Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 7/2/1965

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Die Sitzung ist eröffnet. Meine Damen und Herren, die heutige Tagesordnung soll um folgende Zusatzpunkte ergänzt werden: Beratung des Mündlichen Berichts des Aus-. schusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes ({0}) zu dem Gesetz zur Änderung des Saatgutgesetzes ({1}) ; Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes ({2}) zu dem Gesetz über die Werbung auf dem Gebiete des Heilwesens ({3}); Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes ({4}) zu dem Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte ({5}) ({6}); Beratung der Sammelübersicht 48 des Ausschusses für Petitionen ({7}) über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages zu Petitionen ({8}) ; Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für wirtschaftlichen Besitz des Bundes ({9}) über den Antrag des Bundesschatzministers betr. Zustimmung des Deutschen Bundestages gemäß § 47 Abs. 3 der Reichshaushaltsordnung zur Veräußerung weiterer Aktien der Vereinigten Elektrizitäts- und Bergwerks-Aktiengesellschaft ({10}) ({11}). Ich nehme an, daß das Haus mit dieser Ergänzung einverstanden ist. - Das ist der Fall. Das Wort zur Geschäftsordnung hat der Abgeordnete Rasner.

Will Rasner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001777, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident, ich bitte außerdem die zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiete der deutschen Filmwirtschaft - Drucksache IV/3486 - auf die Tagesordnung zu setzen. Der Entwurf ist plenarreif behandelt. Ich bitte, ihn heute zu verabschieden.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Wird dazu das Wort gewünscht? - Herr Abgeordneter Dorn hat das Wort.

Wolfram Dorn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000409, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Namens meiner Fraktion erhebe ich gemäß § 80 der Geschäftsordnung Fristeinrede gegen die zweite und dritte Beratung dieses Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiet der deutschen Filmwirtschaft.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Dieser Einrede muß nach der Sachlage stattgegeben werden. Wenn Sie einverstanden sind, werde ich die Tagesordnung wie folgt abwickeln: zunächst Fragestunde, dann die Beratung der Mündlichen Berichte des Vermittlungsausschusses, dann die Beratung der Sammelübersicht 48 des Ausschusses für Petitionen, dann Fortsetzung der Beratung des Punktes 66 der Tagesordnung - Änderung des Mutterschutzgesetzes -, die wir gestern abgebrochen haben, sodann die Beratung des Antrags des Bundesschatzministers auf Veräußerung weiterer Aktien der VEBA und schließlich Beratung des Berichts über die Lage der Jugend und über die Bestrebungen auf dem Gebiet der Jugendhilfe. Punkt 6 der Tagesordnung - Große Anfrage der SPD betreffend Deutschlandfunk - ist nacheiner interfraktionellen Vereinbarung abgesetzt. Folgende amtliche Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen: Im Vermittlungsausschuß sind folgende Gesetze in der vom Bundestag beschlossenen Fassung bestätigt worden: Gesetz zur Änderung des Länderfinanzausgleichsgesetzes 1961 Zweites Gesetz zur Änderung des Bundesentschädigungsgesetzes ({0}). Die Schreiben des Vermittlungsausschusses werden als Drucksachen IV/3713 und IV/3714 verteilt. Der Bundesminister für Gesundheitswesen hat am 28. Juni 1965 unter Bezug auf den Beschluß des Bundestages vom 24. Juni 1964 einen Bericht über die Gesundheitsgefährdung durch Schädlingsbekämpfungsmittel vorgelegt, der als Drucksache IV/3708 verteilt wird. Die Bundesregierung hat folgende Vorlagen der Kommission der EWG vorgelegt: Verordnung des Rats zur Änderung des Artikels 3 der Verordnung Nr. 47/64/EWG betreffend die Definition der Erzeugnisse, auf welche die Koeffizienten für Vorderviertel und für Hinterviertel anzuwenden sind - Drucksache IV/3717 Richtlinie des Rats über Konfitüren, Marmeladen, Gelees und Maronenkrem - Drucksache IV/3718 -. Vizepräsident Dr. Dehler Wir beginnen mit Punkt 2: Fragestunde ({1}). Zunächst die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts. Ich rufe die Frage V/1 - des Herrn Abgeordneten Rollmann - auf: In welcher Weise beabsichtigt die Bundesregierung der immer noch anhaltenden Diskriminierung der deutschen Flagge durch die Regierung von Uruguay entgegenzutreten?

Not found (Staatssekretär:in)

Die Bundesregierung hat unter dem Eindruck des uruguayischen Flaggenprotektionismus und seiner schädlichen Auswirkungen auf die Interessen der deutschen Linienschiffahrt durch die sechste Änderung der Außenwirtschaftsverordnung vom 6. März 1965 die Möglichkeit von Gegenmaßnahmen geschaffen. Sie hat zugleich Gespräche zwischen Vertretern der deutschen und der uruguayischen Reedereien mit dem Ziel angeregt, zu einer den beiderseitigen Interessen gerecht werdenden Lösung zu gelangen. Derartige Gespräche haben, soweit der Bundesregierung bekannt, noch nicht begonnen. Die Bundesregierung wird diese Kontakte fördern und ihre weiteren Schritte zum Schutze der deutschen Schiffahrtsinteressen vom Ausgang der Gespräche abhängig machen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Rollmann.

Dietrich Wilhelm Rollmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001878, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung bekannt, daß deutsche Reedereien, die seit 80 Jahren einen regelmäßigen Liniendienst nach Uruguay unterhalten, vor der Frage stehen, ob sie wegen dieser Flaggendiskriminierung, die andauert, möglicherweise ihren Liniendienst nach Uruguay einstellen müssen?

Not found (Staatssekretär:in)

Ja, Herr Abgeordneter, der Ernst der Lage ist uns durchaus bekannt, und wir widmen ihr unsere volle Aufmerksamkeit.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine weitere Frage, Herr Abgeordneter Rollmann.

Dietrich Wilhelm Rollmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001878, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ist die Bundesregierung, wenn alle Verhandlungen zu keinem Erfolg führen, gegebenenfalls bereit, den sogenannten Oberzolltarif in Anwendung zu bringen, um auf diese Weise die Regierung von Uruguay dazu zu zwingen, der Diskriminierung der deutschen Flagge ein Ende zu bereiten?

Not found (Staatssekretär:in)

Diese Frage, Herr Abgeordneter, wird sich uns dann in der Tat stellen. Wie wir sie beantworten werden, läßt sich heute noch nicht präzise sagen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Dann rufe ich auf die Frage V/2 - des Herrn Abgeordneten Ertl -: Treffen Nachrichten zu, wonach es durch das in Paris von Staatssekretär Lahr und Herrn Wormser geführte und streng vertraulich behandelte Gespräch zu einer nahezu vollständigen Übereinstimmung zwischen der französischen Regierung und der Bundesregierung über die Verlängerung der Finanzregelung bei der gemeinsamen Agrarpolitik gekommen sein soll?

Not found (Staatssekretär:in)

Bereits bei den Gesprächen, die anläßlich des Besuches des französischen Staatspräsidenten in Bonn vom 11. und 12. Juni über die Fortsetzung der Finanzregelung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und die damit zusammenhängenden Fragen stattgefunden hatten, hatte sich eine erfreuliche Übereinstimmung in wesentlichen Punkten ergeben. Mit dem Gespräch, das ich am 22. Juni mit dem Generaldirektor für Wirtschaftsangelegenheiten im Quai d'Orsay, Herrn Wormser, geführt habe, ist diese Annäherung weiter fortgeschritten, so daß in der Tat eine weitgehende Übereinstimmung zwischen den Auffassungen der beiden Regierungen hergestellt wurde.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ertl.

Josef Ertl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000493, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, von wem ging die Initiative zu Ihrem Gespräch aus?

Not found (Staatssekretär:in)

Beim Abschluß der Gespräche zwischen dem Herrn Bundeskanzler und dem französischen Staatschef wurde zwischen den beiden Persönlichkeiten abgesprochen, daß die Fragen, die in Schloß Ernich nicht zu Ende erörtert werden konnten, zwischen einem deutschen Staatssekretär und einem französischen Beamten in der darauf folgenden Woche in Paris wiederaufgenommen werden sollten.

Josef Ertl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000493, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß die anderen Partner der EWG diese Gespräche oft sehr mißtrauisch verfolgen, und wie erklären Sie sich, daß nun auf Grund Ihrer großen Übereinstimmung doch die Verhandlungen in Brüssel gescheitert sind?

Not found (Staatssekretär:in)

Wenn unsere Partner solche Gespräche mit Mißtrauen verfolgen sollten, ,so könnte ich nur sagen, sie würden damit eine falsche Einstellung zeigen; denn es kann nur nützlich sein, wenn die multilateralen Gespräche in Brüssel durch bilaterale Kontakte vorbereitet werden. Diese bilateralen Kontakte bleiben ja im übrigen keineswegs auf das deutschfranzösische Verhältnis beschränkt.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Sänger.

Fritz Sänger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001914, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, können Sie etwas dazu sagen, ob nach dem Ergebnis Ihrer Besprechungen die unbedingte Einhaltung des Termins des 30. Juni Voraussetzung des endgültigen Erfolges gewesen wäre?

Not found (Staatssekretär:in)

Wir waren davon ausgegangen, daß man, wenn es nicht gelingen sollte, bis zum 30. Juni sich über alle Fragen in Brüssel zu einigen, über diesen Termin hinaus weiter verhandeln würde, wie das der bisherigen Praxis der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft entsprach.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine weitere Zusatzfrage.

Fritz Sänger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001914, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Darf ich Ihre Antwort so verstehen, daß mit einiger Geduld über den 30. Juni hinaus ein größerer Erfolg erzielbar gewesen wäre?

Not found (Staatssekretär:in)

Dieser Auffassung bin ich.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Ich rufe auf die Frage V/3 - des Herrn Abgeordneten Felder -: Teilt das Auswärtige Amt die positive Empfehlung der Kultusministerkonferenz, daß die Auslandstätigkeit einer deutschen Lehrkraft grundsätzlich bis zu fünf Jahren verlängert werden sollte?

Not found (Staatssekretär:in)

Der Beschluß der Kultusministerkonferenz vom 4. Februar 1965, dem Auswärtigen Amt und den zuständigen innerdeutschen Dienstbehörden zu empfehlen, in der Regel einer Verlängerung der dreijährigen Dienstverträge der deutschen Lehrer mit den Schulträgern im Ausland auf fünf Jahre und in besonders begründeten Fällen darüber hinaus zuzustimmen, unterstützt eine bereits seit längerer Zeit vom Auswärtigen Amt und den innerdeutschen Dienstherren der Lehrer geübte Praxis. Das Auswärtige Amt begrüßt diese Regelung, damit die in der notwendigen Einarbeitungszeit erworbenen Landeserfahrungen der Lehrer der Auslandsschule so lange wie möglich zugute kommen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine Zusatzfrage!

Josef Felder (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000528, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, wären Sie bereit, mir eine schriftliche Aufstellung darüber zuzuleiten, wie sich die Lehrer auf die einzelnen Länder verteilen und wie die Anforderungen gegenwärtig sind?

Not found (Staatssekretär:in)

Jawohl, Herr Abgeordneter

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Ich rufe die Frage V/4 - des Herrn Abgeordneten Felder - auf: Sieht die Bundesregierung für den Etat 1965 die Einstellung der erforderlichen Summe für die dringend notwendige umfassende Reparatur der Turnhalle bei der deutschen Schule in Istanbul vor? Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Staatssekretärs Dr. Carstens vom 29. Juni 1965 lautet: Das Auswärtige Amt hat in seinem Entwurf des Bewirtschaftungsplanes des Auslandsschulfonds ({0}) für das Rechnungsjahr 1966 Mittel für die erste Baurate des Neubaues der Turnhalle der Deutschen Schule in Instanbul in Höhe von DM 200 000,- veranschlagt, nachdem der Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages das Vorhaben als solches in Form eines Leertitels im Bewirtschaftungsplan für das Jahr 1965 genehmigt hatte. Es besteht zwischen den beteiligten Stellen somit Einvernehmen darüber, daß ein Turnhallenneubau baldmöglichst durchgeführt werden soll. Um ein abschließendes Urteil über die erforderlichen Gesamtkosten zu ermöglichen, hat der Herr Bundesschatzminister die Bundesbaudirektion Berlin beauftragt, umgehend einen Bausachverständigen für die notwendigen Ermittlungen an Ort und Stelle zu entsenden. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär. Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern. Ich rufe auf die Fragen VI/1 und VI/2 - des Herrn Abgeordneten Schultz -: Hält es die Bundesregierung für gerechtfertigt, die Zahlung von Trennungsentschädigung durch eine mehr oder weniger willkürliche Festlegung von sog. Einzugsgebieten von Dienstorten zu umgehen? Betrachtet die Bundesregierung es als mit ihrer Dienstherrnpflicht für vereinbar, selbst dann, wenn ein im sog. Einzugsgebiet wohnhafter Betroffener aus dienstlichen Gründen auf die Benutzung eines eigenen Kraftfahrzeuges angewiesen ist, lediglich einen Zuschuß für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel zu gewähren? Der Fragesteller ist nicht anwesend. Werden die Fragen übernommen? - Das ist nicht der Fall; dann werden sie schriftlich beantwortet. Ich komme zu den Fragen des Herrn Abgeordneten Strohmayr.

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Ich bitte um Ihr Einverständnis, daß ich die Fragen 3, 4, 5 und 9 zusammen beantworte, weil sie in einem Sachzusammenhang stehen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Ich rufe auf die Fragen VI/3, VI/4 und VI/5 - des Herrn Abgeordneten Strohmayr -: Wie hat sich die Zahl der Überfälle auf Banken und Sparkassen in den letzten Jahren entwickelt? Welche Stellungnahmen haben die Bundesressorts zu der Vorlage des Hamburger Polizeipräsidenten Dr. Frenzel abgegeben, die den Einbau von Schutzvorrichtungen an Bargeldschaltern zur Pflicht machen sollen? Bis wann kann mit der Vorlage eines Gesetzentwurfs über einen verstärkten Schutz der Banken und Sparkassen, auch unter dem Gesichtspunkt des Arbeitsschutzes, gerechnet werden? Ich rufe weiter auf die Frage VI/9 - des Herrn Abgeordneten Ertl -: Welche rechtlichen Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, um die Voraussetzungen zu schaffen für bessere Sicherheitsvorkehrungen an Geldschaltern zum Schutz der Kassenbeamten gegen Raubüberfälle?

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Die Zahl der jährlichen Raubüberfälle auf Banken und Sparkassen ist von 33 Überfällen im Bundesgebiet im Jahre 1960 auf 176 im Jahre 1964 gestiegen. Dabei muß aber berücksichtigt werden, daß die Zahl .der Zweigstellen von Kreditinstituten ebenfalls wesentlich gestiegen ist, nämlich seit 1959 um 6689. Zur Frage 4: Der Hamburger Polizeipräsident Dr. Frenzel hat keine Vorlage gefertigt. Er hat sich lediglich bei Gelegenheit einer Zusammenkunft von Pressevertretern für den Einbau von schutzsicheren Glastrennwänden in Kreditinstituten ausgesprochen. Zu dieser Äußerung war eine Stellungnahme der Bundesressorts nicht veranlaßt. Zu den Fragen 5 und 9 darf ich folgendes bemerken: 1. Es ist zunächst Sache der Kreditinstitute, selbst für den Schutz ihres Personals und ihrer Vermögenswerte zu sorgen. 2. Dessen ungeachtet hat die Verwaltungsberufsgenossenschaft eine Unfallverhütungsvorschrift entworfen, durch die den Kreditinstituten umfangreiche bauliche und technische Sicherungsmaßnahmen zur Pflicht gemacht werden sollen. Die Verbindlichkeitserklärung steht bevor. Eine gesetzliche Regelung plant die Bundesregierung nicht.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Strohmayr.

Alois Strohmayr (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002275, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Bundesminister, glauben Sie nicht, daß es mit Rücksicht darauf, daß die Überfälle auf Sparkassen und Banken, vor .allem auf Sparkassen, erheblich zugenommen haben, dennoch notwendig wäre, von seiten der Regierung eine gesetzliche Regelung zu treffen?

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Ich bin davon überzeugt, daß die Unfallverhütungsvorschrift ausreichen wird.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine weitere Frage!

Alois Strohmayr (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002275, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Bundesminister, ich frage Sie: Ist die Gewähr gegeben, daß die Unfallversicherungen bei der Abfassung einer entsprechenden Verordnung auch wirklich so vorgehen werden, daß die Kassenbeamten geschützt sind?

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Ich habe keinen Zweifel daran, daß gerade Sparkassen und Banken durchaus in der Lage sind, Vorkehrungen zu treffen, die sowohl die persönliche als auch die sachliche Seite abdecken.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Ich rufe auf die Frage VI/6 - des Herrn Abgeordneten Sänger -: Ist der nach bisher unwiderrufenen und nicht dementierten Pressemeldungen von der Landesregierung in Schleswig-Holstein entwickelte Plan einer Evakuierung von Teilen des Landes nach Nordjütland im Einvernehmen oder mit Wissen der Bundesregierung entworfen worden? Höcherl Bundesminister des Innern: Ich bitte die beiden Fragen zusammen beantworten zu dürfen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Dann rufe ich ferner auf die Frage VI/7 - des Herrn Abgeordneten Sänger -: Ist der in Frage VI/6 genannte Plan mit der dänischen Regierung erörtert worden?

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Es besteht kein Plan zur Evakuierung von Teilen des Landes Schleswig-Holstein nach Nordjütland. Die Bundesregierung bekennt sich wie alle NATO-Staaten zum Grundsatz des stay at home. Die Landesregierung von Schleswig-Holstein hat mir bestätigt, daß sie auch keinen derartigen Evakuierungsplan ausgearbeitet hat.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Herr Abgeordneter Sänger, eine Zusatzfrage.

Fritz Sänger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001914, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Daraus ist also zu entnehmen, Herr Bundesminister, daß der NATO-Beschluß „stay at home" vorhanden ist und von der Bundesregierung gebilligt wird?

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Jawohl.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine weitere Frage.

Fritz Sänger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001914, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Darf ich zweitens die Frage stellen, Herr Bundesminister, ob es richtig ist, daß von Ihrem Haus vor einigen Monaten - wenn ich mich recht erinnere - die Erklärung in gleichem Sinne wie jetzt eben abgegeben wurde, es gebe keinen Plan dieser Art?

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Jawohl.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine weitere Frage, bitte!

Fritz Sänger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001914, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Wie kommt es dann, daß der Landesinnenminister von Schleswig-Holstein eine so ausführliche Darlegung eines solchen Planes mit dem dänischen Außenminister besprochen hat?

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Nach meiner Information handelte es sich um ein gelegentliches Gespräch anläßlich eines dänischen Besuchs bei der Landesregierung in Schleswig-Holstein. Es wurde keine Vereinbarung getroffen. Dafür wäre Schleswig-Holstein auch gar nicht zuständig. Es wurden vielmehr Überlegungen angestellt, was bei spontanen Vorgängen vielleicht zu tun wäre.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine letzte Frage, bitte!

Fritz Sänger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001914, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich muß mich zunächst korrigeren; ich meinte vorhin nicht den dänischen Außenminister, sondern den Herrn dänischen Ministerpräsidenten. Ich darf aber eine letzte Frage stellen, Herr Bundesminister: Wie ist es dann zu verstehen, daß dieses Gespräch, wie Sie es eben bezeichneten, in Dänemark eine solche Erregung und ein solches Aufsehen hervorgerufen hat?

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Ich kenne die Erregung in Dänemark nicht, und ich kann mir auch gar nicht vorstellen, daß eine solche Erregung berechtigterweise entstanden ist.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Ich rufe dann die Frage VI/8 - des Abgeordneten Matthöfer - auf: Verläuft die Entwicklung der durchschnittlichen Lebenserwartung bei Frauen, die überwiegend berufstätig sind, anders als bei Frauen, die keiner Berufsarbeit nachgehen? Bitte, Herr Minister!

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Die Frage kann ich leider nicht beantworten, da ausreichende statistische Unterlagen noch nicht vorliegen. Sie werden im Jahre 1966 beim Statistischen Bundesamt erarbeitet, und dann kann eine Antwort gegeben werden.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Keine Zusatzfrage. - Dann kommen wir zur Frage VI/10 - des Herrn Abgeordneten Josten -: Ist die Bundesregierung bereit, auf die Fernsehanstalten einzuwirken, damit die Fernsehsendungen an Wochenenden und an den gesetzlichen sowie kirchlichen Feiertagen jugendfrei bzw. für alle geeignet sind?

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Die Fernsehsendungen werden von Rundfunkanstalten des Landesrechts und der durch Staatsvertrag der Länder errichteten Anstalt „Zweites Deutsches Fernsehen" veranstaltet. Vorschriften oder Richtlinien für die Programmgestaltung beruhen auf Landesrecht. Die Bundesregierung kann auf ihren Inhalt nicht einwirken. Sie ist aber bereit, Ihre Anregung an die Rundfunkanstalten weiterzuleiten.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine Zusatzfrage.

Johann Peter Josten (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001034, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Minister, wären Sie bereit, bei dieser Gelegenheit darauf hinzuweisen, daß man in Frankreich auf diesem Gebiet schon gute Erfahrungen gemacht hat und daß der Verwaltungsrat des dortigen staatlichen Fernsehens in dieser Richtung auch Maßnahmen getroffen hat?

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Ja, man könnte das erwähnen. Ich kann bloß den Unterschied zwischen Werktag und Sonntag nicht einsehen. Ich glaube, daß jugendgefährdende Sendungen zur ungünstigen Zeit sowohl am Werktag wie am Sonntag unerwünscht sind. Aber ich bin gern bereit, das noch zu erwähnen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine weitere Frage, Herr Abgeordneter Josten.

Johann Peter Josten (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001034, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Minister, sind Sie nicht doch der Meinung, daß gerade am Wochenende die Familien beim Fernsehen zusammen sind und daß es daher im Interesse der Familien liegt, daß die Sendungen des Fernsehens gerade am Wochenende sowie an gesetzlichen und kirchlichen Feiertagen jugendfrei sind?

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Ich bejahe das sowohl für Feiertage als auch für Werktage.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Fragen VI/11 und VI/12 - des Abgeordneten Porzner -: Was wird die Bundesregierung tun, um den Kindern zu helfen, die durch körperliche Mißbildungen, insbesondere durch Contergen-Schäden, in ihrer Entwicklung behindert sind? Hält die Bundesregierung die Vorsorge für angemessene Erziehungsmöglichkeiten körperbeschädigter Kinder für eine Angelegenheit der Länder?

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Die Bundesregierung wird wie bisher auch in Zukunft Haushaltsmittel für die Entwicklung und Erprobung technischer Hilfen sowie für die Erweiterung von Fachkliniken und anderen Einrichtungen zur Verfügung stellen. In den Jahren 1962 bis 1964 wurden für diese Zwecke etwa 5 Millionen DM vom Bund ausgegeben. Für 1965 sind 2 Millionen DM bereitgestellt; der gleiche Betrag ist für 1966 vorgesehen. Bei diesen Mitteln handelt es sich um ergänzende Beträge, die die Bundesregierung angesichts der gehäuft aufgetretenen Fälle von Gliedmaßenfehlbildungen ibereitgestellt hat, um die Bemühungen der Länder, der Kommunen und der Verbände der freien Wohlfahrtspflege um eine ausreichende Hilfe für die behinderten Kinder wirksam zu unterstützen. Die Vorsorge für angemessene Erziehungsmöglichkeiten für körperlich behinderte Kinder ist Angelegenheit der Länder. Gleichwohl ist die Bundesregierung auch hier bemüht, die Entwicklung zu fördern. Insbesondere werden Zuwendungen für die Weiterentwicklung heilpädagogischer Methoden, die für das Sonderschulwesen von Bedeutung sind, sowie für Modelle und bundesweite Einrichtungen verschiedener Art gewährt. Daneben wird immer wieder Gelegenheit genommen, gemeinsam mit den zuständigen Länderressorts nach Wegen einer Verbesserung der Erziehungsmöglichkeiten für die behinderten Kinder zu suchen. Schließlich stellt die Bundesregierung nicht unerhebliche Mittel für die Aufklärung zur Verfügung, um auch auf diese Weise in der Öffentlichkeit Verständnis für die besondere Situation der Behinderten zu wecken.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Keine weitere Frage. Dann die Frage des Herrn Abgeordneten Dr. Dittrich aus der Drucksache IV/3689: Bestehen Möglichkeiten, den durch das Hochwasser der Donau und ihrer Nebenflüsse Geschädigten aus EWG-Mitteln schnelle und wirksame Hilfe zu gewähren?

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft hat lediglich einen Verwaltungshaushalt. In ihm sind keine Haushaltsansätze vorgesehen, die Ausgaben zum Ausgleich von Hochwasserschäden zulassen. Für die Hilfe in Notfällen im Bereich der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft müssen - wie schon in den Fällen der Flutkatastrophe in Hamburg und in den Niederlanden - die Mitgliedstaaten ,selbst aufkommen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Dittrich.

Dr. Stefan Dittrich (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000393, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Würden Sie es, Herr Bundesminister, nicht für angezeigt halten, vorstellig zu werden, damit bei außerordentlichen Schäden, bei Schicksalsschlägen eine gewisse solidarische Haltung innerhalb der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft gezeigt wird?

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Wenn ich mir Erfolgsaussichten versprechen würde, würde ich das tun.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Keine weitere Frage. Ich danke Ihnen, Herr Minister. Dann die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. IX/1 - des Herrn Abgeordneten Dröscher -: Wie gedenkt die Bundesregierung sicherzustellen, daß die ländlichen Kreditinstitute Gelder mit 20jähriger Laufzeit für Zwecke der Umschuldung in ausreichender Höhe bekommen, nachdem zur Zeit solche Mittel nur zu völlig unzumutbaren Bedingungen ({0}) gewährt werden?

Werner Schwarz (Minister:in)

Politiker ID: 11002127

Die Bundesregierung beobachtet mit Sorge diese Schwierigkeiten, die sich dort, wo sie auftreten, nicht auf Konsolidierungsdarlehen auswirken, sondern auf den ganzen Bereich des langfristigen Agrarkredits, so auch auf das Strukturförderungsprogramm. Die Schwierigkeiten hängen mit dem Übergang vom sechsprozentigen zum siebenprozentigen Papier zusammen, der zur Zeit am Kapitalmarkt im Gang ist. Die Zinsverbilligungsrichtlinien meines Hauses müssen jeweils auf den Zinsfuß des Kapitalmarktes abgestellt sein. Sooft dieser sich nach oben oder auch nach unten bewegte, wurden die Bestimmungen entsprechend angepaßt. Diese Anpassung habe ich auch angesichts der jetzigen Lage bereits eingeleitet. Die Verhandlungen mit den zu beteiligenden Stellen konnten noch nicht abgeschlossen werden, zumal u. a. die Frage nach der Dauer der augenblicklichen Situation am Kapitalmarkt nicht einheitlich beurteilt wird.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dröscher.

Wilhelm Dröscher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000422, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Bundesminister, darf ich Ihrer Antwort entnehmen, daß auch Sie es für unmöglich erachten, Kredite zur Konsolidierung von landwirtschaftlichen Betrieben mit einem Auszahlungskurs von 88 % aufzunehmen, wie sie von der Landeszentralbank Rheinland-Pfalz angeboten werden?

Werner Schwarz (Minister:in)

Politiker ID: 11002127

Ich teile völlig Ihre Meinung, Herr Kollege. Ich darf darauf hinweisen, daß wir deswegen bereits vor vier Wochen begonnen haben, entsprechende Schritte einzuleiten.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine weitere Frage!

Wilhelm Dröscher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000422, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Bundesminister, trifft es zu, daß von der Landwirtschaftlichen Rentenbank im Augenblick Gelder mit zwanzigjähriger Laufzeit, also solche, die man für die Konsolidierung benötigt, überhaupt nicht bereitgestellt werden, und was gedenken Sie in dieser Frage zu tun?

Werner Schwarz (Minister:in)

Politiker ID: 11002127

Das hängt alles mit der Frage der Verzinsung zusammen. Ich kann über Einzelheiten bei der Rentenbank keine Auskunft geben, sondern nur generell sagen, daß bei der Zuwendung von Kapitalmarktmitteln an unsere Landwirtschaft ein gewisser Stopp eingetreten ist.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Herr Abgeordneter Ertl wollte noch eine Zusatzfrage stellen.

Josef Ertl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000493, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Bundesminister, bis wann, glauben Sie, werden Sie zu einer befriedigenden Regelung kommen, vor allem in Hinsicht dessen, daß die Emissionsinstitute zur Zeit kaum in der Lage sind, überhaupt noch Kredite zur Verfügung zu stellen?

Werner Schwarz (Minister:in)

Politiker ID: 11002127

Herr Kollege Ertl, ich darf darauf hinweisen, daß eine Chefbesprechung angesetzt ist, um diese Frage in kürzester Zeit zu klären.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Frage IX/2 - des Herrn Abgeordneten Büttner -: Glaubt die Bundesregierung, daß die heutigen Bestimmungen des Tierschutzrechts in bezug auf den wissenschaftlichen Tierversuch genügen?

Werner Schwarz (Minister:in)

Politiker ID: 11002127

Nach § 5 des geltenden Tierschutzgesetzes sind wissenschaftliche Versuche an lebenden Tieren, soweit sie mit erheblichen Schmerzen und Schädigungen verbunden sind, verboten. Von diesem Verbot können die zuständigen Landesbehörden in bestimmten Fällen für wissenschaftlich geleitete Institute oder Laboratorien Ausnahmen zulassen. Institute und Laboratorien, denen eine Erlaubnis erteilt worden ist, werden auf die Einhaltung der tierschutzrechtlichen Vorschriften laufend überwacht. Meines Erachtens reichen diese eingehenden Bestimmungen aus, um Tiere vor wahllosen und wissenschaftlich nicht gerechtfertigten Eingriffen, die mit erheblichen Schmerzen oder Schädigungen verbunden sind, zu schützen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Büttner.

Fritz Büttner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000301, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Bundesminister, sind Ihnen die gesetzlichen Bestimmungen für wissenschaftliche Tierversuche in anderen Ländern, besonders in England, bekannt?

Werner Schwarz (Minister:in)

Politiker ID: 11002127

Mir persönlich nicht, Herr Kollege, aber ich darf annehmen, daß sie in meinem Hause hinreichend bekannt sind.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine weitere Frage, Herr Abgeordneter Büttner.

Fritz Büttner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000301, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Bundesminister, dürfte ich Sie dann bitten, sich die Erfahrungen, die auf Grund der nach meinem Dafürhalten besseren gesetzlichen Bestimmungen im Ausland, besonders in England, gesammelt worden sind, zuleiten zu lassen, damit entsprechende Maßnahmen statt der bei uns meines Erachtens unzureichenden Maßnahmen -durchgeführt werden können?

Werner Schwarz (Minister:in)

Politiker ID: 11002127

Herr Kollege, soweit ich orientiert bin, werden einschlägige Unterlagen bereits in meinem Hause gesammelt.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ritzel.

Heinrich Georg Ritzel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001860, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Bundesminister, ist der Regierung bekannt, daß auf dem Gebiet der Tierversuche eine Ausdehnung der Quälereien der Tiere erfolgt, die nicht unbedingt notwendig wäre, der gesteuert werden könnte? Was beabsichtigt die Regierung zu tun, um solche Feststellungen zunächst einmal zu treffen und diesen Auswüchsen zu begegnen?

Werner Schwarz (Minister:in)

Politiker ID: 11002127

Wir müssen uns hier auf die Länder verlassen, Herr Kollege Ritzel. Es ist absolute Ländersache, die Überwachung des entsprechenden Gesetzes vorzunehmen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine weitere Frage, Herr Abgeordneter Ritzel.

Heinrich Georg Ritzel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001860, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Sind Sie bereit, Herr Minister, mit den zuständigen Länderministerien in Verbindung zu treten, um diese Ministerien dann wenigstens unter ihrem Druck dazu zu veranlassen, daß sie diesen unnützen und unnötigen Quälereien begegnen?

Werner Schwarz (Minister:in)

Politiker ID: 11002127

Ich habe keine Veranlassung, daran zu zweifeln, daß die Länder von sich aus das tun, was notwendig ist, um irgendwelchen Schädigungen der Tiere vorzubeugen. Ich bin aber gern bereit, nach wie vor - ich habe es heute in diesem Hause zum Ausdruck gebracht - mit dafür Sorge zu tragen, daß die Länder tun, was irgend möglich ist.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Frage IX/3 - des Herrn Abgeordneten Ritzel -: Ist die Bundesregierung bereit, ihren Standpunkt einer baldigen Revision zu unterziehen, wonach sie his jetzt die Dringlichkeit einer Reform des Tierschutzrechts verneint?

Werner Schwarz (Minister:in)

Politiker ID: 11002127

Die Bundesregierung, die von der Bedeutung des Tierschutzes überzeugt ist, sieht zur Zeit keine Veranlassung, ihre Haltung gegenüber einer Reform des Tierschutzrechts zu ändern. Ich darf auf eine Bleichlautende Frage hinweisen, die der Herr Kollege Bundesjustizminister vor zwei Tagen dem Kollegen Börner beantwortet hat.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Herr Abgeordneter Ritzel zu einer Zusatzfrage.

Heinrich Georg Ritzel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001860, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ist daraus zu entnehmen, Herr Minister, daß Sie nicht von der Erklärung abrücken, die der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, der Bundesminister des Innern und der Bundesminister der Justiz in einer Stellungnahme vom 18. September 1963 zum Ausdruck gebracht haben, in der es wörtlich heißt, daß die Bundesregierung die Dringlichkeit einer Reform des Tierschutzes und des Schlachtrechts verneinen müsse?

Werner Schwarz (Minister:in)

Politiker ID: 11002127

Wir rücken nicht von dem ab, was wir gesagt haben. Aber im gegenwärtigen Zeitpunkt ist nicht mehr zu veranlassen als das, was bereits veranlaßt wurde.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Herr Abgeordneter Ritzel!

Heinrich Georg Ritzel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001860, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ist der Regierung nicht bekannt, daß in bezug auf die Verletzung der Tierschutzverpflichtungen derart eklatante Fälle vorliegen, daß wirklich eine zwingende Veranlassung dazu bestehen sollte, diesen konservativen Standpunkt der Regierung preiszugeben, wonach die Regierung sogar eine Dringlichkeit der Reform des Tierschutzrechtes verneint?

Werner Schwarz (Minister:in)

Politiker ID: 11002127

Wir haben nicht den Eindruck, daß die Dinge so liegen, wie sie hier im Augenblick dargestellt werden, Herr Kollege Ritzel.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Herr Abgeordneter Büttner zu einer Zusatzfrage.

Fritz Büttner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000301, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Bundesminister, halten Sie es für ausreichend, daß einem Tierquäler, dem es nachgewiesen ist, die Konzession zum Geschäft erst entzogen werden kann, wenn er zweimal straffällig geworden ist?

Werner Schwarz (Minister:in)

Politiker ID: 11002127

Man muß den Fall bis ins einzelne kennen, um ein Urteil darüber fällen zu können. Ich nehme an, daß die jeweiligen Länderregierungen Sorge tragen, daß eine angemessene Bestrafung dort erfolgt, wo sie wirklich angebracht ist.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine weitere Frage, Herr Abgeordneter Büttner.

Fritz Büttner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000301, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Darf ich Sie dann bitten, Herr Minister, sich die Akten des Tierquälers Rappolt aus Moers einmal anzusehen. Dieser Fall ist übers Fernsehen gegangen und hat die Justizbehörden beschäftigt. Das ist genau der Fall, in dem die Konzession nicht so schnell entzogen werden konnte.

Werner Schwarz (Minister:in)

Politiker ID: 11002127

Ich werde mich gern um diese Angelegenheit kümmern und mich gleichzeitig auch danach erkundigen, inwieweit eine Möglichkeit besteht, von uns aus in strafrechtlichen Dingen einzugreifen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Frage IX/4 - des Herrn Abgeordneten Ritzel -: Kann die Bundesregierung erklären, daß die Bestimmungen des Gesetzes über das Verbot der Ausfuhr von Schlachtpferden ({0}) von den Pferdehändlern beachtet werden?

Werner Schwarz (Minister:in)

Politiker ID: 11002127

Nach § 3 a des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Tierschutzgesetzes vom 18. August 1961 ist die Ausfuhr von Schlachtpferden verboten und nur im Wege der Ausnahmeerlaubnis zulässig. Die Außenhandelsstelle für Erzeugnisse der Ernährung und Landwirtschaft erteilt Ausnahmegenehmigungen nur, wenn die vom Gesetzgeber bestimmten Voraussetzungen vorliegen. Die Einhaltung dieser Bedingungen wird von der Außenhandelsstelle für Erzeugnisse der Ernährung und Landwirtschaft, den Bediensteten der Bundesbahn und den zuständigen Länderbehörden, insbesondere von den Amtstierärzten, überwacht. Da mir in letzter Zeit keine Beschwerden über Beanstandungen bei Ausfuhrtransporten von Schlachtpferden zugegangen sind, darf ich annehmen, daß die Vorschriften des oben angeführten Gesetzes auch von den Pferdehändlern beachtet werden.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ritzel.

Heinrich Georg Ritzel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001860, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Erkennt die Regierung aus den ihr zugänglichen Statistiken über die Steigerung der Ausfuhr von Nutzpferden und die Senkung der Ausfuhr von Schlachtpferden, daß hier eine glatte, von den zuständigen Stellen praktisch sanktionierte Umgehung des Gesetzes vorliegt?

Werner Schwarz (Minister:in)

Politiker ID: 11002127

Ich bin nicht dieser Auffassung. Da die italienischen Behörden bei der Einfuhr von Pferden Ursprungs- und Gesundheitszeugnisse verlangen, ist die Gewähr gegeben, daß die Qualität der Pferde, soweit sie Nutztiercharakter haben, gewahrt bleibt. Was dann in Italien mit solchen auf Grund eines Gesundheitsattests als Nutzpferde deklarierten Pferden geschieht, entzieht sich unserem Einfluß.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine weitere Frage, Herr Abgeordneter Ritzel.

Heinrich Georg Ritzel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001860, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ist der Regierung demnach auch nicht bekannt, daß diesen sogenannten Nutzpferden bei der Ausfuhr ins Ausland bereits die Schwänze abgeschnitten werden, und ist der Regierung auch nicht bekannt, daß beispielsweise in Paris ein Film, der die Tatsachen der Schlachtung deutscher Pferde schilderte, wegen unsagbarer Grausamkeit polizeilich verboten werden mußte?

Werner Schwarz (Minister:in)

Politiker ID: 11002127

Soweit ich im Bilde bin, handelt es sich hier um einen alten Film, der den derzeitigen Zustand nicht mehr Rechnung trägt. Im übrigen sind die von Ihnen aufgeworfenen Fragen der Regierung nicht bekannt.

Heinrich Georg Ritzel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001860, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich habe keine Fragen mehr. Aber der „alte" Film datiert vom Frühjahr dieses Jahres.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Es ist bewundernswert, Herr Kollege Ritzel, mit welcher Leidenschaft Sie sich bis zum letzten Augenblick Ihrer parlamentarischen Tätigkeit für eine gute Sache einsetzen. ({0}) Frage IX/5 - der Frau Abgeordneten Kleinert -: Ist die Bundesregierung bereit, alsbald und auf jeden Fall rechtzeitig vor Eintritt des Winters im Benehmen mit den. Regierungen der Länder endlich durchgreifende Maßnahmen zum Schutz der Kettenhunde zu ergreifen?

Werner Schwarz (Minister:in)

Politiker ID: 11002127

Nach § 2 Nr. 1 des geltenden Tierschutzgesetzes ist derjenige, der Wach- und Hofhunde an der Kette hält, verpflichtet, diese Tiere ordnungsgemäß zu halten. Die Durchführung des Tierschutzgesetzes ist jedoch Aufgabe der Länder, deren Behörden die Einhaltung der tierschutzrechtlichen Vorschriften zu überwachen und bei Verstößen die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen haben. Ich habe des öfteren die obersten Landesbehörden schriftlich und mündlich gebeten, mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln auf die unbedingte Einhaltung der tierschutzrechtlichen Vorschriften hinzuweisen und insbesondere ihre untergeordneten Dienststellen anzuweisen, bei Bekanntwerden von Verstößen unverzüglich für Abhilfe zu sorgen und bei Vorliegen strafbarer Handlungen Strafanzeige zu erstatten. Es dürfte zweckmäßig sein, vor Eintritt des kommenden Winters die Länder erneut auf diese Angelegenheit aufmerksam zu machen. Ich darf darauf hinweisen, daß ich nicht in der Lage bin, im Rahmen der Zuständigkeit meines Hauses weitergehende Maßnahmen zu ergreifen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Dann die Frage IX/6 - der Frau Abgeordneten Kleinert -: Ist die Bundesregierung bereit, humane Maßnahmen zur Beseitigung der Taubenplage in den Städten zu empfehlen?

Werner Schwarz (Minister:in)

Politiker ID: 11002127

Für die Beseitigung der Taubenplage in den Städten sind ausschließlich die Länder bzw. die kommunalen Verwaltungen zuständig. Ich muß es daher diesen Behörden überlassen, die Maßnahmen zu ergreifen, die zur humanen Beseitigung der Tauben geeignet sind.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Kleinert!

Ingeborg Kleinert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001123, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Bundesminister, teilen Sie meine Auffassung, daß die meisten Städte mit diesem Problem nicht fertig werden und daß es gut wäre, wenn von Ihrem Haus den Städten eine Empfehlung an die Hand gegeben würde, auf Grund deren diese eher mit dem Problem fertig werden könnten?

Werner Schwarz (Minister:in)

Politiker ID: 11002127

Das kann gern geschehen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Büttner!

Fritz Büttner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000301, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Bundesminister, zu den beiden letzten Fragen: Hielten Sie es nicht für sinnvoller, wenn Sie durch geeignete gesetzliche Maßnahmen alle mit der Durchführung des Tierschutzes beauftragten Stellen in die Lage versetzten, schneller und eingehender durchzugreifen, d. h. sind Sie nicht der Auffassung, daß wir dringend eines besseren Tierschutzgesetzes bedürfen?

Werner Schwarz (Minister:in)

Politiker ID: 11002127

Herr Kollege, es handelt sich um einen Fragenkomplex, der sich nicht auf diesen Teilbereich beschränkt, sondern der auch andere, ähnliche Fragen umfaßt. Wir können aber selbstverständlich Fragen, die sich aus den Bestimmungen des Grundgesetzes ergeben, nicht mit einer Handbewegung abtun. Wir können nur versuchen, durch regelmäßige Besprechungen mit den zuständigen Länderreferenten von uns aus das Notwendige zu tun, damit die entsprechenden Gesetze durchgeführt werden, wobei die Durchführung allerdings in den Händen der Landesregierungen liegt.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Noch eine Frage, Herr Abgeordneter Büttner!

Fritz Büttner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000301, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Bundesminister, darf ich Ihre Antwort so auffassen, daß Sie mit mir der Meinung sind, daß wir angesichts all der Klagen, die vorgetragen werden, schnellstens eines besseren Tierschutzgesetzes bedürfen?

Werner Schwarz (Minister:in)

Politiker ID: 11002127

Zumindest bin ich mit Ihnen der Auffassung, daß wir eines neuen Tierschutzgesetzes bedürfen, das alle jene Probleme mit lösen hilft, die auch hier gerade Gegenstand der Erörterung waren.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schäfer!

Dr. Friedrich Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001930, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, ist es nicht ein Widerspruch, wenn Sie jetzt sagen, daß Sie die Notwendigkeit der Reform anerkennen, nachdem Sie auf die Frage des Kollegen Ritzel gesagt haben, daß die Regierung nicht die Absicht hat, Vorschläge zu machen? Wie reimt sich das zusammen?

Werner Schwarz (Minister:in)

Politiker ID: 11002127

Ich meine nicht, daß das ein Widerspruch ist. Ich spreche nämlich von einem neuen Tierschutzgesetz, das ohnehin in einiger Zeit ergehen wird. In ihm sollen jene Bestimmungen verbessert werden, die offenbar einer Verbesserung bedürfen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine weitere Frage!

Dr. Friedrich Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001930, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich muß noch einmal fragen: Eine Initiative wollen Sie aber nicht ergreifen?

Werner Schwarz (Minister:in)

Politiker ID: 11002127

Im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Dann die Frage IX/7 - des Herrn Abgeordneten Schmidt ({0}) -: Beabsichtigt der Bundesernährungsminister, noch in diesem Jahr die Verordnung über die Jagd- und Schonzeiten vom 7. April 1961 zu ändern?

Werner Schwarz (Minister:in)

Politiker ID: 11002127

Ja, es ist beabsichtigt, die Verordnung über die Jagd- und Schonzeiten vom 7. April 1961 nach Möglichkeit noch in diesem Jahre zu ändern. Da die Neufassung nach § 22 Abs. 1 des Bundesjagdgesetzes der Zustimmung des Bundesrates bedarf, kann ich allerdings einen genauen Zeitpunkt nicht verbindlich angeben.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schmidt.

Walter Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002020, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, sind Sie bereit, bei der vorgesehenen Neufassung der Verordnung über die Jagd- und Schonzeiten vom April 1961 im Gegensatz zu dem seinerzeit in Ihrem Ministerium geübten Verfahren auch den maßgeblichen Verbänden des Natur- und Vogelschutzes Gelegenheit zur vorherigen Stellungnahme zu geben?

Werner Schwarz (Minister:in)

Politiker ID: 11002127

Dazu bin ich gerne bereit.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Dann die Frage IX/8 - des Herrn Abgeordneten Schmidt ({0}) -: Hält es der Bundesernährungsminister in Anbetracht der in den letzten Jahren festgestellten starken Abnahme der heimischen Greifvögel weiterhin für vertretbar, die Jagd auf so seltene Arten wie z. B. den Fischadler und die Rohrweihe zu gestatten sowie darüber hinaus anderen bereits sehr stark dezimierten Arten wie Graureiher, Habicht und Sperber überhaupt keine Schonzeit, also nicht einmal während der Brutzeit zu gewähren?

Werner Schwarz (Minister:in)

Politiker ID: 11002127

Nach dem jetzigen Stand der Vorarbeiten sind u. a. für die Greifvögel, besonders für die selteneren Arten, entsprechende Schonzeiten oder zum Teil ganzjähriger Schutz vorgesehen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Zusatzfrage!

Walter Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002020, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, haben Sie die Absicht, auch den § 22 Abs. 4 des Bundesjadgesetzes zu ändern? Dieser besagt nämlich, daß eine Bejagung der zur Aufzucht von Jun9996 Schmidt ({0}) gen notwendigen Elterntiere, auch die von jagdbaren Tieren ohne Schonzeit, während der Brut- und Setzzeiten nicht erlaubt ist. Das aber, möchte ich feststellen, ist eine leider nicht praktikable Kautschukvorschrift. Denn wer beweist, daß es sich bei einem Abschuß um ein solches Tier gehandelt hat! Wie z. B. kann ein Jagdberechtigter draußen in der freien Landschaft einem Habicht oder Sperber ansehen, ob er zur Aufzucht von Jungen benötigt wird? ({1})

Werner Schwarz (Minister:in)

Politiker ID: 11002127

Herr Kollege, hierzu muß man zweifellos Spezialist auf dem Jagdgebiet sein. Ich sehe mich nicht in der Lage, eine solche Frage hier zu beantworten, bin aber gern bereit, meine Herren zu bitten, Ihnen eine entsprechende Auskunft zu erteilen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine weitere Frage, Herr Abgeordneter Schmidt.

Walter Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002020, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, Sie haben in Ihrer Antwort auf die Möglichkeit der Länder hingewiesen, die vom Bund festgesetzten Jagdzeiten abzukürzen oder aufzuheben; zum mindesten darf ich das Ihren Ausführungen entnehmen. Die Länder haben das bisher leider nur zum Teil getan. Vor allem, darf ich hier sagen, hält Schleswig-Holstein mit Nachdruck an der Jagd auf Fischadler, Brachvögel und andere seltene Vogelarten fest. Fischadler sind in den meisten Nachbarländern geschützt, vor allem in den skandinavischen Ländern und auch in der SBZ. Ich frage Sie daher, ob Sie beabsichtigen, für die schutzbedürftigen Vogelarten den Ländern einen engeren Spielraum für die Festsetzung der Schonzeiten zu geben.

Werner Schwarz (Minister:in)

Politiker ID: 11002127

Ich bin sehr gern bereit, mit den Ländern über eine solche Möglichkeit zu sprechen.

Walter Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002020, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich wäre Ihnen sehr dankbar.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Ich danke Ihnen, Herr Minister. Ich darf vielleicht mit meinem Dank die besten Wünsche des Hauses für die Zukunft ausdrücken. Ich rufe auf die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung. Frage XI/1 - des Abgeordneten Killat -: Warum hat die Bundesregierung angesichts der weltbekannten Qualitätserzeugnisse der Solinger Schneidwaren- und Besteckindustrie für über 1/2 Million DM Eßbestecke für die Bundeswehr aus Norwegen bezogen?

Not found (Staatssekretär:in)

Die Beschaffung von Eßbestecken für die Soldaten aus Norwegen bedeutet keineswegs, Herr Abgeordneter Killat, eine Geringschätzung oder Minderbewertung der Produkte der Solinger Schneidwaren- und Besteckindustrie. Der Grund für diese Beschaffung ist vielmehr folgender: In Verbindung mit norwegischen Rüstungskäufen in Deutschland sind in einem deutsch-norwegischen Regierungsabkommen vom Jahre 1960 auch deutsche Käufe in Norwegen vereinbart worden. Die Beschaffung dieser Eßbestecke ist im Rahmen dieses Abkommens erfolgt. Die norwegische Industrie hat Aufträge erhalten, weil sie bei guter Qualität preisgünstigere Angebote als die deutsche Industrie abgegeben hatte. Im übrigen liegen diese Beschaffungen etwa zwei oder drei Jahre zurück. Seit 1964 ist der Bedarf ausschließlich in der Bundesrepublik gedeckt worden.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Killat.

Arthur Killat (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001098, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatsekretär, ist Ihnen nicht bekannt, daß es sich bei diesem Wirtschaftszweig um einen ausgesprochen 'mittelständischen Wirtschaftszweig handelt, der beispielsweise in dem Regionalbereich, von dem ich hier gesprochen habe, über 5000 Heimarbeitsbetriebe und viele Tausend andere Klein- und Mittelbetriebe umfaßt, daß dieser Wirtschaftszweig durch gewisse Dumping-Importe aus dem ostasiatischen Raum in seiner Absatzfähigkeit bedroht ist und daß das rechtfertigen würde, ihm seitens der öffentlichen Hand auch vielleicht unter Außerachtlassung gewisser Wettbewerbskautelen eine stärkere Unterstützung durch entsprechende Auftragserteilung zu geben?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter Killat, mir ist der Importdruck auf diesem Gebiet bekannt. Wenn ich jetzt die Zahlen richtig im Kopf habe, sind in den Raum Solingen Aufträge für rund 10 Millionen DM gegangen, und ich sagte 'bereits, daß seit 1964 die Beschaffungen ausschließlich in der Bundesrepublik erfolgen. Andererseits sind wir ein Industrieland; wir können nicht nur exportieren, sondern wir müssen dafür auch gewisse Importedurchführen. Auf diese Art und Weise ist es gelungen, gerade Aufträge von Norwegen zu erhalten, die einem ebenfalls nicht gerade begünstigten Wirtschaftszweig, nämlich der deutschen Werftindustrie, zugute gekommen sind.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Herr Abgeordneter Dr. Kliesing zu einer Zusatzfrage.

Dr. Georg Kliesing (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001130, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ist es richtig, daß die von Ihnen erwähnten norwegischen Rüstungskäufe in Deutschland ein Mehrfaches, um nicht zu sagen: ein Vielfaches dessen ausmachen, was die Bundeswehr in Norwegen gekauft hat?

Not found (Staatssekretär:in)

Diese Frage kann ich nicht unbedingt bejahen, weil mir der Stand der Konten im Augenblick nicht gegenwärtig ist,

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Noch eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Killat.

Arthur Killat (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001098, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, darf ich Ihrer Stellungnahme oder der Stellungnahme Ihres Hauses entnehmen, daß Sie in Zukunft dieser besonderen Lage nicht nur im Solinger Raum, sondern überhaupt im Bereich der mittelständischen Industrie bei der Auftragsvergabe Ihre besondere Aufmerksamkeit schenken werden?

Not found (Staatssekretär:in)

Die Bundesregierung und das Bundesverteidigungsministerium schenken diesem Gesichtspunkt schon immer Aufmerksamkeit.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Herr Abgeordneter Dr. Kliesing, noch eine Zusatzfrage.

Dr. Georg Kliesing (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001130, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, wäre es nicht richtig, dem hinzuzufügen, daß die derzeitige und auch künftige Entwicklung der Haushaltslage unserer Verteidigungspolitik für die Berücksichtigung solcher Gesichtspunkte nur in angemessenem Rahmen noch Möglichkeiten läßt?

Not found (Staatssekretär:in)

Das ist durchaus richtig, Herr Abgeordneter.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Ich rufe auf die Frage XI/2 - des Abgeordneten Dr. Kliesing ({0}) Ist die Bundesregierung in der Lage, an den Brennpunkten des Autobahnverkehrs Hubschrauber der Bundeswehr zum Abtransport schwerverletzter Verkehrsopfer bereitzustellen, um - bei den heute oft völlig verstopften Autobahnen - eine schnelle ärztliche Versorgung zu gewährleisten und dadurch die Unfallfolgen zu mildern und die Überlebenschancen der Verletzten zu erhöhen?

Not found (Staatssekretär:in)

Die Bundeswehr ist derzeit nicht in der Lage, Hubschrauber an den Brennpunkten des Autobahnverkehrs bereitzustellen. In dringenden Fällen können jedoch Hubschrauber von der Bundeswehr oder auch von den Stationierungsstreitkräften angefordert werden. Von dieser Möglichkeit ist in der Vergangenheit bereits wiederholt und erfolgreich Gebrauch gemacht worden. Es ist geplant, in den nächsten Jahren Sanitäts-Hubschrauberstaffeln aufzustellen. Wenn dies geschehen ist, ist die Bereitstellung nicht nur möglich, sondern, wie ich meine, aus Gründen der Ausbildung sogar erwünscht.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Kliesing.

Dr. Georg Kliesing (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001130, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, könnten Sie dem Anliegen, das aus meiner Frage hervorgeht, doch vielleicht insoweit entgegenkommen, als Sie mit dem Verkehrsminister darüber Unterhaltungen pflegen würden, ob es nicht wenigstens möglich wäre, an Tagen des Spitzenverkehrs und an besonders gefährlichen Stellen des Straßennetzes, der Bundesautobahnen beispielsweise, einzelne Hubschrauber der Bundeswehr zu stationieren, die gegebenenfalls eingreifen und die Verletzten einer schnellen ärztlichen oder klinischen Versorgung zuführen könnten?

Not found (Staatssekretär:in)

Ich werde Ihrem Wunsch, Herr Abgeordneter, gerne noch einmal nachgehen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine weitere Frage.

Dr. Georg Kliesing (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001130, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, inwieweit wäre es möglich, in diese Frage einer schnellen klinischen Versorgung auch die Bundeswehrlazarette einzubeziehen, indem man Verkehrsopfer, wenn es angebracht wäre und die geographische Lage günstig wäre, möglichst schnell in Bundeswehrlazarette überführen würde?

Not found (Staatssekretär:in)

Die Bundeswehrlazarette stehen für die Aufnahme von Unfallverletzten jederzeit zur Verfügung.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Herr Abgeordneter Dr. Rinderspacher zu einer Zusatzfrage.

Dr. Fritz Rinderspacher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001852, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, darf ich aus gegebenem Anlaß fragen: Hat die Bundeswehr ihren Hubschraubern generell eine Erlaubnis gegeben, in solchen sehr dringenden Fällen Verletzte abzutransportieren, oder besteht gar ein Verbot, solche Hilfeleistungen mit Wehrmachtshubschraubern durchzuführen?

Not found (Staatssekretär:in)

Mir ist von einem solchen Verbot nichts bekannt, Herr Abgeordneter.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine weitere Frage.

Dr. Fritz Rinderspacher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001852, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, darf ich den ersten Teil meiner Frage wiederholen: Stehen diese Hubschrauber der Bundeswehr in solchen sehr dringenden Fällen zum Abtransport von Schwerverletzten, z. B. von Querschnittsgelähmten, grundsätzlich zur Verfügung?

Not found (Staatssekretär:in)

Dann muß ich meine vorhin gegebene Antwort wiederholen. Ich sagte, daß in solchen dringenden Fällen Hubschrauber von der Bundeswehr angefordert werden können und daß das in der Vergangenheit auch schon der Fall gewesen ist und in Zukunft auch weiterhin praktiziert werden kann.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Herr Abgeordneter Kreitmeyer, eine Zusatzfrage!

Reinhold Kreitmeyer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001210, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, das Anliegen des Abgeordneten Kliesing dahin gehend erweitert zu übernehmen, daß der Bun9998 desverteidigungsrat mit dem Herrn Bundesinnenminister und mit den Notstands-Einsatzorganisationen des Deutschen Roten Kreuzes im Zuge und Zusammenhang der zivilen Notstandsplanung versucht, die Aufgabe auf diese Art und Weise zu lösen?

Not found (Staatssekretär:in)

Ich will gern darüber sprechen, Herr Abgeordneter.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Herr Abgeordneter Dr. Schäfer zu einer Zusatzfrage.

Dr. Friedrich Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001930, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ist Ihre vorherige Bemerkung, daß die Bundeswehrlazarette zur Aufnahme von Unfallverletzten zur Verfügung stehen, so aufzufassen, daß es nun eine allgemeine Regelung gibt, nach der die Lazarette allgemein zur Aufnahme bereitstehen?

Not found (Staatssekretär:in)

So möchte ich das nicht aufgefaßt wissen. Die Frage ging doch dahin, ob, wenn ein dringender Fall eingeliefert wird, das Bundeswehrlazarett etwa sagen würde: Nein, wir stehen in diesem Fall nicht zur Verfügung; es muß das nächste Krankenhaus aufgesucht werden. Eine solche Entscheidung wird das Bundeswehrlazarett nicht treffen, sondern es wird in dringenden Fällen selbstverständlich den Unfallverletzten aufnehmen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine weitere Frage. Herr Abgeordneter Dr. Schäfer.

Dr. Friedrich Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001930, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, es ist Ihnen doch bekannt, daß es Anregungen gibt, die Aufnahme von Unfallverletzten in den Lazaretten generell zu ermöglichen, und zwar erstens, um dem Sanitätspersonal die Möglichkeit zu geben, fachärztlich tätig zu sein und nicht nur Verwaltungsarbeit zu leisten, und zweitens, um dem Bettenmangel abzuhelfen?

Not found (Staatssekretär:in)

Selbstverständlich, Herr Abgeordneter. Aber ein Bundeswehrlazarett ist natürlich ein Krankenhaus, und die Ärzte und das Pflegepersonal in einem Bundeswehrlazarett leisten nicht in erster Linie Verwaltungsarbeit, sondern behandeln und pflegen Kranke. Das ist auch in Bundeswehrlazaretten so.

Dr. Friedrich Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001930, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Das ist zwar keine Antwort auf meine Frage, aber wir werden darauf zurückkommen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Frau Abgeordnete Kleinert zu einer Zusatzfrage.

Ingeborg Kleinert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001123, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, darf ich fragen, ob Ihrem Hause bekannt ist, daß Unfallverletzte schon einmal zurückgewiesen und an das Krankenhaus verwiesen worden sind?

Not found (Staatssekretär:in)

Das weiß ich nicht, gnädige Frau. Das müßte ich feststellen.

Ingeborg Kleinert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001123, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Wären Sie bereit, das festzustellen?

Not found (Staatssekretär:in)

Ich bin bereit, das festzustellen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Hammersen.

Walter Hammersen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000796, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, nachdem Sie eben auf eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Kliesing Ihre Bereitschaft erklärt haben, mit dem Herrn Bundesverkehrsminister wegen des Einsatzes von Hubschraubern zur Rettung von Unfallverletzten auf den Hauptstraßen, insbesondere den Bundesautobahnen, in Verbindung zu treten, darf ich Sie fragen, ob Ihnen bekannt ist, daß der Herr Bundesverkehrsminister in bezug auf den Einsatz von Hubschraubern für diese Zwecke sehr skeptisch eingestellt ist.

Not found (Staatssekretär:in)

Das weiß ich nicht. Ich soll ja erst mit dem Bundesverkehrsministerium darüber sprechen. Ich werde das dann feststellen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Könen ({0}).

Willy Könen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001156, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, darf ich dieses Frage-und-Antwort-Spiel über die Aufnahme von Unfallverletzten so verstehen: Die Bundeswehrlazarette werden im Rahmen der Notaufnahmen, wie das auch andere Krankenhäuser tun, nicht die Türen zumachen, sondern werden sagen: Selbstverständlich. Aber sie haben nicht die Absicht, Unfallkrankenhäuser im Sinne der Berufsgenossenschaften zu werden. Ist das so zu verstehen?

Not found (Staatssekretär:in)

So ist das zu verstehen, Herr Abgeordneter.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Ich rufe auf die Frage XI/3 - des Abgeordneten Fritsch -: Trifft es zu, daß die Verlegung einer französischen Division aus dem Raume Trier in den Bayerischen Wald daran scheiterte, daß von der Bundesrepublik die erforderlichen Unterkünfte nicht zur Verfügung gestellt wurden?

Not found (Staatssekretär:in)

Es bestanden und es bestehen keinerlei Pläne - weder von deutscher noch von französischer Seite -, eine französische Division in den Bayerischen Wald zu verlegen. Infolgedessen, Herr Abgeordneter Fritsch, geht Ihre Frage von einer unzutreffenden Voraussetzung aus. Von einem Scheitern der Verlegung aus irgendwelchen Gründen kann daher keine Rede sein.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Ich rufe auf die Frage XI/4 - der Frau Abgeordneten Dr. Flitz -: Sind dem Bundesverteidigungsminister die Ergebnisse der 24 Meßtrupps bekannt, die in 4-wöchiger Prüfung am Flugplatz Upjever festgestellt haben, daß in der Gemeinde Schortens die Geräuschbelästigung durch die Düsenjäger deshalb besonders groß ist, weil dort infolge der klimatischen Verhältnisse im Küstengebiet zwei Schallwellen ankommen?

Not found (Staatssekretär:in)

In der Umgebung des Flugplatzes Upjever wurden vom Bundesverteidigungsministerium vom 8. bis 18. März 1965 an neun Schallmeßstellen Lärmmessungen durchgeführt, um die Schallabstrahlung bei Start und Landung sowie im Niedrigflug im Unterschallbereich zu messen. Ich darf einfügen, daß die Schallabstrahlung im Hochflug praktisch immer gleich ist; Unterschiede treten nur in niedrigen Höhen auf. Auch hier ist die Schallwelle an sich immer gleich; ihre Ausbreitung wird jedoch durch die Geländebeschaffenheit oder - wie der Fachausdruck lautet - die Geländefaltung beeinflußt. Die Ergebnisse der Auswertung werden in etwa zwei Wochen verfügbar sein. Schon jetzt kann gesagt werden, daß für die Schallausbreitung im Küstengebiet infolge der dortigen klimatischen Verhältnisse keine Besonderheiten gelten. Insbesondere trifft die Vorstellung von zwei Schallwellen nicht zu. Sollte mit der doppelten Schallwelle der Flugzeugknall ides Überschallfluges gemeint sein, so handelt es sich dabei um die Druck- und Sogwelle, die ähnlich wie bei Schiffen als Bug- und Heckwelle auftritt. Hierbei handelt es sich aber um eine allgemeine Erscheinung ides Überschallflugs.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Ich rufe auf die Frage XI/5 - der Abgeordneten Frau Dr. Flitz ({0}) -: Hält der Bundesverteidigungsminister es für richtig, daß im Haushalt des Kreistages des Landkreises Friesland in erheblichem Maße Mittel zur Verfügung gestellt werden mußten zur Behebung der durch die Düsenlärmstörung verursachten gesundheitlichen Schäden?

Not found (Staatssekretär:in)

Der Haushalt des Landkreises Friesland, gnädige Frau, ist mir nicht bekannt. Es kann Tauch nicht Aufgabe des Bundesverteidigungsministeriums sein, zu beurteilen, ob die Aufteilung der Mittel im Haushalt des Landkreises Friesland richtig ist.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Zu einer Zusatzfrage Frau Dr. Flitz.

Dr. Hedi Flitz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000563, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, sehen Sire wirklich keinerlei Möglichkeit, das Los der Bevölkerung 'in der Umgebung des Flugplatzes Upjever zu erleichtern, obwohl oft drei bis fünf Flugzeuge gleichzeitig starten?

Not found (Staatssekretär:in)

Wir haben uns, gnädige Frau, über die Frage der Lärmbekämpfung in der Umgebung des Flugplatzes Upjever schon oft an dieser Stelle und auch iaußerhalb des Hohen Hauses unterhalten. Sie wissen, was die Bundeswehr alles getan hat, um die Belästigung derBevölkerung zu mindern. Im Augenblick, gnädige Frau, gibt es keine weiteren Möglichkeiten der Einschränkung des Flugbetriebs mehr. Ich komme immer wieder auf meinen alten Vorschlag zurück, daß man eine zweite Startbahn anlegen möge.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Zu einer weiteren Zusatzfrage Frau Abgeordnete Dr. Flitz.

Dr. Hedi Flitz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000563, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, sind Sie dann mit mir der Meinung, daß der Bevölkerung dort, wenn es Menschen nicht möglich machen, ihr Los zu erleichtern, gar nichts anderes übrigbleibt, als den Wettergott zu bitten, möglichst viel schlechtes Wetter zu schicken, damit nicht so viele Starts möglich sind?

Not found (Staatssekretär:in)

Ich kann Ihnen nicht zustimmen,

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Frau Dr. KiepAltenloh zu einer Zusatzfrage.

Dr. Emilie Kiep-Altenloh (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001095, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, halten Sie es nicht für angemessen, daß genau wie bei sonstigen Manöverschäden auch hier die Folgen einer solchen Überlautstärke von seiten der Bundeswehr wenigstens finanziell ausgeglichen werden?

Not found (Staatssekretär:in)

Wenn nachweislich Schäden durch Schall hervorgerufen werden, erkenne ich eine Entschädigungspflicht der Bundeswehr grundsätzlich an.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Zu einer weiteren Zusatzfrage Frau Dr. Kiep-Altenloh.

Dr. Emilie Kiep-Altenloh (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001095, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Sind solche Mitteilungen der betroffenen Gemeinden bereits an Sie gelangt?

Not found (Staatssekretär:in)

Bisher nicht. Ein Schaden, der nachgewiesen worden wäre, ist mir nicht bekannt.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Herr Abgeordneter Kreitmeyer zu einer Zusatzfrage.

Reinhold Kreitmeyer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001210, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, sind Sie tatsächlich der Meinung, daß Ihre Antwort dem Sinn der von der Frau Abgeordneten Dr. Flitz gestellten Frage XI/5 entsprach?

Not found (Staatssekretär:in)

Wenn ich der Meinung nicht wäre, hätte ich die Antwort nicht erteilt. ({0})

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine weitere Zusatzfrage.

Reinhold Kreitmeyer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001210, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, darf ich daraus entnehmen, daß Sie der Meinung sind, daß der Landkreis Friesland für die Schäden aufzukommen hat, die durch Düsenlärm entstehen, und Sie nicht den geringsten Beitrag leisten wollen zu helfen?

Not found (Staatssekretär:in)

Das habe ich doch gar nicht gesagt, Herr Abgeordneter. Ich habe nur erklärt, daß es nicht meine Aufgabe sein kann, den Haushalt des Landkreises Friesland zu kritisieren, zu beurteilen oder zu bewerten.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Herr Abgeordneter Berkhan zu einer Zusatzfrage.

Karl Wilhelm Berkhan (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000158, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, wird es für die betroffene Bevölkerung bei Upjever und einigen anderen Plätzen eine Erleichterung geben, wenn eine große Basis, die wir im verbündeten Ausland planen, fertiggestellt ist?

Not found (Staatssekretär:in)

Ich glaube es nicht, Herr Abgeordneter. Denn die Waffenschule, die sich in Upjever befindet, führt das sogenannte Europäisierungsprogramm der Bundeswehr durch. Dabei müssen sich die in den USA ausgebildeten Piloten an die ganz andersartigen Wetterverhältnisse in Europa gewöhnen. Zu diesem Zweck braucht man eine Schule. Diese Schule liegt in Upjever.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Abgeordneter Berkhan.

Karl Wilhelm Berkhan (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000158, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ich habe von einer Basis in Europa geredet. Gibt es dadurch eine Erleichterung?

Not found (Staatssekretär:in)

Ich weiß genau, was Sie meinen. Aber auch dort sind die Witterungsverhältnisse anders als die, die hier in Mitteleuropa bestehen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Ich rufe die Frage XI/6 - des Herrn Abgeordneten Dr. Schmidt ({0}) auf -: Trifft es zu, daß der Bundesrechnungshof Bedenken dagegen hat, daß die Sporthallen der Bundeswehr durch Sportvereine benutzt werden?

Not found (Staatssekretär:in)

Gegen eine Mitbenutzung der Sportanlagen der Bundeswehr durch Sportvereine hat der Bundesrechnungshof keine grundsätzlichen Bedenken. Wie ich jedoch in der 171. Sitzung des Deutschen Bundestages am 11. März 1965 bereits ausgeführt habe, verlangt der Bundesrechnunghof - und er muß es nach den Vorschriften wohl tun -, daß in diesen Fällen, wie es die Reichshaushaltsordnung vorschreibt, ein angemessenes Entgelt erhoben wird. Eine unentgeltliche Überlassung der Sportanlagen ist nur möglich, wenn das Parlament die Bundesregierung durch den Haushaltsplan dazu ermächtigt. Ein entsprechender Antrag der Herren Abgeordneten Kreitmeyer, Kubitza, Dorn, Dr. Kliesing, Rommerskirchen, Draeger und Genossen liegt dem Deutschen Bundestag mit Drucksache IV/3397 vor.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kreitmeyer.

Reinhold Kreitmeyer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001210, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß diese Vorlage durch den tragischen Tod des Vorsitzenden des Kommunalpolitischen Ausschusses nicht mehr zu Ende behandelt werden kann, und wären Sie bereit, im Entwurf des Haushaltsplans 1966 in den Erläuterungen eine entsprechende Bemerkung anzubringen und sich dann durch das Parlament diese Ermächtigung geben zu lassen?

Not found (Staatssekretär:in)

Soweit ich weiß, ist das vorgesehen, Herr Abgeordneter.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Frage XI/7 - des Herrn Abgeordneten Kreitmeyer -: Teilt die Bundesregierung die von einem hohen Bundeswehroffizier in einer Studie geäußerte Meinung, daß gerade eine rechtzeitige entschlossene Darstellung militärischer Schlagkraft den Frieden erhalten kann?

Not found (Staatssekretär:in)

Es trifft zu, Herr Abgeordneter Kreitmeyer, daß die von Ihnen zitierte Meinungsäußerung die Auffassung eines hohen Offiziers wiedergibt, die dieser in einer privaten Veröffentlichung geäußert hat. Der Verfasser führt aus, daß in Spannungszeiten die für die Landesverteidigung verantwortlichen Stellen frühzeitig das Anlaufen erster Mobilisierungsmaßnahmen fordern müssen, auf der anderen Seite die politische Führung aus der Sorge, daß diese Maßnahmen die internationale Spannung noch verschärfen könnten, diese Maßnahmen möglicherweise zunächst ablehnen wird. Dann stellt der Verfasser fest: Andererseits wieder kann gerade eine rechtzeitige entschlossene Darstellung militärischer Schlagkraft den Frieden erhalten. Er fährt wörtlich fort: Die politische Führung muß daher eine Spannungszeit voll beherrschen können und ihren Verlauf als ein politisches Führungsmittel einzusetzen verstehen. Beide zitierten Sätze sind nur im Zusammenhang zu lesen; einzeln könnten falsche Schlüsse gezogen werden. Den von mir zitierten Ansichten des Offiziers kann durchaus zugestimmt werden.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kreitmeyer.

Reinhold Kreitmeyer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001210, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, teilen Sie mit mir die Meinung, daß sich z. B. gerade aus der Anfrage des Herrn Kollegen Sänger in der heutigen Fragestunde die Notwendigkeit ergibt, in der Öffentlichkeit breiter und weiter als bisher, nicht nur in der Bundesrepublik, sondern auch bei den NATO-Partnern, dafür zu sorgen, daß die Darstellung der Abwehrkraft - wie im Falle Dänemark, den das zitierte Beispiel betraf - tatsächlich der Erhöhung der Abschreckung und damit der Erhaltung des Friedens dient?

Not found (Staatssekretär:in)

Daß die Verstärkung der militärischen Anstrengungen eine Erhöhung der Abschreckungskraft bedeutet und damit der Erhaltung des Friedens dient, dürfte unbestritten sein.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kreitmeyer.

Reinhold Kreitmeyer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001210, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Darf ich noch einmal ergänzend fragen: nicht nur eine Verstärkung der militärischen Anstrengungen, sondern insgesamt der Aufklärung der gesamten Bevölkerung, weil man heute nicht mehr allein die militärischen Anstrengungen sehen darf, sondern auch die Bereitschaft der ganzen Bevölkerung sehen muß?

Not found (Staatssekretär:in)

Darin sind wir uns einig.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Frage XI/8 - der Frau Abgeordneten Dr. Diemer-Nicolaus -: Worauf ist es zurückzuführen, daß jetzt fast täglich Düsenjäger über Stuttgart die Schallmauer durchbrechen, sogar an Pfingsten und am 17. Juni?

Not found (Staatssekretär:in)

Mit Beginn der guten Wetterlage hat naturgemäß der Flugbetrieb in der deutschen Luftwaffe sowie den europäischen NATO-Luftwaffen zugenommen. Der durch die Wintermonate angelaufene Nachholbedarf an Ausbildungsflügen muß während der Sommermonate gedeckt werden. Hinzu kommt die laufende Umrüstung der westlichen Luftwaffen, auf supersonische Flugzeuge. Zum Ausbildungsprogramm der Flugzeugführer dieser Typen gehören u. a. Überschallflüge. Daß die Flugzeugknalle in Stuttgart vernommen wurden, bedeutet jedoch nicht, daß die Flugzeuge auch tatsächlich die Stadt überflogen haben müssen, da sich die Schallschleppe je nach Wetterlage bis zu 40 km beiderseits des Flugweges ausbreitet und nicht nur während des Durchgangs durch die Schallmauer, sondern während des ganzen Überschallfluges auftritt. Es ist also nicht richtig, anzunehmen, daß die Flugzeuge stets über Stuttgart die Schallmauer durchbrechen. Während der Pfingstfeiertage und am 17. Juni 1965 war für die deutsche Luftwaffe grundsätzlich Flugruhe befohlen worden. Die europäischen NATO-Luftwaffen wurden über die deutschen Feiertage unterrichtet und in einem besonderen Fernschreiben auf den 17. Juni, den Tag der Deutschen Einheit, der in diesem Jahr mit dem Fronleichnamsfest zusammengefallen ist, hingewiesen, Die Flugzeugknalle an diesen Tagen können daher nur durch ausländische NATO-Luftfahrzeuge im Einsatz für die Luftverteidigung der Bundesrepublik ausgelöst worden sein.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Dr. Diemer-Nicolaus.

Dr. Emmy Diemer-Nicolaus (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000387, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, wenn ich Ihnen jetzt sage, daß ich selbst in Stuttgart wohne, dort diesen ganz ungewöhnlichen Düsenlärm gehört und gesehen habe, daß diese Flugzeuge an den Feiertagen über Stuttgart, das Sperrgebiet ist, geflogen sind, sind Sie dann bereit, dieser Angelegenheit nachzugehen und dafür Sorge zu tragen, daß das nicht wieder vorkommt?

Not found (Staatssekretär:in)

Ich bin gern bereit, noch einmal nachzufragen, ob weitere Meldungen über den Flugbetrieb an diesen Tagen vorliegen. Im Moment kann ich über die Ihnen gegebene Antwort nicht hinausgehen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Dr. Diemer-Nicolaus.

Dr. Emmy Diemer-Nicolaus (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000387, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, wären Sie bereit, dafür Sorge zu tragen, daß das Sperrgebiet, das den Ballungsraum Stuttgart umfaßt, in Zukunft beachtet wird, wie das früher der Fall war?

Not found (Staatssekretär:in)

Ich habe keinen Anlaß, anzunehmen, daß die Sperrgebiete nicht beachtet werden.

Dr. Emmy Diemer-Nicolaus (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000387, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Auch nicht auf Grund dessen, was ich Ihnen vorhin sagte?

Not found (Staatssekretär:in)

Ich sagte Ihnen schon, gnädige Frau, wie weit der Knall beim Überschallflug zu hören ist.

Dr. Emmy Diemer-Nicolaus (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000387, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Ich habe aber die Flugzeuge gesehen.

Not found (Staatssekretär:in)

Dann haben Sie sehr gute Augen, gnädige Frau, muß ich sagen; denn die fliegen sehr hoch.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Die Frage XI/9 -der Frau Abgeordneten Dr, Diemer-Nicolaus: Ist es richtig, daß Beschwerden über Düsenjägerlärm nur dann nachgegangen wird, wenn die Anzeigeerstatter auch den Flugzeugtyp angeben können?

Not found (Staatssekretär:in)

Wenn aus den Beschwerden hervorgeht, daß gegen Flugbetriebsbestimmungen verstoßen wurde, wird jeder Beschwerde nachgegangen. Die Untersuchung wird naturgemäß wesentlich erleichtert, je genauer die Angaben über Uhrzeit, Flugrichtung, Flughöhe, Flugzeugtyp 'und Kennzeichen sind.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine Zusatzfrage,

Dr. Emmy Diemer-Nicolaus (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000387, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, glauben Sie wirklich, daß ein normaler Bürger oder eine normale Bürgerin bei der großen Höhe dieser Düsenflugzeuge erkennen kann, um was für einen Flugzeugtyp es sich handelt, und die weiteren Angaben, (die Sie gewünscht haben, machen kann?

Not found (Staatssekretär:in)

Ich habe ja nur (gesagt, gnädige Frau, daß solche Angaben die Nachforschungen erleichtern. Es müssen nicht alle Angaben vorliegen. Es genügt, wenn irgendein Anhaltspunkt gegeben wird, beispielsweise die Uhrzeit oder ob es ein sehr hoch fliegendes oder ein niedrig fliegendes Flugzeug gewesen ist. Sie brauchen nicht alle die von mir angeführten Angaben zu machen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Eine weitere Frage, Frau Abgeordnete Dr. Diemer-Nicolaus.

Dr. Emmy Diemer-Nicolaus (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000387, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, darf ich dieser Antwort entnehmen, daß den Beschwerden auch dann nachgegangen wird, wenn nicht alle Einzelheiten angegeben wenden, daß also Uhrzeit und dergleichen Angaben genügen?

Not found (Staatssekretär:in)

Richtig, es wird allen Beschwerden nachgegangen, wenn gegen die Flugbestimmungen verstoßen worden ist. Es wird ihnen selbst dann nachgegangen, wenn Sie überhaupt keine Angaben machen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär. Wir sind am Ende der Fragestunde. Die weiteren Fragen werden schriftlich beantwortet. Ich rufe den Zusatzpunkt 1 auf: Beratung des Mündlichen Berichts ides Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes ({0}) zu dem Gesetz zur Änderung des Saatgutgesetzes ({1}) Berichterstatter ist der Herr Abgeordnete Seidl. Ich erteile ihm das Wort zu seinem Bericht.

Franz Seidl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002152, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu dem vom Bundestag am 25. Mai 1965 verabschiedeten Gesetz zur Änderung des Saatgutgesetzes hat der Bundesrat am 11. Juni 1965 die Anrufung des Vermittlungsausschusses beschlossen. Der Bundesrat hielt es für notwendig, daß in die Novelle eine Übergangsvorschrift eingefügt werde, die es ermögliche, bereits vor Inkrafttreten dieses Gesetzes importiertes Saatgut, das nach (den neuen Vorschriften nicht mehr angeboten werden dürfte, noch innerhalb einer angemessenen Frist in Verkehr zu bringen. Diese Übergangsvorschrift wurde für nötig gehalten, um die verfassungsmäßigen Bedenken nach Art. 14 des Grundgesetzes, mindestens aber rechtspolitische Bedenken auszuräumen. Der Vermittlungsausschuß hat dem Verlangen des Bundesrats entsprochen und in Art. 3 einen neuen Abs. 2 eingefügt, der noch eine befristete Verwertbarkeit des fraglichen Saatguts zuläßt, und zwar bis zum 30. September 1965. Allerdings darf dieses Saatgut nach Inkrafttreten des Gesetzes nur noch für nichtlandwirtschaftliche Zwecke in den Verkehr gebracht werden. Dabei darf ich hervorheben, daß die Übergangsvorschrift nicht nur für importiertes, sondern auch für das im Inland hergestellte Saatgut gilt. Namens des Vermittlungsausschusses darf ich dem Hohen Hause empfehlen, die vom Vermittlungsausschuß vorgeschlagene Ergänzung des Gesetzes anzunehmen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Erklärungen werden nicht abgegeben. Wir stimmen dann ab über den Antrag nach Drucksache IV/3704. Wer zuzustimmen wünscht, gebe bitte Zeichen. - Gegenprobe! - Einstimmig angenommen. Ich rufe auf den Zusatzpunkt 2: Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes ({0}) zu dem Gesetz über die Werbung auf dem Gebiete des Heilwesens ({1}). Berichterstatter ist der Herr Abgeordnete Dr. Schäfer. Ich erteile ihm das Wort zu seinem Bericht.

Dr. Friedrich Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001930, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf für den Vermittlungsausschuß hier folgenden Bericht erstatten: Die Bundesregierung hat am 24. Januar 1964 den Entwurf eines Gesetzes über die Werbung auf dem Gebiete des Heilwesens - Drucksache IV/1867 - dem Bundestag vorgelegt. Der Bundestag hat auf Grund des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Gesundheitswesen - Drucksache IV/3256 - am 20. Mai 1965 das Gesetz beschlossen. Der Bundesrat hat in seiner 283. Sitzung am 4. Juni 1965 beschlossen, den Vermittlungsausschuß anzurufen, und zwar in zehn Punkten. Der Vermittlungsausschuß hat sich in seiner Sitzung vom 30. Juni 1965 mit dem Vermittlungsbegehren befaßt. Der Vorschlag des Vermittlungsausschusses liegt heute dem Hohen Hause mit Drucksache IV/3705 zur Beschlußfassung vor. Im einzelnen darf ich in aller Kürze dazu folgendes bemerken: Bei dem Vorschlag zu § 9 handelt es sich nur um redaktionelle Klarstellungen. Der Vermittlungsausschuß folgt dem Vorschlag des Bundesrats, die Bestimmung des § 12 zu streichen, da die erforderlichen Maßnahmen auf Grund des allgemeinen Polizeirechts getroffen werden können. Einer Sonderbestimmung bedarf es nicht. Zu § 13 folgt der Vermittlungsausschuß dem Vorschlag des Bundesrates, das Wort „wissentlich" durch das Wort „vorsätzlich" zu ersetzen. Dadurch wird der Straftatbestand des § 13 wesentlich ausgedehnt. Würde man das Wort „wissentlich" stehenlassen, so würde es nur wenige Fälle geben, in denen nachgewiesen werden könnte, daß eine irreführende Werbung betrieben wird. Folgerichtig muß in § 14 Abs. 1 die Nr. 1 verselbständigt werden, wobei lediglich die fahrlässige Begehung des in § 13 aufgestellten Tatbestandes enthalten ist. Die fahrlässige Handlung des in § 13 enthaltenen Tatbestandes muß daher in einem besonderen Absatz eingefügt werden. Bezüglich der Geldbußen für Ordnungswidrigkeiten folgt der Vermittlungsausschuß dem Vorschlag des Bundesrates, indem in §§ 14, 16 und 17 jeweils in Abs. 2 die Zahl „10 000" durch die Zahl „50 000" und die Zahl „5000" durch die Zahl „25 000" ersetzt wird. Der Vermittlungsausschuß ist der Auffassung, daß die Möglichkeit gegeben sein muß, die Höhe der Geldbußen den einzelnen Fällen anzupassen. Zu § 38 a Abs. 2 war der Vermittlungsausschuß der Auffassung, daß für den Erlaß von Rechtsverordnungen die Zustimmung des Bundesrates erforderlich sei. Der Vermittlungsausschuß hat sich dann mit dem Inkrafttreten befaßt. Im Gesetzesbeschluß war der 1. Juli vorgesehen. Dieses Datum liegt bereits hinter uns. Andererseits sollte das Gesetz sehr schnell in Kraft treten, da die früheren Polizeiverordnungen außer Kraft getreten sind. Der Vermittlungsausschuß schlägt deshalb den 15. Juli vor. Zu § 4 des Gesetzentwurfs ist noch folgendes zu bemerken: Der Bundesrat hatte den Vermittlungsausschuß angerufen, um das Wort „und" durch „oder" zu ersetzen. Der Sachverhalt, um den es sich hier handelt, ist völlig klar: es sollen bei der Werbung nur Gutachten oder Zeugnisse veröffentlicht oder erwähnt werden dürfen, die von wissenschaftlich oder fachlich hierzu berufenen Personen erstattet worden sind. Alle anderen Gutachten oder Zeugnisse dürfen bei der Werbung nicht verwendet werden. Bei der Erwähnung von Gutachten und Zeugnissen von wissenschaftlich oder fachlich hierzu berufenen Personen müssen Name, Beruf und Wohnort des Gutachters oder Ausstellers des Zeugnisses sowie der Zeitpunkt der Ausstellung des Gutachtens oder Zeugnisses enthalten sein. Da dies mit hinreichender Klarheit in § 4 Nr. 1 zum Ausdruck kommt, wurde dem Anrufungsbegehren des Bundesrates nicht gefolgt. Ich darf namens des Vermittlungsausschusses dem Hohen Haus vorschlagen, der Drucksache IV/3705 zuzustimmen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Erklärungen werden nicht abgegeben. Wir stimmen über den Antrag auf Drucksache IV/3705 ab. Wer zustimmt, gebe bitte Zeichen. - Gegenprobe! - Einstimmige Annahme! Ich rufe den Zusatzpunkt 3 auf: Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes ({0}) zu dem Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte ({1}) ({2}). Berichterstatter ist Herr Minister Lemmer. Ich erteile ihm das Wort. Lemmer, Minister des Landes Nordrhein-Westfalen: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Deutsche Bundestag hat in seiner 187. Sitzung am 25. Mai 1965 den Entwurf eines Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte ({3}) angenommen. Das Gesetz bezweckt, ein modernes, die neuen technischen Entwicklungen berücksichtigendes Urheberrecht zu schaffen und darüber hinaus den Rechtsschutz der Urheber angemessen zu verstärken. Zu diesem Gesetz hat der Bundesrat in seiner 284. Sitzung am 11. Juni 1965 beschlossen, den Vermittlungsausschuß anzurufen. Zu den Änderungsvorschlägen des Vermittlungsausschusses, die Ihnen in der Bundestags-Drucksache IV/3706 vorliegen, darf ich folgendes bemerken. 1. Nach § 46 Abs. 4 des Gesetzes ist für die Vervielfältigung und Verbreitung der Werke, die in eine Sammlung für den Kirchen-, Schul- oder Unterrichtsgebrauch aufgenommen werden, dem Urheber eine angemessene Vergütung zu zahlen. Der Bundesrat hat demgegenüber verlangt, diese Vorschrift zu streichen, weil die Vergütungspflicht zu einer unerwünschten Verteuerung der Schulbücher führe. Es liegt im eigenen Interesse der Urheber und ihrer Werke, wenn diese in Schulbüchern eine weite Verbreitung erfahren. Die Aufnahme der Schulbücher stellt für die Werke nämlich eine Art von Etikettierung als anerkanntes Kulturgut dar. Landesminister Lemmer Die vorgesehene Vergütungspflicht würde im übrigen, weil sie die Verleger auf die vergütungsfreien älteren Werke abdrängt, das zeitgenössische Schrifttum benachteiligen. Aus diesen Gründen hat der Vermittlungsausschuß dem Begehren des Bundesrates entsprochen. 2. Nach § 47 Abs. 1 des Gesetzes sind Schulen berechtigt, Werke, die innerhalb einer Schulfunksendung gesendet werden, auf Bild- oder Tonträger aufzunehmen. Der Bundesrat hat hierzu beantragt, dieses Recht auszudehnen auf Einrichtungen der Lehrerbildung und der Lehrerfortbildung sowie auf Erziehungsheime der Jugendfürsorge, weil in diesen Einrichtungen das gleiche Bedürfnis für die Vervielfältigung wie in den Schulen bestehe. Die Interessenlage ist bei diesen Einrichtungen tatsächlich im wesentlichen dieselbe wie bei den Schulen. Der Vermittlungsausschuß hat daher dem Verlangen des Bundesrates zugestimmt. 3. Nach § 53 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes ist die öffentliche Wiedergabe eines Werkes zulässig, wenn u. a. die Teilnehmer ohne Entgelt zugelassen werden. Der Bundesrat hat verlangt, das Aufführungsrecht auszudehnen auf den Fall, daß „bei öffentlichen Schulveranstaltungen lediglich ein Beitrag zur Dekkung der Unkosten erhoben wird"; denn dieser Fall müsse der Veranstaltung gleichstehen, bei der kein Eintrittsgeld erhoben wird. Zwischen Veranstaltungen mit und ohne Eintrittsgeld sollte eine klare rechtliche Trennung bestehen. Wenn schon Unkostenbeiträge erhoben werden, erscheint es angemessen, daß diese auch die verhältnismäßig geringe Urhebervergütung decken. Der Vermittlungsausschuß hat deshalb dem Antrag des Bundesrates nicht entsprochen. 4. In § 54 Abs. 6 des Gesetzes ist im wesentlichen bestimmt, daß der Urheber eines Werkes gegen den Hersteller von Geräten, die u. a. zur Aufnahme von Funksendungen zum persönlichen Gebrauch geeignet sind, einen Anspruch auf Zahlung einer Vergütung hat für die durch die Veräußerung der Geräte geschaffene Möglichkeit, solche Aufnahmen vorzunehmen. Der Bundesrat hat beantragt, diese Bestimmung zu streichen. Zu dem Sinn dieser Vorschrift gehöre nämlich auch, daß die Geräte, die zu jenen Aufnahmen nicht verwendet werden, für die Endverbraucher frei von einer Vergütungslast sein sollen. Dies sei jedoch nach dieser Bestimmung nicht gewährleistet, weil auf der Einzelhandelsstufe für Geräte desselben Typs zwangsläufig ein einheitlicher Preis ohne Rücksicht auf die zu erwartende Verwendung gelten werde. Die vorgesehene Regelung ist sicherlich keine ideale Lösung. Sie ist jedoch diejenige, die am ehesten vertretbar ist. Wenn die Vergütungsfrage nicht diese Regelung erfahren würde, wäre ein weites Eindringen in die private Sphäre und eine Flut von Prozessen die Folge. Die Rechtsprechung würde sich im Laufe der Zeit wahrscheinlich ebenfalls zu demselben Ergebnis fortentwickeln. Aus diesen Gründen hat der Vermittlungsausschuß dem Verlangen des Bundesrates nicht zugestimmt. Nach § 47 Abs. 2 des Gesetzes sind die durch Schulen hergestellten Vervielfältigungsstücke von Schulfunksendungen spätestens am Ende des laufenden Schuljahres zu löschen, sofern nicht dem Urheber eine angemessene Vergütung gezahlt wird. Der Bundesrat hat hierzu für den Fall, daß die zuvor behandelte Vorschrift des § 54 Abs. 6 gestrichen wird, verlangt, daß die Löschungsfrist auf zwei Jahre ab Herstellung der Aufnahme verlängert wird, weil die vom Gesetz vorgesehene Frist im Hinblick auf die Lehr- und Ausbildungspläne zu kurz sei. Da § 54 Abs. 6, wie schon gesagt, beibehalten werden soll, ist dieser Antrag des Bundesrates gegenstandslos. Für den hier gegebenen Fall, daß § 54 Abs. 6 bestehenbleibt, hat der Bundesrat jedoch verlangt, die Vorschrift des § 47 über die Schulfunkaufnahmen durch Schulen insgesamt zu streichen. Die Schulen seien nämlich andernfalls benachteiligt; denn auch sie müßten die im Kaufpreis enthaltene Urheberrechtsgebühr zahlen, aber im Gegensatz zu privaten Gerätekäufern die Aufnahmen nach einer bestimmten Zeit löschen oder eine erneute Vergütung entrichten. Die Geräteanschaffungen durch Schulen fallen jedoch nicht unter § 54 Abs. 6, weil diese die Aufnahmen nicht zum persönlichen Gebrauch machen. Eine Streichung des § 47 hätte zur Folge, daß die Schulen zur Aufnahme von Schulfunksendungen die Erlaubnis der Urheber einholen müßten. Der Vermittlungsausschuß hat daher dem Antrag des Bundesrates nicht entsprochen. Namens des Vermittlungsausschusses darf ich das Hohe Haus bitten, diesen Vorschlägen zuzustimmen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Wir stimmen über den Antrag des Vermittlungsausschusses auf Drucksache IV/3706 ab. Erklärungen werden nicht abgegeben. Wer dem Antrag zustimmt, gebe bitte Zeichen. - Gegenprobe! - Ich kann einstimmige Annahme feststellen. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 4 auf: Beratung der Sammelübersicht 48 des Ausschusses für Petitionen ({0}) über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages zu Petitionen ({1}). Das Wort wird nicht gewünscht. Wir stimmen über den Antrag auf Drucksache IV/3698 ab, die in der Sammelübersicht enthaltenen Anträge anzunehmen. Wer zustimmt, gebe bitte Zeichen. - Gegenprobe! - Einstimmige Annahme. Ich darf diese Vorlage zum Anlaß nehmen, im Namen des Hauses den Mitgliedern des Petitionsausschusses für ihre hingebungsvolle Tätigkeit den Dank auszusprechen. ({2}) Es ist eine interfraktionelle Vereinbarung zustande gekommen, daß die Sitzung jetzt auf eine halbe Vizepräsident Dr. Dehler Stunde unterbrochen wird. Wir werden die Sitzung um 11 Uhr fortsetzen. ({3})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Die unterbrochene Sitzung wird fortgesetzt. Wir fahren fort bei Punkt 66: Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Mutterschutzgesetzes und der Reichsversicherungsordnung ({0}); a) Bericht des Haushaltsausschusses ({1}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung ({2}), b) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit ({3}) ({4}). ({5}) - Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Schellenberg.

Dr. Ernst Schellenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001954, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir hatten gestern erklärt, im Interesse des ganzen Hauses würden wir unsere Anträge schriftlich begründen und zu Protokoll geben. Nachdem Frau Kollegin Kalinke dennoch das Wort genommen hat, ist es notwendig geworden, unsere Anträge mündlich zu begründen. Wir werden uns dabei möglichst kurz fassen.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Memmel.

Linus Memmel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001466, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muß zunächst erklären, warum ich jetzt hier stehe. Ich habe mich gestern zu Wort gemeldet, während Herr Kollege Schellenberg sprach. Ich bin nicht mehr zum Zuge gekommen, weil es 17.30 Uhr war. Ich wollte gestern dem Kollegen Schellenberg für die Courtoisie danken, die er dem Hause gegenüber erwies, indem er auf die Begründung seiner Anträge verzichtete. Ich weiß dies wohl zu würdigen und zu schätzen. Ich bin auch dankbar, Herr Kollege Schellenberg, daß Sie gestern namentliche Abstimmung beantragt haben. Jetzt aber höre ich, daß Sie das wieder rückgängig machen. Ich muß schon sagen: Es berührt mich etwas merkwürdig, daß ein Wort von Ihnen nicht einmal vierundzwanzig Stunden Bestand hat. ({0}) Ich glaube also, Herr Schellenberg, daß Ihr Slogan „sicher ist sicher" bei Ihnen nicht so gut aufgehoben ist, wenn sich bei Ihnen innerhalb vierundzwanzig Stunden schon wieder etwas ändert. ({1}) Nun zum Verfahren selbst. Ich bin dankbar, daß man jetzt bei dieser Gelegenheit wenigstens einmal vorbingen kann, wie es überhaupt zu dieser Geschichte kam. Sie wissen alle, meine Damen und Herren, daß wir am Mittwoch vor acht Tagen in einem Kraftakt sondergleichen die Reglung dieser Materie abgelehnt haben. Dabei ist das Pikante an der Geschichte, daß das nur mit Ihrer Hilfe, d. h. durch eine Unterlassung Ihrerseits zustande gekommen ist, weil etwa 30 oder 40 Kollegen von Ihnen draußen waren. Bei der nächsten Abstimmung war das Ergebnis, wenn Sie sich an den vorigen Mittwoch erinnern wollen, ja ganz anders. ({2}) Nachdem wir in der vorigen Woche diese Geschichte in einem Kraftakt sondergleichen erledigt hatten, hat der Herr Kollege Schellenberg in einer Sondersitzung, die am Montag dieser Woche stattfand und die von 11 Uhr vormittags bis nachts 12 Uhr gedauert hat, eine neue Situation geschaffen. Das ist zumindest etwas ungewöhnlich. Ich durfte zwei Stunden Gast bei Ihnen sein, Herr Kollege Schellenberg. In dieser Sitzung hat man beschlossen, die Änderungen des Mutterschutzgesetzes zu verbinden mit einer Änderung der Reichsversicherungsordnung, nämlich in bezug auf die Einkommensgrenzen bei der gesetzlichen Krankenversicherung. Nun, muß ich sagen, ist das Verfahren schon etwas merkwürdig, wenn man die Leute, die für das Mutterschutzgesetz sind - und ich bin dafür -, deshalb, weil sie dafür sind, zwingen will, zuzustimmen, daß auch das, was das Plenum in einer Gesamtabstimmung abgelehnt hat, durch die Hintertür einer Beratung des Sozialpolitischen Ausschusses am Montagabend wieder hineinkommt. ({3}) Ich meine, schon allein deswegen, Herr Kollege Schellenberg, kann man nicht auf die Debatte hier verzichten, damit die Dinge in der Öffentlichkeit einmal klargestellt werden.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Meine Damen und Herren, es liegen zwei Wortmeldungen aus der SPD-Fraktion vor, von Herrn Braun und von Herrn Dr. Mommer. Wer will zuerst sprechen? - Herr Dr. Mommer.

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001529, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will nur ein paar Worte zum Verfahren sagen. Gestern hat Herr Professor Schellenberg angekündigt, daß wir auf Begründung verzichten und diese Begründung zu Protokoll geben wollten. Das geschah in einer bestimmten Situation angesichts der Reden, ich hätte beinahe gesagt Obstruktionsreden, die unsere Kollegin Frau Kalinke gehalten hat. ({0}) Es war ein Vorschlag, ({1}) es war das Bestreben, die Wirkung dieser Reden zu überspielen. Wir sind heute in einer anderen Situation und können heute in knappster Form, so, wie es sich gehört, das sagen, was unbedingt zu sagen ist. Weiterhin habe ich gestern nach der Sitzung sehr beachtenswerte Einwände dagegen gehört, Begründungen zu Anträgen zu Protokoll zu geben. Diese Einwände sind in der Tat begründet; denn derjenige, der anderer Meinung ist, müßte erst nachlesen, was da niedergeschrieben ist, und dann seinerseits auch etwas zu Protokoll geben. In einem Parlament muß nun einmal geredet werden. Das ist ein normales Verfahren. Die Diskussion darf nicht durch Schriftstücke ausgetragen werden. Bemühen wir uns doch jetzt gemeinsam, mit der Vorlage durchzukommen, indem wir kürzere Reden halten, als sie gestern gehalten worden sind. ({2})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Meine Damen und Herren, wir stehen immer noch in der Diskussion über die Anträge unter den Ziffern 1 und 3 auf Umdruck 722 *). - Das Wort hat der Abgeordnete Braun.

Josef Braun (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000252, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident, ich möchte außer den Anträgen unter den Ziffern 1 und 3 auch noch die Anträge unter den Ziffern 4, 5 und 6 begründen. ({0})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Erst einmal bitte ich Sie, ins Mikrophon zu sprechen. Ich verstehe Sie sonst nicht, und auch das Haus kann Sie nicht verstehen. Ich bin der Auffassung, daß wir punktweise vorgehen müssen. Wenn Sie zu den weiteren Ziffern sprechen wollen, so bitte ich Sie, das zu einem späteren Zeitpunkt zu tun. Wenn Sie aber zu diesem Punkt sprechen wollen, bitte sehr. - Meine Damen und Herren, wird zu den Anträgen auf Umdruck 722 unter den Ziffern 1 und 3 noch das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich schlage Ihnen vor, daß wir nach der Vorlage ziffernweise abstimmen, zuerst über die nicht umstrittenen Ziffern 1 und 2. ({0}) - Wollen Sie zu Ziffer 1 noch das Wort? ({1}) - Selbstverständlich. Ich werde bei jedem Punkt fragen, wer zu sprechen wünscht. Ich habe nicht die Absicht, das Recht der Mitglieder des Hauses auf Begründung der Anträge zu verkürzen. Wir stimmen zuerst über die unumstrittenen Ziffern 1 und 2 ab. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Es ist so beschlossen. ({2}) *) Siehe Anlage 2 - Es muß ein Irrtum vorgekommen sein. Herr Kollege Stingl, wenn Sie das aufklären wollen, bitte sehr. ({3})

Prof. Dr. h. c. Josef Stingl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002252, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der Abstimmung ist der Irrtum entstanden, es werde jetzt über die Ziffern 1 und 2 des Umdrucks 722 abgestimmt.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Nein, es wurde abgestimmt über die Nrn. 1 und 2 der Ausschußvorlage, und denen müssen wir zustimmen. ({0}) Das haben die meisten Mitglieder des Hauses auch erkannt; denn es ergab sich eine große Mehrheit, und das kann nur sein, wenn man über die Ausschußvorlage abstimmt. Ich lasse noch einmal über die Nrn. 1 und 2 der Ausschußvorlage abstimmen, die, soweit ich bisher gehört habe, nicht umstritten sind. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? - Sogar einstimmig angenommen. Nunmehr kommen wir zu dem Antrag der Fraktion der SPD Umdruck 722 Ziffer 1, worüber wir gestern ausführlich diskutiert haben. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Mit Mehrheit abgelehnt. Dann kommen wir zu Nr. 3 der Ausschußfassung. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei zahlreichen Enthaltungen und einigen Gegenstimmen angenommen. Ich rufe nunmehr die Nr. 4 und damit zugleich den Antrag Umdruck 722 Ziffer 2 auf. Soll er begründet werden? - Herr Abgeordneter Braun!

Josef Braun (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000252, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident, gestatten Sie mir bitte, jetzt auch die Ziffern 4, 5, 6, 11, 13 und 14 auf Umdruck 722 zu begründen.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Bitte sehr!

Josef Braun (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000252, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei Ziffer 2 unseres Änderungsantrages auf Umdruck 722 zu Art. 1 Nr. 4 der Ausschußvorlage, betreffend § 4, handelt es sich ebenfalls um eine Frage des Beschäftigungsverbotes, hier aber konkret des Verbots der Beschäftigung bei Akkord- und Fließbandarbeiten. In der bisher geltenden Ordnung war dieses Verbot bereits enthalten, leider aber mit einer Ausnahmebestimmung versehen. Wir haben darum in unserer Vorlage, die wir 1962 eingebracht haben, das generelle Verbot der Akkord- und Fließbandarbeit beantragt, weil sich durch die Ausnahmebestimmungen des jetzt geltenden Rechts Schwierigkeiten in der Auslegung erBraun geben haben. Leider ist nun in der Vorlage der CDU/CSU und der FDP, die wir heute behandeln, wiederum eine Ausnahmebestimmung enthalten, die dahin geht: „wenn die Art der Arbeit und das Arbeitstempo eine Beeinträchtigung der Gesundheit von Mutter oder Kind nicht befürchten lassen". Wir sind der Meinung, daß Akkordarbeit und das Arbeitstempo bestimmende Fließbandarbeit nun einmal eine Arbeit ist, die eine Anstrengung bedeutet, und die vage Ausnahmebestimmung, wenn sich Schädigungen „nicht befürchten" ließen, ist für uns so ausdehnbar, daß wir darum bitten, auf diese Ausnahmebestimmung, die Sie in die Vorlage mit hineingebracht haben, zu verzichten, das generelle Verbot von Akkord- und Fließbandarbeit auszusprechen und deshalb in § 4 Abs. 3 die Sätze 2 und 3 zu streichen. Soweit die sachliche Begründung. Wir befürchten also, daß mit jeder, aber auch mit jeder Ausnahme wieder einer Ausnahme wieder einer Ausdehnung Tür und Tor geöffnet und Mütter wiederum möglicherweise über ihre Kräfte hinaus zum Schaden ihrer Gesundheit und zum Schaden des zukünftigen Kindes beschäftigt werden. Bei Ziffer 5 geht es uns darum, daß nach dem bisher geltenden Recht in § 8 eine weitere Ausnahmebestimmung liegt, die die Mehrarbeit, Nacht- und Sonntagsarbeit betrifft. Es geht uns darum, auch diese Bestimmung zu streichen. Es handelt sich dabei um Abs. 3 Buchstabe b des geltenden Rechts, in dem nämlich für die Landwirtschaft eine Ausnahme für die Nachtarbeit, und zwar für das Melken von Vieh ab 5 Uhr früh, vorgesehen ist. Wir sind der Meinung, daß man in Gesetzen zum Schutz der Mutter nicht Ausnahmen machen sollte, die nicht mehr nötig sind. In sachlicher Beratung dieses Punktes wurde festgestellt, daß diese Ausnahme nicht gerechtfertigt ist und daß das Vieh auch um 6 Uhr gemolken werden kann. Die Technik hat viele Fortschritte gemacht. ({0}) - Meine Damen und Herren! Es handelt sich um unselbständig Beschäftigte und nicht um Bäuerinnen, die als Selbständige im Betrieb arbeiten. Wir bitten Sie, unserem Antrag zu folgen und diese Ausnahmebestimmung zu streichen. Die sachliche Begründung unseres Kollegen Frehsee gebe ich hier außerdem noch zusätzlich zu Protokoll. Ich begründe jetzt Ziffer 4 unseres Antrages auf Umdruck 722. Dabei geht es ebenfalls um eine Ausnahme, nämlich um die Mehrarbeit in der Landwirtschaft. Wir sind der Meinung, daß für die Landwirtschaft keine Ausnahmen für Mehrarbeitsbestimmungen notwendig sind, und bitten Sie darum, in § 8 Abs. 2 Buchstabe a die Worte „und den in der Landwirtschaft Beschäftigten" zu streichen. Der Änderungsantrag unter Ziffer 6 des Umdrucks 722 betrifft die Ausnahmebestimmung für die in der Hauswirtschaft Beschäftigten. Diese haben nämlich bezüglich des Kündigungsschutzes nicht die gleichen Rechte wie alle anderen Arbeitnehmerinnen im schwangeren Zustande, für die generell ein absolutes Kündigungsverbot bis vier Monate nach der Niederkunft gilt. Für die in der Hauswirtschaft Tätigen gibt es hier eine Ausnahme. Mit dieser Frage hat sich die Internationale Arbeitsorganisation bereits in ihrer Empfehlung im Jahre 1952 beschäftigt. Darin wie in einem Übereinkommen empfiehlt die Internationale Arbeitsorganisation, keine Ausnahme mehr für eine Berufsgruppe beim Kündigungsschutz für Schwangere aufrechtzuerhalten. Im großen und ganzen haben sich später auch die Bundesrepublik und das Ministerium dafür ausgesprochen. Aber angeblich ist die Situation nicht so, daß man jetzt schon dazu übergehen könnte. Wenn es nur um die in der Hauswirtschaft Beschäftigten gehen würde, würden wir angesichts der Haltung der Mehrheit des Hauses diesen Punkt nicht wieder aufgegriffen haben. Aber in der Vorlage, über die heute abgestimmt werden soll, ist eine Erweiterung des Personenkreises vorgenommen worden. Danach kann nach fünf Monaten auch werdenden Müttern gekündigt werden, die im Familienhaushalt mit pflegerischen und erzieherischen Aufgaben beschäftigt sind. Es wird also praktisch nicht nur die Ausnahme nicht aufgehoben, sondern es wird auch noch der Personenkreis erweitert. Wir haben volles Verständnis für die Lage der Familien, in denen werdende Mütter beschäftigt sind. Hier haben wir es aber mit einem Arbeitsschutzgesetz zu tun; es geht um die werdende Mutter. Man muß doch auch die Belastung berücksichtigen, die den betreffenden Frauen dadurch erwächst, das sie nach fünf Monaten Schwangerschaft, also vier Monate vor der Niederkunft durch Kündigung ihren Arbeitsplatz verlassen müssen. Sie müssen sich dann um eine Wohnung bemühen. Nicht alle haben Eltern, bei denen sie unterkommen können. Darum sollte man wenigstens nicht noch den Kreis auf pflegerisch und erzieherisch tätige Kräfte erweitern. Aus diesen Gründen bitten wir darum, die in der Vorlage vorgesehene Ausweitung auf erzieherische und pflegerische Kräfte zu streichen. Der Änderungsantrag Ziffer 11 des Umdrucks 722 befaßt sich mit dem § 196 RVO. Darin ist glücklicherweise die Vorsorgeuntersuchung festgelegt; es ist aber leider keine bestimmte Zahl angegeben. Die Sachverständigen sind der Meinung, daß bis zu 12 Vorsorgeuntersuchungen - außer der Feststellung der Schwangerschaft und der späteren Nachuntersuchung - zweckmäßig wären. Wir machen Ihnen den Vorschlag, einzufügen, daß mindestens fünf Vorsorgeuntersuchungen stattfinden sollen. Wir sind nicht der Meinung, daß es nur fünf sein sollen; es sollten mindestens fünf sein. Das hätte dann auch eine bestimmte Wirkung: es würde an die werdende Mutter appelliert, diese Möglichkeit wahrzunehmen. Im Interesse der Sache bitten wir Sie, diese Einfügung dadurch zu unterstützen, daß Sie den Änderungsantrag annehmen. Der Änderungsantrag Ziffer 13 des Umdrucks 722 betrifft den § 200 d. Er regelt die Erstattung der Aufwendungen für das Mutterschaftsgeld nach den §§ 200 a und 200 b. Danach soll den Kassen nur der Betrag erstattet werden, der 150 DM übersteigt. Wir sind der Auffassung, daß die Belastung durch das Mutterschaftsgeld nicht eine Angelegenheit der Krankenkassen ist, sondern daß der Bund für diese Beträge aufkommen muß. Wir bitten Sie, die Übernahme des Gesamtbetrages durch den Bund zu beschließen, also die Worte „soweit es den Betrag von 150 Deutsche Mark für den Entbindungsfall übersteigt" zu streichen. Wir bitten Sie, unter Berücksichtigung der Situation der Krankenkassen unserem Änderungsantrag zu folgen. Bei Ziffer 14 des Umdrucks 722 handelt es sich darum, die Streichung des § 205 d der Vorlage wieder aufzuheben. Hier geht es um die Erstattung des Geldes für die Entbindung an die Krankenkassen. Bisher waren 50 DM vorgesehen. Von Ihnen wurde die Streichung dieser 50 DM beschlossen, indem diese Leistung nicht wieder aufgenommen wurde. Wir wünschen, daß sie wieder aufgenommen wird, und zwar aus den gleichen Gründen, die ich eben nannte, und daß der Betrag auf 100 DM erhöht wird. Meine Damen und Herren, ich habe mich bewußt kurz gefaßt. Ich bitte Sie, in der Kürze nicht etwa ein Desinteresse zu sehen, sondern trotzdem den Ernst der Sache zu würdigen. Wir dramatisieren nicht, aber wir bagatellisieren auch nicht. Ich bitte Sie, unserem Antrag zuzustimmen. ({1})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Meine Damen und Herren, es sind jetzt eine Reihe von Ziffern des Umdrucks 722 begründet, das ist dankenswert. Einige Begründungen erfolgen schriftlich. Wir nehmen sie zu Protokoll.*) Ich schlage aber vor, daß wir in die Aussprache punktweise eintreten und nach Beendigung eines jeden Punktes abstimmen. Ich glaube, daß das die Arbeit erleichtert, ({0}) Zu Ziffer 2, über die jetzt diskutiert werden muß, hat sich der Abgeordnete Diebäcker gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.

Hermann Diebäcker (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000381, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Namen der CDU/CSU-Fraktion und, wie gestern vereinbart, auch im Namen der FDP-Fraktion bitte ich um Ablehnung des Antrags der SPD auf Umdruck 722 Ziffer 2. Wir sind der Auffassung, daß die Akkordarbeit und Fließbandarbeit für die schwangere Frau grundsätzlich - ich sage: grundsätzlich - verboten werden sollte. Aber keine Regel ohne berechtigte Ausnahme! Ich erinnere daran, daß wir mit dem Ausschuß eine ganze Reihe von Exkursionen in die praktische Wirtschaft unternommen und festgestellt haben, daß man in puncto Akkordarbeit und Fließbandarbeit nicht alles über einen Leisten schlagen kann. Es gibt Akkordarbeit, die sehr hohe Anforderungen an die Gesundheit stellt, und Akkordarbeit die diese Anforderungen nicht stellt. Wir sind der Auffassung, daß gewisse Ausnahmen von der Regel möglich sein müssen. Wir sind auch der Meinung, daß hierüber sachverständige Leute zu befinden haben sollten. Diese sind beim Gewerbeaufsichtsamt. Dort entscheiden nicht *) Siehe Anlagen 3, 4, 5 und 6 etwa Beamte, die von den medizinischen Dingen vielleicht keine genügende Ahnung haben, sondern die Gewerbeärzte, die diese Fragen sehr genau beurteilen können. Wir meinen also, daß man diese Ausnahmen zulassen sollte. Es kommt noch etwas hinzu, meine Damen und Herren von der SPD. Wir wollen mit diesem Gesetz die Vorsorgeuntersuchungen ganz besonders forcieren. Im Rahmen dieser Vorsorgeuntersuchungen könnte unter Umständen auch noch ganz individuell der Frau, die zur Vorsorgeuntersuchung kommt, gesagt werden: „Du darfst diese Arbeit nicht tun". Es kann also nichts passieren, was der Gesundheit von Mutter und Kind abträglich wäre. Gerade im Hinblick darauf bitte ich sehr darum, der Ausschußvorlage zu folgen und dem SPD-Antrag Ihre Zustimmung nicht zu geben. ({0})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Wird zu Ziffer 2 des SPD-Antrags auf Umdruck 722 noch ,das Wort gewünscht? - Das ist nicht ,der Fall. Dann lasse ich über den Antrag unter Ziffer 2 des Umdrucks 722 abstimmen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ,das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Mit Mehrheit abgelehnt. Ich lasse nunmehr über Nr. 4 in dier Fassung ,der Ausschußvorlage abstimmen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Es ist so beschlossen. Ich lasse über Nr. 6 der Ausschußvorlage abstimmen. Dazu liegen keine Änderungsanträge vor. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Es ist so beschlossen. Wir kommen nunmehr zu Nr. 6 der Ausschußvorlage und dem Antrag Umdruck 722 unter Ziffer 3. Er wurde bereits gestern begründet, und ,es wurde auch dazu Stellung genommen. Wünscht noch jemand hierzu das Wort? - Das ist nicht der Fall. Wer dem Antrag ,auf Umdruck 722 unter Ziffer 3 der Fraktion der SPD zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Mit Mehrheit abgelehnt. Wer nunmehr Nr. 6 der Ausschußvorlage zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Es ist so beschlossen. Ich rufe Nr. 7 der Ausschußvorlage auf. Änderungen dazu sind nicht beantragt. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um ,die Gegenprobe. - Es ist so beschlossen. Ich rufe Nr. 8 der Ausschußvorlage und die Änderungsanträge auf Umdruck 722 unter den Ziffern 4 und 5 auf. Beide Anträge sind schon begründet. Ich soll Sie aber darauf aufmerksam machen, daß in Ziffer 4 unter a) nur stehenbleiben soll: a) werden in Absatz 2 Buchstabe a die Worte „und den in der Landwirtschaft Beschäftigten" gestrichen. Vizepräsident Dr. Jaeger Alles weitere in dem Antrag der Fraktion der SPD fällt fort. Diese Fassung wird zur Grundlage der Beratung gemacht. Wünscht nun zu diesen Punkten noch jemand das Wort? - Bitte sehr.

Clemens Hesemann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000889, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens der CDU/CSU-Fraktion und auch der FDP-Fraktion darf ich Sie bitten, die Änderungsanträge Umdruck 722 Ziffern 4 und 5 abzulehnen. Die Gründe dafür sind folgende. In § 8 des bestehenden Mutterschutzgesetzes sind Ausnahmeregelungen getroffen worden. Diese Ausnahmeregelungen betreffen die Nachtarbeit, die Sonntagsarbeit und die Mehrarbeit. Für .die Landwirtschaft ist eine Ausnahme in § 8 Abs. 3 Buchstabe 'b enthalten, die lautet: „in der Landwirtschaft mit dem Melken von Vieh ab 5 Uhr." Wir meinen, daß diese Regelung auch heute noch sachgerecht und zutreffend ist. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß selbst dann, wenn die Anträge der SPD angenommen würden, die Unterschiede zwischen Landwirtschaft und Industrie in der Arbeitsmöglichkeit und in der Arbeitssituation bleiben würden. Gerade diese Bestimmung in § 8 Abs. 3 Buchstabe b zeigt das eindeutig. Jeder weiß, daß Vieh auch am Sonntag gefüttert werden muß und daß die Milchtiere auch am Sonntag gemolken werden müssen. Darauf bezieht sich diese Regelung. Sie besagt, daß in der Landwirtschaft ab 5 Uhr die Melkarbeit geleistet werden darf. Ich frage Sie, meine Damen und Herren, ob jemand glaubt, daß es eine Verbesserung wäre, wenn diese Bestimmung aufgehoben würde. Das Gegenteil wäre der Fall. Denn wer will annehmen, daß die Melkarbeit im Sommer in der Frühe des Tages nicht besser und leichter für Vieh und Mensch geleistet werden kann als am Vormittag in der Sonne und in der Hitze? Das wäre eine Quälerei für Mensch und Tier. Diese Regelung ist also schon sinnvoll, auch in der Gegenwart, wo die menschliche Arbeit durch Melkmaschinen und Absaugvorrichtungen in den Ställen außerordentlich erleichtert worden ist. Ich bin also der Meinung, daß dieser Antrag der Sache nicht dient und der ländlichen Bevölkerung, auch der arbeitenden 'Bevölkerung, nicht gerecht wird. Ich bitte Sie aus diesen Gründen, die beiden Anträge auf Umdruck 722 unter den Ziffern 4 und 5 abzulehnen. ({0})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Bitte sehr, Herr Abgeordneter Frehsee!

Heinz Frehsee (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000576, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich würde es sehr bedauern, die Betroffenen würden es sehr bedauern, wenn das Hohe Haus mit Mehrheit dem Herrn Kollegen Hesemann folgte und diese beiden Anträge ablehnte. Wir schaffen nun also Mutterschutz, Schutz für die werdende und für die stillende Mutter, und der soll nicht für alle in gleicher Weise gelten. Es wird Ausnahmerecht für die Landarbeiterinnen geschaffen. Sie werden diskriminiert. Es soll ihnen das Recht, das für andere geschaffen wird - aus guten Gründen doch - vorenthalten werden. ({0}) Diese Ausnahmebestimmungen sind 1952 in das Gesetz gekommen. Sie waren damals genauso wenig gerechtfertigt, wie sie es jetzt sind. ({1}) Übrigens hat das Ganze weitgehend theoretische und keine praktische Bedeutung. So rückständig ist unsere Landwirtschaft nämlich gar nicht mehr, wie das hier dargestellt wird. ({2}) Fast jeder landwirtschaftliche Betrieb hat heutzutage eine Melkmaschine. Das Melken ist gar nicht mehr eine ausgesprochene Frauenarbeit, wie das früher der Fall war. Es gibt also keine Veranlassung, für die Landarbeiterinnen eine Ausnahme von diesem allgemeinen Nachtarbeitsverbot zu schaffen, wie Sie das hier vorhaben. ({3}) Es liegt anders herum auch im wohlverstandenen Interesse der Landwirtschaft, wenn wir endlich die Gleichstellung im Arbeits- und Sozialrecht für die land- und forstwirtschaftlichen Arbeitnehmer vollziehen. Wir haben große Fortschritte auf diesem Gebiet erzielt. Aber im Mutterschutzrecht bestehen zwei solche diskriminierenden Ausnahmebestimmungen, die nicht mehr zeitgemäß sind, die sachlich nicht notwendig und nicht gerechtfertigt sind. Es ist auch nicht gerechtfertigt, die Arbeitszeit für Landarbeiterinnen im Mutterschutzrecht auf neun Stunden täglich und auf 102 Stunden im Zeitraum von 14 Tagen festzulegen, während die Höchstzeit für andere werdende Mütter auf 81/2 Stunden täglich und auf 90 Stunden in zwei Wochen begrenzt ist. Es gibt keinen plausiblen, keinen überzeugenden und keinen sachlichen Grund, diese Ausnahmebestimmungen im Mutterschutzgesetz beizubehalten. Ich bitte Sie, den Anträgen der SPD auf Umdruck 722 unter den Ziffern 4 und 5 zuzustimmen. ({4})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Wird weiter das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich lasse zuerst über Ziffer 4 des Umdrucks 722 abstimmen. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe! - Mit Mehrheit abgelehnt. Ich lasse nunmehr über Ziffer 5 des gleichen Umdrucks abstimmen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe! - Mit Mehrheit abgelehnt. Ich lasse nunmehr über Nr. 8 der Ausschußvorlage abstimmen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe! - Mit Mehrheit angenommen. Ich rufe nunmehr Nr. 9 der Ausschußvorlage auf, zu der kein Änderungsantrag gestellt ist. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. Vizepräsident Dr. Jaeger - Ich bitte um die Gegenprobe! - Es ist so beschlossen. Ich rufe Nr. 10 .auf, dazu den Änderungsantrag Umdruck 722 Ziffer 6. Wird er begründet? -({0}) Der Antrag ist bereits begründet. - Das Wort hat der Abgeordnete Deneke.

Prof. Dr. h. c. J.F. Volrad Deneke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000372, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe die Ehre, für die Fraktion der Freien Demokraten und zugleich auch namens der CDU/CSU-Fraktion Sie zu bitten, den Antrag der SPD Ziffer 6 abzulehnen. Wir sind der Auffassung, daß es richtig, ist, wenn keine Unterschiede zwischen den im Familienhaushalt Tätigen gemacht werden. Die Ausschußfassung dient der Gleichbehandlung und dient der Klarstellung. Ich bitte, gleich auch zu Ziffer 11 des Antrags der SPD sprechen zu dürfen. Es handelt sich um den Antrag der SPD, mindestens fünf Untersuchungen einzuführen. Auch hier darf ich im Namen sowohl der Freien Demokraten als auch der CDU/CSU-Fraktion bitten, den Antrag abzulehnen. Wir sind der Auffassung, daß die Ausschußfassung der Wirklichkeit besser gerecht wird, weil sie keinen Schematismus aufkommen läßt, die Zahl der Untersuchungen vielmehr der vertrauensvollen Besprechung mit dem Arzt und dem Urteil des Arztes überläßt. Daher bitte ich auch diesen Antrag abzulehnen. ({0})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Wird hierzu das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich lasse abstimmen über Ziffer 6 des Antrags der Fraktion der SPD Umdruck 722. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Mit Mehrheit abgelehnt. Ich lasse nun abstimmen über Nr. 10 in der Ausschußfassung. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Mit Mehrheit angenommen. Dann kommen - ohne Änderungsanträge - die Nrn. 11, - 12, - 13, - 14, - 15, - 16, - 17, -18,- 19,-20,-21,-22,-23,-24,-25,26. Keine Änderungsanträge, keine Wortmeldungen. Wer den aufgerufenen Nummern der Ausschußvorlage zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Es ist so beschlossen. Ich lasse nunmehr über Art. 1, wie vorhin im einzelnen beschlossen, abstimmen. Wer Art. 1 im ganzen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Es ist so beschlossen. Wir kommen zu Art. 2. Dazu liegen eine Reihe von Änderungsanträgen vor, die vor den hier in der Ausschußvorlage aufgeführten Artikeln neue Nummern einführen wollen. Das sind die Änderungsanträge Umdruck 722 Ziffern 7, 8, 9 und 10. Es ist des weiteren der Änderungsantrag der Fraktion der FDP Umdruck 725 *) und der Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU Umdruck 728**) mit sämtlichen vier Ziffern. Das ist also jetzt aufgerufen. Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Schellenberg.

Dr. Ernst Schellenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001954, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zur Straffung der Arbeit darf ich unsere Änderungsanträge Umdruck 722 Ziffern 7, 8, 9, 10, 15, 16 und 17 zusammen begründen. Die letzten Tage, meine Damen und Herren, haben der Öffentlichkeit wiederum deutlich gemacht, daß die CDU/CSU-Fraktion in grundlegenden Fragen der Sozialpolitik heillos zerstritten ist. ({0}) Erstens. Am Mittwoch vergangener Woche erklärte hier der Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU, Herr Kollege Dr. Barzel, es solle auf keinen Fall von diesem Bundestag die Versicherungspflichtgrenze mehr geregelt werden. Erste Aussage! Zweitens. Gegen den erbitterten Widerstand des Herrn Bundesarbeitsministers haben auch CDU-Abgeordnete im Ausschuß für Sozialpolitik für eine Erhöhung der Versicherungspflichtgrenze auf 900 DM gestimmt. ({1}) - Es wurden im Laufe der Verhandlungen immer mehr, als Sie fortgegangen waren, weil Sie zu spät gekommen waren, Herr Memmel. Drittens. Die CDU/CSU hat insbesondere durch ihren Fraktionsgeschäftsführer mit Hilfe von Geschäftsordnungstricks alles versucht, zu verhindern, daß die Beschlüsse des Ausschusses für Sozialpolitik zur Abstimmung im Plenum kommen. ({2}) Man hat sich bemüht, durch in der Sache überholte Verweisungen auf Überweisungsanträge an den Gesundheitsausschuß und an den Haushaltsausschuß die Ausschußbeschlüsse zu Fall zu bringen.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Herr Abgeordneter Schellenberg, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Kalinke?

Dr. Ernst Schellenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001954, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Nein. Ich möchte nämlich als vierten Punkt die gestrige Obstruktionsrede von Frau Kollegin Kalinke erwähnen, von der bisher niemand weiß, ob sie für die Fraktion, für Gruppen der Fraktion oder als Einzelperson gesprochen hat. Fünftens. Nun wird uns in diesem Augenblick ein CDU/CSU-Antrag auf den Tisch gelegt, die Versicherungspflichtgrenze auf 810 DM monatlich festzusetzen. Meine Damen und Herren, ein solcher Antrag kann doch nur Erstaunen hervorrufen. Vor *) Siehe Anlage 7 **) Siehe Anlage 8 mehr als zwei Jahren, nämlich am 13. Juni 1963, hatte eine Sonderkommission der CDU unter Vorsitz des Herrn Bundeswirtschaftsministers Schmücker bereits eine Erhöhung der Versicherungspflichtgrenze auf 850 DM vorgeschlagen, die in der Zwischenzeit doch wohl überholt sein dürfte. ({0}) Meine Damen und Herren, dies zeigt - darüber können auch Ihre Zwischenrufe nicht hinwegtäuschen - die ganze Verworrenheit der CDU auf dem Gebiete der Sozialpolitik. Sie ist nicht mehr zu überbieten. ({1}) Nun zu den Anträgen Ziffern '7 und 8! Erstens. Niemand kann bestreiten, daß die Sozialdemokraten stets dafür eingetreten sind, daß die Teilnahme an einer modernen Krankenversicherung nicht durch unzeitgemäße Versicherungspflichtgrenzen unmöglich gemacht wird. Bis vor kurzem haben die Mehrheit dieses Hauses und die Bundesregierung versucht, die Frage der Versicherungspflichtgrenze mit Formen der Kostenbeteiligung direkter und indirekter Art zu koppeln. Das war allein für uns der Grund, von uns aus in der Frage der Versicherungspflichtgrenze nicht aktiv zu werden. Wir lehnen eine solche Koppelung und Kostenbeteiligungen der verschiedenen Art mit Nachdruck ab. ({2}) Erstmalig hat sich am Mittwoch vergangener Woche in der Geschäftsordnungsdebatte durch die offizielle Erklärung des Herrn Kollegen Mischnick eine neue Situation ergeben. Es zeigte sich, daß jedenfalls eine Fraktion für diese Legislaturperiode nicht mehr an der Koppelung von Versicherungspflicht und Kostenbeteiligung festhält. Damit war für die Sozialdemokraten der Weg frei, die Erhöhung der Versicherungspflichtgrenze voranzubringen. ({3}) Um auch Herrn Kollegen Memmel ein Wort zu sagen: wenn es bei der Abstimmung zur Tagesordnung ({4}) - am letzten Mittwoch - unterschiedliche Meinungen gab, so auch deshalb, weil sich verschiedene Mitglieder meiner Fraktion nicht von einer gleichzeitig stattfindenden Protestkundgebung öffentlich-rechtlicher Körperschaften unter Druck setzen lassen wollten. ({5}) Hinzu kommt, meine Damen und Herren, ({6}) daß auf dieser Kundgebung Abgeordneten aller Fraktionen das Wort verweigert wurde. Das war der Grund für einzelne meiner Kollegen, zu sagen: So kann. man nicht mit uns verfahren. Dies ändert aber nichts an unserer Stellungnahme zur Sache. Wir haben alles getan, um die Sachentscheidung herbeizuführen. Wir wußten, Herr Kollege Memmel, daß es noch zu einer Sitzung des Sozialpolitischen Ausschusses wegen des Mutterschutzes kommt, und wir beabsichtigten, dann die Frage der Versicherungspflicht zur Entscheidung zu bringen. Was wollen wir mit unseren Anträgen zur Versicherungspflichtgrenze erreichen? Wir beantragen, genauso, wie es im Ausschuß beschlossen, die Versicherungspflichtgrenze auch für Angestellte auf 900 DM monatlich festzusetzen. Es ist bekannt, daß wir grundsätzlich eine höhere Versicherungspflichtgrenze erstreben. Aus den Beratungen im Ausschuß für Sozialpolitik ergibt sich aber, daß in dieser Legislaturperiode keine Aussicht mehr besteht, das zu erreichen. Wir halten es für besser, die seit 1957 unverändert gebliebene Versicherungs-, Beitrags- und Leistungsgrenze wenigstens in gewissem Ausmaß heraufzusetzen, als in diesem Bundestag überhaupt nichts mehr in dieser Hinsicht zu tun. Nun zu dem Hinweis der Frau Kollegin Kalinke von gestern, die Versicherungspflicht habe doch nichts mit der Vorlage zu tun, die hier beraten werde. Der von uns vor drei Jahren eingebrachte Gesetzentwurf war ein Entwurf für ein Änderungsgesetz zum Mutterschutzgesetz. Da hätte man Änderungen der RVO schlecht unterbringen können. Jetzt aber wird eine Vorlage der Regierungsparteien beraten, die die Überschrift trägt: „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Mutterschutzgesetzes und der Reichsversicherungsordnung". ({7}) Damit, meine Damen und Herren, haben Sie selbst den Weg geöffnet, Fragen der Reichsversicherungsordnung zum Gegenstand der Abstimmung im Plenum zu machen. ({8}) Nach ,der Entscheidung, die gestern getroffen wurde, Vorsorgemaßnahmen für Mütter außerhalb der sozialen Krankenversicherung nicht mehr bundesgesetzlich zu regeln, ist die Gewährung von Mutterschaftshilfe für einen erweiterten Personenkreis lediglich im Rahmen der Krankenversicherung möglich. Deshalb dient unser Antrag zur Erweiterung des Personenkreises u. a. auch der Verbesserung der Mutterschaftshilfe. Das wollte ich klarstellen. Nun zu einem weiteren Punkt. Wir beantragen unter Ziffer 10 Buchstabe a, das Krankengeld vom Beginn der siebten Woche an je nach Familienstand auf 75 bis 85 % des Bruttolohns oder -gehalts zu erhöhen. Selbstverständlich soll .dieses Krankengeld - darüber waren wir uns im Ausschuß einig - niemals 100 % des Nettolohns oder -gehalts überschreiten. Durch eine solche Regelung wird langfristig Kranken gedient. Dazu können 'auch Mütter gehören, wenn sie wegen Komplikationen in der Schwangerschaft oder nach der Entbindung langfristig erkranken. Im übrigen ist eine solche Leistungsverbesserung -die Erhöhung des Krankengeldes für langfristig Erkrankte - auch 'deshalb geboten, weil die Mehreinnahmen, die sich .aus der Erhöhung der Versicherungspflicht- und Beitragsbemessungsgrenze ergeben, auch den langfristig erkrankten Versicherten zugute kommen sollten. En weiterer Gesichtspunkt. Bei den Beratungen im Ausschuß für Sozialpolitik waren sich alle Fraktionen darüber einig, daß in diesem Bundestag leider keine Regelung über die Lohnfortzahlung, die wir Sozialdemokraten auf arbeitsrechtlicher Grundlage ohne Koppelung mit anderen Dingen für erforderlich halten, mehr erreicht werden kann. Deshalb muß aber in den Gesetzentwurf eine Bestimmung eingefügt werden, die eine Lohnfortzahlung nicht erschwert. Das würde aber eintreten, wenn die Arbeitgeber um mehr als 500 Millionen DM bei ihrem Zuschuß zum Krankengeld für die Arbeiter entlastet werden. Deshalb - diese Meinung fand im Ausschuß die überwältigende Mehrheit - muß die in unserem Antrag Ziffer 10 Buchstabe b vorgeschlagene Regelung in das Gesetz eingefügt werden. Anderenfalls wird - um ,es noch einmal zu unterstreichen - eine spätere gesetzliche Regelung der Lohnfortzahlung erschwert. Nun zum Schluß. Selbstverständlich bedeutet die Annahme unserer Anträge keine Neuregelung der Krankenversicherung. Sie führt noch nicht einmal zu einer Teilreform. Die Neuregelung der Krankenversicherung bleibt dem nächsten Bundestag überlassien. Unsere Anträge enthalten aber wichtige, Vorschaltregelungen. Sie ergeben sich zwingend aus der wirtschaftlichen Dynamik bei einer der seit 1957 unverändert gebliebenen Versicherungspflicht- und Beitragsbemessungsgrenze. Unsere Anträge dienen den Versicherten und ihren Familien auch hinsichtlich der Mutterschaftshilfe. Meine Damen und Herren, damit die Karten offen auf den Tisch gelegt werden, stelle ich auch heute den Antrag auf namentliche Abstimmung über unsere Änderungsanträge Umdruck 722 Ziffern 7 und 10. ({9})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Ruf.

Thomas Ruf (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001901, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich weigere mich, zu dieser Stunde, am letzten Tag der Legislaturperiode, in unserer letzten Sitzung näher auf die Frage einzugehen, wer von den Geschäftsordnungstricks in diesem Hause mehr oder weniger Gebrauch gemacht hat. ({0}) Es ist immerhin merkwürdig, daß ausgerechnet die SPD im Januar 1964 dafür gesorgt hat, daß die Reform der Krankenversicherung von der Tagesordnung abgesetzt wurde. ({1}) Und jetzt setzt sie im Sozialpolitischen Ausschuß diese Krankenversicherungsreform, die sie doch so stark bekämpft hat, wiederum auf die Tagesordnung, nicht um die Reform durchzuführen, sondern nur, um ein Teilproblem herauszuziehen. ({2}) Es ist doch merkwürdig: Der Sozialpolitische Ausschuß hat beschlossen; es liegt ein Schriftlicher Bericht vor; er ist noch nicht gedruckt, aber immerhin sind Sie im Bilde. ({3}) - Keine Frage, Herr Professor Schellenberg. Bitte lassen Sie mich reden. Wir können miteinander diskutieren, und, Herr Professor Schellenberg, wir Sozialpolitiker wollen doch auch in dieser Stunde noch einmal beweisen, daß wir sachlich, ruhig, nüchtern und unpolemisch miteinander diskutieren könden. ({4}) Damit komme ich zur Sache. Ich darf Ihnen sagen, was es bedeuten würde, wenn Sie entsprechend dem Antrag der SPD die Versicherungspflichtgrenze, die gleichzeitig Beitragsbemessungsgrenze ist, auf 900 DM erhöhten. Eine Versicherungspflichtgrenze von 900 DM monatlich würde zwar der gesetzlichen Krankenversicherung nach zuverlässigen Schätzungen Mehreinnahmen in Höhe von etwa 2,3 Milliarden DM bringen. Von diesen 2,3 Milliarden DM würden aber sofort mindestens 1 Milliarde DM dadurch aufgebraucht werden, daß mit diesen Grenzen eine ganze Reihe von Leistungen gekoppelt ist. Was bedeutet das im einzelnen? Sie muten bei einer Erhöhung der Versicherungspflichtgrenze für Arbeiter - und damit gleichzeitig der Beitragsbemessungsgrenze - den Arbeitern eine Erhöhung des Beitrags um bis zu 12 DM monatlich zu. Wir haben 3,8 Millionen Arbeiter, die mehr als 900 DM im Monat verdienen. Diese 3,8 Millionen Arbeiter müßten 12 DM monatlich mehr bezahlen. Ich darf Sie daran erinnern, welches Geschrei es seinerzeit auf Ihrer Seite gegeben hat, als der Bundesarbeitsminister es einmal gewagt hat, den Arbeitnehmern eine Kostenbeteiligung in Höhe von 60 DM im Jahr zuzumuten. Und Sie wollen jetzt eine Erhöhung des Beitrags um 12 DM monatlich als eine gewisse Bagatelle ansehen, die man hinnehmen kann! ({5}) Ein Teil der Angestellten würde zwar entlastet werden, nämlich die Angestellten, deren Einkommen zwischen 660 und 900 DM liegt - sie würden dadurch entlastet werden, daß sie in Zukunft den Arbeitgeberanteil bekämen -, aber den Angestellten, die mehr als 900 DM verdienen - es sind erfreulicherweise immerhin ca. 4 Millionen Angestellte -, würden Sie eine Beitragserhöhung um 16,80 DM monatlich zumuten. Sind Sie sich darüber überhaupt im klaren? Haben Sie sich diese Zahlen einmal vergegenwärtigt? Es ist gar nicht schwierig, diese Zahlen nachzuprüfen. Für die Arbeitgeber, für die lohnintensiven Betriebe würde bei einer Versicherungspflichtgrenze von 900 DM eine zusätzliche Belastung von 1,3 Milliarden DM entstehen. Nun, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben Ihnen hier einen Antrag unterbreitet, der eine maßvolle Erhöhung der Versicherungspflichtgrenze nicht auf 900 DM, sondern auf 810 DM monatlich vorsieht. ({6}) - Ich will das begründen. Worum geht es denn eigentlich? Machen Sie doch keine große Geschichte daraus. Man könnte meinen, es ginge hier um eine große Weltanschauungsfrage. Dabei geht es um ein gewöhnliches Finanzproblem. Wir kennen die finanzielle Situation der gesetzlichen Krankenversicherung. Sie ist nicht rosig, sie ist nicht gut. Sie ist aber auch nicht so schlecht, wie sie manchmal hingestellt wird. Zu einer Panikmache besteht keinerlei Anlaß. Auch das möchte ich hier einmal ganz ausdrücklich sagen. Immerhin, ich muß zugeben, daß eine ganze Reihe von Kassen sich angesichts der angespannten Finanzlage genötigt sehen, in nächster Zeit ihre Beiträge zu erhöhen, wenn ihnen nicht anderweit zusätzliche Einnahmen zufließen. ({7}) - Das muß man zugeben. Es geht also nur um dieses Finanzproblem: wie kann man dafür sorgen, daß diese Beitragserhöhung, die unter Umständen nötig ist, vermieden wird? Deswegen schlagen wir Ihnen monatlich 810 DM und nicht 900 DM vor. Alle anderen Zahlen ergeben sich von selber aus dem Antrag. Ich brauche das im einzelnen nicht zu begründen. Ich bitte Sie, den Antrag der SPD, die Versicherungspflichtgrenze auf 900 DM zu erhöhen, aus den von mir genannten Gründen abzulehnen und dem Antrag der CDU/ CSU-Fraktion zuzustimmen. ({8})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat Frau Abgeordnete Kalinke. ({0}) - Es ist noch eine ganze Reihe von Wortmeldungen da.

Margot Kalinke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001058, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Damit der Kollege Schellenberg ganz klar sieht, erstens: Kein Punkt meiner Ausführungen steht im Gegensatz zu dem, was mein Kollege Ruf im Namen unserer Fraktion für uns alle gemeinsam gesagt hat. Zweitens: Der Kollege Ruf hat sich geweigert, hier zu einem Punkt etwas zu sagen, zu dem wir Mitglieder des Sozialpolitischen Auschusses allerdings Veranlassung hätten, mancherlei aufzurechnen. Das tue auch ich in dieser Stunde nicht. Aber in der Weise, wie die Geschäftsordnung nicht nur gehandhabt, sondern gelegentlich so gebraucht worden ist, daß es der Arbeit nicht immer nützlich war, haben Sie in den letzten Wochen und Monaten im Sozialpolitischen Ausschuß Höchstleistungen vollbracht. ({0}) - Ich habe nur eine geringe Leistung dessen vollbracht, was Sie uns vorexerziert haben. ({1}) Aber ich habe von dem Recht Gebrauch gemacht, das jeder Parlamentarier in diesem Hause hat, und von der Verpflichtung - das möchte ich ausdrücklich sagen -, eine Sache gründlich zu behandeln und sich nicht im Eilzugtempo der letzten Stunden in der Form vor der Öffentlichkeit darzustellen, wie das hier geschehen ist. ({2}) Ich weise mit Entschiedenheit - wenn Sie es wissen wollen, wahrscheinlich für die große Mehrheit meiner Fraktion - zurück, was Sie hier damit zum Ausdruck bringen wollten, nämlich die Vorstellung, als gäbe es in unserer Fraktion lauter schwankende Gestalten, wenn es um solche Fragen der Versicherungsgrenze und der Beitragsbemessungsgrenze, also um die Grundsatzfragen der Sozialpolitik geht. ({3}) - Ich bin nur am Montag nicht dabei gewesen, als zwei Kollegen eine andere Meinung vertreten haben. Das halte ich für kein Unglück, Herr Killat. Sie brauchen sich dessen ,gar nicht zu rühmen. In unserer Fraktion können zwei Kollegen, auch fünf, eine andere Meinung vertreten. ({4}) Das ist das gute Recht in der Fraktion der CDU/CSU. Wir haben keinen Fraktionszwang. ({5}) - Auch wenn Sie - ({6})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, so höflich zu sein, die Rednerin aussprechen zu lassen.

Margot Kalinke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001058, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sie haben sich hier darüber erregt und haben einige Behauptungen aufgestellt, die nicht unwidersprochen bleiben dürfen, weil ja leider die breite Öffentlichkeit von diesen Problemen eben doch nicht den großen Zusammenhang erfahren kann, weil leider unsere Journalisten in sozialpolitischen Fragen überfordert werden, wenn wir hier so diskutieren müssen. ({0}) Sie haben der CDU/CSU-Fraktion vorgeworfen, sie verlange heute weniger als vor zwei Jahren, als der Schmücker-Ausschuß einen Kompromißvorschlag von 850 DM gemacht habe. Meine Damen und Herren von der SPD, es gibt keinen in unserer Fraktion, der nicht bereit sein würde, diesen 850 DM zuzustimmen, wenn wir heute über die Krankenversiche10014 rungsreform und andere Zusammenhänge sprechen und dazu die nötigen Beschlüsse fassen könnten. ({1}) Das tun wir aber nicht. Ich bedanke mich dafür, daß Herr Professor Schellenberg hier zwei Dinge klargestellt hat, nämlich einmal, daß die sozialdemokratische Fraktion aus taktischen oder sonstigen Erwägungen gestern und heute diesen Antrag zur Erhöhung der Versicherungspflichtgrenze mit dem Mutterschutzgesetz und mit Wochenhilfeleistungen verkoppelt hat, obwohl sie im Grunde unverändert den umfassenden Versicherungszwang haben will. Zu der anderen Feststellung, die meine Freunde von der FDP betrifft, kann ich nicht Stellung nehmen. Sie werden sich sicher selber wehren ({2}) und werden deutlich machen, wie Sie es mit der Kostenbeteiligung und mit der Selbstbeteiligung im Zusammenhang mit Versicherungszwang, Versicherungsberechtigung und auch einer gerechten Beitragsgestaltung halten. Ich glaube aber, sehr verehrter Herr Dr. Schellenberg, daß man so nicht diskutieren kann. Sie wollen heute eine sicher vernünftige Überlegung, die in der vergangenen Woche auch in den Reihen Ihrer Fraktion angestellt worden ist, nun, nachdem Sie gestern und heute eine andere Haltung einnehmen, so darstellen, als wäre das nur ein Protest gegen die Protestkundgebungen des VdAK gewesen. Hier muß ich als die Geschäftsführerin des VdAK - die in der Arbeit der Angestellten-Ersatzkassen in einer Zeit stand, als noch viele Leute aus Ihren Reihen gegen die Angestellten und gegen die Angestellten-Ersatzkassen waren - folgendes feststellen: Der VdAK ist keine Körperschaft des öffentlichen Rechts, sondern ein eingetragener Verein. ({3}) - Man kann sehr wohl sagen - Ihren Zuruf beantworte ich -, die Ersatzkassen sind das. Warum führe ich das jetzt aus? Ich finde diese Diskussionsform einfach unredlich, der CDU/CSU Vorwürfe zu machen, wobei jeder Informierte, nicht nur Sozialpolitiker, sondern jeder Informierte in unserem Volke weiß, wer die Mehrheit der Vorstandsmitglieder der Selbstverwaltungsorgane des VdAK sind und wo sie ihre politische Heimat haben. Wenn Sie also so operieren, dann dürfen Sie nicht böse sein, wenn wir Ihnen darauf antworten und sagen: so war es wahrscheinlich in der vorigen Woche nicht und so sollten Sie es auch nicht darstellen. ({4}) Sie haben weiter gesagt, die Sozialdemokratische Partei halte es für besser, etwas zu erreichen, wenn sie das Ganze nicht erreichen könne. Auch meine Freunde hielten es für besser, Ihnen, um die Arbeit des Ausschusses für Arbeit und die Entscheidungen im Mutterschutzgesetz nicht zu torpedieren, hier zu sagen: Wir sind bereit, ein Beispiel des guten Willens zu geben, obwohl wir der Meinung sind, die Kollege Ruf hier schon kurz vertreten hat, nämlich daß die Finanzkrise der Krankenversicherung, von der Sie sprechen und von der man nicht in dieser Form dramatisierend sprechen sollte, davon überhaupt nicht entscheidend berührt wird. Sie haben aber noch etwas gesagt, was draußen in der Diskussion immer wiederholt und von Nichtkennern der Materie falsch verstanden wird. Es wird fortgesetzt unterstellt: diejenigen, die Ihrer Diktion nicht folgen, wollten den Arbeitnehmern die Teilnahme an der gesetzlichen Krankenversicherung und ihren Vorzügen der Solidarhaftung, die sehr weitgehend sind, unmöglich machen. Das haben Sie auch heute wieder gesagt. In einigen Flugblättern steht zu lesen: Die Angestellten sollen den vollen Schutz der gesetzlichen Krankenversicherung nicht haben! Meine Damen und Herren von der SPD, den Schutz haben sie doch! Woher kämen sonst über die Hälfte aller Versicherten, nämlich die freiwillig Weiterversicherten bei den Angestellten-Ersatzkassen? Ja, es gibt sogar Angestellten-Ersatzkassen, die fast 90% freiwillig Weiterversicherte und nur noch knapp 10 % Pflichtversicherte haben, wie bei den Technikern und Werkmeistern, und wo man eine Fusion, die aus ganz anderen Gründen schon notwendig war, als die Versicherungspflichtgrenze bei 300 DM lag, nun mit dem Verhalten unserer Fraktion angreifen will. Schon vor Jahren verdienten die Werkmeister weit mehr - seit Jahren fehlt es dieser Kasse an Nachwuchs -, schon seit Jahren waren die Fusionsprobelme höchst aktuell! Diese Art zu diskutieren muß mit aller Entschiedenheit abgelehnt, ihr muß widersprochen werden. Man kann nicht mit einem sozial-ethischen oder moralischen Anspruch von Risiko- und Solidarhaftung sowie gegen jede Kostenbeteiligung sprechen, als wäre der Beitrag nicht auch ein Teil der Kosten und als wäre der Lohnanteil, den der Arbeitgeber zahlt, nicht auch etwas, was zu den Kosten gehört, ({5}) nämlich zu den Lohnnebenkosten. Hier soll auch noch folgendes gesagt werden. Wenn in der Protestkundgebung mit Lohnverhandlungen gedroht worden ist - sie werden ohnehin stattfinden -, dann sollten Sie deutlich machen, was das für die Preisentwicklung und für die Belastung unserer Arbeitnehmer und ihrer Familien in Wirklichkeit bedeutet. Ich möchte den Argumenten des Kollegen Ruf noch hinzufügen, daß die Behauptung, die jetzt in der Öffentlichkeit aufgestellt wird, die Beitragsgestaltung in der gesetzlichen Krankenversicherung, insbesondere bei den Angestellten-Ersatzkassen, sei durch die Entscheidung des Parlaments verzögert worden, einfach eine falsche Darstellung ist. Es lag seit Monaten, seit Jahr und Tag in der Hand der Selbstverwaltung - auch in Ihren Händen, Herr Kollege Killat -, eine vernünftige Beitragsgestaltung vor allem für die freiwillig Weiterversicherten vorzunehmen, und zwar nicht nur risikogerecht, sondern nach den Prinzipien der Solidarhaftung. Niemand wird Ihnen zugeben, daß es gerecht ist, wenn jemand, der 500 oder 600 DM verdient, 71/2% oder 10 % davon Beitrag zahlen muß, und jemand, der 1800 oder 2000 DM verdient, nur noch 2 % bezahlt. ({6}) - Ich werde mit Ihnen über diese Frage diskutieren, wenn wir über die Krankenversicherungsreform sprechen werden. Hier und heute muß aber gesagt werden: Ihr Antrag führt aus der Sackgasse der laufenden Kostensteigerungen bei der Krankenversicherung nicht heraus. Er könnte nur dann herausführen, wenn Sie die Beitragsbemessungsgrenze anders, und zwar vernünftiger und gerechter festsetzten. Lassen Sie mich nun hier noch etwas zitieren, was wir aus dem Munde Ihrer Freunde gehört haben. Wir haben gestern den Brief des Deutschen Gewerkschaftsbundes bekommen, in dem ganz deutlich gesagt wurde, daß das, was Sie heute wollen, nur für eine Übergangszeit bestehen wird. Sie werfen uns vor, daß wir einen Übergangsantrag gestellt hätten. Sie selber wollen einen Übergangsantrag stellen und dokumentieren uns das hier sehr deutlich. Ich kann Ihnen an dieser Stelle nur sagen, daß wir kein falsches Argument unwidersprochen hinnehmen werden, auch wenn Sie die dramatische Stimmung vor Toresschluß noch zu steigern beabsichtigen. ({7}) - Ich habe nicht die Absicht, etwas zu dramatisieren, auch nicht die Absicht, Fragen, die sachlich zu begründen sind und viele Seiten haben, unbesehen und ohne Prüfung hier zu entscheiden. Wir werden - jeder nach seiner Verantwortung - von der Verpflichtung, im Parlament auf klare Entscheidungen, aber auch auf klare Begründungen hinzuweisen, keinen Abstand nehmen, und deshalb werde ich mich hier so lange und so oft zu Wort melden, wie hier Behauptungen aufgestellt werden, die nicht unwidersprochen hingenommen werden können. ({8})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Mischnick.

Wolfgang Mischnick (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001512, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, es ist nicht möglich, einfach an der Frage vorüberzugehen, warum nun dieser etwas gezwungene Weg über die heutige Gesetzesvorlage genommen wurde, um das Problem der Versicherungspflichtgrenze noch zu lösen. Als am vergangenen Mittwoch der Antrag der Freien Demokraten zur Entscheidung stand, hatten wir ja das merkwürdige Bild, daß bei der Abstimmung im Plenum etwa Stimmengleichheit herrschte, was den Herrn Präsidenten veranlaßte, eine Auszählung vorzunehmen. Dann mußten wir zu unserer Überraschung feststellen, daß zwischen beiden Abstimmungen plötzlich ein Unterschied von etwa 60 Stimmen bestand. Ich habe noch nie erlebt, daß unser Präsidium bei einem Unterschied von 60 Stimmen sich über das Abstimmungsverhältnis im Zweifel war. ({0}) Aus den Zahlen, die wir dann hörten, war eindeutig zu spüren, daß offensichtlich auf dem Wege vom Saal nach draußen eine ganze Reihe Kollegen der SPD der Mut verlassen hatte, zu dem zu stehen, was man vorher im Plenum gesagt hatte, oder daß man zu der Überzeugung gekommen war, es sei vielleicht doch nicht gut, einem FDP-Antrag zuzustimmen. ({1})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Herr Abgeordneter Mischnick, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Mommer?

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001529, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Mischnick, halten Sie es für erstaunlich, daß einige Mitglieder der SPD-Fraktion sich von dem haben beeindrucken lassen, was der Präsident dieses Hauses vorher gesagt hatte: man solle nicht in letzter Minute noch versuchen, eine Reihe von Vorlagen hier durchzubringen? ({0})

Wolfgang Mischnick (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001512, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Kollege Mommer, ich halte es nicht für erstaunlich, daß sich einige Kollegen davon haben beeindrucken lassen. Ich halte es nur für erstaunlich, daß dieser Eindruck nicht beim Handaufheben, wohl aber beim Auszählen vorhanden war. Das ist der Unterschied, nichts anderes.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Gestatten Sie eine zweite Frage des Herrn Abgeordneten Dr. Mommer?

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001529, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Mischnick, ist es nicht eine Tatsache, daß Ihre Fraktion durch die Ablehnung ,des Vorschlages des Präsidenten dieses Hauses uns in ,die Lage hineingebracht hat, mit der wir jetzt noch zu tun haben?

Wolfgang Mischnick (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001512, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Kollege Mommer, es ist eben nicht so. ({0}) Ich darf nun noch einmal feststellen, daß im Ältestenrat schon entsprechend klargelegt worden war, unsere 'Fraktion würde noch keine Zustimmung geben können, bevor nicht eine Entscheidung gefallen sei. Wenn es nur diese Gesichtspunkte gewesen sein sollten, dann verstehe ich erst recht nicht, wieso Sie beim Mutterschutzgesetz den Antrag stellen, eine Änderung vorzunehmen. Das ist dann touch ein Abweichen von Ihrer Haltung gewiesen. ({1}) Ich erwähne das nur deshalb, weil der Kollege Schellenberg davon gesprochen hat - das widerspricht dem, was der Kollege Mommer erklärt hat -, man habe nicht zustimmen wollen, weil das so ausgesehen hätte, als hätte man unter diem Druck einer öffentlichen Veranstaltung gestanden. Ich verstehe einfach nicht, daß man hier versucht, nachdem man erst später erkannt hat, wie notwendig eine solche Änderung ist, den Fehler, den man gemacht hat, zu kaschieren. Man sollte zugeben: Man wollte bei der ersten Abstimmung eben nicht diem FDP-Antrag zum Erfolg verhelfen; dann hat man gespürt, daß man das in seinen ,eigenen Reihen nicht durchhalten kann. Das ist doch die Tatsache, und nichts anderes. ({2}) Warum ist es überhaupt notwendig, etwas zu tun? Mit Recht ist darauf hingewiesen worden: wir soll- ten nicht dramatisieren. Auf dier anderen Seite ist es aber unbestreitbar, daß eine Reihe von Ersatzkassen und Ortskrankenkassen in großen Schwierigkeiten sind. In einem Kommentar ist die Behauptung aufgestellt worden: Wenn jetzt die Kassen aus ihren finanziellen Schwierigkeiten entlassen werden, so wird in den nächsten Jahren niemand mehr an die längst fällige Reform denken. - Eine solche Behauptung ist einfach falsch. Bei der Veränderung der Versicherungspflichtgrenze geht es doch nicht darum, Grundsatzentscheidungen vorwegzunehmen oder ,die Lokomotive für eine Krankenversicherungsreform abzuhängen. Es sollen vielmehr schon jetzt die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, daß wir dm 5. Bundestag Zeit für eine gründliche Beratung haben. Nur wenn jetzt ,die Versicherungspflichtgrenze erhöht wind, werden wir für zwei oder zweieinhalb Jahre Ruhe haben, um die Krankenversicherungsreform beraten zu können. Wer nicht glaubt, daß dieser Zeitraum in Anspruch genommen wird, sollte einmal bedenken, was schon im vorigen Bundestag und im vorvorigen Bundestag dafür an Zeit ,aufgewandt worden ist. ({3}) Nun zu der Frage der Erhöhung! Hier werden 900 DM vorgeschlagen. Das entspricht genau dem Antrag, den wir am vorigen Mittwoch gestellt haben. Die CDU schlägt 810 DM vor. Herr Kollege Ruf hat ausgerechnet, welche Belastung aus dem Vorschlag 900 DM für den Arbeiter entstehen würde. Er hat als höchste Summe 12 DM genannt. Rechnerisch ist das durchaus richtig. Wenn Sie aber die Mehrbelastung feststellen wollen, müssen Sie natürlich fairerweise hinzusetzen, daß Ihr Antrag 7,50 DM ausmacht. Der Unterschied beträgt also - wenn überhaupt darüber geredet werden soll - 4,50 DM, nicht 12 DM. Auch das müßte man also nüchtern feststellen. Es ist ja nicht so, daß der Erhöhung bis zu 12 DM bzw. bis zu 750 DM keine Gegenleistung gegenüberstünde. Es wird immer verkannt, daß die Nachteile dieser Beitragsbemessungsgrenze für die Versicherten darin bestehen, daß sie, wenn sie lange krank sind, nach 6 Wochen ihr Krankengeld nur von den 660 DM berechnet erhalten. Durch die Heraufsetzung der Pflichtgrenze auf 900 DM erreichen wir, daß gerade für diejenigen, die lange krank sind - das war doch ein Ziel der Krankenversicherungsreform der Koalitionsparteien, gerade denjenigen zu helfen, die lange krank sind -, im Falle einer langwierigen Krankheit eine erhebliche Verbesserung der Krankengeldleistung eintritt. Deshalb haben wir uns entschlossen, auf 900 DM zu gehen und nicht auf 810 DM. Man hat die Frage gestellt: Bedeutet ein solches Vorziehen das Über-Bord-Werfen sämtlicher Reformgedanken? Herr Kollege Schellenberg hat völlig richtig zitiert, wir haben erklärt: Mit dieser Änderung der Versicherungspflichtgrenze wollen wir keinerlei andere grundsätzliche Änderung verbinden. Das bezieht sich auf die heutige Entscheidung. Selbstverständlich werden wir im nächsten Bundestag zu prüfen halben, welche grundsätzlichen Veränderungen - nicht zuletzt auf Grund der Erkenntnisse aus der Sozialenquete - in der Krankenversicherung erfolgen müssen. Aber die Erklärung, daß wir das nicht verbinden wollen, hatten wir am vorigen Mittwoch abgegeben, und es wäre keine Schwierigkeit gewesen, sofort entsprechend zu handeln, statt erst acht Tage später daraus die Konsequenzen zu ziehen. ({4}) Noch ein weiterer Punkt! Es wird gesagt, daß die Belastungen auch für die Arbeitgeberseite zu hoch würden. Es ist doch unbestritten, daß, wenn keine Änderung der Versicherungspflichtgrenze erfolgt, Belastungen durch Beitragserhöhungen entstehen. Diese Beitragserhöhungen müssen selbstverständlich mit einbezogen werden, wenn man vergleicht, ob die Belastung 0 DM oder 12 DM oder 7,50 DM betragen wird. Zusätzliche Belastungen für Arbeiter, Angestellte und Arbeitgeber sind auf jeden Fall zu erwarten, sei es durch die Beitragserhöhung, sei es durch Änderung der Pflichtgrenze und der Beitragsbemessungsgrenze. Nur eines sollte dabei nicht verkannt werden: erhöhen wir die Versicherungspflichtgrenze nicht, werden wir bei einer ganzen Reihe von Kassen in die Situation kommen, daß 11 % Beitrag nur überschritten werden können, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich einig sind. Wenn das nicht erfolgt, müssen entweder freiwillige Leistungen abgebaut werden - das will niemand -, oder es wird praktisch der Garantieträger eintreten müssen, der Kreis, die Stadt, der Betrieb oder wer auch immer. Wollen wir, daß die Garantieträger in den nächsten Monaten bemüht werden, nur weil wir nicht den Mut gehabt haben, hier diese partielle Entscheidung zu treffen? ({5}) Wir sind deshalb der Überzeugung, daß es richtig ist, diesen Schritt zu tun - auf 900 DM zu gehen -, damit Schwierigkeiten zu vermeiden, die unumgänglichen Belastungen einigermaßen gleichmäßig zu verteilen und nicht die Gefahr heraufzubeschwören, daß insbesondere Ersatzkassen auf Grund ihrer mißlichen Lage ihre Arbeit einstellen oder Fusionierungen vornehmen müssen. Es ist bestritten worden, daß das so ist. Wir wissen es von zweien, daß es schon geschehen ist. Weitere werden folgen. Da wir Anhänger des gegliederten Versicherungssystems sind, werden wir uns gegen alles wehren, was dieser Gliederung im Wege stehen oder die Gliederung erschweren könnte. Eine solche Erschwerung würde durch Nichtanhebung der Beitragsbemessungsgrenze und der Pflichtgrenze eintreten.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Herr Abgeordneter Mischnick, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Frau Kalinke?

Wolfgang Mischnick (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001512, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Bitte sehr.

Margot Kalinke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001058, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Mischnick, ist Ihnen bekannt, daß die Werkmeisterkasse schon Schwierigkeiten hatte, als die Einkommensgrenze 300 DM betrug und das Einkommen der Werkmeister schon damals weit darüber lag, und daß schon damals - das liegt Jahre zurück - das Problem der Fusion eine Rolle gespielt hat? Sind Sie nicht der Meinung, daß Sie Ihre Aussage revidieren sollten, daß Ersatzkassen deshalb fusionieren müßten oder pleite seien, weil die Versicherungspflichtgrenze nicht erhöht sei? ({0})

Wolfgang Mischnick (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001512, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Ich bin nicht bereit, diese Bemerkung zurückzunehmen, weil die Situation, die uns von den verschiedensten Seiten dargestellt worden ist, leider so ist, wie ich es gesagt habe, und nicht so, wie Sie es sich wünschen, Frau Kalinke. Das ist der Unterschied. Die Tatsachen sprechen dagegen. ({0}) Sie wissen ganz genau, daß wir nie zu denjenigen gehört haben und auch in der Zukunft nicht gehören werden, die einer Ausuferung der Versicherungspflichtgrenze das Wort reden. Aber was in dieser Situation erforderlich ist, um in Ruhe im nächsten Bundestag arbeiten zu können, das muß getan werden, und nicht mehr haben wir beantragt. ({1}) Eine letzte Bemerkung. Frau Kollegin Kalinke hat mit Recht davon gesprochen, daß der Gedanke des Solidaritätsprinzips natürlich nicht außer acht gelassen werden darf. Wenn ich nun aber die Berner-kung des Kollegen Ruf und die Bemerkung von Frau Kollegin Kalinke miteinander vergleiche, habe ich das Gefühl, daß hier zumindest ein kleiner Unterschied spürbar ist. Gerade wer sich zum Solidaritätsprinzip bekennt, muß jetzt der Erhöhung auf 900 DM zustimmen und darf nicht den Beziehern niedriger Einkommen durch eine ständige Steigerung der Beiträge eine über Gebühr hohe Belastung zumuten. ({2}) Wir bitten deshalb, dem Antrag zuzustimmen, die Grenze auf 900 DM festzusetzen, und freuen uns, daß die SPD unserem Vorschlag gefolgt ist. ({3})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Schellenberg.

Dr. Ernst Schellenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001954, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nur wenige Bemerkungen. Es ist hier auf die Handhabung der Geschäftsordnung hingewiesen worden. Wir sind uns alle darüber einig, daß es das Recht jedes einzelnen und jeder Fraktion ist, sich voll der Geschäftsordnung zu bedienen. Aber das Entscheidende ist folgendes: Wir haben die Geschäftsordnung benutzt, um die sozialen Rechte der Versicherten noch in dieser Legislaturperiode besser zu sichern. Sie von der CDU haben die Geschäftsordnung angewandt, um mit den Resten Ihres „Sozialpakets" in dieser oder jener Form noch in der Zukunft lavieren zu können. Das ist der politische Unterschied. Nun zu den Zahlen von Herrn Kollegen Ruf und Frau Kollegin Kalinke. Ich danke Herrn Kollegen Mischnick für einige Erläuterungen. In der Tat ist Ihr Zahlenmaterial, Herr Kollege Ruf - ich muß es sagen -, eine Milchmädchenrechnung. Wenn nämlich die Versicherungspflichtgrenze hinter der wirtschaftlichen Entwicklung zurückbleibt, müssen in der Krankenversicherung die Beiträge steigen. Sie sind von 6,5 % des Lohnes im Jahre 1956/57 auf gegenwärtig 9,8 % des Lohnes gestiegen, ({0}) - aus vielen Gründen, aber sie sind gestiegen. Sie sind auch für Angestellte von 5,6 % auf im Durchschnitt jetzt 7,5 % gestiegen. ({1}) Deshalb, weil eine Disharmonie zwischen der Lohn- und Gehaltsentwicklung und der Beitragsbemessungsgrenze besteht. Es ist unbestreitbar, daß bei einem weiteren Festhalten an einer viel zu niedrigen Beitragsbemessungs- und Pflichtversicherungsgrenze weitere Beitragserhöhungen drohen. Eine Erhöhung der Grenze auf 900 DM kann dazu führen, daß jedenfalls eine Reihe von Kassen ihre gegenwärtigen Beiträge senken, und das wäre positiv. ({2}) - Jawohl, das werden einige Kassen tun. Ein weiterer Gesichtspunkt. Die heutige Grenze von 660 DM hat höchst unsoziale Auswirkungen, beispielsweise für Arbeiter mit niedrigen Löhnen. Ein Arbeiter, der 660 DM verdient, zahlt im Vergleich zu seinem Kollegen, der 990 DM verdient, einen in bezug auf sein Arbeitseinkommen um 50 % höheren Beitrag. Das ist eine unsoziale Wirkung, und die wollen wir nicht. ({3}) - Frau Kollegin Kalinke, Sie haben gestern schon das Haus sehr strapaziert. Ich möchte deshalb auf Ihre Fragen nicht antworten. ({4})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Es ist das Recht des Redners, Fragen abzulehnen.

Dr. Ernst Schellenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001954, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich möchte auf Ihre Frage nicht antworten. Wenn Sie sich gestern dem Hause gegenüber fair benommen hätten, hätte ich Ihnen selbstverständlich hier Rede und Antwort gestanden. ({0}) Eine weitere Wirkung der zu niedrigen Versicherungspflichtgrenze kennen Sie alle. Alle Angestellten, die über 660 DM verdienen - das ist die überwiegende Mehrheit aller Angestellten -, verlieren ihren Arbeitgeberanteil. Deshalb ist das Festhalten an der niedrigen Grenze unsozial. Auch eine Grenze von 810 DM entspricht doch in keiner Weise den wirtschaftlichen und sozialen Bedürfnissen. Im übrigen ist es für mich sehr erstaunlich, daß sich Herr Kollege Ruf und Frau Kollegin Kalinke mit ihrer starren Haltung zum Sprecher der sozialen Rechte der Versicherten machen wollen. Gut! Wir haben offizielle Stellungnahmen der beiden großen Gewerkschaften, des Deutschen Gewerkschaftsbundes und der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft, vorliegen. Beide Gewerkschaften haben sich einmütig für die vom Sozialpolitischen Ausschuß mit Mehrheit beschlossene Einkommens- und Beitragsgrenze von 900 DM ausgesprochen. ({1}) - Ich meine, daß die Repräsentanten der versicherten Bevölkerung die sozialen Bedürfnisse der Arbeiter und Angestellten besser zu würdigen wissen als Sie, Frau Kollegin Kalinke und Herr Ruf. ({2}) Nun wurde das Scheitern der Krankenversicherungsreform angesprochen. Es ist allgemein bekannt, daß wir nach einem endlosen Hin und Her erklärt haben: Die Ausschußberatungen sind nicht mehr sinnvoll. Wir haben dann den Ausschuß für den ersten Durchgang der Beratungen verlassen. Aber, Herr Kollege Ruf, hören Sie zu, was Sie damals uns zugerufen haben: „Dann machen wir es ohne die SPD." Was hat der Herr Bundesarbeitsminister laut Protokoll gerufen? „Das ist doch gut. Wollen wir mal sehen, wie schnell wir das Ding jetzt fertig haben." Damit meinte er die Krankenversicherungsreform. Die Regierungsparteien haben ihre Aufgabe nicht gelöst. Sie haben ihre Zielsetzungen nicht verwirklichen können. Sie waren zum zweiten Male auf dem Gebiete der Krankenversicherung unfähig, eine systematische Sozialpolitik zu betreiben. ({3})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Liegt noch eine Wortmeldung vor? Keine Wortmeldung mehr? - Frau Abgeordnete Kalinke, bitte! ({0})

Margot Kalinke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001058, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Ich werde die Antwort auf die Argumente des Kollegen Schellenberg - mit Genehmigung des Herrn Präsidenten - zu Protokoll geben, weil sie nicht unwidersprochen hingenommen werden können. ({0})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Haus ist bereit, das zu Protokoll zu nehmen*). Wer spricht jetzt noch? - Herr Abgeordneter Killat!

Arthur Killat (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001098, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da Frau Kollegin Kalinke die Gelegenheit wahrgenommen hat, eine ganze Reihe von Ausführungen zu machen, die besonders die Angestellten und ihre Ersatzkassen angehen, erlaube ich mir - mit Zustimmung des Herrn Präsidenten - gleichfalls eine Stellungnahme zu Protokoll zu geben. ({0})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Ich nehme auch diese Stellungnahme zu Protokoll. Meine Damen und Herren, wird noch das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann können wir jetzt zu den Abstimmungen über die aufgerufenen Bestimmungen kommen, die alle die Einfügung neuer Nummern vor der Nr. 1 des Art. 2 betreffen. Nach meiner Beurteilung der Lage - die Sozialpolitiker können mich verbessern - sind das erste die Anträge auf Umdruck 722 unter Ziffer 7 und auf Umdruck 728 unter Ziffer 1, die die gleiche Materie betreffen. Der Antrag auf Umdruck 722 unter Ziffer 7 scheint der weitergehende Antrag zu sein. ({0}) - Jawohl, das kommt gleich. Die Reihenfolge: wir werden also zuerst über den Antrag auf Umdruck 722 unter Ziffer 7 abstimmen. Das ist der Änderungsantrag der Fraktion der SPD, zu dem namentliche Abstimmung beantragt wird. Wird der Antrag unterstützt: Wer wünscht namentliche Abstimmung? - Das sind mehr als 50 Mitglieder des Hauses, wir werden also namentlich abstimmen. Ich gebe das Ergebnis der namentlichen Abstimmung bekannt. Mit Ja haben gestimmt 227 uneingeschränkt stimmberechtigte und 15 Berliner Abgeordnete, mit Nein 173 uneingeschränkt stimmberechtigte und 3 Berliner Abgeordnete, enthalten haben sich 3 uneingeschränkt stimmberechtigte Abgeordnete und kein Berliner Abgeordneter. Damit ist dieser Antrag angenommen. Ja CDU/CSU Dr. Arnold Berger Brück Exner Gottesleben Härzschel Hahn ({1}) Harnischfeger Heix Horn Katzer Klein ({2}) Krüger Mick Müller ({3}) Müller ({4}) *) Siehe Anlage 13 Vizepräsident Dr. Jaeger Rauhaus Schneider ({5}) Frau Stommel Teriete Varelmann Frau Welter ({6}) Winkelheide Dr. Wuermeling Wullenhaupt Berliner Abgeordnete Dr. Gradl Müller ({7}) SPD Anders Auge Bading Bäuerle Bäumer Bals Dr. Bechert Behrendt Bergmann Berlin Beuster Frau Beyer ({8}) Biegler Biermann Blachstein Dr. Bleiß Börner Dr. h. c. Brauer Bruse Büttner Corterier Frau Döhring Dopatka Frau Eilers Frau Dr. Elsner Dr. Eppler Erler Eschmann Faller Felder Figgen Flämig Folger Franke Dr. Frede Frau Freyh ({9}) Fritsch Geiger Gerlach Glombig Gscheidle Haage ({10}) Hamacher Hansing Hauffe Heide Dr. Dr. Heinemann Hellenbrock Frau Herklotz Hermsdorf Herold Hirsch Höhmann ({11}) Höhne Hörauf Frau Dr. Hubert Hübner ({12}) Hufnagel Hussong Iven ({13}) Jacobi ({14}) Jacobs Jahn Dr. h. c. Jaksch Jürgensen Junghans Junker Kaffka Kahn-Ackermann Kalbitzer Frau Kettig Frau Kipp-Kaule Könen ({15}) Koenen ({16}) Frau Korspeter Kraus Dr. Kreyssig Kriedemann Dr. Kübler Kulawig Kurlbaum Lange ({17}) Langebeck Lautenschlager Leber Lemper Lücke ({18}) Maibaum Marquardt Marx Matthöfer Matzner Frau Meermann Metter Dr. Meyer ({19}) Meyer ({20}) Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller Dr. Mommer Dr. Morgenstern Müller ({21}) Müller ({22}) Müller ({23}) Müller ({24}) Dr. Müller-Emmert Nellen Ohlemeyer Peiter Peters ({25}) Porzner Priebe Ravens Regling Reichhardt Dr. Reischl Reitz Frau Renger Riegel ({26}) Rohde Ross Frau Rudoll Saxowski Dr. Schäfer Frau Schanzenbach Scheuren Schlüter Dr. Schmid ({27}) Schmidt ({28}) Dr. Schmidt ({29}) Dr. Schmidt ({30}) Schmidt ({31}) Schmitt-Vockenhausen Schoettle Seibert Seidel ({32}) Seifriz Seither Frau Seppi Dr. Stammberger Steinhoff Stephan Striebeck Frau Strobel Dr. Tamblé Wehner Welke Welslau Weltner ({33}) Frau Wessel Berliner Abgeordnete Bartsch Frau Berger-Heise Frau Krappe Liehr ({34}) Frau Lösche Mattick Neumann ({35}) Dr. Seume Urban Wellmann FDP Dr. Achenbach Burckardt Busse Dr. Danz Dr. Dehler Frau Dr. Diemer-Nikolaus Dr, Dörinkel Dürr Dr. Effertz Dr. Emde Frau Funcke ({36}) Dr. Hamm ({37}) Hammersen Dr. Hellige Frau Dr. Heuser Dr. Hoven Dr. Imle Dr. Kohut Dr. Krümmer Kubitza Logemann Dr. Mälzig Mauk Mertes Dr. Miessner Moersch Freiherr von Mühlen Murr Ollesch Opitz Peters ({38}) Ramms Reichmann Dr. Rutschke Sander Schmidt ({39}) Dr. Schneider ({40}) Schultz Dr. Supf Wächter Walter Weber ({41}) Zoglmann Nein CDU/CSU Dr. Adenauer Dr. Althammer Arndgen Dr. Artzinger Baier ({42}) Baldauf Dr.-Ing. Balke Balkenhol Dr. Barzel Bauer ({43}) Bauknecht Bausch Dr. Becker ({44}) Becker ({45}) Berberich Bewerunge Biechele Dr. Bieringer Blank Frau Dr. Bleyler Blöcker Frau Blohm Blumenfeld von Bodelschwingh Dr. Böhm ({46}) Böhme ({47}) Brand Frau Brauksiepe Dr. Brenck Brese Bühler Burgemeister Dr. Conring Dr. Czaja van Delden Deringer Dr. Dichgans Diebäcker Dr. Dittrich Draeger Dr. Eckhardt Ehnes Eichelbaum Dr. Elbrächter Frau Engländer Etzel Dr. Even ({48}) Falke Dr. Franz Franzen Dr. Frey ({49}) Dr. Furler Gaßmann Gedat Gehring Geiger ({50}) Frau Geisendörfer Dr. Gerlich D. Dr. Gerstenmaier Gewandt Gibbert Giencke Dr. Gleissner Glüsing ({51}) Dr. Götz Dr. Gossel Frau Griesinger Dr. h. c. Güde Frau Haas Haase ({52}) Gräfin vom Hagen Dr. von Haniel-Niethammer Dr. Hauser Dr. Heck Dr. Hesberg Hesemann Hilbert Dr. Höchst Hörnemann ({53}) Hösl Holkenbrink Dr. Huys Illerhaus Frau Jacobi ({54}) 10020 Deutscher Bundestag - 4. Wahlperiode - . Vizepräsident Dr. Jaeger Dr. Jaeger Josten Frau Kalinke Dr. Kanka Frau Klee Dr. Kliesing ({55}) Dr. Knorr Dr. Kopf Krug Frau Dr. Kuchtner Kuntscher Kurtz Leicht Lemmrich Lenz ({56}) Lenze ({57}) Leonhard Leukert Dr. Luda Majonica Dr. Martin Maucher Meis Memmel Mengelkamp Menke Dr. von Merkatz Missbach Dr. Müller-Hermann Müser Nieberg Niederalt Dr. Dr. Oberländer Oetzel Frau Dr. Pannhoff Dr.-Ing. Philipp Porten Dr. Preiß Frau Dr. Probst Dr. Ramminger Dr. Reinhard Riedel ({58}) Rollmann Rommerskirchen Rösing Scheppmann Schlee Schlick Dr. Schmidt ({59}) Frau Schroeder ({60}) Schulhoff Dr. Schwörer Seidl ({61}) Dr. Serres Dr. Siemer Dr. Sinn Spies Stauch Dr. Stecker Dr. Steinmetz Dr. Stoltenberg Stooß Storm Struve Dr. Süsterhenn Unertl Dr. Freiherr v. Vittinghoff-Schell Vogt Wagner Dr. Wahl Dr. Weber ({62}) Wehking Weigl Weinkamm Weinzierl Wieninger Dr. Wilhelmi Windelen Dr. Winter Wittmann Wittmer-Eigenbrodt Ziegler Dr. Zimmer Dr. Zimmermann ({63}) Berliner Abgeordnete Benda Dr. Dr. h. c. Friedensburg Hübner Enthalten CDU/CSU Häussler Frau Pitz-Savelsberg Fraktionslos Gontrum Ich darf damit auch den Antrag der CDU/CSU Umdruck 728 Ziffer 1 als erledigt betrachten. ({64}) Ich möchte es nur ausdrücklich feststellen. Nunmehr komme ich zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 722 Ziffer 8. Die gleiche Materie betrifft der Antrag der Fraktion der CDU/CSU auf Umdruck 728 Ziffer 2; aber der Antrag der Fraktion der SPD geht weiter. Wer dem Antrag der Fraktion der SPD Umdruck 722 Ziffer 8 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste ist die Mehrheit; der Antrag ist angenommen. Damit ist der Antrag Umdruck 728 Ziffer 2 erledigt. - Die Antragsteller sind derselben Meinung. Ich komme zu dem Antrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 722 Ziffer 9. Er betrifft die gleiche Materie wie der Antrag der Fraktion der CDU/CSU Umdruck 728 Ziffer 3; aber der erstgenannte Antrag geht weiter. Wer dem Antrag der Fraktion der SPD Umdruck 722 Ziffer 9 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit; angenommen. Damit ist der Antrag Umdruck 728 Ziffer 3 erledigt. Ich komme nunmehr zu dem Antrag der Fraktion der SPD Umdruck 722 Ziffer 10, zu dem namentliche Abstimmung beantragt worden ist. Sie wollen über die Ziffer 10 im ganzen abstimmen lassen? ({65}) - Wozu wollen Sie sprechen? Zur Sache können Sie nicht mehr sprechen, aber zur Abstimmung können Sie noch das Wort erhalten. ({66}) - Dieser Änderungsantrag der FDP betrifft die gleiche Sache wie der Antrag der SPD? ({67}) - Also bitte sehr!

Alfred Ollesch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001647, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben uns in unseren Anträgen auf die Notwendigkeiten beschränkt und beantragt, die derzeitig nicht mehr aktuelle Versicherungspflichtgrenze in der Angestelltenversicherung, die der Beitragsbemessungsgrenze in der Krankenversicherung entspricht, anzuheben. Wir haben uns auf diese Anhebung und auf die Folgen der Anhebung - verändertes Krankengeld infolge veränderter Berechnungsgrundlagen - beschränkt. Wir wollten keinen Vorgriff auf die notwendige Reform der Krankenversicherung tun. Nun liegen Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 722 Ziffer 10 und ein Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Umdruck 725 vor. ({0}) - Der ist nicht erledigt. Die Änderungsantrag der Fraktion der SPD bringt eine Veränderung in unsere soziale Krankenversicherung hinein. Im Zuge der von uns als notwendig angesehenen Erhöhung der Versicherungspflichtgrenze gleich Beitragsbemessungsgrenze wird auch eine weitere Leistungsverbesserung angestrebt. Es wird nämlich beantragt, das Krankengeld nach Ablauf der sechsten Woche der Arbeitsunfähigkeit auf bestimmte Prozente des Regellohnes zu erhöhen. Meine Damen und Herren, wir sind nicht in der Lage, diesen Antrag zu befürworten, weil wir uns, wie gesagt, wegen der Schwierigkeiten der Krankenversicherung und der veränderten Einkommensverhältnisse, mit denen veränderte Preisverhältnisse verbunden sind, für eine Erhöhung der Grenze einsetzen. Heute ist so oft von der steigenden finanziellen Belastung der Arbeiter gesprochen worden, wenn die Pflichtversicherungs- und Beitragsbemessungsgrenze .angehoben wind. Niemand hat in diesem Hause erwähnt, daß mit der Anhebung der Pflichtversicherungsgrenze eine groß e Anzahl von nicht allzu hoch verdienenden Angestellten in der Beitragsleistung eine Entlastung dadurch erfährt, daß bei den Angestellten, ,die zwischen 660 und 900 DM verdienen, nach Anhebung der Pflichtversicherungsgrenze der Arbeitgeber ,die Beiträge zur Hälfte mitzutragen hat. Wir meinen, daß mit diesem Schritt den Angestellten Gerechtigkeit zuteil wird, auf die sie lange Jahre sehnsüchtig gewartet haben. ({1}) Der Änderungsantrag der SPD Umdruck 722 Ziffer 10 sieht unter Buchstabe b vor, daß erstmalig bei der Berechnung des Krankengeldes vom bisherigen Verfahren abgegangen wind, nämlich von der Beitragsbemessungsgrenze her ,den Regellohn festzusetzen und nach diesem Regellohn das Krankengeld zu zahlen. Die Annahme des Antrags der :SPD Ziffer 10 Buchstabe b würde sich dahin gehend auswirken, daß die Arbeitgeber für die notwendigen Beitragserhöhungen keine Entlastung in der Differenz zwischen Krankengeld und Aufstockung auf 100% des Nettolohns erfahren. Unser Antrag zielt darauf ab, das Krankengeld nunmehr nach .dem Regellohn auch von 900 DM zu berechnen. Damit ist kein Angriff auf die Lohnfortzahlung beabsichtigt, wie Herr Professor Schellenberg meinte. An dem Recht der Lohnfortzahlung wird damit nichts geändert. Wir stellen nur die Systemgerechtigkeit wieder hier. ({2}) Ich darf Sie namens der Freien Demokraten bitten, den Änderungsantrag der SPD Umdruck 722 Ziffer 10 Buchstaben a und babzulehnen und den Änderungsantrag der FDP Umdruck 725 ,anzunehmen, der festsetzt, 'daß sich der Regellohn nach der nunmehr gültigen Beitragsbemessungsgrenze berechnet. ({3})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Geiger.

Hans Geiger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000646, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Ollesch hat hier vorgetragen, daß ,die FDP zwar a, aber nicht b sagen will. Man kommt (immer ein bißchen in eine schwierige Lage, wenn man versucht, die SPD aus irgendwelchen taktischen oder sonstigen Gründen links zu überholen, Herr Kollege Ollesch. Ich meine aber, daß beide Anträge, der Antrag auf Erhöhung der Versicherungspflichtgrenze und der Antrag unter Ziffer 10 der SPD-Vorlage, zusammengehören, nämlich dann, wenn wir die Aufgabe, die mehrfach erwähnt worden ist, lösen wollen, die prekäre Finanzsituation der Krankenkassen zu verändern. Diese Finanzsituation ist prekär, meine Damen und Herren; da helfen alle Beschönigungen nichts. Sie selbst sprechen davon, ,daß diese Finanzsituation verbessert werden muß und den Krankenkassen mehr Einnahmen geschaffen werden müssen, damit sie ihre Aufgaben erfüllen können. Ich darf nur darauf hinweisen, daß die Finanzsituation der Krankenkassen, wenn wir den Antrag unter Ziffer 10 nicht annehmen, nicht entscheidend verbessert wird, weil die Krankenkassen den größten Teil der Mehreinnahmen dafür verwenden müssen, mehr an die gewerblichen Arbeitnehmer zu zahlen. Die Arbeitgeber würden dabei insgesamt - ich will den Betrag nicht genau beziffern, die Berechnungen schwanken - über 580 Millionen DM sparen, und diese Belastung würde dem gewerblichen Arbeitnehmer im ganzen aufgebürdet werden. Darauf will ich ganz besonders aufmerksam machen. Wir wollen deshalb die Auszahlung des Krankengeldes durch die Krankenkassen auf 660 DM begrenzen. Wir wissen, daß damit auch für die Wirtschaft eine bestimmte Belastung eintritt. Ich darf aber in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, daß Sie, meine Damen und Herren, es waren, die das Sozialpaket des Herrn Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung aufgeschnürt und nur die „fetten Brocken" herausgenommen haben. Durch die neue Regelung der Kindergeldzahlung ersparen die Arbeitgeber gegenwärtig einen Betrag von etwa 1,2 Milliarden DM. Sie haben den Arbeitgebern weitere 300 Millionen DM erspart durch eine Festlegung der Härtenovelle. Wir glauben also, daß es zumutbar ist, eine solche Regelung durchzuführen. Wir 'wissen, daß für die lohnintensiven Betriebe dadurch eine Belastung entsteht, aber das kann auf sozialpolitischem Gebiet nicht geregelt werden, auch dann nicht, wenn der Herr Bundeskanzler bei den Handwerkerversammlungen große Reden hält und davon spricht, was für Trinkgelder vor den Wahlen verteilt werden. Benachteiligungen der lohnintensiven Betriebe gegenüber anderen Wirtschaftszweigen können nur über allgemeine steuerpolitische Maßnahmen beseitigt werden. Ich möchte Sie daher bitten, unserem Antrag zuzustimmen, die Krankengeldleistungen der Krankenkassen an Arbeiter auf 660 DM zu begrenzen und den Arbeitern, deren Beitragserhöhungen der Herr Kollege Ruf so bedauert hat, diese spürbaren Beitragserhöhungen nicht allein für ihre eigene Lohnfortzahlung aufzubürden. Die Krankenkassen brauchen eine andere Finanzgrundlage. Sie brauchen diese Regelung, um ihre große Aufgabe erfüllen zu können, nämlich die Arbeitsfähigkeit und die Gesundheit der Menschen zu erhalten. Stimmen Sie unserem Antrag zu! Namentliche Abstimmung ist beantragt. ({0})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Stingl.

Prof. Dr. h. c. Josef Stingl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002252, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Anträge der SPD auf Umdruck 722 unter Ziffer 10 und der FDP auf Umdruck 725 stehen miteinander in Verbindung. In dem Antrag auf Umdruck 722 unter Ziffer 10 a) ist vorgesehen, daß das Krankengeld nach der sechsten Woche nicht wie bisher auf der Basis von 65%, sondern auf der Basis von 75 % berechnet werden soll. Das gilt für Arbeiter und Angestellte in gleichem Maße. Meine Freunde und ich wollen diesem Antrag zustimmen. Dagegen wollen wir dem Antrag der FPD nicht zustimmen. Die Freien Demokraten verlangen mit ihrem Antrag einen Rückschritt in dem bisherigen System der Lohnfortzahlung. Dieser Bundestag hat in den Jahren 1957 und 1961 beschlossen, daß der Anspruch des Arbeiters gegen seinen Arbeitgeber schrittweise so verwirklicht werden soll, wie ihn der Angestellte hat. Diesem Bundestag liegt eine Regierungsvorlage vor, die die Gleichstellung von Angestellten und Arbeitern vorsieht. Diese Gesetzesvorlage konnte in diesem Hohen Hause nicht verabschiedet werden, zu einem Teil deshalb nicht, weil die extremen Gegner SPD und FDP die Absetzung der mit diesem Entwurf verbundenen Krankenversicherungsmaterie von der Tagesordnung des Ausschusses beantragt hatten. Es ist aber nach meiner Überzeugung nicht möglich, am Ende der Legislaturperiode materiell eine Schlechterstellung der Arbeiter gegenüber dem bisherigen Stand einzuführen. Ich bitte Sie deshalb, den Antrag der FDP abzulehnen. ({0})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Ollesch.

Alfred Ollesch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001647, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unser Antrag und die Anhebung der Pflichtversicherungsgrenze und der Beitragsbemessungsgrenze mit den Folgen der Neuberechnung des Regellohnes hat nichts mit der Lohnfortzahlung zu tun. Der erhöhte Regellohn, Herr Kollege Stingl, ist eine Folge der erhöhten Einkommensgrenze, die ja mit der Pflichtversicherungsgrenze identisch ist. Von daher wird also die Lohnfortzahlung nicht in Frage gestellt. Ich darf noch einmal ausdrücklich betonen: wir haben uns in unseren Anträgen darauf beschränkt, die nicht mehr haltbare Versicherungspflichtgrenze zu erhöhen, mit der Folge des vergrößerten Kreises der Angestellten, die wieder in den gesetzlichen gesicherten Krankenschutz hineinkommen, und mit der Folge des Ansteigens der Beitragsbemessungsgrenze. Wir haben uns darauf beschränkt, weil die Diskussion um die Reform der Krankenversicherung sicherlich im nächsten Bundestag aufkommen wird. Was hier nun versucht wird, meine Damen und Herren, ist, einen Bruch in dem bisherigen System herbeizuführen. Die SPD versucht, mit der Erhöhung der Pflichtversicherungsgrenze klamm und heimlich eine Leistungsverbesserung über das zwangsläufige Maß hinaus einzuführen, also die Erhöhung des Krankengeldes von 65% auf 75 % nach der sechsten Woche, obwohl es schon durch die Anhebung des Regellohnes erhöht wird. ({0}) Der zweite Antrag zielt darauf ab, das Krankengeld für die ersten sechs Wochen in der bisherigen Höhe zu belassen, trotz gestiegener Beitragsbemessungsgrenze und trotz gestiegener Versicherungspflichtgrenze und trotz normalerweise steigenden Regellohns, der zur Berechnung des Krankenlohnes angesetzt wird. Meine Damen und Herren, wir wollten nur die notwendige Erhöhung durchführen; dabei bleiben wir. Deswegen bitten wir, die Änderungsanträge der SPD abzulehnen und den Änderungsantrag der FDP, der sich im Grunde genommen mit dem Punkt 4 des CDU/CSU-Antrages dein System nach deckt, anzunehmen. ({1})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Wird zur Sache noch das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zur Aussprache zur Abstimmung. Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Schellenberg.

Dr. Ernst Schellenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001954, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Kollegen der CDU/CSU haben uns erklärt, daß sie bereit seien, dem Antrag unter 04 a - Erhöhung des Krankengeldes für langfristig Kranke - zuzustimmen. Ich ziehe deshalb in diesem Punkte unseren Antrag auf namentliche Abstimmung zurück. Ich muß allerdings zu dem Antrag der FDP - Umdruck 725 - namentliche Abstimmung beantragen, weil damit grundsätzlich Weichen gegen die Lohnfortzahlung gestellt werden und praktisch eine Belastung für versicherte Arbeiter geschaffen würde. ({0})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort zur Abstimmung hat der Herr Abgeordnete Ruf. ({0}) - Meine Damen und Herren, ich darf also festhalten: es wird offensichtlich von den Antragstellern gewünscht, daß ihre Ziffer 10 bei der Abstimmung geteilt wird in a und b. Das können die Antragsteller verlangen. Es handelt sich also um zwei Abstimmungen. Meine Damen und Herren, ich lasse zuerst über den Antrag der Fraktion der SPD - Umdruck 722 Ziffer 10 Buchstabe a - abstimmen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit; angenommen. Die nächste Abstimmung betrifft den Änderungsantrag der Fraktion der Freien Demokraten auf Umdruck 725. Ich gehe einfach in der Reihenfolge der Absätze vor. Das ist die einfachste Methode. Hier ist namentliche Abstimmung beantragt. Wird der Antrag ausreichend unterstützt? - Das sind mehr als 50 Mitglieder. Es muß also namentlich abgestimmt werden. Ich eröffne die namentliche Abstimmung zu Umdruck 725. ({1})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Meine Damen und Herren, ich gebe das vorläufige Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den ÄnderungsPräsident D. Dr. Gerstenmaier antrag der Fraktion der FDP auf Umdruck 725 bekannt. Mit Ja haben 110 Mitglieder des Hauses und 1 Berliner Abgeordneter gestimmt, mit Nein haben 271 Mitglieder des Hauses und 17 Berliner Abgeordnete gestimmt; enthalten haben sich 26 Mitglieder des Hauses. Damit ist dieser Änderungsantrag abgelehnt. Endgültiges Ergebnis: Ja: 109 und 1 Berliner Abgeordneter Nein: 268 und 17 Berliner Abgeordnete Enthalten: 26 Ja CDU/CSU Dr. Artzinger Dr.-Ing. Balke Bauer ({0}) Dr. Birrenbach Frau Dr. Bleyler Blöcker Blumenfeld Brand Brese Burgemeister Dr. Conring Dr. Dollinger Dr. Eckhardt Falke Dr. Franz Gaßmann Geiger ({1}) Frau Geisendörfer Gewandt Giencke Dr. Gleissner Glüsing ({2}) Haase ({3}) Dr. Höchst Dr. Huys Frau Jacobi ({4}) Dr. Jaeger Josten Dr. Knorr Krug Frau Dr. Kuchtner Lenze ({5}) Dr. Martin Dr. von Merkatz Dr. Müller-Hermann Niederalt Porten Frau Dr. Probst Dr. Ramminger Rauhaus Riedel ({6}) Schlee Schulhoff Frau Dr. Schwarzhaupt Dr. Schwörer Seidl ({7}) Spies Dr. Stecker Dr. Steinmetz Dr. Stoltenberg Stooß Storm Struve Unertl Wagner Weinkamm Wieninger Windelen Dr. Winter Berliner Abgeordnete Dr. Dr. h. c. Friedensburg FDP Dr. Achenbach Burckardt Busse Dr. Danz Dr. Dehler Deneke Frau Dr. Diemer-Nicolaus Dr. Dörinkel Dürr Dr. Effertz Dr. Emde Ertl Frau Funcke ({8}) Dr. Hamm ({9}) Hammersen Dr. Hellige Frau Dr. Heuser Dr. Hoven Dr. Imle Dr. Kohut Dr. Krümmer Kubitza Logemann Dr. Mälzig Mauk Mertes Dr. Miessner Mischnick Moersch Freiherr von Mühlen Murr Opitz Peters ({10}) Ramms Reichmann Dr. Rutschke Sander Schmidt ({11}) Dr. Schneider ({12}) Schultz Dr. Supf Wächter Walter Weber ({13}) Zoglmann Nein CDU/CSU Dr. Adenauer Dr. Althammer Arndgen Dr. Arnold Baier ({14}) Baldauf Balkenhol Dr. Barzel Bausch Berberich Berger Bewerunge Biechele Dr. Bieringer Blank Frau Blohm von Bodelschwingh Dr. Böhm ({15}) Böhme ({16}) Frau Brauksiepe Brück Bühler Dr. Czaja van Delden Dr. Dichgans Diebäcker Draeger Eichelbaum Dr. Elbrächter Frau Engländer Dr. Even ({17}) Exner Gedat Gehring Dr. Gerlich D. Dr. Gerstenmaier Gibbert Dr. Götz Dr. Gossel Gottesleben Frau Griesinger Dr. h. c. Güde Härzschel Häussler Gräfin vom Hagen Hahn ({18}) Harnischfeger Dr. Hauser Dr. Heck Heix Dr. Hesberg Hesemann Hilbert Hörnemann ({19}) Horn Illerhaus Katzer Klein ({20}) Dr. Kliesing ({21}) Dr. Kopf Krüger Kuntscher Kurtz Leicht Lenz ({22}) Leonhard Leukert Lücke ({23}) Majonica Maucher Meis Mengelkamp Menke Mick Müller ({24}) Müller ({25}) Nieberg Dr. Dr. Oberländer Frau Dr. Pannhoff Dr. Preiß Dr. Reinhard Rommerskirchen Rösing Scheppmann Schlick Dr. Schmidt ({26}) Schneider ({27}) Frau Schroeder ({28}) Dr. Serres Dr. Siemer Stauch Frau Stommel Dr. Süsterhenn Teriete Varelmann Dr. Wahl Dr. Weber ({29}) Weigl Frau Welter ({30}) Dr. Wilhelmi Winkelheide Wittmann Wittmer-Eigenbrodt Dr. Wuermeling Wullenhaupt Dr. Zimmer Dr. Zimmermann ({31}) Berliner Abgeordnete Benda Dr. Gradl Hübner Müller ({32}) SPD Anders Auge Bading Bäuerle Bäumer Bals Dr. Bechert Behrendt Bergmann Berlin Beuster Frau Beyer ({33}) Biegler Biermann Blachstein Dr. Bleiß Börner Dr. h. c. Brauer Bruse Büttner Corterier Frau Döhring Dopatka Dröscher Frau Eilers Frau Dr. Elsner Dr. Eppler Erler Eschmann Faller Felder Figgen Flämig Folger Franke Dr. Frede Frau Freyh ({34}) Fritsch Präsident D. Dr. Gerstenmaier Gerlach Glombig Gscheidle Haage ({35}) Hamacher Hansing Hauffe Heide Dr. Dr. Heinemann Hellenbrock Frau Herklotz Hermsdorf Herold Hirsch Höhmann (Hessisch Lichtenau Höhne Hörauf Frau Dr. Hubert Hübner ({36}) Hufnagel Hussong Iven ({37}) Jacobi ({38}) Jacobs Jahn Dr. h. c. Jaksch Jürgensen Junker Kaffka Kahn-Ackermann Kalbitzer Frau Kettig Frau Kipp-Kaule Könen ({39}) Koenen ({40}) Frau Korspeter Kraus Dr. Kreyssig Kriedemann Dr. Kübler Kulawig Lange ({41}) Langebeck Lautenschlager Leber Lemper Lücke ({42}) Maibaum Marquardt Marx Matthöfer Matzner Frau Meermann Metter Dr. Meyer ({43}) Meyer ({44}) Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller Dr. Mommer Dr. Morgenstern Müller ({45}) Müller ({46}) Müller ({47}) Müller ({48}) Dr. Müller-Emmert Nellen Ohlemeyer Peiter Peters ({49}) Porzner Priebe Ravens Regling Reichhardt Dr. Reischl Reitz Frau Renger Riegel ({50}) Rohde Ross Frau Rudoll Sänger Saxowski Dr. Schäfer Frau Schanzenbach Scheuren Schlüter Dr. Schmid ({51}) Schmidt ({52}) Dr. Schmidt ({53}) Dr. Schmidt ({54}) Schmidt ({55}) Schmitt-Vockenhausen Schoettle Seibert Seidel ({56}) Seifriz Seither Frau Seppi Dr. Stammberger Steinhoff Stephan Striebeck Frau Strobel Dr. Tamblé Wehner Welke Welslau Weltner ({57}) Frau Wessel Berliner Abgeordnete Bartsch Frau Berger-Heise Frau Krappe Liehr ({58}) Frau Lösche Mattick Neumann ({59}) Dr. Seume Urban Wellmann Fraktionslos Gontrum Enthalten CDU/CSU Bauknecht Dr. Becker ({60}) Becker ({61}) Dr. Brenck Deringer Dr. Dittrich Ehnes Dr. Frey ({62}) Dr. Furler Frau Haas Dr. von Haniel-Niethammer Hösl Holkenbrink Dr. Kanka Frau Klee Lemmrich Dr. Luda Müser Oetzel Dr.-Ing. Philipp Dr. Sinn Dr. Freiherr v. Vittinghoff-Schell Vogt Wehking Weinzierl Ziegler Mir wird nun gesagt, daß der Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU Umdruck 728 Ziffer 4 zurückgezogen wird ({63}) - bzw. erledigt ist. Dann bleibt uns noch eine zweite namentliche Abstimmung. Wenn ich recht unterrichtet bin, Herr Kollege Schellenberg, ist sie bereits beantragt und hinreichend unterstützt. ({64}) Wir stimmen in namentlicher Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD Umdruck 722 Ziffer 10 b ab. Ich gebe das vorläufige Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Antrag Umdruck 722 Ziffer 10 b bekannt. Mit Ja haben 191 Mitglieder des Hauses und 15 Berliner Abgeordnete gestimmt, mit Nein haben 205 Mitglieder des Hauses und 3 Berliner Abgeordnete gestimmt; enthalten haben sich 9 Mitglieder des Hauses. Damit ist auch dieser Änderungsantrag abgelehnt. Endgültiges Ergebnis: Ja: 190 und 15 Berliner Abgeordnete Nein: 204 und 3 Berliner Abgeordnete Enthalten: 9 Ja CDU/CSU Dr. Arnold Baldauf Berger Brück Dr. Even ({65}) Exner Dr. Gerlich Gibbert Gottesleben Härzschel Hahn ({66}) Harnischfeger Dr. Heck Heix Horn Katzer Klein ({67}) Lenz ({68}) Lenze ({69}) Lücke ({70}) Maucher Meis Mick Müller ({71}) Müller ({72}) Scheppmann Schneider ({73}) Teriete Varelmann Weigl Frau Welter ({74}) Winkelheide Dr. Wuermeling Wullenhaupt Berliner Abgeordnete Dr. Gradl Müller ({75}) SPD Anders Auge Dr. Dr. h. c. Baade Bading Bäuerle Bäumer Bals Dr. Bechert Behrendt Bergmann Berlin Beuster Frau Beyer ({76}) Biegler Biermann Blachstein Dr. Bleiß Börner Dr. h. c. Brauer Bruse Büttner Corterier Frau Döhring Dopatka Dröscher Frau Eilers Frau Dr. Elsner Dr. Eppler Erler Eschmann Faller Figgen Präsident D. Dr. Gerstenmaier Flämig Folger Franke Dr. Frede Frau Freyh ({77}) Fritsch Geiger Gerlach Glombig Gscheidle Haage ({78}) Hamacher Hansing Hauffe Heide Dr. Dr. Heinemann Hellenbrock Frau Herklotz Hermsdorf Herold Hirsch Höhmann ({79}) Höhne Hörauf Frau Dr. Hubert Hübner ({80}) Hufnagel Hussong Iven ({81}) Jacobi ({82}) Jacobs Jahn Dr. h. c. Jaksch Jürgensen Junker Kaffka Kahn-Ackermann Kalbitzer Frau Kettig Frau Kipp-Kaule Könen ({83}) Koenen ({84}) Frau Korspeter Kraus Dr. Kreyssig Kriedemann Dr. Kübler Kulawig Kurlbaum Lange ({85}) Langebeck Lautenschlager Leber Lemper Lücke ({86}) Maibaum Marquardt Marx Matthöfer Matzner Frau Meermann Metter Dr. Meyer ({87}) Meyer ({88}) Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller Dr. Mommer Dr. Morgenstern Müller ({89}) Müller ({90}) Müller ({91}) Müller ({92}) Dr. Müller-Emmert Nellen Ohlemeyer Peiter Peters ({93}) Porzner Priebe Ravens Regling Reichhardt Dr. Reischl Reitz Frau Renger Riegel ({94}) Dr. Rinderspacher Rohde Ross Frau Rudoll Sänger Saxowski Dr. Schäfer Frau Schanzenbach Scheuren Schlüter Schmidt ({95}) Dr. Schmidt ({96}) Dr. Schmidt ({97}) Schmidt ({98}) Schmitt-Vockenhausen Schoettle Seibert Seidel ({99}) Seifriz Seither Frau Seppi Dr. Stammberger Steinhoff Stephan Striebeck Frau Strobel Dr. Tamblé Wehner Welke Welslau Weltner ({100}) Frau Wessel Berliner Abgeordnete Bartsch Frau Berger-Heise Braun Frau Krappe Liehr ({101}) Frau Lösche Mattick Neumann ({102}) Dr. Schellenberg Dr. Seume Urban Wellmann Fraktionslos Gontrum Nein CDU/CSU Dr. Adenauer Dr. Althammer Arndgen Dr. Artzinger Dr.-Ing. Balke Balkenhol Dr. Barzel Bauer ({103}) Bauknecht Bausch Becker ({104}) Berberich Bewerunge Biechele Dr. Bieringer Dr. Birrenbach Blank Frau Dr. Bleyler Blöcker Frau Blohm Blumenfeld von' Bodelschwingh Dr. Böhm ({105}) Böhme ({106}) Brand Frau Brauksiepe Dr. Brenck Brese Bühler Dr. Burgbacher Burgemeister Dr. Conring van Delden Dr. Dichgans Dr. Dittrich Dr. Dollinger Draeger Dr. Eckhardt Ehnes Eichelbaum Dr. Elbrächter Frau Engländer Falke Dr. Franz Dr. Frey ({107}) Dr. Furler Gaßmann Gedat Gehring Geiger ({108}) Frau Geisendörfer D. Dr. Gerstenmaier Gewandt Giencke Dr. Gleissner Glüsing ({109}) Dr. Götz Dr. Gossel Frau Griesinger Dr. h. c. Güde Frau Haas Haase ({110}) Gräfin vom Hagen Dr. von Haniel-Niethammer Dr. Hauser Dr. Hesberg Hesemann Hilbert Dr. Höchst Hörnemann ({111}) Hösl Holkenbrink Dr. Huys Illerhaus Frau Jacobi ({112}) Dr. Jaeger Josten Frau Kalinke Frau Klee Dr. Kliesing ({113}) Dr. Knorr Dr. Kopf Krug Frau Dr. Kuchtner Kuntscher Kurtz Leicht Lemmrich Leonhard Leukert Dr. Luda Majonica Dr. Martin Memmel Mengelkamp Menke Dr. von Merkatz Dr. Müller-Hermann Müser Nieberg Niederalt Dr. Dr. Oberländer Oetzel Dr.-Ing. Philipp Frau Pitz-Savelsberg Porten Dr. Preiß Frau Dr. Probst Dr. Ramminger Rauhaus Dr. Reinhard Riedel ({114}) Rollmann Rommerskirchen Rösing Schlee Schlick Dr. Schmidt ({115}) Frau Schroeder ({116}) Schulhoff Frau Dr. Schwarzhaupt Dr. Schwörer Seidl ({117}) Dr. Serres Dr. Siemer Dr. Sinn Spies Stauch Dr. Stecker Dr. Steinmetz Dr. Stoltenberg Frau Stommel Stooß Storm Struve Stücklen Dr. Süsterhenn Unertl Dr. Freiherr v. Vittinghoff-Schell Vogt Wagner Dr. Wahl Dr. Weber ({118}) Wehking Weinkamm Weinzierl Wieninger Dr. Wilhelmi Windelen Dr. Winter Wittmann Wittmer-Eigenbrodt Ziegler Berliner Abgeordnete Benda Dr. Dr. h. c. Friedensburg Hübner FDP Dr. Achenbach Burckardt Busse Dr. Danz Dr. Dehler Deneke Frau Dr. Diemer-Nikolaus Dr. Dörinkel Dürr Dr. Effertz Dr. Emde Ertl Frau Funcke ({119}) Dr. Hamm ({120}) Hammersen Dr. Hellige Präsident D. Dr. Gerstenmaier Frau Dr. Heuser Dr. Hoven Dr. Imle Dr. Kohut Dr. Krümmer Kubitza Logemann Dr. Mälzig Mauk Mertes Dr. Miessner Moersch Freiherr von Mühlen Murr Ollesch Opitz Peters ({121}) Ramms Reichmann Dr. Rutschke Sander Schmidt ({122}) Schultz Dr. Supf Wächter Walter Weber ({123}) Zoglmann Enthalten CDU/CSU Baier ({124}) Dr. Becker ({125}) Dr. Czaja Deringer Häussler Dr. Kanka Krüger Frau Dr. Pannhoff Dr. Zimmer Ich rufe auf in Nr. i den § 196. Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der SPD Umdruck 722 Ziffer 11 vor. Wird dieser Änderungsantrag begründet? ({126}) - Ist schon begründet. Aber ich habe Wortmeldungen dazu. Herr Dr. Jungmann hat das Wort.

Dr. Gerhard Jungmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001046, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte zu dem Änderungsantrag der SPD unter Ziffer 11 folgendes sagen: Die Vorstellung, daß man durch die Einfügung der Worte „mindestens 5" mehr erreichen könnte als durch den Wortlaut des Gesetzes nach der Ausschußfassung, geht von falschen Voraussetzungen aus. Wir sind mit der SPD einig, daß mindestens 5 Untersuchungen die Regel sein werden und die Regel sein müssen. Aber es handelt sich hier nicht um bestimmte starre Zahlen, sondern darum, daß bei einer Schwangerschaft je nach dem Zeitpunkt der ersten Untersuchung eine ganz verschiedene Anzahl von Untersuchungen nötig werden kann. Wenn eine Frau frühzeitig zur Untersuchung geht, können 6 oder 7 Untersuchungen notwendig sein, und wenn sie spät zum Arzt geht, können es weniger sein. Wir sind uns also in der Sache völlig einig. Es könnte aber hier Verwirrung entstehen. Ich möchte mich deshalb den Worten von Herrn Deneke, der bereits für die Ablehnung eingetreten ist, anschließen. Der schon mehrfach zitierte Bundesgesundheitsrat war, allerdings im Jahre 1955 - das war das letzte Mal, daß er zu diesen Fragen Stellung genommen hat -, der Meinung, daß 3 Untersuchungen - allerdings sagte auch er damals: mindestens - genügten. Die Ansichten haben sich inzwischen weitgehend gewandelt. Sie werden sich in Zukunft auch noch weiter wandeln. Ich bin deshalb der Meinung, daß man solche Zahlen nicht im Gesetz verankern sollte, weil sich der Gesetzgeber dabei selbst überfordern würde. Er soll denjenigen, die darüber zu entscheiden haben, nämlich dem Bundesausschuß für Ärzte und Krankenkassen, die Verantwortung überlassen. Aber ich möchte noch einmal ausdrücklich feststellen, daß das nicht bedeutet, daß wir etwa eine geringere Zahl als 5 für richtig hielten. Wir sind mit der SPD der Auffassung, daß wahrscheinlich mindestens 5 Untersuchungen in jedem Fall nötig sein werden.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Keine weiteren Wortmeldungen zu diesem Änderungsantrag. Ich lasse über den Änderungsantrag Umdruck 722 Ziffer 11 abstimmen. Wer zuzustimmen wünscht, gebe bitte ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag ist abgelehnt. Ich rufe den Änderungsantrag Umdruck 722 Ziffer 12 zu § 200 a auf. ({0}) - Erledigt. Änderungsantrag zu § 200 d auf Umdruck 722 unter Ziffer 13! Wird das Wort zur Begründung gewünscht? ({1}) - Der Antrag ist begründet. Dazu liegen Wortmeldungen vor. Herr Abgeordneter Franzen!

Jakob Franzen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000574, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Namen meiner politischen Freunde bitte ich Sie, den Änderungsantrag der Fraktion der SPD Umdruck 722 Ziffer 13 abzulehnen, und zwar aus folgendem Grund. Hier könnten Verfassungsschwierigkeiten wegen des Gleichheitsgrundsatzes eintreten. Wir müssen davon ausgehen, daß es sich um ein Arbeitsschutzgesetz, ein Gesetz für die erwerbstätige Frau handelt. Wir haben nun in die Ausschußvorlage hineingebracht, daß auch die mitversicherte Ehefrau, also die Ehefrau des Versicherten, die nicht erwerbstätig ist oder nicht erwerbstätig zu sein braucht, die einmalige Zahlung des Mutterschaftsgeldes von 150 DM erhält. Wir können nicht nur für diesen Personenkreis einen Bundeszuschuß geben, aber einen anderen Kreis, die nicht versicherte Ehefrau und die nicht versicherten Frauen überhaupt, von diesem Zuschuß ausschließen. Daher auch unsere Bedenken, diese 150 DM, die von den Kassen, den Versicherungsträgern gezahlt werden sollen, in den Bundeszuschuß einzubeziehen. Ich bitte Sie also, diesen Antrag abzulehnen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Keine weiteren Wortmeldungen zu diesem Änderungsantrag Umdruck 722 Ziffer 13. Wer zuzustimmen wünscht, gebe bitte ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag ist abgelehnt. Nun der Änderungsantrag Umdruck 722 Ziffer14 zu § 205 d. Herr Abgeordneter Müller ({0}) !

Johannes Müller (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001554, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieser Änderungsantrag soll bewirken, daß eine im Ausschuß gestrichene Vorschrift wieder aufgenommen wird. Namens der Fraktion der CDU/CSU und auch der FDP möchte ich das Hohe Haus bitten, diesen Änderungsantrag abzulehnen. Die Vorschrift, um die es sich hier handelt, Müller ({0}) ist, worauf auch schon im Schriftlichen Bericht hingewiesen ist, seit 1930 regelmäßig durch Haushaltsgesetz für das laufende Haushaltsjahr außer Kraft gesetzt worden. In der Nachkriegszeit ist das leider versäumt worden. Erst als zwei Krankenkassen eine Klage anstrengten, hat schließlich das Bundessozialgericht 1964, also erst im vergangenen Jahr, entschieden, daß der Bund den Krankenkassen den Zuschuß von 100 DM für jeden Entbindungsfall für die Zeit vom 1. April 1950 bis zum 31. Dezember 1962 nachzuzahlen hat. Nun halten wir, die Fraktion der CDU/CSU wie auch die Fraktion der FDP, diesen Zuschuß für eine Versicherungsleistung an mitversicherte Familienangehörige und deshalb gewissermaßen für systemwidrig. Familienangehörige, die mitversichert sind, sollen genauso behandelt werden wie Versicherte. Bisher hatten die Krankenkassen - insoweit befinden wir uns in guter Gesellschaft - es immer als eine Versicherungsleistung betrachtet und aus den Beiträgen finanziert. Sie waren stolz darauf, daß die Versicherungsleistungen ausschließlich aus dem Beitragsaufkommen finanziert werden. Ein Weiteres kommt hinzu. Wenn es keine Versicherungsleistung sein soll, dann muß man nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung auch denjenigen diesen Betrag von staats wegen erstatten, die nicht versichert sind, also allen werdenden Müttern. Der Klarstellung halber wollte ich dies noch einmal vortragen. Ich bitte also das Hohe Haus, den Änderungsantrag abzulehnen und der Ausschußvorlage zuzustimmen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Das Wort hat Herr Abgeordneter Killat.

Arthur Killat (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001098, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Begründung hat mich veranlaßt, noch einmal das Wort zu ergreifen. An sich ist der Komplex mit dem vorherigen identisch. Es handelt sich darum, inwieweit Familienwochenleistung, Mutterschaftsgeld, Mutterschaftshilfe usw. als leine Angelegenheit der Krankenversicherung behandelt werden oder als eine Gesamtangelegenheit vom Gesundheitsfürsorgerischen und Gesundheitspolitischen her aus allgemeinen Mitteln getragen werden müssen. Aber, Herr Kollege Müller, wenn Sie sagen, der § 2051d, der bisher vorsah - seit Anfang der zwanziger Jahre -, daß für jeden Familienwochenhilfefall 50 DM als Reichszuschuß gezahlt wurden, und wenn Sie argumentieren: „Seit 1930 ist hier keine Leistung mehr erfolgt, und leider ist dann auf eine Klage von Krankenkassen durch höchstrichterliches Urteil für die Zeit nach dem Kriege bis 1962 wiederum lauf eine Vergütung ,entschieden worden", dann, muß ich sagen, ist doch die Betonung, daß ,es „leider versäumt worden ist", diese Bestimmung zu streichen, sehr fragwürdig. Das ist kein Argument dafür, daß man nunmehr vorschlägt, sie endgültig zu streichen. Die Ausgabe ,der Krankenversicherung und die Zuschußleistung des Bundes hat seit den zwanziger Jahren bestanden. Wenn sie 1930 gestrichen worden ist, dann auf dem Wege der „Notverordnungen", und weiter aufrechterhalten durch ,das Dritte Reich. Wir sind der Meinung, es sollte bei der gesetzlichen Bestimmung bleiben. Ich darf, Herr Präsident, meine weiteren Begründungen zu Protokoll geben.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Bitte sehr! - Keine weiteren Wortmeldungen. Abstimmungen! Umdruck 722 Ziffer 14, Änderungsantrag der SPD. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Das ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt. Änderungsantrag Umdruck 722 Ziffer 15. Wird er begründet? - Wird das Wort ,gewünscht? - Keine Wortmeldungen. Abstimmung! Wer dem Ändenungsantrag Umdruck 722 Ziffer 15 zuzustimmen wünscht, gebe bitte ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Das ist die Mehrheit; der Änderungsantrag Umdruck 722 Ziffer 15 ist abgelehnt. Abstimmung über den ganzen Art. 2 in der so geänderten Fassung. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um Idas Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei einigen Nein und Enthaltungen angenommen. Art. 3! Hierzu Änderungsantrag Umdruck 722 Ziffern 16 und 17. Werden diese Änderungsanträge begründet? - Wird ,das Wort gewünscht? - Keine Wortmeldungen. Kann über ,die Ziffern 16 und 17 zusammen abgestimmt werden? - Wer den Änderungsanträgen Umdruck 722 Ziffern 16 und 17 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Die Änderungsanträge sind abgelehnt. Art. 3 in der Fassung ides Ausschusses, Einleitung und Überschrift. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das ist ,einstimmig. Dritte Beratung. Allgemeine Aussprache. - Das Wort zur Geschäftsordnung hat der Herr Abgeordnete Memmel.

Linus Memmel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001466, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich widerspreche nach § 85 Buchstabe a der Geschäftsordnung der dritten Lesung. Ich betone: nach § 85 Buchstabe a, nicht nach § 88 der Geschäftsordnung. Ich bin der Meinung, dazu genügt ein Mann. Es gibt aber Geschäftsordnungsspezialisten, die glauben, daß man dazu zehn Leute braucht, und zwar nach § 93 der Geschäftsordnung. Deshalb bitte ich vorsorglich, daß mich zehn Damen und Herren des Bundestages unterstützen in dem Widerspruch gegen die dritte Lesung. Ich darf vielleicht ganz kurz begründen, warum ich den Widerspruch erhebe. Wir haben jetzt in mehreren namentlichen Abstimmungen sehr verschiedene Abstimmungsverhältnisse gehabt, einmal .110 Ja und 271 Nein, dann 191 Ja und 205 Nein, dann 177 Ja und soundsoviel Nein. Wir haben in einer Abstimmung 26 Enthaltungen gehabt. Diese 26 Enthaltungen bitte ich nicht so aufzufassen, daß die Kollegen etwa nicht gewußt haben, was sie tun sollten. Ich fasse das so auf: Das ist der Protest dagegen, mit welchem Tempo man versucht, noch in letzter Minute Gesetze mit großer Wirkung durchzubringen. Ich bin nicht geneigt, diesen Schweinsgalopp - ich kann es nicht anders sagen - mitzumachen. ({0}) Als ich noch Referendar am Amtsgericht Rothenburg ob der Tauber war, später als Amtsrichter, ist mir, wenn ich in einem Kommentar las, daß der Bundesgesetzgeber oder der Reichsgesetzgeber das und das gewollt habe, ein kleiner frommer Schauer der Ehrfurcht den Buckel heruntergelaufen: Was sind das für Leute! Von dieser Ehrfurcht ist ein bißchen abgebröckelt. Aber wenn wir in dem Tempo, wie wir hier in den letzten drei Tagen Gesetze machen, weitermachen, dann ist gar keine Ehrfurcht mehr da. ({1}) Ich bin der Meinung, daß das, was wir hier tun, an die Grenze der Seriosität geht. Deswegen widerspreche ich der dritten Lesung. Ich bitte um Unterstützung. ({2})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Meine Damen und Herren, das ist eine ganz interessante Frage in der Geschäftsordnung, ob der Einspruch nach § 85 allein auf einen Mann gestellt werden kann. Herr Kollege Memmel, wir brauchen keine langen, sehr gelehrten Darlegungen. § 93 haben Sie jedenfalls für sich, wenn außer Ihnen noch neun Mitglieder dieses Hauses widersprechen. Ich frage das Haus, ob dieser Antrag hinreichend unterstützt wird. - Das sind mehr als zehn, und zwar auf allen Seiten des Hauses; ich kann sie gar nicht zählen. Damit, meine Damen und Herren, findet die dritte Lesung heute nicht statt. ({0}) - Sie müssen mich nicht etwas fragen, was ich nicht weiß und gar nicht wissen kann. Ich rufe den nächsten Punkt der Tagesordnung auf: Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für wirtschaftlichen Besitz des Bundes ({1}) über den Antrag des Bundesschatzministers betr. Zustimmung des Deutschen Bundestages gemäß § 47 Abs. 3 der Reichshaushaltsordnung zur Veräußerung weiterer Aktien der Vereinigten Elektrizitäts- und Bergwerks-Aktiengesellschaft ({2}) ({3}). Ich frage den Herrn Berichterstatter, ob er das Wort wünscht. - Der Berichterstatter, Herr Abgeordneter Häussler, verzichtet. Ich eröffne die Aussprache über den Antrag des Ausschusses. Wird das Wort gewünscht? - Keine Wortmeldungen. ({4}) - Meine Herren, ich stelle ausdrücklich fest: keine Wortmeldungen. Niemand soll nachher kommen und sagen, er habe es nicht verstanden. ({5}) - Herr Kollege Junghans hat das Wort zur Begründung des Änderungsantrags der Fraktion der SPD auf Umdruck 726 *) .

Hans Jürgen Junghans (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001043, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 726 bedeutet - und das ist ein Rechenexempel -, daß bei einer Ausgabe weiterer Stammaktien aus Bundesbesitz als Vorzugsaktien der Bund die Stimmenrechtsmehrheit behält. Wenn z. B. - was nach der Ausschußvorlage zu erwarten ist - der Bund noch 37 % des Aktienkapitals hält, gestattet das doppelte Stimmrecht eine Stimmrechtsmehrheit von rund 54 %. Bei 35% des Aktienkapitals sind das 51,8%. Zur Begründung möchte ich anführen: Der Herr Berichterstatter, Professor Burgbacher, hat in dieser Frage am 7. April in Berlin folgendes ausgeführt: Im Falle der VEBA schlägt Ihnen der Ausschuß vor, dem Bund die Mehrheit des Aktienbesitzes nicht nur zu belassen, - nun hören Sie gut zu! - sondern dies ausdrücklich festzulegen, und zwar aus zwei Gründen. Der eine hat mit der Teilprivatisierung zu tun. Wir wollen in diesem Fall die Stimmrechtsmehrheit des Bundes auch insofern in Anspruch nehmen, als sie als Interessenwahrer der Kleinaktionäre, also der Bürger unseres Volkes, zur Verfügung steht. Der andere Grund liegt in der Sache. Die VEBA ist in hohem Maße ein energiewirtschaftliches Unternehmen, und nach den Grundsätzen der Energiewirtschaft scheint es angemessen zu sein, die öffentliche Mehrheit beizubehalten. So Professor Burgbacher als Berichterstatter in Berlin. An diesen ausdrücklich festgestellten Gründen hat sich auch durch die Überzeichnung nichts geändert. Es ist z. B. auch die Meinung von Herrn Dr. Butschkau, der als Sachverständiger sagte, das Beharrungsvermögen der zukünftigen VEBA-Aktionäre hänge von dem Ausmaße ab, wie der Bund weiter hinter der VEBA stehe. Und das ist meines Erachtens auch eine Frage, die für die künftige Kursentwicklung der VEBA-Aktie von Bedeutung sein wird. Umgekehrt wird durch weitere Zuteilung von Vorzugsaktien eine gewisse Verärgerung der Zeichner aufgefangen. Als dritten Grund für die Annahme unseres Antrages möchte ich anführen, daß im Ausschußbericht und in der Regierungsvorlage auf die Folgen der Aufgabe der 51%igen Mehrheit hingewiesen wird, nämlich auf den Wegfall des Werkselbstverbrauchsprivilegs; das ist der Absatz von 1,3 Millionen t Kohle der Hibernia an die Bundesbahn bis 1969. Die Stimmrechtsmehrheit des Bundes, die durch das von *) Siehe Anlage 9 uns vorgeschlagene doppelte Stimmrecht gesichert würde, würde die Verhandlungsposition der VEBA bzw. der Hibernia gegenüber dem Ruhrkohlensyndikat erheblich verbessern. Das bedeutet wahrscheinlich, daß keine Ertragseinbuße der VEBA einträte und damit auch ein Vorteil für die VEBA-Kleinaktionäre zu erzielen wäre. Das bedeutet zweitens, daß kein Substanzverlust bei der Hibernia eintreten würde, und drittens, daß auch kein Verlust von Arbeitsplätzen einzutreten brauchte. Es kann der Einwand erhoben werden, mit der Annahme dieses Antrages entfalle die Geschäftsgrundlage der Zeichnung. Meine Damen und Herren, das gilt für die gesamte Ausschußvorlage bzw. die Regierungsvorlage. Deshalb heißt es auch in der Regierungsvorlage - das nehmen wir auch für diesen Antrag in Anspruch -: Sollten einzelne Zeichner nunmehr die Voraussetzungen, unter denen sie ihren Kaufantrag abgegeben haben, nicht mehr als gegeben ansehen und aus diesem Grunde vom Kaufantrag zurücktreten wollen, so wird diesem Wunsch entsprochen. Meine Damen und Herren, zum Schluß möchte ich sagen: Im Interesse unserer energiepolitischen Stellung in der EWG, besonders auch nach 1970, und damit auch im Interesse der VEBA und ihrer Kleinaktionäre bitten wir um Annahme dieses Antrages. ({0})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Dazu hat das Wort der Herr Abgeordnete Dr. Burgbacher.

Dr. Fritz Burgbacher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000308, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe hier den Beschluß des Ausschusses für wirtschaftlichen Besitz des Bundes zu vertreten und Sie zu bitten, auf Grund seines Berichts zu beschließen. Der Beschluß ist nach sehr eingehenden Beratungen und Anhörung der Sachverständigen gefaßt worden. Er ist ein Beschluß der Vertreter der Koalitionsparteien in diesem Ausschuß; die Vertreter der Opposition haben sich der Stimme enthalten. Ich muß Sie auch bitten, den Änderungsantrag der SPD auf Gewährung ,des doppelten Stimmrechts abzulehnen. Wie Sie wissen, sind wir von 51 % Stimmenanteil des Bundes ausgegangen. Bei der zweiten Regierungsvorlage wurde von 26 % ausgegangen. Nachdem der Ausschuß Sachverständige gehört hat, haben wir uns auf eine Formel geeignigt. Dabei haben wir versucht, den zwei sich widersprechenden Gesichtspunkten in ausgewogenem Maße Rechnung zu tragen. Der eine Gesichtspunkt, dem wir im Rahmen des Möglichen Rechnung tragen wollten, ist der sozusagen plebiszitäre Charakter der Tatsache, daß nahezu drei Millionen unserer Mitbürger für das VEBA-Papier sich interessierten und gezeichnet haben, was einen außergewöhnlichen Erfolg der Eigentumsaktion in Volksaktien darstellt. ({0}) Der andere Gesichtspunkt war, dem Bund einen möglichen guten Einfluß zu bewahren. Wenn jeder, der gezeichnet hat, eine oder im Maximum zwei Aktien bekommt, dann ergeben sich 37 % Bundesbeteiligung. Wir glauben, daß dies einen ausreichenden Einfluß des Bundes, zum mindesten in der übersehbaren Zeit, gewährleistet. Ob sich später andere Situationen ergeben, ob wir bei Kapitalerhöhungen noch einiges überlegen müssen, das mag den späteren Jahren und dann späteren Erwägungen dieses Hauses überlassen werden. Ich glaube, wir haben im Ausschuß für wirtschaftlichen Besitz des Bundes nach dem Grundsatz, daß schließlich zu jeder Vorlage eine Mehrheit notwendig ist, eine gute Lösung gefunden, die wir gegenüber den Zeichnern und uns selbst glauben verantworten zu können. Ich bitte deshalb um die unveränderte Annahme der Ausschußvorlage und um Ablehnung des Antrags der SPD. ({1})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Keine weiteren Wortmeldungen. Wir stimmen über den Änderungsantrag Umdruck 726 der Fraktion der SPD ab. Wer diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Das ist die Mehrheit; der Änderungsantrag ist abgelehnt. Vor der Abstimmung über den Antrag des Ausschusses hat das Wort der Abgeordnete Kurlbaum.

Georg Kurlbaum (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001261, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion hat es sehr begrüßt, daß anläßlich der Zeichnung der VEBA-Aktien über zweieinhalb Millionen Bezieher kleinerer und mittlerer Einkommen Gelegenheit hatten, vor der Öffentlichkeit ihren 'so oft bestrittenen Sparwillen unter Beweis zu stellen. Weil wir von diesem Sparwillen überzeugt sind, haben wir uns schon seit längerem, auch bei den vorangegangenen Plenarberatungen über die Ausgabe der VEBA-Aktien, sehr energisch dafür eingesetzt, daß Anlagetitel geschaffen werden, die den kleinen Sparer erstens vor der schleichenden Geldentwertung schützen, zweitens ihn teilnehmen lassen an dem laufenden Vermögenszuwachs der Unternehmen und die drittens - das ist für uns nach wie vor ein wesentlicher Punkt - Anlagemöglichkeiten bieten, bei denen die Interessen des Volksaktionärs auch durch einen ausreichenden Einfluß des Bundes gewahrt werden. Wir müssen leider feststellen, daß durch die Ablehnung unseres Antrags der letzte Punkt nicht mehr voll in unserem Sinne gewährleistet ist. Es muß abgewartet werden, ob diejenigen, die das Depotstimmrecht für die Kleinaktionäre wahrnehmen werden, dies bei all den Interessenkonflikten, denen die Großbankvertreter ausgesetzt sind, auch wirklich immer im Interesse des Kleinsparers tun werden. Aber auch zur Teilnahme am Vermögenszuwachs muß ich zwei Einschränkungen machen. Es besteht in der Tat die Gefahr, daß durch den extrem hohen Werbeaufwand, der von der VEBA und insbesondere von den beiden miteinander rivalisierenden Gruppen der Geldinstitute zur Propaganda für die Zeichnung der VEBA-Aktien getrieben worden ist - in den Ausschußverhandlungen hat sich ergeben, daß es sich um einen Betrag von etwa 20 Millionen DM handelt -, das realistische Bild über die wirklichen Gewinnchancen der Zeichner etwas getrübt wird. Das ist vor allen Dingen deshalb der Fall, weil bei den Zeichnern der Eindruck entstanden ist, es handle sich seit der Privatisierung des Volkswagenwerks hier um eine einmalige, nicht wiederkehrende Gewinnchance. Wenn wir an diese Vorstellungen mit dem Maßstab des derzeitigen Kursniveaus herangehen, fühlen wir als Opposition uns verpflichtet, klar und deutlich auszusprechen, daß bei dem inzwischen abgesunkenen Kursniveau im Vergleich zu anderen Anlagemöglichkeiten bei bekannten Unternehmen in den Wachstumsbereichen der Wirtschaft bei der VEBA-Aktie für 210 % eine besondere Chance überhaupt nicht mehr gegeben ist. Wir halten es für richtig, dies in aller Offenheit zu sagen. Dazu kommt etwas anderes, auf das mein Freund Junghans bereits eben hingewiesen hat. Im Zusammenhang mit der Aufgabe der Mehrheit des Bundes an der VEBA ist die Gefahr nicht von der Hand zu weisen, daß eine der beiden bedeutsamsten Tochtergesellschaften der VEBA, die Hibernia, ihr Privileg der Belieferung der Bundesbahn mit Steinkohle verliert und daß in diesem Zusammenhang erhebliche Umsatz- und Ertragsverluste eintreten werden, über deren Ausgleich und Überwindung von der Bundesregierung im Ausschuß nur sehr unklare Vorstellunden vermittelt werden konnten. Wir haben uns für verpflichtet gehalten, auch dies bei der abschließenden Beratung im Interesse der Zeichner in aller Offenheit darzutun. Mein Freund Junghans hat bereits darauf hingewiesen, daß für uns auch allgemeine energiepolitische Bedenken gegen diese Vorlage bestehenbleiben. In der letzten Zeit hat sich leider gezeigt, daß die internationalen Mineralölkonzerne den Versuch machen, den beherrschenden Einfluß, den sie bereits auf dem Mineralölmarkt der Bundesrepublik ausüben, nunmehr auch auf den Erdgasmarkt ausdehnen. Die deutschen Unternehmungen der Steinkohleförderung, der Erdgas- und Mineralölförderung sind infolge ihrer sehr viel geringeren finanziellen Ausstattung zweifellos nicht in der Lage, der gewaltigen Finanzkraft der internationalen Mineralölkonzerne etwas Entsprechendes gegenüberzustellen. Nach unserer Auffassung wäre es absolut notwendig, daß der Bund sich endlich dazu entschließt, diesen deutschen Unternehmungen in ihrer Auseinandersetzung mit den internationalen Mineralölkonzernen die Hilfe zuteil werden zu lassen, die sie brauchen. Das kann nach unserer Auffassung nur dadurch geschehen, daß sich der Bund auch entschließt, sich in Zukunft auf dem Gebiete der Energieversorgung stärker als bisher am unternehmerischen Risiko zu beteiligen. Eine solche Politik ist notwendig, um das Angebot an Energien und die Entwicklung der Energiepreise in der Bundesrepublik unabhängiger von den marktbeherrschenden internationalen Konzernen gestalten zu können. Dazu muß allerdings der Bund die Rolle des „Nachtwächterstaats" auf dem Energiemarkt aufgeben. Das, was in der Bundesrepublik getan wird und was in vollem Gegensatz zu den Bemühungen aller anderen großen westeuropäischen demokratischen Industriestaaten steht, ist ein Schritt in der entgegengesetzten Richtung, nämlich ein Schritt zur Verringerung des Einflusses des Bundes auf dem Energiemarkt. Diese unsere grundsätzlichen und langfristigen Bedenken wollte ich hier noch einmal ausdrücklich vortragen. Nachdem unser Antrag abgelehnt worden ist, sind wir aus diesen prinzipiellen Gründen nicht in der Lage, der Vorlage zuzustimmen. Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion wird sich bei der Abstimmung der Stimme enthalten. ({0})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Das Wort hat der Herr Bundesschatzminister. Dr. Dollinger, Bundesschatzminister: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich, daß am Ende der VEBA-Wochen - möchte ich sagen - doch noch etwas Ähnliches wie Freude und Harmonie eingetreten ist. Ich möchte ganz kurz etwas zu den Betrachtungen des Kollegen Kurlbaum sagen. Meine Damen und Herren, es gibt keinen Zweifel, daß das Zeichnungsergebnis bei der VEBA eine allgemeine Überraschung nicht nur für die Politiker, sondern insbesondere auch für die Sachverständigen gewesen ist. Wenn wir dem Rat mancher Sachverständigen gefolgt wären, hätten wir die VEBA-Privatisierung vermutlich nicht eingeleitet. Das Überzeichnungsergebnis betrug 254 %. Ich darf daran erinnern, daß wir bei VW eine Überzeichnung von 85 % hatten. Was den Werbeaufwand anlangt, Herr Kollege Kurlbaum, so darf ich feststellen, daß die Zahl von 20 Millionen DM im Ausschuß nicht genannt worden ist. Mir ist auch die genaue Zahl nicht bekannt. Ich darf sagen, daß auch bei VW eine sehr große Werbung im Gange gewesen ist, die seinerzeit immerhin 14 Wochen gedauert hat. Ich glaube, daß die Überzeichnung in diesem Umfange - 254 % - die Überlegungen notwendig machte, die die Bundesregierung angestellt hat. Ich glaube ferner, daß wir das Vertrauen der Zeichner in diese Volksaktie dadurch beantwortet haben, daß wir eben auf Grund des Beschlusses des Ausschusses dazu kommen, den Zeichnern der Gruppe 1, die zwei Aktien und mehr gezeichnet haben, zwei Aktien zu geben. Das betrachte ich als einen beachtlichen Erfolg. Die Belegschaft wird ohnehin voll bedient. Meine Damen und Herren, ich darf kurz zum Abschluß sagen: Innerhalb von sechs Jahren seit der Herausgabe der VW-Aktien hat sich die Volksaktie durchgesetzt. Bisher sind insgesamt 9,6 Millionen Volksaktien ausgegeben worden, und es wurden 4,3 Millionen Zeichner bedient. Ich glaube, die Bundesminister Dollinger Volksaktie ist ein begehrtes Papier. Ich kann den Pessimismus des Herrn Kollegen Kurlbaum in bezug auf die zukünftige Entwicklung nicht teilen. Ich möchte auch sagen, daß das Thema des Werkselbstverbrauchs etwas überbewertet wird; denn wir wissen ganz genau, daß die Lieferungen an die Bundesbahn laut Vertrag am 31. März 1969 auslaufen und daß auf Grund der Elektrifizierung und Verdieselung der Verbrauch. der Kohle bei der Bahn ernorm zurückgegangen ist. 1952 waren es noch 9,4 Millionen t, im Jahre 1965 nur noch 3,9 Millionen t, und ein Anpassungsprozeß in dieser Richtung ist bei der Hibernia seit langer Zeit im Gange. Im übrigen wäre es eine schlechte Geschäftsleitung, wenn die Hibernia nicht in der Lage wäre, bei einem Umsatz von 2,1 Milliarden DM 100 Millionen DM Umsatzverlust bei Kohle zu verkraften. Meine Damen und Herren, ich glaube, die Volksaktionäre werden mit der VEBA-Aktie ein gutes Papier bekommen, ebenso wie damals mit der VW-und mit der Preußag-Aktie. Ich meine, die große Bedeutung dieses Papiers liegt in der eigentumspolitischen, in der gesellschaftspolitischen und in der volkswirtschaftlichen Seite. ({0})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Meine Damen und Herren, Abstimmung über den Antrag des Ausschusses - Drucksache IV/3707 - VEBA. Wer diesem Antrag des Ausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei zahlreichen Enthaltungen ist der Antrag des Ausschusses angenommen. Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 68: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse nicht mehr bestehender öffentlicher Rechtsträger ({0}) ({1}) ; Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses ({2}) ({3}). ({4}) Berichterstatter ist der Abgeordnete Hirsch. Wünscht der Herr Berichterstatter das Wort? - Der Herr Berichterstatter verzichtet. Der Anderungsantrag der Fraktion der SPD Umdruck 727*) ist zurückgezogen. Weitere Änderungsanträge liegen nicht vor. Ich rufe auf die §§ 1 bis 33 in der Fassung des Ausschusses - §§ 30 und 31 entfallen - sowie Einleitung und Überschrift. - Wer den ,aufgerufenen Paragraphen, der Einleitung und der Überschrift in zweiter Lesung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - In zweiter Lesung angenommen. *) Siehe Anlage 10 Wir kommen zur dritten Beratung. Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf in dritter Lesung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Gesetz ist in dritter Lesung einstimmig angenommen. Meine Damen und Herren, die Tagesordnungspunkte 6 und 74 sind nach einer interfraktionellen Vereinbarung abgesetzt. Das tut mir im Blick auf den Punkt 74 leid. Ich werde dazu gleich etwas sagen. Damit sind wir, nicht gerade unter Blitz und Donner, aber doch nach einem scharfen und kämpferischen Endspurt am Ende dieser Tagesordnung und damit auch am Schluß der 4. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages angelangt. Vielleicht werden wir genötigt sein, am 23. Juli noch einmal zu einer kurzen Sitzung zusammenzutreten, um über die Vorschläge des Vermittlungsausschusses Beschluß zu fassen. Aber wenn ich das Haus recht verstanden habe, beabsichtigt es nicht - jedenfalls nach dem jetzigen Stand der Dinge -, noch einmal in Verhandlungen einzutreten. Die Legislaturperiode läuft am 17. Oktober 1965 um 24.00 Uhr ab. Nach der Geschäftsordnung obliegt es dem Präsidenten dieses Bundestages, den neuen Bundestag einzuberufen. Ich sehe dafür vor: Dienstag, den 19. Oktober 1965, 16.00 Uhr. Viel Wahl bleibt uns nicht; wir können nur zwischen dem 18. und dem 19. wählen. Zur Tradition des Hauses gehört es, daß der Präsident in der letzten ordentlichen Sitzung einer Wahlperiode einen Rückblick gibt. Ich will Sie nicht mit vielen Zahlen langweilen, aber einige müssen in dieser Stunde doch genannt werden, damit ein Vergleich möglich ist, der im Blick auf die Kritik der letzten Wochen interessant ist. Dieser 4. Bundestag hat 196 Plenarsitzungen abgehalten. In der 3. Wahlperiode waren es 166. Die Ausschüsse und ähnliche Arbeitsorgane des Hauses haben 3066 amtliche Sitzungen abgehalten. Das sind etwa 500 mehr als in der dritten Legislaturperiode. Die Fraktionen tagten 688mal gegen 661mal in der 3. Wahlperiode. In dieser Legislaturperiode verabschiedeten wir 428 Gesetze; in der dritten waren es 424. Die Zahl der behandelten Zollverordnungen - das scheint mir interessant zu sein, weil sich darin auch die Strukturänderungen spiegeln - stieg von 43 Verordnungen in der dritten Legislaturperiode auf 241 in der vierten. Außerdem nahm der Bundestag zu 223 EWG-Verordnungen Stellung. 24 Mitglieder des Hauses haben ihr Mandat niedergelegt, zwei wechselten die Fraktion und 35 starben. Einige davon jählings hier im Haus, einige unterwegs und manche nach langem Leiden. Alle aber starben in Amt und Dienst. ({5}) Präsident D. Dr. Gerstenmaier Der Kollege Pohle war der erste. Er starb am 3. November 1961. Ihm folgten die Kollegen Meyer ({6}) am 29. Januar 1962, Ludwig am 18. Februar 1962, Finckh am 28. April 1962, Reitzner am 11. Mai 1962, Dr. Baron Manteuffel-Szoege am 8. Juni 1962, Dr. Brecht am 10. Juli 1962, Frau Dr. h. c. Weber ({7}) am 25. Juli 1962, Dr. h. c. Pferdmenges am 28. September 1962, Kühn ({8}) am 4. Dezember 1962, Döring ({9}) am 17. Januar 1963, Altmaier am 8. Februar 1963, Frau Vietje am 2. Mai 1963, Lünenstrass am 16. Mai 1963, Keller am 21. Juli 1963, Funk ({10}) am 5. August 1963, Gerns am 20. August 1963, Dr. Menzel am 24. September 1963, Höfler am 21. Oktober 1963, Dr. Klein ({11}) am 22. Oktober 1963, Ollenhauer am 14. Dezember 1963, Goldhagen am 7. Januar 1964, Dr. Deist am 7. März 1964, Frau Dr. Rehling am 29. Mai 1964, Lermer am 15. Juli 1964, Dr. Harm ({12}) am 10. August 1964, Schröder ({13}) am 6. September 1964, Ruland am 28. September 1964, Winterstein am 2. November 1964, Dr. von Brentano am 14. November 1964, Even ({14}) am 24. November 1964, Ehren am 30. November 1964, Heiland am 6. Mai 1965, Lang ({15}) am 1. Juni 1965 und Dr. Willeke am 24. Juni 1965. Meine Damen und Herren, es ist eine besonders lange Reihe, die wir in diesen letzten vier Jahren zu Grabe geleiten mußten. Einige von ihnen waren in den Jahren, in denen es sich nicht mehr ziemt, mit dem Tod zu rechten. Viele andere aber sind Beispiele dafür, wie streng das Mandat des deutschen Volkes auch nach kraftvollen Herzen greift. - Ich danke Ihnen. Täusche ich mich, wenn ich sage, daß vielleicht eben deshalb dieser 4. Bundestag mehr als die früheren der Kritik ausgesetzt war? Es gab Stimmen dabei, die nicht überhört werden dürfen, weil sie sich ohne Zweifel an übergeordneten Notwendigkeiten orientierten wie dem Schutz der Währung, der Krisenfestigkeit unserer Wirtschaft und der Widerstandskraft des Landes im ganzen. Aber es gab auch viel gedankenloses Geschwätz, von rüden Ausfällen ganz abgesehen. Ein Thema, das sich durch die Kritik dieser vier Jahre zog, war die Parlamentsreform. Das Präsidium des Hauses, der Bundestagsvorstand und der Ältestenrat haben sich mit den damit angeschnittenen Fragen immer wieder auseinandergesetzt, und auch das Plenum hat sich damit befaßt. Eine Grundtendenz war dabei, die politische Debatte im Plenum noch mehr zu aktualisieren. Einen Beitrag dazu hat geleistet die Intensivierung der Fragestunde. Während die Großen und die Kleinen Anfragen zurückgingen, wurden in dieser Legislaturperiode in 167 Fragestunden 4717 Fragen beantwortet, das sind dreimal mehr als im 3. Bundestag. Ein Versuch zum gleichen Zweck ist die Einführung der sogenannten „aktuellen Stunde". Die Erfahrungen, die dieser Bundestag damit gemacht hat, sind nicht gerade sensationell, aber sie sind auch nicht entmutigend. Es ist möglich, daß sich die aktuelle Stunde in den nächsten Legislaturperioden in ähnlicher Weise etabliert, wie wir es mit der Fragestunde erlebt haben. Die Bemühungen, von der Verlesung ausgearbeiteter Reden zugunsten einer größeren Spontaneität der Debatte herunterzukommen, werden weiter fortgesetzt. Man muß sich dabei aber vor Augen halten, daß diesem Bemühen verhältnismäßig feste Grenzen gesetzt sind. Die Plenardebatte wird im Entscheidenden eben nicht bestimmt - und das weiß der Außenseiter eben nicht richtig - von mehr oder weniger spontanen individuellen Stellungnahmen, sondern von sachverständigen Mitgliedern des Hauses. Was ihren Worten das besondere Gewicht gibt, ist im allgemeinen weniger ihre Expertenweisheit als die Stellungnahme der Fraktion, für die sie gewöhnlich sprechen. Es versteht sich, daß ein Redner, der vielen differenzierten und nuancierten Auffassungen gerecht werden will, weniger frei von der Leber weg spricht als ein Mann, dem es nur darauf ankommt, seine eigene, höchst individuelle Meinung zu vertreten. Wer Rücksichten - übrigens oft auch zwingende außenpolitische Rücksichten -zu nehmen hat, wird oft die schriftlich niedergelegten Formulierungen der spontanen Äußerung vorziehen. Wer die Plenardiskussion richtig beurteilen will, muß sich doch über diesen Sachzusammenhang im klaren sein. Er tastet die von Art. 38 des Grundgesetzes gewährleistete Rede- und Entscheidungsfreiheit des einzelnen Abgeordneten nicht an, sondern es drückt sich in ihm nur die lapidare Grundregel der Demokratie aus, daß der Wille einer Mehrheit entscheidet. Um sie zu erreichen, bedarf es in der Regel des frei vereinbarten Kompromisses. Seine Verdächtigung, die es in Deutschland immer noch gibt, ist ganz unangebracht, denn er ist oft nicht nur eine Notwendigkeit, sondern auch ein Ausdruck der Humanität. Im übrigen spiegelt sich allmählich in allen Fraktionen dieses Hauses die Realität unserer vielgruppigen, sogenannten pluralistischen Gesellschaft wider. Deshalb stehen auch alle Fraktionen dieses Hauses unter dem Zwang, in schwierigen Sachentscheidungen einen Ausgleich zu finden, der möglichst von der ganzen Fraktion übernommen und mitverfochten werden kann weil, er sich politisch, d. h. im Blick auf das Volksganze, verantworten läßt. Dieses schwierige Geschäft des innerfraktionellen und oft auch interfraktionellen Ausgleichs wird noch kompliziert durch die fortgesetzte Ausweitung der Staatskompetenzen. Sie ist nicht die Folge eines gesteigerten Machtbedürfnisses des Staates in unserer Zeit - hin und wieder tut man auch der sogenannten Bürokratie unrecht, wenn man ihr das unterstellt -, sondern sie ist die unvermeidliche Präsident D. Dr. Gerstenmaier Folge der steigenden an den Staat gerichteten Ansprüche und der objektiven Notwendigkeiten, denen er sich stellen muß. Dazu gehört, daß er der von ihren vitalen Interessen bewegten pluralistischen Gesellschaft einen hinreichend kräftigen Rahmen geben und immer von neuem einen denkbar gerechten Ausgleich zwischen den Gruppen und Interessen herbeiführen muß. In einer solchen Situation wird die Integration, d. h. die Zusammenfassung der von verschiedenen Interessen bewegten Kräfte, die natürlich auch innerhalb der Parteien und Fraktionen lebendig sind, zu einer kardinalen Aufgabe des Parlaments. Einen sachlich vertretbaren Ausgleich zu finden und die Aktionskraft und die Aktionseinheit seiner Partei und Fraktion zu erhalten, das ist in unserer Zeit eine so schwere und vordringliche Aufgabe, daß sie die Kraft und Zeit des Parlamentariers in einem von der Öffentlichkeit kaum mehr zu erkennenden Maße in Anspruch nimmt. Daß er sich dabei nicht nur wie ein Experte verhält, sondern auch auf die Bedürfnisse des Machtkampfes Rücksicht nimmt, das sollte dem Parlamentarier nicht so unbesehen als charakterliche Inferiorität angerechnet werden, wie es auch in Deutschland noch immer häufig geschieht. Denn diese Machtbedürfnisse sind mindestens insofern legitim, als es zur Verwirklichung auch der besten Ideen in einer Demokratie eben hinreichender Mehrheiten bedarf. Sie anzustreben ist deshalb nicht nur das Recht, sondern auch die selbstverständliche Pflicht derer, denen es nicht genug sein darf, einen Gedanken in die öffentliche Diskussion zu werfen. Die eigentliche politische und sittliche Leistung zugleich, die dem Parlamentarier heute abverlangt wird, ist deshalb der immer erneute Ausgleich zwischen sachlicher Notwendigkeit und legitimem Machtbedürfnis, Der Bundestag und seine Fraktionen müssen es sich gefallen lassen, daß ihre Entscheidungen in der Öffentlichkeit daraufhin geprüft und schonungslos kritisiert werden. Dieses Haus muß es sich gefallen lassen, daß man ihm mit scharfem Stift nachrechnet, ob es die Balance gehalten oder ob es zwingende sachliche Notwendigkeiten hinter Erwägungen anderer Art zurücktreten ließ. Wir haben regelmäßig die 'Erfahrung gemacht, daß der Bundestag vor dein Wahlen von nicht wenigen Seiten unter einen wachsenden Druck gesetzt wird. Man kann nicht sagen, daß alle 'Wünsche und Forderungen, die dergestalt vorgebracht werden, unberechtigt wären. Dennoch ist es die Pflicht dieses Hauses, einem solchen Druck standzuhalten. Das erfordern die Sachgerechtigkeit und die Rücksicht auf das Wohl und Wehe dies ganzen Volkes. Ich glaube, daß sich die Fraktionen des kommenden Bundestages bald nach der Wahl über eine neue, bessere Technik verständigen sollten, die ,den Überdruck auf die Bundesfinanzen schon geraume Zeit vor der Wahl abzufangen vermag. ({16}) Wir sind gar nicht so schlecht, denn wir nehmen uns immer wieder ganz gute Vorsätze vor. Aber wir sind eben auch bloß Menschen. Sie müssen es sich also auch gefallen lassen, wenn man sagt, daß es mit braven Vorsätzen allein auch hier nicht mehr getan ist. Versuchen wir es deshalb doch einmal, unsere Zuflucht zu einer halbwegs zureichenden Technik zu nehmen! Wenn ich recht sehe, hat sich der deutsche Parlamentarismus im Verlaufe der letzten 100 Jahre von der nahezu ausschließlichen öffentlichen Debatte immer weiter weg bewegt. Damit kommen wir zu einem anderen ganz schwierigen Problem des Parlamentarismus in unserer Zeit. Man kann dieses Sichwegbewegen von der öffentlichen Debatte gewiß ernstlich beklagen, aber man kann es wahrscheinlich kaum inennenswert ändern. Zwar könnte man die Arbeit der Ausschüsse für die Öffentlichkeit in höherem Maße einsichtig machen; man könnte vielleicht noch dies und idas tun an Intensivierung der Information. Aber ich bezweifle, daß das öffentliche Tagenlassen der Bundestagsausschüsse der Offenheit, dier Differenzierung und der Versachlichung ihrer Beratungen dienen würde. ({17}) Den Fraktionen aber und ihren Arbeitskreisen kann man es ohnehin einfach nicht zumuten, ihre Beratungen öffentlich zu führen. Wenn das die Parteien bei ihren Parteitagen bis in ihre Arbeitskreise hinein tun, nun schön, dann versprechen sie sich einen gewissen Werbewert davon. Aber hier muß fortlaufend getagt, beraten und entschieden wenden. Dabei spielen die Fraktionen eine immer größere Rolle. Denn bei ihnen vor allem vollzieht sich die zu leistende Integration der verschiedenen Anschauungen und Interessen. Sie würde durch das öffentliche Tagen nicht erleichtert, sondern erschwert oder vielleicht sogar unmöglich gemacht wenden. Für dein Bundestag als Ganzes - so muß man nun aber auch umgekehrt sagen - wäre es nur zuträglich, wenn sich die Öffentlichkeit durch größeren Einblick ein zutreffendes Urteil über die tatsächliche Inanspruchnahme der Mitglieder dies Hauses und die ihnen abverlangte Leistung bilden könnte. Nicht nur bedauerlich, sondern nachgerade bedenklich - meine verehrten Damen und Herren Kollegen, ich muß das hier wieder einmal sagen - ist das noch immer steigende außerparlamentarische Engagement der Bundestagsabgeordneten Ich sehe es an den Entschuldigungen. Es gibt Entschuldigungen, die in der Sache ausgezeichnet begründet sind und gegen die man einfach nichts sagen kann, obwohl es mir sehr leid tut, wenn ich eine solche Entschuldigung anerkennen muß. Warum? Weil sie oft Plenarsitzungstage oder andere wichtige parlamentarische Verpflichtungen berührt. Das außerparlamentarische Engagement der Bundestagsabgeordneten ist überhaupt nicht zu vermeiden. Aber es nimmt in einem Maße zu und überhand, daß ich es, wie gesagt, nicht mehr nur bedauern, sondern allmählich für bedenklich halten muß. Ich weiß, daß das eine nahezu unvermeidliche Folge auch der inneren Organisation der Bundesrepublik mit ihren vielen Wahlen ist. Andererseits ist es eine Folge der sich unabhängig von diesen Wahlen verdichtenden öffentlichen Diskussion. Zwischen Ansprüchen dieser Art und der unmittelbaren parlamentarischen Verpflich10034 Präsident D. Dr. Gerstenmaier tung die richtige Balance zu halten ist schwierig, aber, meine Damen und Herren, es ist unerläßlich. Jedenfalls muß man diese ganze Wirklichkeit ins Auge fassen, wenn man über da's persönliche Engagement des Bundestagsabgeordneten und über den Zustand unseres Parlamentarismus einigermaßen sachgemäß reden will. Sosehr man es beklagen kann, wenn das Plenum dürftig besetzt ist, so wenig kann man doch darauf ein generelles Urteil über den Bundestag und die Leistung seiner Mitglieder gründen. Andererseits werden wirs uns auch im Blick auf diese Kritik noch entschiedener als seither damit auseinandersetzen müssen, ob nicht manche altüberkommene Einrichtung geändert werden muß. Die Anlage der Großen Anfragen - um nur ein Beispiel zu bringen - ist nicht geeignet, die Aufmerksamkeit selbst interessierter Abgeordneter im allgemeinen wirklich wachzuhalten. Es ist ein schwer erträglicher Zustand, daß bei einer Großen Anfrage mehrere Stunden vergehen, ehe die eigentliche Debatte beginnt. Das Ziel muß sein, schnell, möglichst schnell in die Debatte zu kommen. ({18}) Es bleibt überhaupt die Aufgabe des Hauses, gerade weil die Umstände dagegen sind, der Öffentlichkeit soviel als möglich - ich sage: als möglich - Einsicht in seine Beratungen und Bemühungen, in seine Motive und das Zustandekommen seiner Entscheidungen zu geben. Meine Damen und Herren, damit sind nur einige Aspekte dessen angeschnitten, was uns hier auf der Seele liegt. Aber richten wir in diesem Augenblick den Blick von diesem Hause aus noch einmal auf die Welt, so wie wir es in diesen vier Jahren oft getan haben, und auf das, was uns die weltpolitische Entwicklung in dieser Wahlperiode abverlangt hat. Tut man das, so kann man heute nach vier Jahren zusammenfassend leider nur sagen, daß im Laufe dieser vier Jahre die Weltlage trotz aller Entspannungsbemühungen, insbesondere der des so tragisch hinweggerissenen amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy nicht heiterer, sondern ernster geworden ist. Die deutsche Frage blieb in dieser Entwicklung eines der zentralen Probleme. Das Haus hat sich auch in dieser Wahlperiode einmütig davon leiten lassen, daß es das unantastbare Recht des deutschen Volkes ist, auf ihrer zureichenden Lösung zu bestehen. Einmütig sind wir auch davon überzeugt, daß ohne diese Lösung dieser alte Kontinent und die Welt nicht zum wahren Frieden kommen können. Es ist keine von nationalem Ehrgeiz diktierte, sondern eine sachliche Feststellung, wenn man sagt, daß das Gewicht Deutschlands in der Welt in den vergangenen vier Jahren nicht kleiner, sondern größer geworden ist. Dennoch ist unser Geschick von dem Verhalten der Weltmächte so abhängig, daß uns nur ein verhältnismäßig enger politischer Aktionsraum geblieben ist. Ein bedeutendes Ereignis in der Geschichte des Bundestages der 4. Wahlperiode war die einmütige Ratifizierung des Deutsch-Französischen Freundschaftsvertrages. Der Deutsche Bundestag hat die deutsch-französische Aussöhnung von Herzen begrüßt. Er möchte daran ebenso unverbrüchlich festhalten wie an seinem Willen zu einem geeinten Europa, das mit der atlantischen Gemeinschaft dauerhaft verbunden ist. Das Haus hat die Entschlossenheit dazu so oft bekundet, daß diese Richtung seines gemeinsamen Willens am Ende dieser 4. Wahlperiode unbestritten ist. Der Auswärtige Ausschuß des Bundestages steht in Übereinstimmung mit dem ganzen Haus, wenn er diesen Willen auch im Blick auf die jüngste Debatte in der EWG soeben wieder bekräftigt hat. Besonders eindrucksvoll hat sich dieser Wille dargestellt in der denkwürdigen Veranstaltung des Bundestages in der Paulskirche zu Frankfurt am 25. Juni 1963, bei der Präsident Kennedy zum Deutschen Bundestag sprach. Ich hatte damals die Ehre, namens des Hauses zu erklären, daß der Deutsche Bundestag geschlossen hinter der Bundesregierung stehe, „wenn sie mit Konsequenz und Entschiedenheit unser Bündnis mit der europäisch-atlantischen Gemeinschaft" vertrete. Der Präsident der Vereinigten Staaten antwortete mit der programmatischen Erklärung: Deshalb hoffen wir auch auf ein vereintes Europa im Rahmen einer Atlantischen Partnerschaft als Gesamtheit interdependenter Teile, die an Lasten und Entscheidungen gleichermaßen beteiligt und sowohl durch die Aufgaben der Verteidigung als auch durch die Werke des Friedens miteinander verknüpft sind. Der herzliche Empfang, den das deutsche Volk einige Monate zuvor dem französischen Staatspräsidenten bereitet hatte, ließ ebenso wie die Aufnahme, die die englische Königin in Deutschland fand, über jeden Zweifel hinaus deutlich werden, daß der Wille dieses Hauses zur offenen und verläßlichen Partnerschaft mit allen unseren Verbündeten im deutschen Volk eine überzeugende Bestätigung findet. Mit Genugtuung dürfen wir feststellen, daß die Bundesregierung dem lange gehegten Wunsch der großen Mehrheit des Parlaments gefolgt ist und diplomatische Beziehungen mit dem Staat Israel aufgenommen hat. Der Bundestag hat sich Mühe gegeben, durch die Verabschiedung des Wiedergutmachungsschlußgesetzes einen weiteren Beitrag zu den Folgen eines qualvoll dunklen Kapitels der deutschen Geschichte zu leisten, einen Beitrag, der ihm - wie ich glaube - zur Ehre gereicht. Die Aufnahme der diplomatischen Beziehungen zum Staate Israel hat einen großen Teil der arabischen Staaten veranlaßt, ihre Beziehungen zur Bundesrepublik Deutschland abzubrechen. Marokko, Tunesien und Libyen haben ihrer traditionellen Freundschaft zu Deutschland den Vorrang vor ähnlichen Überlegungen gegeben. Ich bin sicher, daß ich für das ganze Haus spreche, wenn ich den Staatschefs und Regierungen dieser Staaten dafür den Dank des Deutschen Bundestages ausspreche. ({19}) Und ich bin ebenso sicher, daß .ich für das ganze Haus spreche, wenn ich sage, daß nach unserem Präsident D. Dr. Gerstenmaier Willen und unserem Verständnis die Normalisierung unserer Beziehungen zum Staate Israel kein gegen irgend jemand gerichteter unfreundlicher Akt ist. Die Freundschaft zur arabischen Welt liegt uns auch heute noch unvermindert am Herzen. Als Bündnispartner der freien Welt hat es sich dieses Haus angelegen sein lassen, seine Verpflichtungen gegenüber der NATO wie gegenüber den europäischen Organisationen pünktlich und gewissenhaft zu erfüllen. Nicht ohne Sorgen betrachten viele von uns die inneren Belastungen, denen die Nordatlantische Verteidigungsgemeinschaft in diesen Jahren ausgesetzt war. An der Überwindung dieser Schwierigkeiten wird dieses Haus sicher auch in der Zukunft ebenso bereitwillig mitarbeiten wie an der Bewältigung der offensichtlich großen Widerstände, die der europäischen Integration noch immer im Wege stehen. Die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft hat in diesen Jahren beträchtliche Erfolge erzielt. Bundesregierung und Bundestag wurden aber in diesem Zusammenhang auch schwere Entscheidungen abverlangt. Sie sind gefällt, und sie sind vollzogen worden, schließlich ohne Weichlichkeit, weil wir entschlossen sind, über unsere nationalen Grenzen hinaus auf das zu sehen, was wir zusammen mit den anderen der Zukunft Europas schuldig sind. ({20}) Allen Parlamenten der Mitgliedstaaten wird, wie wir soeben wieder gesehen haben, noch manche harte Entscheidung in dieser Sache abverlangt werden. Ich erinnere nur an die Notwendigkeit, die vielfachen Wettbewerbsverzerrungen in einer ebenso durchgreifenden wie gerechten Lösung zu beseitigen. In der Organisation der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft bahnte sich durch die vereinbarte Fusion der Räte und Kommissionen ein erheblicher Fortschritt an. Unsere Freude daran wird jedoch nicht nur durch die derzeitige Verhandlungslage, sondern auch dadurch beeinträchtigt, daß es bis jetzt nicht gelungen ist, die Rechte des Europäischen Parlaments so zu verstärken, daß man in der EWG von einer hinreichenden parlamentarischen Kontrolle sprechen kann. ({21}) Der Bundestag hat dem erst vor wenigen Tagen einen ganz präzisen Ausdruck gegeben. Ich glaube, daß ich für das Haus spreche, wenn ich sage, daß der Bundestag die von uns ohne Einschränkung bejahte Fusion der Gemeinschaften mit der Forderung verbindet-auch in der Zunkunft verbinden wird-, daß ihre parlamentarische Kontrolle gewährleistet wird. ({22}) Meine Damen und Herren, das betrüblichste Kapitel auch dieser Wahlperiode ist für uns der Stand der deutschen Frage schlechthin. Dieser 4. Bundestag begann seine Tätigkeit unter dem niederschmetternden Eindruck der Mauer, die Ulbricht und seine Leute mit russischer Genehmigung am 13. August 1961 in Berlin errichtet haben. Im Einklang mit der Bundesregierung hat der Bundestag stets seinen Willen bekundet, die Beziehungen zur Sowjetunion zu verbessern. Aber das bleibt schließlich nicht mehr als ein frommer Wunsch, wenn einer solchen Gesinnung von der anderen Seite, von Pankow her, immer wieder mit Brutalität begegnet wird. Mit der Mauer hat diese Legislaturperiode angefangen, mit dem von Ulbricht und seinen Hintermännern angezettelten Nervenkrieg endet sie. Die Flüge über Westberlin und immer neue Mordtaten erinnern auch diejenigen, die so gern bereit sind, um des lieben Friedens willen über alles mögliche hinwegzusehen, daran, mit welcher Gesinnung wir es auf der Gegenseite eigentlich zu tun haben. ({23}) Nach einer Reihe von Jahren haben wir in dieser Legislaturperiode die Bundesversammlung und eine Plenarsitzung des Bundestages wieder in Berlin abgehalten. Im Unterschied zur Bundesversammlung hat die Bundestagssitzung in Berlin nicht nur Schikanen der Ulbricht-Leute zur Folge gehabt, sondern auch eine gewisse Diskussion in der Bundesrepublik ausgelöst. Der damalige Entschluß, meine Damen und Herren, bedarf auch rückblickend keiner Verteidigung. ({24}) Es ist nämlich nicht in unsere Wahl und in unser Belieben gestellt, ob wir unser Recht, in Berlin zu sein, verfechten wollen. Das ist unsere schlichte Pflicht. Bundesregierung und Bundestag müssen, ob das nun genehm ist oder nicht, auch in der freien Welt mit Konsequenz den Standpunkt vertreten, daß die deutsche Frage so lange auf der Tagesordnung der Weltpolitik bleibt, bis es sie nicht mehr gibt, d. h. bis sie vertretbar gelöst ist. Es ist unangemessen, wenn man uns deshalb da und dort nationale Widerborstigkeit vorwirft. Denn es geht dabei weit weniger um eine Sache des nationalen Prestiges als um die menschliche Solidarität mit vielen Millionen unterdrückter Landsleute. ({25}) Ihnen hinter dem Eisernen Vorhang darf ich auch in dieser Stunde wieder sagen, daß ihre Sorgen unsere Sorgen sind und bleiben. Die zwei Jahrzehnte der Trennung haben wahrscheinlich vieles erschwert. Unseren Willen zur Einheit, zum geordneten Zusammenleben unseres Volkes konnten sie aber weder brechen noch - hoffentlich - auch nur schwächen.. An dieser Stelle möchte ich auch den Berlinern und den Bewohnern der Zonenrandgebiete den Dank des Bundestages für ihre immer wieder bewiesene besonnene Haltung aussprechen. ({26}) Ein anderer Dank ist in dieser Stunde in diesem Zusammenhang aber auch fällig. Ich möchte nämlich den drei Schutzmächten Westberlins den Dank des Bundestages dafür zum Ausdruck bringen, daß sie uns die Plenarsitzung im Frühjahr in Berlin ermöglicht haben. ({27}) Mit großer Befriedigung nimmt dieses Haus davon Kenntnis, daß diese Schutzmächte jetzt, gerade an10036 Präsident D. Dr. Gerstenmaier gesichts der jüngsten Provokationen, das Recht des Deutschen Bundestages, in Berlin zu tagen, erneut bestätigt haben. ({28}) Mit tiefer Anteilnahme verfolgen wir die blutigen Auseinandersetzungen in Südostasien. Wir wissen, daß die Vereinigten Staaten von Amerika ebenso wie in Berlin so auch in Asien keineswegs nur für sich, sondern vor allem für die Sache der Freiheit in dieser Welt stehen. ({29}) Wir verneigen uns vor den Blutopfern, die die amerikanische Nation in jenem Teil der Welt bringt. Meine Damen und Herren, ich würde Ihre Geduld am Ende harter Arbeitswochen überfordern, wenn ich auch nur den Versuch machte, noch in eine Würdigung der gesetzgeberischen Arbeit dieses Bundestages im Bereich der Innenpolitik einzutreten oder auf Schwierigkeiten einzugehen, mit denen er sich z. B. im Bereich der Sozialpolitik in diesen Jahren herumschlagen mußte. Charakteristisch für die geistige und die soziologische Entwicklung in unserer Zeit erscheint mir, daß sich der Bundestag mehr und mehr auch zentralen Fragen, nicht mehr nur Randfragen, sondern auch zentralen Fragen der Kulturpolitik stellen muß, obwohl das zweifellos nicht in der Absicht des Verfassungsgesetzgebers in den Jahren 1948/49 lag. Auf vielen Gebieten sind weiterführende Lösungen geglückt. In anderen Bereichen der Gesetzgebung sind Teillösungen gefunden und Vorarbeiten geleistet worden, die für den kommenden Bundestag von Bedeutung bleiben. Ich denke dabei z. B. an die Große Strafrechtsreform und an Fragen der Sozialpolitik. Mit vielen anderen Mitgliedern des Hauses in allen Fraktionen bedaure ich lebhaft, daß es heute nicht mehr möglich war, den von dem Herrn Bundesminister für Familien- und Jugendfragen vorgelegten Jugendbericht zur Aussprache zu stellen. Der Bericht verdient nämlich seinem Thema wie seiner Qualität nach die ungeteilte Aufmerksamkeit des Hauses, ja, der ganzen Nation. ({30}) Ich hoffe, daß sich der nächste Bundestag in einer seiner ersten Sitzungen mit ihm so beschäftigt, wie es diesem über Analysen hilfreich hinausgehenden Bericht zukommt. Aufmerksamkeit und Nachachtung verdient in diesem Zusammenhang übrigens auch die soeben ergangene Stellungnahme des Bundesjugendringes zu der kommenden Bundestagswahl. Ein herzliches Wort des Abschieds und des Dankes möchte ich nunmehr an die Kolleginnen und Kollegen richten, die ihre parlamentarische Tätigkeit mit dieser Wahlperiode beenden. Viele von ihnen verlassen dann ein Parlament, dem sie von seiner ersten Stunde an 16 Jahre lang angehört haben. Unter ihnen sind wiederum einige, die zu den Veteranen des Reichstages gehören, und unter denen wiederum ist es eine Mehrheit, die seinerzeit gegen das Ermächtigungsgesetz gestimmt haben. ({31}) Meine Damen und Herren, ihnen und den später Hinzugekommenen hat es der Bundestag mit zu verdanken, daß er unter Stürmen und großen Anstrengungen, aber schließlich doch im Frieden einen Weg gehen konnte, der den größeren Teil unseres Volkes aus großen Tiefen herausbrachte. Dieses Haus hat keine anderen Anerkennungen und Ehren zu vergeben als den respektvollen Dank für die sich in der Mühsal des Alltags bewährende Liebe zum Vaterland. In diesem Sinne spreche ich Ihnen, die Sie dieses Haus verlassen, hiermit den Dank und die Anerkennung des Deutschen Bundestages aus. ({32}) Das zweite Wort des Dankes gilt allen Mitgliedern dieses Hauses, die sich um die Bewältigung der Aufgaben bemüht haben, denen sich dieser Bundestag gegenübersah. Diese Bemühungen sind um so höher zu werten, als sie unter Arbeitsbedingungen vollbracht werden mußten, die noch immer völlig unbefriedigend sind. ({33}) Ich bin ganz dankbar dafür, ,daß allen Mißdeutungen zum Trotz der Vorstand des 'Bundestages und schließlich auch das Plenum die Entscheidungen getroffen halben, die einfach unerläßlich sind, um diesen Zustand zu ändern. Es ist nicht tin das Belieben des Präsidenten dieses Hauses gestellt, sondern es ist seine Pflicht, dafür zu sorgen, daß diese Beschlüsse auch verwirklicht werden. Ich hoffe, daß der Bundestag der 5. Wahlperiode wenigstens in seiner zweiten Hälfte unter Bedingungen arbeiten kann, wie .sie für jeden Beamten der Exekutive schon längst selbstverständlich sind. ({34}) Das dritte Wort dies Dankes bitte ich mir an die Kollegen zu verstatten, deren zuverlässiger und loyaler Mitarbeit der Präsident des Hauses besonders viel zu verdanken hat. Ich denke dabei an meine Kollegien im Präsidium und im Ältestenrat, insbesondere aber an die Herren Fraktionsgeschäftsführer. Dieser Dank gilt aber auch unseren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen in der Verwaltung des Bundestages, ({35}) die uns redlich geholfen haben, unsere tägliche Pflicht zu tun. Ihnen aber, meine Damen und Herren, die Sie nun nach vier Jahren oft harter Arbeit in den Wahlkampf gehen mit dem Ziel, hierher zurückzukehren, wünsche ich wenigstens eine kurze Erholung und - das zu sagen sei mir als derzeitigem Sprecher ides Hauses gestattet - ein freundliches Wiedersehen im Bundestag der 5. Wahlperiode. Damit, meine Damen und Herren, sind wir am Ende der ordentlichen Sitzungen der 4. Wahlperiode des Bundestages angelangt. Ob ich zu einer kurzen Präsident D. Dr. Gerstenmaier außerordentlichen Sitzung - d.h. ohne Fragestunde - einberufen muß oder nicht, kann ich in diesem Augenblick noch nicht entscheiden. Wenn es notwendig wird, ist der 23. Juli 1965, 11 Uhr, vorgesehen. Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen. Gute Erholung! Frohes Wiedersehen! Die Sitzung ist geschlossen. (