Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 6/24/1965

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Meine Damen und Herren, die Sitzung ist eröffnet. Die folgende amtliche Mitteilung wird ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen: Der Staatssekretär im Auswärtigen Amt hat unter dem 14. Juni 1965 unter Bezug auf den Beschluß des Bundestages vom 24. Februar 1965 einen Bericht über die Verwirklichung von zwischen der Bundesrepublik und anderen Staaten abgeschlossenen Kulturabkommen in den Bundesländern übersandt, der als Drucksache IV/3646 verteilt wird. Wir beginnen mit Punkt i der Tagesordnung: Fragestunde ({0}). Ichrufe die Frage V/1 - des Herrn Abgeordneten Ertl - auf: Ist die Bundesregierung bereit, sich angesichts des Notstandes, der in weiten Teilen Bayerns durch die katastrophalen Hochwasserschäden der letzten Tage eingetreten ist, an der Behebung der Schäden zu beteiligen?

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Ich bitte zu gestatten, daß ich die zwei Fragen, die der Abgeordnete Ertl gestellt hat, zusammen beantworte.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Sind Sie einverstanden?

Josef Ertl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000493, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Ja, bitte.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Dann rufe ich auch die Frage V/2 - des Herrn Abgeordneten Ertl - auf: Inwieweit ist die Bundesregierung bereit, in Zusammenarbeit mit der bayerischen Staatsregierung zur Beseitigung der Hochwasserschäden insbesondere an Gebäuden und in der Landwirtschaft durch finanzielle und steuerliche Hilfsmaßnahmen beizutragen?

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Die Bundesregierung hat ,gestern abend in ihrer zweiten Sitzung am gestrigen Tage auf Grund einer Vorlage des Innenministeriums beschlossen, daß sich die Bundesrepublik an der Beseitigung und an dem Ausgleich der Hochwasserschäden auf Grund eines Beschlusses des Bundestages vom Jahre 1960 nach dem Beispiel vom Jahre 1954 und der Hamburger Flutkatastrophe in dem Umfang beteiligen wird, der in dieser Richtlinie beschlossen wurde

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Eine Zusatzfrage.

Josef Ertl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000493, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Minister, können Sie heute wenigstens leine voraussichtliche Beteiligung des Bundes nennen?

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Diese ist bereits dem Grunde und den Einzelheiten nach beschlossen. Wir stehen in engster Verbindung mit dem Land Bayern. Wir werden gemeinsam Richtlinien ,erarbeiten und Umfang und Ausmaß nach den Schadensanmeldungen bestimmen.

Josef Ertl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000493, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Sie werden verstehen, daß ich noch einmal nachstoße. Mich würde, weil ich weiß, daß unsere Bevölkerung wegen des langen Verzugs in einer gewissen Unruhe 'ist, natürlich interessieren, ob es sich um Beihilfen oder um Steuerrückvergütungen handelt und welchen Gesamtumfang die Hilfe des Bundes haben wird.

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Der Gesamtumfang bestimmt sich nach der Höhe ,des Schadens und nach der Leistungsfähigkeit des Landes entsprechend einem Beschluß des Bundestages vom Jahre 1960. Die Beträge und die Form, ob es sich um Beihilfen oder um verbilligte Kredite oder um Steuerermäßigungen handelt, sind technische Einzelheiten. Aber ich nehme an, daß zumindest in den ersten beiden Formen geholfen wird.

Josef Ertl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000493, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Bis wann werden die Beteiligten etwas erfahren? Die Frage brennt natürlich.

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Die Betelligten haben erfahren, daß wir in diesem Umfang an dem Schadensausgleich teilnehmen. Alles andere ist Sache des Landes. Wir haben kein Recht, in die Verwaltungskompetenz ides Landes Bayern, das hier in erster Linie zuständig ist, einzugreifen.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Frage V/3 - des Herrn Abgeordneten Neumann ({0}) -: Welche Maßnahmen sind getroffen, um an allen Grenzstellen das Hoheitszeichen der Bundesrepublik Deutschland aufzustellen?

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Herr Präsident, ich darf vielleicht bitten, damit einverstanden zu sein, daß die beiden Fragen des Herrn Abgeordneten Neumann gemeinsam beantwortet werden.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Wenn der Herr Kollege Neumann einverstanden ist, bitte sehr! Dann rufe ich auch auf die Frage V/4: Ist jetzt auch in Bayrisch-Eisenstein das Hoheitszeichen der Bundesrepublik Deutschland aufgestellt worden?

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Herr Kollege Neumann, die Bundesgrenzzeichen stehen seit 1957, obwohl es keinen offiziellen Grenzübergang gibt.

Franz Neumann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001595, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich habe Sie nicht ganz verstanden.

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Seit 1957 stehen die Grenzzeichen der Bundesrepublik an zwei Stellen, und seitdem hat sich nichts geändert.

Franz Neumann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001595, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Habe ich Sie richtig verstanden, Herr Minister, daß 1957 beschlossen worden ist, die Hoheitszeichen des Bundes an den Grenzstellen aufzustellen?

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Die Bundesgrenzzeichen sind im Jahre 1957 aufgestellt worden.

Franz Neumann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001595, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Können Sie mir dann sagen, wie es möglich ist, daß im Mai 1965 bei der Besichtigung durch den Gesamtdeutschen Ausschuß am Bahnhofsgebäude in Bayrisch-Eisenstein, durch das die Bundesgrenze geht, festgestellt werde, daß kein Hoheitszeichen des Bundes, sondern nur das Zeichen des Freistaates Bayern zu sehen ist?

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Ich bitte sehr zu entschuldigen. Sie waren nicht an der richtigen Stelle, wo die beiden Zeichen des Bundes stehen.

Franz Neumann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001595, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Darf ich dann fragen, wo die richtigen Stellen sind, wo man auch das Hoheitszeichen des Bundes zeigt, und wo es nach Auskunft des Herrn Bundesinnenministers falsche Stellen gibt, wo nur Hoheitszeichen des Freistaates Bayern zu finden sind.

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Herr Kollege Neumann, der Bund stellt die Grenzzeichen, und zwar durch die Zollverwaltung, dort auf, wo bei Offnung des Grenzverkehrs ein Zollverkehr stattfindet. Die bayerische Staatsregierung hat offenbar mit Rücksicht auf den Besucherverkehr ein bayerisches Grenzzeichen aufgestellt, das aber nicht dem Zweck dient, dem die Hoheitszeichen der Bundesrepublik dienen müssen.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Zusatzfrage?

Franz Neumann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001595, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ja, ich habe noch eine Zusatzfrage. Herr Bundesinnenminister, können Sie verstehen, daß ein Bundestagsabgeordneter Ihre Auskunft hier als sehr merkwürdig bezeichnen muß?

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Die Auskunft entspricht den Tatsachen und der Rechtslage.

Franz Neumann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001595, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Feine Auskunft! Sehr richtig!

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Berkhan.

Karl Wilhelm Berkhan (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000158, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, darf ich Ihrer Antwort entnehmen, daß sich an der fraglichen Stelle die Grenzen Bayerns mit den Grenzen der Bundesrepublik decken? ({0})

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Ja. Waren Sie an Ort und Stelle?

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Mommer!

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001529, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, meinen Sie nicht, daß an einer internationalen Grenze zumindest ebensoviel Anlaß besteht, die Hoheitszeichen der Bundesrepublik aufzustellen wie die Grenzzeichen des Freistaates Bayern, daß also, wenn ein Zeichen Bayerns dort steht, zumindest auch eines der Bundesrepublik stehen sollte?

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Herr Kollege Mommer, ich habe doch schon erklärt, daß an der Grenzstelle, wo der Übergang stattfindet, zwei Zeichen des Bundes stehen, und zwar dort, wo sie nach Recht und Gesetz stehen müssen. Wenn nun noch andere Hoheitszeichen an einer Stelle stehen, wo der Bund niemals welche aufstellen würde, dann ist das ein Privatvergnügen, möchte ich annehmen. ({0})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Herr Abgeordneter Mommer!

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001529, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, es ist also eine Tatsache, daß an bestimmten Stellen die internationalen Grenzen der Bundesrepublik zwar durch bayerische Hoheitszeichen, nicht aber durch Hoheitszeichen der Bundesrepublik markiert sind?

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Nein, Herr Kollege Mommer. Die Hoheitszeichen der Bundesrepublik gehören an die Plätze - ich darf es wiederholen -, an denen für den Fall einer Grenzöffnung - wir haben dort keinen Grenzverkehr - ein Grenzverkehr stattfinden würde. Gelegentlich, bei Holztransporten, wird die Grenze ja geöffnet, und an diesen Stellen, wo diese Transporte und wo die Zollabfertigung stattfinden, befinden sich auch die Hoheitszeichen der Bundesrepublik. Das ist ordnungsgemäß. Die Hoheitszeichen dienen dazu, dem Ausländer, der vom Ausland auf das Bundesgebiet übertritt, anzuzeigen, daß hier das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik beginnt. Das ist der Sinn. Das bayerische Grenzzeichen dürfte mehr für die BeBundesminister Höcherl sucher des Grenzgebietes am Eisernen Vorhang dienen. Das hat keine staatsrechtliche und keine grenzrechtliche Bedeutung. Ich verstehe Ihren Einwand nicht, Herr Abgeordneter Schultz. ({0})

Fritz Rudolf Schultz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002103, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Minister, könnte man nicht die beiden Zeichen nebeneinander aufstellen, oder glauben Sie, daß sie sich dann gegenseitig schlagen werden?

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Herr Schultz, wir haben ja zwei Bundesgrenzzeichen aufgestellt, und zwar nicht nebeneinander, sondern dort, wo sie hingehören. Aber ich habe nichts dagegen, daß die Richtlinien über die Aufstellung von Bundesgrenzzeichen dahin erweitert werden, daß jeweils, wenn Landesgrenzzeichen aufgestellt sind, daneben ein Bundesgrenzzeichen stehen muß. ({0})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Eine Zusatzfrage der Abgeordneten Frau Flitz.

Dr. Hedi Flitz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000563, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Minister, würden Sie so freundlich sein und einmal überprüfen lassen, warum an der Grenze zwischen Osterreich und der Bundesrepublik auf der Autobahn Salzburg-München nicht ein Hoheitszeichen der Bundesrepublik steht? Es weht dort zwar unsere Flagge, aber es steht nur ein Schild „Freistaat Bayern" und nicht etwa „Bundesrepublik Deutschland" dort.

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Ich werde das überprüfen lassen. ({0})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Fritsch.

Walter Fritsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000601, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, würden Sie nicht doch der Meinung sein, daß die Aufstellung eines Hoheitszeichens der Bundesrepublik in BayerischEisenstein deshalb von besonderer Bedeutung ist, weil sich dort in hohem Maße die Besucher und jene, die einen Blick nach drüben werfen wollen, konzentrieren, weil es ein ehemaliger und wahrscheinlich auch zukünftiger Übergang zur CSR war und ist?

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Herr Kollege Fritsch, Sie sind ja ortskundig und kennen genau die einzelnen Verhältnisse. Die Hoheitszeichen stehen dort, wo sie stehen müssen. Ich habe keine Möglichkeit, sie woanders und nach 'Belieben aufzustellen.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Noch eine Zusatzfrage.

Walter Fritsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000601, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, wie erklären Sie sich dann das Erstaunen des Herrn Vizekanzlers anläßlich des besagten Besuchs des Ausschusses für gesamtdeutsche Fragen, als er feststellte, daß ein Hozeitszeichen der Bundesrepublik dort fehlt?

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Ich trage keine Verantwortung für das Erstaunen des Herrn Vizekanzlers.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Eine Zusatzfrage Herr Abgeordneter Kohut.

Dr. Oswald Adolph Kohut (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001169, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Minister, wie handhaben es eigentlich die anderen deutschen Länder, z. B. Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen? Stellen die auch die eigenen Grenzpfähle mit den eigenen Farben an den deutschen Grenzen auf?

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Ich werde eine Rundfrage veranlassen. ({0})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Noch eine Frage des Herrn Abgeordneten Kohut.

Dr. Oswald Adolph Kohut (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001169, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Bundesminister, können Sie nicht auch ohne Rundfrage die Antwort erteilen?

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Nein! ({0})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Herr Abgeordneter Frehsee.

Heinz Frehsee (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000576, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, fehlen vielleicht die Mittel dafür, Grenzzeichen des Bundes in ausreichender Zahl aufzustellen, ({0}) und sollte der Bundestag Ihnen dazu vielleicht ein paar tausend Mark bewilligen?

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Nein. Gegen Mehrbewilligungen habe ich nie etwas einzuwenden. Aber die Mittel fehlen nicht. Die Zeichen stehen dort, wo sie stehen müssen.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Strohmayr.

Alois Strohmayr (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002275, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Bundesminister, Sie sind doch mit mir der Auffassung, daß das Land Bayern eine gewisse Berechtigung hat, diese Grenzpfähle aufzustellen, da wir doch auch einen bayerischen Grenzschutz haben?

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Ja.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Herr Abgeordneter Ertl.

Josef Ertl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000493, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Bundesminister, ist Ihnen bekannt, daß der frühere bayerische Ministerpräsident Hoegner sehr großen Wert auf diese Pfähle gelegt hat?

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Ja.

Josef Ertl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000493, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Bundesminister, ist Ihnen weiterhin bekannt, daß die bayerischen Grenzpfähle immer hinter den Bundespfählen stehen, und ist daraus eine freiwillige Unterordnung des Freistaats Bayern zu schließen?

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Ich möchte nicht von einer freiwilligen Unterordnung sprechen. Aber ich werde den Urlaub, der vor uns steht, benutzen, um den Abstand festzustellen. ({0})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Keine Zusatzfrage mehr. - Eine wichtige Materie! Wir kommen dann zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft, zunächst zu der Frage VI/1 - des Abgeordneten Opitz -: Ist die Bundesregierung bereit, für einen gesetzlichen Schutz der Berufsbezeichnung des Drogisten initiativ zu werden?

Not found (Staatssekretär:in)

Die Bundesregierung hat nicht die Absicht, für einen besonderen Schutz der Berufsbezeichnung „Drogist" initiativ zu werden. Ihr sind keine Umstände bekannt, die eine solche - die Berufsausübung einengende - Maßnahme rechtfertigen könnten.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Dann die Frage VI/2 - der Abgeordneten Frau Beyer ({0}) -: Worauf ist es zurückzuführen, daß bis jetzt der Ständige Beirat des Warentest-Institutes noch nicht berufen worden ist, obwohl die Stiftung bereits am 24. Dezember 1964 errichtet wurde?

Not found (Staatssekretär:in)

Die Stiftung Warentest wurde zwei Tage nach der Billigung dieses Planes durch den Bundestag als eine Stiftung des privaten Rechts errichtet. Die Bundesregierung hat am 25. Mai 1965 16 Personen zu Mitgliedern des Beirates berufen. Die Mitglieder mußten satzungsgemäß vom Vorstand der Stiftung vorgeschlagen werden. Der Vorstand hat diese Vorschläge am 27. April 1965 gemacht. Der Ständige Beirat hat seine Arbeit am 14. Juni 1965 aufgenommen.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Dann die Frage VI/3 - ebenfalls der Abgeordneten Frau Beyer ({0}) -: Trifft die Meldung der „Welt" vom 22. Mai 1965 zu, wonach mit Ergebnissen von Warenprüfungen vor Ende des Jahres 1965 nicht zu rechnen ist?

Not found (Staatssekretär:in)

Eine Stiftung des privaten Rechts unterliegt nicht der Fachaufsicht der Bundesregierung. Bei dem Umfang der zu bewältigenden Prüfungsarbeiten ist, soweit der Bundesregierung bekannt wurde, damit zu rechnen, daß die ersten Testergebnisse möglicherweise erst im Herbst dieses Jahres vorliegen werden.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Eine Zusatzfrage? - Bitte, Frau Abgeordnete!

Lucie Beyer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000171, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich sich die Bundesregierung nunmehr bewußt, wie falsch es war, bei der Berufung des Vorstandes Personen auszuschließen, die bereits Erfahrungen auf dem Gebiet der Warenteste aufzuweisen haben?

Not found (Staatssekretär:in)

Das satzungsgemäße Recht des Vorstandes sollte hier von der Bundesregierung nicht kritisiert werden.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Keine weiteren Zusatzfragen. Dann die Frage VI/4 - des Abgeordneten Junghans -. Hält die Bundesregierung eine deutsche Eisenerzförderung für volkswirtschaftlich notwendig?

Not found (Staatssekretär:in)

Die Bundesregierung hat in den vergangenen Jahren eine große Anzahl von Anpassungs- und Hilfsmaßnahmen für den deutschen Eisenerzbergbau getroffen. In diesem Zusammenhang darf verwiesen werden auf die Befreiung der Eisenerzlieferung von der Umsatzsteuer, die seit diesem Jahr unbefristet gilt, auf die Freistellung von der Beförderungsteuer bei Eisenerztransporten auf dem Schienenweg ab Mai dieses Jahres und auf die Einräumung von Sondertarifen und von Frachthilfen sowie auf Erleichterungen bei der Unfallversicherung. Alle diese Maßnahmen wären nicht denkbar, wenn nicht die Bundesregierung, die sie vorgeschlagen hat, die Aufrechterhaltung eines deutschen Eisenerzbergbaus für volkswirtschaftlich vernünftig halten würde. Jedes Unternehmen, das sich im Wettbewerb behaupten kann oder eine Chance dazu hat, ist volkswirtschaftlich vernünftig. Ein Urteil darüber, ob der deutsche Eisenerzbergbau langfristig und auf alle Zeit die Chance hat, seine Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten oder wiederzuerlangen, kann gegenwärtig nicht mit Sicherheit gefällt werden. Sie wissen vielleicht, Herr Abgeordneter, daß es namhafte Fachleute in der Welt gibt, die die Meinung vertreten, daß mit einer steigenden Weltstahlproduktion in einigen Jahren mit einem Wiederansteigen der Erzpreise gerechnet werden kann und daß in einem solchen Falle auch der deutsche Eisenerzbergbau neue und bessere Chancen hätte. Diese Chancen wünschen wir zu verbessern durch unsere Unterstützung der Rationalisierungsmaßnahmen in den bestehenden Eisenerzgruben.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Junghans.

Hans Jürgen Junghans (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001043, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß die Befreiung von der Beförderungsteuer und von der Umsatzsteuer nur ein Nachziehen gegenüber den Auslandserzen war?

Not found (Staatssekretär:in)

Sofern sie dies ist, bedeutet sie jedenfalls eine Besserung der Lage für den Eisenerzbergbau.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Noch eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Junghans.

Hans Jürgen Junghans (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001043, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, teilen Sie die Meinung des Herrn Bundesministers Scheel, daß zur Stützung der Rohstoffpreise - zu denen auch der Eisenerzpreis gehört - in den Entwicklungsländern die Bundesrepublik sich an einem Preisstützungsfonds beteiligen sollte?

Not found (Staatssekretär:in)

Ich würde nicht raten, die Frage der Unterstützung des deutschen Eisenerzbergbaus unter die Überschrift der allgemeinen Weltrohstoffpolitik zu stellen. Das würde das, was wir zu seinen Gunsten vorhaben, nicht erleichtern.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Friedensburg.

Dr. Dr. h. c. Ferdinand Friedensburg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000587, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Hält die Bundesregierung die getroffenen Maßnahmen für ausreichend, um die Lebensfähigkeit wenigstens für einen Rest des deutschen Eisenerzbergbaus zu sichern?

Not found (Staatssekretär:in)

Sie wissen, Herr Abgeordneter, daß die Bundesregierung im Ausschuß für wirtschaftlichen Besitz des Bundes eine umfangreiche Dokumentation vorgelegt hat, mit der sie zeigt, daß sie fortgesetzt bemüht ist, sich weitere Maßnahmen zu überlegen.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Noch eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Friedensburg.

Dr. Dr. h. c. Ferdinand Friedensburg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000587, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Meine Frage ist nicht beantwortet. Daß sich die Regierung bemüht, ist keine Beantwortung meiner Frage, ob die Bundesregierung die Maßnahmen für ausreichend hält.

Not found (Staatssekretär:in)

Wenn die Bundesregierung ihre bisherigen Maßnahmen für ausreichend hielte, um mit der gegenwärtigen Situation fertig zu werden, würde sie sich keine neuen überlegen. ({0})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Sie haben Ihre zwei Zusatzfragen gehabt. Es kommen noch weitere Fragen. Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hörmann.

Hans Hörmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000929, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, da trotz der bisherigen Maßnahmen der deutsche Eisenerzbergbau ständig zurückgegangen ist, möchte ich Sie fragen, ob man nicht grundsätzlich bei Ihnen feststellen kann, wieviel vom deutschen Eisenerzbergbau von Ihrem Gesichtspunkt aus erhaltungswürdig erscheint.

Not found (Staatssekretär:in)

Ich habe auf eine gleiche Frage an dieser Stelle schon einmal geantwortet: Die Bundesregierung wird niemals eine Substanzerhaltungsgarantie für einen Industriezweig in Form einer festen mengenmäßigen Zusage geben. Ich wiederhole, was ich bei anderer Gelegenheit auf die gleiche Frage gesagt habe: Wir werden alle denkbaren und uns möglichen Anstrengungen machen, die erkennbaren Wettbewerbschancen eines Industriezweiges zu unterstützen. Ich habe eben gesagt, daß es sich unserer Ansicht nach noch lohnt, diesem Industriezweig solche Unterstützung zu geben. Aber es ist nicht abzusehen, wie die Welterzlage sich auf weite Zukunft gestalten wird.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Noch eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hörmann.

Hans Hörmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000929, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Darf ich aus Ihrer Antwort entnehmen, Herr Staatssekretär, daß bei gleichbleibender Entwicklung abzusehen ist, daß der deutsche Eisenerzbergbau nicht bestehenbleibt und Sie dann von der Bundesregierung aus verzichten würden, in Deutschland überhaupt noch eine Eisenerzförderung aufrechtzuerhalten?

Not found (Staatssekretär:in)

Das wäre eine Mißdeutung dessen, was ich gesagt habe. Das Gegenteil ist der Sinn unserer Anstrengungen,

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Ich rufe auf die Frage VI/5 - des Abgeordneten Junghans -: Wie beurteilt die Bundesregierung die wirtschaftlichen und sozialen Folgen bei weiteren Stillegungen im deutschen Eisenerzbergbau unter dem Gesichtspunkt, daß über 60 % der deutschen Förderung im Zonenrandgebiet abgebaut werden?

Not found (Staatssekretär:in)

Die Bundesregierung hat die wirtschaftlichen Folgen von Stillegungen schon bisher vorrangig unter dem Gesichtspunkt der Zonenrandlage des größten Teils der Unternehmungen des deutschen Eisenerzbergbaus gesehen. Sie wird auch künftig diesem Gesichtspunkt die größte Aufmerksamkeit widmen. Absolute Vordringlichkeit aber hat für die Bundesregierung das Problem der sozialen Auswirkungen, hier insbesondere zu verstehen als ein Problem der menschlichen, der persönlichen Auswirkungen von Stillegungen. Die Bundesregierung hat gemeinsam mit der Hohen Behörde einen ganzen Katalog von Anpassungshilfen zur Verfügung gestellt, die vom Lohnausgleich bis zur Umschulungsbeihilfe reichen und solche Härten vermeiden sollen, die im persönlichen und menschlichen Bereich eintreten. Besondere Schwierigkeiten bezüglich der arbeitsmäßigen Unterbringung entlassener Arbeitskräfte dürften auch in Zukunft angesichts der Arbeitsmarktlage nicht zu befürchten sein. Im übrigen wird auch die Möglichkeit bestehen, nach dem Endausbau einer großen Schachtanlage im Raum Salzgitter solche Bergleute, die ihren Beruf nicht aufgeben möchten, nach dort zu übersiedeln.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Zusatzfrage.

Hans Jürgen Junghans (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001043, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, wie beurteilen Sie die Nachwuchsfrage für den deutschen Eisenerzbergbau, solange nicht von der Bundesregierung in dieser Sache eindeutig Klarheit geschaffen worden ist?

Not found (Staatssekretär:in)

Die hier wieder abgegebenen Erklärungen, die identisch sind mit einer großen Anzahl vorangegangener, sollen ihre Wirkung insbesondere auf den Nachwuchs nicht verfehlen.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Eine weitere Zusatzfrage.

Hans Jürgen Junghans (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001043, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, einmal eine Zusammenstellung darüber zu geben, welche sozialen Folgen insbesondere für die Bergleute im Zonenrandgebiet entstehen, die noch nicht die notwendigen Jahre im Bergbau haben?

Not found (Staatssekretär:in)

Wenn Sie diese Zusammenstellung nicht jetzt an dieser Stelle erwarten, selbstverständlich.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Berkhan.

Karl Wilhelm Berkhan (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000158, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, sind Sie bereit, hier zu sagen, welche Wirkungen ausgehen sollen auf den Nachwuchs, der für den Eisenerzbergbau heranzubilden ist?

Not found (Staatssekretär:in)

Die Einschätzung eines Gewerbezweiges durch die Bundesregierung wird von jedermann, also auch von dem Nachwuchs, verstanden als ein Indiz für die Bedeutung, die eine Sache volkswirtschaftlich hat. Der erste Teil meiner Antwort besagte: Die Bundesregierung hält den Eisenerzbergbau für volkswirtschaftlich sinnvoll; denn sie mißt ihm heute nach den erkennbaren Unterlagen, die wir haben, eine Wettbewerbschance zu. Dies wird sicher ein Element sein für diejenigen, die sich überlegen, ob es sinnvoll ist, ihre Arbeitskraft diesem Beruf zu geben.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Dr. Friedensburg.

Dr. Dr. h. c. Ferdinand Friedensburg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000587, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Hält die Bundesregierung ihre Maßnahmen für ausreichend angesichts der Tatsache, daß der Inlandsanteil der deutschen Eisenversorgung von 32 % im Jahre 1950 nun auf 10 % heruntergegangen ist und aller Wahrscheinlichkeit nach weiter sinken wird?

Not found (Staatssekretär:in)

Ich glaube, die Bundesregierung kann Maßnahmen jedweder Art immer nur im Rahmen dessen für ausreichend halten, was zu tun ihr möglich ist, Herr Abgeordneter.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Noch eine Zusatzfrage!

Dr. Dr. h. c. Ferdinand Friedensburg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000587, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Da der Bundesverteidigungsminister neben Ihnen sitzt, möchte ich Sie fragen: Glauben Sie, daß es für ein großes Land sinnvoll ist, 17 Milliarden DM für Verteidigungszwecke auszugeben und eine halbe Million junger Menschen aus Arbeit und Ausbildung herauszuholen, sich aber auf einem für die Verteidigung lebenswichtigen Gebiet praktisch der Ohnmacht hinzugeben?

Not found (Staatssekretär:in)

Ich konnte schon einmal vor diesem Hohen Hause sagen, daß der Verteidigungs- und der Wirtschaftsminister nicht nur in diesem Punkt übereinstimmen. Ich möchte es heute so variieren: Wir möchten nicht bereit sein, eine so pessimistische Prognose für unsere volkswirtschaftliche Entwicklung auch nur ins Auge zu fassen, daß die Beschaffung von Eisenerz etwa ein Devisenproblem für unsere Volkswirtschaft werden würde. Ich glaube, Sie wissen, daß heute eher das Gegenteil der Fall ist.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Die Frage ist beantwortet. In der Zwischenzeit sind auf der Tribüne Seine Exzellens der Präsident des iranischen Senats, Herr Emami, und eine Delegation beider Häuser des iranischen Parlaments eingetroffen. Wir betrachten diesen Besuch als eine hohe Auszeichnung und als ein Zeichen der Verbundenheit der Völker unserer beiden Staaten. ({0}) Ich rufe die Frage VI/6 - des Abgeordneten Junghans - auf: Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung zur Erhaltung des deutschen Eisenerzbergbaus vorgesehen?

Not found (Staatssekretär:in)

Die Bundesregierung prüft zur Zeit, welche weiteren Maßnahmen über die bei der Beantwortung der ersten Fragen schon angeführten Maßnahmen hinaus getroffen werden können. Sie hat diese Maßnahmen in einem ausführlichen Bericht dargestellt, den sie dem Ausschuß für wirtschaftlichen Besitz des Bundes am 15. Juni dieses Jahres vorgelegt hat. Darf ich Ihnen vorschlagen, Herr Abgeordneter, daß wir Ihnen diesen Bericht zugänglich machen?

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Einverstanden? - Zusatzfrage!

Hans Jürgen Junghans (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001043, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, die Vorlage ist mir bekannt. Aber Sie wissen, daß Ausschußvorlagen, wie es heißt, dienstlich zu behandeln sind. Ich möchte die Antwort nämlich deshalb von Ihnen hier haben, um die Information auch der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, erlauben Sie mir eine kurze Zusammenfassung.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Ich darf Sie kurz unterbrechen. Sind Sie damit einverstanden, daß diese Aufstellung zu Protokoll genommen wird? *) Dann braucht sie nicht verlesen zu werden.

Hans Jürgen Junghans (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001043, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Jawohl, einverstanden. Dann möchte ich aber noch eine Zusatzfrage stellen: Herr Staatssekretär, können Sie darüber Auskunft geben, in welchem Ausmaß und mit welchen Maßnahmen, im groben gesehen, andere Industrienationen, z. B. Großbritannien, die Vereinigten Staaten, Frankreich, ihre Rohstofferzeugung, insbesondere die Eisenerzerzeugung, schützen?

Not found (Staatssekretär:in)

Den Katalog der Schutzmaßnahmen in den einzelnen Industrienationen der Welt aufzuführen würde sehr lange dauern. Ein wesentlicher Unterschied zwischen unserer Lage und der Lage in den Ländern, die Sie angeführt haben, ist die Zugehörigkeit unseres Landes zur Montanunion. Das ist nur ein Unterschied von vielen.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Zweite Zusatzfrage!

Hans Jürgen Junghans (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001043, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Wissen Sie nicht auch, daß Frankreich zur Montanunion gehört?

Not found (Staatssekretär:in)

Ja. Die französische und die Wirtschaftspolitik unseres Landes innerhalb der Montanunion sind jedoch erst im Begriff, sich anzunähern.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Herr Abgeordneter Hörmann zu einer Zusatzfrage.

Hans Hörmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000929, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, können Sie bitte ganz kurz Auskunft darüber geben, welche Stützungsmaßnahmen Frankreich betreibt? *) Siehe Anlage 2

Not found (Staatssekretär:in)

Der Kern des französischen Industrieschutzes besteht in der Regel aus Einfuhrbeschränkungen, so daß die Kennzeichnung der französischen Schutzpolitik auch auf diesem Gebiet am einfachsten als Einfuhrschutz zu bezeichnen wäre.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Ich rufe die Frage VI/7 - des Abgeordneten Hörmann - auf: Wieviel Gruben des deutschen Eisenerzbergbaus sind in der Bundesrepublik seit 1960 stillgelegt worden?

Not found (Staatssekretär:in)

Von den am 1. Januar 1960 betriebenen 53 Eisenerzgruben der Bundesrepublik wurden 30 Gruben stillgelegt.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Frage VI/8: Wie hoch war die Zahl der Beschäftigten im deutschen Eisenerzbergbau 1960 und im Vergleich dazu 1964?

Not found (Staatssekretär:in)

1960 waren 20 900 Beschäftigte im deutschen Eisenerzbergbau, 1964 9300.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Frage VI/9: Wieviel Tonnen ({0}) deutsches Eisenerz wurden 1960 und im Vergleich dazu 1964 gefördert?

Not found (Staatssekretär:in)

1960 betrug die Rohförderung 18,9 Millionen t mit 4,4 Millionen t Eiseninhalt im hüttenfertigen Erz, 1964 11,6 Millionen t Rohförderung und 2,8 Millionen t Eiseninhalt. Hierzu ein einziger Satz des Kommentars, weil nämlich eine Ziffer den Optimismus bestätigt, den wir bezüglich dieses Industriezweiges haben. Die Statistik zeigt, daß der Eisenerzbergbau seine Produktivität von 1960 auf 1964 - gemessen an der Untertageleistung - um 42 % gesteigert hat. Wenn man die Produktivitätssteigerung im Steinkohlebergbau mit 27 % schon für einen Rekord hält, so scheint uns darin der Beweis für den volkswirtschaftlichen Sinn unserer gemeinsamen Anstrengungen zu liegen.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Hörmann.

Hans Hörmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000929, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ist Ihnen das Ausmaß der Investitionen seit 1951 bei den stillgelegten Gruben bekannt?

Not found (Staatssekretär:in)

Ich kann Ihnen hierzu dm Augenblick keine genauen Zahlenangaben machen.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Weitere Zusatzfrage!

Hans Hörmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000929, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Würden Sie das bitte prüfen und dabei gleichzeitig nachprüfen, welcher Anteil davon nach der Stillegung als Fehlinvestition bezeichnet werden müßte?

Not found (Staatssekretär:in)

Selbstverständlich, aber wenn Sie einen Einwand sofort gestatten: Kapitalinvestitionen, die im Rahmen von volkswirtschaftlich vernünftigen Strukturanpassungen überflüssig geworden sind, würde ich ganz grundsätzlich nicht als Fehlinvestitionen bezeichnen.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Friedensburg!

Dr. Dr. h. c. Ferdinand Friedensburg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000587, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ist der Bundesregierung bekannt, daß für die Reste ides deutschen Eisenerzbergbaus die ernste Sorge besteht, .es würdenweitere Stillegungen, womöglich umfassender Natur, erfolgen?

Not found (Staatssekretär:in)

Stillegungen, Herr Abgeordneter, können gelegentlich ausdrücklich Zeichen von Modernisierung, Rationalisierung und Strukturanpassung sein. Ich würde davor warnen, Stillegungen jedweder Art ganz generell als ein Zeichen für eine Krise zu betrachten.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Zusatzfrage!

Dr. Dr. h. c. Ferdinand Friedensburg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000587, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Handelt es sich hier um Strukturanpassung, oder handelt es sich hier um Folgen einer tatsächlich vorhandenen Krisis?

Not found (Staatssekretär:in)

Ich glaube, es handelt sich um zweierlei, um einen Teil, der einsehen muß, daß er mit allen ,erdenklichen Anstrengungen seine Wettbewerbsfähigkeit nichterhalten kann, und um einen zweiten Teil, der für sich selbst in Übereinstimmung mit uns ,diese Chance noch sieht, und dieser Teil betreibt seine Anpassung runter anderem auch mit Stillegungen.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Zusatzfrage, Herr Junghans!

Hans Jürgen Junghans (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001043, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, darf ich Sie so verstehen, daß die Krise im deutschen Eisenerzbergbau nicht auf Grund der Maßnahmen im deutschen Eisenerzbergbau selber entstanden ist - Sie nannten ja den hohen Produktivitätszuwachs -, sondern durch Wettbewerbsverschiebungen auf dem Weltmarkt, die nicht von dem deutschen Eisenerzbergbau zu verantworten sind?

Not found (Staatssekretär:in)

Natürlich. Ich sagte, wir haben ein extremes Tief auf dem Weltmarkt für Eisenerz, und wir sind nichtsicher, daß dieses Tief immer fortbestehen wird.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Noch eine Zusatzfrage!

Hans Jürgen Junghans (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001043, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, Sie glauben also langfristig ,an eine Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Eisenerzbergbaus?

Not found (Staatssekretär:in)

Erlauben Sie mir zu wiederholen: Ich bin nicht bereit, dies zu garantieren, aber ich bin bereit, zu erklären, daß ich das glaube.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Diese Fragen sind beantwortet. Wir kommen zu IX, Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung. Ich rufe die Frage IX/1 - des Abgeordneten Dr. Kohut - auf : Warum hat der Bundesverteidigungsminister die offensichtlich falsche Pressemeldung der Zeitung „Metall" vom 1. Juni 1965 nicht dementiert, in der behauptet wird, daß der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Trettner, am 16. Oktober 1964 der NATO den Vorschlag für einen Atomminengürtel unterbreitet hat? von Hassel, Bundesminister der Verteidigung: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit Ihrer Genehmigung darf ich zur Beantwortung dieser Frage den Stenographischen Bericht der 156. Sitzung des Deutschen Bundestages vom 20. Januar verlesen, in dem ich zu dieser Frage Stellung genommen habe. Ich darf folgende Zeilen hier verlesen: Ich habe unverzüglich nach meiner Rückkehr aus Paris Stellung dazu bezogen und bereits einen Tag später dem Ausschuß für Verteidigung des Bundestages und nachmittags dem des Bundesrats die gesamte Situation dargelegt. Sowohl der Verteidigungsausschuß des Bundestags als auch der des Bundesrats haben von meinen Erklärungen mit Befriedigung Kenntnis genommen. Über Fernsehsendungen und Informationen, die über die Nachrichtendienste ausgestrahlt wurden, haben wir festgestellt: Es gibt keine einzige ADM im Einsatz, es gibt kein Atomminenfeld, es gibt keinen Atomminengürtel, es gab keinen Plan für ein Feld, einen Gürtel oder einen sonstigen Einsatz. Es gibt keinen Plan, und die Bundesregierung hat nicht die Absicht, einen solchen Plan aufzustellen. Diese Erklärung, die auch von den Vertretern der deutschen Länder im Verteidigungsausschuß des Bundesrats gehört worden ist, ist durch eine Presseerklärung des Bundesrats verbreitet worden mit dem Zusatz, daß die Ministerpräsidenten und die Innenminister der Länder von dieser Erklärung mit Befriedigung Kenntnis genommen haben. Meiner damaligen Erklärung habe ich nichts hinzuzufügen.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kohut.

Dr. Oswald Adolph Kohut (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001169, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Minister, haben Sie nicht selbst im Januar dieses Jahres in der amerikanischen Zeitschrift „Foreign Affairs" die Verwendung von Atomminen bei der Vorwärtsverteidigung gefordert? von Hassel, Bundesminister der Verteidigung: Ich darf Sie darauf verweisen, daß der Wortlaut dieses Aufsatzes in der amerikanischen Zeitschrift „Foreign Affairs" in Deutschland in mehreren Zeitungen nachgedruckt worden ist. Ich müßte den ganzen Zusammenhang darlegen; dann würden Sie sehen, daß sich diese Erklärung und jene, die ich eben verlesen habe, in nichts unterscheiden.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Eine weitere Zusatzfrage.

Dr. Oswald Adolph Kohut (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001169, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Was ist denn nun richtig? Ist die Forderung nach einem Atomminengürtel in deutschen Hirnen geboren worden, oder ist das einfach aus der Luft gegriffen und alles unwahr? von Hassel, Bundesminister der Verteidigung: Ich habe dieser Erklärung, die ich abgegeben habe, nichts hinzuzufügen. ({0})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Noch eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Berkhan!

Karl Wilhelm Berkhan (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000158, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, Sie werden sich erinnern, daß sich über diese Frage auch ein Journalist in der „Frankfurter Allgemeinen", Herr Adelbert Weinstein, geäußert hat. Sie werden sich gleichzeitig erinnern, daß Herr Adelbert Weinstein Äußerungen gemacht hat, die vorher nicht offen behandelt wurden. Sie werden sich ferner erinnern, daß Herr Adelbert Weinstein erklärt hat, er sei von höchster Stelle des Ministeriums ermächtigt, derartige Äußerungen zu tun. Sind Sie bereit, dem Hause mitzuteilen, wer diese höchste Stelle war, die Herrn Adelbert Weinstein ermächtigt hat, derartige Äußerungen in der Presse zu machen? von Hassel, Bundesminister der Verteidigung: Wenn Sie den Aufsatz in „Foreign Affairs" und die Erklärung von Herrn Weinstein in seinem Leitartikel vergleichen, werden Sie sehen, daß beides nicht kongruent ist. Ich wiederhole, daß ich zu meinem Aufsatz und zu dem hier Erklärten auch mit Blickrichtung auf Ihre Fragestellung nichts hinzuzufügen habe.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Letzte Zusatzfrage!

Karl Wilhelm Berkhan (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000158, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, dann darf ich annehmen, daß die Aussagen des Herrn Adelbert Weinstein in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" als richtig zu unterstellen sind? von Hassel, Bundesminister der Verteidigung: Ich habe mich dazu nicht geäußert. ({0})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Ich rufe die Frage IX/2 -- des Abgeordneten Dr. Müller-Emmert -auf: Wird die Bundesregierung durch Verhandlungen darauf hinwirken, daß die zuständigen Dienststellen der amerikanischen Stationierungsstreitkräfte dafür Sorge tragen, daß die Angehörigen der amerikanischen Streitkräfte in Zukunft mit Waffen, Munition und ähnlichen gefährlichen Gegenständen sorgfältiger umgehen, damit sich Vorfälle nicht mehr ereignen, wie z. B. derjenige, daß ein 14jähriges Mädchen am 2. Juni 1965 in Herschweiler-Pettersheim, Landkreis Kusel, durch eine von einem US-Soldaten verlorene Patrone mit gefährlichem Gegennervengift erheblich verletzt wurde, oder derjenige, daß Anfang Juni 1965 zwei amerikanische Soldaten in Zivil im Glan bei Niederalben Kr. Birkenfeld Fische mit Handgranaten fangen wollten, jedoch durch hinzukommende Landwirte an ihrem Vorhaben gehindert wurden? von Hassel, Bundesminister der Verteidigung: Herr Präsident, ich habe im Zusammenhang mit dem Explosionsunglück in Hanau die Oberbefehlshaber der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Streitkräfte aufgefordert, alle Maßnahmen zu treffen, die erforderlich sind, um die Zivilbevölkerung vor weiteren Sprengstoffunglücken zu schützen. Hierauf hat mir der Oberbefehlshaber des amerikanischen Heeres in Europa zugesichert, daß von den zuständigen amerikanischen Stellen scharfe Maßnahmen ergriffen werden, wenn es sich herausstellt, daß amerikanisches Personal beim Umgang mit Munition fahrlässig handelt. Die amerikanischen Bestimmungen und die Sicherheitsmaßnahmen für die Munitionskontrolle würden laufend überwacht. Allen amerikanischen Truppen in der Bundesrepublik sei noch einmal nachdrücklich die genaue Befolgung aller Bestimmungen über die Kontrolle von Munition zur Pflicht gemacht worden. Die Kommandeure der amerikanischen Einheiten in Deutschland seien durch schriftlichen Befehl angewiesen worden, alle Fälle zu melden, in denen Munition verlorengeht oder gestohlen wird. Die deutsche Polizei werde in Zukunft von der amerikanischen Armee laufend über alle solche Verlustmeldungen unterrichtet. Ähnliche Zusagen, Herr Abgeordneter, liegen inzwischen von fast allen Befehlshabern ausländischer Truppen in der Bundesrepublik Deutschland vor. Mit dem Eingang der restlichen Antworten wird in den nächsten Wochen gerechnet. Es ist zu erwarten, daß auf Grund der amerikanischen Zusicherungen in Zukunft Mißbräuche mit Waffen und Munition auf ein Minimum beschränkt bleiben.

Dr. Adolf Müller-Emmert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001568, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Eine Zusatzfrage, Herr Präsident!

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Dr. Müller-Emmert.

Dr. Adolf Müller-Emmert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001568, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, sind Sie nicht mit mir der Meinung, daß die von Ihnen vorgetragenen Sicherungsmaßnahmen der Amerikaner offenbar doch nicht ausreichend waren, da sich sonst die von mir geschilderten Vorgänge überhaupt nicht mehr hätten ereignen können, weil diese Vorgänge ja nach dem Hanauer Unglück liegen? von Hassel, Bundesminister der Verteidigung: Ich habe den letzten Teil Ihrer Frage akustisch nicht verstanden.

Dr. Adolf Müller-Emmert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001568, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

... da diese Vorgänge, von denen ich in meiner Frage ausging, zeitlich nach dem Hanauer Unglück liegen? von Hassel, Bundesminister der Verteidigung: Ich darf wiederholen, daß ich das Hanauer Unglück zum Anlaß genommen habe, die amerikanischen und die anderen Streitkräfte auf diese Dinge hinzuweisen und zu bitten, alles zu tun, damit in Zukunft derartige Vorfälle nach menschlicher Voraussicht unmöglich gemacht werden.

Dr. Adolf Müller-Emmert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001568, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, Sie haben mich nicht verstanden. Darf ich die Frage wiederholen, Herr Präsident?

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Bitte!

Dr. Adolf Müller-Emmert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001568, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich habe gefragt, Herr Minister, ob Sie nicht mit mir der Meinung sind, daß die von Ihnen vorgetragenen Maßnahmen, die die Amerikaner vorgesehen haben, offenbar doch nicht ausreichend waren, was sich daraus ergibt, daß nach diesem Hanauer Unfall sich dennoch wieder solche Vorfälle ereignet haben, wie ich sie in meiner Frage geschildert habe. von Hassel, Bundesminister der Verteidigung: Herr Abgeordneter, ich habe den Eindruck, daß die Amerikaner alles unternehmen, um derartige Unglücke zu vermeiden. Man kann bei der großen Zahl der Einheiten und der großen Zahl der Munitionsniederlagen nicht alles völlig ausschließen. Gefahren sind sicher auch in Zukunft nicht von der Hand zu weisen.

Dr. Adolf Müller-Emmert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001568, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident!

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Sie haben keine Zusatzfrage mehr.

Dr. Adolf Müller-Emmert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001568, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich hatte ja nur meine Frage wiederholt, Herr Präsident, weil sie mißverstanden wurde.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Sie haben sie zweimal wiederholt. von Hassel, Bundesminister der Verteidigung: Ich habe dazu nichts hinzuzufügen; ich habe darauf, wie ich glaube, geantwortet, Herr Präsident.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Herr Abgeordneter Dräscher!

Wilhelm Dröscher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000422, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Bundesminister, sind Sie bereit, im Zusammenhang mit ,dem zweiten Teil der Frage - Frischen mit Handgranaten - über die Justizminister der Länder mit darauf hinzuwirken, daß die Abgabe solcher Verfahren an die Strafbehörden der alliierten Streitkräfte gemäß NATO-Truppenstatut möglichst unterbleibt und solche Fälle der deutschen Gerichtsbarkeit vorbehalten bleiben, damit die Betreffenden auch wirklich bestraft werden? von Hassel, Bundesminister der Verteidigung: Ich werde zunächst einmal diesen Vorgang mit den Justizministern der Länder erörtern.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Herr Abgeordneter Müller-Emmert!

Dr. Adolf Müller-Emmert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001568, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Gestatten Sie mir eine kurze geschäftsordnungsmäßige Anfrage an Sie?

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Das ist nicht der Sinn der Fragestunde.

Dr. Adolf Müller-Emmert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001568, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident, ich darf nur rein geschäftsordnungsmäßig wiederholen, daß der Herr Minister -

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Wenn Sie zur Geschäftsordnung sprechen wollen, dann melden Sie sich zum Wort zur Geschäftsordnung!

Dr. Adolf Müller-Emmert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001568, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Dann darf ich mich bei Ihnen zum Wort zur Geschäftsordnung melden.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Bitte, dann kommen Sie vor auf die Tribüne. ({0})

Dr. Adolf Müller-Emmert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001568, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident, ich möchte zur Geschäftsordnung folgende Anmerkung machen. Ich hatte eine Zusatzfrage gestellt. Diese Zusatzfrage wurde offenbar von dem Herrn Minister nicht richtig verstanden. Daraufhin habe ich den Herrn Präsidenten gebeten, meine Zusatzfrage wiederholen zu dürfen. Dies wurde mir seitens des Herrn Präsidenten gestattet. Infolgedessen bin ich der Auffassung, daß ich noch 'eine zweite Zusatzfrage habe.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Dann habe ich Ihre Fragestellung akustisch nicht richtig verstanden. Ich möchte Sie bitten, sich künftig bei Ihren Fragen deutlicher zu fassen. Aber Sie haben noch eine Zusatzfrage. Ich bitte, sie zu stellen.

Dr. Adolf Müller-Emmert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001568, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, darf ich Sie darum bitten, durch Verhandlungen mit den Amerikanern darum besorgt zu sein, daß der Schadensfall, die Verletzung .des 14jährigen Mädchens in Herschweiler-Pettersheim, beschleunigt abgewickelt wird und daß die Amerikaner diesem 'Mädchen den Schaden bald ersetzen.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Herr Abgeordneter, was Sie soeben .als Frage an die Regierung bezeichnet haben, ist keine Frage. Sie haben gesagt: „Darf ich Sie bitten, . . ." Das ist keine Frage, die man einer Regierung lin einer Fragestunde 'stellt. Hier stellt man Fragen, indem man die Regierung um Vizepräsident Dr. Schmid Auskunft bittet, nicht aber darum bittet, etwas zu tun. von Hassel, Bundesminister der Verteidigung: Darf ich vielleicht die Dinge etwas ,erleichtern, indem ich zusage, daß ich dieserhalb noch einmal an den Befehlshaber der amerikanischen Streitkräfte in Deutschland herantreten werde.

Dr. Adolf Müller-Emmert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001568, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich danke Ihnen, Herr Minister.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Ich rufe auf die Frage IX/3 - des Herrn Abgeordneten Kreitmeyer -: Ich frage die Bundesregierung, welche Erfahrungen die Bundeswehr mit privaten Bauträgern zur Erstellung von Bundeswehrwohnungen gemacht hat. von Hassel, Bundesminister der Verteidigung: Die Bundeswehr hat bisher mit privaten Wohnungsunternehmen wie auch mit privaten Bauherren keine schlechten Erfahrungen gemacht. Beide Bauträger haben aus persönlichem Interesse allgemein gut gebaut. Auch in den Vertragsbeziehungen zu den Mietern haben sich bisher keine Schwierigkeiten ergeben, abgesehen von Ausnahmefällen, wie sie auch bei den gemeinnützigen Wohnungsunternehmen vorgekommen sind.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Eine Zusatzfrage!

Reinhold Kreitmeyer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001210, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Minister, darf ich Sie fragen, weshalb man dann neulich bei der Erörterung der Ziffer 5 unseres Koalitionsantrages nicht darauf aufmerksam gemacht hat, daß man durch die privaten Bauträger einen wesentlichen Teil des Nachholbedarfs decken kann? von Hassel, Bundesminister der Verteidigung: Die privaten Bauträger sind heute schon zu mehr als 50 % an dem gesamten Baugeschehen für die Bundeswehr beteiligt.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Eine zweite Zusatzfrage!

Reinhold Kreitmeyer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001210, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Minister, darf ich Sie bitten, noch einmal folgendes Anliegen zu prüfen, das mir von seiten solcher privaten Bauträger -

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Auch das ist keine Frage!

Reinhold Kreitmeyer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001210, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

„Darf ich Sie bitten, zu prüfen" - das ist eine Frage. Ich frage, ob der Herr Minister prüfen will oder nicht.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Sie können fragen: Werden Sie prüfen? Das ist dann eine Frage nach einer Auskunft. Wenn Sie aber sagen: Darf ich bitten?, ist das nicht die Frage nach einer Auskunft.

Reinhold Kreitmeyer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001210, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Darf ich Sie fragen -

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Wenn Sie sagen: Darf ich bitten?, und man sagt: Ja!, so ist das keine Auskunft.

Reinhold Kreitmeyer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001210, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Darf ich Sie fragen: Sind Sie bereit, zu prüfen? ({0}) Genehmigt, Herr Präsident?

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Das dürfen Sie.

Reinhold Kreitmeyer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001210, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Sind Sie bereit, zu prüfen, ob den privaten Bauträgern dadurch, daß ein häufigerer Wohnungswechsel durch die Bundeswehrangehörigen entsteht, als ihn normale zivile Mieter verursachen, mehr Erleichterungen zukommen als bisher in der Zinsgewährung durch das Haus? von Hassel, Bundesminister der Verteidigung: Ich bin bereit, das zu prüfen.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Nachdem hier die Fragestunde im Wege von Geschäftsordnungserklärungen behandelt worden ist, möchte ich auf eines hinweisen. Die Fragestunde dient nicht dazu, einen Dialog mit der Regierung zu führen oder gar einen Dialog zwischen Mitgliedern des Hauses zu ermöglichen. Die Fragestunde dient dazu, die Regierung um Auskünfte zu bitten, die in ihren Geschäftsbereich fallen. Wenn Sie eine Frage formulieren: Darf ich Sie bitten, das und das zu tun?, so ist das keine Frage um eine Auskunft. ({0}) Zusatzfrage!

Karl Wilhelm Berkhan (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000158, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, werden Sie dem Verteidigungsausschuß mitteilen, wieviel Wohnungen aus dem Bereich privater Bauträger' bereits im nächsten und übernächsten Jahr aus der Verfügung der Bundesregierung herauswachsen werden? von Hassel, Bundesminister der Verteidigung: Ich bin gern bereit, das mitzuteilen. Im allgemeinen beträgt der Zeitraum, glaube ich, 20 Jahre, und diese 20 Jahre sind noch nicht annähernd abgelaufen. Ich bin aber bereit, mitzuteilen, wann sie in Zukunft auslaufen werden.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Zusatzfrage!

Karl Wilhelm Berkhan (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000158, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Werden Sie dem Verteidigungsausschuß mitteilen, daß ein Teil der Wohnungen bereits nach 10 Jahren aus der Verfügung des Bundes ausscheiden? von Hassel, Bundesminister der Verteidigung: Ich bin bereit, den gesamten Komplex darzulegen.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Frage IX/4 - des Abgeordneten Schultz -: Vizepräsident Dr. Schmid Ist die Bundesregierung bereit, neben der vom Bundesverteidigungsministerium gestellten und zu begrüßenden Forderung auf Stellenanhebung für Sanitätsoffiziere außerdem eine nicht ruhegehaltfähige Stellenzulage, gestaffelt nach dem Dienstalter, zu schaffen, wie sie vergleichsweise bei Militärpfarrern besteht? ({0}) von Hassel, Bundesminister der Verteidigung: Herr Präsident, darf ich bitten, die drei Fragen des Herrn Abgeordneten Schultz zusammen beantworten zu dürfen?

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Einverstanden, genehmigt! Dann rufe ich noch die Fragen IX/5 und IX/6 - des Abgeordneten Schultz - auf: Beabsichtigt die Bundesregierung, Fachärzten in BundeswehrLazaretten, analog den Regelungen für beamtete Ärzte in Krankenhäusern in den Landesversicherungsanstalten, die Möglichkeit zur Bereitstellung von Privatbetten und ein Liquidationsrecht zu eröffnen sowie solche Ärzte in den Genuß der vollen Bezahlung für gutachtliche Tätigkeiten kommen zu lassen? Beabsichtigt die Bundesregierung, analog den Kommunen und Ländern, für die Haftpflicht ihrer Sanitätsoffiziere aufzukommen? von Hassel, Bundesminister der Verteidigung: Auf die erste Frage folgende Antwort: Um dem Mangel an Sanitätsoffizieren zu begegnen, werden zur Zeit im Verteidigungsministerium folgende Fragen geprüft: Eine eigene Besoldung der Sanitätsoffiziere - beispielsweise nach britischem Vorbild - oder besondere Zulagen für Sanitätsoffiziere - nach amerikanischem Vorbild -, z. B. ähnlich wie für Militärpfarrer der Bundeswehr, oder die Gewährung von Prämien bei Eingehen der Dienstverpflichtung als Sanitätsoffizier - Verpflichtungsprämien nach britischem Vorbild -. Diese Prüfung erfolgt im Zusammenhang mit Untersuchungen über die Möglichkeit einer Änderung des Besoldungsgesetzes, die den besonderen Belangen der Soldaten einschließlich der Sanitätsoffiziere Rechnung trägt. Auf die zweite Frage folgende Antwort: Bereits jetzt besteht die Möglichkeit, Zivilpersonen in besonders gelagerten Fällen in Bundeswehrlazaretten aufzunehmen und zu behandeln. Die hierdurch entstehenden Arzt- und Pflegekosten werden allerdings vom Bund vereinnahmt. Darüber hinaus besteht schon jetzt die Möglichkeit der privatärztlichen Nebentätigkeit für alle Sanitätsoffiziere in den Sanitätseinrichtungen der Bundeswehr; sie ist allerdings auf die ambulante Behandlung beschränkt. Es wird nunmehr geprüft, ob diese privatärztliche Nebentätigkeit auch auf den Bereich der stationären Behandlung in Bundeswehrlazaretten mit einem beschränkten Liquidationsrecht für Fachärzte als Abteilungsleiter ausgedehnt werden kann, um den letzteren die Möglichkeit zu geben, ihre Erfahrungen in möglichst vielseitigen Krankheitsfällen anzuwenden und zu vertiefen. Es wird geprüft werden, ob Gutachten für nicht heilfürsorgeberechtigte Personen und im Wege der Amtshilfe zu erstattende Gutachten, da sie erhebliche fachliche Leistung 'erfordern, unter Berücksichtigung der bereits in anderen Verwaltungsbereichen bestehenden Regelungen honoriert werden könnten. Auf die dritte Frage darf ich folgendes antworten: Im Artikel 34 Satz 1 und 2 des Grundgesetzes heißt es: Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. Das Soldatengesetz sagt dazu in § 24 Abs. 2 folgendes: Hat der Bund auf Grund der Vorschrift des Artikels 34 Satz 1 des Grundgesetzes Schadensersatz geleistet, so ist der Rückgriff gegen den Soldaten nur insoweit zulässig, als ihm Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt. Der Sanitätsoffizier kann aber aus einer Verletzung seiner Amtspflicht nur in Anspruch genommen werden, wenn der Dienstherr eine grobe Fahrlässigkeit für gegeben erachtet. Er wird hierbei alle den Sanitätsoffizier entlastenden Umstände gebührend berücksichtigen. Wenn im Falle einer einwandfrei nachgewiesenen groben Fahrlässigkeit der Rückgriff unvermeidlich wird, wird der Dienstherr in der Durchführung des Rückgriffs selbstverständlich allen Erfordernissen seiner Fürsorgepflicht Rechnung tragen. Eine völlige Freistellung der Sanitätsoffiziere von dieser so eingeschränkten Haftpflicht ist nicht möglich. Dieses letzte Risiko kann dem Sanitätsoffizier ebenso wie allen anderen Bundesbediensteten unter Anwendung des Gleichheitsgrundsatzes nicht abgenommen werden.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Eine Zusatzfrage!

Dr. Ludwig Hamm (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000792, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Minister, Sie haben zu Frage 4 gesagt, daß Sie verschiedene Regelungen in Nato-Ländern prüfen ließen und daraus Konsequenzen ziehen würden. Darf ich Sie fragen: wann ist mit einem Ergebnis dieser Prüfungen zu rechnen, - nachdem die Diskussion über den Mangel an aktiven Sanitätsoffizieren sehr lange schon im Gange ist und die Angelegenheit drängt? von Hassel, Bundesminister der Verteidigung: Zunächst darf ich den letzten Teil Ihrer Frage beantworten. Ich glaube, Sie werden zugeben - im Bundestag habe ich in einer Fragestunde dazu in einem sehr breiten Umfang Auskunft gegeben -, daß jede nur denkbare Möglichkeit geprüft worden ist, den Mangel an Sanitätsoffizieren zu beheben. Es gibt eine Fülle von Einzelmaßnahmen, die - in einem Bündel gesehen - diesem Ziele dienen. Das, was ich eben ansprach, sind aber sehr prinzipielle Fragen. Sie greifen z. B. ins Besoldungsrecht. Wenn wir ein amerikanisches Beispiel kopieren, können wir es nicht nur kopieren hinsichtlich der Bezahlung der Ärzte, sondern müssen dann auch prüfen Bundesminister von Hassel wenn die amerikanische Regelung übernommen wird -, ob alle zurüchgestellten Ärzte später einen vollen zweijährigen Grundwehrdienst leisten müssen. Man kann also nicht isoliert die Fragen der Besoldung, der materiellen Seite, sehen, sondern muß auch die anderen Prinzipien in die Betrachtung mit einbeziehen.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Noch eine Zusatzfrage!

Dr. Ludwig Hamm (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000792, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Darf ich Ihre Antwort so verstehen, daß Sie das Ende der Prüfling nicht abzusehen vermögen? von Hassel, Bundesminister der Verteidigung: Wir bemühen uns - da das Interesse der Bundeswehr auf eine Auffüllung der Fehlstellen im Arztberuf gerichtet ist -, diese Dinge so umfassend und so rasch wie möglich zu machen, und haben vieles erreicht, jedoch die Punkte, die ich eben nannte, noch nicht.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Berkhan.

Karl Wilhelm Berkhan (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000158, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, sind Sie bereit, in den Rahmen dieser Prüfung auch andere Dienste, die eine qualifizierte Ausbildung voraussetzen, einzubeziehen, beispielsweise bei technischen Offizieren diejenigen Offiziere, die eine Hochschul- oder Fachschulausbildung mitbringen, bei anderen Offizieren z. B. diejenigen, die eine wirtschaftswissenschaftliche Ausbildung mitbringen? von Hassel, Bundesminister der Verteidigung: Für diese Personen oder Personengruppen gibt es bereits Regelungen. Ein Diplomingenieur z. B. wird bei uns gleich mit einem relativ hohen Dienstgrad eingestellt.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Noch eine Zusatzfrage!

Karl Wilhelm Berkhan (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000158, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, Sie wissen, daß auch ein Sanitätsoffizier mit einem relativ hohen Dienstgrad eingestellt wird, so daß diese Antwort für mich hier als unbefriedigend anzusehen ist? von Hassel, Bundesminister der Verteidigung: Ich glaube, Sie ersehen daraus, daß das von Ihnen angeschnittene Problem genauso behandelt wird wie das der Ärzte. Es besteht jedoch der eine Unterschied, Herr Abgeordneter, daß wir die Studenten, die Medizin studieren wollen, zuvor vom Grunddienst freistellen, um sie später als ausgebildete Ärzte zu erfassen. Das tun wir bei den technischen und geisteswissenschaftlichen Disziplinen nicht, haben auch in der Richtung keine Absicht.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Die Frage ist beantwortet. Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr, zunächst zu Frage X/1 - des Herrn Abgeordneten Lemmrich -. Aus welchen Gründen verzinst die Bundesregierung beim Grunderwerb für den Straßenbau die nicht ausgezahlten Beträge mit einem geringeren Zinssatz als beim Grunderwerb nach dem Landbeschaffungs- und dem Bundesbaugesetz? Ist Abgeordneter Lemmrich nicht anwesend? - Dann wird die Frage schriftlich beantwortet. Frage X/2 - des Herrn Abgeordneten Paul -: Ist die Bundesregierung bereit, auf der Konferenz der europäischen Verkehrsminister oder an anderer kompetenter Stelle den Vorschlag zu machen oder einen Vorschlag gleichen Inhalts zu unterstützen, daß baldigst eine TEE-Ost-West-Verbindung zwischen München-Paris v. v. eingeführt werde? Bitte schön, Herr Staatssekretär!

Not found (Staatssekretär:in)

Für das Einrichten neuer Verbindungen ist das verkehrliche Bedürfnis ausschlaggebend. Wie mir die Deutschen Bundesbahn mitteilt, ist in der Relation München-Paris das Bedürfnis für eine TEE-Verbindung nicht vorhanden. Auch vom ständigen Fahrplanausschuß des Deutschen Industrie- und Handelstages, der die Fahrplanwünsche aus Industrie, Wirtschaft, Handel und Fremdenverkehr an die Deutsche Bundesbahn heranträgt, ist ein derartiger Antrag noch nicht gestellt worden. Danach besteht offensichtlich für die Bundesregierung keine Veranlassung, sich einzuschalten.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Eine Zusatzfrage!

Ernst Paul (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001681, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ist sich die Bundesregierung dessen bewußt, daß die angestrebte TEE-Verbindung zahlreiche Großstädte in Frankreich und in der Bundesrepublik verbinden und bedeutende Industrie- und Handelszentren berühren würde und somit eine große wirtschaftliche Bedeutung hätte und insbesondere zu Zeiten, da infolge der Witterungsverhältnisse der Flugverkehr erschwert wird, von besonderer Wichtigkeit wäre?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, ich glaube diese Frage mit der Feststellung beantwortet zu haben, daß die Bundesbahn, die die Verkehrsverhältnisse laufend überprüft und ihre Anregungen von einem besonderen Fahrplanausschuß der Wirtschaft bekommt, eine derartige Notwendigkeit nicht feststellen kann. Ich darf daran erinnern, daß die Deutsche Bundesbahn bei Einrichtung des innerdeutschen Fernzugnetzes im Jahre 1954 auch eine solche Verbindung erster Klasse Salzburg - München - Paris geschaffen hat. Diese Verbindung wurde aber wegen mangelnden Zuspruchs von Reisenden der ersten Klasse am 1. Juli 1958 in einen Fernzug mit erster und zweiter Klasse umgewandelt und läuft seit dem 26. Mai 1963 als D-Zug in dieser Relation. Diese Abstufung, wenn ich sie so nennen soll, ist eben wegen des nicht ausreichenden Verkehrsbedürfnisses für eine höhere Stufe dieser Zugart erfolgt.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Eine weitere Zusatzfrage!

Ernst Paul (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001681, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ist Ihnen bekannt, daß die Industrie- und Handelskammern im Lande Baden-Württemberg eine ganz andere Meinung haben und mit Nachdruck auf der Schaffung einer solchen TEE-Verbindung bestehen?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, dann würde ich bitten, daß die Handelskammern in Baden-Württemberg diesen Wunsch an den Deutschen Industrie- und Handelstag herantragen, damit dieser bei der nächsten Fahrplankonferenz diese Anregung vortragen und begründen kann.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Frage X/3 - des Herrn Abgeordneten Fritsch -: Bestehen Möglichkeiten, durch Hochwasserschutzbauten oder sonstige Maßnahmen im Bereiche der Donau von Regensburg bis Passau die 1954 und jetzt eingetretenen Überschwemmungen zukünftig zu verhindern?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, ich darf als bekannt voraussetzen, daß die Hochwasserschutzmaßnahmen grundsätzlich Angelegenheit der Länder sind. Zur Sache selber haben die Experten meines Hauses mitgeteilt, daß die Ländereien in der Donauniederung bereits in großem Umfang durch Dämme vor Hochwasser geschützt sind. Ein weiterer Ausbau des Dammsystems dürfte nach Meinung dieser Sachverständigen möglich sein. Der Bund, das Bundesverkehrsministerium, kann indirekt oder auch direkt zu diesen Hochwasserschutzmaßnahmen auf zwei Gebieten beitragen, einmal durch den Bau hochwasserfreier Straßendämme, wie das an der Donau auch bereits geschehen ist, und zum anderen durch Maßnahmen im Zusammenhang mit der Kanalisierung. Wenn es zu der angestrebten Kanalisierung der Donau zwischen Regensburg und Passau kommt, wird darauf Bedacht genommen, die Hochwasserabflußverhältnisse so weit wie möglich zu verbessern und damit die künftigen Hochwasserstände abzusenken. Für diesen Zweck ist für die Donaustrecke Regensburg - Straubing schon vor einem Jahr ein Großmodellversuch am Oskarvon-Müller-Institut in Obernach von der RheinMain-Donau AG in Auftrag gegeben worden; hierdurch sollen die künftigen Hochwasserstände am Modell ermittelt werden.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Eine Zusatzfrage!

Walter Fritsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000601, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ist Ihnen mitgeteilt worden, daß die Erfahrungen bei dem jetzt zu Ende gehenden Hochwasser ergeben haben, daß unter anderem eine Überhöhung der Dämme in den Flußbiegungen notwendig ist und IZUM. zweiten die Pflasterung der Dämme auf der Innenseite offensichtlich nicht ausreicht, um eine Durchweichung der Dämme zu verhindern?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, ich habe angedeutet, daß die Berichte an die zuständige Stelle gehen. Das ist tin diesem Falle die Oberste Baubehörde in München, weil der Hochwasserschutz Angelegenheit des Landes ist.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Eine weitere Zusatzfrage!

Walter Fritsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000601, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, dessen ungeachtet: Würden Sie nicht zusammen mit ,der Bayerischen Staatsregierung und den zuständigen Behörden nochmals die Frage prüfen lassen, ob nicht auch die Sicherungsmaßnahmen für den Ortsschutz der an der Donau gelegenen Orte überprüft werden müssen, und zum zweiten, ob nicht ebenfalls in den Erfahrungsbereich mit einbezogen werden muß, daß die Pumpstationen, die bei ,eintretendem Hochwasser tätig werden müssen, der Zahl nach völlig ungenügend sind?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, wir stehen in dieser Frage mit dem Land Bayern in ständiger Verbindung. Sie wissen, daß auch Herr Minister Seebohm selbst an Ort und Stelle mit den 'Behörden Fühlung aufnimmt.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Die Frage ist beantwortet. Frage X/4 - der Frau Abgeordneten Dr. Flitz -: Ist das Bundesverkehrsministerium bereit, für die beschleunigte Reparatur der Kaiser-Wilhelm-Brücke in Wilhelmshaven Sorge zu tragen, da der für die Stadt wichtige Fremdenverkehr, auch hinsichtlich des Schiffsverkehrs nach Helgoland, durch die Stillegung der Brücke erheblich behindert wird, was nicht nur für die betroffenen Kreise eine wirtschaftliche Schädigung bedeutet, sondern auch den Ruf von Wilhelmshaven als Badeort auf Jahre hinaus beeinträchtigen kann?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Präsident, ich bitte, die beiden Fragen der Frau Abgeordneten Dr. Flitz wegen des Sachzusammenhangs zusammen beantworten zu dürfen. ({0})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Dann rufe ich auch die Frage X/5 - der Frau Abgeordneten Dr. Flitz au f : Wieviel Zeit wird voraussichtlich die in Frage X/4 erwähnte Reparatur in Anspruch nehmen?

Not found (Staatssekretär:in)

Frau Abgeordnete, es ist dafür gesorgt, daß die Reparatur der Kaiser-WilhelmBrücke in Wilhelmshaven beschleunigt durchgeführt wird. Die Instandsetzungsarbeiten werden sich allerdings bis Mitte September erstrecken.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Eine Zusatzfrage.

Dr. Hedi Flitz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000563, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, würden Sie sich dafür einsetzen, daß die Reparaturarbeiten eventuell durch Nachtarbeit beschleunigt werden können?

Not found (Staatssekretär:in)

Frau Abgeordnete, unsere Dienststelle steht bereits mit der bauausführenden Firma in Verbindung. Sie hat auch bereits eine Verkürzung der Fristen erreicht. Wegen einer weiteren Verkürzung schweben noch Verhandlungen.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Noch eine Zusatzfrage.

Dr. Hedi Flitz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000563, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, könnten eventuell Verzögerungen dadurch eintreten, daß Kompetenzschwierigkeiten bestehen?

Not found (Staatssekretär:in)

Kompetenzschwierigkeiten? Davon ist mir nichts bekannt.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Damit ist die Fragestunde abgeschlossen. Als zweiten Punkt rufe ich Punkt 4 der Tagesordnung auf: Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes ({0}); Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses ({1}) ({2}). ({3}) Das Wort hat der Bundesminister der Verteidigung, Herr von Hassel. von Hassel, Bundesminister der Verteidigung: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Gesetzgebung über die Frage der Vorsorge für den Ernstfall soll Vorkehrungen treffen, mit denen die Probleme lösbar werden, die im Falle eines Angriffs der Sowjets und ihrer Satelliten gegen die Bundesrepublik sofort gelöst werden müssen. Jeder von uns hofft, daß dieser Ernstfall nie eintreten wird; jeder glaubt, daß zur Zeit ein Krieg unwahrscheinlich ist. Der Fraktionsvorsitzende der SPD, Herr Erler, hat am 16. Juni erklärt: Gefahren drohen, und trotzdem steht der Notstand nicht vor der Tür. Die für die Verteidigung, für die Sicherheit Verantwortlichen - und das sind Bundesregierung und Bundestag - können sich aber nicht darauf beschränken, zu hoffen, daß das nicht eintritt, oder zu glauben, daß Kriege undenkbar wären. Wie sieht die Lage aus? Erstens: Jenseits .des Eisernen Vorhangs stehen im mitteleuropäischen Raum und in die Tiefe gestaffelt, also vor unserem Abschnitt Europa, 100 Divisionen, 21 000 Kampfpanzer, 5700 Geschütze über 100 mm, 2200 Angriffsflugzeuge, 400 Mittelstreckenraketen mit doppelter Anzahl von Flugkörpern, 355 Schiffe, davon 90 Unterwasserfahrzeuge, und 60 Raketen tragende Einheiten und 100 Landungsfahrzeuge. 2 Millionen Soldaten stehen in diesem Abschnitt unter den Waffen. Zweitens: die sowjetischen und die Divisionen ihrer Satelliten sind im höchsten Maße modernisiert, im weitesten Sinne mobil, zum größten Teil ,auf voller Kriegsstärke. Drittens: Ein entscheidender Teil dieser Divisionen kann aus ,dem Stand zum Angriff antreten. Viertens: Ihre rückwärtigen Verbindungen durch Polen sind auf Schiene und Straße in den letzten Jahren derart ausgebaut worden, daß Streitkräfte aus der Tiefe des Raumes in einem bisher nicht erreichten Tempo - vermutlich nahezu unbemerkt - herangeführt werden können. Die Zurücknahme sowjetischer Divisionen aus der SBZ hinter den Bug wäre Augenwischerei; sie könnten mehr oder weniger unbemerkt, fast über Nacht, wieder zugeführt werden. Fünftens: Es gibt keinerlei Anzeichen dafür, daß die Sowjets ihre weltweiten Ziele aufgegeben hätten. Es gibt keinerlei Ansätze dafür, daß die Bedrohung geringer geworden sei. Sechstens: Trotz der Härte der Auseinandersetzung in anderen Teilen der Welt, z. B. in Südvietnam, ist und bleibt Europa der Schwerpunkt der Auseinandersetzung. Es bleibt der Gefahrenherd. Meine Damen und Herren, das erscheint mir die einzig mögliche Ausgangslage, auf die wir und die NATO die eigenen Überlegungen zu gründen haben. Wie sehen diese eigenen Überlegungen aus? Oberstes Ziel muß die Verhinderung des Ausbruchs eines Krieges sein. Es gilt nicht nur, den Ausbruch eines atomaren Krieges zu verhindern, sondern eines jeden Krieges. Ein konventioneller Krieg ist keine Alternative zu einem nuklearen. Er darf genausowenig in den Bereich des Möglichen rücken. Die Konzeption der NATO und die deutsche Sicherheitspolitik gehen daher seit eh und je davon aus, daß ein Krieg unter allen Umständen zu verhindern ist. Das heute und sicher auch lin Zukunft gültige Konzept ist das der Abschreckung, der abgestuften Abschreckung, der glaubhaften Abschreckung. Die Sowjets wissen, daß ein Angriff gegen die freie Welt, ein Angriff gegen uns mit den Waffen beantwortet wird, die erforderlich sind, um mit dem Angriff fertig zu werden, die Integrität des Gebietes der NATO zu gewährleisten, sicherzustellen, daß das ohnehin sehr schmale Gebiet der Bundesrepublik nicht durch Geländeverluste noch weiter eingeengt wird. Die Sowjets wissen, daß die Waffen eingesetzt werden, die sie selber haben, deren Wirkung sie also selber kennen, eine Wirkung, die ihnen nicht mehr gestattet, das eigene Risiko und einen etwaigen „Gewinn" zu kalkulieren. Auf Grund dieser Sachlage haben die Sowjets von einem Angriff abgesehen und werden ihn nach menschlicher Voraussicht auch in Zukunft unterlassen. Allein die Strategie der glaubhaften Abschrekkung hat uns bisher den Frieden erhalten. ({4}) Bundesminister von Hassel Was folgt an Konsequenzen daraus für die NATO und damit ganz besonders für uns, die wir am weitesten vorn an der Nahtstelle zwischen den beiden Blöcken liegen? Die Abschreckung muß glaubhaft sein und glaubhaft bleiben, d. h. daß keinerlei Zweifel darüber bestehen darf, daß sie an 365 Tagen eines Jahres funktioniert, daß keine Lücken, keine schwache Stelle, kein schwaches Glied in dieser Kette sein dürfen, die der Konzeption der Kriegsverhinderung durch Abschreckung die Glaubwürdigkeit nehmen. Die Glaubwürdigkeit verlangt erstens eine ausreichende Zahl präsenter Streitkräfte, zumindest gleich bewaffnet wie der Gegner, d. h. ausgewogen nuklear und nicht nuklear bewaffnet, gleichermaßen integriert wie die Streitkräfte des Ostblocks, vorzüglich ausgebildet, vorzüglich geführt. Die Glaubwürdigkeit verlangt zweitens, daß diese Streitkräfte in den Verteidigungswillen des deutschen Volkes eingebettet sind, daß dieses Volk seinen Streitkräften den Rücken für ihre Verteidigungsaufgabe freihält. Die Glaubwürdigkeit verlangt drittens, daß sich dieses Volk auch außerhalb der Streitkräfte selber gegen die Gefahren im Inneren schützen kann, daß für dieses Volk alle Vorsorge getroffen wird, auf daß es überlebt, auf das es bestehen bleibt. Die Glaubwürdigkeit verlangt schließlich viertens die Entschlossenheit der NATO, von dieser Stärke Gebrauch zu machen, wenn der Osten auf die Wahnsinnsidee eines Angriffes gegen uns verfallen sollte. Wie ist die Wirklichkeit? Erstens. Am Eisernen Vorhang stehen, in die Tiefe gestaffelt, 440 000 deutsche Soldaten und 400 000 Soldaten unserer Partner und Freunde in der NATO. Diese gewaltigen Anstrengungen und Opfer nicht nur der Bundesrepublik sollen das Konzept der NATO, die Abschreckung, gewährleisten. Aber das ist nur die eine Seite der Medaille. Zweitens. Haben wir alle anderen Instrumente bereitliegen, die das Wirksamwerden dieser Konzeption garantieren? Die Antwort lautet nein. Die Regierung hat keine Vollmachten, rechtzeitig das gesamte Bündel der zwingend nötigen Maßnahmen auszulösen, die die Verteidigungsbereitschaft erst wirklich ermöglichen. Wie würde es im Ernstfall aussehen? Die Armeen beiderseits sind im höchstmöglichen Umfange technisiert. Die modernen Waffensysteme haben Raum und Zeit schrumpfen lassen. Eine Spannungszeit, in der man in Ruhe abwarten und Vorkehrungen treffen könnte, kann es vielleicht geben; sie wird uns aber äußerstenfalls eine Frist von einigen Tagen gewähren. Eine Mobilmachung im alten Stil gibt es daher sicher nicht mehr. Es werden Stunden oder Viertelstunden über Sein und Nichtsein entscheiden. Das Bild eines Krieges muß in Dimensionen einer Apokalypse gesehen werden. An Stelle des bisher immer gegebenen Weiterlebens der Völker auch nach einer furchtbaren Niederlage ist heute die Gefahr der völligen Vernichtung aller gegeben. Damit endet der Krieg zwar in sich selbst, damit ist er keine Fortsetzung der Politik durch Anwendung militärischer Mittel mehr. Er muß deshalb verhindert werden durch glaubhafte, sinnvolle und perfekte Abschreckung, die selbstverständlich jede Art der Vorbereitung zum Verteidigungsfall mit einschließt. Meine Damen und Herren! Von den vier Lehren, die die Vereinigten Staaten aus der Kuba-Krise gezogen haben, ist die eine: Das beiderseitige Vorhandensein der Atomwaffe zwingt zur äußersten Behutsamkeit. Und die andere: daß Kriege Probleme nicht mehr lösen können. Die anderen beiden Lehren aus Kuba besagen aber, daß nur die Stärke zählt und nur die Entschlossenheit. Stärke und Entschlossenheit sind zwei Seiten einer Medaille. Nur so lange wird der Frieden gesichert sein, wie auch die letzte Vorkehrung gegen einen solchen Krieg getroffen ist und der Wille des Angreifers zur Vernichtung des anderen mit der Gefahr der Selbstvernichtung automatisch verknüpft ist. Meine Damen und Herren! Die Bundeswehr ist nur ein Teil des Ganzen, das unter dem Primat der Politik Verteidigungsanstrengungen unternimmt. Wenn aber mangels gesetzlicher Grundlagen und damit mangelnder Vorbereitung der Verwaltungs- und Exekutiv-Apparat im Ernstfall nicht funktionsfähig ist, dann kann auch die Bundeswehr gemeinsam mit unseren Verbündeten die Nation nicht schützen und die Freiheit nicht retten. Wer noch glaubt, man könne es dabei bewenden lassen, daß die deutschen Streitkräfte isoliert vom Ganzen unter NATO-Befehl kämpfen sollen, die zivilen Stellen improvisieren müssen und die NATO-Befehlshaber auf Art. 5 Abs. 2 des Deutschlandvertrages angewiesen sind, der hat die Bedeutung einer Notstandsgesetzgebung für die Gesamtverteidigung nicht erkannt. ({5}) Solange wir als einziger Partner der Allianz ohne Notstandsgesetzgebung bleiben, zwingen wir die Bundeswehr, einen Verteidigungsfall zu bestehen, ohne daß erstens für die Aufrechterhaltung der Staatsgewalt und damit für die Stabilität im Inneren Vorsorge getroffen ist, ohne daß zweitens die Operationsfreiheit mit rechtsstaatlichen Mitteln gewährleistet ist und ohne daß drittens die dringend benötigten nationalen Hilfsquellen voll ausgeschöpft werden können. Das heißt mit anderen Worten: unsere großen Verteidigungsanstrengungen militärischer Art, die wir unter gewaltigen materiellen und personellen Opfern machen, diese beachtlichen militärischen und organisatorischen Leistungen unserer Bundeswehr sind nur die Hälfte wert, solange die entsprechenden gesetzlichen Ergänzungen zur Verteidigung fehlen. Unsere Bürger wollen Sicherheit. ({6}) Ihr Opfer dafür darf nicht einer halben Sache dienen. Sie haben das Recht, höchstmögliche Effektivität der Abschreckung zu fordern. Wie aber sieht es damit heute aus? Ich sagte zum ersten: Für die Aufrechterhaltung der Staatsgewalt und für die Stabilität im Innern muß Vorsorge getroffen werden. Ohne eine Notstandsverfassung werden die bewaffneten Streitkräfte im Ernstfall vor Probleme gestellt, die dicht an die Entziehung ihrer Bundesminister von Hassel Existenzgrundlage rühren. Eine kampffähige Bundeswehr setzt eine intakte Staatsgewalt voraus. ({7}) Es wird schwer sein, den Soldaten auch dann noch von der Integrität seines Staatswesens zu überzeugen, wenn die Alliierten ihr Vorbehaltsrecht in seinem Lande ausüben. Sollte die Abschreckung versagen, wäre es für uns bedrückend, wenn wir dann unsere Armee in den Kampf schicken müßten, ohne für eine der Größen Sorge getragen zu haben, aus denen sie die Kraft für die Erfüllung ihres Auftrages schöpft, nämlich ein intaktes Staatswesen und eine selbst in äußersten Krisenlagen unversehrte und nicht durch mangelnde Souveränität aufgeweichte Staatsgewalt. Ohne Stabilität im Innern ist der Kampfauftrag der Bundeswehr auch im materiellen Sinne nicht zu erfüllen. Zum zweiten: Die Operationsfreiheit muß mit rechtsstaatlichen Mitteln gesichert sein. Die Aufrechterhaltung der Operationsfreiheit der Streitkräfte verlangt heute u. a. mehr und schnellere Bewegungen, großräumige Inanspruchnahmen, Wechsel von Transportmitteln und Transportarten. Sie erfaßt das gesamte Leben im Staate. Hier kann guter Wille eine fehlende Notstandsverfassung nicht ersetzen. Denken wir nur an die einfachsten Erscheinungsformen: Der Abwehrkampf steht und fällt mit dem Offenhalten der Verbindungswege. Eine sich selbst ,überlassene Bevölkerung, die sich - vielleicht schon auf Gerüchte hin - auf wilde Flucht begibt, Paniklagen schafft und unkontrollierbare Massenreaktionen auslöst, kann Zustände schaffen, die jede Operation unmöglich machen. Es können Verluste an Menschen und Gütern eintreten, die unübersehbar sind, die sich aber durch ,einfachste organisatorische Maßnahmen mit Sicherheit hätten vermindern, wenn nicht gar verhindern lassen. Ohne Notstandsverfassung mit den entsprechenden Ansatzpunkten müßten wir unter Umständen untätig miterleben, wie gerade die Bevölkerung, für deren Schutz die Truppe bestimmt ist, ihren Rettern den Weg versperrt und unterwegs - ohne Schutz und ohne Versorgung, diem Zugriff eines erbarmungslosen Gegners ausgesetzt - diem Untergang preisgegeben wäre. Drittens: Der Erfolg eines ,Abwehrkampfes hängt davon ab, daß alle Kräfte und Mittel für die Verteidigung und die Erhaltung der ,Substanzeingesetzt werden können. Ohne Notstandsverfassung ist che Ausschöpfung des nationalen Potentials nicht gesichert. Der Schutz unserer Frauen und Kinder, ja das .Überlieben .der Nation rechtfertigen den vollen Einsatz unserer menschlichen Kräfte und unserer materiellen Güter. ({8}) Das ist jedoch unmöglich ohne umfassende gesetzliche Vorsorge und ohne eine funktionsfähige zivile Verwaltung. Wir denken nicht, wie es so töricht heißt, an schrittweises Hineinschleichen in einen Ausnahmezustand, nicht an eine Zwangswirtschaft oder eine Teilmobilmachung im Frieden, nicht an die Militarisierung unseres öffentlichen oder privaten Lebens. Aber niemand könnte uns von Schuld freisprechen, wenn wir mit offenen Augen unterließen, alle nach menschlichem Ermessen denkbare Vorsorge zu treffen, um nicht eines Tages dem Zugriff .eines 'Gegners hilflos ausgesetzt zu 'sein. ({9}) Es wäre verhängnisvoll, eine schwere politische Krise 'in der Welt und eine sich daraus entwickelnde Spannungszeit diem Friedenszustande gleichzusetzen. Das Kriterium einer Spannungszeit ist die zunehmende Verschlechterung der internationalen Lage in einem solchen Maße, daß ein Übergang vom Frieden in den Krieg jederzeit, also auch kurzfristig oder überraschend, erfolgen kann. Zugleich ist die Spannungszeit die letzte und die entscheidende Phase, in der sich die Abschreckungspolitik bis zur höchsten Zuspitzung bewähren muß. Wir haben ja alle schon erlebt, wie schnell sich über Nacht, ja in Stunden die Lage verändern kann. Ich brauche nur an die Berlin-Krisen und an die Kuba-Krise zu erinnern, um vor Augen zu führen, wie plötzlich auch wir am Rande eines Krieges stehen könnten. Die Art und Weise, wie die politische Führung eine Spannungszeit beherrscht, kann bereits vor Beginn offener Kampfhandlungen über Bestand oder Untergang des Volkes entscheiden. Denn gelingt es nicht, ein Höchstmaß an Effektivität zu erreichen, wäre dies geradezu eine Einladung an .den Gegner, diese entscheidende Schwäche militärisch auszunutzen. Zum Glück weiß jedoch dieser Gegner genausogut wie wir, daß für diesen Fall der Art. 5 Abs. 2 des Deutschlandvertrages besteht. Wenn Sie mich fragen, wie ich zu diesem Artikel stehe, so kann ich Ihnen sagen: Ich halte den Art. 5, der bewußt als Übergangslösung abgefaßt wurde, über den wir lange Zeit froh sein konnten und in dessen Schutz wir - wenn Sie das Bild gestatten - herangewachsen sind, in diesem Augenblick noch für zweckmäßig und erforderlich. Er gibt uns gegenwärtig Sicherheit und ermöglicht gegenwärtig der Allianz den Einsatz ihrer Mittel, auch, wie wir sicher sind, zum Schutze der Bundesrepublik Deutschland. Es ließe aber doch heute, 20 Jahre nach Kriegsende, einen Mangel an Selbstvertrauen erkennen, wenn wir, durch nichts anderes veranlaßt als durch mangelnde Einigkeit, von den alliierten Kommandeuren mehr erhofften als von uns selbst. ({10}) Mit dem Verzicht auf die Ablösung des Art. 5 überließen wir es unseren Verbündeten, wie sie ihre Rechte ausüben, wem sie Legislative und Exekutive anvertrauen. Weil dem Art. 5 diese Ungewißheit immanent ist, wird gerade auf den unteren Ebenen jede sinnvolle Vorarbeit in Frage gestellt. Hier ist nicht Mißtrauen gegen unsere Verbündeten mein Beweggrund, sondern einfach die Erkenntnis, daß wir uns selbst zuzurechnen hätten, wenn diese Ungewißheit fortbestünde. Lassen Sie mich meine Auffassung und die der Regierung in einer Reihe von Formeln zusammenfassen: Bundesminister von Hassel Erstens. Eine Binsenwahrheit kennen wir alle, und sie gilt für die äußere genauso wie für die innere Sicherheit: Im Ernstfall kann nur das funktionieren, was schon im Frieden funktionierte. Das haben gewiß auch alle Abgeordneten des Hohen hauses erkannt, die an dem großen Planspiel teilnahmen, das die beiden verantwortlichen Minister der Verteidigung und des Innern vor mehr als Jahresfrist veranstalteten. Meine Damen und Herren, wir sind nicht müde geworden, immer wieder auf diese Erkenntnis hinzuweisen mit dem dringenden Appell, endlich alle Notstandsgesetze im Parlament zu verabschieden. Zweitens. Als das Grundgesetz 1949 geschaffen wurde, lag der vordere Rand der Verteidigung Europas westlich des Rheines. Deutschland wäre Schlachtfeld, zumindest Vorfeld gewesen. Als wir tier NATO 1955 beitraten, lag die Verteidigungslinie am Rhein. Damals war der Art. 5 begründet. Denn das Konzept der Verteidigung bezog die Bundesrepublik in ihrer Gänze in das Gefechtsfeld ein, und dort auf dem Gefechtsfeld haben in der Tat die militärischen obersten Befehlshaber praktisch für alles die Verantwortung. Drittens. Und heute? Durch unsere Anstrengungen zum Aufbau der Bundeswehr mit unseren Opfern war es möglich, die ganze Bundesrepublik in die Verteidigung einzubeziehen. Am Eisernen Vorhang werden wir verteidigt. Das heißt doch, daß ein fundamentaler Unterschied gegenüber 1948/ 49 oder gegenüber 1955 bei der Annahme des Art. 5 des Deutschlandvertrages besteht. Hinter dem Gefechtsfeld am Eisernen Vorhang sind nunmehr wir Deutschen in erster Linie für unser Volk selbst verantwortlich und nicht mehr die alliierten Befehlshaber. ({11}) Viertens. Es ist doch wohl das Mindeste, was die Allianz, die anderen Partner, die Streitkräfte der Franzosen im Süden, der Amerikaner, der Belgier, der Kanadier, der Engländer, der Holländer oder der Dänen von uns verlangen können, daß wir alle gesetzlichen Vorkehrungen treffen können, die ihnen, den Partnern, und uns die Führung eines Verteidigungskrieges überhaupt erst ermöglichen. ({12}) In diesem Zusammenhang darf ich einen Hinweis geben, der uns allen zu denken geben sollte. Sie wissen von den gewaltigen propagandistischen Anstrengungen der Sowjetzonenmachthaber, mit allen Mitteln und in einer Flut von Hetze und von Lügen die Verabschiedung einer Notstandsverfassung und einer Notstandsgesetzgebung in der Bundesrepublik zu verhindern. Der alleinige Grund dafür ist, unter allen Umständen die Verteidigungsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland zu lähmen. Das ist sehr einfach zu beweisen. Denn diese Hetzpropaganda verschweigt, daß in der SBZ am 20. September 1961, fünf Wochen nach der Errichtung der Mauer, ein Verteidigungsgesetz in Kraft trat, von dem Verteidigungsminister General Hoffmann laut „Neues Deutschland" vom 21. September 1961 erklärte, daß in diesem Gesetz alle grundlegenden Bestimmungen niedergelegt sind, die es ermöglichen, in Friedenszeiten wie auch im Verteidigungsfall alle erforderlichen Maßnahmen zum Schutz der SBZ durchführen zu können. Wer sich die Mühe macht, dieses Verteidigungsgesetz im Gesetzesblatt der Zone Teil I 19/61, Seite 175, Nr. 18 vom 20. September 1961, zu studieren, wird feststellen müssen, daß dort die perfekteste Notstandsregelung eines totalitären Regimes „gesetzlich" verankert worden ist. ({13}) Drüben ist genau das praktiziert, was uns die Ostzonenpropagandisten mit Lügen und Verleumdungen hüben unterstellen und was wir keinesfalls wollen; ich betone: keinesfalls wollen! Dieses Verteidigungsgesetz der Zone ist ein Freibrief für die unumschränkte Machtgewalt eines Diktators. Es ist ergänzt worden durch eine Reihe von Verordnungen, die im Gesetzblatt der Zone Teil I 1962 Nr. 1, Seite 5, nachzulesen sind - ich erwähne nur einen Teil: Sonderregelung für den Einsatz von Frauen, Leistungsverordnung, Entschädigungsverordnung, Finanzverordnung usw. usf. -, die den sogenannten Verteidigungsrat selbst unter Ausschaltung des Scheinparlaments der SBZ als Notstandsgremium ausweisen, das unter Ulbricht die Koordination aller Maßnahmen für den inneren und den äußeren Notstand zu vollziehen hat. Ich betone noch einmal ausdrücklich, um nicht das geringste Mißverständnis aufkommen zu lassen: Wir wollen kein diktatorisches Ausnahmerecht, wie es Herr Ulbricht praktiziert, sondern uns geht es darum, daß unser Staat auch in der Stunde der Not ein freiheitlicher und sozialer Rechtsstaat bleibt. ({14}) Fünftens. Als der verantwortliche Inhaber der obersten Befehls- und Kommandogewalt der Bundeswehr muß ich dem Hohen Hause mit größter Deutlichkeit sagen: Die Bundeswehr muß erwarten, daß das Parlament die rechtlichen Instrumente schafft, die uns erst in die Lage versetzen, unseren militärischen Auftrag zu erfüllen. ({15}) Die Bundeswehr muß wissen, daß sie sich im Verteidigungswillen unseres Volkes geborgen fühlen kann. ({16}) Dieser Wille aber dokumentiert sich zuallererst dadurch, daß das Volk durch seine gewählten Volksvertreter die Gesetze schafft, die unerläßlich sind zur Realisierung des - meines Erachtens unbestrittenen - Konzepts der Friedenserhaltung durch eine glaubwürdige Abschreckung. Sechstens. In den Krisenzeiten 1961 und 1.962 rief man bei uns nach dem starken Arm der Amerikaner. Man war bereit, die Wehrpflicht zu verlängern. Man ging mit Großzügigkeit an der Haushaltsenge für die Verteidigung vorbei. Man machte alle Anstrengungen. Man war sofort bereit, das Gespräch über die Notstandsfragen aufzunehmen. Wenn dann aber die Krise abklingt, weil ,die Sowjets die Entschlossenheit Bundesminister von Hassel und die Stärke des Westens richtig in ihr Kalkül einbeziehen, dann ist hier plötzlich alles vergessen, dann glaubt man, dann hofft man, dann neigt man sehr rasch wieder dazu, die der freien Welt und uns drohenden Gefahren zu verharmlosen. Ich wiederhole: Dann hofft man, dann glaubt man, anstatt nüchtern zu überlegen, was zu geschehen hat, damit uns künftig nicht eine Krise unvorbereitet trifft. ({17}) Dieses Hohe Haus kann, wenn es die Pflicht zur Vorsorge für Notzeiten ernst nimmt, niemals unser aller Wunschdenken, .daß schon nichts passieren wird, als Garantiescheck dafür nehmen, daß wir unbefristet Zeit hätten, diese Vorsorge zu regeln. ({18}) Es kommt auf die rechtzeitige Vorsorge an, und die Zeitspanne dieses „rechtzeitig" ist nicht meßbar. Und siebentens. Wenn die Sozialdemokraten die Notstandsgesetze im Grundsatz bejahen, sie aber jetzt nicht verabschieden wollen, dann muß ich die Frage stellen: Sind Sie in der nächsten Legislaturperiode bereit? Und was erhoffen Sie sich von einer Verschiebung? Hoffen Sie dann auf noch weichere, auf verwaschene, papierne und für den Notstandsfall unpraktikable Gesetze? ({19}) Sind Sie sich nicht klar darüber - ({20}) - Herr Wehner, sind Sie sich nicht darüber im klaren, daß eine derartig unzulängliche Gesetzgebung dann eine verantwortliche Regierung gar nicht mehr in die Lage versetzen kann, in der Stunde der Not ihre Pflicht zu tun? ({21}) Die gefundenen Kompromisse sind schon heute das Alleräußerste, was aus militärischer Sicht zugestanden, was gerade noch hingenommen werden kann. Im Grunde genommen gehen diese Kompromisse bereits zu weit, und Sie versagen es sich, selbst die mitzumachen. ({22}) - Herr Barzel ist Ihnen nur entgegengekommen in der Sorge, daß das ganze Hohe Haus endlich diese Gesetze verabschiedet. ({23}) - Dann sagen Sie uns, wie die Gesetze aussehen müssen, die Sie mitmachen! ({24}) - Dann werden wir sehen, was Sie für eine Notstandsverfassung machen. Wahrscheinlich werden Sie einsehen, daß das, was Sie bisher getan haben, falsch gewesen ist. ({25}) Ich wiederhole: Wie müßten die Gesetze aussehen, die Sie mitmachen würden? Das wären keine Gesetze mehr, mit denen eine verantwortliche, demokratisch gewählte Staatsführung das 'überleben in Frieden und in Freiheit gewährleisten könnte. ({26}) Das wären keine Gesetze mehr, mit denen die Bundeswehr ihre Verteidigungsaufgaben erfüllen könnte. Im übrigen würden Sie im Ernstfall, den Gott verhüten möge, gar nicht mehr die Zeit haben, Ihr Nein in ein einsichtsvolles Ja zu revidieren. ({27}) Meine Damen und Herren, jeder Mangel an Entschlossenheit und Festigkeit, alle Meinungsverschiedenheiten und Gegensätze werden vom potentiellen Gegner als ein Zeichen von Schwäche gewertet und genutzt. Auf der Grundlage eigener Kraft sind Entschlossenheit und Festigkeit im Gegensatz zu Entschlußlosigkeit und Zaghaftigkeit wichtiger Mittel, einen Krieg zu verhindern. Vergessen Sie nicht, was Ihre Entscheidung für oder gegen die Sicherheit unseres Staates, für oder gegen unsere Souveränität, für oder gegen den Vorrang des Ganzen vor den Interessen einzelner Gruppen bedeuten würde. Es ist ein Votum für die Vernunft, für den Willen zur Selbsterhaltung, und - lassen Sie mich das einmal sagen - es ist auch das Votum für die nationale Selbstachtung. ({28}) Es ist die Pflicht des Hohen Hauses, die Voraussetzungen zu schaffen, mit denen einer Krise glaubhaft begegnet werden kann. Clausewitz sagt dazu: Wehe dem Volke, das mit einer halben Politik und gefesselten Kriegskunst auf einen Gegner trifft, der wie das rohe Element keine anderen Gesetze kennt als die seiner innewohnenden Kraft. Damit wird jeder Mangel an Tätigkeit und Anstrengung ein Gewicht in der Waagschale des Gegners, und ein geringer Stoß reicht oft hin, das Ganze zu Boden zu werfen. Ich schließe mit einer Formulierung des katholischen Militärbischofs Dr. Franz Hengsbach: Wer den Krieg nicht will, muß für einen starken Frieden sorgen. ({29})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Schäfer.

Dr. Friedrich Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001930, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Bundesverteidigungsminister von Kassel hat zunächst einen Überblick gegeben und hat uns damit eine Analyse vorgetragen, über die wir im Rechtsausschuß einiges gehört hatten. Er hat einige Gesichtspunkte dargelegt, die zur Beurteilung der Fragenkomplexe wesentlich sind, mit denen wir uns heute beschäftigen. Er hat es aber dann für richtig gehalten, am Schluß einige politische Äußerungen zu tun, die man nur mit Sorge zur Kenntnis nehmen kann, ({0}) - ja, die man nur mit Sorge zur Kenntnis nehmen kann, wenn man hört, - ({1}) - Er glaubt nicht an sich? Das beruhigt mich, wenn Sie der Auffassung sind, daß er nicht an sich selbst glaubt. ({2}) - Mit Sorge kann man nur davon Kenntnis nehmen, daß die Bundesregierung, . vertreten durch ihren Verteidigungsminister, offensichtlich heute noch keine Vorstellungen von den Dingen hat. Sonst könnte der Minister nicht von Kompromissen sprechen, die man für die Zukunft nicht mehr einhalten könnte. Wenn man willens ist, die Fragen zu regeln, meine Damen und Herren, dann gibt es nicht Kompromisse, die man heute schließt und morgen nicht mehr halten kann. Die muß man schon so halten, wie es in den interfraktionellen Besprechungen versucht wurde und bei einigen Punkten auch möglich war. ({3}) - Ja, die Fragen, die der Herr Verteidigungsminister an die SPD gerichtet hat, werden sich von selbst beurteilen in dem, was ich hier vorzutragen habe. Meine Damen und Herren, es war ein recht eindrucksvolles Plädoyer dafür, daß ich nun mit Bezug auf die Rede des Herrn von Hassel hier sagen kann: Was hat denn diese Bundesregierung in den letzten zehn Jahren getan, um diese Fragen zu regeln? ({4}) - Entschuldigen Sie, ich lese es Ihnen vor. ({5}) - Regen Sie sich nicht auf! Sie werden gleich etwas dazu sagen dürfen. ({6}) - Herr Luda, Sie müssen da vorsichtig sein. 1955 wurde der Generalvertrag abgeschlossen. Am 30. Juni 1955 hat der SPD-Bundestagsabgeordnete Professor Carlo Schmid im Hessischen Rundfunk dazu gesprochen. Im Juni 1955! Ich darf Ihnen wörtlich vortragen, was ,er sagte: ({7}) - Ich komme gleich darauf, Herr Barzel, sehen Sie, das ist das Interessante, daß auch Sie das noch nicht gemerkt haben. ({8}) - So wenig beschäftigen Sie sich anscheinend damit! ({9}) - Sehen Sie, Sie versuchen mühsam hinterherzuhinken. Was haben wir in den ganzen Jahren getan? - Vorstellungen entwickelt und versucht, Sie zu überzeugen. ({10}) -- Sie hinken ja nach! ({11}) Meine Herren, ich lese Ihnen jetzt vor, was der SPD-Abgeordnete Professor Carlo Schmid damals gesagt hat: Das ist der Rechtszustand heute, nach dem Abschluß des Deutschlandvertrages, ein sehr freiheitlicher demokratischer Rechtszustand, ({12}) - Hören Sie zu, Herr Barzel, es ist so wichtig von dem freilich manche meinen, er gebe dem Staat nicht genügend Macht, um auch in Notzeiten seinen eigenen Bestand zu sichern. Notstandsrechte im klassischen Sinne des Wortes haben in der Bundesrepublik heute nur die Besatzungsmächte. Sie bestehen auf diesem Recht um ihrer eigenen Sicherheit willen. Sie wollen dieses Recht nur aufgeben oder einschränken, wenn die Bundesrepublik selber ein Notstandsrecht schafft, das es der Bundesregierung ermöglicht, auch in unruhigen Zeiten das auch für die Sicherheit der Besatzungstruppen und für die Aufrechterhaltung von Sicherheit, Ruhe und Ordnung Erforderliche zu tun. Was soll nun geschehen?, fragt der Abgeordnete Professor Schmid. Es wird Sache des Bundestages sein, seiner Verantwortung klar ins Gesicht zu schauen. ({13}) Jetzt kommt der nächste Satz, bitte auch an alle gerichtet: Man wird um eine Änderung des Grundgesetzes nicht herumkommen. ({14}) - Ich zitiere Ihnen ja Carlo Schmid. ({15}) Die SPD entscheidet hier, Herr Barzel! ({16}) - Herr Besold, Sie müssen sich mehr damit beschäftigen und zuhören lernen. Denn es scheint mir auf jeden Fall besser zu sein, wir Deutschen bestimmen selber, was in Notzeiten zu geschehen hat, als daß dies die Besatzungsmächte tun. ({17}) Was hat die Bundesregierung in diesen zehn Jahren getan? ({18})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dorn?

Dr. Friedrich Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001930, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich möchte diesen Satz zu Ende führen! - Noch nicht einmal die erforderlichen Gesetzesvorlagen sind bis zu dieser Stunde in diesem Hause eingebracht. ({0}) Noch nicht einmal die erste Lesung der erforderlichen Gesetzesvorlagen, um dieses Ziel zu erreichen! Ich bin dem Herrn von Hassel dankbar, daß er deutlich gemacht hat, wie sich das Versagen der Bundesregierung auswirkt. ({1})

Wolfram Dorn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000409, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Kollege Dr. Schäfer, sind die Sozialdemokraten denn nun bereit, aus den Erkenntnissen ihres Kollegen Carlo Schmid von 1955 wenigstens die Konsequenz zu ziehen, um die Ablösung der alliierten Vorbehaltsrechte für den Bereich zu ermöglichen, in dem das jetzt erreichbar ist? ({0})

Dr. Friedrich Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001930, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Dorn, die Entscheidung tragen wir, und wir - ({0}) - Ich werde Ihnen nachher das Erforderliche dazu sagen. Wir haben als erste dazu Vorstellungen entwickelt, und wir haben uns als erste dazu öffentlich bekannt, als man von Ihnen noch gar nicht wußte, was Sie davon halten. 1962 und 1964 hatten Sie im Rechtsausschuß noch gar keine Vorstellung. Da wußte man noch gar nicht, was Sie wollten. In den interfraktionellen Besprechungen war noch alles offen. Da konnte man noch gar nicht voraussehen, was die CDU überhaupt zu den einzelnen Punkten sagen werde. Das ist die tatsächliche Situation. ({1})

Not found (Mitglied des Präsidiums)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage?

Dr. Friedrich Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001930, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich -

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Herr Abgeordneter, ich habe Sie gefragt, ob Sie eine Zwischenfrage zulassen. ({0})

Dr. Friedrich Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001930, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Lassen Sie mich anknüpfen an die erste Lesung am 24. Januar 1963. Ich hatte damals die Ehre, für meine Fraktion die Grundsätze darzulegen, und ich habe am Schluß gesagt, daß die SPD-Fraktion nur einem Gesetz zustimmen könne mit der Überschrift „Gesetz zum Schutze der freiheitlichen demokratischen Rechtsordnung". Weiter habe ich erklärt, daß wir jeden Gesetzentwurf, so wie er aus dem Ausschuß kommen werde, an den sieben Grundsätzen und an dieser Überschrift prüfen werden. Ich darf daran erinnern - und ich bitte, das wirklich zur Kenntnis zu nehmen -, daß wir in der ersten Lesung bei der Darstellung der Grundsätze für die Gestaltung dieses Fragenkomplexes im ganzen Hause - im ganzen Hause! - Einigkeit über folgende drei Punkte erzielt haben: 1. Die bestehenden Vollmachten müssen abgebaut werden. 2. Es muß der Fragenkomplex entsprechend den Grundprinzipien unseres Grundgesetzes geregelt werden. 3. Wir wollen nicht den gleichen Fehler machen wie der Verfassungsgesetzgeber im Jahre 1919 - darüber bestand immer Einigkeit, ganz besonders im Rechtsausschuß -, der in Artikel 48 die Gestaltung einem zukünftigen Gesetz überließ. Am Anfang der Beratungen hat der Vorsitzende des Rechtsausschusses unter Zustimmung aller Mitglieder des Ausschusses wiederholt festgestellt: Wir werden alle Fragen regeln. Es gibt keine Tabus; es gibt keine Zurückstellungen. Wir wollen nicht wieder die gleiche Situation erleben, daß man später einen nicht geregelten Fragenkomplex nach Belieben regelt und eine Auslegung findet, die mit dem eigentlichen Inhalt der Verfassung gar nicht im Einklang steht. Darüber bestand Einigkeit, und der Rechtsausschuß hat das wiederholt ausdrücklich betont: Es gibt keine Tabus; es gibt keine Zurückstellungen; wir machen eine Gesamtregelung. - Bitte, Herr Barzel.

Dr. Rainer Barzel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000102, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Glauben Sie nicht, Herr Kollege Schäfer, daß dieses Argument glaubhafter und schlüssiger wäre, wenn Sie Ihren Beitrag dazu leisteten, daß der Gemeinsame Ausschuß in vier Wochen seine Arbeit aufnehmen könnte?

Dr. Friedrich Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001930, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Barzel, eine halbe Regelung - da darf ich mich wieder auf Herrn von Hassel beziehen - wäre schlechter als keine Regelung, und er hat uns ja mit seinen Ausführungen zu Art. 5 Abs. 2 des Deutschlandvertrages beruhigt, indem er gesagt hat, daß von der militärischen Seite her derzeit keine Sorgen bestehen. Denn er hält es ja durch Abs. 5 Art. 2 für gesichert. ({0}) Herr !Kollege Barzel, ich darf zu Ihrer Frage noch sagen: Wir sind uns einig gewesen und sollten uns weiterhin einig sein, daß wir den gesamten Fragenkomplex regeln. Daß es da einige .sehr schwierige Dinge gibt, werde ich Ihnen gleich darzustellen haben. Die Dinge vor sich herzuschieben, die Dinge der zukünftigen Regelung zu überlassen, ist insbesondere dann schwierig, wenn die ganze Entwicklung einer solchen Gesetzgebung so belastet ist, wie es bei uns der Fall ist. Sie ist belastet aus der Zeit von 1933, sie ist aber auch belastet durch das Verhalten der Bundesregierung. ({1}) Ich darf nur an den ersten Entwurf, der hier im Hause vorgelegt wurde, erinnern, an den Entwurf, den der Herr Bundesinnenminister Schröder damals vertrat. Lassen Sie mich daraus nur drei Punktezitieren. Sie werden verstehen, welche begründete Unruhe damals entstanden ist, wenn man in einem offiziellen Gesetzentwurf folgendes schreibt: Einschränkungen des Rechts der freien Meinungsäußerung ({2}) kommen namentlich 'Frage, soweit dieses Recht in öffentlichen 'Publikationen ausgeübt 'wird. Presse, Rundfunk und Film können abweichend von Artikel 5 Abs. 2 Satz 3 GG einer Zensur unterworfen werden. ({3}) Einschränkungen der Versammlungsfreiheit und der Vereinsfreiheit müssen unter Umständen über 'die Fälle der Artikel 8 und 9 hinaus verfügt werden. Auch kann sich die Bildung von Zwangsverbänden als notwendig erweisen. Ich schrieb damals daneben: „DAF?" - Und als letztes: In der Forderung von Dienstleistungen darf die Staatsgewalt namentlich im Verteidigungsfall nicht durch Vorschriften ,des Artikel 12 GG eingeschränkt sein. Herr von Hassel, das war der Ausgangspunkt ,der enormen Belastung, die eingetreten ist. Trotzdem, meine Damen und 'Herren, haben wir Sozialdemokraten im November 1960, nachdem dieser Gesetzentwurf schon vorlag, in Hannover unser grundsätzliches Ja zu der Notwendigkeit gesagt und unsere grundsätzliche Vorstellung entwickelt, wobei wir daraus gleichzeitig auch das Recht und die Verpflichtung herleiten mußten zu sagen: Aber dieser Gesetzentwurf ist seinerseits ein Angriff auf die Verfassung und war gar kein Mittel, um das zu erreichen, was wir 'erreichen wollten. ({4}) Herr Barziel, ich darf Sie daran erinnern: Carlo Schmid hat das 1955 gesagt. Als dann 1956 die Wehrverfassung eingefügt wurde, haben wir Sozialdemokraten vorgeschlagen, 'diese Fragen gleichzeitig zu regeln. Die CDU wollte nicht. Es liegen heute noch Entwürfe in den Archiven, vielleicht auch bei Ihnen, wie die Regelung damals ausgesehen hätte. Da bestehen keine großen Unterschiede gegenüber dem, was wir damals vorgeschlagen haben. ({5}) Sprechen wir jetzt von der Notstandsgesetzgebung oder sprechen wir von etwas anderem? ({6}) - Wir haben damals vorgeschlagen, das gleichzeitig mit der Wehrverfassung zu regeln. Sie wollten ja nicht. Wir wollten damals - schon 1956 - den ganzen Fragenkomplex geregelt haben. ({7}) Wenn Ihnen das unangenehm ist - ich kann es nicht ändern. Es war Ihre Haltung. ({8}) Meine Damen und Herren, Sie müssen auch sich selbst einmal gewissenhaft prüfen. Wenn Sie das tun, werden Sie zugeben, daß es stimmt, wenn ich zusammenfassend sage - das gilt nicht nur für die Regierung, das gilt auch für die ganze CDU und FDP -: Im wesentlichen waren es unsere Gedanken und unsere Vorstellungen, um die wir gerungen haben, um sie durchzusetzen, um die wir mühsam gekämpft haben. ({9}) Meine Damen und Herren, Verfassungsgesetzgebung verlangt Vertrauen, verlangt Vertrauen nicht nur in diesem Hause, ({10}) sondern verlangt Vertrauen auch beim Volke. Es war sicherlich unvermeidlich, daß man während der Ausschußberatungen nicht über jeden Punkt die Öffentlichkeit unterrichten konnte. Das kann man nicht, weil man im Ganzen eine Vorstellung erarbeiten muß. Aber dann muß man sie - wenn man die Vorstellung erarbeitet hat - in der Öffentlichkeit zur Diskussion stellen. Dann muß man jedem interessierten mündigen Bürger die Möglichkeit einräumen, seine Sorgen vorzutragen. Dann will ich als Abgeordneter - der ich mir selber verpflichtet bin - die Gewißheit haben, daß ich bei der Abstimmung jede mögliche Stimme dazu bekommen habe, sie daraufhin geprüft habe, inwieweit ich sie für begründet und für berücksichtigenswert halte oder inwieweit wir einer solchen Anregung nicht folgen können. ({11}) - Aber entschuldigen Sie, Herr Dittrich, da verzichten Sie auf eine Antwort, nicht wahr? Zum Rede- und-Antwort-Stehen, Herr Dittrich, vor der Öffentlichkeit in solchen Fragen sind hoffentlich auch Sie mutig genug. ({12}) Ich habe viele Dutzend Veranstaltungen bestritten und habe Rede und Antwort gestanden über die Auffassung, die wir vertreten. Ich bin auch in Zukunft dazu bereit. ({13})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Herr Abgeordneter Schäfer, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Rasner?

Dr. Friedrich Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001930, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Entschuldigen Sie, ich bin bei diesem Gedankengang. ({0}) - Ja, ich komme darauf. Jetzt führe ich den Gedankengang zu Ende. ({1}) - Sie kommen dran! Ich weiche nie aus, Herr Rasner. ({2}) - Aber, meine Damen und Herren, so geht es doch nicht, ({3}) daß man montags - - Machen Sie es nicht lächerlich! Es ist eine böse Sache, Herr Barzel, wenn Sie als Fraktionsvorsitzender da mitspielen; dann ist es um so schlimmer. ({4}) So geht es nicht, ({5}) daß man montags einen Ausschußbericht vorlegt und mittwochs darüber berät, daß ich als Mitberichterstatter nicht einmal den Bericht lesen konnte. ({6}) Nicht einmal lesen konnte ich ihn, geschweige denn meine Meinung dazu sagen. ({7}) Ich habe ihn am Pfingstsamstag bekommen, und am Pfingstdienstag mußte ich ihn zurückgeben. Da war er aber schon im Druck. Nicht mal gelesen habe ich ihn. ({8}) So, Herr Barzel, kann man das nicht machen - bei einer Verfassungsgesetzgebung, nicht nur einer kleinen Korrektur, sondern einer großen Ergänzung unserer Verfassung, einem großen, sehr wichtigen Kapitel-:montags vorlegen, mittwochs beraten. Wer hat denn die Möglichkeit, sich damit zu beschäftigen? In diesem Hause kaum, und bei dieser Geschäftslage ohnedies. Und in der Öffentlichkeit hat man überhaupt keine Möglichkeit dazu gehabt. Sehen Sie, das ist eine mangelnde Vertrauensbasis, ({9}) die Sie zu verantworten haben, auch ein mangelnder Mut, das in der Öffentlichkeit zu vertreten. Es kommt nicht darauf an, es über die Bühne zu ziehen, sondern darauf, es öffentlich zur Diskussion zu stellen ({10}) und alles zu berücksichtigen. Und es kommt in der Demokratie darauf an, zu überzeugen. ({11}) Es kommt darauf an, sich die Mühe zu machen, sich mit Andersdenkenden zusammenzusetzen. Ich habe viele Anregungen von Leuten bekommen, mit denen ich mich erstmals zusammengesetzt hatte, die ich gar nicht kannte, die sehr, sehr besorgt waren - aus allen Schichten der Bevölkerung -; ich erwähne nur die kirchlichen Kreise, die ernsthafte, begründete Sorgen hatten und sie uns schriftlich und mündlich vorgetragen haben. Die Mühe müssen wir uns als Parlamentarier machen. Der können Sie sich nicht dadurch entziehen, daß Sie ein Gesetzeswerk dieser Art innerhalb weniger Tage verabschieden. Wir haben eine Zwischenstufe der Erörterung erreicht, eine sehr nützliche Zwischenstufe, ({12}) bei der ich, Herr Rasner, als einer derjenigen, der Bescheid weiß, nicht in der Lage bin, meinen Fraktionskollegen zu empfehlen, dieser Vorlage zuzustimmen. Ich kann das nicht und werde es Ihnen jetzt im einzelnen auch begründen, warum ich das nicht kann. ({13}) Anregungen und Bedenken anderer sind es nicht, sondern Sorgen und Bedenken und Überlegungen I meinerseits, die ich auch meinen Freunden vorgetragen habe, die in gleicher Weise diese Bedenken teilen. Darf ich zunächst noch folgendes bemerken. Wir haben uns überlegt, ob wir heute Änderungsanträge stellen wollen. Wir haben das nicht getan. Ich werde aber über Änderungsanträge hier referieren. Wenn man Änderungsanträge stellt, dann muß man sich klar sein: man kann Änderungsanträge in einer zweiten Lesung nur stellen - ({14}) - Sie wissen es ja nicht. Sie haben in der ersten Lesung vorgetragen: Kein Notverordnungsrecht. Nachher im Rechtsausschuß sind Sie dafür eingetreten, und anschließend waren Sie wieder dagegen. Herr Dorn, lesen Sie Ihre Rede nach; das reicht! ({15}) Man kann in der zweiten Lesung Änderungsanträge nur stellen, wenn man dadurch Lücken schließt, die vorhanden sind, wenn man dadurch eine Konzeption, die vorhanden ist, ändern kann. Wenn aber, was unbestritten - auch von Ihnen unbestritten - der Fall ist, selbst mit Änderungsanträgen zu Einzelpunkten die bestehenden Lücken auf drei oder vier großen Gebieten nicht geschlossen werden können und es gar nicht sein kann, daß eine Bundestagsfraktion dazu Gesetzesvorlagen macht, sie auch gar nicht mehr - auch darüber besteht hier Einigkeit - sachgerecht behandelt werden könnten, dann genügt es nach unserem Dafürhalten, die Überlegungen, die bei Änderungsanträgen angestellt werden müssen, hier vorzutragen, um Ihnen die Möglichkeit zu geben - hoffentlich tun Sie das auch mal ausnahmsweise, meine Damen und Herren -, sich damit zu beschäftigen und beim Fortgang der zukünftigen Beratungen von diesen Erörterungen ausgehen zu können. Das, was wir hier vorzutragen haben, gehört zu einem guten Teil eigentlich in den Rechtsausschuß; es müßte in der ganzen Breite der Ausschußberatungen hier vorgetragen und diskutiert werden. Wir sind dazu bereit. Ob es sinnvoll, ob es nützlich ist, ist eine ganz andere Frage. Es gibt einige Fragenkomplexe, die wir nicht mit Änderungsanträgen regeln können. Deshalb hat unser Fraktionsvorsitzender in der Sitzung am 16. Juni vortragen müssen: Weil diese Fragenkomplexe für uns politisch so wichtig sind und sie derzeit nicht entschieden werden können, wissen wir jetzt schon, daß wir nicht zustimmen können. Deshalb wollen wir nur die zukünftige Beratung dadurch bereichern. ({16}) - Wie wollen Sie denn einen Gesetzentwurf, der noch nicht einmal eingebracht ist, verabschieden? Wie wollen Sie die Frage ({17}) - ich komme gleich darauf - des Presserechts regeln? Wie wollen Sie denn die Lücken schließen, die nur durch Gesetz 'geschlossen werden können? ({18}) - Ich werde Ihnen gleich Gelegenheit geben; äußern Sie sich nachher. Vielleicht überlegen wir uns noch einiges. Vielleicht sind Sie in dem Punkt auch noch bereit. Vielleicht geben wir Ihnen die Gelegenheit, zu der einen oder anderen Frage Ihre Meinung zu sagen. Aber das überlassen wir Ihnen. ({19}) Es gibt Lücken, die man in einer zweiten Lesung nicht schließen kann, bei denen Sie bis heute keine Vorschläge gemacht haben, bei denen diese Regierung bis heute keine Gesetzentwürfe eingebracht hat, Ist das unsere Sache oder Ihre Sache? Wer regiert denn hier, Sie oder wir? ({20}) Wer trägt denn die Verantwortung? Die Regierung? Hier sitzen doch die Herren! Wer trägt diese Regierung? Sie tragen sie doch! Wer hat darauf eingewirkt? Sie! Gar nichts haben Sie getan! ({21}) Gar nichts haben Sie getan, habe ich Ihnen gesagt. Im November 1958 hat Adolf Arndt den Vorschlag gemacht, man möge sich interfraktionell zusammensetzen. Im November 1959 hat Herr Hoogen zu ersten Besprechungen eingeladen. Die hat man nachher torpediert; sie kamen nicht zustande. Die ersten interfraktionellen Besprechungen hat dann wiederum Herr Hoogen im Herbst letzten Jahres geführt. Bis zum Mai dieses Jahres haben Sie keine Initiative ergriffen.

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Gestatten Sie eine Frage?

Dr. Friedrich Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001930, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Bitte!

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Bitte, Herr Abgeordneter Barzel.

Dr. Rainer Barzel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000102, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Würden Sie die Liebenswürdigkeit haben, Herr Schäfer, vor dem Hause zu sagen, welcher Gesetzentwurf nach Ihrer Meinung noch aussteht und fehlt?

Dr. Friedrich Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001930, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Das will ich Ihnen gern sagen. Es steht aus der Gesetzentwurf zu Art. 10, der verabschiedet werden muß, und der Gesetzentwurf zur Änderung des Art. 10 selbst. ({0}) - Wollen Sie es heute verabschieden? ({1}) Herr Barzel, wenn Sie das wünschen, trage ich das hier vor, auch wenn es den „Geheim"-Stempel hat. Wenn Sie das wünschen, kann ich das tun. ({2}) Machen Sie keine Dunkelkammergeschichten und zwingen Sie mich nicht, die Dinge hier von diesem Podium aus vorzutragen, wozu ich dann berechtigt bin!

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Gestatten Sie eine Frage?

Dr. Rainer Barzel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000102, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Schäfer, habe ich Sie recht verstanden, daß Ihre Behauptung war, die Regierung habe Vorlagen nicht vorgelegt? War das Ihr Einwand?

Dr. Friedrich Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001930, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich war noch nicht fertig. ({0}) - Nein, entschuldigen Sie, Sie haben mich unterbrochen. Das Gesetz zu Art. 10 ist noch nicht eingebracht. Das wird erst heute geschehen. Heute ist die erste Lesung. Herr Barzel, machen Sie mir doch nichts vor. Herr Rasner und ich waren uns im Ältestenrat seit Monaten einig, daß diese Frage nur gemeinsam mit der Frage der Notstandsgesetzgebung beraten werden kann. ({1}) - Schön und gut, heute. Dann müssen Sie jetzt anschließend das tun, was wir beantragen werden, nämlich die ganze Grundgesetzänderung an den Rechtsausschuß zurückverweisen, um dort auch das Gesetz zu Art. 10 und das Ausführungsgesetz zu beraten. Außerdem warten wir noch auf den zweiten Gesetzentwurf, der nur als Referentenentwurf vorhanden ist, nämlich den Gesetzentwurf zur Frage der Presse und zur Ausführung des Art. 5. Da liegt noch nicht einmal ein Gesetzentwurf vor. Der müßte jetzt erst kommen. Dann gibt es noch einen dritten Punkt, zu dem ich nachher den Herrn Kollegen Benda wörtlich zitieren darf. ({2}) - Entschuldigen Sie, wenn es Ihnen nicht darum geht, Herr Rasner, eine Regelung zu treffen, sondern dumme Schlußfolgerungen zu ziehen, ist das Ihre Sache. ({3}) Herr Rasner, für uns ist die Sache so ernst und so wichtig, daß wir das nicht verstehen. ({4}) Wir haben uns seit Jahren darum bemüht. ({5}) Wir haben vor einem Jahr auf Einladung des Herrn Bundeskanzlers - bei der zweiten Besprechung waren ja auch die anderen Fraktionsvorsitzenden dabei - unsere Vorstellungen ganz klar entwickelt. Wir mußten feststellen, daß das anscheinend ohne Wirkung blieb. Im Rechtsausschuß haben wir am 26. Januar in einem Brief unsere Vorstellungen noch einmal ganz klar entwickelt. Sie haben immerhin bis zum 7. April gebraucht, bis Sie geantwortet haben. Der Herr Bundeskanzler hat noch ein bißchen länger gebraucht. Dafür war in seinem Antwortbrief weniger enthalten. ({6}) Die eigentliche Antwort kam dann am 14. Juni. Herr Barzel, zwei Tage vor der Generalaussprache hier schreibt der Herr Bundeskanzler endlich einen Brief an die Fraktionsvorsitzenden! ({7}) Sehen Sie, so kann man das doch nicht machen. Begreifen Sie denn nicht, was Sie an Vertrauensbasis in diesem Parlament abbauen, wenn Sie solche Fragen so behandeln? ({8}) Ich habe vorhin von der Vertrauensbasis gesprochen und den damaligen Innenminister Schröder zitiert. Aber Herr Höcherl hat zunächst mit interfraktionellen Besprechungen angefangen. Nein, das ist ein Irrtum. Sie waren nicht interfraktionell, er hat sich nur mit uns unterhalten. Aber dann gab er am 22. Januar ein Fernsehinterview. Das ist die Geschichte mit der Alete-Milch. ({9}) Da hat man vielleicht Porzellan zerschlagen! Da hat man vielleicht Porzellan zerschlagen, wenn man im Fernsehen als zuständiger Innenminister und Verfassungsminister sagt: „Wenn Streik ist und die Kindermehlfabrik Alete nicht produzieren kann, dann ist das ein Notstand in dem Sinne, wie wir Staatsnotstand verstehen." ({10}) Ja, meine Damen und Herren, daß da nun Sorgen entstehen müssen, wenn der verantwortliche Minister solche Vorstellungen vertritt, ({11}) daß da Sorgen entstehen müssen, wenn bei den Vorbesprechungen zur Pressefreiheit Dinge vertreten werden, die sehr stark an den Schröder-Entwurf erinnert haben, das ist doch ganz klar. Bitte, Herr Kliesing!

Dr. Georg Kliesing (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001130, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Dr. Schäfer, da Sie von Ihren Sorgen sprechen: Ist der Kern Ihrer Sorgen nicht vielmehr darin zu sehen, daß bei dieser Frage der Notstandsverfassung und Ihrer Haltung dazu vor dem deutschen Volke erstmalig in voller Klarheit die Grenzen des Einflusses des Reformerflügels Ihrer Partei sichtbar geworden sind? ({0})

Dr. Friedrich Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001930, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kliesing, es ist sichtbar geworden, daß weder Bundesregierung noch CDU/ CSU willens sind, eine wirkliche Regelung, eine rechtsstaatliche Regelung bis zum Ende durchzudenken und in die Tat umzusetzen. ({0}) Es bestand in der ersten Lesung und es bestand im Rechtsausschuß Einigkeit darüber, daß die alliierten Vorbehaltsrechte abgelöst werden müssen. Noch rechtzeitig am 26. Januar hat deshalb der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion an die anderen Fraktionsvorsitzenden und an den Herrn Bundeskanzler - bei ihm lag ja die Initiative - einen Brief geschrieben. Einen Teil dieses Briefes lese ich vor: Es bestand zwischen allen Fraktionen Einigkeit darüber, daß die Notstandsgesetzgebung zur Beseitigung der alliierten Vorbehaltsrechte führen muß. Diese Rechte schließen auch die Telefon- und Postkontrolle ein. Nun hat die Bundesregierung neben dem Gesetzentwurf zur Änderung des Grundgesetzes ({1}) den Gesetzentwurf zur Ergänzung des Artikels 10 ({2}) vorgelegt. Herr Bundesminister Krone hat hierzu bei zwei Gelegenheiten ausgeführt, daß der vorliegende Gesetzentwurf nicht beraten und verabschiedet werden könne, da weitere Fragenkomplexe gleichzeitig - gleichzeitig! der Regelung bedürften, ({3}) ohne welche die Ablösung der alliierten Vorbehaltsrechte nicht zu erreichen sei. Meine Fraktion ist der Auffassung, daß rechtzeitig Vorsorge getroffen werden muß, um die gleichzeitige Verabschiedung der Ergänzung des Grundgesetzes und der Ergänzung des Artikels 10 in befriedigender Weise sicherzustellen. Das ist der Brief vom 26. Januar, in dem wir also darauf hingewiesen haben: Wir sind der Auffassung, daß Vorsorge getroffen werden muß, daß rechtzeitig ein Appell an die Bundesregierung gerichtet werden muß, nun endlich einmal die Dinge ins Rollen zu bringen, ein Appell an die anderen Fraktionen. Herr Barzel, mit uns vollkommen einig, schreibt am 7. April: Ich möchte aber betonen, daß es selbstverständlich auch ein dringendes Anliegen meiner Fraktion ist, die alliierten Rechte auch auf dem Gebiet der Telefon- und Postkontrolle abzulösen. ({4}) - Ja, aber Herr Barzel, Sie haben doch nichts dazu getan, daß sie abgelöst werden. Jetzt kommen Sie und sagen: „Ja, das kann man partiell ablösen". Selbst wenn man's könnte, ich würde dem nicht zustimmen, sie partiell abzulösen. Es geht doch um folgendes: Die partielle Ablösung würde sich nicht auf das beziehen, was tagtäglich praktiziert wird, sondern würde sich nur auf etwas beziehen, was theoretisch, hoffentlich nie, zu irgendeinem Zeitpunkt eintreten kann. Uns kommt es aber darauf an - wir alle im Hause haben Anlaß, das zu erreichen -, daß die heutige Praktizierung abgelöst wird, daß Artikel 5 im ganzen abgelöst wird. ({5}) Dazu sind keine Voraussetzungen gegeben. Sie können von einer Fraktion nicht erwarten, daß sie dazu eine Gesetzesvorlage macht. Sie können es insbesondere nicht erwarten, wenn die Regierung ihre Vorstellungen nicht einmal dem Bundestag öffentlich vorlegt oder nicht vorlegen kann oder nicht vorlegen will oder nicht vorlegen darf und es sich um Fragenkomplexe handelt, die tief eingreifen in Dienste, die ihrem Charakter nach sehr empfindlich sind. Zum zweiten Punkt, zum Pressegesetz, haben wir in diesem Brief geschrieben - ich darf auch das wörtlich vorlesen -: Der von der Bundesregierung vorgelegte Gesetzentwurf zur Ergänzung des Grundgesetzes sah vor, daß das Grundrecht aus Art. 5 über das sonst zulässige Maß hinaus einschränkbar gemacht werden soll. Die Beratungen im Rechtsausschuß haben bereits gezeigt, daß die allgemeine Einschränkbarkeit des Art. 5 nicht vorgesehen werden kann. Die SPD-Bundestagsfraktion ist der Auffassung, daß die für notwendig erkannte Einschränkbarkeit des Art. 5 zugleich mit der Ergänzung des Grundgesetzes in einem Gesetz geregelt werden muß. Die SPD-Bundestagsfraktion kann einer Verfassungsbestimmung, die die Einschränkbarkeit einer zukünftigen gesetzlichen Regelung überläßt, nicht zustimmen. Damit, meine Damen und Herren, befinden wir uns in Übereinstimmung mit der Auffassung im Rechtsausschuß, insbesondere vertreten von Herrn Hoogen: Wir lassen keine Restposten für zukünftige Gesetzgebung, die schwierigen Dinge regeln wir jetzt gleich. Im Oktober 1963 habe ich im Rechtsausschuß den Herrn Innenminister gefragt: „Wann kommt der Gesetzentwurf?" Er war damals noch optimistisch; er sagte: „In vier Wochen haben Sie den." ({6}) Ja, meine Damen und Herren, so einfach ist es nicht. Ein Jahr später, am 6. Oktober 1964, fragte ich wieder, im Januar fragte ich wieder, und dabei zeigte sich dann folgendes: Die Problematik ist außerordentlich schwer zu regeln. Im Innenministerium hat man sich - ich will davon ausgehen - wirklich darum bemüht, diese Fragen zu regeln. Eineinhalb Jahre lang hat man dazu gebraucht. Aber allein die Tatsache, daß das Ministerium sich seit eineinhalb Jahren um die Regelung dieser Fragen bemüht und nicht zu einer Entscheidung im Kabinett kam, die zu einer Regierungsvorlage geführt hätte, mahnt uns doch zur Vorsicht, mahnt uns, zu sagen: Die Frage ist doch offensichtlich so wichtig und so schwierig zu regeln, daß man sie nicht mit einer Vollmacht aus der Hand geben kann. ({7}) Deshalb hatten wir dann bei den interfraktionellen Besprechungen gesagt: „Dann laßt uns dieses Gebiet ausklammern, wenn es so schwer ist; das heißt: laßt uns diese Bestimmung ,des Art. 5 zunächst in dem Gesetzentwurf ,streichen." Die Herren von der CDU/CSU waren dier Meinung, - ({8}) - Ja, danke schön; ida sind wir wieder einig, Herr Benda. Vielen Dank für Ihre Unterstützung. Immer gesamte Regelungen. Ich kann mir das Weitere ersparen, nachdem Sie erfreulicherweise zu unserer gemeinsamen früheren Auffassung stehen: Immer volle Regelungen, limmer ganze Regelungen! Ich darf .es trotzdem zu Ende führen. Wir hatten vorgeschlagen, diesen Art. 5 auszuklammern und später .die ganze Frage der möglichen Einschränkbarkeit .der Verbreitung militärischer Nachrichten zu regeln. Sie waren dazu nicht bereit. Wir sind nichtbereit, und ich persönlich könnte das nicht tun, nachdem das Problem der Regelung bedarf und so .schwer zu regeln ist, einfach einen Satz in die Verfassung einzufügen, es müsse erfolgen. Das muß jetzt und heute geschehen! Wenn man das nicht kann, Herr Barzel: Da ist idle Adresse, ({9}) zu fragen: „Warum ist es nicht da?" Dort sitzen die Herren, die verantwortlich sind. ({10}) Nun kommt ein dritter sehr großer Fragenkomplex. Es ist die Frage ides Streikrechts und die Frage ,der möglichen zukünftigen Gestaltung eines Zivildienstgesetzes. Herr Kollege Benda und ich waren am 13. Januar bei einer Informationstagung des Bundesvorstandes des Deutschen Gewerkschaftsbundes in Düsseldorf. Es war eine sehr nützliche Aussprache, und selbstvertändlich hat dort die Frage des Art. 12 eine ganz entscheidende Rolle gespielt. Das war die Hauptsorge, zusammen mit der Frage des Streikrechts, aber mehr noch der Art. 12 in der damals noch bestehenden allgemeinen Formulierung, die wir bei späterer Überprüfung zu ändern für notwendig hielten. Ich darf hier - Herr Kollege Benda, ich bin überzeugt, ,daß Sie nichts dagegen einzuwenden haben - aus dem Wortprotokoll zitieren. Es ist eine Tonbandaufnahme mit späteren Korrekturen von den 'Referenten selbst. Aber wenn es nicht ganz stimmt - bitte, Sie haben ja die Möglichkeit - ({11}) - Seite 18 unten, letzter Absatz. - Darf ich also Herrn Kollegen Benda zitieren. Er ist offensichtlich auch dort erfreulicherweise mit uns der gleichen Meinung. Er sagt dort: Man kann sich über die Frage Streikrecht, innerer Notstand usw., man kann sich über all das unterhalten, wenn man - und dieses „wenn" ist wichtig - wenn man sich im Notstand wie in .der Normalverfassung nicht nur über das Streikrecht, sondern über dessen, wie ich glaube, notwendige Grenzen zugleich unterhält und einig wird. Damit hätten wir, meine Damen und Herren, den Versuch zu unternehmen, der 1949 im Parlamentarischen Rat gescheitert ist, den Versuch, auf der einen Seite zu sagen: das Streikrecht ist garantiert - Streikfreiheit, Streikrecht, ich will jetzt auf 'diese Differenzierung nicht eingehen -, und zugleich zu sagen, wo die Grenze ist, wo es nicht mehr geht. Wenn wir den Versuch unternehmen wollen, bin ich gern dazu bereit. Ich fürchte bloß, 'daß .das gar nicht mehr möglich ist. Damit würden wir leine der schwierigsten verfassungsrechtlichen Fragen zu lösen versuchen müssen, und ich könnte mir denken - das ist jetzt eine technische Bemerkung, nicht eine politische -, .daß an dieser Zeitfrage, an dieser zeitlichen Frage die ganze ,Notstandsverfassung scheitern würde, was ich persönlich tief bedauern würde. Meine Damen und Herren, das ist jetzt eine technische Bemerkung von mir, nicht eine politische Bemerkung: Man hat die Fragen im Rechtsausschuß nicht zu Ende diskutieren können. Man hat die Fragen, die ich vorhin angeführt habe, im Rechtsausschuß noch nicht einmal beraten, weil es ihm noch nicht einmal überwiesen ist. Wie sie aber nachher aus dem Rechtsausschuß herauskommen, ist eine ganz andere Frage. Zunächst: Es ist eine technische Frage, daß Sie eine Vorlage beraten, die viele wesentliche Gesichtspunkte überhaupt nicht so ausdiskutiert enthält, wie wir das 'erwarten müssen, wie dieses Haus im ganzen ,das erwarten muß. ({12}) Meine Damen und Herren, dieses Streikrecht ist natürlich eine der großen, wesentlichen Positionen. Wie ein zukünftiges Zivildienstgesetz ausgestaltet sein wird, ist eine sehr, sehr wichtige Sache. Herr Benda sagt an anderer Stelle - Seite 34 des Protokolls -, er sei nicht sicher, ob eine arbeitsrechtliche Lösung ausreiche. Ja, wir haben bei den interfraktionellen Besprechungen zu unserer Überraschung vernommen, daß da etwas abweichende Vorstellungen von den unseren bestehen. Wir sind der Auffassung, Arbeitslenkung muß möglich sein im Verteidigungsfalle - und sonst nicht -, wenn das Parlament es festgestellt hat; aber das arbeitsrechtliche Verhältnis als solches ändert sich nicht in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis. - Ich spreche von der gewerblichen Wirtschaft; ich sage das, damit ich nicht mißdeutet werde. Das, meine Damen und Herren, sind die drei großen Positionen, die im Rechtsausschuß nicht zu Ende geklärt worden sind. Ich darf auf einen weiteren sehr wichtigen Punkt aufmerksam machen, der im Rechtsausschuß ebenfalls nicht zu Ende durchdacht ist. Da ist der Art. 91, der der Ergänzung bedarf - darüber besteht gar kein Zweifel - und der insbesondere der Ergänzung bedarf, was im Falle der möglichen inneren Unruhen getan werden darf. Wir haben in der ersten Lesung den Standpunkt vertreten, daß der vorliegende Gesetzentwurf in diesem Falle gar keine besondere Diskussionsgrundlage abgibt. Erfreulicherweise hat man sich darüber eigentlich recht schnell im Rechtsausschuß geeinigt. Aber, meine Damen und Herren, die Sie sich damit befaßt haben, das Verhältnis von Bund und Ländern ist in Art. 91 nicht zu Ende gedacht, das Verhältnis von Bund und Ländern mit der politischen Verantwortung der Landesregierungen, der primären politischen Verantwortung, die in Art. 91 Abs. 1 schon seither in der Verfassung steht. Wenn man dazu den Bericht des Herrn Kollegen Benda liest - auf Seite 13, glaube ich -, dann sieht man, daß diese Fragen offensichtlich noch weiterer Klärung bedürfen und daß die Frage der politischen Verantwortung noch nicht bis in alle letzten Einzelheiten durchdacht ist. Eine sehr schwierige Sache! Auch die Frage des Einsatzes der Bundeswehr mit der Waffe in der Hand wird einer wahrscheinlich anderen und präziseren Regelung unterworfen werden müssen. Man wird, meinen wir, den nun vorhandenen Gemeinsamen Ausschuß eventuell in die Lage versetzen müssen, dafür Regelungen zu treffen. Man wird ein Aufhebungsbegehren schon des Bundesrates für ausreichend erachten müssen. Man wird ganz sicherlich dem Bundesrat die ihm zustehenden Rechte auch bei der Gesetzgebung konsequent einräumen. - Sie sind sicher mit mir der gleichen Meinung. ({13}) - Sie sind erfreulicherweise mit mir der gleichen Meinung. ({14}) - Ich will es Ihnen gleich sagen - Sie werden es ja gleich nachlesen -: es sind Fragen, die noch einmal einer Prüfung bedürfen. Nun sagen Sie, die Dinge seien abgeschlossen, Herr Kollege Barzel. ({15}) Bei den Beratungen der Fraktionsvorsitzenden wurden drei Kollegen aus jeder Fraktion beauftragt, die Fragen zusammenzustellen. Darüber gibt es eine Niederschrift des Herrn Kollegen Benda vom 20. Mai. Darin sind 13 Punkte aufgeführt, die der Klärung bedürfen. Von den 13 Punkten ist vielleicht knapp die Hälfte geregelt. - Knapp die Hälfte, lesen Sie es doch nach! Wahrscheinlich haben Sie es nie so aufmerksam gelesen wie ich. Ich kann es ja hier zu Protokoll vorlesen, wenn es Freude macht, gerne! Ich bin gerne bereit, das zu Protokoll vorzulesen, auch wenn es einige Seiten sind. Aber vielleicht ein paar Kostproben daraus, weil Sie so tun, als wenn das nicht so wäre: 20. Mai, Ernst Benda an die Fraktionsvorsitzenden Dr. Rainer Barzel ({16}), Fritz Erler ({17}), Freiherr von Kühlmann-Stumm ({18}) Sehr geehrte Herren Kollegen! Die in der Besprechung vom 18. 5. mit der Behandlung weiterer Einzelfragen der Notstandsverfassung beauftragte Unterkommission hat am 19. 5. versucht, eine Reihe der noch offenen Fragen zu klären. Die Verhandlung konnte nicht zum Abschluß gebracht werden, da einzelne Gesprächspartner ab 18 Uhr verhindert waren und es sich als unmöglich herausstellte, am Donnerstag Die Kommission hat, soweit ihr das zeitlich möglich war, versucht, sämtliche noch offenen Fragen festzustellen und mündlich vorzubesprechen. Im einzelnen haben sich dabei folgende Probleme ergeben. Dann kommt der Art. 10 - nicht geregelt. Dann kommt der Art. 5 - nicht geregelt. Dann kommt der Artikel 12 - nicht geregelt. Dann kommt die Frage des Art. 59 a. Dazu, meine Damen und Herren, muß ich wirklich sagen: Prüfen Sie doch einmal nach, was hier vorliegt! So kann man es nicht machen! Das gibt ganz, ganz kritische Überschneidungen. Bei Art. 59 a sind andere Entscheidungsvoraussetzungen, andere Entscheidungsmodi als in Art. 115 a. So kann man das nicht machen. Wir haben die Meinung, daß man das aufeinandner koordinieren muß. Weiter haben wir zu Art. 91 Abs. 5, insbesondere zum Streikrecht, einiges vorgetragen. Die Punkte, die ich eben nannte, waren dort nicht Gegenstand. Art. 115 a ist in der Unterkommission nicht abschließend geklärt worden. Formulierung dem Rechtsausschuß überlassen. Der nächste Punkt: Art. 115 a, ist noch offen. Dann Art. 115 a Abs. 2: kann im Rechtsausschuß geklärt werden. Art. 115 a Abs. 3: Einigkeit hierüber wurde nicht erzielt. Art. 115b: 'noch offen. Dann ist am Schluß die Verfassungsbeschwerde als ein sehr wesentlicher Punkt erwähnt. Meine Damen und Herren, tun Sie doch nicht so, als wenn wir nachträglich Fragen erfänden. Wir haben mit den vorliegenden genug zu tun, so daß wir keine Fragen zu erfinden 'brauchen. ({19}) Nun darf ich noch zu einigen Punkten etwas vortragen. Meine Herren, Art. 53 a sieht als ein neues Verfassungsorgan den Gemeinsamen Ausschuß vor. Er ist ein neues Verfassungsorgan und wird deshalb richtigerweise auch nicht bei Art. 115, sondern bei Art. 53 geregelt. Aber meine Herren, Sie haben auch das nicht zu Ende gedacht; denn Sie haben jetzt nicht e i n Verfassungsorgan, sondern zwei Verfassungsorgane neu geschaffen, aber nicht mit der notwendigen Kompetenz ausgestattet. Wenn man ein Verfassungsorgan schafft, dann ist es als Verfassungsorgan für die Aufgaben zuständig, die man ihm überweist. Man kann dieses Verfassungsorgan dann nicht wieder in zwei Bänke einteilen, in eine Abgeordnetenbank und eine Bundesratsbank. Nachher sagen Sie: Bei der Wahl des Bundeskanzlers wirken nur diejenigen Mitglieder des Gemeinsamen Ausschusses mit, die aus dem Bundestag kommen. So etwas ist völlig unmöglich. Damit würden Sie ein Gremium von 22 Abgeordneten, das gar kein Verfassungsgremium ist, zu der zuständigen Stelle für die Schaffung der Regierung machen. Der Bundeskanzler kann immer nur durch ein Verfassungsorgan gewählt werden, aber nicht durch ein Gremium, das aus 22 Abgeordneten zusammengesetzt ist; das ist nicht möglich. Man muß dann also das Verfassungsorgan als solches konsequent zuständig machen, oder Sie müssen konsequent sagen: Es gibt zwei neue Verfassungsorgane, den Gemeinsamen Ausschuß als solchen und das Gremium aus 22 Abgeordneten. Dabei ist Ihnen noch ein weiterer Fehler unterlaufen. Die Zugehörigkeit zum Gemeinsamen Ausschuß als Notparlament hat zur Voraussetzung, daß jemand Bundestagsabgeordneter oder Bundesratsmitglied ist. Seine Legitimation erhält er aber nicht aus dem Vorliegen dieser Voraussetzung, sondern aus der Wahl, die dieses Haus vornimmt, bzw. nach dem Modus, wie der Bundesrat seine Mitglieder entsendet. So wie Berliner Abgeordnete im Richterwahlausschuß oder im Wahlmännerausschuß oder im Europäischen Parlament ihre volle Legitimation dadurch bekommen, daß dieses Haus sie gewählt hat, ihnen damit die Vollmacht gegeben hat, sie verfassungsmäßig in den Stand gesetzt hat, nur so können auch dort, nachdem der Gemeinsame Ausschuß als Ganzes aus dieser Wahl der einzelnen Mitglieder in das Organ hervorgegangen ist - Herr Kanka, Sie müssen sich einmal damit beschäftigen! - Ja, wenn Sie es anders meinen - - Vielleicht gibt es noch eine andere Meinung. Es gibt auch richtige und falsche Meinungen. - Wenn die MitDr. Schäfer glieder so in das Organ gewählt werden, wie ich es sagte, dann entsteht ein Verfassungsgremium; das ist dann dieser Gemeinsame Ausschuß. Sie können jetzt nicht nachträglich kommen und das wieder aufgliedern. Meine Damen und Herren, ein solcher Fehler darf nicht in die Verfassung kommen. Das ist ein deutliches Zeichen, daß man auch diese Bestimmung, weil man sie von sehr verschiedenen Seiten aus immer wieder sehr gründlich behandelt hat, im Endergebnis doch nicht auf die anderen Bestimmungen abgestimmt hat, genausowenig wie man Art. 59 a auf die bestehenden Bestimmungen abgestimmt hat, so daß nun dieser Zwiespalt besteht, der nicht so in die Verfassung hineinkommen darf. Wir sind auch nicht der Auffassung, daß die Delegation der Feststellungsbefugnis in Art. 115 a auf Bundespräsident und Bundeskanzler notwendig sind. Wir haben das wiederholt zum Ausdruck gebracht, und wir wären Ihnen dankbar, wenn Sie diese Frage erneut überprüften. So kann man das nicht machen. Zu Art. 115 d muß ich zum Eingang sagen: Auch da ist ein systematischer Fehler unterlaufen; denn wenn der Bundestag zuständig gemacht werden soll, in dieser Situation Gesetze auch über Materien zu erlassen, die zu der Zuständigkeit der Länder gehören, dann muß aus systematischen Gründen grundsätzlich die Zustimmung des Bundesrates dazu vorgesehen werden, so wie das nachher in dem Gemeinsamen Ausschuß, der auch die Funktionen des Bundesrates wahrnimmt, geschieht. Meine Herren, nicht zu Ende gedacht, keine Zeit mehr gehabt, technische Mängel! Ein Vorschlag der CDU dazu liegt nicht vor. Meines Erachtens hätte man eigentlich erwarten dürfen, daß die CDU die Koordinierung mit dem gesamten System noch einmal überprüft. Ich darf zu einem weiteren Punkt kommen, der uns noch Sorgen macht und bei dem wir Bedenken haben. Auch da wurden wir im Rechtsausschuß überstimmt. Der Schrödersche Entwurf sah vor, daß die Beschränkung des Rechts der Polizei, jemanden aus eigener Machtvollkommenheit festzunehmen, eines Rechts, .das nach der Verfassung normalerweise bis zum Ende des nächstfolgenden Tages geht, außer Kraft gesetzt werden kann. Dann hieß es, daß dabei eine richterliche Überprüfung gewährleistet sein müsse. Man hätte also jemanden auf Grund einer zu erlassenden Notverordnung festnehmen und einen Monat, sechs Monate lang festhalten können. Nachher richterliche Überprüfung: „Tut uns leid, Mißverständnis, Namensverwechslung; Sie sind wieder frei." Wir haben schon in den Vorbesprechungen Herrn Minister Höcherl gesagt: Wenn Sie mit einer gleichen Vorstellung kommen, können Sie es ganz bleiben lassen; wir werden dem nicht zustimmen. Wir werden das Recht der Polizei nicht über ein Maß hinaus ausdehnen, das durch die Sache zwingend notwendig ist. ({20}) Der Gesetzentwurf sieht nun eine Woche vor, und der Entwurf des Ausschusses sieht eine Woche vor. Wir meinen, daß sieben Tage schon recht lange sind und daß man in sieben Tagen schon recht viel unternehmen kann, wenn man entsprechende Vorbereitungen mit in Betracht zieht. Drei oder vier Tage - wobei vier Tage nach meinem Dafürhalten das Äußerste wären - wären richtiger. Beim Fortgang der Beratungen wird es nützlich sein, auch darauf noch einmal einzugehen. Meine Damen und Herren, ich sprach vorhin schon zum Verhältnis Bund - Länder. Auch das müssen Sie noch einmal überprüfen. Artikel 115 d Abs. 3 war der berühmt-berüchtigte „Bundestatthalterparagraph". Er gab zunächst die Möglichkeit, Bund, Ländern und Gemeinden die Polizei wegzunehmen und sie einem einheitlichen Bevollmächtigten zu unterstellen. Das ist nun weg. Wir meinen aber, daß nach der Grundvorstellung unserer Verfassung Art. 30, Art. 83 - die Verwaltung Angelegenheit der Länder und daß es deshalb sinnvoll ist, die Verantwortung bei den Ländern zu belassen, die unter der politischen Verantwortung der parlamentarisch-demokratisch zustande gekommenen Regierung die Verantwortung dafür tragen. Ich glaube, solchen Lösungen gegenüber wie der von Bevollmächtigten, die nicht einem Parlament gegenüber Verantwortung tragen, sondern die einem Dienstvorgesetzten weisungsunterworfen und verantwortlich sind, sollte man sehr vorsichtig sein. Deshalb meinen wir, man sollte Art. 115 d Abs. 3 dahin gehend ändern, ,daß grundsätzlich die Landesregierungen zuständig sein sollen, wenn man überträgt. Wenn auf Behörden oder Stellen der Landesverwaltungen übertragen wird, hätte man den Vorschlag der Landesregierungen zu berücksichtigen, und es dürfte nicht die Bundesregierung bestimmen können, ob der Landrat oder der Regierungspräsident zuständig ist. Nun, meine Damen und Herren, ein weiterer, für uns sehr wichtiger Punkt, auf den Herr Kollege Hoogen in der ersten Lesung erfreulicherweise hingewiesen hat. Ich muß Ihnen das wörtlich vorlesen. Zunächst geht es um die Frage der Verlängerung von möglichen Notgesetzen. In dem Entwurf heißt es, daß sie bei Ablauf verlängert werden können. Wir halten es für richtig, genau zu bestimmen, daß sie nur um sechs Monate verlängert werden können. Aber die politische Frage ist die, die Herr Kollege Hoogen damals formulierte. Er hat immerhin als Sprecher der CDU/CSU-Fraktion gesprochen. Er sagte: Nun zu der dritten Grundsatzfrage, - meine Damen und Herren: Grundsatzfrage! die für mich fast die allerwichtigste ist: Wie gelangen die im Notstandsfall aus der Hand gegebenen Vollmachten, wie gelangen die Sondervollmachten wieder in die Hand des normalen Gewaltenträgers zurück? Da heißt es in dem Entwurf, daß das Parlament jederzeit zusammentreten und den Notstand für beendet erklären könne. So einfach ist das, glaube ich, nicht. Diese Frage bewegt mich deshalb so sehr, weil es in zwei Notstandsfällen der Weimarer Zeit, insbesondere in dem letzten, dem Parlament nicht gelungen ist, die aus der Hand gegebenen Vollmachten zurückzubekommen, ... Nun, meine Damen und Herren, eine der Entscheidungen haben wir demgemäß getroffen, nämlich, daß das Notparlament immer da ist und daß der Regierung keine Vollmacht dazu gegeben wird, Notverordnungen zu erlassen, d. h. Recht zu setzen. Es war erfreulich, in der ersten Lesung feststellen zu können, daß Herr Dorn für die FDP das damals schon im Grundsatz verkündete. Es war aber besorgniserregend, meine Damen und Herren, daß wir wochenlang versucht haben, die andere Seite davon zu überzeugen, daß eine Vollmacht nicht notwendig ist, daß wir wochenlang darüber beraten haben und daß die andere Seite jedem vernünftigen Argument unzugänglich war. Daß sie sich dann am Schluß trotz dieser Vorgeschichte doch überzeugen ließ, daß das so richtig ist, das ist nun wieder erfreulich. Aber, meine Damen und Herren, wenn ich nun in einigen Zeitungen lese, das könne man sich ja wieder anders überlegen, dann habe ich ernste Sorgen darüber, was in den Köpfen jener Leute vorgeht, die solche Äußerungen von sich geben, man könne sich das wieder anders überlegen. ({21}) So nicht, meine Damen und Herren, so nicht! Entweder ist eine Regelung möglich, dann steht man dafür ein; oder man hält sie nicht für möglich, dann muß man auch das bekennen. Die zweite Sorge, die vom Herrn Kollegen Hoogen dort vorgetragen wurde, ist noch nicht beseitigt, nämlich die: Wenn das Parlament mit Zweidrittelmehrheit festgestellt hat, daß der Zustand besteht, muß er dann ewig bestehen, muß es nicht schon genügen, daß nicht nur die einfache Mehrheit, sondern eventuell eine Minderheit von einem Drittel die Beendigung des Zustandes beschließen kann? Ist es nicht - das ist nur ein Gedanke - eventuell notwendig, das Ende zu terminieren und einen neuen Beschluß - so wie bei den Gesetzen - für notwendig zu erachten, so daß der Zustand automatisch auslaufen muß, wenn nicht von neuem die Notwendigkeit dafür anerkannt wird? Das sind die Sorgen des Herrn Kollegen Hoogen - ich sage es beizeiten -, nicht die Sorgen der SPD-Fraktion im ganzen. Ich bin in diesem Punkt nicht gewiß, ob meine Fraktion im ganzen diese Meinung mit mir teilt. Ich wollte aber für die zukünftigen Beratungen darauf hingewiesen haben, daß hier einige Dinge sind, die noch der Klärung bedürfen. Nun ein weiterer sehr wichtiger Punkt - für uns ist er wichtig, für Sie ist er vielleicht nicht so wichtig -: Bei der Notstandsgesetzgebung darf es nicht allein darum gehen, den Staat zu schützen, sondern es muß dabei auch Vorsorge getroffen werden, daß das Mögliche getan wird für den Menschen, der in Not kommt - für den Menschen! -, für den Zivilschutz, für Ernährungssicherung, für die Sicherung der sanitären Betreuung. Daß auf diesem Gebiet das Erforderliche getan werden muß, haben wir ja durch unseren Sprecher Schmitt-Vockenhausen schon beim letzten Mal vorgetragen. In Art. 115 f sollte man sich die Formulierung noch einmal überlegen, sollte man prüfen, ob es richtig ist zu sagen: wenn militärische Maßnahmen „berührt" werden, haben sie einen gewissen Vorrang. Ist nicht gemeint - wahrscheinlich sind wir alle dieser Meinung -, daß das erst dann der Fall sein soll, wenn die Gefahr besteht, daß sie „beeinträchtigt" werden? Der Gedanke der Ranggleichheit des Schutzes hat uns doch bei diesen Beratungen geleitet. Ich darf noch einmal auf die Verfassungsbeschwerde zurückkommen. Im Rechtsausschuß hat man immer gesagt: Ja, ja, über diese Frage muß man reden; man hat immer wieder betont: die Frage wird bei anderer Gelegenheit besprochen werden müssen. Wir halten sie für sehr, sehr wichtig. Es hätte gar nicht viel Zeit in Anspruch genommen, sie zu regeln, und das wäre sehr nützlich gewesen. Wir halten es für sehr wichtig, daß gerade auch im möglichen Notstandsfall der Bürger weiß, daß er das verfassungsmäßig verbriefte Recht hat, sich an das Bundesverfassungsgericht zu wenden, und daß man das nicht abändern kann, sondern daß er gerade dort, wo es schwierig ist und wo es ihm vielleicht weh tut, die Möglichkeit hat, die oberste Instanz anzurufen. Das wollen wir verankert wissen. Darauf haben wir immer hingewiesen. Es gibt keine Vorschläge der CDU zu diesem Punkt. Mir sind sie jedenfalls nicht bekannt. Es gibt keine sichtbar gewordene Überlegungen, die uns Gelegenheit geben würden, uns dazu zu äußern. Nun, wenn Sie sich das alles vergegenwärtigen, werden Sie mit mir zu der Auffassung kommen müssen, daß der vorgelegte Entwurf so nicht entscheidungsreif ist. Es gibt viele Punkte, die der Verbesserung bedürfen. Es gibt einige große Lücken, die geschlossen werden müssen. Wir sollten uns in der zweiten Lesung nicht anders verhalten als in der ersten und als im Rechtsausschuß. Wir sind uns darüber einig, daß wir ganze Arbeit leisten wollen, nicht Stückwerk. ({22}) Wir müssen mit der gesamten Konzeption vor das deutsche Volk hintreten können, und wir müssen in allen Punkten ehrlich sagen können, wie wir als das verantwortliche Parlament diese Fragen entschieden haben. ({23}) Ich freue mich, daß ich auch einmal den Herrn Kollegen Barzel zitieren darf, der gestern in der Geschäftsordnungsdebatte - das ist eine ganz neue Äußerung von Ihnen - gesagt hat: Wir meinen, daß dieser Bundestag auch am Ende einer Periode - wie immer die Schatten sein mögen, die all den hitzigen Ereignissen bis zum September vorausgehen -, auch in den letzten beiden Wochen, nicht Schwarzer Peter spielen, sondern seriöse Arbeit leisten sollte. ({24}) - Einen Augenblick; jetzt kommt's: Das ist der wichtigste Punkt und der wichtigste Beitrag auch dieses Hauses zur Stabilität der demokratischen Ordnung in unserem Lande. ({25}) - Sehen Sie, Herr Barzel, wir sind uns eigentlich einig. ({26}) Es muß seriöse Arbeit geleistet werden. ({27}) Es muß eine Arbeit gemacht werden, die in der Öffentlichkeit auch vertreten werden kann. ({28}) Es darf nicht - ({29}) - Ach, das ist interessant. Den Zwischenruf nehme ich gern zur Kenntnis. Da bitte ich, darauf zu achten, daß er nicht im Protokoll gestrichen wird. ({30}) Das ist immerhin interessant, was Sie da miteinander vergleichen. Vor zweieinhalb Jahren hatten wir in diesem Hause die erste Lesung. Bis heute hat die Regierung nicht die erforderlichen Vorlagen eingebracht. Die größte Regierungsfraktion hat auf all diesen Gebieten in gar keiner Weise die Initiative ergriffen. Sie hat seinerzeit, 1959, sogar die interfraktionellen Besprechungen nicht aufgenommen bzw. wieder fallengelassen. Sie hat sie jetzt zu spät aufgenommen. Drei Monate fast brauchte sie zu einer Antwort. Und da wollen Sie, Herr Barzel, noch der Öffentlichkeit weismachen, wer welche Taktik verfolgt!? ({31}) Für uns gilt - wie bei der ersten Lesung, so auch heute - der Grundsatz: ({32}) wir werden nur einem Gesetz zustimmen können, das die Überschrift verdient: Gesetz zum Schutze des freiheitlichen demokratischen Rechtstaates. ({33}) Weil ein solches Gesetz so enorm wichtig ist und weil die Praktizierung eines solchen Gesetzes nicht nur Sache des Parlaments und der Regierung, sondern Sache des ganzen deutschen Volkes ist, deshalb haben wir immer den Standpunkt vertreten: Das ist nicht die Stunde der Exekutive, sondern das ist die Stunde des ganzen deutschen Volkes. Dann müssen Sie aber auch mit dem ganzen deutschen Volk über diese Fragen sprechen, dann müssen Sie das mündige Volk dazu aufrufen und ihm die Möglichkeit geben, seine Meinung zu sagen. ({34}) - Ach, das sind Sie allein? Entschuldigen Sie, das mag in Bayern gelten, in meinem Heimatland nicht! ({35}) - Herr Besold, dann brauchen Sie - und darauf will ich hinaus ({36}) - ja, ich weiß es ({37}) nicht nur eine Verfassung, sondern dann brauchen Sie eine aktive Bevölkerung, die mutig genug ist, sich mit diesem Staat zu identifizieren und ihn gegen jedermann in jedem Fall des Mißbrauchs zu verteidigen. ({38})

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Das Wort hat der Bundesminister des Innern!

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, diè richtige Form der Antwort auf die umfangreiche Rede des Herrn Kollegen Schäfer ist die der tatsächlichen Berichtigung. Die Rede enthielt nämlich eine ganze Reihe von Dingen, die einfach nicht stimmen, und so können Sie sich gar kein Urteil bilden. Ich will auf alle überflüssige Polemik - so wie er sie verwendet hat - verzichten und will mich nur auf das Tatsächliche beziehen. ({0}) - Ich werde es versuchen. Ich war außerordentlich überrascht, Herr Kollege Dr. Schäfer, daß Sie hier die Frage stellten, was die Bundesregierung für die Verteidigung überhaupt getan habe. Meine Damen und Herren, muß ich die ganzen Ereignisse der früheren Jahre beschwören, muß ich die Kämpfe noch einmal lebendig machen, die sich hier um die Verteidigung abgespielt haben? ({1}) Ich möchte das nicht tun. Ich möchte das nicht tun, weil wir in der Zwischenzeit Gott sei Dank in wesentlichen Teilen eine gemeinsame Linie bezogen haben. Ich halte es aber doch für eine sehr kräftige Provokation, eine solche Frage zu stellen. ({2}) Nun haben Sie, Herr Kollege Schäfer, den Herrn Vizepräsidenten Carlo Schmid zitiert. Es ist richtig: Wir schätzen ihn alle. Er hat schon oft prächtige Gedanken zum Ausdruck gebracht, Gedanken, die in die Zukunft weisen, zu denen wir „ja" sagen können. Aber die Durchsetzungsfähigkeit war diesen Gedanken nicht geschenkt, ({3}) und zwar deswegen, weil Sie ihm keine Möglichkeit und nicht die Kraft Ihrer Fraktion gegeben halben, um sich durchzusetzen. Sie haben sich seinen Gedanken versagt. Gelegentlich mußten wir es tun, mußten wir seiner besseren Einsicht zur Verwirklichung verhelfen. ({4}) - Ja, so war es. Sie haben drei Grundsätze genannt, Herr Kollege Schäfer, die für Sie maßgebend waren. Ich habe früher schon die Gelegenheit gehabt, auszuführen, daß Sie vier- bis fünfmal Thesen - einmal in Hannover, einmal in Karlsruhe und einmal in Dortmund und sei es, wo immer auch - angeschlagen haben, Thesen, die immer neue Zusätze enthalten haben. Es ist auch heute so - wenn ich meinen Gesamteindruck von Ihrem Vortrag wiedergeben darf -, daß Sie immer Gründe nachschieben. Sie haben festgestellt, daß in der Öffentlichkeit Ihre bisherige Begründung nicht ausreicht. Jetzt versuchen Sie neue Gründe nachzuschieben, um halbwegs besser herauszukommen, als es bisher möglich war. ({5}) - Nein, nein, es ist eine ganz neue Leistung, eine zusätzliche Leistung. ({6}) - Ja, darauf komme ich zu sprechen. Nun zur Ablösung der Vollmachten. Sie sagen, Sie hätten die gesamte Ablösung der Vollmachten verlangt. Ich will Ihnen sagen, was Sie in erster Linie verlangt haben und worauf wir sofort eingegangen sind: daß das verfassungsändernde oder -ergänzende Gesetz und die Einzelvorlagen zusammen verabschiedet werden. Wir haben uns tatsächlich auf dieses gefährliche Spiel eingelassen und haben die Einzelvorlagen und die verfassungsändernde Vorlage so in die Beratung genommen, daß wir sie gemeinsam am selben Tag, zur selben Zeit verabschieden können, damit Sie wissen, welchen Inhalt diese Gesetze haben. Das haben wir eingehalten. Heute sollte sich das vollziehen. Leider ist die Krönung nicht möglich, weil Sie sich der entscheidenden Vorlage versagen.

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Herr Minister, gestatten Sie eine Frage?

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Bitte, Herr Erler.

Fritz Erler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000488, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, ist Ihnen dabei ganz entgangen, daß Sie dem Hohen Hause bisher immer noch die Einbringungsrede zur ersten Lesung einer entscheidenden Vorlage, nämlich zur Ablösung der alliierten Vorrechte auf dem Gebiete des Post- und Fernmeldewesens, schuldig geblieben sind? ({0})

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Herr Kollege Erler, ich bin überhaupt nichts schuldig geblieben, sondern ich habe vor einem Jahr die Vorlage eingebracht. Ich war auch letztesmal schon bereit, die Einbringungsrede zu halten, war schon im Oktober vorigen Jahres bereit, die Einbringungsrede zu halten, zu jedem nur gewünschten Zeitpunkt. Ich werde das heute nachholen. Ich bestimme nicht die Tagesordnung. Im übrigen halbe ich Ihnen die Einbringungsrede ja schon vorher zugestellt, damit Sie sie lesen und studieren konnten. Mehr können Sie gar nicht wollen. ({0})

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Gestatten Sie eine weitere Frage?

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Bitte!

Dr. Friedrich Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001930, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, beziehen Sie Ihre Äußerung, die Sie eben tun, auf die Vorlage vom Oktober letzten Jahres oder auf die Vorlage, die nach der Auffassung der ganzen Bundesregierung am Schluß verabschiedet werden soll?

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Herr Kolleg Schäfer, Sie wissen ganz genau: ich habe eine Vorlage aus meinem ,Ressort ,einzubringen gehabt, und das habe ich getan. Es sind weitere wesentliche Ressortwünsche geltend gemacht worden, die nach unserer Geschäftsordnung nur als Antrag im Ausschuß verwirklicht werden können. Dazu sind wir immer bereit ,gewesen. Sie wurden vom ersten bis zum letzten Augenblick, wie sich ,das in einer so wichtigen Sache gehört, informiert. Sie wissen das ganz genau. Ich werde in der Einbringungsrede darauf zu sprechen kommen. Ich weiß gar nicht, was Sie sich von dieser Haarspalterei hier versprechen. Sie wissen genau, was die ,Geschäftsordnung vorschreibt. Sie wissen genau, was wir wollen. Sie wissen genau, was auf dem Tische liegt. Sie werden das mit uns gemeinsam im Interesse unserer Sicherheit beschließen; daran habe ich ,gar keinen Zweifel. ,Aber jetzt möchten Sie daraus ,ein Geschäft machen. !So ist ,die Lage. ({0}) Im Ausschuß allein ist es möglich, wenn man beides verbinden will, einen ergänzenden Änderungsantrag zu stellen. Das geschieht laufend und auch in dieser Frage, weil es der praktische Weg ist. Ich bin aber auch bereit, wenn Sie meinen, es sei ökonomischer, eine eigene Vorlage zu veranlassen, in der diese Ergänzung über den Bundesrat zugeleitet wird. ({1}) Aber auch der Bundesrat ist informiert. Sie sind informiert. Was wollen Sie denn noch? Sie bestehen auf Formalismen.

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Gestatten Sie noch eine Frage, Herr Minister?

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Ja.

Dr. Friedrich Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001930, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, haben Sie eben hier Ihre Ressortmeinung, Ihre persönliche Meinung vertreten oder die des Kabinetts, daß eine Vorlage kommt?

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Ich pflege mich nicht von der Meinung des Kabinetts zu entfernen, das ist die Praxis. ({0})

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Ja, wenn er es zuläßt. - Gestatten Sie noch eine Zusatzfrage?

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Bitte.

Dr. Friedrich Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001930, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Macht die Bundesregierung Gesetzesvorlagen oder der einzelne Minister? Sie sprachen vorhin von „Ressortvorlage".

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Ich habe erklärt, daß ich von meinem Haus eine Vorlage gemacht habe. Machen Sie doch keine formalistischen Unterscheidungen! So können wir uns doch nicht unterhalten. Sie kennen den Gesetzgebungsgang genau. Ich brauche doch kein Geschäftsordnungsprivatissimum zu geben. Sie sind erfahren genug. ({0})

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Herr Minister, gestatten Sie eine Frage des Herrn Abgeordneten Kohut?

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Nein. Ich habe gehört, der Abgeordnete Kohut hat sich gemeldet, weil er hernach alles das sagen möchte, was er mich jetzt fragen will.

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Sind Sie nicht bereit?

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Nein, ich bin nicht bereit. ({0})

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Zur Geschäftsordnung? ({0}) - Nein, es ist nicht möglich, daß Sie jetzt eine Erklärung zur Geschäftsordnung abgeben. Wenn Sie die Erklärung abgeben wollen, dann müssen Sie sich zum Wort melden. Aber so geht es nicht.

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Herr Kollege Schäfer, Sie haben dann von der Belastung der Vorlage gesprochen, nicht der Vorlage, die wir heute beraten, sondern der ersten Vorlage meines Herrn Vorgängers Dr. Schröder. Sie haben erklärt, dort sei die freie Meinungsäußerung für einschränkbar erklärt worden. Ich darf dazu folgendes sagen. Schon im Art. 5 des Grundgesetzes ist die Einschränkungsfähigkeit vorgesehen. Sie wissen, daß in Art. 18 sogar der Entzug dieses Rechtes vorgesehen ist, und Sie wissen darüber hinaus, daß niemand ein Grundrecht mehr einschränken darf, als es der Wesensgehalt verträgt. Auch die Vorlage des Herrn Kollegen Schröder stand unter dieser Einschränkung. Alle die Befürchtungen, die Sie hier vortragen, sind nur Übertreibungen. Dasselbe gilt für die Versammlungsfreiheit und für die Artikel 8, 9 und 12. Im übrigen haben wir es mit der heutigen Vorlage zu tun.

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Gestatten Sie eine Frage?

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Bitte schön.

Dr. Friedrich Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001930, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Darf ich Sie fragen, Herr Minister, ob das, was in der offiziell eingebrachten Drucksache 1800 der 3. Wahlperiode - Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes - steht, verfassungswidrig ist? Dort heißt es: Presse, Rundfunk und Film können abweichend von Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG einer Zensur unterworfen werden. Also Ihrer Auffassung nach wäre das verfassungswidrig?

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Von Verfassungswidrigkeit ist überhaupt nicht die Rede. ({0}) Das war ein Antrag zur Änderung und Ergänzung des Grundgesetzes, um für den Kriegsfall eine Rechtsordnung zu finden, also für eine Phase, in der nicht nur Grundrechte gefährdet sind, sondern unsere nackte Existenz auf dem Spiele steht, und unser Boden, auf dem wir leben, unser Staatsgebiet, womöglich partiell oder ganz in fremdem Besitz ist. ({1}) Wollen Sie mir erklären, meine Damen und Herren, wie angesichts der heutigen Gefahren, die technisch möglich geworden sind, eine Rechtsordnung gefunden werden soll, mit der noch in etwa ein gesetzesmäßiger Vollzug von Notwendigkeiten möglich ist? ({2}) Das sollten Sie mir mal erklären. Ich will Ihnen in allem Ernst folgendes sagen: Sie haben bei den Beratungen Beiträge geleistet, die, wenn sie im Grundgesetz geschrieben stünden, so aussehen würden wie eine Durchführungsverordnung zu einem Zolltarif. ({3}) Ein Grundgesetz muß sich auf das Wesentliche und auf das Entscheidende beschränken. Das hat schon der alte Cromwell verstanden, das ist schon in der Konvention von Philadelphia enthalten. ({4}) Sie wollen Ausführungsbestimmungen ins Grundgesetz schreiben. Nun zu den weiteren Einwendungen: Sie haben sich darüber beklagt, daß die Öffentlichkeit keine Möglichkeit zur Diskussion gehabt habe. Darf ich Sie - gerade Sie, Herr Kollege Schäfer - darauf hinweisen, mit welchem Bedacht Sie bei der Eröffnung der Beratung im Rechtsausschuß persönlich darauf bestanden haben - Sie haben sogar ein Beispiel aus dem Vermittlungsausschuß angezogen -, daß es zweckmäßig und notwendig sei, hinter verschlossenen Türen zu beraten, um bei einer solch schwierigen Materie niemandem Gelegenheit zu geben, diese Materie zu zerreden. ({5}) - Das haben gerade Sie verlangt; ich könnte Ihnen die Stelle vorlesen. Nun gibt es eine öffentliche Diskussion in dieser Frage seit dem Jahre 1955. Es gibt eine riesenhafte Literatur, es gab Podiumsgespräche und Auseinandersetzungen. Ich bestreite gar nicht, Herr Kollege Schäfer, daß Sie sich Mühe gegeben haben, bei den Gewerkschaften für eine ganz, ganz leichte Fassung - nicht für eine praktikable Vorlage, sondern für eine ganz leichte Fassung - zu werben. Ich bestreite hier Ihre Verdienste nicht. Die öffentliche Diskussion hat niemals aufgehört. Der Gegenstand ist ernst genug und verdient eine öffentliche Diskussion. Aber die Beratungen sind mit Ihrem Einverständnis, mit Ihrem ausgesprochenen Willen hinter verschlossenen Türen geführt worden; das wissen Sie ganz genau. Das war gut so, und wir bekennen uns dazu. - Ja bitte, Herr Kollege.

Fritz Erler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000488, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, ist Ihnen der Unterschied bekannt, um den es bei diesem Versuch ging, nämlich zunächst in einem kleineren Kreise zu einer Einigung zu kommen und dann eine solche Einigung in ein ordentliches, öffentliches Gesetzgebungsverfahren zu überführen?

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Herr Kollege Erler, über diesen Unterschied rede ich fortgesetzt. Das ist genau das, was ich soeben erwähnt und zitiert habe. ({0}) Jetzt darf ich noch sagen, in welcher Weise öffentlich diskutiert worden ist. Wenige Wochen, nachdem ich das Amt des Innenministers übernommen hatte, schon am 17. Januar 1962, habe ich erste Gespräche mit den Gewerkschaften geführt, am 24. Januar mit der SPD, am 14. Februar mit der FDP, am 21. März mit der SPD; bis dahin wurde noch kein Wort mit der CDU, noch kein Wort mit der CSU gesprochen. So fingen die Diskussionen an, mit Ihnen! ({1}) Herr Kollege Schäfer, wenn Sie halbwegs Anstand besitzen, dann würden Sie sich bedanken für die Art, eine solche Vorlage so einzuleiten. ({2}) Das muß ich schon als eine Angelegenheit des Takts ansehen. Wenn Sie das lächerlich finden, daß ich mit Ihnen und mit den Gewerkschaften einleitende Gespräche in einer solchen Materie führe, ist das eine grobe Verletzung des Takts. Das muß ich Ihnen in aller Offenheit sagen. Und so geht es weiter. 38 Sitzungen hat dann der Rechtsausschuß abgehalten. 150 Stunden lang hat man beraten. Die Öffentlichkeit wurde, wenn auch nicht in den Details, fortgesetzt mit diesem Gegenstand beschäftigt. Es gibt überhaupt keine Frage, die nicht öffentlich diskutiert worden wäre und über die die Öffentlichkeit nicht Bescheid wüßte. Die Gegner haben sich dann auf diesen ganzen Komplex geworfen und mit Entstellungen und zum Teil auch mit zutreffenden Einwendungen die Öffentlichkeit befaßt. Es gibt kaum ein Thema, das so in der Öffentlichkeit abgehandelt worden ist. Das wissen Sie ganz genau. Sie haben sich dann mit uns gemeinsam an einen Tisch gesetzt. Sie wußten damals bei den Spitzengesprächen ganz genau, wie die Beratungslage war. Wir haben in einer Atmosphäre gerungen, die alle Beteiligten auszeichnete. Das wird jeder sagen, der diesen Gesprächen beiwohnte. In dieser Vorlage, so wie sie der Rechtsausschuß beschlossen hat, sind arbeitsrechtliche Regelungen enthalten, die als Magna Charta des Arbeitsrechts bezeichnet werden können. Wir könnten gemeinsam zum Abschluß der Legislaturperiode sagen: Hier ist ein großes gemeinsames Werk, es hat noch Unvollkommenheiten wie jedes Menschenwerk, hier wird es gemeinsam von allen Fraktionen beschlossen. Wir könnten damit draußen bestehen und könnten andere Dinge zum Gegenstand von Auseinandersetzungen machen, was jedem von uns nur erwünscht wäre. ({3}) - Bitte schön.

Fritz Erler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000488, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Was stimmt denn nun: Ist das ein großes gemeinsames Werk, oder sind das Erläuterungen zu einem Zolltarif? ({0})

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Ja, Herr Kollege Erler, ich will Ihnen etwas sagen. Die Grundgedanken - ({0}) - Ich werde darauf antworten. Lassen Sie sich doch Zeit, seien Sie doch nicht so ungeduldig! - Ich sage folgendes. Die entscheidenden Gedanken, die man dort formuliert hat, sind großartig. Aber daneben haben Sie Einzelheiten 'erzwungen, die in der ForBundesminister Höcherl mulierung tatsächlich den Charakter einer Ausführungsbestimmung haben und .die Würde einer grundgesetzlichen Regelung nicht verdienen. Das wissen Sie ganz genau. Fundamentale Sätze gehören in das Grundgesetz, aber nicht Nebensächlichkeiten. Sie haben in einer Stimmung verhandelt - ich habe es Ihnen schon einmal gesagt -, als wenn zwei feindliche Mächte nach einem langen Krieg einen kümmerlichen Friedensvertrag schließen. So haben Sie mit uns verhandelt. Wir aber haben vertrauensvoll mit Ihnen verhandelt. ({1}) Wir haben 'erklärt - das wissen Sie genau, Herr Kollege Schäfer; das war der erste Satz, mit dem diese Gespräche eingeleitet worden sind -: Nehmen Sie die Vorlage, wir haben Vertrauen, daß Sie sie richtig handhaben.

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Wollen Sie eine Zwischenfrage zulassen?

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Ja.

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Herr Abgeordneter Schäfer.

Dr. Friedrich Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001930, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, sind Sie nicht mit uns der Meinung, daß der Verfassungsgeber, als der wir hier sind, ohne Rücksicht auf persönliches Vertrauen zum leinen oder zum anderen zu entscheiden hat und gewissenhaft auch jeden möglichen Mißbrauch in Erwägung ziehen muß? Sind Sie nicht der Meinung, daß das dazu gehört und daß es nicht genügt, zu sagen: Ich habe Vertrauen in den Herrn Minister Soundso, was uns nach der Praktizierung .den letzten Jahren recht schwer fällt?

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Herr Kollege Schäfer, wenn ich bei 'dem letzten Satz anfangen darf: Sie müssen ihn konkretisieren. Da kämen Sie in große Verlegenheit. ({0}) - Würden Sie vielleicht einmal die Güte haben, Herr Kollege ,Erler, bei Ihren Zitaten das Original zu lesen, damit Sie richtig zitieren. Sie haben schon das letzte Mal in der sogenannten Telefonfrage falsch zitiert. Jetzt machen Sie es wieder so. Lesen Sie .die Dinge, dann werden 'Sie das genau sehen. Ich habe 'ein Rechtsurteil über einen Vorgang abgegeben, und dieses Rechtsurteil war nach meiner Meinung zutreffend.

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Wollen Sie eine Frage gestatten? ({0})

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Bitte.

Fritz Erler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000488, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, ist Ihnen in Erinnerung, daß ich in der letzten Debatte nur an zwei Stellen über ,die Telefonaffäre gesprochen habe? Erstens sagte ich, „die 'schmerzliche Telefonaffäre hat ja darüber ausreichend Aufschluß gegeben", daß Befugnisse der Alliiertendelegiert werden können; zweitens bemerkte ich, daß sich die Bundesregierung zu viel Zeit gelassen hat mit .der Einbringung der Vorlage, „obwohl sie durch die Telefonaffäre hätte alarmiert werden müssen". Das ist alles. ist Ihnen auch in Erinnerung, daß Sie daraus dann etwas ganz anderes gemacht und mich gebeten haben, „im Interesse der Wahrheit von dem Ergebnis Kenntnis zu nehmen, daß die hochnotpeinliche Untersuchung ergeben hat. "? Sie verwahrten sich dagegen, „daß fortgesetzt mit allgemeinen Formulierungen, die nun in ihrer Form verdachtweise ausdeutungsfähig gemacht werden sollen, Behauptungen aufgestellt werden, die einem Ergebnis widersprechen, dem Sie selber zugestimmt haben." Ich frage, nachdem ich Ihnen den Text noch einmal in Erinnerung gerufen habe: Habe ich überhaupt eine solche Behauptung in der Rede aufgestellt, gegen die Sie sich verwahren mußten?

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Herr Kollege Erler, es kommt auf die Untertöne an. ({0}) Ich werde Ihnen das auch sofort erklären. Schon der Begriff „Telefonaffäre" in einem Zusammenhang, in dem durch das Hohe Haus festgestellt worden ist, daß kein Mißbrauch vorliegt - ({1}) - Lassen Sie mich doch ausreden. Ich werde Ihnen folgendes erklären: Schon in dem Begriff „schmerzliche Telefonaffäre", wie Sie das in Ihrer oratorischen Kunst vorgetragen haben, war doch ganz klar der Unterton für jeden fühlbar und hörbar. ({2}) Doch noch etwas: sie hat sich - erfreulicherweise einstimmig - als ein Vorgang herausgestellt, der zu keinen Beanstandungen nach Artikel 10 Anlaß gibt. ({3}) Sie wissen ,ganz genau, was damals alles gespielt worden ist. Das werden Sie doch wissen. ({4}) - Ich ein schlechtes Gewissen? ({5}) - Herr Kollege Erler, Sie hätten neutraler formulieren können, dann braucht sich niemand getroffen zu fühlen. ({6}) Herr Kollege Schäfer kam dann zu den „großen Lücken", die ihm eine Zustimmung unmöglich machten. Es ist ganz klar, daß darauf erwidert werden muß: Artikel 10 des Grundgesetzes und das, was an Vorbehalten aus dem Bereich zu Artikel 10 existiert, ist nicht eine Frage der Notstandsverfassung, sondern etwas, was leider seit der Besetzung 1945, und mit Rechtsvorbehalten seit 1955, tagtäglich bei uns geübt wird. Das ist die Situation. ({7}) - Ja, eben, dann können Sie nicht sagen - ({8}) - Ich habe ein Gesetz vorgelegt. Beschließen Sie das Gesetz! Dann haben Sie eine Teilablösung. Dann sind wir schon einen Schritt weiter, Herr Kollege Schäfer. Das wissen Sie doch. Ich frage Sie: Welches Volk würde nicht einen solchen Rechtsmakel, der seit zehn Jahren besteht, abgeschüttelt haben? Ich muß Sie bitten, den Vorwurf zu unterlassen, da die Vorlage allein schon ein Jahr vorliegt. Sie hätten die Individualrechte schon längst ablösen können. In Tag- und Nachtsitzungen hätten Ihnen das Innenministerium und die Koalition zur Verfügung gestanden.

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Gestatten Sie eine Frage?

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Ja.

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Zuerst Herr SchmittVockenhausen!

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002033, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, ist Ihnen in Erinnerung, daß die SPD-Fraktion in der dritten Legislaturperiode von 1957 bis 1961 allein dreimal die Regierung um die Vorlage eines entsprechenden Gesetzes gebeten bzw. danach gefragt hat?

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Auch wenn das richtig ist, hätte Sie niemand an einer Initiative gehindert. Sie sind sehr initiativfreudig. Sie haben Hunderte von Vorlagen auf dem Wege der Initiative in das Parlament gegeben. Wenn Sie meinen, hier wäre ein Versäumnis gewesen, dann hätte Sie niemand daran gehindert, diesen Weg zu beschreiten. ({0})

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002033, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, ist Ihnen kar, daß die Oppositionsfraktion im Hinblick auf die notwendigen Verhandlungen mit den Alliierten einen solchen Initiativgesetzentwurf nicht einbringen kann, sondern die Bundesregierung dafür verantwortlich ist?

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Wir hätten ja die Verhandlungen mit den Alliierten vermittelt.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Gestatten Sie eine Frage, Herr Minister?

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Ja.

Dr. Friedrich Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001930, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß das, was Sie soeben hier vorgetragen haben - daß mit dem von Ihnen vorgelegten Gesetzentwurf die alliierten Vorbehaltsrechte abgelöst werden -, im Gegensatz zu dem steht, was Herr Bundesminister Krone uns wiederholt vorgetragen hat? Ist Ihnen das bekannt?

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Herr Kollege Schäfer, ich wiederhole es zum dritten Male, ich nehme an, daß es dann verstanden, begriffen und auch behalten wird. Ich habe erklärt und erkläre hier verbindlich: Die Alliierten sind bereit, zu jeder Stufe, in der wir ablösen und eine Ersatzgesetzgebung schaffen, ihre Rechte aufzugeben. Ich habe dazu einen Brief, und der Brief ist Ihnen inhaltlich mitgeteilt worden. Jede vorzeitige Ablösung, jeder Schritt, jeder Zentimeter so schnell und so früh als möglich! Das ist unser Standpunkt. Helfen Sie uns dabei! Es ist ein gemeinsames Interesse. ({0}) Ich darf die weitere „große Lücke" ansprechen. Das ist die Frage des Presseentwurfs. Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie wissen ganz genau, wie schwierig es ist, in Pressefragen eine Einigung zu erzielen. Welchen Weg bin ich gegangen? Ich habe eine Kommission eingesetzt, die aus Journalisten, Staatsrechtlern, Vertretern des Presserates und Regierungsvertretern besteht. Diese Kommission hat - wenn man die Inanspruchnahme, der die meisten dieser Herren ausgesetzt waren, in Betracht zieht - sehr rasch verhandelt. Sie hat einen Entwurf erarbeitet, der sich im wesentlichen an englischen und schweizerischen Beispielen orientiert, und zwar einem schweizerischen Beispiel, das einmal in einer Veranstaltung des Presserates großes Lob und große Anerkennung gefunden hat. Ich habe deren Vorbild übernommen. Dann galt das auf einmal gar nichts mehr; es wurde auf einmal als „obrigkeitsstaatliches Denken" ausgelegt. Nun, meine Damen und Herren, ich bin folgender Meinung. Unser Entwurf, der Regierungsentwurf zu Artikel 5, steht ebenfalls unter der Einschränkung, daß kein Wesenscharakter der Pressefreiheit verlorengehen darf. Ich habe mich im Verlauf der Verhandlungen nach intensivem Studium - dessen bedarf ich genauso wie Sie; Sie haben ja zehn Jahre gebraucht, bis Sie wesentliche Dinge eingesehen und dann hier verteidigt haben - mit der Materie befaßt und war der Meinung - ich spreche sie hier ganz offen aus -: Es muß der Presse eine noch viel größere Freiheit gegeben werden, als ich ursprünglich glaubte im Spannungszustand vertreten zu können. ({1}) - Jawohl. Das haben wir dann auch vereinbart das steht in dem Entwurf, der zur Verhandlung und zur Debatte steht -, daß nur die NachrichtenmitBundesminister Höcherl teilung im Sicherheitsbereich im Spannungszustand, der vom Parlament bestätigt werden muß, und im Verteidigungszustand eingeschränkt werden darf, und zwar mit finanzieller Entschädigung. Das ist eine Einschränkung so leichter Art, wie sie in keiner westlichen Gesetzgebung existiert. Das wissen Sie genau. Sie brauchen gar kein Pressekommissionsgesetz; mit dieser Bestimmung allein, die ja verfassungsrechtlich jedes Ausführungsgesetz bindet, können Sie alles bestreiten. Der Presserat - selbst der extremste Vertreter der äußersten Freizügigkeit der Presse auch in einem Atomkrieg - wird sagen müssen: Hier ist das Mindestmaß eingehalten. Das gibt Ihnen alle Garantie für jedes Ausführungsgesetz. Das Pressekommissionsgesetz hat ja mit der Frage eigentlich gar nicht so viel zu tun. Es soll eine zusätzliche Möglichkeit bieten, das Verhältnis zwischen Presse und Exekutive noch zu verbessern, indem wir uns gegenseitig beraten und helfen, damit wir nicht das stumpfe und harte Schwert von strafgesetzlichen Maßnahmen ergreifen müssen. Das ist die Situation. Auf dem Pressesektor gibt es durch diese eingeschränkte Fassung überhaupt keinen Ablehnungsgrund mehr, der übriggeblieben wäre. Das wissen Sie genauso wie ich, und Sie haben das genau studiert. Hier gibt es keinen Einwand, und hier gibt es keine Lücke. Darüber hinaus: Es ist nicht ein Referententwurf vorgelegt worden, sondern die Bundesregierung hat den Ihnen seit langer Zeit bekannten und dann noch einmal verbesserten Entwurf zugestellt; sie hat ihn verabschiedet, er ist dem Gesetzgebungsgang überantwortet, wir sind politisch engagiert. Sie wissen ganz genau, daß niemand gerade in solchen Fragen morgen oder übermorgen eine andere Auffassung vertreten könnte. Das ist die Wirklichkeit, alles andere stimmt nicht. ({2}) - Er ist von der Bundesregierung verabschiedet und befindet sich auf dem Wege zum Bundesrat. ({3}) - Sie haben ihn aber noch bekommen, und wir haben ihn unterschrieben, tragen die politische Verantwortung und erklären: das ist unsere Konzeption. Ich möchte den kennenlernen, ,der in einer solchen Frage von einer solchen Konzeption zu irgendeinem Zeitpunkt und aus irgendeinem Anlaß noch einmal herunterkönnte. Sie wissen ganz genau, daß eine Regierungserklärung in dieser fest fixierten Form einer Regierungsvorlage politisches Engagement ist. - Mit diesen Einwendungen können Sie also nichts ausrichten. Nun haben Sie die Geschichte mit der Alete-Milch zitiert. Mit Zitaten ist es so eine Sache. Ich habe mir den Text besorgt und darf Ihnen den Text vorlesen. Auf einen Einwand, den der Herr Kollege Leber gemacht hat, habe ich folgendes gesagt: Aber Sie unterliegen einem ganz kräftigen Irrtum, Herr Kollege Leber. Diese Bemerkung ist nicht im Zusammenhang damit gefallen, daß Streiks oder Arbeitskämpfe verboten werden sollten. Es war vielmehr eine Bemerkung zu den auch von Ihnen ausführlich zitierten Notdienstbestimmungen für Arbeitskämpfe, die die Gewerkschaften sich selbst gegeben haben und die ich für eine ganz bedeutsame in eigener Verantwortung getroffene Einschränkung halte. Meine Damen und Herren, soll ich Ihnen hier die Einbringungsrede vortragen, die ebenfalls schon den Passus enthalten hat, daß ich im Vertrauen auf unsere Arbeiterschaft und 'ihre Organisationen der Meinung bin, daß wir den Arbeitskampf nicht einschränken sollen? Expressis verbis steht es in dem neuen Art. 91: Art. 9 Abs. 3 ist von jeder Einschränkungsmöglichkeit ausgenommen. Was wollen Sie denn mehr? Mehr können Sie nicht verlangen. Das ist eine Magna Charta - 'ich wiederhole es - arbeitsrechtlicher Art, die inhaltlich nicht von allen geteilt wird, und ich habe Sie in einem mutigen Schritt, wenn ich so sagen darf, schon sehr, sehr früh vertreten und auch bei den Beratungen durchgehalten.

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Gestatten Sie eine Frage des Abgeordneten Dr. Schäfer, Herr Minister?

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Ja.

Dr. Friedrich Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001930, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, darf ich Ihnen den Wortlaut Ihres Fernsehinterviews vom 22. Januar 1962 zur Verfügung stellen?

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Das brauchen Sie nicht, ich habe ihn da.

Dr. Friedrich Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001930, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Wollen Sie nicht die richtige Stelle zitieren, oder soll ich es tun, - nicht die Einbringungsrede, sondern Ihr Fernsehinterview vom 22. Januar 1962? Ich kann es ja vorlesen.

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Das brauchen Sie nicht, Herr Kollege Schäfer. Ich habe das in einer Definition genau auseinandergesetzt. Ich habe nämlich bei den Besprechungen mit den Gewerkschaften gefragt: Wie können wir die Spannung lösen zwischen den Notwendigkeiten eines auf soziale und wirtschaftliche Interessen gerichteten Arbeitskampfes auf der einen und den Notwendigkeiten der lebensnotwendigen Versorgung der Bevölkerung auf der anderen Seite? Das ist eine Spannung, die auch die Gewerkschaften empfunden haben, und dafür haben sie sich ein eigenes Gesetz gegeben. Ich war in dieser Beziehung immer der Meinung, wenn wir das eine hineinschreiben, dann schreiben wir auch das andere hinein. Dann haben wir diese Notdienstbeschränkung der Gewerkschaften auf freiwilliger Basis auch zum Verfassungsrecht erhoben und damit ein großes Beispiel gesetzt. Das war meine Meinung, sie ist es noch heute, und heute steht es so im Entwurf. Das hat es noch niemals gegeben, und gerade Sie bringen sich um die Chance, daß hier im arbeitsrechtlichen Bereich etwas ganz Neues formuliert wird, was es in der ganzen deutschen Gesetzgebung in dieser Liberali-. tät und in dieser Vertrauenseinstellung zur Arbeitnehmerschaft bisher noch nicht gegeben hat. Das müssen Sie auch einmal beantworten - weil Sie glauben, Sie allein verträten die richtigen Interessen der Arbeiter. Wir glauben, mit unserer Wirtschaftspolitik und auch hier in einer solchen Frage mit dieser Art von Politik den Interessen der Arbeitnehmer mehr gerecht geworden zu sein. ({0}) Was nun den Art. 12 betrifft, muß ich Ihnen, Herr Kollege Schäfer, ins Gedächtnis zurückrufen, daß im Rechtsausschuß einstimmig eine Formulierung gefunden wurde, daß für Verteidigungszwecke auch sonst noch Verpflichtungen möglich sind. Sie haben selbst mitgestimmt. Sie haben dann erklärt, Sie hätten sich die Dinge überlegt und Sie könnten nicht mehr bei dieser Auffassung bleiben. Daraufhin hat man in quälenden Auseinandersetzungen versucht, den öffentlichen und den privaten Bereich zu trennen, und man hat bei der heutigen Fassung des Art. 12 - ich habe den Absatz gerade nicht hier - eine Trennung gefunden und hat ebenfalls für den privaten Bereich Einschränkungen gefunden, so daß keine Gefahr besteht, daß diese Freiheit, die ich vorhin erwähnt habe, mittelbar wieder beseitigt oder eingeschränkt wird. Meine Damen und Herren, Sie hätten ja auch einmal Vorschläge machen können. Ich muß es einmal dem Hohen Hause sagen, daß von Ihrer Seite ein einziger Vorschlag gekommen ist. Das war ein Absatz in Art. 91, ein formulierter Vorschlag, von dem Sie sich sehr rasch wieder entfernt haben. Sie haben auch dieses Kind so schnell als möglich wieder verleugnet. ({1}) - Ich bin bereit, meine Damen und Herren, zu überlegen - und ich habe mir gedacht, Sie würden Änderungsvorschläge bringen -, wie wir dem in Frage kommenden Absatz des Art. 12 doch noch zu einer Zustimmung verhelfen können und die Befürchtung ausräumen können, daß vielleicht mittelbar eine Einschränkung für die sozialen und wirtschaftlichen Auseinandersetzungen, für den Arbeitskampf, kommen könnte. Ich bin bereit, auch hier noch einen Schritt weiterzugehen, weil ich die Absicht habe, daß man auch in Arbeitnehmerkreisen verstanden wird - das ist notwendig - und daß dort aus der Formulierung entnommen werden kann, daß wir in einer offenen und ehrlichen Art eine solche heikle Frage lösen. Das hätten wir gemeinsam gekonnt. In welch unsicherer Lage, meine Damen und Herren, befinden wir uns denn! Sie kennen die eine oder die andere Meldung, die uns weiß Gott Sorgen macht. Wir verlassen dieses Haus, und erst in drei Monaten kehren wir wieder zurück. Ich muß mich auf die Generalklausel und auf den Vorbehalt verlassen. So ist es doch, und diesen Makel will ich beseitigt haben. Diese drei Monate sind mir unangenehm, wenn möglich noch unangenehmer im Hinblick auf Berlin. Die ganze Zeit, die wir Jahre hindurch verbracht haben, hätten wir nach meinem Gefühl sogar einzelne Abschnitte herausnehmen müssen, bloß um frei zu werden von diesem Vorbehalt. ({2}) Zu dem, was Sie unter Zitierung von Herrn Hoogen zur Frage der Rückkehr aller Ausnahmerechte zu den ordentlichen Rechtsträgern vorgetragen haben, meine sehr verehrten Damen und Herren, möchte ich Ihnen folgendes sagen: Hier gibt es praktisch keine Ausnahmen mehr, sondern die Herrschaft des Parlamentes ist in jeder Beziehung hergestellt. Sie wissen genau, daß der Vorschlag über die Ausstattung und über die Geschäftsordnung des Gemeinsamen Ausschusses, der ja diese Entscheidungen im wesentlichen treffen sollte und der in prominenter Besetzung sich bereit erklärt hat, praktisch immer anwesend zu sein, relativ spät gekommen ist. Das war die Voraussetzung dafür - Herr Kollege Erler, darf ich Ihnen ein Wort ins Gedächtnis zurückrufen -, die nicht zu bestreitende Notwendigkeit einer Blitzgesetzgebung in ganz engem Bereich abzulösen und noch mehr einzuengen. Nachdem diese Bereitschaft erkenntlich war, haben gerade die Vorschläge des Innenministeriums und die Vermittlungsarbeit des Kollegen Barzel dazu geführt, daß wir uns in wenigen Stunden auf diese neue Formel geeinigt haben. Das scheint mir das Kernstück der ganzen Sache zu sein. Ich habe früher bei der Einbringungsrede gesagt - und die Regierung und der größte Teil der Koalition haben diesen Standpunkt vertreten -: Notverordnungsrecht nicht deswegen, weil jemand bei uns absolut darauf aus wäre, ein Notverordnungsrecht zu haben und nach eigenem Willen irgend etwas zu bestimmen, was vielleicht sogar der jeweiligen Opposition abträglich sein könnte. Ich bin der Meinung, in einer solchen Situation wird uns die Gesetzgebung von den harten Umständen vorgeschrieben, und die Möglichkeit frei zu wählen, kann es in einer solchen Situation praktisch nicht geben. Aber wir haben einen Weg gefunden, der ein Kernstück darstellt. Meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition, ich sage das mit aller Offenheit und mit innerster Überzeugung, ich würde auch heute noch einmal den Appell an Sie richten - und ich werde es vielleicht am Schluß noch einmal tun -: Können wir uns nicht doch noch auf diesem Wege finden, um diese Dinge zu retten ({3}) und sie nicht den Fährnissen der politischen Entscheidung auszusetzen, die nun vielleicht von den einen oder anderen Kräften getragen wird? Sie wissen ganz genau, welche Front sich gebildet hat, welche unheilige Allianz sich gebildet hat, als diese Gesetzgebung scheiterte. Die im Osten haben einen Freudentaumel vorgeführt, und bei uns haben sich Kräfte gefunden, die gerade von den Herren der FDP hier richtig charakterisiert worden sind, die die Öffentlichkeit irregeführt und getäuscht haben. Ich muß sagen: es ist bei dem großen Ansehen, das Leute aus dem geistigen Bereich bei uns erfreulicherweise haben, traurig, daß sich einige dazu hergeben, dieses Ansehen, das dem ganzen Bereich und den hervorragenden Vertretern gilt, die das Ansehen geschaffen haben, zu benützen, um die Öffentlichkeit in einer Lebensfrage zu täuschen und aufzuhetzen. ({4}) Die Rückkehr der Vorbehalts- und Ausnahmerechte zu den ordentlichen Trägern ist einmal durch die Allmacht des Parlaments und zum andern durch ein automatisches Außerkrafttreten gesichert. Aber, Herr Kollege Schäfer, ins Auge zu fassen, daß ein Drittel eines Parlaments das Recht haben sollte, eine solche Entscheidung zu treffen - das ist auch ein ganz neuer Gedanke von Ihnen -, dazu, glaube ich, würde sich niemand verstehen, weil es ein Wesenselement unseres Parlaments ist, daß die Mehrheit entscheidet; und das ist gut so. Es muß ja alle vier Jahre seine Befugnisse und Mandate erneuern lassen und muß sich eben wegen dieser Entscheidungen verantworten. Sie sagen, die Gesetzgebung müsse vor allem auf den Schutz des einzelnen bedacht sein und dürfe nicht nur an den Schutz des Staates denken. Meine Damen und Herren, der Staat setzt sich doch aus diesen einzelnen, aus der großen Masse der einzelnen zusammen. Sie bilden den Staat. Er muß sich Vertretungen und Organe bestellen, damit er handlungsfähig ist. Die ganze Menschheit hat einen Kampf darum geführt, daß die staatlichen Handlungen nach Gesetzen orientiert sein müssen. Das war einer der größten Kämpfe, die es .in der Rechtsgeschichte und in der Geschichte der Staaten gegeben hat. Die schwierigste Aufgabe ist die, auch noch in Notfällen nach Gesetzen zu handeln. Wir brauchen dies auch für unsere Beamten, für diejenigen, die die Aufgaben ausführen müssen, sie haben aus der ihnen zugesicherten Fürsorge heraus einen Rechtsanspruch, daß wir ihnen eine klare und einwandfreie Rechtsgrundlage geben, und zwar so schnell wie möglich, damit wir sie nicht auf dem unsicheren Boden nicht geschriebenen oder fremden, geliehenen Rechts sitzen lassen. Das wollen wir erreichen, und das muß sehr rasch, sofort gemacht werden. Wer die letzte Nuance bei einer so großen Frage herausholen will, meine Damen und Herren, dem kann ich, wenn das immer wieder mit neuen, nachgeschobenen und gar nicht entscheidenden, gar nicht gewichtigen Dingen geschieht, nicht unterstellen, daß er den gleichen Eifer zur Ablösung hat, der uns allen von der Sache und vom Gewissen her aufgetragen ist. ({5}) In diesem Zusammenhang vom Schwarzen Peter zu sprechen ist geradezu unmöglich. Es ist nicht ein Schwarzer-Peter-Spiel, sondern vielleicht die größte Gewissensentscheidung, die wir nach dem Verteidigungsbeitrag und unserer Orientierung zum Westen hier zu treffen haben. Aber wir haben nicht so lange Zeit, wie. Sie beanspruchen wollen. Sie wollen fortgesetzt immer wieder etwas Neues. Sie wollen uns auf den Boden zwingen, meine Damen und Herren! Nein, so nicht! ({6}) - Ja, das machen Sie. Mit Ihrem „ein Drittel", nein, mit Ihrer Sperrminorität wollen Sie uns auf den Boden zwingen. Ich sage Ihnen, uns geht es hier um Recht, um die Ablösung dieses Besatzungsvorbehalts, so schnell wie möglich. Die Verzögerung trifft Sie! ({7})

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Das Wort hat der Abgeordnete Benda.

Prof. Dr. Ernst Benda (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000139, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte der Versuchung widerstehen, wiewohl sie ziemlich stark ist, auf eine Fülle von Einzelfragen einzugehen, die der Kollege Schäfer hier aufgeworfen hat. Ich tue das vor allem deswegen, weil der Herr Minister einen großen Teil dieser Fragen bereits beantwortet hat, im übrigen aber auch deshalb, weil es mir darauf ankommt, gegenüber den Ausführungen des Kollegen Schäfer in möglicher Kürze noch einmal die Grundsatzfrage, meine Damen und Herren von der sozialdemokratischen Fraktion, an Sie zurückgegeben, die Sie hier heute nicht beantwortet haben. Ich bin an sich dem Kollegen Schäfer für seine Ausführungen und für den Eindruck, den diese Ausführungen auch außerhalb dieses Hauses machen werden, durchaus dankbar. ({0}) Diese Rede, so wie ich sie verstanden habe, hat eine andere Funktion gehabt als die Ausführungen des Kollegen Erler in der vorigen Beratung dieser Materie. ({1}) Während man aus den Ausführungen des Kollegen Erler - so habe ich sie jedenfalls aufgefaßt - noch den Versuch entnehmen konnte, der Öffentlichkeit darzulegen, daß die sozialdemokratische Fraktion doch eigentlich gar nicht so sehr gegen das sei, was hier gemacht werde, und nur an einzelnen Punkten bestimmte Bedenken habe, hat der Kollege Dr. Schäfer heute hier nun wirklich entschleiert, wie die Situation ist. ({2}) Diese Rede hat eine notwendige - und deswegen bedanke ich mich für diese Rede -, entschleiernde Funktion gehabt. Ich würde sagen, Kollege Schäfer: mehr Salome als Salomon. . ({3}) Der Kollege Erler - ({4}) - Es kommen noch ein paar mehr, Herr Kollege Erler. Auch Clausewitz steht noch hier drauf. Wir können das jetzt gleich mit erledigen. Als der Herr Bundesverteidigungsminister hier den Namen Clausewitz erwähnte, hörte ich von einem der Kollegen - ich weiß nicht, wer es war - den Zuruf: 1812! Der Kollege, der das gerufen hat, weiß offenbar gar nicht, daß die Generalstabsausbildung in der Sowjetarmee den Clausewitz bis zum heutigen Tage einschließt und daß hinter dem - ich benutze die Gelegenheit, um das einmal zu sagen -, was dieser preußische Offizier vor hundert Jahren geschrieben hat, für den heutigen Tag eine große Menge Wahrheit steht, und es wäre gut - deswegen bin ich dem Herrn Minister dankbar, daß er das hier hineinbringt -, wenn die Kollegen, die hier mit uns über Notstandsfragen reden, da einmal hineinsähen. Das, Herr Kollege Schäfer, ist nützlicher für diese Debatte .als das „Schattenboxen" mit der Drucksache 1800 aus der vorigen Wahlperiode. ({5}) Das ist das vorige Jahrhundert, was Sie hier vorbringen. Meine Damen und Herren, der Rechtsausschuß hat Ihnen hier eine Konzeption vorgelegt. ({6}) Diese Konzeption steht zur Debatte und zur Entscheidung. ({7}) Der Kollege Erler hat in der vergangenen Woche in der 190. Sitzung eine Reihe von Punkten als erfreulich festgestellt, über die zu einem, wie er sagte, sehr späten Zeitpunkt Einigkeit erzielt worden sei, und hat dann zum Schluß die Behauptung aufgestellt, in der Vorlage des Rechtsausschusses sei diese Übereinstimmung leider nicht in allen Fällen berücksichtigt worden. Ich warte immer noch darauf - davon hat der Kollege Schäfer nämlich nichts gesagt -, daß hier einmal vorgetragen wird, was von dieser Übereinstimmung in der Drucksache nicht berücksichtigt worden ist. Ich habe hier auch eine Menge von Dingen hinzugelernt. Ich habe etwas gehört von der notwendigen zusätzlichen Legitimation der Mitglieder des Gemeinsamen Ausschusses. Das ist ein Punkt, zu dem der Kollege -

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Wollen Sie eine Zwischenfrage zulassen?

Prof. Dr. Ernst Benda (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000139, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sofort, wenn ich den Satz beendet habe. - Das ist ein Punkt, zu dem der Kollege Dr. Schäfer seit Juni 1963, seit der Rechtsausschuß die Notstandsverfassung behandelt hat, kein Wort gesagt hat. Es gibt noch eine Reihe von anderen Gedanken - der Herr Minister hat den einen oder anderen schon angesprochen -, über die man sich auch unterhalten kann: das verkenne ich gar nicht. Aber der Ort, das zu tun, wäre der Rechtsausschuß gewesen. Das, Herr Kollege Schäfer, wäre wichtiger gewesen als die Dinge, die Sie hier vorgetragen haben. - Bitte schön.

Dr. Friedrich Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001930, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Benda, es ist Ihnen doch bekannt, daß wie in einer zweiten Beratung sind, die am letzten Mittwoch unterbrochen wurde. Halten Sie es denn für notwendig, daß ich alles das, was unser Fraktionsvorsitzender vorgetragen hat - dort ist ein ganzer Katalog von :Übereinstimmungen vorgetragen worden -, wiederhole? ({0}) Meinen Sie, das gilt für mich nur dann, wenn ich es wiederhole? Gelten nicht beide Ausführungen, die namens der Fraktion vorgetragen worden sind? ({1})

Prof. Dr. Ernst Benda (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000139, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Dr. Schäfer, ich habe mir hier nicht Ihre Rededisposition zu überlegen. Ich darf nur schlicht feststellen - das verlese ich aus dem Stenographischen Bericht der 190. Sitzung -, daß Ihr Fraktionsvorsitzender, Herr Kollege Erler, gesagt hat: Leider ist in der Vorlage des Rechtsausschusses nicht diese Übereinstimmung in allen Fällen berücksichtigt worden. Darüber wird in der zweiten Lesung noch zu sprechen sein. Und nun warte ich darauf. Das ist also mein Anliegen. Im übrigen habe ich Ihnen keine Vorschriften zu machen, was Sie hier vorzutragen haben. Aber ich darf mir erlauben, dazu meine Meinung zu sagen. ({0}) - Herr Kollege Erler, ich gebe Ihnen sofort das Wort. Bevor ich sehr gern Ihre Zwischenfrage annehme, möchte ich den Versuch unternehmen, Ihnen in möglicher Kürze einige Gedanken vorzutragen, die ich in dieser Diskussion doch noch für wichtig halte. - Nachdem ich Sie angesprochen habe, Herr Kollege Erler, will ich Ihnen doch noch eben die Möglichkeit zu einer Zwischenfrage geben. Ich bitte aber die anderen Kollegen, zu verstehen, daß ich dann Gelegenheit haben möchte, meine Gedanken hier einmal vorzutragen. Bitte schön, Herr Erler!

Fritz Erler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000488, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Benda, ist Ihnen entgangen, daß in den Beschlüssen des Rechtsausschusses u. a. folgende Punkte nicht ihren Niederschlag gefunden haben, obwohl man vorher darüber gesprochen hatte: 1. die Mehrheiten, die Zweidrittelmehrheit, mindestens die Mehrheit der gesetzlichen Mitgliederzahl des Hauses, auch bei der Feststellung des Verteidigungsfalles; 2. ein einwandfreierer Schutz des Streikrechtes, als er im Rechtsausschuß vorgesehen worden ist; 3. die Frage des Art. 12. In all diesen Punkten ist der Rechtsausschuß nicht auf das zurückgekommen, was vorher besprochen war.

Prof. Dr. Ernst Benda (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000139, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sie behandeln, Herr Kollege Erler, ein völlig anderes Thema als das, das ich hier eben diskutiert habe, wiewohl - ich sage es noch einmal - ich den Punkt nicht für so wichtig halte, daß ich meine, mich sehr lange damit aufhalten zu sollen. Aber ich muß das nun klarstellen, nachdem es hier gefragt worden ist. Sie haben in der 190. Sitzung - es steht auf Seite 9542 des Stenographischen Berichts - gesagt, es seien erfreulicherweise in zwölfter Stunde einige wichtige Fragen zufriedenstellend geklärt worden. Sie haben diese Punkte dann im einzelnen aufgezählt. Ich brauche das wohl nicht vorzulesen. Und dann ist die Behauptung aufgestellt worden, daß diese Punkte keinen Eingang in die Beratungen und Beschlüsse des Rechtsausschusses gefunden hätten. Ich bestreite das für die Punkte, die Sie hier aufgreifen. Über die anderen Punkte können wir uns gern im einzelnen unterhalten. Das sind Punkte, bei denen eine Einigkeit weder in den interfraktionellen Besprechungen noch im Rechtsausschuß erzielt worden ist. Es gibt eine Reihe von Punkten; das darf ich bei dieser Gelegenheit gleich sagen. Der Kollege Dr. Schäfer hat hier einen Brief zitiert - ich habe gar nichts dagegen -, den ich an die Herren Fraktionsvorsitzenden der drei Fraktionen nach dem 20. Mai dieses Jahres, nach der Besprechung dieser kleinen Unterkommission, geschrieben habe. Alles richtig zitiert, Herr Kollege Schäfer! Ich möchte Ihnen nur sagen: ich habe am selben Tag, unmittelbar nachdem ich diesen Brief diktiert hatte, einen zweiten Brief diktiert. Den kennen Sie nicht, den können Sie nicht kennen; er war auch nicht für Sie bestimmt, sondern für den Vorsitzenden meiner Fraktion. Wissen Sie, was ich darin geschrieben habe? ({0}) Ich habe darin geschrieben - und ich wiederhole das hier -, daß ich auf Grund ,des Verhaltens des Kollegen Dr. Schäfer in der Sitzung dieser Kommission, auf Grund des Vorbringens von einem Dutzend oder mehreren Dutzend neuer Punkte den Eindruck habe, ) daß die sozialdemokratische Fraktion nunmehr nicht mehr ernstlich bereit ist, an der Verabschiedung der Notstandsverfassung mitzuwirken. Das war der Inhalt des zweiten Briefes. ({1}) Der Kollege Dr. Schäfer hat die wichtige Frage aufgeworfen, wie es denn wäre, wenn das, was hier als Kompromiß besprochen worden sei, nicht zustande komme. Ich will Ihnen dazu - ich sage das für mich persönlich - ein offenes Wort sagen. Das, was Ihnen hier als Konzeption des Rechtsausschusses vorliegt, ist nicht die Vorlage der CDU, wie hier immer gesagt worden ist; es ist die Vorlage, die Konzeption des Rechtsausschusses, meine Damen und Herren! Was Ihnen hier vorgelegt worden ist, stellt in der Tat einen Kompromiß dar. Es gibt eine Reihe von Punkten, bei denen ich persönlich sagen würde: Vielleicht sollte man es lieber anders machen. Es gibt Kollegen, auch innerhalb meiner Fraktion, die bei ;anderen Punkten einer abweichenden Auffassung sind, die sich beispielsweise auch von meiner persönlichen Auffassung unterscheidet. Es ist guter Brauch in unserer Fraktion, daß wir das auch innerhalb der Fraktion im Wege der Aussprache und der Entscheidung - so, wie es selbstverständlich ist - für uns alle klären. Wir sind bereit - Herr Kollege Dr. Schäfer, ich finde, Sie sind eigentlich gar nicht legitimiert, uns vorzuwerfen, daß wir uns jetzt ;etwas anderes überlegen -, diesen Kompromiß hier und heute zu verabschieden. ({2}) Die Frage ist an Sie zu richten, ob Sie dazu bereit sind. Wenn ;diese Bereitschaft nicht besteht - Sie haben angekündigt, daß sie nicht besteht; aus Ihren Ausführungen ist diese mangelnde Bereitschaft sehr deutlich geworden -, dann geht hier vielleicht -mein Fraktionskollege Dr. Barzel hat das einmal in einer unserer Besprechungen gesagt, und das gilt wohl auch für diesen Zusammenhang - mehr entzwei, ,als es im Augenblick nur den Anschein hat. Das müssen Sie sich wirklich überlegen. Sie haben die Rede des Herrn Bundesverteidigungsministers gehört. Ich habe Ihren Protest nicht verstanden, denn der Minister, der für die Verteidigung unseres Landes ressortmäßig verantwortlich ist, ist verpflichtet, dem Parliament 'das zu sagen, was zum Schutze dieses Landes und dieses Volkes notwendig ist. ({3}) Der Bundesverteidigungsminister hat erklärt, daß bei dem einen oder anderen Punkt die Bundesregierung oder jedenfalls das Bundesverteidigungsministerium der Auffassung ist, daß unter dem Blickwinkel der Verteidigung die Grenze des Möglichen und Notwendigen erreicht, wenn nicht sogar schon überschritten ist. Ichweiß, an welche Punkte er dabei denkt. Wir haben sie alle im Rechtsausschuß besprochen. Nicht in allen Punkten bin ich mit ihm einer Auffassung. Ich glaube, daß der Kompromiß, der entgegen der Meinung 'des Bundesverteidigungsministers in dem leinen oder anderen Punkt gefunden worden ist, noch tragbar ist. Darüber haben wir uns unterhalten, und wir werden uns in Zukunft weiter darüber unterhalten müssen. Wenn das nicht zustande kommt, dann geht - und das ist nicht nur eine Formalie, die sich aus formalen Gründen der Verfassung ergibt, sondern das ist eine ganz wichtige grundsätzliche Sache - selbstverständlich das Gespräch in allen Punkten wieder von vorn los. Dann mögen Sie Ihre neuen Punkte zur Diskussion stellen. Wir werden auch eine Reihe von Dingen mit Ihnen neu zu diskutierten haben. Aber, Herr Kollege Dr. Schäfer, eins habe ich hier trotz aller enthüllenden Bemerkungen nicht gehört, und ich stelle die Frage noch einmal an die Fraktion der SPD: Sie haben hier die Konzeption vorgelegt bekommen. Den Mitgliedern des Rechtsausschusses war sie ohnehin bekannt. Ich möchte gern einmal wissen, ob die Fraktion der SPD gegen diese Konzeption Einwendungen hat und, wenn ja, welche. Da ist bei den Einzelpunkten, die hier herausgegriffen werden, die Sache mit Artikel 10. Dazu hat sich der Herr Minister schon geäußert. Das ist überhaupt kein Teil der Konzeption, die der Rechtsausschuß Ihnen vorgelegt hat. ({4}) - Sie bringen mich da wieder auf etwas, Herr Kollege Dr. Schäfer, was ich Ihnen nun auch noch sagen muß. Schon bei den Ausführungen des Kollegen Erler in der vorigen Woche habe ich Anlaß genommen, diese Frage zu stellen: Wie stellt sich eigentlich die Fraktion der SPD und wie stellen sich ihre Mitglieder im Rechtsausschuß ihre Rolle bei der Beratung einer Grundgesetzänderung vor? Ist es eigentlich eine zulässige und ausreichende Methode, Herr Kollege Erler und Herr Kollege Dr. Schäfer, Parteitagsentschließungen zu fassen und dann dem Deutschen Bundestag zu sagen, diese Entschließung des Parteitages der SPD habe angenommen zu werden, sonst werde das nicht akzeptiert? Ist das eine Methode der Beratung in den Ausschüssen? ({5}) Ist es nicht ein Mißbrauch der Sperrminorität, dann noch zu sagen, wie das der Kollege Dr. Schäfer heute bei mehreren Gelegenheiten getan hat, wir hätten das nicht zu Ende gedacht? So haben Sie es an einer Stelle ausgedrückt. Herr Kollege Dr. Schäfer, wir alle haben im Rechtsausschuß und in den anderen Ausschüssen mitzudenken und mitzuarbeiten. Wir haben nicht die Arbeit den anderen zu überlassen und dann am Schluß zu sagen: Ihr habt das Ziel der Klasse nicht erreicht. Sie tragen für diese Gesetzgebung genausoviel Verantwortung wie wir. ({6}) Ich muß noch auf einen anderen Punkt zu sprechen kommen, der an sich nicht wichtig ist, auf dessen Darlegung ich aber Wert lege, weil der Herr Kollege Dr. Schäfer ihn für wichtig gehalten und zum Gegenstand seiner Ausführungen gemacht hat. Er hat beanstandet - ich habe das eigentlich als eine persönliche Kritik an mir aufgefaßt -, daß die Unterlagen des Berichts ihm nicht rechtzeitig zugegangen seien und daß er nicht Gelegenheit gehabt hätte, dazu Stellung zu nehmen. Ich darf dazu mit genauen Daten folgendes mitteilen. Am 26. Mai, 16.30 Uhr, hat der Rechtsausschuß seine Beratungen über diese Materie beendet, allerdings bereits in Abwesenheit der SPD-Mitglieder, mit Ausnahme eines einzigen. Das war der Tag vor Himmelfahrt. Am 28. Mai, zwei Tage später, allerdings sehr spät abends - das war ein Freitag -, habe ich das Diktat des Berichtes beendet. Er liegt Ihnen vor; Sie können sich vorstellen, daß es nicht ganz einfach war, die Arbeit in zwei Tagen zu erledigen. Am 1. Juni, am darauffolgenden Dienstag, hat das Sekretariat des Rechtsausschusses die notwendigen Schreibarbeiten auf Grund dieses Diktats beendet, und zwar über Sonntag. Am gleichen Tage sind die Unterlagen des ersten Teils, etwa 50 Schreibmaschinenseiten, dem Kollegen Dr. Schäfer mit Poststempel vom 1. Juni zugegangen. ({7}) Am 4. Juni hat der Kollege Dr. Schäfer - das Schreiben liegt mir vor - die Unterlagen als Anlage zurückgegeben und dazu geschrieben, er habe sich erlaubt, an einigen Stellen Bemerkungen anzubringen oder durch ein Zeichen anzuregen, den betreffenden Passus vielleicht etwas anders zu formulieren. Ich habe selbstverständlich Anlaß genommen, diese 50 Seiten durchzusehen. Es befinden sich an etwa ein Dutzend Stellen entweder senkrechte oder waagerechte Striche mit einem Gelbstift ohne näheren Zusatz. An etwa sechs Stellen befinden sich Fragezeichen ohne einen weiteren Zusatz, und an etwa weiteren sechs Stellen befinden sich sprachliche Umformulierungen, die in dieser Form auch in den Bericht übernommen worden sind, Dinge rein redaktioneller Art. Das war die Arbeit des Herrn Kollegen Dr. Schäfer. Er hat keine Verantwortung dafür. Ich kritisiere ihn nicht dafür, aber ich finde es nicht sehr korrekt, dann dem Berichterstatter vorzuwerfen, daß der Mitberichterstatter nicht ausreichend Gelegenheit gehabt habe, sich mit dem Entwurf vertraut zu machen. ({8})

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Gestatten Sie eine Frage, Herr Abgeordneter?

Prof. Dr. Ernst Benda (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000139, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Bitte!

Dr. Friedrich Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001930, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Benda, Sie legen sicher Wert darauf, daß ich das ergänze. Sie haben gesagt, den ersten Teil haben Sie mir zugesandt und den habe ich zurückgegeben. Den zweiten Teil habe ich mit Schreiben vom 8. Juni an den Rechtsausschuß zurückgegeben.

Prof. Dr. Ernst Benda (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000139, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich wollte das gerade sagen, Herr Kollege, wenn Sie einen Augenblick gewartet hätten. Was ich soeben sagte, betraf den ersten Teil, die Seiten 1 bis 45. Die Seiten 45 bis 84 sind dem Kollegen Schäfer am 3. Juni in der gleichen Form, wie ich das gesagt habe, zugeschickt worden. Mit Schreiben vom 8. Juni - sie sind am 9. oder 10. Juni eingetroffen - hat Herr Kollege Schäfer sie dem Rechtsausschuß mit dem Bemerken zurückgeschickt: „Den zweiten Teil Ihres Berichtes habe ich am Sonnabend, dem 5. Juni" - es hat also offenbar zwei Tage gedauert - „erhalten; ich hatte keine Gelegenheit, Ihren Bericht durchzuarbeiten; damit keine Verzögerungen eintreten, gebe ich ihn in der Anlage zurück." - Ich habe auch das nicht zu kritisieren. Die Gelegenheit aber, Herr Kollege Dr. Schäfer, die Sie vorhin bestritten haben, haben Sie gehabt. ({0}) - Den Zwischenruf, Herr Kollege Dr. Schäfer, habe ich wirklich überhört. Ich würde vorschlagen, daß Sie es sich noch einmal überlegen, ob Sie ihn im Protokoll stehenlassen wollen. Überlegen Sie ihn einmal. ({1}) - Wollen wir uns wirklich auf einem solchen Niveau der Auseinandersetzung, wie Sie das hier vorschlagen, bewegen? ({2}) Ich darf noch etwas anderes sagen.

Dr. Friedrich Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001930, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Nur ein Satz, damit es vollständig ist!

Prof. Dr. Ernst Benda (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000139, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Bitte sehr! ({0})

Dr. Friedrich Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001930, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Benda - meinetwegen auch in Frageform -, ist es richtig, daß das Schreibei am Sonnabend, dem 5. Juni, bei mir einging, dann der 6. Juni - Pfingstsonntag - und der 7. Juni - Pfingstmontag - dazwischenlagen und ich es Ihnen am Pfingstdienstag zurückgegeben habe? Ich hatte wegen anderer Verpflichtungen zu Pfingsten keine Gelegenheit, das zu lesen - 50 Seiten! ({0})

Prof. Dr. Ernst Benda (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000139, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Meine Damen und Herren! Ich darf das auch den Kollegen meiner Fraktion sagen: es kommt mir hier nicht auf diese Einzelheiten an. Der Kollege Schäfer hat sich hier doch nicht zu rechtfertigen; das ist gar nicht unser Thema. Ich hätte dieses Thema überhaupt nicht angeschnitten, wenn nicht hier der Mitberichterstatter im Rechtsausschuß - der Herr Kollege Dr. Schäfer ist gemeint - vorhin geglaubt hätte, dem Berichterstatter oder dem Ausschuß oder wem auch immer - so habe ich es jedenfalls verstanden - einen Vorwurf machen zu wollen, als ob es ihm gegenüber ein unkorrektes Verhalten gewesen sei und als ob die SPD dadurch gehindert worden sei, sich mit der Materie ausreichend zu beschäftigen. ({0}) - Wenn dieser Vorwurf nicht erhoben worden ist oder nicht aufrechterhalten wird - oder wie immer -, ist das Thema, das ich ohnehin nicht für sehr interessant halte, für mich erledigt. Ich sehe keinen Anlaß, darauf zurückzukommen. ({1}) Gestatten Sie, daß ich mich einem anderen Thema zuwende. Ich komme damit jetzt zum Abschluß meiner Ausführungen in diesem Zeitpunkt. Sie haben sich - das ist einer der wenigen Punkte, bei denen Veranlassung besteht, ein bißchen auf die Sache einzugehen - mit dem Art. 12 und im Zusammenhang damit mit dem Streikrecht beschäftigt. Sie waren auch so freundlich, Ausführungen, die ich in diesem Zusammenhang vor dem Deutschen Gewerkschaftsbund gemacht habe, zu zitieren. Dazu darf ich folgendes sagen. Im Rechtsausschuß im Zusammenhang mit Art. 12 - der Dienstverpflichtung der Bevölkerung - war die Frage des Streikrechts im ganzen Verlauf der Beratungen überhaupt nicht das Diskussionsthema. Das Thema war die Frage - das haben Sie hier angesprochen -: darf es im Zustand der äußeren Gefahr, wenn die männliche Bevölkerung, soweit sie im wehrpflichtigen Alter ist, aufgerufen wird, das Land, die Nation mit der Waffe in der Hand zu verteidigen, die rechtliche Möglichkeit geben, daß der Staatsbürger, der von dieser Verpflichtung aus diesen oder jenen Gründen verschont ist, sich so verhält, als ob er dem Land und dem Volke gegenüber überhaupt keine Verpflichtung hätte? ({2}) Oder muß man ihm nicht notfalls solche Pflicht auferlegen, soweit er freiwillig dazu nicht bereit ist? Das ist das Thema, das ist die Frage, die Art. 12 regelt. ({3}) Die Frage ist im Januar vor dem Deutschen Gewerkschaftsbund diskutiert worden; da stand der Vorschlag des Rechtsausschusses zur Diskussion. Da hat der Kollege Dr. Schäfer - ich könnte jetzt auch aus dem Protokoll vorlesen, ich halbe die Seite hier aufgeschlagen - dem Bundesvorstand des Deutschen Gewerschaftsbundes vorgetragen, daß die vom Rechtsausschuß damals vorgesehene, auf einem Vorschlag des Kollegen Dr. Schäfer ({4}) beruhende Regelung völlig ungefährlich sei und die Rechte der Arbeitnehmer hinreichend berücksichtige. (Hört! Hört! ({5}) Der Kollege Dr. Schäfer - ich darf es doch vortragen, es steht auf Seite 31 dieses Protokolls - hat gesagt - zu Art. 12 auf Grund einer Frage eines Herrn des Bundesvorstandes oder Bundesausschusses des Deutschen Gewerkschaftsbundes -: Dieser Art. 12 - er war damals noch nicht beschlossen, wie ich gesagt habe -, er ist nicht im Gesetzentwurf darin, der Ausschuß kann ihn nicht von sich aus einfach vorschlagen, er muß von jemandem übernommen werden. Aber nun bitte ich Sie, sich zu erinnern, was ich gesagt habe über die Beweissicherungsgesetze, über die Sicherstellungsgesetze, das Bundesleistungsgesetz und das Wehrpflichtgesetz. Wir sind der Auffassung, daß diese Gesetze nur angewendet werden können, wenn das Parlament oder Notparlament zugestimmt hat, genau aus dem Grunde, den Sie mit Recht anführen, denn sonst könnte man jederzeit von der Regierung aus das feststellen, bitte, heute z. B. feststellen, und streikende Arbeiter in Uniform stecken und wieder an den Arbeitsplatz stecken. Das ist heute rechtlich möglich. Genau das soll rückwärts gemacht werden. Die CDU sagt: anhören und die Regierung korrigieren. Wir sagen: nein, das darf gar nicht gemacht werden ohne vorherigen Beschluß. Setzen wir - jetzt kommt das Interessante; das andere war nur für den Zusammenhang notwendig das vollends durch, dann ist auch Art. 12 insoweit politisch vollkommen ungefährlich geworden, als dann nur nach dem Zivildienstgesetz in Anspruch genommen werden darf und das Zivildienstgesetz zu seiner Anwendung der Zustimmung des Parlaments und des Notparlaments bedarf. Meine Damen und Herren, exakt das ist die Rechtslage nach dem vom Rechtsausschuß erarbeiteten und Ihnen vorliegenden Entwurf. ({6}) Das ist - und ich wiederhole die Worte des Herrn Kollegen Dr. Schäfer - „politisch vollkommen ungefährlich". So ist es beschlossen worden. Der Vorschlag kam vom Kollegen Dr. Schäfer am 24. Januar dieses Jahres. Er ist dann etwas umformuliert worden, aber das war eine sprachliche Umformulierung, und dann ist er einstimmig so beschlossen worden. ({7}) Dann passierte eine ganze Weile gar nichts. Aber in einem merkwürdigen zufälligen zeitlichen Zusammenhang mit der Erkenntnis der sozialdemokratischen Fraktion, daß man vielleicht die Notstandsverfassung doch nicht verabschieden sollte - ohne jeden Druck von gewerkschaftlicher Seite, wie Sie uns sagten, aus eigener Erkenntnis -, wurde dann plötzlich das, was im Bundesvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes am 13. Januar dem Kollegen Schäfer kritisch vorgehalten und von ihm damals als unbegründet abgelehnt worden ist, als Auffassung der SPD übernommen. Das war ein merkwürdiger Zufall. ({8})

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Herr Abgeordneter Schäfer zu einer Zwischenfrage.

Dr. Friedrich Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001930, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Benda, wollen Sie dann auch noch ergänzend hier referieren, welche Auffassung von Ihnen im Rechtsausschuß und 'an anderer Stelle vorgetragen wurde, nämlich die, daß ein .arbeitsrechtliches Verhältnis nicht genüge? Wir waren der Auffassung, daß mit der Formulierung nur eine .Arbeitslenkung - mit Ausnahme des öffentlichen Dienstes, z. B. des Polizeidienstes - verbunden sei. Gerade daran haben sich doch die Geister geschieden. Dann stellte man test, daß Ihre von uns nicht geteilte Auffassung nach diesem Art. 12 möglich wäre. Dann kamen unsere Bedenken, nachdem wir 'entdeckt hatten, was Sie da hineingeheimnissen wollen. ({0})

Prof. Dr. Ernst Benda (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000139, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Nein, Herr Kollege Schäfer. Sie zwingen mich dazu, darauf aufmerksam zu machen, daß der dem Hohen Haus vorliegende Entwurf in diesem Punkte am 26. Mai vom Rechtsausschuß nochmals geändert worden ist. Das haben wir von uns aus gemacht. Er geht damit über die Beschlüsse, die wir einstimmig gefaßt haben, noch hinaus. Wir sagen nämlich ausdrücklich, daß im öffentlichen Bereich eine Dienstverpflichtung zulässig sein soll. Sie reden vom nichtöffentlichen Bereich. Im nichtöffentlichen Bereich schränken wir das ein. Da bedarf es der Feststellung des Zustandes .der äußeren Gefahr oder jedenfalls der Feststellung zur Herstellung der Verteidigungsbereitschaft entsprechend den einfachen Notstandsgesetzen. Ich habe - das ist richtig - bei verschiedenen Gelegenheiten, auch beim DGB, folgendes gesagt, und (es ist vielleicht wichtig genug, das hier einmal zu wiederholen. Man muß sich natürlich darüber im klaren sein, daß es nach der geltenden arbeitsrechtlichen Lage nicht möglich ist, einen Arbeitnehmer, dier seinen Arbeitsplatz von .sich aus verläßt, ohne zu kündigen, dier damit seinen Arbeitsvertrag bricht, rechtlich zu zwingen, diesen Dienst wieder aufzunehmen. Er kann verurteilt werden. Die Herren, die im 'Bereich der Wirtschaft tätig sind, wissen das. Das ist tägliches Brot der Arbeitsgerichte: Abwerbung, jemand verläßt seinen Arbeitsplatz. Es ergeht gegen ihn ein Urteil, daß er .den Arbeitsvertrag gebrochen hat. 'Dieses Urteil kann aber nicht vollstreckt werden. 'Das ergibt sich aus dem § 888 Abs. 2 ZPO. Er verbietet die . Vollstreckung von zwei Dingen, nämlich die Vollstreckung der Eingehung einer Ehe und persönlicher Dienstleistungen. ({0}) Er tut das nicht ohne Grund. Herr Kollege Schäfer, dahinter steckt doch, wie Sie mir zugeben werden - wir diskutieren die Frage heute nicht zum .erstenmal, sondern wir haben uns verschiedentlich, auch im Rechtsausschuß, darüber unterhalten - eine juristische Schwierigkeit. Wenn Sie mir einen Weg zeigen, darüber hinwegzukommen, stehe ich zu dem, was mein Fraktionsvorsitzender Dr. Barzel gesagt und bei dier Beratung dieser Materie in der vorigen Woche hier zum Ausdruck gebracht hat. Ich stehe auch persönlich dazu, durchaus: Eine arbeitsrechtliche Regelung mag man anstreben, wenn sie sich erreichen läßt. Aber .möglicherweise ist Ihnen entgangen oder .aus der Erinnerung entschwunden, .daß bereits der Entwurf des Zivildienstgesetzes keineswegs schlechthin eine öffentlich-rechtliche Dienstverpflichtung vorsieht, sondern daß er durchaus die Möglichkeit zur Begründung privatrechtlicher arbeitsrechtlicher Dienstverhältnisse enthält. Also ist .es doch möglich, sich darüber einig zu werden. Notwendig ist allerdings, daß man dann nicht kommt, wie Sie das heute getan haben, und sagt: Wir können das alles nicht mehr. Ihr habt euer Klassenziel nicht erreicht, ihr habt euer Pensum nicht erfüllt, macht erst (einmal eure Schularbeiten, und dann kommt wieder! Wir werden dann so gnädig sein, das in den nächsten drei Jahren zu prüfen, ob runs das besser erscheint! - Das ist nicht die richtige Methode. Setzen wir uns zusammen; das gilt für jeden dier Partner. Herr Kollege Dr. Schäfer, Sie erwähnten meinen Brief vom 20. Mai, als ob er unerhörte Enthüllungen bringe. Er hat allerdings etwas enthüllt. Das war am 20. Mai. Jetzt sind wir einen Monat später. In diesen vier Wochen hätte man diese Punkte - und noch zehnmal mehr-, wenn der Wille bestanden hätte, längst klären können. ({1}) Herr Kollege Schäfer, ich sage Ihnen dann auch noch - und das muß auch einmal öffentlich gesagt werden - folgendes: In einer der letzten BespreBenda chungen der Verhandlungskommission - ich glaube, es war in der vorletzten - hat der Kollege Erler - und ich habe das als menschlich vornehm empfunden - in diesem Kreise unaufgefordert dem Kollegen Dr. Barzel den Dank, seinen persönlichen Dank - ich unterstelle: auch der SPD-Fraktion -, für die Bereitschaft und die Mühe ausgesprochen, die sich der Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU-Fraktion gemacht habe, um - bis an den Rand des überhaupt Möglichen - diese Regelung zustande zu bringen. Das ist in diesem kleinen Kreise geschehen. Es sitzen hier einige Herren, die dabei waren. Herr Kollege Erler, so ist es ja doch wohl gewesen. Ich würde gern die Kollegen von der Fraktion der SPD fragen, ob sie zu diesen Ausführungen stehen oder ob sie das sagen, was Herr Kollege Dr. Schäfer hier gesagt hat. Ich stehe für die Fraktion der CDU/CSU - ich möchte in diesem Falle einmal für sie sprechen dürfen, weil der Kollege Barzel es hier nicht kann - zu diesem Dank; auch wir sprechen dem Kollegen Barzel diesen Dank aus. ({2})

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Gestatten Sie eine Frage, Herr Abgeordneter?

Prof. Dr. Ernst Benda (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000139, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Bitte schön!

Fritz Erler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000488, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Benda, entsinnen Sie sich, daß ich nicht nur im stillen Kämmerlein, sondern auch hier von der Tribüne des Bundestages herab den Dank für die erreichte Übereinstimmung in einer Reihe wichtiger Fragen bekundet habe? Man braucht also hier keine Geheimniskrämerei zu machen. Ich spreche nur eine Sprache, im kleinen Kreis und vor der Tribüne des Bundestages. ({0})

Prof. Dr. Ernst Benda (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000139, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Erler, ich bin Ihnen dankbar für den Hinweis. Er ist völlig berechtigt. Ich erkenne das in vollem Umfang an. Sie haben eine Sprache gesprochen. Aber ich glaube, daß sich das, was mir der Kollege Schäfer eben zugerufen hat, in der Sprache wesentlich davon unterscheidet. ({0}) Meine Damen und Herren, ich verzichte im Augenblick auf weitere Ausführungen zu Einzelfragen. Ich darf zum Schluß noch eines sagen. Ich lese in der Zeitung, daß der Sprecher des Vorstandes der Sozialdemokratischen Partei, Herr Barsig, gestern oder vorgestern im Hinblick auf gegenwärtige aktuelle Ereignisse und besonders im Hinblick auf die Hetzkampagne, die von seiten der Sowjetzone gegen die Notstandsgesetzgebung und ihre Beratung im Bundestag eingeleitet worden ist, dazu aufgefordert hat, daß hierzu eine klare und überzeugende Antwort gegeben wird. So, wenn die Presse richtig zitiert hat, Herr Barsig, der Sprecher des SPD-Vorstandes! Ich unterstütze diese Aufforderung. Ich bin der Auffassung, daß die Ausführungen des Kollegen Dr. Schäfer diesem Ziel nicht gerecht geworden sind. Ich bin der Auffassung, der Bundestag hat die Verpflichtung, diese Aufgabe zu erfüllen und eine Antwort zu geben. ({1})

Erwin Schoettle (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11002061

Meine Damen und Herren, wir unterbrechen die allgemeine Aussprache und treten in die Mittagspause ein. Fortsetzung um 15 Uhr! Die Sitzung ist unterbrochen. ({0})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Die unterbrochene Sitzung wird fortgesetzt. Meine Damen und Herren, wir fahren fort in der allgemeinen Aussprache zu Punkt 4 der Tagesordnung. Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Kohut.

Dr. Oswald Adolph Kohut (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001169, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zwanzig Jahre sind ins Land gegangen, ohne daß eine Notstandsregelung getroffen wurde, und die Bundesrepublik existiert noch immer. Inzwischen hat sich eine Notstandshysterie bei uns entwickelt; und die halte ich für gefährlich. Gewiß, wir haben ein Parlament, das sich große Mühe gegeben hat, in Übereinstimmung eine scheinbar notwendige Notstandsregelung zu treffen. Aber so wichtig scheint die Angelegenheit für die Regierung nicht zu sein; denn von 22 Ministern sind nur zwei anwesend. ({0}) - Ja, zwei von 22. Das sind 10 %, knapp gerechnet. Wir haben die lichtvollen und interessanten Ausführungen unseres Kriegsministers vorhin gehört. ({1}) - Entschuldigen Sie; ich war den Dingen schon vorausgeeilt, Herr Rasner, sagen wir: Verteidigungsminister; vielleicht - ({2}) - Na, lassen Sie das lieber! ({3}) - Das ist eine alte Methode von Ihnen und Ihrer Partei, alle abweichenden Meinungen mit „SED-Jargon" usw. zu bezeichnen, ({4}) weil Sie den Schwarzen Mann an die Wand malen und weil Sie nichts unternommen haben, um eine Einigung Deutschlands herbeizuführen und dadurch den SED-Jargon zu beseitigen, mein lieber Herr Rasner. ({5}) - Nun, wenn wir schon von Jargon reden, dann kann ich sagen: ich erinnere mich bei den Tönen, bei der Tonart von Herrn von Hassel an den Geist der Vergangenheit. Es war die Musik von damals, als die Deutschnationalen - das ist ungefähr der Typ dazu - mithalfen, über Harzburger Front die Nationalsozialisten in den Sattel zu heben, und das führte bis zum Sportpalast und zu der Frage: „Wollt ihr den totalen Krieg?" ({6}) - Nein, eine Entwicklung, die man aufzeigen muß. Das war der Jargon, der auch zu Deutschlands Unglück erheblich beigetragen hat, so wie Sie wahrscheinlich auch das Nötige dazu tun werden, daß es zu Auseinandersetzungen kommt, die vermieden werden können. Denn was tun Sie? Von 18 Verfassungsgrundrechten wollen Sie mit diesem Gesetz in elf Grundrechte eingreifen. 24 weitere Artikel des Grundgesetzes sollen verändert werden. Dann werden 15 neue Notstandsartikel mit 56 Absätzen hinzugefügt. Und schließlich haben wir einen Katalog von elf sogenannten einfachen Gesetzen mit „nur" 426 neuen Paragraphen. ({7}) Das ist ein Aufwand, der unwahrscheinlich ist. Ich finde, der deutsche Perfektionismus treibt hier höchste Blüten. Wenn ich nun auf das zurückgreife, was Ihr Kollege Benda gesagt hat, so geht daraus hervor, daß in den Verfassungen von Belgien, Dänemark, Großbritannien, Kanada, Luxemburg, Norwegen, Osterreich, Schweden, der Schweiz und sogar der Vereinigten Staaten von Amerika kein Wort über den Notstandsfall zu finden ist. ({8}) - Vielleicht ein, zwei Paragraphen, ein bißchen! Lediglich - das haben Sie gesagt - in Frankreich, den Niederlanden, der Türkei und Griechenland räumt man den Staatsoberhäuptern oder den Regierungen besondere Vollmachten ein, wenn es zum Notstandsfall kommen sollte. Aber ausgerechnet wir finden geradezu ein Vergnügen daran, wir bemühen uns, mit Notstandsgesetzen entscheidende Teile unserer Verfassung außer Kraft zu setzen. Diese Ausnahmegesetze - so kann man sie gut nennen - führen zu einer totalen staatlichen Machtkonzentration und verkehren den Sinn des Grundgesetzes in sein Gegenteil. Warum hat man nicht schon bei der Schaffung des Grundgesetzes diese Dinge wenigstens einigermaßen vorbereitet, wenn es notwendig war? Man hat vieles vergessen und hat nichts gelernt aus dem, was war, nichts aus zwei verlorenen Kriegen, nichts aus den Ermächtigungsgesetzen der Weimarer Zeit usw. Aber wie sollte man auch bei uns lernen?! Wir wollen eine Notstandsverfassung - oder Sie wollen sie haben - die alles übertrifft, was es in der Welt gibt: deutscher Perfektionismus in Reinkultur! Ich bin der Meinung, auch bei uns könnte mit den vorhandenen Gesetzen jeder eintretende Notstand überwunden werden, ohne daß unsere freiheitliche Ordnung gefährdet wird. Eine große Rolle spielte besonders in den Ausführungen des Herrn Ministers Höcherl die Frage, ob wir unsere volle Souveränität erhalten, wenn wir die Notstandsgesetzgebung durchführen und damit die Vorbehaltsrechte aus dem Art. 5 des Deutschlandsvertrages loswerden. Noch in der Sitzung am 16. Juni war sich der Herr Bundesminister des Innern nicht darüber klar, ob das gelingen wird. Er sagte dort nach dem Protokoll: ... weil wir ... auf diesem sehr bedeutsamen und entscheidenden Rechtsgebiet Herr im eigenen Hause werden wollen. Und wir haben Aussichten, aber keine Sicherheiten. Und nach dem, was heute vorgetragen worden ist, weiß ich nicht, ob auch alle Vorbehaltsrechte außer Kraft gesetzt werden - denn es soll ja nach der Salami-Taktik nur von Fall zu Fall sein -, ob nicht etwa der Eingriff in das Post- oder Telefongeheimnis weiter ein Vorbehaltsrecht der Alliierten und unserer Geheimdienste bleiben wird. Vielleicht braucht man es noch, um darüber hinaus ein bißchen Wirtschaftsspionage zu treiben und dergleichen mehr. Ich bin der Meinung, meine sehr verehrten Kollegen, daß uns diese Notstandsgesetze, wie sie geplant sind, schon im Frieden sehr zu schaffen machen werden. Denn sie müssen ja für den Ernstfall vorexerziert werden. Und sie werden in das Leben jedes einzelnen eingreifen. Der Notstand kann unbefristet verlängert werden, und die Regierung, die gerade an der Macht ist, kann auch die Wahlen aussetzen, wenn es so weit kommt. Wer in unserem Lande aus der Vergangenheit nichts gelernt hat und sich eine neue Diktatur ersehnt, der schafft mit Zustimmung zu den Notstandsgesetzen hierfür jede Voraussetzung. Der Mann aus dem Volke, das angeblich in seiner Mehrheit für die Notstandsgesetzgebung ist, stellt sich sicher darunter etwas ganz anderes vor. Er denkt vielleicht an Hochwasserkatastrophen wie jetzt in Passau, oder vielleicht kann er sich vorstellen, daß man die schleichende Inflation hierzulande mit Notstand bekämpft. ({9}) Aber er weiß nicht, was auf ihn zukommt. Das weiß er nicht im mindesten. Wir haben ja Notstände: den Krankenhausnotstand, den Notstand im Straßenbau und den Bildungsnotstand. Für alles das wird nicht mehr viel Geld übrigbleiben, wenn wir die neuen Bunker bauen, von denen maßgebliche ,Professoren sagen, daß sie gegen Atombomben nicht schützen. Aber dafür werden wir sicherlich Milliarden mobilisieren können. Wir werden weiter das Vergnügen haben, daß die gute und bewährte Institution der Blockwarte und der Luftschutzwarte wiederkommt, alles, was wir so schön im „Dritten Reich" gehabt haben. So sind wir auf dem besten Wege, nach 20 Jahren zu vergessen. ({10}) - Bitte sehr, gehen Sie hinaus, ich habe nichts dagegen! Ich werde Sie im nächsten Bundestag erfreulicherweise nicht mehr sehen, wenigstens nicht diejenigen, die mich eben angesprochen haben. Das Selbstschutzgesetz enthält in seinem § 4 die Verpflichtung zur Teilnahme an Ausbildungsveranstaltungen. Damit dieses Selbstschutzgesetz wirksam werden kann, muß vorher Art. 12 -des Grundgesetzes geändert werden. Das Gesetz über das Zivilschutzkorps soll die Einberufung zum Dienst in diesem Korps ermöglichen. Nach § 1,1 a ,des Gesetzes über das Zivilschutzkorps ist das Wehrpflichtgesetz die Grundlage für die Heranziehung zu diesem Korps. Nach dem Wehrpflichtgesetzt kann eine Heranziehung jedoch nur zur Wehrpflicht selbst erfolgen. Also würde die Annahme des Zivilschutzkorps-Gesetzes auch eine Änderung von Art. 1,2 des Grundgesetzes voraussetzen. Ferner sind die in diesem Zivilschutzkorps vorgesehenen Einschränkungen der Freizügigkeit mit Art. 11 des Grundgesetzes nicht in Einklang zu bringen. Beide Gesetze müssen also nach Art. 79 Abs. 1 des Grundgesetzes den Wortlaut des Grundgesetzes ausdrücklich ändern, und zwar mit qualifizierter Mehrheit, d. h. mit zwei Dritteln der Mitglieder und der Stimmen des Bundestages verabschiedet werden. Sie mit einfacher Mehrheit hier durchlaufen und durchfließen zu lassen, wäre ein Verstoß gegen das Grundgesetz. Zusammenfassend stelle ich fest: Wer nicht will, daß unsere freiheitliche demokratische Ordnung in Gefahr gerät, hat allen Grund, der Notstandsgesetzgebung zu mißtrauen. Diese Gesetze können schon in Friedenszeiten unsere Wirtschaft in eine totale Zwangswirtschaft verwandeln. Sie bedrohen die wirtschaftliche Existenz jedes einzelnen. Erhebliche und unzumutbare finanzielle Lasten werden bereits in Friedenszeiten jedermann zugemutet. Die Notstandsgesetzgebung ist eine Ausnahmegesetzgebung und gehört - man beachte die Worte des Herrn von Hassel! - in den Kreis der Kriegsbereitschaftsmaßnahmen. Die Notstandsgesetze sind letzten Endes das Ergebnis einer Politik der Versäumnisse. Statt der Vorbereitung auf einen totalen Krieg hätte eine gute Politik schon seit anderthalb Jehrzehnten sich darum mühen müssen, daß die Sicherheit Gesamtdeutschlands von allen Großmächten, also einschließlich Rußlands, garantiert wird. Was ist geschehen nach Aufnahme der diplomatischen Beziehungen nach dem Adenauer-Besuch in Moskau? Nichts ist geschehen, im Vorfeld das politische Klima zu ändern und das im Osten zu erreichen, was wir im Westen erreicht haben. Nichts ist geschehen! Das ist die Politik der Versäumnisse, die man eines Tages der bisherigen Regierung sicher dick ankreiden wird. Für das gespaltete Deutschland genügt es eben nicht - wenn man nicht auf die Wiedervereinigung verzichten will -, sich einseitig nur nach dem Westen zu orientieren; man hätte auch versuchen müssen, zu einem erträglichen Arrangement mit dem Osten zu gelangen. Wären solche Bemühungen da - und zu ihnen gehören eine eigene Deutschlandinitiative, die immer noch fehlt, und der Mut zu direkten Verhandlungen mit Rußland -, würde uns manches einschließlich der Notstandsgesetzgebung erspart bleiben. ({11})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Busse.

Hermann Busse (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000316, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren Kollegen! Ich glaube, nach den Erklärungen, die namens der FDP nicht nur in diesem Hause, sondern auch bei den Arbeiten im Ausschuß abgegeben worden sind, ist es nicht notwendig, hier klarzustellen, daß das, was der Kollege Kohut hier vorgetragen hat, nur seine höchst private Meinung ist. Er gehört zu den Kritikern, die weder von den bestehenden tatsächlichen Verhältnissen in der Welt Kenntnis nehmen, noch sich bemühen, Erkenntnis darüber zu gewinnen, was hier mühevoll erarbeitet worden ist. ({0}) Ich möchte meinen Beitrag zur heutigen Diskussion ohne Emotionen leisten. Ich würde mich hinterher selber beglückwünschen, wenn es mir gelänge, es in einer ähnlich klaren, aber auch zurückhaltenden Weise zu tun, wie es uns Herr Kollege Benda heute vorgeführt hat. Beginnen möchte ich mit dem, womit Herr Dr. Schäfer seinen Diskussionsbeitrag geschlossen hat, als er sagte, die SPD wünsche ein Gesetz, das die Überschrift „Gesetz zum Schutze des freiheitlichen Rechtstaats" tragen könnte. Ich sage zu Beginn meiner Ausführungen ganz klar: Das Gesetz, das hier erarbeitet worden ist, das mit Mängeln behaftet ist wie alles Menschenwerk - aber nehmt alles nur in allem - dieses Gesetz würde, wenn wir nicht an die nüchterne Sprache der Juristen gewöhnt und gezwungen wären, hier so zu sprechen, diese Überschrift verdienen. Es ist in Wahrheit ein Gesetz zum Schutze des freiheitlichen Rechtstaats, ({1}) und zwar in einem doppelten Sinn. Wir sind uns alle einig darüber - ich brauche dazu nichts Besonderes mehr auszuführen -, daß wir in einer Welt leben, die leider Gottes die Notwendigkeit, Notstandsfälle zu regeln, nicht ausschließt. Allein unser Wunsch, daß es anders sein möge, allein unser Bestreben, eine Politik zu betreiben, die einen Fall des Notstands, insbesondere des äußeren Notstands, bei uns ausschließt, allein das genügt eben nicht. Darum sind wir verpflichtet - ich bin froh, die Einmütigkeit des Hauses in diesem Punkt feststellen zu können -, eine Notstandsgesetzgebung zu erlassen. Es ist aber auch in einem anderen Sinn ein Gesetz zum Schutze des freiheitlichen Rechtstaats, nämlich insofern, als hier zwar einerseits festgelegt und klargestellt wird, welche Befugnisse die Exekutive, die Regierung in einem solchen Fall haben soll, aber gleichzeitig, daß die Rechte der Regierung auf diese Befugnisse begrenzt sind. Diese Begrenzungsfunktion unserer Vorlage ist, glaube ich, bisher nicht genügend deutlich geworden. Ich möchte das an dem Beispiel erläutern, an dem die Kritik der SPD einsetzt. Gerade im Punkte der Pressegesetzgebung, meine Damen und Herren von der SPD, sind wir mit Ihnen weitestgehend einer Meinung gewesen. Wir haben mit Ihnen weitestgehend dafür gesorgt, daß die Formulierung so ins Grundgesetz gekommen ist, wie sie jetzt drinsteht, daß nämlich eine Einschränkung der Pressefreiheit im Falle des äußeren Notstandes nur hinsichtlich der Nachrichtengebung möglich ist und daß auch nur die Nachrichtengebung begrenzt werden kann, die zu politischen, militärischen und ähnlichen nicht wiedergutzumachenden Nachteilen führt. Nehmen Sie hinzu, daß diese Bestimmung noch unter der allgemeinen Verhältnismäßigkeitsklausel steht. Es muß doch hier auch einmal klar gesagt werden, daß selbst in diesem eng begrenzten Rahmen nicht alles, sondern nur das gemacht werden kann, was zur Abwendung und zur Bekämpfung der Gefahr wirklich erforderlich ist. Auch das ist ein Gesichtspunkt, der wohl mit in Betracht gezogen werden muß. Wer in Anbetracht der Tatsache, daß diese engen Normierungen, diese klaren Begrenzungen von Befugnissen der Regierung im Grundgesetz verankert werden sollen, die Forderung aufstellt, diese Bestimmung sollten wir aus der Vorlage streichen, für dessen Argumentation, das muß ich offen gestehen, habe ich kein Verständnis mehr. ({2}) Was hier festgelegt wird, wird jede weitere Gesetzgebung auf dem Gebiete des Presserechts binden. Kein Gesetzgeber und kein Parlament, das jedenfalls beabsichtigt, nach dem Grundgesetz zu regieren und zu handeln, kann hiervon abgehen. Und darüber sind wir uns leider Gottes, glaube ich, auch alle klar: Wer mit aller Gewalt die Verfassung brechen will, den werden wir allein durch Gesetze nicht hindern können. Dagegen können wir durch Gesetze wohl keine Vorsorgen treffen. Wer sich aber - und ich kann zur Zeit davon ausgehen, daß das die breiteste Mehrheit nicht nur dieses Hauses, sondern auch unseres Volkes ist - im Rahmen der Verfassung halten will, wird und muß die von ihr gezogenen Grenzen respektieren. Demgegenüber ist es relativ gleichgültig, ob zwischen dem Entwurf des Innenministeriums für das Pressegesetz und den Vorstellungen etwa des Presserates noch nuancierende Unterschiede, geringfügige Differenzen vorhanden sind. Die Grundlinie ist hier gelegt, die Grundfragen sind in gemeinsamer Arbeit klar und deutlich abgegrenzt. Damit ist zu diesem Punkte, so glaube ich, alles wesentliche gesagt. Ich habe diesen Fall nur als Beispielfall etwas eingehender erörtert. Ich möchte aber auch zu Anfang meiner Ausführungen kein Hehl daraus machen, daß ich mit einigen Passagen in der Rede unseres Herrn Innenministers keineswegs einverstanden bin. ({3}) - Darum sage ich es, Herr Kollege. In diesem Sinne und in diesem Geiste haben wir an dem vorliegenden Gesetzentwurf gearbeitet. Es war einfach zwingend notwendig, es nicht bei einigen Generalklauseln zu belassen. Vielmehr war es erforderlich, substantiierte Regelungen zu treffen, Man sollte das Ergebnis dieser Bemühungen nicht als ein „Ausführungsgesetz zu Zollbestimmungen" bezeichnen. ({4}) Das wertet die gesamte Arbeit, die hier geleistet worden ist, ab, und das sollten gerade wir, die wir die Regierung tragen, und die Regierung selber gegenüber der Arbeit des Ausschusses nicht tun; denn es wäre ein falsches Bild, was hierdurch hervorgerufen werden könnte. ({5}) Auf der andern Seite steckt ein ganz kleiner richtiger Kern in diesen Dingen drin. Die Frage, ob wir über das, was notwendig ist, hinausgegangen sind, kann wenigstens gestellt werden. Ich möchte hier sehr klar aussprechen: ich würde diese Frage nicht bejahen. Ich glaube nicht, daß wir darüber hinausgegangen sind. Aber daß diese Frage selbst von seriösen Menschen, von Menschen, denen es wirklich um das Wohl unseres Staates geht - wie Ihnen und uns -, gestellt wird, sollte selbst denen zu denken geben, die heute noch aus Sachunkunde unsere Vergangenheit kritisieren. ({6}) Es muß immerhin überraschen, daß von völlig entgegengesetzten Standpunkten her Vorschläge gemacht worden sind, die für denjenigen, der die jüngste Vergangenheit unseres Vaterlandes miterlebt hat, schwer verständlich sind. Wir haben im Ausschuß Herrn Professor Krüger gehört; wir haben in zahlreichen Diskussionen Herrn Professor Ridder gehört - zwei Männer, die an sich sachkundig sein sollten, die aber von diametral entgegengesetzten Standpunkten aus zu dem Ergebnis kamen, daß der alte Artikel 48 der Weimarer Reichsverfassung eigentlich die ideale Lösung für alle Notstandsfälle gewesen wäre. Bei Herrn Professor Krüger habe ich von seiner Ausgangsposition aus wiederum Verständnis dafür. Aber daß ein Mann wie Herr Professor Ridder, der öffentlich unser Werk in Grund und Boden verdammt, von seiner Auffassung aus dazu raten kann: wenn überhaupt schon Notstandsgesetze, dann der alte Artikel 48, - das, meine Damen und Herren, ist ein Ding der Unmöglichkeit. Zu diesen Kritikern ist bereits manches gesagt worden. Ich möchte heute die Gelegenheit nutzen, auch einige Kritiker zu loben. Herr Erler in der ersten Rede und auch Herr Dr. Schäfer in der Tendenz der heutigen Rede haben so getan, als ob dieses Werk ad hoc schnell produziert worden wäre. Herr Erler, Sie gebrauchten, glaube ich, die Formulierung: Man kann Grundgesetzänderungen nicht aus dem Ärmel schütteln! - Meine Damen und Herren, genauso, wie ich das Wort des Herrn Innenministers als weit über das Ziel hinausschießend kritisiert habe, möchte ich auch dieses kritisieren. So soll man nach der monatelangen Arbeit aller Beteiligten - auch Ihres Fraktionskollegen Dr. Schäfer, Herr Erler - ein solches Werk nicht abwerten. ({7}) Denn was Herr Dr. Schäfer an positiver und konstruktiver Arbeit im Ausschuß geleistet hat, das möchte ich ebenso anerkennen, wie ich die Arbeit unseres früheren Kollegen Hoogen und des Kollegen Benda hier lobend hervorheben möchte.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Schäfer?

Hermann Busse (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000316, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Bitte sehr!

Dr. Friedrich Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001930, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Busse, ist Ihnen entgangen, daß sich die Bemerkung über das Schnellverfahren auf den Schlußmodus der Prozedur bezieht?

Hermann Busse (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000316, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Dann soll man das auch klar zum Ausdruck bringen, Herr Kollege Schäfer, damit Fehldeutungen vermieden werden! ({0}) - Doch, ich habe zugehört, ich bin der ganzen Debatte hier sehr aufmerksam gefolgt. Ich habe eine Eigenschaft: ich rede nicht immer soviel, aber ich höre sehr aufmerksam zu. Darüber hinaus möchte ich all denen danken, die in den Gesprächen in den Arbeitskreisen und in den Fraktionen konstruktiv mitgearbeitet haben. Das ging oft weit über die Reihen unseres Parlaments hinaus. Darf ich ein Beispiel erwähnen, die Mitarbeit der Frauen an der Beantwortung der Frage: Was können wir von den Frauen im Notstandsfall verlangen? Das war ein konstruktiver Beitrag, der seine Früchte getragen hat und in diesem Gesetz seinen Niederschlag gefunden hat. ({1}) Die Damen der übrigen Fraktionen werden es mir verzeihen, wenn ich hier unsere Fraktionskollegin Frau Funcke besonders erwähne. Wer über die Dinge unterrichtet ist, weiß, daß ich das nicht ohne Grund tue. Das nenne ich die konstruktiven Beiträge, die geleistet worden sind. Sie zeigen, daß wir keineswegs für uns im stillen Kämmerlein ohne Kontakt mit der Öffentlichkeit gearbeitet haben. Eins freilich möchte ich dabei unterstreichen, und ich bitte Sie, meine Damen und Herren von der SPD, mir das abzunehmen: Es war mehr als nur ein Gespräch und eine Bitte, es war eine Absprache im Rechtsausschuß, daß wir nicht durch Deklamationen und kategorische Forderungen draußen den Weg zu Kompromissen vermauern wollten. ({2}) Wenn wir das streng eingehalten haben - ich kann das jedenfalls für mich ganz eindeutig in Anspruch nehmen, und ich glaube, auch die Damen und Herren von der CDU haben sich absolut daran gehalten -, so soll man uns jedenfalls daraus heute keinen Vorwurf machen. Nichts zu der Kritik, die schon der Kollege Dorn vorgebracht hat. Ich bin mit ihm der Meinung, daß trotzdem vieles mehr an Öffentlichkeitsarbeit hätte geleistet werden können, als geleistet worden ist. Aber bei einer gerechten Abwägung wird man auch diese Tatsachen mit in Rechnung stellen müssen. Damit steht nun ein anderes im engsten Zusammenhang,das vom Kollegen Benda schon sehr deutlich angesprochen worden ist. Die gesamte Arbeit im Rechtsausschuß hat unter dem Motto gestanden, daß es notwendig sei, eine Regelung zu finden. Wir wußten ferner, daß wir diese Regelung nur gemeinsam finden könnten, und wir haben uns unter Hintanstellung mancher persönlichen oder fraktionellen Vorstellungen um vernünftige, für alle vertretbare Lösungen bemüht. Wir haben dabei auch die Bedeutung von Parteitagsbeschlüssen der SPD sehr wohl in Rechnung gestellt; denn es ist selbstverständlich, daß die Parteitagsbeschlüsse einer so bedeutenden Fraktion ein Faktum darstellen, das Gewicht und Bedeutung hat. Es heißt aber das Gewicht und die Bedeutung eines solchen Faktums überschreiten, wenn mit diesen Forderungen gemeint ist, daß sie von vornherein ultimativ sind, daß man nur sagt: Entweder alles wird uns konzediert oder nichts. Dann freilich hätten wir uns die Arbeit erheblich einfacher machen können, dann hätten wir sagen können: Legt uns ein Gesetz nach euren Vorstellungen und Prinzipien vor! Wir hätten dann lediglich vor der Frage gestanden, ob wir dazu ja oder nein sagen wollten. Das wäre die Konsequenz, die sich daraus ergeben würde. Heute wird uns laufend vorgehalten, wir hätten diese Beschlüsse der SPD nicht genügend beachtet. Herr Kollege Dr. Schäfer, wir haben Sie in vielen Punkten weitestgehend unterstützt. Es ist nicht so, als ob wir das alles nur beiseite geschoben hätten. ({3}) - Na ja, es klang auch wieder irgendwie an. - Wir haben Sie darin weitestgehend unterstützt, und wir sind infolgedessen in ,einer Reihe von Punkten - Herr Erler hat es betont - zu gemeinsamen Lösungen gekommen. Was übrigbleibt, ist, glaube ich, nicht das Entscheidende; denn ohne 'damit die Bedeutung aller einzelnen Bestimmungen im übrigen herabsetzen zu wollen, möchte ich sagen: der Kernpunkt dieses Gesetzes ist die Ausgestaltung des Gemeinsamen Ausschusses, damit für den Fall, daß das Parlament nicht mehr funktionsfähig ist, ein Ersatzparlament geschaffen ist mit Kompetenzen, die morgigen Tages einsetzen könnten, wenn dieses Gesetz beschlossen wäre. Die Aufgaben des Gemeinsamen Ausschusses wären schon in Friedenszeiten von einer Bedeutung, wie sie gar nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Die 'erste Aufgabe, die der ,Gemeinsame Ausschuß hat, sollte die sein, daß er die geplanten Gesetze sichtet - lediglich runter dem Gesichtspunkt: Was kann hier in den ordentlichen Gesetzgebungsgang gebracht werden, und was verbietet sich der Natur der Sache nach für diesen Weg? Schon dieses Sichten würde unzweifelhaft dazu führen, daß das Parlament sich mit einer Fülle von 'Gesetzen befassen würde, die uns heute noch nicht bekannt sind, die wir dann aber in die eigene Zuständigkeit bekämen. Der Rest, ,der dann verbleibt, ist damit nicht etwa gegenstandslos geworden, sondern hier setzt wiederum die Arbeit des Ausschusses ein. Er hat diese Gesetze nicht nur zur Kenntnis zu nehmen, er hat dazu Stellung zu nehmen, er hat „ja" oder „nein" oder „anders" zu sagen, und - auch 'das ist das Ergebnis einer gemeinschaftlichen Arbeit - er kann diese Gesetze billigen oder mißbilligen. Wir hätten weitergehen können. Wir hätten sagen können, daß der Gemeinsame Ausschuß diese Gesetze endgültig beschließen könnte. Wir haben es aus rechtsstaatlichen Gründen nicht getan, weil wir, solange das Parlament funktionsfähig ist, ,die Aufgabe, Gesetzesbefehle zu erteilen, nur dem Parlament zubilligen wollten, - ,daherdiese Einschränkung, daß hier nur eine Meinungsäußerung in Formeiner Billigung oder Mißbilligung erfolgen kann. Meine Freunde, wenn dieser Zustand aber erreicht ist, wenn der Notstandsausschuß das Gesetz gebilligt hat - ich darf jetzt in Parenthese sagen, das, was ich jetzt sage, ist zum Teil nur meine persönliche Meinung; ich bitte alle, die anderer Meinung sind, sich diese Gedankengänge fern vom Lärm des Marktes doch noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen -, wenn das Notparlament diesen Rest der Gesetze oder einen Teil von ihnen gebilligt hat, dann soll - so sagt unsere jetzige Gesetzesvorlage - die Regierung handeln können, als ob es bereits Gesetze wären. Dieses „als ob" halte ich persönlich für schlecht. Ich meine, im staatlichen Leben sollte man nicht mit Fiktionen operieren - darauf läuft es doch letzten Endes hinaus -, sondern hier sund klare Kompetenzen erforderlich. Hier muß man sagen: Entweder wird das jetzt effektiv, war vom Gemeinsamen Ausschuß sanktioniert ist, oder es wird, wenn es der Ausschuß selbst nicht mehr kann, er aber früher schon seine Billigung gegeben hat, von der Regierung :effektuiert. Ich halte dies für die einzig vertretbare Lösung. Wenn man das schon nicht sagen will, sollte man aber auch nicht „als ob" sagen; denn sowohl der Bürger als auch die Exekutive haben einen Anspruch darauf, auf Grund klarer Rechtsgrundlagen operieren zu können. Es ist unsere Verpflichtung, diese klaren Rechtsgrundlagen zu geben. Wie gesagt, das sind zum Teil nur meine eigenen Gedanken. Aber ich meine, sie wären wenigstens wert, wieder in die Diskussion eingeführt zu werden; denn diese Fragen, die ich jetzt erörtert habe, stehen unter einem ganz anderen Aspekt als die, die wir in der ersten Lesung dieses Gesetzes hier behandelt haben. Damals waren die Voraussetzungen des Parlaments, des Gemeinsamen Ausschusses wesentlich andere als die in der erarbeiteten Vorlage, und diese veränderte Sachlage zwingt zur veränderten Beurteilung. Man sollte sich dann nicht an einem Worte aufhängen, an dem Wort „Notverordnungsrecht der Regierung". Wenn die Regierung so handeln kann, als ob ein noch gar nicht bestehendes Gesetz bestände, ja, meine verehrten Damen und Herren, wo ist dann faktisch der Unterschied zum Notverordnungsrecht - bei dem die Regierung sagt: Das, was der Gemeinsame Ausschuß gebilligt hat, verkünde ich jetzt als Gesetz. - Ich glaube deshalb, daß die Dinge hier nur eine Regelung gefunden haben, die vertretbar, nicht aber optimal ist. In einem anderen Punkte bin ich der Meinung von Herrn Dr. Schäfer. Gerade bei der Bedeutung der Funktion dieses Gemeinsamen Ausschusses, bei der Ausgestaltung dieses Gemeinsamen Ausschusses zu einem neuen Organ bin auch ich der Meinung - wir sind es, hier spreche ich nicht nur für mich -, daß wir eine Trennung, ganz egal wo, zwischen Regierungsbank und Bundesratsbank nicht durchführen sollten. Es bedürfte eines Änderungsantrages, Herr Kollege Schäfer; wir würden ihm zustimmen. Freilich hat das alles nur Sinn, wenn wir wissen, daß wir zu einem Resultat kommen. Sonst hat es keinen Sinn, so etwas zu machen. Dagegen möchte ich einige andere Dinge, damit sie draußen in der Öffentlichkeit nicht falsch gewertet werden, klarstellen, bei denen ich mich im Gegensatz zu Herrn Dr. Schäfer befinde. Sie haben die Frage der vorläufigen Festnahme und der Verpflichtung angesprochen, den vorläufig Festgenommenen dem Richter vorzuführen. Herr Kollege Dr. Schäfer, wir sind uns doch darüber klar: die Verpflichtung der Polizei, den vorläufig Festgenommenen unverzüglich dem Richter vorzuführen, bleibt unberührt. ({4}) Das muß man berücksichtigen, wenn man jetzt die Frist von sieben Tagen sieht. Nur wenn es nicht möglich ist - auf Grund der eingetretenen Verhältnisse -, innerhalb einer noch kürzeren Frist den vorläufig Festgenommenen vorzuführen, nur dann tritt als äußerste Frist die Sieben-Tage-Frist ein. ({5}) Damit bekommen die Dinge natürlich ein ganz anderes Gesicht, als es nach den heute morgen gemachten Ausführungen den Anschein haben könnte. Wenige Worte nur zur Frage des Art. 59 a des Grundgesetzes in der Fassung des vorliegenden Gesetzentwurfs! Meine Damen und Herren von der SPD, ich warne dringend davor - ich bitte Sie, auch das noch einmal in Ruhe zu überlegen -, ein Junktim zwischen der Feststellung des äußeren Notstandes und der Feststellung des Verteidigungsfalles herzustellen. Es sind eine Fülle von Situationen denkbar, in denen es wünschenswert und politisch notwendig ist, das eine zu tun, aber das andere zu lassen. Es wäre falsch, mit dem einen zwangsläufig das andere zu verbinden. Es hat seine guten Grund, daß man Verteidigungsfall und äußeren Notstand trennt.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Herr Abgeordneter Busse, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Jahn?

Hermann Busse (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000316, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Bitte sehr!

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Herr Abgeordneter Jahn!

Gerhard Jahn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001012, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Busse, halten Sie denn wirklich eine Situation für denkbar, in der zwar der Verteidigungsfall gegeben ist, die Feststellung, daß der Zustand der äußeren Gefahr gegeben ist, aber unterbleiben kann?

Hermann Busse (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000316, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Ja, ich halte es für denkbar, daß wir - diese Situation ist mehrfach im Rechtsausschuß erörtert worden - auf Grund unserer Bündnisverpflichtungen den Eintritt des Verteidigungsfalles aussprechen müssen, ohne aber den Zustand der äußeren Gefahr bei uns ausrufen zu müssen. Darf ich das Goethe-Wort zitieren: „Wenn hinten fern in der Türkei die Völker aufeinanderschlagen." Nehmen Sie es nicht wörtlich, sondern nehmen Sie es sinngemäß, dann werden Sie ungefähr begreifen, was ich darunter verstehe. Auch der umgekehrte Fall ist denkbar - ihn halte ich für noch wesentlicher -: wir können in einen Zustand der äußeren Gefahr hineingeraten, ohne daß dann schon die Feststellung erfolgen muß, daß der Verteidigungsfall eingetreten ist. Beide Fälle, Herr Kollege Jahn, müssen wir gleichmäßig betrachten. Überrascht war ich dadurch, daß von dem Herrn Kollegen Dr. Schäfer die Problematik des Art. 91 heute noch einmal angesprochen wurde. Herr Kollege Dr. Schäfer, ich habe wirklich geglaubt, daß wir diese Dinge im Ausschuß ausdiskutiert hätten. ({0}) - Wenn Ihnen nun nachträglich wieder Bedenken kommen, - in der Tat: wir stehen vor der kaum lösbaren Situation, daß immer neue Bedenken kommen und daß immer neue Einwände erhoben werden. - Doch, Herr Kollege Schäfer, in den interfraktionellen Besprechungen ist von dieser Problematik, die Sie heute andeuteten, jedenfalls kein Wort gesprochen worden. Ich möchte noch einmal mit klaren Worten zur Frage des Streikrechts sprechen. Herr Kollege Dr. Schäfer, in Verfolg der Ausschußberatungen haben Sie nicht nur einmal, sondern mehrmals davon gesprochen, daß ein Streikrecht nicht nur zur Erzielung besserer Arbeitsbedingungen, generell gesprochen, bestehen könnte oder besteht - darüber waren wir einig -, sondern daß ein Streik auch eventuell als ein Mittel der Meinungsäußerung sehr wohl zur Diskussion gestellt werden müßte. Wenn Sie Ihre eigenen Überlegungen jetzt in den gesamten Kreis mit einbeziehen, wird jedenfalls die Notwendigkeit dessen, was in Art. 91 über das Streikrecht gesagt wird, völlig evident. Aber etwas anderes - zum Teil ist es von Herrn Kollegen Benda heute bereits angesprochen worden -: das Streikrecht im Falle des äußeren Notstandes. Ich will nicht noch einmal darauf hinweisen, wie problematisch das Streikrecht in dieser Situation überhaupt ist. Dazu ist bereits vom Herrn Kollegen Dorn, vom Herrn Kollegen Benda, vom Herrn Innenminister alles Notwendige gesagt worden. Ich möchte aber vor einer etwas nebulösen Diktion warnen. Wenn die zivilrechtliche Ausgestaltung eines Dienstpflichtverhältnisses lediglich besagen soll, daß gewisse soziale Kautelen erhalten bleiben, daß das Maß der Opfer, die wir von dem Verpflichteten verlangen, unter Kontrolle gehalten werden soll, damit es nicht ins Unzumutbare ausgedehnt wird, dann wird sich niemand, glaube ich, dagegen wenden. Aber gewisse Fragen können in dieser Situation nicht der Disposition des einzelnen, auch nicht der Disposition der Gewerkschaften unterliegen. ({1}) Es handelt sich um die Frage, wann jemand dienstverpflichtet werden soll und wie lange er dienstverpflichtet werden soll. Weder der Anfang noch die Beendigung des Dienstverpflichtungsverhältnisses kann der Disposition des einzelnen unterliegen, sondern das muß dann in die sich ergebenden Notwendigkeiten eingeordnet werden. Gegen den Mißbrauch dieser Institution, auch gegen den Mißbrauch der Festlegung von Arbeitsbedingungen können alle Kautelen geschaffen werden. Wir werden die letzten sein, die sich dagegen wehren. Aber weiter würden wir in diesem Punkt unter gar keinen Umständen gehen können. Wenn man weitergehen würde, wäre das gegenüber all den anderen Volksteilen, die schwere und schwerste Opfer auf sich nehmen, nicht vertretbar. ({2}) Wir sind mit der SPD davon überzeugt, daß eine eventuelle Verteidigung, die nur mit Zwang im Volk geführt werden muß, von vornherein zum Scheitern verurteilt wäre. Die Weckung eines lebendigen Staatsgefühles, die Schaffung einer Einsicht in die Notwendigkeiten und das Verständnis dafür haben ebenso an erster Stelle zu stehen wie der Appell an die Freiwilligkeit und an die Bereitschaft. Aber wir sind nicht Illusionisten genug, um anzunehmen, daß damit alles geschehen wäre, was notwendig ist. An gewissen Stellen gehört der Zwang zum Tun und Lassen dazu. Diesen Zwang zu ermöglichen, sind wir gegenüber allen denen im Volke verpflichtet, die einem solchen Zwang unterworfen werden. Es hieße Ungleichheit schaffen, wenn nur ein Teil einem solchen Zwang unterworfen wäre, ein anderer Teil aber nicht. Ich komme zum letzten mir in dieser Auseinandersetzung erheblich erscheinenden Punkte und greife damit in etwa schon voraus auf die erste Lesung des Ausführungsgesetzes zu Art. 10. Herr Dr. Schäfer, ich muß Ihnen offen gestehen: Die Drohung, die Sie heute morgen in Verbindung mit dem Komplex des Art. 10 des Grundgesetzes ausgesprochen haben - ob Sie hier alles aussprechen und auf den Tisch legen sollten, was darüber da sei -, war nicht gut. ({3}) Es sind uns gewisse Dinge mitgeteilt worden, die wir, glaube ich, hier nicht in dieser Weise verwenden sollten. Die Situation, in der wir uns befinden, meine sehr verehrten Damen und Herren - und hier möchte ich sehr klar und deutlich sprechen -, ist gerade für uns Freie Demokraten geradezu ein Teufelskreis. ({4}) - Ja, eine Frage an die Zwischenfrager: Soll ich hier einmal auf den Tisch legen? So ähnlich ist es gesagt worden. Nein, Herr Dr. Schäfer, so sollten wir nicht in dieser schwierigen Frage - ({5}) Ich sagte, in dieser Frage befinden jedenfalls wir Freie Demokraten uns geradezu in einem Teufelskreis. Wir haben eine grundgesetzliche Bestimmung, die wir persönlich für gut halten. Das, was dort festgelegt ist, hat über Jahrzehnte hin genügt, um den Anforderungen, die das staatliche Leben nun einmal stellt, Rechnung zu tragen. Wir verkennen nicht, daß unsere heutige Situation besondere Maßnahmen erfordert. Die erste Aufgabe, die erfüllt werden muß, ist, festzustellen, inwieweit unsere unabweislichen staatlichen Interessen eine weitergehende Einschränkung des Art. 10 des Grundgesetzes erfordern; eine Frage, die für sich allein schon sehr schwer zu beantworten ist, weil die Übersicht über das, was notwendig und was nicht notwendig ist, natürlich ungeheuer schwer zu erhalten ist. Aber selbst, wenn wir dieses Maß gefunden haben, so ist damit noch keineswegs festgelegt, daß das, was wir dann der Regierung - unter wem auch immer - an Ermächtigungen und an Möglichkeiten geben, den Vorstellungen und Ansprüchen der Alliierten entspricht. Ich fürchte, daß wir, wenn wir uns bei den gesamten Arbeiten nur von unseren eigenen Einsichten und Erkenntnissen leiten lassen, dieses Maß nicht erreichen. Ich fürchte das. Ich kann nicht behaupten, daß es der Fall sein wird. Diese doppelte Schwierigkeit, die hier auf uns zukommt, ist es doch gewesen und nichts anderes, dieses Kämpfen um die Probleme, die ich aufgezeigt habe, ist es gewesen, was dazu geführt hat - und das wird es, davon bin ich überzeugt, auch in den ersten Jahren des nächsten Bundestages, ganz egal, wer hier oben auf der Regierungsbank sitzen wird, mindestens nicht einfacher machen -, daß wir erst heute zur ersten Lesung dieses Änderungsgesetzes und des Ausführungsgesetzes zu Art. 10 des Gesetzes kommen. Meine Damen und Herren, wenn jemand diese Dinge zum Vorwand nimmt, zu dem vorliegenden Gesetzentwurf -- und nur darum handelt es sich heute - nicht ja sagen zu können, so bin ich - ich bitte um Entschuldigung - nicht in der Lage, das jemandem abzunehmen, ({6}) genausowenig, wie ich in der Lage bin, einzusehen, daß eine Teilablösung von Rechten nicht diskutabel sein soll. Ich vermag ernsthaft keinen Grund zu sehen, der einen solchen Standpunkt überhaupt rechtfertigen könnte. ({7}) Ist dem aber so, wie ich gesagt habe, meine sehr verehrten Damen und Herren - ich weiß nicht, ob es sinnvoll ist, diesen allgemeinen Appell zu wiederholen, aber ich möchte es trotzdem tun -, so würde ich es im Hinblick auf die Arbeit, die hier geleistet worden ist, auf den Geist und den guten Willen, der hinter dieser Arbeit steckt, und die Früchte, die diese Arbeit ergeben hat, wirklich außerordentlich bedauern, wenn wir heute abend nach Hause gingen und sagten: Es war jedenfalls für diese Legislaturperiode vergeblich. Über eines bin ich mir klar: völlig vergeblich war diese Arbeit nicht. Wer immer sich künftig in diesem Bundestag mit Problemen der Notstandsgesetzgebung befassen wird, wird an dem Erarbeiteten nicht vorbeigehen können. ({8}) Es ist bei aller Kritik, die auch wir an diesem und jenem üben, sehr vieles darin, was notwendigerweise Bestandteil jeder künftigen Notstandsverfassung sein muß. ({9}) Eines ist bei den Bearbeitungen immer wieder zum Ausdruck gekommen: Es geht nicht nur darum, die Regierung zu binden, es geht nicht nur darum, die Rechte des Parlaments zu wahren, sondern daneben steht als gleichwertiger, ja vielleicht als höherwertiger Faktor: Es geht darum, alle in der Verantwortung zu halten. ({10}) Die Verantwortung für unseren freiheitlichen Rechtsstaat tragen wir alle gleich. An diesen Maßstab, an diese Verantwortung ist das Ja und Nein zu diesem Gesetze gebunden, und niemand kann sich dem entziehen. ({11}) Mich interessiert es nicht, wie weit Sie Gedankengängen der Gewerkschaft gefolgt sind, wie weit Sie dem erlegen oder nicht erlegen sind. Die Verantwortung für diese Entscheidung tragen Sie, meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion. Ich glaube nicht, daß Ihr Nein der Bedeutung der Sache gerecht wird. ({12})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Jahn.

Gerhard Jahn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001012, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Busse, ich bin Ihnen eigentlich sehr dankbar für das, was Sie zum Schluß gesagt haben; denn in der Tat, die Verantwortung dafür, welche Entscheidung wir, wir gemeinsam, hier zu treffen haben, kann uns niemand abnehmen, die haben wir selber zu tragen. Nur fürchte ich, mit dieser Bemerkung geraten Sie ein wenig in Widerspruch zu dem, was Sie vorher in Ihren Ausführungen gesagt haben. Wenn es nämlich eines letzten Beweises dafür bedurft hätte, daß wir noch einen ganzen Sack voll nicht ausdiskutierter Fragen vor uns haben, dann war die Rede des Kollegen Busse dafür ein Beweis. Er hat mit Recht und mit guten Gründen - ich bin ihm außerordentlich dankbar dafür, daß er das in allem Freimut und Offenheit gesagt hat - zum Ausdruck gebracht, daß nicht nur er selber, sondern zum Teil offenbar auch seine Freunde in einer Fülle von Punkten andere Meinungen haben und der Überzeugung sind, daß das, was hier zur Beratung ansteht, weiteren Nachdenkens, weiterer Diskussion, weiterer Erörterung im Ausschuß bedürftig ist. Herr Kollege Busse, damit haben Sie aber auch indirekt zu einem Teil bereits die Antwort auf die andere Frage gegeben, die Sie gestellt haben, weshalb denn nun eigentlich von unserer Seite gegenüber diesen Gesetzentwürfen noch eine ganze Reihe von Vorbehalten angemeldet wird, die uns jetzt die Zustimmung nicht möglich machen. Seit ganzen zehn Tagen - wir haben heute den 24. -, seit dem 14. Juni, liegen diesem Hause und liegen der Öffentlichkeit die Änderungsvorschläge und bisherigen Beratungsergebnisse des Rechtsauschusses vor. Ich bin überzeugt, vielen Mitgliedern dieses Hauses geht es nicht nur so wie Ihnen, sondern wird es gar nicht anders gehen können, als daß sie im Verlauf dieser zehn Tage noch gar nicht am Ende aller kritischen Überlegungen sein können, die man einem so bedeutungsvollen, einem so gewichtigen Gesetzgebungswerk entgegenbringen muß. Wir haben - ich glaube, es war ein fairer Beitrag aller Beteiligten - in den langen Monaten der Beratungen darauf verzichtet, jedes Teilergebnis aus den Ausschußberatungen zum Gegenstand der öffentlichen Diskussion zu machen. Aus wohlerwogenen Gründen; denn es ist nun einmal die Natur vertraulicher Ausschußberatungen, daß sie nicht bruchstückweise in der Öffentlichkeit ohne Kenntnis aller Zusammenhänge und aller Gedanken diskutiert werden. Aber wir haben damit auch dieses Haus und wir haben unsere Kollegen hier im Hause doch außerstande gesetzt, sich selber ein vollständiges und abgerundetes Bild von dem zu machen, was wir am Ende aller Diskussionen und Überlegungen wenigstens in wesentlichen Fragen für richtig gehalten haben. ({0}) - Was heißt: „Das erklärt manches!"? Herr Kollege Moersch, ich weiß nicht, ob Sie in der glücklichen Lage waren, ohne an den Ausschußberatungen teilnehmen zu können, alles das zu wissen, was dort verhandelt wurde und was beschlossen wurde. Fest steht, daß diejenigen, die nicht in Ihrer beneidenswerten Lage gewesen sind, das, was Ausschußberatungsergebnis ist, seit ganzen zehn Tagen kennen. Und ich muß sagen: selbst dann, wenn es in der Sache überhaupt keine Einwendungen gegen diese Beratungsergebnisse gäbe, müßte man doch wohl bei einer so wichtigen Ergänzung unserer Verfassung, die auch einigen Bestand haben soll, die wir nicht morgen und übermorgen schon wieder abändern wollen, weil uns nachträglich die eine oder andere Lösung besser erscheinen mag als die jetzt gefundene, alle Bedenken haben, so schnell, so kurzfristig und ohne ausreichende Zeit zur kritischen Durchleuchtung dieses Ergebnisses alle diese Vorlagen zu verabschieden. Denn abgesehen davon, daß dieses Haus - mein Kollege Schäfer hat mit Recht darauf hingewiesen, und Herr Erler hat es vor acht Tagen genauso getan - Zeit dafür braucht, in Ruhe und in Sachlichkeit über das miteinander reden und darüber nachdenken zu können, was im Ausschuß erarbeitet worden ist. Auch die Öffentlichkeit unseres Landes hat einen Anspruch darauf, ihre Meinung sagen zu können, und wir haben die Pflicht, diese öffentliche Diskussion zu führen. Wenn der Herr Bundesinnenminister heute morgen meinte, in dieser Frage darauf hinweisen zu können, daß die Entscheidung schließlich und endlich doch hier im Hause liege, dann ist das eben eine unzureichende Antwort. Denn darüber sollten wir uns doch eigentlich verständigen können - der Kollege Schäfer hat es heute morgen, ich muß noch einmal darauf verweisen, mit Recht gesagt -: dieses ganze schwierige Kapitel unserer Gesetzgebungsarbeit ist draußen im Lande mit einer Menge von Vorbehalten, vielfach nur gefühlsmäßiger Art, belastet, und es geht darüber hinaus um eine Reihe sehr schwieriger und sehr differenzierter Regelungen. Wenn wir wollen, daß das, was hier an Gesetzgebungsarbeit geleistet wird, Grundlage für eine bessere Sicherung unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung ist, dann gehört doch dazu, daß sie das auch im Bewußtsein und im Verständnis unserer Bürger draußen im Lande sein muß. Weder Sie noch wir werden aber das Kunststück fertigbringen, innerhalb von zehn Tagen oder meinetwegen 20 Tagen diese Arbeit zu leisten. Auch aus diesem Grunde ist die Art der Behandlung, Herr Kollege Busse, in den letzten Wochen einfach völlig unzureichend; unzureichend auch deshalb, weil - Ihre Ausführungen haben es deutlich gemacht, Herr Kollege Benda hat es im Rahmen der interfraktionellen Verhandlungen schon vor Wochen gesagt - im Grunde die Zeit für eine ausreichende Beratung der noch offenen Zweifelsfragen in diesem Hause gar nicht mehr reicht. An dieser Stelle möchte ich eine Bemerkung zu dem wiederholt vorgetragenen Vorwurf machen, wir brächten in diese Debatte immer wieder neue Fragen, neue Kataloge von Punkten hinein, mit denen wir die Debatte belasteten. Herr Kollege Benda, ich würde doch gern einmal von Ihnen hören: Sollten Sie wirklich das Wesen einer Diskussion, das Wesen einer parlamentarischen Auseinandersetzung so gründlich verkennen - ich kann es mir gar nicht vorstellen -, daß Ihnen nicht bewußt wäre, daß das, was im Laufe einer Diskussion, was auch in den Gesprächen zwischen den Fraktionen an Gedanken und Überlegungen nach und nach entwickelt wird, dazu führt, daß man neue Aspekte sieht, daß man neuen Gedankengängen nachgeht und daß sich aus diesen neuen Gedanken neue Fragen ergeben, die man fairerweise zur Erörterung stellen muß, die man fairerweise nennen muß, wenn man es mit einer Diskussion ernst meint. Wenn die Sozialdemokratische Partei im Rahmen der jahrelangen Verhandlungen nicht bei jenen sieben Punkten von Köln stehengeblieben ist, sondern im Laufe der weiteren Verhandlungen auf Grund der inzwischen erzielten Beratungsergebnisse und Einigungen auf vielen Gebieten diesen Katalog neu formuliert und an Hand der neu aufgetauchten Fragen ergänzt hat, dann, so meine ich, war das nicht nur unsere Aufgabe, sondern unser fairer Beitrag zu dieser Diskussion, von der ich meine, daß sie auch von Ihrer Seite gar nicht anders hätte geführt werden können. Ich sage das in dieser Stunde und an dieser Stelle ohne jeden Vorwurf; aber ich glaube sehr im Ernst, daß Sie sich und uns oftmals die Verhandlungen wesentlich erleichtert hätten, wenn Sie in gleicher Weise wie wir klar zum Ausdruck gebracht hätten, in welche Richtung Ihre Überlegungen eigentlich gehen, welches eigentlich Ihre Konzeption ist. Denn darüber sind wir uns doch heute wohl einig: die Konzeption der Bundesregierung war ja offenbar nicht Ihre Konzeption. Die Konzeption der Bundesregierung, wie sie am Anfang der Beratungen stand, die dann im wesentlichen auf Grund unserer Anträge und Vorschläge ja völlig verändert worden ist, konnte nach alledem, was Sie in der Debatte gesagt haben und wie Sie sich verhalten haben, nicht Ihre Konzeption sein. Sicherlich hätten wir uns in manchen Punkten eher einigen können, wenn wir von Anfang an gewußt hätten, in welche Richtung Sie selber steuern wollten. Sie haben hier die Frage aufgeworfen, wie wir zu der nun im Rechtsausschuß erarbeiteten Konzeption stehen. Ich will Ihnen diese Frage beantworten: zu dieser Konzeption in ihren Grundzügen, die wir im wesentlichen auf Grund des Vortrages unserer Vorstellungen haben durchsetzen können, sagen wir ja. Wir stellen aber heute fest, daß diese grundsätzlich zu akzeptierende Konzeption in einer ganzen Fülle von einzelnen Fragen, abgesehen von den - ich werde darauf noch kurz zu sprechen kommen - häufig zitierten grundsätzlichen Vorbehalten in anderen Punkten, nicht so eindeutig und klar formuliert und ausgearbeitet ist, wie es eine Ergänzung unserer Verfassung erfordert. Das ist der Grund dafür, weshalb wir zwar ja zu dieser Konzeption sagen, ihr aber in der hier vorgelegten Form unsere Zustimmung nicht geben können. Ich darf hinsichtlich der Vorbehalte noch einmal auf folgendes hinweisen. Herr Dr. Schäfer hat das heute morgen mit Nachdruck getan, aber es scheint notwendig zu sein, das noch einmal zu sagen, gerade auch nach den Fragen, die Herr Kollege Busse hier aufgeworfen hat. Von Anfang an - Herr Kollege Benda, Sie waren ja von Anfang an bei den Beratungen im Rechtsausschuß - waren wir uns darüber einig, daß diese notwendige Ergänzung unseres Grundgesetzes erfolgen könne und erfolgen solle unter Einschluß aller sich dabei ergebenden Fragen, ohne jede Einschränkung. Sie werden einräumen müssen, daß diese Ausgangsposition nicht etwa ein Vorbehalt der Sozialdemokraten war, sondern daß wir sie gemeinsam bezogen haben und daß diese Voraussetzung nicht erfüllt ist. Nach dem, was der Herr Bundesinnenminister heute morgen noch einmal für notwendig befand hier zu sagen, muß ich doch noch einmal folgende Feststellungen dazu treffen. In den Rahmen der Klärung aller damit in Zusammenhang stehenden Fragen gehörte unter allen Umständen auch die Regelung des Komplexes des Art. 10 des Grundgesetzes, der Fernmelde- und Postkontrolle. Ich habe dazu ohne jene Polemik lediglich zu sagen: wir gehen jetzt dem Ende der zweiten Lesung dieser Verfassungsergänzung entgegen. Wir haben unmittelbar vor Abschluß der zweiten Lesung eine für dieses gesamte Geestzgebungswerk entscheidende Voraussetzung immer noch nicht erfüllt. Bis zur Stunde ist in diesem Hause der Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Art. 10 des Grundgesetzes und des dazu gehörigen Ausführungsgesetzes noch nicht eingebracht. Es kommt hinzu, daß, wie jedermann in diesem Hause aus .den vorhergehenden Debatten weiß, diese Vorlage, die nach der zweiten Lesung eingebracht werden soll, noch immer nicht vollständig ist. Denn es ist doch wohl richtig, daß in dieser Frage zwei verantwortliche Minister mit uns, auch mit der Opposition, verhandelt haben und daß einer dieser Minister erklärt hat, daß der Entwurf, der schon vor längerer Zeit .dem Bundestag zugeleitet, aber noch nicht eingebracht war, nicht dem entspricht, was nach Auffassung der gesamten Bundesregierung auf diesem Gebiete regelungsbedürftig ist. Damit steht fest - und das ist mit noch so eindringlichen Reden des Bundesinnenministers zu anderen Themen nicht hinwegzudiskutieren -, daß diese Voraussetzung nicht erfüllt ist. Ebensowenig ist erfüllt die Voraussetzung hinsichtlich einer klaren Regelung der presserechtlichen Situation Im Notstand. Nach alledem, was wir auf diesem Gebiete insbesondere von dem Herrn Bundesinnenminister in ,den Verhandlungen erfahren haben, kann es nicht genügen, zu sagen: Wir werden irgendwann einmal einen solchen Entwurf einbringen. Der Entwurf des Gesetzes über die Pressekommissionen, Herr Bundesinnenminister, liegt diesem Hause nicht vor. Die Frage, wie wir uns zu entscheiden haben, betrifft ja nicht nur die Mitglieder des Rechtsausschusses, sondern sie geht alle Mitglieder dieses Hauses an. Selbst wenn Sie darauf verweisen können, ,daß einige Mitglieder des Hauses Ihren Referentenentwurf schon vor längerer Zeit gesehen hätten - abgesehen davon, daß das keine Regierungsvorlage ist -, die weitaus überwiegende Mehrzahl der Mitglieder des Hauses weiß nicht, was in dieser Vorlage steht, die überwiegende Mehrzahl des Hauses ist nicht in der Lage, sich auch nur ein ungefähres Bild zu machen, und das ganze Haus verfügt bis zum heutigen Tage nicht über eine beratungsfähige Vorlage. Ich glaube, es ist nicht unangemessen, wenn ich in diesem Zusammenhang die Frage stelle: Wie ernst ist es eigentlich von Ihnen selber gemeint, wenn Sie sagen, dieser Gesetzentwurf sei doch schon längst auf dem Wege? Sie wissen ganz genau, daß Ihre Auskunft von heute morgen, dieser Gesetzentwurf sei auf dem Wege zum Bundesrat, doch die eindeutige Feststellung beinhaltet: Solange dieser 4. Deutsche Bundestag ordnungsgemäß tagt, wird ihn dieses notwendige Ausführungsgesetz zu Art. 5 des Grundgesetzes nicht mehr erreichen. Dieser Bundestag wind also - das wissen Sie ganz genau - nicht in der Lage sein, zu irgendeinem Zeitpunkt dieses Thema auch nur in der ersten Lesung zu erörtern, geschweige denn, ordnungsgemäß zu beraten oder gar zu verabschieden. Eine Ihnen vom Beginn der Beratungen an immer wieder genannte Voraussetzung für die Verabschiedung der Notstandsgesetze ist damit also nicht erfüllt. Drittens muß in diesem Zusammenhang etwas zur Frage der Behandlung des Art. 12 gesagt werden. Gewiß, Herr Kollege Benda, Sie haben völlig recht, es hat tim Rechtsausschuß einmal eine Einigung darüber gegeben. Wir waren uns im Rechtsausschuß über eine Formulierung des Art. 12 bereits einmal einig. Aber Sie wissen auch - das zu sagen gehört zur Vollständigkeit der Darstellung -, daß im weiteren Verlauf der Beratungen, als wir uns über den Sinn und den Inhalt dieser Vereinbarung auseinandersetzen mußten, sehr bald deutlich wurde, daß Sie etwas anderes meinten als wir. Wir haben in einer Reihe von Fragen mit diesen Formulierungen andere Vorstellungen verbunden als Sie. Es war gut, daß das auch in den Ausschußberatungen sichtbar geworden ist; denn wir hätten andernfalls unter wesentlich ungünstigeren Umständen die notwendige Klärung versuchen müssen. Wie der Kollege Schäfer heute morgen formuliert hat, muß es zwar eine Arbeitslenkung im Notstandsfall geben, nicht aber ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis für die Betroffenen. Das ist nach dem, was in den interfraktionellen Gesprächen gesagt worden ist, im Prinzip auch von Ihrer Seite anerkannt worden. Deshalb hatten wir eigentlich die Hoffnung, daß diese Einigung ihren Niederschlag auch in den endgültigen Beratungen und in dem gefunden hätte, was nachher im Rechtsausschuß von Ihnen beschlossen worden ist. Aber in dieser Frage sind wir offenbar noch nicht einig. Es ist einer der Punkte, von denen der Kollege Erler mit Recht gesagt hat: Hier haben Sie das, worüber wir uns in den interfraktionellen Vereinbarungen geeinigt hatten, nicht übernommen. Hier bedarf es noch sehr gründlicher weiterer Diskussion. Ich möchte mich an dieser Stelle gegen einen bei der Erörterung dieses Problems immer wieder gebrachten Vergleich wenden, von dein ich meine, daß er den Kern der Dinge nicht trifft. Selbstverständlich haben alle Bürger im Falle eines Notstands ihren Beitrag dazu zu leisten, daß wir in die Lage versetzt werden, ihn zu bewältigen, jeder nach seinen Kräften, jeder an seinem Platz. Aber - und darüber hatten wir uns, so meine ich, in den interfraktionellen Gesprächen doch bereits einmal verständigt - das heißt doch nicht, daß nun jeder Bürger gleichermaßen, einer wie der andere, in ein soldatenähnliches, militärähnliches öffentlich-rechtliches Verhältnis gesteckt werden muß. ({1}) - Herr Kollege Benda, wenn Sie das nicht wollen, dann hätten Sie doch ohne weiteres in Art. 12 hineinschreiben können, daß insofern die arbeitsrechtliche Position unabhängig von der Arbeitslenkung - um bei dieser Diktion zu bleiben -, daß die arbeitsrechtliche Stellung des Arbeitnehmers im Notstandsfall unberührt bleiben muß. Wer hat Sie daran gehindert, diesen Teil der Übereinstimmung nun auch in die Vorlage zu übernehmen? - Bitte schön, Herr Kollege Busse.

Hermann Busse (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000316, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Kollege Jahn, ist Ihnen nicht klar, daß nicht jeder in Deutschland auf Grund unserer Notverfassung in ein militärähnliches Dienstverhältnis hineingebracht werden kann, daß allein schon die Verhältnismäßigkeitsklausel hier ganz enge Grenzen dahin setzt, daß nur das geschehen kann, was unbedingt notwendig ist?

Gerhard Jahn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001012, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Natürlich ist mir das klar, Herr Kollege Busse. Ich habe etwas Derartiges aber auch gar nicht behauptet. Ich wehre mich nur dagegen, daß auf einem so wichtigen und schwierigen Gebiet wie dem der notwendigen Arbeitslenkung mehr getan ist, als zur Bewältigung dieser Situation konkret geboten ist.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Benda?

Gerhard Jahn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001012, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Bitte schön!

Prof. Dr. Ernst Benda (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000139, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Jahn, nachdem Sie uns hier mehr oder weniger den Vorwurf machen, wir hätten das Ergebnis einer Einigung in den Beschlüssen des Rechtsausschusses nicht seinen Niederschlag finden lassen, darf ich Sie fragen: Warum haben Sie oder Ihre Freunde nicht in der Sitzung des Rechtsausschusses am 25. Mai, wo wir unseren Änderungsvorschlag zu diesem Thema eingereicht und auch mit Mehrheit verabschiedet haben, einmal Gelegenheit genommen, dazu Ihrerseits einen Änderungsantrag zu stellen oder eine Formulierung vorzuschlagen, aus der sich das, worüber wir uns im Kern einig waren, ergeben hätte? Warum haben Sie zwar gesagt, Sie könnten unserem Antrag nicht zustimmen, aber Ihrerseits darauf verzichtet, uns auch nur einen Vorschlag, auch nur die Idee einer Formulierung vorzulegen, über die wir uns möglicherweise sehr schnell hätten einig werden können? ({0})

Gerhard Jahn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001012, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Benda, ich halte nicht sehr viel von dieser Methode, die, in anderem Zusammenhang ({0}) - lassen Sie mich doch einmal ausreden; seien Sie doch nicht so ungeduldig - der Kollege Dr. Barzel als ,,Schwarzer-Peter-Spiel" bezeichnet hat. ({1}) - Seien Sie doch nicht so ungeduldig; ich muß doch wenigstens den Satz zu Ende führen; es kommt ja. Sehen Sie, Herr Kollege Benda, am Dienstag hat das letzte interfraktionelle Gespräch stattgefunden. Am Mittwochmorgen war Plenarsitzung des Bundestages, und zur gleichen Stunde hielten der Vorsitzende des Rechtsausschusses und Ihre Fraktion es für angemessen, in einer während der Plenarsitzung stattfindenden Sitzung des Rechtsausschusses nun mit aller Gewalt diese Fragen zu behandeln. Obwohl wir an diesem Morgen mit einer Reihe von Kollegen andere Verpflichtungen hatten, habe ich zunächst den Versuch gemacht, an der Sitzung teilzunehmen. Ich habe in dieser Sitzung ordnungsgemäß zehn Minuten vor zehn ausdrücklich zu Protokoll erklärt: Ich muß diese Sitzung jetzt verlassen, weil ich verpflichtet bin, an der Plenarsitzung teilzunehmen, um im Plenum als Berichterstatter zu einer Änderung des Grundgesetzes 'zu sprechen. Ich hatte nach dieser Verhandlung wesentlicher Punkte im Plenum andere Fragen im Plenum zu behandeln. Der Kollege Schäfer und andere Mitglieder meiner Fraktion, die dem Rechtsausschuß angehören, waren aus anderen Gründen nicht in der Lage, an dieser Sitzung teilzunehmen. Aber ich muß Ihnen ganz offen sagen, selbst wenn wir es ,gekonnt hätten: ich halte es für ,einen völlig indiskutablen Stil, daß man von 'einem Mitglied dieses Hauses oder gar von einer Fraktion - es wäre wohl das mindeste gewesen, daß der zuständige Arbeitskreis meiner Fraktion Gelegenheit gehabt hätte, darüber zu beraten - erwartet, von heute auf morgen in einem Zeitraum von weniger als 24 Stunden in einer so entscheidenden Frage Verfassungsrecht zu machen. ({2}) - Bitte schön, Herr Kollege Schäfer!

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort zu einer Zwischenfrage hat Herr Abgeordneter Dr. Schäfer.

Dr. Friedrich Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001930, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Jahn, wollen Sie nicht auch noch darauf hinweisen, wann die Vorlagen gemacht worden sind und daß nicht einmal der Mitberichterstatter eine Vorlage bekam und im Ausschuß dagegen protestieren mußte?

Gerhard Jahn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001012, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Die Antwort liegt in der Frage selbst. ({0}) - Herr Kollege Benda hat noch das Bedürfnis.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort zu einer Zwischenfrage hat Herr Abgeordneter Benda.

Prof. Dr. Ernst Benda (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000139, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Wie können Sie, ohne mit den Gesetzen der Logik in Widerspruch zu geraten, einerseits uns vorwerfen, daß wir in den Beschlüssen des Rechtsausschusses der Einigung nicht hinreichend Rechnung getragen haben, und andererseits uns gleichzeitig vorwerfen, ,daß wir überhaupt Beschluß gefaßt haben? ({0})

Gerhard Jahn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001012, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Verehrter Herr Kollege Benda, da sind wir uns über das, was Sie unter Logik verstehen, sicherlich nicht ganz einig. Ich will versuchen, mich mit Ihnen über diese Frage zu verständigen. Ich beschwere mich ja gar nicht darüber, daß Sie etwas beschlossen haben. Ich bin nur nicht einverstanden mit dem, was Sie beschlossen haben. Da gibt es wohl kaum einen Widerspruch zu dem, was ich zuvor gesagt habe. Es gibt leider noch andere Punkte, bei denen wir uns einig waren und bei denen diese Einigung von Ihnen nachher nicht notifiziert worden ist. Wir waren uns in den interfraktionellen Gesprächen darüber einig - Herr Kollege Schäfer hat die Notwendigkeit dieser Lösung heute morgen ausführlich dargelegt -, daß die Wahl des Bundeskanzlers im Zustand der äußeren Gefahr vom ganzen Notparlament vorgenommen werden müsse und nicht nur von den aus dem Bundestag stammenden, ihm angehörenden Mitgliedern; denn dieses neuartige Verfassungsorgan kann nach unserer Auffassung nur einheitlich operieren und darf in seiner Funktion nicht aufgespalten 'werden. Diese in den interfraktionellen Verhandlungen erzielte Einigung ist von Ihnen bei den späteren Beschlüssen im Rechtsausschuß ebenfalls nicht beibehalten worden. Wir hatten uns dahin gehend verständigt, daß das Notparlament unter allen Umständen, in jeder Situation und jederzeit voll funktionsfähig sein muß. Wir waren uns daher auch darüber einig, daß eine Bestimmung wie die des Artikels 115 a Abs. 3 überflüssig sei und gestrichen werden könne. Nach dem vorliegenden Wortlaut soll nämlich zu irgendeinem Zeitpunkt unter Umständen doch die Möglichkeit 'bestehen, die Feststellung des Eintritts des Zustandes der äußeren Gefahr ohne das Notparlament nur durch die Bundesregierung bzw. den Bundespräsidenten treffen zu lassen. Das war der dritte Punkt dessen, worüber wir uns verständigt haben und was Sie dann nicht übernommen haben. Daher hat Herr Kollege Erler mit Recht gesagt: Nicht einmal diese Vereinbarungen haben Sie eingehalten; nicht einmal diese Möglichkeiten der Verständigung, die wir bereits erzielt hatten, haben Sie berücksichtigt. Es gibt eine ganze Reihe von weiteren Fragen, die wir nicht nur in Form von einzelnen Punkten, sondern in einer vollständigen Darstellung durch den Kollegen Schäfer Ihnen heute morgen unterbreitet haben. Ich will daraus nur noch einen Punkt herausgreifen, den der Herr Kollege Busse vorhin seinerseits noch einmal mit Recht kritisch erörtert hat, nämlich die Frage, ob wir die jetzt getroffene Regelung für die Feststellung des VerteidigungsfalJahn les nicht in Übereinstimmung bringen müssen mit der Regelung 'bezüglich der Feststellung des Zustandes der äußeren Gefahr. Da sind wir - Herr Kollege Busse, ich darf Ihnen noch einmal unsere sehr eingehenden Beratungen gerade zu diesem Punkt am Anfang im Rechtsausschuß in Erinnerung rufen - heute wie damals der Überzeugung: gerade weil wir eine einheitliche und in vollem Umfang allen Bedürfnissen gerecht werdende Verfassung für den Zustand der äußeren Gefahr benötigen, gerade deshalb darf es hier keine zwei verschiedenen Wege, keine zwei verschiedenen Methoden geben, so weitreichende Feststellungen zu treffen. ({0}) - Einen Augenblick, bitte. Ich halte es eigentlich für eine theoretische Frage, die hier die Entscheidung nicht beeinflussen kann, daß unter Umständen zwar der Verteidigungsfall, nicht zugleich aber der Zustand der äußeren Gefahr gegeben sein könnte. Wenn wir zu dem Ergebnis kommen, daß der Verteidigungsfall oder umgekehrt der Zustand der äußeren Gefahr gegeben ist, dann sind auch die Voraussetzungen für die jeweils andere Feststellung gegeben. Zumindest aber muß, selbst wenn man hier an eine theoretisch mögliche Spaltung glaubt, in beiden Fällen eine so weitreichende Feststellung gebunden werden an die volle Verantwortung des gesamten Parlaments bzw. bei dessen Verhinderung des Notparlaments. - Bitte, Herr Kollege Benda.

Prof. Dr. Ernst Benda (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000139, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Jahn, wie kommt es, daß hinsichtlich der von Ihnen für wünschenswert gehaltenen Koordinierung zwischen dem Zustand der äußeren Gefahr und dem Verteidigungszustand in den mehr als zweijährigen Beratungen des Rechtsausschusses von Ihnen oder den Angehörigen Ihrer Fraktion niemals ein entsprechender Antrag gestellt worden ist? ({0}) Für den Fall kann doch das, was Sie für den 25. Mai gesagt haben, nicht gelten. Das waren doch mehr als zwei Jahre. ({1})

Gerhard Jahn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001012, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich fürchte, Herr Kollege Benda, Sie irren sich; Sie irren sich deshalb, weil der Antrag auf Anpassung des Artikels 59 a an den Wortlaut des Artikels 115 a - dessen entsinne ich mich genau - von dem Kollegen Schäfer mindestens einmal, wenn nicht sogar zu wiederholten Malen in den beiden Lesungen, die wir gehabt haben, gestellt worden ist. - Bitte.

Prof. Dr. Ernst Benda (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000139, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Verzeihen Sie, Herr Kollege, vielleicht verstehen wir uns falsch. Meine Frage bezieht sich nicht auf das Thema der Mehrheit im Parlament bei der Feststellung des Verteidigungszustandes, sondern nur auf die Frage, ob der Verteidigungszustand - wie Sie es heute für richtig halten und wie wir es ja sehr eingehend diskutiert haben - gleichzeitig den Zustand der äußeren Gefahr begründet und umgekehrt. Nur auf dieses Thema, das Sie ja heute in die Diskussion eingeführt haben, bezieht sich meine Frage.

Gerhard Jahn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001012, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Nein, wir haben uns gar nicht mißverstanden. Herr Kollege Benda. Eben dazu habe ich gesprochen und eben dazu haben wir unsere Anträge gestellt. Sie haben das vielleicht nicht mehr in Erinnerung, und ich bin jetzt auch nicht in der Lage, Ihnen aus dem ganzen Berg von Protokollen zu zitieren. Aber es kann gar kein Zweifel sein - ich habe an den Sitzungen des Rechtsausschusses teilgenommen und weiß es ganz genau -, daß diese Anträge gestellt worden sind. Ich weiß es auch nicht zuletzt deshalb, weil das für mich persönlich von Anfang an eine außerordentlich wichtige Frage gewesen ist. Dabei möchte ich es jetzt bewenden lassen und lediglich noch auf einen Punkt hinweisen. Herr Kollege Benda, Sie haben heute mittag das Wort von der „Sperrminorität" in die Debatte geworfen, und Sie haben gemeint, es ein wenig vorwurfsvoll sagen zu können, daß die Sozialdemokraten als Opposition in diesem Bundestag diese Rechte, die ihnen zur Verfügung stehen, auch gebrauchen. Ich habe das Wort nicht sehr gern gehört, und ich glaube, Herr Kollege Benda, bei ruhigem Überlegen werden Sie mir recht geben, daß das von Ihnen gar nicht so gemeint gewesen sein kann. Die Bindung unseres Grundgesetzes an die Voraussetzung, daß nur mit einer Zweidrittelmehrheit eine Änderung oder Ergänzung der Verfassung vorgenommen werden kann, hat doch nicht den Sinn, daß irgend jemandem eine Sperrminorität eingeräumt wird, sondern positiv heißt das doch, daß eine Überzeugung auf einer Breite bestehen muß, die mindestens von zwei Dritteln der Mitglieder dieses Hauses getragen sein muß. Es muß eine hinreichend breite Überzeugungskraft und eine hinreichend breite Vertrauensbasis für eine entsprechende Regelung geschaffen werden, und genau in diesem Sinne, meine Damen und Herren, verstehen wir Sozialdemokraten unseren Auftrag in dieser Auseinandersetzung. Wir nehmen es mit der Notwendigkeit des Schutzes unserer freiheitlichen Ordnung mindestens so ernst wie Sie, und wir haben nicht nur in dieser jetzt fast zweitägigen Debatte, sondern auch in den Jahren zuvor mit unseren Entscheidungen und unseren Äußerungen in dieser Frage deutlich gemacht, daß uns daran liegt, gewisse Grundvorstellungen, gewisse Grundentscheidungen unserer Verfassung zu wahren und dennoch einen Weg zu finden, der den bestmöglichen Schutz für unser Land und für unser ganzes Volk möglich macht. Wir haben hier die Verantwortung dafür zu tragen, daß - mag von Ihrer Seite noch so sehr gedrängt werden, mag das Bedürfnis, eine positive Entscheidung zu finden, noch so sehr anerkannt werden - die Pflicht, die uns in diesem Hause obliegt, dennoch nicht vernachlässigt wird, nämlich die Pflicht, daß kein Stück der Verfassung mit der heißen Nadel genäht wird. Hier ist einiges - und zwar Entscheidendes - noch nicht ausgereift; es ist noch nicht reif zur Ent9730 scheidung. Wir werden die Diskussion über die offenen Fragen weiterführen müssen, und ich bin überzeugt, daß das, was Herr Kollege Busse vorhin zu diesem Punkt gesagt hat, richtig ist. Das, was wir bisher als ein Stück gemeinsamer Überzeugung erarbeitet haben, wird eine wichtige Grundlage für die Vollendung dieses Gesetzgebungswerkes in der nächsten Legislaturperiode sein. ({0})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Meine Damen und Herren! Derzeit steht nur noch ein Redner auf meiner Rednerliste. Es ist der Abgeordnete SchmittVockenhausen. Ich erteile ihm das Wort.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002033, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr Kollege Jahn hat hier schon einige Beiträge für die weiteren Beratungen des Gesetzgebungswerkes, das wir heute in zweiter Lesung behandeln, vorgetragen. Ich freue mich, hier einige weitere sehr wichtige Anregungen und auch einen oder zwei Wünsche, die in den Ausschußberatungen noch keine Berücksichtigung gefunden haben, vortragen zu können. Ich kann mich zu Artikel 91 Abs. 1 insofern verhältnismäßig kurz fassen, als der Herr Kollege Schäfer schon die Problematik der Unterstellung des Bundesgrenzschutzes und gegebenenfalls der Streitkräfte bei einem polizeilichen Einsatz heute morgen als ein Problem dargestellt hat, das zwischen Bund und Ländern noch weiter erörtert werden muß. Eine Frage allerdings, die im Art. 91 a erfreulicherweise, Herr Kollege Benda, bereits Berücksichtigung gefunden hat, die aber auch im Art. 91 Berücksichtigung finden müßte, darf ich hier noch vortragen. In Abs. 1 sollte der Satz eingefügt werden: „Soweit dies zur Abwehr der Gefahr erforderlich ist, kann die Landesregierung der Bundesverwaltung im Gebiet des Landes Weisungen erteilen", um auch hier die Übereinstimmung mit dem Art. 91 a herzustellen und den Ländern die Möglichkeit zu geben, sich gegebenenfalls der Bundesverwaltung zu bedienen, - ein Anliegen, für das Sie sicher Verständnis haben. ({0}) - Sind Sie doch froh, daß wir sie hier vortragen! Ich darf weiter zu Abs. 2 sagen, daß darin noch die rechtssystematische Zwischenstufe fehlt: für den Fall, daß sich die Gefahr auf das Gebiet mehrerer Länder erstreckt, sollte man die Möglichkeit vorsehen, daß versucht wird, die Gefahr zunächst in Zusammenarbeit mehrerer Länder zu beseitigen. Das ist eine Situation, die durchaus verständlich ist. Die Lösung wird auch sicher den Wünschen des Bundesrates auf eine klare Abstufung stärker entgegenkommen. Ich nehme an, daß auch Sie, Herr Kollege Benda, in den weiteren Beratungen eine Grundlage für eine solche Bestimmung sehen. Ein weiteres Problem in Abs. 2 ist der Satz 5, die Frage des uneingeschränkten Einsatzes der Streitkräfte. Das ist eine sehr weitgehende Entscheidung. Darüber bestehen doch keine Meinungsverschiedenheiten. Aber wenn eine so wichtige Entscheidung getroffen wird, braucht man dann nicht eine klare Qualifizierung, zu der wir uns ja auf allen anderen Gebieten im Rahmen des Gesetzgebungswerkes durchgerungen haben? Wir meinen, daß die Zulässigkeit davon abhängig gemacht werden sollte, daß der Bundestag mit einer Mehrheit von zwei Dritteln, mindestens jedoch der Mehrheit seiner Mitglieder, zustimmt. Es bleibt noch die Frage der Mitarbeit des Bundesrats in diesem Stadium. Darüber müßte man mit dem Bundesrat noch einmal in den Ausschüssen sprechen. Herr Kollege, weil gerade der innere Notstand eine Frage ist, die das Grundgesetz ausdrücklich den Ländern zuweist, sollte die Mitarbeit des Bundesrates vorgesehen werden.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Herr Abgeordneter Schmitt-Vockenhausen, gestatten Sie eine Zwischenfrage? - Herr Abgeordneter Benda!

Prof. Dr. Ernst Benda (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000139, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich würde nur gern hören, warum diese Fülle - nicht unbedingt, aber teilweise - trefflicher Ideen in der zweiten Lesung dieser Materie im Plenum kommt und nicht in den Beratungen im zuständigen federführenden Rechtsausschuß gekommen ist, in dem wir alle diese Bestimmungen einstimmig so beschlossen haben, wie sie heute dem Hause zur Beschlußfassung vorliegen. ({0}) ,Schmitt-Vockenhausen ({1}) : Herr Kollege, ich darf Sie daran erinnern, daß ich Ihnen gerade diese Wünsche, die ich zuletzt vorgetragen habe, im Innenausschuß ausdrücklich ans Herz gelegt habe, weil der innere Notstand zur Zuständigkeit des Innenausschusses gehört und - wenn auch die Federführung beim Rechtsausschuß lag - die Kollegen der Meinung waren, daß es sehr wesentlich auf die Vorschläge und die Gedankengänge auf Grund der Erfahrungen des Innenausschusses ankommen sollte. Es bleibt die weitere Frage, ob man den sofortigen Einsatz - das hat der Kollege Schäfer heute morgen schon sehr gut deutlich gemacht - nicht in die Zuständigkeiten des Gemeinsamen Ausschusses einbeziehen sollte. Es ist eine Frage, die nachträglich mit Recht aufgetaucht ist. Nachdem wir uns angesichts der gesamten Systematik entschlossen haben, den Gemeinsamen Ausschuß so stark auszubauen, sollte der unmittelbare sofortige Einsatz nicht isoliert bleiben. Selbstverständlich kann diese Frage heute nicht mehr abschließend erörtert werden. Aber ich könnte mir vorstellen, daß sie vor allem auch bei den Ländern großen Widerhall findet. Das Problem ist einfach zu wichtig, als daß man dies nur der Entscheidung der Bundesregierung überlassen sollte. Bei solch wichtigen Entscheidungen im inneren Notstand müßte es eigentlich selbstverständlich sein, daß auch der Bundesrat die Einstellung des Einsatzes der Bundeswehr verlangen kann. Der Rechtsausschuß hat die Einstellung des Einsatzes leider nur in die Hand des Bundestages gelegt. Es ist doch ganz selbstverständlich, daß im Hinblick auf das Gesamtverhältnis Bund-Länder und die Zuständigkeit der Länder für die innere Sicherheit hier auch der Bundesrat mitreden muß. Erlauben Sie mir, daß ich noch einen Hinweis auf Abs. 3 mache. Hier geht es um die Frage, ob Bundesgesetze, die in diesen Fällen auf dem Gebiet der konkurrierenden Gesetzgebung auf Sachgebieten, die sonst zur Zuständigkeit der Länder gehören, erlassen werden, der Zustimmung des Bundesrates bedürfen. Wir meinen, daß es gut und richtig ist, auch hier eindeutig die Zustimmung des Bundesrates festzulegen. Das ist, glaube ich, auch ganz im Sinne der Auffassung, die ich heute im Hinblick auf die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern vorzutragen mir erlaubt habe. Es bleibt eine weitere Frage, die ich auch in der Beratung des Innenausschusses angeschnitten habe. Ich glaube, daß die Verlängerung der Dreimonatsfrist, wie sie hier vorgesehen ist, nicht eindeutig genug ist. Ich könnte mir vorstellen, daß diese Eindeutigkeit durch eine Fassung erreicht werden könnte, die etwa lautet: Ihre Geltung kann durch Gesetz bis zu drei Monaten verlängert werden. Das ist eine Sache, die ebenfalls im Rechtsausschuß - nachdem wir uns über das Prinzip schon ausgesprochen hatten - vielleicht in den späteren Beratungen Berücksichtigung finden kann. Es bleibt schließlich noch die Frage des Art. 91 Abs. 6. Hier ist heute morgen schon von Herrn Kollegen Schäfer darauf hingewiesen worden, daß wir eine knappe und präzise Formulierung wünschen. Wir haben in den interfraktionellen Erörterungen auch entsprechende Anregungen gegeben. Wir hoffen, daß wir in den weiteren Beratungen doch noch zu dieser Fassung kommen. Ich will in diesem Stadium der Beratungen nicht noch einmal den gesamten Komplex des Art. 12 vortragen. Es wäre nach der ausführlichen Aussprache, die wir über den Art. 12 gehabt haben, wohl nicht sinnvoll, noch einmal die Problematik darzulegen. Ich kann mich hier auf einen Vorschlag beziehen, den wir in der ersten Lesung zum Zivildienstgesetz gemacht haben. Er wird - wenn auch noch unvollkommen - in der Fassung des Rechtsausschusses angedeutet. Man kann aber noch eine Verdeutlichung in folgender Richtung vornehmen. Wir haben die militärische Verteidigung, den Zivilschutz und den Bereich des Arbeitslebens, auf denen Änderungen und Ergänzungen in dem Umfange notwendig sind, wie die Kollegen Schäfer, Erler und Jahn das vorgetragen haben. Meine Damen und Herren, Sie werden aus diesen wenigen Bemerkungen ersehen haben, daß eine nochmalige Durchsicht der Ergebnisse der Ausschußberatungen und die Überlegungen, die nach Vorliegen der Gesamtkonzeption angestellt worden sind, gezeigt haben, daß auch auf dem Gebiet des Art. 91 und der damit verbundenen Probleme noch manches offen ist. Wir hoffen, daß wir uns in dem Geiste, den Herr Kollege Jahn hier noch einmal deutlich gemacht hat, über diese Dinge weiter unterhalten werden. Über das, worüber wir uns geeinigt haben, sollten wir nicht noch einmal die Gesamtdiskussion führen müssen. Wir sollten uns nur noch über die Probleme zu verständigen haben, die in diesen Beratungen offengeblieben sind. ({2})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Barzel.

Dr. Rainer Barzel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000102, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir stehen am Schluß einer Debatte, die seit einigen Jahren ,das deutsche Volk, ,dieses Haus und die politischen Parteien beschäftigt, einer Debatte, die einen besonderen Rang hat. Wir haben versucht, das in der ersten Lesung auszudrücken. Diese Debatte geht um drei Dinge. Es geht erstens darum, unseren freiheitlichen sozialen Rechtsstaat auch in ,der Stunde der Not zu erhalten, damit die Demokratie nicht untergeht, und zu diesem Zweck Vorrechte, Vorsorge für jede Bundesregierung zu schaffen, die der deutsche Wähler - er allein - bestimmt. Es geht zweitens darum, die Glaubhaftigkeit unserer militärischen Vorsorge, die allein der Kriegsverhütung durch Abschreckung dient, zu verstärken. Der Verteidigungsminister hat heute morgen deutlich gemacht, welche Lücke hier klafft. Unterstellt, .all die Lücken, die Herr Schäfer hier erfunden hat, wären ,da: sie wären ein Nichts, verglichen mit der Lücke, die der Herr Bundesminister für Verteidigung heute morgen in ,der Sache aufgezeigt hat. ({0}) Es geht zum dritten um die Herstellung unserer vollen staatlichen Freiheit. Wir haben einen Weg hinter uns, den wir seit dem Petersberger Abkommen oftmals millimeterweise, stückweise beschritten haben. Wir haben hier die Chance - heute noch -, leine Situation zu bereinigen, so daß nur noch Millimeter an Resten von alliierten Vorrechten übrigbleiben. Aus ,diesem Geiste und weil es um diese Punkte geht, weil es in der Sache notwendig ist, wird das Haus .die Kunst des Kompromisses beweisen und die Gemeinsamkeit betonen müssen. Dem Haus liegt eine abstimmungsfähige Vorlage vor. Es handelt sich dabei nicht um eine Vorlage der CDU/CSU, .der FDP oder der Bundesregierung. Es liegt eine Vorlage vor, die gemeinsam im Rechtsausschuß erarbeitet worden ist, eine Vorlage, in die eingeflossen ist, was die Sozialdemokratische Partei Deutschlands inner- und außerhalb des Hauses gesagt hat, eine Vorlage, in .der ganz ernst genommen worden ist, was von Ihnen gesagt worden ist. Meine Damen und meine Herren, ich muß mich nach ,der Rede des Kollegien Jahn und ,der des Kollegen Schäfer fragen, warum Sie eigentlich eingestimmt haben, interfraktionelle Beratungen aufzunehmen - die wir, wie die Beteiligten wissen, nicht erst im Mai, sondern im März verabredet haben -, warum ,Sie dazu überhaupt bereit waren, wenn doch die Zeit nicht ausreicht und wenn, wie eben Herr Jahn sagte, selbst im Fall der Einigung noch eine lange Diskussion hier und dort sein müßte, um zur Verabschiedung zu kommen. Sie werden uns erlau9732 ben müssen, meine Damen, meine Herren, daß wir auf Grund dieser Erfahrungen Ihre Worte in ,der Zukunft noch kritischer werden würdigen müssen. Am 25. Mai waren die letzten interfraktionellen Gespräche. Danach gab es leider schon getrennte Pressekonferenzen. Wir erklärten erneut unsere Bereitschaft, über alles zu sprechen, was die sozialdemokratische Fraktion oder Partei zu sagen hätte. Am Freitag darauf kam eine nicht ganz klare Stellungnahme der Regierungsmannschaft oder des Präsidiums - ich habe es nicht in Erinnerung - der SPD. Ich habe daraufhin erneut erklärt: Ich weigere mich, das als ,ein verklausuliertes Nein entgegenzunehmen - für die stärkste Fraktion des Hauses habe ich 'das erklärt -; wenn etwas ist, wollen wir darüber sprechen. Am 29. Mai wurde dann trotz dieser Gesprächsbereitschaft nicht etwa ,der Weg beschritten, uns die Wünsche, .die Sie noch haben, auf den Tisch zu legen, sondern es wurde ein Nein gesagt, ohne diese Gespräche fortzusetzen. Dies, meine Damen, meine Herren, bedaure ich und beklage ich. Ich beklage, daß auch unser Angebot von der letzten Woche, über diese Dinge noch zu sprechen, nicht aufgenommen worden ist. In der Öffentlichkeit sind Anträge von Ihnen für heute zu diesen Fragen angekündigt worden. Sie haben sie nicht gestellt. Warum, weiß ich nicht. Aber wie hätten Sie Ihr Nein aufrechterhalten können, wenn wir gesagt hätten: Gebt die mal her, wir sprechen jetzt darüber und finden einen gemeinsamen Weg!? Dieses Nein, meine Damen und meine Herren, ist Ihnen schwer geworden. Das haben wir heute gespürt. Aber es wiegt auch schwer, und es ist folgenschwer. Der Bundesminister für Verteidigung hat heute morgen erneut die Lage und die Zusammenhänge dargestellt. Ich darf den Zeitablauf, wie er sich für mich als Parlamentarier, der in diesem Hause lebt, heute darstellt, noch einmal in Erinnerung rufen: Um 9 Uhr ein Gespräch beim Kanzler mit allen Fraktionsvorsitzenden in einer wichtigen Frage, um 10 Uhr hier der Bundesminister für Verteidigung, der für die Bundeswehr einen Wunsch an uns richtet, und dann diese Debatte, ({1}) dann Kollege Benda mit der großartigen Rede - warum war er so engagiert, meine Damen und Herren? er ist ein Berliner! -, ({2}) und dann diese Debatte in diesem Hause und dieses Nein. Ich bedaure, daß diese Gesetzgebung nicht zustande gekommen ist. Herr Kollege Schäfer, nur zwei Bemerkungen zu Ihrer Rede. Sie haben die Frage gestellt, was denn diese Bundesregierung für die Sicherheit getan habe. ({3}) - Haben Sie nicht gestellt? ({4}) - Das ziehen Sie zurück? Ich bin immer froh, wenn wir - ({5}) - Wir haben gehört: Was hat sie für die Sicherheit getan? Wenn das so gemeint ist, lassen wir das bleiben. Wenn das so gemeint ist, steht es hoffentlich so im Protokoll, und ich kann mir das, was ich dazu sagen wollte, jetzt schenken. Wir brauchen keine Popanze; wir brauchen das, was hier real geschieht. Dann gleich das zweite. Sie haben eine neue Geschichtsdarstellung geboten, indem Sie mit dem Vizepräsidenten Carlo Schmid 1955 begannen. Mir war eigentlich die Geschichtsdarstellung Ihres Vorsitzenden, der fairerweise 1960 anfing, hierzu doch glaubhafter und vernünftiger. Vielleicht können Sie in Ihre Sammlung noch ein Zitat Ihres verstorbenen Parteivorsitzenden aufnehmen. Ich zitiere nach der „Frankfurter Rundschau" vom 3. November 1958: Die Bundesregierung ist seit ihrem Bestehen ohne Notstandsrecht ausgekommen, und es ist kein Anlaß vorhanden, dies jetzt gesetzlich zu regeln. Vielleicht nehmen Sie das noch in Ihre Geschichtsdarstellung auf. Meine Damen und Herren, wir werden nun gleich, wenn diese Abstimmung erledigt ist - eine traurige Abstimmung, wie ich glaube -, eine Reihe von Einzelgesetzen aus dieser Gesetzgebung verabschieden, mit unterschiedlichen Mehrheiten, wie ich vermute. Dann wird am Schluß eine Notstandsgesetzgebung dastehen; und es wird Einzelgesetze geben, von denen Sie dem einen oder anderen zuzustimmen bereit sind. Gott Dank! Aber was ist das für ein Parlament, meine Damen, meine Herren, das diese Einzelgesetze mit all den Vollmachten und Rechten verabschiedet, nicht aber die politischen Grundfragen löst, die jetzt in der Verfassungsänderung zu verabschieden sind! ({6}) Warum vertun Sie die Chance, den Gemeinsamen Ausschuß schon in vier Wochen seine Arbeit aufnehmen lassen zu können als einen Ort der ständigen Beratung, der Gemeinsamkeit und der Information? Warum verschenken Sie das, meine Damen und meine Herren? Ich vermag das nicht einzusehen. ({7}) Wir bedauern, daß eine Gesetzgebung nicht zustande kommt, die für unseren Rechtsstaat, für unsere Sicherheit, für die deutsche Staatlichkeit unerläßlich ist. Ich bedaure nicht mich um die Erfahrungen, die ich machen mußte - und die sind zum Teil bitter -, ich bedaure unser Volk, ({8}) daß es erneut diese Erfahrung eines Nein machen muß. ({9}) Wir verzichten auf einen erneuten Appell an Sie; denn das ist zu dieser Stunde sinnlos, weil Ihre Entscheidung feststeht, eine Entscheidung, die außerhalb des Hauses getroffen wurde. ({10}) So bleibt es also bei den Vorrechten der Alliierten. So weiß keiner, was in der Stunde der Not sein soll. So wird leider sichtbar, wie weit und wie wenig real in wichtigen Fragen die Gemeinsamkeit in diesem Hause geht. Sie, meine Damen, meine Herren von der Opposition, haben eine schwere Verantwortung übernommen. Wir haben alles getan, um zur Einigung zu kommen. Die Fraktion der CDU/ CSU wird zu einer Gesetzgebung, die Deutschland ganz einfach braucht, Ja sagen. ({11})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Erler.

Fritz Erler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000488, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bewundere die Melodramatik des Kollegen Dr. Barzel. ({0}) Aber sie wird weder dem Hergang der Beratung in diesem Hause gerecht, noch kann sie vergessen machen, wie untätig im letzten Jahr die Bundesregierung diesem Problem gegenüberstand. ({1}) Im übrigen würde ich mich darüber freuen, wenn man in diesem Hause und draußen möglichst die gleiche Sprache spräche. ({2}) - Ja, doch, dazu gehöre ich zum Beispiel. Auf einige Passagen, die der Kollege Barzel hier ausgesprochen hat, aber auch auf einige Passagen der Rede des Bundesverteidigungsministers paßt haargenau, was Bundeskanzler Dr. Erhard am 17. April 1964 an anderer Stelle ausgeführt hat, nämlich: Wer dem Volke Angst einjagt, der macht sich einer Verführung schuldig und treibt die Menschen dazu, sich falsch zu verhalten. ({3}) Meine Damen und Herren, wir wissen alle, daß Vorsorge für Notfälle notwendig ist. Deshalb wird dieses Haus heute mit den sozialdemokratischen Stimmen eine ganze Reihe von Gesetzen beschließen, die dieser Vorsorge dienen, die so gestaltet worden sind, daß sie auch unseren Vorstellungen entsprechen, und denen keine verfassungsrechtlichen Bedenken entgegenstehen. Wir wissen alle, daß auch die Ablösung der alliierten Vorbehaltsrechte erforderlich ist. Aber auch diese Ablösung bedingt seriöse Gesetzgebung, vor allem auch seriöse Verfassungsgesetzgebung. Davor dürfen wir uns nicht drücken. Es ist in dieser Debatte klargeworden, daß die Bundesregierung erst sehr spät bereit war, unhaltbare Positionen zu räumen. Sie können nicht durch interfraktionelle Besprechungen, die im Mai aufgenommen werden, die Unterlassung solcher Bemühungen das ganze letzte Jahr hindurch vergessen machen. ({4}) Ich hatte mich mehrere Male in dieser Sache an den Bundeskanzler gewandt. Er blieb untätig. Es ist in dieser Debatte klargeworden, daß wir Sozialdemokraten darauf beharren, daß die alliierten Vorbehalte ganz verschwinden müssen, ({5}) und zwar in erster Linie gerade diejenigen, die täglich und stündlich heute in diesem Lande angewendet werden, ({6}) nicht nur diejenigen, die eventuell in ferner Zukunft einmal im Falle eines Notstandes in Anspruch genommen würden. Aber gerade jene Vorbehalte blieben bestehen, auch nach den Vorlagen, die Sie hier beschließen wollen. Der Bundesinnenminister tut so, als löste seine Vorlage das Problem. Er hat sie vorgelegt, aber noch nicht eingebracht. Wir warten heute auf die Einbringungsrede zur ersten Lesung, und ich habe noch im Ohr, was gestern in diesem Hause Dr. Barzel zum Prinzip von ersten Lesungen in letzter Stunde ausgeführt hat. ({7}) Außerdem weiß der Bundesinnenminister ganz genau, daß diese Vorlage nicht ausreicht, die entsprechenden Vorbehalte der Alliierten auf dem Gebiete des Post- und Fernmeldewesens zum Erlöschen zu bringen. Das zweite, meine Damen und Herren, betrifft das Gebiet der Presse. Es ist heute klargeworden, daß dieses Haus nicht über eine den ordnungsmäßigen Gang der Gesetzgebung bis hierher gegangene Vorlage beraten kann. Es gibt Texte, die anderwärts vorgelegt worden sind und einigen Mitgliedern des Hauses zugänglich sind. Das ist kein Ersatz für ordnungsmäßige Gesetzgebung, und man soll mir nicht sagen, daß es ausreicht, den Art. 5 nur entsprechend vorsichtig einzuschränken. Bei diesem Gebiet möchten wir wissen, wie das Gesetz im einzelnen beschaffen ist, das der Ausführung dient. Sie haben von der ersten Stunde an gewußt, daß wir den Sperriegel gegenüber der Verfassungsgesetzgebung erst öffnen, wenn wir bei den entscheidenden Gesetzen wissen, was darinsteht. ({8}) Das bezieht sich auf diesen Punkt. Jeder weiß, wie wichtig es ist, was in diesem Gesetz steht, weil man auch mit Verfahrensbestimmungen in unguter Weise Behinderungen schaffen kann. Das nächste Problem betrifft die Rechtsstellung der Arbeitnehmer im Verteidigungsfall. Ich will gar nicht den Disput hier noch einmal aufbringen, der über den einwandfreien Schutz des Streikrechtes in normalen Zeiten entstanden ist. Auch da haben Sie ja noch eine Vorbehaltklausel eingebaut, die eigentlich dort nicht hingehört. Aber lassen wir das einmal weg. Wir waren uns darüber einig, und das Prinzip wurde hier heute auch verkündet, daß es im Verteidigungsfalle um der Sicherung der Enährung, der Versorgung, der Verteidigungswirtschaft willen erforderlich sein mag und sicher sogar ist, die Freiheit der Wahl des Arbeitsplatzes einzuschränken. Wir waren uns weiterhin 'im Prinzip darüber einig - ich vermisse, daß das durchgehalten worden ist -, daß das aber bedeutet, daß im Bereiche der privaten Wirtschaft nicht an die Stelle eines zivilen Arbeitsverhältnisses etwa eine Art öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses mit entsprechenden Sanktionen und ähnlichem treten dürfe, weil wir genau wissen, daß auch unter den Anspannungen und Nöten einer schweren Zeit Menschen, die in einem freien Arbeitsverhältnis stehen, an einem solchen Arbeitsplatz mehr leisten als ausschließlich Gezwungene. Meine Damen und Herren, aus den Ausführungen der Vorredner wurde klar, daß Sie sich von diesem Prinzip zu entfernen im Begriffe sind. Herr Kollege Benda hat ausgeführt, natürlich dürfe in einem solchen Falle nur eine Heranziehung nach dem Zivildienstgesetz möglich sein. Jawohl! Dann müssen wir auch wissen, gerade nach diesem Punkte offenkundiger Nuancen in der Beurteilung des arbeitsrechtlichen Charakters eines Arbeitsverhältnisses, was in dem Zivildienstgesetz wirklich steht. Auch das war Ihnen bekannt, daß wir diesen Sperriegel nur öffnen können, wenn uns der Inhalt des Gesetzes bekannt ist. ({9}) - Aber doch nicht, wie es beschlossen wird! Sie Wissen doch selbst, daß Sie das Gesetz in der jetzt zu Ende gehenden Legislaturperiode wegen der darinsteckenden Probleme gar nicht mehr fertig bekommen. Absichtserklärungen sind kein Ersatz für beschlossene Gesetzestexte, ({10}) zumal wenn wir es mit einem Minister zu tun haben - das mit allem Freimut zu sagen sei mir nach dem heutigen vormittäglichen Fragezwischenspiel erlaubt -, der einem in seiner Replik das Wort im Munde herumdreht und Beschuldigungen oder Behauptungen Widerlegt, die überhaupt nicht aufgestellt worden sind. Mit dieser Methode der Diskussion kommen Sie bei uns nicht weiter. Meine Damen und Herren, der letzte Punkt, der hier hineingehört, betrifft den Zeitdruck. Wir bleiben dabei, daß Verfassungsrecht wichtig genug ist, um zu fordern, daß die Texte, um deren Verabschiedung es wirklich geht, und nicht die von Ihnen selbst ad acta gelegten früheren Entwürfe der Bundesregierung ausreichend auch von der interessierten und fachkundigen Öffentlichkeit mit erörtert werden können. Natürlich gilt das auch und in erster Linie für dieses Haus, .das ja die Texte zur Verabschiedung erst vor einer beinahe unzumutbar kurzen Zeit vorgelegt 'bekommen hat. Meine Damen und Herren, nur als Randbemerkung zu einem Punkte, in dem ich dem Innenminster trotz der Lockerheit der Sprache im Inhalt recht geben möchte: Er meinte, manche Punkte seien so formuliert, daß sie eigentlich nicht ganz der Sprache des Grundgesetzes angemessen seien. Jawohl; es wird auch notwendig sein, bei Aufrechterhaltung der sachlichen Übereinstimmung - soweit sie erzielt worden ist - doch das Ganze in die Sprache unserer Verfassung zu gießen. All dies beweist, daß wir es heute hier mit einem nichtverabschiedungsreifen Torso und nicht mit einer verabschiedungsreifen ernsthaften Vorlage zur Ergänzung des Grundgesetzes zu tun haben. ({11}) Hellhörig wurde ich, als sowohl Minister von Hassel als auch der Abgeordnete Benda ankündigten, daß man, wenn diese Vorlage heute nicht so beschlossen würde, wahrscheinlich in einer späteren Zukunft erneut zu diskutieren haben werde, ob diese Vorlage nicht etwa zu weit in Richtung freiheitlicher Vorstellungen gehe. ({12}) Das zeigt, wo es hinginge, wenn, ,die CDU ihren Willen hätte allein durchsetzen können. ({13}) Deshalb bin ich sehr stolz auf .die starke Stellung der Sozialdemokraten in diesem Hause. Wenn Sie ({14}) Ihren Willen gehabt hätten, wäre es bei der Gesinnung der Vorlagen des 3. Bundestages geblieben.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Herr Abgeordneter Erler, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Benda?

Fritz Erler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000488, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Bitte sehr!

Prof. Dr. Ernst Benda (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000139, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Erler, wie können Sie aus meinen Worten zu diesem Thema und auch, glaube ich, aus den Worten des Verteidigungsministers den Mut zu der unerhörten Verdrehung entnehmen, als gingen mir die freiheitlichen Vorstellungen dieses Entwurfs zu weit? ({0})

Fritz Erler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000488, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

In beiden Reden ist klar zum Ausdruck gebracht worden, daß es eine Reihe von Fragen gibt, bei denen offenbar Sie beide der Meinung sind, auf dem Weg des Kompromisses sei die Linie des Erträglichen eigentlich schon überschritten. ({0}) Das ist es. Legen Sie es aus, wie Sie wollen. ({1}) - Bitte, Herr Kollege Barzel! Wir haben Sie zu nicht so oft unterbrochen - Dr. Barzel ({2}) : Herr Kollege Erler, erinnern Sie sich an die Rede des Bundeskanzlers vom vorigen Mittwoch, in der er für die Bundesregierung erklärte, daß er bereit sei, diesen Kompromissen zuzustimmen?

Fritz Erler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000488, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich hoffe, daß es bei dieser Meinung des Bundeskanzlers auch als künftigem Abgeordneten der Opposition bleibt, wenn wir die neue Vorlage beraten werden. ({0}) - Wir hoffen es. Meine Damen und Herren, wir haben es heute immerhin mit einem Bundesinnenminister zu tun, der es gestern für erforderlich hielt - offenbar weil er mit dem Inhalt so übereinstimmt -, den Abgeordneten des Hohen Hauses einen Aufsatz von Professor Walter Künneth „Politischer Notstand als ethische Frage" zu überreichen. Darin findet sich der Satz: Die Deklarierung des Staatsnotstandes kann niemals bei der Masse des Volkes, auch nicht in jedem Falle bei der Majorität des Parlamentes liegen, sondern obliegt den führenden Instanzen, den nach der Verfassung Verantwortlichen wie Bundesregierung, Bundeskanzler und Bundespräsident. ({1}) Das wird uns gestern noch durch den Innenminister zugeschickt und zeugt mir nicht gerade, wenn das seine Meinung sein sollte - ({2}) - Aber wenn der Bundesinnenminister mit der Verschickung von Material zur Notstandsfrage recht sparsam ist, warum schickt er dann nicht auch andere Aufsätze als nur die, die offenkundig seiner Meinung entsprechen? ({3}) Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluß noch zwei Bemerkungen machen. Wenn es uns in diesem Hause mit dieser starken Stellung nicht gegeben hätte, dann wären uns jene Vorlagen beschert worden, die das Notverordnungsrecht der Bundesregierung enthielten, die die Feststellung bestimmter Zustände ausschließlich an eine einfache Mehrheit des Bundestages, praktisch also an die jeweils führende Mehrheit, gebunden hätten und die, wie aus der Vorlage zum 3. Bundestag ersichtlich war, auch den Gedanken einer Zensur nicht fernstanden. Wir sind sehr froh, daß es durch unsere Stärke möglich war, dies alles zu verhindern. Wir haben in den auch von Ihnen erwähnten Beschlüssen unserer Parteitage keine Parteiforderungen im Interesse der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands aufgestellt. Da ging es nicht um Macht für eine Partei, sondern da ging es ganz schlicht um Notwendigkeiten für die Erhaltung der freiheitlich demokratischen Grundordnung auch in Krisenzeiten. ({4}) Wenn man von solchen Notwendigkeiten überzeugt ist, dann redet man darüber nicht nach den Prinzipien des Pferdehandels: Gib du mir was ab, und ich gebe dann auch was auf, sondern dann sind das eben Notwendigkeiten, die durchzusetzen man sich verpflichtet fühlt. Als letztes, meine Damen und Herren: Es wurde vorhin hier der Versuch unternommen, einen Gegensatz zu konstruieren zwischen den Ausführungen des Abgeordneten Dr. Schäfer und den meinen. Ich darf hier versichern, darin gibt es keinen Gegensatz. Mein Kollege Dr. Schäfer hat die gleichen Sachfragen etwas mehr im Detail erörtert, die ich im Prinzip in der Debatte in der vorigen Woche diesem Hohen Hause auch vorgetragen habe. ({5}) Der Dank für das Erreichte schließt nicht die Feststellung dessen aus, was nicht erreicht worden ist. Und was das menschliche Niveau angeht, da sollten Sie, Herr Kollege Kliesing, daran denken, daß eigentlich hier und auch draußen bei Wahlversammlungen die Angehörigen der Bundesregierung mit dem besten Beispiel vorangehen müßten. ({6}) Damit möchte ich Ihnen zum Schluß noch einmal unseren Standpunkt dahin präzisieren - ({7}) - Seien Sie nicht so ungeduldig! Sie hören es noch beizeiten. Außerdem wissen Sie ja sowieso immer alles, Herr Rasner. Wenn es nach Ihnen ginge, brauchten wir hier gar nicht zu reden. ({8}) Wir werden also den Gesetzen, auch wenn Ihnen das wehtut, zustimmen, die wir für verabschiedungsreif halten und die der Vorsorge für Leben, Gesundheit und Freiheit unserer Bürger dienen. Die Grundgesetzänderung ist nicht ausgereift. Wir hoffen, daß sie im nächsten Bundestag von einer neuen Bundesregierung energischer in Angriff genommen wird, damit sie nicht erst gegen Ende der Legislaturperiode zum Vorschein kommt. Wir hoffen, daß die CDU als Opposition dann bereit ist, mit uns gemeinsam die Gesetzgebung zu verabschieden. ({9})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Das Wort hat der Abgeordnete Dorn.

Wolfram Dorn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000409, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir stehen in der Schlußphase der zweiten Beratung der Notstandsverfassung. Wir Freien Demokraten stellen fest: Diese Vorlage, die im Hohen Haus jetzt zur Abstimmung ansteht, ist ein hervorragendes Ergebnis, ausgewogen in allen Notwendigkeiten und in Anerkennung aller sachlich durchgeführten Diskussionen ein Ergebnis, das eigentlich Wirklichkeit werden sollte. ({0}) Wir Freien Demokraten haben bis zuletzt, bis zur vorigen Woche gehofft, wir würden das, was wir gemeinsam zum Schluß in den interfraktionellen Besprechungen erreicht haben, in einem Schlußgalopp auch noch zu einer erfolgreichen Schlußabstimmung bringen können. ({1}) - Ich verstehe ja, daß Sie immer nervöser werden, je näher die Abstimmung rückt, meine Damen und Herren. ({2}) - Aber zu diesem Schlußgalopp - lassen Sie mich dieses Wort aufgreifen - gehört ja nicht, daß die Dinge galoppierend erledigt werden sollten; denn Sie, meine Damen und Herren, haben ja selber in -zig Sitzungen der Ausschüsse in diesem Hause dazu beigetragen, daß die Sache ausdiskutiert werden konnte. Sie wäre wirklich ausdiskutiert worden, wenn Sie bereit gewesen wären, hier in den Schlußtagen noch zu einer Übereinstimmung zu kommen, wenn Sie wirklich bereit und in der Lage gewesen wären, hier unabhängig Ihr Ja zu diesen Gesetzen zu geben. ({3}) Wir, meine Damen und Herren, bedauern außerordentlich, daß es zu dieser Entscheidung nun nicht kommen kann. Wir wissen nicht, ob es uns jemals wieder gelingen wird, so nahe zueinander und zu einer guten Entscheidung zu kommen. ({4}) - Natürlich, Herr Kollege 'Schäfer, wir waren uns doch nahe. Deswegen verstehen wir Ihr Nein ja eben nicht. ({5}) - Wenn ich (an die 'Reden .denke, die von Ihren Kollegen hier gehalten worden sind, gerade auch an Tonfall der Rede von Herrn Erler, dann muß ich sagen, daß das, was hier an (Polemik jetzt plötzlich wieder erscheint, von uns einfach nicht begriffen werden kann. ({6}) Wir haben uns bis zuletzt bemüht, zu einer sachlichen Entscheidung auch in einem sachlichen Ton beizutragen. Herr Erler hat gesagt, ,es sei ein Torso, der nunmehr zur Verabschiedung anstehe. In manchem Museum der Welt gibt 'es berühmte Torsen. Ich darf Ihnen sagen, daß dieser Torso, 'wie Sie ihn bezeichnet haben, nach unserer Auffassung eine bedeutend bessere Lösung bringt als das, was heute von Ihnen plötzlich an neuen Argumenten vorgetragen wird. ({7})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Herr Jahn möchte eine Zwischenfrage stellen.

Gerhard Jahn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001012, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Aber Sie geben zu, Herr Kollege Dorn: ein Torso ist es? ({0})

Wolfram Dorn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000409, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Natürlich ist es ein Torso. Es ist deswegen 'ein Torso, weil es uns allen gemeinsam nicht gelungen ist, die alliierten Vorbehaltsrechte vollständig abzulösen. ({0}) - Aber, meine Damen und Herren von .der sozialdemokratischen Fraktion, das ist gar kein Grund zum Triumphgeschrei. Wenn Sie in dieser Regierung säßen, wären Sie in der Sache nicht leinen Millimeter weiter gekommen, weil .die Vorschläge, .die von Ihren Vertretern in 'der Diskussion 'unterbreitet wurden, genauso wenig weitergeführt haben wie das, was Verhandlungen der Regierung und der Koalitionsfraktionen in dieser Sache bisher erreicht haben. Ich meine, es hat also gar keinen Sinn, daß wir uns noch über die Dinge streiten, die uns ja wahrscheinlich im nächsten Jahr hier wieder zur sachlichen Zusammenarbeit zusammenführen müssen. Nur, Herr Kollege Eder, ist es dann auch überflüssig, 'einen Kampf gegen Windmühlenflügel vorzuführen, wie Sie ihn in Ihrer Schlußansprache hier geführt haben, als Sie .die Frage der Arbeitsverhältnisse angesprochen haben. Auch für Sie, meine Damen und Herren von der SPD, die Sie Ihrem Vorsitzenden an dieser Stelle sehr viel Beifall gespendet haben, gilt: Auch ,die von Ihnen vorgetragenen Absichtserklärungen sind kein Ersatz für bessere Lösungen, die nach unserer Auffassung möglich gewesen wären. ({1}) Herr ,Erler hat dann zweimal darauf angespielt - was auch in der Rede ides Vorsitzenden der Sozialdemokratischen Partei ausgesprochen wird -, daß die jetzigen Koalitionsparteien nach dem 19. September wahrscheinlich in der Opposition seien. Ich darf Ihnen sagen, Herr Erler: Wenn Sie so wie in den letzten Wochen politische Entscheidungen vorbereiten und opportunistischen Bestrebungen unterwerfen, wird Ihnen am 19. September derselbe Platz zugewiesen, den Sie jetzt innehaben. ({2}) Über sein Können hinaus ist niemand verpflichtet. ({3}) So sagt ein berühmtes Zitat. Sie haben in den letzten Wochen bewiesen, daß Sie nicht können, selbst wenn einige hervorragende Mitglieder Ihrer Fraktion wollten. ({4}) Deswegen, meine ich, meine Damen und Herren, können wir der Entscheidung, die in wenigen Monaten auf uns zukommt, in Ruhe ,entgegensehen. ({5}) - Herr Schäfer, darüber werden wir beide uns vielleicht dann noch 'einmal unterhalten. Ob Sie es dann allerdings so, wie Sie .es jetzt andeuten, ruhig tun können, wage ich zu bezweifeln. Videant consules, ein berühmtes Zitat: Die Konsulin mögen dafür sorgen, ,daß die Republik keinen Schaden leidet. Meine Damen und Herren, das gilt heute genauso wie zur Zeit Ciceros. Wir Freien Demokraten sind bereit, die Verantwortung für das zu tragen, was mit unserer entscheidenden Stimme beschlossen wird. - Denn noch haben Sie ja nicht die Mehrheit, auch wenn Sie soeben darstellten, was Sie alles durchgesetzt haben. Herr Erler, noch sind Sie darauf angewiesen, in den Ausschüssen und in diesem Hause jemanden zu finden, der für die sachliche Entscheidung, die ansteht, die Mehrheit bringt. - Wir sind bereit, diese Verantwortung zu tragen. ({6}) Wir sind aber nicht bereit - das sollten Sie an dieser Stelle sehr deutlich hören -, jemanden aus dieser parlamentarischen Verantwortung zu entlassen, wie Sie zur Zeit versuchen, sich in letzter Stunde aus dieser Verantwortung hinwegzuschleichen, nachdem wir zu einem guten Verhandlungsergebnis gekommen waren. ({7}) In dieser Gesetzesvorlage ist die freiheitliche Verfassung auch für die Stunde der Not garantiert, die Rechtsstaatlichkeit auch für die Krisenzeit gesichert. Meine Damen und Herren von der SPD, es gibt keinen Grund,. das Ja zu verweigern, wenn man die Demokratie auch in der Notzeit sichern will. ({8})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Meine Damen und Herren, ich habe keine Wortmeldungen mehr. Wir können in der zweiten Beratung zur Abstimmung kommen. ({0}) - Dieser Antrag geht anderen Anträgen vor. - Ich möchte gern erläutern, wie ich die Abstimmung durchführen werde. Wir brauchen eine Zweidrittelmehrheit, ({1}) damit ein Gesetzesbeschluß zustande kommt. Das kann nur in dritter Lesung geschehen. In zweiter Lesung wird nach einfacher Mehrheit abgestimmt. Erst in dritter Lesung werden wir - auf die eine oder andere Weise - auszählen müssen. Zunächst aber steht an der Antrag auf Rückverweisung an den Ausschuß. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen! - Gegenprobe! - Das ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt. Nunmehr kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzestext. Sie gestatten mir wohl, daß ich die Bestimmungen zusammen aufrufe: § 1, - § 2, -Einleitung und Überschrift. - Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen! - Gegenprobe! - Das erste war die Mehrheit. Die zweite Beratung ist abgeschlossen. Ich rufe auf zur dritten Beratung. Das Wort hat Herr Abgeordneter Rasner.

Will Rasner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001777, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der Bedeutung dieser Abstimmung für unser ganzes Volk beantragen wir namentliche Abstimmung.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Das Wort wird weiter nicht gewünscht. Wir stimmen ab in namentlicher Abstimmung. Meine Damen und Herren, ich gebe das Ergebnis der Abstimmung bekannt. An der Abstimmung beteiligt haben sich 405 stimmberechtigte Abgeordnete und 19 Berliner Abgeordnete. Mit Ja haben gestimmt: 238 stimmberechtigte Abgeordnete und 8 Berliner Abgeordnete; mit Nein haben gestimmt: 167 uneingeschränkt Stimmberechtigte und 11 Berliner Abgeordnete. Artikel 79 des Grundgesetzes bestimmt: Das Grundgesetz kann nur durch ein Gesetz geändert werden, das den Wortlaut des Grundgesetzes ausdrücklich ändert oder ergänzt ... Ein solches Gesetz bedarf der Zustimmung von zwei Dritteln der Mitglieder des Bundestages und zwei Dritteln der Stimmen des Bundesrates. Die vom Grundgesetz für eine Verfassungsänderung vorgesehene Mehrheit ist bei dieser Abstimmung nicht erreicht worden. ({0}) Ja CDU/CSU Frau Ackermann Adorno Dr. Althammer Arndgen Dr. Arnold Dr. Artzinger Baier ({1}) Baldauf Balkenhol Dr. Barzel Bauer ({2}) Bauknecht Bausch Becker ({3}) Dr. Besold Biechele Dr. Bieringer Dr. Birrenbach Frau Dr. Bleyler Frau Blohm Blumenfeld von Bodelschwingh Dr. Böhm ({4}) Böhme ({5}) Brand Frau Brauksiepe Dr. Brenck Brese Brück Bühler Dr. Burgbacher Burgemeister Dr. Conring Dr. Czaja van Delden Deringer Dr. Dichgans Diebäcker Dr. Dittrich Draeger Ehnes Eichelbaum Dr. Elbrächter Frau Engländer Dr. Even ({6}) Exner Falke Dr. Franz Dr. Frey ({7}) Dr. Furler Gedat Gehring Geiger ({8}) Frau Geisendörfer Dr. Gerlich Gewandt Gibbert Giencke Dr. Gleissner Glüsing ({9}) Dr. Götz Dr. Gossel Gottesleben Frau Griesinger Dr. h. c. Güde Frau Haas Haase ({10}) Härzschel Häussler Gräfin vom Hagen Dr. von Haniel-Niethammer Dr. Hauser Dr. Heck Dr. Hesberg Hesemann Hilbert Dr. Höchst Hörnemann ({11}) Hösl Holkenbrink Horn Dr. Huys Illerhaus Frau Jacobi ({12}) Dr. Jaeger Josten Dr. Jungmann Frau Kalinke Dr. Kanka Katzer Frau Klee Klein ({13}) Dr. Kliesing ({14}) Knobloch Dr. Knorr Dr. Kopf Krüger Krug Frau Dr. Kuchtner Kühn ({15}) Kuntscher Kurtz Leicht Lemmrich Lenze ({16}) Leonhard Leukert Dr. Luda Dr. Martin Maucher Meis Memmel Mengelkamp Dr. von Merkatz Mick Müller ({17}) Müller ({18}) Müser Nieberg Dr. Dr. Oberländer Oetzel Dr. Pflaumbaum Dr.-Ing. Philipp Frau Pitz-Savelsberg Porten Frau Dr. Probst Dr. Ramminger Dr. Reinhard Riedel ({19}) Rollmann Rommerskirchen Ruf Scheppmann Schlee Schlick Dr. Schmidt ({20}) Schneider ({21}) Frau Schroeder ({22}) Schulhoff Schwarz Frau Dr. Schwarzhaupt Dr. Schwörer Dr. Seffrin Seidl ({23}) Dr. Serres Dr. Sinn Spies Stauch Dr. Stecker Dr. Steinmetz Stiller Dr. Stoltenberg Frau Stommel Stooß Storm Struve Sühler Teriete Tobaben Dr. Dr. h. c. Toussaint Varelmann Dr. Freiherr von Vittinghoff-Schell Vogt Wagner Dr. Wahl Dr. Weber ({24}) Wehking Weigl Weinkamm Weinzierl Frau Welter ({25}) Wendelborn Werner Wieninger Dr. Wilhelmi Winkelheide Dr. Winter Wittmann Wittmer-Eigenbrodt Dr. Wuermeling Wullenhaupt Ziegler Dr. Zimmermann ({26}) Berliner Abgeordnete Dr. Dr. h. c. Friedensburg Dr. Gradl Lemmer Frau Dr. Maxsein Müller ({27}) Stingl FDP Dr. Aschoff Dr. Bucher Burckardt Busse Dr. Danz Dr. Dehler Deneke Frau Dr. Diemer-Nicolaus Dr. Dörinkel Dürr Dr. Effertz Dr. Emde Ertl Frau Dr. Flitz ({28}) Frau Funcke ({29}) Dr. Hamm ({30}) Hammersen Dr. Hellige Frau Dr. Heuser Dr. Hoven Dr. Imle Frau Dr. Kiep-Altenloh Kreitmeyer Dr. Krümmer Kubitza Freiherr von Kühlmann-Stumm Logemann Dr. Mälzig Mauk Dr. Mende Mischnick Moersch Freiherr von Mühlen Murr Ollesch Opitz Peters ({31}) Ramms Reichmann Dr. Rieger ({32}) Dr. Rutschke Sander Schmidt ({33}) Soetebier Spitzmüller Dr. Starke Weber ({34}) Fraktionslos Gontrum Nein SPD Anders Arendt ({35}) Auge Bäuerle Bäumer Bals Bauer ({36}) Dr. Bechert Behrendt Bergmann Berkhan Berlin Beuster Frau Beyer ({37}) Biegler Biermann Blachstein Börner Brünen Bruse Buchstaller Büttner Busch Corterier Diekmann Frau Döhring Dopatka Frau Eilers Frau Dr. Elsner Dr. Eppler Faller Felder Flämig Folger Franke Dr. Frede Frau Freyh ({38}) Fritsch Geiger Gerlach Glombig Gscheidle Haage ({39}) Haase ({40}) Hamacher Hauffe Heide Dr. Dr. Heinemann Hellenbrock Herberts Frau Herklotz Hermsdorf Herold Hirsch Höhmann ({41}) Höhne Hörauf Hörmann ({42}) Frau Dr. Hubert Hübner ({43}) Hufnagel Hussong Iven ({44}) Dr. h. c. Jaksch Jürgensen Junker Kaffka Kahn-Ackermann Kalbitzer Frau Kettig Killat Frau Kipp-Kaule Frau Kleinert Dr. Koch Könen ({45}) Koenen ({46}) Kohlberger Frau Korspeter Kraus Kriedemann Dr. Kübler Kulawig Kurlbaum Langebeck Lautenschlager Leber Lemper Lücke ({47}) Maibaum Marquardt Marx Matthöfer Matzner Metter Metzger Dr. Meyer ({48}) Meyer ({49}) Michels Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller Dr. Mommer Dr. Morgenstern Müller ({50}) Müller ({51}) Müller ({52}) Müller ({53}) Nellen Ohlemeyer Paul Peiter Peters ({54}) Pöhler Porzner Priebe Ravens Rehs Dr. Reischl Reitz Frau Renger Riegel ({55}) Dr. Rinderspacher Ritzel Dr. Roesch Ross Frau Rudoll Sänger Saxowski Dr. Schäfer Frau Schanzenbach Scheuren Schlüter Dr. Schmid ({56}) Schmidt ({57}) Dr. Schmidt ({58}) Dr. Schmidt ({59}) Schmitt-Vockenhausen Schoettle Schwabe Seibert Seidel ({60}) Seifriz Seither Frau Seppi Dr. Stammberger Steinhoff Stephan Striebeck Frau Strobel Strohmayr Dr. Tamblé Theis Wehner Welke Welslau Weltner ({61}) Frau Wessel Wilhelm Wischnewski Frau Zimmermann ({62}) Berliner Abgeordnete Bartsch Braun Frau Krappe Liehr ({63}) Frau Lösche Mattick Neumann ({64}) Dr. Schellenberg Dr. Seume Urban Wellmann FDP Dr. Schneider ({65}) Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt. ({66}) - Meine Damen und Herren, ich bitte Platz zu nehmen. Ich rufe auf Punkte 5 der Tagesordnung: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes ({67}) ({68}), b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses ({69}) ({70}) ({71}). Das Wort zur Einbringung der beiden Vorlagen hat der Herr Bundesinnenminister.

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir zunächst eine Bemerkung über die Methode der Einbringung. Nach § 75 der Geschäftsordnung geschieht die Einbringung von Regierungsvorlagen schriftlich. Die Einbringung dieser beiden Gesetzentwürfe ist also bereits im Oktober 1964 geschehen. Ich darf das ausdrücklich erwähnen und bitte, den § 75 der Geschäftsordnung zu lesen, bevor Vorwürfe erhoben werden. Zur Sache selber und zur Begründung darf ich folgendes vortragen. Die Wiederherstellung des Hausrechts in einem entscheidenden Rechtsbereich ({0})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Meine Damen und Herren, ich bitte um Ruhe.

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Die Wiederherstellung des Hausrechts in einem entscheidenden Rechtsbereich ist das vordringlichste Anliegen der Bundesregierung 20 Jahre nach dem Zusammenbruch, 10 Jahre nach der Erlangung unserer staatlichen Souveränität. Die Bundesregierung will damit die letzten Überreste des Besatzungsrechts Zug um Zug abbauen und die Einschränkungen unserer Souveränität, die wir vor 10 Jahren noch hinnehmen mußten, ablösen. Diesem Ziel dient die Vorlage der Notstandsverfassung, diesem Ziel dient aber auch die Vorlage des Gesetzes zu Art. 10 des Grundgesetzes. Wie Sie wissen, haben sich die drei ehemaligen Besatzungsmächte im Deutschlandvertrag vom 26. Mai 1952 die Ausübung ihrer besatzungsrechtlichen Vollmachten noch insoweit vorbehalten, als dies zum Schutz ihrer hier stationierten Streitkräfte und zur Abwehr von erheblichen Störungen der Sicherheit und Ordnung erforderlich ist. Die drei Mächte haben die Bundesregierung von Anfang an wissen lassen, daß zu diesen Vorbehalten nicht nur Vorkehrungen für einen Notstands- oder Krisenfall gehören, sondern daß sie auch das Recht in Anspruch nehmen, zum Schutz der Sicherheit ihrer Streitkräfte die Post- und Fernmeldeverbindungen im Bundesgebiet zu überwachen. Der Herr Kollege Furler hat dies als Berichterstatter des Auswärtigen Ausschusses am 24. Februar 1955 bei der Beratung des Deutschlandvertrages dem Plenum mitgeteilt. Nach diesem Vertrag - Art. 5 Abs. 2 - erlöschen diese Vorbehaltsrechte erst dann, wenn die deutschen Behörden durch die deutsche Gesetzgebung entsprechende Vollmachten erhalten haben, um den Schutz der alliierten Streitkräfte gewährleisten zu können. Die wiederholten Erörterungen über diese alliierten Vorbehaltsrechte in der letzten Zeit haben gezeigt, daß der bisherige Rechtszustand, wonach die Alliierten unkontrolliert in das Post- und Telefongeheimnis deutscher Staatsbürger eindringen können, von jedermann als unbefriedigend angesehen wird. Die drei Fraktionen des Deutschen Bundestages haben deshalb in einer Verlautbarung vom 3. Oktober 1963 ihren Willen zur Ablösung auch dieser Vorbehaltsrechte bekundet und erklärt, eine entsprechende Gesetzesvorlage beschleunigt beraten zu wollen. Die Ablösung dieser schon jetzt tagtäglich ausgeübten Vorbehaltsrechte kann unabhängig von der Ablösung der Vorbehaltsrechte für den Notstandsfall erfolgen. Diese Auffassung, die auch von den Alliierten geteilt wird, wurde am 15. November 1963 auch von dem Kollegen SchmittVockenhausen im Südwestfunk mit voller Entschiedenheit vertreten. Ich darf auf den Widerspruch zwischen seinen Erklärungen von heute und den Erklärungen, die ich soeben erwähnt habe, hinweisen. Das Post- und Telefongeheimnis dient zum Schutz des Staatsbürgers vor unbefugtem Eindringen Dritter in seine Privatsphäre. Es gehört zum wesentlichen Bestandteil jeder rechtsstaatlichen Ordnung. Kein Rechtsstaat kann aber darauf verzichten, dieses Grundrecht dann zu beschränken, wenn unter seinem Mantel Straftaten begangen oder geplant werden. Dies gilt sowohl für den Schutz des einzelnen vor Straftaten wie auch für den Schutz der Gemeinschaft vor äußeren und inneren Feinden. Es kann nicht der Sinn des Postgeheimnisses sein, diejenigen vor rechtzeitiger Entdeckung zu schützen, die unsere freiheitliche Verfassung aus den Angeln heben wollen oder die einen gewaltsamen Angriff äußerer Feinde vorbereiten. Die Väter des Grundgesetzes haben deshalb das Grundrecht des Art. 10 unter den Vorbehalt einer gesetzlichen Einschränkung gestellt. Art. 18 des Grundgesetzes bestimmt sogar, daß derjenige, der dieses Grundrecht zum Kampfe gegen die freiheitliche demokratische Ordnung mißbraucht, es verwirkt. Ein Vergleich der entsprechenden Regelungen in den westlichen Demokratien zeigt, daß alle diese Staaten entsprechende Vollmachten zur Einschränkung des Postgeheimnisses aus Gründen der staatlichen Sicherheit haben, die in den meisten Staaten noch viel weiter gehen, als der vorliegende Entwurf dies vorsieht. Einige Beispiele hierzu: In Großbritannien gehört es seit je her zum Hoheitsrecht der Krone, das Land von einem Mißbrauch der königlichen Post- und Telefoneinrichtungen zu schützen. Der Innenminister hat dort das Recht, die Sicherheitsbehörden zum Offnen der Briefe und zum Abhören der Telefongespräche Verdächtiger zu ermächtigen; er macht davon auch nach den mir vorliegenden Zahlen einen entsprechenden Gebrauch. In Schweden und Norwegen kann dies der Richter anordnen, bei Staatsschutzdelikten auch die Ermittlungsbehörde. In der Schweiz ist jede Polizeibehörde bis hinunter zur Gemeindepolizei befugt, eine derartige Überwachung anzuordnen, und zwar auch dann, wenn es sich um geringfügige Straftaten - z. B. Verstöße gegen lebensmittelpolizeiliche Vorschriften - handelt. In den Niederlanden erfolgt diese Überwachung auf Grund einer Vereinbarung der Sicherheitsbehörde mit der Post ohne gesetzliche Regelung. Diese Beispiele mögen genügen. Auch unsere deutsche Rechtsordnung kennt seit langem Einschränkungen dieses Grundrechtes im Interesse der Strafverfolgung oder anderer Belange der Allgemeinheit. Nach § 99 der Strafprozeßordnung kann der Richter - in Eilfällen auch der Staatsanwalt - die Post beschlagnahmen, die an einen einer Straftat Beschuldigten gerichtet ist oder von ihm herrührt, und zwar auch dann, wenn es sich um Straftaten von minderer Bedeutung wie z. B. Übertretungen handelt. Auch das Telefongeheimnis kann im Interesse der Strafverfolgung schon seit 1928 auf Grund des § 12 des Fernmeldeanlagengesetzes eingeschränkt werden. Weitere Beschränkungen befinden sich im § 431 der Reichsabgabenordnung, in § 16 des Zollgesetzes und in § 121 der Konkursordnung. Eine Lücke enthält unsere Rechtsordnung nur insofern, als die für die Staatssicherheit zuständigen Behörden des Bundes und der Länder keine Möglichkeit haben, den Post- und Telefonverkehr von Personen zu überwachen, die im Verdacht stehen, Bestrebungen gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen die Sicherheit des Staates, kurz gesagt: Hoch- oder Landesverrat zu betreiben. Diese Überwachung muß einsetzen können, bevor gegen diese Personen ein Strafverfahren eingeleitet ist. Die Natur dieser Handlungen gebietet es in der Regel, den entscheidenden Verbindungen vor dem Zugriff der Strafverfolgungsbehörden auf die Spur zu kommen. Diese Lücke zu schließen, sind wir um der staatlichen Sicherheit willen, aber auch um der Sicherheit der alliierten Truppen willen gezwungen, die zu unser aller Schutz hier stehen. Wir dürfen dabei nicht vergessen, daß wir und mit uns die Truppen unserer Verbündeten in einem Raum leben, in dem sich zwei hochgerüstete Machtblöcke Aug in Auge gegenüberstehen. Deshalb ist das Gebiet der Bundesrepublik allen offenen und versteckten Spionage- und Infiltrationsversuchen eines möglichen Gegners weit stärker ausgesetzt als andere Länder. Es wäre von jeder deutschen Regierung unverantwortlich, in diesem gefährdeten Raum nicht alles verfassungsrechtlich Mögliche zum Schutz der Bevölkerung und ihrer Freiheit auszuschöpfen. Die Bundesregierung hat sich bei der Vorlage dieses Entwurfs von dem Gedanken leiten lassen, Eingriffe in das Grundrecht nur dann zuzulassen, wenn dies unbedingt notwendig ist und wenn das Rechtsgut, zu dessen Schutz der Eingriff erfolgt, so schwerwiegend ist, daß demgegenüber das Rechtsgut der Privatsphäre des Verdächtigen und seiner Gesprächspartner vorübergehend zurücktreten muß. Dieses Rechtsgut der Privatsphäre wird auch nicht weiter eingeschränkt, als es schon bisher um viel geringfügigerer allgemeiner Interessen - Zollgesetze, Steuergesetze - willen eingeschränkt ist. Die Bundesregierung hat die Auslösung derartiger Maßnahmen an strenge Voraussetzungen geknüpft. Nur im Falle schwerwiegender Handlungen gegen die verfassungsmäßige Ordnung und die Staatssicherheit darf von diesem Mittel Gebrauch gemacht werden und nur dann, wenn andere Mittel versagen. Die Überwachung selber unterliegt so mannigfachen Kontrollen, daß nach menschlichem Ermessen ein Mißbrauch ausgeschlossen ist. Da man aus naheliegenden Gründen den Verdächtigen nicht von den gegen ihn ergriffenen Maßnahmen unterrichten kann und ihm ein Rechtsmittel versagt ist, sieht der Entwurf vor, daß nur ein hoher Richter befugt ist, derartige Anordnungen zu treffen. Diese Richterlösung ist, wie Sie wissen, in der Zwischenzeit auf Widerstand gestoßen. Nicht nur der Präsident des Bundesgerichtshofs wehrt sich gegen diese undankbare Aufgabe. Auch die Innenminister der Länder haben einmütig erklärt, daß sie diese Anordnung dem politisch verantwortlichen Minister vorbehalten wollen, weil es sich dabei um Maßnahmen handelt, die sich einer echten richterlichen Entscheidung entziehen. Die Bundesregierung glaubte, mit der Richterlösung der Rechtsgarantie des Grundgesetzes am besten gerecht zu werden. Sie ist aber auch bereit, in den Ausschüssen an der Suche nach anderen Möglichkeiten mitzuwirken. Auf was es uns ankommt, ist lediglich dies, daß einerseits den Organen, die dem Schutze unserer Sicherheit vor äußeren und inneren Feinden dienen, ein wirksames Mittel zur rechtzeitigen Entdeckung dieser Feinde in die Hand gegeben wird und daß andererseits das Grundrecht des einzelnen Bürgers, vor allem das des Unbeteiligten, den höchstmöglichen Schutz erfährt. In den Erörterungen, die zwischen deutschen und alliierten Behörden während der Arbeiten an diesem Entwurf und auch nachher stattgefunden haben, hat sich gezeigt, daß noch weitere Wünsche der für die militärische Sicherheit der Bundesrepublik und ihrer Verbündeten zuständigen Stellen bestehen. Man hat mir erklärt, daß der Entwurf zwar für die Belange der inneren Sicherheit ausreichen mag, daß er aber die strategischen Belange in diesem Raume an der Nahtstelle zweier hochgerüsteter Machtblöcke nicht hinreichend berücksichtigt. Bei den Beratungen in den zuständigen Ausschüssen werden diese Fragen noch zur Sprache kommen. Ich werde auch dafür Änderungsvorschläge machen, die sowohl unseren eigenen Interessen als auch den Interessen der Alliierten gerecht werden. Der Bundesrat hat in Vorwegnahme der großen Strafrechtsreform neben einigen anderen Änderungsvorschlägen empfohlen, schon mit diesem Entwurf eine Ergänzung des Strafgesetzbuches vorzunehmen, wonach in Zukunft auch das unbefugte Abhören, Aufnehmen und Verbreiten von nichtöffentlichen Gesprächen Dritter unter Strafe gestellt wird. Die Bundesregierung 'begrüßt diesen Vorschlag, an dessen Formulierung sie mitgewirkt hat, vor allem deshalb, weil dadurch ein wesentlicher Beitrag zum Schutz der Privatsphäre vor unbefugtem Eindringen Außenstehender geleistet wird. Ich glaube, daß durch diesen Entwurf die bisher unbefriedigende und mit Recht bemängelte Rechtsunsicherheit auf dem Gebiet des Post- und Telefongeheimnisses 'bereinigt wird, sowohl im Interesse des Staatsbürgers, dessen Privatsphäre mehr als bisher vor dem Eindringen Fremder geschützt wird, als auch im Interesse des Gemeinwesens, das sich dann auch auf diesem Gebiet selbst gegen seine Feinde schützen kann, ohne auf fremde Hilfe angewiesen zu sein. Der von mir soeben behandelte Gesetzentwurf setzt eine Ergänzung des Art. 10 des Grundgesetzes voraus. Der Entwurf eines entsprechenden Gesetzes ist dem Hohen Hause ebenfalls am 17. Oktober 1964 zugeleitet und damit eingebracht worden. Zu seiner Begründung darf ich Ihnen ergänzend noch folgendes vortragen. Die geltende Fassung des Art. 10 des Grundgesetzes läßt es bereits zu, daß der Gesetzgeber Beschränkungen des Postgeheimnisses einführt. Insoweit bedarf es also einer Ergänzung nicht. Es liegt aber auf der Hand, daß eine Postüberwachung ihren Zweck nur dann erfüllen kann, wenn sie nicht vorher dem Betroffenen bekanntgegeben werden muß. Das Grundgesetz schreibt daher eine vorherige Bekanntgabe auch nicht vor. Insofern bedarf es also ebenfalls keiner Ergänzung. Zweifelhaft kann es allenfalls sein, ob es in jedem Falle einer nachträglichen Bekanntgabe der Überwachungsmaßnahmen an den Betroffenen bedarf oder ob zum Schutze besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter .auch von einer nachträglichen Bekanntgabe der Überwachungsmaßnahmen abgesehen werden kann. Um jeden Zweifel hieran auszuschließen, sieht der Gesetzentwurf der Bundesregierung die Einfügung eines neuen Satzes 3 in Art. 10 des Grundgesetzes vor. Danach kann der Gesetzgeber bestimmen, .daß über Beschränkungen zum Schutze besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter, wie unserer Verfassung oder des Bestandes unseres Staatswesens, dem Betroffenen keinerlei - also auch keine nachträgliche - Mitteilung gemacht wird. Die Zulässigkeit der Geheimhaltung von Überwachungsmaßnahmen gegenüber dem Betroffenen schließt an sich die Möglichkeit einer gerichtlichen Anfechtung dieser Maßnahmen noch nicht aus. Eine solche kann jedoch im Interesse der Sicherheit unseres Staatswesens nicht in Kauf genommen werden; denn sie würde es unter Umständen auch einem feindlichen Nachrichtendienst ermöglichen, mittels gerichtlicher Verfahren die Sicherheitsbehörden unseres Staates zur Aufdeckung ihrer Abwehrmaßnahmen zu zwingen und damit unsere eigenen Sicherheitsvorkehrungen bloßzustellen und lahmzulegen. Um das auszuschließen, sieht der von mir eingangs behandelte Gesetzentwurf folgerichtig vor, daß ,die Anordnung einer Beschränkungsmaßnahme nicht gerichtlich angefochten werden kann. Um eine solche Vorschrift im Hinblick auf die in Art. 19 Abs. 4 enthaltene allgemeine Gewährleistung des Rechtsweges gegen Akte der öffentlichen Gewalt zu sanktionieren, bedarf es nach Auffassung der Bundesregierung einer ausdrücklichen Vorschrift im Grundgesetz. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht daher weiter vor, dem Art. 10 des Grundgesetzes auch noch einen neuen Satz 4 anzufügen. Darin ist vorgesehen., daß eine von einem Richter angeordnete oder bestätigte Überwachungsmaßnahme zum Schutz besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter einer in einem gerichtlichen Verfahren ergangenen Entscheidung gleichsteht. Dies hätte zur Folge, daß der Gesetzgeber befugt ist, eine weitere gerichtliche Nachprüfung dieser Anordnung von der Bestätigung auszuschließen, ohne gegen Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes zu verstoßen. Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme darüber hinaus vorgeschlagen, in der Verfassung auch noch ausdrücklich vorzusehen, daß es in dem Verfahren vor dem Richter einer Anhörung des Betroffenen nicht bedarf. Damit soll ausdrücklich klargestellt werden, daß auch .aus Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes ein Anspruch des Betroffenen auf Bekanntgabe der Überwachungsmaßnahmen nicht hergeleitet werden kann. Die Bundesregierung stimmt diesem Vorschlag des Bundesrates zu. Das Hohe Haus ist nun aufgerufen zu einer gerechten Abwägung zwischen den Interessen des einzelnen an der unbedingten Respektierung seiner Privatsphäre durch die Staatsgewalt einerseits und der Notwendigkeit gewisser Beschränkungen auch des Postgeheimnisses zum Schutze besonders Gemeinschaftsgüter andererseits. Die Bundesregierung glaubt, mit ihren beiden Gesetzentwürfen dem Hohen Hause eine Regelung vorgeschlagen zu haben, die eine solche gerechte Abwägung darstellt und beispielgebend für die westliche Rechtsordnung ist: ({0})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Das Wort hat der Abgeordnete Schäfer.

Dr. Friedrich Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001930, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir hatten gehofft, daß wir hier eine Darstellung des Innenministers erhalten, die es erübrigen würde, einige Bemerkungen dazu zu machen. Man kann aber darauf nicht verzichten. Es ist erstaunlich, Herr Innenminister, daß Sie sich nach der Debatte dieses Tages hier hinstellen und als Vertreter der Bundesregierung - der Bundesregierung, nicht als Innenminister - doch eine Regierungsvorlage vertreten und so tun, als ob mit der Annahme dieses Gesetzentwurfes ein entscheidender Beitrag dazu geleistet werde, die alliierten Vorbehaltsrechte abzulösen. Sie wissen ganz genau, Herr Minister, daß das nicht der Fall ist. Sie wissen ganz genau, daß ein weiterer Fragenkomplex der Regelung bedarf. Wir haben uns darüber unterhalten, daß es nicht Aufgabe des Parlaments sein kann, von sich aus die Ergänzung des vorliegenden Gesetzentwurfes vorzunehmen, ohne daß es eine entsprechende Regierungsvorlage gibt. Sie hatten erklärt, daß Sie zur Einbringung mindestens die Grundzüge und die zu regelnde Frage hier darlegen würden. Ich konnte Ihren Ausführungen dazu nichts entnehmen. Das heißt, daß Sie dem Hause einen Gesetzentwurf mit der Begründung vorlegen, die Annahme dieses Gesetzentwurfes und die mögliche Annahme einer Grundgesetzänderung würde zum Erlöschen des Art. 5 Abs. 2 des Deutschlandvertrages führen. Sie wissen im gleichen Augenblick ganz genau, daß das nicht der Fall wäre. Herr Minister, so kann man keine Gesetzgebung machen. Der Bundestag ist nicht dazu da, in geheimer Sitzung Dinge zu beschließen; denn Gesetze werden öffentlich verkündet. Es genügt auch nicht, wenn Sie drei Mitgliedern unserer Fraktion - mehr sind es nicht, Herr Minister - mit dem Geheimstempel, den die Bundesregierung einem zusätzlichen Vorschlag gegeben hat, Kenntnis geben. Die drei Mitglieder sind nicht ermächtigt, für die Fraktion eine Zustimmung in Aussicht zu stellen oder abzulehnen, insbesondere, wenn die drei Mitglieder nicht einmal in der Lage sind, die gesamte Fraktion darüber zu unterrichten. ({0}) Herr Minister, Sie haben das, was Sie in Aussicht gestellt haben, nicht gehalten. Sie haben hier einen Gesetzentwurf begründet mit einer politischen Zielsetzung, von der Sie wissen, daß sie so nicht verwirklicht würde. Ich bedaure, daß ich das hier in aller Öffentlichkeit feststellen muß. ({1})

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Das Wort hat der Abgeordnete Busse.

Hermann Busse (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000316, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren Kollegen! Bei der Unruhe, die während der Einbringungsrede des Herrn Ministers im Saale bestanden hat, ist es möglich, daß mir dieser und jener Hörfehler unterlaufen ist. Wenn ich ihn aber recht verstanden habe, Herr Kollege Dr. Schäfer, so hat er hier doch zum Ausdruck gebracht, daß nach den Erörterungen, die mit den Alliierten geführt worden sind, die jetzige Vorlage nicht ausreichen würde, um alle Vorbehaltsrechte der Alliierten auf diesem Gebiet abzulösen. Ich glaube, das müssen wir zur Steuer der Wahrheit hier ganz einfach beitragen. Ich bin aber bereit, das selber im Protokoll noch einmal nachzulesen. Der Herr Minister hat in dem Zusammenhang, wenn ich recht verstanden habe, weiter ausgeführt, daß er bereit wäre, auf der Basis dessen, was mit den Alliierten verhandelt ist und noch zu verhandeln ist, anläßlich der Ausschußberatungen weitere Vorschläge zu unterbreiten. Daß das, was dann Ergebnis der Ausschußberatung ist, vollständig dem Plenum vorzulegen und im Plenum klar und deutlich zu erörtern ist, darüber, Herr Dr. Schäfer, kann es doch eigentlich keinen Zweifel geben, und es ist eine der zahlreichen Nüsse, die in diesem Gesetz stecken, wie wir das alles realisieren können; bitte nehmen Sie mir jetzt einmal diesen etwas farblosen Ausdruck ab. Es sind aber - ich habe das vorhin schon angedeutet - nicht die einzigen, die darinstecken. Ich will mich bei dieser ersten Lesung darauf beschränken, nur mit wenigen Worten noch einmal klarzumachen, welche hohe Bedeutung die Verfassunggeber auch dem Postgeheimnis als Grundrecht gegeben haben. Sie haben den Ausspruch der Verwirkung dieses Rechts unter die Kontrolle des Bundesverfassungsgerichts gestellt; also ein gerichtlicher Schutz, wie er in einem höheren Maße gar nicht gedacht werden kann. Gerade darum - das habe ich vorhin schon mit wenigen Worten angedeutet, ich will es nicht alles wiederholen - stecken wir in einer der verzwicktesten Situationen, die wir bei allen Fragen der Grundgesetzänderung, der Notstandsregelung usw. überhaupt gehabt haben. Ich gestehe Ihnen offen: Die Notwendigkeiten können bitter und hart sein. Wie wir sie Lössen können, vermag ich heute auch nicht annähernd abschließend zu sagen. Daß es aber in jeder Hinsicht eine rechtsstaatliche Lösung sein muß, darin, glaube ich, sind wir alle einig; und darum werden wir uns auch, meine ich, wiederum, wenn nicht jetzt, so später, gemeinsam bemühen. ({0})

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Das Wort hat der Abgeordnete Schmitt-Vockenhausen.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002033, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man den Herrn Bundesinnenminister heute gehört hat, hat man das Gefühl, sein Ministerium habe zehn Jahre ununterbrochen Tag und Nacht nicht geschlafen, um diesen Entwurf hier vorlegen zu können. Wie sind aber die Tatsachen? Offensichtlich hat das Ministerium lange auf diesem Entwurf geruht, um nicht zu sagen: geschlafen. Ich möchte Ihnen nur aus der Fülle der Unterlagen aus der Drucksache IV/764 vorlesen, die die Unterschrift des Herrn Bundesinnenministers trägt: Die Vorarbeiten an dem Entwurf eines Gesetzes über Beschränkungen des Post- und Fernmeldegeheimnisses ... sind in der Zwischenzeit in den beteiligten Häusern fortgeführt worden. Die gesetzliche Regelung dieser Materie wirft eine Reihe schwerwiegender Rechtsfragen und Fragen der Sicherheit der Bundesrepublik sowie der in ihr stationierten Streitkräfte der alliierten Mächte auf. Hinzu kommt, daß in der letzten Zeit im Hinblick auf die außenpolitische Situation andere Gesetzesvorhaben vordringlicher waren. Der Bundesminister des Innern beabsichtigt deshalb zur Zeit nicht, den Gesetzentwurf vorzulegen. Datum: 20. November 1962. Meine Damen und Herren, das ist nur eine Antwort. Ich habe hier eine Aufstellung - Sie kennen sie ja auch, Herr Minister -, wie viele Male die Fraktionen der FDP und der SPD dieses Hohen Hauses sich bemüht haben, eine Klärung dieser Probleme durch die Bundesregierung zu erreichen. Wenn nun heute, am 24. Juni, wenige Tage vor dem Ende des 4. Bundestages, die erste Lesung stattfindet, kann man doch nur sagen: Hier hat das Innenministerium offensichtlich lange und gut geruht. ({0})

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Das Wort hat der Herr Bundesminister des Innern.

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herrn! Ich darf zunächst dem Herrin Kollegen Schäfer antworten. Herr Kollege Schäfer, Sie wissen ganz genau, daß dier Vorbehalt des Art. 5 aus drei Bestandteilen besteht: einmal aus diem Notstandsvorbehalt, zweitens aus dem Vorbehalt für Eingriffe in das Postgeheimnis für Individualfälle und drittens aus idem Vorbehalt für Eingriffe im strategischen Bereich. Für 'die Notstandsverfassung haben wir einen Entwurf vorgelegt, den Sie in dier dritten Lesung abgelehnt haben. Sie haben damit jedes Recht verwirkt, sich darüber zu beschweren, ,daß Notstandsrechte bestehenbleiben. ({0}) - Ja, idas ist klar, und idas ist das Entscheidende. Zu Nr. 2 haben wir Ihnen einen .Ablösungsvorschlag mit höchster rechtsstaatlicher Ausstattung für die Individualfälle vorgelegt. ({1}) Ich habe Ihnen internationale Beispiele vorgelegt, auch aus Ländern, die Sie uns sonst gelegentlich als Beispiele vorführen; sie können lin der rechtsstaatlichen Ausstattung und den rechtsstaatlichen Garantien in diesen Fragen mit unserer Lösung nicht konkurrieren. Das können Sie nicht bestreiten. Drittens wissen Sie genau, daß im Interesse unserer Sicherheit die Alliierten - verständlicherweise - darauf bestehen, .daß strategische Garantien für sie vorbehalten bleiben, strategische Garantien, auf ,die wir mittelbar wegen unserer eigenen Sicherheit auch nicht verzichten können. Sie wissen aber auch, daß es außerordentliche Schwierigkeiten macht, dafür rechtlich eine Form zu finden, und Sie wissen aus anderen Beispielen, wie schwer es oft ist, im Rahmen unserer Verfassung eine Form und auch Ergänzungsformen zu finden, weil ,es ja auch überverfassungsmäßiges Kernrecht gibt. Wir bemühen uns ernsthaft, in ,der Art, wie das notwendig ist, mit Ihnen gemeinsam eine solche Form zu finden. Ich glaube, daß Herr Kollege Krone in dieser Frage, die die höchsten Fragen unserer Sicherheit betrifft, in einer Art und Weise und mit einer Intensität mit Ihnen verhandelt hat, ,die auch Sie anerkannt haben. Sie können das alles nicht leugnen. Sie wissen auch um die rechtlichen Schwierigkeiten, um dieren Überwindung wir uns bemühen. Für mich ist entscheidend, ,daß ich diese ganzen Vorbehalte Stück für Stück beseitige. Die Erklärung der Alliierten lautet folgendermaßen: Dort, wo Sie eine .Ersatzgesetzgebung haben und wo Vereinbarungen zustande kommen, sind wir bereit zu verzichten. Diese Verhandlungen wurden bis zu diesem Zeitpunkt und bis zu dieser Erklärung vorangetrieben. Daneben gibt es auch noch andere Überlegungen. Ich möchte niemandem einen Vorwand geben, wegen rechtlicher Unzulänglichkeiten vielleicht das eine oder andere seiner Grundeinstellung in Zweifel zu ziehen. Sie wissen genau, was ich damit meine. Ich finde es nicht korrekt, Herr Kollege Schäfer, wenn Sie angesichts dieser offensichtlichen Sachlage, dieser Dreiteilung dies Vorbehalts, dien ernsthaften Bemühungen, das in ,einer gültigen und rechtsstaatlich hervorragenden Form aus der Welt zu schaffen, und nachdem die Einbringung nach § 75 der Geschäftsordnung bereits im Oktober 1964 geschehen ist, sich hier hinstellen rund von Verzug reden. Sie wollen geradezu - ich nenne die Dinge jetzt beim Namen - haben, daß ich über einen Bereich, über den ich nicht in dieser Offenheit sprechen kann, hier Aussagen mache. Anders kann ich es gar nicht verstehen, nachdem wir schon ,drei- oder viermal dasselbe Thema, ,das Ihnen nach innen und ,außen genau bekannt ist, hier in dieser Weise abgehandelt haben. Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen hat sich wie auch das letztemal, nicht ganz so heftig - das letztemal war viel Manövermunition dabei, die leicht widerlegt werden könnte - -({2}) - Ja, das letztemal haben Sie Manövermunition verwendet. Es hat kaum eine einzige Zahl gestimmt. Aber das soll jetzt nicht Gegenstand der Unterhaltung sein. Sie haben die Erklärung vom Jahre 1962 erwähnt. Es ist richtig, daß damals im Rahmen der Ablösungsbemühungen und der Notstandsverfassung das ganze Haus in Anspruch genommen worden ist. Es ist nicht so leicht, eine Vorlage für die Ablösung der Notstandsvorbehalte auszuarbeiten. Darum haben wir uns in zahllosen Besprechungen und Beratungen bemüht, und die Arbeitsfähigkeit ganzer Abteilungen wurde mit dieser Vorlage konsumiert. Deswegen war es damals nicht möglich. Die Hauptsache und das Schwergewicht der ganzen Vorbehalte ist doch der Notstandsvorbehalt und nicht der andere Vorbehalt. Das ist das Schwergewicht, und das wissen Sie auch. Sie möchten vom Schwergewicht auf das leichte Gewicht ablenken. Das, meine Damen und Herren, soll und wird Ihnen nicht gelingen. ({3})

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Das Wort hat der Abgeordnete Erler.

Fritz Erler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000488, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es tut mir sehr leid, aber ich muß dem Innenminister mal ein sehr deutliches Wort mit auf den Weg geben. Wenn aus der Übermittlung von geheimen oder vertraulichen Mitteilungen bereits ein Einverständnis konstruiert wird, dann bitte ich, künftig von der Übermittlung solcher Mitteilungen Abstand zu nehmen. ({0}) Zweitens. Es war zugesagt, daß bei der Einbringung der Vorlage hier nicht nur, wie geschehen, auf die Ergänzungsbedürftigkeit aufmerksam gemacht werde, sondern auch ungefähr auf den Inhalt der gesetzlich zu treffenden Maßnahmen. Selbstverständlich sind dabei nicht die dahinterstehenden einzelnen Sicherheitsprobleme der Bundesrepublik Deutschland hier zu erörtern. Das wissen wir auch. Aber was später als Gesetz im Bundesgesetzblatt verkündet werden soll, das muß man vorher im Entwurf wenigstens in Andeutungen dem Hause sagen können. Das ist nicht geschehen. Ich kann es nicht hinnehmen, daß die Bundesregierung vor ihrer Verantwortung ausweicht, hier ein Teilgesetz relativ harmlosen Charakters vorlegt und dann sagt: Im stillen Kämmerlein werden wir weitergehende notwendige Vorschläge machen, damit die Verantwortung für das dann notwendigerweise härtere Gesetz ausschließlich den Bundestag und nicht die Regierung trifft. So haben wir nicht gewettet. Wer regiert, der muß außer den Freuden auch die Leiden des Regierens tragen und hat auch unbequeme Vorlagen in aller Öffentlichkeit vorzulegen. ({1})

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Das Wort hat Herr Bundesminister Dr. Krone.

Dr. Heinrich Krone (Minister:in)

Politiker ID: 11001225

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Erler, ich bedaure diese Ihre Ausführungen. Ich denke daran, daß wir auch später noch Gelegenheit finden, diesen Komplex zu regeln. ({0}) - Ich sage es Ihnen. Wir haben mit den Fraktionsvorsitzenden in einer Reihe von Gesprächen diesen Tatbestand erörtert. ({1}) Wir haben Ihre Vorschläge und Ihre erneuten Vorlagen für diese Gespräche ein ganzes Jahr erörtert und haben sie eingefügt. Wir waren uns auch über die Methode der Einbringung seit einem Jahr einig, d. h. darüber daß das, was noch ergänzungsbedürftig ist, wenn dieser Gesetzentwurf eingebracht wird, durch Initiative der drei Fraktionen eingebracht werden soll; ({2}) also auch das Verfahren war geregelt. Im Interesse der Sache, die abgelöst werden muß, bedaure ich es, daß wir das hier so erörtert haben. ({3})

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Herr Abgeordneter Erler hat das Wort.

Fritz Erler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000488, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Bei allem Respekt vor den verdienstvollen Anstrengungen des Kollegen Krone: Erstens. Es hat zwischen Besprechungen im vergangenen Jahr - wenn ich nicht irre, im August - und einem nach der damaligen einmütigen, durch die Sprecher der Fraktionen vorgetragenen, Ablehnung der Vorstellungen der Bundesregierung überarbeiteten neuen Text viele, viele Monate gedauert, in denen darüber nicht gesprochen wurde. Zweitens. Mit dem neuen Text haben jedenfalls wir Sozialdemokraten uns nicht einverstanden erklärt. ({0}) - Eben. Ich will nur jeder Legendenbildung vorbeugen. ({1}) - Aber wir haben uns nicht einverstanden erklärt, daß dieser Text als interfraktionelle Vorlage eingebracht wird. So ungefähr klang es. ({2}) Drittens. Es war klar, daß der Innenminister bei der Einbringung dieser Vorlage gehalten sein sollte, auf die Richtung der Gedanken hinzuweisen, die in jenem Stück Papier verzeichnet sind, das Sie uns unter „geheim" vorgelegt haben. Das ist nicht geschehen. Wir haben ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, daß die Bundesregierung nicht aus der Verantwortung entlassen werden kann, erstens keinen Privatbrief vorzulegen, sondern eine Kabinettsvorlage einzubringen und zweitens auch öffentlich zu dem zu stehen, was allenfalls in den Ausschüssen nachher vorgetragen wird. Die Verantwortung dafür muß bei der Regierung sein. Die kann man nicht hintenherum den Abgeordneten des Deutschen Bundestages zuschieben. ({3})

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Das Wort hat der Herr Bundesminister des Innern.

Hermann Höcherl (Minister:in)

Politiker ID: 11000912

Herr Kollege Erler, ich muß Sie bitten, doch auf die Einbringungsrede und den entscheidenden Passus Bezug zu nehmen. Ich habe damals erklärt, daß ich selber die Vorschläge im Rahmen der Beratung machen werde, um zum Ausdruck zu bringen, daß die Verantwortung bei der Regierung liegt. Wir beabsichtigen nicht, Sie jetzt oder später irgendwie mit der Regierungsverantwortung zu belasten. ({0}) - Nein, nicht im stillen Kämmerlein. Sie wissen genau: Wenn der Ausschuß beschlossen hat und sich dieser Anregung anschließen sollte, dann wird die Vorlage öffentlich zur zweiten und dritten Lesung gebracht werden. Ich drücke mich nicht vor dieser Verantwortung. Ich habe mich auch in der Einbringungsrede dazu bekannt. Sie haben wiederum erklärt, wir wollten die Verantwortung nicht tragen. Daß ich hier nicht in Einzelheiten gehen kann, müssen Sie selbst zugeben. Ich habe auch den Komplex angesprochen und habe durchaus für jeden, der nähere Kenntnis von diesen Dingen hat, ungefähr einen Rahmen gezogen, in dem sich diese Vorgänge bewegen, die die Sicherheit unserer Alliierten, aber auch gleichzeitig unsere eigene Sicherheit beinhalten. Aber ich erkläre noch einmal ganz verbindlich und ganz dezidiert: Wir werden als Regierung diesen Antrag formulieren, vortragen und die Verantwortung dafür übernehmen. Wir werden uns auch dazu bekennen. Das Hohe Haus wird die Formulierung, wie sie der Ausschuß beschließt, ebenfalls die Abweichung zwischen dem Vorschlag der Regierung und dem Beschluß des Ausschusses, die unter Umständen herauskommen sollte, erfahren, damit hier in der Offenheit, die ein solcher Gegenstand verträgt, entschieden werden kann. Vor dieser Verantwortung drückt sich niemand. ({1})

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Ich darf die Aussprache der ersten Beratung schließen. Der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes ({0}) soll dem Rechtsausschuß überwiesen werden. - Besteht darüber Einverständnis? Herr Kollege Mommer hat das Wort.

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001529, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Ältestenrat haben wir darauf verzichtet, eine Reihe von Vorlagen, die uns noch zugingen, auf die Tagesordnung zur ersten Lesung zu setzen, weil wir uns sagten, daß keine Aussicht besteht, diese Vorlagen noch zu verabschieden. Wir meinten, daß es redlicher sei, die Verantwortung dafür, daß eine Vorlage nicht mehr fertig werden könnte, nicht dem Ausschuß zuzuschieben, sondern bei uns zu behalten. Nun hier zu diesen Vorlagen! Wir sind uns doch einig, daß sie im Ausschuß nicht beraten werden können. Es gibt keinen einzigen Ausschußsitzungstag mehr. Es wäre also ein viel vernünftigeres und verantwortungsbewußteres Verhalten des Plenums, wenn wir darauf verzichteten, diese Vorlagen einem Ausschuß zu überweisen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Herr Abgeordneter Rasner!

Will Rasner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001777, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hier scheint mir ein bemerkenswerter Fall von Inkonsequenz vorzuliegen. ({0}) Bei der vorhin behandelten Materie haben Sie von der sozialdemokratischen Fraktion Überweisung an den Rechtsausschuß beantragt. Das ist wirklich ein kapitales Beispiel für Inkonsequenz. ({1}) - Aber natürlich! Rücküberweisung an den gleichen Rechtsausschuß, an den jetzt eine zugegebenermaßen aus formalen Gründen beabsichtigte Überweisung nicht erfolgen soll. Herr Kollege Mommer, vielleicht waren Sie vorhin draußen, als diese Überweisung beantragt wurde. Sonst hätten Sie sich vielleicht diese Begründung erspart; das ist theoretisch denkbar. Darüber hinaus, Herr Kollege Mommer, hatten wir im Ältestenrat ausgemacht, daß überwiesen werden soll, und zwar dieser Entwurf an den Rechtsausschuß und der nächste Entwurf an eine Reihe von Ausschüssen. Ich weiß, daß die Beratungen nicht mehr durchgeführt werden sollen. Aber erstens halten wir uns an Vereinbarungen, die wir getroffen haben, und zweitens wünschen wir aus formalen Gründen diese Überweisung.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Wir müssen abstimmen. Es soll an den Rechtsausschuß überwiesen werden. Wer seine Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Das ist mit Mehrheit so beschlossen. Vorhin wurde auch der Innenausschuß genannt. Wird das aufrechterhalten? - Nein. Wir kommen zur Überweisung der Vorlage unter Punkt 5 b) der Tagesordnung, also des Gesetzentwurfes zu Art. 10 des Grundgesetzes. Vorgesehen ist Überweisung an den Rechtsausschuß - federführend -, an den Ausschuß für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen und den Ausschuß für Inneres - mitberatend -, an den Haushaltsausschuß gemäß § 96 der Geschäftsordnung. Wer zustimmt, gebe bitte Zeichen. - Gegenprobe! - Gegen die Stimmen der sozialdemokratischen Fraktion ist es so beschlossen. Ich rufe Punkt 6 der Tagesordnung auf Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über bauliche Maßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung ({0}) ({1}) a) Bericht des Haushaltsausschusses ({2}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung ({3}), b) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Inneres ({4}) ({5}). ({6}) Es liegen vor der Bericht des Haushaltsausschusses, erstattet durch den Abgeordneten Kreitmeyer, und der Bericht des Ausschusses für Inneres, erstattet durch den Herrn Abgeordneten Dr. Kempfler. Ich danke den beiden Berichterstattern. Herr Abgeordneter Dr. Kempfler will als Berichterstatter den Bericht ergänzen. Ich gebe ihm das Wort.

Dr. Friedrich Kempfler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001085, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie zunächst einige Worte der Erläuterung zu der Nachtragsvorlage Drucksache IV/3512 und zu dem Änderungsantrag auf Umdruck 694 ({0}), unterzeichnet vom Kollegen Schmitt-Vockenhausen und von mir. Zwar scheint hier das Pferd von hinten aufgezäumt zu werden, aber die Vorwegerledigung dieser Punkte ist zur Klärung unbedingt notwendig. Die Ziffern 1 bis 3 des Nachtrags zu Drucksache IV/35.12 betreffen redaktionelle Änderungen. Ich brauche darüber kein Wort zu verlieren. Im ursprünglichen Bericht - und das ist die Bedeutung der Ziffer 4 - hatten wir aber vorgesehen, das Inkrafttreten des § 2 des Gesetzes, der die Verpflichtung zum Bau von Schutzräumen in Neubauten regelt, auf den 1. Januar .1966 festzulegen. Außerdem haben wir einen eigenen Termin für die Stellung der Anträge festgesetzt. Die Länderinnenminister haben nun Bedenken angemeldet wegen der notwendigen Vorbereitungszeit auf dieses Gesetz. Deshalb haben wir uns nach Rücksprache mit den Fraktionen entschlossen, Ihnen als Termin des Inkrafttretens den 1. Juli 1966 vorzuschlagen, und zwar als einheitlichen Termin. Wir unterscheiden also nicht mehr zwischen dem Inkrafttreten und dem Zeitpunkt der Antragstellung, sondern maßgebend ist nun der § 41 der Drucksache IV/3512 in der Fassung des Nachtrags mit der hierzu vorgeschlagenen Änderung. Gemeinverständlicher ausgedrückt heißt das folgendes: Wer vor dem 1. Juli 1966 einen Antrag auf Baugenehmigung stellt, muß Schutzbauten nicht errichten; wer den Antrag nach diesem Termin stellt, ist zur Errichtung verpflichtet. Meine Damen und Herren, ich muß sie weiter um Nachsicht bitten, wenn ich mich nicht darauf beschränke, auf den Bericht zu verweisen, sondern noch eine knappe Darstellung ,des gesamten Gesetzeswerkes gebe. Der Innenausschuß war nämlich der Auffassung, daß es angesichts der Bedeutung, der Tragweite und der Vorgeschichte dieses Gesetzes und insbesondere mit Rücksicht auf das Interesse, das die Öffentlichkeit gerade an dieser Vorlage nimmt, angebracht ist, kurz auch mündlich darüber zu berichten. Ich glaube, daß nach den Aufregungen des heutigen Tages vielleicht ein ruhiger und sachlicher Vorschlag uns allen ganz gut tut und wir damit erweisen können, daß wir doch noch einiges Gemeinsame haben. Der Schutzbau ist das Kernstück und das Fundament des ganzen Bevölkerungsschutzes. Ohne entsprechende Schutzbauten hätten alle übrigen Vorkehrungen keinen Sinn. Deshalb hat der Innenausschuß die ihm vom Plenum gestellte Aufgabe nicht leicht genommen. Wir sahen unsere Pflicht in erster Linie darin - das war unser Hauptbestreben -, die Synthese herzustellen zwischen einerseits der Erkenntnis, daß Bevölkerungsschutz notwendig und sinnvoll ist - darin stimmen auch die Sachverständigen überein, ich werde die Zitate an einer späteren Stelle meiner Darlegungen bringen -, und andererseits der Tatsache - ich möchte das unterstreichen, um keinerlei Verdacht aufkommen zu lassen, als hegten wir irgendwelche Illusionen -, daß bei keinem Kriegsbild ein vollkommener Schutz im herkömmlichen Sinne möglich ist, daß bei einigen wenigen Kriegsbildern, - wenn nämlich der Gegner die Absicht hat, die Zivilbevölkerung zu vernichten -, überhaupt kaum ein Schutz möglich ist und daß bei den dazwischenliegenden Kriegsbildern der Schutz wenig befriedigend ist. Ein eingehendes Studium der wissenschaftlichen Grundlagen, der von ,der NATO gesammelten Erkenntnisse, Besichtigungen der entsprechenden Einrichtungen in befreundeten Ländern und vor allen Dingen das Anhören namhafter Männer der Wissenschaft und anerkannter Sachverständiger der kommunalen Spitzenverbände und vieler anderer Organisationen schienen uns deshalb unerläßliche Voraussetzung unserer Arbeit. Das Ergebnis: wir schlagen - aufbauend auf der Regierungsvorlage, aber sie in wesentlichen Punkten ändernd und neugestaltend - einstimmig, wie ich besonders unterstreichen möchte, eine in sich geschlossene Gruppe von Maßnahmen vor, die das Maximum dessen darstellen, was nach dem heutigen Stand der Dinge zweckentsprechend, vernünftig und aus dem Gesichtspunkt der finanziellen und kapazitätsmäßigen Belastung unserer Wirtschaft tragbar ist. Dieses Maximum stellt aber unseres Erachtens gleichzeitig das Minimum dessen dar, was wir aus der Verantwortung unseren Menschen gegenüber zu tun gezwungen sind. Gestatten Sie mir, daß ich die Kernsätze unserer Vorlage erwähne. In der Regierungsvorlage ist vorgeschlagen, bei den Schutzbauten für Wohngebäude - und hiermit berichtige ich einen sinnstörenden Druckfehler, der sich auf Seite 2 meines Berichts eingeschlichen hat - zwischen Grundschutz und verstärktem Schutz zu differenzieren. Sowohl für Neubauten als auch für Altbauten haben wir im allgemeinen nur den Grundschutz, also den einfachen Trümmerschutz, den Strahlenschutz und den Schutz gegen Brandeinwirkungen vorgeschlagen. Der sogenannte verstärkte Schutz, bei dem zusätzlich noch Bauten geschaffen werden sollen, die einem Druckstoß von 3 atü standhalten können, ist nur für Ausnahmen, für besonders gefährdete Gemeinden oder Gemeindeteile, die durch Verordnung der Regierung bestimmt werden, vorgesehen. Wortlaut des Gesetzes und Bericht grenzen diese Ausnahmebestimmungen so deutlich ab, daß unseres Erachtens eine Ausdehnung unmöglich ist. Der Haushaltsausschuß wünscht noch zusätzliche Sicherheiten. Wir halten diese Sicherheiten zwar nicht für nötig, doch handelt es sich bei der Frage, ob wir sie einführen oder nicht, um kein Dogma. Zur Lösung des einfachen Schutzes sind wir, ohne für spätere Zeiten dem verstärkten Schutz jede Berechtigung absprechen zu wollen, deswegen gelangt, weil die Sachverständigen, die wir ausführlich gehört haben, im gegenwärtigen Zeitpunkt den verstärkten Schutz als im Verhältnis zu den Aufwendungen nicht wirksam genug ablehnen. Die Zweckmäßigkeit des Grundschutzes aber, so wie er Ihnen mit den Bestimmungen vorgeschlagen wird, wird mehr oder minder von allen, auch den skeptischsten Sachverständigen bejaht. Ich möchte Ihnen diese Stimmen aus dem damals aufgenommenen Protokoll zitieren. So Weizsäcker: Immerhin kann Trümmerschutz und fall-outSchutz bei mehreren verschiedenen der obengenannten Kriegsbilder wertvoll sein. An anderer Stelle: Trümmer- und fall-out-Schutz sind ernstlich zu erwägen. Ferner heißt es in dem Protokoll: Der Sachverständige Dr. Schoßberger hat vorgeschlagen: Grundschutz für alle Neubauten allgemein, Grundschutz für Altbauten in bestimmten Grenzen und Ablehnung des verstärkten Schutzes. Auch dieser Auffassung Schoßbergers sind wir gefolgt, indem wir bei Neubauten von Wohn- und Arbeitsstätten den Einbau von Schutzräumen für obligatorisch erklärt haben. Bei den Altbauten schaffen wir Anreize zur Errichtung solcher Schutzräume in Form von finanziellen Vergünstigungen, die ich noch kurz erwähnen werde. Diese Regelung gerade im Altbau ist natürlich nicht voll befriedigend. Wir wußten selbstverständlich, daß im Verteidigungsfall gerade die Städte das Hauptziel der feindlichen Einwirkung sein werden. Deswegen haben wir in der Entschließung die Regierung gebeten, die Entwicklung zu überwachen und Vorschläge zur Beschleunigung der Einbauten in Städten zu machen, wenn das notwendig sein sollte. Mit dem Wegfall des verstärkten Schutzes -jetzt kommt etwas sehr wichtiges, was als einziges eigentlich strittig ist - haben wir .dem Bund zirka 1,5 Milliarden DM im Jahr erspart; denn nach ,der Regierungsvorlage hätten sämtliche Kosten des verstärkten Schutzes vom Bund übernommen werden sollen. Der Ausschuß glaubte es .deshalb verantworten zu können, die Zuschüsse und steuerlichen Vergünstigungen in einem höheren Maße als ursprünglich vorgesehen vorzuschlagen. Auch aus diesem Grunde haben wir das Votum des Haushaltsausschusses nicht aufgegriffen. Wir beabsichtigen, hier im ganzen etwa 200 bis 300 Millionen DM zu beanspruchen, und zwar .sollen von ,den Kosten für Neubauten ein Viertel, für ,die Kosten bei Altbauten ein Drittel, für ,die Kosten bei Schulen und Altersheimen 50 % und für die Kosten bei Krankenhäusern 60 % als Zuschuß beigesteuert werden, je zur Hälfte von Bund und Land. Dier ,Ausschuß für Kommunalpolitik hat hier zwar höhere Sätze, teilweise die Übernahme der Kosten, beantragt. Dier Haushaltsausschuß hat sich gegen diese Zuschüsse überhaupt gewehrt oder sie mindestens sehr ,eingeschränkt. Der Innenausschuß hat als ehrlicher Makler etwa den Weg der Mitte gewählt, einen Wieg, dier uns auch vom verfassungsrechtlichen Standpunkt aus absolut korrekt erscheint. Die Vergünstigungen beruhen auf Abschreibungsmöglichkeiten und auf bundesverbürgten Darlehen. Dabei darf ich, um Sie ins Bild zusetzen, noch ,erwähnen, daß die Kosten des Schutzplatzes etwa 500 DM betragen, bei größeren Schutzräumen weniger, bei kleineren mehr. Aus diesem Grunde haben wir auch die Möglichkeit geschaffen, .daß sich Nachbargemeinschaften zum Bau eines Schutzraumes zusammentun. Die öffentlichen Schutzräume - .das ist das nächste Kapitel -, die nur für Passanten an Ballungspunkten ,des Verkehrs bestimmt sind, sollen nach einem Zweijahresplan oder Bundesregierung erstellt werden, und zwar in folgenden Stufen: Instandsetzung der vorhandenen Schutzräume, Errichtung von Mehrzweckbauten und Neuerrichtung. Die Kosten für diese Bauten fallen völlig dem Bund zur Last, ebenso wie .der Bund auch ,die Kosten ,des Betriebsschutzes, also .des Schutzes lebenswichtiger Anlagen als solcher, tragen muß. Damit, meine Damen und Herren, glaubt ,der Innenausschuß eine Vorlage beschlossen zu haben, die für den gegenwärtigen Stand der Dinge die bestmöglichen Regelungen enthält und die ebenso den Forderungen der Sachverständigen entspricht, die verlangt haben, daß das Gesetz einfach, übersichtlich und sparsam 'ist. Sicherlich handelt es sich hier nicht um der Weisheit letzten Schluß. Deshalb soll die Bundesregierung in der Entschließung beauftragt werden, angesichts der sich rapide entwickelnden Technik gesetzliche Regelungen zu treffen und vorzuschlagen, die jeweils ,den Erfordernissen des Lebens ,angepaßt sind. Ich darf zum Schluß meiner Ausführungen allen jenen danken, die uns bei unserer Arbeit geholfen haben: den mitberatenden Ausschüssen, den Wissenschaftlern und Sachverständigen sowie den Beamten der Ministerien, die unsere Ideen immer sehr bereitwillig in 'die Formulierungshilfen gegossen haben. Um den Geist zu kennzeichnen, in dem wir vom Innenausschuß ,diese Vorlage geformt haben, darf ich ein Zitat aus der Rede des Kollegen Erler vom letzten Mittwoch gebrauchen: Vorsorgegesetze beschwören keine Notstände herauf, sondern sollen ihnen vorbeugen - ({1})

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Herr Abgeordneter Erler, Sie werden zitiert. - Ich wollte den Herrn Abgeordneten Erler darauf hinweisen, daß er zitiert wird. Er erfährt sonst gar nichts von dieser Ehrung. ({0})

Dr. Friedrich Kempfler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001085, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ich wiederhole: Um den Geist zu kennzeichnen, in dem der Innenausschuß diese Gesetzes beschlossen hat, darf ich ein Plagiat begehen und ein Zitat aus Ihrer Rede, Kollege Erler, vom letzten Mittwoch entnehmen: Vorsorgegesetze beschwören keine Notstände herauf, sondern sollen ihnen vorbeugen und sie, falls sie dennoch eintreten, überwinden helfen. Wer eine Feuerwehr organisiert, bereitet keine Brände vor, sondern ihre Bekämpfung. Wir alle wissen, daß der beste und einzig vollkommene Bevölkerungsschutz überhaupt ein dauerhafter Frieden ist, beruhend auf allgemeiner weltweiter Abrüstung. Wir wissen aber auch, daß wir nicht allein dieses vornehmste Ziel unserer gemeinsamen Politik erreichen können, daß für die Aufrechterhaltung oder Nichtaufrechterhaltung des Weltfriedens nicht die Bundesrepublik allein zuständig ist, sondern daß der Weltfrieden von Kräften und Faktoren abhängt, die weit außerhalb unseres Einflußbereichs sind. Im Verteidigungsfall aber, der hoffentlich nie eintreten wird, wird diese Vorlage helfen, die Chancen für die Rettung des Lebens und der Gesundheit der Menschen wesentlich zu verbessern. Deshalb bitte ich das Hohe Haus im Namen des Innenausschusses, unserer Vorlage die Zustimmung zu erteilen. ({0})

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Wir treten in die Einzelberatung ein. Ich rufe die §§ 1 und 2 auf. Das Wort hat der Abgeordnete Hansing. ({0}) - Sie haben die Möglichkeit dazu. § 1 berührt ja den Grundsatz des Gesetzes. Sie können Ihre grundsätzlichen Ausführungen machen.

Hermann Hansing (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000808, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Gesetz, das wir heute verabschieden sollen, ist alles andere als populär. Ich habe auch Verständnis dafür, daß es gewisse Sorgen innerhalb der Bevölkerung auf Grund der Vergangenheit gibt. Ich habe auch Verständnis dafür, daß es Abgeordnete gibt, die dem Gesetz gegenüber skeptisch sind. Wir sollten uns aber hüten, das Volk einzuteilen und zu sagen, daß der eine Teil für die Vorbereitung eines Krieges und die anderen die einzigen Friedensfreunde seien. Das deutsche Volk in seiner Gesamtheit wünscht nichts sehnlicher als die Erhaltung des Friedens. Damit meine ich auch jene 17 Millionen Menschen in der Zone. Solange aber Deutschland im Spannungsfeld zwischen Ost und West liegt, klafft eine Lücke zwischen Wunsch und Realität. Sicher muß unsere Politik anstreben, diese Spannungen zu mildern und dazu beizutragen, daß es nach Möglichkeit zu keiner Auseinandersetzung kommt. Aber können wir das allein tun, und sind die anderen alle gewillt, das mitzumachen? Es ist deshalb zwingend notwendig, daß die Bundesregierung für den möglichen Schutz der Zivilbevölkerung sorgt. Dabei spielt das Schutzraumgesetz eine große Rolle. Wir Sozialdemokraten haben in der Vergangenheit gerade diesen Punkt immer wieder als Kernstück des Zivilschutzes betrachtet. Es ist eben schon vom Berichterstatter gesagt worden: es hat keinen Sinn, wenn die Bevölkerung nicht geschützt werden kann. Andererseits aber ist eine zivile Verteidigung ohne baulichen Luftschutz unmöglich. Dabei muß ganz klar ausgesprochen werden: es gibt keinen absoluten Schutz bei dem heutigen Stand der Waffenentwicklung. Professor Weizsäcker spricht von 40 Möglichkeiten des Krieges. Hoffen wir, daß keine dieser Möglichkeiten überhaupt eintritt. Unsere Aufgabe bleibt aber, den möglichen Schutz für das Volk herzustellen. Herr von Hassel hat heute morgen gesagt: Im Ernstfall kann nur das funktionieren, was im Frieden praktiziert worden ist. Nun, wie ist es bezüglich des Luftschutzes? Die Bundesregierung war verpflichtet, bereits zum 1. Januar 1958 ein Schutzraumgesetz vorzulegen. Es liegt hier eine Fehlanzeige vor. Seit 1958 sind mehrere Millionen Wohnungen neu erstellt worden. Was hätte der Bund, was hätten die Eigentümer von Häusern und was hätte die Industrie, wenn man an den heutigen Stand denkt, sparen können! Am 30. März 1960 hat der Innenausschuß den Innenminister aufgefordert, ein Schutzraumprogramm vorzulegen. Nichts erfolgte. Am 17. Januar 1961 hat die sozialdemokratische Fraktion eine Anfrage wegen des baulichen Luftschutzes und der Einsetzung einer Studienkommission gestellt. Wieder eine Fehlanzeige. Am 31. Oktober 1962 wurde dann von der Bundesregierung das Schutzraumgesetz verabschiedet. Heute steht dieser Gesetzentwurf im Bundestag zur Verabschiedung. Bis zu diesem Zeitpunkt hätten für mindestens 2 Millionen Menschen Schutzräume in Neubauten errichtet werden können. Mit der Verabschiedung dieses Gesetzes wird eine Lücke in der Zivilverteidigung geschlossen. Das Schließen dieser Lücke kommt aber heute um mindestens 50 % teurer als in den Jahren 1960 und 1961. Mit dem Gesetz wird draußen in der Öffentlichkeit sehr viel - bewußt und auch zum Teil unbewußt - Schindluder getrieben. Was steht in dem Entwurf? Wer Gebäude errichtet, hat auch Schutzräume für diejenigen Personen zu schaffen, die üblicherweise in den Gebäuden wohnen. Das heißt, daß für alle neu zu erstellenden Gebäude die Schaffung von Schutzräumen zur Pflicht gemacht wird. Das Gesetz tritt, wenn der vorgelegte Antrag angenommen wird, am 1. Juli 1966 in Kraft. Der Bau von Luftschutzräumen in allen bestehenden Gebäuden ist freiwillig. Wer freiwillig bauen will, erhält Bundesmittel in der Höhe von einem Drittel der Baukosten des Grundschutzes. Das sollte in der Öffentlichkeit mehr herausgestellt und publiziert werden. Für Schutzräume in Gebäuden, die nach Inkrafttreten des Gesetzes gebaut werden, zahlt der Bund ein Viertel der Kosten. Ich kenne die Sorgen der Gemeinden, die zum Teil erheblich verschuldet sind. Jetzt kommen neue Belastungen auf sie zu. Träger von Einrichtungen, die Körperschaften des öffentlichen Rechts oder gemeinnützig im Sinne der Gemeinnützigkeitsverordnung sind, erhalten von Bund und Ländern je 50 % der Kosten. Bei Krankenhäusern beträgt der Zuschuß 60 %. Die Höhe dieser Beteiligung ist insbesondere von meinen politischen Freunden beantragt worden. Der Innenausschuß hat sich diesem Antrag angeschlossen. Dieser Punkt sollte gerade in unseren Gemeinden herausgestellt werden. Nun zu den öffentlichen Schutzräumen! Nach den Erfahrungen der letzten zehn Jahre bin ich nicht der Meinung, daß die Bundesregierung schon unmittelbar nach der Verkündung des Gesetzes den Bau öffentlicher Schutzräume einleiten wird. Dafür, daß es nicht so kommt, sorgt der § 14, der besagt, daß nach zwei Jahren eine Gesamtplanung aufgestellt werden soll. Die Sorge, daß bald Bunker wie Pilze aus der Erde schießen werden, ist unbegründet; denn erst nach drei Jahren wird die Grundplanung vorgenommen. Gestatten Sie mir noch einige Worte zur Instandsetzung vorhandener Schutzbauwerke. Seit sieben Jahren sind die Bundesregierung und die verantwortlichen Instanzen dabei, die vorhandenen Schutzbauwerke in Ordnung zu bringen. Wir haben in der Bundesrepublik 1200 dieser Schutzbauwerke. Die Frage an den Bundesinnenminister ist erlaubt: Wieviel dieser Bunker sind eigentlich fertig? Aber, Herr Minister, gleich im voraus: wenn Sie die Zahl nicht haben, geben Sie hier bitte keine andere Antwort. - Mit der Herstellung und der Fertigstellung dieser Schutzräume, die vorhanden sind, sollte man als erstes beginnen. Wir meinen, daß in Zukunft bei der Weiterentwicklung dieses Gesetzes alles getan werden muß, damit die Gemeinden nicht mit Lasten beladen werden, die der Bund bzw. die Länder zu tragen haben. Mit der Vorlage dieses Gesetzes kommt die Regierung endlich einer Forderung meiner Partei nach. Wir haben seit Jahren zum Schutz der Bevölkerung ein solches Gesetz gefordert. Ich glaube, es ist notwendig, weil so oft davon gesprochen wurde, daß es auf die richtige Vorsorge ankommt, folgendes noch einmal zu wiederholen. Es wird notwendig sein, die Bevölkerung wahrheitsgemäß über das, was sein kann und was sein muß, aufzuklären. Ich sage: wahrheitsgemäß, Herr Innenminister. Erwarten wir von der Öffentlichkeit keine Begeisterung anläßlich der Verabschiedung dieses Gesetzes! Jedoch wird die Mehrheit des Volkes Einsicht und Verständnis zeigen. Wir selbst, Regierung und Parlament, können Einsicht und Verständnis von der Bevölkerung aber nur erwarten, wenn wir offen und ehrlich dem Volk gegenüber die Wahrheit sagen. Meine Fraktion wird diesem Gesetz zustimmen. ({0})

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Ich kann dann die §§ 1 und 2 aufrufen. Wer zustimmen will, gebe bitte Zeichen. - Wollen Sie grundsätzliche Ausführungen machen? - Dann bitte, Herr Abgeordneter Dorn.

Wolfram Dorn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000409, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir Freien Demokraten werden dem Schutzbaugesetz unsere Zustimmung geben. Wir haben in den Haushaltsberatungen der letzten zwei Jahre immer wieder darauf hingewiesen, wie wichtig es ist, dieses Gesetz zu verabschieden. In der Vergangenheit, mindestens in den letzten beiden Jahren, konnten die ganzen Neubauten nicht mit den erforderlichen Ausmaßen und den Verstärkungsmaßnahmen für Schutzräume erstellt werden. Dadurch werden volkswirtschaftliche Belastungen bei dem später vorgesehenen Bau von Schutzräumen in Altbauten eintreten, die man zweckmäßigerweise bei der Planung und Erstellung der Neubauten gleich erstellt hätte. Dabei wäre man also bedeutend billiger weggekommen. Wie die Regierungsvorlage aussah und was daraus geworden ist, ist sowohl von dem Herrn Berichterstatter als auch von meinem Vorredner vorgetragen worden. Ich brauche mich jetzt dazu nicht zu äußern. Nur darauf will ich hinweisen, daß nach dem Hearing, das wir in öffentlicher Sitzung durchgeführt haben, für mich völlig klar war, daß das, was in der Regierungsvorlage enthalten war, nicht durchzusetzen war. Deswegen auch mein Vorschlag, die Struktur des Schutzbaugesetzes dahin zu ändern, daß wir nur für die Neubauten, für die Bunkerinstandsetzungen und für die Mehrzweckbauten gesetzliche Regelungen in dieser Legislaturperiode treffen sollten. Aber lassen Sie mich hierzu auch ein sehr kritisches Wort vortragen. Wir haben uns bei der Frage der Finanzierung und der Baugenehmigung darüber unterhalten, in welchem Ausmaß es zweckmäßig ist, Mehrzweckbauten zu errichten. Ich selbst habe in einer Fragestunde in diesem Hause die Frage aufgeworfen, ob nicht die Bundesregierung etwas mehr Initiative hätte entwickeln können, um z. B. auf dem Bonner Münsterplatz, als dort die Großgarage entstand, einen Mehrzweckbau zu installieren. Damals sind die Bemühungen, die seitens der Stadt und seitens der Bundesregierung, allerdings anscheinend auf verschiedenen Gleisen, angestellt wurden, nicht zum Zuge gekommen. Man ist an Kompetenzschwierigkeiten, an Terminen, an nicht früh genug abgehaltenen gemeinsamen Besprechungen gescheitert. Man hat mir dann in der Fragestunde gesagt, bei dem anderen Bau, der in der Maargasse in Bonn entstehe - ebenfalls eine Großgarage -, entstehe ein Mehrzweckbau mit Bunkeranlage. Herr Bundesinnenminister, ich habe mir die Unterlagen über die Entstehung, die Planung, Finanzierung und den Leidensweg der Betreffenden, des Bauherrn und der Baufirma, einmal zu Gemüte geführt. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn wir uns einmal nach Verabschiedung dieses Gesetzes und damit der Fixierung der gesetzlichen Grundlagen für diese Dinge gemeinsam darüber unterhalten könnten, wie man die hier in einer unwahrscheinlichen und für einen Normalbürger unverständlichen Vielzahl aufgetretenen Hemmnisse beseitigen kann, damit man auch hier zu einem vernünftigen Ergebnis kommt. Der Bauherr und der Bauunternehmer sind nämlich nicht in der Lage, die Schwierigkeiten und Kompetenzabgrenzungen zwischen Bundes-, Landes- und Kommunalbehörden zu Übersehen, wobei sie gleichzeitig gezwungen sind, mehr als eine Million DM in die Vorfinanzierung eine solchen Unternehmens zu stecken. Ich meine also, es ist der Mühe wert, daß man sich einmal bei diesen Dingen um die Einzelheiten kümmert, um zu sehen, welchen Leidensweg die Betroffenen gegangen sind. Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch ein letztes Anliegen vortragen. Es wird notwendig sein, in den nächsten Monaten nicht nur die Bauherren, die im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus Verpflichtungen übernehmen sollen, anzusprechen, sondern es wird auch notwendig sein, in einem großen Umfang die Architekten und Bauingenieure oder Ingenieure überhaupt anzusprechen, um ihnen früh genug die notwendigen Unterlagen dafür an die Hand zu geben, damit sie für die Planungen, die sie im Laufe des kommenden Jahres vornehmen müssen, von vornherein mit den entsprechenden Unterlagen versehen sind, damit die Baugenehmigung für Neubauten nicht daran scheitert, daß die Architekten und Ingenieure nicht früh genug in aller Form unterrichtet worden sind. Ich hoffe auch hier auf die Unterstützung der Bundesregierung, damit es uns gelingt, den entsprechenden Kreis der Techniker früh genug anzusprechen. Wir freuen uns, daß es ,gelingt, dieses Gesetz wenigstens zum 1. Juli des nächsten Jahres so in Kraft treten zu lassen, und daß für die Zukunft dafür gesorgt wird, daß die erforderlichen Maßnahmen früh genug und fristgerecht beginnen können. ({0})

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Das Wort hat Herr Dr. Kempfler.

Dr. Friedrich Kempfler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001085, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie haben 'bei meinem Vortrag als Berichterstatter schon so viel Nachsicht geübt, daß ich mich als Redner der CDU/CSU aufs äußerste beschränken will. Sie sehen diesen Vorsatz dadurch bekräftigt, daß ich mir kein Konzept mitgenommen habe. Es wäre vielleicht einiges über die kritischen Bemerkungen des Kollegen Hansing und des Kollegen Dorn zu sagen. Aber ich meine, wir haben uns heute genug gestritten und unser Soll in dieser Richtung restlos erfüllt. Es hat keinen Sinn mehr, nunmehr über vergangene Fehler zu diskutieren, da wir uns wenigstens über dieses Gesetz im großen und ganzen einig sind. Meine Fraktion wird der Vorlage ihre Zustimmung erteilen. ({0})

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Ich kann unterstellen, daß Sie den §§ 1 und 2 bereits Ihre Zustimmung gegeben haben. Ich rufe dann § 3 auf. Hierzu liegt der Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP auf Umdruck 695 *) vor, zunächst in Ziffer 1 auf Änderung des § 3 Abs. 2 Satz 1. Kann ich darüber abstimmen lassen? - Wer zustimmt, gebe bitte Zeichen! - Einstimmige Annahme. Kann ich annehmen, daß Ziffer 2 des Antrags auf Umdruck 695 in gleicher Weise angenommen ist? - Kein Widerspruch. Ich rufe nun auf § 3 mit diesen Änderungen, -§ 4, - § 5. Wer zustimmt, gebe bitte Zeichen. - Gegenprobe! - Einstimmige Annahme. ({0}) - Verzeihung! - Doch einige Enthaltungen? - Entschuldigen Sie! Auf der linken Seite einige Enthaltungen. Genügt diese Feststellung? ({1}) - Es waren Gegenstimmen, keine Enthaltungen. Ich stelle also fest: Mit Mehrheit angenommen. § 6! Hierzu liegt der Änderungsantrag auf Umdruck 695 Ziffer 2 vor. Danach soll Abs. 1 Satz 1 eine geänderte Fassung erhalten. - Das, Wort hat der Abgeordnete Hansing.

Hermann Hansing (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000808, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Antrag der CDU/CSU und der FDP steht: „Der Bund gewährt für Wohngebäude, die im öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau errichtet werden, auf Antrag ..." usw. Der Innenausschuß hat einstimmig beschlossen: „Werden Schutzräume nach § 2 errichtet, so erhält der Eigentümer *) Siehe Anlage 3 auf Antrag aus Bundesmitteln ...". Der Unterschied ist also: der Innenausschuß spricht vom Eigentümer, wogegen nach dem Änderungsantrag nur im öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau ein Zuschuß gewährt werden soll. Im § 12 der Ausschußvorlage - Förderung bei freiwilliger Errichtung - haben wir ebenfalls das Wort „Eigentümer". Bei dem Schutz muß es darum gehen: Bürger gleich Bürger. Es kann hier nicht allein für den sozialen Wohnungsbau etwas gefordert werden. Ich bin daher der Meinung, daß wir den Änderungsantrag ablehnen und die Ausschußvorlage annehmen sollten.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Zimmer.

Dr. Alois Zimmer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002595, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Sachverhalt ist so, wie ihn der verehrte Kollege Hansing dargestellt hat. Wir haben uns im Innenausschuß in der Tat, ausgehend von der Gesamttendenz des Gesetzes, einstimmig zu dem von Ihnen zitierten Paragraphen entschlossen. Inzwischen - ich spreche hier mit vollem Freimut - haben die Haushaltspolitiker, ich glaube, die aller Parteien, von der finanziellen Seite her erhebliche Bedenken gegen die finanziellen Auswirkungen des Gesetzes vorgebracht, und in einer Reihe von Punkten haben sie massive Forderungen vorgebracht. Ich gebe ganz offen zu: auch wir Kollegen von der CDU/CSU-Fraktion haben uns nur sehr ungern und mit Bedenken der einen Forderung gebeugt, die man allerdings vom Sachlichen her vielleicht doch verstehen kann, wenn man die finanziellen Anforderungen an die Bundeskasse einerseits und die Anforderungen an die Bürger andererseits abwägt. Wir haben uns deshalb entschlossen, in diesem Punkte - § 6 Satz 1 - den Forderungen der Haushaltspolitiker Rechnung zu tragen. In einem anderen Punkte, den Sie auch soeben erwähnt haben - ich darf das vorwegnehmen -, im Falle des § 6 Satz 2, waren die Haushaltspolitiker ebenfalls der Auffassung, daß die Zuschüsse des Bundes gestrichen werden müßten. Hier haben w i r uns jedoch durchgesetzt; hier waren wir der Meinung, es müsse, um der Gesamttendenz des Gesetzes Rechnung zu tragen, unter allen Umständen der ursprüngliche Beschluß des Innenausschusses aufrechterhalten werden. Ich wollte das hier als Erklärung dafür sagen, warum wir in dem einen Punkte nachgegeben haben. Dabei - das kann an dieser Stelle ganz allgemein gesagt werden - muß man allerdings verstehen, daß an die Haushaltspolitiker in den letzten Monaten ungeheure Anforderungen aus allen möglichen Bereichen der Bundespolitik - ich brauche sie nicht im einzelnen zu nennen - herangetragen worden sind und daß es deshalb für die Haushaltspolitiker außerordentlich schwer ist, die Verantwortung für die künftige Gestaltung des Bundeshaushalts, insbesondere im kommenden Jahre, noch zu übernehmen. Wir von der CDU/CSU werden deshalb diesem Paragraphen in der neuen Form des Änderungsantrages zustimmen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Wir können dann über den Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/ CSU und der FDP auf Umdruck 695 unter Ziffer 3, dem § 6 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes eine andere Fassung zu geben, abstimmen. Wer zustimmt, gebe bitte das Zeichen. - Gegenprobe! - Gegen die Stimmen der SPD angenommen! ({0}) - Darf ich die Abstimmung wiederholen. Wer zustimmt, gebe bitte das Zeichen. - Gegenstimmen! ({1}) Wir wollen durch Aufstehen die Abstimmung wiederholen. Wer zustimmt, erhebe sich bitte. - Gegenprobe! ({2}) Der Vorstand ist sich nicht einig. Wir müssen auszählen. ({3}) Meine Damen und Herren, wir stehen alle unter dem Eindruck der Mitteilung, ({4}) daß unser Kollege Dr. Friedrich Wilhelm Willeke wirklich in den Sielen mitten in der Tätigkeit hier im Hause verschieden ist. Allen von uns ist seine geprägte Persönlichkeit bewußt, dieser Mann, der mit größter Hingabe hier seine Aufgabe erfüllt hat, den wir noch vor wenigen, man kann sagen: Minuten hier in diesem Hause gesehen haben. Sie kennen seinen Lebenslauf. Er ist in Paderborn 1893 geboren, hat die Erziehung in der Lehrerbildungsanstalt in seinem Geburtsort erfahren, war dann Soldat, schwerkriegsbeschädigt, hat das Abitur als Externer bestanden, sich dem Studium der Rechts- und Staatswissenschaft in Münster und Köln gewidmet, war Fachvorsteher an der Handels- und Berufsschule, Dozent an der Verwaltungsbeamtenschule in Recklinghausen, Verkehrsdezernent und Magistratsrat in Recklinghausen, dann Amtsbürgermeister in Marl, zuletzt Generalsekretär der Kommunalpolitischen Vereinigung der CDU/CSU. Seine ganze Hingabe gehörte den kommunalpolitischen Aufgaben. Er besaß ein hervorragendes Wissen auf diesem Gebiet. Er hat in dieser Grundlage unseres politischen Lebens, in der Gemeinde, gelebt und gewirkt. Seine Gemahlin hat diesen jähen Tod miterlebt. Ihr gehört unser tiefes Mitempfinden. Auch der betroffenen Fraktion der CDU/CSU spreche ich die Anteilnahme des Hauses aus. Ich halte es für richtig, daß wir die Sitzung bis um 1/2 8 Uhr unterbrechen. ({5}) Wir setzen die unterbrochene Sitzung fort. Vizepräsident Dr. Dehler Ich gebe das Ergebnis der Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP auf Umdruck 695 Ziffer 3 bekannt. Es sind 313 Stimmen abgegeben worden. Mit Ja haben gestimmt 180, mit Nein 127 Mitglieder des Hauses, enthalten haben sich 6. Der Änderungsantrag ist damit angenommen. Ich lasse nun über § 6 abstimmen. Wer dem § 6 mit der soeben angenommenen Änderung zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Zeichen. - Gegenprobe! - Mit Mehrheit angenommen. Das Wort hat nun der Herr Abgeordnete Windelen als Berichterstatter des Haushaltsausschusses.

Heinrich Windelen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002525, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Durch die Annahme des Änderungsantrages der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP Umdruck 695 sind materielle Änderungen des Gesetzentwurfs eingetreten, die mit dem Bericht des Haushaltsausschusses nicht in voller Übereinstimmung stehen. Ich bitte Sie deshalb, den Haushaltsausschuß erneut nach § 96 der Geschäftsordnung mit der Vorlage zu befassen. Der Haushaltsausschuß tagt zur Zeit. Meines Erachtens kann hier die Beratung fortgeführt werden. Es wird möglich sein, noch während der Beratung einen mündlichen Bericht über das erneute Beratungsergebnis des Haushaltsausschusses hier zu erstatten.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Können wir so verfahren? - Dann ist entsprechend ,dem Antrag des Berichterstatters des Haushaltsausschusses beschlossen. - Haben Sie Bedenken, Herr Abgeordneter Schmitt-Vockenhausen? - Besteht keine Einigkeit über diesen Antrag? ({0}) - Wir werden die Beratung bis zum Ende der zweiten Lesung fortsetzen. Falls dann der Beschluß des Haushaltsausschusses noch nicht vorliegen sollte, werden wir unterbrechen. Ich rufe auf die §§ 7 bis 40 der Vorlage. Wer zustimmen will, gebe bitte Zeichen. - Gegenprobe! - Mit Mehrheit angenommen. Ich rufe auf § 41. Dazu liegt der Änderungsantrag der Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen und Dr. Kempfler Umdruck 694 ({1}) *) vor, als Zeitpunkt des Inkrafttretens das Datum „1. Juli 1966" einzusetzen. Besteht mit diesem Antrag Einverständnis? - Das ist der Fall; es ist so beschlossen. Wir stimmen ab über § 41 mit der soeben beschlossenen Ergänzung. Wer zustimmen will, gebe bitte Zeichen. - Mit Mehrheit angenommen. Wir werden jetzt .diese Beratung unterbrechen, bis der ergänzende Bericht des Haushaltsausschusses vorliegt. - Sie sind einverstanden. *) Siehe Anlage 4 Dann rufe ich auf Punkt 7 der Tagesordnung: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über den Selbstschutz der Zivilbevölkerung ({2}) ({3}) ; a) Bericht des Haushaltausschusses ({4}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung ({5}), b) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Inneres ({6}) ({7}). ({8}) Ich danke den Berichterstattern, Herrn Abgeordneten Kreitmeyer und Herrn Abgeordneten Hübner, für ihre Schriftlichen Berichte. Herr Abgeordneter Hübner wird seinen Bericht noch ergänzen. Bitte!

Karl Hübner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000973, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir, entsprechend einem Wunsche des Innenausschusses einige wenige ergänzende Ausführungen zu dem vorgelegten Schriftlichen Bericht zu machen. Das Selbstschutzgesetz gehört zu den Gesetzen einer vorausschauenden Notstandsordnung. Es nimmt für Zeiten der äußeren Gefahr das ganze Volk in Pflicht unid bereitet es bereits in normalen Zeiten auf diese ernsten Pflichten vor. Der Ausschuß ist sich dessen bewußt gewesen, daß bei dem ausgeprägten und durchaus gesunden Bedürfnis unseres Volkes nach einem Leben in weitgezogener Ermessensfreiheit die allgemeine Heranziehung zu solch ernst stimmenden Pflichten zweifellos einen tiefen Einschnitt in die herrschenden Denkgewohnheiten darstellt. Man sollte es deshalb auch nicht gering einschätzen, daß sich alle Parteien dieses Hohen Hauses grundsätzlich zur Notwendigkeit der vorbereitenden Regelung von Notstandspflichten bekannt haben. Es kam dem Ausschuß wesentlich darauf an, die Bereitschaft der Bevölkerung zu stimulieren, den Schutz des eigenen und des gemeinsamen Lebens als ernste Aufgabe zu erkennen. Als reines Organisationsgesetz könnte dieses Gesetz seine Zweckbestimmung nicht erfüllen, weil es wegen der breit angelegten Inanspruchnahme des ganzen Volkes auch nur mit dem überzeugten Einstehen des ganzen Volkes für die Schutzregelung wirksam werden kann. Nur auf der Grundlage einer solchen Überzeugungskraft wird auch die unverändert notwendige Improvisationskraft eines jeden einzelnen im Gefahrenfall mobilisiert werden können. Die Selbstbeschränkung des Gesetzgebers auf notwendigste Forderungen bei gleichzeitiger Zuerkennung eigener Einflußmöglichkeit der Bevölkerung dokumentiert sich u. a. in den Bestimmungen über die Höchstdauer der Übungszeiten, die zwischen 10 und 50 Stunden variiert, über die zeitliche Streckung der Fristen für die Beschaffung von Selbstschutzgeräten auf vier Jahre, über den Verzicht auf jeden Rechtstitel zur Erzwingung der Gerätebeschaffung, in den Wahlbestimmungen über die Selbstschutzleiter - mit der Beteiligung der Selbstverwaltungs- organe, insbesondere der Gemeinden -, in den Bestimmungen über das Mitbestimmungsrecht im Betriebsselbstschutz, über die Anwendung des Arbeitsrechts im Betriebsselbstschutz, über die Kostenübernahme für die Gerätebeschaffung für einkommenschwache Bevölkerungsschichten und .schließlich in den Bestimmungen über die Sicherung gegen etwaige Verdienstausfälle und andere Nachteile der Arbeitnehmer. Meine Damen und Herren, ich möchte besonders darauf hinweisen, daß dieses Gesetz in einer Zeit, die sich gern institutionellen Lösungen verschreibt, eindeutig auf die persönliche Verantwortung der jeweiligen Aufgabenträger abgestellt ist. Dieses Merkmal macht deutlich, daß die Wirksamkeit dieses Gesetzes weniger durch seine Vorschriften als - weit mehr - durch die Kraft der Verantwortung der beteiligten Aufgabenträger bestimmt wird. Ein Volk, das die soziale Verpflichtung zu seinem Leitspruch gemacht hat, also die Pflicht, den Menschen in der Not zu helfen, als Maxime anerkannt hat, kann eine Ausnahme im ernstesten Fall der Not nicht zulassen. Im Namen des Ausschusses darf ich Sie bitten, diese Gesichtspunkte bei Ihren Überlegungen zu würdigen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Wir treten in die Einzelberatung ein. Ich rufe die §§ 1 bis 52 auf. Wer zustimmt, gebe bitte Zeichen. - Gegenprobe! - Mit Mehrheit angenommen. Ich rufe § 53 auf. Hierzu liegt der Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP auf Umdruck 696 *) Ziffer 1 vor. Wird der Antrag, die Zahl 80 durch 60 zu ersetzen, begründet? - Herr Abgeordneter Hübner begründet den Antrag.

Karl Hübner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000973, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Innenausschuß hatte festgelegt, daß die Bedarfssätze des Bundessozialhilfegesetzes bei der Bemessung der Unterstützung für die Gerätebeschaffung von Bedürftigen um 80 % erhöht werden sollen. Die Koalitionsparteien sind der Meinung, daß die Zurücknahme des Satzes von 180 % auf 160 % durchaus zumutbar ist, weil die Ansätze, die hierfür vorgesehen sind, nicht so niedrig liegen, wie im allgemeinen angenommen wird. Ich darf darauf hinweisen, daß sich der Durchschnittssatz für ein Ehepaar mit zwei Kindern bei 160 % auf 541 DM beläuft, d. h. daß nach unserem Vorschlag alle Einkommensbezieher bis 541 DM monatlich die Unterstützung für die Beschaffung von Geräten bekommen sollen. Nur diejenigen, die über diesem Satz liegen, sollen davon ausgeschlossen werden. Dabei ist noch zu bedenken, daß in Notfällen, die immer noch auftreten können, die Betreffenden nach diesem Gesetz nicht gezwungen werden können, die Geräte zu beschaffen. Hierfür ist in dem Gesetz kein Rechtstitel vorgesehen. Außerdem muß bedacht wer- *) Siehe Anlage 5 den, daß für die Beschaffung der Geräte zwar eine Frist von 4 Jahren angenommen worden ist, daß aber diese Frist ebenfalls überzogen werden kann. Maßgebend für unseren Entschluß ist nicht zuletzt der Bericht des Haushaltsausschusses gewesen, der keine Möglichkeit sieht, eine Deckung für die Mehrforderungen bereitzustellen. Ich bitte Sie, unserem Antrag zuzustimmen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Das Wort hat der Abgeordnete Könen.

Willy Könen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001156, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir, daß ich zu dem Antrag, der soeben begründet wurde, einige Bemerkungen mache. Wer ist der Personenkreis, und worum handelt es sich? In § 53 des Gesetzentwurfs werden die verschiedensten Paragraphen des Bundessozialhilfegesetzes aufgeführt. Es handelt sich um folgende Paragraphen. Der § 12 des Bundessozialhilfegesetzes gibt den Rechtsanspruch auf eine Hilfe für den notwendigen Lebensunterhalt, und dann sagt § 12, was unter notwendigem Lebensunterhalt zu verstehen ist. Ich will wegen der Geschäftslage des Hauses Ihnen nicht alles aufzählen. Ich will nur dazu bemerken, daß die Dinge, die nach dem Selbstschutzgesetz beschafft werden sollen, nicht in § 12 des Bundessozialhilfegesetzes stehen, sondern daß es sich hier um den Lebensunterhalt im engeren Sinne handelt. Dieser Begriff des notwendigen Lebensunterhaltes wird dann also gesprengt. Wer sind die Personen, die von der Aufzählung dieser Paragraphen des Bundessozialhilfegesetzes betroffen würden? Es sind erwerbstätige Blinde nach § 24, d. h. Menschen, die teilerwerbsfähig sind, die nicht allein auf Unterstützung angewiesen sein wollen, die selber etwas verdienen wollen. Das Gesetz hat das insofern honoriert, als es sagt, daß in einer bestimmten Staffelung ein Teil dessen, was der Betreffende verdient hat, nicht angerechnet wird. Die Regelsätze der Sozialhilfe gelten für den Lebensunterhalt. Im § 53 werden die Regelsätze angesetzt. Auch für den Blinden gilt die Mehrbedarfsregelung. Der § 33 enthält den Personenkreis, der Ausbildungshilfe bekommt. Dabei wird der Lebensunterhalt nicht nach den höheren Einkommensgrenzen, sondern nach dem zweiten Abschnitt des Bundessozialhilfegesetzes, also wiederum nach dem Regelsatzverfahren festgelegt. Diejenigen, die über 14 Jahre alt sind, erhalten einen Mehrbedarfszuschlag von 50 %. Der § 41 Abs. 2, von dem der § 53 des Selbstschutzgesetzes ebenfalls spricht, betrifft die Behinderten, also Menschen, die sich infolge ihrer Behinderung ebenfalls in einer besonderen Notsituation befinden und deshalb Hilfe zum Lebensunterhalt bekommen. Der § 53 Abs. 2 befaßt sich mit den Tuberkulosekranken, den Genesenen und den von der Tuberkulose bedrohten und gefährdeten Personen. Diese Personen bekommen den Regelsatz plus 50 % Mehr9754 Könen ({0}) bedarfszuschlag und - von Einzelfall zu Einzelfall zu entscheiden - Ernährungsbeihilfen. Der § 56 Abs. 1 regelt die Sonderleistungen für Tbc-Kranke, und zwar regelt die Nr. 1, die im § 53 des Entwurfs aufgeführt ist, die Beihilfen zu Aufwendungen für Ersatzkräfte im Haushalt oder Kleinbetrieb. Ich will hier so sachlich wie möglich sprechen. Aber bei einer Gesetzgebung, bei der es um Hunderte von Millionen geht, hat man sich für Sparmaßnahmen ausgerechnet einen Kreis von Personen ausgesucht, denen es sowieso schwerfällt, im normalen Leben mit ihren Einkünften zurechtzukommen. Der Ausschuß, dem ich nicht angehöre, hat die ursprünglich vorgeschlagene Regelung insofern verbessert, als er den Satz von 50 % auf 80 % erhöht hat. Meine Damen und Herren Antragsteller und besonders meine Herren Initiatoren dieses Antrags, ich darf Sie um etwas bitten: Feilschen Sie doch nicht bei diesem Personenkreis, den ich angeführt habe, um Prozentsätze! Von meinem verehrten Kollegen ist gesagt worden, daß heute eine Familie mit zwei Kindern rund 500 DM habe. Das mag durchaus stimmen. Die Regelsätze für den Alleinstehenden liegen bei 130 DM. Für die Ehefrau liegen sie in Bielefeld bei 60 DM, für Kinder bis zu sechs Jahren bei 60 DM und für Kinder über sechs Jahre bei 90 DM. Die alleinstehenden Leute - denken Sie an die älteren Personen - geraten durch den Antrag, den Sie stellen, in eine Lage, die noch prekärer wird, als dies bei Annahme des Antrags, der in der Ausschußvorlage enthalten ist - 80 % - der Fall sein wird. Ich war etwas betrübt ,darüber, daß hier in der Begründung gesagt wurde, das sei nicht nur zumutbar, sondern es sei auch niemand gezwungen, diese Selbstschutzmaßnahmen zu treffen. Soll man daraus konstruieren dürfen - Selbstschutzmaßnahmen sollen doch einen Sinn haben, deshalb machen wir ein solches Gesetz -, daß idie von mir erwähnten Personen sich und 'ihre Familie von einem sinnvollen Selbstschutz ausschließen und unter Brücken schlafen können, weil wir ,eine freiheitliche Demokratie haben? Das ist sicher nicht gewollt. Im Gegenteil! Wenn ,der Selbstschutz einen Sinn haben soll, dann darf man nicht gerade diejenigen ausschließen, 'die wegen ihrer allgemeinen Situation wahrscheinlich viel weniger Möglichkeiten haben, sich und ihre Familien zu schützen, als andere Menschen, die im normalen Arbeitsleben stehen und lein höheres und ein mittleres Einkommen haben. Ich bitte Sie nicht nur darum, diesen Antrag abzulehnen. Ich möchte Sie bitten: ziehen Sie diesen Antrag zurück; ,er ist beschämend. ({1})

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Wir stimmen ab über ,den Antrag der Fraktionen .der CDU/CSU, FDP auf Umdruck 696 Ziffer 1. Wer dem Antrag zustimmt, gebe bitte Zeichen. - Gegenprobe! - Das erste war die Mehrheit. Der Antrag ist gegen die Stimmen der SPD und einiger Abgeordneten auf der Rechten angenommen. Ich rufe dann den § 53 a auf. Hierzu liegt ein Änderungsantrag auf Umdruck 696 ,Ziffer 2 vor. Herr Abgeordneter Hübner zur Begründung.

Karl Hübner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000973, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich verweise auf den 'Bericht des Haushaltsausschusses Drucksache IV/3610. Der Haushaltsausschuß hat sich außerstande gesehen, einen Deckungsvorschlag für die Aufwendungen, ,die durch den § 53 a entstehen, zu machen. Die Aufwendungen haben immerhin ein 'erhebliches Ausmaß. Sie würden rund 100 Millionen DM ausmachen. Um das Gesetz insgesamt nicht zu gefährden, sahen wir uns genötigt, von ,den Vergünstigungen, die hier vorgesehen waren, Abstand zu nehmen. Wir bitten Sie 'deshalb, unserem Antrag Umdruck 696 Ziffer 2 zuzustimmen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Bitte, Herr Abgeordneter Schmitt-Vockenhausen!

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002033, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben diese Frage im Innenausschuß sehr eingehend erörtert. 'Es handelt sich um (sehr kleine Beträge im Verhältnis zu dem Gesamtvolumen für den zivilen Bevölkerungsschutz, ganz abgesehen von ,dem Gesamtvolumen des Haushalts. Wir bedauern die Tendenz, die die CDU/CSU hier in den bisherigen Beratungen gezeigt hat, die entstehenden Lasten dem kleinen Mann möglichst nicht zu erleichtern. ({0}) Wir haben im Ausschuß wirklich mit Zähnen und Klauen gekämpft. Wir haben auch ein Entgegenkommen bei den Kollegen der Koalitionsfraktionen gefunden. Ich bedaure, daß jetzt bei § 53 a nach den ,Entscheidungen beim Schutzbaugesetz 'und eben bei § 53 eine weitere Entscheidung gegen den kleinen Mann fällt. Während 'die Wirtschaft vieles abschreiben kann, werden die wenigen Möglichkeiten, die wir für den kleinen 'Mann erkämpft haben, leider Gottes wieder zunichte gemacht. ({1})

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Wir stimmen wie gewöhnlich positiv ab. Wer dem § 53 a der Vorlage zustimmt, gebe bitte Zeichen. - Gegenprobe! - Ich bitte, die Abstimmung durch Erheben vom Platz zu wiederholen. Wer dem § 53 a zustimmt, erhebe sich. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das zweite war die Mehrheit. § 53 a ist somit gestrichen. Ich rufe dann auf die §§ 54 bis 61. Wer zustimmt, gebe bitte Zeichen. - Gegenprobe! - Das erste war die Mehrheit; die aufgerufenen Paragraphen sind angenommen. Ich rufe jetzt den § 62 auf. Hierzu liegt ein Änderungsantrag des Abgeordneten Schmitt-Vockenhau- Vizepräsident Dr. Dehler sen auf Umdruck 663 *) vor. Zur Begründung hat er das Wort.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002033, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Sache ist im Ausschuß ausgiebig diskutiert worden. Es handelt sich um einen Wunsch des Industrie- und Handelstages, den auch die Bundesregierung in der Sache für richtig erklärt. Ich würde mich freuen, wenn das Haus zustimmen würde.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Wir stimmen dann ab über den Änderungsantrag des Herrn Kollegen Schmitt-Vockenhausen auf Umdruck 663. Wer zustimmt, gebe bitte Zeichen. - Der Antrag ist angenommen. Wir stimmen dann über § 62 in der geänderten Form sowie über die §§ 63, - 64, - 65 ab. - Wer zustimmt, gebe bitte Zeichen! - Gegenprobe! -Bei einigen Gegenstimmen angenommen. Ich rufe dann § 66 auf. Dazu liegt ein Änderungsantrag - ebenfalls des Herrn Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen - auf Umdruck 664 **) vor. Soll er begründet werden? ({0}) - Wir können also sogleich darüber abstimmen. Wer zustimmt, gebe bitte Zeichen! - Der Änderungsantrag ist angenommen. Wir stimmen dann über § 66 in der geänderten Form sowie über § 67, - Einleitung und Überschrift ab. - Wer zustimmt, gebe bitte Zeichen! - Gegenprobe! - Gegen einige Stimmen ist das Gesetz in der zweiten Beratung angenommen. Ich eröffne die dritte Beratung. Das Wort hat zunächst der Herr Abgeordnete Hübner ({1}).

Klaus Hübner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000974, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die sozialdemokratische Fraktion begrüßt es, daß wir jetzt in dieser späten Abendstunde die erste Gelegenheit haben, wirklich ein Gesetz der Vorsorge verabschieden zu können. Ich meine auch, daß man damit zugleich den ersten Teil einer wohl noch umfangreicher werdenden Antwort auf eine Frage des Herrn Bundeskanzlers geben kann, die er uns am 16. Juni in diesem Hause mit den letzten Sätzen seiner Rede gestellt hat, die da lauteten: Die sozialdemokratische Opposition verhindert, wie ich hier feststelle, die so dringend notwendige rechtzeitige Vorsorge für den Notfall. Ich richte an sie die Frage, wie und ob sie diese schwere Verantwortung zu tragen gewillt ist. Meine Damen und Herren, ich sagte, das ist der erste Teil unserer Antwort. Wir sind gewillt, diese *) Siehe Anlage 6 **) Siehe Anlage 7 Verantwortung dadurch zu tragen, daß wir wirklich für die Stunde der Not, die so oft beschworen worden ist und für die bisher so wenig getan wurde, Vorsorge treffen. Ich darf noch einmal aufgreifen, was mein Kollege Hansing soeben gesagt hat, daß auch dies hier kein populäres Gesetz sein wird. Im Gegenteil, wir alle wissen ganz genau, daß wir damit, wie es einmal so schön formuliert worden ist, gegen eine Barriere psychologischer Widerstände in der Bevölkerung werden anlaufen müssen. Am meisten spitzt sich die Beschwörung dieser Barriere meines Erachtens in einem Flugblatt zu, das heute morgen uns allen in das Fach gelegt worden ist. Darin haben einige Pfarrer erklärt, daß sie zum konkreten Ungehorsam gegen diese Gesetze, wozu sie auch das Selbstschutzgesetz zählen, auffordern werden. Wenn ich das alles berücksichtige, dann meine ich wohl, daß wir sehr viel gemeinsam werden tun müssen, um dieses Gesetz auch mit Leben erfüllen zu können. Erlauben Sie deshalb einige grundsätzliche Erläuterungen über den Standpunkt, den wir zu diesem Gesetz einnehmen. Das Gesetz kommt spät, es kommt sehr spät. Darüber ist schon sehr, sehr viel gesagt worden. Ich darf daher nur einen Wunsch an diese Feststellung anknüpfen, nämlich daß nicht noch mehr Zeit vergehen möge, um dieses Gesetz, wenn es verabschiedet ist, auch zur Anwendung bringen zu können, damit es in der Hand der Exekutive auch wirklich zu einem Gesetz wird, mit dem Vorsorge getroffen werden kann. Dieses Gesetz hat zwei Funktionen. Es ist zunächst einmal ganz einfach und lapidar ein Schutzgesetz. Es soll mehr sein, als ein gigantisches Schattenspiel mit Fiktionen, wie es z. B. Herr Weinstein in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung am 8. September 1964 einmal genannt hat, als er die Summe von bisher zu erkennenden Vorsorgemaßnahmen zusammenfaßte. Meine Damen und Herren, wenn in diesem Gesetz nicht mehr zum Ausdruck kommen sollte als eine Fortsetzung dieser Schattenspiele, dann, meine ich, hätte sich die Mühe, die viele Mühe, die in diesem Hause in dieses Gesetz bereits investiert worden ist, nicht gelohnt. ({0}) Allerdings muß man an dieser Stelle auch erkennen, daß bisher in der Öffentlichkeit nicht sehr viel von den die Verantwortung in der Regierung Tragenden getan worden ist, um ein ernsthaftes Gespräch über diese Sache führen zu können. Es scheiterte eine jede solche Auseinandersetzung - das wird jeder bestätigen, der in der Öffentlichkeit Kontakt mit den Menschen hat - an dieser bildhaften Darstellung, die schon zum Inventar jedes Karikaturisten geworden ist, mit den über den Kopf gehaltenen Aktentaschen in jener Broschüre: „Jeder hat eine Chance." Ich glaube nicht zu viel zu sagen, wenn ich erkläre, daß gerade diese Broschüre viele, viele Menschen dazu geführt hat, diesen Slogan anders auszudeuten, nämlich zu sagen: Wenn das die Möglichkeiten sind, die wir haben, dann kann man doch nur sagen: keiner hat eine Chance. Hübner ({1}) Weil das aber nicht so ist, meine ich, müssen wir mit einer fast unterkühlten Nüchternheit an dieses Gesetz herangehen und sehr konsequent, nachdem wir das Notwendige erkannt haben, es auch tun. Es ist ein Gesetz, das sich sehr nüchtern auf Realitäten stützt. Es ist kein Gesetz, das - auch wieder aus dieser Flugschrift, die von einigen Pfarrern hier vorgelegt worden ist - „nur in der Lage wäre" - so wörtlich -, „ein unrealistisches Sicherheitsbewußtsein zu schaffen." Ich glaube, das wäre wirklich zu wenig. Das wäre nicht nur zu wenig, sondern das wäre unverantwortlich; ich glaube, das wäre nicht dem gemäß, was wir uns hier anschicken mit diesem Gesetz unserem Volke zu geben. Während der Beratungen über das Gesetz hat sich ein Wort herausgebildet, das ich hier auch noch einmal beschwören möchte. Es ist gesagt worden, daß -dieses Gesetz in erster Linie dem Schutz des Menschen zu dienen habe. Darin kommt deutlich zum Ausdruck, daß der Schutz von Sachen nur als Nebenprodukt - allerdings als ein nicht unangenehmes Nebenprodukt - zu betrachten ist, daß aber hier der Mensch im Mittelpunkt unserer gemeinsamen Bemühungen zu stehen hat. Ich glaube, meine Damen und Herren, in dieser Beschränkung, die wir uns selbst auferlegt haben, liegt zugleich auch die Chance, daß wir glaubhaft werden gegenüber unserem Volke mit diesem Gesetz, das für jeden einzelnen Maßnahmen bringt, die durchaus nicht immer mit Freude begrüßt werden. Parallel zu allen Maßnahmen, die aus diesem Gesetz herkommen werden, wird es notwendig sein, daß eine Aufklärung um jeden Preis - ich meine das wörtlich: eine Aufklärung um jeden Preis - betrieben wird. Denn es ist notwendig, daß dieses Gesetz in das Bewußtsein als ein Gesetz der Vorsorge hineingesenkt wird. Die zweite Funktion dieses Gesetzes neben der Funktion als Schutzgesetz kann man, meine ich, in das Wort kleiden: Selbstschutz in diesem Sinne ist auch Selbstbehauptung, Selbstbehauptung eines Volkes, das in ständiger Bedrohung steht. Oder wenn man es so will: es muß doch auch eine Kehrseite der sogenannten Abschreckungstheorie geben: und diese Kehrseite kann nur sein eine Minderung der Verwundbarkeit eines Volkes. Das heißt, es muß einem möglichen Angreifer von vornherein, soweit es möglich ist, der Appetit genommen werden. Es muß unmöglich werden, mit einem einfachen Schlage eine Verwundbarkeit eines solchen Volkes in seiner Substanz herbeizuführen. Was ich damit meine, wird deutlich, wenn ich noch einmal aufgreife, was hier soeben mein Freund Hansing sagte: daß es den Wissenschaftlern bereits gelungen sei, mit sehr, sehr kräftigen, mit fürchterlichen Farben vierzig mögliche Kriegsformen als das moderne Kriegsbild darzustellen. Ich meine, wenn es bereits möglich ist, vierzig Kriegsformen darzustellen, dann muß es uns doch gelingen, wenigstens ein einheitliches Konzept auf die Beine zu bringen, um diesem Schrecken zu begegnen. Wenn aber dieses Gesetz Papier geworden ist, wenn es gedruckt vorliegt, dann werden wir es gemeinsam noch in der Praxis gewinnen müssen. Bei diesem Ringen, um dieses Gesetz auch gewinnen zu können, werden wir, wenn wir es gemeinsam und richtig anfassen, auf 1 384 000 Verbündete zählen können. Das sind jene Selbstschutzpflichtigen, die in diesem Gesetz mit besonderen Aufgaben ausgestattet werden. Diese Zahl kommt aus dem Bundesministerium des Innern, und ich glaube, sie wird deshalb nicht anzuzweifeln sein. Aber ich meine, daß eben diese 1,3 Millionen Menschen, die mit Aufgaben des Selbstschutzes betraut werden, nicht solche sein werden, die - so wieder in dem Rundschreiben der Pfarrer - „nur geeignet sind, eine Fülle von Ämtern und neuen Obrigkeiten zu schaffen." Ich glaube, wir wären schlecht 'beraten, wenn wir diejenigen, die wir zum Mittun aufrufen, schon von vornherein dem Verdacht aussetzten, sie sollten nur eine verbreiterte Plattform einer Obrigkeit darstellen. ({2}) Meine Damen und Herren, erlauben Sie mir wenige Bemerkungen, mit denen ich die Kernpunkte dieses Gesetzes beleuchten möchte, um darzustellen, warum wir Sozialdemokraten mit diesem Gesetz arbeiten wollen, warum wir zu diesem Gesetz ja sagen. Um es deutlich zu machen, darf ich den gesamten Gesetzesumfang vielleicht in vier Problemkreise einteilen. Einmal sind die Verantwortlichkeiten in diesem Gesetz sehr deutlich dargestellt. Sodann sind auch die Maßnahmen, die zu treffen sind, sehr unmißverständlich formuliert, und es ist die Verteilung der Kosten, die diese Maßnahmen nach sich ziehen, in diesem Gesetz ebenfalls ohne Mißdeutung nachgewiesen. Weiterhin ist es gelungen, in diesem Gesetz auch Rechtssicherheit in weitestem Umfange für die von diesem Gesetz Betroffenen zu schaffen. Schließlich - nicht letztens - ist dieses Gesetz auch modern, weil es an den Stellen, wo das überhaupt nur möglich war, von einem echten demokratischen Geist erfüllt worden ist. Lassen Sie mich zunächst zu den Verantwortlichkeiten gebündelt nur kurz folgendes sagen. Dort, wo in § 1 die Selbstschutzpflichtigen genannt werden, hat man es nicht dabei bewenden lassen, diese Aufzählung vorzunehmen, sondern man hat im Innenausschuß einen neuen Abs. 3 hinzugefügt, in dem der Regierung, den Behörden, zugleich aufgegeben wird, eine ständige Aufklärung dieser Selbstschutzpflichtigen und darüber hinaus der gesamten Bevölkerung zu betreiben, eine Aufklärung über die Waffenwirkungen und über die Schutzmöglichkeiten gegen die möglichen Waffenwirkungen. Weiter ist zu begrüßen, daß in § 14 sehr klar dargestellt worden ist, daß die Leiter des Selbstschutzes immer die Hauptverwaltungsbeamten der Gemeinden sein werden. Wir betrachten gerade diese Mitwirkung auf der kommunalen Ebene als eine Voraussetzung dafür, daß dieses Gesetz auch wirklich zu Leben erweckt werden kann. Es ist, glaube ich, eine glückliche Verbindung, daß dann später in § 43 auch der Bundesverband für den Selbstschutz, bisher bekannt als Bundesluftschutzverband, herangezogen wird, um den Hauptgemeindebeamten beim Aufbau zur Hand zu gehen und sie auch später bei dem weiteren Aufbau des Selbstschutzes zu unterstützen. Diese VerklammeHübner ({3}) rung der Mitwirkung des Bundesverbandes für den Selbstschutz mit der Arbeit der Hauptgemeindebeamten verspricht, glaube ich, daß auch auf diesem Gebiet eine Entwicklung stattfindet, daß dieses Gesetz nicht nur ein toter Rahmen sein wird, sondern daß es mit lebendigem Inhalt erfüllt werden kann. Schließlich erweitert sich die Mitwirkung des Bundesverbandes für den Selbstschutz auch auf die Mitarbeit im Betriebsselbstschutz, wo ebenfalls die reichen Erfahrungen dieses Verbandes herangezogen werden können. Es ist deshalb zu begrüßen, daß in diesem Gesetz eine Neufassung des § 31 des ersten Gesetzes über Maßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung vom 9. Oktober 1957 erfolgt ist, die uns den reichen Erfahrungsschatz des Bundesluftschutzverbandes, also des jetzigen Bundesverbandes für den Selbstschutz, aktivieren läßt. Weiterhin ist vorgesehen, daß die Mitglieder dieses Verbandes Bund, Länder und kommunale Spitzenverbände sein werden, so daß die Entwicklung innerhalb dieses Verbandes als aus einem Guß angesehen werden kann. Ich glaube, es ist in dieser Stunde nicht verfehlt, wenn wir die Gelegenheit wahrnehmen, den Männern, die bisher in dem Bundesverband für den Selbstschutz, manchmal in der Stille, manchmal gar verschämt still, tätig geworden sind, dafür unseren Dank auszusprechen, daß sie uns heute eine Möglichkeit bieten, auf ihren Erfahrungen weiterzubauen. ({4}) Meine Damen und Herren, ich werde bereits gemahnt, mich kurz zu fassen. Ich will dem gern nachkommen. ({5})

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Von mir sind Sie nicht gemahnt worden, Herr Abgeordneter.

Klaus Hübner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000974, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich bin Ihnen sehr dankbar dafür. Aber ich wäre auch sehr froh, wenn Sie, meine Damen und Herren, mir nur ein Quentchen der Geduld entgegenbrächten, die wir heute schon den ganzen Tag mit der Regierung gehabt haben. ({0}) Lassen Sie mich zu den Maßnahmen und den daraus folgenden Kosten nur wenige Sätze sagen. Wir haben in dieses Gesetz eine Frist hineinbringen können und vorgesehen, daß die notwendigen Ausrüstungsgegenstände, die Anschaffung der Notvorräte und auch die Gegenstände zu dem Gebäudeschutz über einen Zeitraum von vier Jahren hin angeschafft werden können. Ich möchte um eines bitten - und hier richtet sich die Bitte unmittelbar an den Herrn Innenminister -, daß er im Zuge seiner Aufklärungsarbeit dafür sorgt, daß diese Frist von vier Jahren nicht etwa nachher wieder zu einer Härtegrenze führt, sondern daß das wirklich ein Zeitraum wird, den der einzelne nutzt, um seine Kosten gleichmäßig verteilen zu können. Meine Damen und Herren, bei aller Eile, die geboten ist, darf ich dennoch an einem Punkt nicht vorbeigehen, der uns sehr gewichtig zu sein scheint. Was die demokratische Durchdringung dieses Bereichs betrifft, der ja wirklich harte Maßnahmen für den einzelnen mit sich bringt, glauben wir, daß gerade in diesem Punkt der Teufel durchaus im Detail stecken kann. Es ist immer eine sehr umstrittene Sache, wenn man Freiheiten dadurch erhalten will, daß man sie an anderer Stelle zu dosieren versucht. Man gerät leicht in die Gefahr, daß man einen Fisch aus dem Wasser zieht, um ihn vor dem Ertrinken zu retten. ({1}) - Gnädige Frau, das habe ich nicht getan, weil ich noch nicht die Ehre hatte, in diesem Ausschuß mitwirken zu können. Aber ich bin sicher, wenn es mir eingefallen wäre, hätte ich es dort zur rechten Zeit gesagt. Wir freuen uns also - das darf ich hier wieder aufnehmen -, daß z. B. nach § 17 der Selbstschutzwart nicht einfach bestimmt oder bestellt wird, sondern auf Vorschlag der Hausgemeinschaft bestellt wird, also auch hier eine Form der demokratischen Auswahl, die gerade an dieser Stelle uns unbedingt notwendig zu sein scheint. Dies dehnt sich weiterhin darauf aus, daß im Rahmen des Betriebsselbstschutzes sowohl der Betriebsrat in der gewerblichen Wirtschaft als auch der Personalrat im öffentlichen Bereich weitgehend mitwirken sowohl an der Aufstellung und am Aufbau des Betriebsselbstschutzes als auch an der ständigen Aufgabenerfüllung des dann bestehenden Betriebsselbstschutzes. Wir haben außerdem begrüßt und wir haben auch darauf hingewirkt, daß bei der Befreiung von Personen von den Maßnahmen dieses Gesetzes auf jeden Fall Geistliche ausgenommen werden. Das haben vielleicht insbesondere die Herren nicht gelesen, die uns heute Flugblätter gesandt haben. Wir meinen nämlich, wenn materielle Schäden zu befürchten sind, die wir uns anschicken aufzuräumen oder fernzuhalten, dann bleibt genügend Spielraum für diejenigen offen, die für die Seelen der in Not Geratenen zu sorgen haben. Außerdem sind Mütter von der Teilnahme am Selbstschutz befreit. Im übrigen erstreckt sich der Personenkreis auf den Bereich von 16 bis 65 Jahre, wobei darüber hinaus und darunter allerdings der Freiwilligkeit keine Grenzen gesetzt sind. Darf ich als letztes darauf verweisen, daß wir der Entschließung, die der Innenausschuß vorgezeichnet hat, sehr freudig zustimmen werden, weil diese Entschließung noch einmal beschwört, daß die Hauptgemeindebeamten ihre Arbeit gestützt auf die breiteste Mitwirkung der Bürgerschaft in die Hand nehmen sollen. Wir versprechen uns davon, daß der Geist dieses Gesetzes an die Bevölkerung weitergegeben werden kann, für die dieses Gesetz gemacht ist. Unser Wunsch ist, daß eine künftige Bun9758 Hübner ({2}) desregierung dieses Gesetz richtig handhaben möge. Wir hoffen weiterhin, daß soviel guter Wille, der diesem Gesetz mit auf den Weg gegeben wird, fruchtbar wird, daß dieses Gesetz mit dem gleichen guten Willen in der Bevölkerung aufgenommen wird und daß es insbesondere zu der im Gesetz beschworenen Mitarbeit der Bevölkerung kommt. Wenn es gelungen sein sollte, diese Mitarbeit wenigstens im ersten nicht gerade in Frage zu stellen, sondern eine Annäherung an dieses Gesetz zu schaffen, dann soll diese Zeit, die ich Ihnen hier noch gestohlen habe, nicht umsonst gewesen sein. ({3}) Viezpräsident Dr. Dehler: Das Wort hat Frau Abgeordnete Flitz.

Dr. Hedi Flitz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000563, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Das vorliegende Gesetz über den Selbstschutz der Zivilbevölkerung ist ein wichtiger Teilbereich der Notstandsplanung. Er steht in einem besonders engen Zusammenhang mit dem Schutzbaugesetz. § 5 sieht nämlich vor, daß jeder Selbstschutzpflichtige „bei öffentlicher Alarmierung oder bei sonst erkennbarer Gefahr von Waffenwirkungen unverzüglich einen Schutzraum, einen Keller oder einen sonst geeigneten Raum aufsuchen" soll. Als der letzte Krieg mit all seinen Schrecken zu Ende war, glaubte sicherlich niemand mehr, daß er noch einmal in seinem Leben dazu gezwungen würde, sich mit Fragen des Luftschutzes - heute sagen wir: des Zivilschutzes - zu befassen. Inzwischen hat man aber eingesehen, daß militärische und zivile Verteidigung unteilbar sind, daß militärische Maßnahmen durch Zivilschutz- und Selbstschutzmaßnahmen ergänzt werden müssen. Die bisherige unterschiedliche finanzielle Behandlung beider Gebiete ist deshalb um so unverständlicher. Von seiten der Bevölkerung wird oft am Sinn eines Zivilschutzes gezweifelt, sicher sehr wesentlich beeinflußt durch östliche Propaganda. Aber es muß ja nicht immer Krieg sein, der die Helferinnen und Helfer des Selbstschutzes auf den Plan ruft. Ich erinnere an die Gefahren durch entfesselte Naturgewalten, an die Flutkatastrophen in Hamburg und Barcelona, an die Erdbeben überall in der Welt, die eine Überbelastung der ärztlichen Hilfspersonen bedeuten. Katastrophenschutz gewinnt sogar noch an Aktualität in dem Maße, in dem unsere technischzivilisatorische Perfektion zunimmt. Der Ruf nach Menschen, die etwas von der Ersten Hilfe verstehen, wird immer dringender. Aber es ist merkwürdig, jeder erwartet vom Staat, daß dieser für seine soziale Sicherheit sorgt, daß er mit Schulen und Hochschulen die Bildung und das Fortkommen unserer Kinder sicherstellt, daß er mit Hospitälern für die Kranken und mit besseren und mehr Straßen für die Autofahrer sorgt. Wenn aber der Staat jetzt endlich - und das ist wirklich spät genug - für Katatstrophenzeiten sich auch um unser Leben Sorgen macht, dann wehren die Menschen ab. Man sieht Eingriffe in unsere demokratische Lebensordnung. Auch ich möchte Herrn Künneth zitieren, Herr Kollege Erler, aber in einem etwas anderen Sinn, als Sie es vorhin getan haben. Er sagt in seinem Artikel „Politischer Notstand als 'ethische Aufgabe": Ist es nicht eine Illusion, zu glauben, daß ein politischer Notstand im Rahmen eines demokratischen Rechtsstaats ein Fremdkörper ist? Politische Notstände gehören nun einmal wesensmäßig in die Sphäre der Geschichte. Eine staatliche Existenz ist ohne permanente Begegnung mit ungezählten Bedrohungen von außen und von innen gar nicht zu denken. Die ethische Verantwortung aller Politiker hat ,die harten Realitäten im Raum der Weltgeschichte unbedingt ernst zu nehmen. Ein Wort über ,die Öffentlichkeitsarbeit zu diesem Gesetz. Im Gegensatz zu meinem Vorredner bin Ich der Ansicht: wenn irgendwo der erhobene Vorwurf, daß ,die Öffentlichkeit zu wenig über die Notstandsgesetzgebung informiert worden sei, nicht zutrifft, dann sowohl beim Schutzbau- wie beim Selbstschutzgesetz. Im Jahre 1961 ist im Auftrage des Bundesinnenministeriums die schon vorhin 'zitierte Broschüre „Jeder hat eine Chance" verteilt worden. Wir wissen, daß sie bekrittelt wurde und daß sie monatelang für Journalisten und Kabarettisten ein dankbares 'Objekt gewesen ist. Sie wurde von der Bevölkerung wegen der Tendenz der Verharmlosung einfach abgelehnt. Aber man sollte nicht in alten Sünden rühren. Die „Aktentasche" ist letzten Endes einer ¡amerikanischen Publikation entnommen. Das Bundesinnenministerium hat für weitere Veröffentlichungen in Zusammenarbeit mit dem Bundesselbstschutzverband zu dem Thema des Selbstschutzes Millionen ausgegeben. Ich .denke an Schriften wie „Jeder hat eine Chance", „Die Selbstschutzfibel" und an 'die Broschüre „Es kommt auf jeden an". Hunderte von 'Referaten und Podiumsgesprächen sind auf Anforderung der verschiedensten Gremien von Herren des Bundesinnenministeriums durchgeführt worden. Bei ihren Besuchen in Bonn bekommen die Kommunalpolitiker zumeist ebenfalls ein entsprechendes Referat. Wie aus dem Bericht zu ersehen ist, haben zwei öffentliche Sitzungen des Innenausschusses stattgefunden. Und schließlich werden in dem sehr instruktiven Aufklärungs-D-Zug dies Bundesselbstschutzverbandes ausführliche Erläuterungen zu den Selbstschutzgesetzen gegeben. Es ist deshalb einfach unverständlich, daß immer wieder unsachliche Angriffe gegen das Parlament und .die Regierung durch bewußt falsche Informationen gerichtet werden. ({0}) Nun nur ganz kurz etwas zu dem Gesetz selbst. Ganz allgemein kann man sagen, daß in dem Gesetz gegenüber dem Entwurf wesentliche Klarstellungen und Verbesserungen enthalten sind. Vor allen Dingen ist die behördliche Eingriffsmöglichkeit in Friedenszeiten auf das geringstmögliche Maß eingeschränkt worden. Auch der Vorrang des Menschenschutzes vor dem Sachschutz ist ganz stark herausgearbeitet worden. Das Gesetz soll wirklich dem Menschen dienen. Frau Dr. Flitz ({1}) Zur Kostenfrage: Die Durchschnittskosten für die Beschaffung nach dem Selbstschutzgesetz sollen sich auf 79 DM pro Kopf der Bevölkerung belaufen. Wo sie das zumutbare Maß übersteigen, ist die Übernahme der Kosten durch Staat oder Gemeinde auf dem Wege über Sonderregelungen für Minderbemittelte und Sozialhilfeempfänger vorgesehen. In diesem Zusammenhang sei an eine Empfehlung der Beratenden Versammlung der Westeuropäischen Union vom 24. Juni 1964 und die Empfehlung des Innenausschusses an das Plenum erinnert, die Bundesregierung zu bitten, sich dafür einzusetzen, daß die Kosten für die Zivilverteidigung in den einzelnen Mitgliedstaaten auf den nationalen Verteidigungsbeitrag angerechnet werden. Der V. Abschnitt des Selbstschutzgesetzes befaßt sich ausführlich mit den Aufgaben des Bundesverbandes für den Selbstschutz, früher Bundesluftschutzverband. Mir erscheint es richtig, an dieser Stelle wenigstens einige Sätze über diesen Verband und seine Arbeit zu sagen. 1951, als Verein auf Initiative einiger Bürger gegründet, betraute ihn die Bundesregierung im ersten Gesetz für den zivilen Bevölkerungsschutz mit dem Auftrag, die Bevölkerung aufzuklären und mit Selbstschutzmaßnahmen bekannt zu machen. Es ist das Verdienst des Bundesselbstschutzverbandes, als einzige Organisation die Öffentlichkeit seit zehn Jahren über die Notwendigkeit einer zivilen Verteidigung aufgeklärt zu haben. In mühseliger Arbeit und oft auch noch belächelt und befehdet ist es seinen Helfern und Helferinnen gelungen, Unpopuläres populär zu machen. Wir sind ihnen dafür Dank schuldig. Unter dem Motto „Helfen will gelernt sein" haben sich bisher etwa 3 Millionen Menschen freiwillig durch den Bundesselbstschutzverband im Selbstschutz ausbilden lassen, darunter eine Million Jugendliche. Bei dem von 15 000 Helfern und Helferinen besuchten „Helfertag" in Hamburg im Mai 1964, in der Stadt, wo der Selbstschutz in dem Ernstfall der Flutkatastrophe seine große Bewährung ablegte, hat der Bundeskanzler in seiner Ansprache Worte der hohen Anerkennung und des Dankes gefunden. Die 300 000 Helfer des Bundesluftschutzverbandes, so sagte er, beweisen, daß es auch bei der so oft zitierten materiellen Einstellung der heutigen Zeit durchaus Menschen gibt, die bereit sind, nicht nur über Gemeinschaftsgeist zu reden, sondern auch persönliche Lasten und Opfer auf sich zu nehmen. Auf den Bundesselbstschutzverband werden umfangreiche Aufgaben zukommen, wenn das Selbstschutzgesetz verabschiedet sein wird. Zur Erfüllung dieser Aufgaben werden entgegen der bisher bedauerlicherweise geübten Technik der Haushaltskürzung die notwendigen Mittel zur Verfügung gestellt werden müssen. Sparsamkeit bedeutet hier nichts anderes als Einschränkung der Arbeitsmöglichkeit. Das Gesetz über den Selbstschutz der Bevölkerung ist nur ein legislativer Auftrag an die Staatsführung und die von dieser beauftragten Institutionen. Für jeden einzelnen Bürger wird nun aber eine innerliche Auseinandersetzung mit dem Fragenkomplex notwendig werden. Niemand kann, so friedlich wir alle gesonnen sein mögen, für alle Zukunft die Möglichkeit eines bewaffneten Konflikts mit letzter Sicherheit ausschließen. Auch das Atomteststoppabkommen bedeutet noch nicht das Ende aller Gefahr, bedeutet noch nicht einmal das Ende des Wettrüstens. Den Zweiflern sei aber immer wieder gesagt: Zivilschutz ist keine Kriegsvorbereitung. Ich will in diesem Zusammenhang nicht das Beispiel der so oft zitierten Feuerwehr strapazieren. Aber auch der Sicherheitsgurt im Auto wird ja nicht angelegt, um einen Verkehrsunfall herbeizuführen. Der Selbstschutz ist die tragende Säule, der Grundstock aller Maßnahmen, die überhaupt zum Schutz der Zivilbevölkerung getroffen werden. Der Selbstschutz ist keine Organisation. Er verkörpert die Masse der Menschen in ihren Einzelbereichen, - etwas poetischer ausgedrückt: er ist eine Kette helfender Hände in der Familie, im Haus und am Arbeitsplatz. Ein wohldurchdachter Zivilschutz stärkt indirekt aber auch die moralische Kampfkraft der Soldaten, wenn diese nämlich wissen, daß auch zu Hause etwas zum Schutz ihrer Angehörigen geschieht. Es erscheint mir nicht nötig, eine besondere Bitte um Mitarbeit an die Frauen zu richten. Heute muten uns Bestimmungen in den Feuerbüchern und Brandverordnungen einzelner mittelalterlicher Städte, die Frauen verboten, an Brandstellen zu erscheinen, damit keine Panik entstünde, geradezu kurios an nach der Haltung und den Leistungen unserer Frauen in den Feuernächten des zweiten Weltkrieges, auch bei der Flutkatastrophe in Hamburg. Es ist erfreulich, zu wissen, daß Tausende von Frauen und Mädchen bereits im Bundesselbstschutzverband mitarbeiten. Freiwilligkeit muß auch in Zukunft im Vordergrund stehen. Aber es ist wichtig für die Arbeit des Bundesselbstschutzverbandes, daß nunmehr mit der Verabschiedung dieses Selbstschutzgesetzes ein Votum des Parlaments seine Arbeit erleichtert. Dieser Verband ist es ja letztlich, der aus sogenannten Selbstschutzpflichtigen überzeugte Selbstschutzwillige machen muß. Immer aber bleibt am wichtigsten, daß die verantwortlichen Politiker alles tun und nichts unterlassen, um die Katastrophen zu verhindern, für die wir in den uns vorliegenden Gesetzen Vorsorge treffen wollen. Die Fraktion der Freien Demokraten wird dem Gesetz ihre Zustimmung geben und freut sich, daß in diesem Hause Einstimmigkeit herrscht. ({2})

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Zimmer.

Dr. Alois Zimmer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002595, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Hinblick auf die Geschäftslage erlaube ich mir, meine beabsichtigten Darlegungen zu Protokoll zu geben *). ({0}) *) Siehe Anlage 8

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Ich danke Herrn Kollegen Zimmer. Ich möchte nicht versäumen, Herrn Kollegen Hübner ({0}) zu seiner Jungfernrede meinen Glückwunsch auszusprechen. Es ist ein Änderungsantrag der SPD-Fraktion eingegangen. ({1}) - Bitte, Herr Abgeordneter Schmitt-Vockenhausen!

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002033, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident, wir bemühen uns, uns interfraktionell in der Frage, die in dem Änderungsantrag behandelt wird, zu verständigen. Wäre es nicht möglich, daß inzwischen das Gesetz über das Zivilschutzkorps aufgerufen wird, zu dem praktisch keine Änderungsanträge vorliegen? Wir könnten auf diese Weise in der Tagesordnung fortfahren.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Wir kommen dadurch etwas durcheinander. Sie wollen die beschlossene Zahl „60" in § 53 Abs. 3 ersetzt haben?

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002033, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Wir haben einen Änderungsantrag zur dritten Beratung gestellt. Wenn es möglich wäre, sich interfraktionell zu verständigen, wäre uns das im Hinblick auf die gemeinsame Arbeit der Ausschüsse angenehmer, als wenn wir hier in der dritten Beratung noch eine Auseinandersetzung über diese Frage führen müßten. Ich wäre sehr dankbar, wenn inzwischen das Gesetz über das Zivilschutzkorps in zweiter Beratung aufgerufen würde. Wir bemühen uns noch, hier eine Verständigung zwischen den Fraktionen zu erreichen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Bestehen Bedenken, daß wir hier die Beratung unterbrechen?

Heinrich Windelen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002525, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es wird leider nicht möglich sein, so zu verfahren, wie Herr Kollege SchmittVockenhausen vorgeschlagen hat. Der beabsichtigte Kompromiß hätte notwendigerweise eine Mehrbelastung des Haushalts zur Folge. Die Vorlage müßte dann zwingend nach § 96 der Geschäftsordnung erneut an den Haushaltsausschuß zurückverwiesen werden. Der Haushaltsausschuß hat soeben seine Tätigkeit beendet. Es könnte also heute nicht mehr abgestimmt werden. Daher ist es nicht möglich, so zu verfahren. ({0})

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Herr Abgeordneter Schmitt-Vockenhausen!

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002033, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gerade bei diesem Problem haben wir im Innenausschuß sehr sorgfältige Berechnungen angestellt. Die im Selbstschutzgesetz vorgesehenen Anschaffungsmaßnahmen betreffen nicht zuletzt den Personenkreis der unteren Rentenempfänger. Wenn man diese Personen, die sich in einer besonders schweren Lage befinden, nicht schädigen will, sollte man nicht so verfahren. Hier werden in diesen Wochen viele Gesetze mit hohen Ausgaben verabschiedet. Was haben Sie nicht alles vorgesehen! Ich denke nur an die Anstrengungen des Kollegen Struve. Was der hier in diesem Hause kurbelt! Und da wollen Sie heute abend bei diesen Leuten das übers Knie brechen?! Ich würde das sehr bedauern.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Wir müssen uns darüber schlüssig werden. Es liegt ein Antrag auf Unterbrechung zum Zweck einer interfraktionellen Besprechung vor. ({0}) - Abgelehnt. Dann stellen Sie Ihren Sachantrag? ({1}) Zur Begründung hat das Wort der Herr Abgeordnete Könen ({2}).

Willy Könen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001156, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich freue mich, daß der Antrag in der zweiten Lesung zum Nachdenken veranlaßt hat. Sie wissen - wir haben uns soeben hier vorn darüber unterhalten -, daß wir versuchten, die Ausschußvorlage wiederherzustellen und auf 80 zu gehen. Sie haben gesagt: 60. Dahinter steht der Haushaltsausschuß. Wir wissen das. Nun ist es zu einer Kompromißformel gekommen - und das besagt unser Antrag -, diese Zahl 60 aus der zweiten Lesung durch die Zahl 70 zu ersetzen. Ich brauche den Antrag nicht mehr zu begründen und bitte Sie recht herzlich, ihm zuzustimmen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Können wir darüber abstimmen? - Herr Abgeordneter Rasner!

Will Rasner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001777, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich schlage Ihnen vor, daß wir die abschließende Lesung dieses Gesetzes gleich zu Beginn der nächsten Woche durchführen. Wir wollen über die Kompromißmöglichkeiten zusammen mit dem Haushaltsausschuß noch einmal beraten. ({0})

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Dann ist also beschlossen, daß die Beratung unterbrochen und in der nächsten Woche fortgesetzt wird. Wir kehren zurück zu Punkt 6 der Tagesordnung, dem Schutzbaugesetz. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Windelen zur Erstattung des Berichts des Haushaltsausschusses.

Heinrich Windelen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002525, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Haushaltsausschuß hat sich nach der Rückverweisung des Schutzbaugesetzes auf Grund der Annahme des Änderungsantrags auf Umdruck 695 erneut mit der Vorlage beschäftigt. Er ist zu dem Ergebnis gekommen, daß durch die Änderung im Jahre 1965 keine Mehrbelastungen eintreten werden und daß die Mehrbelastungen in den kommenden Haushaltsjahren mit der Haushaltslage vereinbar sind. Die schriftliche Fassung dieses mündlich erstatteten Berichts wird nachgereicht werden.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Ich danke dem Herrn Berichterstatter. - Das Wort hat der Herr Abgeordnete Rasner.

Will Rasner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001777, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da die sozialdemokratische Fraktion der dritten Beratung widersprochen hat und die Geschäftsordnung ganz eindeutig auf ihrer Seite ist, schlage ich vor, daß wir die dritte Lesung dieses Gesetzes in der nächsten Woche durchführen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Ich habe nicht gehört, daß der dritten Beratung widersprochen worden ist. ({0}) - Das ist nicht zu mir gedrungen. ({1}) Das Haus ist also damit einverstanden, daß die dritte Beratung in der nächsten Woche erfolgen wird. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 8 auf: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über das Zivilschutzkorps und über den Zivilschutzdienst ({2}) ; a) Bericht des Haushaltsausschusses ({3}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung ({4}), b) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Inneres ({5}) ({6}). ({7}) Es liegen vor der Bericht des Haushaltsausschusses, erstattet durch den Abgeordneten Mengelkamp und der Bericht des Ausschusses für Inneres, erstattet durch den Abgeordneten Lautenschlager. Der Abgeordnete Lautenschlager hat zur Ergänzung das Wort.

Hans Lautenschlager (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001297, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In Anbetracht der Geschäftslage werde ich mich sehr kurz fassen. Aber sehr viel von dem, was draußen in der Öffentlichkeit über das Zivilschutzkorps bekannt ist, beruht auf Mißverständnis und Unklarheiten. Es ist daher notwendig, einiges dazu zu sagen und an dieser Stelle wenigstens einige Striche über die Organisation des Zivilschutzkorps, seinen Zweck und seine rechtliche Stellung, seine personelle Zusammensetzung und die Vorstellungen von seinem Einsatz zu zeichnen, wenn der Bundestag den entscheidenden Gesetzesbeschluß faßt. Meine Damen und Herren, der Entwurf sieht vor, daß in Zukunft wehrpflichtige junge Männer nicht nur zur Bundeswehr, sondern auch zu ¡der humanitären und waffenlosen Organisation „Zivilschutzkorps" herangezogen werden können. Ihre Rechtsstellung ist grundsätzlich der des dienstpflichtigen. Soldaten angeglichen, insbesondere was die Besoldung, Unterhaltssicherung und die Versorgung angeht. Die Angehörigen des Zivilschutzkorps werden jedoch nicht militärische Kenntnisse erhalten. Ihnen werden vielmehr ¡die Fertigkeiten vermittelt werden, die ihre besondere Aufgabenstellung erfordert. Sie werden je nach ihrer besonderen Verwendung für den Brandschutz und für ¡den Bergungsdienst, für den Sanitätsdienst, für den ABC-Dienst ausgebildet. Nach der Grundausbildung, die dem Grundwehrdienst entspricht, aber nach dem Vorschlag des Ausschusses nicht 18, sondern nur 4 Monatedauern soll, werden sie zu Ersatzeinheiten in der Nähe ihres Wohnorts zusammengefaßt. Mit diesen Einheiten werden sie üben, aber auch zum Einsatz kommen. Um rasch die Einsatzbereitschaft herstellen zu können, werden die Angehörigen des Zivilschutzkorps ihre persönliche Ausrüstung in ihrer 'Wohnung aufbewahren. In Anlehnung an die völkerrechtlichen Vorschriften wird ausdrücklich bestimmt, daß das Zivilschutzkorps eine nichtmilitärische Organisation zur Sicherung der Lebensbedingungen der Zivilbevölkerung ist und daß seine Angehörigen Zivilpersonen in völkerrechtlichem Sinne sind. Damit soll besonders der Schutz, den das Völkerrecht für Sanitätsorganisationen vorsieht, auch für diese Einrichtungen erreicht werden. Das gelegentlich an die Öffentlichkeit gebrachte Schlagwort, das Zivilschutzkorps sei ein paramilitärischer Verband, ist also aus der Luft gegriffen und muß als reine üble Verkennung der mit dem Gesetz verbundenen Absichten bezeichnet werden. Ich darf in diesem Zusammenhang ganz besonders auf § 1 a des ¡Gesetzentwurfs aufmerksam machen. Aus der Zuständigkeit dier Länder zur Aufstellung und zur Unterhaltung dies Zivilschutzkorps folgt auch ihre Zuständigkeit zum Einsatz seiner Einheiten. Der Bundesinnenminister hat jedoch für besondere Fälle Weisungsrecht. Im Gegensatz zum Regierungsentwurf, der den nicht verabschiedeten Entwurf eines Zivildienstgesetzes zur Grundlage der Heranziehung der Dienstpflichtigen gemacht hat, stützt sich die Ausschußfassung insoweit auf das Wehrpflichtgesetz. Dabei werden die Wehrersatzbehörden mit der Aufgabe der Heranziehung und Meldeüberwachung der Dienstpflichtigen betraut. Diese Regelung dient im besonderem Maße der so notwendigen Verwaltungsvereinfachung. Außer den bereits dargestellten Wirkungen hat das Gesetz über das Zivilschutzkorps noch die durchaus erwünschte Nebenwirkung, daß es mehr Gerechtigkeit bewirkt. Von mehreren Geburtsjahrgängen sind nämlich nicht alle tauglichen Wehrpflichtigen herangezogen worden, so daß die Belastung durch die Dienstpflicht ungleichmäßig verteilt war. Der Gesetzentwurf bringt wenigstens einen gewissen Ausgleich. Zusammenfassend kann ich wohl sagen, daß mit diesem Gesetzentwurf eine bedeutsame Entwicklung zum Schutz der Zivilbevölkerung eingeleitet wird. Wenn auch das Zivilschutzkorps in erster Linie für ,den Verteidigungsfall bestimmt ist, wird es sich auch in besonderen Notzeiten, wie wir sie ja gerade jetzt bei der Hochwasserkatastrophe wieder erlebten, mit bewähren. Im übrigen darf ich auf meine Ausführungen im Schnifitlchen. Bericht verweisen. Abschließend darf ich Sie bitten, im Interesse unserer Zivilbevölkerung, die ein Recht auf einen möglichst weitgehenden Schutz ihres Lebens hat, diesem Gesetzentwurf in der Ausschußfassung und dem auf Umdruck 662 *) vorgelegten Antrag auf Einfügung einer Stadtstaatenklausel in Form des neuen § 40, der eine notwendige Ergänzung im Hinblick auf das besondere Gefüge der beiden Stadtstaaten Bremen und Hamburg darstellt, zuzustimmen. ({0})

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Wir treten in die Einzelberatung ein. Ich rufe auf die §§ 1 bis 39. Wer zustimmt, gebe bitte Zeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Mit Mehrheit angenommen. Ich rufe den Antrag der Abgeordneten SchmittVockenhausen und Dr. Even auf Umdruck 662 auf, hinter § 39 einen § 40 einzufügen. Wer dem Antrag zustimmen will, gebe Zeichen. - Gegenprobe! - Der Antrag ist angenommen. Ich rufe die §§ 41 bis 45, Einleitung und Überschrift auf. Wer zustimmt, gebe bitte Zeichen. - Gegenprobe! - Mit großer Mehrheit angenommen. Ich eröffne die dritte Beratung. Das Wort wird nicht mehr gewünscht. Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz in dieser Fassung zustimmt, erhebe sich. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Gesetz ist mit Mehrheit angenommen. Das Erkennungsmarkengesetz - Tagesordnungspunkt 9 - kann nicht behandelt werden, weil der Bericht des Haushaltsausschusses nicht vorliegt. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 10 auf: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Sicherstellung von Leistungen auf dem Gebiet der Wasserwirtschaft für Zwecke der Verteidigung ({0}) ({1}); a) Bericht des Haushaltsausschusses ({2}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung ({3}) ; b) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Atomkernenergie und Wasserwirtschaft ({4}) Siehe Anlage 9 Ausschuß) ({5}). ({6}) Es liegen vor der Bericht des Haushaltsausschusses, erstattet durch den Abgeordneten Windelen, und der Bericht des Ausschusses für Atomkernenergie und Wasserwirtschaft, erstattet durch die Abgeordneten Könen ({7}) und Rauhaus. Wird eine Ergänzung gewünscht? - Nein. Ich darf den Berichterstattern danken. Wir kommen zur Einzelberatung. Ich rufe die §§ 1 bis 34, Einleitung und Überschrift auf. Wer zustimmt, gebe bitte Zeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Es tut mir in der Seele weh, wenn ich die treuesten Freunde des Ausschusses für Atomkernenergie und Wasserwirtschaft mit ihrer Zurückhaltung sehe. Bei einigen Enthaltungen angenommen. ({8}) Ich eröffne die dritte Beratung. Wer dem Gesetz in der vorliegenden Fassung zustimmt, erhebe sich. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Gesetz ist mit großer Mehrheit angenommen. Ich rufe Tagesordnungspunkt 11 auf, aber nur die zweite Beratung: Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Sicherstellung von Leistungen auf dem Gebiet der gewerblichen Wirtschaft sowie des Geld- und Kapitalverkehrs ({9}) ({10}) ; a) Bericht des Haushaltsausschusses ({11}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung ({12}) ; b) Schriftlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses ({13}) ({14}). ({15}) Es liegen vor der Bericht des Haushaltsausschusses, erstattet durch den Abgeordneten Windelen, und der Schriftliche Bericht des Wirtschaftsausschusses, erstattet durch den Abgeordneten Dr. Steinmetz. Wird eine Ergänzung gewünscht? - Herr Abgeordneter Dr. Schäfer, Sie wollen in der Aussprache sprechen? - Ich eröffne dann die Aussprache. Herr Abgeordneter Dr. Schäfer hat das Wort.

Dr. Friedrich Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001930, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident, ich bitte um die Genehmigung, gleichzeitig auch zu den beiden nächsten Tagesordnungspunkten zu sprechen. ({0})

Dr. Friedrich Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001930, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir hatten gestern den anderen Fraktionen einen Vorschlag gemacht, die verfassungsrechtlichen Fragen der drei Sicherstellungsgesetze so zu regeln, daß sie auch bei Nichtverabschiedung der Grundgesetzänderung geklärt wären. Die anderen Fraktionen sind darauf nicht eingegangen. Wir können deshalb diesen drei Gesetzen in der zweiten Lesung nicht zustimmen.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Wir treten in die Einzelberatung der zweiten Lesung ein. Ich rufe die §§ 1 bis 33, die Einleitung und die Überschrift auf. Wer zustimmt, gebe bitte Zeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Gegen die Stimmen der SPD und gegen einige Stimmen auf der rechten Seite angenommen. Ich schließe die zweite Beratung. Die dritte Beratung - das gilt auch für die beiden nächsten Tagesordnungspunkte - wird morgen früh nach der Fragestunde stattfinden. Ich rufe Punkt 12 der Tagesordnung auf: Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Sicherstellung der Versorgung mit Erzeugnissen der Ernährungs- und Landwirtschaft sowie der Forst- und Holzwirtschaft ({0}) ({1}) ; a) Bericht des Haushaltsausschusses ({2}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung ({3}) ; b) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({4}) ({5}). ({6}) Der Bericht des Haushaltsausschusses ist von dem Abgeordneten Windelen erstattet. Der Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten von dem Abgeordneten Dr. Pflaumbaum. Wird eine Ergänzung der Berichte gewünscht? ({7}) Wir treten in die Einzelberatung ein. Ich rufe die §§ 1 bis 32, die Einleitung und die Überschrift auf. Wer zustimmt, gebe bitte ein Zeichen. - Gegenprobe! - Gegen die Stimmen der SPD und eine Stimme auf der rechten Seite angenommen. Die dritte Beratung findet morgen statt. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 13 auf: Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherstellung des Verkehrs ({8}) ({9}) ; a) Bericht des Haushaltsausschusses ({10}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung ({11}) ; b) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen ({12}). ({13}) Es liegen der Bericht des Haushaltsausschusses, erstattet von dem Herrn Abgeordneten Windelen, und der Bericht des Ausschusses für Verkehr, Post-und Fernmeldewesen, erstattet von dem Herrn Abgeordneten Müller ({14}), vor. Herr Abgeordneter Müller ({15}) gibt eine Druckfehlerberichtigung bekannt. § 1 Abs. 2 Nr. 3 muß lauten: 3. Verkehrsanlagen und -einrichtungen auch Umschlags- und Speditionsanlagen und Einrichtungen sowie Anlagen und Einrichtungen von Unternehmen der Lagerei, soweit sie dem Verkehr dienen. Wir treten in die Einzelberatung ein. Ich rufe die §§ 1 bis 42, die Einleitung und die 'Überschrift auf. Wer zustimmt, gebe bitte Zeichen. - Gegenprobe! - Gegen die Stimmen der SPD und zwei Stimmen der FDP angenommen. Damit sind wir am Ende der heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung auf morgen, Freitag, den 25. Juni, 9 Uhr, ein. Die Sitzung ist geschlossen.