Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 5/18/1962

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Die Sitzung ist eröffnet. Meine Damen und. Herren, die heutige Tagesordnung wird erweitert um die Beratung dreier Berichte des Außenhandelsausschusses über die von der Bundesregierung eingebrachten Entwürfe einer Fünfzehnten Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1962 ({0}) - Drucksachen IV/385, IV/412 - Berichterstatter: Abgeordneter van Delden; einer Zwanzigsten Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1962 ({1}) - Drucksachen IV/402, IV/413 - Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Rinderspacher; und einer Einundzwanzigsten Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1962 ({2}) - Drucksachen IV/410, IV/414 - Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Loehr. Ich schlage vor, diese Punkte nach der Fragestunde zu behandeln. - Das Haus ist einverstanden. Wir kommen zum ersten Punkt der Tagesordnung: Fragestunde :({3}). Wir beginnen mit den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr. Ich rufe auf Frage IX/1 - des Abgeordneten Rollmann -: Ist die Bundesregierung nicht der Auffassung, daß an Stelle von vier ;gleichberechtigten Vorstandsmitgliedern ein Vorstandsvorsitzender an der Spitze der mit beträchtlichen Bundeszuschüssen arbeitenden Lufthansa AG stehen sollte, wie es bei anderen Aktiengesellschaften dieser Größenordnung der Fall ist? Herr Staatssekretär, darf ich bitten!

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Deutsche Lufthansa hat zur Zeit drei Vorstandsmitglieder und ein stellvertretendes Vorstandsmitglied. Nach der vom Aufsichtsrat für den Vorstand erlassenen Geschäftsordnung haben alle vier Mitglieder bei Abstimmungen gleiches Stimmrecht. Bei Stimmengleichheit entscheidet jedoch nach § 6 der Geschäftsordnung die Stimme desjenigen Vorstandsmitgliedes, welches die finanziellen Angelegenheiten der Gesellschaft betreut. Damit nimmt ein Vorstandsmitglied im Hinblick auf die Entscheidung über wichtige Angelegenheiten des Unternehmens, insbesondere also auch derjenigen Aufgaben, die Sie, Herr Abgeordneter, offenbar im Auge haben, bereits eine 'bevorrechtigte Stelle ein.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Keine Zusatzfrage. Ich rufe auf Frage IX/2 - des Abgeordneten Rollmann -: Wann wird die Bundesregierung die ihr seit einem halben Jahr vorliegenden Gutachten über den Bau des Nord-Süd-Kanals veröffentlichen? Herr Staatssekretär, darf ich bitten.

Not found (Staatssekretär:in)

Dem Bundesverkehrsministerium liegt das Gutachten von Professor Dr. Beckenkopf über Notwendigkeit und Möglichkeiten einer Verbesserung der Hinterland-Verkehrswege der Seehäfen Hamburg und Lübeck und die technischen Untersuchungen der Wasser- und Schiffahrtsdirektion Hamburg über einen vollschiffigen Anschluß Hamburgs an die deutschen Binnenwasserstraßen vor. Die Drucklegung der beiden Arbeiten ist bereits vor Monaten in die Wege geleitet worden. Der Zeitpunkt der Veröffentlichung ist noch mit dem Hamburger Senat abzustimmen.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Eine Zusatzfrage? - Herr Abgeordneter Rollmanen!

Dietrich Wilhelm Rollmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001878, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Darf ich fragen, Herr Staatssekretär: Welche Schlußfolgerung zieht die Bundesregierung aus den ihr vorliegenden Gutachten?

Not found (Staatssekretär:in)

Wir haben aus den Gutachten natürlich erst Eindrücke gewonnen, aber keine Schlußfolgerungen gezogen. Die Prüfung dieser Gutachten dauert geraume Zeit.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Keine Zusatzfrage? Ich rufe auf die Frage IX/3 - des Abgeordneten Müller-Hermann -: Welche Fortschritte wurden seit dem Erlaß der Verordnung über Abmessungen und Gewichte vom 7. Juli 1960 im Hinblick auf die notwendige Schaffung einheitlicher technischer Daten zumindest im EWG-Raum erzielt? Herr Staatssekretär, darf ich bitten.

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Präsident, ich bitte damit einverstanden zu sein, daß ich die Fragen 3, 4 und 5 - des Herrn Abgeordneten Müller-Hermann - gemeinsam beantworte, da sie im Sachzusammenhang stehen.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Ich rufe dann noch auf die Frage IX/4 - des Abgeordneten Müller-Hermann -: Ist der Bundesregierung bekannt, daß Verkehrsunternehmer der Beneluxländer, die mit Wirkung vom 1. Juli 1960 neue technische Daten für die Abmessungen und Gewichte von Lastkraftwagen festgelegt haben, Lastzuganhänger in Deutschland aufkaufen und sie im internationalen Verkehr über die deutsche Grenze einsetzen, während solche Fahrzeuge in der Bundesrepublik nicht mehr zugelassen sind? und die Frage IX/5 - des Abgeordneten Müller-Hermann -: Ist die Bundesregierung bereit, sofern eie einheitliche Regelung der Frage der Abmessungen und Gewichte von Lastkraftwagen nicht in der nächsten Zeit erreichbar ist, die Auslauffristen für !die in der Bundesrepublik nicht mehr zugelassenen deutschen 'Fahrzeuge so zu ,gestalten, daß der Wettbewerb mit den Beneluxstaaten nicht zu Lasten der Bundesrepublik beeinträchtigt wird?

Not found (Staatssekretär:in)

Nach Erlaß der Verordnung vom 7. Juli 1960 haben die Mitglieder der Europäischen Konferenz der Verkehrsminister durch die Haager Resolution vom 5. Oktober 1960 mit 13 gegen 3 Stimmen bei einer Enthaltung vereinbart, daß im internationalen Verkehr ab 1. Januar 1966 für die Abmessungen und Gewichte der Straßenfahrzeuge bestimmte technische Grenzdaten gelten sollen. Die vereinbarten Werte entsprechen in allen wesentlichen Punkten unserer nationalen Regelung vom 7. Juli 1960. Inzwischen wird in Osterreich eine Neuregelung getroffen, die der Haager Resolution entspricht und am 1. Oktober 1962 in Kraft treten wird. Nach den uns vorliegenden Berichten hat auch Spanien die Haager Normen ab 1. Mai 1962 eingeführt. Ich unterstelle, was die zweite Frage anlangt, daß es sich bei den erwähnten Anhängern, die an Verkehrsunternehmer der Benelux-Länder verkauft werden, um gebrauchte Dreiachsanhänger handelt. Mir ist von solchen Verkäufen allerdings nichts bekannt. Gegen die Verwendung von Anhängern dieser Art im grenzüberschreitenden Verkehr durch deutsche oder ausländische Verkehrsunternehmen kann nichts eingewendet werden; hierfür gilt übergangsweise die Verordnung über Abmessungen und Gewichte der Lastkraftwagen, Lastzüge und Sattelkraftfahrzeuge im grenzüberschreitenden Güterverkehr vom 8. März 1961, die am 31. Dezember 1965 außer Kraft tritt. Zu dein letzten Punkt Ihrer Anfrage, Herr Abgeordneter, bemerke ich, daß die Beratungen über international einheitliche Abmessungen und Gewichte durch die Beschlüsse vom 5. Oktober 1960 in Den Haag als abgeschlossen angesehen werden sollten. Die Anwendung einheitlicher Normen muß in einem geographisch möglichst großen Rahmen erfolgen, um den grenzüberschreitenden Verkehr in Europa nicht zu behindern. Dieser Rahmen ist durch die Zustimmung von 13 europäischen Ländern geschaffen worden. Der Bundesminister für Verkehr wird darum bemüht sein, daß auch im EWG-Bereich eine fristgerechte Umstellung im internationalen Verkehr stattfindet, so daß es einer Änderung der Auslauffristen nicht bedarf. Die erwähnte Verordnung vom 8. März 1961 bezweckt eine Gleichstellung der deutschen und der ausländischen Unternehmer im grenzüberschreitenden Verkehr während der vereinbarten Übergangszeit, damit ein Wettbewerb zu Lasten der deutschen Unternehmer vermieden wird.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Herr Abgeordneter Müller-Hermann, Sie haben jetzt sechs Zusatzfragen.

Dr. Ernst Müller-Hermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001569, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatsekretär, ist es aber nicht so, daß die neue Verordnung der Benelux-Staaten im Widerspruch steht zu der Haager Vereinbarung der Verkehrsminister der EWG-Länder? Ist es nicht so, daß schon heute der deutsche Anteil am grenzüberschreitenden Verkehr durch die ungleichen Startbedingungen laufend absinkt, und ist es nicht so, daß sich durch die neue Verordnung die Ausgangssituation im grenzüberschreitenden Verkehr für die Benelux-Staaten weiter günstig, aber wesentlich zuungunsten der deutschen Kraftverkehrsunternehmer entwickeln muß?

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das waren drei Fragen. - Bitte sehr!

Not found (Staatssekretär:in)

Ich werde mich bemühen, auf dieses Bündel von Fragen zu antworten, Herr Abgeordneter. Die von den Benelux-Staaten getroffene Regelung ist uns bekannt. Es gab darüber einen Schriftwechsel mit den drei Verkehrsministern der drei beteiligten Länder, und alle drei Minister haben bestätigt, daß es sich hier um eine interne, vorläufige und vorübergehende Benelux-Maßnahme handelt, die sich nicht auf die gesamteuropäische Regelung auswirkt. Der Anteil des grenzüberschreitenden Verkehrs, Herr Müller-Hermann, ist ja an und für sich in Deutschland verhältnismäßig gering. Sie wissen, er beträgt etwa 5 % des innerdeutschen Straßengüterfernverkehrs und etwa 1 % des innerdeutschen Straßenverkehrs überhaupt. Ich glaube nicht, daß sich durch irgendwelche Maßnahmen örtlicher Art wesentliche Verschiebungen zuungunsten der deutschen Straßenverkehrsunternehmer ergeben haben.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Eine weitere Zusatzfrage.

Dr. Ernst Müller-Hermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001569, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, Sie werden gestatten, daß ich auf diese Frage noch einmal zurückkomme, da mir die Beantwortung ausgesprochen unzureichend erscheint.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Herr Abgeordneter Müller-Hermann, Sie haben hier nur Fragen zu stellen, aber keine Qualifikationen zu erteilen.

Dr. Ernst Müller-Hermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001569, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Darf ich zur Geschäftsordnung darauf hinweisen, daß es sich bei dem in Frage IX/4 genannten Datum nicht um den 1. Juli 1960 handelt, sondern um den 1. Juli 1962 handeln muß.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das ist offensichtlich ein Druckfehler. Wir kommen zu der Frage IX/6 - des Abgeordneten Riegel ({0}) -: Welche Einsparungen erwartet die Bundesregierung durch das vorgesehene Halteverbot für die Bahnstation Börtlingen-Adelberg auf der Eisenbahnstrecke Göppingen-Schwäbisch Gmünd? Herr Staatssekretär, darf ich bitten.

Not found (Staatssekretär:in)

Die Schließung des Haltepunktes Adelberg-Börtlingen wurde von der nach dem Gesetz hierfür ausschließlich zuständigen Deutschen Bundesbahn veranlaßt. Die Deutsche Bundesbahn erwartet von der Ausschaltung dieser Betriebsstelle eine sofort realisierbare Einsparung an örtlichen Kosten von 5357 DM im Jahr. Nach der Gesamtkostenrechnung stehen z. Z. den der Stelle zuzuscheidenden Nettoerträgen von 229 DM im Jahr 13 815 DM im Jahr Kosten gegenüber. Diese hohen Kosten werden zu 88 % durch Zughalte und zu 12 % durch Vorhaltekosten für die örtlichen Anlagen hervorgerufen. Durch innerbetriebliche Vereinfachungen will die Deutsche Bundesbahn in naher Zukunft noch weitere Beträge einsparen.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Riegel.

Karl Riegel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001845, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ist bekannt, daß eine beträchtliche Zahl Arbeitnehmer aus den Gemeinden Börtlingen und Adelberg nach Frauendorf, insbesondere in das Werk der Firma Salamander, fahren müssen und daß diese Strecke nicht mit Omnibussen befahren wird?

Not found (Staatssekretär:in)

Mir sind die Einzelheiten nicht bekannt. Ich ersehe zwar aus den Unterlagen, die ich von der Deutschen Bundesbahn erhalten habe, daß den örtlichen Wünschen hinsichtlich der Arbeiterzüge so weit wie möglich Rechnung getragen ist und auch Rechnung getragen wird. Ich bitte aber zu berücksichtigen, Herr Abgeordneter, daß es sich bei dem Haltepunkt Adelberg-Börtlingen um einen Haltepunkt handelt, der von den beiden nächsten Bahnhöfen in der einen Richtung 1,4 km und in der anderen Richtung rund 1,5 km entfernt ist. Ich bitte weiter zu berücksichtigen, daß es an dieser Eisenbahnstrecke, die 27 km lang ist, heute 13 Bahnhöfe bzw. Haltepunkte gibt, d. h. also, daß alle 2 km ein Bahnhof oder Haltepunkt ist.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Riegel.

Karl Riegel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001845, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ist Ihr Ministerium bereit, noch einmal zu überprüfen, ob wenigstens die Arbeiterzüge an diesem Haltepunkt halten?

Not found (Staatssekretär:in)

Das Ministerium selbst ist nach dem Bundesbahngesetz für diese Frage nicht zuständig. Ich will aber gern Ihre Anregung als solche sogar als Bitte an die Deutsche Bundesbahn weitergeben.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Wir kommen zur Frage IX/7 - des Herrn Abgeordneten Wächter -: Sieht die Bundesregierung für clan westlichen Unterweserraum im Interesse einer zügigen Verbindung nach dem Ruhrgebiet, insbesondere für die Hafenstädte Nordenham, Brake und Elsfleth, den Ausbau eines Zubringers an die Hansalinie über die B 212 ({0}) bis an die B 213 als vorrangig an?

Not found (Staatssekretär:in)

Die Frage ist grundsätzlich mit Ja zu beantworten. In Zusammenhang mit dem Bau des niedersächsischen Abschnittes der Hansalinie, d. h. der Bundesautobahn Bremen-Osnabrück, wird sich der wegen des Baues der Nord-Süd-Autobahn, der sogenannten HAFRABA, bisher im südlichen Niedersachsen gelegene Schwerpunkt der Ausbauarbeiten an den Bundesstraßen nunmehr ins nordwestliche Niedersachsen verlagern, damit hier bei Fertigstellung der Hansalinie am Ende des zweiten Vierjahresplanes, also 1966, ein Netz von Bundesstraßen und sonstigen Zubringerstraßen verfügbar ist, welche die erschließende und wirtschaftsfördernde Funktion der neuen Autobahn voll zur Auswirkung kommen lassen. Zu den wichtigsten Zubringern zur Hansalinie im Küstenraum gehören indessen nicht nur die B 212 Blexen - Nordenham - Brake - Elsfleth - Book-horn - Ganderkesee - Holzkamp ({0}), sondern auch die B 69 Wilhelmshaven - Rastede - Oldenburg - Ahlhorn und die neu als B 72 aufgestufte, für Ostfriesland bedeutsame Verbindung Hesel -Strücklingen - Friesoythe - Cloppenburg - Schneiderkrug. Der Ausbau der drei genannten Straßenzüge wird im zweiten Vierjahresplan tatkräftig gefördert.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter?

Gerold Wächter (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002402, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, ist diese Ihre Äußerung in Einklang zu bringen mit den Feststellungen, die der Bundesverkehrsminister persönlich gelegentlich einer Bereisung im Landkreis Osterholz, und zwar am 16. August 1961, getroffen hat, wobei er zum Ausdruck brachte, daß die B 212 ab Hunte entlang der Weser in einer neuen Linienführung auf den Autobahnstutzen in Rablinghausen stoßen solle, der ja auf die Hansalinie bei Stuhr münden soll und die alte B 212 dann von der Hunte über Harmenhausen-Bookholzberg zu einer Landstraße I. Ordnung abgestuft werden müßte?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, ich kann über diese Frage im Augenblick keine Auskunft geben, weil ich an der Besprechung mit dem Herrn Minister nicht teilgenommen habe. Ich wäre aber dankbar, wenn Sie mir Zeit gäben, diese Frage mit Herrn Minister Seebohm nach seiner Rückkehr zu besprechen. Er wird dann schriftlich auf diesen Punkt zurückkommen.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Wir kommen nunmehr zur Frage IX/8 - des Abgeordneten Peiter -: Bis zu welchem Zeitpunkt beabsichtigt die Bundesregierung im unteren Lahntal die bei Ende des Krieges gesprengten Brücken wieder zweigleisig zu errichten sowie das von der franzäsischen Besatzungsmacht auf Teilstrecken demontierte 2. Gleis wieder zu verlegen? Darf ich bitten, Herr Staatssekretär.

Not found (Staatssekretär:in)

Die Deutsche Bundesbahn hat die von Herrn Abgeordneten Peiter aufgeworfene Frage schon vor Jahren eingehend untersucht. Sie ist zu dem Ergebnis gelangt, daß die Strecke auch mit den eingleisigen Abschnitten den anfallenden Verkehr bewältigen kann. Dabei ist die Strecke auch heute nur etwa zu zwei Dritteln ausgelastet. Die betriebswirtschaftlichen Ergebnisse dieser Untersuchung haben die Deutsche Bundesbahn deshalb zu dem Schluß kommen lassen, daß die betriebliche Belastung der unteren Lahnstrecke einen zweigleisigen Wiederausbau weder aus Gründen einer guten Verkehrsbedienung noch wirtschaftlich rechtfertigt. Von seiten des Bundesministers für Verkehr besteht somit keinerlei Anlaß, in dieser Angelegenheit im Sinne der Anfrage tätig zu werden.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Wir kommen damit zur Frage IX/9 - des Abgeordneten Peiter -: Trifft es zu, daß die Bundesregierung auf der Lahnbahnstrecke zwischen Koblenz und Limburg den Zugverkehr so einzuschränken beabsichtigt, daß der letzte Personenzug aus Richtung Koblenz gegen 21.30 Uhr in Limburg ankommt und morgens der erste Zug erst gegen 6.00 Uhr in Richtung Koblenz abfährt?

Not found (Staatssekretär:in)

Von der Bundesregierung ist nicht beabsichtigt, Herr Abgeordneter, den Reisezugverkehr auf der Lahnbahnstrecke zwischen Koblenz und Limburg einzuschränken. Für die Durchführung solcher Maßnahmen wäre nach dem Bundesbahngesetz auch allein die Deutsche Bundesbahn zuständig. Die bisher verkehrenden Reisezüge sind in ihrer Anzahl unverändert in den am 27. Mai beginnenden Sommerabschnitt des Reisezugfahrplans der Deutschen Bundesbahn übernommen. Bei einigen Zügen sind geringfügige zeitliche Verschiebungen zugungsten besserer Anschlüsse und Übergänge eingetreten.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter? - Bitte.

Willi Peiter (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001686, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, gilt diese Auskunft auch für den Winterfahrplan?

Not found (Staatssekretär:in)

Für den Winterfahrplan kann ich Ihnen heute noch keine Auskunft geben. Ich glaube, selbst die Bundesbahn wäre nicht in der Lage, das zu tun.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Eine weitere Zusatzfrage.

Willi Peiter (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001686, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, glauben Sie, heute schon die Zusicherung geben zu können, daß die Beschränkung, deretwegen ich gefragt habe, im Winterfahrplan nicht eintritt?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, ich kann diese Zusicherung gar nicht geben, weil es sich hier um eine Maßnahme handelt, die allein in die Zuständigkeit der Deutschen Bundesbahn fällt. Ich kann, wenn sich Schwierigkeiten ergeben und Mitglieder dieses Hohen Hauses deswegen an das Bundesverkehrsministerium herantreten, eine Sache höchstens vermittelnd und befürwortend an die Bundesbahn weitergeben.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Ich komme nunmehr ,zu den Fragen .aus der Drucksache IV/399, zunächst zur Frage III/1 - des Abgeordneten Ritzel -: Welche Maßnahmen hat der Herr Bundesverkehrsminister praktisch ergriffen, um „den schweren .Schlag, der auch in Zukunft kaum auszugleichen" sein wird und der sich aus der Sperre von 20 v. H. der Haushaltsmittel für den Straßenbau im Jahre 4962 ergibt, abzuwehren?

Not found (Staatssekretär:in)

Das Bundesverkehrsministerium prüft bereits im Einvernehmen mit den obersten Straßenbaubehörden der Länder, die insoweit in Auftragsverwaltung des Bundes für die Bundesfernstraßen handeln, in welchem Umfange von der Ausnahmegenehmigung des § 8 des Haushaltsgesetzes Gebrauch gemacht werden muß, um den „schweren Schlag", der sich aus der Sperre von 20 % der Haushaltsmittel für den Straßenbau im Rechnungsjahr 1962 ergibt, abzuwehren. Bereits mixt Schreiben vom 11. April hat das Bundesverkehrsministerium von .den obersten Straßenbaubehörden der Länder eine Ubersicht über den Umfang der Vergaben und Ausschreibungen angefordert. Sobald diese Berichte vollständig vorliegen und abgestimmt sind, wird über die sich dann ergebenden notwendigen Maßnahmen entschieden werden. Ich kann aber heute schon sagen, Herr Abgeordneter, daß wir auch unmittelbar bereits mit dem Herrn Bundesminister der Finanzen in Verbindung stehen, um für die Entsperrungsmaßnahmen ein möglichst einfaches und schnelles Verfahren vorzubereiten.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ritzel.

Heinrich Georg Ritzel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001860, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, welches Ausmaß nehmen Ihre Anträge bis jetzt an, die Sie bei dem Herrn Bundesfinansminister wegen der Nichtanwendung der Sperre auf 'wichtige Straßenbaumaßnahmen gestellt haben?

Not found (Staatssekretär:in)

Im Augenblick sind Anträge noch nicht gestellt, weil sie bei uns noch nicht präzisiert vorliegen. Es sind, Herr Abgeordneter Ritzel, Anträge genereller Art gestellt, daß einzelne Landesminister für den Gesamtbereich ihres Landes eine sofortige Entsperrung beantragen. Das wird aber kaum möglich sein.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Ich komme zur Frage III/2 - des Abgeordneten Ritzel -: Stehen die vom Straßenverkehrssicherheitsausschuß des Bundes und der Länder erlassenen Richtlinien nach Auffassung der Bundesregierung im Einklang mit dem Grundgesetz und dem Straßenverkehrsgesetz sowie den dazu ergangenen Verordnungen?

Not found (Staatssekretär:in)

Die vom Straßenverkehrssicherheitsausschuß des Bundes und der Länder am 16. November 1961 empfohlenen „Richtlinien für die Behandlung von Mehrfachtätern" verstoßen nach meiner Ansicht und nach Ansicht meines Hauses weder formell noch materiell gegen das Grundgesetz, das Straßenverkehrsgesetz oder die Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung. Ich darf mich hierzu auch auf meine Antwort vom 8. Februar 1962 auf eine gleichartige Frage des Herrn Abgeordneten Drachsler beziehen. Im einzelnen, Herr Abgeordneter, darf ich noch folgendes bemerken. Die Arbeit des Straßenverkehrssicherheitsausschusses beruht auf der Berechtigung und der Verpflichtung des Bundes und der Länder, die Anwendung gemeinsamer Rechtsvorschriften zu koordinieren. Eine gleichmäßige und wirksame Rechtsanwendung liegt im Interesse der Allgemeinheit und der einzelnen Betroffenen. Sie wird auf allen Gebieten des Bundesrechts seit langem ohne jede Beanstandung praktiziert. Der Inhalt der Richtlinien ist bisher stets zu sehr mit Blickrichtung auf das sogenannte Punktesystem gesehen worden. Die Richtlinien sehen jedoch in erster Linie eine individuelle Prüfung jedes Einzelfalles vor und lassen in besonderen Fällen Ausnahmen zu. Das Punktesystem selbst ist eine hilfsweise heranzuziehende Richtschnur für die Verwaltungsbehörden, die bei der Anwendung des schwierigen Rechtsbegriffs „Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen" eine Unterstützung brauchen. Ein genaues Studium des Punktesystems läßt im übrigen erkennen, daß es sich um verhältnismäßig milde Vorschriften handelt, die nur einen kleinen, aber gefährlichen Täterkreis betreffen werden und müssen. Man muß dabei allerdings auch die anderen einschlägigen Vorschriften beachten, wonach z. B. alle gebührenpflichtigen Verwarnungen und alle leichteren gerichtlichen Verurteilungen, deren Nichteintragung in das Verkehrszentralregister angeordnet wurde, nicht zählen. Das oft genannte Beispiel falschen Parkens oder geringfügiger Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit ist daher ohne praktische Bedeutung.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ritzel!

Heinrich Georg Ritzel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001860, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Sind dem Bundesverkehrsministerium, Herr Staatssekretär, die Gesichtspunkte des Gutachtens bekannt, das der Ordinarius für Staats- und Verwaltungsrecht an der Universität Berlin, Professor Dr. Bettermann, zu diesem Problem erstattet hat?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter Ritzel, uns sind sowohl das Gutachten des Herrn Professor Dr. Bettermann wie die übrigen dazu vorliegenden Veröffentlichungen bekannt. Mit dem Gutachten des Herrn Professor Dr. Bettermann hat sich auch bereits ein juristischer Mitarbeiter der Abteilung Straßenverkehr unseres Hauses befaßt und auseinandergesetzt. Eine Stellungnahme zu diesem Gutachten wird in einer der nächsten Ausgaben des Bulletins der Bundesregierung veröffentlicht werden.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ritzel!

Heinrich Georg Ritzel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001860, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Hat sich diese juristische Prüfung, Herr Staatssekretär, auch auf die Konfliktmöglichkeiten erstreckt, die bei den Verwaltungsbehörden bei Anwendung der Richtlinien meiner Meinung nach naturnotwendig in verfassungsrechtlicher Hinsicht entstehen müssen?

Not found (Staatssekretär:in)

Soweit ich mich erinnere, ist auch dieses Thema behandelt worden.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär. Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Gesundheitswesen. Frau Bundesministerin Dr. Schwarzhaupt wird durch Herrn Bundesminister Dr. Wuermeling vertreten. Ich rufe auf die Fragen X/1 und X/2 - des Abgeordneten Dr. Schmidt ({0}) -: Ist der Bundesregierung bekannt, daß unter den ausländischen Arbeitern, die in großer Zahl im sog. erzgelenkten Verfahren in die Bundesrepublik einreisen, zahlreiche aktive, z. T. auch offene Tuberkulosefälle festgestellt wurden? Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um in Zukunft durch eine ärztliche Untersuchung der im „ungelenkten Verfahren" einreisenden ausländischen Arbeiter sicherzustellen, daß nur solche Arbeitnehmer, die frei von ansteckenden Krankheiten sind, eine Arbeitserlaubnis in der Bundesrepublik erhalten?

Dr. Franz Josef Wuermeling (Minister:in)

Politiker ID: 11002570

Es ist der Bundesregierung bekannt, daß unter den ausländischen Arbeitern, die im sogenannten ungelenkten Verfahren in die Bundesrepublik einreisen, zahlreiche aktive, zum Teil auch offene Tuberkulosefälle festgestellt worden sind. Ich darf die Beantwortung der zweiten Frage, Herr Kollege Schmidt, gleich anschließen. Die Bundesregierung hat alle Länder gebeten, die Aufenthaltserlaubnis der im ungelenkten Verfahren einreisenden Ausländer nur nach der Vorlage einer ärztlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung zu erteilen. Damit wird bei allen diesen ausländischen Arbeitern eine ärztliche Untersuchung sichergestellt sein.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Schmidt!

Dr. Horst Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002009, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, darf ich fragen, welche Untersuchungen in diesen Vorschlägen vor Erteilung der Aufenthaltserlaubnis eingeplant sind und wer diese Untersuchungen durchführen soll?

Dr. Franz Josef Wuermeling (Minister:in)

Politiker ID: 11002570

Hier liegt eine Aufgabe der Länder vor, Herr Kollege, auf deren Details wir von Bundes wegen wohl keine unmittelbare Einwirkung haben.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Eine zweite Zusatzfrage, Herr Dr. Schmidt!

Dr. Horst Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002009, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Würden Sie empfehlen, daß bei der bestehenden Überbelastung der Gesundheitsämter und auch aus grundsätzlichen Erwägungen diejenigen frei praktizierenden Ärzte in diese Untersuchungen eingeschaltet werden, welche die notwendigen Untersuchungsgeräte, z. B. Röntgenapparatur, haben?

Dr. Franz Josef Wuermeling (Minister:in)

Politiker ID: 11002570

Ich möchte diese Frage nicht ohne Fühlungnahme mit den Ländern beantworten, die hierüber wohl sachverständige Voten abzugeben hätten.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Eine weitere Zusatzfrage!

Dr. Horst Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002009, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Was geschieht mit denjenigen ausländischen Arbeitern, die im un-gelenkten Verfahren die Aufenthaltserlaubnis bekommen haben und bereits in der Bundesrepubik sind, aber nicht untersucht worden sind?

Dr. Franz Josef Wuermeling (Minister:in)

Politiker ID: 11002570

Diese Arbeiter werden zum Teil nachuntersucht. Man könnte aber erforderlichenfalls noch Anordnungen für eine allgemeine Nachuntersuchung treffen.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Noch eine weitere Zusatzfrage!

Horst Gerlach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000664, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ist es möglich, Herr Minister, das Generalkonsulat in Saloniki insbesondere anzuweisen, bei der Erteilung von Aufenthaltsvisa an griechische und türkische Einreisende etwas vorsichtiger zu verfahren, da von vornherein nicht klar sein kann, ob diese sich für einen Daueraufenthalt in der Bundesrepublik bereitmachen und hier Arbeit aufnehmen wollen?

Dr. Franz Josef Wuermeling (Minister:in)

Politiker ID: 11002570

Ich möchte diese Möglichkeit bejahen und werde dem Herrn Außenminister empfehlen, in diesem Sinne mit dem Generalkonsulat in Verbindung zu treten.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Eine weitere Zusatzfrage.

Horst Gerlach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000664, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ist Ihnen bekannt, Herr Minister, ob das Generalkonsulat in dieser Richtung vom griechischen Arbeitsministerium eine Bitte vorgetragen erhielt?

Dr. Franz Josef Wuermeling (Minister:in)

Politiker ID: 11002570

Darüber ist mir persönlich, Herr Kollege, nichts bekannt, weil ich ja nur in Vertretung von Frau Kollegin Schwarzhaupt hier die Fragen beantworte. Ich bin aber gern bereit, die Frage zwecks schriftlicher Beantwortung weiterzugeben.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Wir kommen zur Frage X/3 - des Abgeordneten Dr. Kohut -: ist es möglich, den Gefahren radioaktiver Verseuchung dadurch zu begegnen, daß für den Krisenfall Trockenmilch bereitgestellt wird, die bekanntlich erst mit Wasser trinkfähig gemacht werden kann? Herr Minister, darf ich bitten.

Dr. Franz Josef Wuermeling (Minister:in)

Politiker ID: 11002570

Um eventuellen Gefahren bei einer Erhöhung der Umwelt-Radioaktivität begegnen zu können, ist die Notwendigkeit der Bevorratung von Milch in Form von Kondensmilch oder Trockenmilch nach eingehenden Beratungen der Ausschüsse für Gesundheitswesen und für Atomenergie bejaht worden. Gegen die Verwendung von Wasser zur Zubereitung der Milchnahrung bestehen insofern keine Bedenken, als auch während einer vorübergehenden Erhöhung der Umwelt-Radioaktivität nach den vorliegenden Erfahrungen eine gesundheitlich bedenkliche Kontamination des Trinkwassers nicht zu erwarten ist. Die natürliche Bodenfiltration in Verbindung mit den üblichen Wasseraufbereitungsmaßnahmen stellt einen ausreichenden Dekontaminierungsfaktor dar. Sollte die Ausgabe der bevorrateten Milchprodukte notwendig werden, so werden gleichzeitig auch entsprechende Zubereitungshinweise gegeben werden.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Kohut.

Dr. Oswald Adolph Kohut (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001169, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Sind im Kabinett, insbesondere im Gesundheitsministerium, die vielen Kritiken und Zweifel bekanntgeworden, die sich an die Debatte vom 24. Januar 1962 anschlossen, in der es um die Radioaktivität der Luft ging, und insbesondere die Zweifel, ob das für die Aufbereitung von Lebensmitteln benötigte Wasser aus der Tiefe - denn das Oberflächenwasser ist ja verseucht - zur Stelle ist, das heißt, ob die Trockenmilch zur rechten Stunde in der rechten Art der Verteilung an die richtige Wasserquelle gelangt, wenn diese durch eine Angriffswirkung - denn wir rechnen la mit dem Ernstfall - zerstört werden sollte?

Dr. Franz Josef Wuermeling (Minister:in)

Politiker ID: 11002570

Ich glaube, Herr Kollege, daß diese Frage die allgemeine Wasserversorgung im Bundesgebiet berührt und daß sie für die einzelnen Orte und Stellen des Bundesgebietes verschieden zu beantworten ist. Selbstverständlich müssen wir das Bestreben haben, sicherzustellen, daß überall, wo für diese Zwecke Wasser erforderlich ist, solches auch zur Verfügung steht.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Kohut.

Dr. Oswald Adolph Kohut (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001169, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Ist man also nicht der Meinung, daß diese ganzen Vorbereitungen nur akademischtheoretische Dinge sind, die im Ernstfall völlig zusammenbrechen und versagen?

Dr. Franz Josef Wuermeling (Minister:in)

Politiker ID: 11002570

Nein. Wir sind durchaus nicht der Meinung, daß diese Vorbereitungen akademischer Art sind, sondern wir sind der Meinung, daß diese Vorbereitungen nach besten Möglichkeiten so getroffen werden müssen, daß die gebotene Sicherheit gegeben ist.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Die Fragen 4 und 5 - des Abgeordneten Dr. Hamm - sind vom Fragesteller zurückgestellt. Wir kommen zur Frage X/6 - des Abgeordneten Dröscher -: Wie viele an multipler Sklerose erkrankte Personen gibt es z. Z. in der Bundesrepublik? Herr Bundesminister, darf ich bitten.

Dr. Franz Josef Wuermeling (Minister:in)

Politiker ID: 11002570

Es handelt sich um eine Frage betreffend multiple Sklerose. Die multiple Sklerose gehört nicht zu den übertragbaren Krankheiten im Sinne des Bundesseuchengesetzes und ist deshalb nicht meldepflichtig. Demzufolge stehen auch keine amtlichen statistischen Unterlagen über die in der Bundesrepublik an multipler Sklerose erkrankten Personen zur Verfügung. Wenn Sie die Frage aufwerfen wollen, wie hoch etwa die Zahl der an multipler Sklerose Erkrankten in der Bundesrepublik geschätzt wird, kann dazu gesagt werden, daß die sachverständigen Wissenschaftler der Deutschen Multiple-Sklerose-Gesellschaft und auch der Wissenschaftliche Beirat hier in ihren Schätzungen sehr weit auseinandergehen. Die Schätzungen liegen zwischen 25 000 und 100 000.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dröscher!

Wilhelm Dröscher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000422, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Dann sind Sie - wenn ich Ihre Antwort so deuten darf - nicht der Meinung, Herr Minister, daß die multiple Sklerose sich allmählich zu einer neuen Volksseuche entwickelt?

Dr. Franz Josef Wuermeling (Minister:in)

Politiker ID: 11002570

Die Gefahren der multiplen Sklerose sind sicherlich sehr groß. Deswegen hat die Bundesregierung ein durchaus aktives Interesse daran, der Ausbreitung dieser Krankheit zu begegnen. Aber damit kommen wir, glaube ich, schon auf die von Herrn Kollegen Büttner noch gestellte weitere Frage. Ich darf daher bei Beantwortung seiner Frage auf diesen Punkt eingehen.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dröscher!

Wilhelm Dröscher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000422, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Würden Sie es, Herr Minister, angesichts der Verschiedenheit der Fürsorgemethoden bei den Kommunalbehörden und den Bezirksfürsorgeverbänden für richtig halten, daß für die Betreuung der an multipler Sklerose erkrankten Menschen eine Art Arbeitsgemeinschaft gegründet wird, wie sie für die Tuberkulose-Bekämpfung besteht?

Dr. Franz Josef Wuermeling (Minister:in)

Politiker ID: 11002570

Ich möchte auch diese Frage nur beantworten, nachdem wir uns mit den Ländern ins Benehmen gesetzt haben, weil wir in solchen Fragen auf gemeinsame Arbeit angewiesen sind.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Ich komme zur Frage des Abgeordneten Büttner auf der Drucksache IV/399: Was gedenkt die Bundesregierung in absehbarer Zeit zu tun, um die Erforschung der Ursachen der multiplen Sklerose voranzutreiben und den an muitipler Sklerose Erkrankten zu helfen?

Dr. Franz Josef Wuermeling (Minister:in)

Politiker ID: 11002570

Der Bundesregierung ist bekannt, daß der Deutsche Caritasverband plant, in Asbach im Westerwald eine Spezialklinik für MultipleSklerose-Kranke einzurichten. Es ist beabsichtigt, zur Errichtung dieser Klinik, die als Modelleinrichtung zu betrachten ist, aus Bundesmitteln einen größeren Zuschuß zu gewähren, wenn Mittel hierfür im Haushaltsplan bereitgestellt werden. Damit soll auch die Erforschung der Ursachen der multiplen Sklerose gefördert werden.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Büttner!

Fritz Büttner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000301, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Bundesminister, sind Sie bereit, sich bei der Regierung dafür einzusetzen, daß diese Bezuschussung eines Multiple-Sklerose-Krankenhauses so bald wie möglich erfolgt?

Dr. Franz Josef Wuermeling (Minister:in)

Politiker ID: 11002570

Herr Kollege, ich darf dazu sagen, daß ich in meiner Eigenschaft als Abgeordneter des Wahlkreises Neuwied, in dem Asbach gelegen ist, schon seit Monaten sehr nachdrücklich darum bemüht bin, diesen Zuschuß zu erwirken. Die Schwierigkeit ist folgende: Dem Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung steht ein Fonds, ich glaube, von 10 Millionen DM für sogenannte gesundheitliche Rehabilitationsmaßnahmen zur Verfügung. Bisher ist es aber unseren Wissenschaftlern nicht gelungen, bei der Behandlung von Bundesminister Dr. Wuermeling Multiple-Sklerose-Kranken das Ziel der Rehabilitation zu erreichen, so daß dem Herrn Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung nach den bestehenden Richtlinien die Hergabe von Mitteln aus diesem Fonds nicht oder mindestens nicht ohne weiteres möglich ist. Ich möchte aber hinzufügen, daß die Bundesregierung sich in ihrer Sorge um die von dieser furchtbaren Krankheit Befallenen bewußt ist, daß sie Mittel zur Verfügung stellen muß, die diesen eine angemessene Heilbehandlung und ein menschenwürdiges Dasein ermöglichen. Sie begrüßen, Herr Kollege, sicher mit mir die Anregung des Haushaltsausschusses, nach der sich das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung mit dem Bundesministerium für Gesundheitswesen über die Aufteilung der genannten 10 Millionen DM verständigen soll. Das Bundesministerium für Gesundheitswesen ist dann bereit, sich mit einem angemessenen Betrag an der Finanzierung der geplanten Multiple-Sklerose-Klinik zu beteiligen.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Büttner!

Fritz Büttner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000301, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Bundesminister, sind der Regierung die Erfahrungen, die im Ausland zu dieser schweren Krankheit gesammelt worden sind, bekannt, und ist die Bundesregierung bereit, bei der Errichtung bzw. Bezuschussung eines MultipleSklerose-Krankenhauses diese Erfahrungen entsprechend zu verwerten?

Dr. Franz Josef Wuermeling (Minister:in)

Politiker ID: 11002570

Ich bin gewiß, daß Frau Kollegin Schwarzhaupt diese Erfahrungen bekannt sind, und ich bin ebenso gewiß, daß diese Erfahrungen bei unserer Institution genutzt werden.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Dr. Bechert.

Dr. Dr. h. c. Karl Bechert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000123, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, ist der Bundesregierung bekannt, daß angesehene Wissenschaftler wegen der Ausbreitungsart der multiplen Sklerose im Nervengewebe der Ansicht sind, daß es sich um eine Viruskrankheit handeln könnte, und halten Sie es angesichts dieser wissenschaftlichen Meinung nicht für geboten, eine Meldepflicht für an multipler Sklerose Erkrankte anzuordnen?

Dr. Franz Josef Wuermeling (Minister:in)

Politiker ID: 11002570

Diese wissenschaftlichen Meinungen sind der Bundesregierung bekannt. Aber eine Meldepflicht kann ja wohl nur auf gesetzliche Weise statuiert werden, so daß es dazu einer gesetzlichen Vorschrift bedarf.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Rohde.

Helmut Rohde (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001876, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich möchte dabei auf die Anstrengungen anderer Industriestaaten zurückkommen und Sie fragen, Herr Minister, ob die Bundesregierung bereit ist, sich über den gegenwärtigen Stand der Anstrengungen und des Einsatzes öffentlicher Mittel in anderen Industriestaaten, vor allem Westeuropas und der USA, zu informieren, und ob die Bundesregierung gegebenenfalls bereit wäre, über das Ergebnis ihrer Ermittlungen und Bemühungen dem Ausschuß für Gesundheitswesen dieses Hohen Hauses Bericht zu erstatten.

Dr. Franz Josef Wuermeling (Minister:in)

Politiker ID: 11002570

Ich möchte die beiden Fragen mit einem eindeutigen Ja beantworten.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Fritsch.

Walter Fritsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000601, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Bundesminister, würden Sie im Benehmen mit dem Bundesarbeitsministerium bei der Grundlagen- und Ursachenforschung der multiplen Sklerose die Prüfung der Frage mit einbeziehen, inwieweit die Möglichkeit besteht, den ursächlichen Zusammenhang mit der Wehrdienstbeschädigung im Sinne des § 1 Abs. 3 BVG klarzustellen, wenn nicht, inwieweit wäre im Benehmen mit dem Bundesarbeitsministerium die Frage zu prüfen, ob eine im Wehrdienst entstandene bzw. verschlimmerte multiple Sklerose in den Härteausgleich nach § 89 Abs. 2 bzw. 3 BVG mit einbezogen werden könnte?

Dr. Franz Josef Wuermeling (Minister:in)

Politiker ID: 11002570

Ich sage diese Verhandlung und diese Prüfung gern zu.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Ich danke Ihnen, Herr Bundesminister. Wir stehen damit am Ende der Fragestunde. Meine Damen und Herren, inzwischen haben Gespräche mit Vertretern der drei Fraktionen stattgefunden. Demgemäß soll die Beratung der drei Zollverordnungen, die wir vorhin auf die Tagesordnung gesetzt haben, erst nach Erledigung der Punkte 3 a und 3 b der Tagesordnung vorgenommen werden. - Widerspruch erfolgt nicht; dann steht das fest. Ich rufe Punkt 3 a auf: Große Anfrage der Fraktion der SPD betr. Auswirkungen des Bundesbaugesetzes und sonstiger Maßnahmen der Bundesregierung auf die Baulandpreise ({0}). Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Jacobi ({1}).

Werner Jacobi (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001000, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Große Anfrage der Fraktion der SPD betreffend Auswirkungen des Bundesbaugesetzes und sonstiger Maßnahmen der Bundesregierung auf die Baulandpreise ist bereits vor drei Monaten eingebracht worden. Sie hätte demnach längst beantwortet werden müssen. Mit Rücksicht auf die durch seinen Unfall bedingte dienstliche Verhinderung des Herrn Ministers hat Jacobi ({0}) sich die sozialdemokratische Bundestagsfraktion mit einer Verlängerung der üblichen Beantwortungsfrist einverstanden erklärt. Sie tat dies einmal auf Grund des Gebots der Fairneß; denn sie hatte Verständnis dafür, daß der verantwortliche Ressortchef die gestellten Fragen, die politische Fragen sind, selbst beantworten wollte. Wir bedauern, daß der Genesungszustand des Herrn Ministers Lücke ihm auch heute noch nicht gestattet, dem Hause selbst Rede und Antwort zu stehen. Aber wir haben Verständnis dafür, daß sich der Minister dem Rat der Ärzte gebeugt hat, und wir wiederholen unseren Wunsch auf eine baldige, vollständige Wiederherstellung seiner Gesundheit und Schaffenskraft. ({1}) Auf den mir zuteil gewordenen Auftrag, die sozialdemokratische Anfrage zu begründen, fällt leider ein Schatten. An meiner Stelle sollte unser Kollege, mein Freund Dr. Julius Brecht heute hier auf der Rednertribüne stehen. Er ist leider sehr schwer erkrankt. Haben Sie Verständnis dafür, daß meine Gedanken in diesem Augenblick bei ihm weilen, und lassen Sie mich von der Gewißheit ausgehen, daß wir alle in diesem Hause in kollegialer und freundschaftlicher Verbundenheit heute und hier an ihn denken und ihm die baldige Wider-herstellung seiner Gesundheit wünschen. ({2}) Ich würde dem erkrankten Freunde einen schlechten Dienst erweisen, wenn ich die Sache, die wir heute verhandeln und die so sehr seine Sache ist, nicht mit derselben Klarheit und Energie verträte, die wir in diesem Hause von ihm gewohnt sind. Noch gestern abend hat er mir an seinem Krankenlager zu verstehen gegeben, wie sehr ihn die Fragen beschäftigen, die wir heute behandeln. Er hat mir Grüße an das ganze Haus aufgetragen, und ich darf sie Ihnen, meine Damen und Herren, übermitteln. Nun zur Sache. Die von uns gestellten Fragen gehen davon aus, daß das Bundesbaugesetz in den Teilen, die auf die Entwicklung der Bodenpreise einwirken sollen, seit rund anderthalb Jahren in Kraft ist und daß sich auch die vielgerühmte Bereitstellung von bundeseigenen Grundstücken inzwischen über einen Zeitraum erstreckt, der eine Beurteilung des Erreichten möglich macht. Als das Bundesbaugesetz am 20. Mai 1960 verabschiedet wurde, hat der Wohnungsbauminister vier Grundziele des Gesetzes genannt. Das erste bezog sich auf den Städtebau, das zweite auf die Zusammenfassung des Rechtes, das dritte auf die Inhaltsbestimmung des Eigentums. Das vierte Grundziel des Gesetzes stellte Minister Lücke damals mit folgenden Worten heraus - ich darf sie mit Genehmigung des Herrn Präsidenten aus dem Bundestagsprotokoll jener Sitzung zitieren -: Beseitigung des Preisstopps für unbebaute Grundstücke und Überführung des Grundstücksmarktes in die soziale Marktwirtschaft; gleichzeitig Einbau von Bestimmungen, die sicherstellen, daß dem Bodenwucher wirksam entgegengetreten wird und ein Baulandmarkt entsteht, der Bauland zu gerechten Preisen anbietet. Das ist genau das, was die Große Anfrage der sozialdemokratischen Bundesfraktion vom 16. März 1962 zur Erörterung stellt. Es geht um die Frage, ob es wirklich gelungen ist, dem Bodenwucher wirksam zu begegnen, ob mit dem Bundesbaugesetz und seinen Bestimmungen erreicht worden ist, nicht nur spekulativ hochgetriebene Baulandpreise zu stabilisieren, sondern gerechte Preise zu erzielen, Preise, die gerecht für alle sind, für den grundbesitzenden Veräußerer ebenso wie für den Erwerber, besonders aber für den Bausparer und Eigenheimbauherrn. Was damals Herr Minister Lücke als sichere Erwartung herausgestellt hat, ist 'danach in zahlreichen Reden und Schriften, in Aufsätzen und politischen Gesprächen immer wieder selbstsicher verkündet worden. Es werde „mehr Bauland zu gerechten Preisen" geben, hieß es in einer Broschüre des Bundeswohnungsbauministeriums. Es sei min bald „ein funktionsfähiger Baulandmarkt" zu erwarten, ließ Minister Lücke wiederholt verlauten. In einem Artikel im Bulletin das man, nun würden „gerechte Baulandpreise" entstehen. Ein andermal wurde verbreitet, daß mit dem Gesetz und seinen Maßnahmen „gesunde Bodenmarktverhältnisse wiederhergestellt, gerechte Baulandpreise gebildet würden und der tatsächliche Wert eines Grundstücks zuverlässig ermittelt werde". Immer wieder stoßen wir auf das selbstsichere Wort von Iden gerechten Preisen, die nunmehr garantiert seien. Manchmal finden wir es dahin abgemildert, daß das Gesetz „ein verstärktes Angebot an preiswertem Bauland" schaffen werde. In einem Interview ides saarländischen Rundfunks am 5. März 1961 hieß es: Wir dürfen nicht zulassen, daß die Schwarzmarktpreise, die auf dem Tisch liegen, irgendwie realisiert werden. Damit hat man klar und deutlich zum Ausdruck gebracht, ,daß die so oft verheißenden gerechten oder angemessenen Baulandpreise nicht die Schwarzmarktpreise legalisieren und bestätigen dürfen und daß sie natürlich schon gar nicht - wie es dann doch geschehen ist - weit darüber hinausgehen sollen. Der Minister hat bekanntlich seinerzeit die Parole ausgegeben: „Jetzt nicht kaufen. Mit dem Kauf von Bauland warten. Das Bauland wird billiger, die Baulandpreise werden fallen." So und ähnlich ist auch argumentiert worden, als wir erstmals mit einer Großen Anfrage auf die bedrohliche Entwicklung - nämlich auf die Steigerung der Baulandpreise - besorgt und eindringlich am 22. Februar 1961 in diesem Saale hingewiesen haben. Man kann einen großen Zitatenschatz aus den verschiedenen Reden des Wohnungsbauministers und des ihn heute hier vertretenden Staatssekretärs zusammenstellen, woraus sich ergibt, daß immer wieder der Glaube vertreten wurde, die Dinge würden gut laufen, und worin man immer wieder das Versprechen, ja die Zusage entdeckt: Wir kommen zu günstigeren, billigeren, angemesseneren Bodenpreisen; wir bringen den gerechten Baulandpreis. Wir fragen demgegenüber die Bundesregierung: sind diese Zusagen und Versprechungen in der Tat verwirklicht, ist der Bodenwucher wirksam be1318 Jacobi ({3}) kämpft worden? Sind die Baulandpreise, die wir heute - und wohl auch noch morgen - haben, die versprochenen gerechten Preise? Sind es die angemessenen Preise? Wir erwarten, daß die Bundesregierung uns in der Antwort nicht über einzelne Paragraphen und Bestimmungen des Bundesbaugesetzes belehrt, sondern daß sie auf unsere politischen Fragen zu der beängstigenden und allgemeinwirtschaftlich bedeutsamen, uns gefährlich erscheinenden Preisentwicklung eine politische Antwort gibt. Im Februar 1961, als wir in nüchterner und realer Weise - jeder kann es nachlesen - unsere Skepsis hinsichtlich der angekündigten Auswirkungen des Bundesbaugesetzes kundtaten, sind die Bundesregierung und die Mehrheit dieses Hauses ausgewichen. Damals sind wir einer voreiligen Kritik bezichtigt worden. Damals hat man uns darauf hingewiesen, daß das Instrumentarium des Bundesbaugesetzes, das Bündel der in ihm statuierten Maßnahmen - als da sind erstens die vorzeitige Fälligkeit der Erschließungsbeiträge, zweitens die Baulandsteuer C und drittens die Gutachterausschüsse - über kurz oder lang seine preisregulierende und preisdämpfende Wirkung ausüben würde. Bei all dem hat man zwar erklärt, wir seien viel zu rasch mit unserer Kritik, wir hätten die Pflicht, Geduld zu üben. Aber man hat verschwiegen, daß wir von vornherein und immer wieder, und zwar vom Beginn unserer jahrelangen Beratungen zum Bundesbaugesetz an, unsere Zweifel angemeldet haben und andere Regelungen als die schließlich beschlossenen von der Mehrheit immer wieder abgelehnt worden sind. Wir befürchten, daß uns auch heute wieder ähnliches geschieht. Das wäre schlimm. Verfolgt man die regierungsamtlichen Verlautbarungen der letzten anderthalb Jahre, so könnte der mit der Entwicklung nicht Vertraute in der Tat den Eindruck gewinnen, außer den jetzt in das Bundesbaugesetz aufgenommenen Instrumenten sei anderes nie in der Diskussion gewesen; es gehe also nach wie vor lediglich darum, abzuwarten, ob die durch das Bundesbaugesetz gegebenen Mittel ihre Wirkung tun oder nicht. Es scheint nötig, die Regierung daran zu erinnern, daß Sachverständige aller Fachrichtungen und der verschiedensten politischen Standorte gut ein Jahrzehnt lang eine ganze Anzahl von Handhaben untersucht, geprüft und durchdacht haben. Ihre Überlegungen haben schließlich nicht nur dazu geführt, daß die amtliche Kommission für die Baugesetzgebung eine bestimmte Lösung vorgeschlagen hat. Neben dem Kommissionsvorschlag für einen Planungswertausgleich sind auch von anderer Seite; so von den kommunalen Spitzenverbänden, so vom Deutschen Volksheimstättenwerk, so vom Deutschen Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumplanung durchgearbeitete und durchgerechnete Vorschläge vorgelegt worden. Als der federführende Bundestagsausschuß mit dem Bundesbaugesetz befaßt war, lagen folgende von der Sache wie von der Urheberschaft her durchaus ernst zu nehmende Vorschläge vor: 1. Ergänzungen der Grundbesteuerung durch die Wertzuwachssteuer, 2. Systemänderung der Bodenbesteuerung durch Einführung einer Bodenwertsteuer oder Grundwertsteuer, 3. zur Einführung einer Grundrentenabgabe, 4. der Planungswertausgleich in der Gestalt a) des Dittus-Entwurfs, b) des Kommissionsentwurfs, c) des Dortmunder Gegenvorschlags, d) der sogenannten kleinen Lösung unter Beschränauf Verleihung und Entzug der Bebaubarkeit, e) der sogenannten konsequenten Einheitswertlösung und schließlich 5. Vorschläge für einen aufgestockten Erschließungsbeitrag. Durch eine Art Kunstgriff, dessen Motivation uns auch heute noch unverständlich bleibt, gelang es der Regierung, die parlamentarische Diskussion dieser Vorschläge zu umgehen. Die Diskussion wurde auf die Sachverständigenebene verlagert. Nur zu gern akzeptierte die Bundesregierung das Ergebnis, das der wissenschaftliche Beirat für Fragen der Bodenbewertung beim Bundesminister für Wohnungsbau vorlegte. Dieser Beirat bescheinigte mit erstaunlicher Sicherheit, daß keiner der in der fachlichen Diskussion stehenden Vorschläge geeignet sei. Den Beiratsmitgliedern kann kein Vorwurf gemacht werden. Sie waren in ihrem Urteil frei. Sie standen auch nicht in der politischen Verantwortung, in der wir damals standen und heute stehen. Aber die Prognosen des Beirats waren falsch. Der Beirat war „der Auffassung" - Sie können das auf Seite 68 seiner Stellungnahme nachlesen -: „daß eine besondere Baulandsteuer ein geeignetes und wirksames Mittel ist zur Schaffung eines geordneten Baulandmarktes". Heute wissen wir, daß die Baulandsteuer weder, wenn sie allein eingeführt wird, noch im Verein mit anderen bundesbaugesetzlichen Mitteln ein geeignetes und wirksames Mittel ist, den Baulandmarkt zu ordnen, daß sie dafür ungeeignet ist. Offenbar ist auch im Schoße der Bundesregierung heute eine Überprüfung der früheren Meinungen festzustellen. Oder anders ausgedrückt: es scheint not zu tun, daß sich die Bundesregierung selbst darüber klar wird, wie sie nunmehr zu diesem Instrument steht, nachdem der Herr Bundesfinanzminister vor ganz kurzer Zeit auf der Tagung der Haus- und Grundbesitzer seine absolut ablehnende kritische Meinung zu dieser Steuer geäußert hat. Erweist sich, daß hier die Prognose des Beirats, der diese Steuer bejahte, der an sie bestimmte Hoffnungen knüpfte, falsch war, so ist unsere schon damals vertretene Ansicht doch wohl nicht abwegig: Könnte der Beirat sich nicht ebenso bei seinen übrigen Feststellungen geirrt haben, als er alle sonstigen Bodenordnungsmittel als untauglich verwarf? Eben darum war es ein Mangel an politischer Verantwortung, als die Koalitionsparteien eine sorgfältige parlamentarische Diskussion über den Planungswertausgleich und andere verwandte Instrumente im Vertrauen auf ein Fünfer-Gutachten verhinderten. Ich will hier die leidvolle Vorgeschichte des Bundesbaugesetzes nicht in weiteren Einzelheiten darstellen, muß jedoch den in früheren Diskussionen gemachten Hinweis wiederholen, daß es eine Tragik darstellt, wenn wir uns anscheinend weitgehend über ein gemeinsames Ziel einig waren und vielJacobi ({4}) leicht auch heute noch sind und dennoch in den Methoden nach wie vor kein Einvernehmen erzielen. Wir sind uns doch wohl darüber einig, daß Bodenwucher und Bodenspekulation verwerflich, sozial gefährlich und nachdrücklich zu bekämpfen sind. Wir unterstreichen doch wohl alle die Feststellung, die Herr Staatssekretär Professor Ernst in einem Aufsatz im August 1961 getroffen hat, nach der das Recht am Boden so zu ordnen ist, daß überall dort, wo Land benötigt wird, es rechtzeitig, in ausreichendem Umfang und zu einem Preis beschafft werden kann, der die beabsichtigte Verwendung zuläßt. Wir alle denken dabei an den Eigenheimbau, an den emsigen kleinen Bausparer, an familiengerechte Wohnungen im sozialen Wohnungsbau, und es dürfte wohl nur wenige in diesem Hause geben, die es grundsätzlich ablehnen, dort, wo solche gesellschaftspolitischen. Ziele gefährdet und nicht ausreichend gesichert erscheinen, durch ein Eingreifen der Gesellschaft die Sozialpflicht des Grundeigentums zu verwirklichen. Wir sind uns wohl auch darin einig, daß der Boden keine beliebig vermehrbare Ware ist, die wie sonstige Güter und Waren ohne Sorge dem marktwirtschaftlichen Prinzip der Gewinnmaximierung unterworfen werden kann. Oder müssen wir darüber streiten, daß derjenige, der über den Boden verfügt, der ihn als Eigentum hat, nicht den in der marktwirtschaftlichen Angebot- und Nachfragesituation erzielbaren höchstmöglichen Preis herausholen darf ohne Rücksicht auf diejenigen, die den Boden aus gesellschaftspolitischen Gründen benötigen, und ohne Rücksicht darauf, ob durch dieses marktwirtschaftliche Gewinnstreben die soziale Verwendung unmöglich wird? Müssen wir darüber streiten? Ich hoffe, daß wir in diesem gesellschaftspolitischen Grundanliegen einer gemeinsamen Auffassung sind und sein können. Dann muß es aber auch für Sie, meine Damen und Herren, eine Grundlage geben, um unsere Besorgnisse zu würdigen und zu verstehen und gemeinsam mit uns um eine wirkliche Abhilfe bemüht zu sein. Wir Sozialdemokraten gehen bei unserer Anfrage darüber hinaus von folgenden grundsätzlichen Überlegungen und Sachverhalten aus, in denen wir vielleicht nicht so ohne weiteres mit Ihnen übereinstimmen: Die Entwicklung der Baulandpreise kann und darf nicht isoliert von den übrigen Preisvorgängen in unserer Wirtschaft behandelt werden. Auch der Baulandpreis steht im volkswirtschaftlichen Gesamtzusammenhang. Er ist volkswirtschaftlich und sozial sicherlich sehr viel wichtiger und von größerer preispolitischer Bedeutung als etwa der Autopreis oder mancher andere Preis, um den sich die Regierung neuerdings, wenn auch reichlich spät und wenn auch leider bisher mit zweifelhaftem Erfolg, kümmert. Irgendwie gehen auch die Baulandpreise in die Kosten anderer Güter und Leistungen in der Volkswirtschaft ein, in die Ladenmieten, in die Wohnungsmieten, in die Lebenshaltungskosten. Sie bekommen damit ein ganz entscheidendes Gewicht in den Lohnforderungen, in den Preisen der Konsumgüter, ja sogar als Teil von Produktionskosten in unseren Exportpreisen. Die Regierung hat bei dieser Sachlage nach unserer Meinung die Pflicht, sich um diese besonders gravierenden Preise zu kümmern, und zwar rechtzeitig, nicht erst, wenn sie untragbar und unangemessen, wenn sie ungerecht gestiegen sind. Das muß sie schon aus volkswirtschaftlichen Erwägungen tun. Sie kann und darf in diesem Falle nicht der marktwirtschaftlichen Maxime anhängen, man müsse diese Preisentwicklung sich selbst überlassen, der Preis sei nun einmal als Ausdruck von Angebot und Nachfrage in der Marktwirtschaft allüberall und ausnahmslos der wirtschaftspolitische Steuermann, und deshalb müsse man solche Preissteigerungen hinnehmen, bis sie von selbst auslaufen. Eine solche Laisser-faire-Haltung ist gerade beim Bauboden schon deshalb nicht vertretbar, ja, wie wir meinen, in schärfster Form zu verurteilen und abzulehnen, weil sie der Eigentumspolitik, der Politik einer breit geförderten Eigentumsförderung diametral entgegensteht. Auf diesen Zusammenhang hat kürzlich die Denkschrift der evangelischen Kirche zur Eigentumsförderung mit Recht hingewiesen. Es genügt nicht, meine Damen und Herren, eine solche Denkschrift in mehr oder weniger unverbindlicher Form allgemein zu begrüßen und sie dann beiseite zu legen. Wir sollten uns alle zu der ständigen Gewissenserforschung aufgerufen fühlen, die uns, den Politikern in den Parlamenten, mit dieser Denkschrift ganz besonders ans Herz gelegt wird. Wir sollten über den Satz nachdenken, der da lautet: „Man kann I nicht erwarten, daß eine gesellschaftliche Ordnung . durch alle daran Beteiligten mitgetragen wird, wenn in ihr einseitig die einen begünstigt, die anderen aber benachteiligt werden." Es ist doch wohl nicht so, daß mit der Eigentumsförderung schlechthin nur neues Eigentum gebildet werden soll, vielmehr soll das neuzubildende und im Boden bereits vorhandene Eigentum anders verteilt und einer größeren Zahl von Eigentümern verschafft werden. Der Boden und auch der Baulandboden ist stets bereits in irgendeinem Eigentum, er ist nicht herrenlos. Aber er soll auch denen erschlossen und zugänglich gemacht werden, die bisher kein Grundeigentum bekommen konnten, jedoch ebenfalls -Grundeigentümer werden wollen und sollen. Beim Bauboden geht das aber praktisch nun einmal nicht anders, als daß die bisherigen Eigentumsbesitzer einen Teil ihres Eigentums aufgeben, indem sie ermöglichen, daß andere ihn erwerben können. Wer Eigentumsförderung ernsthaft und ehrlich und nicht nur in Worten betreibt, und zwar in dem Sinne, daß Eigentum, auch Eigentum an Grund und Boden, breit gestreut wird, der muß dafür sorgen, daß dies auch praktisch möglich fist. ({5}) Wer Bodenpreissteigerungen zuläßt oder begünstigt, wer nichts oder nichts Durchgreifendes gegen den Bodenwucher und fortgesetzte Preissteigerungen unternimmt, handelt gegen die proklamierte Edgentumspolitik und ihr Ziel einer breiten Eigentumsstreuung. ({6}) 1320 Deutscher Bundestag - 4. Wahlperiode - 31. Sitzung. Bonn, Freitag, den .18. Mai 1962 Jacobi ({7}) Derselbe Vorwurf gilt aber auch dann, wenn durch eine Politik des Laisser-faire, laisser-aller bei den Baulandpreisen dringliche soziale Aufgaben, Anliegen der Gesellschaftsordnung nicht mehr oder nur unter erschwerten und die Allgemeinheit belastenden Bedingungen erfüllt werden können. Wenn z. B. der soziale Wohnungsbau durch eine solche Politik in den Baulandpreisen gefährdet oder erschwert wird oder wenn dies zu sozial nicht mehr vertretbaren Mieterhöhungen führt, so muß eine solche Politik auch aus sozialen Gründen verurteilt werden. Auch wir wissen natürlich, daß der Boden und die Baulandpreise inmitten einer marktwirtschaftlich bestimmten Umwelt und Wirtschaftsverfassung leider nicht einfach in der Weise aus dem Gesamtzusammenhang herausgelöst werden können, daß etwa nur der landwirtschaftliche Ertragswert zuzüglich der Kosten für die Erschließung und Baureifmachung Berücksichtigung findet. Wir wissen ferner sehr genau - und berücksichtigen dies auch immer bei allen auf diesem Gebiet so schwierigen Preisvergleichen -, daß in dem Preis fürerschlossenes Bauland stets der Anteil der Erschließungskosten steckt, und zwar in durchaus unterschiedlicher Höhe, aber als ein echtes und berechtigtes Kostenelement. Wir wissen, daß dieser Kostenanteil in den letzten Jahren ebenso gestiegen ist wie alle Baupreise und Baukosten. Aber, meine Damen und Herren, damit können die Bodenpreissteigerungen und die heutigen Baulandpreise nicht erklärt und begründet werden. Es werden zwar immer wieder derartige Beweisversuche unternommen; aber sie sind schlicht und einfach gesagt falsch. Auch noch nicht erschlossenes Bauland hat heute in der Umgebung unserer Großstädte Preise von 40 bis 60 DM pro qm und selbst in Mittelstädten von 15 bis 30 DM. Das sind Preise, die ganz erheblich, und zwar ohne jeden Kostengrund, weit über den Preisen landwirtschaftlicher Ertragswerte liegen. Zu ihnen kommen dann auch noch die Erschließungskosten hinzu. Schon Bauerwartungsland - also Land, das noch landwirtschaftlich genutzt wird und nicht in einem Baugebiet mit Bebauungsplänen liegt - hat heute ohne irgendein zur Rechtfertigung heranziehbares Kostenelement Preise von 15 bis 30 DM und mehr. Bei den Baulandpreisen kann also nicht mit dem berühmten Argument operiert werden, die Preise seien wegen der gestiegenen Löhne oder wegen sonstiger Kosten so hoch gestiegen und aus einer zwingenden Kostenlage begründet. Bei den Baulandpreisen wird eindeutig bewiesen, daß unsere Preissituation und die sich in ihr niederschlagenden Preissteigerungen zum Teil in Kostensteigerungen begründet sind, die Ausfluß willkürlicher Ausnutzung einer gleichsam monopolistischen Machtstellung sind. Die Bodenpreise beruhen, soweit sie über die landwirtschaftlichen Ertragswerte und evtl. schon entstandene Erschließungskosten hinausgehen, ausschließlich darauf, daß der Grundeigentümer in der marktwirtschaftlichen Umwelt, in der Ausnutzung der Nachfragesituation und seiner machtvollen Stärke als derzeitiger Eigentümer eben doch wie bei anderen Gütern und Leistungen anstrebt - und sich dabei sogar legitimiert fühlt -, den höchstmöglichen Marktpreis zu erzielen. Das marktwirtschaftliche Prinzip der Gewinnmaximierung - um es einmal hart und deutlich zu sagen - feiert hier geradezu sozial schädliche Triumphe. Hier scheint uns eine größere Gefahr zu bestehen als bei den Autopreisen, bei denen die Bundesregierung plötzlich zu begreifen scheint, daß Beschwörungen und Seelenmassagen in einer bestimmten Situation ohne heilende Wirkung sind. Die Baulandpreise sind seit dem Sommer 1960 nicht nur um wenige Prozent, sondern im Schnitt um 200 bis 300 % gestiegen. Hierbei sind exorbitante Einzelfälle in keiner Weise berücksichtigt. Sind das, meine Damen und Herren, die gerechten und angemessenen, die „vertretbaren" Preissteigerungen? Es wird uns sicherlich wieder entgegengehalten, diese Preissteigerungen seien vor Aufhebung des Preisstopps schon versteckt in den Schwarzmarktpreisen vorhanden gewesen. Eine solche bei uns leider üblich gewordene Argumentation, die das Problem verschiebt, ja nach Verniedlichung und Verharmlosung riecht, ist nicht nur billig, sie ist einfach falsch. Eine derartige Bagatellisierung der Entwicklung der Baulandpreise kann man nur als eine unverantwortliche Flucht vor den wirklichen sozialen Problemen, die hier anstehen, bezeichnen. Wir haben schon vor einem Jahr, am 22. Februar 1961, bei der damaligen Beratung unserer ersten Anfrage darauf hingewiesen, wie gefährlich die soeben beanstandete These ist. Sie würde doch nur anerkennen, daß die in das Bundesbaugesetz eingebauten Gegenwirkungen, die gerechte und angemessene Preise sichern sollten, nichts anderes vermocht haben, als Schwarzmarktpreise zu legalisieren. Herr Präsident, ich kann zwar die Aufmerksamkeit des Hauses bei diesem Thema nicht ohne weiteres erwarten, ich muß aber darauf aufmerksam machen, daß es dem Redner außerordentlich schwerfällt, sich zu konzentrieren, weil er leider, ohne es zu wollen, fast jedes Wort hört, das in jener Ecke, auf die ich zeige, gesprochen wird. Ich muß bitten, eine Entscheidung zu treffen, wer hier reden soll: der Redner, der am Rednerpult steht, oder die Herren, die mit ihrem Fraktionschef Gespräche führen.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Herr Abgeordneter Jacobi, die Entscheidung ist nach der Geschäftsordnung einfach. Ich möchte die Herren, die Gespräche zu führen für notwendig halten, dringend bitten, das in den Wandelgängen zu tun, nicht im Plenum. Bitte, Herr Abgeordneter Jacobi, fahren Sie fort!

Werner Jacobi (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001000, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich bedanke mich. - Herr Dr. Mende, fassen Sie es nicht als Unhöflichkeit auf, aber der Schall kommt hier zu mir, und ich bin in dem, was ich zu sagen habe, sehr stark gestört. Das mag zwar für Sie erfreulich sein, aber es paßt mir nicht. ({0}) - Ich danke verbindlichst. Jacobi ({1}) Ich sagte, uns wende sicher entgegengehalten, daß die Preissteigerungen von Anbeginn an, schon vor Aufhebung des Preisstopps, in den Schwarzmarktpreisen 'begründet gewesen seien und daß diese Argumentation nicht richtig ist. Wir haben damals diese These beanstandet und haben ausgeführt, wenn man sie anerkennte, würde damit doch nichts anderes festgestellt, als daß die Schwarzmarktpreise nun auch noch zu allem Überfluß legalisiert würden. Das sollte aber doch nach allem, was wir immer wieder gehört haben, keineswegs ein Grundziel des Bundesbaugesetzes sein. Es ist übrigens auch nicht wahr, daß vor 1960 bei jedem Grundstückskauf Schwarzmarktpreise gezahlt wurden. Sachkenner beziffern den Anteil der Schwarzmarktpreise auf 10 %, höchstens 30 %. Aber selbst wenn wir hiervon absehen, steht fest, daß die Masse der tatsächlich eingetretenen Preissteigerungen von den Schwarzmarktpreisen her weder zu erklären noch zu begründen ist. Die Preissteigerungen gingen auch in ihrem Gesamtumfang weit über die ehemaligen Schwarzmarktpreise hinaus. Im übrigen haben die Preissteigerungen des Baulandes nicht etwa im Oktober 1960 oder im Frühjahr 1961 aufgehört, als sich die Schwarzmarktpreise längst ausgewirkt haben mußten. Sie gingen vielmehr örtlich und regional, allerdings unterschiedlich und in der Steigerung teilweise nicht mehr ganz so stürmisch, durchaus weiter. Auch seit dem Frühjahr 1961 sind Steigerungen der Baulandpreise zu verzeichnen. Man kann jedenfalls keineswegs von einem allgemeinen Preisstillstand sprechen. Nur vereinzelt, da und dort scheint eine gewisse Beruhigung, vielleicht von einigen entlegenen Dörfern abgesehen, aber keineswegs ein Preisrückgang eingetreten zu sein. Darauf aber müßte es ankommen. Aber selbst wenn die Behauptung stimmen würde, die Entwicklung habe sich allgemein beruhigt - Herr Minister Lücke hat ,dem Volksheimstättenwerk gegenüber kürzlich eine solche Erklärung abgegeben, und man liest sie auch in den letzten Tagen in der Presse allüberall -, wäre das ein Anlaß zur Genugtuung? Das wäre doch, wenn hier von Beruhigung gesprochen wird, sozusagen eine Beruhigung auf dem Gipfel im Zugwind des Spekulationswirbels. Wahrscheinlich wird uns nachher ein ganzer Katalog von Äußerungen unterbreitet, mit denen mehr oder weniger zweck- und interessenbestimmt, wohl auch erbeten oder gar politisch gefärbt, der Stillstand der Preissteigerungen auf ihrer derzeitigen Gipfelhöhe gerühmt wird. Es wäre ein Leichtes, hier einen Gegenkatalog mit genau gegenteiligen Berichten und Äußerungen zu unterbreiten, Hinweise und Zahlen aus allerneuester Zeit anzuführen. Man braucht nur an die geradezu aufrüttelnden Feststellungen des Generaldirektors der Allianz zu denken, nach denen selbst (für nur mittelgute Grundstücke 120 000 bis 150 000 DM gefordert werden und je Zweithaus allein 30 000 DM Grundstückskosten erforderlich sind. Ich verzichte auf eine solche Katalogdarstellung; denn auf dem Preisgebiet wird jede Diskussion unfruchtbar, wenn sie nur mit Einzelbeispielen und regionalen, örtlichen Einzelfällen arbeitet. Es kommt immer auf den Trend und auf die Gesamtentwicklung an, von der es überall und immer auch einmal Ausnahmen geben kann. Auch die Bundesregierung wird uns in dieser Beziehung leider mit keinen Berichten und aus keiner Statistik (belegen können, daß der Preistrend, wenn auch vielleicht (da und dort etwas verlangsamt, nicht mehr weiter nach oben geht; sie wird nicht nachweisen können, daß schon ein allgemeiner Preisstillstand zu verzeichnen ist oder daß die Baulandpreise auf breiter Ebene gar rückläufig sind. Wir können uns jedoch, meine Damen und Herren, mit dieser Situation nicht abfinden, selbst wenn sich eine allgemeine Preisberuhigung feststellen ließe. Wir Sozialdemokraten haben immer entschiedenen Einspruch gegen die Methode eingelegt, erst die Preise steigen zu lassen und dann, wenn sie zur Ruhe gekommen sind, aufatmend und insgeheim vielleicht sogar beglückt zu sagen: Da seht ihr doch, wie famos uns die Stabilisierung der Preise gelungen ist, eine Stabilisierung auf einem erhöhten, aus der Preisspekulation erzielten, sozial und volkswirtschaftlich unerwünschten Niveau. Wir meinen, daß eine Stabilisierung der Baulandpreise auf einem um 200 bis 300 %o gestiegenen, ja zum Teil noch höheren Niveau kein Anlaß zu kritikloser und tatenloser Registrierung angeblich unabänderlicher Tatsachen ist. Wir halten die in den letzten anderthalb Jahren entstandenen Baulandpreise nicht für die Preise, die als gerecht und angemessen versprochen worden sind. Es kann nicht das gepriesene Grundziel des Bundesbaugesetzes gewesen sein, daß erst die Baulandpreise um 200 bis 300 und mehr Prozent steigen und daß sie dann zum Glück und Segen der verkaufenden Grundeigentümer und zum Nachteil und Schaden der noch nach Grundeigentum strebenden Menschen auf dieser Höhe stabilisiert werden. Sie kennen die Sorgen und Klagen der Bausparer. Kann man sich wundern, wenn diese immer wieder verzweifelt nach einem Grundstück suchenden Menschen ihrer Enttäuschung in harten Worten Ausdruck verleihen? „Der Bausparer ist im wahrsten Sinne enteignet worden" ; das ist nach der „Rheinischen Post" vom 27. Januar 1962 ein Satz, den der Herr Bundeskanzler gesprochen haben soll, meine Damen und Herren. Wie immer man die Dinge beurteilt, das Instrumentarium des Bundesbaugesetzes, auf das Sie sich immer noch zu berufen scheinen, hat unseren Erwartungen gemäß leider - wir sagen das ohne Stolz und Freude - seine Eignungsprobe nicht bestanden. Wir haben unsere Große Anfrage zu diesem Zeitpunkt auch eingebracht, weil wir hinsichtlich der Baulandpreise für die nächste und die weitere Zukunft von einer ernsten und schweren Sorge bedrückt sind. Selbst wenn die Baulandpreise, was tatsächlich allgemein nicht zutrifft, zu einem gewissen Stillstand gekommen sind, so ist zu befürchten, daß sie in nächster Zeit erneut steigen. Wir haben auf die Gründe für diese Sorge schon vor einem Jahr hingewiesen. Die Gefahrenzeitpunkte, wo dieses weitere Steigen der Baulandpreise einsetzen wird, sind inzwischen näher gerückt. Die Nachfrage nach Bauland hält an. Sie wird sogar mit der erstrebten Jacobi ({2}) und geförderten Vermehrung des Eigenheimbaues und des sonstigen gehobenen Wohnungsbaues in nächster Zeit zunehmen. Vor allem muß aber von Mai 1963 an mit einem solchen weiteren Steigen gerechnet werden, wenn zu diesem Zeitpunkt nach dem Abbaugesetz, dem sogenannten Lücke-Plan, die Mieten aus der Preisbindung freigegeben werden, auch dann, wenn örtlich noch kein voll ausgeglichener Wohnungsmarkt oder ein Überangebot an Wohnungen vorliegt. Sobald die Mieten, d. h. die Grundstückserträge, über die bemessene Kostendeckung hinausgehen, müssen und werden auf Grund der tatsächlichen oder erwarteten Ertragssteigerung aus den Grundstücken auch die Bodenpreise steigen. Das ist eine Erfahrungsregel. Schon im Bodenpreis der landwirtschaftlichen Nutzung und erst recht im Bodenpreis mit anderweitiger, erhöhter Nutzung und Ertragserzielung drückt sich stets Maß und Umfang der erzielbaren Erträge aus. Dieses Preisgesetz gilt auch und erst recht in der marktwirtschaftlichen Preisbildung. Wie wirksam es ist und welche Auswirkungen es haben kann, haben wir alle in den letzten Jahren miterlebt. Die innerstädtischen Bodenpreise mit der bekannten Wellenentwicklung nach draußen sind genau dann angestiegen und weiter gestiegen, wenn und soweit die Preisbindung der Geschäftsraummieten zunächst gelockert und schließlich ganz aufgehoben wurde. Die Bodenpreise mußten dann steigen, weil die möglichen und erzielbaren Grundstückserträge anstiegen. Genau das aber, so fürchten wir, wird sich ab Mitte 1963 wiederholen können. Wir machen deshalb nochmals und in aller Eindringlichkeit auf diesen unlöslichen Zusammenhang zwischen Bodenpreisen und Grundstückserträgen, einer möglichen Steigerung der Grundstückserträge und der daraus entspringenden weiteren Steigerung der Bodenpreise aufmerksam. Hier sollten wir eine gemeinsame Sorge spüren. Wir alle wollen doch wohl nicht, daß die Boden- und Baulandpreise weiter steigen. Ist dem so, so müssen wir gemeinsam überlegen, was rechtzeitig dagegen zu tun ist. Das sind Überlegungen und Besorgnisse, die uns Sozialdemokraten bestimmt haben, diese neue Große Anfrage zu einem sozial- wie gesellschaftspolitisch gleich bedeutsamen Sachgebiet zu stellen. Wir sind auf die Antwort der Bundesregierung gespannt. Wir hoffen, dabei nicht wieder das abgegriffene Argument hören zu müssen, wir kämen immer noch zu früh, die einzelnen Maßnahmen des Gesetzes hätten sich auch jetzt noch nicht in beurteilbarer Weise auswirken können. Das wurde uns schon vor einem Jahr entgegengehalten; es ist inzwischen vielfach wiederholt worden, aber dadurch nicht besser oder richtig geworden. Das Bundesbaugesetz ist vor rund zwei Jahren im Bundestag verabschiedet worden und damit bereits in die aus dem Gesetz erwartete praktische Wirksamkeit getreten. Es ist vor nahezu zwei Jahren, am 29. Juni 1960, verkündet worden. Vier Monate danach, am 29. Oktober 1960, wurde der Preisstopp für unbebaute Grundstücke außer Kraft gesetzt; also vor jetzt über 18 Monaten. Gleichzeitig sind mindestens rechtlich die Gegenmaßnahmen in Kraft gesetzt worden, die nach Ansicht der Bundesregierung und der Mehrheit dieses Hauses gegen die Steigerung der Baulandpreise und für gerechte und angemessene Preise wirksam sein sollen. Wenn auch jetzt noch, nach 18 Monaten, ohne jeden Skrupel und ohne jedes Bedenken erklärt werden sollte, nur die Aufhebung des Preisstopps sei sofort wirksam gewesen, die gegen deren Auswirkungen angesetzten Gegenmaßnahmen aber brauchten noch lange Zeit, damit müsse man sich abfinden, dann könnten Sie es uns nicht verübeln, wenn eine solche Feststellung bei uns Bitternis, ja Empörung auslösen würde. ({3}) - Meine Damen und Herren, ich höre das Wort „abwarten!". Seit zwei Jahren warten wir ab. Seit zwei Jahren warten die Bausparer. Seit zwei Jahren und mehr warten unzählige Menschen darauf, Bauboden zu bekommen. Wie lange sollen die noch warten? ({4}) Wir haben keine Zeit mehr zum Warten. Wir müssen jetzt handeln. Wir müssen eine andere Politik betreiben. Meine Damen und Herren, ich unterstelle ausdrücklich, daß auch bei Ihnen inzwischen ein erhebliches Unbehagen über die Entwicklung eingetreten ist. Ich bin sogar davon überzeugt, daß alle diejenigen, die dem Bundesbaugesetz mit den Maßnahmen gegen die Steigerung der Baulandpreise seinerzeit ohne Vorbehalt zugestimmt haben, ehrlich der Meinung waren, daß die vorgesehenen Gegenmaßnahmen ausreichend wirken würden, daß sie Steigerungen der Baulandpreise verhindern und zu gerechten und angemessenen Preisen führen würden. Wer so gedacht hat, kann aber heute nicht gegen unsere Große Anfrage einwenden, sie komme noch immer zu früh, weil die Wirkung des Gesetzes zwar einseitig für die Preissteigerung eingetreten sei, die Gegenwirkungen aber noch gar nicht möglich wären. Eine solche Argumentation müßte uns befremden. Unsere Große Anfrage beschäftigt sich konkret in zehn Punkten mit den im Bundesbaugesetz festgelegten sogenannten Gegenwirkungen und den weiteren Gegenmaßnahmen, die gegen die Preissteigerungen des Baulandes angesetzt werden sollen; so dem Verkauf von Bauland aus Bundesbesitz. Wir gehen also ganz bewußt von diesen von Ihnen eingeführten und als wirksam angekündigten Maßnahmen aus. Wir erkennen - um es noch einmal zu sagen - durchaus den guten Willen und die ehrlichen Absichten an, positive Wirkungen zu erzielen. Aber wir müssen nach dem, was sich inzwischen ereignet hat, nach dem, was sich als Ergebnis zeigt, hartnäckig fragen, ob das Erreichte wirklich dem Erwarteten entspricht, ob es Ihnen ausreichend erscheint. Haben wir gerechte und angemessene Baulandpreise bekommen? Die ersten drei Fragen gehören zusammen. Wir fragen hier nach den eindeutigen Belegen und den Unterlagen über die Preisbewegung. Wir wissen, wie schwierig sie zu beschaffen sind. Aber das Jacobi ({5}) Parlament, der Bundestag, hat ein Recht darauf, zu erfahren, wie die Sachlage wirklich ist und was die Regierung an Unterlagen hat. Wir haben feststellen können, daß unsere Große Anfrage die Bundesregierung veranlaßt hat, bei Organisationen und Behörden Material zu sammeln und sich zu unterrichten. Wir haben in unserer Anfrage auch auf ein 1958 beschlossenes Gesetz über die Preisstatistik hingewiesen, nach dem, wie es das Parlament bestimmt hat, über Bodenpreise eine Statistik eingerichtet werden soll. Wenn diese Statistik hier heute vorläge, könnte diese Preisdiskussion auf einer jedermann zugänglichen Bewertungsgrundlage geführt werden. Bisher allerdings haben wir, von bescheidenen und unzulänglichen Andeutungen in einem Zeitschriftenaufsatz abgesehen, noch nie etwas von den Ergebnissen dieser Statistik gehört. Ich darf jedoch darauf aufmerksam machen, daß wir auf unsere drei ersten Fragen nicht etwa hören wollen, ob und wo die Baulandpreise zum Stillstand gekommen sein sollen oder sind, sondern wir wollen wissen, wo sie nachweislich gesunken sind. Das ist ein Unterschied. Wir hätten auch fragen können, wo es gerechte und angemessene Preise gibt oder ob die derzeitigen Preise - die Preise sind seit 1960 um 200 bis 300 % und mehr gestiegen - die gerechten und angemessenen Preise sind. Ich will hier keine Beispiele anführen, das kann, wenn die Richtigkeit meiner Ausführungen bestritten werden sollte, in der Aussprache noch nachgeholt werden. Die Fragen 3, 4 und 5 behandeln die Abgabe von Bundesland zum Zwecke der Einwirkung auf die Baulandpreise. Wir Sozialdemokraten haben derartige Maßnahmen seinerzeit in unserer ersten Großen Anfrage angeregt. Der Wohnungsbauminister hat sie dann als seine Großtat und als sein großes und wirksames Geschenk an die Bausparer ausgegeben. Erinnern Sie sich noch an die großen Balkenüberschriften in der gesamten Presse, an die Lobpreisungen, die man dabei lesen und hören konnte? Ein wahres Tamtam wurde veranstaltet. Erst sprach man von 40 000 ha und tat so, als ob sie alle als Bauland abgegeben würden. Dann schrumpfte diese Menge schnell auf die Hälfte, nämlich auf 20 000 ha zusammen. Dann sollten davon ca. 8000 ha abgegeben werden. Später waren nur noch 5000 ha im Gespräch. Nach den Bundestagswahlen hat dann kein Mensch mehr von dieser Großaktion geredet. Sie wurde nur noch mit Lächeln erwähnt. Inzwischen hat bereits der Herr Schatzminister in dem zuständigen Bundestagsausschuß einige vollends ernüchternde Mitteilungen gemacht und auch erklärt, daß diese Aktion von Anfang an gar nicht geeignet gewesen sei, die Baulandpreise zu beeinflussen. Ein interessantes Eingeständnis, meine Damen und Herren! ({6}) - Sie können das im Protokoll des Ausschusses nachlesen, Herr Kollege Czaja! - Bisher sollen nach diesen Angaben statt der angekündigten 8000 ha ganze - man höre und staune! - 65,8 ha veräußert worden und noch 164 ha in der Veräußerung begriffen sein. Damit will man insgesamt 927 Familienheime und rund 2900 sonstige Wohnungen fördern. Nichts kann deutlicher machen, welch klägliches Ende nicht die Verkaufsaktion, die als, wenn auch nur kleine, Hilfe zu begrüßen ist, wohl aber die damalige übersteigerte und maßlose Propaganda gefunden hat. Mindestens die Hälfte oder zwei Drittel dieser verkauften oder verkaufsfähigen Grundstücke wären übrigens auch im normalen Ablauf verkauft worden. Man hätte da also gar nicht ein solches Aufsehen zu machen brauchen. Die Frage Nr. 6 bezieht sich auf die Gutachterausschüsse, also auf eine der drei, nach Ansicht der Regierung, „Gegenmaßnahmen" gegen die Preissteigerungen für Bauland. Auch hier möchten wir konkret wissen, ob durch diese Ausschüsse Preissteigerungen verhindert und Preise gesenkt wurden. Uns ist einiges aus der noch sehr bescheidenen Wirksamkeit der Ausschüsse bekannt, was uns nicht sehr erfreut und uns eher das Gegenteil dessen beweist, was uns vorher so hoffnungsvoll über diese Ausschüsse gesagt worden ist. Wir haben von Anfang an unsere kritische Einstellung zu diesen Ausschüssen kundgetan, die ja nur Tatsachen registrieren und den Markt bei nüchterner Betrachtung effektiv nicht entscheidend beeinflussen können. Die Frage Nr. 7 betrifft die Erhebung und zeitliche Vorziehung der Erschließungsbeiträge, wiederum nicht mit der Bitte, uns über die Bestimmungen des Bundesbaugesetzes zu belehren. Wir möchten überhaupt bitten, uns Tatsachen zu unterbreiten; das Gesetz kennen wir selbst. ({7}) Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich darf meine Ausführungen zum Abschluß bringen und lediglich noch eine Bemerkung zu den Fragen 9 und 10 machen. Auch diese zwingen zu einer klaren und eindeutigen Stellungnahme dazu, ob die Bundesregierung unser derzeitiges Baulandpreisniveau für gerecht, für angemessen und für sozial tragbar hält. Wenn sie dies bejaht, werden weitere Maßnahmen gegen die unseres Erachtens weit überhöhten, ungerechten und unangemessenen Baulandpreise und gegen die drohenden Gefahren weiterer Preissteigerungen leider nicht zu erwarten sein. Die Bundesregierung darf dieser konkreten Frage nicht mit allgemeinen Redewendungen und Vertröstungen auf die Zukunft ausweichen. Es ist also eine inhaltsschwere Frage, die hier zur Entwicklung der Baulandpreise gestellt ist. Wenn die Bundesregierung übereinstimmend mit uns der Meinung ist, daß die derzeitigen Baulandpreise nicht gerecht, nicht angemessen und sozial nicht tragbar sind, kann und darf sie diesen Zustand nicht hinnehmen, dann muß sie etwas gegen diese sozialen Mißstände unternehmen. Sie darf und kann nicht länger auf Wirkungen der Maßnahmen warten, die das Gesetz getroffen hat und von denen wir wissen, daß sie nicht ausreichen und sich nicht als genügend wirkungsvoll erwiesen haben. Deshalb soll sie uns in Beantwortung der Frage 10 sagen, was sie tun will. Der zuständige Minister hat in seinen Jacobi ({8}) Reden schon mehrfach gesagt, daß es leicht und jederzeit möglich sei, die Maßnahmen des Bundesbaugesetzes zu erweitern und wirkungsvoller zu gestalten. Jetzt ist es unerläßlich, diese Zusage zu verwirklichen. Es gibt eine ganze Reihe von Möglichkeiten, von der Verschärfung des Enteignungsrechts bis zu der unseres Erachtens unerläßlichen Abschöpfung der Bodengewinne, - Maßnahmen, die das Gesetz zum Teil bereits vorgesehen hat und die dringend einer Überprüfung hinsichtlich des gesamten Instrumentariums bedürfen. Sonst können wir den Bodenwucher nie überwinden. Mit unserem Entschließungsantrag weisen wir einen Weg, wie man flexibel vorgehen kann. Der Antrag ist Ihnen gestern oder vorgestern auf Umdruck 99 unterbreitet worden. Ich habe heute morgen in Gesprächen mit Kollegen festgestellt, daß unser Anliegen, obwohl wir es kurz gefaßt haben, nicht bekannt zu sein scheint, jedenfalls nicht überall. Ich darf den einen Satz - es handelt sich um die Wertzuwachsabgabe - verlesen. Wir beantragen: Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, bis spätestens 1. Oktober 1962 dem Bundestag einen Gesetzentwurf vorzulegen, der eine Wertzuwachsabgabe auf die Spekulationsgewinne aus Bauboden einführt oder durch den auf andere Weise Spekulationsgewinne abgeschöpft werden, die aus einer Steigerung der Bodenwerte und der Bodenpreise entstanden sind. Dieser Antrag, von dem ich bereits sagte, daß er einen Weg weist, wie man flexibel vorgehen kann, und daß er der Bundesregierung die Möglichkeit gibt, nachzudenken und Vorschläge zu unterbreiten, entspricht in seiner Tendenz einem Antrag, der von uns bereits anläßlich unserer ersten Großen Anfrage im Februar 1961 eingebracht worden ist. Damals sagten Sie uns eine sorgfältige Prüfung im Ausschuß zu. Sie ist leider nie erfolgt. 15 Monate sind seitdem vergangen, eine Zeit, die leider uns und nicht Ihnen recht gegeben hat. Das, worüber wir heute beraten, gehört zu dem sorgenvollen Kapitel, das wir unter die Überschrift „nichtbewältigte Gegenwart" stellen können. Die Bodenspekulation und der Bodenwucher sind Auswüchse, die in jeder Gesellschaftsordnung zu den schlimmsten und bedrohlichsten Störungsfaktoren gehören; ihnen ist mit Palliativmitteln nicht beizukommen; sie erfordern ganze und konsequente Maßnahmen und entziehen sich dem Wunschdenken. Nachdem zwei Jahre seit der Verabschiedung des Bundesbaugesetzes vergangen sind, bedarf es einer nüchternen Prüfung dessen, was erreicht wurde. Darauf sind unsere Fragen abgestellt. Sie sind klar und unmißverständlich; möge dies auch die Antwort der Bundesregierung sein. ({9})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort zur Beantwortung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD hat Herr Staatssekretär Dr. Ernst vom Bundesministerium für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung.

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Präsident! Meine Damenfund Herren! Die Bundesregierung beantwortet die Anfrage der SPD auf Drucksache 212 wie folgt. Durch die Große Anfrage der SPD-Fraktion ist der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, über den Stand der Durchführung des Bundesbaugesetzes und Über 'die bisherigen Auswirkungen auf die Baulandsituation zu berichten. Bereits am 22. Februar 1961 hat die Bundesregierung ebenfalls auf Grund einer Großen Anfrage der SPD-Fraktion zu )diesem wohnungs- und sozialpolitisch 'bedeutsamen Thema Stellung genommen. Damals war das Bundesbaugesetz mit einigen Teilen erst knapp drei Monate, mit den anderen Teilen überhaupt noch nicht in Kraft. Es konnten daher Auswirkungen des Gesetzes noch nicht erwartet werden. Jetzt ist ein Zeitraum verstrichen, der einen ersten vorläufigen Überblick ermöglicht. Er kann jedoch nicht umfassend sein und erlaubt noch kein abschließendes Urteil. Bei einer Beurteilung der derzeitigen Bodenmarktlage ist zu berücksichtigen, daß wir uns in einem Übergangsstadium nach einer jahrzehntelangen, durch Kriegsfolgen und zwangswirtschaftliche Maßnahmen beeinflußten Entwicklung befinden. Beim Erlaß des Bundesbaugesetzes war die Lage auf dem Baulandmarkt gekennzeichnet durch eine außerordentliche Verknappung des Baubadens, der eine starke Nachfrage gegenüberstand. Die Verknappung auf der Angebotsseite war einmal darin begründet, daß die vorhandenen Reserven infolge des hohen Nachholbedarfs der vergangenen Jahre weitgehend aufgebraucht und die Ausweisung und Erschließung neuen Baulandes dem tatsächlichen Bedarf nicht in dem erforderlichen Umfang gefolgt waren. Zum anderen wurden die vorhandenen Baugrundstücke vielfach nur zögernd einer Bebauung zugeführt oder nur unzureichend auf den Markt gebracht. Da dies weitgehend auch von der Zwangswirtschaft ausgelöst war, war die Verknappung insoweit zum Teil künstlich. Diesen Verhältnissen auf der Angebotsseite stand eine unverändert hohe Nachfrage gegenüber. Angesichts dieses Mißverhältnisses von Angebot und Nachfrage konnte von einem funktionsfähigen Markt nicht die Rede sein. Die bodenmarktordnenden Maßnahmen des Bundesbaugesetzes zielen deshalb in ihrer Gesamtheit darauf ab, das Baulandangebot .so zu vermehren, daß das bisherige Mißverhältnis beseitigt und damit auch der Tendenz zu einer ständigen Preissteigerung entgegengewirkt wird. Zur Erhöhung des Angebots setzen die Maßnahmen des Bundesbaugesetzes nach zwei Seiten hin an: Es soll einmal das vorhandene baureife Land auch tatsächlich der Bebauung zugeführt werden. Zum anderen soll neues Bauland von den Gemeinden in dem erforderlichen Umfang ausgewiesen und erschlossen werden. In der Erschließung neuer Baugebiete liegt naturgemäß der Angelpunkt zur Lösung des Baulandproblems. Die Gemeinden müssen durch tatkräftige, vorausschauende Planung so rechtzeitig 'das nach der städtebaulichen Entwicklung erforderliche Bauland ausweisen und erschließen, daß die Nachfrage nach Möglichkeit befriedigt werden kann. Die Ausweisung neuer Baugebiete setzt eingehende Vorarbeiten durch Gemeindeverwaltung und Gemeindevertretung voraus, und die nachfolgende Erschließung dieser Gebiete durch Straßen und Versorgungseinrichtungen läßt sich nicht binnen weniger Monate durchführen. Es kann also nicht erwartet werden, daß es kurzfristig gelingen könnte, neues Bauland in einem Umfangbereitzustellen, der zu einer 'spürbaren Entlastung des örtlichen Baulandmarktes führt. Eine Entwicklung, die sich auf Grund des gewaltigen Baulandbedarfs schon seit Jahren angebahnt hat - übrigens nicht nur in der Bundesrepublik, sondern in ähnlicher Weise auch in den anderen westeuropäischen Ländern -, läßt sich nicht innerhalb einiger Monate ändern. Das Bundesbaugesetz hat den Gemeinden die Handhaben zur Verfügung gestellt, die zu einer Ordnung des Baulandmarktes notwendig sind und ihnen die Erfüllung ihrer Aufgabe erleichtern, Bauland in dem erforderlichen Umfang bereitzustellen. Es kommt jetzt darauf an, daß die Gemeinden von den ihnen gebotenen Möglichkeiten tatkräftig Gebrauch machen. Wie viele Berichte erkennen lassen, bestehen in dieser Beziehung .mancherorts noch einige Schwierigkeiten. Die Vielseitigkeit der Aufgabenstellung des Bundesbaugesetzes erfordert naturgemäß eine gewisse Anlaufzeit. Auch stehen den Gemeinden vielfach noch nicht die notwendigen Fachkräfte, namentlich für die planerischen Aufgaben, zur Verfügung. Hinzu treten die finanziellen Probleme. Notwendige Folgeeinrichtungen, wie sie besonders bei größeren Siedlungsvorhaben unausbleiblich sind, erfordern oft erhebliche zusätzliche Aufwendungen, deren Deckung aus dem regulären Gemeindeetat vielfach Schwierigkeiten bereitet. Es ist Aufgabe der Länder, hier nötigenfalls im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs helfend einzugreifen. Die örtliche Planung kann auch nicht nur aus der Sicht der Gemeinden vorgenommen, sondern muß in die Landesplanung eingefügt werden. Dies erfordert sorgfältige Abstimmung mit den benachbarten Gemeinden und allen sonstigen Planungsträgern. Auch dadurch werden zwangsläufig größere Vorbereitungszeiten notwendig. In den Ballungsgebieten kommt hinzu, daß die Planung interkommunal für ganze Stadtregionen durchgeführt werden muß. Die hier angedeuteten Probleme machen deutlich, daß die Zeitspanne, die seit dem Inkrafttreten der einzelnen Teile des Bundesbaugesetzes verflossen ist, nicht ausreichen kann, um schon grundlegende Veränderungen auf dem gesamten Baulandmarkt zu bewirken. Die Durchführung des Gesetzes ist zwar eingeleitet, aber noch nicht abgeschlossen. Es ist daher auch erklärlich, daß die Lage auf dem Baulandmarkt örtlich sehr unterschiedlich ist. Die der Bundesregierung vorliegenden Berichte bestätigen auch, daß die Entwicklung der Baulandpreise demgemäß nicht einheitlich verläuft. Insgesamt läßt sich jedoch feststellen, daß die derzeitige Situation durchaus nicht in dem Umfang zur Beunruhigung Anlaß gibt, wie es bedauerlicherweise in der Öffentlichkeit gelegentlich hingestellt wird. Es ist zwar im Laufe des vergangenen Jahres in einigen Gebieten, besonders in den Bedarfsbrennpunkten, zu Erhöhungen der Baulandpreise gekommen, die sachlich nicht gerechtfertigt sind. Hier werden von Grundstücksverkäufern zum Teil Preise gefordert, die eine gewissenlose Ausnutzung der bestehenden örtlichen Bodenknappheit erkennen lassen. ({0}) Soweit hier Mißstände zu verzeichnen sind, sind sie nicht eine Folge des Bundesbaugesetzes, sondern eine kaum ganz vermeidbare Nebenerscheinung einer Übergangszeit. Der zunehmende Mangel an verfügbarem Bauland hatte schon während des Preisstopps zu einem stetigen, wenn auch weitgehend verdeckten Ansteigen der Baulandpreise geführt. Der Fortbestand der Preisbindung hielt gleichzeitig aber auch manche Eigentümer vom Verkauf ab und vergrößerte damit die Verknappung. Die Beseitigung des Preisstopps war daher eine notwendige Voraussetzung für die Wiederherstellung eines funktionsfähigen Baulandmarktes. Die Entwicklung der Baulandpreise wird auch - das sollte nicht übersehen werden - in einem hohen Maße von der Entwicklung der Baupreise mit beeinflußt. Man kann nicht über den Baulandmarkt sprechen, ohne die Verhältnisse auf dem Baumarkt mit zur Beurteilung heranzuziehen. Das stetige Ansteigen der Baukosten in den letzten Jahren hat zweifellos auch zu einer Verstärkung der Nachfrage nach Bauland beigetragen und damit preissteigernde Tendenzen hervorgerufen. Da sich nämlich die Steigerung der Baukosten in Anbetracht ihres hohen Anteils an den Gesamtkosten eines Bauvorhabens für den Bauherrn sehr viel stärker auswirkt, fördert dies leicht übereilte Grundstückskäufe und verleitet dazu, überhöhten Preisforderungen nachzugeben. Damit werden gerade die Tendenzen, die das Bundesbaugesetz zur Erzielung einer ausgeglichenen Marktlage ansteuert, abgeschwächt. Ohne wirksame Maßnahmen zur Ordnung des Baumarktes können daher auch die bodenordnenden Maßnahmen des Bundesbaugesetzes noch keine volle Wirkung entfalten. In den Schwerpunkten des Wohnungsbedarfs und der Bautätigkeit wird die stärkere Nachfrage nach Bauland immer 'ein höheres Bodenpreisniveau zur Folge haben als in anderen Gebieten. Hier kann ein Ausgleich nur durch eine vorsorgende Bodenpolitik erreicht werden. Diese setzt eine wirksame Raumordnung voraus, da ohne eine sinnvolle Beeinflussung auch der strukturellen Entwicklung größerer Gebiete auf die Dauer keine befriedigende Lösung erwartet werden kann. Die Notwendigkeit, unsere dichtbesiedelten Stadtregionen aufzulockern, zwingt dazu, die Nachfrage nach Bauland auf eine stärkere Ausnützung der Randgebiete hinzulenken. Jeder Versuch, mit anderen Mitteln das Bodenpreisniveau in den Ballungsräumen dem der übrigen Gebiete an1326 zugleichen, würde zwangsläufig den Sog der Ballungsräume verstärken und die notwendige Auflockerung erschweren. Es ist abwegig, die Preisentwicklung in bestimmten Großstädten und in den Gebieten mit besonders großer Baulandnachfrage zu verallgemeinern. Die vorliegenden Berichte bestätigen, daß überall dort, wo die Nachfrage nicht übersteigert ist, eine deutliche Beruhigung eingetreten ist. Es ist deshalb auch gefährlich, die Entwicklung der Grundstückspreise etwa mit Beispielen aus Frankfurt, Stuttgart, München oder anderen Großstädten kennzeichnen und daraus eine allgemeingültige Beurteilung für das Bundesgebiet ableiten zu wollen. Ständige Hinweise auf angeblich typische Preisbeispiele festigen bei einer großen Nachfrage eher dieses Preisniveau, als daß sie zu einer Milderung der Entwicklung beitragen. Es ist daher letztlich niemandem damit gedient, wenn bei der Diskussion über die Baulandpreise die Entwicklung verallgemeinert wird, ohne die sachlich gebotene Differenzierung vorzunehmen. So darf nicht übersehen werden, daß die Preisbildung bei Bauland für Wohnungsbauzwecke nach anderen Gesichtspunkten erfolgt als z. B. bei Bauland für gewerbliche oder sonstige Zwecke. Das ist auch insofern von Bedeutung, als der Baulandmarkt für Zwecke des Wohnungsbaus nur einen verhältnismäßig kleinen Teilbereich des gesamten Bodenmarktes darstellt. Der Landbedarf für den eigentlichen Wohnungsbau macht, wie durch eine wissenschaftliche Untersuchung ermittelt worden ist, für die nächsten Jahre nur etwa 15 bis 20 v. H. des gesamten Landbedarfs aus. Eine Unterscheidung ist auch hinsichtlich der Aufgliederung der reinen Grundstückspreise und der vielfach mit einbezogenen Erschließungskosten notwendig. Da die Kasten der Erschließung in den letzten Jahren nicht unerheblich angestiegen sind - nicht zuletzt auch wegen der erhöhten Anforderungen im Hinblick auf den wachsenden Verkehr -, kann dies auch nicht ohne Wirkung auf die Preise der ,erschlossenen Baugrundstücke bleiben. Führt man den Kaufpreis für ein Grundstück auf den reinen Bodenpreis zurück, so zeigt sich häufig, daß gegenüber dem Bodenpreisniveau der letzten Jahre keine wesentlichen Steigerungen eingetreten sind. ({1}) Alle diese Gesichtspunkte zeigen, daß pauschalierte Angaben über Grundstückspreise und summarische Vergleiche sehr problematisch sind. Die derzeitige Übergangssituation am Baulandmarkt rechtfertigt keine übertriebenen Besorgnisse der Bausparer. ({2}) Es ist nicht wahr, wenn generalisierend davon gesprochen wird, daß Millionen von Bausparern keine Möglichkeit mehr hätten, ihre Eigenheimpläne zu verwirklichen. ({3}) Abgesehen davon, daß nur ein Teil der Bausparer bei der Zuteilung des Bauspardarlehens noch kein Baugrundstück besitzt, sind die Bausparkassen häufig dazu übergegangen, ihren Bausparern bei der Beschaffung eines Grundstücks zu helfen. Sie haben eigene Gesellschaften zur Baulandbeschaffung gegründet, die Grundstücke aufkaufen, erschließen und zum Selbstkostenpreis an die Bausparkunden abgeben. Auch in der Vermittlung von Baugrundstücken sind die Bausparkassen äußerst rührig. Der Bund gewährt fernerhin Heimstätten und anderen Unternehmen Zinszuschüsse zur Verbilligung von Krediten für die Beschaffung und Erschließung größerer Baulandflächen. Verschiedene Länder haben ihrerseits ähnliche Maßnahmen zur Erleichterung der Baulandbeschaffung getroffen. Die Bundesregierung hat im vergangenen Jahr die Veräußerung desjenigen bundeseigenen Grundbesitzes angeordnet, der zur Bebauung mit Wohnungen geeignet ist und für andere öffentliche Zwecke nicht benötigt wird. Damit sollte zugleich für andere Eigentümer größeren Landbesitzes ein Ansporn zur Veräußerung gegeben werden. Auf Grund der am 22. Februar 1961 gefaßten Entschließung dieses Hohen Hauses ist im Haushaltsgesetz 1961 bestimmt worden und auch im Haushaltgesetz 1962 vorgesehen, daß entbehrliche bundeseigene Grundstücke für Zwecke des sozialen Wohnungsbaues, namentlich den Familenheimbau, verbilligt abzugeben sind. ({4}) Es konnte nie zweifelhaft sein - und die Bundesregierung hat auch nie anderes erklärt -, daß nur ein Teil des umfangreichen bundeseigenen Grundbesitzes für den sozialen Wohnungsbau in Betracht kommt und veräußert werden kann. Abgesehen davon, daß sich eine große Anzahl bundeseigener Grundstücke infolge ihrer Abgelegenheit nicht für eine Bebauung eignen, muß auch der Landbedarf für andere öffentliche Zwecke, insbesondere für Zwecke der Verteidigung, aus diesem Grundbesitz befriedigt werden. Daher muß für jedes einzelne Grundstück sehr sorgfältig geprüft werden, ob es freigegeben werden kann. Die Ereignisse des 13. August 1961 haben dabei unvermeidlich dazu geführt, daß für die Freigabe vielfach ein strengerer Maßstab angelegt werden muß. Ungeachtet des bisherigen Umfangs der Verkaufsaktion des Bundes hat sie doch erfreulicherweise auf andere Gebietskörperschaften eine beispielhafte Wirkung ausgeübt. Verschiedene Länder, z. B. Nordrhein-Westfalen, Hessen und Rheinland-Pfalz, haben ähnliche Regelungen getroffen wie der Bund und geben ebenfalls geeignetes Bauland aus ihrem Besitz zu einem erheblich unter dem Verkehrswert liegenden Preis an Bauinteressenten ab. Es kommt nun darauf an, daß in dieser Weise auch die bei anderen staatlichen, kommunalen und privaten Eigentümern einschließlich der wohnungswirtschaftlichen Unternehmen vorhandenen Baulandvorräte möglichst weitgehend genutzt werden. Wenn es gelingt, überall das vorhandene Bauland baldigst zur Deckung des Bedarfs auszunutzen, wird dies zusammen mit der Erschließung neuer Baugebiete sicher dazu beitragen, die Preisentwicklung zu normalisieren. Die Große Anfrage betrifft mit einem Teil ihrer einzelnen Fragen die Durchführung des Bundesbaugesetzes durch die örtlich zuständigen Stellen, insbesondere durch die Gemeinden. Um einen Überblick über den derzeitigen Stand der Gesetzesdurchführung zu erhalten, sind von den zuständigen obersten Landesbehörden Berichte eingeholt worden, die ihrerseits auf Berichten der nachgeordneten Behörden beruhen. Ferner sind die kommunalen Spitzenverbände um Erfahrungsberichte gebeten worden. Die einzelnen Fragen der Drucksache IV/212 beantwortet die Bundesregierung danach wie folgt: Zu 1: Nach den vorliegenden Berichten ist in einigen Gebieten der Bundesrepublik, insbesondere in den ländlichen Bereichen und kleineren Städten, eine spürbare Beruhigung in der Entwicklung der Baulandpreise eingetreten. Danach haben die Preise für Bauland und Bauerwartungsland in diesen Gebieten ihren Höhepunkt überschritten; an verschiedenen Orten sind auch Anzeichen für Preissenkungen festzustellen, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß. Berichte dieser Art liegen insbesondere aus den Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein, zum Teil aber auch aus Nordrhein-Westfalen und Hessen vor. Eine Bekanntgabe der Orte, in denen die Baulandpreise eine sinkende Tendenz aufweisen, erscheint nicht angezeigt, da dies in den betreffenden Orten zu einer Nachfragesteigerung führen und eine erneute spekulative Preisbildung begünstigen könnte. Damit würde ,die erstrebte Wir' kung der Maßnahmen zur Gesundung des Bodenmarktes neutralisiert. ({5}) Die Bundesregierung ist jedoch bereit, nähere Angaben dem zuständigen Ausschuß des Bundestages zu machen. ({6}) Zu 2: Die Angaben der Bundesregierung über die Preisentwicklung gehen auf Berichte der zuständigen Minister der Länder zurück. Da diese sich ihrerseits auf Berichte der nachgeordneten Behörden stützen, kann davon ausgegangen werden, daß die Angaben nicht auf Schätzungen, sondern auf zuverlässigen Beobachtungen beruhen. Darüber hinaus sind Berichte der kommunalen Spitzenverbände zugrunde gelegt, die auf Erfahrungsberichten ihrer Mitglieder bzw. Landesverbände fußen. Schließlich sind noch sonstige Berichte und Beobachtungen einzelner Institutionen, die einen Überblick über die Verhältnisse auf dem örtlichen Baulandmarkt haben, wie Bausparkassen, Heimstätten und Wohnungsunternehmen, verwertet worden. Statistische Erhebungen über die Grundstückspreise nach dem Preisstatistikgesetz vom 9. August 1958 sind mit Wirkung vom 1. Juli 1961 eingeleitet. Die Ergebnisse der Auswertung durch die amtliche Statistik sind erst im Laufe des Sommers 1962 zu erwarten. Zu 3: In der Zeit vom 1. Juli 1961 bis zum 31. März 1962 sind aus dem Liegenschaftsbesitz des Bundes zur Förderung des Wohnungsbaues 98,3 ha Bauland ({7}) veräußert worden. (Abg. Jacobi ({8}) : Eine dolle Aktion! Weitere Zurufe von der SPD. - Abg. Dr. Czaja: Das ist aber von Ihnen angeregt worden! - Abg. Jacobi ({9}) : Aber nicht so!) Die verkauften Grundstücke verteilen sich mit rund 31 0/0 auf Großstädte, rund 38 % auf Mittelstädte, rund 5 % auf Kleinstädte und rund 26 % auf ländliche Bereiche. Auf der veräußerten Fläche können erfahrungsgemäß etwa 10 000 Wohnungen erstellt werden. Zu 4: Verkaufsverhandlungen werden nach dem Stand von Mitte März 1962 über 291 ha Bauland geführt. Mit dem Verkauf dieser Fläche kann bis zum 30. Juni 1962 gerechnet werden. Inwieweit darüber hinaus bis zu diesem Termin weitere Grundstücke veräußert werden können, läßt sich auch nicht überschläglich beantworten, weil die Bereitstellung der Grundstücke von dem Ergebnis der noch nicht abgeschlossenen Prüfung ihrer Entbehrlichkeit für eigene Zwecke des Bundes, namentlich für Verteidigungszwecke, abhängt. Zu 5: Inwieweit sich der Verkauf bundeseigener Grundstücke in den betreffenden Orten unmittelbar auf das örtliche Preisniveau auswirken kann, hängt maßgeblich von dem Größenverhältnis des verkauften Geländes zu dem sonstigen Grundstücksangebot sowie von dem Ausmaß der Nachfrage ab. Da der Umfang der in den einzelnen Orten bisher erfolgten Verkäufe im Vergleich zu der örtlichen Baulandnachfrage noch zu gering ist, ist ein genauer Nachweis über die Auswirkungen im Einzelfall nicht möglich. Zu 6: Die nach dem Bundesbaugesetz bei den kreisfreien Städten und Landkreisen einzurichtenden Gutachterausschüsse sind in den meisten Ländern vollständig gebildet. Nur in wenigen Ländern ist die Bildung einiger Ausschüsse bei den kreisfreien Städten und Landkreisen noch nicht abgeschlossen. Soweit die Länder von der Ermächtigung Gebrauch gemacht haben, vorzusehen oder zuzulassen, daß auch bei kreisangehörigen Gemeinden Gutachterausschüsse eingerichtet werden, sind die Ausschüsse in den in Betracht kommenden Gemeinden ebenfalls überwiegend gebildet. In Baden-Württemberg, wo die Gutachterausschüsse ganz allgemein bei den Gemeinden gebildet werden, ist ihre Einrichtung im wesentlichen nur bei kleineren Gemeinden noch nicht abgeschlossen. Das Ausmaß, in dem die Gutachterausschüsse bisher in Anspruch genommen worden sind, ist nach den vorliegenden Berichten sehr unterschiedlich. Insbesondere haben private Interessenten von der Möglichkeit, ein Gutachten einzuholen, vielfach erst in geringem Umfang Gebrauch gemacht, so daß unmittelbare Auswirkungen der Tätigkeit der Gutachterausschüsse auf die Entwicklung der Bodenpreise vorläufig noch nicht zu erwarten sind. Es ist jedoch bekannt, daß z. B. Wohnungsunternehmen zunehmend dazu übergehen, die Gutachten zur Grundlage ihrer Kaufabschlüsse zu machen. Zu 7: Eine vollständige Übersicht über die Erhebung der Erschließungsbeiträge in den rund 25 000 Gemeinden des Bundesgebietes hat die Bundesregierung nicht. Nach den Berichten der obersten Landesbehörden ergibt sich folgendes Bild: Viele Gemeinden, vor allem die kleineren ländlichen Gemeinden, haben bisher noch keine Satzungen über die Erschließungsbeiträge erlassen, da dies vielfach erst geschieht, wenn die Herstellung von Erschließungsanlagen erforderlich wird. Im übrigen ist das Ausmaß, in dem der Erschließungsaufwand auf die Grundstückseigentümer umgelegt wird, länderweise sehr verschieden. In einem Teil der Länder - nämlich in Bayern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein- überwiegen bis jetzt die Gemeinden, die 90 v. H. des Erschließungsaufwands umlegen, also 10 v. H. selbst tragen. In anderen Ländern - so in Baden-Württemberg, Hessen Rheinland-Pfalz und Saarland - überwiegt dagegen bisher die Zahl der Gemeinden, die mehr als 10 v. H. selbst tragen. Der von den Gemeinden getragene Kostenanteil beträgt dort weitgehend bis zu 30 v. H. des beitragsfähigen Erschließungsaufwandes, zum Teil geht der Anteil auch noch darüber hinaus. Soweit die Verteilung des beitragsfähigen Erschließungsaufwands im Verhältnis 90 : 10 festgelegt ist, ist im übrigen zu berücksichtigen, daß die Gemeinden den Teil der Erschließungskosten, der nicht beitragsfähig ist, also nicht auf die Anlieger umgelegt werden kann, in voller Höhe selbst tragen müssen. Wenn auch exakte Feststellungen darüber, ob gerade die zeitliche Vorziehung der Erhebung der Erschließungsbeiträge zu einer Erhöhung des Angebots an erschlossenen Baugrundstücken geführt hat, nicht getroffen werden können, so bestätigen doch zahlreiche Erfahrungsberichte, daß an vielen Orten eine erhöhte Verkaufsbereitschaft zutage getreten ist und zu einem größeren Baulandangebot geführt hat. Im übrigen kann eine Auswirkung der Neuregelung erst erwartet werden, wenn die Beitragsbescheide der Gemeinden den Eigentümern zugegangen sind, was zum Teil erst in letzter Zeit geschehen ist oder noch bevorsteht. Zu 8: Einen umfassenden Überblick darüber, wieviele Gemeinden besondere Hebesätze für die Grundsteuer C festgesetzt haben, lassen die der Bundesregierung vorliegenden Berichte noch nicht zu. Allen Berichten der Länder und der kommunalen Spitzenverbände, die teilweise allerdings nur einen Ausschnitt darstellen, ist jedoch zu entnehmen, daß in den meisten Ländern der Anteil der Gemeinden, die einen erhöhten Hebesatz festgesetzt haben, zwischen 10 bis 30 % aller Gemeinden, die Baulandsteuer erheben, liegt. Der Umfang der Erhöhung beträgt hierbei weitgehend das Doppelte des Hebesatzes für die Grundsteuer B. In zahlreichen Gemeinden geht das Ausmaß der Erhöhung aber auch noch darüber hinaus. Die Anhebung der Hebesätze für die Baulandsteuer gegenüber den Hebesätzen für die Grundsteuer B entspricht der Zielsetzung des Gesetzes, wenn sie den örtlichen Verhältnissen des Baulandmarktes angemessen Rechnung trägt. Sie ermöglicht bei sinnvoller Ausnützung der gesetzlichen Ermächtigung eine elastische Handhabung je nach den örtlichen Gegebenheiten, die mit der bundeseinheitlichen Erhöhung der Steuermeßzahlen allein nicht erreicht werden konnte. Auch bei der Baulandsteuer können genaue Untersuchungen, inwieweit gerade sie im Einzelfall Auswirkungen auf die Entwicklung der Baulandpreise ausgeübt hat, nicht angestellt werden. Berichte sowie Eingaben, die der Bundesregierung aus allen Bevölkerungsschichten zur Baulandsteuer zugegangen sind, lassen jedoch erkennen, daß die erhöhte Besteuerung der baureifen Grundstücke vielfach nicht wirkungslos ist. Zu 9: Die Bundesregierung hält das derzeitige Niveau der Bodenpreise an vielen Orten für überhöht und betrachtet es nicht als angemessen für die Errichtung von Eigenheimen und Wohnungen des sozialen Wohnungsbaus. Sie ist jedoch der Auffassung, daß die bisherige Preisentwicklung als Folge des noch unzureichenden Baulandangebots nur ein Übergangsstadium darstellt. Die Bundesregierung erwartet, daß es mit zunehmender Durchführung der bodenpolitischen Maßnahmen des Bundesbaugesetzes und insbesondere bei tatkräftiger Neuerschließung von Bauland gelingen wird, ein Preisniveau herzustellen, daß den tatsächlichen Wertverhältnissen entspricht und auch für die Eigenheimbausparer und sonstigen Bauherren des sozialen Wohnungsbaus tragbar ist. Zu 10. Da durch das Bundesbaugesetz verschiedene Maßnahmen zur Beeinflussung der Bodenpreise eingeleitet, diese aber in dem derzeitigen Anlaufstadium noch nicht voll wirksam geworden sind, beabsichtigt die Bundesregierung vorläufig nicht, weitere gesetzgeberische Maßnahmen vorzubereiten. Die Bundesregierung wird jedoch die Entwicklung auf dem Baulandmarkt ebenso wie die Entwicklung der Baupreise sorgfältig beobachten und behält sich weitere Maßnahmen zur Marktbeeinflussung vor, wenn sich zeigen sollte, daß die bisherigen Mittel nicht ausreichen. ({10}) Auch im Rahmen der bevorstehenden Gesetzgebung auf dem Gebiete der Stadterneuerung und Raumordnung sowie der Neubewertung des Grundbesitzes wird die Bundesregierung sich dafür einsetzen, daß alle notwendigen Voraussetzungen für eine Wiederherstellung eines funktionsfähigen Baulandmarktes geschaffen werden. Die Bundesregierung hält fest an ihrem Ziel, jedermann den Zugang zu Grund und Boden zu öffnen und damit die Bildung von Einzeleigentum für breite Schichten unseres Volkes zu ermöglichen. ({11})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Haus hat die Erklärung der Bundesregierung entgegengenommen. Ich darf wohl annehmen, daß eine Aussprache über die Große Anfrage stattfinden soll. - Es ist die allgemeine Meinung. Das Wort hat der Abgeordnete Mick.

Josef Mick (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001504, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sind dem Herrn Kollegen Jacobi sehr dankbar, daß er in so guten Worten des Herrn Ministers Lücke sowie unseres Kollegen Brecht gedacht hat. Wir möchten in diesem Zusammenhang auch dem schwer erkrankten Kollegen Dr. Hesberg unsere besten Genesungswünsche ausdrücken. ({0}) Wir sind auch froh, daß der Herr Staatssekretär trotz seines Autounfalls hier erscheinen konnte, und wünschen seiner Frau baldige Genesung. ({1}) Sie 'sehen, meine sehr verehrten Damen und Herren, daß die heutige Debatte unter keinem allzu glücklichen Stern steht, mindestens nicht insoweit, als es die an dieser Aussprache Beteiligten angeht. Nun, Herr Kollege Jacobi, wir werden Ihnen nicht vorwerfen, daß die heutige Aussprache so verfrüht gewesen ist wie die, die wir im Februar vergangenen Jahres geführt haben, - eine Aussprache, die nach meiner Meinung damals überflüssig war, die aber heute in manchem förderlich sein kann. Es war kurz nach der Verabschiedung des Bundesbaugesetzes, das wir übrigens nicht nur unter dem Aspekt seiner bodenordnenden Maßnahmen sehen sollten, sondern als ein Ganzes, als ein Gesetz, von dem wir sagen können, daß es auch heute noch als eine große Tat angesehen werden muß. In der Antwort der Bundesregierung ist sehr klar zum Ausdruck gekommen, daß man die Entwicklung der Bodenpreise verschieden beurteilen muß, daß es keine einheitliche Beurteilung gibt. Man kann durchaus von Kapriolen in den Ballungsgebieten sprechen. Das sind Kapriolen nicht nur bezüglich der Bodenpreise, das sind Kapriolen auch in bezug auf die Grundstücke, die nicht dem Wohnungsbau dienen. Wie Sie aus der Regierungserklärung entnehmen konnten, macht der Bodenbedarf für das Gut „Wohnung" nur 10 bis 15 % des Gesamtbodenbedarfs aus. Sie wissen alle, was in den Ballungsgebieten unserer Städte heute los ist: Arbeitskräftebedarf, Wohnungen für ledige Arbeiter, die von draußen herangezogen werden, ausländische Arbeitskräfte, die natürlich das Bestreben haben, in diesen Ballungsgebieten, in denen sie Arbeit gefunden haben, möglichts nur kurze Zeit alleinzustehen und möglichst bald ihre Familie zum Nachkommen zu bewegen. Nicht zuletzt ist festzustellen, daß eine Steigerung der Bodenpreise vor allem auch durch größere Industrieunternehmen bedingt ist, denen es gar nicht darauf ankommt, einen bestimmten geforderten Preis zu zahlen, um die von draußen angezogenen Arbeitskräfte irgendwie unterzubringen. Wenn wir all dem lediglich zuschauen, könnte die Entwicklung in den Ballungsräumen in der Tat zu einer Schraube ohne Ende führen. Es ist uns allen bekannt, daß sich Grund und Boden nicht vermehren läßt. Aber es ist ebenso bekannt, daß sich Bauboden vermehren läßt. Ich fürchte nur, daß wir in zunehmendem Maße dahin kommen, daß sich auch der Bauboden nicht mehr, zumindest nicht mehr an jedem Platz, vermehren läßt. Sie wissen, daß die bodenordnenden Maßnahmen des Bundesbaugesetzes auf eine vermehrte Erschließung zielten. Nun, neues Gelände kann man nur erschließen, wenn überhaupt noch Gelände vorhanden ist. Vor Monaten hörte ich aus einer westdeutschen Großstadt, daß man dort soeben das letzte Land erschlossen habe, und zwar mit einem Volumen für 40 000 Einwohner. Gleichzeitig hörte ich, daß dort nicht 40 000, sondern etwa 70- bis 80 000 oder gar noch mehr Einwohner dieser Stadt - oder auch solche, die noch vor den Toren der Stadt leben - hinsichtlich ihrer Wohnungsbedürfnisse befriedigt werden sollen. Da mag mir einer sagen, mit welcher Maßnahme man in dieser Stadt über den vorhandenen Grund und Boden hinaus neuen Boden zur Verfügung stellen kann, dazu noch zu entsprechenden Preisen. Wir kommen immer mehr dahin - und welcher Kommunalpolitiker steht diesem Problem nicht, ich möchte fast sagen, jeden Tag gegenüber -, daß sich die Situation in den Ballungsgebieten weiter zuspitzt. In diesen Räumen werden Grundstücke in Zukunft nur noch von Liebhabern erworben werden können und demgemäß werden auch Liebhaberpreise verlangt werden. Bei solchen Zuständen muß jede Maßnahme versagen, mit der man irgendwie noch Ordnung in die Entwicklung bringen will, es sei denn, man geht sie mit einem größeren Konzept an, und darauf werde ich nachher noch zu sprechen kommen. Wir haben die vorzeitige Erhebung der Erschließungsbeiträge beschlossen. Das setzt voraus, daß Gelände da ist, das erschlossen werden kann; sonst müßte ich mit einem beliebten Schlagwort antworten: Schau einmal durchs Fenster, wenn du keinen Kopf hast, erschließe Land, das nicht mehr vorhanden ist. Aber ich gebe zu, daß trotz der Vorziehung der Erschließungsbeiträge auch in den Gemeinden, in denen ausreichend Bauland zu Verfügung steht, oft große Schwierigkeiten zu überwinden sind. Es ist zweifellos nicht damit getan, daß wir hier sagen: die Gemeinde bekommt ja den Aufwand à fonds perdu zurück. Erstens einmal - und das liegt ja auch in der Großen Anfrage der SPD - sind nur 90 % des Erschließungsaufwandes nach dem Bundesbaugesetz beitragsfähiger Erschließungsaufwand. Darüber hinaus haben die Gemeinden hinsichtlich des nicht beitragsfähigen Erschließungsaufwandes eine große Last zu tragen. Da die Erschließungsgebiete gerade in den Gemeinden mehr und mehr ganz zwangsläufig an die Peripherie rücken, werden, ebenso zwangsläufig diese nicht einholbaren Kosten der Gemeinden bedeutend höher, und gerade diese Kosten sind es, die zuerst anfallen und nicht erstattet werden. Ich glaube, daß das ein Punkt ist, den wir einmal zur Beratung in d'en zuständigen Gremien stellen sollten, zumal in dieses Dilemma keineswegs die Gemeinden kommen, die mit Gewerbesteueraufkommen und allgemeinem Finanzaufkommen besonders gesegnet sind, sondern 'die Gemeinden, in denen an sich noch Ba'ugrun'd vorhanden ist, aber eben diese Vorausleistung nicht so ohne weiteres erbracht werden kann. Eines möchte ich allerdings hinzufügen. Wir sehen es auch nicht als große Tat an, daß Kommunen mit der Ausweisung und Erschließung von Bauland etwa so lange warten, bis der letzte Quadratmeter in ihrem Besitz ist. ({2}) Ich bin der Ansicht, daß hier auch Bauland ausgewiesen werden kann, ohne daß sich - ich überspitze etwas, Herr Kollege Jacobi - jeder Quadratmeter bereits im Besitz der Kommune befindet. ({3}) Damit bestreite ich nicht das Recht auf Vorratswirtschaft der Kommunen in bezug auf Bauland; aber ich 'bin der 'Meinung, daß man heute weniger auf Vorratswirtschaft als 'darauf sehen sollte, Bauland schnell auf den Markt zubringen. ({4}) - Herr Kollege Jacobi, dazu könnte man einen besonderen Beitrag leisten, und unser Beitrag würde wahrscheinlich von jeweils anderen Kommunen ausgehen als Ihr Beitrag; das können wir einmal in anderem Zusammenhang in bezug auf Erschließungskosten, von denen ich soeben sprach, sehr wohl tun, weil mir hier ein 'Sachzusammenhang gegeben zusein scheint. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das zweite ist und war die Grundsteuer C. Es ist doch sehr interessant, was für ein Schreckgespenst gerade in den letzten Tagen aus der Grundsteuer C gemacht worden ist. Ich bin überzeugt, daß dieses Schreckgespenst nun auch bei der jetzigen Debatte noch ,auf Sie losgelassen wind. Ich habe sehr viel Verständnis dafür, daß etwa der Bundesfinanzminister die Grundsteuer C als nicht opportun ansieht. Ich weiß nicht, ob er es so ohne weiteres bei einer Steuer tun würde, die in den Bundeshaushalt fließt. Ich halbe auch Verständnis, daß der Kollege Dr. Imle einiges dazu gesagt hat und auch Argumente hierfür ins Feld geführt hat; allerdings lasse ich sie keineswegs gelten. Ich sehe noch die Situation im 3. Deutschen Bundestag vor mir, wo es ja über die Grundsteuer C eine namentliche Abstimmung gab. Die damals gegen die Grundsteuer C waren - das werden Sie mir zugeben, Herr Kollege Jacobi -, waren wahl aus sehr unterschiedlichen Motiven - wenn ich die rechte und linke Seite dieses Hauses betrachte - dagegen. Jetzt wird wieder einmal der berühmte kleine Mann heraufbeschworen, jeder kleine Mann, den die 'Grundsteuer C in den Ruin treibt, und jene Spekulanten und Großgrundbesitzer, die sie aus der linken Westentasche bezahlen. - Das dritte Argument lautet, diese böse Grundsteuer C habe eine weitere Überhitzung des Baumarktes zur Folge. ({5}) Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn 'diese Argumente stimmen, deren Beweiskraft im übrigen durch nichts, aber auch durch gar nichts erwiesen worden ist, auch nicht etwa vom Bund der 'Steuerzahler, wenn es also stimmt, daß der kleine Mann nun gezwungen ist, seine Grundstücke wegen der Grundsteuer C auf den Markt zu werfen, dann müßten wir, 'was Baugrundstücke angeht, in dulci jubilo leben, dann müßten wir ein Überangebot an Baugrundstücken und wahrscheinlich auch den entsprechenden Preis haben. Es wird mir doch gewiß niemand nachweisen wollen, daß baureife Grundstücke etwa nur im Besitz von Großgrundbesitzern oder sogenannten Spekulanten sind. Wenn ich durch unsere Städte gehe und die Hunderte und Tausende von Baulücken feststelle, zum Teil auch noch Trümmergrundstücke, und wenn ich dann den Eigentumsverhältnissen nachgehe, finde ich selten einen Großgrundbesitzer oder einen Spekulanten, sondern ich finde die Leute, denen es einfach zuviel Mühe, vielleicht auch zuviel Sorgen macht, wiederaufzubauen. Von hierher gesehen scheint mir also das Schlagwort, die Grundsteuer C stelle eine kalte Enteignung dar, in keiner Weise berechtigt zu sein. Wenn das der Fall wäre, brauchten wir wahrscheinlich die heutige Aussprache überhaupt nicht. Wir brauchten sie höchstens in dem Punkt zu führen, die Grundsteuer C abzuschaffen, weil etwa behauptet werden könnte, das Angebot auf dem Baulandmarkt sei so hoch, daß wir auf diese Steuer verzichten könnten. Aber es scheint, daß noch ein anderes Argument ausgeräumt werden muß, nämlich das Argument, die Grundsteuer C überhitze die Baukonjunktur. Es ist gegenwärtig eine 'beliebte Taktik, etwas unter dem Stichwort „Überhitzung der Baukonjunktur" anzugreifen. Es ist nur merkwürdig, daß diese Angriffe in bezug auf die Überhitzung der Baukonjunktur in vermehrtem Umfang auf 'den Wohnungsbau gerichtet sind. Sie werden mir zugeben, daß hier einige Tendenz obzuwalten scheint. Dabei meine ich den Wohnungsbau nicht in seiner Gesamtheit. Sie werden bei dem später zu behandelnden Gesetzentwurf sehen, daß wir sehr wohl hier versucht haben, auch Bremsen anzulegen. Selbst wenn der Vorwurf zuträfe, daß trotz der Baulandsteuer C ein verstärkter Wohnungsbau möglich sei, würde ich Ihnen in aller Offenheit sagen, daß wir auch dann an dieser Baulandsteuer C zumindest zum gegenwärtigen Zeitpunkt festhalten würden. Es darf keine Konjunktur damit gedämpft oder gebändigt werden, daß man lebensnotwendigen Bedarf - und das Gut Wohnung ist im gegenwärtigen Zeitpunkt noch lebensnotwendiger Bedarf, der nicht ausreichend gedeckt ist - einfach vom Tische wischt, um eventuell dadurch zu einer ausgeglichenen Angebots- und Nachfragesituation zu kommen. Wir haben aber auch noch einige andere Fragen zu stellen. Inwieweit ist von den im BundesbauMick gesetz enthaltenen Möglichkeiten, bodenordnende Maßnahmen zu treffen, Gebrauch gemacht worden? Inwieweit hat z. B. eine vermehrte Erschließung stattgefunden? Inwieweit haben z. B. Planungsgemeinschaften sich gebildet? Ich habe, Herr Kollege Jacobi, in Ihrer Großen Anfrage die Frage vermißt, inwieweit sich überörtliche Planungsgemeinschaften gebildet haben und auch zu Erfolgen gekommen sind. Das ist kein Vorwurf. Aber wir sollten dieser Frage nachgehen und ihr unter Umständen größeres Gewicht verleihen. ({6}) - Schön; das habe ich auch ohne weiteres unterstellt, Herr Kollege Jacobi. Wenn man sich nun die Grundsteuer C ansieht, eines der Mittel, die das Bundesbaugesetz vorsieht, so kommt man, soweit überhaupt ein Katalog dessen, was in den einzelnen Gemeinden geschehen ist, vorliegt, zu dem Ergebnis, daß in den Kommunen, in denen noch große Wohnungsnot, ein großer Baulandbedarf vorhanden ist, daß man in einem Teil dieser Großstädte - ich nenne Bremen, Hamburg, München - von den Möglichkeiten der Grundsteuer C einen sehr sparsamen Gebrauch gemacht hat. Wahrscheinlich hat man dort seine guten Gründe, die ich nicht untersuchen will und auch nicht untersuchen kann. Wenn man aber hier sagt, das Bundesbaugesetz habe in seinen bodenordnenden Maßnahmen versagt, dann muß man auch den Nachweis führen, daß alle Möglichkeiten, die es enthält, auch restlos ausgeschöpft worden sind. ({7}) Es wird auch mit dem Hebesatz von 1000 % polemisiert. Nun, soweit ich den Katalog in der Hand habe, sind es vier Gemeinden, die für die Grundsteuer C einen Hebesatz von 1000 % festgelegt haben. Ich halte es Rir einen sachlichen Beitrag zu dieser Aussprache, wenn man nun durch die Lande zieht und so tut, als wenn das allgemein gültig wäre. Meine Damen und Herren, wir haben nicht vier Gemeinden in der Bundesrepublik, sondern 10 000 oder sogar noch mehr, ({8}) die den Hebesatz festsetzen können. Es ist ganz klar, daß sich in dieser Baulandsituation die Frage nach der Gerechtigkeit - was ist ein gerechter Preis für den Boden? - besonders drängend stellt. Jeder, dem es um das allgemeine Wohl zu tun ist, wird sich diese Frage gestellt haben. Der Herr Kollege Jacobi hat hier einen ganzen Katalog von Vorschlägen aufgezählt, und die SPD hat dazu einen Antrag gestellt. Hier muß ich allerdings die Frage stellen: Wie wollen wir z. B. bei einer Planungswertabgabe, bei einer Abschöpfung des unverdienten Wertzuwachses oder wie diese Maßnahmen noch alle heißen sollen, erreichen, daß die Baugrundstücke auf den Markt kommen, ohne daß drakonischste Enteignungsdrohungen dahinterstehen? ({9}) Das ist die Frage, die wir uns zu stellen haben. Wie ist es möglich, unter diesen Umständen noch Grundstücke ohne drakonische Enteignung auf den Markt zu bringen? Wir werden uns ja, Herr Kollege Jacobi, mit Ihrem Antrag irgendwie wieder zu beschäftigen haben. ({10}) Diese Frage, Herr Kollege Jacobi, mögen Sie schon jetzt sehr reiflich untersuchen. Wie wollen Sie die Baugrundstücke auf den Markt bringen, wenn die Enteignung - wie es der Kollege Brecht einmal von diesem Pult aussprach - auch Ihre Ultima ratio und nicht das vordergründigste Mittel sein soll? ({11}) Ich habe bereits kurz über die Frage der überörtlichen Planungsverbände gesprochen. Ich bin mir darüber klar, daß wir auch mit diesen Maßnahmen nicht das Stadium erreichen werden, wo wirklich wieder eine freiere Gestaltung möglich ist. Nehmen wir die Situation z. B. in meiner Heimatstadt! Aus den Statistischen Mitteilungen der Stadt Köln ergibt sich, daß sich im Jahre 1961 im Jahresdurchschnitt der Wohnungsbau mit dem Nichtwohnungsbau ungefähr die Waage gehalten hat. Jeder, dem es um eine gesunde Ordnung auch in unseren Großstädten ernst ist, muß es aber doch etwas mit der Angst zu tun bekommen, wenn er etwa die Statistik vom Januar 1962 zur Kenntnis nimmt. In der Statistik der Stadt Köln kann man lesen, daß im Januar 1962 Anträge für den Wohnungsbau in Höhe von 16,3 Millionen DM, Baugenehmigungen für den Nichtwohnungsbau dagegen in Höhe von 56,5 Millionen DM zu verzeichnen sind. Man könnte sagen, hier wirkt sich der Baustopp aus. Nun, meine Damen und Herren, die Erörterung über den Baustopp war ja auch im vergangenen Jahre im Schwange. Aber die Zahlen sahen damals anders aus. Januar 1961: 15,1 Millionen DM Wohnungsbau und 17,4 Millionen DM Nichtwohnungsbau. Mir wird hier aus einem Grunde angst und bange: diese Nichtwohnungsbauten im Werte von 56,5 Millionen DM werden auch wieder eine große Anzahl Menschen in diese Stadt ziehen. Der Fall der Stadt Köln ist wohl kein Einzelfall, sondern was sich hier tut, läßt sich mit mehr oder weniger Varianten auch auf die verschiedensten Großstädte der Bundesrepublik übertragen. In den freien Raum, meine sehr verehrten Damen und Herren, werden wir nur kommen, wenn wir in Fragen der Raumordnung endlich das Konzept gefunden und entsprechende Gesetze verabschiedet haben. ({12}) Das darf auch nicht daran scheitern, ob in dem entsprechenden Ministerium sechs Stellen mehr oder sechs Stellen weniger geschaffen werden können. Wir möchten wirklich wünschen, daß die Bundesregierung sehr bald ihr Konzept vorlegt - es sind schon genug Schäden aufgetreten -, wenn wir Dauerschäden zumindest so früh wie möglich - es ist ohnehin schon reichlich spät - entgegentreten wollen. Die Menschen sind allezeit dem Brot und den guten Lebensbedingungen nachgezogen. Sorgen wir dafür, daß den Menschen da, wo sie noch Raum haben, Brot und erträgliche Lebensbedingungen geschaffen werden, dann werden wir manches Problem, welches heute noch so hart aussieht, lösen können. Ein Herumdoktern am Detail kann diese Schäden insgesamt nicht beheben. ({13})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat Frau Abgeordnete Berger-Heise.

Margarete Heise (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000152, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Meine Herren und Damen! Sehr verehrter Herr Staatssekretär! Nur zu einem Komplex Ihrer Beantwortung unserer Großen Anfrage ein paar Worte, und zwar zu der Aktion „Bauland aus Bundesbesitz”. Sehr verehrter Herr Dr. Ernst, es ist ja nicht so, daß die Bundesregierung ganz still und heimlich ihren Besitz an Bundesland eingeschleust hätte, sondern im vergangenen Jahr sprachen die Regierung und die regierungstreue Presse davon, daß jetzt eine Bodenreform neuen Stils vorgenommen werden soll. Es wurde von einer Umverteilung des Baubodenvermögens des Staates zugunsten seiner baulustigen Bürger gesprochen. Nun gut, das war kurz vor der Bundestagswahl und machte sich gedruckt ganz gut. Aber was wirklich geschehen ist, haben wir heute mit Bedauern gehört. Ich möchte einmal etwas zu der Prozedur sagen. Am 27. Juni 1961 hat der Bundesminister für wirtschaftlichen Besitz des Bundes Richtlinien für die Veräußerung von Liegenschaften des Bundes erlassen. Dann hieß es, daß zur Sicherstellung des mit der Veräußerung von Bundesliegenschaften angestrebten Zieles ein Ausschuß aus Vertretern der Wohnungswirtschaft und Vertretern der Bundesregierung gebildet wird. Am 11. August 1961 ist die Rechtsverordnung über die Grundsätze für die Ermittlung des Verkehrswertes von Grundstücken verkündet worden, und im September ist sie in Kraft getreten. Dieses Instrumentarium ist also seit fast einem Jahr vorhanden. Wir haben uns in unserer Anfrage naturgemäß auf einige Einzelheiten beschränkt. Ich möchte dem aber noch etwas hinzufügen; ich glaubte, Sie würden das etwas umfassender beantworten. Ich möchte fragen: Was steht denn nun wirklich an Bundesland dem Bauwilligen zur Verfügung? Stimmt es, daß von den 40 000 ha Bundesland - jetzt abgesehen von dem Bundesbesitz, den Post und Bundesbahn haben - 32 000 ha für den Wohnungsbau von vornherein ungeeignet sind? Stimmt es, daß von den restlichen 8000 ha zirka 3000 ha für die Bundeswehr benötigt wurden, also - nicht nur jetzt, sondern auch in Zukunft - nur 5000 ha für den Wohnungsbau zur Verfügung gestellt werden können? Wieviel Hektar davon sind baureifes Land und wieviel sind Bauerwartungsland? Ich möchte einmal an einem Beispiel aufzeigen, wie wenig das sein kann. Sie haben vorhin fairerweise auch das Land Hessen erwähnt und haben gesagt, daß dieses unter den Sozialbonus des Bundes gegangen sei, indem es statt 30 % 40 % Preisnachlaß für landeseigenes Bauland gewährt. Die Länder mußten etwas tun; denn diese Aktion des Bundes hat ja bei den bauwilligen Bürgern das Bedürfnis nach Bauland verstärkt. In Hessen waren z. B. 724 ha unbebautes Bauland des Bundes vorhanden. Für die Bundeswehr wurden davon 707 ha reserviert, so daß für diese groß aufgezogene Aktion des Bundes ganze 17 ha zur Verfügung standen. Die Parole der Bundesregierung hat die Länder also in nicht geringe Verlegenheit gebracht. Heute haben wir vom Herrn Staatssekretär gehört, daß 98 ha verteilt sind und 291 ha in der Verteilung begriffen sind. Das sind nach einem Jahr 389 ha statt der vor einem Jahr für Bauwillige angekündigten 40 000 ha Land aus Bundesbesitz. War es nicht der Sinn der Bereitstellung von Bundesland, durch ein vergrößertes Angebot auch die Baupreise zu senken? Sollte diese Aktion nicht eigentlich eine Unterstützung der im Bundesbaugesetz vorgesehenen, damals aber noch nicht wirksam gewordenen Maßnahmen sein? Beides - Bundesbaugesetz und Baulandaktion - scheint doch unzulänglich zu sein. Darüber müssen wir uns wohl heute in der Debatte einmal klar werden; denn diese Maßnahmen haben eines nichtbewirkt: sie haben nicht die dauernd steigenden Bodenpreise auffangen können. Was bleibt also Zusätzliches zu tun übrig? Wir haben Ihnen noch einmal eine Wertzuwachsabgabe auf die Spekulationsgewinne aus Bauboden vorgeschlagen und meinen, .daß damit die Spekulationsgewinne abgeschöpft werden würden. Ich kenne Ihre Bedenken; ich weiß, daß Sie immer wieder sagen, 'dann werde kein Bauland mehr angeboten. Nun, wir haben in der Bundesrepublik allein 3500 dem Ring Deutscher Makler angeschlossene Makler und dazu noch etwa 1700 Vermittler, die Bodenankauf und -verkauf als ein sehr einträgliches Hobby betreiben. Ein Schulbeispiel, das neulich durch einen Prozeß bekannt wurde, war ein Arzt in München, der seine Sprechstunden einschränkte und dafür Bodenspekulation betrieb. Wir sollten also annehmen, daß diese Makler, die im Jahre 1960 Häuser und Grundstücke im Werte von immerhin annähernd 16 Milliarden DM vermittelt haben, nun nicht plötzlich arbeitslos werden wollen. Auch wenn Sie verschärfte 'Maßnahmen durchführen, wird es weiterhin einen Bodenmarkt geben. Wenn die Spekulanten in der Bundesrepublik endlich einmal spürten, daß die Bundesregierung ,den ernsten Willen hat, den Bodenmarkt in den Griff zu bekommen, würde dieser auch trotz geringerer Gewinnspannen nicht schrumpfen. Heute haben die Baulandspekulanten freies Feld, und ihre Opfer sind nun einmal in erster Linie die Bausparer. 30 000 DM, die sich jemand angespart hat, reichen heute meist nur noch für den Bauboden und nicht mehr für das Häuschen aus. Ich will Ihnen ein Beispiel dafür geben, welchen Einfluß die Bodenpreise auf die Preise für Reihenhäuser haben. Ein Reihenhaus von 110 qm - ich habe das aus einer Fachzeitschrift, nicht aus einem Boulevardblatt - auf einem jeweils 250 qm großen Grundstück - ,also wirklich ein sehr bescheidenes Haus - kostet in einfacher Ausstattung bei derselben gemeinnützigen Baugenossenschaft, die mit anerkannt niedriger Gewinnmarge arbeitet, schlüsselfertig in Stuttgart-Sillenbusch 110 000 DM, in Eislingen bei Göppingen 75 000 DM und in Ehingen an der Donau 55 000 DM. 'Dieser Preisunterschied ist vor allem auf die unterschiedlichen Grundstückspreise zurückzuführen. Wer aber in Stuttgart arbeitet, kann leider nicht in Ehingen wohnen. Nun sagt die Bundesregierung: Die Baulandpreise sind zum Stillstand gekommen. Je näher unsere Anfrage rückte, um so mehr konnte man das auch in der Ihnen gut gesonnenen Presse lesen. So lautete also die Parole der Regierung. Ist das wirklich so? Für den Bauwilligen ist es ganz uninteressant, wenn die Preise in schwindelnder Höhe zum Stillstand kommen. ({0}) Er braucht erschwingliche Baulandpreise. ({1}) Beträchtliche Zugänge bei den Bausparkassen lassen heute die Zuteilung vor dem vertragsmäßig vorgesehenen Zeitpunkt zu. Soweit ich den Berichten der Bausparkassen entnehmen konnte, haben zur Zeit etwa 850 000 Familien einen zuteilungsreifen Vertrag. Leider können sie die Gelder nicht in Anspruch nehmen, weil sie für Grundstück und Haus nicht mehr reichen. Daß die Makler von einer Beruhigung auf dem Baulandmarkt sprechen, nachdem die Preise astronomische Höhen erreicht haben, nutzt dem Bausparer nichts. Dazu kommen die Maßnahmen des sogenannten Lückeschen Abbaugesetzes. Wir werden ab 1. Juli 1963 auf einem weiten Sektor freie Mieten haben. Höhere Mieten werten die Grundstücke auf, und steigende Grundstückserträge führen dann wieder zu höheren Bodenpreisen in der näheren Umgebung. Mit den im Bundesbaugesetz vorgesehenen Maßnahmen und mit der zu zögernd anlaufenden Aktion „Bauland aus Bundesbesitz" ist diese Hydra nicht zu bändigen. Wir Sozialdemokraten sind jedoch an der Aktion „Bauland aus Bundesbesitz" durchaus interessiert. Sie geht schließlich auf unsere Große Anfrage auf Drucksache 2436 der vorigen Legislaturperiode zurück. Ein Wort noch - besonders an Sie, Herr Staatssekretär - zur Prozedur. Die Oberfinanzdirektionen sind im Besitz der Listen über den Besitz des Bundes an Bauland; diese Listen liegen in den Ländern aus. Der Kaufanwärter kann sie einsehen. Sie sagten vorhin, daß von der Inanspruchnahme der Gutachterausschüsse nur wenig Gebrauch gemacht werde. Ich höre, daß auch nur wenige Leute diese Listen einsehen. Man geht lieber zu seinem Bürgermeister als zur Oberfinanzdirektion. Es nutzt den Leuten aber auch nichts, wenn sie zur Oberfinanzdirektion gehen und die Listen mit dem Bauland des Bundes einsehen. Darin ist nämlich nicht klar verzeichnet, welches Land der Bundesverteidigungsminister davon noch beansprucht. Außerdem habe ich Fachzeitschriften entnommen, daß es dem Kaufanwärter überlassen bleibt, das dort ausgewiesene Bauland auf seine Bebaubarkeit hin zu prüfen. Wie soll er das machen? Wenn es in der Nähe einer Gemeinde liegt, bekommt er von der Gemeinde wahrscheinlich den Bescheid, daß man nichts sagen könne, da es sich um Land im Besitz des Bundes handele. Der Betreffende landet also wieder bei der zuständigen Oberfinanzdirektion. Noch ein Wort zu den Gutachterausschüssen. Wir haben damals gesagt, sie seien zu schwach. Sie empfehlen Richtpreise; das heißt, die Gutachten sind unverbindlich. Darum, Herr Staatssekretär, werden sie von den Käufern auch nur selten aufgesucht. Kein Verkäufer braucht sich nach ihren Feststellungen zu richten. Daß ein Bewerber mal hin und wieder auf einen Kauf verzichtet, wenn der Bodenpreis allzu hoch ist und allzu hoch über dem Verkehrswert des Baubodens der Umgebung liegt, mag zugegeben sein. Ich glaube aber nicht, daß die Gutachterausschüsse in ihrer jetzigen Funktion zu irgendeinem Zeitpunkt eine besondere Bedeutung erlangen werden. Bestimmt sind sie bis heute kein geeignetes Instrument zur Dämpfung der Bodenpreise. Auf diese zusätzlichen Fragen erbitten wir von Ihnen noch eine Antwort. ({2})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Imle.

Dr. Wolfgang Imle (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000994, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach diesen nun bald mehr als zwei Stunden dauernden Ausführungen möchte ich mich sehr kurz fassen. ({0}) - Ich werde Ihnen aber trotzdem einige Bonbons hinlegen, mit denen Sie nicht so ganz einverstanden sein werden. ({1}) Zunächst müssen wir aus den heutigen Ausführungen entnehmen, daß uns die Baulandpreise tatsächlich davongelaufen sind. Wir alle sollten dafür sorgen, daß die jetzigen überhöhten Baulandpreise in den Groß- und Mittelstädten zurückgedreht werden. Ich bin fest überzeugt, daß dies die Absicht der Bundesregierung ist, und möchte hoffen, daß Bemühungen in diesem Sinne auch bald zum Erfolge führen. Sicherlich ist der Preisanstieg in dem großen Bedarf begründet; er kann in dem entsprechenden Umfang nicht gedeckt werden, da das zur Verfügung stehende Bauland einfach nicht vermehrt werden kann. Man sollte allerdings doch einmal überlegen, ob es unbedingt notwendig ist, daß sich jeder ein einzelnes Heim mit einem großen Garten baut. Auf die Dinge, über die wir uns kürzlich unterhalten haben, möchte ich nicht eingehen; aber auch dies gehört meines Erachtens dazu. Herr Kollege Mick, Sie hatten mit seherischer Gabe vorausgesehen - das war vielleicht diesmal nicht allzu schwer -, daß ich mich mit der Grundsteuer C befassen würde. Sie haben sehr wahr gesprochen. Ich bin keineswegs der Meinung, daß es sich hier um ein Schreckgespenst handelt. Wir Freien Demokraten haben uns aber schon bei der Verabschiedung des Bundesbaugesetzes gegen diese Steuer ausgesprochen, weil wir sie einfach nicht für marktkonform halten. Sie warfen dann weiter die Frage auf, ob wir etwas gegen die Steuer sagen würden, wenn ihre Erträge in den Bundeshaushalt flössen. ({2}) - Herr Starke hat dazu aber gar nichts gesagt. Es ist die Meinung der Fraktion selbst, daß nach den Auswirkungen der Grundsteuer C etwas mit ihr nicht in Ordnung ist. Sie meinten dann, man hole hier den berühmten „kleinen Mann" hervor und ziele auf die Spekulanten. Sie haben vollkommen recht, daß ein Hebesatz von 1000 % und mehr bei der Grundsteuer C nicht sehr häufig ist. Wir haben aber erheblich viel mehr Gemeinden, bei denen der Hebesatz zwar unter 1000 % liegt, aber doch noch 'erheblich ist.-Das halten wir für ebenso unzuträglich. In den Erörterungen werden natürlich immer wieder die Beispiele angeführt, die die eigene Argumentation am meisten stützen. Auch in Hessen z. B. gibt es eine Gemeinde, die einen Hebesatz von 1200 % hat. Dort geht man allerdings so weit, auch diejenigen mit der Grundsteuer C zu belegen, die bereits ein Haus und dazu einen Garten mit 800 qm haben. Das halten wir für weit übertrieben; so etwas wollen wir nicht. Sie haben recht, in den Großstädten hat man bisher noch nicht sehr viel Gebrauch von der Grundsteuer C gemacht. Es gibt aber auch viele kleinere Gemeinden, die hier nicht nur neue Erschließungsmöglichkeiten für Bauland sehen, sondern auch eine Möglichkeit für das Ansteigen ihrer eigenen Gemeindeeinnahmen; damit sind sie zum Teil aber doch über das Ziel hinausgeschossen. Bei einem kleineren Einkommen wirkt sich das natürlich aus, weil der kleine Mann vorzeitig zum Bauen gezwungen wird. Er hätte sonst noch nicht gebaut, weil er mit dem Sparen noch nicht so weit ist. Nach unserer Meinung vollzieht sich hier auch eine Konzentration des Grundeigentums, eine Sammlung von Grundeigentum. Da möchte ich dann noch etwas nach links hinüber sagen. In Hamburg liegen die Verhältnisse so, daß die gemeinnützigen Wohnungsbaugenossenschaften den Bauern nachlaufen und ihnen Preise zahlen, die weit über das hinausgehen, was sich die Bauern selbst erhofft hatten, ({3}) wobei das Gelände nicht einmal voll verwertbar ist, sondern nur zur Hälfte, weil es dort gar nicht bebaut werden kann. Wir sollten also hier durchaus im Rahmen bleiben und nicht immer nur an den sogenannten kapitalistischen Bauherrn appellieren, sondern genauso an die gemeinnützigen Gesellschaften, die selber durch ihre Maßnahmen die Preise in die Höhe treiben. Noch ein Wort zu Ihrem Antrag, eine Wertzuwachsabgabe auf Bodenspekulatiosgewinne einzuführen. Wenn wir das machen, haben wir sofort wieder den Grauen Markt. Da werden dann hintenrum eben Gelder nebenbei gezahlt. Wie wollen Sie das erfassen? Da fängt dann die Schnüffelei an. ({4}) - Ich habe ihn noch nicht gesehen. ({5}) - Ich habe aber genau zugehört, als er hier vorhin vorgelesen wurde. Unsere grundsätzliche Auffassung zu der Erfassung von Bodenspekulationsgewinnen ist Ihnen bekannt. Wir meinen eben, daß das in der Form, wie Sie sich das vorstellen, einfach nicht möglich ist. Von uns aus kann ich jedenfalls auf den Einwand noch einmal zurückkommen und sagen: wir sind der Meinung - wir haben auch die feste Absicht, etwas dagegen zu tun -, daß angesichts der fälschlichen Auslegungen bei der Zubilligung der Grundsteuer C an die Gemeinden etwas getan werden muß. ({6})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Wittmer-Eigenbrodt.

Kurt Wittmer-Eigenbrodt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002544, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir als Angehörigem der Landwirtschaft einige kurze Feststellungen zu diesen Problemen. Sie dürften nicht nur für die Landwirtschaft von Interesse sein. Die Landwirtschaft ist gegen hohe Baulandpreise und um so mehr für eine höchstmögliche Ausgeglichenheit aller Grundstückspreise. Sie hat dies bereits bei der Verabschiedung des Grundstücksverkehrsgesetzes unter Beweis gestellt und damals durchgesetzt, daß bei dem innerlandwirtschaftlichen Grundstücksverkehr die Preiskontrolle erhalten bleibt. § 9 Abs. 1 Nr. 3 dieses Gesetzes besagt, daß ein grobes Mißverhältnis zwischen Kaufpreis und tatsächlichem Wert von Grundstücken ein Grund zur Versagung der Genehmigung des Kaufvertrages ist. Wir beabsichtigten damals damit, daß einmal eine einheitliche Normalbewertung der landwirtschaftlichen Grundstücke unter Berücksichtigung ihrer Qualitätsunterschiede gesichert wird, und zum anderen, daß dem eigentlichen Sinn des Gesetzes, der Strukturverbesserung, Genüge getan wird. Wir wollten damit erreichen, daß der Grund und Boden zum besseren Wirt und nicht zum Kapitalbesitzer wandert, der sein Kapital wertbeständig anlegen will. ({0}) Das beruht auf folgenden Erkenntnissen. Einmal sind wir uns in der Landwirtschaft darüber im klaren, daß sowohl der Wohnungsbau als auch die echten Bedürfnisse des öffentlichen Lebens den Vorrang vor der Land- und Forstwirtschaft haben. Deshalb haben wir niemals gemurrt, wenn wir jährlich 50 bis 70 000 ha aus der Landwirtschaft für diese Zwecke abgeben müssen. Der damalige Landwirtschaftsminister, unser heutiger Bundespräsident, hat das einmal veranschaulicht, indem er gesagt hat: Allein Nordrhein-Westfalen gibt täglich einen Bauernhof von 100 Morgen Größe für diese Zwecke her. Im Bundesdurchschnitt handelt es sich um Höfe von 40 Morgen. ({1}) Wir sind deswegen auch durchaus für die Baulandplanung, allerdings unter Hinzuziehung landwirtschaftlicher Sachverständiger. Dieser Wunsch, diese Bitte ist durchaus gerechtfertigt. Wir sind, wenn auch schweren Herzens, für die Baulandsteuer eingetreten, damit zuerst einmal die Baulücken innerhalb der Städte beseitigt werden und der Boden genutzt wird. Dabei sind wir uns durchaus darüber im klaren gewesen, daß die Baulandsteuer in einem gewissen Sinn einen Ersatz für die Erhöhung der Einheitswerte darstellt, die der Landwirtschaft zur Zeit noch nicht zugemutet werden kann. Wir sind entsprechend auch für großzügige Erschließung des Baugeländes. Die zweite Erkenntnis ist die, daß anomale Grundstückspreise außerhalb der Landwirtschaft den innerlandwirtschaftlichen Grundstücksverkehr stören. Ich brauche nur zu erwähnen, daß überzahlte, durch die Industrie verdrängte Bauern ihrerseits in anderen landwirtschaftlichen Bereichen die dort heimischen Bauern oder ihre nachgeborenen Söhne verdrängen und daneben die Flüchtlings- und Erwerbssiedlung 'beeinträchtigen und damit Erfüllung einer nationalen Pflicht durch uns weitgehend gefährden. Auf der anderen Seite gibt es unterbezahlte, durch die Anlage von Truppenübungsplätzen verdrängte Bauern, denen unter dem Nationalsozialismus ihr Land für ein Butterbrot, so 'kann man sagen, genommen und denen nun dadurch geholfen wurde, daß sie dieses enteignete Land für einen sehr billigen Pachtzins Ibis zum vorigen Jahre zurückverpachtet bekamen. Jetzt ist ihnen dieses Land genommen. Sie befinden sich nunmehr in einer außerordentlich schwierigen Lage, ihre Existenz ist gefährdet, und ich halte es für durchaus richtig und wünschenswert, daß hier gewissermaßen ein Wiedergutmachungsgesetz ähnlich wie in anderen Fällen geschaffen wird. Es gibt auch noch andere Tatsachen, die - wie die verschiedenartigen Erschließungsmaßnahmen der Kommunen - eine völlig unterschiedliche Preisbewertung für Grundstücke zur Folge haben. Gemeinden, die für Bauland Vorsorge getroffen haben, haben niedrige Preise; Gemeinden, die ohne solche Vorsorge geblieben sind, haben hohe Preise. Nun zur dritten 'Erkenntnis der Landwirtschaft, die ich hier eindeutig vortragen möchte: In jedem Fall, wie sich auch die Preise gestalten mögen, gehört .der ortsübliche Preis dem Landabgeber - das ist 'der Bauer - und nicht etwa der zweiten Hand, die womöglich damit noch spekuliert. Außerdem muß dieser Erlös so sein, daß der weichende Bauer damit für den Verlust seiner Heimat und den Verlust eines guten Absatzmarktes entschädigt wird. Dieser Erlös muß es ihm ermöglichen, an anderer Stelle eine zumindest gleichwertige neue Existenz zu 'gründen. Welche Preise sind aber nun eigentlich richtig? Welches sind die bestimmenden Faktoren für diese Preise? Dazu möchte ich sagen: auf keinen Fall der Wohnungsbau. Wie wir vorhin schon hörten, sind nur 15 bis 20 % dieser jährlichen Abgabe von 50-bis 70 000 ha an den Wohnungsbau gegangen, während 80 bis 85 % für öffentliche Bauten und Anlagen, Straßen, Fabriken, Kasernen und Flug- und Truppenübungsplätze usw. benötigt werden. Diese 80 'bis 85 % bestimmen auch die Baulandpreise. Leider werden sie von Menschen bewilligt, die diese Preise nicht aus der eigenen Tasche bezahlen müssen. Das ist in keiner Form ein Vorwurf; es ist rein menschlich, daß derjenige, der selber bezahlen muß, im Bewilligen vorsichtiger ist. Die öffentliche Hand hat aber da noch andere Gesichtspunkte. Ich denke nur daran, daß die Kommunen, besonders auch die großen Städte, das Geld über die Gewerbesteuer wiederbekommen. ({2}) Wir sind uns alle wohl darüber klar, daß für die Industrie 'der Baulandpreis oder der Fabrikbaupreis verhältnismäßig uninteressant Ist; denn diese Preise werden aber die Ware wieder auf den Verbraucher abgewälzt. Es ist also ganz klar, daß durch diese Überbezahlung bei der Interdependenz, also bei der inneren Gebundenheit der Preise, auch die Baulandpreise in die Höhe getrieben werden. Es mag hart sein, aber es ist eben demjenigen, der Ida nicht mit kann, nichts anderes möglich, als aus diesen teuren Ballungsgebieten in Gebiete abzuwandern, wo das Leben billiger ist. Wie ist denn überhaupt die Preisentwicklung seit der Vorkriegszeit verlaufen? Das müssen wir auch berücksichtigen, meine Damen und Herren. Wenn wir die Preise im Jahre 1936 gleich 100 setzen, so ergibt sich, daß der Lebenshaltungsindex bereits im Jahre 1958 auf 278 gestiegen ist, und er ist seitdem weitergestiegen. Wir dürfen also feststellen, daß sich die allgemeinen Lebenshaltungskosten ungefähr verdreifacht haben. Entsprechend ist es auch durchaus normal, daß die Preise für Grundstücke sich verdreifacht haben. - Bei der Kohle wundern wir uns ja gar nicht, daß sich der Preis sogar verfünffacht hat. - Das stimmt ungefähr mit der tatsächlichen Entwicklung im großen Durchschnitt gesehen überein. Es machen sich aber noch andere Einflüsse geltend. Ich habe schon die Bildung der Ballungsräume erwähnt. - Darauf ist vorhin schon hingewiesen worden. - Das geht ja hier in Nordrhein-Westfalen so weit, daß heute die Landwirtschaft aus den eigentlichen Industriezentren restlos verdrängt wird und daß man sich von Staats wegen genötigt gesehen hat, zum Ausgleich gewisse landwirtschaftliche Vorranggebiete einzurichten und anzuerkennen. Ich möchte nur wünschen, daß entsprechend auch hier verfahren wird. Bei der allgemeinen Steigerung der Einkommen und der Kaufkraft in diesen Gebieten gibt es genügend Menschen, die gut und gerne bereit sind, z. B. bei einem Baupreis von 75 000 DM einen Grundstückspreis von 5 bis 8000 DM zu bezahlen, weil nun einmal der Anteil des Grundstückspreises am Gesamtbaupreis in der Regel 10 bis 15 % beträgt. Ein weiterer Grund für diese Erhöhung ist die außerordentliche Steigerung der Erschließungskosten, die nicht auf Willkür beruht, sondern zum Teil auch darauf, daß größere Ansprüche gestellt werden. Das Mißverhältnis in diesen Gebieten ist eben nur mit der Durchführung einer vernünftigen Raumordnung zu beseitigen. Ich darf dazu zwei Beispiele anführen. Im Ruhrgebiet, mittlere Wohnlage, kostete im Jahre 1936 der Quadratmeter 3 Mark. In derselben Lage kostet er heute 8 bis 12 DM im Durchschnitt, entsprechend den allgemein gestiegenen Kosten, wie ich schon ausführte. In Nordhessen ist das anders. In Kassel z. B. waren die Baulandpreise bis zum Neubau des Volkswagenwerks in Altenbauna bei Kassel durchaus niedrig, und es blieb bei dem Stopppreis von 5 DM. Seitdem ist der Preis für baureife Grundstücke auf 4 bis 12 DM gestiegen. Die Industrie zahlt im Durchschnitt, kann man sagen, 10 DM. Nach Fortfall des Stopppreises gingen diese Preise vorübergehend - nur kurz vorübergehend - etwas in die Höhe; sie sind aber jetzt schon wieder auf den alten Stand zurückgefallen, und man darf wohl sagen, daß sie die Tendenz haben, weiter zu fallen. ({3}) - Nach meinen Erkundigungen und Feststellungen ist das der Fall. ({4}) - Gut, wir wollen uns darüber unterhalten. Jedenfalls ist Tatsache, daß die Preise für landwirtschaftliches Ersatzland in diesem Industriegebiet sehr hoch sind und in der Nachbarschaft der Morgen - das sind 2500 qm - etwa 3- bis 4000 DM kostet. Man kann also sagen, daß der Erlös des verdrängten Bauern in der Regel nur dazu ausreicht, sich eine Existenzgrundlage im gleichen oder etwas höheren Wert wieder zu erwerben. Der nächste Faktor, der bei der Gestaltung der Preise meiner Überzeugung nach eine gewaltige Rolle spielt, ist die Macht des Zufalls. Die Zufälligkeiten des Baulandangebots kennt jeder in den verschiedenen Städten und ihren Vororten. Wir haben - ich denke da an Marburg - in den verschiedenen Vororten derselben Stadt ganz verschiedene Preise. Bei den meisten Gemeinden liegt es zum großen Teil daran, daß keine Bauleitplanung entsprechend dem Bundesbaugesetz bisher durchgeführt worden ist, keine Landbevorratung und auch keine Erschließung. Daß das nicht durchgeführt worden ist, liegt meist daran, daß diese Maßnahmen sehr kostspielig sind. Hier wird sich die Bundesregierung wahrscheinlich etwas einfallen lassen müssen, um dies den Gemeinden in irgendeiner Form zu erleichtern. Ich brauche hier nicht bei der ganzen Planung die Nichtbeachtung der Qualität und Erhaltungswürdigkeit der landwirtschaftlichen Nutzfläche entsprechend ihrer Qualität besonders zu erwähnen. Ich darf nur wiederholen, daß aus diesem Grunde die Beteiligung von landwirtschaftlichen Sachverständigen bei der Baulandplanung unbedingt notwendig ist. Als Letztes kommt hinzu, daß wir außerhalb der Städte Liebhaberkäufe von Leuten haben, die sich in schöner Natur einen Sommersitz oder so etwa schaffen wollen und auch dadurch auf die Baulandpreise Einfluß nehmen. Die Einstellung der Landwirtschaft zu dem ganzen Problem ist folgende. Sie stellt fest, daß sie selber gegenüber der Preisentwicklung einflußlos ist. Es gibt Höfe, die - wie dm Industriegebiet - weit überzahlt werden, während Höfe von geringerer Qualität und in entfernterer Lage einfach unverkäuflich sind. Die Landwirtschaft steht deshalb auf dem Standpunkt, daß die Möglichkeiten des Bundesbaugesetzes durchaus ausgeschöpft werden können. Aber - das möchte ich noch betonen - alle diese Bemühungen sind vergeblich, wenn auf dem nichtlandwirtschaftlichem Grundstücksmarkt unvernünftig hohe Preise gezahlt werden und wenn der Preisauftrieb in den übrigen Wirtschaftsbereichen Zweifel an der Stabilität der Kaufkraft des Geldes aufkommen läßt und dadurch den Trend zur Kapitalanlage in wertbeständigen Grundstücken immer mehr verstärkt. Daran sind jedenfalls wir in der Landwirtschaft vollkommen unschuldig. Wir leiden am meisten unter der Entwicklung. Wir leiden auch am meisten unter den steigenden Kosten, weil unsere eigenen Erlöse damit nicht Schritt halten können. Wir leiden ebenso unter dem Mangel an Menschen, die heute noch bereit sind, auf dem Lande zu arbeiten. Ich gebe gern zu, daß dieser Mangel auch in anderen Wirtschafsbereichen in Erscheinung tritt, in Mittelstand, Handwerk, Einzelhandel, in den öffentlichen Diensten. Ich darf aber auch betonen, daß die Entwicklung gerade in den in Geld flüssigsten Bereichen dazu führt, daß in den anderen Bereichen eine Negativauslese eintritt. Darum erlaube ich mir zum Schluß, an diejenigen zu appellieren, die auf diesem Gebiet ein Wort mitzusprechen haben, und das sind unsere Sozialpartner. Wenn es uns nicht gelingt, in absehbarer Zeit unsere Wirtschaft wieder dem verfügbaren deutschen Arbeitskräftepotential anzupassen, werden alle Bemühungen auf diesem Gebiet vergeblich sein. Die Entwicklung führt auch noch zu etwas anderem; seien Sie nicht böse, wenn ich auch das noch sage. Wenn unsere Menschen dahin erzogen werden, daß sie nur noch zusehen, wie sie ihre Arbeitskraft am teuersten verkaufen können, wenn sie nicht mehr gelehrt werden, daß sie schließlich AnWittmer-Eigenbrodt gehörige eines Volkes sind, dem sie auch zu dienen und Opfer zu bringen haben, wird es allerdings schlecht um uns bestellt sein. ({5})

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Die Aussprache über die große Anfrage der SPD ist damit geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung über die vorliegenden Anträge, zunächst über den Antrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 99. Wer diesem Antrag zustimmt, gebe bitte Handzeichen. - Gegenprobe! ({0}) - Bisher ist der Antrag auf Überweisung nicht gestellt. Sie stellen also den Antrag?

Werner Jacobi (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001000, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Wir stellen den Antrag auf Ausschußüberweisung. Es handelt sich um einen Antrag, der eingehend beraten werden muß. Offensichtlich liegt auch das Einverständnis der Mehrheitsfraktion zur Ausschußüberweisung vor.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Herr Abgeordneter Dr. Czaja!

Dr. Herbert Czaja (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000344, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich beantrage Überweisung an den Finanzausschuß und zur Mitberatung an den Ausschuß für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Darf ich feststellen, daß Einverständnis in diesem Sinne besteht? -Dann ist die Überweisung an die genannten Ausschüsse beschlossen. Gilt das Gleiche für den Antrag Umdruck 103? - Herr Abgeordneter Baier!

Fritz Baier (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000081, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Nein, da muß ich ein Wort sagen, Herr Präsident! Unser Antrag - der CDU/CSU- und der FDP-Fraktion - enthält, wie Sie sehen, einmal die Aufforderung, in Zusammenarbeit mit den Ländern Maßnahmen für eine verstärkte Ausweisung und Erschließung neuen Baulandes zu prüfen, und zweitens, bezüglich des Baulandes des Bundes, alljährlich bis zum 15. Februar einen Bericht vorzulegen. Ich bitte, nach Rücksprache mit den Herren des Geschäftsordnungsausschusses, den Antrag folgendermaßen zu ändern: „einen Bericht dem Bundestag darüber vorzulegen", und zu streichen: „den Ausschüssen für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung und für wirtschaftlichen Besitz des Bundes". Ich bitte, diesen Antrag anzunehmen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Sie haben die Änderung in Ziffer 2 des Antrags zur Kenntnis genommen. Können wir dann über den Antrag abstimmen? - Wer zustimmt, gebe bitte Zeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich kann einstimmige Annahme feststellen. Nach interfraktioneller Vereinbarung folgt die Beratung über die drei Berichte des Außenhandelsausschuses über die von der Bundesregierung eingebrachten Zollvorlagen - ({0}) - Nein, es soll die Beratung über die Zollvorlagen eingeschaltet werden: Beratung des Berichts des Außenhandelsausschusses ({1}) über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf einer Fünfzehnten Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1962 ({2}) ({3}), Beratung des Berichts des Außenhandelsausschusses ({4}) über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf einer Zwanzigsten Verordnung zur Änderung des Deutschen- Zolltarifs 1962 ({5}) ({6}), Beratung des Berichts des Außenhandelsausschusses ({7}) über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf einer Einundzwanzigsten Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1962 ({8}) ({9}). Es liegen Ihnen die Berichte der Abgeordneten von Delden, Dr. Rinderspacher und Dr. Löhr vor. Wird die Ergänzung der Berichte erbeten? - Das ist nicht der Fall. Ich darf den Herren Berichterstattern danken. Herr Abgeordneter Schmücker hat das Wort.

Dr. h. c. Kurt Schmücker (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002040, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte einige Ausführungen machen zu der Einundzwanzigsten Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1962 betreffend Kraftwagen zur Beförderung von Personen ({0})

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Herr Dr. Löhr, als Berichterstatter?

Dr. Dr. h. c. Walter Löhr (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001362, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Zur Einundzwanzigsten Verordnung bitte ich als Berichterstatter um das Wort.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Ich darf dann so verfahren. Herr Abgeordneter Dr. Löhr hat als Berichterstatter das Wort. Ich hatte die Frage gestellt, ob eine Ergänzung der Berichte gewünscht werde.

Dr. Dr. h. c. Walter Löhr (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001362, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident, ich bitte um Entschuldigung. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Bundeskanzler hat mit Schreiben vom 16. Mai 1962 auf Grund eines Beschlusses der Bundesregierung vom gleichen Tage dem Herrn Präsidenten dieses Hohen Hauses den Entwurf einer Einundzwanzigsten Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1962 mit der Bitte zugeleitet, die Zustimmung unseres Hauses herbeizuführen. Der Verordnungsentwurf war von der Bundesregierung als eine dringliche Zollvorlage im Sinne des § 96 a unserer Geschäftsordnung bezeichnet und demgemäß von dem Herrn Präsidenten dem zuständigen Ausschuß unmittelbar überwiesen worden. Der Außenhandelsausschuß als federführender Ausschuß und der Wirtschaftsausschuß als mitbeteiligter Ausschuß haben sich in ihren gestrigen Sitzungen mit der Verordnungsvorlage eingehend befaßt. Die Rechtsverordnung gemäß Drucksache IV/410 sieht vor, daß der Deutsche Zolltarif 1962 in der Tarifnr. 87.02 bezüglich Kraftwagen zum Befördern von Personen usw. eine Anmerkung erhält, wonach der Binnenzollsatz von Kraftwagen mit einem Hubraum des Motors von mehr als 800 bis 2000 ccm von seither 10 % des Wertes auf 5 % des Wertes und von mehr als 2000 ccm von seither 12,5 % des Wertes auf 6 % ides Wertes gesenkt wird, und zwar jeweils unbefristet. In der Begründung zu dieser Rechtsverordnung hat die Bundesregierung darauf hingewiesen, daß durch diese Maßnahme die betreffenden Binnenzollsätze gemäß Art. 15 Abs. 2 des EWG-Vertrages teilweise ausgesetzt werden, wozu jeder Mitgliedsstaat berechtigt ist, und zwar während der Übergangszeit, soweit es sich um Waren handelt, die aus anderen Mitgliedstaaten eingeführt werden. Dabei ist zu beachten, daß der eine solche Maßnahme ergreifende 'Mitgliedstaat jederzeit in der Lage ist, die gesenkten Binnenzollsätze nach eigenem Ermessen wieder aufzuheben, selbstverständlich nur bis zu 'der Höhe, 'die vor der Aussetzungsmaßnahme Gültigkeit hatte. Die Bundesregierung geht in ihrer Begründung davon aus, daß die Binnenzollsenkung aus wirtschaftlichen Gründen erwünscht sei, um der Preissteigerung bei Personenkraftwagen inländischer Erzeugung entgegenzuwirken, die zu einer erheblichen Beunruhigung der Öffentlichkeit geführt habe. Der Außenhandelsausschuß hat in seiner Mehrheit diese Begründung anerkannt. Im Hinblick darauf sehe ich mich als Berichterstatter veranlaßt, dem Hohen Hause einige wenige, aber mir wesentlich 'erscheinende Details aus den Ausschußberatungen .vorzutragen. Die Mehrheit des federführenden Ausschusses sieht in der von der Bundesregierung beschlossenen Zollherabsetzung keineswegs eine Strafaktion gegen die fünf autoerzeugenden Industrieunternehmungen, unter denen sich das größte Industriewerk unserer Bundesrepublik befindet und die in letzter Zeit ihre Verkaufspreise im Inland erhöht haben. Die Mehrheit des federführenden Ausschusses hat aber kein Verständnis dafür gezeigt, daß z. B. das größte Industriewerk der Bundesrepublik zu einem Zeitpunkt Preiserhöhungen vornimmt, in dem das Preis-Lohngefüge beginnt, unsere Wettbewerbsfähigkeit zu mindern, zumal der Herr Bundeswirtschaftsminister pflichtgemäß wenige Tage zuvor in einem öffentlichen Appell auf diese gefährliche Entwicklung hingewiesen und zum Maßhalten aufgerufen hatte. Im Außenhandelsausschuß wurde die Meinung vertreten, daß in unserer Wirtschaftsordnung, der sozialen Marktwirtschaft, von den Unternehmensverantwortlichenerwartet iwerden muß, daß sie beispielsweise bei - ({0}) - Herr Kollege, als 'Berichterstatter erlaube ich mir, die Meinung, die im Ausschuß kundgetan wurde, dem Hohen Hause mitzuteilen. ({1}) - Herr Schmitt-Vockenhausen, Sie waren ja leider im Ausschuß nicht anwesend. ({2})

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Ich bin der Meinung, daß der Berichterstatter die im Ausschuß zum Ausdruck gekommenen Meinungen referierend wiedergibt, und das ist zulässig.

Dr. Dr. h. c. Walter Löhr (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001362, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich wiederhole: Im Außenhandelsausschuß war die Meinung vertreten worden, daß in unserer Wirtschaftsordnung, der sozialen Marktwirtschaft, von den Unternehmensverantwortlichen erwartet werden muß, daß sie sich beispielsweise bei Preiserhöhungen nicht nur an den allseits anerkannten und durchaus legitimen Rentabilitätsinteressen, nicht nur am Interesse an der Erhaltung der Arbeitsplätze und idem Wohl ihrer Belegschaft orientieren, sondern ebensosehr eine hohe Verantwortung gegenüber der 'Gesamtwirtschaft und gegenüber dem Gemeinwohl tragen. Diese Verantwortung gegenüber dem Gemeinwohl sei eine 'wesentliche 'Richtschnur für das wirtschaftliche Handeln .aller in der sozialen Marktwirtschaft Tätigen, gleichgültig ob Arbeitnehmer oder Unternehmer. Die Mehrheit in den beratenden Ausschüssen ist deshalb der Meinung, daß im vorliegenden Falle die Preiserhöhung in dieser Hinsicht nicht gerechtfertigt ist. Sie ist mit der Bundesregierung der Auffassung, daß die zum Beschluß anstehenden Zollherabsetzungen durchaus ein marktkonformes Mittel im Sinne der sozialen Marktwirtschaft sind, um zukünftig im Interesse der Konsumenten dem Markt ein ausreichendes Angebot an Personenkraftwagen zu zumutbaren Lieferterminen und günstigsten Preisen zu ermöglichen. Die Mehrheit des Außenhandelsausschusses ist sich auch darüber im klaren, daß die Bundesregierung es sich angelegen sein lassen muß, nunmehr die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, die zur Erreichung und Erhaltung einer Preisstabilität notwendig sind. In beiden Ausschüssen wurden gegen die anstehenden Zollsenkungen auch Bedenken geäußert; einmal in der Richtung, daß unter Umständen der durch die Zollsenkung erstrebte Preisvorteil bei Importfahrzeugen nicht dem 'deutschen Verbraucher zugute kommen könnte, sondern vom Exporteur oder Importeur eingeheimst würde. Der Vertreter der Bundesregierung konnte dem entgegenhalten, daß bereits von einigen ausländischen Kraftwagenproduzenten entsprechende Zusagen vorlägen, außerdem die Bundesregierung (bemüht bleibe, von den übrigen hierfür in Frage kommenden ausländischen Erzeugern, Exporteuren wie auch Importeuren und inländischen Händlern demgemäße Zusicherungen zu erhalten, so daß der Verbraucher auch wirklich in den Genuß der durch die Zollherabsetzung erwirkten Preisverbilligung kommen würde. Zum anderen gingen die vorgebrachten Bedenken dahin, daß unsere bundesdeutsche Personenkraftwagen erzeugende Industrie sowie auch die Zulieferindustrie durch einen verstärkten Import an Fahrzeugen zum Teil notleidend werden könnte. Die Vertreter der Bundesregierung waren dagegen der Meinung, daß bei einem gegenwärtigen Verhältnis von Pkw-Export zu Pkw-Import von rund 10 : 1 keine diesbezügliche Gefahr bestehe. Außerdem wurde eine ständige Beobachtung des Fahrzeugmarktes seitens der Bundesregierung zugesichert, um erforderlichenfalls zollpolitische Korrekturen im Einvernehmen mit dem Hohen Hause vornehmen zu können. Ferner wurde die Bundesregierung gebeten, über die EWG-Kommission bei unseren Partnerstaaten anzuregen, ihre Binnenzollsätze für Personenkraftwagen vorzeitig zu senken, die gegenwärtig noch bedeutend über unseren vergleichbaren Binnenzöllen liegen. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der mitberatende Wirtschaftsausschuß sowie der federführende Außenhandelsausschuß haben sich in getrennter Abstimmung jeweils mit großer -Mehrheit für die Annahme der Zollvorlage entschieden. Namens des Außenhandelsausschusses darf ich daher das Hohe Haus bitten, dem Antrage gemäß Drucksache IV/414 in Verbindung mit Drucksache IV/410 zuzustimmen. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Außenhandelsausschuß hat weiterhin beschlossen, dem Hause vorzuschlagen, den Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1962 gemäß Umdruck 80 in den Teilen B und C als erledigt zu betrachten. Ich erbitte erforderlichenfalls auch hierzu die Zustimmung des Hohen Hauses.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Das Wort hat Herr Abgeordneter Schmücker.

Dr. h. c. Kurt Schmücker (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002040, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe die Ehre, namens der CDU/CSU-Fraktion zu erklären, daß wir dieser Zollvorlage zustimmen, ja, ich möchte sogar sagen, daß wir diese Vorlage geradezu gefordert haben. Wir meinen, die Verabschiedung sollte heute erfolgen; denn es ist schon lange, vielleicht zu lange gewartet worden. Damit komme ich auf den ersten der Vorwürfe, die vor allen Dingen draußen erhoben werden, jenen Vorwurf, der uns nachsagt, wir träfen hier eine emotional betonte Entscheidung. Meine Damen und Herren, davon kann doch wohl keine Rede sein; denn sieben Wochen lang die Gefühle in Wallung zu behalten, das dürfte- selbst einem temperamentvollen Parlamentarier kaum möglich sein. Die letzte, allerdings sehr lebhafte Debatte über dieses Problem haben wir am 12. April gehabt, also auch schon vor mehr als einem Monat. Allerdings müssen wir feststellen, daß diejenigen, die dabei das heißeste Temperament entwickelt haben, heute offenbar die kältesten Füße bekommen. ({0}) Ich halte diesen Vorwurf, daß hier eine gefühlsbetonte Entscheidung gefällt werde, für eine Ausrede. Ich möchte im Gegenteil darum bitten, daß wir heute schnell handeln; denn wir müssen auch die Schwierigkeiten der Importwirtschaft sehen. Denken Sie daran, welcher Stau dort bereits aufgetreten ist! Darüber hinaus haben wir bei unseren wirtschaftlichen Betrachtungen natürlich auch an den Handel, an den gewerbetreibenden und an den privaten Verbraucher zu denken. Zweitens wird uns vorgeworfen, hier werde eine spezielle Strafexpedition vorgenommen. Der Herr Berichterstatter hat dazu schon einiges gesagt. Nun, wenn wir einiges von dem täten, was uns von draußen zugemutet wird - bis hin zu der uns übrigens nicht möglichen Abberufung gewisser Herren -, könnte man von Strafexpeditionen reden. Aber ich glaube, hier - ich werde das nachher noch kurz begründen - ist ein solcher Ausdruck fehl am Platze. Der nächste Vorwurf besagt, wir mißbrauchten hier die Zollpolitik. Meine Damen und Herren, es ist doch ein wenig seltsam, daß man in den umgekehrten Fällen sehr schnell bei uns erscheint und gewisse Maßnahmen fordert und heute nun bremsen will. Soll ich an Kohle erinnern, soll ich das Wort „Frühkartoffeln" - über die Zollvorlage stimmen wir ja auch ab - noch in die Debatte werfen? Übrigens: Welches Mittel soll denn sonst angewandt werden? Sicherlich werden wir noch weitere Überlegungen im Zusammenhang mit anderen Gesetzen, die aber jetzt noch nicht zur Debatte stehen, darüber anstellen müssen, was wir tun können. Aber im gegenwärtigen Augenblick scheint eine zollpolitische Maßnahme das einzig Mögliche und auch das wirtschaftlich Vernünftige zu sein. Der vierte Vorwurf, der erhoben wird, besagt, wir könnten keineswegs damit rechnen, daß die gebotenen Preisvorteile nun auch weitergereicht würden. Der Herr Berichterstatter hat bereits darauf hingewiesen, daß der Bundesregierung Zusagen gemacht worden sind, daß diese Preisvorteile weitergegeben werden. Und, meine Damen und Herren, so sieht es ja auch nicht auf dem deutschen Markt aus, daß Beträge von einigen Hundert Mark oder, in Prozentsätzen gerechnet, von 5 % keine Rolle spielen. Der nächste Vorwurf, der da besagt, wir fügten der deutschen Industrie Schaden zu, wird interessanterweise auch sehr häufig von den gleichen Kreisen erhoben, die in anderem Zusammenhang dann sagen, die ganze Maßnahme habe keinen Effekt. Diese beiden Argumente schließen sich gegenseitig aus. Aber ich möchte doch den ersten Vorwurf kurz aufgreifen und zunächst mit allem Nachdruck betonen, daß wir von der Wichtigkeit und der hohen Bedeutung der deutschen Automobilindustrie und auch ihrer Leistungsfähigkeit überzeugt sind und ihr allen Respekt zollen wollen. Bei den Zuwachsraten liegt die deutsche Automobilindustrie mit an der Spitze, und es wurde hier vorhin schon gesagt, daß der Erport zehnmal so groß ist wie der Import. Ich glaube also nicht, daß man hier insgesamt von Gefährdungen sprechen kann. Wo möglicherweise Gefahren auftreten könnten - im Bereich der Kleinwagen -, ist insofern Vorsorge getroffen worden, als die Maßnahme auf diesen Bereich nicht ausgedehnt worden ist. Sie wissen, daß die Zollermäßigung erst ab 800 Kubikzentimeter wirksam werden soll. Eine der kritischen Bemerkungen, die sehr stark Widerhall gefunden hat, ist jene, die besagt, wir nähmen hier von Gesetzes wegen einen Eingriff in die unternehmerische Entscheidung vor. Meine Damen und Herren, daß muß mit allem Nachdruck zurückgewiesen werden. Wenn man will, ist natürlich jedes Gesetz irgendwie ein Eingriff in die unternehmerische oder in die Freiheit des Menschen überhaupt. Aber bei allem, was man tut - ich sagte es vorhin bereits -, muß man, wenn sich die Allgemeinheit in Not oder in Bedrängnis befindet, auch darauf Rücksicht nehmen. Wir meinen, wir sollten die betroffenen Kreise doch daran erinnern: von einer gewissen Größe an reichen betriebswirtschaftliche Entscheidungen in den politischen Bereich hinein. Ob das dem einem paßt oder nicht, - das ist eben so. Ich glaube, wir müssen hier betonen, daß es gerade zur unternehmerischen Verantwortung gehört, politische Auswirkungen der unternehmerischen Entscheidungen zu berücksichtigen. ({1}) Wir freuen uns, feststellen zu können, daß das die große Mehrheit der deutschen Unternehmerschaft tut. Der Einwand, die übrigen EWG-Staaten hätten höhere Zölle, ist hier auch schon behandelt worden. Meine Damen und Herren, vom Standpunkt des jeweils Betroffenen ist das natürlich eine Sache, die zu Klagen Anlaß gibt. Aber man darf nicht nur den Produzenten allein sehen, man muß auch die anderen Bereiche sehen; ich glaube, dann sieht das Problem schon wesentlich anders aus, ganz abgesehen davon, daß die Entwicklung innerhalb der EWG zwangsläufig ist und wir allenfalls aus den heutigen Verhältnissen die sehr starke Position der Automobilindustrie - die wir begrüßen, meine Damen und Herren - erkennen können. Streichen wir einmal von der heutigen Überlegung all das Drum und Dran der letzten sieben Wochen ab, und nehmen wir ganz nüchtern die Zahlen des deutschen Automarkts, meine Damen und Herren! Dann stellen wir doch fest, daß wir eine Produktion nach Angaben, die uns das Bundeswirtschaftsministerium in den Ausschüssen zur Verfügung stellte, von 1 903 975 Pkw haben. Davon beträgt der Inlandsabsatz - und ich meine, es sollten auch die Inlandspreise bedacht werden - etwas über 1 Million Wagen, der Auslandsabsatz über 875 000. Ich erwähne die Auslandspreise. Ich bitte Sie ferner, die Lieferfristen zu bedenken bis hin zu den Erscheinungen des Grauen Sofortgeschäfts. Nehmen Sie dann noch die Importzahlen mit 92 228 Wagen - das sind 5 % - hinzu, dann stellen Sie doch ganz deutlich fest, daß wir es hier mit einer Marktverengung zu tun haben, mit einer Marktverengung, die nicht nur die Autobranche angeht; der Wettbewerb geht heute quer durch alle Bereiche. Denken Sie an den Arbeitsmarkt, denken Sie an den Geld- und Kapitalmarkt! Diese schwierigen und diese nachteiligen Auswirkungen müssen wir beseitigen, und wir können es nach herkömmlicher Auffassung nur, wenn wir uns bemühen, das Angebot zu vergrößern. Dazu steht uns die Zollsenkung als wirtschaftspolitisch mögliches und als wirtschaftspolitisch vernünftiges Mittel zur Verfügung. Ich möchte also sagen, weder trotz noch wegen der Ereignisse der letzten Wochen, also ohne Rücksicht auf Lob und Tadel müssen wir hier aus den gegebenen wirtschaftspolitischen Situationen heraus das Richtige tun. Und das Richtige scheint uns zu sein, daß wir diese zollpolitische Maßnahme durchführen. Die CDU/CSU-Fraktion bittet das Hohe Haus, entsprechend dem Bericht des Berichterstatters dieser Verordnung die Zustimmung zu geben. ({2})

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Das Wort hat der Abgeordnete Keller.

Ernst Keller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001078, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem hier schon keine Berichterstattung mehr erfolgt ist, sondern eine Begründung, möchte ich Ihnen den Standpunkt klarstellen, den wir vertreten haben. Staatssekretär-Westrick hat im Außenhandelsausschuß gesagt, ihn habe besonders die starke Kritik der Freien Demokraten an der Preiserhöhung überrascht. Damit hat er eigentlich nur das ausgesprochen, was wir vertreten, daß nämlich Maß gehalten und die Lohn-Preis-Spirale gestoppt werden müsse. Als wir aber diese Vorlage bekamen, mußten wir die Dinge natürlich ohne Groll und Zorn prüfen; denn man soll nicht im Groll und Zorn Gesetze machen, und in der Wirtschaft macht man damit auch keine Geschäfte. Wir stellten fest, daß das volkswirtschaftlich nicht stimmen konnte. Dabei haben wir uns nur an die Argumente unseres verehrten Wirtschaftsministers gehalten, der uns in Hannover und bei jeder Gelegenheit seine Sorgen aufgezeigt hat, daß nämlich der Devisenschwund größer und der Devisenschatten länger wird. Hannover hat uns gezeigt, daß nur unsere Spitzenfabrikate gekauft werden und nicht die breiten Konsumgüter. Wir haben bei unserer Entscheidung untersuchen müssen, welches die größere Sorge ist, und sind zu der Überlegung gekommen, daß die auf Drucksache 410 vorgesehenen Maßnahmen nicht durchführbar sind, sondern ins Leere stoßen. Der Wirtschaftsminister hat im Wirtschaftsausschuß auf Befragen erklärt, er könne nicht zusichern, daß hiermit eine Preisreduzierung beim VW-Werk oder bei anderen Firmen erreicht werde. Wir stellen immerhin fest, daß er sich exakte Gedanken gemacht hat. Wenn man also nur derartig unklare Zusagen machen kann, werden Sie verstehen, daß wir zwar seinem Wunsch, die Staatsraison zu unterstützen, gern folgen möchten, daß wir es aber nur dann können, wenn wir die Gewißheit haben, daß dadurch auch das erreicht wird, was man sich zum Ziel gesetzt hat. Das erscheint uns aber zweifelhaft. Dann heißt es, unsere Firmen seien überbeschäftigt, es bestünde eine Marktenge. Ich mache darauf aufmerksam, daß noch vor kurzem eine Firma von Düsseldorf nach Ingolstadt übergesiedelt ist, die ihre Marken weit billiger verkaufte. Sie verkaufte ihre Marken deshalb weit billiger, weil sie sie nicht mehr loswerden konnte. Kaum, daß sie dort angefangen hat, wird sie schon mit dieser Hypothek belastet. Wir hätten etwas anderes erwartet. Ich habe im Außenhandelsausschuß besonders die Herren aus Bayern dringend darauf hingewiesen, daß sie uns, wenn sie uns als Bundesgenossen haben wollen, nicht etwas vorwerfen sollten, sondern erst einmal feststellen möchten, ob diese Angabe stimmt. Gestern hat der Betriebsratsvorsitzende der Automobilwerke Ingolstadt in einem Telegramm an den Wirtschaftsausschuß nochmals festgestellt, daß man befürchte, unter diesen Umständen nicht mehr konkurrenzfähig zu sein. Darüber ist man hinweggegangen. Ich glaube auch, daß die Regierung hier eine Führungsaufgabe hat. Wodurch kommt es denn zu dem, worauf gerade Sie besonders hinweisen? Wir importieren doch nur 5 % und exportieren 46 % oder fast 50 %. Das muß doch einen Grund haben. Demnach muß unsere Qualität besser sein. Herr Brand von der CDU hat nachgewiesen, daß unsere Autos beim grenzüberschreitenden Verkehr in Frankreich und Italien 45 bis 48 % mehr kosten. Bei den Einfuhren nach Deutschland ergibt sich nur eine 18%ige Belastung. Wenn dennoch mehr ausgeführt wird, muß das doch an der Qualität liegen. Sie können jetzt nicht unseren Bürgern zumuten, billige Autos zu kaufen, die schlechter sind. Denken Sie doch dabei auch an unsere Devisensorgen! Die Leute müssen später wieder Ersatzteile kaufen; sie bekommen dann auch keinen Service. Die Angaben der Regierung, die heute morgen in der Presse gestanden haben, sind nicht zutreffend; das ist mir ausdrücklich bestätigt worden. Wir haben unseren Bürgern auch zu erklären, daß sie bei Simca, Citroen, Renault und Fiat nicht überall den Service finden, der erforderlich ist, um hinterher, wenn sie eine solche Investition gemacht haben, nicht einen Haufen Schrott zu haben. ({0}) - Der Gemeinsame Markt hat bis heute noch keine gemeinsamen Devisen; und solange haben Sie auch kein gemeinsames Geld. Der Herr Wirtschaftsminister hat bei der Energiedebatte unwidersprochen durchgehen lassen, daß wir vielleicht demnächst kein Geld mehr hätten, unsere Kohlenimporte bezahlen zu können. Darauf muß man besonders bei Autos hinweisen. ({1}) - Sie müßten mich kennen. Sie waren in NeheimHüsten bei der Firma Bäume. ({2}) - Darüber können wir uns noch unterhalten. ({3}) Im übrigen ist doch folgendes zu bedenken. Italien und Frankreich machen doch dauernd Schwierigkeiten bei den Berechnungen und bei den sich daraus ergebenden Verzerrungen im grenzüberschreitenden Verkehr. Auch da wird vorgeschrieben, daß nur italienische Reifen verwandt werden dürfen. Im übrigen wird unsere mittelständische Zulieferindustrie hart getroffen. Auch in dieser Frage ist man stets ausgewichen. Wir sind bereit, Sie und Ihre Staatsraison immer zu unterstützen, sind jedoch der Auffassung, daß mit der Vorlage Drucksache IV/410 nichts erreicht wird. Deshalb habe ich zu erklären, daß die Freien Demokraten und ihre Minister gegen die Vorlage Drucksache IV/410 stimmen werden. ({4})

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Das Wort hat der Abgeordnete 'Kurlbaum.

Georg Kurlbaum (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001261, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hatte bereits bei der Beratung des Entschließungsantrags meiner Fraktion auf Umdruck 80 Gelegenheit, unsere Vorstellungen eingehend zu begründen. Ich habe damals erläutert und bewiesen, daß die Erhöhung der Volkswagenpreise, die Haltung des Vorstandes des Volkswagenwerkes und als Folge davon die Serie von Preiserhöhungen nahezu aller großen Hersteller von Personenwagen in der Bundesrepublik im wesentlichen die Folge zweier 'fundamentaler Fehler der Bundesregierung und der beiden Mehrheitsparteien in diesem Hause gewesen ist. Der erste fundamentale Fehler war die übereilte Teilprivatisierung des Volkswagenwerkes. ({0}) Der zweite fundamentale Fehler war, daß die Bundesregierung und die Koalitionsparteien es unterlassen haben, dem Bund einen angemessenen Einfluß auf die Geschäftspolitik eines Unternehmens von so hervorragender volkswirtschaftlicher Bedeutung zu sichern. ({1}) Herr Professor Erhard hat gestern im Wirtschaftsausschuß gesagt: 'Die Bundesregierung darf nicht so erscheinen wie die sieben Zwerge hinter den sieben Bergen. Herr Bundeswirtschaftsminister, ich meine, daß dieser Eindruck sich in der deutschen Öffentlichkeit schon mindestens seit der Zeit gefestigt hat, als Ihr Konzept vom Präsidenten des Bundesverbandes der Industrie Berg im Herbst 1960 vom Tisch gefegt worden ist. Mindestens damals wurde für die deutsche Öffentlichkeit eindeutig klar, daß die Bundesregierung nicht gewillt ist, eine harte Politik auch einmal gegenüber den Mächtigen in der Wirtschaft durchzusetzen. Dazu kommt der 'folgende - leider allgemein verbreitete - Verdacht. Wenn die Erhöhung des Volkswagenpreises nicht ausgerechnet so dicht auf die Fernsehrede des Herrn Bundeswirtschaftsministers gefolgt wäre und wenn nicht .gleichzeitig Herr Präsident Kennedy dem deutschen Volk gezeigt hätte, wie man sich in einer solchen Situation wirksam im Interesse der gesamten Volkswirtschaft durchsetzen kann, 'dann wäre es sehr zweifelhaft gewesen, ob die Bundesregierung und die Mehrheit dieses Hauses von einer Erhöhung der Automobilpreise Überhaupt auf den Plan gerufen worden wären. Es war sehr aufschlußreich, gestern im Wirtschaftsausschuß zu hören, was einzelne Abgeordnete der CDU/CSU-Fraktion zu diesem Problem zu sagen 'hatten. Da wurde z. B. gesagt, es bestehe keine wirtschaftspolitische Notwendigkeit für diese Zollsenkung; der Minister müsse aber in dieser Lage notgedrungen so handeln. Herr Professor Erhard hat selber von einer echten politischen Notlage und davon gesprochen, daß die Bundesregierung so handeln 'müsse, um glaubhaft zu bleiben. Hier entsteht der fatale Eindruck, daß diese ganze Aktion mehr dem Bedürfnis entsprungen ist, das Prestige der Bundesregierung und der Koalitionsparteien im Lichte der Öffentlichkeit zu retten, und nicht dem sachlichen Bedürfnis, hier mal etwas Entscheidendes für den Verbraucher zu tun und den volkswirtschaftlichen Notwendigkeiten gerecht zu werden. ({2}) Meine Damen 'und Herren, wir stellen mit Recht die Frage, warum Sie nicht schon bei zahlreichen anderen 'Gelegenheiten in ähnlichen Situationen unseren Vorschlägen gefolgt sind, sondern sich nur in diesem Falle unserer Unterstützung 'bedient haben. Diese zwielichtige Haltung der Bundesregierung kommt auch noch in einem anderen unerfreulichen Vorgang zum Ausdruck. In der Öffentlichkeit können heute weite 'Kreise 'der Wirtschaft die Meinung vertreten, die Marktwirtschaft legitimiere auch Leitungen von Großunternehmungen mit marktbeherrschendem Einfluß, in erster Linie die Unternehmensinteressen und die Interessen ihrer Besitzer zu vertreten. Sie meinen, daß es erlaubt sei, die volkswirtschaftlichen Notwendigkeiten erst in zweiter Linie und nur, wenn sie sich mit den anderen Interessen verbinden lassen, zu berücksichtigen. Wir halten es für unsere Aufgabe, daß solchen Auffassungen mit aller Schärfe entgegengetreten wird, aber nicht nur mit der Schärfe von Worten, sondern auch mit der Schärfe von Taten. ({3}) Nachdem es der Bundesregierung nicht gelungen ist, die Erhöhung der Preise für den Volkswagen und andere Automobile zu verhindern oder rückgängig zu machen, ({4}) sieht sich die SPD genötigt, nunmehr der Zollsenkung zuzustimmen, (damit eindeutig klargemacht wird - darin sehen wir den Sinn dieser Maßnahme -, daß gesamtwirtschaftliche Interessen unter allen Umständen den Vorrang vor Privatinteressen haben müssen. Auch uns ist bekannt, daß Zollsenkungen Nachteile für begrenzte Gruppen haben können. Das ist eben schon erwähnt worden. Wir glauben jedoch, daß mit der Begrenzung der Zollsenkung auf Wagen mit über 800 ccm Hubraum den berechtigten Interessen im Rahmen des Möglichen, im Rahmen dessen, was für die Gesamtwirtschaft geschehen muß, ausreichend Genüge getan ist. Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion hat sofort nach Erhöhung der Volkswagenpreise zollpolitische Maßnahmen verlangt. Damit bewegen wir uns eindeutig 'auf einer wirtschaftspolitischen Grundlinie, die wir schon seit Jahren in diesem Bundestag vertreten haben. Diese allgemeine wirtschaftspolitische Grundlinie bedeutet, daß es Aufgabe einer aktiven Wirtschaftspolitik von Bundesregierung und Bundestag sein müßte, erstens dafür Sorge zu tragen, daß der technische Fortschritt und die mit steigenden Produktionsziffern zwangsläufig verbundenen Rationalisierungsvorteile, die 'vor allen Dingen bei den Großunternehmen anfallen, bevorzugt den Verbrauchern zugute kommen müssen. Zweitens. Die Periode, in der der Ausbau von Produktionsanlagen im wesentlichen über den Preis vom Verbraucher bezahlt wird, die Periode, in der sich die Vermögen fast ausschließlich bei den bisherigen Besitzern der großen Unternehmen 'bilden, muß endgültig ein Ende finden. Der Meinung weiter Unternehmerkreise, man könne bei dem bisherigen Verfahren 'der überwiegenden Selbstfinanzierung über die Preise bleiben, muß energisch entgegengetreten werden. Drittens. Die Kaufkraft der (D-Mark kann bei steigenden Löhnen nur erhalten werden, wenn die unvermeidlichen Preissteigerungen in Wirtschaftsbereichen mit langsamem Produktivitäts-Fortschritt - ich denke dabei z. B. an Kohle, an die Ernährungswirtschaft, an die Dienstleistungen - auch durch Preissenkungen in den Wirtschaftsbereichen mit den besten Chancen für schnelle Produktivitätssteigerungen ausgeglichen wird. Wenn dieses Programm nicht konsequent durchgeführt wird, ist eine Erhaltung der Kaufkraft der D-Mark auch in Zukunft nicht möglich. Es ist daher völlig klar, daß die 'bisherige Politik der vorherrschenden Selbstfinanzierung mit den Bedürfnissen der Stabilisierung der Kaufkraft der D-Mark nicht in Einklang gebracht wenden kann. Ich wiederhole, es geht hier nicht etwa allein um die Volkswagenpreise, wie man den Diskussionsbeiträgen der bisherigen Redner entnehmen könnte, es geht auch nicht allein um die Preise der Automobilindustrie, sondern es geht - und darauf legen wir entscheidenden Wert - um die Durchsetzung einer Wirtschaftspolitik, die die Interessen der Verbraucher, die Interessen der Sparer und die Interessen der bisher Vermögenslosen stärker in den Vordergrund stellt als bisher. Hier gilt es, bisher Versäumtes nachzuholen. Der Herr Bundeswirtschaftsminister hat gestern im Wirtschaftsausschuß zugegeben, daß der Bundesregierung das hier angewandte Instrument der Zollsenkung auf längere Sicht nicht mehr zur Verfügung stehen werde, weil es mit der Zeit hundertprozentig in den Verantwortungsbereich der EWG-Organe übergehen werde. Wir fragen die Bundesregierung auch bei dieser Gelegenheit wieder: Ist die Bundesregierung endlich bereit, dem Bundestag Vorschläge darüber zu unterbreiten, wie sie in Zukunft die Konjunktur durch wirksame Maßnahmen rechtzeitig beeinflussen will, wie sie einen weiteren Kaufkraftschwund in den Griff bekommen will und wie sie Konjunkturrückschläge rechtzeitig verhindern will, und zwar solange das Instrumentarium und die Organe der EWG für diesen Zweck noch nicht verfügbar sind? Die Diskussion über die Automobilpreise und über die konjunkturelle Entwicklung hat weiter klargemacht, daß der vorliegende Aktienrechts-Reformvorschlag und das bestehende Kartellgesetz unzureichend sind. Wir beklagen bei dieser Gelegenheit noch einmal, daß die Langsamkeit und Zaghaftigkeit von Bundesregierung und Mehrheit des Parlaments bei den notwendigen Reformen immer wieder zum Ausdruck kommt. Aber wir geben die Hoffnung nicht auf, daß die Bundesregierung und die Koalitionsparteien nun aus dieser bitteren Erfahrung vor den Augen der Öffentlichkeit die Lehre ziehen, daß nicht nur in diesem Fall kurzfristig etwas für den Augenblick geschehen muß, sondern daß ein Bündel von Maßnahmen entwickelt werden muß, damit in Zukunft den Problemen rechtzeitig Rechnung getragen werden kann. Die SPD wird auch in Zukunft ihre Aufgabe darin sehen, auf dem Gebiet der Wirtschaftspolitik ein ständiger Mahner von Bundesregierung und Parlamentsmehrheit zu bleiben. ({5})

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Das Wort hat der Herr Bundesminister für Wirtschaft.

Dr. Ludwig Erhard (Minister:in)

Politiker ID: 11000486

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Daß ich für die Vorlage eintrete, brauche ich wohl nicht besonders zu betonen. Ich darf aber doch einige Bemerkungen zu den Ausführungen des Sprechers der FDP wie der SPD machen. Es ist unbestreitbar, daß die Zollsenkung ein legitimes Mittel der Wirtschaftspolitik ist. Ich brauche kein Wort darüber zu verlieren, daß allé gegenteiligen Äußerungen und Behauptungen außerordentlich fadenscheinig und unwahrhaftig in sich selbst sind. ({0}) Ich darf weiter sagen, daß die Zollsenkung für Automobile nicht etwa ein auf die Automobilindustrie gezielter Racheakt sein soll. Ein solches Gefühl liegt mir völlig fern. Es handelt sich, wie schon Kollege Schmücker sagte, nicht um eine Strafaktion oder dergleichen mehr, sondern um eine nüchtern überlegte Maßnahme. Ich darf daran erinnern, daß bei der Einbringung der SPD-Vorlage Staatssekretär Westrick wohl von allen Sprechern am ruhigsten reagiert hat - ein Beweis dafür, daß wir nicht aus einer emotionalen Wallung heraus für die Zollsenkung eingetreten sind, sondern aus wohlbedachten wirtschaftspolitischen - ja und auch staatspolitischen Gründen. ({1}) Wenn Sie mit mir alle der Meinung sind, daß die deutsche Wirtschaft in gefährliche Bahnen gedrängt werden könnte, daß unsere Wettbewerbsfähigkeit immer mehr ins Schwanken gerät oder jedenfalls geschmälert wird, dann ist es doch eigentlich eine merkwürdige Reaktion, die Preise zu erhöhen; denn im allgemeinen wird die Wettbewerbskraft durch Preiserhöhungen nicht gestärkt, sondern noch einmal geschwächt. Wir stehen doch in einer Situation, in der wir endlich einmal - wir werden uns zum Beispiel beim Gutachtergremium darüber zu unterhalten haben - dafür Sorge tragen müssen, daß bei der Verobjektivierung der Tatbestände alle Gruppen und Schichten unseres Volkes zusammenwirken, um einem gefährlichen Treiben ein Ende zu bereiten, damit die Stabilität der Wirtschaft, die Erhaltung der inneren Kaufkraft unseres Geldes gewährleistet werden kann. ({2}) Das ist die eigentliche Sorge. Wenn wir jetzt die Zölle für Automobile senken, dann soll sich damit nicht nur die Automobilindustrie angesprochen fühlen, sondern auch alle diejenigen, die vielleicht glauben - ungerechtfertigterweise -, nur weil der Markt es hergibt, ihre Preise erhöhen zu können. Auf solche Weise eben wird die Wettbewerbskraft zum Schaden aller Bevölkerungskreise immer stärker geschmälert. Im übrigen - zur FDP gewandt - muß ich Herrn Keller doch einiges antworten. Er sagte, wir könnten doch unseren Bürgern nicht zumuten - wie er meinte -, schlechtere ausländische Automobile zu kaufen. Wir muten es ihnen nicht zu, wir stellen es ihnen frei; das ist das Wesen der Marktwirtschaft. Immerhin, wenn zum Beispiel bei einer Wagenklasse Vizekanzler Dr. Dr. h. c. Erhard mit einem Preis von 5000 DM wie beim Volkswagenwerk auf der einen Seite 250 DM zugelegt werden und ein anderer, ausländischer Wagen 250 DM billiger wird, dann beträgt die Differenz 500 und nicht 250 DM. Dann wird die Sache schon interessanter, und das soll ja auch der Fall sein. Ich habe die Zollmaßnahme möglichst schnell nach der Erhöhung durchführen wollen. Das Kabinett war aber der Meinung, man solle doch noch einmal den Versuch machen, mit der Automobilindustrie zu reden. Nun, in der Zwischenzeit ist genug geredet worden. ({3}) Die Zollmaßnahme war sogar der besondere Wunsch der FDP. Ich lese in dem Organ „Das freie Wort" vom 2. Mai - und das ist doch immerhin etwas überraschend nach der heutigen Aussage -: Wenn die Automobilindustrie nicht den Willen zeigt, tatkräftig mit dem Parlament und der Regierung zusammenzuarbeiten, um die Kaufkraft der D-Mark zu stabilisieren, dann muß sie sich auch gefallen lassen, dem freien Wettbewerb mehr als bisher ausgesetzt zu sein. Eine Senkung der Automobilzölle wäre jetzt ein brauchbares Mittel dafür. ({4}) Nun zum Kollegen Kurlbaum. Herr Kurlbaum, bei Ihnen sind auch einige falsche Töne angeklungen, wenn Sie glauben, unsere Haltung zur Zollsenkung sei von einem Prestigedenken erfüllt gewesen. ({5}) Ich lehne es für meine Person ab, das Ringen um die Stabilität unserer Wirtschaft schließlich noch auf eine letzte Formel zu bringen: Duell zwischen Herrn Nordhoff und mir. Herr Nordhoff steht auf einer anderen Ebene als ich. Ich vertrete hier den Staat und die Interessen der deutschen Bürger. ({6}) Weiß Gott, ich denke an den Verbraucher; ich habe es oft genug bewiesen. Denken Sie nur an die konjunkturpolitischen Zollsenkungen! Warum haben wir das alles veranstaltet? Doch um sicherzustellen, daß über den verstärkten Wettbewerb ein Preisdruck wirksam wird, der dem Verbraucher zugute kommt.({7}) - Ich will gar nicht polemisieren. - Die Zollpolitik hat sich als eine wirksame Maßnahme erwiesen. Ich darf Ihnen also aus den verschiedensten Gründen empfehlen, nicht nur mit dem Blick auf die Automobilindustrie, sondern aus allgemeinen, volkswirtschaftlichen, staatspolitischen und sozialen Gründen dieser Vorlage zuzustimmen. ({8})

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung. Das Wort zur Abstimmung hat Herr Abgeordneter Dorn.

Wolfram Dorn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000409, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hiermit beantrage ich nach § 49 der Geschäftsordnung, die Beschlußfähigkeit des Hauses festzustellen. Entsprechend den Bestimmungen der Geschäftsordnung wird dieser Antrag von fünf Abgeordneten der FDP-Fraktion - Ramms, Dr. Emde, Dr. Hoven, Dr. Supf und Kubitza - unterstützt. ({0})

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Die Beschlußfähigkeit ist nach der Geschäftsordnung wirksam angezweifelt worden. Wir müssen nach § 50 verfahren. Das heißt, wir verbinden mit der sachlichen Abstimmung über die Drucksache IV/412 die Zählung der Stimmen. Ich rufe die Drucksache IV/412 zur Abstimmung auf. Gegenstand der Abstimmung ist die Zustimmung des Hauses zu dem Verordnungsentwurf entsprechend dem Vorschlag des Ausschusses. Wer dem Verordnungsentwurf zustimmt, stimmt mit ja, andernfalls mit nein. - Zur Klarstellung: Zunächst Abstimmung über IV/412, das ist die Änderung des Deutschen Zolltarifs 1962 ({0}) ; mit der Abstimmung darüber wird die Auszählung verbunden. -Meine Damen und Herren, es haben insgesamt 166 Mitglieder abgestimmt. Das Haus ist somit nicht beschlußfähig. Ich hebe die Sitzung auf und berufe die nächste Sitzung auf Dienstag, den 22. Mai, 14 Uhr.