Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet.
Meine Damen und Herren! Am 21. Januar hat der Abgeordnete Bundesminister Schwarz seinen 60. Geburtstag gefeiert. Ich darf ihm die besten Glückwünsche aussprechen.
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Es ist interfraktionell vereinbart worden, die vorliegende Tagesordnung um den Bericht des Außenhandelsausschusses über die dringliche Dreizehnte Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1959 - Drucksachen 1566, 1546 - zu erweitern. - Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Weiter ist interfraktionell vereinbart worden, den Mündlichen Bericht des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung betreffend Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abgeordneten Dr. Zimmermann gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 18. Januar 1960 - Drucksache 1567 - auf die Tagesordnung zu setzen. Ist das Haus damit einverstanden? - Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Ich schlage vor, meine Damen und Herren, daß wir diese beiden Punkte sowie die zweite und dritte Beratung des Gesetzes über die Frist für die Anfechtung von Entscheidungen des Deutschen Patentamts - Drucksachen 1564, 1490 neu, Punkt 10 der gemeinsamen Tagesordnung - im Anschluß an die Beratungen zu Punkt 25 der Tagesordnung, Fremdrentengesetz, behandeln. - Auch darüber besteht Einverständnis.
Die übrigen amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Herr Bundesminister des Innern hat unter dein 19. Januar 1960 die Kleine Anfrage der Fraktion der FDP betr. Novelle zur Neuregelung des Lebensmittelstrafrechts ({1}) beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 1562 verteilt.
Der Herr Bundesminister des Innern hat unter dem 11. Januar 1960 seine Stellungnahme zum Gutachten des Bundesbeauftragten für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung über die Organisation und Wirtschaftlichkeit des Instituts für Angewandte Geodäsie in Frankfurt/M. mit Außenstelle Berlin übersandt. Sie liegt im Archiv zur Einsichtnahme aus.
Der Herr Bundesminister der Finanzen hat unter dem 18. Januar 1960 gemäß § 46 Abs. 2 des Deutschen Auslieferungsgesetzes die Empfehlung des Rates für die Zusammenarbeit auf dem Gebiete des Zollwesens über gegenseitige Verwaltungshilfe und die dem Generalsekretär des Rates bis zum 18. Juni 1958 zugegangenen Antworten der Mitgliedstaaten zur Kenntnis gebracht. Die Empfehlung des Rates ist im Bundesgesetzblatt 1959 Teil II S. 1500 veröffentlicht.
Die Fraktion der FDP hat mit Schreiben vom 20. Januar 1960 ihren Gesetzentwurf zur Änderung des Tarifvertragsgesetzes ({2}) zurückgezogen.
Wir kommen zur
Fragestunde ({3}).
Herr Bundesminister Dr. Seebohm ist erkrankt, Herr Staatssekretär Dr. Seiermann von Bonn abwesend. Die das Ressort des Bundesministers für Verkehr betreffenden Fragen müssen deshalb abgesetzt werden.
Ich komme zu den Fragen im Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen, zuerst zu der Frage des Abgeordneten Cramer betreffend Paketbeförderung von Aurich nach Westerloog:
Ist -dem Herrn Bundespostminister bekannt, daß Pakete von
Aurich nach dem 10 km entfernten Ort Westerloog regelmäßig über Bremen, Wilhelmshaven, Jever nach Ogenbargen geleitet
werden, um sie von dort an den Empfänger auszuliefern?
Weiß der Herr Minister, daß auf diese Weise derartige Pakete fast 300 km befördert werden und für eine tatsächliche Entfernung von 10 km his zu 8 Tagen Reisezeit benötigen?
Gibt es im Bereich .der Bundespostverwaltung noch mehr solcher Kuriositäten?
Das Wort hat Herr Staatssekretär Dr. Steinmetz.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf die Frage des Herrn Abgeordneten Cramer wie folgt beantworten.
Es trifft zu, daß so, wie Sie in Ihrer Frage angaben, Pakete von Aurich nach Westerloog, Post Ogenbargen, geleitet werden. Eine Beförderung auf dem unmittelbaren Wege würde die Einrichtung einer besonderen Kraftfahrzeugverbindung von Aurich nach Ogenbargen erforderlich machen. Dies ist aber, weil es unwirtschaftlich wäre, kaum zu verantworten. Im Raum Aurich kommen nämlich im Durchschnitt täglich nur vier bis fünf Pakete für das gesamte Gebiet Wilhelmshaven-Jever-Wittmund-Esens auf. Diese ,geringe Zahl kann ohne Aufwand und, wie die Prüfung der Laufzeiten ergeben hat, im allgemeinen ohne Verzögerung auf dem genannten Weg befördert werden. Die nachmittags in Aurich aufgelieferten und für den gesamten Raum bestimmten Pakete liegen in der Regel am nächsten Werktag zur Zustellung oder zur Abholung vor. Bei den von Ihnen, Herr Abgeordneter Cramer, erwähnten Laufzeiten kann es
sich nur um Ausnahmefälle handeln, zu denen ich ohne nähere Angaben leider nicht Stellung nehmen kann.
Die Tatsache, daß besonders im Nahverkehr die Postbeförderungsstrecke oft größer ist als die unmittelbare Wegestrecke, mag zwar von einem Außenstehenden als Kuriosität angesehen werden; sie entspricht aber, ohne daß dadurch Nachteile für den Postkunden entstehen, den Erfordernissen des Postbeförderungsdienstes.
Der Aufbau des Postverkehrsnetzes muß sich einmal nach dem Verkehrsanfall und zum anderen nach dem Verkehrsfluß richten. Dabei ist die Post in Verkehrsströme zusammenzuziehen und auf Knotenpunkte zu leiten, von denen aus jeweils ein Bereich mit Post versorgt wird. Dies gebietet schon der Grundsatz einer wirtschaftlichen Betriebsführung. Es bedarf wohl kaum einer näheren Begründung, daß, wollte man für jede postalische Beziehung eine besondere Verbindung schaffen, der Postbeförderungsdienst in einem nicht zu vertretenden Ausmaß mit Kosten belastet würde, für die letztlich der Postkunde aufzukommen hätte.
Eine Zusatzfrage? - Herr Abgeordneter Cramer!
Herr Staatssekretär, Sie halten es also für richtig, daß Pakete zur Überwindung einer tatsächlichen Entfernung von 10 km fast 300 km befördert werden? Gibt es keine Möglichkeit, kleinere Bezirke zu schaffen, damit die Pakete nicht I) so weit gefahren werden müssen, um ins nächste Dorf befördert zu werden?
Herr Abgeordneter Cramer, wie ich soeben schon ausführte, besteht nicht nur die Möglichkeit, sondern auch die Notwendigkeit, einen unmittelbaren Verkehrsbetrieb einzurichten. Wenn es die betrieblichen Verhältnisse erfordern, wenn beispielsweise in diesem Bezirk eine erhebliche Anzahl von Paketen zusätzlich befördert werden müßten, müßte und würde ein solcher Betrieb auch eingerichtet werden. Aber bei der jetzigen Sachlage ist das nach unserer eingehenden Überprüfung mit den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, nach denen der Herr Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen zu arbeiten hat, einfach noch nicht zu vereinbaren.
Eine weitere Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß in der Presse die Behauptung aufgestellt worden ist, diese Art der Beförderung führe dazu, daß derartige Pakete tatsächlich acht Tage unterwegs sind? Sind Sie bereit, diese Angaben nachzuprüfen?
Herr Abgeordneter Cramer, wir sind sofort bereit, diese
Angaben nachzuprüfen, wenn uns die entsprechenden Unterlagen gegeben werden. Aber ich darf noch einmal sagen: in der Regel wird und darf das nicht der Fall sein. Es kann sich ,dabei nur um Ausnahmen handeln. Wir sind für entsprechende Unterlagen zur genauen Nachprüfung sehr dankbar, Herr Abgeordneter.
Ich komme zur Frage des Abgeordneten Folger betreffend Sondermarke zum 200. Geburtstag Friedrich von Schillers:
Warum hat die Deutsche Bundespost anläßlich des 200. Geburtstages Friedrich von Schillers am 10. November 1959 nur in Berlin eine Sondermarke herausgegeben?
Im Gebiet der Deutschen Bundespost sind seit 1945 insgesamt sieben Schiller-Gedenkmarken herausgegeben worden, zuletzt im Jahre 1955 aus Anlaß des 150. Todestages Schillers. Es erschien daher dem Herrn Minister für das Post- und Fernmeldewesen, vor allem auch wegen der besonderen Situation der Stadt Berlin, angebracht, die Gedenkmarke zum 200. Geburtstag Schillers von der Landespostdirektion Berlin herausgeben zu lassen. Daß die Postwertzeichen der Landespostdirektion Berlin im gesamten Bundesgebiet gelten, darf ich als bekannt voraussetzen.
Eine Zusatzfrage? - Herr Abgeordneter Folger!
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß in der sowjetisch besetzten Zone und in Ungarn anläßlich des 200. Geburtstages Friedrich von Schillers Sondermarken herausgekommen sind? Finden Sie, daß der Freiheitsdichter Schiller in der Bundesrepublik weniger ehrenwert ist als in der Sowjetzone und in Ungarn?
Herr Abgeordneter, die Herausgabe solcher Marken in diesen Ländern ist dem Herrn Bundesminister selbstverständlich bekannt. Aber abgesehen davon, daß es, glaube ich, nicht unbedingt erforderlich ist, in Einzelfällen das zu tun, was diese Länder tun, darf ich noch einmal darauf hinweisen, daß mit der Herausgabe der Marke unter dem besonderen Blickpunkt Berlin unseren gesamtpolitischen Interessen und Notwendigkeiten wohl ganz besonders gedient ist.
Eine weitere Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, warum hat dann die Deutsche Bundespost anläßlich des 100. Todestages Alexander von Humboldts sowohl in Berlin als auch in der Bundesrepublik Sondermarken herausgegeben?
Verehrter Herr Abgeordneter, das kann ich mit einem Satz sagen: weil es der Bundespost und der Bundesregierung als zweckmäßig erschien.
({0})
Ich komme zur Frage des Abgeordneten Ritzel wegen Aufhebung des § 9 Abs. 2 der Postsparkassenordnung:
Wann wird die in keiner Weise mehr zeitgemäße Begrenzung
des § 9 Abs. 2 der Postsparkassenordnung aufgehoben?
Die Beschränkung der Rückzahlungen ohne Kündigungsfrist auf monatlich 1000 DM beruht auf § 23 Ziffer 3 des Gesetzes über das Kreditwesen. Zwar ist die Geltung dieses Gesetzes gemäß § 2 für die Deutsche Bundespost ausgenommen. Seine Beachtung aber wurde der Post bei der Einführung des Postsparkassendienstes im Interesse der Wettbewerbsgleichheit mit den Kreditinstituten von den damals für das Kreditwesen zuständigen Stellen auferlegt. Diese Regelung ist in den dem Bundestag als Drucksache 1114 vorliegenden Entwurf eines neuen Gesetzes über das Kreditwesen übernommen worden. Der Entwurf enthält auch eine ausdrückliche Bestimmung über die Bindung der Postsparkasse an den monatlichen Höchstbetrag für Rückzahlungen ohne Kündigungsfrist.
Eine Zusatzfrage? Herr Abgeordneter Ritzel!
Herr Staatssekretär, würden Sie so freundlich sein, dem Hause mitzuteilen, in welcher Weise nun bei der geplanten Neuregelung eine Änderung erfolgen oder ob es ganz beim alten Zustand bleiben soll?
Verehrter Herr Abgeordneter Ritzel, das zu beantworten bin ich nicht in der Lage. Das wird davon abhängen, in welcher Form dieses Hohe Haus das Gesetz verabschiedet.
Eine weitere Zusatzfrage!
Ich nehme an, Herr Staatssekretär, daß es sich um eine Regierungsvorlage handelt. Ich habe nur danach gefragt, was die Regierung in dieser Vorlage plant.
Ich habe bereits gesagt: der Entwurf, der dem Hause vorliegt, enthält eine ausdrückliche Bestimmung über die Bindung der Postsparkasse an den monatlichen Höchstbetrag für Rückzahlungen ohne Kündigungsfrist.
Danke.
Ich komme zur Frage des Abgeordneten Hackethal über Postzustellung auf dem Lande:
Sind dem Herrn Bundespostminister die Zustände in der Postzustellung auf dem Lande, vor allem bei den einzeln liegenden Häfen bekannt?
Hält er die Postzustellung in zweitägigen Abständen vereinbar mit dem Beförderungsmonopol der Bundespost?
In welchen gesetzlichen Bestimmungen finden derartige Maßnahmen ihre rechtliche Grundlage?
Die im wesentlichen gleiche Frage des Herrn Abgeordneten Logemann hat der Herr Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen in der 66. Sitzung des Deutschen Bundestages am 18. März 1959 beantwortet. Sie ist nachzulesen im Protokoll auf Seite 3522.
Ergänzend bemerke ich, daß inzwischen die Postversorgung auf dem Lande durch Einrichtung zusätzlicher Beförderungsgelegenheiten, so einer Landkraftpost am Sonntagvormittag und einer zweiten Landkraftpost am Freitagnachmittag erheblich verbessert worden ist. Soweit ein dringendes Bedürfnis vorliegt, werden auch von Montag bis Donnerstag Nachmittagsfahrten zur Bedienung der Amtsstellen eingerichtet. Durch die se Maßnahmen ist der Postverkehr mit ländlichen Gebieten entscheidend verbessert worden.
Der Herr Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen denkt nicht an irgendwelche Einschränkungen der Postzustellung auf dem flachen Lande. Auf Grund der verbesserten Haushaltslage wird er vielmehr überall, wo es erforderlich ist, weitere Verbesserungen anstreben.
Eine Zusatzfrage!
Darf ich fragen, wie Sie ,die Postzustellung auf den einzeln liegenden Höfen in Zukunft ordnen wollen? Die Frage ist nicht beantwortet. Darf ich fragen, wie Sie darüber denken?
Die Versorgung einzelner Höfe wird genauso durchgeführt, wie die Versorgung im allgemeinen vergenammen werden muß, nämlich einmal nach unserer Pflicht und dem uns auferlegten Zwang und zum anderen nach den Erfordernissen und Gegebenheiten der Wirtschaftlichkeit, denen zu folgen der Herr Postminister verpflichtet
Keine weitere Zusatzfrage!
Vizepräsident Dr. Jaeger
Ich komme zur Frage des Abgeordneten Dr. Schneider ({0}) wegen Abkürzungen im Fernsprechbuch des Saarlandes:
Billigt der Herr Bundespostminister die neuerdings im Saarland eingeführte Methode, die Eintragungen der Fernsprechteilnehmer im amtlichen Fernsprechbuch so weitgehend abzukürzen, daß der normale Benutzer nicht mehr in der Lage ist, die einzelnen Fernsprechteilnehmer voneinander zu unterscheiden?
Billigt der Herr Bundespostminister insbesondere die Abkürzung der Vornamen durch einen oft mehrfach gleichlautenden Anfangsbuchstaben?
Billigt er des weiteren die weitgehende Abkürzung der Berufsbezeichnungen und Ortsbezeichnungen, so daß beispielsweise Eintragungen folgender Art im Fernsprechbuch des Saarlandes für Sulzbach - Seite 155 - herauskommen: „Sattler O Arch Du", wobei gemeint ist: Sattler, Otto, Oswald o. ä., Architekt in Dudweiler ({1})?
in Verbindung damit zur Frage des Abgeordneten Schmitt ({2}) :
Sind die Pressemeldungen richtig, wonach versuchsweise die Eintragungen in den Fernsprechbüchern gekürzt und dabei die Vornamen grundsätzlich abgekürzt werden sollen?
Zur vorliegenden Frage darf ich im Zusammenhang mit der Frage des Abgeordneten Schmitt folgendes ausführen. In den neuen amtlichen Fernsprechbüchern werden Vornamen und Berufsbezeichnungen abgekürzt. Das geschieht nicht deshalb, weil sich das Postministerium eine Spielerei ausgedacht hat, auch nicht aus Ersparnisgründen, sondern ausschließlich im Interesse der Fernsprechteilnehmer selbst. Jedes Jahr wächst die Zahl ,der Fernsprechteilnehmer um etwa 10 %, d. h. in spätestens 7 bis 8 Jahren würden die jetzt schon recht ansehnlichen Fernsprechbücher den doppelten Umfang erreichen und wären nicht mehr als handlich zu bezeichnen.
Dazu kommt aber auch noch die stärkere Ausweitung des Selbstwählfernverkehrs. Es ist unerläßlich, dem Kunden wenigstens für den Umkreis von etwa 100 km, in dem sich der größte Teil des Selbstwählfernverkehrs abspielt, eine Unterlage an die Hand zu geben, nach der er die Teilnehmer selbst finden kann. Es müssen also immer einige Bezirke im Fernsprechbuch zusammengefaßt werden.
Das Fernsprechbuch hat vor allem die Aufgabe, die Fernsprechnummer eines Teilnehmers zu ermitteln. Es hat nicht die Aufgabe eines Nachschlagewerks für Anschriften. Dafür steht in der Bundesrepublik eine vielfältige Zahl von Adreßbüchern zur Verfügung. Alle notwendigen Angaben aber, um eine Rufnummer eindeutig zu finden, enthalten auch die Fernsprechbücher in gekürzter Form; das sind Familienname, Vorname, Beruf und Straße mit Hausnummer. Um bei häufigen Familiennamen und Vornamen mit dem gleichen Anfangsbuchstaben Verwechslungen zu vermeiden, werden in Zukunft die Vornamen eindeutig aufgeführt.
In dem Falle, auf den Herr Abgeordneter Dr. Schneider in seiner Frage Bezug nimmt, kann der Teilnehmer nicht mit ,einem anderen verwechselt werden, weil es im Ortsverzeichnis von Dudweiler ({0}) keinen anderen Teilnehmer mit gleichem Familiennamen und mit „O" beginnenden Vornamen gibt. Die Abkürzung „Arch" für „Architekt" ist geläufig und wird künftig auch in einem vorgehefteten Abkürzungsverzeichnis aufgeführt sein. „Du" steht, wie im Kopf des Verzeichnisses von Sulzbach angegeben ist, für „Dudweiler".
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Dr. Schneider!
Herr Staatssekretär, bleiben Sie bei Ihrer Auffassung, daß dem Kunden gedient ist, auch angesichts der Tatsache, daß in sehr vielen Fällen zwei Abkürzungsverzeichnisse eingesehen werden müssen: im Fernsprechbuch des Saarlandes ein Abkürzungsverzeichnis mit rund 400 Abkürzungen und bei jedem Ort noch einmal die verschiedenen Abkürzungen für kleinere Orte?
Herr Abgeordneter, ich unterstelle, daß das zutrifft, was Sie soeben vorgetragen haben. Wir werden das prüfen und die entsprechenden Konsequenzen daraus ziehen. Wir werden alles dafür tun, daß man nicht zwei besondere Nachschlagewerke zur Auffindung eines Namens braucht.
Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Abgeordneter Dr. Schneider!
Ist Ihnen bekannt, daß im Saarland die Herausgabe des Fernsprechbuches in der allgemein beanstandeten Weise auch ausschlaggebend mit der Kostenersparnis begründet worden ist? Ich habe Unterlagen darüber hier.
Ich möchte das bejahen.
Damit ist die Frage des Abgeordneten Dr. Schneider und die Frage des Abgeordneten Schmitt ({0}) beantwortet. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Wir kommen nun zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Wohnungsbau. Ich rufe auf die Frage des Abgeordneten Weber ({1}) betreffend Anerkennung von Bauernhäusern als Familienheime im Sinne des § 7 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes:
1st der Bundesregierung bekannt, daß kriegszerstörte Bauernhäuser, die mit Mitteln des Ersten Wohnungsbaugesetzes aufgebaut wurden und hei denen Wohn- und Wirtschaftsgebäude entsprechend dem landschaftsgebundenen Einhaustyp sich unter einem Dach befinden und nur durch eine Brandmauer getrennt sind, nicht als Familienheim im Sinne des § 7 des Zweiten Wohrungsbaugesetzes anerkannt werden, weil die gewerbliche Nutzfläche größer ist als die Wohnfläche?
Ist die Bundesregierung bereit, die rechtlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß diese Bauernhäuser so behandelt werden, als wären Wohn- und Wirtschaftsgebäude getrennt?
Das Wort zur Beantwortung hat Herr Staatssekretär Dr. Ernst.
Ich darf die Frage des Herrn Abgeordneten Weber wie folgt beantworten.
Das Problem ist der Bundesregierung bekannt. Eine einheitliche Praxis bei der Handhabung dieser Vorschrift besteht in den Ländern nicht. Nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz hat ein Gebäude dann nicht die Eigenschaft als Familienheim, wenn mehr als die Hälfte der Wohn- und Nutzfläche des Gebäudes anderen als Wohnzwecken, insbesondere gewerblichen oder beruflichen Zwecken, dient. Nach Auffassung der Bundesregierung ist bei einem Bauernhaus nicht das gesamte einheitliche Wohn- und Wirtschaftsgebäude zu betrachten, sondern nur der Wohntelil des Gebäudes. Diese Auffassung stützt sich auf § 67 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes. Wohnteile ländlicher Siedlungen, die zu mehr als der Hälfte ihrer Wohn- oder Nutzfläche Wohnzwekken dienen, wären danach als Familienheime anzuerkennen, wenn die sonstigen Voraussetzungen gegeben sind, ganz gleich, ob eine Brandmauer eingebaut ist oder nicht. Die Bundesregierung wird sich bemühen, mit den Ländern eine dieser Auslegung entsprechende Praxis zu vereinbaren.
Eine Zusatzfrage? Weber ({0}) ({1}): Nein, danke!
Ich komme zur Frage des Abgeordneten Dr. Brecht betreffend Ergänzung des Berichts über die Förderung von Familienheimen:
Ist die Bundesregierung in der Lage und bereit, zu ihrem Bericht über die Förderung von Famillenheimen genauer als bisher und getrennt anzugeben, wie viele der in den letzten lehren mit öffentlichen Mitteln geförderten Familienheime nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz zugute gekommen sind
a) kinderreichen Familien,
b) Schwerkriegsbeschädigten,
c) Kriegerwitwen mit Kindern,
d) sonstigen Bevölkerungskreisen mit geringem Einkommen,
e) Bevölkerungskreisen mit höherem Einkommen, sofern sie dafür eine Wohnung an eine leistungsschwache Familie überlassen haben,
f) sonstigen Personen der Bevölkerungskreise mit höherem Einkommen?
Ich darf die Frage des Herrn Abgeordneten Dr. Brecht wie folgt beantworten.
Die Bundesregierung wird sich bemühen, diese Angaben zu machen, soweit die vorliegenden amtlichen Berichtsunterlagen das ermöglichen. Nach den letzten Berichten aus dem Jahre 1958 sind von den insgesamt geförderten 69 600 Familienheimen 35 500, das sind also 51 %, für Bevölkerungskreise mit geringem Einkommen einschließlich der ihnen Gleichgestellten und derjenigen, die Wohnungen für Einkommensschwache frei machen, gefördert worden. Für 1959 liegen abschließende Zahlen noch nicht vor.
Auf die kinderreichen Familien entfallen schätzungsweise - ich darf betonen, daß das nur eine Schätzung ist - nahezu ein Drittel aller Familienheime.
Der Anteil der Schwerbeschädigten kann mit I bis 2 % angenommen werden. Über den Anteil der Kriegerwitwen mit Kindern an den geförderten Familienheimen liegen Angaben nicht vor.
Nach erstmaligen amtlichen Feststellungen entfielen 1958 rund 9600 geförderte Wohnungen auf die sogenannten Freimachungsfälle, die bekanntlich in der ersten Rangstufe der Familienheimbewerber stehen, weil sie ihre bisherige Wohnung für eine leistungsschwache Familie zur Verfügung stellen. Im Vergleich zu sämtlichen rund 69 600 geförderten Familienheimen des Jahres 1958 machen also die sogenannten Freimachungsfälle rund 14 % aus.
Der Anteil des Familienheimbaues für den übrigen begünstigten Personenkreis des öffentlich geförderten Sozialen Wohnungsbaues betrug 1958 49 % und 1957 47 %
Eine Zusatzfrage?
- Bitte sehr, Herr Abgeordneter Stierle, als Vertreter des Abgeordneten Dr. Brecht!
Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär, für diese aufschlußreichen Zahlen. Ich darf Sie aber vielleicht bitten, -
Sie dürfen nur Zusatzfragen stellen, keine Bitten aussprechen und Tatsachen anführen!
Ich frage dann: Ist der Herr Staatssekretär bereit, bei künftigen Veröffentlichungen solcher an sich erfreulicher Zahlen von vornherein anzugeben, wie sich die Mittel auf die von uns angeführten Gruppen verteilen? Denn wenn in irgendwelchen Veröffentlichungen, wie ich sie hier vorliegen habe, z. B. angegeben wird: „Zwei Drittel aller Familienheime sind von Bauherren mit Einkommen von 350 DM bis 700 DM gebaut worden", dann führen solche Zahlen zu Mißverständnissen, wenn nicht zugleich angegeben wird, welche Zahlen auf welche Gruppen entfallen. Wir wären Ihnen also dankbar, wenn Sie uns künftig in dieser Beziehung hülfen.
Herr Abgeordneter, ich sagte bereits: wir werden das selbstverständlich tun, soweit die amtlichen Unterlagen es zulassen. Ein Teil der Zahlen, die ich Ihnen vorlas - so z. B. die der kinderreichen Familien -, beruht allerdings auf Schätzungen und kann nicht mit der Exaktheit angegeben werden, die für einen amtlichen Bericht erforderlich ist.
Ich komme zur Frage des Abgeordneten Dr. Brecht betreffend vorzeitige Ablösung öffentlicher Baudarlehen für Familienheime und Verteilung des Ausfalles durch Kapitalnachlaß auf Bund und Länder:
Kann die Bundesregierung mitteilen, in wie vielen Fällen und mit welchem Gesamtbetrag seit Inkrafttreten des Zweiten Wohnungsbaugesetzes öffentliche Baudarlehen für Familienheime vorzeitig abgelöst worden sind und welcher Kapitalnachlaß dabei gewährt wurde?
Wieviel des Ausfalles hat der Bund und wieviel haken die Länder getragen?
Herr Staatssekretär, bitte!
Diese Frage darf ich wie folgt beantworten. Was zunächst die Anzahl der Fälle anlangt, so sind nach den Berichten der Länder seit dem Inkrafttreten der Ablösungsverordnung in der Zeit vom 13. August 1957 bis zum 30. September 1959 17 831 Wohnungsbaudarlehen abgelöst worden. Über die Höhe der abgelösten Gesamtbeträge liegen Zahlen noch nicht vor. Wir haben bisher nur die Meldungen von drei Ländern. Danach betragen die abgelösten Gesamtbeträge in diesen Ländern in 10 254 Ablösungsfällen 43 740 308 DM.
Was den gewährten Kapitalnachlaß in diesen drei Ländern anlangt, so ergibt er eine Summe von 17 320 562 DM.
Was den Anteil anbelangt, den Bund und Länder an den Ablösungsausfällen zu tragen haben, können genaue Angaben über das Gesamtbild wegen des Ausstehens der Berichte der Länder noch nicht gemacht werden. Voraussichtlich werden im Durchschnitt etwa der Bund 40 %, die Länder 35 % und der Ausgleichsfonds 25 % des Ausfalls zu tragen haben.
Ich danke dem Herrn Staatssekretär; damit ist diese Frage erledigt.
Wir kommen zu dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Familien- und Jugendfragen. Ich rufe auf die Frage der Frau Abgeordneten Döhring betr. Veröffentlichung der Denkschrift des Familienministers über die wirtschaftliche Situation der Familien in der Bundesrepublik:
Aus welchen Gründen ist die Veröffentlichung der von dem Herrn Bundesminister für Familien- und Jugendfragen erstellten Denkschrift über die wirtschaftliche Situation der Familien in der Bundesrepublik unterblieben?
Treffen Pressemeldungen zu, wonach der Herr Bundeskanzler den Herrn Bundesminister für Familien- und Jugendfragen angewiesen hat, die Veröffentlichung der genannten Denkschrift zu unterlassen und bereits ausgegebene Exemplare dieser Schrift wieder einzuziehen?
Treffen Pressemeldungen zu, wonach die Denkschrift nicht erscheinen durfte, weil sie ein zu düsteres Bild von der wirtschaftlichen Situation der Familien mit Kindern in der Bundesrepublik gibt?
Herr Bundesminister Dr. Wuermeling!
Die hier angesprochene Ausarbeitung über die wirtschaftliche Lage der Familien in der Bundesrepublik wird noch innerhalb der Bundesregierung beraten. Die in den beiden Zusatzfragen wiedergegebenen Pressemeldungen treffen nicht zu.
Zu einer Zusatzfrage Herr Dr. Menzel als Vertreter!
Stimmt es, Herr Bundesminister, daß man nach dem bisherigen Inhalt der Denkschrift zu dem Ergebnis gekommen ist, daß wirtschaftlich gesehen Familien mit nur zwei Kindern relativ am schlechtesten dastehen?
Diese Frage kann man nicht mit einem absoluten Ja beantworten, weil es auch eine Anzahl Mehr-Kinder-Familien gibt, denen es mindestens ebenso schlecht geht.
Wann ist mit der Vorlage des Gutachtens, zumindest bei den zuständigen Ausschüssen zu rechnen?
Dr. Wuermeling, Bundesminister für Familien-und Jugendfragen.
Im Augenblick kann ich Ihnen darüber keine Auskunft geben, da ich nicht voraussehen kann, wann die Beratungen innerhalb der Bundesregie-run g abgeschlossen sein werden.
Ich danke Ihnen, Herr Minister. Die Frage des Abgeordneten Jacobi wird auf Wunsch des Fragestellers zurückgestellt.
Damit stehen wir am Ende der Fragestunde.
Ich rufe auf Punkt 25 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung des Fremdrenten- und Auslandsrentenrechts und zur Anpassung der Berliner Rentenversicherung an die Vorschriften des Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes und des Angestelltenversicherungs - Neuregelungsgesetzes ({0}) ({1}),
a) Bericht d des Haushaltsausschusses ({2}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung ({3})
b) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik ({4}) ({5})
({6}).
Der Herr Abgeordnete Dr. Götz hat seinen Bericht vorgelegt. Wünscht er ihn zu ergänzen? - Ich erteile ,ihm das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich sehe mich leider gezwungen, den Bericht des Haushaltsausschusses über den vorliegenden Gesetzentwurf bzw. die Fassung des Sozialpolitischen Ausschusses zu korrigieren.
In dem Bericht des Haushaltsausschusses heißt es in Satz 2:
Haushaltsmäßige Auswirkungen für das Rechnungsiahr 1960 ergeben sich aus der Vorlage in der Fassung der Drucksache 1532 nicht.
Das entspricht natürlich nicht den Tatsachen. Selbstverständlich sind mit diesem Gesetz finanzielle Mehraufwendungen verbunden, von denen ein Teil auf den Bundeshaushalt zukommt, und zwar der Zuschuß an die knappschaftliche Rentenversicherung in Höhe von 85,6 Millionen DM jährlich. Da das Gesetz rückwirkend vom 1. Januar 1959 in Kraft tritt, sind im Haushalt 1960 diese 85,6 Millionen und die für den Zeitraum ab 1. Januar 1959 notwendigen finanziellen Mehraufwendungen in
einer Gesamthöhe von etwa 194 Millionen DM veranschlagt. Dagegen werden die im Sozialpolitischen Ausschuß beschlossenen Änderungen der Regierungsvorlage keine erheblichen Mehraufwendungen erwarten lassen. Sie werden sich übrigens im Haushaltsjahr 1960 noch nicht niederschlagen.
Der Satz 2 des Berichts muß deshalb lauten:
Haushaltsmäßige Auswirkungen für das Rechnungsjahr 1960 ergeben sich aus den im Sozialpolitischen Ausschuß beschlossenen Änderungen des Regierungsentwurfs in der Fassung der Drucksache 1532 nicht.
Ich glaube, daß damil die haushaltsmäßigen Auswirkungen auf den Bundeshaushalt durch dieses Gesetz klargestellt ,sind.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Der Abgeordnete Schütz hat mit Drucksache zu 1532 einen Schriftlichen Bericht vorgelegt. Soll der Bericht ergänzt werden? - Ich erteile das Wort dem Herrn Abgeordneten Schütz als Berichterstatter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren, nur ein paar kurze Bemerkungen. Ich verweise zunächst auf den vorgelegten Schriftlichen Bericht; ich habe ihm sachlich nichts hinzuzufügen. Ich darf nur bemerken, daß in der Drucksache 1532 einige Druckfehler enthalten und einiges richtigzustellen ist. Ich werde mir gestatten, dem Herrn Präsidenten diese redaktionellen Berichtigungen schriftlich zu überreichen und darf das Haus bitten, zur Kenntnis zu nehmen, daß ich diese Überreichung angemeldet habe.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Es liegen redaktionelle Berichtigungen zur Drucksache 1532 vor, und zwar deren neun*). Ich nehme an, daß sie zur Grundlage der Beratungen gemacht werden. - Es ist so beschlossen.
Ich komme nunmehr zur zweiten Lesung und rufe Art. 1 auf, und zwar die §§ 1 bis 8, zu denen keine Änderungsanträge vorliegen. Wortmeldungen hierzu erfolgen nicht. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Ohne Gegenstimmen. Es ist so beschlossen.
Ich rufe § 9 auf. Zu § 9 liegen Änderungsanträge auf Umdruck 455 Ziffer 1 und Umdruck 456 vor. Wird das Wort gewünscht? - Herr Abgeordneter Schellenberg!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Durch die soeben vollzogene Abstimmung haben wir auch § 5 beschlossen, nach dem unter anderem Unfälle von Personen entschädigt werden sollen, die vor ihrer Vertreibung im Heimatgebiet versichert waren - oder auch sich freiwillig hätten versichern können - und einen
*) Siehe Anlage 2 Unfall erlitten haben. Wir haben dafür gestimmt wegen des Grundsatzes, der sich durch das ganze Gesetz zieht, daß die Vertriebenen den Einheimischen gleichgestellt werden sollen.
In dem vorliegenden Antrag geht es um die Frage der Aufbringung der Mittel. Meine Fraktion hält es nicht für vertretbar, die gewerblichen Berufsgenossenschaften, d. h. die dort versicherten Handwerker, Gewerbetreibenden und Unternehmer, mit Ausgaben für Unfälle zu belasten, die sich vor Jahren, ja Jahrzehnten in der Tschechoslowakei, in Rumänien und sonstigen Heimatgebieten ereignet haben. Das ist nach unserer Auffassung eine Kriegsfolgelast. Es widerspricht nach unserer Meinung den Grundsätzen einer versicherungstechnischen Gerechtigkeit, wenn wir jetzt die Unternehmungen, die _in den Berufsgenossenschaften zusammengeschlossen sind, diese alten Lasten tragen lassen.
Im übrigen ist die im Entwurf vorgesehene Regelung auch unlogisch, denn in Abs. 2 wird festgelegt, daß für diejenigen, die Unfälle in landwirtschaftlichen Betrieben, in Gemeindebetrieben erlitten haben, die Bundesausführungsbehörde zuständig ist und daß damit der Bund die Kosten übernimmt. Wir sind der Auffassung, daß diese unglückliche Regelung beseitigt werden muß.
Wir bitten Sie deshalb, unserem Antrag zuzustimmen, nach dem die gesamten Leistungen für die Unfälle, die sich nicht im Zuständigkeitsbereich der Berufsgenossenschaften im Bundesgebiet ereignet haben, als Kriegsfolgelasten über die Bundesausführungsbehörde vom Bund übernommen werden.
({0})
Das Wort hat der Abgeordnete Weber ({0}).
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte unseren Antrag auf Umdruck 456, der gleichlautend mit dem SPD-Antrag ist, kurz begründen.
Dabei darf ich eines offen aussprechen, meine sehr verehrten Damen und Herren von der großen Fraktion der CDU: Hier fällt die Entscheidung, ob die mittelständischen Betriebe - das Handwerk - auch auf diesem Gebiet so stark belastet werden, wie wir das in anderen Fällen immer wieder finden. Es wird immer wieder der Standpunkt vertreten, daß die eingegliederten heimatvertriebenen Arbeitskräfte nun in unseren Betrieben tätig seien und daß sich das auch bei der Finanzierung auswirken müsse. Dazu ist zu sagen, daß vor der Vertreibung 24 % der Heimatvertriebenen selbständige Unternehmer waren. Von diesen Heimatvertriebenen konnten sich nach der Vertreibung nur 6 % wieder selbständig machen.
Wesentlich ist aber, daß sich ein Strukturwandel vollzogen hat. Der überwiegende Teil der zu uns gekommenen heimatvertriebenen Arbeitskräfte konnte nicht wieder in die gleiche Sparte eingegliedert werden. Der Großteil war früher im handwerklichen und mittelbetrieblichen Bereich tätig.
Weber ({0})
Von hier hat sich eine Verlagerung zur großen Industrie hin vollzogen.
Wenn Sie der Vorlage folgten, würden Sie sich wieder eine Laus in den Pelz setzen, und Sie bekämen wieder den Vorwurf, daß Sie die mittelständischen Betriebe, das Handwerk, stärker belasten als die andere Seite. Deshalb bitten wir Sie, unserem Antrag zuzustimmen und auf diesem Gebiet genau wie bei der gemeindlichen Unfallversicherung und bei der landwirtschaftlichen Unfallversicherung die Bundesausführungsbehörde für Unfallversicherung für die Feststellung und Gewährung der Leistungen als zuständig zu erklären.
Das Wort hat der Abgeordnete Schüttler.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag der Fraktion der SPD hat zum Ziele, daß die Aufwendungen für den Personenkreis der beschädigten Unfallversicherten den einzelnen Berufsgenossenschaften, die sie bisher getragen haben, abgenommen und auf den Bund bzw. auf die Bundesausführungsbehörde übertragen werden. Wir verkennen nicht, daß die Dinge bei der Unfallversicherung rechtlich vielleicht etwas anders liegen als bei der Rentenversicherung, wo die gleiche Problematik zur Debatte steht.
Die Beiträge zur Unfallversicherung sind insbesondere von zwei Faktoren abhängig, erstens von der Gefahrenklasse, in der sich der Betrieb befindet, und zweitens von ,den Löhnen und Gehältern, die in dieser Gefahrenklasse, in dieser Gemeinschaft bezahlt werden. Wer im Betrieb primär nur das Firmenschild, die Firma, den Unternehmer sieht, der kann so argumentieren, wie es die SPD tut, und der kann sich auch den Gedankengängen anschließen, die von den beiden antragstellenden Fraktionen vorgetragen wurden. Wer aber davon überzeugt ist, daß ein entscheidendes Merkmal des Betriebes die Arbeiter und Angestellten sind, der kann der Stellungnahme, die von der Opposition heute vorgetragen wurde, nicht beitreten.
({0})
Auch in diesem Hause hier haben wir - es gab wohl kaum Unterschiede in dieser Auffassung - Kapital und Arbeit immer als die Bestandteile des Unternehmens anerkannt. Die Arbeit ist, glaube ich, mit das Wertvollste, was in dem Betrieb vorhanden ist. Auf Grund der beiden Komponenten Kapital und Arbeit - wird dann die Umlage berechnet, die erforderlich ist, um die Unfallrenten bezahlen zu können.
Gewiß haben die Vertriebenen in dem Raum der Bundesrepublik nicht so viele Betriebe wieder errichtet, wie in ihrer Heimat bestanden haben, so daß man nicht sagen kann, es habe sich wieder ausgeglichen. Aber um so mehr menschliche Arbeitskraft ist in diese Betriebe geflossen.
({1})
Wir haben es gerade dieser Arbeitskraft zu verdanken, daß die Wirtschaftsblüte heute so groß ist. Es
wäre ein Unrecht, die Arbeitskraft, die uns wertvoll ist, hinzunehmen, aber die Renten, die mit dieser Arbeitskratt verbunden sind, die dahinter stehen, abzulehnen und auf eine Gemeinschaft der Umsatzsteuerzahler abzuwälzen. Ich verstehe nicht, wie die Herren der Opposition zu ihrer Einstellung auf diesem Sektor kommen können.
Es wird eingewendet, man habe die Landwirtschaft und den Bergbau anders behandelt. Ich brauche nicht darauf hinzuweisen, welche Eigenheiten in unserem Volke, in unserem Wirtschaftsraum bei diesen beiden Gruppen bestehen. Daß man dabei aus den Gründen, die Ihnen auch bekannt sind, einmal eine Ausnahme gemacht hat, ist kein Beweis dafür, daß man hier ebenfalls so verfahren müßte.
Es stimmt auch nicht - wie von der Opposition behauptet wird -, daß wir den Kleinen, den Mittelständler zu stark belasten; denn die Kleinen und die Großen sind zusammen in dieser Gefahrengemeinschaft.
({2})
Beide Gruppen ergänzen sich. Somit sind die Kleinen in keiner Weise besonders belastet, sondern sie stehen in dieser Gemeinschaft. Die Gemeinschaft hat dann auch die Pflicht, das Gesamte zu tragen.
Ich fasse zusammen: Wenn man Kapital und Arbeit in diesem Zusammenhang sieht und wenn man weiß, daß Kapital nicht allein, sondern nur zusammen mit der Arbeitskraft wirksam werden kann, dann ist es durchaus berechtigt, daß in diesem Raum auch bei der Unfallversicherung die Gemeinschaft nicht nur das Positive, sondern auch das Negative, die Renten, in Kauf nimmt.
Herr Abgeordneter Schüttler, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Weber ({0})?
Ja, bitte!
Herr Abgeordneter Weber!
Sind Sie der Auffassung, daß alle Berufsgenossenschaften gleich belastet sind? Zweitens: Können Sie einen Weg aufzeigen, wie der Solidarausgleich zwischen den einzelnen Berufsgenossenschaften vorgenommen werden soll? Damit könnten Sie das Problem lösen.
Ich habe soeben schon gesagt, daß nicht alle Berufsgenossenschaften gleich belastet sein können, weil die Gefahrengemeinschaft innerhalb bestimmter Gruppen besteht. In dem einen Bereich ist die Unfallziffer größer als in dem anderen, in der einen Gruppe ist die Lohnsumme höher als in der anderen. Aber die Fremdrentner oder die Rentner der Unfallversicherung sind in der Bundesrepublik insgesamt so verteilt, daß man nicht von einer besonderen Belastung einer Gruppe reden kann.
Wir sind der Ansicht, daß die Vorlage den gerechten und richtigen Gradmesser für die Umlage
auf die Berufsgenossenschaften enthält, und bitten deshalb, den Antrag der SPD abzulehnen.
({0})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Schellenberg.
Herr Kollege Schüttler, sehr überzeugend haben Sie nicht gesprochen, wenn auch mit Wärme!
({0})
Sie haben nämlich keine Antwort darauf gegeben, weshalb eine unterschiedliche Regelung vollzogen wird. Im übrigen ist Ihnen dabei ein kleiner Lapsus unterlaufen. Die Bergbau-Berufsgenossenschaft ist nicht von den Lasten des Gesetzes befreit. Aber wir wollen davon absehen.
Die Arbeitskräfte, auf die Sie Ihre Darlegungen abgestellt haben, wirken auch in der Landwirtschaft, im Gartenbau und in Gemeindebetrieben. Das ist also in keiner Weise ein Argument.
Die Gründe, die für Sie maßgebend sind, haben Sie hier nicht ausgesprochen. Es sind nämlich etatrechtliche Gründe. Die Tatsache ist, daß die Angelegenheit 38 Millionen DM im Jahr kostet. Das ist natürlich ein Gesichtspunkt. Aber bei einer Grundsatzentscheidung dürfen wir uns nicht von der jeweiligen Etatsituation beeinflussen lassen.
({1})
Wenn wir das tun, dann lassen wir den Sachverstand beiseite und kommen ins Jonglieren.
Und noch etwas anderes, Herr Kollege Schüttler! Herr Kollege Weber hat doch folgendes Problem angesprochen: Durch die Bindung der Umlage an die Lohnsumme werden u. a. auch in der Unfallversicherung die arbeitsintensiven kleineren und mittleren Unternehmen stärker belastet als die kapitalintensiven,
({2})
Das, was Sie hier tun, bedeutet in der Auswirkung deshalb eine stärkere Belastung der mittelständischen Wirtschaft.
({3})
- Aber Herr Kollege Stingl, Sie haben nichts über die Arbeitskräfte gesagt, die in der Landwirtschaft tätig sind. In der Landwirtschaft - ich muß es wiederholen - werden die Aufwendungen als „Kriegsfolgelasten" bezeichnet werden, während der gleiche Aufwand in gewerblichen Betrieben von Ihnen in widerspruchsvoller Weise als Kriegsfolgelast verneint wird.
({4})
Das Wort hat der Abgeordnete Weber.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir müssen dieses Kapitel sehr gründlich diskutieren. Herr Kollege Schüttler, es ist eben nicht so, daß hier ein Ausgleich erfolgt. Ich sagte vorhin schon, daß vor der Vertreibung im Osten 24 % der Heimatvertriebenen Selbständige waren, und zwar weitestgehend in mittelständischen Betrieben. Heute sind es nur noch 6 %, und diese 6 % haben durch ihre zuständigen Berufsgenossenschaften die ganze Last seit der Währungsreform getragen.
Nun hat sich aber die Arbeitskraft - das haben auch Sie herausgestellt, Herr Kollege Schüttler - verlagert. Wir haben doch einen Strukturwandel erlebt. Wo sind die aus dem Mittelstand stammenden übrigen 18 % der ursprünglich selbständigen Heimatvertriebenen hingekommen? Sie sind eben nicht alle in ihre ursprünglichen Berufe zurückgekehrt. Die Verlagerung geschah, weil wir seit 1948 einen Strukturwandel erlebt haben. Diese Arbeitskräfte stehen heute vorwiegend in der Großindustrie. Und jetzt wird es wiederum so sein, daß Sie mit Ihrem Vorschlag die mittelständischen Betriebe und deren Berufsgenossenschaften stärker belasten.
({0})
- Herr Kollege Stingl, ich habe Sie gefragt: Wie vollziehen Sie hier den Solidarausgleich? Das würde sehr viel Verwaltungsarbeit bringen. Dieselben Gesichtspunkte, die bei der Landwirtschaft gelten, gelten im wesentlichen auch für die übrigen gewerblichen Berufsgenossenschaften.
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Richtig ist - Herr Kollege Schütz, ich stelle das genau richtig -, daß die Landwirtschaft keinen Quadratmeter Boden von drüben mit hierhernehmen konnte, daß sie hier keine Produktionsgrundlage hat. Im gewerblichen Bereich ist es anders; aber ich sagte schon, daß nur ein Viertel wieder selbständig geworden ist, und die anderen drei Viertel sind in die anderen Berufssparten abgewandert, arbeiten dort und zahlen dort ihre Beiträge. Deshalb würden Sie mit Ihrer Regelung die mittelständischen Berufsgenossenschaften stärker belasten als die anderen.
Ich bitte Sie daher, unserem Antrag zuzustimmen.
Herr Abgeordneter Storch.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte doch den Herren, die die Änderungsanträge gestellt haben, sagen, daß zwischen den Berufsgenossenschaften eine Leistungsgemeinschaft besteht.
({0})
Wenn sich irgendwie Schwierigkeiten ergeben und die eine Berufsgenossenschaft, die aus der Umlagerung der Menschen Vorteil gezogen hat, heute gegenüber der anderen im Vorteil ist, dann sollte durch die Leistungsgemeinschaft dafür gesorgt werden, daß diese Dinge im Rahmen des Verbandes der Berufsgenossenschaften in Ordnung gebracht werden.
Das, was Herr Kollege Schüttler gesagt hat, ist doch in der Grundlage entscheidend. Wir haben aus dem Osten nicht nur Verpflichtungen, sondern haben auch Menschen herüberbekommen, die durch ihre Arbeit das Produktionsvolumen wesentlich mit gesteigert haben,
({1})
und aus diesem Wirtschaftsvolumen müssen doch auch diese sozialen Belange letzten Endes erfüllt werden. Es ist ja nicht so gewesen, daß allein in dem leider von uns getrennten Teil Deutschlands Berufsgenossenschaften und Betriebe untergegangen sind, sondern auch bei uns. Ich erinnere mich noch, daß ich, als sich seinerzeit die Berufsgenossenschaften weigerten, die alten Lasten aus der Seeschiffahrt-Berufsgenossenschaft zu übernehmen, den Leuten einfach gesagt habe: wenn ihr im Rahmen der heutigen Struktur der' Unfallversicherung diese Dinge nicht lösen könnt, dann müssen wir zu der Einheitsunfallversicherung kommen, - und siehe da, in vier Tagen war alles in Ordnung gebracht. Sagen wir doch den Leuten von der Unfallversicherung ganz einfach, daß es ihre Aufgabe ist, diesen Lastenausgleich gerecht vorzunehmen, und sagen wir doch um Gottes willen nicht, dies sind Kriegsfolgelasten und das sind keine! Wir haben in der Sozialversicherung allgemeinen die Verpflichtungen auch von den Vertriebenen usw. übernommen - wie das organisiert und finanziert wurde, ist eine ganz andere Frage -, und wir sollten nicht ausgerechnet bei den Berufsgenossenschaften, also in einem Versicherungszweig, dessen Finanzierung nur durch die Arbeitgeber erfolgt, eine andere Regelung eintreten lassen, als wir es bei den Versicherungsträgern getan haben, bei denen die Arbeitnehmer die Hälfte der Beiträge zu zahlen haben.
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Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Schellenberg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es besteht in. der Unfallversicherung, Herr Kollege Storch, kein Lastenausgleich. Wir haben in der Unfallversicherung kein Gemeinlastverfahren. Insofern waren Ihre Ausführungen irrtümlich, und damit ist die Basis Ihrer Argumentation hinfällig. Tatsache ist, daß beispielsweise die Einzelhandels-Berufsgenossenschaft und die in ihr zusammengeschlossenen Betriebe die Lasten selber zu tragen haben.
Wir wollen also durch den Antrag, der von uns und der FDP gestellt worden ist, eine Regelung über die Allgemeinheit erreichen.
({0})
Wird noch das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wir können die Aussprache zu diesem Punkt schließen.
Wir kommen zur Abstimmung. Der Antrag der Fraktion der SPD - Umdruck 454 Ziffer 1 Buchstabe a - lautet gleich mit dem Antrag der Fraktion der FDP - Umdruck 456 -; wir können über beide gemeinsam abstimmen. Wer diesem gleichlautenden Änderungsanträgen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? Ich bitte diejenigen, die dem Antrag zuzustimmen wünschen, sich zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Meine Damen und Herren, der Sitzungsvorstand ist sich nicht einig; ich bin gezwungen, auszählen zu lassen. Ich gebe das Ergebnis der Abstimmung durch Auszählung bekannt. Es haben gestimmt mit Ja 119 Mitglieder des Hauses, mit Nein 148 Mitglieder des Hauses, enthalten haben sich 2. Die beiden Anträge sind abgelehnt.
Von dem Antrag Umdruck 454 ist Ziffer 1 Buchstabe a abgelehnt. Ist auch der Antrag Buchstabe b damit erledigt?
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- Ist damit erledigt.
Dann kann ich nunmehr abstimmen lassen über § 9 in der Ausschußfassung.
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- Sie wünschen absatzweise Abstimmung, gut. Dann lasse ich abstimmen zunächst über § 9 Abs. 1. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit; es ist so beschlossen.
Ich lasse abstimmen über § 2 Abs. 2. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen.
- Ich bitte um die Gegenprobe. - Keine Gegenstimmen. - Angenommen.
Abs. 3! Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Keine Gegenstimmen. - Angenommen. Damit ist § 9 angenommen.
Ich rufe auf die §§ 10 bis 18. Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Schellenberg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu dem wichtigsten Paragraphen dieses Gesetzes, dem § 16, über den wir jetzt durch diese Abstimmung hinweggehen, müssen doch einige Bemerkungen gemacht werden. § 16 enthält eine der interessantesten Vorschriften des modernen Sozialrechts. Danach sollen nämlich Vertriebene, die in ihren Heimatgebieten überhaupt nicht versichert waren, so gestellt werden, als ob sie während der gesamten Zeit ihres Arbeitslebens im Bundesgebiet Beiträge entrichtet hätten. Es ist erstaunlich, daß ein so wichtiger Grundsatz wie dieses Gleichstellungsprinzip von der Öffentlichkeit
kaum beachtet worden ist, obwohl dieser Grundsatz sozialpolitisch, finanzwirtschaftlich und staatspolitisch doch in etwa verglichen werden könnte mit einem Grundsatz, der in der Öffentlichkeit sehr breit diskutiert wird, nämlich dem Grundsatz der Dynamisierung. Es handelt sich bei der Eingliederung um einen dem Gewicht nach ähnlich bedeutsamen Grundsatz wie bei der Dynamisierung. Deshalb dazu wenige Bemerkungen.
Wir begrüßen diesen Grundsatz, und wir sind für das Eingliederungsprinzip.
({0})
- Wir haben bei der Verabschiedung der Rentenneuregelungsgesetze seinerzeit durch die Einbringung unseres Antrages Drucksache 142 einen Anstoß nach dieser Richtung gegeben.
({1})
- Jawohl, meine Damen und Herren von der CDU/CSU, Sie hatten damals die Sache noch nicht völlig übersehen, wir haben Sie im Wege einer Überraschung für diesen Grundsatz gewonnen. Wir sind darüber froh, und deshalb wollen wir jetzt auch nicht mehr diskutieren, aber das mußte festgestellt werden.
({2})
- Natürlich! Wir freuen uns auch über anderes in diesem Gesetzentwurf, über manches andere aber nicht.
Wir sollten uns darüber klar sein, daß dieser Grundsatz, wenn er hier festgelegt wird, wonach Gruppen, die überhaupt keine Beiträge gezahlt haben bzw. keine Beiträge zahlen konnten, Leistungsansprüche haben, nicht auf Heimatvertriebene beschränkt werden kann.
({3})
Wenn hiermit für eine Gruppe durch Gesetz festgelegt wird, daß die alte Last getragen wird, dann wird man in Zukunft andere Gruppen von diesem Grundsatz nicht mehr ausschließen können.
({4})
Sie, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, mögen dies heute vielleicht noch nicht zugeben wollen. Aber wir müssen feststellen, daß sich, indem dieser Grundsatz heute Gesetz wird, damit die Prinzipien unserer Sozialversicherung weiter verändern und fortentwickeln und wir die Regelung der alten Last für die soziale Sicherung anderer Gruppen, beispielsweise der Selbständigen, präjudizieren. Diese Fragen werden von der sozialpolitischen Tagesordnung nicht mehr verschwinden, bis sie sinnvoller als gegenwärtig geregelt sind.
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Das Wort hat der Abgeordnete Stingl.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Worte meines Vorredners, Herrn Professor Schellenberg, geben mir Veranlassung, zu diesem Paragraphen, der in der Tat das Kernstück des Gesetzes ist, auch für unsere Fraktion einiges zu sagen.
Wir können erfreut feststellen, daß die sozialdemokratische Fraktion ohne jedes Zögern, wie wir ohne weiteres auch hier sagen, den Vorschlag der Bundesregierung, der in § 16 niedergelegt war, mit übernommen hat. Die sozialdemokratische Fraktion hat einmal geglaubt, man könne diese Regelung auf eine etwas leichtere Weise, mit leichterer Hand treffen, als sie uns damals die vorhin genannte Einschaltung in die Rentenneuregelungsgesetze vorlegte, die vom Hohen Haus dann auch angenommen wurde.
Wir mußten daraufhin aber erkennen, daß es so einfach nicht geht, sondern daß die Materie sehr schwierig ist und deshalb sehr langwieriger Vorbereitung bedarf. Um so mehr gebührt der Bundesregierung der Dank des Hauses und insbesondere der Betroffenen; denn sie hat sich dieser Mühe in einem Ausmaß unterzogen, daß alle Fraktionen - im Ausschuß wie seinerzeit im Plenum - anerkannt haben, daß hier große, neue, fortentwikkelnde Gedanken verwirklicht sind.
§ 16 dieses Gesetzes stellt also den Kreis derjenigen Personen, die nicht im Bundesgebiet oder im Lande Berlin, also nicht im Geltungsbereich dieses Gesetzes Beiträge gezahlt haben - übrigens nur diesen Personenkreis; die Vertriebenen aus den Ostgebieten sind hier nicht einbezogen, sie werden aber auf andere Weise gleichbehandelt -, den Arbeitnehmern gleich, die im Geltungsbereich dieses Gesetzes im gleichen Beruf Beiträge gezahlt haben. Wir glauben in der Tat, daß es sich um eine Fortentwicklung unseres sozialpolitischen Rechts handelt. Die Einführung einer solchen Bestimmung sollte nicht so ohne weiteres an den Bänken vorbeigehen, sondern der Beachtung des ganzen Hauses sicher sein.
Wir wissen, daß das Prinzip der Eingliederung einen Vorteil für eine ungeheuer große Zahl von Menschen bringt. Wir sind trotzdem, wie wir im Ausschuß festgestellt haben, von einigen auch noch kritisiert worden, daß die Gleichstellung des § 16, wonach eine gleiche Behandlung mit allen denen vorgesehen ist, die im Bundesgebiet gewohnt haben, nicht in allen Punkten erfüllt sei. Einige meiner Landsleute aus Böhmen, Mähren und dem zur CSR gehörigen Teil Schlesiens glauben, nach ihren Beitragsleistungen in der Heimat höher bewertet werden zu müssen. Wir dürfen auf den Bericht des Berichterstatters des Ausschusses verweisen, der dazu einiges im Einverständnis mit dem ganzen Ausschuß ausgeführt hat.
Wir können feststellen, daß der Bundestag in seiner Einmütigkeit bei dieser Frage tatsächlich für die Vertriebenen eine große Leistung vollbringt.
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Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung über die §§ 10 bis 18. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das
Handzeichen. Ich bitte um die Gegenprobe. Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? - Keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen.
Ich rufe auf § 19 und dazu den Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 454 Ziffer 2.
Herr Abgeordneter Meyer ({0}).
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe zum Änderungsantrag der SPD-Fraktion Stellung zu nehmen. Mit der in Artikel 1 § 19 Abs. 2 behandelten Materie hat sich der Sozialpolitische Auschuß in zwei Durchgängen wohl mit am stärksten beschäftigt. Es ist anzuerkennen, daß der Herr Berichterstatter, der Kollege Schütz, zu diesem § 19 einen ausführlichen Kommentar gegeben hat.
Der hier behandelte Gegenstand betrifft nicht nur einige hunderttausend Vertriebene, sondern er präjudiziert gewissermaßen die Rechtsverordnung, die nach § 1256 Abs. 3 der Rentenneuregelungsgesetze noch aussteht. Insofern müssen wir der Berichterstattung widersprechen. Es geht nicht um eine „Besserstellung der Vertriebenen gegenüber den einheimischen Versicherten". Wir sollten es nicht verschweigen, sondern aussprechen: In der Tat würde die Annahme des § 19 in dieser Form bedeuten, daß die Rechtsverordnung, die, soweit wir unterrichtet sind, in Vorbereitung ist, hier schon in den Grundzügen festgelegt wird.
Es geht bei dieser Materie darum, in welcher Form über die von den Betroffenen glaubhaft gemachten Zeiten - Versicherungszeiten, die zurückliegen und nicht exakt belegt sind - Unterlagen beschafft werden und in welcher Form sie anerkannt werden. Im Schriftlichen Bericht ist zu § 4, in dem diese Materie behandelt wird, auch vom Herrn Berichterstatter hervorgehoben worden, daß die Glaubhaftmachung - das scheint uns sehr wichtig -nicht nur schlechthin auf eidesstattlichen, persönlich abgegebenen Erklärungen fußen darf, sondern daß auch andere Hilfsmittel angewandt werden müssen. Damit sind die Möglichkeiten, nur eidesstattliche Erklärungen abzugeben, in einem sehr starken Maße eingeengt.
Der Widerhall in der Presse ist gerade bei § 19 und der starken Kürzung der glaubhaft gemachten Zeiten wohl am stärksten gewesen, während das ganze Gesetz und selbst der eben von uns verabschiedete Paragraph, der als das Kernstück bezeichnet wurde, nicht die gleiche Beachtung gefunden hat wie § 19. Nach unserer Auffassung ist es überhaupt fraglich, ob die Bestimmung an diesen Platz gehört. Denn hier wird gewissermaßen doch nur die formale Seite geregelt, wie der Rentenanspruch festzustellen ist.
Die Glaubhaftmachung ist in der Sozialversicherung nichts Neues. Schon das Reichsversicherungsamt hat in dem bekannten Pauschalerlaß des Jahres 1943 festgelegt, daß sich der durch höhere Gewalt eingetretene Verlust der Versicherungsunterlagen nicht zum Nachteil in den Voraussetzungen für eine Rentengewährung auswirken darf. Diesen Standpunkt hat früher auch der Bundesminister für Arbeit eingenommen. Ich darf auf den Erlaß vom 3. Januar 1952, veröffentlicht im ,,Bundesarbeitsblatt", hinweisen. Auch hier wurde die Honorierung der glaubhaft gemachten Zeiten anerkannt. Sowohl das Urteil des Bundessozialgerichts vom 6. Juni 1957 wie auch die Urteile einzelner Landessozialgerichte - z. B. des Landessozialgerichts Hamburg - haben sich gegen Versuche der Verwaltungen gewandt, die Anwendung dieser klaren Richtlinien des Bundesministers für Arbeit zu umgehen. Selbst § 6 des alten Fremdrentengesetzes sah eine entsprechende Regelung vor.
Wir verkennen durchaus nicht - das wurde gerade behandelt -, daß der Aufbau des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes breiter angelegt ist, und auch nicht den Umstand, daß die Betroffenen dazu neigen, weit ausholende Angaben zu machen. Wir stellen das auch durchaus psychologisch in Rechnung. Aber man muß auch die andere Seite sehen, und hier setzt unsere Kritik an. Wenn man davon ausgeht, daß die Betroffenen etwas angeben, was nicht ganz stimmt, und deshalb ein Sechstel abstreicht, dann verführt man sie ja geradezu dazu, nicht ganz exakte Angaben zu machen; denn angesichts dieses Abstrichs könnten sie sich sagen, daß sie in dem, was sie angeben, nicht immer so genau zu sein brauchten.
Ich möchte Ihnen an meinem persönlichen Schicksal aufzeigen, wie kraß und ungerecht sich die Bestimmung auswirkt. Von mir als total ausgebombtem Einheimischen liegt noch die Versicherungskarte Nr. 13 vor. Zwölf Versicherungskarten waren also zu rekonstruieren. Die Beschäftigungszeiten gelten als in den Ostgebieten, in Stettin, zurückgelegt, obwohl ich bereits vierzig Jahre hier im Westen lebe. Ich habe jetzt zwei Zeugen gefunden. Von den zwölf Jahren werden mir also, wenn die Vorschrift in der vorliegenden Form Gesetz wird, zwei volle Versicherungsjahre abgezogen. Ich bitte zu überlegen, ob das eine gerechte sozialpolitische Regelung ist.
ich darf noch auf die Strafbestimmungen verweisen, die in dem Gesetzentwurf für den Fall falscher eidesstattlicher Erklärungen vorgesehen sind. Ich glaube, damit ist dem Erfordernis, die Exaktheit der Angaben zu gewährleisten, Genüge getan.
Noch am 11. März 1959 hat das Bundessozialgericht entschieden, daß glaubhaft gemachte Rentenversicherungszeiten allgemein den nachgewiesenen gleichstehen. Also noch vor Monatsfrist hat das Bundessozialgericht in dieser Frage so entschieden.
Wenn wir vorausschauende, gute Sozialpolitik machen wollen es wird ja jetzt bei den Etatberatungen immer wieder vom Überhang der Verfahren bei den Sozialgerichten gesprochen -, dann sollten wir nicht zu einer solchen harten Bestimmung kommen. Immerhin liegt eine Reihe von Sozialgerichtsurteilen vor. Die Menschen werden sich natürlich auch weiterhin an die Sozialgerichte wenden, zumal uns heute schon eine ganze Reihe von Fällen bekannt ist, in denen, wenn die harten Kürzungsbestimmungen - Kürzung um ein Sechstel - angewandt werden, viele Menschen nicht
Meyer ({0})
einmal die Anwartschaftszeit erfüllen. Diese Menschen, vielleicht einige Tausend, werden selbstverständlich Klage beim Sozialgericht einreichen. Man wird dann die Urteile der abgeschlossenen Sozialgerichtsverfahren, in denen eine Gleichstellung der glaubhaft gemachten Zeiten mit den nachgewiesenen Zeiten anerkannt wurde, heranziehen.
Wir sollten dieser Flut von Verfahren von vornherein dadurch begegnen, daß wir eine bessere Regelung schaffen, so wie wir sie vorschlagen.
Ich darf noch hervorheben, daß auch in den Richtlinien des Verbandes der Rentenversicherungsträger vom 26. März 1956 festgelegt ist, daß der Nachweis und die Feststellung von Versicherungszeiten bei Verlust von Versicherungsunterlagen für die formale Seite - auf die ich hingewiesen habe -, also von glaubhaft gemachten Versicherungszeiten, nicht eingeschränkt werden darf.
Die beabsichtigte Einschränkung - das ist eines der Argumente - ist auch im Hinblick auf die Versicherungsdichte im Bundesgebiet nicht zu rechtfertigen. Aber ich möchte darauf nicht näher eingehen.
Unser Antrag geht von den bereits bestehenden Bestimmungen aus. In den Rentenversicherungs-Neuregelungsgesetzen ist festgelegt, daß, wenn nicht über 10 % nachgewiesene Ersatz- und Ausfallzeiten vorhanden sind, 10 % hinzugeschlagen werden, um dann in die Summe der Steigerungsbeträge einbezogen zu werden. Auf diese bewährte Form sollten wir uns einigen, weil dagegen vor den Sozialgerichten keine durchschlagenden Argumente vorgebracht werden können. Dieses Prinzip liegt unserem Antrag zugrunde. Für das einzelne Jahr nicht nachgewiesene Zeiten werden zu neun Zehnteln - anstatt zu einem Sechstel - als Beitrags- oder Beschäftigungszeiten angerechnet.
In einer Reihe von Fachzeitschriften sind bereits theoretische Betrachtungen über die Auswirkungen der beschlossenen Bestimmungen angestellt worden. Darüber habe ich einige Betrachtungen bezüglich der Sozialgerichtsurteile angestellt. Wir sprechen die Frage also nicht theoretisch an, sondern konkret, indem wir unseren Antrag stellen und begründen. Wir wollen Ungerechtigkeiten, Härten und viele neue Sozialgerichtsverfahren vermeiden. Deshalb ersuchen wir Sie, die gefährlichen Auswirkungen noch einmal zu durchdenken und unserem von der Praxis ausgehenden Antrag Ihre Zustimmung zu erteilen.
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Das Wort hat der Abgeordnete Stingl.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch bei dieser Vorschrift ist wieder zu sagen, daß sie von sehr großer Bedeutung ist. Das Gesetz umfaßt ,einen sehr weiten Personenkreis. Es heißt „Fremdrenten- und Auslandsrentengesetz" und läßt noch eine dritte Gruppe .im Namen nicht so auf den ersten Blick sichtbar werden, nämlich die Berliner Renten.
Obwohl es also an sich nur diesen Personenkreis anspricht, hat das Gesetz, wie Herr Kollege Meyer sehr nichtig bemerkt hat, noch eine weitergehende Auswirkung. Schon wenn Sie die Seiten 28 bzw. 36 des Ihnen vorliegenden Ausschußberichtes nachlesen, können Sie erkennen, daß auch dann gleiche Grundsätze angewendet werden sollen, wenn die Versicherungsunterlagen verlorengegangen sind. Das Gesetz wird also für einen großen Teil der anderen Heimatvertriebenen - nämlich diejenigen aus dem alten Reichsgebiet - seine Auswirkungen haben wie auch für einen großen Teil einheimischer Versicherter, nämlich für diejenigen, denen bei den Versicherungsanstalten die Unterlagen verlorengegangen sind.
Das Gesetz heißt auch nicht deshalb Auslandsrentengesetz, weil Beiträge im Ausland gezahlt werden, sondern weil Renten ins Ausland gezahlt werden. Es hat, nicht nur in dieser Bestimmung, sondern in vielem mehr, auch für die Berliner Rentner eine große Bedeutung.
Ich darf mir vielleicht als Berliner Abgeordneter eine Zwischenbemerkung erlauben. Wir Berliner sind besonders erfreut darüber gewesen, daß die Wünsche des Landes Berlin in den Ausschußberatungen bei unseren Kollegen so bereitwilliges Gehör gefunden haben. Es war so, daß Herr Senator Exner von Berlin, als er seine Wünsche vorbrachte, schon offene Türen einrannte. Der Ausschuß war sich an sich bei dem Anliegen Berlins einig darüber, nicht nur die Nachzahlung für die hinzugekommenen Rentner bis zum 1. Januar 1957 zu gewähren, falls die Rente höher wird - was schon in der Regierungsvorlage stand und was aus der Begründung hervorging, was wir aber im Ausschuß noch einmal verdeutlicht haben -, also nicht nur diese Nachzahlung für diejenigen zu gewähren, die bisher in Berlin benachteiligt waren, sondern auch den Besitzstand zu wahren. Ich darf den Ausschußmitgliedern im Namen der Berliner Rentner, auch im Einverständnis mit den anderen Berliner Abgeordneten, für dieses Entgegenkommen noch einmal ganz besonders danken.
Der Herr Berichterstatter hat das Notwendige dazu schon in seinem Schriftlichen Bericht ausgeführt. Man kann nur hoffen, daß die Umrechnung nicht allzu lange dauern wird.
Die jetzt angeschnittene Frage, ob man die glaubhaft gemachten Zeiten voll anerkennen soll oder nicht, hat - ich sagte es schon - für die Fremdrentner, also für diejenigen Rentner, die ihre Beiträge nicht bei einem deutschen Versicherungsträger geleistet haben und deren Versicherungsunterlagen verlorengegangen sind, große Bedeutung.
Zunächst ein Wort zu den Fremdrentnern, die zu einem wesentlichen Prozentsatz meine Landsleute aus der Tschechoslowakei sind. Diese Fremdrentner werden mindestens zu 4h einen Nachteil aus der Bestimmung deshalb nicht haben, weil ihre Versicherungsunterlagen - wir können nur sagen: Gott sei Dank - hier sind. Wir haben etwa 280 000 bis 300 000 Versicherungsverläufe aus der Tschechoslowakei bekommen. Diese Versicherungsunterlagen beweisen natürlich klar, wie lange der Be5302
treffende gearbeitet hat. Aber diese Unterlagen, die wir aus der Tschechoslowakei bekommen haben, bestätigen erneut das, was wir für die allgemeinen Versicherungsverläufe im Deutschen Reich und im Bundesgebiet festgestellt haben, nämlich daß es kaum einen Arbeitnehmer gibt, der vom ersten Tag des Arbeitsbeginns bis zum Eintritt des Versicherungsfalls ununterbrochen gearbeitet hätte. Es gibt eben bei jedem Arbeitsplatzwechsel Zwischenzeiten, es gibt Krankheiten und Ähnliches. Dadurch gibt es keine hundertprozentige Beitragsdichte.
Die Versicherungsverläufe aus der Tschechoslowakei haben darüber hinaus für die Einstufung der Heimatvertriebenen in die Leistungsgruppen Bedeutung. Ich darf hier etwas einschalten. Die im Gesetz festgelegten Leistungsgruppen haben in der Definition durch den Ausschuß eine Ergänzung erfahren. Wir sind der Meinung, daß die Leistungsgruppen Anhaltsmaßstäbe für die Bewertung des einzelnen Versicherungsverlaufs, aber kein, ich darf sagen, „Evangelium" sind. Das bedeutet: Wenn dort „Polier" steht, so muß nicht jeder Polier in dieser Leistungsgruppe sein; er kann vielleicht beweisen, daß er besser gestellt war.
Im übrigen darf ich darauf hinweisen, daß wir gegenüber dem Regierungsentwurf die Einstufung in die Leistungsgruppen in zwei besonders eklatanten Fällen verändert haben, nicht deshalb, weil die Regierung eine falsche Berechnung aufgestellt hat - die Regierung hat eine sehr exakte Berechnung aufgestellt -, sondern weil uns wichtig erschien, daß hier eine sehr kleine Differenz zur nächsten Gruppe der Höherstufung nicht entgegenstehen sollte.
Die Versicherungsverläufe, die aus der Tschechoslowakei kommen, gewährleisten also, daß das eine Sechstel nicht abgezogen wird. Im übrigen ergibt sich, daß diese Versicherungsverläufe durch die Höhe des ausgewiesenen Beitrags auch die Einstufung in die Leistungsgruppe beeinflussen müssen und werden.
Ich sagte vorhin schon, diese Frage hat auch für andere Gruppen Bedeutung, nämlich für Heimatvertriebene etwa aus Jugoslawien oder wo immer sie herkommen, aber auch für Heimatvertriebene aus dem alten Reichsgebiet, und ebenfalls für Einheimische, wenn die Unterlagen verlorengegangen sind. Herr Kollege Meyer hat das Reichsversicherungsamt zitiert, wonach das Fehlen von Unterlagen nicht zum Nachteil der Versicherten ausgelegt werden darf. Wir gehen mit ihm darin völlig einig. Aber, Herr Kollege Meyer, das Fehlen der Unterlagen darf auch nicht zum Vorteil ausgelegt werden. Bei denjenigen, denen die Versicherungsunterlagen nicht fehlen, ergibt sich im Durchschnitt des Bundesgebiets, daß eben nicht alle Zeiten lückenlos belegt sind, sondern daß diese Fünfsechstelgröße ein richtiger Durchschnitt ist.
Dazu muß gesagt werden: die Beweisnot derer, die die Versicherungsunterlagen verloren haben, ist sicherlich groß. Wir haben aber dieser Beweisnot gerade mit diesem Gesetz weitgehend abgeholfen. Wenn jemand den Versicherungsverlauf oder die Beschäftigungszeiten lückenlos nachweisen kann, wird ihm selbstverständlich nichts abgezogen. Nach der Begründung der Regierungsvorlage zu § 4 soll es in Zukunft nicht mehr so sein, daß mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden muß, welche Versicherungs- und Beschäftigungszeiten man hat, sondern nur mit überwiegender Wahrscheinlichkeit. Das hat doch seine Bedeutung für die Bemessung der Versicherungszeiten.
Aus folgendem Grund ist es berechtigt, eine aus der Erfahrung kommende Korrektur anzubringen:
Wir lassen immerhin Beweismittel zu, die sonst im allgemeinen Recht nicht so ohne weiteres in solcher Weise für die Glaubhaftmachung herangezogen werden können. Wir halten daher die Begrenzung für richtig, zumal hinzu kommt, daß bei der Berechnung der Rente, wenn keine Ausfallzeiten und andere Zeiten, in denen keine Beiträge geleistet oder nachgewiesen sind, die Versicherungszeiten durch einen zehnprozentigen Zuschlag ergänzt werden.
Dies alles bringt uns dazu, Ihren Antrag, meine Damen und Herren, für nicht gerechtfertigt zu halten. Wir sagen: wer die Vorteile dieser wesentlichen Erleichterung der Beweislast für sich in Anspruch nimmt, muß die allgemeinen, sonst ersichtlichen Nachteile - nicht lückenlosen Versicherungsverlauf - gegen sich gelten lassen. Wir bitten daher, diesen Antrag abzulehnen.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Schellenberg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Stingl, Sie haben recht, soweit es die Ihnen besonders eng verbundenen Vertriebenen aus der Tschechoslowakei angeht. Dieser Paragraph hat aber, wie Sie richtig sagen, vor allen Dingen auch Bedeutung für diejenigen, die hier im Gebiete Deutschlands durch Ausbombung ihres Versicherungsträgers und durch eigene Ausbombung ihre Unterlagen verloren haben.
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Was wird für diesen Fall festgelegt? Es wird festgelegt, daß der einzelne einen solchen Nachweis faktisch nicht erbringen kann und ihm deshalb ein Abzug gemacht wird.
Unser verehrter Kollege Schütz hat sogar im Ausschußbericht pflichtgemäß sagen müssen: Selbst wenn der Betreffende eine Arbeitsbescheinigung über eine Tätigkeit und damit über die Versicherungspflicht erbringen kann, wird diese Arbeitsbescheinigung nur dann als Nachweis angesehen, wenn in ihr gleichzeitig die Ausfallzeiten bescheinigt sind, d. h. wenn in der Bescheinigung etwa steht: Von dann his dann war er wegen Grippe usw. erkrankt. Das ist eine Anforderung an die Beweisführung, der leider die Mehrzahl der Ausgebombten nicht gerecht werden kann. Deshalb hat diese Vorschrift den bösen Beigeschmack, daß demjenigen, der unter Umständen durch Eid die TatDr. Schellenberg
lachen glaubhaft macht, doch nicht geglaubt wird. Nach der Vorschrift wird nämlich auch dann noch ein Sechstel der Beitragszeit abgezogen. Das ist wirklich eine schlechte Regelung.
Das Wort hat der Abgeordnete Schütz ({0}).
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der verehrte Kollege Professor Schellenberg hat an einer anderen Stelle diese Vorlage gelobt, ja, die ganz besondere Bedeutung, geradezu den neuen Kurs hervorgehoben, der mit ihr in der Sozialpolitik verfolgt werde. Mein Kollege Stingl hat zum Ausdruck gebracht, daß wir mit ihm, wenn auch nicht in den Motiven, so doch hinsichtlich der Beurteilung der Tatsachen restlos übereinstimmen.
Herr Kollege Schellenberg, gerade deshalb, weil wir diesen neuen Weg beschreiten, indem wir von der nachgewiesenen Versicherungszeit auf die glaubhaft gemachte Beschäftigungszeit übergehen - diejenigen, die von der Sozialversicherung auch nur eine ganz kleine Vorstellung haben, erkennen, daß es sich dabei um eine geradezu revolutionäre Tat handelt -, war es für uns eine Gewissensfrage, ob die einheimischen Versicherten nach einem erfüllten Arbeitsleben ihre Versicherungszeiten nachweisen müssen und ob sie darlegen müssen, daß sich in den letzten 40 Jahren die Beschäftigungszeiten und die Versicherungszeiten wie 6 : 5 verhalten haben.
Gerade die Leute, die geglaubt haben, den Vertriebenen mit diesem Gesetz einen besonderen Dienst erweisen zu sollen, wollten so korrekt sein, daß sie für die Beschäftigungszeiten nicht mehr verlangten als für die nachgewiesenen Versicherungszeiten. Wir wollten damit verhindern, daß uns gesagt wird: Bei den Leuten, die keine Beschäftigungszeiten haben, seid ihr so großzügig, bei denen, die Versicherungszeiten nachweisen, wollt ihr so korrekt handeln.
Das sind die Motive, die uns geleitet haben, und daran wollen wir festhalten.
({0})
Herr Abgeordneter Killat, für eine Frage ist es leider zu spät. Ich erteile Ihnen aber das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bedauere, daß meine Meldung zur Fragestellung übersehen wurde und ich die Frage nicht aus dem Plenum stellen konnte. Ich muß diese Frage aber stellen und bitte um ihre Beantwortung.
Nehmen wir einmal folgenden Fall. Ein Angestellter hat bekanntlich bei Krankheit generell Anspruch auf sechs Wochen Gehaltsfortzahlung; ein Angestellter im öffentlichen Dienst hat nach dem Tarifvertrag sogar Anspruch auf Gehaltsfortzahlung für 13 Wochen, in manchen Fällen sogar bis zu 26 Wochen. Wie ist es nun, wenn ein solcher Angestellter eine Bescheinigung von seinem früheren Arbeitgeber über Anfang und Ende seiner Beschäftigungszeit beibringt? Verehrter Herr Kollege, Sie müssen mir jetzt die Frage beantworten, wieso in einem solchen Falle das eine Sechstel an Ausfallzeit, die Sie nicht anrechnen wollen, noch begründet ist.
Das Wort hat der Abgeordnete Stingl.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Killat, Sie sagten, Behördenangestellte könnten die Bescheinigung über Anfang und Ende des Dienstverhältnisses beibringen. Eine Behörde kann eine solche Bescheinigung sicher nur ausstellen, wenn sie die Angaben aus ihren Unterlagen entnommen hat. In den Unterlagen stehen aber nicht nur Beginn und Ende, sondern auch noch mehr Angaben, die die lückenlose Anerkennung möglich machen.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Schellenberg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Diese Frage ist wirklich sehr wichtig; denn sie bedeutet eine Kürzung der Rente für alle diejenigen, die beispielsweise ausgebombt sind. Der Abzug kommt für Hunderttausende in Frage, die zwar ihre Versicherungskarten verloren haben, aber noch eine Arbeitsbescheinigung besitzen oder erlangen können.
Herr Kollege Schütz, Sie haben nicht befriedigend Stellung dazu genommen, daß nach Ihrer Regelung der festgelegte Abzug für diejenigen eintritt, die vom Anfang bis zum Ende ihres Arbeitslebens Beiträge gezahlt haben. Auch in unserem Antrag ist keine volle Berücksichtigung, sondern nur wegen der Ersatzzeiten eine Berücksichtigung von neun Zehnteln vorgesehen. Aber die Fassung des Entwurfs bedeutet, daß derjenige, der schon durch Ausbombung schwer getroffen ist, praktisch Rentenkürzung gegenüber demjenigen erfährt, der seine Unterlagen retten konnte.
Das Wort hat der Abgeordnete Meyer ({0}).
Meine geschätzten Damen und Herren! Ich glaube, ich habe sehr ausführlich die gefährlichen Auswirkungen dieser harten Bestimmungen - Sozialgerichtsverfahren usw. - angeführt. Es ist dem Hohen Hause wohl auch zum Bewußtsein gekommen, daß, wie es in der Berichterstattung heißt, nicht nur die Vertriebenen, sondern auch - ich will nicht übertreiben - nahezu anderthalb Millionen einheimische ausgebombte Menschen, zu denen auch ich gehöre, die sämtliche Versicherungsunterlagen verloren haben, von die5304
Meyer ({0})
ser harten Bestimmung präjudizierend betroffen werden.
Meine konkrete Frage richtet sich an den Herrn Bundesarbeitsminister: Ist die in Vorbereitung befindliche Rechtsverordnung auf diesen für unsere ausgebombten versicherten Menschen harten Bestimmungen aufgebaut? Werden also den Menschen, die ihre Versicherungskarten verloren haben und die infolgedessen die zwölfjährige Beitragszeit nur glaubhaft machen können, zwei volle Versicherungsjahre in Abzug gebracht? Auf diese Frage hätte ich von dem Herrn Minister gerne eine Antwort gehabt.
Das Wort hat der Abgeordnete Stingl.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Frage kann sich gar nicht an den Herrn Minister richten; denn der Ausschuß hat selber eine Beschlußfassung darüber herbeigeführt. Ich hatte es vorhin in meiner Stellungnahme schon gesagt. Sie können auf Seite 28 des Ausschußberichtes nachlesen, daß der Herr Bundesarbeitsminister in Ergänzung der bisherigen Bestimmungen ermächtigt wird, durch die Rechtsverordnung über verlorengegangene Versicherungsunterlagen - Sie haben es im Ausschuß immer abgelehnt - die Anrechnung glaubhaft gemachter Beitragszeiten zu beschränken. Ich wiederhole: Es handelt sich nicht um bewiesene, sondern um glaubhaft gemachte Beitragszeiten. Es wird also von dem Unterschied zwischen einem Be- weis und einem lediglich Glaubhaftmachen ausgegangen.
({0})
- Bei den Arbeitsbescheinigungen ist es je nachdem; es wird einmal so, einmal so sein. Eine Arbeitsbescheinigung „Ich bestätige, daß Herr Müller vom 1. 1. 1920 bis 1. 1. 1945 bei mir tätig war" können Sie doch nicht als Beweis dafür nehmen, daß der Herr Müller in dieser Zeit ohne jedes Fehlen gearbeitet hat. Das ist nach dem Durchschnitt der Versicherten im Bundesgebiet nicht möglich. Wir wollen diese Personen eingliedern, also auch in das durchschnittliche sonstige Erleben eingliedern.
Aber zurück zu der Bestimmung, über die wir hier Beschluß gefaßt haben. Wenn sie im Plenum angenommen wird, hat der Bundesarbeitsminister keine Möglichkeit mehr, auszuweichen. Es handelt sich um Art. 2 Nr. la Buchstabe b. Danach kann der Bundesarbeitminister die Anrechnung glaubhaft gemachter Beitragszeiten nach Maßgabe einer durchschnittlichen Versicherungsdauer - sprich: fünf Sechstel - beschränken.
Wird noch das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wir kommen zur Abstimmung über Ziffer 2 des Änderungsantrags der Fraktion der SPD Umdruck 454. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. Das zweite ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmung über § 19.
({0})
- Sie wünschen absatzweise Abstimmung. Gut, wir stimmen absatzweise über § 19 in der Ausschußfassung ab. Absatz 1. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Einmütigkeit.
Absatz 2. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe.
- Mit Mehrheit beschlossen.
Absatz 3. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Keine Gegenstimmen.
Absatz 4. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Keine Gegenstimmen. Damit ist § 19 verabschiedet.
Ich rufe die §§ 20 bis 31 auf. Änderungsanträge liegen nicht vor. Das Wort wird nicht gewünscht. Wir kommen zur Abstimmung. Wer den §§ 20 bis 31 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Keine Gegenstimmen.
Wir kommen zur Abstimmung über Art. 1 als Ganzes. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe die Artikel 2, 3 und 4 auf.
({1})
- Ich rufe vorerst nur Art. 2 auf. Sie wünschen getrennte Abstimmung über ({2})
- Gut.
({3})
Bitte sehr!
Bei Nr. 1 a handelt es sich nämlich um die Vorschrift, daß bei den Einheimischen, die Unterlagen nur glaubhaft machen können, Kürzungen in der Rente vorgenommen werden können.
Wird das Wort weiter gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Wir stimmen zuerst über Art. 2 Nr. 1 in der Ausschußfassung ab. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Ohne Gegenstimmen.
Wir stimmen über Nr. la ab. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich
Vizepräsident Dr. Jaeger
bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Wir stimmen über die weiteren Nummern des Art. 2, also über den gesamten Rest des Artikels, ab. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Mit Mehrheit beschlossen.
Ich rufe Art. 3 auf. - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Keine Gegenstimmen.
Ich rufe Art. 4 auf.
({0})
- Wird sonst das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Wir stimmen über Nr. 1 des Art. 4 ab. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Ich stelle fest, daß ein großer Teil des Hauses an der Abstimmung nicht teilgenommen hat; aber die Mehrheit ist jedenfalls da.
Wir kommen zur Abstimmung über Nr. la. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit.
Wir stimmen jetzt über die übrigen Nummern des Art. 4, also den Rest des Artikels, ab. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Mit Mehrheit beschlossen.
Damit komme ich zu Ziffer 8 des von der SPD-Fraktion vorgelegten Änderungsantrags Umdruck 454 auf Einfügung eines Art. 4a mit der Überschrift „Rechnungslegung und Erstattung". - Bitte sehr, Herr Abgeordneter Rohde.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Hinblick auf den von der SPD-Fraktion vorgelegten Umdruck 454 Ziffer 3 möchte ich die Frage aufwerfen, wer denn nun eigentlich nach dem Recht und nach den Umständen die Mehrausgaben zu tragen hat, die durch dieses Neuregelungsgesetz für die Fremdrenten und Auslandsrenten entstehen. Das ist nicht nur von finanzieller Bedeutung, sondern auch von verfassungsrechtlichem und politischem Belang.
Das Parlament muß sich mit dieser Frage auch darum auseinandersetzen, weil sich die Regierung diese Sache nach unserer Meinung unverantwortlich leicht gemacht hat.
({0})
Die gleiche Regierung, Herr Schütz, die sonst immer die Finanzprobleme zum Kern sozialpolitischer Auseinandersetzungen werden läßt, zieht sich hier mit nur einem Satz aus der Sache heraus -, einem Satz, den sie sehr gelassen in die Begründung ihres Gesetzentwurfs geschrieben hat: „Die zusätzlichen
Aufwendungen in den Rentenversicherungen der Arbeiter und der Angestellten werden von den Versicherungsträgern getragen", das heißt konkret, von den Beitragszahlern der Sozialversicherung. Dieser ihrer Feststellung fügt die Regierung nicht lein Wort der Begründung hinzu, obwohl das Parlament bisher einmütig der Auffassung war, daß die Leistungen nach dem Fremd- und Auslandsrentenrecht als Kriegsfolgen zu behandeln seien, die finanziell vom Bund getragen werden müßten.
Noch 1953 sagte die Regierung selbst, daß es sich bei Aufwendungen dieser Art um Verpflichtungen nach Art. 120 des Grundgesetzes handle. Sie dürften nicht, so hieß es weiter, auf die Beitragszahler der Sozialversicherung abgewälzt werden, sondern seien von der Steuerkraft der gesamten Bevölkerung des Bundesgebietes zu finanzieren. In diesem Satz kehrt die grundlegende Idee der Kriegsfolgelastenregelung wieder, daß nämlich nicht die kleinere Gemeinschaft tragen soll, was zur Verpflichtung des Ganzen gehört. In dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Juni 1959 ist die Regierung noch einmal .ausdrücklich darauf festgelegt worden, daß sie von ihrer Gesetzgebungsbefugnis nur in Übereinstimmung mit den Vorschriften zur Kriegsfolgenregelung Gebrauch machen darf.
Meine Damen und Herren, womit haben wir uns an dieser Stelle auseinanderzusetzen? Das Parlament bekennt sich mit der Annahme des vorliegenden Neuregelungsgesetzes zum Eingliederungsprinzip. Um es schlicht und einfach auszudrücken: Wir wollen die Renten der Vertriebenen und Flüchtlinge in das in der Bundesrepublik geltende Sozialrecht voll einbeziehen. Wir erklären ausdrücklich - und, wie ich auch in dieser Debatte feststelle, gemeinsam -, daß deren Renten nicht allein nach den Beiträgen bemessen werden sollen, die sie früher gezahlt haben. Die Renten sollen unter den heutigen Lebensbedingungen in der Bundesrepublik die Existenz sichern. Für diese sozialpolitische Zielsetzung ist es ohne Belang, wie die allgemeinen Beitragssätze damals gewesen sind, daß für einen Versicherungsträger außerhalb der Bundesrepublik Beiträge gezahlt worden sind, und auch, wie Herr Kollege Schellenberg schon sagte, daß vielleicht erst in den 20er oder 30er Jahren in jenen Ländern eine Sozialversicherung eingeführt worden ist.
Die Neuregelung soll, so heißt es ausdrücklich im Gesetz, den Zusammenhang zwischen der Rente und den Lebensbedingungen in der Bundesrepublik herstellen. Meine Damen und Herren, es kann doch nichtbezweifelt werden, daß diese sozialpolitische Zielsetzung, zu der wir uns hier gemeinsam bekennen, weit über versicherungsmathematisches Denken hinausgeht. Dais Eingliederungsprinzip, zu dem sich dieses Gesetz bekennt, ist in erster Linie ein gesellschaftspolitisches und ein staatspolitisches Prinzip. Es ist nicht einzusehen, daß angesichts dieser Sachlage nun ausgerechnet die Mehraufwendungen nach dem Neuregelungsgesetz nicht mehr als Kriegsfolgelast, die vom Bund zu erstatten ist, behandelt werden sollen.
Ich gestehe offen, meine Damen und Herren, daß ich in meiner Einstellung durch ein Gutachten des
Verbandes der Rentenversicherungsträger bestärkt worden bin, das ohne Umschweife erklärt, die Finanzierung dieses Neuregelungsgesetzes sei verfassungswidrig. Das können wir hier im Parlament nicht leicht nehmen, grundsätzlich nicht und zum anderen auch deshalb nicht, weil uns die Regierung bis zum heutigen Zeitpunkt keine Stellungnahme gegeben hat, die das Parlament veranlassen könnte, über die rechtlichen Einwände ohne Not und Bedenken hinwegzugehen. Die Regierung hat uns in den Ausschüssen erklärt, sie habe keine einheitliche Stellungnahme zu den rechtlichen Einwänden. Die Auffassungen, die von den einzelnen Ministerien vertreten wurden, sind sehr unterschiedlich gewesen.
Deshalb, meine Damen und Herren, müssen wir verlangen - das ist vor allen Dingen an den Herrn Minister gerichtet -, daß ein Minister hier im Namen der Regierung die verfassungsrechtliche Haltung der Regierung zu diesem Gesetz begründet.
Ich muß an dieser Stelle einfügen, daß leider auch die CDU keine Stellungnahme zu den verfassungsrechtlichen Bedenken gegeben, sondern sich im Grunde genommen mit der Feststellung begnügt hat, daß den Rentenversicherungsträgern aus den Beiträgen der noch im aktiven Versicherungsleben stehenden Vertriebenen und Flüchtlingen Einnahmen zuflössen, die bei den Mehraufwendungen berücksichtigt werden könnten.
Abgesehen davon, daß der Begriff „Kriegsfolgelasten" vom Bundesverfassungsgericht hinlänglich bestimmt worden ist und nicht von dem einen so und von dem anderen anders definiert werden kann, kommt folgendes hinzu: Die CDU hat bei den verschiedensten Gelegenheiten auf bedenkliche Zeichen in der finanziellen Entwicklung der Rentenversicherung hingewiesen und gesagt, daß unter Umständen die Rentenanpassung in Zukunft gefährdet werden könnte. Wenn sie jetzt der Rentenversicherung neue Verpflichtungen des Bundes auflastet, trifft sie damit am Ende alle Rentner der Sozialversicherung, auch die Flüchtlinge und die Vertriebenen. Denn in einem, Herr Schütz, sind die Interessen aller Rentner, ob Vertriebene oder nicht, identisch: daß die Rente finanziell gesichert wird. Unter finanzieller Sicherung der Rente verstehen wir heute nicht nur die Erhaltung des Status quo, sondern wir verstehen darunter, daß die Rente mit der allgemeinen Lebenshaltung im Zusammenhang bleibt. Wenn jetzt durch Nichterstattung von Kriegsfolgelasten - oder gestern im Zusammenhang mit dem § 90 - der Bund nicht seine finanziellen Verpflichtungen erfüllt, dann gefährden Sie diese finanzielle Sicherung der Rente, zu der auch die Rentenanpassung gehört. Wenn Sie die Beträge des § 90 und die Kriegsfolgelasten nach dem Neuregelungsgesetz zusammenrechnen - Positionen, die ja miteinander verwandt sind -, dann sehen Sie, daß es sich hier um einen Betrag handelt, der etwa die Hälfte der Beträge der Rentenanpassung des Jahres 1959 ausmacht.
Sie sehen also, daß auch die Frage der Kriegsfolgenregelung für die vertriebenen Rentner von materiellem Belang ist.
Meine Damen und Herren, zu all diesen sozialpolitischen, finanziellen und rechtlichen Überlegungen kommt nach unserer Auffassung ein Gedanke hinzu, der allgemeinpolitischer Natur ist und der nicht aus den Augen verloren werden sollte: die Frage, ob wir nicht die Verpflichtung haben, nach innen und nach außen auf den verschiedensten Gebieten unserer Finanzwirtschaft deutlich zu machen, was wir noch an Kriegsfolgelasten abzutragen haben. Das ist leider durch manche Darlegungen von seiten des Finanzministeriums im Sozialpolitischen Ausschuß zu einer Frage geworden. Diese Verdeutlichung der Kriegsfolgelasten muß vor allem im sozialen Bereich erfolgen. Das Bild der sozialen Wirklichkeit in der Bundesrepublik würde verzerrt, wenn hinter den Zahlen des Sozialaufwandes nicht mehr die Ursachen dieser Zahlen sichtbar würden. Bei den Fremdrenten und Auslandsrenten z. B. geht es doch nicht um die Verteilung von großartigen sozialen Wohltaten, sondern darum, daß Hunderttausende von Menschen ohne die Renten in schlimmster Not leben würden, denn sie haben sonst nichts, was ihre Existenz sichern könnte.
Finanzklarheit - lassen Sie mich diese persönliche Bemerkung machen - und Finanzwahrheit gibt es nach meiner Auffassung nicht nur in dem rechnerischen Sinne, daß nämlich die Etatsummen in den Titelreihen des Haushaltsplanes korrekt verbucht werden, sondern es gibt sie auch und vor allem im politischen Sinne. Das heißt für uns hier, daß wir „Kriegsfolge" nennen, was Kriegsfolge ist.
Ich bitte Sie deshalb, unserem Antrag zuzustimmen, der erstens eine gesonderte Erfassung der Mehraufwendungen nach dem Neuregelungsgesetz vorsieht - Mehraufwendungen, die nach Ansicht erfahrener Fachleute weit höher sein werden, als von der Bundesregierung in der Begründung ihrer Vorlage vorausgeschätzt worden ist - und der zweitens festlegt, daß es sich hier um Kriegsfolgelasten handelt, die vom Bund getragen werden sollen.
Herr Kollege wünschen Sie getrennte Abstimmung zu a und b oder Abstimmung insgesamt?
({0}) - Danke.
Herr Kollege Schütz hat das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ein Wort des Kollegen Rhode hätte ich lieber nicht gehört.
({0})
Er hat damit begonnen, daß er sagte, die Regierung habe es sich unverantwortlich leicht gemacht.
({1})
Schütz ({2})
- Kollege Rohde, es wird sich einmal herausstellen, wer es sich in dieser Sache unverantwortlich leicht gemacht hat.
({3})
Der Antrag der Kollegen von der SPD besagt: Weil die Vertriebenenrenten eine Kriegsfolge sind, müssen alle Kosten, die dadurch entstehen, auf den Bund übernommen werden,
({4})
denn da es sich um eine Kriegsfolge handelt, entsteht daraus auch eine Kriegsfolgelast. Meine Damen und Herren, daß es Vertriebene - und darunter auch Rentner - gibt, ist ganz gewiß eine Kriegfolge. Diese Rentner sind aber für die Rentenversicherung zu keiner Stunde eine Kriegsfolgelast gewesen.
({5})
Als Vertriebene sind ja nicht nur Rentner gekommen, sondern auch Beitragszahler zu den Rentenversicherungen.
({6})
Darüber müssen wir uns heute auseinandersetzen, um dem Verlangen des Kollegen Rohde nach Finanzklarheit und Finanzwahrheit bei der Finanzierung der Rentenversicherung aus dem Kreise der Fremdrentner auf den Grund zu gehen.
Beim Zusammenbruch und schon lange vorher ist das angesammelte Deckungskapital für die Zahlung von Renten wie so vieles andere in der Katastrophe untergegangen. Seit dem Zusammenbruch zahlen wir die Renten einmal aus den Beitragsaufkommen und zum anderen aus den Zuschüssen, die zuerst die Länder und später der Bund den Rentenversicherungsträgern gewährt haben.
Die Rentenneuregelungsgesetze haben das Abschnittsdeckungsverfahren zur Finanzierungsgrundlage gemacht. 70 v. H. der Ausgaben der Rentenversicherungen werden heute durch das Beitragsaufkommen, etwa 30 v. H. durch die Bundeszuschüsse gedeckt. Die Frage ist: Sind die Fremdrentner, was die Beitragsseite betrifft, dabei etwa in einer Minusposition? Müssen von den Beiträgen der einheimischen Rentner etwa Teile abgezweigt werden, damit man Fremdrenten zahlen kann?
Herr Kollege Rohde, wenn das so wäre, würde die Regierungsvorlage, so wie es bei den Knappschaftsrenten und an anderen Stellen geschehen ist, dieses Minus selbstverständlich dem Bund angelastet haben. Aber es ist eben nicht so.
({7})
- Die Wirklichkeit ist eine andere, Herr Kollege. Auf 100 Fremdrentenversicherte entfallen 28 Fremdrentner. Das ist nicht ganz ein Drittel und etwas mehr als ein Viertel. Auf 100 einheimische Versicherte fallen nach dem Stand vom 1. Oktober 1958 42 Rentner. Das ist wesentlich mehr. Daraus ergibt sich, daß die bisherigen Bundeszuschüsse das Beitragsminus bei den einheimischen Rentnern in
einem viel größeren Ausmaß ausgleichen mußten als bei den sogenannten Fremdrentnern. Das ist kein Verdienst der Vertriebenen, das ist ihr Schicksal.
Der Kollege Weber hat schon darauf hingewiesen, daß in den Herkunftsländern rund 24 v. H. der Erwerbstätigen selbständige Erwerbstätige waren - jetzt bei uns zwischen 6 und 8 v. H. variierend -, daß eben ein übergroßer Teil der Menschen, die in ihrem Herkunftsland keine Arbeiter und Angestellten waren, nach der Vertreibung hier Arbeiter und Angestellte und damit Beitragszahler für die Rentenversicherungen geworden sind. Es besteht also gar kein Anlaß, von einer Last zu reden, die den Versicherungsanstalten etwa dadurch erwachsen wäre, daß es Vertriebenen-Rentner und Vertriebenen-Beitragszahler gibt.
Meine Damen und Herren, ich bitte, dabei eines nicht ganz zu übersehen. Ich erinnere die Mitglieder dieses Hohen Hauses aus diesem Personenkreis einmal daran, wieviel Last wir alle miteinander in den Jahren 1945 bis 1947 gehabt haben, wo zwar die Fremden, die heute Fremdrentner sind, alle Beitragszahler bei den Rentenversicherungsanstalten waren, aber kein einziger von ihnen bis 1947 eine Rente erhalten hat.
({8})
Erst in der zweiten Hälfte des Jahres 1947 ist im Lande Bayern das erste Flüchtlingsrentengesetz erschienen. Daraus ist dann das Flüchtlingsrentengesetz der Länder der amerikanischen Zone geworden. Erst viel später sind für den gleichen Personenkreis die Rentengesetze von Lemgo gekommen. Jahrelang war dieser Personenkreis Beitragszahler, ohne Empfänger von Renten zu sein.
Lassen Sie mich dieses Beispiel noch fortsetzen. Würden wir in unserem Betrachtungskreis nicht nur die Vertriebenen - d. h. die Fremdrentner auf der Plus- und Minusseite, wie sie das neue Gesetz vorsieht - hineinnehmen, sondern diese beiden Personenkreise nach dem bisher geltenden Fremdrentengesetz nehmen, ergäben sich folgende Zahlen. In der Arbeiterversicherung sind 19 % der Beitragszahler aus dem Kreis der Fremdrentner und 4,24 % der Rentenempfänger Fremdrentner. Sie haben hier das Verhältnis 19 zu 4 1/4. Bei den Angestellten sind es 14 6/10 % auf der Zahlerseite und genau 7 % auf der Empfängerseite.
({9})
Herr Kollege Rhode hat auf die Eingabe des Verbandes deutscher Rentenversicherungsträger verwiesen. Ich habe diese Eingabe hier. Sie ist im Ausschuß verteilt worden. Darin ist an keiner Stelle etwa das widerlegt, was ich dargelegt habe. Im Gegenteil, in dieser Eingabe des Verbandes deutscher Rentenversicherungsträger wird noch mit Grundbeträgen und weiß Gott welchen Finanzierungsmethoden argumentiert, die es seit dem Jahre 1957 überhaupt nicht mehr gibt. Ich muß mich wirklich fragen, ob da jemand verreist war und gar nicht gemerkt hat, daß wir 1957 drei Rentenversicherungs-Neuregelungsgesetze beschlossen haben.
Schütz ({10})
Es ist dort auch auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 16. Juni 1959 verwiesen worden. Kollege Rohde hat gesagt: Da soll einmal ein Minister her, der soll sagen, wie er zu der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts steht. Ich glaube - als Laie, Herr Kollege Rhode daß das angezogene Urteil des Bundesverfassungsgerichts keineswegs auf den uns vorliegenden Tatbestand anwendbar ist. Gegenstand des Urteils ist die Frage, ob das Gesetz über die Tilgung von Ausgleichsforderungen, das wir am 14. Juni 1956 beschlossen haben, mit Artikel 120 GG vereinbar ist.
Man nimmt so gern als Symbol für die Justitia die Göttin mit der Waage und den verbundenen Augen. Legen wir auf die Waage der Justitia in die eine Schale das Beitragsaufkommen der künftigen Fremdrentner und in die andere Schale die Rentenausgaben für die heutigen Fremdrentner. Dabei haben wir dann eine Bitte. Frau Justitia möge die Binde vor den Augen herunternehmen. Dann wird sie entdecken, nach welcher Seite die Waagschale ausschlägt. Wir haben auch keine Angst, wenn irgend jemand zum Bundesverfassungsgericht geht; denn dann wird eben Frau Justitia nicht mit verbundenen Augen auf die ungleichen Waagschalen schauen.
({11})
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Bitte sehr!
({0})
Herr Kollege, ich lasse dahingestellt, ob Justitia in DM rechnet oder nach dem Grundgesetz.
({0})
Ich wollte an Sie die Frage richten, ob Sie nicht verfolgt haben, daß ich mich bei dem Wunsch, von der Regierung eine rechtliche Begründung dazu zu erfahren, warum jetzt im Gegensatz zum bisherigen Recht die Mehraufwendungen nicht mehr Kriegsfolgen sein sollen, nicht nur auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, sondern auch auf die Tatsache bezogen habe, daß die Regierung bis zum heutigen Tage den Abgeordneten dieses Hauses noch kein verbindliches Wort dazu sagen konnte.
Verehrter Herr Kollege Rohde, ich bin nicht die Regierung. Aber vielleicht halten Sie auch eine von mir gegebene Antwort für wert, sie anzunehmen. Ich hoffe, daß der Kollege Schellenberg nicht gleich wieder sagt, ich sei neben den Realitäten. Wenn es etwas gibt, was die Realität beschreibt, so ist es doch die Zahl!
({0})
Herr Kollege Rohde, Sie wollen eine Antwort. 1953 ist die damalige Bundesregierung mit dem Fremdrentengesetz - wie bei der allgemeinen Rentengesetzgebung - von der Fiktion der Kapitaldeckung ausgegangen. Gerade wir - ich erinnere den Kollegen Schellenberg an die damaligen Ausschußberatungen - haben uns dagegen gewehrt, bei den Fremdrentnern mit einer grundlegenden Anderung der Rentenbemessungsgrundlage anzufangen, und verlangt, daß die grundlegende Änderung in der allgemeinen Rentengesetzgebung vorangeht. Seit 1957 haben wir nun das Abschnitts-deckungsverfahren. Auf Ihren Antrag haben wir einstimmig beschlossen, die Berechnungen nach dem Fremdrentengesetz den entsprechenden Grundsätzen der Rentenneuregelungsgesetze anzupassen. Sie können doch jetzt nicht dem widersprechen, was Sie in Ihrem Antrag verlangt haben! Das Fremdrenten-und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetz folgt also auch in der Berechnung der Deckung den allgemeinen Rentenneuregelungsgesetzen, d. h. es sieht das Abschnittsdeckungsverfahren vor. In dem Deckungsabschnitt der nächsten zehn Jahre bringt der Kreis der Vertriebenen an Beiträgen beachtlich mehr auf, als die Rentner dieses Kreises verzehren. Wir machen davon nicht viel Aufhebens. Wir wissen, daß es viele andere Bereiche gibt, wo dem nicht so ist, wo wir Zuschüsse aus Bundes- und anderen Mitteln benötigen, um die Eingliederung zu vollziehen. Aber, Herr Schellenberg, lassen Sie uns dort, wo wir keine Bettler, keine Kostgänger fremder Leute sind, sondern das armselige Flüchtlingsrentnerbrot mit eigenen Beiträgen verdienen, auf eigenen Füßen stehen, dekretieren Sie uns nicht unnötig und im Gegensatz zum tatsächlichen Sachverhalt als Kostgänger des Bundes!
Im übrigen noch ein Wort zu den berühmten Bundeszuschüssen. Es soll also, damit die Fremdrentner Fremdrenten bekommen können, auch die Leistung des Fürsorgeempfängers, die er in Gestalt der Umsatzsteuer in die Bundeskasse legt, mit herangezogen werden, während die eigene Leistung der Fremdrentner den Eigenbedarf weit übersteigt!
Ich bitte das Hohe Haus, den Antrag der SPD abzulehnen.
({1})
Das Wort hat der Abgeordnete Schellenberg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist doch nötig, Klarheit über die Finanzierungsgrundlagen der Rentenversicherung zu schaffen; auch dem Herrn Kollegen Schütz sind offenbar einige Unklarheiten unterlaufen. Es zeugt nämlich von einer völligen Verkennung des Finanzierungssystems der deutschen Rentenversicherung, wenn behauptet wird, wir hätten in den Rentenneuregelungsgesetzen vorgesehen, daß durch die Beitragszahlung der Aktiven Leistungen für Personea finanziert werden, die früher überhaupt keine Gegenleistung durch Beiträge erbracht haben. Das Gegenteil ist der Fall.
Das Fundament der Rentenneuregelung ist die sogenannte Beitragsrente; sie beruht auf der vorherigen individuellen Beitragsleistung, die dann die Rentenzahlung auslöst. Unser Rentenversicherungssystem ist doch gerade deshalb so überaus kompliDr. Schellenberg
ziert, weil wir jede vorherige Beitragsleistung besonders erfassen rnüssen.
Diesen Grundsatz hat Herr Kollege Schütz nicht beachtet.
({0})
Wir haben durch die Reform gemeinsam den Versicherungscharakter der deutschen Rentenversicherung betont. Was Sie hier dargelegt haben, bedeutet, den Versicherungscharakter im Bereich der Fremdrenten über Bord zu werfen. Denn hier sollen Leistungen nicht auf Grund von Beitragsleistungen gewährt werden, sondern es sollen Leistungen für Personen erbracht werden, die in ihren Heimatgebieten überhaupt nicht versichert waren. Das ist, wenn wir es sozialtechnisch ausdrücken, eine Versorgungsleistung, und die muß nach unserem System der sozialen Sicherheit nun einmal aus öffentlichen Mitteln finanziert werden.
({1})
- Wer zahlt Beiträge? Derjenige, der heute Beiträge zahlt, zahlt diese Beiträge für die spätere Leistung der Versicherung an ihn. Das ist doch das Äquivalenzprinzip der Versicherung.
({2})
Unsere Sozialversicherung beruht auf dem Prinzip, daß der Versicherte sich durch eine frühere Beitragsleistung, durch einen früheren Konsumverzicht, die spätere Leistung der Versicherung erwirbt. An diesem Prinzip wird jetzt eine wesentliche Änderung vorgenommen, weil nun derjenige eine Leistung erhalten soll, der überhaupt keine Beiträge gezahlt hat und keine Beiträge zahlen konnte. Auch die Höhe der Leistung, individuell berechnet, ist von der früheren Beitragszahlung abhängig. Diesem Grundsatz tragen Sie keine Rechnung mehr, wenn Sie aus Versicherungsmitteln Leistungen für eine Personengruppe gewährt wissen wollen, die überhaupt keine Versicherungsbeiträge gezahlt hat, und Staatszuschüsse hierfür verweigern.
Das Deckungsprinzip der Rentenreform haben wir seinerzeit nur deshalb verändert, weil die bisherigen Prinzipien unwahr waren. In der deutschen Rentenversicherung war niemals - auch vor dem ersten Weltkriege nicht - eine klare versicherungstechnische Grundlage, etwa im Sinne der Privatversicherung, vorhanden. Daraus haben wir bei der Rentenneuregelung ,die logische Konsequenz gezogen. Wir haben endlich einmal klare und wahre Rechnungsgrundlagen geschaffen. Deshalb haben wir das Verfahren mit den Zehnjahres-Zeiträumen und mit den Dreijahrzehnt-Zeiträumen gewählt. Aber dadurch ist nicht der Grundsatz verändert worden, daß die Voraussetzung für die Rentengewährunig die persönliche Beitragsleistung des einzelnen Rentenanspruchsberechtigten ist.
Was jetzt geschieht, gefährdet wegen der Verweigerung der öffentlichen Mittel wichtige Grundlagen unserer deutschen Rentenversicherung. Ich möchte Ihnen nur ein Beispiel nennen. Wir alle bejahen den Wanderversicherungsausgleich, den Ausgleich, nach dem z. B. die Angestelltenversicherung Mittel aus der Rentenversicherung der Arbeiter für Personen erhält, die früher nicht Angestellte, sondem Arbeiter waren. Was Sie aber - auch nach Ihrer Erklärung - jetzt tun wollen, ,entzieht dem Wanderversicherungsausgleich die finanztechnische und moralische Grundlage; denn Sie haben erklärt, daß diejenigen, die heute Beiträge zahlen, damit auch die gesamte Last für diejenigen decken, die nicht der Versicherungsgemeinschaft angehörten.
({3})
Dieser Grundsatz, den Sie hier vertreten haben, wird die Öffentlichkeit, wird das Haus noch sehr, sehr lange beschäftigen müssen, ungeachtet der Entscheidungen, die heute fallen, weil dadurch die Finanzierungsgrundlagen der Rentenversicherung weitgehend verändert werden.
Schauen Sie in den Ihnen vorliegenden Haushaltsplan für 1960 hinein. Wir haben dort eine Reihe von Positionen neuer Fremdrentenerstattungen. So haben wir in Kap. 11 13 eine Fremdrentenerstattung für die saarländische Versicherung. Wir führen durch den Haushalt für Personen, die nicht im Saarland, sondern anderswo versichert waren, eine neue Fremdrentenerstattung durch. Bei dieser Sachlage stellen Sie sich jetzt hier hin, Herr Kollege Schutz, und sagen: Es soll in ,diesem Gesetz keine Fremdrentenerstattungen geben.
({4})
Was ist denn die Grundlage? Bei dem gegenwärtig gewährten Bundeszuschuß geht man von dem Status 1. Januar 1957 zuzüglich Dynamisierung aus.
({5})
Jetzt wird durch das Gesetz eine neue Last der Eingliederung zusätzlich in die deutsche Rentenversicherung hineingetragen.
({6})
Wenn wir eine zusätzliche Last hinzufügen, verändern wir den Status quo der Finanzierung, und daraus muß die Konsequenz gezogen werden, ,daß für die Mehrleistung auch eine entsprechende Finanzierung erfolgt. Die gegenwärtig gewährten Bundeszuschüsse haben u. a. auch darin ihre Grundlage, daß ein Ausgleich für die verlorengegangenen Kapitalien zu gewähren ist. Für denjenigen, der jetzt auf Grund des Gesetzes Leistungen erhält, liegt ein früheres Kapital, für das Zuschüsse gezahlt werden, nicht vor, kann nicht vorliegen,
({7})
und deshalb müssen in der gleichen Weise wie für diejenigen, die bereits Versicherte waren, Zuschüsse für die Mehrleistungen gewährt werden. Es muß für die neue Last eine zusätzliche Regelung getroffen werden.
Was hier geschehen soll, ist - eben wegen der Verweigerung von Bundesmitteln - nichts anderes als ein Lastenausgleich,
({8})
aber ein Lastenausgleich, der nicht von der Gemeinschaft des ganzen Volkes, sondern von den gegenwärtig Versicherten getragen werden soll.
({9})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor; die Debatte ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung.
({0})
- Herr Abgeordneter Dr. Schellenberg zur Abstimmung!
Ich beantrage, nach Buchstaben getrennt abzustimmen. Für Buchstabe a beantrage ich namentliche Abstimmung, einmal um die Entscheidung zu erleichtern, zum andern, weil mit der unter Buchstabe a aufgeführten Regelung keine zusätzliche neue Last festgelegt wird, sondern nur bestimmt wird, daß die Mehraufwendungen gesondert erfaßt werden.
({0})
- Das gehört zu den Notwendigkeiten versicherungstechnischer Gerechtigkeit. Die Mehrleistung soll gesondert erfaßt werden; und darüber wünschen wir namentliche Abstimmung.
Es gibt keine Debatte zur Sache mehr; das geht auch an Ihre 1) Adresse, Herr Kollege Schellenberg. Es gibt nur noch den Antrag auf namentliche Abstimmung. Wird dieser Antrag von 50 Mitgliedern unterstützt? - Die Zahl ist erreicht. Wir stimmen über die Ziffer 3a des Umdrucks 454 namentlich ab. Ich gebe das Ergebnis der Abstimmung bekannt. Von den uneingeschränkt stimmberechtigten Abgeordneten haben 128 mit Ja und 204 mit Nein gestimmt; das sind zusammen 332 Stimmen. Von den Berliner Abgeordneten haben 10 mit Ja und 6 mit Nein gestimmt; das ergibt zusammen 16 Stimmen. Damit ist der Antrag abgelehnt.
Ja
CDU/CSU Dr. Philipp SPD
Dr. Arndt Auge
Dr. Baade Bach
Bading
Dr. Bärsch Bäumer
Bals
Baur ({0}) Bazille
Dr. Bechert Behrendt Behrisch
Frau Bennemann Bergmann
Berlin
Bettgenhäuser
Frau Beyer ({1}) Birkelbach
Börner
Dr. Brecht Bruse
Büttner
Dewald
Diekmann
Frau Eilers ({2}) Erler
Eschmann Felder
Franke
Dr. Frede Frehsee
Frenzel
Geritzmann Hamacher Hansing
Hauffe Heide Heiland
Dr. Dr. Heinemann Hellenbrock
Frau Herklotz Hermsdorf
Herold Höcker Höhmann
Höhne Hörauf Iven ({3})
Jahn ({4})
Jaksch Jürgensen
Junghans
Jungherz
Kalbitzer
Frau Keilhack
Frau Kettig
Keuning
Killat ({5})
Kinat ({6})
Könen ({7})
Koenen ({8})
Frau Korspeter
Kraus Kriedemann
Kurlbaum
Lange ({9}) Lantermann
Ludwig
Lücke ({10}) Lünenstraß
Marx Matzner
Meitmann
Merten Metter Metzger
Meyer ({11}) Dr. Mommer
Müller ({12}) Müller ({13}) Müller ({14})
Frau Nadig
Odenthal
Ollenhauer
Peters Pohle Priebe Pütz
Pusch Rasch Regling
Reitz Reitzner
Frau Renger
Ritzel Rhode Frau Rudoll
Ruhnke
Dr. Schäfer
Scheuren
Schmidt ({15}) Schmitt ({16}) Schröder ({17}) Seidel ({18})
Seither
Frau Seppi
Stenger
Sträter Striebeck
Theis Wegener
Wehner
Welke Welslau
Weltner ({19})
Frau Wessel
Wienand Wilhelm Wittrock Zühlke
Berliner Abgeordnete
Frau Berger-Heise Dr. Königswarter Frau Krappe
Mattick
Neubauer
Dr. Schellenberg Schröter ({20}) Schütz ({21}) Dr. Seume
Frau Wolff ({22})
FDP
Dr. Becker ({23}) Dr. Rutschke
Nein
CDU/CSU
Frau Ackermann
Graf Adelmann
Dr. Aigner Arndgen
Baier ({24})
Baldauf Balkenhol Dr. Bartels Bausch
Becker ({25}) Berberich
Berger
Dr. Bergmeyer
Dr. Birrenbach
Frau Dr. Bleyler
Blöcker
von Bodelschwingh Brand
Brese
Frau Dr. Brökelschen Brück
Dr. Bucerius
Bühler
Burgemeister
Caspers Cillien
Dr. Conring
Dr. Czaja Diebäcker Draeger
Dr. Dr. h. c. Dresbach Ehren
Eichelbaum
Frau Engländer
Enk
Eplée
Etzenbach
Dr. Even ({26}) Dr. Franz
Franzen
Dr. Fritz ({27}) Fritz ({28})
Funk
Frau Dr. Gantenberg Gedat
Gehring
Frau Geisendörfer Gewandt
Gibbert Giencke
Glüsing ({29}) Dr. Görgen
Goldhagen Gontrum
Dr. Gossel Gottesleben Günther
Freiherr zu Guttenberg Hackethal
Hahn
Dr. Hahne Harnischfeger
Dr. Heck ({30})
Heix
Dr. Graf Henckel
Dr. Hesberg Hesemann
Dr. Höck ({31})
Holla
Huth
Dr. Huys Illerhaus Dr. Jaeger Jahn ({32})
Josten
Dr. Kanka Katzer
Kemmer Kirchhoff Kisters
Knobloch Dr. Knorr Koch
Kraft
Krammig Kroll
Krüger ({33})
Krüger ({34})
Krug
Kunst
Kuntscher Leicht
Lenz ({35})
Lenze ({36}) Leonhard
Lermer
von Lindeiner-Wildau
Dr. Lindenberg
Maier ({37})
Dr. Baron Manteuffel-Szoege Memmel
Mengelkamp
Menke
Mensing Mick
Muckermann
Mühlenberg
Müser
Nellen
Nieberg Niederalt Frau Niggemeyer
Dr. Dr. Oberländer
Oetzel
Frau Dr. Pannhoff
Pelster
Pietscher
Frau Dr. Probst
Rasner
Dr. Reinhard
Dr. Reith
Riedel ({38})
Frau Rösch
Rösing
Ruf
Ruland
Scharnberg
Scheppmann
Schlee
Schlick
Dr. Schmidt ({39}) Frau Schmitt ({40})
Schmucker Schüttler
Schütz ({41})
Frau Dr. Schwarzhaupt
Dr. Schwörer Dr. Seffrin Siebel
Dr. Siemer Simpfendörfer Solke
Spies ({42})
Spies ({43})
Stauch
Dr. Stecker Stiller
Dr. Stoltenberg
Dr. Storm ({44})
Storm ({45})
Sühler
Teriete
Dr. Toussaint Varelmann Vehar
Dr. Vogel Vogt
Dr. Weber ({46}) Wehking
Weimer
Wendelborn Dr. Werber Dr. Wilhelmi Windelen Winkelheide Wittmann
Wittmer-Eigenbrodt
Worms
Wullenhaupt
Berliner Abgeordnete
Benda Hübner Dr. Krone
FDP
Dr. Achenbach
Dr. Bucher Dr. Dehler
Frau Dr. Diemer-Nicolaus Dürr
Eisenmann Dr. Hoven Keller
Köhler
Dr. Kohut Kreitmeyer Kühn ({47})
Lenz ({48}) Margulies
Dr. Mende Mischnick
Freiherr von Mühlen
Murr
Rademacher Ramms
Sander
Dr. Schneider ({49}) Dr. Stammberger
Walter
Weber ({50}) Zoglmann
Berliner Abgeordnete
Frau Dr. Dr. h. c. Lüders Dr. Will
DP
Matthes
Probst ({51})
Dr. Schneider ({52}) Dr. Schranz
Tobaben
Ich rufe den Antrag Umdruck 454 Ziffer 3b zur Abstimmung auf. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Der Antrag ist abgelehnt.
Ich rufe den Art. 5 in der Ausschußfassung auf. Wer ihm zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Art. 5 ist angenommen.
Ich rufe den Art. 6 auf. Änderungsanträge liegen hierzu nicht vor. Wird das Wort zu Art. 6 gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Debatte.
Wir kommen zur Abstimmung über Art. 6 in der Ausschußfassung. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Angenommen.
Ich rufe auf Art. 7: Schlußvorschriften. Änderungsanträge liegen hierzu nicht vor. Wird das Wort gewünscht? - Herr Abgeordneter Dr. Schellenberg hat das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir bitten um getrennte Abstimmung über § 3, weil wir dem § 3 in dieser Fassung nicht zustimmen können.
Wird das Wort weiterhin gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Wir kommen dann zur Abstimmung über Art. 7. Wir stimmen zunächst über § 1 und § 2 zusammen ab. Wer diesen Paragraphen in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Angenommen.
Ich rufe nunmehr den § 3 des Art. 7 auf, über den soeben getrennte Abstimmung beantragt worden ist. Wer § 3 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; § 3 angenommen.
Ich rufe auf Einleitung und Überschrift. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Angenommen. Damit ist die zweite Lesung beendet.
Änderungsanträge sind nicht angenommen. Die dritte Lesung könnte also stattfinden. Ich nehme an, daß das Haus damit einverstanden ist. - Ich eröffne die Generaldebatte in der
dritten Lesung.
Wird hierzu das Wort gewünscht? - Herr Abgeordneter Dr. Schellenberg hat das Wort.
({0})
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich verstehe Ihren Unmut, weil
die Stunde der Abreise naht. Aber wir sind gemeinsam der Auffassung, daß ein sehr wichtiges sozialpolitisches Gesetz zur Abstimmung ansteht, zu dem in der dritten Lesung noch einige Bemerkungen gemacht werden müssen.
Schon bei der zweiten Lesung konnte ich im Zusammenhang mit der Begründung eines Änderungsantrages der sozialdemokratischen Fraktion darauf hinweisen, daß wir bei der Rentenneuregelung die Gleichstellung der Heimatvertriebenen sowie derjenigen, die ihre Unterlagen verloren haben, beantragt haben und daß wir ferner bei der Beratung der Neuregelungsgesetze die Bundesregierung beauftragen wollten, durch Änderung der Tabellen zum alten Fremdrenten- und Auslandsrentengesetz faktisch die Angleichung an die Rentenneuregelungsgesetze mit der Fristsetzung bis zum 30. Juni 1957 zu vollziehen. Diese Anträge sind seinerzeit vom Plenum angenommen worden. Die sozialdemokratische Fraktion hat, was wir heute mit Genugtuung feststellen können, dadurch mit den Anstoß zu der Neuregelung des Fremdrenten- und Auslandsrentengesetzes gegeben.
Wir begrüßen, daß nunmehr die Benachteiligung der Heimatvertriebenen und derjenigen, die ihre Unterlagen verloren haben zu einem wesentlichen Teil beseitigt wird. Wir begrüßen insbesondere, daß das Gesetz den Grundsatz der Gleichstellung der Heimatvertriebenen berücksichtigt. Wir bejahen dieses Eingliederungsprinzip mit allen Konsequenzen und wir werden deshalb diesem Gesetz unsere Zustimmung geben, obwohl es nach den Be) schlössen der zweiten Lesung noch eine Reihe von Mängeln enthält.
Einige allgemeine Bemerkungen dazu.
1. Dieses Gesetz wird nicht mit Inkrafttreten der Rentenneuregelungsgesetze wirksam. Der wesentlichste Grund dafür ist, daß die Bundesregierung den Gesetzentwurf mit einer Verspätung von zwei Jahren vorgelegt hat. Nun sagen Sie zur Entschuldigung der Regierung, dieses Gesetz ändere nicht nur die Tabellen, sondern es bringe eine Novelle der gesamten Materie. Das ist richtig; aber ich muß in diesem Zusammenhang bei der heutigen dritten Lesung doch zitieren, was der damalige Bundesarbeitsminister, Herr Kollege Storch, auf eine Kleine Anfrage der sozialdemokratischen Fraktion am 20. September 1957 schriftlich erklärt hat:
Etwaige Nachteile für die Versicherten könnten in diesem Gesetz durch rückwirkende Inkraftsetzung vermieden werden.
Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion hat im Ausschuß vergeblich versucht, diesen Grundsatz, auf den der Arbeitsminister selbst hingewiesen hat, zu verwirklichen. Wir konnten leider keine Mehrheit erreichen.
2. Durch die verspätete Inkraftsetzung werden nicht nur die Vertriebenen, sondern auch jene Einheimischen benachteiligt, für die das Eingliederungsprinzip überhaupt nicht in Betracht kommt, weil sie immer „Eingegliederte" waren und nur durch Kriegseinwirkung ihre Unterlagen verloren haben. Das Gesetz schafft infolgedessen mit der verspäteten Inkraftsetzung eine ungleiche Behandlung zwischen denjenigen, die das Glück hatten, ihre Unterlagen zu behalten, und jenen, die ihre Unterlagen durch Kriegseinwirkung verloren haben; für die letzteren werden die Auswirkungen der Rentenneuregelung erst zwei Jahre später wirksam.
3. Es ist darauf hinzuweisen, daß der Grundsatz der Eingliederung nicht nur für die Vertriebenen, sondern auch für unser ganzes Volk von wesentlicher Bedeutung ist; denn hiermit werden die Vertriebenen sozialrechtlich in die Gesamtheit des Volkes eingegliedert. Wir dürfen aber bei der Freude über diesen Grundsatz nicht verkennen, daß sich aus dem Prinzip der Eingliederung für gewisse Gruppen von Vertriebenen Nachteile ergeben. Das betrifft beispielsweise diejenigen, die Anspruch auf Zusatzleistungen nach der sogenannten Mehrversicherung in den tschechoslowakischen Pensionsinstituten hatten, ferner diejenigen, die als Vertriebene ihre alten Versicherungsunterlagen glücklicherweise erlangen können und bei denen die Berechnung der neuen Rente nun streng nach Bundesrecht und nicht unter Zugrundelegung der vorliegenden Unterlagen aus der Heimat erfolgt. Die Mehrheit hat im Ausschuß erklärt, das Eingliederungsprinzip sei unteilbar, und infolgedessen unsere Anregung, hier eine Änderung vorzunehmen, abgelehnt.
4. Wir müssen uns darüber klar sein, daß ungeachtet der Eingliederung die nach den Tabellen, wie wir sie im Gesetzentwurf vorfinden, gewährten Renten zum Teil sowohl für die Vertriebenen wie für die Einheimischen unzureichend sein werden. Das hängt nicht ursächlich mit dem Gesetz zusammen, sondern ist eine Folge von - wir sagen: Mängeln der Rentenneuregelungsgesetze, die nun für Einheimische und Vertriebene auftreten. Aber bei diesem Gesetz werden diese Mängel für alle, die unter dieses Gesetz fallen, auf Grund der Tabellen klarer und offensichtlicher als für diejenigen, deren Renten nach einer individuellen Bemessungsgrundlage berechnet werden. Wir sollten uns gemeinsam klar sein, meine Damen und Herren, daß wir nach Durchführung des Gesetzes viele bittere Klagen darüber erhalten werden, die Rente sei leider zu niedrig. Das ist ein Mangel der Rentenneuregelungsgesetze. Deshalb habe ich namens meiner Fraktion zu erklären, daß die Verabschiedung auch dieses Gesetzes für uns Veranlassung sein wird, mit allem Nachdruck darum bemüht zu sein, diese Mängel der Rentenneuregelung für alle, für Vertriebene und für Einheimische, zu beseitigen.
({0})
Ein weiterer Mangel, der sich aus der Rentenneuregelung ergibt, liegt darin, daß die Mehrleistungen, die gewährt werden, nicht allen Berechtigten de facto zugute kommen, sondern auf Grund der bedenklichen Vorschriften auf Anrechnung der Ausgleichsrente auf laufende Geldleistungen des Lastenausgleichs usw. angerechnet werden, so daß gar mancher, der sich nun eine Verbesserung seiner Lebenslage erhofft, zwar eine Erhöhung seiner Rente erhält, aber durch die Anrechnungsvorschriften tatsächlich nicht günstiger steht als zuvor. Eine
Nebenwirkung ist dabei, daß die Einsparungen zugunsten des Bundes gehen. Um so bedauerlicher ist, daß Sie unsere Anträge bezüglich der Finanzierung abgelehnt haben.
5. Meine Damen und Herren, Sie haben weiter in der zweiten Lesung unseren Antrag auf Beseitigung der Kürzungen bei nicht vorliegenden, aber glaubhaft gemachten Unterlagen abgelehnt. Damit wird - das müssen wir nochmals mit großem Ernst feststellen - allen denjenigen, die ihre Unterlagen verloren haben, selbst unter Berücksichtigung der Vorschriften der allgemeinen Rentenneuregelungsgesetze - Zuschlag von einem Zehntel für Ausfallzeiten - faktisch die Rente um rund 8 v. H, gegenüber denjenigen, die Unterlagen vorlegen, gekürzt. Das ist ein schwerwiegender Mangel dieses Gesetzes.
6. Wir sind mit unserer Auffassung über die Finanzierung in der zweiten Lesung nicht durchgedrungen. Im Namen meiner Fraktion muß ich mit Bedauern feststellen, daß die Fragen, die mein Kollege Rohde an die Bundesregierung wegen der verfassungsrechtlichen Grundlagen gerichtet hat, von der Bundesregierung nicht beantwortet worden sind. Im Sozialbericht der Bundesregierung, den wir in Zusammenhang mit der zweiten Rentenanpassung hier beraten haben, ist uns dargelegt worden, daß sich für den ersten Deckungsabschnitt in Zusammenhang mit der Neuregelung des Fremdrentenrechtes eine Mehraufwendung von 1500 Millionen DM ergibt. Meine Damen und Herren, wir werden uns später über das dritte und weitere Anpassungsgesetze zu unterhalten haben. Schon heute machen wir darauf aufmerksam, daß wir den Argumenten, die dann kommen werden, die finanziellen Grundlagen der Rentenversicherung seien zu unsicher, auch mit dem Hinweis entgegentreten werden, daß heute Kriegsfolgelasten auf die Rentenversicherung verlagert wurden. Meine Damen und Herren, das ist eine sehr ernsthafte Angelegenheit.
Es ist weiter festzustellen, daß mit der Entscheidung, daß die Aufwendungen von den Versicherungsträgern zu tragen sind, das letzte Wort noch nicht gesprochen ist. Durch die Schlußabstimmung legen wir den Text des Gesetzes fest. Aber ob Kriegsfolgelasten für die Rentenversicherung
({1})
von den Versicherten oder vom Bund zu tragen sind,
({2})
darüber wird das Bundesverfassungsgericht entscheiden müssen,
({3})
und das kann weitgehende Konsequenzen haben. ({4})
- Herr Kollege Stingl, Sie kommen immer wieder mit den Vorteilen. Ich muß es Ihnen deutlich sagen: Ihre Beiträge zahlen Sie für Ihre spätere Rente,
({5}) und Ihr Junge wird sie einmal für seine spätere Rente zahlen.
({6})
- Meine Damen und Herren, der Grundsatz unserer Rentenversicherung ist nicht das Versorgungsprinzip, sondern die individuelle Beitragsleistung und der sich daraus ergebende individuelle Leistungsanspruch.
({7})
Das ist die Grundlage der deutschen Rentenversicherung.
({8})
Das ist das Versicherungsprinzip, an dem wir festhalten wollen.
7. Nun noch einige andere Gesichtspunkte. Der Gesetzentwurf behandelt - darauf müssen wir auch bei der dritten Lesung hinweisen - nicht nur die Fremdrenten, sondern auch die Auslandsrenten. Er hält an dem Grundsatz der Gegenseitigkeit fest. Wir haben in eingehenden Erörterungen gemeinsam festgestellt, daß zur Zeit nicht anders zu verfahren ist. Aber wir möchten die Gelegenheit der dritten Lesung benutzen, die Bundesregierung immer wieder zu bitten, danach zu streben, daß die Einschränkungen, die durch das Gegenseitigkeitsprinzip, Herr Bundesarbeitsminister, - - Darf ich um Entschuldigung bitten, Herr Dr. Elsholtz. Es ist sicher wichtig, daß Sie jetzt noch dem Herrn Bundesarbeitsminister die finanziellen Grundlagen auseinandersetzen wollen. Aber ich habe mich gerade an die Bundesregierung mit einer Bitte gewandt.
Wir haben im Ausschuß gemeinsam anerkannt, daß für die Auslandsrenten aus vielen Überlegungen im Grundsatz an dem Gegenseitigkeitsprinzip durch Abschluß von Sozialabkommen festgehalten werden muß. Wir haben aber die Bitte, daß die Bundesregierung ihre Bemühungen verstärkt, die Nachteile, die darin hinsichtlich der Freizügigkeit ausländischer Arbeitskräfte liegen können, zu verringern und sich in allen internationalen Gremien mit Nachdruck dafür einzusetzen, daß diese Einschränkungen verringert werden und wir Schritt um Schritt dem großen Ziele näherkommen, daß jeder, der Inländer und der Ausländer, gleich wo er sich befindet, mit seinen sozialen Rechten, auch in der Rentenversicherung, den Einheimischen völlig gleichgestellt wird. Diese Bitte richten wir an die Bundesregierung.
8. Meine Damen und Herren! Es gibt in dem Gesetz - Herr Kollege Stingl hat es erwähnt - außer den behandelten Fragen eine Reihe von Punkten, über die wir sehr froh sein können, insbesondere wir Berliner froh sein können. Der Ausschuß und das Haus sind nicht dem Entwurf der Bundesregierung gefolgt. Das Haus hat die Ausschußbeschlüsse angenommen, wonach eine Kürzung Berliner Renten unterbleibt und für Berlin der volle soziale Besitzstand gewahrt wird. Ich danke dem Hause dafür, daß es sich den Anträgen des Ausschusses - im
Gegensatz zu den Vorschlägen der Regierung - angeschlossen hat.
9. Wir können ferner mit Befriedigung feststellen, daß der vorliegende Gesetzentwurf jetzt die Möglichkeit zur Rechtsverordnung nach § 1256 schafft und für die Einheimischen, deren Unterlagen verloren gegangen sind, nun eine volle Angleichung durchgeführt wird. Wir haben mit großem Interesse davon Kenntnis genommen, daß die Bundesregierung ihre Vorbereitungen zum Erlaß der Rechtsverordnung so weit gefördert hat, daß wenige Tage nach der Verkündung des Gesetzes auch die Rechtsverordnung für die Einheimischen vorliegt. Das ist etwas Positives, und wir wollen es dem Hause und damit der Öffentlichkeit zur Kenntnis geben.
10. Wir sind weiter darüber befriedigt, daß dieser Gesetzentwurf - und das sollte erwähnt werden - in einer Reihe von Fragen auch Angelegenheiten der Wiedergutmachung von nationalsozialistischem Unrecht beinhaltet, indem nämlich Ausländer und Staatenlose, die im Gebiet des Deutschen Reiches gelebt haben und während der Zeit von 1933 bis 1945 verfolgt wurden, den Deutschen gleichgestellt werden. Wir begrüßen das ebenso sehr wie den Grundsatz, daß heimatlose Ausländer, die während dieser Jahre zur Arbeit in das Gebiet Deutschlands verbracht wurden, im Wege der Nachversicherung so behandelt werden wie deutsche Staatsangehörige. Das ist ein Akt der Wiedergutmachung. Wir sind gemeinsam darüber befriedigt,
daß auf diese Weise ein Unrecht im Bereich der Rentenversicherung wiedergutgemacht werden kann.
Damit komme ich zum Schluß. Ungeachtet der Mängel, auf die ich hinweisen mußte,
({9})
bedeutet dieses Gesetz einen sozialpolitischen Fortschritt.
({10})
Der wichtigste Fortschritt liegt meines Erachtens darin, daß die Überschrift dieses Gesetzes, soweit sie nämlich die Fremdrentenversicherung betrifft, eigentlich überholt ist, denn die Fremdrentner werden durch dieses Gesetz einheimische Rentner, und das begrüßen wir von Herzen.
({11})
Das Wort hat der Herr Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren: Der Sprecher der sozialdemokratischen Fraktion, Herr Professor Schellenberg, hat soviel Lobenswertes über dieses Gesetz ausgesagt, daß ich es mir versagen kann, nun zum Abschluß noch längere Bemerkungen über das Gesetz zu machen. Ich danke dem Hohen Hause für die intensive Arbeit, die es in den Ausschußberatungen ,geleistet hat, um ein Gesetz zu verabschieden, das, wie adle Sachkenner wissen, in seinen rechtlichen Einzelheiten ungeheuer kompliziert ist.
Ich danke Herrn Schellenberg dafür, daß er hier erklärt hat, seine Fraktion werde dem Gesetz zustimmen. Ich darf an die Zeiten erinnern, in denen Herr Professor Schellenberg jede Auseinandersetzung mit mir in diesem Hause damit begann, daß er feststellte, noch immer sei die Rechtsverordnung nicht erschienen, mit deren Hilfe man die Tabellen für die Fremd- und Auslandsrenten neu festlegen sollte, und daß er darauf hinwies, wie viele Rentner hier nicht zu ihrem Recht kämen, insbesondere in Berlin. Ich habe damals immer darauf aufmerksam gemacht, daß sich diese Materie nicht so regeln lasse, sondern daß wir ein Gesetz vorlegen müßten, das überaus kompliziert sein werde.
Ich bin nun besonders froh darüber, daß man in dieses Gesetz auch noch eine Besitzstandsklausel einbauen mußte. Es hatte sich nämlich erwiesen, daß ein sehr großer Teil der Berliner Rentenempfänger bei der vorherigen globalen Festsetzung ihrer Renten zu einer höheren Rente gekommen sind, als sie auf Grund dieses Gesetzes zu erwarten gehabt hätten.
Der Grund, weshalb ich mich zum Wort gemeldet habe, ist, daß ich neben dem Dank, den ich Herrn Schellenberg aussprechen wollte, eines richtigstellen möchte. Sie haben mehrfach behauptet, die Bundesregierung habe sich zu der Frage der Kostentragung und insonderheit zu der verfassungsrechtlichen Frage nicht geäußert. Das trifft nicht zu. Die Bundesregierung hat sich - ich bitte, das nachzulesen - inihrer Stellungnahme zu den Bundesratsbeschlüssen über die Kostentragung geäußert. Sie hat weiter durch ihre Sachverständigen im Ausschuß auch zu der rechtlichen Frage Stellung genommen, ob hinsichtlich des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 16. Juni 1959 ein Berufungsgrund gegeben sei. Die Bundesregierung hat durch ihre Beauftragten dazu klar Stellung nehmen lassen. Es ist daher unrichtig, zu behaupten, die Bundesregierung habe diese Fragen nicht beantwortet. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, wollte ich richtigstellen.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Gern.
Herr Minister, sind Sie von Ihren Beamten nicht darüber informiert worden, daß diese im Ausschuß erklärt haben, sie könnten eine einheitliche Stellungnahme der Regierung zu den verfassungsrechtlichen Einwänden noch nicht vorweisen, und daß auch das Justizministerium auf diesen Umstand aufmerksam gemacht hat? Und glauben Sie nicht, daß meine auf dem Hintergrund dieser Tatsache gemachte Bemerkung von dem „unverantwortlich leicht" im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Seite gerechtfertigt ist?
Ich darf Ihnen die Summe Ihrer Fragen wie folgt beantworten.
Von meinen Beamten bin ich dahingehend unterrichtet worden, sie hätten die Auffassung vorgetragen, daß ein Berufungsgrund hinsichtlich des bekannten Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 16. Juni 1959 zur Frage der Anwendung des Art. 120 des Grundgesetzes nicht gegeben sei. Diese Auffassung ist auch die meinige - insofern sind die gestellten Fragen beantwortet -, und sie hat sich bei uns bis heute auch nicht geändert.
Das Wort hat der Abgeordnete Horn.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe nicht die Absicht, in dieser Generaldebatte der dritten Lesung auf die Details der Gesetzesvorlage einzugehen, zumal in der zweiten Lesung zeitweise der Eindruck entstehen konnte, als befänden wir uns bei den Beratungen im Sozialpolitischen Ausschuß. Ich bin der Meinung, daß wir in der dritten Lesung nur noch einige Besonderheiten betonen sollten.
Aus den Ausführungen des Kollegen Schellenberg ist sehr deutlich geworden, daß an dieser Gesetzesvorlage und, wenn Sie so wollen, an der zu ihr führenden Initiative mehr oder weniger alle Parteien und Fraktionen beteiligt gewesen sein wollen und in Wahrheit - durch ihre aktive Mitarbeit im Ausschuß - auch alle miteinander, von wenigen Ausnahmen abgesehen, in durchaus positivem Sinne beteiligt waren.
Ich möchte namens meiner Freunde nur noch unserer Befriedigung darüber Ausdruck geben, daß wir heute ein Gesetz von so grundsätzlicher und weittragender politischer Bedeutung verabschieden können. Es ist darauf hingewiesen worden, daß die Verabschiedung mit beinahe zweijähriger Verzögerung erfolge. Geben wir das zu. Kein Gesetz ist von Anfang an so vollkommen, daß später keine neueren Erkenntnisse mehr gewonnen werden könnten. So auch in diesem Falle. Die Meinung, daß wir die Anpassung durch Rechtsverordnung bis zum 30. Juni 1957 würden regeln können, hat sich dann leider als irrig herausgestellt. Sehr bald wußte man, daß für die Angleichung ein besonderes Gesetz notwendig sein werde. Daß man bei diesen Überlegungen zu einer prinzipiellen Neuregelung gekommen ist, ist eines der positivsten Merkmale. Die Verzögerung von annähernd zwei Jahren wird durch diese Neuregelung mehr als gerechtfertigt.
Ich möchte bei dieser Gelegenheit der Bundesregierung den besonderen Dank meiner politischen Freunde dafür aussprechen, daß sie uns nach mühsamer und gründlicher Vorbereitung eine gute Gesetzesvorlage geliefert hat.
({0})
Ich möchte auch dafür danken, daß die Regierung
und das federführende Ministerium uns durch seine
Referenten bei der Ausschußberatung über die
schwierige Materie sehr geholfen haben. Diese Unterstützung verdient eine ganz besondere Anerkennung.
({1})
Nun einige Bemerkungen gegenüber dem verehrten Kollegen Schellenberg. Herr Kollege Schellenberg hat sowohl bei der Debatte in der zweiten Lesung als auch in seinen letzten Ausführungen eine Reihe von Regelungen aufgezählt, die noch nicht, wie er sich ausgedrückt hat, vollkommen befriedigen. Es blieben Mängel übrig, wie Herr Schellenberg gesagt hat. Es wird auch von uns nicht bestritten, daß sich im Laufe der Entwicklung wahrscheinlich noch dieses und jenes ergeben wird.
Aber, verehrter Herr Kollege Dr. Schellenberg, wir sind uns darin einig, daß wir mit diesem Gesetzgebungswerk im Zuge unserer Sozialreform in dieser Legislaturperiode eine einmalige - eine einmalige- von großer politischer Bedeutung zeugende Regelung vornehmen, einmalig deshalb, weil es sich um die Millionen von Heimatvertriebenen handelt, denen wir durch dieses Gesetzgebungswerk übereinstimmend bescheinigen, daß sie auch in diesen Zusammenhängen nunmehr als vollgültige Bürger der Bundesrepublik zu betrachten sind.
({2})
Was ich in den Ausführungen des Kollegen Schellenberg mit etwas Erstaunen gehört habe und was mich befremdet hat, war, daß er an diese bedeutsame Tatsache sofort gewisse grundsätzliche Folgerungen geknüpft und gesagt hat, die Prinzipien, die wir hier festgelegt hätten, würden in der sozialpolitischen Diskussion nicht vom Tisch kommen, bis sie auch in anderen Bereichen verwirklicht seien. Er hat ganz konkret angedeutet, daß noch die Regelung für die selbständigen Berufe komme usw. Verehrter Herr Kollege Schellenberg, ich habe den Eindruck, daß Sie durch diese Ihre Bemerkungen die einmalige Bedeutung dieses Gesetzeswerkes für sich selber wieder um ein erhebliches Stück entwertet haben.
({3})
Wir sollten dieses Gesetzgebungswerk von heute so dastehen lassen, wie es ist, und seine Wirkungen den Vertriebenen zugute kommen lassen, ohne seine Bedeutung für die Menschen draußen mit solchen Randverzierungen zweifelhaft werden zu lassen.
({4})
Im Zusammenhang mit den finanziellen Schwierigkeiten haben Sie uns auch heute wieder wegen der Sicherstellung der Leistungen der Rentenversicherungen der Arbeiter und der Angestellten angesprochen. Ich hoffe, daß wir uns im Verlaufe dieses Jahres mit besseren Erkenntnissen über dieses Thema werden unterhalten können, wenn von der
Bundesregierung die versicherungstechnische Bilanz vorgelegt worden ist.
Auch meinerseits ein Wort der Anerkennung an die Berliner! Alle Fraktionen haben sich im Ausschuß gemeinsam für die Erhaltung des Besitzstandes der Berliner Rentner ausgesprochen. Ich bin froh darüber, daß jetzt auch die Anpassung der Berliner Renten an das Bundesrecht erfolgt. Es handelt sich um eine immerhin beachtenswerte Zusage.
Zuletzt eine Bitte an die Versicherungsträger, also an die Landesversicherungsanstalten und die Bundesanstalt für Angestelltenversicherung. Durch die Bestimmungen dieses Gesetzentwurfs mit ihren Leistungsgruppen und Tabellen entsteht den Versicherungsträgern zweifellos eine zusätzliche Verwaltungsarbeit. Sie werden sich damit plagen müssen. Aber ich bitte sie, dabei doch nicht allzu bürokratisch zu verfahren, sondern mit etwas Großzügigkeit an die Behandlung dieser Feststellungen heranzugehen, damit nicht aus der Handhabung dieser Bestimmungen durch die Verwaltung eine weitere - von uns für vermeidbar erachtete - Verzögerung entsteht.
Ich schließe mit dem nochmaligen Ausdruck der Befriedigung darüber, daß dieses Gesetzeswerk heute verabschiedet werden kann, und spreche der Regierung noch einmal die Anerkennung meiner politischen Freunde für die Förderung aus, die sie uns hat zuteil werden lassen.
({5})
Meine Damen und Herren, ich möchte darauf aufmerksam machen, daß bisher ein Änderungsantrag, nämlich auf Umdruck 463, vorliegt. Die Herren von der SPD hatten in der zweiten Lesung einen Änderungsantrag für die dritte Lesung angekündigt, der sich offenbar wörtlich mit dem Antrag der FDP deckt. Ich möchte auf § 87 der Geschäftsordnung aufmerksam machen. Darin heißt es: wenn in der dritten Beratung Änderungsanträge angenommen werden, ehe sie gedruckt verteilt waren, dann muß, wenn es von einer Anzahl von Abgeordneten, die einer Fraktionsstärke entspricht, verlangt wird, vor der Schlußabstimmung - sobald die Anträge gedruckt vorliegen - eine nochmalige Abstimmung über die Drucksache stattfinden. Es wäre zweckmäßig, Änderungsanträge für die dritte Lesung rechtzeitig vorzulegen.
Das Wort hat in der Generaldebatte jetzt der Abgeordnete Weber ({0}).
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf für meine Fraktion in aller Kürze erklären, daß wir es begrüßen, daß mit diesem Gesetz das Problem der Eingliederung zu einer abschließenden Lösung gebracht wird. Infolge der Rentenneuregelungsgesetze bestand eine zwingende Notwendigkeit, diese Dinge zu bereinigen. Ich darf deshalb unserer Befriedigung darüber Ausdruck geben, daß im Ausschuß in diesen Fragen wirklich gut zusammengearbeitet wurde, und ich darf auch unseren Dank für die gute Arbeit aussprechen, mit der uns die Sachverständigen des
Ministeriums im Ausschuß Hilfestellung gegeben 1 haben.
({0})
Ich habe auch dem Berichterstatter, Herrn Kollegen Schütz, einen Dank abzustatten,
({1})
vor allen Dingen dafür, daß er in seinem Bericht unserer Sorge Ausdruck gegeben hat, die Eingliederung und die Behandlung der aus der Zone Geflüchteten und Vertriebenen und Eingewanderten möge so vorgenommen werden, daß daraus nicht eine Zwei-Staaten-Theorie abgeleitet werden könne. Wir haben diese Dinge stundenlang erwogen. Herr Kollege Schütz, wir danken Ihnen für die glückliche Abfassung.
Zusammenfassend darf ich sagen, indem ich auf die Debatte zurückblicke: in den strittigen Fragen der Finanzierung lag die Stellungnahme der FDP in der Mitte zwischen den beiden anderen.
({2})
- Herr Kollege Stingl, die klaren Grundsätze und das Umlageverfahren, das Sie, meine Kollegen von der CDU/CSU und von der SPD, bei den Rentenneuregelungsgesetzen zur Grundlage gemacht haben, besagen, daß der Standpunkt, es könne sich nicht um eine Kriegsfolgelast handeln, richtig ist. Tatsächlich entfällt, wie Kollege Schütz schon einmal dargelegt hat, auf 9 heimatvertriebene beitragzahlende Arbeitnehmer nur ein Rentenempfänger. Das Verhältnis liegt viel günstiger als bei den Einheimischen.
Derselbe Grundsatz gilt auch für die Frage der Finanzierung bei den Berufsgenossenschaften. Wenn überhaupt eine rechtliche Grundlage für einen Solidarausgleich bei den anderen Versicherungsträgern gegeben wäre, hätten wir die Sorge nicht. Das möchte ich gerade Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren von der CDU, erklären. Ich darf Ihnen aber auch in aller Offenheit sagen: Im mittelständischen Raum wird ein Rückzugsgefecht nach dem anderen verloren, und diesem armen Packesel wird immer wieder ein neues Päckchen aufgeladen. Deshalb kann unsere Fraktion in dieser Frage nicht zustimmen. Wir werden jetzt in der dritten Lesung wieder denselben Antrag stellen und nachher namentliche Abstimmung beantragen.
Ein Wort zum Schluß. Wir möchten, daß die versicherungsrechtlichen Regelungen auf dem sozialpolitischen Gebiet richtig weiterentwickelt werden. Wir bejahen deshalb grundsätzlich das ganze Gesetz und begrüßen, daß damit hinsichtlich des ganzen Eingliederungssystems ein Abschluß erreicht wird.
({3})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache in der dritten Beratung ist damit geschlossen.
Es liegt vor der Änderungsantrag der Fraktion der FDP Umdruck 463, dem sich auch die Fraktion der SPD, nachdem ich auf den § 87 der GeschäftsVizepräsident Dr. Becker
ordnung hingewiesen hatte, angeschlossen hat. Wird der Antrag der FDP begründet?
({0})
- Wird das Wort zu dem Antrag gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Wird der Antrag auf namentliche Abstimmung hinreichend unterstützt? - Das ist der Fall. Wir stimmen über den Antrag Umdruck 463 in namentlicher Abstimmung ab.
Ich gebe das Ergebnis der Abstimmung bekannt. Insgesamt wurden 316 Stimmen abgegeben ohne die Berliner Stimmen. Mit Ja haben 155, mit Nein 160 Abgeordnete gestimmt. Ein Abgeordneter hat sich der Stimme enthalten. Von den Berliner Abgeordneten haben 11 mit Ja, 4 mit Nein gestimmt bei einer Stimmenthaltung. Damit ist der Antrag abgelehnt. Ja
CDU/CSU Dr. Philipp SPD
Dr. Arndt Auge
Dr. Baade Bach
Bading
Dr. Bärsch Bäumer
Bals
Baur ({1}) Bazille
Dr. Bechert Behrendt Behrisch
Frau Bennemann Bergmann
Berlin
Bettgenhäuser
Frau Beyer ({2}) Birkelbach
Börner
Dr. Brecht Bruse
Büttner
Dewald
Diekmann
Frau Eilers ({3}) Erler
Eschmann Faller
Felder
Franke
Dr. Frede Frehsee
Frenzel
Geritzmann Hamacher Hansing
Hauffe
Heide
Heiland
Dr. Dr. Heinemann Hellenbrock
Frau Herklotz
Hermsdorf
Herold
Höcker
Höhmann
Höhne Hörauf
Iven ({4})
Jahn ({5}) Jaksch
Jürgensen
Junghans
Jungherz
Kalbitzer
Frau Keilhack
Frau Kettig
Keuning
Killat ({6}) Kinat ({7})
Könen ({8}) Koenen ({9}) Frau Korspeter
Kraus Kriedemann
Kurlbaum
Lange ({10}) Lantermann
Ludwig
Lücke ({11}) Lünenstraß
Marx Matzner
Meitmann
Merten
Metzger
Meyer ({12}) Dr. Mommer
Müller ({13}) Müller ({14}) Müller ({15})
Frau Nadig
Odenthal
Ollenhauer
Peters Pohle Priebe Pütz
Pusch Regling
Rehs Reitz Reitzner
Frau Renger
Rhode
Frau Rudoll
Dr. Schäfer
Scheuren
Schmidt ({16})
Schmitt ({17}) Schröder ({18})
Seidel ({19})
Seither Frau Seppi
Stenger Stierle Sträter Striebeck
Theis
Wegener
Wehner Welke Welslau Weltner ({20})
Frau Wessel
Wienand
Wilhelm
Zühlke
Berliner Abgeordnete
Frau Berger-Heise Dr. Königswarter Frau Krappe
Mattick
Neubauer
Dr. Schellenberg Schröter ({21}) Schütz ({22}) Dr. Seume
Frau Wolff ({23})
FDP
Dr. Achenbach
Dr. Becker ({24})
Dr. Dahlgrün
Frau Dr. Diemer-Nicolaus Döring ({25})
Dürr
Eisenmann
Dr. Hoven
Keller Köhler Kreitmeyer
Kühn ({26})
Margulies
Dr. Mende
Mischnick
Freiherr von Mühlen
Murr
Ramms
Dr. Rutschke
Sander
Dr. Schneider ({27}) Dr. Stammberger
Walter
Weber ({28}) Zoglmann
Berliner Abgeordnete
Dr. Will
FDP
Matthes
Probst ({29})
Dr. Schneider ({30}) Dr. Schranz
Tobaben
Nein
CDU/CSU
Frau Ackermann
Graf Adelmann
Dr. Aigner Arndgen
Baier ({31})
Baldauf
Balkenhol Dr. Bartels Becker ({32})
Berberich Berger
Dr. Bergmeyer
Frau Dr. Bleyler
Blöcker
von Bodelschwingh
Dr. Böhm Brand
Brese
Frau Dr. Brökelschen
Brück
Dr. Bucerius Bühler
Burgemeister
Caspers
Cillien
Dr. Conring Dr. Czaja Diebäcker Draeger
Dr. Dr. h. c. Dresbach
Ehren
Eichelbaum Engelbrecht-Greve
Frau Engländer
Eplée
Etzenbach
Dr. Even ({33})
Dr. Franz Franzen
Dr. Frey
Dr. Fritz ({34}) Fritz ({35})
Frau Dr. Gantenberg
Gedat
Gehring
Frau Geisendörfer
Gewandt Gibbert
Glüsing ({36})
Goldhagen Dr. Gossel Gottesleben Günther
Freiherr zu Guttenberg Hackethal
Hahn
Dr. Hahne Harnischfeger
Dr. Heck ({37})
Heix
Dr. Graf Henckel
Dr. Hesberg Hesemann
Dr. Höck ({38})
Holla
Huth
Dr. Huys Illerhaus Dr. Jaeger Jahn ({39})
Josten
Dr. Kanka Katzer
Kemmer
Kirchhoff
Kisters Knobloch
Koch
Kraft
Krammig
Kroll
Krüger ({40})
Krüger ({41})
Krug
Kunst Kuntscher
Leicht
Lenz ({42})
Lenze ({43})
von Lindeiner-Wildau
Dr. Lindenberg
Maier ({44})
Dr. Baron Manteuffel-Szoege Memmel
Mengelkamp
Menke Mick
Muckermann
Mühlenberg Müller-Hermann
Müser Nellen Niederalt
Frau Niggemeyer
Dr. Dr. Oberländer
Oetzel
Frau Dr. Pannhoff
Pelster Pietscher
Frau Dr. Probst
Rasner
Dr. Reinhard
Dr. Reith
Riedel ({45})
Frau Rösch
Rösing Ruf
Ruland Scharnberg
Scheppmann
Schlee Schlick
Dr. Schmidt ({46}) Frau Schmitt ({47}) Schmücker
Schütz ({48})
Frau Dr. Schwarzhaupt Dr. Schwörer
Dr. Seffrin
Siebel
Dr. Siemer
Solke
Spies ({49})
Spies ({50}) Stauch
Dr. Stecker
Stiller
Dr. Stoltenberg
Dr. Storm ({51}) Storm ({52}) Teriete
Dr. Toussaint
Vehar
Dr. Vogel
Vogt
Dr. Weber ({53}) Wehking
Weimer
Dr. Werber
Dr. Wilhelmi
Windelen
Winkelheide
Wittmann Wittmer-Eigenbrodt Wullenhaupt
Berliner Abgeordnete
Benda Hübner Dr. Krone
Enthalten
CDU/CSU Mensing
FDP
Berliner Abgeordnete
Frau Dr. Dr. h. c. Lüders
Weitere Änderungsanträge liegen nicht vor. Wir kommen zur Schlußabstimmung in dritter Lesung über den Gesetzentwurf. Ich rufe den Gesetzentwurf einschließlich Einleitung' und Überschrift auf. Ich bitte alle, die diesem. Gesetzentwurf zuzustimmen wünschen, sich zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das Gesetz ist einstimmig angenommen.
Nun haben wir über die Entschließung auf Umdruck 455 abzustimmen. Es ist mir mitgeteilt worden, daß der Abgeordnete Hamacher eine schriftliche Begründung zu Protokoll abgeben will.
Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag auf Umdruck 455. Wer ihm zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Ebenfalls einstimmig angenommen.
Ich rufe nunmehr Punkt 10 der Tagesordnung auf:
10. Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die
Frist für die Anfechtung von Entscheidungen des Deutschen Patentamts, ({54})
({55}).
Berichterstatter ist der Abgeordnete Jahn. Wünscht er das Wort? Ich nehme an, er verweist auf den Schriftlichen Bericht.
({56})
- Auf die Begründung. In der zweiten Lesung rufe ich § 1, - § 2, - § 3, - Einleitung und Überschrift auf. Wer den soeben aufgerufenen Paragraphen sowie Einleitung und Überschrift in der Ausschußfassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Der Entwurf ist in zweiter Lesung einstimmig angenommen.
Wir kommen zur
dritten Lesung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. - Wortmeldungen liegen nicht vor. Änderungsanträge liegen ebenfalls nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen.
Wer in der Schlußabstimmung dem Gesetzentwurf - einschließlich Einleitung und Überschrift - auf Drucksache 1490 ({57}) zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist einstimmig angenommen.
Ich rufe dann den nächsten Punkt auf:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Außenhandelsausschusses ({58}) über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf einer Dreizehnten Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1959 ({59}), ({60}).
Berichterstatter ist der Abgeordnete Bäumer. Ich nehme an, daß er auf den Schriftlichen Bericht verweist. - Ich danke ihm. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Die Aussprache ist geschlossen.
Der Antrag des Ausschusses lautet:
Der Bundestag wolle beschließen,
dem Verordnungsentwurf - Drucksache 1546 - unverändert zuzustimmen.
Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Der Antrag ist angenommen.
Ich rufe auf den letzten Punkt der Tagesordnung:
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung betreffend Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abgeordneten Dr. Zimmermann gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz ({61}) vom 18. Januar 1960 ({62}) ({63}).
Vizepräsident Dr. Becker
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Wittrock. - Ich erteile ihm das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es handelt sich hier um einen Antrag auf Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Kollegen Dr. Zimmermann. Der Oberstaatsanwalt beim Landgericht in München hält den Verdacht für gegeben, daß der Abgeordnete Dr. Zimmermann seine Eidespflicht verletzt habe. Herr Dr. Zimmermann ist seinerzeit in dem Verfahren gegen Freisehner und andere als Zeuge vernommen worden. Er hat in diesem Verfahren als Zeuge unter Eid in drei ganz bestimmten Punkten Tatsachen bekundet, deren Richtigkeit durch eine bereits früher durchgeführte Vernehmung eines Dritten in Zweifel gezogen ist. Auf Grund dieses Sachverhalts hält der Oberstaatsanwalt beim Landgericht I in München den Tatverdacht für begründet.
Es wird eines weiteren Ermittlungsverfahrens bedürfen, um festzustellen, inwieweit sich dieser Verdacht, der Gegenstand der Überlegungen der Staatsanwaltschaft ist, weiter verdichtet oder inwieweit er entkräftet werden kann. Der Immunitätsausschuß ist der Auffassung, daß einem solchen Verfahren Raum gegeben werden sollte, zumal Gesichtspunkte, die nach der bisherigen Praxis des Immunitätsausschusses gegen eine Aufhebung der Immunität anzuführen wären, nicht erkennbar und nicht ersichtlich sind.
Aus diesen Erwägungen hat der Immunitätsausschuß einstimmig beschlossen, den Antrag zu stellen, daß die Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abgeordneten Zimmermann erteilt wird
- es ist der Antrag, der Ihnen als Drucksache 1567 vorliegt -, und ich darf Sie namens des Immunitätsausschusses bitten, diesem im Ausschuß einstimmig angenommenen Antrag auch hier im Plenum des Bundestages die Zustimmung zu erteilen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Wird das Wort gewünscht?
- Das ist nicht der Fall. Die Aussprache ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Antrag des Ausschusses, die Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abgeordneten Dr. Zimmermann zu erteilen, zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe.
- Enthaltungen? - Der Antrag ist mit großer Mehrheit angenommen.
Wir sind am Ende der Sitzung. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich berufe die nächste Sitzung auf Mittwoch, den 27. Januar 1960, vormittags 9 Uhr.
Ich schließe die heutige Sitzung.