Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 6/26/1958

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Dr. Max Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000130

Die Sitzung ist eröffnet. Ich rufe zunächst auf Punkt VI der gedruckten Tagesordnung: Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes ({0}) zu dem Gesetz über die Preisstatistik ({1}). Berichterstatter ist Herr Senator Dr. Klein. Ich erteile ihm das Wort.

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung hat am 8. März 1957 den Entwurf eines Gesetzes über die Preisstatistik vorgelegt. Im § 7 Abs. 2 des Entwurfs war vorgeschrieben, daß über die Preise für die Grundstücke die Grundbuchämter auskunftspflichtig seien. Der Bundesrat hat bereits beim ersten Durchgang des Gesetzes gegen diese Bestimmung Bedenken erhoben. Die Grundbuchämter werden in der Regel nicht die erforderlichen Unterlagen über die Arten und Merkmale der Grundstücke besitzen, über die Auskunft erteilt werden soll, und es kann nicht vertreten werden, den ohnehin schon überlasteten Grundbuchämtern auch noch Arbeiten zuzumuten, die durch unter Umständen umfangreiche Ermittlungen über die erfragten Daten entstehen müssen. Der Bundesrat hat deshalb empfohlen, den § 7 Abs. 2 zu streichen. Es sollte den Ländern vorbehalten bleiben, zu bestimmen, welche Stellen sie mit der Auskunft beauftragen wollen. Die Bundesregierung ist in ihrer Stellungnahme zu den Änderungsvorschlägen des Bundesrates dem Vorschlag auf Streichung des § 7 Abs. 2 nicht beigetreten. Sie hat sich jedoch den Argumenten des Bundesrates nicht verschlossen, sondern einen Kompromißvorschlag vorgelegt, nach dem die Auskunftpflicht bei den Erwerbern und Veräußerern der Grundstücke liegen soll. Der Bundestag hat dann aber den ursprünglichen Entwurf wiederhergestellt. Der Bundesrat hielt seine beim ersten Durchgang geäußerten Bedenken für so schwerwiegend, daß er in seiner Sitzung am 16. Mai beschlossen hat, hinsichtlich des Gesetzes über die Preisstatistik den Vermittlungsausschuß anzurufen. In seinem Vermittlungsbegehren hat der Bundesrat den Kompromißvorschlag aufgegriffen und die Neufassung des § 7 in dieser Form gewünscht. Im Vermittlungsausschuß bestand Einmütigkeit darüber, daß der Veräußerer und der Erwerber von Grundstücken, also die bei einer Grundstücksveräußerung beteiligten Privaten, mit der Auskunftpflicht nicht belastet werden sollen, wenn die Möglichkeit besteht, die notwendigen Angaben von den beteiligten Behörden zu erhalten. Der Vermittlungsausschuß ist deshalb insoweit nicht dem Vorschlag des Bundesrates gefolgt. Er hat sich, wie Sie aus der Bundestagsdrucksache 456 ersehen, vielmehr darauf beschränkt, den Abs. 2 des § 7 in der Weise zu ändern, daß dort lediglich an die Stelle der Grundbuchämter nunmehr die Finanzämter treten. Für diese Lösung waren unter Würdigung der vom Bundesrat geltend gemachten Bedenken hinsichtlich der Belastung der Grundbuchämter folgende Überlegungen maßgebend. Nach § 189 b der Reichsabgabenordnung sind die Behörden, Beamten und Notare, welche Kaufverträge über Grundstücke beurkunden, verpflichtet, dem Finanzamt hiervon Anzeige zu erstatten. Nach Abs. 2 der genannten Bestimmung gilt dies auch dann, wenn die fraglichen Rechtsvorgänge von der Besteuerung ausgenommen sind. In der Praxis spielt sich dies so ab, daß die genannten Beurkundungsstellen Abschriften der Verträge dem Finanzamt übersenden. Auf diese Weise erhält also das Finanzamt von allen Grundstücksveräußerungen wegen der Erhebung der Grunderwerbsteuer Kenntnis. Zur Festsetzung der Grunderwerbsteuer haben aber die Finanzämter den effektiven Kaufpreis zu ermitteln, der ja oftmals nicht dem nominalen Kaufpreis entspricht, sondern sich aus diesem und zusätzlichen Nebenleistungen zusammensetzt, welche der Käufer dem Verkäufer gegenüber übernommen hat. Diese Festsetzung des effektiven Kaufpreises ist aber eine spezifische Aufgabe der Finanzämter und nicht der Grundbuchämter. Aus diesen Erwägungen schlägt also der Vermittlungsausschuß mit großer Mehrheit vor, an Stelle der Grundbuchämter die Finanzämter zu auskunftpflichtigen Stellen zu machen. Namens des Vermittlungsausschusses darf ich dem Hohen Hause empfehlen, dem Vermittlungsvorschlag zuzustimmen und den Gesetzesbeschluß vom 7. Mai 1958 entsprechend zu ändern.

Dr. Max Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000130

Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Eine Debatte findet nach der Geschäftsordnung nicht statt. Ich frage, ob die Fraktionen Erklärungen abzugeben haben. - Das ist nicht der Fall. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem von dem Herrn Berichterstatter vorgetragenen Antrag des Vermittlungsausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? Gegen eine Stimme angenommen. Wir kommen zurück zur Fortsetzung der zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1958 ({0}) ({1}) Berichte des Haushaltsausschusses a) Einzelplan 10: Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ({2}). Es waren begründet der Änderungsantrag Umdruck 81 und von dem Änderungsantrag Umdruck 98 die Ziffern 1 bis 7. Die Abstimmungen hierzu und zu den Einzelplänen 08 und 09 werden von 10 Uhr an erfolgen. Ich schlage Ihnen vor, daß wir bei der Begründung der weiteren Änderungsanträge zum Einzelplan 10 nach der Reihenfolge der Titel, jedenfalls innerhalb des betreffenden Kapitels, vorgehen; ich glaube, das ist für die Experten übersichtlicher. Wir kommen jetzt zum Antrag Umdruck 112. Er bezieht sich auf Kap. 10 02 Tit. 585 a). Darf ich fragen, wer diesen Änderungsantrag der Fraktion der SPD - er betrifft Förderung der Fischerei - begründet. ({3})! Wir haben nach der Begründung von Ziffer 5 a) unterbrochen!) - Das war mir nicht mitgeteilt worden. Ziffer 5 b) des Umdrucks 98 ist also noch offen. Ich rufe also auf den Antrag auf Umdruck 98 Ziffer 5 b. Er betrifft den Tit. 630 und in diesem die Durchführung von Schulmilchspeisungen. Wer begründet ihn? - Herr Abgeordneter Bading hat das Wort.

Harri Bading (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000073, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hatte gestern zum Schluß unseren Antrag auf Erhöhung der Mittel zur Förderung von Qualität und Absatz milchwirtschaftlicher Erzeugnisse um 20 Millionen DM auf 50 Millionen DM be-begründet. Mit diesem Antrag wollen wir, wie ich ausgeführt habe, eine verstärkte Werbung für die Milch erreichen, da für sie in völlig unzureichendem Umfang geworben wird. Diese unzureichende Werbung ist deshalb besonders bedauerlich, weil es sich bei ,der Milch um ein ernährungsmäßig außerordentlich interessantes Produkt handelt. Ich komme jetzt zu unserem zweiten Antrag, der sich ebenfalls mit der Milchwirtschaft beschäftigt. Es handelt sich um die Erhöhung der Mittel für die Schulmilchspeisungen von 6 Millionen DM auf 50 Millionen DM. Meine Fraktion hat einen solchen Antrag bereits bei früheren Etatberatungen gestellt. Ebensooft wie er gestellt worden ist, wurde er aber auch von der Mehrheit des Hauses abgelehnt, obwohl die sachliche Berechtigung dieses Antrages sowohl im Ernährungsausschuß von allen Seiten wie auch von den Fachleuten der Ernährungskunde immer wieder anerkannt wurde. Da dieser Antrag, dessen Berechtigung, wie gesagt, anerkannt wird, bereits mehrmals in den vergangenen Jahren vorgebracht wurde, erscheint es mir verwunderlich, daß das Ernährungsministerium diese Mittel nicht von sich aus erhöht hat. Eine Zeitlang wurde behauptet, die zur Verfügung gestellten Mittel würden nicht voll ausgenutzt. Das stimmt jedoch nicht. Bis auf einen ganz geringen Rest sind im letzten Jahr die Mittel ausgenutzt worden. Die Nichtausnutzung der Mittel in früheren Jahren liegt aber auch nicht daran, daß kein Bedarf an der Schulmilchspeisung besteht, sondern daran, daß die Richtlinien des Ministeriums vorsehen, daß Länder und Gemeinden sich mit einem Beitrag an der Schulmilchspeisung beteiligen müssen. Das ist natürlich für arme Gemeinden außerordentlich schwierig. Die Finanzlage der Gemeinden ist ja allgemein bekannt. Ich möchte nun nicht auf all die Gründe eingehen, die bereits in früheren Beratungen für diesen unseren Antrag vorgebracht worden sind. Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit lediglich darauf lenken, welche Bedeutung die Schulmilchspeisung für den Absatz der Milch hat. Es gibt in Westdeutschland 6,2 Millionen Schulkinder. Wenn alle diese Schulkinder täglich 1/4 Liter Milch trinken, sind das bei 220 Schultagen im Jahr 340 Millionen Liter, d. h. 13 % des Gesamtabsatzes der Molkereien an Trinkmilch. Zweifellos ist es nicht möglich, das sofort zu erreichen. Aber man sollte endlich einmal einen vernünftigen Anfang machen. Die bisher zur Verfügung gestellten 6 Millionen DM reichen in keiner Weise aus. In England wird seit 25 Jahren in allen Schulen für alle Kinder ein kostenloses Schulfrühstück ausgegeben. Es ist durch die Labour-Regierung eingeführt und von der konservativen Regierung beibehalten worden. Die konservative Regierung hat es nicht gewagt, das zu ändern. Die Kosten für dieses Schulfrühstück in England betragen etwa 12 Millionen Pfund, das sind 132 Millionen DM. Wir verlangen bei gleicher Bevölkerungszahl nicht soviel, sondern nur 50 Millionen DM und möchten Sie bitten diesem Antrag zu entsprechen, nicht etwa nur im Interesse der Landwirtschaft, sondern auch im Interesse unserer Kinder. Gestatten Sie mir aber zum Schluß noch eine Bemerkung zu den gestrigen Ausführungen von Herrn Dr. Vogel. Mein Freund Kriedemann hat für die SPD-Fraktion bereits auf diese Ausführungen geantwortet. Ich möchte hier noch einmal wiederholen: Ich halte es für eine schlechte Sache, wenn uns hier unterstellt wird, wir stellten diese Anträge lediglich aus agitatorischen Gründen. Wir haben bereits bei der ersten Lesung des Etats und auch bei den Beratungen zum Grünen Plan erklärt, daß wir diese MitBading tel keineswegs der Landwirtschaft entziehen wollen, die ihr nach den Vorschlägen der Regierung zur Verfügung gestellt werden sollen. Wir haben aber andere Vorstellungen über die richtige Verteilung dieser Mittel. Das ist unsere Alternative, und dann soll man nicht sagen, daß es sich lediglich um agitatorische Anträge handle. ({0}) - Wenn unsere Anträge von Ihrer Fraktion sachlich als berechtigt anerkannt werden, sind wir durchaus bereit, mit Ihnen zusammen - ich nehme jedenfalls an, daß ich meine Fraktion davon überzeugen kann - einen Antrag auf Halbierung der Mittel für die Düngemittelsubvention zu stellen, die sich ja auch nach den Aussagen von Herrn Bundesfinanzminister Etzel in erster Linie als eine Subvention für die Industrie auswirkt. ({1})

Dr. Max Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000130

Das Wort hat Herr Abgeordneter Logemann.

Fritz Logemann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001367, Fraktion: Deutsche Partei (DP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich mit den Ausführungen des Kollegen Bading zur Schulmilchspeisung und mit den gestrigen Darlegungen zur Milchwerbung auseinandersetzen und dabei gleich vorwegschicken, daß wir uns im Ernährungsausschuß mit diesen Problemen durchaus beschäftigt haben und auch der Meinung waren, daß besonders für die Schulmilchspeisung eine Erhöhung von 6 Millionen auf etwa 9 Millionen DM im Haushalt realisierbar sein dürfte. Trotzdem haben wir diesen Antrag auf Erhöhung nicht gestellt. Dafür darf ich vielleicht kurz die Gründe anführen. Die bisherigen Erfahrungen, die wir mit der Durchführung von Schulmilchspeisungen gemacht haben, zeigen tatsächlich, daß es dabei erhebliche Schwierigkeiten vor allen Dingen in der Beteiligung von Ländern und Gemeinden gegeben hat und daß man nicht zu dem allerseits erwarteten Erfolg eines Mehrabsatzes von Milch gekommen ist. Deshalb sind wir der Meinung, daß man vor einer Erhöhung der bisherigen Mittel zunächst eine gründliche Beratung darüber führen sollte, wie man die Schwierigkeiten, die bisher aufgetreten sind, künftig vermeiden kann. Daran müßten vor allen Dingen die SPD interessiert sein, die hierfür weitere 44 Millionen DM beantragt. Aus einem Bericht des „Agrardienstes" in Hamburg geht hervor, daß gerade die Einstellung des Hamburger Senats, dessen Mehrheit der SPD-Fraktion angehört, zur Schulmilchspeisung sehr ablehnend ist. Der „Agrardienst" bringt unter der Überschrift „Die Schulmilch hat in Hamburg keine Chance" im einzelnen die Ablehnungsgründe des Hamburger Senats. Diese Gründe liegen einmal in den finanziellen Schwierigkeiten, die angeführt werden, namentlich darin, daß Hamburg zwei Drittel - Länder/Gemeindeanteil - der Kosten tragen soll; darüber könnte man reden. Der zweite Ablehnungsgrund sind die Schwierigkeiten und Widerstände innerhalb der Schulen, die in Hamburg bei der Verteilung der Schulmilch aufgetreten sind. Der dritte Einwand geht noch weiter. Hier wird erklärt, über allen Einwänden gegen die Schulmilchspeisung stehe die Überzeugung, daß in der gegenwärtigen Wirtschaftslage keine Notwendigkeit bestehe, mit öffentlichen Mitteln die Schulmilch zu subventionieren. ({0}) Über diese Schwierigkeiten, die sich selbst in Hamburg ergeben, in einer Stadt mit einer SPDMehrheit, die diesem Anliegen der Bundestagsfraktion der SPD auch aufgeschlossen gegenüberstehen müßte, sollte man sich zunächst in einer gründlichen Beratung klarwerden. Im übrigen sind wir uns mit Herrn Badinq durchaus in der Auffassung einig, daß wir für die Steigerung des Trinkmilchverbrauchs im Interesse der Förderung des Milchabsatzes der Landwirtschaft, aber gleichzeitig im Interesse unserer Volksgesundheit wirklich alles nur Mögliche tun sollten. ({1}) Vor allen Dingen sollte man auch den Schulkindern - darin sind wir einig - viel Milch zur Erhaltung der Gesundheit anbieten. Ich leite aus dem Sprichwort „Jung gewohnt, alt getan" ab: brenn wir die Kinder an einen vermehrten Trinkmilchverbrauch gewöhnen, dann kommen wir auch für die ältere Generation zu einem höheren Trinkmilchabsatz. So meine ich, daß gerade die Schulmilch in dieser Hinsicht eine sehr wichtige Werbung zur Förderung des Milchverbrauchs und ein sehr guter Anreiz für einen erhöhten Milchverbrauch sein könnte. Auch bin ich der Meinung, daß wir nach gründlicher Beratung zu diesen Problemen hier Stellung nehmen und künftig handeln müssen. Gestern ist schon darauf hingewiesen worden, daß der Rückgang des Trinkmilchverbrauchs in Westdeutschland erheblich ist. Ich gehe so weit, 711 behaupten, daß alle Verantwortlichen für die Volksgesundheit diesen Rückgang des Trinkmilchverbrauchs mit besonderer Sorge sehen müssen. Gerade die Tatsache des zurückgehenden Milchverbrauches sollte unsere staatlichen Gesundheitsämter mit Unruhe erfüllen. Die beste Milchwerbung - um auch dazu noch etwas zu sagen - ist aber nach meiner Auffassung, daß wir uns bemühen, die Wünsche der Milchverbraucher soweit wie möglich zu erfüllen. Dazu gehört, daß wir dem Verbraucher die Milch geben, die er wünscht, und uns bemühen, künftig zu einer Freigabe von Rohmilch für den Verbraucher zu kommen. Ich bin der Meinung, die Milch, die von Kühen aus einwandfreien, seuchenfreien Beständen kommt - und das ist erfreulicherweise der Fall -, ist so gut, daß sie der Mensch nicht mehr verbessern kann. Wir haben die Verpflichtung, in Bund und Ländern die gesetzlichen Möglichkeiten für eine Freigabe von Rohmilch zu schaffen. Es müßte sich auch hier langsam herumsprechen, daß die Entfernung von Fett aus der Milch in den Kriegsjahren eine kriegsbedingte Notmaßnahme war, und daß mit dieser Beraubung jetzt, wo genügend Butterfett zur Verfügung steht, endlich Schluß gemacht werden müßte. Wenn weiter versucht wird, wie es im Augenblick Herr Minister Lübke tut, bezüglich des Trinkmilchabsatzes dem Verbraucher noch mehr entgegenzukommen und die Trinkmilch in die Wohnung zu schaffen, so könnte das mit zu einem Erfolg und damit zu einem höheren Verbrauch von Trinkmilch führen. ({2})

Dr. Max Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000130

Das Wort hat Herr Abgeordneter Kriedemann.

Herbert Kriedemann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001216, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hier wird wieder der Eindruck erweckt, als hätten wir dem Hause etwas vorgeschlagen, was nicht überlegt sei. Aber wir können für uns in Anspruch nehmen, daß wir unsere Anträge gründlich überlegen, nicht nur gründlich, sondern auch rechtzeitig. Das will ich Ihnen, Herr Kollege Logemann, und Ihren Kollegen an einem Beispiel beweisen. Bei der Gelegenheit will ich gleich das Einigende vorwegnehmen. Wir sind einig in der Frage, daß für die Absatzsteigerung von Trinkmilch im Interesse der Volksgesundheit, der vernünftigen Ernährung und der Milcherzeugung etwas getan werden muß. Darüber haben wir uns bereits vor zwei Jahren den Kopf zerbrochen und dem Hause einen vollständigen Gesetzentwurf über die Modifizierung und Modernisierung der sogenannten Milchmarktordnung vorgelegt, die im wesentlichen mit dazu beiträgt, daß so wenig Milch getrunken wird; auch die Geschichte mit der Rohmilch ist darin. Das ist damals von Ihren Freunden mit abgelehnt worden. In der Theorie sind wir uns immer großartig einig, auch was die Schulmilch angeht. Sie sagen, die Kinder sollen dazu erzogen werden, es wäre ganz gut usw. usw. In der Praxis unterscheiden wir uns dadurch, daß wir das auch wollen, was wir sachlich für richtig halten, und das in der Praxis durchführen, was in der Theorie alle einsehen. Sie sagen, Hamburg sei dagegen, und das sei ein Argument gegen den sozialdemokratischen Antrag. Die ganze Angelegenheit liegt in der Verantwortung des Bundes und nicht der Länder; denn wir haben ja das Problem der Milchproduktion durch die Milchsubventionierung auf die Tagesordnung gebracht, und wir sind dafür verantwortlich, es wieder aus der Welt zu schaffen, und zwar auf eine möglichst vernünftige Weise. Wir belasten mit der Marktordnung die Verbraucher, und Sie wissen, daß aus der Abschöpfung von Brot und Zucker dem Bundesfinanzminister in diesem Jahr über 400 Millionen DM zukommen. Das ist eine Angelegenheit, die nicht die Landwirtschaft bezahlt, sondern die die Verbraucher bezahlen. Und wir haben alle Veranlassung, auf diese Weise etwas davon zurückzugeben. Nun zu den Hamburger Argumenten, die Sie ausgerechnet aus dem „Ernährungsdienst" zitiert haben. Daß die Lehrer dagegen sind, weil sie sich von der Mehrarbeit nichts versprechen, verstehe ich. Aber darauf brauchen wir keine Rücksicht zu nehmen. Daß es an finanziellen Mitteln in den Ländern und Gemeinden scheitert, wissen wir, und deswegen machen wir den Vorschlag, Bundesmittel beizusteuern. Es wird gesagt, die Wirtschaftslage, das Wirtschaftswunder mache es überflüssig, noch öffentliche Mittel für Schulmilch auszugeben. Sind Sie der Meinung, daß es den Engländern so dreckig geht, daß sie ihrem Volk auf dem Wege über die Schulmilchspeisung ein bißchen auf die Beine helfen?! Wir haben dieselben Gründe, die Sie hier vorgebracht haben. Die, wenn ich so sagen darf, milchpädagogischen Gründe und der Gedanke der Sicherung eines zügigen Absatzes der Milch bewegen uns zu diesem Antrag. Er ist überlegt und zu verantworten. ({0})

Dr. Max Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000130

Weitere Wortmeldungen liegen zu diesem Antrag nicht vor. Die Aussprache dazu ist geschlossen. Die Abstimmung findet nach 10 Uhr statt. Ich gehe nun ich wiederhole es - nach der Reihenfolge der Titel und der dazu vorgelegten Anträge vor. Wir kommen jetzt also zu Tit. 585 Buchstabe a. Dazu liegt der Antrag Umdruck 112 vor. Es ist ein Antrag der SPD zur Förderung der Fischerei. Zur Begründung des Antrags Abgeordneter Diekmann!

Bruno Diekmann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000384, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unter dem Tit. 585 im Kap. 10 02 ist ein Darlehen zur Förderung der Kutterfischerei in Höhe von 1,3 Millionen DM ausgewiesen. Das Darlehen soll der Fortführung der Rationalisierung in den Betrieben der kleinen Hochseefischerei und der Küstenfischerei dienen. Die seit einigen Jahren eingeleiteten Rationalisierungsmaßnahmen haben in Verbindung mit der neuerdings in diesem Fischereibetriebszweig eingeführten Betriebsberatung besonders im letzten Jahr insofern eine gute Auswirkung gehabt, als bessere Fangergebnisse erzielt worden sind als im Jahre 1956. Die Fangerlöse, die ohne Zweifel auch entsprechend höher gewesen sind, stehen zu den Betriebskosten in einem ungünstigen Verhältnis. Die meisten Betriebe - es handelt sich um einige Tausend - haben nur eine geringe oder fast gar keine Rendite. Diese etwas bedenkliche Entwicklung ist nicht auf die Betriebsinhaber zurückzuführen; denn die Fangboote sind im allgemeinen mit alten, erfahrenen Fischern besetzt. Es liegt vielmehr daran, daß diesem Betriebszweig die notwendigen Betriebsmittel zur Zeit nicht zur Verfügung stehen. Seine Fahrzeuge müssen dem neuesten Stand angepaßt werden, und dazu bedarf es immerhin erheblicher Ausgaben. Dieser Betriebszweig ist eigentlich derjenige, der sich seit der Währungsreform am allerschlechtesten entwickelt hat. Denn die schmale Rendite, von der ich soeben gesprochen habe, hat den Betriebsinhaber und Fischer nicht in den Stand gesetzt, sich einige Kapitalreserven zu schaffen. Deshalb müssen hierfür höhere Mittel vorgesehen werden, als jetzt im Tit. 585 ausgewiesen sind. Ich sagte soeben schon, daß die Boote der Zeit entsprechend ausgerüstet werden müssen, d. h. mit besseren Motoren, besseren Fanggeräten und entschieden besseren Nachrichtenmitteln. Die Mittel hierfür stehen leider nicht in dem erforderlichen Maße zur Verfügung. Neben dem Rationalisierungsprozeß muß ein Erneuerungsprozeß laufen. Ich darf darauf aufmerksam machen, daß wir in der Kutterfischerei etwa 1500 Fahrzeuge mit einer Bootslänge von etwa 10 m und etwa 1700 Küstenfahrzeuge haben. Davon sind aber 34 % bereits länger als 30 Jahre und 16 % zwischen 20 und 30 Jahren in Betrieb. Aus diesen Zahlen geht deutlich genug hervor, daß hier ein Erneuerungsprozeß einsetzen muß. Aber wenn man weiß, daß der Preis eines modernen Kutters von etwa 22 ni Länge 250 000 DM beträgt, läßt sich auf Grund der Dinge, die ich Ihnen dargestellt habe, durchaus erklären, daß der Fischer, der bereit ist, einen neuen Kutter bauen zu lassen, nicht die notwendigen Mittel zur Verfügung hat, um dies bewerkstelligen zu können. Ein einfaches Boot in einer Länge von 12 oder 14 m kostet 60 000 bis 80 000 DM. Dann darf ich darauf hinweisen, daß auch in der Fischerei alles getan werden muß, um den Nachwuchs heranzubilden. Das ist aber insofern um so schwerer, als sich junge Fischer nicht zur Verfügung stellen, weil ihnen nicht die Möglichkeit gegeben ist, sich eventuell selbständig zu machen, d. h. ein eigenes Boot zu bekommen. Jungfischern ist zwar bisher von seiten der jeweiligen Landesregierung Unterstützung, d. h. ihnen sind Geldmittel in Aussicht gestellt worden. Aber dies setzte voraus, daß der Jungfischer etwa 20 his 25 % an Eigenkapital aufbrachte. Das ist für einen Jungfischer unmöglich. Es muß künftig Angelegenheit der Bundesregierung sein, dafür zu sorgen, daß der Jungfischer nur etwa 10 % an Eigenkapital aufzubringen hat. Von der Kutterfischerei müssen neue Fangplätze aufgesucht werden, denn aus hydrographischen und aus biologischen Gründen haben sich die Fangplätze in letzter Zeit nach dem Norden verlagert. Das erfordert sowieso schon bessere, leistungsfähigere Boote. Ich darf auch darauf aufmerksam machen, daß in jüngster Zeit die schwedischen Fischer mit ihren größeren Kuttern, die zudem besser ausgerüstet sind, die deutschen Märkte, die deutschen Anlandeplätze aufsuchen, um ihre Frischware, ihre Heringe bei uns zu verkaufen. Mir scheint es notwendig zu sein, daß auch die deutsche Kutterfischerei sich auf diesen Schwedentyp einstellt. Allerdings sind diese Fahrzeuge außerordentlich teuer. Die Länge eines solchen Kutters beträgt 27 m, und der Preis für ein derartiges Fahrzeug wird etwa 350 000 bis 400 000 DM ausmachen. Sie sehen, daß auf Grund der ganzen Verhältnisse bei der Kutterfischerei, die ich Ihnen geschildert habe, der einzelne Fischer leider nicht in der Lage ist, sich bessere Kuttertypen beschaffen zu können. Ohne Unterstützung der Bundesregierung ist das nicht möglich. Sowohl der Rationalisierungsprozeß als auch der Erneuerungsprozeß in der Kutterfischerei muß unbedingt einsetzen. Dazu bedarf es erheblicher Förderungsmaßnahmen. Diese müssen von seiten der Bundesregierung aus forciert werden. Denn ohne Hilfe des Staates ist der Kutterfischerei keine gesunde Basis zu geben. Die Kutterfischerei stellt einen ganz beachtlichen Betriebszweig in der Fischerei dar, wie ich soeben schon angedeutet habe. Ihre gesamten Anlandungen betragen alljährlich etwa 163 000 t. Vor allen Dingen liefert sie eine Qualitätsware ersten Ranges, beste Ware für die Fisch- und Konservenindustrie. Der Antrag, der hier von mir begründet wird, sieht vor, daß die im Tit. 585 ausgewiesenen Mittel in Höhe von 1,3 Millionen DM um 200 000 DM erhöht werden. Nach meiner Auffassung und nach Auffassung der sozialdemokratischen Fraktion ist das ein ganz bescheidener Antrag, eine ganz bescheidene Aufstockung. Abschließend möchte ich darauf aufmerksam machen, daß der von uns geforderte Betrag beileibe nicht ausreicht, die Kutterfischerei einigermaßen gesund zu gestalten, einigermaßen auf eine bessere Basis zu stellen. Der Bundestagsausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten wird sich in der nächsten Zeit mit dem gesamten Fischereiwesen eingehend beschäftigen; denn es ist immerhin ein Betriebszweig, der sich nach der Währungsreform nicht so wie alle anderen Betriebszweige der gewerblichen Wirtschaft entwickelt hat. Im Ausschuß wird sich dann herausstellen, welche anderen Maßnahmen noch getroffen werden müßten. Weil es sich hier um eine bescheidene Aufstockung handelt, möchte ich Sie bitten, diesen Antrag der Sozialdemokratischen Partei zu unterstützen. ({0})

Dr. Max Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000130

Wird das Wort hierzu gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich ,die Debatte über diesen Änderungsantrag. Die Abstimmung erfolgt später, nach 10 Uhr. Ich rufe nunmehr auf Tit. 607. Hierzu liegt ein Antrag auf Umdruck 109 unter Ziffer 1 vor. Ich rufe gleichzeitig auf - und nehme das Einverständnis des Hauses damit an - Tit. 629 und dazu den Antrag Umdruck 109 Ziffer 2. Während Umdruck 109 Ziffer 1 die Ausgabe enthält, steht in Umdruck 109 Ziffer 2 ,die Deckung. Ich nehme an, daß beides gemeinsam verhandelt werden kann. Ich frage an, ob, da sämtliche Parteien einmütig diesen Antrag gestellt haben, das Wort zur Begründung gewünscht wird. - Bitte schön.

Paul Gibbert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000676, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem sich alle Fraktionen diesen Antrag zu eigen gemacht und ihn unterschrieben haben, bleibt mir nur übrig, einiges Wesentliche zur Begründung zu sagen. Nachdem der deutsche Weinbau in den vergangenen Jahren ohne seine eigene Schuld in recht schwierige Verhältnisse gekommen war und nachdem die Verhältnisse dank der Hilfe von Bund und Ländern in etwa bereinigt worden sind, zeichnet sich nun für ihn mit der Entwicklung zum europäischen Markt eine neue große Gefahr ab. Der deutsche Weinbau wird nach kurzer Übergangszeit in Wettbewerb mit den klassischen Weinbauländern Frankreich und Italien treten müssen, die ihre Weine natürlich wesentlich billiger, mit geringeren Unkosten, produzieren können und die eine den eigenen Bedarf weit übersteigende Menge an Wein produzieren. Die Gefahr des Druckes dieser Überproduktion auf den deutschen Markt, die in den Ursprungsländern schon jetzt zu einem unlösbaren Problem geworden ist, erfüllt ,die deutschen Weinbauern natürlich mit großer Sorge. Sie wissen, daß sie, wenn sie in diesem auf sie zukommenden Wettbewerb bestehen wollen, alle Anstrengungen unternehmen müssen, um durch Anwendung aller möglichen Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur, zur Förderung der Rebenzüchtung usw. die eigenen Poduktionskosten zu senken und zweitens die Qualität ihrer Weine, die in ihrer Eigenart sicherlich auch auf dem europäischen Markt begehrt wenden, zu steigern. Diesen beiden Zielen soll der Zusammenschluß ,der kleineren und mittleren Winzerbetriebe zu Winzergenossenschaften dienen. Es kommt also darauf an, Winzergenossenschaften neu aufzubauen und bestehende zu Genossenschaftskellereien auszuweiten, in denen die gemeinschaftliche Bereitung des Weins von der Traube bis zur Konsumreife des Weins geschehen soll. Diese Genossenschaften haben da, wo sie bestehen, besonders in Württemberg und in Baden, evident den Beweis geführt, daß sie eine wirkliche Stütze der kleinen und mittleren Weinbaubetriebe sind. Ihre Gründung aber verlangt gerade von den wirtschaftlich Schwachen hohe Investitionen. Dazu wollen wir vom Bund einen Beitrag leisten, weil wir es als Verpflichtung anerkennen, daß die Gemeinschaft des Volkes bei der Abwendung von wirtschaftlichen Gefahren einzustehen hat, die einem Berufsstand aus einem Vertrage erwachsen, 'der doch im Interesse des gesamten Volkes abgeschlossen worden ist. Es ist deshalb erfreulich, festzustellen, ,daß sowohl der Bundesernährungsminister als auch der Ernährungsausschuß und der Haushaltsausschuß sich in dem Willen, hier zu helfen, absolut einig gewesen sind und dadurch die Deckung des benötigten Betrags aus den vorhandenen Ansätzen ides Einzelplans 10 ermöglicht haben, so daß keine Erhöhung der geplanten Ausgaben eintritt. Ich bitte ,das Hohe Haus, ,diesem Antrag ebenso einmütig zuzustimmen und durch diese konkrete Finanzhilfe des Bundes unseren Winzern draußen zu zeigen, daß wir hier in Bonn ihre Sorgen kennen und bereit sind, ihnen faktisch und praktisch Hilfe zu leisten.({0})

Dr. Max Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000130

Weitere Wortmeldungen hierzu liegen nicht vor; damit ist die Debatte zu diesen Änderunganträgen Umdruck 109 Ziffern 1 und 2 geschlossen. Die Abstimmung erfolgt nach 10 Uhr. Ich rufe nunmehr auf Umdruck 111 Ziffer 1 zu Tit. 629. Zum Wort hat sich Herr Abgeordneter Wolff gemeldet.

Dr. Herbert Wolff (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002555, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Tabakbau in der westdeutschen Bundesrepublik wird hauptsächlich in kleinbäuerlichen Betrieben durchgeführt. Er erfordert zwar einen sehr hohen Handarbeitsaufwand, hat aber eine große Flächen- und Arbeitsproduktivität zur Folge. Die durchschnittliche Anbaufläche - daraus ersieht man, daß er in kleinbäuerlichen Betrieben zu Hause ist - beträgt rund 15 Ar. Der Tabak stellt fast die einzige Verkaufsfrucht dieser kleinbäuerlichen Betriebe dar, und der Erlös aus diesem Tabak bestimmt die Existenz dieser Kleinbauern. Deshalb ist es verständlich, daß sich diese Betriebe darum bemühen, Qualitätsware zu erzeugen; sie tun dies dadurch, daß sie sich in Tabakbauvereinen zusammengeschlossen haben, um die Produktion von Qualitätstabaken zu fördern. In diesen Vereinen werden einheitliche Sorten angebaut, die empfohlene Düngung eingehalten und die richtigen Pflegemaßnahmen gesichert. In vielen Fällen sind auch die Anbauflächen zusammengelegt worden, um beregnen zu können und dadurch die Blattmasse zu verbessern. Alle diese Maßnahmen dienen der Erreichung höchster Güte, weil im Rahmen des scharfen Wettbewerbs nur durch sie auskömmliche Preise erzielt werden können. Bei der Produktion des einheimischen Tabaks ist die letzte Phase der Erzeugung noch unzulänglich; das ist die Trocknung des Erntegutes. Auf diesem Gebiet sollen Hilfsmaßnahmen durchgeführt werden. Es besteht Übereinstimmung zwischen dem Ausschuß für Ernährung und Landwirtschaft des Deutschen Bundestages und dem Herrn Minister für Ernährung und Landwirtschaft darüber, daß diese Mittel nur für Gemeinschaftsanlagen gegeben werden, um auf diese Art und Weise die Möglichkeit einer Zusammenarbeit in den kleinbäuerlichen Betrieben zu sichern. Auf diese Weise wird auch die Gewähr für die Herstellung größerer Posten von einheitlich hoher Qualität gegeben und damit gleichzeitig die Gewähr für die Erzielung besserer Preise und die Festigung der Existenz dieser Kleinbauernbetriebe. Die Kleinbauern, die Tabak anbauen, sind gegenüber diesen Maßnahmen sehr aufgeschlossen. Ich bitte deshalb das Hohe Haus, dem Antrag zuzustimmen. ({0})

Dr. Max Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000130

Wird das Wort hierzu gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Damit schließe ich die Beratung über den eben begründeten Änderungsantrag zu Tit. 629 auf Umdruck 111 Ziffer 1. Ich rufe auf den Umdruck 111 Ziffer 2 zu Tit. 670. Darf ich fragen, wer ihn begründet? - Herr Kollege Bauknecht!

Bernhard Bauknecht (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000110, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es erübrigt sich, zu dieser Frage ausführlich Stellung zu nehmen. Herr Kollege Frehsee von der SPD hat diesen Antrag gestern begründet. Es handelt sich hierbei um eine Hilfsmaßnahme für die kleinen Testbetriebe, deren Unterlagen wir für den Grünen Bericht brauchen. Wir verlangen von diesen Betrieben eine exakte Buchführung. Das können wir nicht, wenn wir ihnen dafür nur 50 DM im Jahr bezahlen. Ich bitte das Hohe Haus dringend, sich unserem Antrag anzuschließen und die Prämie von 50 DM auf 100 DM zu erhöhen.

Dr. Max Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000130

Weitere Wortmeldungen hierzu liegen nicht vor. Ich mache darauf aufmerksam, daß sich der Antrag, wie der Herr Kollege schon mitgeteilt hat, mit dem gestern begründeten Antrag Umdruck 98 Ziffer 7 überschneidet. Wir werden daher zu entscheiden haben, welcher Antrag der weitergehende ist. Die Abstimmung erfolgt nach 10.00 Uhr. Ich rufe auf den Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und der DP Umdruck 111 Ziffer 3 zu Tit. 950. Wer begründet diesen Antrag? - Bitte, Herr Bauknecht.

Bernhard Bauknecht (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000110, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In Tit. 950 geht es darum, den Betrag zur Stützung der Magermilchüberschüsse, den wir in den vergangenen Jahren mit 4 Millionen DM angesetzt hatten, in diesem Etat wieder auf die gleiche Höhe zu bringen. Er ist auf 2,5 Millionen DM ermäßigt worden. Man hätte dieser Tatsache ohne weiteres zustimmen können, wenn nicht in den letzten Monaten auf dem Milchmarkt besondere Ereignisse eingetreten wären. Ich darf hier der Öffentlichkeit und Ihnen, meine Herren Kollegen, folgendes erklären. Man ist der Meinung, daß durch die im vergangenen Jahr im Zuge des Grünen Plans vom Bund gewährte 4-Pfennig-Prämie die deutsche Milchproduktion so gewaltig gestiegen sei, daß wir praktisch nicht nur einen Überschuß an Milch, sondern auch einen Überschuß an Milchprodukten hätten. Dem ist aber nicht so. In Wirklichkeit sind die Einfuhren auf dem liberalisierten Sektor so stark, daß im Zusammenhang mit Preisdumpingmaßnahmen und anderen Exportzuschüssen unser Milchmarkt in große Bedrängnis gekommen ist. Bei der vorgestrigen Notierung an der Kemptener Börse hat sich gezeigt, daß in den reinen Werkmilchgebieten der Auszahlungspreis für den Monat Juni um 6 Pfennig niedriger liegt als im vergangenen Jahr. Diese Werkmilchgebiete stellen in der Hauptsache Käse her. Die deutsche Käseproduktion ist in einem Jahr um 24 % gesunken. Man kann also nicht von einem Überschuß reden. Der Grund für dieses Sinken der deutschen Produktion liegt darin, daß vom Ausland Käse in großen Mengen hereinkommt, vor allen Dingen von Holland und Dänemark. Der deutsche Bauer muß nun für diesen Export einen Abschlag in der Höhe, wie ich ihn vorhin aufgezeigt habe, hinnehmen. Die Landwirte der Länder, die mit staatlichen Subventionen nach Deutschland exportieren, haben keinen Erzeugermilchpreisabschlag. Sowohl in Frankreich wie in Holland besteht ein Erzeugermindestpreis. Die dortigen Landwirte erleiden also keine Einbuße durch die Verhältnisse auf dem europäischen Milchmarkt. Tatsache ist aber, daß diese Länder beispielsweise ihr Vollmilchpulver nach Deutschland zu einem Preis exportieren, der eine Verwertung der Milch, die bisher zu Vollmilchpulver verarbeitet wurde, nur noch zu 17 Pf zuläßt. Die Erzeugungskosten für Vollmilchpulver betragen beispielsweise in Frankreich 300 Francs je kg oder nach deutscher Währung genau 3 DM. Die Franzosen schicken dieses Pulver um den Preis von 1,54 DM nach Deutschland; das übrige wird aus der französischen Staatskasse bezahlt. ({0}) Bei Holland ist es ganz genau dasselbe. Nun wird man fragen, warum das heute so ist. Dort drüben sind Überschüsse, und man benutzt jetzt den deutschen Markt als Abladeplatz. Vorher hat sich die Liberalisierung von Vollmilchpulver und Käse nicht zum Schaden der deutschen Milchwirtschaft ausgewirkt. Seit dem Jahre 1953 sind bekanntlich diese Produkte liberalisiert. Bis 1956 blieb es ohne Einfluß. Erst seitdem diese Dumping-Maßnahmen oder die Förderung über Exportkassen in Gang gesetzt sind, sind diese Erscheinungen da. Ich glaube, mit der Erhöhung von 21/2 auf 4 Millionen bei der Stützung dieses Pulvers können wir diese Probleme nicht lösen. Ich will es mir versagen, auf die Maßnahmen, die notwendig sind, einzugehen. Wir haben die Regierung schon mehrmals deswegen angegangen, damit sie zu energischen Maßnahmen bereit ist. Es wäre unverständlich, wenn wir jetzt hier eine Kürzung dieses Postens gegenüber den vergangenen Jahren vornähmen. Im wesentlichen muß die Magermilch wieder zur Verfütterung in die eigenen bäuerlichen Betriebe zurückgehen. Wir machen unsere Landwirte darauf aufmerksam, daß sie das tun sollten. Aber es bestehen besondere Bedingungen, wo man ohne eine Trocknung des Magermilchpulvers nicht auskommen kann. Beispielsweise am Wochenende wird in großen Städten eine Menge Milch angeliefert. Sie wird dort über den Sonntag in geringerem Maße abgenommen. Diese Spitzen von Milch müssen getrocknet werden. Ein anderes: es gibt noch weite Gebiete, die von der Tbc. nicht befreit sind. Dort ist es unmöglich, daß man die Magermilch zurückliefert, wenn man dort keine Reinfektion mehr haben will. Dann ist es notwendig, daß man dort die Kälber mit Magermilchpulver aufzieht. Aus diesen Gründen bitte ich, unserem Antrag zuzustimmen. ({1})

Dr. Max Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000130

Das Wort hat der Abgeordnete Kriedemann.

Herbert Kriedemann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001216, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion wird diesem Antrag zustimmen. Wir versprechen uns zwar nichts von einem Kampf mit Subventionen in Europa, schon deswegen nicht, weil wir glauben, daß wir da den kürzeren Atem haben. Aber wir wollen die Regierung in dem Kampf, der nun entbrannt ist, natürlich auch nicht völlig ohne Mittel lassen und hoffen, daß dieser Betrag in dieser Richtung eingesetzt wird. Ich möchte die Gelegenheit allerdings benutzen, an eine Unterhaltung über das Problem zu erinnern, die im Ernährungsausschuß stattgefunden hat. Da haben wir erfahren, daß auch das Ernährungsministerium auf dem Standpunkt steht, daß noch sehr Wesentliches zum Ausgleich des Magermilchüberhanges in bestimmten Gebieten durch Selbsthilfemaßnahmen der Landwirtschaft geschehen kann, und zwar in der Form, daß auch die mittleren landwirtschaftlichen Betriebe, die das Glück haben, Trinkmilch abzuliefern, und bei denen also Magermilch nur in sehr bescheidenem Umfange anfällt, zur Aufnahme eines redlichen Anteils an Magermilch aus anderen Betrieben gezwungen werden, da sie es freiwillig nicht tun. Ich würde es sehr begrüßen, wenn wir sobald wie möglich von der Regierung erführen, auf welche Weise sie diesem Ziel näherzukommen versucht. Daß es mit gutem Zureden allein nicht geht, wissen wir mittlerweile alle. Ich glaube, hier müssen Hilfsmaßnahmen getroffen werden. Erst dann hat ein solcher Betrag wirklich Sinn, wenn das, was innerhalb der deutschen Landwirtschaft als von ihr selbst produziertes Futter vorhanden ist, aus der Welt geschafft worden ist, sei es auch durch eine gewisse Umverteilung von Betrieb zu Betrieb.

Dr. Max Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000130

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Debatte zu diesem Antrag Umdruck 11 Ziffer 3 ist damit geschlossen. Die Abstimmung erfolgt später. Ich rufe auf den Tit. 952, jetzt den Umdruck 98 Ziffer 8. Zur Begründung hat das Wort der Abgeordnete Kriedemann.

Herbert Kriedemann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001216, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir alle, auch die Regierungsfraktionen, müssen die Zeit des Hohen Hauses in diesem Falle wegen der gestern hier schon angedeuteten Schwierigkeiten bei der Beratung des Haushalts in den zuständigen Ausschüssen etwas länger in Anspruch nehmen. Es handelt sich bei unserem Antrag um eine Änderung der Erläuterungen, aus der sich möglicherweise zwangsläufig dann auch in dem Titel eine Änderung des eingesetzten Betrages ergibt. Es geht um folgendes Problem. Wir subventionieren einen Teil unserer Flotte bezüglich ihres Brennstoffverbrauchs. Zu diesen Begünstigten gehören auch die sogenannten Logger, die fälschlicherweise immer den Eindruck erwecken, als gehörten sie kleinen, armseligen Leuten, die damit unter sehr viel Mühe ihre Heringe fangen. Wegen der Modernisierung der Flotte sind die Logger zu einem erheblichen Teil dazu übergegangen, große Hochseefischerei zu betreiben. In den Meldungen über die Anlandungen auf den Seefischmärkten sehen Sie laufend neben den Schiffen der großen Hochseefischerei auch Logger, die mit der gleichen Ware ankommen, welche am gleichen Markt gelöscht und versteigert wird. Der Unterschied liegt nur darin, daß die einen das auf ihre eigenen Kosten betreiben und die anderen auf dem Wege der Subventionierung des Brennstoffes eine Hilfe bekommen. Nun können wir es uns nicht leisten, die Gerechtigkeit dadurch herzustellen, daß wir die Subventionierung der Brennstoffe für alle streichen. In all den Nationen, mit denen wir konkurrieren, wird die Flotte, was ihre Brennstoffausgaben und einige andere Dinge angeht, subventioniert. Wir tun das sehr viel weniger als alle anderen, - wie auf sehr vielen anderen Gebieten; sicherlich weil wir ein armes Volk sind. Wir tun es immerhin weniger, und um so schwerer tut sich die Flotte in ihrer Konkurrenz. Auch das wird sich im Gemeinsamen Markt noch unangenehm bemerkbar machen. Deswegen schlagen wir Ihnen vor, die Gerechtigkeit in der Weise herzustellen, daß wir in die Subventionierung der Brennstoffe nun auch die große Hochseefischerei einbeziehen. Denn die Bedingungen sind für die einen wie die anderen völlig gleich. Herr Präsident, darf ich den folgenden Antrag gleich mit begründen?

Dr. Max Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000130

Ich will nur fragen, ob hierzu das Wort gewünscht wird. Wird zu dem Antrag Umdruck 98 Ziffer 8 das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. Dann ist die Debatte geschlossen. Ich will der Reihe nach vorgehen. Zu Tit. 956 liegen die Anträge Umdruck 111 Ziffer 4 und Umdruck 98 Ziffer 9 vor. Herr Kollege Kriedemann, Sie können gleich den Antrag Umdruck 98 Ziffer 9 begründen.

Herbert Kriedemann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001216, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Auch hier handelt es sich um eine Änderung der Erläuterungen. Es sollen zinsverbilligte Mittel für Maßnahmen, die der Strukturverbesserung der Flotte dienen, nur an hilfsbedürftige, besonders förderungswürdige Betriebe gegeben werden. Meine Fraktion hat die Sorge, daß wir auf diese Weise in die Gefahr kommen, noch einmal den einen oder anderen ein oder zwei Jahre lang mit Krediten über die Runden zu bringen, der seiner Struktur nach sowieso nicht durchstehen wird. Wir können uns auch kaum vorstellen, wie bei der Hergabe solcher Mittel die zuständigen Dienststellen in der Lage sind, zu beurteilen, wer hilfsbedürftig und wer besonders förderungswürdig ist. Sind das ganz kleine, ganz kümmerliche Existenzen, die im großen Wettbewerb des zukünftigen Marktes sowieso keine Chance haben, oder sind das Unternehmen, die in sich schon eine gewisse Stabilität haben und die deswegen besonders förderungswürdig sind, weil die Förderung bei ihnen besonderen Sinn hat? Weil das so sehr schwer zu entscheiden ist und weil wir außerdem nicht möchten, daß daraus gewisse Diskriminierungen entstehen, schlagen ,wir Ihnen vor, diese beiden Einschränkungen zu streichen. Bei der Gelegenheit - wenn Sie erlauben, Herr Präsident - noch eine andere Geschichte, die damit in Zusammenhang steht und praktisch dieselbe Bedeutung hat. Im Ernährungsausschuß ist seinerzeit beschlossen worden, in den Erläuterungen zu Tit. 585 b) 2 - Sie finden es auf Seite 34 des Einzelplans 10 - den letzten Satz zu streichen. Auch da soll nach der Vorlage eine solche Einschränkung gemacht werden. Es wäre wohl ein gemeinsamer Antrag aller Fraktionen geworden, wenn dazu Gelegenheit gewesen wäre. Ich beantrage also, in den Erläuterungen zu Tit. 585 b) 2 den letzten Satz zu streichen.

Dr. Max Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000130

Darf ich bitten, mir diesen Antrag noch schriftlich einzureichen, damit die Sache ihre Ordnung hat. Zu Tit. 956 ist noch der Antrag Umdruck 111 Ziffer 4 - Antrag der Regierungsparteien - zu begründen. Wer begründet diesen Antrag? - Herr Abgeordneter Bauknecht hat das Wort.

Bernhard Bauknecht (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000110, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei diesem Antrag geht es um folgendes Problem. Wir haben schon heute vormittag gehört, wie notwendig es wäre, Mittel einzusetzen, um den Milchabsatz zu fördern. Bei unserem Antrag geht es um die Milchverteiler. Sie wissen, daß unser Bestreben ist, möglichst eine lückenlose Kühlkette vom Erzeuger, also vom Hof des Bauern, über den Milchverteiler bis zur Hausfrau zu schaffen. Für die Förderung der Molkereiwirtschaft waren seit drei oder vier Jahren ganz erhebliche Zinsverbilligungsbeträge in den sogenannten Lübke-Plan eingesetzt. Für den Milchhandel bzw. für die Milchläden waren bisher nur geringe Mittel bereitgestellt. Bei den 200 000 DM, die wir zur Verbilligung von Zinsen für Darlehen zur Förderung von Einrichtungen bei dem Milchhandel bereitstellen wollen, handelt es sich um diese Dinge. Sie hören ja in der Öffentlichkeit, daß der Milchhandel sehr klagt, daß man ihm nicht das gebe, was sein wäre, und daß er eine höhere Spanne verlangt. Ich will auf diese Fragen jetzt nicht eingehen. Ich will nur betonen, daß wir ihm mit diesen Zinsverbilligungen eine wesentliche Hilfe für die Einrichtung von Kühlanlagen und für die Modernisierung seiner Läden leisten können. Ich bitte deswegen das Hohe Haus, unserem Antrag zuzustimmen.

Dr. Max Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000130

Wird zu den beiden Anträgen Umdruck 98 Ziffer 9 und 111 Ziffer 4, die soeben von den Herren Abgeordneten Kriedemann und Bauknecht begründet worden sind, das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann ist die Aussprache darüber geschlossen. Die Abstimmung erfolgt später. Herr Kollege Kriedemann hat einen weiteren Antrag begründet, del ihnen noch nicht schriftlich vor liegt, nämlich in Kap. 10 02 Tit. 585 Buchst. b) Ziffer 2 in der Erläuterung den letzten Satz zu streichen. Er hat darauf hingewiesen, daß im Ernährungsausschuß hierüber schon debattiert worden sei. Wünschen die Experten der Fraktionen, daß ich die Debatte hierzu unterbreche, damit sie es prüfen können, und daß ich den nächsten Antrag vorziehe? ({0}) - Ja, Sie haben ihn noch nicht schriftlich; aber ich habe ihn soeben vorgelesen. Ich werde ihn noch einmal vorlesen und werde dann die Debatte hierzu unterbrechen und den nächsten Änderungsantrag aufrufen. Dann können Sie mir sagen, ob Sie in der Lage sind, dazu Stellung zu nehmen, oder ob nicht. Der Antrag lautet: „In Tit. 585 Buchst. b) Ziffer 2 wird in der Erläuterung der letzte Satz gestrichen." Ich unterbreche also die Debatte über diesen Antrag und rufe nunmehr zu Tit. 957 ({1}) den Antrag Umdruck 116 auf. Zur Begründung hat das Wort der Abgeordnete Köhler.

Otto Köhler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001153, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die SPD hat gestern und heute zum Einzelplan 10 eine Reihe von Änderungsanträgen von so großem finanziellem Umfang gestellt, daß ich beinahe Komplexe bekommen könnte, weil ich jetzt nur sehr bescheidene Wünsche meiner Fraktion zum Einzelplan 10, wie sie in unserem Antrag Umdruck 116 niedergelegt sind, hier zu vertreten habe. Es handelt sich um die Wiedergutmachung eines großen sozialen Unrechts. Die besondere Notlage der Landfrauen und der Bäuerinnen ist hinreichend bekannt. Ich kann mich mit meiner Begründung kurz fassen. Ich darf darauf hinweisen, daß sich Vertreter aller Parteien immer wieder in ihren Versammlungen auf den Dörfern dieser Notlage angenommen haben, daß, angefangen von dem Herrn Bundeskanzler bis hin zu dem kleinsten Parteiredner, in überzeugenden Worten die Notlage der Landfrauen geschildert worden ist. Es kann sich jetzt nur noch darum handeln, aus diesen Erkenntnissen die notwendigen Folgerungen zu ziehen. Ich möchte hier in aller Kürze feststellen: Es gibt keine Gruppe deutscher Menschen - insbesondere nicht Frauen -, die länger arbeiten muß, die billiger arbeiten muß; und oft gilt noch ein Drittes: die schwerer arbeiten muß. Für die Landfrauen gibt es keinen achtstündigen Arbeitstag: der Durchschnitt der Arbeitstage ist bestimmt 14 Stunden. Auch an Sonn- und Feiertagen wird sehr oft gearbeitet werden müssen. Der Tag der Landfrau beginnt morgens vor Tau und Tag, in der Regel mit dem Melken der Kühe, und er endet abends, wenn den müden Händen der Flickkorb entfällt. Das mag sich etwas poetisch anhören, meine Damen und Herren, ist aber so realistisch, daß es gar nicht nachdrücklich genug betont werden kann. Die Hausgehilfinnen sind bekanntlich eine aussterbende Berufsgruppe. Um die letzten noch verbliebenen konkurriert jetzt die Stadt mit dem Land; und auch da befindet sich das Land im Nachteil. Wir lesen tagtäglich in den Tageszeitungen Anzeigen, in denen es heißt: „Hausgehilfin gesucht bei regelmäßiger Arbeitszeit, bei hohem Lohn" - der bei uns sowieso schon wegfällt -, „Zimmer mit fließendem kaltem und warmem Wasser, Bad." Oftmals ist auch noch ein Fernsehapparat oder eine Musiktruhe dabei. Mit solchen Dingen können wir auf dem Lande nicht mehr konkurrieren. Deswegen brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn es nach und nach keine Hausgehilfinnen bei uns mehr gibt. Daß von diesem Dilemma gerade diejenigen bäuerlichen Betriebe am meisten betroffen sind, die am unmodernsten sind, ist ganz selbstverständlich. Darum glauben wir, daß es richtig ist, mit unserem Antrag gerade einer ganz großen Anzahl bäuerlicher Betriebe zu helfen, die mit der Modernisierung nicht Schritt gehalten haben. Lassen Sie mich nur ganz kurz noch auf folgendes hinweisen: Aus einem Bericht der Elly-HeussKnapp-Stiftung, Müttergenesungswerk, entnehmen wir, daß bei den Landfrauen mit 50 Jahren eine Sterblichkeit einsetzt, die um 25 % größer ist als in jedem anderen Beruf. Wir entnehmen diesem Bericht weiter, daß die verschleppten Krankheiten in größerer Zahl als woanders bei den Landfrauen vorkommen. Es fehlt an Zeit, sich krankschreiben zu lassen, es fehlt an Ersatz. Wir entnehmen dem Bericht weiter, daß die verschleppten Krankheiten gerade deshalb so beängstigend sind, weil bei den Landfrauen eine Tendenz besteht - mag es Stolz sein, mag es Tradition sein -, die öffentlichen Fürsorgestellen möglichst nicht in Anspruch zu nehmen. Das mag falsch sein. Aber ich glaube, wir sollten eine solche Haltung in einer Zeit, in der gar zu viele Menschen gar zu leicht bereit sind, allzu schnell zu den Fürsorgedienststellen hinzugehen, auch von dieser Stelle aus einmal honorieren. Man wird mir entgegenhalten, daß doch im Rahmen des Grünen Plans sehr viel für die Landfrauen geschehen ist. Ich bin der letzte, der sagen würde, es sei nichts geschehen. Aber ich behaupte, daß viel zuwenig geschehen ist und daß deswegen einiges nachgeholt werden muß. Man wird darauf hinweisen, daß Gemeinschaftseinrichtungen geschaffen worden sind, Waschanstalten, Gefrierhäuser usw. All diese Einrichtungen haben ihre Bedeutung, und ich will sie nicht unterschätzen. Aber auch diese Einrichtungen kosten in vielen Fällen schon so viel Geld, daß manche Landfrau dieses Geld nicht aufbringen kann. Im übrigen liegen diese Einrichtungen oft so zerstreut - sie erstrecken sich oft über mehrere Dörfer -, daß schon aus Zeitgründen der Erfolg vielfach versagt bleiben muß. Aber wie dem auch sei - es wird nur eine verhältnismäßig kleine Anzahl von Landfrauen hiervon erfaßt. Meine Damen und Herren, wenn ich dann aber in einer Korrespondenz lesen muß, daß all die anderen Dinge, die auch noch im Grünen Plan stehen, von der Flurbereinigung und der Aufstockung angefangen bis zur Elektrizifierung der Dörfer und zur Wasserversorgung hin, auch noch wirkungsvolle Hilfen für die Bäuerin sind, dann muß ich mich wirklich fragen: Wie kann dann noch eine solche Notlage bestehen? Ich glaube, wir sollten diese Maßnahmen nicht als Hilfen für die Bäuerin bezeichnen. In einer anderen Korrespondenz wurde mir der Vorwurf gemacht, daß ich neben den großen Topf Grüner Plan noch ein weiteres Töpfchen stellen möchte. Ausgerechnet die FDP, so wurde da gesagt, die doch jeglichem Dirigismus abhold sei, betreibe hier Dirigismus. Dazu nur ganz kurz folgendes. Die Alternative zu unserem Vorschlag wäre doch wohl die, aus dem Gewinn, aus den Überschüssen der Betriebe die Mittel bereitzustellen, die notwendig sind, um derartige Einrichtungen, wie wir sie jetzt gern schaffen möchten, hinzustellen. Ich glaube nicht, da auch nur einer angesichts der Verhältnisse, wie sie nun einmal auf agrarpolitischem Gebiet sind, den Mut hat, zu sagen, wir können in absehbarer Zeit mit einer Entwicklung rechnen, die eine Rentabilität in der Landwirtschaft zur Folge hat. Darauf können wir nicht warten. Ich meine, wir sollten ruhig zugeben, daß die ganze Wirtschaft zu einem sehr großen Teil aus Dirigismus besteht. Und wo alles liebt, meine Damen und Herren, da können wir allein auch nicht immer hassen. Wir müssen also auch diese Argumente als nicht stichhaltig zurückweisen. Lassen Sie mich zu der Feststellung kommen, daß sehr viel geschehen ist - ich konzediere das noch einmal -, daß aber noch sehr viel mehr nachzuholen ist. Lassen Sie sich nicht durch Bedenken grundsätzlicher Art abhalten! Nehmen wir die Tatsachen, wie sie jeden Tag laut zu uns sprechen und wie sie anerkannt sind! Erkennen wir die Notlage der Bäuerin an und helfen wir! Dem Parlament wird ganz bestimmt gedankt werden, wenn es zur befreienden Tat schreitet. Wenn wir 100 000 Betrieben jährlich 3000 DM zur Verfügung stellen - das ist die Summe, die wir mit dem in unserem Antrag vorgesehenen Betrag zinsverbilligen können -, dann haben wir endlich einmal etwas wirklich Nachhaltiges für die deutschen Landfrauen getan. ({0})

Dr. Max Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000130

Wird das Wort gewünscht? - Herr Abgeordneter Vogel hat das Wort.

Dr. Rudolf Vogel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002380, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein Redner, der hier von dem schweren Los sehr vieler Landfrauen spricht, darf natürlich immer sicher sein, ein aufmerksames Haus und auch mitfühlende Herzen zu finden. Mein sehr verehrter Herr Vorredner wird uns aber trotzdem erlauben müssen, daß wir zu idem Stellung nehmen, wozu er uns aufgefordert hat. Er hat uns nämlich aufgefordert, von „grundsätzlichen Bedenken" abzusehen. Dieses Hohe Haus ist dazu da, solche Dinge gerade auch von der grundsätzlichen Seite her anzusehen ({0}) und hier nicht allein Emotionen bzw. Appellen an das gute Herz und an das Gefühl nachzugeben. Wir stimmen völlig mit Ihnen darin überein, daß in sehr vielen Fällen - auch nicht in allen Fällen -von iden Landfrauen ein unbeschreiblich großes Maß von Arbeit zu leisten ist. Wir alle haben dasselbe Mitgefühl mit dem Schicksal dieser Frauen wie Sie. Aber der Grüne Bericht hat sich nicht nur zum Ziel gesetzt, iden Männern zu helfen, sondern er sieht auch entsprechende Maßnahmen vor, um den landwirtschaftlichen Haushalt zu entlasten. So können Sie z. B. feststellen, daß im Einzelplan 10 Kap. 10 02 Tit. 956 a „Für die Anschaffung von Gemeinschaftseinrichtungen und -maschinen sowie für landwirtschaftliche Um- und Neubauten" insgesamt 11 Millionen DM für die Durchführung von Zinsverbilligungen veranschlagt worden sind. Hier ist also schon der Ansatz vorhanden, der es uns ermöglicht, etwas für die Landfrauen zu tun. Der Antrag, der uns hier eben vorgetragen wurde, bezweckt nicht mehr und nicht weniger als die Auslösung einer neuen Kreditaktion in Höhe von 300 Millionen DM. Nun möchte ich auf einige grundsätzliche Bedenken zu sprechen kommen. Es hat mich sehr gewundert, daß ausgerechnet ein Sprecher 'der FDP-Fraktion hier einen Weg vorgeschlagen hat, 'der meinem Dafürhalten nach höchst ungewöhnlich ist und der zu einfach unabsehbaren Weiterungen führen muß. Wohin soll es führen, wenn wir ,dieses Hohe Haus tatsächlich um eine Zinsverbilligungsaktion für Küchenmaschinen bemühen sollten, von der niemand weiß, welches Ausmaß diese Aktion annehmen soll und welche Kreise sich außer den Landfrauen dann auch mit dem Anspruch, genauso bedient zu werden, auf diese Maßnahme berufen würden? Ich möchte noch ein Zweites dazu sagen. Der Herr Antragsteller ist sich hoffentlich darüber im klaren gewesen, daß diese Aktion einen Aufwand an Verwaltungsarbeit hervorrufen würde, der einfach unübersehbar wäre. Ich weiß nicht, welche Stellen die Fülle von Anträgen bearbeiten sollten, die hier auf Grund der Bewilligung eines solchen Antrags einlaufen würden. Wir haben uns im Haushaltsausschuß doch zum Prinzip gemacht, auf Gesetze und Anträge besonders zu achten, die ungewollt manchmal eine Flut neuer Verwaltungsarbeit heraufbeschwören und damit auch entsprechende Kosten verursachen. Gerade aber aus den Kreisen der Landwirtschaft werden die allerstärksten Bedenken gegen eine Aufblähung des Verwaltungsapparats geltend gemacht, ({1}) obwohl gerade durch Anträge wie den hier vorliegenden solche Ausgaben heraufbeschworen werden. Wir wissen, daß selbst in bäuerlichen Kreisen die Auffassungen über diesen Antrag höchst geteilt sind. Halten Sie sich diese beiden Argumente einmal vor Augen: Erstens: Mit welchem Recht soll hier einem Teil etwas gewährt werden, worauf andere Teile der Bevölkerung zum mindesten den gleichen Anspruch haben? Zweitens: Wie wollen Sie eine solche Aktion verwaltungsmäßig in vernünftigen Grenzen halten? Ich bitte Sie also, diesem Antrag aus prinzipiellen Erwägungen nicht stattzugeben. ({2})

Dr. Max Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000130

Weitere Wortmeldungen hierzu liegen nicht vor. Die Debatte zu diesem Änderungsantrag ist geschlossen. Die Abstimmung erfolgt nachher. Ich komme auf den Änderungsantrag zurück, den Kollege Kriedemann begründet hat. Er liegt Ihnen wohl noch nicht vor. Ich hatte ihn vorgelesen. Sind Sie in der Lage, dazu Stellung zu nehmen? ({0}) - Sie sind also in der Lage, Stellung zu nehmen. Danke schön. Wird das Wort hierzu gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann ist die Debatte auch zu diesem Änderungsantrag geschlossen. Damit sind sämtliche 18 Änderungsanträge debattemäßig erledigt. Zu einer allgemeinen Bemerkung nach Erledigung der Änderungsanträge hat Abgeordneter Ruhnke um das Wort gebeten. Ich erteile ihm das Wort.

Heinrich Wilhelm Ruhnke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001902, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald hat durch Tit. 640 Bundesmittel von 28 000 DM erhalten. Sie hatte die Bitte ausgesprochen, diese 28 000 auf 40 000 DM zu erhöhen. Infolge der Riesenarbeit im Haushaltsausschuß ist leider diese Bitte untergegangen und wird im Etat nicht berücksichtigt. Ich möchte das Haus nicht irritieren und keinen Antrag stellen, sondern ich möchte lediglich den Herrn Landwirtschaftsminister bitten, im Voranschlag 1959 diese Bitte zu berücksichtigen, damit der gute Zweck erfüllt wird. ({0})

Dr. Max Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000130

Wird weiterhin zu dem Einzelplan 10 das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann ist die Debatte über Einzelplan 10 geschlossen. Ich schreite jetzt zur Abstimmung über die Änderungsanträge zum Einzelplan 10, die Sie noch im Gedächtnis haben, Ich rufe die Anträge wieder in der Reihenfolge der Titel des Einzelplans 10 auf, zunächst den Antrag Umdruck 98 Ziffer 1. Wer diesem Antrag der SPD zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Der Antrag ist abgelehnt. Ich komme zu Umdruck 98 Ziffer 2, Ausbau der Wirtschaftswege. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Abgelehnt. Ich komme zu Umdruck 98 Ziffer 3, Antrag der SPD betreffend Förderung des Gemüse-, Obst- und Gartenbaues sowie des Kartoffelbaues. ({0}) - Ist erledigt; danke schön! Darüber braucht nicht abgestimmt zu werden. Ich rufe auf Umdruck 112 zu Kap. 10 02 Tit. 585 Buchstabe a; er betrifft die Förderung der Fischerei. Der Antrag wurde vorhin begründet. Wer ihm zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Abgelehnt! Vizepräsident Dr. Becker Jetzt rufe ich den noch nicht schriftlich vorliegenden, nur mündlich mitgeteilten Antrag auf, den Herr Kollege Kriedemann begründet hat, in Tit. 585 Buchstabe b Nr. 2 den letzten Satz zu streichen. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei einer Enthaltung mit Mehrheit abgelehnt. Ich rufe auf Umdruck 98 Ziffer 4, Zuschüsse zur Förderung von Naturparken und Landschaftsschutzmaßnahmen. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Abgelehnt! Jetzt rufe ich auf den interfraktionellen Antrag Umdruck 109 Ziffer 1 zu Kap. 10 02 Tit. 607, Zuschüsse zur Förderung des Weinbaues. Wer dem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Noah hat also recht gehabt; da sind sich alle einig. - Ich muß mich berichtigen: gegen eine Stimme angenommen. Ich rufe auf Umdruck 81, Antrag der Kollegen Rehs, Frehsee, Dr. Gülich und Genossen, Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Gegen vier Stimmen angenommen. Es folgt Umdruck 109 Ziffer 2 in Verbindung mit 109 Ziffer 1, den wir vorhin schon beschieden haben; es ist also nur der Deckungsvorschlag für die Weinbauzuschußerhöhung. Wer diesem interfraktionellen Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Angenommen. Ich rufe auf Umdruck 111 Ziffer 1, der sich auf den Tit. 629 bezieht; nach dem Wein der Tabak. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Gegen vier Stimmen angenommen. Es folgt Umdruck 98 Ziffer 5, Antrag der SPD zum Tit. 630, Zuschüsse zur Förderung der Milchwirtschaft. ({1}) - Also zunächst Ziffer 5 a), Förderung von Qualität und Absatz der Milch. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Es bestehen Zweifel; wir wiederholen die Abstimmung durch Aufstehen. Ich bitte diejenigen, welche dem Antrag Umdruck 98 Ziffer 5 Buchstabe a zuzustimmen wünschen, sich zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Danke schön. Enthaltungen? - Abgelehnt. Ich rufe den Antrag Umdruck 98 Ziffer 5 Buchstabe b zur Schulmilchspeisung auf. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Abgelehnt. Ich rufe den Antrag der SPD Umdruck 98 Ziffer 6 auf. Er ist wohl dahin zu berichtigen, daß die Erhöhung 75 000 DM betragen soll. ({2}) - In meinem Text ist es durchgestrichen. 750 000 DM! Dann bitte ich, das ad notam zu nehmen. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Antrag Umdruck 98 Ziffer 6 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Abgelehnt. Dann rufe ich den Antrag Umdruck 111 Ziffer 2 und gleichzeitig den Antrag Umdruck 98 Ziffer 7 auf, die sich auf den Tit. 670 beziehen. Wünscht einer der Herren, sich darüber zu äußern, welches der weitergehende Antrag ist? ({3}) - Man kann darüber zweifeln. Dann gehe ich nach der Nummernfolge vor. Antrag Umdruck 98 Ziffer 7! Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Damit ist der Antrag Umdruck 98 Ziffer 7 abgelehnt. Ist das Haus der Meinung, daß der Antrag Umdruck 111 Ziffer 2 damit identisch ist? Denn dann wäre er mit abgelehnt. ({4}) - Vorhin haben Sie gerufen, er sei damit identisch. ({5}) - Der Stellvertretende Vorsitzende des Haushaltsausschusses gibt hier den Stichentscheid: in der Deckung ist er nicht identisch! Ich lese beide vor und bitte das Haus, genau zuzuhören. Antrag Umdruck 111 Ziffer 2 lautet: In Tit. 670 - Zuschüsse zur Durchführung und Auswertung besonderer Untersuchungen und Erhebungen auf dem Gebiet der Land- und Ernährungswirtschaft - ({6}) ist aus Mitteln des „Grünen Plans" der Ansatz um 275 000 DM anzuheben, um die Prämien für nichtbuchführungspflichtige Betriebe für die Erstellung des „Grünen Berichts" von 50 DM auf 100 DM erhöhen und dadurch eine korrekte Erstellung des „Grünen Berichts" sicherstellen zu können. Nun lese ich den Antrag Umdruck 98 Ziffer 7 vor. Er lautet: In Tit. 670 - Zuschüsse zur Durchführung und Auswertung besonderer Untersuchungen und Erhebungen auf dem Gebiet der Land- und Ernährungswirtschaft - ({7}) wird der Ansatz von 2 534 500 DM um 275 000 DM auf 2 809 500 DM erhöht. Zur Abstimmung hat das Wort Herr Abgeordneter Dr, Vogel.

Dr. Rudolf Vogel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002380, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nur einen Satz dazu. Es hanDr. Vogel delt sich dabei lediglich um die Deckungsfrage. Der Antrag der CDU auf Umdruck 111 enthält gleichzeitig den Deckungsvorschlag. ({0}) - Aus Mitteln des „Grünen Plans".

Dr. Max Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000130

Beide Anträge stimmen darin überein, daß der Ansatz um 275 000 DM erhöht werden soll. Im zweiten Antrag steht, wie wir eben von Herrn Kollegen Vogel gehört haben, daß die Deckung hierzu aus Mitteln des Grünen Plans genommen werden soll. - Zur Abstimmung Herr Abgeordneter Erler.

Fritz Erler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000488, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Um Klarheit über den Deckungsvorschlag des Kollegen Vogel zu gewinnen, bitte ich ihn, mitzuteilen, an welcher Stelle des Grünen Plans dann die Mittel eingespart werden sollen. ({0}) - Wenn das nicht erforderlich ist, dann können wir uns doch wohl einigen, daß der Antrag eben abgelehnt worden ist, weil es ein sozialdemokratischer Antrag war, und der zweite Antrag angenommen werden soll, weil er von der CDU kommt. ({1})

Dr. Max Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000130

Wir sind bei der Abstimmung. Ich lasse nur noch Erklärungen und Erläuterungen zur Abstimmung zu, weiter keine mehr. Wir kommen also zur Abstimmung. Ich muß zugeben, daß, ganz gleich welche Motive mitgesprochen haben, hier ein Deckungsvorschlag enthalten ist, auch wenn er sehr weitgehend gefaßt ist. Infolgedessen ist dieser Antrag um diesen Deckungsvorschlag erweitert, so daß er weiter geht als der andere. Ich stelle ihn jetzt zur Abstimmung. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte urn die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei einer Reihe von Enthaltungen angenommen. Ich komme zum Antrag auf Umdruck 111 Ziffer 3 - Zuschüsse zur Förderung der Verwertung von Magermilchpulver und Nährkasein. Der Antrag wurde vorhin vom Kollegen Bauknecht begründet. Wer ihm zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei einer Enthaltung gegen zwei Gegenstimmen angenommen. Ich rufe auf Umdruck 98 Ziffer 8. Es handelt sich hier um eine Änderung der Erläuterung zu Tit. 952. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei einer Reihe von Enthaltungen abgelehnt. Ich rufe nunmehr auf die beiden Anträge Umdruck 111 Ziffer 4 und Umdruck 98 Ziffer 9. Mit Umdruck 98 Ziffer 9 wird eine Änderung in den Erläuterungen zu Tit. 956 beantragt, und bei Umdruck 111 Ziffer 4 geht es ({0}) - jawohl, sie sind doch verschieden - um eine Erhöhung. Dann nehme ich zunächst den Antrag Umdruck 98 Ziffer 9. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich urn das Handzeichen. - Ich bitte urn die Gegenprobe. - Enthaltungen? -- Dieser Antrag ist abgelehnt. Ich rufe den Antrag Umdruck 111 Ziffer 4 zur Abstimmung auf. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Bei zwei Gegenstimmen und zwei Enthaltungen angenommen. Dann haben wir noch den Antrag Umdruck 116 zu verabschieden, der vorhin von Herrn Köhler begründet worden ist. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. -Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? -Bei einer Reihe von Enthaltungen abgelehnt. Wir sind damit am Ende der Abstimmungen über die Änderungsanträge zum Einzelplan 10 und haben jetzt den Einzelplan 10 im ganzen zu verabschieden. Der Antrag des Haushaltsausschusses geht auf Annahme in der üblichen Formulierung. Wir müssen hier hinzusetzen „unter Berücksichtigung der heute beschlossenen Änderungen". Wer dem Antrag des Ausschusses mit dem eben genannten Zusatz zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? Bei einer Reihe von Enthaltungen mit Mehrheit angenommen. Ich habe noch die Abstimmung über den Einzelplan 08, Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen, nachzuholen. Änderungsanträge liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung über den Einzelplan im ganzen. Es liegt vor der Antrag des Ausschusses, den Entwurf des Einzelplans 08 mit den aus dei nachstehenden Zusammenstellung ersichtlichen Änderungen und den sich daraus ergebenden Änderungen der Abschlußsummen, im übrigen unverändert nach der Vorlage anzunehmen. Wer dem Antrag stattzugeben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Mit Mehrheit angenommen. Ich komme zum Einzelplan 09. Es sind drei Abstimmungen über Änderungsanträge und dann die Gesamtabstimmung vorzunehmen. Ich rufe auf den Antrag Umdruck 97 der Fraktion der SPD betreffend Streichung der Stelle eines Ministerialdirektors. Wer diesem Antrag stattzugeben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Der Antrag ist abgelehnt. Ich rufe auf den Antrag Umdruck 90 Ziffer 1 der SPD-Fraktion zum Einzelplan 09. Danach sollen der Ansatz für die Förderung der hauswirtschaftlichen Aufklärung um 100 000 DM erhöht und die Erläuterung neu formuliert werden. Wer diesem Antrag zu1954 Vizepräsident Dr. Becker zustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Abgelehnt. Ich rufe auf den Antrag Umdruck 90 Ziffer 2 der SPD-Fraktion betreffend Unterrichtung der breiten Öffentlichkeit, insbesondere der Verbraucher, über Marktfragen; die Zweckbestimmung soll geändert werden. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Der Antrag ist abgelehnt. - Sie haben beachtet, daß der Antrag Umdruck 90 Ziffer 2 mehrere Unterabteilungen enthält? Dann rufe ich auf den Antrag Umdruck 120 der CDU/CSU-Fraktion zu Tit. 615, Unterrichtung der breiten Öffentlichkeit, insbesondere der Verbraucher, über Marktfragen. Dazu haben wir doch eben einen Antrag gehabt. ({1}) - Ach so! Das eine war nur eine Änderung der Erläuterungen und hier wird ({2}) der Ansatz um 100 000 DM erhöht. ({3}) Der Antrag bezog sich zunächst auf die Zweckbestimmung, dann auf eine Erhöhung um 250 000 DM und schließlich auf die Erläuterung; er ist soeben abgelehnt worden. Es handelt sich hier sachlich um dasselbe, abgesehen von der geringeren Erhöhung, nämlich um 100 000 DM statt um 250 000 DM, um es auf einen kurzen Nenner zu bringen. - Einverstanden. Wir stimmen ab über ,den Antrag Umdruck 120. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Gegen 6 Stimmen angenommen. Ich komme dann zur Gesamtabstimmung über den Einzelplan 09. Ihnen liegt ,der Antrag des Haushaltsausschusses in der üblichen Fassung, die Sie kennen, vor. Ich müßte also ergänzend dazu sagen: Dieser Antrag wird angenommen einschließlich der Änderungen, ,die sich durch Annahme ,der Änderungsanträge ergeben, beispielsweise durch die soeben angenommene Erhöhung um 100 000 DM. Wer diesem Antrag in der eben formulierten Fassung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Angenommen. Ich rufe nunmehr auf ,den Einzelplan 04: Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes ({4}) . Der Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Giencke. Ich erteile ihm das Wort.

Christian Giencke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000678, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Ohne das Haus wesentlich aufzuhalten, möchte ich als Berichterstatter für den Einzelplan 04 einführend und ergänzend doch etwas zu den einzelnen Kapiteln sagen, obwohl Ihnen allen mein Schriftlicher Bericht vorliegt. Zunächst zu Kap. 04 01 ! In Art. 65 GG heißt es: Der Bundeskanzler bestimmt die Richtlinien der Politik und trägt dafür die Verantwortung. Das, meine Damen und Herren, ist ein entscheidender Satz, ein Satz von großer Tragweite. Ihm kann man in keinem Ressort etwas ähnliches an die Seite stellen. Wenn man aber etwas bestimmen soll und dafür die Verantwortung in dieser Größe zu tragen hat, muß man auch frei sein in der Entscheidung und muß Mittel zur Verfügung haben, die die notwendige Durchführung, Unterrichtung und Koordinierung rasch und präzise zu vollziehen ermöglichen, d. h. das Bundeskanzleramt muß so ausgestattet sein, daß es immer für die täglich anfallenden großen Aufgaben bereit ist. Daher stand der Haushaltsausschuß vor einer sehr schwierigen Aufgabe, die im Hinblick auf die Zeitnot, die bestand, wenn man den Haushalt rechtzeitig vor den Ferien verabschieden wollte, nicht leicht zu lösen war. Nicht alle Notwendigkeiten waren zu übersehen, wollte man dem Ganzen gerecht werden. Trotzdem muß das Parlament bereit sein, eine Verantwortung zu tragen, um Hilfestellung zu leisten, soweit diese immer notwendig und auch möglich ist. Nur so sind die Beschlüsse des Haushaltsausschusses zu verstehen, wenn man sie gerecht beurteilen will, weil sich nämlich hier zwingende Notwendigkeiten von hoher politischer Bedeutung ergeben haben. So ergibt sich auch, daß die Personalwünsche in Kap. 04 01 jetzt schon weitgehend erfüllt werden müssen, damit eine wesentliche Entlastung in der Regierungsspitze erfolgen kann. Niemand von uns wird dem widersprechen können, weil man hier die Verantwortung, die an das Gesetz gebunden ist, nicht verlagern kann. Sie bleibt für den Regierungschef stets in voller Höhe bestehen. Zu Kap. 04 02 nur einen Satz! Der Ansatz dieses Kapitels ist um 1 Million DM erhöht worden. Nun zu Kap. 04 03 - Presse- und Informationsami! Der Nachtragshaushalt 1957 hat die Stelle des Staatssekretärs ausgebracht, und diese Stelle ist bewilligt worden. Hierdurch wird die Regierungsspitze insofern' entlastet, als nunmehr das Presse- und Informationsamt dem Bundeskanzler unmittelbar unterstellt und durch den Staatssekretär vertreten wird. Es besteht kein Zweifel darüber, daß auf das Presse- und Informationsamt weitere Aufgaben zukommen werden; die Erhöhungen einzelner Titel in Kap. 04 03 läßt das bereits erkennen. Für die Personaltitel in diesem Bereich ist aber eine gewisse Vorausplanung notwendig, die aus Zeitgründen nicht genügend abgestimmt werden konnte. Es war daher jetzt nicht möglich, die Struktur des Amtes den erweiterten Aufgaben anzupassen. Kap. 04 04 erhält in diesem Jahr einen Zuschuß, wie Sie im Haushaltsplan feststellen können. Ich darf Sie bitten, den Einzelplan 04 gemäß der Ausschußvorlage Drucksache 461 anzunehmen. ({0})

Dr. Max Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000130

Ich danke dem Herr Berichterstatter. Ehe wir in die Debatte eintreten, gebe ich von folgendem Schreiben Kenntnis, das der Herr Bundeskanzler an den Präsidenten des Deutschen Bundestages gerichtet hat. Er schreibt am 25. Juni: Ich halte es für zweckmäßig, daß der Chef des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung, der mit der Wahrnehmung der Geschäfte eines Staatssekretärs beauftragte Ministerialdirektor Felix von Eckardt, anläßlich der zweiten Lesung des Haushaltsplans für das Rechnungsjahr 1958 den Haushalt des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung selbst vor dem Deutschen Bundestag vertreten kann. Ich wäre dankbar, wenn Sie Ihre Zustimmung erteilen würden. Herr Präsident Gerstenmaier hat seine Zustimmung erteilt. Die Rechtslage ist folgende. Nach dem Grundgesetz kann die Regierung auch durch Staatssekretäre und andere Vertreter vertreten werden. Aber der souveräne Deutsche Bundestag als Vertreter des deutschen Volkes hat gewohnheitsrechtlich die These entwickelt, daß die Vertretung der Minister nur durch Staatssekretäre möglich ist. Nun haben wir den eigenartigen Fall, daß sich Herr von Eckardt als Staatssekretär sozusagen in statu nascendi befindet. Wenn er sich auch vielleicht, wie man so sagt, noch etwas ziert, als Staatssekretär in die politische Welt einzutreten, so glaube ich doch, daß mit der Annahme des Etats der Fall, auch im Sinne der bisherigen Praxis des Bundestags, geklärt wäre, so daß wir nach meiner Meinung keinen Anlaß haben, wegen eines derartigen Zwischenfalls in eine besondere Erörterung einzutreten. - Zur Geschäftsordnung Herr Abgeordneter Erler!

Fritz Erler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000488, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Begehren des Herrn Bundeskanzlers wirft die Frage auf, welche Stellung das Parlament zu der Regierung hat und welche Stellung der Herr Bundeskanzler und seine Minister gegenüber diesem Parlament einnehmen. Verantwortlich vor dem Parlament sind der Bundeskanzler und die Minister, und niemand sonst. Nach unserem Grundgesetz sind die Staatssekretäre - selbst wenn sie es schon sind und erst recht natürlich, solange sie es noch nicht sind - Beamte, ausführende Organe, und nicht dem Parlament, sondern nur der Regierung verantwortlich. Ich bin der Meinung, daß dieses Haus gerade bei Erörterungen der Haushaltspläne ein Recht darauf hat, daß der verantwortliche Minister hier seine Sache vertritt und niemand anders. Wir haben uns bisher gelegentlich durchaus damit abgefunden, daß, wenn ein Minister verhindert war, in einem bestimmten Fall, z. B. in der Fragestunde, der betreffende Staatssekretär hier zur Entlastung des Ministers das Wort ergreifen durfte. Aber nur das war der Sinn. Wenn der Herr Bundeskanzler der Meinung ist, daß er in der Vertretung im politischen Kampf unbedingt die Hilfe des künftigen Staatssekretärs von Eckardt braucht, dann muß er ihn eben als Minister ins Kabinett holen. Das ist sein gutes Recht; dann haben wir eben einen Minister mehr. Aber ich bin nicht der Meinung, daß wir uns angewöhnen sollten, in politischen Auseinandersetzungen in diesem Hause Beamte, die Beamte und nicht Vertreter der Regierung in diesem Sinne sind, zu hören. ({0}) Aus diesem Grunde möchte ich ausdrücklich erklären, daß wir wünschen, daß der Herr Bundeskanzler ,diesen Haushalt, ,den er zu verantworten hat, selbst als verantwortlicher Minister vertritt und nicht von einem anderen vertreten läßt. ({1})

Dr. Max Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000130

Zur Geschäftsordnung der Abgeordnete Rasner!

Will Rasner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001777, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit keinem Wort ist zum Ausdruck gebracht worden, daß 'der Herr Bundeskanzler seinen eigenen Haushalt nicht selber vertreten will und nicht dafür die volle Verantwortung trägt. Das. was aus dem Schreiben hervorgeht, ist lediglich eine Bezugnahme auf ,den Art. 43 Abs. 2: Die Mitglieder des Bundesrates und der Bundesregierung sowie ihre Beauftragten haben zu allen Sitzungen des Bundestages und seiner Ausschüsse Zutritt. Sie müssen jederzeit gehört wenden. Ich bin nicht der Meinung, ,daß wir uns bei diesem klaren Wortlaut des Grundgesetzes hier im Bundestag in Verfassungsinterpretationskunststückchen verlieren sollten. ({0})

Dr. Max Becker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000130

Meine Damen und Herren! Zur Geschäftsordnung haben wir einen Abgeordneten pro und einen Abgeordneten kontra gehört. Die Geschäftsordnungsdebatte wird von mir aus geschlossen. Ich entscheide wie folgt: Ich möchte dem Herrn Präsidenten Gerstenmaier, der schriftlich sein Einverständnis erklärt hat, nicht vorgreifen. Ich werde um 11 Uhr abgelöst. Warten wir ab, ob überhaupt eine Wortmeldung seitens des Herrn von Eckardt erfolgt. Dann können wir darüber entscheiden. ({0}) Ich stelle jetzt den Änderungsantrag Umdruck 95 zur Debatte. Zur Begründunng hat das Wort der Abgeordnete Kühn ({1}).

Heinz Kühn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001245, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe Verständnis dafür, daß der Herr Bundeskanzler vielleicht gerade zum Presse-und Informationsamt diesmal hier nicht gern das Wort ergreifen möchte, da wir noch ein paar Dinge aus dem vorigen Jahre nachzuholen haben, wozu Kühn ({0}) er vielleicht nicht gern sprechen will. Die allgemeine Politik des Bundeskanzlers wird in der dritten Lesung von uns angesprochen; sie ist heute nicht Gegenstand unserer Auseinandersetzung. Es ist meine Aufgabe, mit der Begründung des Umdrucks 95 einiges zur Presse- und Informationspolitik der Bundesregierung zu sagen. Wenn ich sage: zur Pressepolitik, dann zwingt das in diesem Jahre dazu, an dieser Stelle auch ein kurzes Wort zu einem besonderen Gesetzgebungsobjekt der Bundesregierung auszuführen. Ich meine, ein kurzes Wort, weil uns das noch auf den Tisch flattern wird, was in der Bevölkerung draußen den Namen „Lex Soraya" erworben hat. Ich will nicht zum materiellen Inhalt dieses Gesetzes sprechen, sondern will nur folgendes sagen. Dieser Gesetzentwurf, der nicht einmal, wie uns scheint, das Ja der Regierungsfraktion dieses Hauses findet, macht deutlicher als manches andere, wohin man in der Pressepolitik will. Das ist ja nicht ein so harmloses Gesetzesentwürflein, daß man von einem Mißgriff aus Übereifer sprechen könnte. Ich bin nicht einmal in der Lage, dem Justizminister oder dem Außenminister, der ja der Vater dieses Gesetzentwurfs ist, oder dem Herrn Bundeskanzler, der die letzte Verantwortung dafür zu tragen hat - denn es ist ein Kabinettsbeschluß -, das Wort Oscar Wildes zugute zu halten: Wenn ein Mann etwas ganz Blödsinniges tut, tut er es meist aus den edelsten Motiven. ({1}) Dieser Gesetzentwurf ist nicht blödsinnig, und die Motive sind nicht edel. Dieser Gesetzentwurf ist in seinen Absichten sehr wohl überlegt. Es ist sein Ziel, eben wie mit vielen anderen Maßnahmen die Meinungsfreiheit auch weiterhin zu ersticken und einzudämmen. ({2}) Meine Damen und Herren! Ich habe sogar noch einen weitergehenden Verdacht. Ich glaube, daß der Herr Bundeskanzler nicht ganz frei von der Absicht ist, diesen Gesetzentwurf - der ja Presseberichte zugrunde hatte, die sich gegen die ehemalige Frau eines auswärtigen Staatschefs richteten - auch anzuwenden auf noch amtierende Minister seines Kabinetts. ({3}) Denn als neulich Herr von Brentano angegriffen wurde, da hat der Herr Bundeskanzler geantwortet, daß damit die deutschen Interessen geschädigt würden, ({4}) und die Begründung des Kabinetts für die Lex Soraya war doch, daß damit die auswärtige Politik und die auswärtigen Beziehungen der Bundesregierung gestört werden könnten. Nun, was man gegen die Störung der auswärtigen Beziehungen, der auswärtigen Interessen mobilisieren will, wird man dann wohl - einen Schritt weitergehend - auch gegen die Störungen der inneren Interessen zu mobilisieren beabsichtigen. Es ist nicht mit dem Verhalten in einem demokratischen Staate vereinbar, daß, wenn ein Minister angegriffen wird, sich der Regierungschef sofort hinstellt und sagt: Damit werden die deutschen Interessen geschädigt. Als Selwyn Lloyd in England angegriffen wurde, hat Macmillan nicht etwa damit geantwortet, dadurch seien die englischen Interessen gefährdet. Und als in Amerika Dulles angegriffen wurde, hat Eisenhower auch nicht erklärt, daß mit dem Angriff auf den Außenminister die Interessen des Landes gefährdet seien. Das wird nur noch durch den Herrn Bundesinnenminister übertroffen - er steht ja heute hier nicht zur Diskussion -, der noch viel härtere Worte in seiner Auseinandersetzung zu verwenden beliebt. Aber ihm muß man das schon nachsehen, denn er ist ja auf dem besten Wege, der eines Tages vielleicht einmal die Überschrift findet: „Schröder, der McCarthy der Bundesrepublik". ({5}) Die Lex Soraya ist entstanden durch den Ärger des Schahs von Persien. Aber, meine verehrten Kollegen von der Regierungsfraktion dieses Hauses, es sollte auch Ihnen zu denken geben, daß es die Tageszeitung eines der Minister dieser Regierungsbank ist, die geschrieben hat, die Lage, die durch dieses Gesetz geschaffen werden solle, sei nicht ungefährlich: „Gar mancher ,Pressefreund' wird mit dem Schlachtruf ,Soraya' nach einem weiteren Knebel schreien. - Im Hinterteil seines klugen Köpfchens meint er etwas ganz anderes." ({6}) Wenn Ihnen das aber nicht genügt, werde ich die bei Ihnen herrschende Meinungsfreiheit weiter strapazieren. Herr Dr. Bucerius in diesem Hause hat in seiner Verfassungsbeschwerde zu diesem Gesetzentwurf etwas sehr Ernstes gesagt, was auch Sie zum Nachdenken veranlassen sollte: Die Gefahr einer Rückentwicklung der bundesdeutschen Gesetzgebung in Richtung auf Rechtsvorstellungen, die nur unter dem NS-Regime Geltung erlangen konnten. ({7}) Er geht noch einen Schritt weiter. In derselben Verfassungsbeschwerde des CDU-Bundestagsabgeordneten Dr. Bucerius gegen den CDU-Außenminister von Brentano können Sie weiter lesen: Es gibt in der deutschen Rechtsgeschichte nur einen einzigen historischen Parallelfall einer Gesetzesbestimmung, wie sie in die Gesetzesvorlage hier aufgenommen werden soll: § 2 des Gesetzes gegen heimtückische Angriffe auf Staat und Partei und zum Schutze der Parteiuniform vom 20. Dezember 1934. ({8}) Nun steht heute nicht die Auseinandersetzung mit der allgemeinen Pressepolitik der Regierung, sondern nur mit dem besonderen Informationsfonds 1 im Vordergrund. Daß etwas Notwendiges schon häufig in diesem Hause gesagt worden ist, entbindet uns nicht von der Verpflichtung, es immer wieKühn ({9}) der aufs neue zu sagen. Was wir zum Informationsetat des Bundeskanzlers zu sagen haben, ist der Sache nach nicht neu. Aber die von Jahr zu Jahr neu hinzukommenden Tatsachen beweisen immer wieder aufs neue, daß die Aufgaben der Regierung und die Bedürfnisse der Regierungsparteien hier zu einem unverantwortbaren und unerträglichen Amalgam zusammengerührt werden. Das ist der entscheidende Vorwurf. Die Aktivitäten dieses Presseamtes beweisen es Schritt für Schritt. Nehmen wir nur das „Bulletin" der Bundesregierung. Das „Bulletin" der Bundesregierung ist in Wirklichkeit ein CDU-Bulletin. Wir sind nicht bereit, es aus Steuermitteln zu finanzieren angesichts der einseitigen und unwahrhaftigen Parlamentsberichterstattung, angesichts der Tatsache, daß immer wieder Artikel erscheinen, die zum Teil einfach im Wortlaut aus CDU-Pressekorrespondenzen übernommen werden, wo sie längere Zeit vorher erschienen sind. Dieses Bulletin ist Schritt für Schritt, wenn man seine Aktivität betrachtet, ein CDU-Bulletin, und es sollte gefälligst aus den Parteikassen der CDU finanziert werden. ({10}) So sehr wir grundsätzlich die Einrichtung eines solchen Bulletins selbstverständlich bejahen - denn eine Regierung muß ein solches Organ haben -, so wenig sind wir in der Lage, für dieses Bulletin Mittel zu bewilligen. Denn ein Bulletin der Regierung müßte ein Mittel der sachlichen Information, aber nicht der parteipolitischen Meinungsbildung für die Regierungsparteien sein. ({11}) Die Kürze der für die zweite Haushaltsberatung zur Verfügung stehenden Zeit gestattet nur wenige Bemerkungen. Eine muß hier gemacht werden, und zwar zum Chef des Informationsamtes. Herr Felix von Eckardt hat sich und ich sage dieses Wort wohlüberlegt, wenn ich den Meldungen folge erdreistet, zu erklären, er werde die Staatssekretär-stelle, die ihm der Haushaltsausschuß bewilligt hat, nicht annehmen, wenn nicht sein Stellvertreter, Herr Krüger, gleichzeitig Ministerialdirektor werde, was der Haushaltsausschuß nicht zu bewilligen bereit war. Es ist, glaube ich, angesichts eines solchen Verhaltens eines Beamten kein zu hartes Wort, wenn das in der Presse als eine „unverschämte Pression eines Beamten gegen das Parlament" bezeichnet worden ist. ({12}) Herr von Eckardt sollte nicht etwa glauben, daß er aus seiner Informationskaserne heraus eine Art Felix von Massu spielen und das Parlament unter Druck setzen könne. ({13}) Er sollte lieber ein einschlägiges Werk über das Verhältnis von Beamten zum Parlament lesen. Zum mindesten sollte ihn sein Regierungschef dazu anhalten, und eine Erklärung zu seinem Verhalten vor diesem Hause erwarten wir von dem Chef dieser Regierung selbst. ({14}) Herrn von Eckardt steht im Presse- und Informationsamt ein Personal zur Verfügung, das - wir haben bereits früher darauf hingewiesen - zahlreicher ist als das, das früher im Propagandaministerium des „Dritten Reiches" zusammengetragen war, und auch die Finanzsummen, die allerdings noch nicht die damals übliche Größenordnung erreicht haben, sind sprunghaft angestiegen. Im Jahre 1949 begnügte sich dieses Amt noch mit 879 000 DM. In diesem Haushalt werden 26,6 Millionen DM gefordert, und dazu kommen noch einmal 8,3 Millionen DM für den Titel „Öffentlichkeitsarbeit in Verteidigungsfragen", d. h. für Herrn Straußens Atomrüstungspropaganda. Daß wir diesen Atompropagandafonds - zu dessen Verwendung im einzelnen noch einer meiner Kollegen nachher ein Wort sagen wird - ablehnen, werden Sie verstehen. Wir halten die Atomwaffenausrüstung der beiden Teile Deutschlands für ein nationales Verhängnis, und wir werden nicht aufhören, unser Volk dagegen aufzurütteln. ({15}) Sie haben es nötig, Millionen in die Propaganda dieser Ihrer Politik hineinzustecken. Da steht zum Beispiel noch die unvergessene Erklärung des Herrn Bundeskanzlers im Raum, die in diesem Zusammenhang interessant ist, wo er wörtlich erklärte: „Wir wollen keine atomaren Waffen, wir können sie gar nicht bezahlen, und im übrigen: wir lehnen eine atomare Bewaffnung der Bundeswehr ganz bewußt ab." Diese Erklärung ist gar nicht so alt; sie erfolgte am 5. Juli 1957 in Kiel, das war zwei Monate vor der Wahl. ({16}) Und nun müssen die auf das Wort des greisen Kanzlers bauenden, vertrauensvollen Wähler, die ihm darob die Stimme gegeben haben, dazu gebracht werden, zu glauben, daß sie in Wirklichkeit schon am 15. September ihm die Vollmacht für die atomare Ausrüstung erteilt hätten. Das ist doch der Inhalt Ihrer Propaganda, und deshalb wollen Sie nicht, daß das Volk über diese Frage erneut befragt wird. Das glauben die Menschen Ihnen allerdings nicht so ohne weiteres, und um es sie glauben zu machen, brauchen Sie eine Menge Geld. So haben Sie denn auch im letzten Augenblick im Haushaltsausschuß den Titel „Öffentlichkeitsarbeit in Verteidigungsfragen" und den Reptilienfonds des Herrn Bundeskanzlers um insgesamt 3 Millionen DM erhöht. ({17}) Zwei Millionen DM für den Atomrüstungspropagandafonds für Herrn Strauß, eine Million DM für den Reptilienfonds des Bundeskanzlers, und im Haushaltsausschuß - es ist sehr sorgfältig mit-notiert worden - hat die Begründung gelautet, daß dies notwendig sei, um dem Volk die Beschlüsse klarzumachen, die der Bundestag am 25. März gefaßt hat. Das heißt; Sie wollen für diese Ihre Koalitionspropaganda Steuergelder in Anspruch nehmen. ({18}) Und da wird dann auch in Plakaten der Bundesadler für die Koalitionspropaganda strapaziert, als wenn Kühn ({19}) der Bundesadler bereits ein Parteivogel der CDU geworden wäre. ({20}) Insgesamt sind in diesem Haushalt mehr als 80 Millionen DM für Information und Propaganda vorgesehen, die zu einem großen Teil nach dem Grundsatz verwaltet werden: „Keine Information ohne parteiliche Propaganda!" Das haben wir immer wieder erlebt. Ich denke an ein Gebiet, das mir sehr fern liegt, wenn ich mir die „Rentenfibel" ins Bewußtsein rufe; und man könnte in fast allen Ministerien feststellen, wie sehr Information, die objektiv und sachlich sein soll, zu einer parteipolitischen Koalitionspropaganda mißbraucht wird. Das Kernstück des Presse- und Informationsetats des Herrn Bundeskanzlers ist der, nun, wie Sie wollen: berühmte oder berüchtigte Titel 300 Zur Verfügung des Bundeskanzlers für Förderung des Informationswesens -, der Titel, den wir immer wieder, und mit guten Gründen, über die auch heute zu sprechen sein wird, den Reptilienfonds genannt haben. Er umfaßte im vorigen Jahr 11,5 Millionen DM. Als uns der Haushaltsentwurf auf den Tisch gelegt wurde, war er auf 10,2 Millionen DM reduziert. Die Verringerung wurde dadurch erreicht, daß man bestimmte andere Ausgabepositionen, die früher aus dem Titel 300 gespeist worden sind, jetzt an anderer Stelle des Haushalts ausgebracht hat. Man hat aus diesem Informationsförderungsfonds, aus diesem Reptilienfonds, einige Titel herausgenommen, die durchaus berechtigt sind und die auch von uns, von der Opposition dieses Hauses akzeptiert werden. Da sind jetzt zum ersten Mal nach dem Grundsatz der Klarheit und Wahrheit im Haushalt an gesonderter Stelle ausgewiesen eine Position für „Diplomatische Veröffentlichungen" - allerdings ist auch das noch sehr nebulos formuliert -, eine Position für „Besuche ausländischer Journalisten und sonstiger Publizisten in der Bundesrepublik" und der Zuschuß an INTERNATIONES e. V. Ich sagte schon: das sind Haushaltstitel, die wir durchaus bejahen können; und was in diesem Titel 300 an berechtigter Substanz daringesteckt hat und steckt, könnte Position für Position offen, ehrlich und klar auch in diesem Haushalt ausgewiesen werden. Aber indem man einige Positionen herausgenommen hat, wird der Rest, der in das Schweigen und in das Dunkel der anonymen Verwaltung gelegt ist, noch mehr zum Reptilienfonds, als dies früher der Fall gewesen ist. Die Regierungspartei ist selbstverständlich jetzt an diesem Geheimfonds doppelt interessiert. Denn das staatspolitisch gefährliche Gesellschaftsspiel, Millionenspenden für Regierungsparteien für steuerabzugswürdig zu erklären und Pfennigspenden für die Atomgegner beschlagnahmewürdig zu machen, ({21}) dieses staatspolitisch gefährliche Gesellschaftsspiel funktioniert wenigstens in Zukunft - ich bin skeptisch nicht mehr so leicht, wie Sie es sich hier durch die Gesetzesbestimmungen, die Sie mit Ihrer Mehrheit verabschiedet haben, gemacht haben. Sie, meine Herren, haben sich ja als Regierungspartei mittels eines Gesetzes, das Sie beschlossen haben, in allen Wahlkämpfen der hinter uns liegenden Jahre zu Nutznießern finanzieller Praktiken gemacht, die nunmehr von der höchstentscheidenden Stelle als mit der Verfassung, dem Grundgesetz nicht in Übereinstimmung befindlich erkannt worden sind. ({22}) Ihre Wahlkämpfe haben Sie auf finanziellen Grundlagen geführt, die verfassungswidrig zustande gekommen sind. ({23}) Vorsichtigerweise haben Sie sich jetzt, nachdem diese Quelle möglicherweise verstopft wird oder weniger ergiebig plätschert, in diesem Fonds 3 Millionen DM zusätzlich bewilligt. Damit hat auch der „Reptilienfonds" des Herrn Bundeskanzlers einen Umfang angenommen, ,der sogar größer ist als im Vorjahre. Er beträgt 12,2 Millionen DM. Zu diesem Fonds sind noch einige Fragen an den Herrn Bundeskanzler aus dem Vorjahre offengeblieben. Da ist zunächst die Frage, ob ,der schäbige Nachrichtenhelfer ,des Herrn Bundeskanzlers in der Schroth-Scharley-Affäre aus ,dem Tit. 300 2000 DM erhalten hat. Diese Frage hat der Herr Bundeskanzler uns zu beantworten versprochen, ohne daß bis heute eine Antwort erfolgt wäre. Aber mittlerweile gibt es bemerkenswerte Gerichtsakten dazu, über die nachher noch mein Freund Arndt sprechen wird. In jener Sitzung des Bundestages hat ,der Herr Bundeskanzler - ich zitiere wörtlich nach dem Stenogramm dieser Sitzung - gesagt: Wir mir eben von meinen Herren berichtet worden ist, ist nicht festzustellen gewesen, daß 2000 DM oder ein anderer Betrag dorthin aus Mitteln des Bundeskanzleramtes gezahlt worden sind. ({24}) Nun, meine Damen und Herren, ,das ist kein Dementi. „Es ist nicht festzustellen gewesen" heißt nicht: Es ist nicht gezahlt worden. Zu einem Dementi wäre angesichts der Tatsachen auch nicht einmal der Herr Bundeskanzler hier waghalsig genug gewesen. Es ist kein Dementi, aber er hat uns ein Versprechen gegeben, und ich fürchte, ein wenig in Spekulation auf die Vergeßlichkeit dieses Hauses. Er hat wörtlich - ich zitiere wiederum nach dem Stenogramm - gesagt: Ich werde aber diesen Sachen nachgehen, und ich denke dann in baldiger Zeit dem Hohen Hause einen schriftlichen Bericht darüber geben zu können. Dr. Adenauer hat von diesem Hause offensichtlich keine sehr hohe Meinung, denn bis heute warten wir noch darauf. Er hätte auch sein Versprechen nicht einlösen können. Nun bitte ich Sie, meine Kollegen von der Regierungsfraktion, sich doch das, was ich Ihnen jetzt wieder wörtlich nach dem Stenogramm zitiere, sorgKühn ({25}) fältig zu überlegen. Der Herr Bundeskanzler hätte sein Versprechen nicht einlösen können, selbst wenn er es gewollt hätte. Zu diesem Schluß muß man kommen, wenn man sich ins Bewußtsein zurückruft, was ,der Herr Bundeskanzler damals gesagt hat. Wörtlich sagte er: Meine Herren, ich erkläre Ihnen, daß ich über die Verwendung dieses Fonds überhaupt nichts weiß. Das sage ich Ihnen ganz offen. Ich kümmere mich nicht darum, und ich will mich auch nicht darum kümmern. Das mache ich nicht. Schluß des Zitats! Soweit der Herr Bundeskanzler. ({26}) Das heißt, meine verehrten Damen und Herren - und jetzt appelliere ich an Ihr Gewissen als Parlamentarier -: das Parlament darf diesen aus Steuermitteln dotierten Fonds nicht kontrollieren. Der Herr Bundeskanzler macht es nicht und lehnt es ab. Da ergibt sich doch ,die Frage: Wem wird hier von der Mehrheit dieses Parlaments und von der Regierung ein Dutzend Millionen in die Hand gegeben? Das ist ein unerhörter und ungeheuerlicher Vorgang. Kein ,demokratisches Parlament, das auf seine Würde und auf seine Pflichten sieht, wird sich das gefallen lassen, was sich hier die Mehrheit ,des Hauses allerdevotest bieten läßt. ({27}) Meine verehrten Damen und Herren, wenn der Herr Bundeskanzler entsprechend seiner Auffassung von der Obrigkeitsdemokratie dem Parlament die Kontrolle verweigert, dann müßte man doch wenigstens erwarten, daß dieser Bundeskanzler sich hier hinstellt und sagt: Ich kann dem Parlament die Kontrolle nicht einräumen, aber ich kenne die Zusammenhänge und übernehme deshalb die Verantwortung vor diesem Hause. Nach diesem Zitat kann der Herr Bundeskanzler eine solche Erklärung vor diesem Hause nicht abgeben. Deshalb fordern wir die Streichung dieses Titels. Wenn Sie, meine Damen und Herren von der Mehrheit, sich aber nicht in der Lage fühlen, der Streichung dieses Titels zuzustimmen, dann bitten wir zumindest um Ihre Zustimmung zu der Formulierung, die wir für den Haushaltsvermerk im Umdruck 95 vorschlagen. Wir wünschen folgende Formulierung dieses Vermerks: Die Jahresrechnung über die Ausgaben dieses Titels unterliegt der Prüfung durch den Rechnungsprüfungsausschuß des Bundestages und durch den Präsidenten des Bundesrechnungshofes. Die Erklärung des Rechnungsprüfungsausschusses des Bundestages und des Präsidenten des Bundesrechnungshofes bildet die Grundlage für die Entlastung der Bundesregierung. Man möge uns nicht mit den beiden Ausreden kommen, die der Herr Bundeskanzler hier bereits in der Diskussion im vorigen Jahre gebraucht hat. Er hat gesagt: Der Fonds wird von der ganzen Präsidialabteilung kontrolliert. Ich habe mich informiert und habe gehört, daß die Präsidialabteilung aus 20 Beamten vom Dirigenten bis zum Regierungsrat besteht. Wenn 20 Beamte Einblick in diesen Fonds nehmen können, ich glaube, dann kann es auch der Rechnungsprüfungsausschuß dieses Parlaments. ({28}) Es ist noch etwas anderes, was niemandem in diesem Hause unbekannt ist: Das Prüfungsamt, die Präsidialabteilung des Bundesrechnungshofes überprüft doch die Ausgaben lediglich nach der rechnerischen Seite hin, ({29}) nicht aber nach der politischen Seite. - Meine Damen und Herren, durch diesen Ihren Zuruf können Sie mir nicht sagen, ob sich die Beamten damit beschäftigen, ob aus dem Tit. 300 beispielsweise jenes famose Institut finanziert worden ist, das im letzten Wahlkampf unter der Firma „Bleib im Bild!" eine ganz klare CDU-Propaganda gemacht hat, das im Januar 1957 mit einem Kapital von 1,2 Millionen DM eingetragen wurde und im Dezember 1957 kurz nach der Wahl wieder friedlich verstorben ist. Und die Beamten des Amts der Präsidialabteilung des Bundesrechnungshofs beschäftigen sich nicht mit der Frage, ob die jetzt im Landtagswahlkampf Nordrhein-Westfalen verteilte Illustrierte „Kurz und aktuell", als deren Herausgeber eine Gemeinschaft für christlich-soziale Schulung - ich würde fast sagen „für christlich-sozialen Schwindel", das muß man sagen, wenn man sich den Inhalt einzelner Positionen ansieht - ({30}) - Ja, es sind Zitate da, beispielsweise ein Zitat über Chruschtschow, das er angeblich zu Crossman gesagt hat und das in dieser Form nicht gefallen ist. Die Versimpelung, die Verzerrung, die Entstellung von Zusammenhängen und Zitaten bin ich nicht mehr bereit, unter die Kategorie „Schulung" zu nehmen. Die Beamten des Bundesrechnungshofs und des Prüfungsamts beschäftigen sich nicht mit der politischen Verwendung, sondern sie überprüfen die Verwendung nur rechnerisch. Wir aber wünschen auch eine sachliche, eine politische Überprüfung. Daran kann man auch nicht vorbeikommen wie der Herr Bundeskanzler mit seinem zweiten Gegenargument des vorigen Jahres, als er nämlich dem Sinne nach sagte: Ich will Ihnen sagen, in welchen statistischen Prozentverhältnissen der Fonds ausgegeben wurde. - Da kam heraus, ich glaube, 38 0/o für Drucksachen, und in seiner unerschöpflichen Großmut erklärte der Herr Bundeskanzler, davon würden auch wir von der Opposition welche bekommen. Es geht nicht um statistische Detailangaben. Der Landwirtschaftsminister der britischen Regierung hat einmal gesagt: Politiker neigen dazu, Statistiken ebenso zu gebrauchen wie Betrunkene Laternenpfähle, nicht zur Erleuchtung, sondern um sich daran festzuhalten. ({31}) Statistische Angaben nützen uns hier gar nichts. Wir wollen eine politische Kontrolle haben. Und, Kühn ({32}) meine Damen und Herren, auch das sollten Sie bedenken: Es ist nach jahrelangem, zähem Ringen möglich gewesen, daß der Herr Bundeskanzler eingewilligt hat, daß die Mittel für den Bundesnachrichtendienst durch Vertrauensleute des Parlaments kontrolliert werden. Dann sollte es doch viel leichter sein, auch den Informationsfonds zu kontrollieren. Denn beim Bundesnachrichtendienst handelt es sich um V-Männer. Beim Informationsfonds scheint es sich um Wahlmänner zu handeln. ({33}) Meine Damen und Herren, der Begriff „Reptilienfonds" schockiert Sie jedes Jahr. Aus Reptilienfonds werden nun einmal Reptilien gefüttert, und es ist Sache des Herrn Bundeskanzlers, ob er sich zum Nutznießer solcher Reptile machen will. Schlimmer ist, daß die Atmosphäre dieser Geheimfonds die Demokratie zu vergiften droht. ({34}) Daran kommen Sie nicht vorbei, daß dies die ersten Spatenstiche sind, mit denen die Demokratie zu Grabe geschaufelt wird, daß man Wahrheit, Klarheit und Öffentlichkeit untergräbt. ({35}) Wenn es dem Herrn Bundeskanzler an der Bereitschaft fehlt, die klare parlamentarische Durchleuchtung dieses Fonds von sich aus einzuräumen, müssen wir an Sie, die Sie die Mehrheit in diesem Hause haben, appellieren. Wir appellieren an Ihre Einsicht und Verantwortung, auf die wir zumindest hei einem Teil der Regierungsfraktion noch nicht aufhören wollen zu hoffen. Stimmen Sie unserem Antrag zu! ({36})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Das Wort hat der Bundeskanzler.

Dr. Konrad Adenauer (Kanzler:in)

Politiker ID: 11000009

Herr Präsident! Meine Damen und meine Herren! Zu einzelnen Punkten der Ausführungen meines Herrn Vorredners möchte ich einiges sagen. Zunächst hat er ein Pressezitat, wenn ich richtig verstanden habe, wiedergegeben, in dem es heißt, Herr von Eckardt habe eine unverschämte Pression ausgeübt. Ich möchte dazu folgendes sagen. Herr von Eckardt ist zu mir gekommen und hat mir gesagt: „Wenn alle meine Anträge, die ich in bezug auf Personalvermehrung und sonstige Vermehrungen im Haushaltsplan des Bundespresse- und Informationsamtes gestellt habe, abgelehnt werden, möchte ich nicht gern der einzige des ganzen Presse- und Informationsamtes sein, der dadurch etwas bekommt, daß er Staatssekretär wird." ({0}) Ich überlasse es dem Urteil der Öffentlichkeit, ob das eine unverschämte Pression ist. ({1}) Dann hat mein Herr Vorredner von den Millionenspenden für Parteizwecke und davon gesprochen, die letzten Bundestagswahlen seien von der CDU auf Grund der Gelder gewonnen worden, die durch Bestimmungen, die verfassungswidrig seien, in die Hände der Regierungsparteien gekommen seien. ' ({2}) Ich stehe hier als Bundeskanzler und nicht als Vorsitzender der CDU. Aber, meine Herren, wenn Sie wünschen, Auskunft darüber zu bekommen, wie wir zu den Geldern für die Wahlen gekommen sind, dann setze ich mich dort auf meinen Platz als Bundestagsabgeordneter und werde Ihnen antworten. ({3}) Nun hat Herr Kühn weiter behauptet ({4}) - und er hat das sehr unterstrichen -, ich hätte in diesem Saal gesagt: Wir wollen keine atomaren Waffen. Und was nun? ({5}) - Er hat auch gesagt, in diesem Saale. ({6}) - Ach, meine Herren, hören Sie mich doch mit der Geduld an, mit der ich Sie anhöre; ich will ja gar nicht mehr. - Er hat weiter behauptet, im Juli hätte ich das in Kiel auch gesagt. Dazu möchte ich folgendes sagen: Wir wollen auch nicht die großen atomaren Waffen. Dabei bleibe ich auch. ({7}) - Ich bleibe auch dabei. Wenn aber infolge der Konstruktion der Langstreckenrakete durch die Russen Änderungen in der Verwendung konventioneller Waffen eingetreten sind, müssen wir uns dem doch anschließen. ({8}) Aber so ganz aus dem Gedächtnis möchte ich der sozialdemokratischen Fraktion mal sagen, wie oft sie ihre Meinung geändert hat. ({9}) Sie haben in diesem Saale - das sage i c h jetzt sehr nachdrücklich ({10}) - jawohl, als Kanzler! ({11}) wiederholt erklärt, daß Sie ein Berufsheer ablehnen, weil das ein Staat im Staate sei, und Sie haben erklärt, Sie seien für die allgemeine Wehrpflicht. ({12}) Und dieselbe Fraktion hat jetzt vollständig kehrt gemacht. ({13}) Und ein weiterer Stimmungswechsel. Als ich dem Hohen Hause den Gesetzentwurf über den Eintritt in die Europäische Verteidigungsgemeinschaft vorlegte, haben die Sprecher der sozialdemokratischen Fraktion erklärt, sie seien dagegen, weil sie für den Eintritt in die größere Gemeinschaft der NATO seien. ({14}) Sie haben weiter erklärt, daß unsere Wehrmacht mit den modernsten Waffen versehen werden müsse. ({15}) Als wir Ihnen dann den Gesetzentwurf zum Eintritt in die NATO vorlegten, haben Sie diesen natürlich auch abgelehnt. Da war wieder ein Gesinnungswandel. Nun, meine Herren, zu den Ausführungen des Herrn Abgeordneten Kühn über den Reptilienfonds! Reptilienfonds in Anführungszeichen, - ich denke nämlich nicht daran, alle diejenigen, die aus diesem Fonds etwas bekommen, als Reptilien zu bezeichnen. ({16}) Denn zu denjenigen, die um Zuweisung aus diesem Fonds gebeten haben, gehört der Herr Abgeordnete Kühn. ({17}) Meine Damen und Herren, ich werde den Betrag angeben. Ich gebe Ihnen den Betrag ganz genau an, Herr Kühn, um den Sie gebeten haben, den Sie auch bekommen werden und den Sie auch im vorigen Jahr bekommen haben. ({18}) Es war, meine Damen und Herren, Herr Abgeordneter Kühn, der nicht in persönlicher Sache, sondern als Sprecher - -({19}) - Ja, glauben Sie denn, daß aus diesem Fonds Personen etwas bekämen? ({20}) Der Herr Abgeordnete Kühn hat am 11. Juni dieses Jahres an das Presse- und Informationsamt schriftlich den Antrag gestellt - ich verlese wörtlich -, . . . aus Mitteln zur Förderung des Informationswesens eine einmalige Zuweisung einer Beihilfe für die Durchführung eines Presserechtslehrgangs zu bekommen, und zwar in Höhe von 3000 DM. ({21}) Er schreibt zum Schluß ganz korrekt: Wie im Vorjahr werden wir Ihnen nach Abschluß des Lehrgangs eine ordnungsgemäße Abrechnung vorlegen. Sehen Sie, meine Damen und Herren, darum habe ich das vorgelesen. Es war ein Zufall, daß das Schriftstück hier war. ({22}) Es gibt doch auch glückliche Zufälle! ({23}) Nun möchte ich mich gegen die Ausführungen des Herrn Kollegen Kühn wenden, die er gemacht hat, weil ich Beschlüsse des Parlaments oder Zusagen, die ich dem Parlament gegeben hätte, mißachtete. Es handelt sich um die Angelegenheit Schroth/Scharley. Herr Kollege Kühn hat durchaus richtig wiedergegeben, was ich voriges Jahr darüber gesagt habe. Aber die Sache hat noch eine Fortsetzung. Nachdem auf Grund der hier vorgebrachten Beschwerde die Feststellungen abgeschlossen waren, habe ich in einem Brief an den Herrn Bundestagspräsidenten mitgeteilt, daß aus den Mitteln des Bundeskanzleramtes der Mann, der damals diese falsche Nachricht übermittelt hat, nichts bekommen hat. Dann hat die SPD-Fraktion eine Kleine Anfrage eingereicht, und auf diese Kleine Anfrage hat sie die gleiche Antwort bekommen. ({24}) Es ist in der Antwort weiter mitgeteilt worden, daß wir bereit seien, dem Vorsitzenden und dem stellvertretenden Vorsitzenden des Bundestagsausschusses für die Innere Verwaltung das ganze Material vorzulegen. Die Herren sind dann gekommen. Es ist ihnen das ganze Material vorgelegt worden, und der Vorsitzende dieses Ausschusses, Herr Maier, hat sich für befriedigt erklärt und hat weiter gesagt, er würde seine Fraktion darüber unterrichten. ({25}) Ebenfalls hat der stellvertretende Vorsitzende dieses Ausschusses, Herr Abgeordneter Kühlthau, Einsich genommen und hat sich ebenfalls zufrieden gezeigt.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Herr Bundeskanzler, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Maier?

Dr. Konrad Adenauer (Kanzler:in)

Politiker ID: 11000009

Wenn ich noch einen Satz gesprochen habe, bitte ja. - Nun, meine Damen und Herren: Bitte, ist der Vorwurf, daß ich das Parlament mißachte, berechtigt oder nicht berechtigt? ({0})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Bitte schön, Herr Abgeordneter Maier.

Friedrich Maier (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001411, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Bundeskanzler, das Material, von dem Sie soeben sprachen, ist nicht das Gerichtsurteil mit der Begründung im Fall Stephan gewesen, sondern es hat sich für Herrn Kühlthau und mich als die beiden Vorsitzenden des Innenausschusses darum gehandelt, die Fotokopien jener Scheine zu sehen, auf denen der Betroffene unterschrieben haben soll, das Geld für die Mate1962 Maier ({0}) riallieferung bekommen zu haben, Scheine, die von ihm je nach Bedarf als Urkunden selbst hergestellt wurden. Die beiden Herren, die diese sogenannten Akten vorlegten, erklärten, daß sie nicht im Besitz der Gerichtsakten mit dem Urteil seien. Wir, Herr Kühlthau und ich, haben festgestellt, daß diese sogenannten Akten den Nachweis erbracht hätten, daß der Betroffene willkürlich ({1}) die Belege gefälscht habe. Er habe nach diesem Beweismaterial sogar seine eigene Schwester als russische Agentin angegeben. Darüber habe ich, wie es mir aufgetragen war, dem Ausschuß berichtet. In die Gerichtsakten einzusehen, dazu hatten wir keine Möglichkeit. ({2})

Dr. Konrad Adenauer (Kanzler:in)

Politiker ID: 11000009

Es handelt sich darum, daß Herr Kollege Kühn gesagt hat, ich hätte meine Zusage, dem Parlament Auskunft darüber zu geben ({0}) einen Augenblick, meine Damen und Herren: also schriftlich Auskunft zu geben -, ob dieser Zwischenmann aus den Mitteln des Bundeskanzleramtes 2000 DM bekommen habe oder nicht, nicht gehalten. Diese Auskunft ist gegeben worden, ({1}) schriftlich gegeben worden, einmal dem Herrn Bundestagspräsidenten Gerstenmaier und zweitens der sozialdemokratischen Fraktion dieses Hauses auf Grund einer Kleinen Anfrage. In dieser Antwort auf die Kleine Anfrage findet sich noch der Zusatz, daß wir bereit seien oder daß das Bundeskanzleramt bereit sei, dem Vorsitzenden und stellvertretenden Vorsitzenden das Material, das wir hätten, zur Verfügung zu stellen. Daraufhin sind die Herren gekommen - das ist richtig, Herr Kollege Maier - und haben Einsicht in das Material genommen, das wir haben. Aber wenn wir dem Mann aus Mitteln des Bundeskanzleramtes nichts gegeben haben, haben wir auch kein Material dafür, daß wir ihm nichts gegeben haben. ({2})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Das Wort hat der Abgeordnete Kühn.

Heinz Kühn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001245, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Meine Damen und Herren, wir werden im Laufe dieser Debatte noch auf die anderen Fragen zurückkommen. Ich habe mich nur zum Wort gemeldet, um zu diesem einen Punkt, in dem mich der Herr Bundeskanzler persönlich angesprochen hat, zu antworten. Es war wiederum einmal in der typischen einfachen Sprache des Herrn Bundeskanzlers ({0}) eine verstellende, schiefe und unehrenhafte Darstellung. ({1}) Es gibt ein Wort eines deutschen Dichters: Die gefährlichsten Unwahrheiten sind die mäßig entstellten Wahrheiten. Hier ist unmäßig entstellt worden. ({2}) Ich habe - ich stelle das in aller Form fest -keinerlei Anträge zum Tit. 300, dem Reptilienfonds des Herrn Bundeskanzlers, gestellt. ({3}) Ich geben Ihnen eine etwas klarere Darstellung der Zusammenhänge. Ich bin der Bundesvorsitzende der Berufsgruppe der Journalisten im Deutschen Gewerkschaftsbund. Alljährlich veranstaltet diese Organisation, wie andere, Kurse, in diesem Jahre einen Presserechtskurs, zu dem internationale Referenten herangezogen werden. Es ist üblich, daß aus den Mitteln des Presse- und Informationsamts - das ja auch andere Titel als den Tit. 300 hat - Zuwendungen dafür erfolgen, die, genau wie der Herr Bundeskanzler in dieser Frage korrekt gesagt hat, abgerechnet und klargelegt werden. Darum hat es sich gehandelt. Ich stelle fest, ich habe keinerlei Anträge zu diesem Tit. 300, der nicht der parlamentarischen Kontrolle unterliegt, gestellt. Das Presse- und Informationsamt ist eine Einrichtung, die für alle da ist. Ihr Protest zeigt, daß Sie es als eine Koalitionsangelegenheit für Ihre Organisationen betrachten. Hier geht es um Steuermittel. ({4}) Ich habe für jeden unüberhörbar eben klar gesagt, daß wir nichts gegen die klare und wahre Etatisierung jener Zwecke haben, die durchaus gerechtfertigt sind. Ich habe gesagt, daß ein Schritt nach vorn erzielt worden ist, daß in diesem Jahr eine Reihe von Haushaltspositionen, die früher in den Tit. 300 einberechnet wurden, offen und ehrlich an einer anderen Stelle ausgewiesen worden sind. Tun Sie das mit allen diesen Etatpositionen, dann wird sich herausstellen, daß Anträge ganz offen, eben aus den legalen Mitteln des Hauses, bewilligt werden können. Dann wird aber nichts mehr übrigbleiben für den Herrn Bundeskanzler für jene Aufgaben, die eben Reptilienaufgaben sind, und er mag nicht anderen Leuten unterstellen, daß sie auf diesen seinen Fonds Bezug nehmen. Das ist eine Methode, die sich ebenso sehr richtet wie das erbärmliche Gelächter aus Ihren Reihen. ({5})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Das Wort hat der Herr Bundeskanzler.

Dr. Konrad Adenauer (Kanzler:in)

Politiker ID: 11000009

Herr Präsident! Meine Damen und meine Herren! Ich nehme an, daß ich die Worte, die Herr Abgeordneter Kühn soeben gesprochen hat, im Stenogramm noch zu lesen bekomme. Sie waren dort nicht genau zu verstehen. ({0}) Ich möchte nur das eine feststellen: es gibt nur einen Fonds, aus dem etwas Derartiges gegeben werden kann; es gibt nicht mehrere Fonds. ({1}) Woran ich immer Anstoß nehme - das sage ich nochmals -, ist, daß man diesen Fonds Reptilienfonds nennt. Das ist kein Reptilienfonds. Sie wissen doch, woher der Name kommt. ({2}) - Nein, Sie scheinen es nicht zu wissen. - Sie wissen doch, woher er kommt. ({3}) - Das ist etwas völlig anderes als der Fonds, der seinerzeit vor fast 90, fast 100 Jahren den Namen „Reptilienfonds" bekommen hat.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Ritzel, Herr Bundeskanzler?

Dr. Konrad Adenauer (Kanzler:in)

Politiker ID: 11000009

Bitte sehr!

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Ich erteile Herrn Abgeordneten Ritzel das Wort zu einer Zwischenfrage.

Heinrich Georg Ritzel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001860, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Bundeskanzler! Darf ich Sie fragen: ist Ihnen nicht bekannt, daß unter Tit. 240 des vorjährigen und erst recht des diesjährigen Haushalts eine Summe enthalten ist zur Verfügung des Bundespressechefs für außergewöhnlichen Aufwand aus dienstlicher Veranlassung in besonderen Fällen? ({0}) - Es scheint Ihnen nicht bekannt zu sein, meine Herren von der CDU, daß eine derartige Angelegenheit für den Bundespressechef eine ,dienstliche Angelegenheit zu sein hat und sonst nichts.

Dr. Konrad Adenauer (Kanzler:in)

Politiker ID: 11000009

Meine Damen und Herren! Ich weiß, ,daß ,die Posten im Haushaltsplan stehen; ich könnte aber nicht behaupten, daß das einen außergewöhnlichen Aufwand des Bundespressechefs in sich schließt. ({0})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Das Wort hat der mit der Wahrnehmung der Geschäfte des Staatssekretärs beauftragte Ministerialdirektor Felix von Eckardt. von Eckardt, Ministerialdirektor, mit der Wahrnehmung der Geschäfte des Staatssekretärs im Bundeskanzleramt beauftragt: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf vielleicht, ehe ich Ihnen ein paar sachliche Angaben über die Verwendung der Mittel des Presse- und Informationsamtes mache, ({0}) noch ein Wort zu der Kontroverse sagen, die soeben hier stattgefunden hat. Der Titel, über den eben gesprochen worden ist - wenn ich es richtig im Kopf habe, ein Titel mit einem Ansatz von 15 000 DM -, ist ein Repräsentationsfonds, der sowohl der Prüfung des Rechnungshofs als auch ,der Prüfung des Parlaments unterliegt. Der Antrag, den Herr Abgeordneter Kühn jetzt gestellt hat, ist ,ein vollkommen normaler Antrag, einer ,der Anträge, wie wir sie in großer Zahl von allen Seiten erhalten und die wir sehr eingehend prüfen müssen, ob sie unter den Titel „Mittel zur Förderung des Informationswesens" - ich darf darauf hinweisen, daß dies ,die Bezeichnung dieses Titels 300 ist - fallen. Die Frage, ob dieser Antrag und ,die Zahlung eines solchen Betrags unter diesen Titel fallen, wird auch vom Rechnungshof bzw. vom Präsidenten und seiner Präsidialabteilung geprüft, und zwar nicht nur auf Grund der Rechnungsbelege, sondern auch nach seiner Berechtigung hin, ob sie nämlich unter das Stichwort „Mittel zur Förderung des Informationswesens" fallen. Wenn ich aus dem angezogenen Titel mit dem Ansatz von 15 000 DM die Anträge, 'die von vielen Seiten an das Amt gestellt werden, um solche und ähnliche Dinge wie beispielsweise die Durchführung eines Presserechtslehrgangs zu verwirklichen, erfüllen und den Aufwand daraus bezahlen sollte, so müßte der Ansatz dieses Titels eine sehr erhebliche, eine außerordentlich hohe Summe umfassen; denn es handelt sich in diesem Falle um Hunderte von Anträgen, die von den verschiedensten Seiten kommen. Sie alle werden darauf geprüft, ob sie mit der Titelbezeichnung dieses Titels 300 vereinbar sind. Ich darf einmal kurz zusammenfassend sagen, was im Vorwort zum Einzelplan 04 steht, d. h. was die Aufgabe des Bundespresse- und Informationsamtes eigentlich ist und woraus sich die Aufwendungen sowohl personeller als auch finanzieller Art ergeben. Nach diesem Einzelplan 04 hat das Bundespresse-und Informationsamt den Bundespräsidenten und die Bundesregierung auf dem gesamten Nachrichtensektor laufend zu unterrichten. Es muß die hierzu erforderlichen Verbindungen zu den Nachrichtenträgern des In- und Auslandes unter Einsatz modernster technischer Mittel unterhalten. Ferner obliegen ihm die laufende Erforschung der öffentlichen Meinung und die Förderung des deutschen Nachrichtenwesens im In- und Ausland, auch auf den Gebieten der Bildberichterstattung, des Films, des Funks und des Fernsehens. Das Bundespresse- und Informationsamt ist zugleich die Hauptstelle der Bundesregierung für den Verkehr mit der Presse und allen sonstigen Nachrichtenträgern und hat dabei die Politik der Bundesregierung gegenüber den Organen des Nachrichtenwesens zu vertreten. Schließlich hat es die deutsche Bevölkerung über die politischen Ziele und Aufgaben der Bun1964 Ministerialdirektor von Eckardt desregierung zu unterrichten und im Zusammenwirken mit dem Auswärtigen Amt auch die Information des Auslandes vom deutschen Standpunkt aus durchzuführen. Das etwa ist der Aufgabenkreis, der im Einzelplan 04 gestellt worden ist. Diese Aufgaben sind schon allein infolge der technischen und umfangmäßigen Entwicklung des Nachrichtenwesens in der ganzen Welt in den letzten Jahren ständig angewachsen, und ich muß Ihnen sagen: sie werden auch weiterhin anwachsen. Nach meinen Beobachtungen wachsen sie nicht nur bei uns, sondern auch in anderen Ländern. Der Ausbau des internationalen Nachrichtenwesens und die politisch besonders bewegte Zeit sind die Gründe für die Mehranforderungen, die im Bundeshaushalt für 1958 in Kap. 04 03 des Presse- und Informationsamtes für die allgemeinen Ausgaben in Höhe von 4 448 000 DM vorgesehen sind. Vielleicht ist es doch am Platz, Ihnen ein ganz kurzes Wort über das Arbeitsvolumen zu sagen; denn ich glaube nicht, daß man allgemein darüber wirklich orientiert ist. Das Volumen der Weltnachrichtendienste hat nach den Beobachtungen des Internationalen Presseinstituts allein in den Jahren 1953 bis 1957 um 38 % zugenommen. Mit welch begrenztem Personalbestand das Presse- und Informationsamt auf den verschiedenen Spezialgebieten zu arbeiten hat - jeder Personalbestand ist heute eine Zusammenfassung von Spezialisten für jeweils spezielle Arbeitsbereiche -, geht aus folgendem Beispiel hervor. Nach allgemeinen internationalen Erfahrungsgrundsätzen, sozusagen nach einer Faustregel, gehören zur lückenlosen Beobachtung eines ganztägigen Rundfunkprogramms fünf Personen. Das Bundespresse- und Informationsamt dient zur Beobachtung von drei Hauptprogrammen. Es wären also nach dieser Faustregel - einschließlich der Beobachtung der Sender der sowjetischen Besatzungszone - 15 Personen notwendig. Wir haben nur 6 Rundfunkerfasser zur Verfügung. Es besteht also ein Mißverhältnis von 6 zu 15 Personen, da nach der allgemeinen international anerkannten Regel fünf Personen pro Rundfunkhauptprogramm notwendig sind. Hinzu kommt, daß uns für die Beobachtung der Ostprogramme, also der Programme der Staaten, die östlich der sowjetischen Besatzungszone liegen, 12 Erfasser zur Verfügung stehen. Diese 12 Erfasser müssen folgende Sender ständig beobachten und abhören: Moskau, Soldatensender Wolga, Warschau, Prag und Belgrad. Dazu werden russische, englische, französische, polnische, tschechische, slowakische und serbo-kroatische Sprachkenntnisse natürlich außer der deutschen Sprache - verlangt. Für diese Arbeit - das sind fünf Rundfunkprogramme, die voll erfaßt und abgehört werden - stehen wiederum nicht jene nach der Faustregel erforderlichen 25 Herren zur Verfügung, sondern ganze 12. Die Abteilung ist außerordentlich überlastet. Ich hatte in den Vorschlägen zum Haushaltsplan darum gebeten, in dieser Hinsicht behilflich zu sein. Es ist jedoch zu einem Uberrollungshaushalt in Personalfragen im Bundespresse- und Informationsamt gekommen. Damit muß man sich abfinden, und man wird vielleicht zu späterer Zeit wieder darauf zurückkommen. Darf ich aber nun einmal ein Wort sagen, das mir sehr am Herzen liegt, weil hier und in der Presse der Opposition in letzter Zeit Parallelen gezogen werden zwischen dem Propagandaministerium und Herrn Goebbels und dem Bundespresse-und Informationsamt und in mehr oder weniger direkter Form zwischen Herrn Goebbels und mir. Ich weiß nicht, ob eine solche Parallele sehr erfreulich ist in einem demokratischen Staat, aber ich möchte darauf nicht näher eingehen, sondern ich möchte Ihnen lieber darüber einiges sachliche Material geben. Es ist gesagt worden, daß das Bundespresse- und Informationsamt mehr Personal und mehr Geld verwende, als es Herr Goebbels mit seinem Propagandaministerium getan hat. Meine Herren! Diese Angabe ist unrichtig. ({1}) Das Bundespresseamt beschäftigt 418 Personen, davon 36 Beamte, 341 Angestellte und 41 Lohnempfänger. Das frühere Propagandaministerium beschäftigte dagegen im Rechnungsjahr 1939 nach Angaben des damaligen Haushalts, im letzten Vorkriegsjahr also, 1458 Personen. ({2}) Hier muß ich aber noch hinzufügen, daß, wenn ein Personalvergleich mit dem Bundespresseamt überhaupt gezogen werden kann - ich darf einmal das Politische ausschalten, das ich wirklich ablehnen muß, sondern ich meine nur das Personelle -, dann müssen zu dieser Beschäftigtenzahl das sogenannte See-Haus und die Presseabteilung des Auswärtigen Amtes hinzugerechnet werden. Dieses sogenannte See-Haus hatte die Aufgaben, von denen ich vorhin gesprochen habe, nämlich die Rundfunkerfassung im In- und Ausland, vor allem im Ausland. Allein im See-Haus-Dienst stieg im Laufe der Jahre die Zahl der Beschäftigten auf 1000 Personen. Diese Arbeit ist damals von 1000 Personen gemacht worden. Ich bitte nicht zu befürchten, daß ich die Ambition habe, auf diesem Gebiet auch 1000 Personen zu beschäftigen. Ich möchte nur einmal sagen, daß diese Arbeit damals von 1000 Personen ausgeführt wurde, einschließlich der Auswertung, und daß ich heute die Arbeit in meinem Amt machen muß mit demjenigen Personal, daß ich Ihnen vorhin genannt habe, das heißt, im Presseamt stehen einschließlich der zu beobachtenden Sender der Bundesrepublik, der sowjetisch besetzten Zone und des gesamten Auslands anstatt 1000 Personen 49 Personen als Erfasser, Auswerter und Redakteure zur Verfügung. Ich glaube, daß man diese Zahlen nicht miteinander vergleichen kann. Auf dem geldlichen Gebiet liegt es ähnlich. Der Haushalt allein des Propagandaministeriums - ohne Presseabteilung des Auswärtigen Amtes, den See-Haus-Dienst, der dem Auwärtigen Amt unterstand - belief sich 1939 auf 66 448 300 Mark. Dies einmal zur Frage des Vergleichs der Aufwendungen, die das nationalsoziaMinisterialdirektor von Eckardt listische Regime getätigt hat, tim sich zu informieren über das, was vor allen Dingen im Ausland gesagt und geschrieben wurde. Ich möchte aber noch ein paar Zahlen nennen, die Ihnen vielleicht etwas mehr Aufklärung darüber geben, wie die Verhältnisse augenblicklich im Nachrichtenwesen auf der Welt aussehen. Ich dart mich dabei auf die westliche Welt beschränken, da die Zahlen jenseits des Eisernen Vorhanges für uns nicht erfaßbar und auch nicht kontrollierbar sind. Wir wollen uns natürlich in der Bundesrepublik nicht mit den Vereinigten Staaten vergleichen. Das käme uns nicht zu, aber immerhin ist es vielleicht ganz interessant zu wissen, daß die Vereinigten Staaten im United States Information Service - Sie kennen die Abkürzung USIS - im Haushaltsjahre 1957/58 69 200 000 Dollar verwendet haben. Dabei sind in Washington 2500 Beamte und Angestellte beschäftigt, im Auslande 1000 Staatsangehörige der USA und weitere 6500 ausländische Vertragsangestellte. Interessant ist vielleicht der Vergleich mit Großbritannien. In Großbritannien werden für die Tätigkeit im Inland, umgerechnet nach D-Mark, 35 Millionen aufgewendet, für die Tätigkeit im Ausland 150 Millionen. ({3}) Italien verwendet in verschiedenen Titeln beim Ministerpräsidenten, beim Außenminister und beim Ministerium für Kulturfragen in Deutsche Mark umgerechnet - zusammen mehr als 125 Millionen DM, sprich 25 Milliarden Lire. Auch Portugal, um das Beispiel eines kleineren Staates herauszugreifen, beschäftigt im Informationsministerium 504 Angestellte und Beamte, also immerhin noch über 100 Personen mehr, als wir es im Presse- und Informationsamt tun. Nun darf ich vielleicht ein Wort zu dem sagen, was Sie immer am meisten interessiert, und zwar ergänzend zu dem, was der Herr Bundeskanzler zum Tit. 300 gesagt hat. Der Tit. 300 hat folgende Zweckbestimmung: Der Ansatz schließt im Rahmen der aktuell politischen Information auch die public relations-Arbeit im In- und Ausland sowie die Förderung von Film, Bild, Funk, Fernsehfunk und Publikationen verschiedenster Art ein, soweit dafür nicht bei anderen Titeln besondere Ansätze ausgebracht sind. Die Jahresabrechnung über die Ausgaben dieses Titels unterliegt nur der Prüfung durch den Präsidenten des Bundesrechnungshofs. Seine Erklärung bildet die Grundlage für die Entlastung der Bundesregierun g. Es ist hier mehrfach gesagt worden, es sei natürlich in der Praxis nicht möglich, daß der Präsident des Bundesrechnungshofs selber die Jahresabrechnung in jeder Einzelheit prüfe. Das macht seine Präsidialabteilung, und der Präsident erteilt dann auf Grund der Prüfungen durch die Präsidialabteilung die Entlastung. Sie haben davon gesprochen, daß der Tit. 300 in weitem Maße dazu verwendet werde, die Parteien der Regierungskoalition in Wahlkämpfen oder bei anderen Gelegenheiten zu unterstützen. Ich muß Ihnen nach einer etwa fünfjährigen Erfahrung, die ich selber in den Abrechnungsbesprechungen mit dem Präsidenten des Rechnungshofes habe, sagen, daß der Präsident des Rechnungshofes, weder der frühere noch der heutige, jemals eine Entlastung erteilen würde, wenn seine Beamten, die er aus der Präsidialabteilung für diese Prüfung abgestellt hat, ihm mitteilen würden, daß mit dem Fonds in dieser Form verfahren werde. Von den Herren der Präsidialabteilung und dem Herrn Präsidenten des Rechnungshofes wird nämlich nicht allein geprüft, ob die Belege rechnungsmäßig stimmen und damit alles in Ordnung ist, sondern es wird auch geprüft, ob jede einzelne Summe dieses Titels im Rahmen der Zweckbestimmung des Tit. 300 verwendet wird. ({4}) Ich kann Ihnen dabei noch folgendes sagen. Es ist, wie Sie mir sicherlich zugeben werden, gerade in diesem Amt manchmal schwierig oder vielleicht auch strittig, ob eine Ausgabe wirklich diesem Ansatz und dieser Titelbegründung entspricht. Es ist daher unsere Gepflogenheit, bei Summen, die überhaupt oder in etwa ins Gewicht fallen, vorher mit dem Präsidenten des Rechnungshofes und den Herren seiner Präsidialabteilung zu sprechen und sie zu fragen, ob sie der Ansicht sind, daß eine solche Verwendung in dem einzelnen Falle als gerechtfertigt angesehen werden kann. Ich darf noch hinzufügen, daß ich in der fünfeinhalbjährigen Tätigkeit bei den Abrechnungen und den langen Besprechungen, die mit dem Präsidenten und der Präsidialabteilung des Rechnungshofes nach der Jahresprüfung stattfinden, noch niemals eine irgendwie ins Gewicht fallende ernste Auseinandersetzung oder Differenz über die Verwendung dieser Mittel gehabt habe. ({5}) Ich glaube, meine Damen und Herren, daß ich mich im allgemeinen auf diese Ausführungen beschränken kann. Ich möchte nur ein kurzes Wort darüber sagen, daß es nicht ganz so ist, wie es manchmal dargestellt wird, als ob auf der einen Seite ein Reptilienfonds existierte, der ein dunkles, unaufhellbares, subversives politisches Dasein führte, und daß das die Mittel wären, mit denen die Bundesregierung ihre Politik finanzierte und die sie zur Propagierung ihrer Politik auch bei Wahlen oder bei den Wahlen ähnlichen Auseinandersetzungen in der Öffentlichkeit benutzte. Ich habe Ihnen vorhin die Zweckbestimmung des Titels verlesen und habe Ihnen dabei klarzumachen versucht, wo die Grenzen liegen, die nicht überschritten werden dürfen. Sie liegen bei einer Verständlichmachung der Politik der Bundesregierung in der Öffentlichkeit. Ich glaube, daß die Opposition in den Ländern und zum Teil auch in den Stadtparlamenten - da und dort zum mindesten; ich weiß es nicht von überall - nicht anders verfährt. ({6}) Denn wenn ich lese - und die Meldung ist wohl vollkommen korrekt -, daß die Mehrheit der Frankfurter Stadtvertretung 100 000 DM zur Auf1966 Ministerialdirektor von Eckardt klärung über die Atomrüstung und zur Veröffentlichung der Erfahrungen der Frankfurter Hiroshima-Delegation bereitzustellen beantragt hat, so glaube ich, daß hier ein Weg beschritten wird - es ist die Angelegenheit der Mehrheit der Frankfurter Stadtvertretung, darüber zu befinden -, der aber zum mindesten nicht Anlaß gibt, die Arbeit des Presse-und Informationsamtes der Bundesregierung auf diesem Gebiet anzugreifen. ({7}) Ich möchte Ihre Zeit nicht länger in Anspruch nehmen. Ich habe noch eine Anzahl solcher Beispiele. Ich möchte sie Ihnen ersparen. Ich möchte nur noch auf einen Punkt kommen, der, glaube ich, dem ganzen Hause sehr am Herzen liegt: das ist die Propagandatätigkeit der Sowjetzone. Wenn das Presse- und Informationsamt der Sowjetzone auch mit dem westlicher Länder nicht vergleichbar ist, so stellen die Auswirkungen der Tätigkeit, die dieses Amt ausübt, dem Presse- und Informationsamt der Bundesregierung doch eine Fülle von Aufgaben. Die Sowjetzonenregierung verwendet in der Bundesrepublik - nur in der Bundesrepublik; was sie in der übrigen Welt tut, kann ich nicht übersehen - für ihre Infiltrations-arbeit Summen, zu denen die Summen, die wir zur Verfügung haben oder die das Haus bisher bewilligt hat, überhaupt ir keinem Verhältnis stehen. ({8}) Es ist bekannt, daß im Etatjahr 1958 vom sowjetzonalen Gewerkschaftsbund 280 Millionen Ostmark für die Propaganda in der Bundesrepublik zur Verfügung gestellt wurden; das ist nachweisbar. ({9}) In der Presse wurde die Zahl - ich kann es nicht genau kontrollieren, aber sie wird etwa stimmen - von 220 verschiedenen Schriften kommunistischen Inhalts angegeben, die allein in einem Monat in das Bundesgebiet eingeschleust wurden. ({10}) Die Zollbehörden an der Zonengrenze beschlagnahmen im Durchschnitt monatlich 300 Postsendungen mit illegalem Schriftenmaterial aus der Sowjetzone. ({11}) Es muß damit gerechnet werden - und darin werden Sie alle mit mir übereinstimmen -, daß auf illegalem Wege, ,der nicht über die normalen Zonengrenzen geht, noch eine sehr große Anzahl ähnlichen Materials in die Bundesrepublik hineinfiltriert wird. 1 800 000 Brief- und Paketsendungen wurden im Jahre 1957 beschlagnahmt. Die eingeschleusten Propagandaschriften sind Ihnen ja zu einem großen Teil bekannt. Es handelt sich dabei um gefälschte westdeutsche Zeitungen. Dabei verwendet man am häufigsten den Kopf der „Bildzeitung", der „Frankfurter Rundschau", des „General-Anzeigers für Bonn und Umgebung" und einiger anderer. Hierzu kommt ,die Fülle der für die Wehrmacht bestimmten Zeitungen und Zeitschriften - von denen ich nur „Die Kaserne" und „Tabu" nennen möchte -, die in einer außerordentlich großen Auflage monatlich beschlagnahmt werden müssen. Ferner kursieren im Bundesgebiet eine erhebliche Anzahl illegaler Betriebszeitungen. Schließlich unterhält die Zone eine umfassende Auslandspropaganda. Hier seien lediglich die großen Illustrierten erwähnt, die in fremden Sprachen in Auflagen von 250 000 bis 500 000 Exemplaren erscheinen. Das sind Publikationsorgane, wie auch wir sie gern für das Ausland machen würden; es stehen uns aber nicht die Mittel zur Verfügung, um das zu tun. Ich habe mit dieser kurzen Aufzählung gerade der sowjetzonalen Propaganda, mit der wir uns von morgens bis abends und Tag und Nacht, wenn ich es sagen darf, im Bundespresseamt herumzuschlagen haben, geendet, um Ihnen, meine Damen und Herren, noch einmal vor Augen zu führen, daß dieses Amt, das Personal, ,das man ihm bewilligt hat, und die Mittel, die man ihm bewilligt hat, von allergrößter politischer und staatspolitischer Notwendigkeit sind. (Lebhafter Beifall ({12})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Das Wort hat der Abgeordnete Arndt.

Dr. Adolf Arndt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000047, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bevor ich in Ergänzung der Ausführungen meines Freundes Kühn auf zwei besondere Sachverhalte eingehe, um unsere Streichungsanträge auf dem Umdruck 95 weiter zu begründen, darf ich vorweg zwei Feststellungen treffen. Die Behauptung des Herrn Bundeskanzlers, daß die sozialdemokratische Bundestagsfraktion und die Sozialdemokratische Partei den Eintritt der Bundesrepublik Deutschland in ,die Europäische Verteidigungsgemeinschaft abgelehnt hätten mit der Begründung, der Forderung und dem Wunsch, daß wir den Eintritt eines Teiles Deutschlands in die größere Einheit ,des Nordatlantikpaktes für richtig hielten, ist schlicht unwahr. ({0}) Ebenso ist die Behauptung, die sozialdemokratische Bundestagsfraktion und die Sozialdemokratische Partei hätten insbesondere im Bundestag ein Berufsheer abgelehnt mit der Begründung, wir wären als Partei und Fraktion für die allgemeine Wehrpflicht, schlicht unwahr. ({1}) Mehr sage ich nicht dazu. Sie können sich selber überlegen, was Sie von einem Herrn Bundeskanzler zu halten haben, der mit einer solchen Rücksichtslosigkeit über die Wahrheit hinweggeht. ({2}) - Nun, weisen Sie mir ein einziges Wort in ,den Verhandlungen des Bundestages nach, wo sich meine Fraktion oder einer ihrer Sprecher für ,die allgemeine Wehrpflicht ausgesprochen hat! Das sind doch einfach geisteskranke Behauptungen, die Sie aufstellen. ({3}) Man weiß nicht, ob das Albernheiten sind oder ob es verbrecherisch ist, einen solchen Unfug zu behaupten. ({4}) Ich habe es nicht nötig, weiter auf einen solchen Unsinn einzugehen. Ich beschränke mich darauf, diese Feststellungen zu treffen. ({5}) Ich will nun ganz kurz etwas zu den Ausführungen des mit den Aufgaben eines Staatssekretärs beauftragten Herrn von Eckardt sagen. Wenn das alles zutrifft, was Herr von Eckardt uns hier über die Verwendung des Tit. 300 vorgetragen hat, ist es mir unverständlich, warum dieser Titel der Kontrolle und der Prüfung des Bundestages entzogen wird. ({6}) Wenn nicht nur der Präsident des Bundesrechnungshofes, sondern die ganze Präsidialabteilung - also eine Mehrzahl von Beamten - die Möglichkeit hat, in die Ausgaben Einblick zu nehmen, so ist doch wirklich nicht einzusehen, warum hier der Bundestag in seinen Rechten verkürzt wird, - falls Sie nicht einen anderen, zu verbergenden Grund dabei im Hinterhalt haben. ({7}) Das ist in gar keiner Weise überzeugend. Im übrigen würde ich doch empfehlen, auch in dieser Frage einmal einen Blick in das Grundgesetz zu werfen. Denn dort werden Sie finden, daß sowohl die hier beabsichtigte und bisher geübte Einschränkung der Zuständigkeit des Bundesrechnungshofes als einer verfassungsmäßigen Institution als auch der Ausschluß der Prüfung und Entlastung durch den Bundestag mit dem Grundgesetz nicht vereinbar sind. ({8}) Und, Herr von Eckardt, noch ein Letztes. Es ist auf Frankfurt und auf die Bewilligung der 100 000 DM zur Veröffentlichung eines Berichtes über den Besuch in Hiroshima und zur Aufklärung der Bevölkerung über atomare und Strahlungsgefahren hingewiesen worden. Ich will hier den Beschluß gar nicht verteidigen. Aber ich will eines sagen: Wenn böse Beispiele im Bund sich auswirken und auch sonst bessere Sitten verderben, ist das weiß Gott keine Entschuldigung für das Verfahren, das Sie hier seit Jahren üben. ({9}) Ich komme nun in Ergänzung der Ausführungen meines Freundes Kühn auf zwei besondere Sachverhalte zu sprechen, die zur Begründung unseres Antrages in erheblichem Maße beitragen. Wir haben schon immer die Sorge gehabt, daß an den Nachrichtenhändler Stephan zur Beschaffung von Berichten über sozialdemokratische Politiker Gelder aus dem Verfügungsfonds des Bundeskanzleramtes gezahlt worden sind. Wir haben deshalb erwartet, daß der Herr Bundeskanzler sein Versprechen wahrmachen und den in der 208. Sitzung des 2. Deutschen Bundestages am 9. Mai 1957 in Aussicht gestellten schriftlichen Bericht an den Bundestag vorlegen würde. Ich bedauere sehr, dem Herrn Bundeskanzler nicht folgen zu können, wenn er behauptet, dieser Bericht sei vorgelegt. Richtig ist nur, daß der Herr Bundeskanzler am 23. Juli 1957 einen Brief an den Herrn Präsidenten des Bundestages in dieser Frage geschrieben hat. Aber der Herr Präsident des Bundestages kann offensichtlich seinerseits diesen Brief nicht als einen solchen Bericht angesehen haben; denn sonst hätte er ihn dem Hause als Drucksache vorlegen müssen und vorgelegt. ({10}) Das ist nicht geschehen. Keiner von Ihnen hat diesen Brief des Bundeskanzlers als Drucksache vorgelegt bekommen. Daß wir diesen Brief des Kanzlers an den Bundestagspräsidenten nicht als einen Bericht der Bundesregierung an den Bundestag ansehen können, haben wir auch in unserer Kleinen Anfrage vom 31. Januar dieses Jahres eindringlich geltend gemacht. Aber gut! Der Brief ist da. ({11}) - Und die Beantwortung der Anfrage auch. Alles, Herr Conring, was in dem Brief und in der Beantwortung steht, sind nichts als Fortentwicklungen der Wahrheit, weil sie sich dokumentarisch als falsch und, ich sage, als wissentlich falsch erweisen lassen. ({12}) In dem Brief heißt es z. B. zunächst: Die Sprecher der sozialdemokratischen Fraktion haben sich im wesentlichen auf Angaben gestützt, die Stephan in dem gegen ihn laufenden Strafverfahren gemacht hat. Bereits dieser Satz ist unwahr, denn es kann dem Herrn Bundeskanzler nicht unbekannt sein, daß sich die Erörterungen in der Bundestagssitzung vom 9. Mai 1957 im wesentlichen auf das amtliche Ermittlungsergebnis des Herrn Generalbundesanwalts gestützt haben, wie es schriftlich vorlag. Aber man diskriminiert eben von vornherein so leichter Hand; dann ist alles schon abgewertet. Weiter heißt es in dem Schreiben des Herrn Bundeskanzlers an den Herrn Bundestagspräsidenten vom 23. Juli: Keine Stelle der Bundesregierung hat Stephan direkt oder indirekt den Auftrag erteilt, Material über den Bundestagsabgeordneten Wehner oder andere Persönlichkeiten der SPD zu liefern. Das wird in einer gewissen Weise eingeschränkt, indem es heißt: Stephan ist allerdings ersucht worden, seine Angaben über die Herren Schroth und Scharley näher zu belegen, nachdem Zweifel an seinen zunächst glaubwürdig vorgetragenen und mit angeblichen Originalbelegen versehenen Nachrichten aufgetaucht waren. Diese Behauptungen können wir alle gleich mit gerichtlichen Feststellungen konfrontieren, denn es hat ja inzwischen in Berlin ein Strafverfahren vor dem Landgericht stattgefunden, das öffentlich durchgeführt wurde und dessen Urteil auch öffentlich verkündet ist. Das Gericht hat auf Grund seiner Beweisaufnahme zu diesen Fragen Stellung genommen. Ich sehe mich genötigt, daraus nunmehr einiges zu zitieren, und hoffe auf die freundliche Erlaubnis des Herrn Präsidenten. Die Beziehungen zwischen dem Bundeskanzleramt und dem Nachrichtenhändler Stephan wurden von Stephan aus aufgenommen. Stephan - ich zitiere jetzt wörtlich schrieb am 1. August 1953 einen vertraulichen Brief an den damaligen Staatssekretär des Bundeskanzleramts, den inzwischen verstorbenen Zeugen Dr. Lenz. Dieser Brief lautet nach dem Urteil: Nach Rücksprache mit dem Landesgeschäftsführer der CDU, Landesverband Berlin, Herrn Hampel, gestatte ich mir, Ihnen folgendes zu unterbreiten. Auf Grund gewisser glänzender Verbindungen über mit mir befreundete Mittelsmänner - sie stehen dem Ostzonenregime feindlich gegenüber, arbeiten aber an leitenden Stellen dort zu den höchsten Funktionären der Ostzonenkarteien - erhalte ich laufend mehrmals in der Woche erstklassiges Ostzonenmaterial aus erster Hand. Es kommt dann einiges, was wohl nicht wesentlich ist: daß er das Zeitungen angeboten habe, daß die Zeitungen das nicht genommen hätten oder ähnliches mehr. Er wolle es auch nicht an Westberliner Stellen geben, und er sagt dann weiter, der Herr Stephan: Sehr geehrter Herr Staatssekretär Dr. Lenz! Ich bitte Sie sehr, den Inhalt meines Schreibens mit dem sehr verehrten Herrn Bundeskanzler Dr. Adenauer zu besprechen und mir mitzuteilen, ob von seiten der CDU Interesse besteht, dieses außerordentlich wichtige Material laufend von mir zu erwerben, von dem auch der oben genannte Herr Hampel überzeugt ist, daß dieses Material sehr wichtig ist. Der Herr Stephan hat auf diesen Brief hin zunächst von Herrn Staatssekretär Lenz keine Antwort bekommen. Daraufhin machte er unaufgefordert folgendes. Erst am 10. August 1953 - die Daten sind wichtig -, d. h. fünf Tage, bevor Herr Dr. Adenauer auf der Wahlversammlung in Frankfurt am Main die Sozialdemokraten bezichtigte, Gelder aus der Sowjetzone zu bekommen, schrieb der Nachrichtenhändler Stephan von sich aus folgendes an den Staatssekretär im Bundeskanzleramt; und das muß ich nun schon wörtlich verlesen. Leider bin ich auf mein obiges Schreiben an Sie, sehr geehrter Herr Staatssekretär, bis heute ohne Antwort geblieben. Ich bat Sie u. a. darin, den Inhalt meines Schreibens Herrn Bundeskanzler Dr. Adenauer zu unterbreiten. Da ich nicht annehmen kann, daß ich überhaupt ohne Antwort bleibe, da auf der andern Seite gerade für einiges des Materials die Zeit drängt - siehe Wahlkampf -, gebe ich Ihnen aus dem reichhaltigen Material zunächst einiges bekannt mit der Bitte, dieses zu verwerten und eventuell Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Meine Materialübermittler kann ich selbstverständlich nicht nennen. Ich versichere aber, daß dieses Ihnen heute übersandte Material aus erster Quelle stammt, die überaus zuverlässig ist. Vielleicht haben Sie die große Freundlichkeit und tragen Sie das Herrn Bundeskanzler auch in seiner Eigenschaft .als Leiter der CDU vor, und vielleicht haben Sie die Güte, mir recht bald eine Antwort geben zu wollen. Und dann sagt das Gericht: Der Angeklagte übersandte als Anlage drei erfundene Einzelberichte im Umfang von 21/2 Schreibmaschinenseiten und möglicherweise - jedenfalls befindet sich in den bei ihm beschlagnahmten Unterlagen ein entsprechender Durchschlag - noch ein besonderes Blatt mit dem Text: - Dieser Text ist von erheblicher Wichtigkeit Beifolgende Einzelmeldungen können von Bonn aus meines Erachtens am besten bearbeitet werden, da Ihnen die gesamte Exekutive zur Verfügung steht, um ,die Materialien verifizieren zu können. Urkunden und Dokumente darüber können nicht beigebracht werden, da dadurch die Informanten erheblich gefährdet werden könnten. In dem einen der beigefügten Einzelberichte steht dann die Behauptung, daß ein Kurier, Walter Morgenstern, dem DGB-Ortsvorsitzenden Hugo Scharley und dem SPD-Ortsvorsitzenden Heinrich Schroth je 10 000 D-Mark West aus der Ostzone überbracht habe. Das war alles, was das Bundeskanzleramt und der Bundeskanzler besaß, als am 15. August 1953 vor der Weltöffentlichkeit die Behauptung aufgestellt wurde, daß die Sozialdemokratie Wahlgelder aus der Ostzone annehme, und anschließend erklärt wurde, es handle sich insbesondere um die Bundestagskandidaten Schroth und Scharley. Nun bitte ich Sie, einmal selber miteinander zu vergleichen, was das Gericht feststellt und was der Herr Bundeskanzler in seinem Brief vom 23. Juli an den Herrn Bundestagspräsidenten geschrieben hat. Der Herr Bundeskanzler schreibt, daß Zweifel an Stephans zunächst glaubwürdig vorgetragenen und mit angeblichen Originalbelegen versehenen Nachrichten erst hinterher aufgetaucht seien. Diese Berichte konnten auch nicht zunächst glaubwürdig sein, weil es sich um Schreibereien eines völlig unbekannten Mannes handelte, von dem der Herr Bundeskanzler am 15. August noch gar nicht mal wußte, ob der Mann überhaupt existierte, ob er überhaupt Stephan heißt, und Originalbelege waren weder in der Mehrzahl noch in der Einzahl beigefügt. Sie sind überhaupt niemals von dem Nachrichtenhändler Stephan vorgelegt worden. Das darf man ja wohl in aller Vorsicht eine Fortentwicklung der Wahrheit nennen. ({13}) Das Landgericht Berlin fügt nämlich auch seinerseits folgenden sehr bezeichnenden Satz an: Nunmehr traten Ereignisse ein, die der Angeklagte nicht vorausgesehen hatte. Der Staatssekretär Dr. Lenz gab dem Bundeskanzler Dr. Adenauer die „Einzelberichte" des Angeklagten bekannt, und Dr. Adenauer richtete, als er am 15. August 1953 auf einer Wahlversammlung der CDU in Frankfurt am Main eine Rede hielt, an die SPD die Frage, ob sie eigentlich wisse, daß einige ihrer Funktionäre Wahlgelder aus der sowjetischen Besatzungszone erhielten. Das Gericht fügt hinzu, daß Herr Dr. Adenauer am 19. August Schroth und Scharley der Entgegennahme von Geldern von je 10 000 DM ganz speziell bezichtigt hat. Da sagt das Landgericht Berlin, es sei selbst für einen solchen Angeklagten nicht voraussehbar gewesen, daß man in einer solchen Weise - die ich überhaupt nicht qualifizieren kann - mit dem Brief eines Unbekannten umgeht, einem Brief, dem außerdem noch dieser Zettel beilag: Beifolgende Einzelmeldungen können von Bonn aus meines Erachtens am besten bearbeitet werden, da Ihnen die gesamte Exekutive zur Verfügung steht, um die Materialien verifizieren zu können. Das heißt: auf ihren Wahrheitsgehalt prüfen zu können. Urkunden und Dokumente darüber können nicht beigebracht werden. Das sind also die schlichten Tatsachen, wenn Sie sich den Brief des Herrn Bundeskanzlers auf der einen Seite und den Text der gerichtlichen Feststellungen auf der anderen Seite ansehen. Das Gericht fährt fort, daß es zum Widerruf des Herrn Dr. Adenauer am 4. Februar 1954 erst gekommen sei, nachdem die Versuche des Staatssekretärs Dr. Lenz fehlgeschlagen seien, von dem Angeklagten weiteres Material zu erhalten, aus dem sich die Richtigkeit der Behauptung, Schroth und Scharley hätten aus der sowjetischen Besatzungszone Geldbeträge für Wahlkampfzwecke erhalten, hätte ergeben können. Es führt dann etwas aus, was vorher liegt. Dr. Lenz schrieb am 17. August 1953 an den Angeklagten - also kaum hat er den Brief bekommen, da schreibt er -: Infolge der außerordentlichen Belastung durch den ganzen Wahlkampf bin ich nur noch nicht dazu gekommen, Ihnen für das wertvolle Material zu danken. Ich habe Ihr Material beschleunigt an alle interessierten Stellen weitergegeben. Ich verlasse mich dabei darauf, daß das Material auch wirklich zuverlässig ist. Andernfalls könnte es recht unangenehme Folgen haben. ({14}) Für Stephan hat es vier Jahre Zuchthaus zur Folge gehabt. Ich bin Ihnen jedoch für Ihre freundliche Unterstützung sehr verbunden. Nun kommt der wesentliche zweite Punkt. Das Gericht stellt fest: Am 18. August 1953 setzte sich der Pressereferent des Bundesbevollmächtigten in Berlin, der Zeuge Wrasmann, auf Veranlassung des Staatssekretärs Dr. Lenz mit dem Angeklagten in Verbindung. Wrasmann hatte den Auftrag, von dem Angeklagten einen Originalbeleg über die angebliche Auszahlung der Wahlkampfgelder an Schroth und Scharley zu beschaffen und herauszufinden, von wem der Angeklagte eigentlich seine Information beziehe. Dieser Auftrag ist von dem Pressereferenten des Bundesbevollmächtigten in Berlin so ausgeübt worden und zwar doch wohl kaum ohne Kenntnis und Billigung seiner vorgesetzten Dienststellen -, daß sich eine wochenlange enge Beziehung entwikkelte, in welcher der Pressereferent beim Bundesbevollmächtigten in Berlin gegen fortgesetzte Geldzahlungen angebliches Material nicht nur über Schroth und Scharley, sondern auch über den damaligen Präsidenten des Abgeordnetenhauses des freien Berlin und jetzigen Regierenden Bürgermeister von Berlin, über die Mitglieder dieser Hauses I Herrn Wehner, Herrn Mommer, Herrn Schröter und andere gegen Bezahlung aus der Kloake entgegengenommen hat. ({15}) Sehen Sie, wenn es dann heißt: „Keine Stelle der Bundesregierung hat Stephan direkt oder indirekt den Auftrag erteilt, Material über den Bundestagsabgeordneten Wehner oder andere Persönlichkeiten der SPD zu liefern", so ist das ebenfalls eine solche Fortentwicklung der Wahrheit. ({16}) Ich wäre bereit, wenn Sie es wünschen, Ihnen weiter zu sagen - das ist alles hier im Wortlaut enthalten -, was sich der Herr Pressereferent des Bundesbevollmächtigten in Berlin gegen Zahlungen, die ja zweifelsfrei nicht aus seiner privaten Tasche gekommen sind, an unglaublichen Verleumdungen und Schriftstücken von dem Nachrichtenhändler Stephan hat liefern lassen, und zwar gerade über die von mir genannten Sozialdemokraten und noch andere. Das Gericht stellt dazu fest, bereits bei einer der ersten Zusammenkünfte zahlte Wrasmann 300 DM an den Angeklagten. Im ganzen wurde an Barzahlungen ein Betrag von etwa 1200 DM festgestellt. Erst im Verlaufe dieser dann den öffentlichen Behauptungen des Herrn Bundeskanzlers nachfolgenden, ich muß schon sagen: Geschäftsbeziehungen zwischen einem Verwaltungsangehörigen des Bundes und dem Nachrichtenhändler Stephan hat dann erstmals und einmalig am 26. August 1953 der Nachrichtenhändler kurzfristig dem Herrn Wrasmann eine sogenannte Urkunde überlassen, nämlich den Auszahlungsbeleg Nr. 731 vom 7. August 1953 des Kuriers Morgenstern über die Zahlung von je 10 000 Deutsche Mark an Schroth und Scharley, unterzeichnet mit Morgenstern. Nun, es" hätte genausogut anstatt mit „Morgenstern" mit „Nachtmütze" oder irgend etwas Ähnlichem unterzeichnet sein können. Das hätte daran nichts geändert. Das Gericht stellte fest, daß dieser Herrn Wrasmann für einen Tag überreichte sogenannte Originalbeleg von dem Nachrichtenhändler zu diesem Zweck selbst angefertigt worden ist, denn Morgenstern - sagt das Gericht - ist eine freie Erfindung. Das Gericht sagt weiter: Das Dokument war allerdings „nicht gerade ein vollgültiger Beweis" für die Behauptung, Schroth und Scharley hätten Wahlkampfgelder aus der sowjetischen Besatzungszone bekommen. Denn die Unterschriften dieser beiden Personen befanden sich auf dem Beleg nicht. Das ist alles. Da sagt uns der Herr Bundesminister des Innern, das seien so vertrauliche Sachen - diese Dinge, die ein Gericht in öffentlicher Verhandlung erörtert hat, die in einem öffentlich verkündeten Urteil stehen -, daß er darüber nur die beiden Vorsitzenden des Ausschusses für innere Angelegenheiten ins Bild setzen könne; darüber könne man keinen Bericht geben. Nein, daran ist nichts vertraulich als das einzige, wie blamabel die ganze Angelegenheit war. ({17}) Obgleich gerichtlich feststeht, daß dieser Nachrichtenhändler ein einziges Mal einen, wie das Gericht ironisch sagt, „nicht gerade glaubwürdigen" Originalbeleg produzierte, der mit dem erfundenen Namen Morgenstern unterschrieben und ersichtlich selbst angefertigt war, spricht der Herr Bundeskanzler am 23. Juli 1957 in seinem Brief an den Herrn Bundestagspräsidenten immer noch von Informationen, die der Nachrichtenhändler zunächst glaubwürdig vorgetragen und mit angeblichen Originalbelegen - also in der Mehrzahl - versehen hätte. Ich muß immer wieder festnageln, daß dieser Brief des Herrn Bundeskanzlers an den Herrn Bundestagspräsidenten aber auch wirklich nicht in einem einzigen Satz mit der Wahrheit zu vereinbaren ist, ({18}) wenn man davon ausgeht, daß die Strafkammer des Landgerichts Berlin in einer langen und öffentlichen Beweisaufnahme zu Feststellungen der Wahrheit gekommen ist. Im übrigen hätte auch die Bundesregierung dort Möglichkeiten gehabt. Aber ungeachtet dieser Tatsache, daß der Herr Stephan ein einziges Mal diesen ulkigen Originalbeleg Morgenstern produziert hat, hat der Herr Bundeskanzler damals - die Produktion erfolgte am 27. August - wenige Tage später, am 1. September 1953, ein von ihm veröffentlichtes Telegramm an Schroth und Scharley gerichtet, daß es zu der einstweiligen Verfügung nicht gekommen wäre und in der Zukunft nicht kommen würde, wenn er, der Herr Bundeskanzler, sein Material erst einmal dem Gericht vorlegen könne, wozu er, da er zu einer mündlichen Verhandlung keine Gelegenheit gehabt habe, bisher nicht imstande gewesen sei. ({19}) Hinsichtlich der Zahlungen das ist nun der letzte Punkt - sagt das Landgericht Berlin: Bis Ende Dezember 1953 lieferte der Angeklagte weiteres Material an Wrasmann, der ihm dafür insgesamt einschließlich der bereits erwähnten 300 Mark etwa 1000 bis 1200 Deutsche Mark zahlte. Ob diese Gelder aus dem Verfügungsfonds des Bundeskanzlers oder aus dem Wahlfonds der CDU stammten, ist nicht geklärt. Das Gericht geht also mindestens von der Möglichkeit aus, daß die Gelder aus dem Verfügungsfonds des Herrn Bundeskanzlers stammen. Es hat das am Schluß noch einmal festgestellt. Denn es hat zur Frage des Betrugs und des Vermögensschadens, der zum Betrug gehört, ausdrücklich gesagt: Auf Grund des von ihm - dem Stephan erregten Irrtums verfügte der Zeuge Wrasmann - das ist der Bundesverwaltungsangehörige über fremdes Vermögen, indem er an den Angeklagten 1000 bis 1200 Mark zahlte, die ihm dann aus dem Verfügungsfonds des Bundeskanzlers oder aus dem Wahlfonds der CDU erstattet wurden. Der Bundesrepublik Deutschland oder der CDU ist hierdurch ein Vermögensschaden entstanden. Nun, ich würde es als eine Verpflichtung einer Bundesregierung ansehen, doch wenigstens dem. Gericht gegenüber klarzustellen, ob hier der Staat einen Schaden erlitten hat oder eine Partei. Nur wenn Sie der Meinung sind, daß Bund und CDU eine gemeinsame Kasse haben, kann Ihnen diese Frage allerdings nicht von Bedeutung sein. ({20}) Es hätte schon im öffentlichen Interesse liegen müssen, das in dieser öffentlichen Gerichtsverhandlung zu klären. Es gab jemand, der es hätte klären können. Das war der Zeuge Wrasmann, der Pressereferent des Bundesbevollmächtigten in Berlin. Herr Wrasmann hat vor Gericht geäußert, er habe zu der Frage, ob das Geld von der CDU oder aus dem Bundeskanzleramt gekommen sei, keine Genehmigung zur Aussage. ({21}) Das ist einer der vielen Fälle - die noch beim Justizetat zu erörtern sein werden - einer Sabotage der Gerichtsbarkeit in der Bundesrepublik Deutschland durch die Bundesregierung, ({22}) indem sie Aussagegenehmigungen entweder jahrelang hinauszögert oder nicht erteilt. Im übrigen ist ein Zeuge nach meiner Meinung nicht befugt, sich bei der Zahlung aus einer Parteikasse auf sein Dienstgeheimnis und seine Verschwiegenheitspflicht zu berufen. ({23}) Für mein persönliches Judiz geht aus der Aussageverweigerung eindeutig hervor, daß der Zeuge Wrasmann aus keinen anderen Mitteln gezahlt hat als aus denen des Bundeskanzleramts oder des Bundes. Denn sonst hätte er die Aussage über die Herkunft des Geldes gar nicht unter Berufung auf sein amtliches Dienstgeheimnis und seine Verschwiegenheitspflicht verweigern dürfen. Entgegen dieser hier jetzt wiederholten Erklärung und der heute von dem Herrn Bundeskanzler mit Emphase aufgestellten Behauptung ist also festzustellen, daß aus Mitteln dieser Fonds diese Silberlinge an einen Nachrichtenhändler gezahlt wurden, um solche falschen Behauptungen nicht nur über Schroth und Scharley, sondern, ich wiederhole, über Herbert Wehner, über Willy Brandt, über Karl Mommer, über Richard Schröter und über andere Sozialdemokraten durch Verhandlungen mit Pankow - denn etwas anderes war das gar nicht, das waren ja Verhandlungen mit Pankow! - zu bekommen. ({24}) Da hat man solche Gelder gezahlt, und da werden Sie verstehen, ({25}) daß wir nun wirklich keine Neigung haben, solche Mittel zu bewilligen. ({26})! - Was heißt „SPD-Advokatentum"? ({27}) - Ach, schämen Sie sich doch, so etwas zu sagen! Wenn hier einer gewinkelt hat, dann ist das Ihr Parteivorsitzender, Ihr Bundeskanzler gewesen. ({28}) Der läßt sich mit einem Manne ein, der ihm sagt: Ich beschaffe Ihnen aus Pankow Informationen schmutzigster Art über Ihre innenpolitischen demokratischen Gegner, damit Sie die dann öffentlich verleumden können. Damit wird Bundesgeld vertan. ({29}) Und da haben Sie die Stirn zu behaupten: „Winkeladvokaten"! Ihnen sind überhaupt sämtliche sittlichen Begriffe abhanden gekommen. ({30}) Nein, Sie stecken bis zum Hals im Unrat, das will ich Ihnen hier einmal vor der Öffentlichkeit sagen. ({31}) Wenn Sie mir solche Zwischenrufe machen, Sie bekommen auf jeden Zwischenruf eine Antwort, daß Ihnen Hören und Sehen vergeht; ({32}) denn das hier ist eine der größten Schmutzigkeiten, die jemals in der deutschen Geschichte geschehen sind. ({33}) Aber fast noch schlimmer ist es, ({34}) daß ein Bundeskanzler einem Bundestagspräsidenten einen Brief schreibt, in dem nach den gerichtlichen Feststellungen nahezu jedes Wort eine Unwahrheit ist. ({35})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Meine Damen und Herren, bitte keine Unterhaltungen über 'die Bänke hinweg! ({0}) Fahren Sie fort!

Dr. Adolf Arndt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000047, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Meine Damen und Herren, ich erbitte Ihre Nachsicht, daß ich mit Absicht eine kleine Pause gemacht habe; denn das Thema war sehr erregend, ({0}) und das beklagenswerte Unverständnis bei der Mehrheit dieses Hauses ist auch sehr erregend. Ich muß aber zu einem anderen Kapitel übergehen, 'das sehr heikel ist und bei ,dem mir daran liegt, daß seine Behandlung in diesem Hause - soweit hier überhaupt noch sachliche Behandlungen möglich sind - ({1}) - Herr Rasner, ich habe die Angelegenheit Stephan in einer sehr sachlichen Form vorgetragen, ({2}) und Sie Ihrerseits ({3}) haben dann die sehr unangebrachten Zwischenrufe gemacht; Sie sollten einmal Ihre Zwischenrufe im Protokoll nachher nachlesen. ({4}) - Das machen Sie doch fortgesetzt; moralische Zensuren sind doch zuerst von Ihrer Seite gekommen. ({5}) Ich komme jetzt zu einer anderen Frage. ({6}) - Das hängt von den Zwischenrufen ab. Ich komme zu dem Mißbrauch, der mit dem „Bulletin" getrieben wird. Daß das „Bulletin" eine aus Steuergeldern finanzierte Zeitschrift der Regierungspartei ist, wissen wir. ({7}) - Ja, aber zur Verbreitung von CDU-Parteimeinungen! ({8}) Was ich besonders beklagen muß, ist, daß im „Bulletin" vom 7. Mai 1958 die Bundesregierung sich leider nicht gescheut hat, sich mit einer Frage zu beschäftigen, in der eine Bundesregierung, ganz gleich, 'welche sie sei, nicht Partei ergreifen und wo sie nicht eingreifen darf. Es entspricht nicht den Grundsätzen und Prinzipien der freiheitlich-demokratischen Grundordnung in einem konfessionell gespaltenen und gesellschaftlich-mehrheitlichen Staat, daß sich eine Bundesregierung kritisch oder polemisch zu Vorgängen innerhalb einer. Kirche äußert. Das aber ist hier durch einen Aufsatz über die Gesamtdeutsche Synode der Evangelischen Kirche geschehen. Ich will wiederum den Bericht im „Bulletin" der Bundesregierung und die Ausführungen in einem Blatt gegenüberstellen, gegen das Sie bestimmt keine Einwendungen erheben können, nämlich die Ausführungen in dem Blatt „Evangelische Verantwortung", herausgegeben von Herrn Schröder und Herrn Cillien und begründet von Herrn Ehlers und Herrn Tillmanns. Sie mögen sich wiederum einmal selbst ein Urteil bilden, wenn Sie hören, was die Bundesregierung offiziös über die Generalsynode der evangelischen Kirchen hat schreiben lassen und was sich darüber in einem Artikel des Oberkirchenrats Wilkens in der „Evangelischen Verantwortung", nachgedruckt aus der „Evangelisch-Lutherischen Kirchenzeitung", findet. In dem offiziösen Blatt der Bundesregierung wird über die Generalsynode folgendes gesagt: In der der Abstimmung vorausgegangenen Aassprache waren noch einmal in erregender Weise die gegenteiligen Standpunkte zum Ausdruck gekommen: Die radikalen Gegner jeder atomaren Aufrüstung wie der Theologieprofessor der Ostberliner Humboldt-Universität, D. Vogel, die SPD-Bundestagsabgeordneten Dr. Dr. Heinemann und Metzger . . . - es kommen dann noch weitere Namen und auf der anderen Seite Männer wie Bundestagspräsident Gerstenmaier, der Erlanger Theologieprofessor Künneth, Akademiedirektor Dr. Eberhard Müller, der badische Landesbischof D. Bender oder Landesbischof D. Lilje, die . . . die realistischen Gegebenheiten der politischen Situation nicht außer acht gelassen wissen wollten und die - wie etwa Gerstenmaier - die Überwindung der Angst und die allgemeine Entspannung als den einzigen Weg ansahen, um zu einer allgemeinen kontrollierten Abrüstung und damit zur Abschaffung der Atombomben zu kommen. Wenn man das liest, hat man den Eindruck, daß dort eine politische Versammlung gewesen ist, die sich in zwei Teile spaltet: der eine Teil wird als „Gegner" bezeichnet und als „SPD-Abgeordnete" tituliert; als ob es in einer Generalsynode SPD-Abgeordnete oder CDU-Abgeordnete oder sonstige Abgeordnete gibt, als ob dort nicht nur Synodale etwas zu suchen hätten. Herr Vogel wird dann fälschlicherweise als „Ostberliner" bezeichnet, obgleich er ebenso an der Freien Universität in West-Berlin tätig ist. Diese „Gegner" werden dann jenen gegenübergestellt, die man als „Männer" tituliert und denen man ihre kirchlichen Attribute beilegt. Zu dieser Art der Berichterstattung schreibt Herr Oberkirchenrat Wilkens in der Zeitschrift „Evangelische Verantwortung' folgendes: Die Synode ist vorher und nachher für politische Fragestellungen beansprucht, ja, auch in der Bundesrepublik nach dem Maß ihrer politischen Leistung beurteilt worden. Zudem neigen auch kirchliche Kreise dazu, die Synodalen nach Adenauer- und Anti-Adenauer-Flügel abzuzählen. Letzterer habe, so sagte man, zwar die Mehrheit auf der Synode gehabt, aber mit Rücksicht auf den möglichen Auszug lutherischer Landeskirchen aus der Synode habe man auf eine Entscheidung verzichtet. Und nun kommen die entscheidenden Worte: Eine solche Sicht ist eine klare Verfälschung der Synode nach Verlauf, Ergebnis und Selbstverständnis. Es war im Gegenteil überraschend, eine wie geringe Rolle unmittelbar politische Sachverhalte auf der Synode gespielt haben. Nichts, gar nichts berechtigt zu einer nachträglichen Feststellung von Mehrheitsverhältnissen. Eben das hat die Synode selbst vermeiden wollen. Das ist in der „Evangelischen Verantwortung" anerkennenswerterweise die richtige Darstellung, während sich die Bundesregierung hier durch ihr offiziöses Blatt in innerkirchliche Angelegenheiten einmischt und dort diese politische Verfälschung von Vorgängen gbt. Wie weit das geht, sehen Sie daraus, daß sich daran die böse Bemerkung anknüpft, es sei für die mitteldeutsche Situation bezeichnend gewesen, daß sich alle mitteldeutschen Synodalen in einer gewissen theologischen Weise geäußert hätten. Es ist beklagenswert, daß man hier in einem Organ der Bundesregierung diese Männer der evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, die an schwerster und gefährlicher Stelle stehen, nun politisch ins Gefecht bringt und vielleicht sie auch in der Überzeugungskraft ihrer Meinungsbildung verdächtigt. Das geschieht weiterhin in diesem offiziösen Artikel im „Bulletin" der Bundesregierung; denn es wird zuvor gesprochen von der Gefahr einer Auflösung der Kirche, einer Gefahr, die jeden evangelischen Christen in dieser Zeit bewegt. Danach wird im Stoß auf die Bruderschaften, von denen ich noch einmal sage, daß ich Ihnen nicht angehöre und daß ich auch von den theologischen Überzeugungen der Bruderschaften für meinen Teil einen gewissen Abstand habe, gesagt: die Auflösung der Kirche schien um so mehr gelingen zu können, als die Thesen der „Kirchlichen Bruderschaften" der sowjetzonalen Propaganda wertvolle Schützenhilfe geleistet hatten. Hier werden in einem offiziösen Organ der Bundesregierung wesentliche Teile der evangelischen Kirche diffamiert, disqualifiziert und verdächtigt. Die Bundesregierung hat sich durch diesen Artikel intolerant in innerkirchliche Verhältnisse eingemischt, und die Bundesregierung hat sich hier dem Anschein ausgesetzt, mindestens dem Anschein - der unbedingt vermieden werden müßte und sollte -, als ob sie sich, die Bundesregierung, Teile der evangelischen Kirche oder die ganze evangelische Kirche dienstbar machen könne. ({9}) Es ist nicht Sache einer Bundesregierung, sich in einem amtlichen oder halbamtlichen Organ, das mit Steuermitteln finanziert wird, in kirchliche Angelegenheiten einzumischen, noch dazu in einer so schlechten und unerträglichen Weise. Das wollte ich hier gesagt haben, um ein derartiges Treiben zurückzuweisen; denn es ist nach meiner Überzeugung für den Angehörigen der evangelischen Kirche kränkend, was hier geschah. Auch wer die theologischen Meinungen der Bruderschaften und der ihnen nahestehenden Synodalen nicht teilt, muß sich durch eine derartige Veröffentlichung im Bulletin der Bundesregierung verletzt fühlen. ({10}) - Sie fragen, was das mit den Haushaltsberatungen zu tun hat. Ich darf Ihnen sagen: weil wir den Antrag gestellt haben, die Mittel für das „Bulletin" zu streichen. Ich will Ihnen damit hier einen Fall aufführen, wo die Bundesregierung das „Bulletin" in wirklich unerhörtester Weise mißbraucht hat, ({11}) in einer Weise, die jedenfalls für einen erheblichen Teil protestantischer Christen so kränkend ist, ({12}) wie sie seit der Zeit des Dreißigjährigen Krieges in Deutschland nicht gekränkt worden sind. ({13})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Das Wort hat der Herr Bundeskanzler.

Dr. Konrad Adenauer (Kanzler:in)

Politiker ID: 11000009

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Vorredner hat eine lange Rede gehalten. Ich will auf einige Kernpunkte eingehen. ({0}) Er hat behauptet, ({1}) daß jeder Satz meines Schreibens an den Bundestagspräsidenten Gerstenmaier unwahr sei. ({2}) Das Schreiben an den Bundestagspräsidenten Gerstenmaier ist an ihn gesandt worden, als die Gerichtsverhandlung noch nicht stattgefunden hatte, aber die Voruntersuchung beantragt war. Sie können die Akten der Voruntersuchung nachsehen, wenn Herrn Arndt das gefällt. Dieser Brief gibt genau das Ergebnis der damaligen Ermittlungen wieder. ({3}) Dann, meine Damen und Herren, hat Herr Dr. Arndt es gewagt, zu sagen, daß die Bundesregierung die Rechtspflege sabotiere. Er hat sich darauf gestützt, daß wir die Aussagegenehmigung dem Beamten des Bundesbevollmächtigten in Berlin nicht völlig gegeben hätten. ({4}) Die Aussagegenehmigung, die der Beamte des Bundesbevollmächtigten in Berlin bekommen hat, entspricht genau dem Antrag, den das Landgericht Berlin an uns gerichtet hat, dem Antrag, in dem es gebeten hat, dem Herrn Wrasmann die Aussagegenehmigung über diese Punkte zu erteilen. ({5}) Meine Damen und Herren, Herr Staatssekretär Lenz ist tot und kann sich nicht selbst verteidigen. Ich möchte aber folgendes feststellen, und zwar zunächst was meine Person angeht. ({6}) - Nein, das andere ist mir auch wichtig; der Ruf des Toten ist mir auch wichtig. ({7}) Stephan, dieser Nachrichtenhändler, wie er mit Recht bezeichnet worden ist, hat unaufgefordert dem Staatssekretär Lenz angeblich zutreffendes Material über eine Anzahl von Männern in der Bundesrepublik gegeben, die angeblich mit den Herren der Ostzone in Verbindung stünden. ({8}) - Was haben Sie gesagt? ({9}) - Ist doch gar nicht wahr! Ich habe überhaupt in der ganzen Sache nichts getan, ({10}) bis Herr Lenz mir das nachher vorgelegt hat. ({11}) Herr Staatssekretär Lenz hat Herrn Wrasmann gebeten, festzustellen, ob die Angaben des Herrn Stephan im Falle Schroth-Scharley zutreffend seien oder nicht. ({12}) Meine Damen und Herren, dieser Stephan hat dem Staatssekretär Lenz unaufgefordert dann weiteres angebliches Material über eine Reihe von Bürgern der Bundesrepublik übergeben, nicht nur auch nicht nur über Angehörige der Sozialdemoüber sozialdemokratische Bundestagsabgeordnete, kratischen Partei. ({13}) Herr Lenz hat mir niemals etwas davon gesagt, ({14}) weil er dieses Material für schlecht hielt, und hat niemals davon Gebrauch gemacht. ({15})

Dr. Victor Emanuel Preusker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001749

Meine Damen und Herren! Ich bitte um Ruhe. ({0}) Meine Damen und Herren! Ich bitte um Ruhe. Ich habe im Augenblick bei dem Lärm nicht hören können, was hier gesagt worden ist. Ich werde mir sofort das Protokoll von dem Stenographischen Dienst vorlegen lassen und werde dann unverzüglich auf diese Angelegenheit zurückkommen. Herr Kollege Erler! ({1})

Fritz Erler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000488, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach der sehr überraschenden Erklärung, die wir soeben von dem Herrn Bundeskanzler gehört haben, bleibt mir nur eine einzige Feststellung übrig: Da Herr Staatssekretär Lenz von dem ihm zugegangenen Material deshalb keinen Gebrauch gemacht hat, weil er es für schlecht und für falsch hielt, muß infolgedessen Herr Bundeskanzler Dr. Adenauer über hellseherische Fähigkeiten verfügt haben, als er dasselbe Material, das Herr Lenz nicht gebraucht hat, fünf Tage später öffentlich in einer Wahlkundgebung verwendete. ({0})

Dr. Victor Emanuel Preusker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001749

Das Wort hat der Herr Bundeskanzler. ({0}) Meine Damen und Herren! Ich bitte um Ruhe für den Herrn Bundeskanzler. ({1}) Meine Damen und Herren! Gestatten Sie dem Präsidenten eine Bemerkung. Weder er noch die beiden Schriftführer sind bei der herrschenden Unruhe in der Lage gewesen, auch nur das allermindeste an konkreten Zwischenrufen zu verstehen. Ich werde mir auch hierüber sofort das Protokoll vorlegen lassen und feststellen, was es enthält. Ich darf dann auf diese Angelegenheit zurückkommen. Im übrigen darf ich wirklich darum bitten, daß die Verhandlung jetzt mit dem gebotenen Maß an Ruhe weitergeführt wird. Das Wort hat der Herr Bundeskanzler.

Dr. Konrad Adenauer (Kanzler:in)

Politiker ID: 11000009

Meine Damen und Herren! Wenn Sie den stenographischen Bericht darüber lesen, was ich eben gesagt habe, so werden Sie folgendes darin finden: Ich habe genau unterschieden zwischen dem Fall Schroth-Scharley und dem anderen Material, das Herr Stephan dem Herrn Staatssekretär Lenz über eine ganze Anzahl von Personen übergeben hat ({0}) und das Herr Lenz niemals mir gegenüber erwähnt hat. Wenn Herr Erler meint, ich verfüge über hellseherische Fähigkeiten, irrt er. Leider ist es nicht der Fall, Herr Erler. Aber eben ist mir von Staatssekretär Globke das gesagt worden, was ich Ihnen hier gesagt habe. ({1})

Dr. Victor Emanuel Preusker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001749

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Arndt.

Dr. Adolf Arndt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000047, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Bundeskanzler hat das Unglück, daß ich im Besitze der Akten bin und daß ich immer gleich nachweisen kann, daß seine Behauptungen nicht richtig sind. Zwar haben Sie, Herr Bundeskanzler, Ihren Brief im Sommer vorigen Jahres - im Juli ist es gewesen - an den Bundestagspräsidenten geschrieben, bevor die Gerichtsverhandlung durchgeführt worden war. ({0}) - Ich habe ja das Datum genau genannt. Passen Sie nur schön auf, Herr Memmel. Aber Ihr Brief, Herr Bundeskanzler, wurde geschrieben, nachdem die Anklageschrift des Herrn Generalbundesanwalts mit dem amtlichen Ermittlungsergebnis vorlag, jene Anklageschrift, aus der ich bereits im Mai 1957 hier von dieser Stelle aus zitiert habe, und Ihre Behauptungen stimmen gerade mit den Ermittlungen des Herrn Generalbundesanwalts nicht überein. ({1}) Denn der Herr Bundesanwalt hat Stephan angeklagt wegen Betruges zum Nachteil der Bundesrepublik Deutschland, weil Stephan die Bundesrepublik durch Zahlungen des Bundeskanzleramtes um 1200 Mark geschädigt habe. ({2}) Es ist also nicht wahr, daß Ihr Brief das Ergebnis der Voruntersuchung wiedergebe und daß Sie im übrigen im Juli noch nicht hätten wissen können, was sich im November in der Gerichtsverhandlung herausstellte. Aber im übrigen ist doch da auch noch ein unglaublicher logischer Fehlschluß. Denn was sich in Ihrem Amt ereignet, das brauchen Sie doch nicht erst vom Gericht zu hören, ({3}) das müssen Sie doch als erster wissen. ({4}) Also an der Unwahrheit in Ihrem Brief insofern ändert sich nichts. Dann zur Frage der Aussagegenehmigung. Es ist nicht üblich - wir haben ja eine ganze Reihe von Strafjuristen hier im Hause -, daß Strafgerichte ihrerseits Anträge auf Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht stellen, sondern es ist Sache eines Zeugen, seine Aussageerlaubnis seinerseits dem Gericht mitzubringen, und es ist Sache der vorgesetzten Dienstbehörde, nach ihrem Ermessen zu entscheiden, ob und welche Aussageerlaubnis sie gibt. ({5}) Sie können also - zumal das, was Sie sagen, keinerlei Glaubhaftigkeit für sich hat: daß das Gericht einen solchen Antrag gestellt hätte - sich hinsichtlich des Umfanges der Aussagegenehmigung nicht hinter dem Gericht verbergen. Und schließlich der dritte Punkt: Sie sagen, Sie hätten genau unterschieden zwischen dem Auftrage des Herrn Wrasmann, urkundliches Material über seine Schroth-Scharley-Bezichtigung zu bringen - auch schon ein sehr übler und fauler Auftrag -, und dem, was der Nachrichtenhändler Stephan sonst Herrn Lenz übergeben habe. Nun, der Nachrichtenhändler Stephan hat niemals Herrn Lenz etwas übergeben. Denn ich glaube, daß man den Akten nach sagen kann, daß Stephan und Lenz sich niemals in ihrem Leben begegnet sind und sich niemals gesehen haben, sondern Stephan hat immer nur an Wrasmann übergeben im Laufe einer Geschäftsbeziehung, in der Wrasmann als Bundesverwaltungsangehöriger laufend Geld gezahlt hat - von Bewirtungen abgesehen - und dafür nicht nur das eine einzige „Morgenstern-Dokument" in Empfang nahm, sondern laufend auch die anderen Abscheulichkeiten sich geben ließ und sie weiterleitete. Ja, wenn das keine indirekte Auftragsausführung ist, um über diese Politiker das sogenannte Material zu bekommen, dann weiß ich's nicht. ({6})

Dr. Victor Emanuel Preusker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001749

Das Wort hat der Bundeskanzler.

Dr. Konrad Adenauer (Kanzler:in)

Politiker ID: 11000009

Herr Präsident! Meine Damen und meine Herren! Der Herr Abgeordnete Arndt hat jetzt behauptet, das Schreiben, das ich unter dem 23. Juli an den Herrn Präsidenten Gerstenmaier gerichtet hätte, entspräche nicht den Ergebnissen der Voruntersuchung, weil in der Anklageschrift des Generalstaatsanwalts vom Mai stände, daß dieser Stephan das Geld aus den Mitteln der Bundesregierung bekommen habe. Ich kenne nicht diese Anklageschrift. Ich werde nachher noch ein allgemeines Wort mir zu sagen erlauben. Ich kenne diese Anklageschrift nicht. Aber die Bundesregierung weiß, ob aus ihren Fonds Mittel gegeben worden sind oder nicht. ({0}) Wenn nun der Generalstaatsanwalt schreibt: „aus den Mitteln des Bundeskanzleramtes" und das Bundeskanzleramt weiß, daß das nicht geschehen ist, dann muß ich doch selbstverständlich in dem Brief schreiben - und das steht darin -: Aus meinem Dispositionsfonds oder sonst aus Mitteln des Bundeskanzleramtes hat er keinerlei Zuwendungen erhalten. ({1}) Und jetzt erhebt Herr Arndt wieder gegen mich den Vorwurf der Unwahrheit! ({2}) Noch ein Weiteres! Herr Arndt hat hier soeben vor der ganzen Öffentlichkeit den Vorwurf erhohoben, daß wir das Gerichtsverfahren sabotierten. Worauf hat er diese Behauptung gestützt? Er hat sie darauf gestützt, daß wir dem Zeugen Wrasmann Aussagegenehmigung für bestimmte Punkte gegeben hätten. ({3}) - Für bestimmte Punkte gegeben hätten! ({4}) Ich habe ihm darauf gesagt: Wir haben Aussagegenehmigung genau für die Punkte gegeben, für die das Gericht sie verlangt hatte. ({5}) Und jetzt kommt er und sagt, er bleibe dabei, daß wir die Rechtspflege sabotierten; denn wir hätten eine allgemeine Aussagegenehmigung geben sollen. Meine Damen und Herren, ein derartiges Ver1976 fahren, wie es hier geübt wird, ist nichts anderes als eine glatte Ehrabschneiderei. ({6})

Dr. Victor Emanuel Preusker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001749

Das Wort hat der Abgeordnete Lenz ({0}).

Hans Lenz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001323, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir, daß ich im Rahmen der zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1958 ein paar Worte zu dem Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 95 sage. Es ist nicht von ungefähr, daß sich Jahr für Jahr ein großer Teil dieses Hauses, zu dem auch ich gehöre, darüber erregt, daß der Tit. 300 in Kap. 04 03 - Presse und Informationsamt der Bundesregierung - der parlamentarischen Kontrolle entzogen ist. Ebenso ist es keine Frage, daß diesem Titel schon seit Jahr und Tag ein gewisser Hautgout anhaftet. Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, daß dies so ist, so ist er heute vormittag geliefert worden. Heute vormittag ist nämlich etwas geschehen, was ich auf das tiefste bedauere. Der Abgeordnete Kühn hat in seiner Eigenschaft als Vertreter einer Presseorganisation einen völlig einwandfreien und legalen Antrag an das Presseamt gerichtet und ist offenbar ebenso frei und ebenso legal aus einem Titel des Presseamtes bedient worden. Der Beifall aber, den die Mitteilung hervorgerufen hat, läßt darauf schließen, daß man meint, wenn man aus diesem Titel etwas bekomme, dann sei man in irgendeiner Form mitverdächtig. ({0})

Dr. Victor Emanuel Preusker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001749

Herr Abgeordneter Lenz, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Hans Lenz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001323, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Bitte!

Prof. Dr. Fritz Hellwig (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000860, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Lenz, haben Sie nicht verstanden - ich habe nämlich das Protokoll selbst in der Hand gehabt -, daß der Kollege Kühn gesagt hat, die Menschen, die Mittel aus dieser Etatposition bekämen, seien Reptilien? So hat er es gesagt, und darauf erfolgte diese Antwort. ({0})

Hans Lenz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001323, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Ob der Herr Kollege Kühn das gesagt hat oder nicht, ist mir im Moment nicht gegenwärtig. ({0}) Aber der Herr Bundeskanzler hat eindeutig gesagt: Es ist kein Reptilienfonds. Der Herr Bundespressechef hat uns erläutert, was aus diesem Titel bestritten wird. Der Herr Kollege Kühn hat uns erläutert, was er mit seinem Antrag gemeint hat. Wenn diese drei Prämissen zutreffen, dann ist kein Grund vorhanden, diesen Titel nicht der Öffentlichkeit klar vorzulegen. ({1}) Herr Kollege Hellwig, das ist das, was ich meine. Wenn es so ist, dann ist es doch nicht notwendig, daß wir uns hier jedes Jahr über die Geheimniskrämerei bei diesem Titel unterhalten und uns stundenlang streiten. Der Herr Bundeskanzler hat auf Grund seiner Stellung nach dem Grundgesetz, auf Grund seiner Stellung als Vorsitzender der CDU und als Bundeskanzler eine so große Macht, daß das Parlament für mein Empfinden hellhörig werden muß, wenn dem Bundeskanzler auch noch große Mittel zur Verfügung stehen, die sich unserer Kontrolle entziehen. ({2}) Ich sage zunächst zum Inhalt gar nichts, weil ich den Titel nicht kenne. Aber es ist doch ganz natürlich, meine Damen und Herren, daß ein solcher Titel unmittelbar in das Spannungsfeld zwischen staatspolitischen Notwendigkeiten und parteipolitischen Bedürfnissen gerät. ({3}) Das läßt sich doch gar nicht vermeiden, wenn man nicht bereit ist, wenigstens eine kleine unmittelbare parlamentarische Kontrolle einzuführen. Wer den Haushalt kennt, weiß, daß wir eine kleine Zahl anderer Titel haben, bei denen diese Übung absolut funktioniert, und es ist noch nie etwas passiert. Dabei habe ich den Eindruck, daß diese anderen Titel, die die Herren des Haushaltsausschusses ebenso genau kennen wie ich, viel schwierigeren und komplizierteren Stoff enthalten als gerade dieser, wenn es so ist, wie hier gesagt wird. Es ist noch nie vorgekommen, daß sich diese kleine Gruppe von Parlamentariern, die Einsicht in diese Dinge hat, einen Vorwurf hätte machen lassen müssen. Ob es richtig ist, meine Herren von der SPD, den Rechnungsprüfungsausschuß einzuführen, weiß ich nicht. Denn wenn er eingeschaltet wird, ist der Markt verlaufen, dann ist der Titel ausgegeben. Es wäre für mein Empfinden richtig, eine parlamentarische Kontrolle in der Form auszuüben, daß man vorher einen Bewirtschaftungsplan vorgelegt bekommt. Noch ein paar Worte an den Leiter des Informationsamtes. Ich würde folgendes sagen, Herr von Eckardt: Der Trend in Ihrem Amt zur Verbeamtung ist zweifellos naturwidrig. Dieses Amt sollte mit möglichst wenig Beamten auskommen. Nur an eine Stelle würde ich einen ausgezeichneten Verwaltungsmann hohen Kalibers setzen, nämlich an die Stelle Ihres Stellvertreters. Es ist nicht meine Absicht, irgend etwas gegen den derzeitigen Inhaber dieses Amtes zu sagen. Aber ich habe das Gefühl, daß dein Presseamt die Hand eines starken Administrators fehlt. Deswegen möchten meine Freunde Ihnen empfehlen, sich diesen Gedanken einmal durch den Kopf gehen zu lassen. Lenz ({4}) Nun zu den Nachrichten, die in den letzten Tagen über die Ernennung des Herrn von Eckardt zum Staatssekretär durch die Presse gegangen sind. Ich will nicht magisterhaft sein und dem Herrn Staatssekretär keinen Unterricht in staatsbürgerlicher Erziehung geben. Aber ich muß doch sagen, daß hier eine offensichtliche Verkennung der Tatbestände vorliegt. Das Parlament hat die Stelle eines Staatssekretärs geschaffen, weil es der Mehrheit des Parlaments notwendig erschien, den Leiter des Presseamtes im Kabinett zu haben. Es hat und braucht sich mit keinem Wort an den jetzigen oder zukünftigen Inhaber ,dieses Amtes zu erinnern, wenn es diese Stelle schafft. Wir haben - ich jedenfalls - diese Stelle nicht für einen Mann geschaffen, sondern ich habe mitgestimmt, weil ich finde, daß es ,die Funktion dieses Amtes notwendig macht, im Kabinett vertreten zu sein. Es wäre eine Verkennung, wollte man annehmen, daß die Beförderung - wobei es doch fraglich ist, ob Beförderung immer etwas sehr Schönes ist - ausdrücklich ,für Herrn von Eckardt vorgesehen war; in unseren Reihen war das jedenfalls nicht die Meinung, es sei denn, man würde denen Glauben schenken, die sagen, daß er für gute Dienste im vergangenen Jahr befördert werden sollte. ({5}) Nur noch ein kleines Wort zum „Bulletin". Es ist schon sehr viel darüber gesprochen worden. Auch wir haben zu klagen. Auch wir haben das Gefühl, daß sehr eindeutig und einseitig berichtet wird. Nur im heutigen „Bulletin" hatten wir wieder einmal den Vorzug, auf der ersten Seite genannt zu werden, indem die Ehrung für unsere Kollegin Frau Marie-Elisabeth Lüders abgedruckt wurde, allerdings auch wieder mit einem verhängnisvollen Druckfehler. Sie erinnern sich: Frau Kollegin Lüders hat gestern als Dank an den Herrn Bundestagspräsidenten eine kleine Rede gehalten und geschlossen mit einem Wort unseres leider viel zu früh dahingegangenen Parteifreundes Ulrich von Hutten. ({6}) Sie hat gesagt: „Mög ich auch nit gewinnen, man soll 'doch spüren Treu." - Das heißt, wenn ihr der Sieg versagt bleiben sollte ... - Aber was macht das „Bulletin" daraus? „Mög ich auch mit gewinnen, man soll doch spüren Treu." Dem „Bulletin" ist offenbar entgangen, daß die FDP im Augenblick keinerlei Genußpositionen, sondern lediglich Kampfpositionen zu vertreten hat. ({7})

Dr. Victor Emanuel Preusker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001749

Das Wort hat der Abgeordnete Bucerius.

Dr. Gerd Bucerius (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000287, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Lenz ({0}), Sie haben den Haushaltsanschlag im Punkte Bundespresseamt einer Kritik unterzogen. Ich stimme dieser Kritik nicht zu und werde das noch begründen. Aber ich möchte Ihnen für die sachliche Form, mit der Sie ein verständliches Anliegen vorgetragen haben, meinen herzlichen Dank aussprechen. ({1}) Sie steht in bemerkenswertem Gegensatz zu dem, was wir in der Stunde vorher in diesem Hause erlebt haben. ({2}) - Herr Ollenhauer, Herr Erler, ich bitte recht schön! Herr Ollenhauer, Sie legen mit Recht immer großes Gewicht darauf, daß alle Beteiligten die Würde dieses Hauses wahren. Dazu gehört aber auch, daß kein Mitglied des Hauses, ob es in den Reihen des Parlamentes oder der Regierung sitzt, in der Weise angegriffen wird, wie das heute in diesem Hause gegenüber dem Bundeskanzler geschah, der immerhin zu diesem Hause gehört. ({3}) Ehrabschneiderei wird uns nun schon wieder entgegengeworfen. Meine Herren und Herr Kollege Arndt: albern, geisteskrank, verbrecherisch - wenn Sie so gewaltige Worte an solchen Angelegenheiten verschleißen, wie Sie sie hier vorgetragen haben, dann können Sie wirklich nicht mehr erwarten, daß das, was von den Bänken der Opposition gesagt wird, ernst genommen wird. ({4}) Sie werden mir dabei zugute halten, daß ich es mir vorgenommen habe, alle Abgeordneten dieses Hauses, auf welcher Seite sie sich befinden, gegen ungerechtfertigte Angriffe, von welcher Seite sie auch kommen, in Schutz zu nehmen. Ich habe von dieser Möglichkeit wahrlich ausgiebig Gebrauch gemacht. Herr Kollege Kühn, Sie haben ein Wort aus der Presse aufgegriffen und, es dadurch billigend, wiedergegeben: das Verhalten des Herrn von Eckardt sei eine unverschämte Erpressung. Herr Kühn, ich bin sehr froh darüber, daß der Bundeskanzler - ohne Rücksicht darauf, wie die geschäftsordnungsmäßige Lage sein mag, die ich nicht beurteilen kann - seinem Pressechef gesagt hat: „Es ist Zeit, daß Sie sich mit dem Parlament einmal persönlich auseinandersetzen. Es geht nicht an, daß Sie immer nur außerhalb des Hauses Rede und Antwort stehen. Sie müssen einmal auch vom rostrum des Hauses aus Rede und Antwort stehen." Das ist keine einfache Aufgabe. Wir haben an der Art seines Vortrages auch gespürt, wie schwer es ihm gefallen ist. Die Art, mit der er gewirkt hat, ist sehr sympathisch; sie vermittelt uns die Überzeugung, daß dieser ausgezeichnete Mann uns auch vor der Presse des In- und Auslandes gut vertreten wird. Herr von Eckardt hat unser Vertrauen. ({5}) Herr Kollege Arndt , Sie haben sich darüber beschwert, daß das „Bulletin" ein Thema aufgenommen hat, das unzweifelhaft zu einem Urthema der evangelischen Kirche, insbesondere der Synode, gehört. Ich habe die Vorgänge im einzelnen nicht verfolgen können,- sondern bin 'darauf angewiesen, 1978 Deutscher Bundestag - 3. Wahlperiode - 35. Sitzung. Bann, Donnerstag, den 26. Juni 1958 aus dem Bericht Schlüsse zu ziehen, den Herr Dr. Gerstenmaier seiner Fraktion gegeben hat. Herr Dr. Gerstenmaier hat der Fraktion dargelegt, daß er von einer Gruppe innerhalb der Synode wegen seines politischen Verhaltens außerhalb der Kirche zur Rechenschaft gezogen worden sei. Herr Dr. Arndt, das ist kein Fehler der Synode. Dem Urteil der Synodalen, !dem Urteil der Kirche unterliegt selbstverständlich !der ganze Mensch, auch das, was er in !der Politik tut. Tut er Dinge im politischen Leben, die mit der von der Kirche und den Geboten Gottes verlangten Haltung nicht zu vereinbaren sind, dann hat die Synode das Recht, ihn zur Verantwortung zu ziehen. Das Recht hat auch Herr Gerstenmaier nicht bestritten; aber er hat sich zur Wehr gesetzt. Wenn nun aber politische Vorgänge außerhalb der Synode dergestalt zum Gegenstand der Verhandlungen innerhalb der Synode werden, dann ist es doch genauso selbstverständlich, daß diese Vorgänge innerhalb der Synode Gegenstand !der Aufmerksamkeit der politischen Instanzen werden. ({6}) Wenn Sie nun der Meinung sind, daß die Bundesregierung !das Recht hat, ihren Standpunkt zu verteidigen und im „Bulletin" darzulegen, dann dürfen Sie sich nicht wundern, !daß die Bundesregierung bei dieser Gelegenheit diejenigen Pressestimmen zitiert, die ihre Meinung widerspiegeln. Wenn Sie mir jemals nachgewiesen hätten, daß es die Bundesregierung abgelehnt habe, eine ins Gewicht fallende Stimme, die von einer anderen Seite, insbesondere der Ihren, gekommen wäre, ins „Bulletin" aufzunehmen, die es wert gewesen wäre, dort aufgenommen zu werden, Herr Dr. Arndt, dann wäre ich der erste - !das werden Sie mir nach dem, was auch heute hier im Hause gesagt worden ist, gewiß abnehmen , der mit allen Mitteln, und zwar auch mit dem höchsten Rechtsmittel, das in der Bundesrepublik zur Verfügung steht, Ihnen zu Ihrem Recht verhelfen wird. Herr Kollege Kühn, es ist schade, daß wir uns nun eigentlich jedes Jahr erneut über eine Frage unterhalten, ({7}) die im Grunde eine reine Rechtsfrage ist und sehr leicht geklärt werden könnte. Sie sagen, Herr Kühn: Die Aufgabe des Präsidenten des Bundesrechnungshofes ist nur formal, wenn er die Ausgabengebarung unter dem Tit. 300 prüft. Er hat nur zu prüfen, ob die Ausgaben in Wahrheit gemacht worden sind. Er stellt fest: der Beleg ist echt, das Geld ist gezahlt worden. Und damit ist der Fall erledigt. Er hat also gewissermaßen nur die Prüfung darüber vorzunehmen, ob der Bundeshaushalt nicht betrogen ist, ob nicht Herr von Eckardt oder einer seiner Beamten oder anderen Untergebenen vorsätzlich oder fahrlässig das Geld für Zwecke, die von Tit. 300 nicht gedeckt sind, verausgabt hat. Herr Kühn, das ist einfach nicht richtig. Die Prüfung des Präsidenten des Bundesrechnungshofes ist eine materielle Prüfung. Sie stellt fest, ob sich eine Ausgabe im Rahmen dessen hält, was im Bundeshaushalt für die Verwendung dieses Titels vorgeschrieben ist. Sie können sich vielleicht darüber beklagen, daß der Verwendungszweck in Titel 300 sehr weit gefaßt ist. Das ist eine ganz andere Frage, über die man zu diskutieren hat. Aber in dem vom Parlament angenommenen Wortlaut heißt es nun einmal, Das Bundespresseamt ist die Hauptstelle der Bundesregierung der Bundesregierung! für den Verkehr mit der Presse. Es hat dabei die Politik der Bundesregierung gegenüber den Organen des Nachrichtenwesens zu vertreten. Nun kommt das, worauf wir in diesem Zusammenhand besonderes Gewicht legen: Es hat ferner die deutsche Bevölkerung über die politischen Ziele und Aufgaben der Bundesregierung zu unterrichten und im Zusammenhang mit dem Auswärtigen Amt auch die Informationen des Auslands vom deutschen Standpunkt aus durchzuführen. Herr Kühn, ob eine Ausgabe diesem Ziel dient oder einer rein parteipolitischen Agitation, das kann der Präsident des Bundesrechnungshofes sehr wohl nachprüfen. ({8}) Ich hatte eine Zeitlang das Vergnügen, zwar nicht Beamter, aber doch in amtlicher Funktion in einer Behörde des Bundes tätig zu sein, nämlich im Bundeswirtschaftsministerium als Bundesbeauftragter für die Förderung der Berliner Wirtschaft. Ich kann Ihnen sagen: mit welcher Akribie der Bundesrechnungshof seine normalen materiellen und sachlichen Prüfungen vornimmt, darüber kann nur ein Lied singen, wer jemals Bundesbeamter gewesen ist. Ich habe mich als Kaufmann niemals so vor der Revision der Steuerbehörde gefürchtet wie vor den Revisionen des Bundesrechnungshofes. Herr von Eckardt hat es nicht leicht, wenn er den Titel rechtfertigen will; er muß über jeden Punkt genau Auskunft geben und muß darlegen, daß es sich hier nicht um eine parteipolitische Propaganda handelt, sondern um eine Erfüllung des Zweckes, der ihm vom Parlament auferlegt worden ist. Herr Kühn, Sie sagen nun, man könnte genauso gut die Kontrolle des Parlaments einschalten. Herr Kühn - dies darf auch gleich als Antwort an den Herrn Kollegen Lenz gelten -: ich kenne keinen Etat der gleichen Art in anderen Ländern, bei dem eine allgemeine parlamentarische Kontrolle ausgeübt wird, insbesondere nicht in den Vereinigten Staaten und nicht in England. Es gilt - nach meiner Kenntnis zumindest - nicht für den entsprechenden Fonds in Nordrhein-Westfalen, aus dem die gleichen Ausgaben wie hier seitens der Bundesregierung geleistet werden, nur mit einem sehr entscheidenden Unterschied: trotz der Bitte unserer Schwesterfraktion im Landtag Nordrhein-Westfalen hat die Landesregierung Nordrhein-Westfalen dort auch die Kontrolle durch den Rechnungshof abgelehnt. ({9}) Dort, Herr Kühn, wird das Geld ausgegeben, ohne daß auch nur irgend jemand eine formale Kontrolle vornimmt. ({10}) Ich muß Ihnen sagen, Herr Kühn, daß ich volles Zutrauen zu der Landesregierung Nordrhein-Westfalen habe, daß sie die Gelder, die ihr dort anvertraut worden sind, weise verwaltet. ({11}) Ich für meinen Teil lege kein Gewicht darauf, daß der Rechnungshof dort nachprüft. Wenn ich Regierungschef in Nordrhein-Westfalen wäre, würde ich allerdings zu meiner eigenen Entlastung auf die Kontrolle durch ein solches Organ entscheidendes Gewicht legen. ({12})

Dr. Victor Emanuel Preusker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001749

Herr Kollege Bucerius, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Lenz ({0})?

Dr. Gerd Bucerius (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000287, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Bitte.

Hans Lenz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001323, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Kollege Bucerius, verwechseln Sie hier nicht zwei Titel? Hat die Landesregierung Nordrhein-Westfalen einen vergleichbaren Titel zu diesem, oder meinen Sie nicht den Titel des Verfassungsschutzamtes im Innenministerium? Dann haben Sie recht. Dort weigern sich die Länder, den Rechnungshof einzuspannen.

Dr. Gerd Bucerius (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000287, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Nein, ,es handelt sich um einen vergleichbaren Titel im Haushalt des Innenministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen, soweit ich unterrichtet bin. ({0}) Dann ist Kritik an Einzelheiten der Verausgabung jenes Fonds geübt worden. Es ist gesagt worden, dies sei zu aufwendig, das sei zu großartig. Meine Damen und Herren, ich habe hier vor mir die Schrift des Ministerpräsidenten Fritz Steinhoff liegen, die die Rede zum Haushalt 1958/59 enthält. Ich habe gar keine Einwendungen dagegen, daß Nordrhein-Westfalen die Reden seines Ministerpräsidenten, wie wir das auch tun, der Allgemeinheit zugänglich macht. Aber noch niemals - mein Herz als Drucker und Verleger freut sich - habe ich ein so schmuckes Heft, so schön gedruckt, auf bestem Glanzpapier, mindestens 160 Gramm, wunderbar gedruckt gesehen wie diese Schrift einer Ihrer gestellten Landesregierungen. Demgegenüber wirkt das Bulletin wirklich mager und dürftig. - Herr Erler, Sie sagen, das Bulletin ist mehr. Das liegt aber gewiß daran, daß wir mehr zu sagen haben als Sie vielleicht. ({1})

Dr. Victor Emanuel Preusker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001749

Herr Kollege Dr. Bucerius, Sie gestatten wohl eine Zwischenfrage?

Fritz Erler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000488, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich frage nur nach dem Kilo Jahresbericht der Bundesregierung. Sie wissen ja auch ungefähr, was das kostet, und können das zu diesem Schriftehen in Vergleich setzen.

Dr. Gerd Bucerius (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000287, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Erler, ich habe den Jahresbericht der Bundesregierung zum großen Teil gelesen. Er dient mir immer wieder als nützliches Nachschlagewerk. Sie werden sagen, Herr Erler, dort sei der Standpunkt der Bundesregierung dargestellt. Ja, das ist aber doch die Aufgabe der Bundesregierung, ihren Standpunkt darzustellen. ({0}) - Aber, Herr Erler, ich beanstande ja gar nicht, daß Sie solche Ausgaben machen. Ich sage nur: Sie müssen uns unsere Ausgaben nicht entgegenhalten, da Sie dieselbe Praxis - nach meiner Überzeugung mit Recht - verfolgen. ({1}) Wenn Sie, Herr Erler, den Jahresbericht der Bundesregierung kritisieren, sollten Sie sich vielleicht auch einmal das Nordrhein-Westfalen-Handbuch ansehen, das jetzt die Regierung Steinhoff herausgegeben hat. Da ist allerdings eine kleine Beanstandung zu machen. Sehen Sie, die Bundesregierung überschreibt ihr Bulletin „Bulletin der Bundesregierung". Damit ist ganz klar erkennbar: Das ist der Standpunkt der Bundesregierung. Dieses Handbuch aber hat den Namen „Nordrhein-Westfalen - Ein Handbuch". Aus diesem neutralen Titel schließt man natürlich, daß man ein objektives, neutrales Werk erhält. Ich habe in der „Welt" eine sehr kritische Notiz darüber gelesen. Dort stand, das sei gar kein Handbuch des Landes Nordrhein-Westfalen, sondern ein Almanach der Regierung Steinhoff. Das sagt die „Welt". Es fehle nahezu alles, was in ein Handbuch wirklich hineingehöre. Die Geschichte des Landes Nordrhein-Westfalen beginnt in diesem Handbuch im Jahre 1956. Das ist ein ungeheuer wichtiges Jahr. ({2}) Zufälligerweise ist das allerdings gerade das Jahr, in dem SPD und FDP zusammen dort die Regierung gebildet haben. ({3}) Herr Erler, kein Vorwurf gegen das Handbuch. Ich hätte allerdings empfohlen, die Überschrift zu wählen „Handbuch der Regierung SPD-FDP" oder: „Handbuch der gegenwärtigen Regierung des Landes Nordrhein-Westfalen". Wir üben also keine Kritik an Ihren Handbüchern, bitten Sie aber, daran, daß die Bundesregierung ihre Politik der Öffentlichkeit gegenüber vertritt, ebenfalls keine Kritik zu üben. Herr Erler, da wir uns gerade miteinander unterhalten haben: Sie haben sich vorhin vor einer Stunde - die Debatte zieht sich ja wesentlich länger hin, als wir erwartet haben - sehr darüber geärgert, daß der Bundeskanzler gesagt hat, auch die Sozialdemokratie habe ihre politische Meinung ({4}) - habe, wie sich aus Reden in diesem Hause ergebe, Ihre Meinung über wichtige Fragen der Nation geändert. Herr Erler, wir sind uns doch darüber klar, daß Ihnen der Bundeskanzler nicht den Meinungswechsel zum Vorwurf gemacht hat. Es ging hier vielmehr um die Frage, ob ein Mitglied Ihrer Fraktion, vielleicht gar Sie, eine Erklärung zu der Frage abgegeben hat, ob ein Freiwilligenheer oder ein Wehrpflichtigenheer besser sei. Herr Erler, wir haben das Bundestagsprotokoll vom 5. Dezember 1956 herausgesucht, wonach Sie im November 1955 - es steht also im Bundestagsprotokoll - folgendes gesagt haben. ({5}) - So lautet das Zitat, das ich hier habe. ({6})

Dr. Victor Emanuel Preusker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001749

Herr Abgeordneter Bucerius läßt im Augenblick keine Frage zu. Sie sind ja als einer der nächsten Redner vorgemerkt, Herr Abgeordneter Erler. ({0})

Dr. Gerd Bucerius (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000287, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Erler, es ist gewiß möglich, daß mir ein Irrtum unterlaufen ist. Jedenfalls ist unter Bezugnahme auf Sie und unter wörtlicher Anführung dessen, was Sie hier im Hause gesagt haben sollen, ein Wort von Ihnen zitiert worden. Der Zusammenhang: Sie haben gesprochen über die Frage der Kriegsdienstverweigerung und darüber, ob über die Kriegsdienstverweigerung eine Wehrpflicht ausgehöhlt werden könne, was damals von den Regierungsparteien befürchtet wurde. Darauf haben Sie gesagt, die Befürchtung bestehe zu Unrecht - das ergänze ich jetzt; ich habe es nicht vor mir -, und Sie sagen dann, es wäre eine Illusion, die Wehrpflicht mit dem Mittel der Kriegsdienstverweigerung aushöhlen zu wollen. Und nun kommt der Satz, auf den wir Gewicht legen: Damit käme man aber automatisch zu einem reinen Freiwilligenheer, - von dem Sie jetzt sagen, Sie hätten es damals gar nicht gewollt das wahrscheinlich innen- und außenpolitisch größeren Bedenken begegnete als eine Streitkraft, die einen wirklichen Querschnitt durch alle Schichten der Nation gibt. ({0}) Herr Erler, wenn das nicht ein klares Eintreten für die Wehrpflicht gewesen ist und wenn Sie in Abrede stellen wollen, daß das hier im Hause geschehen sei, so habe ich die Befürchtung, daß Sie sich der Vorgänge aus jener Zeit nicht mit der Deutlichkeit erinnern, die bei einer Diskussion von diesem Platze aus nach meiner Überzeugung erforderlich wäre. ({1}) Zum Schluß ein Thema, das ich nur deshalb anschneide, weil ich vom Herrn Abgeordneten Kühn persönlich darauf angesprochen worden bin. Ich hatte angenommen, es würde erst beim Haushalt des Bundesministers des Auswärtigen und in seiner Gegenwart diskutiert werden. Es ist das der Fall der Lex Soraya. Sie, Herr Kollege Kühn, haben die Lex Soraya in unmittelbaren Zusammenhang mit der Pressepolitik der Bundesregierung gebracht. Darin haben Sie nach meiner Überzeugung recht, und diese Überzeugung wird, wie ich glaube, von meiner Fraktion auch überwiegend geteilt. Wir wissen, was geschehen ist. Seit Jahren werden die Beziehungen der Bundesrepublik zu auswärtigen Mächten, an deren Freundschaft uns gelegen ist, auf deren Nachsicht wir in einigen Fällen rechnen müssen, weil wir ihnen manchmal Unrecht zugefügt haben, zu diesem uns freundlich gesonnenen Ausland dadurch getrübt, daß ein gewisser, wenn auch sehr kleiner Teil der deutschen Presse sich höchst persönlicher und intimer Angelegenheiten der Herrscher jener Länder in einer Weise annimmt, die, so glaube ich, das Mißfallen eines jeden in diesem Hause auslöst. Insbesondere habe ich darüber auch ein ernstes Wort des Kollegen Carlo Schmid gelesen. Meine Damen und Herren, die Reaktion der Bundesregierung auf diese unerfreulichen Vorgänge habe ich für außerordentlich ungeschickt gehalten. Natürlich gefällt es der Bundesregierung nicht, daß einige kleine Köter an den Schlafzimmertüren fremder Staatsoberhäupter herumschnüffeln und kläffen. ({2}) Aber das gefällt uns allen nicht, und es ist einfach nicht zulässig, aus diesem Anlaß der ganzen Presse einen Maulkorb umzuhängen! Wenn man das trotzdem tut, begegnet man natürlich dem Einwand, man wolle nicht nur fremde Staatsoberhäupter schützen, sondern wolle eben mehr erreichen. Das aber stößt auf Widerspruch. Die freiheitliche Rechtsordnung verweigert der Regierung jede überflüssige, nicht zum Schutz gegen eine Störung der äußeren Ordnung notwendige Macht. Die freiheitliche Rechtsordnung will die Regierung in der Abhängigkeit von Parlament und öffentlicher Meinung halten. Deshalb will die freiheitliche Rechtsordnung, will die Mehrheit dieses Hauses unter allen Umständen eine in Wahrheit freiheitliche Presse. ({3}) Ich glaube, wir können stolz sein auf die Presse, die seit dem Zusammenbruch in der Bundesrepublik geschaffen wurde. Wir haben wieder Zeitungen, die in der ganzen Welt Ansehen genießen. Ich nenne „Die Welt", die „Frankfurter Allgemeine Zeitung", die „Süddeutsche Zeitung". ({4}) - Gewiß, wir haben auch Wochenblätter von namhaftem Rang. Lassen Sie mich dann bitte auch den „Rheinischen Merkur" nennen. ({5}) Wir wollen aber dieses wertvolle Gut, das sich unser Volk geschaffen hat, nicht dadurch gefährden, daß wir unsere Rechtsgrundsätze nach den Fehlern einiger Kläffer ausrichten. Das darf und soll unter keinen Umständen geschehen. Wir werden das mit all unserer Kraft, mit allen Mitteln und notfalls unter Anrufung aller zuständigen Instanzen jetzt und in Zukunft verhindern. ({6})

Dr. Victor Emanuel Preusker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001749

Meine Damen und Herren, es ist in der Tat so, wie Herr Abgeordneter Bucerius eben schon ausgeführt hat. Mir liegt bereits wieder eine große Zahl von Wortmeldungen vor. Als nächster hat Herr Abgeordneter Neumann das Wort.

Franz Neumann (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001595, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Bucerius, es geht uns um Rechtsgrundsätze, und es geht uns um die Wahrheit, wenn wir uns, wie im vergangenen Jahr auch diesmal wieder bemüht haben, Licht in die Angelegenheit Schroth-Scharley zu bringen. Wir haben im vorigen Jahr ausführlich über diese Dinge diskutiert. Dann hieß es hier im Hause, daß es sich um falsche Meldungen handle; dann hieß es im Brief des Herrn Bundeskanzlers, daß die Sozialdemokraten Falschmeldungen aufgesessen seien, daß ihnen Irrtümer unterlaufen seien, daß die Dinge überhaupt gar nicht so seien. Nun, Herr Bundeskanzler, Sie haben sich heute bei der Häufung Ihrer Antworten in eine immer größere Erregung hineingeredet und haben dabei Behauptungen aufgestellt, die ohne weiteres widerlegt werden können und die durch die Verhandlung des Landgerichts in Berlin widerlegt worden sind. Sie haben hier mit höchster Emphase in den Saal gerufen, daß der Herr Stephan unaufgefordert Ihrem engsten Mitarbeiter, dem Staatssekretär Lenz, Material angeboten habe. Nun, daß das nicht stimmt, hat schon mein Kollege Arndt vorhin aus der Gerichtsverhandlung vorgetragen. Ich möchte Ihnen, damit Ihnen dieser Irrtum nicht wieder unterläuft, mitteilen, daß der Herr Stephan mit einer Reihe von Journalisten, die nicht zur Sozialdemokratie zählen und nicht für sozialdemokratische Zeitungen schreiben, ausgezeichnete Verbindungen hatte und daß diese Journalisten Herrn Stephan an den Geschäftsführer der Berliner CDU, Herrn Hampel, weitergereicht haben. Im Gericht ist auch festgestellt worden, daß einer der Journalisten dann die Tür zum Staatssekretär Dr. Lenz aufgemacht hat und daß Staatssekretär Dr. Lenz dann dieses Material erhalten hat. Wegen der Kürze der mir zur Verfügung stehenden Zeit kann ich auf die Briefe vom 1. und 10. August 1953 nicht eingehen. Sie haben sie zur Verfügung, und Herr Kollege Arndt hat sie zitiert. Warum, Herr Bundeskanzler, versuchen Sie immer und immer wieder, die Dinge auf den Kopf zu stellen und so zu tun, als ob das Bundeskanzleramt, Ihre Mitarbeiter, mit diesem Fall nichts zu tun hätten? Als Herr Dr. Lenz am 17. August 1953 seinen Brief an Stephan schrieb, wußte er bereits von der Unrichtigkeit dieser Meldungen. Herr Bundeskanzler, Herr Dr. Arndt hat Ihnen den Passus in den Briefen am 1. und 10. August vorgetragen, worin Herr Stephan selbst erklärt hat, daß er keinerlei Unterlagen, keinerlei Beweise habe und daß von Bonn aus der Versuch der Überprüfung gemacht werden müßte. Sie haben das nicht getan, sondern Herr Lenz hat Ihnen auf der Fahrt nach Frankfurt am Main dann diese Briefe gezeigt, und Sie haben diese Behauptungen, die nicht im geringsten stimmen - wie ja nun festgestellt worden ist -, in die Welt gesetzt: Die Sozialdemokraten haben Verbindung mit Pankow; die Sozialdemokraten werden von Pankow finanziert. Es hat eine geraume Zeit gedauert, und zwar bis zum Januar 1954, bis Sie Ihre Behauptungen mit dem Ausdruck des Bedauerns zurückgenommen haben. Ein Vierteljahr später erklärten Sie, Herr Bundeskanzler, dann von dieser Stelle aus: Wenn diese Methoden Ihnen, den Sozialdemokraten, einige Millionen Stimmen gekostet haben, dann bin ich froh darüber. ({0}) Sie werden sich vielleicht noch der Proteste erinnern, die insbesondere unser verstorbener Kollege Abgeordneter Mellies sofort erhoben hat. Sie werden verstehen, daß wir in diesem Punkte empfindlich sind. Sie haben sich in Ihrer letzten Äußerung gegen den Vorwurf der Ehrabschneiderei verteidigt. Hier geht es doch nicht um die Ehrabschneiderei von irgendwelchen einzelnen Abgeordneten. Die Behauptung, die Sie am 15. August 1953 in Frankfurt gegen die Sozialdemokratie erhoben haben, ist eine Verleumdung von Millionen Wählern und organisierten Sozialdemokraten. Hier wenden zehn Millionen Menschen von Ihnen einfach verleumdet, und die Ehre wird ihnen abgeschnitten. ({1}) Das ist es, Herr Bundeskanzler! Wenn Sie doch bei Ihrer Erklärung vor Gericht, 'daß Sie mit dem Ausdruck des Bedauerns alles zurücknehmen, geblieben wären! ({2}) - Ach, Herr Kollege! Vielleicht verstehen Sie nicht oder wollen Sie nicht verstehen, was es bedeutet, wenn wenige Wochen später derselbe Mann von dieser Stelle aus sagt: Wenn Ihnen diese Methoden einige Millionen Stimmen gekostet haben, dann bin ich froh darüber. ({3}) Ich glaube, Herr Bundeskanzler - -({4}) - Da haben Sie es: 14. April 1954! Wieder die Haushaltsberatungen! Herr Bundeskanzler, Sie erklären, daß keine Stelle von Bonn, von der Bundesregierung, von Ihrem Amt mit dem Mann Fühlung aufgenommen hat. Ich habe bereits vor einem Jahr zu dieser Frage Stellung genommen. Es ist bedauerlich, daß man Ihnen alles erst schwarz auf weiß auf den Tisch legen muß, um überhaupt ein Zugeständnis von Ihnen zu bekommen, daß unsere Feststellungen richtig sind. Ich habe am 9. Mai ,des Vorjahres auf den Tisch des Hauses das Schreiben des Herrn Wrasmann gelegt, das lautet: Herr Stephan, ich muß Sie dringend sprechen im Auftrage von Bonn. Würden Sie mich bitte sofort anrufen, sobald Sie zurück sind? Ich komme dann sofort. Die Unterschrift - sie ist geprüft worden; Herr Wrasmann bestreitet das auch gar nicht mehr -: Wrasmann Bundeshaus Berlin, Telefon 24 00 16 Das war der Beginn der Verbindung, die dann beinahe ein halbes Jahr angedauert hat. Als der Herr Stephan dann den Wrasmann im Bundeshaus angerufen hatte, war Herr Wrasmann 20 Minuten später mit einem Dienstwagen bei Stephan in der Wohnung, und die geschäftlichen Dinge wurden nicht nur weitergeführt, sondern, wie wir genau wissen, auch auf eine Reihe anderer Fragen ausgedehnt. Über das Gespräch Stephan-Wrasmann - das erste - habe ich ja schon einmal zitiert: Herr Wrasmann sagte damals, ihn schicke sein Freund Otto. Auf meine Frage, wer denn Otto sei, sagte er mir: Dr. Otto Lenz, der Staatssekretär des Bundeskanzlers. Herr Wrasmann bat mich, meinen V-Mann zu bitten, wenn möglich noch dokumentarische Beweise für die Schroth-Scharley-Sache zu liefern; denn inzwischen sei der Alte von der SPD verklagt worden, und es ginge doch nicht an, daß er verurteilt würde. Stephan sagte damals zu Wrasmann, daß es doch sehr leicht gewesen wäre, diese Beschuldigungen ohne vorherige Nachprüfung in aller Öffentlichkeit zu erheben, zumal ja Stephan in den Briefen vom 1. und 10. August erklärt hatte, daß dokumentarische Beweisunterlagen aus Sicherheitsgründen für den V-Mann nicht beigebracht werden könnten. Wrasmann sah es auch ein, und er sagte - Herr Bundeskanzler, ich zitiere jetzt aus dem Protokoll des 2. Deutschen Bundestages -: Der Alte habe eben Mist gemacht, ihm sei meine Meldung in die falsche Kehle gekommen, und Dr. Lenz bäte mich durch ihn, uns zu helfen. Ich will in dieser Hinsicht jetzt keine weiteren Ausführungen machen, nachdem Herr Dr. Arndt aus den Gerichtsakten vorgelesen hat und die Dinge ja inzwischen gerichtsnotorisch geworden sind. Aber, Herr Bundeskanzler, wenn man Ihren Brief vom 23. Juli liest, muß man doch feststellen: es ist die gleiche Form, Ihre Methode, über unangenehme Dinge hinwegzukommen und irgendwelche anderen Fragen in den Vordergrund zu schieben. Es ist gerichtsnotorisch, daß das, was wir an dieser Stelle vor einem Jahr in bezug auf die Überwachung und das Materialsammeln gegen eine ganze Reihe von Sozialdemokraten behauptet haben, richtig ist. Das ist doch das Bedauerliche. Der Herr Wrasmann, der heute noch Pressechef im Bundeshaus von Berlin ist, hat diese Dinge bis weit, weit in den Winter 1953/1954 hinein verfolgt. Ich möchte zum Schluß - da Sie, Herr Bundeskanzler, sich wahrscheinlich doch noch etwas intensiver um diese Fragen werden kümmern müssen - nur einige Fragen stellen, und vielleicht können Sie dann dem Deutschen Bundestag einmal einen ausführlichen Bericht zur Verfügung stellen; Sie haben ja damals erklärt, daß Sie einen schriftlichen Bericht geben müßten. Ich darf Ihnen folgendes sagen. Ihr engster Mitarbeiter, der leider verstorbene Herr Dr. Lenz, hat bei der gerichtlichen Vernehmung in Sachen Schroth-Scharley ausgesagt, es sei möglich, daß Herr Stephan einige Hundert Mark aus Mitteln des Bundeskanzleramtes erhalten habe. ({5}) Ihr heutiger engster Mitarbeiter, Herr Staatssekretär Dr. Globke, hat bei der richterlichen Vernehmung erklärt, es könne möglich sein, daß Herrn Stephan einige Hundert Mark aus Mitteln der CDU zur Verfügung gestellt worden seien. Nebenbei bemerkt, Herr Bundeskanzler: Hochinteressant, wie uns der Staatssekretär so interessante Querverbindungen zur CDU aufzeigt. ({6}) Dann hat der Herr Bundeskanzler selber in diesem Hause erklärt - was Sie heute wiederholt haben -: Wie mir eben von meinen Herren berichtet worden ist, ist nicht festzustellen gewesen, daß 2000 DM oder ein anderer Betrag dorthin aus Mitteln des Bundeskanzleramtes gezahlt worden sind. Heute - ich habe mitstenographiert - haben Sie gesagt: „Wenn wir aus Mitteln des Bundeskanzleramtes nichts gegeben haben, haben wir auch kein Material darüber." Vielleicht können Sie nun den Widerspruch im Ihren Äußerungen - denn: ein Mann, ein Wort, und ein Bundeskanzlerwort müßte ja viel mehr Gewicht haben - aufklären. Der Zeuge Wrasmann, der Pressechef des Bundeshauses in Berlin, hat unter Eid ausgesagt, daß er etwa 2000 DM an Herrn Stephan gezahlt hat. Das sind immerhin einige interessante Dinge, und in dem Bericht, den Sie dem Bundestag nun hoffentlich in kürzester Zeit zur Verfügung stellen werden, werden ja diese Widersprüche wirklich aufgeklärt werden. - Ich hoffe es, Herr Kollege Bucerius. Sie zucken mit den Achseln. Herr Kollege Bucerius, es geht hier nicht um 2000 DM, sondern es geht um das System in der Bundesrepublik. ({7}) Es geht - ich nehme die Worte des Herrn Bundeskanzlers auf - um die Ehrabschneiderei ({8}) gegenüber einem großen Teil der Menschen in der Bundesrepublik. Herr Bundeskanzler, Sie sind ja nicht nur der Bundeskanzler, sondern sind zugleich der Vorsitzende der Partei, die das Wort „christlich" in ihrem Namen führt. ({9}) Daß Sie das sagen, Herr Krone, ist ganz klar. „Alle Jahre wieder!" rufen Sie. Ja, leider sind wir Sozialdemokraten gezwungen, alle Jahre wieder darüber zu reden, daß in der Bundesrepublik, daß bei der Bundesregierung - heute ist das klar und deutlich aufgedeckt worden - Verhältnisse sind, die sich nicht mit den Worten des Achten Gebotes vereinen lassen: „Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten." ({10})

Dr. Victor Emanuel Preusker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001749

Meine Damen und Herren! Ich bitte einen Augenblick um Gehör. Mir liegt nunmehr das Protokoll der Stellen vor, an denen es vorhin die erhebliche Unruhe gegeben hat, bei der man hier oben nicht ein einziges Wort mehr verstehen konnte. Offenbar ist auch bei den Stenographen wenig von dem verstanden worden, was dort beiderseitig gerufen wurde; denn nachdem ich den Text kenne, möchte ich eigentlich annehmen, daß es noch einige Schuldige mehr gibt, als hier verzeichnet sind. Das erschwert einerseits die Regelung der ganzen Frage. Zum zweiten darf ich darauf hinweisen, daß bereits in der letzten Ältestenratssitzung der Gegenstand der Aufrechterhaltung eines angemessenen Tones auf allen Seiten dieses Parlaments zur Debatte gestanden hat und es für richtig befunden worden ist, zu Beginn der Herbstperiode einmal einige Mahnungen in dieser Richtung durch den Präsidenten an den Bundestag zu richten. Ich möchte jetzt die Stellen verlesen, um die es hier geht, die Zwischenrufe, die hier verzeichnet sind: Abg. Wienand: Das ist doch eine Lüge! Weitere stürmische Zurufe von der SPD. Lebhafte Gegenrufe von der CDU/CSU. - Große Unruhe. Glocke des Präsidenten. Zurufe von der SPD: Pfui - Lügner! Abg. Wienand: Das muß doch einmal gesagt werden! Fortgesetzte Gegenrufe von der Mitte. Abg. Dr. Weber ({0}): Raus mit dem Kerl! Dann geht es wieder in dem Text weiter. Ich habe in der Zwischenzeit den Herrn Abgeordneten Wienand gebeten, zu mir zu kommen, und habe ihn gefragt, ob er sich dazu bekennt, die Worte „Pfui! Lügner!" gerufen zu haben. Er hat das bekannt; ich muß ihn gemäß § 40 der Geschäftsordnung dafür zur Ordnung rufen. Ich habe mir ernstlich überlegt, ob diese Angelegenheit damit ihr Bewenden haben kann. Es sind viele derartige Zurufe gemacht worden, hin und her, die überhaupt nicht aufgenommen worden sind, und Herr Abgeordneter Wienand hat jetzt praktisch als einziger gewissermaßen für alle diesen Vorwurf einzustecken. Angesichts des Umstands aber, daß alle Fraktionen darüber einig sind, daß in dieser ganzen Frage ein gemeinsames ernstes Gespräch geführt werden muß - auch im Interesse der Wahrung des Ansehens des Bundestages nach außen -, will ich es bei diesem Ordnungsruf bewenden lassen. Ich möchte noch ein weiteres sagen. Es sind in der Zwischenzeit zu dem gleichen Punkt der Tagesordnung noch fünf Wortmeldungen eingegangen. Wir sind bei der Diskussion des Haushaltsplans, bei der - nach der bisherigen Usance des Hauses - der gegebene Ort ist, sich über alle mit dem Haushaltsplan zusammenhängenden politischen Fragen eingehend zu beraten und darüber zu diskutieren. Ich glaube aber doch darauf hinweisen zu müssen, daß wir, wenn wir jetzt an diesem Punkt weiter in dieser Breite diskutieren, in der Erledigung der sachlichen Tagesordnung - zweite Lesung und schließlich dritte Lesung des Bundeshaushaltsplans - nicht die notwendigen Fortschritte machen werden. Ich bitte alle nachfolgenden Redner, das im Interesse der gesamten Beratungen bei ihren Ausführungen zu berücksichtigen. Das Wort hat der Abgeordnete Erler.

Fritz Erler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000488, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Verhältnisse im Lande Nordrhein-Westfalen in bezug auf Regierung und Parlaments sind mir im einzelnen natürlich nicht so vertraut wie den Landtagsabgeordneten jenes Landes. Aber ich muß offengestanden sagen: wenn in manchen Punkten der parlamentarischen Einsicht in bestimmte Fonds die jetzige Regierung die Praxis ihrer Vorgängerin, nämlich der Regierung Arnold, unbesehen fortsetzt, dann sollten wir hier allgemein für alle Landesregierungen ein parlamentarisches Beispiel geben, damit der Bundestag zeigt, daß er wirklich Vorbild für alle in diesen Dingen sein kann. ({0}) - Natürlich; Sie kritisieren an Herrn Steinhoff, was Herr Arnold offenbar eingeführt hat! ({1}) Der Bundestag ist das repräsentativste Parlament, von dem aus eigentlich - um ein Wort von Ihnen aufzunehmen - der Stil des Parlamentarismus geprägt werden sollte. ({2}) Und zum Zweiten: Es ist uns hier sowohl von Herrn von Eckardt als auch von Herrn Dr. Bucerius klargemacht worden, wie harmlos dieser Fonds sei, aus dem die Informationsarbeit bestritten werde. Meine Damen und Herren, seien wir doch ganz ehrlich miteinander. Wenn die Parteien, die nicht in der Regierung sind, wenigstens einen Einblick in die Bewirtschaftung derartiger Fonds wünschen - einen Einblick, wie er übrigens in der Weimarer Republik durchaus üblich war -, dann hängt das damit zusammen, daß nur auf diese Weise verhindert werden kann, daß derartige Mittel zum innenpolitischen Machtkampf mißbraucht werden. Das ist doch der wirkliche Gegenstand der Sorge. Und diese Sorge sollte man dem Staatsbürger nehmen. Das muß doch möglich sein. Wenn es bei einer Reihe anderer ebenfalls nicht ganz einfach zu bewirtschaftender Fonds eine derartige Einwirkungs- oder mindestens Einblickmöglichkeit des Parlaments gibt, dann ist gerade nach den hier gegebenen Aufklärungen nicht einzusehen, warum sie dem Parlament in Gestalt einiger weniger Beauftragten für diesen Fonds verweigert wird, zumal ich zu meiner Überraschung erfahren habe, daß offenbar entgegen dem Wortlaut eines Zusatzes zu der Zweckbestimmung des Titels nicht nur der Präsident des Bundesrechnungshofes prüft. Vielmehr sind wir vorhin darauf aufmerksam gemacht worden, daß die Präsidialabteilung dort erscheine. Offenbar wird also über diesen Fonds mit ganzen Gruppen von Herren geredet, die der Bundesregierung - da es sich ja auch um die Verwendung im Sinne der Zweckbestimmung des betreffenden Titels handelt - offensichtlich vertrauenswürdiger erscheinen als Angehörige des Bundestages. ({3}) Das kann nicht hingenommen werden. Wenn Sie über den Präsidenten hinaus auch noch die Präsidialabteilung des Bundesrechnungshofes damit befassen, dann steht mit Fug und Recht mindestens dem Rechnungsprüfungsausschuß des Bundestages, der auch die anderen Rechnungen nachträglich prüft, ein Recht zur Einsicht in diesen Fonds zu. ({4}) - Das ist Ihre Meinung! ({5}) - Eben, dann ist es praktisch doch die Institution Rechnungshof. Dann offenbaren Sie dem Bundesrechnungshof Dinge, die Sie dem Parlament verschweigen. Das ist der nackte Sachverhalt. ({6}) Nun noch zu einigen Dingen, die hier in der Debatte anklangen. Natürlich bietet die Debatte über den Haushalt des Bundeskanzleramts auch Anlaß, die eine oder andere Frage der Politik eben dieses Bundeskanzlers oder auch der Art, wie er sie vertritt, hier zu erörtern. Typisch fand ich folgendes. Der Herr Bundeskanzler ist hierher, an diese Stelle gekommen und hat zwei Behauptungen aufgestellt. Er hat einmal behauptet, daß hier in diesem Saale, in diesem Bundestage Sprecher der Sozialdemokratischen Partei sich für die Wehrpflicht und gegen ein Freiwilligenheer ausgesprochen hätten. Weiter hat er gesagt, daß hier in diesem Hause, an dieser Stelle Sprecher der Sozialdemokratischen Partei der Meinung gewesen seien, wir hätten damals, statt in die EVG einzutreten, lieber Mitglied des Atlantikpakts werden sollen. Beide Behauptungen sind erweislich unwahr. Derartige Erklärungen sind an dieser Stelle in gar keinem Zusammenhang abgegeben worden. Was uns der Kollege Bucerius vorhin vorgetragen hat, war etwas ganz anderes. ({7}) Da wurde nicht zitiert, was der Abgeordnete Erler hier im Bundestag gesagt hat, sondern da wurde zitiert, was ein Abgeordneter Ihrer Partei aus einer Schrift des Abgeordneten Erler, die ein Jahr zurücklag, in einem anderen Zusammenhang, zu einem ähnlichen Problem einmal gesagt hatte, und zwar herausgerissen aus dem Zusammenhang. Etwas völlig anderes! Ich will es Ihnen gleich klarstellen. Sie haben - ({8}) - Nein, der Herr Bundeskanzler hat behauptet, ein Sozialdemokrat habe sich hier in diesem Hause für die Wehrpflicht ausgesprochen. Und das ist unwahr. ({9}) - Nun zur Sache! Jetzt mache ich es wie Sie. ({10}) - Nun zur Sache! In einem Diskussionsbeitrag zu der nicht unwichtigen Frage, ob die Kriegsdienstverweigerung ein politisches Mittel sein könne, um die Wehrpflicht auszuhöhlen, oder ob die Kriegsdienstverweigerung nicht ihre innere Berechtigung nur in der Gewisssensentscheidung des einzelnen haben solle, habe ich mich auf den letzteren Standpunkt gestellt. Und in dieser Arbeit ({11}) - jawohl, im Jahre 1955! - ist jener Satz enthalten, den Sie hier zitiert haben. Das war kein Satz, um die Wehrpflicht zu begründen, sondern um sich mit falschen Argumenten in den Reihen der Kriegsdienstgegner auseinanderzusetzen. ({12}) - Bitte, jetzt rufen Sie „Oho". Das entscheidende ist doch nach meiner Meinung auch in dieser Sache, daß der Herr Bundeskanzler hier unter Ihrem jubelnden Beifall behaupten kann, sozialdemokratische Sprecher hätten hier in diesem Hause für die Wehrpflicht plädiert. Das ist nicht wahr. ({13}) Das ist dieser Punkt. ({14}) - Bitte, Sie können doch nicht aus einem völlig anderen Diskussionsgegenstand aus dem Zusammenhang heraus durch einen Ihrer Sprecher einen Satz von mir zitieren lassen und daraus machen, die SPD hätte sich im Bundestag für ,die Wehrpflicht ausgesprochen. Sie wissen selber, daß das nicht wahr ist. Daß wir hier zu jeder Stunde ,der Diskussion gegen die Wehrpflicht gefochten haben, das ist doch einfach ,die Wahrheit. ({15}) - Übrigens, Kollege Rasner, wenn Sie wünschen, daß hier jetzt noch mit Zitaten aus der Mottenkiste die verschiedenartigsten Standpunkte erörtert werden, kann ich Ihnen mit Zitaten des Herrn Bundeskanzlers über seine Haltung zum Verteidigungsbeitrag dienen, daß Ihnen grün und blau vor Augen wird. ({16}) - Na also, was hat denn ,das für einen Sinn? Es geht mir nur um die Festlegung, daß der Bundeskanzler sich nicht hierherstellen und behaupten darf, in diesem Hause seien Reden gehalten worden, die hier nie gehalten worden sind. Das ist doch der Sachverhalt. ({17}) Punkt 2: Verhältnis zur NATO. In der Auseinandersetzung über die EVG haben wir u. a. darauf hingewiesen, daß der von Ihnen beabsichtigte Eintritt in ,die Europäische Verteidigungsgemeinschaft nicht einmal dazu führe, ,daß Sie ein Mitspracherecht in den entscheidenden militärischen Fragen hätten, weil diese Fragen in der Atlantischen Allianz entschieden würden, ,der Sie durch die EVG nicht unmittelbar angehört hätten. Aber alle anderen Partner seien im Atlantikpakt drin und hätten dort zu entscheiden in Abwesenheit der Deutschen. Wenn Sie so wollen, ist natürlich dieses eine Argument gegen die EVG inzwischen durch eine Lösung, die Sie ursprünglich gar nicht gewollt haben, aus dem Wege geräumt worden; dieses eine Argument. Aber eben das ist doch typisch: nachdem wir beanstandet haben, ,daß zu allem anderen Bösen der EVG sie Ihnen nicht einmal die relative Gleichberechtigung als Mitglied der NATO bringe, leiten Sie jetzt ,die Folgerung daraus ab, die Sozialdemokraten seien für den Eintritt in die NATO gewesen. Wir waren weder für den Eintritt in die NATO noch für die EVG. Zu keiner Stunde! Das ist die Wahrheit. ({18}) So darf man eben mit dem, was in diesem Hause gesagt worden ist, nicht umgehen, daß man trotz aller der Öffentlichkeit zutage liegenden Tatbestände dem politischen Gegner buchstäblich die gegenteiligen Ansichten dessen unterschiebt, was er in diesem Hause in Wahrheit vertreten hat. Nun noch zu jener Affäre, die uns ja leider ich muß sagen leider - allzulange beschäftigt. Wir könnten sehr rasch über die Runden kommen, wenn der Herr Bundeskanzler, der als einziger das wohl fertigzubringen vermag, endlich das lösende Wort spräche. Er tut es bis heute nicht. Sehen Sie, fest steht doch, daß in dem Prozeß gegen den Nachrichtenhändler Stephan - ({19}) - Entschuldigen Sie! Wenn Dinge, die Sie im Wahlkampf seinerzeit so ausgebeutet haben, jetzt durch die Gerichte als Unwahrheiten enthüllt worden sind, kann ich verstehen, daß Sie das nicht gern hören. ({20}) Aber Sie müßten eigentlich, meine Herren - ganz ruhig jetzt einmal! -, eigentlich ein Interesse daran haben, daß ein Makel, der immer noch offensichtlich ist, endlich behoben wird, ({21}) - nein, ein Makel, der leider noch vorhanden ist, endlich behoben wird. In jenem Prozeß ging es u. a. um die Aufklärung eines ganz simplen Tatbestandes: Wer hat den Nachrichtenhändler bezahlt? Und da steht trotz der Erklärungen des Herrn Bundeskanzlers, daß er die gewünschten Aussagegenehmigungen erteilt habe, doch nun einmal fest, daß der Herr Wrasmann die Aussage zu diesem Punkt verweigert hat mit der Begründung, die Genehmigung sei ihm nicht erteilt worden. ({22}) - Die Genehmigung sei ihm nicht erteilt worden. Dann hätte sich der Bundesbedienstete Wrasmann, der der Autorität des Bundes untersteht, um diese Genehmigung bemühen müssen, wenn er glaubte, sie sei ihm vorher nicht erteilt. Zum zweiten: Der Herr Bundeskanzler hat hier gesagt, Mittel des Bundes seien dem Herrn Wrasmann nicht zugeflossen. Das Gericht hat festgestellt, daß er Mittel bekommen hat, und es ließ offen, ob es Mittel des Bundes oder der CDU gewesen seien, Infolgedessen waren das also Mittel der CDU. Für Sie keine sehr schöne Lage, meine Damen und Herren. Die Lage wird deshalb noch unschöner, weil diese Mittel der CDU in Berlin von einem Bediensteten des Bundes in amtlicher Eigenschaft ausgegeben worden sind. Das Schreckliche ist, daß Sie nicht einmal spüren, auf welchen Weg Sie sich begehen wenn selbst im Dschungel des Nachrichtenhandels Staat und Partei für identisch erklärt werden. ({23}) Nun ist ja die Sache sehr einfach zu klären. Derselbe Mann ist sowohl Vorsitzender der CDU als auch Bundeskanzler. Er kann uns ganz klar sagen, aus welcher der beiden Kassen, über die er verfügt - denn nur diese beiden Kassen kommen in Frage -, der Betrag gezahlt worden ist. ({24}) - Uns geht das deshalb etwas an, weil Bundesgeld auch unser Geld ist und nicht nur Ihr Geld. ({25}) Und zweitens geht es uns etwas an, ob Mittel der Steuerzahler oder Ihrer Partei - die übrigens auch zum Teil Gelder der Steuerzahler sind; denn die Spenden konnte man ja vom steuerpflichtigen Einkommen absetzen -, ob also Mittel des Bundes oder Ihrer Partei benutzt werden konnten, um dem Herrn Bundeskanzler Gelegenheit zu geben, seinerzeit ungeprüft falsche Informationen zu benutzen, um die Ehre unbescholtener Mitbürger herabzusetzen. Das stand heute hier zur Erörterung. Deshalb finde ich, daß es gerade bei der Erörterung dieses Punktes unangemessen war, wenn sich ausgerechnet der Herr Bundeskanzler über angebliche Ehrabschneiderei beklagte. ({26})

Dr. Victor Emanuel Preusker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001749

Das Wort hat Herr Abgeordneter Ritzel. ({0}) - Herr Abgeordneter Ritzel hat verzichtet. Das Wort hat Herr Abgeordneter Lohmar.

Dr. Ulrich Lohmar (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001370, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mir fällt in der Debatte um diesen Einzelplan die Aufgabe zu, einige ergänzende Begründungen zu geben zu dem, was meine Fraktionskollegen Dr. Arndt und Kühn zu unserem Antrag - Umdruck 95 - dargelegt haben. Dabei möchte ich mich auf den Tit. 309 Öffentlichkeitsarbeit in Verteidigungsfragen - beschränken. Der Herr Bundeskanzler hat uns im Verlauf der Debatte mehrfach versichert, daß die Verwendung der seinem Amt zur Verfügung stehenden Mittel ausschließlich im Rahmen der Richtlinien seiner Politik erfolge und er über die Verwendung dieser Mittel genau Bescheid wisse. Ich bin gespannt, ob der Herr Bundeskanzler oder Herr von Eckardt diese Auskunft auch in Bezug auf die Publikationen aufrechterhalten werden, die eingestandenermaßen aus Mitteln des Bundespresse- und Informationsamtes gefördert werden und die sich mit der Wehrpropaganda in der Bundesrepublik befassen. Man muß einen kurzen Blick auf die Veröffentlichungen werfen, die daraus finanziert worden sind. Ich hätte Ihnen gerne als Grundlage für diese Debatte eine vollständige Übersicht über alle von der Regierung geförderten Organisationen und Publikationen vorgelegt. Leider steht uns dieser Überblick deshalb nicht zur Verfügung, weil das Bundespresseamt offenbar kein Interesse daran hatte, einen Beschluß des Verteidigungsausschusses auszuführen, bis zu diesem Zeitpunkt eine Liste der Publikationen und Organisationen zur Verfügung zu stellen, die aus diesen Mitteln finanziert oder unterstützt worden sind. Ich möchte dazu am Rande nur bemerken, daß dies eine Praxis ist, die wir kennen und die darauf hinausläuft, daß ausgerechnet die Bundesbehörden die dem Herrn Bundeskanzler am nächsten stehen, dem Parlament offenbar am liebsten fernbleiben. Herr Kollege Bucerius hat vorhin in anderem Zusammenhang darauf hingewiesen, daß man sich an die Zweckbestimmung in den Erläuterungen halten solle, wenn man über die Verwendung dieser Mittel diskutiere. Ich will das tun. Nach den Erläuterungen zu Tit. 309 sollen die in. diesem Jahre geforderten 8,3 Millionen DM „zur Herstellung, Vertiefung und Aufrechterhaltung der Verteidigungsbereitschaft der deutschen Öffentlichkeit und zur Förderung des Verständnisses für den deutschen Verteidigungsbeitrag im In- und Ausland dienen". Um das zu erreichen, so heißt es in den Erläuterungen, seien „fortlaufend wirksame Aufklärungsarbeiten erforderlich". Lassen Sie mich nur zwei entscheidende Punkte aus diesen Erläuterungen herausgreifen. Was heißt in der Praxis der Bundesregierung, soweit uns von ihr eine Übersicht gegeben worden ist, „innere Verteidigungsbereitschaft", und wie sollte die Wirkung dieser Verteidigungsbereitschaft im In- und Ausland sein? Die Wehrpropaganda der Bundesregierung ist gekennzeichnet durch eine deutliche Zweigleisigkeit. Die Abteilung „Inneres Gefüge" im Bundesministerium für Verteidigung hat sich - ich darf dies am Rande erwähnen - bisher von dem Willen leiten lassen, das Verhältnis zwischen Demokratie und Bundeswehr nicht von den Schatten der Vergangenheit verdunkeln zu lassen. Man muß nicht alles für richtig halten, was von dort gesagt oder geschrieben wurde, um dies sagen zu können. Aber die Offiziere der Abteilung „Innere Führung" haben sich nicht gescheut, Fragen wie die des 20. Juli, des Nationalsozialismus oder andere offen anzusprechen. Regierung und Opposition kommen in den Informationen für die Truppe wenn nicht gleichgewichtig, so doch nebeneinander zu Wort. Wir begrüßen diese Haltung, auch auf die Gefahr hin, daß der eine oder andere von Ihnen der Meinung sein sollte, es sei an der Zeit, sich einmal um die abendländische Ausrichtung der inneren Führung zu bemühen. Die Dinge beginnen allerdings auch im Verteidigungsministerium einen abschüssigen Verlauf zu nehmen, seit Herr Strauß in seiner „Kurzorientierung", wie er seine internen Tagesbefehle sehr zurückhaltend nennt, vom 29. Januar dieses Jahres in einem Rückblick über die Machtergreifung Hitlers den Unterschied zwischen den bewußten und den unbewußten Helfershelfern des Kreml von seinem Herrn und Meister übernommen hat. Herr Strauß ist dabei von seinen politischen Freunden in der Publizistik offenbar dahingehend verstanden worden, er meine mindestens mit einer dieser beiden Gruppen die Sozialdemokratie. Wie wollen Sie sich sonst. meine Damen und Herren, eine Äußerung erklären, die Sie in der jüngsten. Soldaten-Ausgabe - vom Juni - der katholischen Zeitung „Mann in der Zeit" finden? Dort heißt es: Die Atomtod-Agitation hat den geistigen Sumpf Deutschlands aufgewühlt. ({0}) - Lassen Sie mich wenigstens die Zeitung zu Ende zitieren. Unter dem rauschenden Beifall der Bolschewisten in Moskau und Ostberlin versuchen SPD und KPD, durch ihre Propaganda die Straße zu mobilisieren. ({1}) - Nun, meine Damen und Herren, Sie sagen, das ist auch wahr. Aber Sie finden offenbar nichts dabei, sich auf die sogenannte Straße zu berufen, wenn Sie durch den bayerischen Ministerpräsidenten Seidel am 17. Juni hier in diesem Bundestag eine christlich-demokratische Morgenfeier veranstalten. ({2}) Da ist sie, die Gleichstellung der Sozialdemokratie mit dem Bolschewismus! Das, was Herr Strauß mit seiner Kurzinformation zunächst in Gang gebracht hat, das ist nicht losgegangen gegen einen gemeinsamen Gegner, sondern gegen die freiheitliche Grundordnung dieses Staates. Meine Damen und Herren, seien Sie zurückhaltend in einer Urteilsbildung über Tit. 309, bevor Sie die anderen Beispiele gehört haben! Wir erleben gerade jetzt in Nordrhein-Westfalen einen Wahlkampf in einem Stil, der manch einem mehr als Unbehagen bereitet. ({3}) Das geschieht in einem Land, in dem die Arbeiterschaft in den ersten Jahren der Weimarer Republik den Kapp-Putsch niedergeschlagen hat. Eben mit diesem Kapp-Putsch beschäftigt sich eine der von Ihnen finanzierten Zeitschriften, das Organ des Bundeswehrverbandes, „Die Bundeswehr", im April dieses Jahres. Dort können Sie lesen, daß sich das Wollen der Arbeiterschaft und ihrer Drahtzieher damals nicht etwa gegen Kapp, sondern auf einen allgemeinen Umsturz gerichtet habe. Das Blatt fragt scheinheilig, was denn wohl damals geschehen wäre, wenn die Truppe nicht so pflichtgetreu die ihr gestellte Aufgabe gelöst hätte. Nun mögen manche von Ihnen diese gefährliche Geschichtsfälschung mit einem Achselzucken beiseite schieben. Wenn aber eine solche Schilderung der Lage in den zwanziger Jahren heute in einer regierungsoffiziell geförderten Publikation erscheinen kann, dann sollten wir alle, alle Freunde der Demokratie in diesem Hause, darin übereinstimmen, daß hier die Grenze des Erträglichen überschritten wird. ({4}) Die Zwielichtigkeit der Wehrpropaganda der Bundesregierung wird erst recht deutlich, wenn man sich einige andere aus den Mitteln des Presseamtes geförderte Publikationen ansieht. Da sind die beiden Blätter, von denen wir das zugegebenermaßen wissen, „Wehr und Heimat" und „Der deutsche Soldat", zwei Blätter, die aus eigener Kraft ihre erste Ausgabe wahrscheinlich nicht hätten überleben können. Darin liest man in jeder Nummer unbeschwert geschriebene Kriegsberichte von der Ostfront des zweiten Weltkrieges ({5}) genauso, als oh es die größte Selbstverständlichkeit wäre, gegen die Sowjetunion Krieg zu führen, und genauso, als ob - daran darf man doch wohl noch erinnern - es nicht Hitler gewesen wäre, der diesen Feldzug ebenso wie den zweiten Weltkrieg begonnen hat. Das Siegesbewußtsein des deutschen Landsers wird darin beschworen, und man erfährt, daß die besten Russen schon damals mit den Deutschen gegen den Bolschewismus hätten kämpfen wollen. Das ist die erste deutliche Tendenz in dieser regierungsoffiziell geförderten Publizistik: ein aggressives militärisches Denken, das augenscheinlich einen Sieg über Rußland in einem dritten Weltkrieg für eine naheliegende und wünschenswerte Korrektur der jüngsten deutschen Geschichte hält. ({6}) - Herr Rasner, Sie haben ja die Möglichkeit, sich von diesen Publikationen zu distanzieren, aber dann sollten Sie ihnen auch den Geldhahn abdrehen! Dieser aggressive Nationalismus ist aus sich heraus, jedenfalls was seine Veröffentlichungen im Jahre 1958 angeht, allein nicht zu erklären. Damit eng verbunden ist eine abendländische Kreuzzugsideologie, die uns seit Jahren bei der Abendländischen Akademie begegnet und bei deren Durchleuchtung Herr Schröder leider sehr viel weniger Eifer an den Tag legt als bei anderen Gelegenheiten. In der Zeitschrift „Wehr und Heimat" finden Sie z. B. diese Gedanken: Die Schlacht auf dem Lechfeld am 10. August 955, eine Abwehrschlacht im modernen Sinne, soll für uns Symbol und Verpflichtung sein, neben der waffentechnischen die wichtigste Abwehrkraft, die seelische, aufzubauen. Sehen Sie, meine Damen und Herren, hier verbindet sich ein düsteres deutsch-abendländisches Sendungsbewußtsein mit den Großmachtträumereien der Unbelehrbaren in Ihren Reihen. ({7}) Wo diese Leute, die das schreiben und die von Ihnen hier mit Beifall bedacht werden, wiederum ihre Freunde suchen, das können Sie in der von Ihnen finanzierten Zeitung „Der deutsche Soldat" in einem Artikel über die Legion Condor nachlesen. Darin steht ich darf mit Genehmigung des Herrn Präsidenten zitieren -: Die Legion Condoi glaubt, in Spanien viele Freunde zu besitzen, und glaubt, damit wesentlich dazu beigetragen 'zu haben, daß Spanien heute auf der Seite der freien Welt steht. Meine Damen und Herren, ich möchte Ihnen mit aller Eindeutigkeit sagen: für uns Sozialdemokra1988 Deutscher Bundestag - 3. Wahlperiode - 35. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26 Juni 1958 ten steht Spanien auch heute nicht auf der Seite der freien Welt. ({8}) Vielleicht verstehen Sie, wenn ich als Angehöriger der evangelischen Kirche zwischen einer Unterdrükkung dieser Kirche durch die Kommunisten und durch Herrn Franco keinen Unterschied mache. ({9}) Lassen Sie mich Ihre Aufmerksamkeit noch auf zwei andere Grundtendenzen in der Publizistik lenken, die vom Bundespresse- und Informationsamt mitfinanziert wird. In manchen dieser Veröffentlichungen finden sich seit einiger Zeit ausgesprochen nationalsozialistische Gedankengänge. Im Heft 12/57 der Zeitschrift „Der deutsche Soldat" lesen wir eine Rezension der Lebenserinnerungen des Herrn Raeder. Dieser Mann, dessen politische Mitverantwortung für den Zusammenbruch Deutschlands wohl auch von Ihnen niemand ernstlich bestreiten kann, wird uns als das Vorbild eines dem Vaterland verbundenen Menschen vorgestellt. Es heißt dort: Den Geist, aus dem heraus dieses Leben gelebt und dieses Buch geschrieben wurde, kennzeichnet der Satz: „Der Dienst für die Marine war uns allen nicht nur eine vaterländische Pflicht, sondern ein Herzensanliegen." ({10}) Viele deutsche Männer und Frauen danken dem ehemaligen Oberbefehlshaber der Kriegsmarine. daß er uns dieses persönliche Vermächtnis seines Lebens schenkt. Wir sollten alle miteinander Herrn Raeder nicht dafür danken, sondern darin einig sein, daß es besser gewesen wäre, wenn er und seine Freunde nach dem zweiten Weltkrieg ein für allemal geschwiegen hätten. Aber sehen wir weiter. Noch in das Mai-Heft 1958 dieser gleichen von Ihnen mitfinanzierten Zeitschrift wurde eine Anzeige des Pabel-Verlages aufgenommen, in der dieses obskure Unternehmen seine Schriftenreihe „Der deutsche Landser" offerriert. Diese Anzeige erschien, obwohl die „Süddeutsche Zeitung", die man im Presseamt ja wohl lesen sollte, schon am 14. März ausführlich berichtet hatte, was es mit dieser Schriftenreihe „Der deutsche Landser" auf sich hat. Herr Pabel ließ den Redakteuren der „Süddeutschen Zeitung" gegenüber die Frage offen, ob sich seine Schriftenreihe auch des direkten Wohlwollens der Bundesregierung erfreut oder nicht. Er wies immerhin auf die Schwierigkeiten hin, die es bereitet, ein solches Unternehmen aus eigener Kraft zu starten. In einem dieser Hefte heißt es in einer Betrachtung der Westfeldzüge, im Jahre 1940 also - ich darf mit Genehmigung des Herrn Präsidenten zitieren -: Es war das Jahr der großen guten Ereignisse. Die Tschechei gehörte zum Reich, genauso Osterreich. Polen war in einem Blitzkrieg besiegt worden. Es war eben noch die große Zeit, in der reichlich Lorbeeren zu ernten waren, und man konnte sich ihrer sogar noch erfreuen. Diese Reihe, die der Verleger Pabel zweimal monatlich in einer Auflage von 100 000 Stück zum Preise von 60 Pf herausbringt und die sich an die junge Generation in diesem Staate wendet, ist im Stile Beumelburgs geschrieben und der PK-Berichterstattung des letzten Weltkriegs würdig. Sie findet ein Gegenstück heute nur noch in den blutrünstigen Geschichten, die der Verlag der kasernierten Volkspolizei in Ost-Berlin herausbringt. Wen wundert es, in einer anderen Veröffentlichung dieser Art die Bemerkung zu finden, der Durchschnittsdeutsche habe kaum oder nie etwas gehört von Männern wie Hans Poeltzig, Max Beckmann, Arnold Schönberg, dem umstrittenen Neutöner, wie es heißt, oder dem tschechischen und späteren amerikanischen Staatsbürger Thomas Mann. Meine Damen und Herren, mit aller Bestimmtheit möchte ich Ihnen sagen: wenn Sie es zulassen, daß sich dieser braune Ungeist durch die Hintertüren regierungsoffiziell geförderter Publikationen wiederum in unserem Volke breitmacht, sollten Sie sich und sollten wir alle uns fragen, was dann die Bundeswehr in diesem Staat noch für eine Aufgabe erfüllen kann. Und dann wagen Sie es in den Wahlkämpfen dieser Wochen, die freiheitliche Sozialdemokratie mit den Bolschewisten in einem Atemzug zu nennen, gerade so, als gäbe es keine anderen Fragen, über die man sich in der deutschen Politik ,den Kopf zerbrechen müßte. Ich kann Ihnen, wenn wir über diese Dinge schon reden, eine letzte große Sorge nicht vorenthalten. In den Publikationen, die Sie offiziell fördern, zeigt sich eine immer stärker spürbar werdende Neigung, die .dem Kommunismus gegenüber gegebene grundlegende Andersartigkeit, aber eben eine Fülle von Sachproblemen enthaltende Andersartigkeit, der Demokratien gegenüber dem Kommunismus lediglich in Schlagworten zu behandeln. Sprache und Stil dieser Publikationen lassen eine bemerkenswerte Nähe zu manchen Publikationen in der Ostzone erkennen. ({11}) - Passen Sie auf, wenn man etwas genauer hinsieht, Herr Rasner, und etwas tiefer lotet, als das bei politischen Diskussionen in diesem Staat im allgemeinen der Fall ist, außer in privaten Diskussionen, bei denen man sich erlauben kann, die Identität von Fraktion und Meinung einmal preiszugeben. Ich weise deshalb darauf hin, weil hier wie in der Ostzone versucht wird, eine nationalistische Interpretation der deutschen Geschichte seit den Befreiungskriegen zu verbinden mit den heute opportunen Militärideologien der NATO oder des Warschauer Pakts. Für den aufmerksamen Beobachter dieser Entwicklung und ich bitte Sie, sich wirklich einmal in dieses Schrifttum zu vertiefen -ist es nicht ausgeschlossen, daß eines Tages aus dem ideologischen Gebäude jenseits der Elbe der Kommunimus sozusagen herausfällt und daß sich in Westdeutschland die phrasenreiche NATO-Treue als ein Vorwand erweisen könnte. Übrig bliebe dann ,auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs eine mißverstandene deutsche Geschichte. ({12}) Meine Damen und Herren, alle diese Publikationen, aus denen zu zitieren ich nicht umhin konnte, werden zugegebenermaßen aus Mitteln des Bundespresse- und Informationsamts finanziert, aus dem Tit. 309. Sie werden begreifen, daß wir bei solcher Lage der Dinge keine Neigung verspüren, den hier geforderten 8,3 Millionen DM unsere Zustimmung zu geben. ({13}) Aber eines sollten wir überlegen: ist es ein Zufall, daß gerade - über alle weltanschaulichen und politischen Meinungsverschiedenheiten hinweg - junge Menschen in diesem Staate es sind, die sich gegen diese Entwicklung auflehnen? Der deutsche Bundesjugendring, zu dem ja auch manche Jugendverbände gehören, die Ihnen nahestehen, hat sich eindeutig gegen eine dieser Publikationen, „Die Bundeswehr", gewandt mit der Begründung, er lehne es ab, ein solches Blatt in den Jugendverbänden zu verteilen, weil das Niveau dieser Zeitung, aus der ich soeben einiges verlesen habe, dazu einfach nicht geeignet sei. Vielleicht spürt diese Generation etwas deutlicher, worum es beispielsweise den Männern des 20. Juli aus allen Lagern gegangen ist, und vielleicht spürt sie etwas deutlicher, daß unsere junge deutsche Demokratie einer sehr sorgsamen Behandlung bedarf. Wir wollen heute nicht darüber streiten, wer und was für den Untergang der ersten deutschen Demokratie verantwortlich war, aber wir sollten uns darüber klar sein, daß heute eine Demokratie in Deutschland mehr sein und mehr werden muß als ein Mechanismus zur Erringung politischer Macht. ({14}) Dabei ist die Frage der Einfügung der Bundeswehr in diesen Staat, der Versuch, ihr einen ihr gemäßen geistigen und politischen Standort zu geben, eine der entscheidenden Aufgaben, die sich bei der Weichenstellung für die gesamte ,deutsche Politik stellen. Wir Sozialdemokraten jedenfalls werden darum ringen, daß sich das Verhältnis von Demokratie und Armee nicht in der Weise entwickeln kann, wie dies einmal in der Weimarer Republik der Fall gewesen ist. ({15})

Dr. Victor Emanuel Preusker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001749

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Kühn.

Heinz Kühn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001245, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Meine Damen und Herren! Ich freue mich, in der Auseinandersetzung mit dem Herrn Kollegen Dr. Bucerius mit etwas beginnen zu können, was uns gemeinsam ist. Die einzige Einschränkung, die ich hinsichtlich seiner Darlegungen über ,die Verpflichtungen der Journalisten und über die Zeitungen machen möchte, ist, daß er sich in eine allzu große Nachbarschaft zum „Rheinischen Merkur" gebracht hat. Aber abgesehen davon sind wir in dem, was er zum Problem der Lex Soraya gesagt hat, einer Meinung. Gewiß gibt es journalistische Sensationsjäger, die mit der Kamera und dem Federhalter in allen möglichen Skandalen und Amouren herumrühren. Wir alle in diesem Hause mißbilligen das. Es ist um so verurteilenswerter, als es sich dabei gelegentlich auch um menschliche Tragödien handelt, und ich meine: man soll das mißbilligen, gleichgültig, ob es sich dabei um Prinzessinen oder um, ich möchte sagen, Putzfrauen handelt, gleichgültig, ob es Soraya oder Margret oder Fräulein Müller oder Frau Schulze ist. Denn alle Menschen haben eine gleiche personelle Würde. Ich glaube, Herr Kollege Bucerius, da sind wir völlig einer Meinung: alle Menschenwürde zu respektieren, ist die Aufgabe des Journalisten, ist sein Berufsgebot. Das zu sichern - ich glaube, auch hier bin ich mit Ihnen einer Meinung - ist eine Frage der Selbstverwaltung in der Presse. In bezug auf dieses Gesetz nur - und ich freue mich, daß wir offensichtlich auch hier einer Meinung sind - gilt die Feststellung, daß schlimmer als jeder von Journalisten auf diesem Gebiet verursachte Skandal der Skandal ist, den die Regierung mit diesem Gesetzentwurf verursacht hat. ({0}) Nun ein Wort zu dem, was Sie, Herr Kollege Bucerius, zu Nordrhein-Westfalen gesagt haben. Ich muß mich hier an den schlecht informierten und besser zu informierenden Kollegen Bucerius wenden. Was Sie hier gesagt haben, stimmt nicht. Es gibt in Nordrhein-Westfalen keinen, wie Sie sich äußerten, Antrag der CDU-Schwesterpartei, irgendwelche Fonds des Landes anders zu behandeln, als dies zur Zeit des Ministerpräsidenten Arnold der Fall gewesen ist. Ein solcher Antrag ist nicht existent. Sie können ihn nicht nennen. Es gibt auch keinen dem Titel 300 vergleichbaren Titel im Haushalt des Landes Nordrhein-Westfalen. Ich bedauere, daß der Herr Kollege Arnold nicht im Hause ist, sonst müßte er als Zeuge für diese meine Aussage hier aufstehen. Es gibt nur einen persönlichen Repräsentationsfonds des Ministerpräsidenten, der 100 000 DM umfaßt. Wenn Sie sich an alle die Reden entsinnen, die wir zu diesem Problem in diesem Hause gehalten haben, werden Sie wissen, daß ich noch als Sprecher meiner Fraktion gesagt habe, wir bestreiten auch dem Herrn Bundeskanzler einen solchen Fonds nicht. Die entscheidende Frage ist, ob hier ein Fonds in der Summe von 12,2 Millionen, der für eine Fülle von Aufgaben gedacht ist, der parlamentarischen Kontrolle entzogen wird. Das ist etwas anderes als der persönliche Repräsentationsfonds des Regierungschefs. Es war auch nicht sehr überzeugend, Herr Kollege Bucerius, als Sie sich hier über die Papierqualität der Verlautbarungen der Landesregierung unterhalten haben. Darüber kann man streiten. Das ist für einen Verleger immer interessant. Aber die entscheidende Frage ist nicht die Qualität des Papiers, sondern Kühn ({1}) die Frage, ob aus einem solchen Fonds stinkende Nachrichtenfabrikationen finanziert werden, wie mein Kollege Arndt heute zwingende Gelegenheit hatte, über einen dieser Fälle zu sprechen. Wir fragen uns, wieviel steckt vielleicht noch in diesem Fonds, was bisher gar nicht zur Kenntnis der Öffentlichkeit gekommen ist; denn nicht immer haben Sie solche Pannen zu beklagen wie in diesem Fall. Ich will nun einige wenige Bemerkungen zum Kern unseres Streites machen. Herr Felix von Eckardt hat hier die Sachausgaben des Bundespresse- und Informationsamtes dargestellt. Er hat uns nicht gesagt - und das zu wissen, wird eben dem Parlament verweigert -, welche Summen für die gerechtfertigten Sachausgaben, die auch wir nie bestritten haben, verwendet werden. ({2}) - Nein, eben nicht alle! Bleiben Sie bei dem für Sie sehr peinlichen Fall, den wir soeben hier behandelt haben. Wenn alle diese Titel gerechtfertigt sind, warum scheuen Sie dann die öffentliche Durchleuchtung und die parlamentarische Kontrolle? Das bleibt doch für jeden von uns völlig unverständlich. ({3}) Wenn alle Ausgaben gerechtfertigt sind, warum werden sie dann nicht der parlamentarischen Kontrolle unterworfen? Wir haben nie behauptet, daß die Aufgaben des Bundespresse- und Informationsamtes samt und sonders in ihrer Existenzberechtigung zu bestreiten seien. Wenn Sie sich an unsere Reden in den Vorjahren erinnern, so werden Sie daran denken, daß wir eine ganze Reihe von konkreten Vorschlägen gemacht haben, auch eine Reihe von Vorschlägen in bezug auf die von Herrn von Eckardt beklagten Abhörverhältnisse der ausländischen Radiostationen und viele, viele andere Dinge. Aber alle diese Aufgaben können doch offen in einem Haushalt ausgewiesen werden. Wir buchen es als einen leider nur sehr minimalen Teilerfolg dieser unserer jahrelangen Kampagne, daß wenigstens in diesem Haushalt einige der Titel, die ich soeben zitiert habe, erstmalig offen ausgewiesen worden sind. Wie wollen Sie dem Hause, wenn Sie ihm die Einsicht verweigern, beweisen, daß diese Ausgaben gerechtfertigt sind? Wie wollen Sie eine klare Auskunft darüber geben können? Wie wollen Sie dem Hause einen Beweis dafür liefern, daß nicht solche merkwürdigen Publikationen wie „Blick im Bild" oder „Kurz und aktuell", die ich Ihnen soeben vorgeführt habe, daraus finanziert werden? Ich will es Ihnen offen sagen. Ich weiß nicht, aus welchen Mitteln. Nach alledem, was wir erfahren haben, bleibt mir der Zweifel, daß auch diese hier aus diesem Titel finanziert werden. Mit welchen Mitteln finanziert man beispielsweise den Wählerbrief, den der Herr Bundeskanzler- jetzt in die Haushalte des Landes Nordrhein-Westfalen schickt und der mir - ich habe ihn eben nur in der Diagonale lesen können - auf den Tisch fällt, von dem ich sagen muß: es ist ein Pamphlet eigener Art? Es ist ein Pamphlet, das ganz offensichtlich verfaßt worden ist in der Spekulation auf die zivilisationsbenachteiligten Köpfe, die es noch in dieser oder jener Ecke des Landes geben mag. Wenn der Herr Bundeskanzler beispielsweise glaubt, die Öffentlichkeit informieren zu sollen, daß im Jahre 1956 in Nordrhein-Westfalen die Regierung auf der Grundlage einer schändlichen Intrige von SPD und FDP gebildet worden sei - ({4}) Meine Damen und Herren! Auch Sie kennen den Apparat des konstruktiven Mißtrauens in unserer Verfassung, in der Bundesverfassung hier wie in der Landesverfassung dort. Und wenn die Mehrheit des Parlaments eine Regierung nicht mehr will und in aller Offenheit - und dafür sind die Gründe sehr offen ausgesprochen worden - eine neue Regierung bildet, dann rechtfertigt nichts, dafür den Begriff einer „schändlichen Intrige" zu erfinden. Es ist die souveräne Willensfreiheit einer jeden Fraktion eines Parlaments, mit welcher Fraktion sie sich koalieren will. Es ist Ihnen sicher unangenehm, daß das hier zur Sprache kommt. Aber es muß in diesem Augenblick gesagt werden: es ist die souveräne Freiheit einer jeden Fraktion, darüber zu entscheiden, mit welcher anderen sie sich koalieren will. Sie wollen eine Frage stellen!

Dr. Victor Emanuel Preusker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001749

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Dr. Bucerius?

Heinz Kühn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001245, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Bitte schön!

Dr. Gerd Bucerius (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000287, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Kühn! Glauben Sie, daß der Bundesrechnungshof die Ausgaben für einen Wählerbrief des Bundeskanzlers im Wahlkampf in Nordrhein-Westfalen als eine Ausgabe im Sinne des Titels 300 genehmigen wird? Wenn Sie das nicht glauben, entfällt Ihre Beanstandung.

Heinz Kühn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001245, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich bin nicht vom Gegenteil überzeugt. ({0}) - Vielleicht ist ausnahmsweise dieses Pamphlet nicht daraus bezahlt worden. ({1}) Geben Sie dein Parlament die Möglichkeit, festzustellen, für welche Zwecke die 12,2 Millionen DM ausgegeben werden. Dann ergibt sich, daß die Zwecke, für die sie nicht ausgegeben worden sind, auch klar sind. Vielleicht fällt dann dieser Brief nicht unter die 12,2 Millionen DM. Solange Sie dem Parlament diesen Beweis nicht geben, muß ich mit der Möglichkeit rechnen, daß auch dies daraus finanziert wird. ({2})

Dr. Victor Emanuel Preusker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001749

Bitte!,

Dr. Gerd Bucerius (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000287, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Kühn, Sie sprachen davon, daß stinkende Nachrichtenfabriken aus dem Fonds bezahlt worden seien. Ich wiederhole meine Frage: können Sie sich vorstellen, daß der Präsident des Bundesrechnungshofes die Finanzierung stinkender Nachrichtenfabriken aus Haushaltsmitteln zulassen würde?

Heinz Kühn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001245, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich bin durch die Debatte des heutigen Tages nicht davon überzeugt worden. Ich würde es vielmehr umgekehrt formulieren: ich bin nach wie vor davon überzeugt, daß die 2000 DM, die an Herrn Stephan gekommen sind, aus diesem Reptilienfonds stammen, und das nenne ich stinkende Nachrichtenfabrikation. ({0}) Ich will über diesen Brief, der ein Sammelsurium von halben Wahrheiten und ganzen Unwahrheiten ist, nicht mehr viel sagen. Wenn an die Adresse der Flüchtlinge, die in diesem Land eine Heimstatt und Arbeit gefunden haben, davon gesprochen wird, - nun, meine Damen und Herren, von einem Regierungschef der Bundesrepublik erwarte ich in einem solchen Augenblick auch ein anerkennendes und ehrliches Wort dazu, daß diese Arbeit in Nordrhein-Westfalen durch alle Kräfte geleistet worden ist. Und wenn ein Mann dafür gewirkt hat, daß in jenem Land Nordrhein-Westfalen die Arbeitsplätze für Hunderttausende von Menschen garantiert und aufrechterhalten worden sind, dann war es Professor Nölting mit seinem mutigen Kampf gegen die Demontagen. ({1}) Das mag noch in das Gebiet der tolerierbaren Unwahrheiten im Wahlkampf gehören. Aber empörender ist in diesem Brief, daß - dem Inhalt nach - die Gegner der CDU beschuldigt werden, Handspanndienste für Pankow zu leisten. Wir Sozialdemokraten haben es nicht notwendig, uns mit solchen Angriffen über die Frage, wer der deutschen Freiheit gedient hat, auseinanderzusetzen. Wir haben es noch immer mit dem Wort Schillers gehalten, daß uns die Freiheit der anderen heilig ist. Es haben in unseren Reihen genug Menschen die Knechtschaft und alle Schauder der Unfreiheit in der Verfolgung ertragen müssen. Es war - wenn Ihnen unsere Worte nicht genügen - der Bundespräsident Professor Heuss, der in seinem Nachruf für Kurt Schumacher nicht nur Kurt Schumachers Verdienst, sondern auch das der Sozialdemokratischen Partei dafür gerühmt hat, daß wir heute in dieser Bundesrepublik die Freiheit noch haben. Es waren Männer wie Ernst Reuter und viele, viele andere. Wenn Sie dies in stillen Privatgesprächen auch anerkennen, hier wird wiederum die Opposition im Bund, die Sozialdemokratische Partei in Deutschland, in den perfiden Geruch der Handspanndienste für Moskau und für Pankow gebracht; etwas, was uns zutiefst empört. Wir haben keine sachliche Veranlassung, uns dagegen zur Wehr zu setzen. Wir wollen uns in diesem Hause nicht mit impertinenten Inquisitionsgesellen auseinandersetzen, wie wir das hier manchmal haben tun müssen, und auch nicht mit einem solchen Brief des Herrn Bundeskanzlers. Aber unterlassen Sie es, Ihren innerpolitischen Gegnern zu unterschieben, sie unterminierten die Freiheit des deutschen Volkes. Das ist eine Perfidie, die sich der Chef der Regierung, die sich jetzt spreche ich nicht den Herrn Bundeskanzler an - auch der Chef der CDU nicht erlauben kann. ({2}) In der Diskussion ist, ich glaube, von Ihnen, Herr Dr. Bucerius, darauf hingewiesen worden, daß in Frankfurt 100 000 DM für Hiroshima und die Propaganda gegen die Atombombe ausgegeben worden seien. Das ist eine Frage, die in die Entscheidung eines jeden Parlaments, sei es nationaler oder kommunaler Art, hineingehört. Ich hätte auch gar nichts dagegen, meine Damen und Herren, wenn Sie das offen Position um Position in diesem Haushalt auswiesen. Aber was geschieht denn? Hier wird ein Amalgan von sachlichen und objektiven Aufgaben und anderen Dingen zusammengerührt. Wenn Sie ganz offen sagten: Wir haben die Mehrheit und wir weisen hier einen Titel für diese unsere Parteipropaganda aus, gut, dann ist das Ihre Sache. Aber dann hüllen Sie das Ganze nicht in die Anonymität eines Titels, der „zur Förderung des Informationswesens" heißt! ({3}) Meine Damen und Herren, Sie haben bewußt eine Zwangslage konstruiert, zum mindesten Ihr Herr Bundeskanzler, der vertretbare Anliegen und unvertretbare in einen Einheitsbrei zusammenrührt. Es war eine typische stalinistische Prozeßmethode in den furchtbaren Jahren, die Rußland erlebt hat, Schuldige und Unschuldige gemeinsam in ein Angeklagtenamalgam zu rühren und gemeinsam auf die Anklagebank zu bringen. Das hat mich am heutigen Vormittag so sehr empört, daß berechtigte Anträge für staatspolitische Zwecke mit Schmutzgeldern für Achtgroschenjungen zusammengerührt werden. Denn es ist ja nicht so, wie Herr Kollege Hellwig gesagt hat, daß ich hier von der Ungerechtfertigtheit aller Ausgaben gesprochen hätte. Ich zitiere aus dem Protokoll, das Sie behaupten besessen zu haben. Es ist übrigens nicht statthaft, daß jemand es erhält, bevor der Redner es korrigiert hat. Aber ich habe diese Stelle nicht korrigiert, und ich lese sie Ihnen wörtlich vor. Ich habe gesagt: Was in diesem Titel 300 an berechtigter Substanz darin gesteckt hat und steckt, könnte Position für Position offen, ehrlich und klar auch in diesem Haushalt ausgewiesen werden. Wir haben nie behauptet, daß alle Ausgaben, die daraus erfolgen, in den Titel „Reptilien" gehörten. Es kommt uns darauf an - und das ist es, was wir fordern -, daß Sie es offen und klar ausweisen, daß Sie die Dinge nicht in die Anonymität hüllen. Es ist eine unerträgliche Methode, Unvertretbares im Schatten des Gerechtfertigten wegzuschmuggeln und Gerechtfertigtes in die diffamierende Gemein1992 Kühn ({4}) schaft des Unvertretbaren zu stellen. Ändern Sie diesen Tatbestand und genehmigen Sie die parlamentarische Kontrolle! Nur so können Sie den Verdacht beseitigen, daß von diesen 12 Millionen DM ein sehr beträchtlicher Teil der Zweckbestimmung entzogen wird, die vorn im Haushaltsplan für diesen Titel angegeben wird. Nur so können Sie sich von dem Verdacht frei machen, daß diese Mittel vorwiegend für die Propaganda der Koalitionsparteien, der Regierungspartei verwendet werden. Nehmen Sie diesen Verdacht von sich, indem Sie unserem Antrag zustimmen! ({5})

Dr. Victor Emanuel Preusker (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001749

Das Wort hat der Abgeordnete Heiland.

Rudolf Ernst Heiland (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000843, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Nur ein ganz kurzes Wort zu Herrn Bucerius, der vorhin der Meinung war, daß man die Wahrheit ganz sagen müßte. Sie haben das Buch „Nordrhein-Westfalen" angezogen und haben gesagt, daß über dem Buch besser stünde: „FDP und SPD". Erstens hat das Buch ein Impressum, wie es gesetzlich vorgeschrieben ist, und dort ist die Landespressestelle klar als Herausgeber genannt. Zweitens aber haben Sie behauptet, das Buch beginne mit dem Regierungsantritt der Regierung Steinhoff im Jahre 1956. Ich habe mir einige Fahnen hineingelegt und kann Ihnen an Hand der Fahnen nachweisen, daß das Buch z. B. auf Seite 56 bereits mit dem Jahre 1948 beginnt und nachweist, was seit dieser Zeit bezuschußt worden ist. Ich kann Ihnen an vielen anderen Stellen nachweisen, ({0}) daß das Buch eine Darstellung ist, die über die Regierungstätigkeit beider Regierungen und ihre sachlichen Leistungen berichtet. Das ist Ihre Wahrheitsliebe, Herr Bucerius! ({1}) ({2})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Meine Damen und Herren, wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD Umdruck 95. Wer diesem Änderungsantrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? Der Antrag ist abgelehnt. ({0}) - Das war nur Ziffer 1? Das ist mir sehr willkommen; dann stimmen wir über die anderen auch ab; inzwischen kann ich mich in die Sache wieder hineindenken. Muß über jede Ziffer einzeln abgestimmt werden? ({1}) - Wer der Ziffer 2 des Änderungsantrags Umdruck 95 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enhaltungen? - Auch die Ziffer 2 ist abgelehnt. Ziffer 3! Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ziffer 3 ist abgelehnt. Ziffer 4! Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Auch Ziffer 4 ist abgelehnt. Damit, meine Damen und Herren, ist der Umdruck 95 erledigt. Andere Änderungsanträge liegen nicht vor. Wird noch das Wort zum Einzelplan 04 im ganzen gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wir stimmen ab. Wer dem Einzelplan 04 in der Ausschußfassung zustimmen will, den bitte ich um bin Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einmütigkeit im Vorstand: das erste war die Mehrheit. Der Einzelplan 04 ist angenommen. Wir kommen zum Einzelplan 11: Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung ({2}). Hierzu liegt in Umdruck 121 ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU vor. Wird zur Begründung das Wort gewünscht? - Auf Begründung wird verzichtet. Wer diesem Änderungsantrag auf Umdruck 121 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! -- Enthaltungen? Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen. Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 91 ({3}). Zunächst Ziffer 1 zu Kap. 1101. Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Bitte sehr, Herr Kollege!

Helmut Rohde (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001876, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Angesichts der zahlreichen Einzelpläne, die in dieser Woche beraten werden, kann ich nicht - wie das in einer zweiten Lesung eigentlich der Fall sein sollte - ausführlich zu der Sozialpolitik in der Bundesrepublik Stellung nehmen. Ich will darum in Verbindung mit den von uns vorgelegten Anträgen einige Bemerkungen zu dem Etat des Herrn Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung machen. Im übrigen hat meine Fraktion zu Beginn der Legislaturperiode und in den sozialpolitischen Debatten klargelegt, was sie unter Sozialpolitik in einem modernen Industriestaate versteht: daß sie mehr sein muß als nur eine opportunistische Wahlpolitik und daß sozialpolitische Arbeit nicht ersetzt werden kann durch ein Gemengsel von Volksaktienideologie und mißverstandener Caritas. Aber das Ideologisieren ist ja vor allem im Regierungslager hoch in Kurs gekommen, nachdem der Herr Arbeitsminister zu Beginn dieser Legislaturperiode noch mit dem Zusatz „Sozialordnung" geschmückt worden ist. Man hat, wenn man manche Reden der vergangenen Wochen nachliest, den Eindruck, dal) damit gleichsam ein Element erbaulicher Laienpredigt in die deutsche Sozialpolitik geraten ist. Bleibt nur zu hoffen, daß dabei nicht das Wissen und das Gefühl dafür verlorengehen, daß zu einer wirklichen Sozialordnung konkrete soziale Dienste und soziale Leistungen für die in abhängiger Arbeit. Stehenden und - um das am Vorabend der Krankenversicherungsreform zu sagen - für die Kranken gehören. Nicht zuletzt - damit komme ich zu einem konkreten Punkt des Etats - muß sich dieses große Wort „Sozialordnung" auch vor denen bewähren, die auf der Seite 16 des vorliegenden Etats im Tit. 310 als unselbständiger Mittelstand und geistig schaffende freie Berufe angesprochen worden sind. Hier ist oft darüber gesprochen worden, daß diese-Menschen es nicht leicht haben, sich in der gesellschaftlichen Ordnung, wie sie heute ist, durchzusetzen, zu behaupten und sich vor den Wechselfällen des Lebens, die sie zumeist besonders hart treffen, zu schützen. 320 000 DM sind in diesem Etattitel 310 für die Prüfung der Lage dieser Berufsgruppen eingesetzt worden. Wenn man diesen Titel und seine Vorgeschichte kritisch betrachtet, muß man sagen, daß es sich hier um eine Position der Enttäuschung handelt. Denn welche Hoffnungen sind damals, als Sonderminister Schäfer diese Aufgabe übernahm, unter den freien Berufen und bei den älteren und alt werdenden Angestellten geweckt worden! Nun sitzt dieses Restkommando Schäfer auf dem Posten Sozialordnung, und wir fragen die Regierung, wann sie denn nun endlich aus dem Stadium unverbindlicher Vorschläge und Überlegungen herauskommen wird. Das gilt ganz besonders für die älteren Arbeitnehmer. Sie sind doch in der Gefahr, nicht wieder in den Arbeitsprozeß eingegliedert zu werden, sondern in die Betreuung der Fürsorge zu geraten. Ich habe Anlaß zu einer solchen Bemerkung und möchte Sie fragen, Herr Minister, wie viele längerfristig Arbeitslose seit der Novelle zum AVAVG in die Betreuung der Fürsorge abgegeben worden sind, wie das diese Novelle ermöglicht, und wie viele unter ihnen ältere Angestellte waren. Ihr Etat gibt wenig Hoffnung, daß dieses Problem energisch angefaßt wird. Denn in ihm ist der Betrag für die Arbeitslosenhilfe um rund 40 Millionen DM gekürzt worden. Der Mangel an Konkretem tritt auch im Verhältnis zu den freien Berufen hervor. Als kürzlich das Ministerium auf einer Veranstaltung der freien Berufe in Mannheim die Bilanz seiner Pläne und Absichten gezogen hatte, da schrieb deren Mitteilungsblatt: „Viel geredet und nichts gesagt". In diesem Zusammenhang möchte ich auf ein Problem kommen, ,das sowohl gesetzgeberische als auch finanzielle Konsequenzen für uns haben kann, nämlich auf die Alterssicherung der freiberuflich Tätigen und der selbständig Erwerbstätigen. Wir möchten hoffen, ,daß dieses Problem, das jetzt durch die Vorstellungen des deutschen Handwerks wegen einer Alterssicherung wieder in die öffentliche Diskussion gekommen ist, nun endlich angefaßt wird. Mit der Volksaktie lassen sich eben auch .die Altersprobleme dieser Menschen und dieser Gruppen nicht lösen. Ich sage das gar nicht aus Freude an der Polemik, sondern aus Sorge ,darüber, daß mancherlei literarische Ausflüge in die Sozialordnungsideologie der Regierung den Blick für wirkliche soziale Aufgaben zu trüben beginnen. Bei diesen Ausflügen ist besonders penetrant und auffällig, daß sie zumeist von einer Diffamierung der sozialen Leistungen begleitet werden. Nun hätte in diesem Jahr ein Blick auf die Größenordnungen ,des Etats von allen düsteren Betrachtungen über die sozialen Lasten abhalten sollen. Denn in diesem Etat stehen die Rüstungsausgaben ,an erster Stelle. Ich will hier nicht noch einmal die Zahlenvergleiche zwischen Rüstungs- und Sozialetat anführen, obwohl es zwischen ihnen, selbst wenn die Regierung es immer wieder zu leugnen versucht, eine handgreifliche Beziehung gibt, die politischer Natur ist. Sie betrifft nämlich das Verhältnis zwischen innerer und äußerer Sicherheit. Über diese Beziehung kann sich im Grunde genommen nur der hinwegsetzen, der das Wort von der sozialen Stabilität für bloßes Gerede und das Schießenkönnen für die einzige Realität hält. Diese Zusammenhänge sind auch von meinen Kollegen Schoettle und Professor Schellenberg in den Beratungen ,der letzten Wochen klargelegt worden, als sie darauf hinwiesen, daß der Sozialetat um Millionen geringer geworden ist, während der Gesamtetat, dieser Rekordetat der Regierung, im Jahre 1958 um 2 Milliarden gestiegen ist. Der Herr Arbeitsminister, hat in den ,Debatten, in denen diese Kluft behandelt worden ist, gesagt, er könne nicht mehr ausgeben, als ihm die gesetzlichen Verpflichtungen vorschrieben, und hinzugefügt, 99,7 % dieses Etat für Arbeit und Sozialordnung seien durch Gesetz gebunden. Diese Antwort des Ministers scheint mir nach zwei Seiten hin höchst bemerkenswert. Zum ersten könnte doch die Regierung von sich aus vielleicht einmal über diese 0,3 % hinaus sozialpolitisch initiativ werden. Sie sollte sich nicht immer und in jedem Falle vom Parlament drängen lassen. Ich habe eingangs schon auf aktuelle und dringende Aufgaben aufmerksam gemacht. Ein solches Handeln wäre nach meiner Meinung vor allem nötig gewesen, ehe man sich mit dem Rotstift darangemacht hätte, die Position Kriegsopferversorgung um 60 Millionen DM zusammenzustreichen. In unseren Anträgen, die wir zu dieser Position vorgelegt haben, sind Punkte enthalten, die zeigen, daß hier sozialpolitische Leistungen nicht nur möglich, sondern auch notwendig sind. Oder in diesem Zusammenhang ein anderes Problem, das gerade in den letzten Wochen wieder ins öffentliche Bewußtsein gerückt worden ist. Ich meine die Lage der deutschen Krankenhäuser. Sie ist ein Beweis dafür, daß im sozialen Bereich, wenn man ihn weit faßt, nach wie vor erhebliche Investitionen notwendig sind. In Köln hat der Herr Bundeskanzler große Worte dafür gefunden. Aber in dem uns vorgelegten Etat wird das alles nicht mit einer Mark honoriert. Ich kann an dieser Stelle schon sagen, daß die sozialdemokratische Fraktion eine Initiative entfalten wird, um die Lage der deutschen Krankenhäuser auch durch Bundeshilfe zu verbessern. Denn wenn man es mit dem Wort von der Not der Krankenhäuser ernst nimmt, das ja auch ein Wort über die Not der Menschen ist, die diese Krankenhäuser in Anspruch nehmen müssen, kann man sich nicht achselzuckend und mit dem Hinweis auf die Verfassung darum herumdrücken, wenn die Forderung erhoben wird, Mittel für die deutschen Krankenhäuser auch vom Bunde zu geben. ({0}) Zum zweiten entsteht bei dieser These des Ministers die Frage, wer denn mit dem Parlament gemeint ist, das hier der Regierung nicht mehr gesetzliche Verpflichtungen auferlegt habe. Das ist doch in diesem konkreten Fall jene Mehrheitsfraktion, die den sozialpolitischen Initiativen der Opposition gegenübersteht. Im Grunde genommen steht ja auch hier nicht der Etat des einzelnen Ministers zur Diskussion, sondern die Gesamtpolitik der Regierung, die es zugelassen hat, daß die Ausgaben für soziale Dienste und Leistungen nicht mit dem Gesamtetat in der Bundesrepublik mitgewachsen sind. Im Hinblick auf die Rüstungsausgaben will ich auch im Zusammenhang mit dem Etat noch eine Hoffnung aussprechen: daß die Mittel der Sozialversicherung niemals wieder, wie bereits zwei Generationen vorher, in das Rüstungsgeschäft miteinbezogen. werden. Ich sage das hier nicht ohne Grund, meine Damen und Herren, denn es gibt ein Beispiel dafür, wie sich die Regierung einer Verpflichtung gegenüber den Sozialversicherungsträgern zu entziehen versucht. Es handelt sich dabei um die Erstattungen des Bundes an die Rentenversicherung vor allem nach § 90 des Bundesversorgungsgesetzes. Danach sollen der Rentenversicherung die Mehraufwendungen nachträglich erstattet werden, die ihr dadurch entstanden sind, daß die nach dem BVG versorgten Personen auf Grund ihrer Schädigungen auch vorzeitig Ansprüche an die gesetzliche Rentenversicherung gestellt haben. Die Regierung hat für diese Erstattungen in ihren Etat eine Million DM eingesetzt, und sie schreibt in den Erläuterungen zu dieser Position, dieser Betrag sei vorsorglich geschätzt. Nun, meine Damen und Herren, was sagen dazu die Rentenversicherungsträger? Der Verband Deutscher Rentenversicherungsträger schreibt - ich zitiere mit Genehmigung des Herrn Präsidenten wörtlich -: Nach unseren auch von anderen Seiten bestätigten Feststellungen beläuft sich die restliche Schuld des Bundes nach § 90 BVG für die Zeit vom 1. Oktober 1950 bis zum 31. Dezember 1956 an die Träger der Rentenversicherungen der Arbeiter und Angestellten auf mindestens 1,6 Milliarden DM. Sie sehen an diesen Zahlen das seltsame Augenmaß, das die Regierung gehabt hat, als sie an Stelle von 1,6 Milliarden DM eine Million DM eingesetzt hat und dann noch dazu schrieb, das sei vorsorglich geschätzt worden. Die Regierung hat auch im Haushaltsausschuß keine Klarheit darüber geschaffen, daß bei dieser Position noch eine große Verpflichtung gegenüber den Rentenversicherungsträgern in der Bundesrepublik besteht. Dabei hätte sie infolge ihrer alten Versprechungen Grund gehabt, dies zu tun; denn 1955 hat der Bundesarbeitsminister in diesem Hause betont, daß Kontrollrechnungen über die Höhe der alten Ansprüche angestellt seien und die Arbeiten mit Hochdruck ausgeführt werden sollten. 1958, drei Jahre danach, erklärte das Bundesarbeitsministerium auf eine Frage im Ausschuß für Arbeit, daß diese Erstattungen am Widerstand des Bundesfinanzministers gescheitert seien. Sie sind also gescheitert am Widerstand eines Ministers, dem durch die Gesamtpolitik der Regierung die Sorge aufgebürdet worden ist, den Rekordetat für die Rüstung auszubalancieren. Um endlich dieses Kapital der Erstattungen zu bereinigen, haben wir von der sozialdemokratischen Fraktion einen Antrag vorgelegt, der diese Schuld von 1,6 Milliarden DM hier festlegt und eine Erstattung in jährlichen Raten vornehmen will, und zwar soll es eine Erstattung in einer jährlichen Rate von 160 Millionen DM sein. Wir knüpfen an diesen konkreten Fall die Warnung, daß dieser Stil nicht allgemein das Verhältnis zwischen Bundesregierung und Sozialversicherungsträger in der jetzt beginnenden Zeit der forcierten Rüstung bestimmen möge. Auf keinen Fall darf wieder der Gedanke auftauchen, angesichts einer guten Kassenlage der Rentenversicherung, die durch hohe Beiträge der Versicherten erreicht worden ist, den Bundeszuschuß nur in Form eines Schuldscheins an Stelle eines effektiven Beitrags zu geben und auf diese Weise bei der Sozialversicherung wieder Zwangsanleihen für die Rüstung zu machen. Sie werden sicher sagen, Herr Minister, das sei nicht Ihre Absicht. Das hören wir gern. Aber viel lieber würden wir hören, wenn das auch der Herr Finanzminister sagte. Uns geht es an diesem Punkte darum, daß stabile finanzielle Verhältnisse bei den Rentenversicherungsträgern geschaffen werden, die eine Grundlage gesicherter Renten sind. Wir wollen Sie, Herr Minister, davor bewahren, daß dieser Satz „am Widerstand des Finanzministers gescheitert" in den nächsten Jahren noch an anderen Stellen bei den Etatberatungen erscheint. Eine weitere Bemerkung möchte ich anfügen. Sie betrifft den auf der Seite 17 aufgeführten Tit. 602, der sich mit der Förderung der wissenschaftlichen Arbeit beschäftigt. Herr Minister, sind Sie der Meinung, daß mit den 200 000 DM, die dort eingesetzt worden sind, ein wirklich angemessener Beitrag zu den Bemühungen um die Klarstellung sozialer Tatbestände geleistet worden ist? Überall mehren sich doch die Stimmen, die mit Sorge auf die unzureichende sozialwissenschaftliche Forschung hinweisen, und man fragt, wie unter solchen Voraussetzungen wirklich positive sozialgesetzgeberische Arbeit geleistet werden kann. In den Erläuterungen zu diesem Titel sind ganze 80 000 DM für sozial- und arbeitsmedizinische Forschung ausgewiesen. Dabei gibt es gerade auf diesem Gebiete mehr Fragen als zureichend wissenschaftlich belegte Antworten. Wie steht es z. B. wirklich mit den Gefährdungen der Arbeitnehmer durch die zunehmende Verwendung radioaktiver Stoffe in der Industrie? Oder ein anderes Problem: Wie steht es mit den Sozial- und gesundheitlichen Problemen auf ,dem Land? Wie viele Menschen sind hier durch Krankenversicherung wirklich sozial geschützt? Das ist eine Frage, die uns vor allen Dingen bei der Krankenversicherungsreform mit beschäftigen wird. Oder nehmen Sie die Klage von Professor Schelsky auf dem Deutschen Krankenhaustag über die mangelnde Erforschung des Problems der Krankenhausbehandlung in unserer Zeit. Eine andere Frage ist: Wie wirkt sich die Belastung der Menschen in der modernen Produktionsweise aus? Der Betrag, der für diese Forschungen im Etat eingesetzt worden ist, reicht nicht aus. Zum Beispiel wären die Bestimmungen über die Arbeit von Kindern und Jugendlichen auf dem Lande im Regierungsentwurf des Jugendarbeitsschutzgesetzes sicherlich besser ausgefallen, wenn klargelegt worden wäre, wie es eigentlich darum steht. Wir haben einen Antrag auf Erhöhung dieser Position um 100 000 DM als Mindestbeitrag eingereicht und verbinden damit die Bitte, daß im Ausschuß zusammen mit dem Ministerium die Einzelheiten dieser Forschung besprochen wenden und auch das Haus über die Ergebnisse dieser Forschungsarbeit unterrichtet wird. In diesem Zusammenhang bitten wir auch darum, uns zu gegebener Zeit über die Arbeit auf dem Gebiete der Atommedizin zu informieren, die in den Vorbemerkungen des Etats erwähnt worden ist. Bei diesem Wunsch, Herr Minister, nach besserer Information möchten wir noch die Bitte anfügen, daß das Parlament künftig auch besser über die Arbeiten und Beratungen des dem Ministerium beigeordneten Beirats für die Neuordnung der sozialen Leistungen unterrichtet wird. Dieser Beirat hat über ein Jahr nicht mehr getagt. So lange hatte ihn das Ministerium nicht einberufen. Zwar arbeiten seine Fachausschüsse, aber über deren Arbeitsergebnisse werden wir nichts gewahr. Der Fachpresse entnahm ich z. B., daß ein in sich geschlossenes Arbeitsergebnis über das Arzneimittelwesen in der Bundesrepublik vorliegt. Warum bleibt das eigentlich alles so „gKdoS"? Sie würden es sich, Herr Minister, und dem Parlament leichter machen, wenn hier mehr Offenheit und Information bestehen würde. Dann entstünden auch nicht solche Gerüchte, die ich so pauschal gar nicht gelten lassen will, daß die Beratungsergebnisse auf Grund der Intervention von Interessenten geheimgehalten werden müßten. Im übrigen ist im Etat ja auch eine Position für diese Veröffentlichungen des Beirats vorgesehen. Aber in einer Hinsicht hat uns - lassen Sie mich das ganz kurz berühren - das Ministerium fleißig bedacht, nämlich mit den Meldungen über Einzelvorschläge für die gesetzgeberische Arbeit, vor allem auf dem Gebiete der Krankenversicherungsreform. Dabei war die Selbstbeteiligung der Kranken an den Kosten ihrer Behandlung ein bevorzugtes Thema. Ich spreche über dieses seit Wochen zu beobachtende Bonner Ballonsteigen in der Sozialpplitik darum, weil es einen ernsthaften Hintergrund hat. Denn damit soll doch offenbar erforscht werden, wie weit man gehen kann, durch neue Gesetze den Sozialversicherten in der Bundesrepublik neue Belastungen aufzuerlegen oder bestehende Leistungen zu verschlechtern. Wir wissen, daß dieses Ballonsteigen kein Referentenspiel ist, sondern daß es einen ernsthaften sozialpolitischen Hintergrund hat. In diesem Zusammenhang, Herr Minister, möchten wir unser Bedauern darüber aussprechen, daß durch diese Meldungen die Diskussion über die Reform der Krankenversicherung auf ein nicht gutes Gleis geschoben worden ist. Denn durch diese Meldungen ist doch der Eindruck entstanden, als handle es sich bei dieser Reform um eine Regelung von finanziellen Beziehungen zwischen Arzt, Krankenkasse und Patient. Es ist nicht gut, daß dadurch der Gedanke der Gesundheitssicherung, der doch der bewegende bei einer solchen Reform sein muß, in den Hintergrund gedrängt worden ist. Bei dem Blick auf die Sozialversicherung möchte ich an dieser Stelle noch an die Wünsche und Forderungen erinnern, die von der sozialdemokratischen Opposition in der letzten Rentendebatte des Deutschen Bundestages am Anfang dieses Jahres vorgebracht worden sind. Es handelt sich dabei um konkrete Punkte. Uns geht es allgemein darum, daß der große Schritt nach vorn, der mit der Rentenreform gemacht worden ist, ({1}) uns nicht blind macht für die Mängel und Fehler, die noch geblieben sind. Ein Fehler, der gar nicht übersehen werden kann, ist der, daß die Rechtsverordnung zum Fremdrenten- und Auslandsrentengesetz noch immer aussteht. Herr Minister, wir werden in diesem Hause vielleicht noch ein Jubiläum des Tages feiern, an dem laut Gesetz das Ministerium diese Verordnung vorlegen sollte. ({2}) Für mein Gefühl ist es ein Skandal, daß die Vertriebenen und Flüchtlinge seit mehr als einem Jahr auf ihr Rentenrecht, das ihnen der Bundestag gegeben hat, warten müssen, weil das die Regierung so will. Will sich denn die Regierung erst vor den Kadi zerren lassen, ehe sie auf diesem Gebiet etwas unternimmt? Das ist auch eine Sache, die für die Position der Abgeordneten nicht gut ist. Sie bekommen von den Vertriebenen und Flüchtlingen die Beschwerdebriefe. Sie antworten, daß der Bundestag diese Verbesserung beschlossen hat. Unsere Anträge und Anfragen, die wir als Opposition dazu im Bundestag eingereicht haben, haben alle nichts genutzt, weil die Mehrheitsfraktion nicht gewillt ist, die Regierung .in diesem Punkt zur Raison zu rufen. ({3}) Aber um eines, meine Damen und Herren, hat sich der Minister gekümmert, nämlich um die „Übernahme von Wahlehrenämtern durch Bundesbeamte aus Anlaß einer Volksbefragung über die atomare Bewaffnung der Bundeswehr", Hier hat der Präsi1996 dent Sabel einen Erlaß des Herrn Ministers weitergegeben, in dem es heißt - ich zitiere mit Genehmigung des Präsidenten -: Die Bundesregierung vertritt den Standpunkt, daß Volksbefragungen über eine atomare Bewaffnung der Bundeswehr verfassungswidrig sind. Es erscheint deshalb - so steht es hier, weil die Bundesregierung diesen Standpunkt vertritt angebracht, Bundesbedienstete in den Ländern und Gemeinden, in denen eine solche Volksbefragung durchgeführt werden soll, von dieser Auffassung der Bundesregierung zu unterrichten und ihnen nahezulegen, die Übernahme dieses Wahlehrenamtes bei der Volksbefragung abzulehnen. ({4}) Meine Damen und Herren, die Vokabel „ihnen nahezulegen" kann doch nicht darüber hinwegtäuschen, daß es sich hierbei um eine handfeste Pression auf die Bundesbediensteten handelt. ({5}) Ich will, weil dieses Problem auch schon im Zusammenhang mit dem Erlaß des Postministers eine Rolle gespielt hat, nicht noch einmal auf alle Einzelheiten eingehen. Das gehört zu dem Kapitel, das heute morgen schon behandelt worden ist, daß nämlich der Regierung immer mehr das Gefühl dafür verlorengeht, wo der Staat aufhört und die Partei anfängt. Zum Schluß möchte ich noch ein Wort über das Kapitel Sozialreform sagen. Über die Frage, wie sich die darin aufgeführten Stellen auf die einzelnen Ressorts der Bundesregierung verteilen, können wir im Ausschuß sprechen. Hier möchte ich Sie auf den Bundesratsbeschluß zum Haushalt hinweisen, angesichts der zahlreichen gesetzgeberischen Arbeiten möge die Regierung einen sozialpolitischen Gesamtplan vorlegen. Diese Empfehlung hat der Bundesrat der Bundesregierung gegeben, und die Bundesregierung hat darauf geantwortet: zur Kenntnis genommen. Wir wären froh, wenn sie daraus endlich lernen wollte, zu einem allgemeinen Konzept für die Neuordnung der sozialen Leistungen und Dienste zu kommen und sie nicht wie bisher nur Gesetz für Gesetz, unorganisch und zumeist ohne genügenden Zusammenhang zu betreiben. Meine Damen und Herren, ich habe hier versucht, neben der Kritik an den Haushaltspositionen auch die sozialpolitische Praxis der letzten Wochen anzusprechen, in denen zwar langsam, aber doch sehr bewußt nach meiner Meinung ein neuer Abschnitt in der Sozialpolitik eingeleitet wird. Darum ist es auch die richtige Zeit, und die richtige Stelle, hier in einer zweiten Lesung des Etats darüber zu sprechen. Bisher haben wir mit den Meldungen des BAM vor allem über die Krankenversicherungsreform nur einige Karten gesehen. Aber wenn das gespielt wird, was die Referenten des BAM mit ihrer Vorschau auf die Krankenversicherungsreform angekündigt haben, dann kann hier gesagt werden, daß es in diesem Bundestag harte Auseinandersetzungen um die soziale Sicherung und damit auch um den Gehalt des sozialen Rechtsstaates geben wird. ({6})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Das Wort hat der Herr Bundesminister für Arbeit.

Theodor Blank (Minister:in)

Politiker ID: 11000195

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will, da Sie in diesen Tagen mit der Beratung des Etats über Gebühr in Anspruch genommen sind, Ihre Zeit heute nicht lange beanspruchen. ({0}) Ich habe mich zum Wort gemeldet, damit die Herren von der Sozialdemokratie nicht glauben, ich hätte darauf nichts zu sagen. Ich kann das sehr kurz machen. Denn, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist hier ein einziges Wort gesagt worden, das Sie nicht mindestens schon dreimal gehört hätten? ({1}) Haben wir uns nicht mit genau demselben Vorbringen Punkt für Punkt anläßlich der Großen Anfrage der Fraktion der SPD auseinandergesetzt? ({2}) Haben wir uns nicht, als es um die Verteidigungskosten ging, vor kurzem hier mit genau demselben Vorbringen beschäftigt? Herr Kollege Rohde, das war, glaube ich, Ihre sozialpolitische Jungfernrede. ({3}) - Dann bitte ich um Entschuldigung. Das scheint mir aber von Herrn Schellenberg nicht ganz richtig übernommen zu sein. Nun lassen Sie mich ganz kurz zu dem Sozialetat etwas sagen. Ich bleibe meinem Versprechen treu, daß ich das ganz kurz machen werde. Denn ein solches Durcheinander von Problemen, die gar nichts mit den Aufgaben der Bundesregierung, ({4}) auch nicht mit den Aufgaben dieses Hohen Hauses zu tun haben, und von solchen, die wir schon oft behandelt haben, habe ich noch nicht gehört. Der Haushaltsentwurf, meine sehr verehrten Damen und Herren, bringt mit seiner Gesamtausgabe - ich runde die Zahl natürlich ab - von 8,8 Milliarden DM gegenüber dem Haushaltsplan von 1957 eine Minderanforderung von 132 948 600 DM. Nun haben wir schon oft darüber gesprochen, daß zunächst die Anforderungen für den Titel Kriegsopferversorgung um 60,2 Millionen DM gekürzt sind. Muß ich noch einmal betonen, daß es einen natürlichen Abgang in diesem berechtigten Personenkreis gibt, daß ein Haushaltsansatz naturgemäß nicht höher sein kann als die gesetzlichen Bundesarbeitsminister Blank Verpflichtungen, die man zu erfüllen hat, und infolgedessen dieser Betrag um den voraussehbaren natürlichen Abgang gekürzt werden muß? Ich bedauere, meine Damen und Herren, daß ich das in diesem Hause schon zum drittenmal - ich bitte mir das nicht übelzunehmen - darlegen muß. Weiter habe ich schon einmal darauf hingewiesen, daß wir einen weiteren Rückgang der Zahl der Unterstützungsempfänger in der Arbeitslosenhilfe haben; Sie werden es mir doch nicht etwa verargen wollen, daß die gesamtwirtschaftliche Entwicklung in Deutschland dahin geführt hat, daß eben nur noch ein kleiner Personenkreis in der Situation ist, in der er Arbeitslosenhilfe bekommen muß! ({5}) Das ist doch ein Fortschritt, infolgedessen müssen natürlich auch die Mittel gekürzt werden. Schließlich haben wir Minderausgaben in der betrieblichen Altersfürsorge infolge einer Besserung der wirtschaftlichen Lage der beteiligten Firmen in Höhe von 1,7 Millionen DM. Ich habe immer den merkwürdigen Eindruck bei Ihnen, daß eine Sozialleistung, die nicht erforderlich ist, weil die Menschen auf sie nicht mehr angewiesen sind, und darin gekürzt werden kann, in Ihren Augen einen sozialen Rückschritt bedeutet. In meinen Augen ist das ein Fortschritt. ({6}) Noch ein weiteres! Wir haben in der Sozialversicherung eine Ausgabenminderung von 200 Millionen DM; ich glaube, mein Kollege Hellwig hat schon einmal darüber gesprochen, als es in diesem Saale um diese Dinge ging. Sie wissen, daß wir die Zuschüsse an die knappschaftlichen Versicherungen nicht mehr gewähren, daß das in Luxemburg so beschlossen worden ist. Es waren Subventionen, die wir nicht etwa den Sozialversicherungsempfängern gezahlt haben, sondern den Unternehmen. Diese müssen sie jetzt selber zahlen. Sehen Sie das auch als sozialen Rückschritt an? ({7}) - Sie haben offenbar die Rede Ihres Kollegen nicht richtig gehört. Es ging etwas schnell hintereinander mit all den Punkten. Dabei war das Ganze doch eine Darstellung des „sozialen Rückschritts" in der Bundesrepublik überhaupt, mit dem Hintergedanken, den Herr Schellenberg uns einmal hier darzutun versucht hat, daß wir nämlich die Sozialausgaben kürzten, um den Verteidigungshaushalt stärken zu können. Der Nachweis wird Ihnen nicht gelingen. ({8}) Wir haben einen weiteren Rückgang von 8,5 Millionen DM infolge des Wegfalls einer Zahlung nach dem deutsch-jugoslawischen Vertrag über die Sozialversicherung. Sie addieren die Minderungen. Beachten Sie bitte auch, daß wir auf der anderen Seite einen Posten mit erheblichen Mehraufwendungen haben. Wir haben nämlich die Bundeszuschüsse nach den Rentenversicherungs-Neuregelungsgesetzen um 171 Millionen DM erhöhen müssen. Insgesamt kommen wir also zu einer Kürzung des Etats um 132,9 Millionen DM; dem stehen wieder einige Mehraufwendungen gegenüber. Das habe ich schon in der Verteidigungsdebatte klargelegt, und man sollte hier nicht immer wieder längst Gehörtes, Gedrucktes und Bewiesenes vorbringen in der Hoffnung, man sei damit in ,der Lage, den Beweis zu erbringen, daß die Sozialaufwendungen in der Bundesrepublik rückläufig seien. ({9}) Ich möchte zu einem weiteren Problem Stellung nehmen. Auch in dem vorherigen kurzen Vortrag wurde über die Not der älteren Angestellten geklagt. Ich habe Ihnen doch vor wenigen Wochen auf Grund einer Kleinen Anfrage die Verhältnisse gerade auf diesem Gebiet dargelegt. Wir haben nämlich im Oktober 1950 noch 80 149 männliche arbeitslose Angestellte über 45 Jahre gehabt. Die Zahl ist bis zum Oktober 1957 auf 11 655 zurückgegangen. Ich habe Ihnen schon damals gesagt: ähnlich großartig ist der Rückgang bei den älteren weiblichen Angestellten. Ich habe Ihnen gesagt, daß ich einen Appell an die Arbeitgeberverbände und an die Gewerkschaften gerichtet habe und daß dieser Appell aufgenommen worden sei mit der Zusage, alles zu tun, um auch die letzten älteren Arbeitslosen wieder in Arbeit zu bringen. Über die sozialdemokratischen Änderungsanträge möchte ich hier im einzelnen nicht sprechen. Das will ich meinen Freunden aus der Regierungskoalition überlassen. Wenn ich mir aber die Änderungsanträge ansehe, so muß ich sagen: das Ganze ist doch ein kümmerlicher Versuch - ich habe mir das Wort überlegt; es ist mir nicht entfahren -, noch einmal darzutun, daß Sie hinsichtlich Ihres sozialen Wollens die Regierung und die die Regierung tragenden Fraktionen überträfen, ein Versuch, darzutun, daß wir wegen des Verteidigungsbeitrags in der Gefahr einer sozialen Verelendung seien. Dieser Versuch, den Sie hier angesichts des Wahlkampfes in Nordrhein-Westfalen unternehmen, ist Ihnen nicht gelungen und wird Ihnen nicht gelingen. ({10}) Ich möchte Ihnen einmal folgendes sagen: Innere und äußere Sicherheit sind korrespondierende und nicht sich einander ausschließende Größen. ({11}) Die innere Sicherheit einer guten Sozialordnung ist nur solange gewährleistet, solange man selber Herr bleibt in der Gestaltung des sozialen Schicksals. Deshalb werden wir weder das eine noch das andere ,auf Kosten des anderen schmälern, sondern wir werden uns wie bisher um einen guten Verteidigungshaushalt und einen guten Sozialhaushalt bemühen. Wir wollen Sicherheit und Frieden, Frieden nach innen, aber auch nach außen, weil wir Herr über unsere Sozialpolitik bleiben wollen. ({12})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Meine Damen und Herren, mir liegen noch eine ganze Reihe von Wortmeldungen vor. Ich mache das Haus darauf aufmerksam, daß der Präsident wahrscheinlich heute abend genötigt sein wird, Präsenzpflicht für Sonnabend zu verhängen. Ein Blick auf die Tagesordnung zeigt Ihnen, daß wir seit gestern früh bis heute nachmittag zwar eine ganze Reihe von Einzelplänen erledigt haben, daß aber immerhin noch Einzelpläne ausstehen, die eine lange Diskussion auslösen werden, z. B. für das Außenministerium, für das Verteidigungsministerium, vielleicht auch für das Ministerium für gesamtdeutsche Fragen, das Wohnungsbauministerium usw. Kurz und gut: ich bringe das dem Haus nur zur Kenntnis, damit nachher niemand überrascht ist, wenn ich sagen muß: nach den Verabredungen, die wir im Ältestenrat getroffen haben, leider am Sonnabend Präsenzpflicht. Das Wort hat Frau Nadig.

Frieda Nadig (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001578, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Mein Fraktionskollege Rohde hat unseren Antrag Umdruck 91 begründet. Gestatten Sie mir, in Ergänzung des Gesagten auf ein besonderes Problem, und zwar auf das Problem der gewerblichen Frauenarbeit und ihre Auswirkung auf die Gesundheit der Frau hinzuweisen. Auf diesem Gebiet ist unseres Erachtens ein Forschungsauftrag dringend erforderlich geworden. Die gewerbliche Frauenarbeit ist in den letzten Jahren fortgesetzt gestiegen. Mehr als ein Drittel aller Berufstätigen sind Frauen. Die Zahl zeigt auch, welch starker Faktor die Frauenarbeit im Wirtschaftsleben geworden ist. Ebenso stark, wie die Frauenarbeit zugenommen hat, ist der Anteil der arbeitenden Mütter gestiegen. Diese Frauen tragen eine dreifache Arbeitslast. Sie haben die Berufsarbeit und Mutter-und Hausfrauenpflichten zu erfüllen, in fast allen Fällen eine Überbelastung, die sehr leicht zu gesundheitlichen Schädigungen führt. Nun zeigen aber Statistiken und Untersuchungen, daß die Gesamtheit der berufstätigen Frauen nicht die normale Altersgrenze der Invalidität erreicht, sondern bedeutend früher invalide wird. Nach den Feststellungen der Landesversicherungsanstalten handelt es sich dabei um 85 % der weiblichen Versicherten. Es ist erschreckend, daß nur 15 % der berufstätigen Frauen die normale Altersgrenze der Invalidität erreichen. Das sind alarmierende Zahlen, die uns schon veranlassen müßten, das Problem wissenschaftlich zu durchleuchten. Hinzu kommen aber noch einige andere Beobachtungen. Von der Landesversicherungsanstalt Hessen ist eine Untersuchung über die Krankheiten, die bei den Versicherten zur Invalidität führten, veranlaßt worden. Dabei ergab sich, daß z. B. bei den Frauen die Herz- und Kreislaufkrankheiten wesentlich häufiger zur Invalidität führten als bei den Männern. Bei den Frauen waren es 51,4 %, bei den Männern dagegen nur 35,4 %. Diese Unterschiede müssen ihre Ursachen haben. Es wird wichtig sein zu erfahren, worin die höhere Anfälligkeit der Frauen liegt, ob das Eindringen der Frauenarbeit in Industrien, die bisher der männlichen Arbeitskraft vorbehalten waren, wie z. B. die Metall-, Holz- und chemische Industrie, die Ursache ist, oder ob es die Arbeit am Fließband ist, die so nachteilig auf die Gesundheit der Frauen einwirkt. Die Ursachen sind nur durch eine wissenschaftliche Untersuchung dieser Probleme zu klären. Das MaxPlanck-Institut in Dortmund hat in dieser Richtung schon gewisse Vorarbeiten geleistet, an die man anknüpfen könnte. Im Interesse der Leistungsfähigkeit und Gesundheit unserer Frauen und Mütter bitte ich Sie, unserem Antrag zuzustimmen, damit der Forschungsauftrag recht schnell erteilt werden kann. Einen weiteren Verschleiß der weiblichen Arbeitskräfte können wir uns volkswirtschaftlich auf keinen Fall leisten. Ich möchte unterstreichen, was mein Kollege Rohde soeben schon gesagt hat: Es wäre sehr zu begrüßen, wenn das Ergebnis dieser wissenschaftlichen Untersuchungen dem Hohen Hause bald bekanntgegeben würde. ({0})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Götz.

Dr. Hermann Götz (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000704, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir bitte zunächst ein Wort als Berichterstatter, und zwar zur Korrektur eines Druckfehlers, der auf Seite 4 des Schriftlichen Berichtes, erste Spalte, letzte Zeile, passiert ist. Es muß dort „Stufenvertretung" und nicht „Studienvertretung" heißen. Nun darf ich für meine Fraktion zu dem Änderungsantrag der SPD Umdruck 91 in der erwünschten Kürze Stellung nehmen. Herr Rhode, Sie haben zu der Ziffer 1 Ihres Antrages an don Herrn Minister die Frage gerichtet: Sind Sie der Meinung, daß die 200 000 DM zur Förderung der sozialwissenschaftlichen Forschung ausreichend sind? Herr Rohde, ich bin der Meinung, wenn Sie diese Frage an Ihre Kollegen im Sozialpolitischen Ausschuß, im Arbeitsausschuß und vor allen Dingen im Haushaltsausschuß gerichtet hätten, hätten Ihnen Ihre Kollegen diese Frage sicherlich mit einem klaren und eindeutigen Ja beantwortet. Zumindest war dieser Titel mit dem Ansatz von 200 000 DM in keiner Weise strittig. Es hat sich inzwischen in diesem Hause herumgesprochen, daß der Haushaltsausschuß diesmal bei seinen Beratungen ganz bestimmte Grundsätze berücksichtigt hat, die von allen Fraktionen einmütig genehmigt worden sind. Zu diesen Grundsätzen gehört der allgemeine Grundsatz der Sparsamkeit und das darf ich hinzufügen - der Grundsatz einer sinnvollen, einer abgewogenen, einer vernünftigen Verteilung der vorhandenen Mittel. Weil der Haushaltsausschuß diesen Grundsatz und andere - bei allen Titeln zur Anwendung gebracht hat, hat er den Tit. 602 in diesem Jahre mit dem gleichen Ansatz wie im vergangenen Jahr genehmigt, und zwar einstimmig. Ich will nicht leugnen, daß die Begründung, die für die Erhöhung um 100 000 DM angeführt wurde, in mancher Hinsicht zutrifft. Gewiß sind 100 000 DM im Vergleich zur Erdsumme des Haushalts ein kleiner Betrag. Aber die Anwendung der von mir skizzierten Grundsätze darf nicht erst bei Positionen beginnen, bei denen Millionenbeträge in Frage stehen, sondern diese Grundsätze müssen auch bei kleinen Positionen berücksichtigt werden. Der Haushaltsausschuß war der Meinung, daß die 200 000 DM ausreichen, weil die Fragen, die Sie hier angeschnitten haben und die sicherlich einer Untersuchung wert sind - und die es sicherlich auch wert sind, daß dafür bestimmte Forschungsaufträge vergeben werden -, durch die vorhandenen Mittel und durch eine Konzentration der Forschungsaufträge auf diese Fragen durchaus bearbeitet werden können. Daher empfehle ich Ihnen im Namen meiner Fraktion, die Erhöhung des Ansatzes um 100 000 DM abzulehnen. Nun noch ein Wort zu der Ziffer 2! Sie beantragen hier eine Erhöhung des Ansatzes in Kap. 11 10 Tit. 300 - Kriegsopferversorgung - um 20 Millionen DM. Das ist ohne Zweifel schon ein sehr beachtlicher Betrag, und es wäre deshalb richtig gewesen, vorher einmal im Ausschuß darüber zu sprechen. Das ist im Ausschuß nicht geschehen. Niemand im Ausschuß - auch nicht von Ihrer Seite - hat zu dem von Ihnen hier angeführten Zweck eine Erhöhung dieses Ansatzes um 20 Millionen DM beantragt. Ich will nicht leugnen, daß die Kapitalabfindungen unsere besondere Aufmerksamkeit verdienen. Ich darf aber bemerken, daß die Frage der Kapitalabfindungen - Herr Pohle, Sie nicken mir zu; Sie werden mir auch in folgendem zustimmen - in der Geschichte der Haushaltsberatungen der letzten Jahre immer wieder eine besondere Rolle gespielt hat und daß die Ansätze für die Kapitalabfindungen, ich glaube, seit 1954/1955 in jedem Jahre eine Steigerung erfahren haben. Wenn ich mich nicht irre, begann das bei 45 Millionen DM und endete im vergangenen Jahr mit 105 Millionen DM. In diesem Jahr stehen 100 Millionen DM im Haushalt, ergänzt durch die 10 Millionen DM aus Minderausgaben bei den Beschädigtenrenten, bei den Witwen- und Waisenrenten und bei den Elternrenten. Wir glaubten, Ihnen durch unseren Antrag Umdruck 121 - über den wir im übrigen schon abgestimmt haben und der angenommen worden ist - mit einem Kompromißvorschlag dadurch entgegenkommen zu können, daß wir in den Erläuterungen den Betrag, der aus den Minderausgaben für Kapitalabfindungen entnommen werden soll, um 10 Millionen DM auf 20 Millionen DM erhöht haben. Ich empfehle Ihnen weiter, auch in Ziffer 3 die Erhöhung des Tit. 302 um 1,5 Millionen DM abzulehnen. Dazu nur ein Satz zur Begründung! Der Personenkreis, für ,den die einmalige Unterstützung in Frage kommt, ist seit einem Jahr um rund 190 000 kleiner geworden. Wir sind daher der Meinung, daß wir mit den 11 Millionen DM, die jetzt für das Haushaltsjahr 1958 in Ansatz gebracht sind, durchaus auskommen und alle berechtigten Wünsche befriedigen können. Ich darf Sie daher bitten, diesen Antrag ebenso wie die beiden anderen in Ziffer 1 und 2 abzulehnen. ({0})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Arndt.

Dr. Adolf Arndt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000047, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zum Haushalt des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung gehört auch das Bundesarbeitsgericht in Kassel. Die Geschäftslage dieses Bundesgerichts ist leider sehr unbefriedigend. Die Bundesregierung hatte deshalb in ihrem Entwurf für ,den Haushaltsplan vorgesehen, ,daß die Zahl der Bundesrichter am Bundesarbeitsgericht um zwei vermehrt werden sollte. Der Haushaltsausschuß hat diese beiden Stellen gestrichen. Auch die im Rechtsausschuß vereinigten Bundestagsabgeordneten haben sich nicht in der Lage gesehen, im Wege eines interfraktionellen Initiativantrages sich dieses Anliegen der Bundesregierung zu eigen zu machen. Es liegt mir daran, kurz die Erwägungen zu Protokoll zu geben, die hierbei die im Rechtsausschuß vereinigten Mitglieder des Hauses geleitet haben. Unser Grund war der, daß wir nicht durch die Bewilligung von zwei neuen Bundesrichterstellen dazu beitragen wollen und können, daß das Problem der Überbesetzung der Senate beim Bundesarbeitsgericht noch verschärft wird. Man kann sich der Einsicht nicht verschließen, daß bei dem einen oder anderen Bundesgericht auch eine Überbesetzung notwendig ist. - Man spricht von Überbesetzung dann, wenn einem Senat mehr als die zwei beisitzenden Bundesrichter angehören, die beim Bundesarbeitsgericht nach dem Gesetz erforderlich sind, um zusammen mit ,den zwei ehrenamtlichen Bundesarbeitsrichtern den erkennenden Senat zu bilden. Der Bundestag hat seinerzeit auf einen Initiativantrag der im Rechtsausschuß vereinigten Abgeordneten einen dritten und vierten Senat beim Bundesarbeitsgericht eingerichtet, gerade um den Fragwürdigkeiten ,der Überbesetzung zu begegnen. Leider ist unser Ziel nicht erreicht worden. Denn nach dem Besetzungsplan des Bundesarbeitsgerichts in der seit ,dem 15. Februar 1958 geltenden Fassung sind zwar der dritte und der vierte Senat nicht überbesetzt, sondern haben jeder nur die beiden Bundesrichter, die gesetzlich dazugehören müssen. Dagegen sind der erste und der zweite Senat nach wie vor in der bedenklichsten Weise überbesetzt, und zwar der erste Senat anstatt mit zwei hauptamtlichen Bundesrichtern mit vier Bundesrichtern und der zweite Senat anstatt mit zwei hauptamtlichen Bundesrichtern mit fünf Bundesrichtern. Wahrend des zweiten Bundestages hatten der Herr Kollege Hoogen als Vorsitzender des Rechtsausschusses und ich als sein damaliger Stellvertreter eine Besprechung mit dem Herrn Bundesarbeitsminister - damals der Herr Kollege Storch - im Beisein des Herrn Präsidenten des Bundesarbeitsgerichts, Herrn Professor Nipperdey, wobei wir die einhellige Sorge des Rechtsausschusses wegen der Überbesetzung und wegen der Art der Auswahl der beisitzenden hauptamtlichen Richter vorgetragen haben. Das ist, wie wir feststellen müssen, ungehört verhallt. Die Zustände beim Bundesarbeitsgericht geben angesichts dieses eigenartigen Besetzungsplanes nach wie vor zu den schwersten Bedenken Veranlassung. Das ist um so mehr der Fall, als bei den überbesetzten Senaten die jeweils beisitzenden hauptamtlichen Bundesrichter nicht nach irgendeinem abstrakten Turnus bestimmt werden, sondern von Fall zu Fall im konkreten Prozeß der Senatspräsident oder der Vorsitzende bestimmt, nicht nur, wer der Berichterstatter ist, sondern auch, wer der andere beisitzende hauptamtliche Bundesrichter ist. Ich habe hier das Formular einer solchen Verfügung. Sie lautet: „1. Termin wird bestimmt . . . 2. Berichterstatter Herr Bundesrichter . . ." - offengelassen, wer -, „3. beisitzender Richter Herr Bundesrichter . . ." - wiederum offengelassen, wer -. Es steht somit allein im freiesten Ermessen, wenn nicht gar Belieben des Senatsvorsitzenden, welche beiden Richter er aus der Überzahl der seinem Senat nach dem Besetzungsplan zugeordneten hauptamtlichen Bundesrichter jeweils zu einem bestimmten Verfahren heranzieht. Nach der, wie ich wohl sagen darf, einmütigen Meinung im Rechtsausschuß ist ein solches Verfahren mit dem Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters nicht vereinbar. Denn der gesetzliche Richter muß zu ermitteln sein und feststehen unabhängig von einer konkreten Willensentscheidung eines Vorsitzenden für den bestimmten Prozeß. Wir halten also diese Art der Besetzung und der Geschäftsverteilung am Bundesarbeitsgericht für verfassungswidrig, und wir möchten - ich jedenfalls möchte den Herrn Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung darauf hinweisen und mit allem Nachdruck darum bitten, daß, unbeschadet der Unabhängigkeit des Gerichts, auf geeignete Weise im Benehmen mit dem Gericht für Abhilfe gesorgt wird - falls nicht durch ein Gesetz hier eine Änderung geschaffen werden muß -, weil diese Zustände so nicht andauern können. Zum Schluß noch eine Bemerkung zu dem Bericht des Herrn Dr. Götz für den Haushaltsausschuß. Es findet sich im Schriftlichen Bericht des Haushaltsausschusses die Bemerkung: „Es wurde die Auffassung vertreten, daß die eigentliche Ursache der Überlastung fin den allzu umfangreichen Revisionsmöglichkeiten liegt.". Ich habe Bedenken - und ich glaube, sie werden auch sonst im Rechtsausschuß geteilt -, ob eine rechtspolitische Sachfrage dieser Art - wie die Rechtsmittel rechtsstaatlich zu gestalten sind - vom Haushaltsausschuß entschieden und beurteilt werden kann.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Das Wort hat die Frau Abgeordnete Kalinke.

Margot Kalinke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001058, Fraktion: Deutsche Partei (DP)

Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Ich habe nicht die Absicht, dem nicht guten Beispiel des Kollegen Rohde von der SPD zu folgen und hier namens der Fraktion der Deutschen Partei eine Rede vorwegzunehmen, die in die dritte Lesung gehört. Ich möchte nur noch zu den Anträgen der SPD, soweit zu ihnen nicht schon von meinen Koalitionsfreunden und dem Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung Stellung genommen worden ist, einiges feststellen. Der erste Antrag zum Kap. 11 01 betrifft die Förderung der sozialwissenschaftlichen Forschung; er spricht ein Anliegen an, das wir alle haben. Ich habe die sehr ernsten Ausführungen der Frau Kollegin Nadig mit Freude gehört. Sie bestätigen die Berechtigung dessen, was wir in der Koalition und was die Fraktion der Deutschen Partei in diesem Hause seit drei Legislaturperioden immer wieder vertreten hat. Es geht hier um das Schicksal der berufstätigen Frauen und der mitarbeitenden Ehefrauen. Wir haben dieses Schicksal bei der Rentenreform durch Einführung der Altersgrenze von 60 Jahren berücksichtigt, und wir haben auch in der vorigen Woche anläßlich der Beratung der Steuerreform darauf Rücksicht genommen. Ich meine, sowohl das Arbeitsministerium wie das Familienministerium wie die für den Bundesjugendplan zuständige Stelle sollten Überlegungen darüber anstellen, wie statistische Ergebnisse auszuwerten sind und ob ein Forschungsauftrag für alle noch offenen Fragen zu erteilen ist. Zu diesen noch offenen Fragen gehört viel mehr, als hier angeführt worden ist. Dazu gehören das Problem der Arbeitsplätze für Halbtagskräfte, das Problem der Rehabilitation, um nur einige zu nennen. Ich will die kurze Zeit hier nicht etwa dazu benutzen, das zu vertiefen. Aber ich möchte sagen, Frau Kollegin Nadig, daß Sie hier offene Türen einrennen. Wir freuen uns, daß Sie hier ein altes Anliegen von uns aufgreifen, und wir werden sehr gern bereit sein, gemeinsam mit Ihnen darauf zu sehen, daß die zuständigen Ministerien im Rahmen der im Haushalt gegebenen Mittel und Möglichkeiten das Notwendige tun. ({0}) Ich glaube, daß vor der Krankenversicherungsreform noch eine ganze Reihe von Untersuchungen notwendig sein werden, die gerade diese Fragen der Frauen angehen. Ich will keineswegs - um auf Ihren Zuruf zu antworten, Herr Schellenberg - auf Anträge eingehen, die so wenig gut begründet sind wie der, den der Kollege Rohde heute hier vertreten hat. Ich glaube, es ist für uns beide eine Zumutung, auf solche Ausführungen einzugehen, mit denen so ganz allgemein, „quer durch den Gemüsegarten" soziale Probleme behandelt werden. Ich will mich darauf beschränken, zum zweiten Punkt Ihres Antrages folgendes zu sagen. Wir sind sehr wohl der Meinung, daß wir über die Novelle zum Bundesversorgungsgesetz reden müssen. Aber solche Anträge, die Positionen zu erhöhen, können doch nicht einfach ohne Rücksicht auf das gestellt werden - der Bundesminister hat es schon ausgeführt -, was im einzelnen wirklich notwendig und möglich ist. Deshalb können wir auch diesem Antrag hier und heute nicht zustimmen. Nun aber zu den verschiedenen Ausführungen, die der Herr Kollege Rohde zum Haushalt gemacht hat. Da hat er z. B. die Frage des Beirates ange- sprochen, eine Frage, die meine Freunde in der Deutschen Partei sehr interessiert, weil auch wir mit der Zusammensetzung des Beirates keineswegs einverstanden und mit seiner Arbeitsmethode nicht immer zufrieden sind. Aber Herr Kollege Rohde hat gar keine Anträge gestellt, und deshalb kann ich dazu heute nicht Stellung nehmen; vielleicht in der dritten Lesung. Sollen nun noch mehr Stellen für den Beirat geschaffen werden, oder sollen. noch höhere Beträge für die Stellen bewilligt werden, die die Reform vorbereiten, oder nicht? Darüber hat Herr Kollege Rohde nichts gesagt. Das wäre doch ein Anliegen, das wir hier bei der Haushaltsberatung zu besprechen hätten. Dann hat der Herr Kollege Rohde zur Frage der deutschen Krankenhäuser Stellung genommen. Ich habe nicht gehört, daß er einen Antrag betreffend ein Krankenhausgesetz gestellt hat. Oder auf der Grundlage welchen Gesetzes soll hier eine Position eingesetzt werden? Ich kann das aus diesem Sammelantrag nicht ersehen. Ich bin auch der Meinung, daß wir über ein solches außerordentlich wichtiges Problem anläßlich der Krankenversicherungsreform sehr eingehend zu diskutieren haben werden. Die Fraktion der Deutschen Partei hat im 1. und im 2. Bundestag wiederholt auf diese bedeutsame Frage hingewiesen. In diesen Zusammenhang gehört auch die Frage der Pflegesätze. Alle diese Probleme werden wir bei der Krankenversicherungsreform erörtern müssen. Ich verhehle nicht, daß meine Freunde durchaus nicht der Meinung sind, daß das, was der Herr Bundeskanzler beim Deutschen Krankenhaustag gesagt hat, nun das Ziel der Reform sei. Ich glaube, das wird so einfach nicht zu verwirklichen sein. Aber so einfach, wie es sich der Herr Kollege Rohde vorgestellt hat, dürfte es auch nicht sein. Deswegen wollen wir diese Frage nicht jetzt beim Haushalt, sondern a) bei der Krankenversicherungsreform und b) bei der Diskussion eines Krankenhausgesetzes, das mir unerläßlich scheint, erörtern. ({1}) Schließlich lassen Sie mich auf eine der wichtigsten Fragen eingehen, die heute erwähnt worden sind, weil sie von grundsätzlicher Bedeutung ist, nämlich auf Ihren Antrag unter Ziffer 4 auf Einsetzung einer immensen Summe von 1,6 Milliarden DM in den Haushalt als geschätzten Betrag für Erstattungen an die Rentenversicherungsträger. Sie haben zur Begründung gesagt, die Verpflichtungen gegenüber den Sozialversicherungsträgern nach § 90 und die Stellungnahme des Verbandes der Rentenversicherungsträger veranlaßten Sie, diesen Betrag von 1,6 Milliarden DM zu beantragen, den Sie in Teilen über den Haushalt erstatten wollen. Ich bin vielleicht diejenige, die am deutlichsten in all den Jahren immer wieder dazu Stellung genommen hat, daß für Auftragsangelegenheiten grundsätzlich auch die notwendigen Erstattungen im Haushalt dasein müssen. Aber ich habe hier, während Sie gesprochen haben, sämtliche Protokolle nachgelesen und verzweifelt einen Antrag der SPD bei den Beratungen der Rentenreform gesucht, der das deutlich machte. Ich habe nur einen Antrag der SPD auf Erstattung von 40 % der Aufwendungen für Altersruhegeld und Berufsunfähigkeitsrenten gefunden. Ich habe nur festgestellt, daß die von der Fraktion der Deutschen Partei gestellten Anträge seinerzeit leider auch von der SPD mit abgelehnt worden sind, nämlich jene Anträge zu § 1389 und § 116 a, die in die Rentenreformgesetze eingefügt werden sollten und nach denen der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte sowohl für die Pflichtversicherung nach dem Gesetz über die Altersversorgung für das Handwerk wie für die Ersatzzeiten nach § 90 des Bundesversorgungsgesetzes, des Bundesergänzungsgesetzes, des Bundesentschädigungsgesetzes, des Heimkehrergesetzes, des Häftlingshilfegesetzes, des Bundesvertriebenengesetzes und des Fremdrenten- und Auslandsrentengesetzes die notwendigen Ersatzleistungen gegeben werden sollten. Ich habe Ihnen bei den Beratungen im Ausschuß und hier mehrmals vorgeschlagen, die Rentenversicherungsträger möchten doch endlich anordnen, daß der notwendige Nachweis - denn um den ging es erbracht wird; denn mir auf Grund nachgewiesener Forderungen kann man in den Haushalt Betrage einsetzen, nicht auf Grund von Vermutungen oder über den Daumen gepeilter Zahlen, die nun als Zuschüsse angenommen werden sollen. Ich glaube, das ist keine Methode, in der man über Haushaltspositionen diskutieren kann. So einfach sollte man es sich nicht machen. Ich wäre glücklich, wenn wir uns in der dritten Lesung darüber verständigen könnten, die Anträge der Deutschen Partei, die Sie bei der Rentenreform abgelehnt haben und deren Richtigkeit sich jetzt wie in so vielen anderen Fällen herausstellt, erneut zu diskutieren und anzunehmen. Sie können eine cute Grundlage für die künftige Aufgabe des Arbeitsministeriums sein, sich mit dem Finanzministerium darüber zu verständigen, daß nicht mit einer Pauschalabfindung, wie sie seinerzeit als Lösung zwischen dem Bundesminister für Arbeit und dem Bundesfinanzminister vereinbart worden ist - eine Lösung. über deren Erfolg auch ich eine Auffassung habe, die der Ihren sehr gleichkommt -, eine nicht ausreichende Erstattung erfolgt. Diese Summe kann aber doch nur dann mit gutem Gewissen von uns verteidigt werden, wenn Sie die Voraussetzungen für den Nachweis schaffen, daß die Versicherungsträger vom Bundesfinanzminister durch eine solche Pauschallösung ein wenig über den Kopf gehauen worden sind. was besser sachlich hätte errechnet werden sollen. Aus diesem Grunde können wir diesem seltsamen Antrag von Ihnen heute nicht zustimmen. Wenn Sie aber in der dritten Lesung einen Antrag stellen, der die Voraussetzungen für einen wirklichen Nachweis der zu erstattenden Beträge schafft - und wir werden das mittun -, dann werden Sie gleichzeitig damit der künftigen Reform der Rentenreform dienen, auch der Reform der Beitragsgestaltung und all der Maßnahmen, die von so grundsätzlicher Bedeutung sind. Wer Aufträge erteilt, muß nämlich auch die Kosten für die Durchführung dieser Aufträge tragen. Ich meine aber die wirklichen Kosten. Schließlich haben Sie noch von der Gesundheitssicherung gesprochen, Herr Kollege Rohde. Ich habe keinen Antrag von Ihnen für irgendwelche Maßnahmen staatlicher Gesundheitspolitik gefunden. Sie haben verschiedene weitere Probleme angerührt, bei denen ich auch vergebens in Ihrem Antrag nach einer Position gesucht habe, wodurch die von Ihnen ausgesprochenen Forderungen verwirklicht werden könnten. Sollten solche Anträge in absehbarer Zeit bei der Reform der Krankenversicherung oder schon vorher von Ihnen gestellt werden, werden wir mit Ihnen darüber sachlich diskutieren und Ihnen unseren Rat nicht versagen. ({2})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Schellenberg.

Dr. Ernst Schellenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001954, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ein Wort zu Frau Kollegin Kalinke. Wir werden Ihnen beispielsweise in der Frage der Krankenhausfinanzierung nicht nur Gelegenheit geben, uns einen Rat zu erteilen, sondern hier im Hause durch Abstimmung dazu Stellung zu nehmen, Frau Kalinke. ({0}) - Sehr bald! ({1}) Ich möchte mich vor allen Dingen mit dem auseinandersetzen, was der Herr Bundesarbeitsminister vorgetragen hat. Leider muß ich sagen, der Herr Bundesarbeitsminister hat es sich heute erstaunlich leicht gemacht, ({2}) um nicht zu sagen, betrüblich leicht gemacht. Der Herr Bundesarbeitsminister hat nämlich nicht zu den sachlichen Ausführungen meines Kollegen Rohde Stellung genommen, sondern zu Punkten, die dieser überhaupt nicht angesprochen hat. Herr Minister, Sie haben beispielsweise über die Frage der Finanzierung der betrieblichen Altersfürsorge gesprochen; das wurde von Kollege Rhode mit keinem Wort erwähnt. Sie haben vom Jugoslawien-Abkommen gesprochen, einer gewiß wichtigen Frage, die aber im Zusammenhang mit dem Haushalt wirklich nicht sehr bedeutungsvoll ist. ({3}) Sie haben über die Finanzierungsgestaltung in der Knappschaftsversicherung gesprochen. Dagegen haben Sie kein Wort über die großen Arbeitsrückstände in der Knappschaftsversicherung gesprochen, davon, daß über die Hälfte der Rentner in der Knappschaftsversicherung heute noch nicht weiß, welche Rente ihnen mit Wirkung vom 1. Januar 1957 zusteht. Darüber haben Sie nichts gesagt, Herr Minister. Vielleicht lag das daran, daß Sie sich zu stark an das Manuskript Ihres Ministeriums gehalten haben. Sie haben dagegen zu Fragen, die große sozialpolitische Bedeutung haben und die mein Kollege Rhode behandelt hat, keine Antwort gegeben; beispielsweise zur Frage der sozialen Sicherung der freien Berufe und der Selbständigen. Wir haben jetzt ein Ministerium für Arbeit und Sozialordnung. Die Bundesregierung war sehr stolz darauf, daß diese Erweiterung vorgenommen wurde. Aber zu dieser Aufgabe haben Sie keine Stellung genommen, und das war eigentlich doch enttäuschend. Sie haben auch nicht zu ,der Bitte meines Kollegen Rhode Stellung genommen, sich etwas konkreter über ,die Gedankengänge und Pläne zu äußern, die man in Zeitungen und Zeitschriften in bezug auf die Krankenversicherungsreform liest. Sie haben ferner kein Wort dazu gesagt, ,daß Ihr Ministerium noch immer nicht die Durchführungsvorschriften zum Fremdrenten- und Auslandsrentengesetz erlassen hat. ({4}) Aber Herr Kollege Schütz, grade Sie sollten doch wissen, ({5}) welch große Bedeutung diese Vorschriften für Hunderttausende von Vertriebenen haben. Wissen Sie nicht, daß ein großer Teil der Knappschaftsrenten nicht umgerechnet werden kann, weil diese Vorschriften noch nicht erlassen sind? ({6}) -Wer hat denn die Regierung gehindert, statt einer Rechtsverordnung einen Gesetzentwurf vorzulegen? Niemand! Seit dem der Bundesregierung gesetzten Termin ist jetzt ein Jahr vergangen. Die Bundesregierung war verpflichtet, bis zum 30. Juni 1957 eine Rechtsverordnung zu erlassen. Sie hat dann erklärt, sie wolle ein Gesetz vorlegen. Die Rentenneuregelung ist nun schon fast anderthalb Jahre in Kraft. Es ist ein dringendes Gebot, daß der Minister wenigstens bei der Etatrede, wenn er darauf angesprochen wird, zu dieser Verzögerung eine Erklärung abgibt. Wir bedauern sehr, daß der Herr Minister das versäumt hat. Der Minister hat auch nichts über die Kritik gesagt, die hier an der Arbeit des Beirats, soweit sie die Mitwirkung des Ministeriums betrifft, geäußert wurde. Er hat ferner zu den Fragen der sozialwissenschaftlichen Forschung keine Meinung geäußert. Der Herr Minister hat sich allgemein damit entschuldigt, er werde sich im Hinblick auf die angespannte Arbeitslage des Hauses sehr kurz fassen. Herr Minister, dann hätten Sie nicht Fragen behandeln sollen, die hier nicht aufgeworfen wurden, Sie hätten jedoch mindestens zu den Grundproblemen Ihres Ministeriums Stellung nehmen müssen. Ich bin auch sehr unzufrieden darüber, daß weder der Herr Minister noch der Sprecher der CDU zu der Frage der Erstattungsleistungen an die Träger der Rentenversicherung Stellung genommen hat. Ich bin auch enttäuscht, Frau Kollegin Kalinke, daß Sie, die Sie doch eine hervorragende Kenntnis der RenDr. Schellenberg tenversicherungsgesetzgebung besitzen, darüber Ausführungen gemacht haben, die nicht der Bedeutung der Erstattungsfrage entsprechen. Sie haben hier lediglich auf einen Antrag der DP Bezug genommen, der mit den entscheidenden Tatbeständen, die hier angesprochen worden sind, gar nichts zu tun hat. - Bitte schön, Frau Kollegin Kalinke!

Margot Kalinke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001058, Fraktion: Deutsche Partei (DP)

Sind Sie, Herr Kollege Schellenberg, als ebenso guter Kenner der Materie nicht mit mir der Meinung, daß man über Beträge, die man im Haushalt als Ersatzbeträge für erbrachte Leistungen fordert, erst dann mit gutem Gewissen sprechen kann, wenn man die Voraussetzung geschaffen hat, die Zahlen wirklich kennenzulernen? Und sind Sie deshalb nicht der Meinung, daß die von mir in meinen Ausführungen angesprochene Schaffung der Voraussetzungen und die Erbringung des Nachweises erst die Grundlage für ein wirkliches Gespräch über die Erstattung der Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz an die Rentenversicherungsträger geben?

Dr. Ernst Schellenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001954, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Hochverehrte Frau Kollegin Kalinke! Ich muß bedauern, daß Sie auch die Angaben, soweit sie diesem Hause bereits bekannt sind - beispielsweise in der versicherungstechnischen Bilanz, die uns seinerzeit Herr Kollege Storch als Arbeitsminister vorgelegt hat und in der sich eine Reihe von sehr interessanten Untersuchungen zur Kostenerstattung befinden -, nicht mehr in Erinnerung haben. Ich werde Ihnen darüber gleich noch weitere Mitteilungen machen, die Ihnen als Mitglied einer Regierungspartei vielleicht zur Bereicherung Ihres sozialpolitischen Wissens dienen können: Die Frage, die Sie angesprochen haben, Frau Kollegin Kalinke, hat nämlich mit der Abstimmung über den damaligen DP-Antrag nichts zu tun. Die Erstattungsfragen, Frau Kollegin Kalinke, stehen in den RentenversicherungsNeuregelungsgesetzen sehr klar und eindeutig. Ich darf dies zum Verständnis der Sachlage hier zitieren. Es heißt im Gesetz Verpflichtungen des Bundes für die Zeiten vor Inkrafttreten dieses Gesetzes - nämlich Erstattungen zu leisten und Zuschüsse zu gewähren bleiben unberührt. ({0}) - Aber das ist die Rechtsgrundlage, die die Regierung verpflichtet hätte, im Haushalt dem Gesetz zu entsprechen und Ansätze zu machen. - Ja, bitte!

Margot Kalinke (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001058, Fraktion: Deutsche Partei (DP)

Sind Sie nicht der Auffassung, daß gerade diese Bestimmung, der Sie zugestimmt haben und der ich nicht zugestimmt habe, das Dilemma eingeleitet hat, über das wir uns jetzt unterhalten müssen?

Dr. Ernst Schellenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001954, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Aber, Frau Kollegin Kalinke, diese Vorschrift besagt nichts anderes, als daß es für die Zeit bis zum 31. Dezember 1956 bei der bis dahin bestehenden Rechtslage verbleibt. Diese Rechtslage ist ziemlich eindeutig in den verschiedenen Vorschriften geklärt, nicht nur in § 90 BVG und in § 14 des Fremdrenten- und Auslandsrentengesetzes, sondern auch in vielen anderen Vorschriften, die ich hier im einzelnen nicht zitieren will. Wir machen der Regierung den Vorwurf - das ist ein schwerer Vorwurf -, daß sie bei dem Ansatz für das Kapitel Sozialversicherung diesen gesetzlichen Vorschriften nicht entsprochen hat. Unser Antrag Umdruck 91 Ziffer 4 entspricht der Rechtslage. Wir wollen durch diesen Antrag das verwirklichen, was gesetzlich festgelegt ist, daß nämlich die Träger der Rentenversicherung für die vorhergehende Zeit die ihnen zustehende Erstattung erhalten. Die Bundesregierung hat, gewissermaßen als Merkposten, einen Betrag von 1 Million DM für Erstattungen eingesetzt, obwohl sie wissen muß und weiß, daß die Größenordnung der gesetzlichen Verpflichtung zur Erstattung, um die es sich handelt, weit, weit höher ist. Nun sagen Sie, Frau Kalinke, es handele sich um Schätzungen, die in keiner Weise substantiert seien. Das Bundesarbeitsministerium selbst hat darüber eine Denkschrift gefertigt. Diese Denkschrift ist uns, den Mitgliedern des sozialpolitischen Ausschusses, nicht bekannt. Offenbar ist sie Ihnen auch als Mitglied der Regierungskoalition nicht bekannt. Bisher war ich immer der Meinung, daß Sie von den Regierungsparteien etwas besser unterrichtet worden seien als wir. Es wird Angelegenheit nicht nur von Ihnen, sondern auch von uns sein, dafür zu sorgen, daß wir besser informiert werden und die Berechnungen, mit denen das Arbeitsministerium operiert, zur Kenntnis erhalten. Das Bundesarbeitsministerium kommt zu dem Ergebnis, daß der deutschen Rentenversicherung für die Zeit his zum 31. Dezember 1956 noch ein Erstattungsanspruch von 1 900 000 000 DM zusteht. Das ist die Auffassung des Bundesarbeitsministeriums. Davon müssen wir Kenntnis nehmen, und wir haben uns damit auseinanderzusetzen. Über die Zahlen im einzelnen besteht noch Streit. Die Unterlagen werden vom Bundesrechnungshof geprüft, dem sie zur gutachterlichen Stellungnahme zugeleitet worden sind. Der Bundesrechnungshof bestreitet aber nicht den Grundansatz der Rechnung; er hat nur zu Einzelheiten noch Fragen und Beanstandungen. Was wir durch unseren Antrag fordern und in den Erläuterungen festgelegt werden soll, entspricht mindestens dem gesetzlich festgelegten Erstattungsanspruch, der einen Betrag von 1 600 000 000 DM ausmacht. Das ergibt sich aus den gesetzlichen Vorschriften. Das ist keine Dotation an die Rentenversicherung, sondern das ist hier von dem Hause beschlossen worden. Wir können es deshalb nicht akzeptieren, daß über eine solche Größenordnung hinweggegangen wird. Wir sind der Auffassung, daß es eine - ich muß es sehr laut und deutlich sagen - Irreführung der Öffentlichkeit und des Parlaments ist, wenn bei einer Größenordnung von 1,6 Milliarden DM, die Bundesregierung nur den Betrag von 1 Million DM einsetzt. Jeder Sachverständige weiß, daß es sich um eine Größenordnung handelt, die die Milliarde weit übersteigen muß. Der Bundesarbeitsminister der zweiten Regierung hat mir bereits im Jahre 1955 erklärt, daß für die Zeit bis 1953 die Erstattungsforderung 940 Millionen DM betrage. Und jetzt setzt die Bundesregierung lediglich einen Betrag von 1 Million ein! Mit einem solchen Ansatz wird den gesetzlichen Vorschriften nicht Rechnung getragen. Der Minister hat hier erklärt 99,7 °/o der Etatansätze seien gesetzlich festgelegt. Warum hat der Minister in seiner Rede nicht dazu Stellung genommen, daß ihm vorgeworfen wird, eine gesetzliche Vorschrift, nämlich die §§ 43 und 45 in Art. 2 der Rentenneuregelungsgesetze, zu mißachten? Hierzu muß klar Stellung genommen werden. Was ist mit dem Vorgehen beabsichtigt? Es gibt doch nur zwei Erklärungen. Entweder soll dadurch. daß nur ein Erstattungsbetrag von einer Million eingesetzt wird, die Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten um einen Betrag von mindestens 1 599 000 000 geschmälert werden - das wäre eine bedenkliche Konsequenz -, ({0}) oder Sie versuchen, formal einen Ausgleich des Bundeshaushalts zu bewerkstelligen, indem Sie gesetzlich festgelegte Posten unrichtig in den Haushalt einsetzen. Das ist der Tatbestand. Beides. dieses oder jenes Vorhaben entspricht nicht der Gesetzeslage und ist eine gesetzwidrige Praktik. Sie müssen sich klar bekennen, und wir erwarten von der Bundesregierung hierzu eine Stellungnahme. ({1})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Das Wort hat der Herr Bundesarbeitsminister.

Theodor Blank (Minister:in)

Politiker ID: 11000195

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Schellenberg begann seine Rede damit, daß er sagte, der Bundesarbeitsminister habe es sich heute leicht gemacht. Ich habe zu Anfang gesagt, ich wollte es den geplagten Damen und Herren Abgeordneten leicht machen. Ich wollte nicht auch noch einmal in ewiger Wiederholung vortragen, was uns schon dreimal hier vorgetragen worden ist. ({0}) - Herr Schellenberg, hören Sie mich bitte mit der Ruhe an, mit der ich Sie anzuhören mich jedesmal bemühe. Er wirft mir z. B. vor, ich hätte kein Wort über die Rückstände in der Knappschaftsversicherung gesagt. Bei einer anderen Gelegenheit hat sich Herr Schellenberg hier des längeren und breiteren darüber ausgelassen, wie notwendig eine individuelle Umstellung sei; wir haben ja in der Rentenversicherung nur eine globale. Hier bei der Knappschaft haben wir die individuelle, und das sind die Folgen! ({1}) Im übrigen, Herr Schellenberg, wird Ihnen nicht unbekannt sein, daß ich meine Pflichten so weit kenne, daß ich mit dem Geschäftsführer der Knappschaft, mit dem Vorstand, mit meinen alten Gewerkschaftsfreunden, die dort in den Selbstverwaltungsorganen sitzen, immer wieder persönlich über die Dinge spreche. Es wird ihnen auch nicht unbekannt sein, daß wir erhebliche Mittel aufgewandt haben, um die Bediensteten der Knappschaft zu veranlassen, in Überstunden, die wir mit diesen Mitteln abgelten, die Rentenanträge aufzuarbeiten. Ich würde Ihnen empfehlen, einmal genau wie ich einen Besuch bei der Knappschaft zu machen und dort Ihre Vorwürfe wegen der noch nicht erledigten Rentenumstellungsanträge vorzubringen. Ich weiß im voraus, welche Antworten Ihnen viele Ihrer Parteigenossen, die da sitzen, geben werden. Nun ein Weiteres. Es ist der Vorwurf erhoben worden, ich hätte nichts über die Neuregelung des Fremdrentengesetzes gesagt. Es hat sich eben -und das habe ich doch bei der Beantwortung Ihrer Großen Anfrage hier des längeren und breiteren gesagt - erwiesen, daß sich diese Dinge durch eine Rechtsverordnung nicht regeln lassen; denn in Art. 2 § 43 Abs. 2 des Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes wird ja die Bundesregierung beauftragt, durch Rechtsverordnung die Tabellen der Anlagen 2 bis 6 der Ersten Verordnung zur Durchführung des Fremdrenten- und Auslandsrentengesetzes den Vorschriften der Neuregelung anzupassen. Das läßt sich eben in dieser Weise nicht durchführen. Ich habe Ihnen schon bei der Beantwortung Ihrer Großen Anfrage gesagt, daß wir hier eine gesetzliche Regelung treffen müssen. Wie schwierig diese Rechtsmaterie ist, habe ich Ihnen damals auch auseinandergesetzt. Da ich wirklich glaube, daß das dem Hohen Hause zur Genüge bekannt ist und Ihnen im übrigen schriftlich im Protokoll vorliegt, habe ich es nicht für notwendig gehalten, auf diese Querbeet-Vorträge Ihres Kollegen Rhode noch im einzelnen zu antworten. Ich glaube, daß ich dem Hohen Hause eine Antwort auf eine an mich gestellte Frage bisher nicht schuldig geblieben bin. Lassen Sie mich aber kurz auf das Problem eingehen, das Sie zum Schluß behandelt haben! Sie meinen damit Ihren Antrag Nr. 4. Sie meinen die Frage der Leistungen des Bundes bei Ansprüchen der Rentenversicherungsträger für die Zeit vor Inkrafttreten der Rentenversicherungs-Neuregelungsgesetze und verweisen auf den Posten von 1 Million DM, der dort vorgesehen ist. Sie glauben der Regierung den Vorwurf machen zu müssen, daß dieser Betrag nicht der gegebenen Rechtslage entspreche. Ich muß Ihnen, Herr Schellenberg, darin widersprechen, dieser Titel sei dazu bestimmt, die Leistungen des Bundes auf Ansprüche der Rentenversicherungsträger für die Zeit vor Inkrafttreten der Rentenversicherungs-Neuregelungsgesetze zu realisieren. Der Hauptteil dieser Ansprüche bestehe in den Erstattungsansprüchen der RentenversicheBundesarbeitsminister Blank rungsträger gegen den Bund nach § 90 des Bundesversorgungsgesetzes. Lassen Sie mich hier einmal für einen Augenblick verharren! Es ist ja nicht richtig, daß diese 1 Million DM, wie Sie annehmen, vorgesehen ist für die Erstattungsansprüche auf Grund des § 90 des Bundesversorgungsgesetzes; es gibt vielmehr noch eine ganze Reihe von Ansprüchen, die man im einzelnen nicht genau definieren kann. Für den Fall, daß solche notwendigen Ausgaben auf uns zukommen, wollten wir einen gewissen Betrag zur Verwendung haben. Daß wir hier aber keinesfalls den Betrag einsetzen können, der sich als endgültiger Erstattungsanspruch ergibt, wissen Sie genauso gut wie ich. Warum das so ist? Es ist deshalb so, weil eine endgültige Klarheit über die Höhe dieses Betrages bis heute noch nicht gewonnen ist. Und wenn die Referenten des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung Berechnungen und Tabellen aufgestellt haben und zu gewissen Auffassungen gekommen sind, so ist damit doch noch nicht die Höhe des Anspruchs festgelegt. Darüber muß selbstverständlich mit den Betroffenen, auch mit den anderen Bundesressorts, verhandelt werden. Erst wenn das endgültig klar ist, werden wir nach Abschluß dieser Beratung die in Art. 2 § 47 Abs. 2 des Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes vorgesehene Rechtsverordnung zur pauschalen Feststellung der Höhe der Verpflichtung des Bundes erlassen. Erst wenn wir diese Rechtsverordnung über die pauschale Abgeltung erlassen haben - übrigens mit Zustimmung des Bundesrats -, ist die rechtliche Verpflichtung zur Zahlung gegeben, und erst dann kann ein solcher Betrag im Haushaltsgesetz erscheinen und nicht umgekehrt im Haushaltsgesetz ein Rechtsanspruch auf Zahlung eines Betrags begründet werden. Das sollte auch Ihnen hinreichend bekannt sein. ({2})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Das Wort hat der Abgeordnete Horn.

Peter Horn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000959, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte den Kollegen Sc hell e n-b e r g gleich persönlich ansprechen. Als ich ihm heute vormittag auf dem Flur begegnete und wir uns mit sehr viel Freundlichkeit und netten Worten begrüßten und als ich dann von ihm zur Kenntnis nahm, daß die SPD heute nicht die Absicht habe, aus diesem Haushalt eine große Sache zu machen, sondern nur die aus dem Umdruck ersichtlichen wenigen Anträge stellen wolle, da war ich eigentlich innerlich sehr froh bei dem Gedanken, heute in der 2. Lesung an einer großen Generaldebatte vorbeizukommen. Denn ich halte es auch nicht für eine gute Übung, sowohl in der 2. als auch in der kommenden 3. Lesung Generaldebatten zu führen. Ich glaube, wir würden sehr viel schneller über die Dinge hinwegkommen, wenn wir uns diese Spaziergänge kreuz und quer über die ganze Wiese bei der 2. Lesung ersparten. ({0}) Heute morgen war ich noch der guten Hoffnung, der Herr Kollege Schellenberg nehme heute keine Veranlassung, sich wieder einmal aufzuregen. Dennoch hat er sich offenbar herausgefordert gefühlt durch die Ausführungen, die der Herr Minister gemacht oder nach seiner Meinung nicht gemacht hat. Ich will mich aber darüber nicht weiter auslassen, sondern nur die Worte des Herrn Ministers Blank unterstreichen. Auch ich bin der Auffassung, daß die Dinge noch lange nicht dadurch anders werden und eine bessere Fundierung erfahren, daß man vor dem Plenum immer und immer wieder dasselbe nur mit veränderter Wortstellung vorträgt. ({1}) Konkret will ich mich nur noch einmal zu Ziffer 4 des Antrags Umdruck 91 ({2}) äußern und die Auffassung der CDU/CSU dazu wiedergeben. Man kann schon an und für sich bedauern - das muß sich auch die Regierung gesagt sein lassen -, daß es bei diesem Gegenstand trotz jahrelanger Auseinandersetzungen und Bemühungen noch nicht zu einer endgültigen Klärung gekommen ist. Um so mehr ist zu hoffen, daß nun diese Klärung mit aller möglichen Beschleunigung herbeigeführt wird. Jeder weiß, daß sich dieses etwas kritische Wort nicht an die Adresse der beiden Herren Minister richtet, die ihr Amt erst in der dritten Bundesregierung übernommen haben. Die Auseinandersetzungen erfolgten ja, wie wir alle wissen, in den beiden ersten Legislaturperioden. Wir sollten hier, glaube ich, sehr deutlich zum Ausdruck bringen, daß wir für den nächsten Haushalt 1959 eine Vorlage mit den entsprechenden Beträgen erwarten müssen. Herr Kollege Schellenberg ist darüber unterrichtet. Er hat auf die Denkschrift, die das Bundesarbeitsministerium darüber verfaßt hat, hingewiesen. Seien Sie beruhigt, Herr Dr. Schellenberg, wir kennen sie his zum heutigen Tage auch nicht! Aber selbst wenn darin die Grundlagen gelegt sind und wenn der Bundesrechnungshof, wie Sie sagen, den Dingen im Prinzip schon zugestimmt hat. bedarf es immerhin noch der echten Aufeinanderabstimmung und Verständigung zwischen den beiden beteiligten Ministerien für Arbeit und Sozialordnung und für Finanzen. Ich kann nur sagen, im gegenwärtigen Augenblick mit einer derart schlecht fundierten Formulierung Festlegungen in diesem Haushalt in einer solchen Größenordnung treffen zu wollen, das kann von uns der Sache nach nicht verantwortet werden. Deshalb werden wir Ihren Antrag ablehnen, meine Damen und Herren von der SPD. Ich darf das Ersuchen, das ich soeben an die Regierung ausgesprochen habe, sehr nachdrücklich wiederholen, und wir werden uns vielleicht sogar überlegen müssen, ob wir in der dritten Lesung einen entsprechenden Entschließungsantrag hier im Hohen Hause einbringen sollen. Aber unser Vertrauen in die Regierung ist groß genug, hier unter Umständen von ihr zu erwarten, daß sie diese Zahlen im nächsten Haushalt einbringt, nachdem sie die Verordnung, die dazu notwendig ist, erlassen haben wird. Ich möchte also noch einmal erklären: Wir werden nicht nur die Ziffern 1 bis 3, sondern auch die Ziffer 4 und damit den gesamten Antrag der sozialdemokratischen Fraktion ablehnen. ({3})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Stammberger.

Dr. Wolfgang Stammberger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002215, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da wir uns immer noch in der zweiten Lesung befinden, möchte ich mich, ganz im Sinne des Herrn Kollegen Horn, auf die Stellungnahme zu den vorliegenden Anträgen beschränken. Wir Freien Demokraten werden der Erhöhung der in Tit. 300 vorgesehenen Mittel für die Kriegsopferversorgung zustimmen. Es ist zwar richtig, wenn vorhin von einem Sprecher der CDU gesagt worden ist, daß es sich hierbei um einen sehr namhaften Betrag handelt. Wir sind aber der Auffassung, daß es sich hierbei auf die Dauer um keine Mehrausgabe handelt, sondern vielmehr lediglich um Vorauszahlungen auf Rechtsansprüche, die wir, wenn nicht in diesem Haushaltsplan, so doch in den Haushaltsplänen der kommenden Jahre werden berücksichtigen müssen. Wir Freien Demokraten haben immer den Standpunkt vertreten, daß gerade den Anträgen zur Abfindung in höchstmöglichem Umfange stattgegeben werden sollte, weil wir der Meinung sind, daß gerade in einem solchen Falle die dafür vorgesehenen Mittel besonders gut und erfolgversprechend verwendet werden. Wir müssen uns doch darüber klar sein, daß ein solcher im Regelfall ziemlich hoher Abfindungsbetrag eine bedeutend größere Hilfe etwa bei der Beschaffung von Wohnraum oder bei der Gründung oder Erweiterung einer Existenz darstellt, als das bei einer monatlichen Rente der Fall ist. Wir sind außerdem der Meinung, daß dadurch auch eine Verminderung des Verwaltungsaufwandes erzielt wird, weil ja im Regelfall für die Zeit der Abfindung keine Bearbeitung der betreffenden Akten erfolgt. Wir werden daher - und ich bitte das Hohe Haus, das gleiche zu tun - diesem Antrag Nr. 2 zustimmen. Die übrigen Anträge werden wir jedoch ablehnen, und zwar aus Gründen, die von anderer Seite dieses Hauses bereits vorgetragen worden sind, so daß ich mich auf diese Feststellung beschränken kann. ({0})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Meine Damen und Herren! Die Diskussion läuft durcheinander. Ich war der Meinung, daß wir zunächst Ziffer 1 diskutieren. ({0}) Es ist jetzt alles durcheinander. Jetzt hat zunächst das Wort der Herr Abgeordnete Bazille, der sich schon lange gemeldet hat, nämlich zur Begründung der Ziffer 2, mit der sich der Herr Abgeordnete Dr. Stammberger soeben einverstanden erklärt hat.

Helmut Bazille (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000121, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nur wenige Worte zur Begründung der Ziffern 2 und 3 des Umdruckes 91, da der Zeitplan des Hauses eine Auseinandersetzung über die Kriegsopferpolitik der Bundesregierung heute nicht zuläßt. Wir werden dazu nach den Ferien Gelegenheit haben, wenn die Große Anfrage meiner Fraktion im Hause behandelt wird. Zur Frage der Kapitalabfindung - Ziffer 2 unseres Umdrucks 91 - hat Herr Stammberger hier das zur Sache Wesentliche ausgeführt. Ich darf mir seine Ausführungen zu eigen machen und kann mir deshalb nähere Begründungen ersparen. Ich muß allerdings die Ausführungen des ersten Sprechers der CDU-Fraktion zu diesem Punkte insoweit zurückweisen, als er ja selbst durch die Einbringung eines Änderungsantrages der CDU zur Frage der Kapitalabfindung zugestanden hat, daß hier ein Bedürfnis vorliegt; in der Frage des Maßes können wir für die Abstimmung die abweichenden Auffassungen klären. In der Ziffer 3 Einmalige Unterstützungen in der Kriegsopferversorgung - machen wir uns die Auffassung zu eigen, die der Bundesrechnungshof vor dem Kriegsopferausschuß vertreten hat. Sein Sprecher erklärte nämlich, man könne sich durchaus eine großzügigere Handhabung der einmaligen Unterstützungen vorstellen. Ich glaube nicht, daß der Bundesrechnungshof in dem Geruch steht, Interessent auf dem Gebiete der Kriegsopferversorgung zu sein. Ein Kommentar von meiner Seite zu seinen Ausführungen erübrigt sich deshalb. Ich kann dem Hohen Hause nur empfehlen, seiner Anregung Folge zu leisten und unserem Änderungsantrag zuzustimmen. ({0})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Herr Abgeordneter Schellenberg, wollen Sie noch das Wort? ({0}) Ich muß nämlich dem Hause noch etwas mitteilen, bevor ich abgelöst werde; ich werde um 17 Uhr abgelöst. Wenn Sie ganz kurz sprechen, bitte sehr! ({1})

Dr. Ernst Schellenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001954, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ganz wenige Bemerkungen! Herr Minister, wir kennen die Arbeitslage nicht nur bei der Knappschaftsversicherung, sondern auch bei der gesamten Rentenversicherung. Was wir hier zum Vorwurf machen, ist, daß die Bundesregierung die Rentenneuregelung seinerzeit nicht rechtzeitig vorbereitet hat und sie auch nicht bei den Versicherungsträgern verwaltungstechnisch hat vorbereiten lassen. Die Verantwortung trifft nicht Sie, sondern die trifft insbesondere Ihren Vorgänger. Herr Minister, Sie haben auf das Fremdrenten- und Auslandsrentengesetz Bezug genommen und erklärt, Sie seien mit der Bearbeitung beschäftigt. Das haben wir schon fast vor Jahresfrist vernomDr. Schellenberg men. Auf unsere Kleine Anfrage betreffend Umstellung der Renten von Heimatvertriebenen hat Ihr Vorgänger geantwortet: Die Vorarbeiten zur Novellierung des Fremdrenten- und Auslandsrentengesetzes sind bereits im Gange. Der Entwurf eines entsprechenden Gesetzes wird den gesetzgebenden Körperschaften so bald wie möglich vorgelegt werden. Es ist doch ein berechtigtes Anliegen, wenn wir aus Anlaß der Haushaltsdebatte die Regierung an diese Verpflichtung erinnern. Nun zur Frage der Erstattungsverpflichtungen. Ich habe mit großem Interesse von den Ausführungen des Herrn Ministers Kenntnis genommen, der uns bestätigt hat, daß es sich nicht nur um die Frage des § 90 BVG, sondern auch um eine Reihe von anderen Problemen handelt. Das wissen wir natürlich. Wir haben nur den größten Brocken herausgegriffen, um hier nicht zu einer zu breiten sozialpolitischen Debatte zu kommen. Ich begrüße es sehr, daß der Herr Kollege Horn namens der größten Regierungspartei erklärt hat: diese Frage muß noch geregelt werden. ({0}) - Frau Kollegin Kalinke, das ist, wenn Sie die Erläuterungen zum Haushaltsplan lesen, leider nicht so selbstverständlich. Es ist ein berechtigtes Anliegen der gesamten Öffentlichkeit, daß diese Frage hier angesprochen wird. Frau Kollegin Kalinke, Sie setzen sich immer, wie wir auch, besonders für die Interessen der Angestelltenversicherung ein: wissen Sie nicht, daß die Erstattungsansprüche sehr eng mit der Frage der Erstattung der Anteile für die Wanderversicherung in Höhe von 1 Milliarde DM zusammenhängen? Das sind doch Größenordnungen. über die wenigstens die Regierung bei den Beratungen im Haushaltsausschuß ein Wort hätte sauen müssen. Wir als Opposition müssen uns erst mühselig durch die Dinge durcharbeiten, um auf die Größenordnungen zu kommen. um die es geht. Fs wäre Pflicht der Regierung gewesen, sowohl im Haushaltsausschuß wie im Ausschuß für Sozialpolitik wie im Ausschuß für Arbeit diese Größenordnungen ungefähr zu nennen. Deshalb stellen wir sie jetzt fest. Wir bedauern aber, daß der Herr Bundesarbeitsminister gesagt hat, er habe Beträge noch nicht im Haushalt einsetzen können. weil er die Größenordnungen nicht kenne. Herr Minister. das läßt befürchten, daß Sie die Rechtsverordnung nicht innerhalb des Haushaltsjahres his zum 21. März 1959 erlassen wollen; denn sonst hätten Sie den Betrag im Etat einsetzen müssen. Noch eine Schlußbemerkung! Es wurde hier von den Sprechern der Regierungskoalition und auch vom Herrn Minister wiederholt beanstandet, daß mein Kollege Rohde allgemeine Ausführungen zum Sozialhaushalt gemacht hat. Meine Damen und Herren, wir sind der Auffassung - und die Praxis des Hauses in den letzten Tagen bestätigt dies -, daß es ein berechtigtes Anliegen ist, auf grundsätzliche Angelegenheiten bei Beratung des Haushalts, in diesem Falle des Bundesarbeitsministeriums, einzugehen. Wenn der Herr Bundesarbeitsminister gegenüber meinem Kollegen Rohde sagte, die Sachen seien schon dreimal behandelt, sie hätten gewissermaßen einen Bart, - Herr Minister, diese Dinge sind leider immer noch nicht gelöst, und es ist eine Aufgabe des Hauses, diese Fragen bald zu lösen. ({1})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Meine Damen und Herren! Weitere Wortmeldungen zu idem Einzelplan 11 liegen nicht vor. Abstimmen können wir nicht; die Abstimmung ist um 16 Uhr bis morgen vormittag ausgesetzt worden. Ehe ich abgelöst werde, möchte ich noch eine Mitteilung an das Haus machen. Der Vorsitzende des Rechtsausschusses macht mich darauf aufmerksam, er habe in seinem Ausschußbericht in der 31. Plenarsitzung des Bundestages in meiner Abwesenheit bemerkt, daß zur Vertretung des Deutschen Bundestages vor dem Bundesverfassungsgericht - es handelt sich um die Streitsache: Bundesregierung gegen das Land Hessen - der Präsident des Deutschen Bundetages berufen sei. Dieser Meinung bin ich auch, jedenfalls von Amts wegen nach § 7 der Geschäftsordnung. Der Herr Vorsitzende des Rechtsausschusses teilt mir nun aber mit, das Plenum sei bei dieser seiner Feststellung von der Annahme ausgegangen, daß ich die Verhandlungstermine in Karlsruhe persönlich wahrnehmen würde. Meine Damen und Herren, falls das Haus von dieser Auffassung ausgegangen ist, muß ich Sie bitten, diese Auffassung zu berichtigen. Denn diese Absicht habe ich nicht, sondern ich bin der Meinung, daß es auch dem Bundestagspräsidenten nach § 7 der Geschäftsordnung freistehen muß, wenn er von Amts wegen das Haus gerichtlich vertreten soll, einen Prozeßbevollmächtigten zu beauftragen, wie das auch anderwärts üblich ist, und daß er nicht verpflichtet ist, selber vor dem Gericht zu erscheinen. Das würde ich nicht für richtig halten. Ich habe deshalb den Herrn Abgeordneten Hoogen wobei ich anheimgebe, ob er sich dabei in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Rechtsausschusses oder als Mitglied des Hauses verstehen will gebeten, weil er ,das oft getan hat, den Bundestagspräsidenten vor dem Bundesverfassungsgericht zu vertreten. Ich möchte das nur fairerweise zur Klarstellung auch hier im Hause amtlich sagen, damit keine Mißverständnisse bestehen. Wir fahren nun in der Tagesordnung fort, und zwar folgt jetzt Einzelplan 13: Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen ({0}). ich frage iden Herrn Berichterstatter, ob er das Wort wünscht. - Herr Berichterstatter Jürgensen!

Nikolaus Jürgensen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001035, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Einzelplan 13 enthält nur ,das Amtsgehalt des Herrn Ministers für das Post- und Fernmeldewesen und die Überschüsse der Bundesdruckerei. Bei der Beratung des Einzelplans im Haushaltsausschuß haben sich gegenüber idem Regierungsentwurf nur ganz geringfügige Änderungen dadurch ergeben, daß der Ausschuß einige Stellenhebungen für die Bundesdruckerei abgelehnt hat. Ich darf das Haus bitten, den Einzelplan 13 mit den im Ausschuß beschlossenen Änderungen nach Drucksache 402 anzunehmen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Änderungsanträge liegen nicht vor. Wird das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. Die Aussprache über den Einzelplan 13 ist geschlossen. Die Abstimmung findet morgen statt. Nun rufe ich - nach einer interfraktionellen Vereinbarung - Punkt V Ziffer 18 der Tagesordnung auf: Einzelplan 27: Geschäftsbereich des Bundesministers für gesamtdeutsche Fragen ({0}) Ich frage, ob der Herr Berichterstatter das Wort wünscht. - Herr Kollege Hermsdorf wünscht das Wort nicht. Es liegt ein Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 101 vor. Wird zur Begründung das Wort gewünscht? Das Wort hat der Herr Abgeordnete Behrisch.

Arno Behrisch (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000137, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Hohes Haus! Jene Damen und Herren, die Mitglied des 1. Deutschen Bundestags gewesen sind, werden sich erinnern, daß wir im Juli 1953 ein kulturelles Förderungsprogramm für das Zonenrandgebiet beschlossen haben. Dieses Programm war wohl fundiert. Es war durch eine beispielhafte Zusammenarbeit aller Kollegen aller Fraktionen zustande gekommen und umfaßte die Summe von 25 Millionen DM. Kollege Dr. Henn, der es von diesem Platz aus begründet hat, hat damals auch gesagt, es handele sich selbstverständlich um ein Programm, das einige Jahre umfassen müsse, um wirksam zu sein. Leider sind dann in der Praxis aus den 25 Millionen DM ganze 5 Millionen DM geworden. Das haben wir bedauert, und ich glaube, auch das zuständige Ministerium hat es bedauert. Langsam ist die Summe gestiegen, und jetzt ist sie ungefähr bei 12 Millionen DM, alles zusammengenommen. Den Antrag, der auf Umdruck 101 vorliegt, zu stellen, ist mir leicht geworden, weil wir in einem Bericht der Bundesregierung, d. h. des Ministeriums für gesamtdeutsche Fragen, nahezu in diese Richtung gestoßen worden sind. In dem Bericht vom 25. April sagt das Ministerium für gesamtdeutsche Fragen, daß in einer Schrift, die die Ministerpräsidenten der beteiligten Länder, nämlich Hessens, Bayerns, Niedersachsens und Schleswig-Holsteins, abgefaßt haben, von den segensreichen Wirkungen dieser Förderungsmaßnahmen gesprochen wird, besonders im Hinblick auf die große Gefahr der geistigen Unterwanderung des Ostrandgebietes durch kommunistische Bestrebungen. Das Ministerium sagt dann in seinem Bericht: Allerdings fordern sie - die Ministerpräsidenten - für die Zukunft auch eine verstärkte Fortführung der kulturellen Förderungsmaßnahmen. So erfreulich die Bilanz der ersten drei Jahre einer systematischen kulturellen Betreuung des Zonenrandgebietes von seiten des Bundes auch ist - es ist nicht zu bestreiten, daß noch viele Aufgaben der Lösung harren. In Anbetracht der großen Zahl durchaus begründeter und wichtiger Anliegen und der engen Grenzen, die durch die verfügbaren Mittel gesetzt sind, bereitet es alljährlich erhebliche Schwierigkeiten, die dringendsten Vorhaben auszuwählen und über Zurückstellungen zu entscheiden. Anknüpfend an diese absolut zutreffenden Bemerkungen des Bundesministeriums für gesamtdeutsche Fragen erlauben wir uns also, den Vorschlag zu machen, die Ansätze dieses Titels zu verdoppeln, d. h. a) die Zuschüsse zur Förderung von Schulbauten von 9 320 000 DM auf 18 640 000 DM und b) die Mittel zur Förderung von kulturellen Maßnahmen gesamtdeutschen Charakters im Zonenrandgebiet von 3 000 000 DM auf 6 000 000 DM zu erhöhen. Ob dieses Geld aus Tit. 300 oder aus anderen Titeln genommen wird, ist nicht so wichtig. Es gibt eine Reihe von Maßnahmen der Sowjetzonenregierung, die leider dazu führen, daß bestimmte Mittel, die wir hier bewilligt haben, nicht ausgeschöpft werden können. Daher sind wir der Meinung, daß es finanziell durchaus möglich ist, für diese wichtige Sache das Geld zur Verfügung zu stellen, welches für sie erforderlich ist. Ich bitte um Annahme.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Wird dazu das Wort gewünscht? - Herr Abgeordneter Dr. Gradl!

Dr. Johann Baptist Gradl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000717, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe nur eine ganz kurze Bemerkung zu der Begründung zu machen, die soeben dem Änderungsantrag der SPD-Fraktion gegeben worden ist. ({0}) Hinsichtlich der Anliegen, die durch den Antrag gefördert werden sollen, bestehen zwischen uns keine Meinungsverschiedenheiten. Wir sind genauso wie Sie der Ansicht, daß kulturelle Maßnahmen in den Zonenrandgebieten und in den Grenzlandgebieten noch stärker gefördert und daß dafür nach Möglichkeit noch mehr Mittel als bisher ausgeworfen werden sollten. Man muß allerdings anerkennen, daß schon einiges geschehen ist und auch gegenwärtig geschieht. Im Prinzip bejahen wir also Glas Vorhaben. Wir haben aber einen, wie wir glauben, wesentlichen Einwand. Wir sind nicht der Ansicht, daß wir der Sache gerecht werden, wenn wir hier jetzt in einem globalen Beschluß disponieren. Wir meinen, daß wir uns, ehe über die Mittel disponiert wird, darüber klarwerden müssen, was im einzelnen dem, was bisher schon geschieht, künftig noch hinzugefügt werden soll, damit das Ziel kultureller Entwicklung erreicht werden kann, das Ihnen und uns gemeinsam vorschwebt. Es müßte im einzelnen darüber gesprochen werden, was zu tun ist. Es müßte auch sorgfältig darüber gesprochen werden, wie man das, was man tun will, finanzieren kann. Bisher ist das nicht geschehen. Sie haben den Antrag etwas überraschend eingebracht. Weder im Haushaltsausschuß noch im Gesamtdeutschen Ausschuß ist darüber diskutiert worden. Wir sind der Ansicht, daß man zunächst einmal in diesen Ausschüssen eingehend darüber reden sollte, und beantragen deshalb, diesen Antrag abzulehnen.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Wird weiter zum Einzelplan 27 das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann kann ich die Beratung abschließen. Die Abstimmungen werden zurückgestellt. Ich rufe auf: Einzelplan 28: Geschäftsbereich des Bundesministers für Angelegenheiten des Bundesrates und der Länder ({0}). Berichterstatter ist der Abgeordnete Kreitmeyer. ({1}) - Verzichtet das Hohe Haus auf eine Berichterstattung? ({2}) - Das Hohe Haus erwartet doch an sich einen Bericht, nehme ich an. Oder verzichten Sie auf den Bericht? Dann bitte ich Sie, mir diese Meinung kundzutun. Nicht der Herr Berichterstatter hat zu verzichten, sondern das Hohe Haus. Die Berichterstattung ist eine Pflicht und kein Recht. - Also das Hohe Haus verzichtet auf die Berichterstattung. Dann darf ich fragen, ob zum Einzelplan 28 das Wort gewünscht wird. - Auch nicht. Dann schließe ich die Beratung des Einzelplans 28. Wir kommen nun zum Einzelplan 20: Bundesrechnungshof ({3}). Das Wort hat als Berichterstatter der Abgeordnete Leicht. ({4}) - Das Hohe Haus verzichtet auf einen mündlichen Bericht. Dann bitte ich um Wortmeldungen. - Keine Wortmeldung. Ich schließe die Beratung des Einzelplans 20. Wir kommen nun zum Einzelplan 24. ({5}) - Sie meinen, das Hohe Haus sollte die Einzelpläne 24 und 25 zurückstellen? ({6}) - Ja, es wäre gut, wenn sich einer der Herren zur Geschäftsordnung melden und sagen würde, was nach ihrem Wunsch jetzt behandelt werden soll, Man kann das, wenn man gerade abgelöst hat, schwer wissen. Ich rufe auf: Einzelplan 26: Geschäftsbereich des Bundesministers für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte ({7}). Berichterstatter ist der Abgeordnete Baier ({8}). Ist der Abgeordnete im Hause? ({9}) - Der Herr Abgeordnete ist nicht im Hause. Soll ich zurückstellen oder wollen Sie auf den Bericht verzichten? ({10}) - Das Hohe Haus verzichtet auf den Bericht. Ich bitte um Wortmeldungen. - Es liegen keine Wortmeldungen vor. Dann kann ich den Einzelplan 29 aufrufen. ({11}) - Also: Einzelplan 31: Geschäftsbereich des Bundesministers für Atomkernenergie und Wasserwirtschaft ({12}). Berichterstatter ist der Abgeordnete Dr. Gleissner ({13}) . ({14}) - Ich möchte auf alle Fälle aber doch die Fraktionen bitten, darum besorgt zu sein, daß die Herren Berichterstatter im Saal sind. Es könnte sich die eine oder andere Frage ergeben, die an sie gerichtet wird. Das Hohe Haus verzichtet also auf den Bericht. Ich bitte um Wortmeldungen. - Da keine Wortmeldungen vorliegen, ist die Beratung abgeschlossen. Ich rufe auf: Einzelplan 32: Bundesschuld ({15}). Berichterstatter ist der Abgeordnete Windelen. Ich erteile ihm das Wort. - Er scheint auch nicht anwesend zu sein. Verzichtet das Hohe Haus? ({16}) - Gut! Das Hohe Haus ist heute großzügig. Wer wünscht das Wort zum Einzelplan 32? - Niemand. Die Beratung ist abgeschlossen. Einzelplan 35 wird vermutlich im Zusammenhang mit Einzelplan 14 beraten und kann deshalb jetzt nicht behandelt werden. ({17}) Ich rufe auf: Einzelplan 36: Zivile Notstandsplanung ({18}). Vizepräsident Dr. Jaeger Berichterstatter ist der Abgeordnete Kreitmeyer. Ist er jetzt im Saal? ({19}) - Das Hohe Haus verzichtet auf den Bericht. ({20}) - Herr Abgeordneter Erler, wünscht Ihre Fraktion noch das Wort? ({21}) - Ich stelle also diesen Punkt zurück. Ist das Hohe Haus einverstanden, wenn ich jetzt Einzelplan 25 aufrufe? ({22}) - Dann geschieht es so. Einzelplan 25: Geschäftsbereich des Bundesministers für Wohnungsbau ({23}). Berichterstatter ist der Abgeordnete Heiland. ({24}) - Das Hohe Haus verzichtet. Wird das Wort gewünscht? - Herr Abgeordneter Dr. Stoltenberg!

Dr. Gerhard Stoltenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002259, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In Kürze möchte ich den Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und der DP auf Umdruck 88 zum Einzelplan 25 Kap. 03 Tit. 536 begründen. Wir haben beantragt, einen vorhandenen Titel, der in der Regierungsvorlage nicht wieder vorgesehen war, als Leertitel mit einer Bindungsermächtigung in Höhe von 14 Millionen DM für das Jahr 1959 zu erneuern. Ich darf mich auf einen Antrag der sozialdemokratischen Fraktion in dieser Debatte zu demselben Punkt beziehen; er liegt mir im Augenblick infolge der Schnelle der Verhandlungen nicht vor. Dieser Antrag sieht Wiederherstellung ,des Ansatzes von 30 Millionen DM vor. Unser Antrag geht von folgendem Sachverhalt aus. Der im abgelaufenen Haushalt enthaltene Titel in Höhe von 30 Millionen DM ist nach den Unterlagen, die in den Ausschüssen mitgeteilt wurden, infolge von Schwierigkeiten bei der Finanzierung bis zum 30. Juni dieses Jahres von den Ländern nur bis zu 10 % abgerufen worden. Auf der anderen Seite ist aber die hier angesprochene Aufgabe der Barackenräumung in den Vertriebenengebieten, vor allen Dingen in den Vertriebenenländern Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Bayern, eine Aufgabe von so großer sozialpolitischer und wohnungspolitischer Dringlichkeit, daß wir nach Ansicht meiner Freunde auf eine Förderung auch im kommenden Jahr nicht verzichten können. Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme zu diesem Punkt darauf hingewiesen, daß die Abrufung erheblicher Mittel aus dem Vorjahrstitel durch die Länder bevorsteht und daß die Planungen der Länder für das laufende Haushaltsjahr ebenfalls noch von einer Erneuerung dieses Ansatzes ausgehen. Wenn wir uns verdeutlichen, daß noch 13 Jahre nach dem Zusammenbruch Zehntausende von Menschen unter dürftigen, kärglichen Verhältnissen aus oft unverschuldeter Not in Baracken und Notunterkünften leben, dann ist dies wirklich eine echte sozialpolitische Kriegsfolgenaufgabe, die nach unserer Ansicht im richtigen Maß vom Bund auch weiterhin gefördert werden soll. Wir haben diese Form gewählt, weil, wie gesagt, 30 Millionen DM, zum größten Teil aus dem abgelaufenen Ansatz, nicht abgerufen wurden, bei den Ländern und Gemeinden aber der Wunsch und das Bedürfnis besteht, schon in diesem Haushaltsjahr diese Maßnahme fortzusetzen. Wir empfehlen Ihnen also, mit dieser Begründung unseren Antrag anzunehmen.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Dewald.

Georg Dewald (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000378, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion legt Ihnen mit Umdruck 118 den Antrag vor, die im Einzelplan 25 unter Tit. 534 aufgeführten Darlehen an die Länder zur Finanzierung des Wohnungsbaus zugunsten der Evakuierten in Höhe von 20 Millionen DM auf 50 Millionen DM aufzustocken, den vorgenannten Titel also auf 50 Millionen zu erhöhen. Gestatten Sie mir dazu einige Worte der Begründung. Im Einzelplan 40, Kriegsfolgenhilfe, heißt es in der Vorbemerkung, als eine Kriegsfolgelast im Sinne des Art. 120 des Grundgesetzes trage der Bund die Kosten für die Rückführung der Evakuierten. Wie aus demselben Plan ersichtlich ist, erkennt der Bund diese Verpflichtung dadurch an, daß über den Pauschalbetrag an die Länder in Höhe von 818 000 DM bei Kap. 40 03 Tit. 310 weitere 500 000 DM als Kosten für die Rückführung der Evakuierten eingesetzt sind. Die letzte Summe ist deshalb notwendig geworden, weil infolge des Erlasses des Ersten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Bundesevakuiertengesetzes vom 3. Oktober 1957 eine Erweiterung des Personenkreises vorgenommen wurde, was erhöhte Rückführungskosten bedingt. Meine Fraktion ist aber immer der Meinung gewesen, daß damit die Verpflichtungen des Bundes nicht erfüllt sind. Mit der Zahlung von Rückführungskosten, in der Hauptsache also Umzugskosten, kann die Rückführung der Evakuierten nicht bewerkstelligt werden. Die Heimkehr der Evakuierten hängt davon ab, daß Wohnraum vorhanden ist, in den sie zurückkehren können. Ausgehend von der Erkenntnis, daß es ein unhaltbarer Zustand ist, daß 13 Jahre nach dem Krieg dieses begrenzte Problem noch nicht gelöst werden konnte, hat meine Fraktion unter dem 12. Februar 1958 an die Bundesregierung eine Kleine Anfrage gerichtet, wie hoch die Zahl der noch zurückzuführenden Evakuierten sei. Aus der Antwort der Bundesregierung geht hervor, daß bisher 432 000 Evakuierte der Aufforderung zur Registrierung gefolgt sind. Diese Zahl ist bereits durch die Ablehnung von 38 000 Anträgen verringert, während 10 000 Anträge noch nicht beschieden sind. In diesen Zahlen sind aber jene Evakuierte nicht enthalten, die auf Grund des erDeutscher Bundestag - 3. Wohlperiode Dewald wähnten Gesetzes zur Änderung des Bundesevakuiertengesetzes neu hinzukommen. Ihre Zahl wird auf 70 000 geschätzt. Allerdings rechnet die Bundesregierung damit, daß sich diese Zahl durch Verzichte und weitere Streichungen um 90 000 vermindern wird. Auf welche Tatsachen sich diese Rechnung der Bundesregierung stützt, geht aus der Beantwortung der Kleinen Anfrage nicht hervor. Ich habe aber große Zweifel, daß sie stimmen. Doch selbst wenn man die „bereinigten" Zahlen der Bundesregierung zugrunde legt, kommt man immer noch auf die hohe Zahl von 202 614 rückzuführenden Evakuierten, wovon ein Drittel auf die Rückführung von Land zu Land und zwei Drittel auf die Rückführung innerhalb der Länder entfallen. Nehmen wir die Erweiterung des Personenkreises hinzu, dessen Registrierung gegenwärtig stattfindet, so ergibt sich eine Mindestzahl von 277 000 Evakuierten, die in ihre Heimat zurückkehren wollen. 13 Jahre nach Kriegsende ist das kein Ruhmesblatt. Das zeigt, daß mehr getan werden muß, wenn die Rückführung der Evakuierten nicht durch deren Absterben gelöst werden soll. Alle Kenner des Evakuiertenproblems sind der Überzeugung, daß die Rückführung nicht erfolgen kann, solange nicht besondere Bundesmittel für den Wohnungsbau zugunsten dieser Erstvertriebenen zur Verfügung gestellt werden. Aus diesem Grunde hat meine Fraktion während der Legislaturperiode des 2. Bundestages bei den alljährlichen Beratungen des Etats des Wohnungsbauministeriums Anträge auf Bereitstellung besonderer Bundesmittel für diesen Zweck gestellt. Um die Rückführung der Evakuierten im Zeitraum von drei Jahren bewerkstelligen zu können, hat meine Fraktion bei den vorjährigen Etatberatungen den Antrag auf Bereitstellung von 100 Millionen DM gestellt. Der Antrag wurde wie auch in den vorangegangenen Jahren abgelehnt, jedoch erklärte sich die Bundesregierung, nachdem sich auch der Bundesrat in diese Angelegenheit eingeschaltet hatte, mit einer Bindungsermächtigung in Höhe von 30 Millionen DM einverstanden. Aus der Antwort der Bundesregerung auf unsere Kleine Anfrage geht allerdings hervor, daß erst nach Verabschiedung des heurigen Etats den Ländern ihre Anteile aus dieser Bindungsermächtigung zugewiesen werden sollen. Eile hat man also nicht gezeigt. Im diesjährigen Haushalt des Ministeriums für Wohnungsbau sind nun unter dem Tit. 534 zugunsten des Wohnungsbaus für Evakuierte Darlehen des Bundes an die Länder in Höhe von 20 Millionen DM vorgesehen; es sind also 10 Millionen DM weniger, als die vorjährige Bindungsermächtigung vorsah. Aus der Antwort der Bundesregierung auf unsere Kleine Anfrage geht hervor, daß sie nach ihrer sehr vorsichtigen Rechnung den Wohnungsbedarf für rückzuführende Evakuierte auf 51 000 Wohnungen beziffert. Ich frage mich und frage alle Mitglieder dieses Hohen Hauses, wie lange es dauern wird, bis mit den heutigen Mitteln diese Ehrenpflicht des Bundes, die Rückführung der Evakuierten, sich wird erfüllen lassen. Unser Antrag geht dahin, die Summe von 20 Millionen DM auf 50 Millionen DM zu erhöhen. Wir wissen, daß mit dieser in Anbetracht des Gesamtetats bescheidenen Summe das Problem der Rückführung der Evakuierten nicht gelöst werden kann; aber es wäre wenigstens eine Verstärkung. Ich bitte deshalb das Hohe Haus, unserem Antrag die Zustimmung nicht zu versagen und dadurch den sich nach ihrer Heimat verzehrenden Mitbürgern einen weiteren Hoffnungsschimmer zu gewähren. ({0})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Mick.

Josef Mick (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001504, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dem Antrag, den Ansatz von 20 Millionen DM für die Evakuiertenrückführung von Land zu Land zu erhöhen, ist entgegenzuhalten, daß der Tit. 534 neben dem Ansatz von 20 Millionen DM bereits eine Bindungsermächtigung in Höhe von 30 Millionen DM enthält. Erläuternd ist dazu zu sagen, daß auch der Haushaltsplan 1957 bereits eine Bindungsermächtigung in Höhe von 30 Millionen DM für diesen Zweck auswies. Diese 30 Millionen DM werden nach Klärung einiger Vorfragen vom 25. Juni 1958 an auf die Länder verteilt. Wenn nun im Haushalt 1958 nur 20 Millionen DM Barmittel erscheinen, so beruht diese Kürzung lediglich auf dem Kassenprinzip, dessen Anwendung in der vorliegenden Art und Weise mit den Vertretern der Länderwohnungsbauressorts abgestimmt worden ist. Wenn die Bindungsermächtigungen des Haushalts 1958 im Betrage von 30 Millionen DM noch im Rechnungsjahr 1958 zur Verteilung freigegeben werden, stehen den Ländern insgesamt 60 Millionen DM zur Bewilligung zur Verfügung, also sogar 10 Millionen DM mehr, als von der SPD beantragt worden ist. Der SPD-Antrag geht lediglich insofern weitet, als er offensichtlich eine Bardeckung im Rechnungsjahr 1958 verlangt. Nachdem aber die Länder den voraussichtlichen Abfluß aus den jetzt bereitgestellten 30 Millionen DM nur auf 20 Millionen DM geschätzt haben, dürfte eine Erhöhung des Barbedarfs um weitere 30 Millionen DM selbst bei noch so schneller Verteilung dieser Mittel als ausgeschlossen sein. Im übrigen wird eine gleichmäßige Verteilung aus den in § 9 Abs. 6 genannten Summen auf eine Zeit von drei Jahren für zweckmäßig gehalten. Wir bitten aus diesem Grunde, den Antrag der Fraktion der Sozialdemokraten abzulehnen. ({0})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Stierle.

Georg Stierle (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002250, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf Umdruck 118 beantragen wir unter Ziffer 2, daß die Mittel für die Auszahlung von Prämien nach dem Wohnungsbau-Prämiengesetz von 100 Millionen um 135 Millionen auf 235 Millio2012 nen DM erhöht werden. Die Koalition hat bisher unser Verlangen nach mehr öffentlichen Förderungsmitteln immer mit der Begründung abgewehrt, daß von Jahr zu Jahr mehr Mittel zur Verfügung gestellt worden seien. Ich erinnere Sie, verehrter Herr Kollege Czaja, an Ihre Ausführungen: 1956 waren es 2,4 Milliarden, 1957 waren 2,6 Milliarden, und 1958 sind es 2,9 Milliarden. Nun, ich glaube, darüber müssen wir uns bei passender Gelegenheit noch einmal kritisch unterhalten, was es damit auf sich hat. Tatsache ist aber - und die können Sie nicht bestreiten -, daß Eigentumsmaßnahmen bevorzugt begünstigt werden und daß der Bau von Miet- und Genossenschaftswohnungen, soweit es sich nicht um bevorzugte Wohnungsuchende handelt, in immer größere Schwierigkeiten kommt. Der Normalverbraucher, die Jungverheirateten, der Altgenosse in Genossenschaften, alle diese Wohnungsuchenden müssen warten, wenn sie nicht irgendeinen Vorrang geltend machen können. Sie lehnen den Aufschub der Degression der allgemeinen Förderungsmittel ab. Wir haben vorgeschlagen, diese Mittel nicht jährlich um 10 % zu kürzen. Statt 700 sind es jetzt nur noch 630 Millionen DM. Sie haben das abgelehnt. Sie stimmen der beantragten Erhöhung der Förderungsmittel von 700 Millionen bzw. 630 Millionen auf 1000 Millionen DM sicherlich auch nicht zu. Sie sagen: Wir kommen finanziell dabei in Schwierigkeiten; das verträgt der Haushalt nicht. Vielleicht schwingen Sie sich aber dazu auf, den Antrag zu unterstützen, statt 100 Millionen jetzt 235 Millionen für Wohnungsbauprämien in den Haushalt des Bundesministers für Wohnungsbau einzusetzen. Wenn Sie zustimmen, dann wird der größte Teil der Prämien gesondert vom Bund zur Verfügung gestellt. Jetzt gibt der Bund nur 100 Millionen und 38 Millionen für Sondermaßnahmen, also insgesamt 138 Millionen. Noch einmal genau derselbe Betrag muß zur Auszahlung der Prämien den allgemeinen Förderungsmitteln für den sozialen Wohnungsbau entnommen werden, die man den Ländern zuteilt. Wenn Sie zustimmen, helfen Sie wenigstens in bescheidenem Maße dabei mit, die zu knappen und immer knapper werdenden allgemeinen Förderungsmittel für den sozialen Wohnungsbau so weit wie möglich zu schützen. Wenn Sie diese so notwendigen Mittel jedoch wegen haushaltsrechtlicher Bedenken nicht erhöhen wollen, werden Sie vielleicht zu bewegen sein, mit dafür zu sorgen, daß die Mittel, die hier zur Verfügung stehen, nämlich diese immer knapper werdenden allgemeinen Förderungsmittel, auch wirklich für die vorgesehenen Zwecke verwendet werden, d. h. daß damit ordentliche Wohnungen mit tragbaren Lasten für diejenigen gebaut werden, die sich kein Eigentum leisten können und die man bis jetzt immer vertröstet hat: Ihr müßt warten und noch einmal warten. Sie helfen dann mit, daß keine Mittel des außerordentlichen Haushalts, die ja aus Anleihen stammen, für Wohnungsbauprämien verwendet werden, wie es jetzt tatsächlich der Fall ist. Denn alles das, was über 138 Millionen DM hinaus für die Auszahlung von Prämien notwendig ist, wird den allgemeinen Förderungsmitteln entnommen, die ja aus dem außerordentlichen Haushalt stammen, also aus Anleihen kommen. Meine verehrten Damen und Herren, haben Sie bei Ihrem Entschluß keine Angst vor dem Haushalt! Wenn bei dem in Vorbereitung befindlichen allgemeinen Sparprämiengesetz damit gerechnet wird, daß 400 Millionen DM an Prämien aufgebracht werden müssen - und das neben dem großen Steuerausfall, der sich durch die Reform ergibt -, dann muß es auch möglich sein, hier 135 Millionen DM für Prämien an Sparer für eine Wohnung zusätzlich zur Verfügung zu stellen. Wir bitten Sie deswegen, unserem Antrag zuzustimmen. ({0})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Leukert.

Edmund Leukert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001334, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu dem Antrag Umdruck 118 Ziffer 2, den der Kollege Stierle eben begründet hat, möchte ich Ihnen folgendes sagen. Die Frage, die wir hier zu besprechen haben, die Erhöhung der Mittel für die Wohnungsbauprämien, ist ja nicht neu. Wir haben diese Angelegenheit schon öfters beraten, vor allen Dingen bei der Behandlung des Zweiten Wohnungsbau- und Familienheimgesetzes, ebenso vor ganz wenigen Tagen beim Wohnungsbau-Prämiengesetz. Deshalb glaube ich, dürfen wir uns längere Erläuterungen ersparen. Ich möchte dem Kollegen Stierle aber sagen, daß die Regierungskoalition bei der Beratung des Zweiten Wohnungsbaugesetzes immerhin den damaligen Ansatz von 60 Millionen auf 100 Millionen erhöht hat und inzwischen auch noch eine Sonderzuteilung von 38 Millionen DM für die Länder genehmigt hat, die besonders hohe Wohnungsbauprämien auszuschütten haben, so daß gegenüber der Bewilligung vor zwei Jahren eine Erhöhung von 60 Millionen auf 138 Millionen DM eingetreten ist. Ferner, Herr Kollege Stierle, darf ich Ihnen sagen, daß die Wohnungsbaupolitik schließlich nicht nur eine Angelegenheit des Bundes ist; sie ist selbstverständlich auch eine Angelegenheit der Länder. ({0}) Ich darf daran erinnern, daß sich die Länder in den letzten Jahren sehr stark gerade in diese Frage eingeschaltet haben. So erfreulich auch die Leistungen bei den Ansparsummen der Bausparkassen sind, so darf doch nicht übersehen werden, Herr Kollege Stierle, daß gerade durch diese Ansparleistungen oder durch die Bausparsummen als solche natürlich auch eine Entlastung der Haushalte erfolgt, und zwar sowohl im Bund als vor allem auch in den Ländern, weil diese Mittel im wesentlichen ja als 1b-Hypotheken und als Ersatz .der Eigenleistungen gelten. Ich bitte deshalb, diesen Antrag abzulehnen. Wir glauben, daß eine sinnvolle Verteilung der Mittel zwischen Bund und Ländern gerade hier notwendig ist. ({1})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Hauffe.

Herbert Hauffe (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000829, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe die Aufgabe, den summenmäßig größten Ansatz unseres Änderungsantrags zu begründen, und zwar Ziffer 1 auf Umdruck 118, die Mittel für die Flüchtlinge aus den sowjetisch besetzten Gebieten und für die Umsiedler um 316 Millionen DM zu erhöhen. Das hat einen einfachen Grund. Sie alle kennen aus der Vergangenheit den Streit, daß die Baumittel für die Sowjetzonenflüchtlinge nicht verplant und nicht verwendet wurden. Das hatte seiner' Grund darin, daß diese Mittel einfach zu gering waren. Ich möchte an die Geschichte erinnern. Zuerst gab es je Kopf der Wohnraumzuweisungsberechtigten 1500 DM, dann 2000 DM; das machte bei einem 4-Personen-Haushalt 8000 DM. Damit ließ sich keine Wohnung finanzieren. Nun sind ja Wahljahre stets Zahljahre und bringen etwas Gutes, und im Zuge des Bundestagswahlkampfs hat der Bundeskanzler zugestanden, daß 50 % der Kosten einer derartigen Wohnung finanziert werden, so daß jetzt 50 % an öffentlichen Mitteln zur Verfügung stehen. Da es sich aber bei dem Personenkreis um Menschen mit geringem Einkommen handelt, die, wenn sie herüberkommen, kein Eigenkapital und dergleichen besitzen, kann der Rest unmöglich mit Kapitalmarktmitteln etc. finanziert werden. Wir sind der Meinung, daß dieser Streit für die Zukunft vermieden werden soll. Deshalb soll man die Mittel auch so weit erhöhen, daß die Wohnungen, unter Inanspruchnahme des Kapitalmarkts, von Arbeitgeberdarlehen, hin und wieder des Lastenausgleichs usw. durchfinanziert werden können. Bei der Beratung unseres Antrags, der schon einmal im Ausschuß behandelt wurde, ist gar kein Zweifel darüber aufgekommen, daß die Summe notwendig sei; es wurde lediglich der Standpunkt vertreten, daß die fehlenden Mittel von den Ländern als Interessenquote aufzubringen seien. Hier möchte ich jetzt mit den Zahlen operieren, die Ihnen Herr Kollege Dr. Czaja in seinem Bericht zu Drucksache 398 gegeben hat. Er spricht davon, daß für die Sowjetzonenflüchtlinge und Umsiedler insgesamt rund 2 Milliarden DM zur Verfügung stehen mit den Überhängen und mit dem, was einschließlich der Bindungsermächtigungen usw. vorhanden ist. Bei 50%iqer Finanzierung bedeutet das ein Gesamtbauvolumen von 4 Milliarden DM. Wenn jetzt 162/30/o fehlen, was ja nicht angezweifelt worden ist und was Länderquote, Interessenquote sein soll, so sind das rund 650 Millionen DM, d. h. daß allein für den Wohnungsbau für Sowjetzonenflüchtlinge und Umsiedler die Länder eine Interessenquote aufzubringen haben, die höher ist als das, was aus öffentlichen Mitteln für den gesamten Wohnungsbau auf Grund des Wohnungsbaugesetzes von 700 Millionen DM minus 70 Millionen DM Degression nach Ihrem Vorschlag noch zur Verfügung bleibt. Das bringt das Mißverhältnis zum Vorschein. Ich glaube deshalb, daß unser Antrag notwendig und berechtigt ist. Wir wollen damit erreichen, daß bei diesem Programm nicht wieder dieselben Schmerzen auftreten und nicht wieder Reste aus Mangel an Mitteln übrigbleiben, sondern daß die Voraussetzungen für eine wirkliche Durchfinanzierung der Wohnungen geschaffen werden. Der Bund sollte jetzt, nachdem er sich einmal zu zwei Dritteln des notwendigen Schritts entschieden hat, das letzte Drittel dieses Schritts auch noch tun, um für die Zukunft alle Pannen, die beim Wohnungsbau für diesen Personenkreis auftreten können, zu vermeiden. Aus der Sorge heraus, daß eventuell wieder Auseinandersetzungen und gegenseitige Beschuldigungen zwischen Bund und Ländern aufkommen - Auseinandersetzungen, die nicht gerade schön sind -, haben wir diesen Antrag gestellt, und wir bitten Sie recht herzlich um Ihre Zustimmung. ({0})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Czaja.

Dr. Herbert Czaja (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000344, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens meiner Fraktion möchte ich zu dem Antrag folgendes feststellen. Erstens. Auch wir wollen die schnellste Unterbringung der SBZ-Flüchtlinge und Aussiedler. Auch wir sind für Taten. Deshalb hat die CDU/CSU Anfang 1956 den Antrag auf Einbeziehung der Aussiedler in den Haushalt des Bundeswohnungsbauministeriums gestellt und auch die Einsetzung in Tit. 532 erreicht. Im Jahre 1957 hat sie die Große Anfrage zu dieser Angelegenheit eingebracht, die zu einer einstimmigen Entschließung des Hohen Hauses und zu tatsächlichen Ergebnissen insofern geführt hat, als die ohne Lastenausgleich sofort für die Unterbringung von SBZ-Flüchtlingen und Aussiedlern verfügbaren Bundesmittel auf rund 1100 Millionen DM angewachsen sind. Während im Jahre 1956 196 Millionen und 1957 458 Millionen verfügbar waren, sind es im Jahre 1958 1078 Millionen. Wir haben uns weiterhin - und hier muß sowohl dem Bundeswohnungsbauminister als auch dem Bundesfinanzminister und dem Bundesvertriebenenminister für ihre Bemühungen besonderer Dank ausgesprochen werden - darum bemüht, die wirklich großzügig zu nennende Kanzlerlösung vom Jahre 1957 in das Jahr 1958 mit herüberzunehmen. Auch das ist gelungen. ({0}) Dabei ist aber zu verzeichnen, daß bis zum 1. März 1958 von den früher bereitgestellten Mitteln noch 464 Millionen DM nicht abgerufen bzw. nicht in bewilligte Bauten umgesetzt waren. Wenn wir also diese 464 Millionen zu den jetzt verteilten 866 Millionen hinzuzählen, so haben wir rund 1300 Millionen für diese Zwecke verfügbar. Meine Damen und Herren, wir sind der Meinung: zuerst gilt es, diese Mittel zu verbauen, und erst nachher kann man mit Anträgen kommen, die Mittel zu erhöhen. ({1}) Das ist der erste Grund, weshalb wir der Erhöhung um 316 Millionen nicht zustimmen können. Zweitens. Ich möchte ein ganz offenes Wort dazu sprechen. Wir sind für den Bau von Wohnungen für SBZ-Flüchtlinge und Aussiedler. Wir sind aber nicht dafür, daß diese Wohnungsbauvorhaben im Finanzausgleich als Druckmittel gegen den Bund eingesetzt werden. Dagegen sind wir um so mehr, als Mittel herausgeholt werden, die keineswegs in allen Ländern in voller Höhe tatsächlich zur Unterbringung dieser Personen verwandt werden. Herr Kollege Hauffe hat gemeint, mit diesen Mitteln ließe sich die Vollfinanzierung nicht sicherstellen. Ich darf Ihnen dazu einige wenige Zahlen nennen, indem ich die Statistik über die durchschnittliche Bewilligung in einigen Ländern mit dem vergleiche, was jetzt vom Bund den Ländern für diese Wohnungen zur Verfügung gestellt wird. Dem Land Hessen werden für eine mit vier Personen belegte Wohnung jetzt vom Bund allein ohne eine Interessenquote des Landes 10 550 DM zur Verfügung gestellt. Die Durchschnittsbewilligung im Jahre 1957 betrug in Hessen 7400 DM. Sie sehen, daß hier der Bund schon 3150 DM mehr zur Verfügung gestellt hat, als überhaupt durchschnittlich im Lande bewilligt worden ist. Baden-Württemberg bekommt sogar 5045 DM mehr, als es im Durchschnitt bewilligt hat. Rheinland-Pfalz 4255 DM, Bayern 3385 DM mehr. Sie sehen, daß hier wesentlich mehr gegeben wird. Einige Länder geben also nach ihren normalen Förderungsrichtlinien, die sie auch für den SBZ-Wohnungsbau verwenden, um ein Erhebliches im Durchschnitt je Wohnungseinheit weniger, als der Bund an besonderen Finanzierungsmitteln gibt. Das führt zu der absurden Situation, wie sie aus einem Erlaß des Regierungspräsidiums Oberfranken hervorgeht, nämlich daß die Darlehen für Wohnungen zugunsten der Unterbringung von SBZ-Flüchtlingen und Aussiedlern nach den allgemeinen Wohnungsbauförderungsrichtlinien vergeben werden. Die betragen auch in diesem Jahre für Bayern im Durchschnitt 8800 DM. Der Bund aber stellt Bayern 11 385 DM zur Verfügung. Sie sehen also, daß nicht nur eine Interessenquote in Anspruch genommen wird, sondern daß das, was das Land gibt, weitgehend überrollt wird. ({2}) - Was dürfte nicht mehr stimmen? ({3}) - Der Erlaß der Regierung Oberfranken vom 7. Juni 1958, den ich zitiert habe - ich habe ihn im Original hier -, besagt das. Als unlängst im Hessischen Rundfunk Herr Antes ein Interview über die Unterbringung der SBZFlüchtlinge und Aussiedler brachte und dabei von einem der Gesprächspartner die Summe genannt wurde, die der Bund zur Verfügung stellt, kam ein Berg von Telegrammen von Bauträgern, wo eigentlich diese Mittel bleiben und warum sie den Bauträgern nicht zur Verfügung stehen. Meine Damen und Herren! Aus diesem Grunde wünschen wir, daß zuerst die Mittel verbaut und dann Anträge auf Erhöhung gestellt werden. Die Summen reichen aus, insbesondere wenn man die Ersparnisse bei Tauschwohnungen, die ersten Hypotheken, die Lastenausgleichsmittel hinzunimmt und wenn man, was recht und billig ist, verlangt, daß die Länder das Ihre tun und ein Sechstel bis ein Fünftel der Summen, die der Bund zur Verfügung stellt, hinzugeben. Das können sie, und das sollen sie auch. Mit Recht betont Frau Gerstenmaier, die sich in besonders dankenswerter Weise die Vertretung dieser Angelegenheit in der Öffentlichkeit angelegen sein läßt, daß es den Ländern gar nicht schwerfallen könne, da viele Flüchtlinge und Aussiedler die Steuer- und Produktionskraft der Länder erheblich steigern. Meine Damen und Herren! Aus den genannten Gründen halten wir eine Erhöhung dieses Ansatzes nicht für möglich. Wir sind der Meinung: er genügt. Uns geht es darum, daß die Mittel, die angestaut worden sind, möglichst schnell verbaut werden. Namhafte Vertreter der Länder, z. B. der zuständige Staatssekretär von Rheinland-Pfalz, haben erklärt, daß das genüge und daß das eine großzügige Regelung sei. ({4})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Das Wort hat der Abgeordnete Brecht.

Dr. Julius Brecht (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000255, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Kollegen haben die Anträge Umdruck 118 Ziffern 1, 2 und 4 bereits begründet. Mir verbleibt die Aufgabe, die Anträge Ziffern 3, 5 und 6 zu begründen. Ich werde versuchen, das in möglichster Kürze zu machen. Ich möchte aber zunächst zu den Ausführungen von Herrn Dr. Czaja sagen, daß es für einen Vergleich zwischen den Förderungsbeträgen in den Ländern natürlich auch darauf ankommt, was mit diesen Förderungsbeträgen erreicht werden soll, ob also die Miete von 1,20 DM oder die Kostenmiete von 1,60, 1,65 DM erreicht werden soll. Wir brauchen im SBZ-Wohnungsbauprogramm die erhöhten Förderungsbeträge. Darüber sind wir sicher alle einig. Wenn die Länder der Meinung sind und davon ausgehen, daß man im SBZ-Programm zu einer Miete von 1,20 DM je qm kommen muß, was den Einkommensverhältnissen der Leute vielfach - nicht immer - angemessen ist, dann erklärt das die Unterschiede zwischen den Förderungsbeträgen im sonstigen Wohnungsbau und im SBZ-Wohnungsbau. Aber lassen Sie mich zu dem Antrag Umdruck 118 Ziffer 3 etwas sagen. Es ist unser altes Anliegen, daß die Degression, die im Zweiten Wohnungsbaugesetz verkündet wurde, nicht aufgehoben, aber bis 1962 hinausgeschoben wird. Als diese Degression mit dem Zweiten Bundeswohnungsbaugesetz vom Hohen Hause beschlossen wurde, lagen Ihnen und uns die Ergebnisse der Bundeswohnungszählung noch nicht vor. Sie kamen erst später heraus. Damit wurde erst geklärt - hier stimme ich mit dem Herrn Bundeswohnungsbauminister völlig überein -, daß wir von einem höheren Bedarf an Wohnungen auszugehen haben, als seinerzeit angenommen wurde: nämlich zwei Millionen Wohnungen mit einem Zuwachsbedarf von einer weiteren Million Wohnungen, der sich in den nächsten fünf Jahren aus der Mehrgründung von Haushaltungen - gegenüber 'den Haushaltsabgängen - ergibt. Wenn Sie das auf sich einwirken lassen und berücksichtigen, daß Sie damals die Ergebnisse der Wohnungszählung noch nicht kannten, noch nicht kennen konnten und heute mit diesen sehr realen Grundlagen rechnen müssen, werden Sie unserem Antrag zustimmen müssen. Berücksichtigen Sie bitte dabei noch folgendes: Unzweifelhaft nehmen, wie ein Blick in den neuen Bundeshaushalt zeigt, die Mittel für die Sonderprogramme zu. Aber die Mittel für den normalen sozialen Wohnungsbau, also für die Altflüchtlinge und für die einheimische Bevölkerung, nehmen ab. Das ist ein Zustand, mit dem sich der reine Techniker der Wohnungsförderung vielleicht abfinden kann. Gesamtpolitisch liegt aber darin ein Problem, das man nicht ohne weiteres hinnehmen sollte. Diese Zunahme der Sonderprogrammittel für bestimmte Bevölkerungsschichten und die Abnahme für den Normalverbraucher, für die Altflüchtlinge usw. muß hervorgehoben werden. Bedenken Sie ferner folgendes. Von dem Betrag von 630 Millionen DM, der verbleibt - das haben wir schon oft dargelegt -, gehen zunächst einmal die 130 Millionen DM ab, wenn Sie dem Antrag nicht entsprechen, den mein Kollege Stierle gestellt hat, so daß nur 500 Millionen DM bleiben. Wenn Sie dann dem Antrag, den mein Kollege Hauffe gestellt hat, nicht zustimmen, müssen von den 500 Millionen DM in den Ländern auch noch gewisse Beträge abgezogen werden, um die Programme für die SBZ-Zuwanderer in den Ländern aufzustocken. Bedenken Sie außerdem noch, daß diese 70 Millionen DM ein Beginn sind. Im nächsten Jahr wären es 140 Millionen und im dritten Jahr 210 Millionen weniger. Das wird eines Tages auch auf die Eigenheimförderung zurückschlagen, weil dann diese Mittel tatsächlich nicht mehr da sind. Ich bin der Meinung, man könnte durchaus eine Übereinkunft hinsichtlich dieser 70 Millionen DM erzielen, etwa auf der Basis, daß sie für eine besondere Förderung bereitgestellt werden. Vielleicht könnten wir zusammen mit dem Herrn Wohnungsbauminister und dem Herrn Familienminister sagen: wir verwenden diese 70 Millionen, um das große Wohnungsproblem der jungen Ehen, der jungen Haushalte zu lösen - oder damit wenigstens zu beginnen -, die bisher überhaupt noch nicht bedacht worden sind. Natürlich wird eingewendet: „Das ist gar nicht notwendig, denn die Kapitalmarktmittel können das alles ersetzen." Zweifellos können sie das. Auch wir Sozialdemokraten haben nie auf dem Standpunkt gestanden, .daß alles mit Kapitalsubventionen gemacht werden müßte. Auch wir vertreten durchaus die Zins- oder Aufwendungssubvention. Sie werden zugeben, daß die sozialdemokratisch regierten Länder - wie Bremen und Hamburg; und jetzt gehen die Überlegungen in anderen Ländern in gleicher Richtung - alles tun, um die Zins- und Aufwendungsubvention zu stärken. Abergerade wenn Sie von der Kapitalsubvention auf die Aufwendungssubvention übergehen, werden wir doch sicherlich gemeinsam 'das Anliegen haben, die Förderungsmittel zu steigern und damit mehr Wohnungen produzieren zu können, um in diesen nächsten Jahren durch eine gewaltige Anstrengung die letzten Reste der Wohnungsnot aus dem Kriege und aus der Aufrüstungszeit zu beseitigen. Bedenken Sie: 70 Millionen DM bedeuten bei einem Förderungsbeitrag von 12 000 DM eine Förderung von insgesamt 5800 Wohnungen, wenn Sie es auf die Kapitalsubvention beziehen. Wenn Sie die ganzen 70 Millionen nähmen - damit wären wir einverstanden - und den Ländern sagten: „Das geben wir aber nur, wenn damit Zinssubventionen durchgeführt werden", dann könnten 83 000 Wohnungen damit gefördert werden. Das sind doch Zahlen, die uns angesichts des Bedarfs von noch 3 Millionen Wohnungen wirklich alle ermuntern sollten, in diesen letzten Jahren noch etwas Gemeinsames zu tun. Wir bitten Sie deshalb, unseren Antrag, die Degression zeitlich hinauszuschieben, zu akzeptieren und in den Haushalt die 70 Millionen DM einzusetzen. Wir haben dann in Ziffer 5 noch beantragt, die Position 535, Darlehen für den mit öffentlichen Mitteln geförderten Wohnungsbau zugunsten der Umsiedler von Land zu Land, um 60 Millionen DM auf 90 Millionen DM zu erhöhen. Dabei berufen wir uns nur auf die amtliche Erläuterung zum Bundeshaushalt, in der zugegeben wird, daß an sich nach der Umsiedlungsverordnung noch ein Betrag von 95 Millionen DM erforderlich ist und daß nur aus Kassengründen 35 Millionen DM eingesetzt werden. Mit unserem Antrag, weitere 60 Millionen DM einzusetzen, wollen wir also praktisch nur die Umsiedlungsverordnung vol] verwirklichen. Der Einwand, daß der Kassenbedarf nur 35 Millionen DM ausmache, kann angesichts der Lage des Kapitalmarktes in diesem Jahre nicht durchschlagen. Im letzten Jahre mögen die Mittel so knapp abgeflossen sein; in diesem Jahre hätten wir sicherlich die Möglichkeit der zusätzlichen Finanzierung aus Kapitalmarktmitteln. Man sollte deshalb eine solche Möglichkeit benutzen. Wir haben schließlich beantragt - und hier stimmen wir erfreulicherweise wenigstens im Grundsatz mit unseren Kollegen von der CDU überein -, die Position 536, Darlehen an die Länder für den Wohnungsbau zugunsten der Bewohner von Wohnbaracken und Wohnlagern, wieder einzusetzen. Wir schlagen vor, 30 Millionen DM einzusetzen; Sie schlagen wenigstens 14 Millionen DM Bindungsermächtigung vor. Nachdem wir in der Sache der gleichen Auffassung sind, daß zur Beseitigung der Wohnbaracken und Wohnlager etwas geschehen müßte, hoffe ich, daß wir uns in dieser Beziehung vielleicht darin zusammenfinden könnten, 30 Millionen DM einzusetzen. Dabei braucht der Herr Bundesfinanzminister keine Sorge um die Auswirkung auf den Haushalt zu haben. Es braucht gar nicht so billig gemacht und etwa gesagt zu werden: Spart es beim Verteidigungshaushalt ein! Nein, der Bundesfinanzminister braucht bei den erheblichen Anträgen, die wir zum Wohnungsbau stellen, nur genau das zu machen, was er bereits für das nächste Jahr angekündigt hat: er braucht die 304 Millionen DM für die SBZ-Zuwanderer-Wohnungen nur aus dem ordentlichen Etat herauszunehmen, in den außerordentlichen Etat einzusetzen und dann im außerordentlichen Etat den entsprechenden Mehrbetrag aus Anleihemitteln zu decken. Das hat er als die nächstjährige Aktion vorgesehen. Was nächstes Jahr möglich sein soll, müßte auch schon in diesem Jahre gehen. Wir bitten deshalb, gerade auch mit einer solchen Umschichtung des Haushalts für die Deckung unseren Anträgen zuzustimmen. ({0})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Meine Damen und Herren! Es ist bereits 18 Uhr. Gemäß den Vereinbarungen wird die Beratung des Haushalts unterbrochen und morgen fortgesetzt. Wir kommen jetzt zur Fragestunde ({0}). Ich rufe auf Frage 1 - Abgeordneter Memmel - betreffend Versorgung der ostvertriebenen ehemaligen Kirchenbediensteten: Warum wurde der in Artikel 131 GG gegebene Auftrag betreffend die Regelung der Versorgung der ostvertriebenen ehemaligen Kirchenbediensteten bisher nicht durchgeführt? Ist beabsichtigt, diese Frage nochmals zu prüfen, ehe das Zusatzabkommen zum Verwaltungsabkommen vom 16. April 1951 mit den Kirchen abgeschlossen wird? Zur Beantwortung hat das Wort der Herr Staatssekretär im Bundesministerium des Innern.

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Antwort lautet wie folgt. Das zur Durchführung des Art. 131 des Grundgesetzes vom Bundestag erlassene Gesetz erstreckt sich nicht auf die Geistlichen und sonstigen Angehörigen des kirchlichen Dienstes. Der Gesetzgeber war der Ansicht, daß die Regelung der Versorgung der verdrängten Geistlichen und anderen Kirchenbediensteten sowie deren Hinterbliebenen angesichts der Autonomie der Kirchen nicht unter Art. 131 des Grundgesetzes fällt. Diese Auffassung ist durch die Rechtsprechung bestätigt worden. Eine erneute Überprüfung der vom Gesetzgeber in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung entschiedenen Frage ist seitens der Bundesregierung nicht beabsichtigt.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Hierzu eine Zusatzfrage? - Das ist nicht der Fall. Ich rufe auf Frage 2 - Abgeordneter Ritzel - betreffend Überfliegen der Stadt Bonn durch Düsenflugzeuge: Billigt die Bundesregierung die mit dem fortgesetzten Überfliegen der Stadt Bonn durch Düsenflugzeuge des Militärs unvermeidliche Ruhestörung? Ist die Bundesregierung bereit, dafür zu sorgen, daß diese grobe Rücksichtslosigkeit gegenüber der Bevölkerung und besonders gegenüber kranken Menschen sofort eingestellt und nicht wieder verübt wird? Das Wort hat der Herr Bundesminister für Verteidigung.

Dr. h. c. Franz Josef Strauß (Minister:in)

Politiker ID: 11002270

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich beantworte die Frage des Kollegen Ritzel folgendermaßen. Es ist zu vermuten, daß diese Anfrage sowie auch zahlreiche in der Presse veröffentlichte Beschwerden seitens der Bevölkerung über Störungen und Belästigungen durch Tiefflüge von Düsenflugzeugen ausgelöst wurden, die anläßlich der NATOÜbung „Full Play" in der Zeit vom 3. bis 6. Juni stattfanden. Bei größer angelegten NATO-Übungen, die im Bereich von ganz Westeuropa stattfanden, ließen und lassen sich Tiefflüge nicht immer vermeiden, weil sonst der Übungszweck nicht erreicht und die Verwendungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt wird. Vermeidbare Ruhestörungen der Bevölkerung durch Tieffliegen militärischer Düsenflugzeuge werden keinesfalls gebilligt. Seit geraumer Zeit sind deshalb folgende Maßnahmen getroffen worden: 1. Im „Ständigen Ausschuß zur Koordinierung der Luftfahrt", dem neben Vertretern des Bundesministeriums für Verkehr und des Bundesministeriums für Verteidigung auch solche der in Deutschland stationierten Verbündeten angehören, wurden bereits im Laufe des Jahres 1956 Maßnahmen vereinbart, um Lärmbelästigung durch tieffliegende Düsenflugzeuge zu vermeiden. Für den Überflug von Bonn wurde dabei eine Mindesthöhe von 3000 Fuß über Grund festgelegt. 2. Die Bundeswehr hat sich der im „Ständigen Ausschuß" erzielten Regelung angeschlossen und die Einhaltung dieser Verfahren für ihre fliegenden Verbände befohlen. Verstöße werden in jedem Falle untersucht und im Schuldfalle geahndet. 3. Im „Ständigen Ausschuß" sind zur Zeit Untersuchungen im Gange, ob die Mindestflughöhe für Düsenflugzeuge noch weiter hinaufgesetzt werden kann oder muß. 4. Darüber hinaus ist vom Führungsstab Luftwaffe ein Befehl in Vorbereitung, der alle bisher ergangenen Einzelweisungen zusammenfaßt und eine monatliche Belehrung des fliegenden Personals, die aktenkundig zu machen ist, vorschreibt. Bundesverteidigungsminister Strauß 5. Der Bundesminister für Verteidigung hat dem Kommandeur des ersten bisher in Dienst gestellten Geschwaders von Jagdbombern persönlich die Bitte und die Belehrung ausgesprochen, dafür zu sorgen, daß die Piloten in diesem Sinne unterrichtet werden und daß Zuwiderhandlungen in jedem Falle aufzudecken und als Disziplinar- oder als Straftatbestand zu behandeln sind.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Ritzel.

Heinrich Georg Ritzel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001860, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, ich hätte keine Veranlassung zu einer Zusatzfrage, wenn die an sich ganz akzeptablen Bestimmungen beachtet worden wären. Aber die Anfrage, die ich am 6. Juni an Sie richten mußte, und die Tatsachen zeigen, daß diese Bestimmungen nicht beachtet worden sind. Wenn nun von Manövern der NATO die Rede ist, möchte ich fragen: Sind für diese Manöver diese Bestimmungen den Beteiligten nicht anempfohlen worden?, und weiter fragen: Waren die Manöver etwa gestern auch noch, als etwa um 14 Uhr wiederum Tiefflieger, wenn auch nicht in dem Tempo, über Bonn kreuzten? Und eine weitere Frage: Glaubt man, daß die Kranken, die in der Stadt liegen - von den Gesunden in dem Zusammenhang nicht zu reden -, und diejenigen, die auf dem Venusberg liegen, wirklich in dieser Weise mißhandelt werden dürfen, wie es sich das Militär hier erlaubt?

Dr. h. c. Franz Josef Strauß (Minister:in)

Politiker ID: 11002270

Ich habe von vermeidbaren Ruhestörungen gesprochen und habe die Maßnahmen gegenüber den fliegenden Verbänden erwähnt, die unmittelbar der Befehls- und Kommandogewalt des Bundesministeriums für Verteidigung unterstehen. Ich kann aus Ihren Äußerungen nicht entnehmen, ob es sich in den beiden letztgenannten Fällen um Flugzeuge der Luftwaffe des Bundes oder um Flugzeuge der Verbündeten handelt. Wenn eine Beschwerde darüber eingeht mit den Einzelheiten, daß der Fall nachprüfbar wird, wird regelmäßig Beschwerde bei den Alliierten erhoben. Man darf auch aus den heute noch erfolgenden Zuwiderhandlungen nicht den Regelfall schließen, sondern das sind die Ausnahmefälle, während im Regelfall vermeidbare Belästigungen beseitigt worden sind. Ritzel: ({0}) : Danke sehr!

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Ich rufe auf Frage 3 - Abgeordneter Schmitt ({0}) - betreffend Versorgung der Angestellten der ehemaligen Organisationen der gewerblichen Wirtschaft: Ist der Bundesregierung bekannt, daß eine Reihe von Angestellten der ehemaligen Organisationen der gewerblichen Wirtschaft keine oder sehr stark herabgesetzte Versorgungsbezüge erhalten, weil einige Verbände sich nicht als Nachfolgeorganisation der Fachgruppen ansehen? Was hat die Bundesregierung getan bzw. was gedenkt sie zu tun, um diesem Personenkreis zu helfen? Zur Beantwortung hat das Wort der Herr Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung.

Theodor Blank (Minister:in)

Politiker ID: 11000195

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Organisationen der gewerblichen Wirtschaft, die auf Grund des Gesetzes zur Vorbereitung des organischen Aufbaus der deutschen Wirtschaft vom 27. Februar 1934 und später dazu ergangener Bestimmungen gebildet worden sind, waren Körperschaften des privaten Rechts. Die Versorgungsansprüche ihrer ehemaligen Angestellten werden daher im allgemeinen durch das Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Art. 131 des Grundgesetzes fallenden Personen nicht geordnet, Soweit kein greifbares Vermögen vorhanden ist, sind die wenigen Angestellten, die mit Rücksicht auf die Länge ihrer Dienstzeit Versorgungsansprüche erworben haben können, darauf angewiesen, sich wegen der Befriedigung ihrer Ansprüche an die Rechts- oder Funktionsnachfolger der ehemaligen Organisationen zu halten. Unter welchen Voraussetzungen der Fall der Rechts- oder der Funktionsnachfolge eintritt, steht nach geltendem Recht grundsätzlich fest. Die Entscheidung der häufig streitigen Frage, ob diese Voraussetzungen im Einzelfall erfüllt sind und deshalb bestimmte Organisationen in Anspruch genommen werden können, ist Aufgabe der Gerichte. Die Exekutive kann sich damit, ohne in den Zuständigkeitsbereich der Rechtsprechung einzugreifen, nicht befassen. Die Schaffung neuer Rechtsgrundlagen für die Verfolgung der Versorgungsansprüche würde praktisch nur durch eine Erweiterung des Geltungsbereichs des Regelungsgesetzes zu Art. 131 des Grundgesetzes möglich sein. Da dieses Gesetz aber nur die Rechtsverhältnisse der früher im öffentlichen Dienst beschäftigt gewesenen Personen regelt, würde eine Einbeziehung von Angestellten privater Körperschaften zahllose Berufungen nach sich ziehen. Diese Möglichkeit kann deshalb nicht in Betracht gezogen werden,

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Eine Zusatzfrage!

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002033, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Wenn ich richtig unterrichtet bin, ist in Berlin ein Landesgesetz zur Regelung der vermögensrechtlichen Verhältnisse dieser privaten Körperschaften ergangen. Wäre es nicht möglich, auch im Bundesgebiet eine ähnliche Regelung herbeizuführen, um so zu einer Befriedigung der Rechtsansprüche dieses Personenkreises zu kommen? Die Angehörigen dieses Personenkreises sind schon allein wegen ihrer finanziellen Notlage nicht imstande, Prozesse zu führen, die sich über mehrere Instanzen hinziehen.

Theodor Blank (Minister:in)

Politiker ID: 11000195

Herr Kollege, es ist mir nicht bekannt, daß es in Berlin eine solche Regelung gibt. Ich darf das nachprüfen und mich dann mit Ihnen in Verbindung setzen, um zu versuchen, auf Ihre zweite Frage eine Antwort zu finden.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Ich rufe auf Frage 4 - Abgeordneter Schmitt ({0}) - betreffend Gültigkeit der Schülerzeitkarten an Sonntagen: Welches Ergebnis hat die Bitte der Bundesregierung an die Bundesbahn gehabt, die Gültigkeit der Schülerzeitkarten auch an Sonntagen wiederherzustellen? Vizepräsident Dr. Jaeger Das Wort zur Beantwortung hat der Herr Staatssekretär des Bundesverkehrsministeriums.

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich beantworte die Frage 4, die der Herr Abgeordneter Schmitt ({0}) gestellt hat, wie folgt. Nach einem ergebnislosen Schriftwechsel hat mein Herr Minister der Deutschen Bundesbahn unter dem 2. April 1958 die Auflage erteilt, die Benutzung der Schülerzeitkarten an den Sonn- und Feiertagen wieder zu gestatten. Gegen diese Auflage hat der Vorstand ,der Deutschen Bundesbahn am 20. Mai 1958 gemäß § 28 .des Bundesbahngesetzes Einspruch eingelegt. Er hat beantragt, eine Entscheidung der Bundesregierung herbeizuführen. Er hat den Einspruch damit begründet, daß ,dem Antrag der Deutschen Bundesbahn, ihr anläßlich der allgemeinen Tarifanhebung zum 1. Februar 1958 eine angemessene Erhöhung auch der Schülertarife zuzugestehen, nicht entsprochen worden sei. Der Schülerverkehr, schon bisher eine Quelle stetiger Verluste, trage entscheidend zum Defizit des Personenverkehrs bei. Unter diesen Umständen könne es der Bundesbahn nicht zugemutet werden, die kostenfreie Benutzung der Schülerzeitkarten an Sonntagen zu gestatten, zumal da an Sonntagen bekanntermaßen kein Schulunterricht stattfinde. Mein Herr Minister hat den Vorstand der Deutschen Bundesbahn gebeten, seine Haltung in dieser Angelegenheit noch einmal zu überprüfen. Der Vorstand wird bei seiner neuerlichen Stellungnahme auch den Beschluß Ihres Ausschusses für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen vom 19. März 1958 zum Thema Schülertarife zu berücksichtigen haben und voraussichtlich sein Einverständnis mit einer entsprechenden Tarifänderung erklären. Dadurch würde den Inhabern von Schülerzeitkarten an den Sonn- und Feiertagen die Benutzung von Schülerfahrkarten für Einzelfahrten gestattet werden. Diese Karten werden zum halben Preis der Normalfahrkarten ausgegeben und gelten in allen Relationen, während Sonntagskarten nur für bestimmte Verkehrsbeziehungen eingeführt und nur um 25 % ermäßigt sind. Mein Haus hält diese Lösung für diskutabel, möchte aber erst dann endgültig Stellung nehmen, wenn uns die abschließende Antwort der Deutschen Bundesbahn vorliegt.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002033, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Danke! Keine Zusatzfrage.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Frage 5 - Abgeordneter Rademacher - betreffend Liberalisierung auf dem Gebiet der See-Kaskoversicherung: Ist der Herr Bundeswirtschaftsminister bereit, die im Zuge der Außenhandelspolitik betriebene Liberalisierung auch auf das Gebiet der See-Kaskoversicherung auszudehnen, d. h. den Runderlaß Außenwirtschaft Nr. 26/55 - betreffend III 1, 2: Devisenrechtliche Bestimmungen über den privaten Versicherungsverkehr mit dem Saargebiet und dem Ausland - vom 7. Juni 1955 aufzuheben, um deutschen Reedern die Möglichkeit zu gehen, ihre Schiffe zu den günstigsten Bedingungen - gegebenenfalls auch auf ausländischen Versicherungsmärkten - zu versichern? Hierzu hat das Wort der Herr Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft.

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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Bundesregierung bejaht auch für die See-Kaskoversicherung den Grundsatz der Liberalisierung. Die Bemühungen, im Rahmen des Europäischen Wirtschaftsrates zu einer vollen Liberalisierung dieses Versicherungszweiges zu kommen, haben aber bisher zu keinem Erfolg geführt. Dies liegt daran, daß innerhalb der OEEC und innerhalb der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft gerade auf diesem Gebiet bedeutende Mitgliedstaaten, z. B. Frankreich und Italien, besondere Ordnungssysteme haben, die es im praktischen Ergebnis den Versicherungsnehmern dieser Länder unmöglich machen, das See-Kaskorisiko im Ausland, z. B. in der Bundesrepublik, zu versichern. Diese Länder sind im jetzigen Zeitpunkt nicht bereit, ihren protektionistischen Standpunkt aufzugeben, obwohl eine allgemeine Liberalisierung nach unserer Meinung auch für sie von Nutzen sein dürfte. Eine von der Bundesrepublik durchgeführte Liberalisierung würde somit im wesentlichen eine einseitige Maßnahme bleiben, die sich auf den besonders risikovollen und empfindlichen See-Kaskomarkt in einem volkswirtschaftlich nicht zu verantwortenden Maße einseitig gegen die deutsche Versicherungswirtschaft auswirken würde. Die Bundesregierung wird aber ihre Bemühungen in den internationalen Gemeinschaften nachdrücklich fortsetzen, möglichst bald zu einem allgemeinen Abbau der einer vollen Liberalisierung noch entgegenstehenden Beschränkungen zu kommen, um damit die Voraussetzungen für einen freizügigen europäischen Versicherungsmarkt zu schaffen.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Keine Zusatzfrage. Frage 6 - Abgeordneter Mick - betreffend bundeseigene Wohnungsbaugesellschaften: In welchem Umfange bestehen bundeseigene Wohnungsbaugesellschaften, und nach welchen Maßstäben werden die Aufsichtsräte dieser Unternehmen gebildet? Bauen diese Gesellschaften auch auf vom Bund erworbenem Gelände? Wird von diesen Gesellschaften vom Bund erworbenes Gelände an Dritte weiterveräußert und zu welchen Bedingungen? In welchem Verhältnis steht bei diesen Gesellschaften der Bau von Mietwohnungen zum Eigenheim? Zur Beantwortung hat das Wort der Herr Bundesminister für wirtschaftlichen Besitz des Bundes.

Dr. Hermann Lindrath (Minister:in)

Politiker ID: 11001346

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Frage des Herrn Abgeordneten Mick beantworte ich im Einvernehmen mit dem Herrn Bundesminister für Wohnungsbau wie folgt. Im unmittelbaren Bundesbesitz befinden sich nur die Gemeinnützige Deutsche Wohnungsbaugesellschaft mbH, Berlin-Dahlem, kurz Deutschbau genannt, mit einem Wohnungsbestand von rund 7000 Wohnungen sowie die Wohn stättengesellschaft mbH, Berlin, mit einem Wohnungsbestand von rund 1050 Wohnungen. Bei der Wohnstättengesellschaft mbH handelt es sich um eine alte Reichsbeteiligung, bei der das Stammkapital seit Kriegsende nicht mehr erhöht worden ist. An weiteren zwei Wohnungsgesellschaften ist der Bund überwiegend beteiligt, und zwar an der Frankfurter Siedlungsgesellschaft mit 60 % des Stammkapitals und an der Gemeinnützigen Wohnungsbau-AG Groß-Berlin, kurz Gewobag genannt, mit 53 % des Stammkapitals. Der Anteil des Bundes am Stammkapital der letzten Gesellschaft beruht auf einer alten Reichsbeteiligung. Einheitliche Grundsätze für die Zusammensetzung der Aufsichtsräte bestehen nicht. Die Aufsichtsräte sind aus Vertretern der Bundesressorts und Persönlichkeiten der Wirtschaft zusammengesetzt. Hinzu kommen Landes- und Kommunalvertreter, soweit Länder und Gemeinden an den Gesellschaften beteiligt sind. Soweit festgestellt werden konnte, haben die Gesellschaften bei dem Erwerb von Baugelände auch Grundstücke des Bundes zur Durchführung ihrer Bauvorhaben erworben. Da das Gelände ausschließlich für die Errichtung von Wohnungen für Angehörige des Bundes und der Bundeswehr verwendet wird, scheidet eine Weiterveräußerung der unbebauten Grundstücke aus. Die bundeseigenen Wohnungsbaugesellschaften haben nach ihren Satzungen Wohnungen für Angehörige des öffentlichen Dienstes zu erstellen. Hierbei handelt es sich in der Regel um Mietwohnungen, um einen festen Wohnungsbestand für die Unterbringung der Verwaltungsangehörigen zu schaffen. Soweit Angehörige des öffentlichen Dienstes für sich Familienheime bauen wollen, bedienen Sie sich im allgemeinen selbstgewählter Betreuer bzw. Architekten. So ist es erklärlich, daß bei der „Deutschbau" und der Frankfurter Siedlungsgesellschaft im Jahre 1956 von den erstellten Wohnungen nur etwa 6 % als Eigenheime in der Form von Kaufeigenheimen errichtet worden sind. Von seiten der Bundesregierung wird dafür Sorge getragen, daß auch die bundeseigenen Wohnungsunternehmen bei Durchführung ihrer Aufgaben der auf verstärkte Eigentumsbildung ausgerichteten Bundeswohnungsbaupolitik mehr als bisher gerecht werden. Im Besitz der bundeseigenen Unternehmen befinden sich - mit nennenswertem Wohnungsbestand - sechs Wohnungsbaugesellschaften, unter denen an Größe und Bedeutung die Wohnungs-AG Salzgitter, die Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft Scholven-mbH und die Kieler Werkswohnungen GmbH hervorragen. Der Mietwohnungsbestand dieser sechs Gesellschaften beträgt rund 32 000. Entsprechend der besonderen Aufgabenstellung dieser Wohnungsbaugesellschaften innerhalb dieser Unternehmen sind die Aufsichtsräte mit Vertretern der Unternehmen, Persönlichkeiten aus der Wirtschaft und im übrigen nach den Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes besetzt. Diese Gesellschaften bauen nicht auf vom Bund erworbenem Gelände. Sie sind in zunehmendem Maße bemüht, Eigenheime für die Angehörigen der Werke zu erstellen. Das Verhältnis von Mietwohnungsbau und Eigenheim ist sehr unterschiedlich. Genaues Zahlenmaterial liegt hierüber zur Zeit leider noch nicht vor und konnte wegen der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit noch nicht beschafft werden. Es ist jedoch bekannt, daß beispielsweise bei der Vestisch-Märkischen Wohnungsbaugesellschaft, einer Wohnungsbaugesellschaft des Salzgitter-Konzerns, Ende 1956 einem Mietwohnungsbestand von 1556 Wohnungen ein Bestand an Wohnungen in Kleinsiedlungen und Familienheimen von 2276 gegenüberstand.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Keine Zusatzfrage. Frage 7 Abgeordneter Matthes-betreffend Übertragung von Gerichtsverhandlungen durch Fernsehen und Rundfunk: Was gedenkt der Herr Bundesjustizminister zu tun, um bei den Gerichtsverhandlungen Übertragungen durch Fernsehen und Rundfunk zu verhindern; wäre er insbesondere bereit, Verhandlungen Tiber die Nichtübertragungen von Gerichtsverhandlungen mit den Landesjustizministern und Justizsenatoren zu führen? Ist der Herr Bundesjustizminister bereit, gegebenenfalls einen Gesetzentwurf über eine entsprechende Änderung der Prozeßordnung dem Bundestag vorzulegen? Das Wort hat der Herr Bundesminister der Justiz.

Fritz Schäffer (Minister:in)

Politiker ID: 11001935

Der Bundesgerichtshof hat im Jahre 1957 in einer grundsätzlichen Entscheidung ausgesprochen, daß die Tonbandaufnahme unzulässig und vom Vorsitzenden des Gerichts zu untersagen ist, wenn ein am Verfahren Beteiligter dies fordert. Das Bundesgericht stützt diese Entscheidung unmittelbar auf das Grundgesetz, und zwar auf den Schutz der Menschenwürde und des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Im übrigen liegt nach der in Wissenschaft und Rechtsprechung herrschenden Meinung die Zulassung von Bild- und Tonaufnahmen im Gerichtssaal beim Vorsitzenden des Gerichts, der diese Entscheidung als unabhängiger Richter, ohne an Weisungen der Justizverwaltung gebunden zu sein, nach den Umständen ,des einzelnen Falles und unter Abwägung aller Interessen trifft. Das Bundesjustizministerium teilt diese Auffassung; es hält daher auch ,die Vorlage eines Gesetzentwurfs für nicht nötig.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Keine Zusatzfrage. Frage 8 Abgeordneter Baier ({0}) - betreffend Ersatz von Eisenbahnschranken durch Blinklichtanlagen: 1st der Herr Bundesverkehrsminister bereit, dafür zu sorgen, daß seitens der Deutschen Bundesbahn beim Ersatz von Eisenbahnschranken durch Blinklichtanlagen jeweils in Zusammenarbeit mit den örtlichen Stellen die Zweckmäßigkeit im Hinblick auf die Verkehrssicherheit geprüft wird? was hat der Herr Bundesverkehrsminister seinerzeit veranlaßt, als die Stadtverwaltung Eberbach in einem Aufruf an den Herrn Bundesverkehrsminister vor dem Ersatz der Bahnschranken durch eine Blinklichtanlage am Bahnübergang Eberbach-Nord, wo nunmehr fünf Menschen den Tod fanden, warnte? Ist der Herr Bundesverkehrsminister bereit, dafür einzutreten, daß hei Blinklichtanlagen, die bei intensiver Sonnenbestrahlung oft nur schwer zu erkennen sind, stärkere Beleuchtungskörper eingebaut werden? Hält es der Herr Bundesverkehrsminister für zweckmäßig, unübersichtliche, unbeschrankte Bahnübergänge zu Stopp-Stellen zu erklären, um ähnliche Vorkommnisse wie hei Eberbach in Zukunft zu verhindern? Das Wort hat der Herr Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr.

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich beantworte die Anfrage des Herrn Abgeodneten Baier ({0}) wie folgt. Beim Ersatz von Eisenbahnschranken durch Blinklichtanlagen wirkt in jedem Falle die höhere Verwaltungsbehörde des Landes mit, die zunächst alle sachlich betroffenen Stellen anhört. Wird in diesem sogenannten Planfeststellungsverfahren keine Einigung erzielt, so entscheidet der Bundesminister für Verkehr endgültig. Danach ist auch im Falle Eberbach verfahren worden, d. h. es war eine Entscheidung ,des Bundesministers für Verkehr nicht erforderlich, da im Planfeststellungsverfahren eine Übereinstimmung der Auffassungen erzielt werden konnte. Die Bundesbahn hat daraufhin mit der Änderung der Anlagen im Sommer 1954 begonnen, nachdem zuvor die Landespolizeibehörde alle Beteiligten gehört hatte. Die Blinklichtanlage war bereits fertig und in Betrieb, als der Bürgermeister der Stadt Eberbach mit Schreiben vom 9. November 1954 Bedenken äußerte. Die Eingabe wurde der Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn zugeleitet, die auf Grund der Prüfung antwortete, daß sich solche Anlagen schon vielerorts bewährt hätten und daß die Besorgnisse der Stadt Eberbach unbegründet seien. Danach sah der Bundesminister für Verkehr keinen Anlaß, eine Beseitigung der Blinklichtanlage zu fordern. Um den Einfluß störender Sonnenstrahlen auszuschalten, hat ,die Bundesbahn eine Spezialoptik mit stärkerer Glühlampe, roter Farbscheibe mit hellerem Ton und größerer Lichtdurchlässigkeit entwickelt, die garantiert, daß ,das rote Blinklicht bei jedem Sonnenstand erkennbar bleibt. Diese neue Konstruktion findet sich auch an vier Blinklichtern des Übergangs Eberbach. Dazu treten ein größeres Trageschild und eine längere Schute, die die Anlagen stärker als bisher von dem Hintergrund abheben sollen. Der Unfall in Eberbach ist übrigens nicht durch Sonnenüberstrahlung des Blinklichts ausgelöst oder mitverursacht worden. Der Bundesminister für Verkehr hat wiederholt geprüft, ob es sich empfiehlt, vor Bahnübergängen, die nicht mit Schranken versehen sind, Stoppstellen einzurichten. Er ist bisher jedoch zu dem Schluß gelangt, daß ein absolutes Haltegebot die Sicherheit des Straßenverkehrs eher mindern als erhöhen würde. Ein Fahrzeug, das z. B. versehentlich in dem unmittelbaren Gefahrenraum der Eisenbahn zum Stillstand gekommen ist, wird sich unter Umständen bei Annähern des Zuges nicht rechtzeitig in Sicherheit bringen können. Außerdem wurde der Verkehr auf viel befahrenen Straßen stark gehemmt, wenn jedes Fahrzeug vor jedem nicht mit Zugschranken versehenen Übergang anhalten müßte, und es würde auf diese Weise eine neue Gefahrenquelle geschaffen. Es genügt nach Auffassung unseres Hauses nicht, an solchen Überwegen, die besonders unübersichtlich sind, die zulässige Höchstgeschwindigkeit der Kraftfahrzeuge herabzusetzen.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Eine Zusatzfrage? (Abg. Baier ({0}) - Bitte!

Fritz Baier (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000081, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, wie erklären Sie es sich, daß, nachdem, wie Sie sagen, bei dem Feststellungstermin Einverständnis erzielt worden ist, nachher die Stadtverwaltung Eberbach Protest dagegen eingelegt hat? Zum zweiten möchte ich Sie fragen, ob Sie auch die Maßnahme der Bundesbahn rechtfertigen, daß nach Beseitigung dieser Bahnschranke der Bahnwärter dort belassen wurde mit dem Auftrag, solche Fahrzeuge zu notieren, die bei Rotlicht die Geleise überqueren, und sie zur Anzeige zu bringen mit dem zweifelhaften Erfolg, daß allein im Jahre 1956 von der Bundesbahn 225 Anzeigen wegen Überfahrens der Geleise bei Rotlicht vorgelegt wurden?

Not found (Staatssekretär:in)

Hinsichtlich der ersten Frage, Herr Abgeordneter, berufe ich mich auf einen Bericht der Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn vom 8. Dezember 1954, in dem es heißt, daß der Regierungspräsident von Nordbaden - das ist die Landespolizeibehörde - dieser Lösung des Blinklichts zugestimmt hat. Es ist vorgesehen, daß in diesem Feststellungsverfahren alle Beteiligten zu hören sind. Was die zweite Frage anlangt, Herr Abgeordneter, so bin ich der Meinung, daß es der Bundesbahn nur zu danken ist, wenn sie, obwohl die Blinklichtanlage funktionierte, dort noch monatelang einen Beamten gelassen hat, um gewissermaßen die Bevölkerung mit dieser neuen Einrichtung bekanntzumachen. Wenn so viele Zuwiderhandlungen gegen das durch das rote Licht angezeigte Verbot festzustellen sind, spricht das meines Erachtens gegen die Kraftfahrer. Herr Abgeordneter, ich habe der Frage eine solche Bedeutung beigemessen, daß ich am vergangenen Wochenende, am Sonnabendnachmittag, selbst von Offenbach nach Eberbach gefahren bin. Ich habe die Strecke zweimal in beiden Richtungen abgefahren. Ich muß sagen: wenn ein Kraftfahrer bei dieser Anlage der Warnzeichen und bei dieser Erkenntlichkeit und Übersichtlichkeit der doppelten Blinklichtanlage an beiden Seiten diese roten Lichter durchfährt, durchfährt er auch eine Schranke.

Fritz Baier (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000081, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Darf ich noch eine Frage stellen?

Not found (Staatssekretär:in)

Bitte, Herr Abgeordneter!

Fritz Baier (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000081, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Hätte man nicht andere Folgerungen aus den Tatsachen ziehen sollen? Hätte man nicht, anstatt mit 225 Anzeigen einen Anzeigenrekord zu erringen, die Fahrer warnen sollen, bei rotem Licht hinüberzufahren, weil sie dabei in den Tod fahren könnten?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, ich kann dieser Gedankenführung wirklich nicht folgen. Wenn heute ein Kraftfahrer ein rotes Licht durchfährt, muß der Mann meines Erachtens zur Anzeige gebracht werden. Denn wo kommen wir im Straßenverkehr und im Landstraßenverkehr hin, wenn solche Sachen gewissermaßen als Kavaliersdelikte aufgefaßt werden? ({0})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Frage 9 des Abgeordneten Baier ({0}) betreffend Wiederaufbau der Neckar-Eisenbahnbrücke bei Obrigheim: Ist der Herr Bundesverkehrsminister bereit, sich dafür einzusetzen, daß die Neckar-Eisenbahnbrücke bei Obrigheim ({1}), die einen wesentlichen Bestandteil für die verkehrsmäßige Erschließung der nordbadischen Fördergebiete bedeutet, alsbald erstellt wird? Wie erklärt sich der Herr Bundesverkehrsminister in diesem Zusammenhang die Tatsache, daß das Land Baden-Württemberg seit Jahren mit der Bundesbahndirektion Karlsruhe über den Bau und die Finanzierung verhandelt, während der Präsident der Deutschen Bundesbahn erst am 27. Mai 1958 erklärte, es sei „nicht vertretbar, daß die Bundesbahn Mittel für den Wiederaufbau der Neckarbrücke Obrigheim und den anschließenden Streckenabschnitt aufwende"? Das Wort hat auch hier zur Beantwortung der Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr.

Not found (Staatssekretär:in)

Ich beantworte die Frage des Herrn Abgeordneten Baier ({0}) wie folgt. Nach der Zerstörung der Neckarbrücke zwischen Obrigheim und Neckarelz/Mosbach hat die Deutsche Bundesbahn einen Ersatzverkehr mit Omnibussen von Obrigheim über Diedesheim und Neckarelz nach Mosbach eingerichtet. Der Umsteigeverkehr zwischen Zug und Bahnbus in Obrigheim ist mit 25 bis 30 Reisenden je Zug schwach. Auch der Güterverkehr ist, wie schon früher, unbedeutend. Wagenladungsverkehr fehlt fast ganz. Das geringe Verkehrsaufkommen ist der Grund dafür, daß die Bundesbahn sich außerstande erklärt, eigene Mittel für den Wiederaufbau der Brücke aufzuwenden. Auch bei der Beseitigung der Kriegsschäden an Bahnanlagen müssen die wichtigeren Strecken den Vorrang vor den weniger bedeutenden erhalten. Nur in diesem Sinne ist der Hinweis in dem an den Herrn Abgeordneten gerichteten Schreiben des Ersten Präsidenten der Deutschen Bundesbahn vom 27. Mai 1958 zu verstehen. Die noch nicht abgeschlossenen Verhandlungen zwischen dem Lande Baden-Württemberg und der Bundesbahndirektion Karlsruhe sollen klären, ob und zu welchen Bedingungen das Land bereit ist, die für den Wiederaufbau der Brücke erforderlichen 4 Millionen DM aufzubringen.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Eine Zusatzfrage? Baier ({0}) ({1}) : Nein. Danke.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Frage 10 des Abgeordneten Baier ({0}) betreffend Verschandelung der Stadt- und Landschaftsbilder durch Reklame: Was gedenkt die Bundesregierung angesichts der sich häufenden Proteste der Fremdenverkehrsverbände und anderer Institutionen zu tun, damit einer weiteren Verschandelung der Stadt- und Landschaftsbilder durch ein geschmackloses Reklameunwesen Einhalt geboten wird? Das Wort zur Beantwortung hat der Herr Staatssekretär im Bundesministerium des Innern, Ritter von Lex.

Not found (Staatssekretär:in)

Die Verschandelung des Stadt- und Landschaftsbildes durch geschmacklose Reklame wird auch von der Bundesregierung bedauert. Für die Bekämpfung von Auswüchsen des Reklamewesens sind jedoch die Länder zuständig, Herr Abgeordneter. Die Bundesregierung ist bereit, die Aufmerksamkeit der Länder auf die Angelegenheit zu lenken.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Eine Zusatzfrage?

Fritz Baier (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000081, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ja. - Herr Staatssekretär, ist es nicht so, daß die Kompetenz dafür etwas strittig ist und daß gerade dadurch eben auf diesem Sektor so wenig geschieht?

Not found (Staatssekretär:in)

Nein, Herr Abgeordneter. Nach unserer Kenntnis der Dinge liegt die Kompetenz auf diesem Gebiet der Baupolizei, aber auch was den Landschafts- und Naturschutz anbelangt, nicht beim Bund, sondern bei den Ländern. Wir müssen uns daher darauf beschränken, auf die Länder einzuwirken, daß sie diesen Dingen ihre Aufmerksamkeit zuwenden.

Fritz Baier (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000081, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Danke sehr.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Die Fragen 11 und 12 werden schriftlich beantwortet. Ich rufe die Frage 13 des Abgeordneten Dr. Bucher auf betreffend Straßensperre anläßlich der Reise des Bundeskanzlers zur Jahresversammlung der Max-Planck-Gesellschaft in Hannover: Ist es richtig, daß anläßlich der Reise des Bundeskanzlers zur Jahresversammlung der Max-Planck-Gesellschaft nach Hannover a) die Autobahnabschnitte, die wegen Ausbesserungsarbeiten nur auf einer Fahrbahn ({0}) befahrbar waren, gesperrt wurden, so daß zahlreiche Fahrzeuge warten mußten, bis der Bundeskanzler durchgefahren war; b) Professor und Nobelpreisträger Werner Heisenberg, der vor der Treppe der Technischen Hochschule Hannover vorgefahren war, veranlaßt wurde, von dort wieder weg auf einen einige hundert Meter entfernten Parkplatz zu fahren, um den Platz vor der Freitreppe für das bereits in Sicht gekommene Fahrzeug des Bundeskanzlers frei zu machen? Damit ist zugleich die sachlich gleichlaufende Frage 29 des Abgeordneten Schmitt ({1}) aufgerufen: Trifft die Meldung zu, daß gelegentlich der Fahrt des Bundeskanzlers zur Jahresversammlung der Max-Planck-Gesellschaft nach Hannover 1. Autobahnabschnitte, die nur einbahnig wegen Instandsetzungsarbeiten befahren werden konnten, gesperrt wurden, so daß zahlreiche Fahrzeuge warten mußten, bis der Herr Bundeskanzler diese Strecke durchfahren hatte; 2. Professor Werner Heisenberg, der vor der Technischen Hochschule in Hannover vorgefahren war, nicht aussteigen durfte und auf einen einige hundert Meter entfernten Parkplatz fahren mußte, um den Platz vor der Treppe für den in Sicht gekommenen Wagen des Bundeskanzlers frei zu machen? Das Wort zur Beantwortung hat wieder Herr Staatssekretär Ritter von Lex.

Not found (Staatssekretär:in)

Der Beantwortung der beiden Fragen darf ich vorausschicken, ,daß die Innenmini2022 sterien ,der Länder ihrem Wunsche entsprechend jeweils über vorgesehene Fahrten des Herrn Bundeskanzlers unterrichtet werden. Dabei werden sie dann auch gebeten, etwa erforderliche verkehrspolizeiliche Maßnahmen für eine ungehinderte Durchfahrt zu treffen. So wurde auch die Fahrt des Herrn Bundeskanzlers nach Hannover im Auftrag des Bundeskanzleramts durch die Sicherungsgruppe des Bundeskriminalamts den Innenministerien von Nordrhein-Westtalen und von Niedersachsen mit der Bitte mitgeteilt, ,an Baustellen und an Gegenverkehrsabschnitten verkehrspolizeiliche Maßnahmen zur ungehinderten Durchfahrt zu treffen. Nur im Gebiet von Nordrhein-Westfalen war es notwendig und wurde daraufhin vorn dortigen Innenministerium veranlaßt, daß die Fahrbahn an einigen wenigen Stellen wegen der Durchfahrt des Herrn Bundeskanzlers vorübergehend gesperrt wurde. ({0}) Hierdurch sind laut Mitteilung des Innenministeriums von Nordrhein-Westfalen nur unbedeutende Verkehrsstockungen entstanden, die in keinem Falle zu längeren Wartezeiten als etwa vier Minuten geführt haben. Wegen der Vorfahrt des Herrn Bundeskanzlers vor der Technischen Hochschule in Hannover waren keinerlei Maßnahmen von der Sicherungsgruppe erbeten worden. Die Anfahrt der Gäste wurde ausschließlich durch die örtlichen Behörden geregelt. Nach einer Mitteilung des Innenministeriums von Niedersachsen wurden bei Eintreffen des Wagens des Herrn Bundeskanzlers in Übereinstimmung mit den protokollarischen Gepflogenheiten die vor dem Wagen befindlichen Fahrzeuge auf einen Platz weitergeleitet, der etwa 40 m von der Anfahrtrampe entfernt ist.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Bucher!

Dr. Ewald Bucher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000288, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Staatssekretär, da Sie sicher auch schon einmal die Autobahnstrecke von Köln nach Düsseldorf gefahren sind, möchte ich Sie fragen, ob Sie sich wirklich vorstellen können, daß eine Sperrung der beiden Baustellen dort, deren eine 1500, die andere 3000 m lang ist, nur zu Stokkungen bis zu fünf Minuten führt?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, ich kann mich nur auf das beziehen, was uns der Verkehrsreferent des Innenministeriums von Nordrhein-Westfalen auf unsere Rückfrage angegeben hat. Er hat ausdrücklich bestätigt, daß in keinem Falle längere Wartezeiten als bis zu vier Minuten entstanden sind.

Dr. Ewald Bucher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000288, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Noch eine Zusatzfrage!

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Eine zweite Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Bucher!

Dr. Ewald Bucher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000288, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Wie verträgt sich diese Regelung mit Art. 3 des Grundgesetzes, der sagt, daß alle Menschen vor dem Gesetz, also auch vor der Straßenverkehrsordnung, gleich sind? ({0})

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, nach Art. 3 muß Gleiches gleich behandelt werden. Aber es ist nicht erforderlich, Ungleiches gleich zu behandeln. Wenn der Regierungschef eines großen Staates eine längere Fahrt zu machen hat, sind die Innenministerien der Länder mit Fug und Recht in der Lage, für eine glatte Durchfahrt zu sorgen. ({0})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Herr Abgeordneter Schmitt ({0}) zu einer Zusatzfrage!

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002033, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, haben Sie in Hannover bei den örtlichen Polizeibehörden, die die Verkehrsregelung vor der Technischen Hochschule vorgenommen haben, zurückgefragt, ob Herr Professor Heisenberg so behandelt worden ist oder nicht?

Not found (Staatssekretär:in)

Ich habe die Sache nicht selber behandelt; das haben meine Referenten getan. Meine Referenten haben von der zuständigen niedersächsischen Landesbehörde die Auskunft erhalten, es sei so gehandhabt worden, daß der Wagen des Herrn Professor Heisenberg nur 40 m weiter an eine andere Stelle geleitet worden sei.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002033, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Billigen Sie dieses Verhalten gegenüber Herrn Professor Heisenberg, gleichgültig wie weit der Parkplatz entfernt war, was wir hier gar nicht untersuchen können?

Not found (Staatssekretär:in)

Ich bin der Meinung, genau wie ich zuerst sagte, daß, wenn der Regierungschef eines Landes wie der Bundesrepublik anfährt, auch mir keine Perle aus der Krone bricht, wenn ich mit meinem Fahrzeug etwa 40 m weitergezogen würde.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Damit ist diese Frage endgültig erledigt. Ich rufe Frage 14 - des Abgeordneten Rademacher - betreffend Einführung des Fahrtschreibers gemäß § 57 a der Straßenverkehrs-ZulassungsOrdnung auf: Warum wurden bei der Bundeswehr die gemäß § 57a der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung vorgeschriebenen Fahrtschreiber noch nicht eingeführt, und wann ist in Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtung - aus Sicherheitsgründen - mit ihrer Einführung zu rechnen? Das Wort hat der Bundesminister für Verteidigung.

Dr. h. c. Franz Josef Strauß (Minister:in)

Politiker ID: 11002270

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich beantworte die Frage folgendermaßen. Durch geeignete Maßnahmen ist sichergestellt worden, daß die Bundeswehr Befreiungsvorschriften des Straßenverkehrsrechts nur in besonderen Fällen in Anspruch nimmt. Infolgedessen habe ich auch angeordnet, daß die zur Beförderung von Personen bestimmten Kraftfahrzeuge der Bundeswehr mit mehr als 14 Fahrgastplätzen sowie die Lastkraftwagen der Bundeswehrverwaltung gemäß § 57 a der Straßenverkehrs-Zulassungsordnung mit Fahrtschreibern ausgestattet werden. Die Beschaffung und der Einbau dieser Einrichtungen werden in Kürze durchgeführt sein. Die Bundeswehr besitzt ferner Kraftfahrzeuge, die bei der Truppe sowohl im Straßenverkehr als auch im Gelände verwendet werden, wie dies für zivile Kraftfahrzeuge nicht oder nur in ganz geringem Umfang zutrifft. Es handelt sich hierbei um sogenannte taktische Kraftfahrzeuge. Sie sind Lastkraftwagen und Zugmaschinen im Sinne von § 57 a Abs. 1 Nrn. 1 und 2 der Straßenverkehrs-Zulassungsordnung, werden regelmäßig im Rahmen eines taktischen Verbandes eingesetzt und nehmen nur in Ausnahmefällen in Alleinfahrten am öffentlichen Verkehr teil. Bei diesen Kraftfahrzeugen wird ebenso wie bei Panzern und sonstigen Kampfwagen die unterschiedslose Anwendung des § 57 a der Straßenverkehrs-Zulassungsordnung der Struktur, den Erfordernissen sowie den Möglichkeiten der Streitkräfte nicht gerecht. Die Aufgaben und die Organisation der Bundeswehr lassen insoweit die für § 57 a der Straßenverkehrs-Zulassungsordnung maßgeblichen Gesichtspunkte, nämlich die Hebung der Verkehrssicherheit und die Erleichterung der Schuldfeststellung im Schadensfalle, weitgehend in den Hintergrund treten. Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß alle Kraftfahrer der Bundeswehr durch besondere Überwachungsmaßnahmen, vor allem durch die Feldjägertruppe, schärfer als zivile Kraftfahrer auf die Einhaltung der Verkehrsregeln kontrolliert werden. Die Ausrüstung auch dieser Fahrzeuge mit Fahrtschreibern würde einen erheblichen Mehraufwand an Personal und an Geldmitteln erfordern, ohne daß noch eine nennenswerte Steigerung der Verkehrssicherheit erzielt wird. Infolgedessen habe ich erneut mit dem Herrn Bundesminister für Verkehr Verhandlungen mit dem Ziel aufgenommen, daß ebenso wie die Panzer und Kampfwagen die sogenannten taktischen Fahrzeuge der Bundeswehr von der Verpflichtung zur Ausstattung mit Fahrtschreibern freigestellt werden. Hierzu strebe ich eine entsprechende Änderung des § 57 a der Straßenverkehrs-Zulassungsordnung oder eine Ausnahmeregelung gemäß § 70 Abs. 1 Nr. 3 der Straßenverkehrs-Zulassungsordnung an. Ich darf annehmen, daß diese Verhandlungen in Bälde zum Abschluß gelangen.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Eine Zusatzfrage wird nicht gewünscht. Frage 15 des Abgeordneten Rademacher betreffend Antworten in den Fragestunden: Ist die Bundesregierung bereit, einen Beschluß zu fassen, wonach die Mitglieder des Kabinetts alle Antworten in den Fragestunden - nach dem Beispiel des englischen Unterhauses - so kurz und sachlich zu formulieren haben, daß nach Möglichkeit alle gestellten Fragen in der vorgesehenen Zeit von einer Stunde beantwortet werden können? Das Wort hat der Herr Bundesminister der Justiz.

Fritz Schäffer (Minister:in)

Politiker ID: 11001935

Die Frage Nr. 15 - entschuldigen Sie, wenn ich eine persönliche Bemerkung mache, auf die ich Ihre Aufmerksamkeit lenken möchte - habe ich im Namen des Herrn Bundeskanzlers zu beantworten. Die Kabinettsmitglieder sind bereits entsprechend unterrichtet. Der Herr Bundeskanzler wird die Angelegenheit im Kabinett nochmals zur Sprache bringen. ({0})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Keine Zusatzfrage! Die Frage Nr. 16 wird schriftlich beantwortet. Ich komme zur Frage 17 des Herrn Abgeordneten Wienand betreffend die Verschmutzung der Sieg: Ist der Bundesregierung die außerordentliche Verschmutzung der Sieg, bedingt durch die Industrieabwässer und die fehlende Kanalisation in den anliegenden Landgemeinden, bekannt? Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Sieg noch vor einigen Jahrzehnten zu den fischreichsten Flüssen Deutschlands zählte und in ihr sogar in großer Anzahl Lachse anzutreffen waren? Sind der Bundesregierung Möglichkeiten gegeben, durch Gesetzesmaßnahmen zu einer Säuberung der Sieg beizutragen, und glaubt sie, jemals der Verschmutzung des Rheins entgegenwirken zu können, wenn die Nebenflüsse des Rheins in diesem Maße mit zu seiner Verschmutzung beitragen? Das Wort hat der Herr Bundesminister für Atomkernenergie und Wasserwirtschaft. Dr.-Ing. Balke, Minister für Atomkernenergie und Wasserwirtschaft: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Wienand! Die Bundesregierung verfolgt die steigende Verunreinigung der Gewässer mit großer Sorge. An den Bundeswasserstraßen werden diese Fragen vom Bundesverkehrsministerium, an den übrigen Wasserläufen von den Landesregierungen behandelt. Durch laufende Verhandlungen mit den für die Wasserwirtschaft zuständigen obersten Behörden der Länder ist es der Bundesregierung im allgemeinen gelungen, auch einen Überblick über die Verunreinigung der kleineren Gewässer zu erhalten. Daher ist ihr auch die Verschmutzung der Sieg durch häusliches und industrielles Abwasser bekannt. Die Wasser- und Schiffahrtsverwaltung des Bundes, deren Spitze im Bundesverkehrsministerium liegt, hat die Regierung des Landes Nordrhein-Westfalen bereits gebeten, der steigenden Verunreinigung des Rheins durch die Sieg und andere Zuflüsse ihre besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Bereits die der Abwasserstatistik des Bundes zu entnehmenden Zahlen, die ich ihres Umfanges wegen hier nicht anführen kann, lassen die Ursache für die starke Belastung der Sieg durch häusliches und industrielles Abwasser erkennen. Das gleiche Bild ergibt sich aus den Resultaten zahlreicher Wasseruntersuchungen, deren Ergebnisse in einer bereits fertiggestellten Denkschrift veröffentlicht werden, die die Verunreinigung des Rheins im Lande Nordrhein-Westfalen und Maßnahmen zu ihrer Bekämpfung zum Gegenstand hat und eine Gemeinschaftsmaßnahme der Regierung des Landes Nordrhein-Westfalen und der Wasser- und Schiffahrtsdirektion Duisburg darstellt. In ihrem Unterlauf weist die Sieg eine erhöhte Sauerstoffzehrung auf, die für die in der Anfrage erwähnte Verringerung des Fischbestandes verantwortlich ist und bereits zu mehreren Fischsterben geführt hat. Im Einzugsgebiet der Sieg gilt das preußische Wassergesetz von 1913. Danach ist die Sieg ein Wasserlauf zweiter Ordnung. Die Reinhaltung obliegt daher den für die Wasserwirtschaft zuständigen obersten Behörden der Länder Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. In dem am 27. Juli 1957 erlassenen Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts sind allgemeine Richtlinien für die Bekämpfung der Verschmutzung der Gewässer aufgestellt. Nach § 2 dieses Gesetzes bedarf in Zukunft .jede Benutzung eines Gewässers, also auch die Einleitung von Abwasser, der behördlichen Erlaubnis oder Bewilligung. Das als Rahmengesetz erlassene Wasserhaushaltsgesetz tritt am 1. März 1959 in Kraft und muß bis zu diesem Zeitpunkt durch neue Wassergesetze der Länder ausgefüllt werden. So wird sich die Wassergesetzgebung des Bundes in Zukunft auch im Einzugsgebiet der Sieg durch die neuen Wassergesetze der beiden genannten Länder auswirken. Nach Mitteilung des in Nordrhein-Westfalen zuständigen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten besteht zwischen den Ländern Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz schon länger ein eingehender Gedankenaustausch über die für die Reinhaltung der Sieg erforderlichen Maßnahmen und ihre Förderung. Die Verschmutzungsschwerpunkte sind festgestellt und Bauplanungen eingeleitet. Die Bundesregierung hat sich an diesen Maßnahmen in den Jahren 1956 und 1957 beteiligt. Die einzelnen Zahlen stehen zur Verfügung; ich möchte sie wegen der vorgeschrittenen Zeit nicht anführen. Die Bundesregierung ist sich bewußt, daß der Verschmutzung des Rheins vor allem auch durch die Reinhaltung der Nebenflüsse entgegengewirkt werden muß. Die Einwirkungen der Verunreinigung der Sieg auf den Zustand des Rheinwassers werden im Rahmen der 1958 von Bund und Ländern gemeinsam gebildeten „Deutschen Kommission zum Schutz des Rheins gegen Verunreinigung" untersucht.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Eine Zusatzfrage? - Das ist nicht der Fall. Wir kommen zur Frage 18 des Abgeordneten Wienand betreffend Verkehrsverhältnisse auf der Siegtalstraße Hennef/Wissen: Sind der Bundesregierung die äußerst schwierigen Verkehrsverhältnisse auf der den heutigen Verkehrserfordernissen nicht mehr entsprechenden, sehr kurvenreichen und schmalen Siegtalstraße von Hennef ({0}) - Wissen ({1}) bekannt? Liegen ihr Berichte über die gerade nach Frostperioden und schweren Regenfällen eintretenden Felsabstürze vor, die den Verkehr behindern und gefährden? Ist in der Zehnjahresplanung der Bundesregierung ein Ausbau dieser Siegstrecke oder der von sehr vielen Fachleuten als zweckmäßig anerkannte Ausbau der ehemaligen Römerstraße als Entlastungsstraße vorgesehen? Entspricht es den Tatsachen, daß die erst vor kurzer Zeit ausgebaute Brölstraße von Hennef ({2}) nach Waldbröl, die als Entlastungsstraße der Siegtalstraße wichtig ist, wegen falschen Ausbaus der Kurven nunmehr mit einem weiteren Kostenaufwand von 2 Mio DM den wirklichen Erfordernissen angepaßt werden soll? Das Wort hat der Herr Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr.

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich beantworte die Frage des Herrn Abgeordneten Wienand wie folgt. Die etwa 81,5 km lange Siegtalstraße von Hennef/ Sieg bis Wissen/Sieg ist bis auf eine kurze etwa 15 km lange Teilstrecke der Bundesstraße 256 von Schladern bis Wissen Landstraße I. Ordnung. Sie fällt daher in die Zuständigkeit des Landes Nordrhein-Westfalen. Die kurze Teilstrecke, für die der Bund zuständig ist, befindet sich in einem verhältnismäßig guten Unterhaltungszustand. In den Zehnjahresplan der Bundesregierung ist diese Teilstrecke von 15 km nicht aufgenommen worden, da der Ausbau im Vergleich zu wichtigeren anderen Bundesstraßen noch zurückgestellt werden mußte. Ein Ausbau hätte auch nur dann einen Zweck, wenn gleichzeitig die wesentlich längere Teilstrecke der Landstraße I. Ordnung ausgebaut würde. Doch auch vom Land NordrheinWestfalen ist' diese Teilstrecke nicht in den Zehnjahresplan für den Ausbau der Landstraßen I. Ordnung aufgenommen worden. Berichte über nach Frostperioden und schweren Regenfällen eintretende größere Felsabstürze, die den Verkehr behindern und gefährden könnten, liegen dem Bund und auch dem Land Nordrhein-Westfalen nicht vor. Es ist aber veranlaßt worden, der Möglichkeit solcher Felsrutschungen besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden. Ein Ausbau der ehemaligen Römerstraße als Entlastungsstraße für die sehr kurvenreiche Siegtalstraße ist mehrfach erörtert worden. Das Projekt hat aber bisher wegen der Höhe der Kosten keine Aussicht auf Verwirklichung gefunden. Die Bröltalstraße von Hennef/Sieg bis Waldbröl ist eine Landstraße I. Ordnung, für die das Land Nordrhein-Westfalen allein zuständig ist.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Eine Zusatzfrage? - Das ist nicht der Fall. Ich rufe auf Frage 19 des Abgeordneten Dr. Brecht betreffend Auswahl der Bauherren im Wohnungsbau für Bundesbedienstete: Werden bei der Gewährung von Bundesdarlehen im Wohnungsbau für Bundesbedienstete und Angehörige des Bundesgrenzschutzes die Eignung und Zuverlässigkeit des darlehnsnehmenden Bauherrn so ausreichend geprüft, daß Vorkommnisse, wie sie im „Spiegel" vom 18. Juni 1958 S. 22 berichtet werden, ausgeschlossen sind? Werden als Bauherrn und Darlehnsnehmer auch solche Einzelpersonen und Unternehmen zugelassen, die gleichzeitig unmittelbar oder mittelbar über Tochtergesellschaften auch noch als Bauunternehmer an der Erteilung der Bauaufträge für diese Wohnungsbauten wirtschaftlich interessiert sind? Welche Anweisungen sind in dieser Beziehung den Bewilligungsbehörden erteilt, und werden in der Auswahl der Bauherren oder der sogenannten Bauträger strenge Maßstäbe zur Vermeidung von Mißbräuchen angelegt? Vizepräsident Dr. Jaeger Das Wort hat der Herr Staatssekretär im Bundesministerium für Wohnungsbau.

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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zur Anfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Brecht darf ich folgendes erwidern. Die Oberfinanzdirektionen sind im Einvernehmen mit dem Herrn Bundesfinanzminister in Erlassen vom 17. Februar 1953 und vom 11. März 1957 angewiesen worden, vor der Bewilligung eines Bundesdarlehns die Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit des zu beauftragenden Bauherren eingehend zu prüfen. Diese Prüfung erstreckt sich insbesondere auf die Kreditwürdigkeit und die bisherigen fachlichen Leistungen des Bauherren. In der Tat werden auch Bauherren beauftragt, die selbst ein Bauunternehmen betreiben. Ebenso wird die Beauftragung eines Bauherrn nicht deshalb generell abgelehnt, weil eine Tochtergesellschaft ein Bauunternehmen betreibt. In solchen Fällen soll jedoch im Interesse einer ordnungsmäßigen Kostenermittlung auf Heranziehung von Vergleichspreisen besonderer Wert gelegt werden. Der in der Fragestellung herangezogene „Spiegel"Artikel betrifft nicht die Tätigkeit der Bewilligungsbehörden. Soweit der Artikel sich mit einem sogenannten Fischzug eines Beamten des Bundesministeriums für Wohnungsbau des hannoverschen Schützenfestes im Anschluß an eine Richtfeier im Jahre 1953 beschäftigt, ist die Darstellung unvollständig und daher irreführend. Die Zusammenhänge sind eingehend geprüft worden. Der Fragesteller kann darüber selbstverständlich nähere Einzelheiten erfahren. Ihre Aufführung an dieser Stelle würde über den Rahmen der Fragestunde weit hinausgehen. Als Ergebnis der Überprüfung des Sachverhalts ist jedenfalls festzustellen, daß an den Beamten auch nicht der Schatten eines Vorwurfs hängenbleibt.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Eine Zusatzfrage?

Dr. Julius Brecht (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000255, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich will auf den Fall gar nicht eingehen, Herr Staatssekretär. Aber würden Sie es auf Grund dieser und anderer Vorkommnisse nicht doch für richtig halten, daß in Zukunft bei der Vergabe von Bundesmitteln etwas strenger unterschieden wird nach solchen Bauherren, die auch noch als Bauunternehmer an der Auftragserteilung interessiert sind, nachdem wir alle die Ergebnisse kennen, die sich bei Verstößen gegen die Baupreisverordnungen usw. ergeben haben?

Not found (Staatssekretär:in)

Es ist ,dem Herrn Fragesteiler zuzugeben, daß gewisse Mißstände aufgetreten sind. Sie haben ja auch gehört, daß im Jahre 1957 zu dem früheren Erlaß vom Jahre 1953 ein weiterer ergangen ist. Wir werden die Oberfinanzdirektionen erneut auf die Notwendigkeit der besonderen Prüfung hinweisen.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Sie wünschen noch eine Zusatzfrage?

Dr. Julius Brecht (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000255, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Darf ich Ihre Antwort, Herr Staatssekretär, so auslegen, daß Sie bereit sind, bei nächster Gelegenheit erneut Anweisungen schärferer Art an die verschiedenen Stellen, die öffentliche Darlehen bewilligen, herausgehen lassen, um gerade diese Verkoppelung von wohnungsunternehmerischer und bauunternehmerischer Tätigkeit zu unterbinden?

Not found (Staatssekretär:in)

Es wird durchaus zu prüfen sein, ob man noch neue Anordnungen schriftlich herausgeben soll. In jedem Fall werden wir wie bisher bei den in regelmäßigen und unregelmäßigen Abständen stattfindenden Konferenzen mit den Oberfinanzdirektionen entsprechende Hinweise geben. Aber ich nehme auch die Anregung auf, daß man vielleicht doch noch in einem besonderen Erlaß darauf hinweisen sollte.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Ich rufe auf die Frage 20 des Abgeordneten Draeger betreffend Grubenschäden im Raum der Warndtgemeinde Großrosseln: Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Grubenschäden im Raum der Warndtgemeinde Großrosseln katastrophale Ausmaße angenommen haben? Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, damit die Entschädigungsanträge schneller überprüft und erledigt werden? Ist die Bundesregierung bereit, ihren Einfluß sowohl bei den Houillères du Bassin de Lorraine als auch bei der Saarbergwerke A. G. im Rahmen des deutsch-französischen Saarvertrages dahingehend geltend zu machen, daß alle Grubengeschädigten gerecht entschädigt werden? Zur Beantwortung hat das Wort der Herr Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft.

Not found (Staatssekretär:in)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist der Bundesregierung bekannt, daß in der Warndtgemeinde Großrosseln durch den Abbau der Steinkohle Schäden verursacht werden. Die Senkung der Oberfläche durch den Abbau hat bei starken Niederschlägen große Überschwemmungen in der Gemeinde zur Folge. Die Regierung des Saarlandes hat bereits im Februar 1958 eine besondere interministerielle Kommission gebildet, die sich mit Maßnahmen zur Verhinderung dieser Überschwemmungen beschäftigt. Als erste Maßnahme ist der Bau einer Pumpanlage zur Hebung des Wassers während der Zeit stärkerer Niederschläge in Angriff genommen. Nach Art. 30 der Anlage 25 zum Vertrag zur Regelung der Saarfrage sind die den Abbau betreibenden lothringischen Gruben Houillères du Bassin de Lorraine verpflichtet, Entschädigungen für die durch ,den Abbau entstehenden Bergschäden nach den Bestimmungen ,des Preußischen Allgemeinen Berggesetzes zu leisten. Die Bundesregierung ist bereit, sich einzuschalten, falls die Zahlung dieser Entschädigung ungerechtfertigt verzögert wird.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Eine Zusatzfrage? ({0}) - Bitte sehr!

Heinrich Draeger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000416, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ist dem Herrn Staatssekretär bekannt, daß allein im Jahre 1958 neunmal ganze Straßenzüge von Großrosseln unter Wasser gestanden haben - das letzte Mal am vergangenen Dienstag -, daß die dadurch geschädigten Einwohner von Großrosseln auf ihre Eingaben seit längerer Zeit überhaupt keine Antwort mehr erhalten und daß die Grube Kleinrosseln seit 1955 überhaupt keine Entschädigungsansprüche mehr reguliert hat? Denn das ist der Sinn meiner Anfrage: was können wir tun, um die Entschädigungsansprüche, die seitens der französischen Grubenverwaltung nun seit 2 Jahren praktisch nicht mehr reguliert werden und die im Zusammenhang mit den immer stärker um sich greifenden Grubenschäden in immer größerer Zahl anfallen, durchzusetzen; was können wir tun, um diesen Menschen zu ihren Entschädigungen zu verhelfen?

Not found (Staatssekretär:in)

Ich muß dem Herrn Fragesteller antworten, daß substantiierte Klagen - also über die Dinge, die Sie soeben vorgetragen haben - bei uns überhaupt noch nicht eingegangen sind. Mir ist bekannt - das habe ich schon in der Antwort gesagt , daß erhebliche Schäden in den dortigen Gemeinden entstanden sind. Die Angelegenheit ist von dem Saarländischen Ministerrat aufgenommen worden. Es wurde eine interministerielle Kommission ins Leben gerufen, die sich mit den Maßnahmen beschäftigt, die geeignet sind, die Schäden in der Zukunft zu verhindern. Die Anlage, deren Ausführung jetzt schon in Angriff genommen worden ist, ist nach unserer Meinung geeignet, die allerschwerste Auswirkung dieser Wasserschäden jedenfalls für die Zukunft zu verhüten.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Zu einer weiteren Zusatzfrage Abgeordneter Draeger.

Heinrich Draeger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000416, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Darf ich Ihre Ausführungen, Herr Staatssekretär, so auffassen, daß die Bundesregierung ihren ganzen Einfluß bei der Grube „Petit Rossel" dahin geltend macht, daß die zurückliegenden Entschädigungsansprüche nun einmal im Rahmen des Möglichen aufgearbeitet und auch wirklich reguliert werden? Mir ist bekannt, daß sich die Saarregierung dort selber mit einer Kommission eingeschaltet hat; aber ich bin der Meinung, daß über die Bundesregierung in Bonn dieserhalb mehr zu erreichen sein wird.

Not found (Staatssekretär:in)

Die Bundesregierung ist gern bereit, den Versuch zu machen, durch die Einschaltung die Beseitigung der Schäden oder den Ersatz für die Schäden herbeizuführen. Allerdings muß ich darauf hinweisen, daß es sich um einen privatrechtlichen Anspruch handelt, der natürlich im Klagewege vor den bürgerlichen Gerichten zu erstreiten ist. Wir werden den Versuch machen, durch eine Einschaltung der Bundesregierung die Dinge zu fördern.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Ich komme zur Frage 21 des Abgeordneten Draeger betreffend Verschmutzung der Rossel: Was kann die Bundesregierung unternehmen, um der sehr starken Verschmutzung der Rossel, die heute faktisch ein offener Abwasserkanal der lothringischen Gruben geworden ist, wirksam zu begegnen? Das Wort hat der Herr Bundesminister für Atomkernenergie und Wasserwirtschaft.

Dr. - Ing. Dr. h. c. Siegfried Balke (Minister:in)

Politiker ID: 11000083

Herr Abgeordneter Draeger, die Rossel, ein Grenzfluß, ist ein linker Nebenfluß der Bundeswasserstraße Saar. Sie ist selber keine Bundeswasserstraße, sondern ein Wasserlauf II. Ordnung nach dem Preußischen Wassergesetz von 1913. Ihre Verwaltung ist daher Angelegenheit der Regierung des Saarlandes, der auch die Sorge für ihre Reinhaltung obliegt. Sie entspringt im lothringischen Kohlenbecken, nimmt dort die Kohlewaschwässer eines Teiles der Zechen und das teer- und phenolhaltige Wasser des Hydrierwerkes Marienau auf. Sowohl die Zechen als auch das Hydrierwerk liegen auf französischem Gebiet und unterstehen der Aufsicht des französischen Ministeriums „de l'Industrie et du Commerce". Die Rossel führt täglich durchschnittlich etwa 7500 cbm Naßschlamm aus den lothringischen Gruben Spittel, Merlebach und Kleinrosseln und darüber hinaus große Mengen an Teer und 01 aus dem Abwasser des Schwelwerkes Marienau. Der Bundesrepublik entsteht dadurch ein zweifacher Schaden. Erstens: der Tonschlamm setzt sich in der Bundeswasserstraße Saar sowie in der Mosel ab und bildet zwischen Völklingen und Koblenz regelrecht Tonbänke, die im Völklinger Raum in der Saar bereits schiffahrtshindernd wirken, die Unterhaltung der Saar stark verteuern, die Staustufe Mettlach auffüllen und die künftigen Stauräume der kanalisierten Mosel bedrohen. Zweitens: die phenol- und teerhaltigen Abwässer der Zeche Marienau töten das biologische Leben unterhalb von Völklingen auf lange Strecken ab. Die Bundesrepublik Deutschland und die Französische Republik haben in Art. 8 der Anlage 8 zum Saarvertrag vom 27. Oktober 1956 sowie in Art. 55 des Moselvertrages vom gleichen Tage sich verpflichtet, jede in ihrem Bereiche, alle Maßnahmen zu treffen, um die Sauberkeit und die Reinhaltung der Saar und ihrer Nebenflüsse sicherzustellen. Da in der Vergangenheit alle Vorstellungen der Regierung des Saarlandes bei französischen Dienststellen wegen einer Abstellung der bestehenden Mißstände ergebnislos waren, werden bereits seit Herbst 1956 zwischen den für die Wasserwirtschaft zuständigen Bundesministerien und den in der Französischen Republik zuständigen Dienststellen Verhandlungen geführt. Zunächst wurde vereinbart, daß an einigen typischen Stellen in regelmäßigen Abständen Wasserproben entnommen werden, die in deutschen und französischen Laboratorien nach einheitlichen Verfahren untersucht werden. Dadurch soll - wie beim Rhein - ein sowohl von der Bundesrepublik Deutschland als auch von der Französischen Republik anzuerkennendes Bild über die Deutscher Bundestag - 3. Wahlperiode - 35. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. Juni _958 2027 Verschmutzung gewonnen werden. Gleichzeitig haben die Bundesanstalt für Gewässerkunde, die für Wasserwirtschaft zuständige oberste Behörde des Saarlandes und das Wasser- und Schiffahrtsamt Saarbrücken der Bundeswasserstraßenverwaltung zusätzliche Untersuchungen durchgeführt. Außerdem haben Vertreter des Bundesministeriums für Verkehr im Einvernehmen mit der Regierung des Saarlandes bereits verschiedentlich mit dem französischen Ministerium „de l'Industrie et du Commerce" Fühlung genommen mit der Bitte, für eine Abstellung der in Frankreich liegenden Verschmutzungsquellen zu sorgen. Die zwischen den beiden Regierungen geführten Verhandlungen sind noch im Gange.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Keine Zusatzfragen. Ich rufe auf Frage 22 - Abgeordneter Dr. Becker ({0}) - betreffend finanzielle Forderungen eines Kreisausschusses an den Bundesgrenzschutz bei den Verhandlungen über die Errichtung einer Garnison: Ist es richtig, daß der Vorsitzende eines Kreisausschusses, für dessen Kreisstadt eine Garnison des Bundesgrenzschutzes vorgesehen war, verlangt hat, daß zuvor eine Kapitalabfindung für die durch die Stationierung von Truppen zu erwartenden höheren Alimentekosten an seinen Kreisfürsorgeverband gezahlt wird? Zur Beantwortung hat ,das Wort der Herr Staatssekretär Ritter von Lex vom Bundesministerium des Innern.

Not found (Staatssekretär:in)

Der Vorsitzende eines Kreisausschusses hat bei der Stellungnahme zu einem Unterkunftsvorhaben des Bundesgrenzschutzes die Auffassung vertreten, daß einer Gemeinde auch für immaterielle Schäden, die sie durch die Stationierung des Bundesgrenzschutzes erleiden würde, eine angemessene Entschädigung gezahlt werden müsse. Er fügte - offenbar zur Erläuterung - bei, es sei wohl auch mit einer Erhähung der Fürsorgelasten durch uneheliche Kinder zu rechnen. ({0}) Es ist klar, Herr Abgeordneter, daß solchen Forderungen nicht entsprochen wird.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Eine Zusatzfrage bitte, Herr Abgeordneter Dr. Becker ({0}).

Dr. Max Becker (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000130, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Sind ähnliche Anforderungen in anderen Fällen auch schon gestellt worden und gegebenenfalls mit welchem Erfolg?

Not found (Staatssekretär:in)

Mir ist kein derartiger Fall bekannt.

Dr. Max Becker (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000130, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Eine zweite Zusatzfrage: In welchem Kreis hat sich das abgespielt?

Not found (Staatssekretär:in)

Darf ich die Antwort dahin geben, daß der Kreis Ihnen genau bekannt sein dürfte, Herr Abgeordneter. ({0})

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Ich rufe auf Frage 23 - Abgeordneter Riedel - betreffend Defa-Filme im deutschen Fernsehen: Billigt die Bundesregierung, daß das deutsche Fernsehen Filme der sowjetzonalen kommunistischen Defa-Produktion ausstrahlt? Reichen die gesetzlichen Bestimmungen über Einfuhr, Vertrieb und Vorführung von Filmerzeugnissen aus dem sowjetischen Machtbereich aus, uni zu verhindern, daß der westdeutsche Filmverleih eine Plattform für bolschewistische Propagandaaktionen abgibt? Handelt es sich bei dem Westfalen-Filmverleih, der sich offenbar vorzugsweise um die Placierung von Filmen aus dem sowjetischen Machtbereich bemüht, um ein legitimes Verleihunternehmen, oder ist in ihm eine Leitstelle bolschewistischer Filmpropaganda zu vermuten? Sollten die Programmgestalter des deutschen Fernsehens die Aufnahmen von Defa-Filmen nicht schon deshalb bedenklich finden, .weil diese Produktion nicht nach künstlerischen und filmwirtschaftlichen Gesichtspunkten arbeitet, sondern als Filmabteilung des Zonenregimes den Auftrag hat, mit ihrer Produktion die freiheitlich-demokratische Regierungs- und Gesellschaftsordnung zu zerstören? Kann innerhalb der Institutionen der Filmwirtschaft und des Fernsehens in der Bundesrepublik nicht sichergestellt werden, daß die Beurteilung bolschewistischer Filmerzeugnisse unter dem Gesichtspunkt erfolgt, daß die Deutschen innerhalb der sowjetisch besetzten Zone sich in ihrem Abwehrkampf gegen bolschewistische Aufweichung nicht durch die in der Bundesrepublik zutage tretende Gedankenlosigkeit desavouiert fühlen? Das Wort hat der Staatssekretär Dr. Westrick vorn Bundesministerium für Wirtschaft.

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Bundesregierung hat keine gesetzliche Grundlage, um auf die Gestaltung der Fernsehprogramme durch die Rundfunkanstalten Einfluß zu nehmen. Ob die gesetzlichen Bestimmungen ausreichen, um Einfuhr, Vertrieb und Vorführung von Filmerzeugnissen aus dem sowjetischen Machtbereich zu verhindern, richtet sich im wesentlichen nach der Gestaltung dieser Filme. Schon in wiederholten Fällen wurden die Einfuhr und damit natürlich auch der Vertrieb und die Vorführung verhindert. Aber häufig sind derartige Filme so geschickt aufgemacht, daß die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen nicht ausreichen, die Einfuhr zu unterbinden. Der Westfalen-Filmverleih ist ein im Handelsregister eingetragenes Verleihunternehmen in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Der Bundesregierung ist bekannt, daß dieses Verleihunternehmen vorwiegend Defa-Filme verleiht. Die Rundfunkanstalten sind in ihrer Programmgestaltung grundsätzlich frei. Sie sollten aber bei dieser ihrer Programmgestaltung darauf Rücksicht nehmen, daß die Aufnahme von Defa-Filmen in das Programm aus den vom Fragesteller genannten Gründen durchaus bedenklich ist. Der Eigenverantwortlichkeit der in der Bundesrepublik bestehenden Institutionen der Filmwirtschaft und des Fernsehens, die sämtlich nicht staatlich gelenkt sind, ist es anvertraut, die in Absatz 5 der Anfrage genannten Gesichtspunkte zu beachten. Die Bundesregierung würde es allerdings begrüßen, wenn dies stärker als bisher geschähe. Sie wird daher in diesem Sinne eine dringende Empfehlung an die Organisationen der Filmwirtschaft und an die Rundfunkanstalten richten.

Dr. Richard Jaeger (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001006

Eine Zusatzfrage? - Keine Zusatzfrage. Meine Damen und Herren, die 60 Minuten der Fragestunde sind abgelaufen. Die wegen Ablaufs der Fragestunde nicht mehr beantworteten Fragen werden schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlage im Stenographischen Bericht abgedruckt. Die nächste Fragestunde ist am Mittwoch, dem 1. Oktober. Sperrfrist: Freitag, 19. September, 12.00 Uhr. Meine Damen und Herren! Der Herr Bundestagspräsident eröffnet Ihnen, daß er für den kommenden Samstag keine Präsenzpflicht einzuführen gedenkt, da er die Hoffnung hat, daß die Beratungen morgen ihren Abschluß finden. Hingegen wird Montag, der 30. Juni, präsenzpflichtig gemacht. Nächste Sitzung: morgen vormittag 9.00 Uhr. Die Sitzung ist geschlossen.