Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet.
Meine Damen und Herren! Heute feiert ein hochverehrtes Mitglied unseres Hauses, Frau Dr. Helene Weber, ihren 80. Geburtstag. Wir sind uns bewußt, was sie bedeutet. Sie ist ein Stück deutscher Geschichte geworden, sie symbolisiert den Aufstieg der deutschen Frau in neue Rechte und Pflichten, und sie hat seit Jahrzehnten an vornehmster Stelle, in der Vertretung des deutschen Volkes, diese Rechte und diese Pflichten vertreten. Ich freue mich, ihr die Verehrung des Hauses und die besten Wünsche für viele gesunde Jahre ausdrücken zu können.
({0})
Vor Eintritt in die dritte Beratung des Haushaltsgesetzes sind noch die restlichen Fragen zur Fragestunde zu erledigen sowie die Berichte des Vermittlungsausschusses - Ziffer 1 a bis d der Zusatzliste. Außerdem sind die zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Gewährung von Mietund Lastenbeihilfen und des Mieterschutzes - Ziffer 16 der Zusatzliste - zu behandeln.
Ich rufe zunächst zur
Fragestunde ({1})
aus dem Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes die Frage I - des Abgeordneten Dr. Mommer - auf:
Wann und wie hat das „Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung" seinen Lesern Mitteilung von dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Fernsehstreit vom 28. Februar 1961 gemacht?
Die Frage wird beantwortet von dem Herrn Stellvertreter des Bundeskanzlers.
Dr. Dr. h. c. Erhard, Stellvertreter des Bundeskanzlers: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung hat in der Nr. 50/61 vom 14. März 1961 auf Seite 470 unter der Überschrift „Das Urteil im Fernsehstreit" die Urteilsformel des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 28. Februar 1961 sowie eine zu diesem Urteil veröffentlichte Verlautbarung der Pressestelle des Bundesverfassungsgerichtes wiedergegeben.
Herr Minister, darf ich fragen: Welche Schlüsse darf ich aus der unterschiedlichen Reaktionszeit des Bulletins ziehen, die bei dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts über die Volksbefragung einen Tag und jetzt vierzehn Tage betrug, und ist es ein Zufall oder besteht ein ursächlicher Zusammenhang, daß die Veröffentlichung jetzt am 14. März erfolgte, nachdem ich am 10. März meine Frage eingereicht hatte?
Dr. Dr. h. c. Erhard, Stellvertreter des Bundeskanzlers: Die Bundesregierung hat es für notwendig gehalten, zunächst bei der Beratung des Haushaltsplanes in der vergangenen Woche dem Bundestag ihre Auffassung zu dem Urteil darzulegen und dem Bundestag Gelegenheit zu geben, dazu Stellung zu nehmen.
Darf ich weiter fragen, Herr Minister: Wie erklären Sie es, daß sechs Tage früher in der französischen Ausgabe des Bulletins über das Urteil berichtet wurde? Ist das begründet in verschiedener Einschätzung des Urteils in seiner Bedeutung für die deutsche Demokratie nach außen und seinem Wert oder Unwert für die Bundesregierung nach innen?
Dr. Dr. h. c. Erhard, Stellvertreter des Bundeskanzlers: Ich möchte mir vorbehalten, diese Frage schriftlich zu beantworten.
({0})
Zu einer Frage Herr Abgeordneter Jahn!
Herr Minister, beabsichtigen Sie, den vollen Wortlaut des Urteils nunmehr im Bulletin abzudrucken?
Dr. Dr. h. c. Erhard, Stellvertreter des Bundeskanzlers: Nein, das würde den Rahmen des Bulletins sprengen, denn das Urteil umfaßt 82 Seiten.
({0})
Herr Minister, diese Auffassung ist früher nicht geteilt worden. Meinen Sie nicht, daß die Veröffentlichung des Urteils in mehreren Fortsetzungen möglich ist?
({0})
Dr. Dr. h. c. Erhard, Stellvertreter des Bundeskanzlers: Ich habe meine Antwort schon gegeben.
({1})
Das war wohl keine Antwort auf die Frage ,des Kollegen Jahn.
Ich rufe dann die Frage des Herrn Abgeordneten Lohmar auf, die ebenfalls vom Herrn Stellvertreter des Bundeskanzlers beantwortet wird:
Wird das Magazin „Das Neue Journal" direkt oder indirekt aus Bundesmitteln finanziert?
Dr. Dr. h. c. Erhard, Stellvertreter des Bundeskanzlers: Wie der Bundespressechef wiederholt in seiner Antwort auf ähnliche Anfragen dargelegt hat, ist die Prüfung der Jahresrechnung der zur Förderung des Informationswesens im Haushalt des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung bereitgestellten Haushaltsmittel allein dem Präsidenten des Bundesrechnungshofs vorbehalten und die Bundesregierung grundsätzlich verpflichtet, Auskünfte über Ausgaben aus diesem Titel gegenüber allen Stellen mit Ausnahme des Präsidenten des Bundesrechnungshofs zu verweigern.
Abgeordneter Börner.
Herr Minister, kann man aus Ihrer Antwort eine besondere Verbundenheit der Bundesregierung mit der von Herrn Chefredakteur Goebbels vertretenen Linie vermuten?
Dr. Dr. h. c. Erhard, Stellvertreter des Bundeskanzlers: Mir ist von diesen Beziehungen nichts bekannt.
Herr Abgeordneter Schneider ({0}) hat seine Frage zurückgezogen.
Ich rufe auf die Frage des Abgeordneten Dr. Dollinger aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen:
Trifft es zu, daß im Bundesfinanzministerium gegenwärtig an dem Entwurf einer neuen Betriebsprüfungsordnung gearbeitet wird, die die zur Zeit geltende Betriebsprüfungsordnung ablösen soll?
Herr Abgeordneter Dr. Dollinger fragt nach der Vorbereitung einer neuen Betriebsprüfungsordnung für die Finanzverwaltung. Die Betriebsprüfung beruht auf mehreren Bestimmungen der Abgabenordnung. Zur Durchführung dieser gesetzlichen Rechte der Finanzverwaltung zur Buchprüfung sind mehrfach Erlasse des Reichs- und des Bundesfinanzministers ergangen, die von Zeit zu
Zeit überprüft werden. Die heutige Betriebsprüfungsordnung ist im Jahre 1954 neu gefaßt worden. In der Zwischenzeit haben die Finanzverwaltungen der Länder und der Bundesfinanzminister angeregt, die Veränderungen unseres Lebens gerade im Bereich der Betriebsprüfung noch einmal zum Anlaß zu nehmen, um die geltende Betriebsprüfungsordnung zu überarbeiten. Dementsprechend ist mit den Ländern ein Arbeitskreis zur Neufassung der Betriebsprüfungsordnung gebildet worden. Diese Betriebsprüfungsordnung wird keine wesentlichen materiellen Änderungen enthalten. Sie wird sich vor allem organisatorischen Fragen der Betriebsprüfung widmen. Sie ist keine Rechtsverordnung, sondern eine Verwaltungsanweisung, die vom Bundesminister der Finanzen gemeinsam mit den Ländern erlassen werden kann. Der Entwurf wird voraussichtlich nicht vor Ende dieses Jahres verabredet werden können.
Zu einer Zusatzfrage Abgeordneter Dr. Dollinger.
Herr Staatssekretär, ist beabsichtigt, diesen Entwurf ähnlich wie die Einkommensteuerrichtlinien den interessierten Kreisen zugänglich zu machen?
Sobald mit den Ländern ein Einvernehmen über die Neufassung erzielt ist, wird der Entwurf auch mit den beteiligten Wirtschaftsverbänden und sonstigen Verbänden, z. B. dem der Steuerberater, erörtert werden. Der Entwurf wird künftig nicht mehr die Bezeichnung enthalten „Nur für den Dienstgebrauch".
Ich rufe auf die Frage des Abgeordneten Mischnick - Abgeordneter Kreitmeyer vertritt ihn - aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für gesamtdeutsche Fragen:
Ist sich die Bundesregierung bewußt, daß die Gleichstellung der innerdeutschen Fluchtbewegung mit der Emigration durch Mitglieder der Bundesregierung geeignet ist, im Bewußtsein der Weltöffentlichkeit Ulbrichts Zwei-Staaten-Theorie zu unterstützen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Von keinem Mitglied der Bundesregierung wird die Zwei-Staaten-Theorie Ulbrichts anerkannt. Es ist mir nicht ganz verständlich, warum diese Frage gestellt wird. Anlaß zu der Frage war wohl - wie sich aus dem Wortlaut ergibt -, daß sich Mitglieder der Bundesregierung - so auch ich - mit dem Problem der Emigranten beschäftigt haben. Das geschah aber nur, um vor der Öffentlichkeit unseres Volkes darzutun, unter wieviel innerer Gewissensnot sich Menschen damals zur Emigration gezwungen gesehen haben. Wenn wir nun die Menschen, die aus dem Machtbereich Ulbrichts als echte politische Flüchtlinge zu uns in die Freiheit gekommen sind, auch Emigranten nannten, so nur aus dem einen Grund, um vor der ganzen Weltöffentlichkeit klarzumachen, welche Ungeheuerlichkeit es ist, daß in DeutschBundesminister Lemmer
land Menschen sich in einen anderen Teil ihrer deutschen Heimat in Freiheit bringen müssen, weil sie politisch verfolgt werden. Gar nichts anderes war gemeint.
Eine Zusatzfrage!
Herr Minister, darf ich fragen, ob Ihnen bekannt ist, daß im Wilhelm-Liebknecht-Volks-Fremdwörterbuch für Schulen in der sowjetisch besetzten Zone „Emigration" als Übersiedlung von einem Land in ein anderes aus wirtschaftlichen, politischen und religiösen Gründen bezeichnet wird? Die Frage der FDP hat zum Ziel, zu vermeiden, durch eine solche Sprachregelung, wie wir sie jetzt gebrauchen, der sowjetischen Propaganda auch nur irgendwie Anhaltspunkte zu geben.
Wenn das die Absicht Ihrer Anfrage ist, dann befinden wir uns in Übereinstimmung.
Frage des Herrn Abgeordneten Börner aus dem Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes:
Auf welche Statistiken stützt sich die im „Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung" vom 15. März 1961 angegebene Darstellung, daß 15 v. H. der im Jahre 1959 gewählten Betriebsräte Kommunisten seien?
Die Frage wird von dem Herrn Staatssekretär des Bundesinnenministeriums beantwortet.
Herr Abgeordneter, die Darstellung im Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung beruht auf einer Berechnung, die das Bundesamt für Verfassungsschutz auf Grund des dort vorliegenden umfangreichen Materials angestellt hat.
Eine weitere Frage!
Herr Staatssekretär, sind Sie mit mir der Meinung, daß die Überschrift im Bulletin vom 15. März „Betriebsratswahlen 1961 - Mittel kommunistischer Umsturzpropaganda" in Anbetracht der Tatsache, daß ,die Betriebsratswahlen für viele Menschen, ich möchte sagen, für die übergroße Mehrheit der Arbeiterschaft, kein Mittel der kommunistischen Umsturzpropaganda, sondern ein durch die Betriebsverfassung garantiertes legitimes Recht sind, zumindest mißverständlich, wenn nicht diffamierend wirken kann?
Mit dieser Überschrift ist natürlich nicht beabsichtigt, die Betriebsratswahlen als ein Mittel kommunistischer Propaganda zu bezeichnen. Die Überschrift lautet generell „die Betriebsratswahlen". In dem Untertitel ist dann noch auf die Wühlarbeit hingewiesen, die auch im Hinblick auf die Betriebsratswahlen vorgenommen wird.
Eine weitere Frage!
Können Sie zur Beantwortung meiner ersten Frage noch bestimmte Schwerpunkte dieser kommunistischen Wühlarbeit angeben?
Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat in einer größeren Anzahl von repräsentativen Betrieben Erhebungen angestellt und auf Grund dieser Erhebungen die Zahlen errechnet, die im Bulletin angegeben sind.
Damit ist die Fragestunde beendet.
Wir behandeln nunmehr die Berichte des Vermittlungsausschusses unter Punkt 1 a bis c der zusätzlichen Tagesordnung. Ich rufe zunächst auf Punkt 1 a:
Mündlicher Bericht des Vermittlungsausschusses zu dem Gesetz zur Änderung sozialrechtlicher Vorschriften ({0}).
Der Bericht wird erstattet von Herrn Abgeordneten Arndgen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 10. Februar 1961 beschlossen, in Sachen des Gesetzes zur Änderung sozialrechtlicher Vorschriften den Vermittlungsausschuß anzurufen, und das Begehren ausgesprochen, im Art. 1 Nr. 1 den vom Bundestag beschlossenen § 160 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung anders zu fassen, als der Bundestag beschlossen hatte.
Nach § 160 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung in der Fassung des Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes stellen die für die Angelegenheiten der Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörden den Wert der Sachbezüge fest. Da ,die unmittelbare Ermächtigung von obersten Landesbehörden aber verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet, sieht das vom Bundestag beschlossene Gesetz eine dem Grundgesetz Rechnung tragende Änderung des § 160 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung vor, nach der die Landesregierungen nunmehr zum Erlaß der Rechtsverordnungen ermächtigt werden sollen, allerdings mit der Befugnis, die Ermächtigung nur auf die für die Angelegenheiten der Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörden zu übertragen.
Demgegenüber will der Bundesrat in seinem Vermittlungsbegehren diese Subdelegationsbefugnis dahin erweitert wissen, daß die Landesregierungen die Ermächtigung auf oberste Landesbehörden übertragen und dabei die weitere Übertragung auf nachgeordnete Behörden zulassen können.
Dieses Begehren wurde vom Bundesrat gestellt, weil er der Meinung ist, die vom Bundestag beschlossene Beschränkung der Subdelegationsbefugnis greife in die Kompetenzverteilung der Länder ein. Sie sei zumindest verfassungspolitisch bedenklich. Als der Vermittlungsausschuß sich mit diesem Begehren des Bundesrates beschäftigte, lag den gesetzgebenden Körperschaften schon der Entwurf eines Gesetzes über Ermächtigungen zum
Erlaß von Rechtsverordnungen vor. Dieser Entwurf hat den Bundesrat schon im ersten Durchgang passiert. Er ist dieser Tage beim Bundestag eingegangen. Dieses Gesetz soll grundsätzliche Regelungen über den Erlaß von Rechtsverordnungen enthalten. Um nun bei den Beratungen des Gesetzes zur Änderung von sozialrechtlichen Vorschriften das noch zu beratende Gesetz weder in der Richtung des Bundestages noch in der Richtung des Bundesrates zu präjudizieren, schlägt der Vermittlungsausschuß vor, im Gesetz zur Änderung sozialrechtlicher Vorschriften bei Art. 1 Nr. 1 im § 160 der Reichsversicherungsordnung nur den ersten Satz, der lautet:
Die Landesregierungen setzen durch Rechtsverordnung den Wert der Sachbezüge nach dem tatsächlichen Verkehrswert für jedes Kalenderjahr im voraus fest,
zu belassen und den zweiten Satz zu streichen.
Ich bitte, diesem Vorschlag des Vermittlungsausschusses zuzustimmen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Ich stelle den Antrag auf Drucksache 2594 zur Abstimmung. Wer zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag ist einstimmig angenommen.
Ich rufe auf den
Mündlichen Bericht des Vermittlungsausschusses zu dem Steuerbeamten-Ausbildungsgesetz ({0}).
Berichterstatter ist Herr Minister Dr. Schaefer. Ich erteile ihm das Wort.
Dr. Schaefer, Minister des Landes SchleswigHolstein: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 10. Februar 1961 zu dem Steuerbeamten-Ausbildungsgesetz den Vermittlungsausschuß angerufen. Sein Begehren richtete sich gegen die Dauer der Ausbildung und vor allem der Lehrgänge innerhalb des Vorbereitungsdienstes für Steuerbeamte des mittleren und gehobenen Dienstes, wie sie der Bundestag in Abweichung von der Regierungsvorlage beschlossen hat. Ferner schlug der Bundesrat vor, die erstmalige Anwendung der Ausbildungsbestimmungen auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. Die Änderungswünsche waren somit nicht rechtlicher Natur. Sie gründeten sich vielmehr auf die praktischen Erfahrungen der Länder mit der Ausbildung von Steuerbeamten, die eine andere Regelung angezeigt erscheinen ließen.
Der Vermittlungsausschuß hat den Änderungswünschen des Bundesrates weitgehend entsprochen. Im einzelnen beantragt er folgendes:
In § 3 Abs. 3 Satz 1 des Gesetzes soll entsprechend der Empfehlung des Bundesrates der Vorbereitungsdienst für Steuerbeamte des mittleren Dienstes von 2 Jahren auf 1 1/2 Jahre verkürzt werden. Dieser Vorbereitungsdienst soll einen Lehrgang von 3 Monaten einschließen, während der Gesetzesbeschluß des Bundestages einen sechsmonatigen Lehrgang vorsah. Da das Gesetz höhere Vorbildungsvoraussetzungen verlangt, genügt nach Auffassung des Vermittlungsausschusses eine Ausbildungszeit von 1 1/2 Jahren, zumal sie für Bewerber ohne mittlere Reife in Zukunft durch das Praktikum auf insgesamt 2 1/2 Jahre verlängert wird.
Zu § 4 Abs. 3 empfiehlt der Vermittlungsausschuß in Übereinstimmung mit dem Bundesrat, die Lehrgangsdauer innerhalb des Vorbereitungsdienstes für die gehobene Laufbahn wie bisher bei 9 Monaten zu belassen. Da durch das grundsätzliche Erfordernis des Reifezeugnisses und durch die Verlängerung der Ausbildungszeit für Bewerber ohne Abitur von bisher 3 auf 5 Jahre die Voraussetzungen für den Eintritt in den gehobenen Dienst wesentlich erschwert worden sind, sieht der Vermittlungsausschuß keinen Anlaß, die Lehrgänge über die bisher übliche Zeit von 9 Monaten hinaus auf 12 Monate auszudehnen.
Die Vermittlungsvorschläge zu § 6 Abs. 2 Satz 1 und § 6 Abs. 3 Satz 1 übernehmen die soeben erläuterten Änderungen hinsichtlich der Dauer des Vorbereitungsdienstes und der Lehrgänge auch für die Fälle, in denen Beamte in die Laufbahn des mittleren und des gehobenen Dienstes aufsteigen und hierfür ausgebildet werden. Der Vorschlag zu § 6, der den Aufstieg in die Laufbahn des mittleren Dienstes betrifft, ist eine Folge der zu § 3 Abs. 3 vorgeschlagenen Änderungen.
Für den Aufstieg in den gehobenen Dienst hält es der Vermittlungsausschuß ebenso wie der Bundesrat für ausreichend, die Aufstiegsbewerber nur 2 Jahre auszubilden und die Lehrgangsdauer - wie bei Laufbahnbewerbern - auf 9 Monate zur beschränken. Dies ist insbesondere auch deshalb gerechtfertigt, weil die für den Aufstieg vorgesehenen Beamten besonders qualifiziert sind und bereits über beachtliche praktische Erfahrung verfügen. Dagegen lehnte es der Vermittlungsausschuß ab, eine weitere Kürzung der Ausbildungszeit für Aufstiegsbewerber bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen im Einzelfall zuzulassen. Ebenso hat der Vermittlungsausschuß den Änderungsvorschlägen des Bundesrates zu § 4 Abs. 2 nicht entsprochen. Es bleibt somit dabei, daß auf das Praktikum, das dem Vorbereitungsdienst für die gehobene Laufbahn vorangeht, eine für die Ausbildung förderliche Tätigkeit nur bis zu einem Jahr angerechnet werden kann.
Was den § 9 bezüglich des Beginnes der Anwendung des Gesetzes betrifft, schlägt der Vermittlungsausschuß in Übereinstimmung mit dem Bundesrat vor, das Gesetz erstmals auf Bewerber anzuwenden, die ihre Ausbildung erst nach dem 31. März 1962 - und nicht schon nach dem 31. März 1961 - beginnen. Damit können die zur Ausführung des Gesetzes notwendigen Ausbildungs- und Prüfungsordnungen ohne Zeitdruck erlassen werden. Im übrigen hat jedoch der Vermittlungsausschuß von der Übernahme des redaktionellen Änderungsvorschlages zu § 9 abgesehen.
Minister Dr. Schaefer
Namens des Vermittlungsausschusses bitte ich das Hohe Haus, dem Antrag Drucksache 2595 zuzustimmen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Der Vermittlungsausschuß hat beschlossen, daß im Deutschen Bundestag über die Änderungen gemeinsam abzustimmen ist.
Ich rufe den Antrag Drucksache 2595 zur Abstimmung auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich, ein Zeichen zu geben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag ist einstimmig angenommen.
Ich rufe den nächsten Punkt der Tagesordnung auf:
Mündlicher Bericht des Vermittlungsausschusses zu dem Arzneimittelgesetz ({0}) .
Berichterstatter ist der Abgeordnete Dr. Schäfer als Vertreter des Herrn Abgeordneten Seidl ({1}).
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf in Vertretung des Herrn Berichterstatters, des Herrn Kollegen Seidl ({0}), ganz kurz folgendes berichten: Der Bundesrat hat in seiner Sitzung vom 3. März 1961 den Vermittlungsausschuß angerufen, und zwar in 23 Punkten. Es würde sehr viel Zeit in Anspruch nehmen, auf all diese einzelnen Punkte einzugehen. Ich darf auf die Drucksache 2596 verweisen. Ich möchte lediglich zu einem Punkt einige wenige Ausführungen machen. Im wesentlichen sind es technische Dinge, die zur Anrufung des Vermittlungsausschusses führten.
Der Bundesrat hatte sich aber gegen § 20 des vom Bundestag beschlossenen Gesetzes gewandt. Dort ist vorgesehen, daß die Registrierung der Arzneispezialitäten beim Bundesgesundheitsamt erfolgen soll. Der Bundesrat war der Auffassung, daß sie bei den zuständigen Landesbehörden erfolgen solle, da auch die Überwachung Sache der Landesbehörden sei. Der Vermittlungsausschuß hat sich nach eingehender Beratung dem nicht angeschlossen und empfiehlt, bei dem Beschluß des Bundestages zu bleiben.
Ich darf zur Abkürzung des Verfahrens und mit der Bitte um Zustimmung des Hauses den Bericht des Herrn Kollegen Seidl zu Protokoll geben und darf im Auftrage des Vermittlungsausschusses bitten, dem Antrag Drucksache 2596 zuzustimmen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Der Bericht wird zu Protokoll genommen. *)
Auch hierzu hat der Vermittlungsausschuß beschlossen, daß gemeinsame Abstimmung im Bundestag erfolgen solle.
Ich rufe zur Abstimmung den Antrag Drucksache 2596 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich, ein Zeichen zu geben. - Gegenprobe! - Auch einstimmig angenommen.
*) Siehe Anlage 2.
Ich rufe als nächsten Punkt auf:
Mündlicher Bericht des Vermittlungsausschusses zu dem Gesetz zur Änderung des Länderfinanzausgleichsgesetzes 1958 und des Fünften Überleitungsgesetzes ({0}).
Auch diesen Bericht erstattet Herr Minister Dr. Schaefer.
Dr. Schaefer, Minister des Landes SchleswigHolstein: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dem von dem Deutschen Bundestag am 22. Februar dieses Jahres verabschiedeten Gesetz zur Änderung des Länderfinanzausgleichsgesetzes und des Fünften Überleitungsgesetzes hat der Bundesrat in seiner Sitzung am 3. März dieses Jahres nicht zustimmen können, weil er nicht bereit ist, die durch die Einbeziehung des Saarlandes in den Länderfinanzausgleich eintretende finanzielle Mehrbelastung, soweit sie das erste Vierteljahr 1961 mit einem Gesamtbetrage von rund 30 Millionen DM betrifft, hinzunehmen. Er beschloß daher, dieserhalb den Vermittlungsausschuß anzurufen.
Dem Begehren des Bundesrats hat sich der Vermittlungsausschuß nicht verschließen können und stellt einstimmig den Antrag, die in der Drucksache 2597 vorgeschlagene Änderung des Gesetzes zu beschließen.
Zur Begründung dieses Antrags darf ich folgendes ausführen. Nach dem Fünften Überleitungsgesetz vom 30. Juni 1959 hatte der Bund dem Saarland bis zum Ende des Rechnungsjahres 1960 eine Finanzhilfe zu gewähren. Gleichzeitig wurde bestimmt, daß anschließend ab Rechnungsjahr 1961 das Länderfinanzausgleichsgesetz erstmals auf das Saarland anzuwenden ist. Zur Zeit des Erlasses des Fünften Überleitungsgesetzes war zwar die Frage der Anpassung des Rechnungsjahres an das Kalenderjahr bereits Gegenstand der Erörterung, und der Bundestag hatte im Anschluß an die am 12. Juni 1959 erfolgte Verabschiedung des Bundeshaushaltsplans die Bundesregierung aufgefordert, einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen und die Länder zu bewegen, sich ihrerseits dem Vorgehen des Bundes ab 1. Januar 1961 anzuschließen. Indessen stand es im Sommer 1959 noch offen, ob sich alle Länder dem Vorhaben des Bundes überhaupt oder bereits ab 1. Januar 1961 anschließen würden. Tatsächlich hat Baden-Württemberg den Übergang zum Kalenderjahr erst für den 1. Januar 1962 vorgesehen. Bei Erlaß des Fünften Überleitungsgesetzes am 30. Juni 1959 konnte also noch nicht ohne weiteres erwartet werden, daß das Ende des Rechnungsjahres 1960, mit welchem die Finanzhilfe des Bundes für das Saarland aufhören sollte, statt auf den 31. März 1961 bereits auf den 31. Dezember 1960 fallen und dementsprechend das Saarland schon ab 1. Januar 1961 in den Länderfinanzausgleich einbezogen würde.
Für die Länder bestand daher seinerzeit keine Veranlassung, mit einem anderen Termin der Beendigung der Saarhilfe des Bundes als dem des 31. März 1961 zu rechnen.
Auch in Zusammenhang mit dem gegen Ende 1959 eingebrachten Gesetzentwurf zur Umstellung des
Minister Dr. Schaefer
Rechnungsjahres auf das Kalenderjahr ist diese Frage weder im Bundesrat noch im Bundestag aufgetaucht. Auch die Bundesregierung hat in ihrer Begründung zu dem Gesetzentwurf nicht erkennen lassen, daß durch die Vorverlegung des Rechnungsjahres die Frage der Saarhilfe des Bundes berührt würde. Man konnte daher nicht annehmen, daß auch das Fünfte Überleitungsgesetz von dem Umstellungsgesetz erfaßt werden sollte.
Gerade die Tatsache, daß das nunmehr vorliegende Änderungsgesetz nicht nur die Termine und Fristen des Länderfinanzausgleichsgesetzes an die Umstellung des Rechnungsjahres anpaßt, sondern auch das Fünfte Überleitungsgesetz betreffend das Saarland zu diesem Zwecke einbezieht, beweist, daß das Gesetz zur Umstellung des Rechnungsjahres den Zeitpunkt des Auslaufens der Bundeshilfe für das Saarland damals unberührt gelassen hat.
Da somit das vorliegende Änderungsgesetz nur die Aufgabe haben kann, gewisse Termine und Fristen an die Umstellung des Rechnungsjahres anzupassen, und daher lediglich eine Novelle mit rein technischem Inhalt darstellt, kann es irgendwelche finanzwirtschaftliche Konsequenzen hinsichtlich der Lastenverteilung zwischen Bund und Ländern nicht haben. Der Vermittlungsausschuß hat diesen Standpunkt des Bundesrats einmütig anerkannt, während die seitens der Bundesregierung vorgebrachten Einwendungen verfassungsrechtlicher und finanzpolitischer Art den Vermittlungsausschuß nicht überzeugen konnten.
Namens des Vermittlungsausschusses bitte ich das Hohe Haus, dem Antrag Drucksache 2597 zuzu stimmen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Ich rufe den Antrag des Vermittlungsausschusses auf Drucksache 2597 auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich, Zeichen zu geben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Auch dieser Antrag ist einstimmig angenommen.
Ich rufe auf:
Dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1961 ({0}) Drucksachen 2050, 2300, 2500 bis 2529); Zusammenstellung der Beschlüsse des Bundestages in zweiter Beratung ({1}).
Ich eröffne die allgemeine Aussprache zum Haushalt im ganzen. Das Wort hat der Herr Abgeordneter Schoettle.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es sollte eigentlich einer der sogenannten großen Tage des Parlaments sein. Ein Blick in das Haus und ein Blick auf die Regierungsbank könnte eigentlich einen gegenteiligen Eindruck erwecken. Ich weiß, daß sich der Chef der Regierung in Urlaub befindet. Aber was sonst hier an Vertretern der Ressorts auf der Regierungsbank glänzt, ist nicht gerade überzeugend. Ich überlege mir - und vielleicht sei mir diese ketzerische Bemerkung gleich zu Beginn gestattet -, wie das Bild eigentlich aussehen wird, wenn wir solche Tage nach dem von der Mehrheit dieses Hauses beschlossenen Umbau des Plenarsaales erleben.
({0})
- Wir kennen uns, Herr Huth, und wissen, daß wir einer Meinung sind.
Lassen Sie mich zur Sache kommen!
Unter der Überschrift „Hand in, fremder Tasche" war in der gestrigen Ausgabe einer Bonner Zeitung zur Beratung des Bundeshaushalts 1961 neben mancherlei Gescheitem auch folgendes zu lesen:
Auf dem Weg durch das Parlament und die Ausschüsse ist der Etat 1961 von knapp 45 Milliarden DM bei der Vorlage durch den Bundesfinanzminister im letzten Herbst um mehr als 3 Milliarden auf heute 48 Milliarden angeschwollen.
({1})
In diesem Satz ist - wenn man zunächst einmal von allem anderen absieht - das Ergebnis der Haushaltsberatungen rund und nett zusammengefaßt. In der Tat liegt dem Hohen Hause heute ein Haushalt zur Verabschiedung vor, der gegenüber dem Haushalt 1960 mit seinen rund 42 Milliarden DM um mehr als 6 Milliarden angestiegen ist. Gegenüber dem Entwurf, den der Herr Bundesfinanzminister im Herbst vorigen Jahres dem Hohen Hause eingebracht hat, beträgt die Steigerung immer noch beinahe 3,3 Milliarden DM.
Wenn ich an die Ausführungen denke, die ich selber bei der ersten Beratung gemacht habe, komme ich mir einigermaßen merkwürdig vor. Ich glaubte nämlich damals, den Entwurf der Regierung so charakterisieren zu können, daß ich sagte, sein ins Auge fallendes Merkmal sei, daß er wieder einmal um rund 3 1/2 Milliarden DM höher als sein Vorgänger sei; die Ressortministerien hätten offenbar überhaupt keine Vorstellungen von den Grenzen des Möglichen gehabt, als sie gleich 6 Milliarden DM mehr als im Vorjahr gefordert hätten. Was damals als Maßlosigkeit der Ressorts angesehen werden konnte, ist in der Zwischenzeit Haushaltswirklichkeit geworden. Die 48-Milliarden-Grenze ist überschritten.
Die Frage ist: Wie ist diese zusätzliche Erhöhung des Haushaltsvolumens zustande gekommen? Die von mir zitierte Bonner Zeitung steht sicher für viele andere, die das Verslein von den ausgabefreudigen Parlamentariern nachbeten werden. Hierzu muß festgestellt werden, daß nach der Überweisung des Haushalts an den Haushaltsausschuß die Bundesregierung selber durch ihre Änderungslisten jene zusätzliche Steigerung von mehr als 3 Milliarden DM herbeigeführt hat.
({2})
Natürlich können wir nicht leugnen, daß das Parlament selber durch seine Beschlüsse die Grundlagen für die Regierungsvorschläge geliefert hat. Die Verpflichtung zur Objektivität gebietet, beide Seiten der Sache zu sehen. Ich erinnere an die Erhöhung der Bezüge im öffentlichen Dienst, die mit 500 Millionen DM zu Buche steht. Auch andere Positionen, die zur Ausweitung über den ursprünglichen Regierungsentwurf hinaus geführt haben, sind kaum bestritten. Da ist der vorsorglich in den Haushalt eingesetzte Betrag von 375 Millionen DM für die Erweiterung des Kindergeldes, 118 1/2 Millionen DM für den Wohnungsbau, die Erhöhung des Ansatzes für Beihilfen an Angehörige des öffentlichen Dienstes um 277 Millionen DM und die Vermehrung des Ansatzes für Wiedergutmachungsleistungen um 200 Millionen DM. Das sind alles Leistungserhöhungen, über die in diesem Hause weitgehende Übereinstimmung herrschte. Nimmt man schließlich die Steigerung der Leistungen des Bundes für die Landwirtschaft um 400 Millionen DM hinzu, hat man schon eine Summe von 1870 Millionen DM für echte Leistungserweiterungen.
Die Industrieanleihe für die Entwicklungshilfe mit ihren 1 1/2 Milliarden DM, die allerdings immer noch nicht voll eingezahlt sind - das muß man bei dieser Gelegenheit auch wieder einmal feststellen -, führt zu einer optischen Verfälschung des Bildes, weil sie als ein sogenannter durchlaufender Posten sowohl die Einnahmen wie die Ausgabenseite des Bundeshaushalts erhöht.
Der Herr Bundesfinanzminister hat in diesen Tagen der Haushaltsdebatte mehrmals von der „Ausgabensinnlichkeit" gewisser Leute gesprochen, wohl mit einem Seitenblick zur Opposition. Daß er wenigstens den Sozialdemokraten in diesem Hause gegenüber nicht die alte Milchmädchenrechnung wiederholt hat, die verschiedenen Anträge einfach zu addieren, um dann triumphierend feststellen zu können, wie unvernünftig und verantwortungslos die böse Opposition mit öffentlichen Mitteln umzugehen beabsichtige, könnte man als einen gewissen Fortschritt bezeichnen. Allerdings hat der Herr Minister dieses Spiel gegenüber der FDP in einer um so massiveren Weise fortgeführt. Welche Gründe er dafür hatte, das zu untersuchen, ist nicht meine Sache.
Es ist ja wohl selbstverständlich, meine Damen und Herren, daß die Anträge, die wir sowohl im Haushaltsausschuß als auch in der zweiten Beratung im Plenum gestellt haben, nicht von dem Wunsch bestimmt waren, die Ausgaben des Bundes zu erhöhen. Sie dienten dazu, jene Akzentverschiebungen und Gewichtverlagerungen vorzunehmen und politisch zu unterstreichen, die wir für nötig halten, weil wir in einer Reihe von Punkten eine andere Rangordnung der Aufgaben des Haushalts für richtig halten.
({3})
Das sollte man endlich auch im Lager der Regierung und der Regierungsparteien zugeben.
Übrigens hätten die von uns gestellten Anträge im Falle der Annahme alles in allem zu einer Erhöhung des Haushaltsvolumens um rund 1% geführt. Auch das muß man wissen. Gegenüber den Zahlen, die im Laufe der Beratungen durch Regierungsvorschläge in Bewegung gesetzt worden sind, ist das außerordentlich bescheiden. Die Ablehnung unserer Anträge war selbstverständlich ebenso eine politische Entscheidung wie die, daß wir diese Anträge gestellt haben. Darüber soll hier nicht gerechtet werden, wenngleich der Beschluß der Regierungspartei, keinerlei Anträge der Opposition zu akzeptieren, und zwar ohne Rücksicht auf ihre sachliche Berechtigung, den Beratungen des Plenums des Bundestages eigentlich einen wesentlichen Teil ihres Sinnes nimmt.
({4})
Wenn der Haushalt trotz der beträchtlichen Ausgabenerhöhungen, die sich aus den Vorschlägen der Bundesregierung ergeben haben, ausgeglichen erscheint, so geht das auf folgende Tatbestände zurück. Zunächst sind die Ansätze für die Steuern überprüft und auf Grund der Ratschläge der wissenschaftlichen Institute erhöht worden. Man darf nur hoffen, daß die Voraussetzungen, die zur Erhöhung der Einnahmenschätzung geführt haben - nämlich eine Steigerung des Sozialprodukts gegenüber 1960 um 8 % - durch die Entwicklung gerechtfertigt werden. Nachdem auf der Einnahmenseite alle Möglichkeiten für den Ausgleich erschöpft waren, blieb noch ein ungedeckter Fehlbetrag von 500 Millionen DM.
Dieser Fehlbetrag wurde schließlich dadurch ausgeglichen, daß man im Einzelplan 60 eine Minderausgabe von 500 Millionen DM einsetzte. Das ist nicht, wie man vielleicht meinen könnte, ein Trick; diese 500 Millionen DM sind bereits aus den laufenden Einnahmen des Finanzjahres 1960 geleistet worden. Sie stehen aber erst 1961 zu Buch, und der Finanzminister kann den dadurch frei gewordenen Betrag sozusagen auf seine Haben-Seite buchen. Der Ausgleich ist also der Sache nach erreicht, wie es das Grundgesetz befiehlt.
Ich habe versucht, hier den Vorgang des Haushaltsausgleichs sehr zusammenzufassen. Man muß das tun, um wenigstens eine Vorstellung von den Ergebnissen der bisherigen Beratungen zu geben.
In diesem Zusammenhang möchte ich doch noch einiges über den Zeitpunkt der Verabschiedung dieses Haushalts 1961 sagen. Sie erfolgt zweieinhalb Monate nach dem durch das Gesetz vorgeschriebenen Termin für das Inkrafttreten. Bis der Bundesrat beraten, die Bundesregierung ausgefertigt und der Bundespräsident verkündet haben werden, werden wir bereits mehr als ein Vierteljahr des Haushaltsjahres hinter uns haben. Dabei hat sich der Haushaltsausschuß - das darf ich wohl in diesem Hause feststellen - nicht geschont. Er hat in 27 zum großen Teil ganztägigen Sitzungen ein ganz außerordentliches Arbeitspensum erledigt. Wenn es trotzdem nicht gelungen ist, den Haushalt rechtzeitig hier im Plenum zu verabschieden, so beruht das darauf, daß es auf Grund der von diesem Hause beschlossenen Fristen einfach nicht gelingen kann.
Durch den Termin des 5. Oktober des Haushaltsjahres, der nach der Änderung der Reichshaushaltsordnung durch das Gesetz über die Anpassung des Haushaltsjahres an das Kalenderjahr als äußerster Termin für die Vorlage des Regierungsentwurfs an das Parlament gesetzt ist, wird sich in jedem normalen Jahr dieselbe Lage ergeben. Praktisch stehen für die Beratung eines Haushalts von 48 Milliarden lediglich gute zwei Monate zur Verfügung, wobei von der Mitwirkung des Bundesrates noch gar nicht die Rede ist.
Ich will dabei nicht einmal an das vermutliche Schicksal des Haushalts 1962 denken. Wahljahre sind Sonderfälle. Aber die Frage erhebt sich: Wie können wir - und ich glaube, da besteht ein übereinstimmendes Interesse aller politischen Gruppen in diesem Hause - in den kommenden Jahren, in den normalen Jahren, zu einer rechtzeitigen Verabschiedung des Bundeshaushalts kommen?
Ich meine, wir sollten uns ernstlich die Frage vorlegen, ob wir nicht dadurch eine gewisse Änderung erreichen und eine Erleichterung herbeiführen können, daß wir etwa die Personaltitel im Bundeshaushalt in einer zweijährigen Veranschlagungsperiode behandeln.
({5})
Ich glaube, daß sich dadurch die Beratungen erheblich vereinfachen und auch verkürzen ließen. Dann könnte man wechselweise einmal die Personaltitel, das andere Mal die Sachtitel stärker unter die Lupe nehmen. Die Beratungen würden auf jeden Fall in jedem Jahr entlastet.
Ich bin mir klar darüber, meine Damen und Herren, daß eine solche Methode auch andere Seiten hat. Sie würde z. B. nach meiner Auffassung die Regierung verpflichten, in ihrer Personalwirtschaft außerordentlich genau zu sein, genauer als heute,
({6})
und keine Vorratswirtschaft zu treiben. Denn sonst wäre natürlich der Versuch, die Personaltitel nur alle zwei Jahre einer Überprüfung zu unterziehen, einer Versuchung gleichzusetzen, das Parlament an der Nase herumzuführen, und das wollen wir ja auch nicht.
Das ist also, wie gesagt, kein Rezept, und ich bin mir klar darüber, daß darüber noch im einzelnen gesprochen werden müßte. Aber die Sache scheint mir einer Überlegung wert zu sein. Denn das Ziel, zu einer ordnungsgemäßen und rechtzeitigen Verabschiedung des Bundeshaushalts zu kommen, ist wohl vom Standpunkt der Würde und der Position des Parlaments nicht gering anzuschlagen.
Schließlich noch eine Bemerkung zu einem Problem, das uns jahrelang beschäftigt hat, zum Problem der Ausgabenreste. Ich darf hier wiederholen, was mein Kollege Schäfer bei der Beratung des Einzelplans 14 gesagt hat, und möchte es auf die ganze Haushaltsbewirtschaftung ausdehnen. Es ist dem Bundesfinanzminister gelungen, den Turm der Ausgabenreste, den wir jahrelang mit uns herumgeschleppt haben, doch so weitgehend abzubauen, daß man von einer Normalisierung der Lage sprechen kann. Allerdings, im Hinblick auf die Gesamtentwicklung des Bundeshaushalts ist festzustellen, daß der Herr Bundesfinanzminister Etzel - sicher nicht mit Begeisterung und aus freien Stücken - recht kräftig an der Treppe weitergebaut hat, über die Jahr um Jahr der Haushalt zu immer höheren Milliardenregionen aufsteigt. Hier von Schuld zu sprechen, ist sicher verfehlt. Zu sagen, es sei Schicksal, wäre zu fatalistisch. In manchen Fällen ist ja auch die Erhöhung das Ergebnis politischer Spekulationen oder Pressionen gewesen. Das wissen wir nur allzu gut. Herr Etzel hat selbst einmal erklärt, daß er von der Zusage einer Summe von neun Stellen an eine gewisse Interessengruppe erst aus der Zeitung erfahren habe. Das wirft lediglich ein kleines Schlaglicht auf gewisse Verhältnisse im Regierungsbereich, über die wir alle Bescheid wissen.
Hier ist der Punkt, wo man vielleicht auch eine Frage an die Zukunft richten darf. In den zurückliegenden Jahren ist der Ausgleich des Haushalts und die Einhaltung seiner Zahlungsversprechen durch die Entwicklung der Steuereingänge ermöglicht worden. Die außerordentlichen Haushalte wurden in der Regel aus laufenden Einnahmen gedeckt, Anleihen wurden kaum aufgenommen. Wir haben darüber mehrfach gesprochen. In diesem Haushalt 1961 schließlich ist der außerordentliche Haushalt auf den verhältnismäßig bescheidenen Umfang von 1,5 Milliarden zurückgeführt worden, der nach dem Haushaltsgesetz durch Anleihen aufgebracht werden soll. Wie es sich damit verhalten wird, das werden wir ja sehen. Es gibt keine Garantie dafür, daß sich das Steueraufkommen auch in künftigen Jahren stets so sehr nach den Bedürfnissen des wachsenden Haushalts orientieren wird, wie es das bisher offenbar getan hat. Das ist die eine Seite der Sache.
Die andere sieht so aus: Die Anforderungen an den Bundeshaushalt werden auf einer Reihe von Gebieten - darüber sind sich heute alle Einsichtigen einig - weiter steigende Tendenz haben. Die Leistungen zur Entwicklungshilfe werden sicher auch in kommenden Jahren notwendig sein. Sie werden, ohne daß ich hier irgendeine Aussage über ihren Umfang machen will - das liegt nicht im Interesse irgendeiner Seite des Hauses -, den Bundeshaushalt berühren; sie werden den Bundeshaushalt belasten. Darüber kann gar kein Streit sein. Die Verteidigungslasten werden ebenfalls ihre Tendenz, anzuwachsen, nicht verleugnen. Es sind noch zahlreiche andere Aufgaben, die ebenfalls nach größeren Anstrengungen geradezu schreien. Ich denke dabei nur an die Aufgaben der Wissenschaftsförderung und den Ausbau unseres gesamten Bildungswesens, von dem sich der Bund nicht etwa unter Berufung auf das Karlsruher Urteil dispensieren kann. Die Anforderungen an den Bundeshaushalt dürften also wachsen.
Die Frage stellt sich: Wie sollen die Mittel aufgebracht werden? Werden die bisherigen Einnahmequellen des Bundes ausreichen? Werden Steuererhöhungen notwendig werden, oder ist es möglich,
jene Reserven auszuschöpfen, die anerkanntermaßen auch in unserem gegenwärtigen Steuersystem stekken? Ich darf mich in diesem Punkt auf die Ausführungen meines Fraktionskollegen Seuffert bei der Beratung des Haushalts des Bundesfinanzministers beziehen. Seuffert hat in der 148. Sitzung eingehend Stellung genommen zu den Fragen der Steuerbelastung, der Steuerlastverteilung und den Möglichkeiten, auf dieser Grundlage sowohl Korrekturen vorzunehmen, wie wir sie im Interesse der breiten Masse der Bevölkerung für nötig halten, und auf der anderen Seite das Steueraufkommen im ganzen dadurch zu halten, daß die Reserven ausgeschöpft werden. Schließlich bliebe noch zu überlegen, ob nicht durch eine klare Trennung der Investitionen von dem übrigen Haushalt und durch die Inanspruchnahme des Kapitalmarktes ebenfalls Mittel zu mobilisieren sind.
Die starke Betonung der Absicht, keine Steuererhöhungen vornehmen zu wollen, erweckt doch den Verdacht, daß die gegenwärtige Regierung ihre Position im Wahljahr nicht durch Andeutungen über Absichten schwächen möchte, wie sie hinter den Kulissen recht häufig doch erwogen werden.
In diesem Zusammenhang möchte ich auch eine andere Überlegung stellen: die Frage des Finanzausgleichs zwischen den verschiedenen Teilhabern an der öffentlichen Finanzwirtschaft, dem Bund, den Ländern und den Gemeinden. Diese Frage wird zweifellos in ein akutes Stadium treten. Dafür sprechen viele Anzeichen. Dabei kann man nicht nur von der Tatsache ausgehen, daß gegenwärtig die Kassensituation bei den Ländern recht günstig ist und daß sie an dem gestiegenen Steueraufkommen weit stärker beteiligt sind als der Bund. Das ist eine Tatsache, die nicht zu leugnen ist. Aber niemand weiß, wie lange diese Situation andauern wird. Das Problem einer Neuverteilung der öffentlichen Finanzmasse ist unabhängig von diesem temporären Tatbestand gestellt.
Herr Staatssekretär Dr. Hettlage hat am 14. Dezember 1960 in diesem Hause folgendes erklärt; ich darf ihn mit der Erlaubnis des Herrn Präsidenten zitieren:
Ein großer Finanz- und Steuerverbund zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden, wie ihn die Weimarer Reichsverfassung mit einem wohlausgewogenen Überweisungs- und Ausgleichssystems kannte, würde den heutigen und künftigen Bedürfnissen besser dienen. Er gäbe den Gemeinden ihre Stellung als dritte selbständige Gruppe im System der bundesstaatlichen Finanzverfassung zurück. . . Eine umfassende kommunale Finanz- und Steuerreform, deren Programm nicht durch die Schranken der gegenwärtigen Finanzverfassung begrenzt werden darf, sollte daher alsbald in Angriff genommen werden. Sie setzt ein Zusammenwirken aller politischen Kräfte in Bund und Ländern voraus.
Dieser Erklärung des Herrn Staatssekretärs können wir durchaus zustimmen. Die Verwirklichung der Aufgabe, von der Herr Hettlage sprach, würde allerdings voraussetzen, daß die Rangfolge der Aufgaben, die Bund, Länder und Gemeinden-jeder
für sich - im Rahmen unserer staatlichen Gemeinschaft zu lösen haben, klar festgelegt wird. Dann würde sich wahrscheinlich auch von selbst der Maßstab für die richtige Verteilung für die öffentliche Finanzmasse ergeben.
({7})
Wir Sozialdemokraten sind überzeugt, daß diese Aufgabe, wie auch der Herr Staatssekretär Hettlage meinte, bald in Angriff genommen werden muß.
({8})
Soweit es an uns liegt, werden wir unsere Mitarbeit dabei nicht versagen.
Gestatten Sie mir nun einen kurzen Rückblick auf die zweite Beratung des Bundeshaushalts! Es ist selbstverständlich nicht möglich und auch nicht erwünscht, hier die ganzen Phasen dieser Beratung von zwei Wochen zu rekapitulieren. Trotzdem muß man noch einmal einiges hierher projizieren. Man kann diese zweite Beratung insofern als einen Fortschritt begrüßen, als sich das Haus in sehr eingehenden Debatten zu den wichtigsten Einzelplänen sowohl mit dem materiellen Inhalt als auch mit dem politischen Gehalt des Etats auseinandersetzte. Das ist nicht immer so gewesen. Es ist, wie ich schon sagte, nicht meine Absicht, diese Auseinandersetzung zu wiederholen; aber ich kann nicht umhin, einige Bemerkungen zum Stil dieser zweiten Beratung zu machen.
Daß sich die Sprecher der Regierungspartei in Erfolgsmeldungen überboten, ist selbstverständlich und war zu erwarten, wenn es auch oft sehr weit jenseits jeder sachlichen Behandlung der zur Debatte stehenden Fragen lag. Noch gestern haben wir in diesem Hause ein Musterbeispiel erlebt: daß einer der Herren Bundesminister bei der Beratung seines Etats den Herrn Bundeskanzler zum größten Städtebauer ernannte. Mir schien das - ich muß das offen sagen - als eine Gipfelleistung des Byzantinismus, die schwerlich übertroffen werden kann.
({9})
Ob sie Ihnen, meine Damen und Herren von der Regierungspartei, propagandistisch nützt, wie das ja wohl die Absicht war, kann man dahingestellt sein lassen.
Wenn ich vom Stil der zweiten Beratung spreche, darf ich auch nicht vergessen, auf die merkwürdige Erscheinung hinzuweisen, daß in mehreren Fällen sozialdemokratische Vorsitzende von Fachausschüssen für Minusleistungen verantwortlich gemacht wurden, die ausschließlich auf die Unentschlossenheit und die ungeklärten Auffassungen der Mehrheitspartei zurückzuführen sind.
({10})
Ich gestatte mir in diesem Zusammenhang eine Frage. Meine Damen und Herren, wie weit wollen Sie in dieser Hinsicht gehen? Wollen Sie etwa auch den Vorsitzenden des Haushaltsausschusses dafür verantwortlich machen, daß der Bundeshaushalt nicht rechtzeitig verabschiedet werden kann?
({11})
Es wäre interessant zu wissen, bis zu welchem Ende Sie dieses Spiel, das Sie in der zweiten Beratung begonnen haben, treiben wollen. Aber darauf werden wir bei späteren Gelegenheiten sowieso noch zu sprechen kommen müssen.
Die Debatten in der zweiten Beratung wiesen einige Höhepunkte auf, die sich zum Teil aus aktuellen Ereignissen erklären lassen. Ich will zu diesen Höhepunkten nur einiges nachtragen und in einigen Punkten nochmals unterstreichen, was meine Parteifreunde dazu gesagt haben.
Der erste Punkt ist die Behandlung des Karlsruher Urteils im Fernsehstreit durch den Herrn Bundeskanzler, den Herrn Bundesinnenminister und den Herrn Bundesfinanzminister. In diesem Zusammenhang ist es vielleicht nicht ganz ohne Interesse, die Äußerung eines heute in der Bundesrepublik sehr führenden Mannes zur Kenntnis zu nehmen. Dieser Mann sagte 1947 zum Thema Verfassungsgericht, er erblicke in einem Verfassungsgerichtshof eine absolute Notwendigkeit. „Es gibt", so sagte er, „nicht nur eine Diktatur des einzelnen, es kann auch eine Diktatur einer parlamentarischen Mehrheit geben,
({12})
und davor wollen wir einen Schutz haben in der Form eines Staatsgerichtshofs. Auch darin wollen wir aus den Erfahrungen lernen, die wir 1933 gemacht haben." Der so sprach, und zwar am 24. November 1947 in der 17. Plenarsitzung des Zonenbeirats für die Britische Zone, war der gegenwärtige Herr Bundeskanzler Dr. Konrad Adenauer.
Seine Urteilsschelte gegenüber dem Karlsruher Gericht, die weit über das hinausging, was sachlich berechtigt war, ist ja noch in aller Erinnerung, und ebenso ist in Erinnerung, welche Schlußfolgerungen der Herr Bundesinnenminister Dr. Schröder an dieses Urteil knüpfte. Er sprach von einem Scherbenhaufen, vor dem wir nun stünden, nicht nur im Hinblick auf das Fernsehen, sondern überhaupt in unserer staatlichen Entwicklung; er sprach davon, daß das Karlsruher Urteil uns hinter Weimar zurückgeworfen habe, und er drohte Konsequenzen aus diesem Urteil an, die weit über den Bereich hinausgehen, für den die Karlsruher Richter zu urteilen hatten. Aus den Bemerkungen des Bundesinnnenministers konnte man den Schluß ziehen, daß die Bundesregierung ihre materiellen Leistungen auf einer Reihe von Gebieten einer Revision unterziehen wolle - Gebieten, die man in diesem oder jenem Sinne zur Kulturpolitik rechnen kann.
Wir möchten mit großem Nachdruck vor dieser Art von Panikmache nach dem Karlsruher Urteil warnen.
({13})
Nichts, aber auch gar nichts an dem Karlsruher Urteil, das neben einer zweifellosen Niederlage der Bundesregierung auch ebenso viele Anlässe zum gründlichen Nachdenken für alle anderen Beteiligten liefert, - nichts, so sage ich, rechtfertigt eine Haltung, die man sonst als „das Kind mit dem Bade ausschütten" zu bezeichnen pflegt.
Zu diesem Kapitel gehört auch die Haltung des Herrn Bundesfinanzministers. Er war zweifellos bei dem raffiniert ausgeheckten Spiel um Deutschland Fernsehen GmbH und Freies Fernsehen einer der am wenigsten Beteiligten. Vielleicht hat er es auch erst in den Ferien erfahren. Daß er, nachdem die Sache in Karlsruhe geplatzt war, Schaden von der Bundeskasse soweit wie möglich ablenken will, ist seine Pflicht und ist verständlich. Ob die Methode, durch die Eröffnung eines Leertitels, den die Regierungsmehrheit beschlossen hat, eine stille Liquidation des verfassungswidrigen Abenteuers auf Kosten des Steuerzahlers durchzuführen, haushaltsrechtlich vertretbar ist, steht auf einem ganz anderen Blatt.
({14})
Herr Professor Eschenburg, der bekannte Tübinger Professor für politische Wissenschaften, hat in der letzten Nummer der „Zeit" zu der ganzen Angelegenheit einen Satz geprägt, den ich doch hier für das Protokoll des Hohen Hauses festhalten will. „Technisch", so sagt Professor Eschenburg, „ist das Manöver, für das faktisch wohl Adenauer die Verantwortung trägt, virtuos durchdacht und durchgeführt worden. Hier bietet sich geradezu Material an für einen neuen Finanz-Machiavelli".
({15})
Mir will scheinen - so füge ich hinzu -, daß dieses Vorkommnis eigentlich der klassische Fall für einen parlamentarischen Untersuchungsausschuß wäre:
({16})
ein Gedanke, den wir uns noch überlegen müssen.
Ein anderer Punkt, den ich in die Erinnerung zurückrufen muß, ist die durch mancherlei Druck von innen und außen erzwungene Erklärung des Herrn Bundeskanzlers zu der Hetzkampagne gegen ehemalige Emigranten und insbesondere gegen den Regierenden Bürgermeister von Berlin Willy Brandt. Wir müssen auch heute sagen, daß wir diese Erklärung nicht für genügend halten und daß wir ein weit eindeutigeres Abrücken der Regierungsmehrheit in diesem Hause von einer Hetze erwarten, die von Organen dieser Partei selbst eifrig mit betrieben worden ist
({17})
und die, nach unserer Auffassung zum großen Schaden des demokratischen Deutschlands, auch heute noch weitergeführt wird.
({18})
Schließlich muß ich noch einmal auf die Debatte zum Einzelplan 14, zum Verteidigungshaushalt, zurückkommen. Der Herr Bundesverteidigungsminister hat in dieser Debatte versucht, Geschichtsklitterung im großen zu betreiben und die politische Position der Sozialdemokratischen Partei zur Frage der Landesverteidigung und der Verteidigung der Freiheit in Zweifel zu ziehen. Er hat das getan, indem er die militärtechnischen und militärisch-organisatorischen Fragen listigerweise von ihrem politischen Hintergrund trennte und wohl nicht ohne Absicht vergaß, daß die sozialdemokratische HalSchoettle
tung in den einzelnen Phasen der Entwicklung von dem Gedanken an die Überwindung der Spaltung unseres Landes bestimmt war.
({19})
Meine Damen und Herren, die geschichtliche Entwicklung der letzten Jahre hat zu unser aller Schmerz die Hoffnung auf eine baldige Lösung der deutschen Frage zerstört. Sie mögen sagen, daß diese Entwicklung Illusionen der Sozialdemokratie zerstört habe. Aber) schließlich, meine Damen und Herren, sind auch Ihre Illusionen zerstört worden, daß es mit Hilfe der militärischen Rüstung im Verband der westlichen Allianz gelingen könne, die Russen zur Freigabe ihrer Faustpfänder zu zwingen.
({20})
Wir Sozialdemokraten jedenfalls - und das sage ich mit aller Betonung - haben uns für unsere Haltung in der Vergangenheit nicht zu rechtfertigen.
({21})
Was den Punkt betrifft, um den sich die ganze Debatte drehte, „atomare Waffen oder nicht?", so mag die Frage erlaubt sein: Ist denn diese Frage für diejenigen, die gegen die Sozialdemokratie zu Felde ziehen, eine Frage der Weltanschauung oder ein Prüfstein für die nationale Zuverlässigkeit? Es wäre traurig, meine Damen und Herren, wenn Sie es dahin trieben.
({22})
In diesem Zusammenhang kann ich es nicht unterlassen, einen Vorgang zur Sprache zu bringen, der sich nach der Verteidigungsdebatte im Zusammenhang mit der Rede meines Parteifreundes Helmut Schmidt zugetragen hat. Der Herr General Kammhuber, dessen sachliche und persönliche Qualitäten alle, die ihn kennen, respektieren, hat sich, aus eigenem Entschluß oder von anderer Seite angefeuert, in einem Brief an den Abgeordneten Schmidt gewandt. Dieser Brief ist prompt durch das Bundesverteidigungsministerium veröffentlicht worden.
Ich habe dazu folgendes zu erklären. In Erinnerung an die schweren Folgen, welche die Kluft zwischen Armee und Arbeiterschaft für den ersten Versuch eines demokratischen deutschen Staatswesens hatte, müssen wir uns alle um ein Vertrauensverhältnis zwischen der Bundeswehr und allen demokratischen Kräften unseres Volkes bemühen.
({23})
Jeder Versuch, die Kluft zwischen bewaffneter
Macht und einer großen, unseren Staat mittragenden Kraft neu aufzureißen, schadet Staat und Volk.
({24})
- Ach, lassen Sie Ihre Zwischenrufe; ich gedenke sowieso in diesem Augenblick nicht darauf einzugehen.
Deshalb sollte sich die Regierungsmehrheit nicht dazu verleiten lassen, führende Soldaten der Bundeswehr als öffentliche Interpreten ihrer Politik zu mißbrauchen
({25})
und sie mit in die Auseinandersetzung der Parteien hineinzuziehen. Selbstverständlich steht jedem Soldaten in den durch das Soldatengesetz gezogenen Grenzen das Recht der freien Meinungsäußerung zu. Die Vertretung der Regierungspolitik in der Auseinandersetzung mit anderen ist jedoch Sache der dem Parlament verantwortlichen Minister und der Parteien, nicht aber amtlicher Auftrag der dem ganzen Volk verpflichteten Beamten und Soldaten.
({26})
Als die Regierungsmehrheit die Auseinandersetzung um die atomare Bewaffnung der Bundeswehr führte, machte sie in dem angenommenen Beschluß des Bundestages keinen Unterschied zwischen Atomwaffen und Abschußgestellen, sondern sprach von „modernsten" Waffen schlechthin. Die Redner der Regierungsparteien gaben dem geforderten Beschluß eine verschiedene Deutung. Die bekannte Generalsdenkschrift vom Sommer vergangenen Jahres fordert taktische Atomwaffen, ohne die Forderung auf Abschußgestelle einzuschränken. Äußerungen aus dem Regierungslager sind selber die Ursache dafür, daß im In- und Ausland die Forderung nach Atomwaffen für die Bundeswehr wörtlich genommen worden ist.
Den entstandenen Eindruck zu korrigieren, war, wie geschehen, Sache der Regierung. Einen Abgeordneten des Deutschen Bundestages, der auf den geschilderten Sachverhalt hingewiesen hat, der Unwahrheit zu zeihen, ist sachlich falsch. Wenn aber der amtierende Generalinspekteur der Bundeswehr zu einer solchen Äußerung veranlaßt wird, dann wird er damit zu einem Wortführer in einer politischen Auseinandersetzung, was nicht zu seinen Aufgaben gehört.
({27})
Dann wird das Vertrauensverhältnis zwischen Bundeswehr und allen Kräften des Volkes gefährdet und ein schlechtes Beispiel gegeben, das sich im Interesse der Wahrung der gesunden verfassungsmäßigen Stellung der Bundeswehr in unserem demokratischen Staat nicht wiederholen darf.
({28})
Der Herr Bundesverteidigungsminister hat übrigens gestern abend im Fernsehen mit nach unserer Meinung ausgesprochen unfairen, im Widerspruch zur Wahrheit stehenden Unterstellungen die Methode fortgeführt, die durch den Brief des Herrn General Kammhuber eingeleitet worden ist, und gegen meinen Parteifreund Helmut Schmidt in einer Weise polemisiert, die in offenem Widerspruch zu den Tatsachen steht.
({29})
Vielleicht darf ich in diesem Zusammenhang zitieren, was Herr Strauß vor nicht allzu langer Zeit gesagt hat:
... der Aufbau der Bundeswehr des in unserer Verfassung verankerten Verteidigungsinstruments für unser ganzes Volk. Deshalb muß die Bundeswehr aus dem tagespolitischen Streit jetzt endlich herausgehalten werden, wenn wir nicht alles Ansehen bei unseren Freunden ver8772
Tieren und zum Gespött für jeden Gegner werden sollen.
Es wäre gut, wenn der Herr Minister nicht nur bei solchen Gelegenheiten daran dächte, sondern wenn auch seine Praxis diesen schönen Grundsätzen entspräche.
({30})
Gestatten Sie mir, noch einige Änderungs- und Entschließungsanträge zu begründen, die meine Fraktion zur dritten Beratung auf den Umdrucken 791, 831 und 835 eingebracht hat.
Zur Begründung des Entschließungsantrags auf Umdruck 791, mit dem die Bundesregierung ersucht wird, Mittel des Bundes zur Durchführung der Vorschläge des Wissenschaftsrates auch für Grunderwerbs- und Aufschließungskosten zu bewilligen, möchte ich folgendes sagen. Der Wissenschaftsrat hat im Rahmen seiner Empfehlungen vorgeschlagen, daß für den Erwerb des erforderlichen Baugeländes und für die Erschließungskosten Bundesmittel zur Verfügung gestellt werden sollen. Der Haushaltsausschuß ist diesen Empfehlungen nicht gefolgt. Bei wiederholter Prüfung der Empfehlungen des Wissenschaftsrates kommt man aber zu der Feststellung, daß das ganze Gefüge der Empfehlungen ins Wanken kommt, wenn nicht gleichzeitig die entsprechenden Maßnahmen auf dem Gebiet des Grunderwerbs durchgeführt werden können. Das eine ist ohne das andere nicht durchführbar. Deshalb ist es erforderlich, daß die Empfehlungen des Wissenschaftsrates im ganzen vom Bundestag akzeptiert I werden. Dann kann man den Empfehlungen konsequent folgen. Eine Erhöhung der Mittel ist damit nicht verbunden. Der Präsident des Wissenschaftsrates hat sich erneut mit der dringenden Bitte an mich gewandt, zumindest noch in diesem Jahre den Empfehlungen des Wissenschaftsrates zu folgen. Ich bitte deshalb das Hohe Haus, dem Entschließungsantrag auf Umdruck 791 Ziffer 1 zu folgen.
Die Ziffer 1 des Änderungsantrags Umdruck 831 beschäftigt sich mit dem Problem der Honnefer Stiftung. Mit der Annahme des Antrags Umdruck 804 hat sich der Bundestag einstimmig dazu bekannt, daß über das Honnefer Modell hinaus Darlehen gewährt werden sollen. Nach den uns bereits vorliegenden Unterlagen wird der vorgesehene Teilbetrag von 4 Millionen DM nicht ausreichen. Wir stellen deshalb erneut den Antrag, hierfür 11,2 Millionen DM zur Verfügung zu stellen, und zwar nicht innerhalb der für das Honnefer Modell ausgewiesenen Mittel, sondern zusätzlich zu diesen Mitteln. Zumindest sollte Einigkeit 'darüber bestehen, daß das Bundesministerium des Innern ermächtigt wird, überplanmäßige Zahlungen zu leisten, wenn die Durchführung der beschlossenen Darlehnsforderungen den Betrag von 4 Millionen DM übersteigt.
Die CDU will offensichtlich - soweit bisher bekannt ist - an der Bemessungsgrundlage des Honnefer Modells festhalten. Diese Bemessungsgrundlage ist auf dem Dreifachen des Fürsorgerichtsatzes aufgebaut. Der Fürsorgerichtsatz hat sich aber in der Zwischenzeit um 25 v. H. erhöht. Demnach müßte, selbst wenn man an dem seitherigen Richtsatz festhält, die Bemessungsgrundlage des Honnefer Modells um 25 % angehoben werden. Da diese Anhebung bisher nicht erfolgt ist, ist die Zahl der geförderten Studenten zurückgegangen. Ein weiteres Festhalten an der Bemessungsgrundlage, ein Ansteigen der Löhne und Gehälter, aber auch der Lebenshaltungshosten würde zu einer weiteren Verringerung der Zahl der Stipendiaten führen. Das ist nicht im Sinne der früheren Beschlüsse des Bundestages. Es ist auch falsch, den Familien der Studenten heute eine höhere Belastung als in der Vergangenheit zuzumuten. Die Bundesregierung hat eine Überprüfung in Aussicht gestellt. Diese sollte möglichst schnell erfolgen, und zwar von einer möglichst geeigneten neutralen Stelle.
Ein dritter Antrag betrifft die Spitzenfinanzierung im Sport und liegt auf Umdruck 835 vor. Bei der Vergabe der Mittel des Bundes zur Spitzenfinanzierung des Baues von Turn- und Sportstätten wurde seither ein Höchstsatz von 27 % aufgestellt. Wir sind der Auffassung, daß finanzschwachen Gemeinden ein Zuschuß von 40 % gewährt werden sollte. Es geht insbesondere darum, den kleinen Städten und Landgemeinden nunmehr die Möglichkeit zu erschließen, eigene Turn- und Sportstätten zu errichten. Bund und Länder sollten 80 % der Finanzierung übernehmen können. Den finanzschwachen Gemeinden wird mit den verbleibenden 20 % noch immer eine für ihre Verhältnisse hohe Belastung zugemutet. Mit der Änderung der Vergaberichtlinien wird die Aktivität der Gemeinden wesentlich angespornt. Um den dann zu erwartenden Anträgen gerecht zu werden, beantragen wir, den vorgesehenen Betrag von 20 auf 30 Millionen DM zu erhöhen. Dies entspricht im übrigen der Zusage, die der Herr Bundeskanzler an anderer Stelle bereits gegeben hatte.
Meine Damen und Herren, im Verlauf der Debatte in der zweiten Beratung ist verschiedentlich die Haltung der sozialdemokratischen Fraktion gegenüber den Etats der einzelnen Ministerien Gegenstand 'des Gesprächs gewesen. Die sozialdemokratischen Sprecher haben mit Recht darauf aufmerksam gemacht, daß die Partei, die in diesem Hause gegenwärtig die absolute Mehrheit hat, in den Ländern, in denen sie in der Opposition steht, die Etats für das Schulwesen, für die Polizei und für andere wichtige Zweige der öffentlichen Verwaltung ablehnt, ebenso wie sie den Gesamthaushalt der Regierungen ablehnt, wenn sie ihre Gegnerschaft gegen diese Regierung und ihre Politik zum Ausdruck bringen will. Niemand wirft der CDU deshalb vor, daß sie gegen die Zwecke sei, die in diesen Haushalten verfolgt werden, oder gar gegen die Menschen, die als Angehörige des öffentlichen Dienstes in Zivil oder in Uniform beauftragt sind, die gestellten Aufgaben zu verwirklichen.
({31})
Was die Christlich-Demokratische Union dort praktiziert, wo sie in der Opposition steht, tun wir Sozialdemokraten hier im Bund, wo wir in der Opposition stehen. Wir haben an diesem Haushalt während seiner Beratung im Parlament in jeder Richtung positiv mitgewirkt. Wir lehnen ihn heute
ab, weil wir die Politik dieser Regierung nicht billigen.
({32})
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Vogel.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am Abschluß einer in der zwölfjährigen Geschichte dieses Hauses ungewöhnlich langen Debatte in der zweiten Lesung des Haushalts hat mein verehrter Herr Vorredner einen Rückblick auf diese Debatte geworfen, und auch ich will es von meiner Seite aus tun. Wir haben eine Debatte hinter uns, die - wenn Sie die Protokolle der Weimarer Zeit nachlesen - an Intensität und an Dauer, vielleicht auch an Hitzigkeit und an Schärfe des Wortwechsels den damaligen, wiederholt gerühmten Debatten der Zeit vor 1914 und zwischen 1918 und 1933 nicht nachsteht.
Anlaß war im Grunde genommen dabei weniger die Höhe des Haushalts von 48 Milliarden DM als eine große Zahl aktueller Fragen. Man geht wohl nicht fehl, wenn man im ersten Teil von einer großen Fernsehdebatte, die fast zwei Tage gedauert hat, und weniger von einer Haushaltsdebatte spricht.
Da mein Herr Vorredner auch zum „Stil" dieser Debatte Stellung genommen hat, lassen Sie mich auch dazu gleich einiges sagen. Nun, unsere Herren Bundesminister haben fast ausnahmlos geantwortet und nicht von vornherein das Wort ergriffen. „Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus." Ich wundere mich manchmal über die mimosenhafte Empfindlichkeit, mit der man dann, wenn man selbst scharf geworden ist, auf die Schärfe der Antwort reagiert, die von der anderen Seite kommt.
({0})
Das sollte man sich vorher überlegen, aber man sollte sich nicht nachher darüber beschweren.
Herr Kollege Schoettle, wenn Sie die Debatten im britischen Unterhaus nachlesen - ich habe mir einmal einen Katalog vorlegen lassen von den Ausdrücken, die ein so berühmter Staatsmannn wie Churchill gebraucht hat, und den Titulationen, die er seinen Gegnern an den Kopf geworfen hat -, so werden Sie feststellen, daß die hier gebrauchten Ausdrücke auf beiden Seiten noch recht milde ausgefallen sind.
({1})
- Ja, es gibt auch Spielraum. Aber über den Stil sollte man sich nicht übermäßig aufregen. Die Erregung legt sich dann im allgemeinen nach der Debatte. Wir wollen das auch nicht überschätzen. Ich möchte hier nur eins feststellen: Wenn man angreift, soll man sich auch im voraus auf die Reaktion gefaßt machen. Das ist ein normaler parlamentarischer Brauch und nichts Außergewöhnliches.
({2})
Nun, es mag sein, daß im Unterton der Rede meines Herrn Vorredners mit das Mißvergnügen
darüber herausklang, daß die hier mit sehr viel Raffinesse, sehr viel Hartnäckigkeit und großem strategischem Geschick aufgezogenen Angriffe gegen bestimmte Bundesminister gescheitert sind.
({3})
- Herr Kollege Schäfer, Sie selbst werden doch nicht leugnen können, daß vor allen Dingen der konzentrische Angriff mit Nebelwerfern und allen anderen Geschützsorten, über die man hier parlamentarisch auch verfügen kann, gegen Herrn Bundesminister Dr. Schröder völlig gescheitert ist.
({4})
Es ist auch nicht sehr viel davon übriggeblieben, was Sie nachher an anderen Bundesministern versucht haben, ob das nun meine Freunde Blank, ob das der Bundesverteidigungsminister, ob das der Bundeswohnungsbauminister oder - last not least -, wie das jedes Jahr geschieht, der Bundesfamilienminister Wuermeling gewesen sind.
Wir stellen jedenfalls fest, daß nach Ablauf von 12 Jahren ununterbrochener Regierungstätigkeit diese Regierung immerhin mit einem Schwung und einem Elan zu antworten in der Lage gewesen ist, die Ihre Hoffnungen zunichte gemacht haben. Das steht doch wohl fest.
({5})
Lassen Sie mich jetzt auf die einzelnen Punkte zu sprechen kommen, die unser allgemeines Interesse beanspruchen. Ich möchte meine Bemerkungen zum Haushalt selbst und zu den einzelnen Punkten dieses Haushalts mit einem Dank an das Bundesfinanzministerium für die wirklich äußergewöhnliche Arbeit beginnen, die geleistet worden ist.
({6})
Nachdem ein Neunmonatshaushalt vorangegangen war, mußte die ungewöhnliche Arbeit der Überbrückung zu einem Haushalt mit dem Haushaltsbeginn am 1. Januar geleistet werden. Dem Bundesfinanzminister und seinen Beamten und Angestellten haben wir zu verdanken, daß der Haushalt im Oktober vergangenen Jahres, wenn auch unter sehr großen Erschwernissen, rechtzeitig eingebracht werden konnte.
Im Haushaltsausschuß haben wir uns ohne Hast und Überstürzung die Mühe gemacht, die einzelnen Positionen durchzugehen. Ich spreche sicher auch in Ihrer aller Namen, wenn ich dem Personal des Haushaltsausschusses selber unseren Dank für die wirklich nicht einfache Arbeit ausspreche, die geleistet worden ist.
({7})
Ich möchte auch nicht versäumen, unserem verehrten Vorsitzenden, Herrn Kollegen Schoettle, unseren Dank auszusprechen. Wir haben uns gemeinsam redlich bemüht, der ungewöthnlich schwierigen Aufgabe gerecht zu werden. Am Ende einer zwölfjährigen Zusammenarbeit, wie sie zwischen dem Kollegen Schoettle und mir und manchen anderen Mitgliedern des Haushaltsausschusses besteht,
ziemt es sich vielleicht, einmal generell folgendes festzustellen: Wenn es in einem der zentralen Ausschüsse dieses Hohen Hauses gelungen ist, eine ungewöhnliche Atmosphäre der Sachlichkeit und eine staatspolitische Art der Betrachtung der einzelnen Haushaltstitel im großen und ganzen durchzusetzen, so scheint mir das kein geringer Gewinn generell für den Aufbau unseres Staatswesens zu sein. Das bei dieser Gelegenheit festzustellen, ist, glaube ich, eine Notwendigkeit am Ende einer 12jährigen Tätigkeit.
({8})
Sie machten vorhin einige Bemerkungen über die Ablehnung der Anträge ,der Opposition. Ja, was soll man als Sprecher der Mehrheit des Haushaltsausschusses dazu sagen, Herr Kollege Schoettle, wenn man selber eine Reihe vorwurfsvoller Blicke aus den eigenen Reihen auf sich gerichtet sieht wegen der Anträge, die wir um einer gewissen Konsequenz willen auch aus den eigenen Reihen abgelehnt haben? Denn wir stehen auf dem Standpunkt, Anträge sollten rechtzeitig im Haushaltsausschuß vorgebracht werden und dort durchberaten und auch von allen Seiten her beleuchtet und durchleuchtet werden; man sollte ihre Annahme nicht dem Zufall bei Einbringung in der zweiten oder dritten Lesung überlassen.
({9})
Wir haben diesen Grundsatz, obwohl wir uns dabei erheblich schwerer tun als Sie von der Opposition, in unseren eigenen Reihen durchgesetzt. Ich bitte auch, daß man diesen Punkt nicht ganz außer acht läßt.
Ich stelle genau wie Sie mit großer Befriedigung fest, daß sich das in den vergangenen Jahren bedrohliche Problem der Haushaltsreste jetzt durch die hervorragende Arbeit des Bundesfinanzministeriums in Zusammenarbeit mit dem Bundesverteidigungsministerium normalisiert hat und wir in Zukunft nur noch mit einigermaßen normalen Haushaltsresten zu tun haben werden.
({10})
Den Vorschlag, den Herr Kollege Schoettle gemacht hat, zu zweijährigen Haushalten in bezug auf Personalanträge und auch Sachanträge überzugehen, habe ich vor zwei Jahren auch schon gemacht. Wir sollten ernstlich einmal an die Verwirklichung einer solchen Möglichkeit herangehen. Vielleicht könnten sich die Ressorts unter Führung des Bundesfinanzministeriums darauf verständigen, mit dem Jahre 1962 zu beginnen, wo ja sehr vieles dafür spricht, zu einem solchen Verfahren überzugehen.
Was die Haushaltshöhe und die Möglichkeiten der Deckung der sehr, sehr hohen Ausgaben betrifft, hätte man natürlich daran denken können, einen alten finanzpolitischen Grundsatz zu verwirklichen: in Jahren großer Steuereinnahmen Reserven anzuhäufen und dann in Jahren knapper Einnahmen davon zu zehren. Daß das aus vielen Gründen in der Vergangenheit gescheitert ist, will ich hier nicht näher erläutern. Daß das in der gegenwärtigen Situation,
({11})
zum Teil unter außenpolitischen Aspekten, sich als unmöglich herausgestellt hat, wird auch sicher die Opposition nicht mehr leugnen.
({12})
- Ich freue mich, wenn Sie sagen, daß Sie das auch nie behauptet haben. In der Vergangenheit ist das doch manchmal durchgeklungen, wir sollten zu solchen Maßnahmen greifen.
Ich möchte hieran eine generelle Bemerkung zur Finanzkritik in Deutschland knüpfen. Es gibt relativ sehr wenige Haushaltssachverständige, innerhalb der deutschen Fachpresse sogar. Das was man in der Pseudo-Fachpresse, die sich als solche gebärdet
- ich will hier nicht Namen ausdrücklich nennen - manchmal liest, offenbart eine erschreckende Unkenntnis über die Notwendigkeiten, denen wir hier unterliegen, und über die politischen Möglichkeiten, die wir haben. Wer bis jetzt aus den amerikanischen Besuchen noch nicht gelernt hat, was die Stunde geschlagen hat, dem ist nach meiner Überzeugung einfach nicht zu helfen. Wir wissen, daß an sich der gesündeste Grundsatz nach wie vor wäre, mit Steuersenkungen zu arbeiten, anstatt die Ausgaben zu erhöhen. Aber ich freue mich, daß auch heute in den Worten meines Vorredners der berüchtigte und nach meinem Dafürhalten völlig falsche - weil unwahre - Vorwurf von „Wahlgeschenken" nicht aufgeklungen ist, denn er ist auch durch nichts zu begründen in den 'Mehrausgaben, die vor uns liegen.
Da wir auf der einen Seite durch die Kalkulation mit 9 statt 6 % Erweiterung des Bruttosozialprodukts 2,4 Milliarden DM an neuen Steuereinnahmen zu verzeichnen haben, konnten wir es auf der anderen Seite riskieren, mit den Ausgaben erneut um 2,9 Milliarden DM heraufzugehen. In der Öffentlichkeit ist im allgemeinen nicht gebührend beachtet worden, daß der Posten der Industrieanleihe für Entwicklungsländer von der Gesamthöhe in Abzug zu bringen ist und infolgedessen die Ausweitung nicht die volle Höhe hat, die sich im äußeren Zahlenbild des Haushaltsgesetzes zeigt.
Die Veränderungen, die der Haushaltsausschuß selber in Verfolg seiner Beratungen vorgenommen hat, bewegen sich - minus und plus zusammengenommen - um rund 100 Millionen DM. Die Streichungen überwiegen ein wenig. Wir haben eine Flut neuer Stellen bewilligen müssen. Das haben wir nicht gern getan. Wir haben einen sehr strengen Maßstab angelegt. Aber schließlich haben wir uns bestimmten Notwendigkeiten nicht verschließen können. Weil wir das getan haben, schoben wir auf der anderen Seite der Regierung einen Riegel vor, indem wir im Haushaltsgesetz nicht mehr die Möglichkeit verankert haben - darauf weise ich insbesondere noch einmal hin -, nach den Haushaltsberatungen mit neuen Stellenanforderungen für 1961 und 1962 gesondert zu kommen.
Daß im letzten Augenblick jetzt noch der Antrag über 1,5 Milliarden DM zum Ausgleich von Kursverlusten der Bundesbank eingebracht werden mußte, halte ich auch nicht gerade für technisch und haushaltsrechtlich besonders glücklich. Aber es war nicht zu vermeiden.
Ein weiterer Posten ist noch gar nicht in der Haushaltsrechnung enthalten. Ich habe aus dem Ausweis der Bundesbank vom Januar 1961 festgestellt, daß auch der größte Teil der Entwicklungsanleihe der Industrie in USA-Schatzwechseln angelegt war und daher ein Kursverlust von mindestens 28 bis 30 Millionen DM zu erwarten sein wird, der wahrscheinlich später in irgendeiner anderen Form auf uns zukommen wird.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich nun auf einzelne Punkte eingehen, die hier bei der dritten Lesung vielleicht noch einmal besonders unterstrichen werden müssen.
Da ist vor allen Dingen die Frage nach der Ausfüllung der Blankoschecks, die wir in Gestalt von Bindungsermächtigungen, z. B. bei der Erhöhung des Ansatzes für Entwicklungshilfe im Auswärtigen Amt auf 215 Millionen DM, erteilt haben. Hier muß so schnell wie möglich ein Programm nachgeholt werden. Der Haushaltsausschuß selber erwartet, daß von seiten des Auswärtigen Amts zusammen mit dem Lenkungsausschuß rechtzeitig ein Programm zur Ausfüllung dieser Bindungsermächtigungen vorgelegt wird. Ich nehme an, daß die Bundesregierung ohnedies die Gelegenheit der Großen Anfrage der SPD benutzen wird, sich hierzu besonders zu äußern. Wir verstehen darunter, daß in erster Linie ein Ausbildungsprogramm aufgestellt wird, das in einem großen Rahmen alle Möglichkeiten der Ausbildung von deutschen Fachkräften für den Dienst in den Entwicklungsländern oder von Ausländern in Deutschland für die Dienste in ihren eigenen Ländern zusammenfaßt.
Lassen Sie mich auch hier zum Finanzproblem der Entwicklungshilfe und den sehr, sehr großen Summen, die wir in diesem Haushalt zum ersten Mal dafür stehen haben, ein Wort sagen. Die Probleme der Entwicklungshilfe werden uns in den nächsten Jahren noch in einem ganz anderen Ausmaß befassen, als es bis jetzt .der Fall war. Meine Freunde stellen sich vor, daß zunächst einmal mit den Bindungsermächtigungen ein fester langfristiger Sockel geschaffen wird, um die individuellen Bedürfnisse der Länder in Ausbildungsfragen zu befriedigen. Das heißt, wir brauchen einige hundert Millionen D-Mark, um hier langfristig planen zu können. Was darüber hinaus an Krediten und sonstigen Ausleihungen an die Entwicklungsländer zur Verfügung stehen sollte, das kann man im voraus, glaube ich, nicht in Milliarden-Beträgen festlegen, das muß in der Zukunft einzig und allein den Beschlüssen dieses Hohen Hauses vorbehalten bleiben.
({13})
Es darf nicht dahin kommen, daß uns die Höhe
unserer Zuwendungen von dritter Seite diktiert
wird; denn das wäre das Ende der Beschlußmöglichkeiten dieses Hauses.
({14})
Deswegen möchte ich bei dieser Gelegenheit auch gleich dringend davor warnen, sich auf Prozente oder auf Indexrechnungen festzulegen. Nichts wäre verhängnisvoller, als hier mit festen Prozenten des Volkseinkommens, des Einkommens pro Kopf mit Zuwachsraten usw. in den Entwicklungsländern zu rechnen. Wir kämen sonst zu einem meines Erachtens unlösbaren Problem. Denn auf der anderen Seite steht bei den Entwicklungsländern mit ihren 1,2 Milliarden Menschen das auch für sie unlösbare Problem der zu hohen Bevölkerungszunahme. Wenn wir uns auf solche Indexziffern einließen, würden sie indirekt zu einer Prämie für weitere Geburtensteigerungen in diesen Ländern werden. Dadurch würde niemals das Ziel erreicht werden, das die Geberländer verfolgen. Darüber hinaus müssen wir an dem Grundsatz der Objektgebundenheit unserer Mittel festhalten, um so mehr, als uns der zunehmende Zerfall der afrikanischen Staaten auch in dieser Beziehung vor völlig neue Probleme stellen wird.
Noch vor Jahren galt der ERP-Haushalt als eine Domäne eines interministeriellen Ausschusses, der im Grunde genommen, ohne daß jemand richtig hineinsah, über die erheblichen Rückflüsse und Amortisationen verfügte. Erst nachdem Minister Lindrath sein Amt übernommen hatte, entdeckten wir, welche Möglichkeiten auch für den Haushalt in den Rückflüssen stecken. Neuerdings wird ein sehr erheblicher Teil der Leistungen für die Entwicklungshilfe aus den ERP-Rückflüssen bestritten. Meine Damen und Herren, was ich jetzt sage, sage ich mit großem Ernst: Es ist unerläßlich, daß alle, aber auch alle Leistungen der Bundesrepublik durch einen Ausschuß, den Haushaltsausschuß, laufen und von einer Seite aus kontrolliert werden.
({15})
Das ist ein unabdingbares Prinzip für das Hohe Haus, und wir werden in der Zukunft danach verfahren müssen. Dabei wollen wir den ERP-Fonds als solchen durchaus unangetastet lassen; darüber sollte kein Zweifel bestehen. Es handelt sich darum, die Einheitlichkeit der Haushaltskontrolle zu gewährleisten.
Ich darf einige Bemerkungen an die vom Hohen Hause abgelehnten Anträge z. B. in bezug auf die Richterstellen anknüpfen. Wir müssen von seiten des Haushaltsausschusses leider darauf aufmerksam machen, daß nur an einer Stelle ein Überblick über die gesamten Stellenanforderungen möglich ist. Wenn wir von diesem Prinzip abgingen und die Zuständigkeit auf bestimmte Ausschüsse verteilten - was auch nach der Geschäftsordnung gar nicht zulässig ist -, würden wir in eine Anarchie der Stellenbewilligung hineingeraten. Die Folgen wären unabsehbar.
Bei dieser Gelegenheit noch eine Bemerkung zu einer Verfahrensfrage, und damit wende ich mich vor allen Dingen an die Adresse des Herrn Bundes87,76
finanzministers. Wir haben bei der Beratung des Haushalts 1961 leider in zunehmendem Maße feststellen müssen, daß die Ressorts selber - ich spreche hier nicht von den Ministern, sondern von den Beamten der Ressorts 'nachweisbar sehr häufig den Versuch unternommen haben, das, was sie bei den Besprechungen zur Regierungsvorlage nicht durchgebracht haben, dadurch nachträglich zu erreichen, daß sie sich der Hilfe von Abgeordneten bedienten. Herr Bundesfinanzminister, ich möchte Sie auffordern, in der Zukunft scharf darauf zu achten, daß die Bundesbeamten erneut auf ihre Verpflichtung hingewiesen werden, zur Regierungsvorlage und nur zur Regierungsvorlage zu stehen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, noch ein paar Bemerkungen im Anschluß an die Debatte zum Umbau des Bundestages. Ich glaube, auch die zweite Lesung war im Grunde genommen ein Beispiel dafür, zu welch lebhaften Debatten es auch ohne einen Umbau kommen kann. Wir wollen die Dinge aber nicht noch einmal aufwärmen.
Das Hohe Haus sollte sich, auch auf Grund der vorangegangenen Haushaltsdebatte, über drei Alternativmöglichkeiten im klaren sein. Es ist hier über die wachsende und scheinbar unentrinnbare Ausgabensteigerung gesprochen worden. Wenn wir ihr begegnen wollen, wenn wir in der Zukunft wirklich wieder zu Etatdebatten im großen alten parlamentarischen Stil kommen wollen, bieten sich dafür drei Möglichkeiten an. Ich bitte Sie, sich das in den folgenden Monaten bis zum Zusammentritt eines neuèn Parlaments einmal sehr ernsthaft zu überlegen.
Wir haben erstens die Möglichkeit, dem englischen Beispiel zu folgen, was verfassungsrechtlich auf außerordentliche Schwierigkeiten stoßen würde, nämlich Gesetzentwürfe allein durch die Regierung oder mit Billigung der Regierung einbringen zu lassen, wenn isie Kasten verursachen. Dieses Prinzip hat das englische Parlament zu seiner heutigen Höhe geführt.
Zweitens haben wir das USA-Beispiel: die Vorschaltung eines sogenannten Vorprüfungsausschusses, wenn Sie wollen, der alle Gesetzesanträge, die auch aus dem Hause eingebracht werden, einer Vorkontrolle unterwirft und einen großen Teil davon abwürgt. Sie wissen, daß Präsident Kennedy jetzt alle Mühe hatte, durch eine Erweiterung dieses Vorprüfungsausschusses dessen allmächtige Stellung gegenüber dem Repräsentantenhaus zu brechen. Ob es ihm gelungen ist, wissen wir noch nicht. Das war eine zweite Möglichkeit.
Die dritte Möglichkeit ist auch schon in diesem Hause erörtert worden: die Bildung eines Hauptausschusses, um - wie, glaube ich, Präsident Gerstenmaier Vizepräsident Carlo Schmid zitiert hat - den „Durchbruch des gesunden Menschenverstandes" gegenüber dem puren Fachverstand in den Fachausschüssen zu erreichen, das heißt, durch einen Hauptausschuß noch einmal eine Überprüfung der Beschlüsse der Fachausschüsse vorzunehmen und dann erst in der zweiten und dritten Lesung sozusagen vor das Parlament zu gehen.
Das sind drei Möglichkeiten, die ernsthaft geprüft werden müssen und die vielleicht allein die Möglichkeit in sich schließen, die Flut neuer Ausgaben in der Zukunft zu beschränken.
Ich will wegen der vorgeschrittenen Zeit nicht näher, was ich ursprünglich vorhatte, auf die Möglichkeiten eingehen, die sich hinsichtlich einer Einschränkung der Revisionsmöglichkeiten bei den obersten Bundesgerichten und der Überlastung der obersten Bundesgerichte, ergeben, um infolgedessen auch neue Stellenanforderungen am laufenden Band zu vermeiden.
Ich möchte aber aus der Debatte jetzt noch einiges nachtragen. Da mein Herr Vorredner mit außerordentlichem Temperament gerade auf einen Zentralpunkt eingegangen ist, nämlich auf die Verteidigungsfrage, sehe auch ich mich gezwungen, dazu intensiv Stellung zu nehmen. Sehr verehrter Herr Kollege Schoettle, Sie haben hier vor der Gefahr einer „Geschichtsklitterung" gewarnt. Wenn hier der Ausdruck Geschichtsklitterung gebraucht wird, sehen wir uns, glaube ich, gezwungen, umgekehrt davor zu warnen, etwa alles das mit einer Handbewegung beiseite schieben zu wollen, was in den vergangenen Jahren in diesem Hohen Hause zur Verteidigungsfrage gesagt und beschlossen worden ist.
({16})
Das wäre eine umgekehrte Geschichtsklitterung. Hierzu möchte ich einmal folgendes sagen. Ich stehe gar nicht an, zu erklären, daß für meine Person die Ablehnung des Verteidigungshaushalts durch Sie als politische Frage keine Rolle spielt. Ich sage das ganz offen. Für mich spielt aber eine wesentliche Rolle, was für Änderungsanträge Sie in der Vergangenheit zum Verteidigungshaushalt gestellt haben. Sie können auf Grund der mir vorliegenden Unterlagen leider gar nicht bestreiten, daß Sie bei einer ganzen Reihe von Haushaltberatungen in der Vergangenheit Kürzungen um Milliardenbeträge beantragt haben, nämlich beim Haushalt 1957 eine Kürzung um Milliardenbeträge und beim Haushalt 1958 noch einmal eine Kürzung der Gesamtausgaben um 3 Milliarden DM. Sie haben also als Dekkung für die Mehrausgaben, die Sie auf anderen Gebieten gefordert haben, immer vorgeschlagen, beim Verteidigungshaushalt die entsprechenden Einsparungen vorzunehmen.
An dieser Tatsache können wir einfach ebensowenig vorbeisehen wie an einer zweiten Tatsache: daß Jahre hindurch dem deutschen Volk eine Legende vorgesetzt worden ist.
({17})
Das geschah im wesentlichen dadurch, daß in den vergangenen Jahren bei den Wahlkämpfen die Litfaßsäulen mit Plakaten vollgeklebt wurden, auf denen die schönen Titel standen: „Krankenhäuser statt Kasernen!", „Schulen statt Flugplätze!" usw. usw.
({18})
Meine Damen und Herren, wir haben das nicht vergessen. Denn es hat uns eine ungeheure Mühe gekostet, vor allen Dingen der Jugend klarzumachen,
daß die Landesverteidigung für die deutsche Jugend ein Opfer bedeutet. Ich muß Sie hier fragen: Was haben Sie in der Vergangenheit getan, um die deutsche Jugend zu solchen Opfern zu ermuntern?
({19})
Ich muß Sie weiter fragen: Waren die präzisen Anleitungen, wie man eine Dienstpflichtverweigerung begründen kann, etwa eine Ermutigung für solche Opfer? War die maßlose Aufbauschung von bedauerlichen Unglücksfällen - wie Illertissen etc. - eine besondere Förderung des Verteidigungsgedankens?
({20})
Sie haben es vorhin gehört - ich möchte es noch einmal ausdrücklich sagen -: die Wehrpflicht ist in den vergangenen Jahren mit folgender Begründung abgelehnt worden. Ich zitiere hierzu noch einmal Herrn Kollegen Wienand, der in der Sitzung vom 22. Mai 1957 - die Meinung ist ja nicht bestritten worden - wörtlich erklärte:
Wir haben jetzt eine Bundeswehr und die allgemeine Wehrpflicht. Wir sind der Meinung - und wir haben das hier wiederholt zum Ausdruck gebracht -, daß die allgemeine Wehrpflicht die Spaltung Deutschlands noch mehr vertieft und damit die Wiedervereinigung erschwert.
Das war Ihr Standpunkt, Herr Kollege Schoettle. Sie haben das vorhin noch einmal hier ausgeführt.
Jetzt haben wir eine neue Situation. Sie beziehen sich auf diese neue Situation. Aber Sie dürfen doch nicht von der „Gefahr einer Geschichtsklitterung" sprechen, wenn wir hier noch einmal all das zum Ausdruck bringen, was wir in der Vergangenheit so bitter empfunden haben. Daß wir darauf verzichten, können Sie, glaube ich, von uns nicht verlangen.
({21})
Ich muß bei dieser Gelegenheit noch etwas in Ihr Gedächtnis zurückrufen: die Kosten für die deutsche Verteidigung in der Vergangenheit. Auf Grund der Haushaltsberatungen der Vergangenheit kann doch nun einmal nicht geleugnet werden, daß wir ab 1955, nach dem Inkrafttreten der Pariser Verträge, bis zum Jahre 1960/61 über 20 Milliarden DM an Verteidigungsbeiträgen gespart haben und daß aus diesen nicht ausgegebenen Verteidigungsbeträgen eine Menge sozialer Verpflichtungen übernommen worden sind, auf die wir heute alle miteinander sehr stolz sind. Aber daß sie zunächst einmal aus den eingesparten Verteidigungsbeträgen bestritten worden sind, kann nicht geleugnet werden.
Dazu möchte ich folgendes zu überlegen geben. Bei der ganzen Polemik in der Vergangenheit sind uns hier trotz dieser Einsparungen „überhöhte" Verteidigungsausgaben vorgehalten worden. Bei der ganzen Polemik der SPD gegen die Bundesverteidigung in der Vergangenheit hat man eines total übersehen: Wären die Pariser Verträge 1955 nicht unterzeichnet worden, dann wären die Besatzungsleistungen geblieben, d. h. man hätte uns alljährlich à conto unseres Bruttosozialprodukts bestimmte
Leistungen auferlegt. Diese Leistungen betrugen 1955 bereits 7,6 Milliarden DM. Sie können unschwer ausrechnen, was sie bei dem heutigen Sozialprodukt im Jahre 1961 betragen würden,
({22})
wenn wir nicht den Weg (der Bundesregierung gegangen wären.
({23})
Wir von seiten des Haushaltsausschusses - jedenfalls von seiten der Mehrheit - nehmen für uns in Anspruch, daß wir uns in den vergangenen Jahren in der Prüfung auch der Ausgaben des Verteidigungshaushalts von niemandem, auch nicht von der Opposition, haben übertreffen lassen. Wir können den Beweis dafür jederzeit antreten, Herr Kollege Schäfer. Sie können das auch nicht bestreiten.
({24})
Lassen Sie mich noch einige Bemerkungen zu der Polemik machen, die genau 24 oder 48 Stunden alt ist und die auch hier vorhin in den Worten meines verehrten Vorredners ihren Niederschlag gefunden hat. Ich habe jetzt nicht Zeit genug und auch nicht die Zeit gefunden, mich in diese Materie noch einmal einzuarbeiten. Aber mir ist immer noch in Erinnerung, was im Jahre 1958 hier bündig erklärt worden ist in der Frage der Ausrüstung mit Atomwaffen, und dazu ist, glaube ich, doch wohl ein Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU, der am 25. März 1958 zusammen mit der DP gefaßt worden ist, nach wie vor gültig; es heißt da wörtlich:
In Übereinstimmung mit den Erfordernissen dieses Verteidigungssystems und angesichts der Aufrüstung des möglichen Gegners müssen die Streitkräfte der Bundesrepublik mit den modernsten Waffen so ausgerüstet werden, daß sie den von der Bundesrepublik übernommenen Verpflichtungen im Rahmen der NATO zu genügen vermögen und den notwendigen Beitrag zur Sicherung des Friedens wirklich leisten können.
Aber diese Entschließung muß zusammen mit der auch in dem Protokoll vom 25. März 1958 stehenden Erklärung des Bundesverteidigungsministers selbst gesehen werden. Ich zitiere ihn mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten aus dem Protokoll noch einmal wörtlich:
Sie wissen, daß die Konferenz der Regierungschefs im Dezember 1957 in Paris bei der Gipfelkonferenz der NATO beschlossen hat, für die Verteidigung der NATO zur Verhinderung eines Krieges auch taktische Atomwaffen unter amerikanischem Verschluß und unter amerikanischem Eigentum den Streitkräften in Europa zur Verfügung zu stellen.
({25})
Diese Worte „taktische Atomwaffen unter amerikanischem Verschluß und unter amerikanischem Eigentum" sind hier durch Fettdruck ausdrücklich hervorgehoben worden. Ich beschränke mich auf diese
Feststellungen, um auch hier der Gefahr einer Geschichtsklitterung vorzubeugen.
({26})
Lassen Sie mich, meine Damen und Herren, noch zu einem zweiten Punkt Stellung nehmen. Herr Kollege Erler, Sie haben am Schluß Ihrer Ausführungen, als Sie dem Herrn Bundesverteidigungsminister antworteten, auf die Abrüstung in einem ungewöhnlichen Maße Bezug genommen. Nun, ich weiß, daß in den Vereinigten Staaten drüben Herr McCloy und andere Fachleute von Herrn Präsidenten Kennedy damit beauftragt worden sind, sich besonders mit dieser Materie zu befassen. Wir haben, glaube ich, von seiten unserer Fraktion nicht das geringste dagegen, daß sich das federführende Auswärtige Amt zusammen mit dem Bundesverteidigungsministerium ganz besonders mit diesen Fragen befaßt. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren und Herr Kollege Erler, in der Frage der Abrüstung nun etwa ein besonderes Verschulden der Bundesregierung in den Vordergrund zu spielen, d. h. also der Bundesregierung zu unterstellen, sie habe bis jetzt schon irgendein Versagen dadurch bekundet, daß sie sich nicht in dem gleichen Ausmaß wie die Amerikaner mit Sonderkommission und Sonderbeauftragten damit befasse, das scheint mir einfach zu weit zu gehen und den Tatsachen nicht gerecht zu werden.
Herr Abgeordneter Dr. Vogel, Herr Kollege Kreitmeyer möchte schon seit langem eine Frage an Sie stellen.
Herr Kollege Vogel, darf ich kurz auf die Frage zurückkommen, weshalb die einschränkende Bemerkung des Unterverschlußhaltens der atomaren Sprengköpfe keinen Niederschlag in der sogenannten Generalsdenkschrift gefunden hat?
({0})
Darauf, Herr Kollege Kreitmeyer, kann ich Ihnen im Augenblick selbst keine Antwort geben. Ich sage Ihnen das ganz offen. Aber ich bin überzeugt, daß Ihnen die Antwort darauf von der zuständigen Stelle schriftlich gegeben werden kann.
Ich möchte jetzt noch auf den Punkt Abrüstung einige Worte verwenden. Herr Kollege Erler, wir können schließlich bei der Diskussion dieser Frage in diesem Hohen Haus an einer Reihe von Punkten einfach nicht vorbeigehen. Wir können zunächst nicht daran vorbeisehen, daß es Präsident Eisenhower war, der damals den meiner Überzeugung nach voreiligen Schritt getan hat, die Sowjetunion in der Periode des Tauwetters ohne vorangegangene Bindungen oder, wenn Sie wollen, ohne Vorleistungen aus dem damaligen Getto heraus an den Konferenztisch von Genf zu zitieren. Vielleicht das einzige positive Ergebnis war die darauf einsetzende Abrüstungskonferenz in London. Darf ich das Hohe Haus noch einmal daran erinnern, daß die dort mit unendlichen Mühen begonnene Abrüstungskonferenz zwischen den hauptbeteiligten Staaten von den Sowjetrussen in dem Augenblick abrupt abgebrochen wurde, als sie den „Sputnik" in den Weltraum sandten und glaubten, keine weiteren Abrüstungsverhandlungen notwendig zu haben.
Heute drehen sich die Verhandlungen begreiflicherweise in erster Linie um die Atomwaffen und erst in zweiter Linie um die konventionellen Waffen. Wir alle wissen, daß ohne einen Erfolg der Abrüstung in den Atomwaffen an eine damit untrennbar verknüpfte, aber sinnvolle Abrüstung in den konventionellen Waffen nicht gedacht werden kann. Daß man in der Frage der Kontrolle, vor allem der Häufigkeit der Kontrolle, der Inspektionen noch nicht oder nicht entscheidend weitergekommen ist, ist eine Tatsache, die wir hier nicht näher untersuchen wollen.
Ich glaube, der Herr Bundeskanzler hat keine Gelegenheit außer acht gelassen, hier vor dem Hohen Hause und in der Weltöffentlichkeit zu erklären, daß er die Abrüstungsfrage schlechthin für den Schlüssel einer Weltbefriedung auf weite Sicht hält. Er wird, glaube ich, an dieser Politik nach wie vor festhalten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich nun noch zu einigen anderen Punkten Stellung nehmen, die meinem Dafürhalten nach zu verlockend sind, als daß wir ohne weiteres an ihnen vorübergehen könnten. Wir hörten gestern z. B. von unserer außerordentlich liebenswürdigen Kollegin Frau Schanzenbach eine in sehr sanftem Ton vorgetragene, aber nach meinem Dafürhalten ungeheuer schwerwiegende Antwort auf die Frage meines Kollegen Illerhaus. Er hatte schlicht gefragt, was sich Frau Kollegin Schanzenbach unter dem Minimaleinkommen eines Ehepaares vorstelle, wenn die Frau nicht zu einer Nebenbeschäftigung gezwungen sein sollte. Wir hörten da die Antwort, dazu bedürfe es eines Einkommens von 800 DM monatlich für den Verdiener.
({0})
Ich habe mir mal schnell die Mühe gemacht, ungefähr zu überschlagen, zu welchen Konsequenzen eine solche Feststellung allein für den öffentlichen Haushalt führen würde. Ich glaube, Ihre eigenen Haushaltsexperten in den Gemeinden und Ländern wären reichlich entsetzt, wenn sie sich .die Folgerungen ausrechneten.
({1})
Legen Sie einmal die Summe von 33 Milliarden nur an Ausgaben einschließlich der Versorgungsbezüge bei öffentlichen Bediensteten zugrunde und nehmen Sie dazu 10%. Das wäre eine Mehrausgabe von 3,3 Milliarden. Legen Sie weiter zugrunde, daß wir an Lohneinkommen aus unselbständiger Arbeit 131 Milliarden DM haben. Wenn Sie für eine Lohnaufbesserung nur 5 % hinzufügten - das wäre das Minimum, das anzusetzen wäre -, kämen Sie zu einer Summe von 6,5 Milliarden. Ich würde also doch etwas vorsichtiger sein mit einer solchen Feststellung, damit hier nicht sinnlose Erwartungen hochgezüchtet werden.
({2})
Noch etwas zu einer zentralen Frage, die sich im Zusammenhang mit unserer Debatte aufdrängt und an der wir gar nicht vorbeisehen können; es ist die Frage, welche Konsequenzen sich aus der Aufwertung der D-Mark ergeben. Die Konsequenzen für den Haushalt habe ich bereits kurz behandelt. Ich komme nun zu einer Frage von außerordentlichem Ernste. Es dürfte wohl für uns alle völlig unweifelhaft sein, daß wir vor einer sehr großen Gefahr stehen, nämlich vor der Gefahr, daß sich ohne entsprechende Folgemaßnahmen die Aufwertung unter Umständen als ein Schlag ins Wasser herausstellen könnte, wenn nicht auf der Seite der Tarifpartner entsprechende Konsequenzen daraus gezogen werden.
({3})
Ich habe mit außerordentlicher Sorge - Herr Bundesfinanzminister, darf ich auch Sie bitten, mir Aufmerksamkeit zu schenken -
Ich bitte doch, dem Redner Gehör zu schenken. Ich glaube, der Wunsch ist berechtigt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, gerade weil ich auf den außergewöhnlichen Ernst dieser Frage aufmerksam machen möchte, darf ich bitten, doch einmal mit mir folgende Überlegungen anzustellen. Wir haben eine Woche nach der Aufwertung der Deutschen Mark einen Devisenzustrom von rund einer Milliarde Mark gehabt. Das heißt mit anderen Worten, die Spekulation auf weitere Aufwertungen der D-Mark hat nicht ganz aufgehört, sondern sie hat neue Nahrung gefunden. Und sie findet leider immer von neuem Nahrung durch nach meinem Dafürhalten unbedachte und vielleicht auch unverantwortliche Äußerungen, die wir von allen Seiten heute in Deutschland hören, ob das nun aus den Kreisen der Südfruchtimporteure in München herausschallt, wo man kalt sagt, man sehe keine Notwendigkeit ein, die Verbilligung der Importe an die Konsumenten weiterzugeben, ob von anderer Seite der Großimporteure und Großhändler gesagt wird, auch bei anderen Importen spiele das keine Rolle, oder ob - ich greife hier nur einige Beispiele heraus - die Mineralölwirtschaft in Deutschland nach einer Vervielfachung ihres Umsatzes in den letzten Jahren kaltblütig erklärt, auch sie sehe keine Notwendigkeit ein, den Benzinpreis vielleicht um einen Pfennig oder zwei Pfennige zu senken. Das alles muß uns mit außerordentlicher Besorgnis erfüllen.
Mit genau solcher Besorgnis erfüllt es mich aber, wenn - ich zitiere hier die FAZ vom 15. März dieses Jahres - eine Persönlichkeit wie der Vorsitzende der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr, Herr Kummernuß, am Mittwoch in Mainz wörtlich erklärte, daß angesichts der Finanzen bei Bund, Ländern und Gemeinden eine Aufbesserung der Bezüge um 15 % kein Problem sei, und dann weiter sagt, die Aufwertung der Mark sei auf die am kommenden Freitag, also heute, in Bad Kreuznach stattfindende Tagung der Tarifpartner ohne jeden Einfluß,
({0})
die Aufwertung sei viel zu spät gekommen und hätte doppelt so hoch sein können. Und Kummernuß erwartet - und nun komme ich zu dem entscheidenden Satz -, daß es zu einer neuen Preiswelle spätestens nach der Bundestagswahl kommen wird.
({1})
Meine Damen und Herren! Wenn man schon im voraus die Preisstabilisierungsmöglichkeiten der Aufwertung zerschlägt, bevor sie sich auswirken können, dann muß man sich nach meinem Dafürhalten auch rechtzeitig allen Ernstes die Frage nach der Verantwortung dafür stellen.
({2})
Wer etwa das amerikanische Beispiel in den letzten Jahren aufmerksam studiert hat, wird finden, daß auch in amerikanischen Gewerkschaftskreisen sehr ernsthafte Erwägungen darüber im Gange sind, ob man nicht systematisch durch eine zu hohe Heraufsetzung der Löhne einen Teil der Arbeitslosigkeit, in der man drüben heute steht, mit verschuldet und auch die schleichende Inflation in den Vereinigten Staaten dabei mit auf dem Gewissen hat. Meine Damen und Herren, wir bezahlen das heute zum Teil mit der Notwendigkeit der Aufwertung der D-Mark. Aber wir sollten uns über eins im klaren sein: Wenn die Aufwertung der D-Mark in den Konsequenzen nicht von allen Beteiligten konsequent mitgemacht wird, dann gibt es daraus nur zwei Aufwege: der eine heißt Arbeitslosigkeit, der andere heißt schleichende Inflation; einen dritten Ausweg gibt es daraus nicht!
({3})
Meine Damen und Herren! Ich will es mir ersparen, auf das einzugehen, was der Herr Wohnungsbauminister hier kurz gestreift hat, als er die Notwendigkeit von 200 000 neuen Arbeitskräften herausstellte, um das Wohnungsbauprogramm dieses Jahres restlos unter Dach und Fach zu bringen. Die Hypothekensenkung als Folge der Diskontsenkung und der Verflüssigung des Geldmarktes wird kommen, und im Gefolge billiger Hypotheken wird es eine gesteigerte Bautätigkeit geben. Daher hier in aller Kürze der dringende Appell vor allen Dingen an die Kommunen und an die Länder, aus ihrer eigenen zum Teil - ich sage: zum Teil - großen Finanzfülle heraus sich der Verpflichtung zu einem antizyklischen Verhalten auch in diesem Baujahr bewußt zu sein; denn gerade dieses Jahr wird sie vor außerordentlich große Versuchungen stellen.
In Zusammenhang mit den vielfältigen Anträgen, die wir hier vor uns gesehen haben, hat der Herr Kollege Ritzel auch einen uns so lieben und teuren Heiligen wie den heiligen Franziskus von Assisi zitiert. Aber, Herr Kollege Ritzel, der heilige Franziskus von Assisi ist nicht etwa dadurch in die Weltgeschichte eingegangen, daß er Tierheime errichtet hat, sondern wegen der freiwiligen Armut, die er gepredigt hat.
({4})
Hiermit komme ich zu einem Thema, auf das wir
näher eingehen sollten. Muß denn der Staat heute
alles finanzieren? Muß denn der Staat alle solche Anliegen, so liebenswert, so nett, so schön und so gut sie auch sein mögen, die sich in so reicher Fülle in Anträgen hier niedergeschlagen haben, finanzieren?
({5})
Ich darf einmal darauf verweisen, daß wir in den letzten Jahren ein überraschendes und uns alle zum Nachdenken veranlassendes Beispiel freiwilliger Gebefreudigkeit in dem ungeheuren Erfolg erlebt haben, den die Fastenaktion der katholischen Kirche und der protestantischen Kirche „Brot für die Welt" gehabt hat.
({6})
Wenn es ohne einen großen Propagandaapparat möglich war, im letzten Jahr Beträge in einer Größenordnung von über 70 Millionen DM auf diese Weise zusammenzubringen, so ist das eine ungeheure Ermutigung, daß das deutsche Volk heute dank seines gestiegenen Einkommens, dank seines Wohlstandes, wenn es richtig angegangen wird, wenn ihm der Zweck richtig klargemacht wird, bereit ist, sich auch freiwillig für solche Zwecke einzusetzen, mit denen man bis jetzt immer nur an die Bundes- und Länderkassen herangetreten ist, um solche Dinge aus den Mitteln des Steuerzahlers bestreiten zu lassen.
({7})
- Ja, freilich, besonders wenn man es von der I Steuer absetzen kann und es nicht viel kostet. Diese Liebestätigkeit will ich aber hier nicht mit eingeschlossen haben, Herr Kollege Dresbach.
Der Herr Bundesfinanzminister hat sich auf die natürliche Kardinalfrage, die sich bei jedem Haushalt erhebt, woher wir es in der Zukunft nehmen sollen, sehr optimistisch geäußert. Der bisherige Verlauf der Konjunktur gibt ihm bis jetzt recht. Die Auftragseingänge scheinen seine Vermutungen zu bestätigen. Aber mein Kollege Schoettle hat vorhin - ich glaube, mit vollem Recht - auf die Gratwanderung aufmerksam gemacht, die wir mit einem Haushalt machen, der immer mit einer Vollbeschäftigung rechnet, der immer auf Höchststeuereinnahmen zählt und einzig und allein darauf aufgebaut ist. Meine Damen und Herren, seien wir uns der ungeheuren Hypothek dieser Art voll bewußt, wenn wir in das nächste Jahr hineingehen. Mehr möchte ich dazu heute nicht sagen.
Lassen Sie mich jetzt noch ein Wort zu der Bemerkung sagen, die mein verehrter Vorredner zu der unbestreitbar heiklen Frage des Leertitels betreffend das Fernsehprogramm gemacht hat. Herr Kollege Schoettle, unserer Überzeugung nach ist die Einsetzung des Leertitels 602 der beste Weg, einer neuen und ungewöhnlichen Lage haushaltsmäßig Rechnung zu tragen. Ein Betrag konnte nicht eingesetzt werden, weil das Ergebnis der Verwertung der Produktion noch nicht zu übersehen war. Sie wissen ja, daß von der Auswertung der Produktion einiges erwartet wird. Ich unterstreiche, Herr Kollege Schoettle, das Außergewöhnliche und Dringliche der Lage, in der sich die Regierung befand. Ich bin überzeugt, daß auch die Regierung sich der Einmaligkeit der Lage bewußt ist, in der sie sich dabei befunden hat.
({8})
- Herr Kollege Dresbach, darüber könnten wir eine besondere Dissertation schreiben; aber das wollen wir in diesem Augenblick nicht tun.
Lassen Sie mich am Schluß noch etwas zu dem großen Katalog der Wünsche sagen, die hier vorgetragen worden sind, vor allen Dingen auf dem Verkehrssektor. Wir haben bei solchen Haushaltsdebatten leider immer die Tatsache zu beobachten, daß der Kreis der Personen, die den ganzen Ablauf der Verhandlungen verfolgen, sehr, sehr gering und sehr schmal ist. Wir erleben es immer wieder von neuem, daß von einem bestimmten Kreis von Abgeordneten oder, sagen wir, von Abgeordneten aus bestimmten Fachausschüssen hier zu bestimmten Haushalten in einer Weise gesprochen wird, als ob die Gesamthaushaltslage für den betreffenden Interessenten völlig uninteressant sei. Es wird dann ein Katalog von Wünschen „herausgesprudelt", möchte ich einmal sagen. Wenn man sich dann erlaubt, vorsichtig darauf aufmerksam zu machen, daß es auch eine Deckungsfrage gebe, dann wird man unwirsch abgefertigt: Geld muß für die Wünsche, die im einzelnen vorgetragen werden, eben da sein.
Der Haushalt 1961 kann sicherlich niemals von sich sagen, daß er alle Wünsche berücksichtige. Es wird niemals einen Bundeshaushalt geben, der allen Wünschen dieses Hohen Hauses gerecht werden kann. Einer solchen Illusion wird hier niemand huldigen. Der Haushalt trägt jedoch, soweit es die Steuerkraft zuläßt, den wesentlichen Anliegen des deutschen Volkes Rechnung.
Ich möchte jetzt den Versuch einer Zusammenfassung machen. Von Wahlgeschenken war nicht die Rede; das kann auch nicht behauptet werden. Die Regierung schlug sich gegenüber den harten Angriffen der Opposition mit einer Elastizität und einem Selbstbewußtsein, die eine Regierung nur dann aufbringen kann, wenn sie sich der ungewöhnlichen Leistung der zwölf Jahre - der vergangenen Regierung Adenauer - voll bewußt ist. Wir wissen, daß man nur aus dem Bewußtsein, eine wirklich vorzeigbare Leistung vollbracht zu haben, den Schwung und den Elan aufbringt, der notwendig ist, um nach zwölf Jahren eine solche Debatte durchzustehen.
Wir sind alle Menschen, wir sind alle mit Fehlern und Schwächen behaftet. Auch Regierungen können Fehler begehen, sie können Rückschläge erleiden; sie müssen vielleicht auch Stöße hinnehmen wie das massive, heute beinahe schon halb vergessene Ultimatum von Chruschtschow zur Berlinfrage im Herbst 1958. Lassen Sie mich mit folgendem Hinweis schließen: Hat nicht gerade dieses Ultimatum von Chruschtschow gegen Berlin und hat nicht gerade dieser Testfall auf die Bündnistreue unserer VerDr. Vogel
bündeten im Zusammenhang mit diesem Ultimatum unserer Politik, der Politik des Bundeskanzlers, der Bundesregierung und der Mehrheit dieses Hauses recht gegeben, daß sie sich entschlossen haben, konsequent und geradlinig diese Politik mit der NATO, diese Politik der Geradlinigkeit, an der Seite unserer Verbündeten in den letzten Jahren eisern durchzustehen?
({9})
Ich möchte schließen, indem ich Ihnen die Annahme dieses Haushalts für das Jahr 1961 in der dritten Lesung empfehle.
({10})
Herr Abgeordneter Lenz, wollen Sie an Stelle des Abgeordneten Kreitmeyer sprechen? - Bitte sehr, Herr Abgeordneter Lenz.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir einige wenige Bemerkungen in der dritten Lesung. Herr Kollege Schoettle, Sie sind sicherlich damit einverstanden, wenn ich unserer Genugtuung Ausdruck verleihe, daß inzwischen die Regierungsbank sehr gut besetzt ist und die Regierungsbank der dritten Lesung ihre Reverenz erweist.
Der letzte Haushalt in dieser Bundestagsperiode ist vielleicht der letzte Haushalt vor der 50-Milliarden-Grenze. Wir wollen uns darüber im klaren sein, auch wenn die Entwicklungsanleihe und einige andere einmalige Positionen in dem Haushaltsvolumen enthalten sind, .daß wir geradewegs auf die 50-Milliarden-Grenze zusteuern. Wir können uns fragen, ob wir nun glücklicher, ob wir reicher geworden sind.
Eines der beliebten Worte des Bundesfinanzministers ist, daß er „am Rande des Defizits" wandle. Man kann ihn mit Recht einmal fragen, was in diesem Zusammenhang eigentlich unter einem Defizit zu verstehen ist. Vor zwei Jahren sind es beinahe 2 Milliarden DM mehr Steuereinnahmen gewesen. Im letzten Jahr - das hat er uns vor einigen Tagen mitgeteilt - hat er 1 Milliarde DM mehr Steuern eingenommen, und in diesem Voranschlag sind wiederum 2 Milliarden DM mehr nachgeschätzt, hinaufgeschätzt worden. Wer zweifelt daran - Sie sicher am allerwenigsten Herr Bundesfinanzminister -, daß auch am Ende dieses Haushaltsjahres wahrscheinlich wiederum eine Mehreinnahme in Höhe von 1 Milliarde DM vorhanden sein wird. Mit dem Defizit wird es also nichts.
Herr Dr. Vogel hat sehr ernst die Aufwertung angesprochen. Wir wissen noch nicht, ob dieses Opfer, das vom deutschen Volk verlangt wird, die Wirkung haben wird, die wir uns alle davon versprechen. Aber eines ist ganz sicher: Es wird wieder eine Flut von Einnahmen geben. Wir stellen fest, daß bei einzelnen Steuern Steigerungen von 25 % vorhanden sind. In wenigen Jahren haben wir bei den großen Steuerblöcken eine Erhöhung von 50 % zu verzeichnen. Trotz ständiger Verbesserungen des Steuerrechts, trotz Vergünstigungen, die wir gewährt haben, sehen wir uns einer Steuerflut, Sturzbächen von Steuern gegenüber. Wann hat es das jemals gegeben? Wir können wirklich fragen: Wie soll es weitergehen?
Aber - das möchte ich doch sagen - diese „Defizitwirtschaft" geht nach unserem Empfinden zum Teil in eine falsche Richtung. Mit über 22 % sind die Länder die Neureichen, während die Mehreinnahmen mit nur 13 % in die Kassen des Bundes geflossen sind.
Doch - diesen Punkt möchte ich besonders hervorheben und glauben, daß dies eines der wesentlichen Themen, der wesentlichen Debatten sein wird, die in der nächsten Zeit notwendig werden - der Bund kapituliert. Kein Antrag auf Änderung des Bundes und des Länderanteils im Rahmen unserer Finanzverfassung, keine Betätigung, kein Anrufen der Revisionsklausel nach Art. 106 des Grundgesetzes. Wir müssen statt dessen mühsame Absprachen zwischen Bund und Ländern über einzelne Fragen hinnehmen, und sei es nur über die Verzinsung und Tilgung der Ausgleichsforderungen.
({0})
Ich glaube, es liegt nicht im Sinne des Grundgesetzgebers, daß Bund und Länder sich über diese Dinge streiten sollen, sondern beide müssen sich als Glieder eines Ganzen fühlen und dem Rechnung tragen, daß im Augenblick zumindest die Lasten, die auf den Bund zugekommen sind, ein solches Gespräch rechtfertigen.
({1})
Wir erleben eine gnädige Geste von seiten der Länder bei der Entwicklungshilfe: 500 Millionen DM als Darlehen und ausgerechnet Darlehen auf einem Gebiet, das nun wirklich Bundesangelegenheit ist.
({2})
Hier ist eine ausschließliche Sache der Bundespolitik mit einer Geste von den Ländern mit honoriert worden.
({3})
- Ich sagte jedenfalls, Herr Dr. Conring: Wir haben keine sinnvolle Aufteilung der Mittel nach dem Maßstab der Aufgaben.
({4})
Darauf kommt es doch eigentlich an. Unser ganzes Gebäude der Finanzverfassung ist verzogen.
Dazwischen stehen nun die Gemeinden. Dazu muß wenigstens ein Wort gesagt werden. Wir stellen fest, daß bei den Gemeinden die Reichen reicher werden und die Armen ärmer. Das ist - so empfinden wir es zumindest, und ich nehme an, Sie empfinden es ebenso - ein unbefriedigender Gesamtzustand.
({5})
Denken Sie doch daran, in welch trauriger Lage sich der Bund bei dieser kleinen Gewerbesteueränderung befindet, die er zur Zeit anstrebt. In welch trauriger Situation sind wir, das Parlament! Wir haben keine Möglichkeit, von uns aus einen Aus8782
Lenz ({6})
gleich vorzunehmen. Die Länder können es tun, die Länder können es lassen; es ist ganz in ihr Belieben gestellt, und wir müssen zusehen. Wo ist hier noch für die Gemeinden, diese dritte Säule in unserem Staatsgefüge, wirkliche Verantwortung? Warum werden hier nicht die Möglichkeiten genutzt?
Herr Bundesfinanzminister, eine Frage! Es sind viele Versprechungen gemacht worden: Finanzreform, Finanzverfassungsreform, Haushaltsreform. Alles ist steckengeblieben und liegt wohl in irgendwelchen Sachverständigenausschüssen. Aber nach 12 Jahren Bundesrepublik sind wir noch kein moderner Staat geworden. Wir regeln unseren Haushalt immer noch nach den Grundsätzen einer Ordnung, die einmal im Kaiserreich ihre Bedeutung gehabt haben mag, aber unserer heutigen Konzeption nicht mehr angemessen ist.
({7})
Ich kann nicht umhin, einen Punkt anzusprechen, der einige Wellen schlägt und geschlagen hat: die haushaltsmäßige Behandlung des Fernsehstreits. Zur Sache will ich nichts mehr sagen, sondern nur dazu, wie man nun versucht, das über den Haushalt zu liquidieren.
Was ist geschehen? Die Regierung ist wohl ein Risiko eingegangen in der Größenordnung von, wie es scheint, 120 Millionen DM. Irgendwo ist das wohl in einer Amtsstube entstanden. Dieses Risiko besteht seit fast 1 1/2 Jahren, ohne daß die Regierung auf bohrende, auf wütende, auf alle möglichen Fragen irgendeine genaue Darstellung gegeben hätte. Die Sätze des Herrn Bundesfinanzministers vor ein paar Tagen genügen doch eigentlich nicht. Wir sollten hier stärkste haushaltsrechtliche Bedenken haben.
Vergessen wir nicht: eine Gesellschaft war ohne Beteiligung oder auch nur ohne Verständigung mit dem Parlament gegründet worden. Diese Gesellschaft hat zu arbeiten begonnen. Sie ist Verpflichtungen eingegangen. Ich kann mir nicht denken, daß das das künftige Haushaltsrecht sein soll, und möchte keinen Zweifel darüber lassen, daß der Leertitel, der nun in allerletzter Stunde in den Haushalt hinein
({8})
gearbeitet worden ist, keine haushaltsmäßige Lösung darstellt. Dieser Titel ist unverständlich. Er ist ohne Ansatz, er ist ohne Sinn, und er ist ohne die letztlich gesetzlich vorgeschriebene Begründung.
({9})
Wir alle - das Parlament - hätten uns das nicht gefallen lassen sollen.
({10})
Noch ein Wort zu dem Ausgleich des Haushalts 1961 durch den vom Herrn Finanzminister vorgelegten sogenannten Deckungsplan, also durch die nachträglichen Änderungen auf Vorschlag der Regierung. Schauen wir einige Jahre zurück! Damals, als diese Methode der Deckung eingeführt wurde, hieß es, es seien in diesem Umfang „Erdbeben", und in der Notwendigkeit, auf diese Weise zu decken, manifestiere sich die Begehrlichkeit des Parlaments. Eine Haushaltspolitik, die solche Reserven habe und bereite, sei falsch und ungeschickt. Nun, wir haben uns längst an diesen Vorgang gewöhnt. Der Deckungsplan von Anfang März dieses Jahres ist doch eigentlich der entscheidende Punkt im ganzen Haushaltswerk. Alles, was der Haushaltsausschuß vorher in langen Sitzungen mühselig beraten und vielleicht ein wenig korrigiert hat, ist doch nur Vorbereitung, ist alles erste Aufbereitung auf den Tag hin, an dem der Herr Finanzminister mit seinen letzten Forderungen und Wünschen und seinen Dekkungsvorschlägen kommt. Dieser Deckungsplan wird uns nun in völlig informeller Weise im Haushaltsausschuß präsentiert. Ich bin überzeugt, Herr Minister, daß der Bundesrat diesen Deckungsplan nie gesehen hat. Ich weiß nicht, ob er dem Kabinett in ausführlicher Form mitgeteilt worden ist.
({11})
Überhaupt sind die sogenannten Nachschiebungen eine gefährliche Entartungserscheinung.
({12})
Ich glaube nicht, daß das Kabinett diese Nachschiebungen sieht. Wer trägt eigentlich dafür die Verantwortung?
Der Ausgleich wird materiell durch Mehreinnahmen hergestellt, von denen vorhin die Rede war. Welche Chancen hätte die Regierung, die nicht nur feststellt, daß die Bundesrepublik die höchste steuerliche Belastung hat, sondern die daraus auch die Konsequenzen zieht! Ich denke beispielsweise an die Millionen von Arbeitnehmern, die inzwischen aus der Steuerfreiheit, in die die Novelle 1958 sie gebracht hatte, wieder in die Lohnsteuer hineingerutscht sind. Anstatt diesen nun auch noch das Kindergeld oder die Mietbeihilfen zu geben, hätte man - das wäre wahrscheinlich besser gewesen - die Steuergrenze weiter nach oben drücken müssen. Dann ersparten wir uns sehr viel Verwaltungsaufwand, und wir ersparten uns auch die weitere Atomisierung unserer sozialen Tatbestände.
Die Entwicklung wird zeigen, ob der Haushalt durch den neuen Kurs unserer Wirtschaftspolitik - die Aufwertung, Deflation oder wie wir es nennen mögen - bedroht ist, ob wir nur bei der Ausgabenbelastung bleiben, ohne die geschätzten Einnahmen zu erreichen. Wie gesagt, ich glaube nicht so recht daran, daß sich die Aufwertung auswirken wird. Aber etwas wird man sagen müssen, weil die Gefahr besteht, daß die 5%ige Aufwertung nur der erste Schritt ist, wie uns die Vereinigten Staaten in so reizender Offenheit gesagt haben. Wenn wir hier weitermachen, wird die Einnahmenseite ganz zweifellos kritischer, und damit wird die Ausgabenpolitik äußerst heikel.
Unter den neuen Ausgaben sind die 300 Millionen DM für landwirtschaftliche Subventionen deshalb so unerfreulich - ich muß das sagen, und es ist auch bei der Beratung des Einzelplans 10 davon gesprochen worden -, weil sie mit einer auffallenLenz ({13})
den Konzeptionslosigkeit unserer Agrarpolitik überhaupt im Zusammenhang stehen.
({14})
Wohin soll die Reise der europäischen Agrarpolitik gehen? Da kann man immer nur wieder sagen - da werden Sie mir sicher zustimmen -: wenn eine Regierung keine klaren Vorstellungen hat, wenn sie keine klaren Ziele und Gedanken hat, dann muß sie zahlen, das kostet Geld.
({15})
- Mal sehen, Herr Conring, ob diese 300 Millionen eine Einmaligkeit bleiben,
({16})
ob wir uns nicht daran gewöhnen müssen, in Zukunft weitere 300 Millionen in den Grünen Plan einzusetzen. Nur ein Träumer glaubt daran, daß dies, obwohl so gesagt, nur eine Einmaligkeit bleiben wird. Ich will im übrigen zugeben, daß in diesem Haushalt - wie ich es in der ersten Lesung gesagt habe - keine direkten Wahlgeschenke darin sind.
({17})
Er enthält allerdings gewaltige Brocken auf der Ausgabenseite und Einnahmeminderungen. Aber die Frage ist, ob wir jetzt wirklich schon zur Kasse treten, ob nicht vielmehr die Steuernovellen, die im Hause zur Zeit beraten werden und möglicherweise noch geändert werden, neue Gesichtspunkte bringen. Das wage ich noch nicht abschließend zu beurteilen. Ich hoffe gern, daß sie die Zahlen des Deckungsplans nicht umwerfen werden.
Eine Schlußbemerkung insgesamt. Es ist ein Haushalt im Boom, mit allen Verlockungen des Booms, mit all den Risiken eines Booms, der Ausdruck einer hin- und hergeworfenen Wirtschafts- und Finanzpolitik, und letztlich fehlt es eben doch - ich sage das ja auch nicht zum ersten Mal - an einer Antwort auf die großen Fragen, die über uns hängen. Die großen Fragen sind die Entwicklungshilfe für die nächsten Jahre, die Leistungen zur Stärkung des Dollars, der Ausbau unserer Verteidigung. Dazu kommt die Ungewißheit in verschiedenen Sozialfragen - ich denke an die Finanzierung der Krankenversicherung und die Aufbringung des Kindergeldes -, ferner die großen Verkehrsfragen, die Frage, in welche Richtung die europäische Agrarpolitik geht, und nicht zuletzt die Frage der Stabilität unserer Mark, die nun international zur Debatte gestellt ist. Auf alle diese Fragen sehen wir keine konstruktiven Antworten.
Wir bedauern, den Haushalt nicht annehmen zu können.
({18})
Das Wort hat der Abgeordnete Niederalt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn ich es recht sehe, sind es wohl zwei Punkte, die in weiten Kreisen der interessierten Öffentlichkeit und auch bei uns im Bundestag ein gewisses allgemeines Unbehagen, ein Mißbehagen im Zusammenhang mit Überlegungen über den Sinn und den Wert der Haushaltsberatungen überhaupt aufkommen lassen. Das eine ist die Frage: Haben denn die Haushaltsberatungen noch die frühere Bedeutung, nachdem nun einmal feststeht, daß die großen Positionen, die unseren Haushalt im wesentlichen ausmachen, unverändert bleiben, unverändert bleiben müssen und daß sich die Beratungen im wesentlichen nur auf Randgebiete erstrecken können, so etwa nach dem Motto - um es vulgär auszudrücken - „Die Kleinen fängt man, die Großen läßt man laufen"?
({0})
Ich möchte auf diese Frage etwas eingehen, und ich hoffe, Herr Kollege von der Opposition, daß Sie auch hernach noch „Sehr gut!" sagen.
({1})
- Ich hoffe es.
Es ist nicht zu leugnen, daß die Haushaltsberatungen und ihre Ergebnisse weitgehend nur noch formelle Bedeutung und, um es einmal überspitzt auszudrücken, manchmal nur noch die Funktion der Eintragung in die Bücher haben. Die eigentliche, die politische Entscheidung ist längst gefallen bei der Beschlußfassung über das Spezialgesetz, bei der Beschlußfassung über Zweckbindung von Einnahmequellen, bei Beschlüssen wie etwa über den Grünen Plan, über Sozialgesetzgebung, über Wohnungsbau, über Bundeswehr usw. Bei allgemeinen Debatten ist die politische Richtung festgelegt, und der Haushaltsplan ist nur noch die Vollzugsmeldung, möchte ich beinahe sagen.
({2})
Diese Entwicklung, meine Damen und Herren, die nach meiner Kenntnis übrigens auch in anderen Ländern Platz greift,
({3})
ist nach meiner Auffassung ganz und gar nicht schön. Sie führt, davon bin ich überzeugt, zu immer größeren Staatsausgaben, und sie führt schließlich zu einer Auflösung des Gesamthaushalts.
Machen wir uns die Situation an einem praktischen Beispiel klar! Wenn wir in einer Verkehrsdebatte unter dem Eindruck des großen Nachholbedarfs für den Straßenbau und der zunehmenden Motorisierung stehen, wenn sich dann die einzelnen Fraktionen noch in Anträgen überbieten, wird es immer leicht sein, ein Spezialgesetz zu beschließen, das sehr hohe Ausgaben zur Folge hat. Die gleiche Situation kann einen Monat später auf dem Gebiet des Wohnungsbaues, zwei Monate später auf dem Gebiet der Sozialgesetzgebung eintreten usw. Niemand aber ist da - es sei denn der einsame Finanzminister -, der mahnend seine Stimme erhebt und bei dieser Spezialdebatte die Gesamtschau in Erinnerung bringt, bei der es sich letztlich doch um die Frage der Prioritäten sowohl zwischen den einzel8784
nen Ausgabepositionen wie auch zwischen der Ausgabe auf der einen Seite und der Deckungsnotwendigkeit auf der anderen Seite handelt.
({4})
Ich bin der Überzeugung, wie ich schon sagte, daß diese Entwicklung zu einer immer stärkeren Ausweitung des Etats, zu einer immer weiteren Einengung des Spielraums für die Haushaltsberatungen und schließlich zu einer Auflösung des Gesamtetats führt. Was verbleibt, ist eine gewisse Kontrolle über den Personalbedarf, ist schließlich noch ein Füllen von einzelnen Töpfchen, wie wir sie zur Zeit in allen Ressorts zerstreut haben. Wer mit dieser Entwicklung nicht einverstanden ist, der muß - darum erwähne ich das - die Kraft haben, sich ihr entgegenzustellen. Ich bin bereit, mitzumachen. Aber einige allein schaffen das nicht. Wir hier im Bundestag müssen zusammenstehen, alle miteinander, und dieser Entwicklung Einhalt gebieten.
Zum zweiten geht ein gewisses Unbehagen über unser Haushaltswesen auf den leisen Zweifel zurück, ob die Haushaltslage denn immer wirklich klar dargestellt ist. Um es einmal deutlich zu sagen: es wird gefragt, wie es möglich ist, daß wir nun schon seit einer Reihe von Jahren immer wieder sagen, nun sei aber das Äußerste erreicht, nun dürften keine weiteren Ausgaben mehr kommen, sonst gehe es schief, daß aber dann doch immer wieder erhebliche weitere Ausgaben entstehen, ohne daß es schief geht. Diese Frage bewegt uns.
Eine Antwort auf diese Frage gibt der Hinweis auf unsere ganz außergewöhnliche Entwicklung der Steuereinnahmen. Niemand hat eine Steigerung in dieser Höhe vorausgesehen und voraussagen können. Den Bundesfinanzminister, ich muß das sagen, trifft keine Schuld. Es liegt nicht etwa eine fahrlässige Fehlschätzung vor. Der Bundesfinanzminister hat die Schätzungen im Benehmen mit den vier oder fünf hierfür in Frage kommenden Instituten vorgenommen. Offensichtlich war es eben unmöglich, diese stürmische Aufwärtsentwicklung unserer Wirtschaft in Zahlen einzufangen. Für die Zukunft wird der Einwand, daß die Steuereinnahmen zu gering angesetzt seien, kaum noch gebracht werden können.
Dem gegenwärtigen Haushalt liegt die Schätzung eines Wachstums des Bruttosozialprodukts von 9 % zugrunde, und das, meine Damen und Herren, nach der Aufwertung, die doch die Überhitzungserscheinungen der Konjunktur bremsen soll! Ich bin überzeugt, daß wir nunmehr in der Tat, Herr Bundesfinanzminister, anfangen, am Rande des Defizits zu wandern, während wir bisher nicht an einem Rande des Defizits gewandert sind, sondern uns auf einer ziemlich breiten Fahrbahn bewegt haben.
In diesem Zusammenhang komme ich auf das, wovon Herr Kollege Lenz mit Recht gesprochen hat, auf die Nachschiebelisten der Regierung. Diese Listen bringen also jene nachträglichen Korrekturen, die noch nach Einbringung des Haushalts vorgenommen werden müssen. Herr Kollege Lenz, wie so oft, treffen sich auch da unsere Meinungen. Ich bin ungefähr der gleichen Auffassung wie Sie. Man wird nichts dagegen einwenden können, wenn kleine Korrekturen angebracht werden. Das Leben geht weiter, auch nach Einbringung des Haushalts. Da wird man nichts sagen können. Wenn aber diese Korrekturen wie in diesem Jahr in den Einnahmen 2,4 Milliarden DM und in den Ausgaben 2,3 Milliarden DM ausmachen, kann man das nach meiner Meinung nicht mehr mit einer solchen Nachschiebeliste tun.
({5})
Der Haushalt der Regierung soll doch, so wie er eingebracht wird, eine runde, fertige Konzeption der Regierung darstellen. Diese Konzeption ist aber offensichtlich dann doch noch nicht so abgerundet, wenn hernach die 2,4 bzw. 2,3 Milliarden DM nachgeschoben werden müssen.
Ich bin mir der Schwierigkeiten bewußt, die sich entgegenstellen, wenn man versucht, eine Besserung zu erreichen. Ich weiß, daß manchmal politische Entscheidungen vor der Tür stehen, aber noch nicht in Zahlen zu greifen sind, bei der Einbringung unseres Haushalts 1961 beispielsweise die Beamtenbesoldung oder das Kindergeld für das zweite Kind. Man wußte, daß etwas kommen werde, aber man konnte es noch nicht zahlenmäßig einsetzen. Ich gebe zu, das sind Schwierigkeiten. Trotzdem, glaube ich, sollte die Regierung nachdenken, um einen besseren Weg zu finden. Einen besseren Weg weist der Vorschlag, den ich mache, in ganz generellen, globalen Verstärkungstiteln mit einem geschätzten Betrag anzudeuten: da kommt noch etwas auf uns zu.
Nach meiner Meinung müssen wir jedenfalls mit den Nachschiebelisten in Zukunft größere Zurückhaltung üben, und zwar schon deshalb, weil der Bundesrat auf diese Weise einfach übergangen wird. Man muß das einmal deutlich sagen. Der Bundesrat hat keine Gelegenheit, im ersten Durchgang zu diesen großen Positionen Stellung zu nehmen. Formell wird er dagegen nichts machen können, weil ja die Nachschiebelisten nur Bestandteil des Haushaltsplans werden, wenn sie von einer Fraktion zum Antrag erhoben werden. Formell ist nichts zu beanstanden, aber in der Praxis ist es in der Tat eine Beschneidung der Rechte des Bundesrates, und niemand von uns hat ein Interesse daran - das ist ja auch von der Bundesregierung nicht etwa absichtlich und böswillig gemacht worden, sondern eben nur, weil man keine bessere Lösung hatte -, das fortzuführen.
Nun möchte ich mich einem sehr aktuellen finanzpolitischen Problem zuwenden. Ich möchte einiges sagen zu den finanziellen Beziehungen zwischen Bund und Ländern. Es mehren sich in der letzten Zeit die Stimmen, die unsere Finanzverfassung als unzureichend und revisionsbedürftig kritisieren.
Bekanntlich stammt unsere derzeitige Finanzverfassung aus dem Jahre 1955. Aus dieser Zeit stammt auch die Aufteilung der Steuern zwischen Bund und Ländern. Nach der jetzigen Regelung fließen 35 % der Einkommen- und Körperschaftsteuer dem Bund
und 65 % den Ländern zu. Eine Revisionsklausel ist eingebaut. Sie bietet die Möglichkeit, das Beteiligungsverhältnis zu ändern, wenn sich das Verhältnis der Einnahmen und Ausgaben in Bund und Ländern unterschiedlich entwickelt und in der Haushaltswirtschaft des Bundes oder der Länder ein erheblicher Fehlbetrag entsteht.
({6})
An der ergiebigsten Steuerquelle, der Einkommen- und Körperschaftsteuer, deren Aufkommen im Haushalt 1961 auf runde 30 Milliarden DM geschätzt wird, sind die Länder also fast mit dem Doppelten des Betrages beteiligt, der dem Bunde zufließt. Gerade diese Steuerquelle aber ist durch die Hochkonjunktur, die damit verbundene Vollbeschäftigung und den Einkommenszuwachs vor allem bei den Arbeitnehmern sehr viel ergiebiger geworden.
Ich darf nur ein paar Zahlen anführen. Die Gesamtsteuerentwicklung in Bund und Ländern zeigt folgendes Bild. Von 1955 bis 1961 steigen die Gesamtsteuereinnahmen des Bundes um 70,5 %, die der Gemeinden um 96,4% und die der Länder um 135,3 %.
({7})
Wir haben also für den Bund eine im Verhältnis zu den Ländern sehr ungünstige Einnahmeentwicklung festzustellen.
Andererseits entwickeln sich aber auch die Ausgaben zuungunsten des Bundes. Ich erwähne nur die wichtigsten Ausgaben. Die Sozialausgaben im engeren Sinne sind von 1955 bis 1961 von 8 Milliarden DM auf 12,3 Milliarden DM gestiegen. Der Ausgabebedarf für die Bundeswehr betrug 1955 8,5 Milliarden DM; heute ist er bei 11,7 Milliarden DM angelangt. Auf dem Gebiet der Wiedergutmachung hat der Bund neue Verpflichtungen übernommen, die ebenfalls eine erhebliche Erhöhung der bisher bereitgestellten Haushaltsmittel erfordert. Die Entwicklungshilfe wird dem Bund in den nächsten Jahren neue große Lasten bringen, deren Größe und Auswirkung auf den Haushalt heute noch gar nicht abzusehen sind. Schließlich und endlich sind noch das Gesetz zur Änderung des Art. 120 des Grundgesetzes und das Gesetz über die Tilgung von Ausgleichsforderungen zu erwähnen. Allein nach dem letzteren Gesetz kommt auf den Bund eine Mehrausgabe von mehr als 10 Milliarden DM zu, die der Bundeshaushalt in jährlichen Beträgen von über 300 Millionen DM bis zum Jahre 1992 abzutragen hat. Es bedeutet eine Entlastung der Länderfinanzen um genau diese 10 Milliarden DM.
So ist die Lage, meine Damen und Herren, hinsichtlich der Entwicklung der Finanzen, soweit es das Verhältnis zwischen Bund und Ländern betrifft. Wir haben also auf ,der einen Seite klar und deutlich eine für den Bund ungünstige Einnahmeentwicklung und auf der anderen Seite eine ebenfalls für den Bund ungünstige Ausgabenentwicklung. Unter diesen Umständen ist es nicht zu verwundern, daß die Forderung nach einem Ingangsetzen der Revisionsklausel immer lauter wird, obwohl auch die
Länder, was man nicht vergessen darf, hier wichtige Aufgaben haben, die große Ausgaben verursachen. Ich erwähne nur das Verhältnis der Länder zu den Gemeinden - Stichwort: Krankenhausbau -, ich erwähne die kulturellen Aufgaben, zu denen sich die Länder etwas mehr als bisher bekennen sollten,
({8})
auch bezüglich der finanziellen Verantwortung.
Andererseits dürfen wir uns hier keinen Illusionen hingeben. Ich habe da meine Erfahrungen aus dem Jahre 1955. Herr Kollege Dresbach, auch Sie waren damals bei den vielen, vielen Besprechungen. Ich fürchte, wir dürfen nicht allzusehr darauf hoffen, daß die Länderfinanzminister so ohne weiteres der Ingangsetzung der Revisionsklausel zustimmen werden. Ich fürchte weiter, daß der jetzt so hoch im Kurs stehende Begriff der Bundesfreundlichkeit mehr als eine Quelle von Rechten angesehen wird denn als eine Quelle von Verpflichtungen.
({9})
Wir können nur hoffen, daß der Bundesfinanzminister in stillen, zähen Verhandlungen dann, wenn es Zeit ist - im Augenblick ist der Zeitpunkt, Herr Kollege Lenz, da muß ich Ihnen etwas widersprechen, der Anwendung der Revisionsklausel noch nicht gegeben, weil die in ihrem zweiten Satz genannte Voraussetzung noch nicht erfüllt ist, daß die Haushaltswirtschaft nicht mehr in Ordnung wäre -; aber wenn es Zeit ist - und der Zeitpunkt wird kommen -,
({10})
wünschen wir dem Bundesfinanzminister viel Erfolg bei seinem Versuch, in stillen, zähen Verhandlungen mit den Länderfinanzministern doch zu einem Ergebnis zu kommen.
Eine Mindestforderung aber müssen wir heute schon klar und deutlich und für die ganze deutsche Öffentlichkeit vernehmbar herausstellen. Es ist jene Forderung, daß der Bund in Zukunft keinerlei weitere Aufgaben und finanzielle Verpflichtungen auf Gebieten mehr übernehmen darf, für die er nach dem Grundgesetz nicht zuständig ist.
({11})
Ich meine damit, meine Damen und Herren, um es deutlich zu sagen, einerseits die Aufgaben auf dem kulturellen Gebiet, zu deren Finanzierung der Bund immer und immer wieder von einer breiten Öffentlichkeit, manchmal mit Zustimmung, manchmal unter stillschweigender Duldung der Länder, aufgefordert wird, und ich meine zum anderen auch neue Aufgaben auf dem Gebiet des Verkehrs.
Diesen letzten Punkt darf ich kurz erläutern. Es gibt so etwas ähnliches wie eine Gewerkschaft der Oberbürgermeister. Das sind die Herren Oberbürgermeister von Bremen, Düsseldorf, Frankfurt, Hannover, Köln und München. Diese Oberbürgermeister bemühen sich schon seit längerer Zeit unter der Last ihrer schweren Sorgen - die ich gar nicht ver8786
kennen möchte - über die innerstädtische Verkehrsentwicklung,
({12})
den Bund für diese Frage zu interessieren. Die Wege, die man dabei geht, sind vielfältig. Da gibt es Exposés an den Bundesverkehrsminister, ob nicht mit einer Finanzhilfe gerechnet werden könnte; dort versucht man, die örtlich zuständigen Bundestagsabgeordneten aller Fraktionen für die Sache zu interessieren, damit der Bundestag mobil gemacht wird, und wiederum eine andere, sehr beliebte Methode ist die Pressekonferenz. Man lädt die örtliche Presse ein, stellt die Unhaltbarkeit der Verkehrsverhältnisse dar und nennt dann Zahlen in einer Höhe und Größenordnung, die von sich aus schon den Weg nach Bonn weist.
Ich will auf Einzelheiten dieser Angelegenheit nicht eingehen. Ich will vor allem nicht untersuchen, obwohl es sehr interessant wäre, ob die Herren Oberbürgermeister immer klug und richtig gehandelt haben, ob es immer richtig war, die Ballung in diesen Städten einfach treiben zu lassen,
({13})
trotz aller Warnungen, obwohl man immer wieder gesagt hat, daß einmal der Zeitpunkt komme, wo diese Probleme den Städten dann über den Kopf wachsen müssen, diese Ballung weitertreiben zu lassen, obwohl, wie beispielsweise in Bayern und Niedersachsen, daneben das flache Land sich meist vergeblich um Industrie bemüht hat. Dort in den Großstädten hat man sie aufgesaugt. Ich will also auf diese Fragen im Augenblick gar nicht eingehen. Ich will nur die Rechtslage nach unserem Finanzverfassungsgesetz darlegen, wonach die Ordnung des innerstädtischen Verkehrs eine Aufgabe der Selbstverwaltungskörperschaften ist. Deshalb muß diese Frage zunächst von den Städten geregelt werden, das ist ganz selbstverständlich.
Ist aber in dem einen oder anderen Fall ein öffentliches Interesse gegeben, so daß der Staat eingreifen muß, dann gilt auch da Artikel 30 des Grundgesetzes, nach dem die Ausübung der staatlichen Befugnisse und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben ausschließlich Sache der Länder ist. Eine Finanzhilfe des Bundes für innerstädtische Verkehrseinrichtungen ist nach unserem Grundgesetz nicht möglich, ist nicht zulässig. Da der Bund keine Verwaltungszuständigkeit nach Art. 30 des Grundgesetzes hat, gibt es auf der Ebene des Bundes auch keine Möglichkeit der parlamentarischen Kontrolle. Wo aber keine parlamentarische Kontrolle möglich ist, kann auch kein Steuergeld gegeben werden.
({14})
Es führt also kein Weg nach Bonn für diejenigen, die dieses Anliegen haben. Den Herrn Oberbürgermeistern dieser Städte ist zu empfehlen, im Lande zu bleiben.
({15})
Heute habe ich das Thema nur deshalb angesprochen, weil ich weiß, daß man in dieser Richtung arbeitet, und weil ich verhüten möchte, daß die öffentliche Meinung irregeleitet wird und es dann in der irregeleiteten öffentlichen Meinung plötzlich heißt: Der Bund hat ein Versäumnis begangen. Nur deshalb wollte ich heute in dieser Deutlichkeit auf das Problem hinweisen, zumal es auch von großer finanzieller Bedeutung ist. Es handelt sich da, darüber muß man sich klar sein, um Milliardenbeträge.
({16})
Bedenken Sie neben der Rechtslage, die ich geschildert habe, die finanzielle Situation! Ich habe Ihnen das Anwachsen der Steuereinnahmen bei den Ländern - im Verhältnis zum Bund - und das Anwachsen der Ausgaben beim Bund aufgezeigt. Sie sehen, daß es schlechterdings unmöglich ist, hier etwas zu geben. Ich verstehe daher nicht, daß der Kollege Bleiß in der zweiten Lesung so warme Worte für dieses Anliegen gefunden hat. Ich unterstelle, daß er es in guter und ehrlicher Absicht getan hat; aber das ist wieder ein typisches Beispiel dafür, daß man ein Spezialgebiet herausgreift, es für sich allein und nicht aus der Gesamtschau sieht. Das führt dann immer zu Fehlentscheidungen.
Nun zu einem anderen Kapitel. Wie Sie wissen, hat sich der Bund im Laufe der letzten zehn Jahre - wiederum auf Drängen breiter Kreise der Öffentlichkeit, nicht zuletzt auch auf Drängen der Länder und auf Drängen des Deutschen Bundestages; - ich erinnere an die Anträge aus allen Fraktionen - bei einer Reihe von Aufgaben auf dem kulturellen Gebiet finanziell beteiligt. Er hat sich zur Erfüllung von kulturellen Aufgaben mit sogenannter überregionaler Bedeutung finanziell eingeschaltet, also von Aufgaben, die für das gesamte deutsche Volk von großer Wichtigkeit sind und deren Durchführung eine gewisse Einheitlichkeit erfordert.
Im Haushalt des Bundesinnenministeriums sind beispielsweise 380 Millionen DM für Zwecke der Wissenschaft und Forschung vorgesehen. Darunter sind viele und hohe Beträge, die mit der Forschung, für die ja eine Bundeszuständigkeit gegeben ist, gar nichts zu tun haben. Auch in anderen Ressorts, z. B. beim Familienministerium - dort haben wir den Bundesjugendplan mit 80 Millionen DM -, beim Landwirtschaftsministerium, beim Wirtschaftsministerium, ja, beinahe in allen Ressorts finden wir in den Haushaltsplänen kulturelle Aufgaben versteckt, die vom Bund finanziert werden, Aufgaben, die nach der engen Auslegung des Grundgesetzes, wie wir sie im letzten Karlsruher Urteil erfahren haben, nicht mehr als Aufgaben des Bundes angesehen werden könnten.
Das jüngste Karlsruher Urteil hat mit einer nicht zu überbietenden Deutlichkeit festgestellt, daß die Aufgaben auf kulturellem Gebiet, soweit sie nicht die Forschung betreffen, nicht Aufgaben des Bundes sein können. Auch in dieser Hinsicht hat es in der zweiten Lesung Differenzen und Meinungsverschiedenheiten gegeben. Ich habe mir deshalb erlaubt, diesen Passus der Urteilsbegründung herauszuschreiben, und darf ihn Ihnen vorlesen. Das Bundesverfassungsgericht hat in diesem Zusammenhang wörtlich gesagt:
Soweit kulturelle Angelegenheiten überhaupt staatlich verwaltet und geregelt werden können, fallen sie aber nach der Grundentscheidung des Grundgesetzes in den Bereich der Länder, soweit nicht besondere Bestimmungen des Grundgesetzes Begrenzungen oder Ausnahmen zugunsten des Bundes vorsehen.
Und es heißt dann weiter:
Diese Grundentscheidung der Verfassung verbietet es gerade im Bereich der kulturellen Angelegenheiten, ohne eine hinreichend deutliche grundgesetzliche Ausnahmeregelung anzunehmen, der Bund sei zuständig.
Meine Damen und Herren, würde man dieser Begründung des Bundesverfassungsgerichtes mit dieser engen Auslegung des Grundgesetzes, zu der das Bundesverfassungsgericht im Fernsehstreit gekommen ist, folgen, so ergäbe sich, daß der allergrößte Teil der Ausgaben des Bundes auf dem kulturellen Sektor vom Bund nicht mehr geleistet werden dürfte.
({17})
- Darauf komme ich noch. - Der Bund dürfte also, wenn man der Begründung dieses Urteils folgen wollte, beispielsweise keine finanziellen Leistungen für die Studentenförderung - Honnefer Modell - vornehmen, er dürfte sich nicht z. B. am Ausbau der Universitäten beteiligen, wie es der Wissenschaftsrat vorgeschlagen hat, mit einem Gesamtplan von 2,5 Milliarden DM, von denen der Bund 1 Milliarde DM übernehmen sollte. Ich nenne nur diese beiden Positionen als Beispiele für viele. Der Bund dürfte also auf all diesen Gebieten - etwa Bundesjugendplan - in keiner Weise mehr tätig sein. Er dürfte für diese Zwecke auch dann keine Leistungen erbringen, wenn etwa freiwillige Vereinbarungen zwischen Bund und Ländern hierüber vorlägen. Denn auch freiwillige Vereinbarungen schaffen noch keine Verwaltungszuständigkeit nach Art. 30 des Grundgesetzes. Vielmehr bliebe auch bei freiwilligen Verwaltungsvereinbarungen die Verwaltungszuständigkeit des Art. 30 bei den Ländern. Und was ich vorhin bezüglich der Verkehrsaufgaben gesagt habe, das gilt auch hier: Wenn der Bund keine Verwaltungszuständigkeit haben kann, dann hat er keine parlamentarische Kontrolle für die Ausgaben, und wenn er keine parlamentarische Kontrolle hat, dann darf er keine Steuergelder hierfür geben.
Ich glaube, meine Damen und Herren, die gesamte deutsche Öffentlichkeit, die immer wieder an die Verantwortung des Bundes auf diesem Gebiet appelliert, muß genau wissen, wohin das letzte Urteil des Bundesverfassungsgerichts führen würde, wenn man seiner Begründung in diesem Punkte folgen wollte. Die deutsche Öffentlichkeit wird sich mit dieser Frage noch eingehend auseinandersetzen müssen.
({18})
Es genügt nicht, meine Herren, sich einfach darüber zu freuen, daß der Bund den Fernsehstreit verloren hat.
({19}) Es hängen noch viele, viele Probleme daran.
({20})
Wir haben in diesem Haushaltsjahr keine Anträge auf Streichung der soeben von mir zitierten Mittel gestellt, weil wir glauben, daß die in Frage stehenden Aufgaben so wichtig sind, daß wir ein Vakuum nicht eintreten lassen können. Ich glaube aber, es muß klar ausgesprochen werden, daß wir, wenn wir der Auslegung des Grundgesetzes durch Karlsruhe beitreten wollen, gegenwärtig in einem grundgesetzlosen oder sogar grundgesetzwidrigen Verhalten diese Mittel gewähren, und es muß ebenso klar gefordert werden, daß für die Zukunft eine klare, deutliche und für alle gültige Regelung getroffen wird.
Wenn ich den Berichten der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 10. März 1961 über den Föderalistenkongreß in Mainz folgen darf, so war man sich dort über die Rechte der Länder, die sich aus diesem Karlsruher Urteil ergeben, vollständig im klaren. Ob man sich auch über die finanziellen Verpflichtungen klar war, habe ich dem Bericht leider nicht entnehmen können.
({21})
Er wurde dort sogar davon gesprochen, daß für die vielfältigen kulturellen Aufgaben mit überregionaler Bedeutung Gemeinschaftseinrichtungen aller Länder zu schaffen seien; neben der Verwaltung in den Ländern, neben der Verwaltung in den Gemeinden, neben der Verwaltung des Bundes noch eine Verwaltung der Gemeinschaftseinrichtungen der Länder!
({22})
Ich könnte es auch anders sagen: innerhalb des Bundesstaates eine Staatenbundverwaltung. Das ist nach meiner Auffassung ungeheuerlich.
({23})
Ich glaube nicht, daß man sich dort in Mainz Gedanken darüber gemacht hat, was das deutsche Volk zu einer solchen Krebsgangpolitik zurück ins 19. Jahrhundert sagen wird.
({24})
Man hat in Mainz wohl auch vergessen, zu sagen, wie man sich das Funktionieren von solchen Gemeinschaftseinrichtungsverwaltungen vorstellt. Denn diese Gemeinschaftseinrichtungsverwaltungen - ich breche mir beinahe die Zunge ab - können immer nur tätig werden, wenn Einstimmigkeit der 11 Minister und Zustimmung der 11 Landesparlamente vorliegt. Das Funktionieren dieser Behörden möchte ich mir mal vorstellen.
Wir haben schon ein leuchtendes Beispiel an der Kultusministerkonferenz.
({25})
Ich möchte die Verdienste der Kultusministerkonferenz nicht schmälern. Aber bei dieser Gelegenheit darf ich doch geziemend darauf hinweisen, daß es bisher noch nicht einmal gelungen ist, einen einheitlichen Schulbeginn in Deutschland durchzusetzen.
({26})
- Meine Damen und Herren, Sie verkennen offensichtlich das Problem, das ich anspreche, wenn Sie jetzt das Wort „Bayern" rufen. Das spielt gar keine Rolle. Ich sage, daß das Funktionieren nicht gewährleistet ist, weil eine Einstimmigkeit von 12 Ministern und eine Einstimmigkeit von 12 Landesparlamenten in der Praxis einfach nicht erreichbar ist.
Als Abgeordneter aus einem Land - weil eben das Wort „Föderalismus" gefallen ist, darf ich das sagen -, in dem eine vernünftige und zeitgemäße föderalistische Ordnung immer ein hohes Ziel der Politik sein wird, kann man zu solchen Plänen, wie sie in Mainz zutage traten, kann man zu soviel Neoföderalismus einfach nur den Kopf schütteln.
({27})
Das hat mit Föderalismus nichts mehr zu tun. Das ist keine föderalistische Ordnung, das ist eine Unordnung. Wenn schon feststeht, daß es gewisse Aufgaben gibt, die von überregionaler Bedeutung sind, dann scheint es mir doch ,das Natürliche zu sein, diese Aufgaben auf die nächsthöhere Ebene - das ist eben der Bund - zu verlagern, da wir nun einmal in einem Bundesstaat und nicht in einem Staatenbund leben. Alles andere ist nach meiner Meinung verkrampft, gekünstelt und widernatürlich.
({28})
Nach diesem etwas leidvollen Kapitel der jüngsten deutschen Geschichte darf ich am Ende dieser Legislaturperiode noch einen ganz, ganz kurzen Rückblick und einen ebenso kurzen Ausblick tun. Der Haushalt 1958, der erste in dieser Legislaturperiode, umfaßte in Einnahmen und Ausgaben 40,4 Milliarden DM; der Haushalt 1961 umfaßt 48,1 Milliarden DM. Damit ist das Haushaltsvolumen in dieser Legislaturperiode um 7,7 Milliarden DM gewachsen.
Da in den Haushaltsplänen von 1958 und 1961 erhebliche durchlaufende Posten in jeweils verschiedener Größenordnung enthalten sind, gibt das Anwachsen des Haushaltsvolumens noch kein richtiges Bild von den Mehrausgaben. Wenn man die beiden Haushalte - 1958 und 1961 - genauer durchsieht, so kommt man zu Mehrausgaben von 10,3 Milliarden DM. Eine hohe Summe! Der Steuerzahler kann nach meiner Meinung mit Recht erwarten, zu hören, wohin diese 10,3 Milliarden DM in den vier Jahren geflossen sind. Ich habe mir die Mühe gemacht und habe die wesentlichen Posten herausgezogen und zusammengestellt; es sind in der Hauptsache die Ausgaben für die Verteidigung mit einem Mehraufwand von 2,9 Milliarden DM und die Sozialausgaben, die um 2,5 Milliarden DM angewachsen sind. Insgesamt sind das schon 5,4 Milliarden DM. Dazu kommen dann die Mehrausgaben auf Grund des Bundesentschädigungsgesetzes, die Mehrausgaben für die Landwirtschaft, den Straßenbau, den Schuldendienst und das Personal. Wenn Sie die Mehrausgaben für die soeben genannten Zwecke zusammenzählen, dann kommen Sie genau auf die 10 Milliarden DM, um die sich die Haushalte von 1958 und 1961 unterscheiden.
Trotz allen Unbehagens über das ständige Wachsen des Haushaltes kann man mit gutem Gewissen feststellen, daß die Mehrausgaben deutlich zeigen, daß sie dem großen Ziel unserer Politik, nämlich dem weiteren Ausbau der inneren und äußeren Sicherheit, gedient haben.
Bei dem Ausblick auf die Zukunft ist immer wieder die Frage erhoben worden - in der zweiten Lesung hat sie eine besondere Rolle gespielt -, ob es zu Steuererhöhungen kommen wird oder nicht. Ich bin der Meinung, es braucht nicht zu Steuererhöhungen zu kommen und es darf auch nicht zu Steuerhöhungen kommen. Die Einnahmen aus Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen machten in Deutschland im Jahre 1959 - eine spätere Statistik konnte ich nicht erreichen - 31,9 % des Bruttosozialproduktes aus. In den USA sind es 25 % des dortigen Bruttosozialprodukts, in der Schweiz 19,6%, in Belgien 22,6 %, in Großbritannien 30,1 %, um nur einige Länder zu nennen. Wir liegen mit unseren Einnahmen aus Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen mit 31,9 % des Bruttosozialprodukts mit an der Spitze. Berücksichtigt man neben dieser schon vorhandenen steuerlichen Belastung noch die zu erwartenden Auswirkungen der Aufwertung, so wird man sagen können, daß man der Wirtschaft kaum noch eine weitere Belastung zumuten kann, wenn man nicht ernste Schäden in Kauf nehmen will.
Haushaltspolitik, Steuerpolitik und Wirtschaftspolitik müssen in einem wohlabgewogenen Verhältnis zueinander stehen. Ich möchte diese drei Faktoren - Haushaltspolitik, Steuerpolitik und Wirtschaftspolitik -mit den Punkten eines gleichseitigen Dreiecks vergleichen, bei dem man bekanntlich den einen Punkt nicht verändern kann, ohne daß das Auswirkungen auf die anderen Punkte hat.
Auch die auf uns zukommenden Ausgaben für die Entwicklungshilfe dürfen zu keinen Steuererhöhungen führen. Ich glaube, daß es möglich sein sollte, mit unseren Verbündeten im Geiste einer echten Freundschaft und Partnerschaft ein klares und deutliches Wort zu sprechen und sie darauf hinzuweisen, daß ein Devisenturm noch lange kein Juliusturm ist und daß eine aktive Zahlungsbilanz und Zahlungsbilanzüberschüsse noch keinen Reichtum darstellen, und vor allem auch, daß die Schwächung eines Bundesgenossen über das Vertretbare hinaus die Gesamtheit der Bündnispartner schwächt.
Ich möchte deshalb abschließend meinen: wenn wir uns in unserer Ausgabenpolitik einigermaßen vernünftig verhalten und wenn kein wirtschaftlicher Erdrutsch passiert, für den keinerlei Anzeichen vorliegen, dann wird es nicht notwendig sein, SteuerNiederalt
erhöhungen vorzunehmen. Deshalb bitte ich Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, beschwören Sie doch nicht immer dieses Gespenst der Steuererhöhung! Das Gespenst wird nicht erscheinen.
({29})
Das Wort hat der Abgeordnete Brese.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Hohe Haus hat in der zweiten Lesung den Umbau dieses Plenarsaals beschlossen, um dadurch die Aussprache lebhafter gestalten zu können. Ich war gegen diesen Umbau, bin abet der Meinung, daß man die Aussprache lebhafter gestalsen soll. Ich bin ein Gegner von langatmigen Vorlesungen; denn diese sind es gewesen, die in diesem Hause geisttötend gewirkt haben.
({0})
Dabei darf ich mir einen Vorwurf auch an die Herren Präsidenten erlauben.
({1})
- Darf man das nicht?
({2})
- Dann eben eine Anregung. Ich würde den Herren Präsidenten gerne die Anregung geben, die Geschäftsordnung in Zukunft strenger zu handhaben; denn in ihr ist verankert, daß das Vorlesen der Reden verboten ist. Ich muß feststellen, daß von dieser Bestimmung in den letzten Jahren niemals Gebrauch gemacht warden ist.
Wenn ich mich jetzt also außerhalb der interfraktionellen Absprache zu Wort gemeldet habe, dann billigen Sie mir bitte mildernde Umstände zu.
({3})
Ich möchte ein Problem anschneiden, das nach meiner Meinung bei den Haushaltsberatungen viel zu kurz gekommen ist. Wir haben in der zweiten Lesung lange politische Ausführungen und Diskussionen gehabt, die sicher interessant waren. Aber mir als interessiertem Haushaltsmann - wenn ich einmal so sagen soll - ist doch häufig der Gedanke gekommen: Hat denn das noch etwas mit unserem Haushalt zu tun? Ich bin nun seit zwölf Jahren Mitglied des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages und war es auch zwei Jahre vorher schon dm Wirtschaftsrat in Frankfurt. Wenn ich mir nun die letzten Beratungen im Haushaltsausschuß, die sich mit einer Intensität ohnegleichen über Monate hingezogen haben, vor Augen halte und Bilanz ziehe, so muß ich Ihnen sagen: ich bin sehr enttäuscht.
Sie kennen mein Anliegen: Vereinfachung der Verwaltung. Wir haben hier häufig Vorstöße gemacht. Einmal ist es mir gelungen, einen Gesetzesparagraphen zu verankern, demzufolge jede vierte freiwerdende Stelle nicht wieder besetzt werden durfte.
({4})
Darüber kann man sehr streiten, ob das der größte Blödsinn gewesen ist. Jedenfalls ist kein Blödsinn daraus geworden, denn unsere Verwaltung hat es meisterhaft verstanden, um diesen Paragraphen herumzukommen.
Dann haben wir einen Ausschuß zur Vereinfachung der Verwaltung gebildet. Soll ich mich über das Ergebnis noch äußern? Sang- und klanglos ist er in der Versenkung verschwunden.
Beim letzten Mal haben wir einen Entschließungsantrag eingebracht, nunmehr aber bei der Bewilligung von neuen Stellen 'einen Stopp eintreten zu lassen. Ich habe von diesem Stopp nichts gemerkt; denn in der Vorlage der Regierung wurden 4300 neue Stellen angefordert.
({5})
- Herr Ritzel, bei den Stellen für die Landwirtschaft - ({6})
- Ja, darüber wollen wir im Haushaltsausschuß weiter reden.
Mein Kollege Dr. Vogel hat schon darauf hingewiesen, daß wir uns sehr, sehr intensiv mit den Stellen beschäftigt haben. Leider ist es uns nicht gelungen, zu einer Reduzierung zu kommen. Vielmehr sind im Laufe der Verhandlungen noch neue Stellenanforderungen hinzugekommen. Wir stehen jetzt vor dem betrüblichen Ergebnis, daß 4700 neue Stellen angefordert sind. - Man zeigt mir die Uhr, und das bedeutet: Hören Sie auf! Ich will deshalb zum Schluß kommen.
Es hat keinen Zweck, nur zu kritisieren. Ich möchte das tun, was ich bereits im Haushaltsausschuß getan habe. Ich möchte mich an den Präsidenten des Bundesrechnungshofs wenden, den wir sehr gut mit Personal ausgestattet haben. Nach meiner Meinung hat er - hier darf ich wohl Kritik üben - seine zweite Aufgabe, nämlich für die Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung einzutreten, nicht genügend wahrgenommen; denn in keinem Fall hat die Prüfung des Rechnungshofs bisher ergeben: Diese Aufgabe ist beendet; nun sind soundso viele Stellen frei. Das habe ich im Laufe der Verhandlungen niemals festgestellt. Es hieß immer nur: Es sind neue Aufgaben da, und mit Zustimmung des Bundesrechnungshofs müssen diese Aufgaben durch Neueinstellungen bewältigt werden.
Meine Bitte an den Herrn Präsidenten des Bundesrechnungshofs geht also dahin, sich doch sehr um diese erledigten Aufgaben in den Ministerien zu kümmern und dem nächsten Bundestag Vorschläge darüber zu unterbreiten, welche Stellen eingespart werden können.
Ich weiß, daß die einzelnen Ressorts große Personalwünsche haben. Der Herr Bundesfinanzmini8790
ster ist gewiß nicht zu beneiden. Ob er beim letzten Male hart genug gewesen ist, will ich dahingestellt sein lassen. Aber ich habe doch die Bitte an den Herrn Minister: Werden Sie ein Bollwerk gegen die sich immer noch vermehrenden Wünsche der Ressorts! Denn im Zeichen der Vollbeschäftigung können wir es uns unter keinen Umständen erlauben, unsere Behörden noch weiter aufzublähen. Wir brauchen jede Kraft in der freien Wirtschaft. Manche Aufgaben, die wir uns hier so angelacht haben, können auch draußen in der freien Wirtschaft erledigt werden.
Also zum Schluß meiner Ausführungen - ich will die Redezeit, die ich mir selbst genommen habe, nicht zu sehr überschreiten; es sind statt 5 Minuten 8 geworden, Herr Huth, verübeln Sie mir das bitte nicht - noch einmal die Bitte: Seien Sie bei der Aufstellung des nächsten Haushalts hart, Herr Finanzminister!
({7})
Das Wort hat der Herr Bundesminister der Finanzen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe hier einmal an dieser Stelle den alten Satz zitiert, daß ein ausgewachsener Mann eher auf eine schöne Frau als auf eine vorbereitete Rede verzichte. Da mich zu Hause eine schöne Frau erwartet, will ich jedoch die vorbereitete Rede, die Sie vorliegen haben, nur verkürzt vortragen. Angesichts der vorgeschrittenen Zeit hoffe ich, Ihnen damit eine Freude zu machen.
({0})
Während der zweiten Lesung des Bundeshaushalts habe ich schon erschöpfend Antwort auf gewisse kritische Fragen der Opposition bezüglich unserer Finanzpolitik gegeben. Ich möchte daher auf diese Kritik nicht mehr zurückkommen, auch nicht mehr auf das, was heute morgen die Herren Redner im einzelnen vorgetragen haben. Ich bin für manche Ausführungen dankbar, und ich begrüße bei allen Ausführungen die Sachlichkeit des Vortrags, die unsere Diskussion überhaupt auszeichnet.
Gegenüber den Ausführungen der Herren Kollegen Schoettle und Lenz - Herr Lenz ist im Augenblick leider nicht da - muß ich aber auf einem Hinweis bestehen: Der auf 48 Milliarden DM angewachsene Bundeshaushalt ist zwar in dieser Höhe nicht das Ergebnis der im Haushaltsausschuß vorgebrachten Wünsche - das akzeptiere ich sehr gern -, aber er ist das Ergebnis gemeinsamer Wünsche dieses Hohen Hauses und der Bundesregierung. Hier hat eine in Einzelheiten vollendete Übereinstimmung bestanden. Ich möchte jetzt nicht groß nachkarten. Aber ich möchte doch noch einmal sagen, daß gerade die Bundesregierung und die sie tragende Partei im Maßhalten weiter gegangen sind als die Opposition. Ich glaube, das ist ein Tatbestand, der hervorgehoben werden muß.
Ich möchte Herrn Lenz auch - ganz kurz - sagen, daß die sogenannte Nachschiebeliste, von der hier die Rede war, ganz sicher dem Kabinett vorgelegen hat. Selbstverständlich wagt der Bundesfinanzminister es nicht, einen so bedeutsamen Akt vorzunehmen, ohne ihn vorher im Kabinett diskutiert und dazu die Zustimmung des Kabinetts gefunden zu haben. Zweimal haben wir im Kabinett diese Dinge beraten, und ich habe überall die Genehmigung gefunden.
Drittens! Was den heutigen Morgen anlangt, so bin ich ein wenig betrübt. Herr Kollege Lenz ist nicht da; ich bitte also, es ihm weiterzusagen. Ich bin betrübt über einen Teil seiner Ausführungen, den ich einfach nicht verstehe. Er hat über die Frage gesprochen, ob die 5%ige Aufwertung genug sei. Was wird eigentlich mit einer solchen Diskussion bezweckt? Wird hier bezweckt, die Spekulation ausländischen Geldes wieder auf den deutschen Devisenmarkt hinzulenken?
({1})
- „Ist schon im Gange", das ist eine schreckliche Antwort, die ist noch schrecklicher als die Frage von Herrn Lenz. Das Ganze beruht auf einer absolut falschen Vorstellung. Ich kann - Herr Kollege Erhard wird mir zustimmen - nur noch einmal nachdrücklichst unterstreichen, daß unsere Maßnahme schon an sich verbietet, über eine weitere Aufwertung noch einmal zu diskutieren; das ist eine Unmöglichkeit.
({2}) Ich glaube, daß mußte gesagt werden.
Ein vierter Punkt - der mich persönlich betrifft, weil ich persönlich angesprochen wurde - ist das Problem der finanziellen Folgen aus dem Fernsehstreit-Urteil. Herr Kollege Lenz hat gemeint, der Leertitel sei keine haushaltsrechtliche Lösung, er sei ohne Ansatz und ohne rechtlichen Sinn. Ich möchte mit aller Deutlichkeit sagen: dieser Titel muß mit den Erklärungen gelesen werden, die der Bundesfinanzminister in der zweiten Lesung und heute abgegeben hat. Es ist notwendig, daß in diesem Hohen Haus über das, was mit dem Leertitel bezweckt ist, gar kein Irrtum entsteht. Ich möchte es noch einmal sagen: der Sinn und der Zweck des Leertitels ist es, etwaige Kosten, die aus dem Aufbau des Zweiten Fernsehprogramms entstehen könnten, mit Genehmigung des Hohen Hauses und sogar auch ohne kausalen Zusammenhang mit dem Geschehen vor dem heutigen Tage als zukünftige Ausgabe rechtlich zu sanktionieren. Stellen wir uns einmal einen Augenblick auf den Standpunkt - ich tue es in Wirklichkeit nicht -, daß die Voraussetzungen des § 45 b der Haushaltsordnung nicht gegeben wären - das scheinen Sie gesagt zu haben, Herr Kollege Schoettle - und die Bundesregierung in der Angelegenheit kein Recht gehabt hätte, für das Fernsehprogramm finanzielle Verpflichtungen einzugehen, ja sogar daß alle etwaigen Verpflichtungen aus der Vergangenheit nichtig seien: Dann soll durch den Beschluß auf Antrag meiner Fraktion heute gewissermaßen neu die rechtliche Sanktion für die Erstattung etwaiger Kosten für die Vorbereitung des Aufbaus eines Zweiten Fernsehprogramms erteilt werden.
Bundesfinanzminister Etzel
Dabei wiederhole ich gern, daß ich wegen der Einzelheiten dem Haushaltsausschuß Mitteilung machen werde. Das, was ich voriges Mal gesagt habe, steht natürlich im Raum. Es kann auch keine mangelnde Aufklärung vorliegen, denn ich habe die Engagements voriges Mal nach genauen Ziffern genannt. Ich glaube heute in dieser Sekunde noch nicht, daß sie überhaupt entstehen, weil ich glaube, daß die Verwertung die gemachten Kosten voll decken wird.
Nun liegt mir heute anläßlich der Verabschiedung des Haushaltsgesetzes 1961 am Ende der 3. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages in Ergänzung meiner Haushaltsrede und meiner Ausführungen in der zweiten Lesung noch an ein paar kurzen grundsätzlichen Ausführungen, die auch von dieser Tribüne aus wegen der Verhandlungen, die wir in Kürze zu führen haben, gemacht werden müssen.
Ich habe in der Ihnen vorgelegten Rede unter II zunächst darauf hingewiesen, daß es, als ich 1957 Finanzminister wurde, das erste Ziel meiner Finanzpolitik gewesen und auch für die Zukunft geblieben ist, die Ausgaben des Bundes nur so weit wachsen zu lassen, wie überragende politische Ziele es erforderten und auf der anderen Seite ein gesichertes Wachstum der Wirtschaft es ermöglichte. Daß ein großer Steuersegen hier die Elastizität weiter gespannt hat, als 1957 angenommen werden konnte, ist dabei eine Selbstverständlichkeit. Die öffentlichen Ausgaben sollten tunlichst weniger stark wachsen als das Sozialprodukt, und der Teil des Zuwachses, der von der öffentlichen Hand nicht beansprucht wurde, sollte dem deutschen Volk zur Verbesserung seiner Lebenshaltung und zur Bildung von Eigentum in breiter Streuung zur Verfügung stehen. Es sollte Pflicht des Staates sein, durch Steuersenkungen diese Möglichkeiten zu fördern.
Ich habe - das möchte ich sagen - mein Ziel während der ganzen Legislaturperiode nicht aus dem Auge verloren und es nach bestem Können und wohl auch mit einigem Erfolg verwirklicht.
Nun folgen Zahlen, in denen ich das nachgewiesen habe, die vorzulesen ich mir hier jetzt erspare Ich darf Sie bitten, meinen Ausführungen am Ende von II/1 weiter zu folgen, bis also „2." beginnt. *)
Hier muß ich ein paar Worte zu dem Verhältnis zwischen Bund, Ländern und Gemeinden sagen. Innerhalb der drei Gruppen öffentlicher Aufgabenträger - Bund, Länder und Gemeinden - haben sich die Ausgaben und die Deckungsmittel sehr unterschiedlich entwickelt. Ich verweise zunächst auf meine Haushaltsrede. Die ordentlichen Deckungsmittel, vor allem die Steuern, wuchsen vom Ist 1957 zum Soll 1961 beim Bund um 50 v. H., bei den Ländern um 75 v. H. und bei den Gemeinden um 55 v. H. Ich sage hier: die größten Steuergewinner der Hochkonjunktur sind danach ganz zweifellos die Länder, denen die Gemeinden mit Abstand folgen. Die Länder und die Gemeinden weisen darauf hin, daß sie dieser Steuersegen endlich in den Stand setze, wichtige zusätzliche Aufgaben zu erfüllen und ihre - an
*) Vergleiche Anlage 3 Buchstabe a. sich bescheidene - Verschuldung für den außerordentlichen Bedarf zu verringern.
Das ist richtig, das ist gar nicht zu bestreiten, doch kommt es für die Zukunft entscheidend darauf an, den vielgestaltigen Aufgaben aller öffentlichen Körperschaften den richtigen Rang untereinander zuzuweisen. Dabei darf nicht übersehen werden, daß der Bund - das ist wichtig, meine Damen und Herren - Jahr für Jahr Ausgaben für Länderzwecke geleistet hat, die zwischen 2,5 und 3 Milliarden jährlich lagen. Ich möchte hier an das anknüpfen, was mein Kollege Niederalt soeben vorgetragen hat. Wenn ich sehr eng auslege, sind es jährlich 2,5 bis 3 Milliarden DM Bundesausgaben für Länderzwecke.
Die nationalwichtigen Aufgaben des Bundes, an der Spitze die Sicherung des Friedens nach außen und die soziale Sicherung nach innen, müssen aber unter allen Umständen finanziell mit Vorrang gesichert werden. Daraus werden sich - das muß ich hier sagen - unvermeidliche Veränderungen in der Zuordnung der Deckungsmittel an die einzelnen Aufgabenträger ergeben. Die gesamte Deckungsmasse wird künftig mit einem wachsenden Anteil dem Bund sowie .den Gemeinden und Gemeindeverbänden zugeordnet werden müssen. Diese Neuordnung der Finanzverfassung, deren finanzielle und politische Bedeutung gar nicht groß genug gesehen werden kann, wird die wichtigste und schwierigste finanzpolitische Aufgabe in der neuen Legislaturperiode sein. Sie setzt sorgfältige Verarbeiten voraus. Eine Überprüfung der geltenden Finanzverfassung ist eingeleitet. Vorschläge zu ihrer Verbesserung können aber erst in der nächsten Legislaturperiode gemacht werden.
Ich darf nun die Ziffern II/3 und II/4, wo ich mich aber die schrittweise Verbesserung unseres Steuersystems und über das Verhältnis der Finanzpolitik zur Konjunkturpolitik äußere, überschlagen. Ich bitte Sie aber, diese Darlegungen zu lesen.*) Ich gehe über zum Abschnitt III.
Mit einer kurzen Bemerkung muß ich auf einen wichtigen Bereich eingehen, der immer mehr Bedeutung gewinnt. Ich meine die Außenfinanzpolitik.
Auch in den vergangenen Jahren haben außenpolitische Notwendigkeiten, die sich aus einem weltweiten freien Handels- und Dienstleistungsverkehr und der politischen Zusammenarbeit der freien Welt ergaben, unsere Haushaltsgebarung mitbestimmt. Wer in Freiheit Welthandel betreiben will, wer mit seinen Freunden in Frieden leben will, muß sowohl als Gläubiger wie als Schuldner eine gute und verständnisvolle Gläubiger- und Schuldnerpolitik betreiben.
Vielfältig waren diese Leistungen, die wir bisher schon aus weltweiten Zusammenhängen erbringen mußten. Da ist zunächst unsere Verteidigungslast zu nennen, die laufend steigt. Wir haben die NATO-Planungen zügig erfüllt. Aus Geldmangel ist unser Verteidigungsbeitrag zu keiner Zeit verzögert worden; er wird laufend höhere Ansprüche stellen. Diese Leistungen sind nicht nur ein Betrag
*) Vergleiche Anlage 3 Buchstabe b.
Bundesfinanzminister Etzel
für die Verteidigung unserer Freiheit, sondern zugleich ein Beitrag zur Verteidigung der gesamten freien Welt.
Wir haben hohe Leistungen an andere Staaten im Interesse unserer Außenpolitik erbracht. Ich erwähne die Sonderleistungen an die Stationierungsmächte, die seit dem Kriegsende sage und schreibe mehr als 70 Milliarden DM betragen haben - ein beachtlicher Beitrag -, die Sonderleistungen an Großbritannien nach dem Abkommen von 1958 mit 1,3 Milliarden DM an Devisenhilfe, Rüstungsanzahlungen und vorzeitigen Schuldentilgungen, auf die ich vorhin schon eingegangen bin. Die Zahlungen für Wiedergutmachung bis 31. 12. 1960 in Höhe von bisher 14 Milliarden DM, darunter unsere Zahlungen an Israel, die bis heute 2,15 Mrd. betragen und in den nächsten 5 Jahren mit durchschnittlich 260 Millionen DM fortgesetzt werden, rechne ich zu den Sonderlasten, die Ausdruck einer nationalen Verpflichtung moralischen Inhaltes, zugleich aber auch ein Beitrag zur Außenfinanzpolitik sind.
Auf die bisherigen deutschen Leistungen für Entwicklungsländer, deren Ausmaß weithin nicht bekannt ist, komme ich mit einem kurzen Wort zurück.
Die Botschaft des Präsidenten der Vereinigten Staaten bei seinem Regierungsantritt und das Memorandum der USA-Regierung an die Bundesregierung vom 20. Februar 1961 heben hervor, daß die internationale wirtschaftliche und finanzielle Zusammenarbeit zwischen den Staaten des Westens als Gesamtproblem in eine neue Phase eintreten soll. In diesem Zusammenhang sind die schwebenden deutsch-amerikanischen Finanzerörterungen keine rein zweiseitige Frage. Vielmehr geht es darum, daß die Bundesrepublik wie andere europäische Länder mit den Vereinigten Staaten ihre gegenseitigen Wirtschaftsleistungen und ihre gemeinsamen politischen Anstrengungen zur Verteidigung des Westens neu aufeinander abstimmen. Das Memorandum des Präsidenten der Vereinigten Staaten sagt mit Recht, daß „alle europäischen Länder daran im Verhältnis ihrer Leistungsfähigkeit teilhaben sollten; der Reichere unter uns soll dabei eine verhältnismäßig größere Last tragen als der Ärmere".
Die Bundesregierung ist bereit, diese gemeinsamen politischen Verpflichtungen in den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit und in demselben Verhältnis wie andere Partner des westlichen Bündnisses zu erfüllen. Diese gemeinsamen Lasten aller westlichen Staaten ergeben sich vor allem aus der gemeinsamen Verteidigung innerhalb der NATO und der Gewährung langfristiger Finanzhilfen an entwicklungsfähige Länder.
Ich habe gesagt: „in den Grenzen unserer Leistungsfähigkeit." Hier scheinen bedenkliche Unklarheiten zu bestehen. In der Welt wird die deutsche Leistungsfähigkeit heute gern an unseren hohen Zahlungsbilanzüberschüssen abgelesen. Diese hohen Zahlungsbilanzüberschüsse sind für uns nicht eine Quelle der Freude und Genugtuung, sie sind für uns Ursache von Sorge und von Ärger. Diese Überschüsse beschwören, weil die Bundesbank die Devisenerlöse aus Ausfuhrgeschäften laufend ankauft und so geldschöpfend in Deutsche Mark umtauscht, die Gefahr einer importierten Inflation herauf. Der Bund selbst hat aber gesetzlich gar keine Verfügungsmacht über diese Devisenbestände der Bundesbank. Leistungen daraus sind für ihn nur möglich, wenn entsprechende Beträge zusätzlich aus dem Bundeshaushalt aufgebracht werden.
Unsere aktive Zahlungsbilanz kann also nicht als Maßstab für unsere Fähigkeit zur außenpolitischen Hilfeleistung gewertet werden. Ein Land, das wegen seiner Zahlungsbilanzüberschüsse und etwa gar in deren Höhe zu Hilfeleistungen an andere Staaten herangezogen würde, würde geradezu für eine solide Währungspolitik bestraft.
({3})
Umgekehrt wäre es falsch, ein Land deshalb für arm oder weniger leistungsfähig zu halten, weil es infolge seiner Wirtschafts- und Außenhandelspolitik Zahlungsbilanzdefizite aufweist.
Daß unsere schnell gewachsenen Währungsreserven anscheinend einige andere Regierungen beunruhigen, ist ein ganz anderes politisches und ökonomisches Problem. Die Aufwertung der D-Mark, die wir als einen langfristigen und wirksamen Beitrag zur Stabilisierung des internationalen Zahlungsbilanzgleichgewichts betrachten, soll ein erster wirksamer Schritt zur Beruhigung sein.
Ich sagte, die hohen Zahlungsbilanzüberschüsse sind nicht Ausdruck eines nationalen Reichtums und einer besonderen Leistungsfähigkeit. Ein Beispiel hierfür ist die seit Jahren passive Zahlungsbilanz der Vereinigten Staaten. Die Entwicklung der amerikanischen Zahlungsbilanz mit ihrem ständigen Defizit zu kritisieren, ist natürlich nicht unsere Sache, und ich will das ja mit diesen Ausführungen auch gar nicht tun; sie ist lediglich ein Beispiel für die Richtigkeit meiner These.
Von 1950 bis 1960 haben die Vereinigten Staaten ein ständiges Zahlungsbilanzdefizit gehabt, dafür aber ein Auslandsvermögen von rund 32 Milliarden Dollar oder rund 130 Milliarden DM angesammelt. In der gleichen Zeit bildete Westdeutschland ein neues Auslandsvermögen in Höhe von nur 10 Milliarden DM. Das Deutsche Reich hatte vor dem ersten Weltkrieg schon 25 bis 30 Milliarden Goldmark im Ausland investiert. Man muß sich diese Zahlen einmal vergegenwärtigen, um der Diskussion über die deutsche Zahlungsbilanz wieder die richtigen Perspektiven zu geben.
Es wäre natürlich eine törichte und anmaßende Vorstellung, anzunehmen, daß die kleine Bundesrepublik berufen und in der Lage wäre, den großen Vereinigten Staaten Finanzhilfe zu leisten, wie man es manchmal hört. Das ist völlig falsch. Mit dem sogenannten Dollarproblem werden die Vereinigten Staaten wirklich allein fertig. Unsere Aufgabe besteht in etwas ganz anderem, nämlich darin, unseren Beitrag zu den gemeinsamen Verpflichtungen im Verhältnis zu unserer Leistungsfähigkeit darzubringen.
Bundesfinanzminister Etzel
Unsere Währungsreserven haben eine gewisse Steigerung erfahren, auf die ich hingewiesen habe. Aber auch die Zahlungsbilanzen anderer europäischer Länder weisen ja in den letzten Jahren bemerkenswerte Überschüsse auf, ohne daß sie zum Maßstab für außenfinanzielle Leistungen gemacht worden wären. Wir hatten 1960 einen Zahlungsbilanzüberschuß von etwa 1902 Millionen Dollar, Frankreich einen solchen von schätzungsweise 350 Millionen Dollar und Italien einen solchen von schätzungsweise 460 Millionen Dollar. Kein Mensch ist auf die Idee gekommen, daran die außenfinanzielle Leistungspflicht dieser Länder zu orientieren.
Ich darf nun das folgende - ich habe das noch weiter begründet - überspringen *) und auf das Ende meiner Ausführungen zu III zukommen. Ich darf sagen:
Gewiß hat jeder Partner der westlichen Gemeinschaft seine besonderen Verhältnisse und Lasten: Großbritannien die wirtschaftliche und finanzielle Sorge um seine Völkerfamilie, Frankreich seine große Sorge um Algerien und die Entwicklung seines früheren Kolonialreichs.
Auf die deutschen Sonderlasten, die sich aus der Vertreibung von 14 Millionen Menschen, dem nicht abreißenden Flüchtlingsstrom aus der Sowjetzone, aus der Hilfe für Berlin und aus der jahrzehntelangen Tilgung der großen Hypothek des verlorenen Krieges ergeben, brauche ich vor dem Deutschen Bundestag nicht besonders hinzuweisen; sie beschäftigen uns ja ununterbrochen. Allein für Berlin leisten wir aus dem Bundeshaushalt jährlich unmittelbar und mittelbar rund 1,4 Milliarden DM, was dem Gewicht der zivilen Sonderlasten Frankreichs auf Grund des Algerienproblems entspricht.
Alles dieses erwähne ich hier nicht - ich wiederhole es -, um unsere Bereitschaft für einen angemessenen nationalen Beitrag zu den Gemeinschaftsausgaben der westlichen Welt zu mindern. Auch der Finanzminister verkennt nicht 'die weltgeschichtliche Bedeutung dieser Aufgaben und den historischen Rang der Stunde. Es muß aber einer Verwirrung der Begriffe und der falschen Vorstellung über die Verteilung des Reichtums in der freien Welt entgegengetreten werden.
({4})
In diesen Fragenkreis gehört auch die deutsche Finanz- und Wirtschaftshilfe an entwicklungsfähige Länder. Was wir hier bisher schon geleistet haben, wird vielfach verkannt.
Nach der gewiß unverdächtigen Statistik der OEEC, des Europäischen Wirtschaftsrates, die alle finanziellen Leistungen der westlichen Staaten an die Entwicklungsländer nach gleichen Maßstäben erfaßt, hat die Bundesrepublik im Jahre 1959 rund 3,4 Milliarden DM - das sind 1,4 v. H. unseres Bruttosozialprodukts zu Marktpreisen - den Entwicklungsländern aus öffentlichen und privaten Mitteln zur Verfügung gestellt. Dieser Anteil betrug im gleichen Jahr bei den Vereinigten Staaten knapp über 0,6 v. H. Im Unterschied zu anderen
*) Vergleiche Anlage 3 Buchstabe c.
Ländern lag das Schwergewicht unserer Leistungen allerdings bisher in staatsverbürgten mittelfristigen Exportkrediten. Daneben sind auch die vielfältigen Formen der staatsverbürgten langfristigen Kapitalausfuhr sowie der technischen Hilfe und der unmittelbaren Finanzhilfen aus dem Bundeshaushalt nicht gering gewesen.
Besonders hervorzuheben sind ferner auch die Leistungen an internationale Gemeinschaftseinrichtungen. Die Bundesrepublik ist ein großer Kapitalgeber der Weltbank geworden. Im Jahre 1960 hat die Deutsche Bundesbank der Weltbank bekanntlich einen Kredit von 1 Milliarde DM eingeräumt. Diese vielfältigen und wirksamen Formen von Entwicklungshilfen sollen auch weiterhin beibehalten werden.
Daneben wird aber künftig den unmittelbaren Finanzhilfen an Entwicklungsländer aus öffentlichen Mitteln über die Entwicklungsbank des Bundes erhöhte Bedeutung zukommen. Für diesen Bereich der Entwicklungshilfe bringen wir im Jahre 1961 -wohlgemerkt unabhängig von Haushaltsleistungen in Höhe von rund 0,8 Milliarden DM - voraussichtlich etwa 3,3 Milliarden DM, zusammen mehr als 4 Milliarden DM, auf, von denen rund 2,8 Milliarden DM auf einmalige Umstände, wie die Entwicklungsanleihe der deutschen Wirtschaft, den Sonderkredit der Länder an die Kreditanstalt für Wiederaufbau und die Teilveräußerung des Volkswagenwerkes, entfallen.
Die Bundesregierung betrachtet Finanzhilfen aus öffentlichen Mitteln und bundesverbürgten Kapitalmarktmitteln als fortdauernde Aufgabe. Über die Höhe der jährlichen Mittel dafür wird das Parlament jeweils im Rahmen des Jahresfinanzgesetzes zu entscheiden haben.
Die Höhe der verfügbaren Beträge wird von der jeweiligen Haushaltslage und nicht zuletzt von der Entwicklung unserer Steuer- und Kapitalkraft abhängen. Für die Hilfe an andere Länder werden von unserem Volke künftig echte und größere Opfer als bisher verlangt werden.
Entwicklungshilfe mit Verstand und Nutzen zu gewähren, ist eine große Kunst, die viel Erfahrung voraussetzt. Dabei sollten wir aus Erfahrungen und aus dem Lehrgeld anderer Staaten lernen. Schwerpunkte werden schon deswegen zu bilden sein, weil unsere Mittel einfach nicht ausreichen, um in allen Teilen der Welt Hilfe zu leisten. Unsere Bemühungen werden mit den gleichgerichteten Bemühungen anderer Länder abzustimmen sein, wie es z. B. für Indien und für Pakistan schon geschehen ist. Den Ländern Afrikas, die vor Europas Tür liegen, werden die großen Sondermittel des Entwicklungsfonds der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft bevorzugt zuzuführen sein. Das Verfahren zur Vorbereitung, Prüfung und Durchführung von Finanzhilfen an Entwicklungsländer wird wesentlich besser zu ordnen sein als heute. Der kluge Rat wirtschafts- und auslandserfahrener Männer wird dabei ebenso wenig zu entbehren sein wie die breite Mitwirkung technischer Sachverständiger. Die Rückflüsse des ERP- Sondervermögens werden in steigendem Maße von
Bundesfinanzminister Etzel
der innerdeutschen Wirtschaftsförderung auf die Förderung von Entwicklungsländern überzuleiten sein. Wir setzen damit die großartige Aufbauförderung fort, der dieses Stiftungsvermögen bisher hauptsächlich beim Wirtschaftsaufbau in unserem Lande gewidmet war. Unsere Finanzhilfe an andere Länder wird wie bisher teils von Land zu Land, teils über internationale Gemeinschaftseinrichtungen gewährt werden.
Meine Damen und Herren, ich darf vorschlagen, damit einverstanden zu sein, daß ich die weiteren Ausführungen bis zu Ende IV jetzt überschlage und sofort zum Schluß komme. Ich darf vielleicht bitten, daß die überschlagenen Ausführungen im Protokoll wiedergegeben werden. *)
Das Haus freut sich über Ihre Kürzung und wird das gern genehmigen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am Schluß meiner Ausführungen zu einigen bedeutenden finanzpolitischen Gegenwartsfragen kehre ich also wieder zu ihrem engeren Anlaß zurück, der Verabschiedung des Haushaltsgesetzes für 1961 am Ende der 3. Legislaturperiode. Unsere Finanzpolitik in dieser Zeit war - das glaube ich sagen zu dürfen - entscheidend bestimmt durch den Vorrang des Wiederaufbaues und des Wirtschaftswachstums in unserem Lande. Sie war mitbestimmt von den internationalen Leistungsverpflichtungen, die uns unser staatliches Erstarken unkündbar auferlegt. Sie war offen für alle sozialen und kulturellen Aufgaben der Bundesrepublik. Im engeren Bereich von Haushalt und Steuern war sie nüchtern, wahrhaftig und - ich glaube, das sagen zu dürfen - auch grundsolide.
Dem Deutschen Bundestag habe ich dafür Dank zu sagen, daß er der Generallinie meiner Finanzpolitik gefolgt ist und sie in einigen wesentlichen Entscheidungen bestätigt hat.
Auch der Opposition in diesem Hause habe ich dafür zu danken, daß sie eine sachgerechte und faire Form des Austrags von Meinungsverschiedenheiten gewahrt hat. Das politische Klima und das geistige Niveau der Arbeiten im Haushaltsausschuß und im Finanzausschuß waren erfreulich. Dafür habe ich dem Haushaltsausschuß, allen seinen Mitgliedern und vor allem dem Vorsitzenden und seinem Stellvertreter, Ihnen, Herr Kollege Schoettle, und Ihnen, Herr Kollege Dr. Vogel, sowie dem Finanzausschuß, vor allem Ihnen, Herr Kollege Neuburger, und Ihnen, Herr Kollege Seuffert, aufrichtig zu danken.
({0})
Die Arbeit des Haushaltsausschusses war in diesem Jahr ungewöhnlich schwierig und gründlich - darauf wurde schon hingewiesen -, weil der Haushaltsplan 1960 aus technischen Gründen wegen des Rumpffinanzjahres im wesentlichen ein Wiederholungshaushalt war und weil der Haushaltsplan
*) Vergleiche Anlage 3 Buchstabe d für 1961 wegen des Endes der Legislaturperiode wahrscheinlich wiederum für 1962 ein Wiederholungshaushalt werden wird.
In meinen Dank schließe ich alle meine Mitarbeiter im Bundesfinanzministerium ein.
({1})
Hoffen wir, daß wir nach einem sauberen Wahlkampf uns hier im gleichen Dienst am Gemeinwohl wieder zusammenfinden und das Werk einer klaren und soliden Finanzpolitik in guter Tradition fortsetzen.
({2})
Da der Herr Bundesfinanzminister es in hervorragender Weise verstanden hat, das Wesentliche einer langen Rede zu sagen, wird das Hohe Haus dafür die ganze Rede in den Druck übernehmen; sie wird im Stenographischen Bericht erscheinen.
Wird weiter das Wort zur allgemeinen Aussprache gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich schließe die allgemeine Aussprache.
Gemäß § 36 der Geschäftsordnung erteile ich das Wort zu einer Erklärung dem Abgeordneten Lücker.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei den Beratungen über den Etat des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat sich Herr Kollege Starke vorgestern sehr ausführlich und in einer Art und Weise mit meiner Person und meiner Haltung in der europäischen Agrarpolitik beschäftigt, die mir Anlaß gibt, hier eine Erklärung abzugeben, nachdem ich nicht in der Lage war, in der zweiten Lesung des Haushalts hier anwesend zu sein. Zu diesen Ausführungen habe ich folgendes zu erklären.
1. Weder in den Beratungen des Agrarausschusses noch im Plenum des EWG-Parlaments haben die FDP-Abgeordneten die Forderung der deutschen CDU-Abgeordneten unterstützt, das zukünftige europäische Agrarpreisniveau an dem gegenwärtigen deutschen Agrarpreisniveau zu orientieren.
({0})
Soweit sie sich dazu äußerten, haben sie vor einer solchen Politik gewarnt.
2. Bei der Abstimmung über die Ziffer 20 der Entschließung des EWG-Parlaments vom 14. Oktober 1960, die das zukünftige europäische Agrarpreisniveau definiert, sowie bei der Abstimmung über die gesamte Entschließung haben die anwesenden FDP-Abgeordneten sich entweder der Stimme enthalten oder an der Abstimmung nicht teilgenommen.
({1})
3. Die Protokolle der Sitzungen des Agrarausschusses des EWG-Parlaments sowie die von mir im Namen dieses Ausschusses ausgearbeiteten Berichte über die Lage der Landwirtschaft und die Grundsätze einer gemeinsamen Agrarpolitik innerhalb der EWG - die Dokumente sind gedruckt und
Lücker ({2})
liegen vor - weisen eindeutig aus, daß ich mich, unterstützt von meinen CDU-Kollegen, mit Nachdruck für ein europäisches Agrarpreisniveau eingesetzt habe, das sich an dem gegenwärtigen deutschen orientiert. Diese Tatsache ist insbesondere festgehalten durch die in Ziffer 2 genannte, von mir vorbereitete Entschließung sowie durch das Protokoll der Plenarsitzung des EWG-Parlaments vom 13. Oktober 1960, ,das meine Rede zu dieser Frage in Erwiderung auf die Intervention des Vizepräsidenten der EWG-Kommission, Herrn Mansholt, enthält.
4. Bereits in meinem ersten Bericht über die Landwirtschaftspolitik innerhalb der EWG aus dem Jahre 1958 habe ich in Kap. 1 die Wettbewerbsverzerrungen eingehend ,dargestellt und ihre Beseitigung als vordringliche Maßnahme der Regelung der Übergangszeit gefordert. Es gibt kein früheres Dokument zur europäischen Agrarpolitik, das diese Frage so eingehend behandelt und entsprechende Vorschläge macht.
5. Meine im Namen meiner Fraktion bei der Debatte dieses Hohen Hauses am 4. Mai 1960 abgegebene Stellungnahme für die Durchführung der Beschleunigung hat durch die Zustimmung der Bundesregierung im Ministerrat der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft am 12. Mai 1960 und am 20. Dezember 1960 ihre Bestätigung erfahren.
6. Ich halte alle meine in diesem Zusammenhang gemachten Behauptungen als der Wahrheit entsprechend im vollen Umfange aufrecht und trete jederzeit hierfür im einzelnen den Wahrheitsbeweis an.
({3})
Ich habe aus diesen Gründen kein schlechtes Gewissen und habe es nicht nötig, in der Agrarpolitik jeweils ein europäisches oder ein deutsches Gesicht zu zeigen.
({4})
Gemäß § 36 der Geschäftsordnung erteile ich das Wort zu einer Erklärung dem Abgeordneten Dr. Starke.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie brauchen keine Sorge zu haben; die Erklärung ist sehr kurz.
1. In der vorgestrigen Sitzung dieses Hohen Hauses war mir, bevor ich sprach, von der CDU gesagt worden, daß Herr Lücker im Hause sei.
({0})
2. Ich habe mich scharf gegen Herrn Lücker gewandt, wie ich es sonst nicht zu tun pflege.
3. Herr Lücker kennt aus früheren Gesprächen bei der Beratung über das Landwirtschaftsgesetz und aus späteren Gesprächen im Bereich des Europäischen Parlaments meine allgemeine innere Haltung zu den Agrarfragen und speziell zu den Gefahren, die sich für die deutsche Landwirtschaft aus der EWG-Agrarpolitik ergeben.
4. Herr Lücker durfte deshalb in diesem Hause am 24. Februar 1961 in meiner Abwesenheit nicht die Feststellung treffen, daß ich mich - mit meinen Fraktionskollegen - im Europäischen Parlament gegen eine ausreichende Preisbasis für die deutsche Landwirtschaft gewandt hätte.
5. Mit dieser wahrheitswidrigen Feststellung wird gegen mich und die FDP handfeste Propaganda im „Agrarbrief" der CDU vom 3. März 1961 gemacht. Dagegen mußte ich mich scharf wehren und werde es auch weiterhin tun. Herr Kollege Margulies wird das gesondert tun.
({1})
Wir kommen nunmehr zur Einzelberatung in der dritten Lesung.
Ich rufe auf den Einzelplan 04 - Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes - mit dem Änderungsantrag auf Umdruck 832, der bereits begründet worden ist. - Das Wort zur Aussprache wird nicht gewünscht.
Wer dem Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 832 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das zweite ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Damit erübrigt sich eine Abstimmung über den Einzelhaushalt.
Ich komme nunmehr zum Einzelplan 06 - Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern - mit den Änderungs- bzw. Entschließungsanträgen Umdruck 831, der schon durch den Abgeordneten Schoettle begründet ist, Umdruck 839 - eine Begründung wird nicht mehr gewünscht -, Umdruck 791, der durch den Abgeordneten Schoettle bereits begründet ist, Umdruck 828, der vermutlich auch nicht mehr begründet werden muß, sowie Umdruck 835, der durch den Abgeordneten Schoettle bereits begründet ist. Wird das Wort zur Aussprache über diese Änderungs- und Entschließungsanträge gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Ich lasse zunächst abstimmen über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 831. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das zweite ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP auf Umdruck 839! Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Keine Gegenstimmen! Es ist beschlossen.
Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Einzelplan 06 mit der soeben beschlossen Änderung. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. -Enthaltungen? - Bei zahlreichen Gegenstimmen angenommen!
Vizepräsident Dr. Jaeger
Ich komme zum Entschließungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 791.
({0})
- Überweisung an welchen Ausschuß?
({1})
- Also offenbar Übereinstimmung: federführend Kulturausschuß, mitberatend Haushaltsausschuß. Dann ist so beschlossen.
Ich rufe auf den Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP und der Gruppe der DP auf Umdruck 828. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen!
Wir kommen zu dem Entschließungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 835. Wird Ausschußüberweisung beantragt?
({2})
- Die Antragsteller wünschen Überweisung an den Ausschuß für Inneres - federführend -, Ausschuß für Kommunalpolitik und Haushaltsausschuß - mitberatend -. Schließt sich das Haus dem an? -Es ist so beschlossen.
Ich rufe auf den Einzelplan 07 - Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz - mit dem Entschließungsantrag auf Umdruck 840. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Der Entschließungsantrag auf Umdruck 840 soll dem Rechtsausschuß überwiesen werden. - Widerspruch erfolgt nicht; dann ist es so beschlossen.
Wir kommen nunmehr zum Einzelplan 10 -Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - mit den dazu vorliegenden Entschließungsanträgen Umdruck 781 ({3}), 816 und 836 ({4}). Wird das Wort gewünscht?
- Das ist nicht der Fall.
Wer dem Entschließungsantrag der Abgeordneten Gewandt, Krammig, Dr. Stoltenberg, Glüsing, Struve und Fraktion auf Umdruck 781 ({5}) zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Keine Gegenstimmen! Enthaltungen? - Auch keine Enthaltungen! Einstimmig angenommen!
Ich lasse abstimmen über den Entschließungsantrag der Fraktion der FDP auf Umdruck 816. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das zweite ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich rufe auf den Entschließungsantrag auf Umdruck 836 ({6}) der Abgeordneten Schmücker, Dr.
Pflaumbaum, Bauknecht, Glüsing ({7}), Fritz ({8}), Struve und Fraktion. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? - Auch keine Enthaltungen; einstimmig angenommen.
Damit komme ich zum Einzelplan 11 und den Entschließungsanträgen auf den Umdrucken 801 und 827. Wird noch das Wort gewünscht? - Bitte sehr, Herr Abgeordneter Büttner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich verzichte auf eine mündliche Begründung zu dem Antrag. Es liegt ein im Kern gleicher Antrag auf Umdruck 827 vor. Ich gestatte mir, die schriftliche Begründung zu Protokoll zu geben. *)
Sie wird entgegengenommen.
Noch eine Wortmeldung? - Bitte sehr.
Darf ich zu dem Antrag Umdruck 827 kurz Stellung nehmen. Es handelt sich um das Petitum unter Ziffer 2, wonach die Anpassungsmaßnahmen in Zukunft nicht über Paragraph 23 des Übergangsabkommens, sondern über Artikel 56 des Montanunionvertrages vorgenommen werden sollen. Ich glaube, es ist ein Petitum des gesamten Hauses, daß auch in der Zukunft die Sicherheit des sozialen Status der Bergleute entsprechend der bisherigen Handhabung der Bundesregierung und ihrer Grundsatzerklärung vom September 1959 gewährleistet wird. Wir wünschen, daß auch in Zukunft die ergangenen Richtlinien vom 19. Oktober und vom 11. Dezember 1959 Berücksichtigung finden. Ich glaube, das Hohe Haus tut gut daran, das noch einmal besonders zu unterstreichen, damit die Bergarbeiter an der Ruhr, in Aachen und an der Saar genau wissen, daß ihre Existenz in Zukunft nicht bedroht ist.
Wird noch weiter das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Ich lasse abstimmen über den Entschließungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 801. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? - Auch keine Enthaltungen; einstimmig angenommen.
Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Umdruck 827! Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? - Auch keine Enthaltungen; einstimmig angenommen.
Wir kommen nunmehr zum Einzelplan 12 mit den Anträgen auf den Umdrucken 841, 833 und 838. Wird zur Begründung das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
*) Siehe Anlage 5.
Vizepräsident Dr. Jaeger
Das Wort hat der Herr Bundesminister für Wirtschaft.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte, den Entschließungsantrag Umdruck 841 abzulehnen. Er ist in dieser Form unmöglich.
({0})
Denn abgesehen davon, daß ich jetzt zwei Tage lang mit Werften und Reedereien über die Frage verhandelt habe, ob noch aus früherer Zeit Strukturfehler vorliegen, die bereinigt werden müssen, habe ich es entschieden abgelehnt, mich über die Frage von Aufwertungsschäden zu unterhalten, und ebenso, die Umsatzsteuer im grenzüberschreitenden Verkehr zu suspendieren.
({1})
Es ist auch unmöglich, der exportintensiven Wirtschaft einen Schadensausgleich zu gewähren. Wir haben deutlich gemacht, daß die Aufwertung nicht allein aus konjunkturpolitischen Gründen erfolgt ist, sondern daß hier ein struktureller Fehler zu bereinigen war. Die Exportwirtschaft hat keinen Anspruch auf einen falschen Wechselkurs, der ihr billige Exporte ermöglicht.
({2})
Wo kämen wir hin? Wie wäre es mit einer freiheitlichen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung, die auch Sie bestimmt vertreten, in Einklang zu bringen, daß man - und das müßte, wenn man schon Verluste anrechnet, naturnotwendig geschehen - auch Gewinne anrechnet,
({3})
so z. B. bei Kreditaufnahmen die Gewinne aus einer Verdünnung des inneren Geldwerts, überhaupt die Gewinne, die die Inhaber von Sachwerten gegenüber den Besitzern von Nominalwerten haben? Das alles wären unmögliche Zustände. Aus diesem Grunde muß dieser Antrag mit aller Entschiedenheit abgelehnt werden. Wir stehen auf dem Boden einer freien Gesellschaftsordnung, und da ist es nicht möglich, die Gewinne privatwirtschaftlich zu tragen und die Verluste zu sozialisieren.
({4})
Wird das Wort weiter gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich lasse über den Entschließungsantrag der Fraktion der FDP auf Umdruck 841 abstimmen.
({0})
- Sie bitten um Ausschußüberweisung?
({1})
- Wenn sich die Antragsteller durch die Ausführungen des Ministers so beeindruckt zeigen, daß sie Ausschußüberweisung beantragen, muß ich diesen Antrag zur Abstimmung stellen; Sie können ihn ablehnen. Wer für die Ausschußüberweisung ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Die Ausschußüberweisung ist abgelehnt.
Wir kommen zur Sachentscheidung. Wer für den Antrag ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Der Antrag ist abgelehnt.
Entschließungsantrag Umdruck 833 der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP! Ausschußüberweisung ist nicht beantragt. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? - Auch keine Enthaltungen; hier ist die Einmütigkeit des Hauses hergestellt.
Wir kommen zum Umdruck 838, Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Furler, Birkelbach, Margulies und Genossen. Auch hier ist keine Ausschußüberweisung beantragt. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen angenommen.
Damit kommen wir zum Einzelplan 14. Die Umdrucke 793, 808, 811 und 834 enthalten nur Entschließungsanträge. Wird hierzu das Wort gewünscht? - Herr Abgeordneter Merten!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte dem Hause ebenfalls die Freude machen, die es heute wiederholt erfahren hat, und meine Begründung zu dem Antrag auf Umdruck 793 mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten schriftlich zu Protokoll geben und sie hier nicht vortragen*). Ich möchte aber auch meiner Freude darüber Ausdruck geben, daß die CDU auf dem Umdruck 834 den Anregungen der Sozialdemokraten eine Woche später weitgehend gefolgt ist. Ich möchte wünschen, daß auf anderen Gebieten die Anregungen der Opposition auf ebenso fruchtbaren Boden fallen, wie das hier der Fall gewesen ist.
({0})
Ich möchte beantragen, daß die Umdrucke 793 und 834 dem Verteidigungsausschuß - federführend - und dem Haushaltsausschuß zur Mitberatung überwiesen werden.
({1})
Der Umdruck 793 soll dem Verteidigungsausschuß - federführend - und dem Haushaltsausschuß - mitberatend - überwiesen werden. Ist das Haus mit der Ausschußüberweisung einverstanden? - Kein Widerspruch; die Ausschußüberweisung ist wie beantragt beschlossen.
Wir kommen zum Entschließungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 808. Wird zur Begründung das Wort gewünscht? ({0})
*) Siehe Anlage 4.
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
- Ebenfalls Ausschußüberweisung? - Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Entschließungsantrag der Fraktion der FDP auf Umdruck 811!
({1})
- An den Verteidigungsausschuß!
({2})
- Und Haushaltsausschuß! - Ist das Haus damit einverstanden? - Es ist so beschlossen.
Umdruck 834, Entschließungsantrag der Fraktion der CDU/CSU! Ist das Haus mit der Überweisung an den Verteidigungsausschuß - federführend - und an den Haushaltsausschuß einverstanden? - Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
'Damit sind die Entschließungsanträge zu dem Einzelplan 14 erledigt.
Zu dem Einzelplan 29 liegt der Entschließungsantrag auf Umdruck 807 vor. Er ist bereits begründet. Der Entschließungsantrag soll an den Ausschuß für Kulturpolitik und an den Haushaltsausschuß überwiesen werden. Ist das Haus einverstanden? - Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Ich habe hier eine Notiz zu dem Einzelplan 32: „Herr Abgeordneter Windelen eine Berichtigung". Herr Abgeordneter Windelen, möchten Sie das Wort? - Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe einen Druckfehler zu berichtigen, der sich in den Mündlichen Bericht des Einzelplans 32 eingeschlichen hat. Statt 788 099 800 DM, wie im Mündlichen Bericht auf Seite 2 bei Kap. 32 05 Tit. 680 abgedruckt, muß es heißen: 778 099 800 DM. Ich bitte Sie, diese Berichtigung zur Kenntnis zu nehmen.
Das Haus hat diese Berichtigung zur Kenntnis genommen.
Wir fahren fort. Zum Einzelplan 36 liegt ein Entschließungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 796 vor. Wird das Wort zur Begründung gewünscht? ({0})
- Ausschuß für Inneres und Haushaltsausschuß. Ist das Haus damit einverstanden? Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Zum Einzelplan 36 liegt weiter ein Entschließungsantrag der Fraktion der FDP auf Umdruck 812 vor. Wird das Wort gewünscht? ({1})
- Ausschuß für Inneres und Haushaltsausschuß. - Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Zum Einzelplan 60 liegt ein Änderungsantrag der Fraktion ,der CDU/CSU auf Umdruck 842 vor.
({2})
- Ich muß ihn zur Abstimmung stellen. Wer diesem Änderungsantrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen. Weitere Änderungs- und Entschließungsanträge liegen nicht vor.
Wir kommen zur
Schlußabstimmung.
Wer dem Haushaltsgesetz mitsamt den Einzelplänen in der geänderten Fassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Keine Enthaltungen. Das erste war die Mehrheit. Meine Damen und Herren, das Bundeshaushaltsgesetz 1961 ist in dritter Lesung angenommen.
({3})
Es ist mehr als eine Floskel, wenn der Präsident des Hauses bei der Verabschiedung des Bundeshaushalts erstens dem Hause, zweitens den besonders beteiligten Ausschüssen, insonderheit dem Haushaltsausschuß, seinem Vorsitzenden, den Berichterstattern und den Mitgliedern, den Dank des Hauses für die Arbeit ausspricht, die sie sich mit dieser wichtigsten Vorlage des Hauses gemacht haben.
({4})
Der Präsident des Hauses bedankt sich insbesondere dafür, daß es geglückt ist, den Haushalt noch rechtzeitig vor den Osterferien zu verabschieden. Ich verbinde damit auch den Dank an den Herrn Bundesfinanzminister und an seine Mitarbeiter.
({5})
Damit haben wir den Haushalt verabschiedet, der über die Legislaturperiode, die dem gegenwärtigen Haus beschert ist, hinausreicht und hinüberträgt in die nächste Legislaturperiode.
Meine Damen und Herren, wir sind noch nicht am Ende unserer Tagesordnung. Ich rufe auf:
Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Gewährung von Miet- und Lastenbeihilfen und des Mieterschutzgesetzes ({6});
Bericht des Haushaltsausschusses ({7}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung ({8}) ;
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wohnungswesen, Bau- und Bodenrecht ({9}) ({10});
Berichterstatter: Abgeordneter Reitz ({11})
Wünscht der Herr Berichterstatter das Wort? - Der Herr Berichterstatter verzichtet.
Präsident D. Dr. Gerstenmaier
Ich eröffne die Aussprache in der zweiten Lesung. - Frau Abgeordnete Dr. Diemer-Nicolaus!
({12})
- Einen Augenblick! Meine Damen und Herren, es ist noch nicht Feierabend. Ich finde es nicht sehr galant, einem gleichberechtigten Mitglied des Hauses einen solchen Empfang zu bereiten.
({13}) Bitte, Frau Abgeordnete.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Herren und Damen! Ich bedaure es natürlich auch, daß ich Sie, weil dieser Punkt erst jetzt aufgerufen wird, nach der Verabschiedung des Haushalts noch mit einer Rede „beglücken" muß.
Ich beantrage, daß der Artikel 2 des Gesetzes an den -Rechtsausschuß verwiesen wird, und zwar aus folgendem Grund: Der Rechtsausschuß ist an sich ermächtigt, solche Fragen, die eine einheitliche Behandlung ,der Rechtsvorschriften erfordern, zu beraten. Er hat einmütig die Auffassung vertreten, daß eine Beratung des Artikels 2 - nicht des Artikels 1, der die Miet- und Lastenbeihilfen betrifft - geboten ist, insbesondere wegen der verfahrensrechtlichen Vorschriften.
Frau Kollegin Kuchtner und ich sind zu Berichterstatterinnen bestimmt worden. Deshalb habe ich mich jetzt zu Wort melden müssen. Der Vorsitzende des Rechtsausschusses hat dem Vorsitzenden des Ausschusses für Wohnungswesen, Bau- und Bodenrecht, Herrn Dr. Hesberg, den Beschluß des Rechtsausschusses mitgeteilt und gebeten, die Vorlage zurückzustellen, um die Stellungnahme des Rechtsausschusses bei der Berichterstattung im Plenum mit verwerten zu können.
Sie wissen, daß dieser Punkt erst nachträglich auf diee Tagesordnung gesetzt worden ist. Dabei ist wahrscheinlich die Bitte des Rechtsausschusses übersehen worden. Ich bitte deshalb, den Artikel 2 an den Rechtsausschuß zu verweisen, damit ihm die Möglichkeit gegeben wird, diese Fragen noch zu beraten. Der Entwurf behandelt ja zwei völlig verschiedene Dinge: einmal die Frage der Miet- und Lastenbeihilfen - dieser Teil kann verabschiedet werden -, zum anderen die Frage des Mieterschutzes und des Verfahrens in anhängigen Prozessen. Ich darf darauf hinweisen, daß seinerzeit auch beim sozialen Mietrecht nur zwei Paragraphen behandelt worden und die anderen Bestimmungen noch im Rechtsausschuß anhängig gewesen sind. Ich würde mich freuen, wenn der Rechtsausschuß möglichst bald auch diese Dinge behandeln könnte.
Einen Augenblick, Frau Abgeordnete! Wenn ich Sie recht verstanden habe, beantragen Sie, den Artikel 2 an den Rechtsausschuß zurückzuverweisen.
({0}) Das andere kann verabschiedet werden?
({1})
Das Wort hat der Herr Bundeswohnungsbauminister.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bitte, den Antrag der Frau Kollegin DiemerNicolaus abzulehnen.
Infolge der Beratungen des Abbaugesetztes sind wir mit den anhängig gebliebenen Bestimmungen des BGB nicht mehr fertig geworden. Das würde bedeuten, daß in den nächsten Jahren, beginnend am 1. April, 200 000 Mieter schutzlos wären. Das wollte niemand. Das stand nicht in meiner Vorlage. Darum muß dieses Gesetz, nachdem es, wofür ich sehr dankbar bin, interfraktionell verabschiedet werden sollte, am 29. März im Bundesrat sein und am 1. April in Kraft treten. Damit ware die Kontinuität des Abbaugesetzes wiederhergestellt.
Ich bitte deshalb, dem Antrag der Fraktionen stattzugeben und den Antrag der Frau Kollegin Diemer-Nicolaus abzulehnen.
({0})
Herr Abgeordneter Dr. Brecht!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst darauf hinweisen, daß dem zuständigen Ausschuß, der dieses Gesetz beraten hat, die von Frau Kollegin Diemer-Nicolaus vorhin mitgeteilte Nachricht über die Beratung im Rechtsausschuß bisher überhaupt nicht zugestellt worden ist. Wir haben bisher gar nichts erfahren. Sonst hätte sich der Ausschuß zweifellos mit diesen Überlegungen in der Zwischenzeit einmal beschäftigen können.
Wir müssen aber darauf hinweisen, daß das Gesetz, wie der Herr Bundeswohnungsbauminister ausgeführt hat, tatsächlich zum 1. April in Kraft treten muß. Deshalb ist es auch zu dem interfraktionellen Antrag gekommen. Wir meinen daher, daß man die Zurückstellung des Art. 2 praktisch nicht machen kann.
Es besteht folgende Möglichkeit. Wenn seitens der FDP-Fraktion gegen die materiellen Bestimmungen des Art. 2 Bedenken bestehen, kann diese andersartige Frage nochmals in einem Gesetzesantrag ihren Niederschlag finden und dann zur sachlichen Abstimmung gebracht werden. Wir möchten aber jedenfalls bitten, das Gesetz jetzt durchzuziehen, nachdem es für die Mieterhöhungen wegen des Grundsteuerwegfalles ab 1. April 1961 von grundlegender Bedeutung ist.
Frau Abgeordnete Diemer-Nicolaus!
Herr Kollege Brecht, Sie haben wahrscheinlich überhört, daß ich gesagt habe, der Vorsitzende des Rechtsausschusses, Herr Hoogen, habe das am 3. März 1961 an den Vorsitzenden des Ausschusses für Wohnungsbau8800
wesen, Bau und Bodenrecht, Herrn Dr. Hesberg, mitgeteilt. Ich kann noch in Ergänzung sagen: er teilt weiterhin mit, daß die Beratung im Rechtsausschuß für den 12. April 1961, unmittelbar nach der Osterpause, vorgesehen ist.
Zu dem, was Herr Minister Lücke gesagt hat, darf ich auf folgendes hinweisen. Ich spreche jetzt für mich und meine Fraktion und nicht als bestellte Berichterstatterin des Rechtsausschusses. Es besteht nicht die Notwendigkeit, den Art. 2 jetzt zu verabschieden. Denn es war sowohl im Gesetz von 1950 wie im Zweiten Wohnungsbaugesetz von 1956 ganz bewußt bestimmt worden, daß frei finanzierte Wohnungen einem Mieterschutz nicht unterliegen.
({0})
- Wenn für frei finanzierte Wohnungen eine Steuervergünstigung in Anspruch genommen wird, läuft nach 10 Jahren der Mieterschutz aus. Wie weit dort überhaupt nachher Kündigungen ausgesprochen werden, steht auch noch dahin. Aber in dem Schriftlichen Bericht wird gesagt, und das ist nicht richtig, es könnten Zweifel bestehen, ob der Mieterschutz noch fortbestehen solle. Es war ausdrücklich vorgesehen, daß ,er nicht fortbestehen solle. Der Grund dafür war, einen Anreiz zu bieten, ohne öffentliche Mittel frei finanzierte Wohnungen zu erstellen.
Ich darf Ihnen jetzt schon sagen:
({1})
wenn eine Ausschußverweisung nicht erfolgt, wird meine Fraktion dem Art. 2 nicht zustimmen.
({2})
Wir erachten es nicht für angängig, daß man Vertrauen erweckt durch die Zusage, die in zwei Gesetzen gegeben worden ist, ebenso durch die Zusage, die damals von der Bundesregierung gegeben wurde, daß spätestens nach 10 Jahren im Falle der Inanspruchnahme einer Steuervergünstigung der Mieterschutz wegfällt, und dann im letzten Augenblick dieses Vertrauen so enttäuscht, wie durch diesen Gesetzentwurf geschehen ist. Sagen Sie mir jetzt nicht, meine Damen und Herren, daß auf den Mieterschutz heute nicht verzichtet werden kann, obwohl in den Jahren 1950 bis 1956, als die Wohnungsnot so viel größer war als heute, gesagt wurde, daß in diesen Fällen auf ihn verzichtet werden könne.
Hinzu kommt noch, daß sowieso Vorschläge der Regierung zum sozialen Mietrecht vorliegen und auch schon eine Änderung zweier Paragraphen des BGB erfolgt ist, die auch für die Zeit nach Aufhebung der Wohnraumbewirtschaftung auch auf dem allgemeinen Wohnungsmarkt einen Mieterschutz gebracht hat, der weiter geht als der bisherige.
({3})
Das Wort hat der Herr Bundesjustizminister.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte nur zu der zuletzt aufgeworfenen Frage Stellung nehmen. Es ist gesagt worden, daß die vorgesehene Änderung des Mieterschutzgesetzes vielleicht deshalb unzulässig sei, weil die Vermieter der geltenden Fassung der §§ 31 a und 31 b des Mieterschutzgesetzes entnommen hätten, daß der Mieterschutz nach Ablauf der Grundsteuervergünstigung entfalle.
Ich möchte dazu feststellen, daß eine solche Auslegung des Mieterschutzgesetzes für die Vermieter nach meinem Dafürhalten nicht zulässig ist. § 31 a des Mieterschutzgesetzes ist bereits durch das Erste Wohnungsbaugesetz 1950 geschaffen worden. Die amtliche Begründung hierzu - Bundestagsdrucksache 567 - hat zu dem geltenden § 31 a ausgeführt:
Der Mieterschutz wird weiterhin bestehenbleiben für den sozialen Wohnungsbau und für den Teil des steuerbegünstigten Wohnungsbaus, bei dem Grundsteuervergünstigungen in Anspuch genommen werden.
Aus den sonstigen Materialien läßt sich dafür nichts entnehmen, daß der Gesetzgeber die Absicht gehabt hat; nach dem Auslaufen der Grundsteuervergünstigung den Mieterschutz entfallen zu lassen.
Herr Abgeordneter Dr. Hesberg!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da der Ausschuß für Wohnungswesen, Bau- und Bodenrecht zweimal zitiert worden ist, darf ich feststellen, daß die Beratungen des Ausschusses schon abgeschlossen waren, als der Rechtsausschuß diesen Antrag stellte. Bei den Beratungen im Ausschuß für Wohnungswesen, Bau- und Bodenrecht sind die Fragen, die soeben zur Erörterung gestanden haben, mit in die Debatte einbezogen worden. Vertreter des Bundesjustizministeriums sind beteiligt gewesen. Die soeben vom Herrn Bundesjustizminister vertretene Auffassung ist auch die einhellige Meinung des Ausschusses für Wohnungswesen, Bau- und Bodenrecht.
Keine weiteren Wortmeldungen. Wir stimmen ab.
Wer Art. 1 zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Zu Art. 2 ist Überweisung an den Rechtsausschuß beantragt. Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Die Ausschußüberweisung ist abgelehnt.
Wer Art. 2 in der Sache zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Angenommen.
Ich rufe auf Art. 3, - 4, - 5, - Einleitung und Überschrift. - Wer zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Angenommen.
Präsident D. Dr. Gerstenmaier Ich rufe auf zur
dritten Beratung
und eröffne die allgemeine Aussprache. - Das Wort wird nicht gewünscht.
Wer dem Gesetzentwurf in der vorliegenden Fassung zustimmt, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei zahlreichen Enthaltungen angenommen.
Damit sind wir am Ende der heutigen Tagesordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf den 19. April, 9 Uhr, und wünsche Ihnen gute Osterferien.
({0})
Die Sitzung ist geschlossen.