Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet.
Ehe wir mit der gedruckten Tagesordnung beginnen, eine Mitteilung: Der Ältestenrat schlägt auf Grund eines Schreibens des Vorsitzenden des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 20. Mai dieses Jahres vor, die Tagesordnung um folgende Punkte zu erweitern - es handelt sich um lauter landwirtschaftliche Angelegenheiten -:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Durchführung der Verordnung Nr. 19 ({0}) des Rats der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft ({1})
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Durchführung der Verordnung Nr. 16/64/ EWG ({2}) des Rats der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft ({3}) ({4})
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Durchführung der Verordnung Nr. 13/64/ EWG ({5}) des Rats der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft ({6}) ({7})
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Durchführung der Verordnung Nr. 14/64/ EWG ({8}) des Rats der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft ({9}) ({10})
Erste Beratung des von den Abgeordneten Struve, Bauknecht, Bauer ({11}), Dr. Schmidt ({12}), Ertl und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Milch- und Fettgesetzes ({13}).
Ist das Haus einverstanden? - Das Haus ist einverstanden. Die Erweiterung der Tagesordnung ist beschlossen. Ich rufe dann diese Punkte auf.
Der Ältestenrat empfiehlt Ihnen, die Vorlagen Drucksachen IV/ 2231, IV/ 2261, IV/ 2260 und IV/ 2254 zu überweisen an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - federführend - sowie an den Wirtschaftsausschuß und den Außenhandelsausschuß zur Mitberatung. Die Vorlage Drucksache IV/ 2245 soll überwiesen werden an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - federführend - und an den Wirtschaftsausschuß zur Mitberatung.
Ist das Haus einverstanden? - Dann ist so beschlossen.
Die folgenden amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Herr Staatssekretär im Bundesministerium für Gesundheitswesen hat unter dem 22. Mai 1964 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Schmidt ({14}), Bading, Margulies und Genossen betr. Ölleitungsbau Genua-Ingolstadt - Drucksache IV/ 2163 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache IV/ 2268 verteilt.
Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 25. Juni 1959 die nachstehenden Vorlagen überwiesen:
Verordnung des Rats über die Änderung der für die Erzeugung von einem Kilogramm geschlachteten Perlhühnern festgesetzten Futtergetreidemenge sowie über die Änderung des Einschleusungspreises für geschlachtete Perlhühner - Drucksache IV/ 2251 an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 4. Juni 1964
Verordnung des Rats über die Vorausfestsetzung des auf die Einfuhr von Reis und Bruchreis erhobenen Abschöpfungsbetrages ({15})
an den Außenhandelsausschuß - federführend - und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - mitberatend - mit der Bitte um Berichterstattung innerhalb eines Monats, wenn im Ausschuß Bedenken gegen die Verordnung erhoben werden
Verordnung des Rats über Ausnahmeregelungen betreffend die Einfuhr von Reis und Bruchreis aus den assoziierten afrikanischen Staaten und Madagaskar sowie aus den überseeischen Ländern und Hoheitsgebieten nach den überseeischen Departements der Französischen Republik - Drucksache IV/ 2266 an den Außenhandelsausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 4. Juni 1964
Verordnung des Rats über die Änderung der Anlage zur Verordnung Nr. 19 des Rats - Drucksache IV/ 2272 -an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 4. Juni 1964.
Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 23. Februar 1962 die nachstehenden Vorlagen überwiesen:
Siebenundfünfzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1963 ({16}) - Drucksache IV/2225 an den Außenhandelsausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 24. Juni 1964
Neunundfünfzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1963 ({17}) - Drucksache 1V/2226 an den Außenhandelsausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 24. Juni 1964.
Vizepräsident Dr. Schmid
Wir-kommen zur
Fragestunde ({18}).
Ich rufe zunächst auf den Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft und dazu die Frage des Abgeordneten Dr. Roesch:
Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung zur Hilfeleistung zugunsten der durch den Konkurs der American Military Insurance Company in Frankfurt ({19}) geschädigten etwa 100 deutschen Angestellten, die bisher ohne Erfolg ihre Gehaltsforderungen geltend machten, obwohl beim Bundesaufsichtsamt für das Versicherungs- und Bausparwesen eine Kaution von 6 700 000 DM durch die amerikanische Gesellschaft hinterlegt ist?
Die zuständige Aufsichtsbehörde des Staates Delaware/ USA hat am 27. November 1963 die Geschäftserlaubnis der auch im Bundesgebiet zum Betrieb der Kraftfahrversicherung mit Angehörigen der hier stationierten ausländischen Streitkräfte zugelassenen American Military International Insurance Association wegen Zahlungsunfähigkeit und betrügerischer Geschäftsführung zurückgezogen. Das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungs- und Bausparwesen erließ am 29. November 1963 zur Vermeidung von Nachteilen für die Versicherten und Geschädigten ein einstweiliges Zahlungsverbot für den deutschen Hauptbevollmächtigten dieser Gesellschaft. Gehaltszahlungen waren von diesem Zahlungsverbot ausgenommen.
Auf Grund einer Beschlußkammerentscheidung stellte das Bundesaufsichtsamt am 23. Januar 1964 beim zuständigen Amtsgericht Frankfurt/Main den Antrag, über das Vermögen der deutschen Zweigniederlassung der AMIIA das Konkursverfahren zu eröffnen. Das Amtsgericht Frankfurt/Main hat am gleichen Tage das Konkursverfahren eröffnet und Herrn Rechtsanwalt Naumann zum Konkursverwalter bestellt.
Nach Auskunft des Konkursverwalters haben 80 Angestellte für die Zeit vom 1. Januar bis zum Tage der Konkurseröffnung, dem 23. Januar 1964, ihr Gehalt bisher nicht bekommen. Diese Gehaltsforderungen, die vom Konkursverwalter als ungewöhnlich hoch bezeichnet worden sind, wurden als bevorrechtigte Forderungen zur Konkurstabelle angemeldet. Die Gehaltsforderungen aus der Zeit nach der Konkurseröffnung sind als Masseschulden laufend bezahlt worden. Der Konkursverwalter hat den betroffenen Angestellten in Notfällen Überbrückungsdarlehen gewährt und hat die Rückzahlung von früheren Darlehen der Angestellten gestundet.
Die hinterlegten Kautionswerte in Höhe von rund 6,65 Millionen DM werden auf Grund gesetzlicher Vorschrift vom Konkursverwalter als Absonderungsmasse ausschließlich für die Abwicklung der Versicherungsschäden, also für die Entschädigung der Verkehrsopfer, verwandt. Sie können nicht für die Erfüllung von Konkursforderungen, auch nicht von bevorrechtigten Forderungen der Angestellten auf Gehaltszahlung für die kurze Zeit vom 1. bis zum 23. Januar 1964, zur Verfügung gestellt werden.
Zusatzfrage? - Bitte!
Darf ich noch fragen: Gibt es keine Möglichkeit, aus dieser Kautionsmasse die relativ niedrige Summe der Gehälter zu bezahlen?
Herr Abgeordneter, es ist zwingende gesetzliche Vorschrift, daß diese Kautionssmasse in Höhe von rund 6,5 Millionen DM zunächst ausschließlich für die Befriedigung der Ansprüche der Verkehrsgeschädigten reserviert bleiben muß. Erst wenn dieses Verfahren abgewickelt ist und keine Ansprüche mehr zu befriedigen sind und zu erwarten stehen, würde der Restbestand, der von den 6,65 Millionen DM verbleibt - wobei ich keine Aussage darüber machen kann, ob eine Restmasse zur Verfügung bleiben wird -, in die Konkursmasse hineinkommen und dann für die Befriedigung der Forderungen zur Verfügung stehen. Dabei darf ich darauf aufmerksam machen, daß nach § 61 Nr. 1 der Konkursordnung diese Gehaltsansprüche als bevorrechtigte Ansprüche an erster Stelle stehen.
Sind Sie nicht der Meinung, daß es sehr lange dauern kann, bis die ganzen Schäden reguliert sind?
Ja, Herr Abgeordneter, das wird gewiß noch einige Zeit dauern.
Die Frage ist beantwortet.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für gesamtdeutsche Fragen. Herr Abgeordneter Stingl, sind Sie damit einverstanden, daß Ihre drei Fragen zusammen beantwortet werden?
({0})
- Das ist ein bißchen viel. ({1})
- Auf einmal ist das ein bißchen viel. Im Interesse der Belebung der Diskussion wäre es dann vielleicht doch besser, die Fragen einzeln aufzurufen.
Ich rufe also die Frage VII/ 1 - des Abgeordneten Stingl - auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß im Deutschen Fernsehen NDR am 7. Mai 1964 in einer Sendung zum 775jährigen Gründungsjubiläum Hamburg mehrfach als größte Stadt der Bundesrepublik bezeichnet wurde?
Zu Frage 1! Der Bundesregierung ist bekannt, daß Hamburg am 7. Mai 1964 in einer Sendung des ersten Deutschen Fernsehens als größte Stadt der Bundesrepublik bezeichnet wurde.
Herr Minister, hat in Vorbereitung dieser Fragestunde der Intendant des NDR zu dieser Frage Stellung genommen?
Der Intendant hat sich bisher nicht zu dieser Frage geäußert.
Sind Ihnen, Herr Minister, weitere Fälle bekannt, daß in Fernsehen, Rundfunk und anderweitig Berlin jeweils aus der Bezeichnung Bundesrepublik ausgeklammert wurde, wenn Darstellungen gegeben wurden?
Der erste Fall ist, jedenfalls soweit er auch die Offentlichkeit und das Parlament hier beschäftigt, dieser Vorgang von Hamburg vom 7. Mai 1964. Es ist möglich, daß andere ähnliche Äußerungen schon hier und da erfolgt sind. Die Bundesregierung bedauert in jedem Fall solche Äußerungen, die geeignet sind, im Sinne der Frage, Herr Kollege Stingl, mißdeutet zu werden, nicht nur im Inland, sondern auch im Ausland.
Eine Zusatzfrage?
Herr Bundesminister, Sie sagten, der Herr Intendant des NDR habe nicht zu dieser Frage Stellung genommen. Ist denn der Herr Intendant von der Bundesregierung oder vom Ministerium gefragt worden?
Nachdem die Frage im Parlament anhängig ist, möchten wir nicht an den Intendanten herantreten, bevor nicht die Antwort auf die Frage eines Abgeordneten im Parlament erteilt ist.
Weitere Zusatzfrage?
Herr Bundesminister, sind Sie denn bereit, in Zukunft auf solche Fälle zu achten und die Intendanten darauf aufmerksam zu machen, daß das nicht tunlich ist?
Herr Kollege, in allen solchen Fällen, die uns bekannt werden, klärt die Bundesregierung die betreffenden Institutionen und Personen darüber auf, daß solche Bezeichnungen untunlich und der Deutschlandpolitik schädlich sind, und sie bittet, die Wiederholung solcher Äußerungen zu vermeiden. Das wird selbstverständlich auch gegenüber dem Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Rundfunkanstalten - in diesem Falle gegenüber dem Intendanten von Bismarck in Köln - unmittelbar nach dieser Fragestunde geschehen.
Weitere Zusatzfrage? - Bitte.
Herr Bundesminister, halten Sie es nicht für richtig, eine Berichtigung des Norddeutschen Rundfunks zu erbitten, die diese doch sehr unglückliche, um nicht zu sagen politisch instinktlose Ausdrucksweise aus der Welt schafft?
Herr Kollege Hübner, es ist nicht Sache der Bundesregierung, den Anstalten zu empfehlen, in welcher Form sie den eingetretenen Schaden wiedergutmachen. Ich bin aber überzeugt, daß die Publizität dieser Frage und der Zusatzfragen in der Fragestunde ausreichen wird, um die Öffentlichkeit nachdrücklich darauf hinzuweisen, daß es eine Fehläußerung war, und Wiederholungen möglichst auszuschließen.
Weitere Zusatzfrage?
Herr Minister, darf ich fragen: Ist Ihnen bekanntgeworden, ob die Kontrollorgane des Norddeutschen Rundfunks - beispielsweise der Verwaltungsrat - zu dieser Ausdrucksweise in irgendeiner Form Stellung genommen haben?
Die Protokolle der Verwaltungsrats- und Rundfunkratssitzungen sind der Bundesregierung nicht zugänglich. Ich möchte aber annehmen, daß die Vertreter aller drei Parteien dieses Hauses, die in den Aufsichtsorganen des Rundfunks sind, sich geäußert haben.
Keine Zusatzfragen mehr?
Darf ich noch eine Ergänzung machen? Über die Frage Berlin hinaus klärt die Bundesregierung in regelmäßigen Abständen die Öffentlichkeit, aber auch die Organe der Bundesrepublik Deutschland darüber auf, daß es untunlich ist, Bezeichnungen zu wählen wie beispielsweise Ostdeutschland, wenn man Mitteldeutschland meint, oder DDR, sei es mit dem Zusatz „sogenannte", sei es mit Anführungsstrichen, sei es ohne. Die amtlichen Bezeichnungen sind Mitteldeutschland - schon deswegen, damit man auch immer wieder zur Kenntnis bringt, daß es daneben auch Ostdeutschland gibt, das unter fremder Verwaltung steht - oder SBZ, sowjetische Besatzungszone. Das hindert aber manche Institutionen, Personen und Publikationsorgane leider nicht, gelegentlich in einer Gedankenlosigkeit Wortprägungen zu verwenden, die der deutschen Sache nicht dienlich sind. Die Bundesregierung wird dieser Frage immer ihr Augenmerk widmen.
Frage VII/ 2 - des Abgeordneten Stingl -:
Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß mit solchen in Frage VIII! erwähnten Aussagen dem Streben des Kommunismus, Berlin von der Bundesrepublik zu trennen und zur sogenannten Freien Stadt zu machen, Vorschub geleistet wird?
Ich wiederhole, was ich schon zu der vorhin gestellten Zusatzfrage gesagt habe. Die Bundesregierung bedauert alle solchen Äußerungen, weil sie - im Sinne der Anfrage - zu Mißdeutungen im In- und Ausland führen und damit der deutschen Sache Schaden zufügen.
Vielen Dank! Herr Minister, Sie haben vorhin schon geantwortet, daß die Bundesregierung immer auf den Gebrauch der richtigen Bezeichnungen hinweist; völlig einverstanden. Ich frage jetzt: Tun Sie es auch in der Hinsicht, daß vermieden wird, von „Bundesrepublik und Berlin" zu sprechen? Sie wissen, daß es darüber immer wieder Auseinandersetzungen gibt. Sind auch die Gesetzestexte daraufhin überprüft?
Es ist Aufgabe des Bundesministeriums für gesamtdeutsche Fragen, darauf zu achten, daß es heißt Bundesrepublik Deutschland „einschließlich West-Berlin", wenn „West-Berlin" besonders betont werden soll. Keinesfalls darf der Eindruck entstehen, als wenn West-Berlin außerhalb der Bundesrepublik stünde oder gar eine Sonderstellung hätte. Wenn man Berlin in eine Sonderstellung bringen wollte, würde das bedeuten, daß man aus Gedankenlosigkeit oder aus anderen Motiven den Sowjets mit ihrer Freistadttheorie in die Hand arbeitet. Das will die Bundesregierung unter allen Um- ständen vermeiden. Sie tut es auf allen möglichen Wegen.
Herr Minister, ist Ihnen bekannt geworden, daß der Berliner Senat, der ja auch eine unmittelbare Beziehung zum Senat der Freien und Hansestadt Hamburg hat, in diesem speziellen Fall tätig geworden ist?
Das ist mir nicht bekannt. Es ist möglich auf dem kurzgeschlossenen Weg über die parteipolitische Gemeinsamkeit; aber auch das ist mir nicht bekannt.
Ich rufe Frage VII/ 3 - des Abgeordneten Stingl - auf:
,Sind der Bundesregierung ähnliche wie die in Fragen VII/ 1, 2 genannten Darstellungen in Schriften, Werbeprospekten u. ä. offiziellen oder offiziösen Charakters bekannt?
Bei solchen Darstellungen, Herr Kollege Stingl, wie sie hier in Ihren Fragen genannt sind, klärt die Bundesregierung die entsprechenden Stellen auf. Das wird auch, wie gesagt, nach dieser Fragestunde gegenüber den Rundfunkanstalten geschehen. Die Bundesregierung bittet, aus Gründen der Verpflichtung gegenüber dem Grundgesetz und der Deutschlandpolitik, die von allen drei Parteien in den Prinzipien gemeinsam getragen wird, eine Wiederholung solcher Fehlausdrücke mit ihren Mißdeutungen zu vermeiden.
Herr Bundesminister, ist Ihnen bekannt, daß am 9. Mai 1964 - also jüngsten Datums - in der Welt eine Anzeige stand, die unterschrieben war mit „Freie und Hansestadt Hamburg, Baubehörde - also eine Dienststelle der Freien und Hansestadt Hamburg - in der es heißt: „Diese Fachkräfte sollen in der größten Stadt der Bundesrepublik an bedeutenden Aufgaben usw. mitarbeiten"?
Diese Anzeige, Herr Kollege Stingl, ist erst durch die im Zusammenhang mit den von Ihnen gestellten Fragen bei der von uns vorgenommenen Prüfung bekannt geworden. Sie war vorher nicht bekannt.
Herr Minister, sind Sie mit mir der Meinung, daß das in der Tat ein Verstoß einer Behörde, einer Regierung eines Landes gegenüber den von ihnen vorhin genannten Grundsätzen ist?
Ich glaube sagen zu können, daß es zumindest eine Gedankenlosigkeit dessen ist, der für die Abfassung des Textes verantwortlich war. Auch hier wird Veranlassung sein, dem Senat der Freien und Hansestadt Hamburg und dem Bürgermeister dieser Stadt Mitteilung zu machen, welcher Auffassung Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat im allgemeinen sind und welche Besorgnisse wir hier im besonderen haben.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Neumann.
Herr Minister, wäre es nicht angebracht, da erst kürzlich in diesem Hause auch Herr Kollege Rademacher 'in der Fragestunde eine ähnliche Formulierung gebraucht hat, daß Sie die Anregungen, die im Ausschuß für gesamtdeutsche Fragen schon einmal gegeben worden sind, allen Behörden noch einmal zur Kenntnis gäben? Sind sie dazu bereit?
Das, Herr Kollege Neumann, Wird geschehen. Dennoch wird es sich nicht vermeiden fassen, daß gelegentlich wieder gesündigt wird. Es geht solchen Anweisungen des Bundesministeriums für gesamtdeutsche Fragen nicht besser als solchen, auf die Innehaltung der Gebote zu achten. Auch hier werden ja leider Verstöße immer wieder zu beklagen sein. Das liegt zum Teil in der menschlichen Natur. Die Bundesregierung wird sich Mühe geben, diese Fehler auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Eine Garantie, solche Fehlformulierungen auszuschließen, wird niemand geben können.
Eine Zusatzfrage.
Herr Bundesminister, Sie haben vorhin mit Recht schon gesagt, daß die unrichtigen Bezeichnungen nicht benutzt werden sollen. Ist der Bundesregierung nicht aufgefallen, daß die Publikationsorgane die Bezeichnung DDR immer häufiger und in größerem Umfang mit und ohne Anführungszeichen verwenden? Wollen Sie da nicht etwas Besonderes tun, damit das in Zukunft vermieden wird?
In einem freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat ist die Presse frei und steht nur unter gewisser Aufsicht ihrer Selbstverwaltungsorgane, beispielsweise des Deutschen Presserats. Wir werden Veranlassung nehmen, an den Vorstand des Deutschen Presserats heranzutreten. Aber ich beziehe mich auf das, was ich soeben über Mitteldeutschland und Ostdeutschland sagte. Ich hoffe, daß das, was in diesem Saal gesagt wird, auch der Presse so vermittelt wird, daß es als eine Mahnung verstanden werden kann.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz. Ich rufe zunächst die Frage X/1 - des Abgeordneten Ritzel - auf:
Wem gehörte das von Zech-Nenntwich benutzte Privatflugzeug, wer flog das Flugzeug in die Schweiz und wer flog es zurück in die Bundesrepublik?
Herr Abgeordneter, bevor ich die Frage 1 und die folgenden Fragen beantworte, möchte ich mir einen allgemeinen Hinweis gestatten.
Bei der Beantwortung dieser Fragen ist das Bundesjustizministerium auf Informationen der Landesjustizverwaltung angewiesen. Das Bundesjustizministerium hat sich um diese Informationen bemüht. Die Vorfälle haben sich in der Justizhoheit des Landes Niedersachsen abgespielt.
Zur Frage 1 darf ich folgendes erklären.
Das für die Flucht benutzte Privatflugzeug gehört dem Fabrikanten Meerswolke aus Nordhorn. Es stand dem Berufspiloten Altendeitering aus Nordhorn zur freien Verfügung. Altendeitering hat Zech-Nenntwich, ohne den Eigentümer zu verständigen, am 23. April 1964 in die Schweiz geflogen und ist noch am selben Tage kurz nach 12 Uhr mit dem Flugzeug zurückgekehrt.
Eine Zusazfrage.
. Herr Staatssekretär, können Sie sagen, welche strafrechtlichen Maßnahmen die Justizbehörden wegen dieser Fluchtbegünstigung gegen den Besitzer des Flugzeugs und den Piloten veranlaßt haben?
Dieselbe Frage, Herr Abgeordneter, habe ich mir vorgelegt. Ich bin im Augenblick leider noch nicht im Besitz der erforderlichen Informationen. Aber wir bemühen uns weiter darum.
Liegt diese Verzögerung in der Beantwortung dieser sich doch aufdrängenden Frage an dem Herrn Justizminister des Landes, in dem der Fall passierte, oder woran sonst liegt diese Verzögerung?
Herr Abgeordneter, ich bin leider nicht in der Lage, Ihnen darüber etwas zu erklären. Ich glaube nicht, daß es an der Person des Justizministers oder an seiner Behörde liegt. Ich kann Ihnen im Augenblick leider keinen Grund sagen, weil ich darüber keine Informationen habe. Ich habe mir allerdings bei der Durchsicht der Akten selber diese Frage vorgelegt.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen auch nicht bekannt, daß der Flugzeugführer - der meines Wissens kein Berufsflugzeugführer, sondern ein biederer Elektromeister in einem Dorf ist und im Krieg einmal Flugzeugführer war - nichts davon gewußt hat, daß es sich hier um die Flucht eines Verbrechers handelt?
Ich weiß nur aus der Presse etwas darüber. In den Ausführungen des Justizministeriums Niedersachsen stand darüber nichts.
Zweite Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist man in Ihrem Haus denn gar nicht auf den Gedanken gekommen, beim Justizministerium des Landes Niedersachsen eine genaue Sachdarstellung zu erbitten,
({0})
damit Leute, die nicht kriminell belastet sind, dadurch nicht in einen merkwürdigen Verdacht kommen?
Herr Abgeordneter, es war mir nicht sicher, daß Sie hier so tief in die Einzelvorgänge, die vor allen Dingen die Justiz des Landes Niedersachsen angehen, debattieren würden.
({0})
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Börner.
Herr Staatssekretär, lassen die besonderen Umstände der Vorbereitung dieser Flucht und das sehr gut eingespielte Zusammenwirken insbesondere bei dem Lufttransport auch für die Bundesregierung die Vermutung offen, daß an der Vor6156
bereitung dieses Unternehmens eine illegale Organisation beteiligt war?
Darüber hat Herr Justizminister von Nottbeck bereits Presseerklärungen abgegeben, die Sie höchtswahrscheinlich kennen. Er hat ausgeführt, es sei bisher kein Verdacht in dieser Richtung irgendwie begründet. Das ist der gegenwärtige Stand der Ermittlungen.
Zweite Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, würden Sie bereit sein, zu untersuchen, ob die Inanspruchnahme von Privatflugzeugen unter solchen Umständen in der Bundesrepublik sonst auch üblich ist?
Ich kann dem Hohen Hause versichern, daß wir diesen Dingen sehr intensiv nachgehen werden.
Abgeordneter Neumann!
Herr Staatssekretär, rührt Ihre mangelnde Kenntnis daher, daß Ihre Boten den Weg zwischen Bonn und Hannover laufen müssen?
) Dr. Bülow, Staatssekretär im Bundesministerium der Justiz: Nein, Herr Abgeordneter, so ist es nicht.
Herr Abgeordneter Neumann, ich halte eine solche Art der Fragestellung in der Fragestunde nicht für zulässig.
Herr Präsident, wenn man hört, daß nach so vielen Wochen das Ministerium überhaupt nichts weiß, muß man auf diese Vermutung kommen. Ich bitte um Entschuldigung.
Zu Frage 1 keine Zusatzfrage mehr? - Dann rufe ich die von dem Abgeordneten Ritzel gestellte Frage X/2 auf:
Wann wurde Interpol von der Flucht des Zech-Nenntwich benachrichtigt?
Nach Entdeckung der Flucht am Morgen des 22. April 1964 hat die Landeskriminalpolizeistelle Braunschweig durch ein um 7.30 Uhr abgegangenes SSD-Fernschreiben - also ein Fernschreiben besonderer Dringlichkeitsstufe - alle Kriminalpolizeidienststellen in Niedersachsen, alle Landeskriminalämter, das Bundeskriminalamt, die Grenzschutzdirektion Koblenz und das Zollkriminalinstitut Köln von der Flucht benachrichtigt. Anhaltspunkte für einen bestimmten Fluchtweg lagen der absendenden Stelle in diesem Zeitpunkt noch nicht vor.
Die Auslösung einzelner Fahndungsmaßnahmen obliegt den für die Ermittlung zuständigen und verantwortlichen örtlichen Stellen der Staatsanwaltschaft und der Kriminalpolizei.
Der. erste Hinweis der Kriminalpolizeistelle Braunschweig auf einen möglichen Fluchtweg in die Schweiz ging am 23. April 1964 um 23.51 Uhr beim Bundeskriminalamt ein. 39 Minuten später, am 24. April 1964, um 0.30 Uhr unterrichtete das Bundeskriminalamt die zuständige schweizerische Dienststelle über den Sachverhalt mit der Bitte, den Aufenthalt des Flüchtigen festzustellen.
Die Internationale Kriminalpolizeiliche Organisation - Interpol - in Paris wurde nicht benachrichtigt, weil ihr nach Art. 3 der Statuten jede Betätigung oder Mitwirkung in Fragen oder Angelegenheiten politischen, militärischen, religiösen oder rassischen Charakters strengstens untersagt ist. Nach ständiger Praxis behandelt Interpol die nationalsozialistischen Verbrechen als Angelegenheiten politischen Charakters.
Zu einer Zusatzfrage Abgeordneter Ritzel.
Herr Staatssekretär, war dem Herrn niedersächsischen Justizminister nicht auch bekannt, daß mindestens zur damaligen Zeit Herr ZechNenntwich auch ganz unpolitischer niederträchtiger, gemeiner krimineller Verbrechen schuldig war, und hätte nicht die Möglichkeit bestanden, aus diesem Anlaß die Interpol 'in Anspruch zu nehmen?
Auf diese Frage kann ich eine Antwort nicht erteilen, Herr Abgeordneter, da sich in dieser Beziehung der Herr Justizminister nicht geäußert hat. Wohl wird jetzt ,die Auslieferung aus Ägypten auf dieser anderen Basis vorbereitet.
Eine weitere Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, da, soviel ich weiß, zwischen Ägypten und der Bundesrepublik kein Albkommen über die Auslieferung von Verbrechern besteht, frage ich: Werden Sie wenigstens an das sicherlich vorhandene Anstandsgefühl der ägyptischen Regierung appellieren, damit sie einen derartigen Schwerverbrecher der deutschen Justiz zurückgibt?
Herr Abgeordneter, wir haben alles vorbereitet. In eigener Zuständigkeit können wir es vielleicht schneller tun, als wenn wir auf Informationen angewiesen sind. Es 'liegt bereits ein Auslieferungsantrag vor. Wir werden ihn nicht stützen auf einen Vorgang, der vielleicht von den Ägyptern wieder unter politischen Aspekten gesehen werden könnte, sondern, wie Sie meinen - das ist durchaus richtig -, auf allgemeine Verbrechensgesichtspunkte.
Herr Abgeordneter Dr. Stecker, bitte.
Herr Staatssekretär, darf ich, damit der zeitliche Zusammenhang richtig zu erkennen ist, fragen, wann denn eigentlich die Gefängnisverwaltung von der Flucht erfahren hat, die ja wohl schon am Abend vorher erfolgt ist, während erst morgens um 7.30 Uhr - ich glaube, diesen Zeitpunkt nannten Sie - das Bundeskriminalamt erstmalig verständigt wurde? Und wollen Sie mir einmal sagen, ob es den üblichen Sicherheitsvorkehrungen entspricht, daß ein einziger Gefängniswärter sämtliche Schlüssel des Gefängnisses in der 'Hand hat?
Das wird kaum den Gepflogenheiten entsprechen, und ich glaube, die Justizverwaltung Niedersachsens hat Vorkehrungen getroffen, daß ein solcher Fall sich keinesfalls wiederholt.
({0})
Meine Damen und Herren, ich darf betonen: diese Vorfälle haben sich abgespielt im Bereich der Landesjustizverwaltung Niedersachsen. Ich kann nicht über alle Einzelheiten wie z. B. die Schlüsselübergabe unterrichtet sein. Die Flucht ist sehr spät, nämlich erst am Morgen, entdeckt worden. Das hat der Justizminister von Nottbeck in einer Presseerklärung ebenfalls schon bedauert. Daraus erklärt sich, daß Zech-Nenntwich beim .Entweichen einen ganz erheblichen Vorsprung hatte.
Weitere Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, sind wir uns einig darin, daß es nicht sehr glücklich ist, wenn Sie hier im Hause Ihre Wissenschaft nur aus Presseerklärungen des niedersächsischen Justizministers zum besten geben, statt ihn um eine unmittelbare und detaillierte Berichterstattung zu ersuchen?
Den ersten Bericht habe ich bei unseren Akten. Wir werden uns auch weiter bemühen, den Sachverhalt in jeder Beziehung zu klären.
Weitere Zusatzfrage? - Bitte.
Herr Staatssekretär, kann auf Grund dieses bedauerlichen Vorfalls für die Zukunft angenommen werden - weil man von einer ausgesprochenen Frühzündung des Bundesjustizministeriums jetzt nicht reden kann -, daß diese Fälle ernsthafter und schneller geprüft werden, damit der zuständige Staatssekretär nicht in die peinliche Lage versetzt wird, zu dem einen oder anderen wichtigen Punkt die Auskunft erteilen zu müssen: Da bin ich überfragt; dazu kann ich eine Antwort noch nicht geben?
Wenn ich gewußt hätte, daß Sie diese Fragen so detailliert stellen, dann wäre ich höchstwahrscheinlich selbst nach Niedersachsen gefahren.
({0})
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist der Fall nicht ernst genug, daß man sich in der Vorbereitung auch auf detaillierte Fragen hätte einstellen müssen?
Das habe ich, soweit wir es konnten, auch getan. Sie sehen vor mir ein großes Paket von Akten.
({0})
Wir können wirklich sagen, wir haben uns Mühe gegeben, die Fragen zu klären.
Keine Zusatzfrage mehr? - Dann rufe ich die Frage X/3 - des Abgeordneten Ritzel - auf:
Wie war es möglich, daß der nach längerer Untersuchungshaft zu vier Jahren Zuchthaus verurteilte Verbrecher Hans-Walter Zech-Nenntwich im Besitz eines Passes oder einer Kennkarte blieb, mit deren Hilfe er seine Flucht ins Ausland durchführen konnte?
Zech-Nenntwich ist am 20. April 1964 zu vier Jahren Zuchthaus verurteilt worden, und zwar wegen Beihilfe zum Mord in zwei Fällen. Er hat gegen das Urteil Revision eingelegt. Er befand sich zur Zeit der Flucht noch in Untersuchungshaft; das Urteil war noch nicht rechtskräftig. Als er in Haft genommen wurde, hatte er nur seinen Bundespersonalausweis, aber keinen Reisepaß bei sich. Der Bundespersonalausweis ist ihm bei der Einlieferung abgenommen worden, er befindet sich noch in der Haftanstalt.
({0})
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß die Helfershelfer des Herrn Zech-Nenntwich zur Ermöglichung seiner Flucht im Besitz der Hausschlüssel und so in der Lage waren, in die Wohnung des Herrn Zech-Nenntwich zu gehen und den dort ordnungsgemäß und von der Regierungsvertretung hier in Bonn avisierten Paß abzuholen und Herrn Zech-Nenntwich zur Verfügung zu stellen? Wäre es nach Ihrer Auffassung nicht richtig gewesen, dem Herrn Zech-Nenntwich nicht nur die relativ harmlose Kennkarte, sondern auch den gültigen Paß abzunehmen, um die Flucht des damaligen Untersuchungsgefangenen Zech-Nenntwich zu verhindern?
Nachträglich gesehen ist es sicher richtig.
({0})
Aber ich weiß nicht, wo die Beamten Zech-Nenntwich verhaftet haben, ob sie ihn ,in der Wohnung verhaftet haben oder unterwegs. Ich glaube, die Beamten rechneten damals nicht damit, daß ZechNenntwich auf diese Weise entweichen würde.
({1})
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, Sie bezogen sich vorhin auf Presseerklärungen des Herrn Landesjustizministers von Niedersachsen. Darf ich zu diesen Presseerklärungen fragen, ob Ihnen bekannt ist, daß die Meldung in der Welt vom 8. Mai 1964 über Äußerungen des Herrn Landesjustizministers von Nottbeck ebenso wie eine gleichlautende Meldung der Frankfurter Allgemeinen von ihm als falsch bezeichnet wurden, obwohl beide seriöse Zeitungen ihre Information aufrechterhalten, und wie glauben Sie, Herr Staatssekretär, daß die Bundesjustiz hier für die nötige Ordnung und Aufklärung in dem anscheinend in Justizfragen etwas hilfsbedürftigen Land
({0})
zu sorgen vermag?
Darüber, Herr Abgeordneter, Abgeordneter, bin ich nicht unterrichtet und kann ich in diesem Augenblick auch kaum unterrichtet sein. Ich glaube, das ist vor allein Sache des niedersächsischen Landtags, in dem der Justizminister von Nottbeck Rede und Antwort stehen wird. Ich seber kann dazu im Augenblick nichts erklären.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Börner.
Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung auf Grund der besonderen Umstände dieser Paßangelegenheit in der Lage, zu dementieren, daß Herr Zech-Nenntwich, dessen Geheimdienstvergangenheit ja bekannt ist, Hilfe ehemaliger Mitarbeiter gehabt hat?
Die Frage habe ich bereits berührt, Herr Abgeordneter. Herr Justizminister von Nottbeck hat erklärt, daß keine Spur einer Mithilfe von bestimmten Kreisen, die sich gebildet haben, oder von bestimmten ehemaligen Kreisen zu finden sei. Das war der Stand der Ermittlungen vor zwei Tagen.
Eine weitere Zusatzfrage.
Sind Sie in der Lage, zu dementieren, daß Herr Zech-Nenntwich mit Nachrichtendiensten der Bundesrepublik Deutschland 'zu irgendeiner Zeit zusammengearbeitet hat?
Dazu kann ich eine Erklärung nicht abgeben.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Berkhan.
Herr Staatssekretär, kann es sein, daß die Auskünfte, die Sie hier in bezug auf eine eventuell vorhandene Organisation gegeben haben, darum so mangelhaft sind, weil diese Organisation bereits in den Behördenapparat hineinragt?
Dazu kann ich keine Erklärung abgeben.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Stecker.
Herr Staatssekretär, halten Sie es nach dem Ablauf dieser Fragestunde nicht für notwendig, mit dem Justizminister und dem Innenminister von Niedersachsen, der ja für die Paßfrage zuständig ist, einmal zu besprechen, wie in Zukunft die Sicherheit in solchen Fällen gewährleistet wird und wie auch das einmal aufgeklärt werden kann, was z. B. von Herrn Berkhan erwähnt worden ist: die Zusammenarbeit mit irgendwelchen Geheimdiensten, sei es aus unserem Lande, sei es aus anderen Ländern?
Herr Abgeordneter, ich glaube, dieser Fall mit Auswirkungen, Vorgeschichte und Verlauf wird die Ministerkonferenz - wir haben ja eine Ständige Konferenz der Justizminister, und sie tritt demnächst wieder zusammen - in allen Einzelheiten beschäftigen. Wir haben in dem Fall in einem Zeitpunkt ermittelt, wo die Ermittlungen weiterlaufen und dieselben Aussprachen im Landtag Niedersachsen stattfinden und wo der Justizminister des Landes Niedersachsen alle Hände voll zu tun hat, den. Fall aufzuklären. Also, wir sind bereit. Der Bundesjustizminister wird zusammen mit seinen Kollegen aus den Ländern diesen Fall generell erörtern.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Müller-Hermann.
Herr Staatssekretär, können Sie eine Zusage geben, daß die soeben von Ihnen nicht beantwortete Frage des Herrn Berkhan in kürzester Zeit geklärt wird?
Wir werden versuchen, das zu klären. Ich kann Ihnen aber keinen Termin nennen, bis zu dem dies geschehen kann. Wie lange das dauert, hängt nicht allein vom Bundesjustizministerium, sondern auch noch von anderen Ministerien ab. Ich gebe mir Mühe und werde diese Anregung aus dem Hause mitnehmen,
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Neumann.
Herr Staatssekretär, wären Sie bereit, das Haus von dem Ergebnis dieser Untersuchung zu unterrichten?
Das kann ich versprechen, wenn ein geräumigerer Termin gelassen wird, damit die Frage in aller Gründlichkeit erörtert und geprüft werden kann.
Keine Zusatzfragen mehr. Die Fragen sind beantwortet.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen. Frage XI/ 1 - des Herrn Abgeordneten Reichmann -:
Hält es die Bundesregierung für gerechtfertigt, daß der Stadt Donaueschingen eine Entschädigung von nur 40 Pf/ qm für Bauerwartungsgelände bezahlt werden sollte, welches für militärische Zwecke benötigt wurde?
Herr Präsident, darf ich die Frage 1 bis 3 gemeinsam beantworten?
Herr Reichmann, sind Sie einverstanden?
({0})
Dann rufe ich die Fragen XI/ 2 und XI/ 3 - des Herrn Abgeordneten Reichmann - ebenfalls auf:
Hält es die Bundesregierung für gerechtfertigt, daß die beauftragte OFD Freiburg ein Enteignungsverfahren einleitete, weil auf Grund des in Frage XI/1 genannten Unterangebots eine angemessene Preisvereinbarung nicht zustande kam?
Hält es die Bundesregierung für gerechtertigt, daß die OFD Freiburg nach dem in Frage XI/2 geschilderten Vorgehen einen Prozeß einleitet, weil die Enteignungsbehörde eine Entschädigung von 4,80 DM/qm festsetzte?
Zu Frage 1: Das von der Stadt Donaueschingen zu beschaffende Grundstück liegt im nordwestlichen Außengebiet der Stadt. Es ist im Jahre 1954 von der ehemaligen französischen Besatzungsmacht auf Grund des Besatzungsrechts ordnungsgemäß requiriert worden und wird weiterhin für militärische Zwecke der Stationierungsstreitkräfte benötigt.
Der Bund ist somit nach ,den Internationalen Vereinbarungen verpflichtet, den Bedarf der Streitkräfte an dem Gelände sicherzustellen. 'Grundlage hierfür ist das Landbeschaffungsgesetz aus dem Jahre 1957. Nach § 64 Abs. 4 dieses Gesetzes ist für die Bemessung der Enteignungsentschädigung oder des Kaufpreises der Zustand des Grundstücks im Zeitpunkt der Inanspruchnahme - das ist hier das Jahr 1954 - maßgebend.
Zu diesem Zeitpunkt war das Grundstück Bestandteil des zwischen den militärischen Anlagen und dem eigentlichen Stadtrand liegenden zirka 1 km breiten Waldstreifens. Der Verkehrswert des Grundstücks bestimmt sich somit allein nach ,den ortsüblichen Verkehrswerten für vergleichbares Forstgelände.
Auf Grund von Vergleichspreisen hat der forstwirtschaftliche Sachverständige hierfür einen Quadratmeterpreis von 0,40 DM ermittelt, der der Stadt Donaueschingen auch angeboten worden ist.
Für eine Einstufung des Grundstücks im maßgebenden Jahr 1954 als Bauerwartungsland oder Bauland haben sich auf Grund umfangreicher örtlicher Ermittlungen der Oberfinanzdirektion Freiburg keine Anhaltspunkte ergeben. Die tatsächliche Entwicklung hat gezeigt, daß das natürliche Ausdehnungsgebiet der Stadt Donaueschingen von Anfang an nicht im Norden, sondern südlich und westlich des alten Stadtkerns lag; denn im Norden hat - abgesehen von Baumaßnahmen der früheren Deutschen Wehrmacht und der ausländischen Streitkräfte - in den letzten Jahrzehnten keine bemerkenswerte private Bautätigkeit stattgefunden. Selbst heute ist nicht einmal das zwischen dem Nordrand des bebauten Stadtgebiets und dem hier in Frage stehenden Grundstück gelegene umfangreiche Waldgebiet von ,der Bauleitplanung der Stadt erfaßt worden. Es sind in diesem Gebiet auch heute keine Grundstückskäufe ermittelt worden, aus denen geschlossen werden könnte, daß dem Gelände im gewöhnlichen Grundstücksverkehr eine Bedeutung als künftiges Bauland beigemessen wird.
Zu Frage 2: Wie aus der Beantwortung der ersten Frage hervorgeht, stellt das Kaufpreisangebot des Bundes kein „Unterangebot" dar. Die Bundesrepublik Deutschland ist aber, wie bereits erwähnt, nach den bestehenden internationalen Verträgen verpflichtet, den Liegenschaftsbedarf der Stationierungsstreitkräfte sicherzustellen. Hierbei werden vom Bund grundsätzlich alle Möglichkeiten ausgeschöpft, um mit den jeweiligen Grundstückseigentümern auf freiwilliger Basis zu einer vertraglichen Einigung zu gelangen.
Im vorliegenden Fall war jedoch aus den dargelegten Gründen eine gütliche Bereinigung leider nicht zu erzielen. Eine Erhöhung des - angemessenen - Kaufpreisangebots des Bundes war auf Grund der eindeutigen Bestimmungen des Landbeschaffungsgesetzes und der geltenden haushaltsrechtlichen Vorschriften nicht möglich; andererseits hielt die Stadt Donaueschingen ihre Kaufpreisforderung aufrecht. Es war somit erforderlich, das Enteignungsverfahren durchzuführen.
Zur Frage 3: Der Enteignungsbeschluß - Teil B - des Landratsamts Donaueschingen vom Oktober 1963 stützte sich im wesentlichen auf ein Gutachten des Gutachterausschusses bei der Stadt Donaueschingen, der das Grundstück unrichtigerweise als erschlossenes Bauland bewertete. Der Beschluß ist fehlerhaft und muß innerhalb der dafür gesetzlich vorgesehenen Frist durch Klage beim Landgericht in Konstanz angefochten werden.
Eine Zusatzfrage?
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß das Deutsche Reich 1940 in demselben Gelände 65 Pfennig für den Quadratmeter bezahlt hat?
Ich selbst höre es jetzt zum erstenmal; aber nach dem, was ich aus eben erhaltener Information weiß, handelte es sich damals um reines Ackerland.
Eine weitere Zusatzfrage!
Ich kenne die dortigen Verhältnisse genau. Es handelt sich um dasselbe Gelände. Es ist also kein Ackerland, sondern dasselbe Gelände mit genau derselben Struktur und denselben Verhältnissen.
Ich werde das gern überprüfen.
Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, glauben Sie nicht, daß die Enteignungsbehörde bei der Festsetzung des Preises nicht alle Verhältnisse berücksichtigt hat? Sie kam auf den zwölffachen Betrag dessen, was die OFD Freiburg als Höchstangebot im Vermittlungsvorschlag unterbreitete.
Herr Abgeordneter, es geht um die Grundsatzfrage, die ich Mich vorhin bemüht habe darzulegen, nämlich um die Frage, ob es wirklich nur reines Forstgelände ist oder schon Bauerwartungsland oder gar Bauland. Ich habe die Karte hier vor mir liegen. Allein schon aus der räumlichen Entfernung vom äußeren Stadtrand bis zum Gelände, um das es sich handelt, ergibt sich für den objektiven Beschauer - der das Gelände nicht unmittelbar kennt -, daß das Gebiet auch heute noch nicht Bauerwartungsland oder gar Bauland ist, zumal es ja auch von der Stadt selbst noch nicht einmal in die Bauleitplanung einbezogen worden ist.
Im übrigen habe ich ausgeführt, daß nicht die heutigen Verhältnisse maßgebend sind, sondern nach dem Landbeschaffungsgesetz die Verhältnisse aus dem Jahre 1954, und damals war die Sachlage ganz eindeutig.
Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, halten Sie es nicht für gerechtfertigt, daß bei einer Enteignung oder bei einem Erwerb von Gelände durch den Bund die heutigen Verhältnisse berücksichtigt werden?
Herr Abgeordneter, das Gesetz schreibt mir zwingend vor, daß nicht die heutigen Verhältnisse, sondern die Verhältnisse des Jahres maßgebend sind, in dem das Grundstück von den Streitkräften in Anspruch genommen worden ist. Ich bin an diesen Gesetzesbefehl gebunden.
Ich rufe auf Frage XI/4 - des Herrn Abgeordneten Jacobi ({0}) -:
Entspricht es den Tatsachen, daß sich der Herr Bundesfinanzminister in einem Schreiben an den Bundeswohnungsbauminister vom 28. April 1964 der Aufnahme eines Finanzierungsteiles in das Städtebauförderungsgesetz widersetzt hat?
Es ist richtig, daß der Bundesminister der Finanzen in dem genannten Schreiben ausgeführt hat, er könne aus den darin dargelegten finanzpolitischen Gründen der Aufnahme eines Finanzierungsteiles in den Entwurf eines Städtebauförderungsgesetzes nicht zustimmen.
Dieser Satz kann jedoch nicht für sich allein und schon gar nicht etwa als endgültige Stellungnahme des Bundesministers der Finanzen verstanden werden; er ist vielmehr im Zusammenhang mit den weiteren Ausführungen in dem genannten Schreiben zu sehen. So hat der Bundesminister der Finanzen bereits eingangs dieses Schreibens darauf hingewiesen, daß die Frage der Aufnahme eines Finanzierungsteils in das Städtebauförderungsgesetz zunächst der Prüfung unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten durch das Bundesinnenministerium und das Bundesjustizministerium bedürfe, die eine baldige Stellungnahme zugesagt hätten. Die Stellungnahme dieser beiden Ressorts sollte zunächst abgewartet werden, bevor der Bundesfinanzminister seine endgültige Stellungnahme abgeben wollte. Darüber hinaus hat sich der Bundesminister der Finanzen, gleichsam um die Vorläufigkeit seiner Stellungnahme noch zu unterstreichen, am Schluß des genannten Schreibens ausdrücklich zu weiteren Gesprächen bereit erklärt.
Solche Gespräche haben inzwischen stattgefunden, und zwar auf Ministerebene. Das Ergebnis ist in der bekannten gemeinsamen Presseerklärung enthalten, die im amtlichen Bulletin vom 14. Mai 1964 abgedruckt ist. Danach betrachten die Herren Bundesfinanzminister Dr. Dahlgrün und Bundeswohnungsbauminister Lücke die Erneuerung der Städte und Dörfer als eine- Gemeinschaftsaufgabe von Bund, Ländern und Gemeinden. Der Bund wird sich an diesen Zukunftsaufgaben finanziell im Rahmen seiner verfassungsmäßigen Zuständigkeiten und Möglichkeiten beteiligen. Diese verfassungsmäßigen Zuständigkeiten werden zur Zeit mit den für Verfassungsfragen zuständigen Bundesministern des Innern und der Justiz noch geprüft.
Eine Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, sind in dem erwähnten Schreiben vom 28. April neben gewissen Bedenken hinsichtlich der verfassungsmäßigen Problematik, die schon im September des vergangenen Jahres aus Ihrem Hause verlautbart worden sind, nicht auch Bedenken geäußert worden, die einen Erfolg der Bemühungen des Bundeswohnungsbauministers als sehr fraglich erscheinen lassen? Ist in dem Schreiben nicht z. B. von einem gesetzlichen Druck auf die Gemeinden die Rede gewesen, städtebauliche Maßnahmen in einem Umfang zu planen, der die hierfür verfügbaren Mittel weit
Jacobi ({0})
übersteigt, und davon, daß man befürchten müsse, die Gemeinden könnten sich auf den Standpunkt stellen, sie könnten direkt oder indirekt finanzielle Ansprüche gegen den Bund geltend machen?
Herr Abgeordneter, es ist richtig, daß auch solche Passagen In dem Schreiben enthalten sind. Es ist unter den Ziffern 2 und 3 der Besorgnis Ausdruck gegeben worden, daß auf Grund des zu prüfenden Paragraphen, der den Finanzierungsteil enthält, ein gewisser tatsächlicher Druck seitens 'der Gemeinden auf die Länder und von den Ländern auf den Bund ausgeübt werden könnte, der bei uns in haushaltsmäßiger Hinsicht Schwierigkeiten hervorrufen könnte. Das Volumen, das hinter dem Städtebauförderungsgesetz steht, wird von Fachleuten auf 50 Milliarden DM geschätzt. .Sie werden mir zugeben, daß diese Schätzung eher zu niedrig als zu hoch gegriffen ist, zumal sie auf den heutigen Preisen beruht. Ich glaube, es ist ein legitimes Anliegen des Bundesfinanzministers, bei einer auf ihn zukommenden so bedeutenden ,Aufgabe sehr sorgfältig und gewissenhaft zu prüfen, welche Probleme in haushaltsmäßiger Hinsicht entstehen könnten, zumal in verfassungsrechtlicher Hinsicht noch abgeklärt werden muß, wie weit seine Zuständigkeit und seine Aufgaben reichen.
Eine weitere Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, wenn Sie vermutlich auch nicht zuständig sind, die Frage zu beantworten, wieso der Bundeswohnungsbauminister trotz der Bemerkungen, Bedenken und Hinweise aus seinem Hause dazu kommt, sich in der Offentlichkeit optimistisch zu äußern, das Städtebauförderungsgesetz werde noch in dieser Legislaturperiode nicht nur vorgelegt, sondern auch verabschiedet, können Sie vielleicht doch die Frage beantworten, wie Sie die Aussichten eines solchen Gesetzentwurfs mit Rücksicht auf die Bedenken ihres Hauses beurteilen.
Herr Abgeordneter, dazu möchte ich von meinem Haus keine Erklärung abgeben.
Ich rufe auf die Fragen XI/ 5, XI/ 6 und XI/ 7 - ,des Herrn Abgeordneten Geiger -:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes die in der sozialen Krankenversicherung ehrenamtlich tätigen Vorsitzenden der Vorstände der gesetzlichen Krankenkassen und ihrer Verbände mit den gesetzlichen Vertretern von Erwerbsgesellschaften verglichen und daher die an sie gezahlten Entschädigungen zur Lohnsteuer herangezogen werden?
Ist die Bundesregireung bereit, die Entschädigungen an die Vorsitzenden der Vorstände der gesetzlichen Krankenkassen und ihrer Verbände sowie an die Stellvertreter dieser Vorsitzenden, die erheblich unter den steuerfrei belassenen Entschädigungen für ehrenamtliche Gemeindevertreter liegen, durch eine gesetzliche Regelung steuerfrei zu stellen?
Ist die Bundesregierung bereit, auch die Entschädigungen an die Vorsitzenden der Vertreterversammlungen der gesetzlichen Krankenkassen und ihrer Verbände und an die Stellvertreter dieser Vorsitzenden sowie die Sitzungsgelder für die anderen Mitglieder beider Organe ({0}) steuerfrei zu stellen?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort liegt noch nicht vor. Sie wird nach Eingang im Sitzungsbericht abgedruckt.
Frage XI/ 8 - des Herrn Abgeordneten Dr. Gleissner -:
Wie ist in der Bundesrepublik das Verhältnis zwischen den von den Kraftfahrzeugbenutzern aufgebrachten spezifischen Steuern ({1}) einerseits und den Gesamtausgaben der öffentlichen Hand ({2}) für die von dem Kraftfahrzeugverkehr verursachten Kosten andererseits?
Ich darf vielleicht diese und die nächste Frage wieder zusammen beantworten, Herr Präsident.
Sind Sie einverstanden, Herr Dr. Gleissner, daß beide Fragen zusammen beantwortet werden? - Dann rufe ich weiter auf die Frage XI9 - des Herrn Abgeordneten Dr. Gleissner -:
Sind in den anderen westeuropäischen Ländern die Aufwendungen der öffentlichen Hand für das Straßenwesen, soweit diese auf einen vergleichbaren Nenner gebracht werden können, höher oder niedriger als in der Bundesrepublik?
Von der Mineralölsteuer sind nach Maßgabe des Gesetzes über ;die Umstellung der Abgaben auf Mineralöl vom 20. Dezember 1963 nur bestimmte Anteile des Aufkommens .an Mineralölsteuer für Zwecke des Straßenwesens zu verwenden, und zwar 46 v. H. im Jahre 1964, 48 v. H. im Jahre 1965 und 50 v. H. für die Jahre ab 1966. Der restliche Teil des Aufkommens an Mineralölsteuer gehört also zu den allgemeinen Deckungsmitteln. Dasselbe gilt von den gesamten Einnahmen aus der Kraftfahrzeugsteuer. Da die öffentliche Hand ihr Steuersystem u. a. nach der Ertragskraft 'der Steuerquellen und die Ausgaben nach der Dringlichkeit des jeweiligen Bedarfs zu gestalten hat, ist die Frage nach der Verwendung bestimmter allgemeiner Deckungsmittel für bestimmte Verwendungszwecke ohnehin schon recht problematisch.
Wenn man aber trotz dieses Vorbehalts die den Kraftverkehr treffende Mineralöl- und Kraftfahrzeugsteuer den Ausgaben für das Straßenwesen gegenüberstellt, so ergibt sich für die Jahre 1961 bis 1964 eine interessante Entwicklung. Ich muß Sie leider jetzt mit einigen Zahlen behelligen, weil nur daraus das Verhältnis richtig ersehen werden kann.
Im Jahre 1961 haben die Einnahmen aus der Mineralölsteuer und der Kraftfahrzeugsteuer 4474 Millionen DM betragen, die Ausgaben dagegen 6490 Millionen DM; das Mehr an Ausgaben belief sich also auf 2016 Millionen DM = 45 v. H.
Im Jahre 1962 lagen die Zahlen etwas höher: Einnahmen 5005 Millionen DM, Ausgaben 7672 Millionen DM; Mehr an Ausgaben 2667 Millionen DM = 53,3 v. H.
1963 betrugen die Einnahmen aus der Mineralöl- und Kraftfahrzeugsteuer 5567 Millionen DM, die Ausgaben 8750 Millionen DM, das Mehr an Ausgaben 3183 Millionen DM = 57,2 v. H.
Im Jahre 1964 - jetzt nach den Sollzahlen gerechnet -: Einnahmen 7260 Millionen DM, geschätzte Ausgaben 9540 Millionen DM, Mehr an Ausgaben 2280 Millionen DM = 31,4 v. H.
Danach zeigt sich, daß Bund, Länder und Gemeinden in Anbetracht der großen auf dem Gebiet des Straßenwesens noch zu leistenden Aufgaben in diesen Jahren erheblich mehr Mittel für das Straßenwesen bereitgestellt haben, als es den Einnahmen aus der Kraftfahrzeugsteuer und der Mineralölsteuer, soweit sie dem Kraftverkehr zuzurechnen sind, entspricht. Mit einem Aufwand von insgesamt 9,5 Milliarden DM im Jahre 1964 beträgt der Anteil der Ausgaben für das Straßenwesen an den Gesamtausgaben der öffentlichen Hand rund 7,5 v. H. Damit nimmt dieser Posten in der Rangfolge des öffentlichen Bedarfs nächst den Ausgaben für die Verteidigung, für die soziale Sicherheit und für das gesamte Schul- und Bildungswesen die vierthöchste Stelle ein.
Eine Zusatzfrage? - Bitte.
Herr Staatssekretär, wollten Sie mit den Vorbemerkungen die Angaben, die Sie nachher machten, erheblich einschränken oder abwerten? Sie machten eine Vorbemerkung, nach der es mir schien, daß die nachfolgenden Angaben doch sehr problematisch wären. Das wollten Sie doch wohl nicht?
Nein; ich habe nur- ganz allgemein gesagt, daß es problematisch wäre, bestimmte Ausgaben in eine feste Beziehung zu Steuern zu setzen. Normalerweise sind die Steuern nicht zweckgebunden. Das entspricht dem Abgabenbegriff. Da außerdem bei der Mineralölsteuer nur ein Teil zweckgebunden ist, der andere nicht, da ferner ein Mineralölverbrauch auf Gebieten vorliegt, z. B. bei stationierten Motoren, die nicht Straßen sind, mußte auch dieser Teil erst ausgesondert werden. Das habe ich als Problematik bezeichnet.
Jetzt bitte zur zweiten Frage!
Bei einem internationalen Vergleich der Ausgaben für das Straßenwesen wird man zunächst beachten müsen, daß die Höhe dieser Ausgaben entscheidend durch die geographischen, wirtschaftlichen und verkehrsmäßigen Gegebenheiten einerseits sowie durch den Ausbauzustand der Straßen andererseits beeinflußt wird. Dieser wiederum hängt von der Entwicklung der Straßenverkehrsdichte ab. Nach einer Veröffentlichung der Wirtschaftskommission der UNO für Europa ({0}) in Genf haben die Gesamtausgaben der öffentlichen
Hand für das Straßenwesen in Dollar je Einwohner betragen: in Dänemark im Rechnungsjahr 1961/62 20,4 Dollar je Kopf der Bevölkerung in Frankreich im Jahre 1960 14,9 Dollar je Kopf der Bevölkerung, in Großbritannien im Rechnungsjahr 1961/62 12,1 Dollar je Kopf der Bevölkerung, in Schweden im Jahre 1961 35,7 Dollar je Kopf der Bevölkerung, in der Schweiz im Jahre 1961 27,6 Dollar je Kopf der Bevölkerung und im Vergleich dazu in der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1961 30,1 Dollar je Kopf der Bevölkerung.
Es gibt ferner eine Zusammenstellung, die die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft für das Jahr 1959 veröffentlicht hat. Eine neuere zusammenfassende Darstellung liegt leider nicht vor oder war jedenfalls in der kurzen Zeit von uns nicht zu ermitteln. Aus dieser Zusammenstellung läßt sich erkennen, daß die Ausgaben des Staates und der Unterverbände für das Straßenwesen im Vomhundertsatz der Gesamtausgaben der öffentlichen Hand sich wie folgt stellten: in Frankreich 2,4 v. H., in den Niederlanden 3,0 v. H., in Belgien 3,7 v. H., in Italien 3,3 v. H. und im Vergleich dazu in der Bundesrepublik Deutschland 4,7 v. H.
Aus diesen beiden Quellen - letztere ist allerdings etwas veraltet, das muß ich zugeben -- ergibt sich, daß die Bundesrepublik Deutschland bezüglich ihrer Ausgaben für das Straßenwesen an der Spitze liegt. Infolge der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit war es mir, wie ich schon sagte, leider nicht möglich, umfassendere und zeitnähere Untersuchungen anzustellen.
Eine Zusazfrage.
Herr Staatssekretär, darf ich fragen, warum diese ganz klaren Ergebnisse, die Sie hier vorgetragen haben, der Öffentlichkeit nicht früher schon - und öfter von Ihrer Seite deutlicher, ich möchte sagen, werbewirksamer - bekanntgegeben wurden?
Herr Abgeordneter, ich glaube, daß von meinem Hause aus - außer bei den Haushaltsberatungen - keine Veranlassung bestand, diese Zahlen werbewirksam in der Offentlichkeit kundzutun. Das wäre wohl Sache eines anderen Ressorts.
Ich werde mich zu gegebener Zeit an das andere Haus wenden.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Wohnungswesen, Städteb au und Raumordnung, zunächst zu der Frage XIII/ 1 - des Abgeordneten Hammersen -:
Wann ist mit der Vorlage ,der vom Deutschen Bundestag in seiner 82. Sitzung am 27. Juni 1963 gewünschten Übersicht über die Maßnahmen der Länder und Kommunen zur Umschichtung der Mieter im sozialen Wohnungsbau zu rechnen?
Bitte, Herr Staatssekretär.
Um dem Deutschen Bundestag die gewünschte Übersicht geben zu können, mußten zunächst Unterlagen von den Landesregierungen und den kommunalen Spitzenverbänden erbeten werden. Die von den Landesregierungen erbetenen Berichte haben ergeben, daß besondere Umschichtungsmaßnahmen auf Landesebene nur in vier Ländern eingeleitet worden sind. Das waren Nordrhein-Westfalen, Hessen, Hamburg und Berlin. Über die Kommunalmaßnahmen enthalten die Länderberichte keine Angaben.
Eine erste Anfrage bei den kommunalen Spitzenverbänden hatte leider kein Ergebnis. Im Hinblick vor allem auf Großstädte, die auch selbst in großem Umfang Wohnungsbaumittel bereitstellen, hat das Wohnungsbauministerium daher nochmals den Deutschen Städtetag gebeten, eine Umfrage bei den Mitgliedstädten durchzuführen. Das ist inzwischen geschehen. Es liegt uns Material über etwa 30 Städte vor.
Die Bundesregierng wird den zu erstattenden Bericht in Kürze vorlegen.
Frage XIII/2 - der Abgeordneten Frau Herklotz -:
Hält es die Bundesregierung für gerechtferitgt, daß in einem Doppelhaus, das für Bundeswehrangehörige errichtet wurde, eine Hälfte des Hauses mit Ölheizung und die Wohnungen der anderen Hälfte des Hauses mit Ofenheizung ausgestattet wurden?
Die Wohnungen für Angehörige der Bundeswehr werden nach drei verschiedenen Grundausstattungen gebaut. Sie sind entsprechend ihrem Wohnwert auch in den Mieten abgestuft. Welche Grundausstattung eine Wohnung im Einzelfall erhält, richtet sich nach den Anforderungen der Bedarfsdienststellen, die dabei natürlich die durchschnittlichen Einkommensverhältnisse der künftigen Mieter berücksichtigen müssen. Da die Art der Beheizung nicht nur den Wohnwert der Wohnung und damit die Miethöhe beeinflußt, sondern auch in der Bewirtschaftung zu sehr unterschiedlichen Belastungen für den Mieter führt, kann auch in einem Doppelwohnhaus eine unterschiedliche Beheizung sehr wohl im Interesse der Mieter liegen und damit gerechtfertigt sein.
Eine Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, glauben Sie, daß es dem gesellschaftspolitischen Gegebenheiten in der heutigen Zeit noch entspricht, daß, wenn z. B., wie mir bekannt, in einem Hause in der ersten Etage ein Oberleutnant und in Parterre ein Hauptmann wohnen, die beiden Familien derartig unterschiedlich behandelt werden, was nicht gerade zur Zufriedenheit im Hause führt? Wäre es nach Ihrer Meinung nicht richtiger, hier Verordnungen zu erlassen, die diese starken Unterschiede in der Ausstattung der Wohnungen verhindern?
Frau Abgeordnete, es kommt nicht nur auf den Wohnwert an, sondern auch auf die laufende Belastung, die sich für den Mieter ergibt. Da die Einkommensverhältnisse verschieden sind, sind die Mieter im allgemeinen recht zufrieden, daß sich ihre Belastung ihren Einkommensverhältnissen angleicht und nicht umgekehrt. Aber ich darf bitten, wenn Sie spezielle Einzelfälle anführen, uns die Unterlagen darüber zu geben. Ich wäre dann gern bereit, das schriftlich zu beantworten.
Ich rufe auf die Frage XIII/ 3 - des Abgeordneten Büttner -:
Ist die Bundesregierung bereit, auf die Landesregierung Nordrhein-Westfalen Einfluß zu nehmen, um eine Änderung in der Zuweisung von Landesmitteln für den Wohnungsbau herbeizuführen?
Die Zuweisung von Landesmitteln für den Wohnungsbau ist Sache der Länder. Die bundesrechtlichen Vorschriften des Zweiten Wohnungsbaugesetzes geben nur einen allgemeinen Rahmen an. Die Zuweisungen der Mittel in Nordrhein-Westfalen halten sich in diesem Rahmen. Daher hat die Bundesregierung keinen Anlaß, auf die Landesregierung in dieser Hinsicht Einfluß zu nehmen.
Eine Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, darf ich unterstellen, daß Sie aus der Fragestellung entnommen haben, daß ich mir über die Kompetenz, also darüber im klaren bin, daß es Ländersache ist? Darf ich mir aber dazu die Frage erlauben: Haben Sie sich mit Herrn Landesminister Franken in Verbindung gesetzt, um einmal die Verhältnisse zu klären und in der Sache eine sinnvollere Regelung zu erzielen?
Herr Abgeordneter, wir haben selbstverständlich, als Ihre Anfrage vorlag, mit der Landesregierung und mit dem Ministerium in Düsseldorf gesprochen. Die Faktoren bei der schlüsselmäßigen Zuteilung der Landesmittel sind aber so, daß sie von der Bundesregierung aus in keiner Weise zu beanstanden sind.
Ich rufe auf die Frage XIII/ 4 - des Abgeordneten Büttner -:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß im Kreise Moers Bauwillige, die ein Baugrundstück zur Verfügung haben, Landesmittel nicht erhalten können, weil diese Mittel benachbarten Großstädten zugeteilt werden, obwohl diese keine Baugrundstücke haben?
Wie bereits in der Beantwortung der vorigen Frage erwähnt, fällt die Verteilung der Mittel in den Ver6164
antwortungsbereich der Länder. Einzelheiten über die Faktoren sind uns nicht bekannt. Ich gehe aber davon aus, daß auch Nordrhein-Westfalen sich bei der Zuteilung der Mittel primär von dem Bestreben leiten läßt, das Wohnungsdefizit in den sogenannten schwarzen Kreisen bis zu dem im Abbaugesetz, also einem Bundesgesetz, vorgesehenen Ende der Wohnungszwangswirtschaft abzubauen. Daraus wird es sich erklären, daß auch in dem von Ihnen angesprochenen Fall zunächst die benachbarten Großstädte in stärkerem Maße berücksichtigt worden sind.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jacobi.
Herr Staatssekretär, ist die soeben von Ihnen vertretene Meinung zu vereinbaren mit den bekannten aus dem Referentenentwurf Ihres Hauses hervorgehenden Absichten, in Zukunft Bewilligungsanträge ohne Rücksicht auf die Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarktes behandeln zu lassen, also unter Umständen auch Förderungen in weißen Kreisen zu Lasten von Förderungen in schwarzen Kreisen zu genehmigen?
Herr Abgeordneter Jacobi, eine solche Absicht hat im Bundesminsiterium für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung nie vorgelegen. Wir sind bei der Mittelzuteilung immer davon ausgegangen, daß beides miteinander zu verbinden ist, d. h. die Fortführung des Wohnungsbaus in den weißen Kreisen mit der Beseitigung des Wohnungsdefizits - natürlich bis zum Abbau der Wohnungszwangswirtschaft verstärkt - in den schwarzen Kreisen.
Eine weitere Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, wie ist diese Auskunft zu vereinbaren mit dem Wortlaut des Referentenentwurfs und der Begründung zu § 30 dieses Entwurfs, die ich mit Genehmigung des Herrn Präsidenten kurz verlesen darf? Es heißt in dieser Begründung:
Dabei muß die Verteilung mit den Zielen der Raumordnung und Landesplanung übereinstimmen und darf daher auch nicht durch Kreisoder Gemeindegrenzen beeinflußt werden. Um zu vermeiden, daß die öffentlichen Mittel im wesentlichen nur in die Gebiete mit hohem Wohnungsfehlbestand, insbesondere in Verdichtungsräume, geleitet werden, soll im Interesse einer weiteren Förderung der Eigentumsbildung bei der Verteilung auch den vorliegenden Förderungsanträgen für Eigentumsmaßnahmen Rechnung getragen werden, ohne dies von der örtlichen Wohnungsmarktsituation ... abhängig zu machen.
Und der letzte Satz:
Damit soll der Bau von Familienheimen und Eigentumswohnungen, namentlich auch in den weißen Kreisen, weiterhin gefördert werden, da insoweit auch dort, wie die Förderungsanträge erkennen lassen, ein Wohnungsbedarf besteht.
Herr Abgeordneter, bei der zukünftigen Wohnungsbaupolitik werden wir von der Erkenntnis ausgehen müssen, daß eine Wohnungsbauförderung, die sich primär auf die schwarzen Kreise bezieht, überhaupt nicht durchführbar ist. Wir werden den Wohnungsfehlbestand in den schwarzen Kreisen nur bewältigen, wenn wir eine vernünftige Raumordnung durchführen und dadurch den Bevölkerungsdruck in den schwarzen Kreisen vermindern.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Büttner.
Wenn ich auch der Überzeugung bin, daß Sie die Frage meines Vorredners nicht vollständig beantwortet haben, möchte ich eine andere Zusatzfrage stellen. Die Länder sind gehalten, die Bundesgesetze durchzuführen. Es liegt in ihrer Kompetenz, die Mittel zu verteilen. Sind Sie sich aber, Herr Staatssekretär, im klaren darüber, daß bei der heutigen Handhabung hinsichtlich schwarzer Kreise - z. B. des Kreises Moers - jahrelang für sozial Schwache, Kinderreiche und Schwerbeschädigte, obwohl Grundstücke vorhanden sind, nicht gebaut werden kann, weil eben Mittel nicht zur Verfügung stehen?
Herr Abgeordneter, ich sagte schon, daß die Landesregierungen (bei der Mittelverteilung diese beiden Faktoren - Fortführung des Wohnungsbaues in den weißen Kreisen und Abbau des Defizits in den schwarzen - berücksichtigen müssen. Daß die Landesregierungen zunächst einmal den Gemeinden mit einem hohen Wohnungsdefizit die Mittel mindestens anbieten und zur Verfügung stellen, scheint mir eine zwangsläufige Folge zu sein.
Eine weitere Zusatzfrage? - Abg. Czaja.
Glauben Sie nicht, Herr Staatssekretär, daß Ihre vorausgehende Antwort eigentlich ganz der Tendenz der Frage des Kollegen Büttner entspricht, der der Kollege Jacobi meinem Empfinden nach nicht Rechnung getragen hat?
Wir möchten auf die Dauer die 'Wohnungsbaufinanzierung eben gerade unter dem Gesichtspunkt der Raumordnung so leiten, daß die Kreise, in denen noch Bauland zur Verfügung steht und in denen
daher gebaut werden kann, zur Entlastung der schwarzen Kreise beitragen.
Frage XIII/ 5 - des Abgeordneten Büttner -:
Hält es die Bundesregierung für sinnvoll, daß mit einem sogenannten schwarzen Kreise wie Moers ({0}) so wie in Frage XIII/ 4 geschildert verfahren wird?
Ich glaube, die Frage ist mit meinen Antworten auf die Zusatzfragen schon beantwortet worden. Die Landesregierung in Düsseldorf hat sich im Rahmen der bundesrechtlichen Vorschriften gehalten. Daher liegt kein Anlaß vor, etwas zu beanstanden. Ich glaube sogar, Herr Abgeordneter Büttner, wir sind uns darin einig, daß gerade die Landesregierung in Düsseldorf besondere Anstrengungen unternommen hat und auch in diesem Jahre wieder unternimmt, um das Wohnungsdefizit abzubauen. Ich glaube, man sollte diese Bestrebungen anerkennen.
Eine Zusatzfrage? - Bitte.
Darf ich Ihre Antwort zusammenfassend so beurteilen, daß das Bundeswohnungsbauministerium nicht in der Lage ist, in diesem speziellen Fall beratend etwas zu tun ?
So lange nicht, als in diesem speziellen Fall nicht gegen bundesrechtliche Vorschriften verstoßen wird, und das geschieht nicht, weil im Zweiten Wohnungsbaugesetz festgelegt ist, wie die Landesmittel eingesetzt werden sollen.
Eine weitere Zusatzfrage.
Sie halten es also trotz der dargelegten Verhältnisse für sinnvoll, daß so verfahren wird ?
Ich halte es auf die Dauer nicht für sinnvoll. Nur müssen wir zunächst einmal eine Aktivierung der Raumordnung erreichen. Sonst ist alles, was wir in den schwarzen Kreisen tun, auf die Dauer sinnlos. Aber diese Voraussetzungen müssen erst erfüllt sein, Herr Abgeordneter.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jacobi.
Herr Staatssekretär, darf ich aus den Ausführungen, die Sie zu den gestellten Fragen gemacht haben, den Schluß ziehen, daß die Bundesregierung bereit ist zu überprüfen, ob und wieweit die zukünftige Wohnungsbaupolitik in erster Linie auf den Wohnungsbedarf und nicht nur auf ein statistisches Wohnungsdefizit abzustellen ist, d. h. daß die Bereitschaft besteht, unabhängig davon, ob Kreise als schwarz oder weiß bezeichnet werden, den Notwendigkeiten des Wohnungsbaus Rechnung zu tragen?
Herr Abgeordneter Jacobi, die Bundesregierung hat nie die Meinung vertreten, daß das Wohnungsdefizit allein maßgebend für die Zuteilung von Wohnungsbaumitteln sein soll. Sie werden sich entsinnen, daß insbesondere mein Minister wiederholt erklärt hat, daß auch in den weißen Kreisen weiter gebaut werden müsse. Das ist auch die Meinung aller Landesregierungen. Nur muß man natürlich, wie gesagt, auch etwas für den Abbau des Defizits in den schwarzen Kreisen tun. Ich bin aber mit dem Herrn Abgeordneten Büttner, der die Fragen stellte, völlig der Meinung, daß wir eine Aktivierung in der Raumordnung brauchen, wenn wir überhaupt in vernünftiger Weise weiterkommen wollen.
Die Fragestunde ist beendet.
Ich berufe die nächste Sitzung des Bundestages auf Donnerstag, den 4. Juni 1964, 10.30 Uhr ein.
Ich schließe die heutige Sitzung.