspektive vereinbar ist. Das gilt für alle unsere politischen Akte, es gilt sowohl nach drinnen als auch, und zwar ganz besonders, nach draußen. Die Wiedervereinigung ist also ein permanenter Prüfstein für alle Akte der deutschen Innen- und Außenpolitik. ({1}) Was Sie, Herr Kollege Schmid, über das Selbstbestimmungsrecht gesagt haben, ist hier wohl Gemeingut. Ich will es nicht weiter unterstreichen. Über Berlin möchte ich dasselbe sagen, was ich gerade über die Wiedervereinigung gesagt habe. Deswegen habe ich die Ausführungen über die Wiedervereinigung ganz bewußt vorweggezogen. Nach meiner Meinung brauchen wir keine spezielle Berlin-Politik - ich bitte das jetzt nicht wortwörtlich zu nehmen; natürlich gibt es auch spezielle BerlinDinge -, sondern wir brauchen eine Politik, die permanent über Berlin hinausdenkt. Nur eine Politik, die über Berlin hinausdenkt, in die Zone und über die Zone hinausdenkt, ist ein Politik, die auch wirklich eine Berlin-Politik genannt werden kann. Berlin als isoliertes Stück einer Politik wäre kein genügender Inhalt für eine deutsche Politik. Deswegen muß man sagen: die deutsche Politik reicht über Berlin hinaus, und damit schließt sie natürlich Berlin völlig ein. ({2}) Sie haben dann über das Kapitel gesprochen, das in diesen Tagen natürlich ganz besonders aktuell ist und uns bewegt hat: die Europa-Politik und die europäische Integration. Ich werde ja wenige Minuten, nachdem wir diesen Abschnitt erledigt haben, nach Brüssel fliegen, um mich dieser Sache sehr intensiv zu widmen. Ich will hier nicht weiter der Historie und auch nicht den Wertungen nachgehen, die Sie gebraucht haben, wonach in der EWG - der Gemeinschaft, dem Ministerrat, der Kommission - schon Integrationselemente vorhanden sind. Deswegen will ich mich darauf beschränken, etwas zu den aktuellen Fragen zu sagen. Herr Kollege Schmid, Sie haben wohl konzediert, daß wir in diesem Bereich nicht unerhebliche Vorleistungen erbracht haben - ich habe das in der letzten Zeit mehrfach dargelegt -, und haben dann die Frage gestellt, ob es nicht richtiger sei, die Vorleistungen fortzusetzen. Ich glaube, so kann ich das auffassen, was Sie als Frage gestellt haben. Dazu würde ich sagen: in der Tat dreht es sich nicht um die Frage, ob wir jetzt weitere Vorleistungen erbringen könnten. Man muß wohl einen Sinn dafür haben, daß eine solche werdende Gemeinschaft ständig zwei Gesichtspunkte gleichzeitig im Auge haben muß. Sie muß im Auge haben das Werden der Gemeinschaftsinteressen und Gemeinschaftsveranstaltungen und sich darüber klar sein, daß diese Gemeinschaftsinteressen nur gewahrt und entwickelt werden können, wenn dabei die eigenen Interessen der Beteiligten harmonisch in die Gemeinschaftsinteressen eingepaßt werden können. ({3}) Deswegen geht das Ringen in diesen Tagen um die richtige weitere Entwicklung der eigenen Interessen zu den Gemeinschaftsinteressen und ihre Verzahnung miteinander. Dafür haben wir den Ausdruck „synchronisierter Fortschritt" geprägt. Ein Fremdwort ist manchmal hilfreich. Mit einer deutschen Bezeichnung könnte man das vielleicht nicht sa allgemein verständlich dartun, wie es das Wort „synchronisierter Fortschritt" in diesem internationalen Bezug zum Ausdruck bringt. Das meinen wir tatsächlich. Die Frage ist jetzt nicht, ob wir uns hinstellen sollten und aufrechnen: dies alles haben wir getan; das ist da und da noch nicht getan worden. Wir brauchen vielmehr eine Sicht auf die Probleme, die den Gesamtbereich der Aufgaben erfaßt, eine Sicht, die die Interessen der einzelnen wirklich konkret sieht, um dann zu sehen, wie diese Interessen harmonisch weiter entwickelt und harmonisch mit Gemeinschaftsinteressen und zu Gemeinschaftsinteressen verschmolzen werden können. In der Tat ist in Brüssel eine Aufgabe zu lösen, bei der ich nur sehr nachdrücklich auch an die Opposition appellieren möchte, uns zu helfen. Ehrlich gesagt kann ich nicht ganz einfach finden, daß alle Sätze von Ihnen, wenn sie mir morgen in Brüssel von der anderen Seite vorgelesen würden, unbedingt eine Hilfe sein würden. Wenn man erst den Gedanken aufkommen läßt, daß wir drauf und dran wären, einen Schwar3514 zen Peter möglicherweise mit Recht - das würden Sie nicht meinen - in die Hand zu bekommen, dann wäre das eine schlechte Sache. Ich habe wirklich ernsthaft die Bitte an das ganze Hohe Haus und an die deutsche Öffentlichkeit, uns hier in zwei Aussagen zu unterstützen. Die eine Aussage ist: Wir sind offen und aufrichtig für eine werdende und eine sich weiter entwickelnde Europäische Wirtschaftsgemeinschaft. Wir sind offen und aufrichtig dafür, daß dabei die Interessen aller berücksichtigt werden sollen, aber natürlich auch unsere eigenen Interessen berücksichtigt werden müssen. Das bedeutet in der Tat - und Sie haben den Ausdruck gebraucht -, daß wir nur schrittweise weiterkommen und nur schrittweise hier ausbauen können. Niemand darf verkennen, daß der Fehlschlag der Beitrittsverhandlungen mit Großbritannien noch nachwirkt - und es wäre ganz falsch, wenn man glaubte, daß ein solcher Schock so über Nacht einfach in seinen Folgen weggenommen ist -; denn es ist ein großer Unterschied, ob in einer Gemeinschaft in einer Perspektive gearbeitet wird - dies weitet sich morgen oder übermorgen in beträchtlichem Umfang - oder ob in einer Gemeinschaft damit gerechnet werden muß, daß diese große, nachdrücklich von uns bejahte Erweiterung einstweilen bis zu einem Tag, den wir noch nicht kennen, zurückgestellt werden muß. Wir sind also auch hier nicht etwa in einer Retorsionshandlung gegen irgendwelche Akte anderer befreundeter Staaten, sondern wir sind in einer Haltung, die wirklich die derzeit begrenzten Möglichkeiten sieht, aber auch bereit ist, aus den begrenzten Möglichkeiten alles zu machen. Ich möchte hier ein Wort sagen, weil in dieser Beziehung in den letzten Tagen ein paar Mißverständnisse aufgekommen sind. Es ist keineswegs so, daß sich unser Phasenplan etwa grundsätzlich ablehnend dazu verhielte, auf dem Gebiet der agrarischen Integration - wenn ich das so ausdrücken darf - Fortschritte zu erzielen. Keineswegs! Wir sind absolut dafür, daß die Landwirtschaftspolitik weiter entwickelt werden soll. Hier handelt es sich um das mögliche Tempo, und bei dem möglichen Tempo muß man zweierlei berücksichtigen. Man muß erstens berücksichtigen, daß es ein unter diesem Problem liegendes anderes gibt, ein Problem der Verzerrung der Wettbewerbsbedingungen, die aus den verschiedenen nationalen Strukturen herrührt. Das ist ein Punkt, über den man jetzt längere Zeit so ein bißchen weggegangen ist, weil er außerordentlich schwierig, delikat und gar nicht leicht zu beheben ist. Aber wir müssen den Finger auf diese Sache gerichtet halten; sonst wird man niemals dazu kommen, diese notwendige Beseitigung von Wettbewerbsverzerrungen aus Strukturverschiedenheiten zu erreichen. Wenn man vorankommen will, ist das nach unserer Meinung eine Notwendigkeit. Das ist das eine. Das zweite ist, daß auch die bisherigen Agrarverordnungen vom deutschen Standpunkt aus keineswegs mängelfrei und keineswegs fehlerfrei sind, daß sie also durchaus daraufhin untersucht werden dürfen und müssen, welche Mängel sich bei den bisherigen Schritten der Agrarpolitik herausgestellt haben; denn wir wollen die weiteren vier Verordnungen, um die es in absehbarer Zeit gehen wird, eben nur in einer Weise verabschieden, die mit den gerade genannten Bedingungen vereinbar ist. ({4}) Das ist, glaube ich, eine Sache, die ein so klares und natürliches Interesse von uns und auch ein so klares und natürliches berechtigtes Interesse unserer Landwirtschaft ist, daß dagegen niemand Einwände wird erheben können. ({5}) Das Ganze sagen wir gleichzeitig durchaus in einer nach außen offenen Haltung. Wir sind keineswegs der Meinung, daß etwa die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft ein autarkes Gebilde sein könnte und sollte, sondern wir würden ja gegen die Lebensinteressen der deutschen Wirtschaft verstoßen, wenn wir eine solche Haltung einnehmen wollten; das brauche ich in diesem Hause nicht weiter zu sagen. Deswegen stehen wir der sogenannten Kennedy-Runde sehr aufgeschlossen gegenüber, und wir haben den aufrichtigen Wunsch, daß aus ihr ein Erfolg werden möge. Das gilt sowohl in wirtschaftlicher wie auch in politischer Beziehung; denn diese Weiterentwicklung ist natürlich auch ein entscheidender Beitrag zur Festigung des Westens überhaupt. Das darf man keinen Augenblick übersehen. Hinsichtlich des deutsch-französischen Vertrages haben Sie eine etwas getrübte Freude - das waren, glaube ich, Ihre Worte - zum Ausdruck gebracht und noch einmal das, was wir kürzlich behandelt haben - die Begleitumstände seiner Unterzeichnung -beleuchtet. Sicherlich ist es nie ganz leicht, für politisch-diplomatische Ereignisse immer haargenau den richtigen Zeitpunkt zu finden. Es klappt manchmal, und manchmal klappt es nicht. Hier war aber die Frage, ob irgendein Zeitpunkt wirklich besser gewesen wäre als dieser; denn das Ganze war ein Vertragswerk, das auf viele Monate zurückging. Hierbei war man sicherlich nicht in der Lage, gewisse Grundauffassungen der derzeitigen französischen Politik einfach dadurch zu verändern, daß man einen Konsultations- und Zusammenarbeitsvertrag abschloß. Ich glaube, wir haben wirklich alles getan, um den Schock - das möchte ich durchaus auch so bezeichnen -, den die Pressekonferenz von General de Gaulle am 14. Januar ausgelöst hat, jedenfalls zu mildern, soweit wir in Frage kamen. Wir haben vor der Unterzeichnung, bei der Unterzeichnung und nach der Unterzeichnung des deutschfranzösischen Vertrages ganz klar unsere Grundposition immer von neuem bezeichnet, und wir haben dabei ganz offen gesagt, daß es auch unter Freunden Meinungsverschiedenheiten gibt, geben kann und sicherlich immer wieder geben wird, die man eben - und das ist der Sinn des Vertrages - unter Freunden behandeln soll ohne Rücksicht darauf, ob eine Einigung in allen Punkten möglich ist. Ich habe die feste Überzeugung, daß sich das, was Sie „Vertrauenskrise" genannt haben - nach meiner Meinung ein etwas zu starker Ausdruck -, gelegt hat. Im Grunde wird das durch die Vorgänge der letzten Zeit bewiesen. Die deutsche Politik ist in dieser Sache niemals in ein Zwielicht gekommen, obwohl sie vielleicht etwas zwielichtig angestrahlt worden ist. Vor allein haben wir sowohl in der Frage Großbritannien wie in der Frage atlantisches Verteidigungsbündnis die ganze Zeit hindurch eine Haltung eingenommen, die außer Zweifel stellt, wie wir den Grundriß unserer Politik in diesen entscheidenden Fragen sehen. Das ist im Bundesrat noch einmal durch eine Entschließung bekräftigt worden, der die Bundesregierung zugestimmt hat. Das wird in der nächsten Woche wohl durch eine Präambel zum deutsch-französischen Vertrag noch einmal aufgezeichnet werden, und das ist wahrscheinlich für alle Welt deutlich genug. Sie wissen inzwischen aus den Vorgängen in Frankreich, daß man dort bei der Präsentation des Vertragswerkes gegenüber dem französischen Parlament ganz klar gesagt hat, daß natürlich die bestehenden Verbindlichkeiten, seien es die europäischen, seien es die atlantischen, unberührt und voll in Kraft bleiben. Insoweit ist also sicher das notwendige Maß von Gleichförmigkeit und Gleichgerichtetheit vorhanden. Nur ein paar Bemerkungen zu dem, was Sie in Richtung Osten gesagt haben. Sicherlich sind wir im Augenblick in einer Situation, in der wir kleine Schritte unter Umständen groß achten müssen und es ganz falsch wäre, wollten wir kleine Schritte nicht genügend achten. Da sind wir wohl einer Meinung. Was das Problem der Handelsmissionen angeht, so glaube ich schon, daß wir die Linie, die wir eingeschlagen haben, auch fortsetzen können, fortsetzen sollten und fortsetzen werden. Ich kann mich aber gar nichteinverstanden erklären mit dem, was Sie über eine Doktrin gesagt haben, deren Namen ich eigentlich immer nur mit einem gewissen Widerstreben in den Mund nehme. Trotzdem muß ich das hier tun, damit es für alle verständlich bleibt. Das, was man „Hallstein-Doktrin" nennt, nenne ich eigentlich nie „HallsteinDoktrin", wenn ich nicht genötigt werde, in einer Diskussion darauf einzugehen. Herr Kollege Schmid, Sie nehmen den Tatbestand, .der damit angesprochen ist, doch wohl nicht so ernst, wie er genommen werden muß. ({6}) Man kann die Sache wirklich nur so sehen: Wir kämpfen darum, daß wir die einzige wirklich legitimierte internationale Stimme Deutschlands sind. ({7}) Deswegen ist doch ganz natürlicherweise alles richtig, was uns in dieser Rolle stärkt, und alles mindestens bedenklich, was uns in dieser Rolle schwächt. ({8}) Natürlich ist es eine Schwächung, wenn es international andere deutsche Stimmen gibt. Deswegen haben wir eine Linie eingenommen, die sich im Grunde ganz einfach beschreiben läßt und die auch gegenüber keiner Nation der Welt irgend etwas Unfreundliches enthält. Wir haben gesagt: Diejenigen, die mit uns diplomatische Beziehungen haben, handeln uns gegenüber unfreundlich, wenn sie uns aus unserer Rolle des alleinigen Sprechers Deutschlands quasi verdrängen, indem sie einen zweiten Sprecher Deutschlands nebenbei ein bißchen mit legitimieren. Meine Damen und Herren, es ist doch wirklich ein ureigenes Interesse, das wir haben. Das ist wirklich unser ureigenes gutes Recht, und das sollten wir unter gar keinen Umständen gefährden. Wenn wir dazu beitrügen, die internationale Szenerie - das gilt für den unmittelbaren diplomatischen Verkehr, das gilt für die internationalen Organisationen usw. - zu verändern, so daß allein schon optisch ein anderes Bild von Deutschland, nämlich das Bild von 'zwei deutschen Staaten, international in Erscheinung träte, müßten die Zeche nicht nur wir in der Bundesrepublik Deutschland bezahlen - das könnte noch relativ gleichgültig sein -, sondern müßte die Zeche das ganze deutsche Volk bezahlen. Denn, meine Damen und Herren, das deutsche Volk in der Zone weiß eben, daß sein Schicksal davon abhängt, daß wir möglichst intensiv die Stimme Deutschlands in der Welt bleiben und als solche anerkannt werden. ({9}) Nun kommt leicht der Gedanke auf, daß das im Widerspruch zu dem stehe, was wir derzeit in dem, sagen wir mal, Ostblockbereich an Handelspolitik verfolgen. Ich sehe da keinerlei Widerspruch. Erstens handelt es sich dort um Staaten, die von vornherein in einer ganz anderen Lage waren, die nämlich Bestandteile eines - den Ausdruck gebrauche ich auch nicht sehr gern, ich gebrauche ihn nur der Einfachheit halber - kommunistischen Blocks waren. Ich sage noch einmal: der Ausdruck „Block" paßt nicht gut; denn so wollen wir das nicht angesehen haben. Aber es handelt sich um Staaten, die von vornherein eine andere Grundposition bezogen haben. Auch diesen Staaten gegenüber können wir nicht auf das Recht verzichten, allein Deutschland zu repräsentieren; ihnen gegenüber müssen wir aber gewisse Fakten in Rechnung stellen, die ich nun nicht im einzelnen weiter zu beschreiben brauche. Deswegen müssen wir ihnen gegenüber - trotz dieser Fakten - nach meiner Meinung eine Politik betreiben, die beiderseits nützlich ist, ohne das deutsche Grundanliegen zu schädigen. ({10}) Das ist, meine Damen und Herren, ein ziemlich schmaler Grat, aber ein Grat, auf dem uns zu bewegen wir bemüht sind, auf dem wir uns mit aller Vorsicht und Umsicht bewegen. Ich möchte nichts Näheres zu dem Nahostbereich sagen, über den Sie gesprochen haben. Der Nahostbereich ist - Sie wissen es, und das ganze Haus weiß es - einer der empfindlichsten Bereiche der Weltpolitik. Jeder Schritt, der dort getan wird, muß mit einer großen Sorgfalt auf seine Wirkung auch auf die gesamte westliche Welt und auf seine Wirkung auf den Osten abgewogen werden. Ich glaube, die Haltung, die wir dort einnehmen, wird diesem Erfordernis gerecht. Zur Entwicklungshilfe im Grunde nur einen einzigen Gedanken! Das deutsche Volk muß sich daran gewöhnen, daß nicht nur Innenpolitik, sondern daß auch Außenpolitik Geld kostet. Mehr möchte ich dazu gar nicht sagen. Sie können dann nur fragen, ob es eine gute Außenpolitik ist, die im Bereich der Entwicklungshilfe gemacht wird. Darüber mag man natürlich sprechen können. Aber daß Außenpolitik Geld kostet, ist ein Satz, an den man sich gewöhnen muß, auch wenn er nicht besonders populär ist. Vielleicht wird er im Laufe der Zeit populärer. Er gehört jedenfalls zu den Attributen einer Macht wie Deutschland, die der zweitgrößte Exporteur und der drittgrößte Importeur der Welt ist. Eine solche Position kann man nicht ohne Geldaufwand - auch in der auswärtigen Politik - halten und ausbauen. Nun komme ich zu dem, Herr Kollege Schmid, was Sie zum Schluß gesagt haben und was ich, wie ich schon sagte, lieber eingangs behandelt hätte. Sie hatten in sparsamer Dosierung Lob für mich eingepackt, aber dann zum Schluß diese beiden Tadel angeführt. Was das Verhältnis des Auswärtigen Amtes und seines derzeitigen Ministers zum Auswärtigen Ausschuß angeht, so ist es - ich glaube, das kann ich ohne Übertreibung sagen - von gegenseitigem Vertrauen bestimmt. Ich denke und hoffe, Sie werden das unterschreiben, und ich sehe auf Ihrer Seite mindestens keinen erkennbaren Widerspruch. Dann wollen wir das in dieser Weise festhalten. ({11}) Nun, meine Damen und Herren, ist tatsächlich die Frage: Inwieweit gehört es zu dem Vertrauensverhältnis, um das wir uns immer bemühen müssen und bemühen werden, daß in einem größeren Gremium unter Umständen Dokumente vorgezeigt werden, an deren Geheimhaltung wir irgendwie international gebunden sind? Das ist ein Tatbestand, für den ich keine generelle Regel anerkennen würde, ein Tatbestand, bei dem man jeweils auch noch ein bißchen Größenordnung und Bedeutung abwägen muß. Unter Umständen ist es sehr viel leichter, dem einen oder anderen von Ihnen - was ja auch in der Tat geschieht - irgendeine Sache zu zeigen, die wir nicht gerne in einem größeren Rahmen vorzeigen würden, weil, wenn sie der eine oder andere gesehen hat, dies durchaus genügt, um zu erhärten, warum und wie wir eine bestimmte Position einnehmen und verteidigen. Deswegen würde ich sagen, man muß jeweils sehen, was auf diesem Gebiete praktisch getan werden kann. Empfindlicher bin ich in der Sache des Röhrenembargos. In dieser Sache ,des Röhrenembargos haben wir sehr viel Ärger gehabt, und der Arger liegt nicht darin, daß die Bundesregierung in dieser Sache etwa nicht aufrichtig gewesen wäre. Davon ist gar keine Rede. Wir haben hier von Anfang an mit völlig offenen Karten gespielt. ({12}) - Ja, da sind Sie nicht ganz meiner Meinung. Das schadet nichts. Diese Meinungsverschiedenheit muß ich hinnehmen. Ich kann hier jedoch wirklich nur meine Überzeugung ausdrücken. Meine Überzeugung ist: wir haben in dieser Sache mit völlig offenen Karten gespielt, und wir haben in der Sache überhaupt nichts zu verschweigen. In dieser Sache gibt es einen etwas schwierigen Tatbestand, und der ist der folgende - und er ist im deutsch-britischen Verhältnis gar nicht so ganz ohne gewisse Sorgen -: ein NATO-Beschluß - wenn es überhaupt einer sein soll - kommt nur dadurch zustande, daß alle mitmachen. Sonst kommt gar kein NATO-Beschluß zustande. Deswegen hat das Reden über Einstimmigkeit gar keinen Zweck. Es gäbe ihn nicht, wenn er nicht als ein Beschluß verabschiedet worden wäre. Die Briten haben dabei in der Tat die zauderndste - um das einmal so zu nennen - Haltung eingenommen. Das ändert aber nichts daran, daß sie für die Existenz dieses Beschlusses voll mitverantwortlich sind und sich natürlich auch an der politischen Wirklichkeit dieses Beschlusses beteiligen müssen. Gewiß haben die Briten gesagt: Wir hätten keine Chance, wenn wir etwa im Unterhaus eine Verordnung vorlegten. Wir würden keine Mehrheit dafür bekommen, und wir können also solche Maßnahmen gesetzlicher Art nicht ins Auge fassen. Nun schön, das entbindet aber selbstverständlich nicht - ich sage jetzt einmal ganz allgemein - die beteiligten Regierungen von der Verpflichtung, mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln das äußerste zu tun, damit es in dieser Frage nicht eine ernsthafte Störung gibt. Das ist doch wohl ganz selbstverständlich. Das haben wir ,den Briten ein paarmal gesagt, und die britische Regierung wird diesen Grundsatz auch als selbstverständlich akzeptieren müssen ohne Rücksicht darauf, ob sie es sozusagen retrospektiv für wünschenswert hält, daß dieser NATO-Beschluß zustande gekommen ist. Er ist eine Wirklichkeit, und diese Wirklichkeit muß respektiert werden. Man muß doch eines einmal ganz deutlich sagen. Wir waren hier der größte Röhrenlieferant. Wir haben uns aus dieser Sache herausgezogen aus Gründen der Sicherheit, der internationalen Politik, der Verteidigung usw., aus will den Motiven, die der NATO-Entscheidung zugrunde gelegen haben. Wir haben diese Entscheidung nicht etwa angeregt oder herbeigeführt, sondern wir haben sie nach gründlicher Prüfung für richtig gehalten, obwohl das, wie wir wissen, für uns durchaus lastenreich war. Aber nun ist es ein sehr großer Unterschied, ob, wenn mehrere geliefert haben, etwa nur einige die Lieferungen einstellen und ein anderer nicht, der sagt: Ich kann es trotz allem nicht, oder ob irgendjemand einsteigt in Lieferungen, die gerade die anderen dadurch, daß sie gewisse Opfer auf sich genommen haben, gestoppt haben. Denn in dem Beschluß stand bekanntlich: „laufende Lieferungen zu stoppen". Das ist ein Tatbestand, den ich wirklich nur in aller Offenheit ausbreite, weil er hier angesprochen worden ist. Ich hätte es sonst nicht getan. Denn daß ich das hier so offen aussprechen muß, ist natürlich vom internationalen Aspekt her nicht so sehr angenehm. Aber ich halte es für notwendig; denn sonst könnte ein falsches Licht auf die Sache fallen. Mit anderen Worten: der Beschluß steht, und alle Regierungen sind gehalten, das, was sie tun können, um einen solchen Beschluß durchzuhalten, auch wirklich zu tun. Lieber Herr Kollege Schmid, ich hoffe, daß ich damit die Monita möglichst stark entkräftet habe und daß die zukünftige Arbeit von diesen Schatten, die Sie angeführt hatten, völlig befreit ist. Meine Damen und Herren! Ich bin mir über eins völlig klar: Wir werden - und deswegen erlauben Sie mir, daß mein Blick jetzt ein wenig dorthin geht, wo ich im Augenblick die größten Schwierigkeiten habe, nämlich nach Brüssel- einen deutschen Standpunkt eindrucksvoll nur dann vertreten können, wenn wir über ihn unter uns ganz offen sprechen, ihn dann aber auch tatsächlich mit allen Kräften von allen Seiten unterstützen. Dazu gehört natürlich, daß wir Mißverständnisse ausräumen. Aber es dient wirklich nur der Wirksamkeit der deutschen Politik in Brüssel und damit, wie wir glauben, auch der weiteren europäischen Entwicklung, wenn wir in dieser Sache so geschlossen wie nur möglich sind. ({13})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Majonica.

Ernst Majonica (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001416, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte an das Wort anknüpfen, das der Herr Außenminister zu Beginn seiner Ausführungen hier gesprochen hat, daß die Wiedervereinigung essentielles Element der deutschen Politik ist und bleibt. Ich meine, daß gegen dieses essentielle Element der deutschen Politik verstoßen wird, wenn man in irgendeiner Form eine Unterstützung der Zweistaatentheorie Moskaus hinnimmt oder nicht genügend Reaktionen, nicht genügend Abwehr dagegen zeigt. Meine Damen und Herren! Wir befinden uns doch in allen internationalen Organisationen, in allen Sportorganisationen in einem zähen Abwehrkampf gegen die sowjetische Politik, der Theorie Moskaus, daß es zwei deutsche Staaten gibt, international Anerkennung zu verschaffen. Wir wehren uns dagegen, wenn irgendwo die Spalterflagge gezeigt wird, wir wehren uns dagegen, wenn die Zone in irgendeine internationale Organisation aufgenommen wird. Ich bin aber der Meinung, daß die diplomatische Anerkennung der Zone durch neutrale Staaten viel weitreichender ist, als wenn die Zone in irgendeiner Sportorganisation oder einer internationalen Organisation vertreten ist. Wenn wir uns also schon gegen das Mindere wehren, muß es, meine ich, im wohlverstandenen Interesse der deutschen Politik liegen, daß wir uns auch gegen das Mehr wehren, daß wir uns dagegen wehren, daß die Zone diplomatisch anerkannt wird. ({0}) Ich meine, daß wir sonst der sowjetischen Politik in einer bedenklichen Weise entgegenkommen, und das dürfen wir in diesem Falle unter keinen Umständen tun. Wir würden damit ein wesentliches Ziel der sowjetischen Politik unterstützen - ein wesentliches Ziel, das ja auch in dem von Moskau proklamierten „Friedensvertrag" vorliegt, in dem die Sowjetunion die Spaltung Deutschlands dadurch verewigen will, daß sie einen sogenannten Friedensvertrag auch mit der Zone abschließen will. Ich möchte hier ganz deutlich herausstellen, Herr Kollege Professor Schmid, daß ich es als einen wesentlichen Erfolg der deutschen Außenpolitik ansehe, daß sie es bisher hat verhindern können, daß die Zone auch nur von einem einzigen neutralen Staat voll diplomatisch anerkannt worden ist. ({1}) Ich möchte den neutralen Staaten sagen - im Gegensatz zu Ihnen, der gesagt hat, daß sich im Grunde genommen dadurch doch gar nichts ändere -, daß das praktisch die Aufgabe ihres neutralen Status ist, weil sie in einem ganz wesentlichen Punkt der Ost-West-Auseiandersetzungen für die östliche Seite Partei ergreifen, wenn sie ihrerseits die Zone diplomatisch anerkennen. Ich muß leider sagen, daß ich in einem solchen Verhalten neutraler Staaten, die dadurch ihren neutralen Status aufgeben, eine starke Belastung des Verhältnisses zwischen der Bundesrepublik und diesen Staaten sehen würde, beispielsweise auch den arabischen Staaten, und daß ich angesichts der bisherigen deutsch-arabischen Feundschaft eine solche starke Belastung dieser Freundschaft durch ein derartiges Verhalten arabischer Staaten auf das tiefste bedauern würde. Ich halte es aber für notwendig, Herr Kollege Professor Schmid, daß wir auch von der Fraktion aus diesen Standpunkt, daß wir unter keinen Umständen willens sind, die internationale Anerkennung der Zweistaatentheorie Moskaus hinzunehmen, noch einmal sehr deutlich kundtun, weil meines Erachtens ein Beispiel aus der Vergangenheit schreckt. Ich stehe auf dem Standpunkt, daß es im Jahre 1957 vielleicht nicht zu der diplomatischen Anerkennung Pankows durch Jugoslawien gekommen wäre, wenn sich die Judoslawen von vornherein über die deutsche Reaktion im klaren gewesen wären. ({2}) Das ist damals - ich will gar nicht untersuchen, von wem - versäumt worden. Offenbar herrschte in Belgrad ein falscher Eindruck, und man glaubte dort, es sich erlauben zu können, in diesem Punkte auf die sowjetische Deutschlandpolitik einzuschwenken. Daß dieser falsche Eindruck nicht wieder entsteht, war der Sinn meiner kurzen Intervention. ({3})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Wird in der allgemeinen Aussprache zum Einzelplan 05 noch das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Vizepräsident Dr. Jaeger Meine Damen und Herren, es liegen Änderungsanträge der Fraktion der SPD auf den Umdrucken 253 und 254 vor. Ich rufe den Antrag Umdruck 253 *) zu Kap. 05 02 - Allgemeine Bewilligungen -Tit. 302 - Pflege kultureller Beziehungen zum Ausland - auf. Das Wort hat der Abgeordnete Ritzel.

Heinrich Georg Ritzel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001860, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ganz kurz: Wir haben in dem Antrag Umdruck 253 gebeten, 100 000 DM bei Kap. 05 02 Tit. 302 bewilligen zu helfen, und zwar für Planungsarbeiten zur Errichtung des German Centre in London. Das ist ein Fall, der seit Jahren anhängig ist. Die Planungen im Auswärtigen Amt haben dazu geführt, daß man intern vorgesehen hat, nun irgend etwas zu tun. Aber ein bestimmter Entschluß ist nicht vorbereitet worden, bis auf einen Versuch, für sehr teures Geld ein Objekt zu mieten. Damit haben wir uns auch im Haushaltsausschuß befaßt, und das hat unsere Zustimmung nicht gefunden. Nun möchten wir aber aus dem derzeitigen Zustand heraus mit Rücksicht auf das echte Interesse, das für die Deutschen, die in London, überhaupt in England, sind, vorhanden ist, und mit Rücksicht auf die vielen Interventionen, die von -Gewerkschaften, vom Prinz von Preußen, von Gott weiß wem alle erfolgen, möchten wir einen Anfang gemacht wissen. Es ist geplant, etwas zu tun, und nun sollten wir wenigstens den ersten Startschuß dazu geben, indem wir für Planungsarbeiten 100 000 DM bewilligen. Ich bitte Sie, diesem Antrag zuzustimmen. Darf ich gleich den Antrag Umdruck 254 begründen?

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Bitte sehr! Das ist der Einfachheit halber ganz praktisch. Ich rufe dann auch den Antrag der SPD auf Umdruck 254 **) auf.

Heinrich Georg Ritzel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001860, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Beim Umdruck 254 handelt es sich um zwei Anträge. Der zweite Antrag - Förderung deutscher Hilfsvereine im Ausland - bezweckt die Erhöhung .des. Ansatzes in Tit. 314 von 350 000 DM um 150 000 auf 500 000 DM. Die Begründung liegt in der Tatsache, daß einige Hilfsvereine . - ich nenne hier insbesondere den Deutschen Hilfsverein in Paris - mit den verfügbaren Mitteln angesichts der starken Inanspruchnahme unter keinen Umständen auszukommen vermögen. Wir haben uns oft schon darüber unterhalten, was hier geschehen könne. Wir finden die Möglichkeit, den Ansatz um 150 000 DM aufzustocken, wenn wir zugleich bei Tit. 307 - Kosten der Kommissionen, Arbeitsdelegationen und internationalen Konferenzen usw. - den Betrag von 1 429 200 DM um 150 000 DM auf 1 279 200 DM kürzen. Ich bin sicher, daß der Titel bei vernünftiger Bewirtschaftung auch dann noch ausreicht und daß damit den deutschen Hilsvereinen im Ausland ein sehr wesentlicher Dienst geleistet würde. *) Siehe Anlage 6 **) Siehe Anlage 7

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Wird weiter das Wort gewünscht? - Herr Abgeordneter Dr. Conring!

Dr. Hermann Conring (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000336, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben uns im Haushaltsausschuß mit der Frage des German Centre in London beschäftigt, und zwar bei den Haushaltsberatungen 1963. Auch dort war Herr Kollege Ritzel derjenige, der warm für diese Angelegenheit eingetreten ist. Im Haushaltsausschuß, in dem ja eine sachliche Debatte die Regel ist, ist der Tatbestand, daß man ein solches Betreuungszentrum in London schaffen wolle, durchaus positiv gewürdigt worden. Aber alle Beteiligten, sowohl die Redner der einzelnen Fraktionen, die dazu Stellung genommen haben, als auch die Vertreter der Bundesregierung, haben zum Ausdruck gebracht, daß die Angelegenheit im Augenblick dieser Beratungen noch nicht entscheidungsreif sei. Der Haushaltsausschuß, der ja mit Zahlen zu operieren hat, kann sich natürlich nur schwer darauf einlassen, auch nur für Planungsarbeiten Geld bereitzustellen, wenn die Angelegenheit nicht entscheidungsreif ist. Im Haushaltsausschuß ist gerade auch die Frage, die Herr Kollege Ritzel soeben angeschnitten hat, ob man nicht 100 000 DM für Planungsarbeiten bewilligen solle, erörtert worden. Darauf ist erwidert worden - und ich glaube mit Recht -, daß mit 100 000 DM eigentlich wenig oder gar nichts ausgerichtet werden könnte, nicht einmal dann, wenn es sich um Planungsarbeiten handle. Und unser verehrter Herr Vorsitzender, den ich allerdings im Augenblick hier nicht sehe, hat nach dem Protokoll erklärt, daß er es nicht für vertretbar halte, einen solchen Betrag im Haushaltsplan zu veranschlagen. Unser Herr Vorsitzender gehört ja bekanntlich der Sozialdemokratischen Partei an. Es wäre deshalb nicht gut, wenn nach dieser sachlichen Debatte im Haushaltsausschuß dessen Beratungsergebnis jetzt umgestoßen würde, ohne daß eine Etatreife dieses Antrags gegeben ist. Ich würde daher vorschlagen, daß wir die Angelegenheit im Haushaltsausschuß, wozu wir in jedem Augenblick bereit sein würden, erörtern und daß wir sie dann entscheiden, wenn die Etatreife wirklich gegeben ist. Ich bitte deshalb meine Freunde und die Freunde der Koalitionspartei, diesen Antrag als nicht etatreif abzulehnen. Zu dem zweiten Antrag, den Herr Kollege Ritzel hier begründet hat, möchte ich nur wenige Sätze sagen. Es ist in der Tat so, daß die deutschen Hilfsvereine im Ausland gefördert werden, indem man ihnen Globalzuweisungen gibt. Diese Globalzuweisungen sind nicht daran geknüpft, daß ein Nachweis erbracht wird, daß die Vereine diese Globalzuweisungen auch wirklich benötigen. Jedem einzelnen Verein ist es überlassen, etwaige Nachforderungen beim Auswärtigen Amt anzumelden. Wir haben ja das Institut der über- und außerplanmäßigen Ausgaben, um etwaigen Notwendigkeiten dieser Art Rechnung zu tragen. Wir glauben deshalb nicht, daß es notwendig ist, die Globalzuweisungen an alle deutschen Hilfsvereine in dem Umfang zu verstärken, wie es Herr Kollege Ritzel vorschlägt. Im Einzelfall mag eine solche Verstärkung angebracht sein. In einem solchen Einzelfall kann dann auf die bezeichnete Art und Weise geholfen werden. Wir haben aber auch dagegen Bedenken, den Etatansatz der Position „Kosten der Kommissionen, Arbeitsdelegationen und internationalen Konferenzen" ausgerechnet im gegenwärtigen Stadium zu schwächen. Denn wir stehen vor einer Reihe von Tagungen von Kommissionen, Arbeitsdelegationen und internationalen Konferenzen. Wenn auch im Vorjahr dieser Titel nicht ganz ausgeschöpft worden ist, so müssen wir doch damit rechnen, daß er in diesem Jahr bei der Fülle derartiger Konferenzen ausgeschöpft werden wird, so daß es im Augenblick nicht gut wäre, zugunsten eines Titels, bei dem die Notwendigkeit der Erhöhung in dieser generellen Form angezweifelt werden kann, gerade diesen Titel für Kommissionen, Arbeitsdelegationen und internationale Konferenzen zu schwächen. Ich bitte daher die Freunde der Koalition, diesen Antrag ebenfalls abzulehnen. ({0})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Ritzel.

Heinrich Georg Ritzel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001860, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Meine Damen und Herren! Ich höre bei allem nur das Nein des Herrn Kollegen Dr. Conring. Wenn es so ist, Herr Kollege Conring, daß man bei den deutschen Hilfsvereinen im Ausland immer noch helfen kann, wenn die bereitstehenden Etatmittel nicht ausreichen, dann gilt das genauso - wir sind uns darüber einig - auch für den großen Titel für die Beschickung von Konferenzen, wenn die Mittel dort nicht ausreichen. Immerhin kann man dort viel mehr sparen als bei den armen Menschen, die von den Hilfsvereinen notdürftig über Wasser gehalten werden. Diese Tätigkeit der Hilfsvereine scheint mir doch das Wichtigere zu sein gegenüber dem anderen Ansatz. Ich möchte nun meinerseits einmal die verehrlichen Mitglieder der Christlich-Demokratischen Union bitten - ebenso die Damen und Herren der Demokraten -, zuerst an die Menschen zu denken, die von den Hilfsvereinen betreut werden, und dann erst an die Beschickung der Konferenzen. Vielleicht kann man bei dem Titel Konferenzen die Tagegelder und Reisekosten etwas einschränken. Dann kommt man mit dem verfügbaren Geld aus. Noch eine Bemerkung zu dem anderen Antrag, der das German Centre in London betrifft. Es ist richtig: der Kollege Schoettle hat als Mitglied des Haushaltsausschusses gegen den Antrag gestimmt. Er hat dabei seine persönliche Auffassung vertreten. Was ich Ihnen hier eben sagen durfte, ist die Auffassung der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Wird weiter das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich komme zur Abstimmung, zuerst über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 253 bezüglich Tit. 302 - Pflege kultureller Beziehungen zum Ausland -. Wer diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das zweite ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt. Ich komme zum Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 254. Kann ich über die Ziffern 1 und 2 gemeinsam abstimmen lassen? ({0}) - Ich lasse getrennt abstimmen, zunächst über Ziffer 1. Wer dem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe! - Das zweite ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt. Ich komme zu Ziffer 2. Wer zustimmen will, den bitte um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe! - Das zweite ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt. Das Wort wird nicht mehr gewünscht. Ich komme zur Abstimmung über den Einzelplan 05 in der Ausschußfassung. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen mit Mehrheit angenommen. Meine Damen und Herren, es ist vereinbart, daß mit dem Einzelplan 06 auch die Einzelpläne 31 und 36 gemeinsam aufgerufen werden. Demgemäß rufe ich auf Einzelplan 06 Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern ({1}) sowie Einzelplan 31 Geschäftsbereich des Bundesministers für Atomkernenergie ({2}), Einzelplan 36 Zivile Notstandsplanung ({3}). Wird zu Einzelplan 06 von dem Berichterstatter noch das Wort gewünscht? - Nein, dann danke ich dem Berichterstatter. Wird zu Einzelplan 31 oder Einzelplan 36 von den Berichterstattern noch das Wort gewünscht? - Das ist auch nicht ({4}).

Brigitte Freyh (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000584, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für die sozialdemokratische Bundestagsfraktion möchte ich einen Antrag auf Erhöhung von zwei Haushaltsansätzen aus dem Bereich der wissenschaftlichen Forschung und der Förderung von Wissenschaftsbauten begründen. Wenn ich mir diese Begründung leicht machen wollte, brauchte ich nur das zu zitieren, was früher *) Siehe Anlage 8 Frau Freyh ({0}) in diesem Hause von allen Seiten an überzeugenden und aufrichtigen Argumenten für die Förderung von Wissenschaft und Forschung vorgetragen worden ist. ({1}) Aber die Übereinstimmung im Grundsatz muß nicht immer notwendig zu gleichen Auffassungen in Inhalt und Form der Realisierung führen. Dais ist eine Binsenwahrheit und doch bedauerlicherweise auch für diesen Bereich zutreffend. Bei der Vorbereitung des Kulturhaushalts für das Haushaltsjahr 1963 sind jedoch neue Probleme hinzugekommen. Da ist zunächst das Verwaltungsabkommen zwischen Bund und Ländern. Die langjährigen Bemühungen, den Hilfen für Wissenschaft und Forschung eine größere Stabilität durch ein Verwaltungsabkommen zwischen Bund und Ländern zu sichern, sind kurz vor dem endgültigen Abschluß ins Stocken geraten. Die mühselig aufgebaute Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern auf diesen Gebieten ist damit in Gefahr, in den Strudel der Auseinandersetzungen über den Bundesanteil an der Einkommen- und Körperschaftsteuer zu geraten. Solche Entwicklungen wirken sich natürlich gerade in einer Übergangsperiode aus. Im Haushaltsausschuß des Bundestages ist in diesem Jahr sehr pointiert darauf hingewiesen worden, daß der Bund die langfristigen Ausgaben für eine Förderung der wissenschaftlichen Forschung ohne gesetzliche Grundlage und ohne eine Verwaltungsabmachung aufbringe. Die Bundesregierung kürzte den Haushaltsansatz für Wissenschaftsbauten gegenüber den Empfehlungen des Wissenschaftsrates, und die Mehrheit des Haushaltsausschusses konnte der Versuchung nicht widerstehen, Einsparungen für den gesamten Haushalt an den Ansätzen für die Max-Planck-Gesellschaft und die Deutsche Forschungsgemeinschaft zu erzielen. ({2}) Es ist noch nicht lange her, daß der Minister für wissenschaftliche Forschung an dieser Stelle betonte, die Anforderungen für die Wissenschaft würden von keiner anderen Staatsaufgabe an Dringlichkeit übertroffen, und wenn gespart werden müsse, dürfe die Wissenschaft nicht das erste Opfer sein. ({3}) Das war ein bemerkenswerter und zweifellos mutiger Satz. Es wird jedoch nicht nur von der Persönlichkeit des Bundesministers für wirtschaftliche Forschung abhängen, wie er mit den Problemen einer nachhaltigen Förderung von Wissenschaft und Forschung fertig werden wird. Man braucht dabei nur an das Organisationsproblem dieses Ministeriums zu erinnern. ({4}) Ich darf darauf hinweisen, daß sich der Kulturpolitische Ausschuß erst vor wenigen Tagen bei der Behandlung der Entschließungsanträge zur Wissenschaftsdebatte mit einem Bericht an den Bundestag gewandt hat. Danach soll der Bundeskanzler gebeten werden, durch einen Organisationserlaß den Arbeitsbereich des Bundesministeriums für wissenschaftliche Forschung so abzugrenzen, daß die Bearbeitung der mit der Förderung der wissenschaftlichen Forschung zusammenhängenden Fragen auf dieses Ministerium übertragen werde. ({5}) - Seit wann denn, Herr Kollege Martin? ({6}) - Das ist für uns natürlich eine Überraschung; das werden Sie verstehen können. ({7}) Darf ich trotzdem noch einmal sagen, daß das natürlich. eine Überraschung ist. Denn es sind immerhin fünf Monate vergangen, seit das Wissenschaftsministerium installiert ist, und ohne diese wichtige Voraussetzung ist zweifellos eine wirkungsvolle Arbeit nicht möglich gewesen. ({8}) Wenn wir heute für die Wissenschaftsförderung eine Erhöhung beantragen, so verbinden wir damit die Hoffnung, daß ein solcher Antrag nicht auch noch in den kommenden Jahren von uns immer wieder erneuert werden muß. Auf Umdruck 255 stellen wir unter der Ziffer 1 den Antrag, in Kap. 06 02, Titel 616, den Haushaltsansatz um 35 Millionen DM zu erhöhen. Dieser Betrag soll sich zu je 2,5 Millionen DM auf die Deutsche Forschungsgemeinschaft und die Max-Planck-Gesellschaft verteilen, 30 Millionen DM sind für die zusätzliche Förderung dringender Bedürfnisse der Wissenschaft, also für Wissenschaftsbauten, vorgesehen. Sie wissen, daß meine Fraktion in den Haushaltsberatungen immer wieder darum bemüht gewesen ist, die Bundeszuschüsse zu dem Ausbau der deutschen Hochschulen zumindest auf dem Stand zu halten, der den Empfehlungen des Wissenschaftsrats entsprach. Dazu veranlaßte uns auch die Auffassung, daß die Empfehlungen des Wissenschaftsrats nicht nur für die Landeskultusverwaltungen und Hochschulen, sondern auch für den Geldgeber eine gewisse Verbindlichkeit haben sollten. ({9}) Die Bundesregierung allerdings hat sich auch in diesem Jahr nicht in der Lage gesehen, den Empfehlungen des Wissenschaftsrats zu folgen. Diese Empfehlungen hatten beim Haushalt 1963 schon eine erhebliche Kürzung erfahren, bevor sie beim Bundesinnenministerium angemeldet wurden; denn es waren bereits Streichungen der ursprünglichen Anmeldungen der Landeskultusverwaltungen vorgeFrau Freyh ({10}) nommen worden. Die Bundesregierung selbst setzte dann nur einen Betrag von 220 Millionen DM in den Haushaltsplan 1963 ein. Wenn wir nun eine Erhöhung dieses Ansatzes um 30 Millionen DM beantragen, so tun wir das unter verschiedenen Gesichtspunkten. Bereits im Haushaltsjahr 1962 lag der Haushaltsansatz für Wissenschaftsbauten um 50 Millionen DM unter den Empfehlungen des Wissenschaftsrats. Hinzu kam, daß auch Wissenschaftsbauten unter die 20 %-Sperre nach § 8 des Haushaltsgesetzes fielen. Das führte dazu, daß lediglich Baumaßnahmen berücksichtigt werden konnten, für die bereits feste Auftragsvergaben oder Bindungsermächtigungen des Bundes gegenüber den Landeskultusverwaltungen bestanden. Das hieß, daß ein Teil der vorgeschlagenen Baumaßnahmen also gar nicht begonnen werden konnte. In diesem Jahr sind in den Empfehlungen des Wissenschaftsrates allein 210 Millionen DM für bereits begonnene Bauten vorgesehen. Wenn diese Baumaßnahmen auch im Jahre 1963 unter die Sperre des Haushaltsgesetzes fallen sollten - diese Sorge ist durch die Ablehnung des Haushaltsausschusses, die Wissenschaftsbauten aus den Bestimmungen des § 8 des Haushaltsgesetzes auszunehmen, zweifellos begründet -, würden diese Mittel nicht einmal ausreichen, um die Fortführung der bereits begonnenen Bauten zu sichern. ({11}) Die Planungen des Wissenschaftsrates sollen schließlich dazu führen, unsere bestehenden Hochschulen wieder arbeitsfähig zu machen. Dieses Ziel muß in absehbarer Zeit erreicht werden. Schon jetzt sind wir mit dem Ausbauprogramm ganz erheblich in Rückstand geraten. Wir halten es deshalb nicht für vertretbar, den von der Bundesregierung vorgeschlagenen Ansatz für die Baumaßnahmen an Hochschulen unverändert zu beschließen. Außerdem würden wir uns freuen, wenn Sie sich dazu entschließen könnten, auch unserem Erhöhungs- oder Wiederherstellungsantrag für die MaxPlanck-Gesellschaft und die Deutsche Forschungsgemeinschaft zuzustimmen. ({12})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hierzu hat ,der Abgeordnete Stoltenberg.

Dr. Gerhard Stoltenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002259, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag Umdruck 255 der sozialdemokratischen Fraktion beinhaltet Mehrausgaben von insgesamt 87 Millionen DM, davon, auf die wissenschaftlichen Titel bezogen, 85 Millionen DM Kulturausgaben. Unter Ziffer 1 finden wir die Hauptposition in Höhe von 35 Millionen DM, die soeben von meiner verehrten Vorrednerin begründet worden ist. Es ist zweifellos populär ({0}) und ehrenvoll, für die Wissenschaft zusätzliche Mittel zu fordern. Aber ich glaube, man muß diesen Antrag im Gesamtzusammenhang der Haushaltsund Finanzpolitik und auch der Wissenschaftspolitik sehen. Insofern ist es notwendig, daß wir doch einmal kurz auf die finanzpolitische Diskussion des Vormittags zurückkommen, wenn wir uns darüber verständigen wollen, was hier Aufgabe des Bundes ist und was nicht Aufgabe des Bundes ist. Diese Mehrausgaben, um die es hier in diesem Gesamtantrag, vor allem aber unter Ziffer 1 des Antrages, geht, über den wir diskutieren, sind praktisch ausschließlich Dotationen des Bundes an die Länder. Es geht bei dem Antrag unter Ziffer 1 zunächst nicht um eine Wiederherstellung der Regierungsvorlage; das ist vielmehr ein Antrag, der über die Regierungsvorlage hinausgeht. Andererseits haben wir heute morgen in der finanzpolitischen Diskussion gehört, daß die sozialdemokratische Fraktion die Einnahmeseite des Etats, wie er von der Bundesregierung vorgesehen und von der Mehrheit des Haushaltsausschusses beschlossen ist, in Frage stellt, daß sie in der Frage der Deckung den Standpunkt der Länder teilt, der Bundesanteil solle nicht über 38 % hinausgehen. Das heißt: Wir haben bereits bei dem vom Haushaltsausschuß vorgelegten Entwurf einen Fehlbetrag von 900 Millionen DM. Nun ist es sehr interessant, wenn man sich, um diese Anträge auf dem Hintergrund der finanzpolitischen Diskussion bewerten zu wollen, einmal verdeutlicht, welche Begründung denn die Länder für ihre Weigerung geben, dem Bund in seinen Forderungen entgegenzukommen. Das ist eine Begründung, die wir in verschiedenen Ländern hören, unabhängig von der parteipolitischen Konstellation, unabhängig davon, ob die Landesregierung aus CDU/CSU, SPD oder FDP gebildet ist. Wir hören hier seit dem vergangenen Jahr, daß die Steigerung des Bundesanteils nicht erforderlich sei, weil der Bund eben auf diese freiwilligen Dotationen, die er den Ländern außerhalb seiner verfassungsmäßigen Zuständigkeit gibt, verzichten könne, und die Länder, statt dem Bund das Geld zu geben, die Aufgaben übernehmen sollten. Ich darf immerhin darauf verweisen, daß wir gerade zu den drei ersten Punkten des Antrages im vergangenen Jahr einen Vorschlag des Bundesrates - einstimmig bis auf das Land Bremen - angenommen haben, in dem die Streichung wesentlicher Ansätze bei diesem Titel im Bundeshaushalt vorgeschlagen war, um eine Erhöhung des Bundesanteils an der Einkommen- und Körperschaftsteuer zu vermeiden. Ich würde doch vorschlagen, daß die Opposition sich, bevor Kritik an der Bundesregierung und an der Mehrheit dieses Hauses von seiten der Opposition geübt wird, auch in dieser Frage einmal mit ihren Ländervertretern über das verständigt, was der Bund tun soll und was nicht. Wenn Sie dem Bunde von vornherein nur 38 % konzedieren wollen, gefährden Sie im Grunde die Möglichkeit des Bundes, diese freiwilligen Aufgaben, die er zweifellos außerhalb seiner streng verfassungsmäßigen Zuständigkeit aus gutem Grunde übernommen hat, in dem bisherigen Maße weiter wahrzunehmen. Ich darf darauf verweisen, daß die Vorstellung, der Bund möge auf diese Aufgaben verzichten, noch keineswegs aus der öffentlichen Diskussion über den Steuerschlüssel verschwunden ist. Man muß diesen Zusammenhang mit den finanzpolitischen Auffassungen der Sozialdemokratie sehen, wenn man den realen Gehalt der Anträge bewerten will. Der Herr Kollege Ritzel hat heute morgen vorgeschlagen - er hat einige Titel aus dem Wissenschaftsbereich zitiert, z. B. die Bautitel aus dem Atomministerium, die immerhin bei 300 Millionen DM liegen -, diese Lücke damit zu schließen, daß man Ansätze in den außerordentlichen Haushalt überträgt. Dieses Verfahren wäre gerade für die Wissenschaft äußerst bedenklich. Denn der Antrag, den Sie zum Haushaltsgesetzentwurf eingebracht haben, der Haushaltsausschuß möge über die Reihenfolge der Bedienung des außerordentlichen Haushalts entscheiden, zeigt doch, daß Sie im Grunde nicht das volle Vertrauen haben, die Deckung dafür mit Sicherheit in vollem Umfang zu finden. ({1}) Das bedeutet, Herr Kollege Schäfer, daß Sie, wenn Sie zwar die Wissenschaftstitel optisch erhöhen, aber zu einem wesentlichen Teil - etwa die Bautitel aus dem Atomministerium - in den außerordentlichen Haushalt hinübernehmen, im Grunde die Bedienung dieser Titel in wesentlich stärkerem Maße gefährden, als wir es mit den realistischen Ansätzen des Haushaltsausschusses tun. ({2}) Ich darf Ihnen sagen, Herr Kollege Ritzel, daß die wissenschaftlichen Organisationen selbst, sowohl die deutsche Atomkommission wie der Wissenschaftsrat, gegen solche Erwägungen, die entscheidenden Wissenschaftsmittel in den außerordentlichen Haushalt einzusetzen, ganz erhebliche Bedenken geäußert haben. ({3}) Ich bin der festen Überzeugung, daß sich hier ein Sturm der Entrüstung erheben würde, wenn wir diesem Vorschlag, der heute vormittag gebracht wurde, folgen würden. Ich glaube, es ist richtiger, gesicherte Titel für Wissenschaft und Forschung im ordentlichen Haushalt zu haben, als optische Erhöhungen vorzunehmen, deren Bedienung bei der von Ihnen vorgesehenen Konstruktion des Haushaltsausgleichs in höchstem Maße fraglich wäre. - Das möchte ich zum ersten Teil sagen. Zum zweiten Teil darf ich darauf hinweisen, daß es in der öffentlichen Diskussion - Herr Kollege Vogel hat bereits heute morgen darüber gesprochen - über die Bundesleistungen für Kultur, Wissenschaft und Forschung immer wieder falsche Töne und falsche Zungenschläge gibt, an denen vielleicht manche Äußerungen aus den Reihen der Opposition nicht schuldlos sind. Es wird immer wieder - wir haben das auch eben hier gehört - von Kürzungen und Streichungen gesprochen. Ich möchte, bevor wir uns über diese 87 oder 35 Millionen DM eingehender unterhalten, zunächst einmal sehr deutlich herausstellen, daß wir auch in diesem Jahr gegenüber dem Vorjahr eine außerordentlich starke Steigerung der Bundesleistungen für Wissenschaft und Forschung zu verzeichnen haben. ({4}) Der Bundesfinanzminister hat - Herr Kollege Ritzel, Sie kennen diese Vorlage - dem Haushaltsausschuß eine Zusammenstellung sämtlicher Mittel für Wissenschaft und Forschung überreicht - Drucksache 389 des Haushaltsausschusses vom 19. Februar -, die der Bund gibt. Er kommt hier bei einer - ich gebe das ohne weiteres zu - sehr weitgehenden Einbeziehung verschiedener Titel, etwa Wehrforschung und Erprobung, die zur Wissenschaft im weitesten Sinne gehören, zu dem Ergebnis, daß die Ansätze für Wissenschaft und Forschung von 1,38 Milliarden DM im vergangenen Jahr auf 1,935 Milliarden DM im Jahre 1963 gestiegen sind. Das heißt, wir haben nach dieser Unterlage des Bundesfinanzministers, die bei den Beratungen im Haushaltsausschuß von niemandem in Frage gestellt wurde, bereits eine Steigerung um 550 Millionen DM. ({5}) Wenn Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, den einen oder anderen Beschluß -21/2 Millionen DM für die Forschungsgemeinschaft und für die Max-Planck-Gesellschaft - kritisieren, dann wollen wir uns über diesen Sachverhalt gern mit Ihnen unterhalten.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Hermsdorf?

Dr. Gerhard Stoltenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002259, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ja.

Hans Hermsdorf (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000883, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Stoltenberg, sind Sie nicht der Auffassung, daß bei einem Haushalt von 57 Milliarden DM bei einem Schwerpunkt, wie ihn die Wissenschaft darstellt, Gesamtanträge der Opposition in Höhe von 150 Millionen DM ein sehr bescheidener Beitrag sind? ({0})

Dr. Gerhard Stoltenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002259, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Wenn Sie einen besseren Deckungsvorschlag gemacht hätten, Herr Hermsdorf, dann wären wir sicher in eine ernste Prüfung dieser Frage eingetreten. Aber von dem habe ich bisher noch nichts gehört. ({0}) - Wenn wir einen ernsthaften Deckungsvorschlag gehört hätten, Herr Kollege Schoettle, der uns überzeugen würde, dann wären wir durchaus in eine ernsthafte Prüfung dieser Frage eingetreten. Ich möchte Ihnen sagen, daß wir bereits eine Steigerung der Mittel um 550 Millionen DM haben. Ich halte es nicht für richtig, wenn auch in diesem Hause immer von Kürzung und Steigerung gesproDr. Stoltenberg chen wird; das entspringt im Grunde einer falschen Betrachtung. Es hat sich nämlich eingebürgert, wenn der Haushaltsausschuß bei irgendeinem Titel gegenüber der Regierungsvorlage eine geringfügige Reduzierung vornimmt, den Eindruck zu erwecken, als würden die Mittel für die Wissenschaft oder auch für den Verkehr oder das Gesundheitswesen oder was sonst gekürzt, während der einzig mögliche Vergleichspunkt nur die Ansätze des Vorjahres sind. ({1}) Ich möchte Ihnen das am Beispiel der Max-PlanckGesellschaft verdeutlichen, um die es in diesem Antrag geht. Wir hatten für die Max-Planck-Gesellschaft nach der ursprünglichen Regierungsvorlage einen Betrag von 37 Millionen DM vorgesehen. Wir haben aus Gründen, die ich kurz anführen möchte, eine Reduzierung des Bundeszuschusses um 21/2 Millionen DM auf 34,5 Millionen DM vorgesehen. Das ist aber gegenüber dem Vorjahresbetrag von 23 Millionen DM immer noch eine Steigerung um fast 50 % in einem Jahr. Man möge doch einmal aufhören zu sagen, der Max-Planck-Gesellschaft oder der Wissenschaft würden die Mittel gekürzt, wenn wir als Mitglieder des Parlaments im Hinblick auf die Regierungsvorlage unser normales Recht, unsere Pflicht zur Prüfung und Entscheidung wahrnehmen. Ich möchte Ihnen einmal sehr deutlich etwas dazu sagen. Ich bin auch beruflich dem Hochschulbereich verbunden. Ich stelle fest, daß diese jahrelange Irreführung - die nicht in erster Linie von Ihnen ausgeht, sondern vielleicht von manchen anderen Kräften in der Öffentlichkeit - über die realen Staatsleistungen für Wissenschaft und Forschung, über die Steigerung dieser Mittel, zum Teil ganz negative psychologische Wirkungen gerade in den Kreisen der jungen Wissenschaftler hervorgerufen hat, die natürlich nicht in dem Maße wie wir mit Haushaltsund Finanzfragen befaßt sind. Sie können zum Teil sehr groteske Ausführungen als Folge einer jahrelangen irrigen Berichterstattung über diese Dinge in der Öffentlichkeit hören. ({2}) Das, was man den „zweiten Mößbauer-Effekt" nennt, nämlich die Abwanderung einer großen Zahl von jungen Wissenschaftlern, hat unter anderem auch in diesen Dingen ihre Ursache. ({3}) Insgesamt stehen also - ich möchte das sehr deutlich sagen - für Wissenschaft und Forschung nach unseren Beschlüssen mehr Mittel zur Verfügung als nach den Vorschlägen der Regierung. Die Regierung hat nämlich durch Kabinettsvorlage gegen Schluß der Etatsberatungen auf Grund der Deckungsschwierigkeiten für den Haushalt eine globale 6%ige Kürzung der Haushaltsansätze vorgeschlagen. Wir haben diese globale 6%ige Kürzung durch gezielte Streichungen weitgehend - weitgehend, nicht völlig, würde ich sagen - ersetzt und haben bewußt die wesentlichen Wissenschaftstitel davon ausgeenommen, so daß wir statt einer vom Kabinett vorgeschlagenen 6%igen Kürzung lediglich eine Kürzung um etwa 1 % bei den Wissenschaftstiteln haben. Ich halte das für ein ausgezeichnetes Ergebnis, wenn man die unerhörten Schwierigkeiten beim Haushaltsausgleich bedenkt. ({4}) Ich möchte zum Abschluß meiner Ausführungen noch etwas zu den drei konkreten Punkten bemerken, um die es hier geht. Hier ist eine Steigerung der Mittel für die Hochschulen um 30 Millionen DM von 220 Millionen DM auf 250 Millionen DM vorgeschlagen. 'Die Regierungsvorlage hatte 220 Millionen DM vorgesehen. Wir sind ihr gefolgt. Ich möchte auch hier einmal ganz deutlich feststellen, daß wir als Folge der Bemühungen von Bund und Ländern auf Grund der Empfehlungen des Wissenschaftsrates, seiner Planungsarbeiten, eine ganz wesentliche Vermehrung der Mittel für die Hochschulen zu verzeichnen haben. Wir geben heute an Investitionsmitteln für Hochschulbauten einschließlich Grunderwerb über 700 Millionen DM von Bund .und Ländern, statt 450 Millionen DM im Jahre 1960, statt 300 Millionen DM im Jahre 1958. Allerdings haben sich die Relationen zwischen Bund und Ländern etwas verschoben. Wir hatten noch vor einigen Jahren ein Verhältnis von etwa 50 : 50. Wir haben in der Tat heute, Frau Kollegin Freyh, einen Länderanteil von 70 % und einen Bundesanteil von 30 %. Das ist richtig. Aber wir halten diese Entwicklung für berechtigt; denn die Länder sind Träger der Hochschulen und dafür nun einmal nach der Verfassung klar zuständig. Die ;Finanzkraft von Bund und Ländern hat sich in den letzten Jahren so sehr zuungunsten des Bundes entwickelt, daß die Länder - Sie haben die Streichung der Bundesmittel beantragt; wir haben sie abgelehnt - in etwas stärkerem Maße das Schwergewicht bei diesen ihren eigenen Aufgaben wahrnehmn sollen und wir mit steigenden Mitteln eine ergänzende Finanzierung geben. ({5}) Ich halte es für falsch - das muß ich sehr offen sagen -, daß die Empfehlung des Wissenschaftsrates hier politisch gegen uns ausgespielt wird. Der Wissenschaftsrat hat Empfehlungen in der Größenordnung etwa des Gesamtbetrages gegeben. Diese Empfehlungen werden realisiert, allerdings in einer etwas anderen finanziellen Relation zwischen Bund und Ländern, als es den Herren des Wissenschaftsrates vor einiger Zeit vorschwebte. Ich möchte aber offen sagen, daß das eine finanzpolitische Entscheidung ist, für die die Kompetenz zweifellos in der Zuständigkeit dieses Hauses, der Landtage und der Regierungen liegt. Insofern sind wir den sachlichen Erfordernissen des Wissenschaftsrates gerecht geworden. Ich will Ihnen gegenüber nicht bestreiten, daß uns diese Sperrklausel nach § 8 etwas Kopfzerbrechen bereitet hat.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Frede?

Dr. Günter Frede (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000575, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Stoltenberg, ist Ihnen nicht bekannt, daß in dem Länderabkommen zwischen Bund und Ländern eine Fifty-FiftyVerteilung vorgesehen ist?

Dr. Gerhard Stoltenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002259, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ist Ihnen nicht bekannt, daß dieses Abkommen am Widerspruch einiger Länder gescheitert ist? ({0}) Ich möchte sagen: zunächst gescheitert ist. Ich möchte mich gern berichtigen. Wir hoffen, daß es noch zustande kommt. Und zweitens: wir haben Wert darauf gelegt, und die Regierung hat es aufgenommen, daß eine Zusatzbestimmung kommt, in der klargestellt wird, daß diese Fifty-Fifty-Verteilung eine Grundfinanzierung ist und ergänzende 'finanzielle Leistungen von den Ländern, insbesondere den finanzstarken Ländern, erwartet werden. Das ist - es ist etwas anders formuliert, als ich es sage - ein Bestandteil dieses Abkommens, widerspricht also nicht dem, was ich hier ausgeführt habe. Diese Sperrklausel nach § 8 hat uns etwas Kopfschmerzen bereitet; ich bestreite das gar nicht. Wir haben allerdings keinen Weg gesehen, von der Regierungsvorlage abzuweichen, die aus konjunkturpolitischen Gründen diese 20 %ige Sperre vorgeschlagen hat; denn jede Abweichung und jede Änderung des Textes hätte mit tödlicher Sicherheit zu weiteren Berufungsfällen geführt und damit zu einer völligen Annullierung dieser Klausel. Wir sind aber insofern beruhigt, als der Finanzminister nach § 8 des Haushaltsgesetzes die Möglichkeit hat, diese gesperrten Mittel jedenfalls teilweise freizugeben, wenn die konjunkturpolitische Situation es erfordert. Wir werden durch einen Entschließungsantrag in der dritten Lesung als Koalitionsfraktion den Finanzminister ausdrücklich auffordern, in jedem Fall, in der die Entwicklung des Baugeschehens die Bereitstellung zusätzlicher Mittel erforderlich macht, von dieser Ermächtigung für die Wissenschaftsbauten Gebrauch zu machen. Sie wissen aber genauso gut wie ich, daß durch die verspätete Bausaison in diesem Frühjahr heute niemand sagen kann, ob die vorgesehenen Bauplanungen wirklich voll realisiert werden können. Ich glaube, das muß zu diesem Sachverhalt einmal gesagt werden. Unter den, ich möchte nicht den Ausdruck „Kennern" gebrauchen, er wirkt vielleicht etwas falsch, aber unter den genauer Orientierten ist es im Grunde kein Geheimnis - Sie können das auch in Fachzeitschriften und anspruchsvollen Zeitungen immer wieder lesen -, daß heute das entscheidende Problem beim Ausbau der bestehenden Hochschulen im Grunde nicht die Bereitstellung der Mittel ist, sondern die Frage der Bauplanung, der Baukapazität und eine Reihe von anderen Dingen, die im Bereich der Wissenschaft liegen. Ich darf Sie, Herr Kollege Frede, an den Artikel - Sie haben ihn sicher gelesen - von Frau Brigitte Beer über die Göttinger Universität in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" erinnern, wo das vor wenigen Wochen deutlich ausgesprochen wurde. Wie sieht es mit der Deutschen Forschungsgemeinschaft aus? Auch hier erfolgte eine Erhöhung der Mittel gegenüber dem Vorjahr von 63 auf 67,5 Millionen DM, obwohl die Länder für diese Gemeinschaftseinrichtungen nur 28 Millionen zur Verfügung gestellt haben. Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen, es wäre eine dankbare Aufgabe für Sie, einmal auf Ihre Hessische Regierung einzuwirken, daß auch sie - ich hörte, daß auch dort erhebliche Schwierigkeiten bestehen - ({1}) - Ich spreche Sie deshalb an, weil Sie mir einige freundliche Zwischenrufe widmeten. Ich weiß, daß auch dort Schwierigkeiten bestehen in der Bereitschaft, zusätzliche Mittel zur Verfügung zu stellen. Ich darf das von Herrn Frede erwähnte Abkommen zitieren; dort ist eine Finanzierung zu je 50 % vorgesehen, und wir haben heute eine Relation Bund-Länder von 67,5 Millionen zu 28 Millionen. Hier geht es also darum, daß die Länder ihre Beiträge entsprechend verstärken, damit wir zu ,dieser ausgewogenen Relation kommen. Bei der Max Planck-Gesellschaft haben wir eine Erhöhung um 50 %. Die Mittel hier sind von der Bausperre ausgenommen, wie ich gehört habe, weil es sich um laufende Vorhaben handelt. Infolgedessen hielten wir diese geringfügige Kürzung, die bei 6 % bleibt, für vertretbar. Ich habe damit zu den Anträgen Stellung genommen. ({2}) - Das ist noch nicht begründet worden, Herr Kollege Martin. Ich möchte zum Honnefer Modell nichts sagen, weil von dem Antragsteller noch zur Begründung gesprochen wird. - Ich habe zu den ersten Anträgen hier Stellung genommen. Ich darf sehr deutlich darauf hinweisen, daß die Zahlen, die wir hier genannt haben, klarmachen, daß der Bund trotz seiner schweren finanzpolitischen Belastungen, trotz der Ansprüche der Länder, diese Aufgaben weitgehend zu übernehmen, seine Leistungen für Wissenschaft und Forschung in diesem Jahr um über eine halbe Milliarde DM gesteigert und damit seine Entschlossenheit bekundet hat, den möglichen und notwendigen Beitrag zur Meisterung dieser wichtigen Zukunftsaufgaben zu leisten. Das sollte man anerkennen, selbst wenn es dann in Fragen von sekundärer Bedeutung gewisse Meinungsverschiedenheiten in diesem Hause gibt. ({3})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Wir stehen noch in der Diskussion über den Antrag Umdruck 255 Ziffer 1. - Das Wort hat der Abgeordnete SchmittVockenhausen.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002033, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Man spricht vergebens viel, um zu versagen; der andere hört vor allem nur das Nein." ({0}) Herr Kollege Stoltenberg, ich wollte Sie wieder auf den eigentlichen Kern unserer Auseinandersetzung zurückführen. Es geht hier nicht darum, ob mehr genehmigt werden soll, sondern darum, daß genehmigt wird, was notwendig ist, und was notwendig ist, hat die Frau Kollegin Freyh genau begründet. Sie haben auch gar nicht bestritten, daß diese Erhöhung notwendig ist. Vielmehr ist aus Ihren Ausführungen klargeworden, 'daß, das, was die sozialdemokratische Bundestagsfraktion gefordert hat, im Grunde erforderlich ist. Nun haben Sie gesagt: Ja, aber das sind Mehrausgaben; wir haben ohnehin schon eine schwierige Haushaltslage. Herr Kollege Stoltenberg, bei einem Haushalt von 57 Milliarden und allein 2,4 Milliarden DM Nachschiebelisten darf man bei einem Antrag auf Erhöhung um 35 Millionen DM nicht an diesem Antrag die ganze Haushaltsfrage aufhängen. Nun haben Sie auch noch so schön gesagt, es sei populär und ehrenvoll, für die Wissenschaft etwas zu fordern. Herr Kollege, von dem, was populär und ehrenvoll ist, machen Sie beim Fordern sehr viel Gebrauch; aber wenn Sie die Konsequenzen ziehen sollen, lehnen Sie das ab, und darum geht es hier doch. ({1}) Sie können doch nicht ernsthaft glauben, daß die Herren beim Wissenschaftsrat und damit alle beteiligten Kreise der Wissenschaft Verständnis dafür haben, daß hier die Frage des Verhältnisses von Bund und Ländern herangezogen wird, um damit die Ablehnung dieses Antrags auf eine geringe Erhöhung zu begründen. Hier kommt es darauf an, daß Sie etwas ablehnen, von dem der Herr Dr. Martin und auch alle anderen von Ihnen genau wissen, daß es notwendig ist. Wir würden die Ablehnung unseres Antrags sehr bedauern.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dresbach?

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002033, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Bitte.

Dr. Dr. h. c. August Dresbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000419, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sind Sie der Meinung, daß die hohen Herren vom Wissenschaftsrat davon entbunden sind, das deutsche Verfassungsrecht zu kennen?

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002033, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Entschuldigen Sie, Herr Kollege Dresbach, die Herren sind davon nicht entbunden, genausowenig wie wir alle entbunden sind, die wir seit Jahren in dieser Form die Wissenschaft unterstützt haben. Sie können die Institutionen jetzt nicht hängenlassen und das Verhältnis Bund - Länder in diese Frage hineinbringen, sondern Sie müssen sich heute und jetzt positiv entscheiden. ({0})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnet Dorn.

Wolfram Dorn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000409, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich verstehe durchaus, Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen, daß Sie sich sehr temperamentvoll dafür einsetzen, daß die Forderungen des Wissenschaftsrates erfüllt werden sollen. Aber das ist ja nicht die entscheidende Frage. Wir sehen das anders. Sie sagen: „All das, was erhöht worden ist und was mehr an Mitteln zur Verfügung steht, interessiert uns gar nicht; entscheidend sind jetzt diese beiden Dinge, die wir beantragen, und die müssen erfüllt werden, sonst erfüllen Sie nicht die Forderungen des Wissenschaftsrates." ({0}) Auf diese kurze Formel gebraucht, Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen, kann man natürlich die Frage - ({1}) - Nein, nur ein Zeitrafferverfahren zu dem, was Sie hier vorgetragen haben. ({2})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Herr Abgeordneter Schmitt-Vockenhausen, der Ausdruck bewegt sich mindestens an der Grenze des parlamentarisch Zulässigen; ich habe das Gefühl, Sie bereuen ihn selbst. - Bitte sehr, Herr Abgeordneter.

Wolfram Dorn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000409, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Da kann ich mir die Entgegnung ersparen. In letzter Konsequenz geht es darum, daß wir nüchtern erkennen müssen, welche Möglichkeiten wir haben, das Wissenschaftsministerium in der Form auszubauen, wie uns das vorschwebt, und welche Mittel wir in welchem Zeitraum und in welchen Zeitabständen bewilligen können, um den Erfordernissen der Technik und der Wissenschaft Rechnung zu tragen. Nun kann man durchaus verschiedener Meinung darüber sein, ob das eine in diesem Jahr vorgezogen werden muß und das andere noch ein oder zwei Jahre Zeit hat. Aber das ist keine Frage, die man heute so hart auf die Probe stellen sollte und bei der man etwa sagen sollte: Das muß sofort vorgezogen werden. Wir haben im Bereich der Technik und der Wissenschaft so viele Entwicklungstendenzen in der Vergangenheit leider in mancher Beziehung schleifen lassen, daß wir heute nicht alles auf einmal nachholen können. Insbesondere begrüßen wir deshalb, daß das Wissenschaftsministerium durch die Entscheidung des Bundeskabinetts nunmehr - eigentlich jetzt erst - einigermaßen vollständig geworden ist und daß wir jetzt auch die Möglichkeit haben, in diesem Hause durchzuplanen, was zu geschehen hat. Ich will jetzt nicht noch einmal auf das eingehen, was der Kollege Stoltenberg hier vorgetragen hat, welche erheblichen Erhöhungen in einer Reihe von Positionen für dieses Haushaltsjahr vorgezogen worden sind, um damit bestimmte Ansätze vorab zu erledigen. Aber eines ist doch klar: daß dieses Wissenschaftsministerium in letzter Konsequenz nicht nur ein Teilfinancier der kulturpolitischen Hoheitsaufgaben der Länder und der Förderungsmaßnahmen der Wissenschaft und Technik sein kann, sondern auch eine andere, ganz besondere Aufgabe hat, deren negative Auswirkungen der Herr Kollege Stoltenberg angesprochen hat, als er nämlich die Probleme angeschnitten hat, die sich in den letzten Jahren infolge der Flucht junger Wissenschaftler in die ausländischen Institute abgezeichnet haben. Ich meine, wir sollten hier eine der Aufgaben sehen, die in den nächsten Jahren dringend gelöst werden müssen. Es genügt also nicht, daß wir die Zahl der Verwaltungsbeamten und der Angestellten im Ministerium und in den Instituten verstärken, vielmehr müssen wir uns vernünftige und realisierbare Vorschläge überlegen, um junge wissenschaftliche Nachwuchskräfte mit entsprechenden Arbeitsmöglichkeiten in den Instituten zum Zuge kommen zu lassen, so daß sich auch manche der Diskussionen, wie sie sich in den letzten Monaten wegen der Tätigkeit deutscher Wissenschaftler im Ausland ergeben haben, dadurch erledigen, daß wir unseren Wissenschaftlern Arbeitsmöglichkeiten in ausreichendem Maße in unserem eigenen Lande bieten. ({0})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Wird zu Ziffer 1 des genannten Antrags noch das Wort gewünscht? - Ich schlage Ihnen vor, daß wir nach der Aussprache jeweils über die einzelnen Ziffern abstimmen. Dann weiß jedes Mitglied des Hauses, worüber abgestimmt wird. Das Wort wird nicht mehr gewünscht. Ich lasse also über Ziffer 1 des Umdrucks 255 - Änderungsantrag der Fraktion der SPD - abstimmen. Die Ziffer 1 betrifft Kap. 06 02 Tit. 616. Wer dem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das zweite war die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt. ({0}) - Enthaltungen, bitte sehr! - Keine Enthaltung. Ich rufe Ziffer 2 auf und erteile das Wort zur Begründung dem Abgeordneten Kübler.

Dr. Paul Kübler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001239, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Namen der SPD-Fraktion beantrage ich Streichung des Sperrvermerks zu Tit. 657 a) - Studentenförderung - und Erhöhung des Ansatzes um 10 Millionen DM. Der Prozentsatz der durch das Honnefer Modell geförderten Studenten ist in den letzten Jahren tatsächlich abgesunken und liegt an einzelnen Universitäten heute sogar unter 10 %. Der Grund dafür, daß die Bundesmittel im Vorjahresansatz nicht voll in Anspruch genommen wurden, lag in der bisherigen Begrenzung der Freibeträge für das Einkommen der Eltern. Bisher konnten nur Studenten gefördert werden, deren Eltern weniger als 510 DM oder deren verwitwete Mutter weniger als 350 DM Monatsverdienst hatte. Dadurch wurden im letzten Jahr in der Hauptförderung nur noch 8000 Studenten mit dem vollen Betrag von 245 DM unterstützt, während etwa 24 000 weitere Studenten in der Anfangs- und Hauptförderung nur Teilbeträge von manchmal bloß 20 DM monatlich erhielten. Ich möchte hier nicht mehr besonders darauf hinweisen, obwohl der heutige Diskussionsbeitrag von Herrn Dr. Vogel einen sehr wesentlichen Anhaltspunkt dafür gab, daß der Betrag von 250 DM nicht mehr für ein Studium ausreicht, sondern ich möchte mich nur auf diejenigen Feststellungen beschränken, die im Kulturpolitischen Ausschuß nach langen Beratungen einheitlich getroffen worden sind. Wir brauchen eine stärkere Ausweitung dieses Förderungsbetrages. Die Grenze von 510 DM bei den Eltern muß also wesentlich erhöht werden. Wir wissen aus der Statistik, daß kaum noch Eltern das Studium ihrer Kinder aus Vermögensveräußerung finanzieren, sondern daß praktisch alle Studenten heute auf das laufende Einkommen ihrer Eltern angewiesen sind. Eine Familie mit zwei Kindern, die 1000 DM Monatseinkommen hat, kann unmöglich beide Kinder studieren lassen. Das würde sie im Monat ungefähr 600 DM kosten. Und sie läßt sie auch nicht studieren, da sie auf Grund der bisherigen Freibeträge keine Förderung erhalten kann. Das geht in der Regel zu Lasten der begabten Töchter. Familien mit zwei Kindern, die auch die Tochter studieren lassen, haben in der Bundesrepublik ein Durchschnittseinkommen von 1800 DM monatlich. Der Ausschuß für Kulturpolitik und Publizistik kam deshalb einstimmig zu dem Ergebnis, daß die Freibeträge zu erhöhen sind. Er befindet sich dabei in Übereinstimmung mit der Westdeutschen Rektorenkonferenz, mit dem Verband Deutscher Studentenschaften und dem Deutschen Studentenwerk. Der Freibetrag soll für alleinstehende Witwen von 350 auf 450, für das Elternpaar von 510 auf 725 DM und für jedes unversorgte Kind von 170 auf 200 DM erhöht werden. Der Bundesanteil an der Finanzierung dieser wichtigen und im Ausschuß gemeinsam beschlossenen Aufgabe kann aber nach den Streichungen und der vorgesehenen Sperre nicht mehr gegeben werden, wie besonders auch aus dem Protokoll über die Beratungen des Haushaltsausschusses hervorgeht. Das in sechs Jahren gewachsene kulturpolitische Gefüge der Studienförderung gemeinsam durch Bund und Länder sollte erhalten bleiben und nicht durch die zu geringen Ansätze beim Bund gefährdet werden. Die bisherige Mitwirkung des Bundes halte ich im Gegensatz zu Ihnen, Herr Dr. Stoltenberg, nicht für eine Dotation des Bundes an die Länder. Ich sehe sogar nicht einmal die grundsätzliche Bedeutung bei der Finanzierung der Studienförderung, sondern bei der Richtliniengebung. Wenn nun durch die Streichung der Bundesmittel eine einheitliche Verbesserung der Studienförderung nicht mehr möglich ist, wird in absehbarer Zeit die Freizügigkeit der Studenten gefährdet. Dem Studenten muß es aber weiterhin freistehen, nacheinander an mehreren Universitäten und auch außerhalb seines Bundeslandes studieren zu können, ohne unterschiedliche Förderungsgrundsätze oder gar den Verlust der Förderung befürchten zu müssen. Wir haben heute gehört und wissen ja, daß der Bund in den letzten Jahren, grob geschätzt, immer 500 Millionen DM für die wissenschaftlichen Institutionen ausgegeben hat und in der Zukunft einen wesentlich höheren Betrag für neue Investitionen ausgeben will. Angesichts dieser Ausgaben, die wir für die Zukunft leisten, müßten Sie sich aber doch, meine Damen und Herren, dazu durchringen können, diese 10 Millionen DM für die Menschen bereitzustellen, die durch das Studium unter Verzicht auf ein eigenes Einkommen vor dem 30. Lebensjahr ihre eigenen Eltern in Not bringen; denn diese Studenten brauchen wir alle, Staat, Gesellschaft und Wirtschaft, dringend. ({0})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Stoltenberg.

Dr. Gerhard Stoltenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002259, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es gibt gewisse Debatten, die sich jedes Jahr wiederholen. Dazu gehört auch die Debatte zu diesem Punkt. Es ist nicht erstaunlich, daß bei dieser Wiederholung die Argumente im Grunde schon bekannt und nicht mehr allzu neu sind. Ich würde sagen: die Argumente pro, vielleicht auch die Argumente contra. Ich darf daran erinnern, daß die SPD hier auch im letzten Jahr Bedenken vorgetragen und die Frage aufgeworfen hat, ob der Ansatz des vergangenen Jahres ausreiche. Wir haben uns nun, wie das unsere Pflicht ist, bei den Etatberatungen im Ausschuß dieses Jahr nach dem Ist erkundigt und festgestellt, daß nach den geltenden, zwischen Bund und Ländern vereinbarten Richtlinien auch im vergangenen Jahr ein Restbetrag von 13, 14 Millionen DM aus den Bundesmitteln vorhanden war, der nicht ausgegeben worden ist, so daß jedenfalls die Diskussion des Vorjahres zu unseren Gunsten entschieden wurde. Ich möchte nun zur Situation in diesem Jahr folgendes sagen: Eis ist völlig zutreffend - ich darf hier meinem Vorredner beipflichten -, daß die Einkommensentwicklung zu einem verhältnismäßig starken Rückgang des Prozentsatzes der Geförderten geführt hat. Man kann allerdings verschiedener Meinung darüber sein, db dieser Prozentsatz unbedingt etwas Starres ist. Der steigende Wohlstand, die erfreuliche Besserung der wirtschaftlichen Situation großer Schichten unseres Volkes kann, natürlich dazu führen, daß auch die Möglichkeit der Familie, etwas mehr für die Ausbildung der Kinder zu tun, also der Bereich der Eigenverantwortung wächst. Ich stimme Ihnen trotzdem zu. Es gibt ja auch andere Komponenten. Es gibt das Steigen der Lebenshaltungskosten gerade in den Universitätsstädten, daß Problem der Mieten usw. Aus diesen Gründen sind wir uns durchaus dahingehend einig - Sie haben einen einstimmigen Beschluß des Kulturpolitischen Ausschusseis zitiert -, daß man eine Überprüfung der Freibeträge vornehmen soll. Dafür gibt es seit einigen Monaten eine Studie des Studentenwerks, und es gibt, wie Sie wissen, Verhandlungen zwischen Bund und Ländern über diese Frage der Festsetzung der Freibeträge. Jedermann weiß aber, daß, Ida wir jetzt im Sommersemester des Jahres 1963 sind, das Ergebnis dieser Verhandlungen - von denen ich hoffe, daß sie schnell zu einem Abschluß führen werden - verwaltungsmäßig praktisch erst im Wintersemester 1963/64 in Kraft treten kann, so daß ein gewisser Mehrbedarf frühestens im November dieses Jahres eintritt. Jeder Finanzpolitiker oder überhaupt jeder Bürger kann sehr schnell ausrechnen, was die tatsächliche Mehrbelastung für diese zwei Monate bedeutet. Das Ergebnis ist ganz eindeutig, und so sind wir ja auch 'zu diesem Beschluß gekommen, weil wir überzeugt sind, daß wir mit .dem berichtigten Ansatz auf Grund der Erfahrung des Vorjahres, eines Restbetrages von 13 Millionen DM, den Bundesanteil von 50 % in diesem Jahr bestreiten können und daß darüber 'hinaus noch ein gewisser Spielraum für die Erhöhung der Freibeträge ab November besteht. Aus diesem Grunde sind wir auch Ihrer Ansicht - ich habe das soeben bei dem anderen Punkt ausgeführt, hier gilt es noch deutlicher -, daß es die Aufgabe des Parlaments ist, realistische Haushaltsansätze zu veranschlagen, d. h. den nach den Erfahrungen des Vorjahres zu erwartenden Mittelbedarf bereitzustellen ({0}) - und, Herr Schmitt-Vockenhausen, nicht optische Leistungen zu vollbringen. Ihr Einwand könnte zeigen, daß er nicht gut überlegt ist, daß Sie die Praxis des Honnefer Modells nicht kennen. Denn die Entscheidungen im Honnefer Modell fallen nach den geltenden Richtlinien. ({1}) - Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen, Sie können nicht einen einzigen Fall nachweisen, in dem im vorigen Jahr wegen fehlender Mittel ein Antrag nicht genehmigt worden ist. Da das so ist und ida nach dem Willen der Länder - ich darf auch an Ihre Länder einmal appellieren - und deis Bundes eine solche Erhöhung im November erwogen wird, halten wir diesen Anschlag in der Form, wie er vom Haushaltsausschuß empfohlen wird, für richtig und empfehlen seine Annahme. ({2})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

. Das Wort hat der Abgeordnete Dorn.

Wolfram Dorn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000409, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sind uns darüber klar, daß das, was zur Zeit praktiziert wird, keine Ideal352g lösung ist, und wir meinen, daß der Antrag, der sozialdemokratischen Fraktion doch noch der Überlegung wert ist. Wir bitten daher, ihn noch einmal an. den Ausschuß zu überweisen. Denn auch meine Freunde sind der Auffassung, daß wir z. B. mit dem Entsperrungsvermerk vielleicht doch in manchen Dingen etwas leichter zum Zuge kommen könnten. ({0}) Wir unterstützen also in dieser Beziehung die nochmalige Überweisung an den Haushalts- und Finanzausschuß.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Kübler.

Dr. Paul Kübler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001239, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da im letzten Jahr die gleiche Diskussion mit Herrn Dr. Stoltenberg mit den gleichen Argumenten geführt wurde, darf ich darauf hinweisen, daß Herr Dr. Stoltenberg mir damals in der Sache recht gab und nur das Geld gestrichen sehen wollte und dieses Jahr wieder von den zu niedrigen Ansätzen, nämlich von der immer geringer werdenden Zahl von Studenten ausgeht, die überhaupt in die Förderung hineinkommen. Selbst wenn es nur zwei Monate sind, wenn das also technisch nichtig wäre, so muß ich doch darauf hinweisen, daß im Haushaltsausschuß - ,dessen Protokoll ich gelesen habe - auch schon dahin gehend Bedenken wach geworden sind, ob der Bund nach diesen Sperrungen und Streichungen noch in der Lage ist, seine Aufgabe zu erfüllen. Aus der Studie des Studentenwerks, die Sie genannt haben und die vom Bundesinnenministerium angeregt wurde und den Titel hat „Über die zumutbare Belastung der Eltern im Rahmen der Studienförderung", können wir rechnerisch eindeutig sehen, daß bereits bei den heutigen Ansätzen zwei Drittel, etwa 24 000 Studenten, mit Teilförderungen da sind, die also absolut die Vollförderung bei den erhöhten Sätzen bekommen werden, und wir können weiter aus dieser Studie entnehmen, daß beinahe 40 % aller Studenteneltern mit Teilen in diese Förderungsfreibeträge 'fallen werden, so daß ungefähr 20 bis 22 % Förderungen nach dem Honnefer Modell bei der Studentenschaft zu erwarten sind, und wenn Sie dieses Jahr wieder streichen und bei dieser Streichung mit den gleichen Argumenten wie im letzten Jahr vorgehen, schieben wir die Sache nur vor uns her, obwohl wir uns gegenseitig versichern, daß wir 'im Prinzip für diese Aufstockung oder Erweiterung der Freibeträge sind.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Herr Abgeordneter Dr. Kübler, nachdem Sie Ihren beachtlich langen Satz vollendet haben - vorhin konnte ich Sie nicht unterbrechen -, wollte ich fragen, ob Sie noch eine Frage des Abgeordneten Dr. Vogel beantworten wollen. ({0})

Dr. Rudolf Vogel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002380, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Darf ich mich zunächst in Bewunderung vor der Länge dieser Sätze verneigen? Aber da Sie sich so stark auf Prozentsätze verkrampfen - ich würde es an Ihrer Stelle nicht tun -, möchte ich Sie doch einmal folgendes fragen: Sind Sie so sehr davon überzeugt, daß alle Professoren, die nach den Richtlinien des Honnefer Modells nicht nur die Bedürftigkeit, sondern auch die Begabung zu prüfen haben, bis jetzt überhaupt physisch in der Lage waren, dieser Bedingung nachzukommen? Davon war bis jetzt noch nicht die Rede.

Dr. Paul Kübler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001239, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Erstens mein langer Satz: Ich habe versprochen, nur zwei Sätze zu sagen. ({0}) Wir haben uns im Kulturausschuß auch schon des öfteren darüber unterhalten, daß das Honnefer Modell keine Begabtenförderung, sondern eine normale Durchschnittsförderung sein soll. ({1}) - Es soll den normal begabten Studenten fördern. Wir haben noch Förderungen für Begabte und Hochbegabte in einer großen Zahl. Die Professoren, die das einreichen, müssen das auf ihre Verantwortung tun und haben es bisher getan. ({2}) - Bitte!

Dr. Berthold Martin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001426, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kübler, Sie argumentieren heute etwas anders. Sind wir uns nicht im Kulturpolitischen Ausschuß darüber klar gewesen, daß wir die Anpassung gemäß dieser Denkschrift vornehmen wollen? Es ist hier gesagt worden - und wir waren uns gleichzeitig darüber klar -, daß es aus verwaltungsmäßigen Gründen erst im Herbst möglich ist. Wenn Sie nun heute hier gehört haben, daß im Herbst die Summe dafür zur Verfügung steht, dann entfällt doch eigentlich Ihre jetzige Argumentation; denn Sie bekommen exakt den Beschluß, den Sie mit uns im Kulturpolitischen Ausschuß gefaßt haben. Damit ist doch die Sache erledigt, Herr Kübler.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Sie hatten eine Frage stellen wollen!

Dr. Paul Kübler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001239, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich möchte nur noch den Zwischenruf von Herrn Dr. Vogel beantworten. Wir können aus unseren fiskalischen Überlegungen heraus nicht die Professoren verdächtigen, daß sie leichtfertig prüfen. Das geht einfach nicht. ({0})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Herr Abgeordneter Dr. Conring!

Dr. Hermann Conring (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000336, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte auf die Ausführungen zurückkommen, die Herr . Kollege SchmittVockenhausen soeben gemacht hat. Er hat der CDU vorgeworfen, daß sie zwar davon spreche, die Wissenschaft fördern zu wollen, daß sie aber dann, wenn es darauf ankomme, auch zu zahlen, die nötigen Mittel nicht zur Verfügung stelle. Herr SchmittVockenhausen, es ist mir aufgefallen, daß Sie in den beiden jetzt behandelten Einzelplänen 06 und 36 insgesamt knapp 100 Mililonen DM Mehrausgaben fordern - es sind, glaube ich, genau genommen, 93 Millionen DM - und daß Sie einen Deckungsvorschlag für diese 93 Millionen DM noch nicht eingebracht haben. ({0}) - Ich komme gleich auf das zurück, was Sie als Deckungsvorschlag bezeichnen. Aber ich möchte Ihnen zunächst noch zu Gemüte führen - entschuldigen Sie dieses Wort -, daß Sie 100 Millionen DM Mehrausgaben verlangen und gleichzeitig zum Ausdruck gebracht haben, daß Sie die Einnahmen aus der Einkommen- und Körperschaftsteuer, die im Haushaltsplan 1963 vorgesehen sind, um 900 Millionen DM senken wollen. ({1}) - Jetzt komme ich auf Ihren Vorschlag. ({2}) - Herr Schäfer, muß ich Ihre Erlaubnis haben, um hier sprechen zu dürfen? Ich glaube nicht. ({3}) Ich werde wohl die Erlaubnis haben, auf das zu antworten, was Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen der CDU/CSU hier vorgeworfen hat. Ich komme zurück auf das merkwürdige Phänomen der Anforderung von etwa 100 Millionen DM Mehrausgaben bei gleichzeitiger Verringerung der Einnahmen um 900 Millionen DM. ({4}) Sie haben gesagt, Sie hätten einen Deckungsvorschlag gemacht. Herr Schäfer, Sie haben mit Recht vermutet, daß ich auf diese Sache noch eingehen würde. Sonst wäre das Bild in der Tat unvollständig. Dieser Deckungsvorschlag sieht vor, daß über eine Milliarde DM auf dem Anleihemarkt aufgenommen werden soll. Sie wissen, daß für den außerordentlichen Haushalt von der Bundesregierung seit einer Reihe von Jahren Anleihebeträge vorgemerkt waren, die bis jetzt niemals haben ausgeschöpft werden können. ({5}) - Vielleicht lassen Sie mich einmal zu Ende reden; so konziliant werden Sie doch sein? - Sie werden nicht erwartet haben, daß man den Versuch machte, diese Anleihemöglichkeiten auszuschöpfen, solange noch die Steuereinnahmen aus den bekannten Gründen so reichlich flossen, daß damit die Ausgaben, die an sich durch den außerordentlichen Haushalt gedeckt werden sollten, aus den ordentlichen Einnahmen gedeckt werden konnten. Ich glaube, diesen Tatbestand können wir hier ausschalten. Darnach hat aber doch die Bundesregierung wiederholt Anleihe-Ermächtigungen erhalten und versucht, die ihr bewilligten außerordentlichen Mittel auf dem Anleihemarkt unterzubringen. Sie hat aber diese Anleihebeträge nie in vollem Umfange bekommen können, auch wenn sie das gewollt hätte. ({6}) - Weil der Kapitalmarkt nicht ohne weiteres Ihren Wünschen Rechnung trägt, daß man einfach dort hingehen und beliebige Milliardenbeträge aufnehmen könnte. ({7}) - Herr Kollege Koch, Sie waren doch sicher im Hause, als Herr Dr. Vogel heute morgen gesprochen hat, und haben, wie ich annehme, den Ausführungen des Kollegen Vogel entnommen, daß der Kapitalmarkt nicht beliebig ausweitungsfähig ist für Anleihen, die man unterzubringen wünscht. ({8}) - Beliebig: Herr Kollege Vogel hat Ihnen mit Zahlen deutlich gesagt, daß das Volumen des Anleihemarktes begrenzt ist, weil er eben auch von. anderen Seiten in Anspruch genommen wird. ({9}) - Ich beantworte eine Zwischenfrage zunächst nicht, denn ich möchte diesen Gedanken zu Ende führen. - Der Kollege Vogel bewies also, daß das verfügbare Anleihevolumen, ich wiederhole, nicht beliebig vermehrbar ist, sondern daß es sich in bestimmten Grenzen halten muß und daß auch andere ihre Ansprüche an den Anleihemarkt stellen, darunter auch die gewerbliche Wirtschaft, die neben den öffentlichen Korporationen ein Anrecht auf diesen Anleihemarkt hat, weil sie ihre Investitionen finanzieren muß. Wenn Sie trotz alledem glauben, eine Deckungsmöglichkeit könne dadurch gefunden werden, daß man - bei den jetzigen Anleihemarktverhältnissen! - über die schon bisher für 1963 vorgesehenen 2,2 Milliarden DM Anleihemittel hinaus weitere Anleihemittel in Höhe von einer Milliarde DM veranschlagt, so muß ich Ihnen nach den Erfahrungen der letzten Jahre leider sagen, daß dieser Vorschlag ganz unrealistisch ist. Ich sehe den Vorschlag als nicht realisierbar und deshalb auch nicht als ganz seriös an. Wenn Sie meinen, daß Sie sich mit derartigen Vorschlägen der Wissenschaft „empfehlen" können, als wenn Sie der Wissenschaft oder den Studenten damit einen Gefallen täten, oder, ({10}) wie Herr Kollege Ritzel vorhin ausgeführt hat, glauben, daß man auf diese Weise den Steuerzahler entlasten könnte, so kann ich Ihnen nur erklären, meine Herren von der Sozialdemokratischen Partei, daß Ihre Vorstellungen eben unrealistisch sind und infolgedessen auch nicht als ganz seriös angesehen werden können. ({11}) Deshalb möchte ich Sie bitten, auf dem Boden der Tatsachen zu bleiben und das zu tun, was wir tun möchten, nämlich den Etat in Ordnung zu halten und ihn nicht durch solche Mehrausgaben und solche unrealistischen Deckungsvorschläge in Unordnung zu bringen. ({12})

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Das Wort hat der Abgeordnete Hermsdorf.

Hans Hermsdorf (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000883, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ausführungen des Kollegen Dr. Conring zwingen mich zu einigen Bemerkungen. Herr Kollege Dr. Conring, ich möchte zunächst einmal feststellen, daß die Opposition zu einem Etat von 57 Milliarden DM Anträge mit Mehrforderungen von ungefähr 150 bis 170 Millionen DM gestellt hat. ({0}) Das ist erstens ein legitimes Recht der Opposition; zweitens ist die Opposition noch einen Weg gegangen, den sie eigentlich gar nicht zu gehen brauchte, indem sie nämlich für ihre Anträge nicht nur Vorschläge zur Finanzierung gemacht hat, sondern auch Vorschläge für einen Ausweg aus der Klemme hinsichtlich der Verteilung der Einkommen- und Körperschaftsteuer gemacht hat. ({1}) - Augenblick mal! Jetzt sagen Sie - und da möchte ich Sie doch bitten, sich das noch einmal genau zu überlegen und es, wenn Sie den Mut aufbringen, auch zurückzunehmen -, diese Deckungsvorschläge seien nicht seriös. Herr Dr. Conring, wissen Sie auch, was Sie gemacht haben, was die CDU/CSU-Fraktion getan hat, als sie den Haushalt 1962 behandelt hat? Welche Nachschiebelisten sie bei diesem Haushalt gebracht hat? Obwohl es die Aufgabe der Regierung gewesen wäre, haben Sie uns als Mitgliedern des Haushaltsausschusses zu einer Mehrausgabe von 2,4 Milliarden DM verholfen, und hier sagen Sie bei Anträgen von 150 Millionen DM, das sei nicht seriös. Das Unseriöse liegt auf Ihrer Seite, nicht bei uns! ({2})

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung über Umdruck 255 Ziffer 2. Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe, bitte! - Das Präsidium ist sich darüber einig, daß das Ergebnis der Abstimmung zweifelhaft ist. ({0}) - Es hat doch keinen Sinn, hier etwas zurückzuverweisen. ({1}) - Ist das ein Antrag? ({2}) - Also, meine Damen und Herren, der Änderungsantrag hängt unmittelbar mit dem Gesetz zusammen. Ich glaube nicht, daß eine Rückverweisung eines Änderungsantrages an den Ausschuß möglich ist. Hier muß man entscheiden. Bitte, Herr Abgeordneter Dorn zur Abstimmung.

Wolfram Dorn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000409, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident, ich beantrage, daß wir Ziffer 2 bei der Abstimmung teilen, also zuerst über den Antrag auf Erhöhung um 10 Millionen DM und dann über die Aufhebung des Sperrvermerks abstimmen.

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Ich glaube, man kann so verfahren. Dann stimmen wir also zunächst ab über den Antrag auf Erhöhung, also bis zu dem Wort „erhöht". Wer diesem Teil der Ziffer 2 zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Das Ergebnis der Abstimmung ist nach wie vor zweifelhaft; ich bitte, die Abstimmung zu wiederholen. Wer zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Wir müssen auszählen, meine Damen und Herren. Ich gebe das Ergebnis der Auszählung bekannt. Abgegeben sind insgesamt 285 Stimmen; mit Ja haben gestimmt 119, mit Nein 165 Mitglieder des Hauses. Enthalten hat sich ein Mitglied des Hauses. Damit ist der Antrag Umdruck 255 Ziffer 2 Satz 1 abgelehnt. Wir kommen zur Abstimmung über den Umdruck 255 Ziffer 2, letzter Satz; er betrifft die Aufhebung des Sperrvermerks. Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei sechs Enthaltungen ist dieser Antrag mit großer Mehrheit angenommen. Ich rufe auf den Antrag Umdruck 255 Ziffer 3. Wird dazu das Wort gewünscht? - Das Wort hat Herr Abgeordneter Wellmann.

Hans Wellmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002469, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Sport, meine Damen und Herren, ist zur Vorbeugung gegen Zivilisationsschäden, zur körperlichen Ertüchtigung, aber auch zur Charakterbildung unserer Jugend sowie für die Gesunderhaltung unserer gesamten Bevölkerung von erheblicher Bedeutung. Wir werden daher dem Sport auch in Zukunft große Förderung zuteil werden lassen. Diese beiden Sätze stammen aus der Regierungserklärung des Herrn Bundeskanzlers vom 6. Februar 1963. Keiner wird behaupten wollen, daß hiermit eine Würdigung der Millionenbewegung des deutschen Sports ausgedrückt worden ist. Aber der zweite Satz hat wenigstens einen erfreulichen Aspekt. Der Herr Bundeskanzler hat zum wiederholten Male der deutschen Sportbewegung große Förderung zugesagt. In meiner vorjährigen Begründung desselben Antrags war ich noch der Auffassung, daß ich mit Zitaten von maßgeblichen Politikern der Koalitionsparteien und der Bundesregierung erreichen könnte, daß sie ihre Zusicherungen auch in die Tat umsetzen würden. Ich habe gemerkt, daß das ein Trugschluß von mir war und daß es anscheinend erforderlich ist, heute mit anderen Argumenten aufzuwarten. Ich will darum versuchen, nochmals in aller Sachlichkeit das Problem darzustellen. Die Finanzierung von Sportstätten durch den Bund erfolgt seit 1957. Aber die Beträge fallen nicht ins Gewicht. Erst seit der Schaffung des „Goldenen Plans", der die Zustimmung aller Fraktionen und auch der Bundesregierung gefunden hat, wird mit größeren Beträgen aufgewartet. Die deutsche Bundesregierung hatte sich bereit erklärt, als Beitrag zur gemeinschaftlichen Finanzierung des „Goldenen Plans" 20 % der Lasten zu übernehmen, und zwar sollte mit einem Betrag von 30 Millionen DM im Jahre 1961 begonnen werden. Dieser Betrag sollte sich bis 1964 langsam steigern und zu diesem Zeitpunkt den Umfang von 80 Millionen DM annehmen. Diese Zahlungen sollten dann bis 1974 fortgeführt werden. Die Länder hingegen haben sich mit 220. Millionen DM pro Jahr an der Finanzierung des „Goldenen Plans" zu beteiligen. Schon im Jahre 1961 wurden statt der 30 Millionen DM nur 20 Millionen DM in den Haushalt eingebracht. 1962 glaubte der Herr Bundesinnenminister, 40 Millionen DM in seinem Etat zum Ansatz bringen zu können. Aber das Kabinett hat diesen Betrag auf 30 Millionen DM gekürzt, und auch der Haushaltsausschuß hat nur 30 Millionen DM eingesetzt. Bei der Abstimmung im vorigen Jahr, als wir schon eine Erhöhung um 10 Millionen DM beantragt hatten, sind wir unterlegen. Es wurden tatsächlich nur 30 Millionen DM in den Haushalt eingebracht. Durch den Baustopp - § 8 des Haushaltsgesetzes - hat sich dieser Betrag automatisch auf 24 Millionen DM reduziert. 1962 standen dem deutschen Sport also nur 24 Millionen DM für diese Zwecke zur Verfügung. Für 1963 hatte sich die Bundesregierung damals in der Vereinbarung bereit erklärt, 60 Millionen DM einzubringen. Tatsächlich ist der diesjährige Ansatz jedoch bloß 30 Millionen DM. Darum beantragte meine Fraktion, diesmal wenigstens 10 Millionen DM mehr einzubringen, also den Ansatz auf 40 Millionen DM zu erhöhen. Das würde bedeuten, daß unter Berücksichtigung des Baustopps effektiv 32 Millionen DM zur Verfügung stehen. Meine Damen und Herren, der deutsche Sport braucht diese 32 Millionen DM dringendst. Alle Sportverbände warten darauf, daß die Bundesregierung und die Regierungsparteien endlich wenigstens annähernd ihre damals gegebene Zusage halten werden. Mit den 30 Millionen DM hat die Bundesregierung erst zu zirka 35 % - für die 24 Millionen DM habe ich es nicht ausgerechnet - ihre Versprechungen erfüllt, während die Länder im Durchschnitt bei 90 % liegen, einige Länder sogar weit über 100%, andere darunter. Es ist wirklich an der Zeit, nun das Versprechen einzulösen. Ich glaube auch nicht, daß die Regierungsparteien heute mit - zumindest nach ihrer Auffassung - guten Argumenten den schlechten Eindruck, den sie sich in der deutschen Sportbewegung verschafft haben, abmindern können. Es wäre dann mindestens auch erforderlich, endlich einmal ja zu dem zu sagen, was versprochen worden ist. Lassen Sie mich mit einem Satz des Kollegen Dr. Mende enden, der einmal gesagt hat: Wir wollen dafür sorgen, daß aus dem „Goldenen Plan" eine goldene deutsche Wirklichkeit wird. Ich bitte Sie, diese Worte zu berücksichtigen und diese 10 Millionen DM nachträglich zu bewilligen. ({0})

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Stoltenberg.

Dr. Gerhard Stoltenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002259, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es waren zweifellos goldene Worte, die hier für den Sport gefallen sind. Ich gebe zu, daß es wesentlich angenehmer ist, hier einen solchen Antrag zu begründen als ihn abzulehnen oder ihm zu widersprechen. Aber wir müssen uns hier wohl einfach mit den Tatsachen auseinandersetzen. Die Situation ist so - im Grunde sind auch hier die Argumente für und wider bereits im vergangenen Jahr vorgetragen worden -, daß die Bundesregierung und die im Hause vertretenen Parteien seinerzeit - es war wohl im Jahre 1959, als der Goldene Plan verkündet wurde - die Initiative des Olympischen Komitees und des Sportbundes begrüßt und dem Plan die volle Förderung auch in Bund und Ländern zugesagt haben. Wir haben aber bereits in den vergangenen Jahren bei den Etatberatungen immer den Standpunkt eingenommen - ich möchte nur das wiederholen, was ich in den Vorjahren für meine Fraktion gesagt habe -, daß die Festsetzung von Jahressummen, die Verteilung dieser Mittel auf Bund, Länder und Gemeinden nicht die Aufgabe einer noch so verdienstvollen Organisation sein kann, sondern daß diese Festsetzung den Parlamenten vorbehalten bleiben muß, und zwar auch im Zusammenhang mit der finanzpolitischen Entwicklung, das heißt der Entwicklung der Steuer- und Finanzmasse, und mit den sonstigen Verpflichtungen. So gilt auch hier das, was im gleichen Maße bei der kulturpolitischen Diskussion gilt, daß die außerordentliche Steigerung der Finanzkraft der Länder und in einem gewissen Umfang, jedenfalls bei den Städten, auch der Gemeinden und die ganz erheblichen zusätzlichen Belastungen des Bundes es eben leider nicht möglich machen, daß sich der Bund hier in dem Maße engagiert, wie es von den Vertretern der Organisation verständlicherweise gewünscht wird. Daß das verfassungsmäßig eine Sache der Länder ist - solche Augumente sind ja auch einmal erlaubt - ist unbestritten.

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Herr Dr. Stoltenberg, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dröscher?

Dr. Gerhard Stoltenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002259, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Bitte sehr.

Wilhelm Dröscher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000422, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Wissen Sie, Herr Kollege Stoltenberg, daß mit den jetzt zur Verfügung stehenden Mitteln in der Bundesrepublik tatsächlich pro Kreis jährlich nur eine einzige Maßnahme gefördert werden kann?

Dr. Gerhard Stoltenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002259, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich halte das für möglich. Es kommt natürlich darauf an, was es für eine Maßnahme ist. Eine Turnhalle in einer Landgemeinde ist etwas ganz anderes als ein Schwimmbad. Insofern ist dieses Objektdenken vielleicht, wie Sie mir zugeben werden, nicht ganz angebracht. Aber ich will Ihnen im Grundsatz gar nicht widersprechen. Ich habe gesagt, es ist eine freiwillige Bundeshilfe, die außerhalb der verfassungsmäßigen Zuständigkeit gegeben wird und die wir fortsetzen wollen. Ich bin vielleicht etwas entlastet - das möchte ich einmal sehr deutlich sagen -, weil ich an eine Grundsatzdebatte denke, die wir im Jahre 1958 im Haushaltsausschuß über diese Frage hatten. Damals hatten wir einen Ansatz von 5 Millionen DM, und dann haben wir vorgesehen, ihn auf 1 Million DM zu kürzen. Ein besonders geschätztes Mitglied Ihrer Fraktion sprach sich damals dafür aus, diese Sache aus dem Bundeshaushalt herauszubringen, weil das keine Bundesangelegenheit sei. Ich habe mich damals, verehrter Herr Schäfer, das werden Sie nicht bestreiten können, dafür eingesetzt, daß wir das vom Bund aus tun. ({0}) - Ich habe gesagt, ein besonders geschätztes Mitglied Ihrer Fraktion hat sich damals dafür eingesetzt. Ich habe ihm damals mit großer Entschiedenheit widersprochen, und wir haben uns in einer Abstimmung quer durch die Fraktionen mit einer knappen Mehrheit gegen die Streichung ausgesprochen. Ich will damit nur sagen: wenn man im geschlossenen Raum im Ausschuß eine solche Sache unter verfassungspolitischen und sachlichen Gesichtspunkten etwas prüft, sieht es manchmal etwas anders aus als bei Ansprachen vor Kongressen und in der Öffentlichkeit, bei denen Vertreter aller Parteien - ich nehme dabei in keiner Weise die CDU/ CSU aus - dazu neigen, manchmal Hoffnungen zu erwecken, die man nachher schwer erfüllen kann. Aus den genannten Gründen bitten wir, der Regierungsvorlage und der Ausschußvorlage zu folgen und weitergehenden Anträgen nicht zuzustimmen. ({1})

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Das Wort hat Herr Abgeordneter Schmidt ({0}).

Walter Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002020, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist bedauerlich, daß für Kap. 06 02 Tit. 973 trotz dringenden Empfehlungen der Deutschen Olympischen Gesellschaft nur 30 Millionen statt der gewünschten 40 Millionen DM im Haushaltsentwurf vorgesehen sind. Den Ausführungen des Vorredners ist leider zu entnehmen, daß sich die Regierungsparteien zu keiner Korrektur dieser 30 Millionen zugunsten des Sportstättenbaues entschließen können. Meine Freunde und ich sind der Meinung, daß in Zukunft die dringenden Anliegen des Sportes, die ja letztlich Anliegen unserer Jugend sind, seitens des Bundes unbedingt mehr zu fördern sind, als es bislang der Fall war. Es ist leider immer wieder festzustellen, daß die Bedeutung des Sportes vielfach aus einer falschen Sicht gesehen wird. Diese Bedeutung liegt nicht so sehr in der Erreichung von Spitzenleistungen, sondern vielmehr in der sportlichen Breitenarbeit. So sollte man bei der Bewertung des Sportes zum Beispiel die Manifestierung des Fußballsportes nicht nur in den 64 Mannschaften der jeden Sonntag vor einer großen Zuschauerkulisse spielenden Vertragsliga sehen, sondern in den fast 70 000 Fußballmannschaften mit je 11 bis 14 Spielern, die von den Schülern bis zu den Senioren viele Altersklassen umfassen. Allein diese Sportart wird von etwa einer Million Sportbegeisterten aktiv ausgeübt. Und wenn dieser Sport auch noch jeden Sonntag Millionen von Zuschauern in die frische Luft der Sportplätze zu ziehen vermag, so wollen wir auch dieses vom Standpunkt der Gesundheit aus gern vermerken. Der Deutsche Turnerbund betreut über 500 000 Kinder auf der Ebene des für die Entwicklung des Kindes so überaus bedeutungsvollen Turnspiels. Die Leichtathletik umfaßt 250 000 aktive Sportler. In den den Frauen zusagenden Sportarten sind über 300 000 Frauen in den verschiedensten Übungsgruppen sportlich tätig. Insgesamt - das möchte ich hier feststellen - beträgt die Zahl der in den Turn- und Sportorganisationen aktiv tätigen Sportler und Sportlerinnen 3,5 Millionen Menschen aller Altersklassen. Zum Schluß möchte ich anerkennend auf die ehrenamtliche Tätigkeit der rund 387 000 Männer und Frauen hinweisen, die als Helfer und Helferinnen in selbstloser Arbeit die organisatorische Durchführung der sportlichen Betätigung dieser 3,5 Millionen Sporttreibenden überhaupt erst ermöglichen. Wir haben diesen namenlosen Helferinnen und Helfern sehr dankbar zu sein; denn ihrer Tätigkeit ist es unter anderem zu danken, wenn die für die Allgemeinheit so kostspielige und leider erschreckend hohe Frühinvalidität nicht noch größer ist. Die Arbeit dieser dem Sport Dienenden könnte überzeugend anerkannt werden, indem wir dem Sport die Mittel zur Verfügung stellen, die zur Durchführung eines ausreichenden Sportbetriebes nun einmal erforderlich sind. Meine Damen und Herren, wenn die Regierungsparteien auch für dieses Jahr einer Erhöhung des Schmidt ({0}) Tit. 973, d. h. der Finanzierung des Baues von Sportstätten ihre Zustimmung nicht glauben geben zu können, so sollte unbedingt angestrebt werden, daß künftig vom Bundestag dem Sport mehr Hilfe gewährt wird, als es bislang der Fall war. Der gesamte Sport und seine 387 000 ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer werden es uns zu danken wissen und hierin eine Anerkennung ihrer Tätigkeit sehen.

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung über Ziffer 3 des Antrags Umdruck 255. Wer dem Antrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke! Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letzte war die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt. Wir kommen zur Ziffer 4 des Antrags Umdruck 255, betr. Kap. 06 09 - Bundesamt für Verfassungsschutz in Köln -. Wird zur Begründung des Antrags das Wort gewünscht? - Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Schäfer.

Dr. Friedrich Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001930, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag, den wir dieses Jahr wiederum stellen, kostet nichts. Es wird Ihnen also sehr schwerfallen, Herr Dr. Conring, jetzt Ihre Begründung - auch in Gedanken - zu wiederholen. Dieser Antrag ist ein politischer Antrag, und weil er uns so sehr am Herzen liegt, stellen wir ihn auch dieses Jahr. Wir meinen, daß es zur gemeinsamen Aufgabe des gesamten Parlaments und aller demokratischen Kräfte gehört, auf dem Gebiet des Verfassungsschutzes das Erforderliche zu tun. Nachdem sich die Maßnahmen auf dem Gebiet des Verfassungsschutzes in zwei Teile einteilen lassen, in solche der Abwehr und in solche des positiven Verfassungsschutzes, nachdem die Grenze schwimmend ist und auf diesem Gebiet die Frage der Anschauung eine wesentliche Rolle spielt, müßte das Hohe Haus einheitlich der Auffassung sein und Wert darauf legen, daß die Exekutive diesem Haus gegenüber über die Verwendung der Mittel Rechnung legen muß. Bei einem viel geheimeren Kapitel, beim Bundesnachrichtendienst, haben wir ein doppeltes Gremium, nicht nur das Gremium, das wir hier vorschlagen - nämlich die haushaltsmäßige Nachprüfung -, sondern auch ein politisches Gremium, von jeder Fraktion einen Vertreter. Was dort angebracht und richtig erscheint, müßte hier selbstverständlich und billig sein. An sich müßte man eigentlich erwarten, daß der Bundesinnenminister von sich aus einen solchen Antrag stellt und das größte Interesse hat, von vornherein allen Fraktionen Einblick in diese Arbeit zu gewähren. - Herr Minister, Sie kommen jetzt erst. Ich würde es sehr begrüßen, wenn Sie dazu Stellung nähmen und dabei auch zum Ausdruck brächten, daß es durchaus angenehm wäre, das Parlament im ganzen an der Verfassungsschutzarbeit, wenigstens durch diesen kleinen Ausschuß, den wir hier beantragen, zu beteiligen. Vielleicht haben Sie sich in Ihrer kurzen Amtszeit noch nicht intensiv genug damit befassen können. Dann hoffen wir, daß Sie von sich aus für den nächsten Haushalt diesen Antrag vorlegen; denn es müßte eigentlich Ihrer nach außen zur Schau getragenen Gesamthaltung entsprechen, Ihrerseits einen solchen Antrag zu stellen. Für Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, handelt es sich dabei wie für uns um eine politische Frage. Ich meine, daß es ein Anliegen des gesamten Hauses sein sollte. ({0})

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Das Wort hat der Herr Bundesminister des Innern.

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Schäfer, Sie haben mich an meine Pflichten erinnert, und zwar in der Form, daß Sie meinten, ich sollte selber einen derartigen Antrag stellen. Das wäre aber eine Doppelarbeit, weil Sie ja den Antrag schon gestellt haben. Im übrigen bin ich gar nicht so neuerungssüchtig wie Sie. Ich habe zum Präsidenten des Bundesrechnungshofes vollstes Vertrauen, der bisher Jahre hindurch die Überprüfung bestens gemacht hat. Außerdem ist es so, daß wir auch in den Ländern mit Ausnahme von Berlin und Hamburg dieselbe Regelung haben, unbeanstandet und zur allgemeinen Zufriedenheit. Ich meine, man sollte nicht etwas ändern, was sich bewährt hat. ({0})

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung, zunächst über die Ziffer 4 des Antrags Umdruck 255. Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Wir müssen die Abstimmung wiederholen. Wer dem Antrag zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Das Präsidium ist der Meinung, daß die Mehrheit auf der linken Seite lag; der Antrag ist angenommen. Wir kommen zu Kap. 06 19 - Bundesamt für zivilen Bevölkerungsschutz -. Auch hierzu liegt ein Änderungsantrag vor, und zwar in Ziff. 5 des Umdrucks 255. Zur Begründung hat der Herr Abgeordnete Dr. Rinderspacher das Wort.

Dr. Fritz Rinderspacher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001852, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf der Rückseite des Umdrucks 255 'beantragt die sozialdemokratische Fraktion in Ziff. 5, den Haushaltsansatz für den Neubau von Betriebsräumen für Rundspruchsender und Richtfunkstellen von 7 Millionen DM um 1 Millionen DM auf 8 Millionen DM zu erhöhen. Zur Begründung dieser Forderung darf ich darauf hinweisen, daß zur Zeit 20 Richtfunkstellen im Werte von je 800 000 DM im Bau sind. Das heißt, es werden 16 Millionen DM für ,die augenblicklich im Bau befindlichen Anlagen benötigt. Für weitere 22 Anlagen dieser Art sind Bauaufträge bereits erteilt; sie werden 17,6 Millionen DM erfordern. Selbst wenn man berücksichtigt, daß nicht alle Aufträge in diesem Haushaltsjahr zu Ende geführt und abgerechnet werden können, entspricht der Haushaltsansatz ohne jeden Zweifel nicht der Wirklichkeit, und die Erhöhung dieses Titels um 1 Millionen DM, ,die wir beantragen, ist das Allermindeste, was man verantworten kann, um zumindest die Finanzierung der im Bau befindlichen Betriebsräume sicherzustellen. Mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten darf ich gleich Ziff. 6 unseres Antrags auf Umdruck 255 begründen. Die sozialdemokratische Fraktion beantragt in Ziff. 6, für die Anschaffung von Einsatzfahrzeugen in Tit. 859 den Haushaltsansatz von 742 300 DM um 726 900 DM auf 1 469 200 DM zu erhöhen. Zur Begründung dieses Antrages weise ich auf folgendes hin: Die Höhe des Ansatzes in Tit. 859 im Jahre 1962 mit 742 300 DM war nur zutreffend mit Rücksicht auf die früher geltenden StAN - StAN heißt Stärke- und Ausrüstungsnachweis -, weil deren Soll mit dem Ansatz von 742 300 DM erfüllt war. Herr Stoltenberg sagte vorhin, die einzige Möglichkeit zum Vergleich biete die Zahl des Vorjahres. Hier folgen wir dieser Anregung und bitten Sie, ihr auch zu folgen. Inzwischen ist aber eine neue StAN mit einem Gesamtbedarf von insgesamt 50 Millionen DM vom Innen- und Finanzminister genehmigt, so daß der jetzige, gekürzte Haushaltsansatz vollkommen unrealistisch geworden ist. Es erscheint daher zur Durchführung der von zwei Ministerien anerkannten Stärke- und Ausrüstungsnachweise geboten, es mindestens, Herr Stoltenberg, beim alten Ansatz zu belassen. Aus diesem Grunde beantragen wir, den Ansatz in Tit. 859 um 726 900 DM, also um eine knappe Dreiviertelmillion, auf insgesamt 1 469 200 DM zu erhöhen. ({0})

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Wird weiter das Wort gewünscht? - Das Wort hat der Abgeordnete Mengelkamp.

Theodor Mengelkamp (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001469, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch ich darf mit Genehmigung des Herrn Präsidenten gleich zu den beiden Ziffern 5 und 6 des Antrages auf Umdruck 255 einige Bemerkungen machen. Zunächst zur Ziffer 5, betreffend Kap. 0619 Tit. 717. Ich glaube, es ist notwendig, in diesem Zusamemnhang darauf hinzuweisen, daß wir bereits im vergangenen Jahr einen Ansatz von 6 Millionen DM hatten, daß aber dann eine Ausgabe von immerhin nur 3,2 Millionen DM möglich war. Ich brauche hier keine Diskussion über die Notwendigkeit, die Richtigkeit und auch die Zweckmäßigkeit der Rundspruchsender und der Richtfunkstellen zu führen. Die Sache ist unbestritten. Ebenso unbestritten ist aber auch, verehrter Herr Kollege, daß bei der Erweiterung und dem Ausbau dieser Rundspruchsender und Richtfunkstellen bereits im vergangenen Jahr eine Verzögerung eingetreten ist, die sich sicherlich in diesem Jahr fortsetzen wird und auch einfach fortsetzen muß. Bitte bedenken Sie, daß wir bereits etwa Mitte des Jahres haben, wenn dieser Haushalt verabschiedet wird, daß aber die ursprünglichen Ansätze immerhin darauf abgestellt waren, daß man für 12 Monate disponieren wollte. Aus diesen Gründen, nicht zuletzt mit Rücksicht auf den Unterschied zwischen dem Soll und dem Ist des vergangenen Jahres, ist auch der Haushaltsausschuß zu dem Beschluß gekommen, den Ansatz um 1 Million DM zu kürzen. Ich möchte dringend darum bitten, bei dieser Kürzung zu bleiben, und darf das Hohe Haus bitten, den Änderungsantrag auf Umdruck 255 Ziffer 5 abzulehnen. Mit einer ähnlichen Begründung kann ich auch zur Ziffer 6 dieses Änderungsantrages Stellung nehmen. Die Opposition verlangt hier die Wiederherstellung der Regierungsvorlage des vergangenen Jahres. Auch hier konnten diese Beträge in der Vergangenheit nicht voll ausgeschöpft werden, obwohl zweifellos gerade auch die Anschaffung von Einsatzfahrzeugen für den Technischen Hilfsdienst eine sehr dringliche Angelegenheit ist. Wenn man aber berücksichtigt, daß auch bei Ausnutzung der in diesem Restjahr noch gegebenen Möglichkeiten der weiteren Anschaffung dieses Programm spätestens im Jahre 1964 endgültig abgeschlossen sein wird, wird es sicherlich verständlich sein, daß bereits in der Regierungsvorlage ein gegenüber dem Vorjahr gekürzter Ansatz vorgesehen worden ist. Der Haushaltsausschuß hat sich gerade auch diese Überlegung zu eigen gemacht und es bei diesem gegenüber dem Vorjahr reduzierten Ansatz belassen. Ich bitte daher auch um Ablehnung des Antrages auf Umdruck 255 Ziffer 6.

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Das Wort hat der Abgeordnete Schmitt-Vockenhausen.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002033, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ausführungen des Herrn Kollegen Mengelkamp stehen unter der Devise: Wir haben im vergangenen Jahr nichts gemacht und haben deshalb auch nicht viel ausgeben können; da können wir auch in diesem Jahr weiter sparen. Ich würde es sehr bedauern, wenn Sie unsere Anträge ablehnen würden.

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Das Wort hat der Abgeordnete Dorn.

Wolfram Dorn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000409, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Daß wir im vergangenen Jahr viel getan haben, Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen, das beweist nicht zuletzt auch der Sitz des Bundesamtes für zivilen Bevölkerungsschutz, der sich uns nun in Bad Godesberg darbietet. Daß wir dafür in den vergangenen Jahren die Mittel erst bereitstellen mußten, ist Ihnen ja keine Neuigkeit. ({0}) - Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen, hier gilt genau dasselbe wie vorhin in der Auseinandersetzung um das Wissenschaftsministerium. Natürlich kann man sich auf den Standpunkt stellen: jetzt muß dieses oder jenes vorgezogen werden. Auf der anderen Seite muß man aber auch zubilligen, daß das Bundesamt für zivilen Bevölkerungsschutz in den letzten Jahren eine Fülle von Aufgaben neu übernommen hat und daß es jetzt erst einmal versuchen muß, diese Aufgaben, die ihm neu zugewiesen worden sind, stellenplanmäßig zu verkraften und die Positionen dafür auszubauen. ({1}) - Ja, Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen, das ist eine ganz andere Frage. Eines ist aber doch sicher: daß wir mit Rücksicht auf die Aufgaben, die wir nun auch im Rahmen der Notstandsplanung dem Bundesamt und den Organisationen weiterhin zuweisen, die - sei es der Bundesluftschutzverband, sei es das Technische Hilfswerk, seien es andere Einrichtungen dieses Hauses - ihre Arbeit in vorbildlicher Weise leisten, erst einmal für die Ausstattung mit dem notwendigen Material sorgen müssen. Nun kann man sich auf den Standpunkt stellen, der Neubau von Betriebräumen für Rundspruchsender und Richtfunkstellen solle vorgezogen werden. Das ist eine Frage, über die man in der Sache gar nicht zu streiten braucht, ob sie nun dieses Jahr oder nächstes Jahr erledigt wird. Erledigt werden muß sie, das ist völlig klar. Auf der anderen Seite sind wir der Ansicht - und das ist eben auch im Rahmen des Haushaltsplans in den Beratungen zum Ausdruck gekommen -, daß eine Reihe von anderen Aufgaben, die wir für dringlicher halten, in diesem Haushaltsjahr vorab erledigt werden sollen, und deshalb haben wir für die von Ihnen vorgeschlagenen Aufgaben, die natürlich auch erledigt werden müssen, in diesem Haushaltsjahr keine Mittel mehr zur Verfügung, weil der Haushalt nun auch bei dem Bundesamt für zivilen Bevölkerungsschutz nicht mehr in einer entsprechenden Höhe ausgeweitet werden konnte. Wir sind der Meinung, daß 'die Arzneimittelbevorratung, die Versorgung von Krankenhäusern, Apotheken und ähnliche Dinge mehr in diesem Jahr erst einmal vorab erledigt werden müssen - und deshalb sind dafür mehr Mittel zur Verfügung gestellt worden, als es bisher der Fall war - und daß all die anderen Dinge, die mit diesen Baumaßnahmen zusammenhängen, erst einmal noch ein Jahr zurückgestellt werden können, ohne daß das Warnsystem als solches dadurch irgendwie besonderen Schaden leidet. Deswegen meinen wir, wir sollten die beiden Anträge, die Sie hier gestellt haben, in diesem Jahr erst noch einmal ablehnen. Ob sie im nächsten Jahr zum Zuge kommen werden, wird von der Sachberatung abhängen, ob diese Dinge dann in die Konzeption hineinpassen.

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung, und zwar zunächst über die Ziffer 5 des Umdrucks 255. Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke! Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letzte ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt. Wir kommen zur Abstimmung über die Ziffer 6 des Umdrucks 255. Ich bitte um ein Handzeichen von denjenigen, die dem Antrag zustimmen wollen. - Danke! Die Gegenprobe! Das letzte ist eindeutig die Mehrheit; auch dieser Antrag ist abgelehnt. Wir kommen zu Kap. 06 35, Bundeszentrale für Heimatdienst in Bonn. Dazu gehört Ziffer 7 des Umdrucks 255. Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Schwabe. ({0})

Wolfgang Schwabe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002119, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es freut mich, daß die rechte Seite des 'Hauses so mild gestimmt ist. Ich habe Ihnen aber doch noch einiges zu sagen. Wir möchten Ihnen zu dem Haushalt der Bundeszentrale für Heimatdienst einige wenige Gedanken und Vorschläge unterbreiten. Wir sind - das darf festgestellt werden - mit der Arbeit der Bundeszentrale für Heimatdienst einverstanden. Aber wir sind nicht zufrieden. Wir sind deshalb nicht zufrieden, weil uns diese Arbeit nicht ausreichend angelegt, fundamentiert und ausgestattet zu sein scheint. Wir wollen die Leistung der seitherigen Jahre mit Dank anerkennen. Wir wollen anerkennen, daß ein begrüßenswerter Beitrag zur politischen Bildung geleistet worden ist. Wir sind aber unzufrieden, weil, gemessen an der Aufgabe, hier einfach zu wenig getan wird. Wir möchten auch den Hinweis geben, damit da keine Irrtümer entstehen, daß die Mittel, die das Hohe Haus an anderer Stelle für die Förderung der politischen Bildungsarbeit in den Fraktionen auswirft, nicht etwa eine Entlastung für die Aufgaben der Bundeszentrale für Heimatdienst sein dürfen. Diese Aufgaben liegen anders, sie müssen geleistet, müssen ausgebaut werden und müssen eine angemessene Ausstattung erfahren. Der Haushalt dieses Jahres hat :dieser Notwendigkeit in gewissem Maße Rechnung getragen. Wenn wir als staatsbürgerlich verantwortungsbewußte Opposition in diesem Jahr auch keine Erweiterungsanträge stellen, so wollen wir Ihnen doch mit Ernst und Nachdruck sagen, daß wir für die politische Bildungsarbeit dieser zentral zuständigen Stelle den Betrag von 20 Pf pro Bürger und Jahr als zu wenig ansehen. Wir wünschen also für das kommende Jahr eine Anhebung. Ich will an dieser Stelle keine unziemlichen Vergleiche zu dem Haushalt des Verteidigungsministeriums anstellen. Aber es besteht doch wohl Anlaß, dem Hohen Hause und der gesamten deutschen Öffentlichkeit zuzurufen, daß wir, wenn wir für diese freiheitliche Lebensform unseres demokratischen Staates Verständnis, Aktivität und vielleicht sogar Liebe erwecken, damit einen innerlichen, einen moralischen Verteidigungsbeitrag leisten, der in Zahlen überhaupt nicht auszudrücken ist. ({0}) Wenn wir uns also für die Zukunft höhere Mittel wünschen, möchte ich für dieses Jahr einige wenige Hinweise geben, wie wir uns die kommende Arbeit denken.

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Wolfgang Schwabe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002119, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Bitte schön, Herr Dr. Conring!

Dr. Hermann Conring (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000336, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege, haben Sie auch daran gedacht, daß wir trotz der sehr schwierigen Haushaltslage, die ja allgemein anerkannt ist, die Beiträge für die Bundeszentrale für Heimatdienst von 9,6 auf 11,2 Millionen DM erhöht haben?

Wolfgang Schwabe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002119, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Wenn Sie eben bei Ihrem Gespräch Gelegenheit gehabt hätten, auch mir noch zuzuhören, hätten Sie den Satz vernommen, in dem ich gesagt habe: In diesem Jahr hat man dieser Notwendigkeit zu einem Teil Rechnung getragen. Wir möchten aber Weitergreifen. ({0}) - Heute sind schon so viele Zahlen an den Ohren der Kolleginnen und Kollegen vorbeigerauscht, daß ich bitten möchte, mir als einem Mann, der nicht im Haushaltsausschuß ist, zu erlauben, einmal nicht mit Zahlen, sondern mit Begriffen zu arbeiten. Herr Abgeordneter Dr. Conring, ich glaube, mit mir werden Sie einen so harten Streit gar nicht bekommen. Ein weiterer Begriff, den wir gemeinsam erarbeitet haben und der jetzt Wirklichkeit werden soll, dient der Erkennung des Instituts; es ist, mit anderen Worten, der Name für die Bundeszentrale für Heimatdienst. Die Älteren von Ihnen wissen, woher er kommt. Wir haben uns dazu durchgerungen, daß jetzt ein neuer Name kommen soll, und es sei angekündigt, daß diese „Bundeszentrale für politische Bildungsarbeit" dann auch mehr Menschen draußen als solche erkennbar wird. Wir glauben schon allein deswegen, daß auch mehr Wünsche und mehr Anregungen und mehr Fragen an diese Stelle herankommen. ({1}) Wenn wir diese politische Bildungsarbeit wirklich wünschen, dann dürfen wir sie nicht in einen zu bescheidenen Rahmen einspannen, sondern dann müssen wir den Dingen einen gewißen Lauf lassen. Sie haben einen Vermerk bei Ihren Drucksachen, daß wir einen bescheidenen Halbsatz wünschen, den der Kollege Stoltenberg schon im voraus genehmigt hat - ich danke Ihnen dafür -: „auch für die Arbeit im Bundeshaus". Dahinter steckt vielleicht ein bißchen mehr, als Sie angenommen haben. Dahinter steckt die Auffassung, daß hier im Bundeshaus für staatsbürgerliche Erkenntnisse noch mancherlei zu tun ist. Wir sollten für die Besucher, gerade für die Jugendgruppen, die im allgemeinen ein einziges Mal in ihrem Leben Berührung mit der Regierung, mit dem Parlament haben, so viel übrig haben, daß wir wenigstens eine anständige Broschüre dieses Hauses und, wenn es Ihnen recht wäre, auch ein Verzeichnis der Abgeordneten, und zwar aller Abgeordneten, geben. Es ist nicht damit getan, daß man für die Bundesrepublik große Wälzer herausgibt, wie das kürzlich mit Recht kritisiert worden ist, in denen wir sehr einseitige Stellungnahmen haben - nicht im Hause der Bundeszentrale -, sondern wir sollten das Parlament etwas mehr herausstellen, sollten den jungen Leuten - wenn es junge Gruppen sind - auch ruhig wieder ihre Bundeswimpel mitgeben und sollten ihnen das alles ein bißchen schön darbieten, damit sie eine gute Erinnerung haben. Dazu gehört aber ein Weiteres, und auch da habe ich heute den Freimut, es darzulegen. Dazu gehört auch, daß nicht vor irgendwelcher Seite oder von mehreren Seiten, bewußt oder unbewußt, das Ansehen dieses Parlaments unnötig strapaziert wird. Paul Sethe hat vor einiger Zeit in dieser Diskussion einmal geschrieben: „Abgeordnete sind arme Hunde". Das war ein sehr .interessanter Leitartikel, Sie haben ihn sicher alle gelesen. Aber es ist in der jüngsten Zeit durch gewisse Maßnahmen, die heute schon einmal mit Recht kritisiert worden sind, der Eindruck entstanden, als ob Abgeordnete nicht bereit wären, ihre Pflichten voll zu erfüllen, als ob Abgeordnete und der ganze Bundestag sich Paläste hinstellen wollten und viele Dinge mehr. Wir sollten diese Bilder etwas zurechtrücken. Wir sind uns das in der Demokratie schuldig, meine Damen und Herren. ({2}) Wir müssen das um so mehr tun, als wir doch wissen - das ist eine ganz ernste Feststellung -, daß nennen wir ruhig einmal das Letzte - die Sterblichkeit in diesem Hause höher ist als bei vergleichbaren anderen Menschengruppen. Wir haben heute einer verstorbenen Kollegin gedacht, die in dieser Woche ihren 61. Geburtstag hätte feiern können. Das ist kein Einzelfall. Wir dürfen nicht zulassen, daß die Arbeit dieses Hauses draußen einen falschen Klang bekommt. Das ist mir ein ganz wichtiges Anliegen. Wir sollten auch in diesem Hohen Haus, das von so vielen ausländischen Repräsentanten, von Journalisten, Verwaltungsleuten und Politikern besucht wird, einmal eine Darstellung geben - die Anregung ist gemeinsam erarbeitet worden -, woraus erkennbar ist, was .die Bundesrepublik tut, um mit der Vergangenheit fertig zu werden. Eine solche Darstellung der Zeitgeschichte könnte dazu beitragen, von dem Vorurteil loszukommen, in 'Deutschland geschehe nichts, dort werde alles hingenommen. Hier im Bundeshaus wäre Gelegenheit. Ich habe ja so etwas Ähnliches einmal hier an einem anderen Platz angeregt und denke an eine kleine permanente Schau, wo jeder ausländische Besucher sich informieren kann. Wir sollten darüber hinaus die Bonner Lehrerseminare weiter ausbauen. Das habe ich schon im vergangenen Jahr angeregt. Heute morgen wurde ein interessanter, von mir gar nicht herbeigeführter Beitrag zu diesem Thema geliefert, als in der Fragestunde nach den NATO-Besuchen gefragt wurde. Ich darf, Ihnen aus meiner Kenntnis der Dinge noch einmal sagen: bisher war es leider so, und ich weiß nicht, ob es jetzt besser geworden ist, daß die NATO-Führungen und andere Annehmlichkeiten der Bundesregierung bzw. des Bundespresseamtes im „Windhund-Verfahren" vergeben wurden: wer am ehesten kommt und am meisten rennt, der bekommt etwas. Wir wollen, daß die Lehrer, die unsere Jugend zu Europa erziehen sollen, systematisch Gelegenheit haben, Europa selbst kennenzulernen. ({3}) Nachdem soeben von unserem Parlament hier die Rede war, möchte ich jetzt ein Wort zu der Zeitung „Das Parlament" sagen. Wir diese Zeitung für eine ausgezeichnete Dokumentation des parlamentarischen Lebens. Ich möchte nicht so tollkühn sein, mich mit der Presse schlechthin zu verfeinden; aber wir alle beklagen doch, daß manche Darstellung nicht das Ganze dieses Hauses bringt, sondern nur einzelne Dinge heraussucht, die wir nicht immer für die wichtigsten halten, um es gelinde zu sagen. Aber „Das Parlament" bringt eine Dokumentation, und diese Dokumentation eignet sich auch ausgezeichnet, wie mir gerade in diesen Tagen wieder von Freunden aus Chile gesagt wurde, zur Unterrichtung auch im Ausland. Sie schauen auf die Uhr, Herr Kollege Conring, und den anderen 'Kollegen ist es auch eilig. Gewiß, das ist unser Schicksal, daß wir mehr dazu bestimmt sind, Ihnen zuzuhören, als selbst etwas zu sagen. ({4}) - Herr Kollege Stoltenberg, ich habe Sie im vergangenen Jahr schon gebeten, davon Abstand zu nehmen, ein so junges Mitglied dieses Hauses unsicher zu machen. Ich darf Ihnen aber sagen, daß es Ihnen auch mit härteren Zwischenrufen nicht gelingen würde. Ich habe von der unteren Ebene her hinreichende Schulung, verlassen Sie sich darauf. In meiner Heimat sind meine Darlegungen trotzdem immer verstanden worden und haben zu einer hinreichenden und ständig wachsenden Anerkennung meiner politischen Auffasung geführt. ({5}) - Natürlich. Ich möchte Sie darauf hinweisen, daß ein Gutachten, das allerdings nicht offiziell vorgetragen ist, mit beachtenswerten Anregungen vorliegt. Die Anweisungen über die Aufsicht sind durch das Ministerium zumindest gelockert worden. Ich möchte Ihnen, Herr Minister, für diese verständnisvolle Haltung danken. Die Zusammenarbeit mit den Ländern ist ausgezeichnet. Manche Politiker, die in anderen Ebenen mit den Ländern zu tun haben, könnten sich ein Beispiel an der wechselseitigen Zusammenarbeit nehmen. Ich wollte eigentlich noch mit ein paar Sätzen auf die Problematik der Filme und der Fernsehfilme hinweisen. Wir alle miteinander müssen z. B. bei der Urheberrechtsreform verhindern, daß nicht hier ein Film mit 100 000 DM und dort ein Film mit 200 000 DM und woanders wieder ein ähnlicher Film zum gleichen Thema gemacht wird. Wir müssen versuchen, unter Beachtung der rechtlichen Grundlagen, die jetzt erarbeitet werden, ein Zusammenwirken zu erreichen. Aber lassen Sie mich zum Ende kommen und noch sagen, daß für uns alle der Versand und die Zuteilung der Erzeugnisse der Bundeszentrale für Heimatdienst, also in erster Linie der Publikationen, noch besser werden sollte, daß wir mit den neuen Mitteln, so glaube ich jetzt, die ganze Adressenliste nicht nur technisch besser, sondern auch in ihrem Wirkungsgrad besser machen können, damit gewisse Mängel und gewisse Klagen ausgemerzt werden; daß wir uns immer wieder bemühen, nicht irgendwohin etwas unaufgefordert zu schicken, sondern daß es wirklich .denen, .die es auch haben wollen, gezielt zur Verfügung gestellt wird. ({6}) Das ist wichtig. Jetzt noch ein weiteres. Nehmen Sie vielleicht diese Bemerkung noch mit auf den Weg. Heute wieder und in den letzten Wochen ist über den deutsch-französischen Vertrag so viel gesprochen worden. Dieser deutsch-französische Vertrag ist eine Sache der Auslegung. Man kann ihn so, man kann ihn so interpretieren. In England sagt man, es ist eine tolle einseitige Sache. In Frankreich sagt man, er ist sehr schön. Bei uns sagt man, es ist nicht sehr schlimm; er beeinträchtigt jedenfalls die Zusammenarbeit mit den anderen nicht. Nun gut, es ist wohl das Wesen eines solchen Vertrages, der keine Ziffern und keine Zahlen hat, Herr Conring. Aber an einer Stelle hat er Zahlen; die haben wir in diesen Tagen erfahren. Da werden für den Austausch in eine Gemeinschaftskasse von hüben und drüben 20 Millionen hineingenommen. Übrigens, 20 Millionen Francs und 20 Millionen DM ist eine Gleichmäßigkeit, die etwas problematisch ist. Ich nenne Ihnen die Zahlen deshalb, weil wir seither für die internationale Verständigung insgesamt noch keine 5 Millionen DM ausgegeben haben.

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Wolfgang Schwabe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002119, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ja, sofort. Lassen Sie mich das nur zu Ende führen. Wenn jetzt für die deutschfranzösische Verbindung von uns 20 Millionen DM bereitgestellt werden - wogegen ich gar nichts sagen will -, möchte ich dazu nur den einen Hinweis geben, Herr Minister Höcherl: die Bundeszentrale für Heimatdienst nicht zu argwöhnisch etwa dahingehend beaufsichtigen zu lassen, daß sie sich nicht auch um diese internationalen Kontakte be3538 mühen kann. Denn man hat doch - ebenso wie ich jetzt - schon den Wunsch geäußert, keinen farblosen und leeren Tourismus fördern zu müssen; man will vielmehr eine vernünftige Verständigung, einen erarbeiteten Kontakt fördern. Das kann man nur, wenn auch eine so tüchtige Stelle wie die Bundeszentrale für Heimatdienst das durch Kurse und Schriften vorbereitet. Sonst kriegen Sie bei den Geldern auch wieder das „Windhund-Verfahren" von denen, die am schnellsten beantragen, dann hinfahren und schließlich nicht viel mit nach Hause bringen. Bitte, Herr Abgeordneter Vogt.

Karl Heinz Vogt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002382, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Schwabe, würden Sie so liebenswürdig sein und dem Hohen Haus verraten, woher Sie eigentlich diese Gewißheit haben, daß in den Verhandlungen zum deutsch-französischen Vertrag die Rede von 20 Millionen DM gewesen ist, die in diesen Gemeinschaftstopf zur Jugendförderung eingebracht werden sollen?

Wolfgang Schwabe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002119, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich werde meine Antwort in zwei Sätze teilen. Die Kenntnis davon habe ich vor sechs Wochen in Paris bekommen, als mir Bekannte, die dort in der Auslandswerbung sitzen, sagten: Da gibt es doch Geld, 20 Millionen DM hüben und drüben; wir müssen sehen, daß wir das in vernünftige Bahnen bringen. Sehen Sie, so viel Mühe haben die sich gegeben. ({0}) Die Bestätigung dafür habe ich aber jetzt von dem Herrn Staatssekretär bekommen. Da waren auch Kollegen Ihrer Fraktion dabei. Ich hoffe, daß ich hier kein Staatsgeheimnis ausplaudere; aber das ist ja nun wirklich keins. ({1}) - Bitte sehr!

Karl Heinz Vogt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002382, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Schwabe, ist Ihnen nicht bekannt - vielleicht von Kollegen Ihrer Fraktion -, daß diese Sache im Auswärtigen Ausschuß - ich glaube, in der gestrigen Sitzung - eine Rolle gespielt hat? ({0}) - Verzeihen Sie, das waren doch keine Dinge, die geheimzuhalten sind. ({1}) Darf ich meine Frage beenden? - Ist Ihnen nicht von Ihren Kollegen her bekannt - darüber wird ja doch gesprochen, das haben ja die letzten Ereignisse auch zu Tage gefördert -, daß dazu die Regierungsvertreter eindeutig festgestellt haben, daß effektive Summen nicht genannt worden sind, daß man sich über effektive Summen nicht unterhalten hat und sie deshalb auch nicht fixiert worden sind? Ist Ihnen das nicht bekannt?

Wolfgang Schwabe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002119, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Es ist mir nicht bekannt. Ich berichte Ihnen hier nur, damit Sie mich nicht vor diesem Hause bloßstellen können, daß diese Mitteilung in der vorigen Woche von einem amtierenden Staatssekretär in einer Sitzung, zu der wir telegraphisch eingeladen worden sind, vorgetragen worden ist. Ist Ihnen das nicht bekannt? ({0})

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Noch eine Zwischenfrage von Herrn Sänger!

Fritz Sänger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001914, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Schwabe, ist Ihnen bekannt, daß der Herr Bundesminister für Jugend- und Familienfragen bei der Behandlung dieser Frage die Summe von 20 Millionen DM genannt hat?

Wolfgang Schwabe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002119, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Der Herr Bundesminister war leider bei dieser Verhandlung, zu der wir telegraphisch zitiert waren, nicht zugegen; aber der Herr Staatssekretär war da. ({0}) - Die Abgeordneten! Wissen Sie das denn nicht? ({1}) - Der Ausschuß für Jugend- und Familienfragen und der Kulturpolitische Ausschuß. Ist Ihnen das gar nicht bekannt? ({2})

Heinrich Gewandt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000675, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege, ist Ihnen bekannt, daß der Herr Familienminister gar keinen Staatssekretär hat? ({0})

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Bitte schön, Herr Kollege Hermsdorf!

Hans Hermsdorf (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000883, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Eine Zusatzfrage an Herrn Abgeordneten Gewandt. Ist Ihnen nicht bekannt, daß der Bundesminister für Jugendfragen seit 14 Tagen einen Staatssekretär hat? ({0})

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Herr Abgeordneter, ich bitte fortzufahren.

Wolfgang Schwabe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002119, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Vielen Dank! - Herr Gewandt, damit ist wohl Ihre Frage erledigt. ({0}) Bleiben wir ernst, meine Damen und Herren! Ich habe im vergangenen Jahr eine etwas heitere Note angeschlagen. Das habe ich in diesem Jahr bewußt nicht getan. In der Zwischenzeit konnten einem auch zu diesen Fragen der staatsbürgerlichen Bildungsarbeit in diesem Haus eher manchmal die Tränen kommen. Wir haben festgestellt, daß hier in den letzten zwölf Monaten staatsbürgerliche Bildungslücken bis auf die Regierungsbank reichlich vorgeführt worden sind. Das konnten Sie auch in der Zeitung lesen. ({1}) Ich habe meine Ausführungen in diesem Jahr bewußt ernst gefaßt und habe auf manches hier verzichtet. Ich sage Ihnen abschließend: Wir suchen gemeinsam nach Begriffen, und wir lassen uns auch durch solche Geschichten wie eben nicht auseinanderbringen. Wir suchen in der politischen Arbeit nach den Begriffen von Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit. Danach arbeiten wir. Darüber sind wir alle miteinander einig, und wir haben uns erlaubt, die Leitung der Bundeszentrale für Heimatdienst - für politische Bildungsarbeit, wie sie in Zukunft heißen wird - auf ein Thema hinzuweisen, das gerade diese Begriffe, die ja zunächst abstrakte Begriffe sind, in schönster Weise birgt. In diesem Jahr feiert die Sozialdemokratische Partei ihr 100jähriges Bestehen. Das sind 100 Jahre Arbeit für Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit, und ich glaube, das wäre ein dankbares Thema, das auch Sie, meine Herren von dieser Seite ({2}), in allem Ernst durchaus aufgreifen sollten. Ich erlaube mir den Hinweis: Dabei gibt es für alle noch recht. viel zu lernen! ({3})

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag unter Ziffer 7 auf Umdruck 255. Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich danke. Die Gegenprobe. - Das letzte ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt. ({0}) Meine Damen und Herren, damit sind wir mit den Änderungsanträgen zum Einzelplan 06 zu Ende. Wir kommen zur Abstimmung über den Einzelplan selbst. Wer dem Einzelplan 06 - Bundesminister des Innern - zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich danke. Die Gegenprobe! - Das erste war die Mehrheit; der Einzelplan ist damit angenommen. Ich rufe nun den Einzelplan 36 - Zivile Notstandsplanung - auf sowie die dazu vorliegenden Änderungsanträge auf Umdruck 258 *) und eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Hansing.

Hermann Hansing (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000808, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident, ich darf mit Ihrer Genehmigung zu drei Anträgen sprechen.

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Ja, bitte! *) Siehe Anlage 9

Hermann Hansing (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000808, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Meine Damen und Herren! Der Haushaltsausschuß hat den Ansatz des Tit. 309 - Kosten der Ausbildung des Luftschutzhilfsdienstes - von 11 Millionen DM auf 6 Millionen DM gekürzt. Die Kürzung erscheint uns zu weitgehend. In sechs Ländern hat der Bund zentrale Landesausbildungsstellen für den Luftschutzhilfsdienst. Ich glaube, diese Tatsache ist bei den bisherigen Ansätzen nicht genügend berücksichtigt worden. Ferner haben der Aufbau und die Ausbildung des örtlichen Luftschutzdienstes erfreulicherweise sehr gute Fortschritte gemacht. Wir halten es daher für wichtig und für dringend notwendig, daß diese Mittel für den Luftschutzhilfsdienst von 6 Millionen DM auf 8 Millionen DM erhöht werden. Nun zu Tit. 714. Im Jahre 1962 hatten wir einen Tit. 960 für Ausweich- und Hilfskrankenhäuser in Höhe von 20 Millionen DM. Im jetzigen Haushalt ist eine Zusammenlegung des Tit. 960 mit Tit. 714, nämlich „Instandsetzung von Luftschutzbunkern und -stollen", erfolgt, und gleichzeitig wurde eine Kürzung um 10 Millionen DM vorgenommen. Wir sind der Meinung, daß eine Zusammenlegung des Titels für Ausweich- und Hilfskrankenhäuser mit dem Titel für Luftschutzbunker und -stollen unzweckmäßig und vom Haushaltstechnischen her nicht gut ist. Wir wissen auch, daß man sich in der Regierung Gedanken macht, den alten Zustand wiederherzustellen. Wenn man aber jetzt die Unzweckmäßigkeit erkennt, dann sollten wir auch jetzt schon den Mut haben, diese Klarheit zu schaffen und die Trennung vorzunehmen. Wir beantragen daher, daß in der Erläuterung zu Tit. 714 der Satz gestrichen wird: Ferner kann aus dem Ansatz ein Betrag bis zur Höhe von 10 000 000 DM für bauliche Maßnahmen zur Herrichtung von Ausweich- und Hilfskrankenhäusern gezahlt werden, auch soweit es sich nicht um Bundeseigentum handelt. Ferner beantragen wir, den früheren Tit. 960 - Ausweich- und Hilfskrankenhäuser - wiederherzustellen und ihn wie im vergangenen Jahr mit einem Betrag von 20 Millionen DM auszustatten. Der Betrag von 20 Millionen DM ist unseres Erachtens unbedingt erforderlich, da die Zahl der Projekte für die Errichtung von Ausweich- und Hilfskrankenhäusern steigt und zahlreiche Anträge vorliegen, denen nicht entsprochen werden könnte, wenn dieser Betrag nicht eingesetzt wird. Eine Herabsetzung des bisherigen Ansatzes in Tit. 714 kann unseres Erachtens nicht in Betracht kommen, weil die bisherigen IstAusgaben für das Jahr 1962 die SollAnsätze beträchtlich überstiegen haben. Darüber hinaus ist es eine alte Forderung von uns, den Bau von öffentlichen Luftschutzbunkern zu stärken und zu fördern. Unsere Forderung ist um so berechtigter, als wir bereits in erster Lesung den Gesetzentwurf über den Bau von Luftschutzräumen verabschiedet haben. Nun zu unserem Antrag zu Tit. 879. Hier beantragen wir, daß in der Erläuterung zu Tit. 879 der Satz gestrichen wird: Aus diesen Mitteln können auch Ausgaben bis zur Höhe von 5 000 000 DM für Einrichtungen und Ausrüstungen von Hilfskrankenhäusern geleistet werden. Außerdem soll die Einfügung 7) gestrichen werden. Auch hier bei Tit. 879 halten wir aus Gründen der Haushaltsklarheit eine Zusammenlegung für nicht zweckmäßig. Wir meinen, daß hier eine Trennung vorgenommen werden sollte, und beantragen daher, einen neuen Tit. 878 wie im Vorjahr für Einrichtung und Ausrüstung von Hilfskrankenhäusern mit 10 Millionen DM ,einzusetzen. Eine Kürzung des Ansatzes bei Tit. 879 über die Kürzung hinaus, die bereits der Haushaltsausschuß vorgenommen hat, halten wir im Hinblick auf die sachlichen Erfordernisse in diesem Falle für nicht gerechtfertigt. Ich bitte, unsere Anträge anzunehmen.

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Meine Damen und Herren, es ist zwischen den Fraktionen Einverständnis erzielt worden, daß wir heute abend keine Abstimmungen mehr vornehmen, sondern die Abstimmungen morgen zu Beginn der Beratungen nachholen. Das gilt für die* Änderungsanträge zu den beiden noch zu behandelnden Einzelplänen wie für die Einzelpläne selbst. Ich werde nach der Erledigung der Anträge zu Einzelplan 36 noch den Einzelplan 31 aufrufen. Dann werden wir für heute abend die Beratungen abschließen. Ich nehme an, das Haus ist mit diesem Verfahren einverstanden. Das Wort hat jetzt ,der Abgeordnete Rinderspacher.

Dr. Fritz Rinderspacher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001852, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf dem Ihnen vorliegenden Umdruck 258 beantragt die sozialdemokratische Fraktion unter Nr. 5 auf der Rückseite bei Tit. 890 - Beschaffung der Ausrüstung für den Schwimmbrückenbau - !die Wiederherstellung der Regierungsvorlage und damit die Erhöhung des auf 5,6 Millionen DM gekürzten Betrages um 3 Millionen DM auf 8,6 Millionen DM. Es handelt sich bei dieser Position um die Beschaffung einer zweiten schwimmenden Rheinbrücke, die 4,1 Millionen DM kostet, unid außerdem um die Beschaffung von Ausrüstungen und Bekleidungen im Werte von 4,5 Millionen DM. Der im Tit. 890 angesetzte Betrag von 5,6 Millionen DM reicht entweder für die Brücke - dann kann man die Ausrüstung nicht beschaffen - oder für die Ausrüstung, dann muß man auf die Brücke verzichten. Das eine ohne das andere hat aber wenig Sinn. Deswegen unser Antrag auf Wiederherstellung des Ansatzes der Regierungsvorlage, die den tatsächlichen Notwendigkeiten dieses wichtigen Projekts entspricht. Diese Wiederherstellung des alten Ansatzes erscheint um so wichtiger, als bei Kap. 36 07 - Notstandsmaßnahmen auf dem Gebiete des Verkehrs - Tit. 958 - Beschaffung von Ersatzteilen - die Bundesregierung den bisherigen Ansatz von 2,7 Millionen DM für 1962 auf ganze 600 000 DM für 1963 gekürzt hat. Wir bitten deswegen um Annahme unseres Antrages. Ich darf gleichzeitig die weiteren Punkte 5 und 6 auf demselben Umdruck behandeln. Unglücklicherweise sind die Punkte auf diesem Umdruck nicht durchgehend numeriert, so daß zweimal die Nrn. 5 und 6 erscheinen. Es handelt sich jetzt also um die zweite Nr. 5, die unter der Überschrift steht: „Zu Kap. 36 05 - Notstandsmaßnahmen auf dem Gebiet der Wirtschaft". Sie finden dort unter Nr. 5 den Antrag der sozialdemokratischen Fraktion, einen neuen Tit. 955 für Versorgungslager für Bekleidung, Säuglingsartikel, Decken usw. für den zivilen Bevölkerungsschutz und für allgemeine Katastrophenfälle einzufügen und dort den Betrag von einer Million DM einzusetzen. Die Notwendigkeit dieser Vorsorgemaßnahmen 'braucht wohl kaum näher begründet zu werden. Sie spricht für sich. Für alle Not- und Katastrophenfälle - ich ,darf dabei nur an die Hamburger Sturmflutkatastrophe erinnern - ist die Anlage von Kleider- und Deckenvorräte eine praktische Notwendigkeit. Jeder, der sich einigermaßen eine Vorstellung vom Ausmaß jener Katastrophe machen kann, wird zugeben, daß der geforderte Betrag von 1 Million DM durchaus bescheiden ist und in künftigen Jahren laufend aufgestockt werden muß. Ich bitte auch für diesen Antrag um Ihre Zustimmung. Gleichzeitig beantragen wir unter Ziffer 6 desselben Umdrucks die Einfügung eines weiteren neuen Titels 956 - Anschaffung von Trinkwasserbehältern zur Sicherstellung -der Wasserversorgung der Bevölkerung im Rahmen des zivilen Bevölkerungsschutzes -. Wir beantragen, den neuen Titel ebenfalls mit 1 Million DM auszustatten. Die Trinkwasserbehälter sind eine dringende Notwendigkeit, um den Schutz der Zivilbevölkerung gegen jede Art von Strahlenschäden und der Verseuchung des Trinkwassers zu gewährleisten. Auch hier sind wir uns bewußt, daß dies nur ein bescheidener, aber dringend notwendiger Anfang im Hinblick auf die tatsächlichen Erfordernisse ist. Man muß bedenken, daß pro Person und Tag 21/2 Liter Wasser zum Trinken und Kochen benötigt werden, wozu dann noch mehrere Liter Gebrauchswasser kommen. Man kann sich also vorstellen, in welchem Umfang solche Wasserbehälter beischafft werden müssen, um ein Überleben der Zivilbevölkerung von dieser Seite' her zu ermöglichen. Wegen der Wichtigkeit dieses Anliegens darf ich wiederum darum bitten, daß auch die anderen Fraktionen dem Antrag der sozialdemokratischen Fraktion zustimmen. ({0})

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Damit sind sämtliche Anträge zum Einzelplan 36 begründet. Das Wort hat der Abgeordnete Dorn.

Wolfram Dorn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000409, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man im Einzelplan 36 die Summe unter dem Strich sieht, ist natürlich eine Minderausgabe von 14 Millionen DM im Haushaltsplan vorgesehen. Aber das ist nur eine optische Verminderung; denn wir haben allein im Jahre 1962 172 Millionen DM Minderausgaben aus dem damaligen Haushaltsplan gehabt. ({0}) - Das würde also bedeuten, Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen, wenn wir .die 14 Millionen DM abziehen, daß wir in diesem. Jahre immerhin 158 Millionen DM mehr ausgeben als im vergangenen Jahr, wenn wir die Ansätze des Haushaltsplans verausgaben. Ich meine, es ist doch sinnvoller, ,daß wir die Mittel verausgaben, die im Haushaltsplan stehen. Es hat ja gar keinen Sinn, daß wir aus optischen Gründen nunmehr den Haushaltsplan wieder höherschrauben, obwohl wir von vornherein wissen, daß auch diese Beträge im Laufe dieses Haushaltsjahres nicht wirklich verausgabt werden können. Deswegen, meine ich, wird es entscheidend darauf ankommen, wie die Dinge in diesem Haushaltsjahr gehandhabt werden. Sie beantragen selber, neue Positionen und Mittel für gesetzliche Regelungen oder die Ausführung gesetzlicher Regelungen einzusetzen, die etwas mit den Sicherstellungsgesetzen des Notstandspaketes zu tun haben. Nun, meine Damen und Herren, jeder von uns, der die Diskussion um die Notstandsgesetzgebung kennt, weiß, daß diese Gesetzentwürfe in diesem Jahre mit Sicherheit keine Gesetzeskraft mehr erlangen werden, daß wir also dafür in diesem Jahre keinerlei Mittel im Haushaltsplan zur Verfügung zu haben brauchen, weil sie einfach auf Grund der bestehenden Bestimmungen nicht verausgabt werden können. Es hat doch gar keinen Sinn, daß wir uns mit Millionenbeträgen auf Maßnahmen festlegen, die nicht mehr verwirklicht werden können. Darüber hinaus ist eines festzustellen, und ich begrüße ganz besonders, daß Kollege Hansing gesagt hat, wir müßten für den Bau von Luftschutzräumen nunmehr die dringend erforderlichen Wege beschreiten, zumal, wie er sagte, die erste Lesung des Schutzbaugesetzes in diesem Hause bereits vorbei ist. Ich bin durchaus der Auffassung, man sollte einmal ernshaft prüfen, ob es sinnvoll ist, daß alle Einzelgesetze zur Notstandsgesetzgebung zu dem sogenannten Paket gehören und nur im Rahmen des Paketes verabschiedet werden können. Ich bin der Auffassung, daß es notwendig ist, das Schutzbaugesetz und das Selbstschutzgesetz, die in keinerlei Verbindung zu Maßnahmen gebracht werden können, die zu irgendwelchen Einschränkungen von Grundrechten führen, aus diesem Notstandspaket herauslösen; denn das Schutzbaugesetz erfordert eine jahrelange Vorausplanung und eine Abstimmung mit allen anderen Terminen, die auch heute noch nicht abgeklärt sind. Ich meine, wir sollten versuchen, das Schutzbaugesetz so schnell wie möglich in diesem Hause zu verabschieden. Das würde bedeuten, daß wir im nächsten Haushaltsjahr auch entsprechende Mittel für den Schutzbau in erheblich erhöhtem Ausmaß zur Verfügung stellen können, wobei auch die Frage der Mehrzweckbauten, der Verwendung unterirdischer Verkehrsanlagen und ähnlicher Dinge zu einer erheblichen Verbesserung der Position des Schutzbaugesetzes führen könnte. Ich bin auch der Meinung - das sage ich an dieser Stelle ganz offen -, daß durch die Diskussionen, die z. B. von Herrn Professor Tamms über die Veranstaltungen des Deutschen Städtetages in die Öffentlichkeit getragen wurden, die Auseinandersetzungen über das Schutzbaugesetz in eine völlig falsche und sachlich nicht vertretbare Richtung gedrängt worden sind, so daß wir uns auch aus diesem Grunde mit der Problematik des Schutzbaugesetzes so schnell wie möglich befassen sollten. Wenn wir also die Notwendigkeit anerkennen, daß manche Dinge auch im Rahmen der zivilen Verteidigung sich nunmehr vielleicht manchesmal nach kritischer Betrachtung anders darbieten, als sie nach politischen Diskussionen in der Vergangenheit beurteilt worden sind, so sollten wir daraus die erforderlichen Konsequenzen ziehen. Meine Fraktion ist bereit, diesen Weg zu gehen, so schnell wie möglich Schutzbaugesetz und Selbstschutzgesetz vorab zu verwirklichen und in diesem Hause zu verabschieden, weil wir glauben, daß andere Dinge, die mit dem Notstand und mit dem Paket etwas zu tun haben, dadurch nicht gefährdet werden könnten. Wir sollten den Mut haben, die künstlich mit politisch-psychologischen Argumenten aufgebaute Mauer zu durchbrechen, und uns zu diesen Dingen bekennen. Darüber hinaus sollten wir eines sehr klar sehen, meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion. Der optische Mindereinsatz von 14 Millionen bringt uns effektiv die Möglichkeit, daß wir wenigstens die Haushaltsmittel annähernd ausschöpfen können, was in den vergangenen Jahren, wie ich für das Jahr 1962 bewies, bei weitem nicht erreicht wurde, und es wird uns nicht hindern, erforderliche Maßnahmen auch in diesem Haushaltsjahr zu realisieren.

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Das Wort hat Herr Abgeordneter Windelen.

Heinrich Windelen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002525, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Opposition hat es sich - ich glaube aus gutem Grund - dieses Jahr versagt, eine Grundsatzdebatte über den Einzelplan 36 zu beginnen. „Aus gutem Grund" meine ich deswegen, weil die Gesetzentwürfe der Bundesregierung zur Notstandsplanung inzwischen eingebracht sind, und es Angelegenheit der zuständigen Fachausschüsse sein wird, sich mit der dort niedergelegten Materie und Konzeption auseinanderzusetzen. Ich will mich deswegen auch hier darauf beschränken, mich mit den Änderungsanträgen zum Haushalt zu beschäftigen. Ich würde bei dieser Gelegenheit allerdings die Opposition bitten, sich doch einmal darüber zu einigen, wie sie es in der Zukunft halten will. In der Vergangenheit haben wir immer wieder erlebt, daß Erhöhungsanträge gestellt wurden mit dem Hinweis darauf, daß das Haushalts-Volumen eben nicht ausreiche. Wir können dem nicht widersprechen. Wir wissen selbst, daß das, was wir bisher auf dem Gebiet aufgewandt haben, nicht zureichend war und nicht zureichend sein konnte. Auf der anderen Seite haben wir von Jahr zu Jahr dann immer wieder feststellen müssen, daß auch die unzureichenden Mittel eben in diesem Zeitraum nicht sinnvoll ausgegeben werden konnten, und dafür ernteten wir dann am Schluß des Jahres wiederum Kritik. Wir mußten uns sagen lassen: Ihr prahlt zwar mit stol3542 zen Zahlen, die ihr in den Haushalt eingesetzt habt; die Wirklichkeit sieht aber anders aus. Es seien auch diesmal einige -zig Millionen nicht ausgegeben worden. ({0}) - Sie sind nicht deshalb ausgegeben worden, Herr Schmitt-Vockenhausen, weil sie nicht im Haushalt standen, sondern weil sie eben sinnvoll nicht ausgegeben werden konnten, und zwar aus verschiedenen Gründen, die nicht in unserem Ermessen lagen. - Sie sagen „Na, na", Herr Frede. Ich will Ihnen das gern erklären, und Sie mögen das gleich hier widerlegen, wenn Sie anderer Meinung sind. Zunächst einmal gibt es technische Gründe, weil es sich meistens um Spezialproduktionen handelt, die man nicht von heute auf morgen ankurbeln kann, sondern die von gewissen technischen, wirtschaftlichen und Arbeitsmarktvoraussetzungen abhängen. Dann verwaltungsmäßige Gründe. Sie wissen, daß der Bund nicht allein für die Durchführung des Luftschutzes zuständig ist. Er ist angewiesen auf die Mitarbeit der Länder und der Kommunen. Ich will es mir heute versagen, zu diesem Thema Näheres zu sagen. Wie in den Vorjahren wäre auch in diesem Jahr dazu noch einiges zu bemerken. Am Rande will ich nur die psychologischen Schwierigkeiten erwähnen, die bis jetzt noch nicht ganz ausgeräumt sind. Ich will es mir hier auch ersparen, auf die Ursachen dieser psychologischen Situation einzugehen. ({1}) - Ja, nun, ich will es mir versagen. Dort sitzt Herr Kollege Prof. Bechert. Ich könnte durchaus einige Apercus in dieser Richtung anbringen, will aber darauf verzichten. Wir werden genügend Gelegenheit haben, uns mit der Sache zu beschäftigen, wenn hier die einzelnen Vorlagen zum Luftschutzbaugesetz, zum Sicherstellungsgesetz usw. behandelt werden. Dann können wir uns mit diesen Fragen auseinandersetzen. Ich will mich jetzt den einzelnen Anträgen zuwenden, zunächst dem Antrag zu Kap. 36 04 Tit. 309, der sich mit den Kosten der Ausbildung des Luftschutzhilfsdienstes befaßt. In der Beratung des Haushaltsausschusses sind wir davon ausgegangen, daß 1962 der Ansatz in Höhe von 7 Millionen DM nur zu 3 200 000 DM ausgeschöpft worden ist. Wir müßten jetzt eigentlich mit dem verdoppelten Ansatz gegenüber dem Vorjahres-Ist auskommen. Ich will aber einen Vorschlag machen, der auch die letzten Bedenken ausräumen sollte. Wir haben in Tit. 305 einen Ansatz von 10,2 Millionen DM für die Kosten der personellen Aufstellung des Luftschutzhilfsdienstes. Im vorigen Jahr wurden aus diesem Titel 4 Millionen DM benötigt. Das heißt, daß wir hier das Zweieinhalbfache des vorjährigen Bedarfs zur Verfügung haben. Um Ihrem Anliegen entgegenzukommen, möchte ich den Antrag stellen, die Tit. 305 und 309 einseitig deckungsfähig zu. machen. Sollten also die Mittel aus Tit. 309 tatsächlich nicht reichen, könnten die mit ziemlicher Sicherheit übrigen Mittel aus Tit. 305 zur Deckung herangezogen werden. Damit dürfte auch der letzte Rest von Unsicherheit in diesem Bereich, der auch für uns dringend ist, ausgeräumt sein. In Kap. 36 04 Tit. 713 fordern Sie praktisch eine Aufstockung um 10 Millionen DM, indem Sie Aufwendungen für die Einrichtung und Ausrüstung von Hilfskrankenhäusern herausnehmen und in einem neuen Titel ausbringen. Auch hier gilt, daß die bisherige Ist-Entwicklung keinen Anlaß dazu bietet, diesen Titel zu erhöhen. Sie wissen, daß das Abfließen dieser Gelder nicht ausschließlich vom Bund abhängt, daß die Objekte bereitgestellt und freigestellt, die Bunker geräumt sein müssen. Durch eine willkürliche Steigerung der Ansätze wird also nichts mehr erreicht, sondern werden lediglich Mittel gebunden, die wir an anderer Stelle wahrscheinlich effektiver einsetzen könnten. Die Einrichtung von Hilfskrankenhäusern ist mit dem gleichen Ansatz wie im Vorjahr, allerdings als Untertitel ausgebracht. Sie haben recht: es geschah aus technischen Gründen wegen anderer Überlegungen auf gesetzlicher Ebene, die inzwischen weitgehend weggefallen sind. Man könnte hier ohne Schaden die Titel wieder trennen. Das würde an der Situation nichts ändern. Ich kann deshalb diesem Vorschlag nicht zustimmen. Für Kap. 36 04 Tit. 879 - Bevorratung zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung - gilt das gleiche. Der Titel ist als Untertitel in der gleichen Höhe wie im Vorjahr ausgebracht. Er hat im Vorjahr gereicht. Auch hier besteht kein Anlaß, eine Aufstockung oder Trennung vorzusehen. Auch in Tit. 890 - Beschaffung der Ausrüstung für den Schwimmbrückenbau - sind wir bei dem Ansatz von der tatsächlichen Entwicklung ausgegangen. Sie scheint uns den einzig zuverlässigen Anhaltspunkt für die Beurteilung der Ansätze zu bieten. Wir hatten im vorigen Jahr 6 Millionen DM stehen, wollten also dieses Geld zur Verfügung stellen. Es sind aber tatsächlich nur 3,2 Millionen DM in Anspruch genommen worden. Wir haben in diesem Jahr 5,6 Millionen DM dastehen, also 2,4 Millionen DM mehr, als im vorigen Jahr tatsächlich gebraucht wunden. Wir haben nicht den geringsten Anlaß zu der Annahme, daß dieser Betrag nicht reichen werde. Es ist zwar geltend gemacht worden, daß dies nicht für das ganze Objekt reiche. Nun, ein solches Objekt wird ja nicht an einem Tage fertiggestellt, es wird natürlich auch in Teilabschnitten abgerechnet. Das bedeutet also, daß die Arbeit an der fraglichen Brücke - davon haben wir uns in den Vorberatungen überzeugt - nicht zu stocken braucht, daß eine Verzögerung nicht eintritt. Der Tit. 960, in Kap. 36 04, der als neuer Titel eingefügt wenden soll, ist überflüssig. Ein Ansatz ist in einer Höhe von 10 Millionen DM als Untertitel bei Tit. 714 ausgebracht. Mehr wird nach den Erfahrungen des vergangenen Jahres nicht gebraucht werden. Wir sind darauf angewiesen, daß uns von den Ländern usw. entsprechende Objekte zur Verfügung gestellt werden. Der Herr Kollege Hansing hat zwar erklärt - ich wäre ihm für eine Ergänzung dankbar -, daß zahlreiche Anträge vorlägen, die nicht bedient werden könnten. Nun, wir sind dahin unterrichtet worden, daß die Anträge gar nicht so zahlreich seien und daß jedes Objekt, das haushaltsreif sei, bei dem also 'die Voraussetzungen für die Finanzierung vorlägen, tatsächlich auch bezuschußt worden sei. Wenn das nicht zutrifft, bitte ich um konkrete Angaben. Dann müßte man allerdings diese Frage neu prüfen. Die unter den Ziff. 5 und 6 geforderten neuen Titel 955 und 956 zu Kap. 36 05 sind nichts Neues. Neu ist lediglich, daß sie diesmal vom Herrn Kollegen Rinderspacher begründet wurden. Sie waren mit dem gleichen Wortlaut schon zum vorigen Haushaltsplan beantragt worden. Ich habe bereits im vorigen Jahr dazu Stellung nehmen müssen. Die Gründe haben sich in der Zwischenzeit nicht wesentlich geändert. Die Anträge sind nicht beschlußreif. Maßnahmen zum allgemeinen Katastrophenschutz fallen nicht in die Zuständigkeit des Bundes. Angelegenheiten, wie z. B. durch das Hochwasser in Hamburg, sind keine Bundesaufgabe, wenn auch der Bund sehr maßgeblich mitzuhelfen bereit war. ({2}) - Ich würde dazu sagen: Sehen Sie sich einmal Art. 30 und Art. 70 des Grundgesetzes an. Die Frage ist da ziemlich klar dahin geregelt, daß allgemeiner Katastrophenschutz Aufgabe der Länder ist. Insofern ist also die Formulierung in Ihrem Antrag nicht ganz eindeutig. Ich muß aber auch sagen, daß dieser Antrag nicht ganz durchdacht ist. Ehe man Vorräte anschafft, muß man wenigstens die Lager haben, muß wissen, wohin Idas Zeug kommt, wer es umwälzt, wer es nachher ausgibt. Wenn diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind, scheint es mir nicht sehr sinnvoll 'zu sein, Vorräte anzulegen. Ich muß 'Sie 'deswegen bitten, die Anträge abzulehnen. Ich beantrage allerdings von mir aus, die einseitige Deckungsfähigkeit zwischen Tit. 305 und 309 in Kap. 36 04 herzustellen. ({3})

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Das Wort hat der Abgeordnete Hansing.

Hermann Hansing (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000808, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nur eine Richtigstellung, Herr Kollege Dorn: die Anträge, die wir hier stellen, haben nichts mit den Gesetzentwürfen zu tun, die in den Ausschüssen liegen. Über die andere Frage, ob man sie vorher behandeln sollte, kann man sich noch unterhalten. Nun, Herr Kollege Windelen, über die Frage, woher ich die Informationen habe, werden wir uns bei der Beratung in den Ausschüssen unterhalten. Es ist ja nicht nur das Recht der Abgeordneten der Regierungsparteien, sich über gewisse Dinge zu unterrichten, sondern durchaus auch das Recht der Opposition, Informationen einzuholen. Ich glaube, wir unterhalten uns darüber ebenfalls besser im Ausschuß. Wir werden bei der Abstimmung morgen, wenn Sie unseren Antrag bezüglich der Luftschutzhilfsdienste ablehnen, Ihrem Antrag zustimmen.

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Herr Abgeordneter Windelen, ich glaube, Sie sollten den Antrag, den Sie vorhin angekündigt haben, für morgen schriftlich vorlegen, so daß er mit zur Abstimmung gestellt werden kann. Die Abstimmungen finden, wie gesagt, erst morgen statt. Ich rufe jetzt den Einzelplan 31 auf. Auf der Tagesordnung hat er noch den aus der Zeit der vorigen Regierung stammenden Titel. Die Aussprache ist eröffnet. - Das Wort hat der Abgeordnete Professor Bechert.

Dr. Dr. h. c. Karl Bechert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000123, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren. Die Sozialdemokratische Partei und ihre Fraktion haben ein Wissenschaftsministerium oft gefordert. Wir haben es begrüßt, daß es endlich geschaffen wurde. Es hat aber ein halbes Jahr gedauert, bis seine Kompetenzen einigermaßen abgegrenzt wurden. Volle Klarheit soll angeblich heute geschaffen worden sein, heute, an dem Tag, wo der Bundestag in zweiter Lesung über den Haushalt dieses Ministeriums debattiert. Wir sind sehr neugierig auf die Regelung. Man hat vorgehabt und offenbar auch noch vor, dem Ministerium Aufgaben der Koordinierung zwischen den verschiedenen Bundesministerien zu geben, die sich mit Forschung beschäftigen. Bisher ist aber bei Koordinierungen innerhalb der Bundesregierung nur herausgekommen, daß die Ressorts eifersüchtig über ihre Zuständigkeiten wachen und sich gegenseitig in der Arbeit behindern und daß, wie es neulich einer formuliert hat, der es wissen muß, die Referenten der Ministerien 'zu Funktionären der interministeriellen Ausschüsse geworden sind. Die neue Abteilung dieses Ministeriums - Förderung der wissenschaftlichen Forschung - muß schnellstens aufgebaut und mit den nötigen Stellen ausgestattet werden. Wir begrüßen, daß der Haushalt des Ministeriums für Atomkernenergie, wie er 'in diesem. Haushaltsentwurf noch heißt, gegenüber 1962 aufgestockt worden ist. Wir bedauern, daß es nicht in größerem Umfang geschehen List. Die Sozialdemokratie hat das Atomzeitalter begrüßt, soweit es friedliche Entwicklung bedeutet, und als Zukunftsentwicklung richtig gesehen. Die Atomkernenergie wird eine wichtige Energiequelle der Zukunft werden. Man rechnet damit, daß sie 1980 etwa 16 % des Gesamtenergieverbrauchs der Euratom-Länder liefern wird. In der Bundesrepublik wird 1980 nach einer Schätzung des Bundeswirtschaftsministeriums der Anteil der Atomkernenergie am Gesamtenergieverbrauch etwa 9 % ausmachen. Dies zeigt: es ist dringend nötig, daß sich die Bundesrepublik .an Forschungs- und Entwicklungsarbeiten auf diesem Gebiet noch mehr als bisher beteiligt. Die SPD war und ist der Meinung, daß die technische Verwertung der Atomkernenergie in staatlicher Hand oder gemeinwirtschaftlich betrieben werden sollte. Dafür, daß da die Industrie nicht immer der ideale Betreiber im Sinne der Allgemeinheit ist, zitiere ich ein Wort des Leiters des Atomkraftwerks Kahl, des Herrn Dr. Weckesser, der vor dem Deutschen Atomforum in Essen im April dieses Jahres gesagt hat - ich zitiere den Pressebericht darüber -, daß ein Atomkraftwerk mit der normalen Belegschaft eines Kraftwerks betrieben werden könnte. Hochqualifizierte Atomfachleute seien dafür nicht notwendig. Vielmehr könne sich jeder intelligente Werkmeister das notwendige zusätzliche Wissen leicht aneignen. Zu der Äußerung des Herrn Weckesser muß man sich klarmachen, daß jedes Atomkraftwerk für seine Umgebung eine erhebliche Gefährdung bedeuten kann, worüber die Euratom-Richtlinien und -Grundnormen genügend Auskunft geben, die übrigens auch Richtlinien für die Ausbildungsvoraussetzungen des Personals von solchen Betrieben enthalten. Es ist nötig, daß bei uns in der Bundesrepublik ein Programm aufgestellt wird, das etwa für die nächsten zwei Jahrzehnte bestimmt, welche Reaktortypen bis zur technischen Reife gefördert werden sollen. Die Deutsche Atomkommission hat am 4. Mai dieses Jahres, also vor wenigen Tagen, ein Fünfjahresprogramm zur schnelleren Entwicklung der Kernforschung, Kerntechnik und Atomwirtschaft in der Bundesrepublik vorgelegt. Es sieht für die fünf Jahre 1963 bis 1967 rund 2,5 Milliarden DM vor, jährlich also im Durchschnitt 500 Millionen DM. Es Es ist nach Ansicht der Atomkommission ein Mindestprogramm, um die deutsche Atomforschung und Atomtechnik an den Entwicklungsstand der führenden Staaten heranzubringen. Es geht finanziell weit über das hinaus, was der vorgelegte Haushaltsplan des Ministeriums enthält. Allgemein ist zu sagen: Bei den großen Kosten, welche Atomforschung und Atomtechnik und Weltraumforschung verursachen, ist unabweisbar notwendig geworden, zu untersuchen und zu planen, welche volkswirtschaftlich für die Zukunft bedeutenden Forschungs- und Entwicklungsvorhaben gefördert werden sollen und auf welche Weise. Der Ausschuß für Atomkernenergie und Wasserwirtschaft hat zur Frage der Weltraumforschung Sachverständige gehört. Als Ergebnis können wir feststellen: Es ist gemeinsame Meinung des Ausschusses, des Ministeriums und der angehörten Sachverständigen, daß die Bundesrepublik keine bemannte Weltraumfahrt betreiben soll, wohl aber Förderung der Weltraumtechnik und der Weltraumforschung, abgesehen vom wissenschaftlichen Interesse, auch deswegen, weil von diesen Gebieten wesentliche Förderung und Entwicklung der Nachrichtenübermittlung zu erwarten ist, der Wetterforschung und -vorhersage und der Ortung, um nur einige zu nennen. Spitzenkräfte der Forschung und Entwicklung sollten wir halten können, um zu verhindern, daß sie ins Ausland oder aus staatlichen Stellen in die Industrie abwandern, wie das heute leider in erheblichem Maße geschieht. Ich muß sagen, die Meinung, die der Haushaltssachverständige der CDU-Fraktion, Herr Stoltenberg, hier geäußert hat, daß Wissenschaftler und Entwicklungskräfte deswegen ihre Stellungen verlassen und ins Ausland gehen oder von staatlichen Stellen in die Industrie abwandern, weil in der deutschen Öffentlichkeit die Meinung herrsche, wie er sagte, in der Bundesrepublik werde vom Bund zu wenig für Forschung und Entwicklung getan, ist rundheraus gesagt, naiv. Es ist wirklich so, daß Wissenschaftler und Nachwuchskräfte deswegen ihre Stellungen bei uns in der Bundesrepublik oder bei staatlichen Stellen aufgeben, um ins Ausland oder in die Industrie abzuwandern, weil dort bessere Arbeitsbedingungen und bessere Bezahlung geboten werden, weil also in der Bundesrepublik zu wenig für den Nachwuchs für Forschung und Entwicklung getan wird. Da wir den Haushalt des Ministeriums nicht für ausreichend halten, werden wir ihm nicht zustimmen. Wir sind der Ansicht, daß für Forschung und Entwicklung viel mehr getan werden müßte, als es heute in der Bundesrepublik geschieht und nach diesem Haushalt auf dem Gebiet der Forschungs- und Entwicklungsförderurng geschehen kann. ({0})

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Nach der Verabredung zwischen den Fraktionen findet die Abstimmung auch darüber morgen statt. Wir sind damit am Schluß der heutigen Sitzung. Ich berufe die nächste auf Donnerstag, den 9. Mai, vormittags 9 Uhr. Die Sitzung ist geschlossen.