Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet.
Die folgenden amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 7. Februar 1964 den nachstehenden Gesetzen zugestimmt bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht gestellt:
Gesetz über den Übergang des zur Bundeswasserstraße Elbe gehörigen Nebenarms „Alte Süderelbe" auf die Freie und Hansestadt Hamburg
Gesetz über die Gewährung von Weihnachtszuwendungen
Gesetz zu dem Abkommen vom 4. August 1962 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Kolumbien über deutsche Vermögenswerte in Kolumbien
Gesetz zu dem Europäischen Übereinkommen vom 9. Dezember 1960 über die Zollbehandlung von Paletten, die im internationalen Verkehr verwendet werden
Gesetz zur Änderung des Offshore-Steuergesetzes
Gesetz zur Änderung des Rennwett- und Lotteriegesetzes Gesetz zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes
Erstes Gesetz zur Änderung des Beteiligungsverhältnisses an der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer
Zweites Gesetz zur Änderung des Gesetzes vom 22. Juni 1954 über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zum Abkommen über die Vorrechte und Befreiungen der Sonderorganisationen der Vereinten Nationen vom 21. November 1947 und über die Gewährung von Vorrechten und Befreiungen an andere zwischenstaatliche Organisationen
Zweites Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Kriegsopferrechts ({0}).
Zum Zweiten Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Kriegsopferrechts ({1}) hat der Bundesrat ferner eine Entschließung gefaßt, die als Anlage 2 diesem Protokoll beigefügt ist.
Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 7. Februar 1964 dem Gesetz über die Jugendzahnpflege nicht zugestimmt. Sein Schreiben ist als Drucksache IV/1916 verteilt.
Der Präsident des Bundesrates hat mit Schreiben vom 7. Februar 1964 mitgeteilt, daß der Bundesrat in seiner Sitzung am gleichen Tage beschlossen habe, gegen die
Vierunddreißigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1963 ({2})
Fünfunddreißigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1963 ({3})
keine Bedenken zu erheben. Seine Schreiben werden als Drucksachen IV/1917 und IV/1918 verteilt.
Der Ältestenrat hat in seiner Sitzung am 4. Februar 1964 den von den Abgeordneten Dr. Serres, van Delden, Unertl, Dr. Schmidt ({4}), Burckardt, Dr. Dörinkel und Genossen eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Zollgesetzes - Drucksache IV/1658 -, der in der 107. Sitzung des Bundestages dem Außenhandelsausschuß federführend und dem Finanzausschuß mitberatend zugewiesen wurde, nachträglich auch dem Wirtschaftsausschuß überwiesen.
Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 25. Juni 1959 die nachstehenden Vorlagen überwiesen:
Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnungen Nr. 19, 20, 21, 22 und 23 des Rates zur Einführung einer Bezugnahme auf die zu erreichenden Ziele - Drucksache IV/ 1904 an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - federführend - an den Wirtschaftsausschuß und an den Außenhandelsausschuß - mitberatend - mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 19. Februar 1964
Verordnung des Rates zur Festsetzung der Untergrenzen und Obergrenzen der Orientierungspreise für Rindfleisch für das am 1. April 1964 beginnende Wirtschaftsjahr - Drucksache IV/1913 an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - federführend - und an den Wirtschaftsausschuß - mitberatend - mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 19. Februar 1964.
Meine Damen und Herren, vor Eintritt in die Tagesordnung darf ich dem Abgeordneten Rauhaus zu seinem 60. Geburtstag gratulieren, den er am 8. Februar gefeiert hat.
({5})
Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf: Fragestunde ({6}).
Wir kommen zuerst zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern, den Fragen Ill und I/2 - des Abgeordneten Wienand -:
Ist die Bundesregierung bereit, die Kilometer-Entschädigung der Bundesbediensteten für privateigen anerkannte Kraftfahrzeuge - wie das Land Nordrhein-Westfalen - den mittlerweile erheblich angestiegenen Kosten anzupassen?
Ist die Bundesregierung ggf. auch bereit, die Kilometer-Entschädigung innerhalb der Sonderregelung F ({7}) des Reisekostengesetzes einer entsprechenden Prüfung zu unterziehen und sie anzuheben?
Herr Bundesminister, ich darf bitten!
Zunächst darf ich feststellen, daß das Land Nordrhein-Westfalen die Kilometerentschädigung bei dienstlicher Benutzung anerkannt privateigener Kraftfahrzeuge bisher nicht erhöht hat. Es wird Ihnen bekannt sein, daß in meinem Ministerium beschleunigt an der Fertigstellung des Entwurfs eines Bundesreisekostengesetzes gearbeitet wird. Bei der Neuordnung des Reisekostenrechts werden auch die jetzigen Sätze der Wegstreckenentschädigung auf ihre Angemessenheit überprüft werden.
Eine Sonderregelung F bei der Kilometerentschädigung 'gibt es weder in Nordrhein-Westfalen noch im Bundesdienst. Sollten Sie besondere Kilometersätze für bestimmte Fahrzeuge gemeint haben, so
gilt auch hierfür das, was ich zur allgemeinen Überprüfung der Sätze auf ihre Angemessenheit gesagt habe.
Ich rufe aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz die Frage V/6 - des Abgeordneten Strohmayr - auf, die der Herr Bundesminister des Innern beantworten wird:
Sind der Bundesregierung die Ursachen für die in jüngster Zeit zu beobachtende sprunghafte Zunahme der Rauschgiftdelikte, vor allem des Schmuggels und Handels von Opiaten, bekannt?
Die Hauptursache für die Zunahme der Rauschgiftdelikte ist nach den bisherigen Feststellungen des Bundes-. kriminalamtes die ständig steigende Zahl von Ausländern, die sich in der Bundesrepublik aufhalten. Die Heimatländer dieser Ausländer sind zum Teil Anbaugebiete von Suchtstoffen wie Cannabis, Opium usw. Der illegale Rauschgifthandel wird von allen zuständigen Stellen der Bundesrepublik mit besonderer Sorgfalt bekämpft. Zuständig für die Verfolgung der Einzeldelikte sind die Polizeien der Länder. Auf Bundesebene ist das Bundeskriminalamt „Zentralstelle für die Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels". Es arbeitet insbesondere mit der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation - Interpol - auf diesem Gebiet auf das engste zusammen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Strohmayr.
Herr Minister, trifft es zu, daß die Zunahme der Rauschgiftdelikte mit der steigenden Zahl der Gastarbeiter aus den Mittelmeerländern, vor allem aus der Türkei, in einem direkten Zusammenhang steht?
Herr Kollege, ich habe darauf hingewiesen, daß ein Zusammenhang zwischen der Anwesenheit von Ausländern und diesen Delikten besteht. Ich habe mich absichtlich - ich glaube, es liegt im gemeinsamen Interesse - nicht auf die Gastarbeiter bezogen.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Strohmayr.
Herr Minister, trifft es zu, daß die Rauschgiftdezernate der Polizei zur Zeit noch ungenügend besetzt sind, weil in der Vergangenheit Rauschgiftdelikte sehr selten waren?
Das kann ich mir vorstellen. Ich habe keine genauen Unterlagen 'darüber, weil die erste Zuständigkeit dafür bei den Ländern liegt. Aber auch das Bundeskriminalamt ist aus vielen Gründen unterbesetzt.
Wir kommen zu der Frage VI/3 - des Abgeordneten Wächter - aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, die der Herr Bundesminister des Innern beantwortet:
Ist es mit dem Gleichheitsgrundsatz zu vereinbaren, wenn in verschiedenen Städten der Bundesrepublik im öffentlichen Dienst Beschäftigte, die unter gleichen Voraussetzungen leben, nach unterschiedlichen Ortsklassen besoldet werden?
Ist der Abgeordnete Wächter im Saale? - Das ist nicht der Fall; dann wird die Frage schriftlich beantwortet werden.
Wir kommen zur Frage IV/7 - des Herrn Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen - aus dem Geschäftsbereich ides Auswärtigen Amts, die der Herr Bundesminister des Innern beantworten wird:
Ist bei den Verhandlungen über die Neugestaltung des vom Auswärtigen Amt im Jahre 1956 erlassenen Statuts für deutsche Ortskräfte bei den deutschen Auslandsvertretungen vorgesehen, die Gehälter der Ortskräfte zu erhöhen und sie in ein angemessenes festes Verhältnis zu den Bezügen der in das betreffende Land entsandten Bediensteten des Auswärtigen Amtes zu bringen?
Ich beantworte Ihre Frage, Herr Kollege, im Einvernehmen mit dem Herrn Bundesminister des Auswärtigen.
Wie ich bereits in der Fragestunde vom 7. Januar 1964 mitgeteilt habe, wird das Auswärtige Amt den Entwurf der Neufassung des Ortskräftestatuts im Laufe des Monats Februar fertigstellen. Die Neufassung soll neben den Verbesserungen der allgemeinen Arbeitsbedingungen der Ortskräfte auch Verbesserungen der Einkommensverhältnisse bringen. Vor Abschluß der Vorarbeiten läßt sich noch nicht endgültig übersehen, welcher Art diese Verbesserungen im einzelnen sein werden.
Ich bin gerne bereit, Sie zu gegebener Zeit weiter zu unterrichten.
Ich danke Ihnen, Herr Bundesminister.
Wir kommen zu der Frage - des Herrn Abgeordneten Seibert - aus dem Geschäftsbereich .des Bundesministers für Wirtschaft:
Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß durch die Senkung der Beförderungsteuer für den Werkfernverkehr für die mittelständischen Betriebe in Industrie, Handwerk und Handel eine Verschlechterung ihrer Wettbewerbslage gegenüber den werkfernverkehrtreibenden Großunternehmen eintreten kann?
Herr Abgeordneter, die Bundesregierung teilt diese Auffassung nicht. Werkfernverkehr wird keineswegs nur von Großunternehmen betrieben, sondern auch von zahlreichen mittelständischen Unternehmen der Industrie, des Handels, des Handwerks und der Landwirtschaft. Gerade solche Unternehmen sind vielfach auf den Werkfernverkehr angewiesen, vor allem in verkehrsungünstig gelegenen Gebieten. Die Zurückführung der Werkfernverkehrsteuer von 5 auf 3 Pf je Tonnenkilometer wird nach Auffassung der Bundesregierung dazu beitragen, die Wettbewerbsfähigkeit derartiger Unternehmen zu verbessern.
Eine Zusatzfrage? - Bitte.
Glauben Sie nicht, Herr Staatssekretär, daß es eine große Anzahl der von mir genannten Betriebe gibt, die keinen Werkfernverkehr betreiben können, und glauben Sie nicht, daß sich hieraus doch eine starke Wettbewerbsverzerrung ergibt?
Herr Abgeordneter, ich glaube, daß man das nicht auf diese Formel bringen kann. Untersuchungen haben gezeigt, daß es durchaus auch eine Anzahl von Großunternehmen gibt, die nach einer sehr gründlichen Prüfung der Kostenverhältnisse auf den Werkfernverkehr verzichtet haben, während es gerade im mittelständischen Bereich eine Anzahl von Unternehmen gibt, bei denen die Erhöhung der Werkfernverkehrsteuer auf 5 Pf je Tonnenkilometer große Schwierigkeiten ausgelöst hat. Ich darf insoweit vielleicht auch auf die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts in seinem Urteil zu dieser Frage verweisen.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Seibert.
Glauben Sie nicht, Herr Staatssekretär, daß sich Ihre Meinung mehr auf den Werknahverkehr bezieht, der in erster Linie von der Landwirtschaft in Anspruch genommen wird, nicht auf den Werkfernverkehr, und sollte man diese beiden Begriffe bei der Beantwortung dieser Frage nicht doch auseinanderhalten?
Herr Abgeordneter, ich glaube das nicht. Ich glaube, daß gerade die Untersuchungen über die Bedeutung des Werkfernverkehrs in den verkehrsungünstig gelegenen Gebieten zeigen, daß viele mittelständische Unternehmen an der Reduzierung der Steuer unmittelbar interessiert sind. Wir kennen die Verkehrsverhältnisse etwa in den Zonenrandgebieten oder in einzelnen Teilen der Sanierungsgebiete, der Aufbaugebiete, und wissen, daß der Werkfernverkehr gerade dort eine erhebliche Rolle spielt. Ich verweise nur, um ein Beispiel zu nennen, auf Untersuchungen, die vor längerer Zeit einmal über die Verhältnisse in der holzverarbeitenden Industrie angestellt wurden.
Viezpräsident Dr. Jaeger: Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Müller-Hermann.
Herr Staatssekretär, spricht nicht vieles dafür, daß gerade in den revierfernen und wirtschaftlich schwachen Gebieten, vor allem dort, wo die Bundesbahn mit zunehmender Rationalisierung auf die Stillegung von Strecken oder die Einsparung von Güterabfertigungen Wert legen mußte, mittelständische Unternehmen auf eine Senkung der Beförderungsteuer angewiesen sind?
Herr Abgeordneter, das ist einer der wichtigsten Gesichtspunkte, die bei der Erörterung im Bundeskabinett eine Rolle gespielt und zu dem positiven Kabinettsbeschluß, der dem Hohen Hause bekannt ist, geführt haben.
Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Gesundheitswesen. Ich rufe auf die Frage III/1 - des Herrn Abgeordneten Dr. Schmidt ({0}) -; die Frage wird übernommen:
Trifft es zu, daß der Pharmazeutische Fachausschuß der Kommission zur Vorbereitung des Deutschen Arzneibuchs im Gegensatz zur Auffassung des Bundesgesundheitsministeriums die Meinung vertritt, daß die Verwendung von demineralisiertem Wasser in Infusions- unddie Injektionslösungen sowie in Augentropfen
auch für Hersteller, die eine Erlaubnis nach § 12 oder § 19 des Arzneimittelgesetzes besitzen, verboten ist?
Frau Bundesministerin, ich darf bitten.
Der Pharmazeutische Fachausschuß der Kommission zur Vorbereitung des Deutschen Arzneibuches hat sich mit der Frage befaßt, ob es Herstellern mit Erlaubnis nach § 12 oder § 19 des Arzneimittelgesetzes verboten sein soll, demineralisiertes Wasser bei der Herstellung von Infusions-und Injektionslösungen sowie von Augentropfen zu verwenden. Im Fachausschuß wurden Bedenken gegen eine solche Verwendung von demineralisiertem( Wasser geäußert. Der Fachausschuß wird mir im Rahmen seiner Vorschläge zum DAB 7 auch zu dieser Frage Vorschläge machen, und wir werden die derzeitige Rechtslage zu überprüfen haben.
Wir kommen zur Frage III/2 - des Herrn Abgeordneten Fritsch -:
Welche Erfahrungen liegen hinsichtlich etwaiger Folgen der Hirnkammerluftfüllung ({0}) vor?
Bitte sehr, Frau Bundesministerin.
Die Hirnkammerluftfüllung wird in jeder größeren neurologisch-psychiatrischen Klinik angewandt. Sie ist eine von der Wissenschaft entwickelte Untersuchungsmethode, die auch nur von wissenschaftlicher Seite hinsichtlich der Erfahrungen und Folgen beurteilt werden sollte. Ich sehe mich daher nicht in der Lage, zu Ihrer Frage vom Standpunkt der Regierung aus Stellung zu nehmen. Ich kann das um so weniger, als zur Zeit ein Prozeß vor dem Bundesverfassungsgericht geführt wird, in dem, wie Sie wissen, Ihre Frage eine Rolle spielt. Das Bundesverfassungsgericht hat uns um die Benennung von sachverständigen Gutachtern gebeten. Wir haben dem Gericht vier hervorragende Spezialisten auf dem Gebiet der Neurologie genannt.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Fritsch.
Frau Ministerin, ist Ihnen bekannt, daß der erste Senat des Bundesverfassungsgerichts in dieser Frage bereits entschieden hat und ausgehend von der Verhältnismäßigkeit dessen, was man bei Untersuchungen für nötig erachten kann, der Meinung war, daß diese Verhältnismäßigkeit bei dieser Art der Untersuchung nicht gewährleistet sei und daß insoweit mindestens auf dem Gebiet der vorsorgerechtlichen Untersuchungen die Zumutbarkeit einer derartigen Methode nicht vorhanden sei?
Herr Kollege, ich kann mich nicht in Angelegenheiten, die Sache des Kollegen Bucher sind, einmischen. Ich kann Ihnen nur sagen, daß jetzt noch vor dem Bundesverfassungsgericht, und zwar vor dem ersten Senat, ein Verfahren in dieser Angelegenheit schwebt und daß bis zum 15. Februar eine Rückäußerungsfrist läuft. Das sind die Gründe, aus denen ich jetzt zu diesem laufenden Verfahren von der Bundesregierung aus keine Meinung äußern möchte, zumal es - abgesehen von dem soeben Gesagten - wohl nicht Sache .der Regierung ist, medizinisch wissenschaftliche Fragen zu entscheiden.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Fritsch.
Frau Ministerin, wären Sie bereit, nach Abschluß der notwendigen Erhebungen und Gutachten diese Ergebnisse den interessierten Kreisen - ich denke insbesondere an die Kriegsopferverbände und an die Heimkehrerverbände - zugänglich zu machen?
Es wird zunächst das Ergebnis des Verfahrens und das Urteil des Bundesverfassungsgerichts abzuwarten sein. Wenn das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist, stehe ich Ihnen zur Antwort auf weitere Fragen zur Verfügung.
Ich danke Ihnen, Frau Bundesministerin.
Wir kommen nun zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts. Ich rufe auf die Fragen IV/1, IV/2, IV/3 - des Herrn Abgeordneten Memmel - :
Ist der Bundesregierung bekannt, daß der deutsch-amerikanische Studentenaustausch wegen der Höhe der Flugkosten bzw. Schiffspassagen einen unerwünscht geringen Umfang hat und die bisherigen Bemühungen des Deutschen Bundesstudentenringes um eine Ausweitung aus eben diesem Grunde nur geringen Erfolg haben können?
Ist die Bundesregierung bereit, künftig im Haushaltsplan Mittel bereitzustellen, die als Zuschüsse zu den Flugkosten vergeben werden können, soweit im Liniendienst der Deutschen Lufthansa Plätze frei sind?
Ist der Bundesregierung bekannt, daß z. B. Frankreich eine ähnliche Regelung bereits getroffen hat, um den französischamerikanischen Studentenaustausch zu fördern?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort liegt noch nicht vor. Sie wird nach Eingang im Sitzungsbericht abgedruckt.
Ich rufe auf die Frage IV/4 - des Herrn Abgeordneten Jahn - :
Was ist der Bundesregierung über den angeblichen Aufenthalt des an Verbrechen im Konzentrationslager Auschwitz beteiligten Arztes Mengele bekannt?
Herr Staatssekretär, ich darf bitten.
Herr Abgeordneter, der Bundesregierung ist der augenblickliche Aufenthaltsort des ehemaligen Kz-Arztes Dr. Mengele nicht bekannt.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Jahn.
Sind Ihnen Pressemitteilungen bekannt, daß er sich angeblich in Paraguay aufhalten soll?
Diese Pressemitteilungen sind der Bundesregierung bekannt. Das Auswärtige Amt ist ihnen nachgegangen. Die paraguayanische Regierung hat erklärt, daß es sich um ein Gerücht handle und daß sich Dr. Mengele nicht in Paraguay aufhalte.
Eine zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Jahn.
Haben Sie den Eindruck, daß das eine verbindliche Auskunft ist?
Ich habe den Eindruck, daß das so ist.
Ich komme zur Frage IV/5 - des Abgeordneten Kaffka -:
Trifft die Meldung zu, daß die „Africans-Deutsche Kulturgemeinschaft in Südwest-Afrika" in der Bundesrepublik 20 000 Exemplare einer Broschüre verteilen läßt, in der die Rassentrennungspolitik der südafrikanischen Regierung unterstützt wird?
Herr Staatssekretär, ich darf bitten.
Die Meldung trifft in der in der Anfrage formulierten Form nicht zu. Eine dpa-Meldung vom 31. Januar 1964 besagt, daß die „Africans-Deutsche Kulturgemeinschaft" eine Stellungnahme zum Prozeß gegen den ehemaligen Humboldt-Stipendiaten Dr. Neville Alexander als Broschüre in 20 000 Exemplaren in der Bundesrepublik Deutschland verteilt hat. Ob die Verteilerzahl zutrifft, konnte nicht festgestellt werden. Das Auswärtige Amt hat jedoch die Broschüre geprüft. In ihr wird Kritik an den zahlreichen negativen deutschen Stellungnahmen zum Kapstädter Alexander-Prozeß geübt. Der Verfasser gibt eine Darstellung des -Prozesses aus südafrikanischer Sicht. Die Schrift hat jedoch nicht den Charakter einer Verteidigungsschrift für die südafrikanische Rassentrennungspolitik.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Kaffka.
Herr Staatssekretär, wird diese „Africans-Deutsche Kulturgemeinschaft" seitens der Bundesrepublik irgendwie finanziell gefördert?
Das ist, soweit mir bekannt ist, Herr Abgeordneter, nicht der Fall.
Ich komme zur Frage IV/6 - des Abgeordneten Dr. Kohut -:
Sind der Bundesregierung Fälle bekanntgeworden, in denen gegen Geld oder sonstige Vorteile der Konsultitel verliehen worden ist?
Herr Staatssekretär, ich darf bitten.
Herr Abgeordneter, der Bundesregierung sind bisher keine Fälle bekanntgeworden, in denen nachweislich der Titel eines Honorarkonsuls gegen Entgelt vergeben worden ist. Die Bundesregierung verfolgt den mit Ihrer Frage angeschnittenen Komplex sorgfältig. Sie wird in Übereinstimmung mit den Ländern das Exequatur verweigern oder, falls ein Exequatur bereits erteilt worden ist, es wieder entziehen, wenn nachweislich für die Verleihung eines Titels des Honorarkonsuls bestimmten Personen Vorteile finanzieller oder sonstiger Art gewährt wurden.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Kohut.
Ist Ihnen bekannt, wie oft das Exequatur in den letzten Jahren vom Auswärtigen Amt verweigert worden ist?
Das ist mir nicht bekannt, Herr Abgeordneter; das kann ich aber feststellen und Ihnen mitteilen.
Eine zweite Zusatzfrage.
Da es doch auch Ihnen bekannt ist, daß es hier in der Bundesrepublik echte Konsultitel und auch käuflich eingehandelte gibt, frage ich Sie: Wie wird der echte Konsultitel gegen den käuflich eingehandelten geschützt?
Herr Abgeordneter, ich habe in meiner Antwort auf Ihre Hauptfrage bereits ausgeführt, daß kein Fall eines Kaufs eines Konsultitels nachgewiesen worden ist. Sollte ein solcher Fall nachgewiesen werden, so wird die Bundesregierung in der von mir geschilderten Weise im Einvernehmen mit den Ländern vorgehen. Damit würde, so glaube ich, das Ergebnis, das Ihnen vorschwebt, erreicht werden.
Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär. Ich komme zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz. Frage V/1 - des Abgeordneten Jahn -:
Wann wird die Bundesregierung in Ausführung von Artikel 95 Abs. 4 GG den Entwurf eines Gesetzes über die Verfassung und das Verfahren des Obersten Bundesgerichts vorlegen?
Wie dem Herrn Fragesteller sicher bekannt ist, hat die Bundesregierung in der letzten Wahlperiode eine Vorlage zur Änderung des Art. 95 des Grundgesetzes eingebracht, die nicht mehr verabschiedet worden ist. In der Zwischenzeit hat die Bundesregierung an einem neuen Entwurf für ein Ausführungsgesetz gearbeitet. Bei den Erörterungen mit den beteiligten Stellen haben sich Schwierigkeiten ergeben, die noch nicht völlig ausgeräumt werden konnten. Es ist das Bestreben der Bundesregierung, baldmöglichst eine erneute Vorlage eines Ausführungsgesetzes zusammen mit einer Änderung des Art. 95 herauszubringen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Jahn.
Herr Minister, ist mit der Vorlage noch in dieser Wahlperiode, und zwar so rechtzeitig zu rechnen, daß sie nach menschlichem Ermessen auch noch in diesem Hause verabschiedet werden könnte?
Den ersten Teil Ihrer Frage kann ich mit ja beantworten.
Beim zweiten Teil zögere ich allerdings etwas, nachdem die Vorlage in der letzten Wahlperiode Mitte April 1960 eingebracht und nicht mehr verabschiedet worden ist. Aber ich glaube, daß die Vorarbeiten, die in diesem Hause doch schon geleistet worden sind, es ermöglichen werden, die Vorlage doch zu verabschieden.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Jahn!
Ist Ihnen bekannt, Herr Minister, daß draußen in der Praxis in zunehmendem Maße die Forderung nach der Errichtung des Obersten Bundesgerichts erhoben wird mit der Behauptung, daß in einer großen Zahl von Fällen die Notwendigkeit dargetan sei?
Mir ist bekannt daß diese Forderung in zunehmendem Maße erhoben wird, und ich schließe mich denen an, die die Forderung erheben, weil es ein Grundgesetzbefehl ist. Das praktische Bedürfnis ist allerdings nicht besonders groß. Die vorliegenden Divergenzen - ich kann Ihnen die Aufstellung, die ich hier habe, zur Kenntnis geben - sind nicht von allzu großer Bedeutung, da ja Verfassungsfragen ohnehin vor das Bundesverfassungsgericht kommen.
Die Frage V/2 - der Abgeordneten Frau Dr. Diemer-Nicolaus - ist von der Fragestellerin zurückgestellt worden.
Vizepräsident Dr. Jaeger
Ich rufe auf die Frage V/3 - des Herrn. Abgeordneten Dr. 'Schmidt ({0}) - :
Ist die Meldung in der „Welt" vom 1. Februar 1964 zutreffend, daß eine Richtlinie über die Publizitätspflicht auch der GmbH kurz vor der Verabschiedung durch die EWG-Kommission steht und daß nach Artikel 2 des Richtlinienentwurfs für GmbH, deren Bilanzsumme eine Million Dollar übersteigt, eine Offenlegungspflicht für den Errichtungsakt, für Änderungen dieser Akte, für den vollen Wortlaut der Satzung, die Personalien der Verwaltungsberechtigten, ferner für die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung vorgesehen ist?
Die von Ihnen, Herr Kollege Schmidt, zitierte Meldung in der „Welt" ist insoweit richtig, als eine Richtlinie der BWG-Kommission kurz vor der Verabschiedung steht. Ob aber der Vorschlag der Kommission eine Offenlegungspflicht für den Jahresabschluß von Gesellschaften mit beschränkter Haftung enthalten wird, steht noch 'nicht fest. Es zeichnet sich allerdings ab, daß so etwas kommen wird, und zwar für Gesellschaften mit beschränkter Haftung von einer bestimmten Bilanzsumme en. Ob aber die Grenze bei 1 Million Dollar liegen wird, ist noch nicht entschieden.
Ich rufe auf die Frage V/4 - des Herrn Abgeordneten Dr. Schmidt ({0}) - :
Welche Meinung hat die Bundesregierung in den Sachverständigen-Beratungen der EWG zu Frage V/3 vertreten?
Der eventuell beabsichtigten Offenlegungspflicht für die Jahresabschlüsse von Gesellschaften mit beschränkter Haftung haben die Vertreter der Bundesregierung ,auf das entschiedenste widersprochen, und zwar auch, wenn dies für Gesellschaften von einer bestimmten Bilanzsumme an eingeführt werden soll.
Eine Zusatzfrage!
Wird die Bundesregierung diese Haltung voraussichtlich auch bei den Beratungen des Ministerrats vertreten?
Ich bitte Sie, Herr Kollege, mich von der Beantwortung dieser Frage zu entbinden. Wir wollen da doch abwarten, was uns tatsächlich von der Kommission vorgelegt wird.
Ich rufe auf die Frage V/5 - des Herrn Abgeordneten Dr. Schmidt ({0}) -:
Ist die Bundesregierung auch der Auffassung, daß der Deutsche Bundestag in seiner Entscheidung über eine Publizitätspflicht der GmbH bei der demnächst zu erwartenden Beratung über eine GmbH-Reform nicht so präjudiziert werden sollte, daß er sich in einen grundsätzlichen Gegensatz zur allgemeinen Auffassung in Deutschland über die personenbezogene Struktur der typischen GmbH und über die Abgrenzung der sog. großen GmbH bringen muß?
Die Bundesregierung wird natürlich bei der Erörterung der Vorschläge der EWG-Kommission im Ministerrat ihre eigene Auffassung darlegen - damit habe ich allerdings die vorhergehende Frage doch beantwortet; denn Sie sehen ja, wohin diese Auffassung geht -, und dabei wird die Struktur der GmbH in Deutschland berücksichtigt werden. Wenn aber eine Richtlinie erlassen wird - und das ist ja mit Zweidrittelmehrheit möglich -, so ist sie für jeden Mitgliedstaat verbindlich, und das deutsche Recht müßte dann angepaßt werden.
Eine Zusatzfrage!
Sind Sie mit mir der Auffassung, daß Gesellschaften, die sich an den öffentlichen Kapitalmarkt wenden, hinsichtlich der Publizitätspflicht anders zu behandeln sind als Gesellschaften, die sich aus eigenen Mitteln bzw. über Verträge mit privaten Gläubigern finanzieren?
Über dieses Prinzip wird sich jedenfalls reden lassen. Das wäre eine Abgrenzung.
Sind Sie überhaupt der Meinung, daß eine solche Frage wie die der Publizität nicht ausschließlich nach Gesichtspunkten der Rechtsform beurteilt werden kann, sondern daß hier der wirtschaftliche Tatbestand, insbesondere die wirtschaftliche Bedeutung des Unternehmens in der Öffentlichkeit, entscheidend sein muß?
Ja, das ist sicher richtig.
Ich danke Ihnen, Herr Bundesminister.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, zunächst zur Frage VI/1 - des Herrn Abgeordneten Wächter -:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Verkaufsvereinigung dänischer Exportschlachtereien ({0}) das Exportabkommen mit deutschen Importeuren gekündigt hat, um die Sauenausfuhr in die Bundesrepublik zu monopolisieren?
Der Bundesregierung ist nicht bekannt, daß die Verkaufsvereinigung dänischer Exportschlachtereien ({0}) ein Exportabkommen mit deutschen Importeuren geschlossen und dieses gekündigt hat. Der Bundesregierung ist jedoch bekannt, daß die Galt bis Oktober 1963 über eine größere Anzahl dänischer Exporteure Sauen in die Bundesrepublik 'geliefert hat. Die Galt hat die mit diesen Exporteuren getroffenen Vereinbarungen mit Ausnahme von drei Verträgen gekündigt. Durch diese Maßnahme ist nach Auffassung der Bundesregierung die unmittelbare Einflußnahme auf den deutschen Markt durch die Galt angewachsen, insbesondere auch dadurch, daß die Galt ihre Exporte zum überwiegenden Teil über eine deutsche Importfirma abwickelt.
Keine Zusatzfrage.
Frage VI/2 - des Herrn Abgeordneten Wächter -:
Steht ein solches Verfahren im Widerspruch zu unserer freien Wirtschaftsordnung, weil durch die weitgehende Konzentrierung der Saueneinfuhr der freie Wettbewerb auf dem deutschen Markt und damit wesentliche Marktinteressen der deutschen Erzeuger in Frage gestellt sind?
Nach Bekanntwerden des soeben geschilderten Sachverhalts hat die Bundesregierung unverzüglich mit der dänischen Regierung Verbindung aufgenommen, um diesen zunächst genau zu klären. Hierbei wurde zum Ausdruck gebracht, daß die sich abzeichnende Konzentration von seiten der deutschen Regierung als mit unserer freien Wirtschaftsordnung nicht vereinbar angesehen werde. Diese Verhandlungen sind zur Zeit noch nicht abgeschlossen. Die Bundesregierung sieht weiteren Vorschlägen von dänischer Seite entgegen.
Keine Zusatzfrage. Frage VI/4 - des Herrn Abgeordneten Dr. Kohut -:
Ist die Bundesregierung zu einer Gesetzesvorlage bereit, welche die Verschandelung der Landschaft durch Reklame aller Art verbietet?
Ich beantworte die Frage wie folgt. Die Bundesregierung hat nicht die Absicht, ein solches Gesetz einzubringen. Das Recht der Außenwerbung, daß Sie mit Ihrer Frage ansprechen, gehört vorzugsweise zum Recht der Bauordnung und damit zur Gesetzgebungskompetenz der Länder.
Soweit Maßnahmen des Naturschutzes in Frage kommen, steht dem Bund nach Art. 75 des Grundgesetzes nur die Rahmengesetzgebung zu. Diese reicht für ein so weitgehendes Verbot, wie Sie es im Auge haben, schwerlich aus, weil den Ländern kein Spielraum zur Ausfüllung des Rahmens bliebe. Abgesehen hiervon besteht für die angeregte bundesgesetzliche Regelung unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes kein Bedürfnis, weil die Länder auf Grund des Reichsnaturschutzgesetzes, das als Landesrecht fortgilt, ausreichende Möglichkeiten haben, gegen störende Reklame einzugreifen. Soweit ich unterrichtet bin, machen sie von diesen Möglichkeiten auch Gebrauch. Ich bin jedoch bereit, bei einer der nächsten Arbeitstagungen mit den obersten Naturschutzbehörden der Länder die Wichtigkeit der Aufgabe zu erörtern, die der Naturschutz bei der Verhinderung störender Reklame zu erfüllen hat.
Frage VI/5 - des Herrn Abgeordneten Dr. Kohut -:
Will die Bundesregierung auch weiterhin, wie beim Stopp der Eiereinfuhr, den Verbraucher vor einer Preissenkung auf dem Ernährungssektor schützen?
Herr Kollege Dr. Kohut, es ist nicht so, daß die Bundesrepublik den Verbraucher vor einer Preissenkung „schützen" will; im Gegenteil, die Bundesregierung will den Verbraucher durchaus in den Genuß von vertretbaren Preissenkungen kommen lassen. Sie wollen aber bitte bedenken, daß mein Ministerium die Belange der Verbraucher und die der Erzeugerstufe im Auge behalten muß.
Zum Verständnis des verfügten Einfuhrstopps für Eier aus den EWG-Mitgliedstaaten muß ich folgendes sagen. In den Jahren 1961 und 1962 bewegten sich die Einfuhrpreise für Eier aus den Niederlanden im Jahresdurchschnitt um 12,8 Pf bzw. um 12,1 Pf je Stück, im Jahre 1963 um etwa 15 Pf je Stück. Ab Dezember 1963 ging der Einfuhrpreis stetig zurück und erreichte am 29. Januar 1964 den tiefsten Stand mit 8,84 Pf. Die Einfuhrpreise in den Jahren 1961 und 1962 mit etwa 12,5 Pf sind als normaler Durchschnitt anzusehen, die einen die Kosten deckenden Durchschnittspreis von 15 bis l6 Pf je Stück für den deutschen Erzeuger ermöglichen. Liegen die Einfuhrpreise wesentlich unter 12,5 Pf, nämlich wie in den letzten Januartagen unter 10 Pf, so führen sie zu einer erheblichen Gefährdung für die deutsche Erzeugung; sie dürften im übrigen auch in den Niederlanden nicht als kostendeckend anzusehen sein. Die in der vergangenen Woche mit den Holländern geführten Gespräche über die Wiederherstellung einer normalen Marktlage hatten leider keinen Erfolg, weshalb sich die Bundesregierung gezwungen sah, einen Einfuhrstopp zu erlassen, den die Kommission inzwischen aufgehoben hat. Die endgültige Entscheidung wird heute in der Sitzung des Ministerrates in Brüssel fallen.
Trotz einer Erzeugungssteigerung von 1950 bis 1963 in der Bundesrepublik um etwa 126 % - in den Niederlanden betrug sie während dieser Zeit etwa 140 % - besteht nach wie vor ein hoher Einfuhrbedarf.
Ich bin erfreut, daß die deutschen Erzeuger ihre Produktion von 1950 bis 1963 erhöhen und somit an dem wirtschaftlichen Aufschwung etwas teilhaben konnten. Es dürfte nicht zu verantworten sein, diese Entwicklung durch preislich extrem niedrige Einfuhren zu behindern. Andererseits liegt es keineswegs im Sinne der Bundesregierung, eine echte Konkurrenz durch andere Mitgliedstaaten und Drittländern bei Eiern oder bei anderen Erzeugnissen zu behindern.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Kohut.
Herr Minister, ist sich die Bundesregierung der negativen psychologischen Wirkung auf die Verbraucher bewußt, die dadurch entstanden ist, daß angesichts des bei uns in der Bundesrepublik sonst festzustellenden Trends in Richtung auf eine Erhöhung der Preise für Nahrungsmittel die erste oder einmalige und konjunkturbedingt nur vorübergehende Gelegenheit zur Verbilligung auf einem Teilsektor nicht genutzt worden ist, sondern daß die Bundesregierung, ich möchte sagen, mit panischer Hast sofort einen Einfuhrstopp veranlaßt hat, statt hier einmal einen ge5196
wissen Preisausgleich nach unten zuzulassen? Dem Verbraucher sind ja Statistiken nicht bewußt. Er weiß nur, was er zu zahlen hat.
Herr Kollege Dr. Kohut, der Bundesregierung ist selbstverständlich klar, daß jede Art von Eingriff, insonderheit ein Eingriff, der zu einer Preiserhöhung führt, nicht auf das Wohlwollen der Verbraucher stößt. Wenn Sie aber sagen, die Bundesregierung habe diesen Schritt in sehr großer Eile getan, so darf ich darauf hinweisen, daß wir immerhin vier Wochen haben verstreichen lassen, während derer Verhandlungen gepflogen wurden, um zu einem gütlichen Ausgleich zu kommen. Erst als dies nicht möglich erschien, wurde, wie wir glauben, berechtigterweise, eine Schutzklausel in Anspruch genommen, und wir werden abwarten müssen, welches Ergebnis heute im Ministerrat erzielt wird.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Kohut.
Hat die Bundesregierung auf Grund ihrer Kenntnis der EWG-Verträge nicht schon vorher wissen können, wie die Sache ausgehen und daß sie wahrscheinlich gezwungen sein würde, diesen Einfuhrstopp zurückzunehmen?
Ich glaube, Herr Kollege Dr. Kohut, Sie haben sich ein klein wenig widersprochen. Sie haben, wenn ich recht verstanden habe, zunächst einmal unterstellt, die Bundesregierung habe gewußt, daß es schief laufen würde. Nachher haben Sie sich aber ein wenig verbessert. Wir wissen im Augenblick noch nicht, wie es ausgeht. Ich glaube, es ist richtig, wir unterhalten uns darüber, wenn wir das Ergebnis vor uns liegen haben.
Grundsätzlich darf ich aber sagen: wir sind der Auffassung, daß wir, die wir im Januar 1964 nicht weniger Eier eingeführt haben als im Januar 1963, uns keineswegs der Situation aussetzen sollten, daß man uns unterstellen kann, wir seien von falschen Voraussetzungen ausgegangen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dröscher!
Herr Bundesminister, haben Sie Informationen darüber, in welchem Maße die niedrigen Einstandspreise beim Verbraucher angekommen sind und ob dadurch nicht ein echter Anreiz zum Mehrverbrauch gegeben worden ist?
Ich darf feststellen, daß die Verbraucherpreise erheblich zurückgegangen sind und daß die niedrigen Preise stellenweise sogar als Lockpreise verwendet wurden. Es ist gerade auch angesichts der hohen Fleischpreise mit Sicherheit anzunehmen, daß in diesen Tagen und Wochen ein erheblicher Anreiz zum Mehrverbrauch gegeben war.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dröscher!
Herr Bundesminister, können Sie mir sagen, was man in ländlichen Gebieten in Bauernversammlungen antworten soll, wenn die die Bauern sagen: Die Bundesregierung hat uns jetzt jahrelang angereizt, mehr Hühner zu halten, mehr Veredelungswirtschaft zu treiben, mehr Eier zu produzieren, und jetzt mutet sie uns zu, einige Millionen Hennen abzuschlachten!
Herr Kollege, die Bundesregierung hat solche Empfehlungen keineswegs in derartiger Form herausgegeben, daß solche Schlußfolgerungen gerechtfertigt wären. Ich darf vielmehr feststellen, daß die Bundesregierung von der Presse und gerade von Volkswirtschaftlern immer wieder aufgefordert worden ist, mehr Wert auf die Veredelung zu legen. Wir haben diesen Argumenten immer entgegengehalten, daß wir den Nachdruck auf die Bodenproduktion legen und dann auf der Grundlage einer guten Bodenproduktion eine vernünftige Veredelungswirtschaft durchführen müssen. Ich glaube also nicht, daß derartige Vorwürfe die Bundesregierung treffen. Im übrigen zeigt dies nur, wohin es führt, wenn wir die Bodenproduktion vernachlässigen und uns einseitig auf Veredelung einstellen.
({0})
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Schmidt ({0}).
Herr Bundesminister, können Sie dem Hause sagen, wie sich die Handelsspannen bei Eiern im letzten halben Jahrzehnt entwickelt haben?
Ich bin im Augenblick nicht in der Lage, Herr Kollege Dr. Schmidt, darüber genaue Auskunft geben zu können. Ich bin aber gerne bereit, Ihnen entweder in einer späteren Fragestunde oder auch schriftlich eine solche Auskunft zu erteilen.
Eine zweite Zusatzfrage, bitte.
Herr Minister, sind Sie bereit, dem Hause die Gründe bekanntzugeben, die die EWG-Kommission für die Aufhebung dieser Sperre gehabt hat?
Selbstverständlich, Herr Kollege.
({0})
- Ach, Sie meinen die Gründe der Kommission? Ich dachte soeben an die Gründe, die der Ministerrat heute ins Feld führen wird, um seine Stellungnahme zu untermauern. Die Gründe, die die Kommission zu ihrer ablehnenden Haltung geführt haben, sind mir zur Zeit noch nicht bekannt.
Bitte sehr!
Herr Bundesminister, ist aus Ihren Ausführungen zu folgern, daß eine heute veröffentlichte Pressenotiz nicht zutrifft, wonach Ihr Haus schätzt, daß in der Bundesrepublik 7 Millionen Hennen abgeschlachtet werden müßten, bevor der deutsche Eiermarkt wieder in Ordnung kommen könne?
Diese Mitteilung ist ganz bestimmt nicht richtig.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Peters.
Herr Bundesminister, ist Ihnen bekannt, daß der Einzelhandelspreis für B-Eier heute noch zwischen 18 und 22 Pf liegt?
Demgegenüber kann ich Ihnen nur mitteilen, daß ich vor zwei oder drei Tagen zufällig selbst Zeuge war, wie für B-Eier 16 Pf zu zahlen waren. Es muß sich also um sehr unterschiedliche Preise handeln.
Ich danke Ihnen, Herr Bundesminister.
Wir kommen nun zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung. Ich rufe zunächst die Frage VII/1 - des Abgeordneten Dr. Müller-Emmert - auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die amerikanischen Stationierungsstreitkräfte im Raume Kaiserslautern beabsichtigen, über 300 zivile deutsche Arbeitnehmer zu entlassen?
Die Frage wird vom Abgeordneten Dröscher übernommen.
Gestatten Sie bitte, daß ich die beiden Fragen zusammenhängend beantworte, da sie in Zusammenhang stehen.
Ich rufe weiterhin die Frage VII/2 - des Abgeordneten Dr. MüllerEmmert - auf:
Sieht die Bundesregierung Möglichkeiten, die in Frage VII/1 erwähnten Entlassungen zu verhindern oder für die Bereitstellung von Ersatzarbeitsplätzen zu sorgen?
Die Amerikanische Botschaft hat der Bunregierung zu Anfang des Jahres angekündigt, daß bis zum 30. Juni 1964 deutsche Zivilarbeitskräfte zur Entlassung kämen. Für den Raum Kaiserslautern ist die Streichung von 230 Planstellen einer Luftwaffendienststelle mitgeteilt worden, von denen allerdings 30 nicht 'besetzt waren. Die Kündigungen werden bei 150 Arbeitnehmern Ende März und (für die übrigen 50 Ende Juni und Ende September wirksam.
Die Bundesregierung hat keine Möglichkeiten, die Sparmaßnahmen im Etat der US-Streitkräfte zu verhindern. Es besteht jedoch bei einigen Dienststellen der amerikanischen Stationierungsstreitkräfte im Raum Kaiserslautern noch ein gewisser Arbeitskräftebedarf. Ein Teil der zur Entlassung kommenden Arbeitskräfte kann auf diese Arbeitskräfte der Streitkräfte umgesetzt werden. Voraussichtlich werden daher im Endergebnis nur etwa 100 Arbeitskräfte zur Entlassung kommen. Bei der günstigen Arbeitsmarktlage können diese auf dem freien Arbeitsmarkt anderweitig untergebracht werden. Die Arbeitsämter werden sich rechtzeitig um die Unterbringung bemühen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dröscher.
Dröscher: ({0}) : Herr Bundesminister, sind Sie, da die amerikanischen Dienststellen meist in bestimmten Räumen .konzentriert sind, die nicht über ein großes Angebot an Arbeitsstellen verfügen, bereit, dafür zu sorgen, daß im Falle ähnlicher Maßnahmen, die ja noch an anderen Stellen geschehen können, von der Arbeitsverwaltung für solche frei werdenden Arbeitskräfte rechtzeitig ein Angebot vorbereitet wird?
Ich sagte vorhin: Wenn Arbeitskräfte frei werden, ist es im allgemeinen möglich - vielleicht von einzelnen Fällen abgesehen -, sie- recht bald auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unterzubringen. Unsere Arbeitsämter übernehmen diese Aufgabe schon von selbst. Ich habe bisher noch nie Anlaß gehabt, sie zu einer 'besonderen Aktivität aufzufordern. Sie haben ihre Aufgaben zur vollsten Zufriedenheit und mit Fleiß erfüllt.
Ich komme zu der von dem Abgeordneten Meyer ({0}) gestellten Frage VII/3:
Ist der Bundesregierung die große Unzufriedenheit der ca. 60 000 deutschen Rentner bekannt, die ständig in Italien leben und deren Rente erst in der letzten Woche des zweiten Monats entgegen den vereinbarten Bestimmungen gezahlt wird?
Herr Bundesminister, darf ich bitten.
Die deutschen Rentenversicherungsträger zahlen zur Zeit zirka 30 000 Renten an Berechtigte in Italien. Dabei handelt es sich in den meisten Fällen um Renten, die ehemaligen italienischen Gastarbeitern neben einer italienischen Teilrente gewährt werden.
Die Zahlung hat nach Art. 38 der Verwaltungsvereinbarung vom 6. Dezember 1953 zu Beginn des zweiten Monats jeder Zahlungsperiode nach dem gleichen Verfahren zu erfolgen, wie es für die Zahlung von Renten der italienischen Versicherung vorgesehen ist. Beschwerden, die sich dagegen richten, daß die Zahlung nicht zu Beginn, sondern zu Ende des zweiten Monats erfolgt, richten sich daher in der Regel gleichzeitig auch gegen die Zahlung italienischer Renten.
Die Bundesregierung hat bisher in ihr bekanntgewordenen Einzelfällen von *Zahlungsverzögerungen das italienische Ministerium für soziale Vorsorge als Aufsichtsbehörde um Abhilfe gebeten. Sie ist bereit, dies auch künftig in allen ihr unterbreiteten Fällen zu tun.
Herr Minister, Ihnen scheint entgangen zu sein, daß sich meine Anfrage nur auf die deutschen Rentner, die in Italien leben, bezieht. Meine Zusatzfrage dazu lautet: Stimmt es, daß es in den EWG-Vereinbarungen heißt, die Renten sollten jeweils für einen Monat im Voraus und für einen zurückliegenden Monat, also stets am Ersten des zweiten Monats - entgegen der jetzt an dieser Stelle geübten Praxis - gezahlt werden?
Herr Kollege, darf ich Sie darauf aufmerksam machen, daß ich auf Ihre Frage genau eingegangen bin. Es gibt nicht 60 000 deutsche Rentner in Italien, sondern 30 000 Empfänger deutscher Renten, von denen allerdings die übergroße Mehrheit ehemalige italienische Gastarbeiter sind, die ihre Renten zum Teil aus der italienischen Rentenversicherung und zum Teil aus der deutschen Rentenversicherung bekommen. Für sie gilt eine Verwaltungsvereinbarung, in deren Art. 38 festgelegt ist, daß diese Renten von der italienischen Verbindungsstelle alle zwei Monate, und zwar zu Beginn des zweiten Monats jeder Zahlungsperiode, nach dem gleichen Verfahren ausgezahlt werden, wie es für die Zahlung der Renten der italienischen Invaliditäts-, Alters- und Hinterbliebenenversicherung vorgesehen ist. Wenn Verzögerungen aufgetreten und uns bekanntgeworden sind, haben wir, wie ich sagte, das italienische Ministerium für soziale Vorsorge gebeten, um Abhilfe besorgt zu sein.
Herr Minister, darf ich Ihnen die vielen Beschwerden, die bei mir eingegangen sind, zuleiten? Wir scheinen uns mißverstanden zu haben.
Nein, wir haben uns durchaus nicht mißverstanden, Herr Kollege. Ich wäre Ihnen aber sehr dankbar, wenn Sie mir die Beschwerden einreichten. Dabei muß ich Ihnen allerdings gleich sagen, daß ich mich lediglich damit beschäftigen darf, ob die von deutscher Seite zu gewährenden Renten gemäß dem genannten Abkommen zur Auszahlung gelangen. Es ist mir nicht möglich, mich in die Gepflogenheiten und die Verwaltungsangelegenheiten der italienischen Rentenversicherung einzumischen.
Ich danke Ihnen, Herr Bundesminister.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr. Ich rufe die von dem Abgeordneten Seibert gestellte Frage VIII/1 auf:
Hat der Kabinettsausschuß für Wirtschaft einer Erhöhung der Kontingente für den gewerblichen Güterfernverkehr der Straße um 8 % und einer Senkung der Beförderungsteuer für den Werkfernverkehr von 5 auf 3 Pf je Tonnenkilometer zugestimmt?
Herr Kollege, die erste Frage darf ich mit Ja beantworten. Der Kabinettsausschuß für Wirtschaft hat am 10. Dezember, das Bundeskabinett hat am 11. Dezember diesen Regelungen zugestimmt.
Ich rufe die ebenfalls von dem Abgeordneten Seibert gestellte Frage VIII/2 auf:
Trifft es zu, daß durch die in Frage VIII/1 erwähnte Regelung neben dem errechneten jährlichen Beförderungsteuerausfall von 50 Mill. DM für die Deutsche Bundesbahn Einnahmeverluste von jährlich rund 500 Mill. DM zu erwarten und für das Güterfernverkehrsgewerbe und die nichtbundeseigenen Eisenbahnen erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten zu befürchten sind?
Herr Kollege Seibert, es wird nicht erwartet, daß der rechnerische Ausfall an Beförderungsteuer tatsächlich 50 Millionen DM erreichen wind, und zwar deshalb nicht, weil anzunehmen ist, daß nach Senkung der Beförderungsteuer im Werkfernverkehr eine größere Beförderungsleistung an Tonnenkilometern in diesem Verkehr erbracht wird.
Nach Berechnungen in unserem Hause können durch die beiden Maßnahmen Einnahmeausfälle bis zu 400 Millionen DM eintreten. Die Deutsche Bundesbahn glaubt, den rechnerischen Einnahmeausfall durch geeignete Maßnahmen auf zirka 200 Millionen DM begrenzen zu können.
Im Güterfernverkehr sind durch den verstärkten Wettbewerb gewisse wirtschaftliche Belastungen vorauszusehen. Die Maßnahmen werden sich jedoch für den Einzelunternehmer je nach Standort und Beschäftigungshage sehr unterschiedlich auswirken. Die Auswirkungen auf die nichtbundeseigenen Eisenbahnen werden wegen (ihres regional begrenzten Tätigkeitsbereichs ebenfalls unterschiedlich sein. Es ist denkbar, daß die eine oder andere Bahn von der Regelung stärker betroffen wird.
Ich rufe auf die Frage VIII/3 - des Abgeordneten Strohmayr -:
Billigt es die Bundesregierung, daß die Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn es ablehnte, einen Bundesbahn-Oberinspektor im Falle seiner Wahl zum hauptamtlichen Bürgermeister einer Gemeinde im Landkreis Neu-Ulm für die Amtszeit von sechs Jahren zu beurlauben?
Herr Kollege Strohmayr, es trifft zu, daß es die Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn aus
personalwirtschaftlichen und versorgungsrechtlichen Erwägungen zunächst .abgelehnt hatte, einen Bundesbahninspektor für den Fall seiner Wahl zum Bürgermeister aus dem Bundesbahndienst zu beurlauben. Nach Überprüfung des Falles hat jedoch der Vorstand der Deutschen Bundesbahn als oberste Dienstbehörde seine Bedenken gegen eine Beurlaubung des Beamten zurückgestellt.
Nach 29 Abs. 1 und 2 des Bundesbeamtengesetzes kann der Vorstand der Deutschen Bundesbahn im vorliegenden Falle einer hauptamtlichen Tätigkeit als Bürgermeister did Fortdauer des Beamtenverhältnisses im Einvernehmen mit dem Bundesminister des Innern und dem neuen Dienstherrn anordnen. Die Deutsche Bundesbahn wird sich an den Bundesminister für Verkehr wenden, um über ihn die Zustimmung des Bundesministers des Innern herbeizuführen. Mit der Zustimmung, jedenfalls für die ersten sechs Jahre, kann gerechnet werden.
Die Deutsche Bundesbahn wird gleichzeitig an den neuen Dienstherrn herantreten, um auch hier das Einvernehmen herzustellen. Ob der neue Dienstherr im Hinblick auf das bayerische Landesrecht die Zustimmung erteilen kann, vermag ich im Augenblick nicht zu übersehen; ich nehme es aber an.
Ich rufe die Fragen VIII/4, 5 und 6 - der Abgeordneten Frau Meermann - auf:
Ist der Bundesregierung das Projekt bekannt, eine etwa acht Kilometer lange Brücke über den Bodensee ({0}) zu bauen, die evtl. die derzeitige Fährverbindung Konstanz-StaadMeersburg ersetzen könnte?
Ist die Bundesregierung bereit, das in Frage VIII/4 genannte Projekt zu unterstützen, wenn es sich technisch realisieren lassen sollte?
Hält die Bundesregierung es für richtig, ein solches in Frage VIII/4 genanntes Projekt gegebenenfalls durch die Erhebung eines „Brückenzolls" ganz oder teilweise zu finanzieren?
Zur Frage VIII/4. Frau Kollegin, durch Pressemitteilungen bin ich darüber unterrichtet, daß von Privatseite angeregt worden ist, eine Straßenbrücke über den Bodensee zwischen Konstanz-Staad und Meersburg zu bauen. Genauere Vorplanungen sind darüber bisher nicht bekannt. Die Anregungen gehen nicht von der Straßenbauverwaltung aus. Bekanntlich wird die jetzige Fährverbindung in leistungsfähiger Form von der Stadt Konstanz betrieben.
Zu einer Zusatzfrage Frau Abgeordnete Meermann.
Herr Bundesminister, würden Sie im Hinblick auf den steigenden Autoverkehr zum Bodensee die Errichtung einer solchen Brücke für wünschenswert halten?
Ich glaube, da sind eine Reihe von Problemen zu erörtern. Auf die Frage, ob ich es für wünschenswert halte, kann ich sehr Verschiedenes sagen. Vom
Standpunkt nur des Verkehrs aus ist eine Brücke natürlich immer angenehmer als eine Fährverbindung, weil sie leistungsfähiger ist. Aber dabei spielen noch andere Probleme eine Rolle.
Ich darf nun die Frage VIII/5 beantworten, die mit diesem Komplex zusammenhängt. Bei diesem Stand der Dinge - die technische Durchführbarkeit' vorausgesetzt - erscheint es mir verfrüht, die Frage zu prüfen, ob die Bundesstraßenverwaltung etwa als Bauherr - es handelt sich um die Verbindung zweier Bundesstraßen - in Frage kommt oder ob eine Bezuschussung bei einem anderen Baulastträger möglich ist. Ich bin aber skeptisch, ob sich das Projekt technisch realisieren läßt und ob die aus Gründen des Landschaftsschutzes sicher auftretenden heftigen Widerstände überwindbar sein werden.
Nun zur Frage VIII/6. Sofern der Bau einer Brücke zwischen Konstanz und Meersburg verwirklicht werden sollte, kann wohl daran gedacht werden,
für die Benutzung einer solchen Brücke einen Brükkenzoll in Erwägung zu ziehen. Meines Erachtens wird aber aus einem vertretbaren Brückenzoll nur ein Teil des Kapitaldienstes zu bestreiten sein, so daß die für den Brückenbau erforderlichen Mittel im wesentlichen auf andere Art und Weise aufgebracht werden müssen.
Im übrigen wird sich diese Frage rechtlich erst entscheiden lassen, wenn die Bauträgerschaft geklärt ist.
Ich rufe die Frage VIII/O - des Herrn Abgeordneten Dr. Rinderspacher - auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß Passanten, besonders aber Schulkinder, bei der Benützung der Ortsdurchfahrten im Zuge der Bundesstraße 33 - beispielsweise in dem mehrere Kilometer langen Gutach ({0}) - erhöhten Gefahren ausgesetzt sind, weil Gehwege fehlen?
Die Frage beantworte ich wie folgt: Die Ortsdurchfahrt Gutach im Zuge der Bundesstraße 33 gehört zu denjenigen Streckenabschnitten innerhalb bebauter Gebiete, die bisher noch nicht oder nur teilweise mit Gehwegen für die Fußgänger ausgestattet werden konnten. Die dadurch gegebene Gefährdung des Fußgängerverkehrs, insbesondere der Schulkinder, ist mir durchaus bekannt. Daher habe ich mich in den vergangenen Jahren immer wieder dafür eingesetzt; daß bei Ausbaumaßnahmen an Ortsdurchfahrten von Bundesstraßen in Zusammenarbeit mit den Gemeinden, denen ja die Baulast an diesen Gehwegen obliegt, gleichzeitig auch die Herstellung oder der Ausbau der Gehwege vorgenommen wurde.
Für die Bundesstraße 33 sind gerade in diesem Raum mehrere großräumige Verlegungen vorgesehen, durch die eine erhebliche Entlastung der bestehenden Ortsdurchfahrten und damit auch eine Erhöhung der Sicherheit des Fußgängerverkehrs innerhalb der Orte eintreten wird.
Ich rufe auf die Frage VIII/8 - des Abgeordneten Dr. Rinderspacher -:
Sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, bei gefährlichen und vielbefahrenen Ortsdurchfahrten im Rahmen des Zwischenausbaues bzw. der endgültigen Trassierung der B 33 Gehwege zu bauen oder wenigstens Fußgänger-Markierungen längs der Ortsdurchfahrten anbringen zu lassen?
Die Straßenbauverwaltung ist darum bemüht, die nach dem Ausbauplangesetz zum sogenannten „Blauen Netz" gehörenden Bundesstraßen so rasch wie möglich endgültig auszubauen oder doch durch einen Zwischenausbau so zu verbessern, daß sie den Verkehrsanforderungen gerecht werden können. Da auch die Bundesstraße 33 zum ,,Blauen Netz" gehört, sind hier große Streckenabschnitte bereits endgültig ausgebaut worden. Beim weiteren Ausbau bereiten allerdings die Ortsdurchfahrten in den Tälern große Schwierigkeiten. Zudem erfordern die Maßnahmen innerhalb von Ortsdurchfahrten von den Gemeinden, die nach dem Bundesfernstraßengesetz die Baulastträger für die Gehwege und die damit im Zusammenhang stehende Kanalisation sind, die Durchführung umfangreicher Vorarbeiten und die Aufbringung ganz erheblicher Mittel. Sofern bisher bei den Gemeinden über den Ausbau bzw. den Neubau der Gehwege Klarheit bestand, war die Bundesstraßenverwaltung stets bereit, im engen Einvernehmen mit den Gemeinden den gleichzeitigen Ausbau der Bundesstraße und der Gehweganlage durchzuführen. Wenn dies in Einzelfällen in absehbarer Zeit nicht möglich sein sollte, werde ich gerne prüfen lassen, ob durch die Anbringung von entsprechenden Markierungen die Sicherheit des Fußgängerverkehrs erhöht werden kann, wie dies bei den sogenannten Mehrzweckstraßen schon geschieht.
Ich rufe auf die Frage VIII/9 - des Herrn Abgeordneten Logemann -:
Wie hoch war in den letzten Jahren die Zahl der Verkehrsunfälle, für die Straßenbäume in irgendeiner Form die Ursache waren?
Herr Kollege Logemann, die amtliche Straßenverkehrsunfallstatistik, die auf Grund des entsprechenden Gesetzes vom 18. Mai 1961 vom Statistischen Bundesamt aufbereitet wird, weist die Zahl der Verkehrsunfälle, für die Straßenbäume in irgendeiner Form die Ursache waren, nicht aus. Erfaßt wird nur die Tatsache des Auffahrens eines Fahrzeuges auf einen- anderen Gegenstand auf oder neben der Fahrbahn; dazu gehören auch die Straßenbäume.
Darf ich die beiden folgenden Fragen des Herrn Kollegen Logemann zusammen beantworten?
Bitte sehr. Ich rufe auf die Fragen VIII/10 und VIII/11 - des Herrn Abgeordneten Logemann -:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß im Jahre 1963 allein im Landkreis Grafschaft Diepholz 156 Verkehrsunfälle mit 16
Toten und 77 Schwerverletzten durch Straßenbäume verursacht wurden?
Ist die Bundesregierung bereit, stärkere, den Verkehr gefährdende Straßenbäume beseitigen zu lassen und dem Charakter der Landschaft durch laufende Nachpflanzungen junger Bäume oder Sträucher Rechnung zu tragen?
Dr.-Ing. Seebohm,-Bundesminister für Verkehr: Die Frage VIII/10 möchte ich mit Nein beantworten. Eine entsprechende Unterrichtung durch die niedersächsische Straßenbauverwaltung haben wir darüber nicht erhalten. Wenn örtlich solche Beobachtungen gemacht worden sind, ist es Aufgabe der Landesstraßenbauämter, die erforderlichen Maßnahmen, z. B. die Beseitigung von Bäumen, die verkehrsgefährdend sind, direkt durchzuführen.
Zu der Frage VIII/11 darf ich folgendes bemerken. Soweit Sträßenbäume an Bundesfernstraßen - nur für diese ist die Zuständigkeit des Bundes gegeben - durch ihre Lage zum Verkehrsraum der Straße eine ausgesprochene Gefahr bilden, wurden und werden sie laufend beseitigt. Wir tun das im Sinne einer Kommissionsarbeit, an der ADAC und andere Institutionen beteiligt sind, obwohl sich bekanntlich immer von neuem auch in der Öffentlichkeit Widerstände gegen die Beseitigung von Straßenbäumen bemerkbar machen. Die örtlich zuständigen Straßenbauämter nehmen konkrete Hinweise und begründete Anregungen betreffend besonders gefährliche Stellen gerne entgegen.
Die neuen Richtlinien für den Ausbau der Bundesstraßen sehen für Bäume größere Abstände vom Fahrbahnrand vor, als sie heute noch in bemerkenswertem Umfang an den alten Straßen vorhanden sind. Geschlossene, Alleen der früher üblichen Art werden in Zukunft nur dann noch neu gepflanzt werden können, wenn ausreichend Platz zu beiden Seiten der Straße vorhanden ist. Es wird mehr oder weniger zwangsläufig dazu kommen, daß die Bepflanzung der Ränder von Bundesstraßen mit Bäumen, zugunsten einer lockeren Bepflanzung zurückgeht, bei der vorhandene Hecken, Waldränder, Gruppen von Feldgehölzen und Reste älterer wertvoller Baumbestände an der Straße allmählich, organisch zusammengefaßt werden sollen.
Ich rufe auf die Frage VIII/12 - des Abgeordneten Spitzmüller -:
Sind Presseberichte zutreffend, wonach Frankreich die Errichtung von mindestens drei Staustufen im Rhein zwischen Straßburg und Karlsruhe plant?
Herr Kollege, Presseberichte, wonach Frankreich die Errichtung von mindestens drei Staustufen im Rhein zwischen Straßburg und Karlsruhe plant, sind in dieser Form nicht zutreffend. Der Sachstand ist folgender: Frankreich hat, gestützt auf alte vertragliche Rechte, 1962 auf diplomatischem Wege den Wunsch geäußert, gemeinsam mit der Bundesrepublik die rund 60 km lange Grenzstrecke des Rheins von Straßburg/Kehl bis zur deutsch-französischen Grenze bei Lauterburg auszubauen. Nach den neuesten französischen Plänen ist angeregt, dies nach der Methode der Flußkanalisierung durchzuführen. Diese französischen Pläne sehen in dieser GrenzBundesminister Dr.-Ing. Seebohm
strecke zwei Staustufen und in der anschließenden rein deutschen Strecke des Rheines eine dritte Staustufe oberhalb von Karlsruhe vor.
Die Bundesrepublik und Frankreich haben 1962 gemischte Arbeitsgruppen ins Leben gerufen, die die Fragen eines etwaigen Ausbaues des Rheins zwischen Straßburg/Kehl und Lauterburg hydrologisch, technisch. und wirtschaftlich untersuchen sollen. Von den Ergebnissen dieser Untersuchungen wird es vor allem abhängen, welche Stellung die deutsche Seite zu den französischen Plänen einnehmen kann. Ein Zeitpunkt, zu dem diese eingehenden Untersuchungen abgeschlossen sein werden, läßt sich zur Zeit noch nicht angeben.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Spitzmüller.
Herr Minister, ist geplant, sofern diese Untersuchungskommission zu dem Ergebnis kommt, daß Staustufen im Rhein einzubauen möglich ist, auch mit der betroffenen deutschen Bevölkerung Fühlung aufzunehmen, um mit dieser betroffenen Bevölkerung einerseits die Vorteile, daß der Grundwasserspiegel nicht wie bei der Kanalisierung sinkt, zu erörtern und andererseits auch die gefahrvollen Nebenwirkungen von Überflutungen zu berücksichtigen?
Das ist selbstverständlich; denn alle diese Einrichtungen können nur auf Grund von Planfeststellungsverfahren bei uns gemacht werden. Dabei spielt bei dieser Strecke eine besondere Rolle, daß wir hier im Gegensatz zu der Strecke zwischen Basel und Straßburg die Einmündungen einer Reihe von Nebenflüssen haben, der Ill, der Murg, und daß sehr sorgfältige Untersuchungen angestellt werden müssen, damit auch bei Hochwasser, die dort eintreten, ein glatter Abfluß ins Unterwasser erfolgen kann, damit also nicht irgendwelche Rückstauungen eintreten. Im ganzen kann man aber sagen: Die Tendenz geht von französischer Seite dahin, eine möglichst baldige Entscheidung über diesen Ausbau zu bekommen. Von deutscher Seite ist eine sehr intensive Untersuchung notwendig, weil wir uns bisher mit der Frage noch gar nicht beschäftigt haben. Auf der anderen Seite sind die Franzosen mit dem Ausbau der sogenannten Schlingenlösung bis Straßburg sicherlich noch bis 1970/71 beschäftigt, so daß an eine Ausführung vor dem nächsten Jahrzehnt überhaupt nicht gedacht ist.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Josten.
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, ob von den 'französischen Behörden eine deutsche finanzielle Beteiligung gewünscht wird?
Darüber sind die Besprechungen noch nicht zum Abschluß gekommen. Es schien so, daß die Franzosen die Absicht hatten, mit uns gemeinsam den Ausbau vorzunehmen. Dabei würden natürlich ganz andere Voraussetzungen zu erfüllen sein als bei der Strecke oberhalb von Straßburg, und zwar bezüglich der Kraftgewinnung, der Erträge der Kraftgewinnung und 'bezüglich der Schiffahrtsfragen, die damit zusammenhängen. Aber diese ganze Frage ist zur Zeit noch nicht geklärt. Ich kann nur vermuten, daß die Franzosen einen solchen Wunsch haben werden.
Ich danke Ihnen, Herr Bundesminister. Die anstehenden Fragen sind beantwortet.
Ich rufe auf Punkt 2 der Tagesordnung:
Bericht der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und .5 des Landwirtschaftsgesetzes ({0}).
Das Wort hat der Herr Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung legt dem Hohen Haus mit dem Grünen Bericht 1964 den neun- ten Bericht dieser Art seit der Verabschiedung des Landwirtschaftsgesetzes im Jahre 1955 vor. In seiner aus den bisherigen Veröffentlichungen bekannten Gliederung gibt er einen umfassenden Überblick über die Lage der Landwirtschaft im Wirtschaftsjahr 1962/63. Erweiterungen gegenüber den Vorjahren sind dort vorgenommen worden, wo dies mit Rücksicht auf die Fortschritte der gemeinsamen Agrarpolitik in der EWG und ihre Auswirkungen vor allem auf die Landwirtschaft der Bundesrepublik als notwendig erschien. Die Tatsache, daß die Methodik zur Feststellung der Ertragslage allgemein als objektiv anerkannt ist, verleiht dieser Darstellung zusammen mit den Ergebnissen aus acht vorhergehenden Wirtschaftsjahren 'dokumentarischen Wert. Für die sachliche Diskussion agrarpolitischer Fragen ist dieses Material unentbehrlich geworden.
Uns allen steht noch das ungünstige Bild der Einkommenslage in der Landwirtschaft vor Augen, das der Grüne Bericht 1963 auswies. Verschiedene Umstände, vor allem die extrem schlechte Ernte des Jahres 1961 und die starke Lohnsteigerung in der gewerblichen Wirtschaft, waren der Grund für eine beträchtliche Ausweitung der Gesamtdisparität. Um so erfreulicher ist die Tatsache, daß sich die Lage der Landwirtschaft im abgelaufenen Wirtschaftsjahr 1962/63 spürbar gebessert hat. Die Verkaufserlöse haben sich gegenüber 1961/62 beachtlich erhöht, so daß sich der Barüberschuß zwischen Verkaufserlösen und gesamten Betriebsausgaben um rund 1,8 Milliarden DM vergrößerte. Diese Verbesserung erscheint deshalb besonders günstig, weil im Wirtschaftsjahr 1961/62 ein größerer Rückschlag erfolgt war.
Nach den Vorschätzungen für das laufende Wirtschaftsjahr 1963/64 kann damit gerechnet werden, daß sich der Barüberschuß zwischen den Verkaufserlösen und den gesamten baren Betriebsausgaben um 1,7 Milliarden DM gegenüber 1962/63 erhöht.
Für eine Beurteilung des Barüberschusses ist zu berücksichtigen, daß er den Landwirten nicht ausschließlich zu ihrer persönlichen Verwendung verbleibt, sondern aus. ihm vor allem der Barlohnanspruch der in den Betrieben mitarbeitenden und etwa 2 Millionen Arbeitskräfte umfassenden Familienarbeitskräfte beglichen werden muß, das in seiner Höhe von dem Lohnniveau in der gewerblichen Wirtschaft bestimmt wird.
Die Feststellung der erfreulichen Entwicklung der Ertragslage möchte ich meinen Ausführungen vorausschicken, um die augenblickliche Situation unserer Landwirtschaft zu kennzeichnen. Gerade im gegenwärtigen Zeitpunkt erscheint es mir besonders wichtig, das Vertrauen unserer Landwirtschaft in ihre Leistungsfähigkeit zu festigen.
Das Ergebnis des abgelaufenen Wirtschaftsjahres und die Vorausschau auf die Ergebnisse des Wirtschaftsjahres 1963/64 sind zwar kein Grund für einen übertriebenen Optimismus 'im Hinblick auf die künftige Entwicklung. Sie bestätigen aber eindeutig, daß die Bundesregierung mit den agrarpolitischen Maßnahmen im Rahmen des Grünen Planes auf dem richtigen Weg ist, der Zielsetzung des Landwirtschaftsgesetzes näherzukommen. Trotzdem muß auch weiterhin durch Selbsthilfe das Entscheidende in den Betrieben und auf dem Weg der Erzeugnisse vom Betrieb zum Markt geschehen. Hier wird über größere Werte entschieden, als sie etwa in Aufstockungen der Grünen Pläne geboten werden könnten.
Die Agrarverhandlungen in Brüssel haben deutlich gemacht, daß die Integration der Agrarwirtschaft in die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft trotz der damit verbundenen großen Schwierigkeiten notwendig ist. Die Bundesregierung wird auch in den künftigen Verhandlungen in der EWG ihr Mögliches tun, die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Landwirtschaft durch gleiche Erzeugungs- und Absatzmöglichkeiten in der Gemeinschaft zu sichern.
Nicht nur in Westeuropa, sondern auch in allen anderen hochindustrialisierten Ländern der westlichen Welt steht die Landwirtschaft in einem Anpassungsprozeß, den man als Betriebs- und marktwirtschaftliche Revolution bezeichnen kann. Das besondere Problem für die deutsche Landwirtschaft liegt darin, daß ihr weit weniger Zeit als in manchen anderen Ländern dafür zur Verfügung steht.
Auch Agrarpolitik ist die Kunst des Möglichen; sie ist oft von Verhältnissen bestimmt, auf die sie selbst keinen Einfluß nehmen kann. Es erscheint mir notwendig, den Kritikern die Aufgaben ins Gedächtnis zu rufen, die der Agrarpolitik nach dem letzten Krieg gestellt waren: Höchstmaß an Selbstversorgung und Eingliederung eines ungeheuren Zustroms vertriebener und geflüchteter landwirtschaftlicher Bevölkerung in das Erwerbsleben. Während unsere Verhältnisse es erforderten, noch eine Massenproduktion zu betreiben, entstanden in verschiedenen anderen Industriestaaten bereits die ersten Selbstbedienungsläden mit standardisierter Qualitätsware aus hierauf ausgerichteten landwirtschaftlichen Erzeugnissen. Man macht es sich zu leicht, die damals notwendige Agrarpolitik als „Erzeugung um jeden Preis" oder als „Agrarprotektionismus" abzutun und ihr die Verantwortung für die heutigen Probleme der Landwirtschaft - von der Agrarstruktur bis zum Getreidepreis - zuzuschieben.
Bereits nach der Währungsreform vollzog sich in der westdeutschen Landwirtschaft die Wandlung von der bisher angestrebten hohen Flächenproduktivität zur kombinierten Flächen- und Arbeitsproduktivität. Diese Entwicklung wurde von der stärker zunehmenden Einkommensbildung in dem Bereich der gewerblichen Wirtschaft und dem davon ausgehenden Sog auf dem Arbeitsmarkt ausgelöst und vor allem von den bisher beispiellosen Fortschritten der Agrartechnik und ihren vielgestaltigen Einsatzmöglichkeiten unterstützt.
Die Agrartechnik löste selbst wieder vielfältige Wandlungen der Arbeitsverfassung, der Betriebsgrößenstruktur und der Produktionsgestaltung im weitesten Sinne aus. Dieser Umschichtungsprozeß ist heute noch in vollem Fluß, da sich die Agrarstruktur wegen der Höhe der Umstellungskosten nur allmählich den Erfordernissen der Technik anpassen kann.
Die Folgeerscheinungen sind bekannt. Von 1950/51 bis 1962/63 wanderten rund 1,63 Millionen Vollarbeitskräfte oder 42 % des Bestandes aus der Landwirtschaft ab. Allein im abgelaufenen Wirtschaftsjahr schieden rund 67 000 Arbeitskräfte aus der landwirtschaftlichen Produktion aus. Der Berufswechsel zahlreicher Menschen aus der Landwirtschaft in andere Wirtschaftsbereiche beruhte auf der freien Entscheidung der einzelnen, die gebotenen Möglichkeiten zur Verbesserung ihrer Einkommensverhältnisse wahrzunehmen. Er war verständlicherweise dort am größten, wo in erreichbarer Nähe gewerbliche Arbeitsplätze zur Verfügung stehen, so daß der Familienwohnsitz beibehalten werden konnte.
Der Abbau der betrieblichen Vollarbeitskräfte war in den unteren Betriebsgrößenklassen am stärksten, während die Zahl der Vollarbeitskräfte in den Betrieben mit 10 und mehr ha landwirtschaftlicher Nutzfläche geringfügiger zurückging. Von den ständigen Landarbeitern wanderten vor allem die ungelernten Hilfskräfte ab, so daß heute mindestens die Hälfte aller Landarbeiter Fach- oder Spezialkräfte sind. Andererseits hatte der Berufswechsel landwirtschaftlicher Familienarbeitskräfte zur Folge, daß von den in den Haushaltungen der landwirtschaftlichen Betriebe mit 5 und mehr ha landwirtschaftlicher Nutzfläche lebenden Personen - abgesehen von den Jugendlichen unter 14 Jahren - nur noch 55'°/o ihren überwiegenden Lebensunterhalt aus der Landwirtschaft beziehen. Die übrigen erhalten ihr Einkommen überwiegend aus einer hauptberuflichen Erwerbstätigkeit in anderen Wirtschaftsbereichen, aus Renten, Pensionen oder eigenem Vermögen, oder sie sind Altenteiler.
Weiterhin ist bezeichnend für die Entwicklung in der westdeutschen Landwirtschaft, daß die Zahl
der landwirtschaftlichen Betriebe seit 1949 bis 1963 um rund 21 % zurückging. Während in den Größenklassen von 0,5 bis 10 ha rund 468 000 Betriebe aufgegeben wurden, erhöhte sich die Zahl der Betriebe mit 10 bis 100 ha um rund 56 000. Das Produktionsvolumen der aufgegebenen Betriebe war zu klein, um bei dem heutigen Stand der Produktionstechnik je Arbeitskraft ein angemessenes Einkommen erzielen zu können. 70 % der freigewordenen Nutzflächen dieser Betriebe dienten dazu, Betriebe in den Größenklassen von 10 bis 100 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche aufzustocken, während ein Teil der nichtexistenzfähigen Betriebe sich zu Nebenerwerbsbetrieben oder Wohnheimstätten verkleinerte.
Die Strukturentwicklung zeigt also eindeutig, daß die bäuerlichen Betriebe im Sinne der Zielsetzung unserer Agrarstrukturpolitik sowohl zahlen- als auch flächenmäßig gefördert wurden. Die Bundesregierung bleibt bemüht, diese Entwicklung sich sowohl in menschlicher wie in wirtschaftlicher Beziehung so reibungslos wie nur irgend möglich vollziehen zu lassen.
Mit dieser strukturellen Umschichtung war gleichzeitig eine beachtliche Leistungssteigerung verbunden. Seit 1950/51 konnte trotz des erheblichen Rückgangs der Zahl der Erwerbstätigen in der Landwirtschaft die Nahrungsmittelerzeugung um 47 % gesteigert werden, so daß heute die Nahrungsmittelversorgung einer um fast 8 Millionen größeren Bevölkerung zu rund 70 % aus der inländischen Produktion gesichert ist.
({0})
Die höhere Leistung einer verminderten Zahl von Arbeitskräften führte von 1950/51 bis 1962/63 zu einer Steigerung der Arbeitsproduktivität um 152 %; ein auch im Vergleich zur gewerblichen Wirtschaft beachtlicher Erfolg.
Die ständige Abwanderung von Arbeitskräften aus der Landwirtschaft hat die Betriebsleiter gezwungen, in immer stärkerem Maße Kapital in Form von Maschinen und technischen Einrichtungen einzusetzen. Während zu Anfang der 50er Jahre je ausgeschiedene Arbeitskraft 4800 DM an Nettoinvestitionen für neue Maschinen erforderlich waren, mußte 1962/63 mit 10 300 DM bereits mehr als das Zweifache dieses Betrages aufgewendet werden. Im genannten Zeitraum investierte die westdeutsche Landwirtschaft insgesamt rund 29 Milliarden DM, davon allein über 21 Milliarden DM für neue Maschinen. Der Wert des gesamten landwirtschaftlichen Aktivkapitals betrug 1954/55 rund 26 000 DM je Arbeitskraft und erhöhte sich bis 1962/63 auf rund 46 000 DM je Arbeitskraft. Auch in der Landwirtschaft setzt sich immer mehr die Arbeitsteilung durch. Sie nähert sich damit immer mehr dem Charakter der übrigen Wirtschaft.
Die Landwirtschaft konnte diese großen Investitionen nicht auf dem Wege der Selbstfinanzierung aufbringen, sondern mußte in erheblichem Umfang Fremdkapital aufnehmen. Trotz des Rückgangs an Investitionen für Maschinen und Gebäude in dem abgelaufenen Wirtschaftsjahr stieg das Fremdkapital 1962/63 auf rund 15,7 Milliarden DM weiter an. Allerdings ist durch die Erweiterung der Zinsverbilligungsaktion erreicht worden, daß sich die Kreditzunahme fast ausschließlich auf die längerfristigen Kredite verlagert hat. Entsprechend erhöhten sich auch die Zinsleistungen 1962/63 auf 808 Milliönen DM. Gemessen an den gesamten Verkaufserlösen sind sie mit 3,6 % aber niedriger als im Vorjahr.
Auch in der Zukunft ist noch mit erheblichen Investitionsausgaben zu rechnen. Allein um das derzeitige Maschinenkapital zu erhalten, d. h. die abgenutzten und veralteten Maschinen zu ersetzen, sind jährliche Investitionsausgaben von ca. 1,4 Milliarden DM erforderlich. Bei den heutigen Preisverhältnissen wird sich der Investitionsbedarf für Maschinen in den nächsten 10 Jahren auf schätzungsweise 22 Milliarden DM belaufen, wovon fast zwei Drittel auf Ersatzbeschaffungen fallen.
Verglichen mit der Außenwirtschaft ist die Hofwirtschaft mit ihren vielfach veralteten und unzweckmäßigen Gebäuden noch weit im Rückstand. Gerade für die bäuerlichen Betriebe führte deshalb die Abwanderung der Fremdarbeitskräfte zu einer starken Belastung der Betriebsleiter und ihrer mithelfenden Familienangehörigen. Entsprechend ist der Investitionsbedarf für Neu-, Um- und Erweiterungsbauten sowie für die Aussiedlungen in den nächsten 10 Jahren sehr hoch.
Die Leistungssteigerungen der Landwirtschaft, vor allem die bedeutende Verbesserung der Arbeitsproduktivität, führten zusammen mit den staatlichen Hilfen zu einer Erhöhung der Einkommen. Sieht man vom Wirtschaftsjahr 1961/62 ab, in dem wegen der ungewöhnlichen Witterung eine schlechte Ernte eingebracht wurde, dann hat sich das Einkommen je Vollarbeitskraft in der Landwirtschaft seit 1954/55 von Jahr zu Jahr um insgesamt rund 2330 DM verbessert. Trotzdem reichte diese Einkommenssteigerung um rund 100 % nicht aus, sowohl mit der raschen Entwicklung des Pro-Kopf-Einkommens in der gewerblichen Wirtschaft Schritt zu halten, das um rund 3000 DM zunahm, als auch den bestehenden Einkommensabstand einzuholen. 1962/63 hat sich der Abstand zwischen dem Einkommen dieser Vergleichsgruppen wegen der beachtlichen Zunahme der Verkaufserlöse von pflanzlichen und besonders von tierischen Produkten zwar erheblich vermindert, er ist mit 29 % aber immer noch größer als im Durchschnitt der Jahre 1957/58 bis 1960/61, als er 26 % betrug.
Der Einkommensabstand wäre ohne die Hilfen des Bundes, die in den untersuchten Betriebsgruppen zwischen 11 und 30 % des Betriebseinkommens ausmachten, noch größer gewesen. Es hat sich dabei gezeigt, daß die Förderungsmaßnahmen, bezogen auf die Flächeneinheit, insbesondere auch den kleineren Betrieben zugute gekommen sind.
Für das laufende Wirtschaftsjahr ist nach vorläufiger Schätzung der Verkaufserlöse und der Betriebsausgaben zu erwarten, daß sich die Einkommensverhältnisse in der Landwirtschaft gegenüber 1962/63 verbessern werden. Der Einkommensabstand
zwischen den vergleichbaren gewerblichen Berufsgruppen und den in der Landwirtschaft Tätigen wird sich entsprechend verringern. Wie weit das geschieht, hängt vor allem von der Lohnentwicklung in der gewerblichen Wirtschaft ab. Schon jetzt ist aber zu sagen, daß vor allem die Masse der Betriebe von einer Einkommensparität noch weit erntfernt bleiben wird.
Das Gesamtbild der Einkommenssituation in der Landwirtschaft und ihrer künftigen Entwicklung zeigt also gegenwärtig gute Ansätze zu einer erfreulichen Verbesserung. Wir sollten zwar nicht übersehen, daß die Gunst der Natur dazu nicht unwesentlich beigetragen hat. Wichtig scheint aber zu sein, aus den aufgezeigten Tatbeständen die notwendigen Folgerungen zu ziehen. Voraussetzung dafür ist die positive Einstellung der Betriebsleiter und aller in der Landwirtschaft erwerbstätigen Menschen zu den Aufgaben, die der Landwirtschaft im modernen Industriestaat gestellt sind. Auch die Landwirtschaft ist als Bestandteil der gesamten Volkswirtschaft dem Prinzip des Wettbewerbs unterworfen. Es ist nicht zu leugnen, daß der Wettbewerb weiterhin hart bleiben wird und große Anstrengungen von jedem Landwirt fordert, der sich darin behaupten will. Die westdeutsche Landwirtschaft hat im vergangenen Jahrzehnt bewiesen, daß sie bereit ist, sich in diesem Umstellungsprozeß von einmaligem Ausmaß den harten Realitäten der Wirtschaftsentwicklung anzupassen.
Je mehr Funktionen die Technik in der landwirtschaftlichen Produktion übernimmt, desto größer wird das Arbeitsvolumen, das von einer Arbeitskraft bewältigt werden kann. Damit verschiebt sich die untere Grenze eines wirtschaftlich lebensfähigen Betriebes immer mehr nach oben. In den größeren Betrieben liegen die Anpassungsschwierigkeiten vor allem auf betriebsorganisatorischem Gebiet. Der ständige Rückgang der Arbeitskräfte, der zweifellos auch in den kommenden Jahren noch anhalten wird, übt einen zunehmenden Zwang aus, die Betriebsorganisation mehr oder weniger zu vereinfachen. Das bedeutet aber gleichzeitig, daß das wirtschaftliche Risiko dadurch vergrößert wird.
Die Landwirtschaft steht aber auch vor der schwierigen Aufgabe, ihren Marktanteil im Wettbewerb mit den übrigen EWG-Ländern und mit der Konsumgüterindustrie zu behaupten: Das erfordert eine Verbesserung der Marktstruktur im Sinne einer engeren Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Betrieben und mit den übrigen Sparten der Ernährungswirtschaft.
Die Landwirtschaft hat in der Vergangenheit bewiesen, daß an ihrer Leistungsfähigkeit grundsätzlich nicht zu zweifeln ist. Sie hat nach besten Kräften versucht, die Schwierigkeiten zu meistern, die mit der Anpassung an die von der Technik bestimmte Wirtschaftsweise entstehen. Viele Probleme werden zusätzlich dadurch verschärft, daß gleichzeitig die Integration in den europäischen Agrarmarkt vollzogen werden muß.
Es gilt deshalb, die agrarpolitischen Maßnahmen des Staates so einzusetzen, daß sie nicht nur Härten des Umstellungsprozesses mildern, sondern in hohem Maße richtungweisend für die Landwirtschaft wirken. Dann wird es den unternehmerischen Kräften in der Landwirtschaft auch gelingen, die technischen, Betriebs- und marktorganisatorischen Möglichkeiten für eine gesunde Entwicklung unserer bäuerlichen Familienbetriebe auszuschöpfen.
Das Landwirtschaftsgesetz zählt die Mittel auf, welche der Bundesregierung zur Erreichung dieser Anpassung zur Verfügung stehen: Sie können aus den Bereichen der allgemeinen Wirtschafts- und Agrarpolitik, im besonderen der Handels-, Steuer-, Kredit- und Preispolitik stammen. Der Grüne Plan ist das wichtigste Werkzeug der Agrarpolitik, in welchem Maßnahmen aus den genannten Teilbereichen zusammengefaßt sind. Er liegt Ihnen als Drucksache vor, so daß ich die Kenntnis der Sie interessierenden Einzelheiten voraussetzen darf. Ich kann meine Bemerkungen also auf die wichtigsten Positionen konzentrieren.
Das Gesamtvolumen des Grünen Planes 1964 ist durch einen Kabinettsbeschluß vom 30. Oktober 1963 mit 2,525 Milliarden DM in der Höhe des Vorjahres festgelegt worden. Ich darf hier daran erinnern, wie die Höhe des Vorjahres zustande gekommen war. Nachdem vorauszusehen war, daß die schlechte Ernte des Jahres 1961 eine erhebliche Verringerung der landwirtschaftlichen Einkommen im Grünen Bericht 1963 ausweisen würde, war der Grüne Plan von 1962 auf 1963 bereits von rund 2,1 Milliarden auf rund 2,5 Milliarden DM aufgestockt worden. Wenn die Höhe des Vorjahres im Grünen Plan 1964 nicht überschritten wurde, dann lagen dafür zwei gewichtige Gründe vor:
1. der Beschluß des Bundeskabinetts, den Gesamthaushalt im Intereese der Stabilität der Währung auf 60,3 Milliarden DM zu begrenzen - wenn damit Verschiebungen zwischen den Einzelplänen auch nicht ausgeschlossen wurden, so mußte sich dieser grundsätzliche Beschluß zwangsläufig gegen eine weitere Aufstockung des Grünen Planes auswirken -,
2. die im vorliegenden Grünen Bericht ausgewiesene spürbare Verbesserung der Lage der Landwirtschaft im Wirtschaftsjahr 1962/63, die sich nach den Vorschätzungen auch 1963/64 fortsetzen dürfte.
Ich lege aber Wert darauf, zu betonen, daß der Grüne Plan mit dieser Gesamtsumme nicht dem unmittelbaren Ausgleich einer Disparität dienen soll. Er ist vielmehr ein Mittel, die Landwirtschaft in den Stand zu setzen, den schon einmal erwähnten Anpassungs- und Umstellungsprozeß zu erleichtern. Dieser Prozeß hat sich vom Inkrafttreten des Landwirtschaftsgesetzes im Jahre 1955 bis zum Wirksamwerden der ersten gemeinsamen Marktordnungen der EWG 1962 im wesentlichen noch im Rahmen einer nationalen Wirtschaft vollzogen, welche die volle Souveränität im Hinblick auf die Mittel der Handels- und Preispolitik hatte, wie sie im Landwirtschaftsgesetz angesprochen wurden. Die Veränderung ist bekannt, die sich hier durch die gemeinsamen Marktordnungen der EWG und durch
ihre gemeinsamen Außenhandelspolitik ergeben hat.
Der Grüne Plan beruht, wie gesagt, auf dem Landwirtschaftsgesetz, das älter ist als der EWG-Vertrag. Aber auch ohne eine direkte Beziehung zwischen Landwirtschaftsgesetz und EWG-Vertrag ist der Grüne Plan seit dem Bestehen der EWG von der Bundesregierung als eine Hilfe zur Eingliederung der deutschen Landwirtschaft in die entstehende europäische Agrarwirtschaft angesehen worden. Ein Großteil seiner Maßnahmen dient direkt, ein anderer Teil indirekt dem Ziele der Konkurrenzfähigkeit der deutschen Landwirtschaft in der EWG. Infolgedessen konnte mit Ausnahme der Düngerverbilligung, die 1963 ausgelaufen ist und 1964 nicht mehr im Grünen Plan erscheint, der Katalog der bewährten Maßnahmen fast unverändert bleiben.
Dagegen wird alljährlich von verschiedenen Seiten die Forderung nach einem mehr oder weniger grundsätzlichen Umbau des Grünen Planes erhoben. Entgegen diesen Wünschen auf einen radikalen Umbau legt die Bundesregierung den Grünen Plan in einer kontinuierlich entwickelten Form vor. Ich darf dies begründen. Die entsprechenden Vorschläge sind zum Teil mit der Absicht auf eine erhebliche neuerliche Aufstockung des Grünen Planes verbunden und hätten nur dann ihre Berechtigung, wenn eine solche stattfinden könnte. Ich darf dazu aber auf meine Ausführungen zur Globalsumme des vorliegenden Grünen Planes verweisen. Aus diesen Gründen erscheint ein grundsätzlicher Umbau des Grünen Planes ohne diese materielle Veränderung nicht angebracht. Im besonderen wären weitgehende Verlagerungen zwischen dem Grünen Plan und den übrigen Kapiteln des Einzelplanes 10 bei gleichbleibender Globalsumme nur als formale Veränderungen anzusehen. Im übrigen wird mit Recht die Forderung erhoben, daß die Grünen Pläne von Jahr zu Jahr möglichst vergleichbar bleiben. Ein häufiger Umbau ohne Rücksicht auf diese Vergleichbarkeit würde den notwendigen Überblick erschweren.
Abgesehen von diesen Umbauwünschen, die letzten Endes auf eine Erhöhung der Gesamtsumme abzielen, waren auch in diesem Jahre zwei Tendenzen erkennbar: eine Tendenz, die Beihilfen zur Verbesserung der Agrarstruktur auf Kosten der Beihilfen zur Verbesserung der Einkommenslage der landwirtschaftlichen Bevölkerung zu erhöhen; und eine Tendenz mit umgekehrter Richtung, die den Grünen Plan ausschließlich den Maßnahmen zur Verbesserung der Einkommenslage vorbehalten möchte.
Ein Vergleich der Vorlage mit den vergangenen Jahren zeigt Ihnen, daß die Bundesregierung im großen und ganzen diesen Tendenzen nicht gefolgt ist, d. h. daß das wohlerwogene Gleichgewicht zwischen diesen beiden größten Gruppen von Maßnahmen erhalten geblieben ist. Der Fortfall der Handelsdüngerverbilligung hat es aber ermöglicht, die Mittel für die Strukturmaßnahmen entsprechend aufzustocken. Vorwürfe der Art, die Grünen Pläne vernachlässigten die Strukturmaßnahmen zugunsten gewisser Subventionen, sind aus der Luft gegriffen. Es ist auch zu berücksichtigen, daß der beliebigen
Ausweitung agrarstruktureller Maßnahmen, etwa durch mechanische Aufstockung der Ansätze ohne Rücksicht auf die technische Infrastruktur, bestimmte Grenzen gezogen sind. Das gleiche gilt auch bei den Maßnahmen zur Veränderung der Marktstruktur, auf die ich noch zu sprechen kommen werde. Unorganische Veränderungen der Ansätze könnten hier wie dort die Gefahr einer Fehlleitung von Mitteln zur Folge haben.
Manche Vorschläge für eine Neugestaltung des Grünen Planes gehen von der Annahme aus, die Agrarpolitik der Bundesregierung bedürfe einer „neuen Leitidee" und diese müßte sich in einer ebenso plötzlichen Veränderung des Aufbaues des Grünen Planes äußern. Ich darf daran erinnern, daß das Problem unserer Agrarstruktur schon 1953, vor gut einem Jahrzehnt, von meinem damaligen Amtsvorgänger, dem heutigen Herrn Bundespräsidenten, aufgeworfen worden ist. Seitdem haben die entsprechenden Maßnahmen eine ständige Ausweitung erfahren. Dies ist geschehen bei Wahrung einer Kontinuität, die sowohl für die technische Durchführung wie für die verwaltungsmäßige Bewältigung und für die geistige Vorbereitung solcher langfristiger Projekte unbedingt notwendig ist.
Leitidee der Agrarpolitik der Bundesregierung in diesem Wandel ist die Überführung der Landwirtschaft der Bundesrepublik, bei gleichzeitiger Erhaltung ihrer materiellen und ideellen Werte, in die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft. In Verfolgung dieser Leitidee hat die praktische Agrarpolitik einen Mittelweg zu gehen, der sich von überholten autarkistischen Vorstellungen ebenso freizuhalten hat wie von der Vorspiegelung einer möglichen Preisgabe der einheimischen Produktion. Die Vorgänge der letzten Monate auf gewissen Märkten haben gezeigt, daß nicht nur in der EWG, sondern auch in der Welt ein gleichzeitiger Mangel an bestimmten Erzeugnissen eintreten kann. Eine leistungsfähige Eigenproduktion in allen Partnerstaaten der EWG zu erhalten, liegt auch im Interesse der Versorgung des Verbrauchers.
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Wenn Sie den Aufbau des Grünen Planes 1964 unter diesem Gesichtspunkt betrachten, dann gewinnen auch die Maßnahmen des Teiles II ein neues Gesicht. Der augenfälligste Posten hierin ist der Beitrag zur Qualitätsverbesserung der Milch, der wieder annähernd in Höhe des Ansatzes des Vorjahres erscheint. Er ist auf einen Förderungszuschlag von 4 Pf je kg Milch abgestellt. Nachdem diese Höhe im vorigen Jahre ausdiskutiert worden ist, kann ich mich dazu auf diese Feststellung beschränken. Es ist verschiedentlich die Meinung geäußert worden, daß hier infolge der Brüsseler Beschlüsse vom Dezember 1963 eine plötzliche Veränderung eintreten müßte; d. h. im besonderen, daß die grundsätzliche Einigung über eine Verordnung über die schrittweise Errichtung einer gemeinsamen Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse einen Wegfall oder Umbau dieser Maßnahme erzwingt.
Es bestand aber kein Anlaß, die Beihilfe zur Qualitätsverbesserung der Milch im Grünen Plan 1964
wegfallen zu lassen oder ganz oder teilweise in andere Formen von Beihilfen zu überführen. Dieses Problem wird auf Grund des Ratsbeschlusses vom Dezember 1963 erst dann voll überschaubar sein, wenn der gemeinsame Richtpreis für Milch bekannt ist, von dem alle weiteren Maßnahmen ausgehen müssen. Im besonderen wird von der weiteren Entwicklung abhängen, ob die Bundesregierung der Empfehlung wird folgen können, schon von 1966/67 an mit der Umwandlung der Milchprämie in produktenneutrale Beihilfen zu beginnen. Inzwischen bitte ich Sie, diese Maßnahme nicht nur, als eine Erzeugersubvention zu betrachten, wie das vielfach geschieht. Sie kann ebenso als eine Subvention im Interesse der Verbraucher angesehen werden, als welche sie in anderen Ländern auch offen deklariert wird.
({2})
Wir haben uns aber nicht nur mit dieser Maßnahme zufrieden gegeben. Es ist gelungen, die Selbsthilfe der Milchwirtschaft zum Zweck ihrer Strukturverbesserung zu mobilisieren. Der Ernährungsausschuß des Hohen Hauses hat mir die Frage gestellt, was bisher hinsichtlich des strukturellen Umbaues der Milchwirtschaft geschehen ist und welche Planungen für die Zukunft vorliegen. Ein umfangreicher Bericht darüber ist dem Ernährungsausschuß dieser Tage vorgelegt worden. Aus ihm geht eindeutig hervor, daß der Umbau dieses wichtigen Zweiges der Land- und Ernährungswirtschaft gute Fortschritte macht und daß er nach übereinstimmender Meinung auch der Ländervertreter während der Übergangszeit der EWG fortgesetzt werden soll.
Die deutsche Agrarpolitik muß also die Möglichkeiten ausnutzen, welche ihr von der Übergangszeit geboten werden. Es wäre nicht zu verantworten, wenn sie auf allen Gebieten auf sofortige Regelungen in einem Zuge drängen würde.
({3})
Das gilt, wie gesagt, für die Milchmarktordnung der EWG und die deutsche Qualitätsprämie. Das gilt im Grundsatz aber auch für den deutschen Getreidepreis.
({4})
Die Beispiele Milch und Getreide machen deutlich, daß die Bundesregierung es als ihre Aufgabe ansieht, die im Vertrage mit voller Absicht vorgesehene Übergangszeit für die Agrarpolitik zu nutzen. In dieser Zeit muß selbstverständlich alles getan werden, um die Selbsthilfe der Landwirte auch auf anderen Gebieten als dem bereits genannten der Milchwirtschaft zu mobilisieren. Diesem Zweck dienen im Teil II des Grünen Planes besonders die beiden im Vorjahr neu geschaffenen Positionen für die. Förderung der horizontalen und vertikalen Verbundwirtschaft. Hier finden Sie, besonders wenn Sie noch den Grünen Plan 1962 zum Vergleich heranziehen, die prozentual stärksten Erhöhungen einzelner Positionen. Diese sind durch folgende Überlegung gerechtfertigt: Alle Prognosen über die Stellung der deutschen Landwirtschaft im Gemeinsamen
Markt müssen davon ausgehen, daß es ihr gelingt, ihre Marktanteile zu halten. Ohne diese Annahme kann es überhaupt keine befriedigende Vorausschau geben. Marktanteile sind heute grundsätzlich nur zu behaupten, wenn das Angebot quantitativ und qualitativ in zeitgemäßer Form erscheint. Deswegen dienen diese Mittel des Grünen Planes dazu, die unternehmerische Initiative sowohl in der Erzeugung als in der Vermarktung zu wecken und zu unterstützen. Dabei drückt schon das Wort „Integration" aus, daß es sich in allen Fällen um moderne Gemeinschaftsformen handelt.
Teil III der Vorlage enthält die Zinsverbilligungsaktion, die mit gewissen Varianten fortgesetzt werden soll. Es wäre z. B. erwünscht, die Gewährung der Zinszuschüsse für größere Kredite von der Verpflichtung abhängig zu machen, daß buchmäßige Aufzeichnungen gemacht werden, um wenigstens in Zukunft - im eigensten Interesse des Landwirts - eine betriebswirtschaftliche Unterlage verfügbar zu haben.
Die vorgesehenen Mittel stellen sicher, daß in diesem Jahre das gleiche, mit rund 1,7 Milliarden DM sehr erhebliche Darlehnsvolumen wie im Jahre 1963 zinsverbilligt gegeben werden kann. Ob den von verschiedenen Seiten laut gewordenen Wünschen nach einer noch stärkeren Zinsverbilligung, z. B. bei Aussiedlungen, Althofsanierungen usw., bis herunter auf 1 '°/o entsprochen werden kann, bedarf eingehender Prüfung; insbesondere dahin, ob die Bedenken behoben werden können, die sich in erster Linie aus einer kaum vertretbaren Verlängerung der Laufzeiten ergeben.
Auch die Konsolidierung kurzfristiger Verbindlichkeiten wird weiter gefördert, eine Maßnahme, die ja eben erst anläuft und ihre Zeit braucht, um den gewollten Effekt zu erreichen. Grundlegende Änderungen des angewandten Verfahrens würde ich im Interesse der Einheitlichkeit dieser auf lange Sicht gedachten Aktion nicht für nützlich halten, obwohl auch in dieser Hinsicht manche Wünsche laut geworden sind. Ich beabsichtige aber, die zur Zeit bestehende Bindung zwischen neuer Investition und altem Schuldenüberhang zu lockern.
({5}) - Ein Wunschtraum!
Alles in allem stelle ich fest, daß für die Versorgung der Landwirtschaft mit Kredit zu tragbaren Zinssätzen sehr viel geschehen ist - und durchaus auch weiterhin geschehen soll -, daß aber darüber hinausgehende Bestrebungen oft bereits die Grenze dessen überschreiten, was mit kreditpolitischen Mitteln angestrebt werden darf. Ich bin nämlich der Ansicht, daß Einkommensverbesserungen auf andere Weise als durch immer stärkere Zinsverbilligungen erreicht werden sollten, weil sonst der Kredit der Landwirtschaft - im Sinne der eigentlichen Wortbedeutung: Kredit gleich Vertrauen - eines Tages empfindlich leiden könnte. Das möchte ich unbedingt vermeiden.
({6})
Zum Schluß darf ich auf zwei Maßnahmen hinweisen, die in den agrarstrukturellen Maßnahmen enthalten sind und der Verbesserung der sozialen Lage der Landwirtschaft dienen: den Zuschuß zur Altershilfe und die Beihilfe zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung. Diese Positionen stellen aber noch keineswegs den Anfang einer Gleichstellung des deutschen Bauern in bezug auf die Sozialmaßnahmen anderer Partnerstaaten der EWG dar. Es steht aber außer Zweifel - und das Mitglied der Kommission von der Groeben hat es erst kürzlich wieder bestätigt -: je mehr die Märkte in der EWG sich vereinheitlichen werden, um so stärker werden die übrigen Diskrepanzen, etwa in sozialer und steuerlicher Hinsicht, in Erscheinung treten. Verschiedenheiten, -die in den früheren Nationalwirtschaften als selbstverständlich hingenommen wurden, werden eines Tages als Wettbewerbsverfälschungen angesehen werden. Wenn wir ernsthafte Rückschläge für benachteiligte Erzeugungsbereiche und benachteiligte Gebiete vermeiden wollen, müssen wir uns in verstärkter Weise um die Kostenangleichung bemühen.
({7})
Zur Zeit wird von der Kommission der EWG geprüft, inwieweit besondere Förderungsprogramme für betroffene Sektoren und Regionen mit der Herstellung des Gemeinsamen Marktes vereinbar sind. Wir haben dazu von seiten der deutschen Agrarpolitik als Wünsche anzumelden, daß wir neben dem Wunsch nach einer allgemeinen Verbesserung der Lage der Landwirtschaft durchaus noch den besonderen haben, uns um die von Natur benachteiligten Gebiete auch in Zukunft ebenso kümmern zu können, wie es etwa der vorliegende Grüne Plan mit 110 Millionen DM ausweist.
({8})
Wir wollen in der Bundesrepublik kein Auseinanderfallen unserer einheitlichen Kulturlandschaft in problematische Ballungsräume einerseits, leergewanderte Agrar- und Grenzräume andererseits.
({9})
Hier ergeben sich, im Zusammenhang mit der Raumordnung, Ansatzpunkte für Regionalprogramme, die durchaus mit dem Geist des Vertrages von Rom vereinbar sind. Es muß unser Bemühen sein, den Ausgleich zwischen Stadt und Land immer wieder und auf allen im Landwirtschaftsgesetz genannten Bereichen zu finden.
Es besteht in manchen Teilen der deutschen Öffentlichkeit die Neigung, die Landwirtschaft neben ihrer Bedeutung für die Ernährungswirtschaft in erster Linie als ein Reservoir von Arbeitskräften für den ungestillten Bedarf der expandierenden Wirtschaft zu sehen.
({10})
Es liegt also im allgemeinen Interesse, nicht nur dem der Landwirtschaft, auf folgendes hinzuweisen. Der Altersaufbau unserer landwirtschaftlichen Bevölkerung hat sich in den letzten Jahren in besorgniserregender Weise verändert. Die bekannte Pyramide der bevölkerungsstatistischen Diagramme weist im landwirtschaftlichen Bereich eine völlig unzureichende schmale Basis aus. Bei einer gleichmäßigen Fortsetzung dieser Entwicklung wäre in Zukunft nicht einmal mit einer Selbsterhaltung der ländlichen Bevölkerung zu rechnen, geschweige denn mit einer laufenden Abgabe von Bevölkerungsüberschüssen an die übrige Wirtschaft. Der Hinweis auf diese alarmierende Entwicklung scheint zwar nicht direkt mit dem vorliegenden Grünen Plan zusammenzuhängen; indirekt aber sehr wohl, und nicht zuletzt mit den eben genannten Maßnahmen zur Verbesserung der sozialen Lage des Bauern.
Sie mögen daraus ersehen, daß die Bundesregierung die Gesamtheit der agrarpolitischen Maßnahmen als eine Einheit betrachtet. Ohne daß wir uns an jede technische Einzelmaßnahme klammern wollen, stehen doch die großen Maßnahmen in Abhängigkeit voneinander. Wir sehen auch den Zusammenhang zwischen dem Bereich der Land- und Ernährungswirtschaft und dem Leben des ganzen Volkes. Der Grüne Plan ist schon bisher umgebaut worden, wenn für diese oder jene Position die politische, wirtschaftliche oder soziale Notwendigkeit einer Umgestaltung gekommen war. Das ist genau so auch in Zukunft möglich. Gerade deswegen liegt der Bundesregierung daran, das wertvolle Werkzeug des Grünen Planes sowohl materiell als auch in der Achtung der öffentlichen Meinung intakt zu erhalten.
({11})
Das Haus hat den Bericht der Bundesregierung entgegengenommen. Die Aussprache ist für die nächste Sitzung vorgesehen.
Meine Damen und Herren, wir stehen am Ende der heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Plenarsitzung ein auf Mittwoch, den 19.. Februar, 9 Uhr.
Die Sitzung ist geschlossen.