Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet.
Meine Damen und Herren, zunächst einige Mitteilungen! Nach einer in der gestrigen Sitzung des Ältestenrates getroffenen Vereinbarung soll die heutige Tagesordnung erweitert werden um die dringliche Anfrage des Abgeordneten Müller-Hermann, Drucksache 2462. Ist das Haus damit einverstanden, daß diese Anfrage als erster Punkt der Tagesordnung behandelt wird? - Das ist der Fall.
Ferner soll die Tagesordnung erweitert werden
B) um den Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD betreffend Wahl der Mitglieder der Rundfunkräte der Anstalten des öffentlichen Rechts „Deutsche Welle" und „Deutschlandfunk", Drucksache 2464. Besteht auch hierüber Einverständnis? - Das ist der Fall.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll die Große Anfrage der Fraktionen der SPD, FDP betreffend Regelung der Sonntagsarbeit - Drucksache 2444 - von der Tagesordnung abgesetzt werden. Ist das Haus damit einverstanden? - Es ist so beschlossen.
Die folgende amtliche Mitteilung wird ohne Verlesung rin den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der Herr Bundesminister für Verteidigung hat unter dem 8. Februar 1961 die Kleine Anfrage der Fraktion der FDP betr. Vorauszahlungen für Rüstungsaufträge - Drucksache 2439 - beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 2474 verteilt.
Punkt 1 der Tagesordnung: Fragestunde ({0}) .
Herr Abgeordneter Müller-Hermann hat zu dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern folgende Frage gestellt:
Ist die Bundesregierung in der Lage, nach dem neuesten Stand der Ermittlungen eine Ubersicht über die kommunistischen Tarn- und Hilfsorganisationen und ihre Publikationsmittel zu geben?
Die Antwort, die ich im Einvernehmen mit dem Herrn Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen gebe, lautet wie folgt: In der 31. Plenarsitzung am 13. Juni 1958 habe ich dem Hohen Hause eine Reihe von kommunistischen Hilfs- und Tarnorganisationen sowie einige kommunistisch beeinflußte neutralistische und nationalistische Kreise namhaft gemacht. Dies waren insbesondere der Weltfriedensrat, das Friedenskomitee der Bundesrepublik Deutschland, die Westdeutsche Frauenfriedensbewegung, die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes ({0}), die Fédération Internationale des Resistants ({1}), der Bund der Deutschen ({2}), der Deutsche Klub 1954, der Demokratische Kulturbund Deutschlands ({3}), der Fränkische Kreis, die Aktionsgemeinschaft gegen die atomare Aufrüstung der Bundesrepublik, der Ständige Kongreß aller Gegner der atomaren Aufrüstung in der Bundesrepublik. Diese Aufstellung läßt sich durch weitere Organisationen dieser Art ergänzen. Ich erwähne zunächst den Schwelmer Kreis, die Vereinigung unabhängiger Sozialisten, den Deutschen Jugendring, die Arbeitsgemeinschaft „Frohe Ferien für alle Kinder" und gewisse KZ-Lagergemeinschaften - Auschwitz, Buchenwald und andere -.
Ich weise ferner auf diejenigen Vereinigungen hin, mit deren Hilfe der Kommunismus sich eine Plattform verschaffen möchte, um in den Parlamenten des Bundes, der Länder und der Gemeinden wieder Fuß zu fassen und von dort aus Einfluß auf das politische Leben in der Bundesrepublik zu gewinnen. Auf der Bundesebene ist dies die Deutsche Friedensunion. Auf der Länderebene gehören dazu insbesondere die Deutsche Demokratische Union im Saarland, die Demokratische Wählerunion in Nordrhein-Westfalen und die Vereinigung für Frieden und soziale Sicherheit in Baden-Württemberg. Ich beschränke mich bei diesen Angaben auf diejenigen Organisationen, die eine größere Aktivität entfaltet haben oder die in der Öffentlichkeit häufiger genannt worden sind. Die Übersicht ist also nicht erschöpfend.
Schließlich gibt es noch eine Reihe von kommunistischen Tarnzeitschriften oder Tarnzeitungen. Darunter verstehe ich solche Organe, die, ohne sich offen zum Kommunismus zu bekennen, Tendenzen und Ziele der kommunistischen Politik kritiklos verbreiten oder propagieren. Zu diesen kommunistischen Tarnzeitschriften oder Tarnzeitungen gehören
Bundesinnenminister Dr. Schröder
vor allem „Die andere Zeitung", die vom Deutschen Klub 1954 gesteuerten „Blätter für deutsche und internationale Politik", die vom Friedenskomitee der Bundesrepublik Deutschland gesteuerte Wochenzeitung „Blick in die Zeit", die vom Bund der Deutschen gesteuerten Organe „Deutsche Volkszeitung" und „Deutsche Woche", die Studentenzeitung „konkret", die Jugendzeitschrift „Elan", die „Sozialistische Korrespondenz", das VVN-Organ „Die Tat", das vom Westdeutschen Flüchtlingskongreß gesteuerte „Münchener Vertriebenen-Echo", die in Hamburg erscheinende Wochenzeitung „Dat Blinkfüer".
Zusatzfrage?
Herr Bundesminister, was gedenkt die Bundesregierung zu tun und was kann sie tun, um die Tätigkeit dieser kommunistischen Tarnorganisationen zu bekämpfen?
Herr Kollege Müller-Hermann, es würde zu weit führen, das im einzelnen darzulegen. Ich möchte aber darauf hinweisen, daß die Bundesregierung derzeit einen Prozeß vor dem Bundesverwaltungsgericht gegen die VVN führt. Wir hoffen, daß dieser Prozeß sehr bald zu dem angestrebten Ergebnis führen wird.
Zweite Zusatzfrage?
Herr Minister, ziehen die Länder bei Ihren Bemühungen angemessen mit, und besteht eine gute Zusammenarbeit zwischen Bundesregierung und Landesregierungen in der Bekämpfung der kommunistischen Tarnorganisationen?
Ich glaube, dazu gerade im Blick auf die letzte Konferenz der Länderinnenminister in Hamburg, an der ich teilgenommen habe, sagen zu können, daß sich Bund und Länder hier in einem gemeinsamen Vorgehen befinden und bestrebt sind, eine gute Zusammenarbeit auf diesem Gebiet zu gewährleisten.
Die Frage ist beantwortet.
Ich rufe Punkt 9 der Tagesordnung auf:
Bericht der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes ({0}).
Das Wort hat der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung ist durch das Landwirtschaftsgesetz verpflichtet, im Februar eines jeden Jahres über die Ertragslage der Landwirtschaft zu berichten und gegebenenfalls Maßnahmen
vorzuschlagen, die ein Zurückbleiben des Einkommens der Landwirtschaft hinter dem der übrigen Wirtschaft verhindern sollen. Beides, der Lagebericht und der Plan für die zu ergreifenden Maßnahmen, liegen Ihnen als Drucksache 2400 vor.
Befassen wir uns zunächst mit den ökonomischen Fakten, um so den Ausgangspunkt für eine sachliche Diskussion der Maßnahmen zu gewinnen!
Die Landwirtschaft ist ein wichtiger Bestandteil unserer Volkswirtschaft. Sie kann daher auch nicht losgelöst von der Gesamtwirtschaft betrachtet werden. Gestatten Sie mir deshalb kurz einige Ausführungen zur allgemeinen Wirtschaftslage! Die anhaltend günstige Wirtschaftskonjunktur brachte Spannungen auf dem Arbeitsmarkt sowie Lohnerhöhungen und damit steigende Masseneinkommen. Die Zahl der offenen Stellen übertraf die der Arbeitsuchenden um ein Vielfaches. Der Arbeitskräftemangel verursachte einen erhöhten Bedarf an Investitionsgütern, der sich durch den notwendigen Ersatz der fehlenden Arbeitskräfte durch technische Einrichtungen ergab. Außerdem vergrößerte sich die Nachfrage nach Konsumgütern durch das rasche Ansteigen der Masseneinkommen. An dieser allgemein günstigen Entwicklung vieler Wirtschaftsbereiche nahm die Landwirtschaft nicht in gleichem Maße teil. Die Landwirtschaft wurde durch diese Entwicklung sogar vor sehr schwer zu lösende Aufgaben gestellt. Die günstigen Verdienstmöglichkeiten in den übrigen Wirtschaftsbereichen bedingten eine verstärkte Abwanderung der Arbeitskräfte. Die schnelle Verringerung der Arbeitskräfte zwingt der Landwirtschaft ,ein Tempo der Umstellung auf, das der Eigenart der landwirtschaftlichen Produktions-, Betriebs- und Sozialverfassung nicht entspricht.
Die ansteigenden Masseneinkommen ermöglichten zwar eine Zunahme der Verkaufserlöse der Landwirtschaft infolge einer Steigerung des Verbrauchs von Veredlungsprodukten. Jedoch sind der Zunahme des Verbrauchs von Nahrungsmitteln bei einem hohen Lebensstandard, wie wir ihn in der Bundesrepublik haben, enge Grenzen gesetzt. Außerdem kommen die erhöhten Verbrauchsausgaben für Nahrungsmittel den Erzeugern nur zum Teil zugute. Die Ansprüche an die Be- und Verarbeitung sowie an die Darbietung der Nahrungsmittel sind größer geworden, so daß die Verbrauchsausgaben in stärkerem Maße auf diese Dienstleistungen entfallen.
Den kurzen Überblick über die gesamtwirtschaftliche Situation habe ich bewußt meinen Ausführungen über die Lage der Landwirtschaft vorangestellt, um die besonderen Probleme der Landwirtschaft bei der derzeit günstigen Konjunktur der Gesamwirtschaft anzudeuten. Lassen Sie mich nun auf die Landwirtschaft im besonderen eingehen.
Die Wertschöpfung, die sich aus dem Produktionswert vermindert um den Sachaufwand errechnet und die Summe aller Einkommen darstellt, betrug 1960 in der Landwirtschaft rund 14 Milliarden DM. Die Wertschöpfung der Gesamtwirtschaft erreichte 215 Milliarden DM, so daß auf die Landwirtschaft
ein Anteil von 7 v. H. entfällt. Seit 1950 ist die Wertschöpfung der Landwirtschaft um 76 v. H. gestiegen, während im gleichen Zeitraum in der übrigen Wirtschaft ein Zuwachs von 202 v. H. zu verzeichnen rost. Der Anteil der Landwirtschaft an der gesamten Wertschöpfung ist also - trotz Steigerung - zurückgegangen. Aus dieser Tatsache werden oft falsche Schlüsse gezogen, weil nicht berücksichtigt wird, daß in den nichtagrarischen Wirtschaftsbereichen der Arbeitskräftebestand um 6 Millionen auf 21 Millionen angestiegen ist, während aus der Landwirtschaft mehr als eine Million ständige Arbeitskräfte abwanderten, die dem Arbeitspotential der anderen Wirtschaftsbereiche zugute gekommen sind. Die Wertschöpfung je Erwerbstätigen ist in der Landwirtschaft relativ sogar etwas stärker gestiegen als in der übrigen Wirtschaft, absolut bestehen aber nach wie vor große Differenzen zuungunsten der Landwirtschaft.
Die Leistungen der Landwirtschaft verbesserten sich erheblich. Im Durchschnitt der letzten drei Jahre übertraf die Nahrungsmittelproduktion um 41 v. H. den Vorkriegsstand. Bezieht man die Nahrungsmittelerzeugung auf die Zahl der Arbeitskräfte, die an dieser Produktion beteiligt waren, so ergibt sich im gleichen Zeitraum eine Steigerung der Nahrungsmittelproduktion je Arbeitskraft um 113 v. H. Daran wird deutlich, welche Erfolge bei der Verbesserung des Pflanzenbaus, der Tierhaltung und der Tierernährung erzielt worden sind.
Der technische Fortschritt fand in zunehmendem Maße in der Landwirtschaft Eingang und führte zu erheblichen Umstellungen. Im Jahre 1950 besaß die westdeutsche Landwirtschaft 140 000 Schlepper, heute sind es über 800 000, d. h. der Bestand hat sich ungefähr versechsfacht. Gleichzeitig verringerte sich die Zahl der Zugtiere. In den letzten zehn Jahren investierte die Landwirtschaft 5 Milliarden DM für neue Wirtschaftsgebäude und 14 Milliarden DM für neue Maschinen. Von den insgesamt 19 Milliarden DM Investitionen entfielen 12 Milliarden auf Ersatzbeschaffungen und 7 Milliarden DM auf Netto-Investitionen. Diese umfangreichen Kapitalaufwendungen wurden im wesentlichen durch die Abwanderung von Arbeitskräften bedingt; denn seit 1950 verringerte sich der landwirtschaftliche Arbeitskräftebestand um ungefähr ein Drittel. Da die Landwirtschaft die Investitionen nicht in vollem Umfang selbst finanzieren konnte, erhöhte sich das aufgenommene Fremdkapital und stieg im Jahre 1960 auf rund 12 Milliarden DM an.
Der in groben Zügen gegebene Überblick über die langfristige Entwicklung der landwirtschaftlichen Produktion verdeutlicht die großen Anstrengungen, die die Landwirte unternommen haben, um durch Rationalisierung ihre Ertragslage zu verbessern.
Gestatten Sie mir nun, auf die Verhältnisse im abgelaufenen Wirtschaftsjahr 1959/60 näher einzugehen.
Die Ertragslage der Landwirtschaft war im Wirtschaftsjahr 1959/60 dadurch gekennzeichnet, daß
die Ausgaben erheblich stärker stiegen als die Einnahmen; dies wurde durch die ungünstige Ernte 1959 verursacht. Das Jahr 1959 brachte zwar die bis dahin größte Getreideernte, aber durch die große Trockenheit wurden die Ernteergebnisse aller übrigen Früchte, insbesondere beim Futterbau, beeinträchtigt. Trotz der schlechten Futterernte konnte die Nahrungsmittelproduktion im großen und ganzen auf der vorjährigen Höhe gehalten werden. Der Rückgang der Produktion pflanzlicher Nahrungsmittel wurde fast ganz durch die weitere Zunahme der Produktion von Veredelungserzeugnissen ausgeglichen. Diese Steigerung war bei der niedrigen Futterernte nur möglich, weil in einem bisher nicht gekannten Maße Futtermittel zugekauft wurden und noch Futtervorräte in den Betrieben aus den Vorjahren zur Verfügung standen.
Bei dem hohen Arbeitskräftebedarf und weiter steigenden Löhnen in der gewerblichen Wirtschaft setzte sich stärker als in früheren Jahren die Abwanderung von Arbeitskräften aus der Landwirtschaft fort. Besonders stark war die Verringerung der Zahl der Lohnarbeitskräfte, die zu einer vermehrten Arbeitsbelastung der bäuerlichen Familienarbeitskräfte führte.
Der Index der Erzeugerpreise landwirtschaftlicher Produkte ist im Wirtschaftsjahr 1959/60 - nach einem geringen Rückgang im Vorjahr - um
6 v. H. angestiegen. Diese Entwicklung beruhte in der Hauptsache auf Preiserhöhungen bei Kartoffeln, Gemüse und Obst, bedingt durch die niedrigen Ernten des trockenen Sommers 1959. Seit Beginn des Wirtschaftsjahres 1960/61 ist der Erzeugerpreisindex zurückgegangen. Er lag im Durchschnitt der Monate Juli bis Dezember 1960 um rund 9 v. H. niedriger als in der entsprechenden Vorjahreszeit.
Beim Index der Einkaufspreise der Betriebsmittel setzte sich die bisherige Entwicklung im Wirtschaftsjahr 1959/60 mit einem Anstieg um 2 v. H. und in den ersten sechs Monaten des Wirtschaftsjahres 1960/61 mit einer Erhöhung um 1 v. H. gegenüber dem Vorjahre fort. Im Zuge der allgemeinen Lohnerhöhungen sind 1959/60 auch die Landarbeiterlöhne angestiegen, und zwar um
7 v. H. gegenüber dem Vorjahre.
Die Verkaufserlöse der Landwirtschaft erhöhten sich 1959/60 um 600 Millionen DM gegenüber dem Vorjahr, die laufenden Ausgaben um 1,2 Milliarden DM - wenn man die Netto-Investitionen und die persönlichen Steuern noch berücksichtigt, sogar um 1,4 Milliarden DM.
Die Differenz zwischen Verkaufserlösen und laufenden Ausgaben einschließlich der Ersatzbeschaffungen beträgt 1959/60 rund 5,4 Milliarden DM. Dieser Betrag steht für die Barentlohnung der Familienarbeitskräfte, die Verzinsung des im Betrieb eingesetzten Eigenkapitals, Risikorücklagen sowie für Netto-Investitionen zur Verfügung; er verringerte sich 1959/60 gegenüber dem Vorjahre um 500 Millionen DM. Zieht man von dem oben genannten Differenzbetrag noch die Netto-Investitionen, die persönlichen Steuern und die Lasten8120
ausgleichsabgabe ab, so ergeben sich 1959/60 als Differenzbetrag zwischen den Verkaufserlösen und den gesamten Barausgaben der Landwirtschaft 3,8 Milliarden DM. Diese Differenz verringerte sich im Jahre 1959/60 im Vergleich zum Vorjahre um 700 Millionen DM.
Aus diesen wenigen Zahlenangaben wird ersichtlich, daß sich 1959/60 die Liquiditätslage in der Landwirtschaft wesentlich verschlechtert hat. In den zurückliegenden drei Jahren hatte sich die Differenz zwischen Verkaufserlösen und Betriebsausgaben laufend erhöht. Das ungünstige Verhältnis zwischen Einnahmen und Ausgaben im Wirtschaftsjahr 1959/60 ist vor allem durch die schlechte Futterernte entstanden, die stark vermehrte Futtermittelzukäufe notwendig machte. Die Ausgaben für Futtermittel erhöhten sich 1959/60 um 600 Millionen DM auf 3,3 Milliarden DM.
Von diesem auf Grund allgemeiner statistischer Unterlagen ermittelten Gesamtüberblick weichen die Ergebnisse der einzelnen landwirtschaftlichen Betriebe je nach Wirtschaftsgebiet, Bodennutzungssystem und Betriebsgrößenklasse, wie bereits in den zurückliegenden Jahren, zum Teil erheblich ab. Das Einkommen ist in den nordwestdeutschen Betrieben gegenüber dem Vorjahre zurückgegangen, während es in den süddeutschen Betrieben, die von der Trockenheit im Jahre 1959 nicht so betroffen waren, im Durchschnitt anstieg. Da aber die Zahl der Arbeitskräfte, auf die sich das erzielte Einkommen verteilt, insbesondere in Nordwestdeutschland, zurückging, verbesserte sich das Einkommen, bezogen auf die Arbeitskraft, in beiden Gebieten, in den nordwestdeutschen Betrieben jedoch in geringerem Umfang als in den süddeutschen. Nach wie vor ist aber das Einkommen je Arbeitskraft im Durchschnitt in den nordwestdeutschen Betrieben höher als in den süddeutschen. Das ist u. a. auf' die bessere Agrarstruktur in Nordwestdeutschland zurückzuführen. Innerhalb der beiden Wirtschaftsräume ergab sich wie in früheren Jahren eine deutliche Einkommensabstufung von den größeren Betrieben der intensiveren Hackfruchtbausysteme mit günstigen Erzeugungsbedingungen zu den kleineren Betrieben der weniger intensiven Futterbauwirtschaften mit ungünstigen Produktionsvoraussetzungen.
Um festzustellen, inwieweit sich die Einkommen der Landwirtschaft im Vergleich zu den Einkommen der übrigen Wirtschaft entwickelt haben, ist wie bisher der Jahresverdienst herangezogen worden, so daß eine Vergleichbarkeit mit den Ergebnissen der vorangegangenen Jahre gegeben ist.
Der Bundestag hat die Bundesregierung mit Beschluß vom 1. Juli 1960 ersucht, bei der Vergleichsrechnung neben dem Jahresverdienst auch den Stundenlohn mit heranzuziehen. Die schwerwiegenden Bedenken, die im Ernährungsausschuß des Bundestages und im Beirat zur Feststellung der Ertragslage der Landwirtschaft von Sachverständigen der Betriebswirtschaft vorgebracht worden sind, haben die Bundesregierung veranlaßt, auf die Vergleichsrechnung auf Stundenlohnbasis zu verzichten. Eine ausführliche Begründung hierfür finden Sie im Grünen Bericht auf den Seiten 65 und 66.
Für die untersuchten landwirtschaftlichen Betriebe ergibt sich beim Vergleich der Jahresarbeitsverdienste, daß sich der erzielte Lohn 1959/60 gegenüber 1958/59 von 3500 auf 3600 DM erhöhte. Gleichzeitig stieg aber der Lohn vergleichbarer gewerblicher Berufsgruppen stärker, und es vergrößerte sich daher die Differenz zwischen dem landwirtschaftlichen Einkommen und dem Vergleichslohn. Damit wurde die sich seit 1956/57 anbahnende Entwicklung, die durch eine Annäherung der beiden Einkommensgrößen gekennzeichnet war, infolge der ungünstigen Verhältnisse im Wirtschaftsjahre 1959/60 unterbrochen.
Die günstigen Witterungsverhältnisse im Frühjahr 1960 ließen eine besonders gute Getreideernte erhoffen. Die anhaltenden Regenfälle in vielen Gebieten, vor allem Nordwestdeutschlands, führten aber dazu, daß die hochgespannten Erwartungen in vielen Gegenden nicht erfüllt, ja sogar enttäuscht wurden. Die Getreideernte brachte zwar das bisher höchste Mengenergebnis. Ein erheblicher Teil des eingebrachten Getreides war jedoch durch Auswuchs und übergroße Feuchtigkeit von schlechter Qualität. Die Auswirkungen der abnormen Witterungsverhältnisse waren besonders für diejenigen Gebiete und Betriebe schwerwiegend, die bereits im Vorjahr durch die Dürre große Schäden hatten hinnehmen müssen. Um so erfreulicher war es, daß bei den Hackfrüchten, den Futterpflanzen sowie bei Gemüse, Obst und Wein die Ernten zum Teil erheblich besser ausfielen als in dem trockenen Sommer 1959.
Es läßt sich heute noch kein abschließendes Urteil über die Verkaufserlöse und Betriebsausgaben im laufenden Wirtschaftsjahr 1960/61 abgeben. Beim derzeitigen Stand ist aber zu erwarten, daß sich die Verkaufserlöse etwa um 800 Mill. DM erhöhen und sich der 20-Milliarden-Grenze nähern werden. Infolge der guten Futterernte wird sich auf dem Futtermittelkonto eine Entlastung ergeben. Obwohl bei den übrigen Positionen Ausgabesteigerungen eintreten werden, ist insgesamt gesehen wegen des geringeren Bedarfs an Zukauffuttermitteln kaum mit einer Erhöhung der Ausgaben im Vergleich zum Vorjahr zu rechnen.
Für 1960/61 ist daher eine Verbesserung der Einkommenssituation in der Landwirtschaft gegenüber dem Vorjahr zu erwarten. Es ist aber nicht anzunehmen, daß sich der Abstand ,der Einkommen der Landwirtschaft zu den Einkommen vergleichbarer Berufsgruppen der gewerblichen Wirtschaft wesentlich verringern wird, sondern es ist eher zu befürchten, daß trotz der Verbesserung der landwirtschaftlichen Einkommen der Abstand sich weiter vergrößern wird, wenn die geforderten Lohnerhöhungen in der gewerblichen Wirtschaft verwirklicht werden.
Die Schwierigkeiten, die der Verbesserung der Einkommensverhältnisse entgegenstehen, sind in den letzten Jahren nicht geringer geworden, zumal wir uns bei einer Reihe von landwirtschaftlichen Produkten immer mehr der Bedarfsdeckungsgrenze nähern. Eine Erhöhung der Einkommen kann desBundesminister Schwarz
halb kaum über eine allgemeine Produktionssteigerung, sondern nur durch die Ausschöpfung aller produktionstechnischen und arbeitswirtschaftlichen Reserven erreicht werden.
Der Ersatz der bisher abgewanderten Arbeitskräfte durch Maschinen war bei gleichzeitiger Produktionssteigerung ohne Frage eine große organisatorische Leistung der Landwirte, die von denen mehr gewürdigt werden sollte, die der Landwirtschaft Rückständigkeit vorwerfen. Die schnelle Verringerung des landwirtschaftlichen Arbeitskräftebestandes konnte nicht durch einen rationelleren Einsatz der verbliebenen Arbeitskräfte ausgeglichen werden, sondern es wurde hierfür eine verstärkte Mechanisierung notwendig, die nicht nur die landwirtschaftliche Praxis, sondern auch die Landbauwissenschaften vor Probleme gestellt hat, die zum Teil noch nicht als gelöst angesehen werden können. Es geht bei der Mehrzahl der Betriebe weniger darum, die Mechanisierung technisch, als vielmehr darum, sie betriebswirtschaftlich sinnvoll in das Betriebsganze einzubauen und die Wirtschaftlichkeit der einzelnen Arbeitsverfahren zu prüfen. Vor allem in den kleineren Betrieben ist eine wirtschaftliche Technisierung wegen der geringeren Ausnutzung der Maschinen vielfach noch nicht gegeben.
Eine Möglichkeit, der Steigerung der Mechanisierungskosten zu begegnen, besteht in diesen Betrieben im überbetrieblichen Maschineneinsatz, der entweder durch eine gemeinschaftliche Maschinennutzung oder durch Inanspruchnahme von Lohnmaschinen erfolgen kann. Auf diese Weise werden 1 die Kosten hochmechanisierter Verfahren, die im Zuge einer hohen Arbeitsproduktivität notwendig sind, so verteilt, daß sie wirtschaftlich tragbar werden.
Die Motorisierung und die Mechanisierung der Feldwirtschaft ist im Verhältnis zur Innenwirtschaft leichter und deshalb schon weiter fortgeschritten. Die Rationalisierung der Innenwirtschaft setzte im allgemeinen später ein und wird oft durch die gegebene Gebäudegestaltung behindert, aber gerade hier sind noch größere Reserven der Arbeitseinsparung vorhanden. Mit dem stärkeren Hineinwachsen in eine spezialisierte Wirtschaft erscheint auch bei der Innenwirtschaft eine weitgehende Arbeitsteilung zwischen landwirtschaftlichen und gewerblichen Betrieben angebracht. Die Selbstversorgung der Landwirtschaft wird bereits weitgehend vom Zukauf gebrauchsfertig verarbeiteter Bedarfsgüter abgelöst.
Hier wie auch bei der Organisation der Feldwirtschaft tritt das Problem der Betriebsvereinfachung auf. Betriebe, die sich auf wenige Betriebszweige eingestellt haben, können mit weniger Arbeitsaufwand und weniger Maschinen, die besser ausgenutzt werden, auskommen.
Das sich ständig erweiternde Fachwissen auf allen Gebieten des Landbaus ist von dem einzelnen kaum noch zu überblicken. Ein angemessener Betriebserfolg wird aber nur in den Betriebszweigen erzielt werden, in denen die Erfahrungen und Erkenntnisse von Praxis und Wissenschaft zur Anwendung gelangen. Auch aus diesem Grunde ist eine Betriebsvereinfachung zweckmäßig, wenn die natürlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse es gestatten.
Aus der Entwicklung, die unsere Landwirtschaft und die anderer Industrienationen in den letzten Jahren aufweisen, wird für die Zukunft die Prognose gestellt, daß - ob man es wahrhaben will oder nicht - die Zahl der Arbeitskräfte in der Landwirtschaft noch weiter zurückgehen werde, Es wird in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, daß eine erneute Verringerung des Arbeitskräftebesatzes mit einer Änderung der Agrarstruktur einhergehen werde. Ein Blick auf die Entwicklung der Betriebsgrößenstruktur in den letzten zehn Jahren, die im Grünen Bericht eingehend dargestellt ist, zeigt, daß die Veränderung der Agrarstruktur bereits in vollem Gange ist. Ich halte diese Entwicklung, die wir in unserer auf der freien Entscheidung aufbauenden Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung weder verhindern wollen noch können, für wünschenswert; denn die Treue zum Boden hat nur dort einen Sinn, wo eine Familie auf diesem Boden ein befriedigendes Einkommen findet.
Die Entwicklung der Betriebsergebnisse, wie sie im Grünen Bericht auf den Seiten 62 bis 65 dargelegt ist, läßt erkennen, daß die Rationalisierungsbestrebungen der Landwirte, die durch staatliche Maßnahmen unterstützt wurden, zu einer Verbesserung der Einkommens- und Rentabilitätsverhältnisse beigetragen haben.
Meine Damen und Herren, die Ihnen soeben vorgetragenen Feststellungen über die Lage der Landwirtschaft im Wirtschaftsjahr 1959/60 wie auch über die voraussichtliche Entwicklung im Wirtschaftsjahr 1960/61 lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Im Wirtschaftsjahr 1959/60 hat die Landwirtschaft, vor allem infolge der Dürreschäden und anderer Erschwernisse, Ausgabensteigerungen in Kauf nehmen müssen, die den Einnahmenzuwachs erheblich übertrafen. Dadurch erlitt die in den letzten Jahren ,erreichte, durch die Maßnahmen der Grünen Pläne wirksam unterstützte zunehmende Einkommensangleichung zwischen Landwirtschaft und übriger Wirtschaft eine deutliche Unterbrechung.
Die Lage der Landwirtschaft wird zwar im Wirtschaftsjahr 1960/61 voraussichtlich wieder besser werden; ob die zu erwartende günstige Entwicklung des landwirtschaftlichen Einkommens aber angesichts der weiteren Lohnsteigerungen in den übrigen Wirtschaftsbereichen ausreichen wird, den Einkommensabstand wieder zu verringern, ist noch sehr ungewiß. Bei Anhalten der Hochkonjunktur besteht sogar die Gefahr einer erneuten Vergrößerung des Einkommensabstandes.
Diese Situation verpflichtet die Bundesregierung, ihre Maßnahmen nach den Bestimmungen der §§ 5 und 6 des Landwirtschaftsgesetzes, insbesondere die Maßnahmen des Grünen Plans, fortzusetzen. Der Landwirtschaft soll hierdurch, wie es § 1 des Landwirtschaftsgesetzes fordert, die Teilnahme an der fortschreitenden Entwicklung der deutschen Volkswirtschaft gesichert werden.
Dieses Zusammenhanges zwischen Grünem Bericht und Grünem Plan ist sich die Bundesregierung auch bei Aufstellung und Vorlage des Grünen Planes 1961 stets voll bewußt gewesen. Das zu betonen scheint mir deshalb angezeigt, weil der Grüne Plan 1961 frühzeitiger als in den Vorjahren in Form einer Ergänzung zum Entwurf des Bundeshaushaltsplanes den gesetzgebenden Körperschaften vorgelegt werden mußte. Das hat zu der Kritik Anlaß gegeben, der Zusammenhang sei nicht hinreichend gewahrt oder zumindest gelockert worden. Dies trifft in keiner Weise zu.
Denjenigen, die eine solche Meinung vertreten haben, empfehle ich, meine ausführlichen Darlegungen über die Zusammenhänge zwischen Grünem Bericht und Grünem Plan nachzulesen, die ich vor diesem Hohen Hause bei der Vorlage des Grünen Planes 1960 vorzutragen die Ehre hatte. Meine damaligen Darlegungen hatte ich dahin gehend zusammengefaßt, daß die Maßnahmen der Bundesregierung nicht allein aus der isolierten Betrachtung des jeweils letzten Wirtschaftsjahres, über welches ein Grüner Bericht erstellt wurde, hergeleitet werden könnten; die Erkenntnis der Entwicklung der Einkommenslage der landwirtschaftlichen Betriebe, wie sie sich aus der Gesamtheit aller bisherigen Grünen Berichte abzeichne, müsse vielmehr die Grundlage bilden. Ich hatte ergänzend darauf hingewiesen, daß der Vorschau auf das jeweils laufende Jahr bei der Dynamik unserer Wirtschaftsentwicklung eine gleichrangige Bedeutung zuerkannt werden müsse. Meine vorjährigen Darlegungen haben von keiner Seite dieses Hohen Hauses Widerspruch, sondern Zustimmung gefunden. Die Auffassung der Bundesregierung über den Zusammenhang zwischen Grünen Berichten und Grünen Plänen gelten daher unverändert auch für den Grünen Plan 1961 und den in Kürze vorzubereitenden Grünen Plan 1962.
Wenn die Bundesregierung das Zahlenwerk der finanziellen Maßnahmen des Grünen Planes 1961 schon mehrere Monate vor dem im Landwirtschaftsgesetz festgelegten Termin dem Bundesrat und Bundestag als Ergänzung zum Haushaltsplan zugeleitet hat, dann ergab sich die Notwendigkeit hierzu zwangsläufig aus der Vorverlegung des Beginns des Haushaltsjahres vom 1. April auf den 1. Januar. Dieses Verfahren entspricht auch den übereinstimmenden Wünschen aus allen Fraktionen dieses Hauses. Sie wollen möglichst frühzeitig vor Beginn des jeweiligen Haushaltsjahres in die haushaltsmäßige Beratung der finanziellen Maßnahmen des Grünen Planes ohne Zeitnot eintreten können. Für die Überwindung der verwaltungsmäßigen Schwierigkeiten, die durch diese um drei Monate frühzeitigere Aufstellung des Grünen Planes eintraten, erwartet die Bundesregierung keine besondere Anerkennung. Der Vorwurf aber, durch diese frühzeitige Vorlage sei der Zusammenhang zwischen Grünem Plan und Grünem Bericht verlorengegangen, wird als um so ungerechtfertigter angesehen.
Da ich mich lieber mit der Zukunft als mit der Vergangenheit befasse, möchte ich es mit dieser einen auch rückschauenden Betrachtung bei meinen Ausführungen bewenden lassen. Auch auf andere
Stellungnahmen gegen die eine oder andere agrarpolitische Maßnahme will ich nicht näher eingehen. Ausführlicher möchte ich mich damit beschäftigen, was uns bevorsteht und was wir künftig tun sollen. Aus diesem Grunde hoffe ich auch auf Ihr Einverständnis, daß ich Ihnen nicht mehr alles das vortrage, was wir im abgelaufenen Jahr, sei es in Durchführung des Grünen Planes 1960, sei es an anderen Maßnahmen, pflichtgemäß getan haben. Ich darf hierzu auf die ausführliche Schilderung im Abschnitt A der Ihnen vorliegenden Drucksache zu 2400 verweisen. Zur Erhöhung der Anschaulichkeit der Darstellung habe ich erstmalig verschiedene Schaubilder in diesen Teil des Grünen Planes aufnehmen lassen.
Ich komme nun zum Grünen Plan 1961. Daß er 1,6 Milliarden DM umschließt, ist Ihnen ja bereits aus der Ergänzung zum Haushaltsplanentwurf 1961 bekannt. Der Versuch eines Vergleiches dieser veranschlagten 1,6 Milliarden DM mit den 1471 Millionen DM des Vorjahres, wie er mehrfach angestellt wurde, muß unergiebig bleiben. Ein solcher Vergleich kann sogar irreführend sein, weil veranschlagte und tatsächlich verausgabte Beträge im Jahre 1960 durch das Zusammentreffen verschiedener Umstände besonders stark voneinander abwichen. In dem nur neun Monate umfassenden Haushaltsjahr 1960 wurden bei einer Reihe von Positionen wesentlich höhere Zahlungen als 75 % der für 12 Monate veranschlagten Beträge verausgabt. Das traf z. B. besonders beim Milchförderungsbeitrag zu.
Von den 1,6 Milliarden DM für 1961 entfallen 750 Millionen auf die agrarstrukturellen Maßnahmen. Der Engpaß, der das Tempo der Durchführung zahlreicher Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur heute häufig bestimmt, ist weniger die Finanzierung. In steigendem Maße liegen die Schwierigkeiten in der Arbeitskapazität der ausführenden Stellen, besonders der Techniker, der Grundbuch- und der Vermessungsämter. Die Bereitstellung höherer Mittel würde nicht ohne weiteres auch eine entsprechende Beschleunigung ermöglichen. Die vorgesehenen 750 Millionen DM werden in diesem Jahre voraussichtlich voll verausgabt werden. Sie werden aber auch ausreichen, um die laufenden und eingeleiteten Verfahren bedienen zu können, ohne daß Stockungen eintreten.
Die agrarstrukturellen Maßnahmen sind besonders geeignet, die Wettbewerbsfähigkeit unserer Landwirtschaft zu stärken. Es wäre jedoch verfehlt, das Ziel des Landwirtschaftsgesetzes, nämlich das landwirtschaftliche Einkommen dem in vergleichbaren Berufen erzielten anzupassen, allein auf diesem Wege anzusteuern und etwa im Hinblick auf eine Intensivierung des Agrarstrukturprogramms auf die Direktmaßnahmen heute oder in absehbarer Zeit zu verzichten.
Wir haben daher die Mittel für den Milchförderungsbeitrag so erhöht, daß er auch bei angestiegener Erzeugung in diesem Jahre zur Zahlung der Milchprämie von 3 Pf/kg ausreichen wird, ohne daß andere Titel in Anspruch genommen werden müssen.
Die Beibehaltung dieser Maßnahme mit ihrer breiten Streuung ist für die Einkommenslage gerade der bäuerlichen Familienbetriebe besonders wichtig. Auch die Verbraucher haben von dieser Maßnahme einen sichtbaren und auch volksgesundheitlich unübersehbaren Nutzen.
Durch eine bedeutsame neue gezielte Maßnahme werden die von Natur aus benachteiligten Gebiete mit einem Betrage von 70 Millionen DM gefördert werden.
Dies geschieht - in Übereinstimmung mit meiner Ankündigung an dieser Stelle vor einem Jahre -, um die sich immer stärker abzeichnende Disparität innerhalb der Landwirtschaft durch gezielte Regionalmaßnahmen zu mildern.
Durch diese Maßnahmen wird auch der in diesem Hohen Hause bei Verabschiedung des Grünen Planes 1960 gefaßten Entschließung Rechnung getragen.
Mit diesen 70 Millionen DM sollen vor allem solche bewährte Maßnahmen verstärkt werden, von denen die kleinen und mittleren Betriebe, insbesondere auch die Futterbauwirtschaften, in diesen abgegrenzten Gebieten guten Nutzen ziehen können. Über die Art der Abgrenzung dieser Gebiete ist trotz der großen Schwierigkeiten Einigung mit den Hauptbeteiligten erzielt worden.
Die allgemeine landwirtschaftliche Zinsverbilligung und die zentrale Kreditverbilligung nehmen unter ,den der Kostensenkung wie auch der Betriebsrationalisierung dienenden Maßnahmen wie bisher einen gesicherten Platz ein, sie sind unentbehrlich.
Die vorgenannten Maßnahmen der Agrarstrukturverbesserung, der gezielten Hilfen für benachteiligte Gebiete, der Qualitäts- und Absatzförderung besonders für ,die Milch und schließlich ,die Kreditverbilligung bilden Idas schwerpunktmäßige Gerüst des Grünen Planes.
An dieser Schwerpunktbildung möchte ich grundsätzlich festhalten. Wir werden zwar allmählich diejenigen gezielten Maßnahmen, die den Selbsthilfewillen zur Anpassung an veränderte Verhältnisse unterstützen, verstärken und ausbauen. Wie ich bereits betont habe, werden wir aber auch auf globale Hilfen so lange nicht verzichten können, wie die Preis-Kosten-Relation für die Landwirtschaft durch die gesamtwirtschaftliche Entwicklung ungünstig beeinflußt wird.
Die Bundesregierung hat durch die frühzeitige Vorlage des Grünen Planes das Ihrige dazu getan, daß durch die Vorverlegung des Beginns des Haushaltsjahres keine Verzögerung in der Durchführung der Maßnahmen einzutreten braucht. Ich würde es daher außerordentlich begrüßen, wenn dieses Hohe Haus, dem der Grüne Plan 1961 als Ergänzung zum Haushaltsplanentwurf 1961 vorliegt, diese Vorlage so bald wie möglich verabschieden würde, damit die vorgesehenen Mittel verausgabt werden können.
Vielleicht haben Sie mit Ihren Beratungen über diesen Teil des Haushalts ein wenig gezögert, weil Sie - gestützt auf die bekanntgewordenen Verhandlungen in den letzten Wochen - eine eventuelle Ergänzungsvorlage der Bundesregierung zum Grünen Plan 1961 abwarten wollten.
Ich möchte Ihnen daher nunmehr das Ergebnis dieser Beratungen der Bundesregierung über die erforderlichen Hilfsmaßnahmen für die Landwirtschaft mitteilen:
Die Bundesregierung hat bei diesen Beratungen nicht nur die Feststellungen der Lage der landwirtschaftlichen Betriebe in der zurückliegenden Zeit berücksichtigt. Sie hat pflichtgemäß ebenso die Entwicklung der Verhältnisse in der übrigen Wirtschaft und die Spannungen in Betracht gezogen, die sich daraus notwendigerweise für die Landwirtschaft ergeben, die im Vergleich zur Gesamtwirtschaft im Schatten der Hochkonjunktur geblieben ist. Schließlich hat sie Überlegungen darüber angestellt, ob im Hinblick auf die künftig zu entwickelnde Agrarpolitik in größeren Räumen - auch unter Berücksichtigung des EWG-Beschleunigungsbeschlusses vom 20. Dezember - die künftige Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft hinreichend gesichert erscheint.
Die Bundesregierung ist zu dem Ergebnis gekommen, daß in erster Linie die Wettbewerbsfähigkeit der bäuerlichen Familienbetriebe, die den Kern unserer Landwirtschaft bilden, weiter gestärkt werden sollte. Die Bundesregierung erkennt an, daß die Selbsthilfe des deutschen Bauern, unterstützt durch die Staatshilfe in den vergangenen Jahren, bereits zu außerordentlichen Fortschritten in der Ausrüstung und in der Produktivität der Betriebe geführt hat. Die Möglichkeiten zahlreicher Bauernbetriebe, das Tempo der Rationalisierung, wie es wünschenswert wäre, aus eigener Kraft noch weiter zu steigern, sind jedoch begrenzt. Die Möglichkeit, aus eigener Kraft zu rationalisieren, hat auch, wie der Grüne Bericht ausweist, durch die sehr nachhaltig sich auswirkenden Dürreschäden 1959/60 gelitten.
Das Bundeskabinett hatte mich daher am 11. Januar beauftragt, Vorschläge zur Verbesserung der Lage der bäuerlichen Familienbetriebe durch schnell wirksame Maßnahmen zu machen.
Die Bundesregierung hat, wie Sie aus der Presse bereits ersehen haben werden, meinen Vorschlägen am 8. Februar in vollem Umfange zugestimmt. 300 Millionen DM sollen für einmalige Maßnahmen im Jahre 1961 als gezielte Hilfen für bäuerliche Familienbetriebe eingesetzt werden. Davon sind 200 Millionen DM als Zuschüsse und 100 Millionen DM für billige Kredite vorgesehen.
Von diesem Gesamtbetrag sollen verwendet werden: 120 Millionen DM als einmalige nachträgliche Zahlung für die von bäuerlichen Familienbetrieben im Jahre 1960 an Molkereien gelieferte Milch. Abweichend von dem System des allgemeinen laufenden Milchförderungsbeitrages wird hier ein anderes Verteilungsverfahren gewählt werden, damit die Betriebe in Gebieten mit niedrigen Milchauszahlungen in erster Linie berücksichtigt werden. Einen weiteren Betrag von 100 Millionen DM werden wir bereitstellen, um bäuerlichen Familienbetrieben einen niedrigverzinslichen lang- und mittelfristigen
Betriebskredit dort einzuräumen, wo eine Umstellung der Betriebsorganisation, eine Modernisierung der Hofwirtschaft oder Folgemaßnahmen, die sich besonders im Zusammenhang mit der Strukturverbesserung ergeben, durchgeführt werden sollen.
Sodann werden 30 Millionen DM für arbeitserleichternde Einrichtungen für die hart arbeitende Bauersfrau verwendet. - Hierauf komme ich später noch zurück.
15 Millionen DM stehen bereit für Maßnahmen zugunsten der Betriebe, die 1959 und 1960 Ernteschäden erlitten haben. Die restlichen 35 Millionen DM sind vorgesehen für verschiedene Maßnahmen zur Steigerung der Qualität, des Absatzes und der Produktivität der landwirtschaftlichen Erzeugung auch durch gemeinschaftliche Maschinenhaltung und durch Verbesserung der Molkereistruktur. Die Einzelheiten dieser Vorschläge werden dem Bundestag in Kürze zugeleitet, damit sie noch bei den laufenden Haushaltsberatungen mit verabschiedet werden können.
Ich glaube, diese Maßnahmen sollten in erster Linie danach beurteilt werden, ob sie im Sinne des Landwirtschaftsgesetzes richtig ausgewählt sind, und auch unter dem Gesichtspunkt, ob sie richtig und schnell dort ankommen, wo der Schuh am meisten drückt. Gezielte Maßnahmen für die bäuerlichen Familienbetriebe sind gerade auch von der Opposition mehrfach gefordert worden. Ich könnte mir daher denken, daß sich in diesen Fragen eine große Übereinstimmung erzielen läßt.
Ich glaube deshalb auch nicht, daß bei einer sachlichen Würdigung dieser zusätzlichen Maßnahmen das abschätzige Wort von den „Wahlgeschenken" hier am Platze sein würde. Wenn solche Maßnahmen für sachlich gut befunden werden und Anklang finden und dann noch die Nebenwirkungen auslösten, daß die Agrarpolitik der Regierung auch bei den Wählern günstig beurteilt wird, dann könnte ich allerdings darüber nicht traurig, sondern nur zufrieden sein.
Bei einer der vorgeschilderten Maßnahmen möchte ich allerdings selber das Wort „Geschenk" verwenden, weil es ein verdientes, von Herzen kommendes Geschenk sein soll: Ich meine die 30 Millionen DM für Arbeitserleichterung für die Bäuerin. Die Maßnahmen der bisherigen Grünen Pläne galten in erster Linie dem Bauern als Betriebsleiter. Darum ist es wohl nicht mehr als recht und billig, daß wir auch einmal an die Bäuerin denken und ihr etwas in die Schürze tun.
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Der schwer arbeitenden Bäuerin ein Geschenk zu machen, damit sie es auch in ihrer Hauswirtschaft ein bißchen leichter hat, ist sicher ein aufrichtiges Bedürfnis für alle, die die Arbeit der Bäuerin kennen und sich ein Gefühl für soziale Gerechtigkeit bewahrt haben.
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Bei der Schilderung der Vorschläge sprach ich von einmaligen Maßnahmen. Das schließt jedoch nicht aus, daß einige, wie etwa der billige
Betriebsanpassungskredit und die Arbeitserleichterung für die Landfrau, bei Bewährung auch in künftige Grüne Pläne aufgenommen werden könnten.
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- Wir werden uns Mühe geben, Frau Kollegin Weber!
Die Entwicklung in der allgemeinen Volkswirtschaft wird naturgemäß auch bei der Gestaltung der künftigen Grünen Pläne zu berücksichtigen sein.
Ich habe daher volles Verständnis dafür, wenn auch die Berufsorganisation der Landwirtschaft ihr Augenmerk in stärkerem Maße auf die Zusammenhänge zwischen allgemeiner Wirtschaftspolitik und Agrarpolitik richtet. Eine solche Betrachtungsweise kann nämlich dazu beitragen, daß in der Landwirtschaft das Erkennen der volkswirtschaftlichen Zusammenhänge verbreitert und vertieft wird.
Wenn solche Erkenntnisse sich auch dahin auswirken, daß das Ausmaß der jährlich für 'die Grünen Pläne bereitgestellten Mittel nicht mehr als agrarpolitisch so entscheidend angesehen wird wie bisher, dann kann diese Weitung des Blickfeldes sowohl für die Wirtschaftspolitik, ebenso aber für die sinnvolle Gestaltung der künftigen Grünen Pläne unter Umständen fruchtbar sein.
Nach den Erfahrungen bei der Durchführung der Grünen Pläne ist es oft leichter, Geldmittel bereitzustellen, als die bereitgestellten Mittel zu verwenden und auch ohne bürokratische Verwaltungsarbeit hinreichend schnell dort hinzubringen, wo sie die beabsichtigte Wirkung auslösen sollen. Diese Erfahrungen lassen auch die Grenzen erkennen, die der Staatshilfe in Form von unmittelbaren finanziellen Förderungsbeiträgen gesetzt sind.
Alle Grünen Pläne, so umfangreich sie auch sein mögen, könnten niemals das befriedigend ausgleichen, was etwa von der allgemeinen Wirtschafts-und Handelspolitik versäumt würde, die auf eine ausgewogene Stabilität der gesamten Volkswirtschaft einschließlich Landwirtschaft nicht genügend bedacht wäre.
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Ich bin daher meinem für ,die Wirtschaftspolitik verantwortlichen Kollegen Erhard besonders dankbar für die bedeutenden Anstrengungen, die er zur Zügelung der von ihm erkannten einseitigen Entwicklungen im Wirtschaftsgefüge gemacht hat. Ich werde ihn bei allen seinen Bemühungen zur Stabilerhaltung von Währung und Wirtschaft, die nicht nur im Interesse der Landwirtschaft, sondern vieler anderer Kreise liegt, unterstützen und eng mit ihm zusammenarbeiten.
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Obwohl ich mit meinen landwirtschaftlichen Berufskollegen über die Bedeutung der Wirtschaftspolitik für die Agrarwirtschaft gleicher Meinung bin, möchte ich doch davor warnen, von der Wirtschafts- und Preispolitik nun Wunder zu erwarten. Harte Tatbestände und weltweite Entwicklungen bringen heute nicht nur unseren Industriestaat, sonBundesminister Schwarz
dern die Regierungen weit mächtigerer Staaten zu der Erkenntnis, daß die Geschicke ,des Volkes und der Wirtschaft niemals allein durch einzelne Verwaltungsmaßnahmen der Regierungen gestaltet werden können. Letzten Endes sind die Fähigkeiten und die Entschlossenheit aller Staatsbürger entscheidend. Die Worte, die der neue Präsident der USA in seiner Antrittsrede vor dem Parlament nicht nur über die Rechte, sondern mehr noch über die Pflichten und Aufgaben des Bürgers gesagt hat, um klarzustellen, daß „Die Bürde des Kampfes" gemeinsam getragen werden muß, könnten ebenso auch an die Bürger unseres Staates gerichtet sein.
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Leider neigen wir manchmal dazu, bei eintretenden Schwierigkeiten zuerst nach dem Staat zu rufen.
Deshalb dürfen wir bei allen Überlegungen ökonomischer und wirtschaftspolitischer Art nicht den Menschen vergessen, der durch seine Fähigkeiten und sein wirtschaftliches Denken und Handeln den Wirtschaftsablauf bestimmt. Von ihm muß die Initiative zur Selbsthilfe auf allen Gebieten und in den verschiedensten Formen ausgehen. Der Einfluß der Persönlichkeit auf den Betriebserfolg tritt gegenüber den natürlichen und anderen objektiven wirtschaftlichen Ertragsvoraussetzungen immer mehr in den Vordergrund. Die durch den Einfluß der Betriebsleiter bedingte Streuung der Betriebsergebnisse beweist dies deutlich. Den in der Landwirtschaft tätigen Menschen müssen gute Ausbildungs-und Fortbildungsmöglichkeiten - nicht nur auf fachtechnischem Gebiet - in gleichem Maße zur Verfügung stehen wie den Angehörigen anderer Berufe. Gute Fach- und Allgemeinbildung ist eine wichtige Voraussetzung für die Initiative zur Selbsthilfe, die zunächst vom Bauern ausgehen sollte.
Den Willen zur Selbsthilfe wachzuhalten, scheint mir auch eine besonders wichtige Aufgabe aller berufsständischen Organisationen zu sein.
Diese agrarpolitischen Gedankengänge und Zielsetzungen werden auch für die Gestaltung der Grünen Pläne in Zukunft bestimmend sein müssen. Jede Maßnahme, die ihren bisherigen Platz im Grünen Plan behaupten oder neu in den Grünen Plan aufgenommen werden soll, wird in erster Linie danach beurteilt werden müssen, ob sie die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft verbessert und die Selbsthilfe anregt und unterstützt. Gleichermaßen wichtig ist aber, ob die Maßnahme geeignet ist, diesen Effekt, insbesondere beim bäuerlichen Familienbetrieb, zu erzielen. Diese Beurteilung wird naturgemäß besonders kritisch erfolgen bei neuen Maßnahmen, wie sie uns von vielen Seiten und in großer Zahl vorgeschlagen wurden. Das ist der Grund dafür, daß eine Reihe von Maßnahmen, die mir empfohlen wurden, weder im Grünen Plan 1961 noch bei den einmaligen Maßnahmen 1961 berücksichtigt werden konnten. Wir wollen weder experimentieren, noch die verfügbaren Mittel zu sehr in Einzelmaßnahmen zersplittern. An sich mögen solche Maßnahmen begründet sein, sie gehen aber auf Kosten der großen Verfahren. Darüber hinaus steht der zu ihrer Durchführung erforderliche Verwaltungsaufwand oft im Mißverhältnis zum angestrebten Erfolg. Vor allen Dingen möchte ich zukünftig die agrarstrukturellen Maßnahmen beibehalten, ausbauen und erweitern. Sie werden von allen Beteiligten ohne Einschränkung als wettbewerbssteigernd und den bäuerlichen Familienbetrieb fördernd anerkannt. Zur Agrarstruktur gehören neben den unmittelbaren, strukturverbessernden Maßnahmen, wie Aussiedlung, Aufstokkung und Flurbereinigung gleichberechtigt auch die wasserwirtschaftlichen, wegebaulichen und waldbaulichen Maßnahmen.
Was die Maßnahmen zur Förderung der Milchwirtschaft anbetrifft, so konnten Sie aus meinen Bemerkungen zum Milchförderungsbeitrag im Grünen Plan 1961 entnehmen, daß ich ihn für eine wirksame und noch unentbehrliche Maßnahme halte. Das System der Verteilung bedarf jedoch im Jahre 1962 der Überprüfung. Es wird zwar nicht einfach sein, ein neues System zu finden, welches den Qualitätsanreiz beibehält, aber keinen zu starken Mengenanreiz ausübt. Bei der nachträglichen Ausschüttung eines Betrages für das Jahr 1960 werden wir vielleicht hierzu neue Erfahrungen sammeln.
Bei den übrigen Maßnahmen, die die Erzeugung und den Absatz fördern sollen, muß als verbindender Leitgedanke die Anpassung der Erzeugung an den Markt, insbesondere durch Qualitätssteigerung, noch stärker betont werden. Besondere Beachtung muß auch der Zusammenfassung des vielfach noch aufgesplitterten Angebots zu marktgängigen Partien von standardisierter Beschaffenheit geschenkt werden.
Maßnahmen, die dazu beitragen könnten, daß am Markt vorbeiproduziert wird, müssen weichen, auch wenn sie in den Grünen Plänen bereits zur Tradition geworden zu sein scheinen.
Da aus dem Erlös der tierischen Veredelungserzeugnisse die Haupteinnahmen der Landwirtschaft fließen, aus dem besonders der Arbeitslohn des Bauern und seiner Familie bestritten werden muß, wird der Erzeugung und dem Absatz hochwertiger Veredelungsprodukte besondere Aufmerksamkeit zu widmen sein. Es wäre abträglich für die Erfüllung des Landwirtschaftsgesetzes, wenn auf unseren größten innerdeutschen Absatzmärkten auch bei solchen Erzeugnissen, bei denen wir den Standortvoraussetzungen nach voll wettbewerbsfähig sein müßten, wie z. B. bei Eiern und Geflügel, der Marktanteil aus heimischer Erzeugung infolge nicht ausreichender Einheitlichkeit des qualitativen Angebotes absinkt.
Diese grundsätzlichen Ausführungen gelten bereits für den Grünen Plan 1962. Damit er wieder rechtzeitig vor Beginn des Haushaltsjahres 1962 analog dem Verfahren von 1960/61 dem Bundesrat und Bundestag zugeleitet werden kann, wird mein Ministerium im Benehmen mit den anderen zu beteiligenden Ressorts bereits unmittelbar nach Vorlage ,des Grünen Planes 1961 mit den Vorarbeiten für die Aufstellung des Grünen Planes 1962 beginnen.
Ich wäre daher dankbar, wenn das Hohe Haus bei seiner Stellungnahme sich nicht auf den vorgelegten Grünen Plan 1%1 beschränken würde. Seine Auffassung zu meinen Gedanken über die Gestaltung künftiger Grüner Pläne, insbesondere desjenigen für das Jahr 1962, ist für meine weitere Arbeit besonders wichtig. Ich wäre daher dankbar, wenn sie ebenso offen geäußert würde, wie ich mich bemüht habe, Ihnen meine Absichten mitzuteilen.
Ich glaube, wir haben nichts voreinander, aber auch nichts vor den Bauern und den Konsumenten zu verbergen. Wir sollten die Bauern für mündig und die Verbraucher für einsichtig genug halten, daß der dornenvolle Weg der Landwirtschaft in ,den kommenden Jahren, ebenso aber auch die weitere Sicherung der Ernährung nur bei gegenseitigem Verständnis, bei gutem Willen und nicht ohne Opfer gegangen werden kann bzw. erfolgen kann,
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wenn das Ziel des Landwirtschaftsgesetzes, die Erhaltung und das Gedeihen eines gesunden Bauerntums, erreicht werden sollen.
Ich bitte das Hohe Haus, mir und den von meinem Ressort betreuten Bereichen auf diesem Wege dadurch zu helfen, daß Sie als Entwicklungshilfe im Innern sowohl den Grünen Plan 1961 gutheißen als auch den vorgeschlagenen Aufwendungen für einmalige Sondermaßnahmen Ihre Zustimmung geben.
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Meine Damen und Herren, im Ältestenrat ist vereinbart worden, daß die Aussprache über den Bericht in der übernächsten Woche stattfinden soll. Der Punkt 9 ist also für heute erledigt.
Ich rufe auf Punkt 10:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs einer Ergänzung zum Entwurf des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1961 ({0}) ({1}).
Dieser Punkt kann als mitbegründet betrachtet werden. Ist das Haus damit einverstanden? - Dann bedarf es einer weiteren Begründung nicht.
Auch hier ist im Ältestenrat vereinbart warden, daß die Aussprache in der übernächsten Woche stattfinden soll. Also ist auch Punkt 10 für heute erledigt.
Ich rufe auf den noch zusätzlich auf die Tagesordnung gesetzten Punkt:
Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD betr. Wahl der Mitglieder der Rundfunkräte der Anstalten des öffentlichen Rechts „Deutsche Welle" und „Deutschlandfunk" ({2}).
Ist das Haus damit einverstanden, daß wir die Wahl durch die Abstimmung über diesen Antrag vornehmen? - Wird etwas zu diesem Antrag bemerkt?
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- Meine Damen und Herren, ich bitte um Ruhe.
Bei Unruhe ist es unmöglich, die Sitzung zu leiten.
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Wird zu dem Antrag Drucksache 2464 das Wort verlangt? - Das ist nicht der Fall. Wir kommen zur Abstimmung. Wer diesen Antrag annehmen will, der möge die Hand erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Damit sind der Abgeordnete Müller-Hermann und Herr Heinrich Braune, Hamburg, zu Mitgliedern des Rundfunkrates der „Deutschen Welle" und die Abgeordneten Frau Geisendörfer, Dr. Gradl, Krüger ({5}), Mattick, Herr J. F. Warner ({6}) und der Abgeordnete Zoglmann zu Mitgliedern des Rundfunkrates des „Deutschlandfunk" gewählt.
Damit ist die Tagesordnung erledigt. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf den 22. Februar 1961, 9 Uhr, ein.
Die Sitzung ist geschlossen.