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Die Sitzung ist eröffnet.
Vor Eintritt in die Tagesordnung habe ich im Namen des Hauses und in meinem eigenen Namen dem Kollegen Dr. Siemer zu seinem 60. Geburtstag zu gratulieren.
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In der dritten Sitzung des Bundestages am 8. November 1961 ist als 24. ständiger Ausschuß der Ausschuß für Wohnungswesen, Bau- und Bodenrecht eingesetzt worden. Der Ausschuß hat mit Schreiben vom 14. Dezember 1961 angeregt, in Anlehnung an die Neubenennung des korrespondierenden Ministeriums die Bezeichnung wie folgt zu ändern: Ausschuß für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung.
Ist das Haus mit dieser Namensänderung einverstanden? - Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Wir kommen zum einzigen Punkt .der heutigen Tagesordnung, Punkt 9. Ich habe den Eindruck, daß es sich nicht empfiehlt, die unter a), b) und c) aufgeführten Gesetzentwürfe zusammen zu beraten, vielmehr glaube ich, ,daß wir sie gesondert behandeln sollten. Ist das Haus einverstanden? - Zunächst also Punkt 9 a) :
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Wehrpflichtgesetzes ({1}).
Ich erteile das Wort dem Herrn Bundesverteidigungsminister.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Wehrpflichtgesetzes versucht einerseits die Erfahrungen zu verwerten, die mit der Durchführung der Wehrpflicht seit dem Frühjahr 1957 ,gesammelt worden sind, er versucht zum anderen auch ,den veränderten Verhältnissen gerecht zu werden, die seit diesem Zeitpunkt gerade auf dem Gebiete des Arbeitsmarktes einschließlich der damit zusammenhängenden Folgen eingetreten sind. - Die Bundesrepublik Deutschland ist als Mitglied des Nordatlantischen Verteidigungspaktes verpflichtet, für die Verteidigung Europas, für die Verteidigung der gemeinsamen Freiheit der Partner der NATO einen angemessenen Beitrag zu leisten.
Der dem Hohen Hause vorliegende Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Wehrpflichtgesetzes dient dem Ziel, die Verbände der Bundeswehr durch Verlängerung des vollen und auch verkürzten Grundwehrdienstes sowie durch gewisse Regelungen hinsichtlich der Wehrübungszeiten auf den Stand zu bringen, der nach den Anforderungen und Kriterien der NATO notwendig ist. Ich betone in diesem Zusammenhang, daß die Frage der Länge des Grundwehrdienstes unabhängig von der politischen Situation hätte ohnehin geprüft werden müssen, weil sich, wie ich in meinem ersten Satz erwähnte, eben gewisse Veränderungen seit dem Jahre 1957 ergeben haben, denen. man Rechnung tragen muß.
Die Vorgeschichte der bisherigen Regelung ist bekannt. Ich habe aber gerade im Zusammenhang mit einer Reihe von Pressekommentaren über die Vorgeschichte festgestellt, daß sie doch in ihrem Ablauf im einzelnen weitgehend vergessen worden ist. Ich möchte sie jetzt nicht im einzelnen wiederholen, weil das ein sehr umfangreicher Beitrag zur Diskussion in diesem Hohen Hause wäre; aber der Entwurf des Wehrpflichtgesetzes sah ursprünglich einen Grundwehrdienst von 18 Monaten vor. Damals, im Jahre 1955/56, hatten die Gutachter des Verteidigungsausschusses - es waren erfahrene militärische Experten - ursprünglich zwei Jahre in ihrer mündlichen und wohl auch schriftlichen Darstellung vorgeschlagen. Der Bundesrat hatte aber gegen diese Regelung der Länge der Dienstzeit bei der Verabschiedung des Wehrpflichtgesetzes gewisse Bedenken erhoben und hat anstelle der vorgeschlagenen 18 Monate zwölf Monate vorgeschlagen. Deshalb wurde nach meiner Erinnerung auf Vorschlag des Kollegen Dr. Jaeger die Länge des Grundwehrdienstes aus dem Wehrpflichtgesetz ausgeklammert und seine Regelung einem eigenen Gesetz überlassen. Das Wehrpflichtgesetz wurde im Juli 1956 ohne Festlegung der Länge des Grundwehrdienstes von diesem Hohen Haus verabschiedet. Der Grundwehrdienst wurde später in einem eigenen Dienstzeitdauergesetz geregelt.
Man hat in diesem Zusammenhang auch von den Auswirkungen gesprochen, die der sogenannte Rad262
Bundesverteidigungsminister Strauß
ford-Plan hatte. Ich möchte darauf im einzelnen nicht eingehen. Er hat damals bei uns - auch in anderen Ländern - eine umfangreiche Diskussion ausgelöst. Was dem Radford-Plan zugrunde lag, war das Vertrauen auf die voll ausreichende Wirkung der atomaren Abschreckung gerade mit strategischen Waffen, eine Annahme, die zu einer Vernachlässigung der konventionellen Bewaffnung und der konventionellen Streitkräfte geführt hat.
Ich darf daran erinnern, daß die Bundesregierung damals gegen diesen, schriftlich ja nie fixiert gewesenen Plan - er war in dieser Form mehr ein Schlagwort - Bedenken erhoben hat. Damals ist General Heusinger nach Washington geschickt worden mit dem Auftrag, Bedenken zu erheben, weil die Bundesregierung immer eine gewisse Stärke der konventionellen Streitkräfte für notwendig gehalten und eine Alleinabhängigkeit von den Atomwaffen, gerade von den strategischen Atomwaffen, abgelehnt hat. Die Bundesregierung hat seinerzeit wie heute ein ausgewogenes Verhältnis der nuklearen und der konventionellen Bewaffnung im Sinne einer elastischen Reaktionsmöglichkeit für notwendig gehalten. Aber das ist ein anderes Thema, über das hier nicht zu sprechen ist.
Die Frage nach der Länge des Grundwehrdienstes muß unter zwei Gesichtspunkten gesehen werden. Dem einen Gesichtspunkt hätte mit den 12 Monaten Dauer durchaus Rechnung getragen werden können, wenn die Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt so geblieben wären, wie sie in den Jahren 1955, 1956 und wohl auch noch 1957 gewesen sind. Von 1958 an haben sie sich dann allmählich in wirtschaftlich zwar erfreulichem Sinne, aber für die Auswirkungen auf Freiwilligmeldungen in weniger erfreulichem Sinne gestaltet.
Einer der beiden Gesichtspunkte, unter denen die Länge des Grundwehrdienstes - abgesehen von vielen technischen Einzelheiten - zu sehen ist, liegt in der Frage der Ausbildung der Wehrpflichtigen in möglichst vielen Funktionen, die von Wehrpflichtigen besetzt werden sollen; und zwar soll die Ausbildung so sein, daß die Wehrpflichtigen die Funktion, in der sie ausgebildet werden, auch ausüben können. Hier hätte die Länge des Grundwehrdienstes von 12 Monaten für viele Funktionen beim Heer, allerdings für weniger bei der Luftwaffe und für noch weniger bei der Marine, ausgereicht. Dabei ist natürlich zu berücksichtigen, daß die immer stärkere Technisierung moderner Streitkräfte, deren Umfang auch seit dem Beginn des Aufbaus der Bundeswehr noch zugenommen hat, die Zahl der mit Wehrpflichtigen von zwölfmonatiger Ausbildung besetzbaren Funktionen langsam eingeschränkt hat.
Der andere Gesichtspunkt war die Rücksicht auf die Präsenzeinsatzbereitschaft, nicht eine Einsatzbereitschaft, die erst durch Einberufung gedienter Reservisten hergestellt werden sollte, sondern die Präsenzeinsatzbereitschaft, wie sie angesichts der militärischen und politischen Verhältnisse von der NATO verlangt wird, wie sie insbesondere von den amerikanischen Streitkräften seit ihrer Anwesenheit in Europa, seit Gründung eines gemeinsamen
Oberkommandos auch immer beachtet worden ist, wenn auch von den anderen Bündnispartnern nicht in gleichem Umfang.
Ein dritter Gesichtspunkt, der in dem Zusammenhang eventuell noch anzuziehen wäre, ist der der rationellsten Verwendung der für die Ausbildung der Wehrpflichtigen vorgesehenen Mittel. Es ist der Gesichtspunkt, daß das Geld, das in die Ausbildung der Wehrpflichtigen investiert wird, sinnvoll angewendet wird, d. h. - zusammenhängend mit dem zweiten Gesichtspunkt -, daß der in einer Funktion ausgebildete Soldat nicht unmittelbar nach der Ausbildung ausscheidet, sondern im Zustand des Ausgebildet-Seins noch eine bestimmte Frist zur Verfügung steht. In dieser Frist wird er oft nicht neue und interessante Dinge lernen. Es handelt sich hier einerseits um die Verbandsausbildung, andererseits aber vor allem um die Erhaltung des Zustandes seiner Ausbildung, eine Periode, die, wie gesagt, nicht immer sehr interessant zu sein pflegt, die leicht in das ausarten kann, was man Gammeldienst zu nennen pflegt, eine Periode, deren Gestaltung von den Fähigkeiten der unteren und mittleren Vorgesetzten abhängt.
Die beiden Gesichtspunkte: Ausbildung der Wehrpflichtigen auf der einen Seite und Erhaltung einer gewissen Präsenzstärke mit ausgebildeten Soldaten auf der anderen Seite, standen im Vordergrund der Überlegungen, als wir die Erfahrungen der letzten Jahre prüften.
Ursprünglich war man bei der Gestaltung des Dienstzeitdauergesetzes, nachdem man von 18 auf 12 Monate zurückgegangen war, davon ausgegangen, daß beim Heer 55 % bei der Luftwaffe 82 % und bei der Marine 95 % der Soldaten längerdienende, also Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit, sein sollten. Man stellte sich dabei vor, daß das Dienstverhältnis der Soldaten auf Zeit 2 bis 12 Jahre dauern und das der Berufssoldaten nach den bekannten Bestimmungen ausgerichtet sein sollte. Man hätte es als erwünscht angesehen, bei der Mindestdienstzeit für Soldaten auf Zeit auf drei oder vier Jahre zu gehen. Aber dieses Ziel war unter den gegebenen Umständen nicht erreichbar. Wir mußten froh sein, auch eine gewisse Zahl von sogenannten Z-2-Soldaten zu bekommen. Ich brauche dabei auf die damals bestehenden politischen und auch psychologischen Schwierigkeiten nicht im einzelnen einzugehen.
Diese Quoten von 55 %, 82 % und 95 % sind schon anfangs nicht ganz erreicht worden, und die tatsächlichen Quoten sind im Laufe der folgenden Jahre noch zurückgegangen. Wir haben zwar die absolute Zahl der Freiwilligenmeldungen etwa auf der gleichen Stärke halten können; aber angesichts der Zunahme der Bundeswehr bedeutete das Gleichbleiben der absoluten Zahl einen Rückgang des prozentualen Anteils der Berufssoldaten und der Soldaten auf Zeit. Die Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt haben sich in der dem Hohen Hause bekannten Weise entwickelt. Ich brauche in diesem Zusammenhang nicht im einzelnen darauf einzugehen.
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Die Vorschläge, die gemacht worden sind, den Ausgleich durch stärkere finanzielle Anreize, wie man immer zu sagen pflegt, zu schaffen, haben ihre natürlichen Grenzen. Denn einerseits kann der Staatsdiener, der den Status des Soldaten hat, nicht in einer gegenüber anderen Staatsdienern besonders privilegierten Weise bezahlt werden. Eine wesentlich von der Norm abweichende Sonderregelung hätte ohne Zweifel dazu geführt und hat auch diese Tendenz gezeigt, daß dann von anderen Staatsdienern, ob es sich um Länder-, Gemeindeoder Bundesbedienstete handelt, entsprechende Forderungen gestellt werden. Die Personalkosten haben ja heute ohnehin bei der Bundeswehr, aber auch bei allen anderen Körperschaften einen beträchtlichen Umfang der Gesamtausgaben erreicht. Sie werden sich im Jahre 1961 bei der Bundeswehr auf ungefähr 2,9 Milliarden DM belaufen.
Wir können es uns auch nicht leisten, daß die Personalausgaben zusammen mit den anderen laufenden Kosten den gesamten Verteidigungshaushalt so weit festlegen, daß die laufende Ergänzung des Geräts und vor allen Dingen die jeweils notwendige Modernisierung von Fahrzeugen, Ausrüstung, Waffen und Geräten nicht mehr möglich ist. Ein bestimmter Prozentsatz des Haushalts muß jährlich für die Ergänzung und die Modernisierung des Geräts zur Verfügung stehen. Aber auch mit verstärktem finanziellem Anreiz wäre es nicht möglich gewesen, die notwendige Zahl von Freiwilligen zu gewinnen.
Ob das englische Beispiel für uns anwendbar war oder nicht - dort ist die Wehrpflicht abgeschafft worden -, diese Frage möchte ich jetzt nicht in rechthaberischer Weise beantworten. Aber unsere militärgeographische Situation ist eben völlig ververschieden von der Großbritanniens, das durch die Entsendung der Rheinarmee seine kontinentalen Verpflichtungen - im übrigen auch viele andere militärische Verpflichtungen - erfüllt. Aber auch Großbritannien mußte im letzten Jahr dazu übergehen, sowohl die Soldaten auf Zeit, seine Soldaten mit längerer Verpflichtung, als auch die letzten Wehrpflichtigen länger zu behalten, wenn die Rheinarmee nur in der bestehenden Stärke erhalten werden sollte. Dabei liegen die Verhältnisse hinsichtlich der Tradition und hinsichtlich der ganzen Organisation der Verteidigung in Großbritannien ganz anders als bei uns.
Die Quoten, die wir erreicht haben, waren beim Heer statt 55 % etwa 40 %, bei der Luftwaffe 61 % statt 82 % und bei der Marine 88 % statt 95 %. Der Hinweis, den wir oft bekommen haben, daß noch eine große Zahl von Meldungen früherer Soldaten vorliege, die berücksichtigt werden könnten, war gut gemeint, aber nicht zu verfolgen. Denn ohne Zweifel sind über 200 000 Meldungen früherer Soldaten nicht berücksichtigt worden, aber dabei handelte es sich durchweg um Dienstgrade vom Unteroffizier an aufwärts, bei den Offizieren vom Leutnant an aufwärts, die zwar sicherlich erfahrene Soldaten, aber bereits in vorgerückten Altersklassen waren, Soldaten, deren Einberufung die Herstellung einer normalen Altersstruktur der Bundeswehr auf noch längere Zeit unmöglich gemacht hätte, als es ohnehin geschehen ist. Wir haben die Erfahrung gemacht, daß es einen Zeitraum von genausoviel Jahren erfordert, eine normale Zusammensetzung der bewaffneten Streitkräfte zu erreichen, wie das Intervall vom Zusammenbruch bis zum Wiederaufbau gedauert hat.
Man hätte auch nicht den anderen Empfehlungen folgen können, die uns gegeben worden sind, also z. B. der, man solle stärker das Element der Tradition und der Symbolik von früher wieder in den Dienst der Freiwilligenwerbung stellen. Auch das hat seine natürlichen, sowohl politischen wie technischen Grenzen. Nach dem Zusammenbruch des Jahres 1945, dem eine lange Periode des Mißbrauchs des militärischen Instrumentes, eine völlige Pervertierung des militärischen Auftrages vorausgegangen war, konnte nicht einfach weitergearbeitet werden, als ob nichts geschehen wäre. Es mußte ein neuer Boden gelegt, es mußten neue Anfänge gesucht werden, wenn es auch sicherlich notwendig war, eine Synthese zwischen den guten Elementen der Tradition im beständigen Sinne des Wortes und dem Neuen zu schaffen, das zu fördern wir nicht ganz ohne Erfolg, ich sage: mit beträchtlichem Erfolg versucht haben.
Die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt hat dazu geführt, daß manche Soldaten angesichts der verlockenden Angebote von wirtschaftlicher Seite die Zeit ihrer Verpflichtung nicht verlängert haben, gerade auf gewissen industriell-technischen Gebieten, wo ,die Entwicklung besonders stürmisch gewesen ist, wo ein besonders großer Druck auf dem Arbeitsmarkt vorhanden war; ich nenne beispielsweise nur das elektronische Gebiet. Diese Entwicklung hat dazu geführt, daß geradezu systematisch auf Soldaten, die in den Fernmeldebataillonen ausgebildet worden sind und dort tätig waren, Jagd gemacht worden ist. Es gab sicherlich zutreffende Informationen darüber, wer zur Entlassung heranstand, vielleicht sogar Kräfte, die systematisch Informationen gesammelt haben. Diese Informationen haben dann dazu geführt, daß die Soldaten individuell angesprochen und geworben worden sind. In einer freien Wirtschaft ist dieser Zustand für uns sicherlich nicht erfreulich, aber er gehört nun einmal zu den Unvermeidbarkeiten, mit denen man sich abfinden und auseinandersetzen muß.
Selbst wenn die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt so geblieben wäre, wie sie sich in den Jahren 1955, 1956 und 1957 abzeichnete, würde sich die Frage der Länge des Grundwehrdienstes stellen, unabhängig von der Zuspitzung der politischen Situation im Jahre 1961. Denn die immer stärkere Technisierung der Streitkräfte, auch des Heeres, hat dazu geführt, daß die einigermaßen funktionssichere Ausbildung an den einzelnen Geräten naturgemäß immer länger dauert. Das schließt aber ein, ,daß die Zeit, in der der Soldat im Zustand der Ausbildung bereit steht, immer kürzer geworden ist, und wenn jedes Vierteljahr etwa 40 000 Soldaten ausscheiden - nach dem jetzigen Umfang der Bundeswehr - und durch eine gleich große oder etwas größere zahl von Rekruten ersetzt werden, dann
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stimmt nur mehr das Bild der Zahlen überein. Jeweils am Quartalsende - oder auch am Halbjahrsende, wenn man den Rhythmus geändert hätte - wäre ein Rückgang des Niveaus, ein Rückgang der Leistungsfähigkeit, ein Rückgang der Qualität der Bundeswehr in einem Umfang eingetreten, der bei sorgfältigster Gewissensprüfung angesichts der Verpflichtungen, die wir übernommen haben, nicht mehr zu verantworten gewesen wäre.
Hierbei erhebt sich auch die Frage der sinngemäßen Verwendung der für die Ausbildung aufgebrachten Gelder. Ist es richtig, eine kostspielige Ausbildung zu betreiben, um dann, wenn sie abgeschlossen ist, dasselbe wieder an dem Nächsten zu versuchen? Dabei wird ja betont, daß die Einberufung von Reservisten für den Verteidigungsfall mehr oder minder großen Unsicherheitsfaktoren unterliegen kann, je nach der Art, wie der Verteidigungsfall eintritt.
Zusammenfassend darf ich sagen, daß sowohl die sichere Handhabung der Funktionen, die für die Wehrpflichtigen in Betracht kommen, als auch die mit Recht geforderte Einsatzbereitschaft der Bundeswehr nach den Maßstäben der NATO bei Einführung des 18monatigen Grundwehrdienstes erheblich zunehmen und auf einen einigermaßen befriedigenden Stand gebracht werden können. Ich habe in einigen etwas phantasievoll ausgeschmückten Kommentaren gelesen, daß damit die letzten Jahre sozusagen verspielt und verloren worden seien. Dem möchte ich hier ausdrücklich widersprechen.
Es gibt einen anderen Gesichtspunkt, den ich, ohne die Debatte ausweiten zu wollen, noch mit wenigen Sätzen streifen darf. Einige Experten der Bundeswehr, einige militärische Führungspersönlichkeiten haben damals empfohlen, zunächst zwar die Verlängerung des Grundwehrdienstes auf 18 Monate vorzusehen, aber ihren Beginn noch etwas zurückzustellen. Die Meinungen waren damals, wie ich beim Studium der Akten festgestellt habe und auch aus eigener Erinnerung wieder bestätigen kann, durchaus nicht einheitlich. Der verstorbene Inspekteur des Heeres vertrat die Ansicht: mindestens 18 Monate, aber mit dem Beginn noch etwas warten, um eine größere Zahl von Freiwilligen in der Zwischenzeit ausbilden zu können.
Andererseits stand aber hier ein Gesichtspunkt gegenüber, der nicht unberücksichtigt bleiben konnte und der sich gerade gegen ein freiwilliges Berufssoldatenheer in besonders starkem Maße ausgewirkt hat, nämlich der Gesichtspunkt, daß es nicht genügt, bestimmte Verbände aufzustellen, um damit die Verpflichtungen sozusagen in optischer Hinsicht zu erfüllen, sondern daß man auch eine bestimmte Zahl von ausgebildeten Reservisten nicht nur für die Auffüllung der Verbände, sondern für den Aufbau des ganzen Apparates braucht, der im Verteidigungsfall für die Erhaltung der Einsatzbereitschaft der Verbände notwendig ist. Die Zahl dieser Soldaten ist bekanntlich größer als die Zahl der sogenannten Feldverbände, der mobilen Verbände. Der Schlüssel ist zwar bei den einzelnen Staaten verschieden; er liegt sicherlich am günstigsten bei der
Roten Armee, weil dort die Bedürfnislosigkeit des Soldaten und die gewisse Einfachheit des ganzen Apparates, wie sie bei den westlichen Armeen gar nicht durchzusetzen ist, technisch günstigere Voraussetzungen schaffen. Es gibt manche westliche Armeen, bei denen der Schlüssel zwischen denen, die für die Versorgung arbeiten, und denen, die sozusagen auf dem Gefechtsfeld sind, besonders ungünstig ist. Aber ein Schlüsel von 1 : 1 ist das mindeste, was man vorsehen muß. Wahrscheinlich ist er etwas ungünstiger.
Unter diesem Gesichtspunkt betrachtet hatte die Einführung eines Grundwehrdienstes von zwölf Monaten Dauer auch einen bestimmten Wert; denn wir haben auf diese Weise schneller, als es bei achtzehnmonatigem Grundwehrdienst der Fall gewesen wäre, eine Zahl von Reservisten bekommen - eine Zahl, die ich hier nicht nennen möchte -, die für die Auffüllung der Verbände und für die Aufstellung des ganzen Verteidigungsapparates im Rücken der Verbände nun einmal notwendig ist. Da man nie alle Idealziele gleichzeitig erreichen kann, mußten wir dabei auf ein bestimmtes Maß von Qualität verzichten. Aber wir haben immerhin mit diesen Zwölfmonatsdienern Reserven schaffen können, die für die Verwendungsfähigkeit der Bundeswehr unerläßlich notwendig sind und auf die man in keinem Falle verzichten kann. So mußte eben zwischen den verschiedenen Gesichtspunkten ein Kompromiß gefunden werden.
Heute läßt sich dieser Kompromiß nicht mehr aufrechterhalten, und zwar aus den Gründen, wie ich sie kurz umrissen habe. Bei der Länge des Grundwehrdienstes von zwölf Monaten war ein Rhythmus vorgesehen, der im allgemeinen so ablief, daß drei Monate der allgemeinen Grundausbildung dienten, drei Monate der speziellen Grundausbildung und drei Monate einer Verbandsausbildung im Zug- und Kompanierahmen dienten. Damit waren neun Monate verbraucht. Praktisch dauerte die Dienstzeit elfeinhalb Monate. Dann blieben noch acht bis zehn Wochen, je nach Feiertags- und Urlaubslage, in denen der im Zug- und Kompanierahmen ausgebildete Soldat für die Bataillons- und Brigadeausbildung, die besonders von der NATO in immer stärkerem Maße verlangt wird, zur Verfügung stand. Es war nur mehr ein geringer zeitlicher und technischer Rahmen möglich.
Wenn nun in Zukunft der Grundwehrdienst achtzehn Monate dauern soll, dann ist es möglich, im Bataillons- und Brigaderahmen zu üben. Es ist möglich, jeden Soldaten im Inland oder im Ausland - wir haben ja überall versucht, den Übungsraum, die Möglichkeiten für größere Übungen zu vermehren - in einem Zeitraum von drei bis vier Wochen im Brigaderahmen auszubilden, was der Gesamtqualität der Verbände der Bundeswehr sehr zustatten kommen wird.
Die vorgesehene Regelung macht aber auch den Aufwand an Ausbildungskräften und Ausbildungsmitteln, wie erwähnt, rationeller. Sie gibt die Möglichkeit, Soldaten vom fünfzehnten Monat an, also mit Beginn des sechzehnten Dienstmonats, auch als Ausbilder zu verwenden und damit dem drückenBundesverteidigungsminister Strauß
den Mangel an Unterführern in der Ausbildung einigermaßen abzuhelfen. Mit der längeren Zeit können die Verbände in der wichtigen Verbandsausbildung gefördert und im Zusammenwirken der Waffengattungen und ihrer Dienstzweige, aber auch im Zusammenwirken der Teilstreitkräfte geschult werden.
Es wird auch möglich sein, einzelne tüchtige Soldaten in mehreren Funktionen auszubilden. Damit ist eine leichtere Austauschbarkeit, die gerade für dein Verteidigungsfall gefordert werden muß, möglich. Aus diesem Grunde müssen vorrangig die Wehrpflichtigen der Verbände, die der NATO unterstellt sind, die gleiche Grundwehrdienstzeit ableisten. Wir haben ernsthaft auch die Frage geprüft, die von gewissen Seiten dies Hauses besonders, nicht mit Unrecht, betont worden ist, ob man die Dienstzeit nicht auch innerhalb der NATO-Verbände eventuell differenzieren kann. Man kann sie sicherlich differenzieren zwischen NATO-Verbänden und Territorialverbänden; aber sowohl der Grundsatz der Gleichheit, der gerade hier bei ein und demselben engen Rahmen eine besonders große Rolle spielt, wie auch die Notwendigkeit, Soldaten für mehrere Funktionen, auszubilden, um sie etwas austauschbar zu machen, erlaubt es nicht, innerhalb der NATO-Verbände eine verschiedene Dienstzeit im Rahmen des Maximalen von 18 Monaten etwa vorzusehen.
Bei einer 18monatigen Grundausbildung wechseln die Wehrpflichtsoldaten an ihren Waffen, Geräten und Fahrzeugen nicht mehr so häufig. Sie sind in
Wartung, Pflege und Instandhaltung besser geschult. Der Verschleiß des wertvollen Materials wird verringert; Materialersatz wird weniger häufig notwendig, und Kosten werden eingespart. Es ist kein Geheimnis, daß die kurze Dauer dies Grundwehrdienstes, der rasche Wechsel bei der Besetzung von. Fahrzeugen, Geräten, Waffensystemen, die zu große Quote an Wehrpflichtigen auf diesem Gebiet den ja ohnehin sehr erheblichen Verschleiß noch ganz beträchtlich gefördert hat. Statistisch ist das am leichtesten nachweisbar bei den Fahrzeugen und hier wieder am stärksten bei den Kettenfahrzeugen. Normalerweise ist es nicht üblich, daß ein Soldat vor sechs oder neun Monaten Ausbildung als Kraftfahrer überhaupt als Fahrer eines Kettenfahrzeuges zugelassen, als Kettenfahrzeugfahrer ausgebildet wird. Die Bundeswehr mußte damit bereits nach drei Monaten beginnen. Wenn der Soldat dann nach sechs Monaten einigermaßen funktionssicher ausgebildet war, stand er nur noch wenige Wochen als Kettenfahrzeugfahrer zur Verfügung; dann kam der nächste, der wieder von vorn anfing. Bei dem hohen Verschleiß, dem Kettenfahrzeuge unterliegen, und bei dem großen Prozentsatz an Kettenfahrzeugen, der erforderlich ist, hat sich das nicht nur finanziell, sondern auch auf die Quote des jeweils in Instandsetzung befindlichen Materials dieser Art sehr erheblich ausgewirkt.
Der innere Wert der Truppe wird bei dem hohen Anteil an Wehrpflichtigen, der notwendig ist, bei einer längeren Grundwehrdienstzeit, bei der auch die Verbände mehr im Sinne eines Truppenorganismus zusammenwachsen, erheblich gesteigert werden. In diesem Zusammenhang wird auch mehr Zeit für die geistige Rüstung der Soldaten, auch für die staatspolitische Bildung und für die Vermittlung der Grundsätze der inneren Führung und ihrer erlernbaren Praxis - nicht alles auf diesem Gebiet ist erlernbar - verwendet werden können.
Die Kritik an der Länge des Grundwehrdienstes in der Bundesrepublik hat in der NATO schon sehr frühzeitig eingesetzt. Ich darf mir ersparen, die einzelnen Dokumente dafür zu zitieren, Äußerungen des Stabschefs von General Norstad, General Schuyler, die Äußerungen, die in NATO-Konferenzen und ähnlichen Zusammenkünften gefallen sind.
Die NATO-Staaten, in denen ja in der überwiegenden Mehrzahl allgemeine Wehrpflicht in Europa, mit Ausnahme von Belgien und Luxemburg, besteht, haben längere Grundwehrdienstzeiten. Dänemark hat eine Dienstzeit von 16 Monaten. Frankreich hat eine Dienstzeit von 18 Monaten, die aber auf Grund der gegenwärtigen Umstände verlängert worden ist. Griechenland hat 24 bis 30 Monate, Italien 18 bis 24 Monate - für Heer und Luftwaffe 18, für die Marine 24 Monate -, Norwegen 16 Monate für das Heer und 18 Monate für Marine und Luftwaffe. Die Niederlande haben eine Dienstpflicht von 24 Monaten, Portugal hat eine Dienstpflicht von 18 bis 24 Monaten für das Heer, von 36 Monaten für die Luftwaffe und von 48 Monaten für die Marine. Die Türkei hat eine Dienstpflicht von 24 Monaten für Heer und Luftwaffe und von 36 Monaten für die Marine. Die USA haben eine Dienstpflicht von 24 Monaten.
Die Erhöhung der Wehrdienstzeiten bei uns ist nicht eine deutsche Sonderleistung, sondern stellt eine Angleichung an die in den anderen NATO- Ländern schon immer bestehende und nie aufgegebene Regelung dar. Wir können hier durchaus sagen, daß eine deutsche Feststellung, wir seien mit 12 Monaten in der Lage, dasselbe zu tun, was andere in 18 oder 24 Monaten erreichen, wohl eine uns nicht zustehende Übertreibung der in diesem Falle auch nicht gerade überragenden Fähigkeiten wäre. Die Behauptung, daß wir, weil wir sozusagen auf diesem Gebiet natürliche, überlegene Fähigkeiten besäßen, mit 12 Monaten das schaffen würden, wozu andere längere Zeit brauchen, ist auf Grund der Erfahrungen der letzten Jahre in keiner Weise gerechtfertigt. Im übrigen ist das von uns auch nie behauptet worden. _
Insgesamt gesehen darf ich diesen Entwurf als einen Versuch bezeichnen. Seine Aufgabe ist es, die Erfahrungen aus der Durchführung des Grundwehrdienstes der letzten fünf Jahre zu verwerten, den veränderten Verhältnissen gerade auf wirtschaftlichem Gebiete Rechnung zu tragen und die Erfüllung unserer Bündnisverpflichtungen in Normalzeiten zu ermöglichen. Ich lege hier ganz besonderen Wert auf die Feststellung, daß es notwendig gewesen wäre, die Länge des Grundwehrdienstes ohne jeden Zusammenhang mit der politischen Situation und der Berlin-Krise zu überprüfen. Dieser Entwurf stellt nicht eine Art militärpolitischer Reaktion dar, sondern er ist das Fazit aus fünfjähriger Erfahrung. In diesen fünf Jahren haben wir versucht, mit einem zwölfmonatigen Grundwehrdienst durch266
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zukommen. Wir hätten ihn auch beibehalten können, wenn die Quote an Freiwilligen hätte erreicht werden können, die ich vorhin genannt habe; dabei hätten bestimmte Nachteile eben in Kauf genommen werden müssen. Die Tatsache, daß es definitiv unmöglich war, die Quoten an Freiwilligen zu gewinnen, die ich vorhin aufgezählt habe, veranlaßte die Bundesregierung, dem Hohen Hause diesen Vorschlag zu machen und den Entwurf vorzulegen.
Der Entwurf ist der Ausdruck unseres Willens und unserer Gesinnung, unsere Bündnisverpflichtungen loyal zu erfüllen, dasselbe zu tun, was die anderen NATO-Partner schon seit Jahren getan haben, und damit den Staatsmännern der NATO, der politischen Führung der NATO die Möglichkeit zu geben, die sie braucht, um eine Politik der Freiheit und des Friedens trotz aller Wolken und Schatten auch in Zukunft aufrechterhalten zu können. Mehr soll nicht erreicht werden. Ein Mehr wäre hier im Gegenteil vielleicht sogar ein Weniger. Es soll eine normale militärische Leistung, ein normaler militärischer Beitrag der Bundesrepublik auf Grund ihrer Größe, ihrer Leistungsfähigkeit und ihrer Bevölkerungszahl erreicht werden, mehr nicht.
Dabei ergibt sich hier ein Gesichtspunkt, der sich in allen Ländern, die die Wehrpflicht haben, zeigt, der im übrigen nicht neu ist, sondern der, wie ich bei der Lektüre der Vorgeschichte der Wehrpflicht festgestellt habe, schon in Deutschland vor dem ersten Weltkrieg eine Rolle spielte. Wenn wir das ganze Potential der Wehrpflichtigen ausschöpfen wollten - und das beispielsweise mit 12 Monaten
Grundwehrdienst -, müßte die Bundeswehr in Friedenszeiten eine Gesamtstärke von etwa 750- bis 800 000 Mann haben. Wenn wir das volle Potential der Wehrpflichtigen - allerdings nach Jahrgängen schwankend; die Jahrgänge, die jetzt hereinkommen, sind zahlenmäßig schwächer, als es die Jahrgänge 1937, 1938, 1939 und auch noch 1940 gewesen sind - bei 18 Monaten ausschöpften, würde sich die Gesamtstärke von 700- bis 750 000 Mann vielleicht noch auf 800- bis 850 000 erhöhen. Naturgemäß würden dann mehr Wehrpflichtige eingezogen, weil die Quote der Freiwilligen den Umständen nach und entsprechend den Notwendigkeiten zurückgegangen ist bzw. zurückgehen kann. Es war auch bereits im Deutschland vor dem ersten Weltkrieg so, daß knapp die Hälfte der gemusterten Wehrpflichtigen zu einer militärischen Ausbildung nicht herangezogen werden konnte. Eine Hälfte wurde erfaßt, die andere Hälfte wurde nicht erfaßt; das Verhältnis war also - grob gesprochen - 50 : 50.
Dasselbe Problem stellt sich auch heute. Es ist nicht unsere Absicht und würde auch gar nicht im Rahmen unserer Möglichkeiten liegen, die Bundeswehr für Friedenszeiten in dieser Stärke aufzustellen. Unsere Planziele sind jetzt durch die MC 70, vielleicht durch ihr Nachfolgedokument, das in absehbarer Zeit kommen wird, festgelegt. Aber der Rahmen der 12 Divisionen, der Rahmen der vorgesehenen Geschwader der Luftwaffe und der vorgesehenen Verbände der Marine wird beibehalten werden. Es mögen Änderungen im einzelnen kommen; eine wesentliche Verstärkung der Bundeswehr im Sinne ihrer Friedensstärke soll durch diese
Maßnahme nicht erreicht werden. Die vorgesehene Friedensstärke soll beibehalten werden.
Das schließt aber ein, daß auch in Zukunft die Durchführung der Wehrpflicht bis zu einem gewissen Grade selektiv bleiben muß. Wir werden zwar eine Quote über 50 % wegen des Rückgangs der Stärke der Jahrgänge erreichen - die Tauglichkeitsquote ist auch nicht gerade die beste; es ergeben sich dabei oft interessante Ausblicke auf den Gesundheitszustand in Stadt und Land, wenn man die Musterungsergebnisse durchsieht -, aber wir werden wohl bei der Heranziehung zum 18monatigen Grundwehrdienst in voraussehbarer Zukunft die Zahl von zwei Dritteln der Wehrpflichtigen nicht überschreiten können. Ich war immer ein Anhänger einer Verteidigungspflicht, wenn diese auch nicht gesetzlich verankert zu werden braucht; denn die moderne Verteidigung sieht ja nicht nur die aktive Tätigkeit des Soldaten vor, sie sieht auch Maßnahmen zur Stärkung der Immunität der Bevölkerung gegen die Einwirkung von feindlicher Seite vor.
Die Bundesregierung hat deshalb auch immer die Notwendigkeit des zivilen Bevölkerungsschutzes stark betont, wenn auch der Aufbau der militärischen Verbände naturgemäß eine gewisse Priorität haben mußte. Ich war mit dem früheren und bin auch mit dem jetzigen Innenminister völlig darüber einig, daß es vom militärischen Gesichtspunkt, vom Standpunkt des Aufbaus der Bundeswehr aus möglich ist, aus dem Bereich der „weißen Jahrgänge" - wenn ich diesen Begriff als verständlich unterstellen darf -, aber auch aus den Jahrgängen von 1937 an einen bestimmten Prozentsatz an verwendungsfähigen jungen Männern auch für den zivilen Bevölkerungsschutz zur Verfügung zu stellen.
Ich möchte hier auf die Frage des verkürzten Grundwehrdienstes im einzelnen nicht eingehen. Ich habe bereits erwähnt, daß der Aufbau der Territorialverteidigung auch im Rahmen des verkürzten Grundwehrdienstes, in dem 12 Monate das Maximum darstellten, durchgeführt werden kann; aber die zunehmende Zahl der 12 und später 18 Monate ausgebildeten Wehrpflichtigen wird es ermöglichen, auch diese ja nur im Verteidigungsfall auf volle Stärke zu bringenden Verbände dann mit gut ausgebildeten und in verschiedenen Funktionen verwendbaren Soldaten zu besetzen. Es ist deshalb noch nicht zu übersehen, wie ich hier ganz offen sagen muß, in welchem Umfange es möglich sein wird, vom verkürzten Grundwehrdienst Gebrauch zu machen.
Hier erhebt sich das Problem der Gleichheit vor dem Gesetz; hier erhebt sich die Frage des Ausgleichs, sei es des positiven Ausgleichs für den, der die 18 Monate - in Zukunft 6 Monate länger als früher - zu dienen hat und gewisse Verzichte an Bequemlichkeit, an persönlicher Freiheit und auch an materiellem Einkommen auf sich nehmen muß, oder sei es des sozusagen negativen Ausgleichs für den, der diese Opfer nicht zu bringen hat.
Weitgehend hängt ja die Entscheidung darüber, wer herangezogen wird und wer nicht, wegen der hohen Technisierung der Streitkräfte von der ZugeBundesverteidigungsminister Strauß
hörigkeit zu einer bestimmten Berufsgruppe ab. Soweit dieser Gesichtspunkt nicht gilt, fällt die Entscheidung auf Grund des Ersten Änderungsgesetzes durch das Los.
All das ändert aber nichts daran, daß eben ein bestimmter Prozentsatz von tauglichen Wehrpflichtigen auch in Zukunft nicht zur Ableistung des vollen und wohl auch nicht des verkürzten Grundwehrdienstes herangezogen werden wird. Es wird unsere gemeinsame Aufgabe sein, uns in den Ausschüssen zu überlegen, wie dieses Problem psychologisch praktisch behandelt werden soll. Es besteht in gleicher Weise in allen Ländern, die die Wehrpflicht haben und die nicht eine gewisse Mobilmachungsstärke unterhalten, auch in den Vereinigten Staaten, wo ja, wie Sie wissen, die Dientspflicht zwischen 6 und 24 Monaten schwankt. Die obligatorische Dienstpflicht dauert 24 Monate. Ein ganz kleiner Prozentsatz der Wehrpflichtigen dient die 24 Monate. Ein großer Teil dient nur 6 Monate, wenn er sich freiwillig meldet, und ein Teil wird überhaupt nicht herangezogen.
Diese Frage ist im Sinne einer idealen Gleichheit weder so noch so lösbar. Wir haben ausgerechnet, wie lange der Grundwehrdienst sein müßte, wenn wir bei der vorgesehenen Stärke der Bundeswehr alle tauglichen Wehrpflichtigen heranziehen würden. Die Dauer der Ausbildung läge dann etwa zwischen 8 und 9 Monaten, wenn wir um der Gleichheit willen jeden heranziehen würden. Bei einer Heranziehung zu 8 bis 9 Monaten wäre zwar dem Grundsatz der Gleichheit, dafür aber in keiner Weise den heute geschilderten Notwendigkeiten Rechnung getragen. Ziehen wir andererseits alle zu 12 oder 18 Monaten heran, so ergeben sich die Zahlen, die ich vorhin genannt habe; das würde eine militärische Stärke der Bundesrepublik bedeuten, die weder von der NATO verlangt ist noch in unserem politischen Interesse läge, noch unseren wirtschaftlichen und finanziellen Möglichkeiten entspräche.
Ich darf noch einige wenige Einzelheiten dieses Gesetzentwurfs zur Änderung des Wehrpflichtgesetzes erwähnen. Der § 5, der den Grundwehrdienst regelt, ist neu gefaßt worden. Der volle Grundwehrdienst dauert statt 12 Monate 18 Monate. Demgemäß müßte der verkürzte Grundwehrdienst von 6 Monaten auf 12 Monate erhöht werden. Der verlängerte Grundwehrdienst von 18 Monaten, der bisher schon - nach dem alten Dienstzeitdauergesetz und nach dem Wehrpflichtgesetz in veränderter Fassung - eingeführt war, fällt dann damit weg.
Dieser verlängerte Grundwehrdienst hat Soldaten erfaßt, die sich freiwillig statt für 12 für 18 Monate gemeldet haben, die dann ihrem Status nach Soldaten auf Zeit waren, wenn sie auch gemäß dem Gesetz den verlängerten Grundwehrdienst abgeleistet haben. Für eine Erweiterung dieser Regelung, etwa einen verlängerten Grundwehrdienst von künftig 24 Monaten vorzusehen, besteht keine Notwendigkeit mehr. Wer 24 Monate dienen will, kann sich als Soldat auf Zeit melden, wird dann also Z 2-Soldat.
Der verkürzte Grundwehrdienst dauert in Zukunft zwischen 1 Monat und 12 Monaten. In welchem Umfang er durchführbar sein wird, ist heute noch nicht mit absoluter Sicherheit vorauszusagen. Wir haben auch nicht die Absicht, Wehrpfichtige nur deshalb einzuziehen, damit sie eingezogen sind. Die Einziehung soll einen Sinn haben, sie soll ihre Aufgabe erfüllen.
In Artikel 1 Nr. 1 ist in Abs. 3 neuer Fassung, der dem bisherigen Abs. 4 entspricht, das Wort können in Satz 1 hinter den Worten herangezogen werden gestrichen. Hierdurch wird berücksichtigt, daß es sich bei den Einberufungsanordnungen des Bundesministers der Verteidigung um militärfachliche Entscheidungen über die Notwendigkeit der Heranziehung bestimmter Kategorien von Wehrpflichtigen handelt. Satz 2 ist dann aus systemattischen Gründen in § 6 Abs. 3 eingearbeitet worden. In Abs. 4, der dem bisherigen Abs. 5 entspricht, sind die Worte oder zum verlängerten gestrichen, weil der verlängerte Grundwehrdienst entfällt.
Der § 6, der die Wehrübungen regelt, mußte neu gefaßt werden. Abs. 1 blieb unverändert. Nach Abs. 2 alter Fassung beträgt die Gesamtdauer der Wehrübungen bei Mannschaften und Unteroffizieren grundsätzlich 9, bei Offizieren 18 Monate. Diese Regelung hat sich nicht als zweckmäßig erwiesen. Nach Abs. 2 neuer Fassung wird die Gesamtdauer der Wehrübungen bei Unteroffizieren auf 1.5 Monate erhöht, weil es sich als notwendig und zweckmäßiger erwiesen hat, Unteroffiziere in größerem Umfang zu Wehrübungen heranzuziehen, als solche ausgebildeten Wehrpflichtigen, die bereits im Mannschaftsstand ausscheiden. Diese Anhebung ist auch durch die höheren Anforderungen an die Unterführer bedingt. Bei Mannschaften bleibt es bei höchstens 9, für Offiziere bei höchstens 18 Monaten.
Wir mußten Übergangsvorschriften vorsehen. Die Regelung des Übergangs ist vielleicht die schwierigste. Wie Sie wissen, hat die Bundesregierung, um überhaupt ihre NATO-Verpflichtungen in einem vertretbaren Maße erfüllen zu können, von ihren Vollmachten Gebrauch gemacht und zweimal den Grundwehrdienst für Wehrpflichtige um jeweils drei Monate in der Form verlängert, daß sie eine Übung von drei Monaten angesetzt hat, deren Anrechnung auf die Gesamtdauer der Wehrübungen von uns in Aussicht gestellt worden ist. Ferner ist auch die Verpflichtung der Soldaten auf Zeit, die in diesem Zeitraum aus der Bundeswehr ausgeschieden wären, auf Grund einer Rechtsverordnung jeweils um drei Monate verlängert worden. Das galt also vom 1. Oktober bis zum 31. Dezember, das gilt wieder vom 1. Januar nunmehr bis zum 31. März.
Wie soll jetzt der Übergang geschehen? Wir können es nicht verantworten, den Ausbildungsstand der Verbände der Bundeswehr, wie er dank dieser Maßnahmen erreicht worden ist - eine gewisse Annäherung an die Qualität unserer Bündnispartner, vor allen Dingen der Amerikaner, konnte erreicht werden -, nunmehr wieder absinken zu lassen. Für den Fall, daß dieses Gesetz vor dem 1. April in Kraft tritt, ist vorgesehen, daß die Wehrpflichtigen, die an sich Ende März ausschei268
Bundesverteidigungsminister Strauß
den würden, drei Monate später ausscheiden sollen. Das geschähe dann schon auf Grund der gesetzlichen Lage. Diejenigen Wehrpflichtigen, die nach 12 Monaten Grundwehrdienst Ende Juni ausscheiden würden, wären dann zum ersten Male von der vollen Auswirkung des Gesetzes betroffen und würden statt Ende Juni erst Ende Dezember ausscheiden. Diese Regelung trifft auch solche Soldaten, die bei ihrem Einrücken von der Änderung der Situation sicherlich keine klare Vorstellung gehabt haben. Man mag es offenlassen, ob diejenigen, die am 1. Oktober als Wehrpflichtige einberufen worden sind, schon eine klare Vorstellung von der Situation hatten. Das dürfte zum Teil zutreffen, zum Teil aber auch nicht zutreffen.
Wir haben die Regelungen, die in dein Übergangsbestimmungen vorgeschlagen sind, nicht als ideal empfunden. Aber in der Erkenntnis, daß es eine ideale Regelung nicht gibt, haben wir sie einerseits als die noch am wenigsten drückende und andererseits den sachlichen Notwendigkeiten am meisten entsprechende empfunden. Auf keinen Fall aber kann unter den gegebenen Verhältnissen ein Absinken der Qualität, ein Absinken des Niveaus und des Einsatzstandes der Bundeswehr in Kauf genommen werden. Eine Maßnahme, die das herbeiführte, oder eine Maßnahme, die, wenn auch nicht absichtlich herbeigeführt, das zur Folge hätte, käme einer politischen Erklärung gleich, deren Auswirkung bei unseren Bundesgenossen - aber nicht nur bei ihnen - für uns außerordentlich unerwünscht wäre.
Ich darf in dem Zusammenhang, ohne die Debatte ausweiten zu wollen, doch auf die gewaltigen Anstrengungen hinweisen, die gerade die Vereinigten Staaten von Amerika zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen speziell Deutschland gegenüber auf sich genommen haben.
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Auch dort ist es nicht so, daß Steuerzahlen und das Ableisten der Wehrpflicht zu den besonders erstrebten Amusements des Staatsbürgers gehören. Auch dort ist es so, daß die vermehrten finanziellen Aufwendungen und die Einberufung von Reservisten - durchweg von Leuten, die schon eine Familie haben und im Berufsleben standen - große Härten zur Folge hatten. Viele von Ihnen haben sicherlich die Diskussion in der amerikanischen Presse über Einberufung und Entlassung der Reservisten verfolgt. Es sind dort Leute, die nicht gerade erst ihre Berufsausbildung abgeschlossen haben, junge Männer von 20, 21 Jahren, betroffen worden, sondern Familienväter von 25, 28, 30 Jahren, die wieder einberufen worden sind; für einen großen Teil ist diese Einberufung sogar auf ein Jahr festgesetzt worden.
Die Erhöhung des Verteidigungshaushalts der Vereinigten Staaten während des Haushaltsjahres 1961 - er war schon von Anfang an erhöht - betrug 24 Milliarden DM, nur um diese erwähnten Einberufungen und die verstärkten materiellen Beschaffungen zu ermöglichen und die Verbände in Deutschland auf die vorgesehenen Stärken zu bringen. Der Verteidigungshaushalt der Vereinigten Staaten für das Jahr 1962 wird an die 52 Milliarden Dollar, also rund 208 bis 210 Milliarden DM, betragen. Der Präsident hat zwar eine gewisse Umschichtung in der amerikanischen Armee vorgenommen - es handelt sich weniger um die Aufstellung von Reservedivisionen oder von National-GuardDivisionen als um die Aufstellung von weiteren aktiven Divisionen -, aber es besteht kein Zweifel, daß die Vereinigten Staaten von Amerika, aber auch andere Staaten, große finanzielle Leistungen aufbringen, um ihre Bündnisverpflichtungen angesichts der gegenwärtigen Situation zu erfüllen. Sie muten auch ihren Staatsbürgern nicht nur finanzielle, sondern auch vermehrte personelle Opfer unmittelbarer Art zu. Wenn die Bundesrepublik nicht wenigstens, so darf ich sagen, gleichwertig handeln würde - ich spreche nicht davon, daß wir mehr tun sollten als die Verbündeten -, würde sie zugeben, daß wir da, wo es um die Sicherheit unseres eigenen Landes geht, von den Bundesgenossen mehr erwarten, als wir selber von uns zu verlangen bereit sind.
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Die politischen Reaktionen auf eine solche Verhaltensweise brauche ich nicht darzustellen; sie sind allen Seiten dieses Hauses als eine selbstverständliche Konsequenz bekannt.
Die Bundesregierung hofft, mit der Verlängerung des Grundwehrdienstes von 12 Monaten auf 18 Monate, also mit der Angleichung an die Dienstzeiten der Verbündeten, die Bündnisverpflichtungen in dem Umfang zu erfüllen, wie sie von uns bei Anlegung eines gerechten Maßstabes und eines normalen Schlüssels mit gutem Recht verlangt werden können. Die Bundesregierung hat es für notwendig gehalten, frühzeitig, bei Beginn der Legislaturperiode, diesen Entwurf dem Hohen Hause vorzulegen. Sie bittet das Hohe Haus um die Zustimmung zu diesem Entwurf, d. h. zu einer Gesetzgebung, die die Dauer des Grundwehrdienstes von 12 Monaten auf 18 Monate erhöht, und zu einer Gesetzgebung, die der Bundesrepublik helfen soll, ihre Sicherheit-
und außenpolitischen Verpflichtungen in ihrem ureigensten Interesse zu erfüllen.
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Das Wort hat der Abgeordnete Erler.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch aus der Rede des Herrn Verteidigungsministers zur Begründung der Regierungsvorlage ist deutlich geworden, daß wir nur mit großer Bedachtsamkeit, gepaart mit ernster Sorge, an die Regelung jener Fragen herangehen können, die in der Regierungsvorlage behandelt werden. Niemand in diesem Hause geht an dieses Problem leichtfertig oder gar mit Begeisterung heran.
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Wer das so darstellen würde, würde die Gefühle unseres Volkes verzerren und auch die Gefühle der Abgeordneten des Deutschen Bundestages.
In der Regierungsvorlage wird von einem Teil unserer jungen Staatsbürger und damit auch von deren Familien - Eltern oder Ehegatten, je nachdem - ein größeres Opfer gefordert.
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Dieses Opfer ist nur zu rechtfertigen, wenn es notwendig ist, wenn es im einzelnen zweckmäßig gestaltet ist und wenn man sich dabei um ein Höchstmaß an Gerechtigkeit bemüht.
Wir können die Erörterung dieser Vorlage natürlich nicht von dem allgemein politischen Hintergrund, den man dabei auch sehen muß, trennen, auch wenn der Herr Minister im wesentlichen und in erster Linie die militärtechnischen Gründe behandelt hat. Der politische Hintergrund der Vorlage ist vor allem der sowjetische Druck auf unser Volk und auf unsere Hauptstadt Berlin.
Wir unterhalten uns also darüber, ob ein Schritt wie dieser notwendig sein mag. Einmal geht es um die Einhaltung der Verpflichtungen, die wir mit den abgeschlossenen Verträgen übernommen haben. Die Verträge sprechen nicht von der Dienstzeit. Das englische Beispiel etwa oder auch die Verschiedenheit der Dienstzeit in anderen Ländern zeigt, daß das Wehrsystem Sache eines jeden einzelnen Landes selbst ist. Aber jedes Land muß im Rahmen der abgeschlossenen Verträge den übernommenen Beitrag zur Verfügung stellen. Es ist also zu prüfen, ob der deutsche Beitrag so, wie wir bisher verfahren sind, tatsächlich den versprochenen Umfang und versprochenen Wert erreicht hat. Zahl und
Wert der Verbände müssen den eingegangenen Verpflichtungen gerecht sein.
Es ist sicher richtig, wenn wir dabei auch an die Anstrengungen unserer Partner, insbesondere der Vereinigten Staaten von Amerika, denken, die eben in der Begründung mit erwähnt worden sind. Es würde eine Vertrauenskrise im Bündnis auslösen, wenn es so aussehen würde, als würden die Deutschen in der augenblicklichen Lage ihres Volkes und ihrer Hauptstadt die größeren Anstrengungen allein den Verbündeten überlassen und sich selbst nicht darum bemühen, wenigstens den von ihnen zugesagten Beitrag in dem vorgesehenen Umfange bereitzustellen. Dabei geht es letzten Endes doch auch um unsere eigene Freiheit.
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Aber lassen Sie mich weiterhin einen Punkt erwähnen, bei dem möglicherweise der Verteidigungsminister und ich etwas anderes denken. Aber deshalb soll es doch ausgesprochen werden. Ich bin der Meinung, daß die westliche Allianz aus der tödlichen Alternative heraus muß, in der sie allzulange gewesen ist: für den Fall eines Konflikts nur die Wahl zu haben zwischen Kapitulation oder atomarem Selbstmord. Wir müssen über eine größere Breite auch auf dem Gebiet der Verteidigungsmöglichkeiten verfügen, um aus dieser tödlichen Alternative herauszukommen. Daher hat man mit größerem Gewicht als früher innerhalb der Allianz der Stärkung vor allem der konventionellen Schlagkraft eine entsprechend größere Bedeutung beigemessen. Ich glaube, daß die Regierungsvorlage auch im Lichte dieser Erwägungen gesehen werden sollte.
Wir diskutieren in einer ernsten Lage. Es hat nicht viel Sinn, miteinander zu rechten, wie diese Lage entstanden sein mag. Die Mauer in Berlin ist von den Beauftragten der Sowjets gezogen worden, und die Drohreden im Zeitalter der atomaren Erpressung durch die Sowjetunion zeugen vom Ernst der Lage. Unsere westlichen Freunde und wir selbst sind trotz dieser Drohungen immer um Gespräche und Verhandlungen bemüht. Vielleicht wären wir heute in einer besseren Lage, wenn diese Bemühungen zu einer Zeit unternommen worden wären, als die Sowjetunion noch nicht einer so gefährlichen Euphorie der Macht verfallen war wie heute,
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als sie eine wirkliche Befürchtung hegte vor einer deutsch-amerikanischen Allianz zu einer Zeit der strategischen Überlegenheit der Vereinigten Staaten von Amerika. Doch diese ist dahin. Heute ist die Lage viel ungünstiger. Was in Berlin geschieht, ist ein Beispiel dafür, und auch diese Vorlage ist ein Beispiel.
Schon vor dem 13. August 1961 hat es in Paris einige Erörterungen verteidigungspolitischer Fragen bei der Außenministerkonferenz gegeben. Kurz vorher hatte sich der Verteidigungsminister in die Vereinigten Staaten von Amerika begeben. Dann kam der 13. August mit seiner schweren Schockwirkung für uns alle, und es stellte sich die Frage: Welche Auswirkungen wird nicht nur dieses Ereignis, sondern auch das, was vorher in Paris und in den Vereinigten Staaten besprochen wurde, auf die künftige Gestaltung der Bundeswehr haben?
Meine Freunde waren damals der Meinung, daß sich die Parteien des Bundestages trotz des Wahlkampfes im Verteidigungsausschuß über dieses Problem hätten unterhalten sollen, um beizeiten die Voraussetzungen zu prüfen, die eventuell für eine Umgestaltung der Bundeswehr in einem gewissen Ausmaß geschaffen werden müßten. Wir haben in einer Sitzung des Verteidigungsausschusses am 22. August vergangenen Jahres danach gefragt. Wir bedauern es heute noch, daß die Mehrheit damals eine Erörterung dieser Fragen im Verteidigungsausschuß verweigert hat,
({4}) wahrscheinlich mit Rücksicht auf den Wahlkampf.
Vor der Wahl wurden von der Bundesregierung dann einige unklare Andeutungen gemacht, daß vielleicht ein Teil der Wehrpflichtigen noch ein paar Monate länger behalten werden muß. Aber am Tage nach der Wahl wußte man es dann ganz genau. Da wurde plötzlich bekanntgegeben, daß, nun ganz präzis, diejenigen, die am 30. September hätten ausscheiden können, ein weiteres Vierteljahr zum Zweck einer Übung - der Minister hat es uns ja vorhin dargelegt - in der Bundeswehr verbleiben müßten.
Die Sorge für die rechtzeitige Informierung der davon Betroffenen - denn ihr Entlassungstermin war nahe herangerückt, und es hieß, Vorkehrungen zu treffen für die weitere Berufsausbildung, etwa für die Belegung von Studienplätzen an Universitäten, die Bereitstellung von Zimmern usw.; aber es
0 geht ja nicht nur um die akademischen Berufe, sondern auch um die anderen -, die Sorge für die rechtzeitigen Vorkehrungen, die jene Männer nun treffen mußten, weil der Entlassungstermin hinausgeschoben wurde, hat man damals bei der Truppe den Offizieren überlassen. Ich glaube, es wäre besser gewesen, wenn die Bundesregierung unter ihrer klaren Verantwortung und vielleicht sogar nach Anhörung des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestages beizeiten Klarheit geschaffen hätte; dann hätte man gewußt, woran man war.
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Meine Damen und Herren, doch nun zu der Vorlage selbst. Niemand leugnet die Probleme, die wir dabei sehen müssen. Die Schlagkraft der Bundeswehr leidet tatsächlich vierteljährlich durch die Entlassung gerade derer, die nach neun Monaten erst voll ausgebildet sind und nun nur ein weiteres Vierteljahr als vollwertige Soldaten der Bundeswehr zur Verfügung stehen. Der Ausbildungsaufwand und die Ausbildungskosten, die neun Monate lang aufgebracht wurden, um aus dem frisch eingezogenen einen vollwertigen Soldaten zu machen, werden dann nur ein Vierteljahr ausgenutzt.
Die Verlängerung um ein weiteres halbes Jahr löst dieses Problem auf die Dauer auch nicht befriedigend; ich will das ganz offen sagen. Es handelt sich hier auch nur um eine Notlösung. Das Argument, den Ausbildungsstand für längere Zeit den Verbänden der Bundeswehr zu erhalten, spricht eigentlich für eine Zusammensetzung der Feldverbände ganz aus längerdienenden Freiwilligen und Berufssoldaten.
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Auf lange Sicht wird eine solche Lösung auch für unser Wehrsystem die zweckmäßigste sein. Allerdings leugnet auch von uns niemand, daß diese Lösung heute, im Zeichen der gegenwärtigen wirtschaftlichen Lage und der bisherigen Entwicklung der Wehrpflicht, innerhalb der Bundeswehr nicht durchführbar ist; darüber sind wir uns einig. Aber auf lange Sicht sollten wir dieses Ziel im Auge behalten, weil die heute zur Beschlußfassung anstehende Maßnahme dieses Problem auch nicht befriedigend löst. Wenn man das sorgfältig durchrechnet, könnte man sogar zu der Auffassung neigen, daß der durch eine solche Umgestaltung höher werdende Personalaufwand sich durch eine längere Amortisierung der Ausbildungskosten langfristig wieder ausgleicht. Aber das brauchen wir heute nicht auszudiskutieren. Die Entscheidung ist 1955/56/57 in den damaligen Auseinandersetzungen andersherum, entgegen unseren Vorstellungen, gefallen; heute kann das nicht über Nacht korrigiert werden.
Wir haben im Regierungsprogramm der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands zu dem Gesamtthema folgende Feststellung getroffen:
Die neue Bundesregierung wird die notwendigen Lasten auch dem eigenen Volke zumuten müssen. Die Bundeswehr muß den in der NATO beschlossenen Umfang haben. Dazu kann derzeit auf die Wehrpflicht nicht verzichtet werden.
Eine Partei, die das vor der Wahl sagt, steht auch nach der Wahl zu ihrem gegebenen Wort.
Ich bin mir also sicher, daß das eigentliche Ziel, das wir langfristig erstreben müssen - die Umgestaltung in dem eben von mir angegebenen Sinne -, heute nicht erreichbar ist. Die Freiwilligenwerbung ist schwierig geworden, wenn wir auch, wie die Zahlen zeigen, die erfreuliche Feststellung treffen können, daß sich vor allem die Zahl der sich relativ langfristig verpfichtenden Freiwilligen erheblich besser entwickelt hat, als es einer relativ kurzen Verlängerung der Dienstzeit entspräche. Das zeigt, daß es sich lohnt, die Anstrengungen in der angegebenen Richtung zu verstärken und uns noch etwas einfallen zu lassen, wobei ich auch hier dem Herrn Minister recht geben muß: das ist nicht nur ein Problem der Besoldung, sondern da geht es auch um die Berufschancen für die Zeit nach Verlassen der Bundeswehr, um eine Reihe von psychologischen Problemen usw. Das alles können wir in der ersten Lesung nicht ausdiskutieren.
Selbst bei einer solchen langfristig zu erreichenden Umgestaltung bliebe die Landesverteidigung dennoch Sache 'aller Bürger. Hier geht es u. a. um die Territorialverteidigung, um die großen Aufgaben des zivilen Bevölkerungsschutzes, - bisher kaum ernsthaft angepackt.
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Hier geht es darum, daß in einer arbeitsteiligen Gesellschaft die Verteidigungsfähigkeit der Gesellschaft im ganzen von der inneren Gesundheit, von der Solidität, von ihrer Stärke, von der Hingabe der Bürger an die demokratische Staatsverfassung und auch von .der Wirtschaftskraft abhängt, die ein solches Volk aufzubringen vermag, so daß in der arbeitsteiligen Gesellschaft so manche Leistung für die Verteidigung wichtig ist, die nicht in Uniform, in den Verbänden der Bundeswehr erbracht wird.
Mit Recht stellt sich natürlich - da hier von dem Opfer eines Teils unserer jungen Generation gesprochen wird - die Frage nach der Gerechtigkeit. Bisher sind ja auch schon nicht alle Tauglichen eingezogen worden, nicht einmal vor 1914. Das würde den Rahmen der Bundeswehr völlig sprengen. Das würde sogar gegen Verträge verstoßen. Während auf der einen Seite von uns innerhalb der NATO ein Mindestbeitrag verlangt wird, verbietet ja auf der anderen Seite die Westeuropäische Union die Überschreitung eines Höchstbeitrages. Das zeigt, daß das Gleichgewicht in der Skala völlig zerstört würde und auch unerwünschte politische Wirkungen innerhalb und außerhalb unseres Volkes entstünden, wenn die Bundeswehr in der Weise ausgeweitet würde, daß man nur um der Gerechtigkeit willen alle Tauglichen in die Verbände der Bundeswehr hineinholte. Wir bekennen uns doch wohl zu dem Grundsatz, daß wir uns vor den gemeinsamen Anstrengungen im Verband der Allianz nicht drücken wollen, daß es aber auch nicht unsere Aufgabe ist, uns vorzudrängen und damit Unruhe in die Allianz zu tragen.
Die Verlängerung des Grundwehrdienstes, die hier vorgeschlagen ist, bedeutet also, daß für eine gewisse Zeit, so lange die geburtenschwachen Jahrgänge sich noch nicht sehr stark auswirken, künftig der Anteil derjenigen, die man zur Bundeswehr heranzieht, an einem Jahrgang noch etwas gegenüber bisher sinkt. Das erweckt bei denen, die dienen müssen, Unzufriedenheit im Verhältnis zu den anderen.
Hier begegnet sich dieses Problem mit einigen der Fragen, von denen ich soeben gesprochen habe. Sowohl der Bundesgrenzschutz als auch die Polizei und vor allem der zivile Bevölkerungsschutz haben Personalsorgen. Diese Personalsorgen wären leichter zu beheben, wenn wenn man denen, die dort Leistungen auf sich nehmen, die auch der Sicherheit unseres Volkes dienen, die Gewißheit gibt, daß sie dann nicht außerdem noch mit der Einberufung zur Bundeswehr zu rechnen haben. Die Ausbildung dort wäre nahezu sinnlos, wenn man damit rechnen müßte, daß dann, wenn die Leute gebraucht werden, sie nicht von dieser Ausbildung Gebrauch machen könnten, sondern zur Bundeswehr abwandern müßten.
Deshalb bietet sich eine klare Regelung über den Zugang der verschiedenen Bedarfsträger zu den personellen Hilfsquellen an. Eine solche Regelung kann nicht allein der Bundeswehr überlassen bleiben; das würde sie überfordern. Hier sind Absprachen nötig. Der Minister hat davon gesprochen, daß die Regelung dieses Problems nicht einmal eines Gesetzes bedarf. Wir sollten im Ausschuß sorgfältig prüfen, wie man dieses Problem vernünftig regeln kann.
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Wir sollten auch dafür sorgen, daß die Dienstzeitverlängerung nicht schematisch angewendet wird. Die Absätze 1 bis 3 des neugefaßten § 5 des Wehrpflichtgesetzes geben elastische Möglichkeiten. Wenn man den verkürzten Grundwehrdienst einbezieht, reicht die Skala von einem Monat bis zu 18 Monaten. Dabei rust klar, daß man zu einem Teil die Ungerechtigkeit der verschieden langen Dienstzeit dann durch das wiederholte Üben ausgleichen muß.
Ich möchte entgegen der Meinung des Ministers doch noch eine Frage zur Diskussion stellen, die uns auch im Ausschuß eingehender beschäftigen muß: die Frage nämlich, ob es wahr ist, daß man um der Gleichheit willen in den Verbänden, die der Allianz zur Verfügung gestellt werden, allgemein auf eine einheitliche Dienstzeit achten muß. Die Gleichheit der Bürger vor dem Gesetz hat doch nichts zu tun mit der gleichen Stellung oder Dienstzeit der Soldaten in bestimmten militärischen Verbänden, wenn es schon verschieden lange Dienstzeiten gibt. Die Ungleichheit zwischen der kurzzeitigen Ausbildung etwa für die Territorialverteidigung und den 18 Monaten bei anderen Verbänden bleibt auf alle Fälle bestehen. Ich habe das Gefühl, daß es jedenfalls heute im Bereiche der Verbände der Bundeswehr eine Reihe von Einheiten gibt, bei deinen die Verlängerung nicht jene Notwendigkeit ist und auch nicht jene erwünschten Folgen hätte, von denen der Minister hier gesprochen hat. Vielleicht ist das ein Anzeichen dafür, daß jene Verbände eigentlich gar nicht in die Divisionen der Bundeswehr hineingehörten, sondern Aufgaben lösen, die die Bundeswehr heute nur deshalb zu erfüllen hat, weil die Territorialverteidigung noch nicht richtig da ist und funktioniert. Also sollte man prüfen, inwieweit nicht jene Verbände durch die Überführung in die Territorialverteidigung dazu beitragen könnten, daß auch diese endlich einen vernünftigen, etwas besseren Start bekommt, als das zur Zeit der Fall ist.
Es ist, glaube ich, Sache des Ausschusses, die Einzelheiten möglichst undogmatisch weiter zu erörtern. Es besteht um so weniger Anlaß zum Dogmatismus, als die Frage der Wehrdienstdauer auch in der Vergangenheit relativ undogmatisch behandelt worden ist, wenn ich das einmal milde ausdrücken darf. Der Herr Verteidigungsminister hat hier geschildert: 1955 bis 1956 haben Sachverständige gesagt: 24 Monate. Der damalige Minister Blank hat gesagt: 18 Monate. Es ist der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, der Abgeordnete Jaeger, gewesen, der sich dann für 12 Monate ausgesprochen hat.
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Wenn ich mich recht entsinne, ist an der Entscheidung für die 12 Monate damals auch der jetzige Verteidigungsminister nicht ganz unschuldig gewesen.
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Aber das wollen wir nicht weiter untersuchen. Diese Diskussion zeigt doch, daß eine Entscheidung solcher Art immer zeitbedingt ist. Wir sollten uns daher vornehmen, die Lage immer wieder neu zu prüfen.
Ich habe Ihnen vorhin schon gesagt, daß wir auf lange Sicht wahrscheinlich zu einer anderen Zusammensetzung der Feldverbände kommen müssen. Bei Erreichung dieses Zieles wäre ohnehin der Zeitpunkt für eine Überprüfung der Dienstzeit der Soldaten für die Territorialverteidigung gekommen.
Wir müssen von dem Grundsatz ausgehen, daß Opfer gebracht werden müssen, soweit sie notwendig sind; denn ein Weniger gefährdet unsere Sicherheit. Aber auch nur soweit sie notwendig sind; denn ein Mehr schadet unserer Wirtschaftskraft und der geistigen Verfassung unseres Volkes. Diese beiden sind doch lein entscheidender Teil der inneren Gesundheit und Abwehrkraft unseres Volkes. Eis geht also darum, das zu tun, was notwendig und möglich ist, zum Schutz für alle.
In diesem Zusammenhang möchte ich noch einmal daran erinnern, daß der zivile Bevölkerungsschutz mindestens das gleiche Maß an Aufmerksamkeit von uns erfordert wie andere Formen der Landesverteidigung. Ich bedauere immer noch, daß die dafür bereitgestellten Mittel den Aufgaben nicht annähernd angemessen sind.
Die Politik - um die geht es ja in diesem Hause - ist dazu bestimmt, den schlimmsten Fall zu verhüten. Es geht um die Bewahrung unserer Freiheit und um die Verhinderung eines Krieges. Angesichts
der besonderen Problematik, vor der wir in Deutschland stehen, müssen wir redlich und zäh darum ringen, daß die Gefahr von Berlin abgewandt wird und unsere Landsleute in Ostberlin und Mitteldeutschland ein besseres Los erleben können als das, das ihnen heute aufgezwungen wird.
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Die Krise, von der ich vorhin gesprochen habe, betrifft nicht nur unsere Hauptstadt Berlin, sie betrifft unser ganzes Volk. Heute wird doch wohl sichtbar, daß die Sowjetunion die Deutschland-Frage im ganzen auf den Tisch gelegt hat. Sie hat ausgeholt, unser Volk so lange zu zerreißen, bis sie von einer für sie gesicherteren Position in Mitteldeutschland aus auch in die Bundesrepublik hineinwirken könnte. Das macht doch klar, daß es in Wahrheit auf die Dauer keine Sicherheit für die Bundesrepublik allein gibt, sondern daß zur Sicherheit für uns und für andere auf lange Sicht auch die Gewährung des Selbstbestimmungsrechts für alle Deutschen gehört.
Ich sage das selbst in diesem mehr technischen Zusammenhang, weil ich davon überzeugt bin, daß als Antwort auf die Krise eben doch mehr nötig ist als isolierte Berlin-Gespräche und bestimmte technische Maßnahmen zur Verstärkung der Verteidigungsbereitschaft wie die, mit denen wir es heute zu tun haben. Natürlich - haben Sie keine Sorge! -, über ein gesamtpolitisches Konzept als Antwort auf die Krise muß man bei anderer Gelegenheit reden. Heute haben wir es mit dem Teilaspekt der Sicherheit zu tun. Eigentlich gehört dazu viel mehr, nämlich das Gesamtkonzept der Verteidigung und der Außenpolitik einschließlich deutscher Anregungen für Rüstungsbegrenzung und Rüstungskontrolle. Ich möchte das heute bewußt nicht ausdiskutieren, aus dem einfachen Grunde, den mein Freund 011enhauer in der Plenarsitzung des Bundestages bei der Debatte über die Regierungserklärung am 6. Dezember 1961 ausgesprochen hat. Damals hat Herr Ollenhauer hier gesagt: Wir haben uns mit vollem Bedacht zurückgehalten, dieses sehr komplizierte Problem im einzelnen unter Aufnahme aller möglichen Gerüchte und Kombinationen zu diskutieren. Wir respektieren den Wunsch der Regierung, in den kommenden schwierigen Verhandlungen nicht durch öffentliche Parlamentsverhandlungen belastet zu werden.
Meine Damen und Herren, das ist leider auch heute noch wahr. Es sind immer noch Erörterungen innerhalb des Westens über die gemeinsame Marschroute in der kommenden weltpolitischen Verhandlungsrunde nicht nur um Berlin, sondern auch um die anderen Probleme zwischen Ost und West im Gange. Es kommt jetzt darauf an, eine solche einheitliche westliche Position zustande zu bringen und dieses Zustandekommen nicht von uns aus zu gefährden. Das ist der Grund, weshalb manche an sich notwendige Einzelerörterung auf dieser Tribüne zur Stunde zurückgehalten werden muß.
Ich möchte allerdings eines hinzufügen. Wir sind uns wohl alle darüber klar, daß auch die jetzt ausgebrochene Krise uns nicht davon entbindet, immer wieder von deutscher Seite her unsere westlichen
Freunde bei ihrem redlichen Bemühen um Entspannung zu unterstützen. Aber eine solche Entspannung kann nicht mit einseitiger Schwächung des Westens verbunden sein. Entspannung ist nur möglich, durch ein entsprechendes Verhalten beider Seiten, zu dem wir durchaus bereit sind, auch den entsprechenden westlichen und auch deutschen Beitrag zu leisten. Es wäre gar nicht schlecht, wenn wir uns um mehr Anregungen zu diesem Thema bemühten. Aber auch für uns Sozialdemokraten gibt es eine einfache Grenze der Bemühungen dort, wo solche Bemühungen als Ermunterung zu verstärktem sowjetischem Druck mißdeutet werden oder gar wirken könnten.
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Wir tragen Verantwortung für das Ganze in gefährlicher Lage. Wir haben doch damals das Angebot einer Allparteienregierung nicht in Unkenntnis der innen- und außenpolitischen Lage gemacht. Lassen Sie mich hier freimütig bekennen, daß es wohl nicht angeht, eine große Partei von der Mitbestimmung auszusperren, aber dort und nur dort Verantwortung dann mittragen zu lassen, wo es unangenehm wird.
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Wir verschließen uns den Notwendigkeiten der Stunde nicht. Aber nehmen Sie bitte zur Kenntnis, daß Entscheidungen auch in wichtigen Einzelfragen davon abhängen werden, wie man im ganzen innerhalb und außerhalb dieses Hauses mit uns verfährt,
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ob man uns rechtzeitig unsere Mitgestaltung ermöglicht, bevor hier oder bei internationalen Verhandlungen vollendete Tatsachen geschaffen werden.
Ich will jetzt nur etwa die gestrige Kurzdiskussion in diesem Hause über die Methoden der Vorbereitung einer Finanzreform erwähnen, die ja nicht ohne uns durchgeführt werden kann. Bei dieser Debatte hat sich zum Schluß doch die bessere Einsicht gegen den Widerstand der Regierungsbank wenigstens in der ersten Runde durchgesetzt. Hoffen wir, daß das auch für die zweite gilt!
Ein anderes Beispiel war etwa die überraschende Rede des Verteidigungsministers in Paris, bei der es besser gewesen wäre, wenn wenigstens der Verteidigungsausschuß des Bundestages von seinen Absichten informiert worden wäre, bevor er dort diesen Vorstoß unternahm.
Ein gutes Beispiel ist der wesentlich bessere Ansatz, den der jetzige Bundesinnenminister Höcherl im Gegensatz zu seinem Vorgänger zur Lösung einiger Probleme gefunden hat.
Meine Damen und Herren, die Sicherung und Stärkung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ist mehr als ein militärisches Problem, aber wir wollen nicht leugnen: auch ein militärisches Problem. Zu dem Mehr gehört das Hinführen der Staatsbürger zu der Demokratie, die sie mittragen müssen. Die Weimarer Republik ist vielleicht auch daran zugrunde gegangen, daß es nicht genug Republikaner in der Republik gegeben hat. Eine Demokratie ohne Demokraten gibt es nicht. Wir brauchen die
lebendige Mitwirkung aller unserer Staatsbürger. Der Regierungsstil, die Rolle des Parlaments, die freiheitliche Luft in unserem Staatswesen - das alles gehört mit dazu. Und dann auch jenes Kapitel, um dessen Gestaltung wir hier so oft ringen: die soziale 'Gerechtigkeit, die Freiheit von Not bei Alter, Invalidität und Krankheit, bis hin zur Steuerpolitik.
Ich erwähne das jetzt, meine Damen und Herren, weil, wenn schon von Opfern - und hier in der Regierungsvorlage von Opfern bei einem Teil unserer Jungmannschaft - die Rede ist, wir wohl allgemein akzeptieren müssen, daß die leistungsfähigeren Schultern auch die größere Last zu trägen haben.
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Sie werden an einem anderen Unterpunkt der Tagesordnung einen Vorschlag hören, der in dieses Kapitel mit hineingehört, den Vorschlag einer Berücksichtigung bereits durch Wehrdienst erbrachter Opfer auf dem Gebiet der Sozialversicherung. Darüber möchte ich jetzt nicht sprechen; das wird mein Freund Schellenberg tun.
Im Ausschuß werden wir weiter wohl sorgfältig die sozialen Auswirkungen der Wehrdienstverlängerung auf die Betroffenen selbst, ihren Beruf, ihre Familie und ähnliches zu prüfen haben.
Wir müssen uns auch mit der Frage beschäftigen, wie wir ihrem Opfer von uns aus auch in einem bescheidenen Umfange ein gewisses Maß an Anerkennung entgegenbringen.
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Ich darf einmal daran erinnern, daß, als wir uns hier in diesem Hause über den Wehrsold unterhielten, damals der sozialdemokratische Antrag, den Wehrsold auf 2,50 DM zu erhöhen, abgelehnt worden ist und dann schließlich nur 2,30 DM herausgekommen sind.
Laßt uns all diese Dinge im Zusammenhang mit der jetzt zur Diskussion stehenden Maßnahme noch einmal neu prüfen, ob man nicht vielleicht sogar noch etwas mehr tun kann: nämlich wenigstens die zusätzlichen sechs Monate - wenn schon nicht die ganze Zeit - mit den bisher nur bei freiwilliger Weiterverpflichtung gewährten Vergünstigungen auszustatten, damit der, der künftig kraft Gesetzes sechs Monate mehr leistet, nicht schlechter gestellt wird als derjenige, der bisher freiwillig sechs Monate mehr geleistet hat.
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Sie finden darüber eine ausführliche Darlegung von Weinstein in der FAZ. Ich glaube, wir sollten uns mit dem Problem sehr ernst, und zwar wohlwollend, beschäftigen.
Ich möchte hier noch eine andere Anregung vorbringen; sie betrifft den Verpflegungssatz für die schwierige Zeit der Eingewöhnung in die Bundeswehr in den Ausbildungseinheiten. Der Verpflegungssatz mag ein allgemeines Problem für die gesamte Bundeswehr sein; aber für die erste Zeit in den Ausbildungseinheiten ist das eine besonders wichtige Frage. Ich bezweifle, ob wir heute noch mit 2,75 DM auskommen.
Meine Damen und Herren, ein weiteres. Die zusätzlich gewonnenen sechs Monate dienen der Erhaltung des einmal erworbenen militärischen Könnens, der Möglichkeit, auch mehr im Verband zu tun. Aber es entsteht während der Erhaltung dieser Fähigkeiten ein zusätzlicher Zeitraum, den man auch - der Minister sprach davon für ein größeres Ausmaß an Unterricht insbesondere auf staatspolitischem, auf staatsbürgerlichem Gebiet verwenden kann. Wir sollten uns damit beschäftigen, was eigentlich für die Gestaltung dieses Unterrichts beabsichtigt ist und ob wir nicht dazu kommen sollten, dort auch die Mitwirkung jener demokratischen Kräfte vorzusehen, die nicht dem Regierungslager angehören,
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damit die Bundeswehr immer weiß, daß sie zu allen demokratischen Teilen unseres Volkes ein gutes Verhältnis hat.
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- Eindeutig.
Wir sollten schließlich - trotz der Bemerkungen, die der Herr Minister vorhin machte - auch prüfen, ob nicht die ursprünglichen Intentionen seines Hauses für das erstmalige Wirksamwerden der vorgeschlagenen Maßnahme richtiger gewesen sind, nämlich daß die volle Verlängerung erst für diejenigen wirksam wird, die zu einem Zeitpunkt in die Bundeswehr eingetreten sind, zu dem bereits über die Verlängerung öffentlich diskutiert wurde - nämlich am 1. Oktober 1961 -; die anderen, die seit 1. Juli 1961 bei der Bundeswehr dienen, sind gewissermaßen überrascht worden, und von ihnen mußten manche ihre Lebenspläne erst entscheidend ändern, als sie sich schon in der Bundeswehr befanden. Sie wußten zwar auch, daß sie die vierteljährliche Übung mit ableisten müßten; das hatte sich inzwischen herumgesprochen. Wir sollten prüfen, ob es wirklich notwendig ist, jemanden, der auf ein Jahr einberufen wurde, nun plötzlich 50 % länger zu behalten, obwohl er zu dem Zeitpunkt der Einberufung von der möglichen Verlängerung noch nichts auch nur von ferne geahnt hat. Ich würde sagen, hier geht es u. a. auch ein wenig um den Grundsatz von Treu und Glauben. Diese Frage sollten wir im Ausschuß noch einmal sorgfältig prüfen.
Daneben gibt es noch die Probleme der Aufnahme-, Ausbildungs- und Ausrüstungskapazitäten. Darüber sollte man uns genau unterrichten; hier sollte die zweckmäßigste Organisation für die Durchführung gesucht werden.
Meine Ausführungen haben Ihnen, meine Damen und Herren, klargemacht, daß sich meine Fraktion dem Notwendigen nicht versagt. Ich hoffe, daß die Ausschußberatungen auch in den Einzelfragen zu befriedigenden Ergebnissen führen, die dann später eine breite Zustimmung ermöglichen können. Wir müssen sorgfältig prüfen: Was ist notwendig, wie ist das Notwendige am zweckmäßigsten zu gestalten, wie können wir das so gerecht wie möglich machen, und wie können wir die Auswirkungen der
Maßnahmen auf die Betroffenen und ihre Familien nach Möglichkeit lindern? Wir müssen die Gewißheit schaffen, daß als Betroffene nicht allein die Wehrpflichtigen die Folgen unserer Lage zu tragen haben, sondern daß die gesamte Politik der Bundesrepublik Deutschland in umfassender Weise die Probleme unserer Zeit auch auf dem Gebiet der Sicherheit unseres Staates gegen die Gefahren von innen und außen einzugehen bereit ist.
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Das Wort hat der Abgeordnete Jaeger.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will den Versuch machen, mich auf das Thema des Gesetzes, auf die Bundeswehr, die Wehrpflicht, ihre Notwendigkeit und ihre Dauer zu beschränken und Ausflüge in andere interessante Gebiete der Politik - wie etwa in das Gebiet der Steuer- und Sozialpolitik - an diesem Tage zu unterlassen.
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Wenn ich von der Bundeswehr und von der Wehrpflicht rede, dann darf ich wohl daran erinnern, daß wir vor sechs Jahren in diesem Hohen Hause Diskussionen hatten, die sich von der heutigen sehr unangenehm unterschieden haben.
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- Ach, Herr Kollege Schmitt-Vockenhausen, was Schärfe und Hitzigkeit angeht, übertreffen Sie mich bei weitem.
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Außerdem meinte ich weniger den rednerischen Inhalt dieser Auseinandersetzung als das abstimmungsmäßige Ergebnis. Wenn Herr Kollege Erler hier zum Ausdruck gebracht hat - darin kann ich ihm nur zustimmen, weil ich das selber schon oft genug vor vielen Jahren hier gesagt habe -, daß die Bundeswehr eine Armee des ganzen Volkes und nicht einer Partei oder einiger Parteien ist, dann kann ich andererseits nur sagen, daß es nicht an der Bundeswehr liegt, wenn ihre Beziehungen nicht zu allen Parteien von gleicher Herzlichkeit . getragen gewesen sein sollten; das hing dann eben von dem Verhalten dieser einzelnen Parteien ab.
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Lassen Sie mich, nachdem ich den Zuruf beantwortet habe, zum Thema meiner Rede kommen. Es ging damals vor sechs Jahren um die Wehrpflicht, jene Wehrpflicht, die wir vor diesem Hohen Hause mit vielen Gründen, mit militärischen und politischen Gründen, vertreten haben. Die militärischen Gründe lagen damals in dem Umstand - sie liegen heute noch mehr als damals darin -, daß wir die erforderliche Zahl von Soldaten auf der Basis der Freiwilligkeit nun eben einmal nicht erhalten. Ein anders Argument für die Wehrpflicht war, daß wir
Reserven brauchen und daß diese herangebildet werden müssen.
Wir hatten aber auch politische Gründe. Wir sind der Auffassung, daß die Wehrpflicht einen Gegenpol zu den Grundrechten, die der freiheitliche Staat gewährt, darstellt, daß die Wehrpflicht sozusagen eine demokratische Grundpflicht des Bürgers ist. Wir waren und wir sind der Meinung, daß die Verankerung einer Armee im Volk durch die Wehrpflicht stärker, nachhaltiger und dauerhafter ist - sowohl was das Bewußtsein der Armee als was das Bewußtsein des ganzen Volkes angeht - als bei einem Heer, das nur aus Freiwilligen besteht.
Wenn wir auf die sechs Jahre des Bestehens unserer Bundeswehr, auf die außerordentlichen Schwierigkeiten, die wir in diesen sechs Jahren gehabt haben, zurückblicken, dann erkennen wir erst, was in diesen Jahren geleistet worden ist. Wir standen damals, im Jahre 1956, an einem vierfachen Nullpunkt. Es war der personelle Nullpunkt, denn wir hatten keinen einzigen Soldaten; wir mußten nach einer mehr als zehnjährigen Pause ganz von vorn anfangen. Es war 'der materielle Nullpunkt, denn weder Bekleidung noch Waffen noch Gerät noch Unterkunft waren vorhanden. Alles mußte erst angeschafft, Kasernen mußten erst geräumt, hergerichtet oder neu gebaut werden. Was dieses Hohe Haus betrifft, so hat uns am meisten der rechtliche Nullpunkt zu schaffen gemacht, die Tatsache, daß wir kein einziges Gesetz hatten, das für .die Aufstellung von Soldaten maßgebend war, ja, .daß wir erst einmal unsere Verfassung, das Grundgesetz, reformieren mußten, um die gesetzlichen Bestimmungen in die Verfassung einzubauen, die die Grundlage dafür waren, die Bundeswehr aufzustellen und sie gegenüber irgendwelchen Klagen gerichtlicher Art sozusagen kugelsicher zu machen. Das hat den Verteidigungsausschuß, das hat dieses Hohe Haus lange Jahre beschäftigt.
Schließlich aber war es - und das war die schwierigste Aufgabe, vor der wir standen - die Überwindung des moralischen Nullpunktes, der darin lag, .daß weite Kreise unseres Volkes ,die Notwendigkeit der Wehrpflicht, die Notwendigkeit des Dienstes an der Freiheit damals nicht einsahen, daß die Parole des „Ohne-mich" - vom Osten gesteuert - auch in weiten Kreisen unseres Volkes leider zeitweise ein recht lebhaftes Echo fand.
Wenn ich mir überlege, wieviel Mühe es gekostet hat, Mühe bei den Soldaten der Bundeswehr, Mühe bei ihren Beamten, Anstrengungen bei den Politikern, um alle diese Schwierigkeiten zu überwinden, dann kann ich wohl sagen, daß das, was in diesen Jahren geschaffen worden ist, eine stolze Leistung ist.
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Bei unserer Bundeswehr steht nun der weitaus größte Teil dessen, was geplant war: Neun Divisionen sind bereits der NATO unterstellt. Die Wehrpflicht ist bei unserer Jugend eine Sache sicherlich nicht der Begeisterung, aber doch der selbstverständlichen Pflichterfüllung. Die Zahl der Dienstverweigerer aus Gewissensgründen liegt bei nur 7 Promille
der Erfaßten, ist also wesentlich geringer, als weite Kreise dieses Hohen Hauses seinerzeit befürchtet hatten. Die Bundeswehr hat ihren festen Platz im Volksganzen gefunden. Die Ressentiments sind weitgehend überwunden, und der Ohne-michKomplex stirbt langsam aus. Ich glaube, meine Damen und Herren, das ist ein Grund, um der jungen Generation, die so selbstverständlich die Pflicht des Wehrdienstes auf sich genommen hat, auch den Dank dieses Hauses auszusprechen.
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Vor allem aber möchte ich gerade im Hinblick auf meine nun mehr als achtjährige Tätigkeit als Vorsitzender des Bundestagsausschusses für Verteidigung den Dank an die Freiwilligen, besonders an die Offiziere und Unteroffiziere unserer Bundeswehr aussprechen, die unter Umständen, die es früher noch nie gegeben hat, ein einmaliges Aufbauwerk für unser Volk und seine Freiheit geleistet haben.
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Die militärischen Erfolge und die politische Situation der Gegenwart beweisen die Richtigkeit unseres Entscheides für die allgemeine Wehrpflicht. Dabei zeigt sich insbesondere, daß die Wehrpflichtigen wie eine Art kommunizierender Röhren zwischen dem zivilen und dem militärischen Sektor unseres Volkes wirken. Sie haben wesentlich dazu beigetragen, daß man in unserem Volk nun nicht mehr von „den" Soldaten spricht, sondern daß aus den Soldaten unsere Soldaten geworden sind. Die Wehrpflicht hat dazu beigetragen, daß die Schilder, die anfänglich an manchen Gaststätten der Großstädte anzutreffen waren, „Eintritt für Uniformierte verboten" längst verschwunden sind.
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- Das ist kein militärischer, das ist ein politischer Erfolg. Aber Sie können doch in einer Demokratie Politik und Militär nicht trennen. Gerade Sie wollen das doch genauso wenig wie wir.
.Meine Damen und Herren, unserer Bundeswehr ist der Schutz der Freiheit unseres Volkes aufgetragen. Sie ist sich dieser Aufgabe bewußt und ist von einer lebendigen demokratischen Staatsgesinnung getragen. Das sind auch Erfolge, über die wir uns in diesem Hause freuen können.
Als wir an die Ausgestaltung der Wehrpflicht herangingen - damals, im Jahre 1956 -, stimmte die Mehrheit dieses Hohen Hauses und meine eigene Fraktion - die Fraktion der Christlich-Demokratischen und Christlich-Sozialen Union - dem Vorschlag der Bundesregierung und damit des Verteidigungsministers Strauß zu, daß diese Dienstpflicht im Unterschied zu weiter zurückliegenden Planungen 12 Monate - als Grundwehrdienst - betragen soll. Es waren die politischen und die militärischen Notwendigkeiten der Aufbauzeit, die uns zu dieser Haltung veranlaßten. Damals waren die geistigen Voraussetzungen für die Wehrpflicht in unserem Volk noch so gering entwickelt, daß schon aus diesem Grund eine weitergehende Verpflichtung über das im Anfang unbedingt Notwendige hinaus nicht angebracht gewesen wäre. Vor allem aber standen damals im Vordergrund die Ausbildung und die schnelle Bildung der Reserven, wovon gerade die letztere durch eine kürzere Ausbildung rascher erreicht werden konnte als durch die im jetzigen Augenblick zweckmäßigere längere.
Aber von diesen Gesichtspunkten abgesehen, stehen wir überhaupt auf dem Standpunkt, daß die Dauer der Wehrpflicht kein Dogma, kein Satz ist, der für alle Zeiten fest und unverrückbar dasteht. Es gelten für die Dauer der Wehrpflicht vielmehr die Überlegungen, daß eine Wehrpflicht so kurz wie möglich und so lang wie nötig sein muß. So kurz wie möglich, meine Damen und Herren, weil das Opfer, das dem jungen Mann zugemutet wird an Bequemlichkeiten, vor allem aber an Verlust an Berufs- und Ausbildungszeit, vom Staat so niedrig wie eben möglich gehalten werden soll. Andererseits aber so lange wie notwendig; denn der Zweck der Wehrpflicht ist es ja, den einzelnen Soldaten in den Stand zu setzen, seine Aufgabe in den Streitkräften zu erfüllen und die Bundeswehr als Ganzes bereit zu machen zur Landesverteidigung. Nur wenn dieser Zweck erfüllt ist, nur wenn die Wehrpflicht entsprechend lange ist, ist diese Aufgabe richtig gelöst.
Nun, 12 Monate, wie wir sie ursprünglich eingeführt hatten, sind - das ist auch aus der Rede des Ministers hervorgegangen - für die Ausbildung an sich ausreichend. Ich war und bleibe der Meinung, daß ein Kompaniechef, der Rekruten in 12 Monaten nicht zu echten Soldaten erziehen kann, es auch in 18 oder 24 Monaten nicht können wird, weil es entweder an den Rekruten fehlt oder am Kompaniechef.
Diese meine Auffasung ist durch Gutachten bestätigt worden, die die NATO erhoben hat und die auch eine Dauer von etwa 12 Monaten als das Minimum einer Ausbildungszeit festgestellt haben. Sie ist auch durch das Interview bestätigt, das der neue Generalinspekteur der Bundeswehr der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" am 11. Dezember des letzten Jahres gegeben hat.
Für die Ausbildung und für die Bildung der Reserven also waren 12 Monate ausreichend. Aber damit, meine Damen und Herren, haben wir ja erst das erste Stadium der Bundeswehr hinter uns gebracht. In dem neuen, zweiten Stadium, in das wir nun eintreten, ist der vorherrschende Gesichtspunkt die Einsatzbereitschaft unserer Streitkräfte.
Wir wissen, daß gerade unter diesem Gesichtspunkt die Verbandsausbildung eine noch größere Bedeutung bekommen soll, als sie bisher zwangsläufig haben konnte, bisher schon auch deswegen weitgehend nicht haben konnte, weil eigene Übungsplätze nur in geringem Umfang zur Verfügung standen und sich erst in jüngster Zeit für uns die Möglichkeit ergeben hat, auf die Übungsplätze unserer Verbündeten - der Franzosen und der Engländer -auszuweichen. Dazu aber kommt, daß es sich bei dem Mangel an Freiwilligen, den wir haben, um die bedauerlichen Auswirkungen einer erfreulichen und erfolgreichen Wirtschaftspolitik handelt. Viele Funktionen unserer Bundeswehr sind von Wehrpflich276
tigen, die nur 12 Monate dienen, nun einmal nicht auszufüllen. Freiwillige waren aber in hinreichendem Ausmaße nicht zu bekommen. Die Planungen, die vorgesehen waren, sahen für das Heer einen Stand der Freiwilligen von 55 % vor - es sind heute faktisch nur 40 % -, bei der Luftwaffe einen einen Stand von 82 % - es sind deren nur 61 % --, bei der Bundesmarine sogar einen Stand von 95 % - es sind deren nur 88 % -. Im Zeichen der Hochkonjunktur, von der wir aus vielen Gründen wünschen, daß sie uns erhalten bleiben möge, ist an eine durchgreifende Änderung nicht zu denken, zumal die Möglichkeiten materieller Art in der Verbesserung der Besoldung unserer Soldaten so ziemlich im großen und ganzen ausgeschöpft worden sind. Dieses Haus ist in dieser Hinsicht sicherlich mit Recht großzügig gewesen.
Wir werden deshalb Wehrpflichtige mit einer Ausbildung von 18 Monaten brauchen, um Lücken, die auf dem Gebiete der Freiwilligen bestehen, auszufüllen und auf diese Weise eine Reihe von Funktionen, die eigentlich Freiwillige übernehmen sollten, durch Wehrpflichtige mit einem Grundwehrdienst von 18 Monaten übernehmen zu lassen. Dazu aber kommt sicherlich - auch der Redner der Opposition hat auf diesen Gesichtspunkt hingewiesen -, daß wir seit den Beratungen des Jahres 1956 eine weitgehende Verschärfung der außenpolitischen Lage erlebt haben. Wir hatten im November 1958 das Ultimatum, das Berlin betrifft, wir hatten den bisherigen Höhepunkt der Auseinandersetzungen um die alte Reichshauptstadt am 13. August des letzten Jahres.
Meine Damen und Herren, wenn wir wie bisher nur Wehrpflichtige hätten, die 12 Monate dienen, bliebe eben der Ausgebildete nur eine sehr kurze Zeit von wenigen Wochen, allenfalls von 2 bis 3 Monaten, bei der Truppe. Der volle Wert, den er für die Kampfkraft der Truppe hat, erlischt in dem Augenblick wieder, in dem er ausscheidet. Der Kampfwert der Bundeswehr sinkt alle Vierteljahre ganz erheblich. Die Stetigkeit der Einsatzbereitschaft in einem so schwierigen Augenblick wie dem derzeitigen macht deshalb zusätzlich zu den Überlegungen, die ich Ihnen soeben schon dargelegt habe, zweifellos die Verlängerung der Dienstzeit notwendig.
Notwendig ist die Verlängerung der Dienstzeit aber auch wegen des Grundsatzes einer gewissen Gleichbelastung der hauptsächlichen Träger der Verteidigung innerhalb des Atlantikpaktes. Es ist kein Zweifel, die Führung der NATO wünscht, daß auf dem europäischen Kontinent durchweg eine Dienstzeit von wenigstens 18 Monaten eingeführt wird. Bei einem Vergleich mit den anderen NATO-Partnern ergibt sich folgendes. Zwar liegen Dänemark und Norwegen mit 16 Monaten knapp unter dieser Grenze, Italien, die Niederlande und Portugal haben aber diese Grenze von 18 Monaten bereits erreicht. Griechenland, die Türkei und die Vereinigten Staaten von Nordamerika als der wichtigste Träger der Verteidigung der freien Welt haben 24 Monate. Frankreich hat derzeit sogar 28 Monate Grundwehrdienst. Es handelt sich also um eine Angleichung an unsere Partner und an ihre
Verpflichtungen. Es handelt sich aber sicherlich auch um ein gewisses Gegengewicht gegen die Staaten des Warschauer Paktes, die mit mindestens 24 bis zu 36 Monaten Dienstzeit erheblich mehr von ihren Untertanen verlangen, als wir von unseren Bürgern erwarten.
Schließlich ist es niemandem in unserem Volke verborgen geblieben, daß die Vereinigten Staaten von Amerika unter ihrer neuen Regierung verstärkte Anstrengungen für die Verteidigung der Freiheit gerade auf dem unmittelbaren Gebiet der militärischen Verteidigung unternommen haben und unternehmen. Es ist für uns als die Hauptbetroffenen des kalten Krieges nicht möglich, hinter den Anstrengungen der Amerikaner - relativ jedenfalls - zurückzubleiben. Absolut werden wir nie das gleiche leisten können, was diese größte Wirtschaftsmacht der westlichen Welt zu leisten vermag.
Meine Damen und Herren, ich bin mir vollkommen darüber klar, daß die Verlängerung der Dienstzeit um die Hälfte der jetzigen, nämlich von 12 Monaten auf 18 Monate, ein schweres Opfer für die jungen Männer unseres Volkes ist, ein Opfer durch die Unbequemlichkeiten, die ein militärischer Dienst immer mit sich bringt und mit sich bringen muß, soll er seinen Zweck erfüllen, vor allem aber ein Opfer insofern, als dadurch in den Berufsplänen, in denen Ausbildungsplänen nun eine noch größere Lücke entsteht als bisher. Dieses Opfer ist am schwersten bei den qualifizierten Berufen, nicht zuletzt bei den Menschen, die sich dem Hochschulstudium widmen, zumal diese akademisch und nichtakademisch „qualifizierten" Berufe auf Grund ihrer Qualifikation im allgemeinen einen besonders hohen Prozentsatz der Wehrpflichtigen stellen müssen. Wir wollen dieses Opfer nicht verkleinern, aber wir sind davon überzeugt, daß die junge Mannschaft unseres Volkes ebenso, wie sie bisher die Notwendigkeit der Wehrpflicht eingesehen hat, diese auch für die Zukunft verstehen wird.
An und für sich liegt ja eine Tragik darin, daß die freiheitliche Lebensordnung in der Auseinandersetzung mit einer Gewaltherrschaft den Raum der Freiheit selbst auf den verschiedensten Gebieten, nicht nur auf dem der Wehrpflicht, einschränken muß, um sich selbst zu behaupten und um die Idee der Freiheit zu retten. Wir haben aber die gemeinsame Überzeugung, daß eine mit den Mitteln des Rechts beschränkte Freiheit in ihrer Qualität ganz unvergleichlich höher und lebenswerter ist als die Herrschaft des Unrechts, die wir erlebt und erlitten haben und die 17 Millionen unserer Landsleute auch heute noch täglich und stündlich erleben und erleiden.
Wenn wir unter diesem Gesichtspunkt unsere Forderung an die jungen Männer unseres Volkes stellen, glaube ich, daß wir dort das Echo finden, das wir bisher gefunden haben und das wir auch in den nächsten Wochen bei der Beratung dieses Gesetzentwurfs erhoffen.
Wenn es aber ein schweres Opfer für unsere jungen Männer ist, 18 Monate zu dienen, dann können wir andererseits auch erwarten, daß die Planung der Ausbildung in unserer Bundeswehr sehr sorgDr. Jaeger
fältig vorgenommen wird, daß diese Ausbildung selbst hart, umfassend und wirklichkeitsnah gestaltet wird und daß das, was heute unter dem Schlagwort gammeln verstanden wird, immer mehr zur Ausnahmeerscheinung wird. Die Tatsache, daß wir unsere jungen Soldaten länger als bisher bei den Waffen halten, verpflichtet uns zu einer noch besseren und sorgfältigeren Ausbildung, damit der wirkliche Zweck dieser Verlängerung der Dienstpflicht auch erreicht wird.
Meine Damen und Herren, wir stehen in der ersten Lesung des Gesetzentwurfs und haben uns nur mit seinen Grundzügen zu befassen. Es geht hier nicht um die Einzelheiten, etwa um das Problem des verkürzten Grundwehrdienstes oder die Probleme des materiellen Entgelts oder des Verpflegungssatzes. Wir wollen diese Fragen den Beratungen des Ausschusses überlassen und uns dann mit dem Ergebnis der Ausschußberatungen in der zweiten Lesung befassen, darüber im einzelnen diskutieren und entscheiden.
Wichtig aber erscheint mir in der ersten Lesung, daran zu erinnern, daß in diesem Hause und außerhalb dieses Hauses in den letzten eineinhalb Jahren recht oft die Forderung nach einer gemeinsamen Außenpolitik erhoben worden ist. Wir von der Christlich-Demokratischen und Christlich-Sozialen Union haben diese Forderung schon früh erhoben und haben sie, als sie später von anderer Seite gestellt wurde, selbstverständlich bejaht. Wir waren aber immer der Meinung, daß sich die Gemeinsamkeit einer Außenpolitik an den innenpolitischen Konsequenzen, an dem Verhalten aller Beteiligten bei den Beratungen in diesem Hohen Hause erweist.
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Wir sind der Meinung, daß die Gemeinsamkeit der Außenpolitik in erster Linie eine Einigkeit in den Grundfragen der Verteidigung unseres Landes bedingt. Ich hoffe, daß die Beratung dieses Gesetzentwurfs im Bundestagsausschuß für Verteidigung, die in der nächsten Woche beginnen wird, uns auf diesem Wege einen Schritt weiter bringen wird.
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Das Wort hat der Abgeordnete Schultz.
Herr Präsident! Moine sehr geehrten Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf mit seiner Forderung nach Verlängerung der Grundwehrdienstzeit auf 18 Monate erfüllt einen Wunsch, der, von den Angehörigen der Bundeswehr - ob Offizier, Unteroffizier oder Mann - ausgesprochen, aus den Diskussionen mit den Besuchergruppen, die durch das Haus geführt werden, manchem Kollegen in diesem Hohen Hause geläufig ist.
Dieser Wunsch ist im Laufe der letzten Jahre immer wieder vorgetragen worden. Es wurde immer wieder gesagt, daß zwölf Monate eben nicht genügten, um aus einem Wehrpflichtigen einen vollwertigen Soldaten zu machen, der sein Waffenhandwerk tatsächlich versteht. Wer sich darüber hinaus in der Truppe umgesehen hatte, mußte zugeben, daß diese Forderung ihre Berechtigung gehabt hat.
Es wurde hier schon darüber diskutiert, warum zunächst eine Dienstzeit von zwölf Monaten eingesetzt, geplant werden mußte, und ich möchte mich darüber nicht weiter verbreiten. Aber ich glaube, daß heute tatsächlich der Zeitpunkt da ist, um über die Verlängerung der Grundwehrdienstzeit auf 18 Monate zu diskutieren.
Die Freie Demokratische Partei begrüßt, daß dieser Gesetzentwurf hier eingebracht worden ist. Wir begrüßen auch, daß sich das Parlament unverzüglich damit beschäftigt hat, und wir hoffen, daß die Beratungen im Ausschuß entsprechend zügig vorangehen, allerdings nicht ohne Diskussion der vielen Einzelprobleme, über die auch Kollege, Erler gesprochen hat; sie müssen ihre gebührende Berücksichtigung finden, und wir brauchen Zeit, um sie diskutieren zu können.
Ohne Zweifel hat das angesprochene Problem durch die Ereignisse des 13. August und durch die Verhärtung der außenpolitischen Lage eine besondere Bedeutung und Dringlichkeit und Beschleunigung bekommen. Die Freien Demokraten hatten schon in der Aussprache zur Regierungserklärung durch ihren Vorsitzenden die Feststellung getroffen, daß sie diesem Gesetzentwurf im Grundsatz zustimmen werden, und ich kann bei der ersten Lesung diese Feststellung nur wiederholen. Aber, wie gesagt, man wird sich im Ausschuß über die Einzelprobleme unterhalten müssen.
Insbesondere wird man darüber sprechen müssen, wie man eine möglichst gleiche Behandlung aller Wehrpflichtigen erreichen kann. Wir hatten bei der ersten Änderung des Wehrpflichtgesetzes den Los-. entscheid eingeführt, da das Potential an Wehrpflichtigen heute und auch in den nächsten Jahren noch nicht ausgeschöpft werden kann, wie hier ja auch schon gesagt worden ist, und glaubten damit einen gangbaren Weg gefunden zu haben. Wir müssen uns aber darüber klar sein, daß bei einer 18monatigen Dienstzeit der Vorsprung der Nichtdienenden in ihrem beruflichen Fortkommen noch größer sein wird,
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und es ist nicht mehr als recht und billig, einen entsprechenden Ausgleich zu schaffen. Auch darüber haben meine beiden Herren Vorredner, insbesondere aber Herr Erler, schon gesprochen.
Dieser Ausgleich kann nicht allein durch dieses Gesetz erfolgen, sondern es ist notwendig, daß wir eine gesetzliche Regelung für die Zivilverteidigung ebenfalls sobald als möglich verabschieden. Wir hatten auf den Zusammenhang zwischen diesen beiden Gebieten schon anläßlich der Verabschiedung des Ersten Änderungsgesetzes zum Wehrpflichtgesetz hingewiesen und hatten betont, daß die Verteidigung der Bundesrepublik nur möglich .ist, wenn neben den Anstrengungen auf dem militärischen Gebiet die gleichen Anstrengungen auch im zivilen Feld eingeleitet werden. Wir hoffen daher, daß
möglichst bald entsprechende Gesetzentwürfe an das Hohe Haus gelangen, zumal der Herr Bundesverteidigungsminister im Bulletin vom 12. Dezember erklärt hat, daß er die Ausbildung und Dienstleistung im zivilen Bevölkerungsschutz als dem Dienst in der Bundeswehr gleichwertig anerkannt.
Leider hat man am 9. Januar in der Zeitung lesen können, daß man auf der anderen Seite der Regierungsbank nicht eine so enge Verzahnung zwischen diesen beiden Gebieten herbeiführen will, daß man also den Militärdienst und den zivilen. Dienst fein säuberlich trennen will. Ich glaube, daß man darüber noch sprechen wird und daß das nicht die letzte Aussage gewesen ist.
Wir dürfen nicht vergessen, daß uns das NATO- Bündnis auch auf dem Gebiet der Zivilverteidigung ganz bestimmte Verpflichtungen auferlegt. Ich darf nur an die Debatten erinnern, die wir seinerzeit im dritten Bundestag geführt haben, als, glaube ich, der heutige Wehrbeauftragte Admiral Heye und auch Frau Renger und Frau Dr. Lüders gemeinsam über die Maßnahmen, die in der WEU für notwendig gehalten werden, hier sprachen. Wir dürfen die Dinge deswegen nicht beiseite lassen, sondern müssen vielleicht noch dringender an sie herangehen als unsere Verbündeten in der NATO, weil wir doch schließlich die direkten Anrainer der vermutlichen Gegner sein werden.
Ich darf wohl auch sagen und Ihre Zustimmung dazu finden, daß der Soldat nicht stehen und kämpfen kann, wenn er sich sagen muß, daß für das Überleben der Angehörigen nicht das Menschenmögliche getan ist. Auch das gehört eben mit zu dem Gedanken der Abschreckung des Gegners überhaupt. Wir sollten uns auch davor hüten, vor dem Blick auf Waffen und modernste Waffen und auf die Technik dein Menschen als Träger des Widerstandes gegen einen entschlossenen Gegner zu übersehen.
Nun ist in der Begründung zur Regierungsvorlage zu lesen, daß die Zahl der freiwillig Längerdienenden in den Jahren 1956 bis 1961 aus verschiedenen Gründen geringer war, als zunächst angenommen werden konnte. Auch darüber hat der Herr Bundesverteidigungsminister hier gesprochen, und die beiden Herren Vorredner sind ebenfalls darauf eingegangen.
Die Gründe sind also bekannt. Da war zunächst einmal die Situation nach 1945, in der der deutsche Soldat nicht gefragt war. Nur langsam ist das Pendel wieder zur Mitte zurückgeschwungen, und die absolute Verdammung hat einer ruhigeren Beurteilung Platz gemacht. Da wird zum zweiten die Hochkonjunktur ins Feld geführt, die den Soldatenberuf vom Finanziellen her nicht attraktiv erscheinen läßt. Schließlich ist es das Absinken der Jahrgangsstärken überhaupt, d. h. des Potentials, aus dem sich die Wehrpflichtigen rekrutieren.
Wir sind allerdings der Meinung, daß es neben diesen Gründen, die durchaus zutreffen, auch Gründe gibt, die in der Soldatengesetzgebung von 1955 und 1956 schlechthin liegen. Man begeht wohl kein Sakrileg, wenn man sagt, daß eben diese Soldatengesetzgebung unter ganz bestimmten politischen
Situationen geboren wurde und daß es notwendig 1 ist, nach fünf Jahren Aufbau und Erfahrung an manche Änderung heranzugehen. Ich bin der Auffassung - und habe das bei Truppenbesuchen und bei Fragen, die man gestellt hat, eigentlich bestätigt gefunden -, daß manche Gesetzesbestimmung die Dienstausübung des Soldaten erheblich behindert, dar damit die Freude am Dienst getötet wird und daß sich Soldaten - zu Recht oder zu Unrecht - nicht als Staatsbürger des gleichen Ranges wie ihre zivilen Genossen fühlen.
Wir hatten daher, als das erste Mal, noch vor dem 17. September, von der Verlängerung des Wehrdienstes gesprochen wurde, gesagt, daß sie eine Einzelmaßnahme sei - ich freue mich, daß das auch von den beiden anderen Parteien heute bestätigt worden ist - und daß sie keine Besserung der Verhältnisse bringe, wenn nicht gleichzeitig oder zumindest in ihrem Gefolge eine Überprüfung der Soldatengesetzgebung stattfinde.
Da wir wissen, daß das Anpacken eines solchen Problems und die Änderung einer gesetzlichen Regelung eine Folge von Überlegungen und Änderungen in anderen gesetzlichen Bestimmungen mit sich bringt, wissen wir auch, daß man hier nicht munter darauflosarbeiten kann, ohne die Folgen zu bedenken. Man muß aber an diese Arbeit herangehen in der Erkenntnis, daß die Bundeswehr eine andere Aufgabe hat als Bundesbahn und Bundespost und daß das, was dort richtig sein mag, hier eben nicht paßt.
Wir glauben, daß viele Dinge zu kompliziert geregelt sind. Wir müssen vereinfachen und auch Ermessensentscheidungen ermöglichen. Wir sollten alles tun, um auf dem Gesetzgebungsweg Verantwortungsfreude und Zivilcourage zu stärken; denn nur dann kann Zug in die Sache kommen und der Wehrpflichtige Freude am Dienst und damit auch Lust zur Weiterverpflichtung bekommen. Ich glaube, daß gerade das Problem der Längerdienenden von der Bundeswehr her gelöst werden muß. Aber sie muß ihnen Dienst so gestalten können, daß tatsächlich eine Ausstrahlung auf die ihre Dienstzeit Ableistenden geschehen kann, daß der Wehrpflichtige sagt: Das ist doch eine feine Sache.
Wir sind auch der Meinung, daß den Vorgesetzten aller Grade von Gesetzes wegen mehr Autorität zugestanden werden muß und daß trotz der letzten Novellierung der Disziplinargewalt das Optimum hier nicht erreicht ist.
Wir halten es für notwendig, daß analog zu den Offiziersschulen wieder eine Unteroffiziersschule eingerichtet wird. Sicher werden die 18 Monate zunächst eine Erleichterung in Ausbildung und Einsatzbereitschaft der Bundeswehr bringen; aber man muß wissen, daß ein ordentlicher Soldat in den letzten drei Monaten seiner Dienstzeit eben nicht mehr als ein Hilfs-Unterführer sein kann. Es wurde ja von Vertretern des Ministeriums im persönlichen Gespräch gesagt, daß man die guten Wehrpflichtigen am Ende ihres Dienstes als solche Unterführer einsetzen wolle. Aber man muß sich über die darin enthaltene Problematik klar sein. Die richtigen Grundsätze der inneren Führung sind eben nicht
ohne ein gut ausgebildetes Unteroffizierskorps zu verwirklichen, das die notwendige Entlastung für das Offizierskorps bringt.
Nun hatte der Bundesverteidigungsminister - nach dem schon zitierten Bulletin der Bundesregierung - vor der Presse u. a. auch erklärt, daß mit der Verlängerung des Grundwehrdienstes keine Erhöhung der Präsenzstärke der Bundeswehr beabsichtigt sei, und er hat das heute hier noch einmal bekräftigt. Ich glaube, daß eine solche Maßnahme augenblicklich auch gar nicht erfolgen kann. Die vorübergehende Vermehrung muß außer Betracht bleiben; sie wirkt sich auf die absolute Zahl nicht aus, da noch nicht alle Aufstellungen vorgenommen sind.
Wir hatten aber im letzten Bundestag einmal den Antrag gestellt, die Friedensstärke der einzelnen Einheiten zu erhöhen, um die durch Krankheit, Urlaub, Kommandierung Abwesenden in etwa zu ersetzen. Dieser Antrag wurde damals mit der Begründung abgelehnt, daß bei dem Fehlen von Offiziers- und Unteroffiziersstellen dieser Zuwachs nicht verkraftet werden könne. Ich habe das noch einmal überprüft und bin zu dem Ergebnis gekommen, daß zusätzliche Offiziere und Unteroffiziere gar nicht gebraucht würden. Andererseits könnte aber durch eine solche Maßnahme eine bessere Ausbildung gewährleistet werden, weil sich dann eine Zug- oder Kompanieausbildung lohnen würde, die sonst gar nicht in Angriff genommen wird, da bei der Einteilung praktisch nur ein paar Leute übrig bleiben. Das, Herr Kollege Jaeger, ist nämlich der eigentliche Grund, weshalb man überhaupt von gammeln sprechen kann: daß bei der angespannten Personallage und der Stärke der Einheiten der Bundeswehr nach Abzug derjenigen, die wegen Krankheit, Urlaub oder Kommandierung ausfallen, für den Dienst im Rahmen einer sogenannten Verbandsausbildung, Zug- oder Kompanieausbildung, zuwenig übrig bleiben.
Die Personaldecke ist so knapp, daß - um ein Beispiel zu nennen - die durch die Straßenverkehrsordnung vorgeschriebenen Beifahrer für den 5-t-Lkw gegenwärtig bei der Nachbarkompanie ausgeborgt werden müssen; oder die Fahrzeuge bleiben stehen. Auch diese Dinge muß man berücksichtigen, wenn man über die Verlängerung der Wehrpflicht spricht.
Der Verteidigungsausschuß des 3. Bundestages hatte einen Unterausschuß gebildet, der sich mit der Überprüfung der Stärke- und Ausrüstungsnachweisung beschäftigen sollte. Leider kam er nicht zur Arbeit. Ich würde von mir aus anregen, daß wir im Verteidigungsausschuß dieses Bundestages etwas Ähnliches tun. Denn mir scheint - bei aller Achtung vor dem Bundesrechnungshof und vor den Beamten des Bundesfinanzministeriums -, daß die an sich durchaus notwendige Sparsamkeit übertrieben wird, was das Personal und seine Einstufung angeht. Ich würde auch hier wünschen, daß die Entscheidungen nicht von dem Vergleich mit anderen Ressorts, sondern in erster Linie von der militärischen Notwendigkeit abhängig gemacht werden, insbesondere dann, wenn es sich um die Truppe handelt; bei den Stäben kann man noch anderer Meinung sein.
Ein Übermaß an Sparsamkeit, wenn man an Stellen bei der Truppe spart, kann teuer werden, vor allem dann, wenn als letztes Argument, um eine Stelle nicht zu bewilligen, gesagt wird: Aber, meine Herren, wenn ich auch diese Forderung noch durchgehen lasse, bin ich ja in meinem Hause nicht mehr glaubwürdig. Ich sitze doch hier, um etwas wegzustreichen, ich kann Ihnen doch nicht alles bewilligen. Wie Sie es auch immer begründen, diesen letzten Posten muß ich meines Hauses wegen streichen." - Das ist selbstverständlich eine Einzeläußerung, für die ich mich verhältnismäßig gut verbürgen kann, aber man darf nicht übersehen, daß so etwas, obwohl es sich nicht bei der Truppe, sondern im Schoße der Bürokratie ereignet, selbstverständlich seine psychologischen Auswirkungen zur Truppe hinunter hat. Die Gewinnung von Freiwilligen, von länger Dienenden, ist in sehr starkem Maße ein psychologisches Problem, wo auch die Von-Mund-zu-Mund-Propaganda ihre Wirkung hat.
Wir werden uns auch immer wieder Gedanken darüber machen müssen, wie wir trotz des Sogs der freien Wirtschaft eine genügende Anzahl von Technikern zum Zeitdienst in der Bundeswehr veranlassen können. Auch hierüber wurde schon gesprochen. Sicherlich ist den finanziellen Mitteln, die als Anreiz ausgeworfen werden können, eine Grenze gesetzt. Mir scheint aber, daß gerade in der Dienstpostenbewertung und in den Laufbahnrichtlinien noch ein Weg gegangen werden kann, der eine längere Dienstzeit in der Bundeswehr für die, die sich für den Besuch von höheren technischen Lehranstalten entschieden oder sie durchlaufen haben, attraktiv erscheinen lassen kann.
Schließlich wollen wir auch nicht vergessen, daß der Mensch Äußerlichkeiten recht zugänglich ist und daß seine Leistung mit der Befriedigung der Eitelkeit steigt, um es ganz grob auszudrücken. Haben wir nicht die Idee, daß die Uniform nur ein Arbeitskleid sei, etwas übertrieben? Meinen Sie nicht auch, meine Damen und Herren, daß wir aus dem Extrem des Lametta in das andere der übergroßen Schlichtheit verfallen sind?
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Wir sollten nicht in jedem Abzeichen, das verliehen oder gestiftet werden kann, ein Politikum sehen, zumal dieses Abzeichen nicht einmal wesentliches Geld kostet, außer dem der Beschaffung. Auch im 20. Jahrhundert hat Schiller immer noch recht, wenn er in Wallensteins Lager" sagt: Der Soldat muß sich können fühlen.
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Es scheint mir auch die Aufgabe gerade des Politikers zu sein, in der Öffentlichkeit für die Bundeswehr zu werben und das nicht der Bundeswehr allein zu überlassen. Tage der Offenen Tür und der Ausstellungszug der Bundeswehr, der von Flecken zu Flecken reist, sind neben der Ausstrahlung des Führerkorps der Bundeswehr auf die Geführten richtige Mittel zur Werbung für die Verteidigungsbe-,
reitschaft. Aber sie vermögen schließlich nicht mehr als freundliches Interesse zu erzielen, wenn auf der Tagung der Fremdenverkehrsverbände ein Politiker sagt, er werde dafür sorgen oder sich dafür einsetzen, daß die Kurorte von der Belästigung durch Düsenjägerlärm oder Panzerkettengerassel bei Übungen von einigen Tagen verschont bleiben. Was ist heute nicht alles Erholungsgebiet in der Bundesrepublik?! Wo soll dann noch geübt werden, wenn man solche Maximen aufstellt?
Von der Opferbereitschaft und vom Opfer schlechthin ist heute schon gesprochen worden. Wir müssen unserer Gesellschaft überhaupt ein höheres Maß an persönlicher Opferbereitschaft zumuten. Man sollte den Appell an die Opferbereitschaft nicht immer gleich wieder einschränken.
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- Ich glaube, daß Sie das Problem durch Ihren Zwischenruf zu sehr vereinfacht haben, lieber Kollege Schmitt-Vockenhausen.
Ich komme zum Schluß. Wir müssen an das Problem der Verlängerung der Wehrdienstzeit herangehen, insbesondere im Interesse des Leistungs- und Ausbildungsstandes der Bundeswehr. Wir würden uns etwas vormachen, wenn wir auf der einen Seite den Verteidigungsetat bewilligen, auf der anderen Seite aber nicht das tun, was menschenmöglich ist, um einen Höchststand an Ausbildung zu erreichen. Nur mit solchen Soldaten wird der Poli) tiker einen Krieg verhindern können.
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Das Wort hat der Herr Bundesminister der Verteidigung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Von jeder Fraktion hat nun ein Redner Stellung genommen und dabei eine Reihe von beachtlichen Gesichtspunkten vorgebracht. Ich erhebe keinen Anspruch darauf, zu behaupten, daß der Gesetzentwurf, obwohl er gründlich überlegt und gerade in den schwierigen Einzelpunkten monatelang poliert worden ist, in der vorliegenden Fassung nunmehr das Optimum dessen darstellt, was erzielt werden kann. Ich bitte aber andererseits um Verständnis dafür, daß ich an zwei Punkten festhalten muß.
Erstens muß ich daran festhalten - ich denke jetzt nicht an die Länge von 18 Monaten, über die hier ja als solche nicht mehr diskutiert worden ist --, daß .das Gesetz, wenn irgend möglich vor dem 1. April dieses Jahres in Kraft zu setzen ist.
Zweitens müßte, was die Übergangsregelung anbetrifft, jede wesentliche Änderung des hier gemachten Vorschlags zur Folge haben, daß ,die Bundesregierung weiterhin auf ,dem Wege der Rechtsverordnungen oder der Verlängerung der Übergangsfrist kraft Gesetzes die 15 Monate beibehalten müßte. Beides ist nicht sehr schön.
Der 13. August spielt hierbei natürlich eine Rolle, und zwar nicht die, mehr zu tun, als wir früher vorhatten, sondern endlich das tun zu können, was wir immer schon vorhatten, was aber wegen der heute genannten Gründen nicht möglich war. Ich sehe aber mit großem Interesse - das gleiche darf ich auch für die beteiligten Mitarbeiter sagen - der Diskussion gerade der wesentlichen Einzelprobleme entgegen, die heute angeschnitten worden sind.
In einem Punkte könnte ich nach dem, was Kollege Schultz dazu gesagt hat, vielleicht mißverstanden worden sein. Ich bin an sich immer ein Anhänger einer gesetzlichen Verteidigungspflicht gewesen, die sich auf mehrere Sektoren erstreckt, auf den militärischen Sektor wie auch auf den zivilen Sektor. Ich meine jetzt nicht die Verpflichtung an einen Arbeitsplatz. Dafür bedarf es keiner militärischen oder zivilen Organisation. Das kann durch andere Mittel geschehen. Das hatte wohl, Kollege Schultz, auch der Herr Innenminister Höcherl im Sinne, als er die von Ihnen vorhin apostrophierten Äußerungen machte. Andererseits stellt die Verteidigung, . die militärische und die zivile, eine Gesamtheit dar. Deshalb bedarf es sehr wohl einer gesetzlichen Verpflichtung, nicht nur damit die militärischen Erfordernisse erfüllt werden, sondern auch damit die zivilen Erfordernisse erfüllt werden.
. Ich bin auch nicht der Meinung, daß der zivile Bevölkerungsschutz unter militärische Führung gestellt und durch militärisches Personal wahrgenommen werden soll. Vielmehr meine ich, daß die Tätigkeit im zivilen Bevölkerungsschutz, da wir, was die zur Verfügung stehenden menschlichen Kräfte anlangt, erfreulicherweise keine Personalsorgen haben, gleichgestellt werden soll und angerechnet werden kann, wobei aber auf Grund der bestehenden Verhältnisse eine ausreichend befriedigende Lösung nur durch die gesetzliche Verpflichtung gefunden werden kann. Ich selber würde es vorziehen, wenn wir zu einer beide Teile umfassenden Verteidigungspflicht in Reform der Wehrgesetzgebung kämen. Das Ganze kann aber auch auf anderem Wege erfüllt werden ohne eine solche umfassende Regelung. Der klassische Wehrdienst trägt natürlich sehr leicht die Züge einer sehr traditionellen und konservativen Lösung an sich, die den heute leider zugrunde zu legenden Gesichtspunkten nicht mehr gerecht wird.
Ich darf einen zweiten Gesichtspunkt herausgreifen, der vom Herrn Kollegen Erler in einer kritischen Bemerkung angeschnitten worden ist: Wenn die Truppe verständigt werden muß, daß eine Änderung ihrer Dienstzeit auf Grund der politischen Ereignisse notwendig ist, so soll die Bundesregierung sich selbstverständlich nicht um die unangenehme Bekanntgabe, etwa durch Abwälzung der Lasten auf die Offiziere, herumbewegen. Andererseits erfordert es das Vertrauensverhältnis zwischen Offizier und untergebenem Soldaten, daß die Übermittlung der Entscheidungen der Bundesregierung nicht auf dem Weg über Presse oder andere öffentliche Nachrichtenorgane an ihn erfolgt, sondern daß der Offizier, sein Kompaniechef, sein Bataillonskommandeur, ihm diese Entscheidung beBundesverteidigungsminister Strauß
kanntgibt und auch die Gründe nennt, die von der Regierung dafür angeführt werden. Das gegenseitige Vertrauensverhältnis - Verantwortung und Vertrauen, Befehl und Gehorsam sind ja immer ein zusammengehörendes Ganzes - macht auch in diesen Fällen eine solche Lösung erforderlich.
Ich mache keinen Hehl daraus, wir hätten sehr gerne auf eine Verlängerung von 12 auf 15 Monate durch die bekannte Maßnahme verzichtet. Die Bundesregierung - ich darf sie hier einmal in ihrer Gesamtheit ansprechen - hat sich die Sache sehr gründlich überlegt. Ich glaube, daß die Gesichtspunkte, die der Außenminister und der Verteidigungsminister zugrunde legen mußten, sich dann zum Schluß bei der Entscheidung durchgesetzt haben. Das war aber das Ergebnis einer sehr ernsten und verantwortungsbewußten, mit dem Wahlkampf nicht unmittelbar zusammenhängenden Prüfung. An sich bin ich es ja gewohnt, wenig attraktive Entscheidungen vertreten und in der Öffentlichkeit verantworten zu müssen.
({0}) - Ja, man lernt im Laufe der Zeit dazu.
({1})
Herr Kollege Erler hat recht, daß eine über die NATO-Ziele hinausgehende militärische Planung der Bundesrepublik natürlich Unruhe auch in die Reihe der Allianz bringen würde. Aber von der Gefahr sind wir wahrlich verschont. Bis jetzt ist nur eine einzige Unruhe in den Reihen der Allianz entstanden, daß wir nämlich zu wenig tun, jedenfalls nicht das tun, was wir nach Meinung sowohl der integrierten NATO-Stäbe, der zivilen und der militärischen Stellen, wie nach Meinung unserer Bundesgenossen tun sollten. Daß hierbei die Verhältnisse umgekehrt liegen als nach dem ersten Weltkriege, gehört zu den Seltsamkeiten dieses Zeitalters. Nach dem ersten Weltkriege haben sich alle Reichsregierungen bemüht, ein größeres Maß an militärischer Verteidigungsfähigkeit zu erhalten, weil die Beschränkungen des Versailler Vertrages sehr einschneidend waren. Bei dem Wiederaufbau der deutschen Streitkräfte, also beim Aufbau der Bundeswehr, mußten wir die Erwartungen der Alliierten auf einen sehr starken deutschen Beitrag von vornherein dämpfen.
Dabei gebe ich gerne zu, daß manchmal gewisse publizistische Äußerungen über die Bundeswehr in keiner Weise im Einklang stehen mit der Meinung der offiziellen Stellen im Ausland, daß gewisse öffentliche Äußerungen über angeblich stärkere Ausrüstung der Bundeswehr, Äußerungen, die wir lesen, in keiner Weise mit dem übereinstimmen, was die Stäbe der NATO, was die verantwortlichen militärischen Befehlshaber und was die verantwortlichen Regierungen unserer NATO-Partner für möglich oder für notwendig halten.
Ich möchte Herrn Kollegen Erler bitten, sich noch einmal ernsthaft zu überlegen, ob er seine Anregung, verschiedene Dienstzeiten innerhalb der NATO-Einheiten vorzusehen, aufrechterhalten will.
Aber das gehört zu den Punkten, die wir im Ausschuß im einzelnen besprechen können. Diese Regelung könnte eine Gefällwirkung auslösen, die dann Soldaten erster und zweiter Klasse schafft.
({2})
Das würde Ihre Meinung dann verständlich machen. Nur glaube ich, daß die Annahme wohl nicht ganz richtig ist.
Wir bekommen aber auf die Weise auch die Möglichkeit, Soldaten in verschiedenen Funktionen auszubilden. Denn man müßte ja bei dem Zweck, für den die Bundeswehr aufgestellt wird, bei dem Ernst der Verteidigung, auch mit Ausfällen rechnen; und wenn man dann nur Soldaten hat, die, wie Sie, glaube ich, einmal in einer früheren Diskussion sagten, „Deckputzer" sind - im Zusammenhang mit der Frage: Was haben Wehrpflichtige in der Marine verloren? -, dann allerdings wäre dafür sogar d i e Ausbildung noch zu kostspielig.
Der Herr Kollege Schultz hat die Frage der Soldatengesetzgebung angeschnitten. Wir haben immer die Linie verfolgt, Erfahrungen zu sammeln bis an eine Reform der Gesetzgebung gedacht wird, wobei man unter dem Wort Reform im allgemeinen Verbesserung versteht. Nicht immer haben sich Änderungsgesetze auch als Verbesserungen erwiesen. Wir sind aber der Meinung, daß eine wirkliche Verbesserung der Soldatengesetzgebung erst dann 1 erfolgen kann, wenn ausreichende Erfahrungen mit den bisherigen Gesetzen - die ich in keiner Weise für ideal halte - vorliegen. Es stürmt eine Fülle von Vorschlägen, Novellen zu vielen Einzelheiten zu erlassen, auf uns ein. Es hätte auch den Wert der Gesetzgebung und den Wert der Gesetze vermindert, wenn man wegen der Notwendigkeit, eine einzelne Härte oder eine einzelne Schwäche zu beheben, jeweils ein Änderungsgesetz gemacht hätte. -- Ich weiß, was Sie meinen, Herr Kollege Schultz, und möchte deshalb nicht im einzelnen darauf eingehen. Aber hier ist es doch bei allen Fraktionen, auch bei Ihrer Fraktion, damals so gewesen, daß die Meinungen in keiner Weise einheitlich waren. Ich sage das ohne jeden Unterton eines Vorwurfs. Bestimmte Gesetze, die dem Aufbau der Bundeswehr dienten -- vor allem auf dem personellen Gebiet -, sind im Beamtenrechtsausschuß behandelt worden. Bei dem Prinzip, nach welchem die Ausschüsse zusammengesetzt werden, war der Beamtenrechtsausschuß immer so zusammengesetzt, daß seine Vertreter die ganze personelle Wehrgesetzgebung unter dem Aspekt des Beamtenrechts gesehen haben. Das galt auch für die Vertreter derjenigen Fraktionen, deren mehr militärisch orientierte Sprecher dann hier lebhaft beklagt haben, daß die Gesetze oft den Verhältnissen nicht gerecht würden. - Ich möchte aber weder Namen noch Einzelheiten nennen. Im Ziel könnten wir uns weitgehend einig sein.
Ich möchte die Debatte auch nicht durch eine nochmalige Behandlung Ihrer Frage wegen der Reserveplanstellen ausweiten; aber Ihre Gesichts-
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punkte würden mich im Ausschuß sehr interessieren. Denn wenn wir auch, ohne die Zahl der Einheiten zu vermindern oder das Tempo des Aufbaues zu verlangsamen, mehr Planstellen schaffen würden, so würde dadurch das personelle Fehl höchstens optisch, aber nicht in der tatsächlichen qualitativen Besetzung ausgeglichen werden können. Wie Sie diese Quadratur des Zirkels lösen wollen, das würde mich wahrlich interessieren.
Wenn der Verteidigungsausschuß die Absicht haben sollte, einen Unterausschuß zur Bearbeitung von StANs einzurichten, dann möchte ich nichts gegen den sachkundigen Beitrag sagen; nur hätte ich dann den Wunsch, daß dabei die Gesprächspartner nicht allein die Vertreter des Verteidigungsministeriums sind, sondern daß bei der Erarbeitung der StANs die von den Parlamentariern vertretenen Ansichten zur Geltung kommen oder zumindest mit einem gewissen Einfluß gehört werden. Denn damit, daß wir für die Aufstellung der einzelnen StANs noch ein neues Diskussionsgremium mehr bekommen, vermehrt sich nur die Zahl der Diskussionsstunden, aber es ändern sich noch nicht die StANs. Wenn ein solcher Vorschlag gemacht wird, dann würde ich sehr wünschen, daß in diesem Gremium die Vertreter des Finanzministeriums und des Rechnungshofs mit denen des Verteidigungsministeriums und Experten aus der Truppe zusammen bei der Erarbeitung der StANs tätig sind.
Ich darf zum Schluß noch, weil es der Verhinderung von Legendenbildung dient - ein Bemühen, das zwar meistens nicht gerade große Aussichten auf Erfolg hat, dem man sich aber trotzdem nie entziehen soll -, zur Frage des Werdeganges und damit für mich abschließend folgendes sagen. In der öffentlichen Diskussion, auch in der Kommentierung, haben sich im Laufe der letzten Wochen und Monate Ansichten bemerkbar gemacht, die mit dem tatsächlichen Ablauf nicht übereinstimmen. Ich darf deshalb in Stichworten folgendes vortragen.
Die Vorlage eines Entwurfs des Wehrpflichtgesetzes durch das Verteidigungsministerium an das Kabinett ist am 30. Januar 1956 erfolgt. Damals war ein Grundwehrdienst von 18 Monaten vorgesehen, ein verkürzter Grundwehrdienst von sechs Monaten und Wehrübungen für Offiziere bis zu 12 Monaten und für Unteroffiziere und Mannschaften bis zu sechs Monaten. Am 8. Februar 1956 hat das Kabinett diesen Entwurf des Wehrpflichtgesetzes gebilligt. Am 1. März 1956 ist dieser Entwurf vom Kabinett an den Bundesrat gegangen. Am 23. März 1956 hat der Bundesrat dem Kabinett eine Begrenzung des Grundwehrdienstes auf 12 Monate vorgeschlagen mit der Begründung, daß die Ausbildung mehr auf taktische und technische Notwendigkeiten abgestellt werden solle und daß die rein formale Exerzierausbildung wegfallen solle; ferner müßten die Lage des Arbeitsmarktes und die familiären und beruflichen Auswirkungen für die Wehrpflichtigen berücksichtigt werden. Aus diesen Gründen sei bei den technischen Spezialisten eine längere Ausbildung als 18 Monate erforderlich; bei den anderen sei dagegen eine Begrenzung auf 12 Monate möglich. Am 4. April 1956 hat das Verteidigungsministerium den Vorschlag des Bundesrates in seinen
Bemerkungen für den zweiten Durchgang im Kabinett abgelehnt und empfohlen, an einem 18monatigen Grundwehrdienst festzuhalten. Am 12. April 1956 ist dieser Entwurf des Wehrpflichtgesetzes von der Bundesregierung an den Bundestag gegeben worden. Dabei war eine ablehnende Stellungnahme zu den Änderungsvorschlägen des Bundesrates abgegeben worden.
Am 4. Mai 1956 hat Bundesverteidigungsminister Blank in erster Lesung als Sprecher der Regierung die Forderung auf allgemeine Wehrpflicht und 18monatigen Grundwehrdienst vertreten. Es kamen die Äußerungen von Ihnen, Herr Kollege Erler, in denen Sie sich - wie bekannt und hier nicht im einzelnen zu wiederholen - unter den damaligen Umständen überhaupt gegen die Einführung der Wehrdienstleistung, gleichgültig in welcher Form und Länge, wandten. Dr. Jaeger sagte damals etwa: Ob sechs Monate, 18 Monate, wie die Bundesregierung meint, oder 12 Monate, wie der Bundesrat meint - das ist eine Fachfrage. Wir müssen uns darüber klar sein, daß Sie, wenn Sie nicht einen Volkssturm wollen, eben eine sehr gründliche Ausbildung brauchen. -
Das Ergebnis der ersten Beratung war die Überweisung an die Ausschüsse. Am 20. Juni 1956 erfolgte die Vorlage des auf Veranlassung der SPD erarbeiteten Sachverständigengutachtens, der sogenannten Manstein-Studie, vor dem Verteidigungsausschuß. Sein Inhalt: Allgemeine Wehrpflicht, Dienstzeit 24 Monate, mindestens 18 Monate, 500 000 Mann, davon 230 000 Berufssoldaten oder Längerdienende. Am 29. Juni 1956 hat auf Antrag des Abgeordneten Dr. Jaeger die Mehrheit im Verteidigungsausschuß beschlossen, die Dauer des Grundwehrdienstes und der Wehrübungen durch ein späteres besonderes Gesetz zu regeln, d. h. diese Frage aus dem Wehrpflichtgesetz auszuklammern. Der Grund war, daß eine weitere Verzögerung des Aufbaus der gesamten Organisation infolge des Hin und Hers um diese Frage nicht tragbar sei. Am 4. Juli 1956 erfolgte dann die Annahme des Entwurfs in Abwesenheit der SPD und des GB/ BHE. Am 6. und 7. Juli fand die dritte Lesung im Bundestag statt, bei der die Kollegen Berendsen, Erler, Mende und andere gesprochen haben. Das Ergebnis war die Annahme des Gesetzes unter Ausklammerung der Frage der Dauer des Grundwehrdienstes und der Wehrübungen. Am 21. Juli 1956 trat das Wehrpflichtgesetz in Kraft.
Am 24. August 1956 hat das Verteidigungsministerium einen Gesetzentwurf über die Dauer des Grundwehrdienstes und die Gesamtdauer der Wehrübungen an das Kabinett weitergeleitet. Sein Inhalt: Festhalten in dem ersten Entwurf eines Dienstzeitdauergesetzes am Grundwehrdienst von 18 Monaten. Zwischen dem 24. August und dem 24. September 1956 erfolgte eine Änderung des Standpunktes. Ich zitiere in verkürzter Form eine Veröffentlichung des Presse- und Informationsamtes vom 27. September: „Bundeskanzler glaubt auf Grund des Radford-Planes an 18 monatiger Dienstzeit nicht festhalten zu können und entscheidet sich für 12 Monate." In der Zwischenzeit - am 24. September 1956 - war bereits von Bundesminister Blank ein neu geänderter Entwurf des Gesetzes über die Dauer des
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Grundwehrdienstes und die Gesamtdauer der Wehrübungen an das Kabinett geleitet worden. Sein Inhalt war: Forderung eines Grundwehrdienstes von 12 Monaten, Gesamtdauer der Wehrübungen für Unteroffiziere und Mannschaften von 6 Monaten, für Offiziere von 12 Monaten, dafür aber 300 000 statt 230 000 Berufs- und Zeitsoldaten. Dieser Gesetzentwurf ging dann im Laufe des September durch den Bundesrat, der seine Zustimmung am 19. Oktober gab.
Wenige Tage später, am 8. November, - kurz nach meiner Ernennung zum Verteidigungsminister - hatte ich die Ehre, dieses Gesetz am Beginn einer langen Serie von Debatten hier vertreten zu dürfen. Ich habe damals gesagt, diese Zeit stelle das Mindestmaß dessen dar, was mit Verantwortungsbewußtsein überhaupt vertreten werden könne, sie sei gleichzeitig die Höchstgrenze dessen, was vom Staat dem einzelnen zugemutet werden sollte. Eine Verkürzung der Dienstzeit von 18 auf 12 Monate sei nur möglich, wenn Mängel und Schwächen, die sich daraus ergeben, durch geeignete Maßnahmen ausgeglichen werden könnten.
Bereits damals brachte der Vorschlag gewisse Vorhaltungen von seiten der NATO. Ich habe dann während der parlamentarischen Beratungen im Ausschuß noch eine Änderung dieses Gesetzentwurfs, und zwar in zwei Punkten, erreicht. Der Entwurf hatte nur eine Verkürzung der Dienstzeit von 18 auf 12 Monate vorgesehen, die Dauer der Wehrübungen aber gegenüber dem früheren Entwurf
3) nicht geändert. Ich habe deshalb im Ausschuß vorgeschlagen - ich wurde dabei von einer Reihe von Kollegen unterstützt -, statt dessen die Dauer der Wehrübungen zum Ausgleich für die Verkürzung des Grundwehrdienstes um einen entsprechenden Zeitraum zu verlängern und außerdem die Möglichkeit des verlängerten Grundwehrdienstes von 18 Monaten einzuführen. Damals hat der Kollege Mende der Einführung des 12monatigen Grundwehrdienstes unter Hinweis auf den Radford-Plan zugestimmt, der von seiten der FDP schon mehrmals zitiert worden war. Ich habe dann am 15. November 1956 vor dem Verteidigungsausschuß gesagt, daß die militärischen Belange nach wie vor eine Dauer des Grundwehrdienstes von 18 Monaten erforderlich machten. Wenn man aber bei einem 12monatigen Grundwehrdienst die ständige Einsatzbereitschaft erhalten wolle, sei eine Änderung des Verhältnisses zwischen Langdienenden und Wehrpflichtigen und eine Straffung der Ausbildung erforderlich.
Dann war am 5. Dezember 1956 im Bundestag die zweite und dritte Lesung, bei der der Entwurf vom September des Jahres 1956 mit den eben erwähnten Änderungen tatsächlich angenommen wurde.
Sie haben, Herr Kollege Erler, heute mit Recht gesagt, die Bundeswehr gehöre nicht einer bestimmten politischen Gruppierung an, sondern sie sei eine in der Verfassung vorgesehene Verteidigungsorganisation, die allen demokratischen Kräften gleich nahestehen müsse. Sie haben damit einen Grundsatz betont, den auch wir nicht nur als Lippenbekenntnis, sondern mit Überzeugung mehrmals vertreten haben, der der Ansicht der Bundesregierung und der Mehrheit dieses Hauses entspricht, ein Grundsatz, der sicherlich - das ist verständlich - im Hin und Her des politischen Kampfes manchmal angezweifelt wird.
({3})
Wenn aber Kollege Jaeger sagte, daß das weniger an der Regierung oder der Mehrheit in diesem Hause oder an der Bundeswehr lag, sondern daß der größere Teil des Weges, um diesen Idealzustand zu erreichen, auf Ihrer Seite hätte zurückgelegt werden müssen, so hat das natürlich auch seine gewisse Berechtigung. Ich verkenne dabei in keiner Weise die Schwierigkeiten, denen Sie in besonderer Weise ausgesetzt waren, wenn Sie diesen Weg gehen wollten.
({4})
Bei der dritten Lesung des Wehrpflichtgesetzes im Dezember 1956 haben Sie dieses Gesetz, das Dienstzeitdauergesetz - nach der von mir angeordneten Auslese aus den Debatten - abgelehnt, wie allgemein bekannt ist, weil es ein Bestandteil des Wehrpflichtgesetzes sei, und haben dabei wörtlich gesagt: Die Sozialdemokraten werden wenigstens die Wehrpflicht abschaffen, wenn sie stark genug werden. Dann bin ich zufrieden.
Der Weg, den Sie unter dem Druck der Verantwortung, die auch die andere Seite des Hauses hat, zurückzulegen hatten, ist sicherlich nicht leicht zu gehen gewesen.
Wenn ich mich heute in erster Linie auf militärtechnische Gesichtspunkte beschränken konnte, so nicht deshalb - ich sage das nicht als Exkulpation, aber gerade um die Sachlichkeit der Debatten in . diesem Hause zu betonen -, weil ich der politischen Debatte aus dem Wege gehen wollte, sondern deshalb, weil immer stärker die Gemeinsamkeit der Bemühungen und nicht die Frage des Ob-Oder zum Ausdruck gekommen ist - ob wir Soldaten haben sollen oder nicht -, und vor allem, um immer stärker das gemeinsame Bemühen, die richtige politische, militärische und technische Form dafür zu finden. Das ermöglicht es jedenfalls dem Ressortminister, sich in der Debatte sozusagen auf seine Aufgabe im engeren Sinne zu beschränken.
Wenn es möglich ist, die Beratungen so anzusetzen, daß das Gesetz zum 1. April in Kraft treten kann, dann ist den politischen und den militärischen Notwendigkeiten am besten Rechnung getragen. Ich halte es für selbstverständlich und stelle es hier in Aussicht, daß wir mit allem Material, das wir auf Grund von Erfahrungen und ,sonstigen Möglichkeiten zu dieser Debatte beitragen können, zur Verfügung stehen werden.
Die Verabschedung dieses Gesetzes wird ebenfalls ein wesentlicher Bestandteil des Gesetzgebungswerks dieses Bundestags sein, eines Werks, das dem Ausbau unseres Lebens und unserer Lebensverhältnisse im Innern, aber auch unserem Willen in aller Bescheidenheit, aber auch in aller Unzweideutigkeit Ausdruck geben soll, diesen Teil
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Deutschlands am Leben zu erhalten und dem anderen Teil Deutschlands die Hoffnung zu geben, eines Tages mit uns gemeinsam dasselbe Leben führen zu können.
({5})
Es liegen keine Wortmeldungen mehr vor. Die Aussprache ist geschlossen.
Die Drucksache IV/ 92 soll überwiesen werden an den Ausschuß für Verteidigung und an den Haushaltsausschuß gemäß § 96 der Geschäftsordnung. - Das Haus ist damit einverstanden, ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Die Drucksache IV/ 115 soll überwiesen werden an den Ausschuß für Verteidigung ({0})
- Sie ist noch gar nicht begründet?
({1})
- Ich bedaure, ich habe das nicht aus dem Protokoll ersehen. Die Drucksachen IV/ 115 und IV/ 122 müssen also noch begründet werden.
Ich rufe Punkt 9 b der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von den Fraktionen der
CDU/CSU, FDP eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Soldatengesetzes ({2}).
Wer begründet den Entwurf? - Herr Abgeordneter Dr. Zimmermann!
Herr Präsident! Hohes Haus! Der Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP enthält sachlich zwei Probleme, erstens die Wahl von Soldaten in kommunale Vertretungskörperschaften, zweitens die Möglichkeit, Jubiläumszuwendungen an Soldaten zu geben.
Die gegenwärtige gesetzliche Regelung des passiven Wahlrechts von Soldaten a) bei Bundestags-, b) bei Landtags- und c) bei Kommunalwahlen geht dahin, daß die Soldaten ihre Zustimmung zur Aufstellung für eine dieser Wahlen ihren Vorgesetzten mitteilen müssen. Berufssoldaten treten für die Zeit ihres Mandats in den Ruhestand und bekommen Ruhegehalt. Nach Ablauf der Mitgliedschaft in der gesetzgebenden Körperschaft, in die sie gewählt worden waren, haben sie Anspruch auf Wiedereinstellung. Soldaten auf Zeit erhalten nach § 25 Abs. 2 anstatt eines Ruhegehalts die Hälfte ihrer bisherigen Bezüge, jedoch nicht länger als bis zum Ablauf ihrer Verpflichtungszeit.
Ein Vergleich mit der Regelung für die übrigen öffentlichen Bediensteten ergibt folgendes Bild. Für die Wahlen zum Deutschen Bundestag findet für alle Angehörigen des öffentlichen Dienstes das Bundesgesetz vom 4. August 1953 Anwendung. Nach diesem Gesetz tritt der Angehörige des öffentlichen Dienstes mit dem Tag der Annahme der Wahl in den Ruhestand. Nach Beendigung der Mitgliedschaft im Bundestag wird er auf Antrag wieder eingestellt. Für die Wahl in die Landtage sind in einigen Ländern Gesetze ergangen, die dem oben genannten Bundesgesetz entsprechen und sich auf Landesbeamte beziehen, so z. B. in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen. Für die Wahlen zu kommunalen Vertretungskörperschaften gibt es einzelne Gemeindeordnungen, so in Niedersachsen und Rheinland-Pfalz, die die Wählbarkeit von Gemeindebeamten °der Beamten aus Gemeindeaufsichtsbehörden bei kommunalen Wahlen ausschließen oder beschränken.
Die Regelung des § 25 des Soldatengesetzes, die die Soldaten als öffentliche Bedienstete des Bundes auch bei der Annahme der Wahl zu einer kommunalen Vertretungskörperschaft in den Ruhestand treten läßt, ist also eine einmalige Regelung. Es gibt keine entsprechende Vorschrift für die übrigen öffentlichen Bediensteten.
Für eine Änderung der bisherigen Regelung sprechen folgende Argumente: Erstens. Die Tätigkeit in einer kommunalen Vertretungskörperschaft nimmt einen Mandatsträger zeitlich weniger in Anspruch als ein Landtags- oder gar ein Bundestagsmandat. Zweitens. Kommunalwahlen haben nicht den eminent politischen Charakter wie Bundestags- oder Landtagswahlen. Drittens. Die Soldaten sind, wenn sie für Kommunalwahlen nur bei Eintritt in den Ruhestand ein Mandat übernehmen können, gegenüber anderen öffentlichen Bediensteten erheblich schlechter gestellt. Viertens. Angesichts dieser erheblichen, nachteiligen Regelung wird sich, wie sich auch in der Vergangenheit gezeigt hat, kaum ein Soldat bereitfinden können, für kommunale Vertretungskörperschaften zu kandidieren, so daß praktisch diese staatsbürgerlich wichtige Betätigung für den ganzen Berufsstand der Soldaten ganz und gar entfällt.
Es darf nicht verschwiegen werden, daß es auch Bedenken in dieser Richtung gibt. Ich will zwei davon anführen. Natürlich besteht, wenn man eine Neuregelung, wie wir sie beantragen, vorhat, die Möglichkeit, daß ein politischer Mißbrauch durch eine geschlossen wählende Garnison nicht ausgeschlossen werden kann. Auch die Gefahr des Mißbrauchs durch einzelne kann gegeben sein. Man könnte auch sagen, daß man grundsätzlich eine Trennung von Exekutive und Legislative gerade beim Soldaten möglichst ernst nehmen soll. Aber diese Punkte, über die im Ausschuß noch näher zu sprechen sein wird, müssen meines Erachtens gegenüber jenen zurücktreten, die ich vorher genannt habe.
Bei Abwägung der positiven und negativen Gründe und der bisherigen Erfahrung und Entwicklung in der Bundeswehr haben wir uns mit diesem Antrag für eine Änderung der derzeitigen Regelung ausgesprochen. Art. 1 Nr. 1 formuliert § 25 Abs. 1 des Soldatengesetzes so, daß nunmehr auch für den Soldaten die Annahme einer Wahl in eine kommunale Vertretungskörperschaft möglich ist, ohne daß
er in den Ruhestand versetzt werden muß. Art. 1 Nr. 3 der Vorlage enthält sachlich nichts anderes.
Zum Punkt 2 der Änderung. Nach § 30 Abs. 2 des Soldatengesetzes findet eine Reihe von besoldungsrechtlichen Vorschriften, die für Bundesbeamte gelten, auch für Soldaten Anwendung. Der 3. Bundestag hat beschlossen, für die Beamten bei Dienstjubiläen Jubiläumszuwendungen zu geben. Das ist in § 80 a des Bundesbeamtengesetzes in der Fassung vom 21. August 1961 geregelt. Die Soldaten erhalten nach den Grundsätzen der Beamtenbesoldung ihre Dienstbezüge. Es ist deshalb nach unserer Auffassung richtig, wenn auch für die Soldaten die Möglichkeit von Jubiläumszuwendungen geschaffen wird. Das sieht Art. 1 Nr. 2 unserer Vorlage vor. Es bedeutet also praktisch eine Gleichstellung des Soldaten mit dem Beamten in diesem Punkt. Da die Regelung für die Beamten am 1. Oktober 1961 in Kraft getreten ist, streben wir an, daß die Regelung für Soldaten ebenfalls, also rückwirkend, zu diesem Zeitpunkt in Kraft tritt.
({0})
Ich eröffne die Aussprache. Wird das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht.
Vorgeschlagen ist Überweisung an den Ausschuß für Verteidigung - federführend -, an den Ausschuß für Inneres - mitberatend - und an den Haushaltsausschuß gemäß § 96 der Geschäftsordnung. Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Wir kommen nun zu Punkt 9 c) :
Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Gleichstellung der Wehrpflichtigen und der ehemaligen Wehrpflichtigen in der sozialen Rentenversicherung ({0}).
Wird zur Begründung das Wort gewünscht? - Herr Abgeordneter Professor Schellenberg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Entwurf der sozialdemokratischen Fraktion behandelt eines der Probleme, deren Lösung nach unserer Auffassung zur sinnvollen Weiterentwicklung der Rentenversicherung erforderlich ist. Wir nehmen die Beratung des Gesetzentwurfs zu Punkt 9 a) zum Anlaß, um endlich für eine völlige Gleichstellung aller Wehrpflichtigen in der sozialen Rentenversicherung Sorge zu tragen.
Für die Zeit nach dem 1. Mai 1961 ist für alle Wehrpflichtigen eine Rentenversicherung auf Bundeskosten gewährleistet. Wir Sozialdemokraten sind froh, daß dieses geltende Recht auch auf Grund unserer Initiative im Ausschuß geschaffen worden ist. Jetzt ist der nächste Schritt zur Gleichstellung zu tun. Nach dem geltenden Recht sind Wehrplichtige für die Zeit vor dem 1. Mai 1961 sowie Soldaten des ersten und zweiten Weltkrieges in der Rentenversicherung unterschiedlich behandelt. Die Berücksichtigung der Wehrdienstzeiten hängt für diese
Wehrpflichtigen vom Nachweis sogenannter Vorversicherungs- und Anschlußversicherungszeiten ab. Praktisch bedeutet dies, daß der Zufall, ob der Wehrpflichtige eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung, unter Umständen nur von einer Woche, ausgeübt hat, darüber entscheidet, ob seine gesamte Wehrdienstzeit bei der Berechnung der späteren Rente berücksichtigt wird oder nicht.
Das ist keine sinnvolle Regelung. Wir sind der Auffassung, daß der Staat für alle Bürger, die wehrpflichtig sind oder waren, gleiches Recht auch im sozialen Bereich zu schaffen hat. Das soll durch unseren Gesetzentwurf in folgender Weise erreicht werden:
Erstens sollen alle Zeiten des Wehrdienstes bei der Bundeswehr, im ersten und zweiten Weltkrieg, auch Zeiten des militärähnlichen Dienstes, unter Umständen also auch die Dienstzeiten von Frauen, ohne Einschränkungen einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gleichgestellt werden. Gleiches soll gelten für die Zeiten der Kriegsgefangenschaft ,und einer daran anschließenden Krankheit oder Arbeitslosigkeit.
Zweitens soll die Ausschlußfrist des geltenden Rechts, wonach Beiträge, die vor dem Jahre 1924 gezahlt sind, unter Umständen keine Berücksichtigung finden, für Zeiten des Wehrdienstes nicht angewandt werden. Das wird praktisch vor allen Dingen denen zugute kommen, die im zweiten Weltkrieg Soldaten waren und einen freien Beruf ausüben und ihre Rentenversicherung nicht aufrechterhalten konnten.
Drittens soll die Möglichkeit zur freiwilligen Weiterversicherung durch .die Ableistung des Wehrdienstes nicht eingeengt werden. Es sollen also Zeiten des Wehrdienstes, gleichgültig, wann sie geleistet worden sind - Bundeswehr, erster und zweiter Weltkrieg -, auch die Möglichkeit zur freiwilligen Weiterversicherung wie eine versicherungspflichtige Beschäftigung bieten.
Viertens sollen für diejenigen, die Wehrzeiten zurückgelegt haben, auch die Möglichkeiten der gesundheitlichen und beruflichen Rehabilitation, wie sie in den Rentenversicherungsneuregelungsgesetzen festgelegt wurden, Geltung haben.
Fünftens soll schließlich bei der Anrechnung der sogenannten Halbdeckung die Wehrpflichtzeit außer Betracht bleiben. Dadurch wird praktisch der sehr unerfreuliche Zustand beseitigt, daß heute frühere Wehrpflichtige, je länger sie Soldaten waren, um so geringere Aussicht haben, bei der späteren Rente die Zeiten der Schul- und Berufsausbildung, der Krankheit und Arbeitslosigkeit als sogenannte Ausfallzeiten berücksichtigt zu erhalten. Auch dieses Unrecht, soll durch unseren Gesetzentwurf beseitigt werden.
Unser Gesetzentwurf sieht vor, daß prinzipiell die Zeiten des Wehrdienstes nach dem Lohn und Gehalt des persönlichen Arbeitslebens des einzelnen Wehrpflichtigen berücksichtigt werden, dies deshalb, damit nicht ein Wehrdienst indirekt zur Kürzung des Rentenanspruchs durch Senkung der Bemes-
sungsgrundlage führt. Ferner soll für alle Wehrpflichtigen mindestens die allgemeine Bemessungsgrundlage, d. h. der durchschnittliche Arbeitsverdienst aller Beschäftigten, gelten.
Der Gesetzentwurf muß - leider, muß ich sagen - auch die Arbeitslage der Rentenversicherungsträger berücksichtigen. Deshalb ist es - wir bedauern es sehr - nicht möglich, den Gesetzentwurf auch auf die laufenden Renten zu erstrecken. Das würde die Neufestsetzung der Renten für die über 350 000 Menschen, die heute schon auf die Bewilligung ihrer Rente warten, für längere Zeit praktisch blockieren. Jedoch sieht unser Entwurf vor, daß das neue Recht nicht nur für Neuanträge, sondern auch für im Verfahren befindliche Fälle gelten soll. Das hat auch Anwendung zu finden auf alle Rentenfälle, die kraft Gesetzes oder der besonderen persönlichen Lage umzurechnen oder neufestzusetzen sind. Beispielsweise soll bei Erreichen der Altersgrenze, wenn die Altersrente festgesetzt wird, nach unserer Auffassung das neue, bessere Recht für die laufenden Renten Anwendung finden.
Ich möchte in diesem Zusammenhang namens der sozialdemokratischen Fraktion nachdrücklich erklären, daß wir gelegentlich weiterer Initiative für den Bereich der Rentenversicherung auch konkrete Vorschläge machen werden, um Ungerechtigkeiten gegenüber sogenannten Altrentnern bei der Bewertung der Militärzeiten zu beseitigen, neben der Behebung anderer Ungerechtigkeiten, über die wir zu gegebener Zeit in diesem Hohen Hause sprechen ) werden.
({0})
- Ich freue mich sehr, daß auch Sie Ihre Bereitschaft erkennen lassen, Ungerechtigkeiten im geltenden Rentenrecht zu beseitigen.
Zum Schluß noch wenige Worte zur Finanzierung. Grundsätzlich müssen - darüber wird in diesem Hause keine Meinungsverschiedenheit bestehen - Ausgaben der Rentenversicherung für Zeiten des Wehrdienstes aus Mitteln des Bundes finanziert werden.
Nun gibt es vielschichtige Probleme hinsichtlich der Zuschüsse, die der Bund gegenwärtig in Höhe von rund 6,5 Milliarden DM der Rentenversicherung zu gewähren hat. Die Höhe dieses Zuschusses ist weitgehend von historischen Zufälligkeiten abhängig. Die Höhe des Zuschusses ist nicht auf die Rechtstatbestände, für die er gewährt wird, bezogen. Deshalb wird es im Zusammenhang mit der Weiterentwicklung der Rentenversicherung auch zu überlegen sein, wie die Finanzsituation der Rentenversicherung auch in bezug auf die Zweckbestimmung der Bundeszuschüsse übersichtlicher gestaltet werden kann. Das ist eine spätere, sehr verantwortungsvolle Aufgabe. Wir sind deshalb der Ansicht, daß bis zur weiteren Klärung dieser 'Zusammenhänge - ein erstes Gespräch über finanzielle Probleme konnten wir gestern im Sozialpolitischen Ausschuß führen - die Mittel für diesen Gesetzentwurf von der Rentenversicherung übernommen werden sollten. Das kann auch deshalb vertreten werden, weil die Aufwendungen nach diesem Gesetz erst allmählich anfallen.
Ich beantrage Überweisung des Gesetzentwurfs an den Ausschuß für Sozialpolitik und bitte die Damen und Herren der Koalitionsparteien, mitzuhelfen, daß dieser Gesetzentwurf so zügig wie nur möglich beraten wird, damit auch er am 1. April dieses Jahres in Kraft treten kann. Wir Sozialdemokraten meinen, daß wir damit eine gemeinsame Verpflichtung gegenüber all denen erfüllen, die wehrpflichtig waren und die Anspruch auf gleiches soziales Recht erhalten müssen.
({1})
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Wird das Wort gewünscht? - Keine Wortmeldungen. Die Aussprache ist geschlossen.
Es ist vorgeschlagen Überweisung an den Ausschuß für Sozialpolitik. - Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Ich berufe die nächste Sitzung auf Mittwoch, den 24. Januar 1962, 9 Uhr.
Die Sitzung ist geschlossen.