Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet.
Vor Eintritt in 'die Tagesordnung gebe ich das Wort zur Tagesordnung dem Herrn Abgeordneten Erler.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist denkbar, daß angesichts der jüngsten Ereignisse der Herr Verteidigungsminister in diesen Tagen eine Reihe wichtiger Aufgaben zu lösen hat. Ich bin der Auffassung, daß es gut wäre, wenn wir ihm bei dieser Lage nicht zumuteten, längere Zeit vom Amte entfernt zu sein. Deshalb rege ich an - und ich glaube, damit auch einem großen Teil der öffentlichen Meinung im Lande zu entsprechen -, den Bericht zu Punkt 39 von der heutigen Tagesordnung abzusetzen, was bedeutet, daß wir die Debatte in ruhiger Atmosphäre dann abhalten können,
({0})
- Sie haben bereits Ihren Beschluß gefaßt, ich weiß das, aber deswegen darf ich doch wenigstens unseren Antrag begründen -, wenn der Minister und wir alle den Kopf von anderen Sorgen etwas freier haben.
Nur gegen eines möchten wir uns wehren: daß die internationale Lage als Schutzschild benutzt würde, um ohne anständige und gründliche. Aussprache Beschlüsse allein im Sinne der Mehrheit fassen zu lassen. Das geht nicht.
({1})
Falls bei einigen von Ihnen die völlig unbegründete Sorge 'bestünde - wovon ich auch schon vernommen habe -, wir wollten diese Debatte lediglich zeitlich in die Nähe der bayerischen Landtagswahlen hineinrücken,
({2})
darf ich Ihnen ganz klar sagen: Die Sorge brauchen Sie nicht zu haben. Über den Zeitpunkt der Debatte kann man sich in aller Fairneß verständigen, wenn wir gemeinsam (der Auffassung sind, daß die Lage dafür geeignet ist. Zu einer Verständigung über den Termin sind wir gerne bereit. Unerträglich
wäre es dagegen, wenn 'die internationale Lage gewissermaßen zu einer Art Verdunkelungsübung benutzt wurde, um eine Angelegenheit zu beerdigen,
({3})
die aus vielen Gründen einer sorgfältigen Prüfung durch das Parlament bedarf.
({4})
Wir sind bereit, Prioritäten anzuerkennen. Wir wissen, daß heute einige andere Aufgaben für uns alle im Vordergund stehen. Wir sind nicht bereit, die normale Kontrollfunktion des Parlaments außer Kraft setzen zu lassen, obwohl das gar nicht erforderlich ist.
({5})
Daher Aufschub der Debatte, aber nicht Verabschiedung ,des Mehrheitsbeschlusses ohne sorgfältige Prüfung!
Wer heute glaubt, diesem unserem Angebot nicht zustimmen zu können, wer den Punkt also auf der Tagesordnung läßt, meine Herren, der erzwingt die Debatte. Wir werden uns ihr in einem solchen Falle selbstverständlich nicht entziehen.
,({6})
Das Wort zur Tagesordnung hat der Herr Abgeordnete Dr. Güde.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens der Fraktionen der CDU/CSU und FDP habe ich den Antrag zu stellen, diesen Vertagungsantrag abzulehnen. Meine Freunde und ich sind keineswegs frei von dem Gefühl der Schwere der Stunde. Aber wenn darauf hätte abgehoben werden sollen, dann wäre es besser gewesen, der Herr Kollege Erler hätte in weniger aggressivem Ton uns die Absicht zugeschoben, wir wollten in dieser Stunde etwas verbergen oder verdunkeln.
({0})
Auch die gegenwärtige Stunde gibt uns nicht die Freiheit, uns von unserem Tagwerk loszusagen. Wir müssen es jeden Tag leisten, und wir tun es; aber zu unserem Tagwerk gehört es auch, eine Angelegenheit, die nun seit so vielen Monaten schwelt, zu Ende zu bringen.
({1})
Und wenn so freundlich darauf abgehoben ist, daß der Herr Bundesverteidigungsminister in dieser Stunde wichtige Aufgaben zu erfüllen habe, dann, meine Damen und Herren, muß ich sagen, besteht aber auch das Bedürfnis, eine Angelegenheit, die auf ihm lastet,
({2})
endlich zu Ende zu bringen.
({3})
Um es noch einmal zu sagen: Wir haben nicht die Absicht - auch in dieser Stunde nicht -, etwas zu verdunkeln und zu verbergen. Die Stunde mag geeignet sein, den Stil zu beeinflussen. Auch in einem sachlichen Stil werden sich die Meinungen austauschen lassen;
({4})
kein Einwand dagegen. Die Angelegenheit ist reif. Es ist oft genug in diesem Hause auf die gerichtsähnliche Funktion des Untersuchungsausschusses abgehoben worden. Beim Gericht gilt der Grundsatz, daß eine Sache, die entscheidungsreif ist, auch entschieden werden muß. Und die Stunde ist da.
Ich bitte Sie also, den Antrag abzulehnen.
({5})
Ich lasse über den für die SPD-Bundestagsfraktion gestellten Antrag des Herrn Abgeordneten Erler abstimmen. Dieser Antrag ist nach § 26 Abs. 4 der Geschäftsordnung zulässig.
Wer dem Antrag - Absetzung des Punktes 39 von der Tagesordnung - zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das letzte war die Mehrheit; der Antrag des Herrn Abgeordneten Erler ist abgelehnt.
Ich werde Punkt 39 der Tagesordnung nach einer Vereinbarung im Ältestenrat nach der Fragestunde aufrufen.
Bevor wir zur Tagesordnung kommen, noch eine Mitteilung. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung wird die Tagesordnung noch um folgende Punkte ergänzt:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zu dem Internationalen Fernmeldevertrag vom 21. Dezember 1959 ({0}),
Schriftlicher Bericht des Außenhandelsausschusses über den Entwurf einer Einunddreißigsten Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1962 ({1}) ({2}),
Schriftlicher Bericht des Außenhandelsausschusses über den Entwurf einer Dreiunddreißigsten Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1962 ({3}) ({4}).
Damit kommen wir zur Tagesordnung. Ich rufe auf in Fortsetzung der Fragestunde die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr, zunächst die Frage X/1 -- des Abgeordneten Gewandt -:
Sind an die Bundesregierung Pläne herangetragen worden, wonach sich der Bund mit einer Bürgschaft an der Sicherstellung der Finanzierung des Baus eines Hamburger Passagierschiffes von etwa 30 000 BRT beteiligen soll?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich antworte auf diese Frage mit Nein.
Welche grundsätzliche Einstellung haben Sie angesichts der Erfahrungen mit der Finanzierung des Dampfers Bremen zu dem in der Öffentlichkeit diskutierten Projekt, ein neues Fahrgastschiff mit Bundeshilfe zu bauen?
Die Bundesregierung kann dazu keine grundsätzliche Stellungnahme abgeben, weil die Nachrichten über diesen Plan sehr vage sind und nichts über die Finanzierung und die Wirtschaftlichkeit eines solchen Projektes aussagen.
Frage X/2 - des Herrn Abgeordneten Wittrock -:
Trifft es zu, daß auch gerichtliche Anfragen an das Kraftfahrtbundesamt in Flensburg oft erst nach Ablauf von Monaten beantwortet werden, wodurch oft erhebliche Verfahrensverzögerungen eintreten?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär des Bundesministeriums für Verkehr.
Anfragen von Justizbehörden an das Verkehrszentralregister wurden im Jahre 1962 durchschnittlich binnen einer Woche und längstens binnen zwei Wochen beantwortet. Längere Fristen für die abschließende Beantwortung konnten sich in Einzelfällen nur ergeben, wenn Rückfragen bei den Justizbehörden notwendig waren.
Eine Zusatzfrage!
Ist Ihnen bekannt, Herr Staatssekretär, daß bei dem Präsidenten des Kraftfahrtbundesamtes Eingaben vorliegen, mit denen die Dauer - und zwar eine längere Dauer als .Sie sie soeben erwähnt haben - der Bearbeitung dieser Ersuchen ausdrücklich gerügt wird?
Herr Abgeordneter, mir ist nur eine Eingabe einer Kölner Rechtsanwaltskanzlei bekannt. Die Nachprüfung hat hier ergeben, daß die Nachfrage, die das Amtsgericht Köln am 13. Juni 1962 an das Amt gerichtet haben will, dort nicht eingegangen ist. Daraufhin ist eine Mahnung seitens des Amtsgerichts erfolgt. Auf Grund dieser Mahnung sind die Unterlagen dann postwendend innerStaatssekretär Dr. Seiermann
halb von zwei Tagen an das Gericht gegangen. Bei dem Amt mögen weitere Beschwerden vorliegen; davon ist aber dem Bundesministerium für Verkehr nichts bekannt.
Ich rufe auf die Frage X/3 -- des Herrn Abgeordneten Ritzel -, die von dem Herrn Abgeordneten Schwabe übernommen wird:
Welche Schlüsse zieht das Bundesverkehrsministerium aus den bisherigen Erfahrungen bei Verwendung von Auto-Windschutzscheiben aus Sicherheitsglas?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär.
Windschutzscheiben in Kraftfahrzeugen müssen folgenden Anforderungen genügen: 1. Splittersicherheit. 2. Widerstandsfähigkeit. 3. Klare und verzerrungsfreie Durchsicht. 4. Beständigkeit gegen Witterungs- und Temperatureinflüsse. 5. Sicht nach Bruch. Um sicherzustellen, daß die in Kraftfahrzeugen eingebauten Windschutzscheiben diese Bedingungen erfüllen, werden sie nach der Straßenverkehrszulassungsordnung der Bauartgenehmigungspflicht unterworfen. Für die Prüfung von Windschutzscheiben bestehen Richtlinien, die dem neuesten Stand der Technik entsprechen. Für Windschutzscheiben und auch für andere Scheiben in Kraftfahrzeugen ist in der Bundesrepublik Deutschland sowohl Einscheibensicherheitsglas - Hartglas - als auch Verbundsicherheitsglas - Mehrschichtenglas - zugelassen. Beide Sicherheitsglasarten haben sich nach den bisherigen Erfahrungen nicht nur in der Bundesrepublik, sondern auch in vielen anderen Ländern bewährt. Da nach diesen Erfahrungen beide Sicherheitsglasarten den Erfordernissen der Verkehrssicherheit genügen, besteht kein Grund, die eine oder andere Sicherheitsglasart von der Verwendung als Windschutzscheiben auszuschließen.
Zusatzfrage!
Besteht nach Ansicht des Ministeriums nicht Veranlassung, auf Grund mehrerer Veröffentlichungen, die von sehr gefährlichen Unfallfolgen bei einer solchen Glasart sprechen, diesen Gegenstand neu zu überprüfen?
Herr Abgeordneter, dieser Gegenstand wird an sich neu überprüft, weil im Zusammenhang mit der Vereinheitlichung der Verkehrsvorschriften im Rahmen des Gemeinsamen Marktes bereits eine Arbeitsgruppe der EWG sich ausschließlich mit diesem Problem der Glassicherung, wenn ich einmal so sagen darf, befaßt.
Frage X/4 - Frau Abgeordnete Funcke ({0}) -:
Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um Unfälle und deren schwerwiegende Folgen zu vermeiden, die dadurch entstehen, daß bevorrechtigte Kraftfahrzeuge ({1}) bei „rot" mit unverminderter Geschwindigkeit über eine Kreuzung fahren und trotz Blaulicht und Martinshorn bei lebhaftem oder schnellem Verkehr nicht rechtzeitig von kreuzenden Fahrzeugen bemerkt werden?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär!
Die Führer der Kraftfahrzeuge der Bundeswehr, der Polizei, des Bundesgrenzschutzes, der Feuerwehr, des Zollgrenzdienstes und der Zollfahndung sind gesetzlich von der Beachtung der Verkehrszeichen und Lichtzeichen befreit, soweit dies zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben, allerdings unter gebührender Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, dringend geboten ist. Die Führer der anderen bevorrechtigten Fahrzeuge, z. B. der Krankenwagen, dürfen in Notstandsfällen, z. B. bei höchster Gefahr für Menschenleben, von der Verkehrsregelung abweichen. Um rechtzeitig zu warnen, hat der Fahrer nicht nur die blaue Blinkleuchte, sondern auch die sogenannte „Mehrklanghupe zu betätigen.
Die Rechtsprechung hat inzwischen klargestellt, daß der nach § 48 der Straßenverkehrs-Ordnung bevorrechtigte Fahrer nicht rücksichtslos fahren darf, sondern mit einer Verwirrung der anderen Verkehrsteilnehmer rechnen und zudem berücksichtigen muß, daß die Wahrnehmbarkeit seiner Signale durch Witterungseinflüsse, Verkehrslärm oder sonstige Umstände beeinträchtigt sein kann.
Bedauerlicherweise ereignen sich trotzdem Unfälle in nicht unerheblicher Zahl und Schwere, die durch diese sogenannten Wegerechtsfahrzeuge veranlaßt werden oder an denen sie beteiligt sind.
Die Bundesregierung hat leider gegenüber den bevorrechtigten Organisationen nur zu einem geringen Teil eine Weisungsbefugnis, da die Durchführung der Verkehrsgesetze den Ländern obliegt. Mein Haus hat jedoch die Gelegenheit schon bisher benutzt, alle beteiligten Stellen, insbesondere die obersten Landesverkehrsbehörden erneut darauf hinzuweisen, daß von ihnen alles zu geschehen hat, um die Unfallgefahren, die durch sogenannte Wegerechtsfahrzeuge hervorgerufen werden können, so weit wie möglich auszuschalten.
Ich habe veranlaßt, daß diese Sache in der nächsten Besprechung mit den Ländern über Straßenverkehrssicherheitsfragen erneut auf Grund Ihrer Initiative zur Sprache gebracht wird.
Eine Zusatzfrage? - Herr Abgeordneter Atzenroth!
Hat die Bundesregierung nicht die Möglichkeit, den Kreis dieser Sonderberechtigten einzuschränken?
Der Kreis dieser Sonderberechtigten ist durch den Gesetzgeber, durch das Parlament festgelegt worden. Ich darf daran erinnern, daß damals schon ein sehr strenger Maßstab angelegt worden ist, wobei die Wünsche des Deutschen Bundestages hinsichtlich der Krankenwagen trotz erheblicher Bedenken ausdrücklich berücksichtigt worden sind.
Eine zweite Zusatzfrage!
4 Dr. Atzenroth ({0}) : Geben die Erfahrungen der letzten Zeit der Bundesregierung nicht Veranlassung, erneut eine Vorlage an das Parlament zu richten, um eine weitere Einengung dieses Kreises beschließen zu lassen?
Herr Abgeordneter, ich will diese Frage durch eine Erhebung bei den Ländern - diese unmittelbare Statistik liegt vor - prüfen und von Ihrer Anregung gegebenenfalls Gebrauch machen.
Frage X/5 - des Herrn Abgeorneten Freiherr von Mühlen -:
Ist der Herr Bundesverkehrsminister bereit, dafür einzutreten, daß der schon seit langem vorgesehene Ausbau der Bundesstraße 14 - der meist befahrenen Bundesstraße in BadenWürttemberg - jetzt endlich aufgenommen und vordringlich das kleine Teilstück zwischen Fellbach und Waiblingen ausgebaut wird, das bereits zu Normalverkehrszeiten einen unerträglichen Verkehrsengpaß darstellt und während der Hauptverkehrszeiten zu chaotischen Verkehrsverhältnissen führt?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär!
Mit einer täglichen Verkehrsbelastung von über 24 000 Fahrzeugen stellt der Streckenabschnitt der Bundesstraße 14 zwischen Fellbach und Waiblingen einen der am stärksten belasteten Straßenzüge im Stuttgarter Raum dar. Infolge der nicht mehr zureichenden Querschnittsabmessungen der bestehenden Bundesstraße 14, aber auch wegen der zahlreichen höhengleichen
Kreuzungen und Einmündungen, die die Leistungsfähigkeit der Straße noch weiter herabsetzen, lassen sich Behinderungen in der Verkehrsabwicklung kaum vermeiden. Diese schwierigen Verkehrsverhältnisse im Vorfeld der Stadt Stuttgart sind in meinem Hause gut bekannt. Das Problem ist auch in wiederholten Besprechungen und an Ort und Stelle mehrfach erörtert worden.
Dabei hat sich ergeben, daß, um eine grundlegende Verbesserung herbeizuführen, die Bundesstraße 14 unter Umgehung von Waiblingen zwischen Fellbach und Endersbach bzw. Winnenden verlegt werden muß und der Neubau als kreuzungsfreie, autdbahnähnliche Schnellstraße durchzuführen ist. Trotz der außerordentlichen Schwierigkeiten, die der Planung in dem sehr dicht besiedelten und industrialisierten Stuttgarter Raum entgegenstehen, konnte die Vorplanung für den neuen Straßenzug vor kurzem abgeschlossen werden. Der generelle Entwurf ist vor wenigen Tagen meinem Hause zur Genehmigung zugegangen. Die baureife Planung, die infolge der Dringlichkeit des Bauvorhabens so weit wie möglich beschleunigt wird, ist ebenfalls schon recht weit gediehen. Es ist damit zu rechnen, daß sie uns im zeitigen Frühjahr 1963 von der Auftragsverwaltung vorgelegt werden kann. Unmittelbar daran anschließend wird das Planfeststellungsverfahren nach dem Fernstraßengesetz durchgeführt.
Voraussetzung für den Baubeginn ist allerdings, daß bei der Durchführung ides Planfeststellungsverfahrens keine schwerwiegenden Einsprüche geltend gemacht werden. Ich hoffe, 'daß die Kürzung der für den 'Straßenbau vorgesehenen Haushaltsmittel auf dieses auch von uns als vordringlich angesehene Projekt keine Auswirkung haben wird. Im Entwurf zum 2. Vierjahresplan ist die Maßnahme mit insgesamt 32 Millionen DM veranschlagt.
Eine Zusatzfrage.
Wäre der Herr Bundesverkehrsminister vielleicht bereit, nachdem wir gehört haben, daß die Teilstrecke zwischen Fehlbach und Waiblingen erst im Jahre 1965 fertig sein wird, diese Strecke, die die größte Verkehrsdichte hat und auf der sich kilometerlange Autoschlangen bilden, wegen des Kleinpflasters mit einer Asphaltdecke zu überziehen - .als vorübergehende Maßnahme -, damit die Lebensgefahr für die Fahrer wenigstens in dieser Zeit beseitigt wird? Es ist eine Strecke von etwa 2 km.
Herr Abgeordneter, ich bin gern bereit, diese Frage mit der obersten Landesbaubehörde prüfen zu lassen.
Ich rufe die Frage X/6 - des Abgeordneten Drachsler - auf:
Welche Konsequenzen hat die Deutsche Bundesbahn bisher aus dem Prüfungsbericht der vom Parlament eingesetzten Kornmission gezogen?
Herr Abgeordneter, die Deutsche Bundesbahn hat in Übereinstimmung mit den Vorschlägen der Prüfungskommission auf den Gebieten der technischen Rationalisierung und Modernisierung und der Investitionspolitik, bei der Beseitigung der besonderen von der Kommission angesprochenen Verlustquellen, auf den Gebieten des Tarif-, Grundstücks- und Beteiligungswesens, ihrer inneren Organisation und des Rechnungswesens eine Fülle von Maßnahmen eingeleitet, weitergeführt oder abgeschlossen. Die Darstellung aller dieser Maßnahmen ist, wie Sie verstehen werden, im Rahmen einer Fragestunde nicht möglich. Die Bundesregierung wird aber dem Hohen Hause hierüber in Kürze einen erschöpfenden Bericht vorlegen, nachdem sie durch die Entschließung des Bundestages vom 29. Juni 1961 beauftragt wurde, die wichtigsten Zahlenangaben des Berichts und der Stellungnahme der Bundesregierung hierzu auf den neuesten Stand zu bringen. Ich darf Sie auf diese unmittelbar bevorstehende Berichterstattung verweisen.
Eine Zusatzfrage.
Kann der Herr Staatssekretär heute schon sagen, ob mit dem Bericht heuer noch zu rechnen ist?
Jawohl.
Ich rufe die Frage X/7 - des Abgeordneten Drachsler - auf:
Wie hoch sind gegenwärtig die Zinsen, die die Deutsche Bundesbahn jährlich für Fremdkapital zu tragen hat?
Die Deutsche Bundesbahn hat ihren Zinsaufwand für Fremdkapital im Geschäftsjahr 1962 mit 440 Millionen DM beziffert. Das sind die Angaben, die uns auch vorliegen.
Keine Zusatzfrage? Ich rufe als nächste Frage die Frage X/8 - des Abgeordneten Drachsler - auf:
Wie hoch ist der Verkehrswert jener Grundstücke, die die Deutsche Bundesbahn zur Erfüllung ihrer Verkehrsaufgaben nicht mehr benotigt und daher laut Brand-Bericht veräußern sollte?
Die Prüfungskommission hat empfohlen, daß die Bundesbahn entbehrlichen Grundbesitz abstoßen solle. Der Vorstand der Deutschen Bundesbahn ist ständig bemüht, dieser Empfehlung nachzukommen, und hat die Bundesbahndirektionen angewiesen, entsprechend zu verfahren. Es wird auch bereits entsprechend verfahren.
Im Jahre 1960 wurden Liegenschaften im Werte von 28,9 Millionen DM mit einer Größe von rund 525 ha veräußert. Im Jahre 1961 wurden entbehrliche Grundstücke und Anlagen in der Gesamtgröße von 490 ha im Gesamtwert von 37,7 Millionen veräußert. Den Verkehrswert des verbliebenen entbehrlichen Grundbesitzes könnte die Deutsche Bundesbahn nur mit Hilfe schwieriger und zeitraubender Untersuchungen vorab ermitteln, da sich der Besitz wie allgemein bekannt aus zahlreichen auf das gesamte Bundesgebiet verstreuten Flächen und Einzelparzellen mit sehr verschiedenen Verwertungsmöglichkeiten zusammensetzt. Die Ermittlung des Verkehrswertes für Grundstücke dieser Art erfolgt jeweils bei der Durchführung des Verkaufs, und zwar auf der Grundlage der vom Bundesminister der Finanzen für die Wertfeststellung erlassenen Richtlinien, erforderlichenfalls unter Zuziehung von Gutachterausschüssen und Sachverständigen. Ich bedaure daher, die Frage nach dem Verkehrswert des entbehrlichen Grundbesitzes der Deutschen Bundesbahn heute nicht beantworten zu können.
Eine Zusatzfrage.
Ist dem Herrn Staatssekretär bekannt, daß trotz der hier eben genannten Weisungen des Hauptvorstandes der Deutschen Bundesbahn an ,die Bundesbahndirektionen sich die letztgenannten nur sehr schwer von ihrem Grundbesitz trennen und vielfach auch jahrelang Verhandlungen erforderlich sind, um die Direktionen von der Notwendigkeit der Veräußerung zu überzeugen?
Herr Abgeordneter, es ist allgemein bekannt, daß eine Behörde sich nur ungern von Sachbesitz trennt. Deswegen ist auch in dem Prüfungsbericht besonderer Wert darauf gelegt worden, die Notwendigkeit zu betonen. Ich kann Ihnen nur sagen, daß die Hauptverwaltung die Bundesbahndirektionen nicht einmal, sondern bereits wiederholt darauf aufmerksam gemacht hat, daß erfahrungsgemäß, wenn Eisenbahndirektionen hartleibig sind, die Betroffenen sehr schnell den Weg entweder zum Vorstand der Bundesbahn oder zum Bundesminister für Verkehr finden und daß das Verfahren dann auf diese Weise beschleunigt wird.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Drachsler.
Herr Staatssekretär ist Ihnen bekannt, daß dem Parlament daran gelegen ist, daß die Deutsche Bundesbahn eben auf Grund des Berichtes dieser Prüfungskommission möglichst auch durch eigene Initiative schnell zu einer gewissen Wirtschaftlichkeit gelangt, besonders wenn man berücksichtigt, daß wir vor der Notwendigkeit neuer Tariferhöhungen stehen und daß durch einen rechtzeitigen Verkauf jener Grundstücke, die die Bundesbahn nachweislich nicht für die Erfüllung ihrer Verkehrsaufgaben benötigt, die Kapitallast und damit die Zinslast hätte gemindert werden können?
Herr Abgeordneter, ich glaube, diese Frage läßt sich nur an Hand eines Einzelfalles prüfen und beantworten. Sie müssen daran denken, daß die Bundesbahn diese Grundstücke ja nicht nur im unmittelbar betrieblichen Interesse zurückzuhalten braucht, sondern sie, sei es für Bauzwecke, für Dienstwohnungen, sei es als Austauschobjekte für an anderer Stelle betriebsnotwendig werdenden Grunderwerb, bereithält. Tatsächlich spricht doch der Umfang ,der Veräußerungen, den ich genannt habe - es sind ja fast 1000 ha, die in zwei Jahren veräußert worden sind -, dafür, daß die Bundesbahn sich bemüht, dem Wunsche dieser Prüfungskommission und auch des Parlaments - das Parlament hat ja diesen Bericht zur Kenntnis genommen - nachzukommen.
Eine letzte Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Drachsler!
Sind Sie nicht auch der Meinung, Herr Staatssekretär, daß die lobenswerten Bestrebungen der Bundesbahn-Hauptverwaltung in Frankfurt in Richtung auf eine kaufmännische Geschäftsführung und in Richtung auf eine baldige Gesundung der Bundesbahn nicht immer die Unterstützung in den unteren Ämtern der Deutschen Bundesbahn finden, die nötig wäre, weil man dort vielleicht noch in einem gewissen Monopoldenken aus der guten alten Zeit des Eisenbahnmonopols steckt, statt kaufmännische Wettbewerbsgedanken mit in Erwägung zu ziehen?
Herr Abgeordneter, Sie wissen, daß die Bundesbahn ein außerordentlich großes Unternehmen mit fast 500 000 Beschäftigten ist. Natürlich dauert es gewisse Zeit, bis Leitsätze, zu denen sich die Leitung der Bundesbahn durchgerungen hat, sich nun auch bis zum letzten Dienststellenleiter durchsetzen. Aber der gute Wille ist vorhanden.
Ich rufe auf die Frage X/9 - des Herrn Abgeordneten Dr. Imle -:
Welche Maßnahmen beabsichtigt die Bundesregierung zur Verflüssigung des Verkehrs an Baustellen zu ergreifen, wenn insbesondere Geschwindigkeitsbegrenzungen nicht mit den tatsächlich gegebenen Verhältnissen übereinstimmen, z. B. die Geschwindigkeitsbegrenzungen allzu lang ausgedehnt werden?
Die Verkehrsregelung an den Straßenbaustellen, Herr Abgeordneter, richtet sich nach den Bestimmungen der Straßenverkehrs-Ordnung. Danach müssen die Bauunternehmer vor Arbeitsbeginn von der zuständigen Behörde Anweisungen darüber einholen, wie ihre Arbeitsstellen abzusperren und zu kennzeichnen sind, wie der Verkehr bei halbseitigen Straßensperrungen zu leiten ist und wie gesperrte Straßen und Umleitungen zu kennzeichnen sind.
Verantwortlich für die Durchführung der Straßenverkehrs-Ordnung sind die Länder. Wir haben die zuständigen obersten Landesbehörden wiederholt aufgefordert, gegen eine unsachgemäße Verkehrsbeschilderung von Straßenbaustellen einzuschreiten.
Um eine einheitliche Handhabung der Baustellenbeschilderung zu erreichen, haben wir' den Entwurf von „Richtlinien für die Kennzeichnung, Verkehrsführung und Verkehrsregelung bei Arbeits-, Schaden- und Unfallstellen" aufgestellt. Diese sehr umfangreichen Richtlinien sehen u. a. vor, daß die Bauunternehmer vor Beginn der Arbeiten einen Plan für die Verkehrsregelung an den Arbeitsstellen aufstellen müssen und ihre Arbeiten erst nach Genehmigung des Planes durch die zuständige Behörde beginnen dürfen. Wir erwarten von dieser Neuregelung, daß damit die zuständigen Behörden die Verkehrsregelung auch an den Baustellen wieder fest in die Hand bekommen. Ich hoffe, daß die Beratungen mit den obersten Landesbehörden über diese Richtlinien in Kürze abgeschlossen werden können.
Zusatzfrage!
Sie meinen, Herr Staatssekretär, daß diese Beratungen in Kürze abgeschlossen werden. Was verstehen Sie unter in Kürze, und ist in diesen Richtlinien vorgesehen, daß zumindest an Wochenenden und an Tagen, wo nicht gearbeitet wird, also nach Dienstschluß, dann auch eine Überwachung erfolgt, daß der Verkehr nun wirklich flüssig vor sich geht?
Herr Abgeordneter, ich nehme an, daß diese Richtlinien noch im Laufe dieses Jahres verabschiedet und in Kraft gesetzt werden können. Was Ihre konkrete Frage angeht, so bitte ich doch zu beachten, daß es verschiedene Fälle technischer Art geben kann, in denen nach Meinung des Straßenbenutzers eine Geschwindigkeitsbeschränkung oder eine sonstige Sicherungsmaßnahme im Augenblick nicht mehr notwendig ist. Ich habe mich selbst an Hand der Vorlage meiner zuständigen Herren davon überzeugen müssen, daß es verschiedene technische Arbeiten gibt, die es erfordern, daß noch einige Tage darauf, auch wenn nicht mehr gebaut wird und keine Baustellenarbeiter mehr da sind, um die Erschütterungen möglichst gering zu halten, Geschwindigkeitsbegrenzungen oder sonstige Maßnahmen notwendig sind. Im Grundsatz pflichte ich Ihnen bei, daß in allen Fällen, in denen solche Beschränkungen, sei es der Zeit, sei es dem Umfang nach, entbehrlich sind, die Beschränkungen auch sofort für diese Zeit beseitigt werden sollen. Das ist ein Ziel auch dieser Richtlinien.
Zweite Zusatzfrage!
. Dr. Imle ({0}) : Ich darf vielleicht, Herr Staatssekretär, darauf hinweisen, daß mir aus eigener Anschauung bekannt ist, daß diese Zeiten sich manchmal auf sechs bis acht Wochen erstreckten, wo aber auch nichts mehr an der Straße selbst getan wurde. Läßt sich daran nichts ändern?
Das läßt sich nur durch eine Verstärkung der Aufsicht der Landesbehörden ändern, um die wir bemüht sind.
Ich rufe auf Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Gesundheitswesen. Zunächst die Frage XI/1 - des Herrn Abgeordneten Jacobi ({0}) -:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß nach umfangreichen Versuchen mit den von der Industrie entwickelten neuen Waschmittelgrundstoffen Zweifel an der Zweckmäßigkeit des Gesetzes über Detergentien in Wasch- und Reinigungsmitteln vom 5. September 1961 ({1}) aufgetreten sind?
Der Bundesregierung ist bekannt, daß vereinzelt die Zweckmäßigkeit des Gesetzes über Detergentien in Wasch- und Reinigungsmitteln angezweifelt wurde. Diese Zweifel sind jedoch nicht berechtigt. Ich darf bei den Fragen XI /2 und XI/ 3 darauf eingehen.
ich rufe auf die Frage XI/ 2 - des Herrn Abgeordneten Jacobi ({0}) -:
Was sagt die Bundesregierung zu Meldungen, daß die neuen Wasch-, Spül- und Reinigungsmittel wegen ihrer erhöhten Toxidität ({1}) auf Fische und Kleinstlebewesen verstärkt tödlich wirken sollen?
Die Frage einer erhöhten Giftigkeit der neuen Wasch-, Spül- und Reinigungsmittel ist von Sachverständigen der Wasserwirtschaft, der
Bundesgesundheitsminister Frau Dr. Schwarzhaupt Hygiene, der Fischerei und der Industrie, die Detergentien herstellt, im Hauptausschuß Detergentien und Wasser" behandelt worden. Vorsitzender dieses Ausschusses ist Professor Dr. Husmann, Essen, der den Bundestagsausschuß 26 bei der Erörterung des Gesetzentwurfs beraten hat. Die Frage ist auch im Bundesgesundheitsamt und in der Bundesforschungsanstalt für Fischerei geprüft worden.
In dem Hauptausschuß bestand Übereinstimmung darüber, daß die neuen, leicht abbaubaren Waschrohstoffe giftiger sind für Fische und Fischnährtiere als die bisher verwandten Waschrohstoffe. Der Hauptausschuß und die offiziellen Vertreter für Fischerei im Lande Nordrhein-Westfalen sind jedoch einmütig der Aufassung, daß diese höhere Giftigkeit durch die wesentlich bessere Abbaubarkeit mehr als ausgeglichen wird, zumal Anzeichen dafür vorliegen, daß die neuen Waschrohstoffe nach dem Passieren einwandfreier biologischer Kläranlagen bei der gleichen Konzentration weniger giftig sind als die Ausgangsprodukte. Ein schädigender Einfluß auf die Mikroorganismen biologischer Kläranlagen ist auch bei Konzentrationen, die weit über den praktisch vorhandenen Werten liegen, nicht festzustellen.
Deshalb empfiehlt der Hauptausschuß, zur endgültigen Lösung des Detergentien-Problems neben der Umstellung auf die heute angebotenen leicht abbaubaren Waschrohstoffe den ohnehin schon notwendigen Ausbau der biologischen Abwasserreinigung weiter voranzutreiben.
Das Bundesgesundheitsamt ist bei seinen Untersuchungen zu einer gleichen Stellungnahme gekommen.
Zusatzfrage?
Frau Ministerin, da ich annehmen darf, daß Sie sich den Hinweis auf die Notwendigkeit, in verstärktem Umfange biologische Kläranlagen zu bauen, ebenfalls zu eigen machen, frage ich, ob Ihnen bekannt ist, daß es für einen verstärkten Ausbau solcher biologischer Kläranlagen - mechanische sind ja offenbar in Anbetracht der erhöhten Giftigkeit der weichen Detergentien ungeeignet - unbedingt, sogar mehr als bisher steuerlicher Erleichterungen und verstärkter Finanzhilfe bedarf.
Das ist mir bekannt, und ich bin auch darum bemüht, hier zu helfen.
Keine Zusatzfrage. Es folgt Frage XI/ 3 - des Abgeordneten Jacobi ({0}) -:
Ist die Bundesregierung gegebenenfalls bereit, ihren Entwurf für die zur Durchführung des Gesetzes über Detergentien in Wasch- und Reinigungsmitteln vorgesehene Rechtsverordnung hinsichtlich der Begriffsbestimmung der Abbaubarkeit der Detergentien dahingehend zu überprüfen, daß die Toxidität ({1}) der Detergentien keine Erhöhung erfahren darf, sondern herabgesetzt werden muß?
Zur Beantwortung Frau Bundesminister Schwarzhaupt.
Frau Dr. Schwarzhaupt Bundesminister für Gesundheitswesen: Die Frage, ob der Entwurf der Rechtsverordnung geändert werden muß, ist ebenfalls von den Sachverständigen des 'bereits genannten Hauptausschusses Detergentien und Wasser-
und auch vom Bundesgesundheitsamt überprüft worden. Beide verneinen die Frage.
Die für Fische und Fischnährtiere erhöhte Giftigkeit der neuen Waschrohstoffe wird - wie ich schon ausgeführt habe - durch die wesentlich bessere Abbaubarkeit mehr als ausgeglichen. Mit der Bestimmung in § 1 des Verordnungsentwurfs, daß die Abbaubarkeit mindestens 80 % betragen muß, wird diesem Anliegen Rechnung getragen.
Eine höhere Abbaubarkeit kann im Augenblick nicht verlangt werden. Nach dem Detergentiengesetz müssen die Anforderungen an die Abbaubarkeit dem Stand von Wissenschaft und Technik auf 'den Gebieten der Herstellung von Detergentien und der Leistungsfähigkeit von Kläranlagen entsprechen. Sehr eingehende Untersuchungen über die Leistungsfähigkeit von Kläranlagen und über die Abbaubarkeit von Waschrohstoffen haben ergeben, daß es nach dem gegenwärtigen Stand von Wissenschaft und Technik nur möglich ist, eine Abbaubarkeit von 80 % vorzuschreiben.
Die technische Entwicklung auf diesem Gebiet. wird von der Bundesregierung im Auge behalten, damit wir den Anforderungen in der Beziehung entsprechen und mit den Fortschritten von Wissenschaft und Technik stets Schritt halten können.
Zusatzfrage?
Frau Ministerin, wenn sich schon die Bundesregierung im Augenblick nicht in der Lage sieht, eine Überprüfung des Verordnungsentwurfs vorzunehmen, so frage ich, ob die Bundesregierung wenigstens bereit ist, die Industrie darauf hinzuweisen, daß sie ihre Forschungen auf die Fortentwicklung von Detergentien richtet, die noch weiter abbaubar und biologisch völlig neutral sind.
Soweit es an dem Gesundheitsministerium liegt, werden wir alles tun, was wir tun können. Ich bin in der Beziehung ganz Ihrer Meinung.
Ich rufe die Frage XI/ 4 - des Abgeordneten Schultz - auf. Diese Frage wird von dem Herrn Abgeordneten Dürr übernommen.
Bis wann ist mit der Vorlage einer Novelle zum Deutschen Weingesetz durch die Bundesregierung zu rechnen?
Zur Beantwortung Frau Bundesminister Schwarzhaupt.
Mit einer Novelle zum Weingesetz ist es nach unserer Auffassung nicht getan. Mein Haus ist seit längerer Zeit mit den Vorarbeiten für die Erstellung eines Entwurfs für ein umfassendes neues Weinrecht beschäftigt. Darin sind Regelungen
Bundesgesundheitsminister Frau Dr. Schwarzhaupt
für alle die Getränke vorgesehen, die von dem geltenden Weingesetz erfaßt werden. Die notwendig gewordenen zahlreichen Änderungen der gegenwärtigen Rechtslage würden den Rahmen einer bloßen Novelle leider sprengen.
Zu den wichtigsten Gründen für eine Neufassung des Weingesetzes gehören folgende:
erstens die technischen Fortschritte der letzten Zeit im Hinblick auf eine rationelle und sachgemäße Kellerbehandlung,
zweitens die bereits erlassenen und die noch zu erwartenden Verordnungen und Richtlinien der EWG, an die das deutsche Weinrecht angepaßt werden muß, damit die deutsche Weinwirtschaft im internationalen Wettbewerb bestehen kann.
Änderungen sind aber auch unerläßlich, um das Weinrecht den Prinzipien des Lebensmittelrechts anzugleichen, die in der Lebensmittelrechtsnovelle von 1958 ihren Niederschlag gefunden haben. In diesem Rahmen und darüber hinaus ist den berechtigten Interessen der Verbraucher Rechnung zu tragen, indem sie durch vereinfachte, klare, wahrheitsgemäße und aufschlußreiche Bezeichnungen und Kennzeichnungen vor Täuschungen und Irreführungen geschützt werden.
Wichtige Teile des Entwurfs sind als Rohentwurf fertiggestellt. An den ihm fehlenden Kapiteln wird gearbeitet. Ein genauer Zeitpunkt für die Einbringung des Entwurfs, der zuvor noch mit den beteiligten Bundesressorts und mit den zuständigen
B obersten Landesbehörden abgestimmt werden muß, kann leider nicht genannt werden. Ich kann nur erklären, daß wir bemüht sind, trotz der starken Inanspruchnahme der zuständigen Referenten durch andere Vorhaben, die nicht weniger wichtig und nicht weniger dringlich sind, so schnell wie irgend möglich einen kabinettsreifen Entwurf fertigzustellen.
Zusatzfrage!
Frau Ministerin, können Sie Angaben darüber machen, ob diese Neufassung dem Parlament so rechtzeitig vorgelegt wird, daß darüber ohne Zeitdruck noch in dieser Legislaturperiode entschieden werden kann?
Ich glaube, daß ich das zusagen kann.
Nächste Frage, die Frage XI/ 5 - des Herrn Abgeordneten Felder -:
Wie beurteilt das Bundesgesundheitsministerium die zwölf Vorschläge der Deutschen Hauptstelle gegen die Suchtgefahren zur Bekämpfung der Tabakgefahren im Anschluß an die nunmehr veröffentlichte Übersetzung des einschlägigen Berichtes der englischen Ärzteschaft?
Die Vorschläge der Deutschen Hauptstelle gegen die Suchtgefahren verdienen eine eingehende Überprüfung. Ich glaube jedoch, daß zur
Verhinderung des Mißbrauchs von Genußmitteln Verbote und Strafen weniger geeignet sind als eine breit angelegte, auf die ganze Bevölkerung, vor allem aber auf die Jugend gerichtete gesundheitliche Aufklärung und Erziehung.
Ich rufe nunmehr auf die Frage XI /6 - des Abgeordneten Felder -:
Wäre es nicht zweckmäßig, die inzwischen auch in leicht faßlicher Sprache in Broschürenform erschienenen Ergebnisse deutscher Untersuchungen über Tabakgefahren mit entsprechender Erläuterung in unseren Oberschulen und Gymnasien zu verteilen?
Bitte, Frau Ministerin.
Die Unterrichtung über die Tabakgefahren sollte in allen Schulen gefördert und vertieft werden. Hierzu eignen sich neben leicht faßlichen Schriften besonders auch bildliche Darstellungen aller Art sowie Filme und Stehbildreihen.
Zusatzfrage!
Frau Ministerin, ich stimme hier mit Ihnen überein. Ich frage Sie aber trotzdem, ob Sie mit mir auch darin übereinstimmen, daß es vor allem darum geht, die noch in der Entwicklung befindlichen jungen Leute beiderlei Geschlechts wenigstens von der allzu frühen Gewöhnung an die besonders schädliche Zigarette abzuhalten. Sind Ihnen in diesem Zusammenhang auch die entsprechenden englischen Vorschläge bekannt?
Ja, die sind mir bekannt. Ich bin ganz Ihrer Meinung, daß es sich vor allem darum handelt, die Jugend in dieser Beziehung in der richtigen Weise zu beeinflussen. Wir haben z. B. mit dem Verband der Tabakindustrie - durch den alle großen Firmen vertreten waren - verhandelt. Sie will auf alle Fälle eine Werbung, die sich an Jugendliche richtet, nicht mehr unternehmen.
Wir haben von uns aus ein Schülerpreisausschreiben zu dem Thema Rauchen und Gesundheit veranstaltet, an dem alle Schulen teilnehmen können. Wir richten unser Interesse besonders auf die Jugendarbeit.
Nächste Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Felder!
Ist Ihnen, Frau Ministerin, bekannt, daß der englische Gesundheitsdienst ärztlich geleitete Rauchentwöhnungskuren einschließlich der dabei verwendeten Medikamente bezahlt, während die Mehrzahl unserer Krankenkassen dies ablehnt? Könnte hier nicht Ihr Ministerium, vielleicht in Verbindung mit dem Hause Blank, entsprechende Vorstellungen entwickeln?
Das ist ein Gedanke, den wir prüfen wollen.
Das war die zweite und letzte Zusatzfrage zu Ihrer Frage XI/ 6.
Jetzt rufe ich auf die Frage XI/ 7 - des Herrn Abgeordneten Felder -:
Welche Möglichkeiten sieht das Bundesgesundheitsministerium hinsichtlich der stärkeren Unterstützung der Deutschen Hauptstelle gegen die Suchtgefahren?
Bitte sehr, Frau Ministerin.
Die Höhe .der finanziellen Unterstützung der Deutschen Hauptstelle gegen die Suchtgefahren durch uns hängt davon ab, in welchem Umfang für diesen Zweck Haushaltsmittel zur Verfügung gestellt werden. In den letzten Jahren ist die Deutsche Hauptstelle gegen die Suchtgefahren jährlich mit 180 000 DM unterstützt worden.
Zusatzfrage?
Frau Ministerin, sind Sie der Meinung, daß von den Vorschlägen der Hauptstelle gegen die Suchtgefahren auch der Vorschlag, der ein absolutes Verbot der Werbung für den Tabakgenuß vorsieht, verwirklicht werden kann?
Ich bin nicht dieser Meinung.
Zusatzfrage?
Frau Ministerin, sind Ihnen die Darlegungen in der Münchener Medizinischen Wochenschrift, Ausgabe Nr. 39, bekannt, in der auf die zögernde Haltung des Bundesgesundheitsministeriums bei der Behandlung dieser sehr, sehr wichtigen Materie hingewiesen wird, und ist die zögernde Haltung vielleicht darauf zurückzuführen, daß die Zigarettenindustrie eine sehr mächtige Gruppe ist, mit der sich die Bundesregierung vielleicht nicht verkrachen will?
Ich bin nicht der Meinung, daß wir uns in diesen Fragen von den Wünschen der Zigarettenindustrie in irgendeiner Weise abhängig machen können, wenn es sich um die Gesundheit der Menschen in unserem Volke, insbesondere der Jugend, handelt. Die Ausführungen in der Münchener Medizinischen Wochenschrift sind mir leider nicht bekannt. Ich werde sie gern lesen und Ihnen, wenn es nötig ist, dann noch eine ergänzende schriftliche Antwort geben.
Frage V auf Drucksache IV/ 672 - des Abgeordneten Dröscher -:
Was geschieht in der Bundesrepublik, um den an multipler Sklerose erkrankten Menschen während der Perioden des Still stands der Krankheit angemessene Beschäftigung zu verschaffen?
Zur Beantwortung, bitte!
Der Fürsorge für die MultipleSklerose-Kranken widmen sich neben den großen karitativen Verbänden vor allem die Deutsche
Multiple-Sklerose-Gesellschaft und das neuerdings gegründete Sozialwerk dieser Vereinigung. Beide Organisationen werden aus Bundesmitteln gefördert. Die Bemühungen um die Multiple-SkleroseKranken sind gerade bei diesen Vereinigungen sehr stark darauf gerichtet, diesen Menschen eine angemessene Beschäftigung zu verschaffen.
Zusatzfrage?
Frau Ministerin, sind Ihnen die außerordentlich bescheidenen Mittel bekannt, mit denen die zum großen Teil ehrenamtlich tätigen Kräfte bei der Deutschen Multiple-Sklerose-Gesellschaft arbeiten, und sind Sie bereit, da weiter und stärker zu helfen?
Das ist mir bekannt. Ich habe gerade vor wenigen Tagen mit einem der führenden Mitgliedern eine Unterredung gehabt, und ich bin gerne bereit, in dem Rahmen, in dem mir Mittel für diese Dinge zur Verfügung stehen - es ist der Fonds für Rehabilitation in meinem Etat - zu helfen: Ich halte dies auch für eine dringliche Sache.
Zweite Zusatzfrage.
Frau Ministerin, wären Sie bereit, eine Empfehlung an die Länder zu geben, daß seitens der Länder die Sozialämter der Kreise und kreisfreien Städte aufgefordert oder angewiesen werden, den an multipler Sklerose Erkrankten besondere Hilfe angedeihen zu lassen?
Ich bin an sich mit Empfehlungen an die Länder ein wenig vorsichtig. Aber ich will durchaus tun, was ich in dieser Beziehung kann. Eventuell werde ich gelegentlich Rücksprache mit den Länderministern über diese Frage nehmen.
Zusatzfrage?
Frau Ministerin, wären Sie bereit, dem Verwaltungsrat der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung zu empfehlen, Richtlinien für die berufliche Rehabilitation der M.S.-Erkrankten zu verfassen, ähnlich wie Sie für Hirnverletzte und für an Tuberkulose Erkrankte bestehen?
Ich will die Frage einmal prüfen. Ob gerade bei dieser Krankheit ein Arbeitseinsatz durch die Anstalt in Nürnberg sinnvoll und wirklich hilfreich ist, kann ich so auf Anhieb nicht beurteilen. Ich werde aber der Sache nachgehen. Ich halte es für ein sehr dringliches Anliegen.
Zweite Zusatzfrage.
1874 Deutscher Bundestag - 4. Wahlperiode - 43. Sitzung. Bonn, Donnerstag, cien 25. Oktober 1962
Dürfen wir einen diesbezüglichen Bericht erwarten?
Ja, gern.
Die Frage des Herrn Abgeordneten Gscheidle - Drucksache IV/ 672 - betreffend den Geschäftsbereich des Bun- deskanzlers und des Bundeskanzleramtes ist vom Fragesteller zurückgestellt.
Die Frage des Abgeordneten Lohmar - Drucksache IV/ 672 - betreffend den Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts ist vom Fragesteller zurückgezogen.
Damit sind alle Fragen beantwortet.
Ich komme zu Punkt 39 der Tagesordnung:
Beratung des 2. Schriftlichen Berichts des 1. Untersuchungsausschusses gemäß Antrag der Fraktion der SPD
({0}) ({1}).
Ich frage den Herrn Berichterstatter, ob er das Wort nehmen will. - Als Berichterstatter hat das Wort der Herr Abgeordnete Dr. Dahlgrün.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der 1. Untersuchungsausschuß hat Ihnen zwei schriftliche Berichte vom 20. Juni 1962 und vom 30. August 1962 in Gestalt der Drucksachen IV/ 512 und IV/ 639 vorgelegt. Das Haus erwartet vom Berichterstatter ganz sicher nicht den Vortrag der 24 Druckseiten der schriftlichen Berichte von dieser Stelle aus in aller Breite. Ich bin jedoch der Meinung, daß der Berichterstatter die Gelegenheit ergreifen sollte, vor der Debatte der Berichte, die jetzt stattfinden soll, die eine oder andere Berner-kung insbesondere zum Verfahren anzufügen.
Der Untersuchungsausschuß hat im ersten Durchgang - wenn ich die Abschnitte des Verfahrens einmal so nennen darf - 7 öffentliche und 5 nichtöffentliche Sitzungen abgehalten. Hinzu kommen 2 öffentliche und 5 nichtöffentliche Sitzungen während des weiteren Verfahrens, so daß insgesamt 9 öffentliche und 10 nichtöffentliche Sitzungen durchgeführt wurden. Die Zahl von 24 Druckseiten der Berichte ist verhältnismäßig knapp, wenn Sie berücksichtigen, daß darin ein paar tausend Seiten Protokolle des Ausschusses mit den Aussagen der zum Teil mehrere Male vernommenen 38 Zeugen, der Akten der Verwaltungsbehörden, der Gerichte und der Staatsanwaltschaften, die beigezogen worden sind, verarbeitet worden sind und ihren Niederschlag gefunden haben. Der vom Bundestag vorn 21. März 1962 eingesetzte siebenköpfige Untersuchungsausschuß hat am 20. Juni 1962 mit der Drucksache IV/ 512 den ersten mit Mehrheit beschlossenen Bericht vorgelegt, der nach einer Geschäftsordnungsdebatte am 28. Juni 1962 an den Ausschuß zurückverwiesen worden ist.
Ich darf an dieser Stelle hervorheben, daß am 28. Juni 1962 eine Sachdebatte über die Gegenstände der Untersuchung nicht stattgefunden hat. Für den Fortgang des Verfahrens nach der Zurückweisung am 28. Juni ist also der ursprüngliche Auftrag des Parlaments vom 21. März 1962 die Grundlage geblieben. Hinzugekommen ist jedoch meiner Ansicht nach ein neuer, erweiternder oder ergänzender Auftrag des Bundestages, der in dem Zurückverweisungsbeschluß selbst zu erblicken ist und dessen Inhalt allein aus den Begründungen der Abgeordneten Dr. Bucher und Dr. Heinemann zu den Zurückverweisungsanträgen zu entnehmen ist. In diesen Begründungen ist von einer Zurückverweisung zur weiteren Behandlung und zur weiteren Beweiserhebung die Rede.
Wie im zweiten schriftlichen Bericht vom 30. August 1962 vermerkt worden ist, hat der Ausschuß die Frage offengelassen, ob aus den Begründungen zu den Zurückverweisungsanträgen auf den Willen des Parlament geschlossen werden könne, das Beweisthema auszuweiten. Tatsache ist jedenfalls, daß im zweiten Teil der Untersuchung sämtlichen Beweisanträgen, die gestellt worden sind, ohne Ausnahme einstimmig entsprochen worden ist, wenn es auch - meine Damen und Herren, es sei dem Berichterstatter, um ein Beispiel anführen zu können, erlaubt, seine persönliche Meinung zu -sagen -bei dem einem oder anderen Beweisantrag wirklich ernsthafte Zweifel hinsichtlich der Beweiserheblichkeit und der Beziehung zum Gegenstand der Untersuchung gegeben hat. Sei dem aber, wie es wolle: irgendwelche Zweifel oder irgendeine Sorge, daß in irgendeiner Richtung, aus welchen Gründen immer, irgendeine Frage noch hätte gestellt werden können, kann es nach dieser Einstellung aller Mitglieder des Untersuchungsausschusses nicht mehr geben.
Aus diesen Überlegungen über die Grenzen und den Rahmen, den der Parlamentsauftrag einem Untersuchungsausschuß setzt, und zur Frage der Beweiswürdigung könnte nun der Vorwurf hochkommen, der Untersuchungsausschuß sei verfahrensmäßig nicht einwandfrei vorgegangen; und diese Überlegung, meine Damen und Herren, führt geradenweges zur Problematik der parlamentarischen Untersuchungsausschüsse überhaupt, die an sich bekannt ist, durch diesen Untersuchungsausschuß und seine Gegenstände jedoch besonders belebt worden ist und zu hin-und-herwogenden Diskussionen in den letzten Monaten in einer breiten Öffentlichkeit geführt hat.
Während die Mitglieder eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses auf der einen Seite wie unabhängige Richter selbstverständlich nur dem Gesetz und ihrem Gewissen unterworfen sind, werden sie andererseits im Verhältnis der Fraktionsstärken nach dem Verfahren d'Hondt von den Fraktionen in den Ausschuß delegiert und haben sich - das sollte man nicht vergessen - wegen ihrer Voten in dem Ausschuß als Parlamentarier jederzeit vor der Öffentlichkeit in einer Art und Weise zu verantworten, die für einen unabhängigen und selbstverständlich unabsetzbaren Richter schlechthin undenkbar ist.
In der Diskussion zur Problematik der Untersuchungsausschüsse ist aus den dargelegten Gründen von verschiedenen Kommentatoren in der letzten Zeit der Schluß gezogen worden, es sei nun richtig, die Institution der parlamentarischen Untersuchungsausschüsse überhaupt abzuschaffen. Trotz Würdigung aller Schwierigkeiten, die ich Ihnen angedeutet habe - und wer kennt diese Schwierigkeiten wohl besser als der siebente Mann im Aufsichtsrat! -, möchte ich doch sehr nachdrücklich davor warnen, einen Kurzschluß herbeizuführen und, wie man so nett sagt, das Kind mit dem Bade auszuschütten. Meiner Ansicht nach ist die Möglichkeit, verhältnismäßig einfach einen parlamentarischen Untersuchungsausschuß einzusetzen, eine Waffe des Parlaments gegenüber der Exekutive, die nicht aufgegeben werden sollte.
Eine andere Frage ist es, ob die heute üblichen Formen der Untersuchungsausschüsse genügen oder ob nicht z. B. durch die Interparlamentarische Arbeitsgemeinschaft vielleicht für alle Parlamente, den Bundestag und die Landtage, neue Empfehlungen oder Richtlinien erarbeitet werden können, die geeignet sind, die vorhandenen Mängel wenigstens einzuschränken.
Ich darf nun im einzelnen zu den beiden Berichten vom 20. Juni und 30. August 1962 noch das folgende anmerken.
Der Abschnitt B auf Seite 13 des ersten Berichts vom 20. Juni, der die Schlußfeststellung nach dem ersten Teil des Verfahrens enthält, ist vollständig
zu streichen und wird durch den Abschnitt B - Schlußfeststellung - auf Seite 11 des zweiten Berichts ersetzt. Der grundlegende Unterschied der neuen Schlußfeststellung B im zweiten Bericht vom 30. August gegenüber der aufgegebenen Schlußfeststellung des ersten Berichts ist darin zu erblicken, daß der Untersuchungsausschuß die ihm vom Parlament vorgelegte Frage in Ziffer 1 a des Auftrags vom 21. März nach einer Verletzung der Dienstpflicht durch Bundesverteidigungsminister Strauß wegen der öffentlichen Aufträge im Bereich der Oberfinanzdirektion München nunmehr einstimmig verneint hat, während die Verneinung dieser Frage bei Schluß des ersten Verfahrensganges mit Mehrheit gegen die Stimmen der Minderheit des Ausschusses erfolgt ist.
Die in den Ziffern 1 b und 2 des Untersuchungsauftrags gestellten Fragen sind dagegen in der Schlußfeststellung B des zweiten Berichts wie in der Schlußfeststellung B des ersten Berichts von der Mehrheit des Ausschusses abweichend von der Minderheit beantwortet worden. Die Minderheit des Ausschusses hält hinsichtlich der Ziffer 1 b eine Dienstpflichtverletzung des Bundesverteidigungsministers für gegeben und ist der Ansicht, daß die Kleine Anfrage der Fraktion der SPD vom 15. Juni 1961 nicht wahrheitsgemäß beantwortet worden ist.
Ich glaube, meine Damen und Herren, daß ich mich auf diese kurzen Anmerkungen beschränken und mich im übrigen auf die ausführlichen schriftlichen Berichte beziehen sollte. Erlauben Sie mir, zum Schluß allen Kollegen des Ausschusses bei dieser Gelegenheit für ihre Unterstützung, die auch bei abweichender Auffassung dem Berichterstatter jederzeit gewährt worden ist, sehr herzlich zu danken.
({0})
Ich danke dem Herrn Berichterstatter für seinen Bericht.
Ich eröffne die Aussprache und gebe das Wort dem Herrn Abgeordneten Jahn. Herr Abgeordneter, wollen Sie gleichzeitig den Änderungsantrag begründen? - Bitte sehr!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es war eine gute Stunde dieses Hauses, als es am 21. März dieses Jahres einstimmig den Beschluß faßte, den 1. Untersuchungsausschuß einzusetzen. Wir haben alle gemeinsam damit anerkannt, daß das Parlament damit einen selbstverständlichen Auftrag zu erfüllen hat, nämlich die Kontrolle gegenüber der vollziehenden Gewalt zu übernehmen, und diesem Auftrag gerecht zu werden hat. Wir haben damit gemeinsam -ich betone es noch einmal: einstimmig - einen Beitrag dazu geleistet, daß dieses Parlament als ein demokratisches Organ richtig und gut funktioniert.
Das Verfahren des Ausschusses, der dann sehr bald begonnen hat zu arbeiten, hat uns allen manchmal einige Sorgen bereitet. Das Verfahren war nicht immer gut und leider nicht immer reibungslos. Es hat nicht an, wie ich meine, recht törichten und uneinsichtigen Versuchen gefehlt, von innen wie von außen auf den eigentlichen Auftrag des Ausschusses, der Wahrheitsfindung zu dienen, Einfluß zu nehmen. Auch wenn man Verständnis dafür hat, daß die Mehrheit des Ausschusses sich oft in Schwierigkeiten befand zwischen diesem Auftrag und ihrem manchmal allzu deutlichen Wunsche, hier auch eine Schutzfunktion auszuüben, so muß doch gesagt werden, daß das nicht so weit gehen durfte, daß gelegentlich die Minderheitenrechte ausgesprochen schlecht gewahrt worden sind. Es ist kein gutes Zeichen für den Ausschuß, daß erst die Zurückverweisung des ersten Berichts dazu geführt hat, daß in einem zweiten Bericht deutlich und klar auch die abweichende Meinung der Minderheit zum Ausdruck gebracht werden konnte.
Ich will es mir hier versagen, eine Kritik im einzelnen über die Arbeit des Ausschusses vorzutragen; aber ich möchte auch ganz deutlich an das anknüpfen, was Herr Kollege Dr. Dahlgrün dankenswerterweise eben gesagt hat, daß es nämlich nach der Überzeugung meiner Fraktion notwendig ist, das Verfahren der Untersuchungsausschüsse in besonderer Weise zu regeln. Meine Fraktion wird Ihnen in nächster Zeit dazu eigene Vorschläge unterbreiten.
Auch wenn man am Ende der Arbeiten dieses Ausschusses zurückblickt, bleibt klar, daß seine Einsetzung notwendig war. Unsere Begründung, die wir im März dieses Jahres gegeben haben, bleibt auch rückblickend gesehen richtig und hat sich als notwendig erwiesen. Es geht nicht an, daß der Vorwurf gegen einen Minister, er habe seine Dienst1876
pflichten verletzt, ungeklärt bestehenbleibt. Es geht nicht an, daß über die amtliche Tätigkeit eines Ministers in diesem Hause und in der Offentlichkeit Zwielicht herrscht. Der Ausschuß hat - um das vorweg zu sagen - seinen Auftrag so erfüllt, daß wir heute wenigstens sagen können: Das, was die Vorwürfe gegen den Minister unmittelbar betrifft, ist im wesentlichen geklärt worden, und das allein rechtfertigt diesen Ausschuß und seine Arbeit.
Bevor ich mich mit dem Ergebnis der Arbeiten beschäftige, muß noch vorab etwas gesagt werden. Es ist - nachdem der Ausschuß einstimmig eingesetzt worden war - hier im Hause und außerhalb des Hauses manches über die Motive für diesen Ausschuß und seine Aufgabe unterstellt worden. Es ist manches Merkwürdige an Unterstellungen vorgetragen worden, das offensichtlich dazu dienen sollte, vom eigentlichen Anliegen des Ausschusses abzulenken.
({0})
Ich möchte Sie sehr darum bitten, diese Frage in dieser Form hier nicht weiter zu verfolgen. Ich glaube, wir sollten uns angewöhnen, auch dann, wenn es einmal etwas schwieriger wird, solche Ausschüsse in ihrer Arbeit so gelassen zu sehen, wie es möglich ist. Hier ,war sehr viel mehr Gelassenheit möglich, als sie von manchen .gezeigt worden ist. Sie sollten sich gelegentlich einmal fragen, meine Damen und Herren von der Mehrheit dieses Hauses, was ,Sie eigentlich als Ihre Pflicht ansähen, wenn Sie
auf den Bänken der Opposition säßen. Auch Sie hätten dann selbstverständlich ,die Verpflichtung, offene Fragen, die nicht anders geklärt werden - warum, darüber wird noch zu reden sein -, Ihrerseits zu klären und auf eine Klärung Vu dringen. Das ist eine so selbstverständliche Aufgabe des Parlaments und insbesondere natürlich .der Opposition, daß manche Erregung und manche Unterstellung einfach nicht mehr zu verstehen ist.
In diesem Zusammenhang 'sollte aber auch ganz klar eines gesagt werden. Dieser Untersuchungsausschuß wäre dann nicht notwendig gewesen, wenn derjenige, um dessen Tätigkeit es dabei ging, der Minister selber, für die notwendige Aufklärung rechtzeitig gesorgt hätte. Er hatte es in der Hand, durch eine eindeutige und unmißverständliche Erklärung die Einsetzung dieses Ausschusses zu verhindern. Er hat wochenlang Zeit gehabt, nachdem die Vorwürfe in der Offentlichkeit aufgetaucht waren, für die notwendige Klarstellung zu sorgen. Sein Bekenntnis dazu, daß ihm hier Fehler unterlaufen sind, sein Bekenntnis dazu, daß Leute den Weg in seine unmittelbare Nähe und 'seine Unterstützung gefunden haben, die dieser Unterstützung - um es liebenswürdig auszudrücken - nicht würdig waren, daß er das Opfer einer Täuschung geworden ist, und schließlich seine Erklärung, daß er sich darum bemühen werde, Mängel innerhalb seiner Verwaltung, die das erleichtert haben mögen, abzustellen - das hätte genügt, um den Untersuchungsausschuß nicht einsetzen zu lassen. Man fragt sich wirklich, gerade am Ende dieser Arbeit, warum eigentlich dieser Mangel an Mut diese sehr starke Inanspruchnahme des Hauses über solange Zeit notwendig gemacht hat. Ich frage das nicht nur in diesem Zusammenhang, sondern ich frage es auch in anderen Zusammenhängen.
Ich möchte dem Herrn Minister einmal eines ganz 'deutlich sagen: Sein Wort, seine verbindliche Erklärung, .die er als Minister abgibt, hat Anspruch darauf, von uns gehört und von uns abgenommen zu werden. Wir hören sie, und wir nehmen sie ihm auch ab. Er muß allerdings auch von dieser Einladung Gebrauch machen. Manche Auseinandersetzung würde er uns und sich damit ersparen. Wir sind ja nicht so töricht, .daß wir nicht wüßten, daß jemand, der in verantwortlicher Arbeit steht, auch Fehler macht und machen kann. Wenn wir wissen, daß er sich darum bemüht, eine Wiederholung solcher oder ähnlicher Fehler zu vermeiden, wenn wir wissen, daß er sich dazu bekennt, dann ist das eine klare Antwort, die das Verhältnis zwischen ihm und uns, 'zwischen ihm und diesem Hause wesentlich erleichtern würde. Dazu gehört allerdings auch seine Bereitschaft, gelegentlich etwas Selbstkritik 'zu üben und sie nicht als etwas offenbar .ganz und gar für ihn Unzulässiges anzusehen. Ohne einen eigenen Beitrag des Ministers geht es nicht.
Diese Affären, die für alle keine Freude sind, sollten schnell und klar ausgeräumt werden. Wir sollten erwarten dürfen, daß alles geschieht, um unnötiges Zwielicht zu vermeiden. Diese Affäre, mit der wir uns hier auseinanderzusetzen hatten, geht nicht zuletzt darauf zurück, daß der Minister in einem sehr merkwürdigen Verhältnis zu jenem Johann Evangelist Kapfinger gewesen ist, über dessen Tätigkeit und dessen Verbindung zum Minister manches im dunkeln geblieben ist, und zwar nicht nur deshalb, weil es nicht zum Auftrag des Ausschusses gehörte, allen diesen Fragen nachzugehen. Aber wir fragen uns sehr im Ernst: hatte es der Minister wirklich nötig und warum hat er sich mit einem solchen Manne eingelassen, dessen politisch moralischer Ruf in diesem Hause wohl keiner besonderen Erläuterung bedarf? Warum hat es der Minister bis heute nicht fertiggebracht, sich klar und unmißverständlich von ihm zu distanzieren? Warum hat er nicht den Mut aufgebracht, ihn zu verklagen,- der doch ganz eindeutig der Urheber mancher Belastungen 'in dieser und durch diese Affäre gewesen ist und heute noch ist? Warum, so fragen wir, ist es möglich, daß dieser Mann heute noch - in diesen Tagen oder Wochen - öffentlich behaupten kann, wenn er sich über den Minister ausläßt, der Minister werde in den nächsten Jahren seine Immunität noch bitter notwendig haben? Meine Damen und Herren, wenn der Minister selber, wenn Sie es nicht empfinden, dann muß es einfach hier einmal gesagt werden: daß so etwas möglich ist, ist letzten Endes für uns alle unerträglich. Ich finde, hier sollte der Minister sich mehr als bisher darum bemühen, uns derartige Unklarheiten zu ersparen, und gegen diesen Mann, der eine Belastung für weite Teile des öffentlichen Lebens darstellt, vorgehen. Mit Schweigen und damit, daß man versucht, sich totzustellen, kann man diese Dinge genauso wenig erledigen, wie man auf der anderen Seite den Versuch machen
darf, für sich in Anspruch zu nehmen, daß man wegen seiner besonderen Position als Verteidigungsminister - das ist ja ein wesentlicher Punkt in ,der ganzen Debatte gewesen - eigentlich überhaupt nicht kritisiert und angegriffen werden dürfe.
Ich glaube, der Herr Verteidigungsminister steht genauso wenig wie irgendein anderer Minister, irgendein anderes Mitglied der Regierung als Denkmal sozusagen unter Naturschutz und ist von jeder Kritik frei. Im Gegenteil, seine Stellung zum Parlament, seine Stellung zur Regierung und insbesondere die Stellung des Bundesverteidigungsministers zur Bundeswehr erlauben es insbesondere nicht, daß bei ihm unklare Dinge im öffentlichen Gespräch bleiben können. Wir werden, wenn Fragen wie die, die wir hier zu behandeln haben, in Zukunft wieder auftauchen sollten, solange es nicht von selber geschieht, aus diesem Grunde unsere Pflicht weiterhin darin sehen, das notwendige Maß an Klarheit und Gewißheit zu schaffen, das wir für unerläßlich halten.
Nun aber zur Arbeit des Untersuchungsausschusses und zu seinen Feststellungen selbst. Die erste Frage, die in dem Antrag auf Einsetzung des Untersuchungsausschusses von uns aufgeworfen worden war, ging dahin, ob der Herr Bundesverteidigungsminister ohne Prüfung der Voraussetzungen und Qualifikationen des Herrn Schloß diesem zu Aufträgen bei den. Finanzbauämtern in München und anderswo verholfen hat.
Der Hergang, ,der durch den Ausschuß festgestellt worden ist, war folgender. Im November/ Dezember des Jahres 1959 war der Herr Schloß ein völlig arbeitsloser und mittelloser Mann, der sich, wie er selber erklärte, seit langer Zeit vergeblich darum bemühte, Arbeit zu finden. Er war in jener Zeit zusammengebracht worden mit Herrn Dr. Kapfinger und durch diesen .an Herrn Minister Strauß verwiesen worden, den er dann am 1. Dezember 1959 in München aufgesucht hat. Das Ergebnis dieses Gesprächs, in dem wohl in sehr unverbindlicher Weise der Minister seine Unterstützung- zugesagt hatte, war dann ein Brief, den Herr Schloß am nächsten Tage an den Minister schrieb und in dem er in reichlich angeberischer Form, teilweise mit wahrheitswidrigen Angaben, etwas über sich selber aussagte und seine Bitte um Unterstützung wiederholte. Er behauptete, ein Architekturbüro zu haben, obwohl er es damals nicht hatte. Wie er eingeschätzt wurde, haben wir dann später gehört: Die Beamten der Finanzbauämter, die ihm später Aufträge gegeben haben, haben ganz bewußt nur ungefährliche Aufträge ausgesucht - wie sie sich ausgedrückt haben -, weil sie eben großes Vertrauen in seine Qualifikationen nicht hatten und nicht haben konnten.
Als dieser Brief 'bei dem Minister einging, hat er, ohne selbst zu prüfen, ohne eine Prüfung anzuordnen, auf dem Brief lediglich im einzelnen vermerkt, welche genauen Wünsche der Herr Schloß habe, und diesen Brief ohne jede Weisung, wie er weiter behandelt werden solle, in den Geschäftsgang gegeben. Dort wurde - natürlicherweise - der bloße Vermerk des Ministers als ein Wunsch aufgefaßt und der Brief entsprechend behandelt. Das heißt, es wurde an das Bundesministerium für wirtschaftlichen Besitz geschrieben, das sich dann über lange Monate in seiner zuständigen Abteilung damit 'beschäftigte. Es wurde nach München geschrieben, es wurden Erklärungen dazu abgegeben.
Diese unklare Behandlung 'durch den Minister selbst, dieser Mangel einer Weisung führte 'dazu, daß der offenbar recht unerfahrene damalige Hauptmann Eberbach, der im Vorzimmer des Ministers saß und diesen Brief zunächst zu beantworten hatte, einen Zwischenbescheid gab, der in hohem Maße mißverständlich war, indem er nämlich Herrn Schloß erklärte, der Minister habe die zuständigen Stellen 'angewiesen, zugunsten des Herrn 'Schloß zu intervenieren. Es ist zwar nicht eindeutig festzustellen gewesen, daß der Petent Schloß Gelegenheit hatte, mit diesem Brief Mißbrauch zu treiben; aber damit ist doch immerhin die Gefahr entstanden, 'daß bei einer solch oberflächlichen Sachbehandlung 'erheblicher Mißbrauch getrieben werden konnte.
Diese Frage ist vom Ausschuß ausführlich behandelt worden. Wir haben insbesondere die Beamten der Finanzbauverwaltung gehört und sind zu dem Ergebnis gekommen, daß Schloß Aufträge unabhängig davon bekommen hätte, daß dieses Empfehlungsschreiben aus dem Verteidigungsministerium vorgelegen hatte.
Das führt, meine Damen und Herren, zu der Feststellung, daß in diesem Teil eine Dienstpflichtverletzung nicht anzunehmen ist. Wir stehen nicht an - ich möchte das ausdrücklich betonen, um auch hier manchen falschen Zungenschlag in der öffentlichen Debatte zurückzuweisen -, das in aller Eindeutigkeit und Klarheit hier festzustellen. In der Art der Sachbehandlung ist nach unserer Meinung zwar nicht so verfahren worden, wie in einer ordnungsgemäßen Verwaltung hätte verfahren werden müssen. Wir sind aber zu der Überzeugung gekommen, daß ein Vorwurf der Dienstpflichtverletzung in diesem Falle nicht gerechtfertigt ist.
Anders sieht es jedoch bei dem zweiten, dem Hauptteil der Untersuchung aus, die sich auf die eigentliche Fibag-Affäre erstreckt. Ich darf noch einmal daran erinnern: die eigentliche Frage, um die es ging, war, ob hier ohne sachgerechte Prüfung und ohne daß der Bundesverteidigungsminister zuständig war, dieser Interessentengruppe gegenüber dem amerikanischen Verteidigungsminister amtliche Unterstützung zuteil geworden ist. Auch hier ist es notwendig, noch einmal auf den Ablauf der Ereignisse einzugehen.
Etwa im März 1960 entdeckte der eben bereits genannte Herr Schloß die Probleme des Beschaffungsprogramms für Wohnungen für die Angehörigen der amerikanischen Streitkräfte. Er suchte, weil er sehr bald sah, daß er das allein nicht werde bewältigen können, Unterstützung und dachte dabei an den Bundesverteidigungsminister. Er wandte sich wiederum an Herrn Dr. Kapfinger, den er offenbar für besonders geeignet hielt, die Verbindung zu dem Minister herzustellen. Am 25. März kam dann auf Grund der Bemühungen des Herrn Dr. Kapfin1878
ger ein Gespräch zwischen dem Verteidigungsminister und Herrn Schloß zustande, und damit öffneten sich erstmals die Türen des Verteidigungsministeriums für Herrn Schloß und seine Bemühungen. Ein weiteres Gespräch schloß sich an, zu dessen Hintergrund dann aber im weiteren Verlauf gehörte, daß Mitte April jener merkwürdige Vertrag zwischen Herrn Schloß, Herrn Braun und Herrn Johann Evangelist Kapfinger abgeschlossen wurde, nach dem dieser unentgeltlich eine Beteiligung an der geplanten Aktiengesellschaft in Höhe eines Viertels des Grundkapitals von 500 000 DM, nämlich von 125 000 DM, erhalten sollte, wohlgemerkt, ohne einen Pfennig zu zahlen. Seine ganze Leistung bestand darin, daß er erklärte, er wolle seine guten Beziehungen in den Dienst dieser Sache stellen und, wie es einer der Zeugen genannt hat, ein sehr ausschlaggebendes persönliches Schreiben des Bundesverteidigungsministers zur Förderung dieser Pläne besorgen.
Am 17. Mai, also rund einen Monat später, fand ein weiteres Treffen statt. Herr Minister Strauß suchte Herrn Dr. Johann Evangelist Kapfinger in München in dessen dortiger Wohnung bzw. der Wohnung seiner Freundin auf, und es kam in den späten Abendstunden zu einem Gespräch mit Herrn Schloß über die Frage, ob die von ihm geplanten, zunächst für die amerikanischen Besatzungstruppen gedachten Wohnungen später auch für die Bundeswehr übernommen werden könnten, ob sie dazu geeignet wären. Das wurde Herrn Schloß in jenem nächtlichen Gespräch zumindest in Aussicht gestellt, und es wurde ihm empfohlen, seine Pläne so genau zu fixieren, daß sie näher geprüft werden könnten.
Als Schloß am 30. Mai damit fertig war, wandte er sich wieder an Herrn Dr. Kapfinger, der binnen weniger Stunden ein weiteres Gespräch im Verteidigungsministerium arrangieren konnte. Am nächsten Tage, am 1. Juni, kreuzte Herr Schloß im Verteidigungsministerium auf. Dort war die zuständige Abteilung inzwischen von Herrn Strauß aufgefordert worden, die Vorschläge des Herrn Schloß zu prüfen und eine Stellungnahme abzugeben. Zwischen zwei und halb drei Uhr nachmittags fand das Gespräch mit dem zuständigen Abteilungsleiter statt. Vorgelegt wurden für dieses Gespräch Skizzen, nicht etwa Pläne, sondern Bauskizzen, und nicht etwa Kostenberechnungen, sondern überschlägige Kostenzusammenstellungen. Eine nur sehr kurzfristig auf etwa ein bis eineinhalb Stunden begrenzte Prüfung führte dazu, daß derjenige, der unmittelbar geprüft hatte, nämlich der Ministerialrat Mücke, Bedenken hatte, diese Bedenken auch seinem Unterabteilungsleiter, Herrn Dr. Kaumann, mitteilte und darauf hinwies, daß hier offenbar einige Schwierigkeiten bestehen könnten.
Die weitere Frage, die insbesondere ja im Verteidigungsministerium wesentlich gewesen wäre, nämlich die, ob die Wohnungen später für die Bundeswehr geeignet sein würde, konnte in den Verhandlungen trotz Anwesenheit des Architekten, den Herr Schloß mitgebracht hatte, nicht geklärt werden. Hier wurde verabredet, daß man diese Frage weiter untersuchen wolle.
Obwohl also im Grunde nichts geklärt war, wurde dann durch Herrn Dr. Kaumann als Unterabteilungsleiter gesagt, er habe keine Bedenken, und wenn Herr Schloß, so sagte er zu diesem, ein Empfehlungsschreiben haben wolle, dann wisse er zwar nicht so recht, wie das aussehen solle; vielleicht sei es am besten, Herr Schloß entwerfe das einmal selber. Das tat der Petent auch, setzte sich ins Vorzimmer des Herrn Dr. Kaumann und entwarf ein Empfehlungsschreiben. Als das im wesentlichen gebilligt wurde, da ging dann eben dieser selbe Petent diesmal in das Vorzimmer des Ministers und diktierte sein eigenes Empfehlungsschreiben als Entwurf für den Minister,
({1})
begab sich dann in den Königshof - darunter tun es solche Herren offenbar nicht - und wartete, was weiter geschehen sollte, nachdem er auf Wunsch des Ministers seine Telefonnummer hinterlassen hatte.
Der Minister, der wohl erst später wieder zurückkam, fand also auf seinem Tische diesen vom Petenten selber entworfenen Empfehlungsbrief vor. Der Ausschuß hat merkwürdigerweise nicht klären können, ob der Minister selber bemüht war, sich vor Unterzeichnung dieses Schreibens Gewißheit darüber zu verschaffen, ob er ohne Bedenken seinerseits für diese Projekte eine Empfehlung werde geben können.
In einer ersten eidesstattlichen Erklärung, die in dem Prozeßverfahren, das später anhängig wurde, von dem zuständigen Unterabteilungsleiter Dr. Kaumann abgegeben wurde, hieß es noch, er habe mit dem Minister über diesen Fall, über dieses Empfehlungsschreiben gesprochen. Später hat er diese seine im Verfahren zunächst verwandte eidesstattliche Erklärung berichtigt. Und als der Ausschuß diese Frage nur vier Wochen später zu untersuchen hatte, da wußte weder der Minister noch Herr Dr. Kaumann, ob man nun eigentlich miteinander gesprochen habe. Ich muß sagen, das ist eine etwas merkwürdige Erinnerungstrübung, von der wir da erfahren haben; denn es wäre nicht unwesentlich gewesen, zu wissen, ob nun in der Tat hier eine gründliche Erörterung darüber stattgefunden hat, ob man eine solche Empfehlung hergeben kann oder nicht.
Nachweisbar war lediglich das Vorliegen eines Aktenvermerks, in dem sehr vorsichtig gesagt wurde, daß der Herr Dr. Kaumann Bedenken nicht habe. Er hatte keine Bedenken gegen dieses Empfehlungsschreiben, obwohl dieses Empfehlungsschreiben wenigstens drei offenbare Unrichtigkeiten enthielt, so u. a. die Erklärung, daß Herr Schloß eine Aktiengesellschaft gegründet habe. Diese Aktiengesellschaft existierte bestenfalls in den Vorstellungen des Herrn Schloß. Sie war aber nicht da. In dem Empfehlungsschreiben stand, sie sei von Herrn Schloß gegründet worden, und ohne jede Prüfung unterschrieb der Minister das. Es wurde weiter in dem Empfehlungsschreiben, das von Herrn Schloß, wie gesagt, entworfen war, behauptet, es hätten Kostenberechnungen und Planunterlagen vorgelegen. Vorgelegen haben Skizzen und überschlägige Kostenzusammenstellungen. Auch diese Behauptung war also eindeutig falsch.
Obwohl also mangels einer sorgfältigen Überprüfung dieses vom Petenten selber entworfene Empfehlungsschreiben eine Reihe Unrichtigkeiten enthielt, ist eine Nachprüfung nicht erfolgt. Der Minister hat es nicht nur unterschrieben, sondern er hat selber dann noch handschriftlich einen Satz eingefügt und auf das besondere Interesse und die besondere Bedeutung dieser Sache hingewiesen.
Als das Schreiben unterschrieben war, wurde Herr Schloß im Königshof vom Bundesverteidigungsministerium angerufen, er könne sich sein Empfehlungsschreiben abholen. Er hatte dann wohl allen Anlaß, triumphierend Herrn Dr. Kapfinger in Passau zu melden, es habe alles geklappt, er habe sein Empfehlungsschreiben, mit dem er sich nunmehr auf die Reise in die Vereinigten Staaten begeben könne.
Dort hatte er mit diesem Empfehlungsschreiben allerdings keinen Erfolg, und hilfesuchend wandte er sich wiederum telefonisch an Herrn Dr. Kapfinger nach Passau und erfuhr von diesem, dann solle er sich doch gefälligst an den Verteidigungsminister wenden, der in diesen Tagen ohnehin in den Vereinigten Staaten sei; dieser müsse ihm dann eben helfen. Ich will nicht zitieren, welche Worte Herr Dr. Kapfinger in diesem Zusammenhang gebraucht hat. Sie sind nicht sehr schmeichelhaft für diese Freundschaft des Herrn Ministers.
Die Versuche des Herrn Schloß, Herrn Minister Strauß zu sprechen, sind dann zwar auch schiefgegangen. Der Minister hatte am 17. Juni, als er dort einen Vortrag halten sollte, offensichtlich und verständlicherweise keine Zeit, sich in eine Diskussion mit Herrn Schloß einzulassen, und wies ihn zurück. Immerhin, wie die Dinge von der anderen Seite betrieben wurden und wie es der Minister eigentlich auch hätte wenigstens nach einiger Zeit sehen können, das wird deutlich, wenn man weiter erfährt, daß Herr Schloß sich dann wieder am nächsten Tage an das Telefon hängte und von New York aus Herrn Kapfinger in Passau anrief und verzweifelt fragte, was er tun solle, und die Antwort erhielt: Nun, dann muß der Herr Minister eben schreiben, wenn er Dir gestern nicht geholfen hat.
Um dieses Schreiben des Ministers auch zu bekommen, setzte sich Herr Kapfinger dann alsbald in Bewegung und suchte den Minister bei einer Parteitagung in Erlangen auf, nach der dann am 20. Juli desselben Jahres der Minister ein Schreiben an seinen amerikanischen Kollegen verfaßte, in dem er nicht nur dieses merkwürdige Empfehlungsschreiben beifügte, sondern selber noch einmal mit sehr freundlichen Worten um Unterstützung für die Projekte und Pläne der Gruppe des Herrn Schloß und des Herrn Dr. Kapfinger geworben hat.
Besonders merkwürdig ist - es soll hier zunächst einmal nur registriert werden -, daß der Minister am 4. August, also etwa 14 Tage später, Herrn Kapfinger auch „ordnungsgemäß" mitteilte, daß er seinem Wunsche entsprochen habe, und ihm gleichzeitig eine Abschrift seines - des Ministers - Briefes an den Minister Gates beifügte, um ihn ja auch genau zu unterrichten.
Das ist in wenigen Worten und in zusammengestrichener Form der Ablauf der Dinge.
Wenn man versucht, diese gesamten Geschehnisse zu bewerten, meine Damen und Herren, dann muß man doch wohl folgendes sagen: Weil Herr Dr. Kapfinger - derjenige, der in diesem Spiel dem Minister bis dahin als einziger bekannt war - einen mittellosen, einen fachlich völlig ungeeigneten Bauführer, der sich Architekt nannte, empfohlen hat, hat sich der Minister in einem ganz erstaunlichen Maße für ihn und seine Pläne eingesetzt. Darin sehen wir eine Dienstpflichtverletzung, und zwar deshalb, weil wir meinen, daß es für diesen Einsatz des Ministers eine sachliche Rechtfertigung nicht gibt, und zwar deswegen nicht, weil hier eine Reihe von Leuten den Versuch gemacht hat, den Minister und seine Position dazu zu benutzen, um ein ausgesprochen hochstaplerisches Projekt zu verwirklichen. Wir meinen, seine Dienstpflichtverletzung liegt darin, daß zunächst einmal der Minister hier in einer Art und Weise tätig geworden ist, die mit der Tatsache einfach nicht in Einklang gebracht werden kann, daß er überhaupt nicht zur Beurteilung oder gar zur Förderung und Befürwortung oder Prüfung dieses Projekts zuständig war. Zuständig war das Finanz- bzw. das Besitz- und das Wohnungsbauministerium. Keinesfalls aber war das Bundesverteidigungsministerium zuständig.
Das ergibt sich ganz eindeutig aus zwei Feststellungen. Als Anfang des Jahres 1959 das Bundeskanzleramt es für notwendig hielt, aus politischen Gründen darauf zu drängen, daß man sich darum bemühe, den Wünschen der Amerikaner auf Erstellung solcher Wohnungen Rechnung zu tragen, sich an die zuständigen Ministerien wandte, da ging das entsprechende Schreiben an alle in diesem Zusammenhang denkbaren Ministerien, nicht aber - ausgerechnet nicht - an das Bundesverteidigungsministerium.
Im übrigen - das ist das zweite - wußte der Minister genau, daß er nicht zuständig war; denn als er am 4. August 1960 an Herrn Dr. Kapfinger schrieb und ihm berichtete, was er gegenüber dem amerikanischen Verteidigungsminister Gates getan hatte, da schrieb er selber wörtlich, er müsse sich ja auf die Befürwortung eines nicht zuständigen Ministeriums beschränken.
Dann fragt man sich aber, wie das damit in Einklang gebracht werden soll, daß er auf der anderen Seite gegenüber dem amerikanischen Verteidigungsminister und in dem Empfehlungsschreiben selbst erklärt hatte, er, sein Ministerium, habe die Prüfung der Unterlagen vorgenommen und befürworte das ganze Projekt.
Wir sehen es aber auch als eine Dienstpflichtverletzung an, daß diese Empfehlung unter Voraussetzungen gegeben wurde, bei denen eine ordnungsgemäße Prüfung überhaupt nicht möglich war. Am Nachmittag des 1. 6. erhielt die Abteilung Unterbringung des Verteidigungsministeriums die Weisung, die Pläne - die angeblichen Pläne, die sich dann als Skizzen herausstellten - und die Kostenberechnungen - die weiter nichts waren als Kostenzusammenstellungen - zu prüfen. An einem Nachmittag, das heißt binnen kürzester Zeit - praktisch haben etwa ein bis eineinhalb Stunden zur Verfügung gestanden - sollte hier ein Projekt auf seine
Unterstützungs- und Befürwortungswürdigkeit geprüft werden, das immerhin einen Umfang von „nur" 300 Millionen DM haben sollte und für das schließlich eines Tages ja auch einmal Grundstücke aus Bundesbesitz zur Verfügung gestellt werden sollten. Daß hier die Bemühungen der zuständigen Stelle gar nicht ausreichen konnten, in so kurzer Zeit eine verbindliche Klärung herbeizuführen, bedarf sicher keiner besonderen Erläuterung und findet ja dann auch seinen Niederschlag in den bereits geschilderten merkwürdigen falschen Darstellungen in dem Empfehlungsschreiben selbst, in dem Empfehlungsschreiben, in dem ohne jede Kritik einfach das übernommen wurde, was Herr Schloß selber als interessierter Petent niedergeschrieben, im Ministervorzimmer diktiert hatte, nämlich die Behauptung, daß er eine Aktiengesellschaft gegründet hat. Ja, es ging sogar so weit, daß später in dem Schreiben an Minister Gates etwas gesagt wurde, was nie geprüft worden ist, nämlich daß Herr Schloß sogar einschlägige Erfahrungen habe, weil er angeblich ähnliche Projekte in Frankreich einmal mitbearbeitet habe, eine Behauptung, die, wie gesagt, bis heute völlig willkürlich und ungeprüft ist.
Wir meinen aber, daß insbesondere eine Dienstpflichtverletzung darin liegt, daß gegenüber dem amerikanischen Verteidigungsminister und damit insbesondere gegenüber der amerikanischen Regierung die Behauptung aufgestellt worden ist, hier habe eine Prüfung stattgefunden, so daß der Eindruck erweckt werden mußte, daß eine seriöse Regelung erfolgen oder seriöse Vorschläge von Herrn Schloß gemacht werden würden. Ich glaube, gerade dieser Vorwurf, daß der deutsche Verteidigungsminister amtlich gegenüber dem amerikanischen Verteidigungsminister auf Grund einer solch nachlässigen, oberflächlichen und unvollständigen Prüfung derart weitgehende Behauptungen aufstellt, rechtfertigt alleine den Vorwurf, daß hier die Dienst- pflichten nicht nur nachlässig, sondern fehlerhaft gehandhabt worden sind.
Schließlich meinen wir auch, daß es mit den Dienstpflichten eines Ministers nicht zu vereinbaren ist, daß von seinem Schriftwechsel, den er amtlich mit dem Minister eines anderen Landes führt, dann auch noch Abschriften an private Interessenten wie Herrn Dr. Johannes Evangelist Kapfinger gegeben werden. Wenn die Meinung der Mehrheit im Ausschuß die ist, hier handle es sich um bloße Verwaltungsfehler, dann, glaube ich, ist das ein Versuch, die Dinge zu bagatellisieren. Wer seine amtliche, seine dienstliche Stellung dazu benutzt oder benutzen läßt, sich in so leichtfertiger Weise für Leute einzusetzen, die man nicht anders als mit Hochstapler bezeichnen kann, begeht nicht nur einen Verwaltungsfehler, sondern ist offenbar bereit, die persönlichen Bindungen an einen Herrn Dr. Kapfinger wichtiger zu nehmen als die sorgfältige Erfüllung seiner Amtspflichten. Wir meinen, das darf nicht geschehen. Wenn in einer solchen Weise verfahren wird, muß das Vertrauen in die Ordnungsmäßigkeit unserer Verwaltung ernsthaft gefährdet werden.
Wenn in diesem Zusammenhang im ersten Bericht gesagt wird, entscheidend sei doch schließlich, daß kein ehrenrühriger Vorwurf gegen Herrn Strauß habe erhoben werden können, dann kann ich dazu nur sagen: einen ehrenrührigen Vorwurf gegen den Minister hat in diesem Hause auch niemand erhoben. Es ist nicht notwendig, ihn zurückzuweisen, es sei denn, man will vom eigentlichen Problem, um das es geht, ablenken.
Schließlich war die dritte Frage, die bei Einsetzung des Untersuchungsausschusses gestellt wurde, die, ob eine Kleine Anfrage der Fraktion der SPD vom 15. Juni 1961 richtig beantwortet worden sei. Das Ergebnis, zudem wir kommen, meine Damen und Herren, ist, daß diese Antwort nicht wahrheitsgemäß erteilt worden ist. Die Anfrage, die damals von meiner Fraktion eingebracht worden war, betraf im wesentlichen den Komplex, mit dem sich schließlich der Untersuchungsausschuß beschäftigen mußte. Das Anliegen, das die SPD-Fraktion mit der Einbringung der Kleinen Anfrage verfolgte, war klar. Sie wollte Gewißheit über die Dinge haben, die später im Zusammenhang mit der Fibag-Affäre zu breiteren Erörterungen führen mußten. Die Klarheit haben wir nicht aus der Antwort des Ministers, sondern erst dann bekommen, als der Untersuchungsausschuß seine Tätigkeit beendet hatte.
Meine Damen und Herren, ich glaube, es wäre keine gute Sache, wenn man daraus etwa die Folgerung ziehen sollte, daß in Zukunft in jedem Falle geprüft werden muß, ob Kleine Anfragen wahrheitsgemäß beantwortet 'werden, indem man einen Untersuchungsausschuß einsetzt. Ich denke, dieses Parlament hat Anspruch darauf, auf jeden Fall und ohne jede Einschränkung eine klare, eindeutige, unmißverständliche und erschöpfende Antwort auf die Fragen zu bekommen, die es im Rahmen der Verfassung und der 'Geschäftsordnung zu stellen befugt ist und stellt.
Die Frage, die wir damals in der Kleinen Anfrage stellten, war, ob amtliche Unterstützung gewährt worden ist, ohne 'daß der Minister zuständig war. Die Antwort auf die Frage nach der Zuständigkeit ist überhaupt nicht erteilt worden. Der Minister ist dieser Frage ausgewichen. Er 'hat die Frage seiner Zuständigkeit in der Antwort auf die Kleine Anfrage überhaupt nicht 'beantwortet.
Die weitere Frage. die dann in der Antwort auf die Kleine Anfrage behandelt wurde, 'betraf Herrn Schloß. Herr Schloß als Repräsentant dieser Gruppe - sei - so hieß es in der Antwort -bereits 'im Verteidigungsministerium bekannt gewesen, als diese Empfehlungsschreiben gegeben wurden. Diese Antwort ist falsch. Er war nicht bekannt, als das Empfehlungsschreiben vom 1. Juni .1960 To whom it may concern gegeben wurde. Da war Herr Schloß bestenfalls dem Verteidigungsminister aus den zwei kurzen Besuchen bekannt, nicht aber, wie es in der Antwort auf die Kleine Anfrage heißt, dadurch, daß er bereits seit längerer Zeit für die Oberfinanzdirektion München und die dortigen Finanzbauämter gearbeitet hatte. Denn daß er in dieser Eigenschaft nicht bekannt war und daß schon gar nichts über seine Qualifikation bekannt war, ergibt sich allein daraus, daß der zuständige Beamte, nachdem man am 1. Juni mit Herrn Schloß gesprochen hatte,
erst einmal in München anrief - wenn auch zunächst bei der falschen Stelle -, um zu hören, wer denn eigentlich dieser Herr Schloß ist. In der Antwort auf die Anfrage wurde dann behauptet, er sei bereits bekannt gewesen, und damit der Eindruck erweckt, er sei auch hinsichtlich seiner Qualifikation .bekannt gewesen. Wir halten das 'für eine falsche Antwort, die geeignet war, 'die Fragesteller, die damals eben entschieden weniger wußten, als sie heute wissen, in die Irre zu führen, und es auch getan hat.
Weiter enthält die Antwort auf die Kleine Anfrage die Behauptung, der Herr Schloß habe sich an das Bundeswohnungsbauministerium gewandt. Auch das ist eindeutig falsch. Von der Mehrheit ist gesagt worden: Nun, er hatte doch im Verteidigungsministerium, als er seine Unterlagen vorbrachte, gesagt, man möge das an das Wohnungsbauministerium weitergeben. Es gehört doch wohl schon ein erheblicher Mut zur Haarspalterei dazu, wenn man daraus konstruieren will: Deswegen ist es doch richtig, wenn hier gesagt wird, er habe sich an das Wohnungsbauministerium gewandt, schließlich könne der Herr Schloß ja nichts dafür, daß das Verteidigungsministerium die Dinge nicht an das Wohnungsbauministerium weitergegeben habe. Daß diese Behauptung eindeutig falsch ist, ergibt sich einfach daraus, daß das Wohnungsbauministerium - das übrigens wegen der Beantwortung der Kleinen Anfrage überhaupt nicht gefragt worden ist -, als es von dieser Beantwortung erfuhr, sofort gegenüber dem Bundesverteidigungsministerium protestiert und darauf hingewiesen hat, daß es mit dieser Sache nicht beschäftigt gewesen ist und daß man sich nicht an dieses Ministerium gewandt hat.
Schließlich enthält die Antwort auf die Kleine Anfrage auch insofern unwahre Angaben, als dort behauptet wird, es habe eine genaue Prüfung stattgefunden und es sei die Verwendbarkeit der Vorschläge des Herrn Schloß festgestellt worden. Selbst der Ministerialdirigent Dr. Kaumann, der nach unserer Auffassung in recht leichtfertiger Weise die Dinge geprüft und dem Minister seine Vorschläge gemacht hat, hat es nicht gewagt, so weit zu gehen, sondern hat in seinem Vermerk für den Minister lediglich gesagt, die Vorschläge seien wohl annehmbar.
Als die Kleine Anfrage der SPD-Fraktion im Jahre 1961, d. h. ein Jahr nach diesen Vorgängen im Verteidigungsministerium, vorgelegt wurde, da wäre es, hätte man die Antwort auf die Kleine Anfrage ernst genommen, durchaus möglich und, wenn es möglich gewesen wäre, auch notwendig gewesen, den ganzen Vorgang noch einmal sorgfältig zu prüfen. Nachdem man damals eindeutig wußte, daß dieses Projekt Schloß, dieser ganze Verein von Hochstaplern, der sich da einmal gerühmt hatte, eine so schwierige Sache verwirklichen zu können, geplatzt war, da hätte man bei sorgfältiger Prüfung durchaus feststellen können, daß keiner der damaligen Vorschläge wirklich verwendbar war, daß die Finanzierung nicht sicher war, wie wahrheitswidrig in der Antwort auf die Kleine Anfrage behauptet wird. Denn es stand lediglich eine Erklärung des
Herrn Schloß fest, die nicht nachgeprüft worden war, daß eine Teilfinanzierung durch die Amerikaner erfolgen solle. Die Finanzierung in Deutschland war noch völlig offen.
Wir meinen, daß eine solche Sammlung von Punkten über falsche Antworten es nicht rechtfertigt, wie es die Mehrheit getan hat, zu sagen: Hier ist eine wahrheitsgemäße Antwort gegeben worden. Daß es dazu gekommen ist, wundert einen natürlich nicht, wenn man sich das Verfahren vergegenwärtigt, wie es zur Fertigstellung der Antwort auf die Kleine Anfrage gekommen ist. Der Minister selber hat, wie er es vor dem Ausschuß dargestellt hat, in großen Zügen den Rohentwurf der Antwort diktiert. Dann hat er einen Blankobogen, einen weißen Bogen unterschrieben und ist, weil er andere Verpflichtungen hatte, davongefahren unter Hinterlassung der Weisung an die zuständigen Abteilungen, das, was er dort diktiert habe, noch einmal auf die Richtigkeit zu überprüfen. Das ist wohl geschehen; aber es ist eben so geschehen, wie schon der erste Entwurf diktiert wurde: oberflächlich und ohne jede sorgfältige Prüfung. Wenn heute gesagt wird, der Minister sei in Zeitnot gewesen und er hätte zu einer sorgfältigen Bearbeitung nicht mehr kommen können - nun, dann müssen wir fragen, weshalb der damals durchaus erreichbare Staatssekretär nicht gebeten worden ist, die Beantwortung der Kleinen Anfrage vorzunehmen, und weshalb durch ihn nicht die sorgfältige Überprüfung vorgenommen wurde, die vor Abgabe einer Antwort notwendig gewesen wäre.
Meine Damen und Herren! So leicht, wie es sich der Minister hier gemacht hat bei der Beantwortung einer Kleinen Anfrage dieses Hauses, darf man es sich nicht machen, wenn man Anspruch darauf erheben will, in Zukunft bei der Beantwortung von Kleinen Anfragen ernst genommen zu werden, und Anspruch darauf erhebt, daß alles geglaubt und für völlig richtig genommen wird, was da in solchen Antworten niedergeschrieben wird.
Aus all diesen Gründen haben wir deshalb zu dem Antrag des Ausschusses einen Änderungsantrag vorgelegt, der Ihnen als Umdruck 150 bereits verteilt worden ist. Mit diesem Änderungsantrag wollen wir ganz bewußt darauf verzichten, uns hier auf eine polemische Bewertung einzulassen dessen, was wir als festgestellt erachten und was wir von dem Verhalten des Ministers im einzelnen zu halten haben. Wir legen Wert darauf, lediglich die Feststellungen zu treffen, die uns um der Wahrheit und Richtigkeit des Untersuchungsergebnisses willen notwendig erscheinen.
Aus dem ersten und teilweise auch aus dem zweiten Bericht, den der Untersuchungsausschuß vorgelegt hat, entsteht gelegentlich der Eindruck: Nun, das, was im Ministerium damals geschehen ist, ist zwar nicht schön, aber es sind eben doch Mängel, über die man hinwegsehen kann; so engherzig darf man schließlich nicht sein. - Ich erwidere darauf: das ist eine in dieser Form nicht nur falsche, sondern sicherlich auch schädliche Überlegung. Die Empfehlung, das Wort eines Ministers hat nun einmal ihr besonderes Gewicht. Die Sauberkeit und
die Ordnungsmäßigkeit der Verwaltung sind Fragen, die wir - als ein Kontrollorgan gegenüber der Verwaltung - in diesem Hause nicht leichtnehmen dürfen, und ich möchte noch einmal sagen, was ich von dieser Stelle am 21. März zur Begründung unseres Antrags gesagt habe und was nach meiner Meinung gerade nach dem Ende der Untersuchungen zu diesem Punkt in besonderem Maße weitergilt:
Wer sich als Minister für andere verwendet, muß wissen, daß er damit als Leitereiner Verwaltungsbehörde besondere Verantwortung übernimmt. Innerhalb und außerhalb unseres Landes wird der Erklärung eines Ministers besonderes Gewicht beigemessen, und das mit gutem Grund. Man vertraut darauf, daß ein Minister seine Unterstützung keinem Unwürdigen und keinem Unfähigen leiht. Man vertraut weiter darauf, daß kein Minister Empfehlungen über Projekte, gleich welcher Art, gibt, die er nicht sorgfältig geprüft hat. Der Minister, der anders handelt, setzt sich dem begründeten Vorwurf aus, von seinem Amte unrechten Gebrauch zu machen.
Ich glaube, diese Feststellungen sollten uns in diesem Hause dazu veranlassen, ohne eine falsch verstandene Rücksichtnahme in all diesen Dingen strengste Maßstäbe anzulegen. Wenn wir hier mit einer allzu großzügigen Weitherzigkeit meinen, dem Minister, dem Ansehen unserer Verwaltung einen Gefallen zu erweisen, dann, glaube ich, muß eher das Gegenteil befürchtet werden. Wenn draußen in der Öffentlichkeit der Eindruck entsteht: Was ein Minister unterschreibt, braucht man schließlich nicht auf die Goldwaage zu legen und ernstzunehmen, dann wäre das kein guter Dienst an unserer gesamten Verwaltung, für die ja ein Minister schließlich und letztlich immer noch nach außen hin stellvertretend auftritt.
Mehr noch, meine Damen und Herren, gilt diese Bitte um strenge Maßstäbe aber bezüglich der Antwort, die auf die Kleine Anfrage des Bundestages gegeben worden ist. Ich finde, wir können uns in diesem Hause nicht damit abfinden, daß wir fünfe gerade sein lassen, wie man so gerne sagt. Es genügt nicht und kann uns nicht genügen eine ungefähre Richtigkeit, es kann uns nicht genügen halbe, zweidrittel oder dreiviertel Wahrheit in der Antwort des Ministers so wenig wie eine ungenaue oder nebelhafte Darstellung. Wenn das Schule machen sollte, meine Damen und Herren, dann müssen wir uns ernsthaft fragen: Wohin kommen wir dann in diesem Hause? Wie sollen wir unsere Arbeit richtig leisten, wenn wir nicht mehr die Gewißheit dafür haben können, daß die Regierung, die Minister, die wir fragen, uns unbedingt richtige und klare Antworten geben? Das Parlament könnte auf die Dauer seine Kontrollaufgaben nicht mehr wahrnehmen. Die Wahrheitspflicht der Minister gegenüber diesem Parlament ist für uns unabdingbar.
Sie, meine Damen und Herren, haben jetzt die sicherlich nicht beneidenswerte Aufgabe, abzuwägen auf der einen Seite zwischen der Überlegung, die hier leider einmal ausgesprochen worden ist, daß
Sie geschlossen vor dem Minister stehen, und der anderen Überlegung, die uns alle, d. h. das Parlament, angeht, nämlich ohne Ansehen der Personen darauf zu achten und sich davon nichts abhandeln zu lassen, daß unsere Verwaltung sauber geführt wird, auch in der Spitze unbedingt sauber geführt wird und daß die Rechte dieses Hauses ohne jede Einschränkung gewahrt werden.
Wir haben Verständnis dafür, daß manche von Ihnen zunächst den Drang haben, sich zu dem Minister zu bekennen, der aus Ihren Reihen kommt. Aber ich glaube, Sie tun ihm selber letzten Endes keinen Gefallen damit, wenn Sie ihn darin bestärken und unterstützen wollten, Fehler, zu denen er sich besser bekennen sollte, als sie zu bagatellisieren, durchgehen zu lassen. Sie geraten, wenn Sie sich so verhalten, in die Gefahr, die Grundlagen unserer Arbeit zu beeinträchtigen.
Deshalb geht unsere Bitte dahin: Unterstützen Sie unser in unserem Änderungsantrag niedergelegtes und zum Ausdruck kommendes Bemühen, zum Nutzen des Ganzen klare Maßstäbe, klare Maßstäbe für die Arbeit der Verwaltung und klare Maßstäbe für das Verhältnis zwischen diesem Hause und den Ministern zu schaffen!
({2})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Benda.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte meine Ausführungen damit beginnen, daß ich für meine Freunde und mich dem Herrn Berichterstatter des Ausschusses, dem Kollegen Dr. Dahlgrün, für seine schwierige und auch im Kreis seiner eigenen Freunde nicht immer hinreichend unterstützte Arbeit in diesem Ausschuß danke.
({0})
Ich glaube, der Kollege Dahlgrün hat sich einer wirklich schweren Aufgabe unterzogen und er hat sich ihr mit Erfolg unterzogen. Wenn ich - und damit komme ich gleich zu Ihnen, Herr Kollege Jahn - die Ausführungen zur Sache, die Sie hier gemacht haben und Ihre Darstellung des Sachverhalts mit den beiden Berichten vergleiche, die Herr Kollege Dr. Dahlgrün dem Hause vorgelegt hat, dann darf ich den Kollegen, die diese Berichte etwa doch noch nicht gelesen haben sollten, eigentlich nur empfehlen: Lesen Sie lieber die Berichte von Herrn Dr. Dahlgrün.
({1})
Die Darstellung, die Sie, Herr Kollege Jahn, hier gegeben haben - ich komme noch auf eine Reihe von Punkten; es wird mir nichts anderes übrigbleiben -, ist in einer ganzen Reihe von Punkten falsch,
({2})
sie ist in der Gesamtdarstellung einseitig
({3})
und verzerrt, wie ich glaube, das Bild, das sich jedem unvoreingenommenen Mitglied des Ausschusses und jedem unvoreingenommenen Beobachter in diesen monatelangen Beratungen geboten hat.
({4})
Wir werden uns über die Dinge, die Herr Kollege Jahn hier besprochen hat, noch einmal auseinandersetzen müssen. Ich will Ihnen gern zugeben, Herr Jahn, daß Sie mit Ihren Ausführungen die Dinge auf den Kern dessen zurückgeführt haben, was in der Sache strittig sein kann. Die Probleme, die Sie angesprochen haben, sind genau die Fragen, die uns bewegen, und wir werden uns damit zu beschäftigen haben. Aber ich glaube, es gehört dazu - und ich will versuchen, das in ganz wenigen Worten zu tun -, zuvor die Problematik des uns hier obliegenden Auftrages doch abzugrenzen.
({5})
Herr Kollege Jahn hat im letzten Teil seiner Ausführungen die Frage aufgeworfen, ob es denn notwendig sei, in diesem Hause noch einmal extra zu betonen, daß dem Herrn Bundesverteidigungsminister keine Vorwürfe gemacht werden könnten, die etwa dahingehen, daß er sich in einer verwerflichen oder ehrenrührigen Weise in dieser Sache verhalten hätte. Das ist in diesem Hause - wie Sie sagen - nicht behauptet worden. Nun gut, ich will die Frage im Augenblick offenlassen. Ich werde aber auch auf die Frage zurückkommen müssen, wieweit Ihr in zeitlichem Zusammenhang mit dieser Feststellung
erhobener Vorwurf, der Herr Bundesverteidigungsminister stelle seine persönlichen Bindungen an Herrn Dr. Kapfinger über seine amtlichen Pflichten als Verteidigungsminister, nicht doch ein ehrenrühriger Vorwurf ist.
({6})
Wenn man aber davon im Augenblick einmal absieht: Ist es denn nicht so gewesen, daß im letzten halben Jahr in der deutschen Öffentlichkeit systematisch die Stimmung verbreitet worden ist, der Bundesverteidigungsminister habe schmutzige Finger?
({7})
Ist es denn nicht so gewesen, daß nach diesem bösen Sprichwort verfahren worden ist: „Wer Schnaps trinkt, steckt auch Häuser an"?
({8})
Ich verkenne nicht und ich will Ihnen das konzedieren, daß die ganze Angelegenheit ein herrlicher Stoff für Kabaretts ist. Ich gebe Ihnen das zu; ich weiß das.
({9})
Aber ich weiß auch, daß die Kunst des Kabaretts, wenn man sie beherrscht, darin besteht, gewisse Dinge anzudeuten und dann latente Gefühle zu wecken.
({10}) - Ich weiß, daß das, was „Fibag-Affäre" genannt worden ist, natürlich ein wunderbarer Stoff für Karikaturisten ist. Zum Wesen der Karikatur, die ich gewiß nicht gering schätze, gehört es, die Proportionen zu verzerren. Wenn wir hier in diesem Hause die Proportionen verzerren, dann machen wir aus der Untersuchung eine Karikatur oder ein Kabarett.
({11})
Es ist mir daher nicht verständlich, warum einige
Kollegen an der Sache so furchtbar viel Spaß finden.
({12})
Wenn es ehrenrührige Vorwürfe gäbe, dann wäre das schlimm. für die Demokratie. Wenn es nicht so ist, dann ist in der Ehre des Bundesverteidigungsministers unsere eigene Ehre betroffen, und damit meine ich nicht nur die Mehrheit dieses Hauses.
({13})
Aber gut, ich will akzeptieren, daß Herr Jahn und mit ihm, wie ich annehme, die Fraktion der SPD sich hier von dem Vorwurf der Korruption absetzen wollen. Das war nicht immer so, Herr Jahn. Sie sind bei der ersten Beratung hier in diesem Hause ein bißchen wie der Engel mit dem Flammenschwert durch diesen Plenarsaal geschwebt und haben uns einen Vortrag über Sauberkeit gehalten, als ob wir uns nicht waschen würden.
({14})
- Wenn Sie mir noch einen Satz gestatten, dann kommen Sie sofort dran.
Ich bin Ihnen nicht undankbar dafür, daß Sie heute - um wieder in einem Bild zu sprechen - so ein wenig in der Rolle des Bücherrevisors aufgetreten sind, der in der zweiten Kommastelle nach Fehlern sucht.
({15})
Bitte, Herr Jahn.
Herr Kollege Benda, ich würde gern zweierlei von Ihnen wissen: Erstens, wie Sie sich vorstellen, daß ich mit einem Flammenschwert hier in diesem Saale schweben könnte,
({0})
und zweitens, aus welchem Teil meiner Ausführungen vom 21. März 1962 Sie auch nur die Andeutung des Vorwurfes, der Minister habe sich persönlich bereichern wollen, herleiten wollen.
Herr Jahn, die erste Frage beantworte ich nicht, die zweite Frage beantworte ich wie folgt: Sie haben nach Seite 723 des Stenographischen Berichtes gesagt, und ich zitiere Sie:
Der Minister steht damit im Zwielicht. Niemand weiß: Hat er sich nun rechtmäßig verhalten oder nicht? Dieses Zwielicht schadet nicht nur dem Minister, es schadet darüber hinaus dem Ansehen der Regierung, der dieser Minister ange1884
hört, ja noch mehr: es schadet dem Ansehen der
Demokratie in unserem Lande überhaupt.
({0})
Die Inhaber von Staatsämtern dürfen diese nicht mißbrauchen, um Gefälligkeiten zu erweisen. Wegen solcher Vorwürfe darf auf niemandem, der im öffentlichen Leben steht, ein Verdacht ruhen. Das Vertrauen der Bürger in die Sauberkeit und Ordnungsmäßigkeit der öffentlichen Verwaltung ist ein Kapital der Demokratie, das nicht verspielt werden darf.
({1})
Ich glaube, daß diese Ausführungen deutlich genug sind.
({2})
Sie haben es heute sogar noch wiederholt. Sie haben uns Mitteilung darüber gemacht, was die Pflicht der Opposition sei, und Sie haben mitgeteilt, der Minister stehe doch nicht unter Denkmalsschutz.
({3})
Herr Kollege Jahn, es wäre verhängnisvoll für das Parlament, wenn die Auffassung entstünde, als ob die eine oder andere Seite weniger für Sauberkeit oder mehr für Korruption wäre. Was sollen denn eigentlich diese an uns gerichteten Belehrungen?
({4})
Es geht, Herr Kollege Jahn, nicht um die Frage, ob hier jemand Fünf gerade sein läßt. Es geht nicht um die Frage, ob ein strenger Maßstab anzulegen ist.
({5})
Ich sage Ihnen: darüber, daß ein streng er Maßstab anzulegen ist, sind wir uns einig.
Hinzu kommt - das habe ich in Ihren Ausführungen und in Ihrer Verhaltensweise in diesem Verfahren ermißt -: es gehört dazu eine volle Fairness im Verfahren.
({6})
Herr Jahn, manches, was Sie hier im Verlaufe Ihrer heutigen Ausführungen gesagt haben, z. B. Ihre Ausführungen zu dem Abschnitt I - Erteilung von Aufträgen an Herrn Schloß -, kommt darauf hinaus, daß Sie dem Herrn Bundesverteidigungsminister einen Freispruch zweiter Klasse - mangels Beweises - zubilligen wollen.
({7})
Ich glaube nicht, Herr Kollege Jahn, daß Sie damit Ihrer Aufgabe gerecht werden. Warum finden Sie nicht den Mut, die Dinge hier anzusprechen, in denen Sie im Ausschuß versucht haben, Dinge nachzuweisen, und in denen es Ihnen zu einem ganz großen Teil nicht gelungen ist?
Der Kollege Heinemann, der -neben Ihnen sitzt, hat sich mit einem sehr großen Eifer der Frage angenommen, ob der Prozeßbevollmächtigte des Herrn Bundesverteidigungsministers im Nürnberger Verfahren Strafregisterauszüge auf eine unlautere oder unzulässige Weise habe erlangen können. Die Verhandlungen und Beweiserhebungen im Ausschuß haben nach meiner Überzeugung ganz klar ergeben, daß dieser Verdacht nicht nur nicht bestätigt, sondern widerlegt ist. Warum fehlt dazu jedes Wort über diese Dinge? Warum hat einer Ihrer Herren im Ausschuß, nachdem sich herausstellte, daß Ihre Behauptungen widerlegt waren, bezüglich derselben Beweismittel, die auf Ihren Antrag herangezogen worden sind - nämlich. der Einholung von Strafregisterauszügen -, dann gesagt, da wäre von Anfang an nur eine Chance von eins zu einer Million gewesen, daß man auf diese Weise zu einem Erfolg kommen würde?
Herr Kollege Jahn, warum sind Sie nicht in der Lage, hier vor diesem Hause die Feststellungen des Untersuchungsausschusses zu unterstützen, die die Mehrheit des Ausschusses auch im Bericht getroffen hat, daß nämlich nach den Beweisergebnissen der Herr Bundesverteidigungsminister keine Kenntnis hatte und daß dafür keine Anhaltspunkte bestanden, daß der Herr Bundesverteidigungsminister Kenntnis von einer Beteiligung des Herrn Dr. Kapfinger an der sogenannten Fibag-Gesellschaft hatte?
({8})
- Herr Kollege, soll ich Ihnen das aus dem Protokoll nachweisen? Ich habe mir das indiziert, ich kann es Ihnen vorlesen. Ich habe selbst die Anregung im Ausschuß gegeben. Ich habe Ihnen eine Formulierung vorgeschlagen, daß sich ein Anhaltspunkt für eine derartige Feststellung nicht fin- den lasse. Sie sind uns eine Antwort auf die wesentliche Frage, welches Ihre Anhaltspunkte gewesen sind, bis zum heutigen Tage schuldig geblieben. Aber diese Feststellung, auf die der Minister um der Wahrung seiner Ehre willen einen Anspruch hat, ist bis zum heutigen Tage unterblieben. Der Herr Berichterstatter hat wahrheitsgemäß in seinem Ergänzungsbericht feststellen müssen, daß über diese Frage eine einheitliche Feststellung im Ausschuß nicht zu erzielen gewesen sei, - nachzulesen auf der vorletzten Seite des zweiten Berichts des Herrn Kollegen Dr. Dahlgrün; Sie haben ihn auch vor sich liegen, Sie können es doch nachlesen.
Warum haben Sie, Herr Kollege Jahn, ohne daß Sie dazu in der Lage waren, dafür irgendwelche Beweise hier vorzulegen, wiederum Dinge hineingeheimnißt von angeblichen Bindungen des Herrn Bundesverteidigungsministers an Herrn Dr. Kapfinger?
({9})
Was ist das eigentlich bei einer Untersuchung nach juristischen Maßstäben für eine Manier? Herr Kollege Jahn, wenn Sie die Dinge konkret vortragen und behaupten wollen, dann tun Sie das. Wenn Sie das nicht können, dann lassen Sie derartige Dinge beiseite!
({10})
Herr Kollege Jahn hat den Mitgliedern des Ausschusses - den Mehrheitsmitgliedern, und auch der Mehrheitsfraktion in diesem Hause - unterstellt, sie hätten vielleicht zunächst den Drang gehabt, sich
vor den Herrn Bundesverteidigungsminister zu stellen. Sie verkennen völlig unsere Position, Herr Kollege Jahn!
({11})
- Ja, gerade deswegen, weil Herr Kollege Hoogen diese Ausführungen hier gemacht und Herr Kollege Jahn sie angesprochen hat, sage ich das. Herr Kollege Hoogen hat am Ende einer Untersuchung, die nach unserer Überzeugung ordentlich und einwandfrei war und zu einem klaren Ergebnis geführt 'hat - zu dem Ergebnis, das wir in der ersten Drucksache vorgelegt haben -, die Auffassung meiner Freunde, die meiner persönlichen Auffassung entspricht, hier vorgetragen, daß das Verhalten des Herrn Bundesverteidigungsministers im Sinne des Auftrages des Untersuchungsausschusses nicht zu beanstanden sei, und hat daraus die für uns selbstverständliche Folgerung gezogen.
({12})
- Sie verkennen, meine Damen und Herren, die Position der Mitglieder der Mehrheit im Untersuchungsausschuß. Als ob wir die Pflichtverteidiger des Herrn Bundesverteidigungsministers wären! Davon ist überhaupt keine Rede. Wir haben keine Aufträge von außen oder irgendeiner Seite angenommen.
({13})
Wir haben unsere Tätigkeit so durchgeführt, wie wir glaubten es vor uns selber verantworten zu können.
({14})
Ich habe, Herr Kollege Jahn, 'bei den Kollegen der SPD, die im Untersuchungsausschuß tätig waren, manchmal das Gefühl gehabt, als ob sie sich dort als die Vertreter der Staatsanwaltschaft vorgekommen sind.
({15})
Sie sagen heute, das sei eine Aufgabe der Opposition, allen Dingen nachzugeben. Ich widerspreche Ihnen insoweit, als ich glaube, daß das unser aller Aufgabe ist.
({16})
Im übrigen bestätigt das die Beobachtung, die wir gemacht 'haben. Wir können uns, Herr Jahn, recht gut an den Gang des Verfahrens erinnern. Eine Reihe von Kollegen 'haben die Gelegenheit benutzt, sich dort mit unseren Untersuchungen vertraut zu machen.
Goethe hat einmal im Egmont
({17})
die Gefahren des Inquisitionsprozesses geschildert.
Er hat gezeigt, wie der Inquirent einen ehrlichen
Teufel zum Schelmen verhöre. Auf die naive Frage:
Was wollen Sie denn herausverhören, wenn einer unschuldig ist? hat der so Befragte die Antwort gegeben:
Wo nichts herauszuverhören ist, da verhört man hinein,
({18})
da fragt man erst sachteweg, und der Gefangene ist stolz auf seine Unschuld, wie Sie's heißen und sagt alles geradezu, was ein Verständiger verberge. Dann macht der Inquisitor aus den Antworten wieder Fragen und paßt ja auf, wo irgendein Widersprüchelchen erscheinen will. Da knüpft er seinen Strick an und läßt sich der dumme Teufel betreten, daß er hier wohl etwas zuviel, dort etwas zuwenig gesagt oder Gott weiß aus was für einer Grille einen Umstand verschwiegen hat, auch wo er sich an irgendeinem Ende hat schrecken lassen - dann sind wir auf dem richtigen Wege!
Das kommt Ihnen bekannt vor, Herr Jahn, wie ich annehme, wenn Sie an manche Vernehmungen in diesem Ausschuß denken.
({19})
In der sachlichen Beurteilung der Punkte, die Herr Jahn hier angeschnitten hat, unterscheiden wir uns in vollem Umfang.
Ich darf mich zunächst in Kürze, weil auch Herr Jahn insoweit eine Dienstpflichtverletzung nicht angenommen hat, mit der Frage der Auftragsvergabe durch die Finanzbauämter beschäftigen. Herr Kollege Jahn hat an einer Stelle seiner Ausführungen die Behauptung vertreten, die mit diesen Aufträgen an Herrn Schloß betrauten Beamten im Bereich der Oberfinanzdirektion München hätten ein gewisses Mißtrauen gegen Herrn Schloß gehabt und hätten ihn daher nur mit geringen und unbedeutenden Aufträgen betraut. Diese Behauptung des Herrn Jahn ist in vollem Umfang falsch.
Ich beziehe mich auf die Protokolle des Untersuchungsausschusses und zitiere aus ihnen in Stichworten: zuerst aus der Vernehmung des Oberfinanzpräsidenten Rüth, der gesagt hat, daß Schloß seit 1950/51 beim Finanzbauamt München bekannt gewesen sei und daß er mit der Arbeit des Herrn Schloß zufrieden gewesen sei; aus der Vernehmung des Regierungsbaudirektors Loibl, daß Schloß bei der Oberfinanzdirektion als ehrbar bekannt gewesen sei, daß man mit ihm in all den Jahren keine schlechten Erfahrungen gemacht habe,
({20}) daß er eine tüchtige Kraft gewesen sei
({21})
- sofort, Herr Kollege Erler -, daß es durchaus normal gewesen sei, daß ein ehemaliger Angestellter der Gruppe TO. A V derartige Aufträge bekomme; aus der Vernehmung des Oberbaurats Rop1686
pelt, daß Herr Schloß für die Aufgabe geeignet gewesen sei; aus der Vernehmung des Regierungsoberbaurats Sauer, er habe Herrn Schloß nett gefunden, und es sei nicht richtig, ihn als wenig vertrauenswürdig zu bezeichnen;
({22})
aus der erneuten Vernehmung des Herrn Oberbaurats Roppelt, Herr Schloß habe alle Aufträge zur Zufriedenheit ausgeführt.
Ich habe damit sämtliche Zeugen, die auf der Beamtenseite zu diesem Komplex vernommen worden sind, zitiert. Andere Äußerungen über die Person oder die sachliche Qualifikation des Herrn Schloß - ({23})
- Herr Metzger, ich sage es gerade. Soll ich es
Ihnen vorlesen? Ich habe die Seitennummern notiert.
({24})
- Sie können es mir glauben, Herr Jahn. Sie wissen es doch selber.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Sofort! Ich möchte nur eben den Satz beenden dürfen. - Andere Ausführungen über die Person oder die sachliche Qualifikation des Herrn Schloß von Beamtenseite aus diesem Bereich finden sich in den Akten der Zeugenvernehmung
3) nicht. - Bitte schön, Herr Kollege Erler!
Waren diese Auskünfte, die von den Zeugen vorgetragen wurden, denn dem Bundesverteidigungsministerium zu der Zeit bereits bekannt, als dieses behauptete, im Ministerium sei Herr Schloß schon bekannt gewesen? Darum geht es doch!
Das waren sie wohl, Herr Kollege Erler. Einer der Zeugen - ich bitte, mich zu unterstützen, Herr Hoogen; ich glaube, es war der Herr Regierungsbaudirektor Loibl - hat in seinem Antwortschreiben - Sie finden das übrigens alles im Bericht; derjenige, der den Bericht liest, kann das da alles bereits finden -, nachdem dieses sogenannte Empfehlungsschreiben den Dienstweg bis nach München heruntergegangen war, für die Oberfinanzdirektion München zurückgeschrieben: Dieser Herr Schloß ist uns seit 1950/51 - oder seit Jahren; so hat er sich, glaube ich, ausgedrückt - bestens bekannt; wir brauchen eure Empfehlungen nicht.
({0})
- Nachdem Herr Erler, das Empfehlungsschreiben erteilt worden war!
({1})
- Herr Kollege Erler, ich bin, wenn Sie es wünschen, gern bereit, mich über diesen Punkt näher zu
verbreiten. Wir müssen dann die Frage klären, ob es sich überhaupt um ein Empfehlungsschreiben handelt.
Herr Jahn hat, wenn ich ihn richtig verstanden habe, zu diesem Komplex lediglich den Vorwurf erhoben, der Herr Verteidigungsminister habe - so haben Sie sich, glaube ich, Herr Jahn, ausgedrückt; Sie können mich, wenn es falsch ist, gleich berichtigen - keine hinreichende Weisung erteilt, und infolgedessen habe dann der damalige Hauptmann Eberbach, der dieses erste Schreiben abgesetzt hat, etwas getan, was nach unserer allgemeinen Auffassung im Ausschuß etwas über die Sache hinausging.
Dem Herrn Minister ist also von Ihrer Seite, Herr Erler, nicht vorgeworfen worden, daß er eine Weisung in falscher Richtung gegeben habe, sondern, daß er keine Weisung erteilt habe. Es ist manchmal schwer, sich durchzufinden. Aber es ist Ihre Argumentation in dieser Sache.
({2})
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Bitte schön, Herr Jahn!
Sind Sie bereit, Herr Kollege Benda, wenn Sie sich schon mit der Eignung des Herrn Schloß beschäftigen, auch zu zitieren, daß diese freundlichen Beurteilungen, von denen Sie hier gesprochen haben, sich auf die Arbeit des Herrn Schloß als Bauführer und nicht als Architekt beziehen? Und sind Sie bereit, weiter zu zitieren, daß der Zeuge Sauer im Protokoll Nr. 5 auf Seite 65 bzw. 79 ausdrücklich gesagt hat, daß wegen der mangelnden Qualifikation des Herrn Schloß für ihn besonders ungefährliche Objekte ausgesucht worden seien?
({0})
Herr Kollege Jahn, ich habe bereits gesagt und wiederhole es: der frühere Oberfinanzpräsident Fürholzer - das habe ich Ihnen noch nicht gesagt; ich werde Ihnen auch die Seitenzahl sagen: Seite 17 des Protokolls Nr. 5 - hat erklärt, daß es durchaus zulässig sei, daß ein früherer Angestellter der Tarifgruppe V der TO. A Aufträge von der Art erhalte, die Schloß dort erhalten habe. Das gleiche hat auch der Herr Loibl gesagt, übrigens auf Ihre Frage.
({0})
Herr Kollege Jahn, Sie beziehen sich doch offenbar auf die Frage - - Herr Jahn, würden Sie, wenn Sie mich schon fragen, die Freundlichkeit haben, mir auch zuzuhören. Ich bin gern bereit, die Dinge sachlich mit Ihnen zu diskutieren, wenn Sie den Wunsch haben.
({1})
- Schön! Herr Kollege Jahn, beziehen Sie die Empfehlungen, um die es sich hier handelt, auf den Komplex Fibag oder den Komplex Oberfinanzdirektion München?
({2})
- Herr Jahn, machen Sie es uns doch nicht so schwer!
({3})
Also, wenn Sie schon mit mir diskutieren wollen, darf ich Sie noch einmal fragen: Würden Sie aus Ihrer Auffassung, daß sich diese Empfehlungen nur auf eine mindere Qualifikation bezögen, herleiten, daß Herr Schloß in der Fibag-Angelegenheit, also in dem Komplex Nr. 2 keine ausreichende Eignung hatte oder daß Herr Schloß die Aufträge in München, die er bekommen hat, nicht hätte bekommen können? Vielleicht sind Sie so freundlich, mir ein Ja oder Nein zuzurufen.
({4})
Zu diesem Punkt kann ich nur sagen, daß ich auf die Frage der persönlichen Qualifikation gesondert zurückkomme. In dem ersten Punkt ist Ihre Auffassung durch die Bekundungen der Zeugen, die ich zitiert habe, nach meiner Meinung eindeutig widerlegt; denn sie haben insgesamt das Gegenteil von dem gesagt, was Sie hier behaupten.
Ich komme damit zu dem Komplex Nr. 2, der sogenannten Fibag-Angelegenheit. Meine Damen und Herren, Herr Kollege Jahn ist über die Frage sehr leicht hinweggegangen, um was für eine Sache es sich hier gehandelt hat, ob es sich - und das ist eine Frage, die für die Beurteilung des Verhaltens des Herrn Bundesverteidigungsministers von wesentlicher, wenn nicht sogar von ausschlaggebender Bedeutung ist - um ein Geschäft handelte, das für Herrn Schloß - wie es außerhalb dieses I) Hauses dargestellt worden ist - ein müheloses Millionengeschäft gewesen wäre - so lauten ja wohl die Ausdrücke -, welches Herr Schloß unter Bevorzugung vor einer Reihe von anderen Konkurrenten hätte machen sollen. Die Wahrheit ist zunächst einmal die, daß Herr Schloß und die hinter ihm stehende Gruppe in dieser Angelegenheit überhaupt der einzige Konkurrent waren. Es gab mit Ausnahme des Herrn Schloß niemanden, der sich an dieses Projekt des Häuserbaus für amerikanische Besatzungsstreitkräfte herantrauen wollte. Es ist nicht so, daß niemand gefragt worden ist. Das Projekt lief seit dem Jahre 1955 und war also 1959/60 vier bis fünf Jahre alt. Es sind Wohnungsbaufirmen, Banken, darunter sehr renommierte Firmen, von den zuständigen Ministerien gefragt worden, und sie haben alle dankend abgelehnt. Niemand von ihnen fühlte sich bewegt, dieses angeblich so mühelose Millionengeschäft zu machen.
Herr Kollege Jahn hat die Vorschläge, die diese Fibag-Gruppe gemacht hat, als hochstaplerische Projekte und diesen Personenkreis als Hochstapler bezeichnet. Herr Jahn hat aber nicht gesagt -- - Ich will vorher noch etwas anderes sagen. Herr Jahn, Sie haben an einer Stelle behauptet, daß Herr Ministerialrat Mücke Bedenken gegen die Vorschläge des Herrn Schloß bei dieser Besprechung am 1. Juni 1960 im Bundesverteidigungsministerium geäußert habe. Diese Darstellung, meine .Damen und Herren, ist falsch. Die Ausführungen des Herrn Ministerialrats Mücke, die in dem Bericht, wenn ich mich nicht irre, wörtlich enthalten sind und die die Mitglieder des Ausschusses, wie ich annehme, im Gedächtnis haben, beziehen sich auf die Person des Herrn Schloß.
Das ist richtig: Herr Ministerialrat Mücke hat gegen die Person des Herrn Schloß gewisse Bedenken gehabt. Diese Bedenken hat er auf die Frage im Ausschuß, ob sie präzisiert werden können, auf das allgemeine Auftreten des Herrn Schloß und auf die Visitenkarte, die dieser Herr Schloß dort vorgelegt habe, gestützt. Zur Sache selber hat Herr Ministerialrat Mücke geäußert, daß die „größte Vorsicht", die er empfohlen habe, sich auf die Person, nicht aber auf die Sache bezogen und ,daß die sachliche Prüfung der Unterlagen keine Beanstandungen ergeben habe, vielmehr seien die Vorschläge, insbesondere die Vorfinanzierung mit Hilfe dieser sogenannten Mietgarantie, keine schlechte Idee gewesen. Das hat der Vorgesetzte des Herrn Ministerialrat Mücke, Herr Kaumann, hinsichtlich der Sache bestätigt.
Hinsichtlich der Person hat Herr Dr. Kaumann vor dem Ausschuß und auch in seinem Vermerk erklärt, daß er gegen die Person keine Bedenken habe. In diesem Punkte muß ich Ihnen, Herr Jahn, wiederum den Vorwurf machen, daß Sie in diesem Fall eine nicht nur unvollständige, sondern geradezu falsche Darstellung gegenüber diesem Hause gegeben haben, und zwar pikantermaßen bei dem Punkt, als Sie die Frage erörtert haben, ob der Herr Bundesverteidigungsminister diesem Hause auf Fragen eine korrekte Antwort erteilt habe. Sie haben in einer Polemik gegen die Antwort des Herrn Bundesverteidigungsministers behauptet, daß selbst Herr Kaumann - so etwa haben Sie sich ausgedrückt -, der ja sonst nicht sehr zurückhaltend in .der Förderung des Projekts gewesen sei, nur von einer möglichen Annehmbarkeit des Projekts gesprochen habe.
Ich bin gezwungen, den Vermerk des Herrn Dr. Kaumann hier zu verlesen, weil sich daraus ergibt, daß diese Behauptung falsch ist. Der Vermerk lautet folgendermaßen:
Die anliegenden Unterlagen des Herrn Schloß, die ihm als Grundlage für die Verhandlungen mit maßgeblichen Herren im Pentagon dienen sollen, wurden durchgesehen und mit Herrn Schloß heute durchgesprochen. Falls, wie Herr Schloß angibt, von einer amerikanischen Finanzierungsgesellschaft ca. 178 Mio DM ({5}) für das Wohnungsbauprogramm zur Verfügung gestellt werden, dürfte das auf ca. 280 Mio DM geschätzte Gesamtvorhaben zu realisieren sein.
Die Wohnungsgröße und die Wohnungsgrund risse würden bei einer evtl. Übernahme der Wohnungen für Bundeswehrangehörige annehmbar sein.
Herr Schloß bittet um ein Empfehlungsschreiben in der von ihm anliegend entworfenen Form. Ich habe dagegen keine Bedenken.
Ihre Behauptung, Herr Dr. Kaumann habe das Projekt als annehmbar oder eventuell annehmbar bezeichnet, wie Sie sich ausgedrückt haben, bezog
sich nicht auf die Befürwortung des Vorschlags durch Herrn Dr. Kaumann - wenn Sie schon darauf entscheidenden Wert legen -, sondern auf die Frage, ob die Wohnungsgröße und die Wohnungsgrundrisse für das Bundesverteidigungsministerium annehmbar seien. Insofern behaupte ich, daß Sie dem Hause hier eine falsche Darstellung gegeben haben. Ich kann nicht unterstellen, daß Ihnen der Inhalt des in dem Bericht auch enthaltenen Schreibens des Herrn Dr. Kaumann nicht bekannt ist.
Die Person des Herrn Schloß ist von den Beamten, die mit ihm zu tun hatten, überwiegend positiv beurteilt worden. Ich beschränke mich bei der Erörterung dieses Punktes lediglich auf die Beamten, weil ich der Auffassung bin, daß bei den anderen Zeugen hinsichtlich des Beweiswerts und der Glaubwürdigkeit ihrer Aussagen eine gewisse Vorsicht angebracht ist. Deshalb halte ich es für eine reichlich merkwürdige Angelegenheit, Herr Kollege Jahn, warum Sie sich vor diesem Hause ausgerechnet auf Ausführungen des Herrn Dr. Kapfinger beziehen, daß der Herr Bundesverteidigungminister hinsichtlich seiner Immunität in den nächsten Jahren ziemlich vorsichtig sein müsse. Ich weiß nicht, was solche Ausführungen hier sollen, ausgerechnet von Herrn Dr. Kapfinger und ausgerechnet von Ihrer Seite.
({6})
Hinsichtlich der Person des Herrn Schloß haben lediglich zwei Beamte Bedenken geäußert, nämlich der bereits erwähnte Herr Ministerialrat Dr. Mücke und außer ihm Herr Ministerialrat Gramse, dieser allerdings in einem Brief an einen amerikanischen Beamten am 19. Juni 1961, d. h. zu einem Zeitpunkt, in dem die erste Veröffentlichung draußen erfolgt war. Vorher hat niemand einen Vorbehalt oder eine Reserve gegen die Person des Herrn Schloß irgend jemand, schon gar nicht dem Herrn Bundesverteidigungsminister, mitgeteilt. Die anderen Zeugen, von denen ich Ihnen einen Teil bereits genannt habe, haben gesagt, daß Herr Schloß persönlich einen guten Eindruck mache und relativ zuverlässig sei. Darüber hinaus hat ein weiterer Zeuge, Herr Schneider, gesagt, daß Herr Schloß zwar etwas massiv aufgetreten sei, aber es vielleicht doch fertigbringen werde. Dies sei auch der Eindruck von Herrn Mücke gewesen. Herr Schloß sef selbstbewußt aufgetreten, es sei aber keine Schaumschlägerei gewesen.
Das alles sind Ausführungen, die mit dem, was Sie hier vorgetragen haben, wesentlich im Widerspruch stehen. Herr Schloß hat, Herr Kollege Jahn, in der Sache Vorschläge gemacht, die von allen beteiligten Ministerialbeamten als vernünftig, ja, als eine ganz neue Sachlage und eine neue Idee dargestellt wurden.
Ich muß doch noch mit ganz wenigen Worten auf die Behandlung dieses Projekts innerhalb der Behörden in den Jahren vor dem Auftauchen des Herrn Schloß eingehen. Das Projekt stammt - ich habe es bereits erwähnt - mindestens aus dem Jahre 1955. Es ist in den folgenden Jahren von den beteiligten
Ministerien in einer Art und Weise behandelt worden, von der man nicht sagen kann, daß sehr flotte Erfolge erzielt worden sind. Im Gegenteil, im Jahre 1959/60, als Herr Schloß auftauchte, stand für die beteiligten Behörden und Ministerien eigentlich fest, daß von ihrer Seite überhaupt nichts mehr unternommen werden konnte. Jedenfalls wurde nichts mehr unternommen.
Ich darf bei dieser Gelegenheit doch sagen, daß wir bei unseren Beratungen im Ausschuß nicht immer einen sehr günstigen Eindruck von der Sachbehandlung des Projekts auf seiten der beteiligten Ressorts hatten. Wir haben schon das Gefühl gehabt, daß man sich, wie sich aus einem Beispiel hier ergibt, z. B. sehr liebevoll mit der Frage der Stilverbesserung von Aktenvermerken beschäftigt hat, nicht aber mit der mindestens genauso wichtigen - wie wir meinen, sehr viel wichtigeren - Frage, wie denn das Projekt in der Sache einmal vorangebracht werden könnte. Das Ergebnis, als Herr Schloß auftauchte, war jedenfalls, daß die Beamten zu der Feststellung gekommen waren: Bundesmittel haben wir dafür nicht - eine richtige Feststellung -, ERP-Mittel haben wir dafür nicht - eine ebenfalls richtige Feststellung -, andere Möglichkeiten einer Förderung von behördlicher Seite mit öffentlichen Mitteln gibt es nicht. Das war die Situation.
Dann kam Herr Schloß. Das ganze Verdienst dieses Mannes, dessen Bedeutung, Herr Kollege Jahn, ich durchaus nicht überschätze - Sie würden mich da durchaus mißverstehen -, das ganze Neue, was Herr Schloß brachte, war die ganz simple Vorstellung, daß, wenn man es mit öffentlichen Mitteln nicht machen könne, man sich vielleicht überlegen könne, ob man nicht private Mittel auf dem Kapitalmarkt dafür auftreiben könne. Auf diese Eröffnung des Herrn Schloß wurde - darüber haben wir lange Vermerke in den Akten - von den beteiligten Ressorts gesagt: Jawohl, das ist eine ganz neue, eine dolle Idee, das ändert die ganze Sachlage.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Bitte sehr.
Herr Kollege Benda, haben Sie nach diesem Loblied auf Herrn Schloß eigentlich eine Erklärung dafür, daß seine großartigen, wohlüberlegten, ideenreichen Pläne nicht ausgeführt worden sind?
Herr Kollege Jahn, ich habe eben bereits gesagt - Sie haben es vielleicht überhört -: ich habe nicht im geringsten die Absicht, die Person des Herrn Schloß irgendwie zu überschätzen. Herr Jahn, Sie verdrehen doch die Frage, die dem Ausschuß vorgelegen hat. Die Frage ist doch: Wie konnte auf Grund der ihm vorliegenden Informationen und Beurteilungen durch die beteiligten Beamten der Herr Bundesverteidigungsminister - um dessen Verhalten allein geht es - der Auffassung sein, daß Herr Schloß, wie Sie behaupBenda
ten, ein Hochstapler mit einem hochstaplerischen Projekt war? Oder konnte er der Auffassung und Überzeugung sein, daß das ein Mann war, der als Person annehmbar, der in der Sache vernünftig war und neue Ideen brachte?
({0})
Es handelt sich doch nicht darum, daß ich das, Risiko der Sache auf die Beamten abwälzen will. Es ist doch erstaunlich - ohne daß ich mich damit erneut mit der Person des Herrn Schloß auseinandersetzen will -, daß die Beamten, die mit dem Herrn Schloß zu tun hatten, eigentlich übereinstimmend sagten: Der Mann macht nicht so ganz den Eindruck des Gewöhnlichen, so ein Mann kommt nicht alle Tage in unsere Behörde;
({1})
aber das Projekt, um das es sich handelt, ist ja auch nicht so ganz gewöhnlich, und die Mittel, die hier zu geben sind, wenn es überhaupt noch in der Sache vorangebracht werden soll, sind auch nicht so ganz gewöhnlich.
({2})
Herr Kollege Jahn hat hier weiterhin die Behauptung aufgestellt, die Beamten, die mit der Prüfung der Vorschläge beschäftigt gewesen seien, hätten keine ausreichende Zeit für ihre Prüfung gehabt. Diese Behauptungen sind durch diejenigen, die es eigentlich wissen müßten, nämlich durch diese Beamten selbst, in vollem Umfange widerlegt worden.
Alle diese Beamten, insbesondere auch Herr Dr. Mücke - ich erwähne wiederum Herrn Dr. Mücke, der die stärksten Bedenken gegen die Person des Herrn Schloß hatte und aus diesem Grunde natürlich zu einer besonders vorsichtigen und sorgfältigen Prüfung hätte Anlaß nehmen müssen -, haben auf dahingehende Fragen von Ihnen, Herr Jahn, und von Ihnen, Herr Dr. Heinemann, doch ausdrücklich gesagt: Wir waren der Auffassung, daß für eine ordnungsgemäße Prüfung unter den Voraussetzungen, die damals bestanden und die im Rahmen dessen lagen, was damals überhaupt erst geprüft werden sollte und konnte, genügend Zeit vorhanden war. Er hat uns auf entsprechende Fragen dargelegt, wie er die Vorschläge des Herrn Schloß mit den Empfehlungen, den Berechnungen bestimmter privater Wohnungsbauunternehmen verglichen hat, wobei er zu dem Ergebnis gekommen ist, daß das alles im wesentlichen mit den Zahlen übereinstimmt.
Meine Damen und Herren, ich sage wiederum: es geht mir überhaupt nicht um die Frage, ob das, was Herr Schloß vorgetragen hat, von der Person und der Sache her vertretbar war, ob es im Endergebnis zum Erfolg hätte kommen können, wenn nicht - ich komme auf diesen Punkt sofort noch gesondert; darüber besteht keine Meinungsverschiedenheit zwischen uns - eine Reihe von Personen in dieser Sache tätig gewesen wäre, von denen man wohl annehmen kann, daß das der Förderung einer solchen Sache nicht gerade dienlich war. Es geht wirklich nur um die Frage, ob der Herr Bundesverteidigungsminister an Hand der ihm vorgelegten Unterlagen und Beurteilung in der Lage war, sich ein abschließendes Urteil zu bilden und die Empfehlung, die er ausgesprochen hat, zu geben. Nach unserer Auffassung war der Herr Bundesverteidigungsminister vollauf berechtigt, wenn nicht sogar verpflichtet - damit diese festgefahrene Sache endlich einmal in Gang kam -, eine Empfehlung auszusprechen, die gar keinen weiteren sachlichen Inhalt hatte. Und hier haben Sie wiederum, Herr Kollege Jahn, falsch zitiert aus dem zweiten Teil des Briefes an den amerikanischen Verteidigungsminister Herrn Gates. Die Empfehlung hatte gar keinen anderen Sinn, als die zuständigen amerikanischen Stellen auf die Vorschläge des Herrn Schloß aufmerksam zu machen und ihnen nahezulegen, eine entsprechende sachliche Prüfung dieser Vorschläge vorzunehmen. Muß ich Ihnen hier wirklich aus der Drucksache IV/ 512 das Schreiben an Herrn Gates vorlesen? Ich glaube, daß Sie es vorliegen haben. Ich verstehe wirklich nicht, daß Sie in dieser Art und Weise, wie Sie es getan haben, zitieren können.
({3})
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Darf ich bei dieser Gelegenheit darauf aufmerksam machen, daß die Zwiegespräche immer noch unter Mitwirkung des Präsidenten erfolgen und nicht sozusagen selbsttätig.
Herr Präsident - -
Das geht Sie nicht an. Jahn ({0}) : Habe ich das Wort, Herr Präsident?
Jetzt haben Sie es.
Darf ich fragen, Herr Kollege Benda, ob Sie es als ein Zeichen besonders sorgfältiger Prüfung ansehen, daß Herr Schloß als Vertreter einer gar nicht existenten Aktiengesellschaft empfohlen wird.
Herr Kollege Jahn, ich wollte ohnehin auf diesen Punkt kommen. Wenn Sie den Bericht Nr. 1, wie ich ihn mal der Kürze halber nennen darf, sorgfältig gelesen haben - ich darf unterstellen, daß Sie das getan haben -, dann haben Sie darin eine Reihe von Feststellungen des Herrn Berichterstatters gefunden, in denen er Kritik übt. Ich darf auf das zurückkommen, was der Herr Kollege Dr. Heinemann hier vor einiger Zeit, als wir uns bei der Frage der Zurückverweisung dieses Berichts schon einmal über das gleiche Thema unterhielten, gesagt hat. Herr Heinemann, Sie irrten, als Sie damals sagten - ich benutze sehr gerne die Gelegenheit, das richtigzustellen -, daß die Mehrheit im Untersuchungsausschuß es dem Berichterstatter überlassen habe, in einer Reihe von Punkten Kritik anzubringen, um sich davon jederzeit distanzieren zu können. So ähnlich haben Sie sich
wohl ausgedrückt. Ich benutze die Gelegenheit, um für meine Freunde und für mich zu sagen, daß es eine Reihe von Punkten gibt - und das sind eben die Punkte, die der Herr Kollege Dr. Dahlgrün in dem damaligen ersten Bericht festgehalten hat -, in denen wir schon der Auffassung waren, daß hier und da 'wohl Gelegenheit zu einer sorgfältigeren Prüfung und Feststellung gewesen wäre. Und eben der Punkt, Herr Jahn - und das ist ja in dem Bericht Nr. 1 enthalten -, daß das nicht so hätte festgestellt werden dürfen, fällt unter diese Punkte, an denen Kritik geübt werden konnte. Ich sehe gar keinen Anlaß, Ihnen das hier nicht zu bestätigen.
({0})
Ich gebe Ihnen auch zu, Herr Kollege Jahn, daß es im Kreise der Fibag Leute gegeben hat, die, wie sich eine Zeitung ausgedrückt hat, man wohl nicht ins Haus bitten würde, auch wenn sie Weihnachtskarten verkauften; eine nicht unzutreffende Beurteilung einiger dieser Personen. Ich bin, wenn ich das mit einer Nebenbemerkung in Anspielung auf das, was Sie über Herrn Dr. Kapfinger gesagt haben, erklären darf, nicht der Auffassung, daß es unsere_ Aufgabe ist, sich mit der Bewertung von Privatpersonen näher zu beschäftigen, die übrigens auch keine Möglichkeit haben, in diesem Saale dazu Stellung zu nehmen. Aber, bitte, nicht zuletzt deswegen haben wir im Ausschuß besonderen Wert auf die Feststellung der Frage gelegt, ob der Herr Bundesverteidigungsminister eigentlich von den Hintergründen dieser Leute gewußt hat. Sie wissen ja, daß er den größeren Teil dieser Personen überhaupt nicht gekannt hat. Und was den Herrn Dr. Kapfinger angeht, so glauben wir - ich habe das eingangs bereits gesagt -, daß aller Anlaß zu der Feststellung des Ausschusses gewesen wäre und daß es eine einmütige Feststellung gewesen wäre, daß der Herr Bundesverteidigungsminister über die Beteiligung der Herrn Dr. Kapfinger an dieser Angelegenheit nicht unterrichtet war. Ich zitiere den Herrn Bundesverteidigungsminister aus seiner Vernehmung vor dem Ausschuß: Man kann es wohl als unfair und unangemessen betrachten, wenn jemand an einer solchen Geschichte beteiligt ist und dann davon demjenigen, den es angeht, keine Kenntnis gibt. Ich würde keinen Anstand nehmen, das sehr kräftig zu unterstreichen und noch etwas deutlicher .und drastischer auszudrücken.
Ich gebe zu, daß in diesem Punkt eine Erkundigung wohl besser gewesen wäre. Aber es handelt sich für mein Empfinden nicht so sehr um die Frage einer Schuld oder Nicht-Schuld, sondern, wenn man es juristisch ausdrücken wollte, wohl um die Frage einer quasi Gefährdungshaftung. Natürlich ist das das Problem. Aber ich warne Sie, Herr Jahn, vor der Argumentation, daß man uneingeschränkt für die Leute einstehen müsse, die sich so an einen herandrängeln. Meine Damen und Herren von der SPD, dieser Vorwurf fällt dann auf Sie zurück. In der Diskussion über die Angelegenheit Fibag haben sich Leute an Sie und an Ihre Argumetation herangedrängelt, die ich auch nicht gern in mein Haus einladen möchte.
({1}) Ich will gar nicht mal von Herrn Kuby reden, der natürlich bei einer solchen Untersuchung nicht fehlen darf.
({2})
Es gibt Leute, die den ebenso arroganten wie undemokratischen Anspruch erheben, sie müßten dem deutschen Volk die Demokratie mit dicken Prügeln einbleuen. Es gibt Leute, die von der Person des Bundesverteidigungsministers reden und in Wirklichkeit die Politik des Ministers und der Bundesregierung, in der er ist, meinen.
({3})
Es gibt draußen Leute, die mit Dreck werfen, nicht weil sie für Sauberkeit, sondern weil sie für Dreck sind.
({4})
Ich kann nicht sagen, daß ich Sie, meine Damen und Herren von der SPD, um diese Gesellschaft sehr beneide.
({5})
- Ein letztes Wort in diesem Zusammenhang; dann können Sie sich gleich auch darüber noch aufregen. Wenn Sie, Herr Kollege Jahn, schon vor diesem Hause hier ankündigen, daß Sie möglicherweise noch eine Reihe von Punkten zum Gegenstand von Untersuchungen machten möchten, dann möchte ich Sie bitten, sich auch mal zu der Frage zu äußern, was denn mit den Ausführungen des Herrn Bögler in der Sache Frenzel ist. Dann untersuchen Sie diesen Punkt, wenn Sie wirklich um die Sauberkeit so besorgt sind, dann greifen Sie auch diesen Punkt auf!
({6})
Zu einer Zwischenfrage Herr Abgeordneter Schwabe.
Glauben Sie die Klärung der Angelegenheit Strauß/ Fibag besser durchzusetzen, wenn Sie hier von Dreckwerfern und anderen reden und dabei ständig mit dem Finger in eine Richtung auf eine Reihe von Personen zeigen?
({0})
Herr Kollege Schwabe, ich gebe Ihnen sehr gern Gelegenheit, im Protokoll nachzulesen, was ich gesagt habe. Sie werden feststellen, daß ich mich entweder sehr falsch ausgedrückt habe - was ich mir wirklich nicht vorstellen kann; denn es kam mir sehr darauf an, in diesem Punkt das Notwendige zu sagen, aber einen falschen Eindruck zu vermeiden - oder daß Sie vielleicht doch nicht ganz richtig zugehört haben.
({0})
- Ich habe, Herr Kollege Schwabe, wie ich glaube, sehr deutlich gesagt, daß sich Leute an Ihre Argumentation herandrängeln und daß Sie sich damit in eine Gesellschaft begeben, um die ich Sie nicht beneide. Ich glaube, daß das klar ist.
({1})
Ich möchte mich mit dem, was Herr Kollege Jahn zu der Frage, ob die Kleine Anfrage richtig beantwortet worden ist, gesagt hat, jetzt nicht mehr beschäftigen. Sie haben etwas von Mut zur Spitzfindigkeit gesagt. Herr Kollege Jahn, ich gebe das Kompliment zurück. Ich verweise die Damen und Herren des Hauses, die sich für diese Frage interessieren, auf den sehr klaren und eingehenden Bericht des Herrn Berichterstatters gerade zu diesem Punkt. Es ist mir - wenn Sie den Ausdruck gestatten - wirklich etwas zu dumm, mich mit diesen Fragen jetzt noch im einzelnen auseinanderzusetzen. Ich verzichte auf eine Diskussion über diese Fragen.
Ich komme zu folgendem Ergebnis. Ich meine, daß das, was an dem Verhalten des Bundesverteidigungsministers zu kritisieren ist - Sie finden diese Punkte in dem Bericht des Herrn Kollegen Dr. Dahlgrün -, in dem Bereich des der Verwaltung zustehenden Ermessens bleibt. Man kann natürlich der Meinung sein, daß man in dem einen oder anderen Punkte besser das eine oder andere eben anders gemacht hätte. Ich glaube aber, daß das Fragen der Zweckmäßigkeit, nicht Fragen des Verschuldens
und schon gar nicht Fragen einer eventuellen Dienstpflichtverletzung sind.
Wir unterstreichen und unterstützen daher in vollem Umfange die Schlußfeststellung des ersten Berichts, die durch die weiteren Beratungen in gar keinem Punkte geändert, sondern im Gegenteil bestätigt worden sind, daß in dem Verhalten des Bundesverteidigungsministers weder eine Dienstpflichtverletzung gesehen werden kann noch daß Umstände vorliegen, die sein Verhalten als ehrenrührig erscheinen lassen.
Meine Damen und Herren, ich bedaure selber, mindestens genauso viel wie Sie, daß ich Ihre Zeit verhältnismäßig lange habe in Anspruch nehmen müssen. Ich bin gezwungen gewesen, mich mit einer Reihe von Punkten auseinanderzusetzen - ich habe mich auf Stichproben beschränkt, ich bin gern bereit, das weiter auszudehnen, wenn's denn wirklich sein muß -, von denen ich glaube, daß der Herr Kollege Jahn hier eine einseitige und falsche Darstellung gegeben hat. Ich hoffe, daß die Beratungen heute, so mühsam sie für dieses Haus sein mögen, zu einer Klärung der Atmosphäre führen und daß der Herr Bundesverteidigungsminister nunmehr seinen, wie ich glaube, wichtigen und notwendigen Aufgaben in der Zukunft überlassen werden kann. Wir haben keinen Anlaß, uns mit dieser Geschichte in diesem Hause weiter zu beschäftigen. Ihnen, meine Damen und Herren von der Opposition, darf ich nur sagen: Sie sollten von dem Bemühen, den Herrn Bundesverteidigungsminister Strauß hier kleinzukriegen, ablassen. Sie werden ihn nicht kleinkriegen.
({2})
Das Wort hat der Abgeordnete Professor Dr. Schmid.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Hollege Benda hat uns meisterlich dargetan, was ein Parlament von einem Kabarett unterscheiden sollte. Ich selber will mich damit begnügen, einige Proportionen wiederherzustellen, und versuchen, einige Kategorien und Kriterien zu entwickeln, die zu bedenken uns die leidige Sache, die uns heute beschäftigt, Anlaß geben sollte.
Doch zunächst will ich mich mit einigen Kritiken beschäftigen, die in der Öffentlichkeit zu dem Verfahren und der Tatsache, daß es eröffnet wurde, geäußert worden sind. Die einen sagen: „Die ganze Geschichte ist ausgegangen wie das Hornberger Schießen; sie war so unnötig wie ein Kropf." Andere sagen, die eine Seite habe unter allen Umständen, koste es, was es wolle, den Verteidigungsminister schwärzen wollen, während die andere Seite ebenso unbedenklich ihn unter allen Umständen als reinen, ein wenig zu gutherzigen Engel habe erscheinen lassen wollen; das sei ein schlechtes Schauspiel gewesen. Man sagt dann weiter, auch ohnedies habe der Ausschuß mehr Schaden als Nutzen gestiftet, denn schmutzige Wäsche wasche man nicht in der Öffentlichkeit. - Ich kann das nicht finden. Es ist nicht schädlich, sondern erscheint mir höchst nützlich für den Staat, wenn sich das Parlament bemüht, Licht in Sachverhalte zu bringen, deren publizitische Erörterung Unruhe ins Volk getragen hat.
({0})
Auch der bloße Anschein von unkorrektem Verhalten, von Unrechtshandlungen eines Ministers legt uns den Zwang auf, eine Klärung zu versuchen, die Klärung, von der Sie sprachen, Herr Kollege Benda. Klärungen können dem Minister nützlich sein, genauso wie sie ihm peinlich sein können. Beides liegt in der Klärung.
Aber ich glaube, daß diese Debatte und die Betrachtung des Verfahrens uns noch einen anderen Nutzen stiften könnten. Vielleicht veranlassen das Verfahren und das, was dabei an den Tag kam, den einen oder anderen, genauer hinzuschauen, wenn ihm ein guter Freund einen Mann empfiehlt, der mit unserer Empfehlung Geschäfte machen möchte. Da stehen wir alle miteinander - nicht nur die Minister, auch die Abgeordneten - in einer Gefahrenzone. Auf dem Unkrautacker der Politik gehören Bitten um Empfehlung an Behörden zu den Servituten, mit denen wir für die Ehre des Mandats zu bezahlen haben. Ich wiederhole: Abgeordnete so gut wie Minister.
({1})
Auch wir Abgeordneten werden angegangen. Jeden Tag bekommen wir Briefe, manchmal um ein gutes Werk zu fördern - das ist schön -, meistens jedoch werden wir gebeten, Empfehlungen an Behörden auszustellen, nicht um Bauaufträge zu bekommen - wir Abgeordneten werden für so etwas nicht angefragt -, sondern, das eine Mal, um ein Verfahren zu beschleunigen, das andere Mal, weil je1892
Dr. Schmid ({2})
mand glaubt, wir hätten ein wärmeres Herz als die Bürokratie; und manche glauben sogar, wir könnten zaubern und rechtskräftige Urteile verschwinden lassen . . .
Niemand kann den Abgeordneten und niemand kann den Minister tadeln, der sich auf solche Dinge einläßt. Demokratie besteht auch darin, daß man an den Sorgen der Bürger, an ihrem persönlichen Schicksal Anteil nimmt, wenn nichts anderes mehr helfen will. Aber solche Hilfe gebührt nur Menschen in Not, nicht Leuten, die Geschäfte machen wollen!
({3})
Es ist vorgebracht worden, daß sich der Verteidigungsminister pflichtwidrig verhalten habe. Gibt es Normen für das Verhalten eines Ministers - ich meine sichere Normen, unbezweifelbare Normen -, und welches sind sie? Bei Beamten weiß man ziemlich genau, was das Amt von ihm fordert. Man braucht nur die Rechtsprechung der Disziplinargerichte durchzusehen, um ziemlich genau zu wissen - es ist ein großer Katalog -, was ein Beamter darf und was er nicht darf.
Aber sind die Grundsätze des Disziplinarrechtes auf einen Minister anzuwenden? Die Frage ist nicht so ganz einfach zu beantworten. Das Grundgesetz stellt keine Normen auf, auch das Bundesministergesetz vom Jahre 1953 gibt keine Vorschriften außer einigen formalen Bestimmungen, die nicht hierher gehören. Sicher sind Minister nicht Beamte im staatsrechtlichen Sinne. Aber sie stehen im Dienst ) des Staates und haben einen Eid geschworen. Dieser Eid gibt ihnen eine besondere Treuepflicht auf: die besondere Beachtung der Gesetze und der Verfassung, Unparteilichkeit, gerechte Amtsführung, Arbeit für das Wohl der Gesamtheit; und nun ergänze ich - es steht nicht im Eid -: nicht das Wohl einer Partei, im Gegensatz zu dem der Gesamtheit. Die Verwaltung eines Ressorts durch den Minister muß frei sein von parteilichen Einflüssen.
Aber er ist ja nicht nur Staatsdiener, er ist auch Parteimann, und beides legitmerweise. Diese beiden Formen seiner Existenz stellen ihn in verschiedene Ordnungen, und die Möglichkeit, daß sich dabei Konflikte von Normen ergeben, ist durchaus gegeben. Wie ist die Treuepflicht im Einzelfall zu aktualisieren und zu konkretisieren? Ich glaube, daß es hierbei nichts anderes gibt, als das Pflichtgefühl und das Ehrgefühl sprechen zu lassen. Hier ist der Mann, den es angeht, ganz zurückgeworfen auf sich selbst. Dieses Zurückgeworfensein auf sich selbst macht die Stellung des Ministers nicht leichter. Sie kennen Vielleicht das Wort Bismarcks, der einmal gesagt hat, wie schwierig gerade ein hohes Ehrgefühl die Stellung eines Ministers mache. Ich glaube, daß der Minister auf der einen Seite in seiner Handlungsfreiheit stärker eingeschränkt ist als der Beamte, wegen der 'besonderen Würde seines Amtes und wegen der besonderen Reichweite seines Armes. *Je länger der Arm ist, desto seltener sollte man ihn ausstrecken. Auf der anderen Seite aber ist der Minister im Gegensatz zum Beamten verpflichtet und berechtigt, politisch zu handeln, und das heißt: außerhalb jedes Schematismus. Auch als Behördenchef steht er nicht außerhalb der Politik, und Politik heißt Entscheidungen treffen müssen, ohne dafür Anweisungen zu haben; Wahlfreiheit gegenüber Mitteln und Personen, Spontaneität des Handelns sind hier geboten. ,Aber all das darf nie ausgeübt werden mit privaten Intentionen, sondern um des
Staates willen.
Zum Politischen gehört auch das Streben, an den Kommandohebeln zu bleiben, nicht aus schäbiger Machtgier, sondern weil man davon überzeugt ist, der rechte Mann zu sein. Das ist ein durchaus legitimes Bestreben. Darum kann es einem Minister nicht verwehrt werden, sich durch sein Verhalten Stützen für seine politischen Chancen zu verschaffen, es sei denn, sein Verhalten verstoße gegen die Amtspflichten selbst oder gegen die Moral, die sich auch im Politischen von selbst verstehen sollte. Er darf sich diese Stützen aber nicht am Staatsinteresse vorbei durch Gefälligkeiten verschaffen wollen! Unter keinen Umständen darf ihm etwas erlaubt sein, das sein Amt in der öffentlichen Meinung herabwürdigen oder das die Werte, die unsere Demokratie als ihr Fundament ausgibt, unglaubwürdig machen könnte. Zumindest muß der Minister im personellen Bereich, der sein Amt umgibt, mit der Sorgfalt handeln, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.
Als ich die Ausschußberichte gelesen hatte, habe ich mich gefragt, ob wohl der Herr Minister Strauß in eigenen Bauangelegenheiten einen Herrn Schloß akzeptiert haben würde, selbst wenn ihn Johann Evangelist Kapfinger empfohlen haben sollte.
({4}) Ich glaube es nicht.
Was einen Minister ausmacht und was ihn bestimmen sollte, hat ein großer Mann, Max Weber, 1917 in einer berühmten Schrift entwickelt: die sachorientierte Leidenschaft, Verantwortlichkeit gegenüber eben dieser Sache, Augenmaß und Distanz zu den Dingen und Menschen. Dies im einzelnen zu realisieren wird nicht immer ganz leicht sein. Man wird da sicher sehr häufig vor Entscheidungen stehen, bei denen man sich irren kann; aber die Grenze ist doch einigermaßen deutlich bestimmt. Ein Minister handelt nicht fehlsam, wenn er sich die Unterstützung eines mächtigen Verlegers - auch zu parteipolitischen Zwecken - zu sichern sucht. Er verstößt aber gegen ungeschriebene Gebote, die auch für den Umgang mit der Macht und den Erwerb der Macht gelten, wenn er als Gegengabe Empfehlungen ausstellt, die dem heute zu protegierenden Protektor von gestern oder morgen mittelbar oder unmittelbar bares Geld einbringen sollen, selbst dann, wenn er überzeugt sein dürfte, daß die angebotene Leistung sachgerecht ist. Politischer Einfluß darf keinem, auch dem verdienten Freund nicht, Nutzen bringen oder ihn gar reicher machen!
Der Minister hat viele Pflichten sich selbst, seinem Amt, uns allen gegenüber. Er hat dem Parlament gegenüber besondere Pflichten. Das Parlament ist es, was ihn legitimiert; das ist doch wohl der eigentliche Sinn des Wortes von. der Kontrollfunktion des Parlaments. Achtung vor dem Parlament
Dr. Schmid ({5})
ist mehr als bloße Courtoisie. Wenn man in irgendeinem Ausschuß oder hier im Plenum sich auf den Text des Urteils eines Gerichtes beruft, dann muß man den Text ganz zitieren und nicht, wie es geschah, nur bruchstückweise, wenn dadurch Mißverständnisse hervorgerufen werden könnten. So sollte man sich nicht verhalten. Das steht einem Minister nicht wohl an.
Man hat in der letzten Zeit auch die Frage erörtert, ob unser System von Untersuchungsausschüssen ausreiche, ob es geeignet sei, das Informationsbedürfnis von Parlament und Öffentlichkeit in guter Weise zu befriedigen. Unser Modell verdanken wir eben diesem Max Weber, von dem ich vorher sprach. Er hat die drei Begriffe geprägt, um den Untersuchungsausschuß, wie er ihn sah, zu charakterisieren: Verwaltungskontrolle, Öffentlichkeit der Verhandlungen und das Minoritätenprivileg. Dieses gibt einer Minderheit die Möglichkeit, der Mehrheit einen Untersuchungsausschuß aufzuzwingen. Das schließt naturgemäß und folgerichtig ein Recht der Mehrheit aus, den Ausschuß in seiner Tätigkeit nach ihren Vorstellungen im eigenen Interesse zu manipulieren. Das gibt dem deutschen System - das anders ist als das englische, wo es dieses Minderheitenrecht nicht gibt - eine besondere Bedeutung. So wenig die Mehrheit sich der Einsetzung eines Ausschusses widersetzen kann, so wenig hat sie das Recht, kraft ihrer bloßen Mehrheit den Gang des Untersuchungsverfahrens um des eigenen politischen Interesses willen zu beeinflussen, von Zwecken her zu beeinflussen die außerhalb des eigentlichen Verfahrenszweckes liegen. Ich denke an Verzögerlichkeit, Ablehnung lästiger Beweisanträge und andere Dinge.
Die Aufgabe des Ausschusses ist schlicht, einen zwielichtigen Sachverhalt, der politisch relevant ist, zu klären - niemand zuliebe und niemand zuleide -, damit man wisse, was die Wahrheit ist, was an einer Sache dran ist. Natürlich wird das Interesse an einer solchen Klärung nicht auf allen Seiten gleich groß sein. Ich sage das ohne jeden Vorwurf; dieser Sachverhalt ist eine Selbstverständlichkeit. Bei der Opposition wird das Interesse größer, stärker sein als bei den Regierungsparteien; das liegt in der Sache selbst. Jede Wahrheit kann sich für jemanden und gegen jemanden auswirken. Die Wahrheit aber selber steht über jedem Interesse. Die Pflicht zur Klärung besteht schlechthin, auch wenn durch diese die eine Seite des Hauses günstig und die andere ungünstig betroffen werden sollte.
Keine Gruppe darf das Untersuchungsverfahren aber nur deswegen wollen - und ich bitte Sie, mir zu glauben, daß ich es nach allen Seiten hin genauso meine, wie ich es sage -, weil sie sich damit besondere Chancen verschaffen will oder weil sie der anderen Seite schaden will. Die bessere Chance für den einen oder die schlechtere für den anderen mag ein Nebenprodukt sein; das darf aber nicht der eigentliche Gegenstand des Wollens sein.
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Ebensowenig darf die Mehrheit des Ausschusses
seine Arbeit manipulieren zu dem einzigen Zweck,
damit Chancen, die sich für die andere Seite aus dem Verfahren ergeben könnten, zu zerstören. Es ist nicht korrekt, den Ausschuß nur deswegen zu vertagen oder nicht einzuberufen, weil man einer anderen Partei nicht Munition für den Wahlkampf liefern will; dieses Wort ist hier leider gefallen. Es ist sicher nicht Aufgabe derer, die über den Gang des Verfahrens bestimmen, irgend jemandem Munition zu liefern. Es ist aber auch nicht ihre Aufgabe, einem anderen Chancen vorzuenthalten, die in der Fortführung des Verfahrens für ihn liegen könnten. Es gilt die einfache Pflicht, auf möglichst gründliche und möglichst rasche Aufklärung hinzuwirken.
Was ich hier sage - ich wiederhole es - gilt sowohl für die Minderheit als auch für die Mehrheit, es gilt für uns alle. Der Untersuchungsausschuß ist kein Gericht, wenn auch gewisse Dinge in seinem Verfahren ähnlich den Verfahrensgrundsätzen der Gerichte sind. In einem Gericht sitzen per definitionem uninteressierte Personen, Personen die kein eigenes Interesse am Ausgang des Verfahrens haben. Das ist bei einem Untersuchungsausschuß anders. Da sind alle seine Mitglieder in irgendeiner Weise „interessiert"; ich meine das nicht im egoistisch-persönlichen Sinne - natürlich -, ich meine „politisch interessiert". Der Ausschuß ist das Mittel, nach besten Kräften dem Parlament und der öffentlichen Meinung das Wissen zu 'verschaffen, das beide brauchen, um die Amtsführung eines Ministers und damit seine Eignung für sein Amt zu beurteilen.
Da erhebt sich eine ganz ernste Frage: überfordern wir mit diesem Anspruch nicht die Mitglieder der Untersuchungsausschüsse? Ich habe mir diese Frage oft vorgelegt und mit Schmerzen überdacht. Der Ausschuß ist ein Spiegelbild des Parlaments. Die Parlamentsmehrheit ist auch die Ausschußmehrheit. Die Untersuchung wird geführt, um das Verhalten, sagen wir, eines Ministers zu klären. Dieser gehört der Mehrheit an. Oft ist das politische Schicksal dieser Mehrheit abhängig vom politischen Schicksal dieses Ministers. Von dem Votum über das Verhalten dieses Mannes können die Regierungschancen der Mehrheitsgruppe abhängen, vielleicht noch mehr. Ist es da nicht zu viel, von den Ausschußmitgliedern der Mehrheitsgruppe zu verlangen, daß sie unter Umständen ihre Partei politisch umbringen, indem sie sagen: „Dieser unser Minister, - unser Stolz! - hat sich pflichtwidrig verhalten", - insbesondere wenn man nicht recht weiß, durch wen man ihn ersetzen soll; und es ist ja manchmal gar nicht leicht, einen Minister zu ersetzen.
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-- Eben darauf wollte ich jetzt zu sprechen kommen! Genau dasselbe gilt umgekehrt für die Minderheit. Auch ihr gegenüber ist es eine Überforderung, zu verlangen, daß sie - wie gesagt wurde quasi die Rolle des Verteidigers übernehmen solle; ich bin der Meinung, daß man auch als Mann der Opposition das tun sollte. Aber spricht in diesen Dingen unser Gewissen immer ganz klar und deutlich? Ist
Dr. Schmid ({8})
es immer ganz unbeeinflußt von den Umständen? Wir sollten bei diesen Dingen gelegentlich an die Fragwürdigkeit jedes Wollens in der politischen Existenz denken.
Trotz all dieser Erwägungen meine ich, daß wir die Untersuchungsausschüsse beibehalten müssen. Das eigentlich Wichtige ist dabei gar nicht ihr Votum. Wichtiger ist, daß überhaupt ein Klärungsversuch in der Offentlichkeit gemacht worden ist, daß frei und kontradiktorisch erörtert wurde, was vorliegt. Das scheint mir der eigentliche Wert und die eigentliche Bedeutung eines Untersuchungsausschusses zu sein. Diese Erörterung ist für den Minister ebenso wohltätig - das Gerede hört auf - wie für den Staat nützlich: die Luft wird sauber, und die Verantwortlichen sehen klarer.
Lassen Sie mich mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten einen Passus aus einer Rede zitieren, die der SPD-Abgeordnete Kuttner im Preußischen Landtag am 9. Mai 1930 gehalten hat. Ich zitiere:
Die Untersuchungsausschüsse verfolgen und erfüllen einen Zweck weit über ihren unmittelbaren Ursprung hinaus. Sie dienen zur ständigen Selbstreinigung und Sauberhaltung des Systems. Es ist eine Unwahrheit, wenn behauptet wird, daß im demokratischen System mehr Korruption herrsche als in irgendeinem anderen System. Richtig ist nur das eine: Es gibt kein System auf der Welt, in dem so offenherzig, so frei über Mißstände geredet werden darf und in dem Mißstände so gründlich untersucht werden, um dann abgestellt zu werden.
Dem ist, glaube ich, nichts hinzuzufügen.
Natürlich wird je nach dem Ausgang eines solchen Verfahrens die eine oder die andere Gruppe Vorteil oder Nachteil haben. Da sich der Untersuchungsausschuß im allgemeinen mit dem Verhalten der Regierung oder eines Regierungsmitglieds beschäftigen wird, wird meist das Interesse der Mehrheit im Spiele sein. Das ist das Risiko des Regierens. Die Regierung ist nicht identisch mit dem Staat. Manchmal kann das Wohl des Staates verlangen, daß Dinge geschehen, die den Personen in der Regierung nicht frommen. Der Staat stellt gelegentlich harte Anforderungen an die, die ihm dienen. Gerüchte, in die nicht hineingeleuchtet werden kann, fixieren sich zu Abszessen, und Abszesse vergiften das Blut. Darum sollte jede Gruppe, die glaubt, das Wohl des Staates verlange eine Klärung zwielichtiger Sachverhalte, die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses wollen und seine Arbeiten fördern.
Man hat heute auch von mißbräuchlicher Handhabung dieses Rechts durch die Opposition gesprochen. Ich möchte Ihnen mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten einen Satz aus einer Arbeit Winfried Steffanis zitieren, der ein Kenner der Geschichte der Untersuchungsausschüsse ist - erschienen in der Zeitschrift „Der Monat" vom Mai 1962 -:
Es ist sicherlich wesentlich der politischen Einsicht der Opposition zu verdanken, die ihre geschichtlichen Erfahrungen offenkundig gut verwertet hat, wenn in unserem Land bis heute
parlamentarische Untersuchungen im allgemeinen weit mehr ihren politischen Wert als die Gefahren mißbräuchlicher Verwendung offenbart haben.
So notwendig parlamentarische Untersuchungsausschüsse sind, so notwendig scheint es mir zu sein, unser heutiges System neu zu überdenken; ich glaube, daß es reformbedürftig ist. Jeder wird sich seine eigenen Gedanken über die beste Lösung machen. Wir werden darüber reden müssen. Wir können es nicht heute. Aber wir sollten bald darangehen und miteinander in aller Sachlichkeit und Gelassenheit darüber sprechen, wie man es am besten machen könnte. An unserer Mitwirkung soll es nicht fehlen.
Noch ein letztes. In einigen Blättern war zu lesen, die SPD sei vom Osten her gesteuert worden, als sie die Einsetzung des Untersuchungsausschusses „Fibag" beantragte. Meine Damen und Herren, auf solche Pamphlete gibt es nur eine Antwort: Niedriger hängen!
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Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Güde.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie wissen, ich bin, wie man in diesem Hause sagt, ein junger Abgeordneter. Ich muß es mir manchmal erst selbst bewußt machen und bitte infolgedessen um _Nachsicht, wenn ein so junger Abgeordneter in die Jahre vor dieser seiner Parlamentstätigkeit zurückdenkt und vielleicht zurückfällt.
Ich werde so oft gefragt, wie es mir in einem so anderen Milieu gefällt. Nun, heute würde ich sagen: Genau wie eh und je. Ich habe einen Ankläger gehört, ich habe einen Verteidiger gehört. Ich habe von einem sehr klugen Gutachter, einem sehr klugen Professor, erhabene Weisheiten und goldene Worte gehört,
({0})
so erhaben und so weise, daß ich manchmal gezweifelt habe, ob sie ganz mit der Wirklichkeit übereinstimmen.
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Aber lassen Sie mich nun doch ein paar Dinge aus der bisherigen Debatte zusammenfassen. Ich will mich auf einige wesentliche Gesichtspunkte beschränken, und ich meine, das Wesentlichste, was man voraus sagen muß, ist doch: War hier ein Panama-Skandal? Ist das das Ergebnis eines Panama-Skandals, was hier übriggeblieben ist? War das überhaupt das Ergebnis eines Skandals? Beurteilen Sie es selbst!
Herr Kollege Benda hat das, was er an den Ausführungen des Herrn Jahn zu beanstanden hatte, sehr deutlich gesagt. Ich gebe Herrn Jahn alle Ungenauigkeiten mit in Kauf und sage: Was blieb denn von der Anklage übrig?
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Soll ich verteidigen, nachdem die Anklage sozusagen zurückgenommen ist?
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Denn, meine Damen und Herren, das Ganze steht noch in einer ungeheuren Wolke von Verdächtigungen, nicht in diesem Raum, aber in dem gesamten Raum, in dem auch dieser Untersuchungsausschuß und noch diese Debatte stehen, und die Leute im Volk wollen doch einmal wissen, was von all dem wahr ist.
({4})
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Und da kann man doch nur ganz ehrlich sagen: nichts, meine Damen und Herren!
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Der Herr Kollege Professor Dr. Schmid hat unter anderen goldenen Worten auch über die Ministerverantwortlichkeit gesprochen. Nun, da liegt in der Tat schon in der Anlage des Themas dieses Untersuchungsausschusses und auch in dem Änderungsantrag der SPD ein Ausweichen auf eine Pseudoanklage, die man ganz klar kennzeichnen muß.
Im Verfassungsrecht der Weimarer Republik konnte gegen einen einzelnen Minister ein Mißtrauensvotum beantragt werden, und der Reichstag konnte gegen ihn die Anklage vor dem Staatsgerichtshof beschließen. Das eine ganz klar die politische Verantwortlichkeit des Ministers, das andere: die rechtliche Verantwortlichkeit. Übrigens mußten bei der Anklage vor dem Staatsgerichtshof in einer Anklageschrift, die im Auftrag des Parlaments anzufertigen war, die Tatsachen genau bezeichnet werden, in denen die Rechtsverletzung gesehen wurde. In der Erinnerung an ein solch vages Thema, wie es hier nun zur Sprache gestellt ist, muß man sagen: Welcher Vorzug, wenigstens ganz genau zu wissen, wessen man angeklagt ist!
Die Möglichkeit des Mißtrauensvotums gegen den einzelnen Minister ist in das Grundgesetz - niemand, glaube ich, weiß über die Gründe besser Bescheid als der Herr Kollege Dr. Schmid - bewußt nicht wieder aufgenommen worden und die Anklage vor dem Staatsgerichtshof ebensowenig.
Was ergibt sich daraus? Zum mindesten, daß nicht aus diesen beiden hohen Rangebenen in ein Pseudodisziplinarverfahren gegen einen Minister ausgewichen werden kann.
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Das scheint mir eine Unmöglichkeit zu sein. Wenn die Opposition oder das ganze Haus Vorwürfe gegen einen Minister zu erheben hat, meine Damen und Herren, dann kann es sich niederschlagen in einem Mißtrauensantrag gegen das Gesamtkabinett.
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- Es kann sich niederschlagen, Herr Kollege Schmid.
Herr Abgeordneter Güde, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Schmid?
Haben Sie das Grundgesetz soweit vergessen? Es kennt in der Tat keine Möglichkeit, einen Mißtrauensantrag einzubringen; man kann nur einen neuen Kanzler wählen.
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Nun ja, Herr Kollege Dr. Schmid, danke schön. Aber im Kolleg sind wir doch nicht. Ich weiß ebenso, wie die übrigen Kollegen, daß ein konstruktives Mißtrauensvotum nötig ist, und in dem kann sich auch das Mißtrauen gegen einen einzelnen Minister niederschlagen.
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Wenn die Mißbilligung des einzelnen Ministers so tief greift, daß das Kabinett durch ihn belastet wäre, dann muß es sich so niederschlagen. Aber was Sie jetzt mit ihrem Antrag versuchen: eine Pflichtverletzung festzustellen, mißdeutet und mindert den Rang dessen, was überhaupt gegen einen Minister mit Fug und Recht hier vorgetragen werden kann.
Der Bundestag ist nicht der Disziplinarvorgesetzte des Ministers. Wenn Vorwürfe gegen den Minister erhoben werden, mögen sie sich - darüber hat dieses Haus in früheren Jahren debattiert - in einer Mißbilligung seiner Handlungen niederschlagen. Sie mögen sich in einem Mißbilligungsvotum niederschlagen.
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Aber sie können nicht in der Form eines abstrakten Disziplinardelikts zur Feststellung kommen.
Herr Abgeordneter Jahn zu einer Zwischenfrage.
Wollen Sie damit die früher von Ihrer Fraktion vertretene Auffassung ausdrücklich aufgeben, daß ein Mißtrauensvotum gegen einen einzelnen Minister nicht zulässig sei?
({0})
Herr Kollege Jahn, ich glaube, Sie haben mich nicht ganz genau gehört oder nicht ganz verstanden.
({0})
Es ist in diesem Hause - ich habe das nachgelesen - ausdiskutiert, daß die Mißbilligung einer bestimmten Handlung oder Unterlassung eines Ministers möglich ist. Es ist nicht ausdiskutiert die Frage, ob ein Mißbilligungsvotum, ein Tadelsvotum gegen einen einzelnen Minister möglich ist. Ich vertrete gar keine Ansicht, die meine Fraktion nicht auch schon vertreten hätte, sondern die Frage ist nicht ausdiskutiert.
Aber halten wir uns bei den Dingen nicht auf. Ich wollte diesem Hohen Hause nur sagen: der Ausweg in ein Pseudo-Disziplinarverfahren ist ein Abweg für das Parlament.
({1})
Herr Abgeordneter Dr. Güde, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Metzger?
Herr Kollege Güde, können Sie mir dann sagen, warum Ihre Fraktion der Einsetzung des Untersuchungsausschusses zugestimmt hat?
({0})
Herr Kollege Metzger, darauf gebe ich Ihnen gern eine Antwort, weil ich ohnedies dazu etwas sagen wollte. Herr Kollege Jahn hat vorhin so freundlich auf die Gemeinsamkeit dieses Untersuchungsantrages und Untersuchungsausschusses hingewiesen. Aber steuern wir doch etwas zur Wahrheit bei! Der Antrag ist von Ihnen. Es war ein Minderheitsantrag, der ohnedies zur Einsetzung des Untersuchungsausschusses führen mußte. Im übrigen hat sich das Haus - was es kann; lesen Sie in der Literatur nach - diesem Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses angeschlossen. Behalten Sie bitte das Autorenrecht an diesem Antrag selbst.
({0})
Aber, meine Damen und Herren, ich verschanze mich nicht hinter diesem formalen Einwand, den ich allerdings verfassungsrechtlich ernst nehme. Ich verschanze mich nicht dahinter, sondern ich will durchaus zur Sache Stellung nehmen.
Ich habe mir vorhin zu dem Thema Zwiespalt zwischen der Schutzfunktion und dem Auftrag der Mitglieder des Ausschusses etwas notiert. Meine Damen und Herren, ich habe mich freiwillig erboten, hier diese Sache zu vertreten, und ich fühle mich gar nicht in einer Differenz zwischen Schutzfunktion und Auftrag.
Im übrigen habe ich diesen inneren Zwiespalt aus der Sache heraus durch dreieinhalb Jahrzehnte getragen; denn auch im Gerichtssaal bin ich gewöhnt, ängstlich besorgt zu sein um den Angeklagten wie um die Anklage, aber im Grunde besorgt um die Wahrheit,
({1})
um die Wahrheit und nichts anderes, und wenn ich gegen meine Überzeugung hier sprechen müßte, hätte ich mich nicht auf dieses Podium begeben.
Es ist meine Überzeugung, daß dem Herrn Bundesverteidigungsminister ein wirklich gewichtigter Vorwurf in dieser Sache nicht gemacht werden kann.
({2})
Kein Vorwurf. Ich sage es noch einmal und auseinandergliedernd: kein Vorwurf, daß er sich durch seine Handlungen das Vertrauen dieses Hauses verscherzt habe, und erst recht kein Vorwurf, daß er Recht oder Verfassung verletzt habe. Beides offensichtlich nicht. Über Ziffer I Buchstabe a) ler Schlußfeststellung des Berichts brauche ich nicht mehr zu streiten; diesen Teil haben Sie selbst aufgegeben. Ich sage ganz unbefangen: so wie die Sache bürokratisch behandelt worden ist, würde ich sie anstelle des Ministers aber ganz genau ebenso behandelt haben.
({3})
- Meine Herren, ich habe heute schon in der Debatte mit Schrecken gesehen, ein wie strenges Urteil Sie über die arme Bürokratie haben. Vielleicht war ich kein vorbildlicher Bürokrat; aber so streng, wie Sie mit einem Minister umgehen, bin ich nicht mit Untergebenen umgegangen.
({4})
-- Doch, Sie behandeln den Minister in einer solchen Frage, als ob er der Untergebene des Bundestages sei, so daß Sie ihn rügen könnten, wenn Sie auch nur der Meinung seien, man hätte das anders machen können. Sie müssen einem Minister soviel Spielraum in der Wahrung seiner Amtspflicht lassen, daß er nicht auf Schritt und Tritt von Ihrem Eintrag ins Klassenbuch bedroht ist.
({5})
Meine Damen und Herren, machen Sie sich doch einmal unbefangen den Fibag-Komplex klar. Fs ist kein Pfennig Bundesgeld vertan worden,
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es ist auch nie ein Pfennig Bundesgeld in Gefahr geraten. Nie!
({7})
- Natürlich kommt es darauf an.
({8})
- Aber warten Sie doch, meine Damen und Herren.
({9})
Meine Damen und Herren, ich bitte um Ruhe für den Redner.
Sie müssen einmal die Größenmaße sehen, um das Phantom Skandal richtig zu sehen, meine Damen und Herren. Kein Pfennig verloren, kein Pfennig gefährdet, und nun sagen Sie: Aber Empfehlungen, Empfehlungen ..." Ich hörte goldene Worte von Ihnen, Herr Professor Schmid, über Empfehlungen. Es hat mir fast ein wenig eine Gänsehaut verursacht; denn selbst mir armem jungen Abgeordneten ist es in diesem Hause schon passiert, daß Leute - nicht arme Menschen, sondern Leute, die Geschäfte machen wollten - Empfehlungen vor mir gewollt haben.
({0})
- Sie können sich trösten, Herr Professor, ich habe mich richtig verhalten.
({1})
- Ich habe die Leute abgewiesen.
({2})
- Sie meinen also, meine Damen und Herren, so hätte sich der Bundesverteidigungsminister verhalten sollen.
({3})
Meine Damen und Herren, nun will ich wieder Ihr Mißfallen erregen. Ich habe wie jeder denkende Mensch in diesem Land und in diesem Hause die Angelegenheit Fibag sorgfältig verfolgt, vielleicht sorgfältiger, als die meisten von Ihnen. Ich bin ja nicht Mitglied des Ausschusses gewesen, ich habe mich über die Protokolle gesetzt, habe sie von Anfang bis Ende gelesen.
({4})
Nun will ich Sie noch einmal ärgern und will Ihnen sagen
({5})
- ein freundlicher Rat, für den ich mich sehr bedanke ({6})
Ich sehe keinen Vorwurf in dieser Empfehlung. Sie haben gemerkt, ich war geneigt zu sagen: Ich glaube, ich hätte ebenso gehandelt.
({7})
- Jawohl. Wenn ich es recht überlege - bitte, machen Sie sich die Situation klar -: Es hat sich nicht darum gehandelt, den Gold- und Windmachern zu verschaffen, was sie sich geträumt haben. Die Ausgangssituation war vielmehr die Unlösbarkeit eines Projekts, weil es überhaupt nicht zu finanzieren war.
({8})
- Wie bitte, ich habe es nicht verstanden.
({9})
Es tut mir leid, wenn Sie Ihre Weisheit nicht an mich bringen können, dann kann ich nicht darauf erwidern.
Es war kein Geschäft am Horizont, sondern es war eine Aufgabe, die mit dieser Empfehlung möglicherweise von dem Bundesverteidigungsministerium, auf jeden Fall von dem Bunde abgenommen wurde und bei dem das Risiko durchaus dem Empfohlenen blieb. Es war keine Empfehlung, die irgend jemand gefährdete, übrigens auch nicht die Amerikaner. Wenn Sie das Bestätigungsschreiben, den Bestätigungsbrief von Gates lesen, dann sehen Sie ganz genau, daß dieses Empfehlungsschreiben so schwerwiegend genommen worden ist, wie es war. Er bedankt sich für die Freundlichkeit, daß ihn der Herr Bundesverteidigungsminister auf diesen Interessenten aufmerksam gemacht habe, und kein Wort mehr.
({10})
Sie können geltend machen, daß ein Beamter des Verteidigungsministeriums einen solchen Brief nicht hätte schreiben dürfen. Sie können das von mir aus, obwohl das schon fragwürdig wird, bis zum, Staatssekretär hinaufziehen. Dem Minister können Sie nicht verwehren, daß er, wenn er glaubt, seine Aufgabe auf eine solche Weise erfüllen zu können, sie dann auch in dieser Form zu erfüllen versucht. Das können Sie ihm nicht verwehren, das ist des Tadels nicht wert.
Sie sehen, wie wir alle zuerst mit Schrecken gesehen haben, auch ich, den phosphoreszierenden Kometenschweif höchst zweifelhafter Existenzen hinter dem Mann, den .Sie geschmackvollerweise immer Johann Evangelist Kapfinger nennen.
({11})
- Lassen Sie ihn sich doch so nennen, wenn er sich so nennt. Ich finde es trotzdem nicht 'besonders reizend, daß Sie das immer mit solcher Emphase wiederholen.
({12})
- Aber, meine Damen und Herren, ich sage noch einmal: Sie sehen mit Schrecken den phosphoreszierenden Kometenschweif von Gold- und Windmachern. Hat die vielleicht der Herr Bundesverteidigungsminister gekannt oder gesehen, als er seine Empfehlung schrieb? Nein, Herr Kollege.
({13})
Herr Abgeordneter Dr. Güde, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Jahn?
Bitte!
Sie haben vorhin gesagt, Herr Kollege Güde, Sie hätten die Protokolle genau gelesen. Ist Ihnen dabei entgangen, daß am 17. Mai 1962 in der Schwedenstraße in 'München in dem dortigen Quartier des Herrn Dr. Kapfinger nicht nur dieser mit Herrn Minister Strauß zusammengetroffen ist, sondern auch einige von diesen Goldmachern wie der Herr Schloß und der Herr Winkel?
Winkel? - Winkel, ganz genau, ich erinnere mich,
({0})
da ich in der -Tat die Protokolle gelesen habe. Sie werden mir, 'Herr Kollege Jahn, zugeben: in diesem Augenblick erschien Winkel irgendwo am Rand. Sie werden nicht bestreiten, daß das wahr ist, was ich sage, daß dieser Kometenschweif von Goldmachern
und Windmachern dem Herrn Bundesverteidigungsminister zu der Zeit nicht bekannt war.
({1})
- Jawohl.
({2})
- Aber ich bitte Sie, Herr Kollege Seuffert - wir sind schließlich beide Juristen -, Sie wissen, daß es keine Erfolgshaftung gibt.
({3})
- Nein, da muß ich schon sagen: das, was dem Bundesverteidigungsminister bei dieser Empfehlung an Mißgeschick passiert ist, das kann jedem von Ihnen auch passieren.
({4})
Meine Damen und Herren, wenn schon von den Wind- und Goldmachern die Rede ist: die eidesstattlichen Versicherungen dieser Herren haben lang genug im Raume gestanden und die Hirne beeinflußt und Meinung gemacht. Sehen Sie sich das einmal in den Akten an! Das ist in der Tat etwas, was alle beunruhigen muß, nicht wegen des Bundesverteidigungsministers, sondern wegen unserer Zustände hier in diesem Land.
({5})
Herr Abgeordneter Güde, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Jahn?
Zählen Sie zu den eben hier gekennzeichneten eidesstattlichen Versicherungen auch die vielfältigen des Herrn Dr. Kapfinger und des Herrn Dr. Kaumann?
Herr Kollege Jahn, die Nennung des Dr. Kaumann, ist, glaube ich, nicht ganz taktvoll.
({0})
Dieser Zeuge hat zweifellos eine etwas unglückliche Rolle gespielt
({1})
mit seiner eidesstattlichen Versicherung. Ich zähle ihn eben nicht zu den Wind- und Goldmachern. - Sie werden nicht erwarten, daß ich die Figur des Herrn Kapfinger irgendwie zu rechtfertigen suche.
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- Ja, aber Herr Kollege, waren Sie denn der Meinung, daß ich den Herrn Dr. Kapfinger verteidige? Ich habe vor drei oder fünf Minuten gesagt, daß der Herr Bundesverteidigungsminister das Unglück gehabt habe, über Kapfinger mit dieser ganzen Clique in Berührung zu kommen.
({3})
Meine Damen und Herren, ich wollte Ihnen- etwas anderes sagen, was ich bei der Durchsicht der Akten auch gesehen habe, etwas, was mir nach 37jährigem Justizdienst doch etwas neu war. Hier gab es eidesstattliche Versicherungen, hergestellt in Gemeinschaftsarbeit,
({4})
eidesstattliche Versicherungen, gegeben als Finanzierungsmittel, eidesstattliche Versicherungen, gegeben anstelle einer Provision, eidesstattliche Versicherungen, gegeben als Kreditunterlage, und eidesstattliche Versicherungen, gegeben, wie es hieß, als Abwehrmittel.
({5})
Wenn Sie sich einmal vergegenwärtigen, daß diese Wolke von eidesstattlichen Versicherungen das Mittel öffentlicher Meinungsmache war, dann können Sie rückwärts sagen, was an der ganzen Geschichte wahr sein mag und wieviel 'als wahr überhaupt feststellbar sein mag.
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Auf Zeugen dieser Art zu bauen, von ihnen irgendeine Klärung des Sachveihalts zu erwarten, das war eitel Mühe.
({7})
Man kann den Ausschuß nur loben und bewundern, mit welcher Geduld und welcher Sachlichkeit er sich dieser Sisyphusarbeit hingegeben hat, lediglich zu dem einen Zweck, meine Damen und Herren, daß nicht mehr behauptet werden kann, weder hier noch draußen, das Kind sei unter der Decke erwürgt warden. In Wirklichkeit war von Anfang an wie jetzt ein Phantom -unter der Decke.
({8})
Lassen Sie mich auch etwas sagen, was man in dieser Debatte sagen muß, weil der Herr Kollege Jahn es mit der Frage an den Herrn Bundesverteidigungsminister angerührt hat: Warum haben Sie
- ich gebe es sinngemäß wieder - gegen Kapfinger nicht geklagt?
({9})
- Sehr schön, meine Herren. Sie rühren an ein böses Kapitel im deutschen öffentlichen und politischen Leben.
({10})
Glauben Sie mir, -der 37 Jahre in der Justiz zugebracht hat, daß es mir nicht leicht fällt, das jetzt zu sagen, was ich sagen muß: Es gibt keinen wirksamen Ehrenschutz für jemand, der unter dem Trommelfeuer der Angriffe steht. Es gibt keinen wirksamen Ehrenschutz. Die Erfahrungen der letzten Jahre haben es gezeigt.
({11})
Wenn der Herr Bundesverteidigungsminister mich
gefragt hätte, ob er gegen Kapfinger mit Aussicht
auf Erfolg klagen kann, dann hätte ich gesagt: Nein,
({12})
und zwar wegen der allgemeinen Mißchancen eines
solchen Prozesses: Sie haben -die Möglichkeit, nach
zwei oder drei Jahren eines Prozesses, in denen Ihr Ruf vollends zu Ende ist, ein Urteil zu bekommen, nach dem kein Mensch mehr fragt.
({13})
Meine Damen und Herren, das ist kein Vorwurf gegen die Gerichte, sondern das ist eine Konstatierung der Lage unserer Gesetze und unserer Rechtsprechung. Darüber sollten wir uns wohl zu anderer Stunde unterhalten. Das wäre nützlicher.
({14})
Herr Abgeordneter Güde, gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Ja, bitte.
Herr Abgeordneter Lohmar!
Herr Kollege Güde, sind Sie bereit, aus Ihrer These die Folgerung zu ziehen, dem Herrn Bundesverteidigungsminister zu empfehlen, auch ansonsten weniger prozeßfreudig zu sein?
({0})
Herr Kollege, ich bin nicht der Berater des Herrn Bundesverteidigungsministers. Im übrigen habe ich den Eindruck, daß der Herr Bundesverteidigungsminister - entschuldigen Sie, daß ich das sage - schon beginnt, in
diesem Punkte klüger zu werden.
({0})
Wenn er mich gefragt hätte, ob er in diesem ganzen Komplex klagen soll, dann hätte ich gesagt: „Nein, Herr Minister. Sie gehen, obwohl Sie zweifellos im Recht sind, ein Risiko ein. Ich als Jurist kann Ihnen nicht garantieren, wie sich dieser Prozeß für Sie auswirkt." - Bitte sehr.
Herr Kollege Güde, glauben Sie, daß die angeblichen Schwierigkeiten, die der Herr Bundesverteidigungsminister hat, Herrn Kapfinger zu verklagen, ein Grund für die Behauptung sind, die Anschuldigungen gegen den Herrn Bundesverteidigungsminister seien aus dem Osten gesteuert?
Herr Kollege, offen gestanden habe ich den tieferen Sinn dieser Frage nicht begriffen.
({0})
Ich muß jetzt ganz präzis sagen: die Behauptungen, die allenfalls zum Gegenstand einer Klage gegen Kapfinger hätten gemacht werden können, stammen eben aus diesem Kreis von Wind- und Goldmachern, und welches Gericht wird auf deren Aussagen ,noch irgendein Urteil stützen können? Keines!
({1})
Das Risiko liegt in der Sache und in den miserablen Zeugen. Nein, wenn mich der Herr Bundesverteidigungsminister etwa ihm raten ließe, dann würde
ich sagen, keinesfalls ließe ich mich, wenn schon ein planmäßiger Hetzfeldzug gegen ihn stattfindet - das ist nicht gegen Sie gemeint, meine Herren -, wenn schon ein planmäßiger Hetzfeldzug stattfindet, ließe ich mich dazu verführen, wegen jeder dieser Behauptungen Strafantrag zu stellen, einstweilige Verfügungen zu beantragen und mich in einen Wirbel von Prozessen verwirren zu lassen, in dem die Nerven, das Amt und zuletzt der Mensch zugrunde gehen.
({2})
Und Sie, meine Herren von der SPD, erinnern Sie sich an die Jahre der Weimarer Republik!
({3})
Erinnern Sie sich, wie hochangesehene und verdiente Leute Ihrer Partei,
({4})
- Ebert und andere, Noske - vergeblich Rechtsschutz, wirksamen Rechtsschutz vor dem Gericht gesucht haben.
({5})
Und: Seien Sie objektiv! Wie ich überhaupt sagen muß, meine Damen und Herren von der Opposition: denken Sie in diesem und in anderen ähnlichen Komplexen daran: Nach dem Maß, mit dem ihr messet, werdet ihr gemessen werden.
({6})
D e r Zustand der öffentlichen Meinung und des öffentlichen Rechtsschutzes, von dem ich jetzt spreche, der geht auf unser aller Kosten,
({7})
auf die Kosten der Demokratie, auf die Kosten der Politiker, auf die Kosten der Glaubwürdigkeit, und es ist nur ein Zufall, wen es zuerst trifft.
({8})
Wie ich überhaupt noch dazu sagen möchte: Die Demokratie wie jede überhaupt handlungsfähige Gesellschaft braucht eine gewisse Homogenität, eine gewisse gegenseitige Achtung, ein gewisses gegenseitiges Vertrauen. Das sage ich jetzt nicht nur zu Ihnen, das sage ich in der Tat zu allen. Es kann kein Parlament leben, wenn es aus der Verdächtigung lebt; weder hier noch hier.
({9})
Ich habe immerhin in einigen Jahrzehnten meiner Tätigkeit im Gerichtssaal doch wirklich etwas gelernt, was ich am Anfang auch noch nicht wußte; das, was jener Italiener sagte: die Strafprozeßordnung sei eine codice dei galantuomini. Solange jemand nicht verurteilt ist, gilt er als galantuomo, als Gentleman, als Ehrenmann. Erst für den Verurteilten gilt das Strafrecht. Nun, was schon für Angeklagte im Gerichtssaal gilt, meine Herren, das sollte unter uns aber auch gelten: daß einer als Ehrenmann gilt, solange ihm nicht nachgewiesen ist, daß er keiner ist;
({10})
1900 Deutscher Bundestag - 4. Wahlperiode - 43. Sitzung. Bonn, Donnerstag, cien 25. Oktober 1962
daß einer ein Ehrenmann auch dann noch ist, wenn die Verdächtigungen gegen ihn hageln. Und bitte, meine Damen und Herren, seien Sie doch ehrlich: Was ist aus der Wolke Fibag und dieser Verdächtigung geblieben? Bitte, seien Sie ehrlich! Ich sage noch einmal: nichts!
({11})
- Bitte, etwas, was Sie mit dem doch sehr sterilen Namen „Pflichtverletzung" bedenken, aus der nach meiner Überzeugung dem Minister wirklich kein Vorwurf gemacht werden kann. Was brauchen Sie für künstliche Begriffe wie Zuständigkeit, um überhaupt zu der Pflichtverletzung zu kommen! Ich sage Ihnen noch einmal: Was Sie hier als Rest übrigbehalten haben, ist ein Pseudodisziplinarverfahren, das es in dieser Sphäre des Verhältnisses zwischen Parlament und Ministern überhaupt nicht geben sollte.
Nein, meine Damen und Herren, ein Stück gegenseitigen Vertrauens, ein Stück gegenseitigen Schutzes auch für einen Minister! Und wenn Sie in dieser Weise angegriffen werden, meine Damen und Herren, - ich sage Ihnen, ich werde auch für den von Ihnen eintreten und für seinen guten Ruf, weil ich ihn für einen Ehrenmann halte, solange nicht das Gegenteil feststeht. Nur so kann ein Parlament leben.
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Dagegen ist nicht so sehr in diesem Hause, aber im großen Hause dieses deutschen Volkes und in seiner Offentlichkeit gegen diesen Minister auf eine grausame Weise gesündigt worden.
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Solange ich Staatsanwalt war und noch nicht die Ehre hatte, in diesem Hause zu sprechen, habe ich meinen jüngeren Kollegen immer gesagt: Wenn eure Anklage sich nicht als wahr erweist, meine Herren Kollegen, dann habt den Großmut und die Großzügigkeit, das offen zu sagen und euch zu freuen, daß jemand von dem Verdacht gereinigt worden ist.
({14})
Meine Damen und Herren, das habe ich doch ein ganz klein wenig bei Ihnen, Herr Kollege Jahn, vermißt. Ich habe ein wenig die Bereitschaft vermißt, zuzugeben, daß in Wirklichkeit kein Vorwurf im Raum steht, der dem Minister das Vertrauen des Parlaments kosten könnte, und erst recht kein Vorwurf, der ehrenrührig wäre, erst recht kein Vorwurf, daß er Recht oder Gesetz verletzt habe. Ich sage Ihnen - ich sage das nicht, weil ich Angehöriger der CDU bin, sondern weil es meine Überzeugung ist und weil ich glaube, dem Minister das schuldig zu sein, aber als Mann zu Mann und nicht, weil ich in irgendeiner sonstigen Beziehung zu ihm stehe; ich glaube, es ihm schuldig zu sein -, daß er aus dieser Angelegenheit völlig sauber hervorgegangen ist,
({15})
daß seine Integrität vollkommen unangetastet bleibt.
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Es darf niemand sagen, es sei ihm etwa nur nicht nachgewiesen.
({17})
- Nein, Sie haben es nicht behauptet. Ich sage es auch nur, um etwas, was Sie nicht behauptet haben, nun positiv zu sagen. Es darf niemand behaupten, hier sei es etwa nur nicht nachgewiesen, sondern für denjenigen, der mit unbefangenen Augen liest und unbefangen hört und die Dinge abschätzt, gibt es nicht das Mindeste von Verdacht eines Eigennutzes. Es ist völlig offenkundig, daß der Minister geglaubt hat, besten Glaubens war, die Interessen der Bundesrepublik so am besten zu wahren. Das können Sie nicht bestreiten.
({18})
Ich sage nicht umsonst - da es seinen guten Sinn hat, es wenigstens vor der Offentlichkeit dieses Hauses festzustellen -, daß es für einen vernünftigen Menschen nicht den geringsten Anhaltspunkt eines Verdachts dafür gibt, daß der Minister sich oder einen anderen habe bereichern wollen.
({19})
Herr Abgeordneter Dr. Güde, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Jahn?
Gern!
Können Sie sagen, Herr Kollege Dr. Güde, was diese Feststellung mit dem Untersuchungsthema zu tun hat?
({0})
Auf Ihre so kluge Frage, Herr Kollege Jahn, antworte ich folgendes. Ihr Untersuchungsthema ist ja ein vorsichtiger Ausschnitt - warum Sie bei dem Ausschnitt so vorsichtig waren, müssen Sie am besten wissen - aus einer Wolke von Gerüchten und Verdächtigungen, die nun doch sehr schön als Kranz um diesen Ausschnitt herumstehen. Ich bin so frei, meine Überzeugung zum Ausdruck zu bringen, damit wenigstens vor der Offentlichkeit dieses Hauses gesagt wird: Es gibt keinen Verdacht gegen den Minister, daß er sich habe bereichern wollen.
({0})
Meine Damen und Herren, ich bitte um Ruhe für den Redner.
Ich würde sehr gern auf Ihre Zwischenrufe antworten, wenn ich sie verstehen könnte; aber Sie haben gleich zwei oder drei auf einmal gemacht.
({0})
- Dann, muß ich sagen, bin ich ein tumber Tor, der noch nie in seinem Leben den Spiegel gelesen hat, noch nie andere Zeitungen, auch nicht gelegentlich Ihre Veröffentlichungen, meine Damen und Herren. Dann bin ich ein tumber Tor und muß um Entschuldigung bitten.
({1})
Nein, meine Damen und Herren, seien Sie großzügig und geben Sie mir zu: Dieser Minister ist, von kleinen Ungeschicklichkeiten, die zu einem guten Teil nicht seine waren, sondern die seiner Bürokratie,
({2})
und von Mißgeschicken abgesehen, die einem impulsiven und initiativen Mann passieren können - einem Bürokraten passieren sie nicht -,
({3})
abgesehen von dieser kleinen Beckmesserei und Silbenspalterei,
({4})
völlig gerechtfertigt aus diesem Untersuchungsausschuß hervorgegangen, als 'Ehrenmann, dessen Ehre und dessen Tauglichkeit niemand anzweifeln kann. Und das ist immerhin ein Ergebnis dieses Untersuchungsausschusses, über das Sie sich auch freuen sollten.
({5})
Meine Damen und Herren, der Abgeordnete Jahn hat vorhin gesagt, wie leicht sich dieser ganze Ausschuß hätte erübrigen lassen, wenn der Minister nur den Mund aufgemacht hätte. Nun, der Minister hat
- ich muß den Herrn Kollegen Jahn daran erinnern
- am 30. Januar 1962 den Mund aufgemacht, nach der „Spiegel"-Veröffentlichung mit dem Datum vom 31. Januar 1962, die in Wirklichkeit ein paar Tage vorher herausgekommen war. 'Er hat am Tage, nachdem er aus Paris zurückgekommen war, in einer Presseerklärung vom 30. Januar, weitergeführt am 2. Februar und weitergeführt am 7. Februar - -({6})
- Mit wem, Herr Kollege Seuffert? Mit diesem Haus oder mit Ihrer Fraktion?
({7})
- Das sind keine Vergleiche, sondern das sind Presseerklärungen.
Ich würde nicht einmal sagen, daß das uneben ist, was der Herr Kollege Jahn gesagt hat. Angesichts dieser Ehrennot, die einen aktiven Politiker treffen kann, muß er in der Tat - das ist auch meine Überzeugung - hier wenigstens in diesem Kreise Mittel und Wege finden, um einen Verdacht vor Ehrenmännern auszuräumen. Nur verlangen Sie das nicht, was Sie vorhin wieder verlangt haben: daß er vor sämtliche Gerichte ,der Bundesrepublik zieht.
(Beifall ({8})
Der 'Bundesverteidigungsminister hat - das hat ja auch die Opposition freundlicherweise zugegeben
- den einen oder anderen 'Fehler eingesehen. Ich meine jetzt gar nicht die 'kleinen Fehler, die Sie so hochspielen, sondern ich meine z. B. den Übereifer in der Erhebung von Klagen. Vielleicht sieht er auch, wenn Sie, meine Herren von der Opposition, ihm das 'menschliche Vertrauen schenken, einen Weg, einen Verdacht, der ebenso ungerechtfertigt wäre, wie es der in dieser Fibag-Angelegenheit war, mit Herren von Ihnen zu besprechen. Ich würde das sehr begrüßen.
({9})
- Das habe ich wieder nicht verstanden, Herr Kollege Seuffert.
Der Untersuchungsausschuß ist mit Recht für seine Arbeit gelobt worden. Aber daß der ganze Komplex keine Bereicherung des Parlaments und keine Förderung des Wohls des deutschen Volkes war, darüber werden wir uns alle einig sein. Ich glaube, wenn wir aus ähnlichem Anlaß wieder einen solchen Ausschuß in die Welt setzten - ich sage nichts gegen die Untersuchungsausschüsse als solche -, 'dann würden wir eine Torheit begehen, wie wir sie begangen haben.
({10})
Das Wort hat der Abgeordnete Erler.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Ausführungen des Kollegen Güde geben mir Veranlassung, hier das Wort zu ergreifen. Ich spreche nicht als Sachverständiger in der umstrittenen Sachfrage, sondern weil vom Kollegen Gilde ja mehr in die Debatte gebracht worden ist, nämlich die Frage ,der Befugnisse dieses Parlaments gegenüber der Regierung und den Ministern überhaupt.
({0})
Das ist ein Punkt, bei dem wir alle sorgsam nachdenken sollten, ob nicht der Kollege Güde ein bißchen weit gegangen ist.
({1})
Denn zu Ende gedacht, bedeutet das, was uns heute vorgetragen worden ist, daß das Parlament sich mit einem Minister und seiner Amtsführung nur noch in zwei Fällen befassen kann: entweder wenn
I es um Tatbestände geht, die strafrechtlich zu würdigen sind - und darum geht es eindeutig in diesem Falle nicht; die gehören auch vor ein anderes Forum und nicht vor dieses Haus -, oder aber wenn ein Minister in seiner gesamten Amtsführung und Politik sich so bewegt, daß es das Gebot der Stunde ist, ihn mitsamt dem Kabinettschef durch eine neue Mehrheit im Bundestag zu stürzen. Außer diesen beiden Möglichkeiten bleiben andere für die Funktion der parlamentarischen Kontrolle auch der Amtstätigkeit von Ministern nach dieser Lehre nicht mehr übrig.
({2})
Und das geht eben nicht.
Ein Untersuchungsausschuß ist - darin hat Herr Güde recht - weder ein Kriminalgericht noch ein Disziplinargericht, sondern er ist ein Mittel parlamentarischer Kontrolle, und die parlamentarische Kontrolle richtet sich doch nicht nur auf die Suche nach todeswürdigen Tatbeständen, sondern die parlamentarische Kontrolle hat es unter Umständen ganz simpel damit zu tun, daß in irgendeiner Behörde etwas nicht ganz so funktioniert, wie es sein, sollte, - damit der Minister, auch wenn er im Amt bleibt, so viel daraus lernt, daß es künftig geändert wird.
({3})
Herr Abgeordneter Erler, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Güde?
Bitte!
Haben Sie mich nicht mißverstanden, Herr Kollege Erler?
Ich hoffe es beinahe!
Zweifellos, denn es bleibt auch nach dem, was ich gesagt habe, die Möglichkeit, ein bestimmtes Verhalten oder Unterlassen eines Ministers zu tadeln; ein bestimmtes Verhalten oder Unterlassen, das ist zweifellos auch jetzt noch nach der Praxis dieses Hauses und nach der verfassungsrechtlichen Lehre eine Möglichkeit. Es bleibt, ich würde sagen - aber das sage ich nicht für meine Fraktion -,
({0})
auch die Möglichkeit eines Mißbilligungsantrages gegen einen bestimmten Minister, also nicht auf ein bestimmtes Verhalten bezogen, sondern auf eine bestimmte Person.
({1})
Ich freue mich, Herr Kollege Güde, daß Sie dem Arsenal unserer parlamentarischen Möglichkeiten - entgegen der früher hier von Ihrer Fraktion vertretenen Haltung - den Mißbilligungsantrag bei einem konkreten Verhalten eines Ministers wieder hinzugefügt haben. Darüber haben wir nämlich hier früher debattiert, da haben Sie ({0}) uns das bestritten Wir werden, wenn wieder einmal Anlaß bestehen sollte, sehr gern auf diese Einstellung, daß man die parlamentarische Kontrolle so ausüben kann, zurückkommen.
({1})
Aber das hat nichts mit dem anderen Thema zu tun, daß nun einmal im Grundgesetz als Mittel der parlamentarischen Kontrolle der parlamentarische Untersuchungsausschuß vorgesehen ist und daß der parlamentarische Untersuchungsausschuß eben in der Feststellung von Tatbeständen ganz andere Möglichkeiten bietet als lediglich eine Parlamentsdebatte, bei der aus Nachrichten, die irgendwoher gesammelt werden, die eine Seite einen Mißbilligungsantrag herleitet und die andere aus Solidarität mit der von ihr getragenen Regierung ihn eben ablehnt. Das ist doch das Ergebnis einer kurzen Debatte, die man sich allenfalls in einer solchen Frage im Parlament leisten kann, während die Aufhellung von Tatbeständen, die zur Beurteilung eventuell notwendig werdender Änderungen erforderlich ist, eben nur durch einen Untersuchungsausschuß und nicht durch das Plenum des Bundestages erfolgen kann.
Dazu ist der Untersuchungsausschuß da. Dieses Recht möchte ich unter gar keinen Umständen in diesem Hause verkümmern lassen. Wir haben doch wahrhaftig einen sparsamen Gebrauch davon gemacht. Es handelt sich um den ersten Untersuchungsausschuß in dieser Legislaturperiode.
Dann möchte ich noch einen Irrtum berichtigen. Sicher hat es bei der Art dieses Verfahrens - ich gebe zu: durch das Verhalten der Beteiligten auf mehreren Seiten - mitunter so ausgesehen, als handelte es sich bei einem Untersuchungsausschuß um eine Art Anklageverfahren gegen irgend jemanden. Das ist gar nicht der Fall. Ich bin selber in Untersuchungsausschüssen in diesem Hause tätig gewesen. Als wir damals z. B. die Personalpolitik des Auswärtigen Amts untersuchten, saß niemand auf der Anklagebank, auch nicht der Außenminister, sondern da haben wir uns bemüht, festzustellen, wie bestimmte Dinge laufen, wie es vielleicht in Zukunft auf manchen Gebieten anders aussehen könnte. Damals ist ein sehr guter Bericht entstanden, der mich z. B. dankenswerterweise in den Stand gesetzt hat, mich aus eigener Erfahrung bei Angriffen extremer Elemente in London gegen unseren Botschafter von Etzdorf mit diesem Bericht in der Hand schützend vor den Botschafter der Bundesrepublik Deutschland zu stellen.
({2})
Das war doch ein gutes Ergebnis eines Untersuchungsausschusses.
({3})
Daher meine ich, meine Damen und Herren, daß wir dieses Instrument, von dem Professor Schmid mit Recht gesagt hat, daß es in der Hitze der Leidenschaft politisch handelnder Menschen gar nicht so wirken kann, daß jeder einzelne völlig neutral und
unbefangen darin wirkt - es ist ein Spannungsverhältnis, in dem jeder drinsteckt - mit gutem Willen -, und Professor Schmid hat angeregt: Laßt uns auch einmal über die Formen miteinander reden, wie man das vielleicht hinbekommen kann! - so gestalten können, daß ein Höchstmaß an Wahrheitsfindung und ein Mindestmaß an parteiegoistischer Ausnutzung dabei herauskommt.
({4})
Wenn wir das schaffen, meine Damen und Herren, dann hätten wir einen großen Schritt getan.
({5})
Mindestmaß an parteiegoistischer Ausnutzung - das gilt für beide Seiten, das gilt für die Schwarzmalerei auf der einen
({6})
wie für das Reinwaschen um des Prinzips willen auf der anderen Seite,
({7}) das gilt nach allen Seiten.
Dann möchte ich noch eine Feststellung treffen, einfach weil die Bemerkungen des Kollegen Güde in die Richtung gingen, als sei dies der Hintergedanke der Opposition bei dem Antrag auf Einsetzung des Ausschusses gewesen. Wir haben - und ich stehe nicht an, das hier noch einmal sehr deutlich zu sagen - bereits bei der Einsetzung des Untersuchungsausschusses klargemacht, daß wir nicht den Vorwurf teilen und auch nicht zu untersuchen bereit sind, weil er uns nicht begründet zu sein schien, der Verteidigungsminister habe sich in dieser Sache persönlich bereichert oder bereichern wollen. Das haben wir damals gesagt. Das haben wir durchgehalten. Von der Opposition her ist dieser Vorwurf in den Beratungen dieses Hauses also gar nicht getragen gewesen, so daß sich ein gut Teil der Debatten, die wir heute hier gehört haben, nicht mit dem Vorbringen der Opposition beschäftigte, sondern in manchen Reden - ich muß das leider sagen - mit den Kabarettisten und den Karikaturzeichnern im Lande. Aber das ist etwas anderes. Wir haben die Sache hier im wesentlichen ja miteinander zu diskutieren und nicht mit Außenstehenden.
Meine Damen und Herren, Herr Kollege Jahn hat vorhin eine Bemerkung gemacht, die vom Kollegen Güde vielleicht mißverstanden worden ist. Ich will sie sinngemäß wieder aufgreifen: Wir alle hätten uns viel Zeit und Kraft sparen können, wenn jenes Wort, mit dem der Kollege Gilde heute offenbar auch einiges von dem belegt hat, was passiert ist, einmal aus dem Munde des Ministers gekommen wäre. Der Kollege Güde hat davon gesprochen, daß niemand - auch wir nicht - gegen Mißgriffe gefeit sei. Das ist eine goldene Wahrheit. Niemand ist gegen Mißgriffe gefeit. Wir alle sind Sünder und ermangeln des Ruhms, um es einmal so herum zu sagen. Und wenn das so ist, dann fällt niemandem ein Zacken aus der Krone, wenn er sagt, wenn z., B. der Minister sagt: In dieser Empfehlung, für die - und da bin ich anderer Meinung als Herr Güde; wir sollten für Ordnung in der Verwaltung ein gewisses Maß an Verständnis haben - mein Ministerium nicht zuständig gewesen ist, bin ich angesichts der Tatsachen, die sich ja auch später herausgestellt haben, bei der Wertung der Persönlichkeiten, von deren eidesstattlichen Versicherungen jetzt niemand mehr etwas wissen will - das sind die, denen man damals die Empfehlung gegeben hat -, ein bißchen über das Ziel hinausgeschossen, und ich habe den Bundestag vielleicht auch nicht so sorgfältig und zutreffend informiert, wie es geboten gewesen wäre; so etwas kommt vor; ich habe in meinem Hause die notwendigen Vorkehrungen getroffen, daß das künftig anders wird. - Wenn das gesagt worden wäre, wäre der ganze Komplex seit Jahr und Tag vergessen, meine Damen und Herren.
({8})
Statt dessen hören wir heute hier
({9})
gewissermaßen eine Aufforderung: Nur immer weiter so! Nur immer weiter so!
({10})
Man darf also einem Minister keine zu engen Fesseln anlegen.
({11})
Meine Damen und Herren, da wäre mir bange vor den Folgen.
({12})
Und da glaube ich sogar, daß die Debatte heute trotz Ihres Votums ein gutes Ergebnis haben wird: daß der Herr Verteidigungsminister nicht nur dort, wo Herr Kollege Güde es von ihm annimmt, nämlich auf dem Gebiete der Prozesse, sondern auch auf diesem Gebiet, das wir heute hier behandelt haben, sich in Zukunft etwas klüger verhalten wird als in der Vergangenheit. Wenn das erreicht wird, hat die Debatte schon einen guten Sinn gehabt.
Herr Abgeordneter Erler, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Heck?
Gern!
Herr Kollege Erler, hat nicht eigentlich Ihr stellvertretender Parteivorsitzender Herr von Knoeringen die Parole ausgegeben, den Bundesverteidigungsminister Strauß zur negativen Symbolfigur zu machen?
({0})
Darf ich Sie daran erinnern, daß genau im bayerischen Wahlkampf ein so temperamentvoller Politiker wie der Verteidigungsminister mit politisch Andersdenkenden nicht gerade sehr sanft umzugehen pflegt?
({0})
Eine politische Auseinandersetzung im Lande hat mit diesem Fall überhaupt nichts zu tun.
({1})
Ich halte die Äußerung von Knoeringens, die hier aus dem Zusammenhang gerissen worden ist, nicht gerade für einen besonders wertvollen Beitrag in unserer politischen Auseinandersetzung. Seien wir uns darüber im klaren, meine Damen und Herren.
({2})
Ich stehe nicht an, das zu sagen. Aber der politische Kampf draußen im Lande, wo Argument gegen Argument steht und wo der Verteidigungsminister in der Auseinandersetzung mit seinen Gegnern ja gelegentlich auch erheblich unter die Gürtellinie gerät,
({3})
wird eben dazu führen, daß ein solcher Mann sich ungeachtet aller anderen Probleme, die hier zu bewältigen sind, immer wieder in heftige Auseinandersetzungen verstrickt sehen wird. Das liegt an seinem Temperament. Das weiß er selbst. Ich bin ähnlich geartet und weiß das auch.
({4})
Bitte schön, Herr Kollege Heck!
Herr Abgeordneter Dr. Heck!
Herr Kollege Erler, ist Ihnen nicht bekannt, daß dieses Rezept von Ihrem stellvertretenden Parteivorsitzenden für die Strategie des Bundestagswahlkampfes entworfen worden ist?
Also hier darf ich Ihnen ganz ehrlich sagen, daß wir uns über dieses Rezept in der Parteiführung - unter denen, die die Strategie des Wahlkampfes zu machen hatten - nicht unterhalten haben. Aber wenn Sie gelegentlich mal ein paar Unterlagen darüber haben wollen, wie wir unsere Wahlkämpfe planen, bin ich gegen Verrat Ihrer Geschäftsgeheimnisse gern dazu bereit, sie Ihnen zu geben.
({0})
Es sah anders aus. Aber vielleicht können wir das Gespräch noch ertragreicher führen, wenn wir den Kollegen Neumann von Allensbach hinzuziehen, der sich ja auf diesem Gebiet besonders gut auskennt.
({1})
Meine Damen und Herren, ich begrüße einen Anruf, den der Kollege Güde hier gemacht hat. Er hat gesagt: Eine Demokratie - da hat er auf die Jahre vor 1933 hingewiesen - bedarf eines gewissen Maßes an Homogenität, an gegenseitiger Achtung und an gegenseitigem Vertrauen, sie kann nicht leben aus der Verdächtigung. Diesen Satz unterschreibe ich,
({2})
und ich finde, wir sollten ihn uns alle, auch dort, wo
der einzelne in die Versuchung gerät, einmal dagegen zu sündigen, immer wieder vornehmen, - ich
sage es bescheiden genug: vornehmen; denn es gibt Ideale, bei denen man genau weiß, daß man sie in dieser Welt irdischer Fehlsamkeit nie voll erreicht. Wollen wir uns auch da einig sein. Wir sind allzumal Menschen. Aber, meine Damen und Herren, dann sollten wir uns das vornehmen nicht nur für diesen Saal, sondern dann muß das auch gelten für unser Auftreten draußen im Lande.
({3})
Dann muß das nicht nur für den Verteidigungsminister gelten,
({4})
sondern dann muß es auch gelten für die Schriften, die die CSU in Bayern z. B. gegen unseren Kollegen Heinemann verteilt. Dann muß das für jedermann gelten, meine Damen und Herren.
({5})
Ich bin also durchaus bereit, hier von uns aus einen Beitrag zur, sagen wir einmal, Entgiftung der Atmosphäre zu leisten. Ich möchte noch einmal kurz auf einen Artikel zu sprechen kommen, der schon im Februar dieses Jahres in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, die sich sonst nicht durch besondere Feindseligkeit gegenüber dem Verteidigungsminister auszeichnet, zu lesen war. Dort war ganz im Gegensatz zu den Ausführungen unseres Kollegen Güde von einer Lehre die Rede, die man schon jetzt ziehen müsse. Sie bestehe darin - und ich zitiere jetzt -:
daß die Regierung der Bundesrepublik samt allen nachgeordneten Behörden mit bedeutend schärferen Maßstäben, als sie anscheinend bisweilen angewendet wurden, sich darüber Rechenschaft geben muß, was zulässige Praktiken oder was laxe Gewohnheiten, wenn nicht Mißbräuche sind. Sollte das Unterscheidungsvermögen nicht rasch geschärft werden, könnte es geschehen, daß eine Amtshandlung aus dem Grenzbereich des Laxen ihrem Urheber zum Verhängnis wird.
Und an einer anderen Stelle war von dem nun hier lang und breit erörterten Brief die Rede, und da heißt es:
Wer einen derartigen Brief verfaßt, ist . . . selbst mit daran schuld, wenn andere . . . daran weiterreichende Vermutungen knüpfen . . .
usw. usw.
Meine Damen und Herren, ich bin wirklich der Meinung, wir sollten auch die Hoffnung ausdrükken, daß nach diesem Durchleuchtungsprozeß von ein paar Vorgängen im Bereiche praktischer Verwaltung alle, die es angeht, bis zum Minister und zum Kanzler hinauf, Folgerungen ziehen für die Art, in der dort mit Empfehlungen auf verschiedenste Weise umgegangen wird, damit wir nicht in Verhältnisse hineingeraten, bei denen der Staatsbürger das Zutrauen in eine objektive und sachliche Prüfung seiner Eingaben und in die Gerechtigkeit gegenüber jedermann bei der Behörde und bei dem Amtschef verliert. Das ist die Aufgabe, und das sollten wir doch wenigstens als ein Nebenprodukt aus dieser Debatte mit nach Hause nehmen.
1 Wenn wir es so halten, dann glaube ich, meine Damen und Herren, daß wir trotz der Unterschiede in der Bewertung, die hier vorliegen, unserer Verwaltung und unserem Staate im Gegensatz zur Meinung des Genossen Güde - ({6})
- Entschuldigen Sie: des Kollegen Güde; ich habe ihn einvernehmlich aus Karlsruhe in die Landsmannschaft mit aufgenommen; das nimmt er mir nicht so übel.
Ich wollte sagen, daß wir also hier in Übereinstimmung mit dem Wunsch des Kollegen Güde dahin kommen - - Pardon, jetzt haben Sie mich durcheinander gebracht; das passiert selten; auch das gebe ich zu. Ich bin also im Gegensatz zu der Meinung des Kollegen Güde der Meinung, daß es sich hier eben nicht darum handelt, den bisher möglichen Weg parlamentarischer Untersuchungen abzubauen. Ich meine nicht, daß - wie er sich ausdrückte - dieser Komplex ein Schaden für die deutsche Demokratie gewesen sei. Ein Schaden
({7})
- hoffentlich! - war bestimmt nicht die Untersuchung. Was Schaden angerichtet hat, war der Komplex selbst. Laßt uns dafür sorgen, daß solche Komplexe sich nicht wiederholen!
({8})
Das Wort hat der Abgeordnete Wehner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es tut mir leid, daß auch ich noch in dieser Debatte das Wort ergreifen muß. Aber ich habe - damit wir ganz klar sind - meiner Fraktion, als davon gesprochen wurde, hier werde der Fibag-Bericht diskutiert, gesagt, daß ich mir vorbehalten wolle, wenn hier das Stichwort „Fall Frenzel" fällt, dazu zu sprechen. Und das ist geschehen. Aus diesem Grunde - es tut mir leid - muß ich Ihnen - hier einiges sagen und muß Ihre Zeit in Anspruch nehmen.
({0})
- Meine Damen und. Herren, aus dem Grunde spreche ich. Ich weiß nicht, wer hinterher noch so redet, wie Sie jetzt reden, verehrter Herr. Lassen Sie uns reden, wenn es Ihnen auf das Reden und auf das Klären ankommt!
Hier sind interessante Ausführungen gemacht worden. Und wenn ich die Möglichkeit hätte - aber zu der Sache haben andere gesprochen, und ich will mich gar nicht in die Sache, über die hier gesprochen worden ist und die der Gegenstand dieser Debatte war, vertiefen -, dann hätte ich selbst manche Erwägung anzustellen sowohl zu dem Plädoyer des Herrn Dr. Güde als auch zu den Ausführungen des Herrn Kollegen Benda oder etwa zu einer solchen Sache wie der Frage des Herrn Dr. Heck. Da muß ich Ihnen sagen, meine Damen und Herren, Sie müssen - wenn ich die ganze Debatte so nehme, ohne auf ihren Ausgangspunkt eingehen zu wollen
- wissen, was Sie eigentlich erreichen wollen.
Lassen Sie mich einmal zurückgehen auf den Beginn der heutigen Debatte. Da ist von der sozialdemokratischen Fraktion bei der Festsetzung der Tagesordnung vorgeschlagen worden, man solle aus Gründen, die hier dargelegt worden sind, diesen Bericht vertagen.
({1})
- Entschuldigen Sie? - Ja, Sie können das nicht vertragen, daß man eine Feststellung trifft, und dann appellieren Sie hier in einer zum Teil herzbewegenden Weise - entschuldigen Sie, wenn ich das so sage - an uns und an andere. Sie können das ja so nennen; dann muß ich annehmen, daß der Herr Güde nicht im Einvernehmen mit Ihnen gesprochen hat, wenn Sie es so abtun wollen, Herr Kollege, der Sie eben diesen Zuruf gemacht haben.
({2})
--- Tut mir leid, tut mir leid, Sie müssen diese Verhältnisse bei Ihnen selbst erst einmal klären, wenn Sie mit so großen Appellen an uns kommen.
Ich habe nichts anderes getan, als festzustellen, daß wir am Eingang dieses Tages darum ersucht haben, man solle diese Debatte aufschieben, nicht, um sie, wie Sie es nach Ihrem Verfahren und Ihrer Weise für richtig halten, am Kochen zu halten. Wir haben ,gesagt, daß darüber geredet werden kann, wann das behandelt werden kann. Warum sind Sie denn so geil darauf, unbedingt diese Dinge loswerden zu wollen?
({3})
Ich habe gesagt,
({4})
weswegen es mir nicht erspart bleibt, hier zu sprechen. Der Herr Kollege Benda hat - mir liegt das Protokoll nicht vor; aber ich nehme an, ich irre mich nicht - davon gesprochen - und das haben wir ja vorher zur Genüge gelesen -: Wenn über Untersuchungen rgeredet werde, wie wäre es dann eigentlich mit eine Untersuchung auf Grund der Ausführungen des Herrn Bögler in Sachen Frenzel?
Meine Damen und Herren, Sie wissen ja, worum es sich bei dieser Materie handelt. Wenn jetzt nicht noch davon zu sprechen wäre, 'dann würde wahrscheinlich - ich weiß nicht; ich will Ihnen hier das nicht unterstellen - Ihr journalistischer Begleittrupp z. B. sagen: Diese Frage haben sie übergangen, und am Schluß hat man zunächst einmal eine Art von gegenseitigen Versicherungen über eine Art von gegenseitiger Hochachtung - ich will das Wort Wolke hier nicht gebrauchen - entstehen lassen. Sie haben doch mit dieser Bemerkung, als Sie sie heute bewußt in diese Debatte hineingebracht haben, nichts anderes anbringen wollen als eine Art Druck gegen die Sozialdemokratische Partei.
({5})
- Dann muß ich mich wundern, meine Herren, wie leicht Sie es nehmen mit einer solchen Anschuldigung, wie leicht Sie glauben, eine andere große Partei mit solchen Dingen einfach behaften zu können. Dann muß ich mich darüber wundern.
({6})
Und dann muß ich mich fragen und dann muß ich vielleicht auch Sie fragen - aber ich weiß, was für eine Antwort ich von Ihnen darauf bekomme - Was ist hier eigentlich an Bewußtsein über die Lage, in der wir uns insgesamt befinden, wenn Sie glauben, Sie könnten mit solchen Dingen eine Debatte bereichern oder bestreiten?
Ich spreche ja hier zu der Sache. Wenn ich jetzt hereingebracht hätte, daß wir einmal über bestimmte Namen reden wollen, die nicht der Sozialdemokratie, sondern einer anderen Partei angehört haben und für die Sie verantwortlich zu zeichnen haben, dann möchte ich einmal erlebt haben, was Sie darauf heute hier gesagt hätten.
({7})
Glauben Sie doch nicht, daß Sie damit durchkommen können, daß Sie auf der einen Seite hier zum Teil Sachen, 'die ich absolut unterstreichen würde, sagen, öffentlich sagen und daß Sie zugleich eine Art von Propagandakampagne führen lassen,
({8})
die dann nie wirklich hier zur Sprache kommt, bei der 'die Leute, die sie betreiben, nicht Rede und Antwort stehen müssen für das, was sie eigentlich zu verantworten hätten.
({9})
Der Herr Minister sitzt jetzt vor mir. Er ist ja, weil hier die Frage Wahlkampf angeschnitten worden ist, wohl nicht völlig unerfahren darin, wie man, sogar unter Benutzung von amtlichen Positionen - ich spreche nur von den Positionen -, politische Gegner, innenpolitische Gegner, jedenfalls zu erledigen versucht - ({10})
- Ich spreche von demselben Wahlkampf, von dem Ihr Kollege Dr. Heck gesprochen hat. Wenn Sie erlauben, mache ich dazu eine Bemerkung. Sie betrifft ,die Tätigkeit solcher Herren wie Ihres Ministers, für den hier ein solches Plädoyer abgegeben worden ist, gegen die persönliche Ehre anderer in diesem Hause,
({11})
und nicht nur in diesem Hause. Mir tut das weh, wenn man hier eine Debatte zu solch einem Thema abschließt, zu dem ich mich selbst nicht äußere. Das sage ich Ihnen offen, das sage ich auch dem Minister, weil ich der Meinung bin, daß das als solches nicht ein Thema ist, das hier heute unbedingt hätte abgehandelt werden müssen. Aber wenn Sie glauben, die Zeit bestimmen zu können, zu der Sie glauben, Leute anderer Couleur, die ja ihre Ehre auch haben, wie Sie sich heute für Ihre eingesetzt halben - mit Recht, ich kann das verstehen, Herr Minister -, fertigmachen zu können, wie es im Jargon derer heißt, die heute Gold- und Windmacher genannt wurden - ({12})
Meine Damen und Herren, ich bitte um Ruhe.
Wem glauben Sie mit solcher Entrüstung imponieren zu können? Da habe ich in diesem Hause und um das Haus herum und in der Art und Weise, in der Netze gelegt worden sind, genügend erlebt, um zu wissen, was damit gemeint werden kann.
({0})
Herr Abgeordneter Fritz, ich darf Sie bitten, sich hinzusetzen.
Jetzt, verehrter Herr Kollege, entsinnnen Sie sich an Kuba, jetzt gegen Schluß dieser Debatte beginnen Sie, das Stichwort Kuba auszugeben. Als die Sitzung begann, gab es einen Vorschlag. Das war der Antrag der sozialdemokratischen Fraktion. Den haben Sie abgelehnt.
({0})
In der Sache Frenzel ist doch der Versuch gemacht worden, den Eindruck zu erwecken, als habe die Sozialdemokratische Partei in Kenntnis des landesverräterischen Treibens eines später verhafteten und verurteilten Mannes ihm sozusagen die Fortsetzung dieses Treibens und eigentlich die Krönung dieses Treibens erleichtert. Das ist der Sinn der Kampagne gewesen. Herr Güde, ich glaube, daß Sie das nicht gelesen haben, Sie sind ja nicht mehr Generalbundesanwalt. Hier sind ja die Zeitungen, in denen das geschrieben ist. Hier sind ja die Insinuationen schwarz auf weiß, die man gegen uns in diesem Zusammenhang versucht hat.
Der Kollege Dr. Heck war so freundlich, von Wahlkampfhypothesen und -strategien zu sprechen. Übrigens die, die Sie da ankreiden wollen, wenn die so wären, daß man jemanden zu einer, wie Sie sagen, negativen Symbolfigur zu machen trachtet - ({1})
- Lassen Sie mich doch darüber reden. Ich, der ich
auch einiges mit Wahlkämpfen zu tun habe, lehne
das nicht nur ab, sondern ich halte diese Art der
Anlage von Wahlkämpfen für eine große, für eine schwere Gefahr und ich überlasse es Ihnen, nach diesem schlechten Modell etwa weiter zu suchen. Das ist nicht unser Modell! Das ist nicht unser Modell.
({2})
Das ist nicht unser Modell.
({3})
- Ich sehe, es macht Ihnen Spaß.
({4})
- Aber sicher, die Geschmäcker sind verschieden, das weiß ich. Eben waren Sie noch so feierlich und jetzt, wo es um einige Dinge geht, die auch ausgeräumt werden müssen, glauben Sie, Sie könnten den heiteren Teil des Abends folgen lassen. Das ist nicht sehr klug! Das ist nicht sehr klug angesichts der Bedeutung dieser Art von Kampagne.
Herr Abgeordneter Wehner, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Frau Kalinke?
Ja.
Herr Kollege Wehner, ich wollte mir nur die Frage erlauben, ob Sie vielleicht den Grund der Unruhe überhört haben. Es war hier nicht verstanden worden, ob der Fall Knoeringen, d. h. das Programm Knoeringen, in Ihren Augen ein Programm der CDU oder der SPD war. Sie sind doch auch der Meinung, daß es ein Programm der SPD war? Oder nicht?
Es gibt ein Godesberger Programm der SPD, und es gibt ein Regierungsprogramm der SPD, wenn Sie das. wissen wollen;
({0})
es gibt kein Programm Knoeringen oder von sonst wem.
Hier ging es um eine Wahlkampfhypothese, von der ich gesagt habe, daß ich sie ablehne und daß ich es für gefährlich halte, nach ihr zu verfahren. Das wollen Sie mir glauben! Wenn Sie es mir nicht glauben, werden Sie es beim nächsten Wahlkampf sehen. So führen wir unsere Wahlkämpfe nicht. Sie wissen ja auch genau: so haben wir den 61 er nicht geführt;
({1})
das wissen Sie doch ganz genau. ({2})
Und hier ist ja auch einer der Gründe. Es sind ja auch einige Herren hier, die etwas von diesem Handwerk verstehen müßten, Was hat Ihnen denn bei diesem Wahlkampf so wehgetan? Weswegen wollen Sie denn, und weswegen wollen gerade die Herren, die jetzt irgendwo Wahlkämpfe haben, so brennend eine Situation haben, in der sich diese beiden Parteien so gegenüberstehen, wie Sie es, Herr Kollege Dr.' Heck, mit Entrüstung zurückgewiesen haben? Warum wollen Sie denn das?
Herr Abgeordneter Wehner, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Haase?
Später, ja.
({0})
Ich habe den Versuch gemacht, Ihre eigenen Überlegungen kennenzulernen. Da habe ich gefunden, daß zu Ihren Überlegungen über die Wahlkämpfe des vergangenen Jahres und dieses Jahres die gehörte, daß es, um es sinngemäß zu umschreiben, nicht wirkungsvoll sei oder nicht ausreiche, wenn man eine noch so erfolgreiche Liste von CDU/CSU- Leistungen darbieten und doch nicht zugleich zeigen könne, daß das alles in Gefahr wäre, wenn die SPD stärker würde oder siegte. Sie brauchen eine Hypothese. Das ist die, mit der Sie zu arbeiten versuchen: Diese SPD soll eine Partei sein, die in den Augen von Menschen, die es nicht prüfen können, in den Augen von Menschen, die sich das nicht zusammenreimen können, alles, was es heute gibt und ihnen wert ist, in Gefahr bringt. Am besten macht man das, indem man sie zu einer solchen landesverräterischen Partei abstempelt.
({1})
Deswegen suchen Sie nach diesem Brandstempel, den Sie ihr aufdrücken möchten. Ich meine diejenigen, die glauben, sie könnten mit einer Affäre Frenzel dieses innenpolitische Klima wieder auf eine Weise herumreißen, wie es ihnen besser paßt, wie sie glauben wieder Erfolge erzielen zu können; das ist die sachliche Grundlage dieser ihrer Bemühungen.
({2})
- Ja, ja, ich bin ja dabei; aber lassen Sie erst Ihren Kollegen mich fragen. Wie können Sie so boshaft gegen ihn sein?
Herr Abgeordneter Wehner, gestatten Sie jetzt die Frage des Abgeordneten Haase?
Ja, sicher.
Herr Kollege Wehner, Sie sagten vorhin, daß Sie die Bildung negativer Symbolfiguren anderen überließen. Erinnern Sie sich vielleicht, daß Sie ausweislich der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 23. 3. 1959 den Kanzler eine Nachgeburt des Führers genannt haben, der mit seiner Führerideologie die demokratische Denkweise in der Bundesrepublik zerstöre?
({0})
Sie sagen „ausweislich der Frankfurter Allgemeinen Zeitung"
({0})
- ja, ja, ich weiß das - und Sie meinen, das sei ein Dokument. Aber fragen Sie mal den Herrn Dr. Güde, ob das ein Dokument ist! Bitte, bitte, fragen Sie doch mal!
({1})
- Meine Damen und Herren, ich weiß nicht, ob Sie diese schöne erhebende Stunde in Ihrem Lärm untergehen lassen wollen. Warum eigentlich? Sie haben mich nach dieser Äußerung gefragt, und ich sage Ihnen erstens: das ist kein Dokument. Das, was ich gesagt habe - ({2})
- Ich bin ja gerade dabei; sie können sich diese Lautstärke sparen, verehrter Herr. Ich möchte den Herrn aus Ihrer Fraktion, der ein hohes Amt hier im Bundestag bekleidet, nicht zu meinem persönlichen Kronzeugen machen. Aber ich bin gern bereit, denen, die sich sachlich dafür interessieren, zu sagen, bei welchem Herrn Ihrer Fraktion, der mich damals kurz danach darauf angesprochen hat, was ich denn da wirklich gesagt habe,
({3})
Sie darüber etwas erfahren können. Im übrigen - ({4})
- Herr Rasner, Sie tun ja so, als könnten Sie was erfahren. Daß Sie mich für so töricht halten, das so gesagt zu haben, wie es dort steht, nehme ich zu Ihrer Ehre nicht an.
-({5})
- Das ist sehr interessant, Herr Wuermeling, daß Sie sich an diese alte Platte erinnern. Die habe ich mir auch aufgehoben. Über diese Sache können wir, falls Sie derselben Meinung wie Ihr Herr Kollege Dr. Güde sein sollten, mal reden, so feierlich, wie es hier geschienen hat, daß man miteinander reden will. Ich möchte, daß darüber kein Gespinst entsteht, sondern daß man sich hier die Wahrheit sagt, daß man sich nichts vormacht und daß es hinterher weitergeht, wie Sie es vorher gemacht haben.
({6})
Das Wort von der „ungeheuren Wolke von Verdächtigungen", zu dem von Herrn Dr. Güde hinzugefügt worden ist - nicht in diesem Raum, sicher nicht in diesem Raum, aber draußen -, das paßt haargenau auf die Vorgehensweise von Menschen
- nicht in diesem Raum, aber draußen - in bezug auf das Anlasten dessen, was Sie den Fall Frenzel nennen, auf die SPD. Haargenau paßt das darauf. Deswegen wollte ich das, was der Herr Güde hier so beherzigenswert gesagt hat, auch auf diesen Fall und die Art, in der er betrieben wird - und, ich fürchte, auch zu Ihrem Schaden betrieben wird,
meine Damen und Herren, die Sie jetzt so lebendig ' sind -, angewandt wissen.
Da ist von einem vagen Thema gesprochen worden, und es ist heute, in diesem Falle von Herrn Benda - - Ich muß ja die ganzen Reden zusammen bringen, weil es sonst unverständlich wäre, wieso ich nach einer so erhebenden Rede wie der des Herrn Kollegen Dr. Güde auf diesen giftigen Stachel des Herrn Benda zurückzukommen mich veranlaßt sehe. Da wird also von Herrn Güde gesagt, dem Bundesverteidigungsminister könne ein wirklicher Vorwurf nicht gemacht werden; denn wenn man sich unbefangen den Fibag-Komplex klarmache, so komme doch heraus, daß kein Pfennig Bundesgeld verloren oder gefährdet sei. Wenn wir das auf den Fall anwenden, den Sie, Herr Benda, hier sozusagen als eine Art von Ankündigung schwingen zu müssen geglaubt haben, welcher wirkliche Vorwurf kann dann der SPD in der Landesverratssache Frenzel gemacht werden?
Herr Abgeordneter Wehner, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Rasner?
({0})
Herr Wehner, warum hat denn der Herr Barsig zunächst geschwindelt?
({0})
Herr Kollege Rasner, wenn - - Entschuldigen Sie zunächst eine Feststellung - die werden Sie mir wohl erlauben -, weil Sie sie so frenetisch beklatschen, diese kavalierhafte Frage.
({0})
Wenn ein Abgeordneter dieses Hauses von dem Fraktionsgeschäftsführer der CDU/CSU in dieser Weise hier apostrophiert worden wäre, so, nehme ich an, hätte der amtierende Präsident diesem Herrn Fraktionsgeschäftsführer einen Ordnungsruf erteilt.
({1})
Aber Sie sprechen ja in dieser forschen Weise über Personen, die hier nicht sprechen können und sprechen dürfen, weil sie nicht zum Haus gehören
({2})
- Sie haben aber nicht mir gesagt, ich schwindelte
- vielleicht sagen Sie es auch noch -; ich wollte Ihnen nur sagen, wie unanständig diese Art von Apostrophierung ist.
({3})
Es hat - entschuldigen Sie bitte - Sie sind sehr aufgeräumt, obwohl es noch nicht 9 Uhr ist; früher war das ja der kritische Zeitpunkt -, am 27. Juli jener Herr, dessen Name hier gefallen ist, der auch nicht dem Hause angehört, der ehemals der Sozialdemokratischen Partei als Bezirksvorsitzender in der Pfalz angehörte, in einer Zeit, in der die ChristlichWehner
Demokratische Union des Landes Rheinland-Pfalz das, was er zu sagen hatte, wahrlich anders wertete als das, was er nun gegen die Partei zu sagen hat, der er einmal angehört hat
({4})
- Moment! Moment! -, Erklärungen abgegeben, die ich genauer dann in einem Interview gefunden habe, das er einer schwarz-weiß-roten Zeitung der Deutschen Reichspartei gegeben hat.
({5})
Es war ein Interview und da es eine schwarz-weiß-rote Zeitung ist, sein eigener Name dabei ist und es also Frage und Antwort ist, werden Sie es ja nicht auf dieselbe Weise behandeln wollen wie einen Zeitungsbericht über eine Rede, von dem auch Sie wissen.
({6})
- Ja, sicher! Sie glauben ja doch wohl nicht, daß die Frankfurter Allgemeine ein amtliches Stenogramm des Bundestages ist. Das kriegt man sogar noch einmal zum Durchlesen, bevor es gedruckt wird, aber doch nicht einen solchen Zeitungsbericht. Da hat der Herr also erklärt, daß er seinerzeit bei der Konstituierung des Bundestages des Jahres 1957 in Berlin mit Hilfe der Bemerkungen, die ihm ein Bekannter gemacht habe, wahrgenommen habe, daß jener Frenzel - der damals noch Mitglied des Bundestages war - mit einer eigentümlichen Person sprach, von der der andere sagte, er wisse, es sei
ein ostzonaler Mann.
({7})
Na ja, sicher - entschuldigen Sie, das können Sie sich sparen, denn bei den Geschichten Wittmack und wie die anderen heißen, John usw. ging es auch um Agenten.
({8})
Das ist gar keine Eigentümlichkeit der einen oder anderen Partei. Bringen Sie doch nicht diese vergiftende Art und Weise in dieses Klima hinein! Sie sind das ja, die das machen!
({9})
Wollen Sie eigentlich auf eine besondere Weise das Wort von den „vaterlandslosen Gesellen" redivivus werden lassen? Liegt Ihnen daran? Halten Sie das für staatsmännisch? - Mit Kopfschütteln kriegen Sie diese giftige Methode nicht weg!
({10})
- Ich habe ja versucht, Ihnen zu erklären: dieser Herr Barsig, der sich hier nicht verteidigen kann, der Ihnen selbst also nicht sagen kann, wie es war - den Vorwurf, daß er geschwindelt habe, habe ich zurückgewiesen -, hat damals an diesem 27. erklärt, .daß die Aussagen jenes Herrn Bögler nicht den Tatsachen entsprechen und daß jene Angaben über Wahrnehmungen 1957 mit der Landesverratssache des Frenzel nichts zu tun hätten. Herr Barsig hat damals erklärt, daß Personen in der Sozialdemokratischen Partei, die auch genannt worden sind, diese Wahrnehmungen mitgeteilt bekommen haben und daß sie mit den Möglichkeiten, die sie hatten, geprüft haben, was an diesen Wahrnehmungen sei. Dazu hat er festgestellt, daß zum damaligen Zeitpunkt nach der Überprüfung ein Tatverdacht nicht festzustellen gewesen ist, und hat dann jenen Satz, auf den es Ihnen ja ankommt, hinzugefügt
({11})
- ich dachte, Sie wollten eine sachliche Aufklärung und nicht nur einen Fez -, daß die für die Sicherheit der Bundesrepublik verantwortlichen Stellen informiert und um Amtshilfe gebeten worden seien.
Diese Feststellung ist später in einer Erklärung des Präsidiums der Sozialdemokratischen Partei richtiggestellt worden.
({12})
- Ja, sicher! Lassen Sie mich doch das ausführen - dazu bin ich ja hier heraufgegangen, das ist doch mein freier Wille gewesen -, weil ich nicht möchte, daß Sie weiter in dieser Weise - nicht Sie hier in diesem Hause - im Sinne des Herrn Güde draußen eine Wolke machen. Aus diesem Grunde! Vielleicht reicht Ihr Einfluß in Ihrer Peripherie dazu, daß Sie etwas daran ändern können. Sonst müßte ich allerdings glauben, Sie führen mehrspurig bei dieser Art von Kampagne, die betrieben wird.
Der Pressereferent der Sozialdemokratischen Partei hat in dieser unserer Erklärung am 10. September festgestellt, daß den damaligen Wahrnehmungen des Herrn Bögler von zuständiger Stelle der Partei nachgegangen worden ist und diese Prüfung ergeben hat, daß zum damaligen Zeitpunkt von einem Verdacht landesverräterischer Beziehungen des ehemaligen Abgeordneten nicht die Rede sein könne. Er hat außerdem festgestellt, daß er die damalige Mitteilung darüber, daß Sicherheitsbehörden des Bundes informiert worden seien, in gutem Glauben gemacht habe, daß aber genaue Nachprüfungen in der Zwischenzeit ergeben hätten, daß diese Mitteilung nicht aufrechterhalten werden könne. Genauso hat sich das abgespielt.
Ich möchte einmal wissen, was Sie sagen wollten, wenn Ihnen jemand, der damals in dieser Angelegenheit damit befaßt worden ist -({13})
- Sicher, sicher! Sagt er auch! Er sagt: Wir haben das damals untersucht, und das zeigen die Unterlagen. Wenn ich übrigens die Akten vorlegen könnte, die die Behörden in diesem Falle haben, würde sich ja wohl ergeben, daß auch nach deren Ermittlungen das, was damals jener Herr, den Sie heute als Kronzeuge nennen oder auf den Sie, Herr Benda, aufmerksam gemacht haben, gemeint hat wahrgenommen zu haben, nichts mit jener Landesverratsangelegenheit des Frenzel zu tun hatte. Es steht also fest, daß das so ist.
Wenn ich richtig unterrichtet bin, ist jenem Herrn, dessen Name heute hier genannt worden ist - und es ist dabei gesagt worden, warum wir das nicht untersuchen ließen oder man könne es einmal untersuchen, so als wäre das eine Art von Schrecken, den
wir dabei kriegten -, sogar offiziell mitgeteilt worden - offiziell, und darüber gibt es doch wohl einen Durchschlag bei der Stelle, die ihm das mitgeteilt hat -, daß es keinen Zusammenhang gibt zwischen jener damaligen Wahrnehmung und der landesverräterischen Tätigkeit des Frenzel.
Nun gebe ich zu, meine Damen und Herren: Damit ist jene Bemerkung des Pressereferenten der SPD, von der er später uns gegenüber gesagt hat, er habe sie in gutem Glauben gemacht, nicht völlig uninteressant für Sie geworden. Ich würde darüber nicht weinen. Aber einige von Ihnen haben ja wohl Erfahrung, wie es ist, wenn ein Nachfolger auf Dinge zurückkommen muß, die Vorgänger gemacht haben.
({14})
- Herr Ollenhauer hat doch diese Sache nicht zu verantworten, von der Sie hier reden. Daß Herr Ollenhauer darüber nicht an meiner Stelle spricht, kann ich ihm nachfühlen, weil er sagt: Das ist eine so schmutzige Art, und wieso muß ich, der Vorsitzende einer Sozialdemokratischen Partei und der Opposition, dazu reden?
({15})
- Ja, sicher! Nehmen Sie das so, wie es ist! Bei
Ihnen wird auch nicht in jeder Sache der Vorsitzende Ihrer Partei sprechen, und doch wird einer,
wie ich annehme, hingehen und wird Erklärungen zu den Vorwürfen gegen die Partei abgeben. Halten Sie das für lächerlich, oder ist das bei Ihnen nicht üblich? Wie denken Sie sich das eigentlich, mit dieser Partei, von der Sie heute abend hier so geredet haben, derart umspringen zu können?
({16})
- Sie springen mit dem Ruf einer Partei und der Ehre von Personen in einer Weise um, die nicht gerechtfertigt ist.
({17})
Hier geht es um einen Namen und eine Affäre, die Sie in dieser Debatte genannt haben; ich hätte kein Wort zu dieser ganzen Angelegenheit gesagt, wenn Sie dieses Stichwort nicht gegeben hätten.
({18})
Im übrigen, meine Damen und Herren, wollen wir vielleicht aufrechnen? Wir haben das ja öffentlich getan, allerdings nicht in der Weise, wie es Ihnen beliebt. Wir haben erklärt, daß die Infiltrations- und Geheimdiensttätigkeit verschiedener kommunistisch regierter Länder nicht nur eine Partei, sondern alle Parteien oder - sagen wir vorsichtig - die meisten Parteien betreffe. Wir haben ferner erklärt, daß das eine Sache sei, die die Sicherheit des Staates angehe, die eigentlich eine Abwehr sei und einer Abwehr würdig sei, der sich alle unterziehen müßten. Das hat man gesagt, und Sie flüchten sich in solche Erklärungen. Wir meinen das bitterernst. Ich könnte Ihnen - aber sie kennen ja unsere eigenen Veröffentlichungen - die Namen derer vorlesen, die aus Ihrem eigenen Bereich, aus dem Bereich der CDU/CSU, haben verhaftet werden müssen. Ich habe mich darüber nie gefreut. Ich fand das nicht einer Schadenfreude würdig und habe dort, wo eigene Parteileute gesagt haben: „Na, jetzt sollten wir es ihnen doch einmal geben", immer gewarnt und gesagt: „Wenn der kommt, der aufdeckt, welche Sozialdemokraten oder andere er an seiner Strippe hat, dann geht das umgekehrt los".
({19})
- Sie wollten damit - ich entnehme dies weniger Ihren Worten als der Art, wie Sie es jetzt gebracht haben - in Frage stellen, was ich vorhin darüber gesagt habe, nämlich daß es keinen Zusammenhang zwischen dieser Wahrnehmung von der Sie jetzt sagen, Sie wären froh gewesen, wenn man es Ihnen vorher gesagt hätte - und der landesverräterischen Tätigkeit des Frenzel gibt. Da gibt es auch bei Ihnen Leute - das sind durchaus ehrenwerte Leute -, die von irgendwelchen Unterschriftensammlern angegangen werden. Sie werden von irgendwelchen Leuten angegangen, die für getarnte Sympathiekampagnen, Friedenskampagnen oder ähnliches Unterschriften oder Erklärungen haben wollen. Ein solcher Fall war dieser Fall. Oder wollen Sie damit sagen, daß Behörden, von denen ich mit Sicherheit annehmen zu dürfen glaube, daß sie damals parallel unterrichtet worden sind, wenn auch nicht durch die SPD, sondern einen derer, die die Dinge wahrgenommen haben, versagt hätten? Das können Sie ja erklären. Ich habe ja auch nur gesagt: mit Sicherheit annehmen zu dürfen glaube. Sie scheinen guten Zugang zu den Akten zu haben. Eine Partei, die man öffentlich beschimpft, erhält aber bestimmte Akten nicht zur Einsicht. Das ist übrigens eine Sache, die nicht in Ordnung ist, über die wir aber dort reden müssen, wo es um die Frage geht - ob Sie das Wort „gemeinsam" gern hören wollen oder nicht -, die Sache jeder Partei und damit zusammengerechnet aller Parteien und der staatlichen Organe ist. Es war nicht in Ordnung bei dem alten Bundesminister des Innern, der sogar sowjetzonale Angaben gegen die SPD in einer Schrift über den „Roten Funktionär" - wie das Ding hieß - hat verbreiten lassen. Es war nicht in Ordnung, daß man die Partei, die es betraf, nicht ins Bild setzte über gewisse Unterminierungs- und Infiltrationsmaßnahmen der feindlichen Seite. Das war nicht in Ordnung, dagegen haben wir protestiert. Das hat sich leider kaum oder nicht ändern lassen.
Das geht noch weiter. Wenn wir aufgedeckt haben und wenn wir das zusammen mit den Organen des Verfassungsschutzes getan haben, dann ist uns passiert - auch mir persönlich -, daß in Einsendungen
der CDU, sogar unterschrieben von Personen, die allgemein einen Ruf haben - wenigstens regional -, gesagt worden ist, es sei ja typisch für die Zustände in der SPD, daß sie jetzt die und die Leute aufdecke, die an einer sogenannten Leipziger Arbeiterkonferenz teilgenommen haben. Da ist bei Ihn en vieles im argen in der Frage eines harten Kampfes gegen kommunistischen Mißbrauch demokratischer Freiheiten und demokratischer Organisationen, aber nicht bei uns.
({20})
Ich habe kein Interesse daran, hier etwa die Namen derer in das Sitzungsprotokoll zu bringen, die in unserer Liste aufgeführt worden sind. Wir haben auch die aus der eigenen Partei dabei aufgeführt. Es ist falsch, wie Sie sich verhalten, zu glauben, da könnte man, wenn es jeweils den anderen trifft, daraus ein Geschäft zum eigenen Parteinutzen machen; das würde uns alle ruinieren.
({21})
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Nein, jetzt nicht; ich möchte zum Schluß kommen.
({0})
Einen Augenblick! Was höre ich hier? Meine Damen und Herren, das geht auf keinen Fall. Es ist das Recht eines Redners, Fragen zu verweigern, und es ist keine Disqualifizierung eines Redners, wenn er eine Frage verweigert.
({0})
Fahren Sie bitte fort.
Ich wollte Sie also nur darauf aufmerksam machen. Ich weiß nicht, ob auf dem Wege über eine anderweitige Klärung dieser Dinge - gewisser Prozesse z. B. - gewisse Zusammenhänge zwischen denen, die drüben die Drähte ziehen - und mehr als die Drähte ziehen -, und denen, die hier Tarnorganisationen machen, vielleicht auch nicht an die Öffentlichkeit kommen. Da war kürzlich der Prozeß Fuhrmann, der in die Ämter, in denen er tätig gewesen ist - z. B. für die Sicherheit der Bundeswehr -, hineingekommen ist mit den Empfehlungen von Beamten aus dem Bundeskanzleramt. Oder war es nicht so? So war es. Oder was wird mit jenem Mann Felfe, der dort nur als schwer belastender Zeuge auftauchte? Seine Sache wurde hinter verschlossenen Türen ich nehme an, mit Recht und aus guten Gründen - geführt. Der Prozeß gegen ihn steht noch aus, falls er nicht überhaupt nicht stattfindet wie jener Prozeß gegen Oskar Neumann und andere, die inzwischen außer Verfolgung gesetzt worden sind. Dieser Felfe ist ja wohl ein Mann gewesen, der einen besonders wichtigen Abschnitt von staatspolitischer Bedeutung in bezug auf sowjetische Geheimtätigkeit zu beobachten hatte und der seit langen Jahren für die Sowjetunion tätig gewesen ist.
Glauben Sie, daß man auf solche Weise - indem Sie glaubten, uns den Frenzel anhängen zu können, und wir vielleicht glaubten, dies umgekehrt machen zu können - weiterkommen könnte? Sie kommen damit nicht weiter, und Sie kommen erst recht nicht weiter, wenn Sie nicht zur Kenntnis nehmen, was ich Ihnen versucht habe an Hand einiger Feststellungen vorzuführen, vor allem der, daß es zwischen jener Wahrnehmung des Mannes, der plötzlich heute hier in die Debatte gebracht worden ist, und der landesverräterischen Tätigkeit jenes Frenzel keinen Zusammenhang gegeben hat und daß insofern die Sozialdemokratische Partei kein Vorwurf trifft, daß das unerhört ist und daß Sie eigentlich in sich gehen sollten angesichts solcher Behauptungen, wie wir sie in Organen gelesen haben, die Ihnen unzweifelhaft nahestehen, wo gesagt wurde, wir seien an dem Landesverrat mitschuldig, weil wir Bescheid gewußt und dem Mann das erleichtert hätten. Hier habe ich eine ganze Auswahl solcher von Ihren Leuten geschriebenen üblen Verdächtigungen.
Daß Sie heute die Hauptsache, um die es ging und über die abgestimmt werden muß, in einer auch mich erregenden, so menschlichen und nach Gerechtigkeit suchenden Weise zu behandeln gesucht haben - was ich Ihnen nicht vorwerfe, sondern wofür ich manches übrig habe, wenn das nicht nur einmal war und nicht einen bestimmten Minister betrifft -, könnte ein ganz gutes Zeichen sein. Aber hier kommt es auf die Bewährung an, das wissen Sie ja auch, die Sie es gesagt haben. Bei der Gelegenheit wollte ich ausräumen - und ich weiß, daß man sich damit unpopulär macht -, ausräumen mit dem, was Sie leider mit der Anmerkung Ihres anderen Sprechers, des Herrn Benda, trotz der Feierlichkeit uns hier anhängen zu können geglaubt haben.
Ich danke Ihnen trotz allem.
({0})
Das Wort hat der Herr Bundesverteidigungsminister.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst eine Klarstellung oder eine Feststellung. Wenn es darum gegangen wäre, bei dem Thema, das heute zur Debatte steht, das ja weitgehend verlassen worden ist, von mir eine Feststellung zu erreichen, daß Fehler in meiner Verwaltung vorgekommen sind und ich selber nicht mit letzter Gewissenhaftigkeit und mit letzter Genauigkeit geprüft habe, dann hätten Sie diese Feststellung jederzeit haben können. Ich treffe sie heute, unid ich werde auch in Zukunft sagen, 'daß bei dem Druck der Aufgaben, der auf uns lastet, und angesichts der Widerstände, die wir zu überwinden hatten - die Ihnen, meine Damen und Herren von der Opposition, sehr wohl bekannt sind -, einfach nicht immer die Möglichkeit gegeben ist, alles mit der letzten Akribie zu prüfen.
({0})
Bundesverteidigungsminister Strauß
Ich möchte aber 'das 'aufgreifen - das ist die zweite Feststellung, die ich treffe -, daß auch für mich die Erkenntnisse, die aus diesem Ausschuß gewonnen worden sind, durchaus wertvoll sind, Herr Kollege Erler. Denn wir haben gesehen, daß Bundesbedienstete verhältnismäßig hoher Ränge in diesem Ausschuß nicht immer sehr gut abgeschnitten haben. Ich bin allerdings der Meinung: wenn Abgeordnete an ihrer Stelle gewesen wären, hätten sie wahrscheinlich auch nicht viel besser abgeschnitten.
({1})
Aber ich habe eine Sorge, und ich spreche sie hier offen aus. Ich habe mich auch vor diejenigen meiner Bediensteten gestellt, denen ich nicht eine Weisung gegeben habe, sich so oder so in ihrer Empfehlung zu äußern, sondern denen ich wie immer volle Freiheit gelassen habe, mir ihre Meinung zu unterbreiten, die ich mir dann allerdings zu eigen gemacht habe. Ich habe mich vor diese Bediensteten gestellt. Denn wir werden sonst eine große Gefahr erleben: daß der Drang, Verantwortung abzuschieben, 'der Drang, die Unterschrift jemand anderem zuzuschieben, Mitzeichnung zu verlangen und so lange zu prüfen, bis ein Problem nicht mehr lösbar ist, dann noch stärker wird.
({2})
Wir brauchen Bundesbedienstete, die auch den Mut zur Entscheidung haben und deshalb immer mit dem Risiko behaftet sind, auch Fehler zu begehen.
({3})
Wenn einmal meine politische Biographie geschrieben wird - -({4})
- Erstens schreibe ich sie nicht selber, zweitens lasse ich sie von 'einem anderen schreiben, vor allen Dingen nicht viel zu früh, wie einige es tun, das wissen Sie ja. ({5})
Aber wenn einmal meine politische Biographie geschrieben wird, dann hoffe ich, daß das Wort des Kollegen Güde 'darin einzieht: „daß er kein Bürokrat gewesen isst". Für dieses Wort danke ich Ihnen und bin mir des Risikos 'der möglicherweise daraus zu ziehenden Schlußfolgerungen durchaus bewußt. Ich gestehe also zu, daß in meiner Verwaltung Fehler vorkommen. Ich frage nicht einmal, in welcher Dienststelle sie nicht vorkommen. Ich vermute, die gibt es nicht auf der Welt. Und ich gebe zu, daß diese Frage nicht mit der letzten Akribie geprüft worden ist. Ich habe das auch im Untersuchungsausschuß als Zeuge gesagt. Ich habe es auch in 'der Öffentlichkeit gesagt.
Meine Damen und Herren, heute ist in dem Kolleg, das ich vom Kollegen Schmid entgegengenommen habe, sehr viel von Proportionen, von Wahrheit und von Verantwortung gesprochen worden. Es ist auch von Klagen gesprochen und gesagt worden, daß der Minister so prozeßfreudig sei. Nun, darüber wollen wir nicht reden. In vielen Fällen muß ich mit meiner Unterschrift Klage stellen, weil mich die Pflicht der Fürsorge für die mir unterstellten Soldaten, Beamten, Angestellten und Arbeiter zwingt, Klage zu erheben, Klage zu führen. In sehr wenigen Fällen - in sehr wenigen Fällen! - klage ich persönlich.
Aber, meine Damen und Herren von der Opposition, hat nicht Ihr Sprecher Herr Barsig bereits wenige Stunden nach Erscheinen dieser Nummer mir vorgeworfen, daß ich noch nichts unternommen und noch nicht geklagt hätte?!
({6})
Ich sollte sogar die Konferenz mit Generalsekretär Stikker abbrechen, um wegen dieses Unsinns, der da geschrieben worden ist, wegen dieser kompilierten und zum Teil falschen, angeblichen eidesstattlichen Versicherungen sofort nach Bonn zurückzueilen und eine gerichtliche Klärung herbeizuführen.
Haben nicht Sie selbst, Herr Kollege Jahn, ähnliches gesagt? Ich beziehe mich auf PPP vom 30. Januar 1962, der geschrieben hat, daß der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Abgeordneter Jahn ({7}), noch am Dienstag nachmittag für die nächste Fragestunde des Bundestages eine Anfrage eingebracht hat, welche gerichtlichen Schritte der Bundesverteidigungsminister eingeleitet habe, um die Unwahrheit des öffentlich gegen ihn erhobenen Vorwurfs feststellen zu lassen, er habe sich unter Ausnutzung seines Amtes an Bauvorhaben der US-Armee bereichern wollen?
({8})
So berichtete Ihr parteieigener Dienst, der sich auf den Kollegen Jahn bezieht. Sie haben das Thema sehr vorsichtig formuliert, weil es eines Gentlemans natürlich nicht würdig ist, mit diesem Vorwurf identifiziert zu werden.
({9})
Dafür bedient man sich dann anderer Methoden, dafür bedient man sich dieser Methode hier. Die Wirkung ist eine raffinierte Kombination eines relativ harmlosen Vorwurfs auf der einen Seite und der mit diesem Mittel gleichzeitig indirekt verbreiteten Behauptung, man habe sich bereichern wollen. Ich kenne die Methode nunmehr so lange und habe sie am eigenen Leibe jetzt jahrelang erlebt, daß Sie mir - ich sage das ohne jede Anklage - nicht mit pharisäischer Miene das eine oder andere unterschieben und mir zumuten können, ich solle das Motiv glauben.
({10})
Das ist das eine.
Ich darf Ihnen etwas Weiteres - einigen von Ihnen ist es ja bekannt - zum Thema Ehrenschutz sagen, das heute beim Kollegen Güde angeklungen ist. Herr Ollenhauer, Sie haben auf diesem Gebiet ja auch schon schlechte Erfahrungen gemacht. Vor langer Zeit haben Sie doch einmal gegen einen Herrn, der heute Mitglied dieses Hohen Hauses ist - nicht Ihrer Fraktion -, geklagt. In
Bundesverteidigungsminister Strauß
der ersten Instanz haben Sie verloren. Auf die zweite haben Sie verzichtet. Ich habe nie mehr etwas gelesen. Vielleicht haben Sie die Klage zurückgezogen. Es war ein weiser Schritt.
Im Jahre 1958 hat das parteioffizielle Informationsorgan PPP wahrheitswidrig die Behauptung aufgestellt, ich hätte unter Mißbrauch meiner Amtsgewalt, unter Mißbrauch meiner politischen Beziehungen den Außenminister gezwungen, eine Ernennung eines Angehörigen meiner Familie vorzunehmen. Ich habe damals, im November 1958, geklagt. Da hatten Sie Hunderttausende von Flugblättern in Hessen darüber verbreitet. 10 000 davon haben wir erwischt. Der Rest ist noch schnell genug verteilt worden.
({11}).
Das andere hat die Staatsanwaltschaft beschlagnahmt. Das wissen Sie doch ganz genau!
Der Urheber der Flugblätter hat sich dann entschuldigt. Es ist ein politisch Verfolgter. Ich weiß im Augenblick nicht den Namen. Ich wollte ihn nicht noch vor den Kadi bringen. Er hat alle Kosten übernommen, hat sich entschuldigt und hat die Sache zurückgezogen usw. usw. Gegen drei Herren habe ich Strafantrag gestellt, gegen Ihren Chefredakteur von Puttkamer, über den, Herr Wehner, in manchem Zusammenhang einiges zu sagen wäre, zweitens gegen Herrn Hauer vom PPP und drittens gegen Herrn Guggomos, einen Ihrer hauptamtlichen Presseleute.
Das war im November 1958. Es kann auch Dezember gewesen sein. Das will ich hinzufügen. Sonst werfen Sie mir eine falsche Berichterstattung gegenüber dem Parlament vor.
({12})
18 Monate später hat die Staatsanwaltschaft Anklage erhoben, obwohl die zuständigen Herren des Auswärtigen Amts, an der Spitze der Minister und dann alle unter ihm bis zum letzten Referenten herunter, bei der Vernehmung gesagt haben, sie seien bereit, unter Eid auszusagen, daß an der ganzen Behauptung keine wahre Silbe sei.
Dann kam neun Monate später die Hauptverhandlung. Die hat stattgefunden im Frühjahr 1961.
({13})
Geklagt habe ich prompt, wenige Tage nach dem Erscheinen. Das Jahr 1958 ist zu Ende gegangen, das ganze Jahr 1959, das ganze Jahr 1960, und im Spätfrühjahr 1961 kam dann die Verhandlung.
Die drei Herren von Ihnen sind alle zur Mindeststrafe von drei Monaten Gefängnis verurteilt worden.
({14})
Das wissen Sie auch. Es standen wieder große Berichte in der Zeitung für eine Leserschaft, die keine Ahnung mehr von den eigentlichen Vorgängen des Wahlkampfes in Hessen und Bayern 1958 hatte.
({15})
Daraufhin haben die Herren selbstverständlich Berufung eingelegt. Das ist Ihnen nicht übelzunehmen. Es ist in einem Rechtsstaat das gute Recht eines jeden Verurteilten, Berufung einzulegen. Sie sind also nicht rechtskräftig verurteilt, will ich gleich hinzufügen, damit kein falscher Eindruck entsteht.
Jetzt schreiben wir Ende Oktober 1962, und die Berufungsverhandlung hat noch nicht stattgefunden.
({16})
Um aber eine Verzögerung des Verfahrens zu erreichen und die Verleumdung nicht zugeben zu müssen, hat man behauptet, mein persönlicher Referent, nein, ein Mitarbeiter des Ministerbüros, Major Sagner, der in der Zwischenzeit Militärattaché in Korea geworden ist, hätte mit dem Herrn Limbourg, dem persönlichen Referenten des Herrn von Brentano, die Sache ausgehandelt. Man habe der Informationspflicht genügt, wenn man auch Falsches berichtet habe.
Das Ergebnis ist, daß die Berufungsverhandlung abgebrochen werden mußte und daß nunmehr auf dem Wege der Amtshilfe der Major Sagner in Korea vernommen werden muß.
({17})
Er ist in der Zwischenzeit vernommen worden, nehme ich an.
Dasselbe ist in Rom passiert. Da ist Ihr Rechtsanwalt Weber hingefahren. Mein Rechtsanwalt ist auch hingefahren. Der Richter hat dort im Beisein der beiden Rechtsanwälte Herrn van Scherpenberg, den Botschafter am Heiligen Stuhl, und seinen Mitarbeiter Limbourg vernommen. Jetzt geht das Ganze wieder zurück. Ich rechne damit, daß die Berufungsverhandlung im Frühjahr 1963 stattfindet. Dann geht es in die Revision, meine Damen und Herren. Das dauert auch so im Durchschnitt ein Jahr. Wird bei der Revision das Urteil anerkannt, dann ist es aus - nach vier Jahren, nach fünf Jahren, nach sechs Jahren! Wird das Urteil nicht anerkannt, gibt es wieder eine neue Verhandlung in der Revision. Was hat es für einen Sinn, im November 1958 gegen eine ehrenrührige Behauptung, gegen eine klare Verleumdung Ihrer Propagandisten zu klagen, wenn man vor dem Jahre 1964 oder 1965, sechs, sieben Jahre später, kein rechtskräftiges Urteil erlangen kann? Das darf ich einmal feststellen.
({18})
Ich bin gar nicht so empfindlich. Ich nenne die gegen mich erhobenen Vorwürfe hier im Plenum des Bundestages.
Das nächste Beispiel! Das waren dieselben Kavaliere wieder, jedenfalls der Herr Hauer von PPP. Da hat er behauptet, ich hätte unter Mißbrauch meiner Amtsgewalt die Oberfinanzdirektion München gezwungen, auf allen staatlichen Baustellen, bei allen Kantinen staatlicher Baustellen, das Bier der Brauerei meiner Schwiegereltern zu verkaufen.
({19})
Ich kann nichts dafür, daß meine Schwiegereltern
eine Brauerei haben. Ich bin nicht daran beteiligt,
Bundesverteidigungsminister Strauß
ich habe auch nichts damit zu tun. Da habe ich im März 1959 geklagt. Angeblich ist vor neun Monaten vom Staatsanwalt Anklage erhoben worden. Ein Termin für eine Verhandlung ist mir jetzt, im Oktober 1962, noch nicht bekannt.
({20})
So sind doch die Verhältnisse in Wirklichkeit!
Stellen Sie bitte eine Kleine Anfrage, eine schriftliche Anfrage! Dann gebe ich Ihnen das, was ich jetzt nur aus dem Gedächtnis zitieren kann - vielleicht mit dem Irrtum von einem oder zwei Monaten -, mit Aktenzeichen, mit genauem Datum und mit allen Details einschließlich der gegen mich erhobenen Beschuldigungen. Die können Sie dann wieder lesen. Ich sage das hier freiwillig; ich bin nicht so empfindlich wie Sie, Herr Wehner;
({21})
ich sage hier, was behauptet worden ist. Und ich
bin auch bereit, mehr zu sagen, wenn es sein muß.
Sie, Herr Jahn, und Herr Barsig haben mich gezwungen, oder sagen wir besser: haben mich veranlaßt, eine Klage anzustrengen; ich habe es leider getan; man soll ja in der Politik nie folgen, das hätte ich schon immer beachten sollen; aber, wie gesagt, ich habe mich leider dazu bewegen lassen. Mir ist von vornherein gesagt worden, daß die Klage gegen den einen Herrn sinnlos sei, genau aus den Rechtsgründen, die Herr Kollege Güde hier dargelegt hat.
I Sie wissen eines ganz genau. Wir sind alle alte Routiniers auf dem Gebiete des Politisch-verfolgtWerdens. Sie wissen ganz genau: es kann einer freigesprochen werden wegen Wahrung berechtigter Interessen. Er kann freigesprochen werden, weil ihm das subjektive Bewußtsein der Strafbarkeit seiner Äußerungen nicht nachgewiesen werden kann. Und wenn einer so freigesprochen wird, dann ist die Wirkung des Freispruches die, daß das, was er gesagt hat, trotzdem als wahr genommen wird, obwohl es falsch ist, weil unser Rechtssystem ungenügend ist. Das sind doch die Dinge, die uns im politischen Kampf seit Jahren bewegen. Das wissen doch Sie als Advokat wesentlich besser, als ich als Nichtjurist es weiß.
Herr Seuffert hat heute gesagt, ich hätte einen Vergleich geschlossen. Selbstverständlich habe ich einen Vergleich geschlossen. Die Behauptung, die unterschwellig verbreitet wurde, war doch, jemand hätte gesagt, ich sollte an einem Geschäft beteiligt werden und ich hätte Aufträge in einer gewissen Höhe zugesagt. Ich habe eine einstweilige Verfügung bekommen, in der die Verbreitung dieser Behauptung untersagt worden ist, und genau der Inhalt der einstweiligen Verfügung war Gegenstand des Vergleichs. Die Gegenpartei hat sich verpflichtet, diese Behauptung nicht zu erheben. Sie hat hinzugefügt, sie habe sie auch nicht erhoben, sie werde sie nicht erheben, auch nicht indirekt in der Form der Fragestellung. Daraufhin sagte der Richter: Ich gebe Ihnen den guten Rat, den Vergleich anzunehmen, weil nämlich die Wiederholungsgefahr wegfällt. - Als Juristen wissen Sie auch: wenn die
Wiederholungsgefahr wegfällt, bekommen Sie kein Urteil mehr, dann wird die einstweilige Verfügung aufgehoben. Das sind alles so Erfahrungen am Rande. Aber ich habe ja mein „pater, peccavi" und mein „mea maxima culpa" am Anfang gesagt, damit ich meine kritischen Bemerkungen anschließen konnte.
Noch ein letztes Wort zu der Frage der Prüfung. Verlangen Sie nicht zuviel! Herr Güde hat heute ein Wort gesagt, bei dem es einem kalt über den Rücken laufen kann: „Nach dem Maß, mit dem ihr meßt, werdet ihr gemessen werden." Sie wissen, daß der Reichspräsident Ebert durch gewisse Methoden über sein physisches Leiden hinaus vorzeitig regelrecht in den Tod getrieben worden ist.
({22})
Das wissen Sie. Herrn Ebert hat man vorgeworfen, eine Empfehlung für Herrn Barmat ausgestellt zu haben. In meiner Jugend geisterte noch das Wort vom Barmat-Kutisker-Skandal umher. Ich habe jetzt erst durch einen Hinweis eines ehemaligen Reichstagsabgeordneten wieder von den Dingen erfahren. Ich habe nur aus meiner Kindheit den Namen „Barmat-Kutisker" als den eines großen Skandals in Erinnerung.
({23})
- Ich bin ja noch nicht fertig. - Ich kann doch nicht, Herr Kollege Jaksch, in einem Satz sämtliche gegen Ebert erhobenen infamen Behauptungen auf einmal bringen. Es sind mehrere Dinge gewesen bei Ebert. Ich nenne aber hier gerade diesen Fall, weil er als Parallele wertvoll ist, weil heute so geistreiche Dinge gesagt worden sind.
Ebert hat damals dem Herrn Barmat eine Empfehlung ausgestellt, auf Grund deren Herr Barmat einen Paß bekommen hat. Ich glaube, die Sozialdemokratie hat damals ihrem mit Recht verehrten Reichspräsidenten nicht den Vorwurf gemacht, er habe das Vorleben und das spätere Leben Barmats nicht so gründlich geprüft, daß er auf die Ausstellung der Empfehlung verzichtet hätte. Und da ist der Barmat-Skandal gekommen. Was man Ebert vorgeworfen hat, hat nicht gestimmt. Barmat ist auch wegen betrügerischen Bankrotts verurteilt worden. Der Schaden war relativ gering. Es wurde ein Untersuchungsausschuß eingesetzt, und der todkranke Ebert wurde vor den Untersuchungsausschuß geschleppt, und zwar wegen genau desselben Vorwurfs, den Sie mir gemacht haben: nicht genügend sorgfältige Prüfung. Das sind Tatsachen. Man könnte wahrscheinlich noch mehr dazu sagen.
Ich möchte nur eines sagen, wenn soviel von der Wahrheit die Rede ist. Herr Kollege Jahn, Sie sind Rechtsanwalt. Die Darstellung, die Sie heute gegeben haben, war in wesentlichen Punkten so aus dem Zusammenhang genommen und auch in Einzelheiten falsch - ich bin gern bereit, Ihnen das schriftlich nachzuweisen, um das Haus nicht länger zu belästiBundesverteidigungsminister Strauß
gen -, daß man nicht von einer wahrheitsgemäßen Darstellung des Falles und von dem Willen zur Wahrheit im Sinne der ergreifenden Ausführungen des Kollegen Güde und im Sinne der loyalen Ausführungen des Kollegen Erler sprechen kann. Man muß mit gleichen Maßstäben messen. Das habe ich Ihnen zu dem Fall Barmat, zu der Empfehlung und zu den Vorwürfen gegen Ebert gesagt.
Ich sage noch etwas anderes. ,,,Mit gleichen Maßstäben" ist das Thema, das Herr Kollege Wehner angeschnitten hat. Ich hätte es, wenn Sie es nicht aufgegriffen hätten, in meinen Darlegungen, die ich nicht vorbereitet habe, nicht genannt. Darum geht es ja nicht in dem Fall, in ,dem ich ein Jahr lang dem Trommelfeuer wildester Verdächtigungen, Anschuldigungen und Beschimpfungen ausgesetzt war. Es ging doch darum, daß im Inhalt falsche eidesstattliche Erklärungen im Dreiecksystem publiziert worden sind. Darum ging es. In Ihrem Fall Bögler-Frenzel geht es doch darum, daß eine auch in Ihren Augen heute suspekte Person eine, wie ich überzeugt bin, inhaltlich falsche Behauptung aufgestellt hat. Bei mir haben Sie verlangt, ich soll klagen, Herr Jahn, und ich frage: Warum haben Sie nach den Maßstäben, mit denen Sie mich in diesem Jahr gemessen haben, nicht gegen Bögler geklagt?
({24})
Ich rede jetzt nicht vom Bundesrisiko, von finanziellen Konsequenzen usw., wo man sagen kann, sie sind gleich Null. Aber über eines besteht kein Zweifel. Es handelt sich hier nicht um eine private Interessentengruppe, wie Sie immer so schön sagen. Auf dem Gebiet gibt es immer nur private Interessenten, es sei denn, Sie denken an staatliche Wohnungsbaugesellschaften. Da gab es nur einen einzigen Fall, daß sich jemand im Verteidigungsministerium gemeldet hat. Ich rede gar nicht davon, wie die Zuständigkeiten verteilt sind. Wo es ein Problem abzuwälzen gibt, ist keine rzuständig, und wo Geld zu verteilen ist, sind meist alle zuständig. Hier haben alle übrigen Ministerien das Problem abgewälzt, weil sie es nicht haben lösen können, und die Unzufriedenheit der Amerikaner über die Behandlung ihrer Soldaten ist gestiegen. Wen trifft denn das im Amt am stärksten und in der Zusammenarbeit und im Verhältnis zu unsern Freunden? Den Verteidigungsminister! Zu mir sind sämtliche bisherigen amerikanischen Oberkommandierenden gekommen, und mehrmals kam der amerikanische Botschafter, und sie haben auf einem Gebiet von mir Interventionen verlangt, wo ich keine Zuständigkeit habe; denn das gesamte Bauwesen, die ,gesamte Bauausführung liegt bekanntlich in Landeszuständigkeit bei den Oberfinanzdirektionen und Finanzbauämtern. An wen wendet man sich? An den nicht zuständigen Verteidigungsminister, weil, wenn man in dessen großem Arbeitsbereich etwas will, wenn da etwas durchgesetzt werden soll, eine allgemeine Zuständigkeitsvermutung von vornherein angenommen wird. Das kann man nicht mit Haarspaltereien aufheben, Herr Kollege Jahn.
Sie werfen mir vor, daß ich nicht genügend geprüft habe. Das habe ich zugegeben. Aber Sie selbst waren viele Jahre lang in engster politischer Kameradschaft mit dem Herrn Bögler. - Ich rede nicht von dem Herrn Frenzel; das kann jedem passieren. - Sie waren in engster politischer Kameradschaft mit Herrn Bögler, und jeder Angriff gegen Herrn Bögler ist von Ihnen abgelehnt worden. Über Nacht, nachdem er aus der Partei ausgeschlossen war, ist er ein suspektes, unglaubwürdiges Individuum geworden. Hier stimmt doch etwas nicht. Sie müssen 30 Jahre lang geprüft haben und haben Herrn Bögler doch nicht in seinen Charaktertiefen 'ausgelotet.
Darum geht es doch, Herr Kollege Wehner, daß auf dem Wege der indirekten Behauptung etwas in die Welt gesetzt wird, und dann soll man klagen, soll Prozesse ausfechten, so wie es Kollege Güde sagte. Bei Ihnen war es genau dasselbe. Herr Kollege Bögler hat die Behauptung aufgestellt, ich halte sie inhaltlich für unrichtig; aber Sie haben nichts dagegen unternommen, außer öffentliche Erklärungen abzugeben. Ich habe das gleiche getan und auch eine ganze Reihe öffentlicher Erklärungen abgegeben.
Dann darf ich das zweite sagen.
({25})
- Herr Kollege Wehner, wir haben beide so wenig Zeit, Sie haben vorhin keine Zeit gehabt, und ich habe auch keine mehr.
({26})
Einen Augenblick, Herr Bundesminister. Herr Abgeordneter Wehner, Ihnen ist hier der Vorwurf gemacht worden, Sie hätten gelogen?
({0})
Ich frage: meldet sich ein Mitglied des Hauses? Ich habe nichts gehört.
Ich muß leider sagen, weil ich den Zwischenruf verstanden habe: es war der Herr Barsig gemeint.
Wer war gemeint?
Das Wort gelogen ist gefallen, aber im Zusammenhang mit Barsig. Da waren Sie nicht gemeint, Herr Kollege Wehner, - um das klarzustellen.
Aber Sie müssen sich in die kleinsten Einzelheiten vertiefen, Herr Kollege Jahn, um mir in Nuancen eine nicht voll wahrheitsgemäße Beantwortung der Anfrage nachweisen zu wollen. In dem Falle Bögler, Frenzel, Barsig, wenn ich mich einmal so ausdrücken darf, ist wahrheitswidrig behauptet worden, die für die Sicherheit zuständigen Stellen
Bundesverteidigungsminister Strauß
des Bundes seien rechtzeitig informiert worden. Wir mußten erschreckt fragen: haben die nichts getan? Auch in meinem Amtsbereich ist geprüft worden, ob damals irgend etwas bekanntgeworden ist. Der Vorwurf gegen diese Bundesbehörden ist von Ihnen freiwillig nicht zurückgezogen worden. Erst als die CDU/CSU eine klare Anfrage stellte und Auskunft verlangte, welcher Bundes- oder Landesbehörde oder sonstigen Behörde damals die Warnung übermittelt worden sei, also in dem Moment, wo die Anfrage im Druck war, hat der Herr Barsig seine Lüge zugegeben. So war doch der Ablauf an diesem Tage. Das wissen Sie doch ganz genau. Und darum: mit dem Maß, mit dem ihr meßt, sollt ihr gemessen werden. Wenn Sie mir, der ich damals vor der Abfahrt nach Amerika die Antwort schnell diktieren mußte, in Nuancen Unwahrheiten nachweisen wollen, dann muß das Beispiel vom Splitter und vom Balken hier als wahrlich gerechtfertigt einmal in aller Deutlichkeit gebraucht werden.
({0})
Ich möchte die Zeit des Hohen Hauses nicht länger in Anspruch nehmen. Aber, Herr Kollege Wehner, heute könnte ich mit Recht sagen: Si tacuisses ..., wenn Sie geschwiegen hätten, wären Sie ein Philosoph gewesen. Ich weiß Kollege Wehner, daß Sie ein Meister der politischen Taktik sind. Ich weiß, daß der Sinn dieser Rede die Vorwärtsstrategie gewesen ist. Ich bewundere an Ihnen die politische Taktik. Ich habe Sie schon damals bei Ihrer NATO-Rede im Juni 1960 bewundert. Ich habe Sie wieder bei der letzten außenpolitischen Debatte bewundert. Eine großartige Leistung von Ihnen, das muß man beinahe neiderfüllt, jedenfalls ehrlich, konzedieren.
Aber Sie haben den Namen Fuhrmann in die Debatte geworfen und daran gleich eine Portion falscher Behauptungen geknüpft. Der Fall Fuhrmann ist kein Ruhmesblatt. Das weiß ich. Ich bin erschrokken. Ich habe mir die Akten genau vorlegen lassen, weil ich wissen wollte, wie Fuhrmann in die Verwaltung kommen konnte. Daß Sie mich nicht persönlich dafür verantwortlich machen, weiß ich. Da habe ich aber gefunden, daß Fuhrmann vom Berliner Senat empfohlen worden ist.
({1})
Er war Staatsanwalt in Berlin, in der Berliner Justiz tätig. Wenn ich meinen Leuten einen Vorwurf machen kann, dann den, warum man dem Herrn Fuhrmann zwei Jahre lang die Berliner Planstelle freigehalten hat und ihn abkommandiert hat.
({2})
Daran knüpfen sich ganz bestimmte Vermutungen, die vielleicht bei dem Prozeß in irgendeiner Form evident werden. Aber wenn Sie das sagen, Herr Kollege Wehner, dann muß ich aus meinem Gedächtnis - ich glaube nicht, mich hier zu täuschen - sagen: Herr Fuhrmann kommt von der Berliner Justiz. Er ist wärmstens empfohlen worden. Er war vorübergehend im Bundesjustizministerium
und ist vom Bundesjustizministerium an das Bundesverteidigungsministerium abgetreten worden.
({3})
Die Frage ist: Warum hat man Herrn Fuhrmann aus Berlin 'weggelockt? Aber wir haben schon viel zu viel über 'diesen Fall gesprochen.
({4})
Ich möchte zusammenfassend folgendes sagen. Ich habe erstens meine beiden Feststellungen getroffen. Ich habe zweitens gesagt, daß ich dem Ausschuß für seine Tätigkeit dankbar bin. Herr Kollege Schmid, Sie haben das Wort von den Proportionen heute erwähnt. Wenn dieser Anlaß das Normalmaß für die Einsetzung von Ausschüssen ist, dann haben Sie damit ein Startzeichen gegeben, das im Widerspruch zu dem steht, was der Kollege Wehner soeben vertreten hat.
({5})
Wissen Sie warum? Die Frage - wir machen nicht Sie verantwortlich, sowenig wie Sie mir persönliche Bereicherung vorwerfen -, wie der zu der bisher längsten und gesetzlich höchstzulässigen Freiheitsstrafe verurteilte Landesverräter Frenzel nicht nur ins Parlament einziehen, sondern im Verteidigungsausschuß arbeiten konnte, ist nicht eine Frage Ihrer Fraktion, sondern eine Frage, die sehr wohl auch einer Untersuchung durch 'das Parlament bedurft hätte.
({6})
Ich setze Ihnen das Zeichen. Als damals Herr John
({7})
die Fronten wechselte, ist ein Untersuchungsausschuß eingesetzt warden.
({8})
- Aber bei John ist er eingesetzt worden.
({9})
Bei Schmidt-Wittmack liegt der Fall - das wissen Sie ganz genau - wesentlich anders als bei Herrn Frenzel, obwohl beide, auch das wissen Sie ganz genau - ({10})
Wenn der Fall Schmidt-Wittmack heute vor einem Gericht verhandelt würde, würde Schmidt-Wittmack wohl verurteilt werden; aber Ausmaß, Folgen und grundsätzliche Bedeutung sind ganz verschieden;
({11})
darüber gibt es nicht den geringsten Zweifel. Doch darüber habe ich hier nicht zu sprechen. In meiner Fraktion wurde damals - und das widerlegt Sie, Herr Kollege Wehner - erwogen, den Fall Frenzel nach dieser Seite hin einmal aufzurollen. Wissen Sie, warum das unterlassen worden ist? Weil Herr von Brentano und seine Mitarbeiter sagten: Wir stehen jetzt wenige Wochen vor dem Wahlkampf; wenn wir diesen Fall in einem UntersuchungsausBundesverteidigungsminister Strauß
schuß behandeln, wird man uns vorwerfen, daß wir diesen bedauerlichen Fall für parteipolitische Zwecke ausschlachten wollten. Da hat der vornehme Herr von Brentano damals alle Anregungen 'dieser Art abgelehnt.
({12})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Güde.
Ich verzichte, Herr Präsident.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Erler.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Ausführungen des Herrn Verteidigungsministers zwingen mich zu einigen Klarstellungen.
Zunächst einmal zeigt die Art, in der hier erneut der Fall des Spions Frenzel gewissermaßen im Aufrechnungsverfahren - entschuldigen Sie - behandelt wird und die Herr Kollege Wehner zu Recht befürchtet hatte, die Taktik Ihrer Partei im Lande draußen.
({0})
Diese Art zwingt mich dazu, hier einiges zu sagen.
Ich hatte nicht die Absicht, hier Liste und Gegenliste aufzustellen; aber ich möchte, einfach weil ich damals in den Vorgängen des Verteidigungsausschusses als stellvertretender Vorsitzender gearbeitet habe, in aller Bescheidenheit darauf aufmerksam machen, daß diesem Verteidigungsausschuß der Herr Kollege Schmidt-Wittmack - damals als Kollege, nicht wahr; inzwischen ist er Landesverräter und Überläufer - angehörte und daß sein Übertritt in die Zone, was die Sache nicht ganz unpikant machte, geschah, nachdem er im Auftrage des Parlaments noch eine Reise zur Besichtigung von Verteidigungsanlagen in einem westlichen, wenn auch neutralen Land, nämlich Schweden, unternommen hatte.
({1})
- Können Sie, sicher! Ich wollte Ihnen nur sagen, daß diese Fälle Anlaß für uns sein sollten - das war auch Wehners Begehren -, zu prüfen, wie wir das Einsickern von Spionen und Landesverrätern, die Unterwanderung unserer Parteien in gemeinsamer Arbeit abwehren können, statt Material zu sammeln, um dann später über den jeweils anderen Betroffenen herfallen zu können; das ist doch das Thema.
({2})
In diesem Zusammenhang ein Wort zu der wirklich ungerechtfertigten Art, in der hier der Pressereferent der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands abqualifiziert worden ist. Ich war bei den Besprechungen dabei und spreche hier aus eigenem Wissen. Ich bitte, das infolgedessen zu respektieren. Herr Barsig hat, nachdem er eine objektiv nicht zutreffende Feststellung in gutem Glauben gemacht hatte
({3})
- in gutem Glauben -, später vor der Öffentlichkeit, nachdem sich herausgestellt hatte, daß diese Feststellung objektiv unrichtig war - ({4})
- Entschuldigen Sie, auch nach unseren eigenen Prüfungen hat sich das herausgestellt. Das hat auch einige Zeit gebraucht. Ich werde Ihnen sagen, warum. Der gute Glaube bestand darin, daß er dem Irrtum eines damals die Untersuchungen führenden, inzwischen schwerkranken Mannes in seinem Erinnerungsvermögen erlegen war, was menschlich verständlich ist. Ich halte es nicht für richtig, hier einfach von Lüge zu sprechen. Das hat der Mann nicht verdient.
({5}) Wir standen nicht an, das klarzustellen.
Eine interessante Bemerkung des Kollegen Wehner ist hier völlig untergegangen. Hier wird versucht, in der Methode, mit der damals auch 'der Träger sozialdemokratischer Tradition Friedrich Ebert gehetzt worden ist, der sozialdemokratischen Partei das Stigma der nationalen Unzuverlässigkeit und der Solidarität mit Landesverrätern aufzubrennen. Dagegen wehren wir uns.
({6})
Meine Damen und Herren, das wird versucht in der Art Ihrer Blätter und mit dem höhnischen Wink: Warum seid Ihr damals, als Ihr es - angeblich - schon gewußt hattet, gewarnt worden wart, es sei ein Landesverräter, nicht hingegangen und habt dem Mann das Handwerk gelegt?
({7})
Die Hinweise, die Sie genauso wie wir bekamen und die nicht auf Landesverrat, sondern auf Entgegennahme kommunistischer Petitionen hindeuteten, haben damals nach Prüfung zu dem Ergebnis geführt, daß jener Verräter Frenzel angegangen war, eine Petition zu unterzeichnen; und er hat es nicht einmal getan.
Ein zweites. Warum haben die Behörden, die - das steht fest - nicht durch uns unterrichtet worden sind, aber bei denen es Akten über diese Dinge gibt, damals eben nicht in jener Weise, von der Herr Wehner sprach, Zusammenarbeit mit der Sozialdemokratischen Partei gesucht, falls sie zu, anderen Ergebnissen als wir gekommen sein sollten?
({8})
- Nein. - Wenn ich mir einmal den Prozeß betrachte, dann wage ich den Satz, daß sich im Verlauf des Prozesses genau das gleiche herausgestellt hat wie bei uns, daß nämlich das Ereignis in Berlin in keinem Zusammenhang mit der sonstigen landesverräterischen Tätigkeit des Agenten stand. Wir
haben ihn nicht zur Strecke gebracht, und die Behörden auch nicht.
({9})
- Nachdem wir den Fall untersucht und klargestellt haben, möchte ich Ihnen nur sagen: Nach auch Ihren Erfahrungen, von denen ich mir ein gutes Teil gemerkt habe, wäre ein solches Verhalten wahrscheinlach nicht der richtige Weg zur Klärung der Sache gewesen. - Das also dazu.
Nun noch etwas. Fuhrmann wurde hier plötzlich in die Debatte gebracht in Verbindung mit dem Berliner Senat. Nun gut, wer ist denn Berliner Justizsenator? Da müssen Sie sich mal bei Ihrem Parteifreund Kielinger erkundigen, wie das mit der Empfehlung ausgesehen hat. Da ist kein Sozialdemokrat Chef der Justizverwaltung. Und wie war es denn mit einer Empfehlung aus dem Bundeskanzleramt, bevor Herr Fuhrmann ins Verteidigungsministerium gebracht wurde? Das stand so in den Zeitungen zu lesen; oder stimmt es nicht? Das könnten wir noch lange fortsetzen.
({10})
Meine Damen und Herren, lernen wir aus der Sache eines. Herr Minister, ich möchte auch Ihnen sagen: Sie fühlen sich oft zu Unrecht angegriffen und werden es auch manchmal mit Recht. Das ist ein völlig anderer Punkt. Aber nach allem, was wir hier miteinander erlebt haben, muß jeder dafür
sorgen - das haben Sie ja soeben gesagt -, daß das, was er vom anderen verlangt, auch von ihm beherzigt wird. Das gilt für den Bundeskanzler, der Verleumdungen vor Wahlkämpfen ausspricht,
({11})
später sie zurücknehmen muß und dann hier in diesem Hause sagt: „Aber sie haben immerhin ihre Wirkung im Wahlkampf gehabt!" Ich höre das noch, wie das seinerzeit in der Debatte Schroth-Scharley meinem Kollegen Mellies entgegengehalten worden ist. Das gilt dann für alle, von oben bis nach
unten.
Daher noch einmal: Versuchen wir zu unterscheiden: Kontrolle des Parlaments auch über die Amtsführung unserer Regierung und das Funktionieren der Exekutive - das ist eine Sache; und die globale und pauschale Verdächtigung politisch Andersdenkender - das ist eine andere Sache. Und da sollten wir alle uns sorgfältig davor hüten, zum Pauschalmittel der unbegründeten Verdächtigung zu greifen. Da bitte ich auch den - im Augenblick nicht zuhörenden - Herrn Verteidigungsminister, beim Umgang mit Andersdenkenden in CSU-Kundgebungen im Lande Bayern künftig daran zu denken, wenn er wieder einmal von potentiellen Kriegsverbrechern, von Narren und anderen spricht, daß sich dabei auch Menschen betroffen fühlen können, die nun einmal zu den politisch Andersgläubigen im Verhältnis zu seiner Partei gehören. Dann müssen wir das Wörterbuch auch derer bereinigen, die von sich behaupten, als Regierungspartei trügen sie ein noch größeres
Stück Verantwortung in diesem Lande als die anderen.
({12})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. von Brentano.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte nicht, daß diese parlamentarische Debatte über - wenn ich mich recht erinnere - den Bericht des Fibag-Ausschusses abgeschlossen wird mit der Erklärung des Kollegen Erler, und noch weniger mit der Darstellung, die wir hier von Herrn Kollegen Wehner erlebt haben.
({0})
Meine Damen und Herren, wir haben davon abgesehen, die Frage Frenzel irgendwie in der Öffentlichkeit zu diskutieren; aber ich habe den Eindruck, wir werden diese Überlegungen nachprüfen müssen.
({1})
Denn Ihre Reaktion, Herr Kollege Wehner, und auch Ihre Reaktion, meine Damen und Herren, ist mir schlechthin unbegreiflich. Ich stelle fest: es ist nicht mehr behauptet worden, oder richtiger: es ist nicht mehr gefragt worden seinerzeit als: Bei wem hat Herr Barsig denn über den Verdacht berichtet? Darauf haben wir keine Antwort bekommen. Da haben wir an die Regierung eine Anfrage gerichtet, ob bei irgendeiner zuständigen Stelle eine solche Anfrage eingegangen sei. Und dann hat Herr Barsig uns gesagt: „Ja, ich habe das gar nicht getan, das ist ein Irrtum." Und jetzt, meine Damen und Herren, sagen Sie, das müssen wir Herrn Barsig glauben. Wenn Sie aber auf Grund eines „Spiegel"-Artikels einen Untersuchungsausschuß einsetzen und Herr Minister Strauß sagt Ihnen: Das sind falsche Angaben, dann wird ihm das nicht geglaubt, sondern er wird ein Jahr lang wie ein Hund gehetzt.
({2})
Wenn mein Kollege Haase Sie, Herr Kollege Wehner, nach einer Äußerung gefragt hat, die in der „Frankfurter Allgemeinen" wiedergegeben ist, dann sagen Sie, ohne die Frage zu beantworten, ein Artikel in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" sei kein Argument. Ja, meine Damen und Herren - ist denn ein Artikel im Spiegel ein Dokument?
({3})
Dann haben Sie sich, Herr Kollege Wehner, mit ironischen Worten zu den Ausführungen meines Freundes Güde geäußert, die, wie ich glaube, von jedem anständigen Menschen hier im Hause richtig verstanden worden sind.
({4})
Sie haben von herzbewegenden Appellen gesprochen. Meine Damen und Herren, ich habe gehört - und ich habe es mit Interesse und Befriedigung gehört -, daß Herr Kollege Erler in der ersten Intervention versöhnende Worte auch für dieses Verfahren fand und daß er hieran eine Erinnerung
Deutscher Bundestag - 4. Wahlperiode - 43. Sitzung. Bonn, Donnerstag, cien 25. Oktober 1962 1919
knüpfte, indem er sagte: Auch Untersuchungsausschüsse können nützlich sein; der Untersuchungsausschuß über die Personalentscheidungen des Auswärtigen Amtes hat mich damals in den Stand gesetzt, den Botschafter von Etzdorf gegen verleumderische Angriffe zu schützen.
Meine Damen und Herren, ich glaube, es wäre ein guter Abschluß dieser Diskussion gewesen, wenn ein Sprecher der Opposition gesagt hätte: Das Ergebnis dieses Ausschusses hat uns gottlob in den Stand gesetzt, den Minister Strauß in Zukunft gegen verleumderische Angriffe zu schützen.
({5})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Busse.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herrn Kollegen! Ich habe die Ehre, namens der Bundestagsfraktion der Freien Demokratischen Partei die folgende Erklärung, und zwar gleichfalls ausschließlich. zum Bericht des Fibag-Ausschusses abzugeben.
Die Bundestagsfraktion der Freien Demokraten hat in der Sitzung des Deutschen Bundestages vom 28. Juni 1962 den Antrag gestellt, den Bericht des Untersuchungsausschusses zur weiteren Behandlung zurückzuverweisen. Sie ist damit der Behauptung der Minderheit begegnet, daß nicht alle Beweismöglichkeiten ausgeschöpft worden seien. Die FDP- Fraktion wollte mit diesem Antrag vermeiden, daß der Bundesverteidigungsminister und dieses Hohe Haus in ein Zwielicht gebracht werden könnten.
Nach Abschluß der erneuten Untersuchung wird auch von der Minderheit der Vorwurf mangelnder Sachaufklärung nicht mehr erhoben. Damit ist für alle Mitglieder dieses Hohen Hauses eine Sachentscheidung möglich.
Wir begrüßen den Bericht unseres Kollegen Dahlgrün, der weder von uns desavouiert worden ist noch sich je von uns desavouiert gefühlt hat und dessen Bericht, was Gründlichkeit, Sachlichkeit und Abgewogenheit des Urteils angeht, nicht von jedem Sprecher dieses Hauses heute erreicht worden ist.
({0})
Wir begrüßen es, daß der Bericht mit der Zustimmung der Minderheit festgestellt hat, daß dem Herrn Bundesminister Strauß nicht der Vorwurf gemacht werden kann, er sei an der Fibag persönlich beteiligt gewesen. Auf Grund des Berichts mit dem vorgetragenen Untersuchungsergebnis stimmt meine Fraktion dem Antrage des Ausschusses zu.
({1})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Jahn.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hier sind zum Schluß der Debatte Erklärungen abgegeben worden, die nicht unwidersprochen bleiben könrfen. Ich möchte ganz klar und deutlich auf das antworten, was Herr Dr. von Brentano hier gesagt hat. Wenn es darum geht, ehrenrührige Verleumdungen abzuweisen, auch von dem Herrn Verteidigungsminister abzuweisen, werden Sie unsere volle Unterstützung jederzeit (haben:
({0})
Ich meine aber, daß wir bei der Aufgabe, die wir alle in diesem Hause hatten, nicht den Versuch machen sollten, bei Feststellungen, über die man verschiedener Meinung sein kann, wie diese Debatte zeigt, unsere Darlegungen und unsere Auffassung, die wir hier begründet haben, nun umgekehrt Ihrerseits so abzuwerten, wie es hier von Herrn Dr. von Brentano versucht worden ist.
Unsere Feststellungen haben Sie nicht entkräftet. Diese Feststellungen, die zu unserem Änderungsantrag führen, sind mit diesen polemischen Erklärungen nicht widerlegt. Deshalb bitte ich um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag.
({1})
Meine Damen und 'Herren! Damit sind wir am Schluß dieser Aussprache.
Der Präsident dieses Hauses leidet unter den Auflagen, die ihm die Geschäftsordnung macht. Da er ihr aber als erster gehorsam sein soll, erlaubt er sich keine Bemerkung 'zu machen zu dieser - wie ich meine - hochbedeutsamen Debatte, die nicht nur Kernfragen dieses Hauses, sondern innere Existenzfragen des freiheitlichen Rechtsstaates der Deutschen berührt hat.
({0})
Von diesem Stuhl aus muß alles in strengen Regeln und in strenger Ordnung laufen, und ich möchte keine Experimente machen. Deshalb erlaube ich mir, nichts mehr dazu zu sagen. Ich gebe dem Hause bekannt, daß diese Sache, 'wie ich meine, geklärt ist.
Herr Kollege Wehner! Ich habe hier eine Erklärung des Herrn Abgeordneten Stingl. Ich bringe sie dem Hause zur Kenntnis. 'Er erklärt:
Zu der Bemerkung des Herrn Kollegen Wehner, ihm sei vorgeworfen worden, er habe gelogen, erkläre ich: Als Herr Minister Strauß sagte, „im Fall Frenzel usw. sind Erklärungen abgegeben worden", habe ich den Zwischenruf gemacht: die gelogen waren. Herr Barsig, der die Erklärungen abgegeben hatte, hat sie selbst nach sieben Wochen als falsch bezeichnet. Herrn Wehner habe ich nicht gemeint.
gez. Josef Stingl
Ich bringe das dem Hause zur Kenntnis.
Damit, meine Damen und Herren, kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses bzw. über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD. Dieser Änderungsantrag der Fraktion der SPD bezieht sich nicht auf einen Punkt, sondern ist ein kompletter Gegenentwurf. Die Ziffer 1 dieses Anderungsantrages stimmt inhaltlich überein mit der
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
) Ziffer 1 des Antrags des Auschusses. Insofern bestehen also keine Schwierigkeiten, über beides gemeinsam abzustimmen.
Ich stelle also zur Abstimmung die Ziffer 1 des Antrags des Ausschusses und die inhaltlich gleichlautende Ziffer 1 des Änderungsantrages. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen! - Ziffer 1 ist einstimmig angenommen.
Ich komme zu der Ziffer 2 des Änderungsantrages, die der Ziffer 2 des Ausschußantrages entgegensteht. Ich verstehe, daß der Antrag des Ausschusses weitergeht. Der Änderungsantrag begrenzt die Zustimmung auf die Ziffer B. III. 1., der Antrag des Ausschusses nennt dagegen ausdrücklich B. III. 1., B. III. 2, und B. III. 3., er ist deshalb klar der weitergehende. Wer diesem Antrag des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen! - Bei zahlreichen Nein-Stimmen ist der Antrag des Ausschusses zu Ziffer 2 ebenfalls angenommen.
Meine Damen und Herren, damit entfällt die Abstimmung über den Änderungsantrag Umdruck 150 Ziffern 3 und 4.
Damit sind wir am Ende unserer heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung ein auf morgen vormittag 9 Uhr.
Die Sitzung ist geschlossen.