Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 5/21/1965

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Die Sitzung ist eröffnet. Meine Damen und Herren, vor Eintritt in die Tagesordnung habe ich amtliche Mitteilungen zu machen. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll die heutige Tagesordnung um folgende Punkte erweitert werden. Beratung des Schriftlichen Berichts des Außenhandelsausschusses über die von der Bundesregierung beschlossene Vierundzwanzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1965 ({0}) ({1}) ; Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft nach Durchschnittssätzen ({2}) ({3}) ; Erste Beratung des von den Abgeordneten Ritzel, Dr. Dittrich, Dürr und den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Wahlprüfungsgesetzes ({4}). - Widerspruch erfolgt nicht. Die Punkte sind auf die Tagesordnung gesetzt. Es ist dann nur noch die Frage zu erörtern, wann sie behandelt werden. Ich schlage vor, daß das im Anschluß an die Fragestunde geschieht. ({5}) - Machen wir es im Anschluß an die Fragestunde! Zu den in der Fragestunde der 185. Sitzung des Deutschen Bundestages am 20. Mai 1965 gestellten Fragen des Abgeordneten Seibert Nr. VIII/3 und VIII/4 ist inzwischen die schriftliche Antwort des Bundesministers Schmücker vom 20. Mai 1965 eingegangen. Sie lautet: Zu Frage VIII/3: Es ist richtig, daß ich nach vielen Vorgesprächen mit allen Kreisen des Handels, die z. T. Von mir selbst, z. T. von den zuständigen Abteilungen meines Hauses geführt wurden, am 8. April 1965 eine Aussprache mit Vertretern der Großunternehmen des Einzelhandels hatte. Zweck der Aussprache war, den Großbetrieben die Gelegenheit zu geben, die Verhältnisse aus ihrer Sicht zu beleuchten, nachdem ich die Darstellung, wie sie mir aus Kreisen des mittelständischen Handels zugegangen war, vorgetragen hatte. In dieser Ausprache habe ich mit Befriedigung Erklärungen der Vertreter der Großunternehmen zur Kenntnis genommen, daß sie bei ihren Expansionsüberlegungen auf die wirtschaftlichen, soziologischen und politischen Gegebenheiten Rücksicht nehmen wollen. Dieses Verhalten der Großbetriebe eröffnet weitere Möglichkeiten, um die Grundlagen des Wettbewerbs im Einzelhandel zu verbessern. Zu Frage VIII/4: Wenn die Großbetriebe sich bei ihrer Expansion eine gewisse Zurückhaltung auferlegen, so bedeutet dies keineswegs, daß das Warenangebot verteuert oder Verbilligungen verhindert werden. Im Gegenteil könnten dadurch die Möglichkeiten zur innerbetrieblichen Rationalisierung und aktiven Preispolitik verbessert werden. Insgesamt gesehen teile ich also ihre Besorgnisse nicht. Ich rufe Punkt 1 auf: Fragestunde ({6}) . Wir beginnen mit den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für gesamtdeutsche Fragen. Ich rufe die von dem Abgeordneten Fritsch gestellte Frage I/1 auf: Welche Folgerungen gedenkt die Bundesregierung aus den Feststellungen des Bundesministers für gesamtdeutsche Fragen zu ziehen, daß die Förderungsmaßnahmen für das Zonenrandgebiet der Koordinierung und der Verstärkung bedürfen?

Dr. Erich Mende (Minister:in)

Politiker ID: 11001467

Herr Präsident, die beiden Fragen des Kollegen Fritsch hängen miteinander zusammen. Ich darf daher um die Genehmigung bitten, sie gemeinsam zu beantworten.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Bitte sehr. Ich rufe also auch die Frage I/2 auf: Hat der Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen dem Bundeskabinett bereits Vorschläge für eine Verbesserung der Zonenrandhilfe im Sinne seiner wiederholten Darlegungen anlaßlich des Besuches des Bundestagsausschusses für gesamtdeutsche und Berliner Fragen im Zonenrandgebiet unterbreitet?

Dr. Erich Mende (Minister:in)

Politiker ID: 11001467

Nach jeder Zonenrandreise des Bundestagsausschusses für gesamtdeutsche und Berliner Fragen habe ich dem Kabinett berichtet. Das ist mündlich auch hinsichtlich der letzten Reise durch das bayerische Zonenrandgebiet und durch das deutschtschechische Grenzgebiet, die am 7. Mai 1965 abgeschlossen wurde, in der Kabinettssitzung am 12. Mai geschehen. Ich werde dem Kabinett darüber hinaus die bei dieser Reise aufgeworfenen Probleme sowie die gewonnenen Erfahrungen in einem Memorandum unterbreiten. Die von Ihnen, Herr Kollege Fritsch, vorgetragenen Fragen werden dann Gegenstand weiterer Beratungen im Kabinett sein. Das gilt sowohl für die wünschenswerte Verstärkung der Mittel wie auch für die Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Ressorts. Wie schon nach dem vergangenen Zonenrandreisen werden dem Kabinett Vorschläge unterbreitet werden. Ich darf für die Vergangenheit auf folgende Kabinettsbeschlüsse bzw. Beschlüsse des Deutschen Bundestages nach solchen Reisen hinweisen: Erstens auf den Kabinettsbeschluß vom 29. September 1964, durch den die Mittel zur wirtschaftlichen Förderung der Zonenrandgebiete im Rahmen des regionalen Förderungsprogramms für 1965 um 30 Millionen DM erhöht wurden. Dieser Entscheidung lagen ein Memorandum des Bundesministeriums für gesamtdeutsche Fragen vom 1. September 1964 sowie ein Memorandum des Bundesministeriums für Wirtschaft vom 18. September 1964 zugrunde. Mein Memorandum ist dem Vorsitzenden des Gesamtdeutschen Ausschusses des Deutschen Bundestages, Herrn Kollegen Wehner, und dem damaligen Vorsitzenden des entsprechenden Ausschusses des Bundesrats, dem Ministerpräsidenten Goppel, zugeleitet worden. Zweitens auf den Kabinettsbeschluß vom 16. Dezember 1964, durch den festgelegt wurde, daß Stilllegungen von Eisenbahnstrecken im Zonenrandgebiet auch als Einzelmaßnahme nicht genehmigt werden. Drittens auf den Beschluß, die Haushaltsmittel bei Tit. 602 a und b für das Haushaltsjahr 1965 von 12 auf 14 Millionen DM bzw. von 4 auf 7 Millionen DM zu verstärken. Es handelt sich um die Zuschüsse zur Förderung von Schulbauten und zur Förderung kultureller Maßnahmen gesamtdeutschen Charakters im Zonenrandgebiet. Eine weitere Erhöhung dieser Titel wird angestrebt. Entsprechende Verhandlungen mit dem Bundesfinanzministerium sind im Gange. Viertens auf den Beschluß, die Zweckbestimmung des bisherigen Tit. 609 in Kap. 2702 auf Reisen an die Demarkationslinie auszudehnen. Bei diesem Titel sind die Mittel für 1965 von 3,5 auf 6 Millionen DM verstärkt worden.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Eine Zusatzfrage? Bitte sehr, Herr Abgeordneter Fritsch.

Walter Fritsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000601, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, wäre es möglich, weitere Einzelheiten darüber zu erfahren, was Sie dem Kabinett an Vorschlägen unterbreitet haben angesichts der Vielfalt der Notstände, von denen Sie sich selbst überzeugen konnten, wenn man in die Überlegung einbezieht, daß Herr Wirtschaftsminister Dr. Schedl die Lösung der Verkehrsverhältnisse im Zonenrandgebiet als die vordringlichste Aufgabe angesehen hat, daß weiter die Lösung der Fragen im Zusammenhang mit den Pendlern von enormer wirtschaftlicher und sozialpolitischer Bedeutung ist und daß zum dritten, um nur willkürlich einige Punkte aus dem Strauß von Wünschen herauszugreifen, z. B. in wesentlichen Teilen des Bayerischen Waldes das erste, zweite und dritte Fernsehprogramm, wenn überhaupt, dann nur völlig ungenügend empfangen werden kann?

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Herr Abgeordneter Fritsch, diese Frage übersteigt bei weitem die Möglichkeiten und den Zweck der Fragestunde. Wenn Sie eine Debatte über das Ganze haben wollen, müssen Sie ein entsprechendes Mittel der Geschäftsordnung zu Hilfe nehmen, nämlich eine große Anfrage machen. Hier können nur Einzelfragen kurz und klar gestellt und beantwortet werden.

Dr. Erich Mende (Minister:in)

Politiker ID: 11001467

Herr Präsident, ich bin dennoch in der Lage, kurz zu antworten. Alle diese Fragen werden in dem gerade in Arbeit befindlichen Memorandum der Bundesregierung vorgelegt werden. Das Kabinett wird sie dann zusammen mit entsprechenden Vorschlägen des Bundeswirtschaftsministeriums und des Bundesfinanzministeriums beraten. Mündlich sind die wichtigsten Beobachtungen, wie ich schon sagte, dem Kabinett bereits in der Kabinettssitzung am 12. Mai vorgetragen worden, einschließlich dessen, daß das Schild der Bundesrepublik Deutschland am Übergang Bayerisch Eisenstein fehlt, was ich dem Kollegen Bundesinnenminister Höcherl mitgeteilt habe.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Herr Abgeordneter Fritsch, eine weitere Zusatzfrage. Ich darf aber auf die Richtlinien für die Fragestunde hinweisen. Punkt 6 lautet: Die Anfragen müssen kurz gefaßt sein und eine kurze Beantwortung ermöglichen. Punkt 7 lautet: Eine Anfrage darf nur eine konkrete Frage enthalten. Sie darf nicht in mehrere Unterfragen unterteilt werden. Herr Abgeordneter Fritsch!

Walter Fritsch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000601, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, da in meiner Frage auch die Situation bei der Koordinierung der Maßnahmen für das Zonenrandgebiet angeschnitten ist, gestatte ich mir die Frage: Wie beurteilen Sie den Gedanken einer Bestellung eines Bundesbevollmächtigten für das Zonenrandgebiet, um eine stärkere Koordinierung all der auf die verschiedensten Ministerien verteilten Maßnahmen herbeizuführen?

Dr. Erich Mende (Minister:in)

Politiker ID: 11001467

Herr Kollege, hier ist eine Entscheidung des Bundeskabinetts noch nicht gefallen. Aber ich habe vor dem Ausschuß für gesamtdeutsche und Berliner Fragen dieses Hauses erklärt, daß sich eigentlich der Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen um die politische Koordinierung aller dieser Fragen bemühen sollte. Das tut er! Ob es ihm gelingt, diese Kompetenz zu erreichen, werden der Bundeskanzler kraft seiner Richtlinienkompetenz und das Bundeskabinett als Ganzes entscheiden müssen. Die Ressortverantwortung, die das Grundgesetz statuiert, bleibt davon unberührt. Selbstverständlich werden Wirtschaftsfragen weiter vom Wirtschaftsminister, Verkehrsfragen vom Verkehrsminister, Finanz- und Steuerfragen vom Finanzminister nach der Richtlinienkompetenz des Kanzlers ressortBundesminister Dr. Mende mäßig entschieden werden. Um die politische Koordinierung aber werde ich mich weiter bemühen. Ich wäre für Unterstützung aus diesem Hause dankbar.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Der Kollege Fritsch hat keine Zusatzfrage mehr. - Dann kommt der Abgeordnete Stammberger.

Dr. Wolfgang Stammberger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002215, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß die Bundesbahn den an sich begrüßenswerten Beschluß des Bundeskabinetts über die Nichtstillegung von Zonenrandbahnen teilweise dadurch illusorisch macht, daß sie die Fahrpläne ganz erheblich kürzt?

Dr. Erich Mende (Minister:in)

Politiker ID: 11001467

Solche Klagen, Herr Kollege Stammberger, sind in letzter Zeit gekommen. Wir prüfen das nach und werden alles abstellen, was etwa zur Aushöhlung des Kabinettsbeschlusses auf diesem Umwege führen könnte.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Herr Abgeordneter Neumann ({0}).

Franz Neumann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001595, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, darf ich Sie fragen, ob das von Ihnen angekündigte Memorandum so zeitig erscheint, daß wir es im Ausschuß für gesamtdeutsche und Berliner Fragen noch in dieser Legislaturperiode diskutieren können.

Dr. Erich Mende (Minister:in)

Politiker ID: 11001467

Herr Kollege Neumann, es wird gerade erstellt, und zwar mit allen Einzelheiten, nämlich mit den Sachvorträgen der Bürgermeister, Landräte und Regierungspräsidenten und mit den Gutachten der Industrie- und Handelskammern. Das braucht seine Zeit! Ich glaube, daß ich es in der nächsten Woche dem Bundeskanzler vorlegen kann. Es wird dann auch dem Vorsitzenden des Ausschusses zugeleitet werden, wie das bei meinem Memorandum vom 1. September vorigen Jahres der Fall war. Ich bin überzeugt, daß sich der Ausschuß noch damit befassen kann. Im übrigen steht ja auf der Tagesordnung dieses Hauses noch eine Grundsatzdebatte auf Grund einer interfraktionellen Anfrage an die Bundesregierung.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Neumann.

Franz Neumann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001595, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Darf ich sie fragen, Herr Minister, ob die von Ihnen an den Herrn Innenminister weitergegebene Meldung über das Fehlen des Zeichens der Bundesrepublik Deutschland am Grenzpunkt Bayerisch Eisenstein Erfolg gehabt hat, so daß vor dem Zeichen des Freistaates Bayern jetzt auch die Bundesrepublik durch ein Schild sichtbar vertreten ist.

Dr. Erich Mende (Minister:in)

Politiker ID: 11001467

Herr Kollege Neumann, ob die Aufstellung des Hoheitszeichens der Bundesrepublik Deutschland mit der schwarz-rot-goldenen Bemalung des Pfahls und mit dem Hoheitsadler vor dem Zeichen des Landes Bayern am weiß-blau gestrichenen Grenzpfahl mit dem Schild „Freistaat Bayern" schon erfolgt ist, kann ich von hier aus nicht feststellen. Der Innenminister hat mir mitgeteilt, er werde sofort veranlassen, daß dieses Zeichen aufgestellt werde; möglicherweise sei es gestohlen worden. ({0})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Höhne.

Franz Höhne (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000920, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, glauben Sie, daß es in bezug auf die Koordinierung der Zonenrandfragen genügt, eine politische Koordinierung zu erreichen? Meinen Sie nicht auch, daß es am wesentlichsten ist, die wirtschaftlichen Fragen zum Zwecke der Schwerpunktbildung in den Vordergrund zu rücken?

Dr. Erich Mende (Minister:in)

Politiker ID: 11001467

Herr Kollege, ich habe „politische Koordinierung" nicht im Sinne irgendwelcher koalitionspolitischer oder parteipolitischer Koordinierung verstanden, sondern im Sinne der Zusammenfassung der verschiedenen ressortmäßigen Verantwortungen, wie sie das Grundgesetz vorschreibt, unter der gesamtdeutschen Verpflichtung, die dieses Ministerium, das zu führen ich die Ehre habe, hat, also nicht im Sinne von Koalitionspolitik, sondern im Sinne der gesamtdeutschen Politik.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Noch eine Frage, Herr Abgeordneter Höhne.

Franz Höhne (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000920, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Sie meinen also, Herr Minister, eine Koordinierung sollte auch auf wirtschaftlichem Gebiet mit dem Ziele erfolgen, Schwerpunktbildungen zu erreichen?

Dr. Erich Mende (Minister:in)

Politiker ID: 11001467

Das liegt ressortmäßig nach dem Grundgesetz in der Verantwortung des Bundesministers für Wirtschaft, der unter der Richtlinienkompetenz des Bundeskanzlers zu arbeiten hat.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Herr Abgeordneter Höhne, bitte sehr.

Franz Höhne (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000920, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Wollen Sie im Kabinett darauf hinwirken, Herr Minister?

Dr. Erich Mende (Minister:in)

Politiker ID: 11001467

Ich werde mich darum bemühen, alle die verschiedenen und von mir zum Teil nicht als glücklich organisiert empfundenen Dinge stärker zusammenzufassen und noch mehr Impulse, insbesondere für wirtschafts- und finanzpolitische Maßnahmen, zu geben. Die Meinungen über Präferenzen sind zwar 'geteilt, aber ich hoffe, den Finanzminister von der Notwendigkeit auch finanz- und steuerpolitischer Maßnahmen im Zonenrandgebiet überzeugen zu können. ({0})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Herr Abgeordneter Büttner.

Fritz Büttner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000301, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, nachdem Sie sich in der Öffentlichkeit positiv zu der Forschungsanstalt in Kulmbach geäußert haben, darf ich Sie fragen, ob Sie bereit sind, auf Ihre Freunde im Haushaltsausschuß Einfluß zu nehmen, damit diese Sache auch bald endgültig positiv verabschiedet wird.

Dr. Erich Mende (Minister:in)

Politiker ID: 11001467

Herr Kollege, gemäß Art. 38 des Grundgesetzes ist jeder Abgeordnete nur seinem Gewissen unterworfen. Ich habe dennoch dem Herrn Fraktionsvorsitzenden der Freien Demokratischen Partei, Freiherrn von Kühlmann-Stumm, die dringende Bitte in dieser Hinsicht schriftlich unterbreitet.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Eine zweite Frage, Herr Abgeordneter Büttner!

Fritz Büttner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000301, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, dürfte ich Sie, weil die Sache wegen eines angeblich noch ausstehenden Gutachtens des Wissenschaftsrates noch nicht entschieden worden ist, bitten, Ihren Einfluß geltend zu machen, daß das Gutachten bald kommt, damit eine Entscheidung bald getroffen werden kann?

Dr. Erich Mende (Minister:in)

Politiker ID: 11001467

Das wird geschehen, Herr Kollege.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Herr Abgeordneter Wehner zu einer Frage!

Herbert Wehner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002444, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß der Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr hier in der Fragestunde auf sehr konkrete Fragen, die den Eisenbahnverkehr im Zonenrandgebiet betrafen, und auf eine Erklärung, die Sie zu Kabinettsberatungen in dieser Frage öffentlich abgegeben haben, gesagt hat, daß es sich bei Ihren Erklärungen offenbar um ein Mißverständnis handeln müsse, daß der Kabinettsbeschluß und die Kabinettsberatung nämlich nicht zum Inhalt hätten, daß der Eisenbahnverkehr - der Güter- und Personenverkehr - im Zonenrandgebiet nicht weiter eingeschränkt werden solle?

Dr. Erich Mende (Minister:in)

Politiker ID: 11001467

Ich habe den Kabinettsbeschluß so verstanden, daß alle Maßnahmen unterbleiben sollen, die im Zonenrand- und -grenzraum eine schlechtere verkehrsmäßige Versorgung zur Folge haben könnten, mit allen daraus sich ergebenden politischen und psychologischen Konsequenzen. Das heißt nicht nur keine Einstellung von Verkehrslinien, sondern auch keine Minderung der verkehrspolitischen Versorgung. Wenn hier Differenzen hinsichtlich der Interpretation des Kabinettsbeschlusses aufgetreten sein sollten, werde ich den Herrn Bundeskanzler um eine Entscheidung bitten. Im übrigen ist dann nach der Geschäftsordnung des Kabinetts und nach dem Grundgesetz das Gesamtkollegium des Kabinetts zur Entscheidung aufgerufen, wenn es Kompetenzstreitigkeiten und Sachstreitigkeiten zwischen zwei Ressorts gibt.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Wehner!

Herbert Wehner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002444, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Hier ist, Herr Minister, verschiedentlich von Koordination die Rede gewesen. Ich möchte Sie fragen, ob Sie es für möglich halten, daß Sie, sei es in Ihrer Eigenschaft als Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen, sei es in Ihrer Eigenschaft als Vorsitzender der Freien Demokratischen Partei, darauf hinwirken, daß völlig falsche und auch verächtlich machende Auslegungen in der „freien demokratischen korrespondenz" in diesen Tagen über die völlig sachliche Behandlung einer bevorstehenden Debatte über Zonenrandfragen - von der Sie ja selbst jetzt gesagt haben, sie stehe noch aus - aufhören bzw. richtiggestellt werden?

Dr. Erich Mende (Minister:in)

Politiker ID: 11001467

Herr Kollege Wehner, ich bin überrascht. Ich kenne diese Meldung nicht und werde mich sofort informieren lassen. Sollte diese Meldung im Gegensatz zu dem stehen, was ich hier erklärt habe, würde ich selbstverständlich dafür Sorge tragen, daß sie korrigiert wird. Aber ich wiederhole: ich kenne die Meldung nicht. Man kann nicht alle Dienste zur rechten Zeit gelesen haben. ({0})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Huys!

Dr. Lambert Huys (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000988, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Minster, kann man den Kabinettsbeschluß über den Eisenbahnverkehr im Zonenrandgebiet auch so interpretieren, daß der Personenverkehr auf bereits stillgelegten Strecken wiederaufgenommen wird?

Dr. Erich Mende (Minister:in)

Politiker ID: 11001467

Das kann ich im Augenblick nicht beantworten. Denn wir gingen von der Lage aus, die am 16. Dezember 1964 gegeben war, als uns bekannt wurde, daß die Bundesbahn in einem Gutachten die Stillegung eines Großteils von Strecken für erforderlich erklärte. Was sich in den Jahren vorher abgespielt hat, war nicht im einzelnen Gegenstand der Entscheidung des Kabinetts vom 16. Dezember vorigen Jahres. Sollte hier und da durch frühere Einstellung eine verkehrspolitische Schwierigkeit entstanden sein, wäre ich für Mitteilung eines solchen Falles dankbar. Ich würde ihn dann im Kabinett vortragen.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Urban!

Wilhelm Urban (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002359, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, wie ist es überhaupt möglich, daß das Hoheitszeichen der Bundesrepublik Deutschland in Bayerisch Eisenstein fehlt? ({0})

Dr. Erich Mende (Minister:in)

Politiker ID: 11001467

Herr Kollege, darüber waren alle Mitglieder des Gesamtdeutschen Ausschusses bei ihrem Besuch überrascht. Während in Furth in Anwesenheit des Herrn Ministerpräsidenten Goppel festgestellt werden konnte, daß die ordnungsmäßige Beschilderung vorhanden war, konnten wir in Bayerisch Eisenstein nicht die gleiche Feststellung treffen. Dieses Fehlen ist dem bayerischen Innenminister Junker an Ort und Stelle von Kollegen des Ausschusses und von mir sofort mitgeteilt worden. Ich kann mich in die Motive der unterschiedlichen Behandlung der beiden Grenzübergänge durch die bayerischen Behörden nicht hineinversetzen.

Wilhelm Urban (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002359, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, konnten Sie inzwischen feststellen, daß Ihrem Wunsch Rechnung getragen wurde und das Hoheitszeichen heute vorhanden ist? ({0})

Dr. Erich Mende (Minister:in)

Politiker ID: 11001467

Herr Kollege, wenn ich mich nicht irre, waren wir am 7. Mai unten. Ich hatte bisher keine Gelegenheit, wieder hinunterzufahren. Ich habe lediglich am 12. Mai dem Herrn Innenminister Höcherl diese Beobachtung mitgeteilt und von ihm die Versicherung erhalten, daß sofort das Notwendige veranlaßt wird. Wie lange es dauert von der Weisung eines Bundesinnenministers über die bayerische Staatskanzlei in München bis nach Bayerisch Eisenstein und zur technischen Ausführung, das zu beobachten hatte ich bisher noch keine Möglichkeit.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Herr Abgeordneter Müller-Hermann zu einer Zusatzfrage!

Dr. Ernst Müller-Hermann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001569, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Vizekanzler, wie stellt sich die Bundesregierung dazu, wenn zwar die Bundesbahn im Zonenrandgebiet meint, eine Strecke stillegen zu müssen, alber eine Privatbahn bereit ist, den Betrieb weiterzuführen?

Dr. Erich Mende (Minister:in)

Politiker ID: 11001467

Diese Frage müßte der Bundesverkehrsminister als Fachminister beantworten können. Ich bin dazu aus meiner Verantwortung nicht in der Lage.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Die Frage kann ja als selbständige Frage in der nächsten Fragestunde eingebracht werden. Meine Damen und Herren, neue Fragesteller haben sich nicht mehr gemeldet. Die Herren, die schon gefragt haben, werden kein zweites Mal aufgerufen. Das ist hier nicht üblich. Es geht wie so oft im Leben: was einem nicht im richtigen Augenblick einfällt, das fällt einem eben zu spät ein. ({0}) Ich danke Ihnen, Herr Bundesminister. Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Ich rufe auf die Frage IX/1 - des Herrn Abgeordneten Dr. Kohut -: Ist der Bundesregierung bekannt, unter welchen unzulänglichen Verhältnissen die Mitarbeiter des Instituts für biologische Schädlingsbekämpfung der Biologischen Bundesanstalt für Land-und Forstwirtschaft in Darmstadt arbeiten müssen? Herr Staatssekretär, ich darf bitten.

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, es ist dem Bundesernährungsministerium bekannt, daß das Institut für biologische Schädlingsbekämpfung in Darmstadt unzureichend untergebracht ist. Die Bundesregierung beabsichtigt deshalb, auf stadteigenem Gelände an der Rößdorfer Straße, das käuflich erworben wird, einen Neubau zu errichten.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Kohut.

Dr. Oswald Adolph Kohut (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001169, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, trifft es zu, daß der damalige Bundesernährungsminister, der jetzige Bundespräsident, schon vor Jahren dem Institut eine entsprechende Zusage gegeben hat, die nicht eingehalten worden ist?

Not found (Staatssekretär:in)

Ob der Herr Bundespräsident seinerzeit eine Zusage gegeben hat, entzieht sich meiner Kenntnis. Ich kann nur sagen, daß bereits seit 1956 Verhandlungen wegen einer angemessenen Unterbringung des Instituts laufen. Drei Möglichkeiten wurden geprüft: die Zusammenlegung mit einem anderen Institut in Heidelberg oder Forchheim, die Verlegung nach Braunschweig oder der Neubau in Darmstadt. Die letzte Möglichkeit ist dann näher in Betracht gezogen worden.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Kohut.

Dr. Oswald Adolph Kohut (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001169, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, wie ist es eigentlich möglich, daß es von 1956 bis jetzt dauert, um ein wichtiges Institut, eine Bundesanstalt, würdig unterzubringen und ihr ausreichende Möglichkeiten zum Arbeiten zu geben?

Not found (Staatssekretär:in)

Der Neubau scheiterte bislang daran, daß geeignetes städtisches Baugelände in Darmstadt zunächst nur gegen Austausch von Bundesgelände bereitgestellt werden sollte. Letzteres war nicht möglich; deshalb wurden Kaufverhandlungen mit der Stadt Darmstadt eingeleitet, die sich wegen der alleinigen Übernahme der anfallenden hohen Erschließungskosten, z. B. Strom, Wasser und Kanalisation, durch den Bund und wegen verschiedener Baubeschränkungen im Landschaftsschutzgebiet an der Rößdorfer Straße bis heute hinausgezögert haben. Der Kaufvertragsabschluß steht nunmehr aber bevor.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Ich rufe auf die Frage IX/2 - des Herrn Abgeordneten Dr. Kohut -: Wann wird die Bundesregierung das Institut für biologische Schädlingsbekämpfung zwecks Verbesserung der Arbeitsverhältnisse räumlich besser unterbringen?

Not found (Staatssekretär:in)

Ein Vorentwurf für den Neubau liegt bereits vor. Mittel für den Ankauf des Baugrundstücks sind 1965 bewilligt. Mit der Fertigstellung des Bauentwurfs, der für die Bauausführung zwingend vorgeschrieben ist, wird noch in diesem Rechnungsjahr oder aber Anfang 1966 gerechnet. Mit der Neubaumaßnahme kann noch 1966, spätestens Anfang 1967 begonnen werden. Die Bauzeit soll drei Jahre dauern.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Kohut.

Dr. Oswald Adolph Kohut (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001169, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Darf ich dann annehmen, Herr Staatssekretär, daß sich das Ministerium bemüht oder Druck dahinter setzt, daß die Dinge schnellstens vorangetrieben werden?

Not found (Staatssekretär:in)

Ja!

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Keine Zusatzfrage mehr. - Dann rufe ich die Frage IX/3 - des Abgeordneten Ehnes - auf: Trifft es zu, daß Jugoslawien sein ihm vertraglich zugestandenes Hopfenimportkontingent von jährlich 14 000 Zentnern Hopfen im laufenden Wirtschaftsjahr ({0}) bereits um 8242 Zentner ({1}) überschritten hat?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, die Einfuhr von Hopfen ist liberalisiert, und zwar auch gegenüber Jugoslawien, dem gegenüber die Liberalisierung gilt. Jugoslawien hat sich aber auf deutsches Drängen bei den Verhandlungen im vergangenen Jahr bereit erklärt, für Hopfen eine Mengenbegrenzung in Höhe von 14 000 Zentnern pro Jahr auf der Basis einer freiwilligen Selbstbeschränkung zu vereinbaren. Diese Regelung gilt vom Zeitpunkt des Inkrafttretens des am 16. Juli 1964 abgeschlossenen Abkommens, d. h. vom 4. November 1964 ab. Von diesem Zeitpunkt an bis einschließlich Februar 1965 sind nach der amtlichen Statistik 14 466 Zentner Hopfen zum freien Verkehr in der Bundesrepublik abgefertigt worden. Die Überschreitung von 466 Zentnern gleich 3,3 % hält sich im Rahmen der üblichen Fehlerquellen. Die darüber hinausgehenden Mengen sind unter zollamtlicher Überwachung zum Zwecke der Lohn- und Eigenveredelung eingeführt worden. Sie sind zur Herstellung von Bier- und Hopfenkonzentraten ausschließlich für den Export verwendet worden und haben deshalb den Inlandsmarkt nicht belastet. Vor dem 4. November 1964 war die Einfuhr von Hopfen aus Jugoslawien mengenmäßig nicht beschränkt. Die Einfuhr konnte aber unterbunden werden, wenn der Preis pro Zentner Hopfen auf dem deutschen Markt unter 400 DM fällt. Da dieser Preis zu keinem Zeitpunkt des Jahres 1964 unterschritten wurde, hatte auch auf Grund der früheren Regelung keine Möglichkeit bestanden, die Einfuhr zu sperren.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ehnes.

Georg Ehnes (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000442, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, warum galt bis zum 4. November 1964 gegenüber Jugoslawien noch die frühere Mindestpreisregelung, obwohl nach den Bestimmungen des Runderlasses zum Außenwirtschaftsgesetz Nr. 40/64 mit den Anlagen die 5. Zusatzvereinbarung über den Warenverkehr vom 1. Juli 1964 bis zum 30. Juni 1965 Gültigkeit hat?

Not found (Staatssekretär:in)

Ich glaube die Frage soeben bereits beantwortet zu haben. Die neue Regelung mit Jugoslawien trat am 4. November 1964 in Kraft.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ehnes.

Georg Ehnes (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000442, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, wo sind dann die zur Zeit gültigen Bestimmungen, welche die Hopfeneinfuhr aus Jugoslawien regeln, aufgeführt, und wie lauten sie, nachdem sie im Handelsvertrag nicht offen gekennzeichnet sind? Beziehen Sie sich auch hier auf die Ausführungen, die Sie soeben gemacht haben?

Not found (Staatssekretär:in)

Soweit ich weiß, beziehen sie sich darauf. Im übrigen habe ich diese Unterlagen natürlich nicht im Kopf. Ich bitte, die Zusatzfrage schriftlich beantworten zu dürfen.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Eine weitere Zusatzfrage.

Paul Weinzierl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002455, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, mit welcher Begründung wird in ,der Hopfenbilanz mit Jugoslawien die Einfuhr für Eigenveredelung und für Lohnveredelung nicht in das Kontingent mit eingerechnet, obwohl diese Mengen von vornherein doch schon den inländischen Hopfenmarkt belasten?

Not found (Staatssekretär:in)

Ich glaube, es liegt im Interesse der deutschen Malz- und Bierproduktion, ihr zusätzliche Möglichkeiten für den Export zu verschaffen.

Paul Weinzierl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002455, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß etwa eine Million Hektoliter Bier exportiert werden und dafür bereits 4000 Zentner benötigt werden?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, ich hübe diese Zahlen nicht im einzelnen im Kopf. Ich müßte sie erst nachsehen. Ich glaube aber, das würde hier zu lange dauern. Ich darf das schriftlich beantworten.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Adorno.

Eduard Adorno (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000011, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, wird für die Jahresproduktion von etwa einer Million hl Bier für den deutschen Export ausschließlich jugoslawischer Hopfen aus der Eigenveredelungseinfuhr verwendet oder in Anwendung gebracht?

Not found (Staatssekretär:in)

Ich glaube nicht, daß das der Fall ist.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Adorno.

Eduard Adorno (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000011, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Welche Schritte hat die Bundesregierung unternommen, um sicherzustellen, daß die vereinbarte Importmenge von 14 000 Ztr. künftig nicht überschritten wird?

Not found (Staatssekretär:in)

Jugoslawien hat mehrfach zugesichert, .daß es in Zukunft der Exportkontrolle größte Aufmerksamkeit schenken wird. Von deutscher Seite wird die Außenhandelsstelle für Erzeugnisse der Ernährung und Landwirtschaft im Benehmen mit den Zollstellen die Einfuhr von jugoslawischem Hopfen zusätzlich überwachen.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Herr Abgeordneter Dr. Zimmer zu einer Zusatzfrage.

Dr. Alois Zimmer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002595, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, Sie haben soeben Ihre Antwort auf die erste Frage des Kollegen Adorno mit der Formel „Ich glaube nicht" begonnen. Sind Sie in der Lage, diese präzise Frage mit einer präzisen schriftlichen Antwort in den nächsten Wochen zu beantworten? Dann würde ich darum bitten.

Not found (Staatssekretär:in)

Ich bin selbstverständlich dazu bereit.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Noch eine Zusatzfrage hierzu? - Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zur Frage IX/4 - des Herr Abgeordneten Ehnes -: Wird durch die bisher mehreingeführte Menge von Hopfen aus Jugoslawien für sich oder im Zusammenhang mit Importen aus weiteren Ländern der Absatz des deutschen Hopfenbaues behindert?

Not found (Staatssekretär:in)

Der Absatz des deutschen Hopfens der Ernte 1964 wurde durch die Einfuhr in keiner Weise beeinträchtigt und erfolgte zu guten Preisen.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Eine Zusatzfrage.

Georg Ehnes (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000442, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, welche Kontrollmaßnahmen wurden getroffen, um festzustellen, in welchem Umfang der eingeführte Hopfen für den Absatz in der Bundesrepublik und in welchem Umfang zu Transitzwecken bestimmt ist?

Not found (Staatssekretär:in)

Soweit ich unterrichtet bin, erfolgen die Transiteinfuhren im zollamtlich überwachten Zollveredelungsverkehr.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Adorno.

Eduard Adorno (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000011, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, was hat die Bundesregierung bei Erlaß der Verordnung vom 28. Juni 1962 über die Mindestpreisregelung mit Jugoslawien veranlaßt, sich über die schon damals gültigen GATT-Bestimmungen hinwegzusetzen?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, diese Frage kann ich Ihnen heute nicht beantworten. Ich muß das schriftlich tun.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Adorno.

Eduard Adorno (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000011, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Welches sind die Gründe für die Annahme, daß der Wegfall der 400-DMKlausel im Gegensatz zu der Verordnung vom 28. Juni 1962 heute nicht mehr zu Preiseinbrüchen führen wird?

Not found (Staatssekretär:in)

Ich glaube, daß die Beantwortung dieser Zusatzfrage in meiner Antwort auf die nächste Frage liegt. Vielleicht darf ich die zunächst vortragen. Vizepräsident Dr. Jaeger, Es legt jetzt sowieso keine Zusatzfrage mehr vor. Dann rufe ich auf die dritte Frage des Abgeordneten Ehnes, die Frage IX/5: Mull auf Grund der in Frage IX/3 bezeichneten jugoslawischen Vertragsverletzung eine Wiedereinführung der Genehmigungspflicht für Hopfeneinfuhren in Erwägung gezogen werden, oder genügt es, wenn man die in diesem Wirtschaftsjahr mehreingeführte Menge auf das Kontingent des nächstfolgenden Wirtschaftsjahres anrechnet?

Not found (Staatssekretär:in)

Eine Vertragsverletzung Jugoslawiens liegt nicht vor. Die Wiedereinführung der Genehmigungspflicht für die Einfuhr jugoslawischen Hopfens ist weder notwendig noch zweckmäßig. Die Genehmigungspflicht ist im Einvernehmen mit allen Beteiligten zugunsten einer mengenmäßigen Begrenzung der Einfuhr auf der Grundlage einer freiwilligen Selbstbeschränkung aufgehoben worden, weil sie nur mit der Maßgabe galt, daß die Einfuhr erst gestoppt werden kann, wenn der Preis auf dem deutschen Hopfenmarkt unter 400 DM je Zentner sinkt und weil im übrigen die Einfuhr unbeschränkt war. Die Einführung der Genehmigungspflicht könnte auch nicht autonom erfolgen, sondern müßte mit den Jugoslawen vereinbart werden. Diese würden sich mit einer nur gegenüber Jugoslawien geltenden Aufhebung der Liberalisierung nicht einverstanden erklären, nachdem gerade erst auf Grund der Vorverhandlungen in Jugoslawien diskriminierende Einfuhrregelungen weitgehend aufgehoben worden sind. Eine Anrechnung der zuviel eingeführten Hopfenmenge auf das Kontingent des nächsten Wirtschaftsjahres ist weder notwendig noch gerechtfertigt, da auch die Mehreinfuhren vom deutschen Markt aufgenommen worden sind.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ehnes!

Georg Ehnes (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000442, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung bekannt, daß .die Hopfenimporte in den letzten zehn Jahren um mehr als das Zweiundzwanzigfache gestiegen sind, dagegen der Export deutschen Hopfens anteilmäßig ständig zurückgeht?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, mir liegen nur die durchschnittlichen Ein- und Ausfuhrzahlen der letzten vier Jahre vor. Die Einfuhr betrug demnach 53 000 Zentner und die Ausfuhr 103 000 Zentner. Innerhalb dieser vier Jahre lag die geringste Einfuhr bei 41 000 und die geringste Ausfuhr bei 87 000 Zentnern.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ehnes!

Georg Ehnes (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000442, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, wäre es Ihnen möglich, mir eine genaue Aufstellung über den Import und den Export des Hopfens in den letzten zehn Jahren zukommen zu lassen, damit ich mich überzeugen könnte, ob die Zahlen, die ich habe, stimmen?

Not found (Staatssekretär:in)

Ich bin bereit, Ihnen 'diese Unterlagen zur Verfügung zu stellen, und darf noch etwas ergänzen. Ich hatte vergessen, darauf hinzuweisen, daß es sich hier um die Einfuhr aus Jugoslawien und die Gesamtausfuhr der Bundesrepublik handelt.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Weinzierl!

Paul Weinzierl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002455, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, hat die Bundesregierung bei ihren Überlegungen berücksichtigt, daß die Hopfenproduktion in der Bundesrepublik steigen muß, wenn der traditionelle Anteil der deutschen Erzeugung an der Weltproduktion erhalten bleiben soll, oder ist die Bundesregierung wiederum bereit, zugunsten von Importen eine Einschränkung des deutschen Hopfenbaues hinzunehmen?

Not found (Staatssekretär:in)

Die Bundesregierung ist weder bereit gewesen noch in Zukunft bereit, eine Einschränkung des deutschen Hopfenbaues hinzunehmen. Ich darf darauf hinweisen, daß der Verbrauch an Hopfen von 220 000 Zentnern .auf 252 000 Zentner 'im letzten Jahr -geschätzt - gestiegen ist.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Adorno!

Eduard Adorno (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000011, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, was wird die Bundesregierung in Erfüllung des Art. 39 des EWG-Vertrages und des Bundestagsbeschlusses vom 9. Mai 1962 tun, um den Hopfenmarkt zu stabilisieren und stabil zu halten?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, die Bundesregierung hat sich dem Wunsche des Hohen Hauses entsprechend an die Kommission in Brüssel gewandt mit dem dringenden Ersuchen, die Marktordnung Hopfen baldigst zu erstellen. Die Kommission hat im Juli vorigen Jahres - wenn ich mich richtig besinne - geantwortet, daß sie aus Zeitmangel im Augenblick dazu nicht in der Lage sei, daß sie aber eine Hopfenmarktordnung 'gemeinsam mit einer Ordnung für Tabak vorlegen werde.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Adorno!

Eduard Adorno (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000011, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Wird die Bundesregierung in ihre Überlegungen auch die Folgerungen aus den Ausführungen des Herrn Bundeswirtschaftsministers einbeziehen, die er vor dem Außenhandelsbeirat am 11. Mai dieses Jahres gemacht hat - ich darf mit Genehmigung des Herrn Präsidenten zitieren es dürfe auch nicht zugelassen werden, daß an sich leistungsfähige Bereiche der deutschen Wirtschaft durch manipulierte Angebote aus den Staatshandelsländern ungerechtfertigt benachteiligt werden?

Not found (Staatssekretär:in)

Darf ich noch einmal fragen, Herr Adorno, wie speziell Ihre Frage lautet? Adorno ({0}) : Herr Staatssekretär, hat die Bundesregierung in ihre Überlegungen, wie sie dem Bundestagsbeschluß vom 9. Mai 1962 nachkommen will, auch die Folgerungen aus dieser Erklärung des Herrn Bundesministers für Wirtschaft mit einbezogen?

Not found (Staatssekretär:in)

Unser Anliegen in Brüssel ist längst vor dieser Erklärung - wenn ich es recht verstanden habe vorgebracht worden, und zwar kurz nach dem Bundestagsbeschluß im vorigen Frühjahr.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Herr Abgeordneter Maucher zu einer Zusatzfrage.

Eugen Maucher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001443, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ist festgestellt worden, ob deutscherseits alle interessierten Wirtschaftskreise eine mengenmäßige Beschränkung der Einfuhr der Möglichkeit einer Sperre bei Unterschreitung eines Erzeugermindestpreises vorziehen?

Not found (Staatssekretär:in)

Ich glaube in meiner Antwort vorhin zum Ausdruck gebracht zu haben, daß die Vereinbarungen mit Jugoslawien im Einklang mit der gesamten Wirtschaft erfolgt sind.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Zu einer zweiten Zusatzfrage Herr Abgeordneter Maucher.

Eugen Maucher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001443, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, wäre es nach Ihrer Auffassung nicht besser, wenn Sie nicht sagten „ich glaube", sondern wenn wir hier erfahren dürften, was in der Angelegenheit tatsächlich gemeint ist? Wenn es jetzt noch nicht feststeht, wie Sie die Antwort klar fassen sollen, können Sie sich überlegen, wie Sie eine präzise Antwort schriftlich geben können.

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, ich werde Ihnen vorlesen, was ich gesagt habe: „Die Genehmigungspflicht ist im Einvernehmen mit allen Beteiligten zugunsten einer mengenmäßigen Begrenzung" usw. Da Sie jetzt erneut eine Frage stellen, ist mir zweifelhaft geworden, ob nicht eine Gruppe vergessen worden ist. Deswegen habe ich die Formulierung „ich glaube" gewählt. Ich werde nachher feststellen, wer in dieser Sache beteiligt worden ist, und werde Ihnen schriftlich Antwort geben. Meine ursprüngliche Antwort lautete: Im Benehmen mit allen Beteiligten. ({0})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Ihre Fragen sind längst erschöpft. Sie können nichts mehr ergänzen. - Ich danke dem Herrn Staatssekretär. Wir kommen nun zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr, Drucksache IV/3425, zuerst zu den Fragen 1 his 3 - des Abgeordneten Dr. Schmidt ({0}) : Wie hat sich die seit der Beförderungsteuersenkung für den Werkfernverkehr im Oktober 1964 der Werkfernverkehr weiter entwickelt? Gibt die Entwicklung des Werkfernverkehrs seit Oktober 1964 zu verkehrspolitischer Besorgnis Anlaß? Hat die Kontingentserhöhung beim gewerblichen Güterfernverkehr zu einem unangemessenen und mißbräuchlichen Lizenzhandel geführt? Der Fragesteller ist nicht im Saal. Dann werden die drei Fragen schriftlich beantwortet. Wir kommen zur Frage 4 - des Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen -: Hat die Bundesregierung Überlegungen angestellt, ob die allgemeinen Entschädigungsbestimmungen für die erhöhten Schäden, die vor allem dem Einzelhandel bei U-Bahnbauten entstehen, ausreichen?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, Fälle von U-Bahn-Bauten haben erst in letzter Zeit größere Bedeutung erlangt. Vom Bund werden U-Bahn-Bauten bis zur Stunde weder durchgeführt noch finanziert. Wie sich die Rechtsprechung in diesen Fragen einstellen wird, läßt sich noch nicht klar erkennen. Voraussichtlich werden jedoch die Betroffenen eine Entschädigung nur erhalten, wenn die Behinderung Über das Maß dessen hinausgeht, was sie bei der Unterhaltung oder bei einem Ausbau der Straße entschädigungslos auf sich nehmen müssen. Diese Vermutung stützt sich auf die Rechtsprechung der obersten Gerichte, soweit sie zu diesen Fragen vorliegt, insbesondere auf zwei Urteile des Bundesgerichtshofs aus den Jahren 1962 und 1964 sowie auf ein neueres Urteil des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 31. Januar 1964.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Schmitt-Vockenhausen.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002033, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, wären Sie nicht bereit, einmal mit den Ländern Verhandlungen über diesen ganzen Fragenkomplex einzuleiten, damit nicht manchem Einzelhändler vielleicht die Luft ausgeht, bevor die Gerichte durch ihre Rechtsprechung endgültig eine neue Lage geschaffen haben?

Not found (Staatssekretär:in)

Ich will das gern tun, Herr Abgeordneter. Bis zur Stunde sind jedenfalls bei uns oder beim Bundesinnenministerium irgendwelche Anregungen dieser Art seitens der Kommunen oder der Länder nicht eingegangen.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Zu einer zweiten Zusatzfrage Herr Abgeordneter Schmitt-Vockenhausen.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002033, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Glauben Sie denn nicht, Herr Staatssekretär, daß der gesamte Fragenkomplex im Hinblick auf die Pläne verschiedener Großstädte in der Bundesrepublik in Kürze für zahlreiche Firmen sehr aktuell sein wird?

Not found (Staatssekretär:in)

Wie gesagt, ich werde diese Frage mit den Ländern besprechen.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Wird noch eine Zusatzfrage gestellt? - Das ist nicht der Fall. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär. Wir stehen am Ende der Fragestunde. Wir kommen nun, wie vorhin beschlossen, zu den Zusatzpunkten der heutigen Tagesordnung. Ich rufe zuerst auf: Beratung des Schriftlichen Berichts des Außenhandelsausschusses ({0}) über die von der Bundesregierung beschlossene Vierundzwanzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1965 ({1}) ({2}). Vizepräsident Dr. Jaeger Es liegt ein Schriftlicher Bericht des Abgeordneten Bäumer vor, für den ich danke. Eine mündliche Ergänzung ist sicherlich nicht notwendig. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann lasse ich über den Ausschußantrag abstimmen. Wer dem Ausschußantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? - Keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen. Ich rufe zweitens auf: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft nach Durchschnittsätzen ({3}) ({4}). Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet. Ich schlage Ihnen Überweisung an den Finanzausschuß sowie gemäß § 96 der Geschäftsordnung an den Haushaltsausschuß vor. - Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen. Als dritten und letzten Zusatzpunkt rufe ich auf: Erste Beratung des von den Abgeordneten Ritzel, Dr. Dittrich, Dürr und den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Wahlprüfungsgesetzes ({5}). Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet. Ich schlage Ihnen vor, den Antrag an den Ausschuß für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung zu überweisen. - Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen. Damit kommen wir zum Hauptpunkt der heutigen Tagesordnung: Große Anfrage der Abgeordneten Moersch, Frau Funcke ({6}), Dr. Hellige und der Fraktion der FDP betr. Wissenschaftsplan zum Wissenschaftsbericht ({7}). Wer begründet die Große Anfrage? - Frau Abgeordnete Funcke ({8}), ich erteile Ihnen das Wort.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000620, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor wenigen Wochen hat der Bundesminister für wissenschaftliche Forschung der Öffentlichkeit und dem Haus den Bundesbericht Forschung I vorgelegt. Es war das erste Mal, daß wir eine zusammenhängende Übersicht über alle die vielfältigen und an verschiedene Ressorts gebundenen Forschungsvorhaben privater und öffentlicher Art vor Augen gestellt bekamen. Diese Übersicht hat einen weitgehenden Einblick in die Problematik, aber auch in die Notwendigkeiten gegeben. Damit ist zugleich auch - und das ist besonders dankenswert - schon ein Überblick über die Zukunft gegeben, jedenfalls soweit . sie im Augenblick überschaubar erschien, also für die nächsten Jahre. Wir danken dem Bundesminister an dieser Stelle noch einmal recht herzlich für diese Arbeit,. die für alle, die mit Forschung zu tun haben, ein wesentliches Instrument für- ihre zukünftigen Überlegungen ist. Mit dem Dank verbindet sich zugleich eine Frage. Der Politiker, der sich nicht mit der Betrachtung und der Analyse zufrieden geben kann, sondern um Gestaltung ringt, muß fragen: Was geschieht nun, was machen wir mit der Fülle der Erkenntnisse, die uns dieser Bericht liefert? Der Herr Bundeskanzler hat an verschiedenen Stellen, in Regierungserklärungen und an anderer Stelle, davon gesprochen, daß Bildung und Ausbildung, Forschung und Wissenschaft ein Schwerpunkt seiner Politik seien. Um so dringender stellt sich die Frage, wie es nun mit den politischen und praktischen Konsequenzen aussieht. Wir Freien Demokraten stellen diese Frage mit großer Sorge. Wir alle wissen, daß sich Bildung und Forschung nicht fernab von den Anforderungen des Tages und ohne Bezug auf sie vollziehen. Wir wissen: Bildung und Forschung sind Brot und Wohlstand für morgen. Wir wissen: Bildung und Forschung sind wesentliche, ja vielleicht die wesentlichen Voraussetzungen für die Lebensbewältigung von morgen, damit der Mensch nicht Knecht der technischen und wirtschaftlichen Entwicklung wird, die er selber geschaffen hat, sondern weiterhin der Herr über die Dinge in echter Bewältigung der geistigen, seelischen und materiellen Fragen unseres Lebens bleibt. Wir wissen: Bildung und Forschung sind die Sozialpolitik von morgen, und wir wissen: Bildung und Forschung sind ein Angelpunkt der Politik schlechthin, so wenig sie es vielleicht selber sein möchten. Dennoch bewältigen wir sie in der Politik nur sehr unzulänglich. Nach Auffassung der Freien Demokraten muß einmal das Vorurteil beseitigt werden, daß Bildung und Forschung mit Politik nichts zu tun hätten. Es muß das Vorurteil beseitigt werden, daß insbesondere die Bundespolitik legitim nichts mit Bildung und Forschung zu tun haben dürfe. Es ist eine lastende Hypothek auf unseren deutschen Verhältnissen, daß die bundesdeutsche Politik die Fragen der Bildung so weitgehend aussparen muß und daß Bildungspolitik hier einfach keine hinreichende Abstimmung mit dem Zusammenhang der Sozial- und Wirtschaftspolitik, der Gesellschafts- und Außenpolitik hat. Das ist kein Einzelvorwurf an den Bund oder an die Länder, sondern es ist eine Feststellung, meine Damen und Herren, die man nach fünfzehn Jahren parlamentarischer Arbeit als Kulturpolitikerin im Bund und im Land immer wieder bedrükkend empfindet. Da die Länderkultusminister heute unter uns sind, lassen Sie mich mit aller Deutlichkeit sagen: unsere Anfrage an die Bundesregierung zu Fragen, für die Ihnen, meine Herren, nach dem Wortlaut der Verfassung allein oder vorrangig die Verantwortung übertragen ist, ist kein Mißtrauen gegen Sie, ist auch nicht etwa die Forderung nach einer alleinigen zentralistischen Kulturpolitik in Bonn, ({0}) sondern ist der Ausdruck dafür, daß wir uns um der Gesamtpolitik willen auch und nicht zuletzt für die Kulturpolitik verantwortlich wissen. Frau Funcke ({1}) Darum geht unsere herzliche Bitte an die Vertreter der Länder, allzu formalistische Bedenken gegen das Mitdenken und Mithandeln und Mitbezahlen des Bundes im Bereich der 'Bildung zurückzustellen, eben um der gemeinsamen Aufgaben willen. Ich bin überzeugt, vor dem Urteil der Geschichte, ja schon vor dem Urteil der heranwachsenden Generation halten diese Bedenken nicht stand. Da gilt das Motiv, und da gilt vor allen Dingen das Ergebnis; und das zu erreichen, drängt die Zeit. Wir wissen alle, daß in bezug auf Forschung, Wissenschaft und Bildung in Deutschland trotz aller Bemühungen der Vergangenheit viel, sehr viel nachzuholen ist, um 'den Anschluß an die Erfordernisse von heute und morgen zu erreichen, und wir wissen, daß die personellen und sachlichen Investitionen in diesem Bereich Jahre, Jahrzehnte, Generationen dauern. Das gerade ist ja die Not in unserer heutigen Zeit, daß wir aus der Substanz gelebt haben, ohne es eigentlich recht zu merken, und daß wir nun neben dem Aufbau zukünftiger Kapazitäten auch noch den Substanzverlust der Vergangenheit aufholen müssen. Um das überschaubar zu machen, meine Herren und Damen, und die notwendigen 'Maßnahmen aufzuzeigen, biten wir die Bundesregierung, einen Wissenschaftsplan als Teil eines allgemeinen Bildungsplanes vorzulegen. Dabei geht es einmal um die Bedarfsvorausschätzung, die sich an der mutmaßlichen technisch-wirtschaftlichen Entwicklung und an der gesellschaftspolitischen Zielsetzung orientiert, und es geht zum anderen um die praktischen Konsequenzen in Hinsicht auf die notwendigen Bauten, die Finanzierung und den personellen Nachwuchs im Bildungswesen und in der Forschung. Wir brauchen gewaltige Finanzmittel. Daß zu Ostern über 40 % der Studienanwärter für das Medizinstudium keinen Studienplatz an deutschen Universitäten fanden, hat auch einer weniger informierten Öffentlichkeit klargemacht, wie es auf unseren Hochschulen aussieht. Dies ist nicht anders, wenn auch nicht so augenscheinlich, wenn in eine Massenvorlesung der Geisteswissenschaften sich noch zusätzlich hundert bis zweihundert Studenten mehr hineinzwängen; das ist mindestens ebenso gefährlich. Viel zu lange haben wir mit der Neuerrichtung von Universitäten und Hochschulen gezögert. Wir wollen hier nicht untersuchen, warum es trotz der Mahnungen und Warnungen der FDP in Nordrhein-Westfalen so lange dauerte, bis der erste Entschluß zustande kam, eine neue Universität zu errichten. ({2}) Wir sollten dies feststellen, aber nicht rückwärts uns darum streiten, meine Herren und Damen. ({3}) Es ist doch einfach so, daß die CDU unsere Anträge auf Vorarbeitskosten jahrelang nicht angenommen, sondern 'abgelehnt hat und daß sich daraus die Verzögerung ergeben hat. Das ist historisch nachweisbar. Wir müssen jetzt früh genug auf lange Sicht planen und auf Grund einer solchen Planung, an der Bund und Länder und Wissenschaft beteiligt sind, die Prioritäten festlegen. Bund und Länder sollten dann auch in verstärkten Anstrengungen die Finanzierung übernehmen, damit die Projekte zügig vorangetrieben werden. Der Bundesminister für wissenschaftliche Forschung und im Dezember vorigen Jahres der Bundeskanzler haben die Bereitschaft zur Mitfinanzierung für neue wissenschaftliche Hochschulen erklärt und konkrete Vorschläge gemacht. Leider fehlt von den Ländern bis heute eine positive Antwort darauf. Warum? Es kann doch schwerlich sein, daß die Voraussetzungen, die die Bundesregierung an das Angebot geknüpft hat, etwa nicht anzunehmen seien, nämlich die Beteiligung des Wissenschaftsrates an den Neuplanungen, die Einbeziehung der Medizinischen Akademien in den Gesamtplan und damit auch ihre Finanzierung und schließlich die angemessene Beteiligung des Bundes an der Verwaltung des gemeinsamen Finanzierungsfonds. Das sind doch völlig einleuchtende und, wie ich meine, von der Sache her selbstverständliche Dinge. Wir stimmen völlig zu, wenn Herr Minister Mikat auf dem CDU-Parteitag in Düsseldorf sagte, daß der Bund bestimmte Mitspracherechte bei der Wahrung übergreifender kulturpolitischer Aufgaben erhalten müsse. Wo sonst aber, meine Herren und Damen, wären übergreifende Aufgaben gegeben, wenn nicht gerade bei den Hochschulen, deren Studentenschaft sich eben nicht nach Länderzugehörigkeiten abgrenzt? Unsere große Sorge ist die Finanzierung. Schon heute läßt sich feststellen, daß Aufgaben, die für dieses und und das nächste Jahr geplant sind, zurückgestellt werden müssen, weil die Finanzierung nicht ausreicht. Wir erwarten, daß sich bei Aufstellung eines längerfristigen Planes - wir denken bei einem solchen Wissenschaftsplan in einem Zeitraum von zehn bis fünfzehn Jahren - die Notwendigkeit ergibt, feste Ansätze in den Bundeshaushalt und die Haushalte der Länder einzusetzen, welche sich aus dem Plan ergeben, und wir möchten mit aller Entschiedenheit darauf hinweisen, daß wir auch bei der Finanzierung so, wie es ursprünglich in dem Abkommen zwischen Bund und Ländern festgelegt war, ein Beteiligungsverhältnis von 50:50 zugrunde gelegt sehen möchten. Allerdings, meine Herren und Damen, bin ich davon überzeugt, daß auch bei der Finanzierung eines längerfristigen Planes durch die öffentliche Hand nicht entbehrt werden kann, daß darüber hinaus private und halbprivate Kräfte von Wirtschaft, Gewerkschaften, und wo immer wir sie bereit finden, die großen Aufgaben der Bildung und Forschung mittragen. Darum haben wir die Frage nach den Stiftungen gestellt. Aus mehreren Gründen halten wir eine solche Zusatzfinanzierung, die gar nicht klein sein sollte und z. B. im Ausland mit großem Erfolg geschieht, für notwendig. Eine langfristige Planung, wie wir sie notwendig haben, bringt es mit sich, daß die einen oder anderen Dinge, die plötzlich auftauchen, nicht mehr in der hinreichen9344 Frau Funcke ({4}) den Schnelligkeit dazwischengeschoben werden können. Da die Welt so dynamisch geworden ist und wir schwerlich - außer einem größeren Rahmen - alle Einzelheiten über zehn bis fünfzehn Jahre planen können, scheint uns über die Mitbeteiligung privater Stellen die Möglichkeit gegeben zu sein, solche plötzlich auftretenden Anforderungen kurzfristig und so schnell, wie es eben nötig ist, zu erfüllen. Außerdem glauben wir, daß durch die Mitbeteiligung der Kräfte aus unserem gesellschaftlichen Leben auch der Dynamik leichter Rechnung getragen werden kann, als das in dem ja immer etwas schwerfälligeren Apparat der staatlichen Verwaltung praktisch möglich ist. Und schließlich wissen wir, daß, so sehr auch die öffentliche Hand vorrangig die Aufgaben in ihre Verantwortung nehmen muß, doch der ungeheure Finanzbedarf von Bund und Ländern allein nicht gedeckt werden kann. Allerdings werden wir uns darüber Gedanken machen müssen - und dahin geht die Frage an den Herrn Bundesminister für wissenschaftliche Forschung -, wie es im einzelnen erleichtert werden kann, so wie in anderen Staaten private Institutionen, Einrichtungen und Vermögensmassen zu aktivieren. Wir brauchen gewisse steuerliche Maßnahmen, wir brauchen vor allen Dingen aber auch eine größere Freizügigkeit, nicht zuletzt bezüglich haushaltsrechtlicher Bestimmungen. Wir haben in dem Katalog unserer Fragen auch die Ausbildungsförderung und den zweiten Bildungsweg angesprochen. Dabei sind wir uns dar über klar, daß nach der derzeitigen Geschäftsverteilung diese Fragen nicht beim Bundesminister für wissenschaftliche Forschung ressortieren, da im Kabinett ein Unterschied zwischen Bildung und Wissenschaft ressortmäßig gemacht worden ist. Uns scheint diese Unterscheidung verhängnisvoll zu sein. Ebenso wie wir alle erkannt haben, daß es zwischen Bildung und Ausbildung keine scharfe Grenze gibt, ;sollten wir uns darüber klar werden, daß ressortmäßig keine Differenzierung zwischen Bildung einerseits und Wissenschaft andererseits vorgenommen werden sollte. ({5}) Denn die Wissenschaft kann nicht uninteressiert sein an dem, was im Bildungs- und Ausbildungswesen zeitlich vor ihr liegt, und umgekehrt müssen unsere Bildungsbemühungen nicht zuletzt auf die Spitze in Wissenschaft und Forschung ausgerichtet sein. Es kann für die Wissenschaft nicht gleichgültig sein, wenn jetzt in verschiedenen Ländern über sogenannte F-Gymnasien verschiedenster Art unterschiedliche Fakultätsreifen und Hochschulreifen konstituiert werden; es kann für sie auch nicht gleichgültig sein, wenn über Gymnasien erster und zweiter Qualität Unterschiede in der Bewertung der Hochschulreife gemacht werden. Hier sollte ein gemeinsames Gespräch herbeigeführt werden. Deswegen halten wir ja den aus dem baden-württembergischen Raum kommenden Vorschlag, neben dem Wissenschaftsrat und mit ihm unter einem Dach einen Bildungsrat einzurichten, für besonders wichtig. Wir stehen auch heute noch zu diesem Vorschlag. Er eröffnet 'einmal die Möglichkeit, jene Querverbindung zuschaffen, die wir für notwendig halten. Zum zweiten gibt er, anders als der Vorschlag der SPD, die. Möglichkeit, daß die Mächte der Bildung in Verbindung mit der Politik beraten. Es ist eine Hypothek der deutschen Geschichte, daß sich Wissenschaft und Politik voneinander getrennt haben. Während noch 1848 die Wissenschaft ein entscheidender Träger des Fortschritts im politischen Bereich und im politischen Engagement gewesen ist, haben wir heute zum Schaden beider eine gewisse Abstinenz der Politik - der Bundespolitik zwangsläufig - von der Kultur. und Bildung und umgekehrt eine gefährliche Abstinenz der Wissenschaft gegenüber den Tagesfragen der Politik. Wir könnten uns denken, daß ähnlich, wie beim Wissenschaftsrat eine fruchtbare Verbindung von Wissenschaft und Politik stattfindet, bei einem Bildungsrat eine fruchtbare Verbindung der Bildungsmächte unserer Zeit mit den politisch tragenden Kräften hergestellt werden kann. Wir fragen auch nach der Ausbildungsförderung, obwohl wir uns darüber klar sind, daß die seitens der Kollegen der SPD hervorgerufene Kontroverse eine Schwierigkeit aufgetürmt hat. Auf der einen Seite stellen Sie an den Bund die Forderung nach einem Ausbildungsförderungsgesetz, und auf der anderen Seite versucht man über die Normenkontrollklage der Länder Bremen und Hessen die Feststellung herbeizuführen, ,daß der Bund so etwas nicht tun darf. Wir werden also vermutlich in einer schwierigen Lage sein. Darum unsere Bitte an die Bundesregierung, hier klar zu sagen, wie denn nun eigentlich der zukünftige Weg in dieser für uns alle so dringlichen Frage ist. Es kann uns 'nämlich nicht gleichgültig sein, in welchem Maße wir weitere Schichten unserer Bevölkerung an Bildung, ,an die Schule, an die Universität, an die Forschung heranbringen. Ein Letztes, meine Herren und Damen! Immer wieder taucht bei den Bemühungen der Ministerien, bei unseren ,eigenen Bemühungen -das wissen wir alle - und nicht zuletzt bei den Bemühungen der Wissenschaft selbst die Schwierigkeit auf, daß die klaren Antworten, die unsere Zeit erfordert, nicht so leicht gegeben werden können, weil die statistischen Unterlagen fehlen. Keiner von uns wird meinen, daß man die Politik durch Statistik ersetzen kann. Aber wir alle wissen, welches Hilfsmittel eine Statistik sein kann, wenn man sie richtig anwendet. Wir haben Hochschulstatistiken, die sich auf Tatbestände an einem bestimmten Stichtag beziehen. Aber es fehlt uns eine Verlaufsstatistik, die uns angibt, was denn eigentlich aus dem einzelnen Studenten wird. Wenn .ein Student aus Tübingen weggeht, steht er in der Statistik unter „Abgang", und keiner weiß, ob er anderswo weiterstudiert oder aufhört. Hier wäre es also dringend notwendig, um Einsicht und Klarheit über unsere Maßnahmen zu gewinnen, zu wissen, wie denn 'eigentlich die berühmte Sickerquote ist, auf welche Studentengruppen sie sich bezieht, welchen weiteren Weg diese Studenten nehmen, wenn sie mit dem Studium aufgehört haben, ob sie nach einiger Zeit zurückkommen, und vieles andere mehr. Aus diesen ErkenntFrau Funcke ({6}) nissen werden uns weitere Möglichkeiten für eine in die Zukunft gerichtete Kulturpolitik erwachsen. Meine Herren und Damen, wir dramatisieren nicht gern in Fragen, die eine nüchterne Behandlung brauchen. Aber in den Fragen, um die es sich hier dreht, erscheint es uns doch wichtig, mit aller Deutlichkeit darauf hinzuweisen, daß wir keine Zeit mehr haben, lange über Zuständigkeiten, Grundlagenerkenntnisse und Theorien zu verhandeln, sondern daß wir uns -so ist unsere Anfrage an die Regierung gemeint - um Antworten für Entscheidungen mühen müssen. ({7})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Die Große Anfrage ist begründet. Die Beantwortung durch die Bundesregierung erfolgt durch Herrn Bundesminister Lenz. Ich erteile ihm das Wort.

Hans Lenz (Minister:in)

Politiker ID: 11001323

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bundesbericht Forschung I, den die Bundesregierung am 28. Januar 1965 dem Bundestag vorgelegt .hat, sollte in erster Linie das Parlament über die Förderung der Forschung und Entwicklung durch den Bund eingehend unterrichten. An mehreren Stellen des Berichtes wird deutlich, daß er über die Information hinaus bereits Material für einen Wissenschaftsplan bereitgestellt hat. Die Große Anfrage der Fraktion der FDP gibt der Bundesregierung Veranlassung, diesen Punkt eingehend zu erläutern. Ich bitte dabei um die Erlaubnis, die einzelnen Punkte der Großen Anfrage zum Teil abweichend von ihrer Reihenfolge behandeln zu dürfen. Forschung und Entwicklung werden in der Bundesrepublik Deutschland nebeneinander durch den Bund, die Länder, die Selbstverwaltung der Wissenschaft und die Wirtschaft gefördert. Eine solche Verteilung der Aufgaben auf mehrere Träger macht es notwendig, die einzelnen Förderungsmaßnahmen, jedenfalls die des Staates, nämlich des Bundes und der Länder, in eine Ordnung zu bringen, die jede der Förderungsmaßnahmen in sinnvolle Beziehung zu allen anderen setzt, so daß ein ausgewogenes System der Forschungsförderung entsteht. Dabei kann auf die Förderungsmaßnahmen der Wirtschaft hingewiesen werden. Diese Ordnung kann am besten durch einen Wissenschaftsplan hergestellt werden, wobei ich unter dieser Bezeichnung einen Plan für die Förderung der Forschung und Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland verstehe. Ein solcher Wissenschaftsplan muß enthalten: einmal eine Aufstellung der aus staatlichen Mitteln zu fördernden Maßnahmen und zum anderen eine Ubersicht über die Kosten der Durchführung dieser Programme, bezogen auf einen Zeitraum, sagen wir bis zum Jahre 1970. Der Wissenschaftsplan kann nur in partnerschaftlichem Zusammenwirken von Bund, Ländern, Wissenschaft und Wirtschaft entwickelt werden. Für die Folge werden hier auch die zu erwartenden Empfehlungen der Kommission für die Finanzreform eine Rolle spielen. Es bedeutet eine große Erleichterung, daß Bund ( und Länder bereits im Jahre '1957 das Gremium ins Leben gerufen haben, welches nach Lage der Dinge allein zur Entwicklung des Wissenschaftsplans in der Lage ist: den Wissenschaftsrat. Ihm ist schon bei seiner Gründung die Aufgabe übertragen worden - ich zitiere -, „auf der Grundlage der von Bund und Ländern im Rahmen ihrer Zuständigkeit aufgestellten Pläne einen Gesamtplan für die Förderung der Wissenschaften zu erarbeiten und hierbei die Pläne des Bundes und der Länder aufeinander abzustimmen". Der Wissenschaftsrat ist durch seine Struktur zur Erfüllung dieser Aufgabe besonders geeignet; er vereinigt Vertreter des Bundes, der Länder, der Wissenschaft und der Wirtschaft und hat sich durch die Sachlichkeit und Ausgewogenheit seiner Empfehlungen bereits hohes Ansehen erworben. Um einen Gesamtplan erstellen zu können, bedarf es zunächst einmal einer genauen Bestandsaufnahme der Förderungsmaßnahmen von Bund und Ländern sowie einer mittelfristigen Vorausschätzung des Finanzbedarfs in den einzelnen Bereichen. Diese existieren zum Teil bereits. Erstens. Die Bundesregierung hat mit dem Bundesbericht Forschung I für ihren Förderungsbereich eine solche gründliche Bestandsaufnahme und mittelfristige Vorausschau vorgelegt. Er enthält die fünf großen Förderungsprogrammes des Bundes die allgemeine Wissenschaftsförderung, die Kernforschung und kerntechnische Entwicklung, die Weltraumforschung, die Verteidigungsforschung und die Studienförderung und eine Darstellung der verwaltungsbezogenen Forschung des Bundes. Weitere Unterlagen ergeben sich aus den Empfehlungen der Deutschen Atomkommission im sogenannten Atomprogramm und der Deutschen Kommission für Weltraumforschung in einem kürzlich erschienenen „Memorandum Weltraumforschung". Zweitens. Die Kultusminister der Länder haben bereits vor zwei Jahren eine Bedarfsfeststellung der bis 1970 für den gesamten Bereich der Kultusverwaltung erforderlichen Mittel vorgelegt; diese Feststellung soll laufend auf den neuesten Stand gebracht werden. Drittens. Weitere Vorarbeiten sind die zahlreichen Denkschriften der Deutschen Forschungsgemeinschaft zu einzelnen Forschungsgebieten, die Jahresberichte der Selbstverwaltungsorganisaionen der Wissenschaft und ähnliche Veröffentlichungen. Viertens. Der Wissenschaftsrat selbst hat übergreifende Pläne für wesentliche Teilbereiche vorgelegt: Die Empfehlungen zum Ausbau der wissenschaftlichen Hochschulen, im Jahre. 1960 erschienen, und der wissenschaftlichen Bibliotheken vom letzten Jahr. Empfehlungen zur Lage und zu den Bedürfnissen der Forschungseinrichtungen außerhalb der Hochschulen, die sogenannten Institutsgutachten, werden in Kürze vorgelegt. Auf Grund dieser Vorarbeiten kann der Wissenschaftsrat den Wissenschaftsplan erstellen, der die Pläne des Bundes und der Länder aufeinander abstimmt und Schwerpunkte und Dringlichkeitsstufen bezeichnet, wie es in dem Abkommen über den Wissenschaftsrat vorgesehen ist. Der Wissenschaftsplan bedarf, damit er realisiert werden kann, der „Einordnung in ein langfristiges Finanzierungsprogramm", worauf in Nr. 1 der Großen Anfrage hingewiesen wird. Wie ein langfristiges Finanzierungsprogramm entweder für Bund und Länder gemeinsam oder jeweils für Bund und Länder getrennt aussehen wird, welchen Grad rechtlicher Verbindlichkeit es für die Landesregierungen oder die Bundesregierung, für den Bundestag oder die Länderparlamente haben kann und soll, ist noch nicht abzusehen. Der Bundestag hat mit Beschluß vom 15. Mai 1963 die Bundesregierung ersucht, dem Bundestag im Rahmen des jährlichen Finanzberichtes einen Überblick über die voraussichtliche Entwicklung des Bundeshaushaltes für einen Dreijahreszeitraum vorzulegen. Die Übersicht sollte u. a. die Höhe der auf rechtlichen oder internationalen Verpflichtungen beruhenden Leistungen enthalten. In seiner Regierungserklärung vom 18. Oktober 1963 hat der Bundeskanzler auf Grund dieser Anregungen auf die Notwendigkeit hingewiesen - ich zitiere -, „die üblichen Jahreshaushalte in längerfristige, etwa vier Jahre währende Haushaltsüberlegungen einzubetten, um auf solche Weise sichere Maßstäbe für Wert- und Rangordnung der einzelnen Ausgaben zu gewinnen". Das Bundesministerium für Wirtschaft und das Bundesministerium der Finanzen sind beauftragt worden, in enger Zusammenarbeit mit den beteiligten Ressorts und den Ländern dem Bundeskabinett zweckentsprechende Vorschläge zu unterbreiten. Im Rahmen der längerfristigen Haushaltsüberlegungen wird zu prüfen sein, welche Mittel zur Förderung der Wissenschaft als einer lebenswichtigen Aufgabe für unsere nationale Zukunft für den Zeitraum mehrerer Jahre voraussichtlich bereitgestellt werden können. Sollten die danach verfügbaren Mittel den sich aus dem Wissenschaftsplan ergebenden Bedarf nicht decken, muß sich der Wissenschaftsrat nochmals - in einem zweiten Durchgang - mit dem Wissenschaftsplan beschäftigen. Er wird dann diejenigen Vorhaben zu benennen haben, die mit den verfügbaren Mitteln gefördert werden sollen, und andere Vorhaben bezeichnen, die nicht oder nicht vollständig gefördert werden können. Daraus entsteht dann das Dringlichkeitsprogramm, das der Wissenschaftsrat nach Art. 2 Ziffer 2 des Abkommens jährlich aufzustellen hat. Zugleich erfüllt der Wissenschaftsrat damit die Aufgabe - entsprechend Nr. 3 der Großen Anfrage -, Prioritäten im Wissenschaftsbereich zu empfehlen. Zur Aufstellung von Prioritäten im Bildungsbereich hält es die Bundesregierung entsprechend ihren Ausführungen in der Dezemberdebatte in diesem Hohen Hause für erforderlich, daß neben einem Wissenschaftsplan auch ein nationaler Bildungsplan erarbeitet wird. Die Arbeiten an dem Wissenschaftsplan und dem Bildungsplan sind im Hinblick auf ihre innere Verwandtschaft zu koordinieren. Die Bundesregierung hat deshalb bereits durch Kabinettsbeschluß vom 1. 4. 1965 einen Kabinettsausschuß für wissenschaftliche Forschung, Bildung und Ausbildungsförderung errichtet, der unter Vorsitz des Herrn Bundeskanzlers steht. Seine Aufgabe ist die Abstimmung der grundsätzlichen Fragen in den drei genannten Bereichen. Er soll ferner die wechselseitigen Beziehungen der Wirtschafts- und Sozialpolitik zu der Wissenschafts- und Bildungspolitik beobachten und auf den inneren Zusammenhang der in diesen Bereichen getroffenen Maßnahmen achten. Mit der Errichtung dieses Kabinettsausschusses sind die organisatorischen Vorausetzungen für eine einheitliche Konzeption der Bunderegierung geschaffen worden, die alle Bereiche von Wissenschaft und Bildung umfaßt. Beispiele für die vorstehend geschilderte Wissenschaftsplanungg sind bereits auf einem wichtigen Teilgebiet vorhanden, nämlich innerhalb der allgemeinen Wissenschaftsförderung schon bei dem in Nr. 2 der Großen Anfrage erwähnten allgemeinen und speziellen Ausbau und der langfristigen Finanzierung der Forschungseinrichtungen und der Hochschulen. Bei dem Ausbau der bestehenden Hochschulen folgt die Bundesregierung den Empfehlungen des Wissenschaftsrates zum Ausbau der Hochschulen vom November 1960. Die Zuwendungen des Bundes für Baumaßnahmen der Hochschulen werden nur nach vorheriger Begutachtung durch den Wissenschaftsrat gewährt. Im Bundesbericht Forschung I wird zum ersten Mal eine Vorausschätzung des Bedarfs an Bundesmitteln zur Förderung von Forschung und Entwicklung für die Jahre 1966 bis 1968 vorgelegt; ferner ist an Hand der 1963 vorliegenden Planungsvorstellungen der Länder eine Aufstellung der Kosten des weiteren Ausbaues 'bestehender Hochschulen und der Neugründungen versucht worden, die sich nach dem damaligen Preisstand auf rund 21 Milliarden DM beliefen. Wahrscheinlich werden sie noch höher liegen. Der Ausbau der bestehenden wissenschaftlichen Hochschulen bleibt einer der Schwerpunkte der künftigen Forschungsfinanzierung. Von der Größenordung der alljährlich zur Verfügung stehenden Mittel wird es 'abhängen, ob der Ausbau beschleunigt werden kann, um das angestrebte Minimalprogramm einer Gesamtausbildungskapazität von 240 000 bis 255 000 Studenten möglichst frühzeitig zu erreichen. Erst wenn diese Kapazität erreicht ist, werden an unseren Hochschulen normale Ausbildungs- und Forschungsverhältnisse vorhanden sein, in die auch eine verbesserte Zahlenrelation zwischen dem akademischen Lehrer und den Studierenden eingepaßt werden kann. Wie sprunghaft das technische Ausbauvolumen und damit der alljährliche Finanzbedarf gestiegen sind, wird bei einem Vergleich 'der ersten EmpfehBundesminister Lenz lungen des Wissenschaftsrates vom November 1960 zum Ausbau der bestehenden wissenschaftlichen Hochschulen mit der im Bundesbericht Forschung I enthaltenen Bedarfsschätzung der Länder deutlich. Der Wissenschaftsrat empfahl im Jahre 1960 für ein erstes, mit konkreten Einzelobjekten belegtes Ausbauprogramm für die Jahre 1960 bis 1964 die Bereitstellung von Investitionskosten - das sind Bau- und Einrichtungskosten - in Höhe von 2,6 Milliarden DM. Das hätte eine gemeinsame Jahresleistung von Bund und Ländern in Höhe von 520 Millionen DM bedeutet. Von diesem Jahresbetrag ist man in den Verhandlungen zwischen Bund und Ländern über das am 4. Juni 1964 abgeschlossene Verwaltungsabkommen zur Förderung von Wissenschaft und Forschung ausgegangen. Nach den Schätzungen des Bundesberichts Forschung I wird der weitere Ausbau sich auf einen längeren Zeitraum erstrecken und Gesamtkosten in Höhe von 12,7 Milliarden DM erfordern. Zur Zeit bestehen verbindliche Abmachungen zwischen Bund und Ländern über die Aufbringung des Finanzbedarfs nur in dem Verwaltungsabkommen vom 4. Juni 1964, in dem sich Bund und Länder verpflichten, jährlich gemeinsam 500 Millionen DM bereitzustellen. Wenn von beiden Partnern nicht alljährlich wesentlich höhere Leistungen erbracht werden, so würde sich der Ausbau wahrscheinlich über einen Zeitraum von 20 bis 25 Jahren hinziehen. Eine unzureichende Funktionsfähigkeit unserer wissenschaftlichen Hochschulen würde damit in nicht zu verantwortender Weise verlängert. Glücklicherweise sieht zur Zeit die tatsächliche Finanzierungsbereitschaft der beiden Partner günstiger aus, als es nach dem im Verwaltungsabkommen vom 4. Juni 1964 vereinbarten Betrag von 500 Millionen DM den Anschein haben mag. Die Jahresleistung der Länder liegt schon jetzt bei dem mehr als Zweifachen der auf sie entfallenden Hälfte ,des vereinbarten Jahresbetrages. Auch der Bund ist im Jahre 1965 erstmalig mit einem Haushaltsansatz von 300 Millionen DM über seinen Pflichtbetrag hinausgegangen. Inzwischen ist der Ausbau der bestehenden wissenschaftlichen Hochschulen derartig beschleunigt worden, daß die verfügbaren Baumittel nicht ausreichen, um dem Baufortschritt voll Rechnung zu tragen. Der Wissenschaftsrat sah sich daher bereits veranlaßt, in seinen Jahresempfehlungen 1964 und 1965 aus der Mitfinanzierung mit Bundesmitteln weitgehend alle vor Beginn stehenden Baumaßnahmen auszuschließen und die Beteiligung des Bundes an Klinikbauten generell auf 33 1/3% zu beschränken, um wenigstens die Weiterführung der bereits begonnenen Bauten sicherzustellen. Die Gefahr, dieses Notprogramm unter Umständen weiter einschränken zu müssen, wird sich voraussichtlich abwenden lassen, da die Bundesregierung bestrebt ist, die siebenprozentige Kürzung von 21 Millionen DM und die Baumittelsperre von 4 Millionen DM im Rechnungsjahr 1965 aufzuheben. Auch die Finanzierung von neuen wissenschaftlichen Hochschulen ist nach Auffassung der Bundesregierung eine gemeinsame Aufgabe von Bund und Ländern. Die Bundesregierung ist deshalb bereit, sich an den vom Wissenschaftsrat empfohlenen Neugründungen finanziell zu beteiligen. Nach den Plänen der Länder sollen in Bochum, Bremen, Konstanz, Regensburg und in Ostwestfalen neue Universitäten, in Dortmund eine Technische Hochschule und in Augsburg, Hannover, Lübeck und Ulm Medizinische Ausbildungsstätten gegründet werden. Die Investitionskosten für diese Vorhaben ({0}) werden nach dem Bundesbericht Forschung I auf insgesamt 8237 Millionen DM ,geschätzt. Die Länder haben am 4. Juni 1964 ein Abkommen über die Finanzierung neuer Hochschulen abgeschlossen, das aber nur die vier neuen Universitäten und die Technische Hochschule Dortmund umfaßt und von einem Investitionsaufwand von 4100 Millionen DM ausgeht. Nach den neuesten Schätzungen dürften die Kosten für diese fünf Projekte bereits beinahe 6 Milliarden DM betragen. Ungeklärt bleibt ferner die Finanzierung der Medizinischen Ausbildungsstätten, die zusammen etwa 2240 Millionen DM kosten werden. Der Bundesregierung ist der Beitritt zu dem Länderabkommen, an dessen Ausarbeitung sie nicht beteiligt war, freigestellt. Der Herr Bundeskanzler hat den Herren Ministerpräsidenten am 17. November 1964 die Auffassung der Bundesregierung übermittelt und vorgeschlagen, darüber inder Ständigen Kommission zu verhandeln. Hierzu ist es bisher noch nicht gekommen, weil die Länder zunächst ihre Stellungnahme unter sich abzustimmen wünschten. Wesentliche Voraussetzung einer finanziellen Hilfe des Bundes für die neuen Hochschulen ist, .daß der Wissenschaftsrat zur Gesamtplanung und zur Finanzierung der neuen Hochschulen gehört wird und daß die Errichtung aller neuen wissenschaftlichen Hochschulen - auch der Medizinischen Ausbildungsstätten - finanziell gesichert wird. Über die Höhe eines Bundeszuschusses für die neuen wissenschaftlichen Hochschulen lassen sich noch keine genauen Angaben machen. Hierüber muß noch mit den Ländern verhandelt werden. Die bedeutendsten Einrichtungen zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung außerhalb der wissenschaftlichen Hochschulen sind die Deutsche Forschungsgemeinschaft, die Max-Planck-Gesellschaft, die Großforschungsanlagen der Kern- und Weltraumforschung und die Stiftung Volkswagenwerk. Letztere besitzt eigenes Vermögen und ist daher auch in ihren langfristigen Finanzplanungen unabhängig vom Staat. Ihre Einbeziehung in einen staatlichen Wissenschaftsplan ist daher nur nachrichtlich mit dem Hinweis möglich, daß der deutschen Wissenschaft mit der Stiftung Volkswagenwerk erfreulicherweise eine Hilfsquelle zur Verfügung steht, die sich rasch und unbürokratisch der Probleme und Forschungsvorhaben annehmen kann, bei denen die staatlichen Möglichkeiten versagen. Anders verhält es sich mit der Max-Planck-Gesellschaft und der Deutschen Forschungsgemeinschaft, deren Aufgaben überwiegend aus staatlichen Zuschüssen finanziert werden. Die Entwicklung dieser beiden Organisationen der Selbstverwaltung der Wissenschaft hängt also von der Höhe dieser Zuschüsse ab. Überlegungen über die Aufgaben beider Organisationen müssen in erster Linie von ihren zuständigen Organen angestellt werden. Die rasche Entwicklung der Wissenschaften, plötzlich auftretenden Bedarf auf einem Gebiet, Rückgang des wissenschaftlichen Interesses auf einem anderen, verbietet dabei eine zu starke Fixierung der Haushaltsentwicklung für die Zukunft. Für einen längeren Zeitraum können daher wahrscheinlich nur grundsätzliche Vorstellungen entwickelt werden. Hierzu gehört beispielsweise die Frage, in welchem Umfange die Max-Planck-Gesellschaft neue Institute aufnehmen und wie sie spontan entstehenden Bedürfnissen, wie in der Vergangenheit ,auf dem Gebiet der (Plasmaphysik, in Zukunft entsprechen soll. Derartige Überlegungen werden auch . in einem Wissenschaftsplan ihren Niederschlag finden. Konkret kann der Bedarf jedoch nur für einen nicht allzu großen Zeitraum vorausgeschätzt werden. Für die Jahre 1966 bis 1968 ist dies im Bundesbericht Forschung I auf Grund der voraussehbaren Entwicklung der Max-Planck-Gesellschaft und auf Grund der Denkschrift der Deutschen Forschungsgemeinschaft über Aufgaben und Finanzierung in den Jahren 1966 bis 1968 bereits geschehen. Die Denkschrift der Deutschen Forschungsgemeinschaft, die auch die Unterstützung des Wissenschaftsrates gefunden hat, kann als Teilstück eines Wissenschaftsplanes angesehen werden. Bei den großen Organisationen der Forschungsförderung wird also in Fortführung der schon bestehenden Übung ein Wissenschaftsplan die Grundlinien ihrer Entwicklung aufzeigen und für überschaubare Zeiträume den konkreten Finanzbedarf angeben. Ähnlich ist es bei den 'Großforschungsanlagen auf den Gebieten der Kernforschung und der Weltraumforschung einschließlich der Raumflugforschung, z. B. dem Kernforschungszentrum Karlsruhe, der Kernforschungsanlage Jülich und den der Deutschen Gesellschaft für Flugwissenschaften e. V. angeschlossenen Instituten. Diese Einrichtungen haben Ausbaupläne und auf mehrjährige Dauer veranschlagte Forschungsvorhaben, die in einem Wissenschaftsplan Aufnahme finden werden. Zu Nr. 4 der Großen Anfrage erlaube ich mir vorab eine klärende Interpretation, die, wie ich hoffe, im Sinne der Fragesteller liegt. Es ist hier ,die Rede von „wissenschaftlichen Institutionen". Unter wissenschaftlichen Institutionen versteht man Einrichtungen, in denen Forschung betrieben wird. Zwar gibt es eine Reihe wissenschaftlicher Institutionen in der Rechtsform einer privaten, aber aus staatlichen Zuschüssen getragenen Stiftung, beispielsweise das Deutsche Rechenzentrum in Darmstadt. Derartige Forschungsinstitute mit ihren hohen Investitions- und laufenden Kasten können kaum aus privaten Mitteln errichtet werden. Da die Nr. 4 der Großen Anfrage aber offensichtlich die Bundesregierung ermuntern und ermutigen will, die private Spendenfreudigkeit anzuregen, gehe ich davon aus, daß es sich bei den erwähnten „wissenschaftlichen Institutionen" nicht um forschungsbetreibende, sondern um forschungsfinanzierende Einrichtungen handeln soll. Nur in seltenen Fällen betreiben mittelaufbringende Stiftungen eigene Forschungseinrichtungen. Maßnahmen zur Förderung des privaten Stiftungswesens sollten nach Ansicht der Bundesregierung nicht Inhalt eines Wissenschaftsplans sein. Denn bei ihnen handelt es sich nicht um konkrete, gezielte Förderungsmaßnahmen, sondern um die Schaffung besserer Voraussetzungen für mögliche Förderungsmaßnahmen. Außerdem bedingt die Förderung des privaten Stiftungswesens die Änderung von Gesetzen und Verordnungen. Auch deshalb sollte sie zweckmäßigerweise nicht Teil eines Wissenschaftsplanes werden, sondern selbständig daneben stehen. Mit diesen Vorbehalten möchte ich einige Bemerkungen zu den Vorstellungen der Bundesregierung über die Entwicklung des Stiftungswesens anfügen. Bei Erörterungen hierüber wird immer auf die großen amerikanischen Stiftungen hingewiesen. Dabei sollten wir uns jedoch darüber im klaren sein, daß die Verhältnisse in Deutschland der Errichtung vergleichbarer Institutionen entgegenstanden. Ein zweimaliger Vermögensverlust im Laufe von 25 Jahren hat nur in wenigen Fällen Vermögen einer Größenordnung entstehen lassen, die der, aus der die amerikanischen Stiftungen entstanden, annähernd vergleichbar sind. Die geringe Zahl nennenswerter privater Stiftungen für wissenschaftliche Zwecke in Deutschland ist aber auch ein Anzeichen dafür, daß das unmittelbare allgemeine Interesse an der Wissenschaft in Deutschland noch keinen ähnlichen Grad erreicht hat wie in den Vereinigten Staaten von Amerika. Gesetzgeberische Maßnahmen allein werden hier keine Abhilfe schaffen. Dies zeigt sich u. a. darin, daß die Vergünstigungen unseres Steuerrechts, nach denen bis zu 10 % des Einkommens bei Spenden für wissenschaftliche Zwecke vom steuerpflichtigen Einkommen abgesetzt werden können, nur zu einem verschwindenden Bruchteil genutzt werden. Im übrigen sei bei dieser Gelegenheit darauf hingewiesen, daß diese Bestimmung unseres Steuerrechts auch von den interessierten Organisationen als so wissenschaftsfreundlich angesehen wird, daß sie einen Vergleich mit dem Ausland nicht zu scheuen braucht. An bedeutenden echten Stiftungen ausschließlich für wissenschaftliche Zwecke sind zu nennen: die aus der Privatisierung des Volkswagenwerks entstandene Stiftung Volkswagenwerk und die aus Privatvermögen stammende Fritz-Thyssen-Stiftung. Neben ihnen gibt es nach einer Erhebung des Stifterverbandes für die deutsche Wissenschaft noch 40 weitere, aus Privat- oder Staatskapital gebildete rechtsfähige Stiftungen, die ausschließlich der Wissenschaftsförderung einschließlich der Vergabe von Studien- und Forschungsstipendien dienen. Weitere 12 rechtsfähige Stiftungen widmen sich der Wissenschaftsförderung neben anderen Zwecken. Von den erwähnten 52 Stiftungen erfüllt eine Anzahl ihre Aufgaben nicht aus dem meist niedrigen Stiftungsvermögen - die Gesamtausschüttung aller dieser Stiftungen beträgt jährlich maximal 5 Millionen DM -, sondern aus jährlichen Zuwendungen, meist des Staates. Damit nähern sie sich in ihrer Finanzierung den stiftungsähnlichen Einrichtungen, die in Deutschland eine erhebliche Rolle spielen, Bundesminister Lenz Meist handelt es sich hier um eingetragene Vereine, zu denen u. a. die Förderergesellschaften der wissenschaftlichen Hochschulen gehören. Besondere Erwährung verdient hier der Stifterverband für die deutsche Wissenschaft, der Rechtsform nach ein eingetragener Verein, in seiner Aufgabenstellung und Arbeit einer Stiftung vergleichbar. Der Stifterverband hat sich besonders um die Hebung der Spendenfreudigkeit und auch darum bemüht, die Möglichkeiten, Stiftungen zugunsten der Wissenschaft zu geben, zu verbessern. Der Herr Bundesfinanzminister hat bereits in der Fragestunde vom 18. März 1965 auf eine Frage des Herrn Abgeordneten Dr. Martin mitgeteilt, daß der Stifterverband Vorschläge für steuerrechtliche Verbesserungen unterbreitet hat. Wesentlicher Inhalt dieser Vorschläge des Stifterverbandes ist: 1. Stiftungen aus dem Betriebsvermögen zugunsten wissenschaftlicher Zwecke sollen steuerfrei werden. 2. Stipendien an Studierende sollen beim Spender nicht nur in Höhe von 5 %, sondern in Höhe von 10 O/0 des Einkommens abzugsfähig sein. 3. Verbesserung der steuerlichen Vergünstigungen bei Spenden für die Wissenschaft für die Empfänger kleiner Einkommen, 4. Vermögensteuervorteile für unabänderliche testamentarische Verfügungen zugunsten der Wissenschaft, 5. Befreiung gemeinnütziger Institutionen von der Wertpapier- und Börsenumsatzsteuer. Der Bundesfinanzminister hat diese Vorschläge den Länderfinanzministern zugeleitet, die bei ihrer nächsten Konferenz über sie beraten werden. Gleichfalls wird die Bundesregierung die Realisierbarkeit dieser Vorschläge prüfen. Darüber hinaus ist zu erwägen, ob durch eine Verbesserung, Vereinheitlichung oder Angleichung des Länder-Stiftungsrechts, insbesondere auch hinsichtlich der Bestimmungen über die Stiftungsaufsicht, ein größerer Anreiz zur Errichtung von Stiftungen gegeben werden kann. Ihnen ist bekannt, daß sich der Deutsche Juristentag mit dieser Frage bereits einmal befassen wollte, angesichts der Zersplitterung dieses Rechtsgebietes aber erst Feststellungen über die verschiedenen Bestimmungen in den einzelnen Ländern und Landesteilen für erforderlich hält. Die Bundesregierung ist sich der Möglichkeiten, die private Stiftungen für die Förderung der Wissenschaften haben können, bewußt. Das staatliche Haushaltswesen wird auch bei großzügiger Handhabung nicht überall diejenige Elastizität erreichen, die zur Berücksichtigung der rasch auftretenden und wechselnden Bedürfnisse der Wissenschaft erforderlich ist. Hier können die Stiftungen entscheidend helfen. Die in Nr. 5 der Großen Anfrage erbetene Auskunft über eine verbesserte Begabtenförderung schon im Bereich der Schulen, über den Ausbau des zweiten Bildungsweges und über eine verstärkte Fortbildung, gehört zum Bereich der Bildung und Ausbildungsförderung. Die Antwort hat deshalb aus den oben dargelegten Gründen ebenfalls ihren Platz in dem erwähnten nationalen Bildungsplan. Daß die Bundesregierung in der Förderung der Ausbildung einen der wichtigsten und elementaren Bestandteile dieses Bildungsplanes sieht, hat sie bereits in der Kulturdebatte am 9. Dezember vergangenen Jahres dargelegt. Sie wird dazu im einzelnen Stellung nehmen in dem von diesem Hohen Haus erbetenen „Bericht über den Stand der Maßnahmen auf dem Gebiet der Ausbildungsförderung und Bildungsplanung", der zur Zeit von der Bundesregierung vorbereitet wird. Der am 1. April 1965 errichtete Interministerielle Ausschuß für Bildung und Ausbildungsförderung, dem unter Vorsitz des Bundesministers des Innern alle Bundesressorts angehören, gewährleistet Berücksichtigung aller Gesichtspunkte. Die Bundesregierung ist bemüht, den Bildungsbericht schon im Laufe des Jahres dem Parlament vorzulegen. Jede Bildungs- und Forschungspolitik, meine Damen und Herren, muß mit längeren Zeiträumen rechnen. Die in Nr. 6 der Großen Anfrage erwähnte differenzierte Hochschulstatistik ist deshalb zwar nicht Inhalt, wohl aber Voraussetzung und Grundlage für eine längerfristige Vorausschau der Entwicklung akademischer Berufe, die für förderungspolitische oder auch wirtschaftspolitische Entscheidungen unerläßlich ist. Das Statistische Bundesamt bemüht sich daher in Übereinstimmung mit der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder um Verbesserungen der Forschungs- und Bildungsstatistik. So wurden z. B. auf dem Gebiet der Hochschulstatistik in Verbindung mit den Statistischen Landesämtern organisatorische Maßnahmen eingeleitet, um die elektronische Datenverarbeitung auf dem Gebiet der Hochschulstatistik einzuführen. Hierdurch wird es möglich sein, differenziertere Angaben über den Studienverlauf, den Wechsel der Hochschule oder Fachrichtung, Studiendauer, Studienerfolg, „Sickerquote" während des Studiums bzw. vor Eintritt in den Beruf usw. zu erhalten. Alle diese Angaben werden eine Grundlage für objektivere Entscheidungen über Planung und Errichtung neuer Hochschulen, ferner über Maßnahmen der Hochschulreform, etwa zur Straffung des Studienganges u. a., sowie für eine Vorausschau der Entwicklung akademischer Berufe abgeben. Die eingeleiteten Verbesserungen werden die bisher durchgeführte reine Bestandsstatistik, aus der die für die Bildungsplanung benötigten Bewegungsabläufe nur sehr unvollkommen - wenn überhaupt - abzuleiten sind, zu einer Verlaufsstatistik entwickeln. Dem vom Statistischen Bundesamt vorgelegten Vorschlag für eine solche Verlaufstatistik haben die Leiter der Statistischen Landesämter auf ihrer Konferenz vom 17./18. Februar 1965 zugestimmt. Die neue Verlaufsstatistik, die für jedes Semester durchgeführt werden soll, wird an die Stelle der Großen Hochschulstatistik treten und auch die Prüfungsstatistik einbeziehen. Um die zukünftige Entwicklung der akademischen Berufe, insbesondere aber die Entwicklung des qualifizierten wissenschaftlichen und technischen Perso9350 Bundesminister Lenz nais, frühzeitig erfassen zu können, ist eine Ergänzung der durch die Hochschulstatistik gewonnenen Daten durch eine differenziertere Schulstatistik erforderlich. Ferner ist es notwendig, in Zukunft alle Daten der Bildungsstatistik und der Statistik der Staatsfinanzen so zu koordinieren und aufeinander abzustimmen, daß die gegenseitige funktionelle Zuordnung es erlaubt, die einzelnen Positionen der staatlichen Ausgaben im Bereich Bildung und Forschung in ihrer Entwicklung über einen längeren Zeitraum zu beobachten und miteinander zu vergleichen und auch mit der Kostenentwicklung im Ausland in Beziehung zu bringen. Leider fehlt eine tiefgegliederte Statistik der Schulkosten und der Kosten von Forschung und Entwicklung in der Bundesrepublik. Vorarbeiten für eine Statistik der Forschungskosten werden vom Statistischen Bundesamt durchgeführt. Im Interesse der internationalen Vergleichbarkeit sollte diese Statistik so eng wie möglich an das von den Mitgliedsländern der OECD festgelegte Standardschema für eine Statistik der Forschungskosten und des Forschungspersonals angelehnt werden. Dazu müßten ganz spezifische Kostengruppen möglichst genau erfaßt werden, deren Aufzählung .ich Ihnen hier ersparen will. Ich möchte nur als Beispiel erwähnen, daß u a. die Forschungskosten nach Grundlagenforschung,- angewandter Forschung und Entwicklung differenziert und möglichst auch die Unterscheidung der ermittelten Forschungskosten nach Forschungszweigen vorgenommen werden müßten. Da eine Forschungskostenstatistik dieser Art alle volkswirtschaftlichen Sektoren - also den öffentlichen Bereich - umfassen müßte, ergibt sich bei der Realisierung der angestrebten einheitlichen Statistik aus den unterschiedlichen organisatorischen und strukturellen Voraussetzungen der einzelnen Bereiche eine Vielzahl statistisch-methodischer Probleme. Die Bundesregierung wird bestrebt sein, den aufgezeigten Notwendigkeiten im Bereich der Statistik im Rahmen der personellen, technischen und haushaltswirtschaftlichen Möglichkeiten Rechnung zu tragen und die erforderliche Rechtsgrundlage zu schaffen. Meine Damen und Herren, die Fragesteller haben als Überschrift für ihre Große Anfrage „Wissenschaftsplan zum Wissenschaftsbericht" gewählt. Ich glaube, ich habe die Große Anfrage richtig interpretiert, wenn ich meiner Antwort als Leitmotiv „Vom Wissenschaftsbericht zum Wissenschaftsplan" zugrunde legte, wobei ich noch einmal betonen möchte, daß ich unter „Wissenschaftsplan" einen Plan für die Forschungs- und Entwicklungsförderung verstehe, neben den noch ein nationaler Bildungsplan treten muß. Der Forschungsbericht enthält, wie ich dargelegt habe, eine erste Bestandsaufnahme über die Wissenschaftsförderung der Bundesregierung und zugleich den Versuch einer Prognose des künftigen Bedarfs. Aus diesem ersten Schritt entwickelt sich logisch als nächster Schritt nun der Wissenschaftsplan: er ist der Versuch, die Durchführung ausgewählter konkreter Vorhaben der Forschungsförderung mit naturgemäß beschränkten finanziellen Mitteln für die nächsten Jahre zu sichern. Die Förderung der Forschung verlangt heute so gewaltige finanzielle Mittel und gestaltet so tiefgreifend alle Lebensbereiche unseres Volkes, daß diese Aufgabe nur durch die gesammelte Anstrengung des Bundes und der Länder gelöst werden kann, die alle unsere Kräfte erfordern wird. ({1})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Meine Damen und Herren, das Haus hat die Antwort der Bundesregierung entgegengenommen. Ich darf wohl annehmen, daß gemäß § 106 der Geschäftsordnung eine Aussprache gewünscht wird. Es sind inzwischen auch die Anträge auf Umdruck 650 und Umdruck 651 *) eingegangen, die sicherlich in die Aussprache mit einbezogen werden. Ich eröffne die Ausspreache. Als Vertreter des Bundesrates hat Herr Minister D. Hahn das Wort. D. Hahn, Minister des Landes Baden-Württemberg: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dankbar begrüße ich die Möglichkeit, dem Bundestag die Meinung der Länder zu den großen Fragen der Wissenschaftsförderung und -planung darlegen zu können. Ich darf der Befriedigung des Bundesrates darüber Ausdruck geben, daß der im Bund hierfür federführenden Minister für wissenschaftliche Forschung bei der Behandlung der Großen Anfrage der FDP dem Präsidenten des Bundesrates die Mitwirkung der Länder bei der parlamentarischen Behandlung angeboten hat. Die Länder haben im vergangenen Jahr das Zustandekommen des Bundesberichtes Forschung I durch Bereitstellung und Auswertung des Materials nach Kräften gefördert. Dieses Material ist zu einem großen Teil Substanz und Frucht ihrer Kulturpolitik. Nun sind die Länder auch verpflichtet und gewillt, sich den Konsequenzen zu stellen, die daraus abgeleitet werden mögen. Sie finden im Bundesbericht über Stand und Zusammenhang der Maßnahmen zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung die elementare Feststellung, daß im Jahre 1963 die Länder 60 %, der Bund 40 %. der Aufwendungen der öffentlichen Hand für die Wissenschaft aufgebracht haben; in diesen 40 % des Bundes sind übrigens auch die Mittel für die Verteidigungsforschung und für die Weltraumforschung enthalten. Ferner sagt der Bundesbericht, daß in den sieben Jahren von 1958 bis 1964 nach Schätzung des Forschungsministeriums rund 4,7 Milliarden DM für den Ausbau der wissenschaftlichen Hochschulen und Einrichtungen in den Haushaltsplänen von Bund und Ländern veranschlagt waren; hiervon entfielen auf den Bund 27 %, auf die Länder 73 %. Dabei sind die Aufwendungen für die Wissenschaft wesentlich stärker angewachsen als das Gesamtvolumen der öffentlichen Haushalte. Der Forderung nach einem steigenden Anteil der Wissenschaftsaufwendungen am Bruttosozialprodukt ist also in der Bundesrepublik im letzten Jahrzehnt *) Siehe Anlagen 2 und 3 Minister D. Hahn grundsätzlich entsprochen worden. Es ist dargelegt, daß sich der Anteil der Wissenschaftsaufwendungen am Bruttosozialprodukt von 1956 bis 1964 fast verdoppelt hat und von 1 % auf 1,9 % angewachsen ist. Ich verteidige damit keineswegs die Höhe dieser Zahlen und verkenne nicht ihr Zurückbleiben besonders gegenüber den angelsächsischen Ländern. Doch darf 'der steigende Trend der Forschungsförderung auch im Vergleich zum Haushaltsvolumen und zum Bruttosozialprodukt immerhin registriert werden. Im November 1960 sind die ersten Empfehlungen des Wissenschaftsrates veröffentlicht worden. Heute, nach viereinhalb Jahren, kann ich feststellen: die Länder als Träger der deutschen Hochschulen haben diese Empfehlungen nicht nur begrüßt, sondern auch durchgeführt. Lassen Sie mich dies an einem Kernstück der Empfehlungen, dem personellen Ausbau der wissenschaftlichen Hochschulen in der Zeit von 1960 bis 1964 deutlich machen. Ich schaue auf die Lehrstühle. Im Jahre 1960 gab es 3098 Lehrstühle, 1964 waren es 4191. Das bedeutet eine Zunahme um 35 %. Wesentlich stärker ist die Zunahme beim Mittelbau. 1960 hatten wir hier 2058 Stellen. 1964 waren es bereits 5232. Das bedeutet eine Zunahme um 154 %. Auch bei den Oberassistenten und Assistenten ist die Zahl stark angewachsen. 1960 hatten wir 9268 Stellen; 1964 waren es 16 113; also eine Zunahme um etwa 74 %. Was hinter diesen Zahlen steht, meine Damen und Herren, ist weit mehr .als eine Ausweitung der Haushalte und Stellenpläne. Es ist 'ein Stück kontinuierlicher Hochschulreform und somit ein Teil jenes Wissenschaftsplans, von dem die Große Anfrage der FDP spricht. Eine Wissenschaftsplanung ist besonders in Deutschland nur möglich, wenn sie hochschulgerecht ist. Dies ergibt sich aus der Einheit von Forschung und Lehre, die noch immer die Gestalt des deutschen Hochschulwesens bestimmt. So besteht auch die Ausweitung unserer Hochschulen in den letzten fünf bis zehn Jahren, besonders seitdem die Empfehlungen des Wissenschaftsrates vorliegen, nicht nur in einer summarischen Addition, sondern in einer langsamen Umstrukturierung, die die Ausbauzahlen erst zum Tragen bringt und sie mit geistigem Leben erfüllen kann. Zu dieser Umstrukturierung gehören zunächst die Besoldungskorrektur und Kolleggeldreform, die die deutschen Hochschulen auch finanziell wieder attraktiv macht - selbst für Gelehrte, die nach den USA abgewandert sind; ferner die Schaffung von Parallellehrstühlen, die Einführung des neuen akademischen Mittelbaus mit besserer Besoldung und funktioneller Unabhängigkeit, die Koordinierung der Prüfungsordnungen, die Straffung und weitestmögliche Verkürzung der Studiengänge - eine Maßnahme freilich, die sich erst nach Ablauf eines Studiengangs, also nach mehreren Jahren auswirken kann -, weiter die Einführung neuer akademischer Grade, wie ides Magisters, oder die Schaffung von Aufbaustudienzügen. Daneben sind die Strukturen zu nennen, die vornehmlich an neuen Hochschulen verwirklicht werden sollen, so die Gliederung von Fakultäten in Abteilungen, Departments und Sektionen, die Einführung technischer Fächer an den Universitäten, die Doppelmitgliedschaft von Lehrstühlen in mehreren Fakultäten, die Schaffung übergreifender oder interfakultativer Institute, die Bildung besonderer wissenschaftlicher Schwerpunkte; dazu gehören auch Aufgaben der Studienreform, wie neue Formen des akademischen Unternichts in studentischen Arbeitsgemeinschaften, .stärkere Heranziehung von Tutoren und des neuen Mittelbaus zur Teilung überfüllter Vorlesungen und Seminare und die Neugestaltung der klinischen Ausbildung am Krankenbett. Schließlich ist zu nennen die Reform ganzer Studienzweige, wie z. B. des juristischen Studiums, des pharmazeutischen Studiums, wozu der Wissenschaftsrat soeben Vorschläge erarbeitet hat, oder das Überdenken der ärztlichen Ausbildung. Ich habe mir erlaubt, die verschiedenen Ebenen, auf denen an der inneren Entwicklung unserer Hochschulen, ihrer Gestalt und ihrer Inhalte gearbeitet wird, zu benennen, nur um Ihnen darzutun, daß alle diese Fragen Bestandteil eines Wissenschaftsplanes sein müssen oder jedenfalls ein Wissenschaftsplan ihnen Rechnung tragen muß. Es ist deshalb nicht möglich, eine Wissenschaftsplanung auf dem Papier zu entwerfen oder von hoher Hand zu verfügen. Geistige Prozesse bedürfen der Reifung, gedankliche Inhalte des Wachstums. Der Staat kann diese Entwicklung fördern, er kann katalysatorisch wirken, er kann den wichtigen äußeren Rahmen schaffen; doch darf er die Notwendigkeit des Zusammenwirkens von Hochschulen und Forschungseinrichtungen innerhalb und außerhalb der Hochschulen mit ihren Rechtsträgern, den Ländern, und ihren verschiedenen Finanzträgern nicht übersehen. Gewiß spielt die Finanzierung bei der Wissenschaftsförderung eine zentrale Rolle; doch ist es mit der Mittelbereitstellung allein noch nicht getan. Auf den Umstand, daß Bund und Länder, Vertreter der Hochschulen und Forschungseinrichtungen, Persönlichkeiten der Wirtschaft und des öffentlichen Lebens in ausgewogener Weise im Wissenschaftsrat zusammenarbeiten, hat der Herr Bundesminister für wissenschaftliche Forschung in seinen Ausführungen bereits eindrucksvoll hingewiesen. Die bisherige Arbeit des Wissenschaftsrats, aber auch viele Planungen der Länder haben gezeigt, daß Wissenschaftsprogramme häufig schneller überholt werden als viele andere Planungen. In den Empfehlungen des Wissenschaftsrats von 1960 wurde der Lehrstuhlbedarf der deutschen Hochschulen auf insgesamt 1200 Lehrstühle - Ordinariate und Extraordinariate - angegeben. Augenblicklich läuft eine zweite Erhebung des Wissenschaftsrats über den weiteren Ausbaubedarf der Hochschulen. Nach dem vorläufigen Ergebnis der Anmeldungen werden weitere 1500 Lehrstühle gefordert, und zwar ohne die Neugründungen von Universitäten, Technischen Hochschulen und Medizinischen Akademien, die insgesamt sicher weitere 800 bis 1000 Lehrstühle erforderlich machen werden. Minister D. Hahn Es ist klar, daß die Frage des akademischen Nachwuchses damit zu einem Zentralpunkt aller Wissenschaftsplanung wird. Schon heute ist es leichter, Lehrstühle zu schaffen, als sie zu besetzen. In diesem Zusammenhang möchte ich Ihnen den Anteil der unbesetzten Lehrstühle nennen: er betrug 1960 nur 12 %, 1962 bereits 14 % und 1964 19 %. Fragen der Neuordnung unseres Habilitationswesens, der Berufung von nichthabilitierten Praktikern auf Lehrstühle und Probleme der attraktiven Ausstattung ,der Stellen unseres akademischen Mittelbaues werden damit in den Vordergrund gerückt. Auch hier kann aber eine Lösung nicht am Grünen Tisch geplant und dann dekretiert werden, sondern es bedarf einer inneren Entwicklung, einer Ablösung des Überkommenen durch neue Gehalte. Dies kann nur im verständnisvollen Zusammenwirken der Hochschulen mit den Ländern geschehen. Dennoch werden nicht alle der angeforderten 1500 neuen Lehrstühle an den bestehenden Hochschulen, der 1000 Lehrstühle an den Hochschulneugründungen ohne weiteres geschaffen werden können. Denn es wird dabei nicht nur darauf ankommen, neue Institute und zusätzliches wissenschaftlich-technisches Personal )bereitzustellen. Sollen die neuen Lehrstühle künftig besetzt werden können, so müssen schon jetzt die erforderlichen Maßnahmen zur langfristigen Förderung eines ausreichenden wissenschaftlichen Nachwuchses getroffen werden. Eine solche Nachwuchsförderung darf aber nicht erst auf der Hochschule, sie muß schon als eine breite Förderung bei den weiterführenden Schulen einsetzen. Bei diesem weiteren Ausbau unserer Hochschulen wird es auch darauf ankommen, Schwerpunkte zu setzen. Wenn hier gefährliche Fehlleitungen von geistigem und finanziellem Kapital vermieden werden sollen, wird man auswählen und auch manchmal nein sagen müssen. Die Hochschulen kommen jetzt nach der großen Nachholperiode der Jahre seit 1950 mit ihrem Höhepunkt des Ausbaues im letzten Jahrzehnt in eine neue Periode der Auswahl, der Schwerpunktbildung und der Konzentration. Hier muß behutsam und unter Abwägung aller Gesichtspunkte vorgegangen werden. Auch das ist ein Faktor, dem die Wissenschaftsplanung der kommenden Jahre Rechnung tragen muß, in der Zielsetzung ebenso wie in der Methode, und auch hier dürfen die Verantwortlichkeitsverhältnisse nicht außer acht gelassen werden. Das gleiche gilt von einem weiteren Zentralpunkt unserer Wissenschaftspolitik, der mit der Entwicklung der Studentenzahlen zusammenhängt. Sie wissen, in welchem Maße die Frequenz unserer wissenschaftlichen Hochschulen zunimmt. Von 1950 bis 1964 ist die Zahl der deutschen und ausländischen Studenten - ohne Beurlaubte und Gasthörer - in der Bundesrepublik fast auf das Zweieinanhalbfache angestiegen, nämlich von rund 111 000 auf rund 245 000, ohne daß, wie zugegeben werden muß, die Kapazität der Hochschulen - trotz des intensiven Bemühens der Länder - damit Schritt halten konnte. Der Wissenschaftsrat hat in seiner bekannten Veröffentlichung „Studenten und Abiturienten" eine alternative Vorschätzung für die zu erwartenden Studentenzahlen bis zum Jahre 1980 vorgelegt. Die hohe Alternative, das sogenannte Modell B 2, rechnet mit rund 380 000 Studierenden im Jahre 1980. Neuere Erhebungen der Kultusministerkonferenz über den tatsächlichen und voraussichtlichen Schulbesuch der Gymnasien deuten darauf hin, daß diese hohe Alternative nicht mehr als unwahrscheinlich angesehen werden darf. In Frankreich soll die Gesamtzahl der Hochschulstudierenden, die sich 1960 auf 250 000 belief, binnen eines Jahrzehnts auf 500 000 erhöht werden. Die Planung in Großbritannien sieht bei einem Ausgangsstand von etwa 160 000 Studenten im Jahre 1960 entsprechend der Vorschätzung des Robbins Report eine Verdoppelung der Studienplätze bis 1970 vor. Daß hier ein zentraler Punkt auch unserer Wissenschaftsplanung vorliegt, bedarf keiner Begründung. Zugleich wird offensichtlich, wie eng sich jede Hochschulplanung mit der allgemeinen Bildungsplanung berührt. Das gesamte zur Hochschulreife führende höhere Schulwesen unseres Landes wird damit angesprochen. Diese Probleme im deutschen Hochschulbereich scheinen mir darzutun, daß die Wissenschaftsplanung auch dem Rechnung tragen muß, was ich die Infrastruktur unseres geistigen Lebens nennen möchte. Auch die Großforschungsvorhaben, die der Bericht des Herrn Bundesministers für wissenschaftliche Forschung genannt hat und bei denen er den Nachholbedarf der Bundesrepublik mit Recht betont hat - wie Kern- und Weltraumforschung, Raumund Luftfahrttechnik -, haben innerwissenschaftliche Aspekte. Der teuerste Windkanal, der größte Reaktor oder Protonenbeschleuniger, jeder Raketenentwicklungsstand wird unzureichend genützt, wenn die Hochschulen sich zuwenig oder in zu großer Zersplitterung mit diesen wissenschaftlichen und technischen Fragen befassen, wenn dadurch der Nachwuchs fehlt oder abwandert. Das gleiche gilt für den gesamten Bereich der Forschung außerhalb der Hochschulen. Ich habe deshalb mit lebhafter Befriedigung festgestellt, daß die Große Anfrage der FDP an die Bundesregierung ein enges Zusammenwirken zwischen Bund und Ländern in der Wissenschaftsplanung voraussetzt. Zu einem solchen Zusammenwirken sind die Länder 'bereit. Wir halten eine Zusammenarbeit für erforderlich, glauben aber auch, daß sie die Bereitschaft beider Partner zu echter Kooperation voraussetzt. Die Länder haben bisher die finanzielle Hauptlast der Wissenschaftsförderung getragen. Auch von der Hauptlast der Verantwortung werden sie sich nicht entbinden können. Diese Verantwortlichkeit stützt sich nicht allein auf das Grundgesetz, sondern auf die Einheit von Forschung und Lehre und auf den unlösbaren Zusammenhang der akademischen Lehre mit Bildung und Ausbildung in unseren Schulen. Ich hoffe das Verständnis dieses Hauses dafür zu finden, daß die Ministerpräsidenten und Kultusminister zu dem Vorbringen des Forschungsberichts I über .die verfassungsrechtlich Ausgangslage gewisse Vorbehalte anmelden, besonders soweit hier eine Bundeszuständigkeit kraft Sachzusammenhangs gefordert und soweit Einrichtungen der LändergesamtMinister D. Hahn heit die verfassungsmäßige Legitimität abgesprochen wird. Der im Forschungsbericht der Bundesregierung vertretenen Auffassung, daß die wissenschaftliche Forschung in den Ländern, mithin weite Bereiche auch des Hochschulwesens, bundesgesetzlich geregelt werden könnten, stehen seitens der Länder im Hinblick auf die Auslegung von Art. 74 Nr. 13 des Grundgesetzes Bedenken entgegen. Die Vorbehalte der Länder sind nicht polemischer Natur. Sie werden die Bereitschaft der Kultusminister und -senatoren zu einer gemeinsamen Wissenschaftsplanung nicht beeinträchtigen. Nachdem die Bundesregierung ihrerseits mehrfach und auch heute wieder ihre Bereitschaft zu gemeinsamen Überlegungen in der Wissenschaftsplanung zum Ausdruck gebracht hat, möchte ich von meiner Seite hierzu noch folgendes feststellen. Erstens. Die Ausführung einer solchen Planung wird zum großen, ja, zum überwiegenden Teil den Ländern zukommen, die dabei eines engen und vertrauensvollen Einvernehmens mit ihren Hochschulen bedürfen. Zweitens. Zunehmend sind in letzter Zeit bedeutende wissenschaftspolitische Entscheidungen auf internationaler Ebene gefallen. Die Organisation der wissenschaftlichen Forschung verläßt ebenso wie die Wirtschaftspolitik und die Agrarpolitik die nationalen Grenzen und bedarf einer internationalen Zusammenarbeit. Ich darf nur an die großen Organisationen wie GERN in Genf, wie ESRO und ELDO für die Raumforschung, ferner an das Abkommen über eine Internationale Sternwarte auf der Südhalbkugel und an die in der Errichtung begriffene europäische Organisation für Molekularbiologie erinnern. Die Nützlichkeit und Notwendigkeit einer Integration auch der Wissenschaft und Forschung in Europa muß in vollem Maße anerkannt werden. Sie sollte in erster Linie zu einer Verstärkung der internationalen Zusammenarbeit auf den einzelnen Fachgebieten führen. Zu diesem Zusammenhang muß ich jedoch darauf verweisen, daß gerade die großen, mit erheblichen Mitteln ausgestatteten internationalen Forschungszentren Auswirkungen auf unsere Hochschulen zu nehmen beginnen, die bisher nicht nach allen Seiten bedacht worden sind. 'Es gilt zu vermeiden, daß hier ein wissenschaftliches und finanzielles Gefälle entsteht und die deutschen Hochschulen auf immer bedeutsameren Teilgebieten von großen und modernen Forschungsvorhaben ausgeschlossen werden. Hier möchte ich den Wunsch anmelden, daß auch den Ländern schneller und vollständiger als bisher Gelegenheit zur Äußerung und zur Mitwirkung gegeben wird, daß ihr sachkundiger Rat bei den organisatorischen und wissenschaftspolitischen Entscheidungen genutzt wird und daß ihnen als Betreuern der deutschen Hochschulforschung eine Mitwirkung in den Organen der internationalen Institute und Organisationen künftig nicht versagt bleibt. Zum dritten erlauben Sie mir ein Wort zum nervus rerum, zu den Finanzen. Ich bin so lange Mitglied dieses Hohen Hauses gewesen, daß ich von der oft vertretenen Meinung, um die Länderfinanzen stehe es doch besser als um die des Bundes, beeindruckt worden bin. Es ist mir aber leider trotz aufrichtigen Bemühens nicht igelungen, diese Auffassung vom besseren Stand der Länderfinanzen von Bonn mit nach Stuttgart zu nehmen. ({0}) Doch ein Silberstreifen zeigt sich am Horizont: Der Bund erwägt, sich an der Finanzierung der neuen Hochschulen zu beteiligen, ({1}) was die Bundesfinanzen erfreulicherweise zu ermöglichen scheinen. ({2}) Den Länderfinanzen winkt also eine Entlastung bei der Finanzierung der neuen' Universitäten, Technischen Hochschulen und Medizinischen Akademien, deren Größenordnung im Forschungsbericht I zu Recht auf mindestens 8 Milliarden DM geschätzt worden ist. Hierüber wird demnächst zwischen dem Bund und den Ministerpräsidenten der Länder weiter verhandelt werden. Es wäre dabei von besonderem Wert, wenn hier auf eine echte Finanzhilfe des Bundes gerechnet werden könnte. Die Anziehungskraft des größten Etats, von der schon vor 35 Jahren der damalige Statssekretär im Reichsfinanzministerium Popitz gesprochen hat, sollte sich dabei allerdings nicht so auswirken, daß der Bund über eine Erhöhung seines Anteils an der Einkommen- und Körperschaftsteuer das wieder in Anspruch nimmt, was er den Ländern für die Hochschulfinanzierung gewährt. Andernfalls wäre keine echte Entlastung der Länder für ihre Hochschulneugründungen erreicht, und man müßte sich fragen, wozu Milliardenbeträge von einem Fiskus zum anderen bewegt werden. Ich hatte mir erlaubt, auf den steigenden Trend der Aufwendungen für die Wissenschaft und auf die Tatsache hinzuweisen, daß augenblicklich die Länder für den größten Teil dieser Last aufzukommen haben. Ich bitte es nicht als Kritik, sondern als Feststellung der Tatsachen zu werten, wenn ich erwähne, daß ein festes Beteiligungsverhältnis zwischen Bund und Ländern in der partnerschaftlichen Aufbringung der Investitionskosten für den Hochschulausbau nicht besteht. Ursprünglich waren, wie der Herr Bundseminister dargestellt hat, Bund und Länder davon ausgegangen, daß sie jährlich gemeinsam 500 Millionen DM für den Ausbau der bestehenden Hochschulen aufzubringen haben. Die steigenden Bedürfnisse der Lehre und Forschung zwingen die Länder, bereits jetzt mehr als das Doppelte aufzubringen, und auch der Bund ist dankenswerterweise im Haushalt 1965 über seinen Anteil von 250 Millionen DM hinausgegangen und stellt jetzt 300 Millionen DM zur Verfügung, die vorerst noch gewissen Kürzungen unterliegen. Unter der von mir dargelegten Voraussetzung, daß nicht ein anderweitiger Abzug an anderer Stelle stattfindet, würden es die Länder naturgemäß begrüßen, wenn die in Aussicht genommene Aufteilung der Kosten in Höhe von 50 v. H. für jeden der beiden Partner 9354 Deutscher Bundestag - 4. Wahlperiode - 186. Sitzung. tonn, Freitag, den 21. Mai 1965 Minister D. Hahn vom Bund wieder eingehalten werden könnte. Vielleicht sollte in Ergänzung der früheren Abmachungen, nämlich des Abkommens über den Wissenschaftsrat und des Verwaltungsabkommens vom 4. Juni 1964, eine solche Relation von 50 : 50 bei der Aufbringung der Mittel für die Hochschulbauvorhaben einschließlich der Ersteinrichtungen neu vereinbart werden. Ohnedies sind ja die Länder mit den laufenden Unterhalts- und Betriebskosten der erweiterten und ausgebauten Hochschulen, die bekanntlich ausschließlich von ihnen zu tragen sind, erheblich belastet. Ich bin im vorstehenden auf die Einzelpunkte der Großen Anfrage der FDP nicht näher eingegangen; nicht nur, weil der Herr Bundesminister für wissenschaftliche Forschung die nötigen Sachangaben weitgehend erstattet hat, sondern auch, weil es mir wesentlicher erschien, Ihnen eine Konzeption von der Hochschulpolitik und Wissenschaftsförderung aus der Sicht der Länder zu entwickeln und Ihnen die Probleme darzustellen, die sich den Kultusministern stellen. Dies bedeutet nicht, daß wir nicht nach besten Kräften auch an einer Lösung der Einzelfragen mitzuwirken bereit sind, die die Anfrage berührt. Bei der gewünschten Verbesserung der Hochschulstatistik werden die Statistischen Landesämter jede Förderung zu geben bereit sein. Wenn andere Fragen offen sind, wie die der Berücksichtigung von Wehrdienstabsolventen bei der Zulassung zu derzeit studienbeschränkten Fächern, wie z. B. Medizin oder Pharmazie, werden gemeinsam von den Hochschulen, den Ländern und dem Herrn Bundesverteidigungsminister Lösungen gesucht werden müssen. Es gibt viele weitere Fragen, die zwar zunächst der politischen Gestaltung und parlamentarischen Verantwortung der Länderregierung unterliegen, wie z. B. die Verkürzung der Studienzeiten und die Straffung unseres Ausbildungswesens. Hier besteht ein voll anzuerkennendes Interesse von Bundesregierung und Bundestag, über die Lösungsversuche unterrichtet zu werden und zu hören, was schon erreicht ist und was noch vor uns liegt. Es würde ausführlicher Darstellungen bedürfen, wenn ich hier auf Einzelheiten eingehen wollte. Ich bemerke nur, daß Umstellungen von Prüfungsordnungen naturgemäß mindestens jene Zeit zur Auswirkung fordern, die die Studienanfänger nach der geänderten Prüfungsordnung für den Durchlauf bis zum Examen benötigen. Die Kultusminister verfolgen das Problem seit Jahren und suchen es in verschiedenen organisatorischen Formen zu bewältigen, so durch Einsetzung von Fachausschüssen, durch Appelle an die Hochschulen, durch Vermehrung der Elementarlehrmittel, durch Nichtgenehmigung von Prüfungsordnungen, die eine Verlängerung der Mindeststudienzeiten vorsehen, und durch Einführung neuer Studienordnungen. ({3}) Ich hoffe, Ihnen einen Teil des Weges sichtbar gemacht zu haben, den die deutschen Hochschulverwaltungen in den letzten Jahren gegangen sind. Der größere Teil dieses Weges, der die eigentliche Wissenschaftsplanung umfassen wird, liegt noch vor uns. Als Ziel steht, wie ich glaube, in gleicher Weise vor diesem Hohen Haus, der Bundesregierung, den Landesparlamenten und Landesregierungen, das Hochschulwesen unseres Landes den Erfordernissen der industriellen Massen- und Wohlstandsgesellschaft unserer modernen Welt anzupassen. In ihr hat die Wissenschaft eine doppelte Funktion: die ethische der Wahrheitsfindung und Erkenntnisförderung und daneben die ökonomische eines Produktionsfaktors, der gleichrangig neben die klassischen Produktionsfaktoren Arbeit, Kapital und Boden getreten ist. Ohne Wissenschaft kann die moderne Wirtschaft und Gesellschaft ihre Probleme nicht mehr lösen. Allein schon diese doppelte Aufgabe umreißt den Rang der Wissenschaftsförderung in Forschung und Lehre. Wir sind uns des hohen Ranges dieser Aufgabe bewußt und werden alles daransetzen, sie zu lösen. Wenn wir dabei der Unterstützung von Bundestag und Bundesregierung versichert sein dürfen, so wird uns dies eine entscheidende Hilfe sein, ({4})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Martin.

Dr. Berthold Martin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001426, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Die Große Anfrage der FDP und die Antworten der Herren Minister Lenz und Hahn hatten etwas Gemeinsames. Wenn man einmal die Leistungsaufzählung wegläßt und auf die Gedankenführung achtet, erkennt man, daß es sich im Grunde genommen gegenwärtig um die Frage der Bildungsplanung handelt Das entspricht auch genau dem Stande der Diskussion. In der Anfrage heißt es zwar „Wissenschaftsplan". Aber ich denke, es ist dasselbe gemeint, Lassen Sie mich zunächst einige Vorbemerkungen machen, um dann auf den Stand der Diskussion einzugehen. Der Gedanke der Bildungsplanung hat sich in den letzten beiden Jahren überraschend durchgesetzt. Das ist eine Vokabel, die dem Liberalen, dem Sozialisten und dem Konservativen ebenso geläufig ist wie der Presse. Das ist deshalb möglich gewesen, weil inzwischen klar geworden ist, daß es sich bei Bildungsplanung nicht um Planung der Bildung, sondern um Planung des Bildungswesens handelt. An dem Gespräch, das es darüber in der Bundesrepublik Deutschland gibt, sind einige Partner beteiligt. Da sind zunächst die Länder als Träger der Kulturhoheit, da ist der Bund als Sachwalter übergreifender Interessen, und da ist schließlich die Öffentlichkeit, die in steigendem Maße daran teilnimmt. Das Interesse ist in der Tat vital, meine Damen und Herren; denn es geht um verschiedene Dinge. Zunächst geht es um die individuellen Lebenschancen unserer Kinder in einer Leistungsgesellschaft, in der man sich selbst und seinen Ort bestimmt durch Bildung und Ausbildung. Es geht weiter um die Stabilität der sozialen Ordnung, um das Wachstum der Wirtschaft und um die internationale Geltung unseres Landes. Es kann kein Zweifel darDr. Martin über sein, daß sich das kulturpolitische Klima gebessert hat. Die Parlamente sind heute viel mehr bereit, etwas zu tun, als früher. Der Gedanke, daß Bildungspolitik Priorität habe, ist in diesem Hause ausgesprochen, und er wird ständig wiederholt. Es gibt auch fruchtbare Ansätze, als da sind Bedarfsfeststellung der Kultusminister-Konferenz, Forschungsbericht I der Bundesregierung, steigende Etatansätze usf. Wir haben das heute morgen alles gehört. Aber was fehlt, ist eine Gesamtkonzeption, in der alle Zeichnungsberechtigten der Kulturpolitik, nämlich Bund, Länder, Gemeinden und bestimmte Gruppierungen der Gesellschaft, miteinander wirken, um einen nationalen Gesamtplan für Wissenschaft und Bildung zu erstellen. Das ist auch der Kern der Anfrage und der Kern der Diskussion im Kulturpolitischen Ausschuß. Über die Prinzipien, die ich soeben noch einmal in Erinnerung gebracht habe, sind wir uns in diesem Ausschuß lange Zeit einig gewesen. Leider sind wir es seit einiger Zeit nicht mehr. Die SPD-Fraktion hat nämlich in dieser Sache einen zügigen Rückmarsch angetreten. ({0}) Noch im Juni 1964 hat die Kultusministerkonferenz in Köln einen sehr weisen Beschluß gefaßt, den ich zitieren möchte. Dort heißt es: In einem demokratischen Bundesstaat kann und darf Bildungsplanung nur in einer steten Wechselwirkung zwischen den Ländern und dem Bund erfolgen. Die Bildungsplanung der Länder setzt auch die Kenntnis der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung und des sich daraus ergebenden langfristigen Bedarfs an qualifizierten Kräften der einzelnen Aus- und Fortbildungsstufen voraus. Hierzu ist die Hilfe des Bundes erforderlich. In der Tat ist die Mitwirkung des Bundes bei allen diesen Fragen unentbehrlich, und deswegen bedauern wir, daß nun die SPD in ihrem Beschluß in Heidelberg einen anderen Weg gegangen ist. Ich darf noch einmal unterstreichen: der für die Wirtschafts- und Sozialpolitik verantwortliche Bund kann angesichts der Abhängigkeit der sozialen und ökonomischen Entwicklung vom Stand des Bildungswesens nicht darauf verzichten, auf die Bildungspolitik wenigstens beratend Einfluß zu nehmen. Da der Bund weder legislative noch exekutive Befugnisse an sich nehmen will, wäre jede Bundesängstlichkeit seitens der Länder völlig fehl am Platze. Die CDU und die FDP haben deshalb in einem Antrag, der dem Hause noch vorgelegt werden wird, den Bund aufgefordert, in einem Verwaltungsabkommen auf die Errichtung eines Bildungsrates hinzuwirken. Dieser Bildungsrat soll in sachlichem und organisatorischem Zusammenhang mit dem Wissenschaftsrat gebildet werden. Die Elemente einer solchen Konstruktion würden sein: 1. die enge Verzahnung von Wissenschaft und Bildung, 2. die Zusammenarbeit von pädagogischem, wissenschaftlichem Sachverstand und der hohen Bürokratie, d. h. mit den Vertretern des Bundes und der Länder, 3. schließlich die angemessene Beteiligung des Bundes. Auf diesem Hintergrund muß der Beschluß in Heidelberg vom 27. März 1965 gesehen werden. Danach will die SPD nunmehr einen Bildungsrat, der sich aus sachkundigen Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Bildungswesen, Wirtschaft und Politik zusammensetzt. Unter „Politik" sind hier Einzelpersönlichkeiten zu verstehen und nicht etwa verantwortliche Vertreter der Bundesregierung oder der Landesregierungen. ({1}) Mein Kollege Lohmar hat im Ausschuß - er wird unruhig und beginnt sich einzumischen, weil er weiß, was jetzt kommt - auf die präzise Frage, ob das so sei, mit Ja geantwortet ({2}) - ich will den Satz erst zu Ende bringen - und dem Antrag der CDU und der FDP, in den Beschluß aufzunehmen: „Vertreter der Bundesregierung und der Landesregierungen", mit seinen Freunden ausdrücklich widersprochen und damit das Modell des Deutschen Ausschusses wiederhergestellt. - Bitte, Herr Lohmar.

Dr. Ulrich Lohmar (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001370, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Martin, glauben Sie nicht, daß es hilfreich wäre, wenn Sie die Darlegung dessen, was die SPD will, mir überließen und sich auf das beschränkten, was die CDU will? ({0})

Dr. Berthold Martin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001426, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Es wäre viel hilfreicher, wenn es mir gelänge, die SPD - das ist jetzt meine Absicht - auf ihren guten, alten Weg in Sachen Bildungsplan zurückzuführen. ({0}) Damit ist ein ganz entscheidender Vorgang umrissen. ({1}) Moment, meine Herren! Daß Sie unruhig werden, verstehe ich sehr gut. Damit - und das ist ein ganz entscheidender Vorgang - ist die SPD auf das Modell zurückgegangen, das seinerzeit Waldemar von Knoeringen entwickelt hat. Dieses Modell wiederum war ausgerichtet an dem Deutschen Ausschuß für Erziehung und Bildung; denn damit ist nichts anderes gemeint als ein Sachverständigengremium, das den Politikern raten soll. Damit ist der Bund - wenn damit ernst gemacht würde - aus der Bildungsplanung faktisch hinausmanövriert worden; damit ist zweitens die Zusammenarbeit von Sachverstand und verantwortlichen Regierungsvertretern eliminiert, und damit sind die Kernstücke des Bildungsrats als eines Instrumentes einer konzentrierten und koordinierten Bildungspolitik zerschlagen. Wir werden dem Hause deshalb nachher eine entsprechende Resolution vorlegen, weil wir glauben, daß die eigentlich politisch zu entscheidende Frage gegenwärtig die der Konstruktion des Bildungsrates ist. Ich bin hocherfreut darüber, daß Herr Minister Hahn heute die Freundlichkeit der Länder zum Ausdruck ,gebracht hat, im Bildungsrat entsprechend mitzuwirken. Damit hat er - wie ich hoffe - den weisen Beschluß von Köln im Auge gehabt. Wir können auf diese Entscheidung nicht mehr länger warten. Die Situation und die Problematik spitzen sich zu. Das ist nicht etwa übertrieben, meine Damen und Herren. Ich komme jetzt zu den Einzelheiten. Das, was Frau Funcke vorgetragen hat und dem wir alle zustimmen, hat ja nur Sinn, wenn die einzelnen Vorschläge Teile eines Bildungsplans sind. Ich bin etwas beunruhigt darüber, daß auch Herr Lenz Wissenschaftsplan und Bildungsplan nebeneinandersetzt, währen wir bis jetzt immer davon ausgegangen sind, daß es sich dabei um eine Einheit handelt, nämlich um den nationalen Bildungsplan, in dem Bildung, Wissenschaft, Forschung zu einem Ganzen zusammenfließen müssen. Ich will noch einmal präzisieren, was wir nachher in der Resolution vorlegen werden. Es geht im Grunde darum, ob die Länder dem Bund eine echte Mitwirkung in der Bildungsplanung einräumen wollen oder nicht. Diese Mitwirkung ist gesichert, wenn sich der Bildungsrat aus Sachverständigen plus Verwaltungskommissionen, d. h. hier Minister der Länder und Staatssekretäre des Bundes, zusammensetzt. Die Bildungskommission hat dann Vorschläge auszuarbeiten, zu denen die Verwaltungskommissionen, also Bund und Länder, so oder so Stellung nehmen müssen. Hier besteht dann - um mich dieses Ausdrucks einmal zu bedienen - ein echter Kontrahierungszwang, der dazu führt, in Sachen Wissenschaft und Bildung endlich eine Flurbereinigung in dem Sinne durchzuführen, daß die großen Maßnahmen der Länder und die Maßnahmen des Bundes zusammengebracht werden. Wir sind uns in diesem Hause alle darüber einig, daß wir es mit einer Aufgabe allerersten Ranges zu tun haben, und meine Freunde in der CDU/CSU haben angesichts dieser Großen Anfrage nichts weiter zu tun, als dieses Bemühen, das hier sichtbar wird, zu unterstützen. Wir werden das im einzelnen in unserer Resolution, die ich nachher noch vorlegen werde, unterstreichen. Worauf es mir ankommt, meine Damen, meine Herren, ist die Feststellung, daß die heutige Diskussion fruchtbar sein kann, wenn wir die Überlegungen des vergangenen Jahres heute und hier zu einem Ende bringen und wenn wir die Bundesregierung ermutigen, mit den Ländern zusammen den Bildungsrat nun endlich zu schaffen, und zwar so, daß dabei eine angemessene Beteiligung des Bundes gesichert ist, der Zusammenhang von Wissenschaft und Bildung gewahrt bleibt und die Kooperation von fachlichem Sachverstand und politischer Verantwortung gewahrt wird. Wenn das heute erreicht werden könnte, dann, meine Damen und Herren, ließen sich all die Dinge, die uns hier so wohlberedt vorgetragen worden sind, auch verwirklichen. Es ist Zeit, daß es getan wird. ({2})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Das Wort hat die Frau Abgeordnete Funcke. ({0}) - Was denn? Haben Sie sich gemeldet, Herr Kollege? ({1}) - Frau Kollegin Funcke, Sie wollen gar nicht? ({2}) - Also, Herr Kollege Dr. Lohmar, Sie haben das Wort.

Dr. Ulrich Lohmar (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001370, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich wäre gern bereit gewesen, Frau Kollegin Funcke, Ihnen den Vortritt zu lassen. Aber so haben Sie den Vorzug, sich mit den Argumenten der gegenwärtigen Opposition auseinandersetzen zu können. ({0}) Die FDP hat uns heute die Freude gemacht, eine Anfrage sozusagen an sich selber zu richten, indem sie die Bundesregierung, konkret gesprochen: den von ihr gestellten Bundesminister für wissenschaftliche Forschung, nach dem Stand einiger Aufgaben befragt hat, die sich seit Jahren in der Diskussion befinden und von denen man eigentlich hätte annehmen müssen, daß 'sie .schon weiter wären, als daß sie nun zum Ende einer Legislaturperiode kurz vor Toresschluß noch einmal zum Gegenstand einer solchen Anfrage gemacht werden müssen. ({1}) Der Bundesminister für wissenschaftliche Forschung hat ,die Fragestellung der Antragsteller sachlich in ,einiger Hinsicht erweitert. Ich möchte bei dier kritischen Würdigung seiner Antwort mit dem beginnen, was dier gegenwärtigen Opposition in diesem Hause als positive Aussage in der Antwort der Bundesregierung erscheint. Herr Minister, ich möchte Ihnen auch im Namen der SPD herzlich für die sorgfältige Arbeit danken, die sich im Bundesbericht Forschung I ausdrückt. Wir teilen nicht in allem Ihre Meinung, soweit Sie die im Bundesbericht Forschung I gesammelten Tatbestände - meist etwas unpräzise - kommentiert haben. Aber wir erkennen an, daß der Bundesbericht Forschung I neben der Bedarfsfestsellung der Kultusminister, der um einiges früheren Vorlage, eine wichtige Materialgrundlage für unsere weiteren Überlegungen sein kann. Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion begrüßt, daß das Bundeskabinett vor kurzem einen Kabinettsausschuß eingesetzt hat, der sich mit Fragen der Wissenschaft, der Bildung und der Ausbildungsförderung befassen soll. Wir begrüßen die Form dieses Kabinettsausschusses um so mehr, als sich die Bundesregierung :dabei von der Forderung der SPD - und, nebenbei, auch von der Geschäftsordnung der Bundesregierung - hat leiten lassen, den Bundeskanzler den Vorsitz in diesem Gremium übernehmen zu lassen, im Gegensatz zu dem RatDr. Lohmar schlag der gegenwärtigen Mehrheit dieses Hauses, dem Bundesminister für wissenschaftliche Forschung diese Aufgabe zuzudenken. Die Bundesregierung ist hier, was selten vorkommt und um so eher vermerkt werden soll, den Anregungen der gegenwärtigen Opposition gefolgt. ({2}) Herr Bundesminister, ich möchte mich bei Ihnen bedanken für die Ankündigung, daß der Bericht der Bundesregierung über den Stand der Bildungs- und Ausbildungsförderung noch in diesem Jahr vorgelegt werden soll. Wir haben in den beiden letzten Beratungen hier im Plenum, zuletzt in der Aktuellen Stunde in der vergangenen Woche, die Auskunft bekommen, es werde wohl 1966 werden, bis dieser Bericht vorgelegt werden könne. Sie sprechen heute jedenfalls von der Hoffnung, ihn noch dieses Jahr vorlegen zu können. Ich hoffe, daß es nicht bei der Hoffnung bleibt, sondern daß die Bundesregierung tatsächlich in der Lage ist, diesen Zeitraum einzuhalten. Lassen Sie mich dazu eines sagen: Der Wunsch des Bundestages, einen solchen den Wissenschaftsbericht ergänzenden zweiten Bericht über den Stand des Bildungswesens und der Ausbildungsförderung zu bekommen, war, jedenfalls was meine Fraktion betrifft, nicht so aufzufassen, als ob dieser Bericht im Bundesministerium des Innern und von ihm allein verfaßt werden sollte, die Länder also nur Materiallieferanten sein sollten. Wir sind davon ausgegangen, daß Bund und Länder den Bericht auch gemeinsam erarbeiten sollten, daß also hier ein praktisches Modell der Zusammenarbeit gegeben sein, nicht ein, verwaltungsmäßig gesehen, Subordinationsverhältnis zwischen Bund und Ländern konstituiert werden sollte. Die vierte positive Bemerkung - Sie mögen sie mir bitte nachsehen, Herr Bundesminister, als eine lokalpatriotische Randbemerkung, aber nicht nur als dies -: Ich habe mich darüber gefreut, daß Sie die Universität in Ostwestfalen als eine Realität in Ihre Überlegungen einbezogen haben. Da der Kultusminister dieses meines Bundeslandes anwesend ist, hoffe ich, daß er das ebenso wie ich aufmerksam und zustimmend registriert hat. Nun aber veranlaßt mich die Antwort des Herrn Bundesimnisters doch zu einigen mehr kritischen Bemerkungen. Er hat ebenso wie Herr Minister Hahn darauf hingewiesen, daß der Bund im Jahre 1965 seinen Pflichtanteil bei der Finanzierung der bestehenden Hochschulen zum erstenmal, und zwar mit 300 Millionen DM, überschritten habe. Herr Minister Hahn hat hinzugefügt, diese Summe unterliege allerdings einstweilen noch einigen Kürzungen. Hoffentlich behalten Sie recht, daß es sich um einige einstweilige Kürzungen handelt und wir wenigstens diese 300 Millionen DM in vollem Umfang zur Verfügung haben werden. Aber diese Behauptung beider Minister ist eine halbe Wahrheit. Ich darf Sie daran erinnern, meine Damen und Herren, daß Bund und Länder bei der Gründung des Wissenschaftsrates davon ausgegangen sind, daß das Beteiligungsverhältnis beider Partner bei der Finanzierung der Hochschulen 1 : 1 sein soll. ({3}) - Das können Sie ja nachlesen, Herr Martin. ({4}) - In Ihren Ausschuß-Protokollen, Herr Vorsitzender, natürlich. Dieses Beteiligungsverhältnis wird auch mit der Summe von 300 Millionen DM nicht erreicht. Im nächsten Jahr würde eine annähernde 1 : 1-Partnerschaft in der Finanzierung der bestehenden Hochschulen von Bund und Ländern bedeuten, daß der Bund mit mindestens 500 Millionen DM in die Finanzierung der Hochschulen einsteigt. ({5}) - Nein! Herr Huys, ich muß Sie leider korrigieren. Dieser Zusatz ist erst nachher dazugekommen, nachdem der Bundesregierung in der zweiten Phase eingefallen war, daß man zunächst vielleicht zuviel gesagt hatte. Das war ein Rückzug der Regierung hinter die Position, die sie zunächst einmal bezogen hatte. Heute haben wir Mühe, davon wieder herunterzukommen. Ich will Sie, meine Damen und Herren, nur daran erinnern, daß der Bundestag in der dritten Lesung des Haushalts 1965 beschlossen hat, sich in der zukünftigen Dotierung der wissenschaftlichen Forschung leiten zu lassen - und die Bundesregierung gebeten hat, dies ebenfalls zu tun - von den Anforderungen, die im Bundesbericht Forschung I für die nächsten Jahre markiert sind. Nun, Sie haben heute hier voller Stolz festgestellt, die Bundesregierung sei über ihren Pflichtenanteil hinausgegangen. Ich erinnere Sie und wir erinnern uns, meine Damen und Herren, an die doch peinliche Situation in der zweiten und dritten Beratung des Haushalts 1965, als Sie die ohnehin gekürzten Anforderungen des Wissenschaftsrats hier noch einmal zusammengestrichen haben, obwohl die sozialdemokratische Fraktion Deckungsvorschläge vorgelegt hatte, die es ermöglicht hätten, die vollen 300 Millionen DM sofort einzusetzen. Heute kornmen Sie und wollen uns erzählen, dies sei noch ein haushaltspolitischer Fortschritt gewesen. Wen wollen Sie damit überzeugen? Sich selber? Uns nicht! Eine andere kritische Bemerkung, Herr Bundesminister, bezieht sich auf das, was Sie über die Aufgaben des Wissenschaftsrats gesagt haben. Sie haben ihm eine Zweiteilung in der Aufgabenstellung zugedacht. Zunächst soll allgemein der Bedarf festgestellt werden. Im Rahmen des finanzpolitisch Möglichen soll der Wissenschaftsrat dann im zweiten Durchgang unter Beteiligung von Bund und Ländern ein Dringlichkeitsprogramm aufstellen und damit einer seiner Aufgaben entsprechen, die ihm bei der Gründung zugedacht worden sind. Ich hege einen Verdacht, Herr Bundesminister: Wenn man das, was man im Wissenschaftsrat Aufstellung eines Dringlichkeitsprogramms genannt hat, so interpretiert, wie Sie es in Ihrer Rede getan haben, dann würde die Aufgabe, ein Dringlichkeitsprogramm aufzustellen, letzten Endes nur noch so verstanden werden können, daß Kürzungsprogramme entsprechend den jeweiligen Wünschen der Herren Referenten der Finanzministerien aufgestellt werden. Ich möchte dieses Warnzeichen anbringen, weil ich meine, daß ein so verstandenes Dringlichkeitsprogramm die sachliche Aufgabe des Wissenschaftsrats nicht angemessen beschreiben würde. Schließlich, Herr Bundesminister, haben Sie über die Notwendigkeit einer besseren Bildungs- und Hochschulstatistik gesprochen, eine Sache, über die wir ganz einer Meinung sind. Ich möchte auch hierzu eine Frage an Sie richten. Uns ist zu Ohren gekommen, daß der Herr Bundesfinanzminister in seinen Planungen für das nächste Haushaltsjahr die wenigen mehr in Aussicht genommenen Stellen für die bildungsstatistische Abteilung beim Statistischen Bundesamt um die Hälfte zusammenstreichen will. Diese Maßnahme würde in diametralem Gegensatz zu den Zusicherungen stehen, die wir hier vom Herrn Bundesinnenminister wiederholt bekommen haben und die Sie heute in Ihrer Antwort auf die Anfrage Ihrer Fraktion noch einmal ausgesprochen haben. Hier wäre ein klärendes, beruhigendes Wort der Bundesregierung am Platze und notwendig. Ich teile die angedeuteten Bedenken des Kollegen Dr. Martin dagegen, den nationalen Bildungsplan neben den Wissenschaftsplan zu stellen. Auch ich bin der Meinung, Herr Bundesminister, daß der Wissenschaftsplan letzten Endes ein Teil des nationalen Bildungsplans sein muß. Der nationale Bildungsplan mag methodisch sozusagen zweigleisig entstehen. Das soll uns aber nicht die erste Sorge bereiten. Im Resultat muß die Wissenschaftsplanung ein Teil der gesamten nationalen Bildungsplanung sein. ({6}) Ich habe mich über einige Bemerkungen von Herrn Minister Hahn über die Rolle des Bundes in diesem Zusammenhang gewundert. Man staunt doch gelegentlich, wie sozusagen in Umkehrung einer biblischen Entwicklung aus dem Paulus ein Saulus werden kann, wenn er von Bonn nach Stuttgart geht. Von dem berühmten Hahn-Plan, Herr Minister, ist in Ihren Ausführungen nicht einmal der Plan sichtbar geblieben, eine Tatsache, die zu vermerken sich immerhin lohnt. Nun eine letzte kritische Anmerkung zu dem, was der Herr Bundesminister für wissenschaftliche Forschung hier gesagt hat. Er hat gemeint, er wolle vom Forschungsbericht I zu einem Wissenschaftsplan kommen. Dies, Herr Minister, veranlaßt mich zu der Frage, ob Sie glauben, daß sich ein Wissenschaftsplan lediglich auf die finanziell-organisatorischen, langfristigen Bedürfnisse der Wissenschaftsförderung im engeren Sinne beziehen kann oder ob er nicht weiter angelegt werden muß, als es in Ihren Ausführungen zunächst sichbar wurde. Ich möchte im ganzen zu dem Thema, das zu erörtern uns die Große Anfrage der FDP heute ermöglicht, die Auffassung der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion in 10 Thesen zusammenfassen und diese Thesen mit wenigen Bemerkungen kommentieren. 1. Die Förderung von Bildung und Wissenschaft ist die wichtigste Gemeinschaftsaufgabe der deutschen Innenpolitik. Das ist ein Satz, über den wir in diesem Hause seit langem grundsätzlich übereinstimmen. Nur ist es uns bisher nicht gelungen, eine Übereinstimmung hinsichtlich der sachlichen und finanziellen Konsequenzen zu erzielen, die daraus zu ziehen sind. Eine solche Übereinstimmung muß nicht nur im Bundestag, in der Bundesregierung, 'sondern zugleich zwischen Bund und Ländern und zwischen den politischen Parteien in unserem Lande erzielt werden, die gerade in der Kulturpolitik eine große Integrationsaufgabe in Bund und Ländern haben. Ich möchte bemerken, daß es meine politischen Freunde gerade aus diesem Grunde bedauert halben, daß das von uns angeregte Gespräch der Parteien über ein gemeinsames Sofortprogramm zur Überwindung des Bildungsnotstandes nach einer anfänglichen Zustimmung durch den Parteivorsitzenden der CDU an einem Beschluß des Präsidiums der CDU gescheitert ist. ({7}) Wir hörten, die CDU halte es wegen der bevorstehenden Bundestagswahlen nicht für notwendig, jetzt über ein Sofortprogramm zu beraten. Ich halte das für eine sehr törichte Entscheidung der CDU. ({8}) Wo kämen wir hin, wenn wir alle politischen Probleme nur wegen bevorstehender Wahlen vertagen würden! Ich meine, auch vor den Bundestagswahlen wäre Zeit und Gelegenheit genug gewesen, darüber miteinander zu reden und .sich vielleicht weitgehend zu einigen. Hierher gehört auch, daß sich Bund, Länder und Gemeinden über diese Forderung - Gemeinschaftsaufgabe Nr. 1 in diesem Lande sind Bildung und Wissenschaft - I schlüssig werden und daraus z. B. die Folgerung ziehen, den Anteil an den öffentlichen Ausgaben für Bildung und Wissenschaft in den nächsten Jahren t wir halben einmal zusammengerechnet, was die Bedarfsfeststellung der Kultusministerkonferenz und der Bundesbericht Forschung I kosten würden, - auf etwa 5,5 % des Bruttosozialproduktes zu erhöhen. Das sind 25 bis 30 Milliarden DM pro Jahr, eine Summe, die einen zunächst erschrecken mag, die zu fordern aber in dem Maße richtig erscheint, wie man sich darüber klar wird, daß es sich hier um die entscheidende Investitionsaufgabe in einer modernen Gesellschaft handelt. 2. Eine moderne Wissenschaftspolitik hat drei Aufgaben: die Förderung der wissenschaftlichen Arbeit, die Reform der Hochschulen und die enge Zusammenarbeit von Wissenschaft und Politik in der Ausarbeitung ,der allgemeinen Staatspolitik. Von diesen drei Aufgaben ist vom Bundesministerium für wissenschaftliche Forschung bisher lediglich die erste gesehen und wahrgenommen worden. Man konzentrierte sich auf die Förderung der bestehenden und der neuen Hochschulen, der freien Forschung im Rahmen der Max-Planck-Gesellschaft und der Deutschen Forschungsgemeinschaft und die anderen Aufgaben, die im Bundesbericht Forschung I genannt worden sind. Hochschulreform wird auf Grund unserer Verfassungslage weitgehend Sache der Bundesländer bleiben; aber eine sachliche Übereinstimmung darüber, eine Integration der Ziele der Hochschulreform in die allgemeine Wissenschaftspolitik bleibt in einem Bundesstaat nichtsdestoweniger notwendig. Im übrigen ist es interessant, daß Länder wie Berlin und Hessen auch in Fragen der Hochschulreform wieder vorn liegen, eine Tatsache, die wir ja in der allgemeinen Bildungspolitik auch schon haben registrieren können. Die dritte Aufgabe im Rahmen dieser Wissenschaftspolitik, das Zusammenwirken von Wissenschaft und Politik nämlich, ist bisher von der Bundesregierung nur sehr am Rande geleistet und gesehen worden. Die Bundesregierung spricht in ihrem Bundesbericht Forschung I von der verwaltungsbezogenen Forschung und meint damit offensichtlich, daß sich die Kooperation von Wissenschaftlern und Politikern auf der Ebene der Verwaltung, soweit die staatliche Seite in Betracht kommt, vollziehen könne, darüber hinaus aber nicht zu reichen brauche. Ich halte das für falsch und möchte im Gegenteil meinen, daß es eine entscheidende Aufgabe dieser Zusammenarbeit ist, die allzu eng ressortgebundene und ressortorientierte Zusammenarbeit von Wissenschaft und Staat zu überwinden und die Informationsströme aus der wissenschaftlichen Forschung nutzbar zu machen für die Formulierung und für die Entscheidungen der allgemeinen Staatspolitik. Diese Zusammenarbeit von Wissenschaft und Politik ist kein Ressortproblem - Soziales, Wirtschaft, Ernährung oder Verteidigung -, sondern sie berührt die Konzeption, die Entscheidungsvoraussetzungen der Bundesregierung im ganzen. Man könnte daraus die Konsequenz ziehen, Wissenschaftspolitik in diesem Sinne beim Bundeskanzleramt anzusiedeln. Da das Wissenschaftsministerium aber den unmittelbaren Kontakt zu denen hat, die als Partner eines solchen Gesprächs in Frage kommen, nämlich zu den Wissenschaftlern, scheint es mir dennoch sinnvoll, auch diese Aufgabe im Bundesministerium für wissenschaftliche Forschung wahrzunehmen. Wir brauchen ein Bild von der Gesellschaft in Deutschland, wie diese Gesellschaft wirtschaftlich, technisch, wissenschaftlich etwa 1980/1985 aussehen wird. Daraus sind dann die Konsequenzen zu ziehen, nicht nur für die Bildungs- und Wissenschaftspolitik, sondern für alle Sparten der Politik im Rahmen der Arbeit einer Bundesregierung, im Rahmen eines Bundesstaates überhaupt. Es hätte keinen Zweck, wenn-wir den Verteidigungsminister, den Sozialminister, den Familienminister und die anderen Ressortminister jeweils ihre eigenen und manchmal eigenartigen Zukunftsprognosen aufstellen ließen; wir brauchen eine in sich geschlossene und dann für die gesamte Bundesregierung verbindliche Vorstellung, in die dann die Maßnahmen der Bundesregierung im einzelnen einzuordnen sind. Das ist Zukunftsplanung in einem praktischen und pragmatischen Sinne. 3. Wissenschaftsplanung und Bildungsplanung sind wesentliche Elemente einer zeitgerechten Gesellschaftspolitik. Sie gehören zusammen. Ich habe in Übereinstimmung mit Herrn Martin schon gesagt, mir würde es als ein Fehler erscheinen, Wissenschafts- und Bildungsplanung voneinander zu isolieren. Wir müssen beobachten, daß die Dynamik, die sich in den letzten zwanzig, dreißig Jahren in Wissenschaft, Technik und Wirtschaft ausgedrückt hat, keine Entsprechung in Stil und Gehalt der allgemeinen Staatspolitik gefunden hat. Wir haben eine Art time-lag des politischen Bewußtseins der Bundesregierung gegenüber der technisch-wissenschaftlich-industriellen Entwicklung in der Bundesrepublik. Die Regierung verharrt - bei einigen ihrer Mitglieder mehr als bei anderen - im ganzen in einem vorindustriell-konservativen Bewußtsein. Sie hat den Anschluß an das, was sich in der Wirtschaft dieses Landes im Zusammenhang mit Technik und Wissenschaft vollzogen hat, bisher nur sehr unzureichend vollzogen, ganz zu schweigen von der Aufgabe, diese wissenschaftlich-technisch-wirtschaftliche Entwicklung in einen politischen Rahmen sinnvoll einzufügen. Wenn man das will, müssen Wissenschaftsplanung und Bildungsplanung zusammen gesehen und betrieben werden. 4. Wissenschafts- und Bildungsplanung müssen mit der Wirtschafts- und Sozialpolitik verbunden sein. Für diese These lassen sich die gleichen Argumente anführen, die ich soeben angeführt habe. Es kommt eins hinzu: wir müssen uns von der Vorstellung frei machen, als ob im traditionellen Sinne Sozialpolitik und Bildungspolitik zwei nebeneinanderstehende Säulen sein könnten. Wenn ich es pointiert ausdrücken darf; über die Lebenschancen, auch die sozialpolitischen Lebenschancen der jungen Generation wird heute mit ihren Bildungschancen entschieden, mit anderen sozialpolitischen Maßnahmen erst in zweiter oder dritter Linie. Moderne Sozialpolitik kann sich nur in einer zeitgerechten Bildungspolitik realisieren. Daraus die Konsequenzen z. B. auch in der Abstimmung der Bundesressorts in ihren Maßnahmen zu ziehen, ist notwendig, aber bisher nicht geschehen. Wir haben vor kurzem im Bundestag das blamable Beispiel gehabt, daß uns der Bundesminister für Familie und Jugend von seinen Bemühungen berichtete, mit dem Präsidenten der Ständigen Konferenz der Kultusminister in der Frage der Ausbildungsförderung weiterzukommen, aber auf meine Frage zugeben mußte, daß er mit den übrigen Bundesressorts nicht einmal Kontakt aufgenommen hatte, um die Maßnahmen der Regierung innerhalb des Kabinetts abzustimmen. Was ist das für eine Art der Zusammenarbeit in einer Regierung, die oft mit einer etwas süffisanten Überheblichkeit den Ländern ihre Uneinigkeit vorwirft! 5. Die Wissenschafts- und Bildungsplanung muß die Entwicklung in der EWG berücksichtigen und das Ziel der Wiedervereinigung Deutschlands im Auge behalten. Niemand hat heute hier bestritten - Herr Minister Hahn hat sich ausdrücklich auf diesen Tatbestand bezogen -, daß der Leistungsstand in Wissenschaft und Ausbildung in den Nachbarländern der Bundesrepublik im Rahmen der EWG zu dem Entschluß Veranlassung gibt, daß die Bundesrepublik hier nachzieht - zu schweigen davon, wieder auf einen der vorderen Plätze zu kommen. Wenn ich in diesem Zusammenhang auch die Wiedervereinigung Deutschlands erwähnt habe, dann deshalb, weil im März dieses Jahres in Mitteldeutschland von der sogenannten Volkskammer ein Gesetz über ein einheitliches Bildungswesen beschlossen worden ist - ein Dokument, das in vieler Hinsicht unsere Aufmerksamkeit verdient. Selbstverständlich hält dieses neue Gesetz über das Bildungswesen in Mitteldeutschland z. B. an dem Begriff der parteilichen Wissenschaft fest, selbstverständlich ist es mit einer Präambel versehen, in der etwa gesagt wird, daß die jungen Leute in Mitteldeutschland nicht arbeiten, um dann ein Leben nach ihrer eigenen Vorstellung führen zu können, sondern daß sie leben, um für das zu arbeiten, was man drüben für Sozialismus hält. Aber wenn Sie sich dieses Gesetz genau ansehen, meine Damen und Herren, entdecken Sie, daß z. B. bei der Organisation der wissenschaftlichen Forschung und der Hochschulen die SED offenbar zu dem Entschluß gekommen ist, in dem alten Konflikt zwischen ideologischer Grundsatztreue und wirtschaftlicher bzw. wissenschaftlicher Effektivität die Entscheidung zugunsten der Effektivität zu fällen. Das ist eine Sache, die man sehen muß und die für eine Politik mit dem Ziel der Wiedervereinigung Bedeutung haben wird. Ich jedenfalls kann mir eine langfristige Politik der Wiedervereinigung n u r unter dem Vorzeichen der deutschen oder der europäischen Geschichte nicht vorstellen. Ich kann sie mir nur vorstellen auch im Rahmen einer Kooperation moderner Industriegesellschaften, wozu mehr und mehr Mitteldeutschland gehören wird. Wenn das so ist, dann muß bei uns in der Bundesrepublik die besondere Aufmerksamkeit z. B. auf die Entwicklung des Bildungswesens und der Wissenschaft auch in Mitteldeutschland gerichtet sein, weil man die Tatbestände genau kennen muß, mit denen man es zu tun hat. 6. Die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in der Wissenschaftspolitik muß enger und zugleich vereinfacht werden. Ich sagte vorhin, daß wir die Einrichtung des Kabinettsausschusses für Bildung, Wissenschaft, Ausbildungsförderung begrüßt haben. Wir halten es für falsch, daß in der Bundesregierung daneben noch zwei interministerielle Ausschüsse weiterbestehen. Drei Ausschüsse zu einer Thematik, die einen sachlichen Zusammenhang betrifft, sind unsinnig und müssen zwangsläufig vermeidbaren Zeitverlust und vermeidbare Reibungen verursachen. Ich möchte in diesem Zusammenhang ein paar Bemerkungen machen, Herr Martin, zu Ihrer „Rückzugs"-These in bezug auf den Heidelberger Beschluß der Sozialdemokratischen Partei. Sie haben sich mit Ihrer Interpretation etwas als Bilderstürmer in der Bildungsdiskussion betätigt. Die Dinge sind anders. Sie hätten Mißverständnisse vermeiden können, wenn Sie es gleich mir überlassen hätten, das darzustellen, was die SPD mit diesem ihrem Beschluß eigentlich gemeint hat. ({9}) Der Unterschied zwischen dem Vorschlag, im Rahmen eines Bildungsrates die sachverständigen Wissenschaftler, Pädagogen und Wirtschaftler mit Politikern zusammen beraten zu lassen und zugleich für die Übersetzung in die Politik zu sorgen, und dem Konzept der SPD: unabhängiger Bildungsrat plus Kontaktkommission, liegt im wesentlichen in zwei Dingen. Er liegt erstens darin, daß wir glauben, ein Bildungsrat, der aus weisungsgebundenen Vertretern von Bund und Ländern - sei es auch nur zur Hälfte seiner Mitglieder - besteht, muß hinter der notwendigen Unbefangenheit zurückbleiben, die man braucht, um langfristige Planungsvorstellungen entwickeln zu können. Ein solcher Bildungsrat würde sich nach dem Langsamsten richten, und das möchten wir nicht. - Bitte!

Dr. Berthold Martin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001426, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Lohmar, glauben Sie, daß diese Kritik, die Sie eben vorgetragen haben, auch für den Wissenschaftsrat zutrifft?

Dr. Ulrich Lohmar (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001370, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Aber ja! Die Verwaltungskommission des Wissenschaftsrates ist für uns ein interessantes Modell dafür, insbesondere die Haltung, die die Vertreter der Bundesregierung darin eingenommen haben. Vor allem der Herr Staatssekretär des Bundesfinanzministeriums hat in der Verwaltungskommission des Wissenschaftsrates im ersten Durchgang regelmäßig dafür gesorgt, daß die Vorschläge der wissenschaftlichen Kommission zusammengestrichen wurden. Sie, meine Damen und Herren, haben Sie dann im Bundestag ein zweitesmal zusammengestrichen, was die Sache nicht besser machte. Das ist die Wirkung der Beteiligung der Bundesregierung in der Verwaltungskommission des Wissenschaftsrates gewesen. - Bitte sehr!

Dr. Berthold Martin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001426, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Lohmar, sind Sie darüber unterrichtet, daß die Vorschläge des Wissenschaftsrates einverständliche Vorschläge der Beamten und der Sachverständigen sind? Zum andern wissen Sie ganz genau, daß die Vorstellungen des Deutschen Ausschusses zwar hochfliegend und ideal waren, aber nicht verwirklicht worden sind.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Das letzte war keine Frage, sondern eine Feststellung. Wollen Sie eine Frage der Abgeordneten Frau Funcke zulassen?

Dr. Ulrich Lohmar (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001370, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Bitte sehr!

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000620, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Kollege Dr. Lohmar, meinen Sie denn, daß Ihre ohne die Bundesregierung und ohne die Vertreter der Länder beratenden Sachverständigen etwas durchbringen Frau Funcke ({0}) können, wenn sie es erst nachträglich mit dem Finanzminister oder anderen möglicherweise schwierigen Kontrahenten zu tun haben, so daß es deswegen unter Umständen zwar sehr wichtige, aber eben unrealistische Empfehlungen bleiben könnten? ({1})

Dr. Ulrich Lohmar (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001370, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich möchte auf beide Fragen zusammen im Zuge meiner Ausführungen eingehen. Eines zu Ihnen vorweg, Herr Martin! Natürlich meine ich nicht, daß man es bei dem Modell des Deutschen Ausschusses belassen kann. Der Vorschlag der SPD zur Einrichtung einer Kontaktkommission - ich war gerade dabei, Ihnen die Sache zum zweiten oder dritten Male zu erklären - geht davon aus, daß die Verzahnung von Analyse und Planung im Bildungsrat einerseits mit politischen Entscheidungen von Bund und Ländern andererseits nicht auf der Ebene der Verwaltung in einer Verwaltungskommission vorgenommen werden sollte, weil das nach unserer Meinung nicht ausreicht, nicht stark genug ist, sondern auf der Ebene der Bundesregierung und der Bundesländer, wiederum eben der Regierungen, weil wir meinen, daß die Verbindlichkeit in der Übersetzung der Ratschläge des Bildungsrates in die praktische Politik von Bund und Ländern in einer 'solchen Kontaktkommission auf Regierungsebene besser gewährleistet werden kann als in einer Verwaltungskommission. ({0}) - Darf ich noch einen Satz hinzufügen, bevor Sie Ihre Frage stellen. Der Unterschied liegt darin, daß wir einen stärkeren Bildungsrat wollen als Sie, stärker in der Unabhängigkeit seiner Meinungsbildung und stärker in der Übersetzung seiner Empfehlungen in die praktische Politik auf den Ebenen des Bundes und der Länder.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Eine Zwischenfrage, Herr Abgeordneter Dr. Martin.

Dr. Berthold Martin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001426, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Sind Sie sich klar darüber, Herr Lohmar, daß es bei Ihrer Konstruktion der Kontaktkommission in das Belieben der Länder gestellt ist, Kontakt aufzunehmen oder nicht, und daß ein Kontrahierungszwang nicht besteht?

Dr. Ulrich Lohmar (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001370, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Martin, Sie haben unseren Beschluß noch immer nicht richtig verstanden. Wir haben ja ausdrücklich vorgeschlagen, daß Bund und Länder die Vielzahl von jetzt bestehenden Kontaktkommissionen mehr oder minder größerer Bedeutung 'in 'eine einzige Kontaktkommission für alle Fragen der Bildung und Wissenschaft zusammenlegen und sich beide regelmäßig in dieser Kontaktkommission treffen, sich nicht nur unterhalten, sondern sich darüber schlüssig werden, welche Folgerungen aus den Empfehlungen des Wissenschaftsrates und des Bildungsrates gezogen werden müssen, und zwar wiederum nicht nur isoliert für Bildung und Wissenschaft, 'sondern zugleich 'in den Auswirkungen auf die Wirtschafts- und Sozialpolitik. Herr Kollege Martin, das Konzept der Sozialdemokraten, einen unabhängigen Bildungsrat mit einer starken, auf der Ebene der Regierungen angesiedelten Kontaktkommission zu verbinden, ist kein Rückzug, sondern ein Vormarsch in der Richtung ({0}) - nein - einer effektiveren Analyse, Planung und Übersetzung in politische Entscheidungen. ({1}) 7. Die Verantwortung für alle Aufgaben des Bundes in der Förderung der Wissenschaftlichen Forschung, der Ausbildungsförderung und der Bedarfsplanung muß im Ministerium für wissenschaftliche Forschung konzentriert werden. Darin stimmen wir mit den Freien Demokraten überein, leider nicht, oder vielleicht darf ich sagen, noch nicht mit der Fraktion 'der CDU/CSU. Der Herr Bundesinnenminister hat uns hier in der vergangenen Woche die erheiternde These angeboten, er sei gegen diesen Vorschlag einer Konzentration, weil dadurch das Unbehagen bei den Bundesländern verstärkt werden müsse. Er sei seinem politischen Naturell nach, so hat er ungefähr gesagt, immer für eine reiche Gliederung. Nun, meine Damen und Herren, diese Gliederung ist zwar reichhaltig, aber nicht reich an Ergebnissen. Deswegen meine ich, daß es sich nicht um Konzentration in Richtung auf ein Bundeskultusministerium handelt, sondern um eine Rationalisierung der Aufgaben im Rahmen der Bundesregierung und ihrer Zuständigkeit, die nun endlich vorgenommen werden sollte. Der Sachzusammenhang, der zwischen Wissenschaftsförderung, Ausbildungsförderung und Bedarfsplanung besteht, kann nicht gewahrt werden, wenn sich darum fünf Minister und drei Ausschüsse innerhalb der Regierung mehr streiten ,als kümmern. Ich weiß, daß innerhalb der Bundesregierung die Neigung vorhanden ist, diese Dinge so zu sehen wie die Sozialdemokraten und auch die Freien Demokraten. Aber leider hat der Bundeskanzler es hier wie in so vielen anderen Fragen bisher vermieden, klare Entscheidungen zu treffen und neben den Kabinettsausschuß, der bestehenbleiben sollte, eine solche klare Ministerverantwortlichkeit zu stellen. 8. Die Ergebnisse 'der wissenschaftlichen Forschung in allen Bereichen müssen für die allgemeine Staatspolitik nutzbar gemacht werden. Aus welchen Gründen, habe ich vorhin in anderem Zusammenhang dargelegt. Die verwaltungsbezogene Forschung, die ressortbezogene Beratung durch Wissenschaftler ist nach unserer Auffassung zu eng. Im Wissenschaftsministerium sollte ein Zentrum für die Informationen aus der wissenschaftlichen Forschung für die Politik der gesamten Bundesregierung entstehen. 9. Ein Abkommen zwischen Bund und Ländern muß eine Ausbildungsbeihilfe vorsehen, die es jedem Bürger erlaubt, eine angemessene Ausbildung entsprechend seinen Neigungen, Fähigkeiten und Leistungen frei zu wählen. Ich freue mich, daß wir in der Sache hier im ganzen Bundestag überein9362 '3 stimmen, wie sich in den Beratungen des Kulturpolitischen Ausschusses gezeigt hat. Die Frage, ob man mit einem Bundesgesetz die Ausbildungsförderung regeln sollte oder könnte, ist jahrelang umstritten gewesen. ({2}) Es scheint, daß sich eine Möglichkeit der Einigung in der Form einer solchen Ausbildungsförderung dergestalt abzeichnet, daß man ein Verwaltungsabkommen zwischen Bund und Ländern iris Auge faßt. Uns Sozialdemokraten ist die juristische Form eine zweitrangige Frage. Wir möchten in der Sache eine Ausbildungsförderung erreichen, die es erlaubt, die Begabungsreserven in unserem Volk zu mobilisieren, sie auszuschöpfen und dem Grundsatz der gleichen Chance, in diesem Fall der gleichen Bildungschance, zu entsprechen. 10. Eine langfristige Wissenschafts- und Bildungsplanung macht die Verwirklichung eines Sofortprogramms zur Überwindung der Notstände in Wissenschaft und Bildung nicht überflüssig, sondern sie muß ein solches Sofortprogramm ergänzen. Wenn ich das sage, so im Hinblick auf den zu schaffenden Bildungsrat wie im Hinblick auf die Ständige Konferenz der Kultusminister. Wir Sozialdemokraten nicht nur im Bund, sondern auch in den Ländern haben es bedauert, -daß sich die Mehrheit der Kultusministerkonferenz den Anregungen des Berliner Senators Evers, einen klaren Zeitplan für die Verwirklichung wichtiger, vordringlicher Forderungen im Zusammenhang mit der Überwindung des Bildungsnotstands aufzustellen, Forderungen übrigens, über die sachlich weitgehende Übereinstimmung besteht, entzogen hat. Vielleicht ist darüber im Sinne der auch von Herrn Martin schon zitierten Kölner Entschließung der Kultusministerkonferenz - ich möchte die vorhergehende Berliner Entschließung hinzufügen - noch nicht das letzte Wort gesprochen. Ich möchte es wünschen. Meine Bemerkung richtet sich ebenfalls auf den Bildungsrat, wie er auch konstruiert werden mag. Wir möchten nicht, daß der Bildungsrat ein Abstellgleis der Politik, sozusagene ein Vertagungsrat wird. Wir möchten ihn so arbeitsfähig gestalten und so mit den politisch verantwortlichen Instanzen verzahnt sehen, daß neben einer langfristigen, gediegenen Analyse und Planung auch eine dieser Analyse und Planung entsprechende Entscheidung zustande kommt. Lassen Sie mich die Aufgaben, wie sie sich uns Sozialdemokraten darstellen, in einem Satz zusammenfassen: Wir halten es für notwendig, aus einer Periode der guten Absichten, als die man die letzten vier Jahre der Wissenschaftspolitik der Bundesregierung bezeichnen kann, zu klaren Entscheidungen zu kommen. ({3})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Das Wort hat Frau Abgeordnete Funcke.

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000620, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Herr Kollege Dr. Lohmar hat soeben gesagt, die Freien Demokraten hätten eine Frage an sich selbst gerichtet. Nun, abgesehen davon, daß es sicherlich grundsätzlich nicht falsch ist, wenn man sich gelegentlich selbst eine Frage stellt, ({0}) und abgesehen davon, daß mindestens seit Montesquieu bekannt ist, daß zwischen der Regierung und dem Haus ein Unterschied besteht, ist Ihnen sicherlich nicht entgangen, Herr Kollege Dr. Lohmar, daß die Frage, die wir gestellt haben, nicht eine „Hin und-her-Frage" zwischen diesem Hause und der Bundesregierung war, sondern daß es sich um ein Dreiecksverhältnis handelt. Die Herren hier links ({1}) haben das ja auch ganz genau verstanden und sind in so großer Zahl zu unserer heutigen Aussprache gekommen; daran lag uns. Schließlich gibt die Frage auch Ihnen die willkommene Gelegenheit, sich noch einmal dort mit ihrem Gegenüber auszutauschen, wo ja offensichtlich noch einige Differenzen oder unterschiedliche Nuancen zwischen der SPD-Fraktion hier und Herrn Minister Professor Schütte bestehen. Wir danken der Bundesregierung, vorzugsweise Herrn Minister Lenz, und wir danken Herrn Minister Hahn recht herzlich für die ausführlichen Antworten, die sie auf unsere Frage gegeben haben. Sie haben einerseits einen Überblick über das gegeben, was bisher getan wurde, und andererseits gesagt, was in der Erarbeitung steht. Ich möchte hier ausdrücklich gerade in bezug auf das, was Herr Professor D. Hahn gesagt hat, betonen, daß wir voll anerkennen, daß man sich ganz besonders in den letzten Jahren, aber auch vorher in den Ländern sehr emsig und sehr nachhaltig um die Hochschulpolitik bemüht hat. Das soll nicht in Frage gestellt werden. Wenn wir nur drängen und immer wieder fragen, so doch nur, weil alles das, was geschehen ist - und das ist ja auch von allen Seiten deutlich gesagt worden -, nicht ausreicht angesichts der immens gewachsenen Anforderungen, vor denen wir auf diesem Gebiet stehen. Darum geht es doch. Wir haben dankbar gehört, daß hier auf beiden Seiten ein gemeinsames Bemühen um die Erarbeitung der Zielsetzung und der notwendigen Wege, die zu dem Ziel führen, und auch um die Erarbeitung von Prioritäten festzustellen ist. Herr Kollege Dr. Lohmar, Sie haben beanstandet, daß hier von Dringlichkeit die Rede ist. Nun, wenn die Sozialdemokratie, wie Sie das ja andeuteten, einmal hier auf dieser Bank die Verantwortung übernehmen sollte, wird auch sie nicht darum herumkommen, eine Dringlichkeitsliste aufzustellen. Denn auch Sie werden erleben - wie wir das alle erleben -, daß die Anforderungen der Wissenschaft und der Forschung so immens groß sind, daß sie selbst bei großzügigster Schwerpunktbildung nicht alle von heute auf morgen, an einem Tag, in einem Jahr, in einem einzigen Haushaltsplan befriedigt werden können. Daher wird man nicht umhin können, für die zweifelsohne wichtigen Aufgaben, die auf uns zukommen, eine gewisse Priorität oder Dringlichkeit aufzustellen. Darin sind wir uns wohl einig.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Eine Zwischenfrage!

Dr. Ulrich Lohmar (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001370, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Verehrte Frau Kollegin, darf ich um Ihre freundliche Bereitschaft bitten, meine Bemerkungen noch einmal nachzulesen und sie dahingehend zu verstehen, daß es mir nicht um eine Polemik gegen die Dringlichkeitsskala geht, die ich mit Ihnen etwa für notwendig hielte, sondern darum, daß man ein Dringlichkeitsprogramm nicht als ein Kürzungsprogramm mißversteht?

Dr. h. c. Liselotte Funcke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000620, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Ob man hier von einem Kürzungsprogramm sprechen kann, ist eine Frage der politischen Auslegung. Ein Dringlichkeitsprogramm wird immer bestimmte Dinge vorziehen und andere an das Ende stellen. Wenn Sie es kurzfristig betrachten, können Sie sagen: Damit ist eine Kürzung erfolgt. Sie können aber auch sagen: Es ist eine Verteilung erfolgt. Darüber kann man sprechen. Nur werden Sie im Verhältnis zu dem, was an Anforderungen kommt, von Jahr zu Jahr etwas abstreichen müssen. Daran kommt keiner, der im politischen Leben steht, vorbei; das wissen wir alle ganz genau. Wir haben von den Vertretern der Länder gehört und wir sind dankbar dafür, daß man sich in der Frage der gemeinsamen Finanzierung neuer Hochschulen und Akademien um ein Gespräch mit der Bundesregierung bemüht. Dabei handelt es sich ja um einen Punkt unserer Anfrage. Uns geht es darum, daß der Bund sich ebenso wie beim Ausbau der bestehenden Universitäten mit verpflichtet fühlt und auch finanziell zum Ausdruck bringt, daß neue Universitäten, einschließlich der medizinischen Fakultäten, geschaffen werden müssen. Wenn ich recht verstanden habe, sind die Länder mit dem Verhältnis 50 : 50 einverstanden. Wir müssen uns in Verbindung mit der Bundesregierung darum bemühen, daß dieses Verhältnis erreicht wird. Das bedeutet praktisch, daß der Ansatz im Haushaltsplan des Bundes erhöht werden muß. Da stimme ich mit Ihnen, Herr Dr. Lohmar, völlig überein: das wird nicht mit 300 Millionen DM zu machen sein, sondern sich zweifelsohne in einer Verstärkung des Ansatzes auswirken müssen; denn ein Verhältnis 50 : 50 zu fixieren, dann aber nur eine verhältnismäßig kleine Summe im Haushalt auszuweisen, würde praktisch bedeuten, daß auch die Länder auf einen niedrigen Stand heruntergedrückt würden. Das wäre natürlich das Verkehrteste, was man machen könnte. Herr Dr. Lohmar, Sie haben hier eine verspätete 4. Lesung des Haushalts eingeführt, als Sie im Hinblick auf die 300 Millionen DM auf die Kürzung des Kulturetats zurückgekommen sind. Wir alle haben wohl die Erklärung des Herrn Bundesministers für wissenschaftliche Forschung dankbar zur Kenntnis genommen, daß sich die Bundesregierung vorrangig bemüht, diese Kürzung rückgängig zu machen und die gesperrten Baumittel im Betrage von 4 Millionen zu entsperren, damit mindestens der Ansatz, den die Regierung im ursprünglichen Haushaltsvorschlag vorgesehen hatte, verwendet wird. ({0}) - Wir wollen hier keine 4. Lesung abhalten, Herr Dr. Lohmar. Wir müßten sonst ein wenig weiter ausholen. Das Bemühen der Bundesregierung wird wohl um so eher Erfolg haben, als die Steuereingänge des jetzt vor uns liegenden Monats Juni vermutlich erweisen werden, daß die notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung stehen. Noch ein Wort zum Bildungsrat. Herr Dr. Lohmar, bei allem Hin und Her ist mir nicht ganz klar geworden, was Sie wollen. Einerseits haben Sie gesagt, es wäre verhängnisvoll, Bildungsplanung und Wissenschaftsplanung voneinander zu trennen. Darin stimmen wir völlig überein. Gleichzeitig tun Sie aber alles, um zu verhindern, daß Bildungsrat und Wissenschaftsrat in eine gute, vernünftige Verwandtschaft kommen, unter einem Dach, mit einer gemeinsamen Verwaltungskommission arbeiten. ({1}) Dieser Widerspruch ist mir nicht ganz klar geworden. Das wäre nämlich die einfachste und heste Lösung. Hier könnte der Kontakt geschaffen werden, von dem Sie sprechen und dessen Fehlen Sie gerade als verhängnisvoll bezeichnen. Die Meinung, die Herr Kollege Martin zu diesem Problem geäußert hat, teile ich also völlig. Aber Ihre Vorstellungen, Herr Dr. Lohmar, von einem Bildungsrat, der zunächst nur Analyse und Planung betreibt, und einer Kontaktkommission, die dann die Transmission in die politische Wirklichkeit übernimmt, scheinen mir nicht mit Ihrer strengen Forderung übereinzustimmen, daß man mit den ganzen Koordinierungskommissionen innerhalb der Bundesregierung aufhören und lieber eine vernünftige, zentrale Kompetenz schaffen soll. Auf der einen Seite beanstanden Sie die vielen Koordinierungskommissionen, und auf der anderen Seite schaffen Sie sie selbst. ({2}) - Ja, aber umgekehrt schaffen Sie zwischen Bildungsrat und politischen Instanzen noch einmal eine Kontaktstelle, die praktisch auch wieder so etwas wie eine Koordinierungskommission ist. Die Regierungsparteien sind sich in dieser Frage einig. ({3}) In diesem Punkte herrscht bei uns völlige Klarheit. Ich fände es gut, wenn auch Sie auf Kontaktkommissionen, auf diese Transmission verzichteten und statt dessen sagten: Wir schaffen eine gemeinsame verantwortliche Beratungs- und Planungsinstanz, und das ist der Bildungsrat, in dem sich Politik, Wissenschaft und Bildungsmächte gemeinsam um die Aufgabe bemühen. Das scheint uns doch die richtigste Form zu sein. Wir haben - wie Ihnen aufgefallen ist und wie auch Herr Dr. Martin bereits gesagt hat - eine Frau Funcke ({4}) Entschließung vorgelegt, die sich inhaltlich kaum, im wesentlichen nur in der Formulierung von der unserer Kollegen von der CDU unterscheidet. Es sind halt unterschiedliche Gremien zu gleichen oder ähnlichen Ergebnissen gelangt. Wir werden unsererseits die Entschließung der CDU in der Hoffnung unterstützen, daß sie umgekehrt unsere Resolution unterstützt. Dann wird sich praktisch erweisen, daß zwar auf der einen oder anderen Seite eine Ausweitung vorhanden ist, im Grunde aber Übereinstimmung herrscht. Ich bitte das Hohe Haus, die Entschließung anzunehmen. ({5})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Balke.

Dr. - Ing. Dr. h. c. Siegfried Balke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000083, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Funcke sprach von dem „Dreiecksverhältnis" der Gewalten, die hier sichtbar werden. Ich muß sagen, es ist ein sehr mageres Verhältnis. Ich glaube kaum, daß wir einen besonderen Appeal nach draußen ausstrahlen; aber seit 12 Jahren weiß ich, daß Debatten über Wissenschaft und Bildung die einzige Gelegenheit sind, um in diesem Hohen Hause mit einigen Gleichgesonnenen zu einem Kolloquium zusammenzukommen. ({0})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Einen Augenblick, wenn ich Sie unterbrechen darf, Herr Abgeordneter. Ich beklage das. Aber solange die grundgesetzliche Situation so ist, wie sie ist, werden Sie in einem Haus, das ja nicht nur zur Debatte, sondern zur Entscheidung berufen ist, selten eine stattliche Besetzung finden, auch dann nicht, wenn es - wie es heute vormittag der Fall ist - nicht bloß vom Thema her gerechtfertigt, sondern zwingend notwendig wäre. Ich bedauere, das sagen zu müssen. ({0})

Dr. - Ing. Dr. h. c. Siegfried Balke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000083, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir müssen die offensichtliche Agonie der Mehrheit durch die Euphorie der Minorität wieder ausgleichen. ({0}) Gestatten Sie mir - ehe ich zu den Fragen im einzelnen einige Worte sage - einige allgemeine Bemerkungen zum Thema. Die allgemeine Gesinnung, die in diesem Hohen Hause zum Ausdruck kommt, ist, glaube ich, doch wertvoller als die Differenzen, die aus irgendwelchen parteitaktischen oder parteipolitischen Gründen immer wieder sichtbar werden. Wenn man das, was hier vorgeschlagen und gesagt wurde, addiert und die Dubletten herausnimmt, kommt eigentlich ein sehr gutes Gesamtprogramm für die Wissenschaftspolitik eines Landes wie der Bundesrepublik Deutschland zustande. Ich möchte aber ausdrücklich betonen, wir sollten nicht dem Gedanken Raum geben, daß man mit Einzelbetrachtungen das Gesamtproblem der Bildung behandeln und lösen könnte. Auch Wissenschaftspolitik ist ein Teilproblem, und ich bin froh darüber, daß hierin eine gemeinsame Ansicht zum Ausdruck gekommen ist. Auch das Schicksal der Wissenschaft wird schon in der Volksschule mit entschieden. Daher handelt es sich bei dem Problem, das wir hier behandeln, um ein universales Problem und nicht um eine Addition von Teilproblemen. Auch in der Bildungspolitik ist das Ganze mehr als die Summe seiner Teile. Ich habe mit großem Interesse und mit sehr anerkennenden Gefühlen die Ausführungen von Herrn Minister Lenz gehört. Wir können ihm dankbar sein, daß er sich auf diesem - wie ich aus Erfahrung weiß - sehr undankbaren Gebiet innerhalb der Bundesregierung so unverdrossen für diese Dinge verwendet. Aber auch hier kommt in der Antwort auf die Anfrage der FDP zum Ausdruck, daß man im wesentlichen immer wieder zu einer mehr historischstatistischen Betrachtung dessen zurückkehrt, was gewesen ist, und nur sehr zaghaft an die Konsequenzen für die Zukunft herangeht. Das ist zum erstenmal in dem Forschungsbericht geschehen, aber, wie schon hier gesagt worden ist, auch noch etwas zaghaft. Andererseits war es doch erfreulich, festzustellen, daß heute das Wort „Bildungsnotstand" nur einmal gefallen ist, und zwar nur in einem Nebensatz. Aber hinter all diesen Ausführungen steht immer wieder die Meinung, es sei bei uns nicht genug geschehen, es bestehe noch eine gewisse Not, ein Nachholbedarf, und dieser Zustand sei unseres Landes eigentlich nicht würdig. Ich glaube, damit hängt auch zusammen, daß die Wissenschafts- und die Bildungspolitik der Länder und des Bundes in der Öffentlichkeit immer wieder attackiert wird, nicht zuletzt bei der jungen Generation. Hier sollten wir etwas mehr auf die Symptome achten, die durch diesen Zustand hervorgerufen worden sind. Einerseits verführt das die junge Generation zu Forderungen, die manchmal den Eindruck erwecken, als ob zwischen der Öffentlichkeit und der jungen Generation eine Art Tarifvertrag geschlossen werden müsse mit Forderungen und Bewilligungen. Auf der anderen Seite führt es die jungen Menschen zur Resignation, weil sie zu der Annahme kommen müssen, in diesem Land lohne es sich gar nicht, sich anzustrengen, zu studieren usw., sie müßten doch hinterher die Früchte ihres Lernens im Ausland ernten. Ich glaube, die Verhältnisse bei uns sind besser als die Ansicht, die darüber besteht, und die Meinung, die auch von der Kulturkritik geäußert wird. Wir können zweifellos mit dem Bildungsfundus, den wir seit Hunderten von Jahren angesammelt haben und den wir seit hundertfünfzig Jahren, seit Wilhelm von Humboldt, in ein System gebracht haben, auch die Probleme der Zukunft lösen. Wichtig ist nur, daß wir unser gesamtes Bildungssystem von der Phasenverschiebung lösen, die eingetreten ist, und daß wir es an die modernen Anforderungen anpassen. Ich glaube also nicht, daß wir so sehr im Rückstand sind, wie sich das in manchen einzelnen Dingen zu zeigen scheint. Wir sind auch gewohnt, immer nur an die quantative Seite dieser Probleme zu denken und weniger an die qualitative. Die Kassandra-Rufe über die Folgen unseres rückständigen Bildungssystems werden meistens durch die Gefahren unseres ökonomischen Wettbewerbs und unserer Wettbewerbsfähigkeit am Weltmarkt veranlaßt. Ich möchte zu den relativ wenigen gehören, die ausdrücklich betonen, daß auch unsere künstlerische und kulturelle Wettbewerbsfähigkeit ein erstrebenswertes Ziel der Bildungspolitik ist. Wir können natürlich an ökonomischen Gesichtspunkten leichter messen, was wir zu tun haben. Uns fehlt noch weitgehend das wissenschaftliche Instrumentarium für langfristige Betrachtungen, auch für die Feststellung der sogenannten Bedarfslage im Bildungswesen. Auch dieses können wir - wenn Sie mir gestatten, diesen Zusammenhang aufzuzeichnen - nur gemeinsam mit dem Produktionspotential der gesamten Volkswirtschaft sehen. Das besteht aus einem ökonomischen und einem Bildungspotential. Diese Zusammenhänge sollten wir nicht übersehen. Damit hängt auch zusammen, daß unsere Wissenschafts- und Bildungspolitik heute nicht mehr nur national betrachtet werden darf, sondern in dem integrierten Raum Europas und der übrigen Welt gesehen werden muß, in den wir immer stärker hineinwachsen. Wenn schon Zusammenhänge zwischen Ökonomie und Bildung bestehen, dann bestehen sie zweifellos auch in den integrierten neuen Massenräumen, die sich bilden. Ich bedaure eigentlich, daß das, was Herr Professor Mikat seinerzeit auf der hundertsten Plenarsitzung der Ständigen Konferenz der Kultusminister im März 1964 zu diesen internationalen oder europäischen Fragen ausgeführt hat, so wenig beachtet bzw. vielleicht schon vergessen wird. Wenn man nun die kontroversen Ansichten, die auf diesem Gebiet immer noch bestehen, auch im politischen, parteipolitischen Raum und in dem Raum der Sachkundigen, betrachtet, dann hat man manchmal den Eindruck, daß zunächst einmal die berufenen Pädagogen Ordnung in ihre Vorstellungen bringen müssen, um wirkliche Reformen bei den Volksschulen, Mittelschulen und bei den Hochschulen mit Aussicht auf Erfolg angehen zu können. Manchmal hat man als nunmehr unparteiischer Beobachter den Eindruck, daß es auch im so vielgepriesenen föderalistischen System Spannungen gibt, die sich dann als Animositäten gegen den Bund äußern, und daß es im Bund Erfahrungen gibt mit liebevoll aufgebauten administrativen Hindernissen in interministeriellen Ausschüssen, die sich dann so auswirken, daß man die Schuld bei den Ländern sucht. Ich habe ja persönlich einige Erfahrungen damit gesammelt und rede nicht wie ein Blinder von der Farbe. Ob man all diese Fragen, die hier anstehen und die auch in den Fragen der FDP anklingen, mit Bildungsplanung läsen kann, ist meiner Ansicht nach noch ein ungelöstes Problem. Wir sollten froh sein, daß die in Deutschland übliche Planungsphobie, die aus wirtschaftspolitischen Grundsatzüberlegungen stammt, auf diesem Gebiet anscheinend durchbrochen ist. Man kann also jetzt, ohne sich eine Strafe zuzuziehen, von Planung auf dem Gebiet der Bildung reden, natürlich in dem Sinne, wie es hier schon definiert worden ist. Aber vor die Bildungsplanung gehört meiner Ansicht nach auch die wissenschaftliche Forschung. Ich bin dem Herrn Bundesminister Lenz sehr dankbar, daß er, zwar etwas verspätet, ,aber nunmehr immerhin sehr ernstlich darangeht, die sogenannte Systemforschung, die Planungsforschung zu einem förderungswürdigen wissenschaftlichen Gebiet bei uns zu machen. Die organisatorischen Voraussetzungen hierfür sind in der Bundesrepublik sträflich vernachlässigt worden. Andere Länder sind uns hierin weit voraus. Man kann heute Überlegungen über die Zukunft der Wissenschaft, der Forschung und der Bildung nicht mehr anstellen ohne ein wissenschaftliches Rüstzeug, und ,das kann man erarbeiten. Etwas anderes vermisse ich seit langem in dieser gesamten Diskussion, meine Damen und Herren. Wir werden auf den verschiedensten Wegen diese Fragen schließlich lösen oder verbessern. Damit wird aber immer dringender die Lösung der Aufgabe, die man nennen könnte: Nutzung des Bildungskapitals, das wir nun schaffen, sei es individuell, sei es kollektiv, sei es auf dem ersten oder zweiten oder sonstigen Bildungsweg. Unsere Zukunft steht unter dem Gesetz der Beschleunigung aller existentiellen Erscheinungen und Vorgänge. Damit verkürzt sich sozusagen - sit venia verbo - die Abschreibungsdauer für die Ausbildungswerte, die Bildungswerte, die wir mühsam schaffen, wobei die Anforderungen an die Bildungstiefe und -breite und an die Flexibilität des Wissensbestandes ständig steigen. Ich will das noch ein wenig anders auszudrücken versuchen. Weniger die Tatsachen in der Entwicklung der Lebensgrundlagen oder der Gesellschaftsformen unterliegen solchen Beschleunigungsvorgängen als vielmehr die Entwicklung unseres Bewußtseins. Daher ist es nicht Aufgabe der Bildung, der Erziehung, der Wissenschaft, vorausahnende Anpassung an sich unablässig ändernde Existenzbedingungen zu treiben, sondern den Widerstand gegen die durchaus beherrschbaren Beschleunigungstendenzen des Bewußtseins zu stärken. Daher muß die Bildung als pädagogischer Vorgang lehren, wie man aus der Flut des Wißbaren das vergleichsweise wenige Wissenswerte auswählt und behält. ({1}) Dieses Behalten ist auch das Hauptproblem der sogenannten éducation permanente, oder wie man es im technischen Berufsleben in Frankreich nennt, der recyclage. Deswegen bin ich auch der Meinung, man sollte über den quantitativen Betrachtungen, die heute hauptsächlich eine Rolle spielen, die wichtigste Komponente des Bildungssystems, nämlich die qualitative Seite, nicht vergessen. ({2}) In Westeuropa sinkt in den nächsten zehn und zwanzig Jahren die erwerbsfähige Bevölkerung ständig ab, in unseren politischen und wirtschaft9366 lichen Wettbewerbsländern steigt sie an. Diese numerische Unterlegenheit bei uns können wir nicht quantitativ, wir können sie nur qualitativ kompensieren, und das ist die Hauptaufgabe der Bildungspolitik. Es gibt ein Mißverständnis über die Aufgaben der Wissenschaftspolitik, das auch hier nicht ganz ausgeräumt ist. Man glaubt nämlich, im wesentlichen sei eine Förderung der Naturwissenschaften notwendig, um die Aufgaben der Wissenschafts- und Bildungspolitik zu lösen. Ich möchte als Naturwissenschaftler und Techniker dieser Auffassung widersprechen und davor warnen, sie zum Prinzip der Wissenschaftspolitik zu machen. ({3}) Natürlich, Naturwissenschaften und Technik kann man auch nicht ganz ohne Geist betreiben. ({4}) Aber hier muß endlich einmal damit aufgeräumt werden, daß wir Wissenschaften und Naturwissenschaften immer noch voneinander trennen und ihnen eine verschiedene Rangordnung zuerkennen, die sich sogar finanzpolitisch und administrativ auswirkt. Gewiß haben die Naturwissensaften eine nicht abzustreitende Neigung, ihre eigene Fachrichtung zu totalisieren. Das muß man dann dämpfen. Die verantwortlichen Vertreter von Naturwissenschaften und Technik betonen immer wieder, sie strebten nicht an, daß die Naturwissenschaften eine Hegemonie im Bildungssystem und im Geistesleben ausübten. Wir müssen dafür sorgen, daß hier die Universalität der Wissenschaft etwas stärker betont wird. Das ist nun wieder eine Aufgabe unserer Kollegen von den sogenannten Geisteswissenschaften, wenn ich das Wort einmal gebrauchen darf. Es darf nicht der Eindruck entstehen, daß die Naturwissenschaftler in den Geisteswissenschaftlern sozusagen die kleinen Verwandten betrachten, die man gerade noch so mitlaufen läßt. Nein, gerade die Geisteswissenschaften legen das Fundament zu einer entsprechenden, zweckmäßigen und förderlichen Entwicklung der Naturwissenschaften. ({5}) Ich muß hier leider eine kleine Anmerkung machen, die Herrn Professor Mikat betrifft, der gerade anwesend ist. Herr Professor Mikat hat für den naturwissenschaftlichen Unterricht an höheren Schulen sehr viel Verständnis gezeigt. Um so betrüblicher ist es, daß wir seinem Plan des Fachabiturs, also eines eingeschränkten Abiturs, entgegentreten müssen. Ich glaube nicht, daß wir hiermit auch die Möglichkeiten der Stärkung des wissenschaftlichen Nachwuchses vermehren. Ich wäre sehr viel versöhnlicher, 'wenn man nach sechs Klassen wieder eine Abschlußprüfung einführte. Die ältere Generation kennt noch das gute alte Einjährige. Dies wäre eine bessere Lösung ,als die Schmälerung der Basis eines Abiturs. ({6}) Neulich gab es einmal einen Zeitungsartikel mit der Überschrift „Hände weg vom Abitur!". Ich bin der Meinung, wenn schon das Abitur die wichtigste pädagogische Prüfung im Leben eines jungen Menschen bleibt, dann bin ich sogar für eine Verschärfung der Abiturientenprüfungen und nicht für eine Erleichterung. Damit komme ich zu einem anderen Problem, das hier angesprochen wurde. Es ist die Schaffung eines Bildungsrats. Meine Damen und Herren, was haben wir nicht schon alles für Räte und Kommissionen geschaffen! Hier zeigt sich doch ein alter Erfahrungssatz, der eine deutsche Nationaleigentümlichkeit kennzeichnet: Kratze einen Deutschen, und du findest einen Hegelianer, der an einen objektiven Geist glaubt, wenn er in Institutionen weht! ({7}) Ich bin also nicht davon überzeugt, daß wir neue Institutionen unbedingt brauchen. In meinem Beruf - ich bin Chemiker - gilt bei den jungen Leuten der Satz: Man soll Leute über 50 Jahre aus den Laboratorien entfernen, weil sie nur noch gut für Sitzungen in den Beiräten sind. ({8}) Ich glaube nicht, daß man hier ein Mittel schaffen sollte, um lästige Experten durch Entsendung in solche Kommissionen zu neutralisieren. Dieses System wird in Deutschland geradezu mit Perfektion benutzt. Ein Bildungsrat mag sich als zweckmäßig erweisen. Ich bin keineswegs dagegen, daß er gebildet wird. Aber wir haben ihn doch eigentlich schon, meine Damen und Herren. Weshalb nicht die Kompetenzen und Funktionen des Wissenschaftsrats etwas ausdehnen? Dann brauchten wir doch nichts Neues. Sie wissen, meine alte Vorstellung vom Wissenschaftsrat war anders, als er verwirklicht worden ist. Ich hätte ihm gern eine gesetzliche Grundlage gegeben, statt ihn auf Grund eines Verwaltungsabkommens einzusetzen. Aber der Wissenschaftsrat wäre, gerade weil hier die Länder mitwirken, nicht mehr das richtige Gremium, um all die Dinge zu lösen, die wir lösen wollen. Wir haben die Selbstverwaltungsorganisation der Wissenschaft. Herr Minister Lenz hat eine ausführliche Darstellung dessen gegeben, was ist. Es reicht aus, unsere Probleme zu lösen, bis auf einen Punkt: das ist das Dreiecksverhältnis zwischen Staat, Wissenschaft und Wirtschaft. Das ist bei uns nicht in Ordnung. Wir haben noch keine Methode gefunden, um das ganz enorme Wissenschaftspotential der Wirtschaft für die Allgemeinheit zu nutzen. Hier sind noch einige Barrieren abzuräumen, um dem wichtigsten Problem der Wissenschaftsförderung gerecht zu werden, nämlich daran die Förderung der sogenannten technischen Entwicklung anzuschließen. Ich möchte noch einmal betonen, daß wir bei allen Betrachtungen die Universalität des Problems nicht aus dem Auge lassen dürfen. Die Aufsplitterung in Spezialistentum ist eine der größten Sorgen gerade der Forschung und Technik, die Sie besonders fördern wollen. Wir als Naturwissenschaftler und Techniker wehren uns dagegen, daß die spezialisierte ErzieDr.-Ing. Balke hung und Bildung zu früh einsetzt. Wir brauchen keine Astronauten im zweiten Schuljahr, sondern wir brauchen allgemein ausgebildete junge Menschen, die allen zukünftigen Aufgaben gerecht werden können. In der Zeit, als ich in den Beruf eintrat, galten als Abschreibungsdauer für das Bildungsgut, das man in der Berufsausbildung erworben hat, etwa 25 Jahre. Diese Zeit ist heute in vielen Berufen auf fünf Jahre geschrumpft. Wir dürfen nicht durch übertriebene Spezialausbildung die junge Generation in die Verlegenheit bringen, daß sie mit 30, 35 oder 40 Jahren schon aus ihrem Beruf heraus ist, weil sie nicht mehr up to date ist. In Amerika gibt es Hunderttausende von solchen hochwertig ausgebildeten Menschen, die mit 40 und 45 Jahren diesem Schicksal anheimfallen. So schlecht sind die Verhältnisse bei uns nicht, wie sie mancher darstellt, weil wir das bisher vermieden haben. Zu den fünf Fragen der FDP darf ich im Namen meiner Freunde, die heute anderen bildungspolitischen Aufgaben nachgehen und nicht hier sind, ({9}) noch kurz folgendes bemerken. Ich glaube, daß wir hierbei allgemein eines beachten sollten. Wissenschaftspolitische und bildungspolitische Fragen sollen und können wir nicht lösen durch Antinomie, durch den Gegensatz zwischen Föderalismus und Zentralismus oder gar durch das Finanzpolitische. Das Finanzpolitische sollte sich in einem Staate wie dem unseren von selber verstehen. Auch die Bundesregierung wäre gut beraten und würde sich Sorgen ersparen, wenn sie die Entsperrung von Haushaltstiteln dadurch vermeiden würde, daß sie diese vorher nicht sperrt; das wäre eine Methode, die man anwenden könnte. ({10}) Was die Finanzierung der Wissenschaft angeht, so wollen wir doch anerkennen, daß die Länder hier sehr viel getan haben. Ich darf vielleicht einmal von meiner Wahlheimat Bayern sprechen. Im bayerischen Haushalt ist der Kultusetat mit 1,5 Milliarden DM der größte Etatposten im ganzen Haushalt; kein anderer Posten hat mehr. Von der FDP ist auch nach der langfristigen Planung und Finanzierung gefragt worden. Ich glaube, daß man die Bundesbeteiligung an den Neugründungen von Hochschulen begrüßen sollte; die Länder haben das auch getan. Man sollte es aber im wesentlichen den Hochschulen überlassen, wie die neuen Hochschulen organisiert werden. Ich habe immer bedauert, daß man so wenig Mut hat, Modellhochschulen zu schaffen, die z. B. vom Fakultätensystem absehen und etwas anderes probieren. Es gibt noch eine ganze Menge von Problemen, die die Hochschulen bzw. die Länder in eigener Regie lösen können. Es gibt aber übergeordnete Probleme der Wissenschaftsförderung, der Wissenschafts- und der Bildungspolitik, die nur von einem Land - also bei uns im Bund - gelöst werden können. Denken Sie an die internationalen Beziehungen, mit denen wir es zu tun haben, Ich wäre sehr dafür, wenn wir in einem Wissenschaftsplan - oder wie dieses Programm dann heißen wird - einmal untersuchten: was ist bei uns unabdingbare Aufgabe der Länder und was ist unabdingbar für eine übergeordnete Instanz, ganz gleich, wie diese heißt? Wir brauchen ja nicht gleich an ein Bundeskultusministerium zu denken. Es ist einfach unmöglich, daß in internationalen wichtigen technischen Programmierungsfragen oder wissenschaftlichen Integrationsfragen die Bundesrepublik mit 11 Kultusministern oder mit einem Organ neben der Bundesregierung antritt. Hier beginnt die Integration zu Hause; und das können wir und müssen wir zunächst einmal selbst lösen. Meine politischen Freunde sind bezüglich eines Bildungsrates übrigens der Meinung, man solle ihm nicht seine Existenzgrundlage durch einen Wissenschaftsplan vorwegnehmen, und sie meinen, daß man Prioritäten nicht durch einen Wissenschaftsplan aufstellen, sondern das als Aufgabe dieses Bildungsrates in der Kompetenz und Verantwortung der Parlamente und der Länderregierungen lassen sollte. Das ist jedenfalls ein Diskussionsgegenstand. Die geforderte Verbesserung des Stiftungswesens ist gar keine Frage des Stiftungsrechts, sondern des Steuerrechts. Hier können die Finanzpolitiker sicher einen Weg finden, private Stiftungen zu begünstigen. Jedenfalls, glaube ich, gibt es da keine Gegensätze zwischen Bund und Ländern oder unter den Parteien. Eine Bestandsaufnahme der Begabtenförderungsmaßnahmen ist ja im Gange. Wir hoffen, daß sich hier auch eine Zusammenarbeit von Bund und Ländern ergeben wird. Bei der Hochschulstatistik ist, glaube ich, die Möglichkeit der Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern, zwischen den verschiedenen Statistischen Ämtern gar nicht schlecht. Daß sie ausgedehnt werden soll und kann, ist zweifellos richtig und wünschenswert. Meine Damen und Herren, wir sollten über diesen Einzelfragen, über die wir uns erfreulicherweise weitgehend einig sind, nicht vergessen, daß wir mit all diesem, was wir hier tun, und noch mehr mit dem, was wir unterlassen, eingreifen in die Zukunft der ganzen Nation, insbesondere der jungen Menschen, die jetzt erst anfangen, in eine Welt hineinzugehen, von der wir noch nicht wissen, wie sie in ihrer Struktur endgültig aussehen wird. Der äußere Ausdruck dieser Unsicherheit ist ja die Existenzfurcht und das Schwanken zwischen dem Genuß der wissenschaftlich erarbeiteten Güter und der Angst vor ihrem Mißbrauch. Wir sollten mit allem, was wir tun, nicht der Gefahr der Selbstzerstörung in einer nihilistischen Denkweise, die sich bei uns erschreckend auszubreiten beginnt, Vorschub leisten. Es wäre gut, wenn aus dem vielen, das gesagt worden ist, endlich einmal ein Resultat herauskäme, von dem wir sagen könnten: Wir haben etwas getan. ({11})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Das Wort hat der Herr Bundesminister Lenz.

Hans Lenz (Minister:in)

Politiker ID: 11001323

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ein paar Worte darf ich vielleicht noch sagen. Zunächst zu Ihnen, Herr Kollege Lohmar! Ich möchte Ihnen ausdrücklich danken für Ihre anerkennenden Worte, die ich sehr gern all denen weitergebe, die die unendliche Kärrnerarbeit der Erstellung dieses Berichts geleistet haben. Sehr herzlichen Dank dafür! Nun zu Ihrem ersten kritischen Punkt, dem Teilungsverhältnis zwischen Bund und Ländern bezüglich der Summe für den Ausbau der bestehenden Hochschulen. Damals, als diese Summe festgestellt wurde, ist von einer Kostenschätzung des Wissenschaftsrates im Jahre 1960 von 2,6 Milliarden DM ausgegangen worden, und an dieser Summe ist auch bei dem zweiten Verwaltungsabkommen im Jahre 1964 eigentlich nicht gerüttelt worden. Sie werden keinen Finanzminister finden, der sich ohne präzise Kostenschätzungen zu einem anderen Schlüssel bereiterklärt. Deshalb stand eben diese Hälfte von 500 Millionen DM jeweils, wie man so sagt, im Raum. Daß wir trotzdem vom Bund her in diesem Jahr auf 300 Millionen DM gegangen sind, habe ich vermerkt. Sie sagen: „voller Stolz". Wenn das der Fall gewesen wäre, würde ich wirklich um Entschuldigung bitten. Es lag mir völlig fern, das „voller Stolz" zu erklären. Ich habe hinzugefügt, daß diese lästigen Kürzungen von 7 % - das macht 21 Millionen DM - aufgefangen werden können und daß, so hoffe ich doch, den Hochschulen die vollen 300 Millionen DM von uns aus zur Verfügung gestellt werden können. Dann waren Sie kritisch gegenüber meiner Berner-kung, was das Dringlichkeitsprogramm des Wissenschaftsrats angeht. Sie erblickten darin eine Gefahr, daß Dringlichkeitsprogramm eben Kürzung heiße. Ich kann hier nur den Text des Verwaltungsabkommens über den Wissenschaftsrat vom Jahre 1957 zitieren, in dessen Art. 2 nun einmal steht: Der Wissenschaftsrat hat die Aufgabe, 1. auf der Grundlage der von Bund und Ländern im Rahmen ihrer Zuständigkeit aufgestellten Pläne einen Gesamtplan für die Förderung der Wissenschaft zu erarbeiten und hierbei die Pläne des Bundes und der Länder aufeinander abzustimmen; hierbei sind die Schwerpunkte und Dringlichkeitsstufen zu bezeichnen, 2. jährlich ein Dringlichkeitsprogramm aufzustellen. Nichts anderes wollte ich eigentlich sagen als dies, was im Verwaltungsabkommen steht. Dann erbaten Sie ein beruhigendes Wort über die offenbar aus einer Referentenbesprechung bekanntgewordenen Streichungen bei den Stellenanforderungen des Innenministeriums auf dem Gebiet der Bildungsstatistik, des Dokumentationswesens. Ich konnte mir die Zahlen verschaffen. Es sind 14 Stellen angefordert worden, davon sind zwei nicht genehmigt worden. Man kann also nicht eigentlich von einem sehr hohen Prozentsatz sprechen. Vielleicht ist das wenigstens ein beruhigender Hinweis darauf, daß der Finanzminister nicht so schlimm ist, wie er immer wieder gemacht wird. Dann haben Sie sich, Herr Kollege Lohmar, ein wenig daran gestoßen, daß in der Antwort der Bundesregierung fast ausschließlich von Zahlen, von finanziellen Forderungen und der Aufbringung von Mitteln die Rede war. Ich meine, ein Wissenschaftsplan hat zwei Seiten, er hat eine programmatische und hat eine finanzielle Seite, und wenn Sie den von Ihnen gelobten Wissenschaftsbericht nachlesen, so werden Sie feststellen, daß er sich darüber Gedanken gemacht hat. Auf Seite 8 - ich darf mit Genehmigung des Herrn Präsidenten ein paar Sätze zitieren - heißt es: Der vorliegende Bericht behandelt im wesentlichen die finanzielle Seite der Forschungsförderung. Die Förderung der wissenschaftlichen Forschung ist jedoch nicht nur ein Finanzierungsproblem; es müssen vielmehr Überlegungen zu einer Wissenschaftspolitik hinzutreten. Ein Gesamtplan von Bund und Ländern für die Förderung der Wissenschaften setzt einen verläßlichen Bestand von Daten und Prognosen für wissenschaftspolitische Entscheidungen voraus. Ein solcher umfassender Gesamtplan erfordert nicht nur Überlegungen darüber, wie man sachliche und finanzielle Schwerpunkte bilden und Förderungsprogramme von Bund, Ländern und Selbstverwaltungsorganisationen der Wissenschaft koordinieren kann, sondern verlangt auch Erwägungen über zweckmäßigere Formen der Förderung oder Wissenschaftsverwaltung; ferner ist Vorsorge für den Fall der Wiedervereinigung zu treffen. Nach meinen Erfahrungen, Herr Kollege Lohmar, hat in der ganzen Wissenschaftspolitik der Finanzminister nicht das letzte Wort zu sprechen, sondern leider das erste. Darum werden wir nicht herumkommen, und wir werden das auch im Zweifel zurespektieren haben. Sie haben sehr eindrucksvoll - auch Ihr Buch gibt darüber Auskunft - von der Zukunft gesprochen, in die wir hineinwachsen, die wir heute bereits anvisieren müssen und für die wir die entsprechenden Vorkehrungen treffen müssen, um nicht von ihr überrascht zu werden. Ich bin hier sehr dankbar für das, was Herr Kollege Balke gesagt hat, der wohl einen ähnlichen Gedanken geäußert hat. Ich meine auch nicht, daß wir aus der Bundesrepublik eine „Räterepublik" machen sollten, indem wir für alles und jedes einen Rat einrichten. Ich glaube, daß das Instrumentarium, das wir uns inzwischen geschaffen haben, einigermaßen genügt. Aber ich darf doch darauf hinweisen, daß die Schaffung des Instituts für Planungsforschung, von dem auch Professor Balke gesagt hat, daß wir es haben müssen, von meinem Hause ausgegangen ist. Von dorther werBundesminister Lenz den wir, wenn auch zugegebenermaßen die Amerikaner und andere auf diesem Gebiet weiter sind, die Erkenntnisse bekommen, die wir brauchen, um die Zukunft bestehen zu können. Regieren heißt voraussehen, darum kommen wir nicht herum. Wir wissen, daß wir in ein sehr verwissenschaftlichtes Zeitalter hineinwachsen und daß die Zukunft bereits heute mit ungeheurer Kraft wirksam ist. Denken Sie nur an die Riesenzahl der Veröffentlichungen auf dem Gebiet des Zeitschriftenwesens, der Periodica, der Bücher. Da muß man schon die Lesekraft eines Mannes wie Ihres Carlo Schmid besitzen, der durch Handauflegen auf ein Buch den Inhalt begreift, um das alles lesen zu können. Diese Fähigkeit haben leider nur sehr wenige in unserer Gesellschaft. Aber auf jeden Fall werden die Ergebnisse der Forschung durch die sehr dankenswerten Denkschriften der Deutschen Forschungsgemeinschaft, durch die Forschungsberichte der Bundesregierung und durch eine Förderung des Dokumentationswesens nutzbar gemacht. Zum Schluß möchte ich noch ein sehr herzliches Wort des Dankes an Sie richten, Herr Professor Hahn. Ihre ausgezeichneten Ausführungen haben mir die Gewißheit gegeben, daß in dieser zukunftsentscheidenden Frage Bund und Länder gewillt sind, sich zu verstehen, aufeinander zuzukommen und hoffentlich nicht aufhören werden, auch größere Schritte aufeinander zu zu machen. Ich danke Ihnen dafür. ({0})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Als Mitglied des Bundesrates hat das Wort der Herr Kultusminister von Nordrhein-Westfalen. Dr. Mikat, Kultusminister des Landes Nordrhein-Westfalen: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, ich darf nicht nur für das von mir vertretene Land Nordrhein-Westfalen, sondern auch für die übrigen deutschen Bundesländer mit Dankbarkeit feststellen, daß in diesem Hohen Hause heute die Bereitschaft bekundet worden ist, sich künftig auch von seiten des Bundes bei der Durchführung des Verwaltungsabkommens zwischen Bund und Ländern zur Förderung von Wissenschaft und Forschung, dem bekannten Abkommen zum Ausbau der bestehenden Hochschulen, finanziell in stärkerem Maße zu beteiligen, als das bisher der Fall gewesen ist. Ich darf aber Ihren Beitrag, verehrte Frau Abgeordnete Funcke, zum Anlaß für eine Klarstellung nehmen und darlegen, wie eigentlich die Situation ist. Bei der Durchführung des Abkommens sind bis zum Jahre 1964 die Summen von je 250 Millionen DM für jeden Partner dieses Abkommens seitens der Länder als Mindestbeträge angesehen worden. Die ursprüngliche Konzeption der Kultusministerkonferenz von 1960 - nicht, Herr Abgeordneter Lohmar, wenn ich das zum Historischen nachtragen darf, von 1957; da hat man darüber noch nicht gesprochen - ging ja von einem Verhältnis 1 : 1 oder 50 % : 50 % aus. Hätten die Länder die 250 Millionen DM, die im Vertragswerk als das genannt werden, was sie aufbringen müssen, als Endsumme betrachtet, dann sähe es um den Ausbau der deutschen Hochschulen wahrhaft kläglich aus. ({0}) Bei den vom Bund und von den Ländern aufzubringenden je 250 Millionen DM handelt es sich ja nicht um den Betrag für den Gesamtaufbau dieser Hochschulen, sondern lediglich um die Kosten für die Bauinvestitionen. Der Bund hat im letzten Jahr den Ansatz erfreulicherweise von 250 auf 300 Millionen DM erhöht. Dafür sind wir den Vertretern des Bundes sehr dankbar. Sie kennen allerdings alle die Besorgnisse, die auf seiten der Länder und auch hier im Hohen Hause bestehen, ob es möglich sein wird, diese 300 Millionen DM auch voll aufzubringen. Daß aber auch das nicht ausreicht, um den dringendsten Bedürfnissen gerecht zu werden, zeigt die hohe Anforderung des Wissenschaftsrates, die nämlich bei etwa 500 Millionen DM lag. Wir müssen also ganz klar festhalten: Es muß ein Beteiligungsverhältnis von 50 : 50 erzielt werden, und der absolute Betrag müßte sich auf etwa 500 Millionen DM Länderseite und 500 Millionen DM Bundesseite einpendeln. Wie sieht die Beteiligung des Bundes im Länderabkommen zur Finanzierung neuer Hochschulen aus? Meine Damen und Herren, da darf ich als Vertreter eines Landes, das zur Zeit sehr große Hochschulprojekte in Angriff genommen hat, bitten, daß sich alle Beteiligten unbeschadet der möglichen Rechtskonstruktion, die man für solche Gremien vielleicht einmal findet, im Grundsatz darüber einig werden. Wir wollen gemeinsame Finanzierung. Wenn man das nicht will, muß man das auch sagen. Dann müssen wir uns danach richten. Ich habe aber heute aus dieser Debatte den positiven Eindruck gewonnen, daß alle in diesem Hohen Hause - Herr Martin hat es eigens noch einmal bekräftigt - eine Beteiligung wollen. Das ist der Vorschlag des Herrn Bundeskanzlers gewesen, den wir dankbar aufgegriffen haben. Der Herr Bundeskanzler hat uns ja diese Beteiligung des Bundes klipp und klar angeboten. Ich mache allerdings auch darauf aufmerksam: dann muß einmal genau festgestellt werden, von wann ab es zur Beteiligung kommt und wie hoch die Summen sein werden. Ich würde von uns aus den Vorschlag machen, daß wir für diesen langfristigen Finanzierrungs vorschlag - ({1}) - Sicherlich.

Dr. Berthold Martin (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001426, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Minister, es war doch so, daß der Bund seine Beteiligung sogar durch Kabinettsbeschluß angeboten hat. Dann gab es eine Ländervereinbarung, die geradezu die Beteiligung des Bundes ausschloß. ({0}) Ich möchte das einmal sagen, um die Dinge klarzustellen. Dr. Mikat, Kultusminister des Landes Nordrhein-Westfalen: Nein, das ist nicht ausgeschlossen worden. Es sollten einige Fragen geklärt werden. Würden die Länder es ,ausschließen, so stehe ich als Kultusminister des Landes Nordrhein-Westfalen reicht an zu sagen, das wäre eine der größten Dummheiten, die die Länder machen könnten. ({1}) Wir können nicht immer nur sagen „Bund und Land Hand in Hand" und dann unter Umständen noch nicht einmal bereit sein, uns den kleinen Finger reichen zu wollen. In der Praxis sieht es ja leider manchmal so aus. Ich darf also präzisieren: Es würde sich vielleicht anbieten, die bereits vorhandenen Gremien, nämlich den Verwaltungsausschuß und die Ständige Kommission, die wir ja im Rahmen der Durchführung des Verwaltungsabkommens zum Ausbau der beistehenden Hochschulen haben, schon einmal mit dieser speziellen Aufgabe zu betrauen, damit wir nicht erst - das ist wohl das Petitum, das in Ihren Fragen 1 und 2 zum Ausdruck kommt, verehrte Frau Abgeordnete - die Lösung der Fragen im Zusammenhang mit dem Bildungsplan und dem Bildungsrat abwarten müssen, um dann auch bei der Finanzierung unserer Hochschulen weiterzukommen. ({2}) Ich meine, das ist ein gangbarer Weg, um schneller zu einem Ergebnis zu kommen. Hier sind bereits zwei Gremien oder, wenn man sie im Rahmen dies Verwaltungsabkommens sieht, ein Gremium vorhanden. Dias ist schon 'in Arbeit. Man sollte dieses Gremium damit beauftragen, diese Feststellungen zu treffen. Ich will es mir versagen, auf die übrigen Fragen in diesem Bereiche näher einzugehen, die heute hier angesprochen worden sind. Aber eines darf ich Herrn Kollegen Balke sagen, ,der eine wohl etwas launig gemeinte Bemerkung zu den F-Gymnasien dies Landes Nordrhein-Westfalen gemacht hat. Herr Kollege Balke, Sie sind Chemiker. Ich habe früher einmal beim alten Rothacker gelernt, daß gerade die Naturwissenschaften ihre Erkenntnisse aus Versuchen gewinnen. Zu ihrer Beruhigung sei gesagt, die Einführung der F-Gymnasien in Nordrhein-Westfalen ist ein Versuch, und den werde ich durchführen. ({3})

Hans Lenz (Minister:in)

Politiker ID: 11001323

Herr Präsident, würden Sie mir gestatten, von meinem Platz aus zu sprechen?

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Bitte sehr, sprechen Sie von dort aus.

Hans Lenz (Minister:in)

Politiker ID: 11001323

Ich möchte ein aufrichtiges Ja zu den Vorschlägen von Herrn Minister Mikat sagen. ({0})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Dr. Diemer-Nicolaus. ({0}) - Meine Herren, Sie wissen doch, was wir dem wissenschaftlichen Niveau einer solchen Debatte schuldig sind!

Dr. Emmy Diemer-Nicolaus (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000387, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie sind wahrscheinlich erstaunt, daß ich heute bei dieser Kulturdebatte spreche. Ich kann Ihnen aber eines versichern: Ich werde nicht noch einmal die gesamte Problematik aufgreifen. Den Freien Demokraten liegt nur daran, daß die Frage des Stiftungswesens ihrer Bedeutung entsprechend gewürdigt wird. Herr Bundesminister, Sie haben sich dahin ausgesprochen, daß eine Reform des Stiftungswesens notwendig ist, daß sie aber nicht im Wissenschaftsplan erfolgen soll. Wir legen keinen Wert darauf, daß sie unbedingt im Wissenschaftsplan erfolgt; nur die Reform ist wichtig. Ich darf an die Ausführungen von zwei Vorrednern anknüpfen. Herr Kollege Dr. Lohmar hat gesagt: Wissenschaft und Politik müssen eng zusammenarbeiten. Herr Professor Dr. Balke hat darauf hingewiesen, daß Staat, Wissenschaft und Wirtschaft noch nebeneinanderstehen. Er hat sich dafür ausgesprochen, doch auch den Nutzen aus den wissenschaftlichen Erkenntnissen zu ziehen. In diesem Zusammenhang hat er sich besonders für die Geisteswissenschaften ausgesprochen. Ich ziehe jetzt eine Nutzanwendung für das Stiftungswesen, eine Nutzanwendung aus den Beratungen des Deutschen Juristentages vom September 1962. Die Probleme, die mit dem Stiftungswesen zusammenhängen, wurden dort eingehend behandelt. Sie wurden wissenschaftlich erörtert. Es wurden dort Entschließungen gefaßt, die dahin gehen, daß unser Stiftungswesen an die modernen Verhältnisse anzupassen ist. Das war also kein Rückblick, sondern ein Ausblick. Wenn von Ihnen, Herr Bundesminister, vorhin bedauert wurde, daß bei uns in Deutschland die Bereitschaft, von privater Seite finanzielle Mittel für Wissenschaft und Forschung zur Verfügung zu stellen, nicht in dem Umfang gegeben ist wie in den Vereinigten Staaten, so gilt es jetzt, im Hinblick auf die Wissenschaftsplanung nicht nur zu überlegen - was heute selbstverständlich das Kernproblem gewesen ist -, was die öffentliche Hand hierzu tun kann, sondern sich auch zu überlegen: was kann geschehen, um die private Initiative mehr anzuregen. Als ich im Jahre 1951 in Amerika war, hat es mir einen großen Eindruck gemacht, wenn ich dort durch die Universitätsviertel gegangen bin und gesehen habe, wie umfangreich die Stiftungen sind. Ich weiß, daß die Foundations in den Vereinigten Staaten eine wesentlich wichtigere Rolle spielen als bei uns die Stiftungen. Es ist mir weiterhin bekannt, daß es auch in England sehr viele Stiftungen mit großen Vermögen gibt. Wenn es bei uns anders ist, dann ist das nicht zum Vorteil der Förderung der WissenFrau Dr. Diemer-Nicolaus schaft gewesen. Weitgehend sind doch Mittel und Möglichkeiten ungenutzt geblieben. Das gilt es zu beseitigen. Ich gehöre nicht zu denen, die glauben, man müsse nur ein Gesetz machen, und damit seien die Probleme gelöst. Aber bei den Verhandlungen des Deutschen Juristentages kam von seiten der Wissenschaft mit aller Eindeutigkeit zum Ausdruck, daß die jetzt bestehende Zersplitterung unseres Stiftungsrechts in die verschiedenen Länderrechte eine maßgebliche Ursache dafür ist, daß das gesamte Stiftungswesen ein Stiefkind auch unserer Wissenschaft ist, wie es Professor Coing damals ausgedrückt hat, und für unsere wissenschaftliche Forschung, für die Unterstützung der Universitäten durch private Institute keine Aktualität hat. Es geht jetzt um 2 Reformen. Es darf - Herr Bundesminister, deswegen erlaube ich mir, jetzt doch noch diese kurzen Bemerkungen zu machen - nicht bei diesen Ländergesetzen bleiben - ich habe mit Freude gehört, daß sich demnächst die Länderminister mit diesen Fragen befassen wollen -, sondern es wurde vom Deutschen Juristentag im September 1962 die dringende Forderung nach einem bundeseinheitlichen Stiftungsrecht erhoben. Es muß ein modernes Stiftungsrecht geschaffen werden, das dann in weitem Umfang für Wissenschaft und Forschung genutzt werden kann. Schon jetzt ist es so, daß sich, soweit Stiftungen bestehen - ich verweise insofern auch auf die Volkswagen-Stiftung -, die Unzulänglichkeit unserer Regelung immer deutlicher bemerkbar macht. Wir können auch nicht nur an den Idealismus appellieren. Ich denke daran, daß nicht nur auf den Universitäten und in den entsprechenden Instituten, wie etwa den Instituten der Max-Planck-Gesellschaft, große wissenschaftliche Forschung betrieben wird, sondern auch in den industrieeigenen Instituten. Ich weise als Beispiel auf die chemische Industrie und auf große Firmen der elektrotechnischen Industrie hin. Gerade in diesen Forschungsstätten der Industrie sind maßgebliche Ergebnisse erzielt worden. Es fragt sich, ob es nicht möglich und wünschenswert ist, die eigentliche Forschungstätigkeit aus den Industriebetrieben heraus in selbständige Institute zu verlagern. Damit es gelingt, das private Stiftungswesen für heutige Bedürfnisse entsprechend zu aktualisieren, genügt es nicht, nur .an die Spendenfreudigkeit zu appellieren und darauf hinzuweisen - wie dies leider der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft immer wieder tun muß -, daß keine entsprechende Spendenfreudigkeit festzustellen ist. Vielmehr gilt es - namentlich angesichts der Ergebnisse, die in dieser Beziehung in den Vereinigten Staaten zu verzeichnen sind -, auch die entsprechenden steuerlichen Maßnahmen zu treffen. Was bisher in Deutschland geschehen ist, reicht nicht aus. Die Steuerprivilegien in .den Vereinigten Staaten gehen außerordentlich weit. Es gibt eine Abhandlung von Herrn Neuhoff, die sich mit diesem Problem befaßt. Diese Schrift heißt: „Wie kann man Geld verdienen, indem man es verschenkt"? Diese großzügige Regelung war nämlich mit die Ursache dafür, .daß in den Vereinigten Staaten über private Stiftungen .so Wesentliches geleistet wurde. Ich darf darauf hinweisen, daß in den USA für Zuwendungen an Stiftungen keine Schenkungsteuer zu zahlen ist. Wenn es sich um Zuwendungen von Todes wegen handelt, ist keine Erbschaftsteuer zu zahlen. Darüber hinaus können Zuwendungen an steuerbefreite Stiftungen bis zu 20 % des Brutto-Einkommens vom steuerpflichtigen Einkommen abgesetzt werden. Dieser Betrag erhöht sich sogar auf 30 %, wenn mindestens 10 % der Zuwendung Kirchen, Schulen oder Krankenhäusern zustatten kommt. Ich weiß nicht, ob wir in Deutschland so großzügig sein können. Aber bei unseren Überlegungen, inwieweit wir durch Reformen des Steuerrechts private Stiftungen begünstigen können, dürfen wir nicht nur an den Steuerausfall denken, sondern müssen vor allen Dingen sehen, daß durch das, was die Stiftungen auf dem Gebiete der Wissenschaft und Forschung leisten, die öffentliche Hand wieder entlastet wird. Ein weiterer Grund, aus dem wir Freien Demokraten natürlich sehr für die privaten Stiftungen sind: Bedingt durch die Zeitumstände gewöhnen wir uns auch in Deutschland immer mehr daran, daß die öffentliche Hand alles machen muß. Es war für mich aufschlußreich zu hören, was Professor Mestmäcker in seinem grundlegenden Referat auf dem Deutschen Juristentag ausführte: Mit der Stiftung steht dem Bürger ein Rechtsinstitut zur Verfügung, mit dessen Hilfe er die gesellschaftliche Wirklichkeit jenseits von Staatsfürsorge und Gewinnstreben frei und auf die Dauer gestalten kann. Freie Stiftungsinitiative, freiwillige Leistungen zum allgemeinen Wohl sind ein notwendiger, ja lebenswichtiger Bestandteil ,der demokratischen Staatsform. Das gilt nicht trotz, sondern wegen der weit ausgreifenden pflegerischen und fürsorgerischen Tätigkeit der öffentlichen Hand. Sie bedarf um so mehr der Ergänzung und Kritik, der Weiterentwicklung und vielleicht der Korrektur durch private Stiftungen. Gerade die Zweckbindung des Stiftungsvermögens für einen bestimmten Stiftungszweck gibt die Möglichkeit, auch von privater Seite langfristig zu planen im Sinne einer guten wissenschaftlichen Forschung, im Sinne dessen, was wir alle wünschen, nämlich daß Deutschland auf diesem Gebiet einen angemessenen Platz einnimmt.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Das Wort hat der Abgeordnete Dichgans. ({0}) - Damit meine Damen und Herren, sind wir am Schluß der Rednerliste. Die Aussprache ist geschlossen. Mir liegen zwei Entschließungsanträge vor, zunächst der Antrag der Fraktion der FDP auf Umdruck 650. Wir stimmen darüber ab. Wer dem An9372 Präsident D. Dr. Gerstenmaier trag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Bei Enthaltungen angenommen. Wir kommen dann zur Abstimmung über den Antrag der CDU/CSU auf Umdruck 651. Wer zuzustimmen wünscht, gebe bitte ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Bei Enthaltungen angenommen. Damit, meine Damen und Herren, sind wir am Ende unserer Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Dienstag, den 25. Mai, 9.00 Uhr ein. Die Sitzung ist geschlossen.