Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet.
Meine Damen und Herren, ich heiße Sie in diesem Haus willkommen. Die Arbeit des Bundestages im letzten Jahr dieser Legislaturperiode hat zwar bereits in Berlin begonnen, hier aber im Plenum fangen wir jetzt an.
Ehe wir in die Tagesordnung eintreten, gedenken wir dreier Kollegen, die während der Parlamentsferien von uns gegangen sind.
({0}).
Am 11. August verstarb unser Kollege Dr. Walter Harm nach längerer schwerer Krankheit. Walter Harm wurde am 9. Mai 1897 in Hamburg geboren. Er besuchte das Lehrerseminar und war von 1918 bis 1926 im hamburgischen Volksschuldienst tätig. Daneben und im Anschluß daran studierte er Volkswirtschaft und Rechtswissenschaft. Er wurde Gerichtsassessor in Hamburg und wurde danach - Anfang 1932 - zum hauptamtlichen Bürgermeister in Hameln gewählt. 1933 wurde er von den Nationalsozialisten aus dem Amt entlassen. Unter großen Schwierigkeiten baute er sich 1934 in Hamburg eine Anwaltspraxis auf, die er bis zum Jahre 1945 unterhielt. In diesen Jahren hat er sich als ein unerschrockener Verteidiger in politischen Prozessen und als Vertreter rassisch Verfolgter einen ehrenhaften Namen weit über Hamburg hinaus gemacht.
Nach dem Zusammenbruch von 1945 stellte sich Walter Harm, der sich schon früh der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands angeschlossen hatte, in den Dienst des politischen Aufbaus. Er kehrte als Oberbürgermeister nach Hameln zurück und war vom Jahre 1946 bis zum Jahre 1954 Regierungspräsident in Lüneburg. Von 1954 bis 1955 war er in der Regierung Hinrich Kopfs Staatssekretär im niedersächsischen Finanzministerium.
Dem Deutschen Bundestag gehörte Walter Harm über die Landesliste Niedersachsen seit 1957 an. Während der 3. Wahlperiode war er Mitglied des Rechtsausschusses, des Finanzausschusses und des Ausschusses für Mittelstandsfragen. Während der 4. Wahlperiode gehörte er dem Finanzausschuß, dem Sonderausschuß „Strafrecht" und dem Unterausschuß „Finanzgerichtsordnung" an.
Meine Damen und Herren Kollegen, in diesem Fall ist es mir zum erstenmal passiert, daß mir ein Mitglied des Hauses im klaren Bewußtsein seines Endes einen Brief geschrieben hat, der einen Rückblick auf sein Leben und sein politisches Wirken darstellt. Was ich Ihnen hier vorgetragen habe, ist der kurze Extrakt aus dem, was mit zittriger Hand Walter Harm mir kurz von seinem Tode noch geschrieben hat.
Ich spreche der Familie unseres Kollegen Dr. Walter Harm und der Fraktion der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands die herzliche Anteilnahme des Hauses aus.
An einem Herzschlag verstarb am 6. September unser Kollege Kurt Schröder. Kurt Schröder wurde am 13. Dezember 1906 in Bad Hersfeld geboren. Er trat in den Dienst der preußischen Kommunal- und Staatsverwaltung ein. Nach dem zweiten Weltkrieg setzte er seinen Dienst in der niedersächsischen Landesverwaltung fort. Von 1950 bis 1961 bekleidete er das Amt des Oberkreisdirektors des Landkreises Osterode im Harz.
Seine politische Heimat fand Kurt Schröder ebenfalls schon in jungen Jahren bei den deutschen Sozialdemokraten. 1921 trat er der Sozialistischen Arbeiterjugend bei, deren Bezirksvorsitzender von Hannover er in den Jahren 1928 bis 1933 gewesen ist. Der Sozialdemokratischen Partei gehörte er seit 1925 an. Kurt Schröder widmete sich mit großer Hingabe besonders den Fragen und Problemen des kommunalen Bereichs. Seit 1946 war er Vorstandsmitglied, später Vorsitzender des Aufsichtsrates des Spar- und Bauvereins zu Osterode.
Dem Deutschen Bundestag gehörte unser verstorbener Kollege seit 1957 an. Er vertrat den Wahlkreis Harz und war Mitglied des Ausschusses für Kommunalpolitik und Sozialhilfe sowie des Haushaltsausschusses und des Rechnungsprüfungsausschusses.
Ich spreche auch hier der Familie unseres verstorbenen Kollegen Schröder und seiner Fraktion, der Fraktion der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, die herzliche Anteilnahme des Hauses aus.
Am 28. September verstarb unser Kollege Franz Ruland nach langer schwerer Krankheit. Franz Ruland wurde am 23. Juli 1901 in Saarbrücken geboren. Nach einer Lehre im Großhandel und im Bankfach studierte er Rechtswissenschaft. Von 1933
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
bis zu seiner Einberufung zum Wehrdienst im Jahre 1941 war er als Anwalt in Saarbrücken tätig. Nach dem Zusammenbruch war er von 1945 bis 1947 stellvertretender Landrat in Königshofen in Unterfranken. Nach der Rückkehr in seine saarländische Heimat arbeitete er zunächst als Oberregierungsrat im saarländischen Justizministerium. Von 1948 bis 1951 war er Geschäftsführer des Arbeitgeberverbandes der Eisen- und Metallindustrie des Saarlandes und Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft der Arbeitgeberorganisationen im Saarland. Von April 1951 bis Oktober 1955 war er saarländischer Wirtschaftsminister.
Franz Ruland war nach 1945 zunächst Mitglied der Christlichen Volkspartei des Saarlandes. Er vertrat diese Partei auch seit Dezember 1952 im Saarländischen Landtag.
Dem Deutschen Bundestag gehörte unser verstorbener Kollege seit Januar 1957 an, zunächst für die saarländische Christliche Volkspartei, später als Gast in der Fraktion der Christlich-Demokratischen Union.
Während der 3. Wahlperiode war er Mitglied der CDU-Fraktion. Er gehörte dem Wirtschaftsausschuß des Bundestages an. Im Februar 1962 rückte er über die Landesliste Saar für die Christlich-Demokratische Union in den 4. Deutschen Bundestag nach. Auch in diesem war er Mitglied des Wirtschaftsausschusses.
Ich spreche der Familie unseres Kollegen Franz Ruland und der Fraktion der Christlich-Demokratischen und Christlich-Sozialen Union die herzliche Anteilnahme des Hauses aus.
Ich danke Ihnen.
Ich teile dem Hause weiter mit, daß als Nachfolger für den verstorbenen Abgeordneten Lermer mit Wirkung vom 21. Juli 1964 der Abgeordnete Dr. Eckhardt in den Bundestag eingetreten ist. Ich heiße ihn herzlich willkommen.
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Sie sind ein alter Kollege in diesem Haus und kennen sich aus.
Als Nachfolger für den durch Verzicht ausgeschiedenen Abgeordneten Margulies ist mit Wirkung vom 1. September 1964 der Abgeordnete Moersch in den Bundestag eingetreten.
({2})
Dem jungen Mitglied ist dieses Haus ansonsten wohlbekannt. Willkommen!
Als Nachfolger für den verstorbenen Abgeordneten Dr. Harm ist mit Wirkung vom 18. August 1964 der Abgeordnete Ross in den Bundestag eingetreten.
({3})
Willkommen, Herr Abgeordneter!
Als Nachfolger für den verstorbenen Abgeordneten Schröder ist mit Wirkung vom 11. September 1964 der Abgeordnete Schlüter in den Bundestag eingetreten.
({4})
Ich heiße Sie willkommen, Herr Abgeordneter Schlüter.
Als Nachfolger für den durch Verzicht ausgeschiedenen Abgeordneten Dr. Nissen ist mit Wirkung vom 5. Oktober 1964 der Abgeordnete Reichhardt in den Bundestag eingetreten. - Die Vorstellung unterbleibt? - Das wird im Laufe der nächsten Monate vielleicht noch nachgeholt.
Ich habe Glückwünsche zu Geburtstagen auszusprechen. Am 30. Juli hat Frau Abgeordnete Dr. Kiep-Altenloh ihren 76. Geburtstag gefeiert.
({5})
Am 7. August hat Frau Abgeordnete Welter ihren 77. Geburtstag gefeiert.
({6})
Am 14. August hat der Herr Abgeordnete Franz Neumann ({7}) seinen 60. Geburtstag gefeiert.
({8})
Am 27. August ist der Bundesminister a. D. Mitglied des Hauses Dr. Wilhelmi 65. Jahre ,alt geworden,
({9})
am 28. August Herr Abgeordneter Dr. Ramminger ebenfalls 65 Jahre,
({10})
am 3. September der Herr Bürgermeister a. D. Dr. h. c. Brauer 77 Jahre,
({11})
am 18. September der Herr Abgeordnete Striebeck 70 Jahre,
({12})
am 19. September der Herr Abgeordnete Dr. Pflaumbaum 73 Jahre
({13})
und am 23. September der Herr Abgeordnete Reitz 60 Jahre; damit hat er die Altersringe erreicht, von denen ab man in diesem Hause amtlich und öffentlich beglückwünscht wird.
({14})
Schließlich noch eine Mitteilung: Der Herr Bundesminister der Finanzen hat am 10. Juli 1964, am 5. August 1964 und am 10. September 1964 gemäß § 33 Abs. 1 der Reichshaushaltsordnung die Zusammenstellung der über- und außerplanmäßigen Haushaltsausgaben im Betrag von 10 000 DM und darüber für das 4. Vierteljahr des Rechnungsjahres 1963 sowie für das 1. und 2. Vierteljahr des Rechnungsjahres 1964 ({15}) übersandt. Sie sind nach einer interfraktionellen Vereinbarung dem Haushaltsausschuß zu überweisen. Ist das Haus damit einverstanden? - Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
Folgende amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Staatssekretär im Bundesministerium des Innern hat am 3. August 1964 zur Kleinen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Neuregelung der zusätzlichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung der Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes - Drucksachen IV/2003, IV/2112 - eine weitere Antwort gegeben, die als zu Drucksache IV/2112 verteilt ist.
Der Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr hat unter dem 31. Juli 1964 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Kulawig, Wilhelm, Hussong und Fraktion der SPD betr. Schiffbarmachung der Saar - Drucksache IV/2414 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache IV/2505 verteilt.
Der Staatssekretär im Bundesministerium des Auswärtigen hat unter dem 11. August 1964 die Kleine Anfrage der Fraktion der SPD betr. Auslieferung des KZ-Arztes Mengele - Drucksache IV/2477 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache IV/2520 verteilt.
Der Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft hat unter dem 12. August 1964 die Kleine Anfrage der Fraktion der SPD betr. Maßnahmen zur Wiederherstellung des inneren und äußeren wirtschaftlichen Gleichgewichts der EWG - Drucksache IV/2501 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache IV/2521 verteilt.
Der Staatssekretär im Bundesministerium des Innern hat unter dem 13. August 1964 die Kleine Anfrage der Fraktion der SPD betr. Tätigkeit der Personalräte - Drucksache IV/2495 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache IV/2525 verteilt.
Der Staatssekretär im Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen hat unter dem 20. August 1964 die Kleine Anfrage der Fraktion der SPD betr. Erhöhung der Postgebühren - Drucksache IV/2478 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache IV/2537 verteilt.
Der Staatssekretär im Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen hat unter dem 20. August 1964 die Kleine Anfrage der Fraktion der FDP betr. Telefongebührenerhöhung - Drucksache IV/2484 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache IV/2538 verteilt.
Der Stellvertreter des Staatssekretärs im Bundesministerium der Verteidigung hat unter dem 18. August 1964 die Kleine Anfrage der. Abgeordneten Vogt, Wagner, Wieninger, Lang ({16}), Schultz und Genossen betr. Aufträge zur Herstellung von Uniformausstattungsgegenständen - Drucksache IV/2463 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache IV/2539 ({17}) verteilt.
Der Bundesminister der Finanzen hat unter dem 26. August 1964 die Kleine Anfrage der Fraktion der SPD betr. Steuerbegünstigung und Zuschüsse für rechtsradikale Organisationen - Drucksache IV/2279 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache IV/2541 verteilt.
Der Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft hat unter dem 31. August 1964 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Schmidt ({18}), Bading, Margulies und Genossen betr. Bohrungen im Festlandsockel - Drucksache IV/2496 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache IV/2547 verteilt.
Der Bundesminister für Verkehr hat unter dem 5. September 1964 die Kleine Anfrage der Fraktion der SPD betr. Fortsetzung des Bundesfernstraßenbaus 1964 - Drucksache IV/2502 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache IV/2557 verteilt.
Der Staatssekretär im Bundesministerium der Justiz hat unter dem 8. September 1964 die Kleine Anfrage der Fraktion der SPD betr. Einrichtung von Schlichtungsstellen für Mietstreitigkeiten - Drucksache IV/2535 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache IV/2558 verteilt.
Der Bundesminister für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung hat unter dem 9. September 1964 die Kleine Anfrage der Fraktion der SPD betr. Erhebung über Kündigungen von Mietverhältnissen - Drucksache IV/2536 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache IV/2560 verteilt.
Der Stellvertreter des Staatssekretärs im Bundesministerium der Finanzen hat unter dem 22. September 1964 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Reinhard, Struve, Bauknecht, Dr. Frey ({19}), Bewerunge und Genossen betr. Zuschläge zum Einheitswert bei verstärkter Tierhaltung - Drucksache IV/2554 beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache IV/2571 verteilt.
Der Stellvertreter des Staatssekretärs im Bundesministerium für Wirtschaft hat unter dem 29. September 1964 die Kleine Anfrage der Fraktion der SPD betr. Förderung des Zonenrandgebietes - Drucksache IV/2555 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache IV/2576 verteilt.
Der Staatssekretär im Bundesministerium der Verteidigung hat unter dem 5. Oktober 1964 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Frau Dr. Flitz ({20}), Kreitmeyer, Logemann, Soetebier, Wächter und Genossen betr. Abstellung der Lärmentwicklung durch Düsenjäger im Bereich des Flugplatzes Upjever -Drucksache IV/2559 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache IV/2585 verteilt.
Der Bundesminister für Verkehr hat am 6. August 1964 unter Bezug auf den Beschluß des Bundestages vom 29. Juni 1961 und auf den Zwischenbericht der Bundesregierung vom 30. März 1962 - Drucksache IV/293 - abschließend über den Ausbau der Lahn berichtet. Der Bericht ist als Drucksache IV/2511 verteilt.
Der Staatssekretär im Bundesministerium des Innern hat am 4. August 1964 unter Bezug auf den Beschluß des Bundestages vom 24. Juni 1964 über die Änderungen der bisher im Bereich der Zivilen Verteidigung verwandten Begriffe berichtet. Sein Schreiben ist als Drucksache IV/2513 verteilt.
Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung hat am 30. Juli 1964 unter Bezug auf den Beschluß des Bundestages vom 22, Januar 1964 seine Aufstellung über gesetzliche Vorschriften, die eine Anrechnung von Grundrenten nach dem Bundesversorgungsgesetz auf andere gesetzliche Leistungen bewirken, vorgelegt, die als Drucksache IV/2522 verteilt ist.
Der Staatssekretär im Bundesministerium des Innern hat am
3. September 1964 unter Bezug auf den Beschluß des Bundestages vom 27. Juni 1962 in Ergänzung des Schreibens des Bundesministers der Verteidigung vom 3. Oktober 1962 - Drucksache IV/649 - über die Ausschöpfung des Wehrpotentials und Ausgleich von Härten bei der Ableistung des Wehrdienstes berichtet. Sein Schreiben ist als Drucksache IV/2552 verteilt.
Der Bundesminister des Innern hat am 5. Oktober 1964 unter Bezug auf den Beschluß des Bundestages vom 29. April 1964 über organisatorische und personelle Maßnahmen auf dem Gebiet des Verfassungsschutzes und über die parlamentarische Kontrolle der Nachrichtendienste berichtet. Sein Schreiben ist als Drucksache IV/2582 verteilt.
Der Präsident der Versammlung der Westeuropäischen Union hat am 14. August 1964 den Text von zwei Empfehlungen über Zivilverteidigung und über gemeinsame Rüstungsproduktion übersandt, die von der Versammlung der Westeuropäischen Union während des ersten Teils ihrer Zehnten Ordentlichen Sitzungsperiode in Rom am 22., 23. und 24. Juni 1964 angenommen wurden. Sie sind als Drucksache IV/2532 verteilt.
Der Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen hat am 11. und 17. August 1964 unter Bezugnahme auf § 19 Abs. 6 des Postverwaltungsgesetzes den Geschäftsbericht der Deutschen Bundespost über das Rechnungsjahr 1963 zur Kenntnisnahme vorgelegt. Der Bericht ist als Drucksachen IV/2523 und zu IV/2523 verteilt.
Der Stellvertreter des Bundeskanzlers hat am 16. September 1964 mitgeteilt, daß der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten die Verordnung Z Nr. 1/64 über Preise für Zuckerrüben der Ernte 1964 im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft zurückzieht. Sein Schreiben liegt im Archiv zur Einsichtnahme aus.
Das Bundesversicherungsamt hat am 10. August 1964 die Abrechnung über die Rentenzahlungen und Beitragserstattungen in der Rentenversicherung der Angestellten für das Kalenderjahr 1963 übersandt. Sie liegt im Archiv zur Einsichtnahme aus.
Der Stellvertreter des Bundeskanzlers hat am 3. September 1964 gemäß § 32 Abs. 6 des Bundesbahngesetzes vom 13. Dezember 1951 den Jahresabschluß der Deutschen Bundesbahn für das Geschäftsjahr 1962 mit der Bitte um Kenntnisnahme übersandt. Der Jahresabschluß liegt im Archiv zur Einsichtnahme aus.
Der Stellvertreter des Bundeskanzlers hat am 11. September 1964 gemäß § 30 Absatz 4 des Bundesbahngesetzes den Wirtschaftsplan der Deutschen Bundesbahn mit Erläuterungen und Anlagen sowie den Stellenplan für das Geschäftsjahr 1964 übersandt, die im Archiv zur Einsichtnahme ausliegen.
Der Bundeskanzler hat am 18. September 1964 gemäß §§ 1273 und 579 der Reichsversicherungsordnung, § 50 des Angestelltenversicherungsgesetzes und § 71 des Reichsknappschaftsgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen Bericht der Bundesregierung über die Entwicklung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und der Produktivität sowie die Veränderungen des Volkseinkommens je Erwerbstätigen und über die Finanzlage der gesetzlichen Rentenversicherungen ({21}) sowie das Gutachten des Sozialbeirats über die Rentenanpassung zur Kenntnisnahme übersandt. Der Bericht ist als Drucksache IV/2566 verteilt.
Der Präsident des Bundestages hat mit Schreiben vom 22. September 1964 den Überblick über die voraussichtliche Entwicklung des Bundeshaushalts für den Drei-Jahreszeitraum 1964 bis 1966 - Drucksache IV/2410 - gemäß § 76 Abs. 2 GO dem Haushaltsausschuß überwiesen.
Nach einer Vereinbarung im Ältestenrat am 22. September 1964 ist der Entwurf eines Gesetzes über die Alters- und Hinterbliebenenversicherung der Rechtsanwälte ({22}) - Drucksache IV/2298 - dem Haushaltsausschuß mitberatend überwiesen worden.
Der Bundesminister für Verkehr hat am 6. Oktober 1964 unter Bezug auf den Beschluß des Bundestages vom 11. Dezember 1963 über Braumalzfracht berichtet. Sein Schreiben ist als Drucksache IV/2583 verteilt.
Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 25. Juli 1959 die nachstehenden EWG-Vorlagen überwiesen:
Verordnung des Rats über die Anwendung von Wettbewerbsregeln auf dem Gebiet des Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehrs - Drucksache IV/2423 an den Ausschuß für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen mit der
Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am
4. November 1964
Verordnung des Rats über den Absatz von aus Interventionsmaßnahmen stammendem Gefrierfleisch - Drucksache IV/2447 6724
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 23. Oktober 1964
Verordnung des Rats über die Gruppenbildung auf dem Gebiet der Milch und Milcherzeugnisse - Drucksache IV/2448 - ({23})
an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Berichterstattung, wenn im Ausschuß Bedenken gegen die Verordnung erhoben werden
Verordnung des Rats über die Änderung der für die Erzeugung von einem Kilogramm geschlachteten Enten festgesetzten Futtergetreidemenge sowie über die Änderung des Einschleusungspreises für geschlachtete Enten - Drucksache IV/2450 - ({24})
an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Berichterstattung, wenn im Ausschuß Bedenken gegen die Verordnung erhoben werden
Verordnung des Rats über den Aufschub der Anwendung der Verordnung Nr. 16/64/EWG des Rats bezüglich einiger Verarbeitungserzeugnisse - Drucksache IV/2452 - ({25})
an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Berichterstattung, wenn im Ausschuß Bedenken gegen die Verordnung erhoben werden
Verordnung des Rats über die Durchführungsbestimmungen betreffend die Ausgleichsabgaben und die Gewährung von Subventionen gemäß Artikel 10 der Verordnung Nr. 13/64/EWG - Drucksache IV/2453 - ({26})
an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - federführend - und an den Außenhandelsausschuß - mitberatend - mit der Bitte um Berichterstattung, wenn im Ausschuß Bedenken gegen die Verordnung erhoben werden
Richtlinie des Rats zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die Umsatzsteuern - Drucksache IV/2454 an den Finanzausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 13. Oktober 1964
Verordnung des Rats zur Aufhebung der in der Verordnung Nr. 3 festgelegten Sechsjahresfrist für den Anspruch auf Sachleistungen im Falle der Krankheit und der Mutterschaft und auf Familienbeihilfen für die Familienangehörigen, die nicht im selben Land wie der Arbeitnehmer wohnen - Drucksache IV/2455 - ({27})
an den Ausschuß für Arbeit - federführend - und an den Ausschuß für Sozialpolitik - mitberatend - mit der Bitte um Berichterstattung, wenn im Ausschuß Bedenken gegen die Verordnung erhoben werden
Richtlinie des Rats zur Festsetzung der Einzelheiten zur Verwirklichung der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs für Presseberufe - Drucksache IV/2468 an den Wirtschaftsausschuß - federführend - und an den Ausschuß für Kulturpolitik und Publizistik - mitberatend - mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 21. Oktober 1964
Verordnung des Rats zur Regelung des Handels mit einzelnen landwirtschaftlichen Verarbeitungserzeugnissen
Verordnung des Rats mit der Warenliste zur Verordnung ../64 des Rats zur Regelung des Handels mit einzelnen landwirtschaftlichen Verarbeitungserzeugnissen - Drucksache IV/2482 an den Außenhandelsausschuß - federführend - und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - mitberatend - mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 13. Oktober 1964
Verordnung des Rats zur Festsetzung der Referenzpreise für Milcherzeugnisse - Drucksache IV/2483 - ({28})
an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Berichterstattung, wenn im Ausschuß Bedenken gegen die Verordnung erhoben werden
Vorschlag der Kommission der EAG zur Änderung und Ergänzung des Artikels 95 des mit Verordnung Nr. 31 ({29}) Nr. 11 ({30}) in Kraft gesetzten Statuts der Beamten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Europäischen Atomgemeinschaft - Drucksache IV/2485 an den Ausschuß für Inneres mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 13. Oktober 1964
Verordnung des Rats über abweichende Bestimmungen für Milchpulver, Butter, Kondensmilch und einige Käsesorten - Drucksache IV/2493 - ({31})
an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - federführend - und an den Außenhandelsausschuß - mitberatend - mit der Bitte um Berichterstattung, wenn im Ausschuß Bedenken gegen die Verordnung erhoben werden
Verordnung des Rats über die Abschöpfung, die auf bestimmte Mischungen von Milcherzeugnissen und auf bestimmte Butter enthaltende Zubereitungen anzuwenden ist - Drucksache IV/2494 an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - federführend - und an den Außenhandelsausschuß - mitberatend - mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 23. Oktober 1964
Verordnung des Rats mit zusätzlichen Vorschriften für die gemeinsame Marktorganisation für Obst und Gemüse - Drucksache IV/2503 an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - federführend -, an den Außenhandelsausschuß und an den Wirtschaftsausschuß - mitberatend - mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 11. November 1964
Richtlinie des Rats über die Verwirklichung der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs für selbständige Berufstätigkeiten auf dem Gebiet der 1. Immobiliengeschäfte ({32}), 2. Dienste für das Geschäftsleben ({33}) ({34}) - Drucksache IV/2504 an den Wirtschaftsausschuß - federführend - und an den Ausschuß für Arbeit - mitberatend - mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 4. November 1964
Erste Richtlinie des Rats betreffend die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge zur Änderung der allgemeinen Programme für das Niederlassungsrecht und den Dienstleistungsverkehr - Drucksache IV/2508 an den Wirtschaftsausschuß - federführend - und an den Ausschuß für Arbeit - mitberatend - mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 4. November 1964
Verordnung des Rats zur Festsetzung gemeinsamer Qualitätsnormen für Spargel und Gurken - Drucksache IV/2526 an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 4. November 1964
Richtlinie des Rats zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Herstellung und Verwendung von Bolzensetzwerkzeugen - Drucksache IV/2527 an den Wirtschaftsausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am il. November 1964
Richtlinie des Rats zur Änderung der Richtlinie des Rats zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für färbende Stoffe, die in Lebensmitteln verwendet werden dürfen
Richtlinie des Rats zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für Antioxydantien, die in Lebensmitteln verwendet werden dürfen - Drucksache IV/2528 an den Ausschuß für Gesundheitswesen mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 9. Dezember 1964
Verordnung Nr. 110/64/EWG des Rats vom 30. Juli 1964 über die Kriterien für die Festsetzung der Pauschbeträge für bestimmte Milcherzeugnisse ({35})
Verordnung Nr. 75/64/EWG des Rats vom 26. Juni 1964 zur Verlängerung und Anpassung einiger Bestimmungen über die Erstattung bei der Erzeugung von Getreide- und Kartoffelstärke ({36})
an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - federführend - und an den Wirtschaftsausschuß - mitberatend - mit der Bitte um Berichterstattung, wenn im Ausschuß Bedenken gegen die Verordnungen erhoben werden
Verordnung Nr. 79/64/EWG des Rats vom 26. Juni 1964 über Maßnahmen, die von einzelnen Bestimmungen der Verordnungen Nr. 20, 21, 22 und 84/63/EWG des Rats abweichen, und zur Änderung der Verordnungen Nr. 59/64/EWG und 60/64/EWG des Rats ({37})
an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - federführend - und an den Außenhandelsausschuß - mitberatend - mit der Bitte um Berichterstattung, wenn im Ausschuß Bedenken gegen die Verordnung erhoben werden
Verordnung Nr. 88/64/EWG des Rats vom 16. Juli 1964 über die Festsetzung der innergemeinschaftlichen Abschöpfungsbeträge für geschlachtete Hühner und Truthühner in dem Fall des Art. 3 Abs. ({38}) der Verordnung Nr. 22 des Rats ({39})
Verordnung Nr. 90/64/EWG des Rats vom 16. Juli 1964 über die Festsetzung der innergemeinschaftlidien Abschöpfungsbeträge für Schweine, Schweinefleisch und Schweinefleisch enthaltende Erzeugnisse ({40})
an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - federführend - und an den Außenhandelsausschuß - mitberatend - mit der Bitte um Berichterstattung, wenn im Ausschuß Bedenken gegen die Verordnungen erhoben werden
Verordnung Nr. 91/64/EWG des Rats vom 16. Juli 1964 über die Festsetzung der Abschöpfungsbeträge gegenüber dritten Ländern für Schweine, Schweinefleisch und Schweinefleisch enthaltende Erzeugnisse ({41})
an den Außenhandelsausschuß - federführend - und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - mitberatend - mit der Bitte um Berichterstattung, wenn im Ausschuß Bedenken gegen die Verordnung erhoben werden
Verordnung Nr. 115/64/EWG des Rats vom 30. Juli 1964 über die Ausnahmeregelungen für Reis mit Ursprung in den assoziierten afrikanischen Staaten und Madagaskar sowie den überseeischen Ländern und Gebieten ({42})
an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Berichterstattung, wenn im Ausschuß Bedenken gegen die Verordnung erhoben werden.
Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 23. Februar 1962 die nachstehenden Vorlagen überwiesen:
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
Siebenundsechzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1963 ({43}) - Drucksache IV/2473 an den Außenhandelsausschuß mit der Bitte um Vorlage des
Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 4. November 1964 Achtundsechzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1963 ({44}) - Drucksache IV/2440 an den Außenhandelsausschuß mit der Bitte um Vorlage des
Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 23. Oktober 1964 Siebzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1963 ({45}) - Drucksache IV/2497 an den Außenhandelsausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 4. November 1964 Einundsiebzigste Verordnung zur Anderung des Deutschen Zolltarifs 1963 ({46}) - Drucksache IV/2439 an den Außenhandelsausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 23. Oktober 1964 Fünfundsiebzigste Verordnung zur Anderung des Deutschen Zolltarifs 1963 ({47}) - Drucksache IV/2474 an den Außenhandelsausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 4. November 1964 Achtundsiebzigste Verordnung zur Anderung des Deutschen Zolltarifs 1963 ({48}) - Drucksache IV/2498 an den Außenhandelsausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 11. November 1964
Neunundsiebzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen
Zolltarifs 1963 ({49}) - Drucksache IV/2499 an den Außenhandelsausschuß - federführend - und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - mitberatend - mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 11. November 1964
Einundachzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1963 ({50}) - Drucksache IV/2507 an den Außenhandelsausschuß mit der Bitte um Vorlage des
Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 11. November 1964 Vierundachtzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1963 ({51}) - Drucksache IV/2509 -an den Außenhandelsausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 11. November 1964
Sechsundachtzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen
Zolltarifs 1963 ({52}) - Drucksache IV/2553 an den Außenhandelsausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 9. Dezember 1964
Siebenundachtzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen
Zolltarifs 1963 ({53}) - Drucksache IV/2543 an den Außenhandelsausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 9. Dezember 1964
Achtundachtzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen
Zolltarifs 1963 ({54}) .- Drucksache IV/2544 an den Außenhandelsausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 9. Dezember 1964
Neunundachtzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen
Zolltarifs 1963 ({55})
- Drucksache IV/2545 an den Außenhandelsausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 9. Dezember 1964
Fünfte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung - Drucksache IV/2510 an den Außenhandelsausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 11. November 1964
Sechste Verordnung zur Änderung der Ausfuhrliste - Anlage zur Außenwirtschaftsverordnung - Drucksache IV/2540 an den Außenhandelsausschuß mit der Bitte um Vorlage des
Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 9. Dezember 1964 Siebente Verordnung zur Änderung der Ausfuhrliste - Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung - Drucksache IV/2551 an den Außenhandelsausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 9. Dezember 1964
Fünfzehnte Verordnung zur Änderung der Einfuhrliste - Anlage zum Außenwirtschaftsgesetz - Drucksache IV/2445 an den Außenhandelsausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 23. Oktober 1964.
Damit, meine Damen und Herren, sind wir bei der Tagesordnunng. Ich rufe auf Punkt 1:
Fragestunde ({56}).
Zunächst Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts.
Ich rufe auf die Fragen I/1, 1/2 und I/3 - des Abgeordneten Dr. Mommer -:
Warum hat die Bundesregierung bisher noch keinen Nachfolger für das Anfang dieses Jahres aus der Kommission der Europäischen Atomgemeinschaft ausgeschiedene deutsche Mitglied Heinz L. Krekeler ernannt?
Ist sich die Bundesregierung bewußt, daß ihr in Frage I/1 erwähntes Zögern für die deutschen Interessen von großem Schaden sein kann?
Treffen Meldungen zu, wonach die französische Regierung die Zustimmung zur Ernennung des Bundestagsabgeordneten Margulies verweigert hat, weil dieser die französische Europapolitik auf dem FDP-Parteitag in Duisburg kritisiert hatte?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Bundesminister Dr. Schröder vom 27. Juli 1964 lautet:
Die Bundesregierung hat in ihrer Sitzung am 22. Juli 1964 beschlossen, den Mitgliedstaaten der Europäischen Atomgemeinschaft vorzuschlagen, den Abgeordneten des Deutschen Bundestages Herrn Margulies als deutsches Mitglied der Kommission zu wählen.
Die Auswahl eines Nachfolgers für den am 1. März 1964 ausgeschiedenen Botschafter a. D. Dr. Krekeler war wegen der notwendigen Qualifikation und im Hinblick auf die bevorstehende Fusion der Organe der Europäischen Gemeinschaften besonders schwierig. Die Bundesregierung war daher der Auffassung, daß den deutschen Interessen am besten gedient sei, wenn die Auswahl sorgfältig erfolge.
Die von Ihnen erwähnten Meldungen von Anfang Juli treffen nicht zu. Da die Bundesregierung zu diesem Zeitpunkt noch keinen Kandidaten benannt hatte, konnte auch kein Kandidat abgelehnt werden.
Ich rufe auf die Fragen I/4 und I/5 - des Abgeordneten Ertl -:
Ist der Bundesregierung bekannt, ob und inwieweit im Zuge italienischer Polizeimaßnahmen und Repressalien in Südtirol in der ersten Septemberwoche bundesdeutsche Urlauber unwürdig und rechtswidrig behandelt worden sind?
Was gedenkt die Bundesregierung in Hinkunft zum Schutze deutscher Urlauber vor den in Frage I/4 erwähnten Übergriffen zu unternehmen?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort liegt noch nicht vor. Sie wird nach Eingang im Sitzungsbericht abgedruckt.
Ich rufe auf die Frage I/6 - des Herrn Abgeordneten Ritzel -:
Wie hoch sind die Leistungen der Bundesrepublik Deutschland für den Personenkreis, der 1948 durch den arabisch-israelischen Krieg seine Heimat verloren hat?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär des Auswärtigen Amts!
Ich darf die Frage des Herrn Abgeordneten Ritzel wie folgt beantworten. Der Personenkreis, der 1948 durch den arabisch-israelischen Krieg seine Heimat verloren hat, wird in erster Linie von dem Hilfswerk der Vereinten Nationen für die arabischen Flüchtlinge aus Palästina ({0}) betreut. An dieses Hilfswerk hat die Bundesrepublik Deutschland bisher die folgenden freiwilligen Beiträge bezahlt. Ich fasse die Zeit von 1952 bis 1964 zusammen. In dieser Zeit sind 10,6 Millionen DM gezahlt worden. Für 1965 sind 2 Millionen DM veranschlagt.
Eine Zusatzfrage?
Herr Staatsekretär, welche Verwendung fand dieses Geld? Wenn ich daran denke, daß es in erster Linie für die Ernährung der Flüchtlinge bestimmt war, interessiert es mich, zu wissen: Welche Verwendung fand dieses Geld auch im übrigen, etwa für Bildungszwecke und für den Aufbau von Existenzen?
Herr Abgeordneter, es trifft zu, daß diese Mittel zunächst vorwiegend für den Lebensunterhalt und die Gesundheitsfürsorge der Flüchtlinge aufgewendet worden sind. In den letzten Jahren ist aber ein zunehmender Teil dieser Mittel für die berufliche Eingliederung insbesondere der Kinder der Flüchtlinge aufgewendet worden. Es sind eine Reihe von Berufsschulen errichtet worden, in denen nach meinen Unterlagen jährlich ungefähr 4000 Lehrlinge ausgebildet werden.
Zweite Zusatzfrage!
Ist Ihnen bekannt, Herr Staatssekretär, welche Leistungen die Aufnahme-Länder, insbesondere Jordanien, zugunsten der Flüchtlinge und zum Einbau ihrer Existenzen in den Wirtschaftsbereich der betreffenden Länder erbracht haben?
Es tut mir leid, Herr Abgeordneter, das ist mir nicht bekannt. Ich werde es feststellen und es Ihnen mitteilen.
Ich rufe auf die Frage I/7 - des Herrn Abgeordneten Kaffka -:
Entsprechen die erneut in der deutschen Presse auftauchenden Meldungen der Wahrheit, nach denen von französischer Seite die Rückgabe der Deutschen Botschaft in Paris ermöglicht worden sein soll, nachdem die Bundesregierung die Abtretung des nördlich Weißenburg gelegenen Mundatwaldes ({0}) zugesagt hat?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär des Auswärtigen Amts!
Die Frage des Herrn Abgeordneten ist mit Nein zu beantworten. Die Rückgabe des deutschen Botschaftsgrundstücks in Paris war eine Geste des französischen Staatspräsidenten, der diese Rückgabe als sichtbaren Ausdruck der freundschaftlichen Verbundenheit zwischen den beiden Völkern anläßlich des Besuchs des Bundespräsidenten in Paris vom 20. bis zum 23. Juni 1961 in Aussicht stellte.
Der inzwischen von uns wiedererlangte Besitz des Grundstücks ist unabhängig von der Gültigkeit des zwar von den Franzosen, aber noch nicht von uns ratifizierten Abkommens vom 31. Juli 1962.
Daß die Rückgabe durch eine Zusage der Bundesregierung, den Mundatwald abtreten zu wollen, ermöglicht worden wäre, trifft nicht zu.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Kaffka.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß die gleiche Behauptung, die deutsche Botschaft sei zurückgegeben worden und dafür hätten wir den Wald abgetreten, etwa vor Jahresfrist von dem damaligen CDU-Abgeordneten Vogel, dem Haushaltsexperten seiner Fraktion, auch in einer Wochenzeitschrift sehr ausführlich aufgestellt worden ist?
Herr Abgeordneter, diese Tatsache ist mir nicht bekannt. Ich kann nur noch einmal sagen, was ich soeben gesagt habe: eine Verbindung zwischen den beiden Komplexen besteht nicht.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern.
Ich rufe auf die Frage II/1 - des Abgeordneten Jahn -:
Aus welchen Gründen hat kein Mitglied der Bundesregierung, keiner der Staatssekretäre des Auswärtigen Amts und des Bundesinnenministeriums, auch nicht der Leiter der Kulturabteilung des Auswärtigen Amts oder ein sonstiger zuständiger Abteilungsleiter an dem internationalen Ereignis der Eröffnung der Ausstellung „documenta III" am 27. Juni 1964 in Kassel teilgenommen, obwohl dort Künstler mit internationalem Namen und hervorragende Vertreter des kulturellen Lebens aus aller Welt versammelt waren?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Staatssekretärs Dr. Hölzl vom 24. Juli 1964 lautet:
Soweit sich bei der Fülle der täglich einlaufenden Einladungen jetzt noch feststellen ließ, haben leider weder der Herr Bundeskanzler noch der Herr Bundesaußenminister und seine Staatssekretäre noch der Bundesminister des Innern, in dessen Haushalt der Bundeszuschuß zur „documenta III" ausgeworfen ist, noch der zuständige Staatssekretär und Abteilungsleiter im Bundesinnenministerium eine Einladung erhalten. Lediglich dem Leiter der Kulturabteilung im Auswärtigen Amt, Herrn Ministerialdirektor Dr. Sattler, und dem zuständigen Referenten im Bundesinnenministerium, Ministerialrat Dr. Gussone, ist wenige Tage vor dem Eröffnungstermin eine gedruckte Einladung zugegangen, wie sie wohl an viele Hunderte herausgegangen ist. Die beiden Letztgenannten haben wegen anderweitiger Verpflichtungen absagen müssen, haben aber inzwischen die Ausstellung besucht bzw. werden das in den nächsten Tagen tun, - sicherlich mit größerem sachlichem Nutzen, als dies bei einer Eröffnungsveranstaltung mit mehr als 1500 Teilnehmern möglich gewesen wäre.
Wenn auf die Teilnahme von Mitgliedern der Bundesregierung Wert gelegt wird, ist es bei der großen Zahl der Veranstaltungen allgemein üblich, daß durch besondere Schreiben darauf aufmerksam gemacht wird.
Ich rufe auf die Fragen II/2, II/3, und II/4 - des Abgeordneten Sänger -:
Wieviel und welche Dienststellen des Bundes und der Länder sind bei der Prüfung und Erteilung von Sichtvermerken, um die von Ausländern nachgesucht wird, beteiligt?
Werden Ersuchen um Sichtvermerke von Ausländern etwa aus den Mitgliedstaaten des NATO-Paktes anders behandelt als entsprechende Ersuchen von Ausländern aus Staaten etwa des Warschauer Paktes?
Wie erklären sich die effektiv vorhandenen, zeitlich beträchtlichen Unterschiede bei der Erteilung der Sichtvermerke an Antragsteller aus verschiedenen Ländern?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antworten des Staatssekretärs Dr. Hölzl vom 28. August 1964 lauten:
Die Entscheidung über Sichtvermerksanträge treffen die deutschen Auslandsvertretungen. Bei der Prüfung der Anträge werden die Ausländerbehörden der Länder insbesondere dann beteiligt, wenn der Ausländer im Bundesgebiet eine Tätigkeit auszuüben beabsichtigt.
Für die Entscheidung der Sichtvermerksanträge von Staatsangehörigen der Staaten, in denen die Bundesrepublik Deutschland keine diplomatischen oder konsularischen Vertretungen
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
unterhält, sind das Auswärtige Amt und der Bundesminister des Innern zuständig. Vom Bundesministerium des Innern werden in das Prüfungsverfahren die jeweils in Betracht kommenden Sicherheitsstellen eingeschaltet und bei Reisen zu geschäftlichen Zwekken gleichzeitig Rückfragen beim Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft gehalten, ob die in dem Sichtvermerksantrag angegebenen Unternehmen mit dem Besuch des Sichtvermerksbewerbers einverstanden sind.
Die Sichtvermerksanträge von Staatsangehörigen der Ostblockstaaten werden insofern anders behandelt als die Sichtvermerksanträge von Staatsangehörigen anderer Staaten, als bei den ersteren regelmäßig auf eine Prüfung der Anträge durch die Sicherheitsstellen und Rückfragen beim Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft nicht verzichtet werden kann.
Ihre Annahme, daß zeitlich beträchtliche Unterschiede bei der Sichtvermerkserteilung an Antragsteller aus verschiedenen Ländern bestehen, ist in dieser Allgemeinheit nicht zutreffend. Die Dauer der Bearbeitung der Sichtvermerksanträge hängt von dem Umfang der im Einzelfall erforderlichen Nachprüfungen und Ermittlungen durch die in meiner Antwort auf Ihre erste Frage genannten Behörden ab.
Ich rufe auf die Frage II/5 - des Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen -:
In welcher Form wird die Bundesregierung entsprechend den Schlußbemerkungen in dem Bericht der Bundesregierung - Drucksache IV/2429 - über den Ausbau Berlins als Stätte der Bildung, der Wissenschaft und der Kunst ({0}) initiativ werden, um gemeinsame Planungen von Berlin, Bund und Ländern auf der Grundlage des vom Senat von Berlin erstatteten „Zweiten Berichts über den Ausbau Berlins als Stätte der Bildung, der Wissenschaft und der Kunst" vom 1. November 1963 in Gang zu bringen?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Staatssekretärs Dr. Hölzl vom 12. August 1964 lautet:
Die Bundesregierung hat in ihrem Bericht über die Beteiligung des Bundes am Ausbau Berlins als Stätte der Bildung, der Wissenschaft und der Kunst ({1}) zum Ausdruck gebracht, daß sie es begrüßen würde, wenn der weitere Ausbau der kulturellen Einrichtungen Berlins zum Gegenstand gemeinsamer Planungen von Berlin, Bund und Ländern würde. Die Bundesregierung wird an derartigen Planungen im Rahmen ihrer Möglichkeiten aktiv mitarbeiten.
Der Ausbau und die Pflege des kulturellen Lebens in Berlin sind Aufgaben, die sich ohne maßgebliche Mitwirkung des Berliner Senats nicht durchführen lassen. Auch hierauf ist in dem Bericht der Bundesregierung ({2}) hingewiesen worden. Der „Interministerielle Arbeitskreis für den Ausbau Berlins zu einem Kulturzentrum" wird im Herbst zu einer weiteren Sitzung zusammentreten. Es ist beabsichtigt, zu dieser Sitzung Vertreter Berlins und der Länder einzuladen. Die Bundesregierung nimmt an, daß ein solches Verfahren auch den Vorstellungen des Berliner Senats entspricht. Sie wird in ihrer Annahme dadurch bestärkt, daß der Herr Regierende Bürgermeister von Berlin in einem Schreiben an Herrn Minister Höcherl vom 27. Juli 1964 erklärt hat, er habe die zuständigen Senatsmitglieder gebeten, der Frage gemeinsamer Planungen von Berlin, Bund und Ländern besondere Aufmerksamkeit zu widmen.
Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung!
Ich rufe auf die Frage III/1 - des Abgeordneten Folger -:
Ist die Bundesregierung der gleichen Meinung wie Ministerialdirektor Schornstein vom Bundeswohnungsbauministerium, daß das hohe Wohnungsdefizit in München weder 1970 noch im Jahre 2000 beseitigt sein wird, die Altbaumieten aber dennoch nach dem 31. Dezember 1965 freigegeben werden müßten, um die Hausbesitzer nicht darunter leiden zu lassen?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Bundesministers Lücke vom 16. September 1964 lautet:
Auf Ihre vorbezeichnete Anfrage darf ich zunächst erwidern, daß die Äußerung von Herrn Ministerialdirektor Dr. Schornstein von der Bundespressekonferenz am 30. Juli 1964 aus dem Zusammenhang gerissen und unvollständig wiedergegeben worden ist. Dr. Schornstein hat ausgeführt, daß die Wohnungszwangswirtschaft in den restlichen rund hundert Kreisen des Bundesgebietes, die noch sogenannte schwarze Kreise sind, spätestens am 31. Dezember 1965 aufgehoben würden, und zwar ohne Rücksicht darauf, wie hoch das Wohnungsdefizit in diesen Kreisen am 31. Dezember 1965 sein werde. Diese Regelung ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz über den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft und über ein soziales Miet- und Wohnrecht.
Das Sonderproblem der Stadt München ist durch einen jährlichen Zuzug von etwa 30 000 Menschen charakterisiert. Wenn
man davon ausgeht, daß dieser Zuzug anhält, wird die Stadt München noch auf lange Zeit ein Wohnungsdefizit haben. Das schwierige Problem der Wohnraumversorgung in München wird aber nicht dadurch gelöst, daß in München auf Jahre hinaus noch die Wohnungszwangswirtschaft für den Althausbesitz aufrechterhalten wird, ganz abgesehen davon, daß eine solche Maßnahme auch politisch und rechtsstaatlich nicht vertretbar wäre. Das Problem des Ballungsgebietes München kann wirksam nur durch Maßnahmen der Raumordnung gelöst werden. Das und nichts anderes hat Dr. Schornstein seinerzeit erklärt, und das entspricht auch meiner wiederholt im Bundestag und in der Öffentlichkeit vertretenen Auffassung.
Wie Sie wissen, liegt dem Bundestag schon seit geraumer Zeit der Entwurf eines Raumordnungsgesetzes der Bundesregierung zur Beschlußfassung vor. Ich hoffe, daß dieses Gesetz alsbald verabschiedet wird.
Ich rufe auf die Fragen III/2 und III/3 - des Abgeordneten Fritsch -:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß der Landesbank bayer. Haus- und Grundbesitzer in München eine erhebliche Anzahl von Anträgen auf Gewährung von Instandsetzungsdarlehen aus dem Zonenrand- .und Grenzlandgebiet vorliegt, die nicht erledigt werden kann, da die für die Wohnungsinstandsetzung eingesetzten Haushaltsmittel noch nicht in vollem Umfange freigegeben sind?
Ist die Bundesregierung bereit, mit Rücksicht auf die besonderen Verhältnisse des Althausbesitzes im Zonenrand- und Grenzlandgebiet eine verstärkte Mittelzuteilung für diese Gebiete vorzusehen?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antworten des Bundesministers Lücke vom 24. September 1964 lauten:
Mir ist bekannt, daß der Landesbank bayerischer Haus- und Grundbesitzer in München eine erhebliche Anzahl von Anträgen auf Gewährung von Instandsetzungsdarlehen aus Bundesmitteln vorliegt, die nicht bearbeitet werden können. Leider läßt es die angespannte Haushaltslage nicht zu, den vollen Betrag der für 1964 vorgesehenen Bindungsermächtigung ({3}) zur Verfügung zu stellen. Den nunmehr vom Herrn Bundesminister der Finanzen weiter freigegebenen Betrag von 3 Mio DM - der diesjährige Bewilligungsrahmen beträgt damit 27 Mio DM - werde ich umgehend auf die Länder verteilen. Auf das Land Bayern werden hierbei 492 000,- DM entfallen, mit denen nur ein Teil der vorliegenden Anträge berücksichtigt werden kann.
Angesichts der Knappheit der insgesamt für Instandsetzungsdarlehen zur Verfügung stehenden Bundesmittel vermag ich von diesen leider keine besonderen Mittel für Zonenrand- und Grenzlandgebiete abzuzweigen. Ich habe daher den Ländern schon früher nahegelgt, Sondertatbeständen mit eigenen Mitteln Rechnung zu tragen.
Zusätzlich möchte ich darauf hinweisen, daß das Land Bayern vom Bund seit 1957 bis jetzt insgesamt rd. 40 Mio DM Instandsetzungsdarlehen erhalten hat. Außerdem sind für Antragsteller aus Bayern seit Herbst 1960 bis einschließlich 1963 mehr als 51 Mio DM Kapitalmarktdarlehen für Instandsetzung und Modernisierung ({4}) durch Bundeszuschüsse ({5}) verbilligt worden.
Ich rufe auf die Frage III/4 - des Herrn Abgeordneten Dr. Huys -:
Zu welchem Zeitpunkt kann mit der im Bundesbaugesetz § 2 Abs. 10 angekündigten Verordnung über die Darstellung Im Flächennutzungsplan gerechnet werden?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär des Bundesministeriums für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung.
Der Entwurf einer Verordnung über die Ausarbeitung der Bauleitpläne und die dabei zu verwendenden Planzeichen ist jetzt mit allen beteiligten Stellen abgestimmt. Er wird noch im Laufe der nächsten Wochen dem Bundesrat zur Zustimmung zugeleitet werden.
Keine Zusatzfragen.
Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers - Vorsitzender des Bundesverteidigungsrates.
Frage IV/1 - des Herrn Abgeordneten Erler -:
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
Trifft es zu, daß der Bundesverteidigungsrat in seiner Sitzung
vorn 4. September 1964 das Bundesverteidigungs- und Bundesinnenministerium beauftragt hat, Äußerungen aus der Sozialdemokratischen Partei, den Gewerkschaften und der Arbeitsgemeinschaft „Kampf dem Atomtod" seit dem 1. Januar 1961 mit dem Ziel zusammenzustellen, Bundeswehr- und Verteidigungsfeindlichkeit zu beweisen?
Zur Beantwortung der Herr Vorsitzende des Bundesverteidigungsrates.
Herr Präsident, diese Frage und die nächste Frage hängen zusammen. Ich kann sie vielleicht in einem beantworten.
Bitte sehr, Ich rufe auch Frage IV/2 - des Herrn Abgeordneten Erler - auf:
Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß der Bundesverteidigungsrat die Sicherheit der Bundesrepublik gegen äußere Bedrohungen und gegen Gefährdungen durch Feinde der freiheitlich demokratischen Grundordnung vorzubereiten hat, oder meint die Bundesregierung, der Bundesveretidigungsrat habe die den politischen Parteien der Regierungskoalition obliegende Aufgabe der innenpolitischen Auseinandersetzung mit Andersdenkenden zu organisieren?
Über das, was den Gegenstand der Anfrage des Kollegen Erler bildet, ist im Bundesverteidigungsrat nicht gesprochen worden. Es wurde kein Ministerium beauftragt, derartige Aufstellungen zu machen. Ich muß also Ihre Frage - und ich tue es gern - verneinen. Ich bin mir völlig darüber im klaren, daß solche Gegenstände nicht zum Arbeitsbereich und zu den Aufgaben des Bundesverteidigungsrates gehören ) können.
Keine Zusatzfrage.
Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung!
Ich rufe auf die Fragen V/1 und V/2 - des Abgeordneten Bading -:
Aus welchem Grunde sind den Versorgungsämtern noch nicht die Durchführungsverordnungen zu §§ 13 ({0}), 30 Abs. 1 ({1}), § 31 Abs. 5 ({2}), § 33 ({3}) des Zweiten Neuordnungsgesetzes zugegangen?
Wann werden die Versorgungsämter die Durchführungsverordnungen zum Zweiten Neuordnungsgesetz erhalten?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Staatssekretär Dr. Claussen vom 30. Juli 1964 lautet:
Die Bundesregierung hat die Verordnungen zu § 31 Abs. 5 ({4}) und zu § 33 BVG ({5}) Anfang Mai 1964 und die Verordnungen zu § 13 ({6}) und zu § 30 Abs. 3 und 4 ({7}) Anfang Juni 1964 verabschiedet. Ich mache jedoch darauf aufmerksam, daß nach Artikel 80 Abs. 2 des Grundgesetzes die Rechtsverordnungen der Zustimmung des Bundesrates bedürfen. Diese Zustimmung ist inzwischen erteilt worden nach Maßgabe einer Anzahl von Änderungsvorschlägen, über die wiederum die Bundesregierung befinden muß. Dieses sich aus dem Grundgesetz ergebende Verfahren erfordert eine gewisse Zeit, die leider nicht abgekürzt werden kann.
Inzwischen ist die Verordnung zu § 31 Abs. 5 BVG unter dem Datum vom 17. Juli 1964 bereits am 25. Juli 1964 im Bundesgesetzblatt I S. 489 verkündet worden. Mit der Verkündung der Verordnung zu § 33 BVG ist nach einer fernmündlichen Auskunft der Schriftleitung des Bundesgesetzblattes am 31. Juli 1964 zu rechnen. Die Verordnung zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG dürfte voraussichtlich Anfang August 1964 verkündet werden. Der Zeitpunkt der Verkündung der Verordnung zu § 13 BVG kann noch nicht vorausgesagt werden, da zur Zeit die Änderungsvorschläge des Bundesrates geprüft werden.
Ich rufe auf die Frage V/3 - des Abgeordneten Riedel ({8}) -:
Haben die Untersuchungen der Bundesregierung zur Ermittelung anderer oder zusätzlicher Bemessungsgrundlagen für die Festsetzung von Sozialbeiträgen Ergebnisse gezeitigt, um gesetzliche Maßnahmen zur Ablösung der Lohnkopfbezogenheit der Sozialabgaben einzuleiten?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Staatssekretärs Dr. Claussen vom 6. August 1964 lautet:
Der 4. Deutsche Bundestag hat in seiner 13. Sitzung am 31. Januar 1962 beschlossen, die Bundesregierung aufzufordern, bis zum 30. Juni 1962 einen Bericht über die Möglichkeiten eines Ausgleichs der gegenwärtigen Belastungen durch lohnbezogene Abgaben vorzulegen. Dieser Bericht soll auch die Auswirkungen der einzelnen Änderungsmöglichkeiten auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung und auf einzelne Wirtschaftszweige darlegen.
In dem Ersten Bericht der Bundesregierung zur Frage der lohnbezogenen Abgaben vom 11. Juli 1962 ({9}) wurde bereits auf die Notwendigkeit hingewiesen, die im Antrag der CDU/CSU, FDP vom 18. Januar 1962 ({10}) - Grundlage des Bundestagsbeschlusses vom 31. Januar 1962 - enthaltenen Fragen auch zum Gegenstand eines wissenschaftlichen Forschungsauftrages zu machen, um dem Auftrag des Deutschen Bundestages voll entsprechen zu können. Hiermit wurde das Institut für Wirtschaftspolitik an der Universität Köln betraut. Sein Gutachten liegt seit Dezember 1963 vor.
In meinem Hause wird z. Z. an einer Stellungnahme zu dem Gutachten gearbeitet. Es ist beabsichtigt, diese Stellungnahme mit den Ergebnissen neuerer Überlegungen und Untersuchungen über die Auswirkung einer anderen Bemessungsgrundlage auf kleine und kleinere Betriebe zu verbinden. Nach der Sommerpause sollen diese Arbeiten mit den beteiligten Ressorts erörtert werden. Es soll versucht werden, noch im Laufe dieses Jahres einen abschließenden Bericht der Bundesregierung zur Frage der lohnbezogenen Abgaben fertigzustellen.
Ich rufe auf die Frage V/4 - des Herrn Abgeordneten Dr. Lohmar -:
Hält die Bundesregierung es für vertretbar, wenn bei der Klärung einer Versorgungsangelegenheit wie der des Herrn G. Wagner aus Gütersloh mehr als zehn Monate vergehen, ohne daß eine Entscheidung zugunsten des Schwerkranken abzusehen ist?
Der Herr Abgeordnete Dr. Lohmar ist nicht im Saal. Die Frage wird von Herrn Abgeordneten Sänger übernommen. Zur Beantwortung der Herr Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung.
Ich darf dazu folgendes sagen. Hier wird die Versorgung wegen eines Leidens begehrt, über dessen Ursache in der medizinischen Wissenschaft Ungewißheit besteht. Es handelt sich nicht um die erstmalige Entscheidung dieses Versorgungsfalles. Der erste Antrag des Herrn Wagner auf Versorgung ist nach fachärztlicher Untersuchung in einem Krankenhause 1956, ein weiterer Antrag auf Versorgung im Wege des Härteausgleichs ist durch rechtskräftiges Urteil des Sozialgerichts Dortmund 1962 abgelehnt worden. Im Jahre 1963 ist Herr Wagner zum drittenmal vorstellig geworden. Wie mir das Land Nordrhein-Westfalen mitgeteilt hat - bekanntlich sind die Landesbehörden zur Ausführung des Versorgungsgesetzes zuständig -, sollte trotz der rechtskräftigen ablehnenden Entscheidung des Sozialgerichtes nochmals geprüft werden, ob Herrn Wagner nicht doch noch eine Versorgung im Wege des Härteausgleichs gewährt werden könne. Hierzu waren umfangreiche Ermittlungen notwendig.
Auf die Intervention des fragenden Herrn Abgeordneten Lohmar hin wurden mir in der Zwischenzeit die Akten vom Land übersandt. Die ärztliche Überprüfung in meinem Ministerium ergab, daß ein endgültiges Urteil erst abgegeben werden kann,
wenn Näheres darüber festgestellt ist, unter welchen Verhältnissen Herr Wagner 1946 in der Kriegsgefangenschaft gelebt hat. Das Ergebnis dieser Prüfung durch das Land ging mir vor wenigen Tagen - am 6. Oktober 1964 - zu. Wir werden nach Stellungnahme der Ärzte meines Hauses dem Land umgehend Mitteilung machen. Das Land wird dann umgehend einen Bescheid erlassen.
Die Bearbeitungszeit von zehn Monaten erklärt sich daraus, daß diese dritte Prüfung des Falles zeitraubende Ermittlungen über weit zurückliegende Vorgänge notwendig machte. Die Versorgungsangelegenheit ist, wie die Akten ausweisen, immer zügig bearbeitet worden.
Zusatzfrage.
Herr Minister, sollte man einem so schwerkranken Menschen nicht doch einen tröstlichen Zwischenbescheid geben können, statt ihn nach der zweimaligen Ablehnung seines Begehrens beim dritten Gesuch zehn Monate auf eine Antwort warten zu lassen?
In diesem Falle .gibt es keinen Zwischenbescheid; denn hier muß ja nun entschieden werden: Ist ein Anspruch auf Grund des Versorgungsgesetzes gegeben oder nicht? An dem klaren Text des Gesetzes können weder die ausführende Landesbehörde noch ich, der ich hier ein Mitspracherecht habe, vorübergehen. Das muß im Einzelfalle in Kauf genommen werden.
Zweite Zusatzfrage.
Herr Minister, glauben Sie, daß ich mir einen Text eines Zwischenbescheids für einen schwerkranken Menschen vorstellen kann?
Entschuldigen Sie, darauf muß ich dieselbe Antwort geben, die ich soeben gegeben habe. Es handelt sich hier darum: Wind dem Begehren stattgegeben oder nicht? Hier kann es nicht einen Zwischenbescheid .geben.
Frage V/5 - des Abgeordneten Hilbert -:
Ist die Bundesregierung bereit, durch Änderung des Kindergeldgesetzes auch den sog. Grenzgängern, die in der Bundesrepublik zur Einkommensteuer herangezogen werden, das gesetzliche Kindergeld zu gewähren?
Der gesetzliche Ausschluß (der im Ausland erwerbstätigen deutschen Grenzgänger vom Kindergeld folgt dem international fastallgemein anerkannten Grundsatz, daß die Familienbeihilfen vom Beschäftigungsland zu gewähren sind. Demgemäß erhalten deutsche Grenzgänger, die in einem Nachbarland der EWG, also in den Niederlanden, in Belgien, Luxemburg oder Frankreich, erwerbstätig sind, die Familienbeihilfen in diesem Land.
Eine entsprechende Regelung enthalten last alle kantonalen Gesetzte der Schweiz über Familienbeihilfen und das deutsch-schweizerische Abkommen über soziale Sicherheit, das allerdings noch nicht ratifiziert ist.
Mit Osterreich wird zur Zeit über ein Abkommen über .soziale Sicherheit verhandelt. Für den Fall, daß in dieses Abkommen Vorschriften über das Kindergeld nicht aufgenommen wenden, beabsichtigt die Bundesregierung, die Grenzgänger nach Österreich durch eine Rechtsverordnung nach § 6 Abs. 2 des Bundeskindergeldgesetzes in die deutsche Kindergeldgewährung einzubeziehen. Eine Änderung des Gesetzes ist dazu nichterforderlich.
Für die deutschen Grenzgänger nach Dänemark - seit langer Zeit sind es (insgesamt nur einige wenige - hat 'sich ein B'edürfni's nach einer 'besonderen Regelung bisher nicht ergeben.
Eine Zusatzfrage.
Herr Minister, glauben Sie, daß sich Ihre mehr oder weniger ablehnende Stellungnahme zu meiner Frage nach dem Grundgesetz überhaupt halten läßt? Sind Sie nicht vielmehr der Meinung, daß nach den klaren Bestimmungen unseres Grundgesetzes deutsche Bürger, ganz gleichgültig, wo sie beschäftigt sind und ihren Verdienst erhalten, dann, wenn sie ihren Wohnsitz in der Bundesrepublik haben, ebenso behandelt werden müssen wie die in Deutschland arbeitenden Menschen?
Der Auffassung bin ich nicht, Herr Abgeordneter. Ich bin der Meinung, daß unser Kindergeldgesetz, das diesem Grundsatz folgt, absolut dem Grundgesetz entspricht. Mir ist nicht bekanntgeworden, daß bei der Beratung des Kindergeldgesetzes irgendwelche Bedenken hinsichtlich seiner Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz aufgetaucht seien.
Eine zweite Zusatzfrage.
Herr Minister, es handelt sich doch letztlich nicht um die Väter dieser Kinder. Es ist Ihnen doch bekannt, daß das Kindergeld letztlich zur Ausbildung, zur Ernährung, zum Unterhalt der Kinder, die ja in Deutschland wohnen, und nebenbei für deren Väter, bestimmt ist. Sind Sie nicht der Meinung, daß man sich ernstlich darum bemühen müßte, für die immerhin noch vorhandenen 14 000 Grenzgänger, die in der Schweiz beschäftigt sind, eine Regelung zu finden, die ihre Gleichstellung mit den in Deutschland tätigen Arbeitern gewährleistet?
Nein, Herr Abgeordneter, dieser Meinung bin ich nicht. Wir müssen uns an den international gültigen Grundsatz halten, daß das Kindergeld dort gewährt wird, wo der Betreffende beschäftigt ist.
Wenn wir uns nicht an diesen Grundsatz hielten, würden wir die gesamte Kindergeldgewährung im europäischen Raum total durcheinanderbringen. Nur in den Fällen, in denen der Staat, in dem die Grenzgänger arbeiten, eine Kindergeldgewährung nicht kennt oder in denen die Kindergeldgewährung mangels einer vertraglichen Vereinbarung nicht zur Geltung kommt, haben wir, wie eben gesagt, die Möglichkeit, durch eine Rechtsverordnung zu helfen. Da aber die Schweizer Kantone in ihrer Mehrzahl solche rechtlichen Bestimmungen haben und da das Abkommen, das wir mit der Schweiz geschlossen haben, sobald es ratifiziert ist, für die Gesamtschweiz gilt, wird die Kindergeldgewährung für die in der Schweiz arbeitenden deutschen Arbeitnehmer geklärt sein. Nur wenn das nicht der Fall sein sollte, können wir über § 6 Abs. 2 des Kindergeldgesetzes durch eine Rechtsverordnung helfen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schwabe.
Herr Minister, können Sie in diesem Zusammenhang heute vielleicht auch zu der Problematik Stellung nehmen, die dadurch entsteht, daß bei Gastarbeitern, die Vielfach-Väter sind, das Kindergeld - wie jetzt im Falle dieser 24 kleinen Türken - eine Höhe erreicht, die doch bei Schaffung des Gesetzes bestimmt nicht geplant und beabsichtigt war?
Herr Kollege, ich vermag zwar den inneren Zusammenhang nicht zu erkennen, bin Ihnen aber dennoch dafür dankbar, daß Sie diese Zusatzfrage gestellt haben. Wir haben ja verschiedentlich versucht, es durch die deutsche Presse gehen zu lassen - aber es kommt einfach nicht an -: den Ali mit den 24 Kindern gibt es nicht,
({0})
auch nicht den mit den 23 und auch nicht den Gleisarbeiter mit den 33.
({1})
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich rufe auf die Frage V/6 - der Frau Abgeordneten Dr. Diemer-Nicolaus -:
Ist die Bundesregierung bereit, entsprechend der Empfehlung des 45. Deutschen Juristentages alsbald eine Neuregelung des Verwaltungsverfahrens der Sozialversicherung durch Neufassung des Ersten oder Sechsten Buches der RVO durchzuführen?
In meinem Hause wird seit einiger Zeit die Reform des Ersten und des Sechsten Buches der Reichsversicherungsordnung vorbereitet. Im Rahmen dieser Reform soll nicht nur die Rücknahme fehlerhafter Verwaltungsakte in der Sozialversicherung, die allein Gegenstand von Beratungen der Sozialrechtlichen Arbeitsgemeinschaft des 45. Deutschen Juristentages war, sondern auch das Verwaltungsverfahren der Versicherungsträger neu geregelt werden.
Eine Zusatzfrage.
Herr Minister, darf ich Sie bitten, daß Sie sich den zusammenfassenden Bericht der entsprechenden Abteilung vom Juristentag beschaffen. Daraus werden Sie ersehen, daß es sich nicht nur um die Rücknahme von Verwaltungsakten, sondern um das gesamte Verwaltungsverfahren handelt. Wann ist damit zu rechnen, daß eine Vorlage an den Bundestag gelangt?
Frau Kollegin, erstens ist das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung ebenso wie andere Ministerien durch seine Beamten auf dem Deutschen Juristentag hinreichend vertreten gewesen. Wir wissen also sehr wohl, was da im einzelnen behandelt worden ist, und wir sind selbstverständlich im Besitz aller Unterlagen. Ich glaube, das werden Sie mir gern zugestehen.
Nun aber zu der Frage: Wann? Ich will diese Frage zunächst einmal knapp beantworten und dann, wenn Sie es wünschen, ausführlicher: In dieser Legislaturperiode mit Sicherheit nicht mehr.
Ist damit zu rechnen, Herr Minister, daß der Reformentwurf dann in der nächsten Legislaturperiode vorgelegt wird,
({0})
und sind Sie sich bewußt, daß ein sauberes und faires Verfahren auch die Voraussetzung für gerechte Urteile ist?
Meine sehr verehrte Frau Kollegin, nach den Erfahrungen, die ich mit der Beratung von Sozialgesetzen auch in diesem Hause gemacht habe,
({0})
ist nicht damit zu rechnen, daß in absehbarer Zeit ein so umfangreiches Reformwerk Gesetz werden wird. Die gleiche Erfahrung haben Sie sicherlich auch gemacht.
Frage V/7 - des Herrn Abgeordneten Moersch -:
Sieht die Bundesregierung einen Zusammenhang zwischen dem vom Bundesarbeitsminister in seinen Veröffentlichungen vom 6. August und 28. September 1964 festgestellten zu geringen Vermögenszuwachs bei den Arbeitnehmern und der Sozialgesetzgebung, insbesondere der Gesetzgebung zur Alterssicherung der Arbeitnehmer?
Nun zur Frage V/7. Hier gestatte ich mir, die Frage selbst noch einmal zu verlesen:
Sieht die Bundesregierung einen Zusammenhang zwischen dem vom Bundesarbeitsminister in seinen Veröffenlichungen vom 6. August und 28. September 1964 festgestellten zu geringen Vermögenszuwachs bei den Arbeitnehmern und der Sozialgesetzgebung, insbesondere der GeBundesminister Blank
setzgebung zur Alterssicherung der Arbeitnehmer?
Ich habe lange an dieser Frage gerätselt, „Zu geringen Vermögenszuwachs bei den Arbeitnehmern und der Sozialgesetzgebung" : Einen zu geringen Vermögenszuwachs bei der Sozialgesetzgebung habe ich zunächst nicht behauptet. Ich habe nur behauptet, daß der Vermögenszuwachs bei den Arbeitnehmern zu gering sei. Diese Behauptung halte ich aufrecht. Aber die Bundesregierung sieht keinen unmittelbaren Zusammenhang zwischen diesem beklagten zu geringen Vermögenszuwachs und der Gesetzgebung zur Alterssicherung der Arbeitnehmer. Die Bundesregierung ist nach wie vor bestrebt, unabhängig von den Maßnahmen zur Alterssicherung der Arbeitnehmer die Vermögensbildung in breiten Schichten unseres Volkes zu fördern.
Keine Zusatzfrage.
Frage V/8 - der Frau Abgeordneten Dr. Maxsein -:
Bis wann kann mit der Vorlage des Ratifizierungsgesetzes für das Abkommen der Mitgliedstaaten des Europarats über die Ausgabe internationaler Reparaturgutscheine für orthopädische Apparate an militärische und zivile Kriegsversehrte, das vors der Bundesregierung am 17. Dezember 1962 unterzeichnet wurde, gerechnet werden?
Frau Kollegin Dr. Maxsein, der Entwurf eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 17. Dezember 1962 zwischen den Mitgliedstaaten des Europarats über die Ausgabe eines internationalen Gutscheinheftes für die Instandsetzung von Prothesen und orthopädischen Hilfsmitteln an militärische und zivile Kriegsbeschädigte wird noch in diesem Monat dem Bundeskabinett vorgelegt und anschließend den gesetzgebenden Körperschaften zur Zustimmung zugeleitet werden.
Prsident D. Dr. Gerstenmaier: Eine Zusatzfrage.
Herr Minister, aus welchem Grunde ist der Gesetzentwurf nicht schon früher vorgelegt worden?
Frau Kollegin, das Übereinkommen warf viele rechtsförmliche Fragen auf, deren Klärung einige Zeit beanspruchte. Im übrigen ist aber sachlich kein Schaden entstanden. Ich darf bemerken, daß deutsche Kriegsbeschädigte, die 'sich vorübergehend im Ausland aufhalten, die Aufwendungen für eine erforderliche Notbehandlung erstattet erhalten können. Gleichwohl stimme ich Ihnen zu, daß die Verabschiedung des Gesetzentwurfs dringlich ist.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz.
Ich rufe auf die Frage VI/1 - des Abgeordneten Jahn -:
Wie beurteilt der Herr Bundesjustizminister den Vorschlag des Bundes der Strafvollzugsbediensteten Deutschland e. V., eine Bundesakademie für Strafvollzugsbeamte zu errichten?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Bundesminister Dr. Bucher vom 28. Juli 1964 lautet:
Ich begrüße die Initiative des Bundes der Strafvollzugsbediensteten Deutschlands e. V., die auf die Schaffung einer überregionalen Aus- und Fortbildungseinrichtung für die Vollzugsbediensteten in der Bundesrepublik Deutschland gerichtet ist.
Die Ausbildung und Fortbildung der Strafvollzugsbediensteten ist eine Aufgabe der Landesjustizverwaltungen, in Hamburg der Gefängnisbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg. Die einzelnen Länder sind jedoch noch kaum in der Lage, diese Aufgabe für die verschiedenen Gruppen der Bediensteten in einer befriedigenden und wirtschaftlich tragbaren Weise für sich allein zu lösen. Eine überregionale Ausbildungseinrichtung würde gleichzeitig die wissenschaftliche Klärung der Probleme des Strafvollzugs fördern und dadurch die Wahrnehmung der Aufgaben der Gesetzgebung wesentlich erleichtern.
Ich bin daher gern bereit, zur Prüfung der organisatorischen und finanziellen Voraussetzungen eines solchen Vorhabens beizutragen, und habe mich dem Vorschlag des Justizministeriums Baden-Württemberg angeschlossen, das auf die Errichtung einer Bundesakademie für Strafvollzugsbeamte gerichtete Anliegen des Bundes der Strafvollzugsbediensteten in der nächsten Sitzung des Strafvollzugsausschusses der Länder, die für die zweite Novemberwoche d. J. in Berlin vorgesehen ist, zu erörtern. Ich habe außerdem den Landesjustizministern und -Senatoren vorgeschlagen, sich bei der nächsten Justizministerkonferenz mit dem Vorschlag des Bundes der Strafvollzugsbediensteten zu befassen.
Ich hoffe, daß die gemeinsamen Bemühungen der Länder und des Bundes um eine befriedigende Ausbildung und Fortbildung der Vollzugsbediensteten Erfolg haben werden, um so mehr, als ich überzeugt bin, daß die Verwirklichung einer Reform des Strafvollzugs nicht zuletzt vom Stand der Ausbildung der Strafvollzugsbediensteten abhängig ist.
Ich rufe auf die Frage VI/2 - des Herrn Abgeordneten Dr. Stecker
Hält es die Bundesregierung für mit den Grundsätzen der Pressefreiheit vereinbar, daß das Amtsgericht Emden auf Antrag der SPD-Organisation in Emden der „Ostfriesen-Zeitung" drei Tage vor der Kommunalwahl durch einstweilige Verfügung untersagt hat, ein Interview mit dem Oberbürgermeister der Stadt Emden zu veröffentlichen?
Zur Beantwortung der Herr Bundesminister der Justiz!
Vorweg möchte ich den der Frage zugrunde liegenden Tatbestand dahin berichtigen, daß das Amtsgericht Emden der „Ostfriesen-Zeitung" nicht die Veröffentlichung eines gesamten Interviews untersagt hat, sondern nur einer einzelnen Behauptung aus dem Interview, die nach Meinung des Gerichts unrichtig und ehrverletzend war. Im übrigen zielt Ihre erste Frage, Herr Kollege, auf eine Kritik an einem einzelnen Urteil. Ich bin gern bereit, Ihnen persönlich als Kollege und Jurist meine Meinung darüber zu sagen, würde es aber für unangebracht halten, von dieser Stelle aus lobend oder kritisch zu dem Urteil Stellung zu nehmen.
Frage VI/3 - des Herrn Abgeordneten Dr. Stecker -:
Sieht die Bundesregierung in einer solchen in Frage V112 aufgezeigten Praxis nicht die Gefahr der Einführung einer Vorzensur auf dem Weg über die Justiz?
Zur Beantwortung der Herr Bundesminister der Justiz!
Die Gefahr der Einführung einer Vorzensur ist nicht zu sehen. Zwar ist zuzugeben, daß in Einzelfällen wie diesem eine einstweilige Verfügung denselben Effekt wie eine Vorzensur haben kann, besonders in einem so speziellen Falle, wo eine Presseverlautbarung zwei Tage vor einer Wahl untersagt wird, wo sie
also nach der Wahl uninteressant wird. Aber bis jetzt hat sich nicht gezeigt, daß das Instrument der einstweiligen Verfügung, das wir schon immer in der Zivilprozeßordnung haben, zu einer Gefahr für die Pressefreiheit werden könnte. Es muß in jedem einzelnen Fall abgewogen werden, was auf dem Spiele steht, ob die Pressefreiheit beeinträchtigt werden könnte oder ob die persönliche Ehre verletzt wird. Diese Güterabwägung muß das Gericht in jedem einzelnen Falle vornehmen. Es kann sich dabei an die Richtlinien halten, die die sehr überzeugende Rechtsprechung unserer oberen Gerichte, insbesondere des Bundesverfassungsgerichts, dazu gegeben hat.
Zusatzfrage!
Herr Minister, sind Sie nicht der Meinung, daß gerade in solchen Fällen, in denen eine Kollision mit der Pressefreiheit zu befürchten ist, eine mündliche Verhandlung obligatorisch sein sollte oder die Dinge auf eine höhere Ebene gehoben werden sollten, um örtliche Einflüsse auszuschalten?
Sicher sollte eine einstweilige Verfügung ohne mündliche Verhandlung wirklich nur die Ausnahme sein. Aber in dem Fall, der hier zugrunde liegt, wurde abends um 18.20 Uhr, glaube ich, der Antrag gestellt. Er war mit zwei eidesstattlichen Erklärungen versehen, und es wurde gesagt, daß die Veröffentlichung, die vom Antragsteller beanstandet wurde, am nächsten Tage, also am Tage vor der Wahl, in der Zeitung erscheinen sollte und damit dem Antragsteller, wie von Ihnen erwähnt, der SPD, ein politischer Schaden entstehen könnte. Dann konnte das Gericht, wenn es eine einstweilige Verfügung erlassen wollte, diese nur ohne mündliche Verhandlung erlassen.
Eine weitere Zusatzfrage!
Ist Ihnen bekannt, Herr Minister, daß sich die Zeitung erboten hatte, eine Gegendarstellung noch am anderen Tage, am Samstag vor der Wahl, zuzulassen?
Diese Frage führt schon wieder auf das Gebiet der Urteilskritik. Da ohnehin das Parkett hier im Hause seit heute sehr glänzt, möchte ich mich darauf nicht begeben.
({0})
Dann die Frage VI/4 - des Herrn Abgeordneten Dr. Stecker -:
Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, durch gesetzliche Maßnahmen für die Zukunft ähnliche Vorfälle wie den in Frage VI/2 genannten zu verhüten?
Zur Beantwortung der Herr Bundesminister der Justiz!
Aus dem, was ich gesagt habe, ergibt sich, das ich es nicht für notwendig halte, die Zivilprozeßordnung zu ändern. Ich glaube sicher, daß wir, wenn wir die Entwicklung weiterhin sorgsam beobachten, erkennen werden, daß es sich doch nur um Einzelfälle handelt, in denen man ein Urteil beanstanden kann. Das wird auf allen Rechtsgebieten immer wieder vorkommen.
Zusatzfrage!
Darf ich, weil die Frage nicht beantwortet ist, noch einmal fragen, ob es nicht zweckmäßig ist, bei diesen politischen Dingen in jedem Falle - das hat man auch im Strafrecht - durch Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes oder ähnliche Maßnahmen ein höheres Gericht für zuständig zu erklären?
Es ließe sich allenfalls daran denken, das für solche Fälle zu tun. Ich kann natürlich im Augenblick nicht aus dem Handgelenk sagen, ob das gesetzestechnisch möglich ist. Aber grundsätzlich könnte man erwägen, für solche Fälle mit politischem Gehalt die Zuständigkeit des Landgerichtes vorzusehen.
Frage VI/5 - der Abgeordneten Frau Dr. Maxsein -:
Welches ist der gegenwärtige Stand der Ratifizierung der am 17. Dezember 1962 von der Bundesregierung unterzeichneten Europäischen Konvention über die Haftpflicht der Gaststättenbesitzer für die von den Reisenden mitgebrachten Gegenstände?
Zur Beantwortung der Herr Bundesminister der Justiz!
Die Europäische Konvention über die Haftung der Hoteliers für eingebrachte Sachen kann nicht durch einfaches Ratifizierungsgesetz in deutsches Recht transponiert werden, sondern es bedarf dazu außer der Ratifizierung noch zusätzlicher gesetzlicher Maßnahmen, durch die die bisherigen Vorschriften unseres Bürgerlichen Gesetzbuches mit den Grundsätzen der Konvention in Übereinstimmung gebracht werden. Die Konvention hat nur den Charakter eines Modellgesetzes und läßt der innerstaatlichen Gesetzgebung einen erheblichen Spielraum. Deshalb bedarf es einiger Zeit, um die hiernach notwendigen Gesetzgebungsmaßnahmen durchzuführen. Die Vorbereitungen sind unverzüglich nach der Unterzeichnung, d. h. Anfang 1963, eingeleitet worden. Die Erörterungen mit den beteiligten Ressorts und Wirtschaftskreisen sind so weit abgeschlossen, daß ein Entwurf eines Gesetzes erstellt werden konnte. Eine Besprechung mit den beteiligten Stellen über diesen Entwurf ist bereits seit einiger Zeit auf den 16. Oktober anberaumt worden; sie findet also noch in dieser Woche statt.
Ich rufe auf die Frage VI/6 - des Abgeordneten Hammersen -:
Teilt die Bundesregierung die durch ein Zeitungsinterview bekanntgewordene Auffassung eines Staatsanwalts der Staatsanwaltschaft Koblenz, daß „große Teile der deutschen Wirtschaft korrupt" seien und daß sich „ein weit verbreitetes System von
zuständig sind. Diese Behörden unterstehen nicht meiner Dienstaufsicht, so daß ich an sich nicht in der Lage bin, auf den Ablaut der Entschädigungsverfahren Einfluß zu nehmen. Ich habe jedoch den Eindruck daß die Landesbehörden in der von Ihnen zur Sprache gebrachten Sache alles Erforderliche mit der gebotenen Beschleunigung unternommen haben. Das zuständige Ministerium für Finanzen und Wiederaufbau des Landes Rheinland-Pfalz hat mir dazu folgendes mitgeteilt:
Zur Abgeltung der Schäden, die durch Manöver der amerikanischen Streitkräfte während des Monats Juni 1964 im Raume Kaiserslautern-Kusel-Rockenhausen verursacht worden sind, ist mit 682 Anträgen die Zahlung von insgesamt 843 000 DM beantragt worden.
In 36 weiteren Fällen von Straßenschäden stehen Anträge noch aus; jedoch ist bereits die Beweissicherung durchgeführt. Es ist allerdings damit zu rechnen, daß noch weitere Entschädigungsanträge eingehen, denn die Antragsfrist von 3 Monaten ist noch nicht abgelaufen. Das zuständige Amt für Verteidigungslasten des Landes beklagt die schleppende Anmeldung der Manöverschäden trotz der an alle Bürgermeister ergangenen Aufforderung, die Schäden an Gemeindeeigentum unverzüglich geltend zu machen und die Schadensersatzanträge der sonstigen Geschädigten schnellstens weiterzuleiten.
Die Behörden der Verteidigungslastenverwaltung des Landes Rheinland-Pfalz haben alle bisher angemeldeten Schäden besichtigt und die Beweissicherung durchgeführt. Ein Drittel dieser Fälle sind - knapp einen Monat nach Schadenseintritt - bereits abgewickelt gewesen; die Entschädigungsbeträge sind insoweit ausgezahlt. Für eine schnelle Abwicklung der Entschädigungsanträge wird auch weiterhin Sorge getragen.
Ich darf jedoch hinzufügen, daß insbesondere bei Straßen- und Brückenschäden die Schadensabgeltung längere Zeit in Anspruch nehmen kann, weil Sachverständigengutachten von Bauunternehmern oder Fachingenieuren notwendig werden können.
Ich rufe auf die Frage VII/3 - des Abgeordneten Scheuren -:
Welche gesetzlichen Bestimmungen geben dem Herrn Bundesfinanzminister die Möglichkeit, die von den Organen der Pensionskasse Deutscher Eisenbahnen und Straßenbahnen ({0}), Köln, beschlossene Satzungsänderung betreffend Weihnachtszuwendungen entsprechend dem Gesetz über die Gewährung von Weihnachtszuwendungen vom 16. April 1964 ({1}) abzulehnen, obwohl durch § 6 Abs. 2 des Gesetzes zur Neuordnung der Pensionskasse Deutscher Eisenbahnen und Straßenbahnen vom 5. März 1956 ({2}) in der Fassung des Ergänzungsgesetzes vom 2. März 1961 ({3}) diese Pensionskasse verpflichtet worden ist, ihre laufenden Versorgungsleistungen aus Versicherungsverhältnissen, die vor dem 1. Juli 1948 begründet worden sind, neu zu regeln, wenn die Versorgungsbezüge der Beamten des Bundes geändert werden?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung .einverstanden erklärt. Die Antwort des Staatssekretärs Grund vom 5. August 1964 lautet:
Die von den Organen der Pensionskasse Deutscher Eisenbahnen und Straßenbahnen beschlossene Satzungsänderung über die Gewährung von Weihnachtszuwendungen geht über den Rahmen des §6 Abs. 2 des Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes zur Neuordnung der Pensionskasse Deutscher Eisenbahnen und Straßenbahnen vom 2. März 1961 ({4}) hinaus. Ich will hier ganz davon absehen, daß diese Gesetzesvorschrift die Pensionskasse nur dazu ermächtigt, ihre laufenden Versorgungsleistungen aus Versicherungsverhältnissen „neu zu regeln", nicht aber sie den Beamtenbezügen gleichzusetzen. Denn schon die im Gesetz ausdrücklich genannte Voraussetzung einer Neuregelung, d. i. eine Änderung der Versorgungsbezüge der Bundesbeamten, liegt nicht vor. Das Gesetz über die Gewährung von Weihnachtszuwendungen vom 16. April 1964 ({5}) hat die Weihnachtszuwendungen nicht als einen Teil der Versorgungsbezüge der Bundesbeamten ({6}) geregelt. Diese Zuwendungen stellen vielmehr Leistungen besonderer Art mit einem einmaligen, sozial bestimmten Charakter dar, die der Bund als Arbeitgeber neben den Versorgungsbezügen leistet. Weitere Einzelheiten sind der Pensionskasse Deutscher Eisenbahnen und Straßenbahnen im Schreiben des Bundesministers der Finanzen vom 29. Juli 1964 - V A/7 - Vers 2900 - 50/64 - auf ihre Eingabe vom 26. Juni 1964 - A 20 - mitgeteilt worden, die Sie in Ihrer Eigenschaft als Vorsitzender des Vorstandes dieser Kasse mit unterzeichnet hatten und in der die Pensionskasse ein Verwaltungsstreitverfahren ins Falle der Verweigerung der Genehmigung angekündigt hat.
Mangels einer rechtlichen Handhabe sehe ich mich leider nicht in der Lage, die Satzungsänderung zu genehmigen. Da die Satzungsänderung nach der Schätzung der Pensionskasse den Bund über seine Zuschußverpflichtung zum Versicherungsbestand D der Pensionskasse jährlich mit mindestens zunächst 500 000,- DM belasten würde, ist es mir angesichts dieser haushaltsmäßigen Belastung schließlich auch versagt, eine über die gesetzlichen Vorschriften hinausgehende Satzungsänderung nach freiem Ermessen zu genehmigen. Der Pensionskasse Deutscher Eisenbahnen und Straßenbahnen ist es selbstverständlich unbenommen, entsprechend ihrer Ankündigung ihren abweichenden Rechtsstandpunkt zum Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens zu machen, sofern sie es nicht für angemessen hält, sich wegen der Weihnachtsgeldzuwendungen an die beteiligten Arbeitgeber der Kasse ({7}) zu wenden.
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
Korruption bei zahlreichen Firmen mit Bundeswehraufträgen zur Perfektion entwickelt" habe?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort liegt noch nicht vor. Sie wird nach Eingang im Sitzungsbericht abgedruckt.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen.
Ich rufe auf die Frage VII/1 - des Abgeordneten Ertl -:
Warum erhalten Redaktionen der landwirtschaftlichen Wochenblätter nicht denselben Werbungskostenpauschalsatz wie die Journalisten fast aller übrigen Wochenzeitungen?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Ministerialdirektors Korff, Stellvertreter des Staatssekretärs, vom 3. August 1964 lautet:
In Abschnitt 24 a der Lohnsteuer-Richtlinien sind für bestimmte Berufsgruppen besondere Werbungskosten-Pauschbeträge festgesetzt worden, die neben dem allgemeinen WerbungskostenPauschbetrag von 564 DM jährlich gewährt werden. Hierbei handelt es sich um eine Vereinfachungsmaßnahme, die den Zweck hat, den Einzelnachweis der tatsächlichen Werbungskosten in den Fällen entbehrlich zu machen, in denen Arbeitnehmern mit gleicher Tätigkeit erfahrungsgemäß nach Art und Höhe in etwa gleiche Werbungskosten entstehen.
Journalisten erhalten nach Abschnitt 24 a Abs. 1 Ziff. 4 der Lohnsteuer-Richtlinien einen besonderen Werbungskosten-Pauschbetrag in Höhe von 15 v. H. des Arbeitslohnes, höchstens 250 DM monatlich. Voraussetzung ist, daß sie
a) den Journalistenberuf hauptberuflich ausüben und
b) für eine mehr als einmal wöchentlich erscheinende Zeitung ({8}) - z. B. Tageszeitung - oder
c) für eine mindestens einmal wöchentlich erscheinende Zeitung ({9}), die der umfassenden Darstellung des allgemeinen Tagesgeschehens in Wort oder Bild dient, oder
d) für ein Nachrichten- oder Korrespondenzbüro oder für eine Rundfunkanstalt
tätig werden.
Diese Abgrenzung soll sicherstellen, daß nur solche Journalisten den besonderen Werbungskosten-Pauschbetrag erhalten, bei denen nach der Art der Tätigkeit - insbesondere wegen des umfangreichen Außendienstes - angenommen werden kann, daß ihnen laufend Aufwendungen in einer dem besonderen Pauschbetrag entsprechenden Höhe entstehen. Der besondere Werbungskosten-Pauschbetrag soll dagegen nicht solchen Journalisten gewährt werden, die ihre Tätigkeit überwiegend im Verlagsbüro ausüben und die deshalb regelmäßig keine erhöhten Aufwendungen haben oder bei denen es zumutbar erscheint, die Aufwendungen einzeln nachzuweisen oder glaubhaft zu machen, weil die Tätigkeit üblicherweise nicht unter dem Zeitdruck ausgeübt wird, wie es in den unter b) bis d) erwähnten Fällen meist der Fall ist. Die Prüfung und Entscheidung, ob die bezeichneten Voraussetzungen erfüllt sind und vor allem, ob eine Wochenzeitschrift der umfassenden Darstellung des allgemeinen Tagesgeschehens dient, obliegt ausschließlich den obersten Finanzbehörden der Länder. Diese haben bisher nach jeweils vorangegangener Prüfung festgestellt, daß z. B. Fachzeitschriften, Kirchenzeitungen, landwirtschaftliche Wochenblätter usw. zumeist nicht der umfassenden Darstellung des allgemeinen Tagesgeschehens dienen und daß den Journalisten dieser Zeitschriften der besondere Werbungskosten-Pauschbetrag deshalb nicht gewährt werden kann.
Auf diese Entscheidung vermag ich keinen Einfluß zu nehmen. Ich halte es auch nicht für vertretbar, auf eine Regelung hinzuwirken, nach der alle hauptberuflichen Journalisten den besonderen Werbungskosten-Pauschbetrag erhalten. Eine solche Ausweitung würde dem eingangs erwähnten Zweck der Regelung zuwiderlaufen.
Ich rufe auf die Frage VII/2 - des Abgeordneten Dr. Müller-Emmert -:
Wird die Bundesregierung dafür Sorge tragen, daß die erheblichen Schäden an Straßen, Wegen, Brücken, Gebäuden und bestellten Feldern, die durch die amerikanischen Streitkräfte bei einem in den letzten Tagen durchgeführten Manöver in den Landkreisen Kaiserslautern, Kusel und Rockenhausen verursacht wurden und die mehrere Millionen Deutsche Mark betragen sollen, beschleunigt reguliert werden?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Ministerialdirektors Korff, Stellvertreter des Staatssekretärs, vom 6. August 1964 lautet:
Zunächst möchte ich bemerken, daß für die Abwicklung von Schäden dieser Art die Verteidigungslastenbehörden der Länder
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
Ich rufe auf die Frage VII/4 - des Abgeordneten Haage ({10})
Ist die Bundesregierung bereit, die abgabenfreie Einfuhr von Treibstoffen im internationalen Verkehr, soweit sie in Normalbehältern eingeführt werden, ohne Beschränkung der Höchstmenge zuzulassen, wie dies nach dem Zollabkommen betr. die zeitweilige Einfuhr gewerblicher Straßenfahrzeuge vom 18. Mai 1956 im Grundsatz von fast allen europäischen Ländern praktiziert wird?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Ministerialdirektors Korff, Stellvertreter des Staatssekretärs, vom 6. August 1964 lautet:
Die Bundesregierung ist nicht bereit, die abgabenfreie Einfuhr von Treibstoffen im Normaltank grenzüberschreitender Kraftfahrzeuge ohne Beschränkung auf eine Höchstmenge zuzulassen.
Über die Frage der Freimengen wird schon seit längerer Zeit unter verkehrspolitischen Gesichtspunkten in der EWG verhandelt. Es wäre nicht angebracht, dem Ergebnis dieser Verhandlungen vorzugreifen, zumal die Auffassungen der Mitgliedstaaten sehr verschieden sind. Ich halte aber einen Verzicht auf die Mengenbegrenzung auch sachlich nicht für gerechtfertigt.
Die Unternehmen, die im grenzüberschreitenden Verkehr tätig sind, arbeiten daneben auch im Inland. Hier stehen sie im Wettbewerb mit Unternehmen, die ihre Tätigkeit ausschließlich auf das Inland beschränken. Schon die Freimengen nach dem geltenden Recht gestatten es ihnen, große Strecken mit abgabenfrei eingeführtem Kraftstoff zurückzulegen, für die ihre Wettbewerber voll versteuerten Inlandskraftstoff verwenden müssen. Ein Verzicht auf die Mengenbegrenzung würde diesen durchaus ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil noch vergrößern.
Die Freimengen müssen in der gleichen Höhe auch einreisenden Ausländern gewährt werden. Diese können damit auf weite Strecken die deutschen Straßen benutzen, ohne über die Mineralölabgaben zu den Kosten für ihren Bau und ihre Unterhaltung beizutragen. Die Beseitigung der Mengenbegrenzung würde diesen Zustand noch verschärfen.
Die Regelung in anderen europäischen Ländern kann nicht ohne weiteres übernommen werden, weil die Verhältnisse verschieden sind. Zumindest in den an die Bundesrepublik angrenzenden Ländern außer Frankreich ist die Mineralölsteuer, vor allem auf Dieselkraftstoff, geringer als bei uns; deshalb sind auch die Kraftstoffpreise dort niedriger. Diese Länder brauchen daher nicht damit zu rechnen, daß bei der Einreise aus Deutschland größere Mengen des teuren deutschen Kraftstoffs mitgeführt werden. Sie können daher die Freimengen großzügig bemessen; sie werden ohnehin nur selten voll ausgenutzt werden. Wir dagegen müssen wegen der höheren Steuerbelastung davon ausgehen, daß die Freimengen, wie hoch sie auch immer bemessen werden, in der Regel voll ausgenutzt werden. In Frankreich besteht im übrigen eine noch weit schärfere Mengenbegrenzung als bei uns.
Ich rufe auf die Frage VII/5 - des Abgeordneten Riedel ({11}) -:
Ist der Herr Bundefinanzminister bereit, die Höhe der abzugsfähigen Spesensätze ({12}) bei der Gewinnermittlung der freien Wirtschaft gegenüber dem Finanzamt den heutigen Gegebenheiten anzupassen ({13})?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Bundesministers Dr. Dahlgrün vom 25. August 1964 lautet:
Ich bin der Auffassung, daß die steuerlichen ReisekostenPauschbeträge überprüft werden sollten. Da es sich hierbei aber um eine Verwaltungsangelegenheit der Einkommensteuer handelt, kann mein Haus nicht in eigener Zuständigkeit entscheiden, sondern bedarf für eine etwaige Änderung der Zustimmung der Finanzministerien ({14}) der Länder. Mit diesen hat sich die Steuerabteilung meines Hauses inzwischen ins Benehmen gesetzt. Es ist vorgesehen, die Überprüfung im Herbst dieses Jahres im Zusammenhang mit der Änderung der LohnsteuerRichtlinien vorzunehmen. Ich darf Sie bitten, das Ergebnis dieser Überprüfung abzuwarten.
Ich rufe auf die Frage VII/6 - des Abgeordneten Fritsch -:
Ist die Bundesregierung bereit, die sofortige Freigabe von 6 Millionen DM für Zwecke der Instandsetzung von Wohnungen des Althausbesitzes in Ansehung des Umstandes vorzunehmen, daß allein im Bereich der Landesbank bayer. Haus- und Grundbesitzer in München noch 221 Anträge mit einem Finanzierungsbetrag von 1,4 Millionen DM vorliegen?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des
Bundesministers Dr. Dahlgrün vom 26. September 1964 lautet:
Nachdem im laufenden Rechnungsjahr für die Übernahme von Darlehensverpflichtungen zugunsten der Instandsetzung von Wohngebäuden bisher Bindungsermächtigungen in Höhe von 24 Mio DM erteilt worden waren, sind nunmehr wegen der regen Nachfrage noch weitere 3 Mio DM zur Verteilung auf die Länder freigegeben worden, so daß im Rechnungsjahr 1964 Darlehenszusagen zu Lasten des Bundeshaushalts von insgesamt 27 Mio DM gegeben werden können. Für die Deckung dieses Betrages sind 5 Mio DM im Rechnungsjahr 1964 und 22 Mio DM im nächsten Rechnungsjahr veranschlagt ({15}). Die Erteilung einer höheren Bindungsermächtigung würde den Haushaltsausgleich im nächsten Rechnungsjahr gefährden, für den außer in anderen Einzelplänen auch im Epl. 25 eine Minderausgabe ({16}) veranschlagt worden ist, die durch Einsparungen erreicht werden muß.
Im Hinblick auf diese Schwierigkeiten bestand leider nur die Möglichkeit zur Freigabe eines weiteren Betrages von 3 Mio DM.
Ich rufe auf die Frage VII/7 - des Abgeordneten Dr. Müller-Emmert -:
Ist die Bundesregierung im Interesse der deutschen Unfallgeschädigten zu Maßnahmen bereit, durch die eine Wiedergutmachung der Schäden erreicht wird, die von Angehörigen der Stationierungsstreitkräfte außerhalb des Dienstes - auf einer Schwarzfahrt oder mit einem nicht haftpflichtversicherten Fahrzeug - durch Verkehrsunfälle verursacht werden und wo sich die Angehörigen der Stationierungsstreitkräfte der Wiedergutmachung des Schadens dadurch entziehen, daß sie in ihre Heimat zurückversetzt werden, wodurch die Erwirkung eines deutschen Vollstreckungstitels und die Vollstreckung aus ihm praktisch nicht möglich ist?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Bundesministers Dr. Dahlgrün vom 8. Oktober 1964 lautet:
In den in Ihrer Anfrage genannten Schadensfällen besteht nach den geltenden Bestimmungen des NATO-Truppenstatuts in Verbindung mit den deutschen gesetzlichen Vorschriften für die Geschädigten die Möglichkeit, eine Entschädigung zur Abgeltung der enstandenen Schäden zu erlangen. Ich darf auf Artikel VIII Abs. ({17}), ({18}) und ({19}) des NATO-Truppenstatuts und auf die Verfahrensbestimmungen des dazu ergangenen Ausführungsgesetzes vom 18. August 1961 ({20}) hinweisen.
Soweit bei Schwarzfahrten mit Kraftfahrzeugen der Streitkräfte nicht bereits die Streitkräfte selbst etwa unter dem Gesichtspunkt der Halterhaftung einzutreten haben, besteht in allen
' von Ihnen genannten Fällen jedenfalls die Möglichkeit, von den Streitkräften eine sogenannte ex gratia-Entschädigung zu erlangen, die von den Dienststellen der Streitkräfte bei außerdienstlichen Schadenshandlungen ihrer Mitglieder gewährt werden. Gerade für die Fälle unbefugter Benutzung von Kraftfahrzeugen der Streitkräfte ist eine solche ex gratia-Entschädigung in Artikel VIII Abs. ({21}) und ({22}) des NATO-Truppenstatuts ausdrücklich vorgesehen.
Schadensfälle durch nicht versicherte private Kraftfahrzeuge von Mitgliedern der Streitkräfte werden nur außerordentlich selten vorkommen. Denn die Dienststellen der Streitkräfte dürfen eine Zulassung für ein privates Kraftfahrzeug nur erteilen und die Mitglieder dürfen ein solches Fahrzeug im Straßenverkehr nur benutzen, falls eine ausreichende Haftpflichtversicherung vorliegt. Das ist in den Artikeln 10 und 11 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut ausdrücklich geregelt. Sollte entgegen den bestehenden Vorschriften ein nicht versichertes Kraftfahrzeug eines Mitglieds der Streitkräfte einen Schaden verursachen, so sind auch in einem solchen Fall die oben genannten Entschädigungsbestimmungen ausreichend, um die entstandenen Schäden abzugelten.
Die Bundesregierung sieht deshalb unter den bestehenden Umständen keine Veranlassung zu besonderen Maßnahmen genereller Art.
Sollte es sich herausstellen, daß in einem Einzelfall trotz Ausschöpfung der bestehenden Möglichkeiten eine Entschädigung in den vorgesehenen Verfahren nicht oder in nicht ausreichendem Umfang gewährt worden ist, so kann zur Vermeidung einer besonderen Härte ein Ausgleich aus Bundesmitteln in Betracht kommen. Eine entsprechende Möglichkeit sieht der Einzelplan 3511 a Titel 340 vor. In welchen Fällen und in welcher Höhe jeweils ein solcher Härteausgleich - ohne Rechtsverpflichtung - aus den zur Verfügung stehenden Mitteln geleistet werden kann, wird unter Würdigung aller Umstände von Fall zu Fall zu prüfen sein.
Ich rufe die Frage VII/8 - des Herrn Abgeordneten Junghans - auf:
Welche Gründe hatte die Bundesregierung, als sie im Sommer 1962 der Deutschen Bundesbahn und der Deutschen Bundespost aus dem Verkaufserlös der VW-Aktien Darlehen in Höhe von 560 Mio DM zu einem Zinsfuß von 31/2 % gewährte, obwohl der Bund an die Stiftung Volkswagenwerk für diesen Betrag Zinsen in Höhe von 5 °/o aufwenden muß?
Herr Präsident, darf ich die Fragen VII/8, VII/9 und VII/10, die sachlich zusammengehören, zusammen beantworten?
Einverstanden. Frage VII/9 - des Herrn Abgeordneten Junghans -:
Ist es richtig, daß die Deutsche Bundesbahn und die Deutsche Bundespost Darlehen in Höhe von 560 Mio DM am Geldmarkt zu einem Zinsfuß von 31/e °/o hätten aufnehmen können?
und Frage VII/10 - des Herrn Abgeordneten Junghans -:
Trifft es zu, daß bereits im Sommer 1962 der damalige Staatssekretär Prof. Hettlage einen Vergleich mit der Stiftung Volkswagenwerk vorgeschlagen hat, der praktisch identisch ist mit dem im Herbst 1963 tatsächlich abgeschlossenen Vergleich?
Es trifft nicht zu, daß die Bundesregierung der Bundesbahn und der Bundespost aus dem Verkaufserlös der Volkswagenaktien Darlehen in Höhe von 560 Millionen DM gewährt hat. Bundesbahn und Bundespost haben vielmehr die Darlehen unmittelbar von der Stiftung Volkswagenwerk aufgenommen.
Nach dem Vertrag über die Regelung der Rechtsverhältnisse bei der Volkswagenwerk GmbH und der Errichtung einer Stiftung Volkswagenwerk vom 11./12. November 1959 ist die Stiftung verpflichtet, den Erlös aus dem Verkauf der Volkswagenaktien dem Bund als Darlehen für die Dauer von 20 Jahren zur Verfügung zu stellen. Das Darlehen ist nach der Stiftungssatzung für die ersten drei Jahre der Laufzeit mit 5 % jährlich zu verzinsen.
Von dem Verkaufserlös von rund 1060 Millionen DM hat das ERP-Sondervermögen 500 Millionen DM als Darlehen von der Stiftung aufgenommen und für Zwecke der Entwicklungshilfe verwendet. Die restlichen 560 Millionen DM sollen für Maßnahmen der Ausbildungs- und Leistungsförderung eingesetzt werden. Zu diesem Zweck wird nach dem Entwurf eines Leistungsförderungsgesetzes, der dem Hohen Haus vorliegt, ein Sondervermögen gebildet.
Bis zur Klärung der damit zusammenhängenden Fragen hat sich die Stiftung bereit gefunden, die 560 Millionen DM zwischenzeitlich Bundesbahn und Bundespost zur vorübergehenden Behebung von Liquiditätsschwierigkeiten je zur Hälfte bis Ende 1963 und Ende 1964 mit der Maßgabe zu überlassen, daß dieser Zeitraum auf die Gesamtlaufzeit des Darlehens angerechnet wird.
Da die Stiftungssatzung 5 % Jahreszinsen vorsieht und Bundesbahn und Bundespost die Gelder infolge der kurzfristigen Überlassung nur marktüblich mit 31/s v. H. bzw. 31/2 v. H. jährlich verzinsen, sind beide Sondervermögen wegen der Zahlung der Zinsdifferenz an den Bund herangetreten. Der Bundesminister der Finanzen hat dem Verlangen stattgegeben, weil infolge der Darlehensaufnahme vermieden worden ist, daß die Sondervermögen Anleihen auf dem Kapitalmarkt mit einem Zinssatz von 6 v. H. aufnehmen mußten. Dieser Zinsvorteil kommt dem Bund und damit dem Steuerzahler in gleicher Weise zugute, als ob das Darlehen dem Bundeshaushalt unmittelbar zugeflossen wäre.
Zusatzfrage!
Herr Minister, habe ich Sie richtig verstanden, daß der damalige Finanzminister, Herr Dr. Starke, nicht als Bundesfinanzminister, sondern als Geschäftsführer ohne Auftrag gehandelt hat?
Diese Frage, Herr Kollege Junghans, hängt mit der unter VII/10 zusammen. Wenn der Herr Präsident einverstanden ist, möchte ich jetzt die Frage VII/10 beantworten; damit ist dann auch gleichzeitg die Zusatzfrage erledigt.
Bitte sehr.
Der Vertrag über die Errichtung einer Stiftung Volkswagenwerk und die Stiftungssatzung regeln die Beziehungen zwischen Bund und Stiftung nicht eindeutig. Zwischen Bund und Stiftung kam es deshalb zu Meinungsverschiedenheiten. Insbesondere war streitig, ob die Darlehensaufnahme durch den Bund eines besonderen Darlehensvertrages bedürfe.
Die Stiftung war der Meinung, daß der Abschluß eines Darlehensvertrages nicht erforderlich sei. Demgegenüber hielt der Bund den Abschluß eines Darlehensvertrages für notwendig. Der Bund war der Auffassung, daß es sich bei dem Verkaufserlös bis zum Abschluß eines Darlehensvertrages um Mittel der Stiftung gehandelt habe, die vom Bund als Geschäftsführer ohne Auftrag für die Stiftung verwaltet worden seien; der Bund sei daher bis zum Abschluß eines Darlehensvertrages nur verpflichtet gewesen, die aus der Verwaltung des Verkaufserlöses erzielten Erträge an die Stiftung abzuführen.
Über diese Fragen konnte erst im Jahre 1963 nach langwierigen Verhandlungen zwischen Bund und Stiftung Einvernehmen erzielt werden. Ein Teil dieser Gesamtregelung betraf den Zinsanspruch der Stiftung für die Vergangenheit. Bei der Lösung dieser Teilfrage, Herr Kollege Junghans, konnte auf die von Ihnen angesprochenen Vorstellungen von Herrn Professor Dr. Hettlage zurückgegriffen werden.
Zusatzfrage!
Herr Minister, was ist der konkrete Unterschied zwischen dem Vorschlag von Professor Hettlage aus dem Jahre 1962 und dem tatsächlich abgeschlossenen Vergleich?
Der Unterschied besteht juristisch darin, daß der Bund bis zum Abschluß des Darlehensvertrages als Geschäftsführer ohne Auftrag Mittel verwaltet hat, während er sie 'anschließend durch den Darlehensvertrag nach den Bestimmungen der Satzung auf 20 Jahre übernommen hat.
Zusatzfrage!
Herr Minister, hängt diese Rechtsauffassung oder Rechtsauslegung damit zusammen, daß der damalige Finanzminister Dr. Starke sich aus haushaltspolitischen Gründen energisch geweigert hat, die 560 Millionen DM in den Bundeshaushalt zu vereinnahmen?
Davon ist mir nichts bekannt.
Letzte Zusatzfrage!
({0})
- Ich weiß, daß Sie sich das ausgerechnet haben.
Herr Minister, wenn die Bundesregierung ständig ihre Bereitschaft zum Abschluß eines Vergleichs erklärt hat, wie erklären Sie sich dann die Tatsache, daß diese Mittel bei Bundesbahn und Bundespost auf ein bis zwei Jahre festgelegt worden sind?
Die Vergleichsverhandlungen sind von mir im vorigen Jahr zu Ende geführt worden. Es war recht schwierig - aus mancherlei Gründen -, hier zu einer Einigung zu kommen. Wenn sie schon das Geld verwenden wollen, und zwar kurzfristig, was ja bekanntlich nicht so viel Zinsen einbringt, als wenn sie es langfristig geben, dann ist die Vergabe an Bundesbahn und Bundespost bis Ende 1963 bzw. Ende 1964 aber wirklich das Allerkürzeste, was sie mit dem Geld machen konnten.
Noch eine Zusatzfrage?
Herr Minister, wie verträgt sich das denn mit der Tatsache, daß die Bundesregierung im Jahre 1962 erhebliche Kapitalmarktmittel zu 6 % hat aufnehmen müssen?
Die Kapitalmarktmittel des Bundes sind im außerordentlichen Haushalt veranschlagt, vom Parlament gebilligt und werden am Kapitalmarkt aufgenommen. Die 560 Millionen DM aus der Volkswagenstiftung haben mit den Kapitalmarktmitteln des Bundes nichts zu tun. Das ist in dem Gesetz und in der Stiftungssatzung besonders geregelt.
Das ist aber die letzte Zusatzfrage; dann ist nichts mehr in der Zitrone drin.
({0})
Junghans: Herr Minister, sind Sie nicht der Auffassung, daß tatsächlich von einem Darlehen an den Bund gesprochen wurde und daß diese Mittel normalerweise im außerordentlichen Etat wie normale Kapitalmarktmittel hätten eingesetzt werden müssen?
Es ist nicht nur von einem Darlehen gesprochen worden, vielmehr ist das Darlehen an den Bund im Gesetz und in der Satzung auf 20 Jahre zu einem bestimmten Zinssatz festgelegt. Aber bevor dieser Darlehensvertrag, der nach unserer Auffassung nötig war, abgeschlossen war, konnte in dieser Sache nichts geschehen, Herr Junghans.
Damit ist dieser Fragenkomplex abgeschlossen.
Bevor wir in der Fragestunde fortfahren, habe ich die Ehre und die Freude, eine Delegation der größten Demokratie dieser Erde in diesem Hause willkommen zu heißen. Ich begrüße den Speaker, den Präsidenten der Lok Sabha, des indischen Parlaments, Herrn Sardar Hukam Singh, die Vizepräsidentin des indischen Oberhauses, Frau Violet Alva, sowie vier weitere Abgeordnete des indischen Parlaments und den Sekretär des Unterhauses in unserer Mitte.
({0})
Mein verehrter Herr Präsident und Kollege, es ist uns eine Freude, daß Sie in dieser Morgenstunde einen Blick auf unser Haus werfen. Sie waren gestern schon unsere Gäste, und wir freuen uns, daß Sie in diesen Tagen mit einer so großen und illustren Delegation Deutschland bereisen werden. Sie sind uns hier und überall 'in Deutschland herzlich willkommen. Ich darf Sie bitten, die herzlichen Grüße dieses Hauses Ihrem Hause in Neu-Delhi zu entbieten.
({1})
Wir fahren in der Fragestunde fort. Ich rufe die von dem Abgeordneten Dr. Schmidt ({2}) gestellte Frage VII/11 auf:
Wie kann die Entwicklung des privaten und öffentlichen Kraftverkehrs durch steuerrechtliche Regelungen im Sinne einer rationellen Ordnung nachhaltig und rechtzeitig beeinflußt werden?
Das Wort zur Beantwortung hat der Bundesfinanzminister.
Die Bundesregierung beobachtet seit längerem die Entwicklung des privaten und öffentlichen Verkehrs mit großer Sorge. Sie sieht jedoch - wenigstens zur Zeit - keine Möglichkeit, diese Entwicklung durch steuerliche Maßnahmen wirksam zu beeinflussen. Abschließend aber wird die Bundesregierung zu diesen Fragen erst dann Stellung nehmen können, wenn der nunmehr vorliegende Bericht der Sachverständigenkommission nach dem Gesetz über eine Untersuchung von Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden ausgewertet worden ist. Dieser Bericht wird dem Hohen Hause demnächst vorgelegt werden.
Zusatzfrage?
Herr Minister, halten Sie die Hubraumsteuer - als solche ist unsere Kraftfahrzeugsteuer gestaltet - überhaupt für eine geeignete Steuerformel, um dem
Dr. Schmidt ({0})
kommenden Chaos auf dem Gebiete des Verkehrsraums zu begegnen?
Auch die Beförderungsteuer wird bei der zukünftigen Bearbeitung und Modernisierung verschiedener Steuergesetze selbstverständlich mit in den Kreis der Betrachtungen einbezogen.
Herr Minister, ich habe nicht von der Beförderungsteuer, sondern von der Gestaltung der Kraftfahrzeugsteuer als Hubraumsteuer gesprochen.
Auch darüber sind die Verhandlungen zur Zeit in vollem Gange. Sie wissen, daß auch von der technischen Seite her über die Frage der Hubraumbesteuerung zur Zeit Untersuchungen angestellt werden.
Sind Sie der Auffassung, Herr Minister, daß wir angesichts der stürmischen Verkehrsentwicklung die Frage, ob nicht über die Steuer die Inanspruchnahme des Verkehrsraumes gesteuert werden kann, vordringlich behandeln müssen?
.Dr. Dahlgrün, Bundesminister der Finanzen: Gerade das ist der Gegenstand der Untersuchungen, die darüber angestellt werden. Nach der einen Seite besteht eine solche Gefahr, wie Sie sie mit Ihrer Frage andeuten. Auf der anderen Seite besteht aber auch die Gefahr, daß der Kraftfahrzeugbau bei anderen als den gegenwärtigen steuerlichen Gegebenheiten zu anderen Mitteln greift, die uns nicht liegen, z. B. zum Bau von zu leichten Fahrzeugen übergeht.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Ritzel!
Herr Bundesminister, wird Ihr Haus die Erfahrungen, die in bezug auf die Art der Besteuerung von Kraftfahrzeugen in anderen Ländern gesammelt worden sind und täglich gesammelt werden, für die Überlegungen, die bei uns in der Bundesrepublik angestellt wenden, nutzen?
Jawohl!
Frage VII/12 - des Herrn Abgeordneten Dr. Dörinkel -:
Plant die Bundesregierung die Vorlage eines Gesetzentwurfs, der die Steuerfreiheit für die Ruhegehälter von Beamten und Ruhegehälter in der freien Wirtschaft einschließlich der Leistungen aus Unterstützungskassen in einem bestimmten Umfange vorsieht?
Ich darf mit dem Einverständnis des Herrn Präsidenten die beiden Fragen die zusammenhängen, gemeinsam beantworten.
Bitte! Ich rufe also auch die ebenfalls von dem Abgeordneten Dr. Dörinkel gestellte Frage VII/13 auf:
In welcher Weise gedenkt die Bundesregierung bei der in Frage VII/12 erwähnten Steuerfreiheit für Ruhegehälter die Gleichheit vor dem Gesetz für diejenigen Staatsbürger zu wahren, denen derartige Versorgungsansprüche nicht zustehen, die vielmehr gezwungen sind, ihre Altersversorgung durch Ersparnisse herbeizuführen, z. B. freie Berufe, selbständige Unternehmer, Handelsvertreter usw.?
Der Kollege Meis und weitere Abgeordnete der Koalitionsparteien haben einen Initiativantrag für eine Neuregelung der Pensionsbesteuerung eingebracht. Ich darf Sie auf die Drucksache IV/2342 hinweisen. Die Bundesregierung beabsichtigt deshalb zur Zeit nicht, von sich aus eine entsprechende Gesetzesvorlage einzubringen, zumal nach dem vorläufigen Beratungsergebnis des Finanzausschusses dieses Hohen Hauses im Zusammenhang mit dem Steueränderungsgesetz vorgesehen ist, das Problem der Pensionsbesteuerung bereits Anfang nächstens Jahres abschließend zu beraten. Sollte dabei dem Initiativantrag nähergetreten werden, so wird zweifellos sorgfältig untersucht werden müssen, inwieweit sich Rückwirkungen auf die Besteuerung der Versorgung der anderen von Ihnen angegebenen Personengruppen ergeben.
Eine Zusatzfrage!
Bitte.
Herr Bundesminister, ist die Bundesregierung bereit, bei den Überlegungen, von denen Sie soeben gesprochen haben, die Tatsache angemessen zu berücksichtigen, daß es für die Angehörigen der freien Berufe, für selbständige Unternehmer, Handelsvertreter und ähnliche Berufsgruppen ungleich schwieriger ist, ihre Altersversorgung aus Ersparnissen sicherzustellen, als es für den Personenkreis gesetzlich vorgesehen ist, der seine Altersversorgung von der öffentlichen Hand, insbesondere auch aus der Arbeiterrenten- und der Angestelltenversicherung, bezieht, weil diejenigen Berufsgruppen, die auf Ersparnisse angewiesen sind, erstens einmal die Verluste durch zwei Inflationen haben hinnehmen müssen und zweitens auch heute noch dem Kaufkraftschwund ohne irgendeinen Ausgleich ausgesetzt sind?
Bei den Verhandlungen und Beratungen dieser Frage wird der von Ihnen herausgestellte Gesichtspunkt sicher eine besonders wesentliche Rolle spielen.
Danke sehr.
Ich rufe die Frage VII/14 - des Herrn Abgeordneten SchmittVockenhausen - auf:
Welchen Zweck verfolgen die von dem Verein Naturschutzpark e. V. kritisierten Landkäufe des Bundesfinanzministers in der Lüneburger Heide?
Mit den vom Verein Naturschutzpark kritisierten Landkäufen erfüllt die Bundesrepublik Verpflichtungen aus einer vom Deutschen Bundestag ratifizierten Zusatzvereinbarung zum NATO-Truppenstatut, dem sogenannten Soltau-Lüneburg-Abkommen, nach dessen Art. 3 der Bund den britischen und kanadischen Streitkräften bestimmte Flächen im Raume Soltau-Lüneburg zur ständigen Benutzung zu überlassen hat. Diese Verpflichtung des Bundes kann durch Begründung von Nutzungsverhältnissen erfüllt werden. Die zuständige Oberfinanzdirektion ist angewiesen, die „roten Flächen" in erster Linie durch Abschluß von Nutzungsverhältnissen sicherzustellen.
Lehnt der Eigentümer jedoch die Begründung eines Nutzungsverhältnisses ab und bietet er die Grundstücke zu angemessenen Bedingungen zum Kauf an, ist der Bund aus rechtlichen Gründen gehalten, das Kaufangebot anzunehmen, da andernfalls ein Enteignungsverfahren nach dem Landbeschaffungsgesetz durchgeführt werden müßte, in dem die Begründung eines schuldrechtlichen Nutzungsverhältnisses auch im Zwangswege nicht möglich ist.
Die Kritik des Vereins Naturschutzpark und der von seinem Vorsitzenden laut Pressemeldungen aus diesem Anlaß erhobene Vorwurf der Vergeudung von Steuergeldern sind angesichts dieser Rechtslage uni so weniger verständlich, als der Verein Naturschutzpark selber dem Bund noch im August dieses Jahres, also vor ganz kurzer Zeit, rund 30 Hektar Forstflächen im Raume Soltau-Lüneburg zum Kauf angeboten hat. Der Ankauf ist wegen der hohen Kaufpreisforderung des Vereins bisher nicht zustande gekommen.
Eine Zusatzfrage.
Vielen Dank für diese Aufklärung, Herr Minister. Können Sie dem Hause etwas über den Stand der Verhandlungen mit den britischen Stationierungsstreitkräften sagen? Nach dem letzten Zwischenbericht Ihres Hauses war ja die Situation immer noch auf vielen Gebieten unbefriedigend.
Ich glaube sagen zu können, Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen, daß die Dinge im Augenblick, nachdem wir im Juli oder Anfang August die letzten Vereinbarungen geschlossen haben, ordentlich im Fluß sind. Wir haben schon in weitem Umfang mit den Eigentümern Nutzungsverträge über sehr große Flächen abgeschlossen. Wo die Eigentümer auf Nutzungsverträge keinen Wert legen, müssen wir kaufen.
Vielen Dank.
Die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten werden am
15. aufgerufen, desgleichen die aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung.
Ich rufe auf die Frage X/1 - des Abgeordneten Spies -:
Ist die Bundesregierung bereit, verdienten Offizieren, die mangels Planstellen oder wegen überschrittener Altersgrenze nicht mehr befördert werden konnten, mit oder nach ihrem Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis als Anerkennung für ihre Dienste den nächsthöheren Rang als charakterisierten Rang zu verleihen?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Ministerialdirektors Dr. Knieper, Stellvertreter des Staatssekretärs, vom 18. August 1964 lautet:
Die Frage, ob verdienten Offizieren mit oder nach ihrem Ausscheiden aus ihrem Dienstverhältnis als Anerkennung für geleistete Dienste der Charakter des nächsthöheren Dienstgrades verliehen werden kann, ist von mir mehrfach geprüft worden. Ihr Anliegen ist jedoch aus Rechtsgründen nicht erfüllbar.
Die Charakterverleihung, ursprünglich ein „Allerhöchster Gnadenerweis", wurde in der Reichswehr und zunächst auch Wehrmacht beibehalten, ohne daß Rechtsgrundlagen hierfür ersichtlich sind. Die Anwendung der Charakterisierung wurde am 4. Dezember 1940 durch Befehl des Obersten Befehlshabers der Wehrmacht verboten.
Für die Bundeswehr ist die Rechtslage eindeutig.
Nach geltendem Soldatenrecht bedeutet eine Beförderung, daß der Soldat in einen erhöhten Pflichten- und Verantwortungsbereich hineingestellt wird, den er auf Grund seiner Eignung, Befähigung und Leistung auszufüllen verspricht. Das ergibt sich aus § 3 des Soldatengesetzes: Der Soldat ist nach Eignung, Befähigung und Leistung zu ernennen, d. h. auch: zu befördern.
Diese Vorschrift gründet sich ihrerseits auf die Verfassungsbestimmung des Artikels 33 Absatz 2 des Grundgesetzes. Danach wird der Zugang zu jedem öffentlichen Amt - militärisch also zur Verwendung in einem bestimmten Dienstgrad - allein durch Eignung, Befähigung und fachliche Leistung eröffnet.
Eine Beförderung zur Belohnung für bisher geleistete Dienste, d. h. nur als Würdigung und Anerkennung bisheriger Leistungen und Verdienste, ist nicht zulässig. Dieser Grundsatz ruht auf Verfassungsrecht und gilt für das gesamte Gebiet des öffentlichen Dienstes. Der Anerkennung und Würdigung von Verdiensten dient die Ordensverleihung.
Dem Wunsch nach Beförderung mit oder nach dem Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis kann jedoch dadurch Rechnung getragen werden, daß der Berufsoffizier bei Eintritt in den Ruhestand zu dem nächsthöheren Dienstgrad als Reserveoffizier befördert wird. Voraussetzung ist, daß er die Laufbahnvoraussetzungen erfüllt, die Eignung zum höheren Dienstgrad besitzt, der Wehrpflicht unterliegt und für eine Mob-Verwendung eingeplant ist.
Ich rufe auf die Frage X/2 - des Abgeordneten Jahn -:
Billigt es der Herr Bundesverteidigungsminister, wenn in einer Schule der Bundeswehr für die Hetzschrift des Schriftstellers Kurt Ziesel „Der deutsche Selbstmord" in einem Merkblatt geworben wird?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Ministerialdirektors Dr. Knieper, Stellvertreter des Staatssekretärs, vom 27. August 1964 lautet:
Ich billige es nicht, wenn für ein auf dem deutschen Büchermarkt erhältliches Buch außerhalb der üblichen Formen ({0}) geworben wird.
Der Schlußsatz des Hinweises des Lehrstabsoffiziers der Schule der Techn. Truppe II: „Sorge für die Verbreitung dieses Buches und seine Aufnahme in die Kompaniebücherei" ist in dieser Form unzulässig.
Der zuständige Schulkommandeur hat bereits am 17. 7. 1964 den betreffenden Offizier entsprechend belehrt.
Die weitere Ausgabe des Hinweises ist untersagt.
Ich rufe auf die Fragen X/3, X/4 und X/5 - des Abgeordneten Bauer ({1}) -:
Ist im Bundesverteidigungsministerium die Richtigkeit der Pressemeldungen nachgeprüft worden, nach denen in der zweiten Junihälfte im bayerischen Landkreis Feuchtwangen ({2}) Angehörige einer Bundeswehreinheit Butter an Bäume geschmiert sowie Wurst, Käse, Brot und Schokolade im Wald zurückgelassen
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
haben, ferner andere Soldaten im Landkreis Amberg ({3}) frisch eingesetzte Karpfen mit Seitengewehren getötet bzw. so zugerichtet haben, daß sie wegen schwerer Verletzungen getötet werden mußten?
Was wurde getan, um die Täter in beiden in Frage X/3 genannten Fällen festzustellen?
Wie sind die in Frage X/3 erwähnten Täter ggf. zur Rechenschaft gezogen bzw. disziplinarisch bestraft worden?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Ministerialdirektors Dr. Knieper, Stellvertreter des Staatssekretärs, vom 25. August 1964 lautet:
Die beiden von Ihnen genannten Pressemeldungen sind überprüft worden. Meine Feststellungen haben folgendes ergeben:
1. Das Raketenartilleriebataillon 92 aus Philippsburg rastete auf dem Rückmarsch vom Truppenübungsplatz Grafenwöhr in der Nacht vom 11. zum 12. Juni 1964 in der Zeit zwischen 23.00 Uhr und 02.00 in einem Waldstück bei Aurach im Landkreis Feuchtwangen. Der Aufbruch des Bataillons zum Weitermarsch erfolgte alarmmäßig.
Am 12. 6. 1964 wurden in dem Waldstück durch Forstarbeiter Lebensmittel ({4}) gefunden. Von diesem Fund erfuhr die örtliche Presse und auch die Bildzeitung. Hierdurch erhielt auch der Bataillonskommandeur Kenntnis. Sofort angestellte Ermittlungen ergaben, daß die Lebensmittel durch Rekruten der Ausbildungskompanie 2/9 nach der Rast liegengelassen wurden. Mehrere Rekruten hatten Teile der Abendverpflegung ({5}), weitere 8 Rekruten hatten angerissene 1-Mann-Packungen bei dem schnellen Aufbruch in der Dunkelheit zurückgelassen. Ein Soldat gab zu, während des Alarms mit seinem aufgeweichten Margarinepäckchen gegen einen Baum gelaufen zu sein. Der Bataillonskommandeur beauftragte sofort ein Kommando mit der Säuberung des Waldes.
Das gesamte Bataillon, insbesondere die Soldaten der Ausbildungskompanie 2/9 sind eingehend belehrt worden. Auf Anfrage meldete der Kommandeur, daß er bei den Soldaten seiner 5 Kampfbatterien auf Grund seiner Erfahrungen aus den zurückliegenden Jahren, wobei zahllose Rast- und Biwakplätze in tadellosem Zustand verlassen wurden, mit einer derartig falschen Verhaltensweise nicht zu rechnen hatte. Er anerkennt, die Überprüfung der Sauberkeit der Rastplätze bei der Ausbildungskompanie 2/9 versäumt zu haben.
Von einer Bestrafung der in so großer Zahl schuldig gewordenen Rekruten wurde durch den zuständigen Disziplinarvorgesetzten abgesehen, weil die Rekruten offen ihr Verschulden eingestanden und auch eingesehen haben.
2. Mir wurde als sogenanntes „Besonderes Vorkommnis" gemeldet, daß am 19. Juni 1964 zwei Kanoniere der 1./Panzerartilleriebataillon 245 aus Füssen am Lech während einer Übung in Sohnes 3 Karpfen aus einem Weiher herausgefischt und anschließend verzehrt haben. Der Fischwasserpächter hat die Soldaten wegen Fischdiebstahls unter Verwendung von Messern bei der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Amberg angezeigt. Die Soldaten bestreiten, die Karpfen mit Messern abgestochen zu haben. Das Verfahren ist noch anhängig. Disziplinar wurde einer der beiden Kanoniere mit einer Geldbuße von DM 30,- bestraft. Gegen den anderen Soldaten wurde, in Verbindung mit einem anderen Verstoß gegen die Disziplin, eine längere Arreststrafe beantragt.
Ich rufe auf die Fragen X/6, X/7 und X/8 - des Abgeordneten Mertes -:
Was hat die Bundesregierung unternommen, um die Bevölkerung vor dem gesundheitsschädigenden Lärm zu schützen, der von tieffliegenden Düsenflugzeugen verursacht wird?
Welchen Einfluß hat die Bundesregierung zur Verhinderung von unzumutbaren Belästigungen der Bevölkerung durch Flugzeuglärm auf die befreundeten Streitkräfte der USA, Kanadas, Frankreichs und Belgiens genommen?
Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, um die Bevölkerung künftig besser als bisher vor dem gesundheitsschädigenden Lärm tieffliegender Düsenflugzeuge, vor allem bei der Durchbrechung der Schallmauer, zu schützen?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Bundesministers von Hassel vom 24. September 1964 lautet:
Das Bundesministerium der Verteidigung hat die vorhandenen Möglichkeiten zum Schutz der Bevölkerung vor Düsenlärm ausgenutzt. Dazu gehören:
a) Einschränkende Bestimmungen über Mindestflughöhen, Flugbetriebszeiten ({6}) sowie Überflugverbote u. ä., deren Einhaltung - soweit möglich -genau überwacht wird. Nachgewiesene Verstöße werden verfolgt und bestraft, z. B. mit der Ablösung vom fliegenden Personal.
b) Einrichtung von Tieffluggebieten und -strecken über dünn besiedelten Gebieten in Absprache mit den Länderregierungen, wobei der Bundesminister für Verkehr den Vorsitz führt.
c) Beschränkungen des Flugbetriebes in der Bundesrepublik Deutschland auf das unbedingt notwendige Maß und Verlegung des überwiegenden Teils der Ausbildung in das Ausland ({7}).
Diese Bestimmungen und Maßnahmen wurden und werden ständig überprüft, vervollständigt und verbessert.
In den vergangenen Jahren hat sich die Bundesregierung des „Ständigen Ausschusses zur Koordinierung der Luftfahrt" bedient, der sich aus Vertretern der Streitkräfte der Entsendestaaten und der Bundeswehr unter Vorstiz des Bundesministers für Verkehr zusammensetzt, um in zahlreichen Sitzungen immer wieder die Probleme des Düsenlärms zu erörtern und gemeinsame Beschlüsse zur Erleichterung der Lärmbelästigung zu fassen.
Fast in jeder der bisher 35 Zusammenkünfte standen die Bemühungen um die Herabminderung der Lärmbelästigung der Bevölkerung an erster Stelle. Der Ausschuß bildete eine ständige Arbeitsgruppe und entsandte Vertreter zu den Länderregierungen, um durch Änderungen der Tiefflugstrecken und -gebiete Verbesserungen zu erreichen.
Darüber hinaus hat der Inspekteur der Luftwaffe mit den Kommandierenden Generalen der verbündeten Luftstreitkräfte über gemeinsame Aktionen korrespondiert und verhandelt.
Im Rahmen des z. Z. anlaufenden Aufklärungsfeldzuges für die Bevölkerung zum Verständnis des unvermeidbaren Düsenlärms wird ebenfalls eine Koordinierung mit den Verbündeten angestrebt.
Nach allem, was bisher veranlaßt wurde, bleiben für die Zukunft nur noch sehr beschränkte Mittel übrig, um eine weitere Besserung der derzeitigen Verhältnisse zu erreichen, wenn man von der Möglichkeit der Einstellung des Flugbetriebes und damit der Gefährdung des Verteidigungsauftrages absieht.
Weitere Möglichkeiten werden geprüft, wie z. B. die vermehrte Durchführung von Überschallflugen über die Nordsee oder die Verlagerung weiterer Teile der Ausbildung in die USA und das westliche europäische Ausland.
Ich muß jedoch betonen, daß mit der fortschreitenden Aufstellung und Ausrüstung der fliegenden Verbände insgesamt eher ein Ansteigen als eine Verminderung des Lärms im Vergleich zum augenblicklichen Zustand erwartet werden muß.
Darüber hinaus werde ich mir erlauben, Ihnen in diesen Tagen eine Studie übersenden zu lassen, aus deren ausführlicher Darstellung und Begründung eine Antwort auf Ihre Fragen im einzelnen hervorgeht.
Ich rufe auf die Frage X/9 - des Herrn Abgeordneten Cramer -:
Hält die Bundesregierung den Erlaß des Bundesverteidigungsministers „Vollstreckung und Vollzug disziplinarer Arreststrafen" vom 10. Juni 1958 - VM Bl. S. 362/58 -, insbesondere Nummern 42 und 43, für vereinbar mit der durch das Grundgesetz gewährten Unverletzlichkeit des Postgeheimnisses?
Herr Präsident! In dem Erlaß über Vollstreckung und Vollzug disziplinarer Arreststrafen vom 10. Juni 1958 ist angeordnet, daß der Postverkehr der Arrestanten, abgesehen von gewissen Ausnahmen, zu überwachen ist. Dazu ist folgendes zu bemerken. Das Grundgesetz bestimmt, daß das Briefgeheimnis unverletzlich ist und daß Beschränkungen nur auf Grund eines Gesetzes angeordnet werden dürfen. Die Wehrdisziplinarordnung als Grundlage für die Verhängung von disziplinaren Arreststrafen enthält allerdings keine ausdrücklichen Vorschriften über die Briefkontrolle. Dennoch ist die Regelung über die Kontrolle des Postverkehrs der Arrestanten mit dem Grundgesetz vereinbar. Denn nach einhelliger ständiger Rechtsprechung oberer Gerichte und der weit überwiegenden Auffassung im wissenschaftlichen Schrifttum ist eine solche gesetzliche Grundlage bei sogenannten besonderen Gewaltverhältnissen wie beim Strafvollzug allgemein nicht erforderlich.
Wegen der rechtlichen Begründung darf ich auf die Stellungnahme des Rechtsausschusses des Bundesrates verweisen, die dieser im Juni 1958 anläßlich der Beratung der Rechtsverordnung der Bundesregierung über den Vollzug des Strafarrests gegen Soldaten durch Behörden der Bundeswehr beschlossen hat. Der Ausschuß hat im Strafvollzugsverhält6740
Bundesminister von Hassel
nis die Briefkontrolle allgemein als durch vorkonstitutionelles Gewohnheitsrecht gerechtfertigt angesehen. Es würde, Herr Abgeordneter, den Rahmen der Fragestunde sprengen, wenn ich eine eingehende Darstellung der juristischen Probleme geben wollte. Ich bin jedoch gern bereit, Ihnen, wenn Sie es wünschen, eine ergänzende schriftliche Darstellung zuzuleiten.
Unbeschadet der eindeutigen Rechtslage halte ich es für zweckmäßig, bei einer Novellierung einschlägiger Gesetze zu prüfen, ob das vorkonstitutionelle Gewohnheitsrecht durch eine ausdrückliche gesetzliche Bestimmung ersetzt werden soll.
Zusatzfrage?
Herr Minister, treffen diese Bestimmungen auch für leichtere Arrestfälle zu, und sind Sie eventuell bereit, für solche Fälle eine Überprüfung der Bestimmungen vorzunehmen?
von Hassel, Bundesminister der Verteidigung: Ich müßte Ihnen, Herr Abgeordneter, darlegen, welche unterschiedlichen Arrestfälle wir haben, um Ihnen den ganzen juristischen Komplex vorzutragen. Darf ich anregen - da es eine sehr umfangreiche Materie ist -, daß Ihnen das von mir aus schriftlich zugeleitet wird.
Darf ich bitten, daß Sie mir das schriftlich zustellen,
Frage X/10:- Frau Abgeordnete Dr. Flitz ({0}) -:
Hält es die Bundesregierung für richtig, daß der Inspekteur der Luftwaffe, Generalleutnant Panitzki, Kritik an dem Verhalten von Abgeordneten übt, wenn diese sich berechtigter Sorgen und Nöte der Bevölkerung annehmen?
Herr Präsident, darf ich anregen, daß ich die drei Fragen gemeinsam beantworte.
Bitte sehr. - Dann rufe ich zugleich die Fragen X/11 und X/12 - der Abgeordneten Frau Dr. Flitz - auf:
Teilt die Bundesregierung die Ansicht der Abgeordneten, daß sich General Panitzki über das Verhalten und die Stellungnahme der Abgeordneten bei Protestkundgebungen gegen unzumutbaren Düsenjägerlärm eingehend hätte informieren müssen, bevor er in der Öffentlichkeit die Anschuldigung erhob, es sei „unverständlich, daß sich Abgeordnete an Protestveranstaltungen der Bevölkerung beteiligten, anstatt die Leute zu beruhigen"?
Glaubt die Bundesregierung, es verantworten zu können, daß in den von Düsenjägerlärm betroffenen Gebieten um den Flugplatz Upjever der Schulunterricht derart gestört wird, daß z. B. von einer Schulstunde von 45 Minuten 21 Minuten verlorengehen, weil einer des anderen Wort nicht verstehen kann?
von Hassel, Bundesminister der Verteidigung: Zu der ersten Frage! Der Inspekteur der Luftwaffe hat sich nicht dagegen gewandt, daß sich Abgeordnete mit berechtigten Sorgen und Nöten der Bevölkerung befassen. Eine solche Äußerung lag ihm fern; dies um so mehr, als er selbst und außer ihm die Leitung des Verteidigungsministeriums mit solchen und ähnlichen Sorgen der Bevölkerung ständig zu tun haben und stets bemüht sind, diesen mit aller Sorgfalt nachzugehen und weitestmöglich abzuhelfen.
Zu der Frage X/11! Der Inspekteur der Luftwaffe hat sich darüber informiert, welche Maßnahmen bei Protestkundgebungen gegen Düsenjägerlärm, an denen Bundestagsabgeordnete teilgenommen haben, gefordert worden sind. Er ging davon aus, daß die Abgeordneten sich mit den bei diesen Kundgebungen erhobenen Forderungen identifizieren. Zu diesen Forderungen gehörte auch das Verlangen, daß die Luftwaffenschule 10 ihren Betrieb einstellen und verschwinden müsse. Dies wäre keine Lösung. Auf der einen Seite ist es nötig, daß die Waffenschule innerhalb der Bundesrepublik betrieben wird. Auf der anderen Seite gibt es keinen Flugplatz in der Bundesrepublik Deutschland, wo sich günstigere Verhältnisse für die Bevölkerung beim Betreiben der Waffenschule 10 ergeben würden. Mittlerweile ist dies auch den Abgeordneten, insbesondere auch Ihnen, Frau Abgeordnete Dr. Flitz, bekannt. Im Hinblick darauf darf ich bitten, daß Sie von der Möglichkeit Gebrauch machen, sich über die tatsächlichen Gegebenheiten von vornherein durch mich darüber informieren zu lassen, ob die Realisierung solcher Forderungen möglich ist. Dies hat der Inspekteur der Luftwaffe zum Ausdruck bringen und insbesondere sagen wollen, daß dann falsche Hoffnungen nicht erst erweckt worden wären.
Die dritte Frage bezieht sich auf den Schulunterricht. Zu der in dieser Frage enthaltenen Feststellung, 21 Minuten einer Schulstunde gingen infolge des Flugzeuglärms verloren, weil einer des anderen Wort nicht verstehen könne, kann ich mich nicht äußern. Eigene Feststellungen dazu habe ich nicht getroffen. Sicherlich trifft das nicht für jede Schuhstunde zu. Aus den mir bekannten Erörterungen über die Schulplanung in Schortens glaube ich entnehmen zu können, daß man seinerzeit der Auffassung war, man könne diese Schwierigkeit hinnehmen, obwohl in den Jahren 1959 und 1960 der Flugplatz mit Düsenjägern bereits belegt war. Inzwischen sind eine Reihe von Sofortmaßnahmen zur Herabsetzung des Lärms getroffen worden, die auch der 'Schule zugute kommen dürften. Die beabsichtigte Verlagerung von Flügen über See wird hoffentlich weitere Erleichterungen schaffen. Vor allem wird dies durch die vorgesehene Änderung der Richtung der Startbahn erreicht werden, die die Gemeinde Schortens aus der Einflugschneise herausnimmt.
Zusatzfrage?
Herr Minister, darf ich Ihnen sagen, -
Sie müssen fragen, Frau Abgeordnete!
Darf ich Ihnen sagen, - ({0})
Das ist nicht die Einleitung einer Frage!
Darf ich Sie fragen, Herr Minister, ob Ihnen bekannt ist, ...
({0})
So ist es gut!
. . . daß die Bevölkerung besonders empört darüber war, daß General Panitzki eben gesagt hat, die Abgeordneten hätten sich unverständlicherweise zur Teilnahme an Protestkundgebungen bereit erklärt, anstatt die Bevölkerung zu beruhigen. Wir haben mit allen Mitteln versucht, die Bevölkerung zu beruhigen.
Darf ich Ihnen sagen, daß die Bevölkerung darüber sehr empört war, daß sie sich geradezu verhöhnt fühlen mußte, weil z. B. ein Major gesagt hatte, es sei nicht möglich, Düsenjägerflugplätze in Segelflugplätze umzugestalten? Ist es Ihnen vielleicht verständlich, Herr Minister, daß die Bevölkerung über solche Äußerungen empört sein muß?
von Hassel, Bundesminister der Verteidigung: Ich glaube, Frau Abgeordnete, man muß unterscheiden. Einmal gibt es die verständliche Verärgerung der Bevölkerung über den Düsenjägerlärm an sich. Ich darf darauf verweisen, daß wir eine Fülle von Untersuchungen zu diesem Thema angestellt haben. Der Staatssekretär des Verteidigungsministeriums ist zu diesem Zweck selber mit allen Beteiligten im Großraum Upjever gewesen. Wir haben in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage, an der Sie sich ebenfalls beteiligt haben, dargelegt, was wir tun können. Zum anderen möchte ich hier zum Ausdruck bringen, daß der Inspekteur der Luftwaffe von sich aus meint, auch die Bevölkerung müßte Verständnis dafür haben, daß in einer modernen Verteidigung ein modernes Flugzeug erforderlich ist und daß diese Flugzeuge nun einmal den Lärm verursachen. Wir bemühen uns, ihn zu reduzieren. Wir können das aber nicht abstellen, und worum der Inspekteur der Luftwaffe gebeten hat, ist, daß dafür auch die Bevölkerung Verständnis hat.
Eine weitere Zusatzfrage.
Teilen Sie, Herr Minister, die Ansicht Ihres Staatssekretärs, die er am 15. September bei einer Aussprache im Fliegerhorst Upjever geäußert hat, nämlich daß an den Belastungen und den gesundheitlichen Schädigungen, die durch den Düsenjägerlärm verursacht werden, letztlich die Abgeordneten des Bundestages schuld seien, die ja die Mittel für die Anschaffung des Starfighters zur Verfügung gestellt hätten?
von Hassel, Bundesminister der Verteidigung: Diese Äußerung kenne ich nicht. Ich glaube aber, daß die allgemeine Forderung hier in diesem Hause
dahin ging, der deutschen Luftwaffe die denkbar modernsten Flugzeuge zu geben. Die Kritik hat nicht eigentlich darin bestanden, daß der Bundeswehr vorgeworfen wurde, F-104-Starfighter zu beschaffen, sondern darin, daß man doch noch modernere Flugzeuge hätte bekommen müssen. Je moderner, desto höher die Geschwindigkeit und desto stärker der Lärm!
Eine Zusatzfrage.
Glauben Sie, Herr Minister, daß die Disziplin beim fliegenden Personal dadurch verbessert werden kann, daß berechtigte Proteste von Abgeordneten vom Inspekteur der Luftwaffe in Verbindung gebracht werden mit Schlagworten wie „Wahlkampftaktik" und „Sauregurkenzeit" und daß diese Proteste dadurch bagatellisiert werden?
von Hassel, Bundesminister der Verteidigung: Herr Abgeordneter, ich glaube, Sie werden mir zugeben, daß die Diskussion um Jever angesichts des bevorstehenden Wahlkampfes sicher lebendiger gewesen ist als ohne den bevorstehenden Wahlkampf. Ich glaube, darüber sind wir beide, die wir in der Politik stehen, sicher einer Meinung.
({0})
Zweite Zusatzfrage.
Ist Ihnen bekannt, Herr Minister, in wie vielen Fällen es durch Verstöße beim fliegenden Personal zu gefährlichen Begegnungen mit der zivilen Luftfahrt gekommen ist?
von Hassel, Bundesminister der Verteidigung: Das ist mir nicht bekannt. Aber vielleicht kann mein Kollege, der Postminister, einmal schildern, wie er in einem zivilen Flugzeug mit einem anderen zivilen Flugzeug im Großraum Frankfurt nahezu kollidiert ist. Daß es von uns aus auch einmal schwierige Situationen geben kann, das darf ich sicher nicht ausschließen. Auf der anderen Seite möchte ich hier erklären, daß sich unsere Düsenjägerpiloten weiß Gott, so gut es geht, bemühen, einen sicheren Flug durchzuführen und andere nicht zu gefährden.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Cramer.
Herr Minister, halten Sie den Düsenjägerlärm für erträglich für ältere und jüngere Menschen und Kinder?
Zweitens: Haben Sie sich selbst von diesem Düsenjägerlärm überzeugt?
von Hassel, Bundesminister der Verteidigung: Zur zweiten Zusatzfrage: Ich habe mich zwar nicht unmittelbar in Upjever von dem Düsenjägerlärm überzeugt, aber ich glaube, Sie werden mir zuge6742
Bundesminister von Hassel
stehen, daß ich als Chef der Bundeswehr auch einiges über Düsenjägerlärm kenne. Ich weiß, daß er unangenehm ist, daß wir diese Frage ernst nehmen müssen und daß auch manche gesundheitliche Ärgernisse damit verbunden sein können. Aber ich möchte doch einmal betonen, Herr Abgeordneter: Wollen Sie mir nicht einmal ein Rezept sagen - das ist zwar nicht Gegenstand einer Kleinen Anfrage oder einer Fragestunde -, was denn die Bundeswehr über das Erreichte hinaus noch weiter tun soll, um in diesem Sinne lärmmindernd zu wirken?
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Wächter.
Herr Minister, stimmt es, daß Herr Generalleutnant Panitzki die Kritik an den Abgeordneten nicht in der Form geübt hat, wie sie in der Frage von Frau Kollegin Dr. Flitz angeführt wurde?
von Hassel, Bundesminister der Verteidigung: Ich bin gerne bereit, Ihnen den Wortlaut des Stenogramms der Pressekonferenz des Herrn Generalleutnants Panitzki vorzulegen. Dann werden Sie, glaube, ich, daraus ersehen, wie das gemeint ist und daß seine Äußerungen nicht von herabsetzender Art gewesen sind, sondern daß Herr Generalleutnant Panitzki praktisch darum gebeten hat, auch die Abgeordneten möchten sich vor die schwierigen Aufgaben der Bundeswehr und der Luftwaffe stellen und könnten auch der Bundeswehr ein bißchen bei der Ordnung dieser Dinge behilflich sein.
Eine zweite Zusatzfrage!
Habe ich Sie richtig verstanden, Herr Minister, daß Sie eben gesagt haben, die ganze Angelegenheit des Düsenjägerlärms auf den Flugplätzen Upjever und Wittmundhaven habe besonders unter dem Einfluß der Kommunalwahlen gestanden?
von Hassel, Bundesminister der Verteidigung: Ich habe nicht gesagt: besonders unter dem Einfluß der Kommunalwahlen gestanden, sondern ich habe gesagt: unter diesem Einfluß ein bißchen lebhafter geworden sind. Sie müssen es im Wortprotokoll nachlesen.
Eine Zusatzfrage!
Herr Minister, darf ich bitten, hier zu sagen, ob bei der Verlegung der Startbahn des Flugplatzes Upjever andere Gemeinden in Mitleidenschaft gezogen werden und welche das gegebenenfalls sind?
von Hassel, Bundesminister der Verteidigung: Es ist durch die Untersuchungen der Bundeswehr und bei den Besprechungen des Staatssekretärs an Ort und Stelle festgelegt worden, daß eine zweite Startbahn gebaut wird, die, soweit uns vorgetragen warden ist, andere Gemeinden nicht annähernd in dem Ausmaß, wie es bisher geschieht, noch stören könnte. Das ist zunächst eine Frage der Bereitstellung des Landes. Voraussetzung für den Bau einer zweiten Startbahn ist, daß das Raumordnungsverfahren, das unter Leitung der niedersächsischen Landesregierung stattzufinden hat, uns die Zustimmung zu dieser Startbahn gibt. Sollte diese Zustimmung nicht kommen, bleibt nichts anderes übrig, als die Situation und die Probleme in Kauf zu nehmen, so wie sie gegenwärtig sind.
Eine zweite Zusatzfrage!
In welchem Umfang, Herr Minister, wird der Flugplatz Wittmundhaven durch die Verlegung von Flügen von Upjever in Anspruch genommen?
von Hassel, Bundesminister der Verteidigung: der benachbarte Flugplatz Wittmundhaven wird zu dem Anfliegen - das ist ja auch das Aufgabengebiet in einer Flugschule - mit benutzt. Um Upjever etwas zu entlasten, wird selbstverständlich Wittmundhaven ,etwas belastet. Anders ist es nicht zu machen.
Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Kreitmeyer.
Herr Minister, wären Sie bereit, unter Bezug auf Ihre soeben gegebene Antwort zu überprüfen, ob der Flugbetrieb nicht uni. weitere 25 % gekürzt werden kann, und würden Sie, wenn Sie voraussichtlich in die Schwierigkeit kämen, die NATO-Ziele deswegen nicht zu erreichen, sich vielleicht der Zustimmung dieses Hauses versichern?
von Hassel, Bundesminister der Verteidigung: Ich glaube, wir kommen hier, Herr Präsident, in eine Debatte über die Verteidigungspolitik. Wir halten fest an den NATO-Zielen. Wir haben darauf abzustellen, daß bei uns das Notwendige dafür zu geschehen hat. Wir haben uns im Bereich des Möglichen bemüht, haben erreicht, daß eine Verminderung um 25 % eingetreten ist. Darüber hinaus kann ich Ihnen keinerlei Zusage geben.
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Eine zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Kreitmeyer.
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Herr Minister, wären Sie bereit, wenigstens für eine Übergangszeit unter dem Hinweis, den. Sie uns ja bereits in der Beantwortung unserer schriftlichen Anfrage gegeben haben, eine Lösung zu beschleunigen, wenigstens vorübergehend im Interesse der Schulkinder 'den Flugbetrieb etwas zukürzen?
von Hassel, Bundesminister der Verteidigung: Ich glaube, daß die Frage vorhin von mir beantwortet wurde. Unter der Voraussetzung, daß das Raumordnungsverfahren der Bundeswehr die Möglichkeit gibt, eine zweite Startbahn zu errichten, werden wir alles daransetzen, daß sie so schnell wie möglich gebaut wird. Voraussetzung dafür: Raumordnungsverfahren und Landbeschaffung. Dazu kann Ihre eigene Landesregierung lin Hannover die große Hilfe geben, nicht das Bundesministerium der Verteidigung.
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Die Fragestunde ist zu Ende. Wir fahren übermorgen in der Fragestunde mit der Beantwortung der Fragen fort.
Ich rufe den Punkt 2 der Tagesordnung auf:
Einbringung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1965 ({0}) ({1}).
Das Wort zur Einbringung hat der Herr Bundesminister der Finanzen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe die Ehre, im Namen der Bundesregierung dem Hohen Haus den Entwurf des Bundeshaushalts für das Rechnungsjahr 1965 vorzulegen, den sie zeitiger, als das jemals früher geschehen ist, noch vor der Sommerpause verabschiedet hatte.
Seit Ende des Krieges sind fast zwanzig Jahre vergangen, eine kurze Zeitspanne in der Geschichte eines Volkes. Und doch hat sich in diesen wenigen Jahren auf allen Lebensgebieten unserer jungen Bundesrepublik eine Entwicklung vollzogen, die aus der Sicht der ersten Jahre nach dem Kriege als außergewöhnlich bezeichnet werden muß. Dieser Aufstieg ist das Ergebnis zielstrebiger Politik, harter Arbeit und großer Opfer aller Staatsbürger. Erinnern wir uns an die heute kaum mehr vorstellbare Not und das unendliche Elend jener Jahre, die meinem Eindruck nach viele allzu schnell vergessen haben, an den mühevollen Wiederaufbau aus Schutt und Asche, an das Ringen um die Wiedererlangung unserer Souveränität, an das allmähliche Hineinwachsen in die Völkerfamilie! Heute sind wir ein geachteter Bündnis- und Vertragspartner. Erinnern wir uns an die leidenschaftlichen Auseinandersetzungen um den richtigen Weg in der Wirtschaftspolitik! Heute ist die von der Bundesregierung und den sie tragenden Parteien von Anfang an verfochtene soziale Marktwirtschaft zum festen Fundament der Leistungskraft unserer Volkswirtschaft geworden. Sichtbarer Ausdruck des Erreichten ist der steile Anstieg unseres realen Sozialprodukts, das sich seit 1950 annähernd verdreifacht hat.
Diese gestiegene Leistungskraft hat es der öffentlichen Hand ermöglicht, von Jahr zu Jahr steigende Beträge zur Verbesserung der Wirtschafts- und Sozialstruktur unseres Volkes zur Verfügung zu stellen. 1965 werden die Haushalte von Bund, Ländern und Gemeinden mehr als 130 Milliarden DM umfassen und damit gut 30 v. H. des Bruttosozialprodukts 'beanspruchen.
Die Bundesregierung betrachtet das starke Wachstum der öffentlichen Ausgaben jedoch nicht ohne Sorge. Dieses Wachstum im Rahmen der Leistungsfähigkeit unserer Volkswirtschaft zu halten, ist eines ihrer wesentlichen politischen Ziele. Nur durch eine nachhaltige Verminderung des Einnahmeanstiegs ist eine Wachstumsbegrenzung der öffentlichen Ausgaben zu erreichen. Auch aus dieser Überzeugung hält die Bundesregierung trotz mancher Einwände unbeirrt an ihren Steuersenkungsplänen fest. Dabei verschließt die Bundesregierung keineswegs die Augen vor der Fülle .der noch zu bewältigenden öffentlichen Aufgaben. Aber auch die Staatsausgaben müssen - unbeschadet der konjunkturpolitischen Erfordernisse - in harmonischem Gleichklang mit der wachsenden Leistungskraft unserer Volkswirtschaft ansteigen. Nachteilige Rückwirkungen .auf den allgemeinen Wachstumsprozeß sind sonst nicht zu vermeiden.
Wenn Sie, meine Damen und Herren, und die Öffentlichkeit die Zahlen dieses Haushaltsplanes 1965 würdigen, dann denken Sie bitte daran, welchem Maße Bund, Länder und Gemeinden ihre Ausgaben für wichtige Aufgaben in den letzten Jahren erhöht haben. 29 Milliarden DM werden die Ausgaben für das Sozialwesen im Jahre 1964 ausmachen. Das sind 18 Milliarden DM mehr als 1951. Die Ausgaben für das Straßenwesen sind von 1,2 Milliarden DM im Jahre 1951 auf rund 9,5 Milliarden DM im Jahre 1964 angestiegen. Das entspricht einem Anteil an den Gesamtausgaben von annähernd 8 v. H. gegenüber gut 3 v. H. im Jahre 1951. Die Aufwendungen für das Bildungs- und Forschungswesen werden in diesem Jahre rund 15,6 Milliarden DM erreichen. Das sind 11,9 Milliarden DM mehr als 1951. Einen weiteren wichtigen Posten stellen die Verteidigungskosten mit 20,3 Milliarden DM im Jahre 1964 dar. Auf diese vier Ausgabengruppen enfallen mehr als 60 v. H. der Gesamtausgaben der öffentlichen Hand.
Trotz dieser außerordentlichen Steigerungen ist vieles immer noch nicht geschafft. Das weiß auch der Bundesminister der Finanzen sehr genau und leugnet es keineswegs. Man kann aber unmöglich alles auf einmal schaffen. So würde das volkswirtschaftliche Leistungspotential mit Sicherheit überfordert. Wir strapizieren die Ertragskraft unserer Wirtschaft schon stark genug. Mit unserer Steuerbelastung liegen wir in der Spitzengruppe der freien Welt. Unsere Produktionskapazitäten werden bis zur Grenze beansprucht und z. B. im Bauwesen seit Jahren darüber hinaus. Dadurch sind die Baupreise unverhältnismäßig stark in die Höhe getrieben worden. Gerade auf diesem Sektor hat auch die öffentliche Verwaltung, getrieben durch die Anforderungen von allen Seiten, ihre Nachfrage übersteigert. Ihre unmittelbaren Bauausgaben sind allein von 1961 bis 1964 von 12 auf 186 Milliarden DM angestiegen bei jährlichen Wachstumsraten von über 20 v. H. 1964 waren an den Bauausgaben der Ge6744
bietskörperschaften die Gemeinden mit rund 60 v. H., die Länder mit 16 und der Bund mit 24 v. H. beteiligt. Daraus wird deutlich, daß eine konjunkturgerechte Finanzpolitik nicht möglich ist, wenn nicht alle Träger der öffentlichen Aufgaben sich in ihren Investitionsausgaben die notwendigen Beschränkungen auferlegen.
Beschränkung ist in der gegenwärtigen konjunkturellen Situation das Gebot der Stunde. Sie kennen alle die von der Bundesregierung und der Deutschen Bundesbank auf dem Gebiet der Finanz- und Währungspolitik eingeleiteten Maßnahmen zur Konjunkturdämpfung. Anzeichen sprechen dafür, daß diese Maßnahmen ihre Wirkung nicht verfehlen. Die extrem hohen Exportüberschüsse des Winters sind schon abgesunken und werden voraussichtlich weiter zurückgehen. Dazu werden die konjunkturpolitischen Zollsenkungen ihren Teil beitragen, desgleichen hoffentlich auch die Stabilisierungsbemühungen in unseren Nachbarländern, die in Frankreich und Italien schon zu einer gewissen Beruhigung des Preisauftriebs geführt haben.
Gleichwohl hat der Exportüberschuß in den ersten sieben Monaten dieses Jahres noch die stattliche Höhe von 4,6 Milliarden DM gegenüber 2,3 Milliarden DM im gleichen Zeitraum des Vorjahres erreicht. Die von hier ausgehenden Impulse haben noch zu wenig an Kraft verloren. Außerdem wird die hohe Expansion unserer Wirtschaft nun mehr und mehr von der wachsenden Inlandsnachfrage getragen. Es besteht die ernste Gefahr, daß die zusätzliche Nachfrage die Kapazitätsgrenzen übersteigt. Das könnte zu einer verschärften Bedrohung unserer Preisstabilität führen. Bisher hat sich etwa im Vergleich zu den Vorjahren die nach oben gerichtete Tendenz der Preisentwicklung erfreulicherweise jedoch nicht verstärkt.
Dabei stehen nicht alle Bereiche unserer Wirtschaft so in der heißen Sonne der Hochkonjunktur wie weite Teile der Investitionsgüterindustrie. In einer Reihe von Branchen herrscht harter Konkurrenzkampf. Die Erwirtschaftung von Erträgen und damit die Sicherung der Zukunft bereitet ernste Sorgen.
In diesen Monaten, meine Damen und Herren, in denen sich die Produktionstätigkeit nach der Sommerpause verstärkt hat, muß die wirtschaftliche Entwicklung mit größter Sorgfalt beobachtet werden. Wenn wir den gesicherten Wohlstand von morgen wollen, müssen wir bewahren, was wir bis heute mühsam erworben haben.
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Im Zeichen dieser Bewahrung und Bewährung steht der Bundeshaushalt 1965.
In Übereinstimmung mit den konjunkturpolitischen Empfehlungen des EWG-Ministerrates sieht der Entwurf des Haushaltsplanes vor: 1. die generelle Begrenzung des Ausgabenwachstums, soweit es die Binnenmarktnachfrage beeinflußt, auf etwa 5 v. H. entsprechend dem erwarteten realen Wachstum des Sozialprodukts, 2. die weitere Streckung der Investitionen, insbesondere im Hochbau, 3. die Sperre bestimmter Bauausgaben, 4. den Verzicht auf
Abbau von Ausgaberesten, um eine Ausweitung des Ausgabevolumens zu vermeiden, und 5. die Sicherung einer konjunkturgerechten Haushaltsführung durch die im Haushaltsgesetz vorgesehene Ermächtigung an den Bundesminister der Finanzen und den Bundesminister für Wirtschaft zu einer konjunkturpolitisch orientierten Steuerung des Haushaltsvollzuges.
Die Forderung nach einer konjunkturgerechten Ausgabengestaltung muß in gleicher Weise auch für die Haushalte der übrigen Gebietskörperschaften, für die Sondervermögen der öffentlichen Hand und schließlich auch für die sonstigen Körperschaften des öffentlichen Rechts gelten. Die Bundesregierung erwartet namentlich, daß auch die Länder und Gemeinden sich in ihrer Haushaltspolitik konjunkturgerecht verhalten.
Ganz besonders möchte ich die Gemeinden ansprechen. Im kommunalen Bereich sind die Wachstumsraten des Ausgabenanstiegs in den letzten Jahren zwar von 16,5 % in 1962 über 13,5 % in 1963 auf voraussichtlich 10,5 % für 1964 abgesunken. Aber selbst diese Zunahme um 10,5 % liegt noch immer erheblich über dem realen, ja sogar noch über dem erwarteten nominalen Anstieg des Sozialprodukts. Bisher sind leider auf breiter Front noch keine Anzeichen vorhanden, daß die Gemeinden in ihrer Gesamtheit ihre Ausgabenpolitik in dem erforderlichen Maße konjunkturgerecht ausrichten, wobei es, was ohne Vorbehalt zugegeben werden soll, die Verantwortlichen auf diesem Sektor besonders schwer haben. Wegen der starken Investitionsnachfrage, die von den Gemeinden ausgeht, sind jedoch empfindliche Störungen zu befürchten, die unbedingt vermieden werden müssen. Sie wissen, daß der Bund keine Möglichkeit hat, auf die kommunale Finanzpolitik Einfluß zu nehmen; anders allerdings die Länder. Es erscheint dringend erforderlich, daß sie, wo immer es möglich ist, bestehende Einwirkungsmöglichkeiten ausnutzen, falls Appelle an die Einsicht der Verantwortlichen keinen Erfolg zeigen.
Meine Damen und Herren! Bevor ich mich nach diesen mehr grundsätzlichen Ausführungen zur allgemeinen Lage den besonderen Problemen des Bundeshaushalts 1965 zuwende, gestatten Sie mir einen kurzen Ausblick auf den voraussichtlichen Ablauf des Haushalts 1964, auf dem der Haushalt 1965 aufbauen wird.
Die Einnahmen aus Steuern und Abgaben betrugen bis zum 30. September 1964 39,2 Milliarden DM gegenüber einem zeitanteiligen, arithmetischen Soll für Januar bis September von 39,9 Milliarden DM. Aus dem Zurückbleiben der Einnahmen gegenüber dem anteiligen Soll um 700 Millionen DM ist jedoch kein sicherer Schluß auf die Entwicklung der Einnahmen im ganzen Jahr zu ziehen. Nach dem Durchschnitt der letzten zehn Jahre kamen in den ersten neun Monaten des Rechnungsjahres 72,7 % auf. Die Isteinnahmen des laufenden Rechnungsjahres machen demgegenüber 73,6 % des Jahressolls aus. Die Einnahmen liegen zwar etwas über normal, doch kann keine Rede davon sein, daß mit Sicherheit große Mehreinnahmen anfallen werden.
o Bundesminister Dr. Dahlgrün
Außerdem ist damit zu rechnen, daß die Kreditermächtigung zur Deckung des außerordentlichen Haushalts von 2,2 Milliarden DM wegen der Entwicklung auf dem Kapitalmarkt möglicherweise nicht voll ausgenutzt werden kann. Nach dem Stand von Oktober, also nach der letzten großen Anleiheaufnahme des Bundes, die in diesem Jahr möglich ist, waren erst rund 1,7 Milliarden DM Kredite untergebracht. Es kann nicht angenommen werden, daß die Mehreinnahmen im ordentlichen Haushalt höher sein werden als die voraussichtlichen Mindereinnahmen im außenordentlichen Haushalt.
Die Kassenlage des Bundes hat im gesamten Ablauf des Jahres zur Besorgnis keinen Anlaß gegeben. Dazu hat beigetragen, daß bei einer Reihe großer Einzelpläne die Ausgaben bisher noch hinter dem anteiligen Soll zurückgeblieben sind.
Die Minderausgaben werden bis zum Jahresende weitgehend abgebaut sein, weil entsprechende Verpflichtungen vorliegen. Mit einem gewissen Zurückbleiben der Ausgaben hinter den Ansätzen ist allerdings zu rechnen. Die dadurch zur Verfügung stehenden Mittel werden mangels ausreichender Mehreinnahmen dringend zur Deckung eines Nachtrags zum Haushalt 1964 benötigt, der zur Zeit vorbereitet wird. Infolgedessen braucht wegen der vorgesehenen Verwendung von Minderausgaben das Haushaltsvolumen 1964 von 60,3 Milliarden DM nicht ausgeweitet zu werden, was auch aus konjunkturpolitischen Gründen vermieden werden sollte. Eine abschließende Ubersicht über den Nachtrag kann ich Ihnen ) heute leider noch nicht geben. Er wird jedoch im Hinblick auf unabweisbare Mehrausgaben eine Größenordnung von etwa 1,5 Milliarden DM haben.
Hauptposten werden Ausgaben sein, die konjunkturneutral geleistet werden und damit die Binnennachfrage nicht beeinflussen. Hierin gehören die Deckung des Fehlbetrages des Jahres 1963 mit 512 Millionen DM, für die im Haushaltsentwurf 1965 Mittel nicht bereitgestellt werden können, und die Tilgungsrate der Nachkriegswirtschaftshilfe, die in diesem Jahr in Höhe von 500 Millionen DM fällig ist, für die im Haushalt 1964 im Hinblick auf schwebende Stundungsverhandlungen bisher jedoch nur Mittel in Höhe von 100 Millionen DM vorgesehen sind. Außerdem sind zu berücksichtigen: für die Deutsche Bundesbahn 242,5 Millionen DM, für den Straßenbau 183,5 Millionen DM sowie für andere, ebenfalls unabweisbare Aufwendungen - BerlinHilfe usw. - etwa 200 bis 300 Millionen DM.
In den Zahlen für den Nachtragshaushalt sind die zwangsläufigen Ausgaben für den Wohnungsbau nicht enthalten, die sich daraus ergeben, daß durch das günstige Bauwetter erheblich mehr Mittel als vorhersehbar an die Länder abfließen werden. Es handelt sich um eine Größenordnung von 250 bis 400 Millionen DM, je nach Witterungsablauf. Eine Veranschlagung im Nachtragshaushalt ist nicht erforderlich, da für diese Ausgaben übertragene Bewilligungen zur Verfügung stehen. Die Kassenmittel, die hierfür benötigt werden, können naturgemäß nicht zur Deckung des Nachtrags herangezogen werden.
In welcher Größenordnung Minderausgaben anfallen, läßt sich heute noch nicht mit Sicherheit voraussagen. Die Vorschau zeigt andererseits, daß im Rechnungsjahr 1964 irgendwelche verfügbaren Mittel für zusätzliche Ausgaben nicht vorhanden sind.
Der Ihnen vorliegende Entwurf des Haushaltsplans 1965, der wie schon der Haushalt 1964 im Mittelpunkt der konjunkturstabilisierenden Maßnahmen der Bundesregierung steht, schließt mit einem Gesamtvolumen von 63,9 Milliarden DM ab.
Der Erhöhung des Haushaltsvolumens um 3,6 Milliarden DM gegenüber dem Haushaltssoll 1964 steht ein effektiver Mehrbedarf von rund 5 Milliarden DM gegenüber, dem sich die Bundesregierung auch unter Anlegung strengster Maßstäbe nicht entziehen konnte. Allein im Sozialbereich ergeben sich auf Grund der bestehenden Gesetze Mehrausgaben für erhöhte Zuschüsse an die Träger der Sozialversicherung, für das Kindergeld, für die Kriegsopferversorgung und anderes von über 2 Milliarden DM. Damit sind die Sozialausgaben auch für das Bild des Haushaltsentwurfs 1965 bestimmend gewesen.
Von der zusätzlichen Deckungsmasse von 3,6 Milliarden DM sind nach Abzug der zwangsläufigen Mehrausgaben im sozialen Bereich, also von über 2 Milliarden DM, nur noch 1,5 Milliarden DM verfügbar. Dieser Betrag reicht kaum aus, die weiteren, ebenfalls zwangsläufigen Mehrausgaben aus Gesetzgebung und zunehmender Verschuldung zu decken, wobei es sich im einzelnen um folgende Posten handelt: um zunehmende Leistungen für den Schuldendienst ({1}), um die Erhöhung der Straßenbaumittel auf Grund der teilweisen gesetzlichen Zweckbindung der Mineralölsteuer ({2}), um die Verstärkungsmittel für die Besoldungserhöhungen im öffentlichen Dienst und die Mehraufwendungen auf Grund der Schlußnovelle zum Gesetz zu Art. 131 ({3}), um die Mehrausgaben auf Grund des Sparprämiengesetzes ({4}) und um die sich nach dem Gesetz über die Umstellung der Abgaben auf Mineralöl vom 20. Dezember 1963 ergebende Steigerung der Anpassungshilfe für die deutsche Erdölgewinnungsindustrie ({5}).
Für alle übrigen Mehrausgaben in einer Größenordnung von insgesamt über 1,5 Milliarden DM, die sich aus der Abwicklung rechtlicher Verpflichtungen und aus politischen Gründen ergeben - z. B. für Entwicklungshilfe, für den Wohnungsbau, für Verteidigungslasten, für Kriegsgefangenenhilfe, für Kriegsopferfürsorge, für Wissenschaft und Forschung, für die Studienförderung, für Berlin, für Beiträge zur europäischen Gemeinschaften usw. -, konnte nur durch einschneidende, teils sehr schmerzhafte Einsparungen und Verzichte Raum geschaffen werden. Diese Notwendigkeit, vor die sich die Bundesregierung auf Grund der Entwicklung gestellt sah, gibt zugleich Antwort auf all die Fragen, weshalb etwa dieser oder jener Wunsch nicht oder nicht voll erfüllt, weshalb gerade diese Kürzung vorgenommen und weshalb jener Anregung nicht entsprochen werden konnte. Jede weitere Ausgabe bedingt zusätzliche Kürzungen. Wer Ausgabenerhöhungen
fordern oder wer Kürzungen rückgängig machen und mit seinen Vorschlägen ernst genommen werden will, muß zugleich auch den Mut haben, die Dekkungsmöglichkeiten aufzuzeigen.
Nach diesem kurzen Überblick über die Probleme des Bundeshaushalts 1965 darf ich mich jetzt den großen Ausgabeblöcken im einzelnen widmen und mich zunächst mit den Sozialausgaben befassen. Auch im sozialen Bereich wurden in den Jahren des Bestehens der Bundesrepublik Leistungen erzielt, mit denen vorher niemand zu rechnen wagte. Das findet im nüchternen Zahlenspiel des Haushalts seinen beredten Ausdruck.
Eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik hat die Gefahr von echter Not und Arbeitslosigkeit praktisch gebannt. Die Ausgaben für Arbeitslosenhilfe im Bundeshaushalt sind von rund 1 Milliarde DM im Jahr 1950 trotz erheblicher Leistungsverbesserungen auf knapp 43 Millionen DM im Haushaltsentwurf 1965 gesunken.
Demgegenüber sind die Beträge, die der Bund den Trägern der Sozialversicherungen als Zuschüsse zur sozialen Sicherung bei Krankheit, Invalidität, Alter und Tod zahlt, gewaltig gestiegen. 1950 waren es 700 Millionen DM, 15 Jahre später, im Jahre 1965, werden es 12 bis 13mal so viel sein, nämlich 8770 Millionen DM. Diese enorme Steigerung hat dazu beigetragen, den aus dem Erwerbsleben ausgeschiedenen Arbeitnehmern und ihren Hinterbliebenen über die Sicherung der Existenz hinaus einen angemessenen Anteil an der Steigerung des allgemeinen Wohlstandes unseres Volkes zu sichern.
Entsprechendes ist auch auf dem Gebiet der Kriegsopferversorgung geleistet worden, wofür im Haushalt 1965 ein gegenüber dem Vorjahr um nahezu 300 Millionen DM erhöhter Betrag von rund 5,2 Milliarden DM - ohne Kriegsopferfürsorge - vorgesehen ist. Trotz sinkender Empfängerzahlen und trotz gestiegener Einkommen in weiten Kreisen der Berechtigten, die sich auf eine Reihe von Leistungen mindernd auswirken, ist der Versorgungsaufwand insgesamt und vor allem auch im Einzelfall ständig höher geworden. Die Durchschnittsjahresleistungen für das einzelne Kriegsopfer, die im Jahr 1950 566 DM und zu Beginn dieser Legislaturperiode, 1962, 1364 DM betrugen, werden sich im nächsten Jahr auf 1869 DM erhöhen, das ist mehr als das Dreifache gegenüber 1950. In Wirklichkeit ist der durchschnittliche Versorgungsaufwand jedoch in vielen Fällen wesentlich höher, eine Tatsache, die dadurch überdeckt wird, daß zahlenmäßig starke Kriegsopfergruppen, z. B. Mindergeschädigte, relativ niedrige Bezüge erhalten.
Dem Kindergeld, das seit dem 1. Juli 1964 voll aus dem Bundeshaushalt aufgebracht wird, kommt besondere Bedeutung zu, nicht nur der Größenordnung nach, sondern vor allem als Beitrag zu einem gerechten Familien- und Lastenausgleich und als Beitrag zur Sicherung der Zukunft unseres Volkes. Hierfür sind rund 2,2 Milliarden DM veranschlagt, über 700 Millionen DM mehr als im Jahr 1964, in dem ein erheblicher Teil der Aufwendungen für
dritte und weitere Kinder noch von der Wirtschaft aufgebracht wird.
Für die .genanten Aufwendungen des Bundes für Sozialleistungen im engeren Sinne - dazu gehören vor allem die genannten Zuschüsse an die Träger der Sozialversicherungen, die Arbeitslosenhilfe, das Kindergeld und die Kriegsopferversorgung, darüber hinaus aber auch die Altershilfe für Landwirte, die Hilfsmaßnahmen 'zur wirtschaftlichen und sozialen Eingliederung von Deutschen aus der sowjetisch besetzten Zone sowie die übrigen sozialen Kriegsfolgelasten einschließlich der besonderen Zuschüsse zum Lastenausgleich -, für alle diese Leistungen sind im Haushalt 1965 insgesamt rund 17,5 Milliarden DM veranschlagt, das sind 2 Milliarden DM oder rund 1,5 % mehr 'als dm laufenden Jahr 1964. Die Steigerungsrate während der zu Ende gehenden Legislaturperiode, also gegenüber 1962, beträgt damit über 40 % gegenüber einer Gesamtsteigerung des Haushaltssolls des Bundes in diesem Zeitraum von rund 19 %. Läßt man die durchlaufenden Mittel außer Betracht, dann steigt damit der Anteil der Sozialausgaben im engeren Sinne an den Gesamtausgaben des Bundes von 24.5 % im Jahre 1962 auf 28,1 % im Jahre 1965.
Insgesamt wind der Bund in den vier Jahren dieser Legislaturperiode 58,7 Milliarden DM für konsumtive Sozialleistungen gewähren. Davon werden 36,5 Milliarden DM - das sind .62 % -.als Zuschüsse zur sozialen Sicherung bei Krankheiten, Alter, Invalidität und Tod sowie für das Kindergeld benötigt, während 22,2 Milliarden DM - das sind 38 % - der Finanzierung unmittelbarer Kriegsfolgelasten, vor allem der Kriegsopferversorgung, dienen. Der Anteil der gesamten Kriegsfolgelasten an den Sozialausgaben ist in Wirklichkeit aber sogar noch wesentlich höher, weil in den Zuschüsen das Bundes an die gesetzlichen Rentenversicherungen auch ein Ausgleich für die erhöhten Risiken liegt, die den Rentenversicherungsträgern durch den Krieg aufgebürdet wurden.
Ich habe Ihnen diese Zahlen genannt, meine Damen und Herren, damit Sie sich ein eigenes Bild von Ausmaß und Entwicklung der Leistungen des Bundes für 'die soziale Sicherung machen können. Wenn man die Zahlen auf eine kurze Formel bringen will, kann man sagen: Über 1/4 der Ausgaben des Bundes - im Rechnungsjahr 1965 werden es 28 % sein - dienen der sozialen Sicherung im engeren Sinne. Davon betrifft fast die Hälfte soziale Kriegsfolgelasten; bei 'der anderen Hälfte handelt es sich um Zuschüsse zur Sicherung des einzelnen und seiner Familie gegen die Risiken des Lebens, mithin echt um Leistungen für den sozialen Fortschritt. Wenn wir die sozialen Kriegsfolgelasten nicht zu tragen hätten, könnten wir also die Hälfte der sozialen Bundesleistungen für andere Zwecke verwenden und wären damit auch bei der Bereitstellung von Mitteln für weitere soziale Maßnahmen nicht so beengt, wie wir es tatsächlich sind. Trotz dieser schweren Hypothek, die auf unserem Sozialhaushalt lastet, brauchen wir aber auf dem sozialen Sektor den Vergleich mit anderen Ländern der Welt keineswegs zu scheuen.
So berechtigt unser Stolz auf dieses Erreichte ist, so dürfen wir doch nicht die Augen vor gewissen Gefahren verschließen, die sich aus folgenden Überlegungen ergeben. Die Aufwendungen des Bundes für die soziale Sicherung sind ganz überwiegend, ja fast ausschließlich nach Grund und Höhe gesetzlich festgelegt. Sie sind damit einer Einflußnahme durch den Haushaltsplan entsprechend den wechselnden konjunkturpolitischen Notwendigkeiten und haushaltsmäßigen Möglichkeiten entzogen. Einige finanziell besonders bedeutsame Sozialgesetze sind zudem so angelegt, daß sie mehr oder weniger automatisch von Jahr zu Jahr immer höhere Bundesleistungen ,erforderlich machen.
Diese Gefahr, die das Gefüge unseres Haushaltswesens bedroht, ist um so höher zu veranschlagen, als der Bund in verschiedenen Sozialbereichen kraft Gesetzes Garantieträger ist oder sogar ohne weiteres das entstehende Defizit decken muß. Ich denke dabei vor allem an die gesetzlichen Rentenversicherungen der Arbeiter und der Angestellten,
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die im Jahr 1967 in den kritischen zweiten Dekkungsabschnitt eintreten werden. Ich denke ferner an den Lastenausgleichsfonds, bei dem der Bund ab 1967 für das Defizit allein haftet.
Bei der knappschaftlichen Rentenversicherung sowie bei der Altershilfe für Landwirte bestehen im Zusammenhang mit der gesetzlich vorgeschriebenen Defizithaftung des Bundes besonders schwerwiegende haushaltswirtschaftliche Probleme. Der Anteil der das Defizit deckenden Bundeszuschüsse an den Gesamteinnahmen ist bei diesen beiden Einrichtungen schon jetzt derart hoch, daß von „Versicherungen" im eigentlichen Sinne nicht mehr gesprochen werden kann. Noch bedenklicher ist, daß der Bund trotz seiner hohen Leistungen kaum Einwirkungsmöglichkeiten auf die Haushalts- und Wirtschaftsführung dieser Versicherungsträger besitzt, ein Zustand, der meiner Überzeugung nach dringend der Abhilfe bedarf. Denn wenn der Bund schon verpflichtet ist, eine Vorsorgeeinrichtung überwiegend und dazu noch in unbegrenzter Höhe zu finanzieren, sollte ihm auch das Recht zugestanden werden, bei Entscheidungen im finanziellen Bereich ein gewichtiges Wort mitzusprechen.
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Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Abschluß meiner Ausführungen über den Sozialhaushalt noch folgendes bemerken. Infolge der stürmischen Entwicklung auf dein sozialen Sektor hat der Sozialetat besonders in den beiden letzten Jahren erheblich stärker zugenommen als die Gesamtausgaben des Bundes. Diese Entwicklung kann zu einer Gefährdung des Haushaltsausgleichs, ja sogar zu einem Verlust jeglichen Spielraums für eine bewegliche Haushaltspolitik im Dienste einer konjunkturgerechten Haushaltswirtschaft oder zu einem Verlust der für kritische Situationen notwendigen Handlungsfreiheit führen.
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Die Bundesrepublik zählt zu den Ländern mit den höchsten Sozialleistungen. Zugleich haben Wohlstand und Lebensstandard unserer Bevölkerung in den vergangenen Jahren ständig zugenommen. Der soziale Fortschritt läßt sich aber nicht - wie dies oft geschieht - ausschließlich daran messen, welchen Umfang die Sozialleistungen der öffentlichen Hand angenommen haben. Auch das, was der einzelne aus eigener Kraft an Vorsorge für Krankheit, Alter und Tod dank der in seinem Lande herrschenden Prosperität zu leisten vermag, muß mit auf die Waagschale gelegt werden, wenn dier soziale Status zutreffend bewertet werden soll. Ich hoffe, Sie sind mit mir in der Feststellung einig, daß ein Land mit einem hohen Lebensstandard, das einen Teil der Vorsorge gegen die Risiken des Lebens der persönlichen Initiative und Verantwortung des einzelnen überläßt, deshalb keineswegs als sozial rückständig bezeichnet werden kann, zumal wenn dieser Teil der Vorsorge mittelbar ebenfalls vom Staat gefördert wird, z. B. über die Steuer.
Nicht minder schwerwiegende haushaltswirtschaftliche Fragen ergeben sich für das Gebiet der Verteidigung. Die harten Notwendigkeiten, vor die wir in der Weltpolitik gestellt sind, bringen es mit sich, daß die Ausgaben für die militärische und zivile Verteidigung im engeren Sinne mit rund 20,3 Milliarden DM, das ist fast ein Drittel des gesamten Haushaltsvolumens, nach wie vor den größten Ausgabenblock darstellen.
Schon in der letzten Haushaltsrede habe ich ausgeführt, daß die Finanzkraft des Bundes auch auf diesem Gebiet nicht unerschöpflich ist und daß eine Überspannung die Verteidigungsbereitschaft und die Wirtschaftskraft unseres Volkes in Gefahr bringen kann. Diese Grenzziehung kommt im Haushalt 1965 klar zum Ausdruck. Erstmals seit unserem Eintritt in das Verteidigungsbündnis der freien Welt war eine Erhöhung der Ansätze gegenüber den für das Vorjahr veranschlagten Beträgen nicht möglich.
Trotzdem braucht die Bundesrepublik auch auf diesem so überaus wichtigen Gebiet dem internationalen Vergleich nicht auszuweichen. In der zu Ende gehenden Legislaturperiode werden sich die Verteidigungsausgaben des Bundes im engeren Sinne insgesamt - also Nettoleistungen ohne Einfuhrabgaben und durchlaufende Mittel - auf etwa 76 Milliarden DM belaufen gegenüber rund 38,5 Milliarden DM Ist-Ausgaben in der vorhergehenden Legislaturperiode. Das bedeutet eine Erhöhung um fast 100 %. Die Erhöhung der Gesamtausgaben des Bundes in diesem Zeitraum, nämlich von 168,5 auf 241 Milliarden DM, wird sich demgegenüber auf weniger als 50 % beschränken, nämlich auf etwa 43 %.
Einschließlich der Bundeshilfe für Berlin, die nach unserer aller Ansicht als wesentlicher Beitrag zur Verteidigung der Freiheit der westlichen Welt den Verteidigungsausgaben im weiteren Sinn hinzuzurechnen ist, wird die Bundesrepublik infolge der überproportionalen Steigerung der Verteidigungsausgaben in den vergangenen Jahren auch 1965 den höchsten NATO-Beitrag aller europäischen Staaten erbringen, ja hinsichtlich der absoluten Größenordnung nur von den Vereinigten Staaten von Amerika übertroffen werden. Diese Leistung ist um so bemerkenswerter, als sie trotz der hohen finan6748
ziellen Lasten erbracht werden konnte, die wir als Folge des verlorenen Krieges immer noch zu tragen haben.
Damit wird eindrucksvoll, so glaube ich, das Bemühen der Bundesregierung um die Wahrung unserer Freiheit und der Freiheit der ganzen westlichen Welt dokumentiert. Dieses Bemühen wird auch künftig einen wesentlichen Teil unserer finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit in Anspruch nehmen.
Im Jahre 1965 werden von den Verteidigungsausgaben des Bundes, die sich auf 20,3 Milliarden DM belaufen, etwa 19,2 Milliarden DM auf die Bundeswehr, 500 Millionen auf die Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt verbündeter Streitkräfte und 600 Millionen DM auf die zivile Verteidigung entfallen.
Wenn auch der Gesamtplafond für die Bundeswehr gegenüber dem Vorjahr im wesentlichen gleich geblieben ist, so zeigen sich doch in der Zusammensetzung der Ausgaben bemerkenswerte Änderungen. Der Gesamtbetrag von 19,2 Milliarden DM wird überwiegend, nämlich in Höhe von 10,5 Milliarden DM, zur Deckung laufender Kosten und in Höhe von 8,7 Milliarden DM für Materialbeschaffungen und sonstige Investitionen benötigt. Personalaufwand und Materialerhaltungskosten werden damit gegenüber dem laufenden Jahr nicht unerheblich steigen, während die Ausgaben für Materialbeschaffungen um rund 1 Milliarde DM niedriger veranschlagt sind. Diese strukturelle Änderung des Verteidigungshaushalts läßt erkennen, daß den Jahren eines schnell vorangetriebenen Aufbaus nunmehr die Phase der Konsolidierung folgt, in der das innere Gefüge der Streitkräfte gefestigt und damit die Schlagkraft erhöht wird.
Für die zivile Verteidigung sind im nächsten Jahr 625,5 Millionen DM vorgesehen. Damit beträgt die Summe der für die Maßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung in den Bundeshaushalten bisher bereitgestellten Mittel etwa 5 Milliarden DM, wovon allein auf die gegenwärtige Legislaturperiode rund 3 Milliarden DM entfallen. Wesentliche Maßnahmen, wie der Aufbau des Warn- und Alarmdienstes und die Bevorratung mit Arzneimitteln, sind nahezu abgeschlossen. Auf anderen Teilgebieten sollen die bisherigen Anstrengungen zügig fortgesetzt werden.
Die weitere Behandlung der Notstandsgesetze, deren Entwürfe dem Hohen Hause vorliegen, wird neue Überlegungen darüber erfordern, wie der in der Zukunft ganz erheblich steigende Finanzbedarf der zivilen Verteidigung im Rahmen des Gesamthaushalts bewältigt werden kann. Die Kostenfrage für die Notstandsgesetze wird deshalb ganz eingehend erörtert werden müssen. Bei der Verabschiedung der in ihrer Gesamtheit finanziell so bedeutsamen Vorlagen sind die Auswirkungen dieser Gesetze auf den Bundeshaushalt, auf die Entwicklung der Konjunktur und namentlich auf den Geldwert sorgfältig zu beachten.
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Die Bundeshilfe für Berlin - Bundeszuschuß und Bundesdarlehen - ist in dem vorliegenden Entwurf des Bundeshaushalts mit 1945 Millionen DM angesetzt, das sind 127 Millionen DM oder 7 % mehr als 1964. Sie wissen, daß die Wünsche Berlins darüber hinausgehen. Die Bundesregierung wird bei den Verhandlungen - wie bisher - die besonderen Bedürfnisse Berlins als Hauptstadt eines freien und ungeteilten Deutschlands und eines kulturellen Zentrums der freien Welt berücksichtigen. Ich bin davon überzeugt, daß wir im Einvernehmen mit dem Senat von Berlin eine Lösung finden, die sowohl den besonderen politischen Verhältnissen Berlins als auch den finanziellen Möglichkeiten des Bundes gerecht wird.
Auch die Hilfen, die der Bund zum Ausgleich des Berliner Landeshaushalts beisteuert, gehören in der Gesamtschau zu den Leistungen mit überproportionalem Wachstum. Diese Aufwendungen werden bei der Zugrundlegung der Vorschläge der Bundesregierung von insgesamt 4,3 Milliarden DM in der vergangenen Legislaturperiode um fast 67 % auf über 7,2 Milliarden DM in der laufenden Legislaturperiode ansteigen. Zum Vergleich sei wiederholt: Der Gesamtanstieg der Ausgaben des Bundes in diesem Zeitraum macht nur 43 % aus. Das ist ein eindeutiger Beweis, in welchem Ausmaß gerade politische Gesichtspunkte von der Bundesregierung berücksichtigt worden sind.
Mit diesen bedeutsamen Beträgen hat die Bundesregierung wirksam den Fleiß und den Lebenswillen der Berliner Bevölkerung unterstützt, die sich trotz Insellage und Mauer - dessen sind wir alle gewiß - niemals unterkriegen lassen wird.
({10})
Trotz aller Störversuche haben auch die Berliner voll am wirtschaftlichen Aufschwung in der Bundesrepublik teilgenommen. Ihr unbändiger Wille zur Selbstbehauptung in Freiheit ist beispielgebend und richtungweisend für die ganze freie Welt geworden.
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Wenden wir uns nunmehr dem Verkehrswesen zu, dem in einem modernen Industriestaat eine ganz besondere Bedeutung zukommt.
({12})
In Anpassung an das ständig steigende Verkehrsvolumen, vor allem auf dem Gebiet des Straßenverkehrs, sind 1965 für das Verkehrswesen 4,91 Milliarden DM, also annähernd 5 Milliarden DM, an Haushaltsmitteln und zusätzlich - wie im laufenden Jahr - 350 Millionen DM an Krediten vorgesehen. Damit wird der Bund auf dem Verkehrssektor im Jahr 1965 424 Millionen DM mehr zur Verfügung stellen als im Vorjahr. Diese Steigerung um rund 9 0/o liegt also erheblich über der Gesamtzuwachsrate des Haushalts und läßt erkennen, daß die Bundesregierung hier wiederum einen echten Schwerpunkt gesetzt hat.
Für den Bundesfernstraßenbau, wie ich besonders hervorheben möchte, ist durch das Straßenbaufinanzierungsgesetz, insbesondere durch dessen Neufassung, und durch die darin vorgesehene ZweckbinBundesminister Dr. Dahlgrün
dung der Mineralölsteuer eine neue Finanzierungsgrundlage und Finanzierungssicherheit geschaffen worden. Damit ist es ermöglicht worden, ein Straßenbauprogramm für einen längeren Zeitraum zu planen, festzulegen und auch wirklich durchzuführen. Zur Erfüllung des 2. Vierjahresplans für den Ausbau der Bundesfernstraßen, der bis einschließlich 1966 ein Finanzvolumen von 13 Milliarden DM umfaßt, sind im Haushaltsentwurf 1965 Haushaltsmittel des Bundes in Höhe von 3096 Millionen DM sowie 350 Millionen DM Kredite zusätzlich veranschlagt, also insgesamt fast 3,5 Milliarden DM. Das sind rund 530 Millionen DM oder über 18 % mehr als 1964, ein Steigerungssatz, der sogar noch die hohe Zuwachsrate bei den Sozialausgaben übersteigt. Es ist zu hoffen, daß sich infolge der erhöhten Mittel Engpässe nicht wiederholen, wie sie im laufenden Jahr infolge der erfreulich günstigen Witterungsverhältnisse aufgetreten sind. Bisher wurden 183,5 Millionen DM als zusätzliche Mittel im laufenden Jahre 1964 wegen dieser Wetterlage noch zugesagt. Falls noch weitere Mittel fehlen sollten, werden wir prüfen, ob mit Öffa-Mitteln geholfen werden kann.
Um die Leistungen der Bundesregierung für den Straßenbau jedoch Zutreffend zu würdigen, müssen wir uns vor Augen halten, daß hierfür seit Bestehen der Bundesrepublik bis zum Ende der 3. Legislaturperiode im Jahr 1961, also innerhalb von 12 Jahren, 9,4 Milliarden DM ,ausgegeben wurden, währendallein in den vier Jahren der jetzigen Legislaturperiode rund 12 Milliarden DM zur Verfügung stehen werden. Es ist mir Freude und Genugtuung zugleich, daß es gelungen ist, in dieser Wahlperiode gegenüber der vorhergehenden eine Steigerung der Straßenbaumittel um weit mehr als 100 % zu erreichen. Die Bundesrepublik liegt mit diesen Leistungen auf idem Gebiet ides Fernstraßenbaus an zweiter Stelle in der Welt 'unmittelbar hinter den USA.
({13})
Wenn in früheren Jahren die Mittel nicht in ähnlich großzügiger Weise zur Verfügung gestellt werden konnten, so war es eine zwangsläufige Folge der durch Kriegs- und Nachkriegsverhältnisse verursachten gewaltigen Sonderanforderungen an den Bundeshaushalt. Sie zu erfüllen stand damals im Vordergrund der politischen Notwendigkeiten. Heute können und müssen wir dem Straßenbau einen vorrangigen Platz einräumen.
Für Ausbau, Betrieb und Unterhaltung der Wasserstraßen ides Bundes sind im Haushaltsentwurf 1965 ebenfalls wieder beträchtliche Mittel bereitgestellt, freilich nur im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmasse.
Desgleichen wird die Förderung der Luftfahrt einschließlich der Investitionen für die Flugsicherung und der Aufwendungen für die Luftfahrtforschung fortgesetzt.
Trotz der begrenzten Möglichkeiten, die gerade dieser Bundeshaushalt zuläßt, wird der Bund auch im Jahre 1965 der deutschen Seeschiffahrt seine Hilfe nicht versagen, um einer bedrohlichen und
existenzgefährdenden Entwicklung im intenationalen Wettbewerb vorzubeugen.
Für Leistungen des Bundes an die Deutsche Bundesbahn sind im Haushaltsentwurf 926,5 Millionen DM vorgesehen. Unter Einbeziehung des Zins- und Tilgungsdienstes für eine zusätzliche Kapitalaufnahme von 500 Millionen DM werden der Bundesbahn effektiv in 19,65 insgesamt mehr als 1,4 Milliarden DM zugeführt werden. Diese Mittel sollen dazu beitragen, daß die Bundesbahn ihre Rationalisierungsmaßnahmen fortführen kann.
Es ist ,allerdings nicht zu verkennen, daß die Bundesbahn trotzdem vor allerschwierigsten Problemen steht. Der Wettbewerb der Verkehrsträger stellt hohe Anforderungen. Außerdem werden sich die Lohn- und Gehaltserhöhungen mit einem Mehraufwand von jährlich etwa 500 Millionen DM auswirken. Die Zuwendungen aus dem Bundeshaushalt sind notwendigerweise begrenzt und können auch in diesem begrenzten Umfang keine Dauerlösung sein. Angesichts der wachsenden Belastungen müssen im Zusammenwirken mit dem Vorstand der Deutschen Bundesbahn Wege gefunden werden, die es ihr ermöglichen, ihre wirtschaftliche Lage zu meistern.
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Auch bei der Deutschen Bundespost hat die Steigerung der Personal- und Sachkosten eine Zuspitzung der Finanzlage bewirkt. Gebührenerhöhungen, die ab 1. August 1964 in Kraft getreten sind, waren leider unvermeidlich. Es war auch nicht möglich, zur Entlastung der Post auf die gesetzlich festgelegte Ablieferung an den Bundeshaushalt zu verzichten.
Um die Gebührenerhöhungen in Grenzen zu halten und die Stabilisierung der Finanzlage der Bundespost zu unterstützen, hat sich die Bundesregierung daher zu folgenden Maßnahmen bereit erklärt:
1. Die Ablieferungen der Bundespost werden für die Jahre 1964 bis 1966 durch das Haushaltsgesetz auf 520 Millionen DM jährlich festgesetzt, obwohl durch Gebührenerhöhung und Verkehrszuwachs nach dem Satz von 62/3 % der Betriebseinnahmen ein erheblich höherer Betrag an den Bund abzuführen wäre.
2. Der Bund wird in den Jahren 1965 und 1966 außerdem eine Kapitalaufstockung bei der Deutschen Bundespost von je 300 Millionen DM durch Übernahme des Schuldendienstes ermöglichen.
3. Die Behandlung der Ausgleichsforderungen der Bundespost wird mit dem Ziel einer Entlastung ab 1966 geprüft.
Die Möglichkeiten zur Sanierung der Bundespost werden abschließend geprüft werden, sobald das Gutachten der eingesetzten Sachverständigenkommission vorliegt.
Ich komme nun zum Agrarhaushalt, der für das Rechnungsjahr 1965 Ausgabenansätze in Höhe von 4184,9 Millionen DM und Bindungsermächtigungen über 566 Millionen DM umfaßt.
Wegen der Beschränkung des Ausgaberahmens für den Gesamthaushalt mußte die Bundesregierung
auch in den Einzelplan des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten einen Ansatz für Minderausgaben, und zwar in Höhe von 250 Millionen DM, einstellen. Damit kann bei Ausgabenansätzen von rund 4,2 Milliarden DM nur über 3934,9 Millionen DM verfügt werden. Gestatten Sie mir, auf die Frage der Minderausgaben, die nicht nur im Landwirtschaftshaushalt, sondern in einer Vielzahl von Einzelplänen veranschlagt sind, später noch gesondert zurückzukommen.
Im Rahmen der zur Verfügung stehenden Mittel sollen die - teils im Zusammenwirken mit den Ländern durchgeführten - Förderungsmaßnahmen fortgeführt werden, insbesondere für die ländliche Siedlung, für die Wasserwirtschaft einschließlich Küstenplan und Alpenplan, für den Küstenschutz, für die Gasölverbilligung, für Erschließungsmaßnahmen im Emsland und im Landesteil Schleswig.
Für die Maßnahmen des Grünen Plans 1965 ist ohne Berücksichtigung etwaiger Kürzungen wiederum ein Globalansatz von 2,5 Milliarden DM veranschlagt, wozu Bindungsermächtigungen in Höhe von 245 Millionen DM - gegenüber 167 Millionen DM im Vorjahr - treten.
Das Ziel der Bundesregierung, den landwirtschaftlichen Markt ausgeglichen zu halten und damit zugleich die Preisstabilität bei Ernährungsgütern weitgehend sicherzustellen, erfordert im Haushaltsjahr 1965 zusätzliche finanzielle Anstrengungen. Für Bevorratungs- und Marktordnungszwecke ({15}) ist ein Betrag von insgesamt 448,8 Millionen DM und damit gegenüber 1964 eine Ausgabensteigerung um rund 36,2 Millionen DM vorgesehen.
Ich weiß, meine Damen und Herren. daß die Landwirtschaft unter den gegenwärtigen Verhältnissen vor besondere Aufgaben gestellt ist. Die Hilfestellung des Staates für die Landwirtschaft ist deshalb eine Notwendigkeit, insbesondere um die deutsche Landwirtschaft im supranationalen Raum wettbewerbs- und lebensfähig zu erhalten und die Probleme zu bewältigen, vor die sie nicht zuletzt infolge der fortschreitenden Integration Europas und der damit verbundenen Beseitigung der Zollgrenzen gestellt ist. Die Sorgen und Nöte unserer Landbevölkerung sowie die Schwierigkeiten, mit denen unsere Landwirtschaft in vielen Bereichen zu kämpfen hat, sind der Bundesregierung bekannt. Sie hat deshalb zur Förderung dieses bedeutsamen Zweiges unserer Volkswirtschaft laufend hohe Beträge zur Verfügung gestellt.
Auch hierzu einige Zahlen. Die Ausgaben im Agrarhaushalt werden von 9,7 Milliarden DM in der letzten auf voraussichtlich 15,5 Milliarden DM in der laufenden Legislaturperiode steigen. Das ist eine Erhöhung um etwa 60 v. H. von einer Legislaturperiode zur andern. Noch stärker ist die Erhöhung bei den Förderungsmaßnahmen für die Landwirtschaft, wie sie in den Grünen Plänen zusammengefaßt sind. Die Gesamtausgaben der Grünen Pläne werden in der jetzigen Legislaturperiode mit 9,4 Milliarden DM fast doppelt so hoch sein wie in der 3. Wahlperiode mit 4,8 Milliarden DM, wobei für 1964 und 1965 die Sollzahlen des Haushaltsplans
bzw. des Haushaltsplanentwurfs zugrunde gelegt sind. Selbst bei Berücksichtigung der globalen Kürzungen in den Jahren 1964 und 1965 liegt diese Steigerung um fast 100 v. H. ({16}) weit über den 43 v. H., um die unsere Gesamtausgaben in diesem Zeitraum gewachsen sind.
In diesen Zahlen sind noch nicht die überwiegend mittel- und langfristigen Kredite in Höhe von 8,4 Milliarden DM enthalten, deren Aufnahme zu einem tragbaren Zinssatz der Bund in den letzten zehn Jahren der Landwirtschaft durch Zahlung von Zinszuschüssen ermöglicht hat. Die Aufwendungen des Bundes für diese Zinsverbilligung haben im gleichen Zeitraum 763 Millionen DM betragen; für die weitere Laufzeit allein dieser Kredite sind noch Bundeszuschüsse in Höhe von 1,8 Milliarden DM erforderlich.
Bei Würdigung der finanziellen Leistungen des Bundes muß beachtet werden, daß nach der Finanzverfassung unseres Grundgesetzes in erster Linie die Länder zur Förderung der Landwirtschaft aufgerufen sind. Die Leistungen des Bundes stellen daher weitgehend nur Komplementärmittel zu den Mitteln der Länder dar, die man hinzurechnen muß, um ein vollständiges Bild der Hilfen zu erhalten, die der Landwirtschaft zugute kommen.
Zu den Ausgaben, die vom Bund ebenfalls weitgehend als Komplementärmittel zu den Mitteln der Länder gewährt werden, gehören auch die Ausgaben für Wissenschaft und Forschung, ein weiterer Schwerpunkt des Haushalts 1965. Bundeskanzler Professor Dr. Erhard hat in seiner Regierungserklärung darauf hingewiesen, welche Bedeutung die geistigen Investitionen haben, wenn Deutschland seinen Rang unter den Völkern behaupten und in Zukunft sichern will. Im Einklang hiermit will die Bundesregierung für das Rechnungsjahr 1965 die Aufwendungen zur Förderung von Wissenschaft und Forschung wiederum wesentlich erhöhen. Die Bundesregierung ist sich darüber im klaren, daß auch hier die verfügbaren Mittel keineswegs ausreichen, allen weitgespannten Wünschen gerecht zu werden.
Der Bund hat seine jährlichen Aufwendungen für Wissenschaft und Forschung seit 1961 mehr als verdoppelt. Er wird dafür im Jahre 1965 rund 2,3 Milliarden DM bereitstellen. Davon sind etwas über 1 Milliarde DM zentral im Einzelplan des Bundesministeriums für wissenschaftliche Forschung veranschlagt. Das bedeutet wiederum eine Steigerung um 15,4 v. H. gegenüber dem laufenden Jahr 1964.
Der größte Zuwachs liegt bei den Zuschüssen für den Ausbau der wissenschaftlichen Hochschulen sowie für die Deutsche Forschungsgemeinschaft und die Max-Planck-Gesellschaft und beträgt hier 20 v. H.
Eine gediegene Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses ist die Voraussetzung für das Gedeihen der deutschen Wissenschaft und Forschung in der Zukunft. Deshalb hat die Bundesregierung zum Ausbau der bestehenden wissenschaftlichen Hochschulen einen Ansatz von 300 Millionen DM ausgebracht, obwohl der Bund nach dem Verwaltungsabkommen, das am 4. Juni 1964 mit den Ländern zur Förderung von Wissenschaft und Forschung abgeBundesminister Dr. Dahlgrün
schlossen wurde, nur zu einem Zuschuß von 250 Millionen DM verpflichtet ist.
Mindestens dieselbe Bedeutung kommt der Neugründung von Hochschulen zu. Die Länder haben sich mit Abkommen vom 5. Juni 1964 untereinander zur gemeinsamen Finanzierung des Neubaus von fünf Hochschulen verpflichtet und dem Bund den Beitritt freigestellt, jedoch verbunden mit der Erwartung, daß die Zuwendungen des Bundes zu einer finanziellen Entlastung der Länder führen. Ein Zuschuß unter dieser Bedingung dürfte den Bau neuer Hochschulen jedoch kaum wesentlich fördern. Die Bundesregierung ist deshalb zu einer Beteiligung im Rahmen ihrer hausaltsmäßigen Möglichkeiten nur bereit, wenn durch Änderung des Abkommens sichergestellt wird, daß ein Beitrag des Bundes tatsächlich eine Verstärkung des Wirkungsgrades zur Folge hat. Um dieser Bereitschaft Ausdruck zu geben, hat die Bundesregierung einen Leertitel in den Entwurf des Haushalts eingestellt.
Für die Förderung der Atomkernenergieforschung und -nutzung sind fast 400 Millionen DM vorgesehen, 62,4 Millionen DM mehr als 1964. Dazu kommen Bindungsermächtigungen in Höhe von 145,4 Millionen DM. Die Ansätze sind damit in dieser Legislaturperiode mehr als verdoppelt, die Bindungsermächtigungen annähernd verdreifacht worden. Die bisherigen Entwicklungen und die neu geschaffenen Forschungseinrichtungen sollen mit nunmehr erhöhtem Aufwand der wissenschaftlichen Forschung dienstbar gemacht werden.
In der Reaktorenentwicklung ist es vordringlich, die bisher erzielten Ergebnisse jetzt durch den Bau von Demonstrationskraftwerken in die Praxis umzusetzen. Hier beginnen die ersten Früchte zu reifen. Die Erfahrungen in den Demonstrationskraftwerken sollen die Wirtschaft in die Lage versetzen, ohne Beteiligung des Bundes Leistungsatomkraftwerke auf wirtschaftlicher Grundlage zu errichten und zu betreiben und damit die Energieversorgung der Zukunft sicherzustellen.
Auch der Schwerpunkt der wirtschaftsfördernden Maßnahmen im Einzelplan des Bundesministers für Wirtschaft liegt auf dem Gebiet der Energiewirtschaft. Die Energiepolitik der Bundesregierung war und ist bestrebt, eine zuverlässige Energieversorgung nach freier Auswahl des Verbrauchers sicherzustellen und zugleich für eine geordnete Entwicklung des mit dem Vordringen des Mineralöls verbundenen Strukturwandels auf dem Energiemarkt zu sorgen.
Zur Erreichung dieser Ziele hat der deutsche Steinkohlenbergbau in den letzten Jahren erhebliche Anpassungshilfen erhalten, die insbesondere der Förderung der Rationalisierung und dem Kohleabsatz dienten. Im Entwurf des Haushalts 1965 sind zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit und zur Absatzsicherung der deutschen Kohle neben den bisherigen Maßnahmen neue Ansätze zur Förderung des Baus von Blockheizwerken und Kraftwerken auf Kohlegrundlage vorgesehen.
Im Bereich des Mineralöls ergab sich angesichts der hier bestehenden Einfuhrabhängigkeit die Notwendigkeit, den deutschen Erdölunternehmen einen Anreiz zur Aufrechterhaltung der deutschen Erdölgewinnung zu geben und ihnen die Umstellung auf die neue Wettbewerbslage zu erleichtern, die nach dem Wegfall des Zolls auf ausländisches Erdöl ab 1. Januar 1964 entstanden ist. Der Bund stellt deshalb den Unternehmen der deutschen Erdölindustrie entsprechend dem vom Bundestag beschlossenen Gesetz zur Umstellung der Abgaben auf Mineralöl im Haushalt 1965 Anpassungsbeihilfen und Darlehen in Höhe von 435 Millionen DM zur Verfügung.
Trotz der beachtlichen Erfolge der regionalen Wirtschaftsförderung bestehen auch heute noch große Unterschiede in der Wirtschafts- und Sozialstruktur der einzelnen Teile der Bundesrepublik. Dies gilt vor allem für das Zonenrandgebiet, dessen Förderung eine besonders wichtige politische Aufgabe ist. Die Behebung der strukturellen Mängel erfordert weiterhin Hilfen auch aus dem Bundeshaushalt. Wie ich schon vor dem Bundesrat zum Ausdruck gebracht habe, ist der Bundesregierung die Begrenzung gerade dieser Mittel im Haushaltsentwurf 1965 zur Sicherung des Haushaltsausgleichs damals nicht leicht gefallen. Der Vorschlag des Finanzausschusses des Bundesrates, den Ansatz wieder anzuheben, wird daher von der Bundesregierung im Grundsatz begrüßt und im Rahmen der parlamentarischen Haushaltsberatungen sicherlich sehr sorgfältig geprüft werden.
({17})
Auf dem Gebiet der Wiedergutmachung - ({18})
- Bitte schön, Herr Wehner, wenn Sie - ({19})
- Aber, Herr Wehner, Sie wissen genauso gut wie ich, daß der Entwurf des Bundeshaushalts, der im ersten Durchgang den Bundesrat passiert hat, nicht einfach von mir mit dem Rotstift geändert werden kann, sondern daß das jetzt im Haushaltsausschuß sorgfältig beraten und geprüft werden muß; das wissen Sie doch auch.
({20})
Meine Damen und Herren, auf dem Gebiet der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts hat das Hohe Haus vor den Parlamentsferien das Dritte Änderungsgesetz zum Bundesrückerstattungsgesetz einstimmig verabschiedet, das nach dem übereinstimmenden Willen aller Fraktionen dieses Teilgebiet der Wiedergutmachung abschließend regelt. Mit der Novelle werden die finanziellen Gesamtaufwendungen des Gesetzes gegenüber der bis da6752
hin geltenden Fassung um rund 2 Milliarden DM auf insgesamt 4,1 bis 4,2 Milliarden DM steigen.
Auf dem Gebiet des Entschädigungsrechts liegt dem Hohen Haus der Regierungsenwurf eines Zweiten Änderungsgesetzes zum Bundesentschädigungsgesetz vor, der gleichfalls eine abschließende Regelung bringen soll und dessen finanzieller Mehraufwand mit 3 Milliarden DM angenommen wird.
Die Bundesrepublik - Bund und Länder - wird bis Ende 1965 an Wiedergutmachungsleistungen im weiteren Sinne insgesamt 30 Milliarden DM gezahlt haben. Dieser Betrag dokumentiert eindrucksvoll, wie ernst das deutsche Volk die Verpflichtung zur Wiedergutmachung nimmt.
({21})
Auf dem Gebiet des Lastenausgleichs hat die vierte Legislaturperiode zwei bedeutsame Novellen, das 16. und das 17. Änderungsgesetz zum Lastenausgleichsgesetz, gebracht. Der finanzielle Mehraufwand allein auf Grund dieser beiden Novellen beträgt - selbstverständlich über die ganze Zeit des Lastenausgleichs gesehen - etwa 6,2 Milliarden DM.
Im Vordergrund der Bestrebungen der Bundesregierung steht nach wie vor die weitere Beschleunigung der Erfüllung der Ansprüche auf Hauptentschädigung. Insgesamt konnten bisher Hauptentschädigungsansprüche in Höhe von rund 8,8 Milliarden DM befriedigt werden.
Die bisherigen Leistungen des Lastenausgleichs überhaupt ergeben bis zum ersten Halbjahr 1964 einen Betrag von rund 53 Milliarden DM. Das Lastenausgleichsgesetz stellt sich damit als eines der bedeutendsten Finanzgesetze der Nachkriegszeit überhaupt dar.
({22})
Die erforderlichen Beträge konnten nur durch zunehmende Inanspruchnahme des Kapitalmarktes zur Vorfinanzierung der bestehenden Verpflichtungen aufgebracht werden.
Lassen Sie mich nunmehr zu den Fragen der Entwicklungshilfe übergehen, der in der Finanzpolitik eine ständig zunehmende Bedeutung zukommt. Der Lebensstandard, den wir in unserem Vaterland erreicht haben, darf uns nicht blind machen für die Probleme der Umwelt. Wir müssen uns mehr und mehr bewußt werden, daß wir nicht nur dort zu helfen haben, wo noch Hunger und Elend herrschen, sondern auch den Völkern beistehen müssen, deren Entwicklungsstand noch Hilfe von außen dringend erforderlich macht. Ohne Lösung dieser Fragen, meine Damen und Herren, kann mit einer friedlichen Entwicklung in der Welt auf die Dauer nicht gerechnet werden.
Die Hilfen für die weniger entwickelten Gebiete der Welt haben schon in der Vergangenheit ein höchst beachtliches Ausmaß erreicht. Von 1950 bis Ende 1963 haben sich die Nettoleistungen der Bundesrepublik für diesen Zweck auf rund 23 Milliarden DM belaufen; davon sind rund 13 Milliarden DM Leistungen der öffentlichen Hand, die ' sowohl bilateral wie multilateral gegeben werden.
Im kommenden Jahr werden die Leistungen, die unmittelbar aus Bundesmitteln erbracht werden, den bisher höchsten Stand überhaupt erreichen. Die Baransätze im Einzelplan des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit werden erstmals der Milliardengrenze nahekommen. Mit rund 940 Millionen DM sind über 220 Millionen DM mehr als im Vorjahr veranschlagt.
Die hohe Ausgabensteigerung dient in erster Linie dazu, den Berg der offenen Verpflichtungen aus den Vorjahren abzutragen. Diese Verbindlichkeiten werden sich bis Ende dieses Jahres voraussichtlich noch auf 6,8 Milliarden DM belaufen und die finanzielle Bewegungsfreiheit des Bundes in der Zukunft sehr einengen.
Neben der Bereitstellung öffentlicher Mittel muß in stärkerem Umfang als bisher 'privates Kapital für die Entwicklungsländer verfügbar gemacht werden. Unabdingbare Voraussetzung vermehrter Privatinvestitionen - das möchte ich hier ausdrücklich betonen - sind aber ein ausreichender Schutz gegen ungerechtfertigte Enteignungen und die Gewährleistung des Transfers.
Die Bundesrepublik ihrerseits gewährt den deutschen Unternehmern für Investitionen in den Entwicklungsländern steuerliche Vergünstigungen und in geeigneten Fällen auch Bundesgarantien. Auf diesem Wege leistet die Bundesrepublik einen weiteren Beitrag zur Entwicklungshilfe, der mir für eine dauerhafte Wirkung besonders geeignet erscheinen will.
Auch die Ermächtigungen zur Übernahme von Bürgschaften und Gewährleistung für die Ausfuhrförderung und für die Absicherung von Risiken aus Liefergeschäften mit dem Ausland, aus Finanzkrediten an 'ausländische Schuldner und aus Kapitalanlagen im Ausland kommen überwiegend den Entwicklungsländern zugute. Der Ermächtigungsbetrag, der sich auch im kommenden Jahr auf 25 Milliarden DM beläuft, war 'bis Mitte dieses Jahres schon mit etwa 20 Milliarden DM in Anspruch genommen.
Die Bedeutung dieser Garantieverpflichtungen darf nicht unterschätzt werden. Wenn ,der Bund in der Vergangenheit aus diesen Sicherheitsleistungen nur selten hat antreten müssen, so nur deswegen, weil er sich in der letzten Zeit vermehrt an Umschuldungsaktionen beteiligt hat, um drohende Schäden rechtzeitig abzuwenden. Die sich anhaltend verschlechternde Devisenlage sehr vieler Entwicklungsländer wirft aber Probleme auf, deren finanzielle Auswirkungen auch noch nicht im entferntesten geschätzt werden können. Angesichts der Vorstellungen der Entwicklungsländer, die diese auf der Genfer Welthandelskonferenz zur Geltung gebracht haben, fühle ich mich verpflichet, auch an dieser Stelle in aller Offenheit zu sagen, daß mit illusionären und unerfüllbaren Vorschlägen niemandem geholfen ist, am wenigsten den Entwicklungsländern.
({23})
Meine Damen und Herren, es würde den Rahmen einer Haushaltsrede sprengen, wenn ich auf alle Ansätze des Haushalts eingehen wollte. Es lag mir
daran, Ihnen die finanzpolitisch bedeutsamsten Schwerpunkte der Regierungsarbeit aufzuzeigen und in diesem Rahmen einen Überblick über das bisher Geleistete zu geben, das zugleich Richtschnur für das in der Zukunft zu Bewältigende ist.
Gestatten Sie mir jedoch in diesem Zusammenhang noch ein kurzes Wort zum Besoldungs- und Versorgungswesen im öffentlichen Dienst. Trotz der ständig steigenden Anforderungen an den Bundeshaushalt hat es sich die Bundesregierung auch in dieser Legislaturperiode angelegen sein lassen, die Bediensteten und Versorgungsempfänger des Bundes am wachsenden Wohlstand angemessen zu beteiligen. 'Durch eine Reihe von Gesetzen sind die Einkommensverhältnisse und die Einordnung in das Sozialgefüge für diesen Personenkreis verbessert worden. Die Bundesregierung weiß, daß das Funktionieren unseres sozialen Rechtsstaates ohne die hingebungsvolle und treue Arbeit aller Angehörigen des öffentlichen Dienstes nicht möglich ist.
Auch künftig gebührt der Besoldungs- und Lohnsituation der Angehörigen des öffentlichen Dienstes besondere Aufmerksamkeit. Es liegt mir dabei am Herzen, daß Bund und Länder sich gerade auf diesem Gebiet zu einheitlichem Vorgehen zusammenfinden. In der Vergangenheit gab es hier beklagenswerte Diskrepanzen. Im Interesse der inneren Gerechtigkeit ist es meiner Überzeugung nach unabdingbar notwendig, die Einheitlichkeit des Besoldungsgefüges in Bund, Ländern und Gemeinden sicherzustellen und zugleich die Frage der Angleichung der Vergütungen an die wirtschaftliche Entwicklung aus den politischen Auseinandersetzungen herauszuhalten und sie zu versachlichen.
Ich komme nun zur Deckungsseite des Haushalts. Ich habe bereits darauf hingewiesen, daß die sachlich berechtigten Mehranforderungen den Ausgabenzuwachs weit übersteigen. Nach Abschluß der Haushaltsverhandlungen beliefen sich die als begründet anzuerkennenden Anforderungen insgesamt noch auf 65,2 Milliarden DM. Damit lag der Ausgabebedarf um etwa 1,2 Milliarden DM - genau 1243 Millionen DM - über den zur Verfügung stehenden Deckungsmitteln von 63,9 Milliarden DM. Gezielte Kürzungen waren bei bestimmten Einzelansätzen in dieser Größenordnung unmöglich. Deshalb mußten in entsprechender Höhe Minderausgaben vorgesehen werden. So unschön diese Maßnahme ist, sie war nicht zu vermeiden.
Minderausgaben in Höhe von 1,2 Milliarden DM fallen nicht vom Himmel und kommen nicht von selber, vor allem dann nicht, wenn wie im vorliegenden Haushaltsentwurf bei der Beurteilung aller neuen Anforderungen ein scharfer Maßstab angelegt worden ist. Um die Erwirtschaftung einer zum Ausgleich des Haushalts veranschlagten Minderausgabe sicherzustellen, wurde in der Vergangenheit immer ausschließlich eine lineare Kürzung oder Sperre der nicht durch Rechtsverpflichtung gebundenen Ansätze um einen bestimmten Prozentsatz verfügt. Selbst wenn es dabei zu Bewirtschaftungserleichterungen gekommen ist oder solche Bewirtschaftungserleichterungen zugelassen waren, führt aber eine lineare Kürzung oder Sperre wie jede pauschale Maßnahme
häufig zu Unzuträglichkeiten und Härten, da die Kürzung zunächst ohne Rücksicht auf Vordringlichkeit und Bedarf durchgeführt wird. Die lineare Kürzung kann deshalb 'immer nur letzter Notbehelf sein, der, soweit irgend möglich, durch gezielte Kürzungen bei bestimmten Ansätzen ersetzt werden sollte. Aber auch gezielte Kürzungen bei der Aufstellung des Haushalts scheitern - namentlich bei einer ohnehin knappen Veranschlagung - häufig daran, daß sich weitgehend erst bei der Durchführung des Haushalts herausstellt, wie die notwendigen Einsparungen am ehesten mit den sachlichen Notwendigkeiten in Einklang zu bringen sind.
Der Nachteil der Starrheit der Haushaltsführung, der sich infolge solcher gezielter Kürzungen ergeben kann, und der Nachteil einer pauschalen Behandlung durch lineare Kürzungen lassen sich dadurch mindern, daß der Haushaltsausgleich durch Einstellung globaler Minderausgaben in den Einzelplänen sichergestellt wird. Eine pauschale Behandlung wird damit weitgehend vermieden und eine flexible Wirtschaftsführung innerhalb eines Ressorts erleichtert. Bei der Durchführung des Haushalts kann unter Berücksichtigung des Bedarfs z. B. jeweils zeitnah festgelegt werden, bei welchen Ansätzen die Minderausgabe herausgewirtschaftet wird und bei welchen das unmöglich ist. Hierin liegt ein nicht zu unterschätzender Vorteil gegenüber gezielten Kürzungen bei Aufstellung und Verabschiedung des Haushalts.
Die Minderausgaben, die in 12 Einzelplänen veranschlagt sind, belaufen sich auf insgesamt 651 Millionen DM. Nach ihrer Berücksichtigung verbleibt aber immer noch eine Deckungslücke von 592 Millionen DM, die nur durch Veranschlagung einer globalen Minderausgabe im Einzelplan 60 geschlossen werden konnte. Das ließ sich nicht ändern. Durch Bewirtschaftungsmaßnahmen allein ist aber eine Minderausgabe in dieser Höhe nicht zu erreichen, zumal für weitere Kürzungsmaßnahmen diejenigen Einzelpläne ausscheiden müssen, bei denen aus Deckungsgründen bereits eine besondere Minderausgabe veranschlagt ist. Deshalb muß notgedrungen die allgemeine 5%ige Kürzung der nicht auf Rechtsverpflichtung beruhenden Ausgaben auch in diesem Haushaltsgesetz wiederholt werden, die schon für den laufenden Haushalt 1964 gilt.
Dem verbleibenden Deckungsbedarf von 63 945 Millionen DM stehen ordentliche Einnahmen, wozu Steuern und Verwaltungseinnahmen zählen, in Höhe von 61 699 Millionen DM gegenüber. Der Restbetrag von 2,25 Milliarden DM muß im außerordentlichen Haushalt gedeckt werden. Dieser Betrag, der im Wege des Kredits beschafft werden soll, entspricht etwa dem Ansatz des laufenden Jahres.
Während in den vergangenen Legislaturperioden der Bedarf des außerordentlichen Haushalts im wesentlichen aus steigenden Mehreinnahmen finanziert werden konnte, mußte der Bund seit 1962 dazu übergehen, seinen außerordentlichen Haushalt durch Kreditaufnahmen zu decken. Diese Finanzierung von Haushaltsausgaben, die den Steuerzahler im gegenwärtigen Zeitpunkt entlastet, hat jedoch - das möchte ich hervorheben - ihre Grenzen ein6754
mal in der Leistungskraft des Kapitalmarktes an sich, zum anderen aber auch in den konjunkturpolitischen Notwendigkeiten ebenso wie in der Höhe der Rückzahlungsverpflichtungen, die auf keinen Fall die Leistungskraft der Haushalte späterer Jahre übersteigen dürfen.
Im Jahre 1964 ist der Bund bei der Finanzierung seines Kreditbedarfs auf Schwierigkeiten gestoßen, weil infolge der Ankündigung einer Kapitalertragsteuer auf festverzinsliche Wertpapiere für Gebietsfremde der Kapitalmarkt für Anleihen der öffentlichen Hand weniger aufnahmefähig geworden war. Die Kapitalertagsteuer für Gebietsfremde, über die das Hohe Haus auf Grund der von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzesvorlage demnächst zu beschließen haben wird, soll einem konjunktur-
und währungspolitisch gleichermaßen unerwünschten Kapitalzustrom aus dem Ausland entgegenwirken. Von dem gesamten Kapitalimport in die Bundesrepublik entfällt der größte Anteil zur Zeit auf den Erwerb inländischer Anleihen. Die ausländischen Nettokäufe sind in den letzten Jahren sprunghaft gewachsen, von 170 Millionen DM im Jahr 1961 über 750 Millionen DM im Jahr 1962 auf mehr als 2 Milliarden DM im Jahr 1963. Die Gefahren, die aus der Geldfülle für die innere Preisstabilität und die Währung der Bundesrepublik drohen können, liegen auf der Hand.
Ich darf an dieser Stelle betonen, daß es für den Finanzminister, der für den Haushalt und seine Bedienung verantwortlich ist, viel einfacher gewesen wäre, den Haushalt 1964 zu finanzieren, wenn der Kapitalzustrom aus dem Ausland durch die Ankündigung dieser Steuer nicht gebremst worden wäre. Wenn das Bundeskabinett sich dennoch für die Einführung dieser Steuer ausgesprochen hat, so deshalb, weil die konjunkturpolitischen und währungspolitischen Gesichtspunkte in der wirtschaftlichen Situation, in der wir uns noch befinden, den Vorrang vor den fiskalischen Interessen des Bundes haben müssen.
Der Bund hat die Einschränkung seiner Kreditmöglichkeiten bei der Durchführung des Haushalts 1964 bewußt in Kaufgenommen und aus seiner konjunktur- und währungspolitischen Verantwortung heraus ein echtes Opfer gebracht. Wenn er 1965 seine Kreditnachfrage trotz insgesamt gestiegener Ausgaben im Vorjahresrahmen, also im Rahmen des Jahres 1964, hält, so will er damit zur Schonung des Kapitalmarktes beitragen. Das ist nach dem weitgehenden Ausbleiben Ides unerwünschten Zustroms von Auslandskapital dringend geboten. Als die Anleihestücke aus Auslandsbesitz in beträchtlichem Umfang auf den Markt kamen, hat der Bund in Wahrung der berechtigten Interessen der Sparer und kapitalanlegenden Institutionen das Überangebot vermindert und hierfür nicht unerhebliche Mittel bereitgestellt.
Meine Damen und Herren! Die Erwähnung von Fragen der Steuerpolitik im Zusammenhang mit den Deckungsüberlegungen zum Jahreshaushalt zeigt, wie innig die Probleme der Haushaltspolitik und der Steuerpolitik verzahnt sind. Diese wechselseitige Abhängigkeit macht es notwendig, im Rahmen der
Haushaltsrede auch atlf die drängenden Probleme der Steuerpolitik einzugehen, wenigstens ganz allgemein.
Von der Höhe und der Zusammensetzung der Steuerbelastung gehen weitreichende Einflüsse aus, die ständig auf ihre ökonomischen und soziologischen Wirkungen 'überprüft werden müssen. Im kommenden Jahr werden die Steuereinnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden erstmals die Grenze von 100 Milliarden DM übersteigen und mit rund 105 Milliarden DM um knapp 6 Milliarden DM oder rund 6 % höher liegen als das für 1964 erwartete Steueraufkommen. Bezogen auf das Bruttosozialprodukt ergibt sich daraus eine Steuerbelastungquote von etwa 23,6 % gegenüber 24,2 % im Jahr 19.64. Diese Verminderung des 'steuerlichen Entzugseffekts um voraussichtlich 0,6 Punkte ist eine lerfreuliche Folge der von der Bundesregierung beschlossenen Steuersenkungsmaßnahmen. Trotzdem darf nicht unerwähnt bleiben, daß auch eine Steuerbelastungsquote von 23,6 % im Vergleich zu den meisten anderen Ländern der westlichen Welt noch verhältnismäßig hoch ist. Deshalb muß es nachhaltiges Ziel der Steuerpolitik der Bundesregierung sein, die von dieser 'hohen Steuerquote ausgehenden Lastwirkungen in ‘einer Weise zu lenken, die den ökonomischen und gesellschaftspolitischen Bedürfnissen Rechnung trägt.
Die Steuergesetzgebung in der gegenwärtigen Legislaturperiode ist einerseits durch das Bestreben gekennzeichnet, bei Verbesserungen in Einzelheiten im Grundsatz an bewährten Regelungen festzuhalten. Andererseits lassen die von der Bundesregierung eingeleiteten steuerpolitischen Maßnahmen jedoch auch den Mut zu tiefgreifenden Reformen erkennen.
Ich nenne hier nur den Entwurf des Mehrwertsteuergesetzes, der eine grundlegende Umsatzsteuerreform durch Einführung einer Nettoumsatzsteuer vorsieht.
Ferner möchte ich das Bewertungsgesetz hervorheben. Die letzte Feststellung der Einheitswerte des Grundbesitzes liegt fast 30 Jahre zurück. Die von Jahr zu Jahr größer werdenden Verzerrungen der Wertverhältnisse - vor allem im Verhältnis zu den zeitnah bewerteten Vermögenswerten - können mit dem Gebot der steuerlichen Gerechtigkeit nach dem Grundgesetz kaum noch länger vereinbart werden.
Eine sinnvolle Lösung der Fragen, die sich aus der Neubewertung des Grundbesitzes für die vom Einheitswert abhängigen Steuern ergeben, ist aber erst dann überhaupt möglich, wenn wieder objektiv richtige und zeitnahe Einheitswerte zur Verfügung stehen und wenn das Ergebnis der Neubewertung statistisch übersehbar ist. Es wird mit eines der wichtigsten Ziele einer umfassenden Finanzreform sein müssen, hier die richtigen Maßstäbe zu setzen.
Schließlich hat die Bundesregierung die Reform der Abgabenordnung in Angriff genommen. Erste Gesetzentwürfe hierzu liegen Ihnen bereits vor.
Ziele der Steuerpolitik der Bundesregierung sind nach wie vor eine gerechte Verteilung der SteuerBundesminister Dr. Dahlgrün
last, eine möglichst wettbewerbsneutrale Besteuerung und eine bessere Grundlage für die Steuerharmonisierung im Gemeinsamen Markt. Zugleich soll mit den von mir eben genannten Reformgesetzen auch schwerwiegenden Bedenken verfassungsrechtlicher Art begegnet werden. Es erscheint mir dringend erwünscht, ja notwendig, insbesondere die Umsatzsteuerreform sowie das Bewertungsgesetz noch in dieser Legislaturperiode zu verabschieden. Da beide Gesetzentwürfe in den Ausschüssen dieses Hohen Hauses nach der grundsätzlichen Seite bereits weitgehend durchberaten sind, wäre die Verabschiedung meiner Ansicht nach auch technisch möglich.
Die hohe Steuerlastquote in der Bundesrepublik Deutschland, auf die ich schon hingewiesen habe, ist insbesondere als Folge der progressiven Wirkung des Einkommensteuertarifs von 21,7% des Bruttosozialprodukts im Jahr 1958 auf 24,2 % im Jahr 1964 gestiegen. Da die Wirtschaft weiter wächst und mithin auch die Einkommen steigen werden, muß sich diese Entwicklung fortsetzen, wenn ihr nicht im Wege einer Anpassung des Einkommensteuertarifs an die veränderten Einkommensteuerverhältnisse, also durch Steuersenkungsmaßnahmen, Einhalt geboten wird. Ich weiß jedoch, daß die öffentliche Hand noch gewaltige Aufgaben zu erfüllen hat und daß deshalb der Staat am Wachstum der Volkswirtschaft auch in Form höherer Steuereinnahmen teilhaben muß. Die Bürger eines modernen Staates, die mit Recht vom Staat immer mehr und bessere Straßen, die mit Recht vom Staate Krankenhäuser, Schulen, Universitäten, Sportstätten usw. fordern, diese auf eine bessere öffentliche Leistungsdarbietung eingestellten Staatsbürger müssen sich aber darüber klar sein, daß ein höherer Lebensstandard eben auch höhere Kosten verursacht. Ich glaube deshalb nicht, daß der Staat auf den Zuwachs ganz verzichten kann, wenn er den an ihn gestellten Anforderungen gerecht werden will. Daher läßt die vorgesehene Steuersenkung auch dem Staate noch das Seine. Der Staat soll aber nicht - von Ausnahmezeiten abgesehen - einen zu großen Anteil von diesem Wachstum für sich in Anspruch nehmen; denn was er zuviel nimmt, wird der Wirtschaft und dem Verbraucher vorenthalten. Die von der Bundesregierung vorgeschlagene Einkommensteuersenkung ist deshalb auch aus staats- und gesellschaftspolitischen Gründen notwendig, um den überdurchschnittlichen Zuwachs der Einnahmen aus der Einkommensteuer angemessen zu dämpfen und damit zugleich den Zuwachs der Ausgaben der öffentlichen Hand in den gebotenen Grenzen zu halten.
Auf Einzelheiten der Steuersenkungsmaßnahmen des Steueränderungsgesetzes 1964 einzugehen, erübrigt sich heute. Hierzu wird hinreichend Gelegenheit bei der zweiten und dritten Lesung sein, die in der nächsten, spätestens aber übernächsten Woche stattfinden müssen, wenn das Gesetz rechtzeitig zum 1, Januar in Kraft treten soll.
Die Fülle weiterer Vorhaben bei den Einzelsteuern und im allgemeinen Steuerrecht sämtlich aufzuzählen, möchte ich mir ersparen.
Die Bundesregierung wird auch weiterhin um eine Steuerpolitik bemüht bleiben, die sich in den Rah. men ihrer allgemeinen Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik sinnvoll einfügt und zur weiteren Integration mit den freien Staaten der Welt beiträgt. Die Steuerlastquote muß trotz aller dringenden Staatsaufgaben auf einer Grenze gehalten werden, die der privatwirtschaftlichen Initiative genügend Antrieb und Entfaltungsmöglichkeiten verleiht und die die Vermögensbildung aller Schichten der Bevölkerung fördert und sichert. Eine Steuerpolitik, die diese Ziele nicht aus dem Auge verliert, festigt das Verantwortungsbewußtsein und die Verantwortungsbereitschaft des einzelnen und erhält damit die Grundlagen unserer freiheitlichen Gesellschaftsordnung.
Das Bestreben, die Steuerbelastung in Grenzen zu halten, kann jedoch nur Erfolg haben, wenn einmal die Ausgabenpolitik auf allen Ebenen unseres Gemeinwesens - Bund, Länder und Gemeinden - hierauf gebührend Rücksicht nimmt, zum anderen die Steuereinnahmen durch eine erfolgreiche Finanzreform auf die verschiedenen Träger öffentlicher Aufgaben so verteilt werden, daß Überfluß an einer Stelle bei gleichzeitigem Mehrbedarf an anderer Stelle vermieden wird. Die Mittel müssen - das ist das Idealziel - immer dort zur Verfügung stehen, wo sie aus einer Gesamtsicht heraus wirklich am nötigsten gebraucht werden.
In den Beziehungen zwischen Bund und Ländern hat sich mit der Verständigung über die Neufestsetzung des Bundesanteils an der Einkommen- und Körperschaftsteuer und über die damit verbundene abschließende Regelung und Verteilung der Kriegsfolgelasten das Klima eingestellt, in dem die überaus schwierige Aufgabe einer Reform unserer Finanzverfassung erfolgversprechend in Angriff genommen werden kann.
Zur Vorbereitung der notwendigen gesetzgeberischen Maßnahmen hat Bundeskanzler Professor Erhard am 20. März 1964 gemeinsam mit den Ministerpräsidenten der Länder eine unabhängige Sachverständigen-Kommission für die Finanzreform eingesetzt, die eine Bestandsaufnahme über die Wirkungen der in der Bundesrepublik geltenden Finanzverfassung und - darauf aufbauend - Vorschläge für die Finanzreform erarbeiten soll. Die Kommission hat unmittelbar nach ihrer Einsetzung die Arbeit aufgenommen und sie in der Zwischenzeit tatkräftig gefördert.
Die gesetzliche Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs nach Vorliegen des Gutach. tens wird eine der wichtigsten, zugleich aber auch schwierigsten Aufgaben der nächsten Legislaturperiode sein. Der g e mein s a m e Entschluß von Bund und Ländern, das „heiße Eisen" einer Finanzreform anzupacken, die g e m e ins a m e Einsetzung der Kommission durch den Bund und die Länder und das positive Echo, das die Einsetzung der Kommission bei allen Fraktionen dieses Hohen Hauses gefunden hat, lassen mich hoffen, daß die für das Gelingen der Reform notwendige Atmosphäre verständnisvoller Zusammenarbeit bei der späteren gesetzgeberischen Verwirklichung Früchte tragen wird.
Die Finanzreform berührt in erster Linie die Einnahmeseiten des Haushalts der verschiedenen öffentlichen Aufgabenträger, die besser als bisher miteinander in Einklang gebracht, also gewissermaßen harmonisiert werden müssen. Damit eng zusammen hängt jedoch die Klarstellung der Aufgaben- und Ausgabenzuständigkeiten, für die die Deckungsmittel zur Verfügung gestellt werden. Diese Klarstellung ist nötig, wenn man Finanzpolitik - Haushalts- und Steuerpolitik - nicht nur für den Tag, sondern vorausschauend auch für die Zukunft betreiben will.
Die Vorarbeiten für eine längerfristige Finanzplanung, die der Herr Bundeskanzler in der Regierungserklärung vom 18. Oktober 1963 angekündigt hat, sind im Bundesfinanzministerium in Angriff genommen worden. Die ersten Erkenntnisse über die finanziellen Möglichkeiten des Bundes für die nächsten Jahre sind in dem Ihnen vorliegenden Finanzbericht 1965 ausgewertet. Auf das zum Schluß angefügte Kapitel ({24}) möchte ich das Hohe Haus besonders aufmerksam machen.
Die vorläufigen Ergebnisse sollten uns allen sehr zu denken geben. Sie zeigen deutlich den sehr geringen Umfang der beeinflußbaren Finanzmasse im Haushalt des Bundes, die nach Abzug der durch rechtliche Verpflichtungen und internationale Bindungen feststehenden und der durch politische Entscheidungen und Bindungen festliegenden Ausgaben verbleibt.
Vor gut vier Jahren haben Sie, Herr Kollege Schoettle, anläßlich der Verabschiedung des Haushalts 1960 beklagt, daß rund 80 % des gesamten Haushaltsvolumens durch gesetzliche oder sonstige Vorentscheidungen festgelegt und einer Einflußnahme durch Haushaltsgesetzgeber und Bundesregierung entzogen seien. Meine Damen und Herren, sosehr diese Klage schon damals berechtigt war, - ich wäre heute froh und glücklich, wenn mir im Haushalt des Bundes noch 20 % der Finanzmasse echt für eine aktive Konjunkturpolitik und für neue, wichtige Vorhaben zur Verfügung stünden.
({25})
Tatsächlich ist der Spielraum für derartige Maßnahmen in den letzten Jahren immer enger geworden. Die „Zwangsläufigkeiten" im Bundeshaushalt, die der damalige Bundesfinanzminister Etzel bei der Einbringung des Haushalts 1961 schon mit 85 % angeben mußte, belaufen sich nach meinem Bericht an den Bundestag vom 22. Juni dieses Jahres für den laufenden Haushalt 1964 auf rund 90%. Für 1965 wird sich dieser Prozentsatz infolge der überproportionalen Steigerungsraten bei den rechtlich gebundenen Ansätzen, namentlich den Sozialausgaben, noch weiter erhöhen. Selbst der noch nicht gebundene, im Verhältnis zum Gesamtvolumen fast zu bescheidene Anteil an den Haushaltsausgaben ist aber, wie Sie alle wissen, nicht beliebig der Disposition zugänglich, da hieraus staatspolitisch so wichtige Aufgaben wie die allgemeinen Wirtschaftsförderungsmaßnahmen einschließlich der Maßnahmen der Landwirtschaftsförderung und weite Bereiche der Förderungsmaßnahmen für Wissenschaft und Forschung zu decken sind.
Diese Entwicklung kann uns alle - ich darf das hier einmal hervorheben - nur mit größter Sorge erfüllen. Falls wir nicht in einer haushaltspolitischen Sackgasse enden wollen, falls wir nicht wollen, daß sich die Haushaltsberatungen vielleicht einmal ausschließlich auf die Berechnung des Kassenbedarfs beschränken und künftig echte Entscheidungen des Etatgesetzgebers nur auf politisch weniger bedeutsamen Gebieten wie z. B. bei Stellenbewilligungen getroffen werden können, müssen wir alle, die Bundesregierung und auch das Parlament, bestrebt sein, den Anteil der Vorbelastung des Haushalts durch rechtliche Bindungen zurückzudrängen, auf keinen Fall aber noch weiter anschwellen zu lassen.
Bei neuen Gesetzesvorhaben genügt es deshalb nicht, nur die Auswirkungen auf das laufende Rechnungsjahr festzustellen. Viel wichtiger ist meiner Ansicht nach die Prüfung, ob für die Mehraufwendungen auch in den künftigen Rechnungsjahren noch Deckung gefunden werden kann. Das gilt vor allem für Gesetzentwürfe, die erst im Laufe eines Jahres in Kraft treten und den Bundeshaushalt im laufenden Haushaltsjahr nicht mehr mit den vollen Mehraufwendungen belasten, desgleichen für Gesetzentwürfe, die erst in der Zukunft - dann aber zwangsläufig - zu erhöhten Mehraufwendungen führen. Nur so läßt sich vermeiden, daß wir durch die Gesetzgebung der Gegenwart in kommenden Haushaltsjahren in größte Schwierigkeiten geraten und uns festfahren.
Die in den Finanzbericht 1965 erstmals aufgenommene Darstellung soll die Beurteilung der künftigen Möglichkeiten des Haushalts erleichtern und dazu beitragen, daß eine Entscheidung über die Rangordnung der insgesamt zu erfüllenden Aufgaben entsprechend der ihnen zukommenden Dringlichkeit getroffen werden kann.
Der geringe Anteil der echt beeinflußbaren Finanzmasse am Haushaltsvolumen des Bundes in Gegenwart und Zukunft zeigt im übrigen die Grenzen auf, die einer aktiven Konjunkturbeeinflussung allein mit Hilfe des Bundeshaushalts gezogen sind. Die Wirksamkeit einer konjunkturpolitischen Beeinflussung über die Gestaltung der öffentlichen Haushalte kann nur dadurch gesteigert werden, daß die Haushalte der anderen öffentlichen Aufgabenträger - Länder und finanziell bedeutsame Gemeinden - in den Kreis längerfristiger Haushaltsüberlegungen einbezogen werden. Die Bundesregierung strebt deshalb an, in der Frage einer gemeinsamen konjunkturgerechten Haushaltspolitik zu einem freiwilligen Zusammenwirken mit den Ländern in dem Geist gemeinsamer Verantwortung für das Ganze und im Geist guter Partnerschaft zu gelangen. Ich glaube, daß erste Schritte im Rahmen eines ständigen Arbeitskreises bereits getan sind, zu dem sich die Leiter der Haushaltsabteilungen der Finanzministerien des Bundes und der Länder am 15. Juli 1964 konstituiert haben.
Die Forderung nach längerfristigen Haushaltsüberlegungen steht in einem engen Zusammenhang mit dem Anliegen einer Reform unseres Haushaltswesens überhaupt.
Die Reichshaushaltsordnung aus alter Zeit, mit der man eigentlich moderne Finanz- und Steuerpolitik nicht machen kann, entspricht weithin nicht mehr den neuzeitlichen Anforderungen. In den letzten Jahren sind schon einige wichtige Grundsätze des Haushaltsrechts in den Haushaltsgesetzen entwickelt worden. Wir mußten das tun, weil uns gar kein anderer Weg blieb. Aber Haushaltsgesetze gelten nur für ein Jahr. Die darin liegende rechtliche Unsicherheit läßt eine baldige Kodifikation der heutigen Haushaltswirklichkeit entsprechend der wirtschaftlichen Entwicklung erwünscht erscheinen. Die Überlegungen, die Haushalte der öffentlichen Hand entsprechend zu gestalten, erfordern darüber hinaus eine grundlegende Reform des Haushaltswesens nach modernen finanzwirtschaftlichen Grundsätzen.
Schließlich ist bei dem Volumen, der Vielfalt der Aufgaben und insbesondere den Auswirkungen der öffentlichen Haushalte auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung eine ständige und zeitnahe Beobachtung des eigentlichen Haushaltsablaufs erforderlich. Die dafür notwendige schnellere und aussagefähigere Berichterstattung läßt sich ohne eine umfassende organisatorische und technische Reform des derzeitigen Kassen- und Rechnungswesens aber auch nicht verwirklichen.
Eine moderne Haushaltswirtschaftsordnung und ein leistungsfähiges Kassenwesen können ebenso wie die Reform unserer Finanzverfassung nun einmal nur im Zusammenwirken zwischen Bund und Ländern entwickelt werden. Mit den sich hieraus ergebenden Fragen ist der bereits erwähnte neu gegründete Arbeitskreis der Haushaltsabteilungsleiter ebenfalls befaßt. Unterausschüsse des Arbeitskreises werden Vorschläge für eine umfassende Reform ausarbeiten.
Die Arbeiten an der Reform werden schwierig und langwierig sein. Zur Zeit sprechen wir mit den Ländern darüber, ob wir deshalb diese Aufgabe nicht in Etappen verwirklichen sollten, d. h. ob es vordringliche Probleme gibt, die heute schon für eine Lösung reif sind. Wenn Bund und Länder sich darüber einig sind, könnte man sie vorziehen und noch in dieser Legislaturperiode im Rahmen einer Novelle zur Reichshaushaltsordnung vorweg behandeln. Wenn das nicht geht, ist zu prüfen, ob wir sämtliche Fragen später in dem großen Gesetzgebungswerk einer neuen Haushaltswirtschaftsordnung einheitlich und umfassend regeln sollen.
Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich jetzt zum Schluß kommen. Das Schicksal des Bundeshaushalts 1965 liegt nun in ihrer Hand. Sie tragen einen wesentlichen Teil der Verantwortung für die weitere wirtschaftliche Entwicklung, die Erhaltung der Kaufkraft unserer Währung und für wachsenden Wohlstand. Sie wissen, daß die Bundesregierung im Haushalt die tragende Säule ihrer Stabilisierungspolitik sieht. Diese Säule darf nicht ins Wanken gebracht werden.
Ich weiß, daß auch Sie von allen Seiten mit Wünschen auf neue und höhere Ausgaben bestürmt werden. Besonders - man kann das ja offen sagen in einem Wahljahr ist die Versuchung sehr groß, solchen Forderungen nachzugeben.
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Mag jeder Einzelwunsch für sich betrachtet auch noch so berechtigt erscheinen, er muß im gesamten Zusammenhang unserer Finanzpolitik gesehen werden. Wenn Sie diesen Haushalt in den kommenden Wochen prüfen, dann werden Sie feststellen, daß die Bundesregierung bei aller gebotenen Sparsamkeit die richtigen Maßstäbe gesetzt hat. Wir haben die Prioritäten so gewählt, daß mit dem Geld unserer Steuerzahler ein optimaler Erfolg erzielt wird.
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Die Erhöhung der Ausgaben in den Schwerpunkten zeigt Ihnen, daß die Bundesregierung keineswegs auf den Lorbeeren der Vergangenheit ausruhen will. Auch in diesem nüchternen und rechtzeitig vorgelegten Zahlenwerk des Haushalts wird deutlich, wie haltlos die Behauptung ist, die jetzige Bundesregierung und die sie tragende Koalition seien nicht arbeitsfähig.
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Bundeskanzler Professor Erhard und die Bundesregierung haben im vergangenen Jahr manches heiße Eisen entschlossen angepackt. Einzelne Maßnahmen und Vorschläge mögen nicht immer und überall auf Begeisterung gestoßen sein. Wenn wir aber Erfolg auf Dauer erzielen und bewahren wollen, müssen wir auch den Mut zu Entscheidungen aufbringen, die den Betroffenen zunächst hart erscheinen mögen.
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Die Bundesregierung wird diesen Mut auch künftig haben, wenn es um das Wohl des Ganzen geht. Sie lehnt es ab, fortwährend um die Gunst einzelner Gruppen zu buhlen.
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Oberstes Gesetz ihrer Politik sind Freiheit, Sicherheit und Wohlstand für alle. Ich bin sicher, daß diese Politik auch draußen im Land verstanden wird.
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Wenn ich Sie, meine Damen und Herren, mit diesen Worten warnen möchte, sich mit dem Blick auf die Wahlurnen schwach gegenüber Wünschen zu zeigen, deren Erfüllung den Rahmen dieses Haushalts sprengen müßte, so möchte ich Sie zugleich auffordern, Ihre Tatkraft um so mehr auf die Beratung und Verabschiedung wichtiger Reformgesetze zu konzentrieren, die Ihnen von dieser Bundesregierung vorgelegt worden sind. Aus meinem Zuständigkeitsbereich habe ich das Bewertungsgesetz und die Mehrwertsteuer zu nennen.
In der Zukunft harren neue große Aufgaben. Die ersten Jahre des Wiederaufbaues, mit Blickrichtung vorwiegend auf die Gegenwart, sind zu Ende. Heute gilt es, den Wiederaufbau zu vollenden, das Erreichte zu sichern und den Blick vorausschauend in die Zukunft zu richten. Es ist in unserem Lande noch sehr viel zu verbessern und zu reformieren. Wenn ich mich auch hier auf meinen Arbeitsbereich beschränken darf, möchte ich Ihnen nur einmal ganz
kurz zusammenfassend vor Augen halten die bereits erwähnte Finanzreform; die Reformierung verschiedener Steuern, die im Zuge der Harmonisierung innerhalb der EWG notwendig wird; eine Reform der Vermögensbesteuerung mit dem Ziel einer breiten Streuung des Eigentums; die Reform des Haushaltsrechts und die Reform der Kassenwirtschaft sowie schließlich die Neufassung der Abgabenordnung.
Der nächste Bundestag wird sich mit allen diesen wichtigen Vorhaben aber erst beschäftigen können, wenn die vorliegenden Reformen Gesetz geworden sind. Wer sich weigert, diese Gesetze, die wir zum Teil schon seit Jahren vor uns herschieben, noch von diesem Bundestag verabschieden zu lassen, verweigert damit zugleich dem nächsten Bundestag die Zeit und das Fundament für die dringend notwendige Modernisierung und Fortentwicklung unserer Finanz- und Steuerpolitik. Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren. Die Bundesregierung hat durch Vorlage ausgereifter Entwürfe ihre Aufgabe erfüllt. Möge das Parlament seiner Berufung zur Gesetzgebung rechtzeitig nachkommen. Wer den Wünschen einzelner Gruppen nachjagt, mag vielleicht hier und da einmal einen Zipfel von Popularität erhaschen. Ein dauerhafter Erfolg wird ihm versagt bleiben. Weise Staatskunst ist es, statt sich in Tagesfragen zu verzetteln, die für die Zukunft wirklich wichtigen Maßnahmen zu treffen.
Meine Damen und Herren! Die Bundesrepublik Deutschland hat in der Welt einen Ruf zu verlieren,
den Ruf, zu den Ländern mit der stabilsten Währung und Wirtschaftsentwicklung zu gehören. Wir selbst haben das Vertrauen unserer Bevölkerung in die Stabilität unserer Währung zu verlieren, ein Vertrauen, das heute noch sehr stark ist, wie die steigende Sparquote zeigt. Die Bundesregierung wird ihre ganze Kraft daran setzen, dieses Vertrauen nicht zu enttäuschen und mit gutem Beispiel für unsere Freunde in der westlichen Welt voranzugehen. Ohne Ihre Mithilfe, meine Damen und Herren, kann nichts verwirklicht werden. Nur wenn das Parlament in der Zusammenfassung von Koalition und Opposition mit der Regierung am gleichen Strang zieht, wird es gelingen, Währung und Preise stabil zu halten und die fälligen Reformen herzhaft anzupacken und durchzuführen. Versagen Sie Ihre dazu unerläßliche Mithilfe nicht.
({32})
Ich danke dem Herrn Bundesfinanzminister.
Die nächste Sitzung des Hauses findet statt am Donnerstag, dem 15. Oktober, 9 Uhr. Um 10 Uhr beginnt die Aussprache mit einer Rede des Herrn Bundeskanzlers.
Die Sitzung ist geschlossen.