Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet.
Folgende amtliche Mitteilung wird ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Präsident des Bundestages hat entsprechend dem Beschluß des Bundestages vom 25. Juni 1959 die nachstehenden Vorlagen überwiesen:
Verordnung Nr. ... des Rates der EAG über die Bezüge und
die Soziale Sicherheit der Atomanlagebediensteten in Italien
Verordnung Nr. ... des Rates der EAG über die Bezüge und die Soziale Sicherheit der Atomanlagebediensteten in Belgien - Drucksache IV/1683 an den Ausschuß für inneres - federführend -, an den Ausschuß für Atomkernenergie und Wasserwirtschaft und an den Ausschuß für Sozialpolitik - mitberatend - mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum am 11. Dezember 1963
Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung Nr. 19 des Rates im Hinblick auf eine Vereinheitlichung der Getreidepreise in der Gemeinschaft
Verordnung des Rates über die Festsetzung der Getreidepreise für das Wirtschaftsjahr 1964/65 und die Bestimmung der Handelsplätze
Verordnung des Rates betreffend Ausgleichsmaßnahmen und Aufstellung von Gemeinschaftsplänen zur Verbesserung der Lebenshaltung der landwirtschaftlichen Bevölkerung
Verordnung des Rates betreffend der in Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung Nr. 25 über die Finanzierung der gemeinsamen Agrarpolitik enthaltenen Bestimmungen - Drucksache IV/1705 an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - federführend - und an den Wirtschaftsausschuß - mitberatend - mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor dem Plenum ani 22. Januar 1964
Entscheidung des Rats der EWG über die Assoziation der überseeischen Länder und Gebiete mit der Gemeinschaft - Drucksache IV/1710 an den Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten - federführend
- und an den Ausschuß für Entwicklungshilfe - mitberatend -.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung wird die heutige Tagesordnung wie folgt erweitert:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 29. März 1962 zur Gründung einer Europäischen Organisation für die Entwicklung und den Bau von Raumfahrzeugträgern ({0}) ({1}).
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 14. Juni 1962 zur Gründung einer Europäischen Weltraumforschungs-Organisation ({2}) ({3}).
Nachwahl eines Mitglieds des Vermittlungsausschusses.
Ich schlage vor, die ersten beiden Punkte an das Ende der Tagesordnung zu setzen und den dritten Punkt im Anschluß an die Fragestunde zu behandeln. Ist das Haus damit einverstanden? - Es ist so beschlossen.
Wir kommen damit zunächst zur Fragestunde ({4}).
Ich rufe die Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr auf, zunächst die Frage XIV/1 - des Abgeordneten Dr. Tamblé -:
Sind der Bundesregierung die von Prof. Herzog in einer Illustrierten veröffentlichten Verhältnisse der Unfallhilisstellen an unseren Straßen bekannt?
Ist der Fragesteller im Saal? - Die Frage wird vom Abgeordneten Herold übernommen.
Herr Präsident, ich bitte, die drei Fragen des Herrn Abgeordneten Tamblé, die den gleichen Fragenkomplex betreffen, zusammen beantworten zu dürfen, falls der Kollege damit einverstanden ist.
Gut, dann rufe ich auch die Fragen XIV/2 und 3 - des Abgeordneten Dr. Tamblé - auf:
Wenn der in Frage XIV/1 geschilderte Tatbestand zutrifft, welche Konsequenzen gedenkt die Bundesregierung hieraus zu ziehen?
Ist die Bundesregierung bereit, möglichst bald einen zentral geleiteten Rettungsdienst einzurichten?
Diese Antworten sind mit dem Bundesminister für Gesundheitswesen abgestimmt worden.
a) Die Feststellungen meines Schulkameraden Professor Dr. Herzog, mit dem ich in Verbindung stehe, über die Besetzung und Einsatzfähigkeit einer Reihe von Unfallhilfsstellen sind mir in ihrem wesentlichen Inhalt durch den Bericht, den er auf einer Tagung der Verkehrsmedizinischen Gesellschaft am 1. Oktober 1963 in Heidelberg gegeben hat, und durch Veröffentlichungen in der Presse bekannt. Die Angelegenheit wird zur Zeit von den zuständigen Behörden des Landes Nordrhein-Westfalen einer eingehenden Prüfung unterzogen. Ich
bemühe mich, über die Ergebnisse unterrichtet zu werden.
b) Die Siebente Gemeinsame Straßenverkehrssicherheitskonferenz vom 20. Juni 1963, an der natürlich auch die Herren Verkehrs- und Innenminister der Länder teilgenommen haben, hat auf meine Veranlassung das schon früher behandelte Problem der Erstversorgung von Unfallverletzten wieder aufgegriffen und den Straßenverkehrssicherheitsausschuß beauftragt, zu prüfen, durch welche Maßnahmen die Erstversorgung von Unfallverletzten verbessert werden könnte, und Vorschläge für die Durchführung dieser Maßnahmen zu erarbeiten,
In diesem Zusammenhang wird auch die Frage der Organisation des Unfallrettungsdienstes, insbesondere auch die Frage der Unfallhilfsstellen, zu erörtern sein. Die Behandlung dieser Angelegenheit ist in der nächsten, für Januar 1964 vorgesehenen Tagung des Straßenverkehrssicherheitsausschusses in Aussicht genommen.
c) Die Bundesregierung ist leider nicht in der
Lage, einen zentral geleiteten Rettungsdienst einzurichten, da es sich dabei um eine Aufgabe handelt, für die nach dem Grundgesetz die Länder allein zuständig sind.
Die Bundesregierung wird jedoch alle Möglichkeiten ausschöpfen, die ihr dank der ständigen Zusammenarbeit mit den Ländern in den vorgenannten Koordinierungsgremien gegeben sind, um auf eine befriedigende Lösung dieser sehr bedrükkenden Probleme hinzuwirken.
Herr Abgeordneter Herold, Sie haben jetzt die Möglichkeit, zu drei Fragen sechs Zusatzfragen zu stellen. - Bitte sehr.
Herr Minister, wann kann man nach Ihrer Meinung handfeste Ergebnisse aus den Konferenzen der Verkehrsminister der europäischen Staaten bzw. der Konferenz, die diese Probleme in Nordrhein-Westfalen behandelt, erwarten?
Herr Kollege, im Rahmen der EWG und im Rahmen der Europäischen Verkehrsministerkonferenz sind diese Fragen bisher nicht erörtert worden. Ich sprach von der Länderverkehrsministeikonferenz der Bundesländer. Hier können Ergebnisse nur dann erwartet werden, wenn sich die Länder entschließen, entweder gemeinsam mit uns eine einheitliche Regelung oder eine Regelung für jedes Land allein - was dann dem Land überlassen werden muß - zu finden.
Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Abgeordneter Herold.
Herr Minister, ich bin der festen Überzeugung, daß Sie mit mir einig sind, daß die Lösung dieses Problems nicht länger auf die lange Bank geschoben werden kann. Ich möchte deshalb noch einmal fragen: Welche Initiativen können Sie
entwickeln, um so rasch wie möglich eine Einigung mit den Ländern zu erreichen?
Herr Kollege, ich habe Ihnen in der Antwort gesagt, welche Initiativen ich entwickelt habe. Weitere Initiativen kann ich nicht entwickeln. Denn ich habe damit alles getan, was überhaupt möglich ist vom Standpunkt des Bundes, der in dieser Angelegenheit nur Gesetzgebungsbefugnisse hat, während die Ausführung der Gesetze ausschließlich in der Hand der Länder liegt.
Herr Minister, glauben Sie nicht, daß es sich lohnen würde - es geht hier um Zehntausende von Menschenleben im Jahr -, außerhalb dieser Kompetenzstreitigkeiten zwischen Bund und Ländern konkrete Vorschläge zu machen?
Herr Kollege, ich habe doch gesagt, daß wir auf der siebenten gemeinsamen Straßenverkehrssicherheitskonferenz vom 20. Juli 1963 auf meine Veranlassung diese Frage erörtert haben. Ich habe Ihnen gesagt, daß auf Grund meiner Initiative der Straßenverkehrssicherheitsausschuß des Bundes und der Länder beauftragt ist, diese Arbeiten durchzuführen. Ich habe Ihnen gesagt, daß im Januar 1964 der Straßenverkehrssicherheitsausschuß darüber tagen wird, und ich habe Ihnen weiter gesagt, daß ich mich in jeder Weise bemühe, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um dieses sehr bedrückende Problem im Rahmen meiner Koordinierungsmöglichkeiten zu fördern. Mehr kann ich beim besten Willen nicht tun.
Herr Minister, können Sie mir sagen, welches die entscheidenden Argumente der Länder sind, an denen es liegt, daß man hier nicht schneller vorwärtskommt?
Das kann ich Ihnen leider nicht sagen, denn die Argumente sind bei jedem Land verschieden. Bei dem einen Land ist das Rote Kreuz mit dieser Frage beauftragt, bei dem andern Land sind wieder andere Maßnahmen getroffen. Jedes Land arbeitet da nach seiner Methode. Unsere Bemühungen gehen dahin, diese Fragen zu koordinieren und insbesondere auch eine Koordination mit den Einrichtungen der Krankenhäuser herbeizuführen, die, wie Sie wissen, teils kommunale, teils Landeskrankenhäuser, aber jedenfalls keine Bundeskrankenhäuser sind.
Keine weitere Zusatzfrage?
Wir kommen dann zu der von dem Abgeordneten Peiter gestellten Frage XIV/4:
Welcher Auffassung ist die Bundesregierung über die Frage, auch in Deutschland die generelle Rechtsvorfahrt einzuführen, die damit auch für den Kreisverkehr gelten müßte?
Herr Kollege, im Bundesgebiet gilt bereits die VorBundesminister Dr.-Ing. Seebohm
fahrtsregel „rechts vor links", doch können durch die Landesverkehrsbehörden abweichend hiervon bestimmte Straßen durch Verkehrszeichen zu Vorfahrtsstraßen gemacht werden.
Die Zweckmäßigkeit der Vorfahrtsregelung durch Verkehrszeichen ist für die Schnellverkehrsstraßen außerhalb geschlossener Ortschaften unbestritten.
Zur Vereinfachung der Verkehrsregelung und zur Einsparung von Verkehrszeichen hat sich jedoch die Verkehrsministerkonferenz der Länder der Bundesrepublik am 29. März 1957 dafür ausgesprochen, innerhalb geschlossener Ortschaften die Vorfahrt möglichst nach der Regel „rechts vor links" zu ordnen. Eine entsprechende Empfehlung habe ich im Verkehrsblatt 1957 auf Seite 314 veröffentlicht.
Aus den Erfahrungsberichten, die mir inzwischen zugegangen sind, geht hervor, daß die Grundregel „rechts vor links" überall dort zweckmäßig ist, wo die sich kreuzenden oder ineinander einmündenden Verkehrsströme etwa gleich stark sind. Trifft jedoch ein starker mit einem schwachen Verkehrsstrom zusammen, so ist die Vorfahrtsregelung durch Verkehrszeichen ratsam, wenn man den Verkehr flüssig und die Anzahl der Vorfahrtsverletzungen gering halten will. Deshalb wird man innerhalb geschlossener Ortschaften vor allem Ortsdurchfahrten, wichtige Ausfall- und Umgehungsstraßen und Straßen mit starkem Straßenbahnverkehr weiterhin zu Vorfahrtsstraßen erklären.
Ob beim Kreisverkehr den Fahrzeugen im Kreise die Vorfahrt zu geben ist, richtet sich gleichfalls nach den örtlichen Verhältnissen.
Im Entwurf der neuen Straßenverkehrs-Ordnung ist allerdings zur Anpassung an das gemeinsam geplante europäische Straßenverkehrsrecht vorgesehen, daß das Kreisverkehrszeichen nicht mehr eine Abweichung von der Vorfahrtsregel „rechts vor links" anordnen soll. Soll der Verkehr im Kreis auch weiter Vorfahrt haben, so sollen später auch hier die allgemein vorfahrtsregelnden Zeichen verwendet werden.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Peiter.
Herr Minister, wann ist mit dieser Regelung Rechtsvorfahrt auch im Kreisverkehr zu rechnen?
Die Regelung wird erst möglich sein beim Erlaß der neuen Straßenverkehrsordnung, und diese neue Straßenverkehrsordnung wird - wie ich schon einmal diesem Hohen Hause mitgeteilt habe - herausgegeben und dem Bundesrat zur Beschlußfassung vorgelegt werden, sobald auf der europäischen Ebene - ich hoffe im Frühjahr nächsten Jahres - die letzten Beratungen über das allgemeine europäische Straßenverkehrsrecht abgeschlossen sind; denn wir möchten gerne die dort vereinbarten Bestimmungen in die neue Straßenverkehrsordnung einbauen.
Wir kommen zur Frage XIV/5 - des Abgeordneten Hörmann ({0}) -:
Trifft es zu, daß Autobahnen des öfteren auf einer Länge von 10 Kilometern gesperrt werden, „nur weil sich zwei Arbeiter auf ihre Schaufeln stützen", wie auf einer Parteiveranstaltung in Heidelberg vom früheren NRW-Innenminister Dufhues erklärt wurde?
Herr Kollege, Herr Dufhues hat mir leider eine Ortsangabe für seine Beobachtungen nicht machen können. Er glaubt, die Baustelle sei in Hessen gelegen. Ich habe aus Heidelberg ein Schreiben erhalten, in dem ein Hotelier mir mitteilt, daß er auf der Fahrt von Ulm bis Heidelberg, also in Baden-Württemberg, bei insgesamt 15 Baustellen auf vier Baustellen zwei bis fünf Arbeiter und auf zwei Baustellen sechs Arbeiter beobachtet habe. Die Höchstzahl der Arbeiter auf einer Baustelle habe 32 betragen. Die Länge der einspurigen Engstellen habe bis zu 5 km betragen.
Die Zahl der auf der Straße beobachteten Bauarbeiter ist kein Maßstab für den Arbeitsfortschritt auf diesen Reparaturbaustellen, für die stets sehr kurze Termine von insgesamt zwei bis drei Monaten je Reparatur gesetzt werden, Termine, über die die Straßenbaufirmen wegen ihrer Kürze Klage führen. Bei Maschineneinsatz und dem Einbau von Fertigbetonplatten wie auf der genannten Strecke von Ulm bis Heidelberg kann die Zahl der Arbeiter an der Baustelle selbst gering gehalten werden. Vorbereitende Maßnahmen wie Messungen und abschließende Arbeiten wie Markierungen erfordern bei Beginn und Auslauf der Arbeiten meist besonders wenige Arbeiter. Aber auch diese Arbeiter bedürfen auf Grund zahlreicher bedauerlicher Unfälle eines genügenden Schutzes bei ihrer Arbeit vor dem fließenden Verkehr durch eine ausreichende Absperrung der Baustelle. Die Reparaturarbeiten auf den Autobahnen unterstehen direkt den Straßenbauverwaltungen der Länder. Ich habe sie darauf hingewiesen, daß die Länge der Absperrung 2 km nicht überschreiten soll. In diesem Abstand sind auch durchschnittlich die bekannten Überfahrten über den Mittelstreifen angelegt worden. Wenn allerdings im Bereich einer Überfahrt selbst auf der Fahrbahn gearbeitet wird oder gerade an einer Überfahrt sich ein Unfall ereignet, können auch Absperrungen auf etwa 4 km erforderlich werden.
Bei einer Fahrbahnerneuerung sind im Durchschnitt wie ich erhoben habe - 70 Arbeiter bei 2 km langen. 100 Arbeiter bei 4 km langen Baustellen erforderlich und eingesetzt. Die Arbeiter sind außer auf der Baustelle auch an der meist abseits gelegenen Mischanlage, in der Werkstatt und an verschiedenen Materialgewinnungsstellen eingesetzt. Bei einem Durchschnitt von 100 Arbeitern schwankt die Belegschaftsstärke entsprechend dem Arbeitsablauf zwischen 30 und 130 Arbeitern. Zu unterscheiden hiervon sind die sogenannten Fahrbahninstandsetzungen, die weniger Arbeitskräfte erfordern.
Um künftig die Verkehrsbehinderungen infolge von Neubaustellen zu verringern, hat der Bundesminister für Verkehr inzwischen Anordnungen getroffen, nach denen ab kommendem Jahr auf den Autobahnstrecken Reparaturen zwischen dem 20. Juni und dem 10. Oktober völlig zu unterbleiben haben. Ferner sollen Einrichtungen geschaffen werden, die Reparaturen in den anderen Zeiten auf kürzere Länge und Umleitungen in jeder Richtung möglich machen.
Herr Abgeordneter Hörmann, eine Zusatzfrage?
Herr Minister, darf ich aus Ihren Ausführungen entnehmen, daß Sie mit mir der Meinung sind, daß man, wenn manchmal Bedenken über den etwas langsamen Vorangang der Bauarbeiten auf den Autobahnen laut werden, dies nicht der „Faulheit" der Bauarbeiter zuschreiben darf?
Ich bin völlig mit Ihnen einer Meinung. Ich bin auch der Auffassung, daß jemand, der sieht, daß zwei Arbeiter sich an einem Spatenstiel festhalten, entweder übertreibt oder bei seiner Betrachtung aus einem schiefen Blickpunkt urteilt.
({0})
Zu einer Zusatz) frage Herr Abgeordneter Junghans.
Herr Minister, darf ich Ihren Ausführungen entnehmen, daß Sie mit mir der Meinung sind, daß Herr Dufhues in diesem Falle ohne Sachkenntnis geurteilt hat?
Herr Kollege Junghans, die Sachkenntnis von Herrn Dufhues, der Innenminister in Nordrhein-Westfalen war, will ich gar nicht bestreiten. Aber er hat in diesem Fall vielleicht bei der schnellen Vorbeifahrt nicht ganz richtig hingesehen.
({0})
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Junghans!
Herr Minister, sind Sie dann mit mir der Meinung, daß Minister oder ehemalige Minister, wenn sie solche Urteile fällen wollen, auf der Autobahn nicht so schnell fahren sollten?
Das kann ich Ihnen nicht beantworten. Ich bin jedenfalls der Meinung, daß man, wenn man so etwas sagt, genau prüfen sollte, was die Firma insgesamt an Arbeitskräften an der Baustelle eingesetzt hat.
Noch eine Zusatzfrage? - Bitte.
Herr Minister, sind Sie auch meiner Ansicht, daß Herr Minister a. D. Dufhues, wenn er kritische Ansätze in der Beurteilung der Autobahnarbeiten suchte, in dem Land, in dem seine früheren Kollegen die Verantwortung in der Regierung tragen, hinreichend Gelegenheit finden konnte und daß er diese Beanstandung nicht ausgerechnet nach Hessen zu verlagern brauchte?
Herr Kollege Schwabe, ich bin der Auffassung, daß Herr Kollege Dufhues vielleicht nicht den Wunsch hatte, sich mit seinem Nachfolger, Herrn Minister Weyer, auseinanderzusetzen und deswegen seine Beobachtungen in Hessen gemacht hat.
Ich teile Ihre Auffassung vollkommen und darf noch fragen, ob es bei Ihren anerkennenden Aussagen über die Arbeiten des Landesstraßenbauamtes Hessen, die Sie anläßlich Ihrer Besichtigungsreise gemacht haben, bleibt?
Durchaus.
({0})
Eine weitere Zusatzfrage? Bitte.
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß die Redewendung hier falsch zitiert worden ist?
Es ist mir nicht bekannt, sondern ich muß mich ja zu der Frage und zu dem äußern, was in der Zeitung gedruckt worden ist.
Herr Abgeordneter Ritzel zu einer Zusatzfrage.
Herr Bundesverkehrsminister, können Sie sagen, ob Herr Dufhues früher einmal Straßenarbeiter war, weil er glaubt, sich so sachverständig äußern zu können?
Ich kann Ihnen leider darauf keine Antwort geben, Herr Kollege Ritzel; ich bin nicht so über alle Einzelheiten der Entwicklung von Herrn Minister Duf-hues unterrichtet.
({0})
Meine Damen und Herren, wir kommen nun zur Frage XIV/6 - des Abgeordneten Seibert -:
Ist die Sonderauswertung der Volkszählung des Jahres 1961 hinsichtlich des Umfanges des Schülerpendelverkehrs bereits so weit abgeschlossen, daß die Bundesregierung auf dieser Grundlage Verhandlungen mit den Bundesländern über die Einführung einer Fahrgeldfreiheit für Schüler bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel einleiten kann?
Herr Kollege, das Statistische Bundesamt teilt mir zur Frage der Bereitstellung von Ergebnissen der
Volkszählung 1961 Tiber den Umfang des Schülerpendelverkehrs das Folgende mit:
Die Aufbereitung der Volkszählung 1961 hat hinsichtlich der Ermittlung des Umfangs des Schülerpendelverkehrs bisher erst zu Teilergebnissen geführt.
Die Gesamtzahlen der auspendelnden Schüler und Studierenden liegen für alle Länder - mit Ausnahme von Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg - je Gemeinde vor.
Die Zahlen der auspendelnden Schüler und Studierenden in Verbindung mit dem benutzten wichtigsten Verkehrsmittel je Gemeinde werden im Interesse einer regionalen Aufbereitung nur für Pendlerströme einer bestimmten Stärke festgestellt. Diese Ergebnisse fehlen noch für die Länder Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Saarland.
Die noch fehlenden Ergebnisse werden voraussichtlich in den nächsten Monaten von den betreffenden Ländern zur Verfügung gestellt werden.
Die anfängliche Absicht, den Überblick über Umfang und Kosten des Schülerverkehrs durch eine besondere Erhebung zu gewinnen, wurde bekanntlich aufgegeben, da eine solche Erhebung sehr zeitraubend und verhältnismäßig kostspielig wäre. Da der Umfang des Schülerpendelverkehrs in der Volkszählung 1961 ermittelt worden ist, wurde auf meine Anregung das Statistische Bundesamt aufgefordert, die Zahlen über die Pendler im Rahmen des Volkszählungswerkes beschleunigt aufzubereiten. Leider dauert die Aufbereitung des gesamten Volkszählungswerkes länger, als von den Statistischen Landesämtern angenommen worden war. Es kann aber nun damit gerechnet werden, daß in einigen Monaten ein Überblick hinsichtlich des Umfanges des Schülerpendelverkehrs vorliegen wird.
Die Verhandlungen der Bundesregierung mit den Bundesländern können dann eingeleitet werden. Der Bundesminister für Verkehr steht in laufender Verbindung mit mit Statistischen Bundesamt, um die Arbeiten zum Abschluß zu bringen.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter.
Herr Minister, werden wir nach Vorliegen der Ergebnisse der Statistik und nach Durchführung Ihrer Verhandlungen mit den Bundesländern von Ihnen einen Bericht darüber bekommen?
Sicherlich. Sobald wir fertig sind, Herr Kollege, werden wir auch das Hohe Haus darüber unterrichten.
Wenn sich ein Abgeordneter zu einer Zwischenfrage meldet, muß er sich am Mikrophon aufstellen, damit das deutlich sichtbar wird.
Herr Abgeordneter Jacobs zu einer Zwischenfrage.
Ich möchte darauf aufmerksam machen, daß ich dann meinen Kollegen hätte verdrängen müssen. Dazu hatte ich keine Berechtigung. Herr Minister, wären Sie in der Lage, der besseren Verständlichkeit wegen Ihre Antworten statt im Autobahnverkehrstempo im Ortsverkehrstempo zu geben?
Ich habe die Meinung, Herr Kollege, daß wir in der Fragestunde mit der Zeit so gedrängt sind, daß ich mich da entsprechend bemühen muß, die Zeit nicht allezu lange in Anspruch zu nehmen.
Ich rufe auf die Frage XIV/7 - des Abgeordneten Porzner -:
Ist die Bundesregierung bereit, der Empfehlung des Bundesverwaltungsgerichts nachzukommen, zwei Drittel der Kosten für die Hochwasserschutzbauten am rechten Vilsufer zu ühernehmen?
Bitte sehr, Herr Bundesminister.
Herr Kollege, es handelt sich bei dem Gegenstand Ihrer Anfrage um einen Vergleichsvorschlag des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes vom 12. November 1963. Eine Stellungnahme zu diesem Vergleichsvorschlag wird sich erübrigen. Die Wasser- und Schiffahrtsverwaltung des Bundes wird vielmehr die von ihr gegen das Urteil des Bayerischen Landesverwaltungsgerichts Regensburg vom 16. Mai 1962 eingelegte Berufung zurücknehmen. Mit der Zurücknahme der Berufung wird dann dieses Urteil rechtskräftig werden. Dann steht der Durchführung der Arbeiten angesichts der gerichtlich entschiedenen Kostenteilung nichts mehr entgegen.
Eine Zusatzfrage!
Herr Minister, rechtfertigt es dieses Ergebnis, daß über 1000 Menschen nunmehr seit Jahren der jährlich wiederkehrenden Drohung und Gefahr des Hochwassers ausgesetzt worden sind und es derzeit noch sind?
Herr Kollege, es ist in Vilshofen in den letzten Jahren sehr viel für den Hochwasserschutz getan worden, und es sind erhebliche Mittel aufgewendet worden. Überall dort, wo die Fragen klar waren und die Zuständigkeit des Bundes bestanden hat, hat der Bund sich dieser Verpflichtung nicht entzogen. Aber das Land Bayern hat seinerzeit den Wunsch gehabt, daß diese strittige Frage für das eine Vilsufer durch ein Verwaltungsgerichtsurteil entschieden und nicht schon vorher versucht würde, eine Einigung herbeizuführen. So sind wir in dieses Verfahren hineingekommen, das dann, wie üblich, vom Bundesministerium der Finanzen auch in allen Instanzen durchgeführt wurde.
Eine zweite Zusatzfrage!
Herr Minister, könnten Sie angeben, bis wann die Hochwasserschutzbauten in Vilshofen am rechten Vilsufer in Angriff genommen werden?
Das kann ich nicht angeben, Herr Kollege; sie müssen ja wahrscheinlich jetzt erst ausgeschrieben werden, nachdem das Urteil für rechtskräftig erklärt ist. Es müssen Vereinbarungen mit Bayern getroffen werden, ob die Arbeiten durch die Wasser- und Schiffahrtsverwaltung des Bundes oder durch die Wasser- und Schiffahrtsverwaltung des Landes ausgeführt werden.
Wir kommen zur Frage XIV/8 - des Abgeordneten Jacobs -:
Ist die Bundesregierung bereit, das Verhot der Verwendung von gelbem Licht an Kraftfahrzeugen im Hinblick auf die guten Erfahrungen, die in den anderen Ländern damit gemacht wurden, wieder aufzuheben?
Bitte sehr, Herr Bundesminister!
Herr Kollege, die Auffassungen über die zweckmäßigste Farbe des Scheinwerferlichts sind geteilt. Für die vielfach behaupteten Vorteile des gelben Lichts liegen einwandfreie Nachweise nicht vor. Ich lasse deshalb zur Zeit prüfen, ob zur Klärung der Frage Gelblicht oder Weißlicht wissenschaftliche Untersuchungen durchgeführt werden können.
Die beliebige Verwendung von gelbem und weißem Scheinwerferlicht ist für die Verkehrssicherheit nachteilig. Jedenfalls tritt durch die Gelbfärbung ein Lichtstärkeverlust von etwa 13 % ein. Der Fahrer mit gelbem Scheinwerferlicht empfindet daher das weiße Licht des Entgegenkommenden mehr als sonst als unangenehm und behindernd; er wird durch das Weißlicht in stärkerem Maße geblendet, als es der Fall ist, wenn gleiche Lichtverhältnisse auch bei ihm vorliegen. Es kann daher nicht in das Ermessen der Fahrzeughalter oder Fahrer gestellt werden, die Lichtfarbe der Scheinwerfer zu wählen. Man kann sich deshalb nur einheitlich für weißes oder für gelbes Licht entscheiden. Die Einheitlichkeit ist für die Verkehrssicherheit von entscheidender Bedeutung.
Sollte sich die Bundesrepublik Deutschland für gelbes Licht entscheiden - wie es bisher allein Frankreich getan hat -, so müßten die Scheinwerfer für weißes Licht verboten werden. Auch Frankreich, das als einziges europäisches Land gelbes Scheinwerferlicht vorschreibt, läßt keine Fahrzeuge mit weißem Licht zu, ausgenommen im grenzüberschreitenden Verkehr, wie das auch bei uns der Fall ist. Es ist ferner zu überlegen, ob wir diese Frage nicht auf europäischer Ebene einheitlich regeln können.
Eine Zusatzfrage? Herr Abgeordneter Jacobs!
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß bei Verhandlungen über Verkehrsdelikte in Frankreich Beteiligte schon deshalb - ohne besondere Beweiserhebung - benachteiligt sind, weil wegen der Nichtverwendung von gelbem Licht erhöhte Blendgefahr als mögliche Unfallursache a priori angenommen wird?
Das ist mir bekannt, und das ist auch keineswegs von der Hand zu weisen. Ich habe soeben darauf hingewiesen, daß gelbes Licht eine um 13 % geringere Lichtstärke hat, daß das Fahrzeug, das mit weißem Licht fährt, gegenüber dem, das mit gelbem Licht fährt, natürlich eine gewisse größere Blendwirkung ausstrahlt. Aber den weißes Licht führenden Fahrer besonders zu bestrafen, das dürfte auch nach dem französischen Recht nicht möglich sein; denn das weiße Licht ist für Fahrzeuge im grenzüberschreitenden Verkehr ausdrücklich zugelassen.
Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Abgeordneter Jacobs.
Darf ich also aus Ihrer Antwort entnehmen, Herr Minister, daß die Zulassungsstellen in Deutschland mir mein gelbes Licht in meinem Falle belassen müssen, wenn ich nachweise, daß ich mich der Grenznähe wegen wiederholt in Frankreich aufhalten muß? Ich möchte den Nachteilen entgehen, die bei der Kontrolle durch französische Stellen entstehen.
Ich glaube, Herr Kollege, der größere Nachteil besteht dann darin, daß Sie bei Ihren Fahrten in Deutschland, die sicherlich häufiger sind als die in Frankreich, ein anderes Licht haben. Das ist für die gesamten Verkehrsteilnehmer wegen der Einheitlichkeit bei uns nicht zweckmäßig. Wir müssen dafür sorgen, daß wir die Verkehrssicherheit in Deutschland stärken.
Herr Abgeordneter Börner.
Herr Minister, gibt es in der Bundesrepublik und in Frankreich eine vergleichende Unfallursachenstatistik, aus der die Schlußfolgerung gezogen werden könnte, daß das eine oder das andere Licht besser ist? Gibt es zum Beispiel eine Statistik über die Zusammenstöße auf Schnellverkehrsstraßen wegen Blendung durch das entgegenkommende Fahrzeug?
Es gibt diese Statistiken weder in Deutschland noch in Frankreich, Herr Kollege.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Börner.
Würden Sie es im Hinblick auf die Beweiskraft Ihrer Argumentation von vorhin für zweckmäßig halten, eine solche Statistik zu führen?
Ich glaube kaum, daß es lohnt, eine solche Statistik zu führen, Herr Kollege, weil bei uns das gelbe Licht nur für grenzüberschreitende Fahrzeuge zugelassen ist und nur die grenzüberschreitenden Fahrzeuge, die aus Frankreich kommen, gelbes Licht haben.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dröscher.
Herr Minister, ist Ihnen die Stellungnahme des Deutschen Jagdverbandes bekannt, wonach Wild das gelbe Licht meidet, so daß dadurch eine Reihe von Unfallursachen ausgeschieden würden?
Ich weiß nicht, ob der Jagdverband recht hat. Ich habe die Rehe nicht befragen können.
({0})
Noch eine zweite Zusatzfrage? - Bitte sehr.
Herr Minister, sind Sie der Meinung, daß ich Sie danach gefragt habe, ob die Rehe von Ihnen befragt wurden?
Nein, aber ich darf ja schließlich Ihre Frage beantworten, wie es mir richtig erscheint.
Herr Abgeordneter Flämig, eine Zusatzfrage.
Herr Minister, ist aus Ihrer Antwort zu schließen, daß die Fahrer ausländischer Fahrzeuge insbesondere zu Zeiten starken Fremdenverkehrs in der Bundesrepublik Deutschland besonderen Verkehrsgefahren ausgesetzt sind, wenn sie mit gelbem Licht fahren?
Zweifellos würde die Blendung dieser Fahrzeuge stärker sein. Aber es handelt sich hierbei, wie gesagt, nur um Fahrzeuge aus Frankreich, nicht um Fahrzeuge aus anderen europäischen Ländern, in denen das gelbe Licht ebensowenig zugelassen oder allgemein verbindlich vorgeschrieben ist wie bei uns. Es dreht sich hier eben um eines von den Problemen, die wir auf europäischer Ebene einheitlich zu lösen versuchen müssen.
Ich rufe auf die Frage XIV/9 - des Abgeordneten Müller ({0}) -:
Wann ist mit dem durchgehenden 4spurigen Ausbau der B 75 Bremen-Delmenhorst, Delmenhorst-Oldenburg zu rechnen?
Herr Bundesminister, ich darf bitten.
Herr Kollege, für den Neubauabschnitt der zusammenhängenden Ortsumgehungen Bremen/Kirchhuchting und Delmenhorst ist im Erd- und Brückenbau auf den vierspurigen Ausbau von vornherein Bedacht genommen; die dritte und die vierte Fahrspur werden hergestellt werden, sobald die Verkehrsbelastung der Neubaustrecke so angestiegen ist, daß die derzeitige zweispurige Fahrbahn nicht mehr ausreicht. Sie wissen, daß die neue Straße nicht den vollen Verkehr aufnimmt, da auch die bisherige Straße weiter zur Verfügung steht.
Für den rund 25 km langen Abschnitt vom westlichen Endpunkt der Ortsumgehung Delmenhorst bei Urneburg bis nach Oldenburg ist der Beginn des vierspurigen Ausbaues im 2. Vierjahresplan vorgesehen. Insgesamt handelt es sich aber um eine schwierige und umfangreiche Baumaßnahme, deren zeitliche Durchführung voraussichtlich nicht unerheblich in den 3. Vierjahresplan übergreift. Das ist auch aus den farbigen Eintragungen der Ihnen als Anlage 1 zum 2. Vierjahresplan vorliegenden Übersichtskarte, dem sogenannten Bedarfsplan, ersichtlich.
Die Planung ist deswegen schwierig, weil es sich dabei um die Entscheidung handelt, wie weit die bestehende zweispurige B 75 verbreitert werden kann und/oder auf welchen Teilstrecken mit Rücksicht auf die vorhandene Bebauung und die Belange der landwirtschaftlichen Anlieger eine völlig neue Trasse gewählt werden muß. Die Planungsarbeiten sind im Gange, wie Ihnen auf Grund der von Ihnen beim örtlich zuständigen Straßenbauamt Oldenburg-Ost schon eingeholten Auskünfte bekannt sein dürfte. Die niedersächsische Auftragsverwaltung, die diese Planungen durchzuführen hat, hat mir indessen leider immer noch keine Entwurfsunterlagen vorgelegt.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Müller ({0}).
Herr Bundesverkehrsminister, wenn ich Sie richtig versanden habe, stehen die Mittel, soweit es sich um meine erste Frage handelt, im 2. Vierjahresplan bereit?
Herr Kollege Müller, die Mittel im Vierjahresplan sind global angesetzt und auf bestimmte Bauvorhaben aufgeteilt. Ihr endgültiger Ansatz ist aber nur möglich, wenn die baureife Planung vorliegt.
Wir kommen zur Frage XIV/10 - des Abgeordneten Müller ({0}) -:
Warum verzögert die Bundesregierung die positive Erledigung der vom Bundestag dem haushaltsausschuß am 27. März und 26. Juni 1963 überwiesenen Anträge auf Bundeshilfe für die mittelständische Binnen- und Küstenschiffahrt ({1}) zwecks Überbrückung der Verluste durch die Eisperiode 1962!1963?
Herr Kollege, für die durch den harten Winter
1962/63 betroffene Binnenschiffahrt sind folgende Maßnahmen getroffen worden.
Der Herr Bundesschatzminister hat auf meine Anregung bereits am 16. März 1963 einem Moratorium für die im Jahre 1963 fälligen Tilgungsraten für Schiffbaudarlehen an die mittelständischen Unternehmen der Binnenschiffahrt aus dem ERP-Sondervermögen zugestimmt.
Schwerpunktmäßig waren im übrigen Hilfsmaßnahmen für die Binnenschiffahrt zu Lasten des Bundeshaushalts vorgesehen. Wegen der schwierigen Haushaltslage des Bundes hat sich die Behandlung meiner Vorschläge zwischen den Ressorts leider verzögert. Außerdem bedurfte die Frage einer Prüfung, inwieweit etwa die Ausfälle im Winter im weiteren Verlauf des Jahres ausgeglichen werden konnten. Inzwischen ist aber mit dem Herrn Bundesminister der Finanzen Einigung darüber erzielt worden, daß im außerordentlichen Haushalt 1964 in Kap. A 12 02 Tit. 530 ein Betrag von 3 Millionen DM für zinslose Darlehen an die mittelständische Binnenschiffahrt
Partikuliere - ausgebracht wird. Der Ansatz ist mit der nachfolgenden Erläuterung versehen:
Die außerordentlichen Verhältnisse im Winter 1962/63 haben zu Einbußen bei der Binnenschifffahrt geführt, durch die ein Teil der mittelständischen Binnenschiffahrtsunternehmen ({0}) besonders hart getroffen wurde. Es kann nicht erwartet werden, daß die durch die unverhältnismäßig lange Liegezeit entstandenen Verluste dieser Unternehmen im weiteren Verlauf des Jahres durch die Entwicklung des Güterverkehrs der Binnenschiffahrt voll ausgeglichen werden.
Die Mittel sind als zinslose Darlehen an mittelständische Binnenschiffahrtsunternehmen ({1}) zu gewähren, die durch die Eisperiode im Winter 1962/63 in eine wirtschaftliche Notlage geraten sind. Die Einzelheiten ergeben sich aus dem vom Bundesminister für Verkehr im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen zu erlassenden Richtlinien.
Die Verhandlungen zwischen den beteiligten Ressorts, welche Maßnahmen zur Überbrückung der finanziellen Verluste der Küstenschiffahrt und der Nord-Ostsee-Schiffahrt durch die Eisperiode im Winter 1962/63 ermöglicht werden könnten, haben kurz nach Überweisung des interfraktionellen Antrags - Bundestagsdrucksache 1V/1390 - an den Haushaltsausschuß im Juli 1963 begonnen. Sie standen von Anfang an unter dem Eindruck der schon damals außerordentlich angespannten Haushaltslage des Bundes und der nach dem Ende der Eisperiode teilweise recht günstigen Ratenentwicklung auf dem Nord-Ostsee-Schiffahrtsmarkt, die zwar den vorangegangenen Frachtenausfall nicht ausgleichen konnte, wohl aber erwarten ließ, daß größere wirtschaftliche Schwierigkeiten als unmittelbare Folge des Eiswinters nicht oder jedenfalls nur vereinzelt auftreten würden. Die beteiligten Bundesressorts haben inzwischen jedoch Einvernehmen darüber erzielt, daß im Rahmen der sonstigen Förderungsmaßnahmen für die Binnenschiffahrt, die ihren
Niederschlag in den Ansätzen des Bundeshaushalts 1964 gefunden haben, auch Möglichkeiten für geeignete Maßnahmen für solche mittelständischen Schiffahrtsunternehmen der Küstenschiffahrt ins Auge gefaßt werden sollen, die ihre durch den Eiswinter verursachten Schwierigkeiten nicht aus eigener Kraft überwinden konnten. Die Besprechungen darüber sind noch nicht abgeschlossen.
Eine Zusatzfrage!
Trifft es zu, daß bei Verlusten von etwa 100 Millionen DM allein in der Binnenschiffahrt die interfraktionellen Anträge Überbrückungshilfen von etwa 15 bis 18 Millionen DM erforderlich machen, und trifft es weiter zu, daß der Herr Bundesfinanzminister die Bereitstellung dieser Mittel bisher abgelehnt hat, wie auch die der von Ihnen, Herr Bundesverkehrsminister, als Mindesthilfe vorgesehenen 6 Millionen DM aus dem Verkehrshaushalt 1963?
Das ist Ihnen ja bekannt, Herr Kollege. Was ich soeben alles vorgelesen habe, sind Tatsachen.
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Wächter.
Können Sie schon angeben, welche Laufzeit dieses Darlehn hat, das für die Binnenschiffahrt im Haushaltsplan 1964 vorgesehen ist?
Leider kann ich das noch nicht sagen, Herr Kollege Wächter, weil wir die Bedingungen erst mit dem Finanzminister aushandeln können, wenn das Hohe Haus den Haushaltsplan verabschiedet hat und damit diese Mittel auch wirklich zugewiesen sind. Wir sind dabei, schon vorher Regelungen zu treffen, haben aber mit dem Bundesfinanzministerium noch keine abschließenden Ergebnisse erzielen können.
Eine zweite Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Wächter.
Es besteht also nicht die Möglichkeit, Herr Minister, daß Sie im Vorgriff auf den Haushaltsplan 1964 jetzt schon gewisse Zusagen machen können? Ich frage deshalb, weil in der Zwischenzeit in der Verbandszeitschrift der Partikuliere auf diese Hilfsmaßnahme hingewiesen worden ist und die Notlage und der Kreditbedarf der Binnenschiffer infolge der Verluste aus der Eiszeit im Jahre 1962/63 erheblich groß sind.
Ich kann leider keine weiteren Zusätze machen. Sie wissen, daß wir soeben erst den Haushalt verabschiedet haben. Erst in den letzten Verhandlungen im Laufe des vorigen Monats ist es mir überhaupt gelungen, den Herrn Bundesfinanzminister zu einem solchen Entgegenkommen zu bewegen. Die
Frage der Konditionen muß noch ausgehandelt werden, auch im Zusammenhang mit der Frage der Konditionen für die übrigen Hilfen bei der Seeschifffahrt.
Wir kommen zur Frage 11 des Herrn Abgeordneten Stauch, vertreten durch den Abgeordneten Schlick.
Herr Präsident, gestatten Sie mir, die beiden zusammenhängenden Fragen geschlossen zu beantworten.
Bitte sehr. Dann rufe ich auf die Fragen XIV/11 und XIV/12 - des Herrn Abgeordneten Stauch -:
Bis wann ist mit dem endgültigen Ausbau der Lahntalstraße Laurenburg-Nassau zu rechnen?
Weshalb sind die Arbeiten im Abschnitt Laurenburg-Obernhof in diesem Jahre nicht weitergeführt worden?
Die Lahntalstraße B 417 zwischen Nassau und Diez ist erst seit dem 1. Januar 1963 in die Baulast des Bundes übergegangen. Der Teilabschnitt Obernhof-Laurenburg befindet sich im Bau. Der Ausbau des Abschnittes Nassau-Obernhof wird mehrere Jahre dauern, da die schwierigen Geländeverhältnisse - steile Felswände gehen bis dicht an die Lahn heran - mindestens hohe Stützmauern, vielleicht sogar die Anlage von zwei Tunneln erfordern werden. Mit diesen Ausbaumaßnahmen kann frühestens 1965 begonnen werden, da zunächst im kommenden Jahre die Planung durch ein Ingenieurbüro durchgeführt werden soll. Wann die Bauarbeiten auf diesem Abschnitt beendet sein werden, kann wegen der Schwierigkeit der Durchführung zur Zeit noch nicht zuverlässig angegeben werden.
Im Jahre 1962 wurde in diesem Abschnitt eine Stützmauer errichtet, und zwar durch das Land Rheinland-Pfalz. Die Auftragsverwaltung des Landes hat mir mitgeteilt, daß sie die restlichen Arbeiten wegen fehlender Haushaltsmittel - es waren damals Haushaltsmittel des Landes - nicht vergeben konnte. Sie habe wegen der notwendigen Beseitigung der starken Frostschäden, insbesondere im Westerwald, und anderer dringlicherer Maßnahmen 1963 die Arbeiten auf der Lahntalstraße nicht fortsetzen können. Im Jahre 1964 soll auf meine Veranlassung sofort nach Beendigung des Winterwetters mit den restlichen Arbeiten auf dem Abschnitt Obernhof-Laurenburg begonnen werden.
Ich rufe auf die Frage XIV/13 - des Herrn Abgeordneten Junghans -:
Wie lange soll es noch bei den unerträglichen Zuständen der Straßenzufahrt von Bonn zum Flughafen Köln/Bonn bleiben?
Herr Kollege, im Zusammenhang mit der Verbesserung des rechtsrheinischen Fernstraßennetzes im Raum Köln Siegburg - Bonn wird eine völlig neue Zufahrt zum Flughafen Köln-Bonn geschaffen werden. Es ist der Bau einer neuen autobahnähnlichen Bundesstraße 8 zwischen Köln und Siegburg und ferner der Neubau einer autobahnähnlichen Bundesstraße 56 zwischen Bonn und Siegburg vorgesehen. Beide Straßenzüge sollen Ende 1968 fertiggestellt sein. Mit den Arbeiten an der Bundesstraße 8 wurde in diesem Jahr zwischen der Anschlußstelle KölnDeutz der Bundesautobahn Köln-Aachen und Grem-berghoven begonnen. Mit dem Neubau der Bundesstraße 56, in deren Verlauf die Nordbrücke Bonn liegt, wird im Jahre 1964 begonnen. Die Ausschreibung für den Neubau der Rheinbrücke ist vor kurzem erfolgt.
An der jetzigen Zufahrt zum Flughafen ist besonders der Abschnitt zwischen Siegburg-Mülldorf und Troisdorf zu bemängeln. Hierbei handelt es sich aber nicht um eine Bundesstraße, sondern um die Landstraße 143, die in der Baulast des Landschaftsverbandes Rheinland, also des Landes Nordrhein-Westfalen, liegt. Dieser Straßenzug wird 1964 auf den schlechten Streckenbereichen ausgebaut werden. Außerdem wird die Ortsdurchfahrt Troisdorf durch den Ausbau der dort liegenden Straßenbahngleise 1964 verbessert.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Junghans.
Herr Bundesminister, können Sie mir etwa angeben, wieveil Zeit man in der Hauptverkehrszeit im Auto oder im Bus vom Bahnhof Bonn bis zum Flughafen Bonn/Wahn braucht?
Ich rechne normalerweise mit 40 Minuten.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Junghans.
Herr Bundesverkehrsminister, können Sie mir sagen, ob sogar Bundesminister schon ihr gebuchtes Flugzeug verpaßt haben?
Ich kann es Ihnen nicht sagen. Ich bin immer noch rechtzeitig auf dem Flughafen gewesen.
Wir kommen zur Frage XIV/14 - des Herrn Abgeordneten Dr. Gleissner -:
Ist es der Bundesregierung bekannt, daß dem weitaus größten Teil der Münchner Bevölkerung die unzumutbare Lärmstörung durch den Flughafen Riem erspart werden könnte, wenn - was technisch durchaus möglich ist - 80 Prozent aller Starts und Landungen in östlicher Richtung erfolgen?
Herr Präsident, ich darf vorschlagen, daß ich die
Fragen 14, 15 und 16 - falls der Herr Abgeordnete
Dr. Gleissner damit einverstanden ist - gemeinsam
beantworte.
Bitte sehr! Dann rufe ich zusätzlich die Fragen XIV/15 und XIV/16 - des Herrn Abgeordneten Dr. Gleissner - auf:
Ist es der Bundesregierung bekannt, daß die in Frage XIV/14 angeregte Änderung der Start- und Landungsrichtung, die eine außerordentliche Erleichterung für Nerven und Gesundheit der Bevölkerung bedeuten würde, nur deshalb nicht zustande kommt, weil die Fluggesellschaften sich weigern, mit der Begründung, daß es „etwas mehr Benzin kostet"?
Hat die Bundesregierung davon Kenntnis, daß die in Fragen XIV/14, 15 genannten Tatsachen durch eine Information bekanntwurden, die der Leiter des Flughafens, Graf Castell, dem Münchener Stadtrat, Herrn Behringer, gewährte und die in der Münchener Presse veröffentlicht wurde?
Für alle größeren Flughäfen der Bundesrepublik Deutschland haben örtliche Kommissionen Empfehlungen erarbeitet mit dem Ziel, die An- und Abflugverfahren der Flughäfen so weiterzuentwickeln, daß das durch Landung und Start notwendige Überfliegen von dicht besiedelten Gebieten und damit auch die Lärmbelästigung in diesen Gebieten auf ein Mindestmaß beschränkt werden. Die örtliche Kommission für den Flughafen München, in der u. a. die Stadtverwaltung München und auch die Deutsche Lufthansa vertreten waren, hat entsprechende Empfehlungen aufgestellt, die im Laufe des Jahres 1962 durch die Bundesanstalt für Flugsicherung verwirklicht wurden. Diese Verfahren stellen eine wesentliche Verbesserung gegenüber den früheren Praktiken dar und lassen die eigentliche Stadt von landenden und startenden Flugzeugen unberührt. Daß die Stadtrandgebiete im Osten und Süden auch weiterhin in verhältnismäßig geringen Höhen überflogen werden, ist durch die Ausrichtung der Start- und Landebahn des Flughafens München, durch die Nähe des militärischen Flugplatzes Neubiberg und durch die technischen Eigenschaften der Flugzeuge selbst bedingt und leider unvermeidbar.
Die Richtung, in der die Flugzeuge starten und landen, bestimmen in erster Linie die jeweils herrschenden Windverhältnisse. Nach den Erfahrungen der Flugsicherungsleitstelle München sind die Windverhältnisse in München derart, daß selbst unter Ausnutzung von Windstille und schwachen Ostwindwetterlagen nur in 40 % aller Fälle nach Osten gestartet werden kann. Eine weitere Steigerung der Starts nach Osten ist nicht möglich, ohne die Sicherheit des Flugbetriebes entscheidend zu gefährden.
Bei der Festlegung der jetzigen An- und Abflugverfahren wurden längere Flugwege - zum Umfliegen des Stadtgebietes - in Kauf genommen und Erwägungen der Wirtschaftlichkeit bewußt vernachlässigt, wenn auf andere Weise eine Erhöhung der Sicherheit und eine Minderung des Fluglärms nicht zu erreichen war. Im übrigen werden gerade bei Starts in östlicher Richtung mit Ausnahme einer wenig geflogenen Strecke - nämlich nach Süden über Bad Tölz in Richtung Zürich - die Flugwege nicht länger, als wenn die Flugzeuge nach Westen starten. Daß dennoch die meisten Flugzeuge nach Westen starten, hat eben seine Ursache in den vorherrschenden Winden, die gleichzeitig der Grund dafür sind, daß die meisten Flugzeuge aus östlicher Richtung landen. Denn es wird immer gegen den Wind gestartet und gegen den Wind gelandet.
Davon, daß die Luftverkehrsgesellschaften sich aus Gründen der Treibstoffersparnis weigern, vorzugsweise in östlicher Richtung zu starten oder aus östlicher Richtung zu landen, ist der Bundesregierung nichts bekannt. Im Gegenteil: die Vertreter der Luftverkehrsgesellschaften haben bei wiederholten Beratungen mit Vertretern der Flugsicherung betont, daß der Gesichtspunkt des höheren Treibstoffbedarfs in diesem Zusammenhang nicht ausschlaggebend sei.
Wie mir der Leiter des Flughafens München-Riem, Graf Castell, fernmündlich mitteilte, ist von ihm weder gegenüber Herrn Stadtrat Behringer noch gegenüber dritten Personen behauptet worden, daß 80 % aller Starts und Landungen auf dem Flughafen München-Riem in östlicher Richtung erfolgen und damit unzumutbare Lärmstörungen für die Bevölkerung vermieden werden können.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Gleissner.
Ich darf also feststellen, daß damit zunächst falsche Hoffnungen gemacht worden sind oder Angaben entweder unrichtig sind oder unrichtig wiedergegeben sind. Ich behalte mir weitere Anfragen bei nächster Gelegenheit vor.
Ich bitte, ins Mikrophon zu sprechen. Die Ausführungen sind nicht zu verstehen.
Ich darf feststellen
Herr Abgeordneter Gleissner, es können keine Feststellungen getroffen, sondern nur Fragen gestellt werden.
Herr Präsident, dann verzichte ich auf diese Feststellung, um mir weitere Fragen für das nächstemal vorzubehalten.
Ich rufe auf die Frage XIV/17 - des Abgeordneten Wächter -:
Wer ist für den Feuerschutz auf den Bundeswasserstraßen zuständig?
Herr Kollege Wächter, in der Fragestunde am 14. November 1962 habe ich bereits auf eine Frage des Herrn Abgeordneten Müller ({0}) zu dem Feuerschutz auf den Bundeswasserstraßen Stellung genommen und dabei mitgeteilt, daß die Brandbekämpfung grundsätzlich, also auch auf den Binnen- und Seewasserstraßen, Sache der Länder ist. Einzelne Länder haben gegen diese hier vorgetragene Auffassung Einwände erhoben. Diese Einwände werden zur Zeit in Zusammenarbeit mit dem Herrn Bundesminister des Innern und dem Herrn Bundesminister der Justiz von mir geprüft.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Wächter.
Darf ich Sie darauf aufmerksam machen, Herr Minister, daß ich zu dieser Frage veranlaßt wurde, weil die Industrie- und Handelskammer in Oldenburg jetzt seit drei Jahren einen leider ergebnislosen Schriftwechsel mit den zuständigen Ministerien von Niedersachsen in Hannover führt, mit dem niedersächsischen Herrn Verkehrsminister und mit dem Herrn Innenminister, aber auch mit einer nachgeordneten Dienststelle Ihres Hauses, und der niedersächsische Innenminister am 7. Juli dieses Jahres die Industrie- und Handelskammer hat wissen lassen, daß er sich an Ihr Haus in dieser Angelegenheit gewandt hat? Wäre es nicht zweckmäßig, daß nun möglichst schnell Ihr Haus dem niedersächsischen Innenminister einen definitiven Bescheid gibt, damit nun endgültig in der Zuständigkeitsfrage Klarheit geschaffen wird?
Herr Kollege, nach unserer Auffassung ist die Zuständigkeit klar. Nur weigert sich Niedersachsen, sie anzuerkennen.
Ich rufe auf die Frage XIV/18 - des Abgeordneten Dr. Schäfer -:
Warum wird bei der auf das 25. Lebensjahr festgesetzten Altersbegrenzung zum Bezug von Schülerzeitkarten die Ableistung des Wehrdienstes nicht angerechnet?
Herr Kollege Schäfer, aus unserem bisher geführten Schriftwechsel sind Ihnen die Verhältnisse bekannt. Im Schienenverkehr gibt es keine Altersbegrenzung. Ihre Frage kann sich daher wohl nur auf den Bahnbusverkehr beziehen. Sie wissen wie ich, daß nach dem Bundesbahngesetz die Deutsche Bundesbahn wie ein Wirtschaftsunternehmen nach kaufmännischen Grundsätzen zu führen ist. Die im Schienenverkehr ohne Altersbegrenzung bei einer Kostendeckung von weniger als 15 % liegende Vergünstigung konnte für den Bahnbusverkehr aus diesen Gründen nicht aufrecht erhalten werden; sie besteht ja auch seit längerer Zeit nicht mehr im Postreisedienst. Wenn wir im Schienenpersonenverkehr große Defizite hinnehmen müssen, so sollte die Bundesbahn doch bestrebt sein, wenigstens den Bahnbusverkehr einigermaßen rentabel zu gestalten. Das Kapazitätsangebot im Omnibusverkehr ist auch anders zu beurteilen als im Schienenverkehr, weil die Omnibusse im allgemeinen stärker besetzt sind.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Schäfer.
Herr Minister, nachdem nahezu alle Studenten, die ihrer Wehrpflicht genügen, bis zum Abschluß ihres Examens das 25. Lebensjahr überschreiten, halten Sie es nicht für einen Akt der Gerechtigkeit, daß ihnen mindestens die Wehrdienstzeit angerechnet wird bzw. daß die Zeit, in der sie Fahrpreisermäßigung erhalten, um die Wehrdienstzeit verlängert wird?
Herr Kollege Schäfer, ich glaube, der Bundesminister der Finanzen verlängert auch die Zeiten, in denen man Kinder-Steuerermäßigung bekommt, wegen der Wehrdienstzeit nicht über das 25. Lebensjahr. Ich persönlich bin zu jedem Entgegenkommen bereit, aber dann muß es einheitlich in allen Sparten geschehen.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Schäfer.
Herr Minister, wären Sie dann bereit, Bemühungen zu unterstützen oder von sich aus einzuleiten, damit eine einheitliche Regelung in dem Sinne, wie es meine Frage in sich schließt, ermöglicht wird?
Ich halte es allerdings für grundsätzlich wesentlich, Herr Kollege Schäfer, daß man dann dieses Problem auf der ganzen Breite anfaßt. Das kann der Bundesminister für Verkehr nicht allein unternehmen. Ich wäre dann für eine entsprechende Hilfe aus der Mitte des Hohen Hauses dankbar.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ritzel.
Herr Minister, die Regelung, die eben besteht, bezweckt doch eine Erleichterung bei der Aufbringung der Aufwendungen für das Studium. Sehen Sie nicht die Möglichkeit, in einem Falle, in dem das Studium durch den Militärdienst unterbrochen wird, einfach für die Dauer des Studiums wobei man die Semester- und Jahreszahlen begrenzen kann - eine Erleichterung hinsichtlich der Aufbringung der Fahrtkosten zu geben?
Herr Kollege Ritzel, ich glaube, das Problem ist etwas komplexer. Wir haben z. B. Studenten, die die Studentenermäßigung bei der Bundesbahn in Anspruch nehmen - hier besteht keine Altersgrenze - und die das Lebensalter von uns beiden überschritten haben. Sie lassen sich einfach als Studenten einschreiben, um auf diese Weise billige Fahrtmöglichkeiten zu den entsprechenden Studienstädten zu gewinnen. Die Dinge sind also wirklich etwas schwierig. Es müßte dann eine Altersbegrenzung in anderer Weise gefunden werden.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ritzel.
Darf ich fragen, ob nach Ihrer Auffassung nicht die Möglichkeit besteht, von einer Altersbegrenzung in solchen Fällen abzusehen und die Wohltat der verbilligten Fahrt auf die Dauer des Studiums abzustellen; wird das Studium durch Militärdienst unterbrochen, dann sollte sich automatisch die Zahl der Jahre oder Semester ändern.
Herr Kollege Ritze], ich bin durchaus der Meinung, daß derartige Erleichterungen gegeben werden sollen, aber nicht zu Lasten eines Verkehrsträgers. Sie wissen, ich kämpfe auch schon lange dafür, daß die Schüler umsonst fahren und daß die zuständigen Kultuseinrichtungen der Länder diese Kosten zu übernehmen haben. Ich bin der Auffassung, daß die Eisenbahn und die Omnibuslinien nicht dazu da sind, die Studienmöglichkeiten zu verbessern. Die Eisenbahn ist nach einem. Beschluß des Hohen Hauses - Sie haben ja an diesem Gesetz mitgewirkt - ein Unternehmen, das wirtschaftlich arbeiten soll und im Wettbewerb steht. Die Gemeinnützigkeit der Eisenbahn ist durch die Verkehrsgesetze von 1961 entscheidend beschränkt worden. Das ist eine Tatsache, mit der sich auch der Bundesminister für Verkehr bei seinen Wünschen abzufinden hat. Ich verhandle deshalb, wie Sie wissen, mit den Kultusministern der Länder. Wir sind nur noch nicht darüber klar, weil wir das Objekt, um das es sich insgesamt handelt, finanziell noch nicht fixieren konnten.
({0})
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schwabe.
Glauben Sie auch, Herr Minister, daß aus dem seither Gesagten eindeutig hervorgeht, daß die Benachteiligung des eben genannten Personenkreises als eine nachteilige Folge des abgeleisteten Wehrdienstes zu betrachten ist und daß es deshalb durchaus sinnvoll sei, wenn aus den Mitteln, die in dieser Hinsicht zur Verfügung stehen, den betreffenden jungen Leuten eine Entschädigung gegeben wird?
Ich würde das für richtig halten. Derjenige, der die Benachteiligung veranlaßt, sollte auch gehalten sein, sie auszugleichen.
Keine Zusatzfragen mehr. Dann darf ich Ihnen danken, Herr Bundesminister.
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen: Frage XV/1 - des Abgeordneten Müller ({0}) -:
Trifft es zu, daß die Stadt Friedrichshafen, eine der bedeutendsten Industriestädte des Bodenseeraumes, noch mindestens bis 1970 warten muß, ehe sie an den Selbstwählferndienst der Deutschen Bundespost angeschlossen werden kann?
Ich bitte, die Beantwortung der Fragen 1 und 2 zusammenfassen zu dürfen.
Bitte sehr. Frage XV/2 - des Abgeordneten Müller ({0})-:
Besteht eine Möglichkeit, den Anschluß Friedrichshafens an den Selbstwählferndienst zu beschleunigen?
Nach dem Stand der Planungen ist frühestens im Jahre 1969 mit der Einbeziehung der Stadt Friedrichshafen in den Selbstwählferndienst im Weitverkehr zu rechnen. Voraussetzungen für die Eingliederung des Bereiches der Knotenstelle Friedrichshafen in die Landesfernwahl ist die Erstellung eines Neubaus in Friedrichshafen, damit die erforderlichen technischen Einrichtungen aufgestellt werden können. Nach dem Stand der Planung kann dieses umfangreiche Hochbauvorhaben frühestens in den Voranschlag für das Rechnungsjahr 1966 aufgenommen und in den Jahren 1966/67 durchgeführt werden. Für den nachfolgenden Aufbau der technischen Einrichtungen und die notwendigen Maßnahmen im Bezirkskabelnetz müssen mindestens weitere zwei Jahre veranschlagt werden. Das ist das Programm. Ob dieses Programm bei der außerordentlich ungünstigen Finanzlage der Deutschen Bundespost eingehalten werden kann, ist aber fraglich.
Die Knotenvermittlungsstelle Friedrichshafen ist zur Zeit aus räumlichen Gründen in Ravensburg untergebracht. Die derzeitigen technischen Einrichtungen gestatten den Anschluß an die Landesfernwahl nicht und können in Ravensburg wegen Raummangels auch nicht modernisiert und kaum noch erweitert werden. Es besteht daher keine Möglichkeit für eine Beschleunigung.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Müller ({0}).
Herr Staatssekretär, sind Sie unter Umständen bereit, wenn im kommenden Frühjahr das neue Hauptvermittlungsamt Ravensburg in Betrieb genommen ist, das freigewordene Fernsprechamt in Ravensburg als provisorisches Knotenamt Friedrichshafen umstellen zu lassen?
Die Umstellung würde erhebliche Kosten verursachen, die nur für eine kurze Zeit investiert werden müßten, wofür aber erhebliche Zeit benötigt würde. Das ist angesichts der Finanzlage wirtschaftlich nicht vertretbar. Ob das aus Raumgründen in dieser Weise technisch durchführbar wäre, muß ich auch bezweifeln.
Keine weitere Zusatzfrage. Dann sind die Fragen XV/ 1 und XV/2 - des Herrn Abgeordneten Müller ({0}) beantwortet.
Wir kommen zur Frage XV/3 - des Herrn Abgeordneten Müller ({1}) -:
Hält es der Herr Bundespostminister für gerecht, daß die Fernsprechteilnehmer in einem durch den fehlenden Selbstwählferndienstanschluß benachteiligten Gebiet auch noch die wesentlich höheren Gebühren des handvermittelten Dienstes zu tragen haben?
Herr Staatssekretär, bitte!
Die von der Betriebsweise handvermittelt oder Selbstwählferndienst - abhängige Gebührenregelung im Fernsprechferndienst hält der Bundespostminister nicht für ungerecht. Beide Dienste unterscheiden sich in ihrer Betriebsform und Kostenstruktur derart stark, daß die dementsprechende unterschiedliche Gebührenregelung keine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes darstellt.
Ich darf dazu folgendes ausführen. Der handvermittelte Ferndienst und der Selbstwählferndienst sind in ihrer Betriebsweise und ihrer Technik grundverschieden. Im ersten Falle ist der entscheidende Faktor die Personalleistung, die eben für jede Gesprächsverbindung unabhängig von der Sprechdauer etwa gleich ist und deren Kosten im Mittel nur durch die Festsetzung einer Mindestgebühr für drei Minuten Gesprächsdauer abgegolten werden können. Im zweiten Fall - Selbstwählferndienst ist bei der Abwicklung des einzelnen Gespräches keine menschliche Arbeitskraft mehr beteiligt, so daß auf eine solche Mindestgebühr verzichtet werden kann.
Die Beschränkung der Gebührenermäßigung im handvermittelten Ferndienst auf die Zeit von 18 bis 21 Uhr und auf Entfernungen von mehr als 100 km ist ebenfalls durch den hier notwendigen Einsatz von Vermittlungspersonal begründet. Durch eine Anpassung der Gebühren an die des Selbstwählferndienstes würde sich die Tagesverkehrskurve des handvermittelten Ferndienstes an die des Selbstwählferndienstes angleichen. Hierdurch würde die Deutsche Bundespost gezwungen werden, in den Abendstunden sowie samstags nachmittags und sonntags eine große Zahl von Vermittlungskräften einzusetzen. Viele Kräfte müßten zusätzlich herangezogen werden, um den mit Sicherheit zu erwartenden erheblichen Verkehrsanstieg bewältigen zu können. Dieses Personal ließe sich bei der jetzigen Arbeitsmarktsituation schon für jetzt übliche Dienstzeiten und Arbeitsbedingungen nicht überall bereitstellen. Bei den dann aber zu stellenden Anforderungen des vermehrten Spät-, Nacht- und Wochenenddienstes erscheint es selbst bei einer mäßigen Entspannung auf dem Arbeitsmarkt aussichtslos, den Personalbedarf für einen derart ausgeweiteten handvermittelten Ferndienst zu decken.
Die Deutsche Bundespost unternimmt daher alle Anstrengungen, die Automatisierung voranzutreiben. Natürlich kann hierbei nur schrittweise vorgegangen werden. Der Anfang wurde bei den Verkehrsbeziehungen mit sehr starkem Verkehr gemacht. Das sind im wesentlichen die Verbindungen zwischen den großen Städten und deren Einzugsbereichen. Bis heute ist es gelungen, schon fast 90 v. H. des Fernverkehrs zu automatisieren. Trotz äußerster Anstrengungen wird jedoch besonders im Hinblick auf die äußerst ungünstige Finanzlage der Deutschen Bundespost noch einige Zeit vergehen, bis die Umstellung auf den Selbstwählferndienst beendet ist.
Keine Zusatzfrage!
Dann komme ich zur Frage XV/4 - des Herrn
Abgeordneten Dr. Müller-Emmert -:
Sind dem Herrn Bundespostminister die Meßergebnisse von Fernmeldeämtern bekannt, wonach die ab 18 Uhr beginnende Ermäßigung im Selbstwählferndienst nur wenig in Anspruch genommen wird, dagegen um 21 Uhr eine sehr hohe Belastung der Leitungen auftritt?
Es ist der Deutschen Bundespost bekannt, daß die Verkehrsbeziehungen des Selbstwählferndienstes nach 21 Uhr teilweise überlastet sind, während zwischen 18 Uhr und 21 Uhr trotz der verbilligten Gebühren des Übergangstarifs die Einrichtungen im allgemeinen nicht voll ausgenutzt werden. Der Ausnutzungsgrad liegt in der Zeit von 19 bis 21 Uhr zwischen 70 v. H. und 100 v. H. Es ist aber festzustellen, daß die heute nach 21 Uhr auftretende Spitze nicht so hoch und erheblich kürzer ist, als es vor der Einführung ,des Übergangstarifs um 19 Uhr der Fall war.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Müller-Emmert.!
Herr Staatssekretär, ist Ihnen weiterhin bekannt, daß in fast allen größeren Postämtern der Bundesrepublik die Bürger ab 21 Uhr vor den Telefonzellen Schlange stehen und daß viele von ihnen nach längerem Warten wegen der inzwischen vorgerückten Zeit auf ein Telefongespräch verzichten und wohl nach Hause gehen?
Das ist eine entsprechende Form der Verkehrsspitze, die nach 21 Uhr auftritt und deren Vorhandensein uns bekannt ist.
Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Müller-Emmert!
Herr Staatssekretär, kann eine Verschiebung dieser Verkehrsspitze nicht durch Änderung des Tarifs erreicht werden?
Darf ich die Beantwortung dieser Zusatzfrage mit der Beantwortung der Frage 5 verbinden?
Sind Sie einverstanden? - Dann rufe ich die Frage XV/5 des Abgeordneten Dr. Müller-Emmert - auf:
Welche Schlußfolgerungen zieht die Deutsche Bundespost aus den in Frage XV/4 geschilderten Feststellungen?
Die Deutsche Bundespost ist der Ansicht, daß die Anpassung an die neuen Tarife noch nicht abgeschlossen ist. Das wird u. a. dadurch bestätigt, daß nach
unserer Beobachtung kein wesentlicher Gebrauch von der Verbilligung gemacht wird, die für die Nahzonen bis 50 km Entfernung bereits von 18 Uhr an in voller Höhe besteht. Auch nach der Einführung des Nachttarifs im Jahre 1956 dauerte es Jahre, bis sich die Fernsprechteilnehmer an diesen Tarif gewöhnt hatten. Der abendliche Fernverkehr stieg damals nur ganz allmählich an und war erst in den letzten Jahren in zahlreichen Verkehrsbeziehungen stärker als in der Tagesverkehrsspitze am Vormittag, zu der die volle Gebühr zu entrichten ist.
Die Deutsche Bundespost studiert diese Entwicklung sehr eingehend und stellt Überlegungen an, wie der Überlastung des Fernverkehrs nach 21 Uhr am besten begegnet werden kann. Solange jedoch das Teilnehmerverhalten noch nicht stabil geworden ist, läßt sich nicht entscheiden, durch welche Maßnahmen hier am besten Abhilfe geschaffen werden kann, ohne daß sich neue Schwierigkeiten ergeben. Es muß dann gegebenenfalls wiederum das künftige Teilnehmerverhalten gegenüber etwa zu treffenden Änderungsmaßnahmen abgeschätzt werden.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Dr. Müller-Emmert.
Herr Staatssekretär, wären Sie ich verstehe Sie wohl richtig -, sofern bei Beibehaltung des Tarifs, der im Augenblick besteht, keine Änderung eintritt, bereit, daran zu denken, daß die Tarife später geändert werden?
Die Tarifänderung ist ein Mittel, um derartigen wenig befriedigenden Spitzen abzuhelfen. Daneben ist natürlich daran zu denken, daß dort, wo Überlastungen in der Abendspitze auftreten, wo der Tarif sehr niedrig ist, die entsprechenden Leitungsbündel wahrscheinlich auch am Tage sehr stark belastet sind. Im Rahmen unserer finanziellen Möglichkeiten sind wir bemüht, in erster Linie diese Tagesspitzen zu erleichtern und die Bündel dort zu verstärken, wo die Schwierigkeiten auch am Tage auftreten. Es steht dann aber zu hoffen, daß auch die Abendspitze in diesen Verkehrsbeziehungen gemildert wird.
Ich rufe die Frage XV/ 6 - des Abgeordneten Strohmayr - auf:
Bis wann kann die Deutsche Bundespost die Mittel für den Bau eines nennen Paketpostamtes in Memmingen bereitstellen?
Im Hinblick auf die außerordentlich angespannte Finanzlage der Deutschen Bundespost ist zur Zeit nicht zu übersehen, in welchem Rechnungsjahr der Neubau eines Postdienstgebäudes in Memmingen begonnen werden kann. Außerdem muß erst noch die Einzelplanung durchgeführt werden.
Nach wie vor ist beabsichtigt, auf einem im Jahre 1961 von der Deutschen Bundespost übernommenen Grundstück an der Freudenthalstraße ein neues Postdienstgebäude zur Entlastung des Postamts Memmingen in der Allgäuer Straße i zu errichten. In dem neuen Gebäude sollen die Landpoststelle und der Päckereidienst untergebracht werden. Das jetzige Postamtsgebäude soll dann entsprechend den Bedürfnissen der dort verbleibenden Stellen umgebaut werden.
Die Raumnot im jetzigen Postamt ist dadurch gemildert worden, daß die Briefannahme in Mieträumen unmittelbar gegenüber untergebracht werden konnte.
Ich rufe die Frage XV/7 - des Abgeordneten Strohmayr - auf:
Kann auch das Fernmeldeamt Memmingen in absehbarer Zeit mit einem Neubau rechnen?
Es ist beabsichtigt, das Fernmeldedienstgebäude in Memmingen, Kohlschanzstraße 2, entsprechend den gewachsenen fernmeldetechnischen Bedürfnissen umzubauen und zu erweitern. An einen Neubau ist nicht gedacht.
Die Planung für dieses Bauvorhaben ist im Gang. Der Zeitpunkt der Ausführung des Bauvorhabens ist jedoch aus den in Beantwortung der Frage 6 genannten finanziellen Gründen unbestimmt.
Danke.
Wir kommen zur Frage XV/8 des Abgeordneten Sänger -:
Trifft es zu, daß die Deutsche Bundespost entgegen einem im Ausland gebräuchlichen Verfahren sogenannte Pressekuverts nicht zuläßt?
Die für den innerdeutschen Verkehr geltende Postordnung sieht keine besondere Sendungsart für Pressenachrichten, Pressefotos und andere Informationsmaterialien vor. Solche Gegenstände müssen als Brief, Briefdrucksache, Drucksache oder Päckchen versandt werden. Infolgedessen sind auch keine besonderen „Pressekuverts" vorgesehen, doch steht es den Versendern frei, ihre Umschläge auf der für private Angaben freigegebenen linken Hälfte der Aufschriftseite mit Vermerken zu versehen, die auf den Inhalt hinweisen.
Sogenannte Pressekuverts sind z. B. in der Schweiz zugelassen. Allerdings bezweckt die Einrichtung dort - ich zitiere die schweizerische Dienstanweisung - „keine bevorzugte Behandlung der Briefpostsendungen, für die keine entsprechende Zuschlagsgebühr bezahlt wurde".
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Änderung der bisherigen Vorschriften eine Erhöhung der Geschäftsunkosten der überwiegend kleinen und mittleren Betriebe um bis zu 20 O/0 der Gesamtkosten verursacht?
Es ist auch bisher keine Regelung in dem Sinne vorhanden gewesen, daß Pressekuverts bevorzugt zu einer minderen Gebühr befördert worden wären.
Zu einer zweiten Zusatzfrage Herr Abgeordneter Sanger!
Besteht die Möglichkeit, daß wenigstens, wenn schon keine mindere Gebühr erhoben wird, diese Pressekuverts beschleunigt befördert und auch sonst bevorzugt behandelt werden? Denn es ist auch von nationalem Interesse, daß die in Deutschland erstellten Fotos der Presse im Ausland - da liegt ja gerade der Kostenpunkt
möglichst schnell und preiswert zugestellt werden können.
Eine bevorzugte Behandlung von Sendungen besonderer Absender ist nicht vorgesehen. Bei eiligen Pressenachrichten besteht jedoch im Inlandsverkehr die Möglichkeit, die Sendungen als Briefdrucksache aufzuliefern. Briefdrucksachen werden regelmäßig wie Briefe befördert.
Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Wir stehen am Ende der Fragestunde. Die nicht mehr beantworteten Fragen werden schriftlich beantwortet.
Ich rufe den nächsten Punkt der Tagesordnung auf:
Nachwahl eines Mitglieds des Vermittlungsausschusses
Die Fraktion der SPD hat mit Schreiben vom 4. Dezember 1963 für den verstorbenen Abgeordneten Dr. Klein ({0}) als ordentliches Mitglied im Vermittlungsausschuß den Abgeordneten Dr. Deist benannt. Das Haus ist damit einverstanden? - Dann ist Abgeordneter Dr. Deist als ordentliches Mitglied des Vermittlungsausschusses gewählt.
Wir kommen zum nächsten Punkt der Tagesordnung:
a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte ({1}) ({2}),
b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Verwertungsgesellschaften auf dem Gebiet des Urheberrechts ({3}) ({4}),
c) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die in Brüssel am 26. Juni 1948 beschlossene Fassung der Berner Übereinkunft vom 9. September 1886 zum Schutze von Werken der Literatur und der Kunst ({5}),
d) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über das Europäische Abkommen vom 22. Juni 1960 zum Schutz von Fernsehsendungen ({6}).
Das Wort zur Begründung hat der Herr Bundesminister der Justiz.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Von den Ihnen vorliegenden vier Gesetzentwürfen zur Urheberrechtsreform bildet der Entwurf des Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte das Kernstück. Mit ihm sollen das Urheberrecht an Werken der Literatur und Kunst sowie die sogenannten verwandten Schutzrechte neu gestaltet werden. Solche sind insbesondere die Rechte der ausübenden Künstler an Darbietungen von Werken sowie die Rechte der Schallplattenhersteller und der Sendeunternehmen.
Der Entwurf des Verwertungsgesellschaftengesetzes regelt die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten durch sogenannte Verwertungsgesellschaften wie die Ihnen bekannte GEMA.
Die beiden letzten Entwürfe betreffen Zustimmungsgesetze zu internationalen Abkommen auf dem Gebiet des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte, die einen angemessenen Rechtsschutz der deutschen Urheber und Schutzrechtsinhaber auch außerhalb der Bundesrepublik sicherstellen sollen.
Die Urheberrechtsreform ist ein seit Jahrzehnten angestrebtes großes Gesetzgebungsvorhaben auf einem Rechtsgebiet, das - auch international in seinen Feinheiten nur spezialisierten Fachjuristen vertraut ist. Gleichwohl erfaßt dieses Gesetzeswerk in seinen Auswirkungen weite Lebensbereiche. Es berührt nicht nur die Urheber, d. h, die Schriftsteller, Komponisten und bildenden Künstler, die ausübenden Künstler, wie Musiker und Schauspieler. Seine Ausgestaltung berührt zugleich auch die Interessen aller Kreise, die sich mit der Verwertung der Werke der Urheber, der Darbietungen der ausübenden Künstler und der übrigen geschützten Leistungen befassen, vor allem das Verlagswesen in seinen verschiedenen Sparten wie Buch-, Zeitungs- und Musikverlag, das Bühnenwesen, den Rundfunk, die Schallplattenindustrie, die Filmindustrie, das Kunstgewerbe, das photographische Gewerbe, die Musikvereine, Gastwirte und sonstige Veranstalter öffentlicher Musikdarbietungen sowie nicht zuletzt jeden einzelnen von uns, der sich an den Schöpfungen und Darbietungen von Literatur und Kunst erfreuen will. Es überschneiden sich hier vielfältige Interessen, deren richtige Abgrenzung schwierig ist.
Eine Reform des deutschen Urheberrechts wird seit langem allgemein gefordert. Die geltenden Ur-
heberrechtsgesetze - das Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der Literatur und der Tonkunst von 1901 und das Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie von 1907 - sind veraltet. Sie berücksichtigen teils gar nicht, teils nur unvollkommen die zahlreichen neuen Möglichkeiten der Vervielfältigung und Wiedergabe, die sich seit dem ersten Jahrzehnt unseres Jahrhunderts für die Werke der Literatur und Kunst durch die stürmische technische Entwicklung insbesondere auf dem Gebiet des Rundfunks und Fernsehens, des Films, der Schallplatte, des Magnettonverfahrens und der photomechanischen Vervielfältigungsverfahren ergeben haben. Zwar hat die Rechtsprechung den Urhebern die wichtigsten Rechte an diesen neuen Verwertungsmöglichkeiten ihrer Werke zuerkannt, so daß fühlbare Lücken im Rechtsschutz der Werkschöpfer vermieden werden konnten. Auch der fortschrittlichsten Rechtsprechung sind hierbei jedoch Schranken gesetzt. Sie bleibt an den veralteten Rahmen der Gesetze gebunden, der eine sachgerechte Abgrenzung der neuen Befugnisse nicht immer ermöglicht, und zum Teil enthalten die bestehenden Gesetze auch ausdrückliche, heute als unbillig empfundene Einschränkungen des Urheberrechts. Darüber hinaus ist es in hohem Maße unbefriedigend und beeinträchtigt die Rechtssicherheit, wenn sich der geltende Rechtszustand durch Richterrecht vom Wortlaut der Gesetze immer weiter entfernt.
Auch im Hinblick auf die fortgeschrittene inter) nationale Rechtsentwicklung ist eine Fortentwicklung des geltenden Rechts erforderlich. Die internationalen Abkommen auf dem Gebiet des Urheberrechts, zu denen Zustimmungsentwürfe vorgelegt werden, sehen zum Teil Rechte vor, die in den bestehenden Urheberrechtsgesetzen nicht gewährt werden oder abweichend geregelt sind. Die wünschenswerte Beteiligung der Bundesrepublik an diesen Abkommen setzt eine entsprechende Angleichung des deutschen Rechts voraus.
Der Entwurf des Urheberrechtsgesetzes beschränkt sich allerdings nicht auf die notwendige Anpassung an die technische Entwicklung und die neuen internationalen Konventionen. Er sieht auch neue Rechte vor, die weder durch die moderne Technik bedingt sind noch bereits international allgemeine Anerkennung gefunden haben. Ich nenne hier besonders das sogenannte Folgerecht der bildenden Künstler, den Vergütungsanspruch für das Vermieten von Vervielfältigungsstücken, insbesondere von Büchern durch Leihbüchereien, sowie die sogenannte Urhebernachfolgevergütung, im internationalen Sprachgebrauch domaine public payant genannt. Mit diesen Neuerungen soll begründeten Wünschen der Urheber entsprochen werden, deren Verwirklichung durch die Urheberrechtsreform seit langem gefordert wird. Das neue Urheberrechtsgesetz, das, wie ich hoffe, wiederum für ein Menschenalter die Grundlage für den Rechtsschutz der geistig Schaffenden bilden soll, darf sich nach Auffassung der Bundesregierung nicht auf eine bloße Modernisierung der bestehenden Gesetze beschränken. Es muß gerade in einer zunehmend materiell eingestellten
Welt die Achtung vor der geistig-schöpferischen Leistung und das Rechtsgefühl für ihre Schutzwürdigkeit stärken und dafür sorgen, daß auch dem Urheber der gebührende Lohn zuteil wird. Der Urheber ist wie jeder andere heute darauf angewiesen, von den Einkünften aus seiner Arbeit zu leben. Das Zeitalter des Mäzenatentums, der Fürsten und reichen Kunstliebhaber, die freigebig Dichtern und Künstlern die Sorge für ihren Lebensunterhalt abnahmen, gehört der Vergangenheit an.
Die Ausgestaltung der neuen Befugnisse lehnt sich großenteils an Vorbilder an, die in einigen modernen ausländischen Urheberrechtsgesetzen schon gegeben sind. Der Gedanke, daß das Recht an Schöpfungen der Literatur und Kunst gleichermaßen schutzwürdig und schutzbedürftig ist wie das Eigentum an Sachgütern, hat seinerzeit von den Kulturländern Europas, namentlich Frankreich und Deutschland, seinen Ausgang genommen, und diese Länder waren es, die stets einer Erweiterung und Vervollkommnung des Schutzes geistiger Schöpfungen die stärksten Impulse gegeben haben. Wir setzen dabei eine gute Tradition fort, wenn wir uns mit der Urheberrechtsreform wiederum in die Reihe der Staaten einfügen, die den Urhebern durch moderne Gesetze einen sachgerechten und wirksamen Schutz gewähren, wie z. B. Frankreich, England und die skandinavischen Staaten.
Da mit der Begründung neuer Rechte der Urheber zwangsläufig für die Verwerter ihrer Werke vermehrte Belastungen entstehen, ist es verständlich, daß die Neuerungen nicht ungeteilte Zustimmung finden. Soweit sie mittelbar zu einer Verteuerung des Kunstgenusses für jeden einzelnen führen können, sind sie vollends unpopulär. Man sollte jedoch bei der notwendigen Abwägung der Interessen stets im Auge behalten, daß die Urheber weitgehend zu den sozial nicht gesicherten Schichten gehören und daß die Förderung der geistigschöpferischen und künstlerischen Menschen gesellschaftspolitisch wichtig ist. Nicht zuletzt ist bei der Einschätzung der öffentlichen Meinung zu Fragen des Urheberrechts auch zu berücksichtigen, daß es sich hier um ein junges, noch in der Entwicklung begriffenes Rechtsgebiet handelt. Der Gedanke, daß das sogenannte geistige Eigentum ebenso eines Rechtsschutzes bedarf wie das Sacheigentum, ist erst wenige hundert Jahre alt. Er hat sich gegenüber der aus Altertum und Mittelalter überkommenen Rechtsüberzeugung, daß Geisteswerke um „Gotteslohn" geschaffen werden und ihre Nutzung jedermann freistehen müsse, nur schrittweise durchsetzen können. Der Gesetzgeber muß daher das Rechtsempfinden für den Schutz, der den Schöpfungen der Urheber gebührt, verfeinern und fortbilden helfen. Auch in den Urheberrechtsgesetzen von 1901 und 1907 wurden neue Befugnisse der Urbeher eingeführt, die in weiten Kreisen der Öffentlichkeit damals unpopulär waren. Ich denke hier besonders an das Aufführungsrecht an Werken der Musik, das vielen als Überspitzung des Urheberrechts galt und für nicht durchsetzbar gehalten wurde, heute jedoch zum gesicherten Bestand des Urheberrechtsschutzes gehört.
Das Urheberrecht ist ein Individualrecht. Es wird dem Urheber zum Schutz der persönlichen schöpferischen Leistung gewährt, die er mit seinem Werk erbringt. Eine besondere Aufgabe der Urheberrechtsreform muß es sein, diesen Individualcharakter des Urheberrechts in einer Zeit zu wahren, die zunehmend auch auf dem Gebiet des geistigen Schaffens zur Kollektivierung drängt. Aus dieser Haltung tritt der Entwurf allen Versuchen entgegen, die Rechte des Urhebers zugunsten eines Kollektivs zu beschneiden. So lehnt er es ab, für bestimmte Rechte die Wahrnehmung durch eine Verwertungsgesellschaft zwingend vorzuschreiben; er vermeidet es, das Urheberrecht an sogenannten Kollektivwerken, z. B. Filmwerken, Hörspielen und Lexika, an deren Herstellung zahlreiche Urheber mitwirken, unter Ausschluß der Rechte der eigentlichen Verfasser unmittelbar dem organisatorischen und geschäftlichen Leiter, dem „Produzenten" des Werkes, zu gewähren. Der Entwurf hindert die Urheber allerdings nicht daran, freiwillig ihre Rechte einem anderen, insbesondere einer Verwertungsgesellschaft, zur gemeinschaftlichen Wahrnehmung anzuvertrauen. Man würde den Urhebern einen schlechten Dienst erweisen, wollte man ihnen aus allgemeiner Ablehnung von Kollektivierungstendenzen eine solche freiwillige Zusammenfassung ihrer Rechte verbieten. In vielen Fällen ist diese Zusammenfassung zur wirksamen Ausnutzung der Urheberrechte geradezu unentbehrlich.
Nach diesen allgemeinen Bemerkungen über einige grundsätzliche Leitgedanken der Reform 1 möchte ich noch einige Worte über den bisherigen Verlauf der Reformarbeiten sagen, bevor ich zu dem Entwurf des Urheberrechtsgesetzes selbst komme.
Die Arbeiten reichen über 30 Jahre zurück. Nach Veröffentlichung mehrerer privater Entwürfe für ein neues Urheberrechtsgesetz veröffentlichte 1932 das Reichsjustizministerium einen amtlichen Entwurf, der 1933 überarbeitet wurde und später als Grundlage für einen 1939 von der damaligen Akademie für Deutsches Recht herausgegebenen neuen Entwurf diente. Der zweite Weltkrieg unterbrach die Reformarbeiten. Das Bundesjustizministerium nahm sie 1950 wieder auf und veröffentlichte 1954 und 1959 Vorentwürfe des Urheberrechtsgesetzes und - entsprechend einer Anregung aus dem Bundestag - erstmals auch eines Verwertungsgesellschaftengesetzes, aus denen die Ihnen nunmehr vorliegenden Regierungsentwürfe dieser Gesetze nach mehrfacher Anhörung aller Beteiligten hervorgegangen sind.
Der Entwurf des Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte, der das zur Zeit in mehreren Gesetzen geregelte Rechtsgebiet des Urheberrechtes einschließlich der verwandten Schutzrechte zusammenfaßt, folgt in Aufbau und Systematik den neuen Erkenntnissen der Urheberrechtswissenschaft.
Der Erste Teil des Entwurfs ist dem Urheberrecht gewidmet. Urheberrechtsschutz besteht für alle Werke auf dem Gebiet der Literatur, Wissenschaft und Kunst. Auf die Qualität der Geistesschöpfung kommt es - wie nach geltendem Recht und auch nach allen ausländischen Urheberrechtsgesetzen - nicht an. Seichteste Unterhaltungslektüre und das, was man Schnulzen nennt, genießen ebenso Urheberrechtsschutz wie die kulturell bedeutenden Werke. Dies mag unbefriedigend erscheinen. Alle Versuche jedoch, eine künstlerische Wertung als Schutzvoraussetzung einzuführen, müßten auf den Irrweg eines Kulturdirigismus führen.
Träger des Urheberrechts ist nach dem Entwurf stets der Schöpfer des Werkes, also der Urheber selbst, nicht sein etwaiger Auftrag- oder Arbeitgeber. Der Urheber wird in seinen persönlichen Beziehungen zum Werk sowie in der Nutzung des Werkes geschützt.
Der Inhalt des Urheberrechts umfaßt dementsprechend persönlichkeitsrechtliche Befugnisse, wie z. B. das Recht, Entstellungen zu verbieten, und vermögensrechtliche Befugnisse, die sogenannten Verwertungsrechte wie das Recht der Vervielfältigung, des Sendens und Aufführens. Zu den vermögensrechtlichen Befugnissen gehören auch das Folgerecht des bildenden Künstlers und der Vergütungsanspruch für das Vermieten von Vervielfältigungsstücken, die ich eingangs bereits als vorzuschlagende Neuerungen erwähnt habe.
Das Folgerecht soll dem Urheber eines Werkes der bildenden Künste, z. B. eines Gemäldes oder einer Plastik, einen Anspruch auf Beteiligung an dem Erlös gewähren, den der Erwerber des Kunstwerkes bei einer späteren Weiterveräußerung erzielt. Ein Kunstwerk bleibt auch nach seiner erstmaligen Veräußerung als Verkörperung der schöpferischen Leistung des Künstlers mit diesem eng verbunden. Diese urheberrechtliche Dauerbeziehung rechtfertigt eine fortdauernde Beteiligung des Künstlers an den Erlösen aus Weiterverkäufen. Diese Erlöse übersteigen häufig wegen der zwischenzeitlichen Wertsteigerungen des Werkes das an den Urheber gezahlte Entgelt um ein Vielfaches, und hierin kommt in aller Regel eine zunehmende Anerkennung der Leistung des Künstlers zum Ausdruck. Der Beteiligungsanspruch soll 1 °/o des Veräußerungserlöses betragen. Er soll bei allen Veräußerungen im geschäftlichen Verkehr geltend gemacht werden können, d. h. bei Veräußerungen auf Kunstauktionen und im Kunsthandel. Dagegen sollen Veräußerungen, die sich unmittelbar zwischen Privatpersonen abspielen, außer Betracht bleiben.
Eine zweite Neuerung: Durch den Vergütungsanspruch für die Vermietung von Vervielfältigungsstücken sollen die Urheber insbesondere an den Einnahmen beteiligt werden, die Leihbüchereien durch das Vermieten von Büchern erzielen. Der Anspruch wird daher auch kurz Bücherei-Tantieme genannt. Im geltenden Recht ist ein solcher Anspruch ausdrücklich ausgeschlossen. Dies erscheint aber unvereinbar mit dem heute allgemein anerkannten Leitgedanken des Urheberrechts, nämlich den Urheber tunlichst an dem wirtschaftlichen Nutzen zu beteiligen, der aus seinem Werk gezogen wird. Die Bücherei-Tantieme soll entsprechend diesem Leitgedanken auf die Fälle beschränkt sein, in denen die Vermietung Erwerbszwecken dient. Öffentliche Bibliotheken werden daher von der Regelung nicht betroffen.
) Während die geltenden Gesetze die Verwertungsrechte des Urhebers abschließend aufzählen, geht der Entwurf davon aus, daß dem Urheber, soweit das Gesetz keine Einschränkungen vorsieht, für seine Werke jede denkbare Verwertungsmöglichkeit vorbehalten ist. Die genannten Verwertungsrechte werden nur als Beispiele angeführt. Ergeben sich in der Zukunft durch weitere technische Fortschritte neue Verwertungsarten, so unterliegen auch diese ohne weiteres dem umfassenden Recht des Urhebers.
Das Urheberrecht soll nach dem Entwurf in seiner Gesamtheit zwar vererblich, jedoch nicht unter Lebenden übertragbar sein. Dies erscheint im Hinblick auf den untrennbar mit der Person des Urhebers verbundenen persönlichkeitsrechtlichen Gehalt geboten und entspricht im Ergebnis dem geltenden Recht. Der Urheber kann jedoch einem anderen die wirtschaftliche Auswertung seines Werkes durch Einräumung von Nutzungsrechten überlassen. Für derartige Nutzungsverträge sieht der Entwurf gewisse Auslegungsregeln zum Schutz des Urhebers und in einigen Fällen auch unabdingbare Schutzbestimmungen vor. Das erscheint deshalb gerechtfertigt, weil beim Abschluß von Nutzungsverträgen auch heute noch in der Regel der Urheber der weniger geschäftsgewandte Partner ist. Diese Schutzbestimmungen sind mit der Behauptung angegriffen worden, sie störten das Vertrauensverhältnis zwischen dem Urheber und seinem Vertragspartner, insbesondere seinem Verleger. Ich halte diese Angriffe für unberechtigt. Die Schutzvorschriften sollen nur für Fälle krasser objektiver Unbilligkeit gewisse bescheidene Mindestrechte des Autors sichern, Mindestrechte, für die die Verleger gerade im Hinblick auf das Vertrauensverhältnis zwischen ihnen und dem Autor Verständnis zeigen sollten.
Besonders gilt dies für die Vorschrift, nach der der Urheber von seinem Vertragspartner eine nachträgliche Beteiligung an unerwartet hohen Nutzungserträgen verlangen kann, wenn diese in auffälligen Mißverhältnis zu der Vergütung stehen., die der Urheber für die Einräumung des Nutzungsrechts erhalten hat. Dabei ist z. B. an den Fall gedacht, daß ein Verleger das Werk eines jungen, unbekannten Autors für eine geringe Vergütung erworben hat und dieses Werk dann unerwartet zu einem Bestseller wird. Der Beteiligungsanspruch ist auf die seltenen Ausnahmefälle beschränkt, in denen Leistung und Gegenleistung nachträglich so völlig außer Verhältnis geraten, daß objektiv ein wucherähnlicher Tatbestand eintritt. Es ist nicht einzusehen, inwiefern ein an so strenge Voraussetzungen gebundener Anspruch das Vertrauensverhältnis zwischen Autor und Verleger beeinträchtigen könnte.
Wie jedes absolute Recht ist auch das Urheberrecht sozial gebunden. Die angemessene Abgrenzung der Rechte des Urhebers gegenüber den berechtigten Interessen der Allgemeinheit an freiem Zugang zu den Kulturgütern gehört zu den schwierigsten Fragen der Reform. Die Schranken des Urheberrechts, die in den geltenden Gesetzen vorgesehen sind, gehen sehr weit und entsprechen zum
Teil nicht mehr den heutigen Anschauungen. Auf der anderen Seite ergeben sich aus der im Entwurf vorgesehenen Erweiterung der Rechte des Urhebers und aus den vielfachen neuen Nutzungsmöglichkeiten, die durch die moderne Technik entwickelt worden sind, zahlreiche neue Berührungspunkte und Überschneidungen mit schutzwürdigen Belangen der Allgemeinheit, die neue Abgrenzungen erforderlich machen.
Als ein allgemeiner Grundsatz hierfür kann gelten, daß der Urheber insbesondere dort freien Zugang zu seinen Werken gewähren muß, wo dies der Förderung der geistigen und kulturellen Werte dient, die Grundlage für sein Schaffen sind. Nicht gerechtfertigt erscheinen dagegen Einschränkungen zur Erfüllung von Aufgaben, die keine engere Beziehung zur Arbeit des Urhebers haben, wie etwa Sozialfürsorge, Jugendpflege und Wohltätigkeit. Die Kosten für solche Aufgaben sind von allen Bevölkerungskreisen gemeinsam zu tragen. Es wäre unbillig, insoweit den Urhebern durch Beschneidung ihrer Rechte Sonderopfer aufzuerlegen.
Eine wichtige Grenze für Einschränkungen des Urheberrechts bildet ferner der schon erwähnte Grundsatz, daß der Urheber tunlichst an dem wirtschaftlichen Nutzen zu beteiligen ist, der aus seinem Werk gezogen wird. Das Urheberrecht darf deshalb keinen Einschränkungen unterliegen, die lediglich dem wirtschaftlichen Interesse einzelner Werknutzer dienen. Es muß aber auch vermieden werden, daß eine im Allgemeininteresse gebotene Einschränkung mittelbar zu einer nicht gerechtfertigten Begünstigung derartiger wirtschaftlicher Einzelinteressen führt. In solchen Konfliktslagen erscheint es angebracht, zwar den Verbotscharakter der betreffenden Urheberrechtsbefugnis einzuschränken, dem Urheber aber einen Anspruch auf angemessene Vergütung für die Benutzung seines Werkes zu belassen.
Es würde zu weit führen, wenn ich die vorgesehenen Schranken des Urheberrechts einzeln anführen wollte. Sie dienen z. B. der Erleichterung des Schulunterrichts durch Gestattung der Aufnahme von Werken in Sammlungen für den Unterrichtsgebrauch und durch Freigabe der kurzfristigen Tonbandaufzeichnung von Schulfunksendungen, ferner der ungehinderten Unterrichtung der Öffentlichkeit über Tagesereignisse durch Freigabe des Nachdrucks aktueller Vorträge und Zeitungsberichte sowie der Freiheit des geistigen Schaffens durch Zitatrecht und Vertonungsfreiheit.
Am meisten diskutiert worden ist bisher wohl die Frage, inwieweit Vervielfältigungen zum persönlichen Gebrauch vom Recht des Urhebers freigestellt werden sollen. Die geltenden Gesetze geben ihrem Wortlaut nach die Vervielfältigung zum persönlichen Gebrauch uneingeschränkt frei. Dem früheren Gesetzgeber standen allerdings hierbei nur die zu Beginn unseres Jahrhunderts bekannten Vervielfältigungsverfahren vor Augen, in erster Linie das handschriftliche Kopieren von Schriftwerken und Noten. Im Hinblick darauf hat der Bundesgerichtshof die geltende gesetzliche Regelung einschränkend dahin ausgelegt, daß sie auf das moBundesminister Dr. Bucher
derne Verfahren der Tonbandvervielfältigung keine Anwendung findet, mit dem erstmals im privaten Bereich einfach und billig Vervielfältigungsstücke hergestellt werden können, die den gewerblich hergestellten Schallplatten fast oder ganz gleichwertig sind. Unter Berücksichtigung der vom Bundesgerichtshof hierbei zutreffend hervorgehobenen wesentlichen Unterschiede sah auch der Regierungsentwurf des Urheberrechtsgesetzes ursprünglich eine Sonderregelung für private Tonbandvervielfältigungen vor: Das Mitschneiden von Rundfunksendungen und das Überspielen geschützter Werke im privaten Bereich sollte zwar künftig ebenfalls ohne Erlaubnis des Urhebers zulässig sein; der Urheber sollte jedoch hierfür eine angemessene Vergütung verlangen können. Wie Sie wissen, hat der Bundesrat die Streichung dieses Vergütungsanspruchs vorgeschlagen, weil er Bedenken trug, einen Anspruch zu gewähren, der an Vorgänge im privaten Bereich anknüpfe und deshalb nicht durchsetzbar erscheine. Die Bundesregierung hat diesen Bedenken Rechnung getragen und dem Streichungsvorschlag zugestimmt. Vervielfältigungen zum Privatgebrauch sollen demnach allgemein nunmehr erlaubnis- und vergütungsfrei sein.
Neben der Vervielfältigung zum privaten Gebrauch läßt der Entwurf in gewissem Umfang auch Vervielfältigungen zum sogenannten sonstigen eigenen Gebrauch zu. So sollen insbesondere Wirtschaftsunternehmen, wissenschaftliche institute und Behörden zur schnelleren und besseren Unterrichtung ihrer Angestellten und Beamten einzelne Fotokopien oder Mikrokopien aus Fachzeitschriften und Büchern ohne Urhebererlaubnis herstellen dürfen. Solche Vervielfältigungen sind heute bereits weitgehend üblich und angesichts der Zunahme des Fachschrifttums zu einem unentbehrlichen Hilfsmittel für Wirtschaft und Wissenschaft geworden. Der Entwurf will sich dieser Entwicklung nicht entgegenstellen. Allerdings soll, soweit die Vervielfältigung gewerblichen Zwecken dient, dem Urheber eine angemessene Vergütung zu zahlen sein. Dies entspricht dem Grundsatz der Beteiligung des Urhebers an dem wirtschaftlichen Nutzen, der aus seinem Werk gezogen wird.
Besonders erwähnen möchte ich schließlich die vorgesehene Einschränkung des Urheberrechts bei öffentlichen Musikaufführungen. Der Entwurf ist hier zurückhaltender als das geltende Recht. Öffentliche Musikaufführungen sollen grundsätzlich nur in den Fällen erlaubnis- und vergütungsfrei sein, in denen die Veranstaltung keinem Erwerbszweck dient, den mitwirkenden Künstlern keine besondere Vergütung gezahlt wird und die Teilnehmer an der Veranstaltung ohne Entgelt zugelassen werden. Darüber hinaus ist nur noch für kirchliche Veranstaltungen eine Sonderregelung vorgesehen. Sie sollen zwar uneingeschränkt erlaubnisfrei sein, der Urheber soll jedoch für sie stets eine angemessene Vergütung erhalten. Diese Regelung entspricht einer Anregung der Kirchen, die selber an einer angemessenen Entlohnung der Urheber von Kirchenmusik interessiert sind und hier wirklich mit einem sehr guten Beispiel vorangehen.
Die geltenden Gesetze sehen noch einige weitere Beschränkungen des Musikaufführungsrechts vor, insbesondere bei Volksfesten und Wohltätigkeitsveranstaltungen. Diese Einschränkungen übernimmt der Entwurf nicht. Echte, nicht kommerziellen Zwekken dienende Volksfeste gibt es heute kaum noch. Auf dem Oktoberfest und beim Karneval z. B. werden Millionenbeträge verdient; den Urheber von einer Beteiligung an diesen Verdienstmöglichkeiten auszuschließen, läßt sich nicht rechtfertigen. Auch das Privileg zugunsten der Wohltätigkeitsveranstaltungen erscheint nicht mehr zeitgemäß. Zum Wesen der Wohltätigkeit gehört es, daß sie freiwillig geübt wird. Allein den Urheber gesetzlich zur Wohltätigkeit zu verpflichten, widerspricht dem Rechtsempfinden.
Soweit der Entwurf danach gegenüber dem geltenden Recht gewisse Einengungen der Aufführungsfreiheit vorsieht, hat dies jedoch, wie ich hervorheben möchte, nur Bedeutung für öffentliche Musikveranstaltungen. Nichtöffentliche Musikaufführungen sollen nach wie vor zulässig bleiben, insbesondere Darbietungen beim Unterricht, sowie solche Musikveranstaltungen kleinerer Vereine oder Betriebe, bei denen sich die Teilnehmer persönlich kennen.
Zu den Schranken, die dem Urheberrecht im Interesse der Allgemeinheit gezogen sind, gehört im weiteren Sinne auch die Befristung des Urheberrechtsschutzes. Das Urheberrecht soll nach dem Entwurf wie im geltenden Recht 50 Jahre nach dem
Tode des Urhebers erlöschen. Abweichend vom geltenden Recht soll jedoch nach Ablauf dieser Schutzfrist die Verwertung der Werke nicht mehr völlig frei sein.
Der Entwurf sieht, gewissermaßen als Nachwirkung des individuellen Urheberrechts, die Einführung der schon erwähnten Urhebernachfolgevergütung vor, die für die Verwertung aller nicht mehr geschützten Werke zu zahlen sein soll. Die Vergütung soll ein Zehntel des Entgelts betragen, das üblicherweise der Urheber während der Laufzeit seines Rechts erhält. Der Ertrag der Vergütung soll einer privatrechtlichen Stiftung zufließen, dem Urheberfonds, der ihn für Ehrensolde an hilfsbedürftige Urheber und ihre Hinterbliebenen sowie zur Förderung begabter Urheber verwendet. Mehrere Staaten, darunter Italien und Frankreich, haben diesen Grundsatz in ihren Gesetzen bereits verwirklicht. Der Vorschlag, die Nachfolgevergütung bei uns einzuführen, ist, wie viele Neuerungen, verständlicherweise umstritten. Insbesondere der Bundesrat hat der vorgesehenen Regelung widersprochen, allerdings nicht, weil er das mit ihr verfolgte Ziel mißbilligt, .sondern weil seiner Ansicht nach dem Bund keine Gesetzgebungskompetenz insoweit zustehe. Die Bundesregierung hält diese Bedenken nicht für begründet. Indessen verkennt sie nicht, daß das mit der Nachfolgevergütung verfolgte Ziel nur unter maßgeblicher Mitwirkung der Länder erreicht werden kann. Der Entwurf überläßt daher die Errichtung des Urheberfonds sowie die nähere Ausgestaltung des Verteilungsverfahrens den Ländern. Da der Bundesrat ungeachtet der erwähnten
verfassungsrechtlichen Bedenken es im Grundsatz als begrüßenswert anerkennt, zusätzliche Mittel für eine Förderung und Unterstützung der Urheber bereitzustellen, hofft die Bundesregierung, daß die Länder ihre Mithilfe bei der Verwirklichung der vorgesehenen Regelung nicht versagen werden, sofern dieses Hohe Haus der Regierungsvorlage zustimmt. Die für eine Verstärkung der Künstlerhilfe erforderlichen Mittel durch Gewährung zivilrechtlicher Rechtsansprüche aus der Nutzung freier Werke aufzubringen, erscheint würdiger und zugleich gesicherter als etwa eine Bereitstellung zusätzlicher öffentlicher Gelder für diesen Zweck. Eine Künstlerhilfe aus jährlich neu zu bewilligenden Haushaltsmitteln ist leicht mit dem Odium des Almosens behaftet, was gerade hier vermieden werden sollte.
Soviel zur vorgesehenen Neuregelung des Urheberrechts. In dem zweiten Teil behandelt der Entwurf die sogenannten verwandten Schutzrechte. Solche Schutzrechte sollen in Einklang mit der internationalen Entwicklung insbesondere den ausübenden Künstlern, den Schallplattenherstellern und den Sendeunternehmen gewährt werden. Besondere Bedeutung kommt dem Schutz der ausübenden Künstler zu. Nach den geltenden Gesetzen genießen die ausübenden Künstler, sofern ihre Darbietungen auf Schallplatten oder Tonbänder aufgenommen ,sind, den gleichen Schutz wie die Urheber. Diese Gleichstellung der ausübenden Künstler mit den Urhebern, die allgemein als systematisch verfehlt angesehen wird, gibt der Entwurf auf. So wichtig die Leistung der ausübenden Künstler ist, die vielen Werken, besonders den Musikwerken, erst Leben und Wirkung verleiht, - die nachschaffende Tätigkeit des Interpreten ist etwas anderes als die schöpferische Tätigkeit des Urhebers. Der Entwurf sieht deshalb wie für alle verwandten Schutzrechte auch für den Schutz der ausübenden Künstler eine klare Abgrenzung zum Urheberrecht vor und bemißt diesen Schutz enger als den Urheberrechtsschutz. Dabei war zugleich darauf Bedacht zu nehmen, daß die Urheber in der Auswertung ihrer Werke durch die Rechte der ausübenden Künstler nicht unangemessen behindert werden. So sollen insbesondere die ausübenden Künstler für die öffentliche Wiedergabe ihrer auf Schallplatten aufgenommenen oder im Rundfunk gesendeten Darbietungen kein Verbotsrecht, sondern nur einen Anspruch auf angemessene Vergütung erhalten. Die Dauer ihrer Rechte soll auf 25 Jahre beschränkt sein.
Der Dritte Teil des Entwurfs befaßt sich mit dem Filmrecht. Der Entwurf sieht hier zugunsten des Produzenten Auslegungsregeln für den Erwerb der erforderlichen Nutzungsrechte und gewisse Einschränkungen der Rechte der Filmurheber und mitwirkenden ausübenden Künstler vor. Dadurch soll mit Rücksicht auf die hohen Produktionskosten und die große Zahl der an der Herstellung eines Filmwerks beteiligten Personen die Auswertung erleichtert werden. Dem Wunsch der Filmindustrie, das Urheberrecht am Film unmittelbar dem Produzenten zuzuerkennen, entspricht der Entwurf allerdings nicht. Urheberrechte sollen, wie schon zu Beginn gesagt, nur in der Person des Werkschöpfers entstehen. Jedoch sieht der Entwurf ein eigenes Leistungsschutzrecht des Filmproduzenten vor.
Ich komme nun zu dem Entwurf des Verwertungsgesellschaftengesetzes. Die Vorlage dieses Gesetzentwurfs entspricht einer Anregung aus dem Bundestag, die schon in der ersten Wahlperiode anläßlich einer Großen Anfrage über die GEMA gegeben wurde. Die GEMA, die die Rechte der Komponisten, Textdichter und Musikverleger wahrnimmt, ist die älteste und größte zur Zeit bestehende Verwertungsgesellschaft. Entsprechende Gesellschaften sind auch für die Wortautoren sowie für die ausübenden Künstler und die Schallplattenhersteller entstanden. Die Verwertungsgesellschaften, die jeweils die Rechte an bestimmten Gattungen geschützter Werke oder Leistungen zu einheitlicher Auswertung zusammenfassen, sind nicht nur nützliche, sondern sogar unentbehrliche Einrichtungen. Sie dienen den berechtigten Interessen der Urheber und Leistungsschutzberechtigten, die ja einzeln zu einer Wahrnehmung ihrer Rechte überhaupt nicht in der Lage wären und sich deshalb in Verwertungsgesellschaften, die treuhänderisch für sie tätig sind, zusammenschließen müssen; andererseits liegt die Zusammenfassung der Verwertungsrechte gleicher Art in der Hand einer solchen Gesellschaft auch im Interesse der Werknutzer, insbesondere der Musikveranstalter. Gastwirte z. B., die ihre Gäste mit Schallplattenoder Rundfunkmusik unterhalten wollen, sind nicht an der Befugnis zur öffentlichen Wiedergabe eines einzelnen Musikwerkes interessiert, sondern benötigen die Wiedergaberechte für möglichst alle hier in Frage kommenden Musikstücke. Die GEMA ermöglicht es, diese Rechte durch Abschluß eines einzigen Vertrages kostensparend pauschal, also für ein ganzes Musikrepertoire, zu erwerben. Entsprechendes gilt für die anderen Verwertungsgesellschaften.
So notwendig und nützlich die Verwertungsgesellschaften für alle Beteiligten somit sind, darf nicht übersehen werden, daß die Möglichkeit der Verfügung über eine Vielzahl gleichartiger Rechte ein Monopol gewährt, das auch mißbraucht werden kann. Um solchen Mißbräuchen zu begegnen, sieht der Entwurf für die Tätigkeit der Verwertungsgesellschaften eine Erlaubnispflicht vor und unterstellt sie einer auf ihre Aufgaben zugeschnittenen Staatsaufsicht. Die Verwertungsgesellschaften sollen außerdem einem Wahrnehmungszwang und einem Abschlußzwang unterworfen werden, d. h. sie sollen verpflichtet sein, alle zu ihrem Tätigkeitsbereich gehörenden Rechte auf Verlangen der Rechtsinhaber wahrzunehmen und jedermann die wahrgenommenen Rechte zu angemessenen Bedingungen zur Verfügung zu stellen. Über die hierfür geforderten Vergütungen sollen Tarife aufgestellt und veröffentlicht werden. Bei der Tarifgestaltung soll auf religiöse, kulturelle und soziale Belange der Werknutzer angemessene Rücksicht genommen werden. Ferner sind zugunsten der Urheber und Leistungsschutzberechtigten Schutzbestimmungen vorgesehen, die eine gerechte Verteilung der eingezogenen Vergütungen durch die Verwertungsgesellschaften sicherstellen sollen.
Abschließend nur noch wenige Worte zu den Zustimmungsgesetzen:
Mit dem Entwurf des Gesetzes über die Brüsseler Fassung der Berner Übereinkunft soll der Beitritt der Bundesrepublik zu der 1948 in Brüssel beschlossenen Neufassung der bedeutendsten internationalen Urheberrechtskonvention ermöglicht werden.
Der Entwurf des Gesetzes über das Europäische Abkommen zum Schutz von Fernsehsendungen sieht die Zustimmung zu einem von der Bundesregierung bereits 1960 unterzeichneten Abkommen vor, das den Austausch von Fernsehprogrammen zwischen den europäischen Rundfunkanstalten erleichtern soll.
In den Zusammenhang der Urheberrechtsreform gehört schließlich der Entwurf eines Zustimmungsgesetzes zu einem weiteren internationalen Abkommen, das im Oktober 1961 in Rom unterzeichnet worden ist und den internationalen Schutz der ausübenden Künstler, der Hersteller von Tonträgern und der Sendeunternehmen vorsieht. Die Bestimmungen des Abkommens stehen in Einklang mit der im Enwurf des Urheberrechtsgesetzes für die verwandten Schutzrechte vorgesehenen Regelung. Der Entwurf dieses Zustimmungsgesetzes wird dem Hohen Hause noch vorgelegt werden.
Aus dem Überblick über die Entwürfe zur Urheberrechtsreform werden Sie ersehen haben, daß dieses Reformvorhaben eine große Zahl von Problemen aufwirft, um deren ausgewogene Lösung sich die Vorlage bemüht. Die Bundesregierung hofft, daß es trotz der starken Belastung des Hohen Hauses gelingen möge, die Urheberrechtsreform noch in dieser Wahlperiode zu verabschieden.
Um eine zügige Behandlung bitte ich das Hohe Haus vor allem aus folgenden Gründen:
Wie ich bereits erwähnt habe, ist es eines der wesentlichen Ziele der Reform, durch Anpassung des deutschen Urheberrechts an die fortgeschrittene internationale Entwicklung den Beitritt der Bundesrepublik zur Brüsseler Fassung der Berner Übereinkunft zu ermöglichen. Deutschland gehört zu den Mitbegründern dieser Konvention aus dem Jahre 1886 und zählte bisher stets zu den Ländern, die Neufassungen alsbald ratifizierten. Die Brüsseler Fassung stammt aus dem Jahre 1948, und es haben bereits die Vorarbeiten für die nächste Revisionskonferenz begonnen, die 1967 in Stockholm stattfinden soll. Zur Wahrung des deutschen Ansehens sollte nach Möglichkeit vermieden werden, daß die Bundesrepublik Deutschland erstmals an einer Revisionskonferenz teilnehmen müßte, ohne sein Urheberrecht der neuesten Fassung der Übereinkunft angeglichen zu haben.
Außerdem erscheint es mir als besonders dringlich, durch das Verwertungsgesellschaftengesetz eine Rechtsgrundlage für die Beaufsichtigung der urheberrechtlichen Verwertungsgesellschaften zu schaffen, zumal da die GEMA, die sich 1952 freiwillig einer gewissen Aufsicht durch das Bundesjustizministerium unterstellt hatte, die hierüber getroffene Vereinbarung kürzlich widerrufen hat.
Für die Gerichte bedeutet es eine kaum noch tragbare Belastung, wenn die Beurteilung der neuen technischen Sachverhalte auf dem Gebiet des Urheberrechts weiterhin ihrer Rechtsprechung überlassen wird.
Vor allem aber ist es nach meiner Auffassung sozialpolitisch nicht zu verantworten, den Geistesschaffenden, besonders den Schriftstellern und bildenden Künstlern, noch länger die mit der Neuordnung des Urheberrechts verbundenen Rechtsvorteile vorzuenthalten, Rechtsvorteile, die ihnen eine gebührende rechtliche und wirtschaftliche Anerkennung ihrer schöpferischen Leistung sichern sollen.
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Das Haus hat die Begründung der Gesetzentwürfe entgegengenommen. Wir treten in die Aussprache ein.
Das Wort hat der Abgeordnete Deringer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn man sich heutzutage gelegentlich mit Ausländern, insbesondere Franzosen, über die Gegenwart der Bundesrepublik unterhält und wenn diese Gespräche dann au f Literatur und Dichtung kommen, hört man nicht selten den Vorwurf: Ihr Deutschen seid aus einem Volk der Dichter und Denker zu einem Volk der Ingenieure und Manager geworden.
Nun mag es richtig sein, daß in den ersten Jahren nach dem Kriege die äußeren Bedürfnisse, das Essen, das Wohnen, die Kleidung, all die wirtschaftlichen Dinge, im Vordergrund stehen mußten. Es ist deshalb auch nicht verwunderlich, daß etwa die ersten Perioden dieses Hohen Hauses im wesentlichen mit Gesetzen wirtschafts-, sozialpolitischer und ähnlicher Art angefüllt waren.
Aber es ist jetzt sicher an der Zeit, auch die Fragen des Geistes zu regeln. Die Fraktion der CDU/ CSU begrüßt deshalb die Vorlage dieser Entwürfe, und sie beglückwünscht den Herrn Minister zu der ausgewogenen Arbeit der Entwürfe, die wieder einmal eine Arbeit ist, wie sie der Tradition dieses Hauses entspricht.
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Sicher waren die Entwürfe, wie der Herr Minister in seiner Begründung sagte, dadurch notwendig geworden, daß die technische Entwicklung in vielen Dingen über die bisherigen Gesetze hinweggegangen ist. Sicher sind sie auch durch die internationale Entwicklung notwendig geworden. Aber sie sind vor allen Dingen deswegen notwendig, weil es an der Zeit ist, auch das Recht der geistig Schaffenden nicht zu kurz kommen zu lassen.
Deshalb begrüßen wir die Tendenz des Entwurfs, die Rechtsstellung der Urheber zu stärken. Dieser Tendenz dient u. a. die klare Scheidung des Persönlichkeitsrechts einerseits und der Verwertungsrechte andererseits in dem Entwurf. Ihr dienen weiter etwa die ausdrückliche Anerkennung neuer Persönlichkeitsrechte, das Recht auf Anerkennung der Urheberschaft, das Recht, Entstellungen zu verbieten, das Recht, sein Werk zurückzurufen, wenn man seine eigene Meinung geändert hat. Dieser Tendenz dient die Ausdehnung der Verwertungsrechte etwa im
Vortragsrecht, im Senderecht und im Recht der öffentlichen Wiedergabe. Ihr dient schließlich auch die Ausdehnung der Vergütungsansprüche. Als Beispiel dafür seien das Folgerecht oder der Anspruch auf einen Anteil an den Vergütungen für Vervielfältigungsstücke genannt.
Selbstverständlich ist auch das Urheberrecht sozial gebunden. Deshalb werden wir - das wird eines der Kernprobleme sein, das wir zu bearbeiten haben - immer vor der Abwägung der Interessen des Urhebers einerseits und der Öffentlichkeit, aber auch der anderen Menschen, der Privaten, andererseits stehen. Daß diese Abwägung nicht immer einfach ist, haben schon die Vorarbeiten gezeigt und zeigen die vielen Bemerkungen, die wir inzwischen zu diesem Entwurf bekommen haben. Wir sind klar darüber, daß wir an vielen Punkten sehr sorgfältig prüfen müssen, welchem Interesse wir den Vorzug geben müssen.
Daß meine Fraktion dem Entwurf und seiner Tendenz zustimmt, hindert natürlich nicht, daß wir in Einzelfragen geteilter oder abweichender Meinung sind. Ich möchte im Hinblick auf die Zeit nur einige dieser Fragen hier behandeln und dabei auf die möglichen Gesichtspunkte hinweisen, ohne damit mich oder meine Fraktion schon jetzt auf eine bestimmte Entscheidung festzulegen.
Ein Problem, über das wir sicher sprechen werden, liegt in der Frage, ob die absolute Nichtübertragbarkeit des Urheberrechts, wie sie in § 29 des Entwurfs vorgesehen ist, die richtige Konstruktion ist. Soweit es sich dabei um das Persönlichkeitsrecht handelt, sind wir selbstverständlich einverstanden. Wir werden aber in den Beratungen im einzelnen darüber sprechen müssen, ob man nicht für die Verwertungsrechte vielleicht doch eine andere Konstruktion wählen könnte. Dazu werden wir vor allen Dingen auch qualifizierte Sachverständige hören müssen.
Ein zweiter Punkt, der umstritten ist, ist das schon erwähnte Recht des Urhebers, von dem Entgelt für die Vermietung von Vervielfältigungsstücken einen Teil zu erhalten. Praktisch geht es hier um die Leihbüchereien. Wenn wir von dem Grundsatz ausgehen, daß der Urheber an jedem wirtschaftlichen Nutzen beteiligt werden soll, der aus seinem Werk gezogen wird, kann man diese Regelung im Grundsatz nur bejahen. Es ist dagegen eingewandt worden, daß die Bestimmung nur für die privaten Leihbüchereien gelte, aber nicht für die öffentlichen Büchereien, die nicht gewerbsmäßig verleihen. Man hat gesagt, daß diese unterschiedliche Behandlung gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoße. Damit werden wir uns auseinandersetzen müssen. Sicher ist richtig, daß mancher Wirtschaftler, mancher Anwalt, der seine berufliche Arbeit aus den Büchern der öffentlichen Büchereien speist, daraus vielleicht mehr Nutzen zieht als der Leser aus dem Roman einer privaten Leihbücherei.
Ein weiterer Punkt, über den die Meinungen auseinandergehen, ist die Regelung des § 36 des Entwurfs, wonach der Urheber eines Werkes an einem späteren unerwarteten Gewinn angemessen beteiligt werden soll. Diese Regelung hat viel Widerspruch
bei den Verlegern gefunden und dazu geführt, daß manche den Entwurf sogar als verlegerfeindlich bezeichnet haben, was er sicher nicht ist. Man hat gesagt, daß diese Regelung, die dem Urheber die Möglichkeit gibt, später, wenn sein Werk wider Erwarten ein Bestseller geworden ist, noch nachträglich ein zusätzliches Honorar zu fordern, das Verhältnis zwischen Urheber und Verleger belaste und daß sie vor allen Dingen den internen Ausgleich zwischen guten und schlechten Objekten unmöglich mache. In einem Vortrag fand ich gestern einen Ausspruch von Samuel Fischer, dem Gründer des Fischer-Verlages, zitiert, der gesagt haben soll, daß von zehn Objekten eines Verlages eines ein großer Erfolg sein solle; drei müßten die Kosten wieder einbringen, dann könnten die übrigen sechs verlustreiche Versuche sein. Das mag in etwa richtig sein, aber ob das nun ein absoluter Grund ist, die in § 36 vorgesehene Regelung völlig abzulehnen, erscheint mir zweifelhaft. Sicher ist jedenfalls, daß etwa in Frankreich die gleiche Frage noch viel urheberfreundlicher geregelt ist als im deutschen Entwurf.
Ein für die Presse besonders interessantes Problem ist die Regelung in § 49 Abs. 2, wonach der Nachdruck von Nachrichten ohne jede Gebühr erlaubt ist. Aus Kreisen der Presse ist eingewandt worden, daß damit derjenige Journalist, der sich mit viele Mühe und viel Aufwand wichtige Nachrichten beschafft, der vielleicht mit viel Geld als erster an einem Platz ist, wo es Neuigkeiten gibt, um die Früchte seiner Arbeit gebracht wird. Das mag in einer ganzen Reihe von Fällen richtig sein. Aber dann muß man dieser Gefahr mit anderen Bestimmungen begegnen, nicht mit einer Regelung im Urheberrecht. Es dürfte wohl kaum ein Streit darüber bestehen, daß die einfache Nachricht als solche, nicht die Form, nicht urheberrechtlich geschützt werden kann, weil sie keine geistige Schöpfung ist. Die Leistung des Journalisten liegt in dem Falle eben in dem Beschaffen der Nachricht, aber nicht etwa im Neuschöpfen eines neuen Werkes. Man wird prüfen müssen, ob man entweder unter den ergänzenden Rechten oder in einem anderen Gesetz, im Wettbewerbsgesetz, in dieser Hinsicht etwas regeln kann.
Eine besonders kritische Bestimmung, die uns viel Kopfschmerzen macht: wieweit Vervielfältigungen zum persönlichen Gebrauch vergütungsfrei erlaubt sind. Nach dem bisherigen Recht ist jede Vervielfältigung zum privaten, persönlichen Gebrauch erlaubt und damit auch ohne Vergütung erlaubt. Inzwischen ist aber durch die technische Entwicklung das Problem der privaten Überspielung auf Tonband aufgetaucht. In ähnlicher Form kann es eines Tages bei den Photokopien auftauchen. Die Rechtsprechung ist in dem bekannten Urteil des Bundesgerichtshofes vom 18. Mai 1955 zu dem Ergebnis gekommen, daß bei richtiger Auslegung des bisherigen Gesetzes auch schon die private Überspielung auf Tonbänder verboten und demnach, wenn man die Erlaubnis bekommt, vergütungspflichtig ist.
Wie kontrovers diese Frage ist, sieht man schon, wenn man die verschiedenen Entwürfe durchgeht.
Der Referentenentwurf hatte die private Übertragung völlig frei gelassen. Der Regierungsentwurf hat dann in Konsequenz des erwähnten Urteils des Bundesgerichtshofes oder in Anlehnung daran die private Übertragung auf Tonband erlaubnispflichtig gemacht. Der Bundesrat hat diese Bestimmung in § 54 Abs. 3 wieder gestrichen, und die Bundesregierung hat der Streichung zugestimmt. Wir werden uns hier also wahrscheinlich sehr invensiv mit dem Pro und Kontra beschäftigen müssen.
Der Bundesgerichtshof hat sein Urteil damit begründet, das Urheberrecht sei eben nicht wie das Patentrecht ein vom Staat verliehenes Monopol, sondern ein von der Natur her bestehendes absolutes Recht, eben ein Recht des geistigen Eigentums, ein Recht, das grundsätzlich auch nicht vor dem privaten Bereich haltmachen könne. Wenn das Gesetz von 1910 eine Ausnahme für die private Vervielfältigung gemacht habe, dann unter den damaligen Umständen mit Rücksicht auf die privaten Musikvereine und ähnliche Gruppen. Die technische Entwicklung aber verlange, daß die Interessenabwägung zwischen Urheber und privatem Nutzer neu durchdacht werde. Dieses neue Durchdenken führe eben dazu, daß man die private Überspielung nicht mehr frei lassen könne, weil dadurch der Schallplattenabsatz erheblich leide und damit der Urheber den wirtschaftlichen Nutzen, den er aus den Schallplatten ziehen könne, praktisch mehr und mehr verliere. Ich sage offen, daß ich zu dieser sehr kritischen Frage heute nicht endgültig Stellung beziehen möchte, sondern ich möchte eigentlich nur einige Gesichtspunkte vortragen, die wir vielleicht erwägen müssen.
Daß unser oberstes Gericht, der Bundesgerichtshof, in Auslegung des bisherigen Rechts zu diesem Ergebnis gekommen ist, bedeutet natürlich nicht etwa - wie es zum Teil gesagt worden ist -, daß dieses Hohe Haus als Gesetzgeber nicht das Recht hätte, bei einem neuen Gesetz die Interessenabwägung neu zu prüfen und auch anders zu entscheiden. Ich glaube auch, dem Argument, daß infolge der technischen Entwicklung das Urheberrecht allmählich ausgehöhlt werde, muß man den anderen Gesichtspunkt gegenüberstellen, daß der Urheber heute durch die technische Entwicklung natürlich auch ganz andere Möglichkeiten hat, aus seinem Werk wirtschaftlichen Nutzen zu ziehen, als es etwa noch im Jahre 1910 der Fall war. Damals bestand der wirtschaftliche Nutzen nur in dem Honorar für den Druck oder für öffentliche Aufführungen, während heute daneben noch Schallplattenindustrie, Rundfunk, Film und ähnliche Einrichtungen bestehen, die ganz andere Möglichkeiten schaffen, das Werk auszuwerten.
Drittens mag es auch ein Widerspruch sein, wenn man die private Tonbandüberspielung vergütungspflichtig macht, während man in anderen Fällen - bei den Büchereien, bei gewissen Musikveranstaltungen - sogar öffentliche Wiedergaben aus sicher anderen Gründen von der Vergütung freistellt. Ich glaube, wir werden hier darauf achten müssen, daß die Regelungen nicht nur dem einzelnen Problem gerecht werden, sondern daß wir die Fälle durch
das ganze Gesetz hindurch nach den gleichen Gesichtspunkten regeln.
Der Bundesrat hat seine Streichung dieser Bestimmung schließlich damit begründet, daß eine solche Erlaubnispflicht und Vergütungspflicht praktisch nicht durchsetzbar sei. Nun ist es sicher richtig, daß der Gesetzgeber keine Gesetze schaffen soll, die sich draußen in der Wirklichkeit nicht durchsetzen lassen, die also mehr oder weniger dazu reizen, sie zu umgehen. Aber es wäre natürlich noch zu prüfen, ob sich das nicht so einrichten ließe, daß die Erlaubnis- oder Vergütungspflicht doch praktizierbar wäre. Denn wir würden uns - und das müssen wir auf der anderen Seite natürlich beachten - mit einer völligen Freistellung der privaten Tonbandüberspielung wahrscheinlich in einen Gegensatz zu der von uns bejahten Grundtendenz des Gesetzes setzen, das Recht der geistigen Schöpfung zu stärken.
Heute ist jedem Menschen klar, daß jeder Handgriff eines Handwerkers oder eines Arbeiters Geld kostet, wenn man ihn haben will. Nicht so klar ist, daß geistige Leistung nicht umsonst genossen werden kann. Ich glaube, das ist immerhin das Gegengewicht, das wir uns gegenüber den sicherlich nicht unwesentlichen Bedenken überlegen müssen, die gegen diese vom Bundesrat gestrichene Bestimmung bestehen.
In den §§ 64 und 65 schließlich befindet sich eine Regelung, über die vielleicht auch ein Wort zu sagen ist. Nach dieser Bestimmung soll derjenige Urheber, der einer Schallplattenfirma die Wiedergabe eines Musikwerkes erlaubt hat, verpflichtet sein, jeder anderen Schallplattenfirma die Wiedergabe zu erlauben. Ebenso soll jeder Urheber, der einmal sein Werk durch Rundfunk hat senden lassen, anderen Rundfunkanstalten das gleiche Recht gewähren müssen.
Hier sind also sogenannte gesetzliche Lizenzen festgelegt. Im Entwurf werden sie damit begründet, daß sonst Monopole einzelner Schallplattenfirmen oder Rundfunkanstalten entstehen könnten. Ich halte diese Begründung für richtig. Ich halte es auch für richtig, daß die GEMA oder andere Verwertungsgesellschaften von dieser Bestimmung nur deshalb ausgenommen worden sind, weil sie nach dem Gesetz über die Verwertungsgesellschaften sowieso einem Abschlußzwang unterliegen. Wäre diese Bestimmung in dem anderen Gesetz, müßten die Verwertungsgesellschaften selbstverständlich der gleichen Regelung unterliegen wie alle Urheber selber.
Zu der gesetzlichen Lizenz für den Rundfunk eine Frage: Wäre es nicht angemessen, wenn man die gleiche gesetzliche Lizenz für Sprachwerke auch den Zeitungen und anderen Einrichtungen der öffentlichen Information gäbe? Ich denke gerade an die Diskussion über die Wettbewerbsgleichheit zwischen Presse und Rundfunk, die hier vor kurzem stattgefunden hat. Wenn der Rundfunk als Mittel der öffentlichen Information dieses gesetzliche Lizenzrecht hat, sollte man es der Presse und anderen Organen in der gleichen Weise geben.
Besonders starke Kontroversen bestehen über die sogenannte Urhebernachfolgevergütung in den §§ 73 ff., d. h. den Gedanken, daß auch nach Ablauf der Schutzfrist von 50 Jahren die Werke nicht völlig frei sein sollen, sondern daß zugunsten eines allgemeinen Fonds auch von den Werken, die nach Ablauf der Frist gedruckt oder vervielfältigt werden, eine gewisse, natürlich wesentlich verminderte Gebühr zu zahlen ist. Der Bundesrat hat diese Bestimmung gestrichen mit der Begründung, daß das Grundgesetz dem Bund für die Regelung einer solchen Kulturabgabe, wie er es nennt, keine Zuständigkeit verleihe. Ich bitte die Herren des Bundesrats - der hier nicht vertreten ist - um Verzeihung, wenn ich sage, daß diese Begründung mir nicht einleuchtet. Sie leuchtet einem besonders dann nicht ein, wenn man heute viel in Europa zu tun hat. Es fällt uns schon sehr schwer, unsere französischen Freunde von den Vorzügen des Föderalismus zu überzeugen. Wenn sie aber erst die Nachteile des Föderalismus sehen, wie sie hier und an ähnlichen Stellen auftauchen, wird das, so fürchte ich, die Dinge noch weiter erschweren. Natürlich muß die Frage der Zuständigkeit geprüft werden. Sie sollte aber kein absolutes Hindernis sein, diese Bestimmungen abzulehnen.
Ob eine solche Urhebernachfolgevergütung in der Sache sehr erfolgreich sein wird, darüber müssen wir Sachverständige hören. Es ist gesagt worden, daß der Aufwand hier wesentlich größer sei als der Erfolg und daß dieser Vorschlag dem Gedanken der möglichst weiten Verbreitung der Kultur widerspreche. Hier wird es wieder um die Abwägung der Interessen des geistigen Schöpfers und der Allgemeinheit gehen.
Eine notwendige Ergänzung des Gesetzes über das Urheberrecht ist das Gesetz über die Verwertungsgesellschaften, das nach meiner Auffassung dringend notwendig ist. Ich weiß, daß etwa das Bundeskartellamt die Frage, ob die GEMA ein Kartell ist, negativ beantwortet hat. Ich gestatte mir die Bemerkung, daß ich - und ich glaube, daß ich zu diesem Thema etwas sagen kann - von der Richtigkeit dieser Entscheidung nicht hundertprozentig überzeugt bin. Um so wichtiger ist es, daß die Rechte und Pflichten der Verwertungsgesellschaften in einem besonderen Gesetz geregelt werden. Wenn sie schon Monopolstellungen haben - und sie müssen sie natürlich haben, um ihre Aufgabe erfüllen zu können , dann bedarf es eben etwa der öffentlichen Rechnungslegung oder des vorhin erwähnten Abschlußzwangs.
Ich habe mich im Hinblick auf die Kürze der Zeit und die frühe Abfahrt der Züge bemüht, mich möglichts kurz zu fassen. Es gäbe selbstverständlich noch sehr viel zu sagen. Wir sollten die zahlreichen nicht ganz einfachen Probleme in den Ausschüssen mit den Sachverständigen und unter uns sehr sorgfältig erörtern. Ich darf mich im Hinblick auf den guten Willen, den alle Beteiligten zeigen, dem Herrn Minister in der Bekundung der Hoffnung anschließen, daß wir diese Gesetze noch in dieser Wahlperiode verabschieden.
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Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Reischl.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie, daß ich die Stellungnahme meiner Fraktion zu diesen Gesetzentwürfen mit einem Stoßseufzer beginne, und zwar mit dem Stoßseufzer: endlich! Endlich sind wir so weit, daß wir die erste Lesung im Plenum des Bundestages beginnen und damit die Arbeit an diesen schon seit langem vorgelegten Gesetzentwürfen aufnehmen können. Es ist zwar sehr spät für die Einbringung dieser Gesetzentwürfe im Bundestag, aber hoffentlich noch nicht zu spät, um die Urheberrechtsform in dieser Legislaturperiode noch zu verabschieden. Ich darf für meine Fraktion hier gleich mit aller Klarheit sagen, daß wir gewillt sind, mit allen Kräften den Versuch zu unternehmen, die Reform in dieser Legislaturperiode noch zu verwirklichen.
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Dabei muß grundsätzlich davon ausgegangen werden, daß die Bewertung der geistigen Leistungen ohnehin in unserer etwas sehr materialistisch eingestellten Zeit immer mehr in den Hintergrund geraten ist und daß es in unserem deutschen Rechtsleben - möchte ich jetzt einmal etwas überspitzt sagen - kaum ein Rechtsgebiet gibt, auf dem die geltenden Gesetze so sehr von der technischen Entwicklung überholt worden sind, wie gerade das Gebiet des Urheberrechts.
Nun mag man sagen, der Bundesgerichtshof hat auf vielen Gebieten eine Anpassung an die moderne, jetzige Rechtslage versucht; es ist ihm dies in vielen Punkten sicher auch gelungen. Aber vergessen Sie nicht: Richterrecht kann auf einem so wichtigen Rechtsgebiet nicht Gesetzesrecht ersetzen, ganz abgesehen davon, daß wir in unserem Rechtssystem ohnehin in erster Linie vom Gesetzesrecht auszugehen haben und Wert darauf legen müssen, daß ein so wichtiges Rechtsgebiet, auf dem es so viele schwierige Abgrenzungsfragen gibt, auch in einem Gesetzgebungswerk geregelt ist.
Nun fragt sich natürlich jemand, der diese Gesetzentwürfe sieht: Wird es denn möglich sein, das Paket von Gesetzen in dieser Legislaturperiode noch zu verabschieden? Ich möchte das für meine Fraktion ausdrücklich bejahen. Ich glaube, davon ausgehen zu können - aus der Äußerung des Kollegen Deringer habe ich es bereits entnommen, und ich bin davon überzeugt, daß es bei der FDP-Fraktion auch nicht anders sein wird -, daß wir alle miteinander uns darüber einig sind, daß dieses so wichtige Rechtsgebiet noch in dieser Legislaturperiode geregelt werden sollte, und ich möchte hier den Wunsch des Herrn Ministers nachdrücklich unterstreichen.
Vor allem möchte ich mich auch gegen einen Gedanken wenden, der hin und wieder aufgetaucht ist, den Gedanken an ein sogenanntes Vorschaltgesetz. Das ist eine sehr gefährliche Sache bei einem so wichtigen Rechtsgebiet. Was das Gebiet des Urheberrechts betrifft, so ist es schon sehr fraglich, welche wirklich wichtigen Fragen hereingenommen werden
sollten. Wir könnten möglicherweise sogar in den Verdacht kommen, wenn wir gezielt einzelne Fragen, die von der Rechtsprechung so oder so entschieden worden sind, nun plötzlich gesetzgeberisch und womöglich anders regeln, daß wir den Versuch unternehmen wollten, mit einer gezielten Gesetzgebung in die Rechtsprechung einzugreifen. Daran muß man dabei auch denken. Aber ganz abgesehen davon halte ich ein Vorschaltgesetz einfach deswegen für unzweckmäßig, weil man sich nämlich dann in den kommenden Legislaturperioden auf diesem Ruhekissen ausruhen wird; und da das Haus ohnehin sehr stark belastet ist, wird man sagen: Wir haben ja die wichtigsten Fragen geregelt; jetzt haben wir wieder Zeit. Wir sind es unseren Urhebern in Deutschland eigentlich schuldig, daß wir gerade das nicht tun, sondern daß wir endlich zu einer umfassenden und modernen Regelung des Urheberrechts kommen, ganz abgesehen davon, daß es ja auch notwendig ist, nun endlich der neuesten Fassung des Urheberrechtsabkommens beizutreten; denn wir können das mit Rücksicht auf die Gleichbehandlung unserer Urheber ja nur dann, wenn wir unsere Gesetzgebung diesem Abkommen angeglichen haben. Wir können also die Abkommen auch nicht vorweg verabschieden, sondern wir müssen immer gleichzeitig die innerstaatlichen Bestimmungen mit verabschieden.
Lassen Sie mich jetzt - gerade weil ich von der Möglichkeit der Behandlung in dieser Legislaturperiode gesprochen habe - etwas zur Systematik des Gesetzes sagen. Das Gesetz enthält eine Reihe von urhebervertragsrechtlichen Bestimmungen, die zum Teil wie Herr Kollege Deringer schon sehr eingehend ausführte; ich möchte ihn nicht wiederholen -- in der Öffentlichkeit umstritten sind und die zu zahlreichen Äußerungen beider Seiten Anlaß gegeben haben. Ich erinnere an den sehr umstrittenen § 36, der in einem bewußten Eingriff in den Grundsatz „pacta sunt servanda" über eine Art clausula rebus sic stantibus eine Möglichkeit schaffen will, einen völlig ungerechten Vertrag einer neuen Situation anzupassen. Ein solche Regelung, meine Damen und Herren, wirft sehr schwerwiegende Fragen für unser Rechtssystem auf, und wir werden uns diese Sache sehr, sehr eingehend überlegen müssen.
Eine zweite Bestimmung, die ich in diesem Zusammenhang erwähnen darf, betrifft das Rückrufsrecht wegen gewandelter Überzeugung: § 42. Auch das ist in seinen letzten Auswirkungen noch nicht ganz übersehbar und muß zumindest sehr sorgfältig geprüft werden. Um einem Mißverständnis vorzubeugen, möchte ich sagen, daß ich hier nicht endgültig Stellung zu diesen beiden Bestimmungen nehmen will, und ich möchte auch keineswegs für meine Fraktion erklären, daß wir diese Bestimmungen etwa ablehnen. Ich will nur sagen, daß wir sie sehr sorgfältig prüfen wollen.
Nun erhebt sich die Frage, ob es wirklich zweckmäßig ist, einzelne Bestimmungen des Urhebervertragsrechts in dieses Urheberrechtsgesetz aufzunehmen. Die Regierung selber kündigt nämlich den Entwurf eines Urhebervertragsgesetzes an; sie sagt weiter, daß das Verlagsgesetz als einziges bisher
vorhandenes „Urhebervertragsgesetz" sich bewährt hat. Es wird von der Rechtsprechung weitgehend entsprechend angewandt.
Es ist also die Frage, ob wir uns, wenn wir in Zeitdruck kommen, nicht zweckmäßigerweise überlegen sollten, Bestimmungen, die die Beratungen deshalb aufhalten könnten, weil sie besonders problematisch sind, und die ohnehin später wieder aus dem Gesetz heraus sollen, dem späteren Gesetz vorzubehalten. Denn für unsere Urheber ist das Wichtigste, daß das moderne Urheberrecht verabschiedet wird.
Ein zweites Gebiet ist das Gebiet der Leistungsschutzrechte, vor allem also der Schutz des ausübenden Künstlers, der Schutz der Tonträgerhersteller und der Schutz der Sendeunternehmen. Dieses Gebiet ist mit dem Urheberrecht in einem Gesetz zusammengefaßt, wofür - das möchte ich ausdrücklich betonen - sehr viel spricht, zumal man ja weitgehend auf die Regelung verweisen muß. Aber aus den Kreisen der Urheber wird nicht ganz zu Unrecht eingewandt, daß eine zu enge Zusammenführung dieser beiden Gebiete die Rechtsprechung dazu bringt, die Analogie zwischen den beiden Gebieten noch weiterzutreiben, als es vielleicht richtig wäre. Vor allem besteht eine gewisse Gefahr - sie ist wirklich nicht ganz zu verkennen -, daß durch eine Überspitzung der Leistungsschutzrechte das Urheberrecht selbst gefährdet wird. Daß man das auch im Ausland erkennt, zeigt sich daran, daß man es für notwendig gehalten hat, in den Art. 1 des Internationalen Abkommens über den Schutz der ausübenden Künstler, der Hersteller von Tonträgern und der Sendeunternehmen - das dem Hause noch nicht vorliegt, das aber wohl demnächst vorgelegt werden soll - eine ausdrückliche Bestimmung aufzunehmen, die den Primat des Urheberrechts vor dem Leistungsschutzrecht festlegt.
Diese Regelung, die in einem Abkommen getroffen ist, sollte uns Anlaß geben, hier sehr sorgfältig die Abgrenzung zu suchen und darüber nachzudenken, wie eine Lösung gefunden werden kann, die es auf gar keinen Fall zuläßt, daß etwa das Leistungsschutzrecht das Urheberrecht beeinträchtigt oder gar blockiert. Gewisse Gefahren bestehen hier. Wir werden uns also sehr eingehend mit dieser Regelung befassen müssen.
Das wirft wiederum die Frage auf, ob man, wenn der Bundestag vor der Entscheidung steht, ob er wenigstens noch das Urheberrecht verabschieden sollte, gegebenenfalls das Leistungsschutzrecht einem besonderen Gesetz vorbehalten sollte, um auf diese Weise das Urheberrechtsgesetz von einem Rechtsgebiet zu entlasten, das nicht unbedingt in diesem Gesetz geregelt werden muß.
Eine letzte Frage in diesem Zusammenhang, die auch Kollege Deringer angeschnitten hat, betrifft die Urhebernachfolgevergütung. Hier möchte auch ich mit dem ganz besonderen Nachdruck, mit dem das Herr Kollege Deringer getan hat, der Auffassung des Bundesrates entgegentreten. Der Bundesrat meint: weil es sich hier nicht um eine Frage handele, die den Zusammenhang des Werkes mit dem Urheber betreffe, sei die Gesetzgebungskompetenz des Bundes nicht gegeben. Hier verwechselt der
Bundesrat das Urheberrecht im subjektiven Sinne mit dem Urheberrecht im objektiven Sinne. Der Bundesrat will die Kompetenz des Bundes für das Urheberrecht auf eine Regelung der Rechtsstellung des Urhebers allein beschränken und übersieht, daß zum Urheberrecht im weitesten Sinne alle Regelungen gehören, die sich irgendwie mit der Nutzung geistigen Eigentums - ganz gleich, ob es geschützt oder nicht geschützt ist - befassen. Ich möchte also für meine Fraktion mit allem Nachdruck sagen, daß wir die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für eine Regelung der Urhebernachfolgevergütung in der Form, wie sie in diesem Gesetzentwurf enthalten ist, für durchaus gegeben erachten. Die Frage ist nur, ob die vorgesehene Regelung wirklich schon bis ins letzte ausgegoren ist, ob sie tatsächlich geeignet ist, auf die Dauer gesehen die Urheber wirklich vor Not zu schützen.
Ich möchte in dem Zusammenhang auf zwei Gesichtspunkte hinweisen. Einmal ist es natürlich fraglich, ob man Werke, die schon freigeworden sind, oder gar Werke, die überhaupt nie geschützt waren, nun einfach in ein Vergütungsrecht einbeziehen kann. Ich erinnere daran, daß der französische Weg, der immer als Beispiel angeführt wird, ganz anders ist. Dort ist nämlich die Schutzdauer verlängert worden, und was während der Zeit der verlängerten Schutzdauer an Tantiemen anfällt, wird an die Caisse Nationale des Lettres abgeführt.
Die im Entwurf vorgeschlagene Regelung bringt aber weiter die Gefahr mit sich, daß hier ein gewisser kulturpolitischer Dirigismus einreißt, der gerade auf dem Gebiet der Kunst, der Dichtung usw. doch recht unangenehm wäre. In § 78 ist in den Nummern 1 und 2 von „verdienten Urhebern" die Rede und von der Würdigung ihrer Verdienste. Man fragt sich, wer eigentlich entscheiden soll, wer ein verdienter Urheber im Sinne dieses Gesetzes ist. Das ist ein Rechtsbegriff, der eine Wertung erforderlich macht, die von einer Behörde doch wohl sehr schwer vorgenommen werden kann. Ich zweifle etwas, ob diese Regelung wirklich dem, was gewollt ist, gerecht wird. Wir werden diese Sache also sehr sorgfältig ansehen müssen. Wenn wir vor der Frage stünden - das möchte ich ganz offen sagen -, ob die Verabschiedung des Urheberrechts ausgerechnet an diesem Gebiet scheitern soll, dann würde ich diesen Teil lieber herauslassen und das moderne Urheberrecht verabschieden, um auf diese Weise den Urhebern wenigstens die Rechte zu geben, die sie dringend brauchen.
Lassen Sie mich nur noch ganz kurz auf einige Grundsatzfragen des Urheberrechtsgesetzes selbst eingehen. Ich möchte mich dem Entwurf ausdrücklich darin anschließen, daß er das Wesen des Urheberrechts als eines ursprünglichen Rechts erkennt, das mit der Schöpfung des Werkes entsteht und vom Gesetzgeber nur anerkannt und abgegrenzt zu werden braucht. Der Begriff des geistigen Eigentums, der oft dafür gebraucht wird, den der Gesetzgeber aber erfreulicherweise weitgehend vermeidet, ist deswegen etwas gefährlich, weil er eine Sache, die mit dem Sacheigentum recht wenig zu tun hat, in die Nähe des Sacheigentums bringt. Ich möchte mich
zu der Behauptung versteigen, daß das Urheberrecht eigentlich mehr ist als das übliche Eigentum. Es ist ein Stück der Persönlichkeit selbst. Ein persönlicheres Recht ist kaum mehr denkbar. Ich möchte mich der angemessenen Stellung des Urheberrechts wegen dagegen wehren, daß es allzusehr mit dem Sacheigentum gleichgesetzt wird.
In diesem Zusammenhang erhebt sich für uns die Frage, ob wir nicht auch in Deutschland den Schritt tun sollten, die Schutzdauer für das Urheberrecht zu verlängern. Ich sehe ein, daß man das Urheberrecht nicht permanent vererblich machen kann wie das Sacheigentum, weil hier eben doch die persönliche Bindung an denjenigen, der das Werk geschaffen hat, so eng ist, daß der Nachfolger, je weiter er jedenfalls von dem Urheber weg ist, nicht mehr in der Lage sein wird, dieses Erbe wirklich zu verwalten. Aber ich glaube, daß die jetzige Schutzdauer von 50 Jahren einfach zu kurz ist. Sie führt nämlich dazu, daß die Witwe oder die Kinder des Urhebers, die sich mit der Verwaltung des Werks befassen, häufig noch leben, wenn das Werk frei wird. Wir sollten uns auch hier sehr sorgfältig überlegen, ob wir nicht die Schutzdauer des Urheberrechts wenigstens auf, sagen wir einmal, 80 Jahre verlängern sollten.
Über die Frage der Übertragbarkeit hat Herr Kollege Deringer schon sehr eingehend gesprochen. Ich habe Zweifel, ob das Urheberrecht selbst übertragbar gestaltet werden sollte - so ist es jetzt --, einfach deswegen, weil es sich nicht dazu eignet. Das Urheberrecht ist so stark persönlichkeitsbezogen, daß man es meines Erachtens nicht übertragen kann. Aber es ist sehr fraglich, ob man sich wirklich damit begnügen kann, wie das der Gesetzentwurf tut, daß auch an den Verwertungsrechten nur eine Art nießbrauchähnliches Nutzungsrecht eingeräumt werden kann. Es könnte für den Rechtsverkehr - und es gibt da gewichtige Einwendungen - sehr wesentlich sein, daß wenigstens das Verwertungsrecht übertragbar bleibt. Wir werden also noch eingehende Überlegungen auf diesem Gebiet in den Ausschüssen anstellen müssen.
Das Urheberrecht als absolutes Recht ist wie alle absoluten Rechte in unserem Rechtssystem sozial gebunden. Es ist deswegen außerordentlich bedeutsam, eine wirklich solide, dauerhafte und von allen anerkannte Grenze des Urheberrechts gegenüber den Interessen der Allgemeinheit zu finden.
Ich möchte aber gleich vor einem Irrtum warnen. Interessen der Allgemeinheit brauchen keineswegs immer Interessen der öffentlichen Hand zu sein. Manchmal hat man in der Debatte über das Urheberrecht den Eindruck, daß das immer in den Vordergrund rückt. Die Interessen der Allgemeinheit sind die bildungsmäßigen Interessen des ganzen Volkes an der Erhaltung und an der Weitergabe kulturellen Gutes und nicht so sehr Interessen der öffentlichen Hand an irgendwelchen Vorteilen. Wir sollten uns gerade in dieser Frage nicht so sehr von dem Grundsatz „Keine Arbeit ohne Lohn" entfernen. Kein Mensch wird auf die Idee kommen, daß etwa ein Bauunternehmer, weil das Schulwesen wichtig ist, eine Schule umsonst oder billiger herDr. Reischl
stellt. Ich möchte einmal hören, welchen Sturm der Entrüstung es hervorrufen würde, wenn jemand das verlangen wollte. Bei dem geistigen Eigentum, bei den geistigen Werken ist man sehr viel schneller dabei, zu sagen: Das ist im Interesse der Öffentlichkeit, und darum mußt du es hier umsonst geben. Deswegen wird es sehr wesentlich sein, die Fragen gerade auf diesem Gebiet noch einmal sorgfältig zu erörtern und zu prüfen.
Weil ich, wenn auch indirekt, die Frage der Schulbücher schon gestreift habe, sei noch hinzugefügt: Ich verkenne nicht, daß eine gewisse Gefahr besteht, daß, wenn hier ein Vergütungszwang eingeführt wird, die Verleger von Schulbüchern auf ältere und damit freie Dichter ausweichen, was für die Unterrichtung unserer Jugend auch wieder nicht zweckmäßig wäre. Gerade mit dieser Gegenüberstellung der Gesichtspunkte will ich zeigen, wie komplex all diese Probleme sind.
Wir müssen bei all diesen Regelungen immer wieder im Auge behalten, daß wir der erschreckenden Unterbewertung der geistigen Leistung in unserer heutigen Zeit nachdrücklich entgegentreten müssen. Wir müssen auch hier von dem Grundsatz ausgehen, daß keine Arbeit ohne Lohn geschehen soll und daß einer, der etwas schafft, dafür auch etwas bekommen soll.
Sehr bedenklich ist in diesem Zusammenhang nach Auffassung meiner Freunde auch die gesetzliche Lizenz. Sie ist von Herrn Kollegen Deringer, wie ich mit Erstaunen vernommen habe, bejaht worden. Hier besteht erstens das Bedenken, ob nicht die gesetzliche Lizenz für die Schallplattenhersteller längst von der Entwicklung überholt ist. Auch im Regierungsentwurf will man diese Angelegenheit sehr viel lockerer regeln als bisher. Damit ist schon gezeigt, daß hier die Entwicklung über eine alte Regelung hinweggegangen ist. Ich bin gerade bei dieser Frage für eine besonders sorgfältige Überprüfung der Bestimmungen. Denn eine gesetzliche Lizenz ist doch ein sehr starker Eingriff in die Freiheit des einzelnen Urhebers.
Sehr schwer wird es auch sein, eine gute Abgrenzung gegenüber dem privaten Bereich zu finden. Ich möchte es mir ersparen, all das zu wiederholen, was Herr Kollege Deringer schon über den Tonbandstreit angeführt hat. Gerade er zeigt, wie schwierig es ist, hier eine vernünftige Grenze zu finden. Ich möchte nur dem Gedanken entgegentreten, daß eine Rechtsprechung den Gesetzgeber bei einer völlig neuen Regelung des Urheberrechts hindern könnte, eine andere Regelung zu treffen, als die Rechtsprechung sie aufgrund des alten Rechts entwickelt hat. Hier kann man den Begriff der Enteignung nicht anführen, um den Gesetzgeber in seiner Entscheidungsfreiheit zu behindern. Der Gesetzgeber - das möchten wir mit aller Deutlichkeit sagen - ist hierin frei. Wir machen ein neues Urheberrecht und sind infolgedessen von allen auf der Grundlage des bisherigen Rechts ergangenen Entscheidungen zunächst einmal unabhängig. Daß wir sie weitgehend berücksichtigen werden, gebietet der Respekt vor unseren Gerichten und vor allem vor dem obersten Gericht. Aber daß der Gesetzgeber nicht einmal mehr soll prüfen dürfen, ob nun diese Entwicklung der Rechtsprechung so, wie sie gelaufen ist, mit dem jetzigen und mit dem gewünschten Rechtszustand, wie wir ihn schaffen wollen, wirklich übereinstimmt -, ich glaube, da sollten wir den Vorrang des Gesetzgebers mit aller Deutlichkeit klarstellen.
Damit, meine Damen und Herren, glaube ich die wichtigsten Probleme in aller Kürze behandelt zu haben. Ich darf zum Abschluß die Kollegen aller Fraktionen bitten: Helfen Sie mit uns zusammen, unseren Urhebern möglichst bald Gerechtigkeit durch ein neues, besseres Urheberrecht zu verschaffen.
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Das Wort hat Herr Abgeordneter Dürr.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn man nach drei so gehaltvollen und guten Reden als vierter zu sprechen hat, läuft man Gefahr, das zu sein, was Tucholsky einmal mit dem Begriff des „Unterstreichungsredners" bezeichnet hat. Man läuft Gefahr, des öfteren bei Problemen sagen zu müssen: „Wie mein Herr Vorredner schon sehr richtig betont hat."
Ich möchte das im allgemeinen Interesse unterlassen. Ich glaube, niemand wird dann, wenn er das, was ich gesagt habe, im Protokoll nachliest, in die Gefahrt kommen, zu sagen: Der FDP ist offensichtlich hier nicht mehr eingefallen.
Gerade dieses Thema des Urheberrechts ist ja, wie die bisherige Debatte gezeigt hat, zwischen den Parteien in keiner Weise kontrovers. Es ist natürlich bedauerlich, daß wir das Thema des Urheberrechts, wie die meisten Fragen, die etwas in den kulturellen Bereich hineingehen, am Freitagvormittag behandeln, mit den Folgen, die der Freitagvormittag für die Besetzung des Plenums nun eben hat.
Manche beißumkämpfte Frage der Wirtschaftspolitik oder der Sozialpolitik wirkt ja nicht so sehr in die Zukunft hinein und baut nicht so sehr an der Zukunft mit wie die mehr geistig-kulturellen Probleme, zu denen das Urheberrecht ja ohne jeden Zweifel gehört. In diesen Fragen werden kaum große Streitigkeiten zwischen den Parteien auftreten. Nur in einem Punkt muß ich dem Redner einer anderen Partei etwas entgegenhalten, nämlich der Bemerkung des Kollegen Reischl, mit der er seine Rede begonnen hat, seinen Stoßseufzer: Endlich! Es kommt ja gelegentlich vor, daß ein Politiker auf dem falschen Fuß „Hurra" schreit, und hier hat der Kollege Reischl ein wenig auf dem falschen Fuß „Endlich" geschrien. Herr Kollege Reischl, die Bundesregierung ist daran völlig unschuldig. Darin sind wir uns, denke ich, einig.
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- Dann haben Sie also in eine Richtung gerufen, in die es paßt. Daß die Bundesregierung den Entwurf frühzeitig eingebracht hat und an dem späten Datum der heutigen ersten Lesung unschuldig ist, darüber sind wir uns einig, so daß auch hier zu un4652
serer großen Freude die Einigkeit wiederhergestellt ist.
Es geht hier um die Modernisierung unseres Urheberrechts; es geht auch um die Vereinheitlichung unseres Urheberrechts. Die technische Entwicklung hat Fortschritte gebracht, die Anfang des 20. Jahrhunderts nicht vorhergesehen werden konnten. Unsere Gesetze sind in diesem Punkt nicht auf dem laufenden, und die Gerichte waren gezwungen, ohne die sichere Grundlage eines klaren und modernen Gesetzestextes brauchbare Regelungen zu schaffen. Wir alle sind vielleicht mit der einen oder anderen Entscheidung höchster Gerichte nicht völlig einverstanden. Aber unseren Gerichten, insbesondere dem Bundesgerichtshof, gebührt wohl Dank dafür, daß sie hier Aufgaben bewältigt haben, die in ihrer Schwierigkeit kaum mehr von anderen richterlichen Aufgaben zu übertreffen sind.
Ich möchte nur auf wenige Punkte des Entwurfs kurz eingehen, manchmal nicht einmal auf die wichtigsten, weil von meinen Vorrednern dazu schon alles gesagt worden ist.
Ein gewisser Nebenpunkt ist die Frage des Vergütungsanspruchs für das Vermieten von Vervielfältigungsstücken. Es ist schon darauf hingewiesen worden, daß sie gründlich geprüft werden muß, und zwar aus allen möglichen Gesichtspunkten. Man wird auch einige kulturpolitische Erwägungen anstellen müssen; denn die Leihbüchereien enthalten nicht nur sehr wertvolle Werke, sondern zu einem beachtlichen Teil auch Bücher, die in kürzester Zeit unter minimalem Aufwand an geistiger Leistung zusammengeschrieben werden. Die Regelung dieser Frage wird eine der zahlreichen Aufgaben sein, die den Ausschüssen des Bundestages hei der Beratung bevorstehen.
Wir werden - auch darauf muß ich hinweisen bei der Frage der öffentlichen Musikaufführungen prüfen müssen, wieweit wir den Begriff der Öffentlichkeit ziehen wollen. Sie kennen die Entscheidungen über Tanzkränzchen usw. Auch dieses Problem ist, wie die Rechtsprechung zeigt, keineswegs einfach.
Eines der schwierigsten Probleme, die wir zu lösen haben werden, ist zweifellos die Urhebernachfolgevergütung. Der Gedanke - ich zitiere den Altbundespräsidenten Theodor Heuss -, „die frei gewordenen Dichter oder Schriftsteller in gewissem Umfang zu Mitwirkenden bei der Sicherung der Lebensarbeit und der Lebenswürde ihrer Nachfolger zu machen", wird nicht nur in Deutschland diskutiert; er ist aber in anderen Ländern zum Teil noch sehr umstritten. Eines scheint mir klar zu sein - da bin ich mit den Kollegen Deringer und Dr. Reischl völlig einig -: die vom Bundesrat aufgeworfene Kompetenzfrage ist von ihm in einer Weise behandelt worden, daß wir hier nur unsere aus guten Gründen entgegenstehende Meinung gemeinsam bekunden können.
Wir werden uns sehr eingehend darüber unterhalten müssen, ob wir eine Urhebernachfolgevergütung beschließen wollen oder - das muß im Zusammenhang gesehen werden - ob wir uns mit dem Gedanken einer Verlängerung der Schutzdauer befreunden können. Kommen wir zu einer Urhebernachfolgevergütung, erhebt sich natürlich die Frage, was mit den Mitteln geschehen und wer gefördert werden soll.
Gegen die im Gesetz vorgesehene Unterstützung der Hinterbliebenen von Urhebern wird kein Mensch etwas sagen und kann auch kein Mensch etwas sagen. Der Ehrensold an Urheber, die bedürftig sind. bedarf ebenfalls keiner Diskussion. Problematisch sind die vorgesehenen Förderungsbeihilfen an begabte Urheber. Beim Lesen der Bestimmungen hat man doch sicher den Gedanken: Ja, das wäre wunderschön; wenn wir nur von vornherein genau wüßten, daß das die Richtigen bekommen. Man kann sich die Frage stellen: Hätte es Ende des 19. Jahrhunderts eine Urhebernachfolgevergütung gegeben, hätte dann wohl Vincent van Gogh an dieser Urheberrechtsnachfolgevergütung als förderungswürdiger Künstler partizipiert? An diesem Beispiel sehen Sie, wir schwierig hier nicht nur die Grundsatzfragen, sondern auch die Fragen der Durchführung sind. Die Vervielfältigung von urheberrechtlich geschützten Werken zu Privatzwecken ist nicht minder kompliziert. Darüber ist von meinen Vorrednern, denen ich nur zustimmen kann, schon so vieles gesagt worden, daß ich keine weiteren Einzelheiten vorbringen will.
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Nicht nur die Grundsatzfrage ist schwierig, sondern auch die Frage, ob wir eine praktikable Verwirklichung unserer grundsätzlichen Entscheidung finden werden. Es kommt hier mit darauf an, daß wir eine Abgrenzung zwischen den Rechten der Urheber und der Privatsphäre des einzelnen finden. Wenn ich es ganz ins Unreine sagen darf: die GEMA sollte in die Privatwohnung nicht weiter eindringen dürfen, als dies aus guten Gründen dem Herrn Staatsanwalt erlaubt ist.
({2})
- Ein allgemeiner Satz, dem Sie Beifall spenden.
Ich bin mir aber darüber klar, daß die Verwirklichung dieses Satzes im konkreten Falle nicht so leicht ist wie die Proklamierung des Grundsatzes. Auch das Verwertungsgesellschaftengesetz wird uns vor eine Menge von Problemen stellen. Es kribbelt mir etwas in den Fingern, gefühlsbetonte Worte über das Problem GEMA von mir zu geben. Es fällt mir nicht leicht, das zu unterlassen. Die GEMA ist nicht populär, und ihr Geschäftsgebaren ist auch nicht so, daß sie Popularität erwarten könnte.
({3})
Das Urheberrecht geht sehr weit, und die Frage, was den Urhebern die materiellen Einkünfte, auf die sie ein Anrecht haben, bringt, ist ein Problem, das mit vom Geschäftsgebaren einer solchen Verwertungsgesellschaft abhängt. Ein wenig habe ich den Eindruck, daß sich die GEMA zeitweise mit einem urheberrechtlichen Ährenlesen befaßt. Ich habe mir von Agrarpolitikern sagen lassen, daß in
der modernen Landwirtschaft das Ährenlesen nicht mehr besonders rationell sei.
({4})
Aber hier können wir das wenigste davon im Gesetz selber regeln; für die Handhabung beim Geschäftsgebaren der Verwertungsgesellschaften müssen wir einiges diesen überlassen.
Einig sind meine politischen Freunde und ich mit dem, was die Kollegen Deringer und Reischl gesagt haben: Wir müssen versuchen, die vier Gesetzentwürfe noch in dieser Legislaturperiode zu verabschieden. Ich glaube, die Reden, die hier gehalten worden sind, und die Atmosphäre, in der sie gehalten worden sind, verbürgen ein gutes Klima in den Ausschüssen, die sich mit diesen Fragen zu befassen haben. Vorschaltgesetze sind immer schwierig. Auf diesem Gebiet wären Vorschaltgesetze noch viel problematischer als jene, mit denen wir es in den vergangenen Jahren in der Sozialpolitik etwa zu tun gehabt haben.
Lassen Sie mich mit einer Bemerkung schließen, die über das Urheberrecht hinausgeht, die sich aber einem parlamentarischen Geschäftsführer nun einmal aufdrängt. Die Schwierigkeit der Behandlung der verschiedenen Reformen auf dem Gebiet des Rechtswesens, auch die Tatsache, daß wir erst heute die erste Lesung der vier Gesetze haben, zeigt, daß wir im Deutschen Bundestag nicht zuviel, sondern zuwenig Juristen haben, die bereit und in der Lage sind, sich den Reformarbeiten auf diesen Rechtsgebieten zu widmen. Wenn man in anderthalb Jahren an die Aufstellung der Kandidaten für die Bundestagswahl 1965 denkt, wäre es kein Fehler, wenn alle Parteien hier für geeigneten Nachwuchs sorgten. Es grenzt zwar ans Peinliche, wenn ein Jurist das sagt; aber ich bin von der Richtigkeit meiner Behauptung so sehr überzeugt, daß ich glaubte, sie nicht unterlassen zu können.
({5})
Das sind Juristen immer.
Ich schließe die erste Beratung. Vorgesehen ist die Überweisung der vier Gesetzentwürfe an den Rechtsausschuß - federführend - sowie an den Ausschuß für Kulturpolitik und Publizistik zur Mitberatung. Die Gesetzentwürfe unter 6 a und 6 b sollen außerdem zur Mitberatung auch an den Wirtschaftsausschuß überwiesen werden. - Es ist so beschlossen. Ich kann nur sagen, die Ausschüsse tragen unsere großen Hoffnungen.
Eine Mitteilung: um 12 Uhr wird in Zimmer 325 A eine Sitzung des Ausschusses für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen stattfinden.
Auf Grund einer Vereinbarung rufe ich nun auf die zusätzlich auf die heutige Tagesordnung gesetzten Punkte, zunächst:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 29. März 1962 zur Gründung einer Europäischen Organisation für die Entwicklung und den Bau von Raumfahrzeugträgern ({0}) ({1}).
Es liegt vor der Bericht der Frau Abgeordneten Geisendörfer. Ich danke der Frau Berichterstatterin für die Ergänzung des Berichts. Eine Aussprache wird nicht gewünscht. Ich rufe auf Art, 1, - Art. 2, - Einleitung und Überschrift. Wer zustimmt, gebe bitte das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich schließe die zweite Beratung und eröffne die
dritte Beratung.
Eine Aussprache wird nicht gewünscht. Wer zustimmt, erhebe sich vom Platze. - Gegenprobe! - Enthaltungen? -- Das Gesetz ist einstimmig angenommen.
Ich rufe auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 14. Juni 1962 zur Gründung einer Europäischen Weltraumforschungs-Organisation ({2}) ({3}).
Auch hier liegt der Bericht der Frau Abgeordneten Geisendörfer vor, der ich dafür danke. Ich nehme an, daß eine Aussprache nicht gewünscht wird. Wir können dann abstimmen. Ich rufe auf Art. 1, - Art, 2, - Einleitung und Überschrift. Wer zustimmt, gebe bitte das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich schließe die zweite Beratung und eröffne die
dritte Beratung.
Eine Aussprache wird nicht gewünscht. Wer zustimmt, erhebe sich vom Platze. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Auch dieses Gesetz ist einstimmig angenommen.
Wir haben dann noch über den Entschließungsantrag auf Drucksache 1V/1708 B 2 abzustimmen. Wer zustimmt, gebe bitte das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Entschließungsantrag ist einstimmig angenommen.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 7:
Erste Beratung des von den Abgeordneten Rehs, Lemper, Zühlke, Frau Korspeter, Heide und Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Siebzehnten Gesetzes zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes ({4}) ({5}).
Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Lemper.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Mein Fraktionskollege Zühlke hat in der 84. Sitzung des Deutschen Bundestages aus Anlaß der Aussprache über die Regierungsvorlage eines 17. Änderungsgesetzes zum Lastenausgleichsgesetz erklärt, daß die Vorlage an Dürftigkeit wohl kaum zu überbieten sei. Gleichzeitig hat er erklärt, daß die sozialdemokrati4654
sche Bundestagsfraktion einen eigenen Entwurf einbringen würde. Ich freue mich, diese Vorlage heute begründen zu dürfen.
Ein Vergleich der beiden Gesetzentwürfe zeigt sehr unterschiedliche Merkmale auf, deren wesentlichste Punkte ich herausstellen möchte. Bei meinen Ausführungen kann ich mir polemische Betrachtungen ersparen. Zudem möchte ich Ihre kostbare Zeit nicht zu sehr beanspruchen und mich so kurz wie möglich fassen.
Der SPD-Entwurf sieht in seinen Kernpunkten folgende Verbesserungen vor, zu denen ich im weiteren Verlauf noch Stellung nehmen möchte: erstens eine fühlbare Erhöhung der Unterhaltshilfe, zweitens die Nichtanrechnung der Unterhaltshilfe auf die Hauptentschädigung, drittens eine entscheidende Auflockerung und Verbesserung der Selbständigenzuschläge sowie viertens die Nichtanrechnung von Rentenerhöhungen auf die Unterhaltshilfe.
Als erstes darf ich zur Unterhaltshilfe folgendes ausführen. Während der Regierungsentwurf eine Erhöhung von nur 15 DM vorsieht, sind wir Sozialdemokraten der Meinung, daß die Unterhaltshilfe um 35 DM auf 190 DM erhöht werden sollte. Ebenso soll der Ehegattenzuschlag spürbar erhöht sowie der Kinderzuschlag entsprechend angehoben werden. Damit soll erreicht werden, daß die alte Relation zwischen der Unterhaltshilfe und der Sozialhilfe wiederhergestellt wird. Ich darf dies an Hand eines Beispiels erläutern. Bisher erhält ein Alleinstehender monatlich 155 DM Unterhaltshilfe. Nach der Regierungsvorlage soll er 170 DM erhalten. Nach unserer Auffassung muß er mindestens 190 DM bekommen. Warum? Ein alleinstehender Sozialhilfeempfänger erhält monatlich im Durchschnitt etwa 190 DM. Von jeher aber war in diesem Hohen Hause die Meinung, daß zwischen den Leistungen der Fürsorge bzw. Sozialhilfe und der Unterhaltshilfe eine Relation bestehen sollte, die um 20 % höher liegt, als dies im Augenblick der Fall ist. Wenn wir Sozialdemokraten mit unserem Vorschlag bis an die Grenze des Möglichen - gemeint ist dabei: nach unten - gegangen sind, so dürfte das ein Beweis dafür sein, daß wir uns ernsthaft mit dieser Frage befaßt haben. Daß die Unterhaltshilfe künftig nicht mehr auf die Hauptentschädigung angerechnet werden soll, dürfte bei gerechter Beurteilung der Gesamtsituation als berechtigt anerkannt werden.
Ein weiterer wichtiger Punkt in unserer Vorlage ist die Verbesserung der Selbständigenzuschläge. Im Regierungsentwurf vermissen wir die seit langem fällige Verbesserung. Wir Sozialdemokraten wollen hier zumindest das Notwendige tun. Der SPD-Entwurf bringt eine entscheidende Auflockerung der bisherigen Voraussetzungen in mehrfacher Hinsicht.
Zunächst soll der Selbständigenzuschlag nicht wie bisher erst bei einem Grundbetrag zur Hauptentschädigung von 3600 DM, sondern bereits bei einem Grundbetrag von 1500 DM gewährt werden. Dadurch wird der größte Teil der kleinen und mittleren
Betriebe in die Regelung neu einbezogen. Aus den bisherigen vier Stufen, nach denen sich die Höhe bemißt, sind sieben Stufen geworden. Der Selbständigenzuschlag wird nunmehr in der niedrigsten Stufe 30 DM und bei einem Grundbetrag zur Hauptentschädigung von über 12 000 DM 125 DM betragen. Dazu kommt eine großzügige Anhebung der Ehegattenzuschläge, die bisher grundsätzlich 10 DM betrugen. Diese Höhe wird der Zuschlag nur noch in den Stufen 1 und 2 haben. In den darauffolgenden Stufen wird der Zuschlag bis zu 60 DM - in der letzten Stufe - angehoben. Wir glauben, daß wir die Verbesserungen und vor allen Dingen die Auflockerung vornehmen müssen, um endlich auch die Klein- und Mittelbetriebe berücksichtigen zu können. Bei dem Personenkreis, der neu berücksichtigt werden soll, handelt es sich um Menschen, die sich bisher benachteiligt fühlten und dies auch waren.
Ein besonderes Anliegen meiner Fraktion ist es, daß Rentenerhöhungen auf Grund der allgemeinen Bemessungsgrundlage auf die Unterhaltshilfe nicht mehr angerechnet werden. Sie kommen dadurch als wirkliche Leistungsverbesserungen dem Empfänger zugute und werden nicht wie bisher ganz oder teilweise wieder weggesteuert. Es kann und darf nicht der Wille dieses Hauses sein, daß mit der linken Hand das weggenommen wird, was mit der rechten Hand gegeben wird.
Die von mir hier besprochenen sind nur ein Teil der in unserer Vorlage vorgesehenen Verbesserungen. Die von mir aufgezeigten und alle noch auftauchenden Probleme werden im Lastenausgleichsausschuß Gegenstand der Beratung sein. Wir Sozialdemokraten hoffen und erwarten, daß unser Entwurf auch den anderen Fraktionen eine Grundlage bietet, eine reale, den sozialen Verhältnissen entsprechende Novellierung zu finden. Die Ausführungen der Sprecher aller Fraktionen, die Forderungen des Herrn Bundesvertriebenenministers in seiner Eigenschaft als Präsident des Bundes vertriebener Deutscher, die berechtigten Forderungen der Geschädigtenverbände, ob das Kriegssachgeschädigte, Vertriebenenverbände oder Sowjetzonenflüchtlingsverbände sind, sowie die zwingende Notwendigkeit, eine wirklich soziale Novelle zu verabschieden, stimmen uns zuversichtlich.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich mit einem Dichterwort schließen, das so schön in die Situation paßt: „Es ist nicht genug zu wissen, man muß es auch anwenden; es ist nicht genug zu wollen, man muß es auch tun."
Ich beantrage namens der SPD-Fraktion Überweisung an den Lastenausgleichsausschuß.
({0})
Ich eröffne die Aussprache.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Kuntscher.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir zunächst eine Vorbemerkung. Wir haben heute die 100. Plenar
Sitzung in dieser Legislaturperiode. Also müßten wir eigentlich etwas festlich gestimmt sein. Andererseits müßten wir auch recht friedlich sein. Ich will mich nach beiden Richtungen bemühen.
Der vorliegende Gesetzentwurf der SPD-Fraktion für ein 17. Änderungsgesetz enthält Änderungsvorschläge zu zwanzig Paragraphen des Lastenausgleichsgesetzes. Daraus ergeben sich Änderungen in 47 Positionen. Die Auswirkungen sind also nicht nur umfangreich, sondern auch in finanzieller Hinsicht recht bedeutend. Bei zwei dieser Positionen könnte eine Verstärkung der finanziellen Mittel des Ausgleichsfonds erreicht werden. Alle anderen vorgesehenen Änderungen bringen Belastungen, teils für den Fonds, teils für den Bund und stärker noch für die Länder. Die amtlichen Stellen schätzen den Gesamtaufwand, der sich bei Verwirklichung dieses Antrages ergibt, für die restliche Laufzeit des Lastenausgleichsgesetzes, also für 16 Jahre, auf etwa 7,2 Milliarden DM, d. h. jährlich auf 520 Millionen DM. Das bedeutet gegenüber dem Regierungsentwurf eine jährliche Mehrbelastung von etwa 400 Millionen DM.
In der Plenarsitzung am 9. Oktober dieses Jahres, in der in erster Lesung der Regierungsentwurf einer 17. Novelle des Lastenausgleichsgesetzes behandelt wurde, habe ich zu den Problemen eingehend Stellung genommen, die sich aus der Unterhaltshilfe, der Neuordnung des Selbständigenzuschlags und der durch diese Maßnahmen bedingten Erhöhung der Einkommenshöchstgrenze ergeben. Ich habe in dieser Plenarsitzung ferner erklärt, daß die 20 %ige Anrechnung des Selbständigenzuschlages auf die Hauptentschädigung bei den Ausschußberatungen genau überprüft werden muß. Dies gilt auch für die Höhe der Anrechnung von Kinderzuschlägen und von Renten. Erwähnt habe ich ferner das Problem des § 6 Abs. 4. Deshalb kann ich mir weitere Ausführungen über die in der 17. Novelle anstehenden Probleme ersparen. Sie können in dem Bericht über die 84. Plenarsitzung dieses Hauses nachgelesen werden.
Anmerken möchte ich noch, daß der FDP-Antrag betreffend eine Änderung des § 13 Abs. 4 des Feststellungsgesetzes gleichfalls in die 17. Novelle eingearbeitet wird. Ich bin von den Kollegen der FDP bevollmächtigt, auch in ihrem Namen zu sprechen.
Meine Damen und Herren von der antragstellenden Fraktion, Sie gehen in Ihrem Antrag ein ganzes Stück zu weit; denn die Ausgaben für die Erfüllung all dieser Anliegen werden wir finanziell nicht verkraften können. Sie können weder vom Fonds noch vom Bund verkraftet werden. Auch bei den Ländern werden sich Schwierigkeiten ergeben.
Eine Position in Ihrem Antrag ist mir sehr sympathisch; ich möchte nicht versäumen, das hier zu sagen. Es ist die Änderung des § 348, wodurch die Rückzahlung der Darlehen, die vom Ausgleichsfonds an die Länder gegeben wurden, neu geordnet werden soll. Der Vorschlag Ihrer Fraktion geht dahin, daß die bisherige Rückzahlung von 2 % durch eine andere gesetzliche Regelung - schon mit dem Jahre 1964 beginnend - mit 6 % bis zum Jahre 1967 ersetzt werden soll. Diese Neuordnung wäre eine recht beachtliche Stärkung des Ausgleichsfonds.
Ob diese Lösung in Zusammenarbeit mit den Ländern möglich ist, kann ich im Augenblick nicht übersehen. Ich würde sie wegen der beachtlichen Stärkung des Ausgleichsfonds begrüßen. Wir alle haben ja das Bestreben, so schnell wie möglich mit den mit der Hauptentschädigung aus dem Lastenausgleich zusammenhängenden Problemen fertig zu werden. Die Änderung des § 348 würde auch eine ganz beachtliche Erhöhung der Einnahmen des Ausgleichsfonds bedeuten; es sind immerhin 5200 Millionen DM, die an Wohnraumhilfe und Aufbaudarlehen für den Wohnungsbau von den Ländern dem Lastenausgleichsfonds geschuldet werden.
Ich würdige den guten Willen, der einer ganzen Reihe der in der Begründung sachlich vorgetragenen Wünsche zugrunde hegt. Aber ich sage noch einmal: wir werden nicht alle diese Wünsche erfüllen können, weil das über die finanzielle Kraft des Fonds und über die des Bundes - über die der Länder will ich kein Urteil abgeben - geht.
Ich beantrage die Überweisung an den Lastenausgleichsausschuß - federführend - und an den Haushaltsausschuß zur Mitberatung.
({0})
Ich schließe die Beratung. Sie haben den Antrag gehört. Wird ihm zugestimmt? - Es ist so beschlossen.
Ich rufe auf Punkt 9 der Tagesordnung:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Gewährung von Weihnachtszuwendungen ({0}).
Der Entwurf wird nicht begründet. Auf Beratung wird verzichtet. Ich schließe die Erste Beratung.
Es ist Überweisung an den Ausschuß für Inneres vorgesehen.
({1})
- Sie brauchen das nicht zu beantragen. Nachdem es sich um eine Finanzvorlage handelt, findet zwangsläufig auch die Überweisung an den Haushaltsausschuß statt. - Die vorgeschlagene Überweisung ist beschlossen.
Ich rufe auf Punkt 28 der Tagesordnung:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Gesundheitswesen ({2}) über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Herstellungsdatum und Haltbarkeitsdauer auf verpackten Lebensmitteln ({3}).
Ich danke der Berichterstatterin, der Abgeordneten Frau Dr. Flitz ({4}), für ihren Schriftlichen Bericht.
Eine Aussprache wird nicht gewünscht. Ich schließe die Beratung.
({5})
- Bitte, Herr Kollege Dr. Mommer!
Herr Präsident, wegen der gleichzeitigen Tagung des Kriegsopferausschusses ist der Fraktionskollege, der hier eine Erklärung abgeben wollte, nicht anwesend. Ich bitte das nachzusehen, Herr Präsident, und zu erlauben, daß die von ihm vorbereitete Erklärung zu Protokoll gegeben wird.
Ich bin damit einverstanden, das Haus ebenfalls *).
Es liegt der Antrag des Ausschusses auf Drucksache IV/1623 vor. Er enthält vor allem die Aufforderung an die Bundesregierung, dem Bundesrat eine Rechtsverordnung mit einschlägigem Inhalt vorzu-
*) Siehe Anlage 2
legen. Wer diesem Antrag zustimmen will, gebe bitte Zeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Wir sind damit am Schluß unserer 100. Sitzung. Der Herr Kollege Kuntscher hat mit Recht darauf hingewiesen, daß das vielleicht ein Anlaß ist, an die Fülle der in den bisherigen Sitzungen verantwortungsbewußt geleisteten Arbeit zu denken und die Hoffnung auszudrücken, daß uns noch ein erfolgreiches Wirken für unser Volk vergönnt sein möge.
({0})
Ich berufe die nächste Sitzung auf den 11. Dezember, 9 Uhr. Die Sitzung ist geschlossen.