Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet.
Meine Damen und Herren, vor Eintritt in die Tagesordnung gebe ich dem Hause bekannt: Der Herr Bundestagspräsident hat, zugleich im Namen des Deutschen Bundestages, am 10. März 1965 dem Königlich Schwedischen Botschafter in Bonn zum Tode Ihrer Majestät der Königin Luise von Schweden und am 12. März 1965 dem finnischen Reichstag zum Tode seines Präsidenten Kauno Kleemola seine aufrichtige Anteilnahme ausgesprochen.
B) Ich habe die Freude, zwei Kollegen des Hauses die Glückwünsche zum Geburtstag auszusprechen. Abgeordneter Leonhard ist am 14. März 70 Jahre alt geworden,
({0})
der Abgeordnete Meyer ({1}) am 15. März 65 Jahre.
({2})
Gemäß § 76 Abs. 2 der Geschäftsordnung soll der Bericht über die Tagung der Beratenden Versammlung des Europarates vom 25. bis 29. Januar in Straßburg an den Ausschuß für Auswärtige Angelegenheiten überwiesen werden. Erhebt sich Widerspruch dagegen? - Ich stelle fest, daß das nicht der Fall ist.
Nach einer Vereinbarung im Ältestenrat soll der Entwurf eines Gesetzes über Erkennungsmarken ({3}) in der Fassung der Beschlüsse des Ausschusses für Inneres gemäß § 96 der Geschäftsordnung dem Haushaltsausschuß überwiesen werden. - Das Haus ist damit einverstanden. Es ist so beschlossen.
Die folgenden amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 12. März 1965 zu den nachstehenden Gesetzen einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht gestellt:
Gesetz über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1965 ({4}),
Gesetz zur Änderung des Beförderungsteuergesetzes.
In der gleichen Sitzung hat der Bundesrat beschlossen, zum Sechzehnten Gesetz zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes einen Einspruch gemäß Art. 77 Abs. 3 GG nicht einzulegen.
Zum Haushaltsgesetz 1965 hat der Bundesrat ferner eine Entschließung gefaßt, die als Anlage 2 diesem Protokoll beigefügt ist.
Der Herr Bundesminister für Verkehr hat unter dem 11. März 1965 unter Bezugnahme auf den Beschluß des Deutschen Bundestages vom 14. Dezember 1956 seinen Abschlußbericht über die Schiffbarmachung der Mosel vorgelegt. Der Bericht wird als Drucksache IV/3190 verteilt.
Der Bundesminister der Finanzen hat unter dem 9. März 1965 die Kleine Anfrage der Fraktion der SPD betr. Einheitliche Richtlinien zur Bewertung der Dienstposten und Harmonisierung der Stellenpläne - Drucksache IV/3107 - beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache IV/3194 verteilt.
Wir beginnen dann mit Punkt 1 der Tagesordnung:
Fragestunde ({5}).
Zunächst zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte: Frage XIV/1 - der Frau Abgeordneten Berger-Heise -:
Wie viele Wohnlager und Notunterkünfte werden noch für (1 die Unterbringung von Flüchtlingen, Vertriebenen, Spätaussiedlern und Zuwanderern aus der SBZ benutzt?
Herr Präsident, ich darf bitten, die drei gestellten Fragen in einem beantworten zu dürfen, weil sie sachlich alle drei miteinander zusammenhängen.
Keine Bedenken. Ich rufe also weiter auf die Fragen XIV/2 und XIV/3 - der Frau Abgeordneten Berger-Heise -:
Wie viele Personen leben noch in Lagern und Notunterkünften
Wie lange leben die Personen der einzelnen in Frage XIV/2 genannten Gruppen bereits in Lagern und Notunterkünften?
Danke. - Die Fragen, die hier gestellt werden, werden vor mir begrüßt, weil sie Gelegenheit geben, in der Offentlichkeit darauf hinzuweisen, daß sich von 18 bis 19 Millionen Vertriebenen, Flüchtlingen und Evakuierten, die seit der großen Katastrophe untergebracht werden mußten, heute erfreulicherweise nur noch Reste in Wohnlagern oder in Durchgangslagern befinden. Es ist das Ziel der Politik der Bundesregierung, im Verein mit den Ländern dahin zu kommen, daß möglichst alle Lager bis auf wenige für Neuankommende bis zum Sommer 1966 aufgelöst werden können.
Am 1. Januar 1960, dem Stichtag der Erfassung, gab es im Bundesgebiet noch 2281 Wohnlager; das ist der ältere Typ dieser Notunterkünfte. Diese werden seit 4 Jahren mit Hilfe eines Sonderprogramms von Bund und Ländern gemeinsam, wie ich schon andeutete, geräumt. Am 1. Januar 1960 befanden sich in diesen Lagern noch etwa 142 000 Personen, davon rund 102 000 Vertriebene, 6000 Flüchtlinge aus der SBZ, 4500 Evakuierte, 1500 nichtdeutsche Flüchtlinge und über 28 000 sonstige Insassen, die aber in keiner Weise in den Betreuungsbereich meines Hauses fallen.
Über die Dauer ihres Lageraufenthalts und die Alterszusammensetzung wurden bisher keine Erhebungen angestellt.
Bis zum 1. Januar 1965 konnten jedoch 85 000 der Insassen mit Wohnraum versorgt werden. Anfang 1965 befanden sich also noch rund 56 000 Personen in den Lagern. Infolge dieser Verminderung konnten bereits drei Fünftel der vorhandenen Lager geräumt werden. Wir hoffen - ich wies schon darauf hin -, den Rest bis zum 30. Juni 1966 zu beseitigen.
Neben diesen Wohnlagern besteht eine unbekannte Zahl von Wohn- und Notlagerresten. Sie wiesen bereits am 1. Januar 1960 weniger als 50% Vertriebene und Flüchtlinge aus. Es handelt sich hier meist um eine Art Obdachlosenunterkunft in den großen Städten, in den Ballungsgebieten. Das Bundesvertriebenenministerium ist gegenwärtig bemüht, sich einen Überblick über die derzeitige Zahl dieser Unterkünfte und ihrer Insassen zu verschaffen.
Am 1. Januar dieses Jahres bestanden im Bundesgebiet außerdem 647 Durchgangslager, die ausschließlich von den Ländern betreut und geführt werden, einschließlich 47 Übergangsheimen, mit 81 000 Plätzen. Die Zahl der Insassen einschließlich der Zahl der Beurlaubten - das sind die, die bereits an ihren Arbeitsplätzen ohne ihre Familien untergebracht sind - betrug 42 700. Darunter waren 16 260 Deutsche aus der SBZ und 20 000 Aussiedler aus den Vertreibungsgebieten.
Es wurde nach der Dauer des Aufenthalts gefragt. Ich kann das wie folgt beantworten. Der Aufenthalt in den Durchgangslagern beträgt durchschnittlich 2 1/2 Jahre. Er ist durch den Rhythmus des Wohnungsbaus bedingt. Der Aufenthalt in Übergangswohnheimen, deren Zahl sich in den letzten Jahren stark vermindert hat, kann länger dauern.
Frau Abgeordnete Meermann, eine Zusatzfrage!
Herr Bundesminister, reichen die zur Verfügung stehenden Bundesmittel aus, so daß Sie mit der Räumung der Lager, wie Sie es vorgesehen haben, bis zum Sommer 1966 fertig werden können?
Verehrte Frau Kollegin, eine solche Frage kann ich nur freundlich beantworten: Nein, sie reichen nicht ganz aus. Aber wir müssen uns ja nach der Decke strecken.
Herr Abgeordneter Jacobi, eine Zusatzfrage!
Herr Bundesminister, hat die Bundesregierung, nachdem Sie feststellen mußten, daß die genaue Zahl nicht bekannt ist, eine ungefähre Vorstellung über den Umfang der Notlager, in denen sich obdachlose, wohnlich noch nicht untergebrachte Personen befinden? Kahn es stimmen, daß Nordrhein-Westfalen mindestens in einer Größenordnung von etwa 80 000 Personen hiervon betroffen wird?
Herr Kollege Jacobi, ich erwähnte schon in meiner Antwort, daß wir uns jetzt bemühen, einen Überblick zu gewinnen. Er besteht noch nicht. Ich hoffe, dem Hause dann bald Mitteilung machen zu können.
Diese Notunterkünfte sind Angelegenheiten der Städte, der Kommunen; aber es ist selbstverständlich Pflicht meines Ministeriums, uns - ganz im Sinne Ihrer Anfrage - zu bemühen, einen schnellen Überblick zu gewinnen.
Herr Abgeordneter Strohmayr!
Herr Minister, glauben Sie, daß bis zum Jahre 1966 auch diese nicht erfaßbaren Lager aufgelöst werden können?
Da kann ich leider keine Prognose stellen. Ich muß dem Hause die Wahrheit sagen. Es läßt sich auf diesem Sektor nicht voraussehen, weil ja die Länder und die Kommunen in erster Linie Träger sind.
Eine weitere Frage, Herr Abgeordneter Strohmayr.
Herr Minister, glauben Sie, daß hierfür zusätzliche Mittel bereitgestellt werden können, um diese nicht kontrollierbaren und nicht erfaßbaren Lager aufzulösen?
Ja, diese Mittel sollten sogar zur Verfügung gestellt werden, aber von den Ländern und den betroffenen Gemeinden.
Herr Abgeordneter Dr. Schäfer, eine Zusatzfrage.
Herr Minister, besteht nicht ein Widerspruch in Ihren beiden Darlegungen? Sie sagten zunächst, daß 1966 die Lager aufgelöst sein sollen, und nachher erklärten Sie auf eine Frage, es stünden nicht genügend Mittel zur Verfügung.
Herr Kollege Schäfer, ich bemühe mich, auch so scharfsinnig zu denken. Ich sehe keinen Widerspruch; denn ich habe darauf hingewiesen, daß für die Beseitigung der erwähnten Kategorie von Lagern Mittel zur Verfügung stehen. In der Zusammenarbeit mit den Ländern sind wir sogar sicher, bis zum 30. Juni 1966 hier zu einem gewissen Abschluß zu kommen.
Ganz offen dagegen ist das, was einige andere Fraktionskollegen eben ins Gespäch brachten, nämlich die Frage der Notunterkünfte, der Notlager in den Kommunen. Da kann ich leider keine befriedigende Auskunft geben.
Herr Abgeordneter Dr. Schäfer, eine weitere Frage.
Herr Minister, ich bleibe bei dem Punkt, bei dem Sie eine befriedigende Auskunft geben können. Sie sagten: bis zum 30. Juni 1966. Habe ich Sie richtig verstanden, daß insoweit verbindliche Abmachungen zwischen Bund und Ländern getroffen sind?
Ich kann das mit Ja beantworten.
Herr Abgeordneter Jacobi zu einer weiteren Frage.
Herr Bundesminister, ist es nicht so, daß bereits in früheren Jahren einmal ein Zeitpunkt genannt worden ist, bis zu dem die Bundesregierung hoffte, eine Art positiver Vollzugsmeldung erstatten zu können, und daß dieser Zeitpunkt nicht eingehalten werden konnte?
Herr Kollege Jocobi, Sie haben recht; aber das Schicksal ist stärker als unser Vermögen, weil die Aussiedlungsbewegung eben noch längst kein Ende gefunden hat. Das zeigen ja die Aufnahmeziffern von Friedland, von Nürnberg und anderen Lagern. Ich darf aber immerhin bemerken, daß von den Durchgangslagern bereits drei Fünftel von geringerer Eignung aufgelöst werden konnten.
Ich danke Ihnen, Herr Minister.
({0})
- Sie haben schon zwei Fragen gehabt, Herr Kollege.
({1})
- Richtig! Aber es steht im Ermessen des Präsidenten.
Bitte, Herr Kollege Jacobi, wenn Sie noch eine Frage stellen wollen.
Herr Bundesminister, muß bei ,der Betrachtung der hier angeschnittenen Fragen nicht besonders daran gedacht werden, .daß die Unterbringung sowohl der in den normalen Lagern Befindlichen als auch der in den Notunterkünften Befindlichen ein Problem der allgemeinen Wohnungsbaufinanzierung ist, also von der Bereitstellung ausreichender öffentlicher Mittel abhängt?
Ich kann dem nicht widersprechen; aber gerade macht mich mein Kollege zur Rechten wohl zutreffend darauf aufmerksam, daß wir angesichts der ausgelasteten Baukapazität eben .sehr viele Schwierigkeiten haben, schneller mit diesem Problem fertig zu werden.
Ich danke Ihnen, Herr Minister.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern. Ich rufe auf die Frage VII/1 - des Abgeordneten Sänger -:
Hält die Bundesregierung es nach dem Grundgesetz und im Blick auf das sogenannte Fernsehurteil des Bundesverfassungsgerichts für zulässig, Institutionen der Nachrichtengebung und der Meinungsbildung in Staatshand zu überführen?
Die Bundesregierung hält es nicht für unzulässig, und zwar aus folgenden Gründen. Das sogenannte Fernsehurteil hat ja Art. 5 des Grundgesetzes ausgelegt. In diesem Urteil wird genau unterschieden zwischen Presse und Rundfunkwesen, und es wird dort keineswegs auf ,die Eigentumsverhältnisse abgestellt, sondern vor allem zum Ausdruck gebracht, daß alle Strömungen und alle Interessenten zu Wort kommen sollen, daß es also keine Einseitigkeit geben soll. Dem ist hier Rechnung getragen. Schon bis zum Jahre 1959 war die Einrichtung, auf die Sie offenbar abzielen, ausschließlich in Bundeshand. Dann gab es einen Verkauf, und nach dem Rückerwerb wird der Bund wieder entscheidender Eigentümer 'sein. Aber es gab zu allen Zeiten einen Beirat, in dem alle diese Strömungen, die in dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts angesprochen sind, zum Ausdruck kommen. Sie wissen, Herr Kollege, daß Ihr Parteifreund Landahl Vorsitzender dieses Beirates ist. Er soll es auch bleiben, unabhängig von den Eigentumsverhältnissen.
Herr Abgeordneter Sänger, eine Zusatzfrage.
Herr Bundesminister, da Sie ja wissen, worauf ich abgehoben habe - nämlich auf den Wandel in den Eigentumsverhältnissen der „Deutschen Wochenschau" -, darf ich fragen: Ist Ihnen die Äußerung des Vorsitzenden des Bundesverbandes der Filmtheaterbesitzer, Dr. Engelbrecht, bekannt, der davor warnte, auch nur den Anschein zu erwecken, als sollten im Wahljahr Institutionen der Nachrichtengebung und der Meinungsbildung in die Hand der Bundesregierung überführt werden?
Ich glaube, daß alle diese Befürchtungen durch den Beirat ausgeräumt werden. Ich würde es für richtig halten, daß Sie Ihren Parteifreund Landahl zu größerer Aktivität aufforderten, wenn irgendwelche Lücken oder Mängel festzustellen wären.
({0})
Eine weitere Frage, Herr Abgeordneter Sänger.
Herr Bundesminister, ist Ihnen bekannt, daß auch Mitglieder Ihrer Partei und auch der Koalition diesem Beirat angehören und also genau wie ich wissen, daß wir nicht vor Herstellung der Filme, sondern meist Wochen, gar Monate nach Herstellung der Filme von deren Inhalt Kenntnis bekommen und - Höcherl, Bundesminister des Innern: Das ist mir erstens bekannt, zweitens entspricht es der Parität, und drittens ist das bei all diesen Dingen gemeinsames Schicksal. Aber ein starkes Monitum wird erzieherisch für die Zukunft wirken.
Herr Abgeordneter Kahn-Ackermann!
({0})
- Herr Abgeordneter Sänger, Sie haben schon zwei Zusatzfragen gehabt.
({1})
-Bitte!
Herr Bundesminister des Innern, Sie entschuldigen. Ich wollte nämlich fortfahren: und daß wegen dieser Situation der bisherige Inhaber der Anteile, die ja jetzt in Bundeshand übergehen, eben Bertelsmann, der Auffassung war, daß er seinen in der Minderheit befindlichen Einfluß nicht zur Geltung bringen konnte?
Ich bin der Meinung, daß sich ein öffentlicher Eigentümer genauso objektiv verhalten kann wie ein privater.
Herr Abgeordneter Kahn-Ackermann, eine Zusatzfrage.
Herr Minister, gedenkt die Bundesregierung sicherzustellen, daß auch nach dem Erwerb der Mehrheit der Anteile an dieser Gesellschaft durch die Regierung die Produktion der Deutschen Wochenschau GmbH in Bild- und Wortberichten die Tatsachen des politischen und gesellschaftlichen Lebens objektiv und unparteiisch darstellt und nicht ausschließlich oder überwiegend
für die Interessen und Ansichten der Bundesregierung und der sie tragenden Parteien tätig wird?
In der gleichen objektiven Weise, in der bereits bis 1959 - bis dahin war diese Institution ja auch hunderprozentig im Besitz des Bundes - berichtet worden ist.
Eine weitere Frage.
Herr Minister, ist die Bundesregierung bereit, die Bertelsmann-Anteile anderen Interessenten, auch den Gewerkschaften, der Bank für Gemeinwirtschaft, Unternehmerorganisationen oder auch den Filmtheaterbesitzern, anzubieten?
Nein.
Herr Abgeordneter Schmitt-Vockenhausen, eine Zusatzfrage.
Herr Minister, ist die Bundesregierung bereit, zu prüfen, in welcher Form Berichtigungsverlangen usw. gestellt werden können, weil die Frage der Unterstellung der Wochenschau unter das Presserecht noch nicht voll geklärt ist?
Das ist eine sehr prüfenswerte Frage. Ich werde das prüfen und Ihnen einen schriftlichen Bescheid zukommen lassen.
Keine weiteren Fragen.
Ich rufe auf die Frage VII/2 - des Herrn Abgeordneten Sänger -:
Welche Organe der rechtsradikalen Presse lagen der Statistik zugrunde, die für den Bericht des Bundesinnenministers im Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung Nr. 38 vom 4. März 1965 verwendet wurde, der unter der Überschrift „Rechtsradikaler Ungeist klingt ab" stand?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Bundesministers Höcherl vom 16. März 1965 lautet:
Aus Gründen des Rechtes und der Zweckmäßigkeit muß ich grundsätzlich davon absehen, in meinen jährlich veroffentlichten Erfahrungsberichten über rechtsradikale und antisemitische Bestrebungen die Namen derjenigen Personen, Organisationen und Presseorgane zu nennen, die von den Verfassungsschutzbehorden des Bundes und der Länder als rechtsradikal bezeichnet werden. Ich bitte Sie deshalb, dafür Verständnis zu haben, daß ich Ihnen die Liste der 45 rechtsradikalen Periodika hier nicht mitteilen kann, deren Auflagezahlen den Angaben in meinem Aufsatz im „Bulletin" vom 4. März 1965 zugrunde lagen. Ich bin jederzeit bereit, die Namen dieser Blätter auf Wunsch dem Ausschuß für Inneres des Bundestages und auch Ihnen persönlich zu nennen.
Wir kommen zur Frage VII/3 - des Herrn Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen -:
In welchem Umfange werden für die Erfüllung von Aufgaben des Bundes elektronische Datenverarbeitungsanlagen eingesetzt?
Wegen des inneren Zusammenhangs bitte ich, beide Fragen des Herrn Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen zusammen beantworten zu dürfen.
Ich rufe dann weiter auf die Frage VII/4 - des Herrn Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen -:
Hat die Bundesregierung sichergestellt, daß gegebenenfalls eine ausreichende Anzahl von Bediensteten der Bundesbehörden mit den Möglichkeiten des Einsatzes elektronischer Datenverarbeitungsanlagen zur Vereinfachung und Verbesserung von Verwaltungsaufgaben vertraut sind, so daß die Anlagen auch wirtschaftlich eingesetzt werden können?
Elektronische Datenverarbeitungsanlagen werden im Geschäftsbereich von 10 unter insgesamt 27 obersten Bundesbehörden eingesetzt. Sie werden für verschiedenartige Aufgaben eingesetzt. Sieben Geschäftsbereiche arbeiten mit angemieteten oder gekauften Anlagen. In drei Geschäftsbereichen läßt man anfallende, meist einmalige oder wissenschaftliche Arbeiten auftragsweise durch fremde Anlagen erledigen, weil sich der Einsatz einer eigenen elektronischen Datenverarbeitungsanlage nicht lohnen würde. Insgesamt sind in der Bundesverwaltung - einschließlich Bundespost und Bundesbahn -82 elektronische Datenverarbeitungsanlagen eingesetzt.
Die weitere Frage, ob die Bundesregierung genügend Personal für die Nutzung von elektronischen Datenverarbeitungsanlagen ausgebildet hat, kann für alle Zweige der Bundesverwaltung mit Ja beantwortet werden, und zwar aus einem einfachen Grunde: Voraussetzung einer wirtschaftlichen Nutzung solcher Anlagen ist eine personelle Vorplanung lange vor dem Einsatz. Sie geschieht am laufenden Band, sei es durch Abordnung zu Lehrgängen bei Firmen und Instituten, sei es durch eigene Lehrgänge der Verwaltung und durch Teilnahme am Erfahrungsaustausch.
Herr Abgeordneter Schmitt-Vockenhausen zu einer Zusatzfrage.
Herr Minister, da es sich um ein für die Bundesverwaltung sehr wichtigtes Problem handelt, möchte ich fragen: Sind für diesen Komplex Forschungsmittel bereitgestellt, oder erwägen Sie gegebenenfalls eine Bereitstellung?
Es gibt zur Zeit keinen eigenen Titel für solche Forschungsmittel. Vor einigen Tagen habe ich aber, einer Anregung von Ihnen entsprechend, den zuständigen Herrn aus dem Kuratorium für Wirtschaftlichkeit empfangen. Wir haben eine Vereinbarung getroffen, die uns vielleicht in diesem Sinne weiterhilft.
Ich rufe auf die Frage VII/5 - des Herrn Abgeordneten Dröscher -:
Beabsichtigt die Bundesregierung, die den Gemeinden entstehenden einmaligen und laufenden Kosten für die Fernmeldeeinrichtungen des LS-Warndienstes zu erstatten, nachdem diese, insbesondere für die bescheidenen Finanzverhältnisse der kleinen Landgemeinden, ein beträchtliches Ausmaß erreichen?
Die Bundesregierung beabsichtigt nicht, diese Kosten zu ersetzen. Die Frage ist schon bei der Beratung der Rechtsverordnung gemäß § 7 Abs. 4 ZBG vom 20. Juli 1961 mit dem Bundesrat eingehend erörtert worden. Dabei ist der Kostenersatz abgelehnt worden. Im übrigen ist es nicht so, daß alle Gemeinden mit Warnstellen versehen werden sollen. Nur größere Gemeinden, zunächst Gemeinden über 1000 Einwohner, sollen damit ausgestattet werden.
Ich rufe auf die Frage III/1 - des Herrn Abgeordneten Dr. Kohut -:
Ist die Bundesregierung bereit, im Interesse der sachlichen Unterrichtung der deutschen Jugend über die Thematik der Verjährungsfrist die wichtigsten Beiträge aus der Bundestagsdebatte vom 10. März 1965 in Form einer Broschüre allen Schulen in der Bundesrepublik zur Verfügung zu stellen?
Die Frage wird vom Herrn Bundesminister des Innern beantwortet. Bitte, Herr Minister.
Die Bundesregierung hat über die von der Bundeszentrale für politische Bildung herausgegebene Wochenzeitung „Das Parlament" in der Ausgabe vom 17. März 1965 schon die wichtigsten Beiträge aus der Bundestagsdebatte vom 10. März über die Verjährungsfrist publiziert, und zwar in einer verstärkten Auflage. Zur Zeit erscheint „Das Parlament" in einer Auflage von über 100 000 Exemplaren, von denen über 50 000 Exemplare allein an Lehrer und Schüler aller Schulgattungen nach einem sehr multiplikativen Schlüssel verteilt werden. Es ist dafür Sorge getragen, daß die Ausgabe vom 17. März in einer verstärkten Auflage erscheint, so daß auch zusätzlichen Anforderungen entsprochen werden kann.
Darüber hinaus hat das Presse- und Informationsamt in dessen Einvernehmen ich diese Antwort erteile - eine Broschüre vorbereitet, in der der ganze Fragenkomplex abgehandelt wird. Diese Broschüre wird in einer Auflage erscheinen, bei der allen Bedürfnissen Rechnung getragen werden kann.
Herr Abgeordneter Kohut zu einer Zusatzfrage.
Darf ich anregen, Herr Minister, in diese Veröffentlichung des Presse- und Informationsamtes auch die Bundesratsdebatte, eventuell auszugsweise, aufzunehmen? Sie wird ja auch interessieren.
Ich werde die Anregung aufnehmen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Moersch.
Herr Minister, ist die Bundesregierung bereit, auch die einschlägigen Debatten aus den Jahren 1953, 1956 und 1960 in dieser Broschüre abzudrucken?
Ich weiß nicht, wieweit die Vorbereitungen schon gediehen sind. Ich könnte mir vorstellen, daß wir unmittelbar vor der Publikation stehen. Dann wird es kaum mehr möglich sein, weitere Wünsche zu berücksichtigen. Man könnte aber vielleicht bei einer späteren Publikation in einer Gesamtschau die ganze Frage behandeln.
Eine weitere Frage.
Herr Minister, halten Sie es nicht für notwendig, daß gerade junge Leute über den gesamten historischen Ablauf einer solchen Sache informiert werden, nicht nur über das, was im Augenblick diskutiert wird?
Ich halte das durchaus für notwendig. Aber ich glaube, daß man notwendige Dinge durchaus auch in Abschnitten ausführen kann.
-Ich rufe aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr die Frage XII/5 - des Herrn Abgeordneten Dürr - auf :
Hält die Bundesregierung die Bestimmungen über die Erlaubnis zur Beförderung von Auswanderern für weiterhin erforderlich, obwohl sich die Verhältnisse auf Passagierschiffen seit der Zeit der Segelschiffe wesentlich gebessert haben?
Die Bundesregierung ist nach wie vor der Meinung, daß es erforderlich ist, die - im übrigen erst im Jahre 1956 modernisierten - Bestimmungen im Interesse der Auswanderer aufrechtzuerhalten, und zwar in erster Linie deshalb, weil Auswanderer ganz naturgemäß darauf bedacht sein müssen, einen wesentlichen Teil ihres Vermögens zu erhalten und nicht für die Überfahrt und sonstige Kosten zu verwenden. Sie sind deshalb leicht Unternehmen ausgesetzt, die nicht ganz die Solidität aufweisen, die wir in ihrem Interesse haben möchten.
Im übrigen gibt es ausländische Gesetze, die viel strenger sind als die deutschen.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Dürr.
Herr Minister, ist es nicht gleich wichtig, die Auswanderer und die anderen Benutzer von Passagierschiffen gegen eine gewisse Ausbeutung zu schützen? Kann man das nicht einheitlich machen? Braucht man dazu ganz besondere Bestimmungen für Auswanderer, obwohl man dem Passagier doch nicht unbedingt ansieht, ob er ein Auswanderer oder bloß Besucher eines fremden Landes ist?
Ich glaube, daß die seelische Haltung eines Auswanderers eine andere ist als die eines Touristen. Daher rührt dieser Unterschied.
({0})
Ich danke Ihnen, Herr Minister.
Aus dem Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes rufe ich die Frage - des Abgeordneten Kahn-Ackermann - auf:
Welche Schritte hat die Bundesregierung unternommen, damit solche das deutsch-österreichische Verhältnis belastende Äußerungen, wie sie in dem dem österreichischen Bundespräsidenten Dr. Adolf Schärf gewidmeten Nachruf im Bulletin vom 3. März 1965 veröffentlicht worden sind, künftig in regierungsamtlichen Verlautbarungen unterbleiben?
Die Bundesregierung bedauert es außerordentlich, daß in die Würdigung aus Anlaß des Todes des österreichischen Bundespräsidenten Dr. Adolf Schärf im Bulletin nicht zu vertretende Formulierungen aufgenommen worden sind. Die Bundesregierung hat unmittelbar nach Erscheinen dieses Artikels im österreichischen Außenministerium ihr Bedauern dazu ausgesprochen.
Ich habe diesen Vorfall zum Anlaß genommen, die schon bestehende Dienstanweisung für die Redaktion des Bulletins dahin gehend zu erweitern, daß künftig alle politisch relevanten Artikel zur Genehmigung vorzulegen sind. Außerdem wird die personelle Besetzung des Bulletins verstärkt werden. Sie besteht bisher lediglich aus zwei Redakteuren.
Ich darf Sie um Ihr Verständnis dafür bitten, daß beim Bulletin das Bemühen um Aktualität ständig in einer gewissen Spannung mit der Sorgfaltspflicht steht.
Herr Abgeordneter Kahn-Ackermann zu einer Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, haben Sie als Bundespressechef oder Ihr Stellvertreter bisher in relevanten Fällen das Bulletin vor seiner Veröffentlichung gelesen?
von Hase, Staatssekretär, Bundespressechef: Ès gibt eine Reihe von Artikeln, die vor ihrem Erscheinen im Bulletin meinem Stellvertreter oder mir oder auch uns beiden vorgelegt worden sind.
Herr Abgeordneter Ertl zu einer Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, gibt es nach Ihrer Auffassung ein österreichisches Volk?
({0})
von Hase, Staatssekretär, Bundespressechef : Ich weiß nicht, ob es zweckmäßig ist, Herr Abgeordneter, in die politischen Einzelheiten dieses Vorfalles noch einmal einzusteigen, nachdem wir unser Bedauern dazu schon im östereichischen Außenministerium zum Ausdruck gebracht haben.
({1})
Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Abgeordneter Ertl.
Herr Staatssekretär, es handelt sich aber, glaube ich, um eine Grundsatzfrage. Ich darf Sie deshalb fragen, ob Sie solche grundsätzlichen Überlegungen überhaupt einmal anstellen würden.
von Hase, Staatssekretär, Bundespressechef: Herr Abgeordneter, ich glaube, wir stellen zu vielen Fragen grundsätzliche Überlegungen an.
({0})
Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Ich rufe auf die Frage II - des Abgeordneten Dr. Schneider ({0}) - aus dem Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts:
Aus welchen Rechtsgründen hat die Bundesregierung die Nichtanwendung der in Artikel 59 des Grundgesetzes vorgeschriebenen Verfahrensnormen für den Abschluß internationaler Abmachungen im Falle der Waffenlieferungen an Israel für zulässig erachtet?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort liegt noch nicht vor. Sie wird nach Eingang im Sitzungsbericht abgedruckt.
Wir kommen zu der Frage III/2 - der Frau Abgeordneten Meermann - aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz:
Beabsichtigt die Bundesregierung, die Sozialklausel im neuen Mietrecht zu ändern?
Ich beantworte die Frage mit Nein. Die Bundesregierung sieht im gegenwärtigen Zeitpunkt keine Veranlassung, die Sozialklausel zu ändern.
Zu einer Zusatzfrage Frau Abgeordnete Meermann.
Herr Minister, wäre es, nachdem aus der kürzlichen Pressekonferenz des Herrn Ministerialdirigenten Pergande vom Bundeswohnungsbauministerium hervorging, daß anderthalb Jahre nach Inkrafttreten des neuen Mietrechts die meisten Gerichte das Gesetz immer noch so auslegen, wie es den Intentionen des Gesetzgebers angeblich nicht entspricht - zumindest haben alle anwesenden Journalisten es nach den Pressemitteilungen so verstanden -, nicht richtiger, das Gesetz so zu ändern, daß jeder Richter weiß, was gemeint ist?
Ich habe die Ausführungen von Herrn Dr. Pergande nicht so verstanden, sondern so, daß er darauf hingewiesen hat, daß die Rechtsprechung auf diesem Gebiet noch nicht einheitlich sei. Das ist zuzugeben. Es wäre aber auch objektiv nicht richtig, zu sagen, daß die Rechtsprechung dem Sinn der Sozialklausel nicht gerecht würde. Es gibt vielleicht einzelne solcher Urteile.
Aber im großen und ganzen läßt sich die von Ihnen
zum Ausdruck gebrachte Auffassung nicht halten.
Zu einer Zusatzfrage Frau Abgeordnete Meermann!
Herr Minister, hat denn die Bundesregierung eine Rechtsprechung erwarten können, die den Interessen des Mieters gerecht wird, wenn bei den Beratungen im Bundestag ein Sprecher der Koalition den Herr-im-Hause-Standpunkt vertreten hat
({0})
- jawohl, nicht Herr Hauser, es war Herr Busse -, ohne daß der anwesende Justizminister oder der anwesende Wohnungsbauminister dagegen Einspruch erhoben hat?
Frau Kollegin, ich kann mich an diesen Einzelfall im Augenblick nicht erinnern. Aber auch wenn ein Sprecher der Koalition den Herr-im-Hause-Standpunkt vertreten hätte, wäre das keine maßgebende Regel für die Gerichte bei der Auslegung dieses Paragraphen. Im übrigen nennt sich ja die Bestimmung mit Recht „Sozialklausel". Wir sprechen von sozialem Mietrecht, nicht von sozialem Mieterrecht. Es sind also soziale Gesichtspunkte zu berücksichtigen, die durchaus auf beiden Seiten, beim Mieter und beim Vermieter, vorliegen können.
Frau Abgeordnete Dr. Diemer-Nicolaus zu einer Zusatzfrage!
Herr Minister, ist es bei dem sehr unterschiedlichen Sachverhalt, der den Urteilen zugrunde liegt, nicht außerordentlich schwer, aus dem Urteilstenor zu erkennen, ob die Abwägung im Sinne der Sozialklausel richtig erfolgt ist? Kommt es dabei nicht auch darauf an, ob es sich um „weiße Kreise" oder „schwarze Kreise" handelt und wie die persönlichen Verhältnisse im einzelnen sind?
Das ist in der Tat sehr schwer. Es ist in jedem Einzelfall notwendig, das ganze Urteil zu lesen, wenn man erkennen will, ob das Gericht den Sachverhalt richtig abgewogen hat. Hinzu kommt die Schwierigkeit, daß es hier ja keine höchstrichterliche Rechtsprechung im üblichen Sinne gibt, sondern diese Prozesse vom Amtsgericht nur bis zum Landgericht gehen.
Eine weitere Zusatzfrage!
Herr Justizminister, ist nach Ihren Erfahrungen als Anwalt die bisher verstrichene Zeit von anderthalb Jahren nicht viel zu kurz, als daß man eine auch nur einigermaßen gefestigte Rechtsprechung auf der Ebene der Landgerichte erwarten könnte?
Die bisher verflossene Zeit ist zweifellos zu kurz. Sie könnte nur dann zu einem abschließenden Urteil führen, wenn die Rechtsprechung in eine eindeutig falsche Richtung gegangen wäre. Das ist aber, wie gesagt, nicht der Fall.
Herr Abgeordneter Jacobi zu einer Zusatzfrage!
Herr Bundesminister, haben Sie Vorstellungen darüber, wie es überhaupt zu einer einheitlichen Rechtsprechung kommen kann angesichts der Tatsache, daß die neuen mietrechtlichen Bestimmungen zunächst nur in den „weißen Kreisen" gelten und daß der Rechtszug bei den Landgerichten aufhört? Sind Sie nicht der Meinung, daß zur Erreichung einer bundeseinheitlichen Rechtsprechung - wenn diese überhaupt möglich ist - viele, viele Jahre vergehen müssen?
Naturgemäß ist es schwierig, hier zu einer einheitlichen Rechtsprechung zu kommen, was ich eben schon in der Beantwortung der Frage der Frau Kollegin Diemer-Nicolaus andeutete. Aber es war ja auch schon bisher so, daß die Rechtsprechung auf dem Gebiete des Mietrechts meist beim Landgericht endete. In solchen Fällen, wo eine Oberinstanz fehlt, dauert die Herausbildung einer einheitlichen Rechtsprechung natürlich länger. Sie kann nur dadurch erfolgen, daß die Gerichte gegenseitig ihre Urteile vergleichen. Das tun sie auch.
Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Abgeordneter Jacobi!
Herr Bundesminister, welchen Sinn sehen Sie darin, daß der Sprecher eines Bundesministeriums angesichts dieser Tatsachen den Versuch macht, als Sprecher des Ministeriums auf die Gerichte einzuwirken?
Ich glaube, diese Frage wird besser der diesem Sprecher vorgesetzte Kollege Lücke beantworten. Ich darf nur soviel sagen - ohne Herrn Lücke vorzugreifen -, daß Herr Pergande eine Beeinflussung der Gerichte sicher nicht beabsichtigt hat.
Herr Abgeordneter Jahn zu einer Zusatzfrage!
Herr Minister, ist Ihnen die teilweise sehr harte Kritik der Gerichte an dem § 556 a des neuen Mietrechts bekannt, und wie wird sie von Ihnen beurteilt?
Ich kann mich nicht entsinnen, daß ein Gericht in einem Urteil harte Kritik an diesem Paragraphen geübt hat. Es gibt natürlich eine große Anzahl von Urteilen, die ich aber, weil es sich um Urteile von Amtsund Landgerichten handelt, nicht alle übersehen
kann. Es mag sein, daß ich etwas übersehen habe.
Eine weitere Frage, Herr Abgeordneter Jahn.
Herr Minister, wird die Rechtsprechung von Ihnen laufend überprüft, insbesondere auch auf die Notwendigkeit einer Überarbeitung des Gesetzes, beispielsweise etwa auf Grund solcher Äußerungen, wie sie in einem Urteil des Amtsgerichts Hagen stehen:
Die Neuordnung des Mietrechtes läßt deutlich den Willen des Gesetzgebers erkennen, die Stellung des Vermieters zu stärken und seinen Belangen den Vorrang vor denen des Mieters zu sichern?
Darf ich fragen, welches Urteil des Amtsgerichts Hagen Sie meinen. Ich habe hier zwei verzeichnet.
Das Datum steht nicht in meinen Unterlagen.
Sie ersehen aus meiner Frage, daß wir die Rechtsprechung verfolgen. Ich habe mir eigens eine Zusammenstellung der uns greifbaren Urteile machen lassen. Ich bin gern bereit, sie Ihnen zur Einsicht zu überlassen oder sie überhaupt vervielfältigen zu lassen. Wir haben bis jetzt festgestellt, daß die Gerichte im allgemeinen die Abwägung - wir betrachten sie als das Wesentliche der Sozialklausel - zwischen den Interessen von Vermieter und Mieter richtig vorgenommen haben.
Frau Abgeordnete Berger-Heise zu einer Zusatzfrage.
Sind Sie, Herr Minister, der gleichen Ansicht wie ,der Sprecher des Wohnungsbauministeriums, der meinte, daß das Fehlen einer geeigneten Ersatzwohnung ,ein Grund sei, die Sozialklausel in Anspruch zu nehmen?
Das kann durchaus im Einzelfall sein. Wenn das Fehlen einer geeigneten Ersatzwohnung mit anderen Umständen zusammenkommt, kann es durchaus sein, daß es Veranlassung gibt, die Sozialklausel in Anspruch zu nehmen. Generell kann man idas natürlich nicht sagen.
Eine weitere Frage, Frau Abgeordnete Berger-Heise.
Ich wollte gerne wissen, ob Sie der Meinung sind, daß das Fehlen einer geeigneten Ersatzwohnung - nicht mit anderen Dingen zusammen - an sich ,ein Grund ist, den § 556 a in Anspruch zu nehmen.
Für sich allein, das kann ich mir schlecht vorstellen.
Frau Abgeordnete Dr. Kiep-Altenloh zu einer Zusatzfrage.
Herr Bundesminister, sehen Sie einen möglichen Weg, bei der Entwicklung dieses neuen sozialen Mietrechts durch Veröffentlichung vorbildlicher Urteile einen gewissen Einfluß auszuüben?
Ich nehme Ihren Vorschlag gerne auf, Urteile, die bis jetzt vorliegen, zu veröffentlichen. Das wird sicher zur Bildung einer einheitlichen Rechtsprechung beitragen können.
Herr Abgeordneter Dr. Müller-Emmert zu einer Zusatzfrage.
Herr Justizminister, müßte der derzeitige verworrene Zustand in der Rechtsprechung auf dem Gebiet des Mietrechtes nicht Anlaß für die Bundesregierung sein, zu überprüfen, durch welche Maßnahmen man zu einer gefestigten Rechtsprechung kommen kann, und zwar insbesondere dadurch, daß der Instanzenzug ,so geändert wird, daß überhaupt höchstrichterliche Urteile herauskommen?
Wenn Ihre Voraussetzungen zuträfen, daß es einen verworrenen Zustand in der Rechtssprechung gäbe, dann würde ich Ihrer Forderung folgen. Es gibt aber keinen verworrenen Zustand.
Eine weitere Frage.
Herr Minister, ist es kein verworrener Zustand, wenn ein maßgebender Vertreter der Regierung ausdrücklich Legalinterpretationen ,des bestehenden Rechtes geben muß, damit die Gerichte überhaupt wissen, wie sie das Gesetz richtig auszulegen haben?
Legalinterpretationen sind nicht gegeben worden.
Herr Abgeordneter Dr. Czaja zu einer Zusatzfrage.
Herr Minister, ich möchte zur Frage von Frau Kollegin Berger-Heise - damit nicht etwas Unklares im Raum stehenbleibt - die Zusatzfrage stellen, ob denn nicht bekannt ist, daß Herr Dr. Pergande ausdrücklich festgestellt hat, daß dort, wo Alter, Krankheit und das Fehlen von Ersatzwohnraum vorliegen, ein Grund zur Anwendung des § 556 a gegeben ist?
Genau das wollte ich mit meiner Antwort sagen.
Ich danke, Herr Minister.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten: Ich rufe die Frage IV/1 - des Herrn Abgeordneten Dr. Müller-Emmert - auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß Unkrautbekämpfungsmittel im Handel sind, die hochexplosiv werden, wenn sie mit anderen Substanzen gemischt werden?
Herr Präsident, ich bitte, die Fragen 1 und 2 zusammen beantworten zu dürfen.
Einverstanden. Frage IV/2 - des Herrn Abgeordneten Dr. MüllerEmmert -:
Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um die in Frage IV/1 aufgezeigten Gefahren, die für die Bevölkerung entstehen, zu verhüten?
Der Bundesregierung ist bekannt, daß seit etwa 30 Jahren Unkrautbekämpfungsmittel auf Natriumchloratbasis im Handel sind, die nach Mischung mit organischen Stoffen in bestimmtem Verhältnis durch Entzündung zur Explosion gebracht werden können. Chlorsäure und ihre Verbindungen, zu denen auch das Natriumchlorat gehört, werden deshalb von den Verordnungen der Länder über den Handel bzw. Verkehr mit Giften und, soweit sie als Unkrautbekämpfungsmittel in den Handel gebracht werden, auch von den Verordnungen der Länder über den Handel bzw. Verkehr mit giftigen Pflanzenschutzmitteln erfaßt. Die abgabefertigen Packungen dieser Stoffe müssen den deutlich erkennbaren Hinweis tragen:
Nicht mit anderen Stoffen mischen! Nur in Wasser lösen oder unvermischt ausstreuen!
Explosionsunglücke sind bei vorschriftsmäßiger Handhabung natriumchlorathaltiger Unkrautbekämpfungsmittel bisher nicht bekanntgeworden. Solche Unglücke können nur eintreten, wenn diese Mittel vorsätzlich und in Kenntnis des Mischungsverhältnisses mit bestimmten Stoffen vermischt und gezündet werden.
Um auch bei vorsätzlich mißbräuchlicher Verwendung natrium-chlorathaltiger Unkrautbekämpfungsmittel die Explosionsgefahr erheblich zu vermindern, sind schon vor einiger Zeit von der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft in Zusammenarbeit mit anderen Stellen Maßnahmen eingeleitet worden, für diese Unkrautbekämpfungsmittel eine Beimischung von 25 % Kochsalz einzuführen. Die Pflanzenschutzmittelindustrie hat bereits eingewilligt, ihre Präparate entsprechend umzustellen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Müller-Emmert.
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß sich vor kurzem im Saarland ein
Unfall dadurch ereignet hat, daß ein vierzehnjähriger Junge auf der Beschriftung dieses Unkrautbekämpfungsmittels feststellte, daß es explosiv wird, wenn man es mit bestimmten Stoffen mischt?
Schwarz,. Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten: Ein solcher Fall ist mir nicht bekannt, Herr Kollege.
Eine weitere Frage.
Darf ich weiter fragen: Welche Maßnahmen wären erforderlich, um dafür zu sorgen, daß gerade neugierige Minderjährige, die ja bekanntlich immer versuchen, solche Rezepte nachzuahmen, nicht in die Verlegenheit kommen, durch Versuche chemischer Art, wie es ja sehr oft vorkommt, solche hochexplosiven Stoffe mit Unkrautbekämpfungsmitteln, die im Handel sind, herzustellen?
Ihre berechtigten Bedenken sind durch meine Antwort, glaube ich, insoweit behoben, als ich gesagt habe, daß die Pflanzenschutzmittelindustrie bereits eingewilligt hat, durch eine 25%ige Kochsalzbeimischung allen diesen Gefahren zu entgehen und damit sicherzustellen, daß keinerlei Torheiten mehr begangen werden können.
Noch eine Frage.
Herr Minister, bis wann ist damit zu rechnen, daß diese von Ihnen angedeutete Maßnahme endgültig Wirklichkeit wird?
Da die Einwilligung der Industrie vorliegt, solche Präparate nur noch so herzustellen, wird es also in aller Kürze der Fall sein. Ich kann Ihnen auf Ihren Wunsch schriftlich mitteilen, für wann wir endgültige Daten haben.
Eine letzte Frage.
Herr Minister, würden Sie nicht noch andere Maßnahmen erwägen, die Gefahren vermeiden würden, insbesondere vielleicht die Herstellung von Unkrautbekämpfungsmitteln, deren Grundstoffe nicht hochexplosiv sind?
Ich bin gerne bereit, weitere Fragen, die die Sicherheit betreffen, prüfen zu lassen. Es liegt uns selbstverständlich sehr am Herzen, daß diese sehr schwierige Materie so gehandhabt wird, daß keinerlei Unglücksfälle eintreten.
Ich danke Ihnen, Herr Minister.
Ich rufe auf die Frage V - des Herrn Abgeordneten Jacobi ({0}) - aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung:
Hält es die Bundesregierung mit den Grundsätzen der Gewaltenteilung und der damit verbundenen Unabhängigkeit der Rechtsprechung für vereinbar, wenn der Sprecher eines Bundesministeriums öffentlich Kritik an Gerichtsurteilen übt und auf die Auslegung von Gesetzen gegenüber den Gerichten einzuwirken versucht, wie dies in der Bundespressekonferenz vom 3. März 1965 durch den Ministerialdirigenten Dr. Hans-Günther Pergande geschehen ist?
Im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Justiz darf ich die Frage beantworten. In der Pressekonferenz am 3. März wurde ein Überblick über die bisherige Rechtsprechung zum neuen sozialen Miet- und Wohnrecht gegeben. Den Kernpunkt bildet die sogenannte Sozialklausel. Sie ist eine Generalklausel. Die Presse wurde davon unterrichtet, daß die Rechtsprechung nicht völlig einheitlich sei, wie es bei einer Generalklausel, die die gegenseitigen Interessen zu berücksichtigen hat, und angesichts der Vielgestaltigkeit der Fälle nicht anders erwartet werden kann. Ich sehe es aber nicht nur als mein Recht, sondern auch als meine Pflicht an, besonders in der Anlaufzeit der Sozialklausel nochmals die Bedeutung, den Zweck und die Ziele der Sozialklausel durch einen von mir beauftragten Sprecher vor der Pressekonferenz erläutern zu lassen. Das ist keine Kritik an den Gerichten, sondern ein Beitrag für die Weiterentwicklung dieses neuen Rechtes in dieser entscheidend wichtigen Frage.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jacobi!
Herr Bundesminister, in Anerkennung dieser Absicht muß ich Sie zusätzlich doch fragen, ob Ihnen nicht bekannt ist, daß diese Absicht durch die Presseveröffentlichungen und auch durch den Wortlaut der Erklärung, die Ihr Haus über die Pressekonferenz abgegeben hat, nicht erhärtet wird, sondern daß hierbei der Eindruck entstehen mußte, als ob eine Art Sprachregelung für die Gerichte beabsichtigt sei.
Dieser Eindruck ist höchst einseitig auf Ihrer Seite, Herr Kollege Jacobi. Die Konferenz hat in der Offentlichkeit einen sehr positiven Eindruck gemacht.
({0})
Frau Abgeordnete Meermann zu einer Zusatzfrage!
Herr Minister, wie erklären Sie sich den folgenden Widerspruch? Sie haben am 24. April 1964 vor dem Deutschen Bundestag gesagt, daß die Gerichte Alter und Kinderreichtum als Widerspruchsgründe im Sinne des § 556 a BGB anerkennten und entsprechend urteilten - das haben Sie wörtlich gesagt -, während Herr Ministerialdirigent Pergande genau acht Tage
später auf einer Pressekonferenz sagte, daß keine einheitliche Rechtsprechung über das Widerspruchsrecht bestehe, daß die Sozialklausel zu eng ausgelegt werde und daß er sich ferner veranlaßt sehe, darauf hinzuweisen, daß die Sozialklausel insbesondere auf alte Leute angewendet werden solle, und es schließlich für erforderlich hielt, die Urteile zweier Gerichte, nämlich der Gerichte von Kiel und Mannheim, den anderen Gerichten als vorbildlich hinzustellen.
Hier liegt kein Widerspruch vor. Ich habe festgestellt, daß hohes Alter ein Widerspruchsgrund sein kann. Das habe ich schon bei den Beratungen immer als Widerspruchsgrund angegeben. Ich habe damals mit Herrn Kollegen Jahn dieserhalb einen Briefwechsel geführt und diesen Briefwechsel während der Beratungen allen Kollegen in diesem Hause zugeleitet. Das Amtsgericht Amberg hat in seinem Urteil vom 17. 4. 1964 hohes Alter nicht als Widerspruchsgrund anerkannt. Dagegen haben hohes Alter anerkannt z. B. das Landgericht Wuppertal in seinem Urteil vom 16. 7. 1964, das Amtsgericht Düren in seinem Urteil vom 22. 4. 1964, das Amtsgericht Oberhausen in seinem Urteil vom 14. 12. 1964 und das Amtsgericht Nordenham in seinem Urteil vom 17. 7. 1964. Ich ersehe daraus, daß die Gerichte überwiegend die Generalklausel bereits im Sinne des Gesetzgebers nutzen.
Eine weitere Frage, Frau Abgeordnete Meermann.
Herr Minister, darf ich daraus schließen, daß Ihnen diese Urteile am 24. April 1964 noch nicht bekannt waren, als Sie hier feststellten, daß die Gerichte entsprechend dem Sinne des § 556 a BGB urteilten, was ja offensichtlich nicht der Fall ist?
Das negative Urteil war mir damals noch nicht bekannt. Bis dahin waren mir nur die überwiegend positiven Urteile bekannt.
Herr Abgeordneter Jacobi zu einer Zusatzfrage!
Herr Minister, halten Sie es mit den von Ihnen soeben entwickelten Vorstellungen, daß Sie sich und Ihrem Hause das Recht zubilligen, Aufklärung über eine Gesetzesauslegung zu geben, wie Sie sie für vertretbar halten, für vereinbar, daß der Sprecher Ihres Hauses, der ja zugleich Kommentator wichtiger Gesetze ist, zum Ausdruck gebracht hat, das Gericht müsse sich auch Über die Verhältnisse des Vermieters ein Urteil bilden, während nach dem Wortlaut des Gesetzes in jedem Fall die volle Würdigung der Interessen des Vermieters zu erfolgen hat?
Ich verstehe diese Frage nicht. Natürlich müssen die Rechte des Mieters und des Vermieters gegeneinander abgewogen werden. Das .steht ja gerade in der Sozialklausel.
({0})
Herr Abgeordneter Dr. Czaja zu einer Zusatzfrage!
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß die soeben vom Herrn Kollegen Jacobi kritisierte Fassung „unter voller Würdigung der Rechte des Vermieters" von der Opposition im Gesetzgebungsverfahren jemals in irgendeiner Weise hier angegriffen vorden wäre?
({0})
Das ist mir nicht bekannt.
Ich danke Ihnen, Herr Minister.
Ich rufe die Frage VI - des Herrn Abgeordneten Dr. Martin - aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für wissenschaftliche Forschung auf:
Ist die Bundesregierung der Ansicht, daß auch in der Bundesrepublik Deutschland Stipendien und Spenden von privater Seite sowie Stiftungen einen wesentlichen Beitrag zur Forschungs- und Ausbildungsförderung leisten können?
Sie wird verbunden mit der Frage VIII/7 - des Herrn Abgeordneten Dr. Martin - aus dein Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen:
Ist die Bundesregierung bereit, entsprechend den Empfehlungen, die der Stifterverband für die deutsche Wissenschaft am 25. Januar 1965 dem Bundesfinanzminister unterbreitet hat, durch die Beseitigung steuerrechtlicher Hindernisse einen Anreiz für vermehrte private Spendentätigkeit zu geben und so die Wissenschaftsförderung aus privaten Mitteln zu verstärken?
Die Frage VI wird vom Herrn Bundesminister für wissenschaftliche Forschung beantwortet.
Herr Abgeordneter, ich beantworte Ihre Frage mit ja. Die Bundesregierung ist der Ansicht, daß durch Stipendien, Spenden und Stiftungen von privater Seite Beträchtliches für die Forschungs- und Ausbildungsförderung getan werden kann. Beiträge von privater Seite zur Wissenschaftsförderung könnten nicht nur auf willkommene Weise die Mittel der öffentlichen Haushalte verstärken, sondern als Vorbild ganz allgemein eine größere Bereitschaft zur Unterstützung der Wissenschaft im nichtstaatlichen Bereich hervorrufen und das öffentliche Forschungsbewußtsein kräftigen.
Eine Zusatzfrage.
Herr Minister, liegt Ihnen die Ausarbeitung der Europäischen Kulturstiftung Amsterdam - eine Analyse der Frage fis8682
kalischer Maßnahmen für Stiftungen usw. - vor, und wenn ja, was wollen Sie mit den dort ausgesprochenen Empfehlungen in Ihrem Hause anfangen?
Ich möchte sie unseren Verhältnissen anpassen.
Die Frage VIII/7 wird vom Herrn Bundesminister der Finanzen beantwortet.
Die Bundesregierung ist bereit, alle Möglichkeiten zu prüfen, ob durch die Beseitigung steuerrechtlicher Hindernisse ein Anreiz für vermehrte private Spendentätigkeit gegeben und so die Wissenschaftsförderung aus privaten Mitteln verstärkt werden kann. Das Bundesministerium der Finanzen wird in Kürze die im Schreiben des Stifterverbandes für die deutsche Wissenschaft vom 25. Januar 1965 gegebenen Empfehlungen mit den Finanzministern der Länder erörtern. Dies wird übrigens auch in Vollziehung eines Auftrages geschehen, den der Finanzausschuß des Bundestages dem Bundesministerium der Finanzen gelegentlich der Beratung des Entwurfs eines Steueränderungsgesetzes 1965 ({0}) gegeben hat. Danach sollen die Möglichkeiten und Auswirkungen einer steuerlichen Begünstigung der Zuwendungen an Stiftungen untersucht und soll dem Finanzausschuß des Bundestages hierüber berichtet werden.
Herr Abgeordneter Moersch zu einer Zusatzfrage.
Herr Minister, ist damit zu rechnen, daß schon bei der Beantwortung der Großen Anfrage der Fraktion der Freien Demokratischen Partei Einzelheiten hierzu mitgeteilt werden?
Die bisher bekannten Einzelheiten, Herr Kollege Moersch, wird man mitteilen können; man wird in der Debatte auch über den einen oder anderen Punkt etwas sagen können. Die Konferenz mit den Finanzministern der Länder findet allerdings vor der Beantwortung der Großen Anfrage nicht statt. Ich habe die Empfehlungen des Stifterverbandes an die Länder gegeben. Es muß nun erst einmal abgewartet werden, welche Auffassung die Länder vertreten; dann werden wir mit den Ländern erarbeiten, was wir dem Finanzausschuß dieses Hohen Hauses über das Problem mitteilen können.
Herr Abgeordneter Junghans zu einer Zusatzfrage.
Herr Minister, sind Sie auch bereit, die Überprüfung der steuerrechtlichen Bestimmungen für private Zuwendungen an Stiftungen auch auf private 'Stipendien an Einzelpersonen auszudehnen?
Ich glaube, daß im Auftrag .des Finanzausschusses auch dieses Problem liegt. Auch das müssen wir untersuchen, so daß ich Ihre Frage mit Ja beantworten kann.
Eine weitere Zusatzfrage ,des Herrn Abgeordneten Junghans.
Herr Minister, sind Sie der Meinung, daß Stipendien steuerrechtlich gleichgestellt werden müßten, ganz gleich, ob sie aus der öffentlichen Hand oder aus der privaten Hand kommen?
Auch dieses Problem ist Gegenstand der Untersuchung, so daß ich Ihre Frage weder mit Ja noch mit Nein beantworten kann.
Ich danke dem Herrn Minister für wissenschaftliche Forschung.
Wir fahren mit den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen fort.
Ich rufe auf die Frage VIII/1 - des Abgeordneten Dr. Schneider ({0}) -.
Aus welchen Rechtsgründen hat die Bundesregierung davon abgesehen, die in §§ 45 b und 47 der Reichshaushaltsordnung vorgeschriebene Zustimmung des Parlaments zu den Waffenlieferungen für Israel einzuholen, also das Gesetz verletzt?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort liegt noch nicht vor. Sie wird nach Eingang im Sitzungsbericht abgedruckt.
Ich rufe auf die Frage VIII/2 - des Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen -:
Teilt der Bundesfinanzminister meine Auffassung, daß die von der berufstätigen Ehefrau für das Studium ihres Ehemannes aufgewendeten Kosten als außergewöhnliche Belastungen anzuerkennen sind, und zwar auch in den Fällen, in denen das Studium auf einer bereits abgeschlossenen Berufsausbildung aufbaut?
Ich beantworte die Frage des Herrn Kollegen Schmitt-Vockenhausen wie folgt:
In der Allgemeinheit, wie Sie Ihre _Frage gestellt haben, kann ich Ihre Auffassung nicht teilen. Aufwendungen für das Studium eines Ehegatten können vielmehr nach geltendem Recht im allgemeinen nicht als außergewöhnliche Belastung im steuerrechtlichen Sinne anerkannt werden. Die Ausbildung ist grundsätzlich Sache der freien Entschließung des Steuerpflichtigen. Eine erfolgreiche akademische Ausbildung trägt zur Hebung der sozialen Stellung bei und führt in aller Regel auch zu einer wirtschaftlichen Besserstellung, so daß die eigenen Aufwendungen für das Studium kein verlorener Aufwand sind. Das entspricht etwa der Beweisführung in der Begründung eines Urteils des Bundesfinanzhofs.
Diese Überlegungen müssen aber auch dann gelten, wenn nicht der Steuerpflichtige selbst, sondern sein Ehegatte die Kosten des Studiums trägt. Auch nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sind deshalb die von der Ehefrau finanzierten Aufwendungen nur in besonders gelagerten Grenzfällen als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen. Derartige Grenzfälle können etwa gegeben sein bei Ausbildungskosten für einen Spätheimkehrer oder im Zusammenhang mit einer notwendigen Umschulung infolge eines Verkehrsunfalles oder eines Betriebsunfalles.
Nach diesen Grundsätzen wird einheitlich bei allen Finanzämtern des Bundesgebietes verfahren.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Schmitt-Vockenhausen.
Herr Minister, glauben Sie nicht, daß diese Rechtsprechung - ich kenne sie - eine Härte bedeutet, wenn man bedenkt, daß ja die Steuergesetzgebung jedem vermögenden Vater solche außergewöhnlichen Belastungen erleichtert, während die Ehefrau eines jungen Mannes, der weiterkommen will, in vollem Umfange steuerpflichtig bleibt?
Herr Abgeordneter Schmitt-Vockenhausen, ich glaube nicht, daß das steuerrechtlich gesehen generell eine Härte ist. Wenn man bei der Ehefrau die außergewöhnliche Belastung anerkennen wollte, bei dem Ehemann aber nicht, wenn er aus eigenen Mitteln studiert, gäbe es Tatbestände, die eine noch schlechtere Wirkung hätten. Sie müssen davon ausgehen, daß eine außergewöhnliche Belastung von den oberen Gerichten bisher nicht angenommen worden ist, wenn jemand aus eigenen Mitteln studiert.
Eine weitere Frage des Herrn Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen.
Herr Minister, glauben Sie, daß es im Rahmen der Entschließung des Finanzausschusses möglich ist, auch diesen Fragenkomplex noch einmal sorgfältig zu durchleuchten?
Wir werden auch das im Zusammenhang mit diesen Erörterungen noch einmal sorgfältig prüfen und werden darüber dem Finanzausschuß berichten. Ich muß Sie aber darauf aufmerksam machen, Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen, daß das in Ihrer Frage liegende Problem tatsächlich im Finanzausschuß angesprochen worden ist, daß es der Finanzausschuß aber nicht weiter verfolgt hat. Ich werde es jedoch noch einmal vorbringen.
Herr Abgeordneter Sänger zu einer Zusatzfrage.
Herr Minister, würden Sie Ihre soeben gegebene Antwort noch einmal im Blick auf die Antwort, die Sie dem Herrn Kollegen Junghans gegeben haben, überprüfen?
Herr Kollege Sanger, ich kann nicht erkennen, was Sie mit Ihrer Frage meinen.
Darf ich es erklären. Sie haben dem Herrn Kollegen Junghans die Antwort gegeben, daß man prüfen werde, ob private Stipendien zum Hochschulstudium möglicherweise steuerlich so behandelt werden können wie öffentliche oder aus Stiftungen gegebene Stipendien. Wenn man das tut, müßte man doch noch sehr viel eher die Ehefrau, die ihren Mann studieren läßt, in diese Regelung einbeziehen.
Herr Kollege Sänger, da haben Sie natürlich recht. Aber ich habe Herrn Kollegen Schmitt-Vockenhausen ja gesagt, daß ich das ganze Problem in dem Bericht an den Finanzausschuß ansprechen werde. Es ist doch so, Herr Kollege Sänger, daß der Fall der Ehefrau überhaupt erst entschieden werden kann, wenn eine entsprechende Regelung für die eigenen Aufwendungen des Steuerpflichtigen getroffen ist. Sonst besteht die Möglichkeit der Umgehung, nämlich daß jemand, um die Kosten für sein Studium, das er selber bezahlt, absetzen zu können, es so steuert, daß es so aussieht, als hätte es seine Ehefrau bezahlt.
Frage VIII/3 - des Herrn Abgeordneten Baier ({0}) -:
Sind die Ausführungen des Bundes der Steuerzahler laut dpa vom 10. März 1965 richtig, wonach zwei Drittel der Vollziehungsbeamten der Finanzämter ausschließlich hinter Autofahrern herliefen, um zwangsweise die Kraftfahrzeugsteuer einzutreiben, und 3500 Beamte in der Bundesrepublik eingespart werden könnten, wenn die Kraftfahrzeugsteuer umgeformt würde?
Herr Präsident, darf ich die Fragen der Herren Abgeordneten Baier und Josten zusammen beantworten, weil sie den gleichen Tatbestand betreffen? Das wären die Fragen VIII/3, 4, 5 und 6.
Einverstanden. Ich rufe also ferner auf die Fragen VIII/4, VIII/5 und VIII/6 - des Herrn Abgeordneten Josten -:
Entspricht die Mitteilung der Deutschen Presseagentur den Tatsachen, daß zwei Drittel der Vollziehungsbeamten der Finanzämter ausschließlich mit der zwangsweisen Eintreibung der Kraftfahrzeugsteuer beschäftigt sind?
Stimmt die Mitteilung des Bundes Deutscher Steuerbeamten, daß durch eine Umformung der Kraftfahrzeugsteuer fast 3500 Beamte eingespart werden könnten?
Hat die Bundesregierung einen Plan zur Umformung bzw. Vereinfachung der Erhebung der Kraftfahrzeugsteuer?
Die Bundesregierung verfügt nicht über Unterlagen darüber, in welchem Umfang die Vollziehungsbeamten mit der Beitreibung von Kraftfahrzeugsteuer8684
rückständen beschäftigt sind. Insoweit könnte Material nur durch eine Anfrage an die Herren Finanzminister und Finanzsenatoren der Länder beschafft werden.
Der Bundesregierung ist jedoch bekannt, daß bei der Kraftfahrzeugsteuer die Zahl der Rückstandsfälle verhältnismäßig hoch ist und daß dadurch die Vollstreckungsstellen der Finanzämter stark belastet werden. Diese Tatsache dürfte weitgehend darauf zurückzuführen sein, daß bei der Kraftfahrzeugsteuer als Steuerschuldner in großem Umfang Personenkreise in Betracht kommen, die an das Einhalten von Steuerterminen nicht gewöhnt sind. Das Bundesfinanzministerium hat bereits in Zusammenarbeit mit den obersten Finanzbehörden der Länder Erwägungen angestellt, wie die Zahl der Rückstandsfälle bei der Kraftfahrzeugsteuer vermindert werden könnte. Diese Erwägungen werden ihren Niederschlag in dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes finden, den die Bundesregierung einbringen wird.
Unterlagen darüber, wie viele Beamte ausschließlich oder überwiegend mit der Verwaltung befaßt sind, stehen leider noch nicht zur Verfügung; sie könnten wiederum nur durch eine Umfrage bei den Landesfinanzbehörden beschafft werden. Die Bundesregierung weist aber darauf hin, daß mit einer Umformung der Kraftfahrzeugsteuer, d. h. einer Umlegung auf die Mineralölsteuer, eine nennenswerte Personaleinsparung nur dann eintreten würde, wenn bei der Umlegung die jetzt bei der Kraftfahrzeugsteuer bestehenden Vergünstigungen
beseitigt werden würden.
Pläne für eine Umformung der Kraftfahrzeugsteuer hat die Bundesregierung im Augenblick nicht. Ein solche Maßnahme könnte auch auf nationaler Ebene nur schwer noch durchgeführt werden, weil die Besteuerung des Kraftfahrzeugverkehrs in der EWG vereinheitlicht werden soll. Die Bundesregierung strebt aber, wie bereits ausgeführt, eine Vereinfachung der Erhebung der Kraftfahrzeugsteuer an.
Herr Abgeordneter Baier ({0}) zu einer Zusatzfrage.
Herr Minister, werden die immerhin beachtlichen Vorwürfe des Bundes der Steuerzahler, die doch sicherlich nicht aus der Luft gegriffen sind, Anlaß sein, daß Sie sich verstärkt darum bemühen, eine Umformung der Kraftfahrzeugsteuer auf eine zeitgemäße Art alsbald zu erreichen?
Ja, sicher, Herr Kollege Baier. Die Bemerkungen von Herrn Fredersdorf - um die handelt es sich -, die an die Finanzbehörden der Länder gerichtet sind -ich habe diese Verwaltung gar nicht -, sind selbstverständlich Anlaß, in den Ländern der Sache nachzugehen.
Im übrigen ist inzwischen noch ein Widerspruch aufgetreten, Herr Kollege Baier. Es ist nämlich nicht ganz klar, ob Herr Fredersdorf in dem einen Teil seiner Kritik die Kraftfahrzeugsteuer gemeint hat oder den Lohnsteuerjahresausgleich. Es ist nicht ganz genau zu erkennen, ob er mit den 3500 Beamten das eine oder das andere oder beides zusammen meint.
Herr Abgeordneter Josten zu einer Zusatzfrage:
Herr Minister, bis wann kann .das Hohe Haus mit der von Ihnen erwähnten Gesetzesvorlage rechnen?
Herr Kollege Josten, es ist schwer, einen Termin zu nennen. Ich stehe mit den Finanzministern und -senatoren der Länder in ,engem Kontakt und möchte möglichst schnell etwas tun. Aber es ist die Frage, ob ich die Sache noch rechtzeitig hinbekomme, daß sich das Parlament mit Erfolg noch bis zum Ende der Legislaturperiode damit befassen kann. Das wird aber sehr schwer sein, weil der Zeitdruck groß ist.
Herr Abgeordneter Josten, eine weitere Zusatzfrage.
Herr Minister, aus Ihren Ausführungen kann man also entnehmen, daß es sehr fraglich sein wird, ob dieser Bundestag noch das von Ihnen erwähnte Gesetz verabschieden kann?
Herr Kollege Josten, ich würde sagen: eine große Reform dieser Steuer - ich erinnere Sie an meinen Hinweis in Richtung Europäische Wirtschaftsgemeinschaft - ist sicherlich in dieser Legislaturperiode nicht mehr zu schaffen. Ich will Ihnen aber gern sagen, woran wir ,denken. Ein großer Teil der Rückstände bei der Kraftfahrzeugsteuer entsteht dadurch, daß, wie ich schon gesagt habe, Personen, die an die Einhaltung von Steuerterminen nicht gewohnt sind, nun plötzlich monatlich, vierteljährlich oder halbjährlich zahlen sollen und häufig diesen Termin vergessen. Es ist zu überlegen, und zwar unter Berücksichtigung der Härte, die darin liegt, ob man etwa anordnen soll, daß die Aufteilung in eine monatliche, vierteljährliche oder halbjährliche Zahlung nicht mehr zugelassen wird, sondern daß der Betrag auf einmal gezahlt werden muß. Dann würden die Rückstandsfälle wesentlich abgebaut. Aber Sie würden mir wahrscheinlich entgegnen, daß das für die Steuerzahler eine zu hohe Belastung ist. Das sind ,die Überlegungen, die ich im Augenblick mit den Ländern habe.
Noch eine Frage, Herr Abgeordneter Josten.
Herr Minister, in jedem Falle kann man also aus Ihren Ausführungen entnehmen, daß die Bundesregierung interessiert bleibt, die Erhebung der Kfz-Steuer zu vereinfachen und somit neue Wege zu suchen?
Jawohl.
Herr Abgeordneter Gerlach für eine Zusatzfrage.
Herr Minister, ist es im Gegensatz zu Ihren soeben gemachten Darlegungen eben gerade nicht möglich, monatlich die Kraftfahrzeugsteuer zu zahlen? Entstehen nicht gerade dadurch diese hohen Steuerrückstände?
Ja, ich glaube, daß ich das so beantwortet habe.
Eine weitere Frage.
Herr Minister, ich glaube, Sie haben mich nicht verstanden. Man kann nämlich die Kraftfahrzeugsteuer nicht monatlich zahlen, man kann nicht zwölfteln, und dadurch entstehen die Rückstände.
Es mag sein, daß ich mich geirrt habe. Es ist ja in der Verwaltung der Länder.
Noch eine Frage, Herr Abgeordneter Gerlach.
Herr Minister, ist es dann nicht möglich, die Zwölftelung wiedereinzuführen?
Dann würden die Rückstandsfälle noch zahlreicher werden.
Eben nicht!
Dann müßte ja der Betreffende zwölfmal im Jahr an die Steuer denken.
({0})
Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Meis.
Herr Minister, sind nicht auch Sie der Meinung, daß man eine pünktliche oder pünktlichere Zahlung der Kraftfahrzeugsteuer auch dadurch erreichen könnte, daß man entsprechende Verzugszuschläge einführt, d. h. von der bisherigen Methode der Verzugszuschläge abgeht und je nach der Zeit des Verzuges eine Staffelung dieser Zuschläge in einer Höhe einführt, daß eine pünktliche Zahlung auch für den bisher säumigsten Autobesitzer schon interessant würde?
Herr Kollege Meis, den in Ihrer Frage zum Ausdruck kommenden Gedanken will ich ebenfalls gern mit den Ländern erörtern. Ich muß Ihnen aber sagen, daß mir das auf den ersten Blick eine außerordentlich große Erschwerung der Verwaltung zu sein scheint, so daß also möglicherweise noch mehr Beamte, als behauptet worden ist, mit der Verwaltung dieser Steuer beschäftigt werden.
({0})
Eine weitere Frage.
Sie bezweifeln den Erziehungseffekt?
Ich bezweifle bei den im Verhältnis doch bescheidenen Steuerbeträgen die Wirkung solcher Zuschläge.
Herr Abgeordneter Strohmayr, eine Zusatzfrage.
Herr Minister, glauben Sie nicht, daß es gut wäre, wenn der Steuerzahler sichtbar an seinem Wagen dokumentieren könnte, daß er die Steuer bezahlt hat, und daß es für die Polizei dann leicht wäre, die Wagen anzuhalten, die das Carnet nicht an der Windschutzscheibe angebracht haben? In verschiedenen Ländern wird es so gehandhabt.
Ich weiß, es gibt solche Möglichkeiten, Herr Kollege. Ich will auch diesen Gedanken mit den Länderfinanzministern und -senatoren erörtern. Persönlich muß ich Ihnen allerdings sagen, daß die ,,Verschönerung" der Automobile durch solche Bescheinigungen auch bedenklich ist.
Eine weitere Frage, Herr Abgeordneter Strohmayr.
Herr Minister, glauben Sie dann, daß es am besten wäre, die Kraftfahrzeugsteuer auf das Benzin umzulegen? Wer viel fährt, zahlt viel Steuern, und wer wenig fährt, zahlt eben dann weniger Steuern.
Ja, auch das ist ein Problem, das man im Zusammenhang mit der Mineralölsteuer schon auf EWG-Ebene erörtert hat. Es ist sehr schwer, hier das Richtige zu treffen. Die Überlegungen auf der EWG-Ebene sind noch nicht sehr weit gediehen. Es ist doch so, Herr Kollege, daß die Mineralölsteuer nur den Mann belastet, der viel fährt, der also viel Benzin verbraucht, während der ruhende Verkehr und der Wenigfahrer, nichts oder nur wenig beitragen. Der soll über die Kraftfahrzeugsteuer erfaßt werden. Im übrigen kommt es beim Benzinverbrauch - wenn Sie-allein darauf abstellen - letzten Endes darauf an: wie ist die Beschaffenheit des Geländes? Denn Steigungen, viele Kurven oder Ortsdurchfahrten erhöhen den Mineralölverbrauch. Außerdem
können Sie z. B. nur mit der Mineralölsteuer den Anhänger überhaupt nicht fassen.
Es ist ein sehr schwieriges Problem, ob diese beiden Steuern, die sich heute bei uns bis zu einem gewissen Grade ergänzen, zusammengefaßt werden können.
Herr Abgeordneter Langebeck, eine Zusatzfrage.
Herr Minister, ist in Ihrem Hause bekannt, daß die Finanzämter die Kraftfahrzeugsteuer auch per Nachnahme einholen?
Ja, sicher!
Sehen Sie eine Möglichkeit, dieses Verfahren zu vereinfachen und somit die Zahl der Rückständigen ohne erhöhten Aufwand auf ein Mindestmaß herabzusetzen?
Ja, ich glaube, daß die Finanzverwaltungen der Länder auf diesen lichtvollen Gedanken auch schon gekommen sind. Wenn Sie aber nun mit Nachnahmen arbeiten, müssen Sie die Post beschäftigen. Der Betreffende ist unter Umständen nicht zu Hause, der Postbote trifft ihn nicht an. Dann kommt ein Zettelchen in den Briefkasten. Das hat alles seine verschiedenen Seiten.
Herr Abgeordneter Baier ({0}), eine Zusatzfrage.
Herr Minister, darf ich Sie angesichts der Vielzahl der gutgemeinten Ratschläge, die Ihnen erteilt werden, noch um einen weiteren bereichern, indem ich Sie frage, ob Sie einmal die amerikanische Methode geprüft haben. Dort wird ja bekanntlich jedes Jahr bei Zahlung der Kraftfahrzeugsteuer ein neues Nummernschild mit !der Jahreszahl ausgegeben. Damit wird für jeden sichtbar, ob der Betreffende die Kraftfahrzeugsteuer bezahlt hat oder nicht. Wäre das bei uns auch einzuführen?
Herr Kollege Baier, auch diese Idee ist schon erörtert worden. Aber ich darf im Anschluß an die Diskussion bei einigen der vorhergehenden Fragen sagen: das bedeutet eine jährliche Zahlung der Steuer.
Herr Abgeordneter Dr. Hellige, eine Zusatzfrgae.
Herr Minister, wollen Sie nicht in Erwägung ziehen, die 'Freudigkeit im Steuerzahlen nach einer Methode zu verbessern, die sich im Mittelalter außerordentlich bewährt hat, wo man den pünktlichen Steuerzahlern von der Obrigkeit ein Glas Bier spendierte?
({0})
Ich rufe auf die Frage VIII/8 - der Frau Abgeordneten Strobel -:
Bis wann ist nach Ansicht der Bundesregierung mit dein Wegfall der Zölle auf Klein-Importe ({0}) innerhalb der EWG entsprechend den Vorschlägen der EWG-Kommission zu rechnen?
Zur Durchführung der Vorschläge der EWG-Kommission, die Zölle auf Klein-Importe innerhalb der EWG aufzuheben, hat die Bundesregierung eine Rechtsverordnung vorbereitet. Gerade heute wird die Frage ,eines gemeinsamen Vorgehens innerhalb der Mitgliedstaaten in einer Besprechung der Kommission mit den nationalen Zollverwaltungen abgestimmt werden. Die Bundesregierung erwartet nach den bisherigen Informationen, daß 'sich alle Mitgliedstaaten bereit erklären werden, der Empfehlung der Kommission zu folgen. Danach wird die Bundesregierung unverzüglich die Rechtsverordnung dem Hohen Hause zur Zustimmung vorlegen.
Eine Zusatzfrage.
Herr Bundesminister, ist die Bundesregierung gegebenenfalls auch bereit, auf die Zölle im Reiseverkehr und bei Klein-Importen autonom zu verzichten, falls nicht alle Mitgliedstaaten dem Vorschlag der EWG-Kommission zustimmen?
Zur Zeit geht die Bundesregierung davon aus, daß alle Mtigliedstaaten der EWG einheitlich die Binnenzölle für Klein-Importe beseitigen werden. Die Bundesregierung wird gegebenenfalls auch unabhängig von den anderen Mitgliedstaaten prüfen, ob eine Beseitigung dieser Binnenzölle nach Art. 15 des EWG-Vertrages angebracht ist.
Sind Sie nicht der Meinung, Herr Bundesminister, daß die Bundesregierung nach dem EWG-Vertrag auf alle Fälle in der Lage ist, autonom auf die Zölle zu verzichten?
Ja.
Ich rufe auf die Fragen VIII/9 und VIII/10 - 'des Abgeordneten Seibert -:
Welche Steuerausfälle entstehen jährlich für Bund und Länder durch die steuerliche Förderung des Berufsverkehrs mit privaten Personenkraftwagen?
Zu welchem Zeitpunkt und aus welchen Überlegungen heraus
wurde die in Frage VIII/9 genannte Regelung eingeführt?
Vizepräsident Dr. Dehler
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort liegt noch nicht vor. Sie wird nach Eingang im Sitzungsbericht abgedruckt.
Ich danke Ihnen, Herr Minister.
Damit sind wir am Ende der Fragestunde und der Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung auf morgen, Freitag, den 19. März, 9 Uhr, .ein.
Die Sitzung ist geschlossen.