Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet.
Meine Damen und Herren! Bevor ich in die Tagesordnung eintrete, habe ich das Vergnügen, eine neue Abgeordnete, Frau Seppi, in unserer Mitte zu begrüßen. Ich wünsche ihr gute Zusammenarbeit.
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Meine Damen und Herren! Ich nehme Ihr Einverständnis damit an, daß der gestern nicht mehr erledigte Punkt 37 der gemeinsamen Tagesordnung als erster Punkt vor den sonst für heute vorgesehenen Punkten behandelt wird. Ich rufe also auf Punkt 37 der Tagesordnung:
Zweite Beratung des von der Fraktion der SFD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des UmwandlungsSteuergesetzes ({1}).
Mündlicher Bericht des Finanzausschusses ({2}) ({3}).
({4}).
Berichterstatter ist der Abgeordnete Krammig. Ich danke ihm für den Schriftlichen Bericht.
Ich rufe auf in zweiter Lesung Art. 1,- 2, - 3, -Einleitung und Überschrift. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Meine Damen und Herren, ich darf darauf aufmerksam machen, daß der Ausschuß die Ablehnung des Gesetzentwurfs beantragt. Ich muß aber über den Gesetzentwurf als solchen abstimmen lassen. Ich habe die Art. 1, 2 und 3, Einleitung und Überschrift aufgerufen und lasse nunmehr abstimmen. Wer dem Gesetzentwurf zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letzte ist die Mehrheit; gemäß der Ausschußempfehlung ist damit der Gesetzentwurf in zweiter Lesung in allen Teilen abgelehnt und erledigt.
Ich komme nunmehr zu Punkt 38 der Tagesordnung:
a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Straßenbaufinanzierungsgesetzes ({5}) ;
b) Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Schaffung eines Straßenfonds und die Bundeshilfe für Straßenbau und -unterhaltung ({6}) ({7}).
Zur Begründung der Herr Bundesminister der Finanzen.
Herr Präsident! Meine Damen und meine Herren! Die Finanzierung des Straßenbaues hat den Bundestag so oft beschäftigt, daß es wertvoll erscheint, sich die Entwicklung seit der Errichtung des Bundes kurz vor Augen zu halten. Ein Überblick über das, was bisher erreicht wurde, ist eine notwendige Voraussetzung für die Entscheidungen, die für die Zukunft zu treffen sind.
In den Rechnungsjahren 1950 bis 1954 wurde der Straßenbau im Bundeshaushalt wie jede andere Bundesaufgabe behandelt. Die Bundeshaushaltssätze stiegen ,in diesem Zeitraum, also im Zeitraum bis 1954, kontinuierlich von 213 Millionen auf 315 Millionen DM jährlich an. In diesen - gemessen am Bedarf - bescheidenen Zahlen kommt einmal zum Ausdruck, daß der Straßenbau in diesen Jahren im Schatten der großen Bedürfnisse für die Abwicklung des Krieges, vor allem auch für den Wohnungsbau, stand. Außerdem darf wohl niemand für sich in Anspruch nehmen, daß er bei Beginn der Wiederaufbauarbeit voraussah, welche Entwicklung die Motorisierung in der Bundesrepublik nehmen werde, die dazu führte, daß die Zahl der Kraftwagen von rund 922 000 zu Beginn des Jahres 1950 auf rund 4 624 000 zu Beginn des Jahres 1959 angestiegen ist.
Im Laufe des Jahres 1954 wurde erstmals in Aussicht genommen, zur Finanzierung des Straßenbaues eine neue Einnahmequelle zu erschließen. Diese Erwägungen führten zur Verabschiedung des Verkehrsfinanzgesetzes 1955, das am 6. April 1955 verkündet werden konnte. Hierdurch war es möglich, die Haushaltsansätze für den Straßenbau bereits im Rechnungsjahr 1955 gegenüber dem Vorjahr um fast 25 % zu erhöhen. Die eigentlichen Haushaltsmittel stiegen dann bis zu den Rechnungsjahren 1958 und 1959 auf 1 075 000 000 DM an. Die tatsächlich verfügbaren Mittel waren aber um rund 150 Millionen DM höher, da das Verkehrsfinanzgesetz 1955 die Möglichkeit eröffnete, die Autobahnfinanzierung durch Einschaltung der Deutschen Gesellschaft für öffentliche Arbeiten, der so4478
Bundesfinanzminister Etzel
genannten Öffa, auf dem Kreditwege zu beschleunigen.
Was in den letzten Jahren auf dem Gebiete des Neubaues und Umbaues von Bundesautobahnen und Bundesstraßen geschehen ist - und es ist viel geschehen, meine Damen und Herren -, ist im wesentlichen dem Verkehrsfinanzgesetz 1955 zu verdanken. Weder der Bundestag noch die Bundesregierung haben damals verkannt, daß die im Verkehrsfinanzgesetz 1955 enthaltenen Maßnahmen nicht ausreichen würden, um das Problem der Straßenbaufinanzierung endgültig zu lösen. Ich kann aber feststellen, daß mindestens vom Rechnungsjahr 1956 an der Bundesfernstraßenbau aus seiner finanziellen Beengtheit herausgelöst wurde und daß es zweifelhaft erscheint, ob es angesichts der begrenzten Leistungsfähigkeit der Straßenbauverwaltung der Länder möglich gewesen wäre, bis zum laufenden Rechnungsjahre wesentlich größere Mittel zu verbauen.
In der dritten Lesung des Verkehrsfinanzgesetzes 1955 gab der Bundestag der damaligen Bundesregierung den Auftrag, eine langfristige Straßenbauplanung einzuleiten. Die Bundesregierung ist dieser Entschließung durch Vorbereitung des Gesetzes über den Ausbauplan für die Bundesfernstraßen nachgekommen, das über das Verkehrsfinanzgesetz hinaus den Ausbau von 1350 km Autobahnen sowie den Ausbau und Neubau von Bundesstraßen in einer Gesamtlänge von 14 888 km vorsieht. Bei Aufstellung des Ausbauplans im Jahre 1955 wurden die Gesamtkosten auf 22,4 Milliarden DM veranschlagt. Zur Zeit der Verabschiedung des Ausbauplangesetzes und wenige Monate vor Ablauf der zweiten Legislaturperiode erwies es sich als unmöglich, zu einer Verständigung über die Beschaffung der Mittel für dieses Programm zu kommen. Im Ausbauplangesetz blieb daher die Finanzierung offen.
In § 4 des Gesetzes, das am 27. Juli 1957 verkündet wurde, ist lediglich festgelegt, daß bei der Bemessung der Straßenbaumittel im Bundeshaushalt in angemessener Weise die Entwicklung des Aufkommens der Mineralölsteuer, soweit der Kraftverkehr sie aufbringt, Rücksicht zu nehmen ist. Damit war eine Bindung für künftige Rechnungsjahre noch nicht verbrieft. Der Gesetzgeber legte lediglich den Grundsatz fest, daß die zu erwartenden Mehreinnahmen aus der Mineralölsteuer, die eine Folge der steigenden Motorisierung sind, auch dem Straßenbau zugute kommen sollen, also auch zugute kommen sollen, was keineswegs eine Monopolisierung des Straßenbaues in bezug auf das Mehreinkommen bedeutete.
Das Ausbauplangesetz blieb infolgedessen in finanzieller Beziehung ein Torso, der erst durch das nunmehr vorgelegte Straßenbaufinanzierungsgesetz vervollständigt werden soll. Die Bundesregierung knüpfte dabei an die Empfehlung an, die anläßlich der dritten Lesung des Haushaltsgesetzes für das Rechnungsjahr 1958 am 4. Juli 1958 von diesem Hohen Hause einstimmig gebilligt wurde. Danach wurde von der Bundesregierung erwartet, in Anknüpfung an das Ausbauplangesetz einen
Deckungsvorschlag für ein Vierjahresprogramm über den Ausbau der Bundesfernstraßen bis zu einem Betrage von 7 Milliarden DM vorzulegen und dabei die Straßenbaubedürfnisse der Länder und Gemeinden zu berücksichtigen.
Das Vierjahresprogramm, das inzwischen vom Bundesminister für Verkehr aufgestellt ist, geht von einem Finanzbedarf für die Rechnungsjahre 1959 bis 1962 von insgesamt 8 Milliarden DM aus. Die ursprünglich vorgesehene Summe von 7 Milliarden DM erhöht sich also um 1 Milliarde DM, insbesondere durch die Übernahme der Fernstraßen des Saarlandes in die Baulastträgerschaft des Bundes, aber auch durch Verbesserung der Leistungen an fremde Baulastträger für Ortsdurchfahrten, durch Fälligkeit von Öffa-Krediten und schließlich auch durch die voraussichtlichen Kosten einer weiteren Kreditfinanzierung sowie durch Sondermaßnahmen zur Entlastung anderer Baulastträger in Höhe von 400 Millionen DM. Mit diesem Vierjahresprogramm wird der Entschließung vom 4. Juli 1958 entsprochen.
Da es nicht Aufgabe der ersten Lesung sein kann, in die Einzelheiten des Entwurfs einzudringen, will ich mich auf eine kurze Aufzählung der tragenden Grundgedanken dieser Gesetzesvorlage beschränken. Der Entwurf behandelt nicht nur die Finanzierung des Vierjahresplans des Bundesministers für Verkehr, sondern zielt darauf ab, im Rahmen des finanziell Vertretbaren unter Beachtung unseres föderativen Staatsaufbaus das drängende Problem der Straßenbaufinanzierung zu lösen. Die Grundgedanken des Entwurfs können daher nicht verstanden werden, ohne daß man sich die schwierige Haushaltslage vor Augen hält, in der sich der Bund befindet. Es war daher nicht möglich, den Plan allein auf die Straßenbaubedürfnisse abzustellen, die im Augenblick ohnehin weder finanziell noch technisch noch materiell kurzfristig gedeckt werden können. Dazu reichen unsere Kapazitäten einfach nicht aus. Ebensowenig könnte eine Lösung der Straßenbaufinanzierung vertreten werden, ohne die übrigen Anforderungen an den Bundeshaushalt außer acht zu lassen. Die Bundesregierung unterstreicht daher ihre Auffassung über die Vorrangigkeit der Straßenbaufinanzierung, wenn sie angesichts dieser Entwicklung des Gesamthaushaltes einen Gesetzentwurf vorlegt, durch den die Mittel für den Straßenbau ganz wesentlich erhöht werden.
Ich mußte dies erwähnen, meine Damen und Herren, um schon im Beginn dieser Diskussion jenen Stimmen entgegenzutreten, die glauben machen wollen, daß das Problem der Straßenbaufinanzierung ohne Opfer der motorisierten Straßenbenutzer zu lösen wäre.
Dies vorausgeschickt, sollen für den Straßenbau aus dem Bundeshaushalt künftig folgende Finanzquellen zur Verfügung stehen. In Abschnitt VII des Verkehrsfinanzgesetzes 1955 ist bereits eine beschränkte Zweckbindung des Mehraufkommens aus der Erhöhung der Mineralölsteuer und der Beförderungsteuer zur Deckung der Straßenbaubedürfnisse vorgesehen. Diese Zweckbindung soll nunmehr wesentlich erweitert werden. Im Grundsatz soll
Bundesfinanzminister Etzel
künftig das gesamte Aufkommen der Mineralölsteuer, soweit es vom Kraftverkehr aufgebracht wird, für den Straßenbau verwendet werden. Ich sage: im Grundsatz, soweit es vom Straßenverkehr aufgebracht wird.
Dies würde allerdings - bereits auf das Zahlenbild des Bundeshaushaltsplans 1959 angewandt - zu einem sehr hohen Fehlbetrag im Bundeshaushalt führen, der nicht anderweitig gedeckt werden könnte. Ich bitte Sie, meine Damen und Herren, das bei Ihrer Diskussion ganz scharf und ganz klar zu sehen. Der Gesetzentwurf muß daher - ich sage: muß - von den Einnahmen aus der Mineralölsteuer einen Abzug von 600 Millionen DM, den sogenannten Sockel, vorsehen, der dem Bundeshaushalt als allgemeines -Deckungsmittel verbleiben muß. Ein größerer Teil dieses Betrages wird übrigens von Mineralölverbrauchern außerhalb des Kraftverkehrs aufgebracht. Da auch dieser Mineralölverbrauch ständig zunimmt, werden mit der Zeit immer geringere Anteile der den Kraftverkehr belastenden Mineralölsteuer für allgemeine Haushaltszwecke verwendet werden. Von einer Zweckentfremdung kann im übrigen in diesem Zusammenhang überhaupt keine Rede sein,
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da nach Art. 106 und Art. 110 des Grundgesetzes die Einnahmen aus der Mineralölsteuer dem Bund als allgemeine Deckungsmittel zugewiesen sind. Das steht also im Grundgesetz. Die vorgeschlagene erweiterte Zweckbindung bedeutet daher nichts anderes, als daß bestimmte Ausgaben künftiger Rechnungsjahre nach der Höhe bestimmter Einnahmen zu bemessen sind.
Für den Finanzminister liegt darin eine wesentliche Einschränkung seiner Dispositionsmöglichkeiten. Ich darf heute vielleicht noch einmal darauf hinweisen, daß, als ich bei meiner ersten Haushaltsrede von dieser Zweckbindungsmöglichkeit sprach, das damals noch als sensationell galt. Heute scheint es schon selbstverständlich zu sein. Diese Einschränkung der Dispositionsmöglichkeiten des Bundesfinanzministers kann nur hingenommen werden, wenn sie sich nicht generell wiederholt. Eine allgemeine Anwendung dieses Grundsatzes würde das Ende jeder geordneten Finanzwirtschaft bedeuten.
Als nicht realisierbar muß ich zu meinem Bedauern - wenn ich in diesem Zusammenhang kurz darauf eingehen darf, Herr Kollege Dr. Bleiß - den Initiativantrag der SPD-Fraktion bezeichnen - ich nehme das der Einfachheit halber vorweg -, nach dem das gesamte Aufkommen aus der Mineralölsteuer und außerdem die Hälfte der Einnahmen aus Mineralölzöllen, soweit sie vom Kraftverkehr aufgebracht werden, zweckgebunden werden sollen. Es wäre interessant, zu erfahren, wie sich die Antragsteller die Deckung der dadurch entstehenden Finanzierungslücke in Höhe von 4 350 000 000 DM in dem vorgesehenen Zeitraum vorstellen.
Die durch diese Ausführungen abgegrenzte Zweckbindung reicht jedoch bei den jetzigen Steuersätzen nicht aus, um die für den Straßenbau erforderlichen Mittel aufzubringen. Der in Art. 1 des
Gesetzentwurfs enthaltene Grundgedanke, daß der Kraftverkehr den Ausbau der in erster Linie von ihm benutzten Straßen trägt, führt zwangsläufig dazu, eine Erhöhung der Mineralölsteuer in Aussicht zu nehmen. Von der Zweckbindung aus gesehen kann diese Anpassung der Mineralölsteuermehreinnahmen an den Straßenbaubedarf - denn um nichts anderes handelt es sich - nicht als eine Steuererhöhung im üblichen Sinne gewertet werden. Die Mehraufwendungen des einzelnen Kraftfahrzeughalters kommen diesem nämlich in Gestalt zusätzlicher und besserer Straßen in vollem Umfang unmittelbar wieder zugute. Mit diesem zusätzlichen Beitrag erkauft er sich Zeit, eine wesentliche Ersparnis an Betriebskosten, geringeren Verschleiß und vor allen Dingen auch eine erhöhte Sicherheit auf den Straßen.
Bei der Bemessung der Steuererhöhung wurde darauf Rücksicht genommen, daß gegenwärtig der Vergaserkraftstoff um 6,5 Pf je Liter höher als der Dieselkraftstoff mit Mineralölsteuern belastet ist. Nach eingehenden Vorberatungen und Fühlungnahmen hat sich die Bundesregierung entschlossen, vorzuschlagen, die Steuerbelastung des Vergaserkraftstoffs um 1 Pf und die des Dieselkraftstoffs um 4 Pf je Liter zu erhöhen. Der Unterschied in der Belastung der beiden Treibstoffarten wird dadurch um 3,5 Pf je Liter abgebaut.
Die Betriebsbeihilfen für Verbraucher von Dieselkraftstoff außerhalb der Kraftfahrzeugwirtschaft werden mit einer Ausnahme beibehalten und den erhöhten Steuersätzen angepaßt Den bisher Begünstigten, insbesondere der Landwirtschaft, dem Bergbau, der Binnenschiffahrt, der Fischerei sowie dem Schienenverkehr, wird daher keine erhöhte Mineralölsteuer zugemutet.
Unter der Voraussetzung, daß das Straßenbaufinanzierungsgesetz so rechtzeitig verabschiedet wird, daß die Steuererhöhungen vor idem 1. Januar 1960 wirksam werden, können aus diesen Maßnahmen rund 7 Milliarden DM im Vierjahreszeitraum 1959 bis 1962 erwartet werden. Zur Durchführung ides Gesamtprogramms wäre dann noch immer nötig, rund 1 Milliarde DM auf dem Kreditweg aufzunehmen.
Nun sind in den letzten Wochen in der Presse Mitteilungen erschienen, idle dem Bundesminister der Finanzen einen angeblichen Rechenfehler bei der Ermittlung des Mehraufkommens vorwerfen. Die Aufkommensziffern, die dem Entwurf zugrunde liegen, sind nach dem Stand vom Frühjahr dieses Jahres nach Fühlungnahme mit Vertretern der Mineralölwirtschaft durch Zusammenwirken der beteiligten Ressorts ermittelt worden.
Ich will keineswegs die Möglichkeit von der Hand weisen, daß sich der Mineralölverbrauch günstiger entwickelt, als noch im Frühjahr dieses Jahres vorauszusehen war. Die starke Zunahme der Neuanmeldungen von , Kraftfahrzeugen und das überraschend hohe Angebot von billigem markenfreiem Benzin können Ursachen dieser Entwicklung sein.
Der vorgelegte Enwurf sichert aber, daß jedes Mehraufkommen gegenüber den Schätzungen dem
Bundesfinanzminister Etzel
Straßenbau zugute kommt. Dieses Mehraufkommen wird niemals auch nur annähernd die Finanzierungslücke von 1 Milliarde DM erreichen, die verbleibt, wenn von den Zahlen ausgegangen wird, die in der Begründung zum Gesetzentwurf enthalten sind. Nach ,dem gegenwärtigen Stand des Geld- und Kapitalmarkts muß ich es außerdem als höchst zweifelhaft bezeichnen, ob es möglich sein wird, neben den Anforderungen ides außerordentlichen Bundeshaushalts an den Kapitalmarkt zusätzlich noch eine volle Milliarde DM an Krediten für den Straßenbauau fzunehmen.
Durch den Entwurf soll die gesetzliche Grundlage dafür geschaffen werden, daß der Straßenbauplan, der erstmalig dem Bundeshaushaltsplan für das Rechnungsjahr 1959 als Anlage ,beigefügt ist, zu einer dauernden Einrichtung wird. Der Gesetzentwurf eröffnet die Möglichkeit, daß der Straßenbauplan für mehrere Rechnungsjahre aufgestellt wird. Diese größere Beweglichkeit ist für einen schnellen Fortschritt des Straßenbaus von Bedeutung, da der Ablauf des einzelnen Straßenbauvorhabens wegen der Abhängigkeit von Grundstücksbeschaffungen und technischen Gegebenheiten nur schwer vorauszusehen ist. Der Straßenbauplan (ermöglicht eis, die Mittel jeweils dort einzusetzen, wo es die verwaltunsgsmäßigen und bautechnischen Möglichkeiten gestatten.
Das Vierjahresprogramm des Bundesministers für Verkehr kann sich naturgemäß nur auf die Bundesfernstraßen beziehen, für die der Bund Baulastträger ist. Eine Zuständigkeit der Bundesregierung für die Landstraßen I. und II. Ordnung sowie die Gemeindestraßen und wege besteht nach dem Grundgesetz nicht. Durch den Ausbauplan werden die Gemeindestraßen nur insofern berührt, als darin Zuschüsse für Ortsdurchfahrten und die Kosten für den Bau von Ortsumgehungen enthalten sind. Unter der Zuständigkeitsaufteilung darf jedoch der Ausbau der Straßen der verschiedenen Gebietskörperschaften zu einem ,einheitlichen Straßennetz nicht leiden.
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Jede Straßenkategorie, sei es der Gemeinden, der Länder oder ,des Bundes, hat ihre Bedeutung und muß als Teil eines Ganzen angesehen werden.
Besondere Sorgen machen gegenwärtig die Verkehrsschwierigkeiten in einer Reihe von Gemeinden unterschiedlicher Größe. Die Schwierigkeiten häufen sich besonders in den Städten, in denen ein starker örtlicher Verkehr mit einem ebenso bedeutenden Durchgangsverkehr zusammentrifft. Der Ausbau von Bundesautobahnen und Bundesstraßen kann nur dann seinen Zweck erfüllen, wenn der Ausbau der übrigen Straßen, insbesondere der der Gemeinden, damit in Einklang gebracht wird.
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Damit meine ich nicht nur die Ortsdurchfahrten von Bundesstraßen, deren Ausbau allein nicht ausreicht. Den Gemeinden obliegt darüber hinaus die Sorge, Parkplätze und den notwendigen Verkehrsraum für den reinen Ortsverkehr zu beschaffen. Die
Straßenbauten der Bundesregierung müssen Stückwerk bleiben, wenn wir an diesen Schwierigkeiten der Gemeinden vorbeigehen.
Nun sind allerdings, wie Sie aus der Stellungnahme des Bundesrats zur Regierungsvorlage ersehen, in dieser Hinsicht vom Bundesrat verfassungspolitische Bedenken erhoben worden. Der Bundesrat wendet sich gegen die Vorschläge, die die Bundesregierung in der Begründung ihres Gesetzentwurfes für eine gemeinschaftliche Lösung macht.
Die Vorstellung der Bundesregierung geht einmal dahin, daß eine Reihe von Landstraßen I. Ordnung, deren Verkehr in den letzten Jahren besonders stark zugenommen hat, zu Bundesstraßen aufgestuft wird und daß die Länder die Einsparung, die sie in Höhe von etwa 100 Millionen DM jährlich machen, den Gemeinden und Gemeindeverbänden weitergeben. Die Entlastung der Gemeinden könnte durch Übernahme von Landstraßen II. Ordnung und Gemeindestraßen oder auch durch Zuweisungen zweckgebundener Mittel erfolgen. Weiterhin glaubt die Bundesregierung, daß es sinnvoll wäre, wenn die Länder den Gemeinden auch einen bestimmten Teil aus dem Mehraufkommen der Kraftfahrzeugsteuer für den Straßenbau zuführten. Unabhängig hiervon will ihnen der Bund seinerseits aus eigenen Mitteln zu den bisherigen Zuschüssen, die er zu ihren Straßenbauten leistet, einen größeren Beitrag zukommen lassen.
Ich betone auch hier, daß die Leistungen des Bundes aus dem Straßenbaufinanzierungsgesetz von den Leistungen der Länder unabhängig sein sollen. Ich bin jedoch der Überzeugung, daß eine Verständigung zwischen den Ländern und dem Bund über eine Entlastung der Länderhaushalte mit dein Ziel, den Gemeinden mehr Straßenbaumittel zuzuführen, der zweckmäßigste Weg ist, um die gemeinsamen Aufgaben zu meistern.
Selbstverständlich beabsichtigt die Bundesregierung mit diesem Vorschlag nicht, in den Aufgabenbereich der Länder oder in das Verhältnis zwischen Ländern und Gemeinden einzugreifen. Eine generelle Regelung dieser Frage wäre auch gar nicht möglich, da nicht nur die finanzielle Lage der einzelnen Länder ganz verschieden, sondern auch der Finanzausgleich zwischen Land, Gemeindeverbänden und Gemeinden ganz unterschiedlich geregelt ist. Ein Teil der Länder hat schon jetzt die Gemeinden unmittelbar an dem Kraftfahrzeugsteueraufkommen beteiligt.
Demgegenüber verstößt der Initiativantrag der SPD - verzeihen Sie, Herr Kollege Bleiß, daß ich das hier schon einfüge -, durch Bundesgesetz über. die Einnahmen der den Ländern zustehenden Kraftfahrzeugsteuer zu verfügen, meines Erachtens ganz eindeutig gegen Art. 106 und 110 des Grundgesetzes.
Bei einer schnellen Verabschiedung des Straßenbaufinanzierungsgesetzes bestünde die Möglichkeit, für die Verbesserung der regionalen Straßen unmittelbar 1,072 Milliarden DM für Ortsdurchfahrten und Ortsumgehungen zur Verfügung zu stellen.
Bundesfinanzminister Etzel
Davon entfallen 42 Millionen DM auf Ortsdurchfahrten in Gemeinden mit weniger als 9000 Einwohnern, 655 Millionen DM auf Ortsumgehungen und 375 Millionen DM auf Zuschüsse an andere Baulastträger, insbesondere zu Ortsdurchfahrten und zu Autobahnzubringern.
Weiter sollen die Länderhaushalte zu Lasten des Bundeshaushaltes um 400 Millionen DM entlastet werden. Inwieweit diese Mittel an die Gemeinden und Gemeindeverbände weitergeleitet werden sollen, steht allerdings, wie ich bereits ausführte, allein in der Entscheidung der Länder. Die Bundesregierung kann nur die Erwartung aussprechen, und sie tut es hiermit, daß die Länder die dadurch freiwerdenden Haushaltsmittel an die Schwerpunkte des Straßenbaubedarfs weiterleiten.
Da den Ländern die besonderen Straßenbaubedürfnisse ihrer Städte und Gemeinden bekannt sind, erscheint die Annahme der Bundesregierung begründet, daß die Länder an den berechtigten Forderungen ihrer Gemeinden nicht vorbeigehen werden. Hierfür stehen den Ländern einmal die ständig steigenden Mehreinnahmen aus der Kraftfahrzeugsteuer zur Verfügung. Da diese Beträge aber nicht ausreichen werden, den zusätzlichen Straßenbaubedarf der Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände zu decken, schlägt die Bundesregierung gewisse Erhöhungen der Kraftfahrzeugsteuer vor. Dabei ist nicht an eine lineare Erhöhung der Kraftfahrzeugsteuer gedacht, vielmehr sollen die schweren Lastkraftwagen, die auch nach dem Verkehrsfinanzgesetz 1955 gegenüber den Personenkraftwagen noch begünstigt sind, stärker als bisher zu den Straßenkosten herangezogen werden. Wenn auch niemand gern erhöhte Steuern zahlt - und dafür hat niemand mehr Verständnis als der Bundesfinanzminister -, so bin ich doch der Auffassung, daß die betroffenen Unternehmen diese Erhöhung hinnehmen können, da gerade ihnen die Vorteile aus dem verstärkten Straßenbau durch geringere Betriebskosten und kürzere Fahrzeiten zugute kommen werden. Dabei wird den Bedürfnissen des Omnibuslinienverkehrs durch verschiedene Steuervergünstigungen, auf die ich hier im einzelnen nicht einzugehen brauche, Rechnung getragen.
Um den erwünschten Übergang vom Lastzug zum Sattelschlepper im Interesse einer flüssigen Verkehrsabwicklung zu fördern, ist auch eine stärkere Vergünstigung für Sattelschlepper vorgesehen. Insgesamt ist aus der Kraftfahrzeugsteuererhöhung ein jährlicher Mehrbetrag von 75 Millionen DM zu erwarten.
Bei einem verständnisvollen Zusammenwirken aller Beteiligten sollte es daher möglich sein, den kommunalen Baulastträgern in dem Vierjahreszeitraum einen Betrag von 825 Millionen DM zur Verstärkung ihrer Haushaltsmittel für den Straßenbau zuzuführen.
Wenn der vorgelegte Entwurf unverändert verabschiedet wird, wäre damit das Problem der Finanzierung des Bundesfernstraßenbaues nicht nur bis zum Rechnungsjahr 1962, sondern auch auf weitere Sicht gelöst. Denn bei der weiteren Zunahme der
I Motorisierung wird mit laufend höheren Einnahmen aus der Mineralölsteuer und der Kraftfahrzeugsteuer gerechnet werden können. Für die anschließenden Vierjahrespläne wird somit ein größeres Bauvolumen als im Rahmen des ersten Vierjahresplanes zur Verfügung stehen.
Ich wage nicht, die gleiche Prognose für den Straßenbau der Gemeinden zu stellen. Der Gesetzentwurf mußte in dieser Beziehung den Gegebenheiten unseres föderativen Staatsaufbaues Rechnung tragen. Obwohl die Bundesregierung sich bemüht hat, dabei nur die geltenden rechtlichen Möglichkeiten auszunutzen, ohne in die Länderhoheit einzugreifen oder den Finanzausgleich zu ändern, sind bereits diese meines Erachtens sehr maßvollen Vorschläge auf heftige Kritik der Länder gestoßen. Ich wiederhole deshalb an dieser Stelle, daß es nicht in der Absicht der Bundesregierung gelegen hat, in irgendeiner Weise in die Zuständigkeit der Länder einzugreifen. Es würde aber eine Fehlleitung größten Stiles von Mitteln bedeuten, wenn die Bundesstraßen mit Milliardenbeträgen ausgebaut, aber die Verkehrsengpässe in den Städten und Gemeinden immer größer würden und der Kraftverkehr sich schließlich in den hauptbetroffenen Städten nur noch im Schrittempo abwickeln würde. Ich hoffe deshalb, daß es auch in dieser Frage zu einer Verständigung mit den Ländern kommen wird, insbesondere dann, wenn der Bundestag sich mit seiner ganzen Autorität hinter den Entwurf der Bundesregierung stellt.
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Zur weiteren Begründung hat Herr Staatssekretär Dr. Seiermann vom Bundesverkehrsministerium das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister Dr. Seebohm bedauert sehr, an der heutigen Plenarsitzung des Deutschen Bundestages nicht teilnehmen zu können. Er mußte sich nach Brüssel zu einer seit langem vereinbarten Zusammenkunft der Verkehrsminister der zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft gehörenden Staaten begeben. Daher habe ich die Ehre, dem Hohen Hause einen kurzen einführenden Bericht über den „Vierjahresplan für den Ausbau der Bundesfernstraßen in den Jahren 1959 bis 1962" vorzutragen. Mit der Vorlage dieses Planes, der Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren, inzwischen in einem Sonderband überreicht worden ist, entspricht der Bundesminister für Verkehr der Entschließung des Deutschen Bundestages vom 4. Juli 1958.
Ich darf davon ausgehen, daß der Bundesminister für Verkehr in dem beschleunigten Ausbau des Straßennetzes eine seiner wichtigsten und dringendsten Aufgaben sieht. Seit Jahren verfolgt er die Entwicklung des Straßenverkehrs mit ernster Sorge; die Zahl der Kraftwagen wächst unaufhaltsam, und die Unfälle auf den Straßen mit ihren unersetzlichen Verlusten an Menschenleben und ihren beträcht4482
lichen Sachschäden nehmen zu. Eine planvolle und nachhaltige Förderung des Straßenbaus ist daher unerläßlich, wenn der Kraftverkehr in der Bundesrepublik künftig noch unter erträglichen Bedingungen möglich sein soll. In dieser Erkenntnis hat sich der Bundesminister für Verkehr seit langem um eine Verstärkung des Straßenbaus bemüht. Bereits 1952 hat er der Öffentlichkeit die ersten Pläne für die Wiederaufnahme des Autobahnbaus und den Ausbau der Bundesstraßen vorgelegt. Im Jahre 1953 hat er seinen Vorschlag zur Finanzierung des Neubaus von Autobahnen veröffentlicht, der allerdings damals nicht das erhoffte und gewünschte Echo fand. Ein erster entscheidender Schritt zu einer planvollen Förderung des Straßenbaus und insbesondere des Neubaus von Bundesautobahnen wurde mit dem Verkehrsfinanzgesetz 1955 getan, das der Herr Bundesminister der Finanzen gemeinsam mit meinem Herrn Minister eingebracht hat und das von dem Hohen Hause mit großer Mehrheit angenommen wurde.
Da die Praxis mehr und mehr gezeigt hat, daß bei so langfristigen und kapitalintensiven Investitionen, wie sie im Straßenbau vorliegen, ein Disponieren von Haushaltsjahr zu Haushaltsjahr zu Unzuträglichkeiten führt, hat die Bundesregierung auf Initiative des Bundesministers für Verkehr Anfang 1957 einen Ausbauplan für die Bundesfernstraßen vorgelegt, der vom Hohen Hause in demselben Jahre einstimmig als Gesetz angenommen worden ist. Dieser Plan sieht den Ausbau von etwa der Hälfte der Bundesstraßen und den Neubau von fast 2000 km Autobahnen in einem Zeitraum von etwa 12 Jahren vor. Auf der Basis dieses gesetzlich festgelegten Ausbauplans ist dann vom Bundesminister für Verkehr gemäß Ihrer Entschließung vom 4. Juli 1958 der Ihnen jetzt vorliegende Vierjahresplan ausgearbeitet worden. Der Plan steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem heute eingebrachten Entwurf eines Straßenbaufinanzierungsgesetzes und ist in seiner Endsumme von 8 Milliarden DM mit dem Herrn Bundesminister der Finanzen abgestimmt worden.
Mit diesem Vierjahresplan ist unter Beachtung der verfassungsrechtlichen Zuständigkeiten und im Rahmen der dem Bund zur Zeit gegebenen finanziellen Möglichkeiten folgender Programmpunkt der Regierungserklärung vom 29. Oktober 1957 der Verwirklichung nähergeführt worden:
Die Bundesregierung kennt die Verkehrsnot der Städte und Gemeinden und wird daher die Straßenbaumittel so einsetzen, daß ein in allen Teilen leistungsfähiges Gesamtnetz entsteht.
Der Bundesminister für Verkehr hat seit Jahren darauf hingewiesen, daß alle für den Kraftverkehr geeigneten Straßen in der Bundesrepublik eine verkehrswirtschaftliche Einheit bilden. Nicht einzelne Gruppen von klassifizierten Straßen bedürfen des Umbaus und Ausbaus, sondern das gesamte klassifizierte Straßennetz und die Gemeindestraßen, die dendichtesten Kraftverkehr aufweisen.
Der Ihnen vorliegende Vierjahresplan erfordert, wie erwähnt, insgesamt 8 Milliarden DM. In letzter Zeit sind Befürchtungen geäußert worden, daß die wesentliche Erhöhung der Baumittel für die Bundesfernstraßen zu unerwünschten Erscheinungen auf dem Baumarkt, beim Arbeitseinsatz und bei der Preisentwicklung führen könnte. Diese Befürchtungen teilen wir nicht. Die Straßenbaufirmen sind so ausgerüstet, daß sie die Bauvorhaben des Vierjahresplans fristgerecht ausführen können. Die Mechanisierung und Rationalisierung der Arbeitsvorgänge führen zu einer starken Minderung der Arbeitskräfte. Während früher für 1 Million DM Bausumme 40 bis 50 Arbeiter benötigt wurden, sind heute nur noch 10 bis 12 Arbeiter dafür notwendig.
Im Jahre 1959 machte das Bauvolumen der Bundesfernstraßen etwa 4,5 % des gesamten Bauvolumens aus. Etwa 1,5 % der insgesamt in der Bauwirtschaft Beschäftigten arbeiten an Bundesfernstraßen. Die Verhältnisse am Arbeitsmarkt dürften also durch die vermehrten Bauvorhaben an Bundesfernstraßen nicht entscheidend beeinflußt werden.
Ich glaube auch nicht, daß Preissteigerungen zu befürchten sind. In diesem Jahr haben sich jedenfalls, von Ausnahmen abgesehen, keine Anzeichen dafür gezeigt. Wenn also auch von sogenannten „Konjunkturpreisen" im Straßenbau nicht gesprochen werden kann, so wird es doch selbstverständlich angebracht sein - und auch so geschehen -, den Zeitpunkt der Ausschreibungen und der Durchführung der Baumaßnahmen mit den örtlich gegebenen Verhältnissen abzustimmen und dabei mehr noch als bisher die sogenannten bauschwachen Monate von November bis Mai auszunutzen.
Gestatten Sie mir, daß ich nunmehr auf die wichtigsten Posten des Vierjahresplans kurz eingehe.
1. Für die Bundesstraßen sind 3,78 Milliarden DM vorgesehen. Von diesem Betrag entfallen rund 700 Millionen DM auf den Um- und Ausbau von Ortsdurchfahrten in Gemeinden bis 9000 Einwohnern und den Bau von Ortsumgehungen. In diesem Rahmen sollen rund 2000 km freie Strecken von Bundesstraßen frostsicher und nach modernen Grundsätzen ausgebaut werden. Ferner sind vorgesehen rund 600 km Ortsumgehungen, rund 190 km neue Bundesstraßen und der Ausbau von rund 100 km Ortsdurchfahrten in Gemeinden bis zu 9000 Einwohnern. Erwähnen möchte ich noch den Bau von rund 1000 km ein- und zweiseitigen Radfahrwegen an Bundesstraßen.
Ein zweiter wichtiger Posten in Höhe von 400 Millionen DM dient der Aufstufung von Landstraßen I. Ordnung zu Bundesstraßen. Hier wird erstmalig ein Gedanke aufgegriffen, den Herr Bundesminister Dr. Seebohm schon seit Jahren mit den Fachkreisen erörtert und als „Flurbereinigung der Straßen" gekennzeichnet hat. Dieser Vorschlag sieht vor, Landstraßen I. Ordnung, die ihrer Verkehrsbedeutung nach, entsprechend der Verkehrsentwicklung, dem weiträumigen Verkehr dienen, zu Bundesstraßen aufzustufen. In entsprechendem Umfang sollten dann Landstraßen II. Ordnung zu Landstraßen I. Ordnung und wiederum in entsprechendem Umfang wichtige Gemeindestraßen zu Landstraßen II. Ordnung aufgestuft werden. Diese Aufstufungen dienen dem Zweck, die Straßenbaukosten der Gemeinden verDr. Seiermann
mindern zu helfen. Im Rahmen des Vierjahresplans sollen mit Billigung des Herrn Bundesministers der Finanzen - als erster Schritt auf diesem Wege -rund 4500 km Landstraßen I. Ordnung zu Bundesstraßen aufgestuft werden.
Für die Bundesautobahnen ist ein Betrag von rund 3,34 Milliarden DM vorgesehen. Davon entfallen rund 2,62 Milliarden DM auf den Neubau - wobei, wie ich bemerken möchte, auch das Saarland angemessen berücksichtigt worden ist - und rund 660 Millionen DM den Umbau und Ausbau der vorhandenen Autobahnen. In den Jahren 1959 bis 1962 werden rund 670 km neue Autobahnstrecken dem Verkehr übergeben werden. Berücksichtigt man dazu die vom 1. April 1955 bis 31. März 1959 bereits gebauten Strecken, so ergibt sich insgesamt eine Erweiterung des vorhandenen Autobahnnetzes um rund 940 km.
Ein vierter Betrag von rund 375 Millionen DM ist für die Zuschüsse an fremde Baulastträger ausgeworfen. Hiervon sollen vor allem Gemeinden mit mehr als 9000 Einwohnern erhöhte Zuwendungen zum Um- und Ausbau von Ortsdurchfahrten im Zuge von Bundesstraßen erhalten. Der Bund gewährte bisher Zuschüsse hierfür in der Regel nur bis zu einem Drittel der Baukosten, und zwar ohne Berücksichtigung der Grunderwerbskosten. Es ist beabsichtigt, bei notleidenden Städten und Gemeinden die Zuwendungen des Bundes bis zur Hälfte der Kosten zu erhöhen. Jedenfalls können die Gemeinden künftig höhere Beträge als bisher erwarten.
Ein fünfter Betrag von 90 Millionen DM ist zur Verzinsung neuer Kredite vorgesehen. Da die aus dem Straßenbaufinanzierungsgesetz fließenden Steuermittel nicht ausreichen, soll, wie bereits ausgeführt, ein Restbetrag durch Aufnahme von Darlehen, voraussichtlich unter Einschaltung der Öffa, finanziert werden.
Gestatten Sie mir, meine Damen und Herren, daß ich zusammenfassend noch eine Zahl nenne, die gerade für die Kommunen von besonderer Bedeutung ist. Der Vierjahresplan sieht finanzielle Leistungen im Interesse der Gemeinden von insgesamt rund 1 Milliarde DM vor, und zwar für den Ausbau von Ortsdurchfahrten in der Baulast des Bundes, für den Bau von Ortsumgehungen und für Zuschüsse an Gemeinden mit mehr als 9000 Einwohnern. Ferner werden die Gemeinden durch die von mir bereits erwähnte „Flurbereinigung der Straßen" um rund 400 Millionen DM entlastet. Gemessen an der Verkehrsnot in den Städten werden die Kommunen auch diese Hilfe noch nicht für ausreichend halten. Ich bitte aber zu bedenken, daß diese Hilfen rund 20 v. H. der gesamten Investitionsbeträge des Vierjahresplans ausmachen.
Zum Abschluß meiner kurzen Darlegungen möchte ich nicht unerwähnt lassen, daß mein Haus in den Fragen des Straßenbaus eng mit den zuständigen Dienststellen der Länder zusammenarbeitet. Bereits das von dem Hohen Haus einstimmig angenommene Ausbauplangesetz vorn 27. Juli 1957 hat den Ländern die Möglichkeit gegeben, auf der Basis eines festen Grundnetzes der Bundesfernstraßen ihre eigenen langfristigen Ausbaupläne zu entwickeln und auch den Kreisen und Gemeinden für eigene Planungen dieser Art neue Impulse zu geben. Diese korrespondierenden Ausbauprogramme in den Ländern können im Zusammenhang mit dem Bundesgesetz vom Juli 1957 und diesem Ihnen heute vorliegenden Vierjahresplan zu Straßenbau-Gesamtplanungen führen mit dem Ziel, das Straßennetz in gemeinsamer Anstrengung aller Baulastträger für den schnell wachsenden Kraftverkehr zu entwickeln.
Das Wort zur Begründung des Gesetzentwurfs unter Punkt 38 b der Tagesordnung hat der Abgeordnete Dr. Bleiß.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Bundesverkehrsminister hatte die Freundlichkeit, den Mitgliedern des Verkehrsausschusses einen Artikel der Tageszeitung „Die Welt" zu übermitteln. In diesem sehr interessanten Artikel wird der amerikanische Straßenverkehr, der motorisierte Verkehr in den Vereinigten Staaten mit dem Straßenverkehr in der Bundesrepublik verglichen. Der Berichterstatter der „Welt" kommt zu der Feststellung, daß wir verglichen mit Amerika im Autochaos leben, und er zieht aus dem Vergleich den Schluß, daß neben einer Begrenzung der Geschwindigkeit auch für Personenkraftwagen, neben einer Verstärkung der Automotoren besonders der Bau von Autobahnen mit drei Fahrbahnen und ganz allgemein der Bau von breiteren und besseren Straßen erforderlich sei.
Der Berichterstatter meint, daß wir, wenn man die Zahl der Toten und Verletzten nicht nach Kriegsausmaßen anwachsen lassen will, dann das Bautempo verzehnfachen müssen und nicht in dem bisherigen Schneckentempo fortfahren dürfen.
Wenn auch die verlangte Verzehnfachung des Bautempos weit über jedes vertretbare Maß hinausschießt, so hat meiner Meinung nach der Artikel doch einen absolut richtigen Kern, nämlich, daß erstens der Aufwand für den Straßenbau in seiner Gesamtheit wesentlich erhöht werden muß und daß zweitens der Aufwand für den Straßenbau auch annähernd gleichmäßig für die klassifizierten und die nichtklassifizierten Straßen erhöht werden muß.
Herr Dr. Seebohm hat uns diesen Artikel als Ausschußinformation zugesandt. Ich hoffe, daß er auch dem Herrn Bundesfinanzminister ein Exemplar zugestellt hat; denn in der Feststellung, daß wir verglichen mit Amerika in einem „Autochaos" leben, liegt doch eine bittere und berechtigte Kritik an der bisherigen Straßenbaufinanzierung, für die seit einigen Jahren wohl ausschließlich der Herr Bundesfinanzminister zuständig ist.
Erlauben Sie mir noch eine weitere Vorbemerkung, ein paar Worte zu einigen Wahl- und Besichtigungsreden, die der Herr Bundesverkehrsminister in der letzten Zeit gehalten hat und auf die ich zurückkommen muß, weil es mir notwen4484 Deutscher Bundestag - 3. Wahlperiode - 83. Sitzung. Bonn, Freitag,. den 16. Oktober 1959
dig erscheint, einige Unklarheiten auszuräumen. Ich bedaure, daß der Herr Bundesverkehrsminister heute nicht anwesend ist. Er hat sich entschuldigt: Er ließ uns wissen, daß seine Teilnahme an einer internationalen Konferenz notwendig sei. Trotzdem bin ich der Meinung, daß es eine Pflicht für den Herrn Bundesverkehrsminister gewesen wäre, hier anwesend zu sein, wenn ein so wichtiges Gesetz wie das über die Straßenbaufinanzierung im Bundestag eingebracht wird.
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In einer bekannten Fachzeitschrift war kürzlich unter der Überschrift „Ein hitziges Wort" zu lesen, daß Herr Dr. Seebohm anläßlich einer Einweihungsfeier auf dem Autobahnteilstück Weißkirchen-Stockstadt voller Erregung, laut und mit heftiger Gebärde den zahlreichen Zuhörern zugerufen habe - ich darf mit Genehmigung des Herrn Präsidenten wörtlich zitieren -:
Die Leistungen des Straßenbaus erbringt das deutsche Volk. Wer diese Leistungen beschimpft, beschimpft das deutsche Volk. Die Bundesregierung ist nur ausführendes Organ.
Es ist zweifellos richtig, daß der Straßenbau eine Leistung des deutschen Volkes ist. Aber das ist doch eine Binsenwahrheit. Was aber hat der Herr Bundesverkehrsminister eigentlich mit der „Beschimpfung des deutschen Volkes" gemeint? An welche Adresse hat sich der Herr Bundesverkehrsminister damit wenden wollen? Wolte er damit eine Attacke gegen die Opposition reiten? Aus der kurzen Notiz, die uns vorliegt, ist das nicht klar ersichtlich. Ich möchte unterstellen, daß diese Version nicht zutrifft. Trotzdem scheint es mir geboten zu sein - gerade weil es sich um eine Ministerrede handelt -, festzustellen, daß eine Kritik an den Maßnahmen der Bundesregierung nicht nur das gute Recht, sondern die paramentarische Pflicht der Opposition ist. Wenn man dem Bundesverkehrsministerium den Vorwurf macht, daß es zu wenig für den Straßenbau getan habe und daß dadurch die Unfallgefahren zu stark angewachsen seien, dann beschimpft man nicht das deutsche Volk, sondern man spricht nur das aus, was viele Millionen dieses Volkes denken.
Ich finde es auch nicht sehr geschmackvoll, daß der Herr Bundesverkehrsminister gegen die Länderregierungen polemisiert, z. B. gegen die Regierungen von Bremen und Niedersachsen, daß er gegen diese Regierungen den Vorwurf erhebt, daß sie nicht genug Druck hinter den Ausbau der für ihre Länder bedeutsamen Bundesstraßen gesetzt und daß sie dadurch eine Verschlechterung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Nordseehäfen verschuldet hätten. Die Bundesstraßen gehören eindeutig - das hat der Herr Bundesfinanzminister heute in seiner Einführungsrede auch herausgestellt - in die Zuständigkeit des Bundes. Ich bin der Meinung, daß es die Pflicht des Bundesverkehrsministers ist, sofort und unmittelbar das Richtige zu tun und sich nicht erst durch die Länder dazu zwingen zu lassen.
Diese Fürsorge - ich bedaure, daß Herr Staatssekretär Dr. Seiermann im Moment nicht mehr anwesend ist - sollte auch für den Ausbau der Holland-Linie gelten. Ich darf das Bundesverkehrsministerium bitten, ,sich bei der Trassenführung nicht ausschließlich von den dringenden Vorstellungen holländischer Interessenten beeinflussen zu lassen, sondern auch die Interessen vom Hamburg und Bremen angemessen zu berücksichtigen.
Nach diesen mir notwendig erscheinenden Vorbemerkungen darf ich mich nun der Begründung der Drucksache 1275 und einer kritischen Betrachtung der Regierungsvorlage zuwenden. Die beiden heute zur ersten Lesung anstehenden Gesetzentwürfe gehen nach meiner Auffassung von einer völlig unterschiedlichen Verkehrskonzeption aus. Der uns mit der Drucksache 1247 von der Bundesregierung vorgelegte Plan erstreckt sich im wesentlichen auf die Baufinanzierung der Bundesfernstraßen.
Wir haben als Sozialdemokraten an dem Plan zu bemängeln, daß er den kommunalen Baulastträgern eine absolut unzureichende finanzielle Unterstützung gewährt und daß das außerdem in einer Form geschieht, die zu einer Schwächung der Länderfinanzen und damit zu einer Vernachlässigung der Landstraßen I. Ordnung führen muß. Denn es heißt in der Regierungsvorlage, daß die kommunalen Baulastträger vom Bund nur dann jährlich 100 Millionen DM erhalten sollen, wenn die Länder ihrerseits bereit sind, den kommunalen Baulastträgern etwa 120 Millionen DM jährlich zur Verfügung zu stellen.
Nun, meine Damen und Herren: Wie ist die Situation bei den Landstraßen I. Ordnung? Die Länder weisen für den Ausbau dieser Straßen zur Zeit etwa 520 Millionen Mark im Jahr aus. Das Erfordernis, um die Straßen der wachsenden Motorisierung anzupassen, liegt aber nach (den Schätzungen der Sachverständigen bei mindestens 800 Millionen Mark jährlich. Hier klafft 'also - ian Gegensatz zu (der Feststellung des Herrn Bundesfinanzministers - (eine Finanzlücke von nahezu 300 Millionen DM, die infolge (der durch die Regierungsvorlage veranlaßten Maßnahmen nicht geschlossen werden kann.
Es ist zweifellos in erster Linie eine Angelegenheit der Länder, sich mit den Vorschlägen und Absichten der Bundesregierung auseinanderzusetzen. Straßenbaulich aber und aus Gründen der Verkehrssicherheit halte ich eine Schwächung der Länderfinanzen für bedenklich, weil sie nach der Lage der Dinge zu einer Vernachlässigung der Landstraßen I. Ordnung führen müßte. Man muß bei allen Planungen davon ausgehen, daß das Netz der klassifizierten und nichtklassifizierten Straßen verkehrspolitisch eine Einheit bildet und daß auch ein gut ausgebautes Netz von Bundesfernstraßen erst dann zur vollen Wirksamkeit kommt, wenn man für den Ausbau der Landstraßen I. und II. Ordnung das gleiche Maß von Sorgfalt wie für die Bundesstraßen aufwendet. Und das ist, wie die Dinge heute liegen, einfach nicht möglich; denn ,durch die Vorschläge der Bundesregierung wird den Ländern nicht nur das gesamte Mehraufkommen aus den vorgeschlagenen Steuererhöhungen praktisch vorenthalten, sonDr. Bleiß
dern darüber hinaus ,aus den bisherigen Quellen jährlich ein Betrag von 55 Millionen DM abgezweigt.
Im Gegensatz zu der Regierungsvorlage unternimmt der SPD-Entwurf den Versuch, einen gleichmäßigen Ausbau des Straßennetzes zu verwirklichen und auch finanziell sicherzustellen. Meine Damen und Herren, eine so großzügige Planung macht es nach unserer Vorstellung notwendig - und das ist auch schon 1956 von meinem Freund Helmut Schmidt ausführlich und initiativ dargestellt worden -, das gesamte Aufkommen an ,spezifischen Verkehrssteuern zu einem Straßenbaufonds zusammenzufassen. Ich hate in diesen Tagen mit Interesse gelesen, daß dieser Begriff dies „Straßenbaufonds" auch beim Bundesfinanzministerium Eingang gefunden hat. Ich lese in der Zeitschrift „Straße und Wirtschaft" - ich darf mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten zitieren -:
Daß ein angemessener Anteil am Aufkommen des Kraftverkehrs gerechterweise den Gemeinden zukommen müsse, fordert der Wissenschaftliche Beirat Bundesfinanzministerium in einem Gutachten zur gegenwärtigen Problematik der Gemeindefinanzen.
Es heißt dann weiter:
Da einerseits die Aufbringung der Länder für den Straßenbau annähernd dem Aufkommen der Kraftfahrzeugsteuer entspricht und andererseits die Mineralölsteuer als die ergiebigste Abgabe vom Kraftverkehr in den Händen des Bundes nicht voll für Zwecke dies Straßenbaus verwendet wird, erscheint es berechtigt, die Gemeinden am Aufkommen der Mineralölsteuer des Bundes zu beteiligen. Das bisherige Systembloßer Aushilfen sollte nach Ansicht der Gutachter zu einem Steuerverbund zwischen dem Bund und den Gemeinden auf dem Gebiete der Mineralölsteuer ausgebaut werden.
Und dann heißt es interessanterweise:
Sollten sich verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Durchführung dieses Vorschlages ergeben, könnte man einen allgemeinen Straßenbaufonds ,einrichten, dem die gesamten Abgaben des Kraftverkehrs zufließen. Der Fonds würde dann ,diese Mittel auf die drei Baulastträger, also auch auf die Gemeinden, entsprechend ihren Straßenaufgaben verteilen.
Nun, Herr Bundesfinanzminister, das ist genau das, was wir wollen, und ich freue mich, daß der Wissenschaftliche Beirat des Bundesfinanzministeriums diese Auffassung, die wir 1956 zum ersten Male im Bundestag vorgetragen haben, jetzt auch teilt.
Meine Damen und Herren! Aus diesem Fonds sollen nach einem ausgewogenen Schlüssel dem Bund, den Ländern und den Gemeinden Quoten zugeteilt werden, die dem Finanzbedarf zum Ausbau des Straßennetzes entsprechen. Wir haben in unserem Entwurf in § 4 zunächst vorgesehen, daß von dem verfügbaren Aufkommen dem Straßenhaushalt des Bundes eine Quote von 33 1/3 %, dem Straßenhaushalt der Länder eine Quote von ebenfalls
33 1/3 % und den Gemeinden eine Quote von 20 % zugewiesen wird, daß zur Finanzierung besonderer Vorhaben eine Quote von 13 1/3 % zur Verfügung stehen soll und daß die Länder- und Gemeindequote nach einem Schlüssel zu verteilen ist, der auf amerikanischen Erfahrungen beruht und nach unseren Überlegungen geeignet ist, grobe Ungerechtigkeiten zu verhüten.
Meine Damen und Herren! Es handelt sich bei unserem Entwurf um einen globalen Vorschlag, um einen Versuch, den gleichmäßigen Ausbau des Straßennetzes sicherzustellen. Die in unserem Entwurf genannten Quoten sind Richtsätze. Über die definitive Höhe werden wir im Ausschuß verhandeln können. Wir sind bereit, darüber mit uns reden zu lassen. Aber, Herr Bundesfinanzminister, nachdem Sie in Ihrer Eingangsrede bemerkt haben, daß es zweifellos ein Verstoß gegen das Grundgesetz wäre, wenn man durch ein Gesetz über Aufkommen der Länder verfügt, möchte ich Ihnen erwidern, daß man einer Partei oder einer Fraktion keinen Vorwurf machen darf, wenn man selbst gewillt ist, einen solchen oder ähnlichen Weg zu gehen. Denn auch Ihre Vorschläge sind ja, wenn ich richtig gelesen habe, vom Bundesrat bisher scharf kritisiert worden, weil verfassungsrechtliche Bedenken bestehen. Wir werden uns also gemeinsam bemühen müssen, hier einen richtigen und vernünftigen Weg zu finden. Ich darf Sie darauf aufmerksam machen, daß wir in § 4 gleichfalls vorgeschlagen haben, durch einen Vertrag zwischen Bund und Ländern eine solche Zweckbestimmung zu vereinbaren.
Meine Damen und Herren! Es handelt sich also in unserem Entwurf um einen globalen Vorschlag. Wir sind in einer früheren Diskussion gefragt worden, ob denn ein solcher globaler Finanzierungsplan einen Sinn habe, solange die Baupläne von den einzelnen Baulastträgern entweder überhaupt nicht aufgestellt oder nicht koordiniert seien. Die Finanzierung würde reibungsloser ablaufen, wenn solche Baupläne vorlägen, und ich halte es auch für ein großes Versäumnis, daß beim. Bundesverkehrsministerium noch nicht einmal eine Übersicht über die Straßenbaupläne des Bundes und der Länder vorhanden ist, obwohl der Herr Bundesverkehrsminister uns vor einiger Zeit versichert hat, daß er seit Jahren mit den Vorarbeiten beschäftigt sei und daß man im Bundesverkehrsministerium heute noch nicht einmal mit annähernder Genauigkeit sagen kann, wie hoch sich der effektive Investitionsbedarf beziffert und wie er sich zumindest auf die nächsten vier Jahre verteilt. Ich möchte deswegen heute nochmals an das Bundesverkehrsministerium die Mahnung und die Bitte richten, diese nicht nur für die Herren Finanzminister, sondern auch für die Industrieplanung wichtigen Arbeiten tunlichst zu beschleunigen. Gerade weil uns bisher konkrete Pläne noch nicht vorliegen, haben wir zunächst unseren Verteilungsschlüssel in Vorschlag gebracht, der sicherlich große Härten vermeiden wird.
Meine Damen und Herren, der von uns in dem Entwurf Drucksache 1275 vorgelegte Finanzierungsplan erfordert wegen seiner globalen Natur auch einen höheren Aufwand als die Regierungsvorlage. Wir halten deshalb die volle Zweckbindung aller spezifi4486
schen Verkehrssteuern - ich verstehe darunter die Mineralölsteuer, die Kraftfahrzeugsteuer und die Beförderungsteuer, soweit sie durch das Verkehrs-Finanzgesetz 1955 der Zweckbindung unterliegt - soweit sie vom Kraftverkehr aufgebracht werden, für notwendig. Wir haben auch eine Zweckbindung von 50 % der Mineralölzölle vorgesehen. Es handelt sich hierbei um den Teil der Zölle, der keinen Zollschutzcharakter mehr hat, sondern durch die verbesserte Situation rin der Mineralölwirtschaft zu einem reinen Finanzzoll geworden ist.
Herr Bundesfinanzminister, Sie haben vorhin gemeint, durch eine solche Zweckbindung müsse natürlich eine Lücke im Haushalt entstehen. Sie haben für die nächsten vier Jahre einen Fehlbetrag von 4350 Millionen DM errechnet. Ich komme nicht auf einen so großen Betrag. Viermal 600 Millionen sind 2400 Millionen und-wenn ich den halben Mineralölzoll in Höhe von 240 Millionen mal vier nehme, dann macht das insgesamt 960 Millionen, beide Größen addiert also 3360 Millionen DM aus, Wir bewegen uns also auf einer etwas anderen Ebene. Den Fehlbetrag müßte man also wesentlich niedriger ansetzen.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich nun ein paar Sätze zu der Zweckbindung sagen. Mit dem Wandel im Bundesfinanzministerium ist auch eine Veränderung in der Haltung hinsichtlich der Zweckbindung spezifischer Verkehrssteuern eingetreten. Ich erinnere mich noch sehr deutlich an die Diskussion im Jahre 1956. Damals, in der letzten Debatte über ein Straßenbaufinanzierungsprogramm, hat der damalige Staatssekretär Hartmann die Zweckbindung generell abgelehnt. In dem vorliegenden Gesetzentwurf wird die Zweckbindung bejaht. Sie ist in diesem Art. 1 Abs. 1 ausgesprochen und damit bestimmend für den Entwurf.
Aber schon in Abs. 2 kommt dann eine wesentliche Einschränkung. In diesem Abs. 2 ist von einem Abgeltungsbetrag von jährlich 600 Millionen Mark die Rede, den der Bund für sich in Anspruch nimmt. Der Entwurf selbst bringt nun eine sehr fragwürdige Begründung. Es wird gesagt, daß der Abgeltungsbetrag notwendig sei, weil nicht einwandfrei zu ermitteln sei, wie hoch das Mineralölsteueraufkommen durch den Kraftverkehr anzusetzen sei, und daß das Aufkommen erst nachträglich auf Grund statistischer Unterlagen genau feststellbar sei.
Ich muß sagen, daß eine solche Begründung doch sehr wenig stichhaltig ist. Sie scheint mir so fadenscheinig zu sein, daß man getrost darauf verzichten kann. Ich bin der Meinung, daß res sich bei dem Abgeltungsbetrag um eine echte Zweckentfremdung handelt. Ich möchte Sie deshalb fragen, Herr Bundesfinanzrminister und insbesondere Herr Staatssekretär Dr. Seiermann, wie sich diese Zweckentfremdung eigentlich mit den Grundsätzen und Zielen der Verkehrspolitik der Bundesregierung verträgt, die unter anderem auch im Bulletin vom 30. Juli veröffentlicht worden sind. Aus den dortigen Veröffentlichungen ist doch zu schließen, daß die Bundesregierung die Wegekosten als rein tragendes Prinzip ihrer Verkehrspolitik ansieht und daß die Wegekosten für die Regelung der Wettbewerbsverhältnisse von Schiene und Straße eine besondere Rolle spielen. Nun, meine Damen und Herren, nach diesem Wegekostenprinzip, das die Bundesregierung als Mittel ihrer Verkehrspolitik deutlich herausgestellt hat, soll jeder Verkehrsnutzer die Kosten seines Weges bezahlen, d. h. daß der Straßenverkehr in seiner Gesamtheit die Kosten für die Instandhaltung, für die Sicherung und für den Ausbau des Straßennetzes aufzubringen hat.
Wenn man dieses Prinzip bejaht - wir Sozialdemokraten bejahen dieses Prinzip - und, Herr Staatssekretär, wenn man das Prinzip ernst nimmt, ist doch die Bundesregierung verpflichtet, die Mittel, die der Straßenbenutzer in der Form von spezifischen Abgaben aufzubringen hat, auch tatsächlich dem Straßenbau zuzuführen. Wenn man - bewußt oder unbewußt - anders verfährt, gleichviel aus welchen Motiven, ist entweder das Prinzip der Bundesregierung, wonach jeder Verkehrsträger seine Kosten zu tragen hat, nicht haltbar, oder man gerät in den Verdacht einer doppelten Moral;
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denn die Bundesregierung kann von den Straßenbenutzern nicht spezifische Abgaben als Kostenersatz verlangen, wenn die Ausgaben für den Straßenbau in der geforderten Höhe überhaupt nicht getätigt werden sollen.
Ich sage das nicht so sehr im Interesse der 21 000 Fernlastzüge, die dem Bundesverkehrsministerium anscheinend so viel Sorge bereiten. Ich sage das besonders im Interesse der 5 Millionen Pkw-Fahrer, die ja die Hauptlast der spezifischen Verkehrsteuern zu tragen haben, und dazu gehören wir alle, meine Damen und Herren; denn auf Benzin umgelegt, bedeutet der zweckentfremdete Betrag 10 Pf pro Liter Benzin.
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Herr Bundesfinanzminister, wenn es die Bundesregierung mit dem tWegekostenprinzip ehrlich meint, dann kann die Alternative doch nur die sein, daß entweder bessere Straßen gebaut werden und daß man die Zweckentfremdung beseitigt, oder aber daß man den Benzinpreis um 10 Pf herabsetzt.
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Ich würde die erste Lösung für die richtigere halten, weil es uns darauf ankommt, daß das Straßennetz so gut ausgebaut wird, daß es sicher ist.
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Die Zweckentfremdung, Herr Bundesfinanzminister, wird nun damit begründet, daß Ihnen die Dekkungsmittel für den Haushalt fehlen. Ich hatte mir vorhin erlaubt, nachzurechnen, daß sich bei unseren Auffassungen zunächst ein Unterschiedsbetrag von 1 Milliarde DM ergibt. Was den Haushalt selbst betrifft, so sind wir, glaube ich, hinsichtlich der Größenordnung der einzelnen Etats verschiedener Auffassung. Unsere Anschauungen gehen da weit auseinander. Herr Bundesfinanzminister, ich habe sogar Verständnis dafür, daß man eine Zweckentfremdung nicht sofort abbauen kann. Was halten Sie, Herr Bundesfinanzminister, von einer Übergangslösung? Ich schlage Ihnen vor, daß man den zweckentfremDr. Bleiß
deten Betrag in drei Stufen jährlich um 200 Millionen DM vermindert und daß man dem Straßenbau in der Übergangszeit dadurch hilft, daß man eine mittelfristige Anleihe aufnimmt und daraus den Bedarf für den Straßenbau deckt. Eine solche Anleihe würde sich aus dem laufenden und starken Sockelzuwachs relativ schnell amortisieren.
Ich hoffe, daß es hierüber im Ausschuß eine Möglichkeit der Verständigung gibt. Wir werden von dem Ausgang der Ausschußberatungen unsere Haltung zu Ihren Steuervorschlägen abhängig machen; denn man kann Mehrkosten - das möchte ich noch einmal deutlich herausstellen von den Verkehrsnutzern nur verlangen, wenn sichergestellt ist, daß die bisherigen spezifischen Abgaben auch wirklich für den gedachten Zweck verwendet werden.
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Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluß noch ein paar Sätze über den Straßenbau in den Gemeinden sagen. Herr Bundesfinanzminister, wir stimmen der Begründung der Regierungsvorlage insofern zu, als darin festgestellt wird, daß die Gemeinden und Gemeindeverbände nicht in der Lage sein werden, ihre Straßenbauaufgaben ohne finanzielle Hilfe des Bundes zu erfüllen. Man muß hier hinzufügen, daß viele Städte und Gemeinden bis an den Rand des Möglichen verschuldet sind und daß sie der Hilfe des Bundes dringender denn je bedürfen.
Gerade angesichts dieser Situation halten wir die Vorschläge für eine finanzielle Unterstützung, wie sie in der Regierungsvorlage enthalten sind, für völlig unzulänglich. Nach diesen Vorschlägen soll für 24 000 Gemeinden jährlich nur ein Betrag von 215 Millionen DM zur Verfügung gestellt werden. Ich bin auch der Meinung, daß es nicht möglich ist, die Gemeinden lediglich mit einem festen Betrag, eben mit diesen 215 Millionen DM pro Jahr, abzufinden. Das läuft der ganzen Entwicklung des Verkehrs in den Städten einfach zuwider. Vielmehr muß man, Herr Bundesfinanzminister, eine Regelung finden, durch die einmal den Gemeinden eine quotale Beteiligung am Verkehrsteueraufkommen zugesichert wird und die es zweitens zusätzlich ermöglicht, besonders umfangreiche Straßenbauprojekte aus einer Schwerpunktquote zu finanzieren, wie wir sie vorgeschlagen haben.
Die SPD hat vor einigen Tagen der Öffentlichkeit einen Zehnjahres-Investitionsplan für die öffentlichen Nahverkehrsunternehmungen in 86 Groß- und Mittelstädten vorgelegt, der ein Gesamtvolumen von 4,2 Milliarden DM vorsieht. Allein dieser Investitionsplan erfordert doppelt soviel, wie den 24 000 Gemeinden nach der Regierungsvorlage in zehn Jahren insgesamt zugewiesen werden soll.
Ich bringe diesen Vergleich, um das Ausmaß der verkehrspolitischen Aufgaben der Städte und Gemeinden darzutun. Ich bin der Meinung, dieser Vergleich gibt aber auch einen Maßstab dafür ab, welche Gefahren auf uns zukommen können, wenn wir hier allzu schematisch verfahren.
Wenn wir den Gemeinden und Gemeindeverbänden nicht schnell und wirksam helfen und wenn es nicht gelingt, durch den Ausbau von Untergrundbahnen und den Bau von Unterpflasterstraßenbahnen den Massenverkehr im Stadtkern der Großstädte in die zweite Ebene zu verlegen, kommt bei der wachsenden Motorisierung - und die Motorisierung wird weiter wachsen - das Verkehrschaos unaufhaltsam auf uns zu. Deshalb müssen wir gerade unseren Vorschlägen für eine wirksame Hilfe für die Gemeinden und öffentlichen Nahverkehrsunternehmen eine besondere Bedeutung beimessen.
Die Vorschläge, die wir dem Hohen Hause in unserem Gesetzentwurf auf Drucksache 1275 unterbreitet haben, sind - dessen darf ich Sie versichern - von dem ernsten Willen getragen, Mittel und Wege zu finden, unser Straßennetz der wachsenden Motorisierung anzupassen. Wir sind bereit, im Ausschuß mit Ihnen die Möglichkeiten und Details zu diskutieren. Dabei dürfen wir allerdings erwarten, daß Sie nicht von vornherein aus Prinzip oder Dogma ablehnen, sondern daß wir gemeinsam versuchen, den besten Weg zu finden.
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Meine Damen und Herren, die Gesetzentwürfe sind nunmehr begründet.
Wir treten in die Aussprache ein. Das Wort hat der Abgeordnete Müller-Hermann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf dem Gebiet der Verkehrspolitik werden wir in dieser Legislaturperiode mindestens zwei wichtige Gesetzgebungskomplexe behandeln müssen. Der eine betrifft die Ordnung des Wettbewerbs zwischen den Verkehrsträgern unter möglichster Anpassung an die Prinzipien der Marktwirtschaft und in Verbindung damit die Sanierung der Deutschen Bundesbahn, der zweite betrifft die Finanzierung eines umfassenden Straßenbauprogramms.
Wir alle können mit Genugtuung, wenn auch mit einiger berechtigter Sorge, feststellen, daß die Motorisierung heute der Ausdruck eines grollen und wachsenden Massenwohlstands ist. Wenn ich von Sorge spreche, dann nicht etwa, weil ich mich gegen die Tendenz dieses zunehmenden Massenwohlstands ausspreche, sondern weil sich damit auch Fragen ergeben, die uns alle, die wir den Verkehr vor allem in den Städten tagtäglich miterleben, mit Sorge erfüllen. Der Kraftwagen in allen seinen Formen ist heute ein wichtiges Hilfsmittel einer modernen Wirtschaft und hat zur allgemeinen Leistungssteigerung unserer Wirtschaft und zur Besserung des Lebensstandards wesentlich beigetragen.
Nun hat Kollege Dr. Bleiß hier soeben anklingen lassen, von seiten der Bundesregierung und der Mehrheit dieses Hohen Hauses sei für den Straßenbau bisher zuwenig getan worden. Wir haben uns über dieses Thema hier schon öfters unterhalten,
Herr Kollege Bleiß. Meine Damen und Herren, wir sind uns doch wohl, wenn wir die Dinge objektiv betrachten, darüber einig, daß in den ersten Jahren des Wiederaufbaus unseres Landes andere Aufgaben wichtiger und vordringlicher waren als der Ausbau des Straßennetzes, daß es nämlich zunächst einmal darauf ankam, unsere Wirtschaft wieder in Ordnung zu bringen, die Grundstoffindustrie in Gang zu bringen und den Menschen ein Dach über dem Kopf zu verschaffen.
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Vor vier Jahren hat aus den Reihen meiner eigenen Fraktion eine Gruppe von Kollegen zum erstenmal ein Straßenbaufinanzierungsprogramm auf den Tisch des Hauses gelegt. Es war ein Programm in einer Größenordnung von 2 Milliarden DM, und damals wurde auf allen Bänken dieses Hauses ein solches Programm als recht utopisch angesehen. Inzwischen sind wir bei einem Programm, das uns die Bundesregierung vorgelegt hat, in einer Größenordnung von 8 Milliarden DM für vier Jahre. Wir sollten dankbar anerkennen, meine Damen und Herren, daß die Bundesregierung mit der Vorlage eines solchen Programms und eines entsprechenden Finanzierungsvorschlages auf dem Wege zur Lösung dieses schwierigen Problems einen wesentlichen Schritt vorwärts getan hat.
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- Sicherlich hat auch die Opposition daran mitgewirkt. Aber glauben Sie mir, bei uns und bei der Bundesregierung selbst war die Einsicht, daß auf diesem Gebiet etwas getan werden müßte, genauso vorhanden, wie vielleicht bei Ihnen!
Gewiß ist das Straßenbaufinanzierungsgesetz, das die Bundesregierung vorgelegt hat, noch nicht in allen Punkten ideal. Wir werden uns in den Ausschüssen noch mit einigen Änderungsvorschlägen beschäftigen müssen. Uns kommt es aber darauf an, daß der vorliegende Entwurf so schnell wie möglich beraten und das Gesetz in Kraft gesetzt wird, damit das Programm, an dem wir alle interessiert sind, anlaufen kann.
Vorweg darf ich auf zwei Einwände gegen den Regierungsentwurf eingehen, die zueinander im Gegensatz stehen. Wenn ich den einen Einwand erwähne, sehe ich besonders meinen Freund Dr. Dresbach an; er setzt sich mit Energie aus grundsätzlichen Erwägungen gegen jede Zweckbindung von Steuermitteln ein. Wenn ich auf den anderen Einwand zu sprechen komme, muß ich an eine starke Gruppe innerhalb und außerhalb dieses Hauses denken, die verlangt, daß alle vom Kraftverkehr aufgebrachten Mittel zweckgebunden für den Straßenbau verwandt werden.
Ich glaube, daß wir der Sache und uns selber keinen Dienst erweisen, wenn wir uns in einen Theorienstreit verlieren. Unsere Meinung geht dahin, daß abseits allen Theorienstreits um die Zweckbindung und unter voller Aufrechterhaltung des Haushaltsrechts dieses Hohen Hauses die Mittel für den Straßenbau zur Verfügung gestellt werden sollten, die für diesen Zweck benötigt werden, und dafür frei gemacht werden können.
Eine weitere Frage, die uns immer wieder beschäftigt, ist die: Hält die Baukapazität mit einem so großen Programm von 8 Milliarden DM für vier Jahre Schritt? Ich darf dazu feststellen, daß die Kapazität der Straßenbauindustrie ohne zusätzliche Kräfte und Maschinen um 30 bis 40 % gesteigert werden könnte, wenn an Stelle von acht Monaten elf Monate im Jahr gearbeitet würde. Wenn es beim Straßenbau gelegentlich zu Ballungen und Störungen kommt, scheint mir das eine Quittung für den falschen Rhythmus in der Verteilung der Aufträge zu sein. Wir haben im Tief- und Straßenbau eine sehr starke Mechanisierung festzustellen. Heute kann gegenüber den 30er Jahren im Durchschnitt die sechsfache Arbeitsleistung pro Mann erreicht werden. Die erwähnten Erscheinungen wirken sich auch auf die Baupreise aus; das Anwachsen der Bauleistungen hat die Stabilität der Baupreise nicht beeinträchtigt.
Ich meine, wir sollten die Bundesregierung bitten, bei der Durchführung der bevorstehenden Straßenbauprogramme insbesondere folgende fünf Punkte zu beachten:
1. Planung und Bauausführung sollten sich auf möglichst große Abschnitte erstrecken. Ein Verzetteln der Kräfte sollte vermieden werden.
2. Die jährliche Zäsur in der Mittelbereitstellung steht allen Rationalisierungsbestrebungen entgegen und sollte einem mehrjährigen Rhythmus Platz I machen. Dem trägt auch schon die Aufstellung des Vierjahresprogramms Rechnung.
3. Die Bauprojekte sollten schon im Herbst eines jeden Jahres ausgeschrieben und vergeben werden, damit frühzeitig im neuen Jahr mit den Arbeiten begonnen werden kann.
4. Zu kurze Baufristen führen zu Spannungen und zur Verteuerung der Baukosten.
5. Es muß nach Möglichkeiten gesucht werden, unter Wahrung aller rechtsstaatlichen Grundsätze das zeitraubende Verfahren des Grunderwerbs zu vereinfachen.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch auf drei Fragenkomplexe eingehen, die in unserer Fraktion im Zusammenhang mit den Vorlagen diskutiert und zum Teil auch von Herrn Dr. Bleiß angeschnitten worden sind.
Zu dem ersten Fragenkomplex darf ich folgendes sagen. Der Regierungsentwurf bringt eine Reihe neuer Belastungen, und zwar für Schwerlastfahrzeuge aus der Kraftfahrzeugsteuer in einer Größenordnung von etwa 320 Millionen DM und aus der Dieselsteueranhebung von 640 Millionen DM. Das bedeutet naturgemäß eine nicht unerhebliche steuerliche Belastung, insbesondere für den Schwerlastverkehr, für ein mittelständisches Gewerbe.
Was das leidige Thema der Abmessungen und Gewichte betrifft, so hängt es mir - entschuldigen Sie, wenn ich das hier einmal sage - langsam zum
Halse heraus, daß wir uns seit vier Jahren damit beschäftigen müssen. Ich möchte als Meinung meiner Fraktion sehr deutlich zum Ausdruck bringen, daß wir für den deutschen Schwerlast- .und Lastkraftwagenverkehr hinsichtlich der Abmessungen und Gewichte eine Regelung wünschen, die derjenigen Regelung bei der internationalen Konkurrenz, vor allem im Rahmen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, entspricht.
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Wir wollen keine Schlechterstellung, wir wollen keine Besserstellung, aber wir wollen eine möglichst baldige Regelung dieser Frage im Rahmen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft.
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- Das braucht sich nicht im Rahmen der Konvention aus dem Jahre 1949 zu bewegen, sondern soll eine Regelung sein, die den heutigen Gegebenheiten und technischen Notwendigkeiten entspricht. Aber es muß eine Regelung sein, die international Gültigkeit hat.
Ich möchte mir erlauben, in diesem Zusammenhang zwei Zahlen zu nennen. Der deutsche Lkw-Anteil am grenzüberschreitenden Verkehr lag im Jahre 1949 bei 62 %, im ersten Halbjahr 1959 im Export bei 49 % und im Import bei 46 %. Dieses erhebliche Absinken des deutschen Anteils ist zweifellos mit auf die sehr viel schwierigeren Start- und Wettbewerbsvoraussetzungen in der Bundesrepublik - als z. B. auf seiten der Niederländer - zurückzuführen. Die Folge ist, daß deutsche Unternehmen heute bereits zum Teil unter holländischer Flagge ihren Verkehr treiben. Wir möchten vermieden sehen, daß eine mehrmalige Umstellung in der Anpassung an die technischen Daten sowohl bei der Produktions- als auch bei der Verbraucherseite eintritt. Deshalb hoffen wir, mit der Bundesregierung gemeinsam zu einer Regelung zu kommen, die das Ziel ansteuert: Einigung auf der Basis der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und Erleichterung für die Zwischenzeit, ohne das unsere eigenen Leute schlechter gestellt sind als ihre internationale Konkurrenz.
Eine zweite Frage, die auch vom Bundesrat bei Behandlung der Regierungsvorlage erörtert worden ist, ist die: wind durch die Steueranhebung in dem Regierungsentwurf der Omnibuspersonenverkehr, vor allem der Omnibuslinienverkehr, einer so großen Belastung unterworfen, daß sich daraus eine Anhebung der Tarife ergibt? Wir wünschen, daß diese Frage in den Ausschüssen noch einmal sehr sorgfältig überprüft wird. Wir wollen uns heute nicht mit unserer endgültigen Meinung festlegen. Wir wollen aber sichergestellt wissen, daß den öffentlichen Personenverkehrsbetrieben durch das neue Straßenbaufinanzierungsgesetz weder ein Anlaß noch ein Vorwand zur Anhebung von Tarifen geboten wird.
Der dritte große Fragenkomplex, mit dem wir uns beschäftigen müssen, entsteht aus der ernsten Sorge: wie können wir den Kreisen und den Gemeinden bei ihren Straßenbauproblemen helfen?
Mir scheint es richtig zu sein, von diesem Platz aus den Kreisen und Gemeinden einmal eine Anerkennung für die erheblichen eigenen Anstrengungen auszusprechen, die sie auf dem Gebiete des Straßenbaues im Laufe der letzten Jahre gemacht haben. Es liegt auch nicht im Interesse des Bundes, wenn wir einerseits zwar auf den Autobahnen und auf den Bundesstraßen, vielleicht auch auf den Landstraßen erster und zweiter Ordnung, einen einigermaßen flüssigen Verkehr erreichen, während aber andererseits Engpässe in den Städten und Gemeinden bestehenbleiben. Wir müssen also danach trachten - das ist, glaube ich, auch die übereinstimmende Meinung in ,diesem Hause -, ein durchgehendes Straßennetz zu schaffen, das als eine Einheit angesehen wird und das einen gleichermaßen flüssigen Verkehr auch innerhalb der geschlossenen Ortschaften gestattet.
Nun hat die sozialdemokratische Fraktion einen eigenen Gesetzentwurf eingebracht, und Kollege Dr. Bleiß hat ihn hier mit Temperament begründet. Der Gesetzentwurf ist sicherlich außerordentlich verlockend und attraktiv. Man kann ihn vielleicht auch etwas anders bezeichnen, Herr Dr. Bleiß, Sie nehmen mir das bitte nicht übel: er ist ein ausgezeichneter Wahlschlager für die bevorstehenden Kommunalwahlen.
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- Es ist aber kein billiger.
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Meine Damen und Herren, beruhigen Sie sich wieder!
Herr Dr. Bleiß und Herr Kollege Ritzel, Sie haben einen ähnlichen Gesetzentwurf bereits vor zwei oder drei Jahren eingebracht. Wir haben diesen Gesetzentwurf im Verkehrsausschuß zusammen mit der Regierung und mit unabhängigen Sachverständigen sehr sorgfältig geprüft. Wir waren damals ebenso der Auffassung, wie wir es heute sein müssen, daß dieser Gesetzentwurf sich einfach nicht mit den Kompetenzverteilungen, die das Grundgesetz vorsieht, in Übereinstimmung befindet.
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- In keiner Weise! Die Artikel 106 und 110 des Grundgesetzes geben eine ganz klare Kompetenzregelung. Zu diesen Artikeln stehen die Vorschläge Ihres Gesetzentwurfs in Widerspruch - und das
wissen Sie und müssen Sie wissen, meine Damen und Herren von der SPD
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Sie müssen also, bevor Sie einen solchen Gesetzentwurf einbringen, zunächst eine Änderung des Grundgesetzes beantragen.
Ein Zweites kommt hinzu. Herr Dr. Bleiß, Sie haben hier eine Rechnung aufgestellt und sich etwas an dem Herrn Minister Etzel gerieben, der gesagt hat, Ihr Vorschlag koste 4,4 Milliarden DM mehr. Bitte, Sie verlangen, daß 50 % aus dem Mineralöl-zoll - das ist der Anteil des Mineralölzolls, der vom Kraftverkehr aufgebracht wird - einem Straßenbaufonds zugeführt werden. Das ist ein Betrag von mindestens 1 Milliarde DM. Sie verlangen zweitens, daß der sogenannte Sockel in einer Größenordnung von 600 Millionen DM pro Jahr, in 4 Jahren also 2,4 Milliarden DM, zusätzlich dem Straßenbaufonds zugeführt wird. Das sind schon 3,4 Milliarden DM. Nun haben Sie, sehr verehrter Herr Dr. Bleiß, vergessen, daß die Steuererhöhungen, die die Regierung, sicherlich nicht leichtsinnig, sondern schweren Herzens und mit dem Mut, das auch gegenüber der Öffentlichkeit zu vertreten, in ihrem Entwurf vorsieht, noch einmal einen Betrag von mindestens 1 Milliarde DM ausmachen. Das bedeutet, daß ein Betrag von 4,4 Milliarden DM mehr im Spiel ist. Ich frage Sie, Herr Dr. Bleiß, und Sie, Herr Ritzel, als Haushaltssachverständiger: Glauben Sie, daß man diese 4,4 Milliarden DM tatsächlich aufbringen kann? Ich meine, Sie werden soviel über die Haushaltslage Bescheid wissen, daß Sie daran im Ernst selbst nicht glauben.
Herr Abgeordneter Müller-Hermann, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Bleiß?
Bitte.
Herr Kollege Müller-Hermann, ist Ihnen entgangen, daß ich einmal von einer Übergangslösung gesprochen habe und daß ich einen Vorschlag gemacht habe, wie man die Lücke schließen kann?
Ist Ihnen zweitens nicht bekannt, daß ich gesagt habe: Wir wollen über die Steuererhöhung reden, wenn sichergestellt ist, daß die Zweckentfremdung abgebaut wird?
Herr Dr. Bleiß, die Regierungsvorlage sagt doch sehr eindeutig, daß die Mittel, die auss der Steuererhöhung dem Bund zufließen - zweckgebundene Mittel, wenn Sie dieses Wort verwenden wollen -, dem Straßenbau zugeführt werden sollen. Ihr eigener Entwurf sagt nichts vonirgendwelchen Kompramißvorschlägen, sondern er sagt, ,daß die 4,4 Milliarden DM kraft Gesetzes dem Straßenbau zugeführt werden sollen.
Sie haben Ihren Vorschlag, den Sockel abzubauen, hier vorgetragen. Sicherlich wird man über diese Frage sprechen. müssen. Wir reden heute von 8 Milliarden DM für 4 Jahre. Ich bin fest davon überzeugt, daß wir in wenigen Jahren von noch sehr viel höheren Beträgen werden .sprechen müssen, ind wir werden uns Gedanken darüber zu machen haben, wie wir die Mittel aufbringen. Dabei wird vielleicht auch die Frage des Abbaus des Sockels einmal diskutiert werden müssen. Aber wenn Sie schon das Thema anschneiden, Herr Dr. Bleiß, dann bitte ich zu berücksichtigen, daß in diesem Sockel mindestens 50 % Einnahmen enthalten sind, die nicht vom Kraftverkehr aufgebracht werden, daß Sie also nicht von einem Beitrag von 600 Millionen DM, sondern höchstens von einem Betrag von 300 Millionen DM ausgehen dürfen.
Bei diesen über Gebühr hohen Anforderungen, die Sie, Herr Dr. Bleiß, an den Bund stellen und die Sie auch meinen vertreten zu können, müssen Sie uns gestatten, daß wir Ihren Gesetzentwurf zumindest in der gegenwärtigen Situation nicht als eine ernstzunehmende Diskussionsgrundlage betrachten können.
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- Sicherlich! Aber wir können keine Ausgaben ohne Deckung beschließen. Wenn Sie uns nicht sagen, woher das Geld kommen soll und wo Einsparungen im Haushalt vorgenommen werden können, können wir uns über diesen Vorschlag nicht unterhalten.
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- Wir haben in unserem Programm ohnehin bereits Anleihen mit eingebaut. Sie wissen selbst, daß auch der Anleihemarkt begrenzt ist und daß wir den Kapitalmarkt nicht ad libitum in Anspruch nehmen können.
Ich möchte nun auf das Thema „Hilfe für die Gemeinden und die Kreise" zurückkommen. Wir sind uns darüber im klaren, daß durch gezielte und schnell wirkende Maßnahmen eine praktische und schnelle Hilfe auch über das bisherige Maß hinaus gegeben werden muß. Ich möchte hier zu drei Punkten im Zusammenhang mit der Hilfe an die Gemeinden und Kreise Stellung nehmen.
Der Straßenbauplan der Bundesregierung für die vier Jahre sieht für die kommunalen Baulastträger bereits Ausgaben in einer Größenordnung von mehr als einer Milliarde DM vor: 40 Millionen DM für die Ortsdurchfahrten, 655 Millionen DM für den Bau von Ortsumgehungen und 375 Millionen DM Zuschüsse an Gemeinden über 9000 Einwohner, summa summarum 1 072 Millionen DM. Dazu kommt ein Betrag von 400 Millionen DM durch die Aufstockung von Straßen I. Ordnung. Dieser Betrag soll durch eine entsprechende Aufstockung von Gemeindestraßen zu Landstraßen an die Gemeinden weitergegeben werden.
Insgesamt ergibt sich ein Betrag von rund 1,5 Milliarden DM als unmittelbare Hilfe für die Kreise und Gemeinden. Das entspricht rund 19 % aller AufMüller-Hermann
Wendungen des Bundes für den Straßenbau. Mir scheint, das ist immerhin ein sehr gutes Fundament für die Maßnahmen, die wir als eine Hilfestellung für die Gemeinden im Auge haben.
Ich kann nicht umhin, hier eindeutig zu erklären: Wenn es bei der Aufstockung der Straßenbaulast und einer entsprechenden Weitergabe dieser Aufstockung an die Gemeinden mit den Ländern zu Schwierigkeiten kommen sollte, werden wir uns überlegen, ob die 400 Millionen DM, die im Straßenbauplan für diesen Zweck vorgesehen sind, nicht als unmittelbare Hilfe an die Gemeinden und Kreise in den Bundeshaushaltsplan eingesetzt werden müssen.
Zum zweiten enthält der Straßenbauplan der Bundesregierung die Aufforderung an die Länder, den Gemeinden und Kreisen über das bisherige Maß hinaus einen Betrag von 600 Millionen DM zugute kommen zu lassen, und zwar dadurch, daß die Kraftfahrzeugsteuer um einen entsprechenden Betrag angehoben wird und ein Teil des Mehraufkommens aus der Kraftfahrzeugsteuer von den Ländern den Gemeinden zugeführt wird.
Mir scheint, diese Aufforderung des Bundes an die Länder ist nicht mehr als recht und billig; denn gerade die Länder legen ja immer wieder Wert darauf, daß sie und nicht der Bund für den Finanzausgleich mit den Gemeinden zuständig sind. Herr Dr. Bleiß, ich weiß mich zu erinnern, daß insbesondere die sozialdemokratischen Länderminister, Verkehrsminister und Finanzminister, auf diesen Punkt Wert legen. Ich weiß nicht, wie sich das mit Ihrem eigenen Gesetzentwurf zur Finanzierung des Straßenbaus in Einklang bringen läßt.
Wenn der Straßenbauplan den Vorschlag enthält, daß das Mehraufkommen aus der Kraftfahrzeugsteuer den Gemeinden zugute gebracht werden soll - zumindest in einer Größenordnung von 75 Millionen pro Jahr = 300 Millionen DM in vier Jahren -, so verbleibt dabei immer noch ein Betrag von 180 Millionen DM aus dem Mehraufkommen bei den Ländern, da das geschätzte Mehraufkommen aus der Kraftfahrzeugsteuer bei mindestens 120 Millionen DM im Durchschnitt der vier Jahre liegen wird. Wir können daher auch an dieser Stelle nur noch einmal einen nachdrücklichen Appell an die Länder richten, sich ihrer Verantwortung gegenüber den Kreisen und Gemeinden genauso bewußt zu sein, wie wir es im Bundestag sind und wie es die Bundesregierung ist.
Ein dritter Fragenkomplex, mit dem wir uns in den Ausschüssen beschäftigen werden, ist der, wie darüber hinaus noch eine Hilfestellung an die Gemeinden und Kreise gegeben werden kann. Ich denke an die Vorschläge, die der Bundesrat in seiner Stellungnahme zum Regierungsentwurf vorgetragen hat, insbesondere beim Ausbau von Kreuzungen mehrerer Straßen die Baulastträger untergeordneter Straßen zu entlasten. Ich denke darüber hinaus ganz besonders an die Änderung des § 7 Abs. 2 des Gesetzes über die vermögensrechtlichen Verhältnisse der Bundesautobahnen und sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs mit dem Ziel, die
Zuschüsse oder Darlehen des Bundes zu Straßenbaumaßnahmen anderer Baulastträger zu erhöhen und auf den Grunderwerb auszudehnen.
Wir wissen aus den Erfahrungen der täglichen Praxis, daß gerade bei den Grunderwerbskosten und bei den Ersatzleistungen im Falle des Grunderwerbs den Gemeinden und Kreisen Lasten entstehen, die einfach über ihre Leistungsfähigkeit hinausgehen, und wir sind bereit, gerade in diesem Punkt zu Maßnahmen beizutragen, die den Gemeinden, den Städten und den Kreisen eine größere Entlastung zukommen lassen.
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Im übrigen sind wir auch geneigt, durch weitere gezielte Einzelmaßnahmen zu helfen, wo es zweckmäßig erscheint, vor allem für den Fall, daß die Steuereinnahmen über den Schätzungen liegen sollten, die bisher für die Regierungsvorlage zugrunde gelegt worden sind. Ich nenne nur ein ganz typisches Beispiel: Stachus in München. Ich bin wirklich der Überzeugung, daß eine Stadt wie München mit diesem Problem nicht allein fertig werden kann, sondern auf eine Hilfestellung angewiesen ist. Ähnliches gilt sicherlich auch für vergleichbare Situationen in anderen Städten. Hier durch gezielte Einzelhilfen des Bundes zu einer Entlastung der Gemeinden und Städte beizutragen, ist unser Wunsch.
Für all dies sehen wir den Regierungsentwurf als die geeignete Grundlage an, und wir haben - ich sage das ganz offen, auch gegenüber der Opposition - den Mut zu steuerlichen Mehrbelastungen, wie sie den Notwendigkeiten entsprechen.
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Es ist besser, die Möglichkeiten und die Gegebenheiten sehr realistisch zu betrachten. Bei einer solchen Beurteilung der Situation und entsprechenden realistischen Konsequenzen aus der Situation wird bei der Lösung des Straßenbauproblems beim Bund und bei den Ländern, insbesondere aber auch bei den Gemeinden und Kreisen mehr geholfen, als wenn man Traumvorstellungen entwickelt. Es gibt das schöne Wort von den „Traumstraßen der Welt". Hier meine ich, daß es sich um „Traumstraßen der SPD" handelt, die sich zwar auf dem Papier gut ausnehmen, die aber nie gebaut werden können. Unser Weg dient der Sache besser.
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Das Wort hat der Herr Staatssekretär Dr. Seiermann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Abgeordnete Müller-Hermann hat, wenn auch nur ganz. kurz, die Frage der Achslasten, Maße und Gewichte angeschnitten. Ich vermute, daß dieses Problem auch noch von anderen Rednern behandelt werden wird. Deshalb möchte ich versuchen, durch eine Erklärung, die ich im Namen meines Herrn Ministers und für mein Haus abgebe, die Debatte darüber vielleicht abzukürzen.
Der Bundesminister für Verkehr 'isst, worauf Herr Müller-Hermann bereits hingewiesen hat, seit 1955 bemüht, im Rahmen der Europäischen Konferenz der Verkehrsminister zu einer Regelung der Frage der Achslasten, Maße und Gewichte der Nutzkraftfahrzeuge zu gelangen. Eine solche Regelung ist in den vergangenen Jahren leider nicht zustande gekommen. Zum Teil gingen die Vermittlungsvorschläge den übrigen Mitgliedstaaten zu weit, zum Teil gingen sie nicht so weit, wie sie es wünschten.
Nun hat vor etwa sechs Wochen der Leiter der Transportabteilung der Europäischen Wirtschaftskommission in Genf, Herr Le Vert, den Mitgliedern der Europäischen Konferenz der Verkehrsminister einen Vermittlungsvorschlag über Maße und Gewichtsgrenzen der Nutzfahrzeuge unterbreitet. Dieser Vorschlag geht von einer Förderung des Sattelschleppers aus. Außerdem 'begünstigt er das Einzelfahrzeug gegenüber der bisherigen Regelung. Die Vorschläge des Herrn Le Vert werden auf der Tagung des Ministerrates der Europäischen Verkehrsministerkonferenz von den europäischen Verkehrsministern am 19. und 20. Oktober 1959, also am nächsten Montag und 'Dienstag, in Paris erörtert werden.
Der Bundesminister für Verkehr betrachtet die LeVert-Vorschläge als eine brauchbare Diskussionsgrundlage. Er wird seinerseits nachdrücklich darauf hinwirken, daß die schwebenden Verhandlungen sobald wie möglich zu einer Absprache im Rahmen der Konferenz führen, damit es in absehbarer Zeit zu einer echten und dauerhaften europäischen Lösung kommt, die auch dem Güterkraftverkehr im europäischen Verkehrsraum gleiche Wettbewerbsbedingungen schafft.
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Im übrigen wird sich die Bundesregierung in allernächster Zeit - wahrscheinlich in der übernächsten Woche - ihrerseits mit den Problemen befassen, die sich aus der sich jetzt abzeichnenden europäischen Lösung ergeben.
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Das Wort hat der Abgeordnete Eisenmann.
Herr Präsident! Meine verehrten Damen, meine Herren! Von den Herren Kollegen Dr. Bleiß und Müller-Hermann sind sehr interessante Ausführungen gemacht worden. Der Herr Bundesfinanzminister und der Herr Staatssekretär haben versucht, eine Begründung dafür zu geben, warum das Straßenbaufinanzierungsgesetz eingebracht worden ist; sie haben auch erläutert, was damit bezweckt werden soll.
Die FDP-Fraktion begrüßt es, daß ein Straßenbaufinanzierungsgesetz eingebracht worden ist. Wir sind allerdings der Meinung, daß es reichlich lange gedauert hat, bis ein solches Gesetz vorgelegt worden ist. Der Herr Bundeskanzler erklärte nämlich schon im Oktober 1957:
Die Bundesregierung kennt die Verkehrsnot
der Städte und Gemeinden und wird daher die
Straßenbaumittel so einsetzen, daß ein in allen Teilen leistungsfähiges Gesamtnetz entsteht.
Die FDP-Fraktion erwartet von dem Straßenbaufinanzierungsgesetz, daß es die Grundlagen schafft für den Bau eines leistungsfähigen Gesamtstraßennetzes. Das sind unsere Erwartungen und zugleich auch unsere Forderungen.
Wenn man allerdings den Inhalt dieses Straßenbaufinanzierungsgesetzes betrachtet und ihn mit den Zielen vergleicht, die mit dem Gesetz erreicht werden sollen, dann drängt sich einem ein Vergleich auf. Es ist so, wie wenn ein Vater seinem 18jährigen Buben einen Anzug verpaßt, den dessen jüngerer Bruder getragen hat, der 12 Jahre ,alt ist. Dieser Anzug geht vorne nicht zu und ist unten zu kurz. So scheint es mir auch bei dem Inhalt des vorliegenden Straßenbaufinanzierungsgesetzes zu sein.
Sicher ist es ein sogenanntes Mindestrahmengesetz, das die Grundlagen für den Ausbau der Bundesfernstraßen in den nächsten vier Jahren schaffen soll. Man muß prüfen, ob auf Grund des vorliegenden Gesetzentwurfes in einer ordentlichen Weise auch die Planung und die Finanzierung des gesamtdeutschen Straßennetzes angepackt und gelöst werden kann. Dabei haben wir auch zu prüfen, inwieweit die heute divergierenden und sich überschneidenden Planungen des Bundes, der Regionalverwaltung, der Kreise und Gemeinden durch einen vielleicht abzuschließenden Staatsvertrag zu einem besseren Zusammenspiel gebracht werden könnten, damit Verzögerungen, wie sie bisher bei einzelnen Bauvorhaben eingetreten sind, vermieden werden.
Wenn wir bei der Betrachtung dieses Gesetzes davon ausgehen, daß die Straßen als Leistung von der öffentlichen Hand angeboten werden, daß die öffentliche Hand diese Straßen plant und baut, dann haben wir uns darüber hinaus auch Gedanken über das Problem der Finanzierung zu machen.
Es heißt in diesem Gesetz: Die Finanzierung soll durch die Straßenbenutzer, durch die Verkehrsnutzer sichergestellt werden. Ich hätte die Frage an den Herrn Finanzminister und auch an den Herrn Verkehrsminister oder seinen Herrn Vertreter, den Herrn Staatssekretär, inwieweit man glaubt, eine volle Anlastbarkeit der Straßenbaukosten an die Verkehrsnutzer überhaupt vertreten zu können. Denn wenn der Herr Finanzminister sagt, man müsse einen Sockelbetrag von 600 Millionen abziehen und darüber hinaus andere Beträge, die als echte Verkehrsbeiträge, als- echte Straßenbaubeiträge vom Verkehrsnutzer erhoben werden, muß man sich doch auch einmal darüber klar sein - und darüber sagt das Gesetz leider überhaupt nichts aus -, welche prozentuale obere Grenze der Anlastbarkeit man dem Verkehrsnutzer glaubt zuweisen zu müssen.
Ich habe darüber im Gesetz nichts gefunden. Mir scheint dies aber geradezu eine Kernfrage zu sein. Denn man muß doch bedenken, daß die Straßen in ihrer Funktion eine überregionale Bedeutung für die Gesamtvolkswirtschaft, für die Landesverteidigung und für den internationalen Verkehr
haben. Man kann doch nicht sagen, daß der deutsche Straßenverkehrsnutzer alles, auch das, was der Gesamtvolkswirtschaft, der Landesverteidigung und dem internationalen Verkehr dient, vorzuleisten hat. Diese Frage also müßte, glaube ich, noch sehr klar beantwortet werden. Wir müßten auch im Ausschuß für Finanzen und Steuern und im Verkehrsausschuß eine klare Auffassung gemeinsam erarbeiten.
Weitere Probleme, die sich geradezu aufdrängen, hängen mit den Fragen zusammen: Inwieweit geht man von der Eigenwirtschaftlichkeit der Straße aus? Oder darüber hinaus: Haben die Verkehrsträger nur einen Kostenersatz zu leisten? Man muß überlegen, welchen Standpunkt man zur Frage der Verzinsung des Eigenkapitals einnehmen will. Auch darüber ist in dem Gesetz nichts ausgesagt. Man hört nichts über den Wegeverzehr, über die Abschreibung. Man hört nichts über die Reparaturleistungen. Man hört auch nichts darüber, wie man zu einer Aktivierung der Erneuerung innerhalb der gesamten Finanzgebarung kommen will.
Das sind Dinge, die unbedingt einmal behandelt werden müssen, wenn man schon ein Straßenbaufinanzierungsgesetz vorlegt, das dem Straßenbau in seiner Gesamtheit dienliche Grundlagen schaffen soll. Ich habe es angedeutet: nichts ist ausgesagt vor allem über die Anlastbarkeit. Wir von der FDP sind der Auffassung, daß die obere Grenze der Anlastbarkeit für die Verkehrsnutzer etwa zwischen 72 und 75 Prozent, aber nicht darüber liegen könnte. Diese Dinge wird man noch sehr ausführlich begründen müssen, und wir erwarten, daß auch das Finanzministerium und das Verkehrsministerium einen echten Beitrag leisten zu der Aufgabe, die obere Anlastbarkeitsgrenze zu erarbeiten und festzulegen.
Man sagt uns: „Seien Sie von den Oppositionsparteien, FDP und SPD, doch einmal froh, daß wir dieses Straßenbaufinanzierungsgesetz vorgelegt haben!" Herr Kollege Müller-Hermann hat gesagt - und das hat er nun, glaube ich, zum wiederholten Male in diesem Hohen Hause gesagt -, daß man infolge der Dringlichkeit anderer zu erfüllender Staatsaufgaben den Straßenbau bisher nicht weiter habe vorziehen können. Ich glaube, Herr Kollege Müller-Hermann, das ist nicht ganz richtig. Denn sicher fehlt bis heute eines: man hat bisher überhaupt noch keine Dringlichkeitsliste der zu erfüllenden Staatsaufgaben aufgestellt. Sollte es stimmen, was Sie bisher gesagt haben, daß der Straßenbau hinter anderen Staatsaufgaben zurückgestellt werden mußte, so sind wir doch sicher übereinstimmend der Meinung, daß der Straßenbau heute in die höchste Dringlichkeitsstufe gehört und daß wir - ohne daß wir zu einem Theorienstreit, wie Sie, Herr Kollege Müller-Hermann, sagen, kommen möchten - sagen müßten, daß die gesamten Verkehrsabgaben nunmehr zweckbezogen für diesen bisher vernachlässigten Straßenbau verwendet werden müßten.
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Meine Damen und Herren, es kann kein Zweifel darüber bestehen - die Herren Vorredner haben es ausgeführt, und die Herren Minister sowie der Vertreter des Verkehrsministers haben es wenigstens angedeutet -, daß man sich im Hause des Herrn Bundesverkehrsministers Mühe gegeben hat, ein funktionsfähiges und leistungsfähiges Gesamtstraßennetz zu erhalten. Ja, ich möchte fast polemisch werden und daran erinnern, daß der Herr Bundesverkehrsminister vor kurzem in den Wahlversammlungen und in einem großen Presseinterview in Bremen gesagt hat, die Bremer Landesregierung sei nicht genügend aktiv geworden, um beim Bund das zu erreichen, was für den Anschluß des Seehafens Bremen an die Entwicklung notwendig gewesen wäre. Ich bin der Auffassung, daß der Herr Bundesverkehrsminister sich selbst hätte an die Brust schlagen und sagen müssen: Was habe ich bei den norddeutschen Seehäfen vielleicht selbst vernachlässigt, oder habe ich nicht genug Vorschläge gemacht, hier zu einer echten Konzeption zu kommen?! So kann man, glaube ich, den Ball doch nicht einem anderen Spieler zuspielen, zumal wenn er wie in diesem Fall einer anderen Mannschaft angehört.
Ich glaube, daß man nicht zuviel sagt, wenn man behauptet, daß der Straßenbau bisher geradezu sträflich vernachlässigt worden ist.
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Meine Damen und Herren, wir haben - das ist bei Gott nichts Neues - festzustellen, daß rund 9 Milliarden DM Straßenverkehrsabgaben, also zweckbezogene Verkehrsabgaben, die dem Kriterium nach keine Steuern sind, von 1949 bis 1959/60 für andere Zwecke verwendet worden sind bzw. werden. Das muß doch auch einmal gesagt werden, wenn man auf der andern Seite behauptet, die Dinge hätten nicht besser angepackt werden können.
Was das Straßenbaufinanzierungsgesetz betrifft, so möchte ich auf den Gesetzentwurf der SPD nicht eingehen. Sicher enthält er manchen wertvollen Beitrag an konstruktiven Gedanken, die es dem Ausschuß mit ermöglichen werden, hier zu einer brauchbaren Konzeption zu kommen. Wir sind allerdings der Auffassung, daß das vorliegende Straßenbaufinanzierungsgesetz ein Mindestrahmengesetz für die Bundesfernstraßen ist, daß aber die Dotierung der Länder, der Kreise und der Gemeinden insgesamt nicht das Maß erreicht, das notwendig ist, damit auch bis ins letzte Dorf gute Straßen gebaut werden können.
Ich glaube, wir brauchen uns hier nicht in einen Theorienstreit darüber einzulassen, daß nur ein insgesamt funktionsfähiges Straßennetz den höchstmöglichen volkswirtschaftlichen Effekt sicherstellt und daß der Bund als der Generalplaner für das gesamte auszubauende Straßennetz hier zu einer besseren Koordinierung der Planung und auf der andern Seite, wenn er die Baugestaltung sichergestellt haben will, auch zu einem besseren Straßenbaufinanzverbund zu den Gemeinden und Kreisen als den schwächsten Baulast- und Unterhaltsträgern der Straßen kommen muß.
Man kann vielleicht eines sagen: Eine schwache Stelle in diesem Gesetz ist darüber hinaus, daß
man den Ländern die Zuweisung bestimmter Finanzmittel in Aussicht stellt und daß es in das Ermessen der Länder gestellt wird, ob sie die volle Finanzmasse an die Gemeinden und Kreise über den kommunalen Finanzausgleich weiterleiten oder welche Abzüge sie vornehmen werden. Dabei kann man sicher feststellen, daß die Straßenbaufreundlichkeit der Länder unterschiedlich ist. Es ist interessant, der Statistik zu entnehmen, inwieweit die deutschen Bundesländer bisher die Kraftverkehrsteuer voll für den Straßenbau benutzt bzw. inwieweit sie Teile davon für andere Finanzaufgaben abgezweigt haben. Ich möchte sagen, man muß schon zu einer der Finanzmasse und dem Prozentsatz nach festen Dotierung, zu echten Relationen zwischen der Finanzmasse beim Bund, den Länderzuweisungen und den Zuweisungen an die Gemeinden und Kreise als die nachgeordneten, aber schwächsten Baulastträger kommen.
Wenn man die Dinge so sieht, habe ich fast den Eindruck, daß man auf der Bundesebene und daß insbesondere die Bundesregierung wohl um die Verantwortung gegenüber den Partnern, den Kreisen und den Gemeinden, weiß. Man tut immer so, als ob man miteinander verwandt ist, aber man hört und sieht den Verwandten lieber nicht, weil sie ja zu den sogenannten armen Verwandten gehören. Ich glaube, wenn man die Funktionsfähigkeit des Staates von unten her aktivieren und untermauern will, dann muß man bestrebt sein, eine feste Dotierung der Finanzmasse an die nachgeordneten Stellen, die Kreise und Gemeinden nämlich, vorzusehen.
Man muß wissen, daß sich täglich rund 80 % aller zugelassenen Fahrzeuge auf den Gemeindestraßen und den Straßen der Städte bewegen, und man muß weiter wissen, daß die Gemeinden heute mit einer Verschuldung von insgesamt 9 Milliarden bereits an der obersten Grenze ihrer Leistungskraft und Möglichkeiten angelangt sind. Ich möchte deshalb den Herrn Bundesfinanzminister fragen, wie er glaubt, daß man einigermaßen zu einer Flüssigkeit des Verkehrs und zu einer Herabsetzung der Unfallhäufigkeit auf den Gemeindestraßen, Kreisstraßen und in unseren Städten kommen kann, wenn man nur so geringe Dotierungen, wie sie das Straßenbaufinanzierungsgesetz ausweist, vorsieht. Darüber hinaus weiß man doch, daß sich rund 65 % der Unfälle in den Städten und auf den L II, also auf den Kreis- und den Gemeindestraßen, ereignen. Um dieser Unfallhäufigkeit entgegenzuwirken, ist es geradezu unerläßlich, daß man hier andere Zuweisungen gibt, als sie in dem eingebrachten Gesetz vorgesehen sind.
Ich möchte nicht über die Entmischung des Verkehrs sprechen. Ich glaube, Herr Dr. Bleiß oder Herr Kollege Müller-Hermann hat dies angedeutet und über die Notwendigkeit des Baues von Radfahrwegen gesprochen. Durch die Entmischung des Verkehrs soll ein Beitrag zur Flüssigkeit des Verkehrs und zur Herabminderung der Unfallhäufigkeit auf unseren Straßen geleistet werden. Das sind Fragen, die im Rahmen der zunehmenden Motorisierungswelle - sprich: des zunehmenden Individualverkehrs - einfach ganz nüchtern gesehen und auch einer Lösung zugeführt werden müssen.
Die beiden Herren Vorredner haben Ausführungen für und gegen die Zweckbindung der Verkehrsabgaben gemacht. Wir von der FDP vertreten seit Jahr und Tag den Standpunkt, daß die Verkehrsabgaben keine Steuern sind, sondern auf den Straßenbau bezogene Sonderbeiträge, also Verkehrsabgaben sind, die voll und ganz dem Straßenbau zufließen müssen.
Es ist einfach unerträglich, daß man auf der einen Seite sagt: Wir haben das Geld für den Straßenbau nicht, auf der anderen Seite aber die Verkehrsabgaben erhebt und daß man von diesen durch den Straßenverkehr aufgebrachten Abgaben insgesamt einen Betrag von 1100 bis 1200 Millionen auch in diesem Rechnungsjahr für andere Zwecke verwendet. Und dann wagt man es noch - das möchte ich fast einem staatlichen Willkürakt gleichsetzen -, die Verkehrsabgaben ein zweitesmal zu erhöhen. Das ist inkonsequent, meine Damen und Herren!
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Ich weiß, in diesem Hohen Hause haben vor wenigen Wochen einige Finanzsachverständige geglaubt, sagen zu müssen, daß die Verkehrsabgaben Steuern seien. Sie wissen sehr genau, welche Auffassung wir zu diesen Dingen haben und wie wir dazu gestanden haben und auch heute stehen. Wir freuen uns darüber, daß der Herr Bundesfinanzminister heute ganz eindeutig feststellt, daß die auf die Straße bezogenen Beiträge Verkehrsabgaben sind, und er hat durch die Teilzweckbestimmung dieser Verkehrsabgaben das Kriterium die- ser Straßenbeiträge anerkannt.
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Wir wünschen, daß man nun einen Schritt weitergeht und die gesamten Beträge als Verkehrsabgabe ausweist, um zu verhindern, daß die Mineralölsteuer und die Kraftfahrzeugsteuer erhöht werden müssen. Ich bin mit meinen Freunden von der FDP der Auffassung - wir hoffen dafür eine Mehrheit in diesem Hohen Hause zu finden -, daß man so lange keine Erhöhung der Mineralölsteuer und der Kraftfahrzeugsteuer durchführen darf, bis auch die letzte D-Mark der Verkehrsabgabe zweckbezogen als Straßenbaubeitrag ausgegeben ist.
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- Ich weiß, daß da die Auffassungen auseinandergehen. Es hat keinen Sinn, Herr Kollege Dr. Dresbach, sich hier darüber zu streiten. Wir können allerdings hier oder in der Öffentlichkeit in eine Diskussion über diese Frage eintreten. Ich möchte nur daran erinnern, meine werten Kollegen, daß es der Finanzminister der die Regierung tragenden Partei gewesen ist, der gesagt hat, daß er nicht daran denke, während seiner Amtszeit neue Steuern einzuführen. Wenn man das sagt, muß man auch zu diesem seinem Wort stehen und sollte nicht über dem Umweg, den Straßenbau in der Rangfolge etwa an die letzte Stelle zu setzen, etwas anderes tun und sagen: Wenn ich hier einen
Block von 600 Millionen DM abzweige, reicht es nicht aus; ich erhöhe die Verkehrsabgaben, sprich: die Kraftfahrzeugsteuer und die Mineralölsteuer! Wenn das keine neuen Steuern sind, meine Damen und Herren, 'was sind dann für Sie neue Steuern? Bei welcher Finanzmasse fangen dann bei Ihnen die neuen Steuern an? Das ist doch eine Frage, die an Sie, meine verehrten Damen und Herren, und an den Finanzminister zu stellen ist.
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- Verehrter Herr Kollege Dr. Dresbach, die Mineralölsteuer ist dem Begriff nach - so steht es leider im Verkehrsfinanzgesetz - als Steuer ausgewiesen. Dem Kriterium nach ist sie keine Steuer, sondern eine Verkehrsabgabe. Wir sind uns doch darüber einig - ({6})
- Wir haben Abgaben, wir haben Gebühren, wir haben Steuern, Herr Kollege Dr. Dresbach. Wir sind uns doch darüber einig: Zweckbestimmung oder nicht Zweckbestimmung, das ist die Frage.
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Daß der Sockelbetrag, den der Herr Finanzminister in seinem Straßenbaufinanzierungsgesetz eingebaut hat, abgebaut wird, das ist doch das Problem.
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- Herr Kollege Krammig, wir haben uns bei der Haushaltsberatung 1959 über dieselbe Sache auch hier unterhalten.
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- Behauptungen aufgestellt?! Eine Behauptung steht aber im Raum, Herr Kollege Krammig, und das ist eine Aussage Ihres Herrn Ministers, der gesagt hat, er wolle keine Steuererhöhung während dieser Legislaturperiode. Diese Behauptung steht im Raum! Er möge dazu stehen und keine neuen Steuern auf dem Umwege über die Verkehrsabgaben schaffen.
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- Sehr verehrter Herr Dr. Vogel, daß diese Bemerkung kommen würde, habe ich erwartet. Sie haben ja hier vor kurzem auch gesagt, als wir von der FDP und die Freunde von der SPD 3 Millionen DM für den Sport mehr haben wollten,
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daß im Rahmen des Gesamthaushalts diese 3 Millionen DM nicht gewährt werden könnten. So kann man doch keine Haushaltspolitik machen und wichtige Aufgaben lösen.
Wir sind gern bereit, meine verehrten Herren von der CDU-Fraktion, uns in den Ausschüssen in aller Nüchternheit und Sachlichkeit über diese Dinge zu unterhalten, und hoffen, daß wir dann eine Rangfolge und Dringlichkeitsliste aufstellen, die unseren gemeinsamen Überlegungen entspricht.
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- Diese Gedanken vertrete ich, wenn Sie wünschen, immer in der Öffentlichkeit, genauso wie hier und heute. Ich würde nur wünschen, daß Ihre Freunde in diesem Hause heute und künftig das sagen, was sie sonst draußen in der Öffentlichkeit behaupten.
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Noch ein weiteres zu den Auswirkungen der Mineralölsteuer bei den öffentlichen Verkehrsbetrieben. Über diese Frage ist hier bis jetzt zu wenig ausgesagt worden. Ich bin der Auffassung, daß der Herr Finanzminister sich sehr wohl darüber Gedanken machen muß und auch wir lalle als für diese Gesetzesgebarung verantwortlich, inwieweit sich eine Mineralölsteuererhöhung auf die öffentlichen und privaten Omnibuslinien-Betriebe auswirkt, die eine echte gemeinwirtschaftliche Aufgabe übernehmen müssen und übernommen haben. Inwieweit Sie lunserer Forderung nicht entsprechen, keine Mineralölsteuererhöhung durchzuführen, durch Subventionen .die sonst eintretende Erhöhung ,der Tarife auffangen wollen, darüber möchte ich von ,Ihnen, meine verehrten Herren Experten von der CDU, gern ine Antwort haben. Ich habe ein Beispiel ,aus der Stadt Lübeck, wo etwa 150 Omnibusse fahren. Durch die Mineralölsteuererhöhung kommt in einem 'einzigen Jahr ein neuer Belastungsbetrag von rund 156 000 DM auf die öffentlichen Verkehrsbetriebe Lübeck zu. Wovon soll das bezahlt werden? Nun kommen Sie vermutlich mit Vorschlägen, wie man das irgendwie ausgleichen könnte. Ich bin gern bereit, Ihren Argumenten zu folgen, wenn sie zutreffend sind.
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- Herr Kollege Müller-Hermann, Sie haben diese Dinge angedeutet. Wir müssen sie aber auch ganz nüchtern durchdenken und müssen die Betriebe, ob öffenitliche oder private, die eine Beförderungspflicht nach .gemeinwirtschaftlichen Gesichtspunkten erfüllen, von dieser Erhöhung unter allen Umständen ausklammern.
Eine zweite Frage in diesem Zusammenhang betrifft vor allem die peripheren Gebiete, insbesondere für Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Bayern. Wie haben Sie sich das denn vorgestellt? Wie wird es sich gegenüber den in den Randgebieten stationierten Zweigen des Straßenverkehrs auswirken, wenn die Kraftfahrzeugsteuer und die Mineralölsteuer erhöht wird? Wir haben z. B. in Schleswig-
Holstein bei 1400 Gemeinden 1061 Gemeinden gleich 75,8 %, die keinen Eisenbahnanschluß haben. Daraus können Sie sich selbst errechnen, welche Funk-
tion und Bedeutung der Straßenverkehr für die Wirtschaft in diesem Raume Schleswig-Holstein hat. Sie können sich selbst errechnen, wie ruinös sich die neuen Belastungen für diese Verkehrsbetriebe )auswirken müssen und wie gefährlich sie darüber hinaus für die peripheren Gebiete, insbesondere für unser Land Schleswig-Holstein - aber auch für andere Gebiete wie Bayern und Niedersachsen, in den Seehäfen ist es ähnlich -, sind. Ich erwarte gern Ihre Vorschläge, wie Sie diese Benachteiligungen ausgleichen wollen.
Ich brauche hier nicht darüber zu sprechen, daß die Wettbewerbsfähigkeit unserer norddeutschen Seehäfen zugunsten der EWG-Häfen an Rhein, Maas und Schelde gemindert wird. Auch brauche ich nicht auf die immerhin schwierige Situation einzugehen, die durch den Ausbau der Ostseehäfen für uns entsteht. Das sind alles Fragen, die bei der Betrachtung der gesamtwirtschaftlichen und verkehrspolitischen Situation einmal angedeutet werden müssen. Ich hätte gern einmal gewußt, inwieweit der Herr Verkehrsminister und der Herr Finanzminister diese Dinge durchdacht haben und ob man wissentlich durch diese ungerechten Steuererhöhungen ein weiteres wirtschaftliches und soziales Gefälle zu den Randgebieten der Bundesrepublik einleitet oder nicht. Wir erwarten gern Ihre Antwort darauf.
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- Sehr verehrter Herr Kollege Müller-Hermann, ich glaube, in dieser Beziehung sind wir beide gar nicht so weit auseinander. Zu meiner großen Freude habe ich festgestellt, daß wir auch in einer anderen Frage auf einmal nicht mehr so weit auseinander sind. Ich bin Ihnen dafür dankbar, daß auch Sie angedeutet haben, daß das Problem der Maße und Gewichte selbstverständlich die Frage der Straßenbaufinanzierung tangiert. Darüber ist gar kein Zweifel. Wir hoffen, daß der 14-Tonnen-Nutzlastzug des Herrn Seebohm, den dieser von 1955 bis heute vertreten hat, nicht kommt, Herr Staatssekretär. Es war doch der Herr Verkehrsminister Dr. Seebohm, der es durch seine Konzeption verhindert hat, daß man auf der europäischen Ebene zu einer, ich möchte sagen, Verkehrsintegration kam, die yolks- und betriebswirtschaftlich richtig wäre. Das muß auch einmal gesagt werden.
Ich nehme Ihnen, Herr Staatssekretär, das nicht ab, was Sie hier gesagt haben, daß man sich nämlich seit 1955 so fortschrittlich um die Schaffung eines europäischen Transportgefäßes bemüht habe, wie es nach Ihren Worten eben Ihr Herr Minister getan hat.
Herr Kollege Müller-Hermann, wir von der FDP sind Ihnen sehr dankbar dafür, daß Sie für die Fraktion der CDU/CSU hier erklärt haben, die Maße, Längen und Gewichte entsprechend der Genfer Konvention - 32-Tonnen-Zug, 10 t Antriebsachse, 18 m Länge - würden von Ihnen vertreten.
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- Ich weiß, was in der Konvention steht. Ich wollte nur sagen - wie ich es im letzten Teil meiner Rede über Verkehrsfragen in der Haushaltsdebatte schon angedeutet habe -, daß die CDU-Fraktion es in der Hand hat, hier eine klare Aussage zu machen. Herr Kollege Brück, hier muß die Gesetzesinitiative ergriffen werden, oder die Bundesregierung muß bereit sein, die Rechtsverordnung von 1956 aufzuheben. Das sind doch die beiden Wege, die wir, wie ich annehme, beide aus volkswirtschaftlichen und betriebswirtschaftlichen Gründen für möglich halten.
Die FDP-Fraktion hat in diesen Tagen einen Initiativgesetzentwurf eingebracht, um endlich dieser Unzufriedenheit, diesen Überschneidungen, dieser steuerlichen Benachteiligung des Verkehrsträgers Straße sowie der Unsicherheit beim Produzenten abzuhelfen und darüber hinaus auch endlich auf europäischer Ebene zu einer echten Verkehrsintegration zu kommen. Zu diesem Zweck haben wir den Antrag eingebracht, den 32-Tonnen-Zug -10 Tonnen Antriebsachse und 18 m Länge - bei Beachtung einer straßenschonenden Bauweise zuzulassen. Wir hoffen, daß wir in Kürze in diesem Hause zu einer übereinstimmenden Auffassung hinsichtlich dieser Frage kommen können.
Es besteht fast, möchte ich sagen, ein gewisses Junktim zwischen Straßenbaufinanzierung, Höhe der Anlastbarkeit der Straßenbaukosten an die Verkehrsnutzer und volkswirtschaftlich und betriebswirtschaftlich richtigem Gefäß der Transportträger. Wir wünschen jedenfalls, daß die Ausschüsse und dann dieses Hohe Haus insgesamt bald zu einer Entscheidung kommen, die sowohl die Finanznot der Gemeinden und Kreise behebt, als auch darüber hinaus der Verwirklichung einer gesamteuropäischen Verkehrsintegration dienlich ist. Wir müssen aber auch für den Ausbau eines Straßennetzes sorgen, das von dem Transportgefäß benutzt werden kann, das unserer Ansicht nach das volkswirtschaftlich und betriebswirtschaftlich richtige ist.
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Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Besold.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich mit Rücksicht auf die fortgeschrittene Zeit und weil noch andere Kollegen zu Wort kommen möchten, nur einige Bemerkungen machen.
Vielleicht darf ich, Herr Kollege Bleiß, auf Ihre Einführungsworte und Ihre Vorbemerkungen zurückkommen, in denen Sie der Bundesregierung vorgeworfen haben, sie habe nicht alles getan, was möglich gewesen wäre. Sie haben dabei ,auf den Artikel in der „Welt" hingewiesen, in dem von „Autochaos" gesprochen worden ist. Sie haben gesagt, daß die in diesem Artikel enthaltenen Vorwürfe im Hinblick auf gewisse Vernachlässigungen der Bundesregierung doch gerechtfertigt seien, wenn auch nicht in diesem Ausmaß. Herr Müller-Hermann hat Ihnen schon erklärt - das wissen wir alle, darüber brauDr. Besold
chen wir kaum zu sprechen -, daß die Bundesnegierung und wir alle in dieser Zeit Maßnahmen zu treffen hatten, die vordringlicher waren. Aber es ist doch wohl gut, wie wir ganz genau wissen, daß dieses globale Straßenbaufinanzierungsgesetz nicht so schnell gekommen ist - obwohl wir es selber eher wünschten -, weil noch andere sachliche Gründe, die wir alle erkennen und auch im Verkehrsausschuß besprochen haben, gegeben sind, aus denen wir froh sein sollten, daß wir langsam in den Verbrauch der jetzt zur Verfügung stehenden Mittel hineinwachsen.
Wir wissen, daß Bund und Länder schon bisher viel zu tun hatten, um die bereits bis jetzt zur Verfügung gestellten Gelder zu verbauen, weil die Kapazität der Straßenbauindustrie noch nicht so groß gewesen ist, weil wir auch andere Engpässe hatten - z. B. die Planung , die erst überwunden werden mußten. Wenn wir heuer ein Volumen von 1,4 Milliarden DM verbauen und das nächste Jahr einen Sprung auf 2 Milliarden machen, werden wir alle Kräfte, Menschenkräfte, Unternehmerkräfte und Geräte anzuspannen haben, um dieses Volumen auch tatsächlich auszufüllen.
Man sollte hier also nicht - Herr Kollege Eisenmann, Sie haben es auch gesagt - von einer gefährlichen Vernachlässigung der Verkehrspolitik durch die Bundesregierung sprechen. Herr Kollege Bleiß, ich sage es Ihnen auch deshalb, weil Sie uns, bevor wir mit dem Verkehrsausschuß nach München gefahren sind, durch eine Presseerklärung vor den Bug geschossen und die Verkehrspolitik der Bundesregierung sehr stark angegriffen haben, obwohl Sie auf Grund der Tatsachen wissen müssen, daß im Rahmen des bisher Möglichen alles getan worden ist, was finanziell sowohl von der Bundesregierung als auch von den Ländern geleistet, andererseits aber auch von der Bauindustrie durch den Einsatz von Menschen und Maschinen verkraftet werden konnte.
Wir wissen doch auch, meine Herren, daß in der Wohnungsbauwirtschaft die Kapazitäten erst langsam anwachsen mußten, um ein Volumen von 500 000 Wohnungen Jahr bewältigen zu können. In der Straßenbauindustrie sind wir heute so weit, daß wir das jetzt anlaufende Straßenbaufinanzierungsgesetz auch verwirklichen können.
Wir wissen auch, Herr Kollege Bleiß, daß von 1950 bis 1957 die Zahl der Kraftfahrzeuge gestiegen ist das ist in der ganzen Welt so - und daß die Länge der Straßen in der gleichen Zeit nur um knapp 1 % und die der Autobahnen um 6 % zugenommen hat. Wir wissen alle, daß Motorisierung und Straßenkapazität nicht in der gleichen Kurve steigen und daß wir diese Diskrepanz vielleicht auch durch die größten finanziellen Anstrengungen im Straßenbau, soweit wir ihn verkraften können, gar nicht aufhalten können. Vielleicht müssen eines Tages zusätzlich noch andere Wege beschritten werden, um einem Verkehrschaos zu entgehen.
({0})
- Na ja, so weit wie in Amerika sind wir noch
nicht. Es kann durchaus eintreten, was Sie befürchten, weil in unserem Land dem Ausbau des Straßennetzes engere Grenzen gezogen sind als in Amerika. Aber, Herr Kollege, da dürfen Sie nicht der Bundesregierung die Schuldgeben. Kein anderes Land hat in den letzten zehn Jahren auf allen Gebieten so viel geleistet wie die Bundesrepublik; denken Sie an den sozialen Wohnungsbau und an die sozialen Leistungen.
({1})
- Wir sind ja dran; darüber brauchen wir nicht mehr zu reden. Die Vorlage ist da; sie ist zunächst ein erster Schritt. Die finanzielle Fundierung ist vorhanden, und was der Plan vorsieht, kann auch arbeitsmäßig verkraftet werden.
Es wird hier, insbesondere von der SPD, immer wieder behauptet, für die Gemeinden werde nichts getan. Ich brauche die Zahlen, die der Herr Bundesfinanzminister und andere Redner genannt haben, nicht zu wiederholen. Als ich den Vierjahresplan sah, war ich zunächst darüber erstaunt, daß für die Bundesstraßen und für die Autobahnen je 3 Milliarden DM über vier Jahre hin zur Verfügung gestellt werden, obwohl doch die Bundesstraßen 24 400 km lang sind, während die Autobahnen lediglich eine Länge von 2400 km haben. Trotz dieses Längenunterschiedes werden die gleichen Beträge zur Verfügung gestellt. Ich verstehe aber die Beweggründe. Es ist ein kühner Plan des Herrn Bundesverkehrsministers, und ,ich halte diesen Plan auch für richtig, in den vier Jahren den Autobahnbau so weit voranzubringen, daß ein geschlossenes Netz vorhanden ist. Deshalb steckt der Bundesverkehrsminister prozentual das Zehnfache von dem in ,die Autobahnen, was er für die Bundesstraßen bereitstellt.
Ich meine aber, daß der Herr Bundesverkehrsminister einen Schwerpunkt nicht genügend berücksichtigt hat, bei dem eine viel gefährlichere Lage entstehen kann. Ich denke da an die Gemeinden mit über 9000 Einwohnern, insbesondere an die Großstädte, wo wir große Ballungen, Stauungen und Störungen - oft unüberwindliche Störungen - haben oder künftig noch mehr haben werden. Infolge der mittelalterlichen Bauweise unserer meisten Städte sind die Straßen eng. Die Kosten einer Erweiterung der Straßen oder einer sonstigen Abhilfe können die Städte einfach nicht tragen. Die großen Gemeinden werden nicht in der Lage sein, die Engpässe des Verkehrs schnell genug zu beseitigen.
Ich habe für den Straßenaufstufungsplan des Herrn Bundesverkehrsministers durchaus Sympathie. Um den Gemeinden zu helfen, will er Landstraßen I. Ordnung als Bundesstraßen übernehmen und Kreisstraßen in Landstraßen aufstufen. Das ist ein Plan, der überlegt werden muß. Nach meiner Überzeugung sollte man aber ,diese Frage im Augenblick zurückstellen. Die 400 Millionen DM, die für die Aufstufung eingesetzt sind, sollte man den Gemeinden über 9000 Einwohnern als Zuschüsse zur Verfügung stellen, weil dort mit gezielten Maßnahmen viel rascher die akuten Verkehrsprobleme gelöst werden können. Man kann die Aufstufungsfrage vielleicht beim nächsten Vier4498
jahresplan anfassen. Dadurch erreichen wir nämlich, daß für die Großstädte, die ihre Verkehrsprobleme lösen müssen, in diesen vier Jahren nicht nur 400 Millionen DM zur Regelung der Verkehrsprobleme eingesetzt werden, sondern daß es der dreifache Betrag wird, weil ja nach den bisherigen Gepflogenheiten des Bundes bei solchen Zuschüssen sowohl die Länder als auch die Gemeinden verpflichtet wurden, den gleichen Zuschuß zu zahlen. Wir würden also eine Verdreifachung erreichen. Ich glaube auch, daß sich die Länder und Gemeinden bemühen werden, gerade für die Städte, in denen die Verkehrsprobleme so akut werden, diese Mittel aufzubringen. Bei einer derartigen Hilfe, Herr Kollege Bleiß, wenn über den Einzelfall der gemeinsamen Finanzierung zwischen Bund, Land und Gemeinden verhandelt werden muß, werden durch die Verhandlungen und durch die Einzelbezuschussungen die richtigen Maßnahmen getroffen werden. Ich glaube nicht, daß bei Ihrem Plan, in dem Sie die Gemeinden völlig selbständig und von dem Einfluß des Bundes wie auch der Länder unabhängig machen, eine vernünftige Planung zustande kommt.
Ich bitte den Herrn Verkehrsminister, von diesem Vorschlag Gebrauch zu machen. Es ist nicht so wichtig, jetzt die Aufstufung der Landstraßen I. Ordnung zu Bundesstraßen zu erreichen. Damit wird den Gemeinden nur eine unechte Hilfe gebracht. Wenn hingegen die Aufstufung einstweilen zurückgestellt wird und die 400 Millionen DM dorthin geleitet werden, wo gezielte und rasch wirksaure Maßnahmen notwendig sind, wird meines Erachtens eine bessere und schnellere Hilfe erreicht.
({2})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Dresbach.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mein Freund Müller-Hermann hat mich als einen entschiedenen Gegner der Zweckbindung von Steuern angesprochen. Damit kommt man ja schon in den Geruch, als wenn man von vornherein ein Feind der gerechten Sache der Fuhrleute und ihrer Begleittruppen sei.
({0})
Das bin ich nun keinesfalls. Der Straßenbau ist von jeher eine öffentliche Aufgabe gewesen, im Gegensatz beispielsweise zum Wohnungsbau, bei dem die öffentliche Finanzierung in unserem Gebiet erst nach dem ersten Krieg eingesetzt hat. Ich habe die Hoffnung, daß Mittel, die wir mit der Zeit aus dem Wohnungsbau herausziehen können, vermehrt für den Straßenbau verwandt werden können. Damit hoffe ich mich vor der Straßenbauliga zunächst einmal salviert zu haben.
({1})
Aber ich lehne den Begriff der Zweckentfremdung rundweg ab, und zwar aus Gründen der auch historisch zu erweisenden Wahrheit, daß das Motiv einer Steuer auf keinen Fall ihre Spezialverwendung festlegen kann.
Ich darf einmal auf das Beispiel der Gewerbesteuer verweisen. Die Gewerbesteuer moderner Prägung ist aus der Äquivalenzthese des preußischen Finanzministers von Miguel entstanden, aus der Auffassung, daß ein Gewerbebetrieb Lasten verursache, vornehmlich Polizeilasten, Wegebaulasten, Schulbaulasten und Armenlasten, wie es in den neunziger Jahren noch hieß. Aber niemand hat daran gedacht, das Erträgnis der Gewerbesteuer an einen solchen Spezialhaushalt im Haushalt der Gemeinden irgendwie zweckzubinden.
({2})
Die Mineralölsteuer ist eine Verbrauchsteuer genauso wie die Zuckersteuer, die Leuchtmittelsteuer usw.
({3})
Es ist eine Wortklauberei, wenn man hier von Abgaben und von Steuern spricht. Der Begriff Abgabe ist ein Oberbegriff, unter den Steuern und Gebühren fallen.
Nun wollen wir eine neue Zwecksteuer in Form der Heizölsteuer schaffen, deren Aufkommen für die Finanzierung der Sozialaufwendungen zweckgebunden werden soll, die im Bergbau infolge seiner Strukturwandlung entstehen. Das ist eine neue Zerreißung der Einheit von Kasse und Haushalt.
({4})
Wenn man sich auf wissenschaftliche Autoritäten älterer Art beruft, kommt man hier gewiß in den Verdacht, daß man antiquiert, ein fossiles Ding ist, das noch nicht weiß, was ein Auto oder eine moderne Straße ist. Aber ich möchte Sie und auch die Privatdozenten aus dem Wissenschaftlichen Beirat bitten, sich doch einmal hin und wieder mit Adolph Wagner zu befassen - das war nicht der Gauleiter, sondern der einstmals berühmte Professor an der Berliner Universität.
({5})
Ich habe soeben den Freien Demokraten, zu denen ich doch so manche netten Gefühle habe, zugerufen: Ihr seid mir scheene Liberale! Meine Damen und Herren von der FDP, die Rückkehr zur Fondswirtschaft, die Sie wollen, ist das System des Ancien régime gewesen, und erst der Liberalismus des 19. Jahrhunderts hat uns von diesem System heruntergeholfen. Ihr seid mir scheene Liberale!
({6})
Wenn Sie mit den Bindungen von öffentlichen Abgaben so fortfahren, werden Sie dahin gelangen, daß andere Haushaltsteile entblößt werden oder nur noch schlecht und unzureichend bedient werden können. Oder aber sollen wir das System entwikkeln, unbekümmert um einzelne Haushaltsteile einen Haushalt aufzustellen, der endgültig durch Fehlbetragsanleihen ausgeglichen werden muß? Ich halte das für verhängnisvoll; denn das sind die unerwünschtesten Dinge des öffentlichen Finanzwesens.
Ich darf auch darauf hinweisen - um noch einmal historisch zu werden -, wie alle diese Bindungen, alle diese Sockel, die man errichtet hat, im Laufe kürzester Zeit wieder geschmolzen sind, sich
auflösen mußten oder vernichtet worden sind. Ich darf an die Franckensteinsche Klausel im Kaiserreich erinnern. Ich darf daran erinnern, daß wir einmal einen Verwendungszweck für die Hauszinssteuer hatten, jene Geldentwertungssteuer nach dem ersten Weltkrieg, und daß es einmal eine Lex Brüning gegeben hat, wonach, wenn das Lohnsteueraufkommen einen gewissen Sockel erreicht hatte, der darüber hinausgehende Betrag an die Sozialversicherungsträger abgeführt werden mußte. Alles ist verschwunden!
Meine Damen und Herren, ich darf Ihnen einmal an einem Beispiel, das die Straßenbau-Liga in ihrer neuesten Korrespondenz in einer Stellungnahme bringt, darstellen, wohin Ihre Zweckbindung führt.
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Ich habe soeben dargelegt, daß wir dasselbe bei der Hauszinssteuer hatten. Aber als die allgemeine Finanznot der Jahre 1930 und 1931 kam, mußte diese Zweckbestimmung wieder wegfallen. Ich warne davor, Gesetze in die Welt zu setzen, die man eines Tages nicht einhalten kann.
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Zu dem Sockel, den wir schaffen wollen und der für die Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs herhalten soll, erklärt die Straßenbau-Liga, die Darstellung über den finanzwirtschaftlichen Sachverhalt sei verkehrt; dieser Betrag stelle eine innere Anleihe des allgemeinen Bundeshaushalts an dem Aufkommen aus spezifischen Straßenbauabgaben des Kraftverkehrs dar. Meine Herren, weiter geht es kaum noch. Das endet fast beim Steuervertrag, also bei einer privatrechtlichen Auffassung über Steuern und Abgaben. Die Herren Fuhrleute, zu denen die Automobilindustrie, das Straßenbaugewerbe und das Kraftfahrgewerbe gehören, erklären gnädigst diesem Hohen Hause: Das bestimmen wir; wir wollen euch großzügig einen Teil als innere Anleihe überlassen.
Meine Herren, wohin soll es führen, wenn nächstens alle Steuerpflichtigen dem Bund jeweils erklären: Den Verwendungszweck bestimmen wir, aber wir sind großzügig und überlassen euch noch einen Teil zur allgemeinen Finanzbedarfsdeckung?
Herr Ritzel, ich sehe Sie als von mir hochgeschätzten Mann des Haushaltswesens gerade da sitzen. Wohin kommen wir mit der Autonomie der gesetzgebenden Körperschaften in Haushaltsdingen, wenn solche Zerreißungen und Einschneidungen immer wieder Platz greifen oder gar verstärkt werden? Das möchte ich Sie einmal fragen.
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Aber, verehrte Damen und Herren, ich bin mir natürlich darüber klar, daß hier, wo das Wort von der „Zweckentfremdung" in apodiktischer Art in die Manege geschleudert worden ist, unsereiner geradezu als ein Trottel dasteht, wenn er noch solche immerhin ganz ordentlich fundierte Dinge aus seinem Studium und aus seiner Praxis vorträgt. Wie ist es mit solchen Sachen? Ich bin mir bewußt: ein erfolgreicher Fechter bin ich nicht. Aber ich darf doch mit dem alten Wort schließen, das man immer verwendet, wenn man sich sagt: Du wolltest ihnen noch einmal die Wahrheit sagen, aber sie nehmen es doch nicht an: Dixi et scripsi et salvavi animam meam.
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Das Wort hat der Abgeordnete Drachsler.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vorweg eine kurze Bemerkung zu der Behauptung des Kollegen Eisenmann, der Bundesverkehrsminister habe die europäische Verkehrsintegration blockiert oder verhindert. Das ist eine Behauptung, die nicht unwidersprochen bleiben darf; denn ich kann nichts blockieren, was nicht existent ist. Auf dem Gebiete der europäischen Verkehrsintegration ist außer den ratifizierten Ansätzen der Genfer Abkommen leider noch kein weiterer Fortschritt gemacht worden. Wir werden uns in diesem Hause über das wichtige Gebiet der Maße und Gewichte im Interesse der Verkehrssicherheit noch eingehend zu unterhalten haben.
Herr Kollege Eisenmann, Sie haben eine weitere Behauptung aufgestellt, die ebenfalls sehr gewagt ist. Sie haben behauptet, die Bundesregierung habe den Straßenbau sträflich vernachlässigt. Das, lieber Freund Eisenmann, sollte man nicht sagen. Es ist gut, bei der ersten Beratung eines Gesetzes, das der heutigen Verkehrssituation angepaßt sein soll, nicht nur die gegenwärtige Verkehrslage und ihre Notstandsformen auf den Straßen von heute zu sehen, sondern auch zurückblicken, damit man nicht zu Unrecht anklagt und tadelt.
Auf allen Gebieten des wirtschaftlichen Aufbaus im Bund standen wir noch vor wenigen Jahren am Anfang. Auf keinem Gebiet aber konnten wir die Dringlichkeit einer Aufgabe so spät und so schwer erkennen wie auf dem Gebiet des Straßenbaues. Auch Sie haben es nicht früher erkannt.
({0})
- Niemand konnte mit einem so raschen Anstieg der Motorisierung rechnen.
Eines der hervorstechendsten Merkmale des bundesdeutschen Aufbaues - wir hatten vor einigen Wochen anläßlich des zehnjährigen Bestehens der Bundesrepublik Gelegenheit, einen Rückblick zu wagen - ist, das werden Sie nicht bestreiten, daß die Bundesregierung eine Frage um die andere nach dem Grade ihrer Dringlichkeit angefaßt und auch gelöst hat.
({1})
Das, lieber Kollege Eisenmann, anerkennt sogar die Welt, und auch wir Deutsche haben die Verpflichtung, es anzuerkennen.
Auch auf dem Gebiet des Straßenbaus sind seit dem Zeitpunkt, an dem man die alarmierenden Folgen der Motorisierung erkannt hat, enorme Fortschritte gemacht worden. Es kommt aber nicht von ungefähr und wir dürfen es nicht vergessen, daß allein auf Grund der im Haushaltsjahr 1958 bereitgestellten Mittel die Bundesrepublik, die Hälfte Deutschlands, an zweiter Stelle im Straßenbau hinter den Vereinigten Staaten steht. Wir haben allein in den letzten vier Jahren den Straßenbauhaushalt fast vervierfacht. Ich gebe zu, daß das nicht ausreicht und nicht genug ist - das wissen wir auch -, weil der Wettlauf zwischen Motorisierung und Straßenbau - das weiß jeder - eindeutig vom Fließband der Kfz-Industrie gewonnen wurde. Man kann eben Autos auf dem Fließband produzieren, aber Straßen leider noch nicht. Das sind Tatbestände, die wir zu berücksichtigen haben.
Wir sind uns, glaube ich, im Hause einig - und das ist etwas Versöhnliches -, daß der Straßenbau von nun an Rangstufe Nr. 1, vielleicht sogar Alarmstufe Nr. 1 hat, weil wir alle anderen Fragen zum Teil oder vielleicht auch schon ganz gelöst haben. Wir wollen uns darüber einig sein, daß wir in den künftigen Beratungen an dieses Problem intensiv herangehen müssen, um der Verkehrssituation gerecht zu werden.
Wir alle wissen - ich darf es vielleicht noch einmal in Erinnerung bringen -, daß sich seit dem Jahre 1950 die Zahl der Fahrzeuge verdreifacht hat. Im Jahr werden 2 Millionen Fahrzeuge in der Bundesrepublik produziert. In der Regel bleibt eine Million im Lande, und wenn nichts geschieht, werden wir mit unseren Wagen bald Auspuff gegen Kühler stehen. Das ist uns allen bekannt.
Ich glaube aber auch, daß man diesen Notstand nur mit realisierbaren Plänen beheben kann und nicht mit nur auf Propaganda und auf eine kommunale Pseudofreundlichkeit aufgebauten Vorschlägen.
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Wenn unser Straßenbaufinanzierungsgesetz auch nur ein Anfang ist - ich sage: ,ein bescheidener Anfang; vielleicht werden wir in Iden nächsten vier Jahren von 'der Entwicklung des Verkehrs überrollt und müssen noch mehr tun -, es ist jedenfalls realisierbar. Die hervorstechendsten Merkmale sind:
Erstens. Das Gesetz ist finanziell gesichert und hängt nicht im luftleeren Raum.
Zweitens. Es ist ein langfristiges Gesetz, auf vier Jahre, und beseitigt dadurch die Ursache der bisherigen beinahe obligatorischen Haushaltsrückstände. Die Straßenbauindustrie, die Planung und die Verwaltung können sich darauf einstellen, was in den nächsten vier Jahren auf sie zukommt, und das ist, glaube ich, ein großer Vorteil.
Der dritte Vorteil dieses Gesetzes liegt darin, daß es auf dem Prinzip der Einheit des Straßennetzes beruht. Dais Ziel ist also der Ausbau eines leistungsfähigen Gesamtstraßennetzes.
Der vierte Punkt ist die Aufstufung der Straßen. - Hier muß ich sogar meinem Freund Besold widersprechen; ich sehe in dieser Aufstufung ein sehr großes ,Positivum, weil dadurch eine echte Entlastung der unteren Baulastträger, der Länder und der Gemeinden ermöglicht werden kann. - Ich weiß, ich habe es verstanden, Sie haben einen anderen Vorschlag auf gleicher Ebene gemacht, Herr Kollege Besold.
Wir können also, um es kurz zu machen, sagen: Dieses Straßenbaufinanzierungsgesetz ist ,ein Anfang und kann und muß auch nur ein Anfang sein, weil wir nicht wissen, wie die weitere Entwicklung auf diesem Gebiet verlaufen wird.
Eines darf ich als Vertreter des gebietsmäßig größten Bundeslandes, nämlich Bayerns, sagen: Wir, die wir in .allen diesen Fragen auf Grund der Verkehrsferne und Revierferne sehr .empfindlich sind, haben einen besonderen Wunsch: Gemeinden und Landkreise neben Gemeindeverbände und Städte! Das muß so sein; denn die Bewohner des flachen Landes draußen zahlen seit Jahr und Tag die gleiche Mineralöl- und Kfz-Steuer, ohne eine entsprechende Gegenleistung in Form von staubfreien und schönen Straßen zu haben. Diese Menschen haben ebenfalls einen Anspruch darauf, für ihre Leistungen eine entsprechende Gegenleistung zu bekommen. Das mag ein Fernziel sein; aber es muß in den Rahmen unserer verkehrspolitischen Überlegungen hineingebaut werden, etwa unter der Parole „Eine gute Straße bis ins letzte Dorf". Die Gemeinden haben ein Anrecht darauf, denn etwa 80 % des gesamten Verkehrs spielen sich in den Gemeinden und Gemeindeverbänden ab. Von 'dem Straßennetz von 250 000 km sind 125 000 km kommunale Straßen.
Nun werden Sie fragen, wie wir das machen sollen. Im Zuge 'dieser Verhandlungen ist oft behauptet worden, die Länder hätten etwas gegen die Hilfe des Bundes; sie nähmen vom Bund ganz gem das Mehraufkommen aus der Mineralölsteuer und seien darüber erfreut. Von meinem Land, von Bayern, kann ich sagen, daß es sehr gemeindefreundlich ist; es hat das Soll gegenüber den Gemeinden um 10 % überschritten. Die Länder wollen allerdings nicht, daß der Bund ihnen vorschreibt, was sie imit der ihnen gesetzlich zustehenden Kraftfahrzeugsteuer anfangen sollen. Wir werden also bei den kommenden Beratungen überlegen müssen, was wir für Gemeinden und Landkreise tun müssen.
Die Behauptung, die Bundesregierung hätte auf dem Gebiet des Straßenbaus versagt, ist nicht richtig; ich habe das schon betont. Es fällt auf, daß heute nicht so sehr die Öffentlichkeit am Straßenbau Kritik übt; sie ist vielmehr sehr erfreut darüber, daß in den letzten Jahren sehr viel geschehen ist. Wenn man gerade jetzt in dem schönen Herbst auf das Land hinausgeht, dann sieht man neben der bedauernswerten Trockenheit auch eine große Aktivität im Straßenbau. Über letztere ist die Öffentlichkeit sehr erfreut. Es ist immer nur ein bestimmter Kreis, der kritisiert. Er wird immer wieder kritisieren, ganz gleich, was die Bundesregierung tut. Er hat das kritisiert, was sie bisher getan hat,
und wird auch das kritisieren, was sie in Zukunft tun wird.
Davon lassen wir uns aber nicht beeinflussen. Wir werden uns bemühen, dieses Gesetz möglichst rasch zu beraten. Es ist wichtig, daß das Gesetz nicht zu spät verabschiedet wird. Ich bin überzeugt, daß wir auch dieses Problem des bundesdeutschen Nachkriegsaufbaus bewältigen werden.
({3})
Das Wort hat der Abgeordnete Schneider ({0}).
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will mich wegen der fortgeschrittenen Zeit kurz fassen. Einige Ausführungen der Herren Redner der Opposition in diesem Hause zwingen mich, noch ein paar kurze handfeste Vorstellungen zu erheben.
Es muß wieder einmal darauf hingewiesen werden, daß die Straßenbaumittel des Bundes von 1950 bis heute versechsfacht worden sind. Im Jahre 1950 waren es 213 Millionen DM, meine Damen und Herren von der Opposition, heute sind es 1,3 Milliarden DM. Das ist, weiß Gott, eine Leistung, die sich sehen lassen kann.
Darüber hinaus möchte ich, da der Herr Bundesverkehrsminister apostrophiert wurde - er kann heute leider nicht persönlich anwesend sein, da er wegen der Verkehrsministerkonferenz in Luxemburg verhindert ist -, darauf hinweisen, daß er es gewesen ist, der trotz aller Anfeindungen der Interessenverbände - das muß hier festgestellt werden - sich seit Jahren intensiv darum bemüht hat, daß langfristige Straßenbaupläne hier im Hause verabschiedet werden. Diese Bemühungen erlangten im Jahre 1952 eine ganz besondere Bedeutung, als erstmalig von langfristigeren Plänen die Rede war. Ich habe damals als Sprecher meiner Fraktion von dieser Stelle aus nachdrücklich die Meinung vertreten, daß es unmöglich sei, von Haushaltsjahr zu Haushaltsjahr zu arbeiten, und daß wir einen langfristigen Plan brauchten. Ich freue mich, heute feststellen zu können, daß dieses damals vom Verkehrsminister und von der Koalition angestrebte Ziel inzwischen erreicht werden konnte. Im übrigen sollten wir nicht übersehen, daß wir, so unterschiedlicher Meinung wir vielleicht über die Wege in dieser oder jener Frage sind, darüber, ob überhaupt und ob in großem Umfange Straßen gebaut werden sollen, in diesem Hause Gott sei Dank alle einig Sind.
Ich darf außerdem darauf aufmerksam machen - damit weise ich gleichzeitig eine Kritik an dem Herrn Verkehrsminister zurück -, daß er als erster gefordert hat, die Wintermonate, sofern sie frostfrei blieben, dazu zu benutzen, den Straßenbau voranzutreiben. Bereits im Jahre 1953 hat er einer breitesten Öffentlichkeit eine Denkschrift über den Ausbau der Autobahnen vorgelegt. Dabei soll ehrlicherweise nicht verschwiegen werden, daß die Schrift selber, obwohl die Gedanken, die er darin niedergelegt hat, von links bis rechts Anerkennung fanden, ohne Echo in der breiten Öffentlichkeit geblieben ist.
({0})
- Herr Kollege Ritzel, ich bestreite gar nicht, daß in der breitesten Öffentlichkeit, einschließlich leider auch der Bundesregierung, diese Schrift damals ohne Echo geblieben ist. Aber inzwischen sind wir uns ja auch in diesem Punkte einig.
In der zweiten Legislaturperiode des Bundestages sind nun zwei entscheidende Schritte getan worden. Einmal haben wir bekanntlich im Jahre 1955 das Verkehrsfinanzgesetz verabschiedet. Es erübrigt sich, hier heute auch nur noch ein Wort darüber zu verlieren. Wir haben damals allemal richtig gehandelt. Zum anderen ist in der zweiten Legislaturperiode der sogenannte Zehnjahresplan für den Ausbau der Bundesfernstraßen vorgelegt und von diesem Hause einstimmig angenommen worden; damit ist das vom Verkehrsminister seit langem angestrebte Ziel, einen langfristigen Ausbauplan zu bekommen, ebenfalls erreicht.
Heute beraten wir das Straßenbaufinanzierungsgesetz. Während mit dem Verkehrsfinanzgesetz das verkehrspolitische Problem gelöst wurde, wird jetzt die finanzpolitische Seite dieses verkehrspolitischen Problems gelöst werden, wenn wir uns zu dem vorliegenden Gesetz bekennen.
Ich möchte namens meiner Fraktion davor warnen, daß wir allzu vielen Sonderwünschen und Änderungswünschen Raum geben. Wir sollten die Sache jetzt so laufen lassen, wie sie von der Bundesregierung vorgelegt worden ist.
Zu dem Straßenbaufonds, der von der Sozialdemokratischen Partei vorgeschlagen wird, möchte ich noch folgendes bemerken. Wir sind der Meinung, daß die verfassungspolitischen Schwierigkeiten, die der Durchführung dieses Plans entgegenstehen, so groß sind, daß wir unter Umständen die gesamte Straßenbaufinanzierung, die nun endlich Gott sei Dank in größerem Maße losgehen soll, in Gefahr bringen. Auf keinen Fall werden wir die verfassungspolitischen Probleme etwa bis Anfang des Jahres 1960 lösen können. Wir alle aber - auch Sie, meine Damen und Herren - sind daran interessiert, daß die Mittel aus dem Straßenbaufinanzierungsgesetz, so wie es jetzt vorliegt, Anfang des Jahres fließen.
Es ist in der heutigen Debatte auch etwas über Maße und Gewichte gesagt worden. Ich schöpfe hier aus der lange zurückliegenden Zeit, als ich mich mit den Verkehrsproblemen beschäftigte, und auch aus dem, was in neuerer Zeit über diese Dinge geredet und geschrieben worden ist, und möchte dazu bemerken, daß grundsätzlich diese Frage in die Debatte über das Straßenbaufinanzierungsgesetz nicht hineingehört. Im übrigen - das wurde sehr richtig schon von meinem lieben Kollegen Drachsler gesagt - ist das eine Angelegenheit, die unter dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherheit gelöst werden
Schneider ({1})
muß, auf keinen Fall aber im Interesse irgendwelcher Interessenten gelöst werden darf,
({2})
Ich bitte, den Störenfried auf der Tribüne aus dem Saal zu weisen.
Das Wort hat der Abgeordnete Rademacher.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich mit einigen Punkten befassen, die in der Diskussion aufgekommen sind, nachdem mein Kollege Eisenmann zu dem Problem des Straßenbaufinanzierungsgesetzes grundsätzlich Stellung genommen hat.
Zunächst möchte ich mir erlauben, dem verehrten Kollegen Dresbach mit einigen Worten zu antworten. Herr Dresbach, ich bedauere sehr, daß Ihre „Kuh" versucht hat, das eben gewachsene Gras des Herrn 'Finanzministers abzufressen. Denn im § 1 dieses Gesetzes steht ja doch mit aller Deutlichkeit, daß die Zweckbindung im Prinzip anerkannt wird.
({0})
- Schön. - Ich habe zwar gesehen, daß der Herr Bundesfinanzminister Ihren staatsrechtlichen oder steuerrechtlichen Ausführungen grundsätzlich zugestimmt hat. Aber ich schätze ihn als einen so klugen Mann, daß ich annehme, er hat sich gesagt: Not bricht Eisen, und wir sind im Straßenbau in einer Situation, daß wir uns um die Prinzipien nicht mehr streiten können und zum mindesten bis zu dem Zeitpunkt, wo wir die Not überwunden haben, nolens volens mit einer Bereitstellung aller Mittel arbeiten und operieren müssen.
({1})
- Sehr richtig, Herr Minister Etzel, und es ist ja auch im ersten Verkehrsfinanzgesetz zum Teil schon zur Durchführung gekommen.
Ich möchte dann ein Wort zu der Debatte darüber, wie man den Gemeinden und Kreisen helfen kann, sagen. Meine sehr ,geehrten Damen und Herren, ich bin der Meinung, daß derjenige, der Gelder dafür zur Verfügung stellt, auch gewisse moralische Ansprüche darauf hat, daß diese Gelder zweckentsprechend verwendet werden. Wenn der Bund also nunmehr bereit ist, größere Beträge für die Durchfahrten und die Umgehungsstraßen der Gemeinden bereitzustellen, und wenn er als Gegenleistung eine entsprechende Unterstützung durch die Länder aus deren Finanzen, aus der Kraftfahrzeugsteuer verlangt, dann, glaube ich, wäre er durchaus berechtigt, dieses moralische Druckmittel ein wenig anzuwenden und zu sagen: Den Gemeinden, die 1500 Millionen aus eigenem aufbringen, muß geholfen werden; das kann nicht allein vom Bund aus geschehen, und wir müssen unsere weitere Unterstützung davon abhängig machen, daß auch die Länder auf Grund der Kraftfahrzeugsteuer, die ja nun erhöht werden soll, den Gemeinden eine vollwertige Unterstützung gegen ,deren bekannte große Verschuldung geben.
Meine Damen und Herren, ich habe mich hauptsächlich zu Wort gemeldet, um auf die Erklärungen des Herrn Staatssekretärs Seiermann einzugehen, damit insbesondere diejenigen Kollegen von der CDU/CSU, die guten Willens für eine europäische Lösung sind, etwas besser verstehen, was mit dieser Erklärung gesagt werden sollte. Das kann man nur - ich bitte, das nicht als Unbescheidenheit aufzufassen -, wenn man die internationalen Verhandlungen, die Verflechtungen und die Arbeiten in den internationalen Gremien genauestens kennt, wie es bei mir der Fall ist, der ich die Ehre habe, seit vielen Jahren in der Internationalen Handelskammer mitzuarbeiten, und auf Grund dieser Tätigkeit in ständigem Kontakt mit der ECE, mit der UIC und neuerdings auch mit der Europäischen Verkehrsministerkonferenz stehe. Der Herr Staatssekretär hat namens des Herrn Ministers die Erklärung abgegeben, daß sich nun auf dem Wege des Kompromisses offenbar eine europäische Lösung anbahnt. Zweifelsohne will er damit erreichen, daß die Initiative der Mehrheit der CDU, wie Müller-Hermann heute morgen auch bestätigt hat, wieder wie in den vergangenen Jahren noch längere Zeit auf Eis gelegt wind.
Wie sieht es mit diesem Kompromiß aus? M. Le Vert, der Vorsitzende der Binnentransportkommission der Europäischen Wirtschaftskommission in Genf, hat einen Vorschlag unterbreitet. Einige sagen, er hat ihn persönlich unterbreitet; andere sagen, er hat ihn als Sachverständiger in der Europäischen Verkehrsministerkonferenz unterbreitet. Herr Dr. Linder, ich will über Ihren Brief im Augenblick nicht streiten; aber eines steht fest, und das können Sie, meine Herren vom Bundesverkehrsministerium, auch nicht bestreiten: es entsteht ein verkehrter Eindruck, wenn behauptet wird, es handle sich um einen offiziellen Vorschlag der Binnentransportkommission der ECE. Diese Organisation ist eine Vereinigung der europäischen Länder, der übrigens sogar die Ostblockstaaten angehören, und man könnte von einem Vorschlag der Binnentransportkommission der ECE nur sprechen, wenn hierüber eine Vereinbarung in Genf getroffen worden wäre. Das ist nicht der Fall. Ich stelle das ausdrücklich fest. M. Le Vert, den ich persönlich kenne, hat eben von sich aus als Sachverständiger, oder was weiß ich, diesen Vorschlag gemacht. Es ist aber überhaupt kein Kompromißvorschlag. Der Vorschlag bewegt sich nämlich im wesentlichen exakt auf der Linie der Verordnung vom März 1956. Ich muß den Herrn Bundesverkehrsminister bewundern, daß es ihm offenbar gelungen ist, diesen führenden Mann in der europäischen Verkehrspolitik, M. Le Vert, so zu beeinflussen, etwa nach dem Wort: Am deutschen Straßenbau- und Verkehrswesen vor allen Dingen soll Europa genesen!
Meine Damen und Herren, das ist nicht die Auffassung der übrigen Länder der Europäischen VerRademacher
kehrsministerkonferenz. Natürlich wird dieser Vorschlag diskutiert werden. Ich möchte aber darauf hinweisen, daß es sich auf keinen Fall um eine allgemeine europäische Lösung handeln wird. Ich glaube auch nicht, daß die Mehrheit der europäischen Regierungen diesem Vorschlag des M. Le Vert zustimmen wird. Wir haben - auch ein bißchen zur freundlichen Unterstützung der Damen und Herren der CDU/CSU - die Forderungen in unserem Initiativantrag auf der Grundlage der europäischen Maße und Gewichte der Genfer Konvention gestellt. Darüber wollen wir diskutieren.
Wir, die FDP, sind durchaus einverstanden, daß die Bundesregierung sich bereit erklärt, bis zu einer endgültigen europäischen Lösung die bekannte Verordnung vom März 1956 aufzuheben oder auszusetzen, so daß zwar die Lastwagen mit den großen Maßen und Gewichten, die im Augenblick noch zugelassen verschwinden, bis auf weiteres aber die Hersteller Lastwagen von 18 m Länge, 32 t Gesamtgewicht und 10 t Gewicht pro Antriebsachse produzieren können. Wenn es wirklich zu einer gemeinsamen europäischen Lösung kommt, dann lassen wir mit uns auch darüber reden, ob es nun vielleicht statt 18 m 17 m werden oder statt 32 t 30 t. Wir sind noch niemals Dogmatiker gewesen, aber wir wünschen eine europäische Lösung - auch Herr Müller-Hermann hat das hier deutlich gesagt - mit einer Gleichberechtigung aller Nationen und nicht mit einer Bevorzugung oder Benachteiligung einer Nation.
Und nun, Herr Schneider, Ihnen ins Stammbuch: Sie sagen, was haben eigentlich diese Dinge mit dem Straßenbaufinanzierungsgesetz zu tun? - Lassen Sie es mich Ihnen sagen: Wenn Sie die „Kuh", durch deren Milchleistung Sie bei der Kraftfahrzeugsteuer und auch bei Diesel-Treibstoff die höheren Gebühren einnehmen wollen, vorher schlachten, brauchen Sie dieses Gesetz gar nicht zu verabschieden. Dann ist nämlich nichts drin für den Herrn Finanzminister Etzel. Das möchte ich mit aller Deutlichkeit sagen.
({2})
- Die Lastwagen sind da. Aber wenn Sie von 16 m heruntergehen - das werden Sie mir doch zugeben -, dann ist das, um bei dem Bild und Beispiel zu bleiben, leider keine fette oder gut genährte Kuh mehr, sondern, es ist eine bewußt zum Abmagern gebrachte Kuh. Daß es dahin kommt, liegt ein wenig auch in den Zielen der Verkehrspolitik des Herrn Bundesverkehrsministers. Deswegen bin ich hier noch einmal mit aller Ruhe darauf eingegangen.
Ein Letztes! Ich kann es natürlich verstehen, Herr Kollege Müller-Hermann, daß die Regierungsparteien den Versuch unternehmen, sich für den Zustand der deutschen Straßen aller Art zu exkulpieren. Dafür habe ich durchaus Verständnis. Aber meinen Sie nicht auch, daß es die Aufgabe eines Verkehrspolitikers Ihrer Bundesregierung ist
- ich glaube, ich sage das heute nicht zum erstenmal -, die Dinge auch ein wenig im voraus zu sehen?
Nach Ihnen haben einige Debattenredner gesagt: Wie konnten wir wissen, daß der Verkehr aller Art auf den Straßen sich so ausdehnen würde? - Ja, meine Damen und Herren, vielleicht hätte man einmal ein wenig über die Kirchtürme der deutschen Bundesrepublik hinaussehen sollen auf die Nachbarländer in Europa und vor allen Dingen auf die Vereinigten Staaten. Dann hätte man gesehen, daß die Entwicklung nach einer gewissen Konsolidierung unserer eigenen Wirtschaftsverhältnisse einfach zwangsläufig den Weg gehen mußte, den sie gegangen ist. Ich will keineswegs die Priorität des Aufbaues der Grundstoffindustrie und des Wohnungsbaues in den ersten Jahren nach 1949 bestreiten. So töricht bin ich nicht. Sie müssen mir aber zugeben, meine Damen und Herren, daß für den Straßenbau wesentlich mehr hätte getan werden müssen.
Wenn Herr Drachsler meint, man habe über diese Dinge erst später geredet, dann würde ich ihm doch einmal empfehlen, sich an einem ruhigen Wochenende - wir Abgeordneten müssen ja das viele Papier in unseren Aktentaschen meistens übers Wochenende studieren; das hat seine Vorteile - die Vorgänge anzusehen. Da werden Sie finden, meine Damen und Herren - Herr Drachsler ist nicht mehr da -, daß es im ganzen Hause, nicht an eine Partei gebunden, einige wenige Frauen und Männer gegeben hat, die bei jeder Gelegenheit seit 1949, mindestens aber bei den Etatdebatten auf das hingewiesen haben, was auf uns in der deutschen Bundesrepublik zukommt, und Sie werden zugeben, daß die Mittel, die bisher in den Jahresplänen seit 1949 dafür vorgesehen waren, bestimmt zu gering gewesen sind.
({3})
- Ja, die Deckungsfrage! Wenn man einen Kuchen aufzuessen hat, muß man ihn für die allgemeine Not etwas gleichmäßiger verteilen. Darum ging es doch!
({4})
- Doch, jetzt ist er ja gefunden mit der freundlichen Unterstützung des Herrn Finanzministers.
Ich möchte meine Ausführungen mit dem Satz abschließen, den ich mir bei der Haushaltsdebatte zu prägen erlaubt habe hinsichtlich dessen, was früher hätte erkannt werden müssen, und das ist doch in der ganzen Welt dies: Der moderne Straßenbau ist eine wirtschafts- und sozialpolitische Gestaltungsaufgabe allerersten Ranges. Bedauerlich ist nur, daß wir in diesem Hause zu dieser gemeinsamen Auffassung drei oder vier Jahre zu spät gekommen sind.
({5})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Bleiß.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir einige wenige Bemerkungen zu dem Verlauf der Diskussion. Herr
Kollege Besold, ich glaube, ich bin von Ihnen mißverstanden worden. Ich hatte heute keine Kritik an der Vergangenheit geübt, ich habe nur auf eine Rede Bezug genommen, die der Herr Bundesverkehrsminister gehalten hat. Bei der Einweihung einer Autobahnstrecke hat er - ich habe das wörtlich zitiert - gesagt: Wenn man die Bauleistungen kritisiert, beschimpft man das deutsche Volk. - Ich habe nur gefragt: Was meint der Herr Bundesverkehrsminister mit diesem Ausdruck „Beschimpfung"? Bedeutet Kritik immer Beschimpfung? Gerade um diese Klarstellung habe ich gebeten. Sie konnte uns heute nicht gegeben werden, weil der Herr Bundesverkehrsminister nicht anwesend ist. Ich habe also die Vergangenheit nicht kritisiert. Ich muß Ihnen allerdings sagen, daß auch ich der Meinung bin, daß in den vergangenen Jahren etwas mehr hätte getan werden können und daß zweifellos große Versäumnisse vorliegen. Ich habe aber heute, weil es uns darum ging, die neuen Grundlagen zu besprechen, keine Kritik an dem Bisherigen geübt.
Ich möchte auf einiges zurückkommen, was Herr Kollege Müller-Hermann vorgetragen hat. Herr Kollege Müller-Hermann, Sie haben heute - das haben wir leider schon verschiedentlich von Ihnen vernommen - wiederum die Methode angewandt: wenn die SPD einen Vorschlag bringt, dann ist es ein Wahlschlager. Verehrter Herr Kollege Müller-Hermann, seien Sie doch davon überzeugt, daß wir den ehrlichen Willen haben, hier in diesem Parlament mitzuarbeiten, und es hat doch keinen Sinn, Vorschläge einer anderen Fraktion gleich immer als Wahlschlager zu verdächtigen. Das ist eine wirklich schlechte Methode, sie dient nicht der sachlichen Zusammenarbeit. Ich möchte Sie bitten, doch endlich von dieser Methodik abzulassen.
Herr Kollege Müller-Hermann, Sie haben auch gesagt, daß in unseren Vorschlägen eine Finanzierungslücke sei. Sie haben unter anderem gesagt, daß der Gesamtaufwand um den Sockelbetrag von 600 Millionen DM gekürzt werden müsse; diese 600 Millionen DM seien nicht als zweckentfremdet zu werten, weil mindestens die Hälfte nicht vom Kraftverkehr aufgebracht wird. Herr Bundesfinanzminister, darüber möchten wir von Ihnen gern eine Auskunft haben. Wir werden in den Ausschüssen auf diese Rechnung zurückkommen.
In dieser Ihrer Vorlage steht - ich denke doch, daß ich richtig leise -, daß der auf den Kraftverkehr entfallende Teil des Aufkommens an Mineralölsteuer für die Zwecke des Straßenbaus zu verwenden ist. Es ist doch nur an den Teil gedacht, der vom Kraftverkehr aufgebracht wird. Dann kann man doch nicht, wie es Herr Müller-Hermann getan hat, die Ansicht vertreten, von den 600 Millionen DM, die Sie als Abgeltungsbetrag absetzen, müsse man wieder 300 Millionen DM streichen, weil das Abgaben seien, die der Kraftverkehr nicht aufbringe. Offen gestanden, mit diesem Zahlenspiel komme ich einfach nicht zurecht.
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- Gut, wir wollen das gern im Ausschuß diskutieren. Aber ich glaube, wenn Herr Müller-Hermann mit seiner Ansicht recht hat, dann stimmt die Formulierung Ihres Gesetzestextes nicht ganz. Ich bin gern bereit, im Ausschuß Ihre Zahlen entgegenzunehmen und darüber zu beraten.
Herr Kollege Müller-Hermann, ich glaube, Sie haben es unterlassen, unsere Vorlage vom Jahre 1956 mit der diesjährigen Vorlage zu vergleichen. Die jetzige Vorlage weicht nämlich in einigen Punkten von der früheren Vorlage ab. Wir haben aus den Erfahrungen der Vergangenheit Konsequenzen gezogen und den einen Abschnitt, der in dem Gutachten des Bundesjustizministeriums als verfassungsrechtlich bedenklich bezeichnet worden ist, völlig geändert. In unserem jetzigen Entwurf ist der Passus, daß durch Gesetz über die aufkommenden Mittel verfügt werden soll, nicht mehr enthalten. Vielmehr haben wir hier eine vertragliche Vereinbarung zwischen Bund und Ländern vorgeschlagen. Damit gehen wir genau den gleichen Weg wie die Regierungsvorlage. Wenn gegen unseren jetzigen Entwurf verfassungsrechtliche Bedenken erhoben werden könnten, träfe das auch für die Regierungsvorlage zu. In diesem Punkte deckt sich unser Entwurf mit der Regierungsvorlage. Ich hatte mir erlaubt, heute morgen in meinen Ausführungen zu bemerken, daß wir versuchen müssen, dafür einen richtigen und vernünftigen Weg zu finden. Ich glaube also, daß auch insoweit Ihre Kritik nicht begründet ist.
Sie haben zum Schluß Ihrer Ausführungen, Herr Kollege Müller-Hermann, gesagt, daß im Zusammenhang mit dem Vorschlag der SPD nur von „Traumstraßen" die Rede sein könne. Nun, wir sind keine Träumer, sondern nüchterne Realisten. Mit diesem nüchternen Realismus, Herr Kollege Müller-Hermann, haben wir den Zehnjahres-Straßenbauplan der Bundesregierung zur Grundlage genommen - das ist wiederholt betont worden -, weil wir glauben, daß dieser Straßenbauplan eine fleißige und vernünftige Arbeit ist. Wir haben versucht, für diesen Straßenbauplan der Bundesregierung eine finanzielle Grundlage zu schaffen. Leider ist der damalige Zehnjahresplan auf zwölf Jahre erstreckt, also verwässert worden. Wenn Sie trotzdem noch von „Traumstraßen" sprechen, verehrter Herr Kollege Müller-Hermann, möchte ich wirklich gerne wissen, wie nach Ihren Vorstellungen die Verhältnisse auf den deutschen Straßen in einigen Jahren sein werden.
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Das Wort hat der Abgeordnete Ritzel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Um bei dem zuletzt Gesagten fortzufahren, an die Adresse des Herrn Kollegen Müller-Hermann gerichtet: Herr Kollege, wir haben wirklich keine Traumstraßen vor Augen. Aber uns befällt angesichts Ihrer Haltung ein Alpdrücken. Ich meine, dieses Alpdrücken müßten besonders Sie empfinden. Jeder Deutsche und erst recht jeder deutsche Volksvertreter
muß angesichts der Entwicklung, vor der wir stehen, in großer Sorge sein.
Herr Kollege Drachsler sagte: Niemand konnte in früheren Jahren erkennen, wie sich die Motorisierung entwickeln würde. Herr Kollege Drachsler, das ist ein sehr böser Irrtum. Sie sind bereits durch Herrn Kollegen Schneider ({0}) widerlegt worden, der zu Recht auf die seinerzeitige Initiative des Bundesverkehrsministers Dr. Seebohm hingewiesen hat. Sie sind auch durch Herrn Rademacher widerlegt worden, der Sie und Ihre Fraktion freundlichst eingeladen hat, ein wenig über die Grenzen zusehen. Tatsache ist doch, und es läßt sich geschichtlich nachweisen, daß in diesem Hohen Hause einmal die sozialdemokratische Bundestagsfraktion, zum andern sogar der Herr Bundesverkehrsminister selber Forderungen im Hinblick lauf die kommende, wenn Sie wollen, drohende Entwicklung des Verkehrs erhoben hat, Forderungen, die von der Koalition im ganzen, also einschließlich der Deutschen Partei, ebenso abgelehnt worden sind wie vorweg - sogar in Zeiten des Juliusturms - von der Bundesregierung, führend vom Bundesfinanzministerium.
Ich bin objektiv, jedenfalls bemühe ich mich, es zu sein. Ich freue mich, heute feststellen zu können, daß der jetzige Herr Bundesfinanzminister und seine Berater einen etwas aufgeschlosseneren Geist in Fragen des Straßenbaus und der Straßenbaufinanzierung zeigen, als ihn der Finanzminister a. D. Fritz Schäffer selbst in der Zeit bewiesen hat, die uns noch in guter Erinnerung sein muß, in der Zeit des Entstehens des Juliusturms.
Herr Müller-Hermann hat - und darauf hat mein Kollege Paul Bleiß mit Recht hingewiesen - offensichtlich versäumt, den vorliegenden Gesetzentwurf dersozialdemokratischen Bundestagsfraktion in bezug auf seine verfassungsmäßige Zulässigkeit zu prüfen. Vielleicht nutzen Sie das Wochenende dazu, das nachzuholen.
({1})
Tatsache ist jedenfalls, daß das Verlangen, das in dem Entwurf meiner Fraktion zum Ausdruck kommt, den durch das Gesetz gegebenen Möglichkeiten durchaus Rechnung trägt.
Wenn wir heute einem Straßenbaufonds das Wort reden, tun wir es aus der bitteren Erfahrung, daß gerade die Vergangenheit der Finanzpolitik dieses Staates bewiesen hat, daß immer und immer wieder anderen Bereichen der Vorrang vor dem Straßenwesen eingeräumt wurde. Wir möchten auf Grund der Erfahrungen mit dem Juliusturm durch den Gedanken eines Straßenbaufonds endlich einmal die Bahn für eine vernünftige Verkehrspolitik frei machen.
Herr Kollege Müller-Hermann hat den verständlichen Vorschlag gemacht, wir sollten uns in bezug auf das Problem der Zweckbindung nicht in einen Theorienstreit begeben. Ich unterstütze das. Wir sollten diese späte Stunde nicht dazu benutzen.
Herr Kollege Dr. Dresbach hat mich persönlich angesprochen. Dazu nur wenige Bemerkungen, Herr Kollege Dr. Dresbach. Die deutsche Finanzgeschichte beweist - Sie haben selber davon gesprochen -,
daß es in der Vergangenheit Zweckbindungen für die Lösung der verschiedensten Aufgaben gegeben hat. Ich brauche Sie nur an die Wehrsteuer zu erinnern. Ein Blick auf die ausländische Finanzpolitik zeigt, daß von Zweckbindungen am laufenden Band Gebrauch gemacht wurde.
Herr Kollege Schröter ({2}) hat in einem Zwischenruf schon auf das österreichische oder das Wiener System hingewiesen, das ja nicht ohne die österreichische Gesetzgebung möglich gewesen wäre. Ich erinnere mich noch aus jüngerer Zeit, da kam man an riesigen Straßenzeilen mit Wiener Neubauten vorbei, an jedem Baublock war zu lesen: „Errichtet aus den Erträgnissen der Wohnbausteuer". Es gab sogar Zweckabgaben und Zwecksteuern, die die Bekämpfung der Auswüchse des Alkoholismus zum Ziele hatten.
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- Herr Kollege Dr. Dresbach, lassen Sie einmal den Blick über die Grenzen hinauswandern, schauen Sie einmal nach der Schweizerischen Eidgenossenschaft! Dort haben Sie in der Wehrsteuer ein ganz klares Beispiel, aber zugleich auch den Nachweis dafür, daß kein Pfennig, der durch diese Steuer eingeht, für andere Zwecke als eben für den Wehrzweck verwendet wird. Das ist das, was wir wollen. Und warum wollen wir es denn? Glauben Sie doch nicht, meine Damen und Herren, daß wir aus Prinzipienreiterei auf dem Gedanken der Zweckbindung beharren! Nein, wir sind durchaus bereit, überhaupt kein Wort von der Zweckbindung zu sagen, wenn die Mehrheit hier endlich einmal bereit ist, aus den allgemeinen Mitteln des Haushalts die absolut erforderlichen Mittel zu bewilligen.
Bitte, befassen wir uns doch noch kurz mit der Realität. Ich war angesichts der Vielzahl kommunalpolitisch interessierter Mitglieder dieses Hohen Hauses - auch im Bereich der Koalition - darüber erstaunt, daß keiner dieser Herren auf die Drucksache Bezug genommen hat, die heute morgen in den Schubfächern der Abgeordneten dieses Hohen Hauses lag; ich meine das Schreiben des Deutschen Städtetages in Köln-Marienburg vom 14. Oktober. Darin wird mit großer Sorge von dem Problem der Ortsdurchfahrten, das auch in der Debatte behandelt worden ist, gesprochen. Ich darf wohl mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten wenige Sätze zitieren:
Der Herr Bundeskanzler hatte in seiner Regierungserklärung vom 29. Oktober 1957 die Verkehrsnot der Städte hervorgehoben und angekündigt, die Bundesregierung werde die von Jahr zu Jahr zu steigernden Bundesmittel für den Straßenbau „so einsetzen, daß ein in allen Teilen leistungsfähiges Gesamtnetz entsteht".
Der Hauptausschuß des Deutschen Städtetages sagt dazu weiter:
Diese Erklärung wird durch die Regierungsvorlage nicht erfüllt. Während noch der vom Herrn Bundesverkehrsminister im Jahre 1957 aufgestellte Zehnjahresplan innerhalb der Ge4506
samtkosten von 22,4 Milliarden DM an Bundesmitteln für den „Ausbau von Ortsdurchfahrten in Gemeinden mit mehr als 9000 Einwohnern" 3 Milliarden DM vorsah, will die Bundesregierung im Rahmen ihres nunmehr vorgelegten Vierjahresplanes, der in der Summe auf 8 Milliarden DM lautet, die bisherigen Leistungen des Bundes nur um 60 Millionen DM erhöhen.
Man rechnet dann aus, daß das im Jahr 15 Millionen DM ausmacht, die zusätzlich zu den 59 Millionen DM treten, die der Bund im laufenden Rechnungsjahr für solche Zuschüsse angesetzt hat, was zusammen den heutigen Haushaltsansatz von 74 Millionen DM pro Jahr ergibt. An dieser Rechnung ist nicht zu rütteln.
Ich möchte hier folgende Feststellung treffen. In zehn Jahren wären aus 8 Milliarden DM - durch die Verlängerung auf zwölf Jahre ist das etwas verbessert worden - für Ortsdurchfahrten in Gemeinden mit mehr als 9000 Einwohnern im ganzen etwas mehr als 1 Milliarde DM bereitgestellt worden. Nach dem neuen Entwurf stellt die Bundesregierung in vier Jahren 60 Millionen DM zusätzlich bereit. Da klafft natürlich eine große Lücke.
Ein Redner - ich glaube, es war der Herr Kollege Besold - hat gemeint, die 400 Millionen DM aus den erwarteten Neuerträgnissen sollten den Gemeinden nicht über die Länder - gewisse Sorgen in dieser Hinsicht sind nicht ganz unbegründet -, sondern direkt zugute kommen. Wenn dagegen keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen, ist mir dieser Gedanke durchaus recht. Nur darf ich auf folgendes aufmerksam machen. Wir werden darauf hinzuwirken haben - wenn Sie unseren Entwurf genau durchlesen, werden Sie darin schon diesen Gedanken finden -, daß nicht nur in Gemeinden mit mehr als 9000 Einwohnern, sondern auch in solchen mit geringerer Einwohnerzahl, Ortsdurchfahrten verbessert werden. Bitte, gehen Sie doch aufs flache Land, dann erkennen Sie, wie notwendig das ist. Ich sehe auch aus den vielen Anträgen auf Aufhebung der Immunität von Abgeordneten, die wir im Ausschuß zu erörtern haben, in welchem Umfange
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Abgeordnete auf Ortsdurchfahrten in kleineren Gemeinden in Konflikt mit den Verkehrsvorschriften geraten. Sie wollen mir verzeihen, daß ich diese Bemerkung nebenbei gemacht habe.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir müssen das Schwergewicht darauf legen, daß wir den großen Städten, den Mittelstädten, den kleinen Städten, den Landgemeinden und den Kreisen helfen. Es ist ein unhaltbarer Zustand, daß ein Kreis, dem als Kreistagsabgeordneter vorzusitzen ich die Ehre habe, vor kurzem gezwungen wurde, eine Million für ein Straßenbauprogramm - um die Löcher zu beseitigen - zu teurem Geld aufzunehmen, um im ganzen anderthalb Millionen aufzubringen. Das ist einfach ein Ding der Unmöglichkeit. Das sind Überlegungen, die uns immer wieder zu dem Gedanken der Zweckbindung führen.
Wir befinden uns dabei gar nicht in schlechter Gesellschaft, Herr Kollege Dr. Dresbach. Es ist die Bundesregierung selbst, die in bezug auf die Heizölsteuer eine Zweckbindung anstrebt.
({5})
- Das werde ich noch einmal überschlafen.
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Ich werde dann dafür stimmen, Herr Kollege Dr. Dresbach, wenn die übrige Finanzpolitik der Mehrheit dieses Hohen Hauses Ansätze schafft, die einen solchen Beschluß rechtfertigen. Im übrigen denke ich noch an die Erklärungen des Herrn Bundesfinanzministers in seiner ersten Rede als Finanzminister: Keine Steuererhöhung!
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Ich sehe schwarz, Herr Minister. - Nein, Sie haben es ganz allgemein gesagt, Sie haben keine Reserven angebracht.
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- Wir wollen das Protokoll einmal gemeinsam vergleichen; ich glaube nicht.
Noch wenige Bemerkungen zum Gang der Diskussion, zunächst einen Satz zu den Ausführungen des Kollegen Müller-Hermann! Er sieht in unserem Antrag - ich habe es mitstenographiert - „keine ernst zu nehmende Diskussionsgrundlage". Herr Kollege Müller-Hermann: schnell fertig ist die Jugend mit dem Wort.
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Ich bin etwas älter als Sie, und ich habe es mir langsam abgewöhnt, so schnell zu schießen, wie Sie es immer tun.
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- Ich kann es, wenn es pressiert; warum auch nicht, ich habe es ja gelernt.
Herr Kollege Müller-Hermann, Sie sollten wirklich allen Ernstes den Versuch unterlassen, das als Wahlschlager zu bezeichnen. Sie sollten den Versuch unterlassen, mit einer solchen Formulierung - „keine geeignete Diskussionsgrundlage" - zu verhindern, daß in den Ausschußberatungen dieser ernstgemeinte Antrag meiner Fraktion entsprechend der Bedeutung, die ihm zukommt, gewürdigt wird. Ich kann Ihnen sagen: es wird Ihnen nicht gedankt werden, und zwar nicht nur bei den Wahlen, sondern auch bei den Verkehrsteilnehmern, die die Verantwortlichen eines Tages verfluchen werden, weil sie es nicht verstanden haben, zur rechten Zeit eine vernünftige Verkehrssituation zu schaffen und die dazu notwendigen Mittel bereitzustellen.
({11})
Abschließend verweise ich auf den Zwischenvorschlag des Herrn Dr. Bleiß zur quasi Vorfinanzierung des uns vorschwebenden Straßenbaufonds. Herr Bundesfinanzminister, Ihnen ist die Situation weit besser bekannt, als sie mir oder vielleicht allen Mitgliedern des Hohen Hauses bekannt sein
kann. Ich kann mir denken, daß die Initiative in bezug auf eine zweckgebundene Anleihe sowohl in der Bundesrepublik bei den anzusprechenden Partnern - als da sind: Automobilfabriken, Ölgesellschaften und verwandte Betriebe - als auch auf europäischem Boden, ich denke an die Europäische Investitionsbank, auf geneigtes Gehör stoßen könnte. Wenn wir in bezug auf Europa nicht nur deklamieren solten wir versuchen, unser Straßennetz genauso wie das Straßennetz der übrigen sich zu Europa bekennenden Länder als ein gesamteuropäisches Straßennetz vorzusehen, auszubauen und durch eine gesamteuropäische Leistung zu finanzieren.
Ich glaube, es wäre des Schweißes der Edelsten in dieser Nation und in diesem Europa wert, sich in dieser Richtung zu orientieren und die Initiative zu ergreifen. Ich habe vor Jahr und Tag schon auf die Möglichkeiten der Heranziehung dieses Vertragsinstruments hingewiesen; wir sind ja Vertragspartner auch für die Europäische Investitionsbank. Ich habe nie gehört, weder aus dem Bereich des Finanzministeriums noch aus dem Bereich des Bundesverkehrsministeriums, daß man einmal ernsthaft den Gedanken erwogen hat, auf diesem Wege - wie auch auf dem soeben aufgezeigten innerdeutschen Wege - den Versuch zu machen, uns aus der Verkehrsmisere herauszuhelfen und so Schritt um Schnitt den Weg zu gehen, von dem mein Freund Dr. Bleiß vorhin gesprochen hat.
Ich möchte die Mehrheit des Hauses in allem Ernst und in aller Ruhe bitten, das Problem so zu betrachten, wie es sich aus der enorm steigenden Motorisierung - siehe letzte Automobilausstellung - mit ihren Folgen ergibt. Wir alle sind Verkehrspartner, sind Verkehrsteilnehmer mit zum Teil unterschiedlichen Erfahrungen, aber wir können nicht verhehlen und können nicht leugnen, daß eine Entwicklung eingesetzt hat, die uns zwingt - nach einem Wort von Ullrich von Hutten -, „nun endlich etwas Tapferes zu tun". Die Vorlage der Regierung ist, bei aller Anerkennung, daß sie etwas mehr Mittel bringt, das Tapfere nicht, was wir in Wirklichkeit brauchen.
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Das Wort hat der Abgeordnete Müller-Hermann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nur ganz wenige Bemerkungen. Herr Kollege Ritzel, wir haben uns bereits im Transportausschuß des Europa-Parlaments und in Gesprächen mit der Kommission der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft sehr eingehend über die Frage europäischer Verkehrsinvestitionen unterhalten. Leider haben wir feststellen müssen, daß nach den bisherigen Planungen der zuständigen europäischen Organe die Investitionen für den Bereich des Verkehrs an der letzten Stelle auf einer langen Liste stehen.
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- Ich stelle nur sachlich den Stand der Dinge fest. Wir werden uns sicherlich gemeinsam bemühen müssen, daß auf diesem Gebiet besser geplant wird und mehr geschieht.
Die Diskussion ist im allgemeinen, wie ich glaube, in einer sehr freundschaftlichen und konstruktiven Weise geführt worden. Ich bitte mir auch nicht übelzunehmen, daß ich die Vorschläge der sozialdemokratischen Fraktion als mit den Realitäten einfach nicht vereinbar ansehe. Ich stelle ausdrücklich fest: Ihr Vorschlag, Herr Dr. Bleiß, ist kein billiger Wahlschlager; wobei ich das Schwergewicht auf das Wort „billiger" lege.
Wir befinden uns in der ersten Lesung. Ich bin der optimistischen Überzeugung, daß wir nach den Beratungen im Ausschuß bei der dritten Lesung im Endergebnis - sowohl was die Aufbringung der Mittel anbetrifft, als auch was die Hilfestellung für die Gemeinden und Kreise angeht - zu einem wesentlich besseren Gesetz kommen werden, als es bei der heutigen Betrachtung den Anschein hat. Wir werden uns jedenfalls das ist doch offensichtlich das Ergebnis der heutigen Aussprache - gemeinsam darum bemühen, daß für den Straßenbau insgesamt mehr als bisher getan wird, einfach entsprechend den Notwendigkeiten des Tages, und das den schwächeren Baulastträgern Hilfestellung geleistet wird.
Ich bitte im Namen meiner Fraktion, die beiden Vorlagen an den Finanz- und Steuerausschuß - federführend - sowie an den Verkehrsausschuß, den Kommunalpolitischen Ausschuß und den Haushaltsausschuß - mitberatend zu überweisen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ist das Haus einverstanden, daß die beiden Vorlagen an den Finanzausschuß - federführend - sowie an den Ausschuß für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen, den Haushaltsausschuß und den Ausschuß für Kommunalpolitik und öffentliche Fürsorge - mitberatend - überwiesen werden? - Es ist so beschlossen.
Ehe ich die Verhandlung schließe, habe ich noch eine Erklärung des Abgeordneten Dr. Deist zu verlesen. Sie bezieht sich auf einen Vorfall, der sich gestern ereignet hat. Herr Dr. Deist schreibt:
Außerhalb der Tagesordnung beabsichtige ich heute folgende Erklärung abzugeben:
In der gestrigen Bundestagsdebatte habe ich irrtümlich ein Zitat aus dem Obermeister-Brief - Beilage zum Deutschen Handwerkblatt vom Oktober 1957 - Herrn Kollegen Schmücker zugesprochen. Tatsächlich handelt es sich um eine Stellungnahme der Schriftleitung des Obermeister-Briefes. Ich bedaure die Verwechslung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Bundestages ein auf Donnerstag, den 22. Oktober, 15 Uhr, und schließe die heutige Sitzung.