Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet.
Meine Damen und Herren, zu Beginn der Sitzung habe ich die Glückwünsche des Hauses und meine eigenen Glückwünsche zum Geburtstag auszusprechen Herrn Abgeordneten Dr. Dr. h. c. Baade, der am 23. Januar 72 Jahre alt wurde,
({0})
Herrn Abgeordneten Hellenbrock, der am 26. Januar 65 Jahre alt wurde,
({1})
und Herrn Abgeordneten Schneider ({2}), der am gleichen Tage 73 Jahre alt wurde.
({3})
Der Bundesminister der Finanzen hat am 14. Januar 1965 gemäß § 33 Abs. 1 .der Reichshaushaltsordnung die Zusammenstellung der über- und außerplanmäßigen Haushaltsausgaben im Betrag von 10 000 DM und darüber für das dritte Vierteljahr des Rechnungsjahres 1964 - Drucksache IV/2957 - übersandt. Sie ist nach einer interfraktionellen Vereinbarung dem Haushaltsausschuß zu überweisen. Ist das Haus damit einverstanden? - Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll die heutige Tagesordnung wie folgt abgewickelt werden:
1. Fragestunde - Punkt 1 der Tagesordnung -,
2. Sammelübersichten zu Petitionen - Punkt 2 der Tagesordnung -,
3. Änderung und Ergänzung des Einkommensteuergesetzes, des Körperschaftsteuergegesetzes und des Kapitalverkehrsteuergegesetzes - Punkt 6 der Tagesordnung -,
4. Änderung des Umsatzsteuergesetzes und des Vermögensteuergesetzes - Punkt 5 der Tagesordnung -,
5. Hilfsmaßnahmen für Deutsche aus der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands und dem Sowjetsektor von Berlin - Punkt 4 der Tagesordnung -.
Dazwischen werden vereinbarungsgemäß um 17.00 Uhr Punkt 23 und anschließend Punkt 3 der Tagesordnung aufgerufen. Die übrige Reihenfolge der Tagesordnung bleibt unverändert. - Ich stelle fest, daß das Haus damit einverstanden ist.
Meine Damen und Herren, ich habe nun folgendes bekanntzugeben. Die Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP haben auf Drucksache IV/2958 einen Antrag betreffend Ergänzung der Geschäftsordnung eingebracht, der eine Anregung des Herrn Bundestagspräsidenten aufgreift und die Schaffung einer sogenannten aktuellen Stunde zum Ziel hat. Dieser Antrag wurde in der Sitzung vom 20. Januar 1965 an den Ausschuß für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung überwiesen. Dieser schlug dem Herrn Bundestagspräsidenten vor, die aktuelle Stunde zunächst versuchsweise einzuführen und über die in dem interfraktionellen Antrag vorgesehene Regelung endgültig erst zu entscheiden, wenn bestimmte Erfahrungen gesammelt worden sind. Im Ältestenrat wurde Übereinstimmung erzielt, so zu verfahren und Bedenken, die der Geschäftsordnungsausschuß gegen die Bestimmung über die Beschränkung der Aussprache erhoben hat, vorerst zurückzustellen.
Um klarzustellen, 'daß es sich nicht bereits um eine endgültige Änderung der Geschäftsordnung handelt, wurden die in dem interfraktionellen Antrag enthaltenen Vorschläge in einen Umdruck aufgenommen, der Ihnen vorliegt und der deutlich macht, daß es sich um vorläufige Bestimmungen über Aussprachen zu Fragen von allgemeinem aktuellem Interesse handelt. Der Ältestenrat empfiehlt Ihnen zuzustimmen, daß diese vorläufigen Bestimmungen über Aussprachen zu Fragen von allgemeinem aktuellem Interesse von nun an angewandt werden. - Erhebt sich dagegen Widerspruch? - Das ist nicht der Fall. Dann ist so beschlossen.
Die folgenden amtlichen Mitteilungen werden ohne Vorlesung in das Protokoll aufgenommen:
Der Stellvertreter des Bundeskanzlers hat am 22. Januar 1965 den Geschäftsbericht der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte für das Rechnungsjahr 1963 gemäß § 2 Abs. 2 Satz 3 des Gesetzes über die Errichtung der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte mit der Bitte um Kenntnisnahme übersandt. Der Geschäftsbericht ist als Drucksache IV/2989 verteilt.
Der Vorsitzende des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat am 20. Januar 1965 mitgeteilt, daß der Ausschuß gegen die nachstehenden Verordnungen keine Bedenken erhebt:
Verordnung Nr. 187/64/EWG des Rats vom 30. November 1964 über die Festsetzung der Abschöpfungsbeträge gegenüber dritten Ländern für Schweine, Schweinefleisch und Schweinefleisch enthaltende Erzeugnisse für Einfuhren, die vom 1. Januar bis zum 31. März getätigt werden ({4}) ;
Verordnung Nr. 189/64/EWG des Rats vom 15. Dezember 1964
Vizepräsident Dr. Jaeger
zur Verlängerung der in der Verordnung Nr. 156 getroffenen Regelung für Mehl und Stärke von Manihot und anderen Wurzeln und Knollen, die aus den assoziierten afrikanischen Staaten und Madagaskar stammen ({5}).
Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 25. Juni 1959 die nachstehenden Vorlagen überwiesen:
Richtlinie des Rats zur Änderung der Richtlinie vom 2. Februar 1959 zur Festlegung der Grundnormen für den Gesundheitsschutz der Bevölkerung und der Arbeitskräfte gegen die Gefahren ionisierender Strahlungen - Drucksache IV/ 2934 an den Ausschuß für Atomkernenergie und Wasserwirtschaft - federführend - und an den Ausschuß für Gesundheitswesen - mitberatend - mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 7. April 1965;
Verordnung des Rats zur Änderung von Artikel il Absatz 2 der Verordnung Nr. 23 - Drucksache IV/2952 an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 24. Februar 1965;
Verordnung des Rats zur Festsetzung der gemeinsamen Qualitätsnormen für Knoblauch - Drucksache IV/2993 an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 12. Februar 1965;
Verordnung des Rats über eine gemeinsame Begriffsbestimmung des Warenursprungs - Drucksache IV/2994 an den Außenhandelsausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 31. März 1965.
Meine Damen und Herren, ich komme nun zu Punkt 1 der Tagesordnung:
Fragestunde ({6}).
Zuerst eine Dringliche Mündliche Anfrage an den Herrn Bundesminister der Justiz - Drucksache IV/ 3001 -, die er bereits vor Ablauf der Frist zu beantworten bereit ist. Es ist eine Frage dies Abgeordneten Jahn:
Erfährt die Zentrale Stelle Ludwigsburg seitens der polnischen und tschechischen Behörden und der Behörden der SBZ die Unterstützung, die erforderlich ist, um ohne jede zeitliche Verzogerung ihre Ermittlungstätigkeit leisten zu können?
Herr Bundesminister, ich darf bitten.
Mit der polnischen Regierung hat der Vertreter der Zentralen Stelle in Ludwigsburg sofort nach dem Appell, den die Bundsregierung auf den Beschluß des Bundestages hin an die Weltöffentlichkeit gerichtet hatte, nämlich am 27. November 1964, Fühlung aufgenommen. Er ist dann vom 18. bis 21. Dezember nach Warschau gereist. Er hat bereits einen ersten Einblick in die dortigen Akten nehmen können, und es wurde vereinbart, daß eine Arbeitsgruppe der Zentralen Stelle im Januar in Warschau weiter diese Akten einsehen solle. Die Erteilung der Visen für diese Reise hat sich erheblich verzögert, obwohl sie bereits am 30. Dezember beantragt worden ist. Wie mir vor einer halben Stunde mitgeteilt wurde, ist jetzt die polnische Regierung bereit, diese Visen zu erteilen, so daß die Reise von Herrn Oberstaatsanwalt Schäle und fünf Begleitern sofort stattfinden kann.
Die tschechoslowakischen Behörden haben auf den Appell der Bundesregierung zur Überlassung von Beweismaterial über nationalsozialistische Verbrechen mit einer Note geantwortet, aus der hervorgeht, daß sich die tschechoslowakische Regierung an keine Frist gebunden fühle. Der „Verband der antifaschistischen Kämpfer" in Prag hatte außerdem mit Schreiben vom 10. Dezember angekündigt, er
werde durch einen Beauftragten bisher unbekanntes Material überbringen lassen. Obwohl dem genannten Beauftragten am 30. Dezember 1964 ein Einreisevisum in die Bundesrepublik erteilt wurde, ist er bis heute nicht erschienen. Auch eine Anfrage der Zentralen Stelle vom 12. Januar, wann mit der Ankunft dieses Beauftragten zu rechnen sei, blieb bisher unbeantwortet.
Der sowjetzonale Generalstaatanwalt Streit hat unter Bezug auf den Aufruf der Bundesregierung am 22. Dezember 1964 ein Schreiben an mich gerichtet, in dem die Bildung einer gemeinsamen Kommission aus Vertretern meines Hauses und seiner Behörde zur Auswertung des in Ostberlin und der SBZ vorhandenen Materials vorgeschlagen wurde. Da dieser Weg schon wegen der Unzuständigkeit des Bundesjustizministeriums - aber auch allgemein - nicht gangbar ist und da die Länderjustizbehörden zuständig sind, habe ich die Justizminister und -senatoren der Länder in der Justizministerkonferenz in Trier am 14. Januar 1965 von diesem Schreiben unterrichtet. Die Justizminister haben daraufhin den Leiter der Zentralen Stelle beauftragt, sich wegen der Auswertung der in Ostberlin und in der SBZ vorhandenen Archive mit dem Herrn Generalstaatsanwalt Streit in Verbindung zu setzen.
Der Leiter der Zentralen Stelle erhielt auf sein Schreiben vom 15. Januar von der Generalstaatsanwaltschaft in Ostberlin unter dem 21. Januar die Antwort: da die Zentrale Stelle nur für die Aufklärung von Straftaten zuständig sei, die außerhalb des Bundesgebiets begangen würden, erscheine es zweckmäßiger, die in dem vorerwähnten Schreiben vom 22. Dezember vorgeschlagene Kommission zu bilden.
Ich bemerke aber hierzu, daß die Zuständigkeit der Ludwigsburger Zentralen Stelle durch Beschluß der Justizminister vom i 1. Dezember, also bereits 11 Tage vor jenem Schreiben von Herrn Streit, auch auf die Aufklärung innerhalb der Bundesrepublik begangener Taten erstreckt wurde.
Insgesamt kann ich mich bei der Betrachtung der Reaktion aus dem Ostblock auf den Appell der Bundesregierung des Eindrucks nicht erwehren, daß - wenn ich mich zurückhaltend ausdrücke - die Überlassung von Beweismaterial dort nicht besonders beschleunigt wird.
Eine Zusatzfrage!
Herr Minister, wird die Bundesregierung über ihren Appell hinaus bereit sein, eigene Anstrengungen zu unternehmen, um die Bemühungen der Zentralen Stelle in Ludwigsburg zu unterstützen, und wird sie gegebenenfalls auch mit Hilfe der Schutzmächte - soweit das in Frage kommt - versuchen, auf diesem Wege ihrer Bitte mehr Nachdruck zu verleihen?
Die Bundesregierung wird durchaus bereit sein, das zu tun, und zwar einmal dadurch, daß sie die Länderjustizverwaltungen und die Zentrale Stelle voll und ganz
l unterstützt; zum anderen werde ich auch Ihrer Anregung, auf dem Wege über die Schutzmächte etwas zu tun, im Einvernehmen mit dem Auswärtigen Amt gern nachgehen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Mommer.
Herr Minister, hat die Bundesregierung Gründe zu der Annahme, daß seitens der genannten Regierung bewußt Verzögerungstaktik betrieben wird, um mit belastendem Material nach dem 8. Mai - also gegebenenfalls nach Ablauf der Verjährungsfrist - herauszurücken und die Bundesrepublik dann schwer zu belasten?
Für diese Annahme könnte sprechen, daß sowohl in der sowjetischen Note, die ich hier nicht erwähnt habe, wie in der von mir erwähnten Note der Tschechoslowakei als auch in dem erst heute eingegangenen Schreiben aus Warschau darauf hingewiesen wird, daß für diese Staaten eine Verjährungsfrist keine Gültigkeit habe und sie von ihnen nicht beachtet werde.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Mommer.
Herr Minister, wären Sie bereit, innerhalb der Bundesregierung darauf hinzuwirken, daß der Bericht, den Sie nach dem Beschluß des Bundestages über das Problem der Verjährung zum 1. März erstatten müssen, erweitert wird um eine Darstellung der Reaktionen im Ausland - Ost und West - auf den Beschluß der Bundesregierung betreffend Nichtverlängerung der Verjährungsfrist?
Ich halte es für notwendig, in dem Bericht darauf einzugehen, und nehme an, daß die Bundesregierung derselben Ansicht ist.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Spies.
Herr Bundesminister, sind Sie mit mir der Meinung, daß die sogenannte DDR dieses Material als politisches Druckmittel zurückhalten will und es ihr nicht an erster Stelle darauf ankommt, NS-Verbrechen aufzuklären und zu ahnden?
Für diesen Eindruck spricht sehr vieles. Dafür spricht vor allem, daß - es war wohl noch Anfang Dezember letzten Jahres - von Herrn Töplitz in der SBZ erklärt worden ist, es lägen dort 10 000 oder mehr Akten, die noch nicht geprüft worden seien. Dem steht allerdings eine neuerliche Äußerung gegenüber - ich glaube von Frau Benjamin -, es seien schon Verfahren durchgeführt worden; es wurden dabei Zahlen genannt.
Herr Abgeordneter Spies, eine zweite Zusatzfrage?
Herr Bundesminister, sind Sie mit mir der Meinung, daß die gesamte Weltöffentlichkeit auch von dem, was Sie hier gesagt haben, Kenntnis nehmen sollte?
Ich bin der Meinung, daß dies, soweit es uns möglich ist, durch den Appell der Bundesregierung an die Weltöffentlichkeit und durch den Appell dieses Hauses geschehen ist.
Keine weiteren Zusatzfragen. - Ich glaube, es liegt im Interesse des Hauses wie der Bundesregierung, wenn nun auch die anderen Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz - Drucksache IV/2992 - gleich behandelt werden.
Ich rufe die Frage V/1 - des Herrn Abgeordneten Spies - auf:
Sind der Bundesregierung Fälle bekannt, in denen ausländische Regierungen und Stellen belastendes Material über NS-Verbrechen besitzen, es aber ablehnen, das Material zur Auswertung deutschen Stellen vorzulegen?
Diese Frage knüpft direkt an die vorhergehende Frage an. Ich wiederhole, daß der Bundesregierung nicht bekannt ist, daß ausländische Regierungen und Stellen es schlechthin abgelehnt hätten, deutschen Stellen belastendes Material zur Verfügung zu stellen. Um zu gewährleisten, daß alles bisher noch nicht bekannte Material rechtzeitig erfaßt werden kann, hat die Bundesregierung den schon mehrfach erwähnten Aufruf vom 20. November erlassen. Soweit bisher Antworten auf diesen Aufruf vorliegen, sind sie im allgemeinen positiv. Ich hoffe, daß uns dieses Material rechtzeitig zur Verfügung gestellt wird und daß die Staaten, in die die Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen Arbeitsgruppen zur Auswertung von Archiven entsenden möchte, ohne Verzug die erforderlichen Arbeitsmöglichkeiten schaffen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Spies.
Herr Bundesminister, ist die Bundesregierung der Meinung, daß das Leben genauso wie die Freiheit unteilbar ist und daß deshalb Mord geahndet werden muß ohne Unterschied der Rasse, der Religion und der Staatszugehörigkeit.
Dieser Meinung ist die Bundesregierung.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Spies.
Herr Bundesminister, teilen Sie meine Auffassung, daß für Verjährungsfristen, wie sie hier angesprochen sind - für NS-Verbrechen
und Mordtaten -, nicht nur deutsches, sondern auch internationales Recht geschaffen werden muß, das jeden Staat bezüglich der Aufklärung, Verfolgung und Ahndung von Mordtaten einheitlich bindet und verpflichtet?
In der Tat wäre es wünschenswert, daß die Vorschriften des Strafrechts international einheitlich auf alle Arten von Verbrechen gegen die Menschlichkeit angewandt werden.
Ich rufe die Frage V/2 - des Herrn Abgeordneten Spies - auf:
Sieht die Bundesregierung in der Nicht-Herausgabe des belastenden Materials über NS-Verbrechen in der sogenannten DDR für die Verantwortlichen den Tatbestand „Begünstigung im Amt" als erfüllt an?
Herr Minister zur Beantwortung der Frage.
Dienststellen der Sowjetzone haben in einer Reihe von Fällen Material zur Verfolgung nationalsozialistischer Straftaten zur Verfügung gestellt. Ob in Zukunft die Herausgabe von Beweismaterial verweigert wird, wie nach einem Bericht über eine Erklärung von Generalstaatsanwalt Streit vermutet werden könnte, läßt sich im Augenblick noch nicht mit Sicherheit übersehen.
Ob das Verhalten, das ich vorhin im Zusammenhang mit der Äußerung des Präsidenten des obersten Gerichts der sowjetisch besetzten Zone, Dr. Töplitz, geschildert habe, alle objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale einer strafbaren Begünstigung im Amt erfüllt, kann ich allein auf Grund von Pressemitteilungen nicht abschließend beurteilen.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Spies.
Herr Bundesminister, ist Ihnen bekannt, ob das dafür verantwortliche Ausland für Verbrechen und Mordtaten, die bei der Vertreibung aus den Ostgebieten an Deutschen vollzogen wurden, durch Aufklärung, Verfolgung und Ahndung ähnliches unternommen hat, wie es die deutsche Justiz seit nahezu 20 Jahren in Sachen NS-Verbrechen mit der bei ihr gewohnten Gründlichkeit tut?
Uns ist bekannt, daß dies in weiten Bereichen des Auslands nicht geschehen ist.
Zu einer zweiten Zusatzfrage Herr Abgeordneter Spies.
Ist der Bundesregierung bekannt, wieviel deutsche Personen von ausländischen Gerichten im Ausland wegen NS-Verbrechen verurteilt worden sind?
Wir haben in unserem Bericht über die Verfolgung
nationalsozialistischer Straftaten auf Seite 35 eine Ubersicht über Gerichtsverfahren im westlichen Ausland gegeben, auf die ich vielleicht verweisen darf. Über den Ostblock haben wir nur sehr mangelhafte Zahlen. Es ist davon die Rede, daß in der Sowjetunion 10 000 Verurteilungen ausgesprochen worden sind. Es ist aber natürlich sehr schwer, festzustellen, ob es sich dabei wirklich nur um NS-Verbrechen oder auch um. Straftaten von Soldaten handelt. Neulich hat Polen bekanntgegeben, daß dort über 16 000 angebliche NS-Verbrecher abgeurteilt worden seien. Die Zahl der in der Sowjetzone, von der ich vorhin sprach, vorgenommenen Verurteilungen soll bei 12 000 liegen.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Dr. Friedensburg.
Herr Bundesminister, sind Sie, nachdem Sie in Beantwortung der vorigen Anfrage dankenswerterweise erklärt haben, eine international einheitliche Regelung für die Verfolgung besonders schwerer Verbrechen sei wünschenswert, nicht der Ansicht, daß wir mit gutem Beispiel vorangehen sollten und unsere eigene Verjährungsfrist der unbegrenzten Verjährungsdauer in den betreffenden Staaten angleichen sollten?
Ich glaube, Herr Kollege Friedensburg, über diese Frage wird erst Anlaß zu sprechen sein, wenn am 1. März der Bericht vorgelegt wird. Dann findet die Debatte darüber statt, ob eine solche Verjährung angezeigt ist oder nicht.
Zu einer zweiten Zusatzfrage Herr Abgeordneter Dr. Friedensburg.
Vielleicht darf ich sofort fragen: Herr Bundesminister, sollte der Grundsatz, den Sie soeben aufgestellt haben, nicht gerade in dieser besonders dringlichen und die Öffentlichkeit besonders ernst beschäftigenden Frage bejaht werden?
Sie wissen ja, Herr Kollege Friedensburg, daß bei der Bundesregierung zunächst einmal verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine rückwirkende Verlängerung der Verjährungsfrist bestehen.
Zu einer Zusatzfrage Frau Abgeordnete Dr. Diemer-Nicolaus.
Herr Bundesminister, Sie haben soeben aus der Zusammenstellung die Zahlen der bereits verfolgten Verbrechen vorgelesen. Ist beabsichtigt, diese sehr aufschlußreiche Schrift auch im Ausland zu verbreiten?
Ja, das ist beabsichtigt. Zum Teil ist es auch schon geschehen.
Eine zweite Zusatzfrage!
Herr Bundesminister, haben Sie den Eindruck, daß die Stellungnahmen im Ausland manchmal auch dadurch beeinflußt sind, daß man dort unsere Bestimmungen über die Unterbrechung der Verjährung nicht im notwendigen Umfang kennt und daß vielfach die unrichtige Auffassung besteht, nach dem 8. Mai würden die Verbrechen überhaupt nicht mehr weiter verfolgt?
Dieser Eindruck ergibt sich aus zahlreichen Veröffentlichungen im Ausland und aus Zuschriften, die wir aus dem Ausland erhalten.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Könen ({0}) !
Herr Minister, können Sie mir anläßlich des Wunsches, der hier ausgesprochen wurde, mit anderen Staaten zu einer Vereinheitlichung zu kommen, bezüglich der Verjährungsfristen für Mord bestätigen, daß in fast allen anderen Ländern Verjährungsfristen in unserem Sinne bei Mord gar nicht existieren?
Ich kann nicht bestätigen, daß das in fast allen Ländern der Fall ist. Ich kann nur bestätigen, daß es in einigen Ländern der Fall ist.
Also schön! Aber in einigen Ländern gibt es die Verjährungsfrist nicht, Herr Minister?
Ja. Könen ({0}) ({1}) : Danke sehr.
Dann komme ich zur Frage V/3 - des Herrn Abgeordneten Spies -:
Beabsichtigt die Bundesregierung, in Sachen NS-Verbrechen - sofern die Frage V/2 bejaht wird - ein Verfahren gegen Frau Benjamin in der sogenannten DDR wegen „Begünstigung im Amt" anzustreben?
Die Antwort auf die Frage V/3 ergibt sich daraus, daß ich mich zur Frage V/2 nicht abschließend darüber äußern konnte, ob vor allem subjektiv der Tatbestand der Begünstigung im Amt vorliegt.
Herr Abgeordneter Spies zu einer Zusatzfrage!
Herr Bundesminister, Sie wollen damit sagen, daß man, diplomatisch gesehen, vorsichtig sein muß?
Das spielt e sicher auch mit. Aber es ist tatsächlich nicht möglich, daß man lediglich auf Grund von Presseberichten ein etwas apodiktisches Urteil abgibt.
Keine Zusatzfrage!
Dann kommen wir zur Frage V/4 - des Herrn Abgeordneten Dürr -:
Trifft es zu, daß man in der Bundesrepublik die zweite juristische Staatsprüfung bestehen und damit die Fähigkeit zum Richteramt erwerben kann, ohne eine Strafvollzugsanstalt auch
nur kurz besichtigt zu haben?
Es ist möglich, daß das eintritt, was Sie befürchten, Herr Abgeordneter Dürr. Aber ich glaube nicht, daß es praktisch häufig vorkommen wird, daß nämlich ein Volljurist, vollends einer, der als Richter tätig ist, überhaupt nie eine Strafanstalt angesehen hat. Die Ausbildungsvorschriften der Länder sehen vor, daß die Referendare während des Vorbereitungsdienstes einen Einblick in die Strafvollstreckung und in den Strafvollzugsdienst erhalten sollen. In einzelnen Ländern ist diese Bestimmung sogar obligatorisch. Nur in Baden-Württemberg findet eine Ausbildung im Strafvollzug nur ,auf Antrag des Referendars statt. Hier werden aber während der Ausbildung bei den Strafgerichten Führungen durch Vollzugsanstalten veranstaltet.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dürr!
Herr Minister, sind Sie bereit, dieses Problem bei der nächsten Konferenz mit den Justizministern und -senatoren der Länder anzuschneiden, damit erreicht wird, daß der Einblick, von dem Sie sprachen, möglichst gut ist?
Ich bin bereit, darauf hinzuwirken. Aber ich glaube, man sollte auch annehmen, daß ein junger Mann, der Rechtswissenschaft studiert, vor allem, wenn er die Absicht hat, sich der gerichtlichen oder rechtsanwaltlichen Laufbahn zuzuwenden, auch von sich aus das Interesse hat, Strafvollzugsanstalten kennenzulernen.
Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Diemer-Nicolaus!
Herr Minister, ist es dann nicht notwendig, darauf hinzuwirken, daß auch schon während des Studiums selbst ein größeres Gewicht auf Vorlesungen über Strafvollzug und überhaupt auf Kriminalpolitik gelegt wird, als das bisher beim Studium geschieht?
Kriminalpolitik ja! Aber wenn Sie mich jetzt so fragen, verspreche ich mir eigentlich von Vorlesungen über Strafvollzug nicht sehr viel. Beim Strafvollzug ist die Praxis das Wesentliche.
Dann komme ich, da keine Zusatzfrage mehr gestellt wird, zur Frage V/5 - des Herrn Abgeordneten Dr. Kohut -:
Wie erklärt es sich, daß die Rechtsanwaltsgebührenordnung z. B. bei einem Streitwert von 100 000 RM in den Zwanzigerjahren eine Gebühr von 1165 Mark vorsah, während die zur Zeit geltende Gebühr für diesen Streitwert 822 DM beträgt und auch der Regierungsentwurf nur 920 DM vorsieht?
Die Anwaltsgebühr von 1165 RM bei einem Streitwert von 100 000 RM galt lediglich vom 1. Januar 1924 bis zum 31. März 1927. Sie beruhte damals auf einer Verordnung der Reichsregierung vom 13. Dezember 1923. Mit dieser Verordnung wurde der Versuch unternommen, erstmals nach der Inflation wieder normale Maßstäbe für Gerichts- und Anwaltsgebühren zu schaffen. Bei diesem ersten Versuch hat sich offenbar die damalige Reichsregierung bezüglich der Entwicklung des Preis- und Einkommensniveaus verrechnet. Deshalb wurden diese Gebührensätze schon bald wieder korrigiert, so daß vom 1. April 1927 an der entsprechende Betrag der Anwaltsgebühr bei 100 000 RM Streitwert 655 RM war. Er lag also sowohl unter dem heutigen Satz, den Sie mit 822 DM richtig angeben, und unter dem des Entwurfs, den Sie ebenfalls zutreffend mit 920 DM angeben.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Kohut.
Herr Minister, ist es nicht eine einzigartige Ausnahmeerscheinung und widerspricht es nicht allen Erfahrungen der Gegenwart, daß, gemessen am Streitwert, die Gebühren jetzt niedriger sind als damals? Auch wenn Ihre Erklärung zutrifft, ist doch die Diskrepanz erheblich.
Nein, nachdem dieser offenbar etwas mißlungene Gebührentarif von 1923 beseitigt wurde, war die Gebühr 655 DM; sie lag also erheblich niedriger als heute mit 822 DM.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kohut!
Herr Minister, glauben Sie nicht, daß die Herren Anwälte nicht bei Herrn Rehwinkel in die Schule gegangen sind?
({0})
Nein, sicher nicht.
Keine weitere Zusatzfrage? - Ich .danke Ihnen, Herr Bundesminister.
Wir kommen zur Frage I - des Herrn Abgeordneten Junghans - aus .dem Geschäftsbereich des Bundesministers für gesamtdeutsche Fragen:
Entspricht es den Tatsachen, daß der Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen für das kulturelle Zonenrandprogramm
1965 neue Richtlinien erlassen hat, nach denen eine Förderung von Kindertagesstätten durch Zuschuß aus diesen Mitteln nicht mehr zulässig ist?
Die Frage wurde übernommen von Herrn Abgeordneten Höhmann ({0}).
Zu der Frage des Herrn Abgeordneten Junghans darf ich folgendes feststellen: Es stimmt, daß nach den neuen Richtlinien Kindergärten im Raum des Zonenrandgebietes nicht mehr aus Mitteln des Bundesministeriums für gesamtdeutsche Fragen gefördert werden sollen. Diese neuen Richtlinien waren 'das Ergebnis einer Besprechung mit den Vertretern der Kultusministerien der vier Zonenrandländer Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Hessen und Bayern am 20 Oktober vorigen Jahres hier in Bonn.
Das Bundesministerium für 'gesamtdeutsche Fragen geht davon aus, daß Kindergärten in erster Linie Angelegenheiten der Gemeinden, der Wohlfahrtsverbände und der Kirchen sind. 'Entsprechend dieser Haltung sind auch im vergangenen Jahr nur von zwei Ländern Anträge gestellt worden, nämlich von Niedersachsen und 'Bayern. Im Jahre 1964 sind insgesamt 25 Kindergärten mit der Gesamtsumme von 350 000 DM gefördert worden. Wir glauben, daß es zweckmäßiger ist, die Mittel für das Zonenrandgebiet zu konzentrieren, als sie in solche viele Einzelunterstützungen zu zersplittern.
Eine Zusatzfrage, Herr Höhmann!
Herr Minister, besteht nicht die Gefahr, daß bestimmte eng auszulegende Richtlinien notwendige Maßnahmen, .die auch der Ausstattung der Gemeinden dienen sollen, verhindern?
Ich sagte schon, zwei Länder haben ohnehin auf Unterstützungen unseres Hauses für diesen Zweck verzichtet. Ich 'kann mir nicht vorstellen, daß durch ,die Nichtförderung 'der Kindergärten mit Mitteln eines Bundesministeriums die Ausstattung der Gemeinden geringer werden soll.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Höhmann!
Herr Minister, sind Sie nicht doch der Meinung, ,daß es sinnvoller wäre, die Entscheidung 'darüber, was in den Gemeinden des Zonenrandgebietes und in den Zonenrandkreisen getan werden muß, den ortsnäheren Institutionen zu überlassen?
Wir haben ja die Richtlinien, wie ich eingangs sagte, am 20. Oktober vorigen Jahres mit den Vertretern der vier Kultusministerien der Zonenrandländer besprochen. Ich unterstelle, daß diese Vertreter durch die ständige Verbindung mit
den Landräten, Oberbürgermeistern und Bürgermeistern bis ins einzelne über die Notwendigkeit der Hilfen im Zonenrandraum informiert sind.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Könen!
Herr Minister, wenn ich Sie richtig verstanden habe, sagten Sie eben: 350 000 DM für 25 Kindergärten. Das bedeutet im Durchschnitt 14 000 DM bei der allgemeinen Finanzierung von Kindergärten im Bundesgebiet. Glauben Sie, daß die Regierung besonders stolz darauf sein kann, daß sie im Zonenrandgebiet 14 000 DM zur Verfügung gestellt hat?
Dieser Posten der Unterstützung von Kindergärten im Zonenrandgebiet ist ein Minimalposten in der Gesamtförderung des Zonenrandgebietes durch die Bundesregierung im Jahre 1964 im Betrag von 142 Millionen DM.
({0})
Es kann aber nicht Aufgabe der Bundesregierung sein, sich in solche Einzelposten zu verzetteln, wie Sie sie eben mit Recht kritisieren. Wir glauben, daß es besser ist, unsere Hilfe auf wesentliche Objekte zu konzentrieren, als die Mittel zu verzetteln.
Herr Minister, muß ich daraus betrüblicherweise entnehmen, daß die Schaffung von Kindertagesstätten und Kindergärten im Zonenrandgebiet für eine nebensächliche Sache angesehen wird, bei der die Mittel verzettelt werden?
Herr Kollege Könen, ich sprach soeben davon, daß diese Frage, die Einrichtung und Förderung von Kindergärten, primär nicht Sache eines Bundesministeriums ist,
({0})
sondern der Gemeinden, der Wohlfahrtsorganisationen und der Kirchen. So war eis, und so sollte es auch bleiben. Das bedeutet aber keineswegs eine Mindereinschätzung der notwendigen Arbeit der Kindergärten. Vor dieser Fehlbeurteilung glaubten wir uns aus der allgemeinen Kenntnis der Kompetenzen auch im Zonenrandgebiet sicher zu sein.
({1})
Herr Abgeordneter Könen, Sie haben schon zwei Zusatzfragen gestellt. Jetzt kommt Herr Abgeordneter Schwabe zu einer Zusatzfrage.
Herr Minister, nachdem wir gehört haben, daß Sie nur 350 000 DM ausgegeben haben, frage ich: War der Ansatz im Haushalt demnach vermutlich höher, und haben Sie die Mittel
jetzt an anderer Stelle verwandt oder einfach eingespart?
Die Mittel auch zur kulturellen Förderung des Zonenrandgebietes sind dank eines einstimmigen Beschlusses des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages wesentlich erhöht worden, und ich hoffe, daß das Plenum dieser Empfehlung des Haushaltsausschusses folgt. Es ist nichts eingespart worden, es ist im Gegenteil wesentlich mehr ausgegeben worden, zum Teil aus anderen Positionen. Ich erinnere nur an die Hilfe bei der Errichtung von Schulen und Heimen und auch an die stärkere Förderung von Begegnungen von Jugendverbänden und dergleichen auch im Zonenrandgebiet, sowie an die Stiftung von Büchereien, Filmausstattungen, also Spenden von Filmvorführgeräten. Es ist mehr ausgegeben worden. Die Übertragung dieses Titels auf andere Gebiete war uns selbstverständlich.
Zu einer zweiten Zusatzfrage Herr Abgeordneter Schwabe.
Herr Minister, werden Sie auch für die kommende Zeit gerade diese staatsbürgerliche Bildungsarbeit aus Ihrem Fonds, auf den Bereich der Zonengrenze projiziert, unterstützen? Darf ich fragen, ob aus 'diesem Bereich genügend Anforderungen gekommen sind?
An Anforderungen hat es bisher nie gefehlt. Nur gestatteten die Mittel, die das Haus bewilligt hat, nicht immer die Erfüllung aller Wünsche. Darum ist schon unter meinem Vorgänger eine Konzentrierung beispielsweise bei der Frage der Renovierung und Restaurierung von Kulturdenkmälern, Kirchen usw. erfolgt, was auch zu der Fehlbeurteilung in einigen Zeitungen führte, die Kirchen sollten nicht mehr wie früher gefördert werden. Die Schlagzeile lautete damals: „Mendes Schuß 'ins Kirchenfenster". Inzwischen ,ist mit der bayerischen Staatsregierung vereinbart worden, daß an Stelle einer Vielzahl von Objekten einige wenige dafür aber um so nachhaltiger gefördert werden sollen.
Das .gleiche gilt auch für Ihre Frage, Herr Kollege. Was an ,staatspolitischer und staatsbürgerlicher Bildungsarbeit in Zusammenarbeit mit den vier Kultusministern der Länder und auf Grund der von diesem Hause bewilligten Mittel gefördert werden kann, wird geschehen.
Zu einer Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Sänger!
Herr Minister, fast habe ich aus Ihrer letzten Antwort schon entnehmen können, was Sie mir antworten werden. Aber ich darf trotzdem die Frage noch einmal klar stellen. Aus welchen Gründen haben .die Länder auf eine Beteiligung des Bundes bei diesen Maßnahmen verzichtet, wobei ich, wenn ich das gleich einschließen darf, voraussetzen
darf, daß es sich um einen Verzicht auf Bundesbeteiligung nicht nur beim Bau von Kindergärten, sondern auch bei anderen Einzelmaßnahmen handelt?
Die Gesamtförderungsmittel für kulturelle Vorhaben sind für alle vier Zonenrandländer wesentlich erhöht worden. Die vorliegenden und unterstützungswürdigen Objekte jedoch ließen eine Konzentrierung .als notwendig erscheinen.
Zu einer zweiten Zusatzfrage Herr Abgeordneter Sanger!
Sind dann also die Mittel wesentlich vermindert worden?
Nein, die Mittel für die Förderung von kulturellen Vorhaben im Zonenrandraum sind für 1965 sogar - ich sagte es eingangs - erhöht worden. Allerdings möchten wir nicht viele kleine Objekte unterstützen - ich sprach schon von den Kirchenfenstern, jetzt von den Kindergärten -, sondern uns auf wesentliche Vorhaben konzentrieren, die wir - immer in enger Zusammenarbeit mit den Kultusministern der Länder des Zonenrandgebiets - fördern wollen.
Eine Zusatzfrage Herr Abgeordneter Strohmayr!
Herr Bundesminister, sind Sie nicht auch der Auffassung, daß die Einrichtung von Kindergärten selbstverständlich Angelegenheit der Gemeinden und der freien Wohlfahrtsverbände ist, daß aber andererseits die Finanzierung Aufgabe der Gemeinschaft ist?
Ohne Zweifel sind Kindergärten sehr wichtig und förderungsbedürftig. Es stellt sich nur die Frage, ob sich ein Bundesministerium so weit in Aufgaben der Gemeinden, Wohlfahrtsorganisationen und Kirchen einschalten soll, daß es so viele kleine Objekte mit Minimalbeträgen fördert. Uns scheint es sinnvoller zu sein, überschaubare Großobjekte nachhaltig zu fördern, als die Mittel in viele Kleinobjekte zu verzetteln.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Strohmayr!
Herr Bundesminister, sind Sie also mit mir der Auffassung, daß beispielsweise die Errichtung von Altersheimen in Zonenrandgebieten nach wie vor durch Ihr Ministerium finanziell gefördert werden kann?
Es sind im Augenblick nur die Kindergärten zum Gegenstand der Fragestunde gemacht. Wenn
Sie eine Frage über die finanzielle Förderung von Altersheimen, Volkshochschulen und staatsbürgerlichen Erziehungsstätten stellen, bin ich gern bereit, Ihnen auch die Mittel zur Förderung dieser Objekte zu nennen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Vogt.
Herr Bundesminister, sind Sie bereit, die Frage zu beantworten, ob es sich um einen Verzicht der Länder, wie Herr Abgeordneter Sänger meinte, gehandelt hat, oder ob es sich nicht vielmehr um ein Übereinkommen zwischen Ihnen und den betreffenden Ländern, zu denen die Zonenrandgebiete gehören, gehandelt hat, daß Ihr Ministerium in diese Dinge finanziell nicht mehr mit eingeschaltet wird, weil die Länder erkannt haben, daß es eine Angelegenheit der Gemeinden und damit auch Angelegenheit der Länder ist?
Der Tatsache, daß zwei Länder, SchleswigHolstein und Hessen, für 1964 überhaupt keine Anträge für die Förderung der Kindergärten gestellt hatten, konnte ich entnehmen, daß zum mindesten diese beiden Länder primär die eben genannten Institutionen für verantwortlich hielten, nämlich die Gemeinden, Wohlfahrtsverbände und Kirchen. Nur Bayern und Niedersachsen haben auch noch für 1964 Mittel beantragt. Das Übereinkommen vom 20. Oktober mußte ich so deuten, daß auch diese beiden Länder mit der jetzt getroffenen Entscheidung einverstanden waren.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Frede!
Herr Minister, dürfen wir Ihren Ausführungen entnehmen, daß der Bau von Schulen zu den von Ihnen genannten Großobjekten gehört?
Es ist den Mitgliedern des Gesamtdeutschen Ausschusses dieses Hauses bekannt, daß das Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen in vielen Fällen namhafte Beträge zusätzlich zu den Beträgen der Länder und Gemeinden in den letzten zehn Jahren gezahlt hat und das auch weiter tun wird. Einige 'Großobjekte liegen gerade gegenwärtig zur Entscheidung unserem Ministerium vor, u. a. beispielsweise die sich auf einige Jahre erstreckende Förderung eines großen Schülerwohnheims in Fulda, ein Antrag auf Erstellung einer großen Halle in Eschwege, um nur zwei mir gerade im Augenblick in Erinnerung befindliche Millionenobjekte zu nennen. Ich möchte aber betonen: die Förderung durch das Gesamtdeutsche Ministerium kann immer nur im Einvernehmen mit den Ländern als zusätzliche Förderung erfolgen, wenn von den Gemeinden und anderen Selbstverwaltungsträgern selbst erhebliche Mittel aufgebracht werden.
Ich danke Ihnen, Herr Bundesminister.
Gemäß ,den Vereinbarungen im Ältestenrat komme ich jetzt vorzeitig zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Ich rufe auf die Frage VIII/1 - des Herrn Abgeordneten Reichmann -:
Ist die Bundesregierung bereit, bei den anstehenden EWG-Finanzierungsverhandlungen in Brüssel, in welche Tabak miteinbezogen ist, zu erwirken, daß die deutschen Tabakpflanzer wirtschaftlich mit den französischen und italienischen Tabakpflanzern gleichgestellt werden, so daß die Wettbewerbsverzerrungen infolge der italienisch-französischen Tabakmonopole harmonisiert werden?
Herr Staatssekretär, ich darf bitten.
Herr Abgeordneter, die Bundesregierung ist bereit, sich dafür einzusetzen, daß die deutschen Tabakpflanzer in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft wirtschaftlich mit den italienischen und französischen Tabakpflanzern gleichgestellt werden. Sie hat sich in diesem Sinne auch in einem Memorandum ausgesprochen, das sie am 22. Dezember 1964 der Kommission und den ständigen Vertretungen der übrigen Mitgliedstaaten bei der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft zugeleitet hat.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Reichmann.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß durch die nur teilweise Veröffentlichung dieses Memorandums Unruhe bei den Tabakpflanzern verursacht wurde?
Mir ist das nicht bekannt, Herr Abgeordneter.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Reichmann.
Herr Staatssekretär, welche konkreten Vorstellungen haben Sie zur Sicherung und 'Erhaltung des Tabakbaus in der Bundesrepublik?
Herr Abgeordneter, der Ernährungsausschuß hat die beteiligten Ressorts, d. h. mein Haus, das Bundesfinanzministerium und das Wirtschaftsministerium., aufgefordert, im Monat April einen Bericht zu dem gesamten Problem zu erstatten. Ich meine, eis wäre zweckmäßiger, die Problematik des Tabakbaus in diesem Zusammenhang zu erörtern.
Ich rufe auf Frage VIII/2 - des Herrn Abgeordneten Baier ({0}) -:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß der EWG-Ministerrat im Rahmen der Regelung eines gemeinsamen Getreidepreises auch
konkrete Beschlüsse über die künftige Marktregelung für Tabak gefaßt hat?
Herr Abgeordneter, es sind keine konkreten Beschlüsse über eine kurzfristige Marktregelung für Tabak gefaßt worden. Es ist lediglich im Sinne der Solidarität der Mitgliedstaaten und unbeschadet der noch festzulegenden Gemeinschaftsregeln beschlossen worden, die finanzielle Verantwortung der Gemeinschaft so bald wie möglich auch auf den Tabak auszudehnen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Baier ({0}).
Herr Staatssekretär, darf ich daraus entnehmen, daß in absehbarer Zeit noch Verhandlungen stattzufinden haben, ob und wie eine einheitliche Marktregelung für den Tabak erfolgen soll?
Diese Verhandlungen werden noch zu führen sein. Aber ich möchte das Wort „in absehbarer Zeit" doch etwas präzisieren und meiner Ansicht Ausdruck geben, daß jedenfalls im nächsten Jahr in Brüssel mit einer Verabschiedung der Materie nicht zu rechnen ist.
Ich komme zur Frage VIII/3 - des Herrn Abgeordneten Baier ({0}) -.
Welche Maßnahmen sind nach Ansicht der Bundesregierung bei Aufhebung der Steuerbegünstigung für Schneidegut und des Förderungsbeitrages für Zigarrentabake notwendig, um den Tabakpflanzern in der Bundesrepublik unter Berücksichtigung betriebswirtschaftlicher Indizes zu einem kostendeckenden Preis zu verhelfen?
Über die zu treffenden Maßnahmen, Herr Abgeordneter, kann im einzelnen noch keine Auskunft gegeben werden. Diese Maßnahmen werden von den noch festzulegenden bzw. von dem Ministerrat noch zu verabschiedenden Gemeinschaftsregeln abhängen. Auf jeden Fall aber wird sich die Bundesregierung dafür einsetzen, daß die deutschen Tabakpflanzer bei dieser Regelung wirtschaftlich den französischen und den italienischen Tabakpflanzern gleichgestellt werden, wie ich das eben schon auf die Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Reichmann gesagt habe.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Baier ({0}).
Herr Staatssekretär, halten Sie es aus deutscher Sicht angesichts der geringen deutschen Anbaufläche überhaupt für sinn7830
Baier ({0})
voll, eine einheitliche Marktregelung mit erheblichen finanziellen Leistungen von deutscher Seite her anzustreben?
Ich habe nicht gesagt, daß es von deutscher Seite angestrebt werden soll. Aber ich bin der Meinung, daß wir uns im Interesse der deutschen Tabakpflanzer den französischen und italienischen Wünschen nicht widersetzen können, um die deutschen Tabakpflanzer nicht in eine unmögliche Situation kommen zu lassen.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Baier ({0}).
Herr Staatssekretär, bei aller Sorgfalt der Behandlung der Probleme im gegenwärtigen Zeitpunkt möchte ich Sie abschließend noch fragen, ob die Bundesregierung zu den früheren Erklärungen steht, den deutschen Tabakbau erhalten zu wollen und entsprechend den Beschlüssen des Parlaments darum besorgt zu sein, daß bis zur Beseitigung der gegenwärtigen Wettbewerbsverzerrung durch finanzielle Zuwendungen an die Pflanzer ein Ausgleich geschaffen wird.
Die deutsche Bundesregierung steht zu ihren Erklärungen.
Ich komme zur Frage VIII/4 - des Herrn Abgeordneten Dr. Kohut -:
Trifft es zu, daß die Bundesrepublik Schweinefleisch-Exporte in die Sowjetunion subventioniert?
Herr Abgeordneter, der Außenhandel mit Schweinefleisch regelt sich nach der EWG-Marktordnung. Danach wird bei der Einfuhr von Schweinen eine Eingangsabgabe, die sogenannte Abschöpfung, fällig. Bei der Ausfuhr von Schweinen kann eine Ausfuhrerstattung in der Höhe der Einfuhrabschöpfung gewährt werden. Dieses System entspricht der EWG-Konzeption, den Preis für Getreide und Veredelungserzeugnisse von dem Weltmarktpreis abzuheben. Die Bundesregierung macht zur Zeit von der Möglichkeit der EWG-Marktordnung Gebrauch, bei der Ausfuhr von Schweinen und Schweinefleisch Erstattungen zu gewähren, und zwar bei einer Ausfuhr in alle Länder. Die Ausfuhr von Schweinen unterliegt weder mengenmäßigen Beschränkungen noch irgendwelchen Genehmigungspflichten. Es besteht ein Lieferkontrakt zwischen deutschen Exporteuren und der zuständigen Außenhandelsorganisation der Sowjetunion über die Lieferung von deutschem Schweinefleisch. Es trifft zu, daß die Bundesregierung auch für Schweinefleischausfuhren im Rahmen dieses Kontraktes Erstattungen gewähren wird.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Dr. Kohut!
Herr Staatssekretär, verhindert diese Exportsubvention nicht die marktgerechte Auspendelung des Inlandsschweinepreises zugunsten der Verbraucher?
Ich möchte diese Frage verneinen. Die Ausfuhrerstattung wird jeweils den Markterfordernissen angepaßt. Das ungewöhnlich hohe Schweineangebot im ersten Halbjahr 1965 hat zu ungewöhnlich niedrigen Schweinepreisen geführt, deren Folge nun wieder eine Einschränkung der Schweinehaltung sein wird. Um dieses Ausmaß der Einschränkung wenigstens etwas zu begrenzen, soll das weitere Fallen der Schweinepreise in diesem Halbjahr verhindert werden. Deshalb die Exporterstattung.
Eine zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Kohut!
Stimmt es nicht, daß das ungewöhnlich große Schweineangebot den Marktpreis im Inland auch nicht im geringsten geändert hat, und muß trotzdem noch die Schweineausfuhr subventioniert werden?
Das Inlandsangebot im Laden ist sehr wohl durch den Rückgang der Schweinepreise beeinflußt worden. Über das Ausmaß kann ich Ihnen im Augenblick keine konkreten Zahlen nennen. Ich bitte, diese Frage schriftlich beantworten zu dürfen.
Ich rufe dann die Frage des Abgeordneten Leicht aus der Drucksache IV/2995 auf:
Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung getroffen bzw. welche Maßnahmen gedenkt sie zu treffen, um einen 1965 eventuell wieder auftretenden, katastrophenähnlichen Markt- und Preiszusammenbruch im Weinbau zu verhindern?
Herr Abgeordneter, zur Durchführung von Maßnahmen zur Entlastung des Weinmarktes ist auf Grund des Weinwirtschaftsgesetzes der Stabilisierungsfonds für Wein errichtet worden. Dieser hat auf Grund der mit Zustimmung der Bundesregierung erlassenen Richtlinien im Herbst vorigen Jahres umfangreiche Maßnahmen zur ,Marktstabilisierung durchgeführt. Daneben fördert .er laufend die Absatzwerbung durch Bereitstellung namhafter Beträge. Trotz .der schwierigen Haushaltslage des Bundes hat dieser dem Fonds für .die Durchführung seiner Maßnahmen ein zinsloses Darlehen in Höhe von 2 Millionen DM gewährt. Den gleichen Betrag hat das Land Rheinland-Pfalz ,als Kredit bereitgestellt. Wie mir bekannt ist, beabsichtigt der Fonds, einen Antrag auf Umwandlung dieser Darlehen in einen Zuschuß zu stellen. Darüber hinaus erwartet
er die Bereitstellung weiterer Mittel durch den Bund und die weinbautreibenden Länder. Nach seinen Berechnungen werden zur Durchführung von Marktstützungsmaßnahmen im Laufe des Jahres noch weitere 10,6 Millionen DM benötigt. Es wird zu prüfen sein, ob und welche Möglichkeiten bei der schwierigen Haushaltslage des Bundes für eine weitere Finanzierungshilfe gegeben sind. Den vorwiegend strukturell bedingten Schwierigkeiten auf dem Weinmarkt wird auf die Dauer nur durch strukturelle Maßnahmen begegnet wenden können. Ich möchte hoffen, daß im Rahmen der Errichtung einer gemeinsamen Marktordnung der EWG für Wein diese strukturellen Schwierigkeiten behoben werden können.
Zu einer Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Leicht!
Herr Staatssekretär, kann der Stabilisierungsfonds damit rechnen, daß das vom Bund im vergangenen Jahr gewährte zinslose Darlehen von 2 Millionen DM demnächst in einen Zuschuß umgewandelt wird, und kann ich aus Ihrer Auskunft entnehmen, daß die Bundesregierung hinsichtlich der weiteren rund 10 Millionen DM, die der Fonds benötigt, die Dinge wohlwollend prüfen wird und bereit ist, unter Umständen bei einer schlechteren Marktentwicklung wiederum zu helfen?
Herr Abgeordneter, Sie werden verstehen, daß ich diese Fragen ohne eine Behandlung im Ernährungs- und Haushaltsausschuß und ohne eine Unterhaltung mit meinem zweiten Nachbarn zur Linken heute nicht beantworten kann.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dröscher.
Herr Staatssekretär, sind beim Ministerium schon Überlegungen angestellt worden, ob aus den Mitteln, die in diesem Jahr zusätzlich für die Landwirtschaft zur Verfügung stehen, diese weiteren Aufgaben des Weinbaus und des Fonds unterstützt werden können?
Die Überlegungen meines Hauses zur Verwendung der zusätzlichen Mittel sind im Kabinett noch nicht beraten, so daß ich hier darüber noch nicht berichten kann.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dröscher.
Würden Sie selber, Herr Staatssekretär, der Meinung sein, daß diese wirklich dringenden Aufgaben, die insbesondere in der Werbung für den deutschen Wein liegen, durch eine solche Maßnahme unterstützt werden sollten?
Herr Abgeordneter, ich darf von dieser Stelle aus nicht meine persönliche Meinung vertreten, sondern nur die der Bundesregierung.
Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Wir kommen zu der Frage des Herrn Abgeordneten Reichmann aus dem Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts :
Wie beurteilt die Bundesregierung das Verhalten Frankreichs, das zur gleichen Zeit, als sich die Bundesregierung in Brüssel zu großen Opfern bereit erklärte, die besonders Frankreich zugute kommen, die Zustimmung zu einer Viermächteerklärung zur Deutschlandfrage verweigerte?
Herr Staatssekretär Dr. Carstens, bitte!
Herr Abgeordneter, der Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten des Deutschen Bundestages hat die mit Ihrer Frage berührte Angelegenheit im Beisein des Herrn Bundesministers des Auswärtigen ausführlich behandelt. Über das weitere Procedere in der Deutschlandfrage finden zur Zeit Gespräche mit den drei Westmächten statt, die in freundschaftlichem Geiste und in einer aufgeschlossenen Haltung seitens aller drei Mächte geführt werden.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Reichmann.
Herr Staatssekretär, konnten bei den Europaverhandlungen und -gesprächen nicht nur Verheißungen, sondern auch konkrete Ergebnisse erzielt werden, welche unsere Opfer in Brüssel rechtfertigen?
Ich glaube, Herr Abgeordneter, daß unsere Opfer in Brüssel durch die Ereignisse gerechtfertigt worden sind, die seitdem eingetreten sind.
({0})
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Friedensburg.
Hält es die Bundesregierung 'für politisch zweckmäßig und moralisch vertretbar, daß wirtschaftliche Zugeständnisse, die .die Bundesrepublik im Sinne der Einigung Europas macht, benutzt werden, um nationale Wünsche eines einzelnen Volkes zu vertreten?
Ich glaube, daß man einen derartigen Zusammenhang nicht ausdrücklich 'herstellen darf, sondern daß die Politik darauf angelegt sein muß, einen Consensus zwischen allen Beteiligten herbeizuführen, der sich nicht in konkreten Abmachungen im Einzelfall niederzuschlagen braucht.
Gestattet die Bundesregierung, daß ich meine Zustimmung ausspreche?!
Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Wir kommen zu der Frage des Herrn Abgeordneten Dröscher aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern:
Wieviel Einzelprojekte sind jeweils in den Jahren 1963 und 1964 mit den Bundesmitteln zur Schaffung von Turn- und Sportstätten gefördert worden.?
Mit Bundesmitteln sind gefördert worden im Jahre 1963 464 Turn- und 'Sportstätten in Höhe von 25,9 Millionen DM und im Jahre 1964 507 Turn- und Sportstätten in Höhe von insgesamt 30 Millionen DM.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dröscher!
Wenn ich, Herr Staatssekretär, Ihre Antwort so verstehen darf, daß etwa in jedem Jahr eine Maßnahme pro Kreis gefördert worden ist, wie lange dauert es dann unter diesen Umständen, bis in jeder Gemeinde mit etwa 750 oder 1000 Einwohnern eine ausreichende Turn- und Sportstätte vorhanden ist?
Ich weiß nicht, ob Ihre Rechnung richtig ist, die Sie bezüglich der Kreise aufgestellt haben.
({0})
Im übrigen fördert nicht nur der Bund, sondern das tun auch die Länder und Kommunen.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dröscher!
Herr Staatssekretär, darf ich mir die Frage erlauben, was - obgleich der Bund die Restfinanzierung übernimmt und in diesen Bauvorhaben schon die von Ihnen angezogenen anderen Mittel verwendet werden - ein Vereinsvorsitzender machen soll, der eine solche Turn- und Sportstätte für seinen Verein im Jahre 1960 geplant, den Finanzierungsplan erstellt und den Zuschuß erwirkt hat und dem im Jahre 1964/65 die Baukosten so weggelaufen sind, daß das Projekt 25 % mehr kostet? Bekommt der noch etwas vom Bund nach?
Sie meinen, ob er für die bereits bewilligte Maßnahme noch zusätzliche Mittel bekommt?
Entsprechend der Erhöhung der Baukosten!
Das hängt von den Richtlinien ab, die mit den Ländern abgesprochen sind. An sich ist nur eine einmalige Förderung vorgesehen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Josten!
Herr Staatssekretär, sind in den vorhin von Ihnen genannten Zahlen von Turn- und Sportstätten in den Jahren 1963 und 1964 auch die Zahlen der Turn- und Sportstätten enthalten, welche von seiten der Bundeswehr errichtet wurden?
Nein!
({0})
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Kubitza!
Herr Staatssekretär, wieviel Anträge sind in den Jahren 1963 und 1964 insgesamt eingegangen, und wie viele davon konnten nicht bezuschußt werden?
Diese Frage kann ich Ihnen nur schriftlich beantworten. Es war ja nur nach den Bewilligungen gefragt.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Baier ({0}).
Herr Staatssekretär, ist es nicht so, daß die Mittel des Bundes zur Rest- und Spitzenfinanzierung bei Turn- und Sportstätten nicht für alle Fälle gegeben werden sollen, sondern insbesondere für finanzschwache Träger dieser Turn- und Sportstätten?
Das ist in den Richtlinien, die zwischen den Ländern und dem Bund abgestimmt sind, vorgesehen.
Wird das auch befolgt?
Selbstverständlich halten wir uns an unsere Richtlinien.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Müller-Emmert!
Herr Staatssekretär, wären Sie nicht bereit, dafür zu sorgen, daß die von Ihnen vorhin zitierten Richtlinien näher überprüft werden dahingehend, daß die Vereine, die zunächst einmal Mittel bekommen haben, welche aber wegen Erhöhung der Baukosten nicht ausreichend sind, noch nachträglich Zuschüsse erhalten?
Darüber könnte man mit den Ländern sprechen.
Eine weitere Zusatzfrage!
Wäre es nicht allgemein nötig, Herr Staatssekretär, daß für die Zwecke des Sports seitens des Bundes viel mehr gegeben wird?
Das hängt von der Bewilligung der Mittel durch dieses Hohe Haus ab, Herr Abgeordneter. Die Bemühungen der Bundesregierung gehen jedes Jahr dahin.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Vogt.
Herr Staatssekretär, ist es nicht so, daß die Bewilligung von Anträgen auf Rest- und Spitzenfinanzierung von Turn- und Sportstätten von den Ländern ausgesprochen wird und daß der Bund dann nur so verfährt, wie die Länder vorschlagen?
Ja, das ist richtig. Die Vorschläge gehen von den Ländern aus. Der Bund kann erst bewilligen, wenn er einen entsprechenden Vorschlag des Landes hat.
Eine weitere Zusatzfrage!
Es ist also so, wenn ich Sie recht verstanden habe, daß der Bund so verfährt, wie die Länder jeweils vorschlagen zu verfahren.
Jawohl.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Liehr.
Herr Staatssekretär, Sie verwiesen auf die Finanzierung seitens der Länder und der Gemeinden. Trifft es nicht zu, daß die Verpflichtungen, die Länder und Gemeinden übernommen haben - zum Beispiel im Rahmen des Goldenen Planes -, erfüllt worden sind, was man leider nicht von den Verpflichtungen der Bundesregierung sagen kann?
Eine Verpflichtung der Bundesregierung nach dem Goldenen Plan so, wie ihn die Deutsche Olympische Gesellschaft vor einigen Jahren aufgestellt hat, liegt für mehrere Jahre nicht vor und kann naturgemäß nicht vorliegen, sondern der Bundesgesetzgeber bewilligt ja, wie Sie wissen, jedes Jahr in seinem Haushaltsplan die Mittel, die er für diese Zwecke zur Verfügung stellt:
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Neumann ({0}) !
Herr Staatssekretär, könnten Sie vielleicht etwas Näheres sagen über den Zeitpunkt und die Art des Versagens des Bundestages gegenüber den Wünschen der Bundesregierung auf Förderung des Sports?
Ich glaube nicht gesagt zu haben, daß der Bundestag gegenüber den Wünschen der Bundesregierung versagt habe.
Ich glaube so etwas gehört zu haben.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Strohmayr!
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht der Auffassung, daß die Mittel, die von seiten des Bundes gegeben werden, zu gering sind? Wir haben ja festgestellt, daß die -
Sie haben eine
Frage zu stellen; Herr Kollege!
Ich muß ja -
Die Frage haben Sie gestellt. Jetzt wird der Herr Staatssekretär antworten.
Die Mittel, die der Bund in den letzten Jahren zur Verfügung gestellt hat, bewegten sich auf der Höhe von 25 bis 30 Millionen DM. Wir waren bemüht, im Rahmen des dem Bund Möglichen diese Summe zu steigern. Wir sind dankbar, daß der Haushaltsausschuß in diesem Jahre auf 36 Millionen DM gehen will. Wir hoffen, daß dieses Hohe Haus bei der Beratung des Haushalts im März diesem Vorschlag des Haushaltsausschusses folgen wird.
Herr Staatssekretär, Sie haben ja ebenfalls festgestellt, daß vom Jahre 1963 zum Jahre 1964 die Zahl der Sportstätten eine wesentliche Steigerung erfahren hat. Auf der anderen Seite müssen wir aber feststellen, -
Sie haben nicht festzustellen. Fragen Sie bitte!
Ich frage nun: Ist es nicht möglich, nachdem festgestellt worden ist, daß eine Degression vorhanden ist, die Mittel für Sportstätten wesentlich zu erhöhen?
Wenn sich die Mittel erhöhen, erhöht sich naturgemäß auch die Zahl der geförderten
Sportstätten. Das ist ein ganz natürlicher Vorgang, glaube ich.
({0})
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Fritsch!
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß diese Mittel insbesondere für das Land Bayern völlig unzureichend sind, und zwar einmal deswegen, weil dort ein besonders starker Nachholbedarf besteht, zum andern alber auch deshalb, weil .die Richtlinien nach meiner Meinung nicht vorsehen, daß private Einrichtungen, also Sportverbände antragsberechtigt sind?
Wenn ich Sie recht verstehe, glauben Sie, daß das Land Bayern gegenüber den anderen Ländern benachteiligt sei. Das ist durchaus nicht der Fall. Bayern wird entsprechend seiner Bevölkerungszahl genauso behandelt wie die übrigen Bundesländer.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Fritsch!
Herr Staatssekretär, dürfte ich noch einmal darauf hinweisen, daß ,die Bevölkerungszahl nicht den nötigen Aufschluß gibt, sondern der ) eminente Nachholbedarf, der in Bayern und insbesondere im Bayrischen Waldbesteht, und wäre nicht angesichts dieses Umstandes eine erhöhte Zuteilung an das Land Bayern möglich?
Ihre Frage lautet, ob Sie darauf hinweisen dürften. Ich weiß nicht, Herr Präsident, ob ich diese Frage beantworten darf.
({0})
Ich würde sie mit Ja beantworten. - Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Jacobi!
Herr Staatssekretär, ist der Bundesregierung nicht inzwischen aufgefallen, daß alle Länder sich bemüht haben, .die Zahlen des Goldenen Planes zu erreichen, .daß einige sie sogar überschritten haben und daß es der Bund ist, der von Jahr zu Jahr nachhinkt und damit nicht gerade ein gutes Beispiel für seinen guten Willen abgibt, auf diesem Gebiete mitzuhelfen?
Herr Abgeordneter, ich hatte vorhin schon gesagt, daß die Mittel von diesem Hohen Hause bewilligt werden müssen und nicht von der Bundesregierung.
Zweite Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, ist es nicht so, 'daß der Haushaltsausschuß in seinen Beschlüssen doch weitgehend von der Initiative der Bundesregierung und von ihrem bekundeten Willen, eine Erhöhung der Mittel durchzusetzen, abhängig ist?
Der Haushaltsausschuß ist nicht gehindert, im Rahmen des Gesamtplafonds die Mittel für die Sportfinanzierung zu erhöhen, wie er es in diesem Jahr auch tut.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen!
Herr Staatssekretär, im 'Anschluß an die Frage des Herrn Kollegen Jacobi frage ich: Ist es alber nicht so, daß die Bundesregierung bereits in ihrem Haushaltsvoranschlag bei dem Ansatz der Mittel zur Sportstättenförderung hinter den Voranschlägen des Goldenen Plans zurückgeblieben ist?
Das ist richtig. Ich sagte aber vorhin schon, daß 'die Vorschläge der Deutschen Olympischen Gesellschaft, die sich auf einer Höhe von 70 bis 80 'Millionen DM bewegen, für ,die Bundesregierung nicht bindend sind, sondern daß sich die Bundesregierung und dieses Hohe 'Haus im Rahmen des pro Jahr zur Verfügung stehenden Plafonds halten müssen.
Eine zweite Zusatzfrage des Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, was der damalige Bundeskanzler Dr. Adenauer der Deutschen Olympischen 'Gesellschaft über die Erfüllung des Goldenen Plans zugesagt hat?
Das ist mir sehr wohl bekannt. Der damalige Bundeskanzler Dr. Adenauer hat aber_ nicht zugesagt, auf die Summe von 70 bis 80 Millionen DM zu 'kommen.
Meine Damen und Herren, wir stehen am Ende der Fragestunde. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Ich erteile außerhalb der Tagesordnung dem Abgeordneten Cramer das Wort zu einer Erklärung nach § 36 der Geschäftsordnung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach § 36 der Geschäftsordnung habe ich folgende Erklärung abzugeben.
In der 157. Sitzung des Deutschen Bundestages vom 21. Januar 1965 hat der Bundesverteidigungsminister von Hassel erklärt, ein Mitglied des Verteidigungsausschusses habe während der Sitzung
des Ausschusses, in der die Entscheidung über die Transall gefallen sei, unablässig Kontakte mit Vertretern einer Rüstungsfirma gehabt. Da er von der Konkurrenzfirma der Hersteller der Transall sprach, kann es sich nur um die Firma Lockheed gehandelt haben. Auf Zwischenfragen hin präzisierte er diesen Vorwurf dahingehend, daß es sich um ein Mitglied der SPD-Fraktion gehandelt habe. Dem Abgeordneten Erler nannte der Minister später meinen Namen.
Diese Behauptung des Ministers ist nicht wahr.
({0})
Ich habe niemals mit Vertretern der LockheedWerke über den Stand der Beratungen im Ausschuß gesprochen. Ebensowenig habe ich Vertretern der Lockheed-Werke irgendwelche mündlichen oder schriftlichen Informationen anderer Art gegeben.
Der Bundesverteidigungsminister stützt seine Behauptungen auf angebliche Mitteilungen eines Zeitungsreporters, die er in einer Aufzeichnung festgehalten haben will. Diese Mitteilung soll besagen, ich hätte an dem betreffenden Tage einige Male das Sitzungszimmer während der Ausschußsitzung verlassen.
({1})
Ich kann mich mit Einzelheiten dieser mir unbekannten Mitteilung deshalb nicht auseinandersetzen, weil der Bundesverteidigungsminister es bisher abgelehnt hat, mir seine Unterlagen zur Prüfung und Stellungnahme vorzulegen.
({2})
Ich stelle deshalb noch einmal fest: Die von Minister von Hassel angestellten Vermutungen haben keine Grundlage. Ich fordere ihn - wie schon mehrfach mündlich und schriftlich - auch von dieser Stelle auf, seine in öffentlicher Sitzung abgegebene Erklärung auch öffentlich richtigzustellen.
({3})
Ich werde gegen jeden, der meine Ehre als Abgeordneter dieses Hauses angreift, gerichtlich vorgehen.
({4})
Den Herrn Präsidenten dieses Hauses bitte ich um seine Unterstützung.
({5})
Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:
a) Beratung der Sammelübersicht 39 des Ausschusses für Petitionen ({0}) über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages zu Petitionen ({1}) ;
b) Beratung der Sammelübersicht 40 des Ausschusses für Petitionen ({2}) über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages zu Petitionen und systematische Übersicht über die beim Deutschen Bundestag in der Zeit vom 17. Oktober 1961 bis 31. Dezember 1964 eingegangenen Petitionen ({3}).
Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wer den beiden Anträgen des Ausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? - Keine Enthaltungen! Beide Anträge sind einstimmig angenommen.
Wir kommen zu Punkt 6 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Einkommensteuergesetzes, des Körperschaftsteuergesetzes und des Kapitalverkehrsteuergesetzes ({4}) ;
a) Bericht des Haushaltsausschusses ({5}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung ({6}) ;
b) Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses ({7}) ({8}) .
({9})
Wünscht der Berichterstatter des Haushaltsausschusses, Herr Abgeordneter Windelen, noch das Wort? - Das ist nicht der Fall.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter des Finanzausschusses, dem Herrn Abgeordneten Dr. Luda, für seinen Schriftlichen Bericht. Ist eine Ergänzung notwendig? - Das ist nicht der Fall.
Ich rufe die Artikel 1, - 2, - 3, - 4, - 5, - 6, -- Einleitung und Überschrift - auf. Wird hierzu das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Wer den aufgerufenen Bestimungen, der Einleitung und der Überschrift zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; es ist so beschlossen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache und erteile dem Herrn Abgeordneten Dr. Luda das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir stehen heute in der dritten Lesung des sogenannten Kuponsteuergesetzes. Die bloße Ankündigung dieses Gesetzentwurfs der Bundesregierung 'am 23. März vorigen Jahres hat - das kann man heute rückblickend eindeutig sagen - den Verlauf des Wirtschaftsjahres 1964 ganz entscheidend geprägt und beeinflußt. Es hat nicht nur den 'unmittelbar betroffenen Rentenmarkt in dieser Weise beeinflußt, sondern darüber hinaus auch die Entwicklung der Aktienkurse, die Preisentwicklung und den .gesamten Konjunkturverlauf. Es hat eine Flut von Publikationen gegeben, wie zuvor in dieser Legislaturperiode höchstens noch im Zusammenhang mit der Frage der Einführung einer Mehrwertsteuer in der Bundesrepublik. Kein Gesetz hat es gegeben - soweit ich es überschauen kann -, .dessen bloße
Signalwirkung der Wirkung der Ankündigung dieses Steuergesetzes nahezu gleichzusetzen wäre.
Der Gesetzentwurf, dessen Verabschiedung uns heute obliegt, ist also außerordentlich bedeutsam, und die Entscheidung, die wir zu treffen haben, fordert uns eine große Verantwortung ab. Es handelt sich in erster Linie um eine Maßnahme zur Stabilerhaltung unserer Währung; das müssen wir sehen. Wir wissen alle, daß solche Maßnahmen vor allen Dingen dann erforderlich sind, wenn die Konjunkturlage sich wie heute in einem sogenannten BoomZustand befindet.
Falsch wäre eis gewesen, wegen der großen Bedeutung dieser Gesetzesvorlage der Bundesregierung die Sache hier übers Knie zu brechen. Deshalb haben wir die Vorlage auch lange und gründlich beraten. Ebenso falsch aber wäre es gewesen, sie noch länger hinauszuschieben. Dadurch wäre ein unerträgliches Zwielicht entstanden.
Die Bundesregierung hat, wie gesagt, die Gesetzesvorlage am 23. März vorigen Jahres angekündigt. Im Bundesrat ist der Entwurf am 15. Mai 'eingegangen. Er hat ihn am 5. Juni beraten und verabschiedet. Der Bundestag hat die Sache am 10. Juni vorgelegt 'bekommen. Die Sachverständigen konnten erst am 13. November in einer ausführlichen Befragung gehört werden. Wir hätten es gern gesehen, wenn nach dieser gründlichen und langen Vorbereitungszeit das Gesetz noch vor der Weihnachtspause hätte verabschiedet werden können. Aber wegen der Geschäftslage dieses Hohen Hausees ist das leider nicht mehr möglich gewesen. Deshalb kommen wir erst heute dazu.
Meine Damen und Herren, warum eine Kuponsteuer? Für 'die Einführung der von der Bundesregierung geforderten Kuponsteuer gibt es drei Gründe. Erstens soll sie eine Maßnahme zur Stabilisierung des Geldwerts sein. Zweitens ist zuzugeben, daß auch rechtssystematische Gründe für die Verabschiedung des Entwurfs sprechen. Schließlich sind wir gehalten, im Sinne der EWG-Steuerharmonisierung diese Steuer auch bei uns in der Bundesrepublik einzuführen.
Lassen Sie mich zunächst über den ersten Gesichtspunkt sprechen. Im Vordergrund steht also die konjunktur- und währungspolitische Bedeutung dieser Gesetzesvorlage der Bundesregierung. Diese Auffassung ist im Wirtschaftsausschuß, wie ich gelesen habe, teilweise streitig gewesen. Ich möchte deshalb an die Frühgeschichte dieser Steuer erinnern und eindeutig feststellen, daß wir sie schon einmal gehabt haben, daß sie dann aber am 16. Oktober 1930 durch Verordnung der Reichsregierung aufgehoben worden ist, und zwar ausschließlich aus Konjunkturgründen. Damals bedurfte es einer Wirtschaftsankurbelung. Damals hatte man deshalb Auslandskapital nötig. Damals hat man deshalb das Auslandskapital durch Abschaffung der sogenannten Kuponsteuer angereizt. Das war damals die Sachlage. Heute ist die Sachlage entsprechend, nur hat sie das umgekehrte Vorzeichen.
Ich sagte: Die Bundesregierung hatte diese Maßnahme im Frühjahr 1964 angekündigt. Das geschah
wegen der damals bestehenden Überliquidität. Wie Sie wissen, hatten wir im Jahre 1963 einen Zahlungsbilanzüberschuß von 2,6 Milliarden DM. Davon machte der Leistungsbilanzüberschuß weniger als ein Drittel aus. Der Kauf festverzinslicher Wertpapiere durch Ausländer hat aber einen Nettokapitalimport in die Bundesrepublik von über 2 Milliarden DM erbracht. Das war die Lage an der Jahreswende 1963/64.
Hinzu kommen dann die Verhältnisse im ersten Vierteljahr 1964. Da hat es noch einen zusätzlichen Nettokapitalimport von 470 Millionen DM gegeben.
Liquidität im Zeichen einer sehr gut gehenden Konjunktur ist immer eine gewisse Gefahrenquelle. Deshalb erhob sich 'für die Bundesregierung die Frage: Was ist zu tun?
Die Zahlen, die ich Ihnen eben darlegen durfte, meine sehr geehrten Damen und Herren, zeigen doch wohl eindeutig: in der Hierarchie der Gründe für die Gefährdung des Geldwertes hat der ausländische Kapitalzufluß den allerersten Platz. Er verstärkte die Liquidität und bedrohte somit die Stabilität des Geldwertes bei uns in der Bundesrepublik.
Das diese Deutung richtig ist, folgt auch aus dem Gutachten des Sachverständigengremiums, das die Bundesregierung berufen hat. Das Gutachtergremium sagt, daß das jetzige internationale Währungssystem eine Konjunkturgemeinschaft und damit eine Geldwertgemeinschaft darstelle. ' Es bestehe eine unlösliche Interdependenz. Wörtlich wird dann von einer „importierten Unstabilität" gesprochen. Ich bin für diese Wortprägung sehr dankbar; denn ich habe schon bei der Konjunkturdebatte im Sommer vorigen Jahres von dieser Stelle aus gesagt, daß es doch sehr schlecht sei, hier von einer „importierten Inflation" zu reden. Das ist eine sehr schlechte Formulierung.
Dann heißt es in dem Gutachten der Sachverständigen wörtlich:
Ohne zu übertreiben, wird man sagen können,
daß die Hauptquelle des Geldwertschwundes
in unserem Falle in der Außenwirtschaft liegt.
Meine Damen und Herren, daß Haupthemmnis liegt in der Währungspolitik. Das ist damit eindeutig festgelegt. Krankheitskeime dringen aus dem Ausland ein und drohen unseren Wirtschaftskörper zu vergiften. Das ist der Tatbestand, mit dem wir uns auch in der heutigen Debatte in allererster Linie zu befassen haben.
Besonders gefährlich sind diejenigen Devisenzuflüsse, denen kein Leistungsabtausch beim grenzüberschreitenden Verkehr gegenübersteht. Denn diese bedeuten eine sofortige Aufblähung des Geldvolumens in unserer Volkswirtschaft.
Wenn wir diesen Gefahrenherd heute feststellen müssen, müssen wir uns fragen: Welches ist die Ursache dieser Gefahrenquelle? Meine Damen und Herren, wir sollten heute einmal ganz klar aussprechen: Die Ursache liegt in der Herbeiführung der freien Konvertibilität Ende des Jahres 1958. Die freie Mobilität der internationalen Kapital-
ströme ist eben die Ursache dieses Tatbestandes, mit dem wir uns heute wiederum zu befassen haben, zumal sie zur Folge hat, daß die Wirksamkeit der nationalen Kreditpolitik automatisch nachlassen muß.
Wenn das die Ursache ist, ist die Frage, wie wir uns darauf einzustellen haben. Sollen wir also auf dem Kapitalmarkt eine Politik der Entliberalisierung treiben? Nun, das ist nicht unsere Politik, und ich glaube auch nicht, daß eine der hier vertretenen Parteien auf diesem Standpunkt steht. Nicht Entliberalisierung des Kapitalmarktes und also Nichtanwendung des § 23 des Außenwirtschaftsgesetzes! Wenn wir aber diese erste Antwort hier erteilen, müssen wir uns fragen: Welche möglichen Maßnahmen bleiben übrig?
Es hat großes Aufsehen erregt, daß sich die Sachverständigen in ihrem Gutachten für die Einführung freier Wechselkurse eingesetzt haben. Die Bedeutung ist klar. Freie Wechselkurse würden den automatischen Ausgleich der Geldwertdifferenz beim Leistungsabtausch an der Grenze zur Folge haben. Sie würden den Export verteuern und den Import verbilligen. Es würde sich also in etwa eine Abwertungstendenz ergeben. Auf diese Weise würde der Überschuß in unserer Leistungsbilanz abgebaut werden. Das steht außer Frage.
Die zweite Konsequenz ist ein Tatbestand, mit dem sich leider die Sachverständigen in ihrem Gutachten nicht befaßt haben. Wenn nämlich auch auf der einen Seite des Leistungsaustausches eine solche Stabilisierungstendenz die Folge der Einführung freier Wechselkurse wäre, so würde - das müssen wir eindeutig feststellen - die Kapitalzufuhr durch eine solche Maßnahme nicht gebremst werden. Ganz im Gegenteil, für das international fluktuierende Kapital wäre durch Herbeiführung größerer Stabilität, die sich in gewissen Bereichen durch freie Wechselkurse zunächst ergäbe, ein zusätzlicher Anreiz gegeben, zu uns auf den deutschen Markt zu kommen. Wir hätten also wiederum in verstärktem Maße mit Auslandskapital zu rechnen. Ich bedaure - ich sage es nochmals -, daß sich die Sachverständigen in dem Gutachten mit diesem Tatbestand nicht auseinandergesetzt haben.
Wir müssen also zur Frage der freien Wechselkurse feststellen: Nicht die Wechselkurse sind die Ursache für eine mögliche Unstabilität, nicht das Thermometer ist schuld am Fieber, Ursache ist vielmehr die ausländische Unstabilität.
Wenn das alles entfällt, wenn die Möglichkeit der Entliberalisierung von uns abgelehnt wird, wenn wohl alle drei Parteien dieses Hauses sagen, daß sie freie Wechselkurse ablehnen, was bleibt dann übrig? Ziehen wir wieder die Sachverständigen zu Rate! In dem Gutachten sind zwei weitere Möglichkeiten angedeutet: a) die Senkung der Abgaben und Vergütungen beim grenzüberschreitenden Verkehr und b) die Möglichkeit der Besteuerung der Erträge aus festverzinslichen Wertpapieren im Ausländerbesitz.
Lassen Sie mich zunächst zu der ersten Möglichkeit ein paar Worte sagen. Zuerst einmal ist ganz klar, daß die Minderung des Umsatzsteuerausgleichs weder rechtlich noch politisch für Zwecke der Wirtschaftspolitik geeignet ist. Das sollte an dieser Stelle nochmals ausdrücklich gesagt werden und kann notfalls hier vertieft werden. Dann werden aber auch Liquidisierungstendenzen des Außenhandels weitgehend durch das Defizit in den Dienstleistungen und den unentgeltlichen Leistungen absorbiert. Diese umsatzsteuerrechtliche Maßnahme, die da als möglich hingestellt wird, hat deshalb nur eine beschränkte Wirkung, weil sie nur im Leistungsbereich der Zahlungsbilanz und auch dort nur teilweise zum Zuge kommt und weil dieser Leistungsbereich der gesamten Zahlungsbilanz gar nicht so hohe und gefährliche Überschüsse erbringt. Ich nenne die Zahlen für die Zeit von Januar bis einschließlich November 1964. Da ergibt die Handelsbilanz mit der Dienstleistungsbilanz und den unentgeltlichen Leistungen per Saldo einen Überschuß von 681 Millionen DM. Das ist also nicht so besonders gravierend.
Aber jetzt kommt ein weiteres Argument gegen diese mögliche Maßnahme der Reduzierung des Grenzausgleichs, daß nämlich ein normales Wirtschaftswachstum für uns alle in der Bundesrepublik lebensnotwendig ist. Sie wissen, unsere Wirtschaft, unser Wachstum in der Wirtschaft ist exportorientiert. Die Exportmärkte aber sind heiß umkämpft. Weil das der Fall ist, weil sie so heiß umkämpft sind, werden wir den deutschen Export und sein weiteres Wachstum als Grundlage der Existenz aller arbeitenden Menschen mit allen Mitteln verteidigen. Eine deflatorische Politik dieser Art lehnen wir ab. Nicht deflatorische Politik, sondern desinflatorische Politik ist das, was uns vorschwebt. Wenn das also entfällt, wenn die Möglichkeit der Manipulation mit der Umsatzausgleichsteuer und mit den Rückvergütungen hier zu streichen ist, haben wir uns nur noch mit der letzten Möglichkeit zu befassen, der Möglichkeit, die Konjunktur durch Steuern zu steuern. Das ist der Gegenstand unserer Politik, das ist die Absicht der Bundesregierung mit dieser Gesetzesvorlage.
Kann man das? Kann man die Politik mit dieser Steuer steuern? Das ist die Frage. Der Beweis ist schon geliefert. Sehen Sie die Bilanz. Im ersten Quartal 1964 hatten wir noch, wie ich vorhin schon erwähnte, einen Nettozufluß von 470 Millionen DM. Nach der Ankündigung am 23. März gab es dann aber einen Nettoabfluß von 575 Millionen DM, im dritten Quartal einen Zufluß von 18 Millionen DM, also sozusagen ausgeglichen, und im vierten Quartal einen Zufluß von 22 Millionen DM, also gleichfalls sozusagen ausgeglichen. Die Gesamtbilanz für das Jahr 1964 ergibt ein Minus von 65 Millionen DM, ist also in etwa ausgeglichen. Man kann also offensichtlich sehr wohl die Konjunktur durch diese Steuer steuern.
Daß diese meine Deutung richtig ist, ergibt sich auch aus dem Gutachten der Sachverständigen. Ich zitiere mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten Ziffer 192:
Die Bundesregierung hat 1964 mit der Ankündigung einer Kuponsteuer für Gebietsfremde ihre
Wahl getroffen. Demzufolge zeigte die Bilanz der langfristigen privaten Kapitalbewegungen nach April 1964 zum ersten Male seit langer Zeit wieder ein Defizit.
Die Entwicklung würde rückläufig werden, meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn wir die Kuponsteuer jetzt nicht verabschiedeten. Das ist der maßgebliche Grund dafür, daß wir heute für diesen Gesetzentwurf stimmen. Manches hat sich entspannt in der Konjunktur, das steht außer Frage. Auch auf der Seite der Leistungsbilanz hat sich manches beruhigt; das ist völlig klar. Aber die Vorzeichen würden sich sofort wieder ins Gegenteil verkehren, wenn wir davon Abstand nähmen, dieses Gesetz nun heute hier zu verabschieden. Deshalb sollten wir hier alle mithelfen.
Im übrigen aber noch ein anderer Gesichtspunkt, meine Damen und Herren! Wir haben alle Veranlassung, auf Nummer Sicher zu gehen, wir haben alle Veranlassung vorzusorgen. Wer kann denn sagen, welches die weitere Entwicklung der Pfundkrise sein wird? Das kann niemand sagen, und von heute auf morgen könnte sich der Tatbestand ergeben, daß auf einmal internationale Geldströme aus diesem Anlaß hier bei uns Anlage suchen. Auch für einen solchen Fall - um nur ein Beispiel zu geben - müssen wir gerüstet sein. Das Fazit: Der Zeitpunkt für eine konjunkturpolitische Entwarnung ist sicherlich noch nicht gegeben. Soviel positiv zur sogenannten Kuponsteuer.
Es muß aber ein weiteres dazu gesagt werden. Wir von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion verabschieden die Kuponsteuer ohne jede Begeisterung. Manches an diesem Gesetzentwurf gefällt mir durchaus nicht; das muß ausdrücklich gesagt werden. In diesem Zusammenhang läßt sich manches anführen. Zunächst etwas zur Frage des angeblichen Eingriffs in bestehende Rechtsverhältnisse! In sämtlichen Beratungen und auch in der öffentlichen Diskussion hat diese Frage die größte Rolle gespielt. Ich möchte hier ausdrücklich festhalten: juristisch ist dieser Einwand nicht haltbar, denn diese Besteuerung gilt ja nur für künftige Erträge, nicht etwa für Erträge der Vergangenheit.
Auch kommt hinzu, daß bei diesen ganzen Rechtsverhältnissen, in die da angeblich eingegriffen wird, nicht der Staat Vertragspartner ist. Es gibt allerdings Anleihen - solche, die vor 1955 herausgegeben worden sind -, die teilweise mit der ausdrücklichen Zusicherung des Bundes gegeben worden sind, daß die Steuerfreiheit garantiert sei. Diese Anleihen werden von diesem Gesetzentwurf auch nicht berührt.
Es ist in diesem Zusammenhang ausdrücklich auf die Steuerhoheit des Staates hinzuweisen. Einem jeden Staat steht es absolut frei, irgendwelche Tatbestände heute so und morgen anders zu besteuern, sie heute unbesteuert zu lassen, morgen aber eine Steuer einzuführen. Das kann nicht zweifelhaft sein, und das ist auch ausdrücklich von den internationalen Gremien, vor allen Dingen der OECD und dem EWG-Währungsausschuß, anerkannt worden. Wenn das aber juristisch so zu beurteilen ist, meine Damen und Herren, dann warne ich davor, oftmals von
einem Vertrauensschwund zu reden. Denn ein Vertrauensschwund setzt ja einen Vertrauensbruch voraus. Davon aber kann, wie ich eben ausgeführt habe, nicht die Rede sein.
Was übrigbleibt - und das konzediere ich gerne -, ist die rein subjektive und somit verständliche Verstimmung bei denjenigen, die Altemissionen besitzen. Denn wenn ich als Wertpapierbesitzer davon höre, daß meine bisherigen Erträge von 6 % zu einem wesentlichen Teil abgesteuert werden sollen, dann ärgere ich mich selbstverständlich. Dieser psychologische Faktor ist ein Politikum, und als solches müssen wir es ernst nehmen. Das steht außer Frage. Wir haben uns deshalb große Mühe gegeben - die Damen und Herren aus dem Finanzausschuß wissen es -, da einen Ausweg zu finden, um diesem Politikum irgendwie begegnen zu können. Wir haben geprüft: Können die Altemissionen schlechthin geschont werden? Wir haben geprüft: Können denn wenigstens die Besitzer von Altemissionen geschützt werden? - Beide Möglichkeiten haben aber automatisch eine Spaltung des Marktes und eine Spaltung der Zinssätze zur Folge, beides Konsequenzen, die man vernünftigerweise nicht auf sich nehmen kann.
Es kommt hinzu, daß eine solche Regelung technisch leider undurchführbar wäre. Die Frage des Depotzwanges hat uns stunden- und tagelang im Ausschuß beschäftigt, ebenso die Frage der Bescheinigung durch ausländische Banken. Alles das hat sich als undurchführbar erwiesen. Wir bedauern das sehr, wir müssen es aber so hinnehmen.
Ich sagte eben: sprechen wir nicht von einem Vertrauensschwund! Aber vielfach ist davon gesprochen worden, daß durch diese Maßnahme viele Leute vergrämt worden seien. Nun, meine Damen und Herren, inwieweit eine Abkehr vom deutschen Kapitalmarkt auf ausländischer Seite stattgefunden hat, ist haargenau meßbar. Deshalb muß ich hier noch einige wenige Zahlen nennen.
Von diesem Gesetzentwurf betroffen ist ein Block von 70 Milliarden DM. Davon waren im Zeitpunkt der Ankündigung im Ausland stark 6 Milliarden DM. Zurückgeflossen auf Grund der Signalwirkung sind 600 bis 700 Millionen DM, also nur ein relativ geringer Bruchteil dessen, was sich überhaupt im Ausland befindet. Und wie interessant der deutsche Kapitalmarkt trotz dieser Maßnahme auch für das ausländische Publikum geblieben ist, zeigen die folgenden Zahlen:
Wir haben 1963 auf dem deutschen Kapitalmarkt einen Nettoabsatz festverzinslicher Wertpapiere von 12,2 Milliarden DM gehabt, 1964 14,4 Milliarden DM, also trotz ,dieses Gesetzentwurfs 2,2 Milliarden DM mehr als im Jahre 1963.
Hinzugekommen ist aber noch ein weiterer Tatbestand, der, glaube ich, auch recht bedeutsam ist, die Tatsache nämlich, daß es hier bei uns jetzt einen sehr beachtlichen Markt von Ausländer-Anleihen gibt. Vom Jahre 1948 bis einschließlich 1963 sind bei uns in Deutschland Ausländer-Anleihen, die in D-Mark lauten, in Höhe von 775 DM abgesetzt worden, also 775 DM in diesen 15 Jahren. Aber allein im
Jahre 1964 sind D-Mark-Anleihen von Ausländern im Werte von 895 DM abgesetzt worden. Das ist das Entscheidende: die Hälfte dieses Wertes ist von Ausländern angekauft worden. Somit ist also doch wenigstens bei einer großen Masse ausländischer Kapitalbesitzer das Vertrauen (in die D-Mark keineswegs geschwunden; es ist heute noch in starkem Umfang nachweisbar. Ich glaube, es ist gut, das hier deutlich zu sagen.
Im übrigen muß noch gesagt werden: Die Steuerehrlichen werden durch diese ,Steuer nicht betroffen, und ,das gibt uns zusätzlich ein recht gutes Gewissen. Das wird ja durch die Doppelbesteuerungsabkommen bewirkt.
Zweitens könnte diese Maßnahme eventuell ein Anreiz für eine Erhöhung der Zinssätze sein. Wir befinden uns in dem Dilemma, daß binnenwirtschaftlich gesehen hohe Zinssätze zur Beruhigung der Konjunktur erforderlich wären, daß wir aber aus außenwirtschaftlichen Gründen hohe Zinssätze nicht gebrauchen können, da uns diese zusätzliches Kapital nach Deutschland hereinlocken. In diesem Zusammenhang möchte ich eine Beschuldigung zurückweisen, die in der Presse teilweise erhoben worden ist. Im Januar 1964 war der Versuch unternommen worden, die Kapitalzinsen zu senken. Dieser Versuch ist gescheitert. Aber er ist gescheitert, Wochen bevor die Bundesregierung diese Kuponsteuer angekündigt hat. Die Kuponsteuer ist also ,an der Tatsache, daß die Zinssenkung keinen Erfolg gehabt hat, nicht schuld.
Ich fasse zusammen: Wir betrachten die sogenannte Kuponsteuer als notwendig, stehen aber nicht 'an, hinzuzufügen: sie ist ein notwendiges Übel. Von den mehreren sonstigen Möglichkeiten, die wir eventuell ergreifen können, ist es eindeutig das kleinere Übel; das sollte hier klar festgestellt werden. Wenn wir aber von einem Übel sprechen, müssen wir uns dessen bewußt sein; es gibt keine Maßnahme, die erstens wirksam wäre, zweitens aber niemandem wehe täte. So etwas gibt es nicht. Es gibt keine harte Währung ohne harte Entscheidungen. Das ist wichtig für den heutigen Beschluß.
Ich sagte mehrfach, daß die bloße Ankündigung dieser Gesetzesvorlage schon eine enorme und einmalige Wirkung im Sinne der Intentionen der Bundesregierung gehabt hat. Aber nicht nur auf diesem Gebiet ist das festzustellen, sondern mittelbar auch in bezug auf die Entwicklung der Lebenshaltungskosten, und das ist ja eigentlich das, worum es bei unseren sämtlichen Bemühungen dieser Art geht. Am Anfang des vergangenen Jahres hatten alle Verantwortlichen große Sorge, daß die Lebenshaltungskosten allzusehr ansteigen könnten, vielleicht mehr als in allen vorangegangenen Jahren. Wie ist in diesem Jahr nun die tatsächliche Entwicklung gewesen? Da ist es mir doch sehr wertvoll, jetzt mit Nachdruck feststellen zu können, daß wir zwar leider auch im verflossenen Jahr einen Anstieg der Lebenshaltungskosten zu verzeichnen hatten, im Verhältnis zu allen vergleichbaren Industrienationen in dieser Beziehung aber bei uns in der Bundesrepublik am günstigsten liegen. Ich weise hier nur auf den EWG-Bereich hin. Bei uns haben sich
von Oktober 1963 bis Oktober 1964 die Lebenshaltungskosten - leider, sage ich dazu - um 2,5 % erhöht, bei dem nächsten Partner, Frankreich, um 2,7 %, in Luxemburg um 2,8 %, in Belgien um 4,5 %, in den Niederlanden um 6,1 % und in Italien um 6,5 %. Nehmen Sie jetzt den EFTA-Bereich. Die Schweiz hatte einen Anstieg der Lebenshaltungskosten von 2,8 % zu verzeichnen - ich sage nochmals: bei uns knapp 2,5% -, Schweden von 3,6 %, Großbritannien von 4 %, Österreich von 4,3 %, Portugal von 4,7 % und Norwegen von 7,8 %.
Ich habe es als sehr dankenswert empfunden, als ich am 11. Dezember auf Grund dieser Zahlen in der Tageszeitung „Die Welt" lesen konnte, daß die Gemeinschaft zum Schutz der deutschen Sparer diese Entwicklung mit Genugtuung registriert hat. Das sollten wir hier nochmals ausdrücklich festhalten.
Wenn wir uns aber alle diese objektiven und nicht bestreitbaren Zahlen vor Augen führen, dann müssen wir uns sehr wundern, daß Herr Schacht durch die Lande reist und von der „dritten Inflation" redet und davon spricht, daß der Staat uns um unser Geld betrüge. Nun, meine Damen und Herren, das ist der Herr Schacht, der mit seinen Finanzierungskünsten Hitler gedient hat. Das ist der Herr Schacht, der daher mitschuldig ist an der zweiten deutschen Inflation. Das ist der Herr Schacht, der zugleich mitschuldig ist am Untergang von Millionen Existenzen in Deutschland. Ich bin der Meinung, daß dieser Herr Schacht alle Veranlassung hätte, statt seine angeblichen Weisheiten an die Sensationspresse zu verkaufen, lieber den Rest seiner Jahre in stiller Meditation zu verbringen.
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Soviel zu der Frage der Kuponsteuer aus konjunkturpolitischer Sicht.
Ich sagte schon: Es gibt drei Gründe, die für die Einführung dieser Steuer sprechen. Sprechen wir jetzt also ganz kurz über den zweiten Grund, die rechtssystematische Begründung dieses Gesetzentwurfs. Sie wissen, nach internationalem Recht 'hat der Quellenstaat die Befugnis, die Erträge aus den bei ihm belegenen Quellen zu 'besteuern. Deshalb sind heute schon bei uns steuerpflichtig Dividenden und Zinsen ,aus Aktien, Wandelschuldverschreibungen, Gewinnobligationen und Hypotheken sowie Lizenzgebühren. Steuerfrei sind seit 1930 nur Zinsen ,aus festverzinslichen Wertpapieren, die eben jetzt steuerpflichtig werden sollen. Aber auch diese festverzinslichen Wertpapiere im Ausländerbesitz besteuern heute schon die USA, Kanada, die Schweiz, Großbritannien, Italien und Luxemburg, um nur einige zu nennen. Darunter sind unsere 'wichtigsten Handelspartner. Wir müssen also einräumen, daß die Bundesrepublik insoweit Steueroase ist. Auch deshalb sind wir gehalten, jetzt nachzuziehen und diese Steuerart 'bei uns einzuführen. Ich möchte aber im Gegensatz zu der Meinung einer Minderheit im Wirtschaftsausschuß ausdrücklich sagen: Das ist nicht der wesentliche Grund.
Der dritte Gesichtspunkt ist der der EWG-Steuerharmonisierung. Der Art. 90 'des 'EWG-Vertrages
verpflichtet alle Partnerstaaten, eine gleichmäßige Besteuerung durchzuführen. Im Bericht der Expertenkommission der EWG wird die Angleichung der Besteuerung von Zinsen und Dividenden mittels Quellenabzugs neben der Harmonisierung der Umsatzsteuer als Ziel der ersten Phase der Steuerharmonisierung bezeichnet. Selbst wenn es also Kollegen geben sollte, die aus vielfältigen Gründen wenig Neigung zeigen, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen, - im Sinne einer Vertragstreue zum EWG-Vertrag wären meines Erachtens auch sie gehalten, diesem Gesetz ihre Zustimmung nicht zu versagen.
Soviel zur Kuponsteuer.
Wir haben dann letztlich noch die Wertpapiersteuer. Da genügen einige wenige Bemerkungen. Da ist es so, daß Industrieanleihen heute als einzige noch besteuert werden. Insoweit ist teilweise von einer Strafsteuer gesprochen worden. Der Ausdruck ist etwas hart. Immerhin liegt insoweit zweifellos eine Diskriminierung vor. Der Markt ist deshalb verödet. Auch aus Kapitalmarktgründen ist es richtig, diese Wertpapiersteuer jetzt abzuschaffen. Außerdem fördert die Aufhebung dieser Steuer den Erwerb ausländischer Kapitalbeteiligungen. Wenn wir unsere Konjunktur beruhigen wollen, ist es gut, alles zu tun, um Kapitalexporte zu erleichtern und anzureizen.
Das sind einige Bemerkungen, die ich namens der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zu dieser Vorlage der Bundesregierung machen wollte. Ich darf mit Genugtuung feststellen, daß in den Ausschüssen alle drei Parteien mit einigen wenigen Ausnahmen dieser Vorlage zugestimmt haben. Wir empfehlen deshalb auch in der heutigen dritten Lesung im Plenum die Annahme dieses Gesetzentwurfs.
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Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Möller.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion wird der Aufhebung der Wertpapiersteuer zustimmen.
Bevor ich mich der Kuponsteuer zuwende und hierzu eine Erklärung der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion vortrage, möchte ich, soweit mein Herr Vorredner dieses Thema behandelt hat, erklären, daß ich mit weiten Passagen seiner Ausführungen nicht voll übereinstimme. Bei der Kompliziertheit der Materie ist das verständlich. Aber es ist mir doch ein Bedürfnis, mit Nachdruck das zu unterstreichen, was Herr Dr. Luda zu Herrn Schacht und seinen Versuchen, wieder populär zu werden, gesagt hat. Ich glaube, es ist ein Anliegen des ganzen Hauses, das bei dieser Gelegenheit mit allem Nachdruck hervorzuheben.
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Meine Damen und Herren! Nach unserer Meinung kann es keinem Zweifel unterliegen, daß bereits die Ankündigung der Kuponsteuer einen starken
Vertrauensverlust bei ausländischen Kapitalanlegern herbeigeführt hat. Wir befinden uns hier in einem graduellen Unterschied zu der Darstellung des Herrn Kollegen Dr. Luda, der ja eingeräumt hat, daß mindestens eine Verstimmung eingetreten sei und daß dieser psychologische Gesichtspunkt nun ein Politikum geworden sei. Wir sind der Meinung, daß eis sich dabei nicht nur um einen vorübergehenden Schock handelt. Die in den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank Heft 12/64 ausgewiesenen Zahlenangaben bestätigen, daß die Käufe festverzinslicher Wertpapiere vom ersten zum zweiten Quartal 1964 von 821 Millionen DM auf 390 Millionen DM zurückgegangen sind. Im dritten Vierteljahr haben sie etwa den gleichen Betrag wie im zweiten Vierteljahr ausgemacht. Im gleichen Zeitraum sind die Verkäufe vom ersten zum zweiten Quartal von 378 Millionen DM auf 909 Millionen DM angestiegen. Im dritten Quartal lagen die Verkäufe bei 331 Millionen DM. Per Saldo haben in den ersten neun Monaten des Jahres 1964 die Verkäufe überwogen. Diese Entwicklung, bei der mehr als nur das sogenannte heiße Geld abgeflossen sein dürfte, könnte selbst durch einen offizielle Verzicht auf diese als Diskriminierung empfunde Maßnahme nicht so schnell wieder wettgemacht werden. Das Vertrauen von Gebietsfremden in die Maßnahmen der Bundesregierung wird vor allem dadurch ernstlich berührt, daß mit diesem Gesetz nicht nur kommende Neuemissionen, sondern auch der Altbestand an Rentenpapieren mit der Kuponsteuer belegt werden soll.
Die beabsichtigte Einführung einer Kuponsteuer für Gebietsfremde mit rückwirkender Kraft stellt allerdings nicht nur eine Diskriminierung ausländischer Gläubiger da und würde schon aus diesem Grunde das neu zu begründende Vertrauen in das finanzielle Ansehen und die Verläßlichkeit der Bundesrepublik Deutschland als Kreditnehmer weitgehend wieder zerstören. Die Ausdehnung dieser Bestimmung auf bereits begebene Anleihen bzw. in ausländischem Eigentum stehende Stücke solcher Anleihen würde darüber hinaus eine Verletzung des international anerkannten Rechtsgrundsatzes von Treu und Glauben darstellen.
Der Vertreter der Hansestadt Hamburg hat im Bundesrat die sich so ergebende Rechtslage in der Plenarsitzung vom 5. Juni 1964 wie folgt charakterisiert:
Die Rückwirkung der beabsichtigten Vorschriften auf bereits bestehende Anleihen bedeutet einen klaren Eingriff in vorhandene Rechtsverhältnisse. Darum ist nach Auffassung Hamburgs hier ein Verstoß gegen die den gesamten Rechtsverkehr, insbesondere auch den geschäftlichen Rechtsverkehr mit dem Ausland beherrschenden Grundsätze von Treu und Glauben gegeben.
Wie groß der Vertrauensschwund ausländischer Kapitalanleger sein muß, geht aus der Feststellung hervor, daß die Summe der Anleihen der öffentlichen Hand in Form festverzinslicher Wertpapiere in ausländischem Eigentum etwa die Hälfte des gesamten ausländischen Wertpapierbesitzes betragen
hat. Für die Zukunft dürften sich durch diese einmal praktizierte Methode der zusätzlichen Besteuerung des Altbesitzes, die mindestens Rechtsunsicherheit hervorruft, langfristig erhebliche Konsequenzen ergeben. Es wird dann schwer sein, der Bundesrepublik Kapital anzubieten, wenn sie es gerade braucht, weil die Rendite rückwirkend solchen Manipulationen ausgeliefert sein kann. Allerdings - das muß ich einräumen - entspricht dieses Verhalten der bekannten Einstellung der Bundesregierung, langfristige Überlegungen aus ihrer Betrachtungsweise auszuklammern.
Nun ein Wort zur Berücksichtigung internationaler Verflechtungen und Verpflichtungen. Je mehr wir uns dem Zeitpunkt nähern, in dem die Harmonisierung der Steuern besonders auf dem Gebiete des Kapitalverkehrs innerhalb der EWG Wirklichkeit werden muß, desto zwingender wird es auch, die Kapitalertragsteuer einer möglichst einheitlichen Regelung zu überlassen. Der Regierungsentwurf sieht noch nicht einmal eine Befristung für die Erhebung der Kuponsteuer vor. Innerhalb der EWG findet sich eine Kuponsteuer, wie sie bei uns beschlossen werden soll, nur in Belgien; Frankreich und Italien dagegen belasten private Emittenten mit Steuern, die eher die Merkmale einer Kapitalverkehrsteuer aufweisen, aber nicht mit der Kuponsteuer vergleichbar sind.
Nun einiges zu den konjunkturellen Überlegungen. Die Bundesregierung hat in zwei Punkten ihre Ansichten hinsichtlich der konjunkturellen Situation, wie sie Mitte 1964 festzustellen war, ändern müssen:
Zum ersten hatten die Stabilisierungsbemühungen einiger Nachbarstaaten wider Erwarten, aber erfreulicherweise Erfolg. Daraus ergibt sich u. a., daß die Bilanz der laufenden Posten geldverknappend und nicht liquidisierend wirkt.
Zum zweiten sind der Kapazitätenspielraum und daraus sich ergebende Verknappungen falsch eingeschätzt worden, denn in der zweiten Hälfte des Jahres 1964 trat eine zusätzliche Angebotsausweitung ein, so daß die binnenwirtschaftlichen Spannungen auch von dieser Seite her abnahmen.
Nach Ansicht der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion ergeben sich aus diesen Überlegungen folgende Schlüsse:
Die Frage des Besitzes deutscher Rentenpapiere im Ausland darf nicht kurzfristig gesehen werden, sondern man muß die langfristigen Auswirkungen in die Betrachtung einbeziehen. Wahrscheinlich hätte man es auch im Ausland verstanden, wenn die Bundesregierung auf Grund einer bestimmten Konjunktursituation auf dem Kapitalmarkt Regelungen veranlaßt hätte, um bei Neuemissionen die ausländischen Anleger durch widerrufbare Maßnahmen von der Geldanlage in der Bundesrepublik abzuhalten. Eine Verabschiedung dieses Entwurfs als Gesetz mit rückwirkender Kraft könnte überdies den Zins im Inland hochtreiben.
In diesem Zusammenhang nur ein kurzes Wort zur Diskonterhöhung. Generell kann eine Diskonterhöhung schon das Einströmen von Auslandsgeldern bewirken. Die Beurteilung der Diskonterhöhung ist davon abhängig, wie sich die Rentenwerte entwickeln werden. Fallen diese Kurse stärker -was infolge der insgesamt als hoch zu bezeichnenden Anleihbedürfnisse zu erwarten :ist -, dann erhöht sich die Rendite unter Umständen so, daß trotz Kuponsteuer festverzinslicher Wertpapierbesitz in ausländischer Hand wieder interessant wird. Im übrigen verbleibt dem ausländischen Anleger immer die Möglichkeit des Ausweichens von Rentenpapieren zu Aktien.
In der gegenwärtigen konjunkturellen Situation kann aber davon ausgegangen werden - amtliche Verlautbarungen bestätigen diese Annahme -, daß durch 'die Ankündigung der Kuponsteuer das heiße Geld bereits 'abgeflossen ist. Es wird also durch die Kuponsteuer nicht mehr erfaßt. Unter diesem Gesichtspunkt kann .ein Verzicht auf die Kuponsteuer keinen Run 'auf deutsche Rentenwerte auslösen. Diese Überlegungen und Feststellungen müßten zu einer Ablehnung der Kuponsteuer führen; dabei sind noch nicht einmal die erheblichen technischen Schwierigkeiten berücksichtigt.
Nun sehen aber Bundesregierung und Bundesbank in dieser Maßnahme ein Mittel, das geeignet sein soll, die Preisstabilität sichern zu helfen. Ohne hier den Grad des Einflusses beurteilen zu wollen, ist in einer 'solchen Situation die Opposition bereit, solche Bemühungen um Wahrung der Preisstabilität nicht durch ein Nein zu diesem umstrittenen Gesetz zu erschweren. Wir werden uns daher .der Stimme enthalten.
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Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Imle.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst auf zwei Bemerkungen meiner beiden Vorredner etwas sagen, soweit sie sich auf die Ausführungen eines früheren Reichsbankpräsidenten bezogen. Ich bin hier der Meinung, daß wir uns in der Sache völlig einig sind. Aber ob der Geschichte selbst nicht zuviel Ehre dadurch angetan wurde, daß wir 'im Parlament noch darüber reden, erscheint mir sehr fraglich. Denn wir müssen wohl auch berücksichtigen, daß 'der Inhalt dieser Ausführungen doch sehr angegriffen werden kann und manche Passagen völlig falsch sind, da sie aus unserer heutigen Sicht beurteilt werden müssen.
Zu Herrn Kollegen Möller noch folgende Bemerkung. Sie haben von einem Vertrauensschwund des Auslandes gesprochen. Ich möchte zunächst betonen, daß, wenn wir dieses Gesetz heute verabschieden, mit der jetzt vorzunehmenden Besteuerung der Zinsen, was bei der Ausgabe der Anleihe nicht angekündigt war, durchaus kein Rechtsbruch enthalten ist. Denn allein in der Ausgabe zu einem bestimmten Zinssatz, ohne daß eine Quellensteuer darauf ruht, liegt nicht die Zusicherung, daß das für alle Zukunft und immer so bleiben muß; es ist durchaus möglich, eine solche Besteuerung nachträglich einzuführen.
Ich darf aber auch zu dem Gesetz als solchem für meine Fraktion sagen, daß die Vorlage absolut keine ungeteilte Zustimmung bei uns erhalten hat und daß wir sehr eingehende Diskussionen darüber geführt haben. Allerdings muß auch folgendes betont werden: Sie haben beide, insbesondere Herr Dr. Luda, sehr ausführlich auf die Notwendigkeit hingewiesen, die aus dem Ausland auf uns zukommende Kapitalzufuhr irgendwie zu drosseln, um auf jeden Fall unsere Währung in Ordnung zu halten und um ein Absinken zu verhindern. Wir müssen eigentlich mit Befriedigung feststellen, daß allein schon die Vorlage die Wirkung gehabt hat, daß tatsächlich ein großer Abfluß eingetreten ist; denn mit der Ankündigung des Gesetzes hat der Zustrom ausländischen Kapitals Ende März 1964 aufgehört. Während im Jahre 1963 von den gesamten 12 Milliarden DM noch 2 Milliarden DM von Auslandskäufern finanziert wurden, hörte das nach März auf, und nach Rückflüssen von 575 Millionen DM im zweiten Quartal halten sich seit dem dritten Quartal die An- und Verkäufe von Ausländern am Rentenmarkt die Waage. Ich glaube, 'damit war schon ein wesentlicher Erfolg erzielt, der mit diesem Gesetz beabsichtigt war.
Es ergab sich nun allerdings die Frage, ob das Gesetz, wenn es schon diese Wirkung hat, überhaupt noch verabschiedet werden müßte. Man darf hierbei aber nicht vergessen, daß die abgezogenen 575 Millionen DM gewissermaßen in den Wartestand gegangen sind, um dann, wenn das Gesetz nicht kommt, sofort wieder in den deutschen Markt einzufließen. Wir glauben, daß das sehr bedenklich gewesen wäre. Im übrigen ist bei fast allen Auslandskäufern kein Schaden eingetreten, weil mit fast allen Käuferländern entsprechende Doppelbesteuerungsabkommen bestehen. Das oberste Gebot, worauf Sie beide vorhin hingewiesen haben, ist aber die Erhaltung unserer Währung. Wir wissen, daß auch bei der gesamten Bevölkerung die Erhaltung der Währung, ein Ablehnen des Absinkens der Währung das erste Anliegen ist.
Schwierige Probleme waren bei dieser Vorlage zu regeln. Sie sind vorhin angesprochen worden. Wir sind aber auch der Meinung, daß mit dem jetzt vorgelegten Vorschlag des Finanzausschusses dem Anliegen am besten Rechnung getragen wird.
Wenn wir mit Absicht keine zeitliche Begrenzung in dieses Gesetz hineingebracht haben, so ist das darauf zurückzuführen, daß eine solche alle diejenigen auf den Plan gerufen hätte, die mit ihren Käufen, die sie ja jetzt versteuern müßten, abwarten wollten, um dann, wenn das Gesetz ausgelaufen wäre, wieder in verstärktem Umfang auf den deutschen Mark zuzukommen. Wir sind daher der Meinung, daß diese zeitliche Begrenzung nicht in das Gesetz hineingenommen werden durfte, daß allerdings aus besonderen verfassungspolitischen Gründen auch der Regierung keine Ermächtigung gegeben werden sollte, das 'Gesetz von sich aus wieder außer Kraft zu setzen. Wir Freien Demokraten sind aber der Auffassung, daß eis notwendig ist, dieses Gesetz, wenn es eines Tages aus konjunkturpolitischen Gründen erforderlich sein sollte, daß wieder eine stärkere Kapitalzufuhr aus dem Ausland einsetzt, dann auf parlamentarischem Wege sehr schnell wieder aufzuheben.
Wir werden daher insgesamt gesehen dem Gesetz unsere Zustimmung geben.
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Das Wort hat der Herr Bundesminister Schmücker!
Herr Präsideht! Meine Damen und Herren! Nach den Ausführungen der drei Herren Vorredner scheint es wohl unstrittig zu sein, daß dieses Gesetz angenommen wird. Darum möchte ich mich auch sehr kurz fassen.
Ich freue mich über Ihre Formulierung, Herr Kollege Luda. Es ist so: Wer eine harte Währung will, der muß auch harte Entscheidungen fällen, und wer den Weg der Bequemlichkeit geht, der hat meistens keine Aussicht, die Währungsverhältnisse, die wirtschaftlichen Verhältnisse überhaupt stabil zu erhalten.
Herr Kollege Möller, ich lege Wert darauf, Ihnen eine Erwiderung zu geben, wenn ich auch nicht den Versuch machen will, Sie zu überzeugen. Sie haben nämlich noch einmal gesagt, es könne nicht bestritten werden, daß ein Vertrauensverlust eingetreten sei. Nun gut, ich übernehme dieses Wort. Ich frage mich aber: bei wem ist dieser Vertrauensverlust eingetreten? - Natürlich bei denjenigen, deren Geld wir nicht haben wollten. Dieses unversteuerte Geld - ich muß Wert darauf legen, das wieder zu betonen , konnte bisher in Deutschland Unterschlupf finden. Es konnte kommen, wann es wollte, und es konnte auch gehen, wann es wollte. Dadurch entstand natürlich eine Unsicherheit, eine Unsicherheit, von der ich meine, 'daß wir sie auch dann hätten beseitigen sollen, wenn kein dringender konjunkturpolitischer Anlaß bestanden hätte.
Nun sahen wir aber zu Beginn des Jahres, daß durch die erhöhte Liquidität eine Gefahr für uns entstand, und wir mußten handeln. Wir freuen uns, daß schon die Ankündigung eine Wirkung in diesem Ausmaß gehabt hat. Herr Kollege Möller, ich darf Sie an eine Resolution erinnern, die wir vor zweieinhalb Jahren in diesem Hause einstimmig gefaßt haben, eine Resolution, welche die Bundesregierung aufforderte, in Verhandlungen dafür zu sorgen, daß das internationale Steuergefälle beseitigt werde. Anlaß war damals der große Arger in der deutschen Öffentlichkeit über deutsche Steuerflüchtige, die ins Ausland gingen. Nun 'meine ich, wenn der umgekehrte Fall eintritt, sind wir selbstverständlich gehalten, wenn sich bei uns Steueroasen 'bilden, diese zu schließen. Meine Damen und Herren, dies und nicht mehr geschieht mit diesem Gesetz. Wenn schon von Vertrauensverlust gesprochen wird, halte ich es für notwendig zu 'betonen, bei welchem Kreis dieser Verlust eingetreten ist, nämlich genau bei dem Kreis, der auch getroffen werden sollte.
Nun möchte ich noch etwas zu der Frage sagen, ob es sich hier um eine nur konjunkturpolitische
Maßnahme - und damit, Herr Kollege Imle, beantworte ich auch Ihre Anregung - handelt oder um eine Maßnahme der Steuerpolitik. Meine Damen und Herren, ich weiß nicht, weshalb man diese beiden Aspekte der Politik immer so behandelt, als seien sie von Natur aus gegensätzlich. Es kommt doch darauf an, daß man die Steuerpolitik, die Gesetzgebung überhaupt, so gestaltet, daß sie sich möglichst langfristig konjunkturpolitisch günstig auswirkt, und das bedeutet für die Steuergesetzgebung, daß wir optimal die Gleichmäßigkeit anzustreben haben. Wenn wir auf lange Sicht gesehen und für einen weiten Kreis - ich meine das international gesehen - die Gleichmäßigkeit der Besteuerung sicherstellen, dann erhalten wir doch aus dieser Gleichmäßigkeit ein Aktivum, ich möchte sagen: eine Begünstigung auch der Gleichmäßigkeit der konjunkturellen Entwicklung. Aus dieser Überlegung heraus ergibt sich von selbst, daß eine Befristung in diesem Gesetz mit dem Sinn dieses Gesetzes kaum zu vereinbaren wäre.
Nun noch eine letzte Bemerkung zu den Ausführungen des Herrn Kollegen Möller, der behauptet hat, die Bundesregierung habe die konjunkturelle Entwicklung falsch eingeschätzt. Meine Damen und Herren, wir sind in der Tat froh darüber, daß die Entwicklungen nicht so eingetreten sind, wie man zeitweilig zu Beginn des vergangenen Jahres befürchten mußte, und zwar gerade auf Grund des Einströmens ausländischen Geldes befürchten mußte. Warum ist diese Entwicklung aber nicht so eingetreten? Weil die Bundesregierung, weil die Bundesbank und auch dieses Hohe Haus die Maßnahmen ergriffen haben, die notwendig waren, um ein Überschäumen der Konjunktur zu verhindern. Ich darf daran erinnern, daß die Importvergünstigung durch die Zollvorlage so stark wurde, daß wir im zivilen Bereich im vergangenen Jahr auf der Importseite eine Steigerung von 17 % gegenüber einer Exportsteigerung von etwa 11 % zu verzeichnen hatten.
Daraus haben sich Rückwirkungen ergeben, die beruhigend auf die gesamte konjunkturelle Situation gewirkt haben. Herr Kollege Luda hat ja die Zahlen genannt; er hätte auch die Zahlen von Dezember nennen können; dann hätte er die Zahl 2,3 % hier erwähnen dürfen, die zwar nicht befriedigt, nicht beruhigt, die aber immerhin gegenüber den Erwartungen zu Beginn des Jahres einen außerordentlichen Erfolg darstellt, einen Erfolg - ich sage es nochmals - auf Grund der Bemühungen, die dieses Hohe Haus, die Bundesregierung und die Bundesbank unternommen haben.
({0})
- Meine Damen und Herren, ich wäre Ihnen sehr dankbar - denn ich halte es für außerordentlich wichtig -, wenn Sie trotz der Schwierigkeit dieses Themas einen Moment achtgäben; denn nach allen Umfragen achtet die deutsche Bevölkerung mehr als auf jede andere politische Tätigkeit auf die Wahrung der Stabilität. Hier wird ein Gesetz beschlossen, das ganz wesentlich dazu beigetragen hat und dazu beitragen soll, daß die Stabilität auch weiterhin gewahrt wird,
({1})
und so, wie wir es im vergangenen Jahr nach den düsteren Aussichten vom Januar/Februar schließlich geschafft haben, die Konjunktur zu beruhigen, weil entschiedene Maßnahmen getroffen worden sind, müssen wir uns klar darüber sein, daß es auch in diesem Jahr notwendig sein wird, dort, wo die Konjunktur überschäumt, einzugreifen. Ich lege Wert darauf zu betonen, daß ich mich dagegen wehre, daß in der Öffentlichkeit bei interessierten Kreisen immer stärker das Gerücht verbreitet wird, die Bundesregierung, die Bundesbank und auch die Gutachter hätten sich schon damit abgefunden, daß eine Preissteigerung von etwa 3 % unvermeidbar sei. Pressemeldungen, die behaupten, ich hätte so etwas gesagt, sind falsch oder - um eine Pressemeldung von vorgestern zu zitieren - tollkühn. Es ist doch völlig unmöglich, sich damit abzufinden, daß eine Preissteigerung, auch wenn sie geringer ist als in den Nachbarländern, wie ein Naturgesetz über uns kommt. Gerade das letzte Jahr hat doch bewiesen, daß wir in der Lage sind, Maßnahmen zu ergreifen, wenn wir nur den Mut haben, sie durchzuführen.
Dieses Gesetz, das doch dazu beigetragen hat, den Überschuß in der Zahlungsbilanz, der an sich aus der Handelbsbilanz hätte eintreten müssen, glatt zu eliminieren, wird einen wesentlichen Beitrag leisten. Ich habe die Bitte, daß wir uns auch bei den übrigen konjunkturpolitisch relevanten Gesetzen, aber nicht nur bei der gesamten politischen, sondern auch bei der vorpolitischen Tätigkeit, gemeinsam Mühe geben - denn nur wir gemeinsam können es schaffen -, die Stabilität zu wahren. Ich danke dem Hohen Hause, daß wir heute ein weiteres wichtiges Instrument für diese Arbeit in die Hand bekommen haben.
({2})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache in der dritten Beratung ist geschlossen.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Einkommensteuergesetzes, des Körperschaftsteuergesetzes und des Kapitalverkehrsteuergesetzes zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben.- Danke. Die Gegenprobe bitte! - Eine Gegenstimme. Enthaltungen? - Bei Enthaltung der sozialdemokratischen Fraktion ist das Gesetz mit Mehrheit angenommen.
Vereinbarungsgemäß wird jetzt Punkt 23 der Tagesordnung aufgerufen:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über das Verfahren bei Änderungen des Gebietsbestandes der Länder nach Artikel 29 Abs. 7 des Grundgesetzes ({0});
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Inneres ({1}) ({2}).
Das Wort hat der Berichterstatter, der Abgeordnete Schmitt-Vockenhausen. - Ich bitte um etwas Ruhe im Haus, meine Damen und Herren!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren, Niedersachsen hat in letzter Minute den Wunsch geäußert, eine Umformulierung vorzunehmen. Ich hätte gern, wenn es möglich wäre - die Frage ist in fünf Minuten mit dem Innenministerium geklärt -, daß wir den Punkt 23 noch einige Minuten zurückstellen. Ich weiß, daß es in dieser Minute eine Zumutung an das Hohe Haus ist, aber ich wäre dankbar, wenn wir das noch klären könnten.
Es ist in der Tat eine Zumutung. Es war eine Vereinbarung, und ich möchte mich an die Vereinbarung halten.
({0})
Ich wäre wirklich sehr dankbar, weil Niedersachsen in bezug auf die Formulierung des § 8 einen dringenden Wunsch vorträgt, den wir mit dem Bundesinnenministerium noch abstimmen können.
({0})
17 Uhr 30, einverstanden! Ich muß mir allerdings überlegen, welchen Punkt. wir vorziehen können, um in der Sitzung fortzufahren, wenn der eine Punkt nicht ausreicht, die Lücke zu füllen.
Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung ({0}) über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Ergänzung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages ({1}).
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Benda. Herr Abgeordneter Benda hat das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
({0})
Gestatten Sie, Herr Kollege, daß ich Sie unterbreche. Meine Damen und Herren, ich muß mit aller Entschiedenheit bitten, daß Ruhe eintritt und die Unterhaltungen sich nicht in diesem Raum abspielen. Ich bitte, das zu beachten. - Darf ich die Damen und Herren, die jetzt stehen und . sich unterhalten, auffordern, die Plätze einzunehmen oder die Unterhaltungen draußen fortzusetzen. So geht es auf die Dauer nicht.
Ich darf einen Hinweis des Herrn Abgeordneten Benda aufgreifen und das Haus fragen, ob der Herr Wehrbeauftragte, der zu diesem Punkt eigentlich hier sein müßte, herbeigerufen werden soll? Sind Sie der Meinung, daß es nicht nötig ist?
({0})
- Das hatte ich nicht gehört. Aber es soll dabei bleiben.
Dann Herr Abgeordneter Benda!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte lediglich in Zusammenfassung des Ihnen vorliegenden Schriftlichen Berichts noch einmal herausstellen, daß es 'sich bei der Frage deis - ich sage es bewußt - sogenannten Rederechts des Herrn Wehrbeauftragten nach übereinstimmender Meinung der beteiligten Ausschüsse, des Geschäftsordnungsausschusses und des Verteidigungsausschusses, an sich nicht so sehr um ein Rederecht des Herrn Wehrbeauftragten, sondern um seine Verpflichtung handelt, vor diesem Hohen Hause, das ihn gewählt hat und dem er in seiner Tätigkeit verantwortlich ist, Rechenschaft über seine Tätigkeit abzulegen und Berichte zu erstatten.
Ein Recht, in diesem Hause zu 'sprechen, haben nach Art. 43 Abs. 2 des Grundgesetzes, abgesehen von den Mitgliedern dieses Hauses, nur die Mitglieder der Bundesregierung und die Mitglieder des Bundesrates. Wollte man dem Wehrbeauftragten ein solches Recht einräumen, müßte die Verfassung geändert werden.
Es handelt sich also, wie ich noch einmal sagen möchte, um seine Verpflichtung, hier zu erscheinen und, wenn das Haus es verlangt, Berichte abzugeben.
({0})
- Herr Kollege Schäfer, um das Fragerecht und die entsprechende Berichtspflicht des Herrn Wehrbeauftragten.
Ich möchte als Berichterstatter noch eine Nebenbemerkung machen. An sich ist sie etwas deplaziert, weil der Herr Wehrbeauftragte offenbar noch nicht da ist. Ich möchte es alber dennoch erwähnen. Im mitberatenden Verteidigungsausschuß hat auch die Frage des Platzes des Herrn Wehrbeauftragten in diesem Hause eine gewisse Rolle gespielt. Es bestand Einigkeit darüber, daß der Herr Wehrbeauftragte einen angemessenen Platz haben soll. Wäre jetzt der Herr Wehrbeauftragte da, würde ich sagen, daß diejenigen Mitglieder des Hauses, die auf der von mir aus gesehen linken Seite sitzen, ihn sehen könnten und sich überzeugen könnten, daß er da ist. Die Kollegen auf der anderen Seite könnten es nicht. Sie könnten ihn nicht sehen. Für diejenigen, die ihn nicht sehen können, darf ich sagen, daß sich der Platz des Wehrbeauftragten im hinteren Kampfgebiet hinter dem Gefechtsstand des Herrn Bundestagspräsidenten befindet. Ich würde mir in Übereinstimmung mit dem Verteidigungsausschuß die Anregung erlauben, die Frage des Platzes des Herrn Wehrbeauftragten noch einmal zu überprüfen und vielleicht einer besseren Lösung zuzuführen.
({1})
Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Vizepräsident Schoettle
Zu dem Antrag des Ausschusses auf Drucksache IV/2797 Seite 2 liegt ein Änderungsantrag des Abgeordneten Dr. Jaeger und der Fraktion der CDU/ CSU auf Umdruck 529 *) vor. Soll dazu gesprochen werden? - Herr Abgeordneter Dr. Jaeger hat das Wort.
Meine Damen und Herren! Ich will es so kurz machen wie der Herr Berichterstatter.
Die beiden Änderungen, die ich Ihnen vorzuschlagen habe, sind unterschiedlicher Natur. Die erste Änderung ist rein formeller Art und ändert an der Lage 'grundsätzlich nichts. Ich vertrete nur die Auffassung: Wir sollten auch bei den Berichten des Wehrbeauftragten diejenige Formulierung und diejenige Übung anwenden, die bereits bei anderen Vorlagen in diesem Hohen Hause angewendet wird. Ich verweise auf § 76 Abs. 2 der Geschäftsordnung, wo es heißt:
Regierungsvorlagen, die keiner Beschlußfassung bedürfen, kann der Präsident, ohne sie auf die Tagesordnung zu setzen, mit Zustimmung des Bundestages einem Ausschuß überweisen.
Genau nach dieser Formulierung ist die Formulierung gefaßt, die ich Ihnen hier unter Ziffer 1 vorzuschlagen habe. Sie heißt:
Berichte des Wehrbeauftragten kann der Präsident, ohne sie auf die Tagesordnung zu setzen, mit Zustimmung des Bundestages dem Ausschuß für Verteidigung überweisen.
Ich glaube, im Sinne der Einheitlichkeit der Geschäftsordnung sollte man diesen Weg gehen. Er verkürzt die Rechte des Hauses in keiner Weise. Im Gegenteil, er betont sie noch etwas stärker, weil hier ausdrücklich auf die Zustimmung des Hauses hingewiesen worden ist.
Etwas anders ist es mit 'der unter Ziffer 2 von mir vorgeschlagenen Änderung. Hier geht es nicht nur um einen formellen, sondern auch um einen inhaltlichen Unterschied. Der Herr Berichterstatter hat schon mit Recht darauf hingewiesen, daß es sich nicht um ein Recht des Wehrbeauftragten handelt, hier zu sprechen. Er hat das Recht und die Pflicht, einen Schriftlichen Bericht zu erstatten. Es handelt sich um ein Recht des Hauses, ihn zu Kommentaren über diesen Bericht oder über Aussprachen in diesem Hause zu veranlassen. Wenn das der Fall ist, muß auch diese Frage inhaltlich und formell heute so geregelt werden, wie sie in ähnlich gelagerten Fällen geregelt ist. Ich darf auf § 46 der Geschäftsordnung verweisen:
Jeder Abgeordnete kann die Herbeirufung eines Mitgliedes der Bundesregierung beantragen. Der Antrag bedarf der Unterstützung von 30 anwesenden Abgeordneten. Über den Antrag entscheidet der Bundestag mit einfacher Mehrheit.
*) Siehe Anlage 4
Ebenso schlagen wir hier vor:
({0}) Jedes Mitglied 'des Bundestages kann die Herbeirufung des Wehrbeauftragten zu den Sitzungen des Bundestages beantragen. Der Antrag bedarf der Unterstützung von 30 anwesenden Mitgliedern des Bundestages. Über den Antrag entscheidet der Bundestag mit einfacher Mehrheit.
Ich vertrete die Auffassung, daß es Angelegenheit des ganzen Hauses, d. h. also der 'Mehrheit, ist, zu entscheiden, ob ein Minister oder ob der Wehrbeauftragte herbeigerufen wird und 'daß dies nicht eine Angelegenheit einer Minderheit, schon gar nicht einer so geringen Minderheit, wie sie hier in dem Bericht des Geschäftsordnungsausschusses vorgesehen ist, sein kann. Denn nur 30 Mitgliedern des Hauses ein solches Recht zu geben, könnte jedenfalls dann zu einem Mißbrauch führen, wenn bei gelegentlichen Neuwahlen wieder einmal - wie schon in der Vergangenheit - eine Gruppierung auf der linken oder rechten Seite 'des Hauses in den Bundestag einziehen sollte, die am Rande des Verfassungslebens steht.
Deshalb meine ich, daß man nicht nur aus grundsätzlichen, sondern auch aus solche praktischen, vorbeugenden Gesichtspunkten heraus eine Regelung treffen sollte, die den üblichen Regelungen der Demokratie entspricht. Ich darf Sie deshalb bitten, sowohl den formellen Antrag in Ziffer i wie den sachlichen Änderungsantrag in Ziffer 2 anzunehmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Schäfer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Man wird dem Punkt i zustimmen können. Aber bei Punkt 2 bitte ich Herrn Dr. Jaeger, doch noch folgendes zu überlegen. Der Herr Berichterstatter hat mit Recht angeführt, daß außer den Mitgliedern dieses Hauses nur die Mitglieder der Bundesregierung und die Mitglieder des Bundesrates das Recht haben, hier zu sprechen. Außerdem ist in der Verfassung ausdrücklich geregelt, daß der Bundestag, und zwar mit einfachem Mehrheitsbeschluß, jederzeit jeden Minister herbeirufen kann. Es ist ein Unterschied, Herr Dr. Jaeger, ob es sich um die Herbeirufung eines Bundesministers handelt, der in dieser Eigenschaft herbeigerufen wird, oder ob 30 Mitglieder dieses Hauses verlangen, daß, wie es im Gesetz heißt, das Hilfsorgan des Hauses dem Haus Rede und Antwort stehen soll. Es ist ein Unterschied, ob man ein anderes Verfassungsorgan oder einen Vertreter dieses Verfassungsorgans, nämlich die Bundesregierung, herbeiruft. Dann kann das nur mit einfacher Mehrheit geschehen. Wenn man aber sein eigenes Organ in Anspruch nimmt, dann muß auch das Minderheitsrecht insoweit Ausdruck in der Geschäftsordnung finden, als nicht die Mehrheit über den Antrag der Minderheit entscheidet.
So wie bekanntlich zum Zwecke der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses 25 % der Mitglieder dieses Hauses den Antrag stellen können und
dann der Untersuchungsausschuß zustande kommen muß, muß man sinngemäß sich klar sein, daß der Wehrbeauftragte ein Kontrollorgan ist, das für dieses Haus tätig ist, und dieses Haus in seinen eigenen Einrichtungen grundsätzlich das Minderheitsrecht anerkennt. Die Formulierung, die der Ausschuß vorgelegt hat, wonach die Unterstützung des Antrages durch 30 Abgeordnete genügt, entspricht dem Minderheitsrecht. Ihre Formulierung und Ihr sachlicher Wunsch bewegen sich auf einem ganz anderen Gebiet. Ich bin deshalb der Meinung, daß wir, der Gesamtgestaltung der Geschäftsordnung Rechnung tragend, Ihren Zusatzantrag ablehnen müssen.
Wird weiter das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann ist die Aussprache geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag. Ich denke, wir stimmen über die einzelnen Passagen am besten getrennt ab. Zunächst die Ziffer 1 des Umdrucks 529 zu § 116 b Abs. 1. Wer diesem Änderungsantrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke! Ich bitte um die Gegenprobe. - Eine Gegenstimme. Enthaltungen? - Der Antrag ist mit großer Mehrheit angenommen.
Wir kommen zur Abstimmung über Ziffer 2 des Umdrucks 529 zu, § 116 c Abs. 2. Wer diesem Änderungsantrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke! Die Gegenprobe! - Das Präsidium ist sich nicht einig, wir müssen auszählen. Ich gebe das Ergebnis der Auszählung bekannt. An der Abstimmung haben teilgenommen 361 Mitglieder des Hauses. Mit Ja haben gestimmt 170, mit Nein 189, enthalten haben sich 2. Der Antrag ist also abgelehnt.
Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses mit der Änderung, die durch die Abstimmung zu § 116 b Abs. 1 herbeigeführt worden ist. Wer dem Antrag des Ausschusses in der nunmehr geänderten Fassung zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Danke! Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Eine Enthaltung. Der Antrag ist angenommen.
Ich rufe auf den Punkt 23 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über das Verfahren bei Änderungen des Gebietsbestandes der Länder nach Artikel 29 Abs. 7 des Grundgesetzes ({0}) ;
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Inneres ({1}) ({2}).
Berichterstatter ist der Abgeordnete SchmittVockenhausen. Der Herr Berichterstatter hat das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Selbst bei einem Gesetz über eine ganz kleine Neugliederung geht es nicht ohne Schwierigkeiten. Die Landesregierung von Niedersachsen hat bei erneuter Prüfung des § 8 festgestellt, daß noch ein Zusatzabkommen zwischen Hamburg und Niedersachsen endgültig abgeschlossen werden muß. Es liegt deshalb auf Umdruck 541 S) der Änderungsantrag des Kollegen Marquardt, der von Niedersachsen auch mit dem Bundesinnenministerium abgestimmt worden ist, zur zweiten Lesung vor:
In § 8 Abs. 2 letzter Halbsatz werden die Worte „geht mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes auf die Freie und Hansestadt Hamburg über" durch die Worte „geht auf die Freie und Hansestadt Hamburg über, sobald die Grenzen im einzelnen durch das in diesem Staatsvertrag vorgesehene Abkommen festgelegt sind" ersetzt.
Ich bitte, dem einstimmigen Votum des Ausschusses zu entsprechen und dieses Gesetz anzunehmen. Im übrigen darf ich darauf hinweisen, daß das Gesetz der Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder des Deutschen Bundestages bedarf.
Das heißt also praktisch, meine Damen und Herren, daß wir zunächst über den Änderungsantrag entscheiden müssen. Der Antrag betrifft § 8 Abs. 2. Ist der Wortlaut dem Hause bekannt?
({0})
- Wird das Wort dazu gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann können wir gleich über den Änderungsantrag des Abgeordneten Marquardt abstimmen. Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke! Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Keine Gegenstimmen, keine Enthaltungen. Der Antrag ist einstimmig angenommen.
Wir befinden uns in der zweiten Beratung des Gesetzes. Wird dazu das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Aussprache. Wir stimmen ab über die §§ 1, - 2, - 3, - 4, - 5, -6, - 7, - 8 in der jetzt geänderten Fassung -, 8 a, - 9, - 10, - Einleitung und Überschrift.
Wer den aufgerufenen Paragraphen zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke! Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Gesetz ist in der zweiten Beratung einstimmig angenommen.
Ich rufe den Gesetzentwurf zur
dritten Beratung
auf und eröffne die allgemeine Aussprache. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung. Das Gesetz bedarf nach Art. 29 Abs. 7 letzter Halbsatz des Grundgesetzes der Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder des Deutschen Bundestages. Wir ermitteln das Ergebnis durch Auszählen wie vorhin. Nament-
*) Siehe Anlage 11
Vizepräsident Schoettle
liche Abstimmung hätte in diesem Falle keinen Sinn; außerdem würde sie einen hohen Zeitaufwand erfordern.
Ich gebe das Ergebnis der Auszählung bekannt. An der Abstimmung haben sich 352 Abgeordnete beteiligt; mit Ja haben 351 gestimmt. Nein-Stimmen sind nicht abgegeben worden. Ein Mitglied des Hauses hat sich der Stimme enthalten. Der Gesetzentwurf ist demnach in dritter Beratung angenommen.
Vereinbarungsgemäß rufe ich jetzt Punkt 5 der Tagesordnung auf:
a) Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Sechzehnten Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes ({1})
aa) Bericht des Haushaltsausschusses ({2}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung ({3}) ;
bb) Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses ({4}) ({5})
b) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen ,der CDU/CSU, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Vermögensteuergesetzes ({6});
Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses ({7})
({8}).
Der Abgeordnete Dr. Artzinger hat als Berichterstatter das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Drucksache IV/ 2873 ist ein bedauerlicher Fehler unterlaufen. Es heißt hier: „Schriftlicher Bericht ... über den von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes - Drucksache IV/1659 - ...". Hierbei ist es versehentlich unterblieben, die SPD zu erwähnen. Es handelt sich um einen Antrag aller drei Fraktionen, der im Finanzausschuß angenommen worden ist und bei dem es um die Umsatzsteuerbefreiung der Forstwirtschaft geht. Ich bitte, das Versehen zu entschuldigen.
Ich eröffne die Aussprache in der zweiten Beratung und rufe den Art. 1 auf. Dazu liegen auf den Umdrucken 534 ({0}) * und 539 ** Änderungsanträge vor.
Das Wort zu dem Änderungsantrag Umdruck 534 ({1}) hat der Abgeordnete Jacobi.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In dem Schriftlichen Bericht des
*) Siehe Anlage 5 **) Siehe Anlage 6
Finanzausschusses - zu Drucksache IV/2873 -, der dem Hohen Hause vorliegt, findet sich nach einer kurzen Skizzierung einiger Befreiungstatbestände, über die sich bei den Ausschußberatungen ein Einverständnis ergeben hat, folgender Satz:
Von wesentlicher Bedeutung ist sodann die vom Ausschuß vorgeschlagene Gleichstellung der umsatzsteuerlichen Belastung bei öffentlich-rechtlichen, gemischtwirtschaftlichen und privaten Energieversorgungsunternehmungen.
Es wird hinzugefügt, daß es sich um eine Frage handele, die von politischer Aktualität sei. Wesentliche Bedeutung, politische Aktualität, - wer könnte diesen Feststellungen des Herrn Berichterstatters widersprechen!
In der Tat wird bei der hier angesprochenen Frage das wesentliche politische Kernstück der gesamten Novelle sichtbar, und was in diesem Zusammenhang für die Umsatzsteuerregelung gilt, das gilt ebenso für die in der Drucksache IV/2874 vorgesehene, die Vermögensteuer betreffende Parallelregelung. Der Ihnen von der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion vorgelegte Antrag, den ich zu begründen habe - Sie finden ihn auf Umdruck 534 -, begehrt die Streichung jener Bestimmungen, die den öffentlichen Energieversorgungsunternehmen für ihre Lieferungen an Letztverbraucher eine 1,5%ige Umsatzsteuerbelastung auferlegt. Der Antrag will es bei dem bisherigen Rechtszustand, also der Steuerfreiheit für die öffentlichen Unternehmen belassen. Er bezweckt vor allem, der drohenden Gefahr von Tariferhöhungen zu begegnen. Ich werde auf diesen Punkt alsbald zurückkommen. - Gestatten Sie mir jedoch zunächst eine kurze Vorbemerkung, die die beabsichtigte Neuregelung für die öffentlichen Unternehmen betrifft und von größter praktischer Bedeutung ist.
Bei dem vorliegenden Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bewertungsgesetzes und des Vermögensteuergesetzes fällt auf, .daß in dem vorgesehenen § 73 c Abs. 1 Ziffer 1 des Bewertungsgesetzes eine Formulierung gewählt worden ist, die von der bisherigen Formulierung des § 3 a des Vermögensteuergesetzes abweicht. In § 3 a Ziffer 3 des Vermögensteuergesetzes in der bisherigen Fassung war die Steuerfreiheit für dasjenige Vermögen der Betriebe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände festgelegt - ich zitiere wörtlich -:
... das der öffentlichen Versorgung mit Wasser, Gas, Strom oder Wärme dient.
Hierzu hat die Finanzverwaltung Ausführungsanweisungen erlassen, die - soweit ich es übersehen kann - eine im ganzen befriedigende Regelung darstellen. Ich möchte festhalten, daß die nunmehr gewählte Formulierung, die von einem Betriebsvermögen spricht,
das unmittelbar und nicht nur vorübergehend der Erzeugung, Lieferung und Verteilung von Gas, Strom oder Wärme zur öffentlichen Versorgung dient ...
Jacobi ({0})
- soweit das Zitat - keine Änderung gegenüber dem bisherigen Rechtszustand hinsichtlich der Abgrenzung des steuerbegünstigten und des voll steuerbegünstigten Vermögens beabsichtigt. Eine Rückfrage im Bundesfinanzministerium hat Übereinstimmung mit einer entsprechenden Interpretation ergeben. Ich möchte dies hier ausdrücklich festhalten und bemerken, daß wir nur unter dieser Voraussetzung darauf verzichten, einen Änderungsantrag zu § 73 Abs. 1 Ziffer 1 mit dem Ziel, den früheren Wortlaut des § 3 a des Vermögensteuergesetzes wiederherzustellen, vorzulegen.
Im Rahmen dieser Vorbemerkung eine ebenfalls für die Praktizierung der Bestimmungen unerläßliche Feststellung zum Umsatzsteuergesetz, und zwar zu Art. 3 Abs. 1 Ziffer 2. Versorgungsunternehmen rechnen 'bekanntlich auf Grund der Zählerablesung in bestimmten Zeiträumen ab, deren Länge je nach dem gewählten Abrechnungssystem unterschiedlich ist. Sofern der im Gesetz bezeichnete Stichtag, nämlich der 31. März 1965, in eine Abrechnungsperiode fällt, muß eine Aufteilung der Lieferungen, und zwar pro rata temporis, in einen steuerfreien und in einen steuerpflichtigen Teil vorgenommen werden. Wir dürfen erwarten - ich befinde mich in diesem Punkt in völliger Übereinstimmung mit dem Herrn Kollegen Dr. Burgbacher, mit dem ich vor einigen Tagen über die sich hier ergebende Problematik gesprochen habe -, daß die Finanzverwaltung eine diesbezügliche Regelung in einer Verwaltungsanordnung trifft. Sie ist praktisch einfach unerläßlich.
Nach diesen Vorbemerkungen darf ich mich nunmehr 'der Hauptsache zuwenden. Meine Damen und Herren, wir haben diese Hauptsache anläßlich der ersten Lesung am 30. April 1964 und in den Beratungen der 'beteiligten Ausschüsse mehr oder weniger ausführlich diskutiert. Ich möchte deshalb auf die hierbei gemachten Ausführungen, besonders auf die erwähnte Plenardebatte Bezug nehmen. Dies gilt besonders für die Darlegung der Gründe, die seinerzeit zu der bis jetzt aufrechterhalten gebliebenen Befreiung der Versorgungsunternehmen der öffentlichen Hand geführt haben. Bereits 'bei der erwähnten ersten Plenarberatung, vor allem aber in den Ausschußberatungen, hat die Frage wieder und wieder eine Rolle gespielt, ob die Befreiung der Versorgungsunternehmen der öffentlichen Hand von der Umsatz- und Vermögensteuer gegen den Gleichheitsgrundsatz verstößt. Die sozialdemokratische Opposition verneint diese Frage unverändert, und zwar aus folgenden Gründen:
Der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung findet dort seine Grenze, wo sich der Staat aus Gründen volkswirtschaftlicher Zweckmäßigkeit oder zur Erreichung bestimmter wirtschaftspolitischer Ziele des Instruments der Besteuerung bedient. Unser Steuerrecht ist durchsetzt mit Vorschriften, die solchen Überlegungen ihre Entstehung verdanken.
Ich kann die Situation auf diesem Gebiet nicht besser kennzeichnen als mit den Worten, mit denen Senatspräsident Dr. Hartz ({1}) das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 5. November 1964 in der
Zeitschrift „Der Betrieb" 1964 Nr. 51 kommentiert. Dr. Hartz bemerkt - ich bitte um die Erlaubnis des Herrn Präsidenten, dieses kurze Zitat vortragen zu
dürfen -:
Hält man überhaupt die Erreichung bestimmter wirtschaftspolitischer Ziele durch die Besteuerung für verfassungsrechtlich zulässig, so muß man die damit zwangsläufig gegebenen Verletzungen der Gleichmäßigkeit der Besteuerung in Kauf nehmen. Die Gleichmäßigkeit der Belastung war bei den älteren Steuersystemen, die nur der Deckung des öffentlichen Finanzbedarfs im klassischen Sinne dienen wollten, zweifellos ein Ordnungsprinzip ersten Ranges. In den modernen Steuersystemen, in denen die Besteuerung weithin ein Mittel zur Lenkung wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Entwicklungen geworden ist, tritt der Gedanke der Gleichmäßigkeit der Belastung gegenüber dem der volkswirtschaftlichen Zweckmäßigkeit in den Hintergrund.
In der Tat, meine Damen und Herren, kann kein moderner Staat auf dieses Mittel verzichten. Wenn dem aber so ist, dann kann die Steuerbefreiung der Versorgungsunternehmen der öffentlichen Hand nicht einfach als auf sachfremden Erwägungen beruhend abgetan werden. Hier liegen, wie ich bei der ersten Lesung des ursprünglichen Initiativgesetzentwurfs in der 125. Sitzung am 30. April 1964 bereits dargelegt habe, in der Tat wichtige volkswirtschaftliche und gesellschaftspolitische Überlegungen im Hinblick auf die gemeinwirtschaftliche Verpflichtung der Unternehmen vor, die vor Jahrzehnten zur Einführung der Steuerfreiheit geführt haben. Sie rechtfertigen nach meiner Überzeugung und nach der Überzeugung meiner Freunde auch heute noch diese Steuerfreiheit voll und ganz. Sie würden sie auch vor dem Bundesverfassungsgericht rechtfertigen.
Im übrigen sind Sie ja doch nach Lage des Falles selbst gelegentlich durchaus bereit, eine ungleiche Behandlung als vertretbar anzusehen. Darf ich hierfür ein sozusagen taufrisches Beispiel anführen: Im Bundeswirtschaftsministerium ist soeben ein Gesetzentwurf vorlagereif geworden, der zur Unterstützung der Kohle den kohleverbrauchenden Kraftwerken in einem ganz erheblichen Umfange die Bildung steuerfreier Rücklagen einräumen soll. Zur Sache selbst möchte ich hier nichts sagen, aber ich muß folgendes feststellen. Hier findet in eklatanter Weise aus volkswirtschaftlichen Gründen eine ungleiche Behandlung gleichartiger Unternehmen statt, und hierbei wird interessanterweise nicht der Einwand erhoben, daß eine solche Regelung den Gleichheitsgrundsatz verletze und unzulässig sei.
Nur am Rande sei vermerkt, daß auch bei anderen Gelegenheiten steuergesetzliche Regelungen erfolgt sind, die bewußt als wirtschaftspolitisches Instrument eingesetzt werden. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an § 6 b des Einkommensteuergesetzes.
Zurück zur Debatte vom 30. April 1964. Bereits damals ist von uns darauf hingewiesen worden, daß
Jacobi ({2})
es falsch sei, die Folgen der Gesetzesänderung in der Weise zu bagatellisieren, wie es vielfach - und nicht zuletzt im Hause des Herrn Bundeswirtschaftsministers - geschehen ist. Gerade diese Seite meiner damaligen Darlegungen hat in den letzten Wochen eine besondere, und ich muß sagen: unerfreuliche Aktualität gewonnen.
Die Energiepreise sind in Bewegung geraten, und diese Bewegung wird durch die vorgesehene Steuerbelastung nolens volens einen zusätzlichen Auftrieb erhalten. Wir geben erneut unserer Sorge darüber Ausdruck, daß die Mehrheit dieses Hauses die Augen vor dieser unerfreulichen Konsequenz verschließt, daß sie gewisse Tatsachen nicht genügend beachtet. Das einzige, meine Damen und Herren, was Sie in diesem Zusammenhang bei den Ausschußberatungen nicht bestritten haben, ist die drohende weitere Verschlechterung der Gemeindefinanzen. Bei dieser Erkenntnis ist es aber geblieben; Schlüsse daraus haben Sie leider nicht gezogen, sondern Sie haben lediglich - entschuldigen Sie, ich kann es nicht anders ausdrücken - Trostsprüche von sich gegeben, so den Hinweis, es müßten bei den Folgekosten bei Straßenumbauten oder Straßenneubauten und damit verbundenen Leistungsverlegungen finanzielle Erleichterungen für die betroffenen Unternehmen eingeführt werden. Eine solche Erklärung und ähnliche Vertröstungen, die sich in einem Beschluß des Wirtschaftsausschusses zu dieser Sache finden, sind leider völlig unsichere und unzulängliche Wechsel auf die Zukunft.
Wie ist die Lage? In einer globalen Berechnung, die die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände und der Verband kommunaler Unternehmen in ihrer Eingabe vom 27. April 1964 diesem Hohen Hause vorgelegt haben, wurde die Mehrbelastung mit Umsatz und Vermögensteuer mit rund 2 % angegeben. Eine Überprüfung hat ergeben, daß dieser Satz zum Teil noch höher liegt. Es ist nun leicht gesagt, 2 % vom Umsatz seien so unbedeutend, daß die Unternehmen eine solche Belastung leicht auffangen könnten. Wer so argumentiert, vergißt, daß die Kostensituation eines Unternehmens sich in der Regel aus mehreren, und zwar häufig gegenläufigen Tendenzen ergibt. Ob eine zusätzliche Belastung von 2 % getragen werden kann oder nicht, ob sie beträchtlich ist oder nicht, hängt von zahlreichen Faktoren ab. Die Ereignisse der letzten Zeit haben eindeutig bewiesen, daß unsere Ihnen wiederholt vorgehaltene besorgte Prognose richtig war. Wir befinden uns an einem Punkt der Entwicklung, wo empfindliche Mehrbelastungen zu Konsequenzen führen. Sie müssen sich mit Sicherheit ergeben, wenn mehrere Kostensteigerungen zusammentreffen, wie es im gegenwärtigen Zeitpunkt der Fall ist.
Beispiele aus ,der Praxis zeigen eindeutig, wie sich die geplante neue Steuerbelastung der bisher steuerfreien Unternehmen unter Berücksichtigung anderer, inzwischen offenkundig gewordener Kostensteigerungen auswirken würde. Sie erreicht bei vielen kommunalen Unternehmen 4,3 %, 4,7 %, ja 5,4 % des Umsatzes. Hierbei ist 'die Wasserversorgung, die diese Unternehmen betreiben, ebenso außer Betracht gelblieben wie die Nahverkehrsbetriebe, wo sich besonders hohe Kostensteigerungen ergeben haben. Ich lasse Isie aber in Idiesem Zusammenhang einmal dahingestellt, obwohl sich bei den Verkehrsbetrieben die Verluste empfindlich vergrößern und damit die Gesamtsituation der Unternehmen weiter erschwert.
Die Zahlen, die ich Ihnen soeben nannte, sind unter Miteinrechnung .der Mehrbelastungen ermittelt worden, die sich im Jahre .1965 - bzw., wenn ich die Vermögensteuer einbeziehe, im Jahre 1966 - für die Unternehmen ergeben werden. Nur ein konkretes Beispiel! Es betrifft ein mittleres Unternehmen. Dieses Unternehmen hat seine Verbrauchertarife für Strom, Gas und Fernwärme zum letzten Male am 1. Januar 1959 erhöht. Für die Gasversorgung wurde 1962/1963 bei der Umstellung auf Erdgas der am 1. September 1959 erhöhte Gaspreis wieder um 5 % gesenkt; Idas ist eine Tatsache, die ich angesichts des allgemein ,gestiegenen Preisniveaus besonders hervorheben möchte. Der Umsatz dieses Unternehmens stieg von 1962 bis 1965 von 66,4 auf 76,3 Millionen DM. Gleichzeitig sind seit den genannten letzten Tariferhöhungen bis einschließlich 1964 Steigerungen allein der Lohn- und Gehalts- sowie der Kohlekosten - vor allem dieser - in Höhe von 6,30 Millionen DM eingetreten. Von der Möglichkeit der Abwälzung der Mehrkosten über die Kohleklausel auf die Sonderabnehmer wurde kein Gebrauch gemacht.
Warum trage ich dies hier vor? Warum nenne ich dieses Beispiel? Weil ich aufzeigen möchte, daß eine Mehrbelastung von 2,88 Millionen DM, wie sie 1965 für 'dieses Unternehmen zu erwarten ist, nur im Zusammenhang mit diesem allgemeinen Trend gesehen werden kann. Dabei sind die Steigerungen bei den Investitionskosten und die Erhöhung sonstiger Kostenfaktoren, die sich grade bei der anlagenintensiven Energiewirtschaft sehr empfindlich auswirken, völlig außer Betracht geblieben.
Der Leiter eines großen privaten süddeutschen Elekrizitätswerkes hat vor kurzem darauf hingewiesen, daß im letzten Jahr allein die Kosten für Fremdmontagen um 15 % gestiegen sind. Innerhalb von sechs Jahren hätten sich die Kosten für die Dachabdeckungen der Kraftwerke fast verdoppelt. Den Leitungsbau z. B. verteuern die hohen Kupferpreise, die 1963 260 DM, 1964 490 DM pro 100 kg betrugen.
Bei diesen wenigen Zahlen möchte ich es 'bewenden lassen. Ich kann 'die komplizierten betriebswirtschaftlichen Probleme, die sich innerhalb der einzelnen Unternehmen ergeben, natürlich 'hier nicht behandeln. Worauf es mir ankommt, ist lediglich, Ihnen allen deutlich zu machen, daß ein Beschluß ,dieses Hauses, der einem großen Teil der Unternehmen neue Steuerlasten aufbürdet, nicht ohne Folgen bleiben kann. Man tut gut daran, sich diese Konsequenzen heute zu überlegen. Sie später nur zu bedauern genügt nicht.
Ich habe schon am 30. April 1964 darauf hingewiesen, daß es falsch ist, innerhalb eines Wirtschaftszweiges Steuerbelastungen und Steuerentlastungen einfach gegeneinander aufzurechnen und die Folgerung zu ziehen, wenn sich Belastungen und Entlastungen ausglichen, sei alles in Ordnung, und
Jacobi ({3})
es ,ergäben sich für den Verbraucher keine Konsequenzen. Nicht .der Wirtschaftszweig als Ganzes, sondern einzelne Unternehmen werden besteuert. Auf deren Kosten- und Ertragslage kommt es letztlich an. Für die preispolitischen Konsequenzen bedeuten solche auf dem Papier durchgeführten Ausgleichsrechnungen also gar nichts.
Die kommunalen Spitzenverbände und der Verband kommunaler Unternehmen haben in mehreren Eingaben auf diese Konsequenzen eindeutig hingewiesen. Sie haben .dabei exaktes Zahlenmaterial unterbreitet, aus dem sich ergibt, daß sich in keiner Weise erhoffen läßt, die Umsatz- und .die Vermögensteuer könnten ohne negative Auswirkungen auf die Preise oder auf die Gemeindehaushalte aufgefangen werden.
Auch hat .es an Unterrichtungen aus idem Land nicht gefehlt, die die drohenden Auswirkungen an Einzelbeispielen erläutern. Sie alle, jeder von uns, der die finanzielle Lage der Gemeinden und ihrer Unternehmen kennt, weiß um die auftretenden Schwierigkeiten.
Es ist nun einmal keine Bagatellbelastung, wenn zusätzlich zu .den bereits erwähnten allgemeinen Kostensteigerungen, mit denen alle Unternehmen fertig werden müssen, die öffentlichen Letztverteiler nunmehr Steuerbeträge aufzubringen haben, die schon 'bei mittleren Werken in die Hunderttausende gehen und bei größeren Unternehmen Millionenbeträge ausmachen.
Dazu möchte ich, um das Ganze so deutlich wie möglich zu machen, einige konkrete Zahlen nennen. Bei 'den Stadtwerken Remscheid, deren Situation vor allem idem Kollegen Brand genauestens bekannt ist, betragen die Steuerbelastungen allein 572 000 DM. In Aachen sind .es 950 000 DM, in Wiesbaden 721 000 DM. In Wuppertal werden es 2 Millionen DM und in Stuttgart gar etwa 6 Millionen DM sein. Dais sind nur wenige Beispiele. Aber sie dürften doch wohl eindeutig aufzeigen, daß die These, es handle sich um unwesentliche Belastungen, schlicht und einfach falsch ist.
Die Mehrheit dieses Hauses hat dies bei den Ausschußberatungen im Grunde genommen auch gar nicht abgeleugnet; denn sonst wäre der bereits erwähnte, leider nur aus Vertröstungen bestehende Beschluß des Wirtschaftsausschusses ja überhaupt nicht verständlich. Main darf ,sich .aber nicht wundern, wenn die Gemeinden mit derartig en Blankowechseln in die Zukunft nichts anzufangen winsen. Die Erfahrungen bei den verschiedenen Gewerbesteuereingriffen, so bei .der Erhöhung dier Freibeträge und den damit verbundenen Appellen an die Länder, für einen Ausgleich zu sorgen, sind nun ,einmal nicht dazu angetan, Hoffnungen und Erwartungen zu wecken.
Das .einzige, was in diesem Zusammenhang eine kleine Milderung - allerdings nur für eine beschränkte Zahl von betroffenen Unternehmen - darstellen kann, ist die Bereitschaft der CDU/CSU, (in einem Entschließungsantrag ,die bisher steuerpflichtigen Unternehmen zu einer Weitergabe der Steuerersparnisse anzuhalten. Die Opposition hat
eine gesetzliche Regelung dieser Frageangestrebt. Auch der Wirtschaftsausschuß hat dem federführenden Ausschuß einen 'entsprechenden Vorschlag unterbreitet. Leider ist ein Ergebnis nicht erreicht worden, obwohl in der Vergangenheit schon einmal in ähnlicher Weise verfahren wurde, und zwar bei der 5. Novelle zum Umsatzsteuergesetz. Damals wurde den befreiten privaten Wasserwerken zur Pflicht gemacht, die Steuerersparnisse weiterzugeben. Auch dieser Hinweis hat leider nicht dazu geführt, daß sich der federführende Ausschuß zu einem entsprechenden Entscheid aufraffen konnte.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sind uns völlig darüber im klaren, daß der Antrag, den Sie jetzt vorliegen, nur eine kleine Hilfe darstellt, 'daß er nur relativ wenige Unternehmen überhaupt betrifft. Aber wir sind trotzdem der Auffassung, daß er angenommen werden sollte.
Wir bitten Sie jedoch, eine Fassung zu wählen, die uns eine ausdrückliche Zustimmung ermöglicht. Ein entsprechender Änderungsantrag liegt Ihnen auf Umdruck 540* vor. Herr Kollege Brand hat mir soeben erklärt, er habe Verständnis dafür, daß wir einen solchen Änderungsantrag eingebracht hätten, um auch uns die Zustimmung zu diesem Entschließungsantrag zu ermöglichen. Seine Annahme würde den Beteiligten den einmütigen Willen des Gesetzgebers nachdrücklichst kundtun, und das wäre gut.
Ich komme zum Schluß. Was immer die Motive sind, die Sie zu den für uns nicht akzeptablen Belastungen der öffentlichen Versorgungsunternehmen bewogen haben mögen - VEBA-Privatisierung oder andere Gründe -, Sie nehmen eine schwere Verantwortung auf sich. Auch wenn Sie dies nicht wollen, Sie helfen mit, Preisauftriebstendenzen durch die Schaffung neuer objektiver Belastungsfaktoren wesentlich zu verstärken. Sie legalisieren Preissteigerungen und lassen so lebhafte Zweifel daran aufkommen, daß Sie es mit Ihrem immer wieder so lebhaft betonten Willen, die Preisstabilität zu wahren, wirklich so genau nehmen. Aus diesem Grunde geben wir Ihnen noch einmal eine Möglichkeit, von dieser bedenklichen Methode Abstand zu nehmen. Dem dient unser Streichungsantrag.
({4})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Luda.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, den Ausführungen des Herrn Kollegen Jacobi nicht zu folgen und den Streichungsantrag der SPD abzulehnen. Wir haben bei der ersten Lesung dieses Gesetzentwurfes in diesem Hause schon ausführlich zu der Materie Stellung genommen. Soweit Herr Kollege Jacobi heute noch auf Einzelfragen eingegangen ist, darf ich dazu ganz kurz Stellung nehmen.
Im Vordergrund steht die Betrachtung der Rechtslage. Soweit Herr Kollege Jacobi Zweifel darin gesetzt hat, daß durch die heutige Rechtslage der
Siehe Anlage 7
Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes verletzt wird, kann ihm nicht gefolgt werden. Sie alle wissen, daß dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe zwei Vorlagebeschlüsse vorliegen. Sie wissen, daß außerdem über zwei Verfassungsbeschwerden zu entscheiden ist. Leider hat Herr Kollege Jacobi seine Rechtsauffassung, daß das Grundgesetz nicht verletzt sei, hier in keiner Weise begründet. Ich möchte sagen: wenn es auf der einen Seite Kommunen gibt, die verpflichtet sind, Versorgungsunternehmen für Elektrizität, Wärme und Gas zu finanzieren, die mit 4 % Umsatzsteuer und 1 % Vermögensteuer voll steuerpflichtig sind, dann ist nicht einzusehen, warum irgendwelche Nachbargemeinden, die gleichfalls an irgendwelche Versorgungsunternehmen angeschlossen sind, den Vorteil haben, steuerfreie Unternehmen tragen zu dürfen. Da ist ein Ungleichgewicht, und das wollen und müssen wir beseitigen.
Das wird sogar von der beteiligten Wirtschaft anerkannt. Ich verweise auf den Beschluß des Vorstandsrates der Vereinigung deutscher Elektrizitätswerke vom 10. April 1959, in dem es ausdrücklich heißt, daß in Zukunft alle Arten von Energieversorgungsunternehmen, und zwar auch die rein öffentlichen auf der einen Seite, auf der anderen Seite aber die gemischtwirtschaftlichen und privaten, steuerlich völlig gleichmäßig behandelt werden sollen. Wenn der Spitzenverband der beteiligten und betroffenen Unternehmen diesen Beschluß im Jahre 1959 gefaßt hat, dann ist daraus sicherlich zu ersehen, daß er die ungleiche Behandlung und die Verletzung des Grundgesetzes insoweit anerkennt.
({0})
- Das ist ja der größte Teil dessen, was wir heute hier regeln wollen.
Es kommt die Entschließung des Bundestages vom 4. Juli 1959 hinzu, mit der sich das ganze Haus und damit auch die SPD auf den Standpunkt gestellt hat, daß dieser Tatbestand umgehend geprüft und geregelt werden muß. Ich weise ferner nochmals auf den entsprechenden Bericht des Finanzausschusses zum Steueränderungsgesetz vom 3. Mai 1961 hin, der gleichfalls einstimmig, also auch mit den Stimmen der SPD beschlossen worden ist. Herr Kollege Jacobi, nachdem Sie heute wieder diese Zweifel - allerdings ohne nähere Begründung - hier aufgewärmt haben, muß ich Sie auf Ihre eigenen Ausführungen vor dem Verband kommunaler Unternehmen im Jahre 1963 in Mannheim hinweisen. Sie haben damals gesagt, daß die kommunale Energiewirtschaft der Förderung des freien Wettbewerbs auf gesetzgeberischem Wege „ohne große Sorge" entgegensehe. Na also! Wenn das der Fall ist, können wir es ja auch heute machen.
({1})
Wir sagen also erstens, wegen Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes unserer Verfassung müssen wir jetzt diese Korrektur vornehmen. Zweitens möchte ich aber fragen: Was ist eine Demokratie? Eine Demokratie ist eine Ordnung ohne Privilegien. Seien wir also Demokraten!
Ferner hat der Herr Kollege Jacobi hier den Gesichtspunkt der Kommunen nochmals herausgestrichen. Meine Damen und Herren, ich möchte ausdrücklich betonen, daß ich selbst seit mehr als zehn Jahren in der Kommunalpolitik aktiv tätig bin und daß mir das Schicksal und auch das Finanzwesen der Kommunen sehr am Herzen liegen. Aber gerade weil das der Fall ist, kann ich nicht einsehen, daß es dort ein Zweiklassenrecht gibt, daß es solche Gemeinden gibt, die mit ihrem Bedarf an Elektrizität, Wärme und Gas voll besteuert werden, und daß es andere gibt, wo das nicht der Fall ist, und zwar nur, weil sich vielleicht ein Eigentumsanteil des Versorgungsunternehmens zufällig in privatem Besitz befindet. Soweit also der Gesichtspunkt der Kommunen hier herausgestellt worden ist, muß ich ausdrücklich nochmals darauf hinweisen, daß sich ja auch die gemischtwirtschaftlichen Unternehmen zu mehr als 50 % im Besitz der Kommunen und der übrigen öffentlichen Hand befinden. Es ist also falsch, hier schlechthin von einer Benachteiligung „der Kommunen" zu sprechen. Ich darf in diesem Zusammenhang auch noch darauf hinweisen, daß ausgerechnet die schwer zu versorgenden Gebiete - das sind die Grenzgebiete, die Zonenrandgebiete - nicht etwa von den privilegierten, rein öffentlichen Versorgungsunternehmen versorgt werden, sondern gerade von den voll steuerpflichtigen gemischtwirtschaftlichen Unternehmen.
Auch der Einwand des Querverbundes, den wir immer wieder gehört haben, ist falsch; denn es gibt auch gemischtwirtschaftliche Unternehmen, die mit ihren Überschüssen irgendwelche Verkehrsunternehmen der Kommunen mit finanzieren und mit tragen helfen. Also das ist doch nicht so einseitig wie Sie, Herr Kollege Jacobi, es hier dargestellt haben. Ich verweise auf die §§ 1 und 8 des Energiewirtschaftsgesetzes und § 108 des Kartellgesetzes, wonach die Versorgungsunternehmen beider Arten gemeinwohlfördernd sind. Sie erfüllen beide dieselbe Versorgungsverpflichtung im Interesse der Allgemeinheit und unterliegen beide denselben Kontrollen von seiten der Behörden. Beide sind gemeinwohlfördernd. Wir können also hier nicht die rein kommunalen Unternehmen gegen die gemischtwirtschaftlichen ausspielen.
Im übrigen sind wir, soweit die rein kommunalen Unternehmen hier belastet werden, den entsprechenden Einwendungen nachgegangen. Der kommunalpolitische Ausschuß und der Wirtschaftsausschuß haben ja deshalb empfohlen, daß eine Regelung über die Kostenerstattung für die Beförderung von Kriegsbeschädigten demnächst in diesem Hause verabschiedet wird.
({2})
Deshalb haben sich beide Ausschüsse dafür ausgesprochen, daß die Regelung über die Folgekosten im Rahmen des Bundesfernstraßengesetzes hier nach der vorliegenden Gesetzesvorlage verabschiedet werden möge. Wir haben schließlich den zunächst vorgesehenen Vermögensteuersatz von 0,75 % auf 0,5 % reduziert. Ich glaube, das sind eindeutige Beweise dafür, daß wir für den von Ihnen
besonders angesprochenen Teil der Städte und Gemeinden in unserem Land Verständnis gehabt haben. Ich darf außerdem noch darauf hinweisen, daß wir die Wasserwirtschaft jetzt vollständig befreit haben. Auch das ist, glaube ich, wichtig und hilft den Kommunen in ihrer Situation.
Daß wir durch diesen Gesetzentwurf das Prozeßrisiko, welches gerade für den von Ihnen vertretenen Teil der Kommunen besteht, aus den Rechtsstreiten in Karlsruhe weitgehend ausgeräumt haben, sollte auch von Ihnen anerkannt werden. Denn wenn demnächst in Karlsruhe ein Urteil in der Weise ergehen würde, daß die Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes festgestellt wird, müßten alle beteiligten Unternehmen und besonders die, die Ihnen, Herr Jacobi, am Herzen liegen, die voll öffentlichen Unternehmen, von heute auf morgen 4 % Umsatzsteuer und 1 % Vermögensteuer bezahlen, während wir. die Gleichschaltung auf einer ermäßigten Basis mit nur 1,5 % in der Umsatzsteuer und 0,5 % in der Vermögensteuer vornehmen wollen.
({3})
Diese stufenweise Anpassung ist auch für die demnächst kommende Mehrwertsteuer gut. Auch das möchte ich gesagt haben.
Eine Entlastung tritt nun vor allen Dingen auch in Berlin bei der BEWAG ein. Ich möchte das einmal ausdrücklich hervorheben. Daß man die Dinge auch unter sozialdemokratischen Aspekten ganz anders betrachten kann, als Herr Jacobi es in seinen Ausführungen soeben getan hat, ergibt sich aus dem bedeutsamen Umstand, daß kein geringerer als der Kollege Steinhoff aus Hagen bei den Beratungen im Kommunalpolitischen Ausschuß sich auf den Standpunkt gestellt hat, daß die Regierungsvorlage richtig ist, daß mit der ungleichen Behandlung von Kommunen jetzt endlich Schluß gemacht werden müsse. Meine Damen und Herren, da kann ich nur sagen: Hut ab vor dem Kollegen Steinhoff! Aber als es dann zur Abstimmung kam, hat der Herr Kollege Steinhoff mit seinen anderen Fraktionskollegen gegen die Regierungsvorlage gestimmt. Und dann behauptet die SPD noch, bei ihr gebe es keinen Fraktionszwang.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Abgeordneter?
Bitte schön.
Bitte, Herr Abgeordneter Jacobi.
Herr Kollege Dr. Luda, haben Sie bei der Nennung des Namens meines verehrten Kollegen Steinhoff nicht an die besondere Situation gedacht, in der er sich bei dieser Frage auf Grund der örtlichen Besonderheiten befindet? Ich glaube, die Fairneß gebietet, dies festzustellen.
Meine Damen und Herren! Genau das ist der Tatbestand, den ich mit meinen Ausführungen klarmachen wollte. Es ist keineswegs so, daß diese Vorlage einseitig gegen .die Kommunen gerichtet wäre. Die überwiegende Zahl von Kommunen ist an Versorgungsunternehmen angeschlossen,
({0})
die voll steuerpflichtig sind. Das ist es, was den Herrn Steinhoff mit Recht gestört hat, und das ist es, was uns hier stört und womit wir vom heutigen Tage an Schluß machen werden.
Ein anderer Gesichtspunkt ist in den Ausführungen des Herrn Jacobi nur ganz kurz angeschnitten worden. Das ist der Gesichtspunkt des Wettbewerbs, der Ihnen nicht so sehr am Herzen liegt, uns aber sehr wichtig ist. Es gibt einen Wettbewerb zwischen den unterschiedlichen Energieversorgungsunternehmen, zum Beispiel nach Ablauf der Demarkationsabreden. Außerdem sind die beistehenden Demarkationsabreden keineswegs lückenlos.
Es kommt hinzu, daß ein Wettbewerb um die Neuansiedlung stromintensiver Betriebe, um die Frage der Abgabe an das Verbundnetz stattfindet. Alles das sind Umstände, aus denen sich ein akuter und beachtlicher Wettbewerb ergibt.
Wenn das aber der Fall ist, muß ich sagen: Dadurch, 'daß wir mit diesem Gesetz die Wettbewerbsverzerrungen beseitigen, verstärken wir den Wettbewerb; und alles, was den Wettbewerb stärkt, ist gut. Die SPD hat noch auf dem Essener Wirtschaftstag versichert, daß sie die Wettbewerbswirtschaft jetzt auch wolle. Hier im Bundestag macht sie trotzdem leider Gottes weiterhin in Gemeinwirtschaft und Sozialismus wie weiland August Bebel der Altere.
({1})
Der Herr Kollege Jacobi hat von den Preisen gesprochen. Nun, die Preisentwicklung liegt uns ganz besonders am Herzen. Wir möchten aber ausdrücklich feststellen, daß die Ermittlungen ergeben haben, daß die Mehrbelastung beim Strom nur 0,075 Pf ausmachen wird. Das ist eine Mehrbelastung, die im Preise nicht ihren Ausdruck zu finden brauchte.
({2})
Wir haben versucht, eine Differenzierung zwischen der Belastung bei Strom auf der einen Seite und bei Gas auf der anderen Seite zu finden. Das wäre vielleicht bei Berücksichtigung der augenblicklichen Verhältnisse im Interesse der Gaswirtschaft zweckmäßig gewesen, aber das hätte „krumme" Prozentsätze gegeben; die wollten wir nicht ins Gesetz hineinbringen, 'und außerdem wäre das nur auf die augenblicklichen Erträge abgestellt gewesen. Die Zuwachsrate beim Strom ist viel größer.
Die meisten Werke - und das ist sehr bedeutsam -, für die die Umsatzsteuer jetzt ermäßigt wird, haben sich ausdrücklich verpflichtet, die Ersparnis an ihre Abnehmer weiterzugeben. Ich habe hier eine große Liste dieser Werke, und ich wäre in der Lage, sie zu verlesen; ich glaube, das ist etwas zu langwierig, ich bin aber bereit, sie Herrn
Kollegen Jacobi gleich zur Einsichtnahme vorzulegen.
Was den Preisgesichtspunkt betrifft, so möchte ich doch noch ausdrücklich sagen, daß ausgerechnet diejenigen Energieversorgungsunternehmen, die in ihren Preisen voll privilegiert sind, keineswegs unter denjenigen ihrer gemischtwirtschaftlichen Konkurrenz liegen, im Gegenteil, oftmals noch darüber.
Ein anderer Gesichtspunkt ist derjenige des Bergbaus. Zechenkraftwerke liefern ihren Strom fast ausschließlich an Verteiler, und wir wollen ja durch dieses neue Gesetz die Steuerlast von der ersten Stufe auf 'die letzte Stufe verschieben. Diese Werke werden also frei. Was haben wir uns noch vor wenigen Wochen in diesem Hause Mühe gegeben, der augenblicklichen Situation der Steinkohle, vor allem an der Ruhr, Rechnung zu tragen! Hier ist eine zusätzliche Möglichkeit, diese Zechenkraftwerke zu entlasten, und darüber freuen wir uns. Wie die Verhältnisse bei der STEAG sind, konnten Sie noch heute in der Tageszeitung „Die Welt" lesen; ich bitte, das nachzulesen. Die Steinkohlen-Elektrizitäts-AG - STEAG - liefert bis zu 35 % des gesamten RWE-Bedarfs; die Zechenkokereien liefern etwa 70 % der gesamten Gasdarbietung in der Bundesrepublik. Das alles geschieht über Verteiler, und die werden in Zukunft steuerfrei sein. Bisher waren sie voll steuerbelastet. Wir freuen uns darüber, und 'das ist ein zusätzlicher Gesichtspunkt, diesen Gesetzentwurf anzunehmen.
Das letzte ist die Frage der VEBA-Privatisierung. Meine Damen und Herren, es ist ja so, daß die rein öffentlichen Unternehmen heute bei der Kapitalbeschaffung benachteiligt sind, und auch damit wollen wir Schluß machen. Wenn nämlich die jetzige Entwicklung so weiterginge, dann wäre 'der heutige Rechtszustand eine Ursache dafür, ,daß sich die Vermögensbildung der öffentlichen Hand Weiter ins Uferlose entwickelt, wie wir es in den letzten Jahren leider feststellen mußten. Auf 'diese Art und Weise erhalten die Kommunen aber 'die Möglichkeit, notwendige Kapitalaufstockungen bei ihren Energieversorgungsunternehmen dadurch durchzuführen, daß ihre Bürger das Recht bekommen, Anteile, Aktien, dieser Versorgungsunternehmen zu erwerben. Auf diese Weise fördern wir auch die Eigentumsbildung in breitesten Bevölkerungsschichten. Kürzlich noch haben wir uns in diesem Hause darüber unterhalten. Es ist 'schön, daß diese Gesetzesänderung eine zusätzliche 'Möglichkeit bietet, auf diesem Wege weitere Erfolge zu erzielen.
Meine Damen und Herren, ich beantrage also, den Zusatzantrag 'der SPD-Fraktion abzulehnen. Diem Entschließungsantrag Umdruck 540 stimmen wir zu.
({3})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Imle.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Befürchten Sie nicht, daß ich Ihnen noch eine lange Vorlesung halte; ich
möchte nur noch einige kurze Bemerkungen machen. Das Wesentliche für unsere Zustimmung zu dem Antrag des Finanzausschusses und damit für die Ablehnung 'des SPD-Antrages ist die Tatsache, daß nach unserer Meinung hinschtlich der Besteuerung, soweit es sich um öffentlich-rechtliche, gemischtwirtschaftliche und private Unternehmen der Energiewirtschaft handelt, unbedingt eine gleiche steuerliche Behandlung 'herbeigeführt werden muß.
Herr Kollege Jacobi, Sie haben vorhin Ausführungen darüber gemacht, daß man unter bestimmten Voraussetzungen, wenn es 'die volkswirtschaftliche Zweckmäßigkeit erfordere, von .der Gleichmäßigkeit der Besteuerung abgehen müsse. Hier können wir Ihnen nicht folgen. Wir sind vielmehr der Meinung, daß die Ungleichmäßigkeit, die sich hier in den vergangenen Jahren herausgebildet hat, unbedingt beseitigt werden muß. Insbesondere 'ist auch zu berücksichtigen, daß beim Bundesverfassungsgericht zwei Verfassungsbeschwerden vorliegen, die sich gegen die Privilegierung der öffentlich-rechtlichen Unternehmen wenden.
Sie haben des längeren das Problem der Gemeinden ,angesprochen. Der Kollege Luda hat auch dieses Problem bereits sehr eingehend behandelt. Wir sind nicht der Meinung, daß, weil auf dem einen Gebiet, bei den Gemeinden, eine höhere Belastung hinzukommt, das gesamte Prinzip 'der Gleichmäßigkeit der Besteuerung aufgegeben werden sollte. Wir glauben vielmehr, daß auch fernerhin aus den Einnahmen der Versorgungsunternehmen bei den Gemeinden erhebliche Überschüsse zu erwirtschaften sind, so daß es bei den zunehmenden Einnahmen 'in diesem Bereich insgesamt zu irgendwelchen Einbußen bei den Gemeinden nicht kommen wird.
Sowohl der Wirtschaftsausschuß 'als auch der Kommunalpolitische Ausschuß haben sich 'im wesentlichen den Vorschlägen, die hier vorgetragen worden sind, angeschlossen. Wir vertreten die Auffassung, daß es an der Zeit ist, hier einheitliche Steuersätze einzuführen. Wir sind daher nicht in der Lage, Ihrem Antrag zu folgen, und werden ihn ablehnen.
Nur am Rande darf 'ich bemerken, daß die Gleichmäßigkeit der Besteuerung die Voraussetzung für die am Freitag zu behandelnde Durchführung der Privatisierung der VEBA ist; denn sonst ist diese Privatisierung nicht mehr von Nutzen.
Wir werden also Ihren Antrag ablehnen, damit die Vorlage des Finanzausschusses bestehenbleibt,
({0})
Wird weiter das Wort gewünscht? - Das ist nicht 'der Fall.
Soll der von allen Fraktionen 'eingebrachte Änderungsantrag 'auf Umdruck 539 begründet werden? -Offenbar nicht.
Darf 'ich eine weitere Frage an Herrn Abgeordneten Jacobi richten: Ist Ihr Antrag auf Umdruck 534
Vizepräsident Schoettle
als eine Einheit anzusehen, über die insgesamt abgestimmt werden könnte?
({0})
- Gut.
Dann können wir über die Änderungsanträge abstimmen, zunächst über den Antrag Umdruck 534. Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Die Gegenprobe bitte! - Das letzte ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Wir stimmen ab über den Antrag Umdruck 539, der sich auf Art. 1 Nr. 4 bezieht. Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Dieser Antrag ist einstimmig angenommen.
Wir stimmen nun iab über den Art. 1 in der durch die soeben erfolgte Abstimmung geänderten Fassung. Wer !dem Art. 1 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Die Gegenprobe! - Dais erste war die Mehrheit; der Artikel ist angenommen.
Ich rufe auf Art. 2,-3,-4,-5,-6,-7,-Einleitung und Überschrift. - Wer den aufgerufenen Bestimmungen zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke. Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; die aufgerufenen Vorschriften sind ,angenommen.
Damit ist die zweite Beratung beendet. Wir treten in die
dritte Beratung
ein. Ich eröffne die Aussprache. Wird das Wort gewünscht? - Dais Wort hat Frau Abgeordnete Beyer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zur Schlußabstimmung möchte ich für meine Fraktion folgende Erklärung abgeben.
Die zur Abstimmung vorliegende sechzehnte Novelle enthält eine Reihe von Korrekturen am jetzigen Recht unserer Bruttoumsatzsteuer. Diese Korrekturen sind vertretbar und notwendig, weil die Verwirklichung der großen Umsatzsteuerreform im Rahmen der EWG-Harmonisierung noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird. Unser politisches Hauptziel 'bleibt jedoch die Einführung der Nettoumsatzsteuer. Die Parteien waren sich erfreulicherweise mit der Bundesregierung auch darin einig, daß durch die vorliegende sechzehnte Novelle die große Umsatzsteuerreform nicht gehemmt und in ihren Ergebnissen eingeengt werden darf. In diesem Zusammenhang ist auch die Zurückstellung der Umsatzsteuerbefreiung für die freien Berufe, unbeschadet unserer grundsätzlichen Haltung hierzu, zu sehen. Die neuen Umsatzsteuerbefreiungen, von denen ich besonders die Freistellung der Forstwirtschaft nennen will, die Korrektur der Sätze für die Umsatzausgleichsteuer und die Ausfuhrrückvergütung sowie die sonstigen vorliegenden Änderungsmaßnahmen werden von uns nach wie vor unterstützt.
Die politische Bedeutung der sechzehnten Novelle sieht aber meine Fraktion in den steuerlichen Veränderungen, die auf dem Sektor der Energielieferungen vorgesehen werden, auf Grund einer Gesetzesinitiative der CDU/CSU- und der FDP-Fraktion, wonach für die öffentlichen Energieversorgungsunternehmen sowohl die Umsatzsteuer- als auch die Vermögensteuerpflicht eingeführt werden soll. Die Auswirkungen dieser Gesetzesänderung für die gesamte kommunale Versorgungswirtschaft und für den Verbraucher von Gas und Elektrizität hat die SPD in den Ausschußberatungen schon dargelegt. Mein Kollege Jacobi ist darauf bereits in der zweiten Lesung eingegangen. Ich will noch einmal wiederholen:
Allein den kommunalen Versorgungsunternehmen wird mit den von Ihnen beabsichtigten Maßnahmen eine zusätzliche Steuerlast in Höhe von 87 Millionen DM Umsatzsteuer und 18 Millionen Vermögensteuer, also insgesamt 105 Millionen DM, aufgebürdet. Die Finanzlage der kommunalen Versorgungsunternehmen wird sich in diesem Ausmaß verschlechtern. Die Konsequenzen daraus dürften entweder Preiserhöhungen für Gas und Elektrizität aus Lieferungen der öffentlichen Betriebe an den privaten und den gewerblichen Verbraucher oder eine weitere Verschlechterung der kommunalen Finanzen sein.
Eine weitere Verschlechterung der kommunalen Finanzen zusätzlich zu den bereits vorhandenen Verlusten der kommunalen Betriebe, die in erster Linie durch die Verkehrsbetriebe und die Wasserversorgung verursacht werden, ist staatspolitisch nicht vertretbar angesichts der Gemeinschaftsaufgaben auf dem Gebiet des Verkehrs, des Wohnungsbaus, des Schul- und Gesundheitswesens, deren Bewältigung den Gemeinden jetzt schon große Schwierigkeiten bereitet.
Die Steuerbefreiung der öffentlichen Versorgungsunternehmen ist unseres Erachtens gerechtfertigt, da die öffentlichen Betriebe im Gegensatz zu den privaten im Interesse des Gemeinwohls liegende Aufgaben zu erfüllen haben und außerdem den öffentlichen Betrieben durch Gesetz besondere Belastungen auferlegt wurden wie z. B. die Verpflichtungen aus dem 131er Gesetz, bei der Aufbringung des Kindergeldes oder aus dem Wiedergutmachungsgesetz. Im übrigen ist der Vorschlag der Koalitionsfraktionen ein weiterer Schritt auf dem Weg, der in Wahljahren gern begangen wird, nämlich durch Bundesgesetz zu Lasten der Gemeinden Wahlgeschenke zu verteilen,
({0})
wie in diesem Falle die Steuererleichterung für die
privaten und gemischtwirtschaftlichen und hierbei
besonders die großen Energieversorgungsunternehmen.
({1})
Wir sind mit vielen Sachverständigen der Auffassung, daß in Zusammenhang mit der Einführung dieser Steuerbelastungen für die öffentlichen Betriebe Preiserhöhungen nicht zu umgehen sind.
({2})
Frau Beyer ({3})
- Meine Damen und Herren, hören Sie doch erst einmal zu! - Dagegen kann leider nicht verbindlich sichergestellt werden, daß im privaten Sektor der Energieversorgung durch die Ermäßigung des Steuersatzes eine Senkung der Preise erfolgen wird. Die Entschließung, der wir nachher zustimmen werden, macht doch ganz deutlich, auf welch unsicheren Füßen wir stehen. Nach unserer Auffassung werden sich deshalb die neuen Belastungen mit den neuen Entlastungen nicht ausgleichen, sondern per Saldo wird sich eine Erhöhung des Preisniveaus ergeben. Diese Konsequenzen passen schlecht in die von der Bundesregierung so oft propagierten, von meiner Fraktion aber ernst gemeinten Versuche, die Preise und die Währung stabil zu erhalten.
Wir müssen mit Bedauern feststellen, daß die sogenannten administrierten Preise durch Beschlüsse der Bundesregierung - oder auch durch ihre Unterlassungssünden - steigen. Ich brauche nur an Post und Bahn zu erinnern.
Mit der zunnehmenden Bedeutung, die unmittelbar auf das Preisniveau einwirkende staatliche Maßnahmen erlangt haben, ist auch die unmittelbare Verantwortung des Staates für die allgemeine Preisentwicklung größer geworden. Man muß sich darüber im klaren sein, daß jede neue Entscheidung mit kostenbelastender oder preissteigernder Wirkung ... - sei es auf dem Gebiet der Agrar-, der Sozialpolitik, der Mieten, der staatlich geregelten Tarife u. a. - die Annahme einer verhältnismäßig ruhigen Preisentwicklung für 1964 ungültig machen würde.
Meine Damen und Herren, an der Jahreszahl 1964 werden Sie bemerken, daß die beiden letzten Sätze ein Zitat waren, und zwar aus dem von Bundeskanzler Ludwig Erhard vorgelegten Bericht über die Wirtschaftsentwicklung im Jahre 1963 und die Aussichten für 1964; Sie finden diese Sätze in der Bundestagsdrucksache IV/1752 auf Seite 14.
Meine Fraktion ist der Auffassung, daß man solchen Worten auch Taten folgen lassen muß.
({4})
Die Fraktion der SPD ist daher nicht in der Lage, der Sechzehnten Umsatzsteuernovelle zuzustimmen, und zwar wegen der vorgetragenen Bedenken hinsichtlich der Behandlung der Energielieferungen und trotz unserer Zustimmung zu den sonstigen in der Novelle vorgesehenen Einzelmaßnahmen.
({5})
Wird das Wort weiter gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Aussprache in der dritten Beratung.
Bevor wir zur Schlußabstimmung kommen, darf ich noch darauf hinweisen, daß dem Haus auf Drucksache IV/2946 ein Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung vorliegt. Ich schlage vor, daß das Haus diesen Bericht des Haushaltsausschusses zur Kenntnis nimmt.
Wir kommen zur Schlußabstimmung über den Entwurf eines Sechzehnten Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes. Wer dem Entwurf in der
Schlußabstimmung zustimmt, den bitte ich, sich zu erheben. - Die Gegenprobe! - Das erste war die Mehrheit; der Entwurf ist mit Mehrheit angenommen. Damit 'ist die Ziffer 1 .des Antrags des Ausschusses auf Drucksache IV/2873 erledigt.
Wir kommen zur Abstimmung über den vom Ausschuß in Ziffer 2 auf Drucksache IV/2873 vorgelegten Entschließungsantrag. Wer diesem Entschließungsantrag des Ausschusses zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe!
- Enthaltungen? - Der Entschließungsantrag ist ohne Gegenstimmen und ohne Enthaltungen angenommen.
Wir kommen zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Vermögensteuergesetzes - Drucksache IV/2012 -. Ich eröffne die Aussprache. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Die Aussprache ist geschlossen.
Ich rufe zur Abstimmung die Artikel 1, - 2, - 3,
- 4, - 5, - die Einleitung und die Überschrift auf. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! -- Das erste war die Mehrheit; angenommen.
Ich eröffne die
dritte Beratung.
Wird das Wort in der Aussprache gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Die Aussprache ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung in der dritten Beratung. Wer dem Gesetz zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? Das Gesetz ist mit Mehrheit beschlossen.
Wir müssen noch über den Entschließungsantrag auf Umdruck 538* und den dazu vorliegenden Änderungsantrag auf Umdruck 540 abstimmen. Es ist vorhin gesagt worden, daß dem Änderungsantrag zugestimmt wird. Wir können deshalb über beide zusammen abstimmen. Wer dem geänderten Entschließungsantrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Keine Nein-Stimmen, keine Enthaltungen; der Entschließungsantrag ist angenommen.
Ich rufe auf Punkt 4 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Hilfsmaßnahmen für Deutsche aus der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands und dem Sowjetsektor von Berlin ({0})
a) Bericht des Haushaltsausschusses ({1}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung ({2}),
b) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für den Lastenausgleich ({3}) ({4}).
({5})
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Eichelbaum. Wünscht der Herr Berichterstatter das Wort? - Sie haben das Wort, Herr Abgeordneter!
*) Siehe Anlage 8
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte aus dem Schriftlichen Bericht zwei Punkte wegen ihrer Wichtigkeit besonders hervorheben.
Erstens: In der ersten Lesung ist hier die Angelegenheit der Geschädigten vorgebracht worden, die durch die gewaltsame Zerschneidung der deutschen Hauptstadt Berlin in ihrem Lebensunterhalt und in ihrem Vermögen geschädigt sind. Wir haben diesem Anliegen durch eine Ermächtigung an die Bundesregierung entsprochen. Gleichzeitig haben wir es für richtig gehalten, ähnliche Fälle im Zonenrandgebiet gleichzubehandeln, haben sie durch den Oberbegriff der „im Bereich infolge der sowjetischen Besetzung durchschnittener Gemeinden" Geschädigten zusammengefaßt und der Regierung die Möglichkeit gegeben, die Zonenrandfälle und die Fälle in Berlin, wenn es nötig ist, im Interesse der Schnelligkeit der Erledigung getrennt zu behandeln.
Zweitens: Wir haben zu § 1 im Bericht formuliert, daß auch der Personenkreis der aus dem Gebiet der späteren SBZ Evakuierten mitumfaßt sein soll. Ich füge ausdrücklich hinzu: Der Ausschuß erwartet, daß die Verwaltung beim Erlaß der für dieses Gesetz notwendigen Richtlinien die hier angesprochenen berechtigten Interessen der Evakuierten entsprechend berücksichtigen wird.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Frau Abgeordnete Korspeter.
Herr Präsident, ich habe zum Bericht um das Wort gebeten." Leider sehe ich mich veranlaßt, namens meiner Fraktion zu dein Schriftlichen Bericht, den Herr Kollege Eichelbaum im Auftrage des Lastenausgleichsausschusses erstellt hat, einige Bemerkungen zu machen und einen Antrag zu stellen.
Die Mitglieder der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion haben im Laufe der Beratungen eine Reihe von Anträgen eingebracht. Obwohl wir mit diesen Anträgen den Regierungsentwurf in wesentlichen Punkten verbesserten, haben diese Anträge keinen Eingang in den Schriftlichen Bericht gefunden. Damit hat der Bericht eine einseitige politische Darstellung erfahren, die den wirklichen Auseinandersetzungen nicht gerecht wird.
Im Bericht wird z. B. dargelegt, der Ausschuß habe vor der Frage gestanden, welche der vier Einschränkungen des Berechtigtenkreises beibehalten bleiben sollten. Wir nehmen für uns in Anspruch, keinerlei Einschränkungen des Berechtigtenkreises gewollt zu haben. Diese Stellungnahme wurde von uns in den Ausschußberatungen durch Anträge deutlich zum Ausdruck gebracht. Unsere Anträge und unsere Stellungnahme zu diesem Problem haben aber keinen Niederschlag im Bericht gefunden. Im Gegenteil, aus dem Bericht muß geradezu der Eindruck entstehen, bei den Ausschußberatungen habe Einmütigkeit darüber bestanden, daß eine bestimmte Beschränkung des Berechtigtenkreises vorgenommen werden solle. Insofern enthält der Bericht eine falsche Darstellung und ist unseres Erachtens nicht
korrekt; denn nach § 74 Abs. 2 der Geschäftsordnung muß auch die Stellungnahme der Minderheit wiedergegeben werden. Das trifft auch noch für weitere Passagen der Berichterstattung zu, auf die ich wegen der knappen Zeit jetzt im einzelnen nicht mehr eingehen kann.
Zweitens. Nach dem Bericht soll der Ausschuß darüber befunden haben, daß der von der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion eingebrachte Flüchtlingsgesetzentwurf Drucksache IV/694 insoweit als erledigt erklärt werden soll, als er die Gewährung von Hausratsentschädigung, Kriegsschadenrente, Eingliederungsdarlehen und die Anwendung von Vorschriften des Bundesvertriebenengesetzes zum Gegenstand hat. Ich stelle dazu fest, meine Herren und Damen, daß der Ausschuß darüber weder diskutiert noch abgestimmt hat.
({0})
Ich beantrage deshalb, in dem Antrag des Ausschusses in der Drucksache IV/2811 die Ziffer 2 zu streichen, wie auf Umdruck 536* beantragt.
Unser Gesetzentwurf enthält nicht nur Regelungen über Hausratshilfe und Eingliederungsdarlehen, sondern wesentlicher Inhalt sind die Schadensfeststellungen und die Entschädigungsleistung. Der Regierungsentwurf eines Beweissicherungs- und Feststellungsgesetzes stand gemeinsam mit unserem Entwurf zur Beratung im Lastenausgleichsausschuß an, und erst nach dieser Beratung konnte über das Schicksal unseres Gesetzentwurfs entschieden werden.
Eigentlich, meine Herren und Damen, müßte dieser Bericht von der Sache her an den Ausschuß zurückverwiesen werden, damit wir einen neuen, sachgerechten Bericht erhielten. Wir wollen aber keine weiteren Verzögerungen und verzichten deshalb auf eine Zurückverweisung. Wir bitten aber dringend, unserem Antrag auf Umdruck 536 stattzugeben und die Ziffer 2 des Ausschußantrags zu streichen.
({1})
Das Wort als Berichterstatter des Haushaltsausschusses, der an der Beratung gemäß § 96 der Geschäftsordnung beteiligt war, hat der Abgeordnete Lemmrich.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dem Bericht des Haushaltsausschusses Pagen folgende Zahlen über die Ausgaben, die durch das Gesetz für Hilfsmaßnahmen für Deutsche aus der sowjetischen Besatzungszone entstehen, zugrunde: Für den Lebensunterhalt ein Betrag von 573,9 Millionen DM, wovon 114,8 Millionen DM auf eine besondere, laufende Beihilfe für Selbständige entfallen, für die Einrichtungshilfe ein Betrag von 430 Millionen DM und für folgende Maßnahmen der Eingliederungshilfe für den Wohnungsbau 600 Millionen DM, für die gewerbliche Wirtschaft 12 Millionen DM, für die Landwirtschaft 70 Millionen DM und für Härteregelungen 15 Mil* Siehe Anlage 9
lionen DM. Das macht einen Gesamtbetrag von 1,7 Milliarden DM aus.
Das Wort hat der Abgeordnete Eichelbaum.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist vermutlich nicht üblich und berührt mich etwas eigenartig, daß mir hier wegen meines Berichts spezifizierte Vorwürfe gemacht werden, die ich hier zum erstenmal höre; der Bericht liegt seit dem November vor. Zu meiner Verteidigung möchte ich folgendes sagen. Der Bericht ist so kurz wie möglich. Er ist nach den Protokollen gemacht worden und enthält selbstverständlich nicht 'die Einzelheiten aller Debatten in 'den neun Sitzungen allein des Lastenausgleichsausschusses, die anderen Ausschüsse gar nicht eingerechnet. Sie werden bei den allgemeinen Ausführungen des Berichts genau feststellen, daß sich zwei grundsätzliche Meinungen, nämlich die in dem Gesetzentwurf der SPD zum Ausdruck gekommene und die von der Regierung und den Regierungsparteien vertretene Auffassung, gegenüberstanden; die entscheidenden Unterschiede dieser beiden Auffassungen 'sind, wie ich glaube, in 'dem Ausschußbericht durchaus zum Ausdruck gekommen. - Zu dem zweiten Punkt, zu den Anträgen, wird der Vorsitzende des Ausschusses sprechen.
({0})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Kuntscher.
Herr Präsident! Meine Damen 'und Herren! Die Frau Vorrednerin, Frau Kollegin Korspeter, hat beanstandet, daß über einen Teil des Initiativgesetzentwurfs der SPD auf Drucksache IV/694 im Ausschuß nicht abgestimmt, sondern daß dieser für erledigt erklärt worden ist. Frau Kollegin Korspeter hat recht und hat nicht recht. Sie hat recht, Herr Kollege Kaffka, 'bezüglich der Abstimmung. Sie 'hat aber nicht recht in einem anderen Punkte: Wie aus dem Bericht zu ersehen ist, sollten nur 'die in 'dem Hilfsmaßnahmengesetz behandelten Dinge als erledigt gelten, weil sich nämlich der Initiativgesetzentwurf der SPD nicht allein auf diese
- wenn ich so sagen darf - sozialen Maßnahmen bezogen hat, sondern sich noch auf andere Dinge erstreckt. Er bezog sich auch auf die Feststellung und die Beweissicherung, die jetzt in einer eigenen Regierungsvorlage behandelt wird; diese Regierungsvorlage ist 'im Ausschuß bereits verabschiedet worden und wird vielleicht, wenn die zweite und dritte Lesung des zweiten Teils des S'PD-Initiativgesetzentwurfs in diesem Hause stattfindet, in Q14 Tagen hier verabschiedet werden.
({0})
- Ein Teil dieser Vorlage besteht also weiter. Aber in dem Bericht ist wortwörtlich angeführt, daß ,der Initiativgesetzentwurf eben nur zu einem Teil als erledigt gilt.
Wir sind ja charmante Leute; Frau Kollegin Korspeter, ich bitte noch ein bißchen um Gehör; wir sind charmante Leute, und all das kostet uns ja nichts. Wir werden Ihrem Antrag bezüglich Ziffer 2 des Ausschußantrages - Sie wissen, was ich meine
- folgen. Der Deutsche soll ja gewissermaßen in einem Übermaß perfe'ktioni'stisch sein. Warum sollen wir es in diesem Fall also nicht auch sein?
({1})
Das Wort hat Frau Abgeordnete Korspeter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Kollege Kuntscher hat davon gesprochen, daß die Herren von der CDU charmante Leute seien. Ich möchte dazu feststellen: Der Bericht ist hinsichtlich der Ziffer 2 des Ausschußantrags nicht korrekt, weil wir darüber nicht abgestimmt haben. Wir bedürfen hier nicht des Charmes der CDU; denn es ist nur korrekt, wenn unser Antrag auf Umdruck 536 angenommen wird.
({0})
Wird weiter das Wort gewünscht? - Zur Debatte steht der Antrag auf Umdruck 536. Keine weiteren Wortmeldungen.
Abstimmung in zweiter Lesung! Wer dem Änderungsantrag der SPD auf Umdruck 536 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe!
({0})
- Die Abstimmung muß wiederholt werden.
({1})
Die Abstimmung wird durch Aufstehen wiederholt. Wer für den Änderungsantrag der SPD ist, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe!
({2})
Das ist die Mehrheit; der Änderungsantrag ist abgelehnt.
({3})
- Mir scheint, wenn das Haus an politischem Kampfstoff nicht genug hat, werden solche Feststellungen noch extra getroffen. Die ganze Zeit stimmen wir ab über Umdruck 536. Ich stelle fest, daß dieser Änderungsantrag abgelehnt ist.
({4})
- Eine Klarstellung? Herr Abgeordneter Schäfer ausnahmsweise zu einer Klarstellung!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kuntscher, 'ich will nur versuchen, das klarzustellen. Es waren verschiedene Vorlagen, die im Ausschuß zur Beratung standen: der Gesetzentwurf und ein Initiativantrag der SPD. Frau Korspeter hat vorgetragen, daß über den Entwurf der SPD überhaupt keine Abstimmung stattgefunden hat.
({0})
Wenn überhaupt keine Abstimmung darüber stattgefunden hat, kann auch nicht in einem Bericht festgestellt werden, daß ein Teil des Entwurfs erledigt ist. Insofern sind Sie mit uns der gleichen Auffassung.
Wie ich Ihren Ausführungen, die Sie als Ausschußvorsitzender machten, ,entnehmen konnte, halten Sie den Entwurf nicht im ganzen für erledigt, sondern nur „insoweit". Aber offensichtlich ist auch „insoweit" keine Abstimmung erfolgt, so daß ich 'annehmen möchte, man ist .sich einig, daß im Ausschuß der Entwurf der SPD weiterberaten wird.
({1})
Einen Augenblick! Wünscht der Herr Berichterstatter das Wort? - Als Berichterstatter hat Herr Abgeordneter Eichelbaum das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu dem Antrag auf Umdruck 536 ist folgendes zu sagen. Erstens. Der Vorsitzende des Ausschusses, Herr Kuntscher, hat vorhin selber zugegeben, daß über die Erledigung deis Antrags auf Drucksache IV/694 formal nicht abgestimmt worden ist.
Zweitens. Der Antrag auf Umdruck 536 bedeutet, daß 'hier darüber auch nicht abgestimmt werden soll.
Ich darf hinzufügen, daß wir unterdessen am 21. Januar - vorige Woche - im Lastenausgleichsausschuß darüber abgestimmt und 'entschieden haben, daß der Gesetzentwurf Drucksache IV/694 durch den Abschluß 'unserer Beratungen über das Beweissicherungsgesetz erledigt ist. Die Sache ist weiter nichts als der Kampf um einen Strohhalm.
({0})
Meine Damen und Herren, ich stelle fest: der Änderungsantrag auf Umdruck 536 ist form- und termingerecht zur zweiten Lesung eingebracht, über ihn ist formgerecht abgestimmt und ,er ist abgelehnt worden. Damit ist über den Umdruck 536 in zweiter Lesung das letzte Wort gesprochen. Wenn Sie in der Sache anderer Meinung sind, können Sie in der dritten Lesung wieder darauf zurückkommen.
Ich rufe in zweiter Lesung die §§ 1 und 2 auf. Keine Änderungsanträge! Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um 'das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Angenommen!
§ 3! Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der SPD vor. Wird zur Begründung das Wort gewünscht? - Bitte sehr, Herr Abgeordneter Kaffka. Sie können den Änderungsantrag insgesamt begründen; denn es gibt hierzu keinen anderen Änderungsantrag.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion legt auf Umdruck 535 ({0}) einen Änderungsantrag vor, durch den erreicht werden soll, daß die Sowjetzonenflüchtlinge endlich den Vertriebenen gleichgestellt werden. Wir hatten im Blick auf die Regierungserklärungen des Bundeskanzlers und auch im Blick auf die Veröffentlichungen nach einem Gespräch, das der geschäftsführende Vorsitzende der CDU, Josef Hermann Dufhues, mit Minister Lemmer, Staatssekretär Dr. Nahm und den Vertretern der Vertriebenenorganisationen in der Bundesrepublik geführt hat, die berechtigte Hoffnung, daß die Regierungskoalition im Flichtlingsgesetz nun tatsächlich auch die Gleichberechtigung der Sowjetzonenflüchtlinge herstellen wollte.
Die Beratungen im Ausschuß haben ergeben, daß unsere Hoffnungen nicht voll erfüllt worden sind. Das betrifft die §§ 7 und 8. Dort hat die Mehrheit des Ausschusses darauf bestanden, daß die Einrichtungshilfe, die den Sowjetzonenflüchtlingen gewährt werden soll, von einer Einkommensgrenze abhängig gemacht wird und daß auch die Höhe der Einrichtungshilfe in § 8 bestimmt und nicht, wie es im Lastenausgleichgesetz bei den Vertriebenen .geschieht, gestaffelt gezahlt wird. Wir bedauern diese Entscheidungen sehr; denn sie laufen den bisher abgegebenen Versicherungen der Regierungskoalition entgegen. Wir sind uns klar darüber, daß es eine erheblich höhere Summe ergeben wird, und wir wollen den Haushalt auch nicht überstrapazieren.
Aber wir sind der Meinung, daß im letzten Satz des § 3 eine eindeutige Bremse eingebaut ist. Da heißt es, daß die Auszahlung der Beihilfe nach Maßgabe der jährlich verfügbaren Mittel erfolgen soll. Wir sind der Ansicht, daß der Haushalt nicht strapaziert wird, wenn man dasselbe System anwendet, das man bei den Vertriebenen angewandt hat, nämlich das Punktsystem.
Wären Sie bereit gewesen, im Ausschuß in unserem Sinne zu verfahren, d. h. § 7 zu streichen und § 8 in unserem Sinne zu ändern, dann wäre endlich erreicht worden, was wir seit Jahren fordern, nämlich die Gleichstellung der Sowjetzonenflüchtlinge mit den Vertriebenen. Ich möchte fragen, ob Sie es auf dem Parlament sitzen lassen wollen, daß sich ausgerechnet die Zonenflüchtlinge als Fußkranke der sozialen Gesetzgebung verstehen.
Es scheint ja auch bei der FDP-Fraktion, bei dem Kollegen Schmidt gedämmert zu haben, daß hier im Ausschuß eine Entscheidung gefällt wurde, die nicht in unserem politischen Interesse liegen kann. Er schreibt da nämlich, daß dieser Entwurf noch Schön-
*) Siehe Anlage 10
heitsfehler in § 7 habe. Ich meine, es ist nicht geschickt, auf eine spätere Novellierung zu weisen, die die Gleichstellung der Sowjetzonenflüchtlinge tatsächlich herbeiführen soll.
Ich möchte Ihnen recht herzlich empfehlen, den Antrag der sozialdemokratischen Fraktion auf Streichung des § 7, auf Streichung der Nr. 2 des § 3 und auf Änderung des § 8 zuzustimmen.
Meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, folgen Sie bitte diesem Antrag. Ich glaube, Sie können dadurch die Glaubwürdigkeit Ihrer Parteien vor den Sowjetzonenflüchtlingen wiederherstellen.
({1})
Sie haben die Begründung des Änderungsantrages gehört. Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat der Abgeordnete Kuntscher.
({0})
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Man hat uns auf die offiziellen Erklärungen der CDU verwiesen, auf Herrn Dufhues und den Minister Lemmer.
({0})
Herr Kollege Kaffka hat aber eines vergessen. Er hätte auch unseren Parteivorsitzenden Dr. Konrad Adenauer zitieren müssen, der in dem Aufruf zum Tag der Heimat im Herbst gleichfalls die offizielle Erklärung abgegeben hat, daß es das Bemühen und das Bestreben der CDU ist und bleiben wird, - ({1})
- Regen Sie sich nicht auf! Regen Sie sich nicht auf!
({2})
Aufregung ist kein Programm! Hören Sie auch mich an,
({3})
was ich Ihnen zu sagen habe.
Wir - das garantiere ich Ihnen - werden diese Gleichstellung Zug um Zug durchführen. Wir haben es im Laufe dieser Legislaturperiode schon bewiesen. Ich will Ihnen nur folgendes in Erinnerung rufen: die Rentengesetzgebung, die Anrechnung aller Versicherungszeiten in der Zone, das Fremdrentengesetz, das Gesetz über die Wohnbeihilfen und Lastenbeihilfen. Durch die Sechzehnte Novelle haben wir einen Personenkreis von 350 000 Zonenflüchtlingen, die Heimatvertriebene sind, bei dem umstrittenen Stichtag gleichgestellt und voll lastenausgleichsberechigt gemacht. Ich verweise weiter auf die Siebzehnte Novelle zum LAG, wo wir in § 301 a durchgesetzt haben, daß eine Art Ensatzentschädigungsrente für die Inhaber des Flüchtlingsausweises C geschaffen wurde. Das Beweissicherungsgesetz und das Hilfsmaßnahmengesetz sind weitere Schritte, weitere Etappen auf dem Weg zur Gleichstellung.
Sie, meine Damen und Herren, wissen ganz genau, daß auf Grund der Haushaltslage nicht alle Probleme in eniem Schritt gelöst werden können, weil wir das alle miteinander nicht im Haushalt verkraften können.
({4})
- Nun ja, für Sie ist es nicht wahr. Sie brauchen sich nicht den Kopf zu zerbrechen wie die, die in der Verantwortung stehen.
({5})
Nun zu Ihrem Antrag auf Umdruck 535! Danach soll § 3 Nr. 2 gestrichen werden. Ich bitte, diesem Antrag nicht stattzugeben. Weiter soll § 7 ganz gestrichen werden. § 7 enthält die Bestimmung, daß bei der Zuerkennung der Einrichtungshilfe eine Einkommensgrenze gezogen wird. Ich gebe zu - ich bin so offen und so ehrlich -, uns hat diese Einkommensgrenze auch nicht gefreut. Aber für uns, Herr Kaffka, war maßgebend, daß wir die anderen Bremsen, die in die Regierungsvorlage eingebaut waren, aus dem Gesetz entfernt haben. Sie wissen ganz genau, da war ein Stichtag, der einen weiten Kreis der Zonenflüchtlinge ausgeschlossen hätte. Da war projektiert die Verwandtenhilfe, da war dann als dritte Bremse die Bedarfsprüfung.
({6})
Nun, nun, nun, welcher Entwurf der Regierung hat Ihnen denn schon einmal gefallen? Das ist ja das gute Recht der Opposition.
({7})
Das ist Ihr gutes Recht, daß Sie mehr verlangen, als gegeben werden kann, und daß Sie, wenn auch das gegeben würde, was Sie sich vorstellten, natürlich noch mehr fordern. Das ist doch das Recht und die Methode der Opposition.
Also die Einkommensgrenze ist nicht von Dauer und hat keinen Ewigkeitswert. Aber sie ist zum Anlauf dieses Gesetzes notwendig, und deshalb bitte ich, den Antrag der SPD Umdruck 535 ({8}) insgesamt abzulehnen, auch den Antrag bezüglich § 8, denn der § 8 wäre nur eine Folge der Streichung des § 7.
Keine weiteren Wortmeldungen. Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag auf Umdruck 535 ({0}) Ziffer 1, nach dem die Nr. 2 des § 3 gestrichen werden soll.
({1})
- Das müssen wir sowieso. Ich lasse also zunächst abstimmen über Änderungsantrag Umdruck 535 ({2}) Ziffer 1. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag Umdruck 535 ({3}) Ziffer 1 ist abgelehnt.
§ 3 in der Ausschußfassung! Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
Zu den §§ 4, 5 und 6 sind keine Änderungsanträge gestellt. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wer den §§ 4, 5 und 6 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
§ 7! Dazu liegt ein Änderungsantrag auf Umdruck 535 ({4}) Ziffer 2 vor. Wird dazu das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wir kommen zur Abstimmung über diesen Änderungsantrag der SPD-Fraktion. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Änderungsantrag Umdruck 535 ({5}) Ziffer 2 ist abgelehnt.
Wer dem § 7 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei zahlreichen Gegenstimmen angenommen.
Wir kommen zu § 8. Dazu liegt der Änderungsantrag Umdruck 535 ({6}) Ziffer 3 vor. Wer diesem Änderungsantrag der SPD-Fraktion zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. -Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ziffer 3 des Antrags auf Umdruck 535 ({7}) ist abgelehnt.
Wer § 8 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein ¡Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Wir kommen zur Abstimmung über die §§ 9, -10,-11,-12,-13,-14,-15,-16,-17,18, - 19, - 20, - 21, - 22, - 23, - 24, - 25, -Einleitung und Überschrift. - Änderungsanträge liegen nicht vor. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wer seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. -Gegenprobe! - Enthaltungen? - In zweiter Lesung einstimmig angenommen!
Meine Damen und Herren, wir kommen zur
dritten Beratung.
Allgemeine Aussprache! Ich mache darauf aufmerksam, daß der Umdruck 536, Änderungsantrag der Fraktion der SPD, über den es vorhin den Wirrwarr gab, weil wir den Fehler gemacht haben - über Ausschußanträge wird immer am Schluß 'der allgemeinen Verhandlung abgestimmt -, ihn vorzuziehen, nachher am Ende der dritten Lesung wieder behandelt wird. Sind Sie einverstanden?
({8})
Also wir kommen zur dritten Lesung. Allgemeine Aussprache! - Das Wort hat Herr Abgeordneter Eichelbaum.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf gleich zu Anfang sagen: Dem Antrag Umdruck 536 werden wir zustimmen. Diese Beute geben wir Ihnen gern.
({0})
Das Plenum hat vielleicht den Eindruck haben müssen, als ob wir im Ausschuß mit Keulen aufeinander losgedroschen hätten. Ich will das Plenum gern beruhigen. Wir haben durchaus fruchtbare grundsätzliche Aussprachen über diese Gesetzgebung gehabt. Wir haben uns am Schluß in der Formulierung ,des Gesetzes sehr gut verstanden, und in der letzten Abstimmung am 9. November des vorigen Jahres haben sämtliche Mitglieder des Lastenausgleichsausschusses bei einer Enthaltung dem Gesetzentwurf zugestimmt, wie der Bericht wahrheitsgetreu meldet. Sie sehen daraus, daß die Heftigkeit der Auseinandersetzungen gar nicht so wild gewesen ist, wie das vielleicht für einen Augenblick hier hätte erscheinen 'können.
Bei dem ersten Durchgang des Gesetzes im Juni 1963 habe ich im Namen meiner Fraktion ausgeführt, daß wir der weiteren Entwicklung der Flüchtlingsgesetzgebung positiv gegenüberstehen und an ihr mitarbeiten wollen. Das hatte ich auch schon im Namen der Fraktion der CDU/CSU bei der ersten Lesung des 'sozialdemokratischen Gesetzentwurfs im März 1963 ausgedrückt, indem ich sagte: „Die CDU bejaht die Weiterbildung der Flüchtlingsgesetzgebung". Bei der ersten Lesung des Hilfsmaßnahmengesetzes hatte 'ich ausdrücklich erklärt, daß die CDU sich vorbehalte, den Regierungsentwurf „zu ändern und zu verbessern" . Es ist also nicht richtig, daß etwa im Sommer 1964 eine grundsätzliche Wendung in der Haltung der CDU dieser Gesetzgebung gegenüber eingetreten wäre.
Wenn man das hier vorliegende Werk der Ausschußarbeit mit dem ursprünglichen Regierungsentwurf vergleicht, wird uns jeder zugeben, daß es eine geradezu großzügige Erweiterung des ersten Entwurfs darstellt. Der Berichterstatter des Haushaltsausschusses hat schon die Summe genannt. Der finanzielle Gesamtumfang dieses Gesetzes ist durch die Ausschußarbeit nahezu versechsfacht worden. Niemand wird den Regierungsparteien nachsagen, daß sie etwa finanziell engherzig wären und diese Gesetzgebung an finanziellen Bedenken hätten scheitern oder verkümmern lassen wollen.
Der Gesetzentwurf stellt auch eine großzügige Verbesserung dessen dar, was die Regierung durch das Verwaltungsabkommen des Jahres 1961 mit den Landesflüchtlingsverwaltungen und den Länderregierungen ausgemacht hat.
Der Gesamtumfang von über 1,7 Milliarden DM teilt sich gewissermaßen in drei fast gleiche Teile: ein Drittel für die Einrichtungshilfe, ein Drittel für den Lebensunterhalt, ein Drittel für Eingliederungsdarlehen, und zwar alles ausdrücklich für solche Mitteldeutschen, die nicht die Möglichkeit hatten, sich als Flüchtling anerkennen zu lassen, die aber, als sie in die Bundesrepublik kamen, die Notaufnahme verlangten, d. h. einen Anspruch auf Hilfe erhoben, die ihnen Bundesregierung und Bundesrepublik schuldig sind.
Wir hätten es uns leichter machen können, wenn wir die Einkommensgrenze - der uns augenblicklich so heftig gemachte Vorwurf! - dadurch vermieden hätten, daß wir für die Einrichtungshilfe verlangt hätten, es müsse in jedem Falle ein Bedarf
vorliegen und nachgewiesen werden. Dann hätten wir die Einkommensgrenze glatt fallenlassen können. Dann würden uns aber auf der anderen Seite wieder Vorwürfe gemacht werden, das wäre Sozialfürsorge. Wir glaubten, einen Weg wählen zu können, der die weitere Entwicklung des Gesetzes und damit der Gesetzgebung leicht ermöglicht. Denn eine Einkommensgrenze zu verändern, den Kreis der Betroffenen zu erweitern, ist durch eine einfache Novellierung möglich. Dadurch wird auch niemand geschädigt. Die Opposition hat ja selbst gesagt, daß die jetzt noch nicht Bedachten angesichts der augenblicklich vorhandenen Mittel auch gar nicht bedacht werden könnten; sie können also durch die Zeit, die noch vergeht, nicht benachteiligt werden.
Ich glaube, das Gesetz geht auch weit über den Rahmen hinaus, den es ursprünglich als Arbeitstitel hatte: Flüchtlingshilfegesetz. Es umfaßt einen Kreis von Menschen, der nicht eine Flucht und einen Fluchtgrund nachzuweisen braucht. Es tritt neben die Gesetzgebung für die anerkannten Flüchtlinge und sucht den einzelnen Leistungen dieser Gesetzgebung, soweit irgend möglich, gleichzukommen. Das sehen Sie aus den zahlreichen Entlehnungen aus dem Wortlaut des Lastenausgleichs und den zahlreichen Verweisungen auf die Paragraphen des Lastenausgleichsgesetzes.
Natürlich gibt es noch Wünsche. Ob die Verteilung auf diese drei Hauptgebiete auch anders gemacht werden könnte, ist vielfach diskutiert worden. Es gibt Menschen, die uns als Betroffene vorgeklagt haben, wir hätten noch mehr für die alten Menschen, die früher selbständig waren, tun sollen. In diesem Zusammenhang ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, daß wir die Erweiterung der Gesetzgebung für diese alt gewordenen hilfsbedürftigen Menschen, die wir in der 17. Novelle zum Lastenausgleichsgesetz durch die „besonderen laufenden Beihilfen" neu hinzugenommen, daß wir sie trotz anfänglicher Bedenken ausdrücklich in dieses Gesetz mit hineingenommen haben, so daß gerade diese Alten genauso behandelt werden wie die anerkannten Flüchtlinge.
Wenn gesagt wird, ,das sei noch nicht genügend, dann müßte festgestellt werden, ob für diese Gruppe zusätzlich etwas getan werden kann. Jedenfalls hat der Gesetzgeber das Notwendige und Mögliche für diese Gleichstellung getan. Das Vertriebenenministerium ist sicher in der Lage, darzustellen, ob die nun auf Grund der Ermächtigung gegebene Verordnung alle diese Wünsche erfüllt bzw. ob sie noch besser erfüllt werden können.
Aber ich glaube, daß wir als Bundestag, wenn wir das Gesetz annehmen, mit gutem Gewissen vor die Betroffenen treten können, zumal wir im Ausschuß auch das Feststellungs- und Beweissicherungsgesetz fertiggestellt haben, und zwar, wie ich ausdrücklich betonen möchte und freudig betone, in völlig einvernehmlicher Formulierung mit der Billigung aller drei Fraktionen.
Wir wollen die Menschen, die aus Not und Sorge das mitteldeutsche Gebiet verlassen haben, vor sozialer Deklassierung bewahren. Ein Gesetz, das in diesem Sinne eine soziale Hilfe leistet, ist ein Sozialgesetz in einem sehr positiven Sinne, und ich glaube, wenn wir diesen Menschen gegenüber dastehen als gesetzgebende Körperschaft, die das Mögliche getan hat, haben wir gleichzeitig ein gutes Gewissen den Menschen gegenüber, die nun in keiner Weise gleichgestellt sand, die immer noch drüben in ihrer Heimat materiell Mangel leiden, die in politischer Bedrückung und in seelischer Not leben und deren wir auch bei dieser Gelegenheit mit ganzem Herzen gedenken müssen.
Ich hoffe, daß das Haus dieses Gesetz einstimmig annehmen wird.
({1})
Das Wort hat Frau Abgeordnete Korspeter.
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Im Auftrag meiner Fraktion gebe ich folgende Erklärung ab: Mit dem Entwurf eines Gesetzes über Hilfsmaßnahmen für Deutsche aus der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands und dem Sowjektsektor von Berlin, das wir heute verabschieden, wollte die Bundesregierung ein Versprechen einlösen, das sie den Flüchtlingen in ihren Regierungserklärungen vom 29. November 1961 und vom 6. Februar 1963 gegeben hatte.
Dort wurde die Zusicherung gemacht, daß die Bundesregierung in einem Gesetzentwurf die Gleichstellung der Sowjetzonenflüchtlinge mit den Heimatvertriebenen auf allen sozialen Gebieten herbeiführen wolle.
Dieser vorgelegte Entwurf entsprach in seinem Inhalt in keiner Weise dem von der Bundesregierung angekündigten Ziel. Sie mußte es deshalb hinnehmen, daß dieser Entwurf mit Recht bei den Betroffenen, die auf eine Gleichstellung warten, mit größter Enttäuschung und zum Teil mit einer ablehnenden Haltung aufgenommen wurde. Sie mußte es auch hinnehmen, daß Zweifel über die Glaubwürdigkeit der Regierungserklärungen laut wurden.
Dabei ging es einmal um den Personenkreis, der erfaßt werden soll, und zum anderen um die Leistungen, die gewährt werden sollen.
Der Personenkreis sollte in dem von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf dadurch eingeschränkt werden, daß man durch einen neuen Stichtag alle die Flüchtlinge von den Leistungen ausschließen wollte, die bereits vor dem 1. Januar 1953 in das Bundesgebiet gekommen waren.
Die Leistungsgewährung sollte durch fürsorgerische Voraussetzungen weitgehend eingeschränkt werden. Zum Beispiel sollte die Einrichtungshilfe nur den Flüchtlingen gewährt werden, die noch Bedarf an notwendigem Hausrat hatten, obwohl jedem die Fragwürdigkeit einer solchen Überprüfung bewußt sein mußte. Darüber hinaus sollte dieser Bedarf aber nur dann befriedigt werden, wenn nachgewiesen werden konnte, daß keine Unterhaltsansprüche gegen Angehörige bestehen und wenn das Einkommen des Flüchtlings 500 DM monatlich nicht übersteigt. Das bedeutete eine entscheidende
Schlechterstellung gegenüber den anderen Geschädigtengruppen.
Die Beihilfe zum Lebensunterhalt sollten nur diejenigen erhalten, die sowohl eine selbständige Existenz verloren als auch einen Vermögensverlust erlitten hatten, so daß danach alle die unberücksichtigt bleiben sollten, die nur einen Einkommensverlust, aber keinen Vermögensverlust erlitten hatten. Auch hierbei wurde eine unterschiedliche Behandlung im sozialen Bereich vorgenommen.
Auch die Eingliederungsdarlehen zum Existenzaufbau und insbesondere die Darlehen für den Wohnungsbau unterlagen gegenüber dienen für die anderen Geschädigtengruppen weitgehenden Einschränkungen.
Dieser kurze Überblick macht deutlich, daß der Regierungsentwurf in keiner Weise der angekündigten Gleichstellung der Flüchtlinge aus der Zone mit den Heimatvertriebenen entsprach. Er gab einen beredten Ausdruck von den tatsächlichen Vorstellungen der Bundesregierung über die Eingliederung der Deutschen aus der Zone und dem Sowjetsektor von Berlin.
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung über die Hilfsmaßnahmen wurde zusammen mit dem Flüchtlingsgesetzentwurf der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion beraten. In unseren Anträgen, die wir zur Verbesserung des Regierungsentwurfes einbrachten, kamen die Grundsätze unseres Entwurfes, soweit sie dem Regierungsentwurf sachlich entsprachen, zum Ausdruck.
Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion bedauert, daß der Schriftliche Bericht diese Auseinandersetzung nicht widerspiegelt. Denn es ist uns gelungen, im Ausschuß die Einsicht für eine Reihe wesentlicher Verbesserungen zu schaffen. Unter anderem wurden der Stichtag beseitigt, die Bedarfsprüfung und die Prüfung der Verwandtenhilfe aufgehoben und die Alterssicherung, wenn auch nicht völlig nach unseren Vorstellungen, so doch in bestimmten Voraussetzungen verbessert. Insofern kann mit Genugtuung festgestellt werden, daß sich der Gesetzentwurf in einigen Punkten unseren Vorstellungen angenähert hat.
({0})
Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion bedauert allerdings, daß sie es auch heute nicht erreichen konnte, die Einkommensgrenze für die Einrichtungshilfe von 500 DM zu beseitigen und die Höhe der Einrichtungshilfe den Sätzen der Hausratshilfe, die die Vertriebenen und die Flüchtlinge mit C-Ausweis erhalten, anzupassen. Infolge der Aufrechterhaltung dieser Einkommensgrenze werden schätzungsweise nur 30'0/o der Flüchtlinge die Einrichtungshilfe erhalten können. Wir sind der Meinung, mit dem guten Willen der Mehrheit dieses Hauses wäre es möglich gewesen, den Rechtsanspruch auf Einrichtungshilfe für alle Flüchtlinge zu schaffen und die Auszahlung durch ein entsprechendes Punktsystem nach Maßgabe der verfügbaren Haushaltsmittel vorzunehmen.
({1}) Der vorliegende Entwurf eines Flüchtlingshilfegesetzes erledigt die grundsätzlichen Forderungen der SPD-Bundestagsfraktion nach rechtlicher Gleichstellung aller Flüchtlinge mit den Heimatvertriebenen in keiner Weise. Wir bedauern, daß die Bundesnegierung und die Regierungsfraktionen unseren grundsätzlichen Vorschlag, die Aufspaltung der Flüchtlinge in zwei Gruppen aufzuheben, abgelehnt haben, so daß durch die heute vorgenommene Regelung die Gruppe der sogenannten nichtanerkannten Flüchtlinge leider weiterhin manifestiert wird. Für diese Entwicklung tragen sowohl die Bundesregierung als auch die Regierungskoalition die Verantwortung.
Vor allem wurden die von uns geforderten Ausgleichsleistungen, die den wesentlichen Teil der Gleichstellung ausmachen, abgelehnt. Wir sind der Meinung, daß diese Ablehnung in keiner Weise mit der Erklärung der CDU/CSU, allen Flüchtlingen sollten grundsätzlich gleiche Leistungen und Vergünstigungen gewährt werden, wie sie die Heimatvertriebenen erhalten, in Einklang zu bringen ist. Die weitere Erklärung der CDU, daß die Gleichstellung in Stufen verwirklicht werden soll, könnte nur dann akzeptiert werden, wenn Ausmaß und Zeitpunkt dieser stufenweisen Regelung noch in dieser Legislaturperiode festgelegt würden.
({2})
- Herr Kollege Stingl, die Flüchtlinge haben kein Vertrauen zu Erklärungen und zu Worten, solange keine Taten erkennbar sind.
({3})
Nach wie vor wird deshalb die SPD-Bundestagsfraktion mit Nachdruck für die Gleichstellung der Flüchtlinge untereinander und mit den Heimatvertriebenen eintreten. Sie wird alles tun, um dieses Ziel zu erreichen.
({4})
Meine Damen und Herren, trotz der angeführten Mängel werden wir aber diesem Gesetz unsere Zustimmung nicht versagen, da, insbesondere auch durch unsere Initiative, eine Reihe von Verbesserungen erreicht werden konnte.
({5})
Das Wort hat der Abgeordnete Schmidt ({0}).
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eigentlich ist es betrüblich, daß der erste Schlußpunkt unter ein eigenständiges Gesetz für die Sowjetzonenflüchtlinge zu einer so späten Stunde und vor einem nicht gerade sehr gefüllten Hause gesetzt werden muß.
({0})
Schmidt ({1})
- Ich habe das für das ganze Haus gesagt, und ich habe auch den Zeitpunkt angesprochen. - Es scheint auch nicht die Stunde zu sein, auf die Entwicklung dieses Gesetzes im 3. Bundestag einzugehen und einmal nachzuprüfen, von welcher Seite dieses Hauses bereits im 3. Bundestag die ersten Initiativen für eine Flüchtlingsgesetzgebung gekommen sind. Ich möchte mich daher an dieser Stelle auf eine Erklärung meiner Fraktion zur dritten Lesung beschränken.
Namens der freien demokratischen Fraktion darf ich folgende Erklärung abgeben.
Die FDP-Fraktion begrüßt die Tatsache, daß der Bundestag mit der heutigen Verabschiedung des Gesetzes über Hilfsmaßnahmen für Deutsche aus der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands und dem sowjetisch besetzten Sektor von Berlin den ersten Schritt auf dem Wege zu der auch in den Regierungserklärungen bereits festgelegten sozialen und rechtlichen Gleichstellung der Sowjetzonenflüchtlinge mit den Heimatvertriebenen einleitet. Ziel dieses Weges ist und bleibt für die Freien Demokraten die völlige soziale und rechtliche Gleichstellung der Sowjetzonenflüchtlinge mit den Heimatvertriebenen. Mit dem vorliegenden Gesetz wird endlich aus der bisherigen Härteregelung für Zonenflüchtlinge mit dem Ausweis C ein Rechtsanspruch für alle, die die sowjetisch besetzte Zone verlassen und damit ihre Heimat aufgeben mußten.
Jedem Sowjetzonenflüchtling stehen nunmehr erfreulicherweise die gleichen sozialen Maßnahmen zu, wie sie die Heimatvertriebenen bereits auf Grund gesetzlicher Bestimmungen seit langem genießen. Die FDP-Fraktion bedauert, daß es nicht eher möglich war, diesen ersten Meilenstein zu setzen, und erinnert daran, daß ihre Bemühungen im 3. Bundestag, erste gesetzgeberische Schritte in der Flüchtlingsgesetzgebung einzuleiten, ohne Erfolg geblieben sind.
Als besonders erfreulich sehen wir es an, daß der etwas magere Regierungsentwurf - hier stimme ich vollkommen mit Ihnen, Frau Kollegin Korspeter, überein - durch das nunmehr ,größere Verständnis der Mehrheit dieses Hauses eine erfreuliche Ausweitung im Sinne der von Ihnen, Frau Kollegin Korspeter, und auch von der FDP in der ersten Lesung im Hause vertretenen Standpunkte erfahren hat. Besonders der von der FDP seit jeher geforderte Wegfall des Stichtages ist hervorzuheben.
Die FDP-Fraktion bedauert, daß auch die Ausschußfassung noch mit dem Schönheitsfehler der Einkommensgrenze im § 7 behaftet ist.
({2})
- Entschuldigen Sie, ich war dabei. Ich würde gern noch eine Debatte mit Ihnen darüber anfangen. Aber dazu ist es zu spät.
Den für diese Einkommensgrenze maßgebenden Haushaltsgründen konnte sich die FDP-Fraktion in Anbetracht ,der sonst erfreulichen Ausweitung der seitens der Bundesregierung über den Anfangspunkt hinaus zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel jedoch nicht ganz verschließen. Eine baldige Verabschiedung schien ihr dabei im Interesse der Betroffenen am wichtigsten. Ein weiteres Hinausschieben aus Haushaltsgründen hätte vielleicht ein anderes Ziel erreichen können; aber die Betroffenen hätten noch längere Zeit warten müssen.
Die FDP-Fraktion erwartet, daß die Einkommensgrenze durch eine baldige Novellierung beseitigt wird. Sie fordert die Bundesregierung auf, umgehend nach Inkrafttreten dieses Gesetzes Untersuchungen darüber anzustellen, wie durch ein entsprechendes Auszahlungssystem über einen entsprechenden Zeitraum hinaus eine Zahlung der Einrichtungshilfe ohne eine Einkommensgrenze mit den verfügbaren Haushaltsmitteln in Gang gebracht werden kann. Im Hinblick auf diese bald zu erwartende Änderung des Gesetzes und zur Vermeidung einer weiteren Verzögerung der Verabschiedung stimmt die FDP-Fraktion dem vorliegenden Gesetzentwurf zu.
Das Wort hat der Herr Staatssekretär des Vertriebenenministeriums.
Dr. Nahmt Staatsekretär im Bundesministerium für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich Ihnen im Namen der Bundesregierung danken für die grundsätzliche Annahme des Gesetzentwurfs und damit für die Einleitung einer weiteren Etappe auf dem Wege der Gleichstellung der Zonenflüchtlinge mit den Vertriebenen und Kriegssachgeschädigten.
Die Regierungsvorlage hat hin und wieder keine gute Apostrophierung erfahren. Ich möchte darauf hinweisen, daß es immerhin zwei Jahre her ist, seit sie eingebracht wurde, und daß man ihr in dieser Zeit auch ein natürliches Wachstum hätte zutrauen können.
({0})
Wenn sie heute noch einmal vorzulegen wäre, würde sie weniger Hindernisse .antreffen als in dem Augenblick, in dem sie vorgelegt wurde. Aber sie war mit der Einrichtungshilfe, die die Bundesregierung mit den Ländern zustande gebracht hat, die Einleitung einer weiteren Etappe auf dem Wege der Gleichstellung. Ich möchte bitten, das der Bundesregierung zugute zu halten.
Die Einkommensgrenze bei der Einrichtungshilfe ist weiter nichts als ein in das Gesetz gelegtes Punktsystem. Das geschah, damit nicht mit einem Male die Hoffnung aller erweckt wurde, die dann auf dem Verwaltungswege in das zweite oder dritte Glied hätten verwiesen werden müssen. Wir halten diesen Weg für ehrlicher als einen anderen, der alle aufruft und nicht alle bedenken kann.
({1})
Staatssekretär Dr. Nahm
- Ich habe geradeaus geschaut, Herr Abgeordneter Dr. Schäfer, also das geht mitten in den Flur, auf kein Gesicht.
({2})
Ich bitte Sie, davon überzeugt zu sein, daß der Bundesregierung das Bekenntnis, die Gleichstellung durchführen zu wollen, nicht nur eine Deklamation ist, sondern ein Programm, das systematisch durchgeführt wird.
({3})
Wenn es von 1948 bis zur Stunde gebraucht hat, um die Versorgung der Vertriebenen und Kriegssachgeschädigten auf den heutigen Status zu heben, dann wollen wir nicht vergessen: Auch die Hausratentschädigung des Lastenausgleichs hatte ein Punktsystem, das zehn Jahre in Anspruch genommen 'hat.
({4})
- Es geht nicht um die Deklamation von Ansprüchen, sondern um ihre Erfüllung und um die Etappen ihrer Erfüllung.
({5})
Seien Sie überzeugt, daß wir für die Erfüllung und Gleichstellung der Zonenflüchtlinge nicht die Zeit gebrauchen werden, die den Vertriebenen und Kriegssachgeschädigten zugemutet werden mußte.
({6})
Keine weiteren Wortmeldungen. Die Aussprache in dritter Lesung ist geschlossen. Änderungsanträge liegen nicht vor. Wer dem Gesetz in dritter Lesung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. ({0})
Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Abstimmung über den Änderungsantrag zum Antrag des Ausschusses; der alte Änderungsantrag Umdruck 536. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen! - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen. - Damit ist der Tagesordnungspunkt 4 erledigt.
Wir werden, einer interfraktionellen Vereinbarung folgend, alles erledigen, was auf der Tagesordnung steht, bis zum Punkt 27. Die Punkte 28 bis 31 werden am Freitag verhandelt; das übrige wird heute gemacht. Punkt 23 ist erledigt, Punkt 15 ist von der Tagesordnung abgesetzt.
Ich rufe auf Punkt 7:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({1}) über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats betreffend die Gewährung einer Erstattung bei der Erzeugung für bestimmte Sorten Grob- und Feingrieß von Mais, die in der Brauerei-Industrie Verwendung finden ({2}).
Ich frage den Berichterstatter, Herrn Abgeordneten Ehnes, ob er das Wort wünscht. - Der Herr Abgeordnete verzichtet. Ich eröffne die allgemeine Aussprache. - Keine Wortmeldungen. Wer dem Bericht des Ausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Angenommen.
Ich rufe auf Punkt 8:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({3}) über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats zur Änderung der Verordnung Nr. 114/64/EWG betreffend die Erhebung der Ausgleichsabgaben auf dem Gebiet der Milch und Milcherzeugnisse ({4}).
Der Berichterstatter, Herr Abgeordneter Bewerunge, verzichtet. Keine Wortmeldungen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Angenommen.
Wir kommen zu Punkt 9:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({5}) über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats über die Durchführung einer Grunderhebung im Rahmen eines Erhebungsprogramms zur Untersuchung der Struktur der landwirtschatlichen Betriebe ({6}).
Herr Abgeordnete Bading verzichtet auf eine Berichterstattung. Wird das Wort gewünscht? - Keine Wortmeldung. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe!
- Enthaltungen? - Angenommen.
Punkt 10 der Tagesordnung:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Rechtsstellung und die Befugnisse der Konsuln der Bundesrepublik Deutschland ({7}) ({8}).
Ich frage die Regierung, ob sie das Wort zur Einbringung wünscht. - Die Regierung verzichtet. Der Bundestag wünscht jetzt nicht zu diskutieren.
Vorgeschlagen ist Überweisung an den Ausschuß für Inneres - federführend - und an den Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten - mitberatend -.
- Das Haus ist einverstanden; es ist so beschlossen.
Punkt 11 der Tagesordnung:
Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gewerbesteuergesetzes (Drucksache IV/2945 [neu].
Ich frage, ob das Wort zur Einbringung gewünscht
wird. - Niemand wünscht das Wort in der ersten
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
Beratung. Vorgeschlagen ist Überweisung an den Finanzausschuß - federführend - und an den Wirtschaftsausschuß - mitberatend -. - Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Punkt 12 der Tagesordnung:
Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Müller-Hermann, Blumenfeld und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung ({9}).
Die Herren Antragsteller verzichten auf Begründung. Allgemeine Aussprache! - Keine Wortmeldungen. Der Entwurf soll an den Rechtsausschuß überwiesen werden. - Das Haus ist einverstanden; es ist so beschlossen.
Punkt 13 der Tagesordnung:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte und anderer Gesetze ({10}).
Das Wort zur Einbringung wird nicht gewünscht. - Keine Wortmeldungen in der allgemeinen Aussprache. Der Entwurf soll an den Rechtsausschuß überwiesen werden. - Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Punkt 14 a) der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. Schmidt ({11}), Dr. Dittrich, Frau Funcke ({12}), Frau Dr. Heuser und Fraktionen der CDU/CSU, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Vorsorgemaßnahmen zur Luftreinhaltung ({13}) ;
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Gesundheitswesen ({14}) ({15}).
({16})
Ich frage den Berichterstatter, Herrn Abgeordneten Junghans, ob er in der zweiten Beratung das Wort wünscht. - Der Herr Berichterstatter verzichtet.
Ich rufe die §§ 1 bis 9 sowie Einleitung und Überschrift auf. Wird das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Allgemeine Aussprache! Wird das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Gesetzentwurf in der dritten Beratung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Entwurf ist in dritter Beratung einstimmig angenommen.
Punkt 14 b) der Tagesordnung:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Gesundheitswesen ({17}) über den Antrag der Abgeordneten Bading, Frau Dr. Hubert, Junghans, Junker, Kurlbaum, Lange ({18}) und Fraktion der SPD betr. Richtlinien zur Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung ({19}).
Ich frage den Berichterstatter, Herrn Abgeordneten Junghans, ob er das Wort wünscht. - Das Wort wird nicht gewünscht.
Allgemeine Aussprache! - Keine Wortmeldungen. Wir stimmen über den Antrag des Ausschusses auf Drucksache IV/2942, Seite 2, ab. Wer dem Antrag des Ausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Angenommen.
Punkt 15 ist abgesetzt. Punkt 16 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften über die Pflichtversicherung für Kraftfahrzeughalter ({20}) ;
Schriftlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses ({21}) ({22}).
({23})
Der Berichterstatter, Herr Abgeordneter Leonhard, verzichtet.
Ich rufe in zweiter Beratung Art. 1 bis 6 sowie Einleitung und Überschrift auf. Änderungsanträge liegen nicht vor. Wird das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Entwurf ist in zweiter Beratung angenommen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Allgemeine Aussprache! Wir das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Gesetzentwurf in dritter Beratung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - In dritter Beratung angenommen.
Wir kommen zu Punkt 17 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Europäischen Übereinkommen vom 20. April 1959 über die obligatorische Haftpflichtversicherung für Kraftfahrzeuge ({24}) ;
Schriftlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses ({25}) ({26}) .
({27})
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
Der Berichterstatter, Herr Abgeordneter Leonhard, verzichtet. Ich rufe auf Art. 1, - 2, - 3 -und 4, - Einleitung und Überschrift. - Das Wort wird nicht gewünscht.
Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - In zweiter Lesung angenommen.
Wir kommen zur
dritten Beratung
Algemeine Aussprache. Wird das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht.
Wer dem Gesetzentwurf zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - In dritter Lesung einstimmig angenommen.
Wir kommen zu Punkt 18 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. Luda, Dr. Weber ({28}), Dr. h. c. Güde, Frau Dr. Kuchtner und Genossen und Fraktion der CDU/CSU, den Abgeordneten Dr. Imle, Mertes, Dr. Hellige und Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Gewerbeordnung ({29});
Schriftlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses ({30}) ({31}).
({32})
Der Berichterstatter, Herr Abgeordneter Weinzierl, verzichtet. Ich rufe auf Art. 1, - 2, - 3, - Einleitung und Überschrift. - Das Wort wird nicht gewünscht.
Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - In zweiter Lesung angenommen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Allgemeine Aussprache. Wird das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht.
Wer dem Gesetzentwurf zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? In dritter Lesung angenommen.
So schnell kann man gar nicht sprechen, wie Sie hier aufstehen und sich wieder hinsetzen müssen.
({33})
Ich bin ja schließlich keine Rakete; ich bin ein bißchen altmodisch.
Wir kommen zu Punkt 19 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grundsteuergesetzes ({34}) ;
Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses ({35}) ({36}).
({37})
Ich frage den Herrn Berichterstatter, Herrn Abgeordneten Dr. Toussaint, ob er das Wort wünscht. Das ist nicht der Fall. Ich rufe auf Art. 1, - 2, - 3, -4, - Einleitung und Überschrift. - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - In zweiter Lesung angenommen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Allgemeine Aussprache. Keine Wortmeldungen. Wer dem Gesetzentwurf zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - In dritter Lesung einstimmig angenommen.
Ich rufe auf Punkt 20 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von ,den Abgeordneten Dr. Müller-Hermann, Drachsler, Dr. Artzinger und Fraktion der CDU/CSU, den Abgeordneten Dr. Imle, Dr. Mälzig, Mauk und Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes ({38}) ;
Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses ({39}) ({40}).
({41}).
Wünscht der Berichterstatter, Herr Abgeordneter Schulhoff, das Wort? - Der Herr Berichterstatter verzichtet. Ich rufe ,auf Art. 1, - 2, - 3, - Einleitung und Überschrift. Wird das Wort gewünscht? -Das Wort wird nicht gewünscht. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - In zweiter Lesung angenommen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Allgemeine Aussprache. Keine Wortmeldungen. Wer dem Gesetzentwurf in dritter Lesung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - In dritter Lesung einstimmig angenommen.
Ich rufe Punkt 21 der Tageordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über ,die Reisekostenvergütung für die Bundesbeamten, Richter im Bundesdienst und Soldaten ({42}) ({43});
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Inneres ({44}) ({45}).
({46}).
Der Berichterstatter, Herr Abgeordneter Urban, verzichtet. Ich rufe auf § 1 bis § 27, - Einleitung und Überschrift. Wird das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - In zweiter Lesung angenommen.
Präsident D. Dr. Gerstenmaier Wir kommen zur
dritten Beratung.
Allgemeine Aussprache. Keine Wortmeldungen. Wer dem Gesetzentwurf in dritter Lesung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - In dritter Lesung angenommen.
Wir haben noch über den Ausschußantrag abzustimmen, die zu dem Entwurf eingegangenen Petitionen für erledigt zu erklären. Wer diesem Ausschußantrag - Nr. 2 auf Seite 4 der Drucksache IV/2979 - zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Angenommen.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 22 auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Personalvertretungen im Bundesgrenzschutz ({47}) ({48}) ;
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Inneres ({49}) ({50}).
({51})
Als Berichterstatter hat Herr Abgeordneter Brück das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nur einige wenige Worte zu dem Schriftlichen Bericht Drucksache IV/2980. Die Regierungsvorlage IV/451 wurde im Ausschuß einer gründlichen Überarbeitung unterzogen. Wir sind übereinstimmend der Meinung gewesen, daß wir Ihnen nunmehr einen Bericht mit Änderungen vorlegen, die für die Praxis auch praktikabel sind. Wir sind der Meinung, daß das Gesetz dem modernen Personalvertretungsrecht im übrigen öffentlichen Dienst so weit angepaßt ist, wie es möglich war, allerdings unter Berücksichtigung der Tatsache, daß der Bundesgrenzschutz eine besondere Organisation ist.
Ich bitte Sie deshalb, der Ausschußvorlage Drucksache IV/2980 Ihre Zustimmung zu geben. Wir sind der Meinung, man sollte das Gesetz jetzt einmal in der Praxis eine Zeitlang anwenden, um vielleicht zu einer späteren Zeit festzustellen, ob unsere Arbeit den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht.
({0})
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Zweite Lesung! §§ 1 bis 47, Einleitung und Überschrift. Änderungsanträge liegen nicht vor. Wird das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. - Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - In zweiter Lesung angenommen.
Dritte Beratung.
Allgemeine Aussprache.. Wird das Wort gewünscht? - Herr Abgeordneter Lautenschlager.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie, daß ich trotz der vorgerückten Stunde zu dem Gesetzentwurf in dritter Lesung etwas sage.
Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion begrüßt es, daß das Parlament heute einen Auftrag erfüllt, den es sich vor fast 10 Jahren in § 8,1 des Personalvertretungsgesetzes gegeben hat. Der Bundesgrenzschutz gab bisher dem Parlament und der Öffentlichkeit keinen Anlaß zu wesentlicher Kritik, obwohl auch diese Polizeitruppe mit besonderem Auftrag, deren Angehörige Beamte der verschiedenen Laufbahngruppen sind, ihre Probleme hatte. Von den Wünschen, die sich auf eine angemessene höhere Besoldung, eine Verbesserung des Stellenkegels und des Stellenplans richten, reicht die Reihe der berechtigten Anliegen bis hin zur Ausrüstung und zur Uniform. Darüber hinaus hat die Diskussion um die Zuerkennung des Kombattantenstatus an diese Polizeitruppe für sie eine erhebliche Belastung bedeutet. Die Art, wie die Debatte geführt wurde, verdient die Anerkenung des Bundestags.
Darüber hinaus ist bei dieser Gelegenheit auch ein Wort des Dankes an den Bundesgrenzschutz in seiner Gesamtheit angebracht für die vorbildliche und ausdauernde Pflichterfüllung trotz mancher Schwierigkeiten in Organisation und Ausrüstung. Dieses Verhalten des Bundesgrenzschutzes gab meinen Freunden Veranlassung, sich mit besonderem Eifer dafür einzusetzen, daß der ursprüngliche Regierungsentwurf möglichst weitgehend dem Personalvertretungsgesetz von 1955 angeglichen wurde.
Es ist erfreulich, festzustellen, daß die Mitglieder der Regierungskoalition in der Arbeitsgruppe des Ausschusses für Inneres sich den Argumenten meiner Freunde nicht verschlossen 'haben und daß dem Plenum heute ein Entwurf vorgelegt werden konnte, der den Vorstellungen der Angehörigen des Bundesgrenzschutzes, der Gewerkschaften und der Beamtenverbände weitgehend entspricht. Insbesondere sind die wesentlichen Verbesserungen beim Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrecht, bei der Beteiligung der Gewerkschaften an Personalratssitzungen - auf Antrag mit beratender Stimme - und verschiedene andere Verbesserungen mit der Annahme der Änderungsanträge erreicht worden.
Eine Personalvertretung ist keine bequeme Einrichtung, besonders nicht in einer Polizeitruppe, die von der Zielsetzung, der Aufgabe und der Organisation her auf Disziplin, Gehorsam und unbedingte Pflichterfüllung angewiesen ist. Es ist daher um so erfreulicher, daß dieser große Schritt zur Demokratisierung und zur besseren Vertretung der Menschen dieser Einrichtung mit dem vorliegenden Gesetz gelungen ist. Möge es dazu beitragen, daß die Angehörigen des Bundesgrenzschutzes künftig ihren schweren und verantwortungsvollen Dienst für unsere freiheitliche Demokratie besser und leichter erfüllen können.
({0})
Keine weiteren Wortmeldungen in dritter Beratung. Die 'allgemeine Aussprache ist geschlossen.
Abstimmung! Wer dem Gesetz in der vorliegenden Fassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen?
- Einstimmig angenommen.
Unter Ziffer 2 beantragt der Ausschuß, die zu diesem Gesetzentwurf eingegangenen Eingaben für erledigt zu erklären. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe!
- Angenommen.
Punkt 23 ist erledigt. Ich rufe Punkt 24 auf:
Beratung des Mündlichen Berichts des Rechtsausschusses ({0}) über die Streitsache vor dem Bundesverfassungsgericht -2 BvR 498/64 -
betr. Verfassungsbeschwerde
a) der Kommanditgesellschaft Spiegel-Verlag, Rudolf Augstein GmbH & Co, gesetzlich vertreten durch die Spiegel-Verlag Rudolf Augstein GmbH, diese wiederum vertreten durch ihren Geschäftsführer Rudolf Augstein, alle in Hamburg, Maienweg 2,
b) des Verlegers Rudolf Augstein, Hamburg, Maienweg 2,
vom 10. August 1964 gegen den Beschluß des
Deutschen Bundestages vom 26. Juni 1964 Drucksache IV/2383 - ({1}).
Ich frage den Berichterstatter, Herrn Abgeordneten Busse, ob er dazu das Wort wünscht. - Der Berichterstatter verzichtet. Aussprache! - Keine Wortmeldung.
Wer dem Antrag des Ausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen . - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Punkt 25:
Beratung der Sechsten Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1965 ({2}) ({3}).
Ich frage, ob das Wort zur Einbringung gewünscht wird. - Keine Wortmeldung.
Die Vorlage soll an den Außenhandelsausschuß überwiesen werden. Ist das Haus einverstanden? - Es ist so beschlossen.
Punkt 26:
a) Beratung des Berichts des Außenhandelsausschusses ({4}) über die von der Bundesregierung erlassene Zolltarif-Verordnung ({5}) ({6}) ({7}) ;
b) Beratung des Berichts des Außenhandelsausschusses ({8})
über die von der Bundesregierung erlassene Fünfundneunzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1963 ({9})
über die von der Bundesregierung erlassene Einhundertunderste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1963 ({10})
über die von der Bundesregierung erlassene Erste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1965 ({11}) ({12}) ({13}) ;
c) Beratung des Berichts des Außenhandelsausschusses ({14}) über die von der Bundesregierung erlassene Dritte Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1965 ({15})
über die von der Bundesregierung erlassene Vierte Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1965 ({16}) ({17}) ({18}) ;
d) Beratung des Berichts des Außenhandelsausschusses ({19}) über die von der Bundesregierung erlassene Neunzehnte Verordnung zur Änderung der Einfuhrliste - Anlage zum Außenwirtschaftsgesetz - ({20}) ({21}) ;
e) Beratung des Berichts des Außenhandelsausschusses ({22})
über die von der Bundesregierung erlassene Einhundertste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1963 ({23})
über die von der Bundesregierung erlassene Einhundertunddritte Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1963 ({24}) ({25}) ({26}) ;
f) Beratung des Berichts des Außenhandelsausschusses ({27}) über die von der Bundesregierung erlassene Zwanzigste Verordnung zur Änderung der Einfuhrliste - Anlage zum Außenwirtschaftsgesetz - ({28}) ({29}).
In allen Fällen hat das Haus von den Berichten des Außenhandelsausschusses nur Kenntnis zu nehmen. Wünscht einer der Berichterstatter das Wort? - Das ist nicht der Fall. Anträge zu den Berichten liegen nicht vor.
Ich empfehle dem Haus, von allen Berichten Kenntnis zu nehmen. - Ich stelle fest, daß dies der Fall ist. Tagesordnungspunkt 26 ist erledigt.
Beratung der Übersicht 27 des Rechtsauschusses ({0}) über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht ({1}).
Wird hierzu das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht.
Wer dem Antrag des Ausschusses zuzustimmen wünscht, dien bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Angenommen.
Damit, meine Damen und Herren, sind wir für heute am Ende unserer Tagesordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Freitag, den 29. Januar, vormittags 9 Uhr, ein.
Die Sitzung ist geschlossen.