Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet.
Zur Tagesordnung hat der Herr Abgeordnete Schmitt-Vockenhausen das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach der Aussprache über den Antrag meiner Fraktion betr. Situation der deutschen Filmwirtschaft und nach der gestrigen Aussprache im Wirtschaftausschuß beantrage ich,
den Punkt 6 b heute erneut auf die Tagesordnung zu setzen.
Erfolgt Widerspruch? - Das ist nicht der Fall; dann ist es so beschlossen.
Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, habe ich dem Herrn Abgeordneten Höfler zu seinem 65. Geburtstag meine und des Hauses herzlichste Glückwünsche auszusprechen.
({0})
Die folgende amtliche Mitteilung wird ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen.
Der Herr Bundesminister des Innern hat unter dem 14. Februar 1962 die Kleine Anfrage der Fraktion der SPD betr. ziviler Bevölkerungsschutz - Drucksache IV/ 157 - beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache IV/ 191 verteilt.
Zu der in der Fragestunde der 13. Sitzung des Deutschen Bundestages am 31. Januar 1962 gestellten Zusatzfrage des Abgeordneten Ritzel*) zur Frage II/3 ist inzwischen die schriftliche Antwort des Herrn Ministers Höcherl vom 13. Februar 1962 eingegangen. Sie lautet:
Nach § 80 a Satz 1 kann den Beamten bei Dienstjubiläen eine Jubiläumszuwendung gewährt werden. Das Nähere regelt nach § 80 a Satz 2 die Bundesregierung durch Rechtsverordnung. Die Vorschrift des § 80 a enthält daher nur die Ermächtigung der Bundesregierung, Zuwendungen aus Anlaß von Dienstjubiläen durch Verordnung zu gewähren. Es ist richtig, daß § 80 a des
1 Siehe 13. Sitzung S. 338 A Bundesbeamtengesetzes, auf dem die zu erlassende Verordnung über Jubiläumszuwendungen an Beamte und Richter des Bundes beruht, am 1 Oktober 1961 in Kraft getreten ist. Es liegt im Ermessen der Bundesregierung, von welchem Zeitpunkt an Jubiläumszuwendungen gewährt werden sollen. Es ist jedoch vorgesehen, die beabsichtigte Regelung rückwirkend auf den 1. Oktober 1961 in Kraft treten zu lassen. Ich verweise insoweit auf den ersten Teil meiner Antwort an Herrn Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen ({1}).
Wir kommen zum ersten Punkt der Tagesordnung:
Fragestunde ({2}).
Ich komme zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung, zu Frage VII/ 4 - des Abgeordneten Dröscher -:
Werden bei der Einberufung Wehrpflichtiger zur Ableistung des Grundwehrdienstes, obwohl grundsätzlich die Wehrpflichtigen nach dem Los-System herangezogen werden sollen, Angehörige bestimmter Berufe in höherem Maße einberufen?
Das Wort hat der Herr Staatssekretär!
Herr Abgeordneter, die Truppe fordert ihren Bedarf an Wehrpflichtigen zu den jeweiligen Einberufungsterminen an. Die Anforderungen sind nach Berufsgruppen aufgeschlüsselt. Die Wehrpflichtigen werden nach der in den Einberufungslisten festgelegten Reihenfolge, die durch das Los bestimmt wird, einberufen. Wenn bei diesem Verfahren der Bedarf der Truppe an Angehörigen bestimmter Berufe nicht gedeckt werden kann, wird gemäß § 21 Abs. 5 des Wehrpflichtgesetzes verfahren. Danach kann von dieser Reihenfolge abgewichen werden, wenn in der Einberufungsanordnung des Bundesministeriums der Verteidigung aus Gründen der Einsatzfähigkeit der Truppe eine Mindestzahl von Wehrpflichtigen einer bestimmten Berufsgruppe angefordert ist und diese Zahl bei Einhaltung der Reihenfolge der Einberufungsliste nicht erreicht werden könnte.
Bei einer Reihe von Berufsgruppen muß von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht werden mit der Folge, daß aus diesen Berufsgruppen in höherem Maße Wehrpflichtige einberufen werden als aus anderen Berufsgruppen. Das trifft vor allen Dingen bei technischen Berufen zu.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dröscher.
Herr Staatssekretär, können oder dürfen Sie einige Berufsgruppen nennen, die davon betroffen sind?
Wir haben eine Liste für solche Berufsgruppen, die bei uns in besonderem Umfange erforderlich sind, z. B. Schlosser, Kraftfahrzeugschlosser, Klempner, Feinmechaniker, Tischler, Bäkker, Fotolaboranten, Graphiker usw.
Wenn Sie es wünschen, Herr Abgeordneter, kann ich Ihnen einmal die Gesamtliste vorlegen.
Eine Zusatzfrage Herr Abgeordneter Dröscher.
Dann stimmt es also, Herr Staatssekretär, daß man nach dem heutigen Stand der Dinge sagen kann, daß es, damit der Prozentsatz von Wehrpflichtigen bestimmter Berufsgruppen eingehalten wird, von der Berufswahl abhängt, ob für einen jungen Menschen eine größere oder geringere Wahrscheinlichkeit besteht, seine 18 Monate dienen zu müssen?
Herr Abgeordneter, eine technische Armee braucht natürlich Angehörige technischer Berufe. Ich möchte aber nicht sagen, daß die Einberufungen von Angehörigen aus diesen Berufen außerhalb des Normalverfahrens so stark sind, daß eine in Prozenten auszurechnende größere oder geringere Chance entsteht, die auf die Berufswahl Einfluß haben könnte.
Eine Zusatzfrage? - Herr Abgeordneter Büttner!
Herr Staatssekretär, darf ich Sie fragen, ob in der Liste derer, die ausgenommen werden sollen, auch die Bergleute enthalten sind, weil die Abwanderung junger Bergleute aus dem Bergbau besondere, katastrophale Formen angenommen hat?
Herr Abgeordneter, Untertagebergleute werden ja ohnehin nicht einberufen.
Ich komme damit zur Frage VII/ 5 - des Abgeordneten Sänger -:
Ist es richtig, daß der Herr Bundesverteidigungsminister die Aufstellung einer mobilen Einheit angeordnet hat, deren Aufgabe es sein soll, offizielle Veröffentlichungen vorzunehmen, wenn im Ernstfall technische Schwierigkeiten für die Herstellung von Publikationen entstehen sollten?
Herr Abgeordneter, welche Einheiten im Falle des äußeren Notstandes aufzustellen sind, richtet sich nach der Sach- und Rechtslage im Falle des äußeren Notstandes. Ich bitte Sie, damit einverstanden zu sein, daß ich im Augenblick eine Einzelauskunft hier nicht erteile.
Eine Zusatzfrage? - Herr Abgeordneter Berkhan.
Herr Staatssekretär, darf ich Ihrer Antwort entnehmen, daß nunmehr eine strenge Trennung zwischen äußerem und innerem Notstand erfolgt?
Ich bin als Staatssekretär des Verteidigungsministeriums gefragt worden, was geschieht, wenn im Ernstfall technische Schwierigkeiten für die Herstellung von Publikationen entstehen. Ich habe die Frage so verstanden, daß unter „Ernstfall" der äußere Notstand gemeint ist, und habe darauf geantwortet.
Danke schön.
Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Ich komme zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen. Frage IX/ 1 - des Abgeordneten Dr. Schmidt ({0}) -
Trifft es zu, daß die Bundespostämter
a) bei der Vergabe von Postschließfächern,
b) bei den Mitteilungen an den Postschließfachinhaber betreffs umfangreicher oder besonderer Zustellsachen,
c) hinsichtlich des zeitlichen Zugangs zu den Fächern
nach eigenem Ermessen handeln können?
Herr Staatssekretär Herz, bitte!
Herr Abgeordneter, ich darf die drei Fragen, die Sie zur Frage des Postfachs gestellt haben, wie folgt beantworten.
Zu a: Bei der Vergabe von Postfächern haben die Postämter nach pflichtgemäßem Ermessen zu verfahren. Bei diesem Verfahren haben sie zu berücksichtigen die Zahl der regelmäßig für einen Interessenten eingehenden Briefsendungen, den Zeitpunkt, zu dem der Bewerber über die Zustellung die Post erhält und auch die zeitliche Reihenfolge der vorliegenden Anträge.
Zu b: Bei der Benachrichtigung der Postfachinhaber von dem Eingang umfangreicher oder nachzuweisender Sendungen können die Postämter nicht nach eigenem Ermessen handeln. Sie sind hierfür vielmehr für die einzelnen Sendungsarten an besondere Benachrichtigungsverfahren gebunden.
Zu c: Die Öffnungszeiten der Postfachanlagen stehen insofern nicht im eigenen Ermessen der Postämter, als die Postämter bei der Festsetzung der Öffnungszeiten die Sicherheit des Postdienstgebäudes und der darin befindlichen Postsendungen und Geldbeträge zu berücksichtigen haben. Wenn sich also die Postfachanlage in der Schalterhalle oder einem Raum befindet, von dem aus ein ungehinderter Zugang zu anderen Räumen des Postamts möglich ist, kann aus Sicherheitsgründen der Zugang zu der Postfachanlage nur während der allgemeinen Dienst- und Schalterstunden offengehalten werden.
Aus diesem Grunde werden auch bei Um- oder Neubauten von Postgebäuden die Postfachanlagen so angeordnet, daß die Postfachräume auch außerhalb der Schalterstunden zugänglich sind, ohne die Sicherheit zu gefährden.
Keine Zusatzfrage.
Ich komme zu der Frage IX/ 2 - des Abgeordneten Dröscher Ist der ,Bundesregierung bekannt, daß die Inbetriebnahme einer größeren industriellen Produktionsstätte in dem zur Industrialisierung vorgesehenen ländlichen Raum des Hunsrückkreises Simmern daran zu scheitern droht, daß seitens der Bundespost in diesem Raum in absehbarer Zeit kein Fernsprechanschluß bereitgestellt werden kann, obwohl für die Industrialisierungsbestrebungen erhebliche öffentliche Mittel angesetzt wurden?
Herr Staatssekretär, ich darf bitten.
Herr Abgeordneter, die Stadt- und Amtsverwaltung Simmern hat im September 1960 die Deutsche Bundespost davon unterrichtet, daß zwei Firmen im Raum Simmern angesiedelt werden sollten. Die Anträge dieser beiden Firmen auf Herstellung von Fernsprech- und Fernschreibanschlüssen sind termingerecht erledigt worden. Darüber hinaus ist mir nicht bekannt geworden, daß im Landkreis Simmern größere Industrieunternehmen in ihrer Ansiedlung oder in ihrer Inbetriebnahme behindert wären, weil sie keinen Fernsprechanschluß bekämen.
Herr Abgeordneter Dröscher zu einer Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, dann trifft es also nicht zu, daß die Kapazität des Fernsprechamtes Kreuznach, das ja in den Raum Simmern hineinreicht, so weit erschöpft ist, daß neue Anmeldungen nicht berücksichtigt werden können?
Im Landkreis Simmern, auf den sich meine Ausführungen beschränkten, befinden sich sechs verschiedene Vermittlungsstellen und die dazugehörigen Ortsnetze. Zwei davon sind voll belegt und werden deshalb zur Zeit erweitert, z. B. das Ortsnetz und die Vermittlungsstelle Simmern selbst. Dafür ist im Augenblick eine räumliche Erweiterung im Aufbau, in der zusätzliche technische Einrichtungen für die Fernsprechvermittlungsstelle geschaffen werden, mit deren Inbetriebnahme wir für Juni dieses Jahres rechnen. Das gleiche gilt für eine Vermittlungsstelle in Kisselbach.
Eine weitere Zusatzfrage!
Dann ist Ihnen, Herr Staatssekretär, nicht bekannt, daß Anträge auf Herstellung von Anschlüssen von der zuständigen Stelle mit der Begründung abgelehnt wurden, daß auf absehbare Zeit keine Anschlußmöglichkeit bestehe?
Der Ausdruck „auf absehbare Zeit" wäre von dieser Dienststelle etwas sehr allgemein gewählt; denn es läßt sich jetzt schon sehr gut übersehen, wann insbesondere in Simmern die Anschlüsse hergestellt werden können.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Bading.
Bading (SPD: Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß auch in den Großstädten den Antragstellern, die in den großen Neubaublocks, z. B. in Hamburg- Niendorf, wohnen, mitgeteilt worden ist, daß sie anderthalb bis zwei Jahre auf die Einrichtung eines Telephonanschlusses warten müßten, und daß hierdurch denjenigen, die ihr Geschäft von der Wohnung aus betreiben müssen, schwere wirtschaftliche Schäden zugefügt werden, und welche Maßnahmen gedenken Sie zu ergreifen, um diesen geradezu skandalösen Zustand zu beseitigen?
Ich beantworte diese Frage gern, wenn der Herr Präsident es erlaubt, obwohl sie über die Frage, die sich auf den Raum Simmern bezog, hinausgeht. Die Tatsache, daß in Großstädten und in großen Wohnblocks unbefriedigende Zustände herrschen, die ich allerdings nicht „skandalös" nennen möchte, ist uns bekannt. Wir stehen im Fernmeldewesen vor der Tatsache einer eminent schnell vor sich gehenden Entwicklung, der in fast keinem europäischen Land irgendeine Verwaltung zu folgen in der Lage ist. Daraus ergeben sich diese Schwierigkeiten, die insbesondere für große Wohnblocks bedeutend verringert werden könnten, wenn die Städte ihre endgültigen Ausbaupläne etwas früher bekanntgäben.
Herr Staatssekretär, wären Sie bereit, in den Fällen, in denen tatsächlich wirtschaftliche Schädigungen nachgewiesen werden können, die Antragsteller bevorzugt zu behandeln?
Wir sind nach der Fernsprechordnung und den gesetzlichen Bestimmungen über die Postbenutzung verpflichtet, alle Antragsteller gleichmäßig und in einer bestimmten Reihenfolge, nämlich der Reihenfolge ihrer Anträge, zu behandeln. Trotzdem werden wir selbstverständlich in bestimmten Fällen, z. B. da, wo es sich um große geschlossene Wohnblocks oder um wirtschaftlich wichtige Anschlüsse handelt, im Rahden des Möglichen eine Ausnahme machen.
Eine weitere Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, ist dieser Engpaß in der Errichtung von Fernsprechanschlüssen ausschließlich darauf zurückzuführen, daß der Bundespost in den Großstädten die Bebauungspläne nicht rechtzeitig bekanntgegeben werden?
Ich habe die Frage nicht verstehen können; die Akustik ist zu schlecht.
Herr Staatssekretär, Sie haben vorhin darauf hingewiesen, daß die Schwierigkeiten beim Ausbau des Fernsprechnetzes und der Errichtung von Hauptanschlüssen damit zusammenhängen, daß der Bundespost die Bebauungspläne der Großstädte nicht rechtzeitig bekanntgegeben werden. Meine Zusatzfrage lautet: ist das der ausschließliche Grund für die Engpässe bei der Errichtung von Hauptanschlüssen, oder gibt es noch andere Gründe?
Nein, das ist nicht der ausschließliche Grund. Ich darf wiederholen: die Fernsprechanschlußwünsche steigen so rapide, daß wir zeit- und stellenweise nicht folgen und nicht sofort alle Bedürfnisse befriedigen können.
Dann trifft es nicht zu, Herr Staatssekretär, daß die deutsche Fernmeldeindustrie die Aufträge der Bundespost nicht voll erfüllen kann?
Die deutsche Fernmeldeindustrie ist zwar praktisch bis ) zur Grenze ihrer Leistungsfähigkeit beschäftigt. Die Möglichkeit des Ausbaus des deutschen Fernsprechnetzes hängt aber nicht nur von der Fertigungs-
und Montagekapazität der Fernmeldeindustrie, sondern auch von unserer Planungs- und Arbeitskapazität ab. Beide Kapazitäten, die der Industrie und die der Deutschen Bundespost, sind zur Zeit voll ausgeschöpft.
Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Wir kommen nun zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung, zunächst zu der Frage X/1 - des Herrn Abgeordneten Büttner -:
Welche konkreten Vorstellungen hat man im Bundesministerium für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung über die derzeitige Höhe des Wohnungsfehlbestandes?
Ende 1961 fehlten in der Bundesrepublik etwa eine Million Wohnungen. Dieses Wohnungsdefizit ist berechnet unter Zugrundelegung der Vorschriften des Gesetzes über den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft und über ein soziales Miet- und Wohnrecht.
Eine Zusatzfrage!
Darf ich eine Zusatzfrage stellen, Herr Bundesminister? - Die Zahl, die Sie bekanntgeben, bezieht sich also ausschließlich auf die Differenz zwischen der Zahl der Familien und die Zahl der vorhandenen Wohnungen. Sind in dieser Zahl auch die Wohnungen einbegriffen, die nach baupolizeilicher Feststellung nicht mehr zur Unterbringung von Menschen geeignet sind? Liegen Ihnen darüber Zahlen vor?
Dabei handelt es sich um Zukunftsaufgaben. Die Sanierung des Wohnungsbestandes bringt ganz neue Aufgaben mit sich. Untersuchungen darüber laufen. Die Zahlen liegen noch nicht vor.
Eine weitere Zusatzfrage!
Herr Bundesminister, haben Sie und Ihre Ministerkollegen die Möglichkeit, diese Zahlen aus den Ländern sehr bald festzustellen und bekanntzugeben?
Wir sind bemüht. Ob das sehr bald sein kann, hängt von den sehr umfangreichen Untersuchungen ab, die für eine exakte Feststellung notwendig sind.
Wir kommen zur Frage X/2 - des Herrn Abgeordneten Büttner -:
Wie stellt sich das Bundesministerium für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung die Schaffung eines ausgeglichenen Wohnungsmarktes vor?
Ich darf die zweite Frage zunächst mit einer Vorbemerkung beantworten: Es wird so lange gebaut werden, und zwar mit Vorrang, bis die letzte Familie und die letzte alleinstehende Person eine ausreichende Wohnung hat oder ein Eigenheim besitzt. Die Bundesregierung stellt sich die Schaffung eines ausgeglichenen Wohnungsmarktes in der Weise vor, daß auch in den kommenden Jahren jedes Jahr etwa 500 000 Wohnungen, davon 300 000 des sozialen Wohnungsbaus, gebaut werden. Wenn diese Bauleistungen eingehalten wird - und wir hoffen, daß sie eingehalten werden kann -, wird in der Zeit von 1962 bis 1965 der Wohnungsfehlbestand beseitigt werden. Soweit dieses Ziel in einzelnen örtlichen Schwerpunkten des Wohnungsbedarfs für 1965 nicht erreicht werden kann, sieht das Abbaugesetz ausdrücklich die Möglichkeit vor, die Bestimmungen im Wege der Rechtsverordnung um ein weiteres Jahr zu verlängern.
Eine Zusatzfrage!
Herr Bundesminister, darf ich mich auf den § 3 Abs. 3 des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1962 beziehen?
Darin heißt es:
Der Bundesminister der Finanzen kann, abweichend von § 47 Abs. 1 der Reichshaushaltsordnung, zur verbilligten Beschaffung von Bauland zulassen, 'daß bundeseigene unbebaute Grundstücke unter dem vollen Wert veräußert werden, wenn sichergestellt ist, daß diese Grundstücke binnen angemessener Frist, die in der Regel drei Jahre nach Abschluß des Kaufvertrages nicht übersteigen soll, zu Zwecken des sozialen Wohnungsbaus bebaut werden.
Darf ich Sie fragen, Herr Bundesminister: Wieviel Land kann der Bund für solche Zwecke zur Verfügung stellen und wo liegen diese Baugrundstücke?
Verehrter Herr Kollege, diese Frage haben Sie nicht gestellt. Ich bin auf sie nicht vorbereitet. Ich bin aber gern bereit, sie Ihnen schriftlich zu beantworten.
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Eine weitere Zusatzfrage!
Darf ich dann fragen - vielleicht könnte das in Ihre Antwort einbezogen werden -, wieso bundeseigenes Gelände z. B. in der Stadt Duisburg, die sehr unter Baulandmangel leidet, zu ) 40 bis 45 DM je Quadratmeter angeboten wird?
Ich kann die Frage nicht beantworten. Ich werde sie mit dem Kollegen Lenz, der für diese Dinge zuständig ist, überlegen und Ihnen die Antwort geben.
({0})
Ich rufe auf die Frage X/3 - des Abgeordneten Büttner -:
Wie steht das Bundesministerium für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung zu der Feststellung, daß in verschiedenen Orten die Zahl der Dringlichkeitsfälle unter den Wohnungssuchenden steigt, nicht zuletzt dadurch, daß durch die vermehrten Eigenbedarfsklagen infolge Auflösung des Mieterschutzes durch das Abbaugesetz Familien schuldlos räumungspflichtig werden?
Dem Ministerium ist nicht bekannt, daß die Zahl der sogenannten Dringlichkeitsfälle seit dem Inkrafttreten des Abbaugesetzes zugenommen hat. Selbstverständlich ist in vielen Orten der Bundesrepublik zur Zeit noch ein mehr oder weniger starker Wohnungsmangel vorhanden. Dem trägt aber das Abbaugesetz in yollem´ Umfang Rechnung. Es hat bekanntlich die Wohnungszwangswirtschaft nicht mit einem Schlage abgeschafft, sondern sieht nur deren stufenweisen Abbau bis zum Jahre 1966 vor. Die Zwangswirtschaft wird nur in dem gleichen Umfang, in dem Wohnungen gebaut werden, abgebaut. In den Orten, in denen die Wohnungsmarktlage noch angespannt ist, besteht demzufolge zunächst - ich muß von meinem Standpunkt aus sagen: leider - die Wohnungszwangswirtschaft weiter.
Unzutreffend wäre die Behauptung, daß die Anzahl der Eigenbedarfsklagen allgemein wesentlich zugenommen hat. Der Herr Bundesjustizminister hat im letzten Jahr auf meine Bitte hin eine entsprechende Rundfrage bei den Landesjustizverwaltungen gehalten. Das Ergebnis dieser Enquete war, daß - von geringfügigen örtlichen Ausnahmen abgesehen - von einem nennenswerten Ansteigen der Mietaufhebungsurteile keine Rede sein kann.
Eine andere Entwicklung wäre auch kaum vorstellbar, da das Abbaugesetz nun wirklich alle erdenklichen Sicherungen geschaffen hat. Zwar schreibt der neugefaßte § 4 des Mieterschutzgesetzes vor, daß auch die Interessen des Vermieters, der sich selbst in unzulänglichen Wohnverhältnissen befindet, gebührend zu berücksichtigen sind. Ich glaube, das Hohe Haus sollte sich darin einig sein, daß es nicht nur Interessen der Mieter, sondern auch Interessen der Vermieter gibt. Auf der anderen Seite wird aber gerade durch die neue Fassung die Eigenbedarfsklage dadurch erschwert, daß das Gericht zugunsten des Mieters die allgemeinen örtlichen Wohnverhältnisse bei der Beurteilung der Sachlage heranziehen muß. Damit ist eine elastische Regelung getroffen, die der jeweiligen örtlichen Situation Rechnung trägt und den Gerichten eine sinnvolle Behandlung der schwierigen Eigenbedarfsklagen ermöglicht. Wenn es im Einzelfall zu einem Räumungsurteil kommt, so besteht nach wie vor die Möglichkeit, Räumungsschutz und im Anschluß daran Vollstreckungsschutz zu erhalten.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Büttner.
Herr Bundesminister, darf ich Sie bitten, mir das Material, das Sie zu dieser Frage gesammelt haben, schriftlich zur Verfügung zu stellen, weil ich nicht daran glauben kann, daß es sich um Einzelfälle handelt? Diese meine Ansicht gründet sich auf die Erfahrungen in meiner Sprechstundentätigkeit und meiner Tätigkeit als Ratsmitglied. Ich habe da das Gegenteil festgestellt und weiß von vielen anderen Städten und Gemeinden, daß auch dort das Gegenteil der Fall ist.
Ich bin gern bereit, das Material, das der Herr Bundesjustizminister zusammengestellt hat, zur Verfügung zu stellen.
Ich danke Ihnen, Herr Bundesminister.
Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Ich rufe auf die Frage des Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen:
Vizepräsident Dr. Jaeger
Trifft die Meldung in einer großen deutschen Tageszeitung zu,
wonach das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit für die Erfüllung seiner koordinierenden Aufgaben 280 Planstellen benötigt?
Herr Bundesminister, ich darf bitten.
Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen, der von Ihnen erwähnte Artikel in der Welt eilt der Zeit um ein erhebliches Stück voraus. Dem Hohen Hause hat ja vor zwei Tagen ein Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgelegen - das sogenannte Vorschaltgesetz -, in dem für das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit 34 Beamtenplanstellen vorgesehen sind. Die Mitglieder des Haushaltsausschusses haben zwar der Überweisung nicht widersprochen, aber geglaubt, es sei nützlich, die Behandlung dieses Gesetzentwurfes mit der Behandlung des Haushaltsplans zu verbinden. Ich darf hier am Rande offen sagen, daß mir das im Augenblick großen Kummer macht; aber damit muß ich fertig werden.
Auch im Einzelplan 23 sind die gleichen 34 Planstellen enthalten, die die Bundesregierung für das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit beantragt hat. In einer Vorbemerkung ist allerdings auf die §§ 12 und 20 des Haushaltsgesetzes hingewiesen worden, nach denen sowohl Verlagerungen zwischen einzelnen Ressorts vorgenommen als auch, wenn nötig, zusätzlich neue Stellen geschaffen werden können. Wir gehen davon aus, daß durch Aufgabenverlagerungen von anderen Ressorts auf das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenabeit Stellenübertragungen vorgenommen werden müssen. Weil aber eine ganze Reihe neuer Aufgaben hinzugekommen ist, müssen auch neue Stellen eingerichtet werden.
Ich bin davon überzeugt, Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen, daß im Jahre 1962 für die Bearbeitung des Gesamtkomplexes Entwicklungspolitik mehr Beamten- und Angestelltenstellen zur Verfügung gestellt werden müssen als in den vorhergegangenen Jahren. Allerdings verteilen sich diese Stellen auf mehrere Ressorts. Man kann also jetzt noch nicht sagen, wieviele davon auf das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit entfallen.
Ich darf vielleicht ganz allgemein darauf hinweisen, daß gerade das Parlament und seine Ausschüsse in der Vergangenheit immer wieder betont haben, wie wichtig die sachgerechte Verausgabung von Mitteln und wie notwendig eine Kontrolltätigkeit in diesem Bereich ist. Das gilt auch für das Recht des Steuerzahlers, daß die entnommenen Summen, die die Bundesrepublik im Augenblik im Rahmen der Entwicklungspolitik ausgibt, wirklich sachgerecht verplant und auch in ihrer Verwendung in geeigneter Form kontrolliert werden.
Eine Zusatzfrage.
Glauben Sie, Herr Minister, daß es Ihnen gelingt, in Kürze wenigstens Klarheit über die Kompetenzen Ihres Hauses zu schaffen, damit eine vernünftige Disposition auf Ihrem Arbeitsgebiet überhaupt möglich ist?
Ich darf zumindest sagen, Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen: ich .hoffe, daß es in Kürze gelingt.
Eine weitere Zusatzfrage.
Glauben Sie, Herr Minister, daß Sie in absehbarer Zeit auch mit der Unterstützung durch einen Staatssekretär bei Ihrer Arbeit rechnen können?
({0})
Das nehme ich als ganz sicher an.
Ich komme nunmehr zu der Frage des Abgeordneten Hermsdorf:
Trifft die dpa-Meldung vom ,13. Februar 1962 zu wonach die Bundesregierung Spanien in den Kreis der Entwicklungshilfe einbeziehen und einen Kredit von 200 Millionen DM gewähren will?
Herr Bundesminister, ich darf bitten.
Herr Kollege Hermsdorf, Spanien wird von der OECD, deren Mitglied wir sind, als ein Entwicklungsland betrachtet. Auf Grund dieser Tatsache hat der Herr Bundeswirtschaftsminister, als er im Mai vorigen Jahres nach Spanien reiste, um dort ein Abkommen über die wirtschaftliche Zusammenarbeit abzuschließen, der spanischen Regierung auf Grund eines Kabinettsbeschlusses einen Entwicklungskredit von 200 Millionen DM zugesagt. Dieser Entwicklungskredit ist bestimmt für die Finanzierung von zwei Bewässerungsvorhaben in Spanien, deren Kosten insgesamt etwa 340 Millionen DM ausmachen, von denen also die spanische Regierung 140 Millionen DM selbst übernehmen wird. Im Augenblick werden die Kreditbedingungen für die Hergabe dieser 200 Millionen DM geprüft.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hermsdorf.
Herr Minister, setzen Sie einmal die Größe der eigentlichen Entwicklungsländer in Asien und Afrika und die Not und den Hunger dort in ein Verhältnis zu den Geldbeträgen, die wir dort zugesagt haben. Meinen Sie nicht, daß es etwas auffällig ist, wenn ausgerechnet für Spanien gleich 200 Millionen DM aufgewendet werden?
Herr Kollege Hermsdorf, ich sehe nichts Auffälliges darin. Bei einer Betrachtung der Entwicklungsländer darf man wohl nicht den Fehler machen, ausschließlich an Asien, Afrika und Lateinamerika zu denken. Wir haben in Europa natürlich
eine ganze Anzahl von Ländern, die eine Entwicklungshilfe dringend benötigen.
({0})
Ich denke in diesem Zusammenhang an Griechenland, Süditalien und selbstverständlich auch an Spanien.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hermsdorf.
Herr Minister, meinen Sie nicht auch, daß gewisse wirtschaftliche Verhältnisse in Spanien auch dadurch bedingt sind, daß dieses Land seit Jahrzehnten von einem totalitären Regime beherrscht wird?
({0})
Herr Kollege, diese Frage nach den Zusammenhängen zwischen den innerpolitischen Verhältnisse in einem Entwicklungsland und den außenpolitischen Beziehungen der Bundesrepublik zu diesem Land - ({0})
Meine Damen und Herren, ich bitte doch um etwas Ruhe, damit der Herr Bundesminister die ihm gestellte Frage beantworten kann.
- - fällt an sich in die Zuständigkeit des Herrn Außenministers. Ich darf aber sagen, Herr Kollege Hermsdorf, daß wir von der Sicht des Ministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit auf dem Standpunkt stehen, daß unsere Entwicklungshilfe in allen Fällen keinen politischen Bindungen unterliegen darf.
({0})
Ich glaube, meine Kollegen, wenn man den afrikanischen Ländern Guinea und Ghana und der Türkei - leichten Herzens und mit besonderem Nachdruck - Entwicklungshilfe gibt, darf man sie Spanien nicht verweigern.
({1})
Das Wort zu einer Zusatzfrage hat der Herr Abgeordneten Dr. Fritz.
Ich darf mir die Frage erlauben: ist Ihnen bekannt, daß von seiten unserer sozialdemokratischen Kollegen positive Meinungen über die spanische Wirtschaft und ihre Entwicklungsmöglichkeit geäußert worden sind?
Mir ist bekannt, Herr Kollege, daß die Grundlagen einer möglichen Entwicklung Grundlagen sowohl in der wirtschaftlichen Situation als auch hinsichtlich der ergriffenen Maßnahmen - von einem sachverständigen Kollegen, der sicherlich nicht als Angehöriger der sozialdemokratischen Fraktion, sondern eben als sachverständiger Kollege gesprochen hat, sehr positiv beurteilt worden sind.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Dr. Mommer.
Herr Minister, wenn die Entwicklungshilfe, wie Sie sagen, ohne politische Bedingungen gegeben wird, kann dann auch das kommunistische Jugoslawien Entwicklungshilfe bekommen?
Herr Kollege Mommer, ich habe soeben einige Länder genannt, denen wir Entwicklungshilfe geben und deren innerpolitische Verhältnisse wir nicht gerade etwa mit der Bezeichnung „Westminster -Demokratie" belegen können. Mit solchen Ländern kann man, glaube ich, Spanien vergleichen, und wir sollten wirklich hier denselben Maßstab anlegen.
Damit stehen wir am Ende der Fragestunde.
Ich rufe Punkt 22 der gemeinsamen Tagesordnung auf:
Bericht der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes ({0}).
Das Wort zur Erstattung des Berichts hat der Herr Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Landwirtschaft wurde in den letzten Wochen manche Schlagzeile gewidmet. Das zeigt, daß den Problemen der Landwirtschaft auch im Industriestaat große Aufmerksamkeit geschenkt wird und sicher auch geschenkt werden muß. Am 24. Januar dieses Jahres hatte ich bereits Gelegenheit, über Fragen der EWG-Politik und insbesondere der EWG-Agrarpolitik zu referieren, die dann am 31. Januar gemeinsam hier diskutiert worden sind. Heute lege ich Ihnen den Bericht der Bundesregierung zur Lage der Landwirtschaft gemäß dem Landwirtschaftsgesetz vor, der für die agrarpolitischen Maßnahmen die sachliche Grundlage liefert.
Die Landwirtschaft kann nicht für sich allein betrachtet werden. Sie ist ein wichtiges Glied in unserer Gesamtwirtschaft. Der Anteil der Landwirtschaft an der Wertschöpfung der westdeutschen Wirtschaft beträgt zwar nur 6 bis 7 %. Hieraus darf aber nicht der voreilige Schluß gezogen werden, daß die Landwirtschaft ein unbedeutender Teil unserer Volkswirtschaft sei, auf den man notfalls auch verzichten könnte. Es wird dabei unter anderem übersehen, daß die Landwirtschaft bei dieser Betrach-
tungsweise der Gesamtheit der übrigen Wirtschaftszweige gegenübergestellt ist. Die richtige Perspektive gewinnt man erst dann, wenn die Landwirtschaft mit einzelnen wichtigen Wirtschaftszweigen verglichen und auch die Verflechtungen und gegenseitige Beeinflussung nicht außer acht gelassen werden.
Die Landwirtschaft erzeugt jährlich Güter im Werte von 24 Milliarden DM. Das sind 7 Milliarden DM mehr als der Umsatz der Fahrzeugindustrie, die heute sehr gern als Indikator industriellen Fortschritts herangezogen wird; oder, um einen anderen Vergleich heranzuziehen: Die landwirtschaftliche Produktion entspricht mehr als der Hälfte des Wertes des Exports der gewerblichen Wirtschaft, von dem unser Wohlstand stark abhängig ist.
Die Landwirtschaft ist aber nicht nur als Produzent, sondern auch als Konsument im volkswirtschaftlichen Gefüge von Bedeutung. Die Landwirtschaft benötigt jährlich Güter und Dienstleistungen im Werte von 15 Milliarden DM aus den übrigen Wirtschaftszweigen. Das entspricht ungefähr dem gesamten Umsatz der Textilindustrie.
Die Landwirtschaft ist auch heute noch für den gewerblichen Sektor als Käufer und als Erzeuger von Rohstoffen ein bedeutender Faktor und für die Stabilität des Binnenmarktes nicht zu unterschätzen.
Der Landwirt hängt bei der Erzeugung sehr stark von Naturgesetzen ab; und der Ausdehnung der Nachfrage nach Nahrungsmitteln sind selbst bei steigendem Wohlstand Grenzen gesetzt. Der gewerbliche Produzent dagegen ist von der Natur nicht so stark abhängig und kann bei steigendem Einkommen mit erhöhtem Absatz rechnen. Er kann aber auch die Produktion einschränken oder umstellen, wenn die Nachfrage nachläßt oder sich ändert. Vor diesem Hintergrund müssen wir die Lage der Landwirtschaft betrachten.
Gestatten Sie mir nun einige konkrete Angaben zur Einkommensentwicklung, denn ganz ohne Zahlen geht es in einem Lagebericht nun einmal nicht.
Die Einkommenssituation der in der Landwirtschaft Tätigen hat sich im abgelaufenen Wirtschaftsjahr 1960/61 gebessert. Der erzielte Lohn in der Landwirtschaft war um 388 DM je Arbeitskraft höher als im Vorjahr, das sind 11%. Die Witterungsabhängigkeit der Landwirtschaft bedingt mehr oder weniger starke Schwankungen des Einkommens von Jahr zu Jahr. Deshalb muß die Ertragslage an Hand der Ergebnisse mehrerer Jahre betrachtet werden. Seit Inkrafttreten des Landwirtschaftsgesetzes verbesserte sich das landwirtschaftliche Einkommen um rund 1700 DM auf rund 4000 DM je Arbeitskraft. Das bedeutet einen Anstieg von mehr als 70 %
Alle Berufsgruppen messen ihr Einkommen nicht an dem der vergangenen Jahre, sondern am Einkommen der anderen Berufsgruppen. In dieser Richtung gibt auch das Landwirtschaftsgesetz den Auftrag, das Einkommen der in der Landwirtschaft Tätigen mit dem Lohn vergleichbarer gewerblicher Berufsgruppen in Beziehung zu bringen.
Der Lohn der für die Landwirtschaft vergleichbaren gewerblichen Berufsgruppen erhöhte sich seit Inkrafttreten des Landwirtschaftsgesetzes um rund 1900 DM auf rund 5400 DM je Erwerbstätigen. Das bedeutet, daß der Einkommensabstand zwischen dem erzielten Lohn in der Landwirtschaft und dem Lohn vergleichbarer gewerblicher Berufsgruppen absolut etwas größer, aber relativ kleiner geworden ist. Der Einkommensabstand beträgt rund 1400 DM je Arbeitskraft, das entspricht 26 % des Vergleichslohnes gegenüber 34 % im Jahre 1956/57.
Nur auf 7 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche wurde 1960/61 ein Einkommen erreicht, das dem Ziel des Landwirtschaftsgesetzes entspricht. Außerdem wurde auf 30 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche ein Einkommen in Höhe des Vergleichslohnes erwirtschaftet, wenn auch eine angemessene Kapitalverzinsung nicht in vollem Umfang erzielt wurde. Im Grünen Bericht sind diese Verhältnisse mit Zahlen und Schaubildern auf den Seiten 62 und 68 dargelegt.
Die eben geschilderte Einkommenssituation bezieht sich auf das Wirtschaftsjahr 1960/61. Inzwischen wissen wir, daß infolge der niedrigen Getreide- und Hackfruchternte die Lage der Landwirtschaft sich im laufenden Jahr erheblich ungünstiger entwickelt hat. Nach den bisher vorliegenden Unterlagen ist zu erwarten, daß durch die höheren Ausgaben, insbesondere für Futtermittel, der Überschuß der Verkaufserlöse über die Betriebsausgaben um 800 Millionen DM gegenüber dem Vorjahr geringer wird. Während für 1961/62 mit einem Rückgang der landwirtschaftlichen Einkommen zu rechnen ist, sind aber die Löhne der vergleichbaren gewerblichen Berufsgruppen bei anhaltender Konjunktur der Wirtschaft weiter gestiegen. So muß leider angenommen werden, daß der Abstand zwischen dem erzielten Lohn in der Landwirtschaft und dem Vergleichslohn größer wird.
Von den Durchschnittsergebnissen für das Bundesgebiet weichen die Ergebnisse der einzelnen landwirtschaftlichen Betriebe zum Teil erheblich ab. Im Laufe der Jahre ist deutlich die Tendenz zu erkennen, daß Betriebe von ausreichender Größe, die intensiver wirtschaftenden Betriebe und die Betriebe mit guten Ertragsvoraussetzungen höhere Einkommen erzielen als die kleineren Betriebe, die weniger intensiv wirtschaftenden Betriebe und die Betriebe mit geringen Ertragsvoraussetzungen. Selbstverständlich ist in allen Fällen das Können des Betriebsleiters von ausschlaggebender Bedeutung.
Ohne die direkten Hilfsmaßnahmen der Bundesregierung für die Landwirtschaft wäre das Einkommen in den landwirtschaftlichen Betrieben zwar auch gestiegen, aber der Einkommensabstand wäre noch wesentlich größer. Die Verbesserung der Einkommen auch nach Abzug der sofort wirksamen Förderungsbeträge läßt erkennen, daß sich neben den Rationalisierungsbestrebungen der Landwirte die Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur und der Produktions- und Absatzvoraussetzungen auswirken. Diese Maßnahmen, die die Rentabilitätsgrundlagen der Landwirtschaft nachhaltig verbes-
sern, werden erst auf lange Sicht in vollem Umfange wirksam werden.
Der Einkommensvergleich, den ich eben vortrug, bezieht sich auf das Jahreseinkommen. In den Diskussionen über den Einkommensvergleich ist nun vielfach der Wunsch geäußert worden, vom Stundenlohn auszugehen. Dabei beruft man sich auf die Verkürzung der Arbeitszeit in der gewerblichen Wirtschaft und die längere Arbeitszeit in der Landwirtschaft, erzwungen durch die Abwanderung der Arbeitskräfte. Die große Arbeitsbelastung der landwirtschaftlichen Familienarbeitskräfte, die sich in vielen Betrieben infolge des Arbeitskräftemangels ergeben hat, dürfte allgemein bekannt sein.
Rechnerisch läßt sich ein Stundenlohnvergleich wohl durchführen, allerdings nur unter Verwendung kalkulatorischer Ansätze. Bezieht man das vorgenannte Jahreseinkommen in der Landwirtschaft für 1960/61 auf 2800 bzw. 3200 Arbeitsstunden, so ergibt sich ein Betrag je Arbeitsstunde von 1,43 DM bzw. 1,25 DM. Dem steht ein Stundenlohn im Durchschnitt für Männer und Frauen vergleichbarer gewerblicher Berufsgruppen in Höhe von 2,46 DM bzw. bei Einbeziehung der Pendelzeiten von 2,17 DM gegenüber.
Ein derartiger Stundenlohnvergleich hat aber nur eine bedingte Aussagekraft. Eine zuverlässige Abgrenzung der betrieblichen und der betriebsnotwendigen Arbeitszeit in der Landwirtschaft ist nicht, möglich. Betriebsarbeit und Familienleben gehen im bäuerlichen Betrieb im Gegensatz zum industriellen Arbeitstag untrennbar ineinander über. Es wechseln
In der Landwirtschaft sowohl die tägliche Dauer als auch die Intensität der Arbeit im Laufe des Jahres. Hinzu kommt, daß die Arbeitszeit der selbständigen Bauernfamilie nicht mit der tariflichen Arbeitszeit eines unselbständigen Arbeitnehmers gleichzusetzen ist. Ich kann hier auf dieses Problem im einzelnen nicht näher eingehen und verweise auf den vorjährigen Grünen Bericht, in dem diese Fragen eingehend behandelt worden sind.
Nach diesem Überblick über die Einkommenssituation in der Landwirtschaft möchte ich noch kurz auf die Leistungen der Landwirtschaft eingehen, um aufzuzeigen, daß die Landwirtschaft große Anstrengungen unternommen hat, die Leistungsfähigkeit der Betriebe den heutigen Erfordernissen anzupassen.
Die Landwirtschaft hat ihre Produktion im letzten Jahrzehnt um mehr als ein Drittel erhöht. Trotz zunehmender Bevölkerung und trotz Landverlusten an Bauland konnte die Nahrungsmittelversorgung zu mehr als 75 % aus der Erzeugung des Inlandes erfolgen. Die einheimische Landwirtschaft ist damit nach wie vor die Grundlage für die Versorgung mit Nahrungsmitteln. Für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung ist aber von besonderer Bedeutung, daß das zunehmende Erzeugungsvolumen der Landwirtschaft von einem sich ständig verringernden Arbeitskräftebestand erwirtschaftet wurde.
Im letzten Jahrzehnt hat die Landwirtschaft 1,3 Millionen Arbeitskräfte an andere Wirtschaftsbereiche - ob freiwillig oder unfreiwillig, das sei hier dahingestellt - abgegeben. In den vergangenen drei Jahren setzte sich insbesondere die Abwanderung der Lohnarbeitskräfte aus der Landwirtschaft verstärkt fort und hat die Schwierigkeiten in der Arbeitswirtschaft vor allem in den mittel- und großbäuerlichen Betrieben erhöht. Die Verringerung des Arbeitskräftebestandes hatte andererseits eine Steigerung der Arbeitsproduktivität zur Folge. Vor zehn Jahren wurden von einer Arbeitskraft 97 dz Getreideeinheiten erzeugt, heute sind es 204 dz. Die Produktion je Arbeitskraft hat sich in dieser relativ kurzen Zeitspanne mehr als verdoppelt. Diese Leistungssteigerung kann sich neben der der übrigen Wirtschaftsbereiche durchaus sehen lassen.
Vielfach wird der Landwirtschaft der Vorwurf gemacht, sie passe sich der modernen Entwicklung, die durch eine kapitalintensive Wirtschaftsweise gekennzeichnet ist, nicht an. Dies trifft nicht zu. Auf eine landwirtschaftliche Arbeitskraft entfallen heute durchschnittlich Kapitalwerte in Höhe von 36 000 DM. Damit übertrifft die Kapitalausstattung der landwirschaftlichen Arbeitskräfte im Durchschnitt die der Arbeitskräfte in der gewerblichen Wirtschaft.
Die beachtliche Steigerung der Arbeitsproduktivität war nur durch große Umstellungen möglich, die in umfangreichen Investitionen der Landwirtschaft zum Ausdruck kommen. Im letzten Jahrzehnt investierte die westdeutsche Landwirtschaft 22 Milliarden DM in ihren Betrieben, davon 16 Milliarden DM für neue Maschinen. Allein im Wirtschaftsjahr 1960/61 wurden 2,7 Milliarden DM für Maschinen aufgewendet.
Die umfangreichen Investitionen, die die Landwirtschaft bisher vornahm, konnte sie aus eigenen Mitteln nicht in vollem Umfang finanzieren, so daß Fremdkapital aufgenommen werden mußte. Die Kreditbelastung, die nach der Währungsreform 2,5 Milliarden DM betrug, ist heute auf rund 13 Milliarden DM angewachsen. Obwohl erhebliche Mittel für die Zinsverbilligung aufgewendet wurden, belaufen sich die jährlichen Zinsleistungen auf 740 Millionen DM; sie entsprechen 3,6 % der Verkaufserlöse.
Die Entwicklung auf dem Gebiete der ländlichen Arbeitswirtschaft in Verbindung mit dem allgemeinen, günstigen Wirtschaftsverlauf in der gewerblichen Wirtschaft haben zu einer beachtlichen Veränderung der Betriebsgrößenstruktur geführt. Seit 1949 verringerte sich die Zahl der Betriebe mit 0,5 bis 10 ha Nutzfläche um rund 400 000. Dieser Rückgang entstand vor allem durch die Aufgabe von landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetrieben und Grenzbetrieben, deren Inhaber in zunehmendem Maße Einkünfte aus nichtlandwirtschaftlicher Tätigkeit beziehen. Die dadurch frei gewordenen Flächen kamen, soweit sie nicht aus der landwirtschaftlichen Nutzung ausgeschieden sind, dem Bereich der bäuerlichen Familienbetriebe zugute. Diese Entwicklung in der Veränderung der Betriebsgrößenstruktur wird sich in Zukunft verstärkt fortsetzen.
Die Fortschritte auf allen Gebieten der Wirtschaft stellen auch die landwirtschaftlichen Betriebe vor viele Probleme, die sich mit dem Hineinwachsen in die EWG noch vergrößern werden. Die Anpassung an die neuen Verhältnisse erfordert eine schnelle
Umstellung, die nicht ohne wirtschaftliche und soziale Spannungen vor sich geht. Umfangreiche staatliche Maßnahmen sind daher notwendig, um die Anpassung, die die Landwirtschaft in der kurzen Zeit nicht aus eigener Kraft vornehmen kann, zu erleichtern und um Härten zu mildern. Die erforderlichen Maßnahmen können aber nur auf der Grundlage eines starken Selbsthilfewillens der Landwirtschaft von Erfolg sein.
Meine Damen und Herren! Nachdem ich Ihnen die Feststellungen des Grünen Berichts 1962 vorgetragen und die Ergebnisse der Untersuchungen der Ertragslage der Landwirtschaft im Wirtschaftsjahr 1960/61 erläutert habe, darf ich nunmehr zum Grünen Plan übergehen.
Lassen Sie mich zunächst einige Angaben über die agrarpolitischen Maßnahmen und ihre Ergebnisse im abgelaufenen Jahr machen.
Von den verschiedenen Hilfen zur Beseitigung ungünstiger struktureller Erzeugungsbedingungen haben im vergangenen Jahr vor allem die Aufstockung und Aussiedlung landwirtschaftlicher Betriebe, der freiwillige Landtausch und die Maßnahmen zur Sanierung von Altgehöften wie auch diejenigen zur Durchführung forstlicher Vorhaben in einem nicht erwarteten Umfang zugenommen. Obwohl 1961 für diese Zwecke bereits höhere Mittel als im Vorjahr zur Verfügung standen, reichten sie nicht aus, um den Anforderungen der Länder nachzukommen. Ich bin deshalb meinem Kollegen vom Finanzressort für seine Hilfe sehr dankbar, die er ) mir in der Einsicht gewährt hat, daß diese günstige Entwicklung keinen Rückschlag erfahren darf. Diese Finanzierungslücke konnte im Wege einer zusätzlichen Bindungsermächtigung im wesentlichen geschlossen werden.
Ich darf Ihre Aufmerksamkeit ferner auf die Fortschritte in der Flurbereinigung lenken, deren Leistungen in den letzten Jahren beachtlich zugenommen haben. So hege ich die berechtigte Hoffnung, daß sich die im Kalenderjahr 1960 erzielte Bereinigungsfläche von etwas mehr als 270 000 ha - für 1961 können Angaben noch nicht gemacht werden - weiter erhöhen wird. Dies setzt voraus, daß Bund, Länder und Beteiligte auch künftig bereit sind, die dafür erforderlichen finanziellen Beträge zur Verfügung zu stellen.
Von den weiteren Erfolgen der von der Bundesregierung im Jahre 1961 geförderten und in der rückschauenden Betrachtung im einzelnen aufgeführten Maßnahmen möchte ich noch besonders die Tilgung der Rindertuberkulose erwähnen. Nach dem Stande vom 30. Juni 1961 hat der Anteil der amtlich als tbc-frei anerkannten Rinderbestände an der Gesamtzahl aller Rinderbestände im Bundesgebiet 98,7 v. H. erreicht; seitdem konnte der Anteil noch weiter erhöht werden. Die Tbc-Bekämpfung kann damit praktisch als abgeschlossen betrachtet werden,
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wenn auch noch für einen gewissen Zeitraum Mittel notwendig sind, um auch die letzten Fälle zu bereinigen und das Erreichte zu festigen. Um der Landwirtschaft möglichst weitere und nicht notwendige
Abgänge durch die laufenden Nachkontrollen bei der Tuberkulosebekämpfung zu ersparen, haben wir auch auf diesem Gebiet bessere Untersuchungsmethoden in Vorbereitung, die aller Voraussicht nach im Laufe des Sommers angewandt werden können.
Ich möchte mich nun den neuen Maßnahmen für 1962 zuwenden, die Sie im Abschnitt B der Vorlage zu Drucksache IV/ 180 im einzelnen schriftlich aufgeführt und begründet finden. Diesem Teil der Drucksache ist wie in den vorausgegangenen Jahren wieder eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse des Grünen Berichts 1962 vorangestellt worden.
Aus den Feststellungen des Grünen Berichts 1962 sind für die Aufstellung des Grünen Planes besonders die beiden von mir schon erwähnten Tatbestände richtungweisend gewesen:
1. Trotz der Anstrengungen der Landwirtschaft war es im Jahr 1960/61 nicht möglich, den Einkommensabstand zwischen den in der Landwirtschaft tätigen Menschen und den Erwerbspersonen vergleichbarer gewerblicher Berufsgruppen spürbar zu verringern.
2. Für das noch laufende Wirtschaftsjahr 1961/62 muß damit gerechnet werden, daß der Abstand wegen der schlechten Ernteverhältnisse und wegen des weiteren Ansteigens der Löhne im gewerblichen Bereich wieder größer werden wird.
Die Bundesregierung hat daher für den Grünen Plan 1962 mit 2060 Millionen DM einen erheblich größeren Betrag als im Vorjahr zur Verfügung gestellt. Er dient dazu, bisher bewährte Maßnahmen verstärkt fortzusetzen und notwendige neue Hilfen einzuleiten. Eine Aufgliederung des Gesamtbetrages von 2060 Millionen DM auf die einzelnen Maßnahmen finden Sie auf Seite 24 der Vorlage zu Drucksache IV/ 180.
Bevor ich mich einzelnen Maßnahmen dès neuen Förderungsprogramms zuwende, lassen Sie mich noch einmal die Zielsetzung betrachten, die wir uns stellen müssen. Zwar ist eine solche durch das Landwirtschaftsgesetz gegeben; aber es gilt nicht allein, danach zu trachten, den derzeitigen Unterschied in den Einkommensverhältnissen zwischen Landwirtschaft und vergleichbaren Berufen auszugleichen, und man darf auch nicht in statischem Denken verharren, sondern wir müssen mehr denn je in die Zukunft blicken. Nicht nur die rasant wachsende Wirtschaft um uns herum macht uns zu schaffen durch immer höhere Löhne, kürzere Arbeitszeiten, längeren Urlaub, bessere Sozialleistungen, denen die Landwirtschaft kaum zu folgen vermag; auch das Zusammenwachsen der sechs EWG-Länder verlangt unsere größte Aufmerksamkeit. Je härter und klarer - mag es vielleicht auch schmerzhaft sein - wir unseren Standort analysieren, desto richtiger werden wir handeln.
Wir brauchen leistungsfähige Betriebe mit einer richtigen Relation zwischen Größe und Arbeitskraft. Wir brauchen ein betriebswirtschaftliches Denken, das die organisatorische Rationalisierung unserer Betriebe als erste und wichtigste Aufgabe löst und auf jener die technische Rationalisierung aufbaut.
Zur zweckentsprechenden Betriebsorganisation gehört die Verminderung der Vielfalt der gehaltenen Nutzvieharten und der angebauten Früchte, um den verbleibenden Teil nach modernen Grundsätzen sinnvoll nutzen zu können. Zur technischen Rationalisierung gehört die Anschaffung von Maschinen und Geräten, vor allem aber der dringend notwendige Umbau veralteter Ställe. Wie sollen wir ohne solche Maßnahmen gute, schon ab Hof gleichmäßige Qualitäten erzielen? Wenn wir nicht bereits bei 'der Erzeugung unserer Waren an den Markt denken und uns nach diesem ausrichten, bürden wir Handel und Genossenschaft eine Arbeit auf, die allzu kostspielig und kaum mehr zu lösen ist. Die ausländische Konkurrenz steht vor der Tür - wir bestehen den Kampf, wenn wir wachsam sind.
Aus diesen Gründen legt der Grüne Plan 1962 Hauptaugenmerk auf Verbesserung der Struktur und ein großzügiges Zinsverbilligungsprogramm, das etwa 1,2 Milliarden DM Kredite mobilisieren wird.
Umstritten sind immer wieder die globalen Förderungsmaßnahmen. Eine gerechte Wirkung wird sich stets nur durch wohlüberlegte Verteilung erzielen lassen. In diesem Zusammenhang darf ich sowohl an die auf etwa 800 Millionen DM veranschlagten Einnahmerückgänge dieses Jahres wie die immer stärker werdenden Belastungen der Betriebe mit Lohnarbeitskräften erinnern.
Nach diesen allgemeinen Bemerkungen darf ich auf folgendes hinweisen:
Wie Sie feststellen werden, sind gegenüber dem Vorjahr bestimmte Umgruppierungen bei der Mittelveranschlagung im Grünen Plan und im Normalhaushalt vorgenommen worden. Es handelt sich dabei um solche Maßnahmen, für die Mittel schon vor Beginn der Grünen Pläne im Haushalt bereitgestellt wurden und die später durch Beträge aus dem Grünen Plan verstärkt worden sind. Wie aus der Tabelle auf Seite 24 zu entnehmen ist, sind die Mittel für wasserwirtschaftliche und kulturtechnische Maßnahmen mit übergebietlicher Bedeutung im Binnenland, an der Nordseeküste und im Alpenbereich, ferner die Mittel für Forschung, Ausbildung, Beratung und Aufklärung sowie für die Tierseuchenbekämpfung aus dem Grünen Plan an anderer Stelle des Haushalts verlagert worden und werden künftig nur noch dort veranschlagt.
Dagegen sind die Beträge für die Zinsverbilligung von Krediten zur Förderung altrar- und ernährungswirtschaftlicher Maßnahmen - mit Ausnahme der für die Fischwirtschaft benötigten Mittel - auf den Grünen Plan übertragen worden. Diese Beträge beeinflussen das Verhältnis von Ertrag und Aufwand in den Betrieben unserer Landwirtschaft unmittelbar.
Damit ist einem Teil der hier vor Jahresfrist geäußerten Wünsche entsprochen; weitere sind, wie ich weiß, noch offen.
Soll den insonderheit den Familienbetrieben dienenden Zielen des Landwirtschaftsgesetzes durch ein umfassendes Hilfsprogramm, nämlich den Grünen Plan, nachgekommen werden, so setzt das angegesichts der Vielgestaltigkeit der Landwirtschaft im
Bundesgebiet ein Bündel von Maßnahmen voraus, das in sich sehr differenziert sein muß. Ich möchte Sie nur darauf hinweisen, daß für viele landwirtschaftliche Betriebe die Beseitigung ungünstiger struktureller Produktionsbedingungen eine der wesentlichsten Voraussetzungen zur Verbesserung ihrer Produktivität ist. Ich glaube deshalb nicht, daß die strukturverbessernden Hilfen wie z. B. die Flurbereinigung, die Aussiedlung und die Aufstokkung aus dem Grünen Plan herausgenommen werden können. Meine Auffassung wird noch dadurch gestärkt, daß es gerade die strukturellen Hilfen sind, die in der Offentlichkeit fast uneingeschränkt als notwendig und berechtigt im Sinne des Landwirtschaftsgesetzes angesehen werden.
Es kommt noch etwas anderes hinzu! Die Entlastung des Grünen Plans von finanziellen Aufwendungen für Maßnahmen, 'die auch anderen Wirtschaftsbereichen und Bevölkerungsgruppen zugute kommen, bereitet erhebliche Schwierigkeiten. Dies gilt auch für die Forderung, den Grünen Plan auf solche Aufwendungen zu konzentrieren, die als sogenannte Subventionen ausschließlich und unmittelbar der Verbesserung der Einkommenslage der Landwirtschaft dienen. Aus ähnlichen Schwierigkeiten erweist sich auch eine Neugliederung des Grünen Planes als nicht durchführbar, die etwa darauf abzielt, die Hilfen nach ihrer Auswirkung auf die wirtschaftliche Lage, die Änderung der sozialen Verhältnisse und auf die allgemeine wirtschaftliche und soziale Entwicklung des ländlichen Raumes zu gruppieren.
Alle diese Fragen stehen in engem Zusammenhang mit der Wirkung von Subventionen.
Zunächst: Es gibt keine unumstrittene Definition des Begriffs „Subvention". Um Sie hierüber nicht mit zu weitschweifigen Ausführungen langweilen zu müssen, darf ich Sie auf die Drucksache 1229 vom 28. Juli 1959 verweisen, in der der Herr Bundesminister der Finanzen zu diesem Thema bei seiner Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion der DP betreffend „Subventionen im Bundeshaushalt" ausführlich Stellung genommen hat.
Ferner bestehen erhebliche Unterschiede in den Auffassungen über die Wirkungen und den Grad des Vorteils, den einzelne Bereiche aus der jeweiligen Maßnahme ziehen, und damit über die Frage der Zuordnung der finanziellen Aufwendungen auf die einzelnen Wirtschaftszweige und Bevölkerungsgruppen. Sie werden sich hiervon selbst überzeugen können, wenn Sie alle bisher hierzu gemachten Vorschläge kritisch überprüfen. Berücksichtigt man diese Gesichtspunkte, so kommt man zu der Feststellung, daß eine allseits befriedigende und jeder Kritik standhaltende Lösung der Frage einer Neugliederung des Grünen Planes bisher noch nicht gefunden werden konnte. Am besten erweist sich meines Erachtens immer noch die Gliederung in der Anlage 2 der Drucksache zu IV/ 180. Diese Aufstellung entstammt der bereits erwähnten Drucksache 1229; sie wurde lediglich durch einige in den Haushalt inzwischen neu aufgenommene Positionen ergänzt und für die Jahre 1960 und 1961 fortgeschrieben. Trotzdem werde ich den Möglichkeiten einer Neugliederung des Grünen Planes auch künftig nachgehen.
Meine Damen und Herren, bei meiner Rede zum Grünen Plan 1961 habe ich darauf hingewiesen und habe es auch heute bereits betont, daß Ausbau und Erweiterung der agrarstrukturellen Maßnahmen weiter unsere dringlichste Aufgabe sind. Um diesen Erfordernissen Rechnung tragen und die Arbeits- und Lebensverhältnisse auf dem Lande weiter verbessern zu können, steht für das Jahr 1962 mit insgesamt 860 Millionen DM ein um 237 Millionen DM höherer Betrag als im Vorjahr zur Verfügung. Dieser Betrag ergibt sich aus der Tatsache, daß für 1962 die Beträge für die Wasserwirtschaft und für Forschung, Ausbildung, Beratung und Aufklärung im Gegensatz zum Jahre 1961 nicht mehr im Grünen Plan, sondern im Normalhaushalt veranschlagt sind. Durch diesen höheren Betrag ist es möglich, die wesentlichen Hilfen auf strukturellem Gebiet beschleunigt fortzuführen. Das gilt auch für die Maßnahmen zugunsten der nach besonderen Kriterien abgegrenzten, von Natur benachteiligten Gebieten. Hierfür sind 90 Mill. DM gegenüber 70 Mill. DM im Vorjahr eingesetzt worden. Wie im vergangenen Jahr soll es dabei den Ländern überlassen bleiben, zu bestimmen, wie sie diese Mittel im Rahmen der für die benachteiligten Gebiete besonders geeignete Maßnahmen verwenden wollen.
Die 860 Mill. DM für die strukturverbessernden Hilfen werden noch verstärkt durch 50 Mill. DM, die als Vorgriff auf das nächste Jahr im Wege der Bindungsermächtigung verfügbar sein werden, sowie durch 175 Mill. DM Kredite aus dem Kapitalmarkt, die zentral beschafft und für bestimmte agrarstrukturelle Maßnahmen zinsverbilligt bereitgestellt werden.
Ich hoffe, daß die zur Beseitigung ungünstiger struktureller Produktionsbedingungen eingesetzten Mittel für 1962 auch unter Berücksichtigung des erfreulicherweise ständig zunehmenden Tempos bei der Durchführung dieser Maßnahmen ausreichen werden.
Wir alle wissen, daß Hilfen zur Arbeitserleichterung für die Bäuerin im Haushalt, der in der Landwirtschaft mit dem Betrieb zusammen eine Einheit bildet, sowohl zur Rationalisierung der Arbeitsvorgänge als auch dazu beitragen, die Lebensverhältnisse zu verbessern. Im Rahmen der im Jahre 1961 durchgeführten einmaligen Sondermaßnahmen zur Steigerung der, Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit bäuerlicher Familienbetriebe ist zum ersten Male die Anschaffung von Einrichtungen zur zentralen Beheizung und Warmwasserbereitung in bäuerlichen Wohnhäusern gefördert worden. Diese Hilfe hat sich als sehr wirksam erwiesen. Sie soll deshalb auf den Grünen Plan übernommen und in diesem Jahr mit 50 Mill. DM fortgesetzt werden. An eine vorsichtige Erweiterung des Kreises der Bezugsberechtigten haben wir gedacht.
Die Aussichten für die Gestaltung der Ertragslage im Jahre 1961/62, die vor allem wegen des zu erwartenden starken Anstiegs der Betriebsausgaben wenig günstig sind, gaben den Ausschlag für den Entschluß der Bundesregierung, die Handelsdüngerverbilligung noch nicht auslaufen zu lassen. Die durch eine Beendigung dieser Aktion frei gewordenen Mittel wären zwar anderen, nicht weniger wichtigen Hilfen zugeflossen. Diese Hilfen hätten aber nicht in dem Maße und für alle Betriebe fühlbar zur Senkung der Betriebsausgaben beitragen können, wie dies die Düngerverbilligung bewirkt. Deshalb soll die Aktion noch einmal mit 185 Mill. DM im bisherigen Ausmaße fortgesetzt werden.
Wenn sich die Bundesregierung entschlossen hat, den Dieselkraftstoffpreis weiter zu verbilligen, so ist sie dabei vor allem davon ausgegangen, daß der Landwirtschaft eine zusätzliche Hilfe zur Verminderung ihrer Betriebsausgaben geboten werden muß. Die Bundesregierung ist sich der Tatsache voll bewußt, damit die Globaihilfen ausgeweitet zu haben. Jedoch sollte beachtet werden, daß diese zusätzliche Hilfe den Vorzug hat, nicht zu einer Ausweitung der Mengenproduktion zu führen.
Zur Verstärkung der bisherigen Verbilligung - für die 81 Mill. DM erforderlich sind - ist ein Betrag von 33 Mill. DM notwendig. Er ermöglicht es, den deutschen Dieselkraftstoffpreis für die Landwirtschaft zusätzlich um 3-4 Pf je Liter zu verbilligen und damit etwa den für die Landwirtschaft in den Nachbarländern geltenden Preisen anzupassen. Diese Maßnahme, die sicher von allen Betrieben der deutschen Landwirtschaft begrüßt werden wird, trägt damit auch zur Angleichung der Wettbewerbsverhältnisse in der EWG bei, dient also einem Anliegen, dessen Verfolgung von der deutschen Landwirtschaft wie auch von den verantwortlichen Regierungsstellen immer wieder als Voraussetzung für einen fairen Wettbewerb gefordert worden ist.
Zur Frage des Milchförderungsbeitrages habe ich - wie Sie wissen - stets die Auffassung vertreten, daß diese Maßnahme wegen ihrer günstigen Auswirkung auf die Einkommenslage gerade der bäuerlichen Familienbetriebe besonders wichtig ist. Deshalb soll die Aktion auch 1962 weitergeführt werden. Es ist ein Betrag von 470 Mill. DM - also 45 Mill. mehr - eingesetzt worden, der ausreichen dürfte, um unter Berücksichtigung der gestiegenen Milcherzeugung und der Fortschritte in der Tbc-Freimachung den bisher gewährten Prämienbetrag für Qualitätsmilch von 3 Pf je kg aufrechterhalten zu können.
Nur schwer habe ich mich entschließen können, den Förderungsbetrag nicht zu erhöhen. Eine Erhöhung konnte aber nicht erfolgen, weil nämlich erstens ein zusätzlicher Betrag von etwa 160 Mill. DM notwendig geworden wäre, der an anderer Stelle hätte eingespart werden müssen. Zweitens könnte in Verbindung mit den seitens einiger Länder gewährten Förderungsbeträgen eine weitere Produktionssteigerung die Folge sein, die unerwünscht wäre und uns um den Erfolg unserer Bemühungen für unsere Kuhhalter bringen könnte.
Eine Trinkmilchpreiserhöhung würde, da hiervon etwa ein Fünftel der Gesamtmilchmenge berührt wird, nur bedingt in dieser Richtung wirken. Höhere Preise in den Nachbarländern, eine gestiegene Kaufkraft bei uns und die wesentlich höheren Gestehungs-, Verarbeitungs- und Transportkosten rechtfertigen jedoch eine solche. Es muß aber noch überBundesminister Schwarz
prüft werden, in welcher Weise sie durchgeführt werden kann.
Die auf dem Gebiet der Milchwirtschaft durchgeführten Maßnahmen zur Förderung von Qualität und Absatz, die sich schon seit mehreren Jahren bewährt haben, sollen auch 1962 beibehalten werden. Der Milchverzehr soll dadurch ausgeweitet werden, daß der Verkauf aus Milchautomaten gesteigert wird. Die Gewährung von Zuschüssen für die Aufstellung von solchen Automaten hat sich bereits im Jahre 1961 bewährt; sie soll künftig aus Mitteln des Grünen Planes getragen werden. Der Anreiz zur Erzeugungssteigerung bei der Milch kann durch eine vermehrte Umstellung auf die Fleischproduktion - für die auch künftig gute Absatzchancen gegeben sein werden - gemildert werden. Deshalb sind - auch mit Rücksicht auf die hierin liegenden Chancen für die extensiveren Betriebe - zum erstenmal im Grünen Plan Mittel zur Durchführung von Nachkommenschaftsprüfungen bei Rindern eingesetzt worden. Durch sie soll die Umstellung auf Rinder mit hoher Fleischleistung begünstigt werden.
Auch die Hilfen zur Qualitäts- und Absatzverbesserung bei verschiedenen anderen landwirtschaftlichen Erzeugnissen sowie für Maßnahmen zur rationelleren Gestaltung der Produktion sollen beibehalten werden. Für einige dieser Maßnahmen ist im Interesse ihrer beschleunigten Durchführung oder im Hinblick auf die von den Ländern für notwendig gehaltenen Programme eine weitere Verstärkung des Mitteleinsatzes notwendig geworden. Dies trifft insbesondere für Maßnahmen zu, die die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Landwirtschaft stärken und steigern helfen. Auf die weitere Förderung der Veredelungserzeugung, vor allem in den bäuerlichen Betrieben, ist dabei vermehrtes Gewicht gelegt worden.
Bei allen ihren Bemühungen, den Wettbewerb auf dem Markte zu bestehen, wird sich die Landwirtschaft jedoch noch mehr als in der Vergangenheit darauf konzentrieren und Wege suchen müssen, möglichst gleichbleibende, hochwertige und vom Verbraucher gewünschte Qualitäten in notwendigem Umfange liefern zu können. Der Förderung der marktgerechten Erzeugung und des Absatzes wettbewerbsfähiger Produkte wird daher 'in Zukunft eine immer größere Bedeutung zukommen.
Daß der Wille der Landwirtschaft vorhanden ist, sich auf die veränderten Marktverhältnisse bei der Produktion und der Organisation des Absatzes ihrer Produkte einzustellen, beweisen die Impulse, die gerade in jüngster Zeit in ihren Reihen und denen ihrer großen Organisationen, insonderheit auf dem Genossenschaftssektor, wahrzunehmen sind.
Die Bundesregierung unterstützt diese wie alle Bemühungen der Landwirtschaft, sowohl über Gemeinschaftseinrichtungen eine Senkung der Gestehungskosten wie auch eine Verbesserung der Vermarktungsergebnisse zu erzielen. Das Vertrauen zur guten Sache, die Vertragstreue dem Partner gegenüber sind hier die unabdingbare Grundlage, um den Sinn dieser großen ,Gemeinschaftsaufgabe
ohne jeden obrigkeitlichen Zwang voll erfüllen zu können.
Über eines möchte ich dabei sprechen, ohne auf Einzelheiten dieses umfangreichen Gebietes einzugehen. Unsere Landwirtschaft gehört in den großen mittelständischen Bereich unserer Volkswirtschaft. Diese Gruppe selbständiger Unternehmer wird die Stürme der Zeit nur überdauern, wenn sie in gutem Einvernehmen miteinander operiert. Mögen sich darum alle Teile bei voller Würdigung wirtschaftlicher Notwendigkeiten jenes Maßes bedienen, das unsere gesellschaftspolitische Struktur nicht gefährdet.
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Vorhaben, die diesen Voraussetzungen entsprechen, sollen 'deshalb künftig mit Mitteln aus dem Grünen Plan unterstützt werden. Hierzu sind erstmalig 4 Mill. DM an Zinszuschüssen zur Verbilligung von Kapitalmarktkrediten vorgesehen.
Nun möchte ich mich noch den Hilfen zuwenden, die im Grünen Plan 1962 zur weiteren Erleichterung der Investitionsfinanzierung vorgesehen sind. Sie wissen, 'daß der Bund seit 1954 - neben vielen anderen Maßnahmen auf dem Gebiet des Agrarkredites - eine Aktion zur Verbilligung von Kapitalmarktkrediten für vordringliche altrar- und ernährungswirtschaftliche Maßnahmen durchführt. Diese Aktion, bei der nur Kredite für ganz bestimmte Vorhaben und auch in unterschiedlichem Ausmaß verbilligt werden, ist zwar von Jahr zu Jahr den sich ständig ändernden Verhältnissen angepaßt worden. Die Ausrichtung der Landwirtschaft auf den Gemeinsamen Markt und die Möglichkeiten des Absatzes sowie der immer stärker werdende Zwang zum Ersatz menschlicher Arbeitskraft durch Kapital machen vielgestaltige Umstellungen in der Erzeugungsrichtung und der Betriebsorganisation notwendig. Alle diese Vorhaben drängen sich zudem auf einen relativ kurzen Zeitraum zusammen. Die Investitionsquote wird - wie das aus den Grünen Berichten zu erkennen ist - von Jahr zu Jahr weiter zunehmen. Der Umfang und 'die Vielgestaltigkeit der Investitionsbedürfnisse lassen deshalb weitergehende und zusätzliche Hilfen des Staates notwendig werden.
Künftig sollen im Rahmen der Zinsverbilligungsaktion über die Unterstützung von Um- und Neubauten landwirtschaftlicher Gebäude hinaus auch solche Maßnahmen gefördert werden, die der allgemeinen Verbesserung der Wirtschaftlichkeit landwirtschaftlicher Betriebe dienen. Damit wird ein weiterer Schritt vom bisherigen Objektkredit zum allgemeinen Betriebskredit getan.
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Ferner ist es im Hinblick auf die notwendige Ausgabensenkung in der Landwirtschaft erforderlich, die Zinszuschüsse im Rahmen dieser Aktion so weit zu erhöhen, daß der Kredit dem letzten Kreditnehmer zu etwa 3 % zur Verfügung steht.
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Darüber hinaus sollen alle bisher schon zinsverbilligten Kredite stärker verbilligt werden, die noch
nicht auf einen Zinssatz von höchstens 3 % gebracht sind.
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Mit der Vorlage des Grünen Planes 1962 hat die Bundesregierung wieder eine Reihe von Maßnahmen vorgeschlagen, die auf eine weitere Verbesserung der Ertrags- und Einkommenslage der Landwirtschaft und damit zugleich auch auf eine Hebung der sozialen Verhältnisse der in der Landwirtschaft tätigen Menschen abzielen. Es darf aber nicht übersehen werden, daß beim Fortschreiten der Bildung des Gemeinsamen Marktes innerhalb der EWG die Möglichkeiten der Einzelstaaten zur Einleitung agrarpolitischer Maßnahmen zugunsten der nationalen Landwirtschaft immer geringer werden.
Die bisherigen Beschlüsse über die Gestaltung der gemeinsamen Agrarpolitik beschränkten sich im wesentlichen auf die Festlegung von einheitlichen Marktordnungen und Marktregelungen. Auch diese dienen letztlich den in Artikel 39 des Vertrages verankerten Zielen zur Verbesserung des Einkommens der Landwirtschaft. Angesichts der heute noch unterschiedlichen Preisverhältnisse in den Mitgliedstaaten der EWG werden die Marktregelungen jedoch in den einzelnen Staaten verschiedenartige Wirkungen auslösen. Solange die EWG bei ihrer gemeinsamen Agrarpolitik keine Schritte einleitet, die geeignet sind, auch die Ertrags- und Einkommensverhältnisse der Landwirtschaft der Bundesrepublik zu verbessern, muß diese Aufgabe von der Bundesregierung und den Länderregierungen wahrgenommen werden.
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Die Bundesregierung betrachtet es jedenfalls als ihre Pflicht, die Anstrengungen der Landwirtschaft zur Hebung ihrer wirtschaftlichen Lage auch künftig zu unterstützen und - unter Berücksichtigung der Entwicklung der Gesamtwirtschaft - Maßnahmen einzuleiten, die zur Erreichung der Ziele des Landwirtschaftsgesetzes dienen.
Dies gilt in besonderem Maße auch für diejenigen Hilfen, die zum Ausgleich von Einkommensminderungen als Folge der Brüsseler Beschlüsse erforderlich werden.
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Die Notwendigkeit eines solchen Ausgleichs hat die Bundesregierung mehrfach, zuletzt in der Regierungserklärung vom 29. November 1961 in der Erkenntnis bekundet, daß die derzeitige Wirtschafts- und Einkommenslage der deutschen Landwirtschaft nicht verschlechtert werden darf, ja, daß sie, wo sie unzureichend ist, verbessert werden muß.
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Wie schon gesagt, wird die Förderung unserer Strukturverhältnisse weiterhin unsere erste Aufgabe bleiben. Dabei werden wir stärker als bisher soziale Momente zu berücksichtigen haben, die sich aus der neuen Lage ergeben werden. Dorfsanierungen werden erforderlich, um den auf dem Lande hart arbeitenden Menschen auch jene Selbstverständlichkeiten zu gewähren, die der Städter seit Jahrzehnten kennt.
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Trotz aller Anstrengungen sind immer noch Teile
unserer Landbevölkerung ohne elektrischen Strom,
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noch 6000 Gemeinden ohne eine Wasserleitung.
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Der Veredelungswirtschaft wird unsere besondere Aufmerksamkeit zu widmen sein. Sie ist das Rückgrat unserer bäuerlichen Wirtschaften und muß auf den modernsten Stand gebracht werden. In Zusammenarbeit mit den zuständigen Landesministerien, Landwirtschaftskammern und -schulen muß überall mehr denn je die Anstrengung des einzelnen durch Rat und Tat unterstützt werden.
Nicht zuletzt bedarf es einer Verbesserung der Finanzlage unserer ländlichen Gemeinden,
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die - vielfach mangels anderer eigener Steuerquellen - nicht den Erfordernissen unserer Zeit durch steuerliche Mehrbelastung unserer Landwirtschaft entsprechen können.
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Es ist wahrhaft genug, was wir unserer Landwirtschaft heute auf anderen Gebieten abverlangen müssen.
Kleinindustrien, wo solche in ländlichen und nicht genügend landwirtschaftlichen Ertrag versprechenden Gegenden angebracht erscheinen, sind ebenso weiterhin zu fördern, wie Maßnahmen zur Hebung des Fremdenverkehrs, der immer größere Bedeutung gewinnt und keineswegs in die Richtung vor, Luxus, sondern mehr in die einer Entspannung in ruhiger und schöner Umgebung gelenkt werden sollte.
Ob diese Maßnahmen ausreichen werden, läßt sich noch nicht übersehen. Die Bundesregierung wird jedenfalls alle ihr gebotenen Möglichkeiten ausschöpfen, um dazu beizutragen, daß sich die Stellung der Landwirtschaft verbessert. Falls es sich als notwendig erweist, muß auch nach neuen Wegen gesucht werden. Hierbei sollte aber nur an die landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetriebe gedacht werden, wobei die wirtschaftlichen und sozialen Tatbestände der Betriebe Berücksichtigung finden sollten.
Ich wäre dankbar, wenn das Hohe Haus sich den Vorstellungen der Bundesregierung anschließen und dem Grünen Plan 1962, den ich Ihnen in großen Zügen dargelegt und begründet habe, seine Zustimmung geben könnte. Die Entwicklung schreitet weiter fort und die deutsche Landwirtschaft muß deshalb in ihren Bestrebungen, sich den veränderten Umweltbedingungen anzupassen, vom Staat wirksam unterstützt werden. Dies ist aber nur dann möglich, wenn sich in Anbetracht der nicht unbegrenzt zur Verfügung stehenden staatlichen Mittel die Hilfen auf bestimmte Schwerpunkte konzentrieren. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, meine Damen und Herren, wenn Sie bei der Debatte über das Förderungsprogramm 1962 diesen Gedanken Rechnung tragen würden. Wir müssen uns auf das gesteckte Ziel konzentrieren. Die Beseitigung von ErBundesminister Schwarz
schwernissen, die nur örtlich auftreten, sollte Aufgabe der Länderregierungen sein und bleiben.
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Ich danke dem Herrn Bundesminister für seinen Bericht. Die Aussprache ist für die nächste Woche vorgesehen.
Ich komme damit zum letzten Punkt der Tagesordnung:
Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Situation der deutschen Filmwirtschaft ({0}).
Das Wort hat der Abgeordnete Brand ({1}).
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieser Antrag enthält das Ersuchen an die Bundesregierung, bis zum 31. März 1962 einen Bericht über die Situation der deutschen Filmwirtschaft vorzulegen. Der Antrag hat am Mittwoch dem Wirtschaftsausschuß vorgelegen und ist entsprechend einer interfraktionellen Vereinbarung außerhalb der Tagesordnung behandelt worden.
Der Wirtschaftsausschuß hält es für sinnvoll, den Antrag unverändert und ohne Aussprache anzunehmen, damit die Bundesregierung dem Ersuchen termingerecht entsprechen kann. Ich bitte das Hohe Haus, den Antrag anzunehmen.
Wird weiter das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Wer dem soeben vorgebrachten Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Wir stehen am Ende der Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung auf Donnerstag, den 22. Februar 1962, 9 Uhr.
Die Sitzung ist geschlossen.