Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung wird die heutige Tagesordnung um folgende Punkte erweitert:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Außenhandelsausschusses ({0}) über die von der Bundesregierung vorgelegte Achte Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1965 ({1})
- Drucksachen IV/2960, IV/2964 -Berichterstatter: Abgeordneter Hesemann,
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Inneres ({2}) über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission der EAG für eine Verordnung Nr. .../64/EURATOM des Rats zur Änderung der Tabelle der Bezüge der in Belgien dienstlich verwendeten Atomanlagenbediensteten der Gemeinsamen Kernforschungsstelle
- Drucksachen IV/2898, IV/2969 -Berichterstatter: Abgeordneter Schmitt-Vokkenhausen.
Es ist eine Vereinbarung darüber zustande gekommen, daß die Tagesordnung wie folgt abgewickelt wird: zunächst die Fragestunde, dann. das Vermögensbildungsgesetz - etwa um 10 Uhr -, dann die Umsatzsteuernovelle und die Vermögensteuernovelle, danach alle übrigen Punkte.
Wir beginnen mit der
Fragestunde ({3}) .
Zunächst rufe ich aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für gesamtdeutsche Fragen die Frage des Abgeordneten Mischnick auf - Drucksache IV/2974 -:
Wann ist die Bundesregierung über Tatsache und Inhalt des Memorandums unterrichtet worden, das der Regierende Bürgermeister von Berlin im Herbst 1964 an die amerikanische Regierung gerichtet hat?
Herr Präsident! Der Inhalt des Memorandums, das der Regierende Bürgermeister von Berlin im August 1964 an die amerikanische Regierung gerichtet hat, ist der Bundesregierung bisher nicht bekanntgeworden.
({0})
Daß ein solches Memorandum übergeben worden ist, wurde der Bundesregierung erst nach Vollziehung aus Presseveröffentlichungen bekannt. Soeben hat vor Beginn der Sitzung der Herr Vorsitzende der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion, Herr Erler, mir dieses Memorandum übergeben. Es trägt den Titel „Über Beziehungen zu osteuropäischen Staaten und Völkern" und hat einen Umfang von 14 Seiten.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Mischnick.
Herr Minister, teilen Sie meine Befürchtung, daß die Übergabe eines solchen Memorandums des Regierenden Bürgermeisters von Berlin - wenn auch vielleicht in seiner Eigenschaft als SPD-Vorsitzender - an den amerikanischen Außenminister außerhalb der Vereinigten Staaten und der Bundesrepublik, wenn auch unbeabsichtigt, sehr leicht zu einer Unterstreichung der Dreistaatentheorie führen kann?
Eine solche Mißdeutung kann leicht entstehen.
({0})
Eine zweite Zusatzfrage.
Sind Sie mit mir der Meinung, Herr Bundesminister, daß es sinnvoll wäre, Initiativen von Parteivorsitzenden oder ähnlich hochstehenden Politikern umgehend, nachdem sie erfolgt sind, der Bundesregierung in vollem Umfang bekannt zu geben?
Einem in diesem Hause von allen Fraktionen oft zum Ausdruck gebrachten Wunsch nach einem Höchstmaß an Gemeinsamkeit in den Grundsatzfragen der deutschen Außenpolitik hätte ein solches Verfahren mehr entsprochen.
Herr Abgeordneter Dr. Barzel zu einer Zusatzfrage.
Herr Minister, ist es das übliche Verfahren, daß die Bundesregierung von außenpolitischen Schritten des Regierenden Bürgermeisters von Berlin durch den Vorsitzenden der Oppositionsfraktion dieses Hauses unterrichtet wird?
Ich nehme an, daß mir Herr Kollege Erler durch diesen Schriftsatz Einsicht in den Inhalt geben wollte, damit ich dieses Memorandum besser beurteilen könne. Die Bundesregierung war bisher nur auf die Veröffentlichungen der Nachrichtenagenturen, also auf Auszüge angewiesen.
Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Abgeordneter Dr. Barzel.
Sind Sie, Herr Minister, mit mir der Meinung, daß das außenpolitische Vertretungsrecht der Bundesregierung wegen der besonderen Lage der deutschen Hauptstadt hier eines ganz besonders sorgfältigen Verfahrens auch in den alltäglichen Dingen bedarf?
Aus dem Grundgesetz ergibt sich eindeutig die Zuständigkeit der Bundesregierung für alle Angelegenheiten der auswärtigen Politik. Es wäre vielleicht zweckmäßiger gewesen, Mißdeutungen, die zu einer Sonderbeurteilung der Stellung Westberlins auch bei unseren Freunden führen könnten, zu vermeiden.
Herr Abgeordneter Erler zu einer Zusatzfrage.
Herr Bundesminister, sind Sie bereit, dem Hause mitzuteilen, daß ich Ihnen das Memorandum oder wie das Schriftstück sonst genannt werden mag - es trägt ja nicht die Bezeichnung „Memorandum" - heute ausdrücklich im Auftrage des Regierenden Bürgermeisters von Berlin übergeben habe?
Das haben Sie soeben auch mit dem Hinweis getan, daß es sich hier um eine Zusammenfassung gehaltener Reden des Herrn Regierenden Bürgermeisters handelt, also nicht um etwas Neues, sondern um die Zusammenfassung bereits veröffentlichter und in Reden geäußerter Darlegungen des Regierenden Bürgermeisters.
Sind Sie angesichts dieser Sachlage bereit, dem Hause nach Prüfung des Memorandums zu berichten, in welchen Punkten sich dieses Memorandum nach Ihrer Auffassung von den Grundzügen der von diesem Hause gemeinsam getragenen Deutschlandpolitik unterscheidet, und sind Sie bereit, dem Hause darüber Aufklärung zu geben,
({0})
daß Sie es für durchaus wünschenswert halten, wenn deutsche Politiker, die um die Darlegung derartiger Gedanken von ausländischen Persönlichkeiten gebeten werden, von diesen Möglichkeiten der Unterstützung deutscher Politik Gebrauch machen?
Herr Kollege Erler, ich werde diese Zusammenfassung dem Herrn Bundeskanzler jetzt in der um 10 Uhr beginnenden Kabinettssitzung übergeben, und ich nehme an, daß sich das Kabinett mit dem Inhalt befassen wird. Je nach dem Ergebnis der Studie dieses Memorandums bin ich bereit, auf Ihre Fragen dann hier Rede und Antwort zu stehen.
Herr Abgeordneter Rasner zu einer Zusatzfrage.
Herr Minister, darf ich erfahren, welches Datum dieses Memorandum trägt?
Berlin, im August 1964.
Herr Minister, würden Sie bitte so freundlich sein, auch zu prüfen, ob dieses Memorandum von dem Vorsitzenden der SPD oder dem Regierenden Bürgermeister übersandt worden ist?
Das läßt sich im Augenblick, da ich das Memorandum soeben erst bekommen habe, nicht feststellen. Ich bin gern bereit, das in Kürze nachzuholen und diese Frage zu beantworten.
({0})
Herr Abgeordneter Mommer zu einer Zusatzfrage.
Herr Minister, darf ich Sie fragen, ob Sie, als Sie noch nicht Minister, sondern Vorsitzender Ihrer Fraktion waren, der Bitte eines amerikanischen Staatssekretärs nicht nachgekommen wären und eine sicherlich damals von Ihnen häufig getane Äußerung über gesamtdeutsche Fragen nicht schriftlich Ihre Meinung erläutert hätten?
({0})
Herr Kollege Mommer, es ist in der Tat nach den Besuchen in den Vereinigten Staaten mehrfach geschehen, daß man um eine ZusammenfasBundesminister Dr. Mende
sung der Darlegungen gebeten wurde. Ich habe das aber niemals getan, ohne diese Zusammenfassung vorher dem Außenminister zu zeigen und mit ihm zu besprechen.
({0})
Der Herr Außenminister hat immer einen Durchschlag eines solchen Memorandums bekommen. Auch als Kollege Dehler, mein Parteifreund, seinerzeit nach Moskau fuhr, hat er vor wie nach der Reise alle Einzelheiten dieser Reise mit dem Außenminister abgesprochen.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Mommer.
Herr Minister, darf ich Sie fragen, ob Sie nun heute, da Sie im Kabinett Vizekanzler sind, Äußerungen, die Sie in der Öffentlichkeit über gesamtdeutsche Fragen tun, vorher im Kabinett abstimmen?
Ich kann sagen, daß alle bisherigen Äußerungen - sowohl diejenigen, die sich auf das Memorandum der Bundesregierung vom 9. August 1963 beziehen, wie auch jene Vorschläge, die ich dem Gesamtdeutschen Ausschuß auch vor kurzer Zeit in Berlin unterbreitet habe - selbstverständlich mindestens mit dem Bundeskanzler, der die Richtlinien der Politik bestimmt, in den meisten Fällen im Gesamtkabinett abgesprochen wurden.
Herr Abgeordneter Wehner zu einer Zusatzfrage.
Herr Minister, wieso unterstellen Sie, daß eine Art schriftlicher Antwort, die ein Deutscher auf die Frage eines Angehörigen eines befreundeten Landes zu brennenden Fragen gesamtdeutscher und europäischer Art gegeben hat, wie eine Art diplomatisches Schriftstück bewertet und behandelt werden muß?
({0})
Herr Kollege Wehner, den Ausdruck „Memorandum" hat die Öffentlichkeit geprägt auf Grund der Presseverlautbarungen. Die Bundesregierung hat diesen Terminus technicus übernommen. Ich habe ja bei der ersten Frage bereits die Überschrift vorgelesen: Über Beziehungen zu osteuropäischen Staaten und Völkern. Hier steht nicht mehr „Memorandum". Die Wertung ist erst möglich, wenn man die ganzen vierzehn Seiten gelesen hat.
Im übrigen glaube ich, daß das Problem der Mißverständnisse das möglicherweise von Ihnen anders beurteilt wird als von mir, sich jeweils im Hinblick darauf stellt, welche Persönlichkeit es ist: ob es ein Deutscher ist, der kein öffentliches Amt hat, oder ein Deutscher, der auch ein öffentliches Amt hat, und es stellt sich besonders dann, wenn jemand, der in der schwierigen Position des Regierenden Bürgermeisters von Berlin ist, in dieser Eigenschaft oder in der Eigenschaft als Parteivorsitzender ausländischen Regierungen Mitteilungen über Fragen macht, die zur ausschließlichen Kompetenz der Bundesregierung gehören. Hier kann das Mißverständnis einer eigenen Außenpolitik von Westberlin in der Öffentlichkeit entstehen. Das ist nach den Veröffentlichungen der letzten Tage ja wohl auch der Fall gewesen.
({0})
Entschuldigen Sie, ich habe bei diesem makabren Schauspiel
({0})
- ich bin gleich dabei, Herr Zensor -, mit dem Sie die deutsche Frage in einen kläglichen Koalitionswahlkampf hineinziehen, nicht die Möglichkeit, auf diese Dinge zu antworten.
({1})
Aber ich möchte Sie fragen: Messen Sie Memoranden etwa danach, wie Sie selber ihre Memoranden bezeichnen? Ich denke dabei an das Memorandum der Bundesregierung vom Februar 1962, aus dem Sie seit drei Jahren nicht einmal Politik zu machen verstanden haben.
Das ist keine Frage.
({0})
- Herr Abgeordneter Wehner, die Frage ist vom Herrn Präsidenten des Bundestages zugelassen worden. Sie ist zweifellos nach unserer Geschäftsordnung eine zulässige Frage. Die Kritik, die Sie üben, Herr Abgeordneter Wehner, ist nicht berechtigt.
({1})
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für gesamtdeutsche Fragen, die in der Drucksache IV/2949 enthalten sind. Ich rufe die von der Abgeordneten Frau Dr. Kiep-Altenloh gestellte Frage II/1 auf:
Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, um den Gemeinden an der Zonengrenze genügend Hilfen zu geben, den erfreulich großen Besucherstrom richtig zu betreuen?
Der Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages hat meinem Antrag, der auf einen einstimmigen Beschluß des Bundestagsausschusses für gesamtdeutsche und Berliner Fragen zurückgeht, entsprochen und erstmalig für das Jahr 1965 Mittel zur Förderung von Reisen an die Demarkationslinie vorgesehen. Wenn das Plenum dieses Hauses diesen Beschluß bestätigt, ist sichergestellt, daß auch Reisen an die Demarkationslinie gefördert werden und daß dann auch Einrichtungen entstehen, die eine unmittelbare Betreuung der Besucher dahin ermöglichen, daß ihnen Ursachen und Folgen der deutschen Teilung nachdrücklich vermittelt werden.
Zu einer Zusatzfrage Frau Dr. Kiep-Altenloh!
Herr Minister, ist es möglich, daß den Bürgermeistern der betroffenen kleinen Grenzorte, die ja in großen Schwierigkeiten waren, schon jetzt eine vorläufige Mitteilung gemacht wird?
Frau Kollegin, die Gemeinden haben schon bisher, wenn sie sich dieser Aufgabe widmeten, auf Antrag Mittel aus dem Haushalt des Bundesministeriums für gesamtdeutsche Fragen erhalten. Sie werden jetzt natürlich, falls sie sich auf Grund ihrer Grenzlage besonders in diese Betreuungsarbeit einschalten, erst recht auf die Übernahme dieser Aufwendungen durch unser Haus rechnen können. Eine entsprechende Mitteilung wird den vier Ländern, von denen Gebietsteile zum Zonenrandgebiet gehören, zugehen. Voraussetzung ist natürlich, wie ich noch einmal betone, die Bestätigung durch das Plenum dies Deutschen Bundestages; denn bisher hat nur der Haushaltsausschuß - allerdings einstimmig - diese Mittel bewilligt.
Ich rufe die ebenfalls von der Abgeordneten Frau Dr. Kiep-Altenloh gestellte Frage II/2 auf:
Erscheint der Bundesregierung die Einschaltung und entsprechende Ausbildung des Bundesgrenzschutzes für die in Frage II/I bezeichneten Aufgaben als zweckdienlich?
Die zweite Frage darf ich wie folgt beantworten. Im Einvernehmen mit dem Bundesminister des Innern halte ich es für richtig, für diese Aufgabe in erster Linie Beamte des Bundesgrenzschutzes heranzuziehen, die bisher schon eine solche Betreuungsarbeit und Aufklärung an der Demarkationslinie übernommen hatten. Beamte des Bundesgrenzschutzes, die bereit und geeignet sind, diese Aufgaben zu übernehmen, sind vorhanden.
Ich hoffe hier aber auf eine gute Zusammenarbeit mit dem Bundesminister des Innern.
Eine Zusatzfrage!
Herr Bundesminister, werden die Mitglieder des Bundesgrenzschutzes auf diese Aufgaben durch einige einleitende Vorträge vorbereitet?
Im Gesamtdeutschen Ministerium wird eine Betreuungsstelle für Besucher an der Demarkationslinie ebenso eingerichtet werden, wie wir das für Berlin-Besucher bereits seit Jahren haben. Hier wird natürlich eine Seminararbeit und eine politische Betreuung durch hauptamtliche Kräfte unseres Hauses nötig sein.
({0})
Entschuldigen Sie, warum regen Sie sich denn fortgesetzt in ungebührlicher Weise auf, Herr Kollege? Sie haben im Anschluß an die erste Frage fortgesetzt in nicht korrekter Weise Ihrer Meinung geäußert. Wenn Sie eine Zusatzfrage haben, gehen Sie bitte zur Sprechstelle.
Eine Zusatzfrage, bitte!
Herr Minister, darf ich Ihrer Antwort entnehmen, daß Sie inzwischen schon Anregungen - beispielsweise derjenigen des Landrats von Eschwege - entgegengekommen sind und entsprechende Aufwendungen für die Gemeinden und Kreise an der Zonengrenze bereits finanziell entschädigt haben?
Es sind Anträge verschiedener Gemeinden für eine solche Betreuungsarbeit bereits in den vergangenen Jahren entsprechend behandelt worden. Das heißt, man hat ihnen Hilfen gegeben, allerdings nicht in allen Fällen, weil dafür die notwendigen Mittel nicht zur Verfügung standen. Erst nach der Erhöhung dieses Ansatzes speziell auch für die Betreuungsarbeit kann jetzt so ziemlich allen Wünschen nachgegangen werden.
Eine weitere Frage.
Herr Minister, werden Sie, selbst wenn über das Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen eine entsprechende Stelle zur Beratung von Reisenden an der Zonengrenze eingerichtet wird, auch diejenigen Stellen unterstützen - und zwar mit den noch vom Plenum zu beschließenden Mitteln -, die bisher diese Arbeit getragen haben und sie sehr wahrscheinlich in Zukunft weiter tragen müssen?
Es wird eine enge Zusammenarbeit mit den Ländern, Kreisen und Gemeinden und auch mit den eben schon genannten Bundesinstitutionen, also Bundesgrenzschutz und Zoll, erfolgen. Dafür sind Besprechungen mit den Referenten der Länder bereits in Aussicht genommen.
Frage II/3 - des Abgeordneten Dr. Mommer -:
Wann hat der Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen im Kabinett Vorschlage zu einer Deutschland-Initiative der Bundesregierung gemacht?
Auf die Frage des Herrn Kollegen Mommer darf ich wie folgt antworten. Der Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen hat sich seit seinem Eintritt in das Kabinett im Oktober 1963 bei allen sich bietenden Gelegenheiten um Anregungen und Vorschläge zur Deutschlandfrage bemüht, und zwar sowohl im Kabinett wie in der Öffentlichkeit. Über die Kabinettsdiskussionen geben die Protokolle der Bundesregierung Auskunft. Darüber hinaus sind dem Bundeskanzler mehrfach schriftlich Vorschläge
und Anregungen zugegangen, zum letzten Male Mitte Dezember des vergangenen Jahres. Die beiden Vorsitzenden der Koalitionsfraktionen sind abschriftlich davon informiert worden.
Eine Zusatzfrage.
Herr Minister, haben Sie den von Ihnen auch in der Öffentlichkeit in der vorigen Woche gemachten Vorschlag, in Berlin eine Plenarsitzung des Bundestages mit der Tagesordnung: Erklärung zur Deutschlandfrage, auch im Kabinett gemacht und das Kabinett darauf hingewiesen, daß Grundgesetz und Geschäftsordnung des Bundestages dem Kabinett die Möglichkeit geben, das Zusammentreten des Bundestages zur Entgegennahme einer solchen Regierungserklärung zu verlangen?
Herr Kollege Mommer, die Initiative zu einer Einberufung einer Plenarsitzung in Berlin ging von einer Fraktion aus, der ich zufällig auch als Mitglied dieses Hauses angehöre.
({0})
- Ja, das ist ein Zufall. Ich habe sie selbstverständlich unterstützt; denn es würde ein Versäumnis des Bundesministers für gesamtdeutsche Fragen darstellen, wenn er nicht alle Möglichkeiten ausschöpfte, auch in Berlin das Selbstbestimmungsrecht des deutschen Volkes und den Anspruch, für ganz Deutschland zu sprechen, herauszustellen.
Herr Dr. Mommer zu einer weiteren Frage.
Werden Sie im Kabinett den Vorschlag machen, die Bundesregierung möge die Zusammenkunft des Plenums des Bundestages in Berlin herbeiführen, um dort eine Erklärung über die Deutschlandpolitik abzugeben, und wie denken Sie sich dabei die Rolle der drei Schutzmächte in Berlin?
Herr Kollege Mommer, ich habe an diesem besagten Mittwoch, als das Kabinett in Berlin tagte, aus meiner Verantwortung heraus der Fassung widersprochen, die vorher verbreitet war, es handle sich nur um eine Ministerbesprechung. Das Kabinett hat festgestellt, daß es sich um eine reguläre Sitzung der Bundesregierung unter Vorsitz des Bundeskanzlers handle. In dieser Sitzung ist auch über die Frage der Plenarsitzungen gesprochen worden.
Herr Abgeordneter Neumann zu einer Zusatzfrage!
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß uns die Protokolle des Kabinetts nicht zur Verfügung stehen? Könnten Sie daher etwas Näheres über die von Ihnen unternommenen Initiativen berichten?
Herr Kollege Neumann, ein solcher Bericht würde den Rahmen der Fragestunde weit überschreiten, denn wir müßten uns dann in eine mehrstündige Auseinandersetzung einlassen.
Eine weitere Frage des Herrn Abgeordneten Neumann.
In der vorigen Woche und auch gestern haben Sitzungen des Gesamtdeutschen Ausschusses stattgefunden. Wäre es nicht gut gewesen, wenn der Minister für gesamtdeutsche Fragen die Mitglieder dieses Ausschusses über seine Initiativen unterrichtet hätte?
Herr Kollege Neumann, ich habe davon gesprochen, daß der Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen seit seinem Amtsantritt im Kabinett Anregungen und Vorschläge zur Deutschlandpolitik gemacht hat. Sie selbst sind in diesem Jahr mindestens in drei Sitzungen des Gesamtdeutschen Ausschusses - zuletzt in Berlin - ausführlich über die Beurteilung der Deutschlandpolitik durch die Bundesregierung und auch über die beabsichtigten weiteren Schritte informiert worden.
({0})
Eine öffentliche Aussprache darüber in einzelnen Punkten ist außerdem am 5. Dezember in Berlin vor dem Kuratorium Unteilbares Deutschland erfolgt. Ich bin also der Meinung, daß es an einer - auch öffentlichen - Diskussion dieser Vorschläge - Öffnung von Verkehrswegen, Nachbarschaftsverkehr, vermehrte Hilfe für Zonenrandgebiete, Frage der Magdeburger Brücke usw. - im zuständigen Ausschuß nicht gefehlt hat.
Herr Abgeordneter Erler zu einer Zusatzfrage.
Herr Minister, da Ihnen sicherlich der Unterschied zwischen einer Beurteilung und einer Initiative bekannt ist, möchte ich fragen, welche Vorschläge von Ihnen dem Kabinett für Verhandlungen mit anderen Staaten unterbreitet worden sind, nachdem Sie in öffentlichen Versammlungen die Bundesregierung in dieser Hinsicht gerügt haben.
Falls ich die Bundesregierung gerügt haben sollte, hätte ich ja wohl - zumindest für die letzten 15 Monate - mich selbst rügen müssen. Die Behauptung einer solchen Rüge kann nur als Unterstellung aufgefaßt werden. Ich habe allerdings auf die Behandlung des Memorandums der Bundesregierung vom 9. August 1963 innerhalb und außerhalb des Kabinetts gedrängt. Die Hemmungen lagen jedoch nicht - wie Sie wissen - bei der Bundesregierung, sondern außerhalb des Machtbereichs der Bundesregierung, vom Botschafterlenkungsausschuß bis zur Haltung einiger Außenminister unserer Freunde.
Eine weitere Frage des Herrn Abgeordneten Erler.
Herr Minister, haben Sie, bevor der Bundestag nach Berlin ging, als es aber feststand, daß er in Berlin keine Plenarsitzung abhalten würde, im Kabinett Vorschläge vorgelegt, die dazu hätten führen können, daß die Bundesregierung dem Bundestag in Berlin eine Erklärung zur Deutschlandfrage hätte vortragen können?
Der Gedanke, in Berlin zu einer Plenarsitzung zusammenzutreten, entstand erst, nachdem in einer großen Berliner Zeitung zu lesen war, daß der Präsident auf die Einberufung des Plenums verzichtet habe, da kein Antrag einer Fraktion dazu vorliege.
Ich danke Ihnen, Herr Minister.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung. Die Fragen 1 und 2 sind schon erledigt. Ich rufe auf die Frage XII/3 - des Herrn Abgeordneten Mick -:
Trifft es zu - wie im DGB-Nachrichtendienst vom 7. Januar 1965 behauptet wird -, daß eine für das Gebiet des Wohnungswesens geplante Repräsentativerhebung auf den Herbst 1965 verlegt werden soll, weil die Bundesregierung eine schnelle und umfassende Feststellung der wirklichen Wohnungssituation in der Bundesrepublik vermeiden will?
Nein, das trifft nicht zu. Die für den Herbst 1965 geplante Repräsentativerhebung ist nicht durch den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft veranlaßt worden. Derartige Repräsentativerhebungen hat es schon früher gegeben, als der Abbau der Wohnungszwangswirtschaft überhaupt noch nicht eingeleitet war, so z. B. in den Jahren 1957 und 1960.
Die Repräsentativerhebung 1965 soll lediglich in erweiterter Form durchgeführt werden, um auch die Auswirkungen der Überführung des Wohnungswesens in die soziale Marktwirtschaft sichtbar zu machen. Hierzu bedarf es eines neuen Gesetzes. Dieses Gesetz ist soeben von der Bundesregierung verabschiedet und geht in diesen Tagen dem Bundesrat zu. Ich hoffe, daß der Bundestag diesen Gesetzentwurf noch so rechtzeitig verabschieden kann, daß die Erhebung noch im Herbst dieses Jahres durchgeführt wird, wie es der Gesetzentwurf der Bundesregierung vorsieht.
Keine Zusatzfrage. Dann rufe ich auf die Frage XII/4 - des Herrn Abgeordneten Mick -:
Ist eine eventuelle Verlegung der in Frage XII/3 bezeichneten Repräsentativerhebung deshalb erfolgt, um keine Möglichkeit zu bieten, in den am 1. Juli 1965 weiß gewordenen Kreisen Fehler der Defizitberechnung zu korrigieren und nach Angaben des DGB festgestellte Mängel des Abbaugesetzes für die Wohnungswirtschaft abzustellen?
Nein, davon kann keine Rede sein. Der Gesetzentwurf, der soeben von der Bundesregierung verabschiedet ist, mußte sehr sorgfältig vorbereitet werden. Es hat langer Verhandlungen, vor allem mit den Ländern, bedurft, insbesondere wegen der Kosten, die von den Ländern für die Durchführung der Erhebung aufgebracht werden müssen. Außerdem kann auch keine Rede davon sein, daß die Erhebung „zu spät" käme. Die Erhebung kann brauchbare Ergebnisse nur liefern, wenn der Abbau der Wohnungszwangswirtschaft bereits bis zu einem bestimmten Grade durchgeführt ist.
Keine Zusatzfrage. Ich rufe auf die Frage XII/5 - des Herrn Abgeordneten Mick -:
Hält die Bundesregierung den Vorwurf des DGB, daß sie es fahrlässig versäumt hat, während der Übergangsjahre zum freien Wohnungsmarkt genügend Feststellungen zu treffen, die eine einwandfreie Beurteilung der Auswirkungen der Mietfreigabe und der Einführung des freien Kündigungsrechts zugelassen hätten, für begründet?
Nein. Der Vorwurf des Deutschen Gewerkschaftsbundes ist nicht begründet. Die Bundesregierung hat - unabhängig von der geplanten Repräsentativerhebung - alles getan, um die Überführung der Wohnungszwangswirtschaft in die soziale Marktwirtschaft laufend zu beobachten. Die ersten Mietpreisfreigaben sind am 1. November 1963 erfolgt. Seit dieser Zeit wird die Mietentwicklung in den „schwarzen" und „weißen" Kreisen gesondert beobachtet. Die Ergebnisse werden - auch für die „weißen" Kreise - fortlaufend veröffentlicht.
Entschuldigen Sie bitte, Herr Kollege Mick, daß Ihr Name in der Drucksache IV/2949 nicht korrekt wiedergegeben worden ist. - Eine Zusatzfrage, Frau Meermann!
Herr Staatssekretär, .wenn .die Bundesregierung alles getan hat, um genügend Feststellungen zu treffen, die eine einwandfreie Beurteilung der Auswirkungen der Mietfreigabe und der Einführung des freien Kündigungsrechts zulassen, warum ist es dann plötzlich notwendig geworden, die ursprünglich festgesetzten Endtermine für das Inkrafttreten des sogenannten Lücke-Plans um 2 Jahre 'hinauszuschieben?
Das war erforderlich, weil in einigen Kreisen entgegen den ursprünglichen Annahmen, von denen auch dieses Haus bei dem Abbaugesetz ausgegangen ist, das Defizit infolge nicht voraussehbarer Bevölkerungsbewegungen größer war.
({0})
Eine weitere Frage!
Obwohl die Gesamtbauleistungen durchaus die Zahlen erreicht haben, die Sie vorausgesehen haben, vielleicht sogar noch darüber hinausgegangen sind?!
Das hohe Defizit, von dem ich sprach, 'hängt nicht damit zusammen, daß die Wohnungsbauleistung etwa geringer gewesen wäre, als wir angenommen hätten, sondern damit, daß die Raumordnung und die Landesplanung sich in einigen Gebietsteilen der Bundesrepublik noch nicht so wirksam entwickelt haben, wie wir es wünschen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Hauffe!
Herr Staatssekretär, warum braucht der Lücke-Plan überhaupt einen Endtermin, wenn Sie das Ziel des Lücke-Plans, nämlich 3 % Minusversorgung erst erreichen wollen, ehe Sie diese Kreise zu weißen Kreisen erklären?
Einen absoluten Endtermin, Herr Abgeordneter, halten wir im Interesse aller Beteiligten, auch der Gemeinden, für gut, damit sie sich auf diesen Zeitpunkt rechtzeitig einstellen können.
Eine weitere Frage!
Herr Staatssekretär, heißt das, daß Sie den Endtermin noch einmal hinausschieben werden, falls das gesteckte Ziel auch in diesen 2 Jahren nicht erreicht wird?
Nein, das heißt es nicht. Wir sind außerdem sicher, daß sich diese Entwicklungen nicht wiederholen werden, wenn das Raumordnungsgesetz in diesem Hohen Hause verabschiedet wird.
Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Wir kommen dann zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Gesundheitswesen. Ich rufe auf die Frage XIII/1 - der Frau Abgeordneten Dr. Hubert -, die von der Frau Abgeordneten Meermann übernommen wird:
Bis wann kann mit der Vorlage von Gesetzentwürfen zur Ratifizierung des Europäischen Übereinkommens zur gegenseitigen Hilfe auf dem Gebiet medizinischer Spezialbehandlung und heilklimatischer Hilfsmittel sowie des Europäischen Übereinkommens über den Austausch von Testsera zur Blutgruppenuntersuchung gerechnet werden, die nach Auskunft des Bundesministeriums für Gesundheitswesen vom 1. März 1963 - Drucksache IV/1023 - in Kürze erfolgen sollte?
Es wird gefragt nach zwei Ratifizierungsgesetzen. Das Europäische Übereinkommen zur gegenseitigen Hilfe auf dem Gebiet medizinischer Spezialbehandlung und heilklimatischer Hilfsmittel bledarf keines Ratifizierungsgesetzes. Es ist ein internationales Verwaltungsabkommen im Sinne des Art. 59 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes. Es bedarf allerdings der Zustimmung des Bundesrates.
Der zweite Teil der Frage betrifft das Europäische Übereinkommen über den Austausch von Testsera zur Blutgruppenuntersuchung. Hier kann ein Ratifizierungsgesetz erst vorgelegt werden, wenn die Voraussetzungen für die Durchführung des Gesetzes in unserem Lande geschaffen sind. Zu diesen Voraussetzungen gehört, daß die notwendigen Stellen für diejenigen Wissenschaftler und Mitarbeiter da sind, die die erforderlichen Bescheinigungen, die in diesem Gesetz vorgesehen sind, auszustellen haben. Über die Anforderungen für diese Stellen kann erst nach Beratung der Personalanforderungen gemäß § 13 Abs. 1 des Haushaltsgesetzes entschieden werden. Sobald dies geschehen ist, wird das Ratifizierungsgesetz vorgelegt werden.
Eine Zusatzfrage!
Frau Ministerin, wäre es denn vielleicht möglich, eine bessere Klärung von Zeitbegriffen zwischen Bundesregierung und Parlament herbeizuführen, da nach der ersten Auskunft aus Ihrem Ministerium vom 1. März 1963 die entsprechende Gesetzgebung „in Kürze" erfolgen sollte und da ja ein Jahr und zehn Monate im allgemeinen nicht unter den Zeitbegriff „in Kürze" fällt.
Ich habe es nicht in der Hand, festzustellen, wann die entsprechenden Personalanforderungen, die im Stellenplan unbedingt notwendig sind und die für ein Ratifizierungsgesetz Voraussetzung sind, bewilligt werden. Ich werde aber tun, was ich kann, um die Sache zu beschleunigen.
Eine weitere Frage, Frau Abgeordnete!
Frau Ministerin, darf ich denn einmal fragen, mit welchem Zeitablauf Sie nun noch etwa rechnen müssen?
An sich wäre die Frage an den Haushaltsausschuß weiterzuleiten. Aber ich nehme an, daß es nicht mehr lange dauert.
Ich rufe auf die Frage XIII/2 - des Herrn Abgeordneten Dr. Bechert -, die von Herrn Abgeordneten Flämig übernommen wird:
In welcher Weise sieht die Bundesregierung Möglichkeiten, im Rahmen der Gesetzgebungskompetenz des Bundes den Empfehlungen der Föderation „Europäischer Gewässerschutz" zur Frage „Gewässerschutz und Raumordnung" auch im Gebiet der Bundesrepublik Geltung zu verschaffen?
Bitte, Frau Ministerin!
Es wird gefragt nach der Durchführung der Empfehlungen der Föderation „Euro7774
päischer Gewässerschutz". Diese Empfehlungen entsprechen durchweg den Vorstellungen der Bundesregierung. Es ist nicht so, daß sie etwa in anderen europäischen Ländern viel weiter verwirklicht wären und daß, wie es in der Frage heißt, ihnen nun auch im Gebiet der Bundesrepublik Geltung verschafft werden müßte. Zur Verwirklichung der Empfehlungen bietet die Bundesgesetzgebung, nach der ich ja nur gefragt werden kann, Grundlagen.
Das Wasserhaushaltsgesetz des Bundes gibt in § 36 eine solche Grundlage. Die Aufstellung wasserwirtschaftlicher Rahmenpläne in Einklang mit den Erfordernissen der Raumordnung ist hier vorgesehen. Die Bundesregierung rechnet damit, daß in Kürze die Richtlinien für die Aufstellung von wasserwirtschaftlichen Rahmenplänen gemäß § 36 Abs. 3 des Wasserhaushaltsgesetzes erlassen werden.
Das Bundesbaugesetz vom 23. Juni 1960 enthält u. a. Bestimmungen über die Aufstellung von Bauleitplänen, die wiederum dem Ziele der Raumordnung und der Landesplanung angepaßt sein müssen.
Außerdem liegen zur dritten Lesung die Entwürfe eines Bundesraumordnungs-Rahmengesetzes vor. Auch diese Entwürfe enthalten materielle Grundlagen, die den Gewässerschutz - übrigens auch die Reinhaltung der Luft und den Schutz der Allgemeinheit vor Lärmbelästigungen - ausdrücklich berücksichtigen. So ist u. a. vorgesehen, daß Gebiete, die der Wasserversorgung dienen oder künftig dienen sollen, vorrangig zu sichern sind. Die Durchführung der bundesgesetzlichen Bestimmungen liegt bei den Ländern,
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Flämig!
Frau Ministerin, teilen Sie die Auffassung der Föderation „Europäischer Gewässerschutz", daß der Versorgung der Bevölkerung mit gesundem Wasser in ausreichender Menge unter Umständen der Vorrang vor anderen Wassernutzungen gebührt?
Ich teile diese Auffassung durchaus.
Eine weitere Frage des Abgeordneten Flämig!
Frau Ministerin, muß ich aus dem ersten Teil Ihrer vorigen Antwort entnehmen, daß ein Bundesgesetz in dieser Richtung nicht erlassen wird, sondern daß man sich ausschließlich auf die Landesgesetzgebung beschränkt?
Keineswegs! Ich habe das Gegenteil gesagt. Ich habe gesagt, daß Richtlinien für die Aufstellung von wasserwirtschaftlichen Rahmenplänen im Laufe dieses Frühjahres erlassen werden sollen.
Herr Abgeordneter Jacobi zu einer Zusatzfrage!
Frau Ministerin, darf ich Sie fragen, ob Sie zu diesem Punkt und den damit verbundenen Einzelfragen nicht nur in ständigem Kontakt mit den Ländern stehen, sondern auch den Eindruck haben, daß die Länder das Äußerste an Bereitschaft zeigen, um dem Bund zu helfen, in diesen Fragen auf der europäischen Ebene weiterzukommen?
Herr Abgeordneter Jacobi, wir sind uns darüber einig - wir haben ja gestern lange über diese Frage miteinander gesprochen -, daß es eine außerordentlich schwierige Frage ist und daß es auch nicht leicht ist, das, was in vielen Jahren oder Jahrzehnten unterlassen worden ist, auf einmal wieder gutzumachen. Ich bin aber mit Ihnen darin einig, daß auch auf seiten der Länder eine große Bereitschaft vorhanden ist, in dieser Beziehung das Notwendige zu tun.
Eine weitere Frage des Abgeordneten Jacobi!
Frau Ministerin, darf ich Sie fragen, ob die Bundesregierung zu einem späteren Zeitpunkt zur nochmaligen Überprüfung der Frage bereit ist, ob nicht doch nach den bisherigen zum Teil negativen Erfahrungen auch ernsthaft an eine Änderung der Gesetzgebungskompetenz gedacht werden sollte?
Ich habe bereits in anderem Zusammenhang gesagt und wiederhole es gern, daß es wünschenswert, vielleicht Voraussetzung für eine fruchtbare Lösung sehr vieler Fragen meines Ministeriums wäre, wenn das Grundgesetz in 'dem Sinn geändert würde, daß uns eine umfassendere Kompetenz für das Gesundheitswesen, 'darunter auch für die gesundheitliche Seite dieser Fragen, gegeben würde.
Frau Dr. Kiep-Altenloh zu einer Zusatzfrage!
Frau Minister, haben Sie den Eindruck, daß .die Länder diesem Wunsch, die Wasserwirtschaft mehr auf die Bundesebene zu verlagern, Verständnis entgegenbringen?
Vermutlich! Ich bin überzeugt, daß die Länder zunächst einmal eifrig dabei sind, auf Grund ihrer eigenen Kompetenz die Fragen soweit wie möglich zu 'lösen, und wir werden da noch einige Ergebnisse abzuwarten haben.
Eine weitere Frage der Frau Abgeordneten Dr. Kiep-Altenloh!
Frau Bundesminister, glauben Sie nicht, daß angesichts des weitverzweigten Wasserzufuhrsystems und der Vorfluter eine Regelung auf Bundesebene gerade für dieses Gebiet besonders wichtig wäre?
Ich bejahe die Frage.
Frau Abgeordnete Berger-Heise zu einer Zwischenfrage!
Frau Ministerin, wie erklären Sie sich dann, daß die Bundesregierung nicht in der Lage war, in dem kommenden Raumordnungsgesetz eine Bestimmung über Gebietsschutz für die Wasserversorgung vorzusehen?
Was ich soeben gesagt habe, enthält eigentlich 'diesen Gedanken, den Sie ausgesprochen haben, Frau Berger-Heise. Der Gesetzentwurf enthält z. B. folgenden Satz: „Gebiete, die der Wasserversorgung dienen oder künftig dienen sollen, sind vorrangig zu sichern." Ist das nicht Gebietsschutz? Und weiter: „Für die Reinhaltung des Wassers und für die Reinhaltung der Luft sowie für den Schutz der Allgemeinheit vor Lärmbelästigungen ist ausreichend Sorge zu tragen."
Eine Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Berger-Heise!
Ist Ihnen - das kann selbstverständlich so sein - nicht bekannt, daß gestern im Ausschuß für Raumordnung gegen die Stimmen der SPD dieser Satz gestrichen wurde?
({0})
Was ich Ihnen soeben vorgelesen habe, ist die Fassung des federführenden Ausschusses. Da ich in diesem Ausschuß nicht dabei bin, kann ich Ihnen die Einzelvorgänge bei der Abstimmung allerdings nicht berichten.
({0})
Ich rufe auf die Frage XIII/3 - des Abgeordneten Logemann -:
Weiß die Bundesregierung, daß die in den letzten Jahren bestimmend gewesene Theorie, der Herzinfarkt sei eine Folge zu großen Fettverzehrs, seit einigen Monaten heftig umstritten ist?
Die Frage wird durch den Herrn Abgeordneten Dr. Hamm ({0}) übernommen.
Der Bundesregierung ist bekannt, daß die wissenschaftliche Diskussion über den Zusammenhang zwischen Herzinfarkt und Fettverzehr in den letzten Monaten wieder neu in Gang gekommen ist, und wir verfolgen diese Diskussion mit großer Aufmerksamkeit. Ich möchte aber hinzufügen, daß nach der Meinung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung und der großen Mehrheit der führenden Wissenschaftler zwischen einem zu hohen Fettverbrauch in der Bundesrepublik und dem Ansteigen .der Herzinfarkte ein Zusammenhang besteht.
Keine Zusatzfrage.
Ich rufe auf die Frage XIII/4 - des Herrn Abgeordneten Logemann -, die ebenfalls von Herrn Abgeordneten Dr. Hamm ({0}) übernommen wird:
Ist die Bundesregierung bereit, neuesten wissenschaftlichen Kenntnissen entsprechend dem Beispiel der USA zu folgen und in der Bundesrepublik den Herstellern von Pflanzenölprodukten Werbeslogans wie „reich an ungesättigten Fettsäuren" oder „cholesterinarm", die in der Bevölkerung bezüglich Vorbeugung oder gar Heilung von Herz- und Arterienerkrankungen falsche Hoffnungen erwecken, zu verbieten?
Der Erlaß gezielter Werbeverbote für Lebensmittel ist in wissenschaftlich umstrittenen Fällen wie den hier angesprochenen sehr problematisch. Das Lebenesmittelgesetz verbietet die irreführende Werbung für Lebensmittel. Irreführend sind auch solche Angaben, die den Verbraucher besondere gesundheitliche Wirkungen erwarten lassen, obgleich diese Wirkungen wissenschaftlich noch gar nicht gesichert sind.
Soweit ich unterrichtet bin, ist die Rechtslage in den Vereinigten Staaten von Amerika ähnlich. Auch hier bestehen in diesen Fällen nach meinen Informationen keine speziellen Werbeverbote. Vielmehr geht man auch hier von dem Verbot irreführender Werbung aus.
Ich rufe die Frage XIII/5 - des Herrn Abgeordneten Logemann - auf:
Welche Mittel sind bisher in der Bundesrepublik für die Fettforschung zur Verfügung gestellt worden?
Auch diese Frage wird von Herrn Abgeordneten Dr. Hamm ({0}) übernommen.
Die Fettforschung wird in der Bundesrepublik in Bundesinstituten und durch Forschungsaufträge schwerpunktmäßig betrieben. Die Forschungen wurden durch Bundesmittel wesentlich gefördert.
Ich rufe auf die Frage XIII/6 - des Abgeordneten Dr. Hamm ({0}) -:
Sieht die Bundesregierung nach dem derzeitigen Stand der Verhandlungen über die erste EWG-Richtlinie zur Angleichung der Rechtsvorschriften für pharmazeutische Erzeugnisse die Möglichkeit, den vom Bundestag beschlossenen deutschen Standpunkt zu wahren?
Ich bejahe die Frage; denn die auf Grund des bestehenden Rechtszustandes geübte Praxis wird der vorgesehenen Richtlinie gerecht.
Keine Zusatzfrage. Ich rufe auf die Frage XIII/7 - des Abgeordneten Dr. Hamm ({0}) -:
Könnte, wenn Frage XIII/6 verneint wird, der Nachteil einer dann erforderlichen grundlegenden Systemänderung im deutschen Arzneimittelrecht vermieden werden, wenn deutscherseits ein europäisches Registrierungs- oder Genehmigungsverfahren neben den nationalen Regelungen vorgeschlagen wird?
Die Frage ist hinfällig, nachdem ich die vorangegangene Frage im Grundsatz bejaht habe.
Ich danke Ihnen, Frau Ministerin.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr, die Sie in der Drucksache IV/2954 finden, und rufe auf die Frage I/1 - des Abgeordneten Hussong -:
Treffen Meldungen in der Tagespresse zu, daß die Bundesbahn-Hauptverwaltung im Haushaltsjahr 1965 keine weiteren Mittel für die Fertigstellung des Hauptbahnhofes in Saarbrücken bereitzustellen beabsichtigt?
Herr Präsident, darf ich die beiden Fragen des Herrn Abgeordneten Hussong gemeinsam beantworten?
Einverstanden! Dann rufe ich zusätzlich die Frage I/2 -des Herrn Abgeordneten Hussong - auf:
Welcher Anlaß besteht zu der Annahme, daß vorgesehene Verhandlungen der Regierung des Saarlandes mit der Bundesregierung gefährdet würden, falls der Stadtrat in Saarbrücken gegen die beabsichtigte Nichtfertigstellung des Bahnhofsgebäudes in einer Sondersitzung zu protestieren beabsichtigt?
Herr Abgeordneter, ich kann Ihre beiden Fragen verneinen.
Keine Zusatzfrage? - Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Nunmehr rufe ich die ebenfalls in der Drucksache IV/2954 enthaltenen Fragen II/1, II/2 und II/3 des Abgeordneten Wienand aus dem Geschäftsbereich des Bundesschatzministers auf:
Warum ist die Reprivatisierung der zur Gemeinde Altenrah ({0}) gehörenden Grundstücke entsprechend der Zusage des Bundesschalzministers vom 13. Dezember 1963 in der 103. Sitzung des Deutschen Bundestages noch nicht abgeschlossen worden?
Welche Gründe stehen einer schnellen Abwicklung der in Frage II/1 bezeichneten Angelegenheit entgegen?
Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um endlich die schon seit einem Jahrzehnt versprochene Reprivatisierung der zur Gemeinde Altenrath ({1}) gehörenden Grundstücke zu verwirklichen?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Bundesministers Dr. Dollinger vom 21. Januar 1965 lautet:
Zu Frage 1I/1:
Die Reprivatisierung des Grundbesitzes in Altenrath ist zuletzt in der Fragestunde des Deutschen Bundestages am 16. Dezember 1964 behandelt worden. Mit Veräußerungen konnte, wie Herr Staatssekretär Kattenstroth in dieser Sitzung ausgeführt hat, noch nicht begonnen werden, weil es an einem mit der Landesplanung abgestimmten Bebauungsvorschlag fehlt. Ein solcher ist aber die Grundlage für eine sinnvolle Reprivatisierung sowohl der unbebauten als auch der teilweise sehr ungünstig geschnittenen bebauten Grundstücke.
Zu Frage II/2:
Der Herr Oberkreisdirektor des Siegkreises hat Anfang Dezember zugesagt, einen Bebauungsvorschlag aufzustellen und ihn mit den Planungsbehörden des Landes Nordrhein-Westfalen abzustimmen. Sodann wird die Reprivatisierung sofort in Angriff genommen werden.
Zu Frage II/3:
Die Bundesregierung hat im vergangenen Jahr fortgesetzt auf die Erarbeitung eines Bebauungsvorschlages hingewirkt. Sie wird das auch weiterhin tun, um die Reprivatisierung sobald wie möglich zu verwirklichen.
Sollten Sie noch irgendwelche Fragen haben, .stehe ich Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.
Damit sind wir am Ende der Fragestunde.
Der Punkt 4 der Tagesordnung soll nach einer Vereinbarung zwischen den Fraktionen heute abgesetzt werden. Es besteht Einverständnis? - Es ist so beschlossen.
Dann rufe ich auf die Zusatzpunkte der heutigen Tagesordnung. Zunächst:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Außenhandelsausschusses ({0}) über die von der Bundesregierung vorgelegte Achte Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1965 ({1}) ({2}).
Es liegt vor der Bericht des Herrn Abgeordneten Hesemann.
Der Antrag des Ausschusses geht dahin, der Verordnung zuzustimmen. - Keine Einwendungen. Es ist so beschlossen,
Der weitere Zusatzpunkt:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Inneres ({3}) über den von der Bundesregierung zur Kenntnahme vorgelegten Vorschlag der Kommission der EAG für eine Verordnung Nr. . . .164 EURATOM des Rats zur Änderung der Tabelle der Bezüge der in Belgien dienstlich verwendeten Atomanlagenbediensteten der Gemeinsamen Kernforschungsstelle ({4}).
Es liegt vor der Bericht des Herrn Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen. Er geht dahin, die Vorschläge zur Kenntnis zu nehmen. - Ich stelle fest, daß das geschehen ist.
Ich rufe dann auf den Tagesordnungspunkt 11:
a) Erste Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung der Vermögensbildung ({5}) Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Förderung der
Vizepräsident Dr. Dehler
Vermögensbildung der Arbeitnehmer ({6}),
c) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer ({7}) ({8}).
Zur Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung der Vermögensbildung, der von der Fraktion der FDP eingebracht worden ist, hat das Wort der Herr Abgeordnete Mischnick.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Diskussion über Eigentumsbildung ist in den letzten Wochen und Monaten erfreulich vorangeschritten, und wir Freien Demokraten können mit Befriedigung feststellen, daß das Bekenntnis zum Eigentum, was vor 15 Jahren noch nicht so selbstverständlich war, heute Einzug in allen politischen Gruppierungen gefunden hat.
Wir können vielleicht dabei hoffen, daß der zum Abschluß des letzten, des dritten Deutschen Bundestags von uns gestellte Antrag, die Konsequenzen aus diesem Bekenntnis zum Eigentum zu ziehen und den Artikel 15 des Grundgesetzes über die Enteignungsmöglichkeiten entsprechend zu verändern, jetzt auf Gegenliebe bei allen Fraktionen dieses Hauses stößt; denn nicht anders kann man doch wohl die Erklärungen verstehen, die vor kurzem auch anläßlich des Karlsruher Parteitags der Sozialdemokraten abgegeben worden sind, daß es nicht nur um die Schaffung neuen Eigentums geht, sondern auch die um die Erhaltung vorhandenen Eigentums. Wir sind gespannt, ob, wenn es soweit ist, dann auch hier das Bekenntnis in diesem Hause bei einer solchen Grundsatzentscheidung in gleicher Weise ausfallen wird.
Wir Freien Demokraten freuen uns darüber, daß diese Diskussion über breit gestreutes Eigentum nunmehr mit sehr positiven Aspekten geführt wird. Als wir 1952 in unserem Sozialprogramm diese Forderung aufstellten, wurden wir noch von sehr vielen belächelt. Als wir sie in unserem Berliner Programm 1957 festlegten, mußten wir erfahren, daß der Wille, der Wunsch nach Eigentum auch bei vielen Arbeitnehmerorganisationen noch nicht besonders verbreitet war. Heute hat die Debatte auch im Bereich der Tarifpartner eine erfreuliche positive Wendung gefunden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir Freien Demokraten haben aber auch nie ein Hehl daraus gemacht, daß bei der grundsätzlichen Diskussion dieser Frage das Bekenntnis dazu miteinbezogen werden muß, durch Kriegsfolgen verlorenes Eigentum wiederherzustellen. Wir sehen die Bemühungen, den verschiedenen Kriegsfolgegeschädigten - ich denke an den Lastenausgleich, an die Frage der Reparationsschädengesetzgebung - auch unter dem Gesichtspunkt breiter Eigentumsstreuung, ihren Verlust an Eigentum, soweit es überhaupt in der volkswirtschaftlichen Kraft der Bundesrepublik steht, auszugleichen. Wir wollen damit denjenigen Gerechtigkeit widerfahren lassen, die keine Ansprüche an den Staat haben, sei es über Pensionen, sei es über die Rentenversicherung, die mehr oder weniger vom Staat garantiert ist.
Lassen Sie mich nach diesen Hinweisen ein paar Bemerkungen zu der Frage der Eigentumsbildung im allgemeinen machen; denn die erste Lesung soll ja grundsätzliche Fragen behandeln und sich nicht mit den Einzelfragen der Gesetzentwürfe auseinandersetzen.
Wir Freien Demokraten sind davon überzeugt, daß der Wunsch nach Eigentumsbildung bei Angestellten, Arbeitern und Beamten nicht nur eine Zeiterscheinung ist, sondern daß die Steigerung der Spartätigkeit in den letzten Jahren ein untrüglicher Beweis dafür ist, daß der Wille zur Eigentumsbildung ständig gestiegen ist. Ich darf daran erinnern, daß die Spargeldeinzahlungen bei den privaten und öffentlichen Bausparkassen 1962 etwa 4 1/2 Milliarden DM betragen haben und gegenüber 1959, also innerhalb von 3 Jahren, um rund 50 % gestiegen sind. Das ist ein Beweis für den Willen zur Eigentumsbildung.
In ähnlicher Weise sind natürlich auch die Zins- und Tilgungsleistungen im Wohnungsbausparen gestiegen. Dasselbe ist bei den Spargeldeinlagen in dem gleichen Zeitraum zu beobachten gewesen. Eine Übersicht, die vor wenigen Tagen in den „Politischen Informationen" der Arbeitsgemeinschaft Demokratischer Kreise veröffentlicht worden ist, macht deutlich, daß im Jahre 1963 z. B. bei den privaten Bausparkassen ,allein 65,1 % der vorhandenen Bausparverträge von Arbeitern, Angestellten und Beamten abgeschlossen worden sind und daß es bei den öffentlichen Bausparkassen 60,1 % waren. Man kann also mit Recht sagen: zu zwei Dritteln sind die Möglichkeiten, die dib Bausparverträge bieten, von Arbeitnehmern genutzt worden. Es hat .sich erwiesen, daß diese Form der Eigentumsbildung weithin Verständnis gefunden hat.
Ich darf einen zweiten Hinweis geben. Die Eigentumsbildung wird heute noch durch hohen Steuerabzug und durch hohe Sozialabgaben behindert. Wir haben vor kurzem eine Steuersenkung beschlossen - am 1. Januar ist sie in Kraft getreten -, nach der die unterste, die erste Stufe jetzt noch 19 % beträgt. Wenn man aber Steuerbelastung und Sozialabgaben zusammenzieht, muß man feststellen, daß heute bei den Arbeitnehmern Belastungen aus Steuerabzug und Sozialabgaben bereits in einer Größenordnung von 35 bis 45 % vorhanden sind. Das behindert selbstverständlich die Möglichkeit der Eigentumsbildung. Wir haben deshalb die Steuersenkung beschlossen, von der wir meinen, daß sie die erste von mehreren, sich nacheinander auswirkenden Steuersenkungen sein sollte. Dieser Schritt trägt dazu bei, für den Arbeitnehmer freien Raum zur Eigentumsbildung zu schaffen.
Ich weiß, daß sehr oft entgegengehalten wird: „Ja, ist denn der Betrag, der durch eine solche Steuersenkung freigeworden ist, überhaupt diskutabel?" Aber wenn Sie daran denken, daß der
Vorschlag unseres Kollegen Leber - 1 1/2 % der Lohnsumme - bei 8000 DM Durchschnittseinkommen 120 DM ausmacht, dann ist eine durchschnittliche Lohnsteuersenkung gerade für ein Einkommen von 8000 DM in Höhe von 153 DM praktisch schon um rund 30 % mehr, als die 1 1/2 % der Lohnsumme ausmachen, die der Kollege Leber in seinen Vorstellungen vorgeschlagen hat. Sie sehen also, daß die Beschlüsse dieses Hohen Hauses zur Vorlage der Bundesregierung mehr ausgemacht haben als die 1 1/2 % der Lohnsumme, die nach dem Leber-Plan überhaupt zur Diskussion gestellt waren.
Ich darf hier aber auch den Gesichtspunkt mit erwähnen, daß der Wunsch nach gesteigerter sozialer Sicherheit, der unbestreitbar in allen Bevölkerungsgruppen spürbar ist, mit dem Wunsch nach Eigentumsbildung in Einklang gebracht werden muß. Dieses Verlangen, sich gegen die Risiken des Lebens abzusichern, das früher nur für in abhängiger Stellung Tätige galt, ist heute ebenfalls spürbar in den freien Berufen, bei den Selbständigen, bei den mithelfenden Familienangehörigen. Aber umgekehrt ist gleichzeitig spürbar, daß Arbeiter und Angestellte ihre traditionellen Sicherungseinrichtungen, also die Sozialversicherung, nicht mehr als ausreichend ansehen und deshalb die Eigentumsbildung, den Erwerb von Eigentum, speziell natürlich Wohnungseigentum, als eine Ergänzung der Sicherungsfunktion der Sozialversicherung betrachten und immer mehr bereit sind, in dieser Richtung durch eigene Leistung die entsprechenden Voraussetzungen zu schaffen.
Da wir überzeugt sind - und wir hoffen, daß sich diese Überzeugung bei allen politischen Gruppierungen immer mehr durchsetzen wird -, daß Eigentum neben den gesetzlichen Sozialversicherungseinrichtungen die soziale Sicherheit des einzelnen verstärken kann, scheint uns der Gedanke durchaus diskussionswert, zu überlegen, ob wir im Zuge der weiteren Gestaltung unserer Sazialgesetzgebung nicht eine Wahlmöglichkeit für den einzelnen Arbeiter und Angestellten schaffen sollten, Teile der heute an die Rentenversicherung geleisteten Beiträge nach eigener Entscheidung z. B. auch eigentumsbildend anzulegen, statt sie als Beitragszahlung an die Rentenversicherung gelangen zu lassen. Das ist keine Frage, die man von heute auf morgen entscheiden kann, die aber im Rahmen der Gesamtdiskussion über die Weiterentwicklung unserer Gesellschaftspolitik mit einbezogen werden sollte. Wir hoffen, daß uns die von der Bundesregierung in Auftrag gegebenen Sozial-Enquete auch für diese Überlegungen weitere neue Erkenntnisse vermitteln wird.
Ich möchte einen weiteren Punkt erwähnen. Das ist die Frage, ob es notwendig ist, daß Eigentumsbildung eine eigene Leistung voraussetzt, oder ob man von einer sinnvollen Eigentumsbildung auch dann sprechen kann, wenn diese eigene unmittelbare Leistung fehlt. Der Herr Bundeskanzler hat 1961 als Wirtschaftsminister in der Debatte über das sogenannte 312-DM-Gesetz zum Ausdruck gebracht - ich zitiere -:
Es ist klar, es gibt keine Eigentumsbildung, an welcher Stelle der Volkswirtschaft auch immer, ohne daß diese nicht mit einem Sparakt und mit einem Konsumverzicht zwingend verbunden wäre.
Wir bejahen diese Einstellung und gehen deshalb von dem Grundgedanken aus, daß die Schaffung breit gestreuten Eigentums nur dann wirklich erreicht werden kann, wenn der einzelne an der Bildung seines Eigentums unmittelbar und nicht nur indirekt mitwirkt. Deshalb sind unsere Bedenken gegen die verschiedenartigen Konstruktionen der Eigentumsbildung, wie sie heute in anderen Entwürfen vorliegen, zum Ausdruck gebracht worden. Wir werden nach der Begründung dieser Gesetzentwürfe in der Disskussion dazu im einzelnen Stellung zu nehmen haben.
Ich darf aber hier schon ganz klar zum Ausdruck bringen, daß eine sinnvolle Eigentumsbildung nach Meinung der Freien Demokraten nur dann erfolgen kann, wenn derjenige, der Eigentum bildet, dieses Eigentum durch Verzicht auf Konsum allmählich anspart, entwickelt und wir ihm dabei behilflich sind.
({0})
Wir Freien Demokraten haben uns deshalb nach Überprüfung aller Möglichkeiten, die in den letzten Monaten zur Diskussion gestellt worden sind, dazu entschlossen, die Weiterentwicklung unseres Bausparprämien- und Sparprämiensystems in den Vordergrund der Eigentumsbildung zu stellen und mit unserem Gesetzentwurf die Voraussetzungen dazu zu schaffen.
Der Gesetzentwurf geht davon aus, daß einmal die Erhöhung der Prämienstaffel erfolgt, wobei wir gegenüber dem jetzigen System ja die Besonderheit hineingebracht haben, daß für junge Familien Prämien einer höheren Stufe gewährt werden können, um damit die finanziellen Schwierigkeiten einer jungen Ehe etwas mit überwinden zu helfen und die Voraussetzungen zu bessern, damit auch junge Ehepaare schon in der Lage sind, entsprechende Sparleistungen zum Bau eines Eigenheims aufzubringen.
Die Anhebung der Höchstprämie auf 500 DM ist ein weiterer wesentlicher Punkt.
Wir glauben, daß der nächste Punkt unseres Vorschlages von ganz erheblicher Bedeutung ist, nämlich die Einführung einer Prämienleistung auch für die Tilgung der nach Zuteilung des Bausparvertrages notwendigerweise aufgenommenen Darlehen. Wer einen Bausparvertrag abgeschlossen und dafür eigene Leistungen aufgebracht und eine Prämie erhalten hat, wird natürlich am meisten nach der Zuteilung seines Bausparvertrages belastet, also zu dem Zeitpunkt, wo die Verwirklichung des Eigentumsgedankens eingetreten ist.
Wir halten es deshalb für sinnvoll, daß die Prämie, die bisher nur für das Ansparen gezahlt wurde, in ähnlicher Form, wenn auch zunächst in der Höhe begrenzt, ebenfalls für die Tilgungsleistung gegeben wird. Denn hier steht fest, daß der Betreffende mit der Tilgung tatsächlich Eigentum bildet und seiMischnick
nen Vertrag nicht abgeschlossen hat, nur um irgendwelche Vergünstigungen in Anspruch zu nehmen.
({1})
Uns Freien Demokraten scheint gerade dieser Gesichtspunkt von besonderer Bedeutung zu sein.
Ähnliche Verbesserungen der Prämienstaffel sind von uns auch für das Sparprämiengesetz vorgesehen. Ich will hier auf die Einzelheiten nicht eingehen; wir werden das ja im zuständigen Ausschuß zu beraten haben.
Die Freien Demokraten haben ihre Gesellschaftspolitik immer darauf abgestellt, dem einzelnen, ganz gleich, ob in abhängiger Stellung oder selbständig tätig, ein Höchstmaß an persönlicher Unabhängigkeit zu sichern. Soziale Sicherheit und soziale Gerechtigkeit, wachsenden Wohlstand gibt es nach unserer Überzeugung nur in einer auf der Freiheit der Persönlichkeit, dem Privateigentum und dem Leistungswettbewerb aufgebauten Gesellschaftsordnung. Unsere Eigentumspolitik, unser Vorschlag, das über den Ausbau des Bausparprämien- und des Sparprämiengesetzes zu vollziehen, geht genau von diesem Gedanken aus, weil wir es für nicht richtig halten, Eigentumsbildung über eine Form - wie sie auch immer gestaltet sein mag - des Zwangssparens zu vollziehen, sondern den Entschluß des einzelnen, Eigentum zu bilden, in den Vordergrund stellen.
({2})
Ich glaube wir sind alle gut beraten, wenn wir das Bekenntnis unserer Arbeiter, Angestellten und Beamten zur Eigentumsbildung, das in den 4,2 Millionen Bausparverträgen und in über 4 Millionen Ratensparverträgen zum Ausdruck gebracht worden ist, so ernst nehmen, daß wir diese Freiwilligkeit fortsetzen und die Sparer davor bewahren, zwangsmäßig Wege gehen zu müssen, die sie selbst, wie Umfragen beweisen, nicht gehen wollen. Ich bitte, den Gesetzentwurf der Freien Demokraten nicht nur den Ausschüssen zu überweisen, die vom Ältestenrat vorgesehen sind, sondern den Wirtschaftsausschuß als mitberatenden Ausschuß hinzuzuziehen.
({3})
Der Entwurf der SPD wird vom Abgeordneten Junghans begründet. Ich gebe ihm das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte, bevor ich unseren Antrag begründe, einige Bemerkungen zur Begründung des FDP-Entwurfs machen.
Herr Kollege Mischnick, es kommt doch wohl in diesem Hause nicht darauf an, erneut Bekenntnise zum Eigentum abzulegen.
({0})
- Herr Kollege Mischnick, das Eigentum ist im Grundgesetz gewährleistet. Ich darf Ihnen versichern, das, was im Grundgesetz steht, sollte für alle Parteien dieses Hauses gelten. Das dürfte unstrittig sein.
Worum geht es? Bei der Eigentumsstreuung geht es um die Frage, wie breit das Eigentum gestreut werden soll, und das ist die Frage, an der sich die Geister in diesem Hause scheiden werden.
({1})
Wenn Sie schon mit Zahlen über Sparen usw. operieren, müssen Sie erst einmal wissen, wie sich die Sparkonten zusammensetzen. Das ist die erste Frage. Zweitens möchte ich Ihnen sagen, daß Sparen bisher noch kein Eigentum ist; das Eigentum muß nämlich dann hinterher noch gebildet werden.
({2})
- Sie wissen doch ganz genau, daß der Sparakt in sich noch keine Eigentumsbildung ist, sondern daß Eigentum erst durch die Festlegung dieser Beträge hinterher gebildet wird. Sie wissen doch ganz genau, daß es ein Sparen für Gebrauchsgüter gibt, daß es ein Eigentumssparen gibt, daß es also verschiedene Motive für das Sparen gibt. Sie können das doch nicht einfach gleichstellen.
({3})
- Lassen Sie mich erst einmal begründen.
Es wurde auch gegen den hohen Steuerabzug polemisiert. Wir wünschten, Sie hätten es bei der Beratung des Steueränderungsgesetzes 1964 gemacht, als wir dafür eingetreten sind, gerade die niedrigen Einkommen stärker zu entlasten, als Sie es vorhatten. Ich werde auch noch auf die Motive, die Sie hier angeschnitten haben - von wegen Zwangssparen, von wegen Sparen durch Konsumverzicht -, eingehen. Darüber gibt es sehr eindeutige Aussagen auch der Wissenschaft, und ich glaube, daß sich der Herr Bundesarbeitsminister diese Gedanken auch zu eigen gemacht hat.
Mit großem Interesse habe ich zur Vorbereitung dieser Debatte die Debatten zur ersten Lesung vor fast vier Jahren nachgelesen. Da war von seiten der Bundesregierung die Rede von einem Meilenstein, von der zweiten Phase der sozialen Marktwirtschaft zur Aufhebung der differenzierten Vermögensverteilung. Meine Kollegen und ich wiesen aber damals nachdrücklich auf die Mängel des 312er-Gesetzes hin und sagten voraus, daß diese Mängel es verhindern würden, mehr als nur einen ganz kleinen Teil des Problems zu lösen.
({4})
Nach wie vor ist es das Problem der wahrhaft explosiven Vermögensdifferenzierung. Dazu hat Herr Professor Föhl in seiner kreislaufanalytischen Untersuchung einige Zahlen genannt. Ich möchte aus diesem Gutachten einige wenige Zahlen zitieren: von. 1950 bis 1959 haben 2,8 Millionen Selbständige
- das sind 17 % der Haushalte - 110 Milliarden DM Vermögen gebildet, d. h. daß 75 % der Vermögensbildung auf 17 % der Haushalbe kommen.
Diese Zahlen sagen noch nicht einmal etwas über die Vermögensdifferenzierung innerhalb dieser Gruppe aus. Es kann also angenommen werden, daß der Hauptteil des Vermögens sich auf wenige Hunderttausend beschränkt hat. Wir haben leider keine
ausreichende Vermögensstatistik, um diese Dinge
näher untersuchen zu können. Das ist ein Mangel.
Dagegen haben 5,8 Millionen Arbeiterhaushalte
({5})
- Herr Mischnick, hören Sie gut zu! - 9,3 Milliarden DM Vermögen gebildet. Das heißt, daß die Selbständigen-Haushalte in der Zeit von 1950 bis 1959 etwa zwanzigmal soviel Vermögen gebildet haben wie die Haushalte der Arbeiter, Angestellten und Beamten.
({6})
Ich sage Ihnen auch noch gleich, worauf das zurückzuführen ist, damit endlich einmal mit der Legende aufgeräumt wird, nur Konsumverzicht habe zu die -ser Vermögensdifferenzierung geführt.
({7})
Die Ursachen der Vermögenskonzentration faßt Professor Föhl wie folgt zusammen - ich darf mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten zitieren -:
({8})
- Wenn Sie es gelesen haben, dann bedaure ich, daß Herr Mischnick hier diese alten Legenden wieder auffrischen wollte. - Professor Föhl schreibt:
1. Das strukturell gegebene Gewinngefälle zwingt, wenn die Vollbeschäftigung erhalten werden soll, dazu, eine bestimmte, meist hohe Gewinnquote durch ein hohes Maß von Investitionen zu erzeugen, und zwar auch dann, wenn der Staat, im Falle eines Importüberschusses das Ausland, Geldvermögen bildet.
2. Die Umverteilung der Vermögen durch eine nach sozialpolitischen Gesichtspunkten gewählte Verteilung der Steuerlast ist infolge der Überwälzungsmöglichkeiten weitgehend eine Fiktion.
3. Die Abhängigkeit der Verbrauchsneigung von der Höhe der Einkommen bewirkt kleine Sparquoten bei den Unselbständigen und große Sparquoten bei den Selbständigen.
({9})
Es steht darunter: „Wer hat, dem wird gegeben", und nach diesem Motto ist ja bisher verfahren worden.
Das Gutachten räumt auf mit dem ständig wiederholten Argument - das durch die dauernde Wiederholung nicht zutreffender geworden ist -, daß nur Sparen, d. h. Konsumverzicht zur individuellen Vermögensbildung führe. Für die Volkswirtschaft insgesamt ist der Satz, daß nur Sparen zur Vermögensbildung führt, völlig richtig; aber die individuelle Vermögensbildung sieht ganz anders aus. Auch hier darf ich wieder Professor Föhl zitieren:
Von echtem Konsumverzicht kann bei den Selbständigen in Anbetracht der standesgemäßen Verbrauchsausgaben kaum noch gesprochen werden. Man kann auf Vermögen in einkommensschwachen Zeiten zurückgreifen, so daß die Verbrauchsausgaben dieses relativ kleinen
Personenkreises weitgehend unabhängig vom zeitweiligen Einkommen sind.
Die Verbrauchsausgaben
- da sind weitgehend die Ausgaben der Arbeitnehmer, der Unselbständigen für den Verbrauch selbstverständlich mit eingeschlossen; denn das sind die Verbraucher decken nicht nur die Kosten, sondern auch die Erzeugung von Investitionsgütern, die dann Eigentum der Unternehmer bleiben.
So steht es im Gutachten. Mit anderen Worten, Herr Mischnick, nicht der Verzicht auf Annehmlichkeiten dieser Tage bei kärglich lebenden, sparsamen Unternehmern hat zur Vermögensbildung geführt, sondern das permanente Zwangssparen der Verbraucher, also der Unselbständigen, über dem Preis seit der Währungsreform.
Auch zur Frage der Verbrauchsneigung der Unselbständigen möchte ich Herrn Professor Föhis Angaben zitieren, denn das ist mal ganz interessant zu hören, meine Damen und Herren von der FDP:
Der Aufwand, den sich die Großaktionäre von Kapitalgesellschaften, die Gesellschafter von Personalgesellschaften, die tantiemeberechtigten Vorstandsmitglieder und Direktoren bei der Höhe ihres Einkommens und dem in diesem Kreis üblichen Lebensstil leisten können, mag, gemessen an dem Aufwand eines Maharadschas, bescheiden sein; gemessen am Aufwand einer Arbeiterfamilie liegt er eben doch beim Zehnfachen oder höher.
Und das wird von der arbeitenden Bevölkerung nicht immer ohne Kritik hingenommen.
Jetzt sagt Föhl:
Für die Notwendigkeit der Aufrechterhaltung eines solchen Aufwands können weder volkswirtschaftliche noch gesellschaftspolitische Gründe angegeben werden.
Häufig ist auch gesagt worden, die hohe Selbstfinanzierungsquote bei den Investitionsgütern sei notwendig für eine hohe Wachstumsrate und damit für die Vollbeschäftigung. Das ist auch wieder nur eine halbe Wahrheit; denn richtig ist, daß natürlich eine hohe Investitionsrate notwendig ist und auch bleibt. Aber ein Fragezeichen kann man hinter den hohe individuellen Einkommen erzeugen. Die zen. Die heutige Vermögensverteilung trägt die Schuld daran, daß die infolge des strukturellen Gewinngefälles für die Erhaltung der Vollbeschäftigung unvermeidlich hohen Gewinne und Zinseinkommen fast ausschließlich der relativ kleinen Gruppe der Selbständigen zufließen und bei diesen hohen individuellen Einkommen erzeugen. Die unterschiedliche Verbrauchsneigung bewirkt, daß auch der weitaus größte Teil des neu gebildeten Vermögens immer wieder der gleichen Gruppe, den bereits Besitzenden, zufließt. Wer hat, dem wird gegeben.
Deshalb ist hier eine politische Entscheidung notwendig, durch eine Kombination von Maßnahmen Verbrauchsneigung und Sparneigung der Unternehmer und Arbeitnehmer zu beeinflussen, um eine breitere Streuung der Vermögensbildung zu erreichen. Die in vorliegenden Gesetzentwürfen vorgesehenen Regelungen sind ein Teil dieser Maßnahmen. Allerdings muß auch bei den anderen Maßnahmen mehr und mehr von dem Grundsatz abgegangen werden, der bisher zu dieser differenzierten Vermögensbildung geführt hat, nämlich der Grundsatz: Wer hat, dem wird gegeben. Das ist auch eine Frage der allgemeinen Wirtschafts-, Steuer- und Finanzpolitik.
Das bisherige 312er-Gesetz hat keinen Erfolg gehabt, wie wir bereits 1961 vorausgesagt haben. Dazu sagt der Herr Bundesarbeitsminister in dem Bericht „Leistung und Erfolg der Bundesregierung" - es müßte, da hier auch mal ein Mißerfolg drinsteht, eigentlich heißen: „Leistung und Erfolg einschließlich Mißerfolge" -:
Seit Jahren hat die Bundesregierung ihr besonderes Augenmerk auf die Eigentumsbildung in den breitesten Schichten des deutschen Volkes gerichtet. Dieser Politik ist nun
- jetzt hören Sie wieder ein neuer Meilenstein hinzugefügt worden.
Wir haben schon eine Reihe dieser Meilensteine.
Über den ersten „Meilenstein" sagt der Herr Bundesarbeitsminister folgendes:
Ein erster Anlauf wurde mit dem Gesetz zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer im Jahre 1961 gemacht. Dieses sogenannte 312-DM-Gesetz eröffnete die Möglichkeit, zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern vermögenswirksame Leistungen zu vereinbaren. Diesem Gesetz blieb jedoch der gewünschte Erfolg versagt. Noch nicht einmal 2 % der Arbeitnehmer haben seine Vergünstigungen erhalten.
Genau haben nach den Zahlen von 1962 250 000 Arbeitnehmer - das sind 1,4 % der Arbeitnehmer - durchschnittlich im Jahr 220 DM auf Grund der Möglichkeit des 312er-Gesetzes gespart.
Weiter führt der Herr Bundesarbeitsminister aus: Der entscheidende Grund für dieses unbefriedigende Ergebnis liegt darin, daß nach diesem Gesetz nur Einzelverträge und Betriebsvereinbarungen begünstigt wurden, nicht jedoch Tarifverträge über vermögenswirksame Leistungen.
Dann schreibt er, daß das Bundeskabinett deshalb auf Drängen des Bundesarbeitsministers, der sich hierbei - das darf man, wenn der Presse Glauben zu schenken ist, auch wohl sagen - natürlich auf die Initiative der SPD bezogen hat, das Gesetz beraten hat.
Meine Damen und Herren, wir haben unsere Novelle gleich nach Vorliegen der Zahlen über den Mißerfolg beraten und eingebracht. Sie ist im wesentlichen eine Wiederholung der 'bereits in zweiter und dritter Lesung hier vorgebrachten Anträge zur Verbesserung des damaligen 3l2-DM-Gesetzes. Ein Teil der Bundesregierung - ich muß sagen, ein Teil! - ist unter Hinweis auf unsere Initiative nachgezogen.
Der SPD-Entwurf bringt in der Hauptsache die Einführung der Tariffähigkeit von Abmachungen über die Vermögensbildung, die gesetzlich gefördert werden sollen, ferner die völlige Steuerfreiheit und Sozialabgabenfreiheit von 312 DM im Jahr sowie schließlich die Hereinnahme des öffentlichen Dienstes. Insoweit stimmen SPD-Entwurf und Regierungsentwurf fast überein. Allerdings haben wir eine Befürchtung. Ich möchte sie nur kurz anmerken; denn wir haben hier ja keine Ausschußberatung. Es geht um die Befürchtung, daß den Bestimmungen des Regierungsentwurfs der § 1 des Tarifvertragsgesetzes entgegenstehen könnte, da die Möglichkeit tarifvertraglicher Abschlüsse, anders als im SPD-Entwurf, nicht ausdrücklich erwähnt wurde. Das wäre aber im Ausschuß eingehend zu prüfen.
Zur Tarifvertragsfähigkeit möchte ich aber auch noch eine Bemerkung machen. Sie bezieht sich auf das Argument, hier könne eine Wettbewerbsverzerrung auf dem Arbeitsmarkt entstehen. Interessant ist dazu eine Untersuchung des Statistischen Bundesamtes der übertariflichen Bezahlung bei Zeitlöhnern. Dort wird im wesentlichen festgestellt, daß es keine Beziehung zwischen übertariflicher Entlohnung und Arbeitskräftebedarf gibt und daß auch keine Beziehung zwischen Lohnintensität und übertariflicher Bezahlung nachgewiesen werden konnte.
Wir schlagen weiter vor, in das Gesetz auch die Einrichtung gemeinnütziger' Fonds der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer als Anlagemöglichkeit aufzunehmen. Das sind Einrichtungen, die übrigens auch nach dem Gutachten von Professor Föhl positiv beurteilt werden.
Des weiteren wird von uns vorgeschlagen, eine bedingte - ich sage ausdrücklich: bedingte! - Verdoppelung des Betrages von 312 DM auf 624 DM vorzunehmen, wobei ich anmerken möchte, daß auch der Entwurf der Bundesregierung über 312 DM hinausgeht; soweit es sich um Familien mit mehr als drei Kindern handelt, ist eine Erhöhung dieses Betrages um 50 % möglich. Allerdings schlagen wir vor, die Erhöhung nur mit einem Pauschalsteuersatz von 10 % zu belegen. Wir möchten damit vor allem die jährlichen Schwankungen auffangen, die sich beispielsweise auf Grund von Erfolgsprämien, Ergebnisprämien und Jahresabschlußprämien ergeben könnten.
Nun möchte ich noch einige Ausführungen zum Regierungsentwurf, und zwar zu den Punkten, die ich für sehr bedenklich und gefährlich halte, machen. Uns scheint es zunächst einmal notwendig zu sein, den § 3 so zu fassen, daß die Aufrechnung bisher gewährter außertariflicher Leistungen nicht ohne weiteres möglich wird.
Gegen § 4, der es jedem Arbeitnehmer freistellt, vom Arbeitgeber zu verlangen, daß von seinem Arbeitseinkommen die 312 DM gespart werden, haben wir schwere Bedenken; denn dieser Para7782
graph ist systemfremd. Beim 312-DM-Gesetz handelt es sich nämlich um eine steuerliche Begünstigung von Zuwendungen der Arbeit g e b e r zur Vermögensbildung. Dagegen ist der § 4 im Grunde nichts weiter als eine Neuauflage des steuerbegünstigten Sparens nach § 10 des Einkommensteuergesetzes; und das wollen wir verhindern.
Ich darf Ihnen hierzu einige Beispiele nennen, um Ihnen die Auswirkung deutlich zu machen. Nehmen wir an, jemand hat ein versteuerbares Einkommen von 100 000 DM im Jahr. Er würde - das habe ich nach der Einkommensteuertabelle ausgerechnet - mit Sparprämien und allem Drum und Dran eine Gutschrift von 380 DM auf dem Konto haben, bei einer eigenen Beitragsleistung, Herr Mischnick, von 144 DM. Dabei handelt es sich etwa um ein Einkommen, wie es der Herr Bundeskanzler bezieht und das auch in Kreisen der Industrie durchaus gängig ist.
Hingegen würde ein Industriearbeiter mit einem Monatseinkommen von 800 DM - das ist ein relativ gutes Einkommen; wenn die Statistik stimmt, und ich will das unterstellen, erreichen nicht einmal 50 % der Arbeiter diese Leistungsgruppe mit 800 DM monatlich - für die gleiche Gutschrift von 380 DM auf seinem Konto 244 DM netto sparen, also einen um 100 DM höheren Konsumverzicht leisten müssen.
Ein Angestellter mit einem Einkommen von etwa 1200 DM im Monat - ein Viertel der Angestellten ist in dieser Leistungsgruppe - müßte ebenfalls 244 DM für den gleichen Kontobetrag von 380 DM aufbringen.
Wenn die Betreffenden mehr als drei Kinder haben, sieht das noch ganz anders aus. Wer ein Einkommen von 100 000 DM im Jahr bezieht und drei Kinder hat, würde für die Gutschrift von 608 DM selber nur 246 DM sparen und damit dem Konsum entziehen müssen. Ich sagte schon: ein Einkommen von 100 000 DM entspricht etwa dem des Herrn Bundeskanzlers. Der Sparbetrag oder, wie Sie sagen, der Konsumverzicht, würde also nur ungefähr 40 % des endgültigen Kontenbetrages ausmachen. Die Arbeiter und die Angestellten, die ich soeben nannte, würden für dieselbe Summe 468 DM bzw. 378 DM aufzubringen haben.
Meine Damen und Herren, mit § 4 des Regierungsentwurfs wird genau das gemacht, was man nicht machen sollte: Wer hat, dem wird gegeben; da wird immer noch mehr hinzugefügt.
In diesem Zusammenhang sollte man, wenn man solche steuerlichen Regelungen trifft, einmal überlegen, ob es nicht richtiger wäre, nicht vom ver-steuerbaren Einkommen, sondern von der Steuerschuld auszugehen. Beim Regierungsentwurf ist diese Überlegung ja auch in einem Fall angestellt worden. Das ist ein begrüßenswerter Anfang. Er wird übrigens auch in dem Gutachten empfohlen.
Weil wir nun gerade einmal bei diesen Zahlen sind: unseres Erachtens muß die Frage der Kumulation steuerlicher und anderer Maßnahmen zur Sparförderung geprüft werden. Es ist dringend davor zu warnen, daß die Sparförderung - wie es beispielsweise die Vorschläge der FDP vorsehen - immer weiter nach dem Grundsatz betrieben wird: Wer hat, dem wird gegeben, sogar noch mehr als demjenigen, der wenig hat. Der Ausschuß sollte deshalb erneut die Frage prüfen, bei welchen Einkommen die Sparförderung aufzuhören hat. Dagegen sollte das Sparen bei den kleinen Einkommen besonders gefördert werden. Wir haben dazu schon vor längerer Zeit Vorschläge unterbreitet, die aber, zuletzt bei der Verabschiedung des Steueränderungsgesetzes 1964, von der Mehrheit dieses Hauses abgelehnt worden sind.
Bei der Frage, wo denn nun die staatliche Förderung des Sparens aufhört, spielen auch finanzwirtschaftliche Überlegungen eine Rolle. Denn die hohen Steuerausfälle sind, wie die von mir genannten Beispiele zeigen, zweifellos bei den hohen Einkommen zu verzeichnen, die sich auch fast hundertprozentig - das ist gar keine Frage - dann an solchen Förderungsmaßnahmen 'beteiligen.
Die Fragen der Beschränkung der Einkommen sind allerdings mit Ausnahme des § 4 systematisch besser bei .dem Sparförderungsgesetz zu prüfen, wozu wir hier z. B. durch den FDP-Entwurf Gelegenheit haben.
Auch der FDP-Entwurf ist zu begrüßen, insoweit er eine verstärkte Förderung für kinderreiche Familien bringt. Herr Mischnick, Sie haben vorhin eine besondere Liebe zu .den kleineren und mittleren Einkommen gezeigt.
({10})
- Deshalb vermissen wir hier, daß Sie auch das Problem der besonderen Förderung der kleineren Einkommen in Ihren Entwurf aufgenommen haben.
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Hier zeigt sich, Herr Kollege Mischnick, ganz deutlich auch die Grenze, bis zu der Sie das Einkommen breit streuen wollen.
Nach dem FDP-Entwurf - und das ist zweifellos zu begrüßen - werden also die Familienstaffeln noch einmal besonders angehoben. Aber hier möchte ich einmal fragen, meine Damen und Herren: Welche Arbeiter- oder Angestelltenfamilie der von mir 'genannten Einkommen mit drei Kindern ist denn in der Lage, die von der FDP vorgeschlagenen Möglichkeiten überhaupt auszunutzen? Das müssen Sie erst noch beantworten.
Meine Damen und Herren, es sind jetzt genau auf den Tag wieder vier Jahre vergangen, ohne daß wir im Grundsatz das Problem der explosiven Vermögensdifferenzierung gelöst haben. Wir sind in der Lösung dieses Problems, meine ich, fast überhaupt keinen Schritt weitergekommen. Denn diese 1,4 %, Herr Katzer, wollen doch wohl auch Sie nicht als besonderen Erfolg herausstellen, vor allem dann nicht, wenn man bedenkt, daß darin auch noch Umpolungen sind. Der Herr Bundesarbeitsminister hat selbst den Mißerfolg zugegeben. Ich begrüße, daß auch einmal von der Bundesregierung ein Mißerfolg
zugegeben wurde. Nun sind wir wieder im Wahljahr. Ich begrüße alle Initiativen und möchte sagen:
Spät kommt ihr - doch ihr kommt! Der weite Weg, Graf Isolan,
- es sind immerhin vier Jahre Entschuldigt euer Säumen.
Und da stehen auch manchmal einige Meilensteine am Wege, über die man ab und zu stolpert.
({12})
Wir werden im Ausschuß mithelfen, die Ideen und Gedanken zu prüfen und, meine Damen und Herren, auch zu sortieren hinsichtlich des Ziels, wie breit denn nun die Eigentumsstreuung sein soll.
({13})
Der Entwurf der Bundesregierung wird von dem Herrn Minister für Arbeit und Sozialordnung begründet. Er hat das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit der Drucksache IV/2814 legt Ihnen die Bundesregierung den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer vor. Sie will mit diesem Entwurf der breiten Eigentumsstreuung, die sie seit langen Jahren gefördert hat, einen neuen Impuls geben, und sie bekräftigt damit erneut ihren Willen, durch breit gestreutes privates Eigentum die Unabhängigkeit des einzelnen zu stärken, seinen sozialen Rang zu heben und seine wirtschaftliche Sicherheit weiter zu befestigen. Persönliches Eigentum ist nach Auffassung der Bundesregierung ein 'geeignetes Mittel für den Menschen, ,seine Schaffenskraft, Initiative und Selbstvorsorge zu entfalten.
Wir halten es für ein Gebot der sozialen Gerechtigkeit, daß der Vermögenszuwachs, der dank der Vollbeschäftigung und des ausgezeichneten ständigen Wachstums unserer Wirtschaft Jahr für Jahr neu entsteht, nicht nur einer verhältnismäßig kleinen Gruppe, sondern breiten Schichten unseres Volkes - weil eben alle Anteil an den Leistungen unserer Wirtschaft haben - zugute kommt. Wir wissen uns darin einig mit einem großen Teil der öffentlichen Meinung. Insbesondere möchte ich hier den Diskussionsbeitrag der beiden großen Kirchen dankbar hervorheben. Heute wird in der deutschen Öffentlichkeit nicht mehr um das Ob gerungen, sondern allein noch um das Wie.
Die Bundesregierung schlägt für die breitere Eigentumsstreuung einen, wie ich glaube, gangbaren Weg vor. Der Entwurf hat folgende wesentliche Neuerungen:
1. Zukünftig soll jedem einzelnen Arbeitnehmer die Möglichkeit eingeräumt werden, Teile seines Arbeitsentgeltes bis zur Höhe von. 312 DM nach eigener Entscheidung vermögenswirksam anzulegen. Er erhält dann die im Gesetz vorgesehenen Vergünstigungen steuerlicher und sozialversicherungsrechtlicher Art.
2. Es wird vorgeschlagen, auch die Angehörigen des öffentlichen Dienstes nunmehr in das Gesetz einzubeziehen und ihnen dieselben steuerlichen und versicherungsrechtlichen Vergünstigungen zu gewähren wie den Arbeitnehmern in der privaten Wirtschaft. Bei ihrem Vorschlag geht die Bundesregierung davon aus, daß Beamte, Richter, Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit nach entsprechender Änderung 'der besoldungsrechtlichen Vorschriften zusätzlich zu ihren Dienstbezügen vermögenswirksame Leistungen erhalten sollen.
3. Der Gesetzentwurf garantiert die freie Wahl der Anlage für jeden einzelnen Arbeitnehmer.
4. Für die Familie mit drei und mehr Kindern sieht er eine Erhöhung des 3l2-DM-Betrages um 50 % vor.
5. Die nach dem geltenden 312-DM-Gesetz zu zahlende Steuerpauschale von 8 %, die der Arbeitgeber bisher aufzubringen hat, soll in Zukunft entfallen.
6. Um dem Mittelstand die Zahlung von vermögenswirksamen Zuwendungen 'zu erleichtern, ist eine weitere Steuervergünstigung für kleinere mittelständische Betriebe vorgesehen. 20 der zusätzlichen vermögenswirksamen Leistungen soll der Arbeitgeber von seiner Steuerschuld abziehen können.
({0})
- Ich nehme an, Sie sind bescheiden, Herr Abgeordneter Schulhoff, und nehmen zunächst einmal das, was man Ihnen hier anbietet.
({1})
Durch die Begrenzung dieses Steuervorteils auf 500 DM im Jahr erreichen wir gleichzeitig, daß 'er nur von Betrieben mit 'bis zu acht Arbeitnehmern voll ausgenutzt werden kann.
7. Die grundlegende Neuerung 'des Entwurfs ist die Zulassung von Tarifverträgen über vermögenswirksame Leistungen. Damit, meine Damen und Herren, wird den Tarifpartnern die Möglichkeit eröffnet, in einer Lohnpolitik neuen Stils die Eigentumsbildung der Arbeitnehmer zu fördern. Vermögen'swirks'ame Leistungen stehen mit 'dem Arbeitsverhältnis in einem unmittelbaren Zusammenhang und gehören zu den Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen, deren Regelung nach unserem Grundgesetz 'in erster Linie den Tarifpartnern übertragen ist. Der Zusammenhang zwischen Eigentumsbildung und Eigentumspolitik ist unverkennbar. Ohne die Mithilfe 'der Tarifpartner, die bisher 'schon den wesentlichen Anteil an der Einkommenspolitik getragen haben, ist auf die Dauer eine wirksame Förderung der Eigentumsbildung in breiten Schichten nicht möglich. Deshalb ist es nur konsequent, wenn die Bundesregierung den Sozialpartnern jetzt auch die Möglichkeit eröffnet, sich für die Vermögensbildung aus dem Lohn unmittelbar einzusetzen.
Die Bundesregierung vertritt diese Politik schon seit Jahren. Ich habe oft an die Sozialpartner appelliert, sich doch mit ihren Mitteln für die Eigentumsbildung in Arbeitnehmerhand einzusetzen. Der Re7784
gierungsentwurf des Vermögensbildungsgesetzes aus dem Jahre 1960 schloß die Möglichkeit tarifvertraglicher Vereinbarungen über vermögenswirksame Leistungen auch nicht aus. Das Hohe Haus hat den damaligen Entwurf insoweit geändert. Dafür dürfte die Überlegung maßgebend gewesen sein, daß man zunächst einmal versuchen wollte, das Gesetz auf betrieblicher Ebene zu praktizieren, um Erfahrungen auf diesem sozialpolitischen Neuland zu sammeln. Inzwischen aber - und Sie haben recht; ich gebe das freimütig zu; wenn Sie das als einen Mißerfolg konstruieren wollen, bitte! - hat die Erfahrung gelehrt, daß ohne die Mitwirkung der Tarifpartner die erwünschte breite Wirkung nicht zu erreichen ist. Wir handeln daher, so glaube ich, nur folgerichtig, wenn wir nunmehr vorschlagen, die Tarifverträge zuzulassen.
Nun wird vielfach aus Kreisen der Wirtschaft gegen diesen Entwurf eingewandt, er trage dazu bei, eine nicht erwünschte Preisentwicklung zu begünstigen. Gestern hat man sich, wie Sie ja wissen, mit der Frage der Diskonterhöhung beschäftigt, um unerwünschten Preisbewegungen entgegenzuwirken. Noch ist dieses Gesetz ja gar nicht Gesetz geworden. Wir kennen die volkswirtschaftlichen Zusammenhänge, wir wissen, welche Faktoren auch auf die Bildung des Preises einwirken und zu welchen wirtschaftspolitischen Maßnahmen man vielleicht greifen kann. Aber ich verwahre mich dagegen, daß bei jedem, auch dem kleinsten sozialpolitischen Schritt immer das Gespenst untragbarer Preiserhöhungen an die Wand gemalt wird.
({2})
Wir halten - das stelle ich fest - diesen Einwand auch nicht für stichhaltig, weil, gesamtwirtschaftlich gesehen, die Nachfrage nach Konsumgütern durch die vermögenswirksamen Leistungen nicht erhöht wird. Gerade das ist einer ihrer gewichtigen Vorzüge gegenüber einer Erhöhung der Barlöhne.
({3})
Hier muß auch die Größenordnung beachtet werden. Ich will hier nicht allzusehr mit Zahlen operieren. Aber ich glaube, ein klein wenig muß man doch einmal ein Augenmerk auf die Größenordnungen richten. Selbst wenn für alle Arbeitnehmer, die unter dieses Gesetz fallen, der Höchstbetrag von 312 DM ausgeschöpft würde, machten die vermögenswirksamen Leistungen nur 1,7 % der Bruttoeinkommen aus unselbständiger Arbeit im Jahre 1965 aus, bei Kleinbetrieben bis zu acht Arbeitnehmern sogar nur 1,4 %. Diese 1,7 oder 1,4 %, die wegen des Charakters dieses Gesetzes ja gar nicht direkt zur Nachfrage werden, können das Preisniveau nicht erhöhen.
({4})
Sie belasten die Wirtschaft auch nicht über Gebühr. Denn allein von 1958 bis 1964 stiegen die Bruttowochenverdienste der männlichen Arbeiter in der Industrie um rund 60 %, im Handwerk sogar uni rund 75 %. Und nach den neuesten Ermittlungen des Statistischen Bundesamtes werden in der gewerblichen Wirtschaft und im Dienstleistungsgewerbe für Männer durchschnittlich 14 % über Tarif gezahlt, in einzelnen Fällen sogar über 50 %. Dabei sind die betrieblichen Sozialleistungen nicht berücksichtigt. Angesichts solcher Zahlen kann man 1,7 % oder - für die kleineren Betriebe - 1,4 % nicht unerträglich finden.
({5})
Im übrigen - ich bemühe mich immer, auch in der Sozialpolitik Realist zu sein -sind wir gar nicht so optimistisch, anzunehmen, daß alle dem Tarifvertrag unterworfenen Arbeitnehmer schon in naher Zukunft 312 DM vermögenswirksame Leistungen erhalten. Wir sind vielmehr leider überzeugt, daß solche Tarifverträge erst nach und nach und sicher nicht immer gleich mit dem Höchstbetrag von 312 DM abgeschlossen werden. Es kann doch jeder mit einem Blick auf die Statistik die laufende Geltungsdauer der gegenwärtigen Tarifverträge ablesen.
Die angebliche Höhe der Belastung wird nun in der Diskussion auch herangezogen, um zu beweisen, daß die Investitionsrate der Unternehmer infolge der Leistungen zur Vermögensbildung sinken müsse. Auch diese Befürchtungen teilen wir nicht. Neuere Forschungen zu Fragen der Investitionsneigung haben deutlich gemacht, daß die Unternehmer sich viel stärker durch Absatzerwartungen und außerwirtschaftliche Erwägungen bestimmen lassen als durch Gewinnerwartungen. Auch für die Aufrechterhaltung der Investitionsneigung ist wichtig, daß ja bei der Zulassung von Tarifverträgen nicht mit einem Schlag, sondern nur allmählich Auswirkungen :auf die Ertragslage eintreten. Professor Meinhold, einer unserer angesehensten Nationalökonomen - seine Meinung ist diesem Haus sehr gut bekannt, denn er ist ja auch Vorsitzender des Sozialbeirates, der alljährlich den Sozialbericht zu überprüfen und Ihnen ein Gutachten vorzulegen hat -, hat erst kürzlich für die Vermögensbildung 1,5 % der Lohnsumme als eine durchaus bescheidene Größenordnung bezeichnet, die weder Preisniveau noch Investitionsneigung beeinträchtige. Unsere Vorschläge - das sage ich - sind so vorsichtig abgefaßt, daß eine zu starke Einschränkung der Eigenkapitalbildung und dadurch eine negative Auswirkung auf die Investitionsneigung der Unternehmer und somit auf das Wachstum unserer Wirtschaft nicht zu befürchten ist. Wenn gegenwärtig jährlich über die Tarifverträge hinaus nach freiem Entschluß der Arbeitgeber durch höhere Löhne mehr als 16 Milliarden DM den Arbeitnehmern zugute kommen, dann dürfte es ohne wirtschaftliche Erschütterungen möglich sein, für die breitere Vermögensbildung der Arbeitnehmer Beträge aufzuwenden, die weit unter .dieser Summe liegen.
Weiter wird behauptet, die Zulassung von Tarifverträgen über vermögenswirksame Leistungen bedeute ein Zwangssparen für den Arbeitnehmer. In Wirklichkeit wird hier niemand gezwungen, sondern der Staat macht nur durch Vergünstigungen die Vermögensbildung attraktiv. Eine Gewerkschaft würde sicher nicht gegen den Willen auch nur einer ins Gewicht fallenden Minderheit solche Tarifverträge abschließen; denn sie kann kein Interesse darBundesminister Blank
an haben, gegen ihre Mitglieder zu handeln. Aber sie handelt im Vollzug des freien Wollens ihrer Mitglieder, wenn sie solche Verträge abschließt. Wenn sich also Gewerkschaften für Tarifverträge über die Vermögensbildung einsetzen, so bedeutet das für die Arbeitnehmer keinen Zwang zum Sparen, sondern nur die Geltendmachung ihres freien Willens mit Hilfe ihrer demokratisch organisierten Interessenvertretung.
({6})
Auch wird niemand gezwungen, aus seinem bisherigen Lohn zu sparen. Vielmehr soll der Arbeitnehmer einen zusätzlichen Lohnanteil zur Vermögensbildung erhalten, durch den er direkt oder indirekt am Produktionskapital unserer Wirtschaft beteiligt wird. Zahlreiche Tarifverträge sehen im übrigen bereits heute vor, daß Teile der Lohnsumme nicht 'bar ausbezahlt, sondern für soziale Zwecke verwandt werden. Darin ist von seiten der 'betroffenen Arbeitnehmer bisher noch nie eine Einschränkung ihrer Freiheit gesehen worden.
Die Bundesregierung hat die wirtschaftlichen Grundlagen dieses Gesetzes sehr sorgfältig geprüft. Eine Konsequenz daraus sind die Vergünstigungen für den Mittelstand, der nicht in gleichem Maße imstande ist, solche Leistungen zu gewähren, wie sie die übrige Industrie leisten kann. Die Förderungsmaßnahmen - ich habe sie vorhin 'bekanntgegeben - für Klein- und Mittelbetriebe tragen diesem Gesichtspunkt Rechnung.
) Verschiedentlich werden gegen die Zulassung von Tarifverträgen unter Berufung auf einige Bestimmungen der Gewerbeordnung arbeitsrechtliche Bedenken erhoben. Ganz abgesehen davon, daß es sehr fraglich ist, ob diese Bestimmungen der Gewerbeordnung aus dem Jahre 1869 - es handelt sich um die §§ 115 und 117 - überhaupt für die Förderung der Vermögensbildung herangezogen werden können,
({7})
steht es doch diesem Hohen Hause als Gesetzgeber frei, das Gesetz nach seinem Willen zeitgemäß zu gestalten.
({8})
Schließlich sollen - das war der Sinn dieser Bestimmungen - nicht die Rechte der Arbeitnehmer geschmälert, sondern sie sollen durch das Gesetz verbessert werden.
Noch ein Wort zu den Haushaltsbelastungen! Natürlich wird das Gesetz mit Belastungen für Bund und Länder verbunden sein. Das ist der Preis für jedes wirtschafts- und gesellschaftspolitisch erwünschte Verhalten, das wir nicht erzwingen können, sondern mit Anreizen erreichen wollen. Die Schätzung über die tatsächliche Belastung des Haushalts ist ,außerordentlich schwierig; das hegt einfach daran, daß niemand genau voraussagen kann, in welchem Umfang das Gesetz nun auch verwirklicht wird. Ich glaube aber sagen zu können, daß sich die Belastungen angesichts der Bedeutung des Anliegens durchaus vertreten lassen. Sollten sie von jemandem dennoch als untragbar empfunden werden, so würde ich für die Ausschußberatungen vorschlagen, sich einmal zu überlegen - da es sich um ein eminent gesellschaftspolitisches Ziel handelt -, daß wir auch an anderer Stelle, wo es sich nicht um die Vermögensbildung für breite Schichten handelt, riesige Belastungen im Haushalt auf uns nehmen müssen,
({9})
und einmal zu untersuchen, ob der Personenkreis, an den wir heute bei diesem Gesetz denken, nicht auch einmal einen Anspruch auf eine kleine Förderung hat.
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Unser Anliegen ist, die Eigentumsbildung in den breiten Schichten zu fördern. Das ist aber nicht allein durch staatliche oder betriebliche Sparprämien möglich. Selbst hohe Prämien, die ihre Bedeutung haben, können doch immer nur diejenigen zum Sparen veranlassen, die dazu auf Grund ihres Einkommens imstande sind. Die unteren Einkommensschichten und dabei insbesondere die kinderreichen Familien, die wir ja gerade an der Eigentumsbildung stärker beteiligen wollen, würden bei dieser Lösung leer ausgehen. Ich will gar nicht behaupten, daß die Mehrheit unserer Arbeitnehmer nicht in der Lage sei, aus ihrem Lohn etwas zu sparen. Aber man darf nicht übersehen, um wieviel schwerer den Beziehern eines kleineren Einkommens der Konsumverzicht fällt als den höheren Einkommensschichten.
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Ich teile auch nicht die Auffassung, die deutschen Arbeitnehmer seien nicht sparwillig. Die Zahlen der Geldinstitute beweisen das Gegenteil. Ich befürchte auch nicht, daß die. Arbeitnehmer nach fünf Jahren den angesparten Betrag abheben und in den Konsum bringen. Die Erfahrungen der Kreditinstitute haben gezeigt, daß diejenigen, die erst einmal 2000 DM auf ihrem Konto haben - auf eine solche Summe würden nach fünf Jahren 312 DM jährlich, zur Vermögensbildung angelegt, anwachsen -, auch weiterhin bereit sind, das Geld vermögenswirksam zu verwenden.
Wie sehr der Gedanke, den Tarifvertrag für die Vermögensbildung einzusetzen, breitesten Überzeugungen entspricht, geht aus ,den Stellungnahmen der beiden großen Kirchen, namentlich aus ihrer gemeinsamen Denkschrift zur Eigentumspolitik, hervor; ferner aus den langjährigen Forderungen der christlichen Arbeitnehmerschaft, der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft, des Deutschen Beamtenbundes, des Christlichen Gewerkschaftsbundes, des Deutschen Sparkassen- und Giro-Verbandes und schließlich - das stelle ich mit besonderer Freude fest - aus den in jüngster Zeit zusehends positiveren Stellungnahmen des DGB 'und vor allen Dingen aus der Initiative der Industriegewerkschaft Bau. Ich habe gestern oder vorgestern wieder einmal eine große Darstellung in einer Zeitung gesehen und zu meiner Überraschung aus dieser Darstellung entnommen, die Arbeitnehmer wollten das gar nicht. Das ist doch sehr erstaunlich. Ist überhaupt
anzunehmen, daß die Arbeitnehmer das gar nicht wollten?
({12})
- Herr Schulhoff, ich komme gleich darauf; ich kann nicht alles zu gleicher Zeit aussprechen. Zunächst einmal, glaube ich, können sich die Institutionen und Organisationen, die ich eben erwähnt habe, der Unterstützung ihrer Mitglieder durchaus sicher sein. Oder glaubt jemand, daß diese Organisationen diese Gedanken verbreiten im Gegensatz zu der Denkweise ihrer Mitglieder? Aber ich wollte es doch präziser wissen, ich wollte es belegt wissen. Deshalb hat eines unserer namhaftesten Meinungsforschungsinstitute einen repräsentativen Querschnitt der berufstätigen Bevölkerung befragt, ob die Gewerkschaften auch über solche Sonderzuwendungen verhandeln sollten, die nicht als Lohn ausbezahlt, sondern zum Sparen gedacht seien, oder ob die Gewerkschaften sich nicht darum kümmern sollten. Und sehen Sie, diese unwilligen Arbeitnehmerhaben sich zu 52 % entschieden für die Einschaltung der Gewerkschaften ausgesprochen. Lediglich 27 % votierten dagegen, und der Rest war - wie immer - ohne Meinung.
Da von den Widersachern der Tarifverträge auch behauptet wird, die Freiheit der Arbeitnehmer werde beeinträchtigt - ich freue mich, daß die Freiheit der Arbeitnehmer als ein so schätzenswertes Gut angesehen wird, daß sie sich alle in Deutschland so stark für diese Freiheit engagieren -, haben wir diejenigen Arbeitnehmer gesondert befragen lassen, die durch Tarifverträge gebunden würden. Und hier ist das Votum noch eindeutiger: 66 % der Befragten setzten sich dafür ein, daß die Gewerkschaften über die vermögenswirksamen Leistungen verhandeln sollten. Nur 21 % waren dagegen. Bei Würdigung dieser Zahlen ist noch zu erwähnen, daß die Erhebung bereits im August vor der großen eigentumspolitischen Debatte in unserer Öffentlichkeit vorgenommen worden ist. Ich bin der festen Überzeugung, daß heute, bei der aktuellen Diskussion dieser Fragen, die Mehrheit noch viel eindeutiger ausfallen würde.
Auch aus diesem Ergebnis schließt die Bundesregierung, daß sie mit ihrer Eigentumspolitik auf dem richtigen Wege ist. Sie verbessert die 'bisherigen Maßnahmen folgerichtig, trägt den Belangen der Wirtschaft Rechnung und hilft den breiten Schichten unseres Volkes, Eigentum und Vermögen zu bilden.
Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich in ganz wenigen Sätzen noch einmal zusammenfassen, worum es im wesentlichen geht. Weichen wir dem Problem nicht aus, stellen wir es klar in den Mittelpunkt der Diskussion! Wir haben vor wenigen Jahren ein Vermögensbildungsgesetz verabschiedet. Dabei haben wir damals - im guten Glauben, das möchte ich ausdrücklich sagen - bei der Formulierung des Gesetzes den Sozialpartnern die Möglichkeit genommen, sich dieser Frage gemeinsam anzunehmen. Heute, nachdem wir vier Jahre der Vermögensbildung überblicken können, stellen wir fest, daß sich unsere Erwartungen leider nicht erfüllt haben. Wenn man eine Lohnpolitik neuen Stils will, wenn man will, daß sich die Arbeitnehmer, auch die gewerkschaftlich organisierten, genauso klar zum Eigentum als einer der wesentlichen Grundlagen unseres Gesellschaftssystems und unserer Rechtsordnung aussprechen, und wenn man will, daß sie sich dafür einsetzen, dann muß man diesen Arbeitnehmern und ihren berufenen Organisationen auch das Riecht geben, zusammen mit den Arbeitgebern diese bedeutsamste sozialpolitische Frage unserer Tage in ihrem Geiste und Sinne zu behandeln. Ansonsten hat man kein Recht, die Stellungnahme dieser Organisationen zum Eigentum zu kritisieren.
Ich bin überzeugt, daß das Hohe Haus diese Vorstellungen teilt. Ich bitte Sie daher, diesem Gesetz nach gründlicher Beratung im Ausschuß Ihre Zustimmung zu geben.
({13})
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Katzer.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, nichts kennzeichnet die derzeitige Situation über die Vermögensbildung treffender als die Tatsache, daß wir heute über drei Gesetzentwürfe zur Förderung der Vermögensbildung in erster Lesung beraten.
Einmal beraten wir über den von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Vermögensbildung, den Herr Kollege Mischnick soeben begründet hat. - Herr Kollege Mischnick, wenn Sie eine Sekunde noch zuhören würden, wäre ich Ihnen dankbar. Ich wollte gerade auf Ihre vorherige Rede eingehen. Ich will nur sagen: Sie haben verschwiegen, Herr Kollege Mischnick, daß Sie, obwohl Sie jetzt, wie ich zu meiner Freude höre, für eine Förderung des Sparprämiensystems sind, sich in der Vergangenheit gegen dieses Sparprämiengesetz energisch zur Wehr gesetzt haben.
({0})
- Sie persönlich. Sie haben für Ihre Fraktion gesprochen. Ich freue mich, daß Sie sich in ihrer Fraktion durchgesetzt haben, Herr Kollege Mischnick.
({1})
Zum anderen liegt hier der von der Fraktion der SPD eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer vor. Schließlich liegt vor der von der Regierung eingebrachte Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer, .den der Herr Bundesarbeitsminister soeben in sehr eindrucksvoller Weise hier begründet hat.
Wir Christlichen Demokraten freuen uns, daß wir bei der Beratung über eigentumspolitische Maßnahmen nun nicht mehr allein stehen.
({2})
Wir freuen uns über die Gesellschaft, in der wir
uns jetzt erstmalig befinden; vielleicht sollte ich
sagen: Wir freuen uns über die Partnerschaft. Und wir freuen uns über die Entwicklung, weil damit sehr viele ,Hindernisse aus dem Weg geräumt worden sind, 'die in 'der Vergangenheit leider eine gerechtere und ausgewogenere Eigentumsordnung verhindert haben.
Die heutige Diskussion wäre anders angelegt, wenn sich die SPD in einem früheren Zeitpunkt zu einer Politik der Eigentumsbildung in Arbeitnehmerhand bekannt hätte. Ich glaube, wir sollten deshalb die Positionen, von denen aus diese Diskussion geführt werden sollte, politisch einmal klarstellen. Dazu möchte ich dreierlei sagen. Ich möchte erstens darauf hinweisen: Heute könnte jeder Arbeitnehmer bereits über ein, wenn auch bescheidenes, Vermögen verfügen, wenn der Gewerkschafter Karl Arnold im Jahre 1951 mit seinen Plänen das Ohr seiner Gewerkschaften gefunden 'hätte.
({3})
Wären die Gewerkschaften schon damals bereit gewesen, die Eigentumspolitik in die Tarifpolitik einzubeziehen und damit zu einer modernen Einkommenspolitik vorzustoßen, dann wären wir in dieser Frage erheblich weiter. Das mag heute, da sich ein neues gesellschaftliches Verständnis der Gewerkschaften abzuzeichnen scheint, etwas hart klingen. Aber zur Klarstellung der Positionen muß es am Anfang dieser Diskussion gesagt werden.
Ein Zweites lassen Sie mich sagen. Als 196.1 das erste Gesetz - wir legen heute den zweiten Gesetzentwurf vor - zur Förderung der Vermögensbildung !der Arbeitnehmer in diesem Hause zur Diskussion stand, Herr Kollege Junghans, haben Sie
- und das haben Sie vorhin auch schamhaft verschwiegen - als Sprecher Ihrer Fraktion angekündigt: „Wir kündigen an," - so sagten Sie damals wörtlich - „daß wir sofort nach Zusammentritt des neuen Bundestages Gesetzentwürfe einreichen werden, um die gesellschaftspolitischen Mängel dieses Gesetzes zu beseitigen."
({4})
- Verzeihung, Sie können doch ohne unsere Unterstützung Gesetzentwürfe einreichen, zumal Sie sie hier groß ,angekündigt 'haben! Es wirkt 'doch unecht, wenn Sie uns vorwerfen, daß wir in der Frage nicht weitergekommen sind, wenn Sie doch selbst keinerlei Initiative in diesem Hause ergriffen haben, bis zu idem jetzt vorliegenden Gesetzentwurf, der ,das Wort „Initiative" nach meiner Meinung nicht ganz rechtfertigt. Denn 'im wesentlichen handelt es sich bei Ihrem Gesetzentwurf darum, daß man - ich sage, im wesentlichen - statt des Betrages von 312 DM den Betrag von 624 DM gesetzt 'hat. Ich betrachte .das nicht als eine Erneuerung von Grund auf, wie Herr Professor Schiller seine Pläne zur Vermögensbildung auf Ihrem letzten Parteitag in Karlsruhe bewertet hat. Ich glaube, ,daß es 'sich mehr um eine quantitative Veränderung 'handelt. Das sollte man festhalten.
Ein Drittes lassen Sie mich sagen. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion und die Partei sind nicht etwa zufällig auf der Suche nach neuen sozialen Attraktionen und nicht erst im Verlaufe eines wie auch immer gearteten Wandlungsprozesses auf die Eigentumspolitik gestoßen. Die Eigentumspolitik war für uns nie eine Flucht in die Popularität. Die gesellschaftspolitische Zielsetzung unserer Eigentumspolitik war Bestandteil und Mittelpunkt der großen Programme, mit denen die CDU/CSU 1945 als eine Partei neuen Stils in die Geschichte eintrat.
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Diese Programme und diese Entwicklung haben sich - ich sage das mit Freude - so durchgesetzt, daß sie im Grunde bei allen Parteien dieses Hauses grundsätzliche Anerkennung gefunden haben. Darüber können wir uns nur von ganzem Herzen freuen. Wir tun das auch.
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Der Herr Bundesarbeitsminister hat vorhin mit Recht sehr nachdrücklich auf die Denkschrift evangelischer und katholischer Sozialethiker zur Eigentumsfrage hingewiesen. Wenn man hier eine Begründung zur ersten Lesung eines wichtigen Gesetzes gibt, dann sollte man sich die Mühe machen, diese Denkschrift zur Grundlage der Diskussion und Aussprache zu machen. Das wird leider aus Zeitgründen nicht möglich sein. Aber ich möchte sehr wünschen und hoffen, daß es all den Kolleginnen und Kollegen, die in den zuständigen Ausschüssen an die Beratung dieses Gesetzentwurfes gehen, möglich sein wird, sich mit diesen Darstellungen vertraut zu machen.
Nach meiner Meinung hat sich zweierlei herausgeschält; das eine ist folgendes. Es gibt keine nennenswerten Überlegungen mehr darüber, ob ein Eingriff in das bestehende Eigentum erfolgen soll. Ich glaube, daß man sich in allen Fraktionen darüber einig ist, daß das Ziel aller eigentumspolitischen Maßnahmen die langfristige Korrektur der laufenden Vermögensbildung und damit - langfristig gesehen - die Korrektur der Vermögenssituation ist.
Wir sind davon überzeugt - und das ist das Zweite, was in der Denkschrift klar herausgestellt wird -, persönliches Eigentum gehört zum Menschen und seiner vollen Entfaltung. Persönliches Eigentum ist in einer leistungsbestimmten Wirtschaftsordnung, die entscheidend von der Qualität, der Leistungsfähigkeit und dem verantwortungsbewußten Selbstbewußtsein breiter Arbeitnehmerschichten abhängt, eine unbedingt notwendige Investition der Volkswirtschaft. Einmal zur Ergänzung der sozialen Sicherheit des einzelnen; darin stimme ich mit Ihnen, Herr Kollege Mischnick, überein. Allerdings wird das nur in bescheidenem Umfang möglich sein. Zum andern gewissermaßen als ein Betriebskapital oder eine Investition für die Ausbildung und Weiterbildung des . einzelnen, die heute, wie wir alle wissen, eine lebenslange Aufgabe darstellt.
Gerade diese Wechselwirkung von Sozialpolitik und Eigentumspolitik haben die Christlichen Demokraten als erste erkannt und herausgestellt, und ich möchte auch heute darauf verweisen. Die Verantwortung für persönliches Eigentum unterstreicht das Verantwortungsbewußtsein des einzelnen für sich selbst und die anderen. Die Notwendigkeit zu dis7788
ponieren ist ein wertvolles Element zur Bildung selbstbewußter Persönlichkeiten.
Unter diesen Aspekten sollte in der Diskussion darauf verzichtet werden, Propagandaanträge zu stellen oder auch durch das Verschweigen prinzipiell anderer Vorstellungen die Frage eines wirtschafts- und sozialpolitischen Umdenkens und die Frage einer neuen Struktur unserer Gesellschafts- und Wirtschaftsverfassung zu umgehen, indem man ihre rein materiellen Aspekte in den Vordergrund rückt.
Wir freuen uns - ich habe das schon gesagt -, daß die FDP sich in ihrem Entwurf zu den von, uns initiierten Wohnungsbau- und Sparförderungsgesetzen bekennt. Sosehr uns .an einem Ausbau dieser Gesetze unter Verstärkung ihrer Wirkung gelegen ist und sosehr wir auch manchen Gedanken, den Herr Kollege Mischnick über die Gestaltung im einzelnen angesprochen hat, gern prüfen werden, müssen wir doch sagen, daß Bedenken bestehen, daß angesichts der Gleichzeitigkeit der in diesem Hause vorgeschlagenen Maßnahmen das im Augenblick finanziell Tragbare überschritten wird. Es kommt hinzu, daß hier in der Tat ein Personenkreis mit erfaßt wird, der in der Lage ist, von sich ,aus sehr erhöhte Sparleistungen zu erbringen. Ich möchte fragen: wer kann denn im Jahre 3000 DM sparen, um die Vergünstigungen in Anspruch zu nehmen, die nach Ihren Gesetzentwürfen in Anspruch genommen werden können?
Das gleiche sage ich mit Freimut auch von dem Antrag der SPD. Ich sagte schon: von einer „Erneuerung von Grund auf", von „neuen Gedanken", von großen Initiativen und all diesen Dingen, was von der Sozialdemokratie angekündigt worden war, ist nichts anderes übriggeblieben als eine Bestätigung dessen, was die Regierung vorgelegt hat.
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Wir freuen uns darüber, aber es soll doch festgestellt sein. Meine Damen und Herren, Sie schlagen statt 312 DM jetzt 624 DM - bedingt, wie Sie richtig sagen, Herr Junghans - vor. Ich vermag 'also hier keine Erneuerung zu sehen. Aber ich glaube nicht, daß wir Ihnen auf diesem Wege werden folgen können, raus vielerlei Gründen. Der wichtigste ist der: uns scheint es notwendiger, wichtiger und richtiger zu sein, eine breite Anwendung des Gesetzes zu erreichen, als einem kleinen Personenkreis eine höhere Begünstigung zu ermöglichen.
({8})
Es sind hier Zahlen genannt worden, sowohl von Herrn Kollegen Mischnick als auch von Herrn Kollegen Junghans. Herr Kollege Junghans hat sich ja im wesentlichen darauf beschränkt, das Föhl-Gutachten zu zitieren und teilweise zu kommentieren. Ich bin mit Ihnen der Auffassung, daß dieses Föhl-angeführt werden, die nicht bestritten werden können.
Gutachten zusammen mit der Denkschrift der evangelischen und katholischen Sozialwissenschaftler in der Tat eine unerläßliche Grundlage für die Diskussion über die Eigentumsbildung ist. Es könnten eine ganze Reihe stolzer Zahlen über Bausparen angeführt werden. Es könnten auch noch weitere Zahlen
Übrig bleibt - und das hat der Herr Bundesarbeitsminister vorhin dankenswerterweise in aller Klarheit gesagt - folgendes. Wenn wir der Überzeugung wären, unsere Eigentumspolitik sei zu Ende, wenn wir weiter der Überzeugung wären, die Vermögensverteilung sei so, wie wir sie wünschten, dann brauchten wir uns doch heute nicht über eine Novellierung dieses Gesetzes zu unterhalten. Weil wir eben dieser Überzeugung nicht sind, unterhalten wir uns über diese Novellierung; denn wir wissen, daß wir noch nicht am Ziel sind.
Da ich vorhin auf „Verschweigungen" hingewiesen habe: Ich will nicht verschweigen, daß ich in der dritten Lesung des Gesetzes - am 3. Mai 1961 war es wohl - in diesem Hause gefordert und begründet habe, den Tarifvertrag aus dem Gesetz herauszunehmen. Ich habe damals gesagt: i c h tue das; aber es hätte auch ein anderer Kollege aus der Fraktion tun können.
({9})
- Wir waren in der Entwicklung zur Volkspartei etwas weiter als Sie, die Sie nun erst allmählich dazu kommen.
Ich halte nichts davon, daß wir mit zwei verschiedenen Zungen und zwei verschiedenen Sprachen sprechen, sondern das, worüber wir untereinander diskutieren müssen, sollte von ein und demselben Mann hier als Meinung der Fraktion vorgetragen werden, und dazu stehe ich.
({10})
Ich füge hinzu, daß ich damals - wie Herr Minister Blank zu Recht gesagt hat - die Überzeugung haben durfte oder haben konnte, daß die Tarifvertragspartner vielleicht doch etwas mehr von den Möglichkeiten, die ihnen dieses Gesetz auch nach der vorliegenden Fassung gibt, Rechnung tragen würden. Das war eine Täuschung.
({11})
- Der Zwischenruf ist erfreulich. Ich habe ihn zwar schon zweimal beantwortet; ich will ihn aber, gern noch einmal beantworten, Herr Kollege Kurlbaum. Das könnten die Gewerkschaften sehr gut tun und hätten sie sehr gut dadurch tun können, daß sie ihre Betriebsräte über die Möglichkeiten dieses Gesetzes unterrichtet hätten
({12})
und die Betriebsräte angehalten hätten, diese Abschlüsse über den Weg der Betriebsvereinbarung, der in diesem Gesetz drinsteht, zu tätigen.
({13})
- Das ist gar nicht unrealistisch, sondern es ist eine sehr realistische Aufgabe moderner Gewerkschaftspolitik, ihre Gewerkschaften und ihre Betriebsräte über die gesetzlichen Möglichkeiten zu unterrichten und nicht alles vom Gesetzgeber abhängig zu machen.
({14})
Das halte ich für durchaus für realistisch und außerdem - im Sinne der Gewerkschaften - für sehr begrüßenswert; denn sie leiden ja nicht an einem außergewöhnlichen starken Enthusiasmus in ihren Versammlungen und Einrichtungen.
({15})
- Jawohl, das darf ich hinzufügen. Ich dankbar für die Zwischenbemerkung, Herr Kollege Barzel. Das ist allerdings richtig und muß hinzugefügt werden: Damals hätten wir, glaube ich, die Mitwirkung der Gewerkschaften nicht gehabt, selbst wenn Tarifverträge dringestanden hätten. Ich muß hier allerdings korrekterweise sagen: überwiegend der DGB-Gewerkschaften. Denn die DAG hat von Anfang an in dieser Frage eine ganz andere, nämlich eine viel positivere Haltung eingenommen, und von den christlichen Gewerkschaften wissen wir, daß diese sich ebenfalls in der Frage der Eigentumsbildung sehr eng etwa an den Vorstellungen orientiert haben, wie sie uns jetzt vom Arbeitsministerium vorgelegt worden sind.
Wäre der Erfolg des Gesetzes in der Vergangenheit größer gewesen, dann brauchten wir uns heute nicht über eine Novellierung zu unterhalten. Aber wir sind alle miteinander zu dem Ergebnis gekommen, daß, nachdem die Tarifvertragspartner offenbar für die Gedanken unserer Gesetzesvorlage aufgeschlossener sind, nunmehr der Zeitpunkt gekommen ist, wo wir die Tarifpartner in die Verantwortung auch dieses Gesetzes stellen können. Ich sage ausdrücklich und nachdrücklich: in die Verantwortung. Denn dieses Gesetz bringt den Tarifvertragsparteien nicht nur neue Möglichkeiten, sondern schafft auch neue Verantwortlichkeiten. Das möchte ich hier sehr nachdrücklich und klar aussprechen.
Nun sind in der öffentlichen Diskussion - wie es der Herr Bundesarbeitsminister vorhin schon dargestellt hat - auch Bedenken gegen die Einbeziehung von Tarifverträgen erhoben worden. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat diese Bedenken sehr sorgfältig geprüft, und ich verrate kein Geheimnis, wenn ich sage, daß wir es uns nicht leicht gemacht haben. Wir haben diesen Gedanken nach allen Seiten hin überlegt und geprüft, besonders auch das Argument des Zwangssparens. Der Herr Bundesarbeitsminister hat bereits vorhin darauf hingewiesen - ich möchte das ergänzen -, daß hier doch offenbar übersehen wird, daß die jeweils vereinbarten Zuwendungen nur vorübergehend einer gewissen Verwendungsbeschränkung unterliegen. Hier scheiden sich nach meiner Meinung in der Tat die Geister. Wer das Eigentum als tragende Säule unserer Gesellschaftsordnung ansieht, der muß mit dafür Sorge tragen, daß der Zugang zu diesem Eigentum breiten Schichten unseres Volkes nicht nur theoretisch, sondern praktisch möglich ist.
({16}) Dem dient dieser Vorschlag.
Vorhin wurde bereits mehrfach eine große Zeitung zitiert. Dort lese ich, daß die Arbeitsgemeinschaft der selbständigen Unternehmer - die ich an sich sehr schätze, die sehr beachtliche Meinungsäußerungen dazu von sich gegeben hat - jetzt von sich aus eine Meinungsumfrage gestartet hat, aus deren Ergebnis hervorgeht, daß die Arbeitnehmer das ja gar nicht wollten. Hier ist nach meiner Meinung ein Diskussionspunkt erreicht, den ich als überspielt bezeichnen möchte. Das gleiche wäre es etwa, wenn irgendeine Lohn- und Tarifbewegung ansteht, und die Gewerkschaften zu den einzelnen Unternehmern gehen und sie fragen: Bist du bereit, 6 % zu geben oder nimmst du lieber einen Streik auf dich?, wenn der einzelne Unternehmer dann sagt: Lieber zahle ich 6 %!, wenn die Gewerkschaft antwortet: Dein Verband ist aber nicht bereit, diese 6 % zu gewähren! und wenn man dann argumentiert: Seht ihr, mit den Unternehmern kann man verhandeln, die sind. sehr vernünftig, aber mit den Verbänden kann man nicht reden! Diese Art der Diskussion sollte man nach meiner Auffassung gar nicht aufkommen lassen. Klar und eindeutig ist doch wohl dargestellt worden, daß die Arbeitnehmerschaft in der Tat sparen will - das hat sie bewiesen -, daß wir ihr weitere Möglichkeiten dazu geben wollen und daß sie sie nutzen wird.
Nachdrücklich zurückweisen möchte ich allerdings, wenn es im Rahmen dieser vielleicht etwas überhitzten Diskussion heißt, daß - so steht es in einem Leitartikel einer bedeutenden Wirtschaftszeitung -„der Massenwohlstand untrennbar mit der Vermögensakkumulation einer kleinen Gruppe verbunden" ist. Die CDU/CSU-Fraktion war und ist anderer Auffassung, wir waren, sind und bleiben der Auffassung, daß wir die Möglichkeit bieten sollten, Eigentum für jeden zu bilden.
Was die Frage anbelangt, ob es hier einen Zwang gibt, so darf ich folgendes bemerken. Wenn in Tarifverträgen Abschlüsse über Wohnungsgeld, über Weihnachtsgeld, über Urlaubsgeld und ähnliche Dinge enthalten sind - ich habe nicht gehört, daß sich jemand dagegen gewehrt hat -, dann sollten wir nicht zögern, einer Maßnahme zuzustimmen, die dazu beiträgt, den einzelnen in die Verantwortung zu rufen, für das Seine zu sorgen - um noch einmal mit der Denkschrift der evangelischen und katholischen Sozialwissenschaftler zu sprechen -, um „mein" sagen zu können. Die Kritiker der zielbewußten, schrittweisen Eigentumspolitik der Christlichen Demokraten möchte ich fragen: Wo stünden wir denn heute in der Bundesrepublik, wenn es nicht zuletzt durch unser Bemühen mittlerweile nicht mehr so ist, daß Eigentum als Diebstahl, sondern Vielmehr als ein von einer immer größeren Zahl von Bürgern unseres Landes - besonders von Arbeitnehmern - erstrebenswertes Ziel angesehen wird.
({17})
Hier liegt doch seit Jahrzehnten auch ein sozialpädagogischer Prozeß vor, den wir uns mühsam geschaffen haben. All den christlich-sozialen Organisationen und Verbänden, die nicht müde wurden, sich zäh und beharrlich für diese Idee einzusetzen, gebührt ein Wort des Dankes.
({18})
Ohne diese Bemühungen stünden wir jedenfalls nicht in der Situation, in der wir uns heute befinden.
Nun, neben dem Tarifvertrag, ,der zweifellos die entscheidendste Änderung und, wie ich glaube, Verbesserung des Gesetzentwurfs darstellt -({19})
- Wieso?
({20})
- Was hat er an die erste Stelle Besetz? ({21})
- Nein, ich 'glaube, Sie interpretieren den Herrn Minister falsch. Sie hätten ihn ja fragen können, als er sprach. Das Wichtigste in dieser Frage ist die Einbeziehung des Tarifvertrages. Ich bleibe dabei, und ich weiß mich dabei mit dem Minister durchaus einig. Die Argumente haben wir zum Teil dargestellt. Es gibt noch eine Fülle anderer Argumente; aber ich glaube nicht, daß es Aufgabe einer ersten Lesung ist, jetzt alle Fachargumente hier heranzuziehen. Ich will darauf verzichten. 'Das wird in den Ausschußberatungen im einzelnen sorgsam erwogen und geprüft werden können.
Ich möchte mich darauf beschränken, noch auf drei Punkte kurz hinzuweisen, die 'für den Gesetzentwurf bedeutsam sind. Das eine ist die familienfreundliche Gestaltung, eine Tendenz des Gesetzentwurfs, die unsere Fraktion voll und ganz unterstützen wird. Das Zweite ist - was ich nicht nachdrücklich genug unterstreichen kann --, daß der Gesetzentwurf jede erdenkliche Rücksicht auf die Situation in weiten 'Bereichen des Mittelstandes nimmt.
({22})
- Darüber wollen wir, verehrter Herr Kollege, ebenfalls gern 'diskutieren. Was aber nicht geleugnet und nicht bestritten werden kann, ist doch, daß dieser Gesetzentwurf gegenüber dem bisherigen Gesetz den kleinen Mittelstandsbetrieben durch steuerliche Erleichterungen und durch 'die Möglichkeit der Einbeziehung der mithelfenden Familienangehörigen ganz entscheidende Vorteile bietet. Auf diese Feststellung lege ich sehr großen Wert, weil ich, nicht im Detail, aber in der politischen Linie, dartun möchte, daß es uns Christlichen Demokraten darum gehen muß und geht, eine Eigentumspolitik zu gestalten, bei der eine Rücksichtnahme auf mittelständische Belange möglich ist. Ich bin eigentlich sehr froh darüber, daß der Herr Bundesarbeitsminister immerhin mit dem Gesetzentwurf einen, wie ich glaube, guten Anfang gemacht hat in dem Bestreben, mehr Möglichkeiten für unsere mittelständischen Betriebe zu schaffen. Dieses Mittelstandsargument ist auch, Herr Kollege Junghans, ein entscheidender Grund mit dafür, daß wir uns gegen eine Ausweitung von 312 DM auf 624 DM wenden. Mit Rücksicht auf den mittelständischen Betrieb haben wir eine solche Beschränkung auf 312 DM vorgesehen.
Wir freuen uns, daß der Gesetzentwurf der Bundesregierung endlich auch die Einbeziehung des öffentlichen Dienstes vorsieht. Darin lag eine entscheidende Schwäche des bisherigen Gesetzes. Nunmehr soll also den Arbeitern und Angestellten des öffentlichen Dienstes im Rahmen der Tarifverhandlungen die Möglichkeit gegeben und, wie vorhin angekündigt worden ist, in einer Sonderregelung auch die Möglichkeit geschaffen werden, die Beamten und die Soldaten auf Zeit einzubeziehen.
Damit möchte ich meine Bemerkungen zur ersten Lesung abschließen. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion begrüßt es, daß die Bundesregierung mit ihrer Vorlage die Bemühungen der CDU/CSU in der Eigentumspolitik konsequent fortsetzt. Wir danken dem Arbeitsminister und seinen Mitarbeitern für die Vorlage und werden uns nachdrücklich dafür einsetzen, daß dieses Gesetz in den Ausschüssen sorgsam, aber zügig beraten wird, damit wir noch in dieser Legislaturperiode die dritte Lesung vornehmen können.
({23})
Das Wort hat der Abgeordnete Leber.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben heute die Begründung von drei Gesetzentwürfen gehört. Ich möchte zunächst etwas über die politische Bedeutung der Sache sagen, um die es hier geht. Ich habe am Sonntag eine Diskussion im Rundfunk mit angehört, in der einer sagte, der Bundestag müsse sich endlich einmal mit den großen politischen Problemen befassen und nicht mit so einem Alltagskram wie Vermögensbildung und 312-DM-Gesetz. Der das gesagt hat, meint natürlich auch, daß er politisches Urteilsvermögen besitzt, und er hat es auch. Aber hier liegt eine völlige Verkennung der Situation vor, mit der wir es zu tun haben.
Die Frage, um die es hier geht, ist nicht eine Wirtschafts- und Sozialfrage üblicher Art. Sie ist auch wirtschaftlich und sozialpolitisch von Bedeutung, aber. sie ist mindestens ebensosehr, wahrscheinlich in einem noch stärkeren Umfang eine politische Frage.
Das ist eine Frage, die die Menschheit in Selbständige und in Unselbständige einteilt.
Das ist eine Frage, die die Mehrheit der Menschen in Unternehmer und Arbeitnehmer gliedert.
Das ist eine Frage, die den ganzen großen Spannungsbereich betrifft, der seit über 100 Jahren zwischen Kapital und Arbeit besteht.
Das ist eine Frage, um deren Folgen seit 100 Jahren die moderne Sozialpolitik entstanden ist.
Das ist eine Frage, meine Damen und Herren, die für 1200 Millionen Menschen auf dieser Erde schon eine Antwort gefunden hat, bei der für sie die Freiheit mit verlorengegangen ist.
Das ist eine Frage, die den Kern dessen ausmacht, was die Menschheit in Ost und West einteilt.
Das ist nicht Alltagskram, sondern eine Frage, die unsere Lebensart angeht.
Um sie herum hat die Sozialpolitik seit 100 Jahren an ihren Wirkungen kuriert. Sie hat an den Wirkungen kuriert, weil es an Einsicht gefehlt hat und weil man hoffte, das könne noch eine Zeitlang so gut gehen, weil man sich geweigert hat - aus Gründen, wie sie immer heißen mögen -, eine evolutionäre Lösung dieses Kernproblems zu finden, nämlich den Besitz des Produktionskapitals nicht nur in wenigen Händen zu belassen, sondern ihn auf eine breite Bevölkerungsschicht zu streuen.
Weil man sich nicht zu einer evolutionären Lösung entschieden hat, ist es in großen Bereichen der Welt zur revolutionären Lösung gekommen, und es ist vieles mit vernichtet worden, was uns allen heilig ist.
Es gibt kein Volk in der Welt, das bisher in Freiheit mit diesem Problem auf evolutionäre Weise fertig geworden ist, und es ist ein schauerliches Erlebnis, wie wir alle mit ansehen, daß die revolutionäre Antwort auf diese Frage, die hier gestellt ist, von Jahr zu Jahr sich an irgendeinem Punkt der Erde weiterfrißt und neuen Boden gewinnt. Es gibt bisher keinen Punkt in der Welt, den die Freiheit aus der Revolution und der Unfreiheit, die an diesem Punkte ihren wichtigsten Ansatzpunkt haben, zurückgeholt hätte. Ich zweifle daran, daß das möglich sein wird, solange der Westen, solange die Freiheit nicht eine evolutionäre Alternative dieser Revolution gegenüber aufzuweisen hat.
Mit militärpolitischen Mitteln ist das nicht zu lösen. Militärpolitische Anstrengungen können nicht mehr ,als eine Schranke setzen, die den Bolschewismus, der die revolutionäre Lösung verkörpert, daran hindert, sich mit dem Mittel der Gewalt auszudehnen, nicht mehr, kein Gramm mehr. Wir sehen, wie trotz bester Rüstungen diesseits des Eisernen Vorhangs der Nährboden der Revolution erhalten bleibt - nicht nur irgendwo, sondern auch hier in diesem Lande -, solange dieses Problem nicht gelöst ist.
Wir haben in unserem Lande viel erreicht; aber wir können uns keine Insel kaufen und darauf isoliert von dem, was in der Welt bewegt wird, leben. Im Gegenteil, wir sind dabei, unsere Schritte nach Europa zu lenken. Wer von uns denkt daran, meine Damen und Herren, daß in diesem Europa zwei große Völker sind, in denen sich 30 und mehr Prozent der Bevölkerung bei jeder Wahl für die revolutionäre Lösung dieser Frage entscheiden, und daß wir künftig - und hoffentlich - mit diesen Völkern zusammen in Europa sein werden?
Wieviele in unserem Lande denken daran, daß dieser soeben erwähnte Tatbestand ein nicht unwichtiger Grund war, der z. B. die Engländer nach dem letzten Krieg dazu gebracht hat, sich nicht in eine zu enge Integration nach Europa zu begeben, weil sie eben diese Unsicherheiten fürchteten?
Und wer von uns denkt darüber nach, daß es heute nicht wenige Italiener gibt, die mit wachem und großem Verantwortungsbewußtsein über die möglichen Entwicklungen der nächsten zehn Jahre in ihrem Lande nachdenken und die „Flucht nach Europa" antreten, weil sie fürchten, zu Hause könne etwas geschehen? Seit vielen Jahren geht die Sonne des Westens irgendwo im Westen unter, und am nächsten Morgen geht an diesem Punkte irgendwo in der Welt sich fortfressend die Sonne des Ostens hoch.
Das sind Realitäten und 'Perspektiven, die dem Problem, um das es hier geht, seine politische Bedeutung und seinen politischen Rang geben. Das sind Realitäten und Perspektiven, die auch diejenigen ernster stimmen sollten, die in sich hineingrinsen, wenn zur Begründung solcher Vorstellungen von sozialer Gerechtigkeit gesprochen wird und - das ist etwas, was es auch in diesem Hause gibt - die in unseren Sozialpolitikern eine Art moderner Hofnarren sehen, did man ertragen und die man überstehen muß.
Wer diesen großen Hintergrund des Problems nicht sieht oder nicht sehen will, der kann auch nicht den Ernst verstehen, der die bewegt, die hier um eine Lösung ringen. Dieser Hintergrund ist es auch, der das weltweite Interesse und die weltweite Aufmerksamkeit ausgelöst hat, die wir feststellen konnten, als eine deutsche Gewerkschaft nicht mit allgemeinen Vorstellungen, sondern mit konkreten Vorstellungen angetreten ist und sie ,auf den Tisch gelegt hat.
Dieser Hintergrund macht auch deutlich, daß wir es mit zwei Gegnern zu tun haben, die sich mit allen Mitteln dagegen wehren, daß es zu einer wirklichen Lösung kommt und nicht zu Beschwichtigungen und zu einer Verschleierung des Problems, um das es hier geht.
Es ist nicht ganz ohne Pikanterie, daß sich beide, die einen wie die anderen - ein Teil der einen ist auch in diesem Hohen Hause vertreten -, gleicher Argumente bedienen und in ihren Schlußfolgerungen einig sind.
Das eine sind diejenigen, die wollen, daß alles so bleibt, wie es bisher war, daß es auch künftig so weitergeht. Sie empfehlen den Arbeitnehmern, zu sparen. Sie müssen einsehen, daß die Zeit so weit fortgeschritten ist, daß Zusammenballungen des Produktionskapitals bei einer Minderheit nicht mehr die Privatsache dieser Minderheit ,allein sind, sondern daß das Sache des ganzen Volkes ist.
({0})
Sie müssen einsehen, daß die Teilnahme am Zuwachs der Wirtschaft nicht nur zugunsten eines Teiles der Bevölkerung, der vorher schon Kapital besessen hat, geschehen kann. Sie müssen eingestehen, daß die seitherige Vermögensbildung in der Wirtschaft zu ihren Gunsten nicht das Ergebnis ihres eigenen Konsumverzichts und das Ergebnis unternehmerischer Leistung allein gewesen ist, sondern das Ergebnis eines riesigen Zwangssparprozesses, dem das ganze Volk seit 20 Jahren unterworfen war.
({1})
Ich will Ihnen zum Beweis dessen, was 'ich meine, einen Zeugen zitieren. Es heißt hier - ich zitiere mit Genehmigung des Herrn Präsidenten aus „Mater et Magistra" ; wir dürfen nicht soviel darüber lesen, sondern sollten uns zumuten, auch einmal ein bißchen darin zu lesen; dann sieht das meistens ein bißchen anders aus -:
Hier muß bemerkt werden, daß die wirtschaftlichen Verhältnisse vieler Länder den Mittel-und Großbetrieben ein besonders schnelles Wachstum im Wege der Selbstfinanzierung ihrer Ersatz- und Erweiterungsinvestitionen gestatten. Wo dies zutrifft, könnte den Arbeitern ein rechtmäßiger Anspruch an diesen Unternehmungen zuzuerkennen sein, den diese einzulösen hätten.
Herr Abgeordneter Leber, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Katzer?
Bitte sehr!
Herr Kollege Leber, darf ich Sie fragen, ob Sie bereit sind, nicht nur in dieser Frage, sondern auch in .anderen gesellschaftspolitischen Fragen sich auf „Mater et Magistra" zu berufen und danach zu handeln?
({0})
Wir können uns gern darüber unterhalten, mit Ihrer Fraktion, wenn Sie wollen. Ich weiß aber nicht, ob Ihre Fraktion dann auch mitmacht, Herr Katzer.
({0})
Wir alle, meine Damen und Herren, müssen uns darüber klarwerden, daß es sich hier nicht um wirtschaftliche und soziale Dinge im üblichen Sinne handelt, sondern um eine politische Sache allerersten Ranges. Weil es aber eine erstrangige politische Sache ist, ,die die Freiheit und ,die Lebensart des ganzen Volkes, die die Bewahrung von Freiheit und Lebensart für ,dieses ganze Volk auch in der Zukunft angeht, kann es nicht Privatsache des einzelnen sein - und diese Schlußfolgerung muß man dann auch finden -, ob sie gelöst wird oder nicht.
({1})
Seit Bismarck ist bekannt, daß Krankheit, Unfallfolgen, Invalidität und Alter nicht als Privatsache des einzelnen anzusehen sind und damit abgetan werden können. Daß die Vermögenslosigkeit des einzelnen nicht Privatsache des einzelnen Arbeitnehmers sein kann, ergibt sich schon, wenn man die Motive des 'zweiten Gegners, den ich meine, betrachtet. Dieser zweite Gegner heißt Kommunismus. Er weiß, 'daß er die einseitige Vermögensbildung bei einer Minderheit in der Wirtschaft für seine eigene Sache braucht. Er braucht diesen Kapitalismus als Antipode zu sich selber. Jede evolutionäre Lösung dieser Frage würde ihm die Basis nehmen, auf der er operiert und wirkt, und seine revolutionären
Ziele überflüssig und zunichte machen. Der Zorn des Ostens richtet sich deshalb auch folgerichtig nicht gegen dieses Gesetz. Wenn Sie in den letzten Monaten aufgepaßt haben, werden Sie festgestellt haben, daß der Kampf sich gegen den Tarifvertrag richtet, durch den dieses Gesetz vollzogen wird, durch den die Verwirklichung dieses Gesetzes erst möglich wird. Dafür sollten Sie sich einmal interessieren. Dias ist nicht nur eine „Nebenbei-Sache". Da werden in der letzten Zeit Illustrierte in Kupfertiefdruck in Zehntausenden von Exemplaren in die Betriebe geschickt. Die Tendenz richtet sich nicht gegen das Gesetz. Broschüren mit 70, 80 und mehr Seiten werden draußen in Zehntausenden von Exemplaren verteilt, weil man die Furcht hat, 'die Gewerkschaften könnten dieses Gesetz handhaben. Darüber sollten diejenigen nachdenken, die die Gewerkschaften aus der Sache heraushalten wollen. Sie sollten sich überlegen, welche Motive hier 'maßgeblich sein könnten.
({2})
- Sie dürfen nicht alles 'so verniedlichen. Das ist zu billig. Darauf antworte ich nicht!
Meine Damen und Herren, das sollten Sie sich ansehen, und 'darüber sollten Sie ein wenig nachdenken. Dann würden Sie auch den ganzen Ernst der Sache, um 'die es hier geht, verstehen. - Es gibt noch wichtigere Dinge als die Erhaltung von Bäckerläden in Deutschland, Herr Kollege Riedel.
({3})
- Ich bin dafür, daß 'die Bäckerläden erhalten werden. ber die Bäcker müssen lernen, über ihre Bäckerläden ;hinauszudenken, meine Damen und Herren.
({4})
Ich möchte das Problem, wie es sich darstellt, 'hier gern noch einmal nennen: Es geht nicht um Vermögen an sich, sondern es geht um die Beteiligung des Arbeitnehmers am Produktivkapital in der Wirtschaft und um eine Beteiligung des Arbeitnehmers am Wachstum des Produktivkapitals. Es geht nicht um die Freiheit des Arbeitnehmers, daß er das darf, sondern es geht darum, daß diese Freiheit auch vollzogen wird. Auch in „Mater et Magistra" heißt es ja, daß es nicht darum geht, nur vom Recht des Arbeitnehmers auf Vermögen zu sprechen, sondern darum, dieses Recht in die Praxis umzusetzen, dafür zu sorgen, daß der Arbeitnehmer Eigentum erhält, und die Voraussetzungen dafür zu schaffen.
({5})
Sehen Sie sich einmal - das muß man erwähnen; wenn ich in diese Richtung ({6}) in diesem Hohen Hause gucke, sehe ich einige, die vielleicht Stoff hierfür zugeliefert haben - den „Industriekurier" von vor zwei oder drei Tagen an: da finden Sie auf der ersten Seite eine Karikatur, auf der beide Kirchen die Wirtschaft in der Hand halten und die Gewerkschaften dieser Wirtschaft Blut abzapfen; unten drunter wird dann erzählt: Hier wird die Wirtschaft zerstört, hier wird die Wirtschaft kaputt gemacht!
Meine Damen und Herren, das ist eine bösartige Sache, dieses Problem so darzustellen und sich im übrigen dann in der politischen Auseinandersetzung auch auf die Kirchen zu berufen.
Ich möchte zu dem kommen, was Herr Kollege Mischnick hier vorgetragen hat. Es geht uns nicht darum - das habe ich schon gesagt -, Eigentum schlechthin zu fördern, Wohnungseigentum, das Eigenheim; all das bleibt förderungswürdig und erstrebenswert. Es ist sicher auch geeignet, das Problem, um das es hier geht, zu mildern, aber nicht geeignet , es zu lösen.
Der Ausgangspunkt des FDP-Entwurfs ist das individuelle Sparen mit Steuervergünstigungen und da, wo es nicht geht, mit entsprechenden Anreizen, die durch Prämien geleistet werden. Das ist die individualistisch-liberalistische Antwort des vergangenen Jahrhunderts. Herr Kollege Mischnick. Sie ist eigentlich, seit Bismarck Sozialpolitik gemacht hat, wie wir sie heute kennen und übernommen haben, eine Antwort, die seit 1880 für die Lösung solcher Probleme nicht mehr gegeben wird. Das ist eine Antwort aus der Vor-Bismarck-Zeit, und die Schlußfolgerung: Wer nicht dazugelernt hat, daß man dem Phänomen der modernen Massengesellschaft und den Problemen, die die pluralistische Gesellschaft aufwirft, auch mit modernen Antworten zu begegnen hat, wer nichts dazugelernt hat und für die Fragen von heute unter den veränderten Bedingungen der Gegenwart immer nur die Antworten aus den vierziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts bereithält, der lebt hinter der Gegenwart. Wer so geistig in der Vergangenheit I befangen ist, der hat eigentlich nicht viel Recht, auf die Marxisten zu schimpfen, die es in ein paar Exemplaren auch noch gibt,
({7})
die auch nichts anderes tun, als die Antwort auf die Probleme von heute immer aus dem Jahr 1848 Zu schöpfen. Da gehört sie genau hin: in die gleiche Vergangenheit.
({8})
Ich kann nur sagen, meine Damen und Herren, von der FDP, wenn Sie so weiter machen, wird aus Ihnen nie eine große Partei werden.
({9})
- Bitte!
Schmidt ({10}) : Herr Kollege Leber, rechnen Sie hierzu auch alle die Millionen Arbeitnehmer, die seit Jahren die individuelle Sparförderung in Anspruch nehmen?
Natürlich nicht. Ich dachte, Sie wollten fragen: die Arbeitnehmer, die die FDP wählen würden.
({0})
Wir müssen aber trotzdem auch die Vorschläge der FDP ernsthaft prüfen. Wir sollten das nicht zum Gegenstand des Parteienstreits machen. Wir müssen uns nicht nur mit der FDP auseinandersetzen, sondern die Grenzlinie verläuft etwa hier - durch die CDU/CSU -, die vorderen Plätze von heute nicht gerechnet.
({1})
Eigentlich dürfte sich Herr Kollege Blank gar nicht irgendwo anders beschweren als bei seiner eigenen Fraktion; denn er hat es vor vier Jahren in der Anlage schon richtig gewollt. Das ist nicht an den Sozialdemokraten gescheitert, sondern an denen, die hier rechts von der Mitte sitzen.
({2}) Ich habe eine ganze Reihe von Einwänden.
Erstens Prämien kosten Geld, sie sind eine Art Subvention. Darüber gibt es in diesem Haus vielfaltige Dokumente, wie die Regierung und wie der Bundestag über Subventionen im allgemeinen und im besonderen denken. Ich erinnere mich noch an den Riesenbeifall, den der Herr Bundeskanzler von dieser Seite des Hauses bekommen hat, als er hier seine Gegnerschaft jedweder Subventionspolitik gegenüber erklärt hat. Meine Damen und Herren, hier handelt es sich wieder um Subventionen, mit denen Sie das Problem lösen wollen. Aber vielleicht ist das verständlich nach dem großen Umfall der letzten Monate auf anderen Gebieten, daß man sagt, man muß jetzt auch in der Richtung auf die Arbeitnehmer etwas subventionieren. Aber wir fürchten, damit löst man das nicht, weil Subventionen hier nicht das geeignete Mittel sind.
Zweitens. Wir fürchten, daß sich die Mehrzahl der Arbeitnehmer von der Lösung, wie Sie sie vorhaben, unabhängig von der Höhe der Ansätze nicht angesprochen fühlt. Wir haben eine zu vielfältige Erziehung zur Konsumgesellschaft hinter uns. Das läßt sich nicht ohne weiteres wieder in das Gegenteil umkehren. Das ist auch die Frage einer ganzen Reihe von Einflüssen, die auf den Arbeitnehmer zukommen und ihn abhalten, das zu tun, was in ethischem, moralischem, politischem, wirtschaftlichem und sozialem Sinn vielleicht das Richtige wäre.
({3})
- Ich will Ihnen gerade eine Zahl nennen - Zahlen überzeugen Sie ja besser -, die dem Jahresbericht des Zentralausschusses der Werbewirtschaft entnommen ist. 4,5 Milliarden DM wurden im Jahre 1963 ausgegeben, um den Leuten das Geld aus der Tasche zu ziehen, und zwar verbunden mit einem Steuerverzicht. Das wird ja nicht von kleinen Handwerksmeistern gemacht, sondern von großen leistungsfähigen Unternehmen, die in der Regel mit 40 % steuerpflichtig sind. Diese 4,5 Milliarden DM, mit denen doch gesagt wird: „Spart nicht, sondern gebt aus!", sind eine ungeheure Zuleistung des Staates, des gleichen Staates, der hier erwartet, daß der Arbeitnehmer freiwillig spart.
Sie kennen doch alle die Slogans - die sind sehr werbewirksam und nicht so leicht zu vergessen wie der mit den Experimenten -:
({4})
„Darauf einen ..." berühmten Schnaps und: gesellschaftsfähig wird man erst, wenn man den „Duft der großen weiten Welt" riecht usw. Das kostet Milliarden, und daran sind wir hier mit mehreren Milliarden Steuern beteiligt. Wie können Sie erwarten, daß die gleichen Menschen, die jetzt zwei Jahrzehnte hindurch zum Konsumieren erzogen worden sind, in der großen Mehrheit, in der Gesamtheit plötzlich aus freiem Entschluß sparen, mehr sparen?! Das ist ein großes politisches Problem. Es ist erst gelöst, wenn die Gesamtheit es so sieht.
({5})
Die Mehrzahl der Arbeitnehmer wird außerdem durch das, was die FDP vorschlägt, vom Wertzuwachs in der Wirtschaft ausgeschlossen. Das ist auch ein negatives Ergebnis des 312-DM-Gesetzes, wie es bisher war. Sie müssen ganz ernsthaft überlegen, was Sie dem Arbeitnehmer da zumuten, wenn Sie sagen, er könne am Wertzuwachs teilnehmen, er könne sich eine Aktie kaufen. Dann muten Sie dem einzelnen Arbeitnehmer etwas zu, was wir beispielsweise heute allen 'großen Versicherungsgesellschaften mit vielen Milliarden vorenthalten, weil das Risiko zu groß ist. Der einzelne Arbeitnehmer soll eine Aktie kaufen. Er hat keinen Fächer, der ihm einen Risikoausgleich bringt, wie der traditionelle Kapitalbesitzer ihn hat. Wenn bei dem einen der Wert einer Aktie absinkt, hat er selber eine wesentliche Wertsubstanz verloren. Der andere, der Aktienbesitzer traditioneller Art, gleicht das aus mit Aktien, die er auch hat und die zum gleichen Zeitpunkt in die Höhe gegangen sind. Sie konfrontieren den Menschen mit einem Risiko, das man aus Gründen der Sicherheit den großen Versicherungsgesellschaften vorenthält.
({6})
- Natürlich sehen wir das Risiko auch, Herr Burgbacher!
({7})
Deswegen rede ich ja gerade hier.
Bedenken Sie bitte, was für Folgen eintreten würden! Darüber hat der Minister Blank vorhin schon andeutungsweise gesprochen. Ich habe es einmal durchgerechnet, welche Folgen eintreten würden, wenn das tatsächlich beschlossen würde, was die FDP hier verlangt. Nehmen wir an, 312 DM würden von allen Arbeitnehmern gespart werden. Das sind bei einem Lohneinkommen von 7500 DM im Durchschnitt im Jahr etwa vier Komma soundso viel Prozent. Wenn das gespart würde - über das hinaus, was schon jetzt gespart wird -, würde das eine ernsthafte Depression in der Wirtschaft zur Folge haben. Wesentliche Waren würden nicht abgesetzt werden können. Es würden depressive Zustände eintreten, und am Ende würden ein Teil der Arbeitnehmer, wahrscheinlich einige hunderttausend Menschen, die heute einen festen Arbeitsplatz haben, die Sache mit dem Verlust ihres Arbeitsplatzes bezahlen müssen. Das gilt selbst in bezug auf ausländische Arbeitskräfte. Sie dürfen nicht vergessen: was die Italiener hier verdienen, wird nicht hier konsumiert, sondern in barem Geld in ihre Heimat geschickt, oder es würde im anderen Falle als Exportüberschüsse über die Grenzen ins Ausland ausweichen und daher rückwirkend inflationär wirken, so daß der Arbeitnehmer, der spart, gleichzeitig mit der Inflationierung seines eigenen Konsumgeldes bezahlen müßte.
({8})
Das sind Dinge, darüber können Sie ja anders reden, aber die Wissenschaft ist in diesen Dingen völlig einer Meinung; da müssen Sie sich einmal mit der einschlägigen Literatur vertraut machen, meine Damen und Herren!
({9})
Die FDP rechnet auch gar nicht damit, ,daß wir auf dem Weg, den sie vorschlägt, zu einer Lösung kommen. Es soll ein Schleier über das Ganze geworfen werden, und in Wirklichkeit soll alles beim alten bleiben.
({10})
Das können Sie am besten nachlesen an den Quellen - nicht bei dem, was Herr Mischnick hier dazu sagt -, und die Quellen, ,das ist der „Industriekurier" und' das ist die Rede des Herrn Professors Balke, den ich leider heute bei der Debatte hier nicht sehe.
({11})
- Und Dr. Mende in Stuttgart! Herr Professor Balke als Präsident der BDA hat Anfang Dezember auf dem Jahreskongreß der Bundesvereinigung der Arbeitgeber dazu folgendes gesagt - ich bitte, Herr Präsident, daß ich das zitieren darf -({12})
Bitte sehr.
Herr Abgeordneter Leber, ist Ihnen eigentlich nicht klar, ,daß ersparte Beträge in Form von Investitionen sich als Nachfrage in der Volkswirtschaft niederschlagen, infolgedessen ein Konjunkturrückgang infolge von Ersparnisbildung nicht zu befürchten ist?
Entschuldigung, ersparte Beträge können nicht in die Nachfrage gehen, sondern bleiben gespart. Wenn Sie 300 DM sparen und nicht in den Konsum fließen lassen, werden irgendwo, an irgendeiner Stelle in der Wirtschaft für 300 DM Waren nicht verkauft. .Das ist eine Sache, die seit Ricardo, seit 80 Jahren in der Wissenschaft schon geklärt ist.
({0})
Ich will Herrn Balke zitieren. Herr Balke hat in
seiner Rede im Dezember folgendes gesagt - es ist
interessant, wohin das zielt; der Industriekurier hat ihn vorgestern unterstützt -:
Die breite Streuung des Eigentums ist in erster Linie eine gesellschaftspolitische und sozialpolitische Aufgabe, für die der Staat die Verantwortung tragen muß. Im Rechtsstaat können
- so sagt Professor Balke, und hier zitiert er Professor Geiger sozialstaatliche Bedürfnisse und sozialstaatliche Aufgaben nicht auf Kosten einzelner erfüllt werden, sondern nur aus Mitteln, zu denen allegleichermaßen beigetragen haben. Was unser Staat als Sozialstaat zu tun verpflichtet ist, muß er mit Steuermitteln tun, aus dem öffentlichen Haushalt leisten.
Darum geht es hier. Sie sind nicht gegen die Vermögensbildung der Arbeitnehmer, sondern nur dafür, daß der Teil der Unternehmer, der Vermögen gebildet hat, es auch künftig weitertun kann, und daß ,der Staat dafür eintritt, daß der Arbeitnehmer auch etwas bekommt. Ich frage mich nur: Woher soll der Staat etwas nehmen, um dem Arbeitnehmer etwas zu geben? Vermögen kann man nur aus Einkommen bilden. Da es sich um Fragen der Einkommensverteilung in der Wirtschaft handelt, sind nach unserer Verfassung dafür zuerst die Arbeitgeberverbände und die Gewerkschaften zuständig. Dem deutschen Unternehmertum, das sonst so betont jeden staatlichen Eingriff in die Wirtschaft von sich weist, steht es schlecht an, immer dann, wenn es sich um Ansprüche der Arbeitnehmer handelt, entweder abzulehnen oder auf den Staat zu verweisen. Die Arbeitnehmer gehören auch zur Wirtschaft. Das ist eine Frage, die in der Wirtschaft ihren Spannungsbogen hat und deshalb zunächst von den Kräften, die von der Verfassung her dazu legitimiert sind, von der Wirtschaft selbst, gelöst werden muß. Der Staat hat hierzu lediglich die Legitimation zu geben.
Es ist eine völlig neue Situation, daß die Unternehmer sich heute einsetzen für die Freiheit der Arbeitnehmer und dafür, daß diese Dinge durch direkte Leistungen des Staates gelöst werden sollen. Eine Lösung durch Tarifvertrag lehnt man dagegen als kollektiv ab. Anscheinend ist man bereit, einen sehr hohen Preis dafür zu zahlen, daß es nicht zu dieser Lösung kommt. Darüber werden wir uns bei Gelegenheit dann vielleicht noch einmal unterhalten, wenn die Themen etwas konkreter anstehen.
Nach den in den Entwürfen der Regierung und der SPD vorgesehenen Ausweitung des Gesetzes wird seine Anwendung im Tarifvertrag möglich. Das ist nicht eine Enteignung, wie Herr Balke in seiner Rede gemeint hat, sondern der Vollzug dessen, was die Verfassung in ihrem ganzen Sinn und Gehalt meint. Wahrscheinlich ist das Ganze nicht einmal eine Frage des Rechtes, ob ein Tarifvertrag abgeschlossen werden darf - darüber gehen die Meinungen der Rechtsexperten auseinander -, sondern es ist lediglich eine Steuerfrage, die darin besteht, daß eine vermögenswirksame Leistung zugunsten eines Arbeitnehmers die gleiche steuerliche Vergünstigung erfährt, ganz gleich, ob sie in einem
Tarifvertrag geregelt ist oder nicht; der Arbeitnehmer also die gleiche Behandlung erfährt, die auch der erfahren hat, der zu der kleinen Gruppe gehört, die in der Vergangenheit Vermögen gebildet hat. Meine Damen und Herren, damit ist alles Geschrei um die steuerliche Begünstigung der Arbeitnehmer, damit sie auch Vermögen bilden können, entkräftet.
Es ist heute morgen kontrovers, besonders vom Herrn Kollegen Katzer, auf die Sache mit der Tariffähigkeit hingewiesen und der Vorwurf gemacht worden, die Gewerkschaften hätten sich hier einschalten können. Sie seien ausgeschlossen gewesen, Tarifverträge abzuschließen, aber ihre Betriebsräte - haben Sie gesagt, Herr Katzer - hätten etwas tun müssen.
({1})
Dazu muß ich Ihnen folgendes sagen: Die Gewerkschaften haben keine Betriebsräte, sondern sie haben 1954 darauf geachtet, daß der Betriebsrat ein Organ des Betriebes ist, das nicht an Weisungen der Gewerkschaften gebunden ist.
({2})
Ich muß Ihnen etwas viel Stolzeres sagen: Sie haben - und die Motive sind bekannt, Herr Kollege Dr. Becker; wir haben uns oft genug darüber unterhalten - bewußt die Gewerkschaften aus der Lösung dieser Frage herausgehalten, weil Sie sie nicht darin haben wollten. Nehmen Sie das bitte zur Kenntnis.
({3})
Meine Damen und Herren, nachdem Sie den Gewerkschaften offiziell nicht gestattet haben, durch den Haupteingang des Gebäudes zu gehen und an der Lösung einer Sache in unserem Lande teilzunehmen, sind diese Gewerkschaften in der Zwischenzeit zu stolz geworden, als daß sie sich durch den Eingang für Lieferanten in die Sache einschleichen würden.
({4})
Wenn man ihre Mitwirkung gewollt hätte, hätte man das 1961 ins Gesetz schreiben können.
({5})
Herr Abgeordneter Leber, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Burgbacher?
Bitte sehr!
Herr Kollege Leber, glauben Sie nicht, daß Sie mit der eben gemachten Bemerkung die Gewerkschaften über die Sache statt die Sache über die Gewerkschaften gestellt haben?
Ich habe sie nicht über die Sache gestellt. Aber wir haben es für diskriminierend gehalten, daß man die Gewerkschaften offiziell aus7796
schließt und erwartet, daß sie sich auf Schleichwegen an der Sache beteiligen.
({0})
Es war logisch, daß Sie, nachdem Sie die Gewerkschaften ausgeschlossen hatten, zunächst einmal abgewartet haben, wieweit Sie dann mit einer Lösung ohne die Gewerkschaften kommen. Sie sollten daraus lernen, daß man Sozialprobleme unserer Zeit nicht unter Ausschluß der Gewerkschaften, sondern am besten mit ihnen löst.
({1})
Wenn Sie .die Lehre daraus gezogen haben, sind Sie ein Stück weitergekommen.
Herr Abgeordneter Leber, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Katzer?
Bitte sehr!
Herr Kollege Leber, ich habe vorhin gefragt, ob Sie auch in anderen Punkten mit „Mater et magistra" übereinstimmen. Nun gehört es exakt zum Subsidiaritätsprinzip, daß der Betriebsrat nicht der Angestellte der Gewerkschaft, sondern umgekehrt der Betriebsrat das originäre Element ist und die Gewerkschaft subsidiär Hilfe leistet. Exakt darum geht es. Das haben Sie leider nicht getan.
In allen Fällen, in denen Betriebsräte zu den Gewerkschaften gekommen sind, um ihnen bei der Durchführung des 312-DM-Gesetzes zu helfen, haben die Gewerkschaften den Betriebsräten Hilfe geleistet. Mehr zu tun waren sie nicht in der Lage.
({0})
Das Schwergewicht der Initiative hatten S i e wohlweislich auf den Unternehmer gelegt. Ich weiß aus sehr vielen Unterhaltungen, daß dabei auch Fragen der Betriebsbindung und arbeitsmarktpolitische Gesichtspunkte eine wesentliche Rolle gespielt haben.
Ich muß Ihnen aber noch etwas sagen, Herr Kollege Katzer. Sie drehen sich im Kreis, und manchmal beißt sich die Katze in den Schwanz.
({1})
Sie haben eben mein Verhältnis zu „Mater et magistra" erwähnt, und Sie haben von dem Vorschlag der beiden Kirchen gesprochen. Ich kann Ihnen nur sagen: So viel Eindruck scheint der Vorschlag der katholischen und der evangelischen Sozialexperten in Sachen Eigentum bei Ihnen nicht in allen Kreisen gemacht zu haben.
Ich will Ihnen (folgendes Erlebnis erzählen. Im September waren die Vertreter, die diesen Appell abgefaßt hatten, beim Herrn Bundeskanzler. Sie haben sich bitter bei ihm beklagt, daß er sie im Frühjahr und den ganzen Sommer 'hindurch nicht empfangen hatte, obwohl sie verschiedentlich darum gebeten 'hatten, mit ihnen über ihren Appell zu sprechen. Er hat sie erst dann angehört, als der Gewerkschaftsvorschlag auf dem Tisch lag und die Regierung nicht mehr anders konnte, als sich jetzt mit den Fragen auseinanderzusetzen. 'Das ist Ihre Haltung und die des Bundeskanzlers!
({2})
- Sie ja. Ich habe nicht Sie gemeint. Der Bundeskanzler war nicht bereit, mit den Vertretern beider Kirchen zu sprechen. Er hat sie erst in dem Augenblick empfangen, als der Vorschlag der Gewerkschaften auf dem Tisch lag.
({3})
Das ist mir von seiten beider Kirchen, von den unmittelbar Beteiligten gesagt worden, und der Bundeskanzler selber hat es mir noch einmal in einem Gespräch mit dem Ton des Bedauerns erwähnt.
({4})
Ich möchte Sie noch an etwas erinnern. Ich habe hier 'den Umdruck 925 aus 'dem Jahre 1961. Er trägt das Datum vom 30. Mai. Damals ist von der SPD in dritter Lesung noch einmal beantragt worden, in das Gesetz das Wort „Tarifvertrag" einzufügen. Das ist von Ihnen abgelehnt worden. Sie waren damals persönlich anderer Meinung, Kollege Katzer, aber Sie haben sich eben solidarisch mit der Haltung Ihrer Fraktion erklärt. Das ehrt Sie, ändert aber nichts an dem politischen Tatbestand, daß die SPD getan hat, was richtig war. Was Sie jetzt tun, ist der nachträgliche Versuch, das zu korrigieren.
({5})
Im übrigen, Herr Kollege Katzer, muß ich Ihnen sagen: Sie haben auf 'den Vorschlag mit dem Pfennig von Karl Arnold aus 'dem Jahre 1951 verwiesen. Damals 'betrug das Stundeneinkommen eines Arbeiters im Durchschnitt etwa 1,10 DM. Das war noch keine Zeit, in 'der man über solche Dinge 'hätte reden können. Im übrigen hat Karl Arnold - das weiß 'ich von ihm al's Gewerkschaftler selber - in Ihrer Fraktion, meine Damen und Herren, gar keine Zustimmung dazu 'bekommen;
({6}) Sie haben das ja abgelehnt.
Damals war so etwas auch nicht ganz zeitgerecht. Für die Gewerkschaften 'war es wegen der Einkommensverhältnisse und 'überhaupt wegen der damaligen Situation zu früh und für die CDU vielleicht auch geistesgeschichtlich zu früh. Damals stand bei Ihnen ja noch das Aalener Programm mit seinen Leuchtzeichen zur Debatte.
({7})
Arnold war der Entwicklung vorausgeeilt. Natürlich 'hat sich in der Zwischenzeit vieles geändert. Es
gibt Vorschläge, die zu früh kommen, wenn sie zur unrechten Zeit gemacht werden.
({8})
- Ich weiß, was Sie jetzt fragen wollen, Herr Kollege Burgbacher.
Gestatten Sie die Frage?
Natürlich.
({0})
Obwohl Kollege Leber weiß, was ich fragen will - Leber ({0}) : Ich weiß, daß es damals auch noch bei den Sozialdemokraten im Programm stand.
({1})
Meine Damen und Herren, die Entwicklungsgeschichte ist doch so! Das sind eigentlich für uns große Tage, wo die Sozialdemokraten und der Arbeitsminister einmal zusammen nach vorn streben. Das ist leider in den letzten Jahren nicht immer der Fall gewesen. Deshalb freuen wir uns darüber, daß es so ist. Aber leicht hat er es mit dem, was hier ist, nicht gehabt.
Die christlich-sozialen Arbeitnehmer, die das gefordert haben, haben den Bundeskanzler in die Paulskirche eingeladen und haben erwartet, daß er zu dem Thema etwas Positives sagt. Der Bundeskanzler hat geschwiegen und über Wettbewerb, Handelsbilanz usw. gesprochen.
({2}) - Nein! Ich habe das Protokoll gelesen.
({3})
Herr Kollege Leber, Paulskirche stimmt! Aber um der Wahrheit die Ehre zu geben, muß ich Sie doch fragen: Ist Ihnen nicht bekannt, daß gerade der Herr Bundeskanzler seine ganze Autorität eingesetzt hat, um die Tariffähigkeit in diesem Gesetz zu verankern? Das muß man der Redlichkeit halber doch hinzufügen.
Leber ({0}).: Der Bundeskanzler hat der FDP ihr Argument geliefert, als er gesagt hat, sparen könne man nur über Konsumverzicht. Das ist heute bei Ihnen anscheinend auch nicht ganz ausgeräumt. Vielleicht meint er es ein bißchen anders. Vielleicht meint er es volkswirtschaftlich. Die FDP bezieht es aber auf den einzelnen Sparer, und darin liegt der Unterschied.
({1})
Ich würde mich doch, wenn eine solche Möglichkeit
der Definition besteht, als kleiner Koalitionspartner,
wie die FDP es ist, auch auf den Bundeskanzler berufen, wenn auch nur wenige Anhaltspunkte gegeben sind, daß er mit dem großen Partner fertig wird.
({2})
Der Kanzler hat in der Regierungserklärung feste Versprechungen abgegeben, aber allgemeiner Art. Noch im Juni gab es eine Kampagne, als man hörte, im Arbeitsministerium würden Vorschläge für eine Tariffähigkeit ausgearbeitet. Ich habe das Gefühl: damals ist den Herren im Arbeitsministerium die Courage verlorengegangen, daran weiterzuarbeiten. Dann hat man im Juli, August nicht mehr viel gehört. Im September kam der Vorschlag der IG Bau, und es erhob sich ein Sturm der Zustimmung in der Öffentlichkeit.
Dann kam die Wahl in Nordrhein-Westfalen. - ich sage das nur der geschichtlichen Chronik wegen -, und Sie saßen am Tage nach der Wahlniederlage von Nordrhein-Westfalen im Bundeskabinett zusammen - so hat sich das jedenfalls für uns dargestellt -, und geboren wurde ein Komitee, das einen Vorschlag für die Vermögensbildung ausarbeiten sollte. So ist es doch in seinem Ablauf gewesen, und so hat es der Bundesbürger verfolgt. Meine Damen und Herren, ohne Zutun der Öffentlichkeit und ohne den Wahlausgang in Nordrhein-Westfalen und ohne den Vorschlag der IG Bau hätte der Bundesarbeitsminister wahrscheinlich vom Kabinett keinen Auftrag bekommen, ein Gesetz vorzulegen, sondern wahrscheinlich wäre jeder Entwurf, den er vorgelegt hätte, schon im Kabinett gescheitert. Das ist die Entwicklung, wie man sie auch beweisen kann.
Uns wird der Vorwurf gemacht, wir wollten Kollektivismus. Was ist Kollektivismus, meine Damen und Herren? Ich möchte in der Praxis bleiben, weil ich kein Philologe bin. Bisher hat man in der Kritik vom Zwangssparen gesprochen, und das nennt man wohl Kollektivismus. Meine Damen und Herren, wenn es sich um das Zwangssparen der Allgemeinheit zugunsten einer Minderheit handelt, dann ist das ein „Ausfluß persönlicher Freiheit";
({3})
wenn es sich um einen Vorschlag handelt, der der Mehrheit etwas bringt, dann wird es als „Kollektivismus" abgelehnt. Für diese Art von Kollektivismus treten wir ein, und zwar mit aller Kraft, die wir haben, und wir sind überzeugt davon, daß diese Art von Kollektivismus etwas sehr Gesundes ist, das auch der Freiheit und der Lebensart dieses Volkes sehr nützlich und sehr dienlich ist.
Ich habe eigentlich vorgehabt, mich mit einer Anzahl weiterer Argumente, die von der rechten Seite kommen, auseinanderzusetzen. Ich möchte aber der Kürze der Zeit wegen darauf verzichten. Aber ein paar Bemerkungen möchte ich noch machen.
Es wird so manchmal der schwarze Mann an die Wand gemalt, - ich meine das jetzt nicht politisch. Es wird vom Untergang der Marktwirtschaft gesprochen. Da will ich Ihnen ganz offen und redlich etwas sagen: Es gibt etwa seit den Tagen der Währungsreform unter den Arbeitnehmern eine erheb7798
liche Animosität gegen das, was wir Marktwirtschaft nennen. Das hat sich gewandelt, aber es gibt doch immer noch Ressentiments und Animositäten. Wenn ich mich ganz gewissenhaft frage, nachdem man das hier alles miterlebt und auch die Begründung kennt, ob das eigentlich ein Widerstand gegen die Marktwirtschaft, gegen diese Art zu wirtschaften ist oder etwas anderes, dann komme ich zu dem Schluß: das ist gar kein Widerstand der breiten Bevölkerungsschichten gegen die Marktwirtschaft, sondern das ist ein Widerstand gegen eine Nebenwirkung der Marktwirtschaft, die darin besteht, daß sie laufend soziale Ungerechtigkeit - einseitige Vermögensbildung - produziert hat. Wenn man das nicht durch irgend etwas anderes korrigiert, dann kommt diese Wirtschaftsordnung, dieses System oder diese Art zu wirtschaften selber mit in Verruf. Deshalb ist unser Wollen nicht etwas, was gegen die Marktwirtschaft gerichtet ist, sondern etwas, was die Marktwirtschaft entdiskriminiert und sie in den Augen der Millionen arbeitender Menschen draußen zu einer Wirtschaftsverfassung macht, die auch ihnen nützlich erscheint und auch für sie etwas Gutes ist.
Ein zweites Argument ist der Einwand, das ginge gegen die Investitionen und gegen die Finanzierung der Investitionen.
({4})
- Mit Ihnen rede ich am besten nach der Plenarsitzung, Herr Kollege; das dauert immer etwas länger.
({5})
Ich persönlich bin der Auffassung und sage das auch ganz offen, daß eine Eigenfinanzierung der Investitionen durch die Betriebe, wenn sie in angemessenem Umfang geschieht, eine sehr gesunde Sache ist. Die Fremdfinanzierung der Investitionen im ganzen oder im überwiegenden Maß ist in meinen Augen nicht die gesündeste Art der Investitionsfinanzierung. Wenn ich Bankier wäre, dann würde ich ein Unternehmen, das um einen Kredit zur Finanzierung von Investitionen bittet, wahrscheinlich dann nicht für kreditwürdig halten, wenn es nicht ein bestimmtes Ausmaß seiner Investitionen selbst finanzierte.
({6})
- So denkt auch meine Fraktion.
Das Ganze ist nicht eine Frage des Ob, sondern des Wieviel. Wenn die Investitionen ausschließlich über Eigenfinanzierung bedient werden, dann ist das etwas Schlechtes. Aber auch da kommt es ja gar nicht auf das Ob an. Meine Fraktion und viele Millionen draußen im Lande wehren sich gegen diese Fragestellung. Die Eigenfinanzierung der Betriebe ist nicht ungesund! Wir sind nicht gegen s i .e , sondern dagegen, daß lauf dem Weg über die Eigenfinanzierung der Investitionen lediglich bei denen, die schon vorher das Kapital ,besessen haben, immer wieder Vermögen draufgetürmt wird. Wenn die Betriebe ihre Investitionen selbst finanzieren und auch Eigentumstitel aus dem Ergebnis dieser Eigenfinanzierung an diejenigen abgeben, die bisher dabei zu kurz gekommen sind - das ist die Mehrheit des Volkes -, dann ist auch die Eigenfinanzierung der Investitionen durch die Betriebe in den Augen vieler Millionen Menschen satisfaktionsfähig geworden.
Das ist das Problem, um das es geht. Es geht hier nicht gegen die Marktwirtschaft und die Eigenfinanzierung, sondern nur gegen die unsozialen Nebenwirkungen, die damit produziert werden. Um die Lösung dieses Problems kommen wir nicht herum.
Jetzt noch ein offenes. Wort zu einem Thema, das hier noch nicht angesprochen worden ist. Da wird auf der einen Seite gesagt, die Arbeitnehmer wollten gar nicht, die Gewerkschaften oktroyierten ihnen das auf. Nun, wenn das so wäre, dann wäre der Vermögensvorschlag der IG Bau mein Grabgesang als Vorsitzender dieser Gewerkschaft. Das können Sie aber 'beruhigt abwarten; Sie brauchen deshalb nicht in sozialer Fürsorge mir gegenüber zu denken.
({7})
Ich glaube, dazu kommt es nicht. Aber der gleiche Personenkreis, der behauptet, die Arbeitnehmer wollten gar nicht, erklärt auch, die Festlegung im Tarifvertrag müsse man verhindern, weil man den Tarifvertrag auf dem Wege des Arbeitskampf es durchsetzen könne. Nun, Arbeitskampf kann ja nur von solchen gemacht werden, die ihn wollen,
({8})
und nicht von Arbeitnehmern, die von den Früchten des Tarifvertrags gar nicht beglückt sind. Ich möchte Sie also bitten: Sehen Sie sich diesen Widerspruch in sich etwas genauer an. Vielleicht entscheiden Sie sich dann für das eine oder das andere. Jedenfalls ist dann die Debatte etwas einfacher.
Natürlich kann man das Recht auf den Arbeitskampf auch für einen solchen Tarifvertrag nicht ausschließen, und die Gewerkschaften würden sich auch dagegen wehren, daß das geschieht. Das Recht ist bei uns nicht mißbraucht worden und wird es auch künftig in diesen Fällen nicht. Aber ich möchte Sie in aller Offenheit fragen - diese Frage würde ich gern auch an die Damen und Herren richten, die nicht hier in diesem Hause, sondern woanders tätig sind -: Was ist Ihnen dann lieber in der Wirtschaft? Sich regelmäßig wiederholende Lohnforderungen der Gewerkschaften, die primär mit dein Argument begründet werden, die Vermögensverteilung sei ungerecht und wir müßten umverteilen, damit auch der Arbeitnehmer etwas Vermögen bilden kann, obwohl man eigentlich durch wirtschaftliche und wissenschaftliche Begründungen weiß, daß es auf dem Weg über die Lohnpolitik gar nicht geht und daß man damit auch Arbeitskämpfe entzündet, die die Wirtschaft beunruhigen? Oder aber suchen Sie lieber nach Lösungen, die uns auch in diesem Punkt in bezug auf das Spannungsverhältnis zwischen Unternehmertum und Arbeitnehmerschaft ein Stückchen weiterbringen? Darüber sollten Sie einmal etwas nachdenken; denn das ist die Verantwortung, die wir hier für die Spannungen und die Auseinandersetzungen sowie für das tragen, was wir
unter Versachlichung oder Nicht-Versachlichung draußen im Arbeitsverhältnis verstehen.
({9})
- Das ist dann eine Frage des Aushandelns in der
Praxis, Herr Kollege. Hier wird ja kein Gesetz gemacht, das den Inhalt von Tarifverträgen bestimmt.
Nun zur Frage der Anlagezeit. Es wird gesagt, es dürfe aber nicht so lange angelegt werden. Unser Gedanke ist: das kann man nicht für fünf Jahre machen und dann wieder ausgeben. Das wäre dann nichts anderes als revolvierende Inflation, die sich alle fünf Jahre wiederholen würde. Sondern nach Möglichkeit sollte die lebende Generation ansparen und es - von Ausnahmen abgesehen - bewahren, wie es auch der traditionelle Vermögensbesitzer tut, damit die nächste Generation bereits mit Vermögen antreten kann.
({10})
- Das ist die Steuerbarkeit. Es geht hier darum, wie lange die Anlage sein soll. 'Das ist ja nicht identisch mit der Pflicht, wie lange die Steuerbefreiung 'unbedingt bemessen sein muß.
Ich habe gestern Gespräche mit meinen Kollegen von der ÖTV geführt. Der Vorsitzende der ÖTV, Herr Klunker, 'hat mir gesagt, daß der öffentliche Dienst dringend erwartet und daß auch alle Beamten, Angestellten und Arbeiter erwarten, daß dieses Gesetz auch für die im öffentlichen Dienst Beschäftigten geschaffen wird. Die Gewerkschaften werden der Gesetzgebung nicht vorgreifen; aber sie werden, wenn das Gesetz verabschiedet ist, auch für die im öffentlichen Dienst Beschäftigten dieses Gesetz zu vollziehen trachten. Ich glaube, darüber sollten wir uns auch alle Gedanken machen; denn es handelt sich hier nicht nur um Angestellte und Arbeiter im öffentlichen Dienst, die durch Tarifverträge etwas dabei gewinnen können, sondern auch um Beamte, für die dieses Hohe Haus dann unmittelbar zuständig ist. Dann hilft das Drumherumreden nicht mehr; dann muß bekannt und abgestimmt werden.
Es geht um das Vermögen der Arbeitnehmer, es geht um unser aller Zukunft, und
es genügt nicht, nur das naturgegebene Recht auf Privateigentum auch an den Produktionsmitteln zu betonen. Mit gleichem Nachdruck muß alles unternommen werden, damit alle Kreise der Bevölkerung in ,den Genuß dieses Rechts kommen.
Diesen Satz des Papstes unterstreichen wir Wort 'für Wort, und 'die sozialdemokratische Fraktion wird sich auch in diesem Hohen Hause mit ihrer ganzen Kraft dafür einsetzen. Das ist ein überlegtes Wort, und das ist ein kritisches Wort,
({11})
und in dieser Frage wird es in diesem Hause zum Schwur kommen.
Meine Fraktion, die SPD, ist dafür, daß dieses Gedankengut in diesem Bundestag praktiziert wird.
Wir stehen dafür gerade und treten geschlossen für seine Verwirklichung ein. Hier wird es sich dann zeigen, wie viele - wenn es um den materiellen Kern der Dinge geht - noch bereit sind, mitzumachen und vielleicht zu überlegen, ob es mit ein „bißchen christlich" und mit ein „bißchen Enzyklika" und ein „bißchen katholisch" und „evangelisch" auch geht. Dafür muß man voll eintreten, und wir sind gespannt, wie das verlaufen wird.
({12})
Das ist gar keine Frage, die allein in Deutschland gestellt ist. Sie ist von weltweitem Interesse. Der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika hat sich gerade vorgestern in seiner Ansprache nach seiner Vereidigung darüber in aller Breite ausgelassen. Walter Lippmann hat in der Zeitschrift „News Week", ,die auch in diesem Hause zu kaufen ist, gesagt: „Die Klassenkampfidee wird unwirksam, wenn die moderne Volkswirtschaft die Voraussetzungen schafft, Vereinbarungen zwischen Kapital und Arbeit zu treffen, die für beide Seiten von Nutzen sind." Wenn Sie nicht an soziale Gerechtigkeit denken, weil Sie glauben, daß das nicht ausreicht, dann sollten Sie wenigstens in diesen Kategorien denken. Dann werden wir uns - so nehme ich an - bei der Beratung der Gesetze im Ausschuß schon auf der rechten Basis verständigen.
({13})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Imle.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben eben sehr bedeutende Worte über die Notwendigkeit der Vermögensbildung gehört. Wenn man einmal von den Eingangsausführungen absieht, Herr Kollege Leber, mit denen Sie die Gefahr aus dem Osten anführen, so haben Sie hier - wie vorhin auch Ihr Kollege Junghans - eine völlig neue volkswirtschaftliche Theorie aufgestellt, indem Sie behauptet haben, daß Sparen und Konsumverzicht zur Inflation führten, oder indem Herr Kollege Junghans gesagt hat: Sparen ist noch keine Vermögensbildung. Wenn ich mir das einmal überlege, dann muß ich doch fragen: Woher soll denn dann die Vermögensbildung überhaupt kommen? - Bitte schön, Herr Kollege Leber!
Ist Ihnen da nicht vielleicht ein Irrtum unterlaufen, Herr Kollege? Haben Sie verwechselt, was ich gesagt habe? Ich habe ausgeführt, daß nur dann ein inflationärer Vorgang zu verzeichnen ist, wenn das Angebot, das wegen des Sparens 'im eigenen Lande hier keinen Absatz finden kann, in der Handelsbilanz als Exportüberschuß die Grenzen überschreitet und kein kaufkräftiger Gegenwert ins eigene Land zurückkommt. Exportüberschüsse sind inflationär, auch in diesem Falle.
Das haben Sie aber erst hinterher gesagt! Zunächst hatten Sie den eindeutigen
Satz geprägt, daß Sparen und Konsumverzicht im Endergebnis zur Inflation führten.
({0})
- Das werde ich nachher nachlesen! Sie haben das jetzt ganz geschickt zusammengezogen; Sie sind darin ja nicht ungeschickt. Das wissen wir ja.
Aber nachdem von Ihrem Kollegen Junghans zwischen dem Sparen für den Konsum und für Eigentumsbildung unterschieden wurde, muß ich darauf entgegnen, daß es sich doch auch dann um Vermögensbildung handelt, wenn ich zunächst für den Konsum spare und erst später damit etwas anschaffe. Das darf man doch nicht auseinanderhalten. Dann habe ich aber den Eindruck gehabt, wir stünden heute überhaupt noch auf einem sehr niedrigen Lebensstandard und in dieser Bundesrepublik sei überhaupt noch nichts geschaffen worden. Wenn wir uns hier aber einmal die Zahlen ansehen, die aussagen, was wir insgesamt gesehen auch für die Arbeitnehmer - und um sie geht es hier ja vordringlich - geschaffen haben, dann können wir wohl folgendes feststellen. Wenn Sie darauf hinweisen, daß Vermögensbildung wahrscheinlich nur Eigentumsbildung in Gestalt von Wohnungseigentum sei, dann darf ich Ihnen darauf antworten, daß nach den neuesten Zahlen, die mir vorliegen, die Wohngebäude zu 90,4 % im Eigentum privater Personen stehen; von den Selbständigen sind es 28,7 %, und von den Unselbständigen - Angestellte, Beamte, Arbeiter, Rentner und Pensionäre - sind es 44,4 %. Man erkennt also, daß bereits ein erheblicher Anteil der Wohngebäude in das Eigentum von Unselbständigen übergegangen ist. Ich halte .es für sehr erfreulich, daß wir das feststellen können. Wenn Sie nämlich die Zahlen einmal mit den früheren Verhältnissen vergleichen, dann - ({1})
- Nein, das ist völlig richtig! Aber man darf es nicht verschweigen, wenn solche Dinge zur Debatte stehen.
Dasselbe zeigt sich, wenn Sie einmal die Konsumgüter betrachten. Nehmen Sie etwa die Personenkraftwagen, die ja doch immerhin auch ein gewisses Eigentum darstellen; denn sie kosten ja etwas, und man kann sie nicht im Rahmen der laufenden Ausgaben bezahlen. 1963 waren 32,7 % im Besitz von Arbeitern, 22,2 % von Angestellten und 8,1 % von Beamten; das sind zusammen 63 %. Ich meine, auch das stellt schon etwas dar. Wenn man heute etwa seinen Anteil am wachsenden Lebensstandard davon abhängig macht, wie sich z. B. die Haushalte entwickeln, dann darf ich dazu folgendes bemerken. Kühlschränke befinden sich im Besitz aller Facharbeiterhaushalte, bei den Beamten zu 73 % und bei den Angestellten zu 72 %. Ich finde es hervorragend, daß wir es so weit gebracht haben.
({2})
Die gleiche Entwicklung zeigt sich z. B. jetzt bei den Küchenmaschinen, die der Hausfrau ihre Arbeit erleichtern, was unbedingt erforderlich ist. Bei den Beamten und Angestellten haben 37 %o der Haushalte Küchenmaschinen, bei den Arbeitern allerdings 20 %. Wir wünschen und hoffen, daß sich diese Zahlen rapide nach oben entwickeln.
({3})
Nein, das ,erleichtert aber den Hausfrauen ihre Arbeit, und darauf kommt es an.
({4})
- Ich meine, die Küchenmaschine arbeitet bei einem
Arbeiter genauso flott wie bei den Selbständigen.
({5})
Ich glaube, das ist nicht etwas, was hier anders beurteilt werden sollte.
Vorhin ist, auch bei der Erwiderung Ihres Kollegen Junghans, in bezug auf die Ersparnisbildung darauf hingewiesen worden, daß bei den Selbständigen größere Sparmöglichkeiten bestünden als bei den Unselbständigen. Der Herr Kollege Junghans hat sich dabei im wesentlichen auf das Gutachten von Herrn Professor Föhl bezogen.
Nun ist es natürlich erforderlich, daß man dieses Gutachten auch auf andere Darstellungen untersucht. Man sollte nicht immer bloß das heraussuchen, was einem selber in den Kram paßt. Ich bitte, das nicht als abwertend anzusehen.
({6})
- Ich will Ihnen .etwas vorlesen, Herr Kollege Junghans, was genau gegen Ihre Ausführungen spricht. Gestatten Sie mir, Herr Präsident, daß ich zitiere. Dort heißt es auf Seite 31:
b) Die Ersparnisbildung der Selbständigen:
Soweit die Selbständigen nur ein Einkommen beziehen, das ungefähr in der Größenordnung des mittleren Einkommens der Unselbständigen liegt, wie 'dies für den weitaus größten Teil der zur Gruppe der Selbständigen .gezählten Einkommensbezieher zutrifft, stehen auch ihrem Sparentschluß zahlreiche der für die Unselbständigen erwähnten Hemmnisse entgegen.
- Ich erinnere hier nur einmal an die berechtigten Klagen der mittelständischen Unternehmen des Handwerks und des Einzelhandels sowie des Transportgewerbes. Auf sie trifft das genauso zu. Andererseits
- jetzt kommt das Entscheidende sind aber fast alle Selbständigen darauf angewiesen, aus ihrem Einkommen Rücklagen zu bilden für die Modernisierung und Erweiterung ihrer Geschäftseinrichtungen.
- Daß diese Rücklagen nur aus versteuertem Einkommen gebildet werden können, ist dabei auch noch zu berücksichtigen. Dr. Imle
Da sie nur in Ausnahmefällen in die soziale Sicherung eingeschlossen sind, müssen sie außerdem durch Rücklagenbildung oder durch den Abschluß privater Versicherungsverträge selber für die Zeiten des Einkommensausfalls vorsorgen. Aus beiden Gründen muß ihre Sparquote auch bei vergleichbarer Einkommenshöhe höher sein als die der Unselbständigen.
Ich glaube, damit dürfte alles in .dieser Hinsicht gesagt sein.
Herr Abgeordneter, ,gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Junghans?
Aber sicher.
Herr Dr. Imle, sind Sie bereit, jetzt auch noch den nächsten Absatz vorzulesen?
Aber natürlich. Es heißt dort:
Ist schon bei 'diesem Kreis ,der Selbständigen die Vorausschätzung der Einkommenshöhe unsicherer als bei den Unselbständigen, so trifft dies ganz besonders zu bei Iden unternehmerisch Tätigen, insbesondere bei den Gesellschaftern von Personalgesellschaften. Ihre Einkommenshöhe ergibt sich erst bei der Bilanzerstellung. Sie kann je nach ,der Marktlage in weiten Grenzen schwanken. ihre Verbrauchsausgaben richten sich kaum noch nach der jeweiligen Höhe des Einkommens, sondern halten sich in einem Rahmen, der eine als standesgemäß betrachtete Lebenshaltung erlaubt. Von einem echten Konsumverzicht kann in Anbetracht der Höhe der Verbrauchsausgaben kaum noch gesprochen werden.
Das beinhaltet aber nicht, was Sie hiermit dartun wollen - Sie sehen, ich geniere mich gar nicht, Ihnen 'da entgegenzukommen -, daß 'bei einem Unternehmen, )das größere Verbrauchsausgaben machen kann, auch 'größere Rücklagen für. die Instandhaltung des Unternehmens selbst ,gebildet werden müssen. Es ist ein Unterschied, ob ich ein Handwerksmeister bin und ein kleines Einkommen habe oder ob ich ein Unternehmer bin, der Millionenumsätze tätigt und einen großen Maschinenpark hat. Dann muß ich nämlich entsprechende Rücklagen machen. Machen wir uns doch nichts vor! Es geht uns allen so - da wollen wir uns gar nicht ausnehmen -: Mit dem Steigen der Einkommen werden auch die persönlichen Ausgaben größer. Sie kennen doch den alten Spruch: Mit 500 DM lebt man ganz zufrieden, aber von 500 bis 3000 DM weiß man nicht mehr, wie man alles schaffen soll. Ich glaube also, so sollten wir die Dinge nicht alle darstellen.
Lassen Sie mich nun zu dem eigentlichen Problem übergehen: zu den hier vorliegenden Gesetzentwürfen. Vorhin wurde gesagt, daß sich bei der Entscheidung über die Eigentumsbildung die Geister scheiden. Dem kann ich hundertprozentig zustimmen, weil wir seitens der Freien Demokraten eine völlig andere Auffassung haben.
Wenn für die Neuregelung des 312-DM-Gesetzes, also für das zweite Gesetz, das nun geschaffen werden soll, angeführt wird, daß bisher nur 250 000 Arbeitnehmer von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hätten und daß deshalb jetzt eine Erweiterung geschaffen werden solle, muß man eigentlich fragen, ob nicht das erste Gesetz überhaupt schon eine Fehlspekulation war. Uns. Freien Demokraten kommt es in dieser Angelegenheit nicht so sehr auf die kleinen Dinge an, die in dem neuen. Entwurf damit verknüpft werden, sondern besonders auf die grundsätzlichen Fragen, die vorhin angeschnitten wurden, und die Regelungen, die neu eingeführt werden sollen.
Vorhin hat schon mein Kollege Mischnick auf die frühere Aussage des jetzigen Bundeskanzlers hingewiesen, daß der Sparakt immer von einem freiwilligen Konsumverzicht begleitet sein muß. Wenn ich aber nun durch Tarifvertrag die Unternehmen zwinge, für jeden einzelnen Arbeitnehmer einen Sparakt vorzunehmen, ist es nicht mehr ein freiwilliger Akt, an dem der Arbeitnehmer beteiligt ist, sondern es ist eine, von ihm vielleicht mit Befriedigung aufgenommene, Erhöhung seines Vermögens.
Wir haben aber auch Bedenken, ob ein solcher Tarifvertrag sich noch im Rahmen des Grundgesetzes hält, und zwar deswegen, weil nicht nur über die Höhe eines bestimmten Betrages, sondern auch über dessen ganz bestimmte Verwendung entschieden wird. Ich darf Ihnen hier offen sagen, daß wir unseren Widerstand in dieser Hinsicht wahrscheinlich fallenlassen würden, wenn man in das Gesetz eine Bestimmung aufnähme, wonach der Arbeitnehmer selbst entscheiden könnte, was mit seinem Geld geschehen soll, wonach er also auch die Auszahlung verlangen und sagen könnte: Ich mache dies und das damit. Wir sind der Meinung, daß der Arbeitnehmer, der Angestellte und der Arbeiter, heute so mündig ist, daß man ihm nicht vorzuschreiben braucht, was er mit seinem Geld, das man ihm gibt, macht. - Herr Kollege Katzer, Sie schmunzeln etwas. Ich glaube doch nicht daraus entnehmen zu müssen, daß Sie dem Arbeitnehmer diese Mündigkeit abstreiten.
({0})
- Nein, das hat mit der Organisation nichts zu tun. Es dreht sich darum, daß der Arbeitnehmer eine Selbständigkeit in der Verfügungsgewalt haben soll. Darum lehnen wir eine Bevormundung ab.
({1})
- Das werden wir sehen.
Sehr entscheidend scheint mir dabei das Problem der lohnintensiven Betriebe zu sein. Der Herr Bundesarbeitsminister hat vorhin bei der Begründung erklärt, man habe nun auch einmal etwas für die mittelständischen Betriebe getan, indem man bei Betrieben bis zu 50 Arbeitnehmern dem Arbeitgeber selbst einen Steuerabzug von 500 DM zugebilligt
habe. Hier scheint es mir sehr notwendig zu sein, einmal zu prüfen, ob damit den Belangen der mittelständischen Unternehmen überhaupt Rechnung getragen wird.
Und nun kommt ein, wie ich glaube, sehr wesentlicher und entscheidender Punkt. Wenn solche Tarifverträge abgeschlossen werden, dann wird sich die Frage stellen: Bleibt dieser Betrag von 312 DM im Rahmen der allgemeinen Lohnerhöhung oder kommt er obendrauf? Das heißt mit anderen Worten: Werden sich in Zukunft die Tarifverhandlungen mit dem Ziel abspielen: x - 312 DM, oder mit dem Ziel: x + 312 DM? Wir haben hierzu bereits eine sehr klare Stellungnahme der Gewerkschaften. In einer Meldung der Deutschen Presseagentur vom 21. Januar, also von gestern, heißt es: „Im Grundsatz vertreten fast alle Gewerkschaften zu Beginn des Jahres 1965 den Standpunkt: keine Vermögensbildung auf Grund von Lohnverzichten." Das bedeutet mit anderen Worten: nie x - 312 DM, sondern immer x + 312 DM. Wenn sich eine Lohnerhöhung im Rahmen der Zunahme des Sozialprodukts halten soll, muß es immer heißen: x - 312 DM, und es darf nicht heißen: x + 312 DM. Wenn über diesen Rahmen hinausgegangen wird, sehen wir darin allerdings eine große Gefahr.
Wenn dann an einer Stelle von sehr maßgeblicher Seite gesagt wird, der Unternehmer brauche keine Angst zu haben, daß sich seine Gewinne dadurch vermindern würden, weil er dann die zusätzlichen Ausgaben für das 312-DM-Gesetz auf die Preise aufschlagen werde, - ja, meine Damen und Herren, dann sind wir natürlich bei der gesetzlichen Fixierung der Inflation angekommen, dann machen wir Inflation von Gesetzes wegen, und gegen ein solches Vorgehen haben wir doch die allergrößten Bedenken.
Weiter wird erklärt, es würden ja nicht sofort alle Arbeitnehmer hiervon betroffen, weil nicht alle Tarifverträge gekündigt seien und nicht alle zu gleicher Zeit zur Neuberatung anstünden. Dazu darf ich doch wohl darauf aufmerksam machen, daß allein im Jahre 1965 noch für rund 10 Millionen Arbeitnehmer neue Tarifverträge abgeschlossen werden sollen, die also, soweit sie noch nicht gekündigt sind, noch in diesem Jahr gekündigt werden. Das sind bereits 50 Prozent aller Arbeitnehmer. Ich glaube, wenn so etwas in diesem Jahr bereits für 10 Millionen Arbeitnehmer in die Tarifverträge aufgenommen wird, werden sich die anderen Arbeitnehmer mit Recht beeilen, ebenfalls da hineinzukommen, und werden verlangen, daß auch für sie solche Tarifverträge abgeschlossen werden.
Wir haben also schwere Bedenken, ob das von den Unternehmen verkraftet werden kann, ohne eine inflationistische Tendenz auszulösen.
Ich darf auch hier noch einmal ein Wort zu den mittelständischen Unternehmen sagen. Für sie wird es schon auf Grund ihrer geringen Eigenkapitalbildung und ihrer geringeren Gewinnmargen schwieriger sein, ihren Arbeitnehmern solche Vergünstigungen zu gewähren. Wenn so etwas aber durch Tarifvertrag festgelegt wird und dieser Tarifvertrag dann, was ja zu erwarten ist, für allgemeinverbindlich erklärt wird, ist der mittelständische Unternehmer gezwungen, das zu tun, und dann bleibt ihm, wenn die Belastung für ihn zu groß wird, als Abwehr nicht einmal der Weg, aus dem Arbeitgeberverband auszutreten - weil der Tarifvertrag ja allgemeinverbindlich ist -, sondern dann ist er halt genötigt, seine Rücklagen einzuschränken, und damit kommt er dann gegenüber den anderen konkurrierenden Betrieben in die Hinterhand. Man darf auch, glaube ich, hierbei nicht vergessen, daß sich auf diese Weise die Tendenz zum größeren Unternehmen verstärken wird.
Ein weiteres Bedenken - es ist von mir vorhin nicht angesprochen worden - bezieht sich auf die Einbeziehung des öffentlichen Dienstes. Es ist immer gesagt worden, man könne die Vergünstigung nicht mehr- nur den Arbeitnehmern der freien Wirtschaft zukommen lassen, sondern man müsse auch den öffentlichen Dienst einbeziehen. Wie wirkt sich das nachher auf die Privatwirtschaft aus? Selbst wenn bei der Privatwirtschaft zunächst noch eine gewisse Zurückhaltung bestehen sollte, wird doch mit Sicherheit - meine Damen und Herren, machen wir uns doch nichts vor! - bei den ersten Tarifverhandlungen im Bereich des öffentlichen Dienstes für die Arbeiter und Angestellten diese 312-DM-Vergünstigung in den Vertrag einbezogen werden. Von Herrn Kollegen Leber wurde vorhin gesagt: Wir werden uns dann hier im Hause für die Vervollständigung einzusetzen haben. Das heißt, für die Beamten wird dann ein entsprechendes Gesetz gemacht. Und wenn wir dann erst einmal den gesamten öffentlichen Dienst drin haben, wird sich das wiederum - als Rückwirkung - auf die Privatwirtschaft auswirken, und dann haben wir es in der gesamten Privatwirtschaft drin.
({2})
- Wir wollen ja das ganze Gesetz nicht, Herr Kollege Leber. Wir wollen ja andere Möglichkeiten schaffen. Ich werde gleich noch etwas dazu sagen, wie wir uns das vorstellen.
({3})
- Wenn der Arbeitnehmer freiwillig davon Gebrauch macht und sagt: „Ich will von meinem Lohn 312 DM sparen", ist dagegen gar nichts zu sagen. Im Gegenteil, das würde ich 'sogar sehr begrüßen.
({4})
- Aber Herr Leber, was heißt hier „zusätzlich"? Sie können das doch nicht einfach aus der Luft nehmen, sondern Sie müssen das doch zunächst durch Steuern usw. aufbringen! Sie beschweren sich ja immer darüber, daß die Bezieher niedriger Einkommen noch so viel Steuern bezahlen, daß sie Steuern dafür bezahlen müssen, daß andere, die zum Teil weitaus mehr haben, davon etwas abkriegen. Das ist doch wohl eine nicht richtige Betrachtung. Die Ausgaben, die mit den Zahlungen an den öffentlichen Dienst
verbunden sind, werden, glaube ich, so hoch sein, daß jedenfalls eine Herabsetzung des Steuertarifs, wie wir sie in diesem und im letzten Jahr durchgeführt haben, künftig nicht mehr möglich seil. wird, weil die erhöhten Steuereinnahmen dann für diese Zahlungen werden 'verwendet werden müssen.
Wir Freien Demokraten sind demgegenüber de Meinung, daß es besser ist, einen größeren Teil der verdienten Einkommens in der Hand des einzelne zu belassen und ihm - eben durch Steuersenkr gen - in größerem Umfang die Möglichkeit zu geben, so zu sparen, wie er es will, als dem einzelnen von oben, von Gesetzes wegen vorzuschreiben, was er zu tun hat.
Ein sehr bedeutender Wirtschaftsführer hat kürzlich längere Ausführungen darüber gemacht, welche Kosten sich jährlich ergeben würden, wenn sämtliche 22 Millionen Arbeitnehmer in dieses 312-DMGesetz einbezogen würden. Er hat den insgesamt erforderlichen Betrag für das Jahr wohl mit Recht - auch auf Grund von Unterlagen des Institutes Steuern und Finanzen - auf 6 bis 7 Milliarden DM errechnet. Darin sehen wir eine inflationäre Gefahr; denn das wird sich erheblich auf die Preise auswirken.
Wir dürfen dieses Gesetz aber meines Erachtens auch nicht ganz herauslösen aus den anderen geplanten gesetzgeberischen Maßnahmen betrachten, durch die ebenfalls eine Belastung auf die öffentlichen Haushalte und auf die Wirtschaft zukommt. Es sind ja noch einige andere Gesetze hier im Hause im Gespräch, die ganz bedeutende Auswirkungen haben werden. Dazu gehört einmal das Gesetz über die Lohnfortzahlung und die Neuregelung der Krankenversicherung. Auch hier sollte man die Dinge keineswegs isoliert angehen.
Unsere allgemeinen Bedenken gegen das Gesetz kann ich in dem Satz zusammenfassen, daß nach unserer Auffassung erstens durch die gute wirtschaftliche Entwicklung in der Bundesrepublik sehr große Teile der Bevölkerung in der Lage waren, auch unter den bisherigen Voraussetzungen Vermögen zu bilden, und daß einer besseren Vermögensbildung durch die von uns vorgebrachten Vorschläge und eingebrachten Gesetzentwürfe über das Prämienspargesetz und das Bausparprämiengesetz ein weiterer Auftrieb gegeben wird.
Wenn hier nun immer bemängelt wurde, daß die kleinen Einkommen daran weniger Anteil nehmen könnten, müssen wir uns doch auch einmal vorstellen, wo denn die kleinen Einkommen liegen. Es ist doch sicherlich nicht der Sinn der Gesetze, daß bereits jemand, der seine Lehre gerade erst beendet hat, in den vollen Genuß eines solchen Gesetzes kommen soll und kommen kann. Dazu gehört zunächst einmal wirklich ein Konsumverzicht. Wenn Sie sich einmal die jüngeren Jahrgänge in der Bundesrepublik ansehen, die bereits motorisiert sind, dann finden Sie, daß trotz geringen Einkommens gespart wird, um sich eben ein solches Fortbewegungsmittel zuzulegen,
In unseren Entwurf haben wir auch noch aufgenommen - ich glaube, das ist sehr wesentlich -, daß für jüngere Ehepaare bis zum 40. Lebensjahr immer eine höhere Gruppe" zugebilligt werden soll, um ihnen eine stärkere Vermögensbildung zu ermöglichen.
Wir sind also der Meinung, daß die Eigenverantwortung bei der Vermögensbildung in entscheidendem Maße gestärkt werden muß, daß wir hier wieder zu einem allgemeinen Umdenken kommen müssen, indem man dabei nicht immer auf die Allgemeinheit abzielt, sondern einmal bei sich selber anfängt.
Ich darf in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, daß der Finanzausschuß des Bundesrates seinerzeit bei der Beratung diese Gedanken auch verfolgt hat.
({5})
- Bitte, Herr Kollege Leber.
Darf ich Ihre Ausführungen, die Sie soeben über die Funktion des Staates gemacht haben, so auffassen, daß Sie die Forderungen des Präsidenten der Bundesvereinigung der Arbeitgeber, der das ganze Problem über Staat und Steuern gelöst haben möchte, Ihrerseits tauch ablehnen?
Ich möchte hier sagen, daß erst einmal die Meinung eines Verbandes nicht maßgebend für die Fraktionen ist.
Ich wollte nur fragen, wie Sie darüber denken, nicht, was das bedeutet. Sagen Sie ja oder nein!
({0})
Wir sind der Meinung, Herr Kollege Leber, daß die Eigenverantwortung des einzelnen gestärkt werden sollte, daß ihm heute dazu aber erst einmal steuerliche Vergünstigungen gewährt werden sollten. Wir sind ja beim. Prämiensparen weg von der steuerlichen Vergünstigung des § 10. Wir geben vielmehr unabhängig von der eigenen Einkommenshöhe hier die 'entsprechende Prämie, wenn der Betreffende die Eigenleistung erbringt. Wir sind eben der Meinung, daß das Erbringen einer Eigenleistung eher zu prämieren ist, als wenn 'er selber nichts tut.
Zum Schluß darf ich vielleicht noch darauf hinweisen, daß in dem Entwurf der SPD bereits die nächste Tendenz tangezeigt ist, indem er eine Verdoppelung des Betrages von 312 DM auf 624 DM vorsieht, wobei 'allerdings dann die zweiten 312 DM mit 10 % versteuert werden sollen.
({0})
- Ja, eben. Das mit dem bestimmten Einkommen ist ja insoweit uninteressant - Herr Folger, weil Sie mich nicht haben ausreden lassen -, als es so bei dem ersten Gesetz auch angefangen hat; da waren zunächst einmal für diese 312 DM 8 % Pauschal7804
steuer angesetzt. Das hat nicht gezogen. Deswegen wird in diesem Gesetz vorgeschlagen, daß diese Beträge von 312 DM steuerfrei und auch versicherungsfrei sein sollen. Wir sehen auch hierin bereits die Tendenz, im Zuge der nächsten Periode wahrscheinlich auf einen Betrag von insgesamt 624 DM zu kommen. Damit wären die Belastungen, von denen ich gesprochen habe, verdoppelt; denn einer zieht den anderen nach. Wir haben gerade aus unserer Sorge um die lohnintensiven Unternehmen außerordentlich große Bedenken dagegen, daß diese in erster Linie benachteiligt werden und ihre Situation weiter verschlechtert wird. Wir haben uns in der Vergangenheit des öfteren über eine Änderung der lohnbezogenen Abgaben Gedanken gemacht. Aber hier dreht es sich um unmittelbare Lohnabgaben, und wenn diese - das möchte ich zum Schluß noch einmal betonen - auf die Lohnerhöhung noch oben daraufkommen, kann es an die Lebensfähigkeit solcher Unternehmen gehen.
Ich habe schon verschiedentlich 'auf die Wirkung auf mittelständische Unternehmen hingewiesen. Aus diesem Grunde möchte ich beantragen, daß die beiden Entwürfe - der Regierung und der SPD - über die Vermögensbildung zur Mitberatung an .den Mittelstandsausschuß des Hauses überwiesen werden, damit einmal sehr eindeutig von dieser Stelle aus dazu etwas gesagt werden kann.
({1})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Burgbacher.
({0})
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich versuche, mich kurz zu fassen, aber bei der Gewichtigkeit der Vorlage bitte ich um Verständnis für einige Ausführungen.
Ich stimme denen zu, die diese Vorlage für wichtig halten. Ich halte sie, nicht der Höhe nach, aber im Prinzip für genauso wichtig .wie in der zurückliegenden Geschichte die Sozialversicherungsgesetze dies vorigen Jahrhunderts und die Einführung des Tarifrechts der Sozialpartner Anfang dieses Jahrhunderts.
({0})
Weil ich sie für so wichtig halte, gehen wir grundsätzlich entschlossen, aber in der materiellen Höhe behutsam vor, um eine notwendige Entwicklung organisch, evolutionär einzuleiten.
Ich höre sehr viele Argumente dagegen und bin überzeugt, daß alle, die Argumente dagegen vorbringen, es aus dem Gefühl der subjektiv redlichen Besorgnis tun, aber - ich bitte um Entschuldigung - nach meiner Meinung ohne die genügende Erkenntnis der Gesamtzusammenhänge. Ich bin dabei, die Debatten des vorigen Jahrhunderts, die vor allem die Wirtschaft über die Sozialversicherungsgesetze geführt hat, und zu Anfang dieses Jahrhunderts über das Tarifrecht zusammenzustellen. Die Bibliographie habe ich. Ich habe einiges gelesen. Es ist merkwürdig, wie eng die Parallelen zwischen
der heutigen Diskussion und der besorgten Darstellung der Wirtschaft bei den Einwänden gegen die Sozialversicherungsgesetze und gegen die Einführung des Tarifrechts sind, wie sehr die Darlegungen übereinstimmen, wie sehr man besorgt war wegen der vermuteten schrecklichen Folgen und, entschuldigen Sie - wie wenig oder gar nicht diese Folgen eingetreten sind.
Herr Kollege Junghans, Sie haben uns vorgehalten, wir hätten mit der Vorlage ein bißchen lange gebraucht. Ich darf Sie daran erinnern, daß Sie in der Schlußlesung des ersten Gesetzes
({1})
- es gibt Dinge, die muß man immer wieder sagen
- gesagt haben, daß die Gesetze sofort nach Zusammentritt des neuen Bundestages vorgelegt würden. Das ist nicht geschehen. Sie werden wahrscheinlich Ihre Gründe dafür gehabt haben; sie sind erst im November alle zusammen sozusagen virulent geworden.
Nun ist über den Mißerfolg des ersten Gesetzes gesprochen worden. Das stimmt, und das müssen wir auch allen denen vorhalten dürfen, die jetzt gegen die Tariffähigkeit sprechen.
({2})
Wir haben den redlichen Versuch gemacht, den Sozialpartnern die Möglichkeit zur Durchführung dieses Gesetzes ohne Einbau in die Tarifverträge zu geben, und haben sie in die freiwillige Hand des freien Bürgers gelegt.
({3})
Aber was ist geschehen? Es ist weder von Arbeit-. nehmer- noch von Arbeitgeberseite ,diesem Gesetz mit oder Liebe - das schon .gar nicht - und mit der Sorgfalt begegnet worden, die einer so wichtigen Sache hätten entsprechen müssen.
({4})
- Herr Kollege Leber, ich will nicht variieren; wenn 'zwei an einer Sache beteiligt sind, dann nenne ich 'sie kumulativ. Arbeitnehmer und Arbeitgeber haben von der Chance der freiwilligen Durchführung dieses Gesetzes keinen Gebrauch gemacht.
({5})
Nun könnte man daraus schließen, also ist es auch nicht notwendig 'gewesen. Das wäre aber eine sehr vordergründig-primitive Betrachtung. Wir müssen die Tariffähigkeit, wie die Erfahrung seit 1961 ergeben hat, möglich machen, damit die verantwortlichen Sozialpartner dieses Problem auf dem Tisch haben und nicht 'mehr darüber 'hinwegsehen können, se'lb'st wenn sie es wollten. Außerdem müssen wir
- und das vielleicht leider - nicht die Eigentumsgegnerschaft der Arbeitnehmer - die gibt es nicht -, aber die Eigentumsfremdheit und mangelnde Gewohnheit, mit Eigentum umzugehen, die aus der Zeit der Erziehung zum proletarischen Denken, die noch nicht sehr weit zurückliegt, verbliebenen Ressentiments gegen das Eigentum überhaupt oder die VorDr. Burgbacher
stellung: Das ist so eine hohe Sache, die kommt für uns kleine Leute gar nicht in Frage, überwinden. Diese psychologischen Hemmnisse müssen mit diesem Gesetz überwunden werden. Ich wage sogar die Formulierung, daß dieses Hohe Haus auch berechtigt ist, sozialpädagogisch zu wirken, nicht nur legislativ, wenn es von der Berechtigung des Zieles überzeugt ist.
Wir wollten wegen der Behutsamkeit keinen höheren Betrag als 312 DM, bei Kinderreichen bis 'zu 50 % mehr, in Betracht ziehen, weil auch wir eine organische Hineinentwicklung des Gesetzes in die Tarifpolitik der kommenden Jahre wünschen. Zweifellos haben wir große Erfolge auf dem Gebiet der Eigentumsbildung gehabt. Aber wir dürfen sie nicht überschätzen und den Eindruck erwecken, als sähen wir damit das Grundproblem als gelöst an. Es geht hier nicht um das zivisilatorische Konsumvermögen auf längere Zeit, um Kühlschränke, Mopeds und ähnliches, sosehr wir uns freuen, daß diese Dinge, die noch in den letzten Jahrzehnten 'zu den Luxusbedürfnissen der Kapitalisten gehört haben, heute erreichbares Tagesbedürfnis der Arbeitnehmer geworden sind. Es geht um 'die mittelbare oder unmittelbare Beteiligung aller an dem Produktivvermögen der deutschen Volkswirtschaft.
Es ist nicht uninteressant, einmal eine Statistik über die Spareinlagen pro Kopf der Bevölkerung zu sehen. In US-Dollar entfallen nach dem Stand Ende 1963 in der Bundesrepublik 375 Dollar auf den Kopf der Bevölkerung. Wer hat weniger? Die Niederlande, Italien, Frankreich und Spanien. Wer hat mehr? Japan, Belgien, Norwegen, Finnland, Luxemburg, Dänemark, Großbritannien, Schweden, USA und die Schweiz. Das staffelt sich von den 375 Dollar bei uns bis zu 1362 Dollar in der Schweiz. Immerhin ist diese Statistik von einer nicht zu übersehenden Bedeutung für unser Thema.
Wie ist es andererseits 'mit der Lohnhöhe? Es ist schon gesagt worden - ich möchte es wiederholen -, in der gesamten deutschen Wirtschaft, logischerweise, berechtigterweise auch in der mittelständischen Wirtschaft sind die Effektiveinkommen weit höher ,als die Tarifeinkommen. Die jüngste Statistik des Statistischen Bundesamtes spricht von 14 %. Dabei wird darauf hingewiesen, daß die betrieblichen Sozialleistungen in dem Satz nicht enthalten sind. Das erklärt die Tatsache, daß andere Statistiken von 20 bis 30 % sprechen.
Der Streitgegenstand mit 312 DM liegt 'bei dem heutigen Einkommen bei etwa 4 %. Wie kann ein Satz von 4 %, der zudem nicht auf einmal, sondern in Etappen eingeführt werden kann, bei einer Steigerung eines Bruttosozialproduktes, die jetzt und in Zukunft um 5 % pro Jahr liegt, bei entsprechenden Steigerungen des Masseneinkommens von so katastrophaler Bedeutung sein, wie es hier von einigen dargestellt wird? Ich halte das für effektiv und der Größe nach für ausgeschlossen.
Aus dem „Industriekurier" ist ein Artikel zitiert worden. Ich bin in der Beurteilung dieses Artikels mit dem, der zitiert hat, einig. Der Textartikel ist eigentlich noch beachtenswerter. Wenn hier steht:
Man mag es drehen und wenden, wie immer man will, hier wird kein Gegengewicht gegen den Kommunismus geschaffen, sondern hier wird ihm auf halbem Wege entgegengekommen,
dann muß man sich fragen, ob ein solcher Artikel mit Verantwortungsbewußtsein geschrieben worden ist. Am Schluß steht:
Die Überlegenheit des Westens gründete sich bisher auf die Freiheit seiner Bürger
- richtig und den im kapitalistischen Wirtschaftssystem beruhenden Massenwohlstand, der untrennbar mit der Vermögensakkumulation einer kleinen Gruppe verbunden ist.
Dazu muß ich sagen: Schade, daß so etwas geschrieben werden konnte!
Wir sind jedenfalls der festen Überzeugung, daß die soziale Marktwirtschaft mit breiter Streuung des Eigentums - das heißt nicht: mit einheitlicher Höhe - bei jedem absolut zu verbinden ist. Das ist seit Jahren unser festes, unverrückbares Bestreben in der Eigentumspolitik. Wir werden es weiter verfolgen.
({6})
In der „Zeit" ist am 20. November ein Artikel von Köwer erschienen, wozu ich mit Erlaubnis ides Präsidenten etwas sagen möchte. Dort heißt es:
... aber nicht nur das Investitionskapital unersetzbar ist, es läßt sich auch nicht in beliebiger Menge produzieren. Nur wenn genug gespart wird, kann die Versorgung mit Investitionskapital ausreichen.
Am Schluß wird darauf hingewiesen, daß dieses Gesetz geeignet sei, den nächsten Engpaß in der deutschen Wirtschaft, nämlich auf dem Kapitalmarkt, zu beheben. Hier sind wir an dem Zusammenhang zwischen dem 'gesellschaftspolitischen Vorhaben dieses Gesetzes und seiner volkswirtschaftlichen Bedeutung. - Bitte sehr!
Herr Kollege Burgbacher, Sie haben soeben darauf hingewiesen, daß bei einer Rezession wegen der Kapitalmöglichkeiten sich neue Möglichkeiten ergeben. Glauben Sie, daß auf diese Weise die Unternehmen in andere Hände wandern?
Nein. Dr. Imle ({0}) : Wohin denn?
Das 312-DM-Gesetz enthält essentiell nicht die Beteiligung des Arbeitnehmers am eigenen Unternehmen, sondern nach unserem Willen hat der Arbeitnehmer das Recht, den Gegenwert da anzulegen, wo er will. Das kann das eigene, Unternehmen bedeuten, das bedeutet aber den Kapitalmarkt, und das bedeutet nichts anderes, als daß die Banken und Kreditinsti7806
tute genügend Mittel in der Hand haben, um der Wirtschaft auch in der Rezession zu helfen.
({0})
Das hat mit dem Eigentumstitel unmittelbar nichts zu tun. Das ist Sache des Unternehmers oder des Unternehmens und der Arbeitnehmer, ob sie die Beteiligung am eigenen Unternehmen wünschen oder ob sie es anders wünschen.
Nebenbei bemerkt haben wir - meine Freunde - immer auf dem Standpunkt gestanden, daß man das Arbeitsplatzrisiko nicht mit dem Vermögensrisiko akkumulieren sollte, sondern die Risiken zwischen Vermögen und Arbeitsplatz verteilt werden sollten.
In der gleichen „Zeit", in der .vom 6. November, ist folgender Artikel enthalten: „Vermögen bilden, aber wie?". Ich nenne die „Zeit", weil sie kaum im Verdacht stehen kann - -. Wie soll ich es sagen? - Na ja, es ist eine angesehene Zeitung. Der Artikel enthält eine scharfe Kritik an den Kritikern:
Wer hier von kalter Enteignung spricht, der sei darauf hingewiesen, daß es sich bei der ganzen Eigentumsdebatte schon längst nicht mehr um die Umverteilung des in den vergangenen Jahren gebildeten, also bestehenden Vermögens handelt,
- ich bitte das sehr zu beachten sondern um eine breitere Verteilung des Vermögenszuwachses. Und wer das einen Marsch
in den Kollektivismus nennt, dem sei gesagt -auch auf die Gefahr hin, empfindliche Nerven zu verletzen -, daß die Vermögensbildung in der Bundesrepublik - was die Seite der Aufbringung angeht - bereits seit Jahren zu einem ganz erheblichen Teil in kollektiven Formen verläuft. Worum es geht, ist lediglich, die einer freiheitlichen Gesellschaftsordnung angemessenen Konsequenzen daraus zu ziehen. Die Ausrüstung des 312-DM-Gesetzes mit dem Status der Tariffähigkeit wäre eine solche Konsequenz.
Was die materielle Bedeutung betrifft, so möchte ich noch einmal erwähnen, daß derjenige, der 312 DM pro Jahr spart, mit Zins und Zinseszins - ohne Prämie - nach zehn Jahren 5000 DM, nach 20 Jahren 16 000 DM, nach 30 Jahren 40 000 DM und nach 40 Jahren 88 000 DM hätte. Ohne Prämie! Man sieht, daß man - auch wenn man mit kleinen Zahlen anfängt - im Laufe einer Generation zu einer Sachlösung kommt. Uns kommt es nicht auf einen optischen Erfolg im Jahre 1965 an, sondern uns kommt es darauf an, daß wir belegen können, daß wir mit redlichen Mitteln die Lösung dieses Problems angesteuert haben.
Einzelheiten gehören nicht in die erste Beratung; die können in die Ausschußberatung gehen. Ich für meine Person würde dann überlegen, ob man die 312 DM im Betrag lassen oder in Prozenten des Einkommens bemessen sollte. Das ist aber eine Frage, die in den Ausschüssen beraten werden kann.
Ein Haupargument gegen dieses Gesetz ist das Preisargument, das heißt, daß man meint, diese Einführung würde die Preise erhöhen. Diesem Argument halte ich entgegen, daß diese Einführung im Laufe der nächsten Jahre - und niemand wird glauben, daß im nächsten Jahr 22 Millionen Arbeitnehmer je 312 DM auf dieser Ebene haben werden - bei der auch nach den Sachverständigengutachten zu erwartenden weiteren Steigerung des Bruttosozialprodukts eine Aufgabe nicht des Staates, sondern der Verantwortlichkeit der Sozialpartner ist, dieses Gesetz in die Entwicklung der Masseneinkommen der nächsten Jahre - wie ich vorhin schon einmal sagte - in Etappen oder auf einmal - das sollen die einzelnen Arbeitgeber und Arbeitnehmer in freier Verantwortung entscheiden - so einzuschalten, daß keine Preiserhöhungen eintreten, etwa weil die Umsatzsteigerung, die Rationalisierung oder die allgemeine volkswirtschaftliche Entwicklung die Kosten auffängt.
Das Wachstum der Wirtschaft wird dadurch ebenfalls nicht gehindert. Das Wachstum der Wirtschaft hängt vorwiegend von ganz anderen Umständen ab.
Da die Preise nach meiner Auffassung nicht beeinflußt zu werden brauchen, wenn alle Sozialpartner in volkswirtschaftlicher und sozialpolitischer Verantwortung die Einschleusung in. die Entwicklung des Bruttosozialprodukts sinnvoll vornehmen, entfällt auch das sogenannte Inflationsargument.
Was das Argument der Behinderung des Außenhandels betrifft, so möchte ich sagen, was ich schon in anderem Zusammenhang hier ausgeführt habe: Wer den .Außenhandel von der Wettbewerbsfähigkeit her zu beurteilen hat - das ist hier der Fall -, der muß alle Kostenelemente vergleichen und darf nicht nur eines betrachten. Angesichts der bestehenden festen Wechselkurse und der in Konkurrenzländern gezahlten, weit über den unseren liegenden Löhne wird durch das 312-Mark-Gesetz das Außenhandelsvolumen in keiner Weise gefährdet.
Nun wird mit Recht gesagt, es müsse ein Konsumverzicht stattfinden. Ich habe so den Eindruck, daß das Verständnis für den volkswirtschaftlichen Inhalt des Wortes Konsumverzicht nicht überall vorhanden ist. Es gibt in Wirklichkeit keinen Sparprozeß ohne Konsumverzicht, ob er nun vom Staat, von den Unternehmen oder vom einzelnen ausgeht. Es wäre eine schlechte Sache, wenn ein Konsumverzicht zugemutet würde in einer Höhe, die die gute Konjunktur in eine Rezession oder gar in eine Krise umwandeln würde. Das ist bei der vorgesehenen Größenordnung, die behutsam in Etappen eingeführt werden kann, absolut nicht der Fall. Denn es wäre eine schreckliche Sache, wenn jetzt über Nacht die Sparprozesse aller Beteiligten katastrophal zunehmen würden. Das wäre das Ende der Konjunktur.
({1})
Wir denken nicht daran, etwas so Blödsinniges - hätte ich beinahe gesagt - auch nur in Erwägung zu ziehen. Wir wollen die gute Konjunktur. Wir wollen kein Volk von Spartanern werden, denn dann wäre die Konjunktur zu Ende.
Was wir wollen, ist, daß bei der Bruttosozialproduktsteigerung mit der auf uns zukommenden LohnDr. Burgbacher
und Gehaltserhöhung die Steigerung nicht nur im Konsum stattfindet, weil das die Preisstabilität gefährden würde. Dagegen wirken Sparelemente im Zuwachs des Eigentums wie Stabilisatoren auf Kaufkraft und Währung. Diese Stabilisatoren müssen wir in unser volkswirtschaftliches Schiff einbauen, damit es von Schlingerbewegungen freibleibt, wenn der konjunkturelle Ablauf gefährdet ist. Der Zusammenhang zwischen Preisen und Währung, konjunktureller Stabilität und den Sparprozessen aller unserer Bürger ist ganz evident, und es ist nicht dasselbe, ob soundsoviel Prozent Lohnerhöhung voll in den Konsum gehen oder ob ein Teil investiv gespart wird. Auf diesen volkswirtschaftlichen Umstand möchte ich besonders hinweisen.
Richtig ist, daß das Wort „lohnschwer" hier eine Rolle spielt. Falsch ist es, das Wort lohnschwer unterschiedslos auf alle Mittelstandsbetriebe und nur auf sie anzuwenden. Es gibt Großunternehmen, die lohnschwer sind, es gibt Mittelstandsunternehmen, die es sind, und es gibt auf beiden Seiten lohnleichte Unternehmen. Wenn hier ein exakter Maßstab gefunden werden könnte, wäre ich glücklich. Bis jetzt ist als sozialpolitische Bemessungsgrundlage kein besserer Maßstab als die Einkommenshöhe und damit die Lohnschwere gefunden worden. Ich mache darauf aufmerksam, daß es in der Theorie nur noch einen anderen Maßstab gibt, und das ist die Umverteilung vorhandener Reserven. Diesen anderen Maßstab lehnen wir ab, weil wir der Meinung sind, daß man dem Eigentumsbegriff einen tödlichen Schlag versetzen würde, wenn man legal erworbenes Eigentum mit der Begründung der Umverteilung angriffe.
Das Wort „kollektiv" haben Sie, Herr Kollege Leber, mit dem Zwangssparen identifiziert. Ich weiß nicht, ob das Verhandlungstaktik von Ihnen war oder ob Sie es wirklich so gemeint haben. Wenn hier von Gegnern der Vorlage oder Ihres Planes von Kollektivismus gesprochen wird, dann meinen wir nicht die Tariffähigkeit.
({2})
Wenn wir vor Kollektivismus warnen, dann meinen wir Ihren „Gemeinschaftssuppentopf", aus dem man, wenn man alt wird, einen Löffel bekommt.
({3})
- Der Respekt vor Ihrer Person hat mir das so nahegelegt, daß ich es schon mindestens dreimal gelesen habe. Das 'ist ein Punkt, in dem wir uns essentiell unterscheiden. Wir bejahen die Tariffähigkeit des 312-DM-Gesetzes; wir lehnen aber jedes Eigentum ab, das nicht in der Form entsteht, in der der einzelne es will, und über das er nicht nach einer durch Prämien honorierten Sparzeit frei verfügen kann. Das ist für uns kein Eigentum.
({4})
Nun sagen viele - und Sie haben es, glaube ich, auch gesagt -, nach fünf Jahren würden alle diese Sparer das wieder vernaschen. Ich bin nicht dieser Auffassung.
({5})
Ich bin der Auffassung, wenn die Masse der Arbeitnehmer einmal angefangen hat, zu erkennen, daß sie in der Lage ist, Eigentum zu bilden, und wenn sie Eigentum in Höhe von einigen tausend Mark besitzt, dann werden diese Menschen dieses Eigentum härter verteidigen, als mancher Nicht-Arbeitnehmer sein Eigentum verteidigt. Ich habe dafür einen Beweis: die Erstzeichnung der VW-Aktien und die Erstzeichnung der Preussag-Aktien. Sie sind heute noch zu nahezu oder zu mehr als zwei Dritteln in den Händen der Erstzeichner, während inzwischen sehr verführerische Kursentwicklung bei beiden Papieren zu verzeichnen waren. Ich habe bei der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände meinen Kollegen in den Arbeitgeberverbänden gesagt: Ich frage Sie alle, ob Sie glauben, daß wir, wenn wir diese Aktien gezeichnet hätten, nach den Kursentwicklungen heute noch zwei Drittel in unserer Hand hätten. Ich behaupte also, ,daß das Heranführen unserer Mitbürger an das Eigentum unsere politische Pflicht ist und daß sie, wenn sie mit der Eigentumsbildung angefangen haben und die Hürde der Eigentumsfremdheit übersprungen haben, dem Eigentum treu bleiben und es selbst weiter pflegen.
Nun wird hier - zum Teil mit ganz grotesken Vorschlägen - eine sogenannte Eigenbeteiligung verlangt, weil die 312 DM im Tarifvertrag keine Eigenleistung seien. Zunächst einmal sind das zum Teil Pläne, die - um mal in der Terminologie der Kritiker zu bleiben - die Wirtschaft mehr kosten würden als das Gesetz, wenn die Pläne zur Anwendung kämen. Ich will ja nicht unterstellen, daß das Pläne sind, die so aufgebaut sind, daß man begründeterweise hoffen dürfte, sie würden nie angewandt. Damit würde ich den geistigen Urhebern dieses Plans ja eine getarnte Sachgegnerschaft unterstellen; denn es wird doch überall bejaht, daß die Vermögensbildung gefördert werden sollte.
({6})
Jetzt komme ich zu der wissenschaftlichen Angelegenheit. Was dem Arbeitnehmer nach dem Tarifvertrag unter den Sozialpartnern zusteht, ist sein Eigentum, und was er davon spart, ist seine Eigenleistung und nichts anderes.
({7})
Ich komme jetzt zum Schluß. Mir kam es mit dieser kurzen Intervention vor allem darauf an, erstens die in der Tat große Bedeutung der Vorlage herauszustellen, zweitens die Behutsamkeit beim Tempo der materiellen Durchführung zu betonen und drittens die volkswirtschaftliche Bedeutung der Sparprozesse, die nämlich dazu dienen, Investitionen zu finanzieren, darzulegen. Im übrigen bin ich in der Lage, den Ausführungen des Kollegen Leber über die Investitionen, Selbstfinanzierung 'usw. zuzustimmen. Ich bitte Sie, dieses Gesetz mit Ruhe und Sachlichkeit in den Ausschüssen ohne Verzögerung zu beraten, damit es noch in dieser Legislaturperiode in Kraft treten kann, wobei sich jeder bemühen sollte, den Argumenten des anderen Rechnung zu tragen, sofern sie nicht am tragenden Grundprinzip rütteln, - das ist und bleibt die Tariffähigkeit!
Ich schlage vor, die Gesetzentwürfe - die Entwürfe der FDP-Fraktion und der SPD-Fraktion sowie die Regierungsvorlage - dem Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung - federführend - und dem Wirtschaftsausschuß zur Mitberatung zu überweisen. Ich habe mir sagen lassen, daß alle Ausschüsse zu dem Gesetz Stellung nehmen können, ohne ausdrücklich mit der Mitberatung beauftragt zu sein.
({8})
Bevor ich in der Rednerliste fortfahre, möchte ich alle Mitglieder des Hohen Hauses, besonders aber die Redner, bitten, einen Blick auf die Uhr zu werfen und Sie daran erinnern, daß die Sitzung um 14 Uhr geschlossen werden soll.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Mischnick.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte nur einige Anmerkungen zum Ablauf der Debatte machen. Sie haben zunächst einmal gesagt, Herr Kollege Leber, daß einige behaupten, das- Gesetz werde nicht in Anspruch genommen; dann hätten die gleichen aber gesagt, in der Tariffähigkeit liege die Gefahr, daß die 312 DM durch einen Streik erzwungen werden könnten. Hier müsse man doch einmal Klarheit darüber schaffen, was von beidem denn gemeint sei. Das ist eine sehr richtige Überlegung. Nur kann ich feststellen, .daß wir die Gefahr des Streiks nicht als ) das Entscheidende angesehen haben, obwohl unbestritten ist, daß die Tarifvertragsfähigkeit das Streikrecht einbezieht.
Mir scheint aber eine andere Diskrepanz viel interessanter und aufklärungswerter zu sein. Der Herr Kollege Junghans hat davon gesprochen, daß eine Familie mit zwei, drei oder vier Kindern gar nicht 4n der Lage sei, einen entsprechenden Betrag zu sparen und damit die Vergünstigungen nach dem FDP-Entwurf in Anspruch zu nehmen. Wie läßt sich das eigentlich mit dem Willen vereinbaren, nun zwangsweise Einkommensteile sparen zu lassen und damit gerade diesen Familien einen Teil des für notwendige Ausgaben des Konsums erforderlichen Einkommens vorzuenthalten? - Bitte, Herr Kollege Leber!
Vielleicht darf ich Sie darauf aufmerksam machen, Herr Kollege, daß Sie zwei Dinge miteinander verwechseln.
Das dürfen Sie nicht Herr Abgeordneter! Sie dürfen eine Frage stellen.
Darf ich Sie fragen, Herr Kollege Mischnick, ob es Ihnen klar ist, daß Sie hier zwei ungleiche Dinge miteinander verwechseln? Und zwar handelt es sich in dem einen Fall um den Abzug vom bestehenden Einkommen und im anderen Fall um das zwangsweise Sparen eines Lohnanteils, der zusätzlich zum Einkommen zu gewähren ist.
Vielen Dank für diese deutliche Feststellung! Das bedeutet, daß Sie grundsätzlich davon ausgehen, daß zur Lohn- oder Gehaltserhöhung ein weiterer Betrag hinzukommen soll, der gespart werden kann. Derselbe Betrag könnte selbstverständlich dann auch dazu benutzt werden, Lohn und Gehalt um diesen Betrag noch zu erhöhen, so daß er von dem Betroffenen freiwillig gespart werden kann.
({0})
- Der Endeffekt ist auf jeden Fall der gleiche. ({1})
Durch Tarifvertragsfähigkeit erreichen Sie, daß der Arbeitnehmer über eine bestimmte Leistung des Arbeitgebers - ob wir sie als Lohn, als Gehalt oder als Sonderzuwendung zur Eigentumsbildung bezeichnen - keine Entscheidungsfreiheit hat. Gerade darin unterscheiden wir uns von Ihnen. Wenn ein Betrieb in der Lage ist, mehr zu geben, als die Tarife vorschreiben, wollen wir ihn nicht daran hindern; ganz im Gegenteil. Aber wir wehren uns dagegen, daß dem Arbeitnehmer praktisch neben der gesetzlichen Bestimmung über Sozialversicherung und über Steuerabzug vorgeschrieben wird, einen weiteren Teil seines Einkommens in einer bestimmten Weise 2u verwenden.
({2})
- Sie sagen: „Das will niemand". Aber das ist der praktische Effekt, wenn man durch Tarifvertrag vorschreibt, daß 312 DM für das oder für jenes verwendet werden.
({3})
- Sie sagen: „zusätzlich zum Lohn gespart werden sollen". Dann müssen Sie mir aber zugeben, daß die Betriebe, die das leisten sollen, dazu auch in der Lage sein müssen, sie es also genauso als Lohn oder Gehalt geben könnten. Daß die Konzeption eine andere ist - es soll eben völlig anders verwendet werden -, ist eine Frage, über die wir diskutieren können.
({4})
- Völlig richtig.
Aber Sie müssen doch zugeben, Herr Kollege Leber, daß im Endeffekt das ein Gesamtkostenfaktor ist, der in Erscheinung tritt. Darüber täuscht nichts hinweg, und weil das so ist, hat Herr Kollege Imle hier mit Recht seine Sorgen vorgetragen. Ich bin sicher, daß der nach mir sprechende Kollege Riedel das gleiche tun wird. Gerade das kann nämlich für den lohnintensiven Betrieb von besonderer Bedeutung sein.
Ich darf mit Genehmigung des Herrn Präsidenten zitieren, was der Bundeswirtschaftsminister am 27. Januar 1961 dazu sagte. Der heutige Bundeskanzler hat damals erklärt:
Natürlich bezahlen bei dieser Art von Sparen
diejenigen Betriebe relativ die meisten Lasten,
bei denen die Arbeitskosten am stärksten ins Gewicht fallen, und das sind nun einmal die mittelständischen Betriebe, während z. B. der vollautomatisierte Großbetrieb, in dem man keine Arbeitskraft mehr sieht, an diesem Gesetz sozusagen fast unbeteiligt ist. Aber hier handelt es sich um eine Frage von viel größerer Tragweite: Alle Sozialleistungen, die lohnbezogen sind, sind unter diesem Gesichtspunkt einer nochmaligen Durchprüfung wert.
Da wir meinen, daß diese nochmalige Durchprüfung durchaus angebracht ist, halten wir es für falsch, daß nun eine neue Belastung für die lohnintensiven Betriebe in dieser Form erfolgen soll.
Herr Kollege Leiber, Sie haben darauf hingewiesen, daß es nicht darum gehe, sich mit dem auseinanderzusetzen, was ich hier für die Freien Demokraten gesagt habe, sondern daß man an die Quellen - wie Sie es nannten - gehen müsse. Sie zitierten dann den „Industriekurier". Ich fürchte, Sie haben hier ein Denkschema verwandt, das eben für uns nicht zutrifft. Für Sie ist vielleicht die „Welt der Arbeit" die Quelle; für uns ist unser liberales Gedankengut die Quelle. Bei Ihnen scheint jetzt der Sozialismus eben nicht mehr die Quelle zu sein, während für uns das liberale Gedankengut nach wie vor die Quelle ist. Aus ihr schöpfen wir, und nicht aus Zeitungsveröffentlichungen. Daß in den Zeitungen manches steht, was mit unseren Gedanken übereinstimmt, freut uns sehr, weil es offensichtlich eben auch aus liberalen Quellen kommt. Aber wir werden niemals eine Politik treiben, die davon .ausgeht, was diese oder jene Zeitung dazu schreibt.
Der Herr Bundesarbeitsminister hat auf interessante Untersuchungen hingewiesen. Danach seien 66 % - das war die höchste Zahl - für und nur 21 % gegen eine Tarifvertragsfähigkeit der Vermögensbildung. Wenn ich das grob überschlage, so bedeuten diese 21 % bei unserer Beschäftigtenzahl immerhin etwas über 4 Millionen. Ich meine, die Freien Demokraten befinden sich da doch in einer recht zahlreichen Gesellschaft, wenn Sie die Meinung dieser 21 % vertreten, daß eben nicht ein Zwangssparen über einen Tarifvertrag aufoktroyiert werden darf.
Ich kann mir durchaus vorstellen, daß das der Hauptgrund ist, weshalb innerhalb des Deutschen Gewerkschaftsbundes die Diskussionen über die Frage, ob man diesen Weg gehen soll oder nicht, noch im Gange sind. Ich halte die Diskussion dar über für eine legitime Sache.
({5})
- Aber lieber Kollege Burgbacher, wir haben schon oft darüber diskutiert. Wir halten den Weg, den wir vorschlagen, für den zur Zeit besten und nicht die andere Alternative.
Es zeigt sich, daß man sich auch innerhalb der Gewerkschaften Gedanken darüber macht, ob dieser Weg richtig ist. Wir meinen, wenn dort die Diskussion über die Richtigkeit der Tarifvertragsfähigkeit vorhanden ist, muß doch mehr daran sein als nur die Überlegung: Hier wollen wieder einmal ein paar Leute, wie Sie sagten, die noch im vorigen Jahrhundertstehen, etwas tun, was im vorigen Jahrhundert richtig war. Ich kann mich nicht entsinnen, daß zu Bismarcks Zeiten Sparprämiengesetze ,gemacht worden sind. Jedenfalls habe ich beim Nachlesen der Literatur davon nichts gefunden.
({6})
- Kollektive Sozialversicherung, Sie haben völlig recht. Auch das ist ein Punkt, den wir weiterentwickeln müssen, wie ich mir vorhin zu bemerken erlaubte.
({7})
Die Überlegung, die Sie, Herr Kollege Leber, hier dargelegt haben, welche Schwierigkeiten und Wirkungen durch das Sparen entstehen könnten, hat mich auf die Idee gebracht, die Schwundgeldtheorie, die Silvio Gesell aufgestellt hat, jetzt vielleicht durch eine „Strumpfgeldtheorie" à 'la Leber zu ergänzen. Es ist 'schon einiges dazu 'gesagt worden. Ich nehme an, daß das nur ein kleines Abirren war. Deshalb ist es von Herrn Kollegen Burgbacher in einigen Punkten schon klargestellt worden.
Nun noch eine Frage, die mir von besonderer Bedeutung zu sein scheint. Wir haben hier immer wieder gehört, der. Arbeitnehmer sei nicht eigentumsfeindlich, sondern er sei eigentumsfremd, er habe eine gewisse abwartende Einstellung gegenüber dem Eigentum - dagegen spricht die hohe Zahl der Eigenentscheidungen der Arbeitnehmer in Form von Bauspar- und 'sonstigen Sparverträgen -, und diese Einstellung müsse man überwinden. Hier sehe ich die große Aufgabe beider Tarifpartner, der Arbeitgeber wie der Gewerkschaften, aufklärend zu wirken, damit die Arbeitnehmer - mit Hilfe der Arbeitgeber - die Möglichkeiten, die wir außerhalb des Tarifvertragszwanges haben, auch wirklich nutzen. Meine politischen Freunde und ich sind nicht bereit, einfach zu sagen: Der Arbeiter, der Angestellte 'hat nicht 'das Verhältnis zum Eigentum, 'das er 'haben sollte; deshalb 'müssen wir ihn durch Tarifvertrag zwingen. Wir sind vielmehr der Überzeugung, daß er durchaus darüber entscheiden kann, ob er diesen oder jenen Weg des Verbrauchs, der Ausgabe seines Einkommens, seines Lohnes, seines Gehalts wählt. Wenn man sich dazu bekannt hat, den Arbeitnehmer über die Mitbestimmung mitwirken zu lassen, weil man der Überzeugung ist, daß er dazu reif ist, dann muß man auch anerkennen, daß derselbe Arbeitnehmer mindestens genauso reif ist, selbst über sein Einkommen zu entscheiden.
({8})
Das ist der wesentliche Grund, weshalb wir Freien Demokraten die Tarifvertragsfähigkeit ablehnen und verlangen, daß 'dem Arbeitne'hm'er die Entscheidungsfreiheit wie bisher belassen wird.
({9})
Wir fahren in der Rednerliste fort. Das Wort hat der Abgeordnete Riedel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn am Schluß dieser Debatte noch einmal zu dem Begriff der Tarifierung Stellung genommen wird, dann einfach deshalb, weil in weiten Kreisen des beteiligten, mit seinem Vermögen personalgebundenen Unternehmertums die Sorge besteht, daß die Tariffähigkeit eine bequeme Gelegenheit werden könnte, nicht nur zuwachsendes, sondern überhaupt Produktiveigentum dieser Unternehmer und ihrer Familien zu schmälern. Die Bundesregierung hat mit der Einbringung des Zweiten Vermögenbildungsgesetzes für Arbeitnehmer klargestellt, daß nach ihren Vorstellungen die Wirtschaft in zunehmendem Maße von möglichst vielen unserer Mitbürger kapitalmäßig getragen werden soll. Die bisherigen Sprecher meiner Fraktion haben unter Berufung auf Karl Arnold, Hans Albers, Josef Gockeln und sogar Erwin Häußler dargelegt, daß in der CDU dieses Anliegen nicht die Forderung eines Flügels oder einer Gruppe ist, sondern ausweislich unserer bisherigen Parteitagsbeschlüsse zur Vorstellungswelt unserer weitgespannten Volkspartei gehört. In allen Gruppen unserer Partei wird bejaht, daß zur Vervollkommnung der Freiheit des Menschen neben der sozialen Sicherheit auch die auf Eigentum gegründete wirtschaftliche Unabhängigkeit gehört. Deshalb nimmt der vorliegende Entwurf darauf Bedacht, sicherzustellen, daß das zu bildende Eigentum der Arbeitnehmer diesen individuell zur Verfügung bleibt.
Mit meinem Beitrag zur Erörterung des Entwurfs will ich darauf aufmerksam machen, daß wir damit an einer Schwelle der Ausgestaltung unserer Sozialpolitik angekommen sind, an der wir überlegen müssen, um nicht ein Eigentor gegen die aus christlicher Grundanschauung vertretene freie und personenbezogene Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung zu schießen. Aus diesem Konzept heraus haben wir bis heute die Unternehmer und die Unternehmen, unbeschadet der Größenordnung und der Ertragskraft eines Betriebes, zur Mutsicherung unserer Arbeitnehmer gegen die lebensmäßige Gefährdung durch Krankheit, Invalidität, Alter und Tod herangezogen. Darin kommt die Gesellschaftsbezogenheit unserer sozialen Marktwirtschaft zum Ausdruck.
Die Schwelle, von der ich sprach, bedeutet, daß wir mit diesem Gesetz nicht nur schlicht Eigentumsbildung betreiben wollen, sondern, gestützt auf die Empfehlungen der beiden Kirchen, die Umverteilung von angeblich nur zuwachsendem Produktiveigentum einleiten. Dieses Eigentum ist aber gespalten. Wenn es auch in der Grundform von Aktien in der Hand des Aktionärs ebenfalls persönliches Eigentum ist, so ist es doch durch die Rechtsform unserer verschiedenen Kapitalgesellschaften vom Betrieb distanziert und damit zum mindesten in seinem nominellen Wert gesichert. Zur heutigen Wirtschaftswirklichkeit in unserem Lande muß aber gesagt werden, daß der größte Teil des Eigentums an Produktivkapital unmittelbar mit dem risikobelastet wirtschaftenden Betriebsinhaber verbunden ist und nur zu oft das einzige Vermögen einer Familie darstellt. Es kann nicht der Sinn der Mehrung von Eigentum und Eigentümern an Wirtschaftskapital sein, auf diesem Wege bestehendes Eigentum solcher Art, seinen Träger und seine Familie existentiell zu gefährden. Die Forderung nach Tariffähigkeit in diesem Entwurf zwingt mich deshalb, die begründete Befürchtung auszusprechen, daß mit der Einbeziehung der Tariffähigkeit der Teil der Unternehmer zuerst getroffen wird, -an dessen existentieller Gefährdung niemand gelegen sein kann. Dem Tarifvertrag ist ja nicht zuerst der Charakter eines Empfehlungsinstrumentes, sondern der eines alle Beteiligten verpflichtenden Zwanges eigen. Durch die Einbeziehung des öffentlichen Dienstes wird ja die Forderung nach solchen Zuwendungen geradezu gesetzlich verankert. In der Praxis kann deshalb dieser Entwurf, wenn er unmodifiziert Gesetz wird, die Gewichtigkeit eines Verfassungsartikels erhalten.
Ohne mich über die Nebenwirkung der Kostensteigerung verbreiten zu wollen, müssen wir uns die Frage stellen, ob wir die Ertragskraft unserer Volkswirtschaft in allen ihren Teilen für so stark halten, daß wir unbeschadet der weiterhin zunehmenden allgemeinen Sicherungen uns allen ohne Gefährdung der Geldwertstabilität und der Konkurrenzfähigkeit auf dem Weltmarkt noch obendrein gegenseitig Eigentum am Produktivkapital der Wirtschaft „zuleiten" oder „zuteilen" können.
Die Umverteilung anwachsenden Produktivkapitals wird von Eigentumspolitikern aus sogenannten makroökonomischen Überlegungen gefordert. Mikroökonomische Lösungen, also vom Einzelbetrieb oder von der Ertragskraft einzelner Branchen her, werden als untauglich abgelehnt. Ich stelle zur Diskussion, ob die Tariffähigkeit das richtige Übersetzungsmittel für makroökonomische Eigentumsumverteilungspläne in die Differenziertheit unserer kleinen und mittelgroßen Wirtschaft ist.
({0})
Dabei ist auch noch das Ertragsgefälle von hochrentierlicher Produktion zu den Dienstleistungen zu beachten. - Sehr schön, Herr Leber, daß Sie aufmerksam den „Industriekurier" lesen. Aber Sie haben hier auch schon manches von dem gesagt, was Sie schon einmal geschrieben und von sich gegeben haben.
In der Tat habe ich nicht im Sinn, den unselbständig wirtschaftenden Mitbürgern den Zugang zu Eigentum am Produktivkapital zu verwehren oder zu erschweren. Meine Aufforderung, die Tarifierung vermögenswirksamer Einkommen zu vermeiden, kommt aus meinem Wunsch, die Wirtschaftsfreiheit für alle zu erhalten, also gerade den Arbeitnehmern die Möglichkeit, selbständig zu werden, offenzuhalten.
Das Leistungsprinzip und die Freiheit des einzelnen sind die Grundlagen unserer Wirtschaft und Gesellschaft. In diesem Konzept kann die Gerechtigkeit nicht darin liegen, daß es eine absolute Gleichheit aller Einkommen und Eigentume gibt.
({1})
Eine mechanische Egalisierung dieser Faktoren wird
die Unternehmensfreudigkeit und Risikobereitschaft
Riedel ({2})
des Volkes nach meiner Auffassung lähmen. Wenn die Kapitalschwelle zur Erringung wirtschaftlicher Selbständigkeit zu hoch wird und das junge Unternehmen, das erst die Bestreitung der Fremdkapitalien erwirtschaften muß, außerdem durch Tarifvertrag verpflichtet ist, vom ersten Tage seiner Existenz an Teile des Produktivkapitals an seine Arbeitnehmer abzugeben, gehört schon ein Löwenmut dazu, aus der bis zur Versorgung mit Produktivkapital abgesicherten, so „schäbigen Abhängigkeit", von der immer gesprochen wird, des Arbeitnehmers auf die risikobehaftete Seite des Unternehmers überzuwechseln.
({3})
Ich darf Ihnen sagen, daß gerade während der Diskussionen, die ich in der letzten Zeit hatte, ein Tischlermeister zu mir kam, ein junger Mann von
29 Jahren, kein Meistersohn, der sich mit seiner
Braut 15 000 DM erspart hatte, einen Betrieb im
Werte von 75 000 DM hingestellt und inzwischen
30 000 DM zusätzlich erwirtschaftet hat und der zehn Arbeitnehmer beschäftigt. Dieser Mann fragte mich, wie ich dazu käme, nachdem er sich für seinen Betrieb wirklich „krummgelegt" habe, gesetzlich zu verordnen, daß er, obwohl er noch gar nicht Eigentümer seines Produktivkapitals sei, über Tarifvertrag Eigentumsteile an Arbeitnehmer abzugeben habe.
Weil das zur Wirtschaftlichkeit gehört, möchte ich der Vorstellung entgegentreten, daß eine Umverteilung des Produktivkapitals möglich ist, ohne daß die Unternehmergewinne angegriffen werden. Im Bereich der personeneigenen Betriebe sehe ich bei dem geltenden Steuerrecht keine Möglichkeit dazu.
Ebenso muß ich die Auffassung in Zweifel ziehen, daß eine solche Prozedur bei Erhaltung der Selbstfinanzierungsquote in der Wirtschaft in „dem Maße, das sie jetzt erreicht hat", möglich ist. Das ist auch in der personenbezogenen Wirtschaft weithin nicht möglich.
Meine Sorge ist gerade die, daß die im Gesetz vorgesehene Tariffähigkeit dazu führt, daß wir eben nicht zu einer Lohnpolitik neuen Stils kommen. Ich sehe eher die Gefahr, daß hier - kumulierend wirksam - ein neuer Lohnteil auf die alte Schiene draufgepfropft wird und wir damit das, was wir erreichen wollen, nicht erreichen.
Im übrigen sage ich Ihnen noch einmal, daß auch ich die Notwendigkeit bejahe, unseren Arbeitnehmern den Zugang zu Produktiveigentum zu erschließen. Wir müssen nur einen geeigneten Weg finden, damit nicht das gefährdet wird, was inzwischen an Eigentum, besonders in Kreisen der mittelständischen Wirtschaft, vorhanden ist.
Mit einer kurzen Bemerkung möchte ich auf das eingehen, was der Herr Kollege Leber hier vorhin ausgeführt hat. Es ist erfreulich, daß wir die heutige Diskussion hier im Plenum so unter Darlegung unserer divergierenden Auffassungen führen können. Daß wir diese Diskussion im Zeichen einer so günstigen wirtschaftlichen Lage führen können, verdanken wir weder der Sozialdemokratie noch den Gewerkschaften, sondern dem Umstand, daß wir ein so gut funktionierendes Wirtschaftssystem haben, daß wir soziale Marktwirtschaft nennen und das mit dem Namen unseres derzeitigen Bundeskanzlers verbunden ist. Ihm verdanken wir es, daß wir uns heute, ohne daß in der Bannmeile draußen Hungermärsche aufgeführt werden, hier nicht über die Erhöhung von Löhnen, sondern sogar über eine Beteiligung am Eigentum unserer Volkswirtschaft unterhalten.
({4})
Die Rednerliste ist erschöpft.
({0})
Ich schließe die Aussprache.
Meine Damen und Herren! Es steht, soviel ich sehe, unter den Fraktionen unstreitig fest, daß die Drucksache unter a), der Antrag der Freien Demokraten, dem Finanzausschuß - federführend - überwiesen wird, die beiden anderen Drucksachen an den Ausschuß für Arbeit - federführend -. Einverständnis? ({1})
- So beschlossen.
Jetzt kommt die Mitberatung. Hier wird bei Buchstabe a), Antrag der Freien Demokraten, auch unstreitig festgestellt: der Ausschuß für Wohnungsbau, Städtebau und Raumordnung wird bei der Mitberatung beteiligt.
({2})
- Einverstanden. Der Haushaltsausschuß wird gemäß § 96 der Geschäftsordnung beteiligt. Ebenfalls einverstanden?
({3})
- Es ist so beschlossen.
Jetzt ist beantragt, diesen Antrag auch dem Wirtschaftsausschuß zu überweisen. So haben Sie es gesagt, Herr Mischnick? Wird dem widersprochen? ({4})
-Dann lasse ich abstimmen. Wer dafür ist, diesen Antrag der FDP auch dem Wirtschaftsausschuß zur Mitberatung zu überweisen, den bitte ich, ein Handzeichen zu geben. - Ich bitte um die Gegenprobe.
- Das erste war die Mehrheit. Die Überweisung ist beschlossen.
Schließlich ist beantragt, diesen Gesetzentwurf auch dem Mittelstandsausschuß zu überweisen.
({5})
- Nicht? Um 'so besser.
Dann kommen wir zu den Buchstaben b) und c), dem Antrag der sozialdemokratischen Fraktion und dem Gesetzentwurf der Bundesregierung. Hier liegen die gleichen Anträge vor: Überweisung zur Mitberatung an den Wirtschaftsausschuß. Besteht Einverständnis?
({6})
- Es ist so beschlossen.
Überweisung an den Haushaltsausschuß gemäß § 96 der Geschäftsordnung und zur Mitberatung. Besteht Einverständnis? - Das ist der Fall.
Vizepräsident Dr. Jaeger
Hier ist noch beantragt, die beiden Gesetzentwürfe dem Mittelstandsausschuß zu überweisen. Erfolgt Widerspruch?
({7})
- Ich lasse abstimmen. Wer dafür ist, daß die beiden 'Gesetzentwürfe dem Mittelstandsausschuß zur Mitberatung überwiesen werden, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das zweite ist die Mehrheit; abgelehnt.
Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.
Ich schlage Ihnen nach Rücksprache mit dem Fraktionsgeschäftsführern vor, die Punkte 4, 5 und 26 von der Tagesordnung abzusetzen. - Widerspruch erfolgt nicht. Es ist so beschlossen.
Damit rufe ich auf Punkt 6 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 21. September 1962 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Madagaskar über die Förderung von Kapitalanlagen ({8}) ;
Schriftlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses ({9}) ({10}).
Ich danke dem Berichterstatter, Herrn Abgeordneten Kurtz, für seinen Schriftlichen Bericht und rufe in zweiter Beratung auf die Artikel 1, - 2 und 3, -Einleitung und Überschrift.
Das Wort wird nicht begehrt. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - So beschlossen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
In der allgemeinen Aussprache wird das Wort nicht begehrt.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Soweit ich sehe, keine Gegenstimme. Enthaltungen? - Auch k eine Enthaltungen. Einstimmig angenommen.
Ich rufe auf Punkt 7 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 17. Dezember 1962 zwischen den Mitgliedstaaten des Europarates über die Ausgabe eines internationalen Gutscheinheftes für die Instandsetzung von Prothesen und orthopädischen Hilfsmitteln an militärische und zivile Kriegsbeschädigte ({11}) ;
Schriftlicher Bericht 'des Ausschusses für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen ({12}) ({13}).
Ich danke dem Berichterstatter, Herrn Abgeordneten Maucher, für seinen Schriftlichen Bericht.
Ich rufe in zweiter Beratung auf Artikel 1, - 2, - 3, - Einleitung und Überschrift. - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den .aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, ;den bitte ich um ein Handzeichen. - So beschlossen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Das Wort wird in der allgemeinen Aussprache nicht gewünscht.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Soweit ich sehe, keine Gegenstimme. Enthaltungen? - Keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen.
Ich rufe auf Punkt 8 der Tagesordnung:
Zweite Beratung des von den Abgeordneten Dr. Martin, Kemmer und Genossen und Fraktion der CDU/CSU und den Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen, Dr. Lohmar, Kahn-Ackermann und Genossen und Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiet der deutsehen Filmwirtschaft ({14});
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Kulturpolitik und Publizistik ({15}) ({16}).
Ich danke dem Berichterstatter, der Frau Abgeordneten Dr. Maxsein, für ihren Schriftlichen Bericht.
Ich schlage Ihnen Zurückverweisung' an den Ausschuß für Kulturpolitik und Publizistik - federführend - und an den Wirtschaftsausschuß - mitberatend - vor. - Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 9 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Blindenwarenvertriebsgesetzes ({17}) ({18}) ;
Schriftlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses ({19}) ({20}).
Ich danke dem Herrn Berichterstatter, dem Abgeordneten Lange ({21}), für seinen Schriftlichen Bericht.
Ich rufe in zweiter Beratung die §§ 1 bis 15 - Einleitung und Überschrift auf. - Das Wort wird nicht begehrt. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Es ist so beschlossen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. - Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schließe die allgemeine Aussprache.
Vizepräsident Dr. Jaeger
Wer dem Gesetzentwurf in dritter Lesung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Soweit ich sehe, keine Gegenstimmen. Enthaltungen? - Auch keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen.
Ich rufe Punkt 10 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der .Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Mühlengesetzes ({22});
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({23}) ({24}).
Ich danke dem Berichterstatter, dem Abgeordneten Müller ({25}), für seinen Schriftlichen Bericht.
Ich rufe in zweiter Beratung die Artikel 1, -2, -3, - Einleitung und Überschrift - auf. - Das Wort wird nicht begehrt. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Es ist so beschlossen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Das Wort in der allgemeinen Aussprache wird ebenfalls nicht gewünscht. Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? - Keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen.
Punkt 11 der Tagesordnung ist bereits erledigt. Wir kommen zu Punkt 12 der Tagesordnung:
a) Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Anpassung der landwirtschaftlichen Erzeugung an die Erfordernisse des Marktes ({26}) ({27}),
b) Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({28}) über den Antrag der Fraktion der SPD
betr. Struktur- und Preisenquete auf den Märkten land- und ernährungswirtschaftlicher Güter ({29}).
Ich danke dem Berichterstatter, dem Abgeordneten Ertl, für seinen Schriftlichen Bericht zu Punkt b). Der Abgeordnete Seither hat zur Begründung auf das Wort verzichtet und mir die Begründung schriftlich übergeben. Ich danke ihm und nehme Ihr Einverständnis an, daß wir die Begründung zu Protokoll nehmen *).
In der Aussprache zu Punkt a) wird das Wort nicht gewünscht. Ich schlage vor, den Gegenstand dem Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und
*) Siehe Anlage 2 Forsten - federführend - und zur Mitberatung dem Wirtschaftsausschuß sowie nach § 96 der Geschäftsordnung dem Haushaltsausschuß zu überweisen. - Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.
Zu Punkt b) liegt mir eine Erklärung der Fraktion der SPD vor, abgegeben durch den Abgeordneten Saxowski, der ebenfalls auf das Wort verzichtet. Ich nehme an, Sie sind einverstanden, daß diese zu Protokoll genommen wird **). Ich danke Herrn Saxowski.
Der Antrag des Ausschusses zu b) liegt Ihnen vor. Das Wort wird nicht mehr gewünscht. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? - Keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen.
Damit kommen wir zu Punkt 13 der Tagesordnung:
Erste Beratung 'des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 20. März 1958 über die Annahme einheitlicher Bedingungen für die Genehmigung der Ausrüstungsgegenstände und Teile von Kraftfahrzeugen und über die gegenseitige Anerkennung der Genehmigung ({30}).
Das Wort zur Begründung und in der Aussprache wird nicht gewünscht. Ich schlage Überweisung en den Ausschuß für Verkehr, Past- und Fernmeldewesen vor. - Wiederspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 14 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zum Protokoll vom 15. Juli 1963 zum Internationalen Übereinkommen über die Fischerei im Nordwestatlantik ({31}).
Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet. Ich schlage Überweisung an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vor. - Widerspruch erfolgt nicht; es ist so ,beschlossen.
Ich rufe auf den Punkt 15 der Tagesordnung:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 5. Oktober 1961 über das auf die Form letztwilliger Verfügungen anzuwenden Recht ({32}).
Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet. Ichschlage Überweisung an den Rechtsausschuß vor. - Widerspruch erfolgt nicht. Es ist so beschlossen.
Ich rufe auf den Punkt ,16 der Tagesordnung:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Umsatzsteuerstatistik für das Kalenderjahr 1964 ({33}).
**) Siehe Anlage 3
Vizepräsident Dr. Jaeger
Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet. Ich schlage Überweisung an den Finanzausschuß vor.
- Widerspruch erfolgt nicht. Es ist so beschlossen.
Ich rufe auf Punkt 17 .der Tagesordnung:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Handelsgesetzbuches und der Reichsabgabenordnung ({34}).
Auf Begründung und Aussprache wird 'verzichtet. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf zu überweisen
- federführend - an den Wirtschaftsausschuß und zur Mitberatung an den Finanzausschuß. - Widerspruch erfolgt nicht. Es ist so beschlossen.
Ich rufe auf Punkt 18 der Tagesordnung:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines 'Gesetzes über Bausparkassen ({35}).
Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet. Ich schlage 'Überweisung an den Wirtschaftsausschuß vor. - Widerspruch erfolgt nicht. Es ist so beschlossen.
Ich rufe auf Punkt 19 der Tagesordnung:
Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Schmidt ({36}), Lemmrich, Dr. Imle, Frau Funcke ({37}) und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gewerbesteuergesetzes, des Bewertungsgesetzes und der Reichsabgabenordnung ({38}).
Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet. Ich
schlage Überweisung an den Finanzausschuß vor. Widerspruch erfolgt nicht. Es ist so beschlossen.
Ich rufe auf Punkt 20 der Tagesordnung:
Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Serres, Diebäcker, Werner, Dr. Artzinger, Blumenfeld und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Entwicklungshilfe-Steuergesetzes ({39}) .
Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet.
Ich schlage vor Überweisung an den Finanzausschuß
- federführend -, an den Ausschuß für Entwicklungshilfe zur Mitberatung und an den Haushaltsausschuß gemäß § 96 der Geschäftsordnung. - Widerspruch erfolgt nicht. Es ist so beschlossen.
Ich rufe auf Punkt 21 der Tagesordnung:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Bundeswaffengesetzes ({40}).
Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet. Ich schlage vor Überweisung an den Wirtschaftsausschuß - federführend - und an den Ausschuß für Inneres zur Mitberatung. - Widerspruch erfolgt nicht. Es ist so beschlossen.
Ich rufe auf Punkt 22 der Tagesordnung:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Leistungsverbesserungen in der hüttenknappschaftlichen Pensionsversicherung im Saarland ({41}).
Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet. Ich schlage vor Überweisung an den Ausschuß für Sozialpolitik - federführend - und an den Haushaltsausschuß zur Mitberatung. - Widerspruch erfolgt nicht. Es ist so beschlossen.
Wir kommen damit zu Punkt 23 der Tagesordnung. Ich rufe auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung der Verbindlichkeiten nationalsozialistischer Einrichtungen und der Rechtsverhältnissse an deren Vermögen ({42}) ;
Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses ({43}) ({44}).
Ich danke dem Berichterstatter, Herrn Abgeordneten Dr. Winter, für seinen Schriftlichen Bericht.
Ich rufe in zweiter Beratung auf die §§ 1 bis 34,
- Einleitung und Überschrift. - Das Wort wird nicht begehrt.
Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Sie sind so beschlossen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die .allgemeine Aussprache. Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schließe die allgemeine Aussprache.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dein Gesetzentwurf als Ganzem zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Ich bitte um 'die Gegenprobe. - Keine Gegenstimme. Enthaltungen?
- Keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen.
Ich rufe auf Punkt 24 ,der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Branntweinmonopol ({45})
a) Bericht des Haushaltsausschusses ({46}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung ({47}).
Ich danke dem Berichterstatter, Herrn Abgeordneten Windelen, 'für seinen Bericht.
b) Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses ({48}) ({49}).
Ich danke dem Berichterstatter, Herrn Abgeordneten Beuster, für seinen Schriftlichen Bericht.
Vizepräsident Dr. Jaeger
Wir haben hierzu einen Änderungsantrag ,der Abgeordneten Hilbert, Dr. Hauser, Weber ({50}), Dröscher und der Fraktion der FDP auf Umdruck 537, der zurückgezogen worden ist.
Ich rufe dann auf Artikel 1, - Artikel 2, - Artikel 3, Einleitung und Überschrift.
Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um ,die Gegenprobe. - Angenommen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Das Wort in der allgemeinen Aussprache wird nicht gewünscht.
Wir kommen damit zur Schlußabstimmung. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? - Keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen.
Wir kommen damit zu Punkt 25:
Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Meis, Dr. Stecker, Dr. Imle und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Förderung der Wirtschaft von Berlin ({51}) ({52});
Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses ({53}) ({54}).
Ich danke der Berichterstatterin, der Abgeordneten Frau Funcke ({55}), für ihren Schriftlichen Bericht und rufe in zweiter Beratung ,auf Art. 1, -2, - 3, - Einleitung und Überschrift. - Das Wort wird nicht gewünscht.
Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den 'bitte ich um das Handzeichen. - Sie sind so beschlossen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Das Wort in der allgemeinen Aussprache wird nicht begehrt.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe, - Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? - Keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen.
Wir kommen zu dem Entschließungsantrag unter Ziffer 2. Er liegt dem Hause vor. - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? - Keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen.
Punkt 26 ist von der Tagesordnung abgesetzt.
Wir kommen damit zu Punkt 27 der Tagesordnung:
Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung einer Teilfläche der ehemaligen Reitschule in Hannover an die Stadt Hannover ({56}).
Auf Begründung und Ausprache wird verzichtet. Ich schlage Überweisung an den Ausschuß für wirtschaftlichen Besitz des Bundes vor. - Widerspruch erfolgt nicht. Es ist so beschlossen.
Wir kommen zu Punkt 28 der Tagesordnung:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Außenhandelsausschusses ({57}) über die von der Bundesregierung beschlossene Zweite Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1965 ({58}) ({59}).
Ich danke dem Berichterstatter, dem Abgeordneten Glüsing ({60}), für seinen Schriftlichen Bericht. - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Ausschußantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? - Keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen.
Meine Damen und Herren, wir kommen nunmehr zu Punkt 29 der Tagesordnung:
Beratung der von der Bundesregierung beschlossenen Fünften Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1965 ({61}) ({62}).
Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet. Ich schlage Ihnen vor, den Antrag an den Außenhandelsausschuß - federführend - und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zur Mitberatung zu überweisen. - Widerspruch erfolgt nicht; es ist so beschlossen.
Ich rufe Punkt 30 der Tagesordnung auf:
Beratung des Berichts des Außenhandelsausschusses ({63}) über die von der Bundesregierung erlassene Siebzehnte Verordnung zur Änderung der Einfuhrliste - Anlage zum Außenwirtschaftsgesetz über die von der Bundesregierung erlassene Achtzehnte Verordnung zur Änderung der Einfuhrliste - Anlage zum Außenwirtschaftsgesetz - ({64}).
Berichterstatter ist der Abgeordnete Krug. Ich nehme an, daß das Haus auf den Bericht verzichtet. Abstimmung ist nicht notwendig, da kein Antrag aus der Mitte des Hauses vorliegt. Ich stelle fest, daß das Haus Kenntnis genommen hat.
Vizepräsident Dr. Jaeger
Ich rufe Punkt 31 der Tagesordnung auf:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für wirtschaftlichen Besitz des Bundes ({65}) über den Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Grundstückstausch mit der Stadt Bonn ({66}).
Ich nehme an, daß ,das Haus auf den Bericht des Herrn Abgeordneten Dr. Mälzig verzichtet.
Wir kommen zur Beschlußfassung. Meine Damen und Herren, wer dem Antrag des Ausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Keine Gegenstimme. Enthaltungen? - Keine Enthaltung. Einstimmig beschlossen.
Wir kommen nunmehr zu Punkt 32 der Tagesordnung:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für wirtschaftlichen Besitz des Bundes ({67}) über den Antrag des Bundesministers der Finanzen betr. Veräußerung eines Fabrikgrundstücks in Mechernich ({68}) an die Firma Alois Müller & Sohn Maschinenfabrik GmbH ({69}).
Ich nehme an, daß das Haus auf den mündlichen
Bericht des Herrn Abgeordneten Dr. Mälzig verzichtet. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht
der Fall.
Wer dem Antrag des Ausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe. Keine Gegenstimme. Enthaltung? - Keine Enthaltung. Einstimmig angenommen.
Ich rufe auf Punkt 33 der Tagesordnung:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Außenhandelsausschusses ({70}) über den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der Kommission der EWG für eine Verordnung des Rats über Sondervorschriften für in die Gemeinschaft eingeführte Ölsaaten und Saatenöle aus den assoziierten afrikanischen Staaten und Madagaskar und aus den überseeischen Ländern und Gebieten ({71}).
Ich danke dem Berichterstatter, Herrn Abgeordneten Krug, für seinen Schriftlichen Bericht. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Ich lasse über den Antrag des Ausschusses abstimmen. Wer ihm zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Keine Gegenstimme. Enthaltungen? - Keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen.
Wir kommen zu Punkt 34 der Tagesordnung:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({72}) über den Antrag der Abgeordneten Logemann, Dr. Siemer, Mauk, Ehnes, Reichmann und Genossen betr. bundeseinheitliche Tierseuchenbekämpfung ({73}).
Ich danke dem Berichterstatter, dem Abgeordneten Saxowski, für seinen Schriftlichen Bericht. Das Wort wird nicht gewünscht.
Wer dem Antrag des Ausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Keine Gegenstimme. Enthaltungen? - Keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen.
Wir kommen zu Punkt 35 der Tagesordnung:
Beratung der Übersicht 26 des Rechtsausschusses ({74}) über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht ({75}).
Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Antrag des Ausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich um dais Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Keine Gegenstimme. Enthaltungen? - Keine Enthaltung. Einstimmig angenommen.
Meine Damen und Herren! Damit sind wir mit nur fünf Minuten Überschreitung der vorgesehenen Zeit am Ende der heutigen Tagesordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Mittwoch, 'den 27. Januar, 15 Uhr.
Die Sitzung ist geschlossen.