Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.
Die Sitzung ist eröffnet.
Meine Damen und Herren! Der Abgeordnete Dr. Frede hat am 21. Januar seinen 60. Geburtstag gefeiert. Ich darf ihm die Glückwünsche des Hauses aussprechen.
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Nach einer interfraktionellen Vereinbarung soll die heutige Tagesordnung erweitert werden um den
Mündlichen Bericht des Rechtsausschusses ({1}) über die Streitsache vor dem Bundesverfassungsgericht - Antrag der Bayerischen Staatsregierung auf Feststellung der Nichtigkeit des Gesetzes zur Reinhaltung der Bundeswasserstraßen vom 17. August 1960 - Drucksache 2415 -.
Es erhebt sich kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Die folgenden amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
Der herr Bundesminister für Verkehr hat unter dem 19. Januar 1961 die Kleine Anfrage der Abgeordneten EngelbrechtGreve, Goldhagen, Glüsing ({2}), Gerns und Genossen betr. Wasser- und Schiffahrtsamt Glückstadt - Drucksache 2375 - beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 2388 verteilt.
Der von der Bundesregierung gemäß Artikel 2 des Gesetzes zu den Verträgen vom 25. März 1957 zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Europäischen Atomgemeinschaft übersandte Vorschlag der Kommission der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft zu einer Ersten Durchführungsverordnung zu den Artikeln 85 und 86 des EWG-Vertrages - Drucksache 2431 - ist vom Präsidenten im Benehmen mit dem Ältestenrat dem Wirtschaftsausschuß überwiesen worden.
Wir kommen nunmehr zum ersten Punkt der Tagesordnung:
Fragestunde ({3}),
zunächst zum Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes Frage I/1 - des Abgeordneten Dr. Bucher -:
Wie hoch sind die Kosten für den neuerdings vom Bundespresse- und Informationsamt herausgegebenen Abreißkalender?
Zur Beantwortung Herr Staatssekretär von Eckardt!
von Eckardt, Staatssekretär, Bundespressechef: Die Antwort lautet wie folgt: Zur Förderung des Informationswesens stehen im Haushalt Presse- und Informationsamt der Bundesregierung bestimmte Haushaltsmittel zur Verfügung, deren Jahresabrechnung nur der Prüfung durch den Präsidenten des Bundesrechnungshofs unterliegt. Wie ich wiederholt dargelegt habe, ist die Bundesregierung grundsätzlich verpflichtet, Auskünfte über Ausgaben aus diesem Titel gegenüber allen Stellen mit Ausnahme des Präsidenten des Bundesrechnungshofs zu verweigern.
Ich bedaure deshalb, auch die Frage des Herrn Abgeordneten, wie hoch die Kosten für den neuerdings vom Presse- und Informationsamt der Bundesregierung herausgegebenen Kalender mit dem Titel „Deutscher Kalender für das Jahr 1961" sind, nicht im einzelnen beantworten zu können. Ich darf jedoch erklären, daß der Kalender innerhalb der Dienstobliegenheiten des Amtes hergestellt wurde, so daß außer den reinen technischen Herstellungskosten zusätzliche Ausgaben nicht entstanden sind. Die Herstellungskosten sind durch eine Ausschreibung entsprechend den Richtlinien für die Vergabe öffentlicher Aufträge ermittelt worden. Den Zuschlag hat das preisgünstigste Angebot erhalten. Mit der Herstellung wurde eine Firma in Baden-Württemberg beauftragt.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Bucher.
Herr Staatssekretär, da doch die Bestimmung des Haushaltgesetzes, daß über die Mittel dieses Einzelplanes keine Rechnung zu legen ist, einen bestimmten Sinn hat, können Sie mir sagen, welchen Sinn es wohl haben soll, daß über die Frage, welche Kosten dieser Kalender verursacht, keine Auskunft gegeben werden darf?
von Eckardt, Staatssekretär, Bundespressechef: Herr Abgeordneter Dr. Bucher, ich kann das sehr leicht erklären. Der Grund dazu liegt nicht darin, daß die Frage der Kosten oder eine andere Frage, die mit diesem Abreißkalender zusammenhängt, einer besonderen Geheimhaltung bedürfte. Die Antwort, die ich Ihnen geben muß, ist vielmehr die, daß über den Tit. 300 Angaben dieser Art generell nicht gemacht werden können. Ich kann in meiner Antwort also nicht sortieren zwischen „geheim" und „nicht geheim", sondern muß mich an die Bestimmungen heilten, denen ich unterworfen bin.
Ich rufe auf die Frage I/2 - des Abgeordneten Dr. Bucher-:
An wen wird der vom Bundespresse- und Informationsamt neuerdings herausgegebene Abreißkalender verteilt?
von Eckardt, Staatssekretär, Bundespressechef: Die Antwort lautet: Der Kalender wurde an interessierte Personen aller Berufsgruppen verteilt, die sich an das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung mit der Bitte um Lieferung informatorischen Schrifttums gewandt haben. Soweit darüber hinaus Exemplare zur Verfügung standen, wurden die zusätzlichen Anforderungen erfüllt, die durch die Verteilung des Kalenders ausgelöst wurden. Neben Einzelpersonen wurden hierbei berücksichtigt Organisationen des vorparlamentarischen Raums, Gewerkschaften, Bibliotheken, kulturelle Einrichtungen, Frauenverbände, Ämter der Bundesländer, Zeitungen, Zeitschriften und Abgeordnete des Deutschen Bundestages, soweit von diesen um den Kalender gebeten wurde. Eine geringe Stückzahl ist dem Bundesgrenzschutz und der Bundeswehr zur Verfügung gestellt worden.
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Dr. Bucher!
Welcher Zweck wird mit der Herausgabe dieses Kalenders verfolgt?
von Eckardt, Staatssekretär, Bundespressechef: Wenn Sie den Kalender kennen, glaube ich, mich kurz fassen zu können. Der Zweck des Kalenders ist, über Aufgaben der Bundesregierung zu informieren, natürlich in einer sehr einfachen und sehr zusammengefaßten Form. Ich möchte dazu bemerken, daß die Idee, in diesem Jahr zum erstenmal einen Abreißkalender herauszubringen, nicht im Bundespresseamt geboren worden ist - wir waren nicht so originell, daß uns das eingefallen wäre -, sondern wir haben uns davon überzeugt, daß der seit Jahren von der hessischen Landesregierung herausgegebene Hessen-Kalender ein außerordentlicher Erfolg im Hinblick auf Informationszwecke der hessischen Regierung ist. Wir haben uns von dieser Nützlichkeit überzeugen lassen.
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Weshalb wird denn in diesem Kalender mehrfach in Wort und Bild - u. a. mit einer Großaufnahme - der Herr Bundeskanzler erwähnt
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- dieses erste beanstande ich ja gar nicht -, während der Herr Bundespräsident nur einmal in einer Gruppenaufnahme gezeigt wird? Dasselbe ist auch bei den Geburtstagen festzustellen, wo der Bundeskanzler erwähnt ist, der Bundespräsident aber nicht.
von Eckardt, Staatssekretär, Bundespressechef: Ich darf dazu bemerken: wie ich eingangs sagte, ist es ein Teil unserer Aufgabe im Bundespresse- und Informationsamt, die Arbeit der Bundesregierung weiten Kreisen verständlich zu machen. Der Chef der Bundesregierung ist der Bundeskanzler, und infolgedessen ist er in dem Kalender in einer Großaufnahme erschienen. Im übrigen sind soweit es sinnvoll war, Exemplare des Kalenders in deutscher Sprache auch ins Ausland gegangen, und dort würde man nach dem großen Ansehen, das der Herr Bundeskanzler genießt, ein solches Bild vermissen.
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Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Ritzel!
Herr Staatssekretär, wird sich die Bundesregierung, die sich bei der Herausgabe des Kalenders von dem hessischen Beispiel überzeugen ließ, auch von dem hessischen Beispiel überzeugen lassen, daß die Kosten des Hessen-Kalenders von der hessischen Regierung nicht als ein Geheimnis betrachtet, sondern bekanntgegeben werden?
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von Eckardt, Staatssekretär, Bundespressechef: Herr Abgeordneter Ritzel, ich darf Ihnen darauf antworten, daß es Angelegenheit des Hohen Hauses ist, mit Mehrheit zu entscheiden, ob es im Bundespresse- und Informationsamt einen Fonds zur Verfügung des Bundeskanzlers für das Informationswesen - ich darf mich kurz so ausdrücken - gibt oder nicht. Diese Entscheidung unterliegt einer Majoritätsabstimmung allein hier im Hohen Hause.
Herr Abgeordneter Ritzel, Sie wollen noch eine Zusatzfrage stellen?
Herr Staatssekretär, ist Ihnen nicht aufgefallen, daß Sie zuerst von der Haltung der Bundesregierung gesprochen haben, die die Auskunft verweigert, während Sie sich jetzt hinter den Bundestag verschanzt, und dabei eine sehr eigenartige und enge Auslegung der Bestimmungen des Haushaltsgesetzes gegeben haben?
von Eckardt, Staatssekretär, Bundespressechef: Ich glaube nicht, Herr Abgeordneter Ritzel - ich habe die Bestimmungen nicht im Wortlaut vorliegen -, daß es sich um eine enge Auslegung der Bestimmung des Haushaltsgesetzes handelt, sondern um eine vollkommen korrekte. In dieser Bestimmung steht klar - Sie werden verstehen, daß ich den Wortlaut nicht aus dem Kopf zitieren kann -, welchem Zweck dieser Fonds dienen soll und daß die Überprüfung der Ausgaben dieses Fonds ausschließlich dem Rechnungshof, in diesem Fall nicht dem Hohen Haus, unterliegt. Ob diese Bestimmung im Haushaltsgesetz steht oder nicht, das ist eine Entscheidung, die die Mehrheit des Hauses zu fällen hat.
Zu einer Zusatzfrage der Abgeordnete Spitzmüller!
Herr Staatssekretär, Sie haben davon gesprochen, daß dieser Kalender auch an Abgeordnete dieses Hauses verteilt worden sei.
Ich bitte, kurze Fragen zu stellen, wie es in der Geschäftsordnung steht.
Darf ich fragen, ob die Einteilung und Sortierung der Abgeordneten, denen der Kalender zugestellt wurde, dem Charakter des Kalenders entsprechend vorgenommen wurde und welche Grundsätze hierbei Beachtung fanden.
von Eckardt, Staatssekretär, Bundespressechef: Ich muß meine eigene Antwort noch einmal hervorholen. Bei den Herren Abgeordneten habe ich gesagt: „auf Anforderung". Wir haben die Anforderungen sämtlich erfüllt, ohne Sortierung.
Zu einer Zusatzfrage der Abgeordnete Erler!
Gehört der Herr Bundespräsident nicht zu denjenigen Organen der Bundesrepublik, deren Tätigkeit der Öffentlichkeit auch im Ausland durch das Bundespresse- und Informationsamt in gebührender Weise zur Kenntnis zu bringen ist?
von Eckardt, Staatssekretär, Bundespressechef: Sicherlich, ohne jeden Zweifel! Aber der Herr Bundespräsident - bei allem Respekt - gehört nicht zu den Organen der Bundesregierung.
„Bundesrepublik", habe ich gesagt!
von Eckardt, Staatssekretär, Bundespressechef: Ja, aber wir dienen mit dem Tit. 300 nach der Zweckbestimmung der Verständlichmachung der Politik der Bundesregierung, nicht der Bundesrepublik.
Zu einer weiteren Frage der Abgeordnete Erler!
Darf ich aus dieser Antwort schließen, daß der Herr Staatssekretär der Ansicht ist, daß das Bundespresse- und Informationsamt ausschließlich ,den Interessen der Bundesregierung, nicht aber den Interessen des ganzen Staates Bundesrepublik Deutschland zu dienen hat?
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von Eckardt, Staatssekretär, Bundespressechef: Nein, Herr Abgeordneter, das können Sie keineswegs daraus schließen. Denn das Bundespresse- und Informationsamt verfügt über eine ganze Anzahl von Titeln - ich kann ihre Zahl jetzt aus dem Kopf nicht genau nennen -, und diese Titel haben Zweckbestimmungen, die auf eine Verständlichmachung der Politik der Bundesregierung und auf eine Bereicherung der Kenntnisse des In- und Auslandes über die Bundesrepublik zielen. In dem Vorwort zu Tit. 300 steht aber, daß die Mittel der Bundesregierung zur Verfügung stehen, damit sie ihre Politik verständlich macht.
In der Reihe der wißbegierigen Abgeordneten hat nunmehr der Abgeordnete Kreitmeyer das Wort zu einer Zusatzfrage.
Herr Staatssekretär, Sie sprachen nur von den Anforderungen der „Herren Abgeordneten". Wie steht es mit der Verteilung an die Frauen Abgeordneten?
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von Eckardt, Staatssekretär, Bundespressechef: Verzeihen Sie! Ich bitte sehr um Entschuldigung, daß ich diese Unhöflichkeit begangen habe. Ich kann Ihnen die Liste im Augenblick nicht nennen. Aber ich werde Sie gern noch auf direktem Wege informieren, auch darüber, welche Damen des Hohen Hauses diesen Abreißkalender bekommen haben. Ich bitte noch einmal um Entschuldigung.
Weitere Zusatzfragen werden nicht gestellt. Ich nehme an, daß der Herr Staatssekretär eine Pressekonferenz für eine Kleinigkeit hält gegenüber einer Fragestunde im Deutschen Bundestag. - Ich danke, Herr Staatssekretär!
Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts, und zwar zunächst zu der Frage II/1 - des Herrn Abgeordneten Dr. Arndt -:
Wird das Protokoll bei Empfängen des Herrn Bundespräsidenten dem Herrn israelischen Missions-Chef auch künftig einen im Verhältnis zu den jahrelangen Gepflogenheiten bisher nur minderen Platz einräumen, so wie es bereits beim Neujahrsempfang 1961 geschah?
Herr Staatssekretär van Scherpenberg!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Über die von dem Herrn Abgeordneten Dr. Arndt gestellte Frage habe ich mit ihm eine persönliche Aussprache gehabt. Wenn das Hohe Haus keine Einwendungen dagegen erhebt, möchte ich im einzelnen auf die Frage nicht mehr weiter eingehen. Ich bitte, damit einverstanden zu sein.
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Frage II/2 - des Herrn Abgeordneten Dr. Kohut -:
Trifft es zu, daß die Rede des Hessischen Wirtschafts- und Verkehrsministers, Gotthard Franke, im November 1960 vor der Industrie- und Handelskammer in Triest, in der er zum Schaden der norddeutschen Häfen wertvolle Anregungen für den Ausbau des Triester Hafens gab, mit Billigung des Auswärtigen Amts erfolgte?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu der Frage des Herrn Abgeordneten
Dr. Kohut betreffend Billigung der Äußerungen des Herrn Hessischen Wirtschafts- und Verkehrsministers kann ich folgendes sagen. Es trifft nicht zu, daß das Auswärtige Amt diese Rede gebilligt hat. Die Rede, die der Herr Hessische Wirtschafts- und Verkehrsminister Gotthard Franke am 18. November 1960 vor der Industrie- und Handelskammer Triest gehalten hat, war nicht mit dem Auswärtigen Amt abgestimmt.
Herr Abgeordneter Kohut zu einer Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, }daß sich Minister Franke in einer Erklärung vor dpa Frankfurt vom 4. Januar darauf beruft, er habe in Triest im Einvernehmen mit dem Auswärtigen Amt gesprochen?
Diese Erklärung des Herrn Ministers Franke ist mir nicht bekannt. Ich kann aber vielleicht zur Sache sagen, daß ;die Anregungen, die Herr Minister Franke in dieser Rede gegeben hat, sich im wesentlichen auf den Ausbau der Verkehrswege nach Triest und auf eine für Triest günstigere Gestaltung der Tarife der italienischen und österreichischen Eisenbahnen bezogen hat. Diese Gedanken sind im übrigen nicht neu und werden auch von uns nicht irgendwie mißbilligt. Herr Minister Franke hat im übrigen in dieser Rede sehr eingehend und sehr loyal auf die schwierige Lage der deutschen Seehäfen hingewiesen und durch Statistiken gezeigt, daß die gegenwärtige Lage der ;deutschen Seehäfen - verglichen mit der Vorkriegszeit - ungünstiger ist als die Triests. Wenn ich zu Anfang sagte: das Auswärtige Amt hat diese Rede nicht gebilligt, und sie ist nicht mit ihm abgestimmt worden, so kann ich doch auch nicht sagen, daß das Auswärtige Amt die Rede etwa mißbillige.
Herr Abgeordneter Kohut zu einer weiteren Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, daß man in den norddeutschen Häfen -Hamburg, Bremen - völlig anderer Meinung ist, als Sie es jetzt zum Ausdruck gebracht haben?
Ich weiß nicht, auf was sich diese andere Meinung beziehen soll.
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Ich kann mir höchstens vorstellen, daß sie sich darauf bezieht, daß die Lage von Hamburg und Bremen schwieriger sei als die von Triest. Das ist doch wohl unbestritten.
Ich danke dem Herrn Staatssekretär. Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen, und zwar zunächst zur Frage IV/1 - des Herrn Abgeordneten Gottesleben -:
Hält es die Bundesregierung für gerecht, den meisten Familien mit zwei Kindern die Steuerermäßigung für eine Hausgehilfin zu versagen, obschon diese Ermäßigung jedem alleinstehenden Ehepaar zugestanden wird, bei dem ein Partner das 60. Lebensjahr überschritten hat?
Herr Abgeordneter Gottesleben, Sie befassen sich in Ihren beiden Fragen mit dem Steuerabzug für die Beschäftigung von Hausgehilfinnen. Ich darf zunächst Ihre Frage nach dem Personenkreis beantworten.
Bei der Gewährung einer Steuerermäßigung für die Beschäftigung einer Hausgehilfin wollte das Gesetz nur solche Fälle berücksichtigen, bei denen nach der allgemeinen Erfahrung des Lebens ein unabweisbares Bedürfnis für die Beschäftigung einer Hausgehilfin vorliegt. Das Steuergesetz wollte nicht schlechthin jede Beschäftigung einer Hausgehilfin als steuermildernden Umstand anerkennen. Infolgedessen sind in diesem Paragraphen eine Reihe von Voraussetzungen aufgestellt, bei deren Vorliegen ausnahmsweise für die Beschäftigung einer Hausgehilfin Abzüge zugelassen werden. Die Steuerermäßigung wird beispielsweise bei zwei Kindern unter 18 Jahren gewährt, wenn beide Ehepartner erwerbstätig sind oder in ähnlich gelagerten Fällen. Das Steuergesetz geht insgesamt davon aus, daß es sich bei der Beschäftigung einer Hausgehilfin um Kosten der Lebenshaltung handelt, nicht also - etwa vergleichbar - um Werbungskosten oder Betriebsausgaben.
Darf ich die zweite Frage gleich beantworten?
Bitte sehr, Frage IV/2 - des Abgeordneten Gottesleben -:
Hält die Bundesregierung es für vertretbar, an dem völlig überholten Satz von monatlich 75 DM, der nach dem Einkommensteuergesetz für Beschäftigung einer Hausgehilfin abgesetzt werden kann, festzuhalten, obschon die Hausgehilfin heute einen Kostenaufwand von mehreren hundert D-Mark erfordert?
Diese Frage zielt darauf ab, daß der Betrag von 900 DM verhältnismäßig niedrig sei. Das ist der Höchstbetrag, durch den in den erwähnten eingegrenzten Fällensteuerlich zu den Aufwendungen für eine Hausgehilfin beigetragen werden kann, In den Beratungen ist man allgemein davon ausgegangen, daß in diesen Fällen nicht die vollen eigenen Auslagen für eine Hausgehilfin ersetzt werden sollten, sondern daß nur ein wesentlicher Kostenbeitrag aus ;der Steuer gegeben werden sollte. Grund dafür war vor allem, daß in Haushalten mit Kindern zu dieser Erleichterung noch die Tarifermäßigungen für Kinder und bei Haushalten mit drei und mehr Kindern noch Kindergeld hinzukommen. Man muß alle drei Dinge berücksichtigen: tarifliche Kinderbegünstigung, Kindergeld und Vergünstigung für Hausgehilfinnen in besonderen Fällen. Der Gesetzgeber glaubte, daß unter diesen Umständen der Aufwand für ;die Hausgehilfin mit 900 DM jährlich ausreichend berücksichtigt sei.
Herr Abgeordneter, eine Zusatzfrage?
Herr Staatssekretär, sind Sie nicht auch der Meinung, daß hier den berechtigten familienpolitischen Belangen - es handelt sich meist oder überhaupt nur um nicht berufsGottesleben
tätige Mütter - ebenso Rechnung getragen werden muß wie ,den berechtigten Anliegen des Alters? Ich denke beispielsweise ,daran, daß eine fünfzigjährige gesunde Ehefrau mit einem sechzigjährigen gesunden Ehemann - ohne Kinder im Haus - in den Genuß der Steuervergünstigung kommt.
Herr Abgeordneter, soweit ein Elternteil nicht erwerbstätig ist - in der Regel die Hausfrau, die den Haushalt versieht -, ging das Gesetz davon aus, daß, wenn nicht mehr als zwei Kinder vorhanden sind, keine zusätzliche staatliche Steuerprämie gegeben werden sollte. Ich muß zugeben, daß die Festsetzung einer Altersgrenze von 60 Jahren, von der ab das dann nicht mehr gelten soll, irgendwie willkürlich ist. Aber jede Altersgrenze ist leicht irgendwie willkürlich.
Ich rufe auf die Frage IV/3, gestellt vom Abgeordneten Dröscher:
Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, Städte und Gemeinden zu unterstützen, die - wie z. B. Kaiserslautern in schwierigen Verhandlungen mit US-Garnisonen stehen, um die volle Zahlung vertragswidrig zurückbehaltener Rechnungsbeträge für die Belieferung mit elektrischem Strom und Abwassergebühren zu erreichen?
Herr Abgeordneter Dröscher fragt, warum die Streitkräfte der Vereinigten Staaten in Rheinland-Pfalz, insbesondere in der Stadt 1 Kaiserslautern, sich weigern, öffentliche Gebühren zu bezahlen.
Ich darf zunächst kurz auf die Rechtslage hinweisen. Nach dem Finanzvertrag dürfen die Streitkräfte bestimmte öffentliche Liegenschaften unentgeltlich benutzen; sie sind insoweit auch von der Grundsteuer befreit. Im Finanzvertrag ist aber auch bestimmt, daß die Streitkräfte jene öffentlichen Benutzungsgebühren zu zahlen haben, die die deutschen Staatsbürger unter gleichen Verhältnissen zahlen müssen. Zu diesen Benutzungsgebühren gehören hauptsächlich die Kanalgebühren, die Wassergebühren, die Straßenreinigungsgebühren und die Müllabfuhrgebühren. Es ist erstaunlich, daß diese öffentlich-rechtlichen Gebühren von den anderen Stationierungskräften, den Franzosen, den Briten und den Belgiern, gezahlt werden, nicht aber von den Streitkräften der Vereinigten Staaten. Die Streitkräfte der Vereinigten Staaten haben in diesem Punkte seit dem 1. Januar 1960 eine andere Haltung eingenommen als die übrigen Verbündeten und als sie selbst vorher. Wir haben Verhandlungen mit dem amerikanischen Botschafter darüber aufgenommen, daß auch die amerikanischen Streitkräfte entsprechend dem Finanzvertrag verfahren. Wir hegen die Hoffnung, daß der Herr Botschafter seine Auffassung auch gegenüber dem Hauptquartier der amerikanischen Streitkräfte durchsetzen kann.
Eine kurze Bemerkung zu dem Fall Kaiserslautern, der besonders kritisch ist! Im Falle Kaiserslautern haben sich die Streitkräfte auch geweigert, die Entgelte für die Lieferung von Strom und Gas zu bezahlen. Sie sind der Meinung, daß Strom und Gas ganz oder teilweise unentgeltlich geliefert werden müßten. Die örtlichen Dienststellen der amerikanischen Streitkräfte verhalten sich in dieser Beziehung verschieden. Durch einen Zwischenvergleich ist sichergestellt, daß die Stadt Kaiserslautern ihre Forderungen aus der Lieferung von Strom und Gas vorläufig im wesentlichen bezahlt erhält.
Die amerikanischen Streitkräfte haben eine Klage beim deutschen Kartellamt gegen die Stadt Kaiserslautern wegen Kartellmißbrauchs bei der Lieferung von Strom eingereicht. Wir werden abwarten, was diese Klage ergibt.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dröscher?
Herr Staatssekretär, was die Lieferung von elektrischem Strom angeht, so ist mir bekannt, daß 10 % des Preises vorläufig einbehalten werden. Hat die Bundesregierung versucht, die Freigabe dieser 10 % zu erreichen?
Herr Abgeordneter, hinsichtlich der Stadt Kaiserslautern, von der Sie vermutlich sprechen, haben wir festgestellt, daß die amerikanischen Streitkräfte am 16. Januar, also vor ganz kurzer Zeit, rund 565 000 DM auf eine Stromrechnung von rund 627 000 DM bezahlt haben.
Eine weitere Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dröscher?
Herr Staatssekretär, Sie haben vorhin der Hoffnung Ausdruck gegeben, daß die Kanalgebühren nun beglichen werden. Haben Sie schon einen Anhaltspunkt dafür, bis wann das sein wird?
Meine optimistische Erwartung
stützt sich auf das verständnisvolle Verhalten der
amerikanischen Botschaft.
Herr Abgeordneter Dr. Atzenroth zu einer Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, st die Bundesregierung für die Durchsetzung ihrer Rechte auf das Wohlwollen, auf das Entgegenkommen des Botschafters angewiesen? Oder welche anderen Möglichkeiten hat die Bundesregierung, ihre Rechte nach den Abkommen, die wir mit den Vereinigten Staaten geschlossen haben, durchzusetzen?
Herr Abgeordneter, Schuldner dieser öffentlich-rechtlichen Gebühren und insbesondere der privatrechtlichen Strom- und Gasentgelte ist das Hauptquartier der amerikanischen Streitkräfte. Dort scheinen die Auffassungen noch nicht
endgültig geklärt zu sein. Wir bedienen uns gern der freundschaftlichen Hilfe des amerikanischen Botschafters.
Ich danke, Herr Staatssekretär.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern. Ich rufe auf die Frage III - des Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen -:
Wann wird die Bundesregierung die in § 32 Abs. 1 Nr. 6 der Bundeslaufbahn-Verordnung vorgesehene Aufstiegsprüfung einrichten, die der Bundespersonalausschuß am 2. Juni 1960 vorgeschlagen hat?
Zur Beantwortung hat das Wort Herr Staatssekretär Dr. Anders.
Herr Abgeordneter, die Antwort lautet: Nach § 32 der Bundeslaufbahnverordnung vom 31. Juli 1956 kann bei Beamten des gehobenen Dienstes, die in den höheren Dienst aufsteigen sollen, von einer Aufstiegsprüfung abgesehen werden, wenn sie ihre Laufbahn durchlaufen haben und mindestens 45 Jahre alt sind; andere für den Aufstieg vorgesehene Beamte müssen eine Aufstiegsprüfung ablegen. Für die Einrichtung einer solchen Prüfung bestand bisher kein Bedürfnis, da die wenigen in Frage kommenden Beamten als „andere als Laufbahnbewerber" behandelt wurden, deren Befähigung der Bundespersonalausschuß nach § 21 des Bundesbeamtengesetzes festzustellen hatte.
Dies ist im Hinblick auf die in Ihrer Frage erwähnte neuerliche Stellungnahme des Bundespersonalausschusses nicht mehr möglich. Es muß daher eine Aufstiegsprüfung eingerichtet werden. Besprechungen hierüber mit den Bundesressorts sind im Gange; es handelt sich dabei vornehmlich um die - nicht ganz einfache - Ausgestaltung der Prüfung und die Regelung der Zeit der Vorbereitung auf die Prüfung.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Schmitt-Vockenhausen!
Glauben Sie, ungefähr einen Zeitpunkt angeben zu können, bis zu dem diese Gespräche zu einem Ergebnis führen?
Einen genauen Zeitpunkt kann ich nicht angeben. Die Besprechungen werden aber soweit wie möglich beschleunigt werden, so daß ich hoffe, es wird Anfang dieses Sommers so weit sein, daß wir die Prüfung einrichten können.
Ich danke, Herr Staatssekretär.
Ich rufe nunmehr auf die Frage aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr - Drucksache 2432 -, gestellt von dem Abgeordneten Josten:
Ist die Bundesregierung bereit, die neue Autobahnbrücke bei Bendorf am Rhein als Betonbrücke in Auftrag zu geben, da die Kosten für die Ausführung in Stahl mehr als 2 Millionen DM hoher sind?
Zur Beantwortung Herr Staatssekretär Dr. Seiermann!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann die Frage des Herrn Abgeordneten Josten heute leider nicht beantworten, da die Unterlagen erst vor sechs Tagen in meinem Hause eingegangen sind und dort noch der Prüfung unterliegen.
Herr Abgeordneter Josten.
Herr Staatssekretär, wie groß ist denn die Zahl der vorliegenden Angebote, und ist die Bundesregierung bereit, mir nach Überprüfung die Entscheidung gegebenenfalls schriftlich mitzuteilen?
Herr Abgeordneter, es liegen 14 Angebote von insgesamt 10 Firmen oder Arbeitsgemeinschaften vor. Ich bin gern bereit, Sie zu gegebener Zeit über das Ergebnis der Prüfung zu unterrichten.
Ich danke sehr!
Ich rufe auf die Frage V aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, gestellt von Herrn Abgeordneten Schneider ({0}) :
Ist die Bundesregierung bereit, angesichts der weiter anhaltenden Empörung in der Öffentlichkeit über den Transport von Schlachtpferden und die damit zusammenhängenden Tierquälereien ein Ausfuhrverbot für Schlachtpferde zu erlassen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe 'darauf folgendes zu antworten:
i . Dem Deutschen Bundestag liegt zur Zeit der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Tierschutzgesetzes vor, wonach die Ausfuhr von Schlachtpferden grundsätzlich verboten werden soll. Dieser Gesetzentwurf befindet sich noch in der Beratung bei den zuständigen Ausschüssen.
2. Bei der Frage der Ausfuhr von Schlachtpferden handelt es sich in erster Linie um ein Transportproblem. Der Erlaß eines Ausfuhrverbotes für Pierde würde den Durchfuhrverkehr, der die deutsche Ausfuhr von Schlachtpferden übersteigt, nicht berühren. Ein Verbot der Durchfuhr läßt sich aber ,auf Grund der zwischen 25 europäischen Staaten, zu denen auch die Bundesrepublik gehört, abgeschlossenen Internationalen Übereinkommens über den Eisenbahnfrachtverkehr mit Rücksicht auf den Beförderungszwang nicht oder nur über zeitraubende Verhandlungen mit allen beteiligten Ländern herbeiführen.
3. Inzwischen haben die auf meine Veranlassung und unter meiner Beteiligung mit der Hauptverwal-
tung der Deutschen Bundesbahn und ,dem Deutschen Tierschutzbund geführten Verhandlungen zu folgendem Ergebnis geführt:
a) Begleiterzwang: Für höchstens vier mit Pferden beladene Waggons ist ein Begleiter vorgeschrieben,
b) Anbindezwang,
c) Höchstzahl bei Verladung von Pferden: 10 Stück je Waggon und nur in Wagen, die mit einer ausreichenden Zahl von Luftklappen ausgestattet sind.
Die Vertreter des Deutschen Tierschutzbundes sind der Auffassung, daß bei ordnungsgemäßer Einhaltung der verschärften Transportbestimmungen die tierschutzrechtlichen Belange ausreichend gewahrt sind.
Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Ritzel!
Herr Minister, ist Ihnen bekannt, daß es nicht nur einen Deutschen Tierschutzbund gibt, der im wesentlichen Ihrer Auffassung zustimmt, sondern daß es andere Tierschutzorganisationen gibt, die sehr erheblich anderer Auffassung sind? Ist Ihnen weiter bekannt, daß die Frage nicht allein mit der Regelung der Transportverhältnisse auf dem Gebiet der Bundesrepublik erledigt werden kann, sondern daß die Verhältnisse auf diesem Gebiet entscheidend beeinflußt werden von Vorgängen, die sich außerhalb der deutschen Bundesgrenzen bei der Übernahme und Weiterleitung der Transporte deutscher Schlachtpferde vollziehen?
Zur Beantwortung der beiden Zusatzfragen der Herr Bundesminister.
Herr Abgeordneter, zur letzten Frage habe ich schon kurz Stellung genommen. Ich darf aber noch etwas ausführlicher darauf antworten.
Nach Artikel 5 § 5 des internationalen Übereinkommens über den Eisenbahnfrachtverkehr kann, wenn es das öffentliche Wohl oder zwingende Gründe ,des Betriebs erfordern, ,die zuständige Behörde u. a. anordnen, daß ,gewisse Sendungen nur bedingungsweise zugelassen werden. Die Bundesregierung prüft zur Zeit, ob die von der Bundesbahn vorgenommene Verschärfung der Transportbedingungen für ,die Ausfuhr von Schlachtpferden auch auf den Durchgangsverkehr ausgedehnt werden kann und von wem, soweit eine Rechtsverordnung hierzu notwendig ist, diese zu erlassen ist. Die Bundesregierung hat also auch hier alle Schritte getan, um den Transport von Tieren, die im Transitverkehr die Bundesrepublik passieren, in die gleiche Linie zu bringen, die wir für deutsche Transporte vorgesehen haben.
Herr Abgeordneter Ritzel, Sie haben bereits zwei Zusatzfragen gestellt.
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Ich komme zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung. Frage VI/1 -des Abgeordneten Schellenberg -.
Welche Vereinbarungen hat der Herr Bundeskanzler mit den Vertretern der Ärzteorganisationen am 17. August 1960 über die gesetzliche Neuregelung der Krankenversicherung getroffen?
Ich darf die Frage des Herrn Abgeordneten Schellenberg wie folgt beantworten. Über das Gespräch des Herrn Bundeskanzlers mit den Vertretern der Ärzteorganisationen, das am 17. August 1960 stattgefunden hat und an dem ich teilgenommen habe, habe ich dem Ausschuß für Sozialpolitik, dessen Vorsitzender der Fragesteller Herr Professor Schellenberg ist, auf seine Bitte in der Sitzung vom 6. Oktober 1960 ausführlich berichtet. Wegen des Inhalts meiner Ausführungen darf ich auf das Protokoll dieses Ausschusses über die 76. Sitzung verweisen.
Eine Zusatzfrage?
({0})
- Herr Abgeordneter Professor Schellenberg!
Da der Herr Bundesarbeitsminister dem Ausschuß über Details dieser Verhandlungen keinen Bericht gegeben hat und auch nicht
Bitte eine Frage!
- mitgeteilt hat, daß ein schriftliches Kommuniqué herausgegeben wurde, frage ich den Herrn Arbeitsminister, ob er jetzt bereit ist, das Kommuniqué über diese Verhandlungen dem federführenden Ausschuß zuzuleiten.
Ich möchte die Frage wie folgt beantworten. Ich habe meinen jetzigen und meinen damaligen sehr langen Ausführungen vor dem Bundestagsausschuß nichts mehr hinzuzufügen.
({0})
Keine weitere Zusatzfrage.
Ich komme zur zweiten Frage des Abgeordneten Schellenberg - Frage VI/2 -:
Entsprechen Pressemitteilungen cien Tatsachen, wonach der Herr Bundeskanzler auf Grund eines Schreibens der Vertreter der Ärzteorganisationen vom 6. Dezember 1960 den fierro Bundesarbeitsminister aufgefordert hat, ihm die Namen der Beamten zu nennen, die „ein an Sabotage grenzendes Verhalten" gegenüber den am 17. August 1960 mit den Ärzteorganisationen getroffenen Vereinbarungen an den Tag gelegt haben?
Ich möchte diese Frage wie folgt beantworten. Die von Ihnen, Herr Kollege, erwähnten Pressemitteilungen beziehen sich auf ein Schreiben des Herrn
Bundesarbeitsminister Blank
Bundeskanzlers an mich, das ich nach Form und Inhalt als persönlich vertraulich bezeichnen muß. Ich habe nicht die Absicht, über dieses Schreiben mehr zu sagen, als daß die Presse über seinen Inhalt nicht ganz zutreffend informiert ist.
({0})
Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Dr. Schellenberg!
Herr Minister, warum wurden auf Grund eines so persönlich gehaltenen Schreibens dienstliche Anweisungen an Beamte des Bundesarbeitsministeriums erteilt?
Auf Grund dieses Schreibens sind keinerlei Anweisungen erteilt worden.
Zu einer zweiten Zusatzfrage Herr Abgeordneter Dr. Schellenberg!
Herr Minister, meinen Sie, daß die Methoden, die ihren Ausdruck in den vom Bundeskanzler mit den Ärzten im Bundestag geführten Verhandlungen und in dem Brief der Ärzte an den Herrn Bundeskanzler finden, dem Ansehen der parlamentarischen Demokratie dienen?
Ihre ursprüngliche Frage, Herr Abgeordneter, zielte darauf hin, von mir zu erfahren, ob diese Pressemitteilungen zuträfen. Ihre jetzige Ausweitung, wie ich diese Methoden beurteile, steht nach meinem Dafürhalten mit der ersten Frage nicht mehr im Zusammenhang. Ich habe infolgedessen keinen Anlaß, darauf zu antworten.
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Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Horn!
Herr Bundesarbeitsminister, bin ich falsch unterrichtet, wenn ich sage, daß dieses zuletzt erwähnte Schreiben der Ärzte nicht an den Herrn Bundeskanzler, sondern an den Vorsitzenden der Christlich-Demokratischen Union, der nur zufällig in Personalunion Bundeskanzler ist,
({0})
gerichtet war und insofern das Schreiben in der hier beliebten Form überhaupt nicht Gegenstand dieser Fragestunde sein sollte?
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Ich habe nicht recht verstanden, von welchem Schreiben jetzt die Rede war.
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Herr Schellenberg fragt mich nach dem Schreiben,
das ich vom Herrn Bundeskanzler bekommen habe.
Daraufhin habe ich ihm meine Antwort gegeben. Nun glaube ich, Sie, Herr Kollege Horn, so zu verstehen, daß Sie jetzt von einem Schreiben sprechen, das die Ärzteorganisationen an den Vorsitzenden der Christlich-Demokratischen Union gerichtet haben.
Hier in dieser Frage ist die Rede davon, daß der Herr Bundeskanzler auf Grund eines Schreibens der Vertreter der Ärzteorganisationen vom 6. Dezember den Brief an Sie gerichtet habe, und mit Bezug auf -
Herr Abgeordneter Horn, Sie müssen fragen; Sie können nicht erläutern. Wenn ,der Herr Bundesminister darauf nicht eingeht, geht er darauf eben nicht ein. Daran kann ich nichts ändern.
Ich habe gefragt, und ich gebe dem Herrn Minister jetzt Antwort.
Herr Abgeordneter Horn, der Sinn ;der Fragestunde ist nicht, daß Sie Antwort geben, sondern daß der Herr Minister antwortet. Wir müssen also die Angelegenheit einer Sozialdebatte überlassen.
Dann trage ich noch einmal,
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ob die Ärzteorganisationen dieses Schreiben vom 6. Dezember an den Vorsitzenden der CDU/CSU gerichtet haben.
Meine Damen und Herren, so geht es nicht. Hier können nun einmal nur Fragen gestellt werden. Daran ist nichts zu ändern. Die Fragestunde muß ja auch flüssig ablaufen. Wenn sich Differenzen ergeben, wenn die Fragen zu langwierig werden, können sie gar nicht beantwortet werden; denn die Geschäftsordnung schreibt vor, daß kurze Fragen zu stellen und nur kurz zu beantworten sind. Die Beantwortung langer Fragen geht über die Pflichten des Bundesministers hinaus, jedenfalls im Rahmen der Fragestunde.
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Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr. Ich rufe auf die Frage VII/1 - des Herrn Abgeordneten Börner -:
Ist die Bundesregierung bereit. im Hinblick auf die industrielle Entwicklung des nordhessischen Zonenrandgebiets die Vorarbeiten für den Bau der Autobahnstrecke Kassel-Kamen zu beschleunigen?
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Ich erteile das Wort dem Herrn Staatssekretär Dr. Seiermann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Autobahn Hamm-Kassel gehört nach dem Gesetz über den Ausbauplan für die BunStaatssekretär Dr. Seiermann
desfernstraßen zu den Strecken der 3. Baustufe. Die
planerischen Vorarbeiten hierfür sind voll im Gange.
Wir haben jedoch bereits im Jahre 1957 im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen die Bauarbeiten zwischen Kassel/Söhre und der Bundesstraße 3 aufnehmen lassen. Dieser Abschnitt dient der südlichen Umgehung Kassels und verbindet die Autobahn Hannover-Kassel-Frankfurt/M. mit der Bundesstraße 3 südlich Kassel, wobei unter anderem der Bau einer rund 700 m langen Brücke über die Fulda bei Bergshausen notwendig wurde. Diese Verbindung zwischen der vorhandenen Autobahn und der Bundesstraße 3 wird bis Ende 1961 verkehrsbereit sein.
Herr Abgeordneter Börner!
Herr Staatssekretär, können Sie Auskunft darüber geben, weshalb die jetzige Teilstrecke vorerst nur einbahnig ausgebaut wird? Ist es im Hinblick auf den späteren Ausbau dieser Strecke nicht sinnvoller, bereits den Brückenbau zweibahnig vorzusehen?
Ich kenne die Entstehungsgeschichte aus diesem Jahre nicht. Ich vermute aber, daß die Strecke aus Gründen des Verkehrsbedarfs sofort in Angriff genommen wurde und wegen Mangels an Mitteln nicht gleich zweibahnig ausgebaut werden konnte.
Die Frage ist erledigt.
Ich rufe auf die Frage VII/2 - des Abgeordneten
Börner -.
Welcher Zeitplan ist für den Ausbau der einzelnen Teilabschnitte der Strecke Kassel-Kamen im 2. Vierjahresplan zum Ausbau der Bundesfernstraßen von der Bundesregierung vorgesehen?
Das Wort hat der Herr Staatssekretär.
Im 2. Vierjahresplan ist vorgesehen, die Bauarbeiten an der Autobahnstrecke Hamm-Kassel von der Bundesstraße 3 bis zur Bundesstraße 251 bei Burghasungen weiterzuführen. Damit wird auch der Stellung der Zonenrandgebiete Hessens Rechnung getragen. Der Weiterbau der Bundesautobahn über die B 251 hinaus in Richtung Hamm ist nach der gegenwärtigen Planung für den 3. Vierjahresplan, also für die Zeit von 1967 his 1970, vorgesehen. Ob und inwieweit es möglich sein wird, noch weitere Teilstrecken in den 2. Vierjahresplan vorzuziehen, hängt von den zur Verfügung stehenden Mitteln ab. Ich kann dazu heute noch keine endgültige Erklärung abgeben.
Herr Abgeordneter Börner zu einer Zusatzfrage!
Herr Staatssekretär, halten Sie es nicht im Hinblick auf die enge Verflechtung zwischen dem nordhessischen Wirtschaftsraum und dem Ruhrgebiet und im Hinblick auf eine eventuelle gesamtdeutsche Verkehrsentwicklung für zweckmäßig, diese Ihre soeben gegebene Antwort in absehbarer Zeit noch einmal zu überprüfen?
Ich würde mich freuen, Herr Abgeordneter, wenn es mir die Mittellage gestattete, sie in absehbarer Zeit zu überprüfen.
Keine weitere Zusatzfrage! Ich komme zur Frage VII/3 - des Abgeordneten Dürr -.
Besteht überhaupt noch die Absicht, das demontierte zweite Gleis der Bundesbahnstrecke Horb-Rottweil-Tuttlingen wiederherzustellen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit der Frage des Herrn Abgeordneten Dürr hat sich die Deutsche Bundesbahn auf Grund zahlreicher Eingaben und Anträge in den letzten Jahren wiederholt und eingehend befaßt. Die betriebswirtschaftlichen Untersuchungsergebnisse haben den Vorstand der Deutschen Bundesbahn endgültig zu dem Schluß kommen lassen, daß die betriebliche Belastung dieses Streckenabschnittes den Bau eines zweiten Gleises weder aus Gründen einer guten Verkehrsbedienung noch wirtschaftlich rechtfertigt.
Ich danke dem Herrn Staatssekretär.
Ich komme nunmehr wieder zur Drucksache 2432 zurück, und zwar zum Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen, und rufe die Frage des Abgeordneten Paul auf:
Ist dem Herre Bundespostminister bekannt, daß in der Stadt Eßlingen am Neckar im Stadtteil Lerchenacker zahlreiche Geschäftsleute und im öffentlichen Leben stehende Personen seit mehr als einem Jahr auf einen Telefonanschluß warten?
Ist der Abgeordnete Paul anwesend, oder wird er vertreten? - Das ist nicht der Fall. Die Frage wird schriftlich beantwortet.
Damit ist die Fragestunde beendet. Ich rufe auf Punkt 2 der Tagesordnung:
a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes ({0}) ;
Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses ({1}) ({2}) ;
({3}) ;
b) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Sechsten Gesetzes zur Änderung und Überlei7952
Vizepräsident Dr. Jaeger
tung von Vorschriften auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes ({4}) ;
Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses ({5}) ({6}) ;
({7}) ;
c) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die am 31. Oktober 1958 in Lissabon beschlossene Fassung der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums vom 20. März 1833 und über die am 31. Oktober 1958 in Lissabon beschlossene Fassung des Madrider Abkommens vom 14. April 1891 über die Unterdrükkung falscher oder irreführender Herkunftsangaben ({8}) ;
Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses
({9}) ({10});
({11}).
Ich danke der Frau Abgeordneten Dr. Schwarzhaupt und dem Herrn Abgeordneten Deringer für die Erstattung der Schriftlichen Berichte.
Das Wort zur Geschäftsordnung hat der Abgeordnete Dr. Arndt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens meiner Fraktion beantrage ich, diese Vorlagen an den Rechtsausschuß zur weiteren Beratung zurückzuverweisen. Dazu bestimmen uns eine Reihe von Gründen.
Der erste Grund ist der, daß die Vorlage auf Drucksache 2426 in ihrer gegenwärtigen Fassung nach unserer Überzeugung unzulänglich ist und nochmals überprüft werden müßte. Der Sinn eines Gemeinsamen Senats der für ihr Sachgebiet jeweils höchsten, letztinstanzlichen Bundesgerichte ist der, eine abweichende Rechtsprechung zu vermeiden. Diesem Ziel wird die Vorlage in ihrer gegenwärtigen Fassung nicht gerecht; denn diese Fassung ermöglicht es nicht, den Bundesdisziplinarhof einzubeziehen. Dabei kann die Streitfrage dahingestellt bleiben, ob der Bundesdisziplinarhof beanspruchen darf, ein oberes Bundesgericht zu sein; denn wir haben es hier nicht mit Prestigefragen zu tun.
In der jetzt vorgeschlagenen Fassung des Art. 95 Abs. 1 des Grundgesetzes werden jedoch die fünf oberen Bundesgerichte aufgezählt, und zwar nach der überwiegenden Meinung im Schrifttum enumerativ, exklusiv, und dann wird in Abs. 3 gesagt, es könne zwischen diesen oberen Bundesgerichten ein Gemeinsamer Senat gebildet werden. Eine Verfassungsbestimmung in dieser Formulierung würde es mindestens nicht zweifelsfrei, wahrscheinlich aber gar nicht ermöglichen, an der Rechtsprechung des Gemeinsamen Senats auch den Bundesdisziplinarhof zu beteiligen.
Wir wissen aber aus einem Vortrag, den der Herr Präsident des Bundesdisziplinarhofes uns erst vor wenigen Tagen im Rechtsausschuß gehalten hat, daß gerade zwischen dem Bundesdisziplinarhof und dem Bundesverwaltungsgericht abweichende Entscheidungen möglich sind, weil sich beide letztinstanzlichen Gerichte in starkem Maße mit Fragen des öffentlichen Dienstes und des Beamtenrechts zu beschäftigen haben. Infolgedessen glauben wir, daß die Vorlage in dieser Fassung nicht verabschiedet werden sollte.
Ein zweiter Grund, der uns dazu bestimmt, die Rückverweisung an den Rechtsausschuß zu beantragen, ist der, daß wir den von Frau Kollegin Dr. Schwarzhaupt schriftlich erstatteten Bericht, der dem Hohen Hause gedruckt vorliegt, so für objektiv nicht zutreffend halten, weil darin gesagt wird, meine Fraktionskollegen hätten im Ausschuß beantragt, in das Erfordernis einer Mitwirkung des Richterwahlausschusses auch die Laienbeisitzer der oberen Bundesgerichte einzubeziehen. Abgesehen davon, daß es sich gar nicht oder mindestens nicht ausschließlich um Laienbeisitzer handelt, weil sowohl die Bundesarbeitsrichter nach zutreffender Ansicht als rechtskundige Richter angesehen werden, als auch deshalb, weil es sich bei den Beisitzern im Senat des Bundesgerichtshofes für Anwaltssachen und für Notarsachen um Beisitzer handelt, für die das Erfordernis der Befähigung zum Richteramt besteht; also abgesehen davon, daß der Ausdruck „Laienbeisitzer" nicht zutreffend ist, haben meine Fraktionskollegen im Ausschuß ausdrücklich gesagt, es komme ihnen nicht darauf an, eine Änderung des Grundgesetzes vorzunehmen, sondern der Antrag sei ausschließlich deklaratorisch gemeint, um einen nach unserer Überzeugung schon seit jeher bestehenden Rechtszustand auch im objektivierten Willen des Gesetzes klarzustellen.
Man wird darüber streiten können und man hat darüber gestritten, ob der Antrag eine nur deklaratorische Bedeutung hat oder ob ihm eine konstitutive Bedeutung zukommt. Aber wenn es bei diesem Ausschußbericht bliebe, wie er jetzt die Grundlage der Abstimmung werden soll, dann würde meiner Fraktion damit zugemutet, gegen ihre ständig dokumentierte Überzeugung durch eine Zustimmung zur Vorlage, wie sie formuliert ist - sie wiederholt ja die in ihrer Auslegung streitigen Bestimmungen -, und auf der Basis dieses gedruckten Berichts nunmehr zuzugestehen, daß die ehrenamtlichen Richter an den oberen Bundesgerichten nicht vom Erfordernis einer Mitberufung durch den Richterwahlausschuß betroffen würden. Sie werden mir zugeben, daß das nicht zumutbar ist.
Es kann im Augenblick nicht meine Aufgabe sein, den Bericht anders zu formulieren. Es ist sicherlich, Frau Kollegin Schwarzhaupt, keinerlei subjektiver Vorwurf gegen Sie zu erheben. Aber der Bericht scheint mir eben nicht hinreichend bedacht worden zu sein. Ich glaube, wenn der Ausschußbericht die Lage und den Gang der Beratungen richtig wiedergeben würde, müßte es etwa heißen, daß im Ausschuß Streit darüber bestanden habe, daß eine Minderheit beantragt habe, deklaratorisch eine Lage, von der sie glaube, daß sie bestehe, klarzustellen -daß die Mehrheit der Auffassung gewesen sei, das wäre nicht nur etwas Deklaratorisches, das würde konstitutiv das Grundgesetz ändern -, und sie sich infolgedessen mit diesem Antrag nicht habe beDr. Arndt
freunden können. Dann müßte der Satz hinzugefügt werden, daß unter diesen Umständen ,die Streitfrage offengeblieben sei und durch die Abstimmung über diese Vorlage in keiner Weise präjudiziert würde. Das ist gegenwärtig nicht der Fall.
Wenn wir jetzt noch einmal die Formulierung neu beschließen, in der vom Richterwahlausschuß die Rede ist, und zwar beschließen auf Grund dieser gedruckten Ausschußvorlage, in der expressis verbis gesagt ist, daß die Mehrheit diese erneut in den Willen des Verfassungsgesetzgebers aufzunehmende Bestimmung so auslegt, daß die ehrenamtlichen Bundesrichter nicht davon umgriffen werden, dann gibt es überhaupt keine verfassungsrechtliche Streitfrage mehr, dann ist es durch die so gefällte Entscheidung so präjudiziert.
Ich sage noch einmal: Ich glaube, bei genauer und nüchterner Überlegung werden Sie anerkennen müssen, daß es meiner Fraktion auf Grund ihres nunmehr seit Jahr und Tag immer wieder dokumentierten Rechtsstandpunktes nicht zumutbar ist, hier durch eigene Abstimmung anzuerkennen, daß der Richterwahlausschuß bei der Berufung ehrenamtlicher Bundesrichter nicht zuzustimmen und nicht mitzuwirken braucht. Es wird also notwendig sein, auch dem Bericht eine andere und einwandfreie Fassung zu geben.
Das sind zwei der wesentlichen Gründe, die uns dazu bestimmen, die Rückverweisung an den Rechtsausschuß zu beantragen. Ich hoffe, wir werden dann im Rechtsausschuß auch Gelegenheit haben, uns nochmals, und zwar eingehender, als das bisher möglich war, über dieses Gesetzgebungswerk zu unterhalten.
Es könnte sich mir der Wunsch aufdrängen, über die Beziehungen zwischen Mehrheit und Minderheit dieses Hauses bei Gelegenheit von Verfassungsänderungen harte und bittere Worte zu sagen. Aber ich will mir das im Augenblick selber verwehren; denn darum geht es jetzt nicht. Das mag vielleicht an einer späteren Stelle im Verlaufe der Beratungen notwendig werden.
Im Augenblick, glaube ich, zwingen uns diese beiden Erwägungen dazu, zu beantragen, daß der Rechtsausschuß sich nochmals mit der Vorlage befaßt. Deshalb bitte ich Sie, diesem Antrage zuzustimmen.
({0})
Das Wort zur Geschäftsordnung hat Frau Abgeordnete Dr. Schwarzhaupt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion widerspricht dem Antrag, diese viel diskutierte Drucksache noch einmal an den Rechtsausschuß zu verweisen. Herr Abgeordneter Arndt bringt zwei Gründe und führt zwei Gegenstände an, die noch einmal diskutiert werden sollen.
Das erste ist die Einbeziehung des Disziplinarhofs. Über diese Frage ist im Rechtsausschuß gesprochen worden, sogar in Gegenwart des Herrn Präsidenten des Bundesdisziplinarhofs. Diese Sache ist abgelehnt worden, und es wurde bewußt der jetzt vorliegende Text gewählt. Man kann doch nicht diese Drucksache wegen einer Frage, die im Rechtsausschuß bereits behandelt worden ist, an den Rechtsausschuß zurückverweisen.
Der zweite Grund, den Herr Arndt anführte, ist ein Satz in meinem Bericht, und zwar der Satz, der die ehrenamtlichen Beisitzer betrifft. In dem Bericht heißt es:
Ein Antrag im Ausschuß, im neuen Artikel 95 Abs. 2 statt der Worte „über die Berufung der Richter der oberen Bundesgerichte" zu sagen „über die Berufung aller Richter der oberen Bundesgerichte" . . .
Die Einfügung dieses Wortes „aller" war der Kern
des Antrages der SPD, und darüber ist wörtlich genau berichtet. Der Bericht fährt fort: Dieser Antrag
... bezweckte, auch die Laienbeisitzer bei einigen oberen Bundesgerichten mit in das Wahlverfahren durch einen Richterwahlausschuß einzubeziehen.
Die jetzige Praxis geht ,dahin, daß sie nicht einbezogen werden. Der Antrag bezweckt, einen Rechtszustand herbeizuführen, bei dem die Praxis sie mit einbezieht.
Ich glaube, daß der Bericht mit diesem Wortlaut gar nicht zu der Frage Stellung nimmt, ob es sich hier um eine deklaratorische oder um eine konstitutive Bestimmung handelt. Es handelt sich vielmehr um eine Bestimmung, die jedenfalls eine Änderung ,des praktischen Verfahrens herbeiführen will. Ich bin aber bereit - wenn ,die Herren von der SPD dies nicht für klar genug halten -, meinen Bericht zu ergänzen, nämlich hinzuzufügen, daß die ,beantragte Änderung - die Einfügung des Wortes „alle" -, über die ich berichtet habe, für die Antragsteller ,den Sinn hatte, deklaratorisch klarzustellen, daß auch die ehrenamtlichen Beisitzer durch den Richterwahlausschuß gewählt werden sollen.
Über die Sache als solche haben wir sehr eingehend diskutiert, und ich glaube, meine Fraktion würde auch bei einer neuen Beratung auf ihrem Rechtsstandpunkt bleiben, daß eine Einbeziehung der ehrenamtlichen Beisitzer in das Verfahren vor dem Richterwahlausschuß aus den verschiedensten Gründen, insbesondere auch aus praktischen Gründen, nicht tunlich und nicht wünschenswert ist und rechtspolitisch abzulehnen ist.
Aus diesen beiden Gründen würde eine neue Beratung im Rechtsausschuß kein neues Ergebnis erbringen, und es besteht keinerlei Aussicht, daß sich bei einer neuen Beratung an der Vorlage etwas ändern könnte..
Deshalb bitte ich, ,den Antrag zurückzuweisen.
({0})
Das Wort zur Geschäftsordnung hat der Abgeordnete Dr. Arndt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann den Ausführungen der Berichterstatterin Frau Kollegin Schwarzhaupt leider nicht folgen, in keinem Punkte. Zunächst zur Frage des Bundesdisziplinarhofs! Wie mir von meinen beiden Kollegen Jahn - Herr Jahn ist Mitberichterstatter - und Hannsheinz Bauer bestätigt wird, hat keinerlei Abstimmung im Ausschuß in der Frage des Bundesdisziplinarhofs stattgefunden.
({0})
Ichselber bin ja aus bestimmten Gründen nicht andieser Ausschußberatung beteiligt gewesen, die knapp einen Vormittag in Anspruch genommen hat. Eine Entscheidung des Ausschusses liegt also nicht vor. Es ist auch nicht zutreffend, daß diese Frage hinreichend bedacht worden sei.
Ich darf Sie aber auf folgendes hinweisen: Ich habe in dieser Angelegenheit bereits am 27. Juni 1960 an den Herrn Ausschußvorsitzenden, mit Durchschlag für den Herrn Bundesminister der Justiz, geschrieben, daß wir bei diesem Gesetzgebungswerk gewisse Erwägungen unbedingt beachten müßten. In meinem Brief heißt es dann ausdrücklich:
Wir halten es für erforderlich, gleichzeitig das Ausführungsgesetz mitzuberaten und mitzubeschließen. Dies wird um so mehr erforderlich und notwendig sein, weil dem Vernehmen nach zwischen idem Bundesministerium der Justiz und den Präsidenten der oberen Bundesgerichte Meinungsverschiedenheiten bestehen.
Das habe ich vor sieben Monaten geschrieben. Man hat in sieben Monaten keinen Anlaß genommen, mit uns darüber zu verhandeln. Es haben lediglich einmal persönliche Gespräche zwischen einem maßgeblich zuständigen Beamten des Bundesministeriums der Justiz und mir gelegentlich einer Eisenbahnfahrt stattgefunden, wo ich damals schongesagt habe, daß nach meiner Überzeugung der Bundesdisziplinarhof wegen der Möglichkeit von Abweichungen dem Bundesverwaltungsgericht gegenüber einbezogen werden müsse und man sich das Ausführungsgesetz ja so vorstellen könne, daß in diesem Fall an die Stelle des Mitglieds ides Bundesfinanzhofs ein Mitglied des Bundesdisziplinarhofs trete. Aber es ist jedenfalls von seiten der Mehrheit und wohl auch des Ministeriums nichts unternommen worden, um in sieben Monaten diese Frage zu klären und um in sieben Monaten uns wenigstens die Grundzüge der Regelung vorzutragen, wie dieser gemeinsame Senat denn nun zustande gebracht werden soll.
Ich glaube also nicht, daß man eine Verfassungsänderung so machen kann. Ich glaube, es sollte auch Ihnen daran liegen, daß wir, wenn wir einen so außerordentlichen Schritt tun und das Grundgesetz andern, diese Änderung bis ins letzte durchdenken und nicht nach einiger Zeit wieder vor der Notwendigkeit stehen, bei einer divergierenden Rechtsprechung von Bundesdisziplinarhof und Bundesverwaltungsgericht eine weitere Verfassungsänderung zu machen und auch den Bundesdisziplinarhof als ein
letztinstanzliches Gericht zu berücksichtigen. Es muß eine Formulierung gefunden werden, nach der alle letztinstanzlichen Bundesgerichte an dem gemeinsamen Senat beteiligt werden und die den zweifelhaften Ausdruck „Obere Bundesgerichte" vermeidet.
Was nun die Ausschußvorlage und den gedruckten Bericht anlangt, kann ich der Frau Berichterstatterin auch nicht zustimmen. Man kann nicht durch eine Erklärung hier zu Protokoll der Plenarsitzung so gravierende Feststellungen, wie sie im Bericht enthalten sind, beiseite schieben. Übrigens steht im Bericht auch nicht ein einziges Wort über den Bundesdisziplinarhof und darüber, daß der Ausschuß etwa bewußt und mit Überlegung davon Abstand genommen hat, den Bundesdisziplinarhof zu berücksichtigen.
Hier ist hinsichtlich des Richterwahlausschusses ganz klar gesagt, daß von der Rechtslage ausgegangen werde; gegenwärtig bedürfe es einer Mitwirkung des Richterwahlausschusses nicht. Dabei spielt es gar keine Rolle, wie die Praxis ist. Sie ist nach Ihrer Meinung verfassungsgemäß, nach unserer Meinung ist sie verfassungswidrig. Hier ist aber nicht die Frage, wie die Praxis ist, sondern hier ist die Rede von der Rechtslage.
Wer auf Grund des Berichts der neu formulierten Vorlage zustimmt, würde damit unweigerlich anerkennen, daß die gegenwärtige Handhabung durch die Bundesminister dem Grundgesetz entspricht. Und das, Frau Kollegin Schwarzhaupt, wollen Sie uns doch nicht zumuten, daß wir gegen unsere eigene Überzeugung stimmen.
Wir wissen genau, daß die Frage des Bundespatentgerichts unter Umständen eine dringliche ist. Nun, sie wird sich in acht oder vierzehn Tagen auch nicht so entwickeln, daß man sie heute lösen muß. Wir haben zwei Legislaturperioden darauf gedrängt, daß wir endlich die Neuregelung bekommen. Das Bundesjustizministerium hat lange Zeit einen hinhaltenden Widerstand geleistet. Ich sehe deshalb nicht ein, warum 'die Dinge heute entschieden werden müssen, in einer dann ja sehr unbefriedigenden Weise; denn heute würden wir die Verfassungsänderung nicht bekommen. Das wäre für uns alle bestimmt keine sehr angenehme Lage, während die erneute Ausschußberatung doch immerhin noch Möglichkeiten eröffnen könnte, daß wir uns wenigstens über das Bundespatentgericht einigen.
Ich glaube deshalb, daß Sie hier doch - ich habe absichtlich so ruhig in der Sache gesprochen - Vernunft walten lassen sollten und eine erneute Beratung im Rechtsausschuß des Bundestages ermöglichen sollten.
({1})
Das Wort zur Geschäftsordnung hat der Abgeordnete Dr. Weber ({0}).
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir bedauern es außerordentlich, daß es über diesen Punkt zu einer so ausgedehnten Geschäftsordnungsdebatte kommt, nachdem die Verhandlungen im
Dr. Weber ({0})
Ausschuß, wie ausdrücklich betont werden muß, in voller Harmonie verlaufen sind und am Schluß der Beratung nicht zu erkennen war, daß noch irgendwelche Divergenzen bestanden, es sei denn die Divergenz, daß der eine oder andere unzufrieden war, weil ein von ihm gestellter Antrag nicht angenommen worden war.
Immerhin war die Situation so, daß der Ausschuß, als zum Schluß eine Gesamtabstimmung über den Art. 95 erfolgte, diesen Artikel in der vorliegenden Fassung mit drei Stimmen der Opposition bis auf eine Stimme gebilligt hat. Das muß hier doch hervorgehoben werden. Infolgedessen konnte, insbesondere nachdem auch der Korreferent, der Kollege Bauer, es auf Befragen ausdrücklich abgelehnt hatte, einen Antrag zu stellen - der Antrag wurde dann vom Herrn Kollegen Jahn gestellt -, nicht angenommen werden, daß es über diesen Punkt hier zu einer Kontroverse kommen würde.
Nachdem die Sachgegenstände, Herr Kollege Arndt, sehr eingehend behandelt worden waren, wie Frau Kollegin Schwarzhaupt bereits hervorgehoben hat, ist auch die Frage der Einbeziehung des Bundesdisziplinarhofs besprochen worden. Das Entscheidende ist, daß von keiner Seite ein Antrag gestellt worden ist, den Bundesdisziplinarhof einzubeziehen oder eine diesbezügliche Änderung vorzunehmen. Es kann sich also niemand beschweren, daß dieses Anliegen nicht behandelt und darüber nicht abgestimmt worden wäre.
Der zweite Punkt betrifft die Frage der Wahl der Laienbeisitzer bei oberen Bundesgerichten - soweit dort Laienrichter tätig sind - durch den Richterwahlausschuß. Uns ist aus den Beratungen bekannt, daß die Fraktion der SPD in allen Fällen, wo diese Frage eine Rolle gespielt hat, die Auffassung vertreten hat, auch die Laienbeisitzer müßten durch den Richterwahlausschuß gewählt werden. Die SPD hat bei den betreffenden Gesetzen jeweils beantragt, daß expressis verbis eine entsprechende Bestimmung aufgenommen werde. Das ist jeweils von der Mehrheit des Hohen Hauses abgelehnt worden. Also schon bei jenen Gelegenheiten ist dieser Gegenstand eingehend behandelt worden. Aber auch bei der Beratung des vorliegenden Gesetzentwurfs ist das nochmals geschehen. Es wurde ein entsprechender Antrag gestellt, der aber mit Mehrheit abgelehnt wurde. Der gesamte Art. 95 wurde dann gegen eine Stimme unter Zustimmung aller anderen gebilligt.
Wir stehen deshalb auf dem Standpunkt, daß die Sache völlig geklärt ist und daß infolgedessen eine Rückverweisung an den Ausschuß nicht notwendig ist.
({1})
Das Wort zur Geschäftsordnung hat der Abgeordnete Dr. Bucher.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Geschäftsordnungsdebatten haben es ja manchmal in sich, und das hier droht nun schon zu einer Prestigefrage zu werden. Lassen Sie mich deshalb versuchen, nicht in der Sache, sondern in der
geschäftsordnungsmäßigen Behandlung eine Brücke zu bauen.
Auch wir sind dagegen, daß diese Vorlage an den Rechtsausschuß zurückverwiesen wird. Aber ich gebe zu bedenken: Wenn wir den dahin gehenden Antrag der SPD jetzt ablehnen, also über die Sache abstimmen, und keine verfassungändernde Mehrheit zustande kommt, ist die Vorlage erledigt und müßte neu eingebracht werden. Das möchten wir im Interesse der Sache verhindern. Vor allem müßte gewährleistet sein, daß der Inhalt der Drucksache 1748, der sich mit dem Bundespatentgericht befaßt, wenn nicht heute, so doch möglichst bald verabschiedet wird. Diese Sache ist dringlich. Ich nehme nicht an, daß die SPD-Fraktion ein Junktim in der Form herstellen will, daß sie diese notwendige Grundgesetzänderung nur mitmacht, wenn die andere Seite der von ihr gewünschten sogenannten deklaratorischen Änderung bezüglich der Wahl der Laienbeisitzer zustimmt. Ich glaube also nicht, ,daß hier an ein solches Junktim gedacht ist, das nicht gerade fair wäre.
Ich beantrage deshalb namens der Fraktion der FDP, daß wir die Sache heute von der Tagesordnung absetzen, sofern man sich nicht darüber einigen kann - womit wir auch einverstanden wären -, daß die Vorlage Drucksache 1748 in ihrer ursprünglichen Fassung jetzt und heute angenommen wird. Also: entweder die Vorlage Drucksache 1748 annehmen und den Rest absetzen, oder die ganze Sache für heute absetzen und dann bis zur nächsten Plenarsitzung in vierzehn Tagen ruhen lassen; bis dahin wäre Gelegenheit zu interfraktionellen Gesprächen.
Das Wort zur Geschäftsordnung hat der Abgeordnete Jahn ({0}).
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muß einige Dinge zur Klärung und Richtigstellung sagen. Zunächst ein Wort zu dem, was der Herr Kollege Dr. Bucher hier ausgeführt hat! Natürlich ist das keine Prestigefrage. Auf der anderen Seite muß aber, wenn man sich schon über die Notwendigkeit einer Grundgesetzänderung unterhält, daß auch tatsächlich in der gebotenen Form, Sachlichkeit und Gründlichkeit geschehen. Man sollte nicht den Versuch machen, sich über berechtigte und mit einigem Nachdruck vorgetragene Wünsche anderer Fraktionen einfach hinwegzusetzen.
Die Darstellung des Kollegen Dr. Weber ist in wesentlichen Punkten einfach nicht richtig. Herr Kollege Dr. Weber, ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie gerade jetzt einmal zuhörten. Sie haben bei der Behandlung dieser Frage im Ausschuß selber den Vorsitz geführt. Es ist zwar richtig, daß die Debatte im Ausschuß durchaus friedfertig verlaufen ist, wie das bei uns im Rechtsausschuß im allgemeinen üblich ist. Aber Sie haben vielleicht nicht mehr folgendes in Erinnerung, oder Sie haben es vielleicht überhört: Nachdem der von mir gestellte Antrag im Ausschuß abgelehnt worden war, habe ich ausdrücklich erklärt, daß unter diesen Umständen die
Jahn ({0})
Zustimmung meiner Fraktion zu der beabsichtigten Vorlage in Frage gestellt sei. Daraufhin ist von Ihnen keine Schlußabstimmung über die Vorlage mehr vorgenommen worden.
({1})
Wir mußten also erwarten, daß bei Ihnen die Bereitschaft zu Gesprächen über diese Frage noch bestand.
({2})
Am nächsten Tag hat deshalb der Kollege Dr. Arndt ein Gespräch mit dem Kollegen Dr. Kanka aufgenommen, um ihn auf diese Situation hinzuweisen und ihn zu bitten, daß wir uns über diese Dinge noch einmal unterhalten sollten. Das ist bis heute nicht geschehen. Wenn Sie hier behaupten, die Dinge seien im Ausschuß einmütig vonstatten gegangen und es bestehe kein Anlaß, solche Anträge heute zu stellen, dann ist das nach diesem Ablauf der Beratung einfach falsch.
Schließlich noch ein Wort zur Frage der Einbeziehung des Bundesdisziplinarhofes! Zunächst ist noch einmal zu betonen, daß über diese Frage im Ausschußbericht überhaupt nichts gesagt ist. Zum anderen meinen wir aber, daß eine solche Frage hier im Plenum in der zweiten Lesung nicht ausdiskutiert werden kann auf Grund eines Antrages, der hier mehr oder weniger aus dem Handgelenk formuliert wird. Wir meinen, daß es gerade deshalb notwendig ist, diese Angelegenheit zu einer abschließenden Erörterung in den Ausschuß zu bringen und dort überhaupt erst einmal - unter Berücksichtigung dieser Anträge - über die Vorlage in ihrer Gesamtheit abzustimmen.
Das Wort zur Geschäftsordnung hat der Abgeordnete Hoogen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Von meinem Vorredner haben Sie bereits gehört, daß ich in dem fraglichen Teil der Sitzung des Rechtsausschusses nicht den Vorsitz geführt habe. Infolgedessen bin ich nicht in der Lage, aus eigenem Wissen einen Beitrag zur Diskussion in dieser Geschäftsordnungsdebatte zu leisten, die nun schon eine geraume Zeit dauert. Auch Sie, Herr Kollege Dr. Arndt, haben an diesem Teil der Sitzung, wie Sie selber ausgeführt haben, nicht teilgenommen.
Ich würde von mir aus vorschlagen, weder dem Geschäftsordnungsantrag von Herrn Kollegen Dr. Arndt noch dem von Herrn Kollegen Dr. Bucher zuzustimmen, sondern diese Beratung jetzt zu unterbrechen, die Sache aber nicht von der Tagesordnung abzusetzen, sondern dem Rechtsausschuß Gelegenheit zu geben, jetzt sofort diese Debatte - gegebenenfalls eine Sachdebatte - fortzuführen und zu gegebener Zeit während dieser Plenarsitzung dem Plenum über den Stand der Dinge zu berichten. Dadurch würden wir das Haus nicht durch eine Geschäftsordnungsdebatte von der Abwicklung der weiteren Tagesordnung abhalten.
({0})
Meine Damen und Herren, wenn ich Herrn Abgeordneten Hoogen richtig verstanden habe, hat er zur Vermittlung vorgeschlagen: Rückverweisung an den Ausschuß, gleichzeitig mit sofortiger Beratung dieses Ausschusses jetzt, wozu ich als Präsident meine Genehmigung geben würde.
({0})
Habe ich das so richtig verstanden, Herr Kollege Hoogen?
({1})
- Sie wünschen nur eine Unterbrechung der Beratung bei gleichzeitiger Einberufung des Rechtsausschusses zu einer Sitzung. Sind damit alle einverstanden, und werden ,die anderslautenden Anträge zurückgezogen? - Das scheint der Fall zu sein.
({2})
- Gut, das Haus beschließt Zurückstellung dieses Punktes in diesem Augenblick mit der Möglichkeit, die Sache im Laufe des heutigen Tages erneut aufzugreifen. Der Vorsitzende des Rechtsausschusses lädt den Rechtsausschuß sofort zu einer Sitzung in das übliche Sitzungszimmer ein, wozu die Genehmigung von mir erteilt ist.
Ich komme damit zum übernächsten Punkt - der Punkt 3 kann nämlich erst nach 4 Uhr aufgerufen werden -, also zu Punkt 4:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Tabaksteuergesetzes ({3}); Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses ({4}) ({5}); ({6}).
Der Abgeordnete Peters hat als Berichterstatter
einen Schriftlichen Bericht erstellt, für den ich ihm
danke. Wird das Wort zur Ergänzung gewünscht?
- Bitte sehr.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muß leider darauf hinweisen, daß in der Zusammenstellung der Beschlüsse des Finanzausschusses in Drucksache 2428 ein Fehler enthalten ist. Der Art. 2 muß richtig folgendermaßen lauten:
Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe des § 12 Abs. 1 des Dritten Überleitungsgesetzes vom 4. Januar 1952 ({0}) auch im Land Berlin. Rechtsverordnungen, die auf Grund dieses Gesetzes erlassen werden, gelten im Lande Berlin nach § 14 des Dritten Überleitungsgesetzes.
Ich bitte, dies bei der Verabschiedung des Gesetzentwurfes zu beachten.
Die Erklärung des Herrn Berichterstatters wird bei der Abstimmung zur Grundlage genommen.
Ich rufe in zweiter Beratung den Art. 1 und dazu den Änderungsantrag des Abgeordneten Krammig auf Umdruck 742 auf.
Herr Abgeordneter Krammig hat das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Finanzausschuß hat die Frage, ob eine Senkung des Beimischungssatzes von 50 auf 25 vom Hundert richtig sei oder ob es auf Grund der tatsächlichen Lage nicht klüger sei, von vornherein eine Senkung auf' 20 vom Hundert vorzusehen, eine Rolle gespielt. Ich möchte mich nur auf diesen einen Punkt aus der Diskussion des Finanzausschusses beschränken.
Wenn man von der Rohstoffversorgungslage der deutschen Rauchtabakindustrie aus die Dinge betrachtet, stellt sich heraus, daß nach Angaben des zuständigen Fachverbandes bei einer Senkung der Beimischung auf 25 vom Hundert - beginnend am 1. März dieses Jahres - die Bestände an inländischem Rohtabak bis zum 1. Juni 1962 ausreichen würden. Das Bundesfinanzministerium hat in seiner Bestandsberechnung noch Rohtabakmengen eingesetzt, die sich zur Zeit beim Handel befinden und von denen die einschlägige Industrie behauptet, sie seien als Schneidegut nicht brauchbar. Unter Einrechnung dieser Bestände kommt man dazu, daß die Bestände insgesamt bis ungefähr Oktober 1962 ausreichten.
Wir dürfen wohl unterstellen, daß die einschlägige Industrie wissen muß, ob der Rohtabak für ihre Verarbeitung geeignet ist oder nicht, es jedenfalls besser wissen muß als ein Ministerium in Bonn. Wenn man das unterstellt, kann man nur vor einer Rohstoffversorgung bis zum 1. Juni 1962 sprechen. Bei dieser Berechnung der Rohstoffversorgung wurden die Bestände bei allen Rauchtabak herstellenden Betrieben zusammengerechnet. Betrachtet man nun einmal die Versorgungslage bei einzelnen Betrieben, so stellt sich folgendes heraus. Die beiden bedeutendsten Unternehmen auf diesem Sektor haben nur einen Vorrat, der bis etwa Ende dieses Jahres ausreichen würde. Diese beiden Unternehmen stellen aber 65 v. H. des feingeschnittenen Rauchtabaks unter Beimischung von inländischem Rohtabak her. Das war auch der Grund für den Finanzausschuß, eine Ermächtigung in das Gesetz einzubauen, die vorsieht, daß eine Senkung auf 15 v. H. erfolgen kann, wenn die Versorgungslage das zwingend erheischt. Zugleich hat der Finanzausschuß auf der anderen Seite gesagt: Für den Fall, daß die Versorgungslage sich aber wesentlich bessern sollte, wollen wir auch die Möglichkeit in das Gesetz einbauen, von der Senkung auf 15 v. H. wieder auf 35 v. H. heraufzugehen.
Nun, die Ernte aus dem Jahre 1960, die ja, durch den Blauschimmel befallen, sehr beeinträchtigt worden war, ist eingebracht, ist bereits auf den Einschreibungen verkauft und befindet sich zur Zeit in der Verwiegung. Wenn man der Bestandsberechnung die Einschreibungsergebnisse zugrunde legt, so kommt
man auf die Bestandsreichweite, die ich genannt habe. Das heißt mit anderen Worten: Die Tabakbauern sind von einer solchen Maßnahme, der Senkung der Beimischung von 25 auf 20 v. H. für das Erntejahr 1960, überhaupt nicht betroffen. Wenn die Ernte 1961 gut ausfiele - was wir alle hoffen wollen -, dann würde der nahtlose Anschluß an die Vorräte sichergestellt werden können; denn Tabake neuer Ernte 1961 werden vermutlich mit ihrem Hauptanteil ab 1. März 1962 zur Verfügung stehen.
Meine Damen und Herren, bedenken Sie bitte, daß die Rauchtabak herstellende Industrie eine Markenartikelindustrie ist, daß sie also dafür sorgen muß, ein Erzeugnis von gleichbleibender Qualität anzubieten. Dann muß sie aber auch über gewisse Vorräte verfügen, damit sie bei Ausgang einer Mischungssorte diese durch andere, neu hereingekommene Tabake ersetzen kann. Es ist eine ausgemachte Sache, daß in dieser Branche eine Bevorratung von mindestens vier bis sechs Monaten über den neuen Erntetermin hinaus notwendig ist. Zum Vergleich darf ich darauf hinweisen, daß die Zigarettenindustrie, die schwarze Zigaretten herstellt, über Rohtabakbestände geeigneter Provenienz von fast zwei Jahren verfügt. Wenn Sie all das berücksichtigen, scheint es nicht sinnvoll zu sein, jetzt eine Senkung des Satzes auf 25 v. H. vorzunehmen in dem Bewußtsein, daß die Regierung Ende dieses Jahres von ihrer Ermächtigung Gebrauch machen muß, dann auf 15 v. H. herunterzugehen. Dann scheint es mir richtiger zu sein, daß dieses Haus sich dazu entschließt, aus ,der Versorgungslage den richtigen Schluß zu ziehen und von vornherein eine Senkung auf 20 v. H. vorzunehmen.
Was hätte das für die Rauchtabakindustrie für eine Bedeutung? Meine Damen und Herren, wenn die Mischungen um 50 v. H. Inlandstabak entlastet werden, werden alle Betriebe neue Mischungen machen müssen. Sie werden außerdem wahrscheinlich mit neuen Fabrikaten auf den Markt kommen. Sie werden dafür Reklameaufwand treiben müssen. Sie werden sich neue Packungszuschnitte anfertigen lassen müssen usw. Wenn die Rauchtabakindustrie, die durch die überstarke Konkurrenz der Zigarette sowieso schwer notleidend ist, in diesem Jahre noch einmal gezwungen sein sollte, neue Mischungen herauszubringen, vielleicht neue Packungen, vielleicht neue Marken zu schaffen, dann ist das eine Zumutung, die wir meines Erachtens nicht verantworten können. Denn diese Industrie, die in ihren wesentlichen Teilen sehr notleidend ist, hat einfach nicht das Geld, als daß sie sich solche Experimente erlauben könnte.
Insbesondere von Freunden, die den tabakbauenden Kreisen nahestehen, ist gesagt worden: Es muß sichergestellt werden, daß die Ernte 1961 von der Industrie auf alle Fälle aufgenommen wird. Bei der Versorgungslage der Industrie bleibt ihr überhaupt nichts anderes übrig als allen brauchbaren inländischen Rohtabak aus der Ernte 1961 aufzukaufen. Diese Angelegenheit hat überhaupt nichts mehr mit den Tabakbauern zu tun, weil diese ihre Ernte verkauft haben und mit Sicherheit damit rechnen können, daß sie auch ihre Ernte 1961 verkaufen werden. Ist die Versorgungslage so, meine Damen
und Herren, wie ich sie Ihnen dargestellt habe, dann sollten wir auch den Mut haben, daraus die Konsequenzen zu ziehen und von vornherein auf den Satz zu senken, der sich aus dieser Versorgungslage ergibt.
Deswegen bitte ich Sie, dem Antrag auf Umdruck 742 Ihre Zustimmung zu geben.
Das Wort hat der Abgeordnete Leicht.
Ich darf Sie bitten, den Antrag auf Umdruck 742 abzulehnen. Ich möchte keine große Debatte entfachen, möchte aber zur Begründung folgendes sagen:
Der Herr Kollege Krammig hat zur Begründung seines Antrags auf Herabsetzung des Beimischungssatzes von 25 v. H. - wie es jetzt die Vorlage des Finanzausschusses vorsieht - auf 20 v. H. vor allen Dingen mit Zahlen operiert, die nach seiner persönlichen Meinung die richtigen Zahlen für den vorhandenen Tabakbestand bei den Firmen sind. Er hat geltend gemacht, daß die Angaben, die das Bundesfinanzministerium gemacht hat - ich glaube, das Ministerium hat seine Angaben auch zumindest mit der Industrie besprochen -, nicht richtig seien, nicht den tatsächlichen Bestand wiedergäben.
Ich bin der Meinung, daß wir uns an die vom Finanzminister erarbeiteten Zahlen halten sollten. Nach diesen Zahlen ist der Bestand gesichert bis zu dem Zeitpunkt, den der Finanzausschuß in seinen Beratungen vorgesehen hat.
Auch im Finanzausschuß ist, glaube ich, das erwähnt worden, was Herr Krammig hier vorgetragen hat. Wir können aber nicht umhin, festzustellen, daß gerade das, was auch Herr Krammig erwähnte, nämlich die Blauschimmelkrankheit, die im Jahre 1960 bei den deutschen Tabakpflanzern mehr oder weniger zu einer Art Katastrophe geführt hat, uns doch veranlassen muß, den Pflanzern eine gewisse Sicherheit zu geben, d. h. wenn die Tabakpflanzer im laufenden Jahr eine einigermaßen gute Ernte haben, müssen sie bezüglich des Absatzes dieser Ernte beruhigt in die Zukunft schauen können.
Wenn der Bundesfinanzminister ermächtigt wird, je nach der Versorgungslage - die sich ja nun wahrscheinlich, je mehr man an die Zeitpunkte herankommt, herauskristallisiert - auf 15 v. H. herunterzugehen oder vielleicht auch auf 35 v. H. hinaufzugehen, ist auch dem Anliegen des Herrn Krammig entsprochen, früh genug, falls die Zahlen jetzt nicht effektiv sicher seien, dafür sorgen zu können, daß auch den Interessen der Industrie Rechnung getragen wird.
Ich darf Sie bitten, der Vorlage des Finanzausschusses zuzustimmen.
({0})
Das Wort hat der
Abgeordnete Schlick.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch ich darf Sie persönlich und im Namen einer größeren Anzahl meiner Fraktionsfreunde bitten, den Antrag Umdruck 742, die Zahl „25" durch die Zahl „20" zu ersetzen, abzulehnen.
Wir haben uns im Finanzausschuß sehr eingehend über die Regierungsvorlage unterhalten. Es ist richtig, daß die Rohtabakernte des Jahres 1960 restlos verkauft ist. Sie steht aber in ihrem Mengenergebnis, in ihrem Gewicht überhaupt noch nicht fest, so daß es unrichtig ist, zu behaupten, die Ernte 1960 werde nicht ausreichen, die Beimischung mit 25 % zu erfüllen.
Es geht auch - darauf möchte ich ausdrücklich hinweisen - nicht nur um die Verwertung der Ernte 1961. Unsere Tabakpflanzer sind besorgt, daß, wenn es zu der Zahl „20" käme, die Ernte 1960 nicht voll abgesetzt werden könnte. Dieserhalb herrscht bei den Tabakpflanzern Beunruhigung.
Deshalb haben wir uns im Ausschuß besonders bemüht, die Regierungsvorlage mit 25 % wiederherzustellen. Es ist richtig, daß eine Firma Bedenken hat, ob sie ihren Bedarf an inländischem Rohtabak bei der Zahl 25 decken kann. Mir sind aber Informationen zugegangen, ,daß es nicht schwierig sein dürfte, auch dieser Firma die entsprechende Menge zu liefern, damit sie auf die 25 % kommt. Wir haben deshalb ja auch die Variante aufgenommen, die genausogut bei 20 wie bei 25 % angewandt werden kann. Das heißt, die Regierung ist ermächtigt, bis zu 15 % herunter- oder bis zu 35 % hinaufzugehen.
Es geht uns bei unserer Bitte, diesen Antrag abzulehnen und der Ausschußentscheidung zuzustimmen, in erster Linie darum, daß die durch die Blauschimmelkrankheit ohnedies schwer betroffenen Tabakpflanzer nicht erneut vor die Sorge gestellt werden, die Ernte 1960 eventuell nicht restlos absetzen zu können. Diese Gefahr wollen wir ausschließen. Aus diesem Grunde bitte ich nochmals, der Ausschußvorlage zuzustimmen.
({0})
Das Wort hat der Abgeordnete Corterier.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich spreche nicht im Auftrag meiner Fraktion, sondern lediglich im Namen einiger Fraktionskollegen. Ich möchte Sie bitten, den Änderungsantrag des von mir sehr geschätzten Herrn Kollegen Krammig abzulehnen. Nach den Ausführungen meiner beiden Herren Vorredner kann ich mich ganz kurz fassen.
Es handelt sich in beiden Fällen, sowohl auf seiten der Regierung wie auf seiten des Verbandes, um Schätzungen. Schätzungen sind immer Fehlern unterworfen, und wir können nicht annehmen, daß die eine absolut richtig und die andere absolut falsch ist. Entscheidend scheint es mir darauf anzukommen, daß die Senkung des Beimischungszwanges nicht dazu führt, daß die Tabakbauern, bei denen es sich im wesentlichen, ich möchte sagen, fast ausschließCorterier
lieh um klein- und kleinstbäuerliche Familienbetriebe handelt, nun keinen Mut mehr haben, weiterhin Tabak anzubauen, insbesondere deswegen, weil sie in Mittel- und Nordbaden und in der Pfalz ganz wesentlich auf den Ertrag des Tabakbaues angewiesen sind.
Ich darf Sie daher nochmals bitten, den Änderungsantrag des Herrn Kollegen Krammig abzulehnen.
({0})
Das Wort hat noch einmal Herr Abgeordneter Krammig.
({0})
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, daß ich ein besserer Freund der Tabakbauern bin als diejenigen, die sich soeben für diesen Berufsstand so lebhaft eingesetzt haben.
({0})
Ich möchte das jetzt ganz kurz unter Beweis stellen.
Wenn wir dieses Gesetz ,so beschließen, wie es jetzt vorliegt, werden wir Ende dieses Jahres auf Grund der Ermächtigung erneut eine Absenkung vornehmen. Wir werden dann auf 15 v. H. heruntergehen. Dann wird sich die Situation ergeben, daß die größte Zahl der Betriebe weit in das Jahr 1962 hinein, bis zum Jahre 1963 versorgt sein wird, weil diese Betriebe ja jetzt schon eine ausreichende Versorgung haben. Sie werden sich also bei den Einschreibungen, die Ende 1961 beginnen und sich vielleicht bis in die ersten Monate des Jahres 1962 erstrecken, außerordentlich zurückhalten, und die beiden ,großen Betriebe - es ist auch einer in Rheinland-Pfalz darunter, Herr Kollege Schlick - werden 'den Teil aufnehmen müssen, den sie benötigen, um überhaupt den Anschluß an die Ernte 1962 zu bekommen. Wenn Sie aber jetzt auf 20 v. H. absenken, brauchen Sie überhaupt keine Ermächtigung, und dann muß die Tabakindustrie bei den nächsten Einschreibungen das ganze Material aufnehmen, weil sie, wenn sie es nicht täte, gar nicht in der Lage wäre, den Anschluß an 1962 zu gewinnen.
Sie haben vorhin gesagt, die Tabake seien nicht verkauft.
({1})
Das Haus weiß ja nicht, wie dieses ganze Verfahren abläuft. Es werden Einschreibungen veranstaltet. Dort sind die Angebote mit bemustertem Tabak vorhanden. Die Firmen schreiben die Mengen und die Preise ein, die sie haben möchten, und erhalten die Zuteilungen. Dann erfolgt später die Rohtabakverwiegung. Bei der Rohtabakverwiegung ergibt sich nachher das, wie man so schön sagt, dachreife Gewicht, und ,das wird der endgültigen Abrechnung zugrunde gelegt, weil ja nicht verlangt werden kann, daß man Wasser mit dem Tabakpreis bezahlt. Bei der Verwiegung wird festgestellt, ob sich das
angebotene Gut für die Verarbeitung überhaupt eignet. Es kann sein, daß in diesem Jahr sehr viel ausgesondert werden muß.
Aber das sind doch alles Dinge, ,die gar nichts damit zu tun haben, daß bei einer Absenkung auf nur 25 % die Gewähr dafür gegeben wäre, daß alles aufgenommen wird. Die Rauchtabakindustrie wird das Schneidegut bei ihrer Versorgungslage kaufen müssen. Ich kann deshalb das Argument, es gehe hier darum, den Tabakbauern durch die Absenkung auf nur 25 % zu helfen, einfach nicht anerkennen.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Starke.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will mich sehr kurz fassen. Auch die Freie Demokratische Partei bittet das Hohe Haus, es bei der Ausschußfassung zu belassen. Die Ausschußfassung ist nämlich sehr sorgfältig erwogen und überlegt worden. Im Gegensatz zu dem Regierungsentwurf, der nur eine gesetzliche Senkung vorsieht und keinen Spielraum für die Regierung läßt, hat man jetzt in Anerkennung der bestehenden Schwierigkeiten sehr schnell auch eine Vollmacht geschaffen, so daß all den Bedenken, die der Kollege Krammig geltend gemacht hat, jederzeit durch die Regierung Rechnung getragen werden kann.
({0})
Es besteht also tatsächlich kein Grund, hier mehr zu tun.
Darüber hinaus muß ich noch etwas anderes klarstellen. Hier geht es nicht nur um die übliche Sache, daß man von den Bauern spricht, wobei der eine vielleicht etwas mehr dafür und der andere etwas mehr gegen die Bauern ist. Hier geht es um einen ganz objektiven Tatbestand; wir müssen deshalb bei diesem Gesetz vorsichtig sein. Ich habe mich entsprechend erkundigt. Das Tabaksteuergesetz zeichnet sich durch eine innere Ausgewogenheit aus zwischen 1. den Steuervergünstigungen von außerordentlich großer Höhe und 2. der Bestimmung über die Beimischung.
({1})
Die Bestimmungen über die Steuervergünstigungen beziehen sich doch einzig und allein auf die Bauern, die den Tabak in Deutschland anbauen. Wir dürfen diese Ausgewogenheit der Bestimmungen im Gesetz nicht übersehen.
Ich glaube, daß der Ausschuß angesichts der Schwierigkeiten, die nun einmal für die Tabakanbauer durch den Blauschimmel aufgetreten sind, gut beraten war. Wir Freien Demokraten sind ja, wie Sie wissen, für den Blauschimmel ein bißchen Spezialisten.
({2})
Wir möchten den Bauern wenigstens die Chance geben, die Ernte, so wie sie noch verblieben ist, zu verkaufen. Sie ist eben nicht überall und in allen Gegenden verkauft. Das ist aber der Sinn der
7960 Deutscher Bundestag - 3. Wahlperiode - 140. Sitzung. Bonn, Mittwoch, dien 25. Januar 1961
Steuervergünstigungen Deshalb sollte man es bei der sehr wollabgewogenen Fassung des Ausschusses belassen.
({3})
Das Wort hat der Abgeordnete Schlick.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Krammig, Sie haben bestätigt, daß die Ernte mengenmäßig noch nicht ermittelt ist.
({0})
- Die Gewichte liegen eben noch nicht endgültig fest. Das ist hier genauso wie mit allen kontingentierten Anbauten. Das läßt sich erst ermitteln, wenn die Ernte abgeschlossen und abgeliefert ist, und das ist bis jetzt noch nicht der Fall. Aus diesem Grunde wäre es falsch, allzu schnell den Beimischungszwang auf 20 % herabzusetzen, zumal ja, wie gesagt, die Regierung nach unserem Ausschußbeschluß die Möglichkeit hat, nach oben und unten auszuweichen. Aber es wäre falsch, jetzt schon auf 20 % herunterzugehen.
Im übrigen, Herr Kollege Krammig, geht es auch nicht um die größere oder kleinere Freundschaft zu den Tabakanbauern oder den Tabakfabrikanten. Wir sind hier als Volksvertreter und haben dafür zu 1 sorgen, daß eine möglichst allen Schichten gerecht werdende Lösung gefunden wird. Wir glauben, eine solche im Ausschuß gefunden zu haben. Ich bitte noch einmal, den Antrag Krammig abzulehnen.
({1})
Die Rednerliste ist erschöpft. Ich komme zur Abstimmung über den Änderungsantrag des Abgeordneten Krammig auf Umdruck 742. Wer ihm zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Das zweite ist die große Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich lasse abstimmen über Art. 1 in der Ausschußfassung. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich urn ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Es ist so beschlossen.
Ich rufe auf Art. 1 a, - 2, - 3, - Einleitung und Überschrift. - Das Wort wird nicht begehrt. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Es ist so beschlossen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. - Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schließe die allgemeine Aussprache und komme zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf in der Schlußabstimmung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben.
Ich bitte uni die Gegenprobe. Line Gegenstimme des Abgeordneten Krammig, sonst keine Gegenstimmen. Enthaltungen? - Das Gesetz ist bei einer Gegenstimme ohne Enthaltungen angenommen.
Ich rufe auf Punkt 5 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Unterhaltssicherungsgesetzes ({0}) ;
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Verteidigung ({1}) ({2}) ;
({3}).
Der Berichterstatter, der Abgeordnete Dr. Seffrin, hat einen Schriftlichen Bericht eingebracht, für den ich ihm danke. Er wünscht zur Ergänzung aber noch das Wort. Bitte sehr!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte nur darauf hinweisen, daß zwei redaktionelle Änderungen notwendig sind. Auf Seite 5 der Drucksache 2423 muß es unter Art. 1 heißen: „Das Gesetz über die Sicherung des Unterhalts . . .". Hier steht: „Das Gesetz über die Sicherheit des Unterhalts ...". Es muß statt „Sicherheit" „Sicherung" heißen.
Auf Seite 14 muß es in der rechten Spalte unter Nr. 2 a folgendermaßen heißen: „Hinter § 7 wird folgender § 7 a eingefügt:". Die Überschrift „§ 9" wird dann durch die Überschrift „§ 7 a" ersetzt.
Im übrigen verweise ich auf den Schriftlichen Bericht.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Wir kommen zur zweiten Beratung, und ich rufe auf Art. 1 bis 9, - Einleitung und Überschrift. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Es ist so beschlossen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. - Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schließe die allgemeine Aussprache und komme zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf als Ganzem zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Soweit ich sehe, keine Gegenstimmen. Enthaltungen? - Keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen!
Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag unter Ziffer 2. - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? - Keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen!
Ich höre soeben, daß zu Punkt 6 noch ein Änderungsantrag kommt. Ich stelle Punkt 6 deshalb zurück.
Vizepräsident Dr. Jaeger
Ich rufe auf Punkt 8 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 28. Januar 1960 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland betreffend die Behandlung von Versicherungsverträgen sowie Spezialrückversicherungs- und Generalrückversicherungsverträgen ({0});
Mündlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses ({1}) ({2});
({3}).
Berichterstatter ist der Abgeordnete Sühler. Ist er im Saale? - Da der Punkt vorgezogen worden ist, befindet er sich noch nicht im Saale. Verzichtet das Haus auf den mündlichen Bericht? - Das ist der Fall.
Wir kommen dann zur Abstimmung in zweiter Beratung, und ich rufe auf Art. 1, - 2, - 3, - Einleitung und Überschrift. - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Es ist so beschlossen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. - Das Wort wird nicht gewünscht. Ich schließe die allgemeine Aussprache.
Wer dem Gesetzentwurf in der dritten Beratung zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? - Keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen.
Wir kommen damit zu Punkt 9 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes über die Allgemeine Statistik in der Industrie und im Bauhauptgewerbe ({4});
Mündlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses ({5}) ({6});
({7}).
Berichterstatter ist der Abgeordnete Junghans. Ich nehme an, das Haus verzichtet auf den mündlichen Bericht.
Damit kommen wir zur zweiten Beratung, und ich rufe auf Art. 1, - 2, - 3, - Einleitung und Überschrift. - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Es ist so beschlossen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Wird zur allgemeinen Aussprache das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Dann konnen wir zur Schlußabstimmung kommen. Ich bitte diejenigen Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf in dritter Beratung zuzustimmen wünschen, sich zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Soweit ich sehe, keine Gegenstimmen. Enthaltungen? - Auch keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen.
Damit komme ich zu Punkt 10 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 22. Dezember 1959 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Kaiserreich Iran über die Liquidation des früheren deutsch-iranischen Verrechnungsverkehrs ({8});
Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses ({9}) ({10});
({11}).
Der Berichterstatter, Herr Abgeordneter Freiherr von Kühlmann-Stumm, hat einen Schriftlichen Bericht vorgelegt, für den ich ihm danke.
Wir kommen damit zur zweiten Beratung, und ich rufe auf Art. 1, - 2, - 3, - 4, - 5, - Einleitung und Überschrift. - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe; es ist so beschlossen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Das Wort in der allgemeinen Aussprache wird nicht gewünscht. Ich komme zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? - Keine Enthaltungen. Einstimmig angenommen.
Punkt 11 der Tagesordnung wird zurückgestellt. Ich komme zu Punkt 12 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 2. März 1960 über die Aufstellung eines Teils des Gemeinsamen Zolltarifs betreffend die Waren der Liste G in Anhang I des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft ({12}) ;
Schriftlicher Bericht des Außenhandelsausschusses ({13})
({14}) ;
({15}).
Der Berichterstatter, der Herr Abgeordnete Dr. Bucerius, hat einen Schriftlichen Bericht erstellt, für den ich ihm danke.
Ich rufe auf in zweiter Beratung Art. 1, - 2, - 3, - Einleitung und Überschrift. - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das
Vizepräsident Dr. Jaeger
Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Es ist so beschlossen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Das Wort wird nicht gewünscht.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf als Ganzem zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? - Keine Enthaltungen. Einstimmig beschlossen.
Ich rufe auf Punkt 13 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 10. Juni 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche ({16}) ;
Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses ({17}) ({18});
({19}).
Der Berichterstatter, Herr Abgeordneter Dr. Wahl, hat einen Schriftlichen Bericht eingereicht, für den ich ihm danke.
Wir kommen in zweiter Beratung zu den Artikeln 1, - 2, - 3, - 4, - Einleitung und Überschrift. - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Es ist so beschlossen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Wird das Wort in der allgemeinen Aussprache gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Wir kommen zur Schlußabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? - Keine Enthaltungen. Der Gesetzentwurf ist einstimmig verabschiedet.
Wir können nunmehr zu Punkt 3 der Tagesordnung zurückkehren, nachdem der Herr Bundeswirtschaftsminister eingetroffen ist. Ich rufe auf Punkt 3 der Tagesordnung:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Liquidation der Deutschen Reichsbank und der Deutschen Golddiskontbank ({20}).
Das Wort zur Begründung hat der Herr Bundesminister für Wirtschaft.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung bemüht sich seit langem um die vom Besatzungsgesetzgeber dem Bundesgesetzgeber vorbehaltene Regelung hinsichtlich der Deutschen Reichsbank und eine angemessene Lösung
der Probleme ihres Tochterinstituts, der Deutschen (C Golddiskontbank.
Erstmalig legte sie den vom Bundesrat zustimmend beurteilten Entwurf eines Gesetzes über die Liquidation der Deutschen Reichsbank und der Deutschen Golddiskontbank im April 1956 vor. Diesen Entwurf beriet der Bundestag nur in erster Lesung, behandelte ihn aber gegen Ende der Legislaturperiode nicht weiter. Daraufhin legte die Bundesregierung im August 1958 einen zweiten Entwurf vor, und zwar wiederum mit positiver Stellungnahme des Bundesrates. Der nach der ersten Lesung damit befaßte Wirtschaftsausschuß des Bundestages billigte den Entwurf. Das Plenum nahm ihn am 19. Mai 1960 in zweiter Lesung unter Ablehnung des Änderungsantrages des SPD an, lehnte ihn jedoch am gleichen Tage in dritter Lesung ab.
Durch die Ablehnung jedweder Regelung des nun schon seit mehr als 12 Jahren anstehenden Reichsbank- und Degokomplexes entstand eine ungewöhnliche Situation, ein gesetzgeberisches Vakuum, das im In- und Ausland kritisiert wurde.
Die Bundesregierung ergriff daher erneut die Gesetzgebungsinitiative und legt nunmehr dem Hohen Hause den heute vorliegenden dritten Entwurf zur Entscheidung vor. Dieser dritte Entwurf entspricht der vom Bundestag in zweiter Lesung am 19. Mai 1960 angenommenen Fassung mit einer unbedeutenden Abweichung.
Die Bundesregierung hat sorgfältig geprüft, ob ihr etwa der Vorwurf gemacht werden könnte, sie verletze parlamentarische Gepflogenheiten durch Wiedereinbringung eines bereits abgelehnten Gesetzentwurfs. Sie ist überzeugt, daß ein solcher Vorwurf nicht berechtigt wäre, sondern daß es ihr aus ihrer Mitverantwortung für den Fortgang der Gesetzgebung erlaubt sein muß, den Entwurf angesichts des infolge ungewöhnlicher Umstände eingetretenen gesetzlichen Vakuums in derjenigen Fassung neu einzubringen, die ihrer Überzeugung entspricht.
Auf die schon dem dritten Entwurf zugrunde liegende Konzeption und die darauf aufgebaute Lösung, die bereits im Wirtschaftsausschuß bei der Beratung des zweiten Entwurfs sehr eingehend behandelt worden ist, soll hier nicht im einzelnen eingegangen werden. Ich möchte mich vielmehr darauf beschränken, einige grundsätzliche Ausführungen zu der umstrittenen Frage der Höhe der Abfindung der Reichsbankanteilseigner zu machen.
Bei Beurteilung dieser Frage ist nach Auffassung der Bundesregierung von dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung gleicher Tatbestände auszugehen. Nachdem der Gesetzgeber die Deutsche Reichsbank, was übrigens durchaus ihrer Rechtsstellung als Bank der Banken entspricht, bereits hinsichtlich einer ganzen Reihe von Teilmaßnahmen nach und nach in das besondere System des Umstellungsrechts der Geldinstitute einbezogen hat, können diese Maßnahmen weder rückgängig gemacht noch geändert, sondern nur vollendet werden.
Es bleibt nach Auffassung der Bundesregierung, der sich auch der Bundesrat angeschlossen hat, gar
Bundeswirtschaftsminister Dr. Dr. h. c. Erhard
keine andere Möglichkeit, als nunmehr auch das den privaten Anteilseignern - ich bitte, darauf Rücksicht zu nehmen: den privaten Anteilseignern - der Deutschen Reichsbank gehörende Kapital entsprechend dem Umstellungsrecht der Geldinstitute zu regeln. Hieraus ergibt sich die Begrenzung der Abfindungshöhe nach oben und nach unten: nach oben, weil die Währungsreform den Vermögensstand der Deutschen Reichsbank und damit auch den im Reichsbankanteil verkörperten Wert ebenso wie den Vermögensstand aller anderen von der Vermögensabwertung Betroffenen verändert hat und die Reichsbankanteilseigner natürlich nicht beanspruchen können, bei der nachträglichen Regelung bessergestellt zu werden als die ihnen nächstliegende Kategorie von Vermögensträgern; nach unten, weil die Reichsbankanteile ihrer rechtlichen und wirtschaftlichen Natur nach echte Mitgliedschaftsrechte sind und deshalb nicht nach den für Obligationen geltenden Rechtsgrundsätzen abgefunden werden dürfen.
Die besondere Schwierigkeit des Reichsbankliquidationsgesetzes liegt darin, daß sich in dem schließlich präsentierten Ergebnis die gedankliche Verarbeitung von vier Tatbeständen niederschlägt, die sich zum Teil zeitlich überlagern:
1. Die vom Besatzungsgesetzgeber bei der Dezentralisation der Reichsbank in das Zentralbanksystem gesetzlich vorbehaltene Vermögensauseinandersetzung führt dazu, daß die Reichsbankanteilseigner an Stelle ihrer früheren Reichsbankanteile nunmehr wieder Bundesbankanteile in der Form von Substanzgenußrechten bekommen.
2. Die Währungsreform ergibt bei Anwendung der für die Banken geltenden Umstellungsvorschriften eine Neufestsetzung des Kapitals ,auf 44 % zum Währungsstichtag.
3. Die Aufstockung mit der seit der Währungsreform bis Ende 1957 rückständigen 5%igen Dividende - das sind für 91/2 Jahre 47,5 % von den bereits genannten 44 %, somit insgesamt 222/3 %
ergibt dann per Ende 1957 insgesamt 662/3 % des Reichsmark-Nominals.
4. Bei der Ablösung und Abfindung dieser nominell 662/3 % Substanzgenußrechte muß berücksichtigt werden, daß sie auch einen Anteil an den Reserven enthalten. Hierfür ist, internationalen Beispielen nur mäßig entsprechend, ein Aufschlag von 50 % des Nominalwertes angesetzt. Vergleichsweise hat die Labour Party die Aktien der Bank von England bei 'deren Verstaatlichung mit 400 % entschädigt. Das führt also schließlich zu einer Abfindung von insgesamt 100 % des ursprünglichen Nominalwertes der Reichsbankanteile.
In diesem Zusammenhang glaube ich aber noch auf etwas Weiteres hinweisen zu müssen: Es ist zuweilen die Vermutung geäußert worden, die vorgesehene Abfindung würde im wesentlichen Kreisen zugute kommen, die Reichsbankanteile lediglich aus spekulativem Interesse erworben haben. Dem ist aber nicht so. Die Reichsbankanteile waren in 425 000 Stücken - hauptsächlich zu 100 RM - in breitem Streubesitz, insbesondere von Effektensparern und Pensionsfonds. Auch heute noch wird die Zahl der Anteilsbesitzer auf mindestens 20 000 Personen igeschätzt. Für eine Spekulation waren die Reichsbankanteile denkbar ungeeignet.
({0})
Man kann deshalb in der Tat die Reichsbankanteile als eine Art Volksaktie der Vergangenheit bezeichnen. Es ist aber nicht angängig, neue Volksaktien zu propagieren und alte Papiere dieses Typs zu diskriminieren,
({1})
ohne damit dem Gedanken der Pflege und dies Schutzes des Eigentumsschwersten Schaden zuzufügen.
Die Lösung des Reichsbank-Problems ist untrennbar mit der Regelung des Problems der Deutschen Golddiskontbank verknüpft. Es besteht die Absicht, mit den ausländischen Vorzugsaktionären der Dego Vergleichsverhandlungen über die Höhe der ihnen zukommenden Liquidationsquote zu führen. Voraussetzung ist hier aber die Regelung der Reichsbank und insbesondere der dabei vorgesehene Übergang der reichsbankeigenen Dego-Aktien auf den Bund.
Das jahrelange Hinausschieben des Reichsbankliquidationsgesetzes hat bei den ausländischen, insbesondere bei den amerikanischen Vorzugsaktionären der Dego eine starke Verstimmung hervorgerufen. Ein weiteres Hinausschieben dieser Verhandlungen würde zu einem Eklat von internationaler Tragweite werden. Beispielsweise hat mir der Vorsitzende des Rechtsausschusses des amerikanischen Kongresses mitgeteilt, daß er beabsichtige, im amerikanischen Kongreß einen geharnischten Protest gegen weitere Verzögerungen dieses längst fälligen Gesetzes auszubringen.
Sie wissen, daß wir im Augenblick mit einer amerikanischen Delegation über das Problem der Zahlungsbilanzsituation verhandeln, bei der auch die Frage der Schuldenrückzahlung und der Rückgabe des deutschen Vermögens eine große Rolle spielt. Eine Nichtregelung dieses Problems würde eine schwere Belastung für eine Lösung dieser wichtigen deutschen Frage darstellen.
Ich richte deshalb den dringenden Appell an den Deutschen Bundestag, sowohl aus politischen als auch aus verfassungsrechtlichen Gründen und nicht zuletzt auch im Interesse des Ansehens der Bundesrepublik im Ausland den Entwurf eines Gesetzes über die Liquidation der Deutschen Reichsbank und der Deutschen Golddiskontbank in der Ihnen vorliegenden Form alsbald zu verabschieden.
({2})
Die Vorlage ist damit eingebracht.
Das Wort in der Aussprache hat der Abgeordnete Dr. Seume.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung hat mit der Drucksache 2053, wie Sie soeben aus dem Munde
des Herrn Bundeswirtschaftsministers gehört haben, den Entwurf eines Gesetzes über die Liquidation der Deutschen Reichsbank und der Deutschen Golddiskontbank nunmehr zum dritten Male eingebracht, und zwar in den entscheidenden Punkten einschließlich der Begründung unverändert gegenüber der vor kurzem von diesem Hause abgelehnten Vorlage.
Die Versuche der Bundesregierung und auch des Herrn Bundeswirtschaftsministers, sich mit den Gegenargumenten oder auch nur mit einem Teil von ihnen auseinanderzusetzen, sind wirklich schwach und dürftig, und sie gehen im Grunde am Kern der Dinge vorbei.
({0})
Die Bundesregierung übergeht geflissentlich die Tatsache, daß der Bundestag am 19. Mai vorigen Jahres in dieser Angelegenheit eine echte Entscheidung getroffen hat.
({1})
So ist die unveränderte Vorlage eine Zumutung an das Haus.
({2})
Die Bundesregierung weiß aus den zahlreichen Verhandlungen vor den gesetzgebenden Körperschaften, daß sich die von ihr vorgeschlagene Abfindungsregelung für die Anteilseigner der ehemaligen Reichsbank nicht aus einer zwingenden, klaren und eindeutigen Rechtssituation ergibt, sondern daß diese Abfindungsregelung ein politisch gewolltes Ergebnis ist, das durch unzulässige und rechtlich bedenkliche Manipulationen in das geltende Recht hineingezwängt werden soll.
({3})
Es wäre nach der Entscheidung dieses Hauses vom 19. Mai vorigen Jahres die Pflicht der Bundesregierung gewesen, bei der Wiedervorlage dieses Gesetzentwurfs mindestens zwei Konsequenzen zu ziehen. Sie hätte nämlich, statt dieser rechtlich zweifelhaften Sache bei der dritten Vorlage im Bundestag erneut ein unpassend zusammengeflicktes juristisches Mäntelchen umzuhängen, diesmal Gelegenheit nehmen müssen, diesem Hause die politischen Notwendigkeiten darzutun, die ihr Veranlassung geben, den Anteilseignern der überschuldeten, toten und funktionslosen Reichsbank entgegen dem bestehenden Recht mit bemerkenswerter Mühe eine hundertprozentige Abfindung zusammenzurechnen. Die Bundesregierung hätte also ihren politischen Entwurf zumindest diesmal politisch begründen müssen.
Die Bundesregierung hätte aber aus der Entscheidung dieses Hauses vom 19. Mai vorigen Jahres auch eine weitere Konsequenz ziehen müssen. Die Bundesregierung weiß, daß die von ihr vorgeschlagene und auf dem gegebenen Recht beruhende Liquidation der Golddiskontbank im Gegensatz zur sogenannten Liquidation der Reichsbank in diesem Hause keinen wesentlichen Schwierigkeiten begegnet. Es wäre also Ihre Pflicht gewesen, Herr Bundeswirtschaftsminister, die sofort mögliche Liquidation der Golddiskontbank diesem Hause mit
einem getrennten Gesetzentwurf vorzulegen. Es wäre unschwer möglich, den Vorbehalt, den Sie in bezug auf die Golddiskontbank-Aktien, die der Reichsbank gehören, gemacht haben, in das Gesetz einzubauen. Die Bundesregierung hätte damit wesentlich zur Beruhigung ausländischer Gläubiger und zur Beseitigung von Vorwürfen gegen die gesetzgebenden Körperschaften beigetragen, wenn es sich hierbei auch größtenteils nur um eine künstlich hochgespielte Entrüstung kleiner Interessentengruppen handelt.
Der Herr Bundeswirtschaftsminister hat die Frage der beschlagnahmten deutschen Vermögen im Ausland angeschnitten. Ihnen ist genau bekannt, meine Damen und Herren, auch Ihnen, Herr Bundeswirtschaftsminister, daß ,die zur Zeit von der Bundesregierung angestrebte Regelung ohne jeden praktischen Zusammenhang mit der Entschädigung der Anteilseigner der ehemaligen Reichsbank ist. Der gewisse Zusammenhang, der besteht, besteht nur am Rande mit der Liquidation der Golddiskontbank. Um so bedauerlicher ist es, feststellen zu müssen, daß sich die Bundesregierung gegenüber dem berechtigten Vorschlag auf Trennung beider Entwürfe voneinander hinter Formalien und hinter der unzureichenden Erklärung verschanzt, daß sie eine solche Trennung mit dem Ziele einer beschleunigten Verabschiedung der Vorschriften über die Liquidation der Golddiskontbank für „unzweckmäßig" hält, -nachzulesen in der schriftlichen Begründung der Bundesregierung zu den Drucksachen 533 und 2053. Hierzu muß nochmals ausdrücklich festgestellt werden, daß die Trennung der gegenwärtig gekoppelten Gesetzentwürfe über die „Liquidation" der Reichsbank und der Golddiskontbank eine Angelegenheit von seltener technischer Einfachheit ist.
Der Sache nach hat es sich bei dieser sogenannten Liquidation der Reichsbank um eine auferlegte Vermögensauseinandersetzung mit der ihrer Funktionen entkleideten ehemaligen Reichsbank, und zwar aus Anlaß des durch alliierte Gesetzgebung neugeschaffenen Landeszentralbanksystems, zu handeln. Diese auferlegte Vermögensauseinandersetzung setzt aber geradezu voraus, daß die ehemalige Reichsbank nicht mehr als existent zu betrachten ist. Denn wenn es wirklich der Sache und der historischen Entwicklung nach so wäre, daß wir heute berufen wären, die nach Auffassung der Bundesregierung angeblich noch bestehende Reichsbank aufzulösen, dann könnte und dann dürfte uns in den Jahren 1946/47 niemand eine Vermögensauseinandersetzung mit einem noch existierenden Institut vorgeschrieben haben.
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Es gibt also nur die eine Schlußfolgerung, daß mit der von den Alliierten uns auferlegten und von der Bundesregierung ausdrücklich anerkannten Vermögensauseinandersetzung die Reichsbank de facto und de jure bereits tot ist.
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Dem entspricht auch - weil es nicht abwegig ist, Herr Kollege Lindenberg - die alliierte Gesetzgebung in den Jahren 1946'47 über die Schaffung der Landeszentralbanken. Die damaligen alliierten Gesetze stellen nicht nur fest, daß die neu zu schafDr. Seume
fenden Landeszentralbanken an die Stelle der ehemaligen Reichsbankanstalten treten, sondern sie stellen darüber hinaus und zum Teil sogar wörtlich fest, daß die Reichsbankanstalten in Liquidation treten bzw. in Liquidation getreten sind. Wörtlich nachzulesen in damaligen Amtsblättern, Gesetzes- und Verordnungsblättern deutscher Länder!
Der heutige deutsche Gesetzgeber kann daher nicht ein zweites Mal die Auflösung der bereits 1946/47 aufgelösten Reichsbank anordnen, wie das fälschlich in § 1 ,des vorliegenden Gesetzentwurfes vorgesehen ist. Damit steht zugleich fest, daß die Bundesregierung die Reichsbank als abwickelndes und nicht als lebendes Institut behandeln muß und daß sie das Kapital der ehemaligen Reichsbank - mit allen sich daraus weiter ergebenden Folgen - falsch berechnet hat.
Das ganze juristische Scheingeplänkel in der Begründung der Bundesregierung zum vorliegenden Entwurf, ob die §§ 5, 6, 7 oder 9 der zweiten Durchführungsverordnung zum Umstellungsgesetz auf die ehemalige Reichsbank anzuwenden sind oder nicht und ob der eine oder andere Paragraph ergiebig genug ist oder nicht, entbehrt der seriösen Grundlage. Es ist ein Spiel mit dem Recht, aber ein sehr gefährliches Spiel!
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Es ist auch falsch, davon zu sprechen - der Herr Bundeswirtschaftsminister hat es vorhin getan, und das steht außerdem in der schriftlichen Begründung der Bundesregierung -, daß Besatzungs- und Bundesgesetzgeber die bereits tote Reichsbank nach und nach, ohne dies ausdrücklich zu sagen, in das „besondere System des Umstellungsrechts der Geldinstitute" einbezogen haben, und daraus völlig unbegründete und abwegige Schlüsse zugunsten der Anteilseigner herzuleiten. Es handelt sich nicht um ein allmähliches Einbeziehen der bereits toten Reichsbank in dieses Umstellungsrecht, sondern es handelt sich laut Währungs- und Umstellungsgesetz um die umstellungsrechtliche Behandlung von Reichsmarkkonten, die Geldinstitute untereinander - und damit auch noch bei der inzwischen funktionslosen Reichsbank - hatten, sowie um die Behandlung von Reichsmarkkonten, die das Reich, die NSDAP, die Bahn, die Post usw. ebenfalls bei Geldinstituten - und damit auch noch bei der ehemaligen Reichsbank - hatten.
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Hierbei spielt die ehemalige Reichsbank lediglich als kontoführendes Institut die gleiche technische Rolle, wie sie jedes andere nach dem Zusammenbruch oder nach der Währungsreform nicht mehr funktionsfähige - und damit abzuwickelnde oder bereits abgewickelte - Institut spielte. Es ist also falsch, wenn die Bundesregierung und der Herr Bundeswirtschaftsminister den Anschein erwecken wollen, als läge hier etwas Besonderes vor.
Da die Reichsbank durch gesetzliche Anordnung seit 1946/47 tot ist, ist der Weg ihrer weiteren umstellungsrechtlichen Behandlung eindeutig gewiesen. Sie muß erstens auf Grund dieses Tatbestandes
als abwickelndes Institut behandelt werden, und zweitens ist für abwickelnde Institute - im Gegensatz zur Vorlage der Bundesregierung - kein Eigenkapital mehr zu berechnen.
Die Auffassung der Bundesregierung, man könne sich auf andere Dezentralisierungsmaßnahmen bei lebenden Institutionen der Wirtschaft berufen oder sich auf den Standpunkt stellen, die Anteilseigner müßten so behandelt werden, als habe die Reichsbank bis heute weiterexistiert, hat daher keine Grundlage. Wir behalten uns vor, nunmehr auch zur Überschrift und zu § 1 des vorliegenden Gesetzentwurfs entsprechende Änderungsanträge zu stellen.
Im übrigen beziehe ich mich auf meine eingehenden Ausführungen, die ich zur Frage der Dezentralisation, der Kapitalberechnung usw. in der 115. Sitzung des Hauses am 19. Mai vorigen Jahres gemacht habe.
Der Herr Bundeswirtschaftsminister hat auch vorhin wieder, wie das bereits in der zweiten und dritten Lesung des zweiten Entwurfs geschehen ist, auf das Beispiel und das Verfahren bei anderen Währungsbanken verwiesen. Ich möchte hierzu wie damals erklären, daß die Berufung auf dieses Verfahren ohne Bedeutung und ohne Beweiskraft ist. Bei der Bank von England, bei der Bank von Kanada, bei der Niederländischen Zentralbank und bei der Dänischen Nationalbank, auf die sich Herr Kollege Lindenberg in der damaligen Berichterstattung berufen hat, handelte es sich um die Änderung der Organisationsform lebender, ihre 'Funktionen im vollen Umfang ausübender Institute, nämlich um die Änderung von der privatrechtlichen in die öffentlich-rechtliche Unternehmensform bzw. in ein vom Staat übernommenes Institut. Hierbei waren die Bank von England, die Niederländische Zentralbank und die Dänische Nationalbank echte private Aktiengesellschaften und damit ihre Anteilseigner im Gegensatz zu den Anteilseignern der Reichsbank echte Aktionäre. Wenn diese Beispiele für die ehemalige Reichsbank vergleichsweise gelten sollten, dann müßte die ehemalige Reichsbank tatsächlich - und nicht nur fiktiv - ein lebendes Institut sein, dann müßte sie tatsächlich - und nicht nur fiktiv - ihre Funktionen ausüben und dann müßte sie vor allem eine echte private Aktiengesellschaft sein, was nicht der Fall ist.
Schließlich kommt man auch nicht um die interessante Feststellung herum, daß die Anteilseigner selbst auf dem Standpunkt stehen, die ehemalige Reichsbank sei nicht mehr existent. Sie führten nämlich in einem Beschlußantrag vor dem Bundesgerichtshof im Jahre 1957 aus, daß nach einem allgemeinen Rechtsgedanken eine Vereinigung dann ihr Ende finde, wenn die Erreichung ihres Zweckes unmöglich geworden sei, was nach ihrer Meinung auch für die ehemalige Reichsbank gelte.
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Die Erreichung des Zweckes der Reichsbank endete
mit der Errichtung des Landeszentralbankensystems.
Meine Damen und Herren, wir sind in dieser entscheidenden Frage mit den Anteilseignern völlig einig. Die Bundesregierung sollte sich in diesem Punkt endlich auch auf einen vernünftigen und den Tatsachen entsprechenden Standpunkt stellen.
Gestatten Sie mir nun einige Bemerkungen zu der von der alliierten Gesetzgebung auferlegten Vermögensauseinandersetzung mit der Institution der ,ehemaligen Reichsbank. Diese Auflage der Vermögensauseinandersetzung ist ein einheitlicher, Bleichlautender Bestandteil aller Landeszentralbankgesetze seit 1946. Sie hat folgenden Wortlaut:
Mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes treten unbeschadet der späteren Vermögensauseinandersetzung mit der Deutschen Reichsbank folgende Rechtswirkungen ein;
Rechtswirkungen, meine Damen und Herren, die sich dann mit rein technischen Fragen des Geschäftsablaufs der Landeszentralbanken befassen. Diesem Wortlaut, den ich eben verlesen habe, ist auch nicht die leiseste Andeutung zu entnehmen, durch die die Bundesregierung sich für berechtigt halten könnte, unter „Vermögensauseinandersetzung mit der Institution der ehemaligen Reichsbank" ausschließlich eine hundertprozentige Abfindung der Anteilseigner zu verstehen. Von den Interessenten und leider auch von der Bundesregierung wird aber versucht, dem nüchternen juristischen Akt einer solchen Vermögensauseinandersetzung mit der ehemaligen Reichsbank fälschlich einen Entschädigungsanspruch zugunsten der Anteilseigner zu unterschieben. Die Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz scheute sich nicht einmal, in bewußter Irreführung der Öffentlichkeit von einer durch die alliierte Gesetzgebung zugesagten Entschädigung zu sprechen. Kein Wort ist davon wahr.
Wenn also festzustellen ist, daß die von den Alliierten nach der ausgesprochenen Liquidation der Reichsbank angeordnete Vermögensauseinandersetzung auch nicht eine Andeutung zugunsten der Anteilseigner enthält, dann ist es eine unzulässige, eine nachträgliche und eine rechtlich haltlose, einseitige Hineininterpretierung durch die Bundesregierung, wenn sie in ihrer Begründung wörtlich erklärt, es sei der Sinn der auferlegten alliierten Vermögensauseinandersetzung, daß die vermeintlichen Vermögensrechte der Anteilseigner auch trotz des Zusammenbruchs nicht geschmälert werden dürften.
Auch hiervor, meine Damen und Herren, ist kein Wort richtig, Denn die Vermögensauseinandersetzung ist eine natürliche Folge der bereits 1946/1947 ausgesprochenen Liquidation der Reichsbank und nicht, wie die Bundesregierung fälschlich behauptet, eine Folge der föderativ-organisatorischen Maßnahmen im Zusammenhang mit der Institutionierung des Zentralbanksystems.
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Mit anderen Worten - und das ist eine entscheidende Feststellung -: Die Vermögensauseinandersetzung folgt der Liquidation der Reichsbank, aber nicht der sogenannten Dezentralisation.
Vermögensauseinandersetzung bedeutet lediglich Abrechnung der Aktiven und der Passiven. Hierbei ist die Rolle der Anteilseigner, selbst wenn man sie theoretisch als Eigentümer betrachten wollte, ausschließlich von dem sich ergebenden Saldo abhängig. Die Überschuldung der Reichsbank mit 7,8 Milliarden D-Mark hat auch diese Hypothese der Bundesregierung zerstört, weil das vermeintliche Eigentum aufgezehrt und substanzlos wurde.
Nun zur Frage der sogenannten Enteignung der Anteilseigner, die in der Propaganda besonders hochgespielt wurde. Gerade in der letzten Zeit ist die Auffassung eines anonymen Verfassers in der Zeitschrift „Der Volkswirt" vom 9. Juli 1960 weit verbreitet warden, der sich vorgenommen hatte, mit aller „Klarheit und Gründlichkeit" „für die Wahrung des Rechts und die Festigung und Erhaltung unserer Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung" unter vielem anderem aufzuzeigen, daß die Funktionsfähigkeit der Reichsbank nichts anderes als eine Folge der Enteignung der Reichsbank und damit der Enteignung ihrer Anteilseigner durch das Landeszentralbanksystem sei.
Meine Damen und Herren, ich will davon absehen, in diesem Augenblick die Vermessenheit einer Auffassung gebührend zu charakterisieren, die Anteilseigner als die Eigentümer der ehemaligen Reichsbank zu betrachten
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und so zu tun, als wäre das gesamte Reichsbanksystem mit ihren Anteilen aufgebaut und entwickelt worden.
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In Wirklichkeit, Herr Kollege Lindenberg, waren die Aufgaben und Funktionen der Institution „Reichsbank" nach der voraufgegangenen gesetzlichen Feststellung ihrer Liquidation durch die Neuordnung des Notenbanksystems und durch die Schaffung eines neuen Funktionsträgers mit neuer Aufgabenstellung beendet, aber keinesfalls durch Enteignung.
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Und im Zuge dieser Neuordnung des Notenbanksystems stellen eben sämtliche Landeszentralbankgesetze seit dem Jahre 1946 einheitlich fest, daß „unbeschadet der späteren Vermögensauseinandersetzung" mit der Institution der Reichsbank z. B. alle Grundstücke und Betriebseinrichtungen, alle Vermögenswerte, alle bankgeschäftlichen Verbindlichkeiten auf die Landeszentralbanken übergehen. In Wirklichkeit hat damit also lediglich das stattgefunden, was später im Art. 135 des Grundgesetzes, auch verfassungsrechtlich, wenn auch auf einer anderen Ebene, geregelt wurde, nämlich der Übergang des Vermögens einer Körperschaft öffentlichen Rechts auf diejenige neue Körperschaft öffentlichen Rechts, die die betreffenden Aufgaben der alten Institution übernommen hat. Hier ist also in berechtigter analoger Anwendung der Übergang des Vermögens der ehemaligen Reichsbank auf das neue Landeszentralbanksystem erfolgt.
Deutscher Bundestag - 3. Wahlperiode - 140. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 25. Januar 1961 7967
Art. 135 a des Grundgesetzes stellt ausdrücklich fest, daß das erforderliche Bundesgesetz über die Vermögensauseinandersetzung in solchen Fällen Verbindlichkeiten nicht oder nicht in voller Höhe zu erfüllen braucht, und zwar ohne daß es sich dann um eine Enteignung von Schuldrechten oder von Sachrechten handelt.
Es ist also unmöglich, hier - wie das zum Teil geschehen ist - von einer Ausplünderung der Reichsbank oder ihrer Anteilseigner durch das Landeszentralbanksystem zu sprechen. Auf welches Niveau begeben wir uns damit!
Es ist falsch und es ist eine Irreführung der Öffentlichkeit, in diesem Zusammenhang überhaupt von einer das Grundgesetz verletzenden Enteignung zu sprechen. Es liegt keine Enteignung vor. Zu bedauern ist, daß die Bundesregierung entgegen den Tatsachen und auch entgegen dem bestehenden Recht hier so laut in den Chor der Interessenten mit eingestimmt hat, ganz abgesehen davon, ,daß die Anteilseigner gar keine Aktionäre und damit keine Eigentümer sind, und ganz abgesehen davon, daß statt eines auseinanderzurechnenden Vermögens nur Schulden in Höhe von 7,8 Milliarden DM vorhanden sind.
Nun einige Feststellungen zu der Frage, ob es sich bei den Anteilseignern um Aktionäre handelt oder nicht. In dieser Frage ist ein Beschluß ,des Bundesgerichtshofs vom 13. Januar 1958 ergangen. Es ist die letzte Entscheidung eines höchsten Gerichts, die in Reichsbankangelegenheiten getroffen wurde. Der Bundesgerichtshof stellt ausdrücklich fest, daß die Anteilseigner entgegen der Rechtsstellung echter Aktionäre nicht das Recht haben, die Rechtsverhältnisse der Reichsbank zu ordnen; daß sie nicht das Recht haben, die Organisation oder die Satzung der Reichsbank zu ändern; daß sie nicht das Recht haben, eine Kapitalherabsetzung vorzunehmen, Organe zu wählen, Verwaltungsträger zu entlasten, über Fragen der Geschäftsordnung zu beschließen, Abschluß- oder Sonderprüfer zu bestellen oder etwa über die Gewinnverteilung zu entscheiden. Der Bundesgerichtshof stellt zusammenfassend fest: Die Stellung der Anteilseigner „war der Stellung der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft nicht vergleichbar".
Ich möchte auch besonders hervorheben, daß aus dieser Formulierung des Bundesgerichtshofs zugleich die Auffassung des höchsten deutschen Gerichts erkennbar ist, daß es sich bei der Reichsbank heute um eine bereits tote Institution handelt, die auch die Bundesregierung durch ihre zweifelhaften Fiktionen nicht wieder zum Leben erwecken kann.
Bei dieser zusammenfassenden Feststellung des Bundesgerichtshofs will ich es bewenden lassen; denn deutlicher kann nicht festgestellt werden, daß es sich entgegen der Auffassung der Bundesregierung nicht um Aktionäre, nicht um Eigentümer, nicht um Substanzeigner handelt.
Über diese Feststellungen des Bundesgerichtshofs hinaus gibt es jedoch noch eine Reihe zusätzlicher Argumente. Es ist im Schrifttum und in den Kommentaren über die Stellung der Anteilseigner von Anfang an klar gewesen, daß der Gesetzgeber keine Reichsbankaktionäre schaffen wollte; ein Umstand, den die vielfach zitierten Ergebnisse der von den Interessenten in Auftrag gegebenen sogenannten Sachverständigengutachten der neueren Zeit in bemerkenswerter Weise einfach totschweigen. Die Anteilseigner hatten keine Mitgliedschaftsrechte. Sie waren keine Eigentümer; denn sie hatten nicht einmal das selbstverständlichste Recht, über die Auflösung ihres vermeintlichen Eigentums zu beschließen. Wenn man Aktionär, wenn man Eigentümer, wenn man Substanzeigner oder Miteigentümer ist, trägt man eine Verantwortung. Die Anteilseigner trugen gar keine Verantwortung, und sie wollten auch keine tragen, sie waren immer zur Passivität verurteilt, weil sie eben keine Aktionäre, sondern - im ausdrücklichen Gegensatz zur Aktie - Inhaber von Papieren eines völlig anderen Charakters waren. In dem Raume zwischen Aktionären auf der einen Seite und Inhabern von Obligationen auf der anderen Seite stehen sie in weitem Abstand von den Aktionären sehr dicht neben den Inhabern von Obligationen, und sie müssen der herrschenden Rechtsauffassung entsprechend grundsätzlich auch wie diese Kategorie behandelt werden.
Nach den weiteren Ausführungen, die ich zu diesem Punkt und zu der ebenso haltlosen Hypothese der Bundesregierung, die Anteilseigner hätten die Stellung von Vorzugsaktionären gehabt, in der 115. Sitzung des Bundestages vom 19. Mai vorigen Jahres gemacht habe, muß heute nach der unveränderten Vorlage durch die Bundesregierung festgestellt werden: Die Bundesregierung verkennt bewußt den Rechtscharakter der Anteilseigner. Sie verkennt absichtlich den Willen des Gesetzgebers, der in den früheren Bankgesetzen überzeugend zum Ausdruck gekommen ist. Sie reiht die Anteilseigner nicht in die ihnen gemäße Kategorie von Vermögensträgern, sondern willkürlich in Kategorien ein, mit denen sie überhaupt nicht zu vergleichen sind. Die Bundesregierung tut so, als hätte es ausgerechnet für die Anteilseigner der Reichsbank überhaupt keinen Krieg und keine Kriegsfolgen gegeben.
Auch die Entwicklung der Gesetzgebung in der Frage der Verwendung eines etwaigen Liquidationserlöses der Reichsbank entspricht der von mir vorgetragenen Auffassung. Zwar hatten im Reichsbankgesetz von 1875 die Anteilseigner noch gewisse eingeschränkte Rechte auf einen Teil des Liquidationserlöses. Eingeschränkt waren diese früheren Rechte vor allem durch den unabdingbaren Vorrang der Gläubiger und Noteninhaber am Liquidationserlös. Erst nach Befriedigung dieser Kategorien waren die Anteilseigner an der Reihe, sofern dann noch etwas übriggeblieben war. In diesem Falle sind es 7,3 Milliarden DM Schulden, die übriggeblieben sind. In der weiteren Entwicklung der Reichsbankgesetzgebung nach dem ersten Weltkrieg ist logischer- und konsequenterweise im Sinne der hier vorgetragenen Erkenntnisse von irgendwelchen Rechten der Anteilseigner am Liquidationserlös überhaupt nicht mehr die Rede. Hier sollte man den ausdrücklichen und in den neuen Fassungen der Reichsbank7968
Besetze zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers respektieren. Wenn ein bestimmter Sachverhalt vom Gesetzgeber in einem neueren Gesetz im Gegensatz zu früher ausdrücklich nicht mehr geregelt wird, hat kein Kommentator und auch keine sonstige Stelle das Recht, einen solchen Sachverhalt nachträglich wieder hineinzuinterpretieren, es sei denn, daß man die Rechtssicherheit durch Willkür gefährden will.
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Vor allem aber sollte man in der Heranziehung von Kommentaren ehemaliger nationalsozialistischer Notenbankpräsidenten etwas vorsichtiger sein. In jedem Falle entbehrt die Auffassung der Bundesregierung auch in dieser Frage der einseitigen Verwendung des Liquidationserlöses zugunsten der Anteilseigner der Grundlage; denn seit der Bankengesetzgebung von 1924 ist es im Gegensatz zur falschen Darstellung der Bundesregierung absolut unstreitig, daß der Liquidationserlös nicht den Anteilseignern gehört.
Meine Damen und Herren! Es ist in dieser ganzen Angelegenheit gewiß sehr bedauerlich, daß sich das zuständige Ressort in allen diesen Fragen seit Jahren einseitig und entgegen der tatsächlichen Entwicklung und entgegen der tatsächlichen Rechtslage in zahlreichen Äußerungen festgelegt hat, ohne daß der Gesetzgeber die Möglichkeit hatte zu entscheiden. Aber dieses gewiß problematische Verhalten des Ressorts kann und darf den Gesetzgeber nicht hindern, die richtige Entscheidung in dieser Angelegenheit zu treffen.
An dieser Stelle ist es notwendig, einmal zu erwähnen, aus welchen Gründen es überhaupt zur Zurverfügungstellung privaten Kapitals für die Reichsbank kam. Das geschah nicht etwa deswegen, um im Sinne einer Aktiengesellschaft privates Kapital zu beteiligen und die Reichsbank mit privatem Kapital aufzubauen, sondern das geschah, wie es besonders bei den drei Reichsbanknovellen um die Jahrhundertwende zum Ausdruck kam, überwiegend deshalb, um die Reichsbank nach den damals „anerkannten Grundsätzen des Völkerrechts im Kriegsfalle einer Beschlagnahme durch den Feind" zu entziehen.
Niemals ist auch die harte Kritik an der Art der früheren Verzinsung der Reichsbankanteile verstummt, Immer wurde, besonders aus Kreisen der gewerblichen Wirtschaft und der Landwirtschaft, geltend gemacht, daß entsprechend der eigentlichen, völlig risikofreien Rechtsstellung der Anteilseigner zur Reichsbank nur eine solche Art der Verzinsung gerechtfertigt sei, wie sie den Inhabern von Reichsanleihen, also den Inhabern von festverzinslichen Schuldverschreibungen, gewährt werde. Bis dann endlich in der letzten Stufe der Entwicklung der Gesetzgebung über die Reichsbank dieser Gedanke klar und unübersehbar - übersehen wurde er nur von der Bundesregierung - zum Ausdruck kam und damit auch die letzte Möglichkeit einer Unklarheit darüber, daß es sich bei den Anteilseignern nicht um Aktionäre oder ähnliches handelt, beseitigt wurde.
Mit der festen Verzinsung der Anteilsscheine hatten die Anteilseigner einwandfrei festverzinsliche Wertpapiere, und damit verbot sich für den Gesetzgeber jede weitere Beteiligung der Anteilseigner am Liquidationserlös. Nur die Bundesregierung macht jetzt den bedauerlichen Versuch, diesen rechtlich logischen Zusammenhang in einer rechtswidrigen Weise wieder aufzubrechen.
Im übrigen haben sich die Aufgaben der Reichsbank im Laufe der Jahre wesentlich gewandelt. Im Bankgesetz von 1924 war die Aufgabe der Reichsbank sachlich schlicht und einfach wie folgt umschrieben:
Die Reichsbank ist eine juristische Person des öffentlichen Rechts mit der Aufgabe, den Geldumlauf im gesamten Reichsgebiet zu regeln, die Zahlungsausgleichungen zu erleichtern und für die Nutzbarmachung verfügbaren Kapitals zu sorgen.
Im Gesetz über die Deutsche Reichsbank vom 15. Juni 1939 hieß es dagegen:
Die Reichsbank untersteht als deutsche Notenbank der uneingeschränkten Hoheit des Reiches. Sie dient der Verwirklichung der durch die nationalsozialistische Staatsführung gesetzten Ziele im Rahmen des ihr anvertrauten Aufgabenbereichs, insbesondere zur Sicherstellung des Wertes der deutschen Währung.
Es ist also eine unbestreitbare Tatsache, daß die Reichsbank ein entscheidendes Instrument der nationalsozialistischen Wirtschafts- und Finanzpolitik und der inflationären Währungspolitik war. Damit aber steht ebenso unbestreitbar fest, daß diese Reichsbank einschließlich ihrer Anteilseigner unentrinnbar auch das Schicksal des nationalsozialistischen Reiches teilen muß.
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Jeder Anteilseigner hat gewußt, welcher Institution mit welcher Zielsetzung er sein Geld zur Verfügung stellt. Hat er dieser Institution sein Geld dennoch gelassen, dann kann ihm nicht zugestanden werden, mit einer de facto hundertprozentigen Abfindung aus dem Zusammenbruch herauszukommen.
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Angesichts des außergewöhnlichen Maßes der Vernichtung von Eigentum und Recht als Folge des Krieges ist ein solcher Gedanke auch politisch unerträglich. Das verantwortliche Ressort sollte endlich aufhören, für eine so untaugliche Sache juristische Begründungen zu erfinden und das Recht zu strapazieren.
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Gar nicht mehr zu reden von den einfach nicht zu übersehenden politischen Schlußfolgerungen, können die Anteilseigner im Grundsatz bestenfalls nur wie Altsparer oder wie solche Gläubiger behandelt werden, die ihr Geld dem Reich ebenfalls festverzinslich unter dem vorrangigen Gesichtspunkt der Geldanlage zur Verfügung gestellt haben. Die Ansprüche dieser Kategorien sind von diesem Hause abschließend geregelt worden. Ich beziehe mich auch hier im einzelnen auf meine Ausführungen in der 115. Sitzung dieses Hauses vom 19. Mai vorigen Jahres.
Lassen Sie mich noch einige Worte zur Berichterstattung in der Öffentlichkeit und zu der entfachten Propagandawelle sagen. Ich will hierbei keine Ausführungen über das in der Presse vielfach bemühte sogenannte Zufallsergebnis der Abstimmung in der 115. Sitzung des Bundestages machen. Ebensowenig will ich Ausführungen über die fragwürdigen Pressemeldungen vom „Vorrang des gutbürgerlichen Mittagstisches vor der Arbeit des Plenums" machen. Diese Meldungen galten trotz ihrer Einseitigkeit ohnehin nur Ihnen, meine Damen und Herren von der CDU/CSU. Aber das Abstimmungsergebnis vom 19. Mai vorigen Jahres war kein Zufallsergebnis, sondern es war der Ausdruck eines quer durch die Reihen dieses Hauses gehenden Unmutes gegen den Entwurf der Bundesregierung über die sogenannte Liquidation der Reichsbank.
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Auch aus diesem Grunde ist es eine Zumutung, daß die Bundesregierung dem Hause diesen Entwurf wieder unverändert vorlegt.
Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit jetzt vielmehr auf die merkwürdige politische Scharfmacherei lenken, die sich bei dieser Berichterstattung herausgestellt hat. Da wird von Rechtsverweigerung gegenüber den Anteilseignern gesprochen. Da wird gesprochen von der Gefahr eines östlichen Rechtsdenkens, wenn man sich nicht mindestens der Auffassung der Bundesregierung anschließt, und da wird gesprochen von den das Eigentum zerstörenden Maßnahmen des kommunistischen Ostens. Und das alles nur im Zusammenhang mit den Anteilseignern der ehemaligen Reichsbank!
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Da wird so getan, als sollten die Anteilseigner überhaupt nichts bekommen. Da wird die Wahrung des Rechts, da wird die Festigung und Erhaltung unserer Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung und da wird der unabsehbare Schaden für den öffentlichen Kredit im In- und Ausland beschworen.
({19})
Das alles, meine Damen und Herren, ebenfalls nur im Zusammenhang mit -den Anteilseignern der ehemaligen Reichsbank!
Da heißt es, daß ,die Regierungsvorlage ,die unterste Grenze des Ermessensspielraums der Bundesregierung darstelle. Meine Damen und Herren, wer entscheidet eigentlich darüber? Die Interessenten etwa selbst?
Da scheut sich die Interessenvertretung der Anteilseigner nicht, mit unzulässigem öffentlichem Druck die Entscheidungsfreiheit und die unabhängige Meinungsbildung der Mitglieder dieses Hauses zu strapazieren. Alle diese Äußerungen verraten doch nur einen bedenklichen Rückfall in totalitäre Gedankengänge und keinerlei Gefühl für das richtige Maß.
({20})
Wenn die Bundesregierung es erstmals in den Jahren 1956/57 fertigbrachte, dem Hause einen noch
dazu so unzulänglichen Entwurf vorzulegen, so trifft die Verantwortung hierfür nicht das Parlament.
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Zusammenfassend darf ich folgendes feststellen. Die Institutionierung des Landeszentralbanksystems im Jahre 1946/47 erfolgte auf ,der Grundlage der Auflösung ides Reichsbanksystems entsprechend dem Sinn und ,dem Wortlaut der damaligen Gesetze. Allein auf Grund dieser Tatsache - Auflösung der Reichsbank - wurde in den damaligen Landeszentralbankgesetzen der Vorbehalt der Vermögensauseinandersetzung zwischen dem neuen Landeszentralbanksystem und ,der aufgelösten Reichsbank gemacht.
Die bereits 'damals gesetzlich verfügte Liquidation der Reichsbank ist unzweifelhaft .der weiter gehende Vorgang im Vergleich zur dezentralisierten Neuordnung ,des Landeszentralbanksystems. Und nur auf dem weiter gehenden Vorgang - das ist ,ebenfalls eine entscheidende Feststellung - der bereits damals verfügten Liquidation der Reichsbank können die heutigen Maßnahmen des Gesetzgebers aufbauen.
Wenn damit also entgegen ,der irrigen Auffassung der Bundesregierung ,die Reichsbank seit 1946/47 de facto und -de jure bereits tot ist, dann ist es falsch und es verletzt das geltende Recht, wenn die Bundesregierung die Reichsbank noch einmal -und sei es auch nur durch Fiktion - ins Leben zurückruft, um sie gemäß § 1 des vorliegenden Entwurfes erneut sofort zu liquidieren. Es ist daher falsch und es verletzt das geltende Recht, wenn die Bundesregierung demzufolge das Kapital der ehemaligen Reichsbank nach den sehr viel günstigeren Umstellungsvorschriften für lebende und ihre Funktionen ausübende Geschäftsbanken berechnet, anstatt, wie es richtig wäre, dies nach den Vorschriften für abwickelnde Institute zu tun.
Die ehemalige Reichsbank war mit 7,8 Milliarden Mark überschuldet. Nach den bestehenden gesetzlichen Vorschriften für die ehemalige Reichsbank haben sämtliche gesetzlichen und freien Rücklagen ausschließlich dem Ausgleich von Wertminderungen und Verlusten zu dienen. Nach dem klaren Sinn und Wortlaut der Reichsbankgesetze seit 1924 haben die Anteilseigner keinerlei Rechte am Liquidationserlös. Es ist daher falsch und es verletzt das geltende Recht, wenn die Bundesregierung dem zu Unrecht berechneten Kapital nun auch noch sämtliche offenen Reserven hinzurechnet und ihm fiktive Gewinne dieser toten und überschuldeten Institution für 91/2 Jahre von 1948 bis 1957 aufstockt, ein umstellungsrechtlicher Vorzug, der ausschließlich dem wohlverstandenen Interesse nur der lebenden Bankinstitute gedient hat, für die ehemalige Reichsbank also niemals und unter gar keinen Umständen anwendbar ist.
Ganz abgesehen von der Verletzung geltenden Rechts sind alle diese Maßnahmen der Bundesregierung auch verfassungsrechtlich anfechtbar, wenn die Bundesregierung sie, wie im vorliegenden Falle, ausschließlich deswegen trifft, um einseitig und willkürlich einer bestimmten kleinen Gruppe von
Vermögensträgern, nämlich den Anteilseignern der ehemaligen Reichsbank,
({22})
eine ihnen nicht zustehende hundertprozentige Abfindung zu gewähren.
Weiterhin hat nach dem klaren Sinn und Wortlaut der Landeszentralbankgesetze von 1946/47 weder eine Enteignung stattgefunden, noch ist durch den Vermögensübergang von der Reichsbank auf das Landeszentralbanksystern eine Bestimmung des Grundgesetzes verletzt worden. Nach dem klaren Sinn und Wortlaut der früheren deutschen Bankgesetze, nach der historischen Entwicklung der Reichsbankgesetzgebung überhaupt und nach den Feststellungen des Bundesgerichtshofes haben die Anteilseigner weder jetzt noch früher die Stellung von Aktionären oder von Quasi-Aktionären gehabt.
Alle diesen Tatsachen entgegenstehenden Überlegungen der Bundesregierung in bezug auf vermeintliche Eigentumsrechte der Anteilseigner entbehren der Grundlage. Es ist vielmehr richtig, die Anteilseigner grundsätzlich in die ihnen unmittelbar nahestehende Gruppe der Inhaber von festverzinslichen Wertpapieren einzuordnen
({23})
und sie auch entsprechend zu behandeln. Geschähe das nicht, wären Forderungen der Inhaber von festverzinslichen Reichspapieren die unausbleibliche Folge.
({24})
Es ist noch einmal festzustellen: Es ist ein schweres Verschulden der Bundesregierung, daß sie den dem geltenden Recht entsprechenden Gesetzentwurf über die Liquidation der Golddiskontbank im Interesse der Gläubiger dieses Instituts nicht von der fehlerhaften und mit Rechtswidrigkeiten behafteten Vorlage über die Vermögensauseinandersetzung mit der ehemaligen Reichsbank abtrennt, um dadurch wenigstens der Golddiskontbank zu einer schnellen und reibungslosen Abwicklung zu verhelfen.
Meine Damen und Herren, wir werden uns auch diesmal in der Ausschußarbeit bemühen, die Übertreibungen auf das richtige Maß zurückzuführen, die Anteilseigner in die ihrer Stellung wirklich gemäße Kategorie einzuordnen, die Vermögensauseinandersetzung mit der Reichsbank entsprechend den Tatsachen und dem bestehenden Recht und ohne die Fiktionen der Bundesregierung durchzuführen. Wir werden die erforderlichen Anträge in bezug auf die Überschrift, auf die §§ 1 und 3, auf die Abtrennung der Liquidation der Golddiskontbank und auf die Aufhebung des Reichsbankgesetzes von 1939 stellen.
({25})
Meine Damen und Herren, ehe ich das Wort weitergebe, teile ich mit, daß sich der Rechtsausschuß über den Punkt 2 a der Tagesordnung - Änderung des Grundgesetzes - geeinigt hat, so daß um 17.30 Uhr eine Abstimmung stattfinden kann. Ich mache darauf aufmerksam, daß Antrag auf namentliche Abstimmung gestellt werden wird. Wir brauchen dazu ein volles Haus. Ich werde die Verhandlungen um 17.30 Uhr unterbrechen, zu diesem Punkt zurückkehren, die Abstimmung durchführen und dann in der Tagesordnung fortfahren.
Jetzt hat das Wort Herr Abgeordneter Dr. Lindenberg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung legt Ihnen heute den Gesetzentwurf über die Liquidation der Deutschen Reichsbank und der Deutschen Golddiskontbank zum zweiten Mal in dieser Sitzungsperiode vor. Die Regierungspartei stimmt diesem Entwurf erneut zu, weil sie in dieser Gesetzesvorlage - gerade, nachdem sie Zeit hatte, sie noch einmal ausführlich zu prüfen - eine gerechte, faire, notwendige und inzwischen sehr dringlich gewordene Lösung sieht.
Ich muß ,die Ausführungen meines Vorredners entschieden zurückweisen, daß die Vorlage des Entwurfs eine Zumutung an das Hohe Haus sei. Ich bin im Gegenteil der Auffassung, daß die Bundesregierung nur ihrer verfassungsrechtlichen Pflicht nachkommt, wenn sie die nach Ablehnung des vorherigen Entwurfs am 19. Mai 1960 entstandene Gesetzeslücke ausfüllt, indem sie einen neuen Entwurf vorlegt, von dem sie überzeugt ist, daß er gerecht und fair ist.
Ich brauche heute nicht mehr auf diesen Entwurf im gesamten einzugehen. Ich möchte es mir ersparen, hier so zu dozieren, wie es mein Vorredner, Herr Seume, getan hat, der in einer Zeitdauer von 45 Minuten seine persönlichen Rechtsauffassungen und vielleicht auch die Auffassungen seiner Partei mitgeteilt hat. Ich schätze Herrn Seume sehr und weiß, daß er ein kluger Jurist ist. Aber, Herr Seume, Sie wissen, daß in dieser Materie viele Gutachter zu Wort gekommen sind; dickleibige Gutachten liegen vor. Ich habe sie studiert, kann mich aber zu diesen Auffassungen nicht bekennen und muß Ihnen sagen, daß auch Ihre Auffassung nach wie vor nicht den Kern der Sache trifft und ,den Auffassungen der Bundesregierung nicht gerecht wird.
Meine Aufgabe heute sehe ich lediglich darin, noch einmal kurz zu den hauptsächlichsten Bedenken der Opposition vom 19. Mai 1960 und - soweit sie heute ergänzt worden sind - vom heutigen Tage Stellung zu nehmen.
Herr Seume formuliert drei Einwendungen. Er sagt, die Reichsbank sei funktionslos, tot und überschuldet. Er kommt dann noch einmal auf die früheren Einwendungen zurück, daß die Reichsbankaktien in Wirklichkeit keine Anteilsrechte seien sondern Obligationen, die eben mit 10 Prozent bis höchstens 20 Prozent - für Altsparerbesitz - entschädigt werden sollen.
Meine Damen und Herren, man kann zu diesem Thema sehr viel sprechen. Ich habe schon am 19. Mai 1960 ausgeführt, daß die Besonderheiten dieses Gesetzes darin liegen, daß es sich hier um die Auslegung von Rechtsfragen und um die Konstruktion
von Rechtstheorien handelt, eine Aufgabe, die überhaupt nicht Angelegenheit des Plenums sein kann, sondern die in erster Linie im Ausschuß zu behandeln ist. Ich möchte es mir deshalb versagen, auf dieses Thema in derselben Breite wie Herr Seume einzugehen, möchte mich vielmehr in gedrängter Kürze mit ,den soeben vorgetragenen Einwendungen der SPD auseinandersetzen.
Am wenigstens stichhaltig ist der Einwand der Opposition, daß die Anteilseigner der Reichsbank in Wirklichkeit gar keine Anteilseigner seien, sondern Obligationäre. Gerade hier muß ich feststellen, daß der Kollege Dr. Seume bei der Beratung des Gesetzes am 19. Mai 1960 einem bedauerlichen Irrtum zum Opfer gefallen ist insofern, als er eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 9. Juli 1957 übersehen hat. Heute trägt er sie allerdings vor, legt sie aber völlig falsch aus. Nach der Entscheidung vom 9. Juli 1957, die der Bundesgerichtshof am 13. Januar 1958 bestätigt hat, sind die Reichsbankanteile keine Obligationen, keine Forderungen, sondern - und das ist das Entscheidende
eine Verkörperung der wirtschaftlichen Substanz der Reichsbank. Es handelt sich also um wirkliche Anteils- und Mitgliedschaftsrechte, ähnlich wie allgemein jede Aktie diese Rechte ebenfalls verkörpert.
Ich glaube, wir brauchen uns angesichts dieser Entscheidung nicht mehr über die wissenschaftliche Frage zu unterhalten, inwiefern sich die Reichsbankanteile irgendwie Obligationen annähern. Sicherlich war die Reichsbank keine echte Aktiengesellschaft des privaten Rechtes. Sie war sehr stark staatlich beeinflußt. Sie ist aber niemals eine Staatsgesellschaft gewesen, sondern es steht fest, daß die Aktionäre Substanzrechte hatten, an der Gesellschaft beteiligt waren, insbesondere bei der Liquidation an dem Liquidationserlös teilnehmen sollten.
Diese Gedanken würdigt der Bundesgerichtshof in der Weise, daß er erklärt: Die Anteile der Reichsbank sind echte Aktien und keine Obligationen.
({0})
Damit ist die Sache res judicata, und wir brauchen uns nicht mehr eingehend mit der Angelegenheit zu befassen.
In der Sache selbst hatten wir immer schon darauf hingewiesen, daß Obligationen zum nominalen Zinssatz von 5 % niemals den Kurs der Reichsbankanteile von 200 bis 300 % erreicht hätten. Meine Damen und Herren, hätte die Hitlerregierung sogar den von ihr rechtlos gemachten jüdischen Reichsbankanteilseignern 180 % des Nominals als Abfindung gegeben, wenn es sich um Obligationen gehandelt hätte? Hätte die Hitlerregierung den ausländischen Anteilseignern 200 % des Nominals in Dego-Aktien gegeben, wenn es sich Obligationen gehandelt hätte? Ich werfe die Frage auf und brauche sie nicht selbst zu beantworten.
Zu einem weiteren Einwand der SPD! Die SPD behauptet, die Reichsbank sei seit 1945 nicht mehr existent, also tot. Auch das stimmt mit den Tatsachen nicht überein. Im amerikanischen und französischen Besatzungsgebiet existierte sie bis 1947;
in der britischen Besatzungszone arbeitete sie sogar bis 1948. Aber das ist nicht einmal das Entscheidende; sondern wesentlich ist, daß die Institution einer Notenbank als solcher von Natur aus permanent ist, bis sie der Gesetzgeber zum Erlöschen bringt. Seinerzeit wechselte die Reichsbank infolge des sogenannten Morgenthauplans nur ihre Gestalt in das Landeszentralbanksystem bis zur heutigen Bundesbank. Die Reichsbank fungiert also nach 1945 zunächst allein, dann neben den damals neuen Landeszentralbanken, Herr Seume, als noch nicht ausgeschiedener Bestandteil des Zentralbankensystems. Sie ist nicht tot, sondern sie ist lediglich ruhend, und es ist Aufgabe der Bundesregierung, dieses ruhende Institut nun zu liquidieren.
Entgegen der Auffassung der SPD war dieser Zustand nicht aus rein technischen Gründen entstanden und als Notlösung anzusehen, sondern war durchaus gewollt, nachdem sich kurz vor der Währungsreform der amerikanische Wunsch nach Dezentralisation durchsetzte. Allen Beteiligten war es damals völlig klar und selbstverständlich, daß es nun Aufgabe des Bundes sein würde, die Reichsbank zu liquidieren. Sie ist nicht durch die Gesetze der Besatzungsmacht liquidiert worden, sondern sie ist erhalten geblieben mit der Auflage, die Vermögensauseinandersetzung im Rahmen der Dezentralisation vorzunehmen. Das setzt aber voraus, daß ein Vermögensträger vorhanden war und blieb und daß zwischen den bestehenden Vermögensträgern, nämlich der alten Reichsbank und den Nachfolgeinstituten, eine Vermögensauseinandersetzung zu erfolgen hatte.
Meine Damen und Herren, ich unterbreche für einige Augenblicke, um den Ministerpräsidenten des Landes Tanganjika, Herrn Dr. Nyerere, und seine Begleitung in unserem Hause herzlich willkommen zu heißen.
({0})
Herr Dr. Nyerere vertritt ein Land, das manchem Deutschen seit langem ans Herz gewachsen ist, Tanganjika. Herr Dr. Nyerere befindet sich mit seinem Land auf dem Weg in die volle Unabhängigkeit und erfreut sich einer besonders freundlichen und konstruktiven Zusammenarbeit mit England. Heute ist er hierhergekommen, um die ersten Verbindungen zur Bundesrepublik Deutschland zu knüpfen. Er kann unserer herzlichen Aufnahme sicher sein und - ich bin gewiß - auch der Sympathien und der tatkräftigen Unterstützung dieses Hauses.
({1})
Wir heißen Sie, Herr Ministerpräsident, herzlich willkommen und wünschen Ihnen, Ihren Mitarbeitern und Ihrem schönen Land von Herzen alles Gute auf dem Weg in die Zukunft.
({2})
Fahren Sie bitte fort, Herr Abgeordneter.
Die Dezentralisation der Reichsbank hat gewisse Parallelerscheinungen und gewisse beispielhafte Vorgänge. Sie beruht
ja nicht nur auf ,diesem einen Gesetz, ,das die Besatzungsmächte für die Reichsbank gemacht haben. Erinnern Sie sich ,daran, ,daß eine ähnliche Dezentralisation bei ,den Großbanken vorgenommen worden ist.
Dieser Grundsatz - Dezentralisation ging ,dahin, daß die Anteilseigner 'irgendeinen Nachteil durch die Dezentralisation nicht erleiden sollten. Dies war ,auch der Sinn der ausdrücklichen gesetzlichen Vorbehalte der sogenannten späteren Vermögensauseinandersetzung, in der wir uns jetzt befinden. Daher ist diese Vermögensauseinandersetzung nicht, wie ,die SPD meint, eine normale Ordnungsaufgabe der Liquidation; sie ist eine besondere, dem Gesetzgeber gestellte Aufgabe, die er natürlich nur nach Maßgabe des aus Anlaß der Währungsreform geschaffenen Umstellungsrechts durchführen konnte. Deshalb wird das Kapital auf 44 % per Währungsreform ,am 20. Juni 1948, um die aufgelaufenen Zinsen auf 662/3 % per 31. Dezember 1957 aufgestockt.
Weitermüssen die Anteilseigner nach dem Prinzip der Dezentralisation wieder Anteilsrechte an der vom Besatzungsgesetzgeber dezentralisierten und vom Bundesgesetzgeber inzwischen rezentralisierten Bundesbank erhalten, nach dem Regierungsentwurf in der Form von Bundesbankgenußrechten, ähnlich wie die Aktionäre der Großbanken wieder Aktien ,der neuen Nachfolgeinstitute erhalten haben.
Wegen des Wertes der Liquidationsrechte kann ich mich auf die sehr ausführlichen Darlegungen des Herrn Bundeswirtschaftsministers beziehen und brauche dazu keine weiteren Erklärungen abzugeben. Das Entscheidende ist dies: Die Reichsbank ist nicht, wie Herr Seume wieder betont hat, mit 7,8 Milliarden DM überschuldet. Zu ,dieser irrtümlichen Auffassung kann man nur gelangen, wenn man die Währungsreform mit einem Konkurs verwechselt. Wir können die Liquidation der Reichsbank aber nicht nach konkursrechtlichen Grundsätzen behandeln. Hier gilt vielmehr das für die Währungsreform geschaffene Umstellungsrecht. Hat denn die Opposition vergessen, daß alle Banken, insbesondere auch die Landeszentralbanken und die Bank deutscher Länder, durch die Währungsreform einen Passivüberhang hatten, der dann durch die Ausgleichsforderungen gegen die öffentliche Hand ausgeglichen wurde? Alle Unternehmen haben die Währungsreform durchlaufen müssen, die völlig abweichend von konkursrechtlichen Grundsätzen Forderungen und Schulden umwertete und zu einer daraus resultierenden Neubewertung von Kapitalanteilen führte.
Anders als im Konkurs haben die Aktionäre trotzdem die Substanz behalten. Ja, die Aktionäre sind sogar besser davon gekommen als die Gläubiger. Man mag diese Auswirkung der Währungsreform bedauern, sie entsprach ,aber ,den Vorschriften der damals geltenden Gesetze. Es wäre eine Verletzung des Gebots der Gleichbehandlung vor dem Gesetz, wenn die Reichsbankanteilseigner na ch anderen Prinzipien behandelt würden.
Dazu ist um so weniger Veranlassung, als bei der Reichsbankrestmasse als solcher, wenn man sie einmal isoliert von dem Schicksal der Nachfolgeinstitute betrachtet, die Dinge ganz offensichtlich zugunsten der Reichsbankanteilseigner liegen. Stellen Sie sich bitte vor, es wäre rechtlich und wirtschaftlich möglich, die Reichsbankrestmasse auszuliquidieren. Wäre das möglich, so wäre diese Reichsbankrestmasse trotz ihres Verlustes an Aktiven anläßlich der Dezentralisation immer noch aktiv.
Wenn die SPD glaubt, mit einer Abfindung von 10 bis 20 % auskommen zu können, weil sie von einer echten Liquidation ausgeht, dann möchte ich sie darauf aufmerksam machen, daß der Bund, wenn es zu einer echten Liquidation im Rahmen der allgemeinen Vorschriften käme, nicht 10 oder 20 % zahlen müßte, sondern daß der Bund dann angesichts der vorliegenden Aktivmasse verpflichtet wäre, 300 % für 100 RM zu zahlen.
({0})
- Das hängt natürlich mit der Dego zusammen, denn der Wert ,der Reichsbankaktien wird repräsentiert durch die Degoaktien.
Man kann also wirklich nicht von einer Pleite der Reichsbank sprechen, wie wir das aus den Reihen der Opposition immer wieder hören, auch heute. Natürlich verschwindet das Restvermögen der Reichsbank, wenn ihre Liquidationsmasse unter dem Zwang der Vermögensauseinandersetzung an den Bund abgeführt wird, der seinerseits in vollem Umfang Schuldner der 7,8 Milliarden DM Ausgleichsforderungen bleibt. Hierfür erwirbt aber die Reichsbank das Recht, eine eigene fiktive Umstellungsrechnung aufzumachen mit dem schon erwähnten Ergebnis, daß über ein zu errechnendes Kapital die Anteilseigner 44 % per Währungsreform bekommen.
Auf keinen Fall kann man aber sagen, daß der Passivüberhang der Landeszentralbanken ein handelsrechtliches oder gar konkursrechtliches Passivum der Reichsbank sei.
Ich möchte also nochmals ganz entschieden der These widersprechen, die heute hier aufgestellt worden ist, die Reichsbank sei mit 7,8 Milliarden DM überschuldet.
({1})
- Die Reichsbank hat ein Vermögen von 350 Millionen DM. Wenn Sie auf DM umstellen, ergibt sich keine Überschuldung, sondern es zeigt sich, daß die Reichsbank ein sehr positives Vermögen hat.
({2})
- Natürlich! Sie können es aber noch in der Bilanz aufführen und kommen zu einem Vermögen von 350 Millionen DM.
({3})
- Nein, das ist ein positiver Saldo. Aber bitte,
lassen Sie uns im Ausschuß noch einmal darüber
sprechen. Ich hatte es nicht für richtig, daß wir das
Haus mit dieser Frage belasten.
Die Opposition hat weiter erklärt, es handele sich beim Reichsbank- und Dego-Liquidationsgesetz um eine rein politische Entscheidung, der jedoch eine entsprechende politische Begründung fehle. Natürlich handelt es sich um eine politische Entscheidung, um eine sehr weitgehende politische Entscheidung, und zwar eine solche, die eine sehr handfeste Begründung hat. Ich glaube, in diesem Punkt liegt überhaupt die Entscheidung, die wir aus politischer Sicht treffen müssen. Es hat gar keinen Sinn, sich in die Einzelheiten dieses Gesetzes zu vertiefen. Natürlich machen wir das im Ausschuß. Aber die politische Entscheidung, die hier vorliegt, betrifft einfach die Frage: Sollen wir die Reichsbank, die ein Nachzügler im Rahmen der Umstellung ist, anders behandeln, als wir sämtliche Unternehmungen - die Unternehmungen der- privaten Wirtschaft, Kreditinstitute und alle sonstigen Unternehmungen - im Rahmen der Währungsreform behandelt haben?
({4})
- Wir liquidieren ja erst hier! Das ist der Auftrag, den die Bundesregierung durch den Besatzungsgesetzgeber bekommen hat: die Reichsbank im Wege der Vermögensauseinandersetzung zu liquidieren.
Ich darf noch einmal auf das Kernproblem dieses Gesetzes zu sprechen kommen, auf den politischen Gehalt. Ich sehe ihn, um es nochmals zu wiederholen, darin, daß hier das Umstellungsrecht auf eine Gesellschaft angewendet werden muß, die, hätten wir sie 1948 oder 1949 liquidiert, genauso behandelt worden wäre wie jede andere Gesellschaft.
Ich bin dem Herrn Wirtschaftsminister sehr dankbar, daß er zur allgemeinen Begründung unseres Standpunktes darauf hingewiesen hat, daß die Anteile der Reichsbank, insbesondere die Reichsbankaktien, so wie sie in der Zeit vor 1948 bestanden haben, als echte Volksaktien bezeichnet werden konnten. Ich habe diesen Gedanken schon in der zweiten und dritten Lesung am 19. Mai 1960 zum Ausdruck gebracht. Ich freue mich, daß diese meine Auffassung von ,der Bundesregierung geteilt wird.
Schließlich noch ein Hinweis auf die Lösung des Reichsbankproblems in Verbindung mit der Dego. Voraussetzung für die Regelung der Dego ist die im Gesetz vorgesehene Übernahme der reichsbankeigenen Degoaktien auf den Bund. Es ist dann Aufgabe des Bundes, sich mit den freien Degoaktionären auseinanderzusetzen und zu einem Vergleich zu kommen. Dazu sind diese Degoaktionäre bereit. Aber es ist notwendig, daß zunächst einmal der Bund in den Besitz der Degoaktien kommt, und er hat Anspruch darauf, dieses Dego-Paket zu bekommen, weil er ja weiterhin im Rahmen der Bundesbank Schuldner der 7,8 Milliarden DM Ausgleichsforderungen bleibt. Er hätte natürlich saldieren können, hätte das Vermögen der Reichsbank von 350 Millionen DM mit den geschuldeten Ausgleichsforderungen aufrechnen können. Er ist den anderen
Weg gegangen; er übernimmt das Vermögen und
bleibt weiter Schuldner der Ausgleichsforderungen.
Infolge der jahrelangen Verzögerung des Reichsbankliquidationsgesetzes ist es bei den ausländischen Degoaktionären bereits zu einer starken Verstimmung gekommen. Ich kann hier die Worte des Herrn Bundeswirtschaftsministers nur unterstreichen. Ich stehe völlig auf dem Boden des Appells, den er an uns gerichtet hat, nunmehr mit der Verabschiedung des Reichsbank- und Degogesetzes die Voraussetzungen zu schaffen, unter denen zwischen dem Bund und den Degoaktionären ein klares Verhältnis begründet werden kann.
Noch ein Wort zu der Frage, ob die Reichsbank zur Vermögensabgabe im Rahmen des Lastenausgleichs herangezogen werden kann! Das ist eine sehr schwierige Frage, die sich auch bei den bei der Behandlung dieses Gesetzes anzustellenden Erörterungen nicht ohne weiteres beantworten läßt. Es wird Aufgabe der Regierung und des Lastenausgleichsausschusses sein, diese Frage zu prüfen. Dadurch brauchen in der Bearbeitung des vorliegenden Entwurfs keine Verzögerungen einzutreten.
Damit habe ich ganz kurz zu den Hauptargumenten der Opposition Stellung genommen; ich kann es dabei bewenden lassen. Die Opposition hat angekündigt, daß sie im Ausschuß ihre Argumente eingehend darlegen wolle; sie wünscht sogar, daß die Überschrift des Gesetzes geändert wird. Wir sehen dieser Ausschußarbeit mit Ruhe entgegen.
Ich beantrage, den Gesetzentwurf zur weiteren Behandlung an den Wirtschaftsausschuß zu überweisen.
({5})
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Atzenroth.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Kollege Dr. Seume hat dem Haus keinen guten Dienst erwiesen, als er die einem Redner zustehende Zeit fast bis zum Letzten ausgenutzt und uns in epischer Breite und in dauernden Wiederholungen alle die Argumente vorgetragen hat, die in den Ausschußberatungen in der Zeit vor der Bundestagswahl 1957 und auch in der jetzigen Wahlperiode ausführlich behandelt worden sind. Man könnte nun meinen, es wäre notwendig, auch Ihnen die Argumente entgegenzuhalten, die wir in den Ausschußberatungen vorgebracht haben. Darauf will ich jedoch verzichten. Ich möchte vielmehr in aller Kürze den Standpunkt meiner Fraktion darlegen.
Die Fraktion der Freien Demokratischen Partei hat von Anfang an eine klare eindeutige Haltung eingenommen. Sie hat zu dem rechtlichen Teil des Gesetzes die Auffassung vertreten, daß die Auflösung der Reichsbank zugunsten der Landeszentralbanken den Tatbestand der Enteignung erfüllt. Deshalb hat der Gesetzgeber nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, dafür eine angemessene Entschädigung zu geben. Zweitens haben wir immer die Ansicht vertreten, daß es sich bei den Berech7974
tigten um Anteilseigner handelt, die bei der Gründung das Kapital aufgebracht haben. Schließlich ist die Reichsbank unserer Meinung nach nicht tot; sie muß jetzt liquidiert werden. Darüber hinaus handelt es sich nicht um eine hundertprozentige Entschädigung, sondern die errechnete Summe - die Errechnung ist etwas kompliziert - ist heute, nachdem weitere Jahre seit der ersten Gesetzesvorlage vergangen sind, prozentual noch niedriger, als sie es damals war, als die Rechnung aufgemacht worden ist, die zufällig auf hundert aufgegangen ist.
Ich halte es für etwas merkwürdig, daß die Partei, die in letzter Zeit sich immer mehr öffentlich zur Stützung und Erhaltung des Eigentums bekennt, hier versucht, den Begriff der Enteignung auszuhöhlen und einen rechtmäßigen Anspruch ablehnt. In anderen Fällen, in denen die Rechtsansprüche vielleicht noch fraglicher waren, wo es sich aber um andere Kreise handelte, hat sie diesen Eigentumsanspruch hundertprozentig vertreten. Wenn man Eigentum stützen und erhalten will - das richtet sich auch an die Kreise der CDU, die damals den Gesetzentwurf zu Fall gebracht haben -, muß man unter allen Umständen die Rechtsgrundlage des Eigentums erhalten und stützen. Das ist eine unabdingbare Voraussetzung. Sonst sind die Erklärungen, man sei für Eigentum, nicht ganz ernst zu nehmen.
Ich habe manchmal das Gefühl, daß in diesem Falle die Bestreitung des Eigentumsanspruchs und die Behauptung, eine Entschädigung sei hier nicht notwendig, einem Ressentiment gegenüber den Personen entspringen, von denen man vermutet, sie seien die Kapitalseigner. Nach Angaben, die ich nicht überprüfen kann, soll es sich um eine sehr große Zahl handeln. Andererseits werden zweifellos auch Kreise darunter sein, denen wir - da bin ich mit Ihnen einig - nicht so sehr gern Geld aus der Entschädigung geben; aber es darf in keiner Weise unseren Rechtsstandpunkt berühren, ob uns die Personen, denen dieser Anspruch zusteht, angenehm sind oder nicht. Wir können hier nur das Recht vertreten.
Ich darf zum Schluß noch zu zwei Bemerkungen des Herrn Bundeswirtschaftsministers Stellung nehmen, denen ich im Gegensatz zum Herrn Kollegen Lindenberg nicht zustimmen kann. Die Reichsbankaktie als Vorläufer der Volksaktie zu bezeichnen, ist doch wohl abwegig. Herr Professor Erhard, Ihre Definition der Volksaktie, die Sie in letzter Zeit gegeben haben und die ich nur mit einigen Vorbehalten gelten lasse, würde darauf nun ganz und gar nicht zutreffen. Diese Leute sind nicht durch irgendwelche finanziellen Vorteile dazu angeregt worden, die Anteile zu zeichnen, sondern haben ganz nüchtern aus den Beweggründen, die man für die Bildung von Eigentum eben haben kann und soll, gehandelt, also nicht auf Grund davon, daß ihnen große Geschenke versprochen worden sind, wie sie bei der Volksaktie die Grundlage bilden.
Und nun das zweite, Herr Minister Erhard, daß ich meine Haltung hinsichtlich einer sehr schnellen Verabschiedung dieses Gesetzes revidieren könnte, wenn ich von Ihnen höre, daß amerikanische Kreise
entrüstet gefragt hätten, warum wir die Schaffung dieses Gesetzes verzögerten, und daß sie damit gedroht hätten, nun ihrerseits die Entschädigung für das deutsche Auslandsvermögen hinauszuzögern. Herr Minister, dazu haben die Amerikaner keinerlei Recht; sie hätten .die Entschädigung für das deutsche Auslandsvermögen ohne jede Einschränkung schon lange vornehmen müssen. Uns hier zu sagen: Geht ihr mit diesem Teil voran, erst dann folgen wir -vielleicht -, das halte ich für unberechtigt. Wir erhalten in der Sache unseren Standpunkt aufrecht und verteidigen das Recht.
Wir werden dem Gesetz unsere Zustimmung geben. Herr Dr. Seume, ich hoffe, daß diesmal die Ausschußberatungen schneller vonstatten gehen, daß wir im Ausschuß alle. Argumente und Gegenargumente, die wir schon zweimal lang und breit einander gegenübergestellt haben, wobei doch niemals der eine den anderen hat überzeugen können, nicht wiederholen.
({0})
Keine weiteren Wortmeldungen? - Die Aussprache ist geschlossen. Es ist Überweisung an den Wirtschaftsausschuß beantragt. Ist das Haus damit einverstanden? - Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Ich lasse jetzt gleich zu der namentlichen Abstimmung läuten. Wird sie beantragt? - Ja, sie wird beantragt. Ich kehre ,damit zu dem Punkt 2 der Tagesordnung zurück. Ich rufe noch einmal Punkt 2 a auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes ({0}) ;
Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses ({1}) ({2});
({3}).
Ich frage, ob ,die Frau Berichterstatterin noch einmal das Wort wünscht. - Sie ist nicht im Saal.
Meine Damen und Herren, ich muß bitten, sich einen Augenblick zu gedulden. Der Rechtsausschuß hat 17.30 Uhr vorgeschlagen. Wir brauchen einen Bericht über die Beschlüsse des Rechtsausschusses. Zur Konstruktion des ganzen Tagesordnungspunktes 2 möchte ich nur sagen, daß 2 a mindestens teilweise angenommen werden muß, damit 2 b und c heute weiter behandelt und eventuell verabschiedet werden können.
Wünscht die Berichterstatterin das Wort? - Ich gebe der Berichterstatterin, Frau Dr. Schwarzhaupt, das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die neue Fassung eines Ausschußberichts wird gerade verteilt. Der Rechtsausschuß ist sich dahin einig geworden, daß diejenigen Bestimmungen, die die Einrichtung der Patentgerichtsbarkeit betreffen, heute in zweiter und dritter Lesung erledigt werden sollen. Das sind die Bestimmungen, die bereits im Zusammenhang
mit der Beratung des Sechsten Überleitungsgesetzes im Ausschuß erörtert worden sind und die dem Inhalt nach in der Drucksache 1748 enthalten sind.
({0})
Ich bitte, Platz zu nehmen, meine Damen und Herren. Der Bericht ist noch nicht verteilt, und Sie ,müssen ja wissen, was beschlossen werden soll.
Bitte, fahren Sie fort!
Es handel t sich um eine Neufassung des Art. 96 a, in den einbezogen werden die Errichtung eines Bundesgerichts für den gewerblichen Rechtsschutz und die Bestimmung, daß oberes Bundesgericht für diese Fragen der Bundesgerichtshof ist. Das ist inhaltlich nichts anderes als das, was auch in der bereits vorgelegten Drucksache 2426 enthalten war.
Der übrige Teil dieser Drucksache, der die Einrichtung eines Vereinigten Senats zur Wahrung der Rechtseinheit unter den oberen Bundesgerichten betrifft, wird wiederum an den Rechtsausschuß verwiesen. Auch dieser Beschluß beruht auf einer Einigung der Mitglieder des Rechtsausschusses.
Ich bitte deshalb, den neu vorgelegten Antrag Drucksache 2445, der soeben verteilt wird, anzunehmen.
Ist die Drucksache 2445 in der Hand des Hauses? -({0})
- Es sind so viele sachkundige Mitglieder des Rechtsausschusses hier, daß ich dennoch die Frage stelle, ob zu dem Bericht der Frau Berichterstatterin das Wort gewünscht wird. - Das Wort wird nicht gewünscht. Wünscht die Berichterstatterin noch einmal das Wort? ({1})
- Dann darf ich bitten, daß die Frau Berichterstatterin sich die Mühe macht und den Antrag vorliest.
Der Antrag des Ausschusses lautet wie folgt:
({0})
Meine Herren! Jetzt hören Sie doch bitte zu! Es ist doch völlig unmöglich, daß wir eine Verfassungsänderung vornehmen, ohne daß das Haus Bescheid weiß, worum es sich handelt.
({0})
Der Antrag des Ausschusses lautet wie folgt:
Der Bundestag wolle beschließen,
1. den folgenden Gesetzentwurf anzunehmen:
„Entwurf eines Zwölften Gesetzes
zur Änderung des Grundgesetzes
Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen; Artikel 79 Abs. 2 des Grundgesetzes ist eingehalten:
Artikel I
Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 ({0}) wird wie folgt geändert:
1. Artikel 96 Abs. 3 wird gestrichen.
2. Artikel 96 a erhält folgende Fassung: ,Artikel 96 a
({1}) Der Bund kann für Angelegenheiten des gewerblichen Rechtsschutzes ein Bundesgericht errichten.
({2}) Der Bund kann Wehrstrafgerichte für die Streitkräfte als Bundesgerichte errichten. Sie können die Strafgerichtsbarkeit nur im Verteidigungsfalle sowie über Angehörige der Streitkräfte ausüben, die in das Ausland entsandt oder an Bord von Kriegsschiffen eingeschifft sind. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz. Diese Gerichte gehören zum Geschäftsbereich des Bundesjustizministers. Ihre hauptamtlichen Richter müssen die Befähigung zum Richteramt haben.
({3}) Oberes Bundesgericht für die in Absatz 1 und 2 genannten Gerichte ist der Bundesgerichtshof.
({4}) Der Bund kann für Dienststrafverfahren gegen Bundesbeamte und Bundesrichter Bundesdienststrafgerichte sowie für Dienststrafverfahren gegen Soldaten und für Verfahren über Beschwerden von Soldaten Bundesdienstgerichte errichten.
Artikel II
Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft."
2. den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes - Drucksache 1748 - als durch die Beschlußfassung zu Nr. i erledigt abzulehnen.
3. den unerledigten Teil des Schriftlichen Berichts des Rechtsausschusses - Drucksache 2426 - an den Rechtsausschuß zurückzuverweisen.
Der Ausschuß beantragt, die Vorlage Drucksache 1748 als erledigt abzulehnen; Drucksache 2426 - der Bericht des Rechtsausschusses - wird geteilt; über einen Teil soll beschlossen werden, ein anderer Teil soll an den Rechtsausschuß zurückverwiesen werden. Ist das dem Hause ganz klar?
({0})
Wenn ich recht verstanden habe, soll der Beschluß, den wir jetzt fassen sollen - über den sich der Rechtsausschuß geeinigt hat - ermöglichen, die Punkte 2b) und 2c) der Tagesordnung überhaupt weiter zu erörtern. - Ist das alles klar? - Gut.
Ich eröffne die zweite Lesung. Wird das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht.
Ich rufe nunmehr aus der Drucksache 2445, die mir in diesem Augenblick vorgelegt wird - das ist die Änderung von Drucksache 2426 - zunächst die Ziffer 1 auf. Das ist der materielle Vorschlag zur Änderung des Grundgesetzes. Ich frage das Haus, ob es willens ist, darüber abzustimmen, bevor ihm der Text schriftlich vorliegt.
({1})
Gut, meine Damen und Herren. Das Verlangen ist berechtigt; ich empfehle dem Hause, so lange zu warten, bis die Verteilung der Drucksache beendet ist. Mit Rücksicht auf den Respekt vor dem Grundgesetz werden wir uns diese kleine Pause gestatten.
({2})
Ich vertage die Sitzung bis 17.45 Uhr. ({3})
Meine Damen und Herren! Die Drucksache 2445 ist verteilt. Das Haus kann also nach dieser Vorlage abstimmen.
Ich rufe noch einmal in der zweiten Lesung die Ziffer 1 dieser Drucksache 2445 auf. Das ist der materielle Teil des Antrags, den die Frau Berichterstatterin dem Hause vorgetragen hat. Ich frage, ob zu dieser Ziffer 1 das Wort gewünscht wird. - Das Wort wird nicht gewünscht. Ich lasse in der zweiten Lesung abstimmen. In der zweiten Lesung genügt die einfache Mehrheit. Wer dem Antrag des Ausschusses in Ziffer 1 der Drucksache 2445 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen?- Bei einer Enthaltung, im übrigen einstimmig angenommen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Ich gebe das Wort dem Herrn Abgeordneten Hoogen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Rechtsausschuß waren wir einmütig der Auffassung, daß die qualifizierte Mehrheit, die für eine Verfassungsänderung nötig ist, nicht durch eine Auszählung, sondern durch namentliche Abstimmung ermittelt werden solle. Deswegen beantrage ich namens meiner Fraktion, der CDU/CSU, namentliche Abstimmung.
Herr Abgeordneter Jahn, Sie haben zunächst noch das Wort für eine Erklärung zur Abstimmung.
Namens der Fraktion der SPD habe ich folgende Erklärung zur Abstimmung abzugeben.
Die SPD-Fraktion begrüßt es, daß in der Frage der notwendigen Grundgesetzänderung, mit der die Voraussetzungen für die Bildung eines Bundespatentgerichts geschaffen werden, ein Kompromiß gefunden werden konnte. Sie stimmt der jetzigen Regelung zu, um damit ihrer Verantwortungsbereitschaft Ausdruck zu verleihen.
Um so mehr bedauert sie das Verfahren, das auch bei der Vorlage der Drucksache 1901 angewandt wurde. Offenbar ist die Regierung der Ansicht, Änderungen des Grundgesetzes seien schließlich nichts anderes als gewöhnliche sonstige Gesetzesvorlagen. Herr Dr. Schröder gebrauchte hier vor wenigen Tagen das herabsetzende Wort von den „vorfabrizierten Kompromissen".
Wir warnen nachdrücklich davor, die verfassungspolitischen Erfordernisse bei einer Änderung des Grundgesetzes zu verkennen. Der hohe Rang des Grundgesetzes erfordert es, vor einer Vorlage durch die Bundesregierung durch Verhandlungen sicherzustellen, daß alle Kräfte dieses Hauses, die die Verantwortung für eine Änderung des Grundgesetzes tragen müssen, an einer etwa erforderlichen Umgestaltung mitwirken. Der Sinn des Artikels 79 des Grundgesetzes besteht nicht darin, daß die Mehrheit von der Minderheit lediglich die Zustimmung zu ihren Erwägungen zu fordern hat, sondern daß beide gemeinsam Einvernehmen über die notwendigen Maßnahmen erzielen. Das gilt besonders dann, wenn, wie hier, schon mehr als sieben Monate vorher von meiner Fraktion schriftlich angeregt wurde, solche gemeinsamen Gespräche zu führen. Weder die CDU/CSU-Fraktion noch die Regierung ist darauf eingegangen.
Wir geben der Erwartung Ausdruck, daß die Bundesregierung und ihre Mehrheit in Zukunft berücksichtigen, daß Verfassungsänderungen nicht Gegenstand einseitiger Beschlüsse sein können.
({0})
Wird weiter das Wort gewünscht? - Keine weiteren Wortmeldungen; die Aussprache in dritter Lesung ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung. Beantragt ist namentliche Abstimmung. Zur Annahme dieser Verfassungsänderung sind 332 Stimmen erforderlich.
Meine Damen und Herren, ich gebe das Ergebnis der namentlichen Abstimmung bekannt. Insgesamt haben 410 uneingeschränkt stimmberechtigte Mitglieder des Hauses ihre Stimme abgegeben. Mit Ja haben 410 uneingeschränkt stimmberechtigte Mitglieder des Hauses gestimmt, außerdem 17 Berliner Abgeordnete, sämtlich mit Ja. Damit ist diese Änderung des Grundgesetzes, soweit es den Bundestag angeht, angenommen.
Ja
CDU/CSU
Frau Ackermann
Graf Adelmann
Dr. Aigner
Arndgen
Baier ({0})
Baldauf Balkenhol Dr. Bartels
Dr. Barzel
Bauer ({1}) Bauereisen
Bauknecht
Dr. Becker ({2}) Becker ({3}) Berberich
Berger
Dr. Bergmeyer
Dr. Besold
Fürst von Bismarck
Frau Dr. Bleyler
Blöcker
Frau Blohm
von Bodelschwingh
Dr. Böhm Brand
Frau Brauksiepe
Frau Dr. Brökelschen
Brück
Dr. Bucerius
Bühler
Dr. Burgbacher Burgemeister
Dr. Conring
Dr. Czaja Deringer Diebäcker
Diel
Dr. Dollinger
Draeger
Dr. Dr. h. c. Dresbach Eichelbaum
Dr. Elbrächter
Frau Engländer
Enk
Eplée
Dr. Dr. h. c. Erhard
Dr. Even ({4})
Even ({5})
Finckh
Dr. Franz Franzen Dr. Frey
Dr. Fritz ({6}) Fritz ({7})
Fuchs
Frau Dr. Gantenberg
Gedat
Gehring
Frau Geisendörfer
Gerns
D. Dr. Gerstenmaier Gewandt
Gibbert Giencke
Dr. Gleissner ({8}) Glüsing ({9})
Dr. Görgen
Dr. Götz Goldhagen
Gontrum Dr. Gossel
Freiherr zu Guttenberg Hackethal
Häussler Hahn
Dr. Hahne
Dr. von Haniel-Niethammer
Harnischfeger
Dr. Hauser
Dr. Heck ({10})
Dr. Graf Henckel
Dr. Hesberg
Hesemann Höcherl
Dr. Höck ({11})
Holla
Hoogen Horn
Huth
Dr. Huys Dr. Jaeger Jahn ({12})
Frau Kalinke
Dr. Kanka Katzer
Kemmer
Dr. Kempfler
Kirchhoff Kisters
Knobloch Dr. Knorr Koch
Kramel
Krammig Kroll
Krüger ({13})
Krüger ({14})
Krug
Kühlthau Kunst
Kuntscher
Lang ({15})
Dr. Leiske Lenz ({16})
Lenze ({17})
Leonhard Lermer
Dr. Lindenberg
Dr. Löhr
Lücke ({18})
Maier ({19})
Majonica
Dr. Baron Manteuffel-Szoege Maucher
Meis
Memmel Mengelkamp
Mensing
Meyer ({20})
Mick
Muckermann
Mühlenberg
Müller-Hermann
Müser
Neuburger Nieberg Niederalt
Frau Niggemeyer
Dr. Dr. Oberländer
Oetzel
Frau Dr. Pannhoff
Pelster
Dr. h. c. Pferdmenges
Dr. Pflaumbaum
Dr. Philipp
Frau Pitz-Savelsberg
Frau Dr. Probst
Probst ({21})
Frau Dr. Rehling
Dr. Reinhard
Dr. Reith Richarts Riedel ({22})
D r. Ripken
Frau Rösch
Rösing Rollmann
Rommerskirchen
Dr. Rüdel ({23})
Ruf
Ruland Schäffer
Scharnberg
Scheppmann
Schlee Schlick
Frau Schmitt ({24}) Schmücker
Dr. Schröder ({25}) Schütz ({26}) Schulze-Pellengahr
Dr. Schwörer
Seidl ({27})
Dr. Serres
Siebel
Dr. Siemer
Simpfendörfer
Solke
Spies ({28})
Spies ({29}) Stauch
Frau Dr. Steinbiß
Dr. Steinmetz
Stiller
Dr. Stoltenberg
Storch
Dr. Storm ({30})
Storm ({31}) Strauß
Struve Sühler "teriete Unertl Varelmann
Vehar
Frau Vietje
Dr. Vogel
Vogt
Wacher Dr. Wahl
Frau Dr. h. c. Weber ({32}) Dr. Weber ({33}) Wehking
Weinkamm
Frau Welter ({34})
Dr. Werber
Wieninger
Dr. Wilhelmi
Dr. Willeke
Windelen
Winkelheide
Dr. Winter
Wittmann Wittmer-Eigenbrodt
Worms
Dr. Wuermeling Wullenhaupt
Dr. Zimmermann
Berliner Abgeordnete
Benda
Dr. Dr. h. c. Friedensburg
Dr. Gradl
Hubner Stingl
SPD
Frau Albertz Altmaier
Altvater
Auge
Dr. Baade Bach
Bading
Bäumer Bals
Bauer ({35})
Baur ({36})
Bay
Dr. Bechert Behrendt Behrisch
Frau Bennemann
Bergmann Berkhan Berlin
Bettgenhäuser
Frau Beyer ({37}) Blachstein
Dr. Bleiß Börner
Dr. Brecht Bruse
Büttner
Corterier Cramer
Dr. Deist Dewald Diekmann Dröscher Frau Eilers ({38})
Eschmann Faller
Felder
Folger
Franke
Dr. Frede Frehsee Geiger ({39})
Geritzmann Hamacher Hansing
Dr. Harm Hauffe
Heide
Dr. Dr. Heinemann Hellenbrock
Frau Herklotz
Hermsdorf Herold
Höcker
Höhmann Höhne
Hörauf
Frau Dr. Hubert
Hufnagel Iven ({40})
.Jacobi
Jahn ({41})
Jaksch
Junghans Jungherz Frau Keilhack
Frau Kettig
Keuning
Killat ({42})
Kinat ({43})
Könen ({44})
Koenen ({45})
Frau Korspeter
Kraus
Dr. Kreyssig
Kurlbaum Lange ({46})
Lantermann
Lautenschlager
Lohmar
Ludwig
Lücke ({47}) Lünenstraß
Marx
Matzner
Meitmann
Metter
Dr. Meyer ({48}) Meyer ({49}) Frau Meyer-Laule
Dr. Mommer
Müller ({50}) Müller ({51}) Müller ({52})
Frau Nadig
Nellen
Odenthal Paul
Pöhler
Pohle
Prennel Priebe
Pütz
Pusch
Regling Rehs
Reitz
Reitzner Frau Renger
Rimmelspacher
Rhode
Rodiek
Frau Rudoll
Ruhnke
Dr. Schäfer
Frau Schanzenbach Scheuren
Dr. Schmid ({53}) Dr. Schmidt ({54}) Schmitt-Vockenhausen Schröder ({55}) Seidel ({56})
Seither Frau Seppi
Seuffert Stierle
Sträter Striebeck Frau Strobel
Dr. Tamblé
Theil ({57})
Theis ({58}) Wagner
Wegener Wehner Welke
Welslau
Weltner ({59})
Frau Wessel
Wilhelm Wischnewski
Wittrock Zühlke
Berliner Abgeordnete
Frau Berger-Heise
Dr. Königswarter
Frau Krappe
Mattick
Neumann Scharnowski
Schröter ({60})
Schütz ({61})
FDP
Dr. Achenbach
Dr. Bucher Dr. Dahlgrün
Frau Dr. Diemer-Nicolaus Dowidat
Dürr
Eberhard
Eilers ({62})
Frau Friese-Korn
Dr. Hoven Keller
Dr. Kohut Kreitmeyer Freiherr von KühlmannStumm
Lenz ({63})
Margulies Dr. Miessner Mischnick
Freiherr von Mühlen Rademacher
Ramms
Sander
Dr. Schneider ({64}) Schultz
Spitzmüller Dr. Starke
Weber ({65}) Zoglmann
Berliner Abgeordnete
Frau Dr. Dr. h. c. Lüders Dr. Will
Gruppe DP
Matthes
Schneider ({66}) Dr. Schneider ({67})
Dr. Schranz
Tobaben
Wir kommen zu Ziffer 2 des Antrags des Rechtsausschusses Drucksache 2445, die Drucksache 1748 als erledigt anzusehen. Ist das Haus mit diesem Vorschlag ,des Ausschusses einverstanden? - Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Wir kommen zu Ziffer 3 ,des gleichen Antrags,
den unerledigten Teil des schriftlichen Berichts des
Rechtsausschusses - Drucksache 2426 - an den Rechtsausschuß zurückzuverweisen. Ist das Haus damit einverstanden? - Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen.
Ich rufe auf Punkt 2 b der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Sechsten Gesetzes zur Änderung und Überleitung von Vorschriften auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes ({68}) ;
Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses ({69}) ({70})
({71}).
Ich frage ,den Berichterstatter, Herrn Abgeordneten Deringer, ob er das Wort wünscht. - Er verzichtet. Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Da hier Änderungsanträge vorliegen, muß ich nummernweise aufrufen.
Ich rufe zunächst Art. 1 § 1 Nrn. i bis 26 auf Hierzu liegen keine Änderungsanträge vor. Wird dazu das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem aufgerufenen Art. 1 § 1 Nrn. 1 bis 26 der Vorlage zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? -- Bei einer Enthaltung einstimmig angenommen.
Ich rufe auf Art. 1. § 1 Nr. 27 bis § 36 h. Insoweit liegen keine Änderungsanträge vor. Wird dazu das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Ich rufe auf Art. 1 § 1 Nr. 27 betr. § 36 i - in der Vorlage auf Seite 14 rechts -. Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Abgeordneten Deringer, Jahn ({72}), Dr. Bucher und Genossen vor. Ich frage, ob zu diesem Änderungsantrag das Wort gewünscht wird. - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer diesem Änderungsantrag Umdruck 736 Ziff. 1 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. -Gegenprobe! - Enthaltungen? - Dieser Änderungsantrag ist einstimmig angenommen.
Ich rufe § 36 i in der so geänderten Fassung auf. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! Enthaltungen? - § 36 i ist in der geänderten Fassung angenommen. Ich rufe die §§ 36 k bis 42 m auf. Hierzu liegen keine Änderungsanträge vor. Wird dazu das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Wir stimmen nun ab über die Ziffer 28 ({73}) bis 46. Keine Änderungsanträge. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wer zustimmen will, gebe bitte ein Handzeichen. - Gegenprobe! Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Nun folgt Art. 2 auf Seite 32 der Vorlage. Zu diesem und den folgenden Artikeln 3 und 4 liegen keine Änderungsanträge vor. Wird zu Art. 2, 3 und 4 das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wer diesen Artikeln zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
In Art. 5 liegt zu § 10 auf Umdruck 743 ein Änderungsantrag vor. Wird dazu das Wort gewünscht? - Bitte sehr, Herr Abgeordneter Dr. Stecker.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! § 10 in der Fassung der Regierungsvorlage sieht vor, daß der Präsident des neugeschaffenen Bundespatentgerichts ebenso wie der Präsident des Patentamtes in Besoldungsgruppe B 7 eingestuft wird. Dieser Einstufung lag die Überlegung zugrunde, daß das bisherige Bundespatentamt jetzt praktisch in ein Patentamt und ein Patentgericht - mit gewissen Modifikationen; das ist richtig - geteilt wird.
({0})
Der bisherige Präsident des Bundespatentamts, das auch die gerichtlichen Befugnisse wahrnahm, war in B 7 eingestuft. Wenn nun eine Teilung erfolgt, liegt es nahe, daß die beiden Präsidenten in die gleiche Stufe eingestuft werden. Der Rechtsausschuß meinte aber, man müsse den Präsidenten des Bundespatentgerichts in B 8 einstufen, den des Patentamtes in B 7. Der Haushaltsausschuß und auch der Innenausschuß, der ja normalerweise für eine solche Besoldungsänderung federführend ist, haben die Meinung vertreten, daß B 7 für beide Präsidenten die richtige Einstufung wäre. Der Haushaltsausschuß hat insbesondere dabei berücksichtigt, daß eine andere Einstufung, wenn sie hier anläßlich eines Spezialgesetzes erfolgte, zu Weiterungen auf verschiedenen Gebieten führen könnte.
Der Rechtsausschuß ist nun der Meinung gewesen, daß man etwa das Bundespatentgericht einem Oberlandesgericht gleichsetzen könnte und daß die Präsidenten der vier größten Oberlandesgerichte auch eine B 8-Stelle innehätten. Nun sind wir der Meinung gewesen, daß eine Vergleichbarkeit hier nicht vorliegt, daß das Patentgericht praktisch ein erstinstanzliches Gericht ist und deshalb natürlich umfangreicher in der Personalausstattung ist, während das Oberlandesgericht immer ein zweitinstanzliches und oft drittinstanzliches Gericht ist.
Es wäre daher zu wünschen, daß die Regierungsvorlage wiederhergestellt wird, die vorsieht, daß beide Präsidenten in B 7 eingestuft werden. Das ist der Sinn des Antrags Umdruck 743.
Es ergibt sich auch noch folgende Schwierigkeit: Hausherr in der gemeinsamen Unterkunft, in der Amt und Gericht sind, ist der Leiter des Patentamts, der dann trotzdem niedriger eingestuft würde. Wir würden also nach allen Seiten Schwierigkeiten und. Berufungen bekommen, während wir auf der anderen Seite keine Veranlassung haben, die Tatsache, daß das Land Nordrhein-Westfalen bei der Beförderung und der Einstufung einiger Präsidenten. wieder vorgezogen hat, wie wir das oft erleben. zu bestätigen, indem wir hier ebenfalls eine Sonderregelung treffen.
({1})
Bitte, Herr Abgeordneter Deringer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Rechtsausschuß hat bei seiner zweiten Beratung dieses Punktes von den
Bedenken des Innen- und des Haushaltsausschusses
Kenntnis genommen. Er hat sich aber trotzdem dafür entschieden, bei seinem Beschluß zu bleiben
Die Dinge liegen nämlich so: Als der Regierungsentwurf erstellt wurde, ging man davon aus, daß der Präsident des neuen Bundespatentgerichts mindestens ebenso eingestuft werden sollte wie die Präsidenten der gleichrangigen Oberlandesgerichte und Oberverwaltungsgerichte. Inzwischen sind aber eine Reihe von Oberlandesgerichtspräsidenten in B 8 eingestuft worden, darunter Präsidenten solcher Oberlandesgerichte, die - was wesentlich ist - weniger Senate haben als das Bundespatentgericht. Das Bundespatentgericht wird 25 Senate haben. Das OLG Hamm hat 19. Die Zahl der Senate des OLG Düsseldorf weiß ich nicht. Das OLG Köln hat sogar nur 11 Senate.
Außerdem, meine Damen und Herren, haben die Präsidenten einer Reihe von Oberverwaltungsgerichten die Stelle B 8, z. B. der Präsident des Oberverwaltungsgerichts München, während der Präsident in Münster sogar die Stelle B 9 hat. Würden wir den Präsidenten des Bundespatentgerichts in B 7 einstufen, dann würde sich die merkwürdige Situation ergeben, daß, wenn die Klagen gegen das Patentamt, die zur Zeit beim Verwaltungsgericht bzw. beim Verwaltungsgerichtshof, also beim Oberverwaltungsgericht München schweben, an das Bundespatentgericht zurückgehen, sie damit an ein Gericht gehen, dessen Präsident nur in B 7 eingestuft ist. Ich halte also zunächst einmal den Vergleich mit anderen Gerichten für notwendig.
Zweitens, meine Damen und Herren, möchte ich darauf hinweisen, daß es sich hier um ein Gericht handelt, das mit ganz besonders komplizierten rechtlichen, technischen und wirtschaftlichen Fragen zu tun hat, die in ihrer Bedeutung noch weit über viele Fälle hinausgehen, die normalerweise bei Oberlandesgerichten entschieden werden.
({0})
- Nein, strafrechtliche nicht.
Aus diesen beiden Gründen, meine Damen und Herren, hat es der Rechtsausschuß für richtig gehalten, bei seinem bisherigen Beschluß zu bleiben. Wir bitten Sie deshalb, den Änderungsantrag abzulehnen.
({1})
Wird das Wort zum Änderungsantrag weiter gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Dann stimmen wir über den Antrag Umdruck 743 ab. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. -Gegenprobe! - Das erste war die Mehrheit; der Antrag ist angenommen.
Wir stimmen nunmehr über § 10 in der neuen Fassung ab. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen.- Gegenprobe! - Gegen einige Gegenstimmen angenommen.
Vizepräsident Dr. Schmid
Nunmehr kommen wir zur Gesamtabstimmung über Art, 5. Wer Art. 5 im ganzen zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Ich rufe Art. 6, und zwar zunächst § 11 auf. Es liegt ein Änderungsantrag vor. Sie finden ihn ,auf Umdruck 740. Er betrifft § 11 Abs. 2, 3, 4, 5, 6 und 7. Wer begründet? - Frau Dr, Kuchtner hat das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte, in diesem Punkte die Regierungsvorlage wiederherzustellen. Beim Verwaltungsgericht München und beim Verwaltungsgerichtshof München liegt noch eine große Anzahl unerledigter Streitsachen. Es ist berechnet worden, daß die Erledigung dieser Fälle etwa eineinhalb bis zwei Jahre in Anspruch nehmen würde. Es erscheint daher zur Entlastung der Verwaltungsgerichte notwendig, diese Prozesse, für die nun ein sachkundiges Gremium beim Patentgericht geschaffen worden ist, dorthin zu verweisen. Der Recht-suchende erhält damit schneller eine Entscheidung. Seine Angelegenheit wird auch nicht etwa an denselben Senat oder an dieselbe Stelle zurückverwiesen, sondern das Patentgericht ist eine eigens geschaffene neue Institution. Sollten irgendwelche Personen mit der früheren Entscheidung befaßt gewesen sein, so werden sie sich an der neuerlichen Entscheidung nicht mehr beteiligen können.
Es liegt also im Interesse der Rechtsuchenden und der Gerichtsbarkeit, die allgemein bestehende Übung, daß das Verfahrensrecht sofort eingreift, auch hier anzuwenden und keine Ausnahmen zu machen. Ich bitte deshalb, dem Antrag auf Wiederherstellung der Regierungsvorlage zuzustimmen.
({0})
Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann stimmen wir ab. Wer dem Antrag Umdruck 740 ({0}) zustimmen will, der gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; angenommen.
Wer § 11 in der durch den soeben angenommenen Antrag geänderten Fassung annehmen will, der gebe das Handzeichen. Das ist die Mehrheit; angenommen.
Wer begründet den Antrag Umdruck 736 Ziff. 2 zu § 12?
({1})
Wird das Wort dazu gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann stimmen wir ab. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Wer § 12 in der neuen Fassung annehmen will, gebe das Handzeichen. - Das ist die Mehrheit; angenommen.
Weitere Änderungsanträge liegen nicht vor.
Ich rufe auf die §§ 13, - 14, - 15, - 16, - 17, - 18, - 19, - 20, - 21, - 22, - Einleitung und Überschrift. - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer den aufgerufenen Bestimmungen zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Das ist die Mehrheit; angenommen.
Ich rufe auf zur
dritten Beratung
und eröffne die allgemeine Aussprache. - Das Wort wird nicht gewünscht. Änderungsanträge liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.
Wer dem Gesetz in der in der zweiten Beratung angenommenen Fassung zustimmen will, der möge sich von seinem Sitz erheben. - Gegenprobe! -Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Wir kommen zur Ziffer 2 des Ausschußantrags. Wird das Wort dazu gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wer zustimmen will, der gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Ich rufe auf Punkt 2c der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die am 31. Oktober 1958 in Lissabon beschlossene Fassung der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums vom 20. März 1883 und über die am 31. Oktober 1958 in Lissabon beschlossene Fassung des Madrider Abkommens vom 14. April 1891 über die Unterdrückung falscher oder irreführender Herkunftsangaben ({2});
Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses ({3}) ({4})
({5}).
Berichterstatter ist der Abgeordnete Deringer.
- Sie verzichten auf die Erstattung eines mündlichen Berichtes. Ist das Haus damit einverstanden?
- Das ist der Fall.
Wir kommen zur Abstimmung. Art. 1, - Art. 2,
- Art. 3, - Einleitung und Überschrift! - Wer zustimmen will, ,der gebe das Handzeichen. - Ich stelle einstimmige Annahme fest. Die zweite Beratung ist geschlossen. Ich rufe auf zur
dritten Beratung.
Wird Idas Wort zur allgemeinen Aussprache gewünscht? - Änderungsanträge liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung. Wer ,das Gesetz im ganzen annehmen will, der möge sich erheben. -Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Ich rufe Punkt 6 der Tagesordnung auf
Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung sozialversicherungsrechtlicher Vorschriften ({6}),
Vizepräsident Dr. Schmid
a) Bericht des Haushaltsausschusses ({7}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung ({8})
b) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik ({9}) ({10})
({11}).
Der Herr Berichterstatter zu Punkt 6 a, der Abgeordnete Dr. Götz, verzichtet ,auf die Erstattung seines Berichtes. Ist das Haus damit einverstanden? - Ich höre keinen Widerspruch. Wird das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall.
Auf Umdruck 741 liegt 'ein Änderungsantrag vor. Zur Begründung hat 'der Abgeordnete Horn das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem Antrag Umdruck 741 soll keine Änderung der Ausschußvorlage erfolgen. Durch diesen Antrag wird kein Paragraph berührt oder geändert, der in der Ausschußvorlage aufgeführt ist. Es handelt sich vielmehr darum, einen neuen Art. 4 a zu schaffen.
Sachlich ist dazu folgendes zu bemerken. Es wird beantragt, die Worte „bis zum 31. Dezember 1960" durch die Worte „bis zur Neuregelung des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung" zu ersetzen. Die bis zum 31. Dezember 1960 geltende Regelung sah vor, daß die Rentenversicherungsträger den Krankenkassen die Beiträge zur Krankenversicherung der Rentner zu zahlen hatten. Die Rechtsgrundlage für die Beitragsregelung ist mit dem 31. Dezember 1960 entfallen.
In Vorgesprächen, die interfraktionell geführt worden sind, bestand unter den Fraktionen Übereinstimmung darüber, daß man dieses mit dem 1 . Januareingetretene Vakuum ,so rasch wie möglich durch eine Vorschrift beseitigen sollte, wie sie jetzt hier beantragt wird. Die bis zum Schluß dies vergangenen Jahres geltende Beitragsregelung soll bis zur Neuregelung des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung weitergelten.
Die unter den Fraktionen 'bestehende Übereinstimmung wird u. a. dadurch 'deutlich, daß z. B. die SPD-Fraktion vor einigen Tagen im Hause einen besonderen Antrag eingebracht hat, der den Abgeordneten bereits vorliegt. Die CDU/CSU-Fraktion ist aber der Meinung, daß man die erste sich bietende Gelegenheit benutzen sollte, um diese Sache gesetzlich zu regeln. Diese erste Gelegenheit ist heute gegeben. Aus diesem Grunde beantragt meine Fraktion, in die Ausschußvorlage einen Art. 4 a neu einzufügen, dessen Wortlaut Sie auf Umdruck 741 finden.
Ich bitte das Hohe Haus, unserem Erweiterungsantrag zuzustimmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Professor Schellenberg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf beruht auf einem gemeinsamen Antrag aller Fraktionen. Die vorgeschlagenen Änderungen sind gemeinsam in den Ausschußberatungen erarbeitet worden. Nach dieser gemeinsamen Arbeit hätte es einem Gebot der Fairneß entsprochen, wenn den Fraktionen von dem jetzt vorliegenden Antrag Kenntnis gegeben worden wäre, zumal er im Wortlaut unserem Gesetzesantrag entspricht.
({0})
Niemandem, der die Zusammenhänge überschaut, kann es entgehen, weshalb Sie jetzt diese Regelung, die wir in unserem Gesetzentwurf auch vorschlagen, hier einbauen wollen. Dadurch soll nämlich eine Debatte über den Stand der Neuregelung der gesetzlichen Krankenversicherung vermieden werden. Aber, meine Damen und Herren, wir freuen uns, daß wir Ihnen mit unserem Gesetzentwurf Formulierungshilfe leisten konnten, und werden dem Antrag zustimmen.
({1})
Herr Abgeordneter Horn hat das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen
und Herren! Es ist richtig, daß der Gesetzentwurf, der zur Verabschiedung ansteht, auf einem interfraktionellen Antrag beruht und daß die Bestimmungen im Ausschuß in völligem Einvernehmen der drei Fraktionen beschlossen wurden. Aber der Herr Kollege Schellenberg hat hier etwas gesagt, was ich nicht unwidersprochen lassen kann. Er hat erklärt, daß es einem Gebot der Fairneß entsprochen hätte, wenn wir die anderen Fraktionen vorher über unseren Antrag unterrichtet hätten. Da dieses Wort von der Fairneß gefallen ist, muß ich dem Hohen Hause von folgendem Kenntnis geben; ich habe es bereits in der Begründung unseres Antrags angesprochen.
Wir hatten interfraktionell, jedenfalls in den Gesprächen zwischen Herrn Dr. Schellenberg und mir und gelegentlich wohl auch mit der FDP, darüber gesprochen, daß man eine Regelung, wie sie in diesem Antrag vorgesehen ist, beschleunigt treffen sollte. Wir haben dann in unseren Arbeitskreisen diese Frage besprochen. Ich bin anschließend zu Herrn Kollegen Schellenberg gegangen, habe ihm von dem Einverständnis unseres Arbeitskreises IV Mitteilung gemacht und dazu erklärt, daß wir bereit seien, einen dahin gehenden interfraktionellen Antrag zu stellen. Darauf hat mir Herr Kollege Schellenberg erwidert, in seinem Arbeitskreis seien die Kollegen der Auffassung gewesen, daß man diesen Antrag seitens der SPD-Fraktion alleine stellen sollte. Ich habe Herrn Schellenberg dann erklärt: Nun gut, dann stellen Sie Ihren Antrag; wir werden auch einen stellen. Daraufhin erschien diese Drucksache der SPD.
Meine Damen und Herren, wenn man nach den voraufgegangenen Gesprächen und Unterhaltungen von Fairneß sprechen will, wäre es am Platze ge7982
Wesen, nachdem ich für unsere Fraktion die Bereitschaft erklärt hatte, einen solchen interfraktionellen Antrag zu stellen, daß man dieser Bereitschaft, so wie es vorher bei den Unterhaltungen in Aussicht genommen war, entsprochen hätte.
Aber Herr Schellenberg sagt hier: Wir wissen sehr wohl, warum dieser Antrag heute eingebracht worden ist. Dazu möchte ich den Kollegen von der sozialdemokratischen Fraktion erwidern: Auch uns ist sehr wohl geläufig, was Sie mit dieser Erklärung, Sie wollten den Antrag alleine stellen, beabsichtigten. Herr Kollege Schellenberg hat es jetzt soeben deutlich werden lassen: Man wollte an diesen Antrag eine Debatte über den Stand der Regelung in Sachen Krankenversicherungsreform anknüpfen, man wollte einen Aufhänger haben, um diese breite Debatte starten zu können. Wenn Sie so wollen, verehrter Herr Kollege Schellenberg, dann ist die Einbringung dieses Antrags bei der heutigen Gelegenheit, auch wenn wir noch nicht Freitag haben, eine gewisse Retourkutsche auf Ihre Absicht und Ihren Antrag.
Wir ergreifen diese erste Gelegenheit - ich wiederhole das -, um dieses Vakuum zu beseitigen und die Frage wieder zu regeln. Ich registriere dabei, daß Herr Kollege Schellenberg erklärt hat, Sie würden diesem Antrag zustimmen.
({0})
Das Wort hat der Abgeordnete. Professor Schellenberg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn wir hier schon von Besprechungen zwischen den Fraktionen berichten, so müssen wir den genauen Zeitablauf schildern.
Die Initiative ging von den Sozialdemokraten aus.
({0})
Die Sozialdemokraten haben erklärt: Die Dinge müssen geregelt werden. Dann hat die Fraktion der CDU/CSU sehr lange geschwankt, weil nämlich die Regierung gegen die Initiative war. Wir haben darauf unseren eigenen Gesetzentwurf ausgearbeitet und als Antrag eingebracht. Als dann die CDU schließlich kam und sagte: Jetzt wollen wir gemeinsam handeln, erwiderten wir: Danke, wir haben unseren Antrag bereits fertig. So war der Tatbestand.
({1})
Wird das Wort noch gewünscht? - Das scheint nicht der Fall zu sein.
Dann stimmen wir ab, und zwar über den Antrag Umdruck 741 Ziffer 1. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Es liegt ein weiterer Antrag auf Umdruck 741 Ziffer 2 vor. Wird dazu das Wort gewünscht?Das ist nicht der Fall.
Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. -Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmige Annahme.
Ich rufe nunmehr auf die Art. 1 bis 6, Einleitung und Überschrift. Wer diesen Artikeln in der nunmehr festgestellten Fassung, der Einleitung und Überschrift zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Einstimmige Annahme.
Die zweite Beratung ist geschlossen. Wir kommen zur
dritten Beratung.
Ich rufe auf zur allgemeinen Aussprache. - Das Wort wird nicht gewünscht. Änderungsanträge liegen nicht vor. Wer dem Gesetz im ganzen zustimmen will, der möge sich erheben. - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Meine Damen und Herren, es ist mir mitgeteilt worden, daß die Fraktionen, zum mindesten aber die Herren Fraktionsgeschäftsführer, sich geeinigt haben, Punkt 14 der Tagesordnung nicht heute, sondern als einzigen Punkt am Freitag zu beraten. Bin ich richtig unterrichtet?
({0})
- Danke schön. Ich halte das für eine sehr weise Vereinbarung.
Ich rufe Punkt 7 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des § 252 des Lastenausgleichsgesetzes ({1}) ;
Schriftlicher Bericht des Ausschusses für den Lastenausgleich ({2}) ({3}) ;
({4}). Berichterstatter ist der Abgeordnete Zühlke.
({5})
-Sie beziehen sich auf Ihren Schriftlichen Bericht. Das Haus ist einverstanden. Ich danke dem Herrn Berichterstatter für seinen Schriftlichen Bericht.
Ich eröffne die zweite Beratung und rufe auf Art. 1. Hierzu liegen Änderungsanträge - Umdrucke 737 und 739 - vor. Der Antrag Umdruck 737 ist der weiter gehende. Danach sollen in Art. 1 in § 252 Abs. 2 die Worte „nach dem 31. Dezember 1962" durch die Worte „nach dem 30. Juni 1961" ersetzt werden. Wird das Wort gewünscht? - Das Wort hat der Abgeordnete Rehs.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Drucksache 2418 ist ein Vorreiter des großen Änderungsgesetzes zum Lastenausgleichsgesetz, das ursprünglich die 13. Novelle werden sollte und das nun, nach der heutigen Vorlage, zur 14. Novelle werden wird. Nach dem Aussehen des Vorreiters pflegt man im allgemeinen auf die Hauptperson zu schließen. Die Vorlage Drucksache 2418 ist deshalb von Bedeutung für das, was in der
14. Novelle zu erwarten sein wi rd. Insbesondere wird die Abstimmung über den von uns gestellten Antrag den Betroffenen draußen weitgehenden Aufschluß über die Grundhaltung insbesondere der Regierungsmehrheit geben.
Die heutige Vorlage enthält nur eine Änderung des § 252 des Lastenausgleichsgesetzes, und zwar in drei Punkten, die mit der Reihenfolge und dem Zeitpunkt der Hauptentschädigungszahlung zusammenhängen. Die wesentlichste Neuerung ist die Bestimmung, daß vom April 1961 an die Hauptentschädigung statt durch Barzahlung durch Begründung von Spareinlagen erfüllt werden kann. Die sozialdemokratische Fraktion begrüßt diesen Beschluß des Ausschusses. Wir begrüßen diese Regelung deshalb, weil mit ihr der Versuch gemacht wird, die Hauptentschädigungsberechtigten durch die in Aussicht gestellte Inanspruchnahme des Bankapparats schneller in den Genuß ihrer Entschädigung zu bringen.
Ich habe bereits bei der ersten Lesung des von der CDU eingebrachten Entwurfs die Frage gestellt, warum diese Regelung seitens der Regierung nicht früher an das Hohe Haus herangetragen worden ist, zumal ja doch mindestens insoweit, als es sich um die Regelung hinsichtlich der Schuldverschreibungen handelt, seit der 11. Novelle die gesetzliche Regelung für die Regierung bereits vorhanden war. Diese Frage ist bis heute nicht beantwortet worden. Es handelt sich also insoweit bei der heutigen Vorlage um nichts anderes als darum, das seit Jahren Versäumte nachzuholen, und es besteht kein Anlaß, hierauf etwa besonders stolz zu sein und sich deswegen Blumen an den Hut stecken zu wollen.
Meine Damen und Herren, in der Vorlage ist vorgesehen, daß die näheren Modalitäten für die Erfüllung der Hauptentschädigung über Sparkonten einer Rechtsverordnung vorbehalten werden. Ich möchte deshalb ausdrücklich erklären, daß es von der Fähigkeit, der Umsicht und dem guten Willen der Verwaltung abhängen wird, in welchem Umfange von der im Gesetz geschaffenen Möglichkeit Gebrauch gemacht wird. Wir hoffen, daß zum Wohle der Hauptentschädigungsberechtigten, die 15 Jahre nach dem Eintritt des Schadensfalles mit Recht die Auszahlung ihrer Entschädigung verlangen, von der vom Gesetzgeber mit der Annahme dieses Gesetzes geschaffenen Möglichkeit in größtem Umfange Gebrauch gemacht wird, und zwar sowohl hinsichtlich des Personenkreises als auch hinsichtlich der Bemessung der in Frage stehenden Beträge. Hier wird die Verwaltung zu beweisen haben, daß die schönen Worte, die anläßlich der ersten Lesung von dieser Stelle aus vom Bundesvertriebenenminister gesprochen wurden, keine leere Verheißung waren. Das neuerliche Versprechen, daß die Bundesregierung in ihren Bemühungen um Vorfinanzierungsmaßnahmen nicht stehenbleiben wird, ist hier in die Tat umzusetzen.
Sie wissen, meine Damen und Herren, daß die Frage, wie die Berechtigten schneller in den Genuß ihrer Hauptentschädigung gelangen können, seit Jahren diskutiert wird. Hierfür sind alle möglichen
sehr beachtlichen Pläne entworten worden. Ich erinnere nur an den sehr durchdachten sogenannten Zimmer-Plan. Von diesem ist bisher seitens der Bundesregierung nicht Gebrauch gemacht worden. Ich darf in diesem Zusammenhang auch an die Regierungserklärung vom 29. Oktober 1957 erinnern, in der es hieß: „Wir werden versuchen, Wege zu finden, um die im Lastenausgleichsgesetz vorgesehenen Wartezeiten zu kürzen." Deshalb dürfen die Vorfinanzierungsmaßnahmen, die in dem heute vorliegenden Gesetzentwurf auf dem Wege über die Sparkassen getroffen werden, nur ein Anfang sein. Wir erwarten, daß die angekündigten weiteren Vorfinanzierungsmaßnahmen von der Regierung so rechtzeitig vorgelegt werden, daß wir sie noch im Rahmen der Beratungen über die 14. Novelle berücksichtigen und die ganze Novelle darauf einstellen können.
Ich möchte hervorheben, daß bisher der hier und heute zur Entscheidung stehende Antrag diese Hoffnung nicht begründet; denn die Sperrfrist für die Spareinlagen ebenso wie ,die Tilgungszeit für Schuldbuchforderungen läuft nach wie vor bis zum 31. März 1979, d. h. bis zum Ende des Lastenausgleichs. Bisher zeichnet sich also noch nicht ab, daß auch nur ein einziger Tag an der überlangen Auszahlungszeit von 30 Jahren eingespart wird.
Aus dieser Sicht ist der Antrag der sozialdemokratischen Fraktion zu sehen, in § 252 Abs. 2 die Worte „nach dem 31. Dezember 1962" durch die Worte „nach dem 30. Juni 1961" zu ersetzen. Die Entscheidung über diesen Antrag wird ein Test des guten Willens sein, insbesondere auf der Seite der Regierungsmehrheit.
Von der Verwaltung sind, insbesondere auch in den Ausschußberatungen, einige Einwendungen gegen die Regelung erhoben worden. Uns können diese Bedenken nicht überzeugen. Ich möchte in diesem Zusammenhang auf die ausgezeichneten Überlegungen verweisen, die von dem früheren Oberbürgermeister Dr. Blaum in der Januar-Ausgabe der „Selbsthilfe" zu diesem Fragenkomplex angestellt worden sind. Er schreibt dort - ich darf mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten zitieren -:
Es ist nicht zu verstehen, weshalb die Novelle nicht den Beginn der Auszahlung der vom 1. 1. 1961 ab fälligen Zinsen vorschlägt. Im Wirtschafts- und Finanzplan des Bundesausgleichsamts ist unter den Ausgaben B 1 der Betrag für die Hauptentschädigung im Jahre 1961 mit 1,150 Milliarden angesetzt. Der Betrag der bei halbjähriger Zinszahlung im Jahre 1961 aufzubringenden Summen würde infolge des Ansteigens der Zuerkennungsfälle um 220 000 je Halbjahr auf 247 Millionen DM ansteigen. Selbst wenn durch die Auszahlung der Zinsen die Heranführung für weniger als 65 Jahre alte HE-Empfänger sich etwas hinauszieht, dürfte doch der Beginn der Auszahlung der laufenden Zinsen eine erhebliche psychologische Bedeutung und politische Wirkung haben, ...
Ich schließe mich diesen Ausführungen in vollem Umfang an.
Ich habe Ihnen bei der ersten Lesung einmal zugerufen: Kalkulieren Sie bei diesen Fragen auch einmal etwas mit dem Herzen! Der Ablauf der heutigen Debatte im Plenum ist nicht uninteressant. Sie sollten einmal zurückblenden und sich den Tagesordnungspunkt „Liquidation der Deutschen Reichsbank und der Deutschen Golddiskontbank" vor Augen halten. Vergegenwärtigen Sie sich einmal, welche Großzügigkeit Sie in jenem Falle an den Tag zu legen gewillt sind und mit welcher, ich möchte schon sagen, Knickrigkeit und Kleinlichkeit Sie jetzt in dieser Frage wieder die Betroffenen abspeisen wollen. Für uns handelt es sich in der Tat - ich wiederhole das - um einen Test des guten Willens. Ich hoffe, daß Sie sich angesichts des Kontrastes, der allein in der heutigen Sitzung des Bundestages an diesen zwei Gesetzen in Ihrer Haltung in Erscheinung getreten ist, die Frage doch noch einmal überlegen, damit es - das ist Ihr Interesse bei dieser ersten Zwischenprüfung - nicht draußen bei den Betroffenen, die das Votum bekommen, heißt: Die CDU/CSU hat die erste Zwischenprüfung bei der großen Novelle zum Lastenausgleichsgesetz nicht bestanden.
({0})
Wer wünscht das Wort?
({0})
- Das ist durchaus möglich. Ich habe ja gefragt, wer das Wort wünscht.
({1})
- Herr Abgeordneter Kraft!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf mir gestatten, auf die Ausführungen des sehr verehrten Herrn Kollegen Rehs folgendes zu erwidern. In der Tat ist für die Durchführung der uns jetzt als Entwurf vorliegenden 13. Novelle zum Lastenausgleichsgesetz eine Rechtsverordnung - und nicht eine Verwaltungsanordnung - nötig. Sie haben der Hoffnung Ausdruck gegeben, daß diese Rechtsverordnung recht bald kommt. Diese Hoffnung teilen wir nicht nur, sondern wir haben die feste Zusage der Regierung, daß die Rechtsverordnung sehr schnell kommen wird. Auf diese klare, feste Zusage der Regierung können wir bauen. Diejenigen, die glauben, sie könnten es nicht, werden im Ausschuß für den Lastenausgleich
- wir tagen ja jetzt fortgesetzt - Gelegenheit haben, daran zu erinnern und zu fragen, wo die Rechtsverordnung bleibt.
Ich möchte jedenfalls hier feststellen, daß kein Grund zu der Annahme besteht, daß die Ausführung der in dem vorliegenden Gesetz getroffenen Regelung von der Regierung oder der Verwaltung verzögert werden wird.
Zu Ihren weiteren Ausführungen, Herr Kollege Rehs! Der von Ihnen zitierte Artikel ist mir nicht
bekannt. Aber es ist ganz klar oder verständlich, daß ein über 65jähriger sagt: Lieber erst die Verzinsung; die Hauptentschädigung an die Jüngeren kann warten! - Die unter 65 Jahre alten werden möglicherweise ganz anderer Auffassung sein. Aber ich möchte mich jetzt nicht mit Ihnen darüber auseinandersetzen, sondern gleich zur Sache kommen.
Sie sagten zum Schluß, hier handle es sich um einen Zwischentest, um eine Zwischenprobe, in der die Regierung und - das meinten Sie ja wohl auch
- die Mehrheit dieses Hohen Hauses ihre grundsätzliche Einstellung zu dem Gesamtproblem des Lastenausgleichs beweisen könnten. Dazu möchte ich sagen, daß der von Ihnen vorgelegte Änderungsantrag zu dem vorliegenden Gesetzentwurf keine Gelegenheit für einen solchen Test gibt.
({0})
- Nein. Das will ich Ihnen begründen, damit hier alles klargestellt ist.
({1})
- Herr Kollege Rehs, niemand kann bestreiten, daß ich für meine Person, seit ich im Lastenausgleichsausschuß mitarbeite, für eine möglichst schnelle Aufnahme der Barverzinsung eingetreten bin, und ich kann bezeugen, daß dies, seit ich als Abgeordneter dieses Hauses mit dieser Materie befaßt bin, auch die Auffassung meiner Fraktion ist.
({2})
- Warten Sie doch ab! Sie hatten doch, wie in dem Zuruf richtig gesagt ist, schon in den vergangenen Jahren die Möglichkeit, diesen Antrag zu stellen. Sie haben es nicht getan.
Ich möchte wiederholen, daß auch wir die Auffassung vertreten, die Barverzinsung sollte so schnell wie möglich aufgenommen werden. Aber welcher Termin kommt in Frage? Wir wollen uns nicht darüber täuschen, wie die Stimmung unter den Geschädigten dieses Krieges ist, die seit vielen Jahren Hoffnungen darauf setzen, daß auch sie endlich in den Genuß von gewissen Leistungen aus dem Lastenausgleichsgesetz kommen. Sie sagen zu der hier von Ihnen eröffneten Diskussion, es sei unbegreiflich - ich will keine schlimmeren Ausdrücke zitieren -, daß seit 1952 rechtmäßige Forderungen nicht verzinst würden. Das ist mir bekannt, und das erscheint in der Tat sehr schlimm. Aber in dem Gesetz von 1952 steht, daß die Zinsen erst später bei der Auszahlung der Hauptentschädigung ausgezahlt werden sollen.
({3})
Ich habe dieses Gesetz von 1952 nicht gemacht. Ich war nicht Mitglied dieses Hauses. Aber daß diese Bestimmung im Gesetz enthalten ist und von diesem Hohen Hause, vom 1. Deutschen Bundestag, so angenommen wurde, kann nicht bestritten werden. Daran sind wir gebunden. Wir sind ebensosehr daran gebunden gewesen, daß nach diesem Gesetz von 1952 die Hauptentschädigung überhaupt erst ab
1 1957 ausgezahlt werden konnte, was durch die
achte Novelle vom Frühjahr 1957 geregelt wurde.
Ganz so schlimm ist es in der Praxis nicht, wie es sich anhört, wenn man sagt, seit 1952 würden uns die Zinsen vorenthalten, Zinseszinsen gebe es überhaupt nicht; denn Zinsen könnten erst gezahlt werden, wenn der Entschädigungsbetrag feststeht. Daß wir in der Schadensfesstellung noch weit zurückliegen, ist bekannt. Ich muß also hier feststellen, daß, wenn wir die sofortige Aufnahme der Zinszahlungen beschlössen - wir können es nicht -, nur ein geringer Teil der Geschädigten überhaupt in den Genuß der Zinszahlungen kommen würde, weil die Schadensfeststellung noch nicht so weit gediehen ist. Ich wollte das sehr klar herausstellen, damit in der Öffentlichkeit keine falschen Vorstellungen aufkommen.
Zum engeren Thema darf ich folgendes sagen. Im Ausschuß haben wir uns die Prüfung nicht leicht gemacht. Sie werden auch zugeben, Herr Kollege Rehs, daß ich zwar mit 'dem Kopf zu rechnen weiß, aber auch mein Herz dabei nicht verschließen kann. Wir können die Verwaltung zur Zeit nicht mit der Aufnahme von Zinszahlungen belasten. Wer das nicht hören will, dem kann nicht geholfen werden. Aber wer es zu seiner sachlichen Information wissen will, dem mag folgendes gesagt werden. Gerade durch die in diesem Gesetzentwurf vorgesehene Einführung der Begründung von Spareinlagen ist die Verwaltung allein, gerade weil wir wünschen, daß ,das so schnell wie möglich, d. h. sehr schnell, in wenigen Monaten, ,anläuft, mit einer derartigen zusätzlichen Aufgabe belastet, daß man ihr schon aus diesem Grunde die durch die Aufnahme der Zinszahlung entstehende zusätzliche Verwaltungsarbeit in diesem Augenblick nicht aufbürden sollte.
Es kommt hinzu, daß wir - wie Sie auch erwähnt haben - in der Beratung der großen, der 14. Novelle, sind. Durch diese Novelle wird eine Erhöhung der Hauptentschädigung erfolgen. Wie der Ausschuß und das Hohe Haus beschließen werden, weiß ich nicht. Ich weiß aber, daß .alle Fraktionen des Hohen Hauses eine Erhöhung anstreben. Es wird also eine zusätzliche Aufgabe auf die Verwaltung zukommen. Das gleiche wird durch die in der nächsten Novelle erfolgende Erhöhung der Unterhaltshilfe, durch die Erhöhung und Umrechnung der Entschädigungsrente, durch die voraussichtliche Einbeziehung neuer Geschädigtenkreise in zahlreiche Leistungen des Lastenausgleichsgesetzes und durch die praktische Durchführung zahlreicher anderer Gesetzesänderungen geschehen, die nach dem Stand der Ausschußberatungen bestimmt zu erwarten sind, ohne daß sie im einzelnen schon heute feststehen.
Die Verwaltung ist weiterhin in Anspruch genommen durch die von uns allen verlangte forcierte Schadensfeststellung, gegebenenfalls durch Teilbescheide, damit einem größeren Kreis auch die Inanspruchnahme der in dem heute vorliegenden Gesetzentwurf vorgesehenen Sparkassenregelung ermöglicht wird. Wir verlangen weiter die bevorzugte Auszahlung dar Kleinstentschädigung, damit
nicht später auf die so geringen Beträge auch noch ein Zins berechnet werden muß.
Außerdem möchte ich sagen: Die in diesem Gesetz vorgesehene Sparkassenregelung führt ohnehin für einen großen Teil der Entschädigungsberechtigten zu einer früheren Zinszahlung. Wir haben im Ausschuß die Möglichkeit, die das Gesetz vorsieht, bejaht, damit auf diese Weise indirekt eine starke Vorfinanzierung der Auszahlung der Hauptentschädigung und für diese Beträge zugleich die Aufnahme der Zinszahlung erfolgt.
Eine Vorverlegung des Tages, an dem die Zinszahlung aufgenommen werden soll, würde praktisch nicht wirksam werden können, weil die Verwaltung mit dieser Aufgabe nicht fertig werden könnte. Das kann nur zu Unzufriedenheit führen. Für jemanden, der die Dinge sieht, wie sie einmal sind - wir mögen das bedauern oder nicht -, ist es unmöglich, ein Gesetz mit einem Inhalt zu beschließen, dessen Durchführung nicht gesichert ist, ja, wo sogar feststeht, daß die Durchführung nicht erfolgen kann.
Meine Damen und Herren, vielleicht habe ich sehr viel über die Verwaltung geredet. Aber das sind wesentliche sachliche Argumente für die Haltung der CDU-Fraktion, die ich hier zu vertreten habe. Über die Ausgleichsverwaltung wird viel geschimpft, das weiß ich. Es kommt darin die Unzufriedenheit darüber zum Ausdruck, daß die Abwicklung des Lastenausgleichsgesetzes überhaupt so langsam vor sich geht. Darüber sind wir alle nicht glücklich. Wir wollen aber bei dieser Gelegenheit auch die großen Leistungen dieser sonst vielfach im Schatten stehenden Verwaltung anerkennen. Ich für meine Person tue es hiermit.
({4})
Meine Damen und Herren, es dürfte Ihnen bekannt sein, daß gerade eine solche Verwaltung auf Zeit für Menschen, die in ihrer Beamtenlaufbahn Karriere machen wollen, nicht besonders anziehend ist. Das ist nun einmal so. Wir wollen doch nicht übersehen, daß diese Verwaltung heute vor großen Schwierigkeiten steht, genügend Kräfte zu bekommen. Ich habe hier ein Schreiben des Oberkreisdirektors aus Altena, der mitteilt, er habe zusätzliche Planstellen beantragen wollen, habe das aber nicht tun können, weil die vorhandenen Planstellen ohnehin bei weitem nicht besetzt werden könnten. - An dieser Tatsache können wir nicht vorbei, auch beim besten Willen nicht, den ich bei uns allen unterstelle.
Das Gesetz von 1952 ist sehr kompliziert. Zudem handelt es sich hier ja auch noch um Änderungen, wie auch bei der achten Novelle und späteren. Der 1. Deutsche Bundestag war der Meinung - ich bin, wie ich noch einmal feststellen möchte, daran nicht beteiligt -, daß es nicht anders zu machen sei. Das ist kein Werturteil, sondern nur eine Feststellung. Selbst wenn dieses komplizierte Gesetz hätte besser gemacht werden können, so müssen wir doch anerkennen, daß wir heute, nach 81/2 Jahren Laufzeit, einfach an den Rahmen des Ge7986
setzes gebunden sind und daß sich alles Weitere im Rahmen seiner Vorschriften abspielen muß.
Ich habe die Verwaltungsschwierigkeiten deshalb so hervorgehoben, weil wir - das sagte ich schon - angesichts dieser feststehenden Schwierigkeiten nichts beschließen können, was nicht durchgeführt werden kann. Ein anderer Beschluß würde Hoffnungen erwecken, die nicht erfüllt werden können. Ja, ich möchte sogar - ohne einen Vorwurf an die Antragsteller aussprechen zu wollen - sagen: Wer diese Schwierigkeiten erkennt, wäre unaufrichtig, wenn er einen derartigen Beschluß zustimmen wollte.
({5})
Meine Damen und Herren, wenn ich auf die Schwierigkeiten der Verwaltung hinweise, möchte ich Ihnen ganz freimütig sagen, daß mir in dem Zusammenhang nicht interessant ist, was die Letzten, die am weitesten zurückhängen, mir dazu sagen. Aber wenn das Landesausgleichsamt und seine Ausgleichsämter, die in der ganzen Statistik immer, vom ersten bis zum letzten Tage, an erster Stelle standen, nämlich das Landesausgleichsamt Schleswig-Holstein - ich bin stolz darauf; denn ich habe damals als Finanzminister von Schleswig-Holstein dieses Ausgleichsamt eingerichtet und mit seinen führenden Persönlichkeiten, die heute noch erfolgreich tätig sind, besetzt -, mich so ernsthaft in vertrauensvollen Gesprächen auf diese Schwierigkeiten hinweist, dann meine ich, daß wirklich etwas daran ist.
Die laufende Verzinsung hat auch eine finanzielle Seite, Herr Kollege Rehs hat darauf hingewiesen. Vom Finanziellen her gesehen war bisher eine Verzinsung nicht möglich, weil sonst die Auszahlung der Hauptentschädigung nicht möglich gewesen wäre. Auch für 1961 sieht der Wirtschaftsplan des Bundesausgleichsamtes keine Mittel vor, um die Zinszahlungen aufzunehmen. Wenn wir das nachträglich durch den Kontrollausschuß ändern wollten, würde das die Auszahlung der Hauptentschädigung weitgehend blockieren. Ich beklage es sehr, daß bisher keine Vorfinanzierung in einem Ausmaß erfolgt ist, das die Lösung des Problems schon früher erleichtert hätte. Aber wir dürfen - das hat ja Bundesminister von Merkatz hier Mitte Dezember in aller Form erklärt - sehr bald Vorschläge der Regierung erwarten, die uns für die Zukunft ein Stück weiterbringen.
Immerhin stellt die Tatsache, daß ein Termin für die Verzinsung, der bisher überhaupt nicht genannt war, in der 14. Novelle genannt werden wird, einen Fortschritt für diejenigen dar. die eine erhebliche Hauptentschädigung zu erwarten haben und die auch darüber verfügen können. Von dem Augenblick an, wo die laufende Verzinsung sichergestellt sein wird, wäre die Verfügung für sie möglich.
Dadurch, daß wir einen Termin für die Aufnahme der Zinszahlung festlegen, der etwa in der Mitte des nächsten Jahres liegt - über die finanzielle Seite könnte man vielleicht sprechen -, werden die Verwaltungsschwierigkeiten nicht aus dem Weg geräumt. Ich bin der Meinung - vielleicht darf ich
Ihnen das auf Grund zahlreicher Besprechungen gerade mit der gutwilligen Verwaltung sagen -, wenn wir bei dem Termin, den die Ausschußdrucksache nennt, bleiben, werden wir von der Verwaltung erwarten dürfen - und sie glaubt unsere Erwartung auch erfüllen zu können -, daß die Zinsen nicht nachträglich, nach Ablauf der Zeit, sondern schon früher gezahlt werden. Praktisch würde dann der Tag der Zinsauszahlung nicht so sehr weit von dem Termin entfernt liegen, der von der Seite der laufenden Mittel des Ausgleichsfonds hergesehen, die zur Verfügung stehen, vielleicht möglich wäre.
Aus allen diesen Gründen, meine Damen und Herren, die ich hier sehr ernsthaft vorgetragen habe, muß ich Sie zu meinem und dem Bedauern meiner Parteifreunde bitten, den Antrag der sozialdemokratischen Fraktion abzulehnen.
({6})
Das Wort hat der Abgeordnete Mischnick.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst ein paar allgemeine Bemerkungen zur Drucksache 2418. Wir Freien Demokraten begrüßen es, daß durch die 13. Änderung des Lastenausgleichsgesetzes die Hauptentschädigung etwas beweglicher wird, als sie es bisher gewesen ist, und daß zu der Gruppe der 65- bis 70jährigen, für die vor wenigen Tagen eine Freigabe erfolgt ist, nach diesem Gesetzentwurf und nach dem, was uns im Ausschuß gesagt wurde, wahrscheinlich weitere 15 Jahrgänge die Möglichkeit haben, Teilbeträge ihrer Hauptentschädigung über Sparkonten oder in anderer Form schon zu einer Art Teilverwertung zu erhalten. Wir meinen, daß das ein wesentlicher Fortschritt ist. Wir bedauern, daß diese Möglichkeiten erst jetzt geschaffen werden, erkennen aber an, daß manche verwaltungstechnische Schwierigkeiten dazu geführt haben, erst jetzt zu einem solchen Vorschlag zu kommen.
Daß gleichzeitig in diesem Gesetzentwurf eine Art Vorentscheidung über die Frage getroffen wird, wann eine Zinsauszahlung allgemein erfolgen soll, hat dazu geführt, daß hier die Änderungsanträge eingebracht worden sind. Herr Kollege Kraft hat hier eine Reihe von Gesichtspunkten gegen eine Änderung des Vorschlages entsprechend den Anträgen der SPD und der FDP genannt. Ich meine allerdings, daß die Gesichtspunkte, die hier vorgetragen wurden, nicht alle durchschlagend sind. Daß es Schwierigkeiten bereiten wird, die Auszahlung der Zinsen überhaupt durchzuführen, wissen wir alle. Die Schwierigkeiten werden genauso nach dem 31. Dezember 1962 wie nach dem 30. Juni 1961 oder, wie wir das vorschlagen, nach dem 31. Dezember 1961 bestehen. Der Unterschied ist praktisch nur der, daß der Beginn dieser Schwierigkeiten - wenn ich es einmal so nennen darf - um eine gewisse Zeitspanne, sei es um ein halbes Jahr, sei es um ein Jahr, hinausgeschoben wird.
Ein Weiteres. Der vorliegende Gesetzentwurf, den wir heute verabschieden, sieht vor, daß die Sparer-Aktion am 1. April 1961, d. h. praktisch in zwei
Monaten, beginnt. Das ist für die Verwaltung eine verhältnismäßig kurze Frist. Man scheint sich aber allgemein darüber einig zu sein -- nicht nur hier im Bundestag, sondern auch in der Verwaltung -, daß es möglich ist, in dieser Frist die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß die Aktion auch durchgeführt werden kann. Deshalb glauben wir Freien Demokraten, daß eine Frist von einem Jahr - denn darauf läuft unser .Antrag, die Zinsauszahlung 1962 beginnen zu lassen, hinaus - ausreicht. Ein Jahr dürfte genügen, um die erforderlichen Vorbereitungen zu treffen.
Gleichzeitig wird dadurch sichergestellt - ich begründe hier mit Genehmigung des Herrn Präsidenten auch den Antrag der FDP-Fraktion auf Umdruck 739, der als Eventualantrag für den Fall der Ablehnung des SPD-Antrags gedacht ist -, daß der Wirtschaftsplan für das Jahr 1961 nicht geändert werden muß und daß die entsprechenden Mittel im Wirtschaftsplan für das Jahr 1962 bereitgestellt werden können.
Wir haben also mit unserem Kompromißvorschlag weitgehend den Bedenken Rechnung getragen, die hier vorgebracht worden sind. Bei der Ausschußberatung wurde schon deutlich, daß über eine gewisse Vorziehung des Termins zu reden sei.
Lassen Sie mich noch ein paar Worte zu dem Umstand sagen, daß bisher Zinsen überhaupt nicht ausgezahlt worden sind. Das macht es notwendig, eben recht bald zu einer Entscheidung zu kommen. Wir haben zwar eine Verzinsung der Hauptentschädigung - der Zinseszins entfällt -; aber der Zinssatz von 4% bedeutet praktisch eine .Art Kaufkraftausgleich für die Verluste bis zum Tag der endgültigen Auszahlung. Eine eigentliche Verzinsung findet hier also gar nicht statt, sondern durch die Zinsen wird nur der Kaufkraftschwund ausgeglichen, der in den letzten Jahren - bestätigt durch den Herrn Bundesfinanzminister - eingetreten ist. Wir meinen, daß es jetzt an der Zeit ist, wenigstens die Zinsen für alle realisieren zu lassen. Wir bitten das Hohe Haus, falls entsprechend der Empfehlung der CDU/CSU der Antrag der SPD nicht angenommen wird, dann wenigstens dem Kompromißvorschlag der Freien Demokraten zuzustimmen, wonach die Auszahlung der Zinsen nach dem 31. Dezember 1961, also praktisch mit dem Wirtschaftsjahr 1962 beginnen soll. Dieser Antrag bedeutet gegenüber der von der CDU/CSU gewünschten Regelung nur eine Vorziehung des Termins um ein Jahr. Im Grundsatz wird mit unserem Antrag das gleiche angestrebt, was auch die CDU/CSU-Fraktion will.
({0})
Das Wort hat der Abgeordnete Rehs.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ausführungen des Kollegen Kraft kann auch ich nicht ganz unwidersprochen lassen. Herr Kollege Kraft, Sie haben zur Rechtfertigung Ihrer Ablehnung auf das Gesetz von 1952 hingewiesen und haben gesagt, da stehe doch nun einmal drin,
daß die Zinsen erst später festgesetzt werden; das sei doch die bedauerliche Ursache der ganzen Malaise. Das ist eine Rechtfertigung nach dem Muster: „Die Armut kommt von der Powerteh!" Dagegen wenden wir uns ja! Unsere Kritik richtet sich dagegen, daß die Zinsfrage von Ihnen nicht schon früher geregelt worden ist. Wir sind der Meinung, daß diese Frage, wenn sie nun angepackt wird, auch vernünftig geregelt werden muß, d. h. so, wie es von den Betroffenen erwartet werden kann und wie es einer verantwortungsbewußten Gesetzgebung zukommt. Die Betroffenen können sich nichts dafür kaufen, daß Sie sagen, Sie seien zwar dafür und hätten sich immer dafür eingesetzt, aber hier seien Sie nun einmal dagegen. Auch die schöne Beteuerung, daß Sie im Prinzip dafür seien, nutzt also nichts.
Herr Kollege Kraft, Sie meinen, die Verwaltung könne nicht belastet werden. Ich möchte Ihnen nichts unterstellen. Ich meine, wir sollten uns gegenseitig nicht vorhalten, wir ließen es an Ernsthaftigkeit fehlen. Ich behaupte auch nicht, in dieser Hinsicht von Ihnen mit einer gegenteiligen Behauptung bedacht worden zu sein. Immerhin haben Sie gesagt, die Leistung der Verwaltung solle doch einmal an- erkannt werden. Konstruieren Sie bitte in dieser Frage keinen Gegensatz zur sozialdemokratischen Fraktion. Unsere Stellungnahme zu dem Problem der Zinsregelung hat mit der berechtigten Anerkennung der Leistungen der Verwaltung, die sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten erbringt, gar nichts zu tun. Aber es bleibt nun einmal die Tatsache bestehen, daß das Gesamtergebnis - sowohl, was die Feststellung anlangt, als auch, was die anderen Regelungen anlangt - für die Betroffenen unzureichend ist und daß eben eine Änderung geschaffen werden muß. Es müssen Konsequenzen gezogen werden, darum geht es hier.
Sie meinen, durch eine solche Regelung werde die Verwaltung in einem Ausmaß belastet, das für sie nicht tragbar sei. Wodurch soll das bewiesen werden? Das ist eine jener Hypothesen, die wir einfach als wahr hinnehmen sollen. Sie haben dieser Behauptung eine ganze Passage gewidmet. Ich glaube aber, daß wir allen Grund haben, gegenüber solchen unbewiesenen Hypothesen mißtrauisch zu sein. Das haben wir bei der Frage der Schätzung und bei einer ganzen Reihe von Komplexen auf dieser Ebene der Gesetzgebung immer wieder erfahren. Deswegen können wir bei diesem absolut berechtigten Anliegen der Betroffenen mit solchen Hypothesen nicht operieren!
Wir können uns auch der Verwaltung gegenüber nicht hinter solchen Hypothesen verstecken. Herr Kollege Kraft, es muß auf diesem Gebiet eben schneller gearbeitet werden. Es müssen die Voraussetzungen geschaffen werden, die es ermöglichen, die Probleme gleichzeitig zu lösen. Das ist die Aufgabe! Es ist nicht so, wie Sie sagten, daß dann eben eine Gruppe noch längere Zeit auf die Befriedigung ihrer Ansprüche warten müsse, ihre Ansprüche noch zurückstellen müsse. Hier muß schneller gearbeitet werden. Wir dürfen nicht vor den Schwierigkeiten der Verwaltung kapitulieren, sondern wir müssen
die Maßnahmen treffen, die uns in die Lage setzen, mit diesen Schwierigkeiten fertig zu werden.
({0})
Herr Abgeordneter Kraft, haben Sie sich gemeldet? - Dann haben Sie jetzt das Wort. Ich hoffe, daß die Ausführungen von beiden Seiten auch wirklich dazu beitragen, das Problem zu klären, und daß sie uns gegenseitig überzeugen.
({0})
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will mich bemühen, die Hoffnungen des Herrn Präsidenten zu erfüllen.
Mit dem Hinweis auf das Gesetz von 1952 habe ich ausdrücken wollen, daß durch dieses Gesetz die Weichen in eine ganz bestimmte Richtung gestellt worden sind, eine Richtung, von der wir jetzt nicht abweichen können.
Herr Kollege Rehs, Sie werfen mir vor, ich nähme die Verwaltung in Schutz. Ich muß sagen, daß die Verwaltung nicht daran schuld ist, daß die Gesetze so kompliziert sind; dafür zeichnet der Gesetzgeber verantwortlich, und zudem so häufig zu hörenden Ruf nach Verwaltungsvereinfachung möchte ich sagen: die Verwaltungsvereinfachung muß in diesem Hause mit einer entsprechenden Gesetzgebung beginnen.
({0})
Aber das steht jetzt nicht zur Diskussion. Es handelt sich jetzt vielmehr darum, ob die Verwaltung so, wie sie heute nun einmal ist - und nicht geändert werden kann -, in der Lage sein würde, eine ihr zusätzlich aufgebürdete Arbeit nebenanderen, die sie auch noch bekommt, zu leisten. Diese Frage habe ich nach eingehender Prüfung für meine Freunde und mich hier verneinen müssen. Niemand würde glücklicher sein als ich, wenn wir die Frage, die Sie aufgeworfen haben, hätten bejahen können.
({1})
Das Wort hat der Abgeordnete Leukert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Kollege Rehs hat vor allen Dingen den Wunsch ausgesprochen, die Zinszahlung möge früher beginnen, so wie die SPD-Fraktion das mit ihrem Antrag begehrt. Er hat einen Appell an dieses Hohe Haus gerichtet und gemeint, es müsse eben schneller gearbeitet werden.
In dem Wunsche, Herr Kollege Rehs, sind wir miteinander einig; aber die Frage ist, wie man das macht, wie man das Tempo beschleunigt, wie man vor allen Dingen die Millionen außerordentlich schwieriger Feststellungsverfahren früher zu Ende bringen kann. Auf die Frage, wie das die Verwaltung schaffen soll, haben wir bisher von Ihnen keine
Antwort gehört. Auch uns war es nicht möglich, dieses Problem zu lösen.
({0})
- Herr Kollege Rehs, Ihr Fluchen und Ihr Reden nützt uns leider gar nichts.
({1})
Versuchen Sie es einmal mit einem Appell in Niedersachsen, in Hessen, in Bremen, oder wo Sie wollen, wo Sie mitverantwortlich für die Durchführung der Lastenausgleichsgesetze sind; denn dort, Herr Kollege Rehs, beginnt es!
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Ja, gern.
Herr Kollege Leukert, sind Sie nicht mit mir der Meinung, daß wir, wenn Sie sich in der Lastenausgleichsgesetzgebung schon früher zu größeren Entschlüssen aufgerafft hätten, nach dieser Novelle nicht die 14., sondern vielleicht erst die 6. oder 7. Novelle beraten müßten und daß dann der Verwaltung - Sie führen das jetzt als Hinderungsgrund an - eine große Portion Arbeit erspart worden wäre?
({0})
Herr Kollege Rehs, Sie wissen als Praktiker auch: je mehr Novellen geschaffen werden, desto schwieriger wird die verwaltungsmäßige Durchführung.
({0})
Das ist das eine. Das zweite, Herr Kollege Rehs, ist folgendes, und das möchte ich in diesem Hohen Hause einmal ganz deutlich sagen. Man sollte die Arbeitsleistung dieser Tausende und aber Tausende von Menschen in der Lastenausgleichsverwaltung in den Kreisen und Städten endlich einmal gebührend anerkennen. Das sind wir in diesem hohen Hause diesen Angestellten und Beamten schuldig.
({1})
Herr Kollege Rehs, ich hätte mich sehr gefreut, wenn Sie uns schon früher in der Diskussion diesen Gedanken mit den Sparkassen - „so nett auf dem Tablett" - vorgetragen hätten. Aber die ganze Verantwortung, Herr Kollege Rehs, für eine schnelle Auszahlung der Hauptentschädigung lag doch bei der Fraktion der CDU/CSU und bei der Bundesregierung.
({2})
- Sie machen es sich eben sehr einfach und sehr billig, Herr Kollege Rehs. Das können wir Ihnen hier im Plenum nicht abkaufen.
({3})
- Sie haben überhaupt keinen Antrag in dieser Frage gestellt; deswegen konnten wir keinen ablehnen. Die Vorbereitungen zu dieser Regelung, Herr Kollege Rehs, laufen schon seit drei Jahren, und Sie haben es noch nicht einmal ganz gemerkt. Wir sind heute sehr froh darüber und stolz darauf, daß es uns endlich gelungen ist, neben der Barauszahlung der Hauptentschädigung jetzt an die 70jährigen mit einem Betrag von bis zu 5000 DM heranzukommen. Im Frühjahr kommen die 65jährigen dran, und über diese Sparkassenregelung erreichen wir die 50- bis 65jährigen, wenn auch das konzediere ich Ihnen - vorerst nur mit einem Betrag bis zu 3000 DM. Aber meine Freunde und ich hoffen, diesen Geschädigten sehr bald mit einem größeren Betrag dienen zu können.
Wenn Sie nun aber, Herr Kollege Rehs, von einer Zinszahlung im nächsten Jahr sprechen, muß ich Ihnen entgegenhalten, daß eins und eins eben nur zwei und nicht vier ist. Wir haben im Wirtschafts-und Finanzplan eine Milliarde DM für die Hauptentschädigung vorgesehen. Wir können im Augenblick .auch nicht mehr tun. Wir hoffen, daß wir mit der Regelung, nach der die Sparkassen und die Banken in Vorlage treten und der Ausgleichsfonds Ausgleichsleistungen geben wird, zusätzlich eine sehr beachtliche Summe, einige hundert Millionen DM, dazulegen können.
Ich glaube deshalb sagen zu können, daß Sie unseren Antrag in der Bedeutung der Sache, der Auszahlung der Hauptentschädigung für die Geschädigten, leider noch gar nicht recht verstanden haben.
({4})
Herr Kollege Rehs, Sie haben erklärt, etwas Weltbewegendes sei noch nicht geschehen. Dazu darf ich doch allgemein sagen, und zwar auch mit Zustimmung Ihrer Freunde, die die ganzen Jahre im Lastenausgleichsausschuß mitgearbeitet haben: Wir haben die großen Fragen - freiwillige Leistungen, aber auch Hausratentschädigung mit immerhin 8 Milliarden DM - im wesentlichen vorweg geregelt. Einen Betrag aber von mehr als 8 Milliarden DM kann man doch nicht ganz verschweigen.
Wir würden also sehr dringend bitten, im Interesse der Geschädigten sowohl den Antrag der SPD wie den Kompromißantrag der FDP abzulehnen. Wir glauben, daß wir dann mit gutem Gewissen vor die Geschädigten hintreten können.
({5})
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Ich stelle dann den Änderungsantrag der Fraktion der SPD auf Umdruck 737 zur Abstimmung. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich, das Zeichen zu geben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? Der Antrag ist abgelehnt.
Zur Abstimmung kommt dann der Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Umdruck 739: Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich, ein Zeichen zu
geben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? Der Antrag ist abgelehnt.
Ich stelle dann Art. 1 in der Fassung des Ausschusses zur Abstimmung. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich, das Zeichen zu geben. -Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Wer Art. 2, Art. 3, der Einleitung und der Überschrift zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich stelle einstimmige Annahme fest. Damit ist die zweite Beratung geschlossen.
Wir kommen zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. - Das Wort wird nicht gewünscht. Änderungsanträge liegen nicht vor.
Wer dem Gesetz in der vorliegenden Form zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Ich rufe auf Punkt 11 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes zur Neuordnung der Pensionskasse Deutscher Eisenbahnen und Straßenbahnen ({0});
a) Bericht des Haushaltsausschusses ({1}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung ({2}) ;
b) Mündlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik ({3}) ({4}).
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Franz zur Erstattung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Sozialpolitik.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der interfraktionelle Antrag, den wir heute zur Annahme empfehlen, trägt einem Anliegen Rechnung, das die Pensionskasse Deutscher Eisenbahnen und Straßenbahnen an die Fraktionen des Bundestages herangetragen hat und das wir nach gründlicher Fühlungnahme mit dem Finanzministerium beraten haben.
Eine längere Diskussion hat es lediglich zu § 6 a Satz 2 und 3 gegeben. Er regelt die Kosten anhängiger Verfahren, die infolge dieses Gesetzes für erledigt erklärt werden. Wir geben zu, daß für diese Frage § 91 a der Zivilprozeßordnung Anwendung finden könnte. Wir sind aber der Auffassung, daß man im sozialen Bereich keineswegs von einer mutwilligen Inanspruchnahme der Gerichte durch die Beteiligten sprechen sollte.
Wir bitten daher das Hohe Haus, die interfraktionelle Vorlage unverändert anzunehmen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Memmel zur Begründung des Antrags Umdruck 738.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Unterzeichner des Änderungsantrages Umdruck 738 bitten Sie, in § 6 a die Sätze 2 und 3 zu streichen.
Die allgemeine Regelung in § 91 a der Zivilprozeßordnung erfaßt auch den Fall, daß ein bei Gericht anhängiges Verfahren durch ein während der Dauer des Rechtsstreites erlassenes Gesetz in der Hauptsache erledigt wird. Es bedarf daher keiner ausdrücklichen, den Richter bindenden Regelung, wie sie im vorliegenden Gesetzentwurf vorgeschlagen ist.
Ich darf vielleicht noch folgendes hinzufügen. Die Zivilprozeßordnung kannte ursprünglich überhaupt nicht den Fall, daß ein Rechtsstreit sich durch ein Gesetz oder durch eine Gesetzesänderung erledigt. Erst durch die Vereinfachungsverordnung und dann später durch das Vereinheitlichungsgesetz vorn 12. September 1950 ist dieser § 91 a in die Zivilprozeßordnung eingefügt worden, Er regelt, wie gesagt, allgemein, was zu geschehen hat, wenn ein Rechtsstreit sich in der Hauptsache erledigt.
Nun kommen Sie hier mit dem Gesetzesentwurf und treffen eine Kostenentscheidung, die dem Richter zusteht, durch Bundesgesetz, und zwar nur für diesen Fall, weil es sich hier um die Pensionskasse der Deutschen Eisenbahnen und Straßenbahnen handelt. Ich bitte, nicht das, was Sie am 12. September 1950 generell beschlossen haben, nun zu durchlöchern, indem Sie eine Kostenentscheidung durch den Bundestag selbst erlassen wollen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich rufe zur Abstimmung auf Art. 1 Ziffer 1. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich, das Zeichen zu geben. - Einstimmig angenommen.
Zu Ziffer 2 liegt der soeben von Herrn Kollegen Memmel begründete Änderungsantrag Umdruck 738 vor. Es wird beantragt, die Sätze 2 und 3 des neu eingefügten § 6 a zu streichen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich, das Zeichen zu geben. - Gegenprobe! - Keine Enthaltungen, nehme ich an. - Der Änderungsantrag ist abgelehnt.
Ich rufe nunmehr Ziffer 2 in der Ausschußfassung auf. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich, das Zeichen zu geben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei wenigen Gegenstimmen angenommen.
Art. 2, - Art. 3, - Einleitung und Überschrift. Ich bitte im Falle der Zustimmung das Zeichen zu geben. - Gegenprobe! - Einstimmige Annahme.
Ich schließe die zweite Beratung und rufe zur
dritten Beratung
auf. Wortmeldungen und Änderungsanträge liegen nicht vor.
Ich komme zur Schlußabstimmung. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Ich darf einstimmige Annahme des Gesetzes feststellen.
Ich rufe Punkt 15 der Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Elften Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes ({0}).
Wünscht die Regierung den Entwurf zu begründen? - Die Regierung wünscht keine Begründung zu geben. Ich eröffne die Aussprache. Herr Abgeordneter Dr. Harm hat das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit Jahren diskutieren wir über die Umsatzsteuer, über Entwürfe und Denkschriften, und verlangen ein neues Umsatzsteuergesetz. Ebenso lange laborieren wir an dem bestehenden Gesetz herum, indem wir bald hier, bald dort eine Bestimmung ändern, Vergünstigungen oder auch nur Klarstellungen schaffen.
In diese letzte Kategorie gehört auch der vorliegende Gesetzentwurf. Er bringt keine grundsätzliche Änderung, sondern betrifft nur einzelne Punkte. Die Bundesregierung ist der Ansicht, wenn sie schon ein Gesamtgesetz nicht mehr vorlegen könne, wolle sie wenigstens das, was erreichbar ist, erledigen, jedenfalls insofern, als dadurch die zukünftige Regelung nicht präjudiziert werde.
Wir sind der Meinung, daß grundsätzliche Einwendungen nicht bestehen im Hinblick auf eine künftige Regelung des Umsatzsteuergesetzes. Trotzdem bleibt zu fragen, warum die Materie der Umsatzsteuergesetzgebung so langsam vorangekommen ist, während der Eifer der Regierung auf anderen Gesetzgebungsgebieten sehr viel größer ist. Wir begrüßen die grundsätzlichen Tendenzen, die im Gesetz zum Ausdruck kommen, wenn wir auch meinen, daß man die Vorschläge sehr genau unter die Lupe nehmen muß.
Sehr wichtig ist für die Allgemeinheit die neue Definition des Organschaftsverhältnisses in § 2 Abs. 2 Ziffer 2, wonach nunmehr die Umsatzsteuerbefreiung nur dann eintritt, wenn eine juristische Person über 75 % der Anteile der Organgesellschaft oder über 75% der Stimmrechte besitzt. Das schafft wenigstens in einem Punkte Klarheit und bedeutet in einem Punkte einen Hemmschuh für die Förderung der Konzentration, die mit der alten Regelung gegeben war.
Einen erheblichen Teil des Gesetzes nehmen Klarstellungen und Übernahmen aus der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung ein. Dagegen ist auch nichts einzuwenden. Aber wir werden bei den Ausschußberatungen einzelne Bestimmungen sehr genau unter die Lupe nehmen müssen. Ich denke dabei z. B. an den Fall des Art. 1 Nr. 9, wozu von der Regierung behauptet wird, es handle sich nur um eine redaktionelle Änderung, während in Wirklichkeit viel mehr dahintersteckt. Im alten Gesetz heißt es: „Mischfuttermittel"; im neuen Gesetz wird „Mischfutter" gesagt, aber hinzugefügt: „das ausschließlich oder überwiegend aus organischen Stoffen besteht". Das ist eine materielle und keine redaktionelle Änderung.
Der Regierung sind auch sonst einige Fehler unterlaufen. So liest man z. B. in der Begründung auf Seite 11 unten, daß die landwirtschaftlichen Produkte zum Teil vorbelastet seien, indem die Landwirtschaft für Düngemittel und Arbeitsgeräte schon Umsatzsteuer aufgewendet habe. Im Gegensatz dazu sind nach § 4 a Abs. 2 Ziffer 3 desselben Gesetzentwurfs Düngemittel ohnehin steuerfrei; im übrigen sind Düngemittel subventioniert. Solche Fehler dürften eigentlich in der Begründung eines Umsatzsteuergesetzes nicht unterlaufen.
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Man darf dann auch nicht sagen, daß die Verwaltung nur ihre eigene Auffassung zur Geltung bringen wolle, sondern man wäre billigerweise verpflichtet, dem Parlament zu sagen, daß gerade hinsichtlich der „Mischfuttermittel" Gerichtsentscheidungen vorliegen und Prozesse schweben. Es ist nach meiner Meinung nicht zu billigen, wenn ohne Belehrung des Parlaments und ohne Kenntnis der Zusammenhänge im übrigen versucht wird, hier einen bestimmten Rechtszustand zu schaffen, und ein Eingriff in ein schwebendes Verfahren jedenfalls indirekt vorliegt. Wir werden uns über diese Dinge im Ausschuß sehr gründlich unterhalten und auch diesen Punkt unter die Lupe nehmen müssen.
Ähnliche Bestimmungen betreffen die Frage der Steuerfreiheit für Trinkmilch im Einzelhandel. Der Bundesrat hat vorgeschlagen, die Steuerfreiheit einzuführen. Die Regierung hat hier nicht mitgemacht. Auch darüber wird es in den zuständigen Ausschüssen noch zu Auseinandersetzungen kommen.
Eine der wichtigsten Bestimmungen ist der § 7 a des Gesetzentwurfs, der die Umsatzsteuer für kleinere Betriebe betrifft. Da ist die Erhöhung des Freibetrages von 8000 auf 10 000 Mark bei Gesamtumsätzen bis zu 120 000 Mark vorgesehen. Wir sin 1 der Meinung, daß man auch über diese Summe noch einmal diskutieren muß. Wir werden jedenfalls weitergehende Anträge stellen und sind insbesondere der Meinung, daß man für die Umsätze bis 120 000 DM auf eine Umsatzsteuer von 3 % heruntergehen sollte, wenn man nicht dem FDP-Antrag folgen will, der von vornherein größere Freibeträge vorsieht.
Für die freien Berufe bringt § 7 a Abs. 2 nur teilweise eine Änderung, indem die berechtigte Forderung auf völlige Freistellung nur zum Teil erfüllt wird. Ich darf die Herren Kollegen aus allen Fraktionen daran erinnern, daß sich ihre Sprecher auf der Bundestagung in Berlin im letzten Jahr eindeutig dahin ausgesprochen haben, die freien Berufe von der Umsatzsteuer freizustellen. Dieser Wechsel muß wohl von allen Fraktionen eingelöst werden, auch wenn die Regierung nur eine Teillösung vorgeschlagen hat, indem sie bis 18 000 DM gehen und im übrigen bei 120 000 DM die Grenze ziehen will. Geistige Berufe setzen keine Ware um. Da wird man die Argumente der Angehörigen der freien Berufe akzeptieren müssen.
Im übrigen enthält der Gesetzentwurf eine ganze Reihe von Einzelbestimmungen, über die ich mich hier nicht auslassen will. Das ist Sache des Ausschusses. Ich möchte mich auf diese grundsätzlichen Ausführungen beschränken.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete von Kühlmann-Stumm.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor einiger Zeit ist mit Hilfe des Finanzministeriums ein Buch über Minister Johannes Popitz, den Vater der Umsatzsteuer, herausgegeben worden, jener Umsatzsteuer, die wir im Augenblick zu besprechen haben und zu der uns hier die 11. Novelle vorliegt. In diesem Buch wird darauf hingewiesen, daß Popitz damals die kumulative Allphasen-Umsatzsteuer als Notmaßnahme angesehen und nur für eine bestimmte Dauer für richtig gehalten habe. Popitz hat damals einen Satz von 2 Prozent zugrunde gelegt und gesagt, daß alles, was über diese 2 Prozent hinausgeht, auf die Dauer für die Wirtschaft, insbesondere die mittelständische Wirtschaft, zu strukturschädigenden Folgen führen müsse.
Nun haben wir bis heute dieses Steuersystem. Wir haben sogar inzwischen 4 Prozent eingeführt und diesen Prozentsatz beibehalten. Die Regierung hat in ihrer Erklärung zu Beginn dieser Legislaturperiode zugesagt, dem Hohen Hause den Entwurf einer grundsätzlichen Umsatzsteuerreform vorzulegen. Sie hat betont, daß sie das gerade im Hinblick auf die mittelständischen Belange tun wolle. Zu dieser Umsatzsteuerreform sind eine Fülle von Diskussionsgrundlagen gegeben worden. Aber die Regierung hat, obwohl die Regierungspartei über die absolute Mehrheit verfügt, eine solche Reform nicht zustande gebracht.
Wir haben deshalb wiederum eine Novelle vor uns, die Schäden beseitigen soll, die gewisse Schwerpunkte bildet, die aber letztlich, wie das auch in der Pressekonferenz anläßlich der 11. Novelle gesagt worden ist, nur aufschiebt, nicht aufhebt. Selbst von den Herren des Finanzministeriums wird ja zugegeben, daß ihnen dieser Zustand nicht sehr zweckmäßig erscheint.
Im Zuge der Beschleunigungsbestrebungen der EWG wird das Problem wohl sehr schnell auf uns zukommen; denn es wird ein Weg gefunden werden müssen, die Umsatzsteuersysteme innerhalb der einzelnen Länder der EWG zu harmonisieren. Vielleicht wird dann die Umsatzsteuerreform schneller vonstatten gehen, als das jetzt den Anschein hat.
Noch ein Wort zu den Mitteln. Es ist sehr schwer, bei Steuerreformen oder Steueränderungsgesetzen und damit auch bei dieser 11. Novelle zu sagen, wie sich die Änderungen finanziell auswirken. Wird der Bund mehr belastet oder wird er weniger belastet? Wie schwierig ein Urteil darüber ist, ersieht man schon daraus, daß in der Pressekonferenz, die die Regierung anläßlich der Vorlage der 11. Novelle abgehalten hat, gesagt worden ist, man rechne mit einem haushaltsmäßigen Ausgleich, während in der Begründung von einer Mindereinnahme für den Bund von etwa 85 Millionen DM gesprochen wird.
Eins steht aber hier wohl einwandfrei fest: der Bund hat im Kalenderjahr 1960 wesentlich mehr an Umsatzsteuer eingenommen, als erwartet werden konnte. Wir stehen auf dem Standpunkt, daß man von dieser Mehreinnahme zumindest einen Teil den Steuerpflichtigen zurückerstatten sollte. Hier ist ein Gesetzentwurf wie die jetzt vorliegende 11. Novelle in seinen Auswirkungen einfach nicht ausreichend. Wir können das nicht akzeptieren, zumal wir ja selbst eine Fülle von Anträgen gerade zu diesem Gesetz gestellt haben.
Ich darf nun, wenn der Herr Präsident mir das gestattet, kurz einige Sätze aus einer Rede zitieren, die der Herr Staatssekretär vor einigen Tagen in Siegburg gehalten hat. Er hat dort seine Gedanken über die heutige Steuersituation sehr freimütig geäußert und z. B. gesagt, daß Steuergesetze wie Börsenkurse gemacht würden. Das Wichtigste dieser Ausführungen des Herrn Staatssekretärs möchte ich Ihnen aber doch kurz verlesen:
Der Herr Staatssekretär beklagte, daß die Mehreinnahmen an Steuern weder zu Steuersenkungen noch zu Haushaltsüberschüssen verwendet werden könnten. Mit ihnen wird der außerordentliche Haushalt gedeckt, der sonst auf Anleihen angewiesen wäre. Das, was der moderne Staat als Steuereinnehmer seinen Bürgern zumute, sei legalisierte Räuberei.
So zu lesen in der „Welt", ich glaube, von vorgestern.
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- Auf jeden Fall muß man doch feststellen, daß der Herr Staatssekretär zumindest in diesem Vortrag einen Standpunkt vertreten hat, den wir Freien Demokraten von ganzem Herzen begrüßen. Wir hätten gehofft, daß in dieser 11. Novelle, -
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- Aber [die Konsequenz ziehen wir heute. Wir hätten gehofft, daß Sie den mittelständischen Belangen in diesem Gesetzentwurf doch etwas mehr Rechnung tragen würden.
Die 11. Novelle ist bezüglich ihrer Zuwendungen ja speziell auf die mittelständischen Wirtschaftszweige abgestellt. Wir hätten gehofft, daß hier etwas mehr gegeben würde. Ich glaube, es wäre ohne weiteres möglich gewesen, größere Zugeständnisse zu machen. Das dürfte ein interessanter Hinweis für die späteren Ausschußberatungen über diesen Gesetzentwurf sein.
Ich darf nun kurz auf die Einzelheiten [des Entwurfs eingehen. Wir stellen zunächst fest, daß uns die Erhöhung des Satzes für die Organschaft auf 75 % vorgeschlagen wird. Wir glauben, [daß das ein interessanter Diskussionsgegenstand sein wird. Wenn man diesen neuen Vorschlag zugrunde legt, kann man ja davon ausgehen, daß derjenige, der 75 % eines Unternehmens besitzt, ohne weiteres auch die restlichen 25 % erwerben kann. Er hat in dem Unternehmen praktisch eine beherrschende Stellung. Wir werden die Entwicklung sehr sorgfältig verfolgen.
Ein weiterer wesentlicher Bestandteil dieses Gesetzentwurfs sind die Lebensmittelgesetze. Wir haben die EWG- und GATT-Verträge zu erfüllen, und in diesem Zusammenhang ist es notwendig, daß die Umsatzausgleichsteuer auf verschiedene Waren abgebaut wird. Durch einen solchen Abbau wird aber natürlich ein verschärfter Konkurrenzdruck auf die betreffenden inländischen Lebensmittelerzeuger ausgeübt. Ein solcher Druck war ja auch in 'anderen Bereichen der Wirtschaft zu verzeichnen.
Ich glaube, wir müssen hier einmal feststellen, [daß die Lebensmittelpreise und überhaupt die Preise in [dem ganzen hier betroffenen Bereich in den letzten sechs bis acht Monaten der wesentlichste Stabilisierungsfaktor in unserer Konjunkturentwicklung gewesen sind. Man muß prüfen, ob diesem Preisniveau noch weitere Einbußen zuzumuten sind.
Von Bedeutung sind drittens die Freibeträge. Die FDP hat hier eine Fülle von Anträgen eingereicht, mit denen sie zum Teil wesentlich über ,das ausgeht, was in dieser 11. Novelle festgesetzt wird. Da es sich hier um Belange des Mittelstandes handelt und wir das Gefühl haben, daß man dem Mittelstand helfen muß, hoffen wir - zumal auch in allem, was von der Regierung in dieser Beziehung veröffentlicht wird, speziell die Notwendigkeit der Hilfe für den Mittelstand herausgestellt wird -, daß wir im Ausschuß doch eine wesentliche Erhöhung ,der hier genannten Vergünstigungen werden erreichen können. Auf die Einzelheiten will ich nicht eingehen; die Gesetzentwürfe, die die FDP eingebracht hat, sind ,ausgiebig [diskutiert worden.
Nun kommt die Kehrseite ,der Medaille: das waren bisher alles Summen, die [dem Steuerzahler als Erleichterung zur Verfügung gestellt werden sollen. Der Bund will dagegen etwas haben, und zwar will er so viel, daß das, was er hingibt, ausgeglichen wird.
Nun kommt also die Aufhebung des Mineralölverarbeitungsprivilegs. Ich möchte grundsätzlich dazu sagen, daß die Aufhebung dieses Privilegs im Endeffekt wiederum eine mittelstandsfeindliche, dem Mittelstand gegenüber zumindest unfreundliche Maßnahme darstellt. Ich verweise auch auf die Stellungnahme des Bundesrates zu diesem Gesetz. Ich möchte Sie einmal auf die Auswirkungen hinweisen, denn die Sache muß ja von verschiedenen Seiten beleuchtet werden. Wir wissen, daß die Mineralölindustrie nicht zimperlich ist und wahrscheinlich zumindest sind das die Vorstellungen-auf die Aufhebung dieses Privilegs mit einer Preiserhöhung für Dieselkraftstoff und Benzin reagieren wird. Man rechnet mit einer Erhöhung um 2 DPf. Die Zeche zahlt der Verbraucher.
Wenn es dabei bleibt, entsteht dem mittelständischen Tankstellenbesitzer kein großer Nachteil. Natürlich ist es für die größeren Mineralölgesellschaften sehr viel leichter, die Aufhebung des Privilegs innerhalb ihrer Stufen abzufangen, als das dem mittelständischen Tankstellenbesitzer möglich sein wird. Dazu muß man noch bemerken, daß die Kapazität der mittelständischen Tankstellenbesitzer und
Händler nur etwa 10 % des Gesamtvolumens ausmacht.
Sehr viel schwieriger wird die Situation aber bei den Nebenprodukten. Hier hat nämlich der mittelständische Handel etwa 60 % des Gesamtvolumens. Er wird von der Aufhebung des Mineralölverarbeitungsprivilegs sehr stark betroffen, weil er nicht in der Lage ist, die aus dem Wegfall des Privilegs erwachsenden Mehrkosten auf den Preis abzuwälzen. Außerdem ist nicht einzusehen, daß mit dieser Maßnahme einseitig - hier müssen wir Kritik üben - eine einzige Branche, nämlich der Mineralölhandel, benachteiligt werden soll, der die volle Umsatzsteuer von 4% zusätzlich zu tragen hätte.
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- Ich sehe, die Herren sind schon unwillig über meine lange Rede. Ich hatte mir auch nie vorgestellt, daß ich zum ersten Male in diesem Hohen Hause ausgerechnet über Umsatzsteuer sprechen würde.
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Ich möchte nun noch etwas über die allgemeine Situation des Mittelstandes sagen. Nach dem Statistischen Jahrbuch haben wir noch etwa 3,2 Millionen Selbständige. Davon sind etwa i Million Landwirte. Deren Zahl geht laufend zurück. Wir sollten uns dieser Entwicklung entgegenstemmen. Wir haben festgestellt, daß in der Sowjetunion zunächst die Bauern und dann die mittelständischen Existenzen vernichtet worden sind. Wir stellen dieselbe Entwicklung in der Sowjetzone fest, wo zunächst die Landwirtschaft sozialisiert worden ist, wo man jetzt dieselben Schritte gegen die Handwerker und gegen die selbständigen Unternehmer einleitet. Wir sollten uns doch ernstlich Gedanken darüber machen, wie wir einen weiteren Rückgang der Zahl der Selbständigen verhindern können. Gerade die Steuerpolitik gibt uns hierzu ein ganz wesentliches Mittel in die Hand.
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Bei der Debatte über einen Steuerantrag der FDP hat Herr Dr. Dresbach gesagt, wir stählen der Bundesregierung bzw. der Regierungspartei mit unseren vorzeitigen Anträgen den Donner. Was uns hier in der elften Novelle vorliegt, ist wahrlich kein Donner. Es ist ein fernes Grollen, ein Wetterleuchten, nichts mehr. Wir haben gehört, daß die Mehreinnahmen des Bundes auch aus der Umsatzsteuer bereits anderweitig verplant oder eingesetzt sind. Auf jeden Fall also ist der warme Regen aus diesem Gewitter anderswo heruntergegangen. Ich möchte mit der Fraktion der FDP hoffen, daß dieser Gesetzentwurf als wirklicher „Donner" aus dem Ausschuß zurückkommt.
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Das Wort hat der Abgeordnete Krammig.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In dieser späten Abendstunde nur ganz wenige Sätze, damit wir in der Aufarbeitung der Tagesordnung weiterkommen.
Wir begrüßen die Vorlage des Entwurfs eines Elften Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes. Wir haben jetzt eine gute Gelegenheit, alle bereits im Ausschuß vorliegenden Anträge zu einem Ganzen zusammenzufassen, Das, was nach unserer Meinung in diesem Entwurf noch verbesserungsbedürftig ist, kann dort verbessert werden, und das, was bei diesem Entwurf besser nicht getan wird, kann herausgelassen werden, Die CDU/CSU-Fraktion wird sich mit den übrigen Fraktionen bemühen, daß dem Hause zur zweiten Lesung ein gutes Elftes Gesetz zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes vorgelegt wird.
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Ich darf die Aussprache und damit die erste Beratung schließen.
Vorgesehen ist Überweisung an den Finanzausschuß - federführend - und an den Ausschuß für Mittelstandsfragen und an den Haushaltsausschuß zur Mitberatung. - Es ist so beschlossen.
Ich rufe nunmehr den neu in die Tagesordnung aufgenommenen Punkt auf:
Mündlicher Bericht des Rechtsausschusses ({0}) über die Streitsache vor dem Bundesverfassungsgericht - Antrag der Bayerischen Staatsregierung auf Feststellung der Nichtigkeit des Gesetzes zur Reinhaltung der Bundeswasserstraßen vom 17. August 1960 ({1}).
Aussprache ist nicht gewünscht. Wer ,dem Antrag des Ausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich, Zeichen zu geben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen.
Punkt 16 ,der Tagesordnung:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfseines Gesetzes zu dem Zollübereinkommen vom 15. Januar 1959 über den internationalen Warentransport mit Carnets TIR ({2}) ({3}).
Aussprache ist nicht vorgesehen. Der Entwurf soll überwiesen werden an den Außenhandelsausschuß - federführend - und an den Ausschuß für Verkehr, Post und Fernmeldewesen zur Mitberatung - Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Punkt 17 der Tagesordnung:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 19. September 1949 über den Straßenverkehr ({4}).
Auch hier soll eine Aussprache nicht stattfinden. Vorgesehen ist Überweisung an den Ausschuß für Verkehr, Post und Fernmeldewesen. - Es ist so beschlossen.
Punkt 18 der Tagesordnung:
Beratung der Übersicht 17 des Rechtsausschusses ({5}) über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen
Vizepräsident Dr. Dehler
vor dem Bundesverfassungsgericht ({6}).
Ich stelle den Antrag des Ausschusses zur Abstimmung und bitte, diejenigen, die zustimmen wollen, ein Zeichen zu geben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmige Annahme.
Ich rufe nun Punkt 19 der Tagesordnung auf:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Verteidigung ({7}) über den Entschließungsantrag der Fraktion der FDP zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1960 ({8}) .
Der Ausschuß beantragt, dem Entschließungsantrag zuzustimmen. Für den Fall der Zustimmung bitte ich Handzeichen zu geben. - Ich stelle einstimmige Annahme fest.
Punkt 20 der Tagesordnung:
Beratung des Schriftlichen Berichts des Außenhandelsausschusses ({9}) über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf einer Fünfundzwanzigsten Verordnung über Zolltarifänderungen zur Durchführung des Gemeinsamen Marktes der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl ({10}) ({11}) .
Auf Drucksache 2394 liegt ein Antrag des Ausschusses vor. Aussprache ist nicht gewünscht. Wer zuzustimmen wünscht, gebe das Handzeichen. Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmige Annahme.
Wir kommen zu Punkt 21 der Tagesordnung:
Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs einer Sechsundzwanzigsten Verordnung über Zolltarifänderungen zur Durchführung des Gemeinsamen Marktes der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl ({12}) ({13}).
Eine Aussprache ist nicht vorgesehen. Die Überweisung an den Außenhandelsausschuß wird vorgeschlagen. - Es besteht Einverständnis; es ist so beschlossen.
Wir kommen dann zu Punkt 22 der Tagesordnung:
Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen betreffend Veräußerung des bundeseigenen Grundstücks der ehemaligen Pionierkaserne in Ulm an die Stadt Ulm ({14}).
Ohne Aussprache. Vorgeschlagen ist die Überweisung an den Haushaltsausschuß. - Es ist so beschlossen.
Damit sind wir am Schluß der heutigen Sitzung. Ich berufe die nächste Sitzung ein auf Freitag, den 27. Januar 1961, 9 Uhr.
Ich schließe die heutige Sitzung.