Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet.
Vor Eintritt in die Tagesordnung spreche ich die Glückwünsche des Hauses zu Geburtstagen aus: Herrn Abgeordneten Hilbert zum 65. Geburtstag,
({0})
Herrn Abgeordneten Dr. Hesberg ebenfalls zum 65. Geburtstag,
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Herrn Abgeordneten Dr. Philipp zum 60. Geburtstag,
({2})
dem Senior des Hauses, Herrn Bundeskanzler außer Diensten Dr. Adenauer, zum 88. Geburtstag
({3})
und zum heutigen 65. Geburtstag Herrn Abgeordneten Kuntscher.
({4})
Ich gebe dem Hause bekannt, daß für den verstorbenen Herrn Abgeordneten Ollenhauer mit Wirkung vom 19. Dezember 1963 Herr Abgeordneter Wolf in den Bundestag eingetreten ist. Ich begrüße den neuen Kollegen in diesem Hause.
({5})
Folgende amtliche Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 20. Dezember 1963 den nachstehenden Gesetzen zugestimmt bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht gestellt:
Gesetz zu dem Abkommen vom 13. November 1962 über die Änderung des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft zum Zwecke der Assoziierung der Niederländischen Antillen
Drittes Umstellungsergänzungsgesetz
Gesetz zu dem Übereinkommen vom 29. März 1962 zur Gründung einer Europäischen Organisation für die Entwicklung und den Bau von Raumfahrzeugträgern ({6})
Gesetz zu dem Abkommen vom 7. Dezember 1962 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Großherzogtum Luxemburg über den Verzicht auf die Beglaubigung und über den Austausch von Personenstandsurkunden sowie über die Beschaffung von Ehelähigkeftszeugnissen
Gesetz zur Änderung des Bundeswahlgesetzes
Gesetz zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiet der Landbeschaffung ({7})
Gesetz über das Amtsgehalt der Mitglieder des Bundesverfassungsgerichts
Gesetz über die Umzugskostenvergütung und Trennungsentschädigung für die Bundesbeamten, Richter im Bundesdienst und Soldaten ({8})
Fünfzehntes Gesetz zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes
Gesetz über steuerliche Maßnahmen zur Förderung von privaten Kapitalanlagen in Entwicklungsländern ({9})
Viertes Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Wertpapierbereinigungsgesetzes ({10})
Gesetz zur Änderung des Spar-Prämiengesetzes
Gesetz zu dem Abkommen vom 16. März 1962 zur Ergänzung des Abkommens vom 26. August 1952 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zum deutschen Lastenausgleich
Gesetz zu dem Abkommen vom 4. Juli 1962 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung von Ceylon zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung bei den Steuern vom Einkommen und vom Vermögen
Gesetz zu dem Abkommen vom 17. Oktober 1962 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Irland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung bei den Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuer
Zweites Gesetz zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1961 in der Fassung der Zolltarif-Verordnung ({11}) vom 21. Juni 1963 ({12})
Sechstes Gesetz über die Anpassung der Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen sowie über die Anpassung der Geldleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ({13})
Gesetz zu dem Sonderabkommen vom 7. Dezember 1957 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Belgien über Arbeitslosenversicherung
Gesetz zu dem Vertrag vom 7. Mai 1963 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über Kriegsopferversorgung und Beschäftigung Schwerbeschädigter
Gesetz zu dem Übereinkommen Nr. 114 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 19. Juni 1959 über den Heuervertrag der Fischer
Gesetz zu dem Protokoll vom 15. September 1962 zur Änderung des Abkommens vom 7. Dezember 1944 über die Internationale Zivilluftfahrt ({14})
Gesetz zu dem Vertrag vom 19. April 1962 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Guinea über die Förderung von Kapitalanlagen
Gesetz zu dem Vertrag vom 13. Dezember 1961 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Thailand über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen
Gesetz zu dem Protokoll vom 7. November 1962 zur Verlängerung der Geltungsdauer der Erklärung vom 18. November 1960 über den vorläufigen Beitritt Argentiniens zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen
Gesetz zu dem Übereinkommen vom 14. Juni 1962 zur Gründung einer Europäischen Weltraumforschungs-Organisation ({15})
Der Herr Bundesminister der Justiz hat unter dem 18. Dezember 1963 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Schmidt ({16}), Dr. Artzinger, Dr. Imle und Genossen betr. Änderung des HGB und der AO - Drucksache IV/1692 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache IV/1771 verteilt.
Der Herr Bundesminister der Justiz hat unter dem 18. Dezember 1963 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Müller ({17}), Böhme ({18}), Stingl, Diebäcker, Dr. Imle,
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
Dr. Löbe und Genossen betr. § 12 des Straßenverkehrsgesetzes
- Drucksache IV/1693 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache IV/1772 verteilt.
Der Herr Bundesschatzminister bat unter dem 18. Dezember 1963 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller, Kurlbaum, Junghans, Höhne und Fraktion der SPD betr. Luitpoldhütte AG, Amberg ({19}) -- Drucksache IV/1694 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache IV/1775 verteilt.
Der Herr Bundesminister der finanzen hat unter dem 18. Dezember 1963 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller, Kurlbaum, Junghans und Fraktion der SPD betr. Erlös aus der Privatisierung des Volkswagenwerkes
- Drucksache IV/1695 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache IV/1778 verteilt.
Der Herr Bundesminister des Innern hat unter dem 18. Dezember 1963 die Kleine Anfrage der Fraktion der SPD betr. Studentenförderung nach dem Honnefer Modell - Drucksache IV/1749 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache IV/1789 verteilt.
Der Herr Staatssekretär ire Bundesministerium der Finanzen hat unter dem 24. Dezember 1963 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Strauß, Dr.-Ing. Balke und Genossen betr. Finanzielle Auswirkungen von Anträgen der Fraktion der SPD auf Bundes- und Länderhaushalte 1962 und 1963 - Drucksache IV/1733 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache IV/1797 verteilt.
Der Herr Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr hat unter dem 6. Januar 1964 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Corterier, Seidl ({20}), Frau Dr. Flitz ({21}) und Genossen betr. Konvention über Straßenverkehr der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa - Drucksache IV/1774 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache IV11811 verteilt.
Der Herr Bundesminister des Innern hat am 19. Dezember 1963 unter Bezug auf den Beschluß des Bundestages vom 27. März 1963 über die Möglichkeit der Verlängerung der Gültigkeitsdauer von Pässen und Personalausweisen berichtet. Sein Schreiben ist als Drucksache IV/1790 verteilt.
Der Herr Stellvertreter des Bundeskanzlers hat unter dem 18. Dezember 1963 gemäß § 32 Abs. 6 des Bundesbahngesetzes vom 13. Dezember 1951 den Jahresabschluß der Deutschen Bundesbahn für das Geschäftsjahr 1961 mit der Bitte um Kenntnis übersandt, der im Archiv zur Einsichtnahme ausliegt.
Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 25. Juni 1959 die nachstehenden Vorlagen überwiesen:
Verordnung des Rates der EWG zur Änderung der Verordnungen Nr. 20, 21 und 22 des Rates hinsichtlich der Erstattungen bei der Ausfuhr nach Mitgliedstaaten - Drucksache I V/1777 an den Außenhandelsausschuß - federführend - und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - mitberatend - mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 22. Januar 1964
Verordnung des Rates der EWG über die Finanzierung der Ausgaben für Interventionen auf dem Binnenmarkt für Getreide -Drucksache IV/1768 an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - federführend - an den Außenhandelsausschuß und an den Wirtschaftsausschuß - mitberatend - mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 22. Januar 1964
Verordnung Nr. 7/63/Euratom des Rates über die Geschäftsordnung des in Artikel 18 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft vorgesehenen Schiedsausschusses ({22})
an den Ausschuß für Atomkernenergie und Wasserwirtschaft mit der Bitte um Berichterstattung, wenn im Ausschuß Bedenken gegen die Verordnung erhoben vierden
Verordnung des Rates der EWG über die Verringerung der Abschöpfungsbeträge gegenüber dritten Ländern für Schweine und einige Teilstücke von Schweinen für Einfuhren in der Zeit vom 1. bis zum 31. Januar 1964 ({23})
an den Außenhandelsausschuß - federführend - und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - mitberatend - mit der Bitte um Berichterstattung, wenn im Ausschuß Bedenken gegen die Verordnung erhoben werden
Verordnung des Rates Nr. 129/63/EWG vom 12. Dezember 1963 über einzelne Bestimmungen für Bruteier von Hausgeflügel und lebendes Hausgeflügel mit einem Gewicht von höchstens 185 Gramm ({24})
an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit der Bitte um Berichterstattung, wenn im Ausschuß Bedenken gegen die Verordnung erhoben werden
Richtlinien des Rates der EWG zur Regelung gesundheitlicher und lebensmittelrechtlicher Fragen beim Handelsverkehr mit Fleischerzeugnissen
Richtlinien des Rates der EWG zur Regelung gesundheitlicher Fragen beim Handelsverkehr mit frischem Geflügelfleisch - Drucksache IV/1808 an den Ausschuß für Gesundheitswesen mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 11. März 1964
Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 23. Februar 1962 die nachstehenden Vorlagen überwiesen:
Achtundzwanzigste Verordnung zur Änderung des Deutschen
Zolltarifs 1963 ({25}) - Drucksache IV/1781 an den Außenhandelsausschuß mit der Bitte um Vorlage des I Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 4. März 1964
Einunddreißigste Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1963 ({26}) - Drucksache IV/1782 -
an den Außenhandelsausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 4. März 1964.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll Punkt 1 der heutigen Tagesordnung - Beratung des Mündlichen Berichts des Vermittlungsausschusses zu dem Ersten Gesetz zur Änderung des Beteiligungsverhältnisses an der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer - abgesetzt und am 9. Januar um 10 Uhr vormittags behandelt werden. Das Haus ist damit einverstanden? - Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Ich rufe auf Punkt 2 der Tagesordnung:
a) Einbringung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1964 ({27}) ({28}),
b) Einbringung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Rechnungsjahr 1963 ({29}) ({30}).
Das Wort zur Einbringung hat der Herr Bundesminister der Finanzen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe die Ehre, Ihnen namens der Bundesregierung den Entwurf des Haushaltsgesetzes für das Rechnungsjahr 1964 und außerdem den Entwurf eines Nachtrags zum Haushaltsgesetz 1963 vorzulegen und zu begründen.
Bei dem Umfang, den die Haushalte der öffentlichen Hand auf allen drei Ebenen - Bund, Länder und Gemeinden - angenommen haben, kann sich die Haushaltspolitik nicht mehr allein darin erschöpfen, den notwendigen Ausgleich der Einnahmen und Ausgaben herzustellen. Alle öffentlichen Haushalte und der Bundeshaushalt beeinflussen außerordentlich stark den Wirtschaftsablauf und damit die Sozialpolitik, die Verteidigungspolitik, die Agrarpolitik und die Verkehrspolitik. Die besten Absichten auf allen diesen Gebieten können zunichte gemacht werden, wenn von den Haushalten her die Leistungsfähigkeit der Wirtschaft überfordert und als Folge Preise und Währung gefährdet werden. Mit Recht hat Herr Bundeskanzler Professor Erhard in seiner Regierungserklärung vom 18. Oktober 1963 betont, daß die freiheitliche Wirtschaftsordnung neben einer festgefugten staatlichen Ordnung eine stabile Währung voraussetzt. Das Bemühen um ein stabiles Preisniveau steht deshalb folgerichtig an der Spitze der finanz- und wirtschaftspolitischen Rangordnung.
Bei der Aufstellung und Verabschiedung des Bundeshaushalts sollte eine gründliche Analyse der Wirtschaftslage und der mutmaßlichen Wirtschaftsentwicklung den Rahmen fügen, den der Haushalt einzuhalten hat. Erst dann kommt die Frage, wie die anstehenden Staatsaufgaben ihrer Bedeutung
und Dringlichkeit entsprechend in diesen Rahmen eingeordnet werden können. Ein wesentlicher Teil dieser Vorarbeit ist für 1964 im Wirtschaftsbericht der Bundesregierung geleistet worden, der Ihnen kürzlich zugegangen ist.
Erfreulicherweise sind die Analyse der wirtschaftlichen Gegenwartslage und die Prognose, die der Wirtschaftsbericht für 1964 stellt, nicht ungünstig ausgefallen. Die allmähliche Wirtschaftsbelebung, die im Herbst 1963 einsetzte, hat angehalten. Die konjunkturellen Spannungen haben nachgelassen und werden sich hoffentlich weiter abbauen lassen. Bei teilweise nachlassendem Druck auf die Unternehmergewinne besteht Aussicht, daß sich die Investitionsneigung weiter belebt, wenn auch nicht verkannt werden soll, daß nach wie vor eine gewisse Aufsplitterung der Konjunktur durch unterschiedliche Entwicklung einzelner Wirtschaftszweige vorhanden ist. Dabei ist zu beachten, daß die- Zunahme der Auftragseingänge sehr wesentlich auf Auslandsbestellungen zurückgeht. Zum Pessimismus besteht jedenfalls keine Veranlassung. Wir können einen gut begründeten, wenn auch nicht überschäumenden Optimismus hegen. Eine Übernachfrage besteht nicht mehr oder doch nicht mehr allgemein, wenn auch auf dem Baumarkt z. B. immer noch ein Mißverhältnis zwischen Angebot und Nachfrage herrscht. Aber auch hier sind erste Anzeichen der Entspannung erkennbar.
Wenn die Lohn- und Gehaltserhöhungen nicht über den Produktivitätszuwachs hinausgehen, kann nach allem für 1964 mit einer Zunahme des Bruttosozialprodukts um real 4,5 % und um nominal 6,4 % gerechnet werden. Damit rückt der Gleichgewichtszustand zwischen Angebot und Nachfrage näher. Wenn demgegenüber der von der Arbeitsgemeinschaft deutscher wirtschaftswissenschaftlicher Forschungsinstitute gerade in den letzten Tagen geschätzte reale Zuwachs mit 5 % bis 5,5 % angegeben wird, so muß man sich darüber im klaren sein, daß ein Mehr an Gesamtnachfrage über den von der Bundesregierung veranschlagten Zuwachs hinaus mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit nicht ein höheres Angebot, sondern einen größeren Preisdruck zur Folge hätte.
Der Wirtschaftsbericht setzt bei diesen günstigen Prognosen allerdings voraus, daß sich die Zunahme der öffentlichen Ausgaben auf allen Ebenen gleichfalls im Rahmen der Zuwachsrate des Bruttosozialprodukts hält. Bei dem Entwurf des Bundeshaushaltsplans 1964, so wie er Ihnen vorliegt, hat die Bundesregierung diesen Grundsatz beachtet. Der Entwurf schließt in Einnahme und Ausgabe mit einem Volumen von 60,3 Milliarden DM ab. Das bedeutet gegenüber dem vorjährigen Haushaltsplan eine Zunahme um 3,5 Milliarden DM oder um rd. 6 %. Das Kabinett hat einsichtsvoll beschlossen, dem damit abgesteckten Rahmen zuzustimmen. Trotz der weit höheren Anforderungen, mit denen die einzelnen Ressorts immer bedrängt werden, haben sie diese Begrenzung in dankenswerter Selbstdisziplin hingenommen. Ich kann das Hohe Haus in ausdrücklicher Übereinstimmung mit der Stellungnahme des Bundesrates nur dringend bitten,
im Interesse der Stabilität unserer Währung, zur Förderung eines gleichgewichtigen Wachstums unserer Wirtschaft und damit zum Wohle des Ganzen diesen Rahmen unter keinen Umständen zu sprengen. Denn trotz der erfreulichen Beschränkungen, die in diesem Haushaltsplan 1964 erstmalig durchgesetzt wurden, sollte man nicht übersehen, daß die Zunahme des Volumens um rund 3,5 Milliarden DM, eine gewaltig große Summe, schwer ins Gewicht fällt.
Auch die Länder und Gemeinden sind aufgerufen, eine konjunkturgerechte Haushaltsgestaltung anzustreben und die vom Wirtschaftsbericht gezogenen Grenzen ebenfalls zu beachten. Der Bund verfügt nur über etwa die Hälfte des Haushaltsvolumens aller Gebietskörperschaften, das sind Bund, Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände. Deshalb kann das Ziel, Währung und Preise stabil zu halten, durch finanzpolitische Maßnahmen des Bundes allein nicht erreicht werden. Das gilt in gesteigertem Maße für die Bauausgaben, weil das Schwergewicht der öffentlichen Bautätigkeit bei den Ländern und Gemeinden liegt. Um den noch immer bestehenden Überhitzungserscheinungen auf dem Baumarkt entgegenzuwirken und den anderen öffentlichen Auftraggebern auch insoweit mit gutem Beispiel voranzugehen, hat die Bundesregierung in § 8 des Haushaltsgesetzentwurfs wiederum eine 20 %-Sperre der Baumittel vorgesehen. Daneben soll nach § 7 dieses Gesetzes für den Beginn von Hochbaumaßnahmen auch künftig die Zustimmung des Bundesministers der Finanzen notwendig sein, damit überall den konjunkturpolitischen Forderungen Rechnung getragen wird. Erforderlich ist ja vor allem eine abgewogene und koordinierte, stetige Nachfrage nach Bauleistungen. Deshalb sollten Mehrjahresübersichten für die in Betracht kommenden Bauprojekte der öffentlichen Hand geschaffen werden. Je nach den Erfordernissen der Konjunkturlage könnten solche Bauprogramme dann gestreckt oder gerafft werden. Außerdem ist es ein dringendes Anliegen der Bundesregierung, daß die Bautätigkeit nach Möglichkeit auch in den bauschwachen Wintermonaten durchgeführt wird. Damit wird zugleich eine stetige Beschäftigung im Baugewerbe gefördert.
Der Bundesminister der Finanzen schlägt übrigens die 20 %-Sperre der Baumittel und die Zustimmungsabhängigkeit für den Beginn von Hochbaumaßnahmen nicht etwa vor, um in andere Ressorts „hineinzuregieren". Das würde den Verdruß und die Schwierigkeiten, die er das ganze Jahr über durch diese Maßnahmen hat, kaum aufwiegen. Es ist vielmehr im Interesse der gleichmäßigen Berücksichtigung der jeweiligen Finanz- und Konjunkturlage notwendig, daß von einer Stelle aus - mit der notwendigen Gesamtschau - alle Erfordernisse gegeneinander abgewogen werden.
Die Begrenzung des Haushalts 1964 auf 60,3 Milliarden DM war nur dadurch möglich, daß Vorbelastungen aus dem Rechnungsjahr 1963 weitgehend vermieden wurden. Diesem Ziel .dienten u. a. die mit Billigung des Haushaltsausschusses dieses Hohen Hauses im vergangenen Jahr unter Einhaltung des Volumens der Einzelpläne zugelassenen Umschichtungen im Ernährungs- und Verteidigungs4798
bereich, die im Ergebnis eine Entlastung des Haushalts 1964 'herbeiführten. Diesem Ziel dient aber auch der jetzt dem Hohen Haus vorliegende Entwurf des Nachtragshaushalts 1963.
Der Nachtrag bezieht sich nur auf den außerordentlichen Haushalt. In ihm sind Ausgaben von insgesamt 650 Millionen DM veranschlagt, von denen 100 Millionen DM auf den Straßenbau und 140 Millionen DM auf eine Liquiditätshilfe für ,die Bundesbahn entfallen. Diese Ausgaben hätten sonst sämtlich das Rechnungsjahr 1964 belastet und werden nun auf das Rechnungsjahr 1963 vorgezogen.
Der verbleibende Betrag von 410 Millionen DM dient, wie das ursprünglich im Haushaltsplanentwurf der Bundesregierung für 1963 vorgesehen war, der Deckung des Fehlbetrags aus 1962, der nach den Bestimmungen des Haushaltsrechts spätestens im Haushalt 1964 abzudecken gewesen wäre, wo er angesichts der Enge dieses Haushaltes aber nicht unterzubringen war. Auch insoweit wird also der Haushalt 1964 entlastet.
Der Ausgleich des Nachtragshaushalts 1963 wird durch Minderausgaben im außerordentlichen Haushalt in Höhe von rund 370 Millionen DM sowie durch Vereinnahmung eines Teils des Darlehens aus dem Volkswagen-Werk-Erlös in Höhe von 280 Millionen DM herbeigeführt. Nach Verabschiedung des Nachtragshaushalts dürfte der außerordentliche Haushalt 1963 ausgeglichen abschließen.
Der Ausgleich des ordentlichen Haushalts 1963 hängt, wie Sie wissen, wesentlich von dem Ausgang I der Verhandlungen über die Höhe des Bundesanteils an der Einkommen- und Körperschaftsteuer ab. Nach der Sitzung des Vermittlungsausschusses am 18. Dezember 1963 hat sich die überwiegende Mehrzahl der Länder erfreulicherweise bereit gefunden, den für 1963 erwarteten erhöhten Bundesanteil noch vor Abschluß der Bücher an den Bund abzuführen. Von der Differenz zwischen dem alten Anteilssatz von 35 % und dem für 1963 vorgesehenen neuen Satz von 38 %, die rund 1,1 Milliarden DM ausmacht, sind bis heute schon 853 Millionen DM eingegangen.
({0})
Trotzdem, meine Damen und Herren, wird der ordentliche Haushalt 1963 in Einnahmen und Ausgaben voraussichtlich mit einem Fehlbetrag abschließen. Das endgültige Ergebnis kann ich Ihnen heute noch nicht mitteilen, da die Bücher - nicht zuletzt wegen des Nachtragshaushaltes - noch nicht abgeschlossen werden konnten. Trotz straffer Bewirtschaftungsmaßnahmen erscheint ein Fehlbetrag in einer Größenordnung um 500 Millionen DM möglich. Diese Abweichung vom Plan ist in erster Linie durch geringere Steuereinnahmen als erwartet bedingt;
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sie wird sich aber mit weniger als 1 % des Haushaltsvolumens noch im Rahmen der Schwankungsbreite halten, die bei einer Vorausschätzung von Einnahmen und Ausgaben über ein ganzes Jahr hinweg in Kauf genommen werden muß. Andererseits wird aber durch die Tatsache, daß im Jahre 1963 ein Fehlbetrag im ordentlichen Haushalt entstanden ist, die schwierige Finanzlage des Bundes besonders deutlich herausgestellt, und das um so mehr, als der außerordentliche Haushalt 1963 erstmals voll über den Kapitalmarkt finanziert wurde.
Erlauben Sie mir an dieser Stelle die Anmerkung, daß ich persönlich kein Freund von defizitären Abschlüssen bin. Das Defizit von 1962 und seine Schwierigkeiten, die letzten Endes zum Nachtrag 1963 geführt haben, sollten uns alle stutzig machen. Wenn sich das Defizit des eben abgelaufenen Haushaltsjahres 1963 auch innerhalb der Schwankungsbreite hält und deshalb gerade noch tragbar ist, wird die spätestens im Jahre 1965 notwendige Abdeckung uns allen noch größtes Kopfzerbrechen machen. Daran ändern mit der Absicht einer Kritik gemachte Hinweise auf die von mir bereits erwähnten Umschichtungen überhaupt nichts, weil die Umschichtungsbeträge sonst den Haushalt 1964 belastet hätten. Das gleiche gilt für die Tatsache, daß der Nachtragshaushalt 1963 verkraftet werden konnte. Wesentlich ist allein der von mir bereits erwähnte Umstand, daß der Fehlbetrag des Jahres 1963 trotz voller Ausschöpfung des Kreditrahmens durch geringere Steuereinnahmen als veranschlagt verursacht worden ist. Das ist sehr bedenklich.
Nach diesem Überblick über die wirtschafts- und finanzpolitische Ausgangslage darf ich mich nunmehr den großen Ausgabeblöcken zuwenden, die das Bild des Bundeshaushalts für 1964 bestimmen.
In den vergangenen Jahren waren die Verteidigungsausgaben sprunghaft angestiegen. Die Ereignisse des 13. August 1961 und die Kubakrise haben allen klargemacht, daß die Stärkung der Verteidigungsbereitschaft der freien Welt Vorrang vor allen anderen Aufgaben zu beanspruchen hat. Die Verteidigungsanstrengungen zwangen dazu, wichtige zivile Vorhaben, namentlich auch im sozialen Bereich, zurückzustellen. Dadurch wurde auf diesem Sektor ein Bedarf aufgestaut, der jetzt dem Haushalt 1964 sein besonderes Gepräge gibt.
Während bei den Sozialausgaben im engeren Sinne für Mehraufwendungen gegenüber 1962 im Rechnungsjahr 1963 nur 228 Millionen DM vorgesehen werden konnten, werden dafür im Entwurf des Haushaltsplanes 1964 etwa 2,5 Milliarden DM, das sind annähernd 22 v. H. mehr als im Jahre 1963, bereitgestellt. Insgesamt sind 15,2 Milliarden DM für Sozialleistungen im engeren Sinne veranschlagt. Diese Summe wird vor allem benötigt für die Zuschüsse zur Sozialversicherung, das Kindergeld, die Altershilfe für Landwirte, die Arbeitslosenhilfe und die Kriegsopferversorgung sowie die übrigen sozialen Kriegsfolgelasten einschließlich der besonderen Zuschüsse des Bundes zum Lastenausgleich.
Für Sozialleistungen im weiteren Sinne, wozu außer den genannten Aufgaben die Versorgung der verdrängten Angehörigen des öffentlichen Dienstes und die Versorgung der Berufssoldaten der früheren Wehrmacht, aber auch die freiwilligen Sozialleistungen des Bundes gehören, wird der Bund 1964 insgesamt rd. 18 Milliarden DM ausgeben. Das sind 3 Milliarden DM mehr als im Vorjahr und zugleich rund 30 v. H. der gesamten Ausgaben des Bundes. Ein Drittel davon dient den Aufwendungen für die
sozialen Kriegsfolgelasten, also vor allem der Kriegsopferversorgung. Rund 10 v. H. der Gesamtausgaben des Bundes werden somit diesen Aufgaben zugeführt.
Das ist eine gewaltige Leistung! Sie ist es nicht nur in absoluter Größe, sie ist es auch im Vergleich zu den Beträgen, die der Bund in den vergangenen Jahren auf diesen Gebieten erbracht hat. Nicht nur die Kritik, die die Bundesregierung im sozialen Bereich hier und da erfahren hat, veranlaßt mich, dem Hohen Hause die ungewöhnliche Steigerung der Sozialausgaben kurz zu erläutern. Auch die immer neu aufkommenden Forderungen und Wünsche machen das notwendig, denn nur aus der Gesamtschau können sie richtig beurteilt und eingeordnet werden.
Im Entwurf des Haushaltsplans 1964 sind bereitgestellt:
Rund 71/2 Milliarden DM für die Rentenversicherungen, also für Einrichtungen, die der Versorgung der Arbeitnehmer im Alter und im Invaliditätsfall dienen, das sind 700 Millionen mehr als im Vorjahr;
rund 11/2 Milliarden DM für das Kindergeld, das sind über 1 Milliarde mehr als im Vorjahr;
rund 1/3 Milliarde DM für die Mutterschaftshilfe, das sind über 200 Millionen mehr als im Vorjahr;
rund 43/4 Milliarden DM für die Kriegsopferversorgung, das sind 650 Millionen mehr als im. Vorjahr.
Dazu kommen über 370 Millionen DM für die Kriegsfolgenhilfe, darunter 37 Millionen DM für Leistungsverbesserungen auf Grund einer von der Bundesregierung eingebrachten Novelle zum Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz - weitere 13 Millionen DM werden dafür im Haushaltsplan 1965 bereitgestellt werden müssen - und darunter ferner 33 Millionen DM als Teilbetrag für Beihilfen auf Grund des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Flüchtlingshilfegesetzes.
Aber das ist immer noch nicht alles!
Zu diesen Leistungen von mehr als 14 Milliarden DM kommen ferner noch weitere 312 Millionen DM als Zuschuß zum Lastenausgleich, dazu 242 Millionen DM für die Altershilfe der Landwirte, dazu 2,1 Milliarden DM für Leistungen nach dem Gesetz zu Art. 131 des Grundgesetzes und 66 Millionen DM für soziale Leistungen - vor allem für die berufliche Fortbildung, für Hilfsmaßnahmen für Arbeitnehmer der Kohlen- und Stahlindustrie -, und schließlich dazu Zuschüsse zur allgemeinen Fürsorge, zur Förderung der freien Wohlfahrtspflege und anderer sozialer Einrichtungen. Alles in allem rund 18 Milliarden DM!
Diese Aufstellung zeigt nicht nur die Größenordnungen der einzelnen Leistungsarten im sozialen Haushalt des Bundes und nicht nur das Ausmaß der gesamten finanziellen Anstrengungen der Bundesregierung im neuen Haushaltsjahr für den sozialen Bereich. Der Katalog der vorgesehenen sozialen Leistungen macht darüber hinaus deutlich, welche Schwierigkeiten es bereiten muß, die Belange und Interessen der verschiedenen schutz- und förderungswürdigen Bevölkerungsgruppen untereinander
und im Verhältnis zum Gesamtinteresse abzustufen und miteinander in Einklang zu bringen. Wenn für eine der genannten Gruppen - wie auch aus den Reihen des Hohen Hauses gefordert worden ist - mehr gegeben werden soll, so müssen andere Forderungen und Wünsche, selbst innerhalb des sozialen Bereichs zurücktreten. Andernfalls wäre nicht nur der durch das Grundgesetz, durch die Verfassung, vorgeschriebene Ausgleich der Einnahmen und Ausgaben innerhalb des Haushaltsjahres gefährdet;
auch das gesetzte, von uns allen anerkannte Ziel, nämlich die Begrenzung der Ausgabensteigerung auf die volkswirtschaftliche Wachstumsrate, würde nicht mehr erreicht werden können. Deshalb zwingt jede Veränderung der finanziellen Gewichte zu einem Verzicht an anderer Stelle. Die Bundesregierung hat keine Möglichkeit gesehen, Wünsche in größerem Umfange, als vorgesehen, zu berücksichtigen, ohne andere wichtige Belange zu beeinträchtigen.
Wie knapp der Haushalt 1964 zugeschnitten ist, meine Damen und Herren, zeigt sich am besten daran, daß die sozialen Leistungsverbesserungen in vollem Umfange nur durchgeführt werden können, wenn die Zuschüsse zu den Rentenversicherungen der Arbeiter und der Angestellten teilweise, nämlich in Höhe von 500 Millionen DM, durch Zuteilung von Schuldbuchforderungen erbracht werden.
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Ich hoffe, daß die Organe der Rentenversicherungsträger Verständnis für diese Haushaltslage des Bundes zeigen und sich zu diesem Entgegenkommen gegenüber dem Bund bereit finden werden.
Die Tatsache, daß über den Sozialhaushalt des Bundes in Höhe von einem Drittel aller Bundeseineinnahmen aus Steuern und Zöllen eine Umverteilung von Einkommen bewirkt wird, wirft die Frage auf, ob ein Fortschreiten auf diesem Wege noch gerechtfertigt, ja, ob das überhaupt noch sinnvoll ist. Darauf sollte nicht zuletzt die von Herrn Bundeskanzler Professor Erhard in seiner Regierungserklärung angekündigte Sozialenquete eine Antwort geben. Das Ziel der Sozialenquete zu erreichen, die sozialen Leistungen untereinander und im Verhältnis zur Gesamtwirtschaft in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen, ist aber auch aus finanzpolitischer Sicht eine unabdingbare Notwendigkeit; denn schon jetzt zeichnen sich für die kommenden Jahre erhebliche Mehrbelastungen im sozialen Haushalt des Bundes ab. Sowohl die in Kraft befindlichen als auch die dem Hohen Hause vorliegenden Sozialgesetze werden den Sozialhaushalt des Bundes künftig zusätzlich belasten und schon im Haushaltsjahr 1965 zu Mehrausgaben im sozialen Bereich gegen über 1964 führen. Zu diesen Mehrbelastungen werden im Haushaltsjahr 1965, fürchte ich, noch weitere Ausgaben für soziale Maßnahmen kommen, die sich noch nicht so verdichtet haben, daß ihr finanzielles Volumen heute abgeschätzt werden kann.
Die Aufwendungen für die militärische und zivile Verteidigung im engeren Sinne sind mit 20,6 Milliarden DM veranschlagt. Sie stellen wie in den Vorjahren immer noch den allergrößten Ausgabenblock des Bundeshaushalts dar. Der Finanzkraft des Bundes sind aber auch auf diesem Gebiet Grenzen
gesetzt. Die Bedrohung von außen bedingt nicht nur die Stärkung der Verteidigungskraft, sondern fordert auch die Erhaltung der Verteidigungsbereitschaft und damit die Erhaltung und Schaffung eines gesunden Sozialgefüges. Voraussetzung für beides
- Verteidigungskraft und Verteidigungsbereitschaft
- ist eine leistungsfähige Wirtschaft, die ohne Schaden für das Ganze nicht gefährdet werden darf. In den letzten Jahren sind die Verteidigungsausgaben aus dieser Notwendigkeit heraus besonders stark erhöht worden, im Rechnungsjahr 1962 um 31,7 v. H. und im Rechnungsjahr 1963 nochmals um 19,6 v. H. Eine Steigerung etwa im gleichen Verhältnis wie in den Vorjahren war nicht mehr möglich.
Gleichwohl mußten die Verteidigungsausgaben 1964 wegen des unbestreitbar noch immer vorhandenen Bedarfs um 1 Milliarde DM auf 20,6 Milliarden DM erhöht werden, das sind etwa 5 v. H. Von den 20,6 Milliarden DM entfallen auf die Bundeswehr 19,3 Milliarden DM, auf die Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt verbündeter Streitkräfte 500 Millionen DM und 800 Millionen DM auf die zivile Verteidigung. Einschließlich der Berlinhilfe, die nach Auffassung der Bundesregierung der Verteidigung unserer Freiheit dient, belaufen sich die Verteidigungsausgaben im weiteren Sinne auf 22,4 Milliarden DM, das sind mehr als ein Drittel der Gesamtausgaben des Bundes überhaupt.
Die Bundesregierung hat mit der Bereitstellung dieser Mittel auch in diesem Jahr der Verteidigung einen angemessenen Vorrang eingeräumt, dem andere staatspolitische Aufgaben geopfert werden. Sie bekundet damit erneut ihren festen Willen und ihre Bereitschaft, auch in der Zukunft für die Freiheit und die Verteidigung der westlichen Welt nach besten Kräften beizutragen.
Die zivile Verteidigung befindet sich zur Zeit in einer entscheidenden Entwicklungsphase. Bei Behandlung der Notstandsgesetze, deren Entwürfe dem Hohen Haus zur Beratung vorliegen, werden neue Überlegungen über die Deckung des Finanzbedarfs für die zivile Verteidigung angestellt werden müssen.
Der Finanzhilfe für den Berliner Landeshaushalt, der Bundeshilfe Berlin, kommt weiterhin besondere Bedeutung zu. An Zuschüssen und Darlehen sind insgesamt 1,8 Milliarden DM vorgesehen. Dies entspricht dem Ansatz des Haushaltsjahres 1963, bedeutet aber praktisch, daß Berlin als allgemeinen Zuschuß zur Deckung des Fehlbetrages in seinem Haushalt voraussichtlich etwa 75 Millionen DM mehr als im Vorjahr zur Verfügung haben wird, weil bestimmte Ausgaben, nämlich die besonderen Zuschüsse für die Berliner Krankenkassen und für Familiengründungsdarlehen 1964 voraussichtlich nicht in gleicher Höhe wie 1963 anfallen werden. Die Verhandlungen mit Berlin sind noch nicht abgeschlossen. Wegen eines Betrages von 132 Millionen DM, der vom Bund als Darlehen für Investitionszwecke erwartet wurde, sollte Berlin an den Kapitalmarkt herantreten. Die Bundesregierung hält im derzeitigen Zeitpunkt die Aufnahme einer Berliner Anleihe in dieser Größenordnung für vertretbar.
Dank des Fleißes und des Lebenswillens der Berliner Bevölkerung, dank aber auch der bisherigen, großzügigen Hilfe des Bundes, hat Berlin am wirtschaftlichen Aufschwung im übrigen freien Deutschland teilgenommen. Die Arbeitslbsigkeit in Berlin ist beseitigt. Der Lebensstandard der Berliner Bevölkerung ist dem der Bevölkerung des übrigen Bundesgebietes angeglichen. Eine Anleihe Berlins wurde im übrigen dadurch erleichtert, daß der Bund über die Bundeshilfe den Zins- und Tilgungsdienst übernehmen will.
Die Bundesregierung zeigt, daß sie hinter Berlin als der Hauptstadt eines ungeteilten, freien Deutschlands und als einem Bollwerk des freien Westens steht. Ich bin sicher, daß sie damit für das ganze deutsche Volk spricht und handelt.
Unter den staatspolitisch wichtigen Aufgaben nimmt die Förderung des Verkehrs eine besondere Stellung ein. Gedeihen und Produktivität einer Volkswirtschaft setzen in einem modernen Industriestaat ein gesundes und leistungsfähiges Verkehrs- und Verteilernetz voraus. Das Verkehrssystem der Bundesrepublik muß deshalb weiter an die ständig steigenden Verkehrserfordernisse angepaßt werden, insbesondere - wenn auch nicht allein - auf dem Gebiete des Straßenverkehrs. Für diese Zwecke werden in 1964 rund 4,9 Milliarden DM bereitgestellt; davon rund 4,5 Milliarden DM aus Haushaltsmitteln sowie 350 Millionen DM, die außerhalb des Haushalts über eine Gesellschaft des privaten Rechts finanziert werden sollen, wie das schon in früheren Jahren geschehen ist. Damit steigen die Verkehrsausgaben um 574 Millionen DM, das sind 13,4 v. H. mehr gegenüber 1963.
Die Finanzierung des Bundesfernstraßenbaues ist ab 1964 auf eine neue gesetzliche Grundlage gestellt. Durch die Neufassung des Straßenbaufinanzierungsgesetzes ist das Aufkommen an Mineralölsteuer im Rechnungsjahr 1964, soweit es nicht auf den Verbrauch von Heizöl entfällt, in Höhe von 46 v. H. für den Straßenbau zweckgebunden, das macht rund 21/2 Milliarden-DM aus. Im außerordentlichen Haushalt sind weitere 85 Millionen DM veranschlagt. Zusammen mit den erwähnten, gewissermaßen „freifinanzierten" 350 Millionen DM stehen 1964 somit insgesamt 2,9 Milliarden DM für den Bundesfernstraßenbau bereit. Mit diesen Mitteln kann der Vierjahresplan für den Straßenbauplan wie vorgesehen durchgeführt werden.
Im übrigen isollen auf dem Gebiete des Verkehrs die Investitionshilfen für die Bundesbahn und der Ausbau der Bundeswasserstraßen fortgesetzt werden.
Im Rahmen des Verkehrshaushalts ist schließlich noch folgendes zu erwähnen. Die durch mehrere Jahre anhaltende Frachtenbaisse hat einen Teil der Deutschen Reedereien in eine wirtschaftlich schwierige Lage gebracht. Aus diesem Grund sind in den Haushalten 1962 und 1963 Rationalisierungshilfen für die Seeschiffahrt in beträchtlicher Höhe bereitgestellt worden. In der letzten Zeit haben sich die Frachtraten merklich gefestigt. Im gegenwärtigen Zeitpunkt läßt sich aber noch nicht übersehen. ob es sich dabei um eine nachhaltige und allgemeine
Besserung handelt. Um einer bedrohlichen Entwicklung vorzubeugen, will die Bundesregierung auch 1964 im Rahmen 'der gegebenen finanziellen Möglichkeiten zur Konsolidierung der deutschen Seeschiffahrt beitragen. Diese Hilfe, die gegenüber dem Vorjahr um 4 Millionen DM auf 84 Millionen DM erhöht ist, soll vor allen Dingen die Rationalisierung und Strukturverbesserung der Flotte durch das Abwracken alter Tonnage und den Bau moderner und leistungsfähiger Schiffe fördern.
Der Agrarhaushalt ist mit einem Baransatz von 4,2 Milliarden DM und Bindungsermächtigungen für kommende Rechnungsjahre über 564 Millionen DM gegenüber dem Vorjahr gleich hoch geblieben.
Der beherrschende Posten dieses Haushalts, nämlich der gemäß § 6 des Landwirtschaftschaftsgesetzes vorsorglich einzustellende Globalbetrag für Maßnahmen des Grünen Plans 1964, beträgt 2,5 Milliarden DM, wozu Bindungsermächtigungen für kommende Rechnungsjahre über 236 Millionen - gegenüber 175 Millionen im Vorjahr - treten. Die Aufgliederung dieser Beträge wird mit der Erstattung des Grünen Berichts bis zum 15. Februar 1964 vorgenommen werden. Wenn die für Maßnahmen des Grünen Plans 1964 vorsorglich eingestellte Summe von 2,5 Milliarden DM dem Stand des Vorjahres entspricht, so stehen trotzdem innerhalb dieses Globalbetrages mindestens 175 Millionen DM mehr für neue oder zur Verstärkung bisheriger Maßnahmen bereit. Dieser Mehrbetrag ergibt sich insbesondere aus dem Wegfall der Düngemittelsubvention und der Übernahme der Förderung der ländlichen Wasserversorgung auf den Normalhaushalt bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung des bisherigen Globalbetrages von 2,5 Milliarden DM.
Für die Förderung der ländlichen Siedlung sind 419 Millionen DM angesetzt. Der Bund stellt seit Jahren trotz der bekannten Deckungsschwierigkeiten weit mehr Mittel für das Siedlungsprogramm bereit als gesetzlich vorgesehen. Nur durch die höheren Leistungen des Bundes und einzelner Länder konnten die jährlichen Siedlungsprogramme auf die erneut vorgesehene Gesamthöhe von etwa 700 Millionen DM gebracht werden. Diese Feststellung muß angesichts der noch weitergehenden Forderungen sowie im Hinblick auf die angestrebte Abgrenzung von Bundes- und Landesaufgaben sowie von Gemeinschaftsaufgaben auch hier an dieser Stelle einmal deutlich ausgesprochen werden.
Im Agrarhaushalt gibt es eine Reihe weiterer Aufgaben, die bisher gemeinsam mit den Ländern durchgeführt worden sind und an deren Finanzierung sich der Bund auch 1964 noch beteiligen wird. Das sind namentlich die wasserwirtschaftlichen Vorhaben einschließlich Küstenplan und Alpenplan, die ländliche Wasserversorgung, die Erschließungsmaßnahmen im Emsland, das sogenannte Nordprogramm und die Küstenschutzmaßnahmen.
Zur Frage der sogenannten Dotationsauflagen in diesen und anderen Fällen ist für 1964 - das habe ich bereits vor dem Bundesrat am 20. Dezember 1963 eindeutig erklärt - eine Ausweitung oder Verschärfung der Auflagen nicht beabsichtigt. Eher sollte an eine gewisse Milderung der Auflagen gedacht werden. Die vom Bund und den Ländern gemeinsam eingesetzte Sachverständigengruppe für die Finanzreform sollte auch insoweit Vorschläge für eine klare Abgrenzung der Finanzverantwortlichkeiten erarbeiten.
Auf dem Gebiet der Bevorratung - ohne Notstandsmaßnahmen - und der Marktordnungen für Ernährungsgüter werden wieder erhebliche Anstrengungen unternommen. Dafür sind insgesamt 450 Millionen DM vorgesehen, die der Sicherstellung eines ausgeglichenen landwirtschaftlichen Marktes und damit zugleich weitgehend der Preisstabilität auf dem Agrarsektor und der Erleichterung des Prozesses der Anpassung an Maßnahmen der EWG dienen. Der hiervon für Bevorratungsmaßnahmen veranschlagte Baransatz von rund 275 Millionen DM wird ergänzt durch eine Ermächtigung zur Übernahme von Gewährleistungsrisiken bis zum Höchstbetrag von 1,7 Milliarden DM. Von den Marktordnungsmaßnahmen sind hervorzuheben: Förderung des Exports von Agrarerzeugnissen; Aufrechterhaltung der Verbilligung, die bis zum Inkrafttreten der EWG-Marktordnung für Brotgetreide gewährt wurde, um dadurch eine Verteuerung von Mehl und Brot zu vermeiden; Weitergewährung von Frachthilfen für Getreide, um die mit der Einführung des Richtpreissystems verbundene Einkommensminderung der Landwirtschaft in marktfernen Gebieten zu mildern; Förderung des Absatzes von Ölfrüchten mit dem Ziel, eine schnelle Abnahme von Raps und Rübsen unmittelbar nach der Ernte zu erreichen, aber keinesfalls, um die Ausdehnung des Anbaues zu fördern; alles Maßnahmen der Marktordnung, die von Bedeutung sind.
Die Ausgaben infolge gemeinsamer Marktordnungen werden sich wahrscheinlich dadurch wesentlich erhöhen, daß im Jahre 1964 zu den bestehenden Verordnungen der Europäischen Gemeinschaft für Getreide, Schweinefleisch, Eier und Geflügelfleisch weitere Verordnungen für Rindfleisch, Milch und Milcherzeugnisse, Reis und vielleicht auch Zucker hinzutreten. Art und Ausmaß der sich daraus ergebenden Veränderungen bei Ausgabe- und Einnahmetiteln lassen sich nicht mit Sicherheit überblicken. Dasselbe gilt für den Fall, daß der EWG-Ministerrat in absehbarer Zeit die Durchführungsvorschriften zu der Verordnung Nr. 25 .vom 4. April 1962 über die Finanzierung der gemeinsamen Agrarpolitik erlassen sollte. Die Bundesrepublik hat dann 28 v. H. bzw. 31 v. H. der Beiträge zum Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds zu leisten, und zwar rückwirkend ab dem Wirtschaftsjahr 1962/63. Über den im Bundeshaushalt dafür vorgesehenen Leertitel können also - ich bitte Sie, meine Damen und Herren, das zu bedenken - noch weitere Belastungen auf uns im Jahre 1964 zukommen.
Zusammenfassend darf ich zum Agrarhaushalt feststellen: Auch für das Gebiet der Landwirtschaftsförderung sind der Leistungsfähigkeit des öffentlichen Haushalts nun einmal Grenzen gesetzt. Die isolierte Betrachtung der Probleme darf nicht den Blick für das Ganze trüben. Sinn der Landwirtschaftspolitik der Bundesregierung ist es nicht, einen schwachen Wirtschaftszweig am Leben zu erhalten,
sondern den bereits erfolgreich eingeleiteten Gesundungsprozeß der deutschen Landwirtschaft auch in der Zukunft weiter zu fördern. Der Schwerpunkt der Maßnahmen der Bundesregierung wird künftig in noch stärkerem Maße als bisher auf der Förderung der Strukturverbesserung und der Förderung der Eigeninitiative für wirtschaftlich notwendige Investitionen und sonstige produktivitäts- und ertragssteigernde Maßnahmen liegen.
Einen weiteren Schwerpunkt im Haushalt 1964 bilden die Ausgaben für die allgemeine Förderung der Wissenschaft und Forschung. Sie sind für 1964 erstmalig zusammen mit den Ausgaben für die Weltraum- und nationale Atomforschung im Einzelplan des Bundesministers für wissenschaftliche Forschung zentral veranschlagt. Eingedenk der Bedeutung, die diesen Investitionen für die Sicherung unserer Zukunft zukommt - denn die Ergebnisse der Wissenschaft und der Forschung von heute sind die Grundlage für die Leistungen unserer Wirtschaft von morgen -, will die Bundesregierung auch 1964 ihre finanziellen Anstrengungen auf diesem Gebiet wesentlich verstärken. Der Haushalt des Bundesministers für wissenschaftliche Forschung nähert sich mit fast 900 Millionen DM der Milliardengrenze. Gegenüber dem Vorjahr sind die Ansätze unter Berücksichtigung der bislang im Einzelplan des Bundesministers des Innern veranschlagten Beträge um rund 120 Millionen DM erhöht. Die Steigerungsrate beträgt damit 15,4 0/0, ein Satz, der in diesem Jahr nur auf dem Gebiet der bereits herausgestellten Sozialausgaben erreicht wird.
Es darf aber auch nicht vergessen werden, daß darüber hinaus die Ansätze für die Förderung der Forschung auch in anderen Einzelplänen, z. B. des Bundesministers für Verkehr, des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und des Bundesministers für Wirtschaft, erheblich verstärkt worden sind. Insgesamt sind für die Förderung von Wissenschaft und Forschung im Bundeshaushalt 1964 über 2 Milliarden DM vorgesehen. Wegen der Aufgliederung des Betrages auf die einzelnen Maßnahmen darf ich auf die Zusammenstellung in der Anlage zu Kap. 31 02 Tit. 600 des Entwurfs des Haushaltsplans 1964 verweisen.
Zur Förderung des Bildungswesens sind 37,2 Millionen DM vorgesehen. Das sind 20,5 Millionen DM weniger als im Vorjahre. Im Interesse des Haushaltsausgleichs war es leider notwendig, die Mittel für die Studentenförderung nach dem Honnefer Modell herabzusetzen. Bei den Beratungen im Haushaltsausschuß wird zu prüfen sein, ob z. B. durch Umstellungen dem Wunsch des Bundesrates nachgekommen werden kann, im Rechnungsjahr 1964, bevor das Gutachten der Expertengruppe zur Finanzreform vorliegt, die Änderung des Aufteilungsschlüssels von Bund und Ländern zu vermeiden.
Im Einzelplan des Bundesministers für Familie und Jugend ist erstmals ein Ansatz in Höhe von 20 Millionen DM in Auswirkung des deutsch-französischen Vertrages vom 22. Januar 1963 für den Austausch und die Begegnung mit der französischen Jugend ausgebracht. Die jungen Menschen beider Völker sollen sich kennen und verstehen lernen,
damit das große Werk der Versöhnung und Freundschaft von den kommenden Generationen weitergetragen und zum Wohl unserer beiden Völker, zum Wohl Europas und der freien Welt immer mehr gefestigt wird.
Die sinnvolle Gewährung von Entwicklungshilfe ist nicht allein ein Gebot der Humanität, sondern zugleich auch das Erfordernis einer weltweiten und vorausschauenden Politik. Unserer Hilfsbereitschaft sind aber auch in diesem Bereich finanzielle Grenzen gesetzt. Der Einzelplan des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit sieht für 1964 mit einer 3/4 Milliarde DM etwas niedrigere Ausgaben vor als im Jahre 1963. Das wird andererseits durch das unlängst verabschiedete Gesetz über steuerliche Maßnahmen zur Förderung von privaten Kapitalanlagen in Entwicklungsländern zum Teil wieder wettgemacht werden. Durch Verzicht auf Steuereinnahmen bringt das Gesetz also mittelbar eine nicht unwesentliche Erhöhung der Bundesleistungen für die Entwicklungshilfe.
Besondere Deckungsprobleme in diesem Bereich wirft die bilaterale Kapitalhilfe auf, mit der der Aufbau von Industrie-, Verkehrs-, Bewässerungsanlagen oder ähnlichen Vorhaben in den Entwicklungsländern unterstützt wird. Hier stehen wir vor einem Berg von offenen Darlehensverpflichtungen aus früheren Jahren in Höhe von rund 5 Milliarden DM, die auf Grund von Bindungsermächtigungen eingegangen worden sind. Davon werden wir im Jahre 1964 1 Milliarde DM, vielleicht auch etwas mehr, abtragen müssen. 400 Millionen DM sind hierfür in den Haushalt eingestellt. Der darüber hinaus benötigte Betrag kann 1964 im wesentlichen noch aus den Mitteln der in den Vorjahren erschlossenen einmaligen Finanzierungsquellen - also z. B. aus der Wirtschaftsanleihe und den Länderdarlehen - gedeckt werden. Nach deren Ausschöpfung, also voraussichtlich im Laufe des Jahres 1964, wird die Einlösung dieser Verpflichtungen, die eingegangen worden sind, immer schwieriger. Das Problem soll durch Einschaltung der Kreditanstalt für Wiederaufbau angepackt werden. Ungeachtet dieser großen Sorgen hat aber die Bundesregierung auch für 1964 eine Ermächtigung vorgesehen, die es ermöglicht, den Entwicklungsländern weitere Kapitalhilfezusagen bis zur Höhe von 750 Millionen DM zu machen. Möglicherweise werden unsere Verpflichtungen, übrigens auf Grund des Devisenhilfe-Abkommens mit Großbritannien, noch eine gewisse Erhöhung dieser Bindungsermächtigung notwendig machen.
In diesem Zusammenhang muß auch auf die Ausfuhrförderung und die damit verbundenen Risiken für die Haushalte der Zukunft hingewiesen werden. Für 1964 ist eine Erhöhung der Ermächtigungen zur Übernahme von Sicherheitsleistungen des Bundes um 4 Milliarden DM auf 25 Milliarden DM vorgesehen. Die damit vermehrt geschaffene Möglichkeit, Ausfuhrgeschäfte und Finanzkredite zu garantieren, das politische Risiko bei Kapitalanlagen im Ausland abzusichern und durch den Bund gedeckte Forderungen deutscher Gläubiger umzuschulden, kommt praktisch überwiegend den Entwicklungsländern zugute.
Wirtschaftsförderung ist heute mehr denn früher über die Gestaltung des Steuerrechts anzustreben. Trotzdem sind in bestimmten Bereichen vorübergehend unmittelbare Hilfen aus dem Bundeshaushalt unvermeidlich. Die bisher eingeleiteten Maßnahmen wie z. B. die Förderung der Rationalisierung des Steinkohlenbergbaues und die regionalen Hilfsmaßnahmen zur Steigerung der Wirtschaftskraft in den Förderungsgebieten der Bundesrepublik, vor allen Dingen in den Zonenrandgebieten, sollen 1964 fortgeführt werden.
Als Haushaltsansätze zur Wirtschaftsförderung erscheinen erstmalig die in dem kürzlich verabschiedeten Gesetz über die Umstellung der Abgaben auf Mineralöl vorgesehenen Anpassungshilfen für die deutsche Erdölgewinnungsindustrie und ferner Darlehensmittel für die Aufsuchung von Erdöl- und Erdgaslagerstätten außerhalb des Bundesgebietes. Der deutschen Erdölgewinnungsindustrie soll damit die Umstellung auf die neue Wettbewerbslage erleichtert werden, die durch den Wegfall des Zolls auf importiertes Erdöl ab 1. Januar 1964 verursacht wurde. Weitere neue Hilfen sind vorübergehend auch für die deutsche Flugzeugindustrie nicht zu vermeiden.
Zu den durch die Kriegsfolgengesetzgebung erforderlichen Haushaltsansätzen kann ich mich darauf beschränken, auf den Entwurf zur Neuregelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts und den Entwurf eines Reparationsschädengesetzes hinzuweisen, die im Hohen Hause bereits zur Beratung anstehen. Es liegt mir bei diesen Gesetzen aus verständlichen Gründen besonders daran, daß das finanzielle Volumen, das die Regierungsvorlage vorsieht, während der parlamentarischen Beratungen nicht überschritten wird.
Im Rahmen des Lastenausgleichs ist die weitere Beschleunigung der Auszahlung der Hauptentschädigung nach wie vor ein besonderes Ziel der Bundesregierung. Diesem Bemühen wirken - ich muß das auch heute hier noch einmal betonen - die Bestrebungen nach weiteren Änderungen, insbesondere auch nach Leistungsverbesserungen entgegen. Jede Novelle, die Änderungen mit sich bringt oder neue Gruppen in den Kreis der Anspruchsberechtigten einbezieht, verzögert zwangsläufig die Abwicklung bestehender Ansprüche. Sie führt zu einer Anspannung der verfügbaren Mittel, die auch mit dem Zauberwort „Vorfinanzierung" nicht aus der Welt geschaffen werden kann. Die 14. Novelle, der später noch weitere finanziell sehr bedeutsame Neuregelungen gefolgt sind - z. B. die 16. Novelle -, hat schon 1962/63 deutlich erkennbare Auswirkungen in dieser Richtung gehabt. Beherzigen wir also bitte diese Erfahrungen!
Der Ausgleich des dem Hohen Haus vorliegenden Entwurfs des Haushaltsplans 1964 bereitet deshalb große Schwierigkeiten, weil den auf 61,1 Milliarden DM gekürzten Ausgaben nur Deckungsmittel in Höhe von 60,3 Milliarden DM gegenüberstehen. Die verbleibende Deckungslücke von 0,8 Milliarden DM kann nur durch Veranschlagung einer globalen Minderausgabe geschlossen werden. Das ist gewiß keine ideale Lösung, um den Haushalt innerhalb des vorgesehenen Ausgaberahmens zu halten. Zu der Veranschlagung dieser Minderausgabe bin ich von der Erfahrung ermutigt worden, daß die Investitionsausgaben nicht in voller Höhe abfließen. Das wird ähnlich straffe Bewirtschaftungsmaßnahmen wie im Vorjahr erfordern, um den Haushaltsausgleich auch im Vollzug sicherzustellen, was als nützliche Nebenwirkung dieser an sich unschönen Maßnahme einen heilsamen Zwang zur Sparsamkeit auslöst, den der Bundesminister der Finanzen manchmal mit viel Verdruß und Ärger wie bei der 20°/oigen Bausperre ausüben muß.
Das Volumen des ordentlichen Haushalts, der die Einnahmen aus den dem Bund zur Verfügung stehenden Finanzierungsquellen erfaßt, beläuft sich auf 58,2 Milliarden DM. Darin sind die Steuereinnahmen des Bundes einschließlich der durchlaufenden Lastenausgleichsabgaben mit 55,2 Milliarden DM auf der Grundlage eines Bundesanteils an der Einkommen- und Körperschaftsteuer für 1964, wie Sie wissen, in Höhe von 40 % eingefügt.
({3})
Der Vermittlungsausschuß, der bei seiner ersten Anrufung durch den Bundesrat für das Rechnungsjahr 1964 nur einen Bundesanteil von 38 % vorgeschlagen hatte, hat auf erneute Anrufung durch die Bundesregierung in seiner Sitzung am 18. Dezember 1963 nunmehr einen Bundesanteil von 39 % in Vorschlag gebracht. Sollte das Hohe Haus diesem Vermittlungsvorschlag zustimmen, würde eine Dekkungslücke auf der Einnahmeseite in Höhe von 392 Millionen DM aufgerissen. Wie diese Deckungslücke geschlossen werden soll, ist bisher insbesondere auch vom Vermittlungsausschuß selbst, nicht beantwortet worden. Angesichts der starken Einengung des Haushalts auf der Ausgabenseite wird ein Ausgleich wohl nur auf der Einnahmeseite geschaffen werden können, wo die Deckungslücke durch die Differenz zwischen 39 und 40 % Bundesanteil an der Einkommen- und Körperschaftsteuer auch entstanden ist. Ob eine Lösung - wenigstens teilweise - durch Überprüfung der Schätzung der ordentlichen Einnahmen zu erwarten ist, läßt sich nicht sagen. Wie in jedem Jahr, meine Damen und Herren - Sie wissen das alle -, wird vor Verabschiedung des Haushaltsgesetzes die Einnahmeschätzung unter Hinzuziehung von Vertretern der Bundesbank, der Wirtschaftsforschungsinstitute und nunmehr auch der Landesregierungen nochmals geprüft. Es ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen, dadurch allein den Ausgleich für die fehlenden 392 Millionen DM zu schaffen. Der Vorschlag des Vermittlungsausschusses versetzt daher nicht nur die Bundesregierung, sondern auch den Bundestag in eine schwierige Lage, die nicht dadurch erleichtert wird, daß aus den Reihen des Hohen Hauses Stimmen laut geworden sind, die sich im Interesse von Verbesserungen z. B. bei der Kriegsopferregelung für die Kürzung von Ausgabeansätzen des Entwurfs einsetzen. Bei dieser Sachlage bitte ich um Verständnis dafür, daß sich die Bundesregierung ihre Stellungnahme noch vorbehalten muß.
Auch ein Ausweichen in den außerordentlichen Haushalt ist nicht möglich. Die Bundesregierung hat
im vergangenen Rechnungsjahr den außerordentlichen Haushalt in einer Größenordnung von 2,2 Milliarden DM durch Aufnahme von Anleihen und längerfristigen Krediten voll ,ausgeschöpft. Dies gelang, ohne den Kapitalmarkt zu ,überfordern und einen Druck auf die Bedingungen auszuüben. Die Verhandlungen mit ,dem Bundesanleihekonsortium ließen erkennen, daß der Kreditbedarf des Bundes für den Bundeshaushalt und seine Sondervermögen auf die Leistungsfähigkeit des Kapitalmarktes wohl abgestimmt war. Diese Erfahrung war Anlaß, den außerordentlichen Haushalt für .das Rechnungsjahr 1964 im Rahmen des Vorjahres zu halten. Die Bundesregierung nimmt damit nicht nur auf die Kreditbedürfnisse der Sondervermögen des Bundes - nämlich auf die Bundesbahn, die Bundespost und den Lastenausgleichsfonds - Rücksicht, sondern auch auf die Belange der Länder, der Gemeinden und nicht zuletzt der privaten Wirtschaft. Zudem werden die Länder in größerem Umfang als in ,den Vorjahren gezwungen sein, ihre außerordentlichen Haushalte wieder durch Anleihebegebung zu decken. Der außerordentliche Haushalt des Bundes kann eben nicht beliebig erhöht werden. Die rechnerische Zusammenstellung der Kreditwünsche des Bundes - einschließlich seiner Sondervermögen -, der Länder und der Gemeinden im Rechnungsjahr 1964 kommt auf den Betrag von rund 11 Milliarden DM und erreicht damit eine Größenordnung, die unbestreitbar den Kapitalmarkt äußerst stark anspannt. Der Wirtschaft würde nur noch ein ganz unzulänglicher Kreditspielraum verbleiben, wenn die öffenliche Hand den Geld- und Kapitalmarkt überfordern würde. Ich muß deshalb nachdrücklich davor warnen, die Deckungsschwierigkeiten, die bei Annahme des Vorschlags des Vermittlungsausschusses für den Bundeshaushalt 1964 entstehen, durch eine Erhöhung des außerordentlichen Haushalts über den Kapitalmarkt lösen zu wollen.
Wie ernst die Haushaltslage tatsächlich ist, zeigt am deutlichsten die Tatsache, daß dem Haushalt infolge der veranschlagten Minderausgaben von 791 Millionen DM alle Reserven fehlen und daß er außerdem noch mit erheblichen Risiken belastet ist. Die Verabschiedung in der vorliegenden Form - das finden Sie im Entwurf - setzt nämlich voraus: a) die im Haushaltsentwurf vorgesehene, schon erwähnte teilweise Umwandlung von Zuschüssen an die Träger der Rentenversicherungen in Schuldbuchforderungen in Höhe von 500 Millionen DM, die nur im Einvernehmen mit den Trägern der Rentenversicherung möglich ist; b) die Hinausschiebung der Tilgung eines Teils der für 1964 fälligen Rate der Nachkriegswirtschaftshilfe in Höhe von 400 Millionen DM, die der Zustimmung der Bundesbank bedarf; die Verhandlungen darüber sind recht schwierig und noch nicht abgeschlossen. Ferner wird vorausgesetzt c) die Beachtung der finanziellen Vorstellungen der Bundesregierung über das finanzielle Volumen der neuen Sozialgesetze, also: Sozialpaket, Kriegsopferversorgung, Kriegsgefangenenentschädigung usw.
Ich darf Sie alle, meine Damen und Herren, die Angehörigen der Regierungsparteien wie auch der Opposition, eindringlich bitten, bei der weiteren Beratung von Gesetzentwürfen trotz allen Widerstreites der Meinungen die Bundesregierung in ihrem Bemühen zu unterstützen, die Erhöhung des Haushalts 1964 im Rahmen der Zuwachsrate des Bruttosozialprodukts zu halten, damit das übergeordnete Ziel, die Erhaltung von Kaufkraft und Währung, erreicht wird.
({4})
Dabei darf nicht übersehen werden, daß im Haushaltsentwurf 1964 ohnehin außer den eben erwähnten Verlagerungen von Ausgaben bei den Zuschüssen an die Rentenversicherungsträger und bei der Nachkriegswirtschaftshilfe z. B. 350 Millionen DM Ausgabemittel für den Straßenbau wie auch in früheren Jahren außerhalb des Haushalts beschafft werden sollen.
In diesem Jahr besteht nun besonderer Anlaß, in der Haushaltsrede wenigstens kurz auf die Steuerpolitik des Bundes einzugehen, die auch schon bei den Verhandlungen im Bundesrat bzw. im Finanzausschuß des Bundesrates eine erhebliche Rolle gespielt hat. Die Steuerpolitik ist in Bewegung geraten, das Steuerrecht wird in weiten Bereichen geändert werden.
Im Jahre 1964 werden die Steuereinnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden nach den Schätzungen aller Stellen den Betrag von 97,4 Milliarden DM, also fast die 100-Milliarden-Grenze erreichen. Das entspricht - bezogen auf das Bruttosozialprodukt - einer Steuerbelastungsquote von 24,3 %. Damit beansprucht der Fiskus fast ein Viertel der im Sozialprodukt sich widerspiegelnden Leistungskraft des Volkes, nicht eingerechnet die Belastungen aus den parafiskalischen Abgaben, zu denen die Beiträge an die Sozialversicherungsträger und die Kirchensteuern zu rechnen sind.
Die Bundesregierung ist der Ansicht, daß mit dieser Quote von 25 % eine Grenze erreicht ist, die nicht überschritten werden darf, wenn man nicht die Fundamente unserer Wirtschafts- und Sozialordnung gefährden will.
({5})
Durch eine zu hohe steuerliche Belastung wird der Leistungswille der Wirtschaft gehemmt, die Stabilität des Preisniveaus und das große Ziel der breiten Eigentumsstreuung gefährdet. Wie bei allen Steuersystemen mit progressiv steigenden Steuersätzen - nicht nur in Deutschland - ist auch unserem Einkommensteuersystem eigen, daß bei steigenden Einkommen die Steuerbelastung stärker wächst als das Bruttosozialprodukt. Deshalb betrachte ich es als eine der wichtigsten Aufgaben der Steuerpolitik, dieser Tendenz, die als „unsichtbare Steuererhöhung" gekennzeichnet worden ist, durch geeignete Maßnahmen im Rahmen der durch die angespannte Haushaltslage gesetzten Grenzen entgegenzuwirken.
({6})
Das fortbestehende Ziel der Steuerpolitik bleibt im übrigen die Anpassung der Systeme und der Steuern, die in diesem System mit unterschiedlicher Belastungsintensität wirken. Diese Anpassung an
die veränderten politischen, wirtschaftlichen und sozialen Tatbestände ist bereits eingeleitet, wie ich hier mit Genugtuung feststellen kann. Sie wird insbesondere zu einer weiteren Verbesserung der Wettbewerbsneutralität der Besteuerung sowie zu einer gerechteren steuerlichen Belastung führen. Der Anpassungsprozeß hat auch - und das mit ständig wachsender Bedeutung - den internationalen Erfordernissen, vor allem auf dem Gebiete der Steuerangleichung im Rahmen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, Rechnung zu tragen.
Die Bundesregierung hat dementsprechend bereits zwei Gesetzentwürfe eingebracht, die als Reformvorhaben von weittragender Bedeutung anzusehen sind: den Entwurf des Umsatzsteuergesetzes ({7}) und den Entwurf eines Bewertungsgesetzes, auf die näher einzugehen ich mir heute versagen muß.
Zu den beiden großen Vorhaben einer Reform des Umsatzsteuer- und des Bewertungsrechts soll nach Möglichkeit in Kürze noch der Entwurf eines Steueränderungsgesetzes 1964 treten. Die Bundesregierung wird unter Würdigung der Grenzen der Steuerbelastungsfähigkeit unseres Volkes im Rahmen der durch die Haushaltslage abgesteckten Möglichkeiten - ich muß das immer wieder betonen - die notwendigen Folgerungen ziehen. Damit sollen für weite Kreise der Steuerpflichtigen Entlastungen auf dem Gebiet der Einkommen- und Lohnsteuern verbunden sein, damit wird aber zugleich die Haushaltspolitik vor neue Probleme gestellt.
Das finanzielle Schwergewicht des Steueränderungsgesetzes liegt auf der schon in der Regierungserklärung angedeuteten Reform, des Einkommensteuertarifs, die im engsten Einvernehmen mit den Ländern angestrebt wird. Das Ziel ist neben der Bereinigung gewisser Unebenheiten im derzeitigen Tarifverlauf eine angemessene Entlastung der unteren und mittleren Einkommen. Diese sind in den letzten Jahren durch das überproportionale Wachstum der Belastung im Vergleich zu den Steigerungen, also durch die erwähnten „heimlichen Steuererhöhungen" im besonderen Maße betroffen worden. Im Gegensatz zur Opposition ist die Bundesregierung allerdings der Auffassung, daß eine solche Maßnahme nicht durch Steuererhöhungen bei den höheren Einkommen und der Körperschaftsteuer kompensiert werden sollte.
({8})
Gegen Steuererhöhungen der höheren Einkommen und gegen Steuererhöhungen bei der Körperschaftsteuer bestehen schwerwiegende volkswirtschaftliche Bedenken. Nach unserem Steuersystem treten zur Einkommensteuer nämlich noch Belastungen mit Kirchensteuer, Vermögensteuer, Gewerbesteuer und gegebenenfalls Lastenausgleichsabgaben hinzu. Das Zusammentreffen aller dieser Steuern führt bei hohen gewerblichen Einkünften - die Investitionseinkünfte sind, keine Konsumeinkünfte - zu einer Gesamtbelastung bis zu 65 v. H., und damit ist eine Belastungsgrenze erreicht, die nicht überschritten werden sollte. Eine noch stärkere Steueranspannung wäre nur geeignet, die Investitionsneigung der Unternehmer zu beeinträchtigen und damit die Stellung unserer Wirtschaft im internationalen Wettbewerb wesentlich zu schwächen und zu verschlechtern. Außerdem würde eine Verwirklichung des Vorschlags der Opposition leicht Preissteigerungstendenzen auslösen,
({9})
Verzerrungen in der Ausgabengebarung hervorrufen und letztlich auch, Herr Kollege Wehner, zur Steuerflucht anreizen.
({10})
Eine Erhöhung des höchsten Spitzensteuersatzes bei der Einkommensteuer würde außerdem nur verhältnismäßig geringfügige Mehreinnahmen zur Folge haben, die nach Auffassung der Bundesregierung in keinem angemessenen Verhältnis zu den erwähnten Nachteilen stehen. Die Reform des Einkommensteuertarifs wird sich auch im Bereich der Lohnsteuer auswirken und für die meisten Arbeitnehmer Erleichterungen mit sich bringen.
Durch das Steueränderungsgesetz 1964 sollen ferner - das ist unser Wunsch, die Verwirklichung bleibt vorbehalten - die Sparförderung nach Möglichkeit harmonisiert, die steuerlichen Gewinnermittlungsvorschriften hinsichtlich der Veräußerungsgewinne geändert, die Forschung und Entwicklung weiter gefördert und die Bewertungsfreiheit nach § 7 e und § 10 a des Einkommensteuergesetzes verlängert werden.
Das Hohe Haus hat - ich darf das hier einmal einschalten - in einer Entschließung vom 13. März 1963 eine Neuregelung der Abschreibungen von Wohngebäuden gefordert. Auf Grund dieser Entschließung wird die Bundesregierung einen Gesetzentwurf vorlegen. Bei Gebäuden, die nach 1924 errichtet worden sind, wird eine Nutzungsdauer von 50 Jahren - Absetzungen für Abnutzung 2 v. H. -, bei Gebäuden, die bis 1924 errichtet worden sind, eine Nutzungsdauer von 40 Jahren zugrunde gelegt - Absetzung für Abnutzung 2,5 v. H. -. Falls der Steuerpflichtige glaubhaft macht, daß die tatsächliche Nutzungsdauer noch kürzer ist, soll diese tatsächliche Nutzungsdauer maßgebend sein.
Die in der Entschließung ferner angezogenen Gesichtspunkte der Wohnungspolitik und der Raumordnung können in eine Neuregelung der normalen Abschreibungen nach unserer auf Grund von Prüfungen erworbenen Überzeugung nicht einbezogen werden. Dafür müßte eine besondere Vergünstigung - ähnlich dem bisherigen § 7 b des Einkommensteuergesetzes - geschaffen werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie werden nun fragen, wie solche Steuersenkungsmaßnahmen und die damit verbundenen Einnahmeausfälle haushaltsmäßig getragen werden können. Diese Frage ist bei der angespannten Haushaltslage, wie sie hoffentlich uns allen vor Augen steht, nur zu berechtigt. Andererseits ist die Antwort darauf aber auch nicht allzu schwer, wenn man mit einiger Zuversicht und etwas Optimismus die künftige Entwicklung unserer Wirtschaft betrachtet. Wie bereits
vorhin an anderer Stelle ausgeführt, ergeben die neuesten Berechnungen und Prognosen für die künftige Wirtschaftsentwicklung auch über 1964 hinaus ein keineswegs ungünstiges Bild. Es kann danach auch für die Zeit ab 1965 mindestens mit einer Wachstumsrate der Steuereinnahmen gerechnet werden, wie wir sie für 1964 zugrunde gelegt haben. Die daraus resultierenden Steuermehreinnahmen in einem Volumen - wenn ich bei der für 1964 geschätzten Zuwachsrate bleibe - von 3,5 bis 4 Milliarden DM auf Bundesebene und in einer dementsprechenden Höhe auf der Länderebene würden Steuersenkungsmaßnahmen der geschilderten Art und Höhe wohl ermöglichen.
Ich weiß nun sehr wohl, daß auf der anderen Seite auch die Ausgaben der kommenden Jahre schon auf Grund der bestehenden Gesetze und auf Grund sonstiger Verpflichtungen, nicht zuletzt infolge der ihnen teilweise innewohnenden Automatik, steigen und ebenfalls zu Lasten der erwarteten Wachstumsrate der Einnahmen gehen werden. Gleichwohl sollte und könnte ein entsprechender Teil der künftigen Mehreinnahmen für Steuersenkungsmaßnahmen vorgesehen werden, schon um die bei uns ohnehin viel zu hohe Steuerbelastungsquote im Verhältnis zum Sozialprodukt nicht noch weiter zum Nachteil der deutschen Wirtschaft ansteigen zu lassen. Das würde übrigens auch einen heilsamen Zwang zur Beschränkung bei der Bewilligung künftiger Ausgaben ausüben, weil sich jeder verantwortliche Abgeordnete darüber klar sein muß, daß durch Beschlüsse in dieser Richtung über Teile des erhofften und erwarteten Zuwachses schon vorher verfügt wird. Ist das aber geschehen, steht ein solcher disponierter Zuwachsteil für andere Ausgaben nicht mehr zur Verfügung. Auch hier gilt die Binsenweisheit, daß man Geld nur einmal ausgeben kann.
Für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft sind auch die tiefgreifenden Auswirkungen des Gemeinsamen Marktes von besonderer Bedeutung. Daß dabei gerade auch die ungleiche, für uns ungünstige Steuerbelastungsquote in den Mitgliedsländern der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft eine wichtige Rolle spielt, liegt auf der Hand. Deshalb müssen die direkten Steuern in den Mitgliedsländern der EWG ebenfalls bei den Harmonisierungsbestrebungen berücksichtigt werden, damit im Gemeinsamen Markt keine Wettbewerbsverzerrungen entstehen.
Die haushaltspolitischen Probleme, vor die wir in der Zukunft neu gestellt werden, wiegen sehr schwer. Als die heute geltende Finanzverfassung geschaffen wurde, waren die Verteidigungslasten und die Römischen Verträge noch außerhalb jeden Gesprächs, an das gewaltige Ausmaß der Kosten, die heute für Forschung, Wissenschaft und Ausbildung notwendig sind, hat damals noch niemand gedacht.
({11})
Eine Finanzreform, vielleicht in Abschnitten, je nach dem Schwierigkeitsgrad des Teilgebietes, ist im Interesse von Bund, Ländern und Gemeinden vordringlich. Der bundesstaatliche Finanzausgleich
muß langfristig auf eine neue Grundlage gestellt und die gegenseitigen Aufgabengebiete müssen neu abgegrenzt werden. Der Streit über den Anteil des Bundes und der Länder am Steueraufkommen darf nicht zu einer ständigen Quelle von Mißhelligkeiten in den Beziehungen zwischen Bund und Ländern werden. Nach dem Stand der Verhandlungen zwischen dem Bundeskanzler und den Ministerpräsidenten der Länder besteht begründete Aussicht auf eine zukünftige dauerhafte Verständigung. Die Bundesregierung und die Länderregierungen sind entschlossen, die Fragen der Finanzreform gemeinsam in Angriff zu nehmen. Eine Gruppe von vier Sachverständigen hat bereits Vorschläge für ein Arbeitsprogramm vorgelegt, die ich in Kürze mit Vertretern des Bundes und der Länder prüfen werde. Nach Abstimmung über das Programm wird die Sachverständigengruppe ausführliche Vorschläge erarbeiten.
Um die vor uns liegenden Aufgaben entsprechend der ihnen zukommenden Dringlichkeit im Rahmen einer vorgegebenen Rangordnung sinnvoll erfüllen zu können, ist eine längerfristige Finanzplanung, die der Herr Bundeskanzler in der Regierungserklärung angekündigt hat, als Teil einer umfassenden Haushaltsreform auch aus finanzpolitischer Sicht eine zwingende Notwendigkeit.
Für einen modernen Haushalt ist ein modernes Haushaltsrecht Voraussetzung. Das Ziel muß die Schaffung einer Haushaltswirtschaftsordnung sein, die das klassische Haushaltsrecht den Erfordernissen der Gegenwart anpaßt und einen ausreichenden Spielraum für die konjunkturpolitische Beeinflussung der Wirtschaftsentwicklung läßt. Über eine elastische und antizyklische Haushalts- und Steuerpolitik muß die öffentliche und auch die private Nachfrage entsprechend der konjunkturellen Entwicklung kurzfristig erhöht oder vermindert werden können. Die konjunkturpolitische Einflußnahme über den Haushalt soll dabei nicht an die Stelle der Maßnahmen, sondern neben die Maßnahmen der zentralen Notenbankpolitik treten, mit denen eine laufende Abstimmung erforderlich ist.
Meine Damen und Herren! Ich habe Ihnen einen Überblick gegeben über die finanz- und steuerpolitischen Probleme der Gegenwart. Das Bild, das ich gezeichnet habe, gibt sicherlich nicht Anlaß zu ungehemmtem Optimismus, braucht aber auch nicht Anlaß zu übertriebenem Pessimismus zu sein. Es ist nahezu ein Kennzeichen der modernen Gesellschaft, immer mehr und mehr zu verlangen und die Ansprüche in die Höhe zu schrauben. Ich bin jedoch zuversichtlich, daß die vor uns liegenden Fragen bei gutem Willen aller Beteiligten, an dem ich nicht zweifeln möchte, gemeistert werden. Denken wir stets und bei allem daran: Die größte Gefahr liegt in uns selbst, in dem häufig zu beklagenden Verlust des Willens, ja der Fähigkeit, über den eigenen Bereich hinaus, über Gruppen-, Verbands- und Branchendenken hinweg, den Blick auf das Ganze zu erhalten. Es gibt Höheres als das Streben nach dem eigenen Vorteil: Unser Volk, unser Staat und unser Vaterland.
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Über allen Sonderwünschen muß der Grundsatz stehen, daß Geldwertstabilität und Ertragskraft der Wirtschaft den Vorrang vor jedem Gruppeninteresse und vor allen Verbandsforderungen haben, so wünschenswert wichtig, notwendig, ja berechtigt diese Forderungen im einzelnen auch sein mögen. Stellen wir die Haushalts- und Finanzpolitik unter diesen strengen Grundsatz, so wird das auch draußen im Lande verstanden, selbst wenn einzelne Maßnahmen, für sich betrachtet, zunächst wenig populär erscheinen. Wenn es das Wohl des Ganzen fordert, müssen wir alle, das Parlament und die Bundesregierung, auch den Mut zur Unpopularität aufbringen. Die Bundesregierung ist jedenfalls entschlossen, sich mit allen ihr zu Gebote stehenden, gesetzlichen Mitteln einer Entwicklung entgegenzustemmen, durch die Kaufkraft und Währung in Gefahr gebracht würden. Auf keinen Fall darf der Sparer nochmals in seinem Vertrauen auf die Stabilität der Währung enttäuscht werden.
({13})
Meine Damen und Herren, das Haushaltsgesetz 1964 und das Nachtragshaushaltsgesetz 1963 sind eingebracht. Ich danke dem Herrn Bundesminister der Finanzen. Die Aussprache beginnt vereinbarungsgemäß in der Sitzung am Donnerstag, dem 9. Januar, nach der Fragestunde, also um 10 Uhr. Damit verlassen wir diesen Punkt der Tagesordnung.
'Ich rufe auf Punkt 3 der Tagesordnung: Fragestunde ({0})
Wir kommen zunächst zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung. Ich rufe auf die Frage des Herrn Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen:
Wann wird die Bundesregierung die Rechtsverordnung zu § 604 der Reichsversicherungsordnung in der Fassung des Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetzes vom 30. April 1963 erlassen?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung.
Eine Verordnung, Herr Abgeordneter, wie Sie sie im Auge haben, ist bei uns bereits im Referentenentwurf mit Begründung fertig. Wir glauben, daß wir diese Verordnung in wenigen Monaten vorlegen können.
Keine Zusatzfrage.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts. Ich rufe auf die Frage II/1 - des Herrn Abgeordneten Dr. Kohut -:
Trifft es zu, daß der Kulturattaché der Deutschen Botschaft in Pretoria Daniel Vorwoed, dem Sohn des Premierministers der Südafrikanischen Union, ein Stipendium der Alexander-vonHumboldt-Stiftung für das Studium der Biochemie vermittelt hat, obwohl es sich nicht um einen minderbemittelten Studenten handelt?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär des Auswärtigen Amts,
Die Frage der Bedürftigkeit wie überhaupt des sozialen Status spielt bei den Forschungsstipendien der Alexander-von-Humboldt-Stiftung keine Rolle. Diese Stipendien werden in einem weltweiten Wettbewerb angeboten, um hervorragend begabten jungen Wissenschaftlern aller Nationen, die bereits ein abgeschlossenes akademisches Studium hinter sich haben, Gelegenheit zu geben, ein bestimmtes Forschungsvorhaben in engstem Kontakt mit der deutschen Wissenschaft zu bearbeiten.
Die Bewerbungen um ein Stipendium der Alexander-von-Humboldt-Stiftung werden bei den zuständigen deutschen diplomatischen oder konsularischen Vertretungen eingereicht und von diesen an die Stiftung weitergeleitet. Die Entscheidung über die Gewährung eines Stipendiums der Stiftung liegt allein bei dieser selbst. Sie entscheidet in ihren Auswahlausschüssen, die vorwiegend mit Universitätsprofessoren besetzt sind, über die vorgelegten Bewerbungen nur nach wissenschaftlichen Gesichtspunkten.
Die Nationalität des Bewerbers, seine Rasse, seine soziale Stellung und diejenige seines Vaters werden dabei ebensowenig berücksichtigt wie etwaige eigene Mittel. Das Ziel der Stiftung ist lediglich, einer Auswahl des besten internationalen wissenschaftlichen Nachwuchses die unmittelbare Bekanntschaft mit der deutschen Wissenschaft zu vermitteln.
Der genannte Bewerber hatte den Ausschreibungsbedingungen entsprechend am 3. November 1959 einen Antrag auf Bewilligung eines Stipendiums der Alexander-von-Humboldt-Stiftung bei der deutschen Botschaft in Pretoria eingereicht. Dieser Antrag ist der Stiftung auf dem vorgeschriebenen Wege zugeleitet worden. Der Vorstand der Stiftung hat auf Empfehlung des Zentralen Auswahlausschusses am 23. Mai 1960 das beantragte Stipendium für die Zeit vom 1. Oktober 1960 bis 31. Juli 1961 zugesprochen. Es wurde nach Ablauf verlängert bis 31. Juli 1962.
Eine Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, erscheint es Ihnen nicht außerordentlich merkwürdig und dem Geiste Alexander von Humboldts zuwider, daß ausgerechnet ein Wissenschaftler ein Stipendium von der Alexander-von-Humboldt-Stiftung erhält, der aus einem außerordentlich vermögenden Hause stammt und von jemandem abstammt, der sich durch eine Sonderstellung in der Rassenpolitik derart ausgezeichnet hat, daß er isoliert in der Welt dasteht, und daß er es von einer Republik bekommt, nämlich der Bundesrepublik, die gerade mit Not und Mühe ein „tausendjähriges" Rassenproblem überwunden hat?
Wollen Sie darauf antworten? Sie müssen nicht antworten, Herr Staatssekretär,
Die Alexander-von-Humboldt-Stiftung ist eine autonome Institution, die nach ihren eigenen Grundsätzen entscheidet. Der Bundesregierung steht kein Recht der Revision gegenüber diesen Entscheidungen zu. Im übrigen führte ich vorhin aus, daß die Alexandervon-Humboldt-Stiftung allein nach Gesichtspunkten der Leistung, nicht der Bedürftigkeit und anderen Gesichtspunkten entscheidet.
Zweite Zusatzfrage.
Sollte es nicht auch in der Bundesrepublik, die ja gerade auf dem Gebiet der Wissenschaft und Forschung, gemessen an anderen Kulturstaaten der Erde, sehr im Rückstand ist, möglich sein, Stipendien - ich betone: Stipendien -' an qualifizierte unterstützungsbedürftige deutsche Wissenschaftler zu geben, oder spielen politische Momente bei der Entscheidung der Alexander-vonHumboldt-Stiftung eine Rolle, wie es auch in der „Kölner-Rundschau" vor fünf Wochen etwa angedeutet worden ist?
Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär.
Herr Abgeordneter, obwohl die Frage, was zur Förderung der Wissenschaften in der Bundesrepublik selbst geschieht, nicht zur Zuständigkeit des Auswärtigen Amtes gehört, darf ich sagen: ich habe den Eindruck, daß da sehr viel geschieht. Aber ich glaube, gegenüber dieser Notwendigkeit, die zweifelsfrei zu bejahen ist, darf nicht die Notwendigkeit verneint werden, auch im Verhältnis zum Ausland, d. h. zur Pflege der Beziehungen mit Wissenschaftlern des Auslands, etwas zu tun.
({0})
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen.
Herr Staatssekretär, sollte man in solchen Fällen nicht auch nur den Anschein einer Stipendiaten-Patronage vermeiden? Darauf kommt es ja entscheidend an.
Herr Abgeordneter, dieser Anschein ist, glaube ich, in jeder Weise vermieden worden. Ich habe ausgeführt, daß die Tätigkeit der deutschen Auslandsvertretungen nur darin bestanden hat, ein Gesuch weiterzuleiten, wie es üblicherweise bei den Auslandsvertretungen eingereicht wird und weitergeleitet wird. Es ist keine Stellungnahme der Auslandsvertretung erfolgt.
({0})
Ich komme zur Frage II/2 - der Frau Abgeordneten Dr. Maxsein -:
Bis wann kann mit der Vorlage des Zustimmungsgesetzes für ( das Europäische Abkommen über die Gleichwertigkeit der Studienzeit an den Universitäten gerechnet werden, das nach Auskunft des Bundesaußenministers vom 7. März 1963 schon in den nächsten Wochen den gesetzgebenden Körperschaften zugeleitet werden sollte?
Das Zustimmungsgesetz zum „Europäischen Übereinkommen über die Gleichwertigkeit der Studienzeit an den Universitäten" ist vom Bundesrat im ersten Durchgang am 20. Dezember 1963 verabschiedet und inzwischen dem Bundestag zugeleitet worden.
Keine Zusatzfrage. Ich komme zur Frage II/3 - ebenfalls der Frau Abgeordneten Dr. Maxsein -:
Hat die Ständige Vertragskommission der Länder dem Europäischen Abkommen über die Anerkennung von akademischen Graden und Hochschulzeugnissen zugestimmt?
Die Ständige Vertragskommission hat der Bundesregierung mitgeteilt, sie habe den Ländern empfohlen, dem Europäischen Übereinkommen über die Anerkennung von akademischen Graden und Hochschulzeugnissen zuzustimmen.
Die Bundesregierung hat das Übereinkommen am 31. Dezember 1963 unterzeichnet:
Herr Präsident, ich habe mir gestattet, die Fragen II/3 und II/4 zusammen zu beantworten.
Damit ist auch die Frage II/4 - der Abgeordneten Frau Dr. Maxsein-:
Wann wird die Bundesregierung das Europäische Abkommen über die Anerkennung von akademischen Graden und Hochschulzeugnissen unterzeichnen?
beantwortet.
Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts erledigt. Herr Staatssekretär, ich darf Ihnen danken.
Ich komme zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern. Zuerst die Frage III/1 - des Abgeordneten Rollmann -:
Besteht ein Unterschied zwischen zivilem Bevölkerungsschutz und ziviler Verteidigung?
Herr Bundesminister, darf ich bitten.
Herr Kollege Rollmann, der zivile Bevölkerungsschutz ist ein Teil aus dem großen Bereich der Zivilverteidigung, und zwar ein sehr wichtiger Teil. Ich darf beispielsweise darauf hinweisen, daß die zivile Verteidigung u. a. noch umfaßt z. B. Aufgaben der Sicherstellung des Verkehrs und der Versorgung mit Nahrungsmitteln, mit Wasser, mit Energie, mit Gütern der gewerblichen Wirtschaft über den zivilen Bedarf hinaus auch für die militärischen Verbände und Einrichtungen. - Das nur beispielsweise.
Wir kommen zur Frage III/2 - des Herrn Abgeordneten Rollmann -:
Vizepräsident Dr. Jaeger
Warum soll die geplante Akademie für Zivilverteidigung nicht im Rahmen des Bundesamtes für Zivilen Bevölkerungsschutz errichtet werden, obwohl die Ausbildung leitender Luftschutzkräfte zu den gesetzlichen Aufgaben dieses Bundesamtes gehört?
Die zweite Frage hängt mit der ersten Frage sachlich sehr eng zusammen. Das Bundesamt für Zivilen Bevölkerungsschutz hat sich vor allem mit den spezifischen Aufgaben des engeren Bereichs des zivilen Bevölkerungsschutzes zu befassen. Die Akademie für Zivilverteidigung muß den ganzen Rahmen umfassen, den ich in der Antwort auf die erste Frage beispielsweise angesprochen habe.
Keine Zusatzfrage.
Wir kommen zur Frage III/3 - des Herrn Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen -:
Ist die Bundesregierung bereit, das vom Auswärtigen Amt im Jahre 1956 erlassene Statut für deutsche Ortskräfte bei den deutschen Auslandsvertretungen durch einen Tarifvertrag abzulösen, durch den die bisher unbefriedigend geregelte arbeits-, besoldungs- und versorgungsrechtliche Stellung der deutschen Ortskräfte verbessert wird?
Herr Kollege Schmitt, ich beantworte Ihre Frage im Einvernehmen mit dem Herrn Bundesminister des Auswärtigen.
Bei den Auslandsvertretungen des Bundes werden zur Zeit annähernd 1000 Ortskräfte deutscher Staatsangehörigkeit beschäftigt. Es ist nicht beabsichtigt, die Arbeitsverhältnisse dieser Ortskräfte durch einen Tarifvertrag zu regeln. Hierfür ist vor allem folgender Umstand entscheidend.
Die rund 1000 Ortskräfte deutscher Staatsangehörigkeit sind in über 90 verschiedenen Staaten tätig. In jedem dieser Gastländer gilt ein unterschiedliches Arbeits- und Sozialrecht, das den unbedingten Vorrang vor deutschen Tarifbestimmungen hat.
'Der Abschluß einer tarifvertraglichen Regelung ist schon hiernach unmöglich. Es kommt hinzu, daß neben den Ortskräften deutscher Staatsangehörigkeit noch etwa 700 Ortskräfte fremder Staatsangehörigkeit beschäftigt werden. Die Ortskräfte beider Gruppen können im Interesse eines geordneten Arbeitsablaufs nur einheitlich behandelt werden.
Das Auswärtige Amt bereitet zur Zeit eine völlige Neufassung des Ortskräftestatuts mit erheblichen Verbesserungen vor. Die Gewerkschaften - das ist wohl der politische Sinn Ihrer Anfrage - haben an der Abfassung des gegenwärtigen Ortskräftestatuts mitgewirkt. Ihre Beteiligung bei der Neufassung ist ihnen seit längerer Zeit zugesagt worden. Ich habe keine Zweifel, daß sie sich daran beteiligen werden.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schmitt-Vockenhausen!
Herr Minister, können sie dem Hohen Haus Auskunft geben, wann die Neufassung vorliegen wird?
Nach meinen Erkundigungen wird der Entwurf bis Februar fertig sein, und dann werden die Gewerkschaften beteiligt werden.
Wir kommen zur Frage 111/4 - ,des Herrn Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen - :
Hat die Bundesregierung, nachdem auf Landesebene versucht wird, die Stichtagshärten bei Jubiläumszuwendungen für Beamte zu beseitigen, die Absicht, die geltenden Bestimmungen zu ändern?
Herr Kollege Schmitt, das Anliegen ist verständlich, und ich habe es noch einmal überprüfen lassen, vor allem deswegen, weil eine ganze Reihe von Ländern Übergangsvorschriften erlassen haben. Aber ich muß zu meinem Bedauern feststellen, daß die finanziellen Anforderungen aus einer solchen Erweiterung, die sich naturgemäß und rechtlich auch auf die Angestellten erstrecken müßte, einen so hohen Betrag ausmachen, daß ich bisher keine finanzielle Möglichkeit gesehen habe, den Betrag von rund 20 Millionen DM, wovon im ersten Jahre schon rund 10 Millionen DM anfallen würden, zu decken. Eine Änderung oder eine Novelle ist daher nicht vorgesehen, und zwar allein aus diesen Gründen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Gscheidle!
Herr Minister, könnten Sie erklären, welcher Zusammenhang zwischen den Jubiläumszuwendungen für Beamte einerseits und denjenigen für Angestellte sowie Arbeiter des öffentlichen Dienstes andererseits besteht?
Es ist so, daß die Angestellten bei einer solchen Übergangsregelung einen Rechtsanspruch hätten, genauso behandelt zu werden wie die Beamten.
Eine zweite Zusatzfrage!
Trifft es nicht zu, daß für die Arbeiter und Angestellten des öffentlichen Dienstes diese Frage tarifrechtlich schon geregelt ist?
Die Frage ist rechtlich geregelt; aber sie müßte rechtlich neu geregelt werden, wenn eine Änderung bei den Beamten erfolgte.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Brück!
Herr Bundesminister, darf ich Sie fragen, ob Sie nicht der Meinung sind, daß wir erst dann Ruhe in dieser Frage bekommen, wenn diese Schwierigkeiten, die ich vor längerer Zeit
schon einmal durch eine Frage aufgezeigt habe, beseitigt sind?
Ich kann mir das sehr plastisch vorstellen.
({0})
Sie haben Ihre Zusatzfragen doch schon ausgenutzt?
({0})
- Bitte schön!
Herr Minister, darf ich Sie, nachdem der Herr Kollege Brück einen Minimalrahmen angesprochen hat, der auch finanziell nicht in der von Ihnen genannten Größenordnung liegt, fragen: Wollen Sie die Sache nicht doch noch einmal überprüfen? Ich bin nämlich mit dem Kollegen Brück und den anderen beteiligten Kollegen der Meinung, daß die Auseinandersetzung weitergeht, vor allen Dingen, nachdem mehrere Länder hier ganz bestimmte Härten beseitigt haben.
Ich werde selbstverständlich eine Überprüfung veranlassen.
Ich danke Ihnen, Herr Bundesminister.
Ich komme nunmehr zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz, zunächst zur Frage IV/1 - des Herrn Abgeordneten Ertl -:
Trifft es zu, daß eine Zunahme der Tierquälerei in der Bundesrepublik festzustellen ist?
Ich glaube, die Frage des Herrn Abgeordneten Ertl mit „Nein, im Gegenteil" beantworten zu können. Zwar gibt es keine Statistik über Tierquälerei und Verstöße gegen das Tierschutzgesetz im Bund, weil nämlich die Vergehen gegen das Tierschutzgesetz wie auch sonstige Verstöße gegen das Nebenstrafrecht nicht gesondert erfaßt werden. Wohl aber gibt es in Bayern eine vom Landeskriminalamt geführte Statistik. Diese zeigt folgendes Bild für die vier Jahre von 1959 bis 1962: 901, 775, 645 und 566 Fälle, also abnehmende Tendenz. Ich habe keine Anhaltspunkte dafür, daß in den anderen Ländern die Entwicklung anders wäre.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ertl!
Herr Minister, ließen sich nicht auch von anderen Landeskriminalämtern ähnliche Statistiken erstellen?
Ich glaube nicht, die Anregung geben zu sollen, die doch mit solcher Statistik verbundenen erheblichen Kosten auf sich zu nehmen, zumal ich meine, daß die bayerische Statistik in diesem Falle als repräsentativ betrachtet werden kann.
Ich komme zur Frage IV/2 - ebenfalls des Herrn Abgeordneten Ertl -:
Ist die Bundesregierung bereit, dafür Sorge zu tragen, daß nachgewiesene Verstöße gegen gesetzliche Bestimmungen künftig strenger geahndet werden, insbesondere bei Vivisektionen, soweit sie nicht im Interesse der wissenschaftlichen Forschung unbedingt notwendig sind?
Es ist der Bundesregierung naturgemäß nicht möglich, einen Einfluß auf die Rechtsprechung zu nehmen, da ,die Richter unabhängig sind. Mir liegt auch kein Material vor, aus dem sich ergibt, daß Verstöße gegen das Tierschutzgesetz und auf dem Gebiete der Vivisektion nicht richtig geahndet und nicht nachdrücklich genug von den Staatsanwaltschaften verfolgt würden. Sollte ich allerdings solches Material bekommen, daß also der Fehler bei den Staatsanwaltschaften liegt, wäre ich selbstverständlich bereit, mit den Landesjustizverwaltungen deswegen Fühlung zu nehmen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ertl!
Herr Minister, sind Sie damit bereit, die Mindestforderungen des Tierschutzbundes hinsichtlich der Vivisektion ernsthaft überprüfen zu lassen und gegebenenfalls zu neuen Maßnahmen zu schreiten?
Zur Überprüfung dieser Forderungen bin ich bereit.
Ich komme zur Frage IV/3 - .des Herrn Abgeordneten Corterier -:
Welches ist der Stand der Ratifizierung des Europäischen Übereinkommens vom 20. April 1959 über die obligatorische Haftpflichtversicherung für Kraftfahrzeuge, für das der Entwurf des Zustimmungsgesetzes nach Auskunft des Bundesjustizministers in der Fragestunde vom 7. Dezember 1961 damals bereits fertiggestellt war und das nach einer weiteren Auskunft in der Fragestunde von 6. März 1963 noch in diesem Jahr dem Bundeskabinett vorgelegt werden sollte?
Es ist richtig, daß, wie Sie in Ihrer Fragestellung andeuten, die Bundesregierung die Zusage, die ich am 6. März auf eine Anfrage der Frau Kollegin Maxsein gegeben hatte, nicht genau einhalten konnte. Aber der Entwurf des Ratifizierungsgesetzes ist heute von mir unterzeichnet und dem Herrn Bundesaußenminister zur Mitzeichnung zugeleitet worden, wird also demnächst ins Kabinett kommen. Auch der im Zusammenhang damit erforderliche Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung dieses Abkommens wird mit ziemlicher Sicherheit auch noch im
Laufe dieses Monats dem Kabinett vorgelegt werden.
Ich danke Ihnen, Herr Bundesminister.
Ich komme nun zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen. Zuerst die Frage V/1 - der Frau Abgeordneten Döhring -:
Ist die Bundesregierung bereit, darauf hinzuwirken, daß die Kinder von hochbetagten Eltern, die nicht in der Lage sind, Aufwendungen für einen Platz in einem Altersheim selbst zu tragen, erhöhte Steuervergünstigungen erhalten können?
Herr Präsident, ich möchte die beiden Fragen wegen des sachlichen Zusammenhangs gemeinsam beantworten.
Bitte sehr, ich rufe dann noch auf die Frage V/2 - ebenfalls der Frau Abgeordneten Döhring -:
Hält die Bundesregierung für möglich, daß zusätzliche steuerliche Vergünstigungen im in Frage V/1 genannten Sinne eventuell durch eine Ergänzung des § 33 a EStG oder der §§ 25 bzw. 25 a der Lohnsteuer-Ausführungsverordnung geschaffen werden könnten?
Macht ein Steuerpflichtiger Aufwendungen für die Unterbringung seiner Eltern in einem Altersheim, so erhält er für diese Unterhaltsleistung regelmäßig eine Steuerermäßigung wegen außergewöhnlicher Belastung nach § 33 a des Einkommensteuergesetzes. Er kann hiernach die Aufwendungen je Elternteil im Kalenderjahr bis zu einem Höchstbetrag von 1200 DM von seinem Einkommen abziehen. Für die Eltern können mithin insgesamt bis zu 2400 DM berücksichtigt werden. Nur wenn die Eltern eigene für ihren Unterhalt bestimmte oder geeignete Einkünfte haben und diese eigenen Einkünfte 1200 DM je Person übersteigen, mindert sich der eben erwähnte Höchstbetrag um den Betrag, um den die eigenen Einkünfte die Summe von 1200 DM übersteigen. Soweit dem Steuerpflichtigen für die in einem Altersheim untergebrachten Eltern noch besondere Aufwendungen - z. B. infolge Krankheit der Eltern - erwachsen, können diese Mehraufwendungen gesondert als „außergewöhnliche Belastung" nach § 33 berücksichtigt werden.
§ 33 a Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes betrifft Unterhaltsaufwendungen jeder Art für Personen, für die der Steuerpflichtige keine tarifliche Familienermäßigung erhält. Die Berücksichtigung dieser Aufwendungen mit einheitlichen Höchstbeträgen ist vom Gesetzgeber im Jahre 1955 eingeführt worden, weil es kaum möglich ist, im Einzelfall zu prüfen, inwieweit Unterhaltsaufwendungen den Umständen nach notwendig und angemessen sind. Entscheidend ist ferner, daß auch die tariflichen Familienermäßigungen, insbesondere die Kinderfreibeträge, die im Einzelfall sehr unterschiedlichen Aufwendungen nur einheitlich in pauschaler Form abgelten.
Die Bundesregierung hält es deshalb nicht für möglich, die Unterhaltsleistungen für die Unterbringung von Eltern in einem Altersheim in besonderer Weise zu begünstigen.
Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Döhring.
Herr Staatssekretär, angesichts der Fälle, die mir unterbreitet worden sind, möchte ich die Bundesregierung fragen, ob sie nicht auch der Auffassung ist, daß die jetzige Regelung, die Sie uns hier dargestellt haben und die mir auch bekannt ist, nicht eine große Härte ist? Sind Sie nicht auch der Auffassung, daß es die Menschen einfach nicht verstehen können, wenn ein Sohn -wie in diesem Fall -, der selbst für eine Familie zu sorgen hat und der für seine Mutter recht ansehnliche Beträge für die Unterbringung im Altersheim aufzubringen bereit ist und dies auch tut, dafür keine entsprechende steuerliche Ermäßigung bekommt? Ist die Bundesregierung, die doch stetig zur Altershilfe aufruft, bereit, diese Zusammenhänge einmal zu überprüfen und vielleicht doch irgendwelche steuerlichen Erleichterungen für solche verantwortungsvollen Kinder von Eltern, die sich nicht selbst in dem notwendigen Maße helfen können, zu schaffen?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär!
Frau Abgeordnete, Sie haben damit eine ganz grundsätzliche Frage gestellt. Der § 33 a geht davon aus, daß die Hilfe für Personen - unabhängig von dem Verwandtschaftsverhältnis - im Rahmen von Höchstbeträgen Berücksichtigung finden kann; und zwar geht der Gesetzgeber davon aus, daß der Höchstbetrag dem Kinderfreibetrag für das erste Kind entspricht. Das sind genau die 1200 DM, die im Gesetz genannt sind und im Tarif eingebaut sind. Über diesen Höchstbetrag von 1200 DM ist der Gesetzgeber bisher nicht hinausgegangen. Sie haben letzlich die Frage aufgeworfen, ob der Gesetzgeber über das, was er für die Erziehung eines Kindes als steuerlich berücksichtigungsfähig ansieht, im Falle der Hilfe für Eltern künftig hinausgehen sollte. Diese Frage habe ich vorhin verneint.
Frau Abgeordnete Döhring zu einer zweiten Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, meine Frage geht dahin, ob die Bundesregierung auch unter Berücksichtigung dessen, was der Herr Finanzminister heute zu den Problemen vorgetragen hat, bereit ist, doch noch einmal zu prüfen, ob für die Bereitwilligkeit eines Sohnes, der für seine Eltern sorgt und sie nicht dem Staat anheimfallen läßt, nicht doch Erleichterungen in steuerlicher Hinsicht geschaffen werden können.
Frau Abgeordnete, ich muß diese Frage verneinen, mit einem Vorbehalt: falls im Rahmen des Steueränderungsgesetzes 1964 die Freibeträge allgemein auch für Kinder erhöht werden, wird sich automatisch die Möglichkeit ergeben, einen höheren Betrag für Aufwendungen für im Altersheim untergebrachte Elternteile einzusetzen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Börner.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß die Pflegekosten in solchen Heimen wie auch die Ausbildungskosten für Kinder durch die Steigerung des Lebenshaltungskostenindex in den letzten Jahren erheblich gestiegen sind und daß deshalb die Grenzen, die Sie genannt haben, bezogen auf die heutige normal verdienende Familie sehr überprüfenswert wären? Würden Sie eine solche Überprüfung des Gesetzes namens der Bundesregierung vorschlagen?
Herr Abgeordneter, die Tatsache, die Sie erwähnten, nämlich daß die Aufwendungen für Eltern in Altersheimen sehr hoch sind, ist mir aus eigener Erfahrung bekannt. Ich glaube aber nicht, daß wir im Rahmen von § 33 a über das hinausgehen können, was der Gesetzgeber für die Erziehung von Kindern angesetzt hat. Auch die Kosten für die Erziehung von Kindern sind recht unterschiedlich und übersteigen oft weit die 1200 DM, die nach dem Gesetz Berücksichtigung finden.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Börner.
Darf ich aus Ihrer Antwort schließen, daß Sie diese 1200 DM also für eine statische und nicht für eine flexible Grenze halten?
Ja, das muß ich bejahen.
Ich komme zur Frage V/3 - der Frau Abgeordneten Meermann - .
Herr Präsident, ich möchte diese drei Fragen der Frau Abgeordneten Meermann wegen des sachlichen Zusammenhangs gemeinsam beantworten.
Bitte sehr! Dann rufe ich auf die Fragen V/3, V/4 und V/5 - der Frau Abgeordneten Meermann -:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die deutschen Zollbehörden in Konstanz am Bodensee die sogenannten Ballonpost-Drucksachen an das Pestalozzi-Kinderdorf Wahlwies zollrechtlich unterschiedlich behandeln, je nachdem, ob die z. B. aus Christkindl ({0}) kommenden Briefumschläge nur mit einer Schnur umwickelt sind oder ob sie aus Bern ({1}) kommen und in diesem Falle in ein schützendes Papier eingeschlagen wurden?
Billigt es die Bundesregierung, daß bei den in Frage V/3 erwähnten Sendungen im ersten Falle eine zollrechtliche Behandlung als abgabenfreie Drucksache, im zweiten Falle als abgabenpflichtige Paketsendung mit 4 % Umsatzausgleichsteuer erfolgt?
Sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, für die in Frage V/3 erwähnten Sendungen die Umsatzausgleichsteuer generell aus Billigkeitsgründen zu erlassen, da die „Ballonpost", die aus allen Erdteilen in das Kinderdorf kommt, ausschließlich wohltätigen Zwecken dient?
Das Kinderdorf Wahlwies beischafft sich Geldmittel u. a. dadurch, daß es Briefmarken und vor allem sogenannte Ersttagsbriefe an Sammler verkauft. Ein Teil dieser Stücke kommt in Sammelsendungen aus dem Ausland an das Kinderdorf, oft in lose zusammengeschnürten Bündeln, die postalisch als Drucksachen behandelt werden, gelegentlich verpackt in Paketen. Dieser postalische Unterschied zwischen Drucksachen und Paketen wirkt sich zollrechtlich - leider, muß ich sagen - aus. Der Bundesminister der Finanzen ist nach dem Zollgesetz ermächtigt, für Waren in kleinen Mengen oder von geringem Wert Abgabenfreiheit anzuordnen. Von dieser Ermächtigung hat er für in Briefen und Drucksachen eingehende Waren Gebrauch gemacht, da die postalisch bedingte Mengen- und Wertbegrenzung eine vertretbare und praktikable Abgrenzung bietet. Bei Waren in Paketen dagegen ist diese notwendige Abgrenzung nicht gegeben. Eine generelle Befreiung auch von Paketen würde über den Rahmen der Ermächtigung hinausgehen. Die gleiche Situation ergibt sich übrigens für alle mit Briefmarken handelnden Personen, also für die Briefmarkenhändler.
Nach dem geltenden Recht sind Pakete der Zollstelle zu gestellen, und für ihren Inhalt müssen die gesetzlichen Abgaben - hier handelt es sich um die Umsatzausgleichsteuer von 4 v.H. - erhoben werden. Die zollrechtliche Behandlung der Briefmarken - je nachdem, ob sie als Drucksachen und in Briefen oder in Paketen eingeführt werden, - entspricht danach den bestehenden Vorschriften. Die deutschen Zollbehörden in Konstanz haben also korrekt gehandelt.
Zur Frage einer Billigkeitsmaßnahme darf ich feststellen, daß das Zoll- und Ausgleichsteuerrecht eine allgemeine Abgabenfreiheit für Waren, die zu wohltätigen Zwecken eingeführt werden, bewußt nicht vorsieht. Der hierin zum Ausdruck kommende Gesetzeswille darf nicht durch Billigkeitsregelungen nach § 131 der Abgabenordnung übergangen oder umgangen werden. Es ist deshalb nicht zulässig, die für das Kinderdorf Wahlwies eingehenden Briefmarken im Billigkeitswege von der Ausgleichsteuer freizustellen.
Eine Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Meermann.
Herr Staatssekretär, da die Zollstelle doch ganz genau weiß, daß in den Paketen dasselbe ist wie in den als Drucksache verschnürten Bündeln, muß ich einmal ganz laienhaft fragen: Besteht nicht die Möglichkeit, eine Anweisung zu geben, daß die Pakete genauso behandelt werden?
Bitte sehr!
Frau Abgeordnete, leider nein. Erstens sieht man es dem Paket nicht ohne weiteres an, daß darin auch Briefmarken und Ersttagsbriefe, die bekanntlich aus dem Ausland eingeführt werden, enthalten sind. Wir haben die Sache sehr eingehend geprüft. Ich räume Ihnen ohne weiteres ein, Frau Abgeordnete, daß das Ergebnis, das ich Ihnen auf Grund des geltenden Rechts vorgetragen habe, sehr unbefriedigend ist. Wenn für ein mit einer Schnur verpacktes Bündel von Postsendungen - weil es postalisch noch als Drucksache gilt - keine Umsatzausgleichsteuer zu zahlen ist, vermag man zunächst nicht einzusehen, daß dasselbe nicht auch für Pakete gelten soll, die den gleichen Inhalt haben.
Aber Sie müssen berücksichtigen, Frau Abgeordnete, daß die Zollverwaltung in dieser Richtung eine Vereinfachungsmaßnahme treffen wollte und aus diesem Grunde an postalische Begriffe angeknüpft hat, nämlich an Drucksachen und an Briefe. Hier spricht eine Vermutung dafür, daß in einer Drucksache oder in einem Brief nicht ein Zollgut von hohem Wert enthalten ist. Dagegen trifft bei Paketen, die schon gewichtsmäßig wertvolles Zollgut enthalten können, diese Vermutung nicht zu. Hier mußte also der Gesetzgeber bzw. der Verordnungsgeber in der allgemeinen Zollverordnung sagen: Pakete sind grundsätzlich zu gestellen, d. h. sie müssen vorgeführt und geöffnet werden.
Nun kann sich ergeben, daß tatsächlich in dem Paket das gleiche enthalten ist wie in dem geschnürten Bündel, das als Drucksache gilt. Ich glaube, das zollrechtlich unterschiedliche Ergebnis ist sicherlich nicht befriedigend. Aber Sie werden mir zugeben, Frau Abgeordnete, daß Sie dann eine Konsequenz ziehen müssen: wenn man es so machen wollte, wie Sie es vorhaben - Gleichbehandlung, sobald man bei der Gestellung und Öffnung feststellt, daß im Paket auch nur Briefmarken sind -, dann müßte man dasselbe auch dem Briefmarkenhändler konzedieren. Denn der Briefmarkenhändler bezieht in ganz großem Umfang in gleicher Weise Briefmarken
- sowohl Ersttagsbriefe wie auch lose Briefmarken - in Beuteln. Wenn er sie in Paketen bezöge, würde der Tatbestand derselbe sein wie im Falle des Kinderdorfes.
({0})
- Daß karitative Erwägungen nach dem Gesetz keine Rolle spielen, habe ich ausgeführt; d. h. das hat der Gesetzgeber, das haben Sie, meine Damen und Herren, bewußt so geregelt. Sie haben nur Liebesgaben befreit. Daß eine Briefmarke keine Liebesgabe ist, die an Bedürftige weitergegeben werden kann, liegt auf der Hand.
Eine zweite Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Meermann.
Herr Staatssekretär, wäre es dann nicht möglich, die zuletzt von Ihnen geschilderten Konsequenzen dadurch auszuschalten, daß Sie ähnliche Überlegungen anstellen, wie sie z. B. dem Entwurf zur Änderung des Lotteriesteuergesetzes - der aus Ihrem Hause kommt - zu grunde liegen, daß nämlich bei Lotterien für gemeinnützige, mildtätige, wohltätige Zwecke andere Bemessungsgrundlagen gelten als sonst?
Ich glaube nicht, daß sich daraus Elemente ergeben, die man bei einer Regelung dieser Frage berücksichtigen könnte. Ich hatte aber bereits selbst zum Ausdruck gebracht, daß ich das Ergebnis als sehr unbefriedigend ansehe. Ich bin bereit, in meinem Hause noch einmal zu überprüfen, ob sich nicht doch eine Lösungsmöglichkeit findet. Sie könnte nur in der Richtung liegen, daß man etwa sagt: Wird ein Paket geöffnet und stellt man fest, daß Briefmarken darin enhalten sind, dann soll der Empfänger freigestellt werden, wenn es sich um ein Kinderdorf oder ein sonstiges Wohlfahrtsinstitut handelt.
({0})
Ich sagte Ihnen aber, daß man damit in der Tat ein grundsätzliches Problem anfaßt. Es ist mit tödlicher Sicherheit anzunehmen, daß dann auch von anderen Wünsche in gleicher Richtung vorgetragen werden. Aber ich bin gern bereit, noch einmal eine Überprüfung durchzuführen.
Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft.
Frage VI/1 - Abgeordneter Dr. Schmidt ({0}), vertreten durch den Abgeordneten Rommerskirchen -:
Trifft es zu, daß die Wettbewerbsungleichheiten des Lebensmitteleinzelhandels Im westdeutschen Grenzgebiet die Existenz einiger tausend Einzelhändler bedrohen?
Herr Bundesminister, darf ich bitten.
Herr Präsident, darf ich die Fragen 1 und 2 gemeinsam beantworten?
Ja. Ich rufe auch die Frage VI/2 - Abgeordneter Dr. Schmidt ({0}) - auf:
Was kann geschehen, um einem evtl. Notstand bei der in Frage VI/I geschilderten Situation wirksam zu begegnen?
Der Lebensmitteleinzelhandel an der deutsch-holländischen Grenze ist durch das gegenüber Holland bestehende Preisgefälle für verschiedene Nahrungsmittel in seinen Wettbewerbsmöglichkeiten zur Zeit stark beeinträchtigt. Nach unseren Feststellungen handelt es sich jedoch nicht um Existenzgefährdungen für einige tausend Lebensmitteleinzelhändler. Außerdem muß darauf hingewiesen werden, daß die Benachteiligung keineswegs die Einzelhändler an der Grenze allein betrifft, sondern daß ein Zustrom
der deutschen Kunden nach Holland aus der Tiefe des Raumes - zumindest bis zu 100 km - festzustellen ist,
Wir haben schon mehrfach überlegt, wie man diesen Schwierigkeiten begegnen könnte. Es ist einmal der Vorschlag gemacht worden, die pauschalierten Eingangsabgaben für bestimmte Waren über 10 °/o hinaus zu erhöhen. Das ist auf sehr starken Widerspruch gestoßen und nicht gelungen. Ich weiß auch nicht, ob das unbedingt zweckmäßig wäre. Ich glaube, der beste Weg ist der bereits eingeschlagene: daß wir uns bemühen, innerhalb der EWG zu einer Preisgleichheit vor allen Dingen auf dem Gebiet der Ernährungsgüter zu kommen. Diese Bemühungen sind ja in den letzten Wochen stark gefördert worden.
Ich möchte abschließend noch darauf hinweisen, daß die gegenwärtigen Erscheinungen - ich möchte sagen: leider - aus anderen Gründen vielleicht in den nächsten Wochen etwas anders aussehen werden; denn die Bewegungen in Holland sehen heute anders aus als bei der Stellung der Fragen.
Keine Zusatzfrage.
Wir kommen dann zur Frage VI/6 - des Herrn Abgeordneten Cramer -:
Ist die Bundesregierung darauf bedacht, daß bei der Gewährung von Werfthilfen nicht nur der Schiffbau für ausländische Rechnung berücksichtigt wird, sondern auch deutsche Auftraggeber gleichrangig behandelt werden?
Herr Kollege Cramer, eine Einbeziehung deutscher Auftraggeber in die Werfthilfe ist aus Gründen, die im EWG-Vertrag liegen, nicht möglich. Es ist aber beabsichtigt, deutschen Auftraggebern unabhängig von der Werfthilfe gesondert zinsverbilligte Kredite zu gleichen Bedingungen zu gewähren. Über die Höhe der für die Werft- und Reederhilfe erforderlichen Ansätze im ERP-Wirtschaftsplan 1964 hat das Bundeskabinett noch keinen Beschluß gefaßt. Es liegen aber bestimmte Vorschläge vor. Ich will Sie gern darüber im einzelnen in Kenntnis setzen.
Im übrigen darf ich darauf verweisen, daß der Herr Bundesfinanzminister in seiner Haushaltsrede vorhin auf die Notwendigkeit auch der Unterstützung deutscher Schiffsbauvorhaben hingewiesen hat. Ob es möglich sein wird, die Forderung der deutschen Reeder in vollem Ausmaße zu erfüllen - sie wollen eine Beteiligung zur Hälfte -, kann ich Ihnen in diesem Augenblick noch nicht sagen.
Eine Zusatzfrage!
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß die britische Regierung für ihre nationale Schifffahrt einen Kreditplafond von 825 Millionen DM - umgerechnet - zu besonders günstigen Bedingungen zur Verfügung stellt, und halten Sie es für vertretbar, daß die Bundesregierung für denselben Zweck, nämlich zur Förderung der deutschen Flagge, aus den verschiedenen Fonds - Werftkredithilfe und diese Schiffsbaufinanzierung - insgesamt nur etwas mehr als 10 % zur Verfügung stellt?
Herr Kollege Cramer, die mir hier vorgelegten Summen für die Planungen, die ich vorhin erwähnte, sind wesentlich höher als 10 % des Betrages, den Sie gerade genannt haben. Aber ich darf darauf hinweisen, daß gerade die unterschiedliche Subventionierung des Schiffsbaus und der Werften zu einer Verzerrung geführt hat, die letztlich doch maßgeblich mit schuld daran ist, daß wir auf diesem Sektor mit so unliebsamen Verhältnissen auch bei uns zu rechnen haben. Aber selbstverständlich können wir, wenn andere Nationen vorgehen, nicht einfach auf einem Grundsatzstandpunkt beharren. Es ist selbstverständlich, daß auch wir etwas tun müssen, und zwar mehr als 10 %; das ist auch unsere Absicht.
Eine zweite Zusatzfrage!
Herr Minister, Sie selber sagten, daß im Augenblick Verhandlungen schweben. Was erhoffen Sie von diesen Verhandlungen? Können Sie - ich will nicht sagen: verbindlich, aber immerhin: beruhigend - erklären, daß diese Verhandlungen, die im Augenblick in der Schwebe sind, möglichst bald zu Ende geführt werden und daß dabei die Interessen der deutschen Reeder gebührend berücksichtigt werden?
Darauf kann ich mit Ja antworten.
Noch eine Zusatzfrage!
Herr Bundesminister, teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß, bedingt durch den Strukturwandel in der Weltschifffahrt, eine Rationalisierung und weitere Modernisierung der deutschen Handelsflotte dringend notwendig ist?
Ja.
Eine weitere Zusatzfrage!
Herr Bundesminister, sind Sie bereit, die der deutschen Schiffahrt zugedachten Mittel im Einzelfall so lange bereitzuhalten, bis die betreffenden Reeder die gesamte Finanzierung untergebracht haben?
Schmücker Bundesminister für Wirtschaft: Herr Kollege, ist es nicht zweckmäßig, daß wir zunächst einmal zu einem Gesamtabschluß kommen, daß also über den Haushaltsplan - auch mit Ihrer Zustimmung - festgelegt wird, welche Mittel zur Verfügung gestellt werden, und daß wir dann über die Einzelheiten sprechen? Dazu bin ich jederzeit bereit.
Aber ich kann hier nicht über Modalitäten reden, bevor ich nicht die Gesamtsumme kenne. Dafür bitte ich um Verständnis.
Keine weitere Zusatzfrage. Ich danke dem Herrn Bundesminister.
Wir kommen zu den Fragen VI/3, VI/4 und VI/5 - des Herrn Abgeordneten Dr, Dittrich -, die vom Bundesminister für Gesundheitswesen beantwortet werden. Herr Abgeordneter Dr. Dittrich wird durch Frau Abgeordnete Haas vertreten.
Ich rufe auf Frage VI/3:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Mindestsätze der Amtlichen Gebührenordnung für Ärzte ({0}) seit 1957 und die Höchstsätze seit 1924 unverändert geblieben sind?
Bitte, Frau Bundesministerin.
Die Tatsache, daß die Mindestsätze der Preugno seit 1957 und die Höchstsätze seit 1924 unverändert geblieben sind, ist der Bundesregierung bekannt. Die Mindestsätze wurden auf Antrag der Ärzteschaft zweimal, in den Jahren 1952 und 1957, erhöht. Die vor dem Jahre 1962 gestellten Anträge haben sich jedoch nicht auf eine Erhöhung erstreckt.
Ich rufe die Frage VI/4 - des Abgeordneten Dr. Dittrich - auf:
Wenn der Bundesregierung die in Frage VI/3 genannte Tatsache bekannt ist, warum hat sie bisher nicht dem bereits im September 1962 gestellien Intrag der Bundesärztekammer entsprochen und die längst fällige Anhebung der Gebührensätze an das heutige Preisniveau beschlossen?
Auch diese Frage wird von Frau Kollegin Haas übernommen.
Der Antrag der Bundesärztekammer vom September 1962 ist zunächst, wie das 'auch in den Jahren 1952 und 1957 geschehen ist, mit einem Sachverständigenausschuß ,aus Kreisen der Ärzteschaft, der Sozialversicherung und der Sozialhilfe besprochen worden. Dieser Ausschuß wurde in Anlehnung an § 13 der Preugo gebildet. Die letzte Besprechung dieses Ausschusses hat am 3. Oktober vorigen Jahres stattgefunden. Dabei traten sehr voneinander .abweichende Auffassungen der Sachverständigen zutage.
Inzwischen sind ein Antrag der Bundesärztekammer vom 11. Oktober 1963 auf eine weitergehende Erhöhung der Mindestsätze der amtlichen Gebührenordnung sowie ein Antrag der Spitzenverbände der Krankenversicherungsträger und der Sozialhilfeträger vom 6. November 1963 hinzugekommen. Dieser letzte Antrag zielt darauf ab, vor der Entscheidung über den Antrag der Bundesärztekammer erhebliche Änderungen der amtlichen Gebührenordnung vorzunehmen.
Dies alles hat eine eingehende und zeitraubende Prüfung erforderlich gemacht, die durch die stark voneinander abweichenden Standpunkte und Argumente der interessierten Kreise natürlich recht erschwert worden ist.
Ich rufe auf die Frage VI/5 - des Abgeordneten Dr. Dittrich, wiederum vertreten durch Frau Abgeordnete Haas -:
Ist die Bundesregierung bereit, die in Frage VI/4 genannte Anhebung jetzt vorzunehmen?
Eine Änderung der Gebührensätze der Preugo, die nach übereinstimmender Meinung heute nicht mehr zeitgemäß sind, hält auch die Bundesregierung für dringend erforderlich. Doch läßt sich noch nicht übersehen, in welchem Sinne und zu welchem Zeitpunkt entschieden werden kann. Um die Verhandlungen zu beschleunigen, prüfe ich zur Zeit, ob sich durch einen Vermittlungsvorschlag die gegensätzlichen Meinungen überbrükken lassen. Ich hoffe das. Endgültiges läßt sich im Augenblick noch nicht darüber sagen.
Ich danke Ihnen, Frau Bundesministerin.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung. Zuerst rufe ich die Frage VII/1 - des Abgeordneten Geiger - auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Bürgermeisterämter Malmsheim und Renningen, das zuständige Landratsamt sowie die Landesregierung des Landes Baden-Wüittemberg schwere Bedenken gegen die Wiederverwendung des Flugplatzgeländes von Malmsheim durch militärische Einheiten erhoben haben, weil in diesem Gebiet Anlagen der Bundeswehr den Zielen der Raumordnung und der Landesplanung widersprechen?
win Hassel, Bundesminister der Verteidigung: Herr Präsident, ich bitte um die Genehmigung, daß ich alle drei Fragen des Abgeordneten Geiger zusammen beantworte.
Gut, dann rufe ich auch die Fragen VII/2 und 3 - des Abgeordneten Geiger - auf:
Billigt es die Bundesregierung, daß trotz der in Frage VII/1 genannten schweren Bedenken die Wehrbereichsverwaltung V sowie die Bundesvermögensverwaltung nach wie vor und mit allen Mitteln für eine militärische Verwendung des Flugplatzgeländes Malmsheim eintreten und deshalb im November dieses Jahres eine Weiterverpachtung der bisher landwirtschaftlich genutzten Grundstücke abgelehnt haben?
Sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, die berechtigten, in Frage VII/1 genannten Interessen der betroffenen Gemeinden Malmsheim und Renningen mit den Notwendigkeiten der Bundeswehr in Einklang zu bringen?
Der Fragesteller wird durch Frau Abgeordnete Döhring vertreten.
Die Gemeinden Malmsheim und Renningen haben seit 1956 gegen eine militärische Wiederverwendung des bundeseigenen ehemaligen Flugplatzes Malmsheim - und zwar gegen die Planung eines Heeresflugplatzes - Einwendungen mit wechselnder Begründung erhoben. Während sie zunächst auf den besonders hohen landwirtschaftlichen Wert dieses Geländes und die drohende Existenzgefährdung der landwirtschaftlichen Pächter hinwiesen, betonten sie später die besondere Eignung dieser
Bundesminister von Hassel
Flächen als Wohnsiedlungsgebiet und sodann als Industrieanlage. Außer den Gemeinden haben sich auch andere Stellen in diesem Sinne verwandt, so der örtliche Bundestagsabgeordnete Herr Bausch und der Herr Bundestagsabgeordnete Weber.
Die Landesregierung hat sich den Einwendungen später hauptsächlich deshalb angeschlossen, weil sie die Errichtung eines Flugplatzes im Ballungsraum Stuttgart für bedenklich hielt. Sie hatte deshalb vorgeschlagen, auf ein anderes Gelände auszuweichen. Das Verteidigungsministerium hatte diesem Vorschlag zugestimmt und drei der vorgelegten Ersatzvorschläge angenommen. Diese Vorschläge konnten aber nicht verwirklicht werden, weil sich die davon betroffenen Landkreise und Gemeinden unter Berufung auf das Landbeschaffungsgesetz, das in erster Linie die Inanspruchnahme von vorhandenem bundeseigenem Gelände vorschreibt, gegen eine Landabgabe wandten. I
Obwohl also die Ersatzvorschläge gescheitert waren, hat das Verteidigungsministerium dem Bedenken der Landesregierung Rechnung getragen und auf die Errichtung eines neuen Flugplatzes in Malmsheim verzichtet. Damit war aber nicht der Verzicht auf jegliche militärische Wiederverwendung dieser bundeseigenen Flächen ausgesprochen worden.
Vor kurzem ist das Anhörungsverfahren bei der Landesregierung für einen Sprungübungsplatz der benachbarten Fallschirmeinheiten eingeleitet worden. Die Stellungnahme der Landesregierung dazu steht noch aus.
Die Pachtverträge sind bereits seit dem Jahre 1957 gekündigt, die landwirtschaftliche Weiternutzung war widerruflich von Jahr zu Jahr gestattet worden. Die Wehrbereichsverwaltung und die Bundesvermögensverwaltung haben in einer Besprechung mit den Gemeinden zunächst lediglich darauf hingewiesen, daß eine nochmalige landwirtschaftliche Bestellung wegen der schon bald geplanten militärischen Nutzung des größten Teils des Platzes nicht mehr anzuraten sei. Die landwirtschaftliche Weiternutzung von Randflächen, die zur Zeit festgelegt werden, wird auch weiterhin möglich sein.
Ich darf bemerken, daß mit der jetzt geplanten militärischen Nutzung keinerlei Aufbauten oder sonstige wesentliche Veränderungen des Grund und Bodens verbunden sind, so daß eine anderweitige militärische oder auch zivile Verwendung des Geländes durchaus möglich bleibt. Ich bin auch bereit, auf die militärische Wiederverwendung dieses ehemaligen Flugplatzes zu verzichten, sobald ein gleich großes und gleich geeignetes Ersatzgelände in einer tragbaren Entfernung um Malmsheim zur Verfügung gestellt wird. Ich hoffe, daß diese Ansicht auch der Auffassung der sich in dieser Frage einsetzenden Abgeordneten aller Parteien entspricht. Ich bitte aber um Verständnis dafür, daß es für den Verteidigungsminister sehr schwer ist, auf geeignetes Bundesgelände zu verzichten, ehe anderes Gelände zur Verfügung steht. Er stände dann dem Einwand nach dem Landbeschaffungsgesetz gegenüber, daß er nicht
Gelände von Privatleuten in Anspruch nehmen darf, wenn er geeignetes Bundesgelände freigibt.
Keine Zusatzfrage. Ich komme zur Frage VII/4 des Abgeordneten Kubitza:
Trifft es zu, daß bei den Musterungen zin recht hoher Prozentsatz der Gemusterten als für den Wehrdienst nicht geeignet beurteilt wird?
Ich bitte sehr, Herr Bundesminister.
von Hassel, Bundesminister der Verteidigung: Herr Präsident! Die Tauglichkeitsergebnisse bei der ärztlichen Untersuchung der Wehrpflichtigen zeigen nach einem anfänglichen Schwanken bei der Musterung der Geburtsjahrgänge 1937 und 1938 - in den Jahren 1957 bis 1959 - ein verhältnismäßig einheitliches Bild: Etwa 2,5 % der Wehrpflichtigen haben sich als für den Wehrdienst „dauernd untauglich" erwiesen, weitere 14 bis 17 % sind nur „beschränkt tauglich" und können im Frieden nicht zum Grundwehrdienst herangezogen werden. Rechnet man zu den dauernd untauglichen und beschränkt tauglichen Wehrpflichtigen noch die Wehrpflichtigen hinzu, die vorübergehend untauglich sind, z. B. wegen einer gerade überstandenen Erkrankung, so stehen für die Einberufung zum Grundwehrdienst mehr als 20 % der gemusterten Wehrpflichtigen nicht zur Verfügung. Beim Jahrgang 1944, der ab April 1964 zur Einberufung heransteht, sind dies genau 23,9 %.
Der Prozentsatz hat sich gegenüber den früheren Jahrgängen um etwa 2,5 % erhöht. Diese Tatsache führe ich u. a. darauf zurück, daß sich meine Weisung über eine differenzierte Einstufung von Grenzfällen auswirkt.
Eine Zusatzfrage.
Herr Minister, ich nehme an, Sie sind mit mir einer Meinung, daß auch die tauglich Gemusterten nicht mehr so körperlich belastungsfähig sind, wie das in früheren Jahrzehnten der Fall war. Deshalb möchte ich Sie fragen, in welcher Weise Sie sicherstellen wollen, daß die vorgesehenen Sportstunden auch wirklich durchgeführt und nicht für andere dienstliche Verrichtungen verwendet werden.
von Hassel, Bundesminister der Verteidigung: Es gibt seit einiger Zeit eine Weisung, wonach die Zahl der Sportstunden in der Bundeswehr erhöht wird, zur Zeit der Ausbildung auf dreimal 90 Minuten in der Woche. Die Führung der Bundeswehr ist sehr darauf bedacht, daß diese Sportstunden durchgeführt werden. Das schließt nicht aus, daß dennoch im Einzelfall einmal ein Abweichen von dieser Norm erfolgen kann, z. B. dann, wenn geeignete Sportplätze und -hallen nicht vorhanden sind. Um den Gesamtunterricht zu ermöglichen, ist daher mit großer Priorität, seit einigen Monaten angeordnet, der Bau von Sportplätzen und Sporthallen und - allerdings erst in weiterer Ferne - auch von Schwimmstätten vorgesehen. Wir hoffen, daß wir damit in einigen Jahren einen ausreichenden, guten
Bundesminister von Hassel
) und von der materiellen Seite her gut vorbereiteten sowie von der personellen Seite, von den Sportlehrern her gut durchführbaren Sportbetrieb haben werden.
Keine Zusatzfrage. Ich komme zur Frage VII/5 - des Abgeordneten Seuffert -:
Wann ist mit der Fertigstellung der neuen Schießanlage zu rechnen, die zur Stillegung des Schießstandes in München-Freimann führen soll und deren Fertigstellung der damalige Bundesverteidigungsminister in der Fragestunde des Deutschen Bundestages vom 18. Mai 1960 für Frühjahr 1962 in Aussicht gestellt hatte?
Bitte sehr, Herr Bundesminister!
von Hassel, Bundesminister der Verteidigung: Herr Präsident! Bei der Antwort in der Fragestunde der 114. Sitzung des Deutschen Bundestages vom 18. Mai 1960 konnte davon ausgegangen werden, daß die Inanspruchnahme des seinerzeit in Aussicht genommenen Geländes bei Ismaning kurzfristig zu realisieren sein würde. Das ist wider Erwarten nicht möglich gewesen.
Im Zuge weiterer Bemühungen wurde ein Gelände in den Isarauen nördlich München bei Mintraching von der Bayerischen Staatskanzlei vorgeschlagen. Die Stellungnahme der Bayerischen Staatsregierung zu dieser Planung steht noch aus. Es muß aber nach dem derzeitigen Stand damit gerechnet werden, daß das Raumordnungsverfahren negativ ausläuft, weil die geplante Schießanlage im Landkreisgebiet nördlich der Landeshauptstadt liegt, für das zur Zeit ein Raumordnungsplan erstellt wird. In dessen Rahmen wird u. a. auch angestrebt, den Übungsplatz Freimann zu verlegen.
Die Bayerische Staatskanzlei wird voraussichtlich für die Schießanlage in nächster Zeit ein Gelände im Randgebiet des künftigen Übungsplatzes in Vorschlag bringen, so daß dann auch eine Unterbringung der US-Schießanlage neben der Bundeswehr-Schießanlage möglich wird.
Für wann, glauben Sie, Herr Minister, kann diese Regelung nun tatsächlich erwartet werden? Sind Sie bereit, in der Zwischenzeit dafür Sorge zu tragen, daß ,die Belästigungen durch diese Schießanlage mitten im Wohngebiet wenigstens an Sonn- und Feiertagen und zu Nachtstunden verhindert werden und daß die Vorkehrungen gegen gefährliche Einwirkungen durch Querschläger usw. verbessert werden?
von Hassel, Bundesminister der Verteidigung: Herr Abgeordneter, aus einer Besprechung, die ich Ende Oktober in München mit dem Herrn bayerischen Ministerpräsidenten geführt habe, habe ich erkennen können, wie außerordentlich schwierig alle Bundeswehrfragen - abgesehen von den gleichen Fragen für die Stationierungskräfte - im Großraum München sind. Ich habe den Eindruck, daß sich die bayerische Staatsregierung und ihre Staatskanzlei im besonderen - dort ressortiert dieser Komplex - außerordentlich bemüht, Lösungen zu finden, die sowohl für die Streitkräfte der Vereinigten
Staaten wie für die Bundeswehr wie für die Zivilbevölkerung wie für die wachsenden Bedürfnisse des Großraums München Gültigkeit haben.
Auf der anderen Seite weiß ich aus diesen Gesprächen und aus ungezählten anderen Erfahrungen, wie ungemein schwierig derartige Planungsvorhaben dann werden, wenn es zur allgemeinen Landbeschaffung kommt. Bevor diese Landbeschaffung durch die Zuweisung eines entsprechenden Gebietes nicht möglich ist, kann der Bau nicht beginnen. Da wir ein Interesse daran haben, daß die Bundeswehr oder die Stationierungskräfte nicht Ärgernisse erregen, sind wir daran interessiert, so schnell wie möglich ein solches Thema vom Tisch zu bekommen. Das dauert !aber bei den ungeheuren Schwierigkeiten, die ich hier nur skizzieren konnte, eine geraume Zeit. Ich kann Ihnen keinerlei Zeitpunkte in Aussicht stellen, wann diese Möglichkeit in diesem konkreten Falle realisiert wird.
Ansonsten sind sowohl die Bundeswehr als auch die Stationierungsstreitkräfte gehalten, alle überhaupt nur menschlich denkbaren Vorsichtsmaßnahmen zu treffen, daß auf solchen Schießanlagen weder Soldaten noch Zivilpersonen irgendwie Schaden nehmen können.
Ich darf meine Frage wiederholen, ob die Benützung dieser Schießanlage wenigstens !an Sonn- und Feiertagen und in den Nachtstunden eingeschränkt werden kann.
von Hassel, Bundesminister der Verteidigung: Ich werde mir darüber Vortrag halten lassen, Herr Abgeordneter, inwieweit an Sonn- und Feiertagen und nachts Schießen dort durchgeführt wird und zu Belästigungen führt. Seinerzeit hat mein Herr Amtsvorgänger bei der Beantwortung 1960 dargelegt, er wisse nichts von derartigen Schwierigkeiten. Sie hatten hier erklärt, daß von Ihnen derartige Schwierigkeiten hier zur Kenntnis gebracht würden. Ich werde gerne der Frage noch einmal nachgehen, inwieweit solche Schwierigkeiten auftreten, und versuchen, wenn sie auftreten, sie abzustellen.
Ich rufe auf die Frage VII/6 - des Abgeordneten Dr. Kübler -:
Stimmen die Meldungen der lokalen Presse, daß der ehemalige Wehrmachtschießstand zwischen Seckenheim und Neckarhausen, auf Ilvesheimer Gemarkung gelegen, von der Bundeswehr wieder in Benutzung genommen werden soll, obwohl dort bereits 15 Familien wohnen und das geschlossene Wohngebiet von llvesheim nur 270 m entfernt ist?
Der Fragesteller hat sich mit schriftlicher Beantwortung einverstanden erklärt. Die Antwort des Herrn Staatssekretärs Hopf vom 6. Januar 1964 lautet:
Für die in Mannheim untergebrachten Bundeswehreinheiten war ursprünglich die ehemalige Panzerschießanlage Oftersheim als Standortschießanlage vorgesehen. Auf dies Gelände mußte jedoch verzichtet werden, weil die nächsten Häuser der etwa 1200 Bewohner umfassenden Hardtwald-Siedlung bis auf etwa 50 m an den Schießstand heranreichen und auch eine Verlegung oder Drehung der Schießbahnen keine befriedigenden Abstände von der Siedlung erbracht hätten.
Deshalb wurde die Landesregierung gebeten, der Wiederverwendung des ehem. Schießstandes Ilvesheim zuzustimmen. Die Stellungnahme der Landesregierung steht noch aus. Nach Auffassung der Sachverständigen ist weder für die Behelfsheime noch für die Gemeinde Ilvesheim eine unzumutbare Geräuschbelästigung zu befürchten. Die Sicherheitsbestimmungen werden eingehalten.
Vizepräsident Dr. Jaeger
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr. Es sind zuerst drei Fragen der Frau Abgeordneten Schanzenbach. Herr Staatssekretär, wollen Sie sie zusammen oder getrennt beantworten?
({0})
Ich rufe also auf die Fragen VII/1, 2 und 3:
Aus welchen Gründen hat es das Bundesverkehrsministerium bisher abgelehnt, die Baulasten für die Wirtschaftswege entlang der Bundesstraße 3 in den Kreisen Immendingen und Lahr zu übernehmen?
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die B 3 in den in Frage VIII/1 genannten Kreisen durch die von Fachleuten als vorbildlich bezeichnete Trennung von schnell- und langsamfahrenden Fahrzeugen zur Schnellverkehrsstraße geworden ist?
Ist sich die Bundesregierung darüber im klaren, daß durch die in Frage VIII/1 geschilderte Haltung der Bundesregierung kaum mehr Gemeinden bereit sein werden, Entlastungsmaßnahmen für Bundesstraßen einzuleiten und zu unterstützen, wenn an der derzeitigen Rechtsauffassung festgehalten wird?
Beim großzügigen Ausbau der B 3 etwa zwischen Mietersheim und Ringsheim wurden neben den freien Strecken Wirtschaftswege angelegt, die den landwirtschaftlichen Verkehr, den Moped-, Rad- und Fußgängerverkehr aufnehmen können. Diese Trennung der verschiedenen Verkehrsarten hat sich bewährt und die Verkehrssicherheit erhöht. Ich freue mich, daß Sie, Frau Abgeordnete, offenbar ebenfalls dieser Auffassung sind, wie ich aus der Formulierung Ihrer zweiten Frage entnehme.
Hinsichtlich der Kostentragung für die Wirtschaftswege ist zu berücksichtigen, daß der Bund nach § 1 des Bundesfernstraßengesetzes nur die Verantwortung für den sogenannten weiträumigen Verkehr trägt. Die Wirtschaftswege dienen jedoch nicht dem weiträumigen Verkehr, sondern dem Nachbarschaftsverkehr und den Anliegern. Dennoch hat der Bund die Kosten für den Bau der Wirtschaftswege übernommen, um die B 3 in dem genannten Abschnitt im Interesse des weiträumigen Verkehrs von den anderen Verkehrsarten zu entlasten. Diese Regelung ist nach § 7 Abs. 2 a des Bundesfernstraßengesetzes möglich und auch vorgesehen. Die Unterhaltung der Wirtschaftswege obliegt jedoch den für den Nachbarschafts- und Anliegerverkehr zuständigen Trägern der Straßenbaulast. Dem kann nicht entgegengehalten werden, daß der Nachbarschafts- und Anliegerverkehr auch vorher die Straße benutzt habe. Dieser nach der Zweckbestimmung der Bundesstraße nicht dorthin gehörende Verkehr konnte solange in Kauf genommen werden, wie es die Verkehrsverhältnisse zuließen. Ist dies nicht mehr möglich, so müssen die Bedürfnisse für diesen 'Verkehr diejenigen Träger der Straßenbaulast erfüllen, die dafür zuständig sind. Wer das ist, richtet sich im einzelnen nach dem Wegerecht des Landes Baden-Württemberg. Sache des Landes ist es auch, die Wirtschaftswege dem nach dem Landesrecht zuständigen Träger der Straßenbaulast zuzuweisen.
Im übrigen glaube ich nicht, Frau Abgeordnete, daß diese Einstellung die Anlegung von Wirtschaftswegen erschwert. Wir haben jedenfalls festgestellt, daß ganz allgemein bei der Übernahme der vom Bund finanzierten Wirtschaftswege in die Unterhaltungslast der Gemeinden keine Schwierigkeiten aufgetreten sind, mit Ausnahme des von Ihnen genannten Falles.
Eine Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Schanzenbach.
Wenn sich nun aber herausstellt, Herr Staatssekretär, daß diese Wege, die die Hauptstraßen entlasten, nun wirklich nicht weitergebaut werden, weil die Kosten, die den Gemeinden daraus erwachsen, zu hoch sind - würden Sie dann das, was Sie jetzt vorgetragen haben, überprüfen lassen, und würde dann Ihr Ministerium etwa bereit sein, die Kosten mit zu übernehmen?
Wir können die Kosten für die Unterhaltung nicht übernehmen, solange nicht die zwingenden Vorschriften des Bundesfernstraßengesetzes geändert sind. Nach dem Bundesfernstraßengesetz können wir bei Wirtschaftswegen nur die Kosten für den Bau übernehmen, aber nicht die Kosten der Unterhaltung.
Eine weitere Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Schanzenbach.
Wären Sie bereit, eine entsprechende Gesetzesvorlage im Bundestag einzubringen, die die Gemeinden entlasten könnte?
Das muß ich natürlich prüfen, ob tatsächlich die bisherige Gesetzeslage in nennenswertem Umfange zu Schwierigkeiten bei der Anlegung von erwünschten Wirtschaftswegen führt. Ich will diese Prüfung aber gern veranlassen.
Ich rufe auf Frage VIII/4 - des Herrn Abgeordneten Dr. Rinderspacher -:
Gehört die Elztalbahn im Kreis Emmendingen zu den Nebenbahnen, die die Deutsche Bundesbahn jetzt oder in absehbarer Zeit aus Rentabilitätsgründen stillegen will?
Wie mir die Deutsche Bundesbahn mitteilt, ist weder jetzt noch in absehbarer Zeit beabsichtigt, die Nebenbahn Denzlingen-Elzach, die sogenannte Elztalbahn, ganz oder teilweise stillzulegen.
Dann rufe ich auf die Frage VIII/5 - ebenfalls des Herrn Abgeordneten Dr. Rinderspacher -:
Hat der Herr Bundesverkehrsminister irgendwelche Zusicherungen gegeben, die Trasse der B 204 im Zuge der schwierigen Ortsumgehung Waldkirch auf dem Bahnkörper zu führen?
Bei der Durchführung des Planfeststellungsverfahrens für den Neubau der Ortsumgehung Waldkirch haben sich sehr große Schwierigkeiten ergeben. Wie Sie sicherlich wissen, gehen diese Schwierigkeiten im wesentlichen darauf zurück, daß die Stadt Waldkirch gegen die Planung der Straßenbauverwaltung aus städtebaulichen Gründen Bedenken hegt. Die Stadt hat deshalb schon früher einen Gegenvorschlag für eine nordwestliche Umgehung von Waldkirch ausarbeiten lassen. Neuerdings hat Herr Bürgermeister Prestel Herrn Minister Dr. Seebohm auf die Möglichkeit aufmerksam gemacht, bei etwaiger Stillegung der Bundesbahnlinien durch das Elztal den frei werdenden Bahnkörper für den Neubau der Ortsumgehung von Waldkirch zu benutzen. Der Herr Bundesminister hat daraufhin Herrn Bürgermeister Prestel zugesagt, daß er diese Frage prüfen lassen werde. Es hat sich jedoch ergeben, wie Sie meiner Antwort auf die erste Frage entnommen haben, daß an eine Stillegung der Elztalbahn nicht gedacht ist. Der Vorschlag Prestel muß deshalb aus der weiteren Betrachtung ausscheiden.
Ich rufe auf die Frage VIII/6 - des Herrn Abgeordneten Dr. Rinderspacher -:
Steht der Herr Bundesverkehrsminister zu den in der Fragestunde der 93. Sitzung vom 25. Oktober 1963 gegebenen Zusicherungen hinsichtlich des Ausbaues der B 294?
Bitte sehr, Herr Staatssekretär!
Ich kann diese Frage bejahen, Herr Abgeordneter. Die Zusagen werden aufrechterhalten.
Keine weitere Zusatzfrage. - Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Meine Damen und Herren, wir stehen am Ende der heutigen Fragestunde.
Ich berufe die nächste Plenarsitzung ein auf Donnerstag, den 9. Januar, 9 Uhr.
Die Sitzung ist geschlossen.