Plenarsitzung im Deutschen Bundestag am 10/26/1960

Zum Plenarprotokoll

Hinweis: Der Redeinhalt enthält nur die tatsächlich gesprochenen Worte des jeweiligen Politikers. Jede Art von Zwischenruf oder Reaktion aus dem Plenum wird aus dem Redeinhalt gelöscht und durch eine Positions-ID im Format ({ID}) ersetzt.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Die Sitzung ist eröffnet. Vor Eintritt in die Tagesordnung spreche ich die Glückwünsche des Hauses zu Geburtstagen aus: dem Herrn Abgeordneten Dr. Schild zum 65. Geburtstag am 22. Oktober 1960 ({0}) und dem Herrn Abgeordneten Etzenbach zum 71. Geburtstag am 25. Oktober. ({1}) Die übrigen amtlichen Mitteilungen werden ohne ) Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen: Der Herr Bundesminister des Auswärtigen hat unter dem 17. Oktober 1960 die Kleine Anfrage der Fraktion der FDP betr. Aufbringung des Frachters Las Palmas ({2}) beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 2153 verteilt. Der Herr Staatssekretär des Bundesministeriums für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte hat unter dem 21. Oktober 1960 die Kleine Anfrage der Fraktion der FDP betr. Ausgleichsleistungen für Sowjetzonenflüchtlinge ({3}) beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 2155 verteilt. Der Herr Bundesminister des Auswärtigen hat unter dem 21. Oktober 1960 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Zimmer, Dr. Meyer ({4}) und Genossen betr. Verfahrensordnung bei Teilabkommen im Ministerkomitee des Europarates ({5}) beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 2158 verteilt. Der Herr Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat unter dem 25. Oktober 1960 die Kleine Anfrage der Fraktion der FDP betr. Anwendung des Lebensmittelgesetzes bei Importen ({6}) beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 2161 verteilt. Wir kommen zur Tagesordnung: 1. Fragestunde ({7}). Frage I/1 - des Herrn Abgeordneten Dr. Mommer - aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern: Hält die Bundesregierung Behauptungen über Zusammenhänge zwischen Zigarettenrauchen und der wachsenden Häufigkeit von Herzinfarkt und Lungenkrebs für wissenschaftlich genügend fundiert, um gesundheitspolitische Maßnahmen zu erwägen? Zur Beantwortung der Herr Bundesminister des Innern.

Dr. Gerhard Schröder (Minister:in)

Politiker ID: 11002077

Zu der Entstehung von Krebs- und Herzkrankheiten trägt eine Reihe von Faktoren bei, die sich aus den Lebensgewohnheiten, der Konstitution und der Umwelt der Betroffenen ergeben. Die Wissenschaft hat noch nicht eindeutig klären können, welche Rolle dais Zigarettenrauchen in diesem Zusammenhange spielt. 'Dessen ungeachtet hat die Bundesregierung seit jeher alle Bestrebungen zur Aufklärung über mögliche Gefahren des Rauchens im Rahmen der Gesundheitserziehung und zur Bekämpfung der Suchtgefahren gefördert.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Zusatzfrage!

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001529, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, sind Ihnen die wissenschaftlichen Untersuchungen bekannt, in denen mit umfangreichem statistischem Material Zusammenhänge nachgewiesen werden? Glauben Sie nicht, daß es gut wäre, wenn die Bundesregierung von sich aus und dann unbeeinflußt vonetwaigen Interessenten die Stichhaltigkeit der dort gemachten Behauptungen untersuchen würde?

Dr. Gerhard Schröder (Minister:in)

Politiker ID: 11002077

Zu Punkt 1: Interessenten interessieren die Bundesregierung natürlich überhaupt nicht. ({0}) - Wieso? ({1}) - Ich teile es Ihnen doch gerade mit für den Fall, daß Sie [es nicht wissen sollten. ({2}) Herr Kollege Mommer, ich kann Ihnen einmal das Verzeichnis der wissenschaftlichen Gesellschaften vorlesen oder geben, die wir befragt haben, bevor wir ,diese Antworterteilten. Um es einmal zusammengefaßt zu sagen: nach Überzeugung vieler namhafter Wissenschaftler ist das rein statistische Bild aus verschiedenen Ursachen trügerisch. Es würde zu sehr in den Bereich der Medizin führen, wenn ich mich damit auseinandersetzen wollte. Ich bin aber gern bereit, Ihnen die Unterlagen einmal zur Verfügung zu stellen. Sie werden feststellen, daß man auf Grund der Unterlagen zu dem Ergebnis kommt, daß die Sache zu umstritten bleibt, als daß sie die Grundlage für wirkliche Maßnahmen abgeben könnten.

Dr. Karl Mommer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001529, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Danke.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Weitere Zusatzfragen? 7424 Präsident D. Dr. Gerstenmaier Frage I/2 - des Herrn Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen -: Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Amtsbezeichnungen der Lehrer an berufsbildenden Schulen, insbesondere an den kaufmännischen Schulen, außerordentlich vielfältig sind, und sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, im Wege von Rahmenvorschriften oder durch Verhandlungen mit den Ländern eine Vereinheitlichung herbeizuführen, die auch nach außen die Einheitlichkeit der Bildungsaufgabe dieses Schulwesens zum Ausdruck brächte und der Bedeutung und Aufgabe des berufsbildenden Schulwesens gerecht würde? Zur Beantwortung der Herr Bundesminister des Innern.

Dr. Gerhard Schröder (Minister:in)

Politiker ID: 11002077

Es ist der Bundesregierung bekannt, daß die Amtsbezeichnungen für Lehrer an berufsbildenden Schulen in den Bundesländern außerordentlich vielfältig und unterschiedlich sind. Die Vereinheitlichung von Amtsbezeichnungen war eines der Ziele der Besoldungsreform im Jahre 1957. Sie konnte auch beim Bund nicht vollständig erreicht werden. In den Rahmenvorschriften des Bundesbesoldungsgesetzes sind daher den Ländern in dieser Hinsicht nur sehr geringe Bindungen auferlegt worden. Die Länder haben inzwischen durch ihre Landesbesoldungsgesetze von der Befugnis zur Festsetzung von Amtsbezeichnungen weitgehend Gebrauch gemacht. Die Bundesregierung verspricht sich bei dieser Sachlage von Verhandlungen zur Vereinheitlichung von Amtsbezeichnungen an berufbildenden Schulen leider keinen Erfolg.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Keine Zusatzfrage. Frage I/3 - des Herrn Abgeordneten Jahn ({0}) -: Auf welcher Rechtsgrundlage hat die Bundesregierung dem Herrn Bundesjustizminister die Geldbeträge für die Gründung der Deutschland-Fernsehen-GmbH zur Verfügung gestellt, als Schenkung, als Darlehen ({1}) oder in welcher sonstigen Rechtsform? Zur Beantwortung der Herr Bundesminister des Innern.

Dr. Gerhard Schröder (Minister:in)

Politiker ID: 11002077

Das Kabinett hat am 8. Juli dieses Jahres beschlossen, für den Fall eines Scheiterns der damals laufenden Verhandlungen zwischen Bund und Ländern eine GmbH zur Ausstrahlung eines zweiten Fernsehprogramms zu gründen. In Ausführung dieses Beschlusses hat der Bundeskanzler mit Schreiben vom 2. August, das mit förmlicher Zustimmung des Bundesministers ,der Finanzen ergangen ist, Bundesminister Schäffer mitgeteilt, daß der Bund ihm die zur Leistung einer Stammeinlage erforderlichen Geldmittel zur Verfügung stellen wird. Bundesminister Schäffer hatte bekanntlich, wie sich sowohl aus der Satzung wie aus dem Schreiben vom 2. August 1960 ergibt, die Stammeinlage zwar im eigenen Namen, aber im Interesse der Länder übernommen. In dem Schreiben wird weiter gesagt, daß die zur Verfügung gestellten Mittel im Falle der Übernahme von Stammeinlagen durch ,die Länder nach dem Eingang der Zahlungen der Länder zurückzuvergüten sind. Daraus ergibt sich, daß die Bundesminister Schäffer an die Hand gegebenen Mittel, wie in solchen Fällen üblich, fiduziarisch zur Verfügung gestellt werden sollten, also keine Schenkung darstellen. Die Bereitstellung dieser Mittel ist durch die Übertragung ,der Anteile an ,die Bundesrepublik am 25. August 1960 hinfällig geworden. In die Verpflichtung des Bundesministers ,der Justiz gegenüber der Deutschland-Fernsehen-GmbH ist auf Grund dieser Übertragung die Bundesrepublik getreten, der nunmehr alle Anteile an der Gesellschaft gehören.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Eine Zusatzfrage!

Gerhard Jahn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001012, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, die fiduziarische Übertragung allein besagt ja noch nichts darüber, welches Rechtsgeschäft - nach dem ich gefragt hatte - der Übertragung hier zugrunde gelegen hat.

Dr. Gerhard Schröder (Minister:in)

Politiker ID: 11002077

Herr Kollege Jahn, das habe ich ja gerade beschrieben. ({0}) - Ich habe es richtig beschrieben. Das ist natürlich ein öffentlich-rechtlicher Auftrag, ein Auftrag im Rahmen, wenn Sie so wollen, seines besonderen öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses. Ich glaube, das ist doch wohl eine genügende Basis.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Herr Abgeordneter Wittrock, eine Zusatzfrage!

Karl Wittrock (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002545, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Bundesinnenminister, sind die Gelder zur Gründung der Deutschland-Fernsehen-GmbH. aus Mitteln des ordentlichen Haushaltsoder aus außerordentlichen Haushaltsmitteln zur Verfügung gestellt worden?

Dr. Gerhard Schröder (Minister:in)

Politiker ID: 11002077

Herr Kollege Wittrock, ich habe in der letzten Fragestunde das Vergnügen gehabt, über diese Frage ausführlich zu sprechen. Ich beziehe mich auf meine damaligen Antworten.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Eine zweite Zusatzfrage!

Karl Wittrock (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002545, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Darf ich aus der Tatsache, daß Sie, Herr Bundesminister, in der letzten Fragestunde den Eindruck erweckt haben, die Mittel seien aus ordentlichen Etatmitteln zur Verfügung gestellt worden, daß aber im Rechtsausschuß des Bundestages von ganz anderen haushaltsrechtlichen Erwägungen die Rede war, schließen, daß sich die Bundesregierung im Grunde ,genommen über die haushaltsrechtliche und haushaltsmäßige Seite überhaupt keine Gedanken gemacht hat?

Dr. Gerhard Schröder (Minister:in)

Politiker ID: 11002077

Ich glaube, Herr Wittrock, Sie unterschätzen die Bundesregierung, wenn Sie das annehmen wollten. Bundesinnenminister tsr. Schröder Für Auskünfte im Rechtsausschuß bin ich nicht verantwortlich. Ich würde Ihnen vorschlagen, sich an meine Antworten zu halten. ({0})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Keine weiteren Zusatzfragen. Wir kommen zu der Frage aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft. Fragesteller ist Herr Abgeordneter Schmitt-Vockenhausen. Sieht der Herr Bundeswirtschaftsminister Möglichkeiten, sicherzustellen, daß die Verbraucher nicht die Zwanzigerpackung als kleinste Zigarettenpackung kaufen müssen? Das Wort zur Beantwortung hat der Herr Staatssekretär des Bundeswirtschaftsministeriums.

Not found (Staatssekretär:in)

Einzelne Pressemeldungen haben wohl den Eindruck erweckt, daß bei den Zigaretten die gegenwärtig meistgekaufte 12-StückPackung durch die 20-Stück-Packung als unterste Verkaufseinheit ersetzt werden soll. Obgleich die Zigarettenindustrie in der Wahl der Packungsgrößen frei ist, hat sie dem Bundeswirtschaftsministerium auf Anfrage erklärt, daß sie nicht daran denkt, die 12-Stück-Packung fortfallen zu lassen. Das ist, meine Damen und Herren, umso verständlicher, als von dem derzeitigen Jahresumsatz von etwa 70 Milliarden Zigaretten rund zwei Drittel auf ,die 12-Stück-Packung entfallen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Eine Zusatzfrage!

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002033, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, haben Sie die Pressemeldungen an den gleichen Tagen gelesen, wonach bei Verbesserungen oder Änderungen der Verpackung leider vielfach die Gelegenheit zu Manipulationen mit Gewichten usw. benutzt wird? Werden Sie Ihre besondere Aufmerksamkeit einmal auf diesen Fragenkomplex lenken?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, ich habe die von Ihnen zitierte Pressemeldung nicht gelesen, werde aber Ihre Anfrage zum Anlaß nehmen, dieser Sache nachzugehen.

Dr. Hermann Schmitt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002033, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich danke schön.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Ich rufe auf die Frage aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - Herr Abgeordneter Dr. Dr. Oberländer -: In wieviel Fällen erfolgte bei den geförderten Eingliederungen vertriebener und geflüchteter Bauern eine Kündigung der gewährten Darlehen aus Bundesmitteln, die die Aufgabe der landwirtschaftlichen Existenz zur Folge hatte? Zur Beantwortung der Herr Bundesernährungsminister.

Werner Schwarz (Minister:in)

Politiker ID: 11002127

Ich habe darauf folgendes zu antworten. Nach den bei der Deutschen Siedlungsbank geführten Unterlagen sind bisher in 63 Pachtfällen und in 37 Eigentumsfällen die Darlehen aus Bundeshaushaltsmitteln gekündigt worden. Ob die Kündigung die Aufgabe der landwirtschaftlichen Existenz zur Folge hatte oder ob die Kündigung die Folge der Aufgabe der Existenz war, läßt sich ohne eingehende Prüfung der Einzelfälle nicht sagen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Zusatzfrage? Es folgt die Frage III/2 - des Herrn Abgeordneten Dr. Dr. Oberländer -: Wieviel Pachtungen, die nach dem Flüchtlingssiedlungsgesetz und Bundesvertriebenengesetz mit Bundesmitteln gefördert wurden, sind bereits ausgelaufen, ohne daß eine neue landwirtschaftliche Ansetzung möglich war?

Werner Schwarz (Minister:in)

Politiker ID: 11002127

Von den Pachtungen, die nach dem Flüchtlingssiedlungsgesetz und dem Bundesvertriebenengesetz mit Bundeshaushaltsmitteln gefördert werden, sind nach den Meldungen der Länder 1142 ausgelaufen. Von den abziehenden Pächtern konnten 623 wieder in die Landwirtschaft eingegliedert werden, während 519 nicht mehr angesetzt sind.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Zusatzfrage?

Prof. Dr. Dr. Theodor Oberländer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001631, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Ist die Größe der Fläche der ausgelaufenen Pachtungen bekannt?

Werner Schwarz (Minister:in)

Politiker ID: 11002127

Lautet die Frage, was aus den ausgelaufenen Pachtungen geworden ist, oder fragen Sie, was aus den freigewordenen Pächtern geworden ist?

Prof. Dr. Dr. Theodor Oberländer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001631, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Wie groß ist die Fläche bei den ausgelaufenen Pachtungen, und kann man die Flächen der Pachtungen, die wieder angesetzt werden konnten, von den Flächen der Pachtungen trennen, die nicht wieder angesetzt werden konnten?

Werner Schwarz (Minister:in)

Politiker ID: 11002127

Wir können eine Auskunft darüber nur nach eingehender Prüfung erteilen, weil eis uns nicht möglich ist, die Gründe und damit auch Ihre Frage hier im Augenblick zu erörtern.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Frage III/3 - des Abgeordneten Logemann -: Will die Bundesregierung das deutsche Verhältnis zwischen Brot- und Futtergetreide im Gemeinsamen Markt erhalten oder ist sie der Auffassung, daß eine Beibehaltung des deutschen Preises für Brotgetreide eine Senkung des Futtergetreidepreises nach sich ziehen muß? Zur Beantwortung der Herr Bundesernährungsminister.

Werner Schwarz (Minister:in)

Politiker ID: 11002127

Die Frage bezieht sich offen- 7426 Deutscher Bundestag - 3. Wahlperiode - 129. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den T. Oktober 1960 sichtlich auf die Endphase des Gemeinsamen Marktes. Der Herr Abgeordnete schneidet mit der gestellten Frage zwei Einzelprobleme an, nämlich folgende: Soll das derzeitige innerdeutsche Preisverhältnis zwischen Brotgetreide und Futtergetreide im Gemeinsamen Markt erhalten bleiben? b) Muß eine Beibehaltung des deutschen Preises für Brotgetreide eine Senkung des Futtergetreidepreises nach sich ziehen? Zu a) : Die Bundesregierung ist der Ansicht, daß ein möglichst geringer Abstand zwischen Brotgetreide- und Futtergetreidepreis hergestellt werden sollte. Die Futtergetreidearten sollten dabei entsprechend ihrem Futterwert .eingeordnet werden. Zu b) : Zwischen der Produktion von Brotgetreide und Futtergetreide sollte ein ausgewogenes Verhältnis bestehen. Dem muß auch die Preisgestaltung Rechnung tragen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Ich rufe auf die Frage IV/1 - des Herrn Abgeordneten Dr. Kohut -: Bis zu welchem Zeitpunkt glaubt die Bundesregierung das lebens- und verkehrgefährdende Basalt- bzw. Blaubasaltpflaster auf Autobahnen und Bundesstraßen erster Ordnung beseitigen zu können? Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium.

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf die Frage des Herrn Abgeordneten Dr. Kohut wie folgt beantworten: Auf den durchgehenden Fahrbahnen der Bundesautobahnen sind mit Basaltpflaster befestigte Fahrbahndecken nicht mehr vorhanden. Soweit im Bereich einzelner Anschlußstellen noch Flächen aus Basaltpflaster vorhanden sind, werden diese im Rahmen des ersten Vierjahresplans, d. h. bis Ende des Jahres 1962, beseitigt werden. Darüber hinaus sind die Auftragsverwaltungen angewiesen worden, sämtliches Pflaster - meist Granit - an den Brückenanschlüssen durch Fahrbahndecken in der gleichen Bauart wie die angrenzenden Strecken zu ersetzen. Diese Maßnahmen sind bereits zu einem großen Teil ausgeführt. Das galt für die Bundesautobahnen. Hinsichtlich der Bundesstraßen hat der Bundesminister für Verkehr bereits im Jahre 1949 in einem Erlaß an die Auftragsverwaltungen auf die nachteiligen Fahreigenschaften des Basaltpflasters hingewiesen und in einem weiteren Erlaß im Jahre 1952 den Einbau von Basaltpflaster auf sämtlichen Bundesfernstraßen untersagt. Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes über den Ausbauplan für die Bundesfernstraßen im Jahre 1957 wurde eine systematische Beseitigung der noch vorhandenen Basaltpflasterdecken auf den Bundesstraßen durchgeführt. Von den 1955 noch vorhandenen rund 2000 km Basaltpflasterdecken auf Bundesstraßen wurden bis Ende 1959 1430 km durch andere Deckenarten ersetzt oder anläßlich von Straßenverlegungen ausgeschaltet. Die Beseitigung der restlichen Strecken wird planmäßig fortgesetzt mit dem Ziel, dieses Programm bis Ende 1962 abzuschließen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Frage IV/2 - des Abgeordneten Dr. Schmidt ({0}) -. Treffen die in der Öffentlichkeit bekanntgewordenen Angaben über die Eisenbahntarife zu, nach denen im EWG-Raum z. B. die Frachtgebühr für den Transport einer Tonne Weizen im 20-t-Waggon pro 100 km in der Bundesrepublik am höchsten und fast dreimal so hoch ist wie in Italien? Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium!

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die in der Anfrage des Abgeordneten Dr. Schmidt ({0}) mitgeteilten Angaben über Eisenbahnfrachten für Weizen im EWG-Raum treffen zu. Nach unserer Ansicht kann man aber bei den im heutigen EWG-Bereich noch vorhandenen großen Unterschieden im nationalen Lohn- und Preisniveau solchen Vergleichen nicht allzuviel entnehmen. Vor allem ist zu berücksichtigen, daß bei der Bemessung der Beförderungspreise auf den Eisenbahnen in Italien von wesentlich anderen Gesichtspunkten ausgegangen wird als in der Bundesrepublik. In Italien nimmt der Staat hohe Fehlbeträge im Haushalt der Eisenbahnen in Kauf und leistet entsprechende Zuschüsse. So verhielten sich im Jahre 1958 in Italien die eigenen Einnahmen der Eisenbahnen zu den aus dem Staatshaushalt geleisteten Zuschüssen wie 60 zu 40. In der Bundesrepublik ist das entsprechende Verhältnis 87 zu 13. Die Bundesregierung betrachtet es als ihr Ziel, die Bundesbahn so wirtschaftlich zu gestalten, daß sie ihre Aufwendungen selbst bestreiten kann. Sie bemüht sich demgemäß um kostenechte Tarife. Die Frachtanteile am Warenwert, die sich in der Bundesrepublik bei 100 km Beförderungsweite auf 3,7 % und in Italien auf 1,4 % belaufen, dürften hier wie dort auf den Weizenpreis selbst keinen nennenswerten Einfluß ausüben. Ich darf erwähnen, daß nach den uns zur Verfügung stehenden Unterlagen ungeachtet der Frachtunterschiede die Weizenpreise in Italien bei Umrechnung über den US-Dollar nahezu 10 % über denjenigen in der Bundesrepublik liegen. Dies zeigt, daß auf vielen verschiedenen Ebenen innerhalb der EWG an der Entzerrung der Wettbewerbsbedingungen und an der Beseitigung von Diskriminierungen noch zu arbeiten sein wird.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Zusatzfrage?

Dr. R. Martin Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002014, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, trifft es zu, daß eine Erhöhung der Bundesbahnfrachttarife für landwirtschaftliche Massengüter mit dem Ziel einer Angleichung an die übrigen Tarife der Bundesbahn geplant ist, so daß die Frachttarifunterschiede innerhalb der EWG-Länder noch größer würden?

Not found (Staatssekretär:in)

Es trifft für eine geringe Anzahl von Tarifen, insbesondere von solchen für Düngemittel und für Rohmaterialien zur Herstellung von Düngemitteln zu. Die Frachtsätze dieser Tarife sind aber auch im Vergleich zu den Frachtsätzen der übrigen EWG-Staaten als außerordentlich niedrig zu betrachten und decken in keinem Fall die Kosten.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Zweite Zusatzfrage?

Dr. R. Martin Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002014, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, die Bundesregierung nimmt also die Empfehlung der EWG-Kommission nicht zur Kenntnis, die Frachtdifferenzen zwischen den Ländern der Gemeinschaft nicht zu vergrößern?

Not found (Staatssekretär:in)

Ich glaube nicht, daß die Frachtdifferenzen durch diese Maßnahmen vergrößert werden. Im übrigen ist die Harmonisierung der Tarife eine besondere Aufgabe der EWG; nach den Bestimmungen des Vertrages wird daran zur Zeit gearbeitet.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Frage IV/3 - des Abgeordneten Paul -: Welche Maßnahmen hat das Bundesverkehrsministerium getroffen, um den Engpaß der Bundesstraße 10 in Eßlingen ({0}) ({1}) zu beseitigen? Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr!

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf die Frage des Herrn Abgeordneten Paul wie folgt beantworten. Im Zuge des Ausbaus der Bundesstraße 10 zwischen Stuttgart und Eßlingen wird auch der Engpaß in Eßlingen beseitigt werden. Von der Dringlichkeit dieses Verkehrsproblems hat sich der Herr Minister bereits an Ort und Stelle überzeugt. Angesichts der Bedeutung der Bundesstraße 10 halte ich es für unbedingt erforderlich, daß hier eine leistungsfähigie und verkehrssichere Lösung gewählt wird. Die Planungen in Eßlingen sind aber - wie auch Ihnen, Herr Abgeordneter, bekannt sein wird -außerordentlich schwierig. Sehr viele Vorschläge wurden bereits von der Straßenbauverwaltung des Landes und von der Stadt ausgearbeitet. Eine Einigung konnte bislang jedoch wegen der alten historischen und unter Denkmalschutz stehenden Plinsau-Brücke nicht erzielt werden, weil diese Brücke auf Wunsch der Stadt Eßlingen und des Denkmalsrates erhalten bleiben soll, andererseits jedoch einer verkehrsgerechten Lösung nach unserer Auffassung - jedenfalls nach .den bisherigen Plänen - entgegensteht. Weitere und neue Untersuchungen sind im Gange. Alle Lösungsmöglichkeiten, die so oder so starke Eingriffe mit sich bringen, werden zur Zeit nochmals sorgfältig überprüft. Eine Entscheidung wird in ,dieser schwierigen Frage erst getroffen werden können, wenn das Ergebnis der Verhandlungen zwischen den zuständigen Stellen und die begründeten Vorschläge der baden-württembergischen Straßenbauverwaltung vorliegen. Wir haben das Innenministerium Baden-Württemberg gebeten, die Pläne beschleunigt zu übersenden, sobald die Untersuchungen abgeschlossen sind.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Eine Zusatzfrage?

Ernst Paul (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001681, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ist sich das Bundesverkehrsministerium der Tatsache bewußt, daß der mangelnde Ausbau der Bundesstraße im Bereich Eßlingen eine dauernde Erschwerung des Verkehrs und auch eine Gefährdung von Menschenleben zur Folge hat und daß der Ausbau deswegen ganz besonders dringlich ist?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, ich kann nur wiederholen, was ich bereits gesagt habe: daß uns diese Tatsachen bekannt sind und daß unsererseits alles geschieht, um möglichst bald eine verkehrssichere Endlösung herbeizuführen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Die letzte Frage bei diesem Geschäftsbereich ist die des Herrn Abgeordneten Baur ({0}) : Weshalb wurde der Bericht des Zentralamtes in München, zur Frage der Rationalisierung der Bodenseeschiffahrt erstellt. nicht veröffentlicht, vor allem nicht gemäß den §§ 12, 43 und 44 des Bundesbahngesetzes vom 13. Dezember 1951 der Bayerischen Staatsregierung vorgelegt? Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium.

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Frage des Herrn Abgeordneten Baur beantworte ich wie folgt. Der Bericht der Preisprüfungsstelle des Bundeszentralamtes München war von der Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn angefordert worden, um Grundlagen für die Bewertung der Anlagen der gesamten Bodenseeschiffahrt zu gewinnen und die bisherigen Rechnungen einer kritischen Prüfung nach kaufmännischen Gesichtspunkten zu unterziehen. Es handelt sich also um einen internen Bericht, in dessen Rahmen die Schiffswerft Lindau nur eine unwesentliche Rolle spielt. Es bestand weder die Notwendigkeit noch die Pflicht, diesen Bericht der Bayerischen Staatsregierung vorzulegen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Eine Zusatzfrage?

Valentin Baur (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000115, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Weshalb, Herr Staatssekretär, hat die Hauptverwaltung die Prüfung der Rationalisierung der Bodenseeschiffahrt - nicht nur Lindau - der Bundesbahndirektion Karlsruhe und nicht einer neutralen Bundesbahndirektion übertragen, die am ehesten fähig gewesen wäre, einen sachlichen, von eigenem Hausmachtstreben freien Vorschlag an die Hauptverwaltung zu machen?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, es ist nicht meine Aufgabe, hier in die Zuständigkeit des Vorstandes oder in die der Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn einzugreifen oder an ihnen Kritik zu üben. Sie werden aber verstehen, daß das Objekt, um das es geht, wirklich nicht diesen Aufwand an Schriftsätzen und Auseinandersetzungen lohnt. Ich sage Ihnen, daß es sich bei der Schiffswerft Lindau, die Ihnen offenbar besonders am Herzen liegt, um insgesamt 24 Beschäftigte handelt, die nicht einmal in einer besonderen Dienststelle zusammengefaßt sind, sondern im Rahmen der dortigen Bahnbetriebswerke mit der 'Reparatur der Schiffe beschäftigt sind.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Eine zweite Zusatzfrage?

Valentin Baur (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000115, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, erscheint nicht auch Ihnen die Bedeutung der Neuorganisation der gesamten Bodenseeschiffahrt - nicht nur der Lindauer Werft - so groß und diese Neuorganisation so wichtig, daß man nicht die Zahl von 24 Bediensteten als Maßstab nehmen kann, da es sich um die Organisation einer Schiffahrt mit 40 Passagierschiffen handelt?

Not found (Staatssekretär:in)

Ich bin überzeugt, Herr Abgeordneter, daß die Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn, wenn sie eine nennenswerte Neuordnung der Bodenseeschiffahrt vornehmen sollte, sich dann mit den zuständigen Stellen, auch mit der Bayerischen Landesregierung, auch mit dem Bundesverkehrsministerium und auch mit dem Verwaltungsrat der Deutschen Bundesbahn, ins Benehmen setzen wird.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Herr Abgeordneter Spies zu einer Zusatzfrage!

Josef Spies (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002198, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, ob Lindau an der Erhaltung der Werft interessiert ist?

Not found (Staatssekretär:in)

Ich könnte mir denken, daß Lindau an der Erhaltung der Werft interessiert ist. Hier geht es aber doch darum, für die Deutsche Bundesbahn festzustellen, ob es mit der gebotenen sparsamen Verwaltung vereinbar ist, drei Betriebsstätten. für eine Flotte von, wie der Herr Abgeordnete Baur gesagt hat, vierzig Schiffen ständig aufrechtzuerhalten.

Josef Spies (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002198, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Danke.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Verteidigung. Ich rufe auf die Frage V/1 - des Abgeordneten Schmidt ({0}) -: Wer trägt die Verantwortung dafür, daß das Wehrbereichskommando in München das bekannte sogenannte Rotbuch des Vereins „Rettet die Freiheit" an die Mitglieder des bayerischen Jugendrings verteilt? Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär im Bundesministerium für Verteidigung.

Not found (Staatssekretär:in)

Das Wehrbereichskommando VI in München hat auf Veranlassung des Bundesministeriums für Verteidigung zwölf Exemplare der 2. Auflage des sogenannten Rotbuches „Verschwörung gegen die Freiheit" weitergegeben, davon ein Exemplar im Rahmen eines seit längerer Zeit laufenden Informationsaustausches an den Bayerischen Landesjugendring. Es trifft also wohl nicht zu, Herr Abgeordneter, daß die Schrift an die Mitglieder des Bayerischen Landesjugendrings verteilt worden ist.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Mir ist leider entgangen, daß der Herr Abgeordnete Schmidt ({0}) nicht anwesend ist. - Übernehmen Sie die Frage? ({1}) - Herr Abgeordneter Berkhan zu einer Zusatzfrage!

Karl Wilhelm Berkhan (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000158, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, können Sie Auskunft darüber geben, auf Grund welches Haushaltstitels diese Exemplare angefordert worden sind?

Not found (Staatssekretär:in)

Es handelt sich entweder um Haushaltstitel ,des Bundespresse- und Informationsamtes oder um die entsprechenden Titel ,des Verteidigungsressorts. Ich darf mir erlaube n , Herr Abgeordneter, Ihnen den genauen Titel noch zu nennen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Eine zweite Zusatzfrage !

Karl Wilhelm Berkhan (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000158, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ist Ihnen die Zahl der Prozesse bekannt, die auf Grund der Herausgabe ,dieses sogenannten Rothuches gagen Verfasser ides Rotbuches angestrengt worden sind?

Not found (Staatssekretär:in)

Wie viele Prozesse :gegen den Verfasser angestrengt worden sind, weiß ich nicht. Mir ist lediglich bekannt, daß ein Prozeß gegen das Verteidigungsressort, also gegen den Bundesfiskus, geschwebt hat. In diesem Prozeß hat es sich darum gehandelt, daß die Vornamen von zwei Brüdern miteinander verwechselt worden sind. Die Klage ist inzwischen zurückgenommen worden. Der Kläger hat die Gerichtskosten übernommen; die außergerichtlichen Kosten haben die beiden Parteien jede für sich getragen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Ich rufe auf die Frage V/2 - des Herrn Abgeordneten Folger -: Ist es richtig, daß das Bundesverteidigungsministerium durch Herrn Pfeuffer sich beim Chef vom Dienst des „Allgäuer" über ein am 6. August 1960 - dem Jahrestag des Abwurfes der ersten Atombombe - erschienenes Inserat des Komitees gegen Präsident D. Dr. Gerstenmaier Atomrüstung e. V. beschwert hat mit der Bemerkung, daß das Komitee in engster Verbindung mit dem Osten stehe und daß er deshalb eine Überwachung angeordnet habe? Zur Beantwortung )der Herr Staatssekretär des Bundesministeriums für Verteidigung.

Not found (Staatssekretär:in)

Es ist richtig, daß ein Angehöriger des Pressereferates des Bundesministeriums den Herrn Redakteur Schilling vom „Allgäuer" telefonisch auf eine am 6. August 1960 in dieser Zeitung veröffentlichte Anzeige des Komitees gegen Atomrüstung hingewiesen und zu bedenken gegeben hat, daß der Worthaut dieser Anzeige wörtlich mit den Formulierungen der sowjetzonalen Presse übereinstimme, so daß damit der „Allgäuer" sich, wenn auch selbstverständlich un unbeabsichtigt, zum Sprachrohr der kommunistischen Presse mache. Der Angehörige des Presserates hat dagegen nicht gesagt, daß er eine Überwachung angeordnet habe. Dazu wäre er auch nicht in der Lage gewesen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Eine Zusatzfrage!

Erwin Folger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000566, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ist die Bundesregierung der Meinung, daß dieses Verhalten ides Angestellten des Bundesverteidigungsministeriums richtig war?

Not found (Staatssekretär:in)

Ich halte es für zweckmäßig, daß ein Angestellter des Pressereferats in höflicher und angemessener Weise den Redakteur darauf aufmerksam macht, daß in .der sowjetzonalen Presse und in einer Zeitung der Bundesrepublik absolut derselbe Wortlaut erscheint. Dais ist für dein Redakteur angenehmer, als wenn er von anderer Stelle darauf hingewiesen wird.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Zweite Zusatzfrage !

Erwin Folger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000566, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, sind Sie der Meinung, daß alles bolschewisten- oder kommunistenverdächtig ist, was sich zufälligerweise mit einer gleichen Aktion in der sogenannten DDR deckt?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, ich habe nicht davon gesprochen, !daß sich etwas drüben und hier decke. Ich habe vielmehr gesagt, daß im „Allgäuer" der gleiche Texterschienen sei wie in der sowjetzonalen Presse. Darauf einen Redakteur hinzuweisen, ist in meinen Augen ,keine Ungehörigkeit. ({0})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Frage V/3 - des Herrn Abgeordneten Mattick -: Wie war es möglich, daß in der Verstärkerzentrale des Bundesverteidigungsministeriums über Nacht der Schlüssel im Schloß des Panzerschrankes steckenblieb und das Sicherungsrad auf die richtige Nummer gestellt war, so daß der Spion Kuhn ohne Schwierigkeiten Geheimdokumente entnehmen konnte? Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium.

Not found (Staatssekretär:in)

Der erwähnte Vorfall betrifft nicht das Fernmeldezentrum des Bundesverteidigungsministeriums, sondern das Fernmeldezentrum einer nachgeordneten Dienststelle. Durch eine Nachlässigkeit des Verantwortlichen im Tagesdienst wurde der Panzerschrank ,damals nicht verschlossen und damit auch das Kombinationsschloß nicht verstellt.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Zusatzfrage!

Kurt Mattick (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001440, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, hat das Ministerium diesen Vorfall zum Anlaß genommen, eine generelle Prüfung einzuleiten, ob es noch ähnliche solcher Stellen geben kann, in denen Spitzel angeworben werden können?

Not found (Staatssekretär:in)

Die Fernmeldestellen stehen selbstverständlich, wie alle solche Schlüsselpunkte, unter einer besonderen Überwachung. Aber auch dieser Fall ist zum Anlaß genommen worden, um sowohl bauliche Überprüfungen vorzunehmen als auch das Personal der Fernmeldezentren besonders auf die Sorgfaltspflicht hinzuweisen. Eine Überprüfung im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften erfolgt laufend.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Zweite Zusatzfrage!

Kurt Mattick (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001440, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Können die Hintermänner, die hinter dem Gefreiten Kuhn gestanden haben, davon gewußt haben, daß der Schrank in der Regel nicht verschlossen ist?

Not found (Staatssekretär:in)

Ich kann das nicht genau sagen, weil das Verfahren noch läuft. Es ist aber nicht wahrscheinlich, daß die Hintermänner das annehmen konnten, da der Schrank nicht häufiger offengestanden hat, sondern nur, wie ich sagte, an diesem Abend.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Herr Abgeordneter Berkhan zu einer Zusatzfrage!

Karl Wilhelm Berkhan (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000158, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ist gegen den verantwortlichen Offizier oder Beamten ein Verfahren eingeleitet, und was gedenken Sie zu tun? Wollen Sie den verantwortlichen Mann in seiner Stellung belassen?

Not found (Staatssekretär:in)

Gegen den Verantwortlichen sind Maßnahmen ergriffen worden. Der Verstoß gegen die Sicherheitsvorschrift ist geahndet warden. Der an dem Tage Verantwortliche dieses Zentrums ist abgelöst worden. Alle Soldaten des Fernmeldezentrums wurden belehrt. Eine Verletzung der Auf7430 Staatssekretär Dr. Hopf sichtspflicht hat sich nicht nachweisen lassen. Das wird wohl auch kaum möglich sein. Es ist wohl nicht möglich, nachzuweisen, daß, wenn ein Soldat einmal ein Schloß nicht zumacht, generell die Aufsichtspflicht durch den betreffenden Vorgesetzten verletzt worden sei.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Frage V/4 - des Herrn Abgeordneten Spies ({0}) -. Trifft die Zeitungsmeldung zu, wonach ab 1. November 1960 der Verpflegungssatz für Bundeswehrsoldaten von 2,75 DM auf 3,45 DM erhöht wird? Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium.

Not found (Staatssekretär:in)

Die Pressemeldung, daß der Verpflegungssatz für Soldaten der Bundeswehr ab 1. November 1960 von 2,75 DM auf 3,45 DM oder - wie es zum Teil in der Presse hieß - auf 3,55 DM erhöht worden sei, beruht auf einem Irrtum. Der Verpflegungssatz beträgt nach wie vor pro Tag 2,75 DM. Dieser Verpflegungssatz wird nur von den auf Zeit oder auf Lebensdauer eingestellten Soldaten bezahlt. Die Wehrpflichtigen brauchen diesen Betrag nicht zu zahlen, erhalten also die Verpflegung umsonst. Bei dem in der Presse genannten Betrag von 3,55 DM oder 3,45 DM handelt es sich um das Verpflegungsgeld zuzüglich 0,80 DM für generelle Unkosten, die vom Bund getragen werden, also um den sogenannten Sachbezugswert. Der Sachbezugswert entspricht der Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung über die Festsetzung pauschaler Beträge für Sachbezüge während des Wehrdienstes. Der Sachbezugswert muß bekanntgegeben werden, um die Rentenversicherung von Wehrsoldempfängern berechnen zu können. Das ist eine Maßnahme, die im Interesse der Wehrsoldempfänger liegt.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Zusatzfrage?

Josef Spies (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002198, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Danke, Herr Staatssekretär, die Antwort befriedigt mich vollauf!

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Das war keine Frage. Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Berkhan!

Karl Wilhelm Berkhan (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000158, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, darf ich Ihrer Antwort entnehmen, daß der Betrag von 2,75 DM dazu ausreicht, eine gehaltreiche Kost zu verabfolgen, die auch den Soldaten sättigt?

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Abgeordneter, diese Frage ist im Verteidigungsausschuß mehrfach besprochen worden, und mit auf Anregung des Ausschusses ist ja - ich glaube, vor einem Jahr - der Satz von 2,50 DM auf 2,75 DM erhöht worden. Mit diesem Satz von 2,75 DM werden lediglich die - im Großeinkauf beschafften - Lebensmittel bezahlt. Alle übrigen 1 Kosten, d. h. Gebäude, Verzinsung, Amortisation, Einrichtung, Ersatz für zerbrochenes Geschirr, sämtliche Arbeitskräfte, Gas, Wasser, Strom usw., werden ja zusätzlich vom Staat bezahlt. Die 2,75 DM dienen also lediglich zum Großeinkauf von Lebensmitteln zu den durch den Großeinkauf verbilligten Preisen. Zur Zeit liegen Klagen, daß dieser Satz nicht ausreiche, nicht vor.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Frage V/5 - des Herrn Abgeordneten Dr. Schmidt ({0}) -: Ist dem Herrn Bundesverteidigungsminister bekannt, daß britische Truppen bei Geländeübungen im Raum Bielefeld-Hameln vielfach ihre Fahrzeuge auf den Bauerngehöften abstellen, ohne daß der Betriebsinhaber vorher konsultiert worden ist und den Erfordernissen des Betriebes Rechnung getragen wird? Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium.

Not found (Staatssekretär:in)

Dem Bundesminister für Verteidigung sind die in der Frage enthaltenen Tatsachen bisher nicht bekanntgeworden. Der Bundesminister für Verteidigung wird die ihm zur Kenntnis gelangenden konkreten Beschwerden den Stationierungsstreitkräften mitteilen und mit diesen wegen der Abstellung berechtigter Beschwerden verhandeln. Ich darf Sie, Herr Abgeordneter, um Übersendung der einzelnen Beschwerden bitten, um die britischen Militärdienststellen unterrichten und mit ihnen verhandeln zu können.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Fragen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung! Frage VI/1 - des Herrn Abgeordneten Dr. Arndt -. ({0}) - Herr Abgeordneter Jahn ({1}) übernimmt die Frage von Herrn Abgeordneten Dr. Arndt. Hat das Bundesministerium für Arbeit durch ein Rundschreiben vom 20. März 1951 ({2}) bekanntgegeben: „Auf Personen, die an der Aktion des 20. Juli 1944 teilgenommen haben, ist die Vorschrift des § 1 Abs. 2 Buchstabe d BVG nicht anzuwenden. Ihre Verurteilung steht weder mit militärischem oder militärähnlichem Dienst noch mit allgemeinen Auflösungserscheinungen im Zusammenhang. An der erwähnten Aktion waren sowohl Soldaten als auch Zivilpersonen beteiligt; sie handelten ausschließlich aus politischen Motiven. Etwaige Ansprüche Hinterbliebener können nach meiner Auffassung nur nach den Vorschriften über die Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts befriedigt werden.", und hat der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung im Falle der Witwe des Generalmajors Stieff, weil der Bund gemäß Artikel 84 Abs. 3 GG die Aufsicht über die Durchführung der Bundesgesetze durch die Länder ausübt, auf Anfrage mit Schreiben vom 10. Juli 1959 ({3}) dem Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Soziale Fürsorge ausdrücklich mitgeteilt, daß gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 23. Mai 1958, welches der Witwe des Generalmajors Stieff die Hinterbliebenenrente nach dem BVG zugesprochen hatte, Revision eingelegt werden solle, weil der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung es für fraglich halte, ob das Landessozialgericht die Frage des ursächlichen Zusammenhanges der Hinrichtung des Generalmajors Stieff mit seinem Militärdienst zutreffend beurteilt habe, d. h., weil es fraglich sei, daß der Witwe des Generalmajors Stieff ein Recht auf Versorgungsbezüge zustehe? Zur Beantwortung der Herr Bundesarbeitsminister.

Theodor Blank (Minister:in)

Politiker ID: 11000195

Herr Kollege Jahn, ich darf den ersten Teil der von Herrn Kollegen Dr. Arndt gestellten Frage Bundesarbeitsminister Blank wie folgt beantworten: Es trifft zu, daß das Bundesministerium für Arbeit in einem Rundschreiben vom 20. März 1951 die in Ihrer Frage zitierte Rechtsauffassung vertreten hat. Zum zweiten Teil der Frage: Die in der Versorgungsangelegenheit der Witwe des Generalmajors Stieff wiedergegebene Stellungnahme meines Ministeriums, die vom Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und soziale Fürsorge ausdrücklich erbeten worden war, lautet folgendermaßen: „Ich stimme Ihrer Auffassung zu, daß eine Nachprüfung der Entscheidung des Landessozialgerichts durch das Bundessozialgericht wegen der Bedeutung einer höchstrichterlichen Entscheidung für die versorgungsrechtliche Beurteilung der Ansprüche der Hinterbliebenen der wegen ihrer Teilnahme an den Vorgängen des 20. 7. 1944 hingerichteten Soldaten erfolgen sollte. Ich halte es für fraglich, ob das Landessozialgericht die Frage des ursächlichen Zusammenhangs der Hinrichtung mit dem militärischen Dienst zutreffend beurteilt hat." Aus dieser Stellungnahme meines Ministeriums mögen Sie ersehen, daß mein Ministerium keine Weisung in der fraglichen Angelegenheit gegeben hat.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Eine Zusatzfrage.

Gerhard Jahn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001012, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, sind Sie der Auffassung, daß die Antwort, die Sie in einer der letzten Fragestunden zu diesem Thema gegeben haben, sich mit Ihrer heutigen Anwort in Einklang bringen läßt?

Theodor Blank (Minister:in)

Politiker ID: 11000195

Ich bin dieser Auffassung; denn ich habe schon damals darauf hingewiesen, daß es sich bei der in der Versorgungsangelegenheit Stieff zu treffenden Entscheidung um eine Frage der Anwendung und Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes gehandelt hat und hierfür auf Grund des Artikels 83 des Grundgesetzes die Länder zuständig sind. Ein Weisungsrecht stünde dem Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung nur dann zu, wenn das Bundesversorgungsgesetz im Rahmen des Artikels 85 des Grundgesetzes von den Ländern im Auftrage des Bundes durchgeführt würde.

Gerhard Jahn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001012, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Sind Sie auch heute noch der Auffassung, Herr Minister, daß Bundesbeamte an den Maßnahmen der Bayerischen Landesregierung in diesem Falle nicht beteiligt sind und daß sie keine Verantwortung trifft?

Theodor Blank (Minister:in)

Politiker ID: 11000195

Ich bin auch heute noch der Auffassung, daß Bundesbeamte hier keine Verantwortung übernommen haben. Hier ist nur ein Bundesbeamter eines Ministeriums um seine Meinung gefragt worden. Das kann mit nickten irgendwie die Entscheidungsfreiheit der zuständigen bayerischen Beamten und des Bayerischen Ministeriums beeinflussen.

Gerhard Jahn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001012, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Danke!

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Keine weitere Zusatzfrage. Frage VI/2 - des Herrn Abgeordneten Dr. Schellenberg -: Entspricht es den Tatsachen, daß Beamte des Bundesarbeitsministeriums seit Wochen damit beschäftigt werden, für die Fraktion der CDU/CSU Anträge auf Abänderung des Regierungsentwurfs zur Neuregelung der gesetzlichen Krankenversicherung zu formulieren?

Theodor Blank (Minister:in)

Politiker ID: 11000195

Ich darf die Frage des Herrn Kollegen Dr. Schellenberg wie folgt beantworten. Es entspricht den Tatsachen, daß Beamte des Bundesarbeitsministeriums Abgeordneten und Gruppen von Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion Formulierungshilfe leisten.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Eine Zusatzfrage!

Dr. Ernst Schellenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001954, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, bringt es die Beamten des Bundesarbeitsministeriums nicht in eine unmögliche Situation, wenn sie - abgesehen von ihrer allgemein anerkannten Aufgabe, den Ausschüssen mit sachverständigem Rat zu dienen - einerseits in den Ausschüssen die Regierungsvorlage vertreten sollen, andererseits aber unter der Bezeichnung „Formulierungshilfe" für eine Fraktion deren zahlreiche Anträge auf Abänderung des Regierungsentwurfs erarbeiten sollen?

Theodor Blank (Minister:in)

Politiker ID: 11000195

Ich darf darauf wie folgt antworten: Nach meiner Ansicht nicht, Herr Kollege; denn aus der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien ergibt sich, daß Angehörige der Ministerien mit Genehmigung des zuständigen Ministers bei der Vorbereitung von Gesetzesvorlagen aus der Mitte des Bundestages, d. h. doch von Fraktionen, mitwirken dürfen. Dasselbe muß meines Erachtens gelten, wenn es sich um Änderungsanträge zu einer Gesetzesvorlage ,der Bundesregierung handelt. Im vorliegenden Falle habe ich eine solche Mitwirkung sogar angeordnet.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Eine zweite Zusatzfrage!

Dr. Ernst Schellenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001954, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, was haben Sie getan, um Beamte Ihres Ministeriums vor dem in der Öffentlichkeit erhobenen Verdacht zu schützen, sie seien bei der Formulierung dieser Änderungsanträge zum Regierungsentwurf dem Druck von Verbänden und dem einer Partei ausgesetzt worden?

Theodor Blank (Minister:in)

Politiker ID: 11000195

Darauf antworte ich folgendes, Herr Kollege. Wenn sich Beamte meines Ministeriums mit meiner Zustimmung entsprechend der Geschäfts7432 Bundesarbeitsminister Blank ordnung der Bundesministerien verhalten, können sie nicht in den Verdacht geraten.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Dr. Bucher!

Dr. Ewald Bucher (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000288, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Bundesminister, ist das Bundesarbeitsministerium bereit, auch anderen Fraktionen solche Hilfe zu leisten, wenn sie sich in einer ähnlich verzweifelten Situation befinden wie die CDU/CSU-Fraktion im Falle der Krankenversicherung? ({0})

Theodor Blank (Minister:in)

Politiker ID: 11000195

Herr Kollege Bucher, auch wenn Sie sich nicht in einer „so verzweifelten Situation" - wie Sie sagen - befinden, darf ich Ihre Frage deshalb uneingeschränkt mit Ja beantworten, weil dies schon seit Jahr und Tag Übung ist. ({0})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Frau Abgeordnete Korspeter zu einer Zusatzfrage!

Lisa Korspeter (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001183, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, würden Sie bereit sein, mir mitzuteilen, ob es zutrifft, daß der zuständige Ministerialrat angesichts der Konfliktsituation in Ihrem Hause seine Versetzung schriftlich beantragt hat?

Theodor Blank (Minister:in)

Politiker ID: 11000195

Mir ist von einem solchen Antrag nichts bekannt.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Eine zweite Zusatzfrage!

Lisa Korspeter (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001183, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, ist Ihnen auch darüber nichts bekannt, ob der an sich für die Krankenversicherung zuständige Ministerialdirigent auf Grund der Auseinandersetzungen in Ihrem Hause von der Bearbeitung der Krankenversicherung zurückgezogen wurde?

Theodor Blank (Minister:in)

Politiker ID: 11000195

Auch davon ist mir nichts bekannt. Ich habe niemanden zurückgezogen. ({0})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Rohde!

Helmut Rohde (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001876, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, da es sich bei der Mithilfe der Beamten nicht nur um eine Formalie handelt, sondern damit auch in die Beratung der Sache eingegriffen wird, möchte ich Sie fragen, ob Sie Ihren Beamten den Auftrag, Abänderungsvorschläge zur Regierungsvorlage über die Neuordnung der Krankenversicherung zu formulieren, darum erteilt haben, weil Sie selbst den Regierungsentwurf in seinen entscheidenden Punkten nicht mehr für eine beratungsfähige Unterlage halten?

Theodor Blank (Minister:in)

Politiker ID: 11000195

Ich darf Ihnen, Herr Kollege, darauf wie folgt antworten. Ich habe den Beamten die Erlaubnis gegeben, wie ich vorhin die Ehre hatte schon einmal zu antworten, weil die Geschäftsordnung das so vorschreibt.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Zu einer Zusatzfrage Herr Abgeordneter Schmücker!

Dr. h. c. Kurt Schmücker (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002040, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Minister, ich möchte Sie fragen, ob Sie nach den Erfahrungen dieser Fragestellungen künftig etwas vorsichtiger verfahren, wenn von seiten der Opposition Formulierungshilfe erbeten wird.

Theodor Blank (Minister:in)

Politiker ID: 11000195

Ich muß Sie leider enttäuschen, Herr Kollege Schmücker. Ich werde in Loyalität jedem, der darum bittet, die gleiche Hilfe zuteil werden lassen. ({0})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Zusatzfrage? - Herr Abgeordneter Wittrock!

Karl Wittrock (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002545, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Bundesarbeitsminister, werden Sie die Genehmigung zur Erteilung einer Formulierungshilfe auch dann geben, wenn die von der Opposition beabsichtigte Gesetzesinitiative in Widerspruch zu einer in einem Regierungsentwurf vertretenen Konzeption steht? ({0})

Theodor Blank (Minister:in)

Politiker ID: 11000195

Ich glaube, Herr Kollege, ich kann mein Ja von vorhin nicht einschränken. Ich darf noch einmal betonen: Dies ist seit Jahr und Tag und nicht nur in meinem Ressort gute Übung. ({0})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Herr Abgeordneter Büttner zu einer Zusatzfrage.

Fritz Büttner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000301, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, darf ich nach Ihren Ausführungen annehmen, daß, nachdem die Unfallversicherungsneuregelung nicht abgeschlossen wird und die sozialdemokratische Fraktion einen Gesetzentwurf - Erledigung von vordringlichen Leistungen in der Unfallversicherung - eingebracht hat, Sie Ihren Beamten Anweisung gegeben haben, dem CDU-Vordringlichkeitsantrag für die Unfallversicherungsgesetzgebung Formulierungshilfe zu leisten?

Theodor Blank (Minister:in)

Politiker ID: 11000195

Darf ich die gestellte Frage wie folgt beantworten: Falls Sie irgendeinen Antrag stellen wollen und selber der Auffassung sind, daß Sie damit nicht so ganz zurecht kommen, so wenden Sie Bundesarbeitsminister Blank sich vertrauensvoll an mich. Sie bekommen jede Formulierungshilfe. ({0})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Büttner.

Fritz Büttner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000301, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, darf ich Sie fragen, ob es im Hinblick auf die Steuergroschen der Bürger zu vertreten ist, daß der Beamtenapparat Ihres Ministeriums in dieser Form einseitig einer Partei zur Verfügung gestellt wird? ({0})

Theodor Blank (Minister:in)

Politiker ID: 11000195

Darf ich die Frage beantworten, Herr Präsident. - Ich halte es auch im Hinblick auf die Steuergroschen der Bürger für vertretbar, daß Beamte eines Ministeriums den Vertretern des souveränen Volkes, also den Abgeordneten, helfen. ({0})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Zusatzfrage Herr Abgeordneter Geiger!

Hans Geiger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000646, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, darf ich Sie fragen, wann und bei welchen Gelegenheiten Sie der SPD-Fraktion durch Ihr Ministerium Formulierungshilfe bei Anträgen geleistet haben? ({0})

Theodor Blank (Minister:in)

Politiker ID: 11000195

Herr Abgeordneter, Sie werden jetzt nicht von mir erwarten, daß ich jeden einzelnen Fall im Kopf habe. Ich darf Ihnen generalisierend sagen: Wir helfen nicht nur bei solchen Formulierungswünschen, wir helfen auch bei der Abfassung von Berichten. ({0})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Eine zweite Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Geiger.

Hans Geiger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000646, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Minister, darf ich fragen, ob diese Hilfe nur bei Berichterstattern der SPD-Fraktion geleistet wird oder auch bei Mitgliedern anderer Fraktionen? ({0})

Theodor Blank (Minister:in)

Politiker ID: 11000195

Herr Geiger, ich antworte auf diese Frage wie vorhin: Diese Hilfe wird jedem geleistet, der sich vertrauensvoll an uns wendet. Ich glaube, das dürfte Ihnen nicht unbekannt sein. ({0})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Die Fragestunde ist beendet. Ehe ich den Punkt 2 der Tagesordnung aufrufe, mache ich das Haus darauf aufmerksam, daß mir in Drucksache 2151 ein Antrag der Abgeordneten Hilbert, Frau Schanzenbach, Spitzmüller und Genossen betreffend Anwendung des § 122 der Brennereiordnung vorgelegt worden ist. Offenbar haben sich die Fraktionen auf einen interfraktionellen Antrag geeinigt. Dieser Antrag soll heute auf die Tagesordnung gesetzt und seine Ausschußüberweisung beschlossen werden. ({0}) - Was abschließende Erledigung an einem Tag? Das macht dieses Haus nur in den seltensten Fällen, Herr Abgeordneter Hilbert. Das müßte ausdrücklich beantragt und beschlossen werden; ich werde es dem Hause nicht vorschlagen. Ich kann die Dringlichkeit nicht beurteilen. Mir ist gesagt worden, daß Ausschußüberweisung beantragt wird. ({1}) - Soll das heute geschehen oder hat das Zeit bis Freitag? ({2}) - Dann rufe ich diesen Punkt jetzt auf, da wir schon davon sprechen: Beratung des Antrags der Abgeordneten Hilbert, Frau Schanzenbach, Spitzmüller und Genossen betreffend Anwendung des § 122 der Brennereiordnung ({3}). Wird zur Einbringung das Wort gewünscht? - Auf das Wort wird verzichtet. Es ist Ausschußüberweisung beantragt. An welchen Ausschuß? ({4}) - Finanzausschuß. Ist das Haus einverstanden? - Ich höre keinen Widerspruch; es ist so beschlossen. Ich rufe auf Punkt 2 der Tagesordnung: Wahl eines vom Bundestag zu entsendenden Mitgliedes des Kontrollausschusses beim Bundesausgleichsamt. Nach § 34 des Gesetzes zur Einführung von Vorschriften des Lastenausgleichsgesetzes im Saarland vom 30. Juli 1960 ist der Kontrollausschuß beim Bundesausgleichsamt von 20 auf 22 Mitglieder erweitert worden, von denen 11 Mitglieder vom Bundestag zu wählen sind. In der Sitzung des Bundestages am 12. Dezember 1957 sind bereits 10 Mitglieder gewählt worden. Der elfte Sitz entfällt nach d'Hondt auf die FDP-Fraktion. Die FDP-Fraktion schlägt als ordentliches Mitglied Herrn Abgeordneten Dr. Rutschke und als Stellvertreter Herrn Otto Arndt, Worms, vor. Ist ,das Haus damit einverstanden? - Ich höre keinen Widerspruch. Damit sind Herr Abgeordneter Dr. Rutschke und Herr Otto Arndt gewählt. Punkt 3 der Tagesordnung: Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes ({5}) zu dem Gesetz über den Rundfunk ({6}). Präsident D. Dr. Gerstenmaier Wünscht der Herr Berichterstatter dazu das Wort? - Herr Abgeordneter Hoogen als Berichterstatter!

Matthias Hoogen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000953, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In dem Ihnen vorliegenden Bericht des Vermittlungsausschusses auf Drucksache 2141 wird eine völlige Umgestaltung des Gesetzes mit nicht weniger als 33 Änderungen des vom Bundestag beschlossenen Gesetzentwurfs - teils grundsätzlicher, teils mehr gesetzestechnischer Art - vorgeschlagen. Meine Damen und Herren, wenn Sie diesen Bericht auf Seite 2 und 3 der Drucksache lesen, dann werden Sie mir zugeben, daß ihn nur jemand versteht, der entweder sehr eng mit der Materie vertraut ist oder der die Regierungsvorlage, den vom Bundestag beschlossenen Gesetzentwurf und das Abänderungsverlangen des Bundesrats vor sich liegen hat. Infolgedessen bin ich als Berichterstatter in einer etwas schwierigen Lage. Denn auf der einen Seite möchte ich Ihre Zeit nicht übermäßig lange in Anspruch nehmen und deshalb in bündiger Kürze berichten, auf der anderen Seite glaube ich aber die Pflicht zu haben, Ihnen einen Bericht zu erstatten, der Sie befähigt, sich ein eigenes Urteil über die Ihnen vom Vermittlungsausschuß gemachten Änderungsvorschläge zu bilden. Ich bitte also schon jetzt um Nachsicht, wenn mein Versuch nur unvollkommen gelingen sollte. Als die Bundesregierung im November des vorigen Jahres dem Hohen Hause den Gesetzentwurf über den Rundfunk vorlegte, hieß es in dem Anschreiben an den Herrn Bundestagspräsidenten, daß der Bundesrat den Gesetzentwurf aus verfassungsrechtlichen und staatspolitischen Gründen abgelehnt und die Bundesregierung ersucht habe, ihn zurückzuziehen und die der Regelung bedürftigen Fragen des Rundfunks und des Fernsehens durch Vertrag zu ordnen. Der Bundesrat verneinte damals die Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes für die hier in Frage stehende Materie schlechthin. Der Bundestag war in dieser Frage anderer Meinung und nahm die Gesetzgebungskompetenz für sich in Anspruch. Er verabschiedete jedoch zunächst nur einen Teil der Regierungsvorlage, und zwar den Teil des Gesetzentwurfs, der die allgemeinen Vorschriften enthielt, und die Teile, die ihm für die Regelung der Deutschen Welle und des Deutschlandfunks notwendig erschienen. Darüber hinaus wollte er in § 35 bestimmte Vorschriften des Gesetzes auch für Rundfunkanstalten des Landesrechts angewandt wissen. An der dieser Vorschrift zugrunde liegenden grundsätzlichen Auffassung entzündete sich der Widerstand des Bundesrates. Der Bundesrat lehnte jedoch im zweiten Durchgang den Gesetzentwurf im Gegensatz zu seiner Stellungnahme im ersten Durchgang nicht schlechthin ab, sondern rief den Vermittlungsausschuß an mit dem Ziel, daß alle Vorschriften aus dem Gesetz gestrichen werden, die sich nicht auf die beiden Anstalten „Deutsche Welle" und „Deutschlandfunk" beschränken und Eingriffe in die Rundfunkanstalten der Länder zum Inhalt haben, und daß das Gesetz rechtssystematisch angelegt anders ausgelegt wird. In seinem Schreiben an den Vorsitzenden des Vermittlungsausschusses bat der Präsident des Bundesrats ferner, zu prüfen, ob die Bestimmung des Sitzes der Rundfunkanstalten des Bundes in das Gesetz aufgenommen werden solle oder nicht. Das vom Bundestag beschlossene Gesetz sah bekanntlich als Sitz der Deutschen Welle Köln und als Sitz des Deutschlandfunks Berlin vor. Der Vermittlungsausschuß sieht sich immer vor die Aufgabe gestellt, zwischen den gegenteiligen Auffassungen beider Häuser einen sachlich richtigen und politisch sinnvollen Vorschlag zu erarbeiten, dessen Annahme im Bundestag und Bundesrat, wie er glaubt, Aussicht auf Erfolg hat. Von diesen Überlegungen ausgehend schlägt Ihnen der Vermittlungsausschuß folgende Änderungen des vom Bundestag beschlossenen Gesetzentwurfs vor: Erstens. Er bejaht die grundsätzliche Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes für die Regelung des Rechts der beiden mehrfach genannten Rundfunkanstalten, und zwar aus übergeordneten Gesichtspunkten der auswärtigen und der gesamtdeutschen Politik, für die ausschließlich der Bund zuständig ist. Das bedeutet, daß alle Vorschriften des Gesetzentwurfs erhalten bleiben, die sich nur mit diesen beiden Anstalten befassen. Das gilt jedoch nicht für die Regelung der Frage des Sitzes der Rundfunkanstalten des Bundes durch dieses Gesetz. Es erschien dem Vermittlungsausschuß aus außenpolitischen Erwägungen angebracht, die Regelung der Sitzfrage der Bundesregierung zu überlassen. Hierbei geht er allerdings davon aus, daß sich die Bundesregierung vor ihrer Entscheidung mit den Fraktionen dieses Hohen Hauses ins Benehmen setzt. Zweitens. Um dem Vermittlungsvorschlag im Bundesrat zur Annahme zu verhelfen, schlägt Ihnen der Vermittlungsausschuß die Streichung aller Vorschriften vor, die die Rundfunkanstalten der Länder oder andere Rundfunkanstalten betreffen oder ihre Angelegenheiten berühren. Das sind die unter den Ziffern 2 g, 4 und 5 b aufgeführten §§ 26, 35 und 40. In § 26 hatte der Bundestag die Finanzierung und die Verteilung der Mittel geregelt. In § 35 hatte er beschlossen, daß der erste und der fünfte Teil des Bundesgesetzes auch für die Rechtsverhältnisse der Rundfunkanstalten der Länder gelten sollen. Und in § 40 enthielt der Gesetzentwurf Vorschriften über die Aufhebung von Gesetzesbestimmungen der Länder Bayern, Bremen, Hessen und Baden-Württemberg sowie besatzungsrechtlicher Vorschriften. Wenn man von der Grundkonzeption des Vermittlungsausschusses, in diesem Gesetz nur Regelungen für die mehrfach genannten beiden Anstalten des Bundes zu treffen, ausgeht, dann sind die von mir genannten Vorschriften entbehrlich. Deshalb schlägt Ihnen der Vermittlungsausschuß die Streichung der eben genannten Vorschriften vor. Der Vermittlungsausschuß hat ferner beschlossen, die Bestimmung aus dem Gesetzentwurf zu streichen, die vorschreibt, daß Mitglieder von gesetzgebenden Körperschaften, der Bundesregierung, der Landesregierungen und weisungsgebundene Angehörige des öffentlichen Dienstes dem Rundfunkrat nicht angehören dürfen. Er ging dabei von der ErHoogen wägung aus, daß die beiden Anstalten nach Wortlaut, Sinn und Zweck des Gesetzentwurfs politische Aufgaben zu erfüllen haben und man deshalb Persönlichkeiten des politischen Lebens nicht vom Rundfunkrat ausschließen dürfe, weil sie in Parlamenten und Regierungen oder im Dienste der letzten tätig seien. In § 18 erfolgte die Erhöhung der Mitgliederzahl von 21 auf 22 Mitglieder des Rundfunkrates, um die Zahl der Mitglieder, die aus dem Bundestag und aus dem Bundesrat kommen, nämlich 6 aus jedem Haus, einander anzugleichen. In einer Reihe von Bestimmungen mußte der vom Bundestag vorgeschlagene gemeinsame Finanzausschuß wegen der Streichung der Finanzierungsvorschriften gestrichen werden. Gestrichen werden mußte ferner die Bestimmung des Gesetzentwurfs, die sich mit Rundfunksendeanlagen befaßt, von denen nicht eindeutig feststeht - auch solche gibt es -, ob sie nach Bundes- oder Landesrecht zu beurteilen sind. Hiermit befaßte sich § 11. Der vom Bundestag beschlossene Gesetzentwurf sieht vor, daß die technischen Einrichtungen der Deutschen Welle in das Eigentum der Deutschen Bundespost übergehen, und zwar ohne Entschädigung. Hier verlangte der Bundesrat, daß diese Übergabe nur gegen Entschädigung zu erfolgen habe. Das hat der Vermittlungsausschuß abgelehnt, weil er dieses Vermögen als Verwaltungsvermögen ansieht und er keinen Präzedenzfall für spätere Fälle schaffen möchte, in denen ebenfalls das Verwaltungsvermögen der Aufgabenverlagerung folgt. Wenn das grundsätzlich nur gegen Entschädigung geschehen sollte, könnten sich heute noch nicht absehbare Folgen ergeben. Meine Damen und Herren, damit habe ich Ihnen alle sachlichen Änderungen, die der Vermittlungsausschuß vorschlägt, vorgetragen. Alle übrigen Änderungen, die Sie in der Drucksache 2141 finden, sind notwendige Folgewirkungen der von mir vorgetragenen Änderungen. Sie sind größtenteils, wie ich schon eingangs sagte, gesetzestechnischer Art. Das gilt auch für die Überschrift des Gesetzes, die geändert werden mußte, und für die Überschriften einzelner Abschnitte. Ich habe die Ehre, Sie zu bitten, dem Vorschlag des Vermittlungsausschusses Ihre Zustimmung zu geben. ({0})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Das Wort zu einer Erklärung vor der Abstimmung hat der Herr Abgeordnete Erler.

Fritz Erler (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000488, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zur Abstimmung über den Antrag des Vermittlungsausschusses zum Gesetz über den Rundfunk habe ich im Namen der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion folgende Erklärung abzugeben: Es ist gewiß zu begrüßen, daß nach den Vorschlägen des Vermittlungsausschusses das Gesetz nicht mehr auf die Schaffung allgemeinen Rundfunkrechtes hinzielt, sondern allein die Errichtung und die innere Verfassung von zwei Bundesrundfunkanstalten zum Gegenstand hat. Die grundsätzlichen verfassungsrechtlichen und politischen Bedenken der sozialdemokratischen Fraktion sind aber damit noch nicht ausgeräumt. Die sozialdemokratische Fraktion bedauert ferner, daß der Vermittlungsausschuß dem Bundestag unter anderem vorschlägt, Berlin als Sitz des Deutschlandfunks im Bundesrundfunkgesetz zu streichen. Die Bundesregierung hatte die Bestimmung, wonach Berlin Sitz der Anstalt sein soll, in dem von ihr eingebrachten Entwurf vorgesehen. Damit erfüllte sie ein der Stadt Berlin nach langen Verhandlungen gegebenes Versprechen. Nach Meinung der sozialdemokratischen Fraktion liegen vor allem im Hinblick auf den bekannten Notenwechsel zwischen der Sowjetunion und den Westmächten zu dieser Frage keine hinreichenden Gründe für eine Änderung dieses Standpunktes vor. Aus allen diesen Gründen lehnen wir den Vorschlag des Vermittlungsausschusses ab. ({0})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Weitere Erklärungen werden nicht abgegeben. Wir kommen zur Abstimmung. Es muß gemeinsam abgestimmt werden, wie Sie aus der Vorlage ersehen. Wer dem Antrag des Vermittlungsausschusses zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das erste ist die Mehrheit; der Antrag des Vermittlungsausschusses ist angenommen. Ich komme zu Punkt 4 der Tagesordnung: Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes ({0}) zu dem Gesetz zur Änderung des Wehrpflichtgesetzes ({1}). Ich frage den Herrn Berichterstatter, ob er das Wort wünscht. - Als Berichterstatter hat das Wort Herr Abgeordneter Dr. Schäfer.

Dr. Friedrich Schäfer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001930, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf als Berichterstatter für den Vermittlungsausschuß die Drucksache 2142 zugrunde legen und kurz folgendes erläutern. Nach Ziffer 1 soll in § 11 Abs. 2 am Ende vor dem Wort „Sohn" das Wort „lebende" eingefügt werden. Es handelt sich lediglich um eine Klarstellung. Es heißt dann dort: „ . . . , sofern der Wehrpflichtige der einzige lebende Sohn des verstorbenen Elternteils ist." Dadurch soll einer gar zu engen Auslegung dieser Gesetzesbestimmung vorgebeugt werden. Zu Ziffer 2! In dem Gesetzentwurf in der vom Bundestag verabschiedeten Fassung waren die Vertretungskörperschaften der kreisfreien Städte und Landkreise als Beschlußorgane vorgesehen. Es ist wahrscheinlich richtiger, daß die Landesregierungen ermächtigt werden, diese Beschlußorgane durch eine Rechtsverordnung zu bestimmen. Deshalb hat der Vermittlungsausschuß diesen Vorschlag für die Änderung des § 18 gemacht. Die Ziffern 3 und 4 des Vorschlages des Vermittlungsausschusses sind Auswirkungen dieser Bestimmung. Der Bundesrat hatte den Vermittlungsausschuß ferner angerufen, um eine andere Regelung der Kostentragungspflicht zu erreichen. Der Bundestag hatte beschlossen - es handelt sich um den § 15, der in der Drucksache 2142 nicht aufgeführt ist -, daß die anläßlich der Erfassung entstehenden notwendigen Auslagen der Wehrpflichtigen von den Ländern getragen werden sollten. Der Vermittlungsausschuß kam nach eingehender Aussprache zu der Feststellung, daß die Kostentragungspflicht gemäß Art. 106 Abs. 4 ides Grundgesetzes tatsächlich bei den Ländern liegen muß. Er ist also insoweit dem Antrag des Bundesrates nicht gefolgt.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Ich frage, ob Erklärungen abgegeben werden. - Das ist nicht der Fall. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Antrag des Vermittlungsausschusses zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag des Vermittlungsausschusses ist einstimmig angenommen. Punkt 5 der Tagesordnung: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiete des Notarrechts ({0}) ; Schriftlicher Bericht ,des Rechtsausschusses ({1}) ({2}). ({3}) Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Seidl ({4}). Ich erteile ihm das Wort.

Franz Seidl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002152, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen sund Herren! Mit dem vorliegenden Entwurf hatte sich der Bundestag schon in den vergangenen Wahlperioden zu beschäftigen. Die Gesetzgebungsarbeiten gelangten aber nicht zum Abschluß. Der Entwurf wurde In dieser Legislaturperiode erneut eingebracht und dem Rechtsausschuß überwiesen. Der Rechtsausschuß hat einen Unterausschuß bestellt, der in 14 Sitzungen alle Einzelheiten dieses Gesetzes ,eingehend beraten hat. Anschließend hat sich der Rechtsausschuß selbst in weiteren fünf Sitzungen mit der Vorlage befaßt. Die Beschlüsse wurden entweder einmütig oder mit großer Mehrheit gefaßt. Da Ihnen der Bericht des Rechtsausschusses vorliegt, darf ich mich auf einige wesentliche Punkte beschränken. Der Entwurf entspricht in seiner vorliegenden Fassung nach (der Meinung des Rechtsausschusses dem, was gegenwärtig unter dem Gesichtspunkt der Rechtsbereinigung erforderlich und rechtspolitisch wie verfassungsmäßig möglich ist. Die Fragen der Rechtsbereinigung sind schon in der Regierungsvorlage und im Schriftlichen Bericht eingehend erörtert, so daß davon abgesehen werden kann, sie nochmals zu erörtern. Ich möchte die Geldanken hervorheben, die nach der einmütigen Auffassung des Rechtsausschusses der Vereinheitlichung der Notariatsverfassung in der Bundesrepublik im gegenwärtigen Zeitpunkt entgegenstehen. Die Reichsnotarordnung galt bis zum Zusammenbruch im gesamten Reichsagebiet. In der sowjetischen Besatzunngszone wurde sie nach dem Vorbild der Sowjetunion .und der Satellitenstaaten durch die Errichtung von staatlichen Notariaten beseitigt. Die so gebildeten Staatsnotariate wurden sogar aus der Justizverwaltung herausgenommen und der Verwaltung einverleibt. Diese Unistände erfordern mach der Wiedervereinigung mit Sicherheit eine Neugestaltung des ganzen Rechtes. Diese Neuordnung sollte nicht dadurch erschwert werden, daß die dann auftretenden Probleme um weitere vermehrt werden. Dies gilt um so mehr, als auch wirtschaftliche Erwägungen und Zweckmäßigkeitsgründe den Ausschuß veranlaßt halben, keine Änderung der bestehenden Notariatsverfassungen und ihrer räumlichen Ausbreitung vorzunehmen. Hinzu kommt, daß die vorhandenen Notariatsverfassungen in einigen Ländern nach Art. 138 a des Grundgesetzes verfassungsmäßig verankert sind. Zu einzelnen Bestimmungen des Entwurfs darf ich noch kurz (folgendes bemerken. Zu § 4 hat der Ausschuß unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, der sonstigen Rechtsprechung und der Literatur die Frage geprüft, ob die Vorschrift mit dem Grundrecht der freien Berufswahl des Art. 12 ,des Grundgesetzes in Einklang steht. Wenn auch im Hinblick auf die Ausgestaltung des Notariats in einzelnen Gebieten von einer Seite insoweit Zweifel und Bedenken erhoben worden sinn, so hat der Rechtsausschuß diese Frage doch in Übereinstimmung mit der in Literatur und Praxis einhellig vertretenen Meinung auf Grund der Stellung des Notars als eines mit hoheitlichen Funktionen ausgestatteten Trägers eines öffentlichen Amtes unbedenklich bejaht. Sodann hat der Ausschuß erörtert, ob die Fassung des § 4 Abs. 1 eine sachgemäße Personalpolitik der Landesjustizverwaltungen, insbesondere im Hinblick auf die Bedürfnisprüfung, hinreichend sichert. Er hält es nicht für angebracht und im Hinblick auf die Eigenständigkeit der Länder für bedenklich, den Landesjutizverwaltungen insoweit starre Richtlinien zu geben. Er gab aber - das darf ich aus dem Schriftlichen Bericht wiederholen - den Landesjustizverwaltungen zu bedenken, ob nicht etwa in einzelnen Gebieten die Zahl der Notarstellen vermehrt werden sollte. Nach dem im Ausschuß gegebenen Informationen ist mit dieser Prüfung von verschiedenen Justizverwaltungen bereits begonnen worden. Bei der Beratung und der Beschlußfassung zu § 7 Abs. 1 ließ sich der Ausschuß im wesentlichen von folgenden Erwägungen leiten. Als Notar zur Seidl ({0}) hauptberuflichen Amtsausübung soll nach dieser Bestimmung in der Regel nur bestellt werden, wer den dreijährigen Anwärterdienst als Notarassessor geleistet hat. Diese Regelung gibt im Grundsatz den jetzt geltenden Rechtszustand nach der Reichsnotarordnung wieder, die ebenfalls den Anwärterdienst als einen wesentlichen Bestandteil des Nur-Notariats angesehen hat. Als solcher wird er auch von der verfassungsrechtlichen Garantie des Art. 138 GG mit umfaßt. Die Fassung des Entwurfs schließt aber ebenso wie die Reichsnotarordnung die Möglichkeit nicht aus, auch andere Bewerber, die den Anwärterdienst als Notarassessor nicht geleistet haben, z. B. Richter, Staatsanwälte, Rechtsanwälte, zu Nur-Notaren zu bestellen, selbstverständlich immer im Rahmen der oben erwähnten Bedürfnisprüfung. Dieser Sinn wird auch nicht durch die Einführung des Wörtchens „nur" geändert, dessen Streichung im Ausschuß beantragt war. Der Ausschuß war der Überzeugung, daß durch die Streichung dieses Wörtchens die Bestimmung einen völlig anderen Sinn erhalten würde, nämlich den, daß jeder, der den Anwärterdienst geleistet hat, ohne Rücksicht auf die Bedürfnisse einer geordneten Rechtspflege zum Notar bestellt werden müßte. Das war aber nicht gewollt. Ich habe im wesentlichen die Punkte herausgegriffen, die einer besonderen eingehenden Erörterung bedürfen und bei denen noch Zweifelsfragen aufgetaucht waren. Im übrigen darf ich auf meinen Schriftlichen Bericht verweisen und das Hohe Haus bitten, dem Gesetzentwurf in der vom Ausschuß vorgelegten Fassung seine Zustimmung zu geben. ({1})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Ich rufe in zweiter Lesung zu Art. 1 die Ziffern 1 bis 35 auf. Änderungsanträge dazu liegen nicht vor. Wird hierzu das Wort gewünscht? - Das Wort wird nicht gewünscht. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Die Ziffern 1 bis 35 sind angenommen. Bei Ziffer 36 ist zu § 79 ein interfraktioneller Antrag - Umdruck 704 - eingebracht worden. Ich frage, ob zur Begründung das Wort gewünscht wird? - Das ist nicht der Fall; keine Wortmeldungen. Wer diesem Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU, SPD, FDP und der Gruppe der DP zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen. Ich rufe § 79 in der geänderten Fassung auf. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? -- Einstimmig angenommen. Ich rufe auf die §§ 69 bis 78. Wer diesen Bestimmungen die Zustimmung geben will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Angenommen. Ich komme jetzt zu den §§ 80 und 81; damit sind dann alle Paragraphen der durch den angenommenen Änderungsantrag geänderten Ziffer 36 aufgerufen. Wer den §§ 80 und 81 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! -Enthaltungen? - Einstimmig angenommen. Zu Ziffer 37 liegt auf Umdruck 706 ein Änderungsantrag vor. Ich muß deshalb paragraphenweise aufrufen, und zwar zunächst die §§ 82, - 83, - 84, -85, - 86. - Insoweit liegen keine Änderungsanträge vor. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Angenommen! Nun kommt § 87 mit dem Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Weber ({0}), Kunst, Stauch und Genossen auf Umdruck 706. Herr Abgeordneter Dr. Weber, Sie möchten zur Begründung das Wort? - Bitte sehr!

Dr. Karl Weber (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002437, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der § 87 Abs. 3 lautet: In den Ländern Hamburg und Rheinland-Pfalz gilt § 3 Abs. 2 nicht. Das bedeutet, daß dort nicht mehr das Anwaltsnotariat gilt. Soweit am 1. April 1961 dort Rechtsanwälte das Amt des Notars im Nebenberuf ausgeübt haben, behält es dabei sein Bewenden. Das ist die sogenannte Besitzstandsklausel, gegen die als solche nichts eingewandt wird. Dagegen habe ich und hat eine Reihe meiner Freunde Bedenken gegen den Satz 1 des § 87 Abs. 3. In dem vorliegenden Gesetzentwurf ist für alle Rechtsgebiete in Deutschland die Aufrechterhaltung des Status quo vorgesehen. Für die süddeutschen Länder war er durch Art. 138 des Grundgesetzes sozusagen garantiert; denn dieser Artikel bestimmt, daß die Notariatsverfassungen in den süddeutschen Ländern nur mit Zustimmung dieser Länder geändert werden können. Änderungen im Wortlaut der früheren Reichsnotarordnung von 1937 sind lediglich in Rheinland-Pfalz durch die Notarordnung vom 3. September 1949 beschlossen worden. Weiterhin im Lande Hamburg, wo durch eine Verordnung vom 10. November 1959, also zu einem Zeitpunkt, in dem die Beratungen über den vorliegenden Gesetzentwurf im Unterausschuß beinahe abgeschlossen waren und der Beginn der Beratungen im Ausschuß unmittelbar bevorstand, das Nur-Notariat auch in den Außenbezirken von Hamburg, in denen herkömmlicherweise das Anwaltsnotariat bestand, eingeführt wurde. Wenn der Beschluß des Ausschusses Gesetz würde, würde damit eine Entscheidung getroffen, die nach meiner Meinung insofern von weittragender Bedeutung wäre, als die Rechtsgültigkeit der Notarordnung von Rheinland-Pfalz vom 3. September 1949 zweifelhaft ist. Sie ist insofern zweifelhaft, als das Oberverwaltungsgericht von Rheinland-Pfalz in einem anhängigen Rechtsstreit bereits am 19. Juli 1960 durch Beschluß das Verfahren ausgesetzt und Dr. Weber ({0}) die Sache gemäß Art. 100 des Grundgesetzes dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt hat, damit es darüber befinde, ob die Notarordnung des Landes Rheinland-Pfalz gültig ist oder nicht. Das Oberverwaltungsgericht hat nach eingehender Beweisaufnahme in diesem Beschluß festgestellt, daß die Notarordnung im Lande Rheinland-Pfalz nicht rechtzeitig verkündet worden ist, d. h. nicht vor dem Zusammentritt des 1. Bundestages am 7. September 1949, sondern zu einem erheblich späteren Zeitpunkt, sei es nun der 14. oder 16. September. Zu diesem Zeitpunkt war aber das Land zur Gesetzgebung nicht mehr befugt, da die Reichsnotarordnung inzwischen Bundesrecht geworden war. Auch die in der Britischen Zone geltende Fassung war Bundesrecht geworden, weil sie dort in der Zeit vor der Gründung der Bundesrepublik geändert worden war. Das Land war nicht mehr zuständig, nachdem der Bundestag zusammengetreten war, weil eben inzwischen die Reichsnotarordnung Bundesrecht geworden war. Infolgedessen bestehen erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Gültigkeit der Notarordnung des Landes Rheinland-Pfalz. Dieser verfassungsrechtlichen Nachprüfung würde aber möglicherweise die Grundlage entzogen werden, wenn jetzt der Bundestag beschlösse, daß § 3 Abs. 2, der das Anwaltsnotariat im Lande Rheinland-Pfalz schlechthin beseitigen will, nicht gelten soll. Es geht nicht an, daß der Bundestag in ein schwebendes Verfahren eingreift. Der von mir und meinen Freunden gestellte Antrag bezweckt deshalb, daß die Sache in der Schwebe gehalten wird. Man greift weder nach dieser noch nach jener Seite ein, sondern es soll das gelten, was zur Zeit in Rheinland-Pfalz gültiges Recht ist. Die Frage, was gültiges Recht ist, bleibt dahingestellt. Stellt das Bundesverfassungsgericht fest, daß die Notarordnung vom 3. September 1949 gültig zustande gekommen ist, dann haben Sie nach diesem Antrag die gleiche Regelung, die jetzt in § 87 Abs. 3 enthalten ist. Stellt das Bundesverfassungsgericht aber fest, daß die Notarordnung von Rheinland-Pfalz ungültig ist, dann bleibt es - wie in allen übrigen deutschen Bundesländern - auch im Lande Rheinland-Pfalz bei dem Status quo. Ich sehe nicht ein, daß es im Lande Rheinland-Pfalz anders gehandhabt werden soll als in allen übrigen deutschen Bundesländern, in denen dieser Status quo zementiert wird. Dieselben Erwägungen gelten auch für das Land Hamburg. Ich habe eben schon hervorgehoben, daß in Hamburg die Verordnung über die Einführung des Nur-Notariats und die Beseitigung des Anwalt-notariats in den Außenbezirken von Hamburg -den ehemals preußischen Teilen - erst am 10. November 1959, also vor gut drei Vierteljahren, ergangen ist, als, wie gesagt, die Verhandlungen im Unterausschuß bereits abgeschlossen waren und die Verhandlungen im Ausschuß bevorstanden. Von Hamburger Anwälten wird der Standpunkt vertreten, daß unter diesen Umständen Hamburg nicht mehr zu einer Regelung befugt war. Das wird zu prüfen sein. Aber auch dieser möglichen Entscheidung der Gerichte soll hier nicht vorgegriffen werden. Deshalb geht mein Antrag dahin, daß es in den Ländern Hamburg und Rheinland-Pfalz bezüglich der Bestellung der Notare - § 3 Abs. 1 oder 2 - bei dem gültigen Rechtszustand verbleibt. Ich bitte um Annahme dieses Änderungsantrags.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Das Wort hat der Herr Bundesminister der Justiz.

Fritz Schäffer (Minister:in)

Politiker ID: 11001935

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich sehe mich gezwungen, dem Antrag des Herrn Kollegen Dr. Weber zu widersprechen. Erstens ist es doch das Ziel des vorliegenden Gesetzentwurfs, das Notarrecht zu bereinigen und im Rahmen des Möglichen überhaupt zu vereinheitlichen. ({0}) Würde man dem Antrag folgen, würden wir diese Vereinheitlichung nicht nur verhindern, sondern die Zersplitterung auf dem Gebiet des Notarrechts - soweit es sich um die Bestellung von Notaren handelt - würde sogar noch vergrößert werden. Wir hätten dann nämlich in der Bundesrepublik für die Frage, ob die Bestellung von Anwaltsnotaren zulässig sein soll, künftig drei verschiedene Regelungen: Für die Gebiete des Anwaltsnotariats würde der § 3 Abs. 2 in der Fassung des Rechtsausschusses gelten, für Hamburg würde der § 8 Abs. 2 der Reichsnotarordnung in der nur für die britische Zone geltenden Fassung anzuwenden sein, und für Rheinland-Pfalz würde dann, je nachdem, ob die Notarordnung für Rheinland-Pfalz gültig oder nichtig wäre, entweder der § 8 der Notarordnung für Rheinland-Pfalz oder aber der § 8 Abs. 2 der Reichsnotarordnung in seiner unsprünglichen Fassung gelten. Die Zersplitterung wäre also stärker, als sie vorher gewesen ist. Darüber hinaus würde aber durch den gestellten Antrag in § 87 Abs. 3 eine Gesetzesnorm geschaffen, die gar nicht eindeutig sagt, was nun eigentlich für die Bestellung von Anwaltsnotaren geltendes Recht ist, wenn auch die Gültigkeit dieses Rechts von einigen angezweifelt wird. Die Entscheidung darüber würde der Verwaltung und den Gerichten überlassen. Diese müßten prüfen, wie der Rechtszustand in Hamburg und Rheinland-Pfalz am 31. März 1961 ist oder war. Die Entscheidung, die zu treffen Aufgabe des Gesetzgebers sein müßte, wird dann anderen Stellen überlassen. Ich glaube nicht, daß eine Rechtsnorm mit einer solchen unklaren Aussage sich überhaupt wirksam geltend machen könnte. Der Gesetzgeber muß nach meiner Überzeugung den Mut haben, eine klare Entscheidung zu treffen, wie sie in § 87 Abs. 2 vorgesehen ist. Dabei braucht diese Entscheidung dem Gesetzgeber gar nicht schwerzufallen, denn was in § 87 Abs. 3 des Entwurfs steht, entspricht schon der heutigen Rechtslage, selbst wenn ,die Notarordnung für Rheinland-Pfalz nichtig sein sollte. In Rheinland-Pfalz sind in der Zeit der Entstehung des Landes Rheinland-Pfalz vier Notarordnungen - wenn ich den Ausdruck kurz gebrauBundesminister Schäffer chen darf - in Kraft gewesen. Infolgedessen hat Rheinland-Pfalz am 3. September 1949 eine neue Notarordnung für das Land erlassen. Diese Notarordnung ist im Landtag von Rheinland-Pfalz bei einer ,einzigen Stimmenthaltung einstimmig angenommen worden. Ich glaube, wir brauchen uns nicht mehr darüber zu unterhalten, was das Land Rheinland-Pfalz 'damit wollte. Wir sollten dem Willen von Rheinland-Pfalz, wenn er der gesamten Rechtsordnung entspricht, nicht ohne dringenden Anlaß entgegentreten. Ein dringender Anlaß scheint mir aber nicht zu 'bestehen. Es ist richtig, ,daß ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz geschwebt hat und daß dieses Verfahren zur Zeit beim Bundesverfassungsgericht anhängig ist. Aber ganz gleich, wie dieses Verfahren entschieden werden wird, müssen wir davon ausgehen, daß die jetzige Regelung, wenn die Notarordnung für Rheinland-Pfalz gültig ist, der schon bestehenden Rechtslage entspricht. Wäre die Notarordnung jedoch nichtig, so gibt § 87 Abs. 3 jedenfalls die dort bestehende tatsächliche Lage wieder, die dem Willen des Landesgesetzgebers entsprach und auch heute noch dem Willen der Landesregierung entspricht. Aber auch § 87 Abs. 2 steht mit der Rechtslage, die bestehen würde, wenn die Notarordnung für Rheinland-Pfalz nichtig wäre, nicht in Widerspruch. In diesem Fall würde für Rheinland-Pfalz nämlich noch die Reichsnotarordnung gelten. Diese geht davon aus, daß grundsätzlich nur Notare bestellt werden. Das Anwaltsnotariat bildet dann die Ausnahme. Es heißt in § 8 Abs. 2 der Reichsnotarordnung: Soweit in bestimmten Gerichtsbezirken nach der bisherigen Rechtsentwicklung ein Bedürfnis besteht, können vorläufig dort auch Rechtsanwälte für die Dauer ihrer Zulassung bei einem bestimmten Gericht als Notare zu nebenberuflicher Amtsausübung 'bestellt werden. Es gibt also im Falle der Geltung der Reichsnotarordnung keine Verpflichtung für die Landesregierung, Rechtsanwälte zuzulassen. Es ist eine Möglichkeit, von 'der sie Gebrauch oder nicht Gebrauch machen kann. Der Wille ist in Rheinland-Pfalz durch den Landtag so deutlich ausgesprochen worden, daß die dortige Landesregierung diesem Willen des Landtages in freier Verwaltungsentscheidung ganz bestimmt folgen wird. Zu den Zahlen darf ich bemerken, daß in Rheinland-Pfalz 127 Nurnotariate und 14 Anwaltsnotariate bestehen, die aus der Zeit vor dem 1. September 1949 stammen. In fünf Landgerichtsbezirken haben wir Nurnotariate, und in fünf Landgerichtsbezirken besteht auf Grund der historischen Entwicklung eine Teilung. Von den 34 Amtsgerichtsbezirken haben zwei die Nurnotariate, während der Rest die Anwaltsnotariate hat. Wir kennen also den Willen des Landtages in dieser Frage sehr genau. Aus diesen Gründen hat Ihr Ausschuß seinerzeit die in § 87 Abs. 3 vorgesehene Regelung vorgeschlagen. Auch zur Situation in Hamburg möchte ich ganz kurz ein Wort sagen. Dort scheint mir die Frage eigentlich schon entschieden zu sein. Das Hamburger Oberverwaltungsgericht hat inzwischen die Rechtsgültigkeit der Verordnung vom 10. November 1959 betont und auch in Hamburg den Nurnotar als solchen zugelassen. Ich glaube nicht, daß der Bundestag Anlaß hat, dieser Regelung, die von der Hamburger Rechtsordnung geschützt und anerkannt wird, heute zu widersprechen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Leicht.

Albert Leicht (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001309, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bedauere, daß ich dem Antrag des Herrn Kollegen Dr. Weber widersprechen muß. Der Landtag in Rheinland-Pfalz hat, wie der Herr Minister soeben ausgeführt hat, am 3. September 1949 fast einstimmig das genannte Gesetz beschlossen. Es stimmt, daß im Augenblick aus formalen Gründen - möchte ich sagen - dieses Gesetz vor dem Bundesverfassungsgericht angefochten wird. Was würde nun eintreten, wenn der Antrag des Herrn Kollegen Dr. Weber im Bundestag angenommen würde? Es würde - wenn ich mal vom rechtlichen Zustand absehe - der faktische Zustand, der seit 11 Jahren in Rheinland-Pfalz besteht - nämlich der faktische Zustand, daß in 'diesem Land geschlossen die Nurnotariate bestehen -, wiederum geändert werden. Auch in Rheinland-Pfalz gingen vorher Anwaltsnotariate und Nurnotariate nebeneinander her. Durch die Entscheidung des Landtages wurde dann ein einheitlicher Zustand geschaffen. Wir hier als Gesetzgeber müssen davon ausgehen, daß wir 'das, was der Landtag eines Landes beschlossen hat, als rechtsgültig ansehen müssen, wenn nicht das Verfassungsgericht etwas anderes feststellt. In einem Lande haben wir also nun auf diesem Gebiet eine Vereinheitlichung im Recht. Nach meiner Überzeugung gelingt es uns leider nicht, mit dem vorliegenden Gesetz eine noch größere Vereinheitlichung im Notariatswesen zu erreichen. Wenn aber in einem Lande ein einheitlicher Rechtszustand erreicht worden ist, dann sollten wir, wenn wir das können, dazu beitragen, ihn zu erhalten. Ich bitte daher, den Antrag des Herrn Kollegen Dr. Weber abzulehnen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Herr Abgeordneter Diel!

Jakob Diel (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000386, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch ich muß dem Antrag des Herrn Kollegen Weber widersprechen und muß ebenfalls darum bitten, ihn abzulehnen. Bei der Entscheidung über diesen Antrag geht es nicht um ein Werturteil über die eine oder andere Form des Notariats. Die Frage hat vielmehr ganz überwiegend einen politischen Charakter. Mein Freund Leicht hat das soeben schon betont. Ich habe seinerzeit die Ehre gehabt, bei der Er7440 arbeitung und der Verabschiedung des Landesgesetzes in Rheinland-Pfalz mitzuwirken. Ich kann Ihnen bestätigen, daß das Gesetz im Landtag mit den Stimmen aller Parteien, und zwar einstimmig angenommen worden ist. Es liegt hier also der Ausdruck eines klaren politischen Willensaktes des Landtages von Rheinland-Pfalz vor. In dem vorliegenden Gesetz respektieren wir den Status quo in allen anderen Ländern. Wir sollten das auch bei Rheinland-Pfalz tun. Ich möchte deshalb darum bitten, das Gesetz in der Ausschußfassung anzunehmen und den vorliegenden Änderungsantrag abzulehnen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Weber.

Dr. Karl Weber (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002437, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ausführungen des Herrn Bundesjustizministers zwingen mich zu einer kurzen Erwiderung. Der Herr Bundesjustizminister hat als Zweck dieses Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiete des Notarrechts unter anderem herausgestellt, daß das Gesetz eine Vereinheitlichung bringen solle. Von einer solchen Vereinheitlichung kann ich aber in dem Gesetz auch nicht ,das Allergeringste finden. Der Status quo wird „nach Strich und Faden" zementiert, und sonst geschieht in diesem Gesetz in dieser Richtung nichts. Wohl in der Organisation des Notariats; aber von einer Vereinheitlichung, von einer „Bundesnotarordnung" kann man bei diesem Gesetz wirklich nicht reden! ({0}) Der Herr Minister meinte weiter, man hätte ,den Mut haben müssen, eine klare Entscheidung zu treffen, oder: man müßte jetzt ,den Mut dazu haben. Nun, den Mut hätte der Herr Minister haben sollen! In seiner Vorlage hat er nicht diesen Mut aufgebracht, sich nicht für das eine oder andere System entschieden; er hat lediglich das, was in den einzelnen Gebieten besteht, festgelegt. ({1}) - Mag sein, aus guten Gründen. Dann darf man aber nicht behaupten, man wolle hier vereinheitlichen. Schließlich hat der Herr Minister gesagt, man möge dem Willen des Landes nicht entgegentreten. Das bezweckt auch mein Antrag nicht. Mein Antrag besagt lediglich, daß das gelten soll auch für einen nicht sehr erheblichen Teil, immerhin aber den ganzen Regierungsbezirk Montabaur, die Kreise Neuwied und Altenkirchen und den rechtsrheinischen Teil des Kreises Koblenz. Für diesen Teil würde der Antrag Bedeutung haben, wenn ,die Notarordnung des Landes Rheinland-Pfalz nicht gültig wäre. Die Gründe, die der Herr Minister vorgebracht hat, vermag ich daher nicht anzuerkennen. Ich bitte Sie nach wie vor, meinen Antrag anzunehmen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Das Wort hat Herr Abgeordneter Schlick.

Josef Schlick (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001983, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Meine Damen und Herren! Ich bedaure, daß wir eine Art Hausstreit Rheinland-Pfalz hier austragen, möchte mich aber kurz dazu äußern und Sie bitten, dem Antrag Dr. Weber und Genossen nicht zuzustimmen, weil wir wirklich entscheidenden Wert darauf legen, die Nur-Notariate bei uns, die Gott sei Dank die Zwergnotariate völlig zum Verschwinden bringen, zu erhalten. Schon die Reichsnotarordnung sieht diese Nur-Notariate vor. Wir wissen auch, daß es schon immer in den EWG-Ländern ausschließlich diese Nur-Notariate gibt. Wir möchten doch diese europäische Einigung auch auf diesem Gebiete nicht durch einen dem entgegenlaufenden Beschluß stören. Auf alle Fälle wäre es immerhin fraglich, ob wir, je nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, unsere Nur-Notariate, die sich sehr bewährt haben und bei der Bevölkerung beliebt sind, würden behalten können. Diese Rechtsunsicherheit möchten wir nicht haben. Ich bitte nochmals, den Antrag Dr. Weber abzulehnen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Keine weiteren Wortmeldungen. Ich lasse abstimmen über den Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Weber ({0}) und Genossen, Umdruck 706. Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Das letzte ist die Mehrheit. Enthaltungen? - Eine Enthaltung. Das ändert das Bild auch nicht. Das zweite war die Mehrheit; der Änderungsantrag Umdruck 706 ist abgelehnt. Weitere Änderungsanträge liegen nicht vor. Ich rufe den § 87 - in der unveränderten Fassung - auf. Wer ihm zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Angenommen. Ich rufe nunmehr die §§ 88, 89 und 90 auf. Änderungsanträge liegen nicht vor. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Angenommen. Ich rufe auf die Art. 2 bis 14. So weit liegen keine Änderungsanträge vor. Wird das Wort dazu gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Angenommen. Zu Art. 15 Herr Abgeordneter Seidl ({1}) !

Franz Seidl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002152, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Land Berlin hat gebeten, die Reihenfolge der Art. 15 und 16 umzukehren, so daß also Art. 16 Art. 15 wird und umgekehrt. Ich stelle diesen Antrag und bitte um Ihre Zustimmung.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Sie haben diesen Antrag gehört. - Herr Abgeordneter Weber!

Dr. Karl Weber (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002437, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr . Präsident! Meine Damen und Herren. Der Art. 15 enthält im zweiten Satz des Abs. 1 die Bestimmung, daß die Reichsnotarordnung in der Fassung dieses Gesetzes in demselben Zeitpunkt - 1. April 1961 - im Land Dr. Weber ({0}) Rheinland-Pfalz in Kraft tritt. Im Anschluß an meine rechtlichen Darlegungen, die ich vorhin bei meinem Änderungsantrag gemacht habe, möchte ich hier nur die Feststellung treffen, daß dann, wenn die Notarordnung von Rheinland-Pfalz nicht rechtsgültig ist - ob, das wird das Bundesverfassungsgericht feststellen -, die Reichsnotarordnung in Rheinland-Pfalz noch in Kraft ist. Aber doppelt genäht hält besser! Deswegen habe ich nichts dagegen. Aber ich möchte diese Rechtswahrung nicht unterlassen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Meine Damen und Herren, Sie haben den vorhin von Herrn Abgeordneten Seidl ({0}) gestellten Antrag gehört, die Reihenfolge der Art. 15 und 16 umzudrehen. Wird das Wort dazu gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wer dem Antrag des Herrn Abgeordneten Seidl ({1}) zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Es ist so beschlossen. Art. 15 wird also Art. 16, und Art. 16 wird Art. 15. Wird zu dem Diskussionsbeitrag des Herrn Abgeordneten Dr. Weber das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wer dem Art. 15 und dem Art. 16 in der geänderten Reihenfolge, der Einleitung und der Überschrift zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Angenommen. Wir treten in die dritte Lesung ein. Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Wird das Wort gewünscht? - Keine Wortmeldungen. ({2}) - Zu einer Erklärung zur Abstimmung hat das Wort Herr Abgeordneter Jahn ({3}) !

Gerhard Jahn (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001012, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Bundesnotarordnung stellt nach unserer Überzeugung und im Gegensatz zu dem, was der Herr Bundesjustizminister vorhin gesagt hat, keine wesentliche Vereinheitlichung des Notarrechts dar. Sie festigt im wesentlichen den bisher geltenden Rechtszustand in den verschiedenen Ländern der Bundesrepublik. Sie enthält aber eine notwendige Bereinigung in einer Reihe von Punkten und führt zu einer Klarheit auf Gebieten, auf denen sie erforderlich war. Wir bedauern, daß es nicht möglich war, im Zusammenhang mit dieser Notarordnung ein einheitliches Notarrecht im gesamten Bundesgebiet zu schaffen. Das liegt aber an dem verfassungsrechtlichen Vorbehalt des Art. 138 des Grundgesetzes. Wir stimmen der Notarordnung in der Form zu, wie sie hier vorgelegt worden ist, mit den beschlossenen Änderungsanträgen. Wir meinen, es ist ein Fortschritt in der Entwicklung unseres Notarrechtes, daß die neue Notarordnung die teilweisen Verbesserungen und Klarstellungen auf dem Gebiete des Notarrechtes bringt, die wir soeben beschlossen halben. Wir meinen insbesondere, daß es ein wesentlicher Fortschritt ist, daß die Prüfungs- und Belehrungspflicht des Notars im Gesetz verbindlich und klar geregelt ist und nicht wie bisher ihre Rechtsgrundlage nur in Verwaltungsanordnungen findet. Es ist auch richtig, daß das Berufsrecht für die Notare in seinen Grundzügen den Entscheidungen angeglichen worden ist, die wir schon im Zusammenhang mit der Bundesrechtsanwaltsordnung hier getroffen haben. Bei dieser Gelegenheit halten wir es aber für notwendig, noch einmal unsere Rechtsauffassung hinsichtlich der Berufung der beisitzenden Richter in dem Senat des Bundesgerichtshofs, der sich mit Notariatsangelegenheiten zu beschäftigen hat, hervorzuheben. Wir meinen, daß die nach § 79 der Vorlage von idem Herrn Bundesminister der Justiz zu berufenden Beisitzer im Einvernehmen, gemeinsam mit dem Richterwahlausschuß gemäß Art. 95 Abs. 3 des Grundgesetzes berufen werden müssen. Wir wissen, daß der Herr Bundesjustizminister auf diesem Gebiet eine andere Rechtsauffassung vertritt. Wir halten es aber für notwendig, auch in diesem Zusammenhang unsere Auffassung noch einmal zu betonen und zu bekräftigen. Ich habe am Anfang gesagt, wir bedauern, daß es nicht möglich ist, bei dieser vorläufigen Regelung des Notarrechtes eine ,einheitliche Regelung im Bundesgebiet zu erreichen. Wir meinen ,aber, daß es zweckmäßig ist, daß sich die Bundesregierung darum bemüht, und deshalb halben wir ihnen, meine Damen und Herren, den Entschließungsantrag auf Umdruck 705 vorgelegt. Die sozialdemokratische Fraktion ist der Auffassung, daß sich das Anwaltsnotariat überall dort, wo es seit langer Zeit besteht, durchaus bewährt hat. Der Rechtsanwalt und Notar, der der Berater seiner Mandanten in allen Rechtsangelegennheiten ist, ist auch der berufene Notar zur Beurkundung ihrer Rechtsangelegenheiten. Wir bitten deshalb, sich dem Entschließungsantrag nicht zu versagen, sondern gemeinsam mit uns die Bundesregierung aufzufordern, sich angesichts der verfassungsrechtlichen Vorbehalte in Art. 138 darum zu bemühen, die einheitliche Einführung des Anwaltsnotariats dadurch zu ermöglichen, daß mit den in Frage kommenden Ländern mit dem Ziel verhandelt wird, daß diese Länder einer solchen Regelung zustimmen.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Eine Erklärung zur Abstimmung, Herr Abgeordneter? ({0}) - Wir wollen erst abstimmen. Über den Entschließungsantrag wird anschließend verhandelt. Wird noch das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich lasse über den Gesetzentwurf in der dritten Lesung abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Gesetzentwurf ist bei zwei Enthaltungen angenommen. Präsident D. Dr. Gerstenmaier Nun zu dem Entschließungsantrag Umdruck 705! Der Antrag ist begründet. Das Wort dazu wünscht Herr Abgeordneter Bartels.

Dr. Wolfgang Bartels (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000097, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Begründung und in dem Bericht zum Notargesetz ist eindeutig erklärt, daß es sich dabei nicht um eine Vereinheitlichung des Systems des deutschen Notariats handelt, sondern daß in diesem Gesetz nur eine Bereinigung erfolgen soll. Daher ist auch in diesem Gesetz und bei seiner Beratung nicht zu der Frage Stellung genommen worden, ob die Verbindung der beiden Berufe Notar und Anwalt oder das Nur-Notariat, wie es heute in weiten Teilen der Bundesrepublik gilt, das bessere System des Notariatswesens darstellt. Die Frage ist auch in den Beratungen des Rechtsausschusses nicht erörtert worden. Der Unterausschuß, der gebildet worden war, um die Beratungen des Rechtsausschusses vorzubereiten, hat sich inoffiziell mit der Frage beschäftigt. Dabei stellte sich heraus, daß die Mehrheit der Mitglieder des Unterausschusses das Nur-Notariat für das bessere System hielt. Es gibt in der Tat eine ganze Reihe gewichtiger Gründe, die Tätigkeit des Anwalts, der nun einmal private Rechte im Interesse des einzelnen wahrzunehmen hat, von der Tätigkeit des Notars, der zwischen den Parteien und Beteiligten zu vermitteln hat, zu trennen. Wenn Sie jetzt dem Entschließungsantrag der Sozialdemokratischen Partei zustimmten, dann würden Sie damit eine Entscheidung für ein bestimmtes System des Notariats treffen. Die CDU/CSU-Fraktion ist der Meinung, daß es notwendig ist, eine Vereinheitlichung des Notariats für ganz Deutschland anzustreben. Sie ist aber der Meinung, daß nicht nur geprüft werden sollte, ob die Verbindung der beiden Tätigkeiten das bessere System ist. sondern daß umgekehrt auch geprüft werden sollte, ob nicht das Nur-Notariat auf die Dauer als das bessere System anzuerkennen ist. Deshalb bittet meine Fraktion, den Entschließungsantrag der Sozialdemokratischen Partei an den Rechtsausschuß zu überweisen mit dem Ziel, zu prüfen, welches von den beiden System der Notariatsverfassung für eine künftige Vereinheitlichung in ganz Deutschland empfohlen werden kann.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Keine weiteren Wortmeldungen . Ich lasse über den Antrag auf Überweisung des Entschließungsantrags Umdruck 705 an den Rechtsausschuß abstimmen. Wer dieser Überweisung zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Die Überweisung ist beschlossen. Punkt 6 der Tagesordnung: Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Ladenschluß ({0}) ; Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit ({1}) ({2}). ({3}) Wünscht der Herr Berichterstatter das Wort? - Herr Abgeordneter Franzen als Berichterstatter!

Jakob Franzen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000574, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Schriftlichen Bericht ist unerwähnt geblieben, daß die Antragsteller der Fraktion der SPD - Antrag Drucksache 1929 - zu Art. 1 Nr. 1 zu § 3 Abs. 1 Nr. 3 beantragt haben, daß künftig die Einzelhandelsgeschäfte auch am ersten Sonnabend eines jeden Monats ab 14 Uhr geschlossen bleiben sollen. Der Antrag wurde damit begründet, daß die Offenhaltung der Einzelhandelsgeschäfte am ersten Sonnabend im Monat praktisch keine Bedeutung mehr habe. Es ist richtig, daß in einigen Städten Geschäfte des Lebensmitteleinzelhandels, z. B. die Metzger, auch am ersten Sonnabend des Monats ihre Läden um 14 Uhr schließen. Die Mehrheit des Ausschusses war der Meinung, daß trotzdem für die Offenhaltung am ersten Sonnabend im Monat zumindest für die ländliche Bevölkerung noch ein großes Bedürfnis bestehe. Außerdem müsse dieser Sonnabendnachmittag als Familieneinkaufstag erhalten bleiben. Der Ausschuß lehnte mit Mehrheit die Aufhebung der Offenhaltezeiten am ersten Sonnabend eines jeden Monats ab. Ich bitte Sie, den Beschlüssen des Ausschusses Ihre Zustimmung zu geben.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Ich rufe Art. 1 und hierzu zunächst den Änderungsantrag Umdruck 703 der Abgeordneten Killat und Genossen auf: Wird zur Begründung des Änderungsantrags das Wort gewünscht? - Herr Abgeordneter Killat.

Arthur Killat (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001098, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir bitte, zur beabsichtigten Änderung des Ladenschlußgesetzes und zur Begründung des Änderungsantrages Umdruck 703 auf den besonderen Charakter dieses Gesetzes hinzuweisen. Das Ladenschlußgesetz sichert auf der einen Seite die Interessen der Verbraucher, indem bestimmte Öffnungszeiten vorgeschrieben bzw. zugelassen werden. Andererseits hat dieses Gesetz einen Ordnungscharakter für die Verbraucher wie auch für die Unternehmer, um eine gleiche Wettbewerbssituation hinsichtlich der Verkaufszeiten zu schaffen. Ein bedeutsames Merkmal dieses Gesetzes ist sein Schutzcharakter im Hinblick auf die Arbeitskraft aller im Einzelhandel tätigen Arbeitnehmer wie auch Arbeitgeber. Wir haben im Bereich des Einzelhandels rund 1,3 Millionen Beschäftigte. Dazu kommen noch Hunderttausende von mithelfenden Familienangehörigen in den Klein- und Mittelbetrieben. Etwa 80 % der Beschäftigten sind Frauen und etwa die Hälfte davon verheiratete Frauen. Man will jetzt, wie der Ausschuß für Arbeit vorschlägt, für den Wegfall der zwei verkaufsoffenen Sonntage - in der Regel mit vier Stunden ÖffnungsKillat ({0}) zeit - einen wirtschaftlichen Ausgleich oder einen Ersatz für die entfallenden Verkaufszeiten schaffen. Der jetzt vorliegende Vorschlag hat mit einem Ausgleich aber nichts zu tun; denn die Verkaufszeiten werden gemäß der Vorlage über das Maß der ausfallenden Öffnungszeiten hinaus weiter verlängert. Meine Damen und Herren, berücksichtigen Sie bei der Beschlußfassung bitte auch, daß es bei der gegebenen Personalsituation im Handel. schon heute sehr schwerfällt, in die etwas über 60 Stunden umfassende Ladenöffnungszeit eine tariflich geregelte Arbeitszeit von 45 Wochenstunden einzubauen. Während man in Groß- und Filialbetrieben einen gewissen Ausgleich noch durch verschiedene Maßnahmen bis zur Beschäftigung von Aushilfskräften erreichen kann, wird ein solcher Ausgleich in den Klein- und Mittelbetrieben kaum möglich sein. Eine weitere Ausdehnung der Ladenöffnungszeiten würde auch eine Ausdehnung der Wochenarbeitszeiten zur Folge haben, ohne daß bei der angespannten Beschäftigungslage, besonders im Weihnachtsmonat, ein Ausgleich gewährt werden kann. Sosehr meine Freunde und ich die Entlastung des Verkaufspersonals wie auch die beabsichtigte Heiligung des Sonntags durch die Beseitigung der Sonntagsverkaufszeiten begrüßen, so sehr bedauern wir es, daß man mit diesem Vorschlag eine Ausweitung der bisherigen Ladenöffnungs- und Verkaufszeiten anstrebt. Bei Verabschiedung der Ausschußvorlage wäre beispielsweise in diesem Jahr nicht nur an den Sonnabenden des 3., 10. und 17. Dezember bis 18 Uhr geöffnet, sondern auch am 26. November, also noch vor dem Gehaltszahltag Ende November ein langer verkaufsoffener Sonnabend geschaffen. Gerade angesichts der Strapazen im Weihnachtsmonat und unter Berücksichtigung der Tatsache, daß sehr viel verheiratetes Personal beschäftigt wird, sollten wir davon absehen, eine solche zusätzliche Belastung zu schaffen. Im Interesse der Hunderttausende von Frauen und Müttern dieser Branche bitten wir, den Schutzcharakter des Gesetzes zu beachten und an die Stelle der fortfallenden zwei verkaufsoffenen Sonntage gemäß unserem Änderungsantrag in der Regel drei verlängerte Verkaufssonnabende vor dem 24. Dezember zuzulassen, darüber hinaus etwa alle sechs Jahre sogar einen weiteren zusätzlichen Verkaufssonnabend. Seit dem Erlaß des Ladenschlußgesetzes vor vier Jahren hat sich auch die Situation bei den Beschäftigten, die gewisse Schwierigkeiten bei den Einkäufen, insbesondere bei den Großeinkäufen, hatten, gebessert. Wir können feststellen, daß beispielsweise noch Anfang 1958 nur 630 000 Arbeitnehmer in der Bundesrepublik eine Arbeitszeit unter 45 Stunden hatten, heute sind es bereits rund 71/2 Millionen Arbeitnehmer. 15 Millionen haben eine verkürzte Arbeitszeit unter 48 Stunden, davon haben heute über 10 Millionen eine Fünf-TageWoche. Bei diesem Tatbestand sehen wir keine Möglichkeit und Notwendigkeit, die Verkaufszeiten zu verändern und damit auch die Arbeitszeiten zu verlängern. Meine Freunde und ich sind der Meinung, daß man die Heiligung des Sonntages durch Einstellung der Sonntagsarbeit im Einzelhandel vor Weihnachten nicht dadurch erkaufen darf, daß man sich stattdessen gegen den Schutzcharakter dieses Gesetzes durch Ausweitung der Verkaufs- und damit auch der Arbeitszeiten versündigt. Ich darf Sie (deshalb herzlichst bitten, dem Änderungsantrag auf Umdruck 703 Ihre Zustimmung zu geben.

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Das Wort hat Herr Abgeordneter Illerhaus.

Joseph Illerhaus (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000991, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Durch die soeben von dem Kollegen vorgetragenen Ausführungen zu dem Änderungsantrag (auf Umdruck 703 ist der Eindruck entstanden, als ob das Parlament jetzt die Absicht habe, die Verkaufszeiten des Einzelhandels auszuweiten, Angestellte über Gebühr zu beschäftigen, und was weiß ich noch, was man daraus hätte entnehmen können. Wie ist denn die Situation? Wir haben vor einigen Jahren ein Gesetz über den Ladenschluß geschaffen. Wir haben es, man mag es als gut oder schlecht bezeichnen, einige Jahre praktiziert. Wir haben erlebt, daß an den Samstagen vor Weihnachten die Geschäfte um 14 Uhr geschlossen wurden und geschlossen werden mußten und daß an den beiden Sonntagen nachmittags die Geschäfte wieder geöffnet waren. Weil wir das für unhaltbar und schlecht angesehen haben, sind Änderungsanträge vorgelegt worden. Wie sahen diese Änderungsanträge aus? Nach ihnen sollten die beiden verkaufsoffenen Sonntage im Dezember gestrichen werden. Statt dessen sollten die Läden an drei Samstagen im Dezember geöffnet werden können, ferner am Samstag vor Ostern, am Samstag vor Pfingsten, und man sprach auch von dem Samstag zwischen Weihnachten und Neujahr. Was ist davon als konkreter Beschluß aller drei Ausschüsse übriggeblieben, die mit der Frage beschäftigt waren? Übriggeblieben ist der Beschluß, daß die Geschäfte an allen Sonntagen im Dezember geschlossen bleiben müssen. Lieber Herr Kollege, unsere Fraktion läßt sich in der Frage der Heiligung des Sonntags ganz sicherlich von Ihnen nicht übertreffen. Demnach bleiben die Läden also an allen Sonntagen im Jahr geschlossen. Ich darf darauf hinweisen, daß es früher sechs Sonntage im Jahr gab, an denen verkauft werden konnte. Ich meine daher, der jetzige Beschluß ist ein großer Fortschritt. Wir haben ferner beschlossen, auf den Karsamstag, den Pfingstsamstag und den Samstag zwischen Weihnachten und Neujahr als verkaufsoffene Samstage zu verzichten und nicht zu sagen: an den Samstagen im Dezember - das können nämlich drei, das können aber auch vier Samstage sein -, sondern statt dessen: an den vier Samstagen vor dem Heiligen Abend. Das sieht in der Praxis so aus, daß z. B. dann, wenn der erste Samstag im Dezember auf den 2. Dezember fällt, am 2., am 9., am 16. und am 23. Dezember die Läden geöffnet sind. Das sind vier Samstage. Es kann aber auch sein, daß wie in diesem Jahr der erste der vier Samstage auf den 26. November fällt. Dann können die Läden am 26. November sowie am 3., am 10., und am 17. Dezember geöffnet bleiben. Meine Damen und Herren, letzten Endes haben wir ja auch eine Verpflichtung gegenüber dem Verbraucher. ({0}) Denken Sie doch daran, daß als Folge der Entwicklung nach dem Kriege die Weihnachtseinkäufe in den letzten Jahren immer weiter vorverlegt worden sind und daß die Betriebe ihre Weihnachtsgelder zum Teil schon Mitte November auszahlen! Ich meine, wir haben die Verpflichtung, dafür zu sorgen, daß die Ware dem Verbraucher zum richtigen Preis und zur richtigen Zeit angeboten werden kann. Das soll mit dieser Regelung erreicht werden. Ich wende mich gegen die Darstellung des Kollegen, der soeben gesprochen hat. Nach ihr sieht es so aus, als dächten wir an eine Ausweitung der Beschäftigungszeiten für die Angestellten. ({1}) Meine Damen und Herren, bedenken Sie, daß der erste Samstag im Dezember sowieso verkaufsoffener Samstag war! Wenn Sie ferner berücksichtigen, daß die beiden bisher verkaufsoffenen Sonntage wegfallen, kommen Sie zu dem Ergebnis, daß lediglich ein halber Tag hinzukommt. Außerdem müssen Sie in Rechnung stellen, daß alle Anträge hinsichtlich weiterer verkaufsoffener Samstage im Laufe des Jahres abgelehnt worden sind. Ich bin der Meinung, man tut den Angestellten im Einzelhandel einen größeren Gefallen, wenn man einen Samstag mehr für den Verkauf freigibt. Dann kann nämlich der Kunde in größerer Ruhe einkaufen. Wenn der Verkauf sich auf drei Samstage zusammendrängt, wird der Angestellte überhetzt und wesentlich stärker in Anspruch genommen. Ich glaube, damit täten Sie dem Angestellten keinen besonderen Gefallen. Unsere Fraktion ist der Meinung, daß der von den drei beteiligten Ausschüssen gebilligte Vorschlag richtig ist. Ich betone, daß dieser Vorschlag die Zustimmung aller anwesenden Mitglieder dieser Ausschüsse gefunden hat und daß es nur in einem einzigen Ausschuß eine Stimmenthaltung gegeben hat. Ich wäre Ihnen daher dankbar, wenn Sie den Änderungsantrag auf Umdruck 703 ablehnten und der Ausschußvorlage zustimmten. ({2})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Bitte sehr, Frau Abgeordnete Rudoll!

Margarete Rudoll (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001894, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Meine Herren und Damen! Ich darf im Namen meiner Freunde aus dem federführenden Ausschuß für Arbeit zu dieser Frage sagen, daß wir uns nicht leichten Herzens entschlossen haben, der Offenhaltung der Geschäfte bis 18 Uhr an den vier Sonnabenden vor dem 24. Dezember zuzustimmen. Wir haben es aber mit Rücksicht darauf getan, daß die Geschäftszeit an den Sonnabenden vor Ostern und Pfingsten nicht bis 18 Uhr verlängert wird. Das war im Ausschuß unsere Meinung, die ich hier nochmals wiedergeben darf. ({0})

Dr. Eugen Gerstenmaier (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000669

Keine weiteren Wortmeldungen? - Herr Abgeordneter Killat!

Arthur Killat (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001098, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, man sollte - und braucht es auch nicht zu tun - aus der Frage der Änderung des Ladenschlußgesetzes keine Frage der Weltanschauung machen. ({0}) - Wie ernst Sie es mit der Heiligung des Sonntags nehmen, werden wir nachher bei einem anderen Antrag, der aus Ihrer Fraktion kommt, feststellen. Ich wehre mich aber gegen eines - ich glaube, vor 'der Abstimmung darauf hinweisen zu müssen -: man kann doch nicht damit argumentieren, daß beabsichtigt gewesen sei, auch noch am Oster- und Pfingstsamstag bis 18 Uhr offenzuhalten, 'daß man aber jetzt durch diese neue Vorlage davon Abstand nehme. ({1}) Rechtens ist bisher, daß auch an den Sonnabenden vor Ostern und Pfingsten die Geschäfte um 14 Uhr zu schließen waren. Sie können das, wofür Sie jetzt eintreten, nicht als Kompromiß oder als ausgehandelte Vorlage bezeichnen. Nach der Auffassung meiner Freunde geht es nur um die Frage, ob als Ersatz für die beiden entfallenden verkaufsoffenen Sonntage der Ladenschluß an zwei oder drei Sonnabenden von 14 auf 18 Uhr hinausgeschoben wird. Wir sind der Meinung, daß es ausreichen würde, an allen Sonnabenden im Dezember vor dem 24. Dezember offenzuhalten. Das zur Klärung. ({2})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Wird weiter das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wir stimmen ab über 'den Änderungsantrag Umdruck 703. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Das ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt. Wir kommen zu dem Antrag Umdruck 698 ({0}) Ziffer 1. Mir wurde mitgeteilt, daß die Absicht bestehe, Ziffer 4 des Umdrucks vorzuziehen. Zur Begründung Herr Abgeordneter Lange.

Erwin Lange (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001283, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag Umdruck 698 ({0}) enthält in den Ziffern 1, 2 und 3 Schlußfolgerungen, die aus Ziffer 4 zu ziehen sind. Ich bin also in der ungünstigen Lage, der Sache nach etwas begründen zu sollen, was noch nicht aufgerufen ist. Nach dem in der zweiten Beratung üblichen Verfahren, daß Deutscher Bundestag - 3. Wahlperiode - J Lange ({1}) paragraphenweise vorgegangen wird, muß ich beim Aufruf der Ziffer 1 - also § 5 - erklären, was mit § 20 a, der unter Ziffer 4 des Umdrucks 698 ({2}) steht, gewollt ist. Ich bitte also ,den Herrn Präsidenten, mir zu gestatten, § 20 a an dieser Stelle zu begründen. Ich bitte weiterhin, daß der Präsident von sich aus darüber befinden möge, wie er die Sachentscheidung vornehmen möchte.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Sachentscheidungen trifft das Plenum und nicht der Präsident.

Erwin Lange (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001283, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich meinte, wann Sie die Abstimmung vornehmen möchten, Herr Präsident. Ich will mich in Ihre Geschäftsführung nicht einmischen. Man muß sich darüber klar sein, daß man, wenn man formal über § 5 entscheidet, so oder so auch die Entscheidung über § 20 a trifft. Eis kommt mir also, Herr Präsident, um das noch einmal deutlich zu machen, darauf an, hier klarzulegen, daß die eigentliche Sachentscheidung bei § 20 a liegt. Darauf stütze ich meine Bitte, mir zu gestatten, den § 20 a jetzt zu begründen.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Wir können die Begründung vorwegnehmen und über diese Ziffer auch vor den anderen Ziffern abstimmen.

Erwin Lange (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001283, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Meine Damen und Herren! Die Kollegen dieses Hauses, die den Antrag unterzeichnet haben - man muß hier einmal klarmachen, daß über das Problem der Ladenschluß- oder -öffnungszeiten die Meinungen quer durch die Fraktionen verschieden sind -, sind der Ansicht, daß bestimmte Warengruppen, die zu einem Teil auf ganz bestimmte Arten von Verkaufsstellen konzentriert sind, den Bestimmungen des Ladenschlußgesetzes nicht unterliegen sollten. Das sind einmal die Zeitungen, weil, wie uns scheint, für die Information durch ,die Zeitung ein wesentliches, allgemeines Bedürfnis besteht. Wir haben einen solchen Antrag bei früherer Gelegenheit - die Kollegen, die am Ladenschlußgesetz mitgearbeitet haben, werden sich dessen erinnern - schon einmal eingebracht und haben in dem jetzigen § 5 eine Kompromißformel gefunden. Aber entscheidend geht es uns bei § 20 a darum, daß wir in den Fremdenverkehrs- und Ausflugsgebieten den Verkauf der Reiseandenken nicht an die in § 10 festgesetzte Zahl von 16 Sonntagen binden. Mit diesem § 20 a soll also nicht der Versuch gemacht werden, ,generell die Zahl der für den Verkauf offen gehaltenen Sonntage zu erweitern, vielmehr soll hier nur auf ganz bestimmte Warengruppen abgestellt werden, zu denen die Reiseandenken und außerdem die Waren gehören, die für bestimmte Fremdenverkehrs- und Ausflugsgebiete charakteristisch sind. Ich denke an den Aalfang im Steinhuder Meer, an die Elfenbeinschnitzerei im Odenwald, um nur zwei Beispiele zu bringen. ({0}) Es wäre vielleicht nützlich, wenn die Herren Kollegen von der CDU, auch soweit sie dem Ausschuß für Arbeit angehören, ein klein wenig meiner Argumentation folgten, damit klar ist, worüber wir uns nachher auseinandersetzen. Die für bestimmte Fremdenverkehrs- und Ausflugsgebiete charakteristischen Waren sollen die Länderregierungen bestimmen. ({1}) - Verzeihung, das muß ich. Ich habe eben um die Erlaubnis des Herrn Präsidenten gebeten, das tun zu dürfen, weil sonst § 5 und die folgenden Paragraphen nicht verständlich werden. Die Entscheidung über § 20 a hat eben, Herr Kollege Schneider, diese Auswirkungen auf die vorhergehenden Paragraphen. ({2}) - Nein, das ist nicht durch die Hintertür. Es bleibt mir gar nichts anderes übrig, als die Begründung zur Sache zu geben, wenn wir das Verfahren abkürzen wollen; sonst komme ich nachher noch einmal zum Rednerpult. Ob Ihnen das lieber ist, weiß ich nicht. Ich meine, wir sollten uns schon bei der Gelegenheit mit dieser Problematik auseinandersetzen. Wir wollen also dem Reiseandenkenhandel, den kleinen Leuten, die vor allem in Familienbetrieben tätig sind, die Möglichkeit lassen, ihre Waren an den Mann zu bringen. Denn es besteht für alle, die auch im Hinblick auf den Arbeitsschutz Bestimmungen in das Ladenschlußgesetz hineingebracht haben wollen - dazu gehören auch wir -, bezüglich dieser Betriebe, die in der übergroßen Zahl ihrer Berufsangehörigen Familienbetriebe sind, keine Notwendigkeit, aus Arbeitsschutzgründen Einschränkungen vorzunehmen. Deshalb sollte man den § 20 a in der von mir begründeten Fassung annehmen. - Ich habe die Begründung für die Ausnahmen im Vierten Abschnitt zu geben versucht. Die Kollegen haben das nicht ganz verstanden; sie sagten, wir redeten schon zur Sache. Aber wir müssen so verfahren, denn anders können wir den Antrag nicht verständlich machen. Es kommt noch folgendes hinzu. Der jetzige § 10 in der Ausschußvorlage bedeutet für die Andenkenhändler, für die Kioske - wobei wir immer an Fremdenverkehrs- und Ausflugsgebiete denken -, eine Verkürzung ihres Umsatzes im Durchschnitt um 50 %. Denn Sie haben die Andenkenhändler nach der jetzigen Formulierung des § 10 aus den Bestimmungen des Gesetzes herausgenommen, sie können an Sonntagen ihre Kioske gar nicht mehr offenhalten. ({3}) Sie können also ihr Geschäft nur noch wochentags machen. Da aber - entschuldigen Sie, meine Herren vom Ausschuß für Arbeit, ich meine jetzt nur die Kollegen von der CDU und nicht die von der SPD, die haben sich in diesem Zusammenhang nicht gerührt - das Charakteristikum der Fremdenverkehrs- und Ausflugsgebiete ist, daß sie im wesentlichen am Sonntag oder am Wochenende besucht Lange ({4}) werden, sollte man solchen Notwendigkeiten entsprechen und nicht die Existenz der etwa 30 000 Betriebe nicht nur ernsthaft bedrohen, sondern vermutlich sogar - bei der größeren Zahl - durch die jetzige Form des § 10, wie ihn die Ausschußvorlage vorsieht, vernichten. Das wollen wir verhindern. Dazu müssen sich die Kollegen der CDU/CSU aus dem Ausschuß für Arbeit äußern. Denn wir können ja keine zwiespältige Politik machen. Wenn wir die kleinen Existenzen sichern wollen, dürfen wir nichts herbeiführen, was diese Selbständigen gefährdet. Wir haben aber auch keine Veranlassung, völlig wesensfremde Gründe des Arbeitsschutzes zu berücksichtigen, die auf 90 bis 95 % der genannten Betriebe einfach nicht zutreffen. Eine Förderung kleinerer und mittlerer selbständiger Existenzen kann man nicht unter solchen Gesichtspunkten betreiben, die möglicherweise in § 10 zu der Ausschußformulierung geführt haben. Denn dann würde man statt der Förderung genau das Gegenteil erreichen, man würde diese Existenzen vernichten. Insoweit ergeben sich aus dem sachlichen Gehalt des § 20 a die Änderungen erstens des § 5, zweitens - unter Ziffer 2 - des § 10 und drittens - unter Ziffer 3 -in der Überschrift des Vierten Abschnitts. Insofern habe ich die Begründung des Änderungsantrags Umdruck 698 ({5}) zusammengefaßt - ich mußte bei § 5 anlangen - und die sachlichen Motive für die Änderungen vorgetragen. Ich bitte Sie, bei der Entscheidung über § 20a sehr gewissenhaft zu prüfen, ob wir alle miteinander eis verantworten können, einmal schlicht und einfach rund 30 000 Existenzen vor die Hunde gehen zu lassen und zum anderen was damit zusammenhängt -20 000 Arbeitsplätze bei den einschlägigen Herstellern und Vorlieferanten entscheidend zu gefährden.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Das Wort hat der Abgeordnete Diebäcker.

Hermann Diebäcker (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000381, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag auf Einfügung des § 20 a in das Ladenschlußgesetz wird von der CDU/ CSU-Fraktion abgelehnt. Gleichzeitig beantrage ich namens der CDU/CSU-Fraktion, jetzt über § 20 a abzustimmen.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. ({0}) - Wünscht noch jemand das Wort? - Einige Kollegen scheinen das Wort zu wünschen. Offenbar wünschen aber andere Kollegen nicht, daß noch jemand das Wort nimmt. - Weitere Wortmeldungen liegen also nicht vor. Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag Umdruck 698 ({1}) Ziffer 4. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Das Ergebnis Ist zweifelhaft; wir müssen die Abstimmung wiederholen. Wer für 'die Einfügung des neuen § 20 a list, dein bitte ich, sich zu erheben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das erste war zweifellos die Mehrheit; !der Antrag ist angenommen. Herr Kollege Lange, was erübrigt sich jetzt in Ihrem Antrag Umdruck 698 ({2})?

Erwin Lange (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001283, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Es erübrigt sich nichts. Wenn wir nach diesem Beschluß konsequent verfahren, sind damit auch die Ziffern 1, 2 und 3 des Änderungsantrags Umdruck 698 ({0}) gebilligt.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Meine Damen und Herren, wir stimmen dann zwangsläufig über den Änderungsantrag Umdruck 698 ({0}) Ziffer 1 ab, nach Nr. 1 folgende Nr. 1 a einzufügen: Die Überschrift des § 5 erhält folgende Fassung: „Zeitschriften" Wer dafür ist, gebe bitte das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das erste war die Mehrheit; der Antrag ist angenommen. Ich rufe nunmehr Art. 1 Nr. 2 ,auf. Hierzu liegt ein Änderungsantrag Umdruck 699 Ziffer 1 vor. Wird er (begründet? - Herr Wieninger!

Karl Wieninger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002508, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir schlagen Ihnen vor, in § 7 Abs. 1 hinter dem Wort „Verkaufsstelle" die Worte „oder mit seiner Zustimmung von einem andern" einzufügen. Dabei geht es um folgenden Sachverhalt. In dem jetzt gültigen Gesetz werden zwei Arten von Automaten unterschieden: einmal solche, die dem Inhaber des Ladens gehören, bei dem sie aufgestellt sind, und von dem Ladeninhaber aus eigenen Mitteln betrieben werden, zum anderen solche, die nur mit Genehmigung des Ladeninhabers aufgestellt sind, aber durch einen Dritten betrieben werden. Für diese beiden Arten von Automaten bestehen zweierlei Vorschriften. Der Automat, der dem Ladeninhaber selber gehört, darf Tag und Nacht in Betrieb bleiben, während der Automat, der einem Dritten gehört, nach den Vorschriften des Gesetzes jeweils zu den Ladenschlußzeiten verschlossen werden müßte. Nun ist aber unbestritten, daß diese gesetzliche Vorschrift ausnahmslos durchbrochen wird. Keiner, der dazu verpflichtet wäre, kommt dem Gebot des Gesetzes nach. Ich habe mir sagen lassen, daß die meisten dieser Apparate gar keine technische Vorrichtung zum Schließen haben. Mangels Kontrollmöglichkeiten kann die Befolgung des Verbotes, aus Automaten nach der Ladenschlußzeit noch zu verkaufen, auch nicht erzwungen werden. Wir müssen also feststellen, daß das im Gesetz vorgesehene Verkaufsverbot nicht eingehalten wird und daß die Einhaltung nicht erzwungen werden kann. Darum sind wir dafür, diese Gesetzesvorschrift überhaupt zu streichen. Es geschieht damit niemandem ein Schaden. Ich möchte ausdrücklich feststellen, daß wir an der Residenzpflicht der Automaten unbedingt festhalten. Die Gefahr einer Automatenschwemme besteht nicht, weil die Ladeninhaber die Erlaubnis zur Aufstellung eines zusätzlichen Automaten geben müssen. Ladeninhaber, die eine solche Genehmigung aussprechen, haben an der Aufstellung ein Interesse. Sie erhalten von dem Verkauferlös eine Provision. Ich bitte Sie also, unserem Antrag zuzustimmen. Zu dem für § 7 Abs. 2 vorgeschlagenen Wortlaut darf ich noch eine redaktionelle Änderung vorbringen. Wir wünschen, daß an die Stelle der Worte .,unterliegen nicht dem Ladenschlußgesetz" die Worte „unterliegen nicht den Vorschriften dieses Gesetzes" treten.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Wird das Wort gewünscht? - Bitte sehr!

Margarete Rudoll (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001894, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zu der Ziffer 1 des Änderungsantrages Umdruck 699 Stellung nehmen. Die Änderung des Abs. 1 des § 7 dient der Klarstellung. Wir werden hier zustimmen. Die Ergänzung des Abs. 2 des § 7 entspricht einem SPD-Antrag; sie ist auch schon in der Ausschuß- Fassung enthalten. Wir werden auch ihr zustimmen.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir stimmen über den Änderungsantrag Umdruck 699 Ziffer 1 ab. Wer zustimmen will, der gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Gegen wenige Stimmen und bei wenigen Enthaltungen angenommen. Wir kommen nunmehr zu Art. 1 Nr. 3. Dazu liegt auf Umdruck 698 ({0}) Ziffer 2 ein Änderungsantrag vor. Dieser Antrag ist die logische Folge der Annahme der Ziffer 4 desselben Umdrucks, mit der ein § 20 a eingefügt werden soll. Wird dazu noch das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wir kommen zur Abstimmung. Wer zustimmen will, der gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Gegen wenige Gegenstimmen und bei Enthaltungen angenommen. Nunmehr kommen wir zu Art. 1 Nr. 4. Dazu liegt auf Umdruck 701 ein Antrag vor. Wird der Antrag begründet? - Bitte sehr.

Jakob Franzen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000574, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach Art. 1 Nr. 4 der Ausschußfassung soll § 13 des Ladenschlußgesetzes gestrichen werden. Die beiden verkaufsoffenen. Sonntage vor Weihnachten fallen damit weg. Wir beantragen, ,daß in § 14 Abs. 3 der erste Satz gestrichen wird, der lautet: Sonn- und Feiertage im Dezember dürfen nicht freigegeben werden. Die Vorschrift steht im Zusammenhang mit der Ausnahmemöglichkeit des § 14 Abs. 1 für Markt- und Messeorte. Wenn also in Marktorten oder bei Messen das ambulante Gewerbe verkaufen kann, sollen auch die Einzelhandelsgeschäfte offengehalten werden können. Ich bitte, dem Änderungsantrag auf Umdruck 701 Ihre Zustimmung zu geben. Ich darf - mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten - noch auf folgendes hinweisen: In § 10 haben wir ,den Warenkatalog geändert. Infolgedessen müßte nun auch in § 12 - Verkauf bestimmter Waren an Sonntagen - der Warenkatalog den Änderungen in § 10 angepaßt werden. Es sollen also in § 12 Abs. 1 an Stelle der Worte „frischer Milch" die Worte „Milch und Milcherzeugnisse im Sinne ,des § 4 Abs. 2 des Milch- und Fettgesetzes in der Fassung vom 10. Dezember 1952, Bundesgesetzblatt I S. 810" und für das Wort „Frischobst" die Worte „frische Früchte" eingesetzt werden. Das wäre nur eine redaktionelle Änderung. Ein weiterer Hinweis. Im Zusammenhang mit der Aufhebung des § 13 müßte in § 14 Abs. 2 der Satz 3 wie folgt ergänzt werden: Er darf fünf zusammenhängende Stunden nicht überschreiten, muß spätestens um 18 Uhr enden und soll außerhalb ,der Zeit des Hauptgottesdienstes liegen. Es handelt sich hier also wiederum um die vier Sonntage, die für Marktorte freigegeben werden können. Im geltenden Gesetz ist in Abs. 2 des § 14 auf Abs. 2 des § 13 Bezug genommen. Da aber § 13 wegfällt, muß der Wortlaut des betreffenden Satzes in Abs. 2 des § 14 angefügt werden. Ich bitte, auch dieser redaktionellen Änderung Ihre Zustimmung zu geben.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Meine Damen und Herren, es ist ja erfreulich, daß das Haus so reichlich Änderungsanträge produziert. Diese zeugen von dem Interesse des Hauses an einer guten Gesetzgebung. Ich fürchte aber, daß die mir soeben eingereichten „Schnellanträge" und die dadurch ausgelösten Beschlüsse einen Text zweiter Lesung ergeben werden, der es mir unmöglich zu machen scheint, heute schon die dritte Lesung durchzuführen. ({0}) Ich könnte für meine Person die Verantwortung dafür nicht übernehmen. Wir werden ein solches Durcheinander bekommen, daß ich meine, daß man sich nach der zweiten Lesung zuerst einmal den Text anschauen sollte, damit wir endgültig ein Gesetz beschließen können, das wir auch nach den Erfordernissen der Gesetzestechnik verantworten können. Zur Geschäftsordnung Herr Abgeordneter Rasner.

Will Rasner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001777, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Diese Frage sollte jetzt nicht entschieden werden; aber wir stimmen Ihnen zu, Herr Präsident. Man wird nach der zweiten Lesung am besten eine einstündige Unterbrechung einlegen. Der Antrag braucht allerdings erst am Ende der zweiten Lesung gestellt zu werden.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Herr Abgeordneter Lange zur Geschäftsordnung.

Erwin Lange (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001283, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Ich spreche zur Geschäftsordnung nicht in dem Sinne, wie jetzt Herr Kollege Rasner Stellung genommen hat, sondern zum Abstimmungsverfahren, das ja auch Gegenstand der Geschäftsordnung ist. Ich darf den Kollegen Franzen darauf hinweisen, daß sein Wunsch nach der redaktionellen Änderung praktisch schon durch die Annahme des Änderungsantrags Umdruck 698 ({0}) Ziff. 2 erfüllt ist. Da haben wir nämlich schon beschlossen, daß in § 10 Abs. 1 der Ausschußvorlage die Worte „Frischobst, Obstsäfte, Süßigkeiten," ersetzt werden durch die Worte „frische Früchte, alkoholfreie Getränke, Milch und Milcherzeugnisse im Sinne des § 4 Abs. 2 des Milch- und Fettgesetzes in der Fassung vom 10. Dezember 1952 ({1}), Süßwaren,". Insoweit erübrigt sich also Ihr redaktioneller Hinweis. Darüber braucht also keine neuerliche Entscheidung gefällt zu werden.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Das Wort hat Herr Abgeordneter Franzen.

Jakob Franzen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000574, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Kollege Lange hat recht. Aber weil wir diese Beschlüsse gefaßt haben und den Katalog geändert haben, müssen wir nun auch in § 12 - und darauf kommt es an die entsprechenden Formulierungen haben. ({0}) - Ja, weil wir in § 10 die Änderungen beschlossen haben, müssen wir jetzt auch § 12 ändern. ({1})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Herr Abgeordneter Franzen, gestatten Sie eine Frage des Herrn Abgeordneten Lange? Lange ({0}) ({1}) : Herr Kollege Franzen, ist das nicht durch den Art. 2 gedeckt, der dem Bundesarbeitsminister die redaktionelle Abstellung auf die Beschlüsse ermöglicht?

Jakob Franzen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000574, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Wenn das Haus damit einverstanden ist, wenn wir also jetzt beschließen, daß der Bundesarbeitsminister durch Art. 2 ermächtigt wird, auch den Wortlaut einzelner Paragraphen zu ändern, bin ich damit einverstanden. Aber wenn das technisch nicht geht, dann müssen wir jetzt die vorgeschlagene Fassung beschließen oder den Änderungsantrag ablehnen.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Meine Damen und Herren, ich widerrate, den Herrn Arbeitsminister zu bevollmächtigen, am Gesetzestext redaktionelle Änderungen vorzunehmen. Redaktionelle Änderungen können sehr leicht zu Sachänderungen werden, auch wenn keine böse Absicht vorliegt. Das Haus soll beschließen, was für einen Inhalt und damit auch für einen Wortlaut es dem Gesetz geben will. Wenn das Wort weiter nicht gewünscht wird, kommen wir zur Abstimmung. Ich bitte, mich dabei zu unterstützen. Anders als bei Frau Kollegin Weber hat mein Scharfsinn heute noch nicht ausgereicht, die Tragweite dieser Anträge mit voller Deutlichkeit zu erfassen. Zunächst der Antrag, der zu Art. 1 Ziff. 3 gestellt ist und den Sie schriftlich wohl noch nicht vor sich liegen haben! Ich lese ihn vor: In § 12 Abs. 1 werden die Worte „frischer Milch" durch die Worte „Milch und Milcherzeugnisse im Sinne des § 4 Abs. 2 des Milch- und Fettgesetzes in der Fassung vom 10. Dezember 1952 ({0})" und das Wort „Frischobst" durch die Worte „frische Früchte" ersetzt. Besteht Klarheit, worüber wir abstimmen? - Wer einverstanden ist, der gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ich stelle einstimmige Annahme fest. Wir kommen nunmehr zu dem zweiten Änderungsantrag, über den, wie mir scheint, jetzt abgestimmt werden muß. Der Änderungsantrag Umdruck 701 lautet: In Art. 1 wird folgende neue Nr. 4a eingefügt: „4 a. In § 14 Abs. 3 wird der erste Satz gestrichen." Besteht Klarheit, worüber abgestimmt wird? Das Wort hat Herr Abgeordneter Killat.

Arthur Killat (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001098, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine verehrten Damen und Herren! Ich habe eine Sachfrage zu diesem Antrag. So, wie ich ihn verstehe, würde es bedeuten, daß in § 14 Abs. 3 der erste Satz gestrichen werden soll. ({0}) - Der Satz lautet: Sonn- und Feiertage im Dezember dürfen nicht freigegeben werden. Da in Abs. 1 dieses Paragraphen vorgeschrieben wird, daß an vier Sonn- oder Feiertagen im Jahr die Geschäfte aus besonderen Anlässen - Märkte, Messen oder sonstige- Veranstaltungen - geöffnet werden dürfen, hätte der Antrag zur Folge, daß nun, ich möchte beinahe sagen, durch die Hintertür wieder die Öffnung der Ladengeschäfte am Sonntag im Dezember eingeführt wird. ({1}) - Verzeihung, ich muß mich vergewissern; es besteht sogar auch auf unserer Seite eine gewisse Unklarheit. Der erste Satz in Abs. 3 ist eine Sperrvorschrift, wonach diese vier Sonntage nicht auf den Dezember fallen dürfen. Wenn Sie jetzt diese Sperrvorschrift streichen, dann kann auch in diesen Fällen am Sonntag im Dezember offengehalten werden, und das möchten wir vermeiden.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Herr Abgeordneter Franzen!

Jakob Franzen (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000574, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine verehrten Damen und Herren! Zunächst möchte ich darauf hinweisen, daß, wenn wir diesen Satz in § 14 Abs. 3 streichen, dies keine Ausweitung der Offenhaltungszeiten bedeutet, sondern folgendes: Wenn ein Markttag in den Dezember fällt - und diese Markttage werden jährlich in einem Marktkalender festgelegt, von der Landesbehörde genehmigt -, dann könnten, wenn wir diesen Satz nicht streichen, wohl die Händler im ambulanten Gewerbe auf dem Markt verkaufen, aber ,die Einzelhandelsgeschäfte in diesen Gemeinden müßten geschlossen bleiben. Ich glaube, .daß das niemand von uns will. Der Gesetzgeber hat diese Sperrung im Jahre 1957 bei der Verabschiedung des Ladenschlußgesetzes nur deshalb vorgenommen, weil er ja gemäß § 13 für den Dezember bereits zwei Sonntage freigegeben hatte und weil ,die Möglichkeit bestand, ,den Markt oder die Messe auf diese beiden Sonntage zu legen. Nachdem wir aber diese beiden Sonntage streichen und trotzdem Messen stattfinden könnten, muß man auch dem Einzelhandel in den entsprechenden Orten die Möglichkeit geben, seine Geschäfte offenzuhalten. Ich sage noch einmal: Es bedeutet keine Ausweitung. § 14 sagt, daß vier Sonntage möglich sind, und diese vier Sonntage können nur im Rahmen des § 10, der 16 Sonntage für Ausflugsorte, Fremdenverkehrsorte usw., freigegeben werden. ({0}) Ich bitte, dem Antrag zuzustimmen.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Wird noch das Wort gewünscht? - Ich glaube, wir können abstimmen. Die Klarheit, die gefordert wurde, ist nunmehr hergestellt, - ich hoffe es wenigstens. Ist jedermann sich darüber klar, worüber er jetzt abstimmen wird? ({0}) Ich lese den Änderungsantrag zur Vorsicht noch einmal vor: § 14 Abs. 2 Satz 3 wird durch die Worte ersetzt: Er darf fünf zusammenhängende Stunden nicht überschreiten, muß spätestens um 18 Uhr enden und soll außerhalb der Zeit des Hauptgottesdienstes liegen. Herr Abgeordneter Killat!

Arthur Killat (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001098, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte noch einmal darauf aufmerksam machen, was bei Annahme der beantragten Streichung heraufbeschworen wird. Wir haben beschlossen, daß in Zukunft an vier Sonnabenden, in diesem Jahr beginnend am 26. November, die Geschäfte bis 18 Uhr geöffnet sein können. Wenn Sie jetzt die Streichung der Sperrklausel für mögliche vier Öffnungszeiten an Sonn- und Feiertagen beschließen, dann 'ist die Folge, daß überall, wo Messen abgehalten werden - Hamburger Dom, Weihnachtsmärkte usw. -, also in Hunderten von Orten neben den zusätzlichen Ladenöffnungszeiten ab Ende November die Läden auch noch an ,den Sonntagen geöffnet sein können, und zwar nicht nur an zwei, sondern an vier Sonntagen. Wo dann die sogenannte Heiligkeit ,des Sonntags - ich habe das Wort bewußt gebraucht - in der Zeit vor Weihnachten bleibt, - das müssen Sie jetzt entscheiden.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Meine Damen und Herren, ich habe den Eindruck, daß die Konsequenzen der Annahme dieses Antrags nicht überall gleich gesehen werden. ({0}) Ich glaube, das .spricht für meine Anregung, nicht gleich die dritte Lesung vorzunehmen. Ich muß gestehen, ich selber kann den Text nicht übersehen. Ich weiß nicht, welche Konsequenzen die Annahme des Antrags haben kann. Ich nehme an, daß es anderen auch so geht. Ich würde vorschlagen, daß nach der zweiten Lesung die Schriftgelehrten dieses Gesetzes zusammenkommen - über die Schranken der Fraktionen hinweg - und Klarheit über diese Konsequenzen schaffen. ({1}) Herr Abgeordneter Stingl!

Prof. Dr. h. c. Josef Stingl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002252, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Konsequenz dieses Antrags ist folgende: Bisher ist es möglich, an vier Markttagen im ganzen Jahr die Geschäfte offenzuhalten, außerdem an den beiden verkaufsoffenen Sonntagen im Dezember. Wenn dieser Änderungsantrag angenommen wird, kann an vier Markttagen im ganzen Jahr einschließlich Dezember offengehalten werden. Das ist die einzige Konsequenz.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Ich hoffe, daß wir nunmehr alle wissen, was die Konsequenzen der Abstimmung sein werden. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Änderungsantrag Umdruck 701 - ich habe vorhin einen Fehler gemacht und einen falschen Antrag verlesen - zustimmen will, wonach in § 14 Abs. 3 der erste Satz zu streichen ist, den bitte ich, das Handzeichen zu geben. - Gegenprobe! - Ersteres war die Mehrheit; der Antrag ist angenommen. Nunmehr kommen wir zur Abstimmung über den weiteren, nicht numerierten Änderungsantrag, der vorhin von dem Kollegen Franzen begründet worden ist und den ich soeben irrtümlich schon verlesen hatte: § 14 Abs. 2 Satz 3 wird durch die Worte ersetzt: Er darf fünf zusammenhängende Stunden nicht überschreiten, muß spätestens um 18 Uhr enden und soll außerhalb der Zeit des Hauptgottesdienstes liegen. Keine Wortmeldungen? - Wir stimmen ab. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegen7450 Vizepräsident Dr. Schmid probe! - Enthaltungen? - Ersteres war die Mehrheit; der Antrag ist angenommen. Nunmehr stimmen wir ab über Nr. 4. der Ausschußvorlage: „§ 13 wird gestrichen." Wird dazu das Wort gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Angenommen. Wir kommen jetzt zu Nr. 5. Dazu liegt eine Reihe von Änderungsanträgen vor. Zunächst der Antrag Umdruck 698 ({0}) Ziffer 3! Hier wird eine neue Nr. 6 gewünscht. Wird dieser Antrag begründet? - Das scheint nicht der Fall zu sein. ({1}) Wer dem Antrag zustimmen will, gebe das Handzeichen! - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag ist angenommen. Nunmehr kommen wir zu dem Antrag Umdruck 708. Danach soll ein neuer § 18 a eingefügt werden. Ich lese 'ihn vor. Vielleicht kann auf Begründung verzichtet werden; er spricht ja für sich selbst: Abweichend von § 3 Abs. 1 Nr. 3 dürfen Friedhofsgärtnereien :sonnabends bis siebzehn Uhr geöffnet sein. Wir dazu das Wort gewünscht? - Zur Begründung bitte zunächst einmal Abgeordneter Dr. Imle.

Dr. Wolfgang Imle (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000994, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Frage, ob die Friedhofsgärtnereien an den Sonnabenden bis 17 Uhr offen haben dürfen, dürfte nicht nur für diejenigen Kreise der Bevölkerung von entscheidender Bedeutung sein, die erst mittags sehr spät von der Arbeit kommen - es haben ja nicht alle sehr frühzeitig frei -, sondern auch für diejenigen, die in andere Orte fahren und dort die Gräber ihrer Angehörigen pflegen wollen. Wir sind der Meinung, daß man diesen Bevölkerungskreisen die Möglichket geben sollte, am Friedhof auch noch die erforderlichen Blumen zu kaufen. Es ist heute so, daß die Friedhofsbesucher immer wieder versuchen, die Gärtner zu veranlassen, Blumen außerhalb der Ladenöffnungszeit abzugeben. Man bringt sie dann in einen Gewissenskonflikt. Deswegen .sollte man hier eine klare Regelung schaffen, nach der der Kauf von Blumen bei Friedhofsgärtnereien in der genannten Zeit dadurch erleichtert wird, daß diese Gärtnereien sonnabends bis 17 Uhr aufhaben dürfen. Die Pflege der Gräber dürfte doch wohl das Anliegen eines jeden sein. ({0})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Wird das Wort noch gewünscht? - Bitte.

Joseph Illerhaus (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000991, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag Umdruck 708 kann nach meinem Dafürhaalten nicht angenommen werden, weil der Begriff „Friedhofsgärtner" ja gar nicht genau umgrenzt ist. Wenn Sie Friedhofsgärtner meinen, Herr Kollege Imle, dann müssen Sie fairerweise schon allen Blumengeschäften die Möglichkeit gebem, sonnabends bis 17 Uhr ihre Läden geöffnet zu halten. Sie können ,den Friedhofsgärtner nicht anders behandeln ,als ,den Gärtner in der Stadt und den Blumenhändler. Ich muß Ihnen ehrlich sagen, ich habe in den drei Jahren auf diesem Gebiet keine Beanstandungen wesentlicher Art gehört. Da sollte man meines Erachtens bei der bisherigen Regelung bleiben. Die Bevölkerung hat sich daran gewöhnt. Ich glaube nicht, daß wir einer bestimmten Gruppe in einem Handelszweig ,diese Möglichkeit geben und sie den anderen verwehren können. Dadurch schaffen Sie Ungerechtigkeiten, und das sollte man vermeiden.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Weitere Wortmeldungen? - Herr Abgeordneter Mauk.

Adolf Mauk (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001444, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn es daran scheitern sollte, daß ,die Formulierung vielleicht nicht ausreicht, möchte ich den Kollegen bitten, trotzdem jetzt in der zweiten Lesung zuzustimmen. Wir können die Dinge ja nachher in der dritten Lesung berichtigen. Im Prinzip werden, glaube ich, alle Kolleginnen und Kollegen einsehen, daß es sich bei dem Antrag um ein echtes Anliegen handelt. Wenn nun die Ablehnung damit begründet wird, daß sich die Dinge inzwischen eingeschlichen haben, dann wollen wir in diesem Hause dafür sorgen, daß sie wieder legal werden. ({0})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Änderungsantrag Umdruck 708 zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Das ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt. Die Abstimmungsfolge sieht nun so aus: Wir stimmen zunächst über Art. 1 Ziffer 5 der Ausschußvorlage ab; es betrifft § 20. Die Anträge Umdruck 698 ({0}) Ziffern 3 und 4 sind erledigt. Anschließend stimmen wir über den Antrag Umdruck 699 Ziffer 2 ab. Wir stimmen jetzt also über Art. 1 Ziffer 5 der Ausschußvorlage ab. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einmütige Annahme. Die Anträge auf Umdruck 698 Ziffer 3 und 4 sind erledigt. Wir kommen nunmehr zu dem Antrag auf Umdruck 699 Ziffer 2. Wird er begründet? - Offenbar nicht. Dann kommen wir zur Abstimmung. Wer diesem Antrag zustimmen will, der gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Der Antrag ist angenommen. Wir stimmen nunmehr ab über Art. 1 im ganzen. Wer Art. 1 im ganzen in dieser durch die bisherigen Abstimmungen festgestellten Fassung annehmen will, der gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! -Enthaltungen? - Bei einigen Gegenstimmen und Enthaltungen angenommen. Vizepräsident Dr. Schmid Nunmehr Art. 2. Hier liegt kein Änderungsantrag vor. Wer Art. 2 zustimmen will, der gebe ,das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Angenommen. Durch die Anträge auf den Umdrucken 702 und 707 soll ein Art. 2 a eingefügt werden. Der Antrag auf Umdruck 707 geht weiter ,als der auf Umdruck 702. Wer begründet den Antrag auf Umdruck 707? - Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Imle.

Dr. Wolfgang Imle (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000994, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Durch die Regelung in Art. 1 sind, leider auch entgegen der Meinung des Bundeswirtschaftsministers, die er gestern zum Ausdruck gebracht hat, der Silberne und der Goldene Sonntag in Fortfall gekommen. Statt dessen sind vier verkaufsoffene Sonnabende eingeführt worden. Für grenznah gelegene Orte ergibt sich aber die unbedingte Notwendigkeit, eine Regelung der alten Art beizubehalten. Ich darf z. B. darauf hinweisen, daß es in den nördlichen Grenzgebieten wie auch an der Westgrenze und im Süden seit Jahrzehnten üblich ist, daß die Bevölkerung aus den Nachbarländern in Massen an den Sonntagen herüberkommt, um hier einzukaufen. Zum anderen ist es aber auch eine Frage der Fürsorge für den Verbraucher und die Familie. Auf dem flachen Lande können sich die Familien nicht bereits an den Sonnabenden zusammenfinden, um einzukaufen, weil sie in verschiedenen Orten arbeiten. Es wäre darüber hinaus eine durchaus verbraucherfreundliche Maßnahme, wenn man den Familien die Möglichkeit gäbe, auf diese Art und Weise auch in den zukünftigen Jahren noch ihren Bedarf an diesen beiden Sonntagen zu decken. Daher sollte diese Maßnahme nicht, wie in dem Antrag vorgesehen ist, den Kollege Rasner gleich vortragen wird, nur auf dieses Jahr beschränkt werden mit der Begründung, daß schon Einkäufe erfolgt seien. Auch für alle zukünftigen Jahre sollte diesen Gemeinden die Möglichkeit gegeben werden, die bisherigen Einkaufsmöglichkeiten an dem einen Samstag, dem Silbernen und dem Goldenen Sonntag beizubehalten.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Das Wort wird weiter nicht gewünscht. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Antrag auf Umdruck 707 zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Das ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt. Dann ist ein Eventualantrag gestellt worden. Sie finden ihn auf Umdruck 702. Zur Begründung hat das Wort der Abgeordnete Rasner.

Will Rasner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001777, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Hohe Haus hat seinen klaren Willen zu erkennen gegeben, die verkaufsoffenen Sonntage vor Weihnachten abzuschaffen. Bei dem Antrag, den zu begründen ich jetzt die Ehre habe, handelt es sich um eine Ausnahmeregelung für dieses Jahr wegen der kurzen Frist, innerhalb deren sich dieses Gesetz nach seinem Inkrafttreten bereits auswirkt. Ich will das, was gemeint ist, an einem Beispiel klarlegen. In meiner Heimat ist es eine jahrzehntelange Übung, daß die dänische Kundschaft an diesen beiden Sonntagen zum Einkaufen in die Stadt Flensburg fährt. Darauf ist der Flensburger Einzelhandel - ich nehme das nur als Beispiel - angewiesen. ({0}) Er hat infolgedessen im Juni, Juli, August und September ein Sortiment gekauft, das im innerdeutschen Handel überhaupt nicht abzusetzen ist. Der Grundsatz wird also anerkannt. Es wird aber nicht gewünscht - auch von den. Initiatoren dieses Gesetzes nicht -, daß ein echter Verlust entsteht, der nicht zu tragen ist. Deswegen soll es nach dem Willen der Antragsteller - das sei klar erklärt -bei der Abschaffung der verkaufsoffenen Sonntage bleiben. Angesichts der kurzen Frist zwischen dem Inkrafttreten und der Auswirkung dieses Gesetzes wird jedoch in diesem Jahr, wenn unser Antrag nicht angenommen wird, nicht ein Mehrgewinn verhindert, sondern effektiv ein größerer Verlust geschaffen. Damit das nicht geschieht, bitten die Antragsteller um Zustimmung zu ihrem Antrag.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Wird das Wort noch gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann stimmen wir über den Antrag auf Umdruck 702 ab. Wer zustimmen will, der gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Ich bitte, die Abstimmung durch Erheben von den Sitzen zu wiederholen. Wer zustimmen will, erhebe sich von seinem Sitz. - Gegenprobe! - Es besteht keine Klarheit im amtierenden Präsidium. Wir müssen durch Hammelsprung entscheiden. Ich gebe das Ergebnis der Abstimmung bekannt. Insgesamt haben sich an dieser Abstimmung 314 Mitglieder des Hauses beteiligt. Mit Ja haben 154, mit Nein 159 Abgeordnete gestimmt; enthalten hat sich ein Mitglied des Hauses. Der Antrag ist abgelehnt. Ich rufe auf Art. 3 - keine Änderungsanträge -, Art. 4 sowie Einleitung und Überschrift. Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmige Annahme. Zur Geschäftsordnung Herr Abgeordneter Rasner.

Will Rasner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001777, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf Grund einer interfraktionellen Verständigung beantrage ich, die dritte Beratung dieses Gesetzes auszusetzen und durch einen Beschluß des Plenums für Freitag dieser Woche vorzusehen.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Sie haben den Antrag gehört. Ist das Haus einverstanden? ({0}) - Als Punkt 1 der Tagesordnung von Freitag, aber nach der Fragestunde. Ist das Haus einverstanden? - Dann ist so beschlossen. Vizepräsident Dr. Schmid Die Punkte 7 und 11 der Tagesordnung sollen nach einer Vereinbarung der Fraktionen am Freitag aufgerufen werden. Ich rufe Punkt 8 der Tagesordnung auf: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Übereinkommen Nr. 111 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 25. Juni 1958 über die Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf ({1}) ; Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit ({2}) ({3}). ({4}) Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Maier ({5}). Herr Abgeordneter Maier, legen Sie Wert darauf, den Bericht mündlich zu erstatten? ({6}) - Das ist nicht der Fall. Wünscht das Haus einen mündlichen Bericht? - Offenbar nicht. Ich rufe in zweiter Beratung auf Art. 1, - Art. 2, - Art. 3, - Einleitung und Überschrift. - Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen! - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen. Ich schließe die zweite Beratung. Ich rufe den Gesetzentwurf in dritter Beratung auf. Wer den Gesetzentwurf im ganzen annehmen will, erhebe sich. - Ich stelle einstimmige Annahme fest. Punkt 9: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Durchführung einer Repräsentativstatistik der Bevölkerung und des Erwerbslebens ({7}) ({8}) ; Mündlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses ({9}) ({10}). ({11}) Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Dr. Burgbacher. Herr Abgeordneter Dr. Burgbacher, legen Sie Wert darauf, Ihren Bericht mündlich zu erstatten?({12}) - Das ist nicht ,der Fall. Wünscht das Haus einen mündlichen Bericht? - Das ist nicht der Fall. Dann rufe ich in zweiter Beratung die Art. 1, 2, - 3, - Einleitung und Überschrift auf. - Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einmütige Annahme. Ich schließe die zweite Beratung. Ich rufe auf zur dritten Beratung. Wer das Gesetz im ganzen angenommen wissen will, erhebe sich von seinem Sitz. - Ich stelle einstimmige Annahme fest. Damit ist Punkt 9 erledigt. Punkt 10 der Tagesordnung: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Statistik der Wirtschaftsrechnungen privater Haushalte ({13}) a) Bericht des Haushaltsausschusses ({14}) gemäß § 96 der Geschäftsordnung ({15}), b) Schriftlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses ({16}) ({17}). ({18}). Berichterstatter sind die Abgeordneten Müller ({19}) und Dr. Seume. Die Berichterstatter legen offenbar keinen Wert darauf, ihren Bericht mündlich zu erstatten. Das Haus scheint auch nicht die Absicht zu haben, einen Bericht zu fordern. Änderungsanträge zur zweiten Beratung liegen nicht vor. Ich rufe in zweiter Lesung die §§ 1 bis 7, die Einleitung und die Überschrift auf. - Wer zustimmen will, gebe das Handzeichen. - Gegenprobe! - Einstimmige Annahme. Schluß der zweiten Beratung. Ich eröffne ,die dritte Beratung. Änderungsanträge liegen nicht vor. Wer das Gesetz im ganzen angenommen wissen will, erhebe sich von seinem Sitz. - Ich stelle einstimmige Annahme fest. Punkt 11 der Tagesordnung wird am Freitag behandelt. Punkt 12: a) Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes ({20}); b) Erste Beratung des von den Abgeordneneten Dr. Heck ({21}), Dr. Schmidt ({22}), Kroll, Frau Geisendörfer, Zoglmann und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes ({23}); c) Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes ({24}) ; d) Erste Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes ({25}) ; e) Beratung des Antrags der Fraktion der FDP betr. Änderung der Umsatzsteuer-Durchführungsbestimmungen ({26}). Zur Begründung des Gesetzentwurfs unter Punkt 12 a hat Frau Abgeordnete Beyer ({27}) das Wort.

Lucie Beyer (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000171, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach dem Antrag Drucksache 1975 soll die Lieferung von Büchern umsatzsteuerfrei sein. Nachdem nun auch der Antrag Drucksache 2101 vorliegt, der von einer großen Anzahl Mitgliedern der Regierungspartei eingebracht ist, kann ich mich auf einige wenige Punkte beschränken. Zur Beurteilung muß ich vorweg folgendes sagen. Im Januar 1957 hat der 2. Bundestag den Antrag 1188 ({0}) in zweiter Lesung angenommen. Damit sollte eine Senkung der Umsatzsteuer auf 1,5 % für Umsätze im Buchhandel vorgenommen werden. In der dritten Lesung wurde dieser Antrag zurückgezogen, und wir beschränkten uns darauf, eine Steuerfreiheit für Umsätze in Rundfunkanstalten zu beschließen. In der gleichen Sitzung wurde der Bundesregierung der Auftrag erteilt, eine Vorlage mit einer Regelung für Bücher und Zeitschriften zu erstellen. Dabei sollte vor allen Dingen die Lage im Gemeinsamen Markt berücksichtigt werden. In ihrer Antwort vom 12. Dezember 1958 - Drucksache 753 - hat es die Bundesregierung abgelehnt, einen Entwurf vorzulegen. Begründet wurde diese Ablehnung damit, daß es in Deutschland andere Güter des notwendigen Bedarfs gebe, die noch einem höheren Steuersatz unterlägen. Zum weiteren wurde gesagt, eine Denkschrift zur Reform der Umsatzsteuer sei zu erwarten, und man wolle in dem Zusammenhang das gesamte Problem regeln. Nun haben wir das Jahr 1960 und sind praktisch in dieser Frage nicht weitergekommen. Die sozialdemokratische Fraktion hat daher einen Antrag eingebracht und, wie ich annehme, auch die Gruppe der CDU/CSU-Mitglieder. Wir meinen - sicher gilt das auch für den von der CDU/CSU eingebrachten Antrag Drucksache 2101 -, daß die 1958 von der Bundesregierung gegebene Begründung heute nicht mehr gerechtfertigt ist. Die vorliegenden Anträge stehen einer Umsatzsteuerreform nicht entgegen; denn auch eine Neuordnung der Umsatzsteuer müßte Bücher in den Ausnahmebereich einbeziehen. Das ist im europäischen Raum bereits weitgehend verwirklicht. In Holland z. B. sind Bücher, Zeitschriften und Tageszeitungen, in der Schweiz Bücher und Zeitschriften, in Belgien, Dänemark, Schweden und Großbritannien Bücher umsatzsteuerfrei. Frankreich, Italien, Finnland und Norwegen gewähren für Bücher eine Ermäßigung des Steuersatzes. Weiter ist zu berücksichtigen, daß der Einnahmeausfall bei einer Steuerfreiheit nur etwa 30 bis 40 Millionen DM ausmacht. Bei einem Etat von 45 Milliarden DM dürfte diese Summe kaum ins Gewicht fallen. Dazu kommen weitere sachliche Gründe. Ein wirtschaftlich hockentwickeltes Land wie die Bundesrepublik kann sich einer solchen Maßnahme, die inzwischen alle fortschrittlichen Länder ergriffen haben, einfach nicht entziehen. Ferner ist darauf zu verweisen, daß wir einer UNESCO-Bestimmung zugestimmt haben, die unter dem Begriff „free flow of books" läuft. Auch im Hinblick auf die geistige Auseinandersetzung zwischen Ost und West ist die Maßnahme notwendig. Der gesamte Ostblock fördert weitgehend seine Bücherproduktion. Wir brauchen uns nur einmal am Büchermarkt umzusehen. Dort ist diese Förderung eindeutig feststellbar. Es erhebt sich nun noch die Frage, ob man nicht eine solche Maßnahme auch für die nichtförderungswürdige Literatur treffen kann. Dazu ist zu sagen, daß diese nach eingehenden Untersuchungen noch nicht einmal 5 % ausmachen wird. Der Antrag Drucksache 2101 geht in der Sache über unseren Antrag hinaus. Er sieht nicht nur die Befreiung bei Büchern vor, sondern auch für „andere Verlagserzeugnisse nach näherer Bestimmung". In der Wirkung ist der Antrag allerdings enger gefaßt, weil keine Befreiung, sondern nur eine Senkung auf 1,5 % vorgesehen ist. Wir haben die Erweiterung in unseren Antrag nicht einbezogen, zumal über eine Abgrenzungsmöglichkeit schon einmal lange diskutiert worden ist; wir werden uns darüber im Ausschuß noch unterhalten müssen. Auch die Antragsteller werden nicht wollen, daß nichtförderungswürdige Zeitschriften einbezogen werden. ({1}) Wir sollten auch der Verwaltung die Arbeit nicht erschweren. Aus diesen Gründen wurde unser Antrag auf Bücher beschränkt. Immerhin muß die Frage im Ausschuß geklärt werden. Wichtig ist abschließend festzuhalten, daß weder unser Antrag noch der Antrag Drucksache 2101 einer Umsatzsteuerreform entgegensteht und daß die Länder des Gemeinsamen Marktes bereits eine Befreiung von der Umsatzsteuer oder zumindest eine Ermäßigung in ihren Gesetzen verankert haben. Vor allem aber spielt der Steuerausfall im Hinblick auf das gesamte Steueraufkommen nur eine untergeordnete Rolle. Nach unserer Ansicht sind wir verpflichtet, eine im Jahr 1957 im Bundestag mit Mehrheit getroffene Entscheidung endlich zu realisieren. Ich bitte daher das Haus, unter diesem Gesichtspunkt zu entscheiden und den Antrag an den Finanz- und Steuerausschuß zu überweisen.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Zur Begründung des unter Punkt 12 b aufgeführten Gesetzentwurfs hat der Abgeordnete Dr. Schmidt ({0}) das Wort.

Dr. Otto Schmidt (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002015, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann mich sehr kurz fassen und auf die Begründung verweisen, die Frau Beyer soeben für den sozialdemokratischen Antrag gegeben hat. Ich bedauere nur außerordentlich, daß Sie uns mit Ihrem Antrag zuvorgekommen sind. Wir haben ungefähr ein halbes Jahr lang Unterschriften gesammelt. Sie haben das in Ihrer Fraktion offenbar schneller hinbekommen können, als das bei uns je denkbar wäre. ({0}) Dr. Schmidt ({1}) Aber wie dem auch sei, in der Sache, in der grundsätzlichen Linie sind wir weithin einig. Wir haben in unserem Vorschlag einen Besteuerungssatz von 1,5 0/o vorgesehen. Sie werden sich denken können, daß unsere finanzpolitische Verantwortung, die wir natürlich auch für die Einnahmeseite haben, uns nicht ermutigt hat, für das Problem gleich eine ganze Lösung vorzuschlagen. Es ist das Geheimnis der Regierungspolitik, daß sie immer Kompromißpolitik ist. In der Sache folge ich Ihrer Begründung weitgehend. Man könnte noch manches für und wider anführen, vor allem auch die wirtschaftliche Lage. An dieser Stelle muß einmal gesagt werden, daß Deutschland in der ganzen Welt den am besten organisierten Buchhandel hat, und das bei der erstaunlichen Tatsache, daß mehr als die Hälfte aller deutschen Buchhandelsbetriebe Einzelhandelsbetriebe mit einem Umsatz von nicht mehr als 100 000 DM sind. Bei einer Nettogewinnspanne von 4 bis 7 % bedeutet das, daß diese Betriebe nicht einmal das Einkommen eines mittleren Facharbeiters haben. Trotzdem wird der deutsche Buchhandel auf dieser Basis aufrechterhalten; er ist weithin idealistisch und nicht materiell orientiert. Bei der Beratung sollte man dieses Problem auch von daher einmal sehen. In Ergänzung dessen, was Frau Beyer soeben vorgeschlagen hat, beantrage ich, den Kulturpolitischen Ausschuß als mitberatenden Ausschuß zu beteiligen; federführend soll der Finanz- und Steuerausschuß sein. Dieser Überweisungsantrag soll auch für den Antrag der sozialdemokratischen Fraktion gelten.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Punkt 12 c! Zur Begründung hat der Abgeordnete Seuffert das Wort.

Walter Seuffert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002165, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach dem Antrag der sozialdemokratischen Fraktion auf Drucksache 2098 soll für Umsätze bis zu 120 000 DM jährlich der Steuersatz von 4 % auf 3 % - also um 25 % - heruntergesetzt werden. Auslaufbestimmungen zur Überleitung sollen Steuererleichterungen für Umsätze bis 135 000 DM jährlich ermöglichen. Bei Begründung dieses Antrages kann ich auch gleich zu dem Antrag der FDP auf Drucksache 2119 sprechen, der sich mit derselben Materie befaßt. Nach ihm sollen auf andere Weise zusätzliche Erleichterungen bei der Umsatzsteuer für Umsätze bis zu 120 000 DM jährlich gewährt werden. Ich müßte aber auch zu Anträgen sprechen, die noch gar nicht vorliegen. Dazu gehören erstens einmal Anträge der CDU/CSU, von denen immerhin in der Öffentlichkeit gelegentlich schon zu lesen war und die verschiedentlich angekündigt worden sind. Meines Wissens sind sie sogar vor zwei oder drei Wochen im Ältestenrat für die heutige Debatte angekündigt worden. Ebensowenig liegt ein Antrag oder eine Vorlage der Bundesregierung vor; auch das ist angekündigt worden. Der Staatssekretär Hettlage hat anläßlich der seinerzeitigen Beschlagnahme des Studienentwurfs zur Umsatzsteuerreform durch das Bundeskabinett ({0}) - darauf werde ich noch zu sprechen kommen, das hat ja einiges Aufsehen erregt - für das Bundesfinanzministerium eine Erklärung abgegeben. Ich beziehe mich auf die „Welt" vom 30. Juli. In dieser Erklärung steht zunächst: Hettlage gab zu, daß der Gedanke an eine reine Mehrwertsteuer endgültig begraben werden muß. Nun, das wollen wir vielleicht eben mal jetzt nicht mehr gehört haben.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage? - Bitte sehr!

Dr. Curt Becker (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000125, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Kollege Seuffert, wissen Sie nicht, daß der Diskussionsentwurf des Finanzministeriums inzwischen veröffentlicht worden ist?

Walter Seuffert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002165, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Kollege Becker, ich weiß es sehr wohl, und eben das wollte ich gerade sagen. Ich wollte sagen, daß dieser Satz aus der Erklärung des Herrn Staatssekretärs Hettlage wohl als überholt betrachtet werden darf durch die weitere Entwicklung dieser Angelegenheit und durch die tatsächliche Veröffentlichung eines abgeänderten Studienentwurfs und die Bemerkungen, die ihm beigegeben worden sind und die dahin lauten, daß neben diesem Studienentwurf jetzt auch noch andere Möglichkeiten des Systemwechsels studiert werden sollen. Was aber in dieser Erklärung weiter steht - ich darf mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten aus der „Welt" vom 30. Juli vorlesen - ist: Hettlage versicherte, daß das Finanzministerium nun im Herbst - nun, mir kommt es schon ziemlich herbstlich vor, meine Damen und Herren einen Entwurf zur Verbesserung des geltenden Umsatzsteuersystems vorlegen wird, durch den die Vorschläge der Hartmann-Kommission vom Frühjahr des Jahres verwirklicht werden sollen. Dabei sollen die allgemeinen Freibeträge erhöht, Maßnahmen zum Phasenausgleich bei der eisen- und holzverarbeitenden, der Leder-und der Textilindustrie ergriffen werden, eine Zusatzsteuer auf die Hersteller gelegt werden, die selbst Einzelhandel betreiben, der Großhandelssteuersatz gesenkt und andererseits der Steuersatz für die Großumsätze erhöht und das Privileg für die Mineralölbearbeitung beseitigt werden. Offen ist noch, ob bei dieser Gelegenheit auch die Organschaftsbestimmungen geändert werden. ({0}) Deutscher Bundestag - 3. Wahlperiode - I - Entschuldigen Sie, die Regierung hat ein bißchen lange gebraucht zum Donnern; denn, wie gesagt, es ist schon ziemlich Herbst, und man sieht weder heute noch gestern noch sonstwo etwas von diesen angekündigten Vorschlägen; dazu wollte ich eben sprechen. Denn all das, was hier angekündigt worden ist, sind ja sehr interessante Dinge, und unter ihnen müßten ja auch die Freibeträge für den Bereich der Umsätze bis zu 120 000 DM sein. Aber wo bleibt denn der Donner, Herr Kollege Dr. Dresbach? ({1}) - Ein sanfter und schleichender Donner, Herr Kollege Dr. Dresbach, ist eine Erfindung, die ich Ihnen gern überlasse.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Herr Dr. Dresbach meint offenbar Wetterleuchten! ({0})

Walter Seuffert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002165, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Nun, ich meine doch, meine Damen und Herren, der Tenor des Ganzen, was man von Mehrheit und Regierungsseite bisher in den letzten Monaten hören konnte, war doch der: Wenn schon nicht große, dann .doch kleine Umsatzsteuerreform. Man kann ja in diesem Zusammenhang gar nicht unterlassen, einmal darüber zu reden, warum wir mit 'der großen Umsatzsteuerreform nicht vorwärtskommen und wo wir eigentlich in dieser Sache ) der Umsatzsteuerreform stehen, meine Damen und Herren. ({0}) - Ja, das ist gerade der große schwarze Halbkreis; auch auf den komme ich noch zu sprechen, Herr Kollege Dr. Dresbach. Es hat Bundestagsbeschlüsse gegeben, es hat Denkschriften gegeben, es hat Ankündigungen gegeben, es hat den Hartmann-Ausschuß gegeben, der eine gewisse Publizität entfaltet hat und von dem man an vorläufigen Ankündigungen, an Absichten usw. allerhand gehört hat. Als dann aus der ganzen Sache wirklich ein Studienentwurf, wie vorher monatelang angekündigt, zustande gekommen war, ist er im Juli dieses Jahres im Kabinett gescheitert oder beschlagnahmt worden. Aus welchen Gründen, war nicht ganz herauszubringen. Damals hat man in der FAZ geschrieben, das Kabinett sehe diesen Entwurf nicht einmal als Diskussionsgrundlage an - das sei der Grund gewesen -, einen Entwurf, der ein System der Mehrwertsteuer - nach unserer Ansicht nicht einmal ,das beste - zur Diskussion stellen, anschaulich machen wollte. Ob ,dieser Kabinettsbeschluß, aus welchen Gründen er auch immer zustande gekommen ist, überhaupt unter maßgeblicher Beteiligung der zuständigen Ministerien zustandegekommen ist, auch das war nicht herauszubekommen. Die ganze Angelegenheit ist zunächst einmal zur Geheimsache erklärt worden, was auf der einen Seite komisch war, auf der anderen Seite aber auch eine recht bedenkliche Note dadurch erhielt, daß, wie man bald feststellen konnte, die vollständige Fassung des Entwurfs in einer sehr großen Zeitung zu lesen war, obwohl er, wie gesagt, beim Ministerium geheim war. Warum also dieser Entwurf angehalten worden ist, war bisher nicht ganz herauszubekommen. Alle Vermutungen blieben offen. Ob man der Reform nicht wehe tun wollte, ob man bestimmten Interessenten nicht wehe tun wollte? Auch der Verdacht ist ausgesprochen worden, ob man vielleicht gerade mit einem solchen Entwurf der Reform wehe tun wollte, d. h. die Reform ad absurdum führen wollte. Angesichts der Erklärungen, die damals Herr Staatssekretär Hettlage abgegeben hat und die ich soeben zitiert habe, war das ja auch nicht so ganz fernliegend. All diese Geheimnistuerei, alle diese merkwürdigen Vorgänge haben nun in der Tat dazu geführt, daß sich die Öffentlichkeit bisher mehr mit dem Verfahren, das hier angewandt worden ist, als mit dem Inhalt, mit den inhaltlichen Problemen des Entwurfs befaßt hat. Allerdings liegt das Verfahren, solche Diskussionen, aus welchen Gründen auch immer, der Öffentlichkeit möglichst zu entziehen, obwohl es ja der Sinn gerade von Studienentwürfen sein sollte, daß sie der Öffentlichkeit zur Erörterung zur Verfügung stehen, in einem allgemeinen Stil der Bundesregierung. Es werden Haushaltsentwürfe zurückgehalten, damit sie nicht zuviel in der Öffentlichkeit diskutiert werden können, und anderes mehr. Die Folge ist, wie gesagt, daß man sich zunächst mit dem sehr merkwürdigen Verfahren befaßt hat, mit dem Inhalt weniger, eher noch zunächst mit dem Steuersatz der vorgesehen war und der ursprünglich auf 12 % lautete, der aber jetzt in der letzten Fassung auf 10 oder 11 % herabgesetzt worden ist. Warum, ist auch nicht recht ersichtlich, jedenfalls nicht begründet. Berechnungsgrundlagen für die Zahlen, ,die im Entwurf stehen, soweit überhaupt welche im Entwurf stehen, liegen bisher nicht vor. Für eine ernsthafte Erörterung des ganzen Problems müßte man aber einmal die Forderung stellen, daß die Berechnungsgrundlagen vorgelegt werden. Es gibt Ida Zusammenhänge - auch bezüglich der Veränderung des Satzes in der ersten und zweiten Fassung des Studienentwurfs - mit sehr revolutionären Dingen, die da auftauchen: eine Beseitigung der Steuerfreiheit der Ausfuhr, auf der anderen Seite aber zusätzliche Belastungen oder wenigstens die Möglichkeit zusätzlicher Belastungen der Einfuhr, 'Fortfall der Freiliste I usw. Dann taucht ja in all diesen Entwürfen der ganz neue Begriff des Selbstverbrauchs auf, mit dem man vielleicht noch seine blauen Wunder erleben wird. Nun habe ich nicht die Absicht, mich heute bei dieser Gelegenheit ausführlich mit den Problemen der großen Reform zu 'beschäftigen. Ich habe nur einiges 'daraus angedeutet und möchte nur eins sagen: die Schwierigkeiten des Mehrwertsystems, jedes Mehrwertsystems, auch vielleicht eines besseren Mehrwertsystems, liegen nicht ausschließlich in der Höhe des Steuersatzes, der da hineinzuschreiben ist. Nicht ausschließlich! Es gibt eine Reihe von an7456 deren Schwierigkeiten, und denjenigen, die sich ernsthaft mit den Problemen beschäftigen wollen, kann das Studium dieses Entwurfs - es gibt ja auch noch andere Entwürfe, von privater Seite - nur anempfohlen werden. Ich sage nicht, daß ich es kritisieren möchte und daß es mir nicht verständlich ist, wenn das Bundesfinanzministerium gegenüber den Ergebnissen dieses Entwurfs oder gegenüber dieser Linie der Systemänderung eine gewisse Zurückhaltung zeigt. Aber wenn die Schwierigkeiten nicht ausschließlich dort liegen, so ist doch der Steuersatz bei diesem System wie bei jedem anderen eine Hauptschwierigkeit, und der Steuersatz, der hier anzuwenden ist, beruht auf der allerdings exorbitanten Höhe, die die Umsatzsteuer erreicht hat, und auf dem Dogma, das immer aufrechterhalten wird: daß das Aufkommen aus der Umsatzsteuer nicht nur nicht vermindert werden darf, sondern ständig weiter steigen muß. An diesem Dogma muß schließlich jede Umsatzsteuerreform scheitern.Die Umsiatzsteuer hat im Jaihre 1959 mit der Ausgleichsteuer im Ist 14 609 000 000 DM erbracht. Im Jahre 1960 hat sie - laut Haushalt, auf Jahreszahlen umgerechnet - 16 190 000 000 DM im Soll. Es ist sicher, daß,das Ist über dieser Zahl liegen wird. In den Ansätzen des 'Haushaltsjahres 1961 sind 17 170 000 000 DM vorgesehen, und es ist sicher, daß ;wirr vor Verabschiedung dieses Haushalts - alle Zahlen deuten darauf hin - diese Zahlen bereits wieder nach oben korrigieren müssen, daß wir auf ungefähr 17,5 Milliarden kommen werden. Das bedeutet, idaß, wenn man sich einmal entschlossen hätte, aus der Umsatzsteuer nicht mehr einnehmen zu wollen, als man 1959 aus ihr eingenommen hat, bereits heute 3 Milliarden im Jahr zur Verbesserung der Umsatzsteuer und als Spielraum für eine Umsatzsteuerreform in der Hand hätte. ({1}) - Dieselben Zahlen, Herr Kollege Dr. Dresbach, zeigen, daß praktisch die Haushaltsausweitung in den letzten Jahrein so gut wie ausschließlich von der Umsatzsteuer getragen worden ist. Wir wissen, daß man alle anderen möglichen Mittel vernachlässigt und nicht in Anspruch genommen hat: weder den Ausbau des außerordentlichen Haushalts zu einer Form, die den Verhältnissen des Bundes heute angemessen wäre, noch 'andere Steuern; ich weise auf die lächerlich niedrige Körperschaftsteuer hin usw. Praktisch hat man alle Ausgabenerweiterungen, die ganze Haushaltserweiterung der letzten Jahre ,aus der Umsatzsteuer finanziert, und man hätte heute, wenn man sich nur entschlossen hätte, das schon sehr hohe Aufkommen von 1959 festzuhalten, 3 Milliarden zur Verfügung und als Spielraum für die Reform. Die Umsatzsteuer, meine Damen und Herren, hat, bezogen auf die Gesamtsumme der großen Steuern, d. h. der Ertragsteuern, der Verbrauchsteuern und Zölle, ahne Realsteuern, im Jahre 1928 11 % dieses Steuervolumens ausgemacht und im Jahre 1956 30 %. Im Jahre 1961 sind es nach den Haushaltsansätzen trotz der erheblichen Steuersenkungen, die wir inzwischen vorgenommen haben - vornehmlich zugunsten 'der Landwirtschaft - über 32 %. Diese Zahlen zeigen gleichzeitig, welche Entwicklung hier ohne Schwierigkeiten rückgängig gemacht werden könnte und auf weiche Verhältniszahlen, wie sie früher bestanden haben, man zurückkommen könnte. Man kann auch die Bemerkung nicht unterdrücken: Welche Maßnahmen gegen steigende Preise kann man von einer Regierung erwarten, die in einem solch einseitigen und zunehmenden Maß ihr ganzes Haushaltsvolumen auf einer Steuer aufbaut, deren Aufkommen mit steigenden Preisen steigt?! In dieser Entwicklung seihen Sie die wahren Schwierigkeiten der Umsatzsteuerreform, und Sie sehen darin gleichzeitig den Ausgangspunkt für unsere Beurteilung der Lage. Dabei muß immer wieder daran erinnert werden, daß die Umsatzsteuer eine Verbrauchsteuer ist, die auf dem Verbraucher lastet, und daß sie die schlechteste Verbrauchsteuer ist, weil sie eine ganz und gar nicht gezielte Verbrauchsteuer ist, weil sie eine rein fiskalische Steuer ist. Alle Vorzüge der Umsatzsteuer sind lediglich fiskalische Vorzüge und in gar keiner Weise wirtschaftliche Vorzüge. Man muß wieder daran erinnern, daß diese Höhe der Umsatzsteuer auf einer der Erb- und Todsünden der Finanzpolitik dieser Bundesregierung beruht, nämlich auf der Erhöhung der Umsatzsteuer im Jahre 1951 zum Ausgleich der gänzlich unzeitgemäßen linearen Steuersenkung von 1950. ({2}) - Herr Kollege Dr. Dresbach, die Erhöhung auf 4 % erfolgte, weil die Bundesregierung, vertreten durch den Herrn Bundesfinanzminister Schäffer, im Anschluß an die Bundestagswahl 1949, im Januar 1950, die erste, sehr massive lineare Steuersenkung bei der Einkommensteuer vornahm, gegen die Warnungen der Sozialdemokratie, die eindringlich darauf hinwies, daß damals im Bundeshaushalt die unabweisbaren sozialen Forderungen Sozialversicherung, Kriegsopferversorgung usw. - überhaupt noch nicht berücksichtigt waren und daß der Haushalt zusammenbrechen werde, wenn man diese Steuersenkung vornehme. Zum Ausgleich des Defizits, das da entstand, ist die Umsatzsteuer erhöht worden. Das war der Zusammenhang, daher rührt diese Höhe der Umsatzsteuer. Und diese Höhe hat man nicht nur festgehalten, sondern man baut sie ständig aus und läßt sie im Verhältnis zum gesamten Steuervolumen ständig ansteigen, insbesondere auf der Grundlage der ständig steigenden Preise. Wir wollen hier gleich klar und deutlich sagen, daß wir bei dieser Lage für überhaupt keine Umsatzsteuererhöhungen zu haben sind, erst recht nicht für die Steuererhöhung, die da einmal ventiliert worden ist, Umsätze, die 1 Million DM jährlich übersteigen, einem erhöhten Steuersatz zu unterwerfen. „Erst recht nicht" deswegen, weit Umsätze von 1 Million DM jährlich heute, vor allen Dingen im Bereich der Produktion, solche von mittelständischen, wenn nicht kleinen Unternehmen sind. Die Großen sind in den Milliardenziffern zu suchen. Eine solche Belastung in diesem Bereich würde die Wettbewerbslage zwischen den wirklich Großen und Starken und der mittelständischen Wirtschaft zuungunsten des Mittelstands und zugunsten der ganz Großen verschieben. Sie würde die Wettbewerbsungleichheit verstärken. Wenn auch das Anliegen der sozialdemokratischen Fraktion die Beseitigung, der Ausgleich der Wettbewerbsungleichheiten ist, die durch die Steuer hervorgerufen werden, so wünschen wir doch dieses Ziel eben nicht und in keinem Fall durch Steuererhöhungen, sondern allenfalls durch Steuererleichterungen zu erreichen. Meine Damen und Herren, nun noch zu unserem Antrag selbst. Sie können den Ausfall auf etwa 3- bis 400 Millionen DM jährlich ansetzen. Das ist ein Ausfall, der im Rahmen einer Steuer, die weit über 17 Milliarden DM jährlich bringt, sicherlich nicht außerhalb des Maßstabs liegt. Wir glauben nicht, daß hier irgendwelche besondere Deckungsvorlagen notwendig sind. Denn diese Summe wird schon durch die Korrekturen gedeckt sein, die wir an den Haushaltsansätzen vermutlich schon vor Verabschiedung des Haushalts 1961 vorzunehmen haben werden. Es ist die Frage aufgeworfen worden, ob Steuersenkungen in die Landschaft der Konjunktur und der Konjunkturpolitik passen. Ich beschäftige mich deswegen mit diesem Punkt, weil in der Presse im Zusammenhang mit diesem Antrag Bemerkungen aufgetaucht sind zu teilweise total mißverstandenen, teilweise einfach falsch wiedergegebenen Ausführungen, die mein Freund Schoettle in der letzten Haushaltsdebatte gemacht hat. Meine Damen und Herren, wenn man über Umsatzsteuer und Konjunkturpolitik spricht, müßte man eigentlich die Ansichten und Absichten der Regierung in diesem Punkt kennen. Man hat heute in der Zeitung gelesen, daß der Herr Bundeswirtschaftsminister Erhard gestern darüber eine Rede vor der CDU/CSU-Fraktion gehalten hat. Es scheint sogar keine schlechte Rede gewesen zu sein. ({3}) Er soll auch Beifall bekommen haben. Er soll sogar den Beifall des Herrn Bundeskanzlers gehabt haben. ({4}) Das ist besonders hervorgehoben worden; denn das ist ja auch sehr ungewöhnlich. ({5}) Ja, das hat einige Leute gewundert. Und wenn solche ungewöhnlichen Dinge passieren, ist es ja nicht ganz unverständlich, wenn „dieser Stimmungswechsel . . . in Bonner Kreisen den Verdacht aufkommen" läßt, „daß es zunächst nur darum geht, die Diskussionen um das Für und Wider einzelner Maßnahmen zu beenden und den Forderungen nach einem Konjunkturprogramm durch die Verkündung von Absichten, deren Verwirklichung völlig offen ist, zu entsprechen". Das habe ich jetzt nicht erfunden, sondern ohne Erlaubnis aus der FAZ von heute morgen vorgelesen. Wie dem auch sei, meine Damen und Herren, diese Rede sollte jedenfalls so bald wie möglich hier im Parlament gehalten werden, damit man weiß, woran man ist, und damit man sich mit ihr auseinandersetzen kann und weil der Ort, wo Absichten der Regierung bekanntzugeben sind, ein für allemal das Parlament und nichts anderes ist. ({6}) Das gehört ja auch in das Kapitel der Verlagerung der politischen Willensbildung in außerverfassungsmäßige und nebenverfassungsmäßige Gremien und in das ganze Kapitel des Ersatzes des Parlaments durch eine bestimmte Fraktion. Wir hoffen also, daß wir einmal hören, was an diesen Dingen wirklich ist, und zwar hoffen wir, es an dem hier allein zuständigen Ort zu hören; denn wenn diese Rede Folgen hat, wenn sie ernst gemeint ist, dann wird man auch einiges z. B. über Ausgleichsteuer, über Importbelastung, über Exportförderung, alles Dinge,' die zur Umsatzsteuer gehören, hören müssen. Dann wird sich vielleicht ein etwas anderes Bild ergeben. Immerhin möchte ich schon jetzt etwas zur Frage der Konjunkturpolitik, zur konjunkturpolitischen Beurteilung unseres Antrages sagen. Abgesehen von dem bescheidenen Ausmaß dieses Antrages, von dem man in dieser Beziehung keine entscheidenden Auswirkungen erwarten kann, kommt doch auf jeden Fall dieser Antrag, so wie wir ihn gestellt haben, nicht denjenigen zugute, die die große Nachfrage auf dem Gütermarkt entwickeln, auf der die ganze Erscheinung der Konjunkturüberhitzung beruht. Alle Zahlen weisen eindeutig darauf hin, daß die sogenannte Konjunkturüberhitzung von der Nachfrage nach Investitionsgütern ausgeht. Es sind nicht die kleinen Einzelhändler und die Leute mit den Umsätzen, die wir hier meinen, sondern es sind die Interessenten an großen Investitionsgütern, die ihre ohnehin starke Position weiter ausbauen wollen und ausbauen können, die hier konjunkturpolitisch beachtenswert sind. Jedenfalls hat dieser unser Antrag eine Tendenz zur Preisverbilligung, zumindest gibt er die Möglichkeit zu Preisverbilligungen. Wenn diese Möglichkeit nicht ausgenützt wird, muß der Ausfall auf irgendeine Weise wieder über die Einkommensteuer hereinkommen. Was wollen wir wirklich erreichen? Wir wollen auf dem Gebiete der Umsatzsteuer eine Erleichterung für die Umsätze bis zu 120 000 DM jährlich und im Auslauf noch für einige anschließende Umsätze. Das sind die Umsätze des ganzen kleinen 7458 Deutscher Bundestag - 3. Wahlperiode 129. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 2C. Oktober 1960 Einzelhandels und im großen und ganzen der freien Berufe. Wir möchten nicht sagen, daß damit die dem Hause in bezug auf die Umsatzsteuer zugunsten der freien Berufe vorliegenden Anträge als erledigt zu betrachten sind. Im Gegenteil, wir stehen weiter zu diesen Anträgen. Betroffen ist weiter das Handwerk, praktisch das ganze Dienstleistungsgewerbe, soweit es wirklich in der Form der persönlichen Unternehmerwirtschaft betrieben wird. Betroffen sind - ich brauche das nicht weiter auszuführen - Vertreter und solche Berufe, bei denen es immer zu Beschwerden kommt und Härten entstehen; auch hierzu liegen dem Bundestag schon Anträge vor. Das sind 1 bis 11/2 Millionen Steuerpflichtige, deren Umsatz im Verhältnis - Sie sehen das schon aus den vermutlichen Ausfallziffern - ,zum Gesamtumsatz nicht sehr bedeutend ist. Aber es ist eine Schicht, die nicht nur sehr bedeutend ist gerade im Bereich der Mittelschichten, sondern die auch tatsächlich durch die Umsatzsteuererhöhung, die wir seit 1951 haben, besonders schwer getroffen ist. Wir dürfen es angesichts der vorliegenden und der angekündigten Anträge als ein gemeinsames Anliegen dieses Hauses betrachten, daß den Steuerpflichtigen mit Umsätzen bis zu etwa 120 000 DM jährlich wenigstens die Steuerlast erleichtert wird. Wir halten jedoch den von uns gestellten Antrag für die beste Lösung und für besser als die Anträge, die z. B. auf Erhöhung der Freibeträge abzielen. Wir halten unseren Antrag vor allen Dingen deswegen für den besseren, weil er die große Steuerreform nicht blockiert, sondern im Gegenteil erleichtert. Er ist in das System einer großen Steuerreform, bei der Freibeträge und so etwas überhaupt fallen müssen - sie passen nicht einmal in das derzeitige System -, leichter zu überführen. Wir wollen deswegen gerade durch diesen Antrag dokumentieren, daß wir an der großen Umsatzsteuerreform noch weiter interessiert sind. In den Diskussionen um die Mehrwertsteuer sind sich z. B. die Sachverständigen auch schon völlig einig darüber, daß die Kompliziertheiten dieses Systems - jedes derartige System muß notwendigerweise komplizierter sein als das heutige - kleinen Unternehmen, kleinen Umsätzen nicht zuzumuten sind, weil diese kleinen Unternehmen einfach die Buchführungspflichten usw. nicht erfüllen können, die hier bestehen würden, und daß deswegen für sie eine Sonderbehandlung vorgesehen werden muß. Auf Grund dieser Überlegungen sind wir bei unserem Antrag davon ausgegangen, daß die bisher geltenden Freibeträge unverändert bleiben sollen. Wenn man diese Freibeträge noch zusätzlich erhöhen will, wird man bei uns dagegen keinen erheblichen Widerstand finden, wie Sie überhaupt bei uns, wenn es um eine Umsatzsteuerminderung geht, keinen Widerstand, sondern immer Unterstützung finden. Wir sind jedoch der Meinung, daß man eine solche Erhöhung der Freibeträge nicht an Stelle dessen vornehmen sollte, was wir beantragen. Das wäre kein Ersatz für die Zustimmung zu unserem Antrag. Das würden wir aus den eben dargelegten systematischen Gründen im Hinblick auf eine große Umsatzsteuerreform kaum akzeptieren können. Die FDP-Fraktion hat beantragt, den Umsatzsteuersatz für den Großhandel ebenfalls zu ermäßigen. Man wird diesen Antrag prüfen können. Es läßt sich auch einiges dagegen sagen. So wäre etwa zu erwägen, ob ,das jetzt vordringlich ist. Es ist ja in der letzten Zeit auf dem Gebiete des Großhandels einiges geschehen, woran sowohl der" Einzelhandel wie teilweise auch ,der Verbraucher ein Interesse hatte. Man wird sich überlegen müssen, ob das eine große Auswirkung haben würde. Jedenfalls wäre eine solche Maßnahme kein Ersatz für die anderen Maßnahmen, die unserer Ansicht nach getroffen werden müssen. Ich beantrage, unseren Antrag dem Finanzausschuß zu überweisen. Man kann ja in gewisser Hinsicht vielleicht dankbar dafür sein, daß die Mehrheit und die Regierung der Opposition die Führung auf diesem Gebiet so restlos überlassen und damit, sagen wir einmal, gewisse politische Rangunterschiede in den Bemühungen um diese Probleme auf einem Gebiet dokumentieren lassen, auf dem -darüber sind wir uns alle einig - etwas geschehen kann und etwas geschehen muß. Es wird auch niemand bestreiten können, daß unser Antrag ein maßvoller Antrag ist, daß er durchaus im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten liegt und daß seine Realisierung eine sehr heilsame Auswirkung auf 1 bis 11/2 Millionen kleine Steuerpflichtige haben wird, die gerade unter dem heutigen System besonders benachteiligt sind. Die Verwirklichung unseres Antrags würde außerdem eine sehr geeignete Überleitung zu einer wirklichen großen Umsatzsteuerreform darstellen. Deswegen möchte ich der Mehrheitsfraktion und der Regierung doch noch einmal eindringlich zurufen: Meine Damen und Herren, wir bitten Sie, nach dem offenkundigen Versagen, das bisher in der Frage der großen Umsatzsteuerreform festzustellen ist, nun nicht auch noch die kleine Umsatzsteuerreform versacken zu lassen.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Das Wort zur Begründung der Anträge unter Punkt 12 d und e hat der Abgeordnete Imle.

Dr. Wolfgang Imle (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000994, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach den längeren Ausführungen des Kollegen Seuffert möchte ich mich auf diese Dinge jetzt nicht im einzelnen einlassen, zumal wir Freien Demokraten der Meinung sind, daß der Frage einer neutralen Umsatzsteuer erhöhte Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte und daß hier auch möglichst bald entsprechende Vorschläge vorgelegt werden sollten. Ich möchte daher gleich auf unseren Antrag auf Drucksache 2119 eingehen. Durch § 7 Abs. 3 soll die Umsatzsteuer für den Großhandel von 1 % auf 0,75 % ermäßigt werden. Das Umsatzsteuerrecht für den Großhandel ist ja bereits seit längerer Zeit restlos durchbrochen, denn große Wirtschaftszweige des Großhandels zahlen schon seit längerem keine Umsatzsteuer mehr. Man schätzt, daß überhaupt nur noch rund 50 % an der Umsatzsteuer beteiligt waren. Hinzu kommt, ,daß im letzten Jahr auch noch der Lebensmittelgroßhandel für eine Reihe von Artikeln von der Umsatzsteuer befreit worden ist. Es kommt weiter hinzu, daß die Umsatzsteuer wettbewerbsneutral sein soll, es heute aber nicht ist. Der Schöpfer der Umsatzsteuer, Finanzminister Popitz, hat erklärt, daß der Höchstsatz der Umsatzsteuer bei -2 % liegen muß, wenn sie noch wettbewerbsneutral sein soll. Die Umsatzsteuer ist dann von unseren früheren Besatzungsmächten auf 3 % und später, wie soeben schon erwähnt wurde, vom Bundesfinanzminister Schäffer von 3 auf 4 % erhöht worden. Wir sind der Meinung, daß hier wieder abgebaut werden sollte, um insbesondere nicht dazu beizutragen, daß der Großhandel durch ,die Umsatzsteuer als Absatzstufe ausgeschaltet wird. Deswegen sollte die Umsatzsteuer auf 3/4 % ermäßigt werden. Zu Punkt b) ist folgendes zu sagen. Bisher ist der Einzelhandel, wenn er auch Großhandel betreibt, mit 4 % zur Umsatzsteuer insgesamt heranzuziehen, es sei denn, sein Großhandelsumsatz geht über 25 % des Gesamtumsatzes hinaus oder beträgt mehr als 1 Million DM. Wir sind der Meinung, daß diese Bestimmung heute nicht mehr der Zeit entspricht, nachdem sich insbesondere durch die Entwicklung gezeigt hat, daß diese Bestimmung zu außerordentlichen Härten führen kann. Ich darf z. B. auf folgendes aufmerksam machen. Ein Einzelhändler, der durch Beliefern von Altersheimen, Kinderheimen, Bundeswehr und sonstwie Großhandel betreibt, eröffnet in einer Siedlung eine neue Filiale und kommt dadurch, daß sich sein Einzelhandelsumsatz erhöht, sein Großhandelsumsatz aber gleich bleibt, nun nicht mehr an ,dieses Verhältnis heran und muß infolgedessen im nächsten Jahr alle Umsätze mit 4 % versteuern. Wir halten das für eine Ungerechtigkeit. Man sollte in der freien Wirtschaft jedem die Möglichkeit geben, seine Umsätze auf seine Weise zu tätigen. Zum dritten. Zu § 7 a wurde gesagt, daß man es für systematischer halte, für ,die mittleren Unternehmen die Umsatzsteuer von 4 auf 3 % zu senken. Ich darf darauf hinweisen, daß im Jahre 1956 bereits ein entsprechender Antrag vorgelegen hat und daß damals mit dem Siebenten Gesetz zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes vom 5. Oktober 1956 der Umsatzsteuerfreibetrag von 8000 DM bei einem Gesamtumsatz von 80 000 DM eingeführt wurde. Der ursprüngliche Initiativantrag der CDU/CSU und der DP - Drucksache 2282 - sah eine Verminderung der Umsatzbesteuerung von 4 % auf 3 % für höchstens 42 000 DM des Umsatzes bei einem Gesamtumsatz von 300 000 DM vor. In dieser Form würde das Gesetz auch beschlossen. Der Bundesrat hat sich damals gegen diese Art der Steuersenkung gewandt, weil sie der Systematik des Umsatzsteuerrechts widerspreche und eine zusätzliche Belastung der Steuerverwaltung zur Folge haben würde. Im Vermittlungsausschuß wurde dann die Fassung, die wir heute in § 7 a haben, gefunden. Wir sind der Meinung, daß dieser Umsatzsteuerfreibetrag von 8000 DM, der ja bei 4 % nur eine jährliche Ersparnis von 320 DM ausmacht, den heutigen Verhältnissen nicht mehr gerecht wird. Man sollte den Unternehmen mit Umsätzen bis zu 120 000 DM diese Vergünstigung zukommen lassen. Deshalb schlagen wir vor, diesen Betrag von 320 DM zu verdoppeln, indem der Umsatzsteuerfreibetrag auf 16 000 DM angehoben und gleichzeitig die Höhe des Umsatzes auf 120 000 DM festgelegt wird. Wir sind der Meinung, daß damit gerade den mittelständischen Unternehmen eine erhebliche Vergünstigung gegeben würde und daß die Beträge, die dann eingespart würden, für Versicherungen, insbesondere zur Alterssicherung, verwandt werden könnten. Wir beantragen die Überweisung des Antrags an den Finanzausschuß und zur Mitberatung an den Mittelstandsausschuß. ({0})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Das Wort hat der Herr Staatssekretär.

Not found (Staatssekretär:in)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für den erkrankten Herrn Bundesfinanzminister möchte ich zu einigen Ausführungen, die zur Begründung der Anträge gemacht würden, kurz Stellung nehmen. Ich möchte damit nicht eine allgemeine Umsatzsteuerdebatte eröffnen, sondern nur ein paar Bemerkungen tatsächlicher Art machen. Herr Abgeordneter Seuffert hat mit Recht hervorgehoben, daß das eigentliche Problem der Umsatzsteuer in der Höhe ihres Satzes liegt. Mit einem Satz von 4 % hat sie eine Höhe erreicht, die bei einer Allphasenumsatzbesteuerung die beklagten und typischen Wirkungen einer allgemeinen Verbrauchsabgabe naturgemäß verstärkt. Herr Abgeordneter Seuffert hat darauf hingewiesen, daß der Satz von 4 % im Jahre 1951 eingeführt wurde. Herr Abgeordneter, das Jahr 1951 war das Jahr der Korea-Krise. Damals befürchtete man einen erheblich steigenden Finanzbedarf. Man erhöhte mit der Umsatzsteuer gleichzeitig die Körperschaftsteuer. Eine gleichzeilige Erhöhung der Einkommensteuer wurde nicht erörtert, weil diese nach dem damals geltenden Kontrollratsrecht eine Progression hatte, die bis zu 80 % hinaufging, und insgesamt sehr hoch war.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Gestatten Sie eine Zwischenfrage? - Herr Abgeordneter Seuffert, bitte.

Walter Seuffert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002165, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Staatssekretär, ist es nicht richtig, daß die Einkommensteuer im Jahre 1950 gegen die Warnungen der Opposition ermäßigt worden ist, und ist es nicht richtig, daß die damals erhöhte Körperschaftsteuer in der Zwischenzeit noch weit unter den vorherigen Stand gesenkt worden ist?

Not found (Staatssekretär:in)

Diese tatsächlichen Feststellungen treffen zu, Herr Abgeordneter. Der Satz von 4 % bei der Umsatzsteuer zwingt, wie uns scheint, zu der Überlegung, ob man zu einem Systemwechsel übergehen sollte. Es handelt sich hierbei um eine Reform, die - mit außerordentlich langer und gründlicher Vorbereitung - ein schwieriges gesetzgeberisches Problem darstellt. Um diesem Problem ernsthaft nachzugehen, hat die Bundesregierung jenen Studienentwurf über ein etwaiges Mehrwertsteuersystem vorgelegt. Auf die etwas unglückliche Vorgeschichte der Veröffentlichung dieses Entwurfs möchte ich nicht eingehen. Ich brauche das auch nicht zu tun, weil der Entwurf in der Zwischenzeit veröffentlicht worden ist. Das Finanzministerium hat damit einen wirklich aktuellen Beitrag zu dieser ernsten Frage geliefert. Damit in der Zwischenzeit einige Mängel des gegenwärtigen Umsatzsteuersystems im Rahmen des geltenden Rechts soweit wie möglich gemindert werden können, bereitet die Bundesregierung - und das haben Sie ja mit einem Zeitungszitat belegt - eine Elfte Novelle zum Umsatzsteuergesetz vor. Die Aufzählung, die dieses Zeitungszitat enthielt, ist weder vollständig noch genau; nach dem Stand der Debatte konnte sie es naturgemäß auch nicht sein. Die Bundesregierung wird dem Hohen Hause in nächster Zeit den Entwurf einer Elften Novelle vorlegen, deren wesentlicher Inhalt durch die Presse schon ziemlich vollständig bekanntgeworden ist. In diesem Entwurf einer Elften Novelle zur Umsatzsteuer werden auch die Fragen behandelt, die die beiden Anträge der FDP anschneiden. So wird insbesondere die Erhöhung der Freibeträge von heute 8000 DM vorgeschlagen werden, allerdings nicht auf 16 000 DM. Der Antrag der FDP würde zu einem Ausfall von etwa 420 Millionen DM führen, während nach den Vorstellungen der Bundesregierung durch eine Heraufsetzung der Freibeträge ein Ausfall von etwa 220 Millionen DM entstehen würde. Auch wir, Herr Abgeordneter Seuffert, haben uns natürlich die Frage gestellt, ob nicht zur Korrektur des hohen Satzes der Umsatzsteuer eine Ermäßigung dieses Satzes für kleinere Umsätze zweckmäßiger ist als eine Heraufsetzung der Freibeträge. Das ist nicht bloß eine Frage der etwaigen Aufkommensminderung. Es ist zunächst auch zu fragen, was wirtschaftlich und sozial zweckmäßiger ist. Den bisherigen Plänen des Bundesfinanzministers liegt die Überzeugung zugrunde, daß es sozial und verwaltungsmäßig zweckmäßiger ist, nicht den allgemeinen Satz für die Umsätze bis 120 000 DM zu ermäßigen, sondern lieber den Freibetrag zu erhöhen, und zwar spürbar. Dadurch würde eine große Zahl von kleinen und kleinsten Umsatzsteuerpflichtigen von der Umsatzsteuerpflicht ganz befreit. Das begünstigt die kleinen Einzelhändler, die Handwerker und auch die freien Berufe. Wir meinen, daß dieser Weg dem der Senkung des Steuersatzes vorgezogen werden sollte. Dabei werden Sie, Herr Abgeordneter Seuffert, mit uns sicherlich darin übereinstimmen, daß eine allgemeine Verbrauchsabgabe ihrer Natur nach eigentlich nur einen gleichmäßigen Steuersatz enthalten sollte. Abg. Dr. Dr. h. c. Dresbach: Sehr richtig!) Ich darf mich auf diese kurzen Bemerkungen beschränken. Ich möchte nur noch den einen Satz hinzufügen, Herr Abgeordneter, daß ,die Elfte Novelle mit ihren Änderungen am geltenden System nach der Absicht des Bundesfinanzministers nicht etwa eine Reform im System verhindern soll. Sie soll umgekehrt gegebenenfalls für eine unvermeidliche Übergangszeit einige grobe Härten und unerwünschte Auswirkungen beseitigen. Sie wissen, daß eine Änderung im System der Umsatzsteuer nach allen .gesetzgeberischen Voraussetzungen frühestens am 1. Januar 1965 wirksam werden kann. Wir möchten auf Teilkorrekturen am geltenden Umsatzsteuersystem nicht deswegen ganz verzichten, weil eine Systemänderung gegebenenfalls erst nach drei oder vier Jahren in Kraft treten kann.

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Gestatten Sie eine Frage? Seuffert ({0}) Wann aber, Herr Staatssekretär, werden wir diese Elfte Novelle denn nun tatsächlich sehen, und wird in dieser Elften Novelle auch etwas über Ausgleichsteuer und Exportförderung zu lesen sein?

Not found (Staatssekretär:in)

In der Elften Novelle wird über Ausgleichsteuer und Ausfuhrrückvergütung nichts zu lesen sein, Herr Abgeordneter; denn wenn dergleichen von der Bundesregierung vorgesehen werden sollte, würde es in das Konjunkturgesetz aufgenommen werden.

Walter Seuffert (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002165, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Und wann werden wir die Elfte Novelle bzw. das Konjunkturgesetz - oder beides ,sehen?

Not found (Staatssekretär:in)

Ich kann nur eine Erklärung für den erkrankten Herrn Bundesfinanzminister abgeben: unverzüglich! ({0})

Dr. Carlo Schmid (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11001993

Das Wort hat der Abgeordnete Dresbach in der allgemeinen Aussprache.

Dr. Dr. h. c. August Dresbach (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000419, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf mich zunächst bei dem Herrn Präsidenten dafür bedanken, daß ,er meinen etwas daneben-gegangenen Zwischenruf von dem schleichenden Donner, der an gewisse animalische Vorgänge erinnern könnte, in das poetische Wort „Wetterleuchten" übersetzt hat. ({0}) Nun zur Sache! Verehrter Herr Seuffert, Sie haben mehrmals die Frage gestellt, inwieweit denn alle Veränderungen bei der Umsatzsteuer, bei dieser Verkehrsteuer - praktisch einer allgemeinen Verbrauchsteuer - ,auch den Preis ermäßigen. Wir sind uns wohl darüber im klaren - besonders wir Leutchen aus dem Finanz- und Steuerausschuß -, daß wir alle Senkungen an der Umsatzsteuer, aber auch an speziellen, eigentlichen Verbrauchsteuern, in den letzten Jahren nur vorgenommen haben, um die Ertragslage der zu privilegierenden Berufszweige zu verbessern. Das heißt: wir 'haben bei all diesen Dingen systemwidrig gehandelt. Die Fragen der Ermäßigungen und Befreiungen bei der Umsatzsteuer haben mit Weitergaben an die Verbraucher in Form von Preissenkungen nichts zu tun. Als die Frau Kollegin Beyer, der ich sonst so gerne beistimme, im Zusammenhang mit der letzten Novelle den ,Glauben äußerte, daß nun die Befreiung dieser Austerity-Artikel beim Großhandel an ,die Verbraucher weitergegeben würde - sie berief sich dabei auf eine an dem Morgen eingegangene Eingabe eines 'evangelischen Frauenvereins -, da habe ich ihr ungefähr ,zugerufen: Mit Ihrer Glaubensstärke könnten Sie beinahe bei uns aufgenommen werden. ({1}) Ich stelle hiermit fest, daß alle diese Dinge mit dem Wesen der Umsatzsteuer nichts zu tun haben. Sie sollten genauso wie die Korrekturen, die wir beispielsweise bei der Tabaksteuer angebracht haben, die Progression bei der Biersteuer oder sonstige früher angebrachte Korrekturen, die Ertragslage bessern. Das ist systemwidrig. ({2}) Ich habe einmal hier in Bonn Finanzwissenschaft studiert. Das ist zwar schon lange her, aber einiges habe ich behalten, und ich muß sagen: die Arbeit in diesem Hohen Hause, die durchaus unter dem Gesichtspunkt der Grundsatzlosigkeit erfolgt, hat mir diese Studien allmählich verdorben. ({3}) Noch einige Bemerkungen zu dem Vorschlag, der mir durchaus sympathisch ist und dessen „Originalsaatgutszüchter" mein Kollege Krammig ist: die Festschreibung des Umsatzsteueraufkommens durch eine Art von Plafonds und die Nutzbarmachung dieses Plafonds für die Senkung des allgemeinen Steuersatzes oder auch gar für weitere Steuersenkungen. Da stimme ich mit Ihnen überein. Eine solche Handhabe der Umsatzsteuer wäre mir durchaus angenehm. Nun zur Frage der Degression, die Sie, Herr Seuffert, anbringen wollen. Hier kann ich nur sagen: auch systemwidrig. Sie sind darauf zu sprechen gekommen, daß Sie auch an die Form einer Progression durch einen zusätzlichen Steuersatz denken, wie er manchmal aus Mittelstandskreisen vorgeschlagen wird. ({4}) Das würde dem entsprechen, was wir früher in Form der sogenannten Warenhaussteuer hatten, die ja bei Einzelhandelsumsätzen über eine Million einen zusätzlichen Satz kannte. ({5}) Ich darf Sie, Herr Seuffert, darauf aufmerksam machen - Sie haben ja nicht nur enge, teilweise manchmal gelockerte Beziehungen zu den Gewerkschaften, sondern auch zu den Konsumvereinen -: lassen Sie sich von denen nicht bei dieser Progression auf die Finger klopfen! ({6}) - Dann ist es ja gut, dann bin ich mit Ihnen einer Meinung. Ich halte sie auch nicht für mittelständlerisch wirkungsvoll. ({7}) - Natürlich diese zusätzliche Steuer. Aber, Herr Seuffert, noch einige Worte zu der Frage des Systemwechsels. Ich habe Ihnen den Kreis von Ausgaben und Einnahmen des Haushaltsplans 1960 gezeigt und auf den großen schwarzen Sektor verwiesen, den die Umsatzsteuer darstellt. An diesem schwarzen Sektor können Sie nicht vorbeigehen. Er hat übrigens nichts mit der CDU zu tun. ({8}) - Nein. Ich fand es doch etwas nicht Ihrer geistigen Höhe entsprechend - ich hoffe, Herr Präsident, daß das keine Beleidigung ist; es liegt mir fern, gerade meinen hochgeschätzten Kollegen Seuffert beleidigen zu wollen -, als Sie sagten, die Regierung habe ein Interesse an steigenden Preisen, weil das auch mehr Umsatzsteuer einbringe und weil sie mit diesem Mehrertrag die Mehrausgaben des Haushalts decken wolle. ({9}) - Na, es klang mir doch so hart heraus. Herr Seuffert, man könnte dann ja auch an Ihre Ausgabenwünsche - nicht an Ihre persönlichen, sondern an die Ihrer Fraktion - denken, für deren Deckung, wenn sie einmal realisiert werden sollten, auch in irgendeiner Form gesorgt werden müßte. Nun aber zu der Frage des Hartmann-Ausschusses. Herr Seuffert, vielleicht schenken Sie mir jetzt Aufmerksamkeit oder sogar Beifall - ich erwarte ihn nämlich -: Ich bin von vornherein kein Freund einer ausschließlichen Zusammensetzung dieses Ausschusses aus CDU-Mitgliedern gewesen. - Na, wo bleibt denn der Beifall? ({10}) Ich bin der Meinung, ,daß man derart wichtige Dinge in Gemeinschaft erledigen muß. Die Art, wie wir im Finanzausschuß zusammenarbeiten, kann einen nur dazu ermutigen, auch solche Ausschüsse, die sozusagen im vorparlamentarischen Raum gebildet werden und arbeiten sollen, in der entsprechenden Weise zusammenzusetzen. Persönlich bin ich ein Gegner der Mehrwertsteuer, gleichgültig ob mit Vorsteuerabzug oder Vorumsatzabzug, weil ich in dieser Steuer eine bedeutsame und für meinen Geschmack nicht erträgliche Vermehrung der Verwaltungskomplikation und eine Komplikation bei den Steuerpflichtigen sehe. Das Hübschmann-Gutachten ist Ihnen zugänglich gemacht worden. Man sollte dieses Gutachten außerordentlich ernst nehmen. Ich darf hier eine kleine historische Reminiszenz einschalten. Als im 19. Jahrhundert in Preußen unter Miguel die Einkommensteuer mit Deklarierpflicht und Veranlagung eingeführt wurde, hat in ,England der ,damalige Premierminister Gladstone erklärt, eine solche Einkommensteuer würde aus England eine Nation von Lügnern machen. ({11}) Ich gehe nicht soweit, zu sagen, daß ,die Einkommensteuer in ihrer heutigen Handhabung, die durchaus dem liberalen Geist des 19. Jahrhunderts entspricht -die Steuer soll der Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen entsprechen -, aus Deutschland eine Nation von Lügnern gemacht hat. Aber sie hat doch - mit Fremdwörtern kann man ,das viel schöner und milder sagen - eine Neigung zur Manipulation geschaffen. Ich erwarte, daß sich nach meinen weiteren Ausführungen mein Kollege Becker zu Worte melden wird, um auch ,die andere Meinung der CDU vorzubringen und damit unsere Neigung zur geistigen Liberalität kund und zu wissen zu tun. Ich fürchte, daß jegliche Mehrwertsteuer ,die Neigung zum Manipulieren - um ein böses hartes deutsches Wort zu vermeiden -, ,die wir bei den Ertrags- und Personalsteuern feststellen, auch auf das Gebiet der Verbrauchsteuern ausdehnen wird. Noch eine persönliche Bemerkung, Herr Seuffert! Ich habe in dem Hartmann-Ausschuß mitgearbeitet - obwohl ich ,Gegner ,dieser Dinge war -, sozusagen wie ein braver Ministerialbeamter, der einen Auftrag bekommen hat und seine Kenntnisse und Erfahrungen auch für Dinge verwertet, die ihm nicht ohne weiteres eingehen, die ihm sogar contre cœur sind. Also ein so gefährliches Instrument war der Hartmann-Ausschuß nicht! Ich würde mich freuen, wenn wir Sie und auch noch Leute von der FDP bei künftigen ähnlichen Anlässen in diesen Reihen sehen könnten. Das schiene mir eine gute tragfähige vorparlamentarische Arbeit zu sein. ({12}) Ich habe für meine Fraktion zu erklären, daß wir der Überweisung sämtlicher Anträge an den Finanz- und Steuerausschuß - als federführenden Ausschuß - zustimmen; bei den einzelnen Anträgen sind ja dann noch verschiedene Ausschüsse als mitberatende Ausschüsse vorgeschlagen worden.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es ist vorgeschlagen, den von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes - Drucksache 1975 - an den Finanzausschuß - federführend -, an den Ausschuß Kulturpolitik und Publizistik und an den Ausschuß für Mittelstandsfragen zur Mitberatung zu überweisen. - Sie sind damit einverstanden. Der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Unsatzsteuergesetzes, Drucksache 2101, soll an den Finanzausschuß - federführend -, an den Ausschuß für Kulturpolitik und Publizistik, an den Ausschuß für Mittelstandsfragen und nach § 96 der Geschäftsordnung an den Haushaltsausschuß überwiesen werden. - Ich darf auch hier Ihr Einverständnis feststellen. Der von der Fraktion der SPD eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes - Drucksache 2098 - und der von der Fraktion der FDP eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes - Drucksache 2119 - sollen an den Finanzausschuß - federführend-, an den Wirtschaftsausschuß, an den Ausschuß für Mittelstandsfragen und gemäß § 96 der Geschäftsordnung an den Haushaltsausschuß überwiesen werden. - Es ist so beschlossen. Der Antrag der Fraktion der FDP betreffend Änderung der Umsatzsteuer-Durchführungsbestimmungen, Drucksache 2125, soll an den Finanzausschuß und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten überwiesen werden. - Auch hier besteht Einverständnis. Ich rufe Punkt 13 der Tagesordnung auf: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen ({0}). Begründung ist nicht vorgesehen. Wir können den Entwurf an den Ausschuß für Inneres - federführend - und an den Haushaltsausschuß überweisen. - Es ist so beschlossen. Ich rufe Punkt 14 der Tagesordnung auf: a) Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über vordringliche Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Unfallversicherung ({1}), b) Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur vorläufigen Neuregelung von Geldleistungen in der gesetzlichen Unfallversicherung ({2}). Werden die Vorlagen begründet? - Das Wort hat Herr Abgeordneter Börner.

Holger Börner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000225, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In den vergangenen Jahren hat sich der Deutsche Bundestag wiederholt mit dem Problem der gesetzlichen Unfallversicherung beschäftigt. Schon in der zweiten Legislaturperiode wurde der Versuch unternommen, diesen Komplex der sozialen Sicherung neu zu ordnen. Aber leider konnte der damals vorliegende Gesetzentwurf wegen Zeitmangels nicht mehr verabschiedet werden, und es kam nur zu den im Gesetz über die vorläufige Neuregelung von Geldleistungen in der gesetzlichen Unfallversicherung vom 2. Juli 1957 festgelegten einmaligen Rentenerhöhungen für die Rentner der Unfallversicherung. Ich muß sagen, meine Damen und Herren, daß wir von der sozialdemokratischen Fraktion die Tatsache, daß dieses Gesetz damals nicht mehr in der ursprünglichen Form verabschiedet werden konnte, sehr bedauern, weil sich nämlich nach Zusammentritt des dritten Deutschen Bundestages sehr klar abzeichnete, daß die Bundesregierung gewillt war, bei einer Neuvorlage nicht nur Leistungsverbesserungen vorzusehen, sondern auch Verschlechterungen in das neue Gesetz einzubauen, wie sie selbst Herrn Brüning in seinen Notverordnungen im Jahre 1932 nicht eingefallen waren. So soll in Zukunft, wenn ich die Vorlage des Arbeitsministeriums richtig verstanden habe, ein Verletzter, der zwei Finger der linken Hand oder sogar ein Auge verloren hat, keinen Anspruch mehr auf eine Rente haben, da man die im Gesetz für entschädigungspflichtige Unfälle festgelegte Grenze von 20 auf 25 % heraufsetzen will. Außerdem sieht das Gesetz - das die Bundesregierung aber erst am 23. Juni 1959, also mit über einjähriger Verspätung, dem Bundestag vorgelegte - die Zwangsabfindung aller Renten unter 50 % Schädigungsgrad vor. Das, meine Damen und Herren, ist ein Verfahren, das nach meiner Meinung mit den Grundsätzen der Rechtsstaatlichkeit nicht in Einklang zu bringen ist ({0}) und das darüber hinaus auch große Empörung in der Öffentlichkeit hervorgerufen hat. Aber anscheinend - ich muß das annehmen - lag für die CDU zwischen den Beratungen im zweiten und im dritten Bundestag die auf ihrem Kieler Parteitag gewonnene Erkenntnis, daß die Grenzen des Sozialstaates erreicht seien; eine Entwicklung, die wir auch bei der Vorlage des Gesetzentwurfs zur Krankenversicherung-Neuregelung deutlich gespürt haben. ({1}) Wir Sozialdemokraten hatten an den materiellen Verschlechterungen, die im neuen Unfallversicherungs-Änderungsgesetz enthalten sind, Kritik geübt und von diesem Platz aus wiederholt auch vor der weiteren Verschleppung dieses Gesetzes gewarnt. Wir haben sowohl 1958 beim Ersten Rentenanpassungsgesetz wie auch im Dezember 1959 durch Initiativanträge versucht, wenigstens die Renten der Unfallversicherung den übrigen Renten aus der Sozialversicherung anzupassen. In beiden Jahren hat die Mehrheitsfraktion unsere Anträge niedergestimmt und damit den Unfallrentnern die gerechte Angleichung ihrer Einkommen an die gestiegenen Lebenshaltungskosten verwehrt. So haben wir heute in der Bundesrepublik die eigenartige Situation, daß die Renten aus der Arbeiter- und Angestelltenversicherung schon zweimal erhöht wurden und daß auch die Kriegsopfer nach harten Auseinandersetzungen eine Erhöhung ihrer Versorgungsbezüge erreichen konnten, daß aber die Unfallrenten heute noch auf dem Stand von 1957 „eingefroren" sind. Das ist eine soziale Diskriminierung, meine Damen und Herren von der CDU, für die Sie die Verantwortung zu tragen haben. Niemand von Ihnen kann bestreiten, daß die Preise seit 1957 erheblich gestiegen sind und daß allein aus diesem Grunde die Unfallrenten schon längst hätten erhöht werden müssen. ({2}) Aber nicht nur die Preisentwicklung ist das entscheidende Argument. Nach unserer Meinung muß es die Aufgabe des Gesetzgebers sein, die Rente so zu bemessen, daß auch der Rentner oder die Hinterbliebenen eines tödlich Verletzten an der Erhöhung unseres Lebensstandards, an dessen Mehrung ja alle mitgearbeitet haben, teilhaben können. Unser Wohlstand ist das Ergebnis des Fleißes aller Arbeitnehmer. Das Tempo in weiten Bereichen der Wirtschaft hat es leider mit sich gebracht, daß wir die Erhöhung unserer Produktion mit einem hohen Blutzoll bezahlen mußten. Aufgabe der Sozialpolitik muß es deshalb sein, sich besonders der Arbeitsopfer anzunehmen und ihre soziale Sicherung unter dem Gesichtspunkt großzügiger und dauerhafter Hilfe zu sehen. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung über die Neuordnung der Unfallversicherung vom Januar 1959 hat nun im vergangenen Jahr im Sozialpolitischen Ausschuß ein unrühmliches Schicksal erlitten. Er ist durch die CDU-Mehrheit im Sozialpolitischen Ausschuß des Bundestages bei Vorlage des Krankenversicherungsgesetzes von der Tagesordnung abgesetzt worden, obwohl die Beratungen recht flott vorangingen und mit der Verabschiedung des Gesetzes noch in diesem .Jahr hätte gerechnet werden können. Nun haben wir alle in den vergangenen Monaten das Tauziehen in der Regierungspartei über die Frage der Krankenversicherung erlebt. Wertvolle Zeit, die für die Beratung der Unfallversicherung hätte genutzt werden können, ist durch die Schwierigkeiten in Ihrer Fraktion, meine Damen und Herren, verlorengegangen. ({3}) Man muß heute leider feststellen, daß mit einer umfassenden Unfallversicherungsreform im dritten Deutschen Bundestag nicht mehr zu rechnen sein wird. Aus diesem Grunde hat die sozialdemokratische Fraktion die Initiative ergriffen und legt Ihnen mit der Drucksache 2096 den Entwurf eines Gesetzes über vordringliche Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Unfallversicherung vor, das die Gewähr bietet, daß noch in den nächsten Wochen nachgeholt werden kann, was in den vergangenen Jahren auf dem Gebiet der Unfallrenten versäumt wurde. Aber nicht nur die Erhöhung der Renten soll nach unserem Entwurf geregelt werden, sondern wir halten auch noch andere Dinge, auf die ich gleich zu sprechen kommen werde, für vordringlich. Doch zuvor ein Wort zu dem Entwurf der Christlich-Demokratischen Union Drucksache 2104. Unsere Bemühungen, die vordringlichen Fragen der Unfallversicherung noch in dieser Legislaturperiode zu regeln, haben nun auch die Regierungspartei nicht ruhen lassen. ({4}) Sie hat noch eine Woche vor der Vorlage unseres Entwurfs im Sozialpolitischen Ausschuß des Bundestages unseren Antrag, die Unfallrenten in der Beratung vorzuziehen, mit Mehrheit abgelehnt und damit eine weitere Verzögerung zumindest um einige Monate hervorgerufen. ({5}) - Denken Sie bitte in diesem Zusammenhang, Herr Horn, an die Ausführungen, die Herr Kollege Stingl im vergangenen Jahr beim Zweiten Rentenanpassungsgesetz von dieser Stelle gemacht hat, als er sehr deutlich gesagt hat, daß die CDU in unmittelbarem Anschluß an die damaligen Beratungen auf die Frage der Unfallversicherung zu sprechen käme. Das Ergebnis war dann diese traurige Situation im Sozialpolitischen Ausschuß im vergangenen Frühjahr, wo Ihre politischen Freunde und Sie mit ihnen wiederum die Behandlung dieses Komplexes abgelehnt haben. ({6}) Meine Damen und Herren, schon einige Tage nach der Vorlage unseres Gesetzentwurfs hat also auch die CDU ein sogenanntes Zweites Vorschaltgesetz zur Unfallversicherungsreform vorgelegt. Voreilige Leute haben sogar behauptet, es sei nahezu gleichlautend mit unserem Entwurf. Das ist in keiner Weise richtig; denn schon bei den ersten Paragraphen der Gesetzentwürfe scheiden sich die Geister. Wir halten es für richtig, die Unfallrenten in gleichem Maße, wie die anderen Sozialrenten in der Vergangenheit angepaßt worden sind, anzupassen. Die CDU hat - wenn ich ihren Entwurf richtig gelesen habe - ein Jahr in dieser Berechnung völlig vergessen. Oder sollte sie etwa bei der Anwendung der Umrechnungsfaktoren Angst vor ihrer eigenen Courage bekommen haben? ({7}) - Sie werden doch zugeben müssen, daß die Entwürfe, wenn sie zusammen aufgerufen werden, auch zusammen besprochen werden können. Wir sind aber durchaus bereit, Herr Horn, diese Gesichtspunkte nachher in der Debatte noch zu vertiefen. Wir wollen aber auch für die Zukunft sicherstellen, meine Damen und Herren, daß die Unfallrenten wie die anderen Renten von Jahr zu Jahr an die Entwicklung des Lebensstandards angepaßt werden. Wir haben deshalb in Art. 2 unseres Entwurfs vorgesehen, daß der Sozialbeirat erweitert wird und daß die §§ 1272 bis 1275 der RVO entsprechende Anwendung finden. ({8}) - Diese Vorschläge sind übrigens nicht nur Gedanken 'der Opposition, Herr Kollege Stingl - wir fordern da gar keinen Urheberrechtsschutz -, ({9}) sondern sie finden sich auch im Regierungsentwurf von 1959. Wir sind 'deshalb sehr erstaunt - hören Sie gut zu -, daß sie die CDU nicht auch in ihren eigenen Entwurf eingearbeitet hat. ({10}) Oder hat die Mehrheitsfraktion das Argument einer der Industrie sehr nahestehenden Zeitung gelesen, die in den vergangenen Wochen so leicht andeutete, daß der Verzicht auf die Dynamisierung der Unfallrenten für (gewisse Kreise schon der halbe Sieg in der Sache sei? Nun, meine Damen und Herren, für wen eigentlich der halbe Sieg? Für die Rentner und besonders für die Hinterbliebenen ist das auf keinen Fall der halbe Sieg. Es gibt zu diesem Problem - und wir werden uns nachher in der Debatte darüber unterhalten müssen - noch eine interessante Stellungnahme aus nichtsozialdemokratischen Kreisen. Vor einiger Zeit hat sein Mann, der in der Sozialversicherung steht, in einem Rundfunkvortrag unseren Entwurf und den der Regierungspartei einer kritischen Würdigung unterzogen. Dabei hat er festgestellt - ich möchte das mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten kurz zitieren -: Dia nach dem Initiativantrag der CDU/CSU-Fraktion die Anpassungswerte für die Unfallrenten von denen der Rentenversicherung abweichen, und zwar unter Verschiebung von jeweils einem Jahr, müßte folglich in allen Fällen, in denen eine Unfallrente mit einer Sozialversicherungsrente zusammentrifft, eine völlige Neuberechnung nach den Anrechnungsbestimmungen vorgenommen werden. Hier muß die Frage gestellt werden, ob der damit zwangsläufig verbundene Verwaltungsaufwand in einem sinnvollen Verhältnis zum erzielbaren Ergebnis steht. Wenn auch diese Frage für den einzelnen Rentner nur von geringer Bedeutung ist, weil ihm stets das zugute käme, was gesetzlich beschlossen wird, so würde es die Rücksichtnahme auf die sprichwörtlich überlastete Sozialverwaltung nahelegen, ein weniger aufwendiges Verfahren zu suchen. Das ist ein Grund, der mit für unsere Lösung des Problems der Angleichung der Renten spricht und gegen den Vorschlag, den die CDU/CSU-Fraktion uns heute vorlegt und über den nachher noch zu sprechen sein wird. Vorerst 'aber zurück zu unserem Gesetzentwurf. Wir schlagen weiter vor, Waisenrenten auch über das 18. Lebensjahr hinaus zu gewähren, wenn das Kind sich in Schul- oder Berufsausbildung befindet oder sich 'infolge von Gebrechen nicht selbst unterhalten kann. Auch diese Bestimmung stammt aus dem Regierungsentwurf und ist außerdem in der Rentenversicherung seit 1957 geltendes .Recht. In den vergangenen Jahren haben sowohl die FDP-Fraktion als auch meine politischen Freunde daraus gedrängt, diese Bestimmung auch für die Waisen der Unfallversicherung in Kraft zu setzen. Der Schaden, der den jungen Menschen, die sich in Schul- oder Berufsausbildung befanden und ihre Ausbildung abbrechen mußten, zugefügt wurde, nur weil sich die Mehrheit dieses Hauses 1958 weigerte, dem FDP-Antrag zuzustimmen, ist nach meiner Meinung kaum noch wiedergutzumachen. Für die Bemessung der Witwenrenten schlagen wir vor, zwei Fünftel des Jahresarbeitsverdienstes des verunglückten Ernährers als Rente auch an die unter 45 Jahre alte Witwe auszuzahlen, wenn mindestens ein waisenrentenberechtigtes Kind in der Familie vorhanden ist, für das die Mutter sorgen muß. Auch dieser Vorschlag ist übrigens aus der Vorlage der Bundesregierung Drucksache 758 übernommen. Bei Pflegezulagen für Schwerverletzte glauben wir, daß es hohe Zeit ist, sie den gestiegenen Lebenshaltungskosten anzupassen. Wir schlagen deshalb vor, sie an die im Bundesversorgungsgesetz für die Kriegsopfer festgelegten Sätze anzugleichen. Der letzte Fragenkomplex, der in unserem Gesetzentwurf behandelt wird, betrifft die Berufskrankheiten. Seit Jahren wird in der Öffentlichkeit mit Recht darauf hingewiesen, daß die Entschädigung und Anerkennung von Berufskrankheiten elastischer gehandhabt werden muß. Schon der Regierungsentwurf von 1958 sah vor, daß in der Zukunft auch Krankheiten wie Berufskrankheiten entschädigt werden können, die zwar nicht in dem Katalog des Bundesarbeitsministeriums aufgeführt sind, von denen aber bekannt ist, daß sie wesentlich auf besondere berufliche Einwirkungen zurückzuführen sind, denen bestimmte Personengruppen in erheblich höherem Grade ausgesetzt sind als die übrige Bevölkerung. Wir sind angesichts der Entwicklung in Wissenschaft und Technik der Meinung, daß hier Eile sehr nottut und diese Bestimmungen nicht erst bei einer grundlegenden Reform der Unfallversicherung, sondern schon jetzt Gesetzeskraft erlangen müssen. Ich möchte an dieser Stelle nur daran erinnern, wieviel Probleme des Arbeitsschutzes z. B. durch die Verwendung von radioaktiven Materialien in der Industrie in den letzten Jahren neu entstanden sind. Es geht also auch hier um ein Problem, das keinen weiteren Aufschub verträgt, einen Aufschub, der bei der Arbeitslage des Hausces mindestens zwei Jahre betragen würde. Dieses Problem müßte im Interesse der betroffenen Bevölkerungsschichten, besonders der Arbeitnehmer in ,der gewerblichen Wirtschaft, vielmehr bald geregelt werden. Zum Schluß möchte ich noch einmal betonen, daß wir Sozialdemokraten es sehr bedauern, daß der 3. Deutsche Bundestag - genau wie der 2. Bundestag - eine umfassende Neuregelung der gesetzlichen Unfallversicherung wahrscheinlich nicht mehr zustande bringen wird. Das Verschulden für diese Entwicklung trifft allein die Regierungsparteien, die durch das Hin und Her in der Krankenversicherung eine sachliche Behandlung der Vorlage Drucksache 758 verhindert haben. ({11}) Um so mehr muß es in den kommenden Wochen unsere gemeinsame Aufgaben sein, wenigstens noch ,das an Verbesserungen zu schaffen, was in der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit möglich ist. Die Unfallrentner und besonders die Witwen und Waisen warten auf unsere Hilfe. Seien wir bereit, ihnen zu helfen! Ich bitte, unseren Entwurf dem Sozialpolitischen Ausschuß zu überweisen, damit dieses Problem für die Betroffenen sinnvoll gelöst werden kann. ({12})

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Das Wort zur Begründung des Gesetzentwurfs Drucksache 2104 hat der Abgeordnete Becker ({0}).

Josef Becker (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000128, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will versuchen, mich auf die Begründung des Antrags der CDU/CSUFraktion in Drucksache 2104 zu beschränken und nicht gleich auch in die Debatte einzutreten. Wenn man debattieren will, kann das nachher noch getan werden. Ich halte es für eine gute Übung in diesem Hause, daß man Begründung und Debatte trennt. Meine Begründung zu dem Gesetzentwurf der CDU/CSU kann verhältnismäßig kurz sein, weil die CDU/CSU, um ihre Gedanken dem ganzen Hause mitzuteilen, dem Gesetzentwurf eine schriftliche Begründung beigegeben hat, und ich darf ja wohl annehmen, daß insbesondere die sozialpolitisch Interessierten diese Begründung gelesen haben. ({0}) - Sie nicht, Herr Professor Schellenberg. ({1}) Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, ich darf auch noch folgendes sagen - und ich sage es mit Betonung -: In unserem Entwurf stellen wir darauf ab, eine vorläufige Neuregelung der Geldleistungen zur Sozialversicherung zu erreichen. Wir wollen mit diesem Gesetz nicht das Gesetz zur Reform der Unfallversicherung, das ja dem Sozialpolitischen Ausschuß vorliegt, vorwegnehmen. Das generelle Unfallversicherungsgesetz wird im Sozialpolitischen Ausschuß beraten - das ist entschieden -, sobald das Gesetz über die Krankenkassenreform verabschiedet ist. ({2}) - Meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition, es wird zum großen Teil mit an Ihnen liegen, wann dieser Zeitpunkt erreicht ist. ({3}) Ich glaube, wir sind uns auf allen Seiten dieses Hauses darüber einig, daß über die Notwendigkeit der Umstellung der Geldleistungen nicht debattiert zu werden braucht. Ich möchte aber auch sagen, daß der SPD-Entwurf neben der Umstellung der Geldleistungen, wie es eben auch Herr Kollege Börner schon begründet hat, noch erhebliche Änderungen Becker ({4}) des Unfallversicherungsgesetzes überhaupt will. Wir möchten den Entwurf aber heute und in den nächsten Tagen bewußt auf die Umstellung der Geldleistungen ausgerichtet haben. Wir wollen mit der Umstellung der Unfallrenten eine Lücke schließen, die seit dem Inkrafttreten des ersten Neuregelungsgesetzes - das ist der 1. Januar 1957 - hier entstanden ist. Eigentlich müßte - das sei nur am Rande gesagt - die Überschrift unseres Gesetzentwurfs heißen: „Entwurf eines Zweiten Gesetzes", weil eben das Gesetz, das am 1. Januar 1957 in Kraft trat, bereits das erste Gesetz zur Umstellung der Geldleistungen war. Ich möchte auch hier betonen, daß wir die Umstellung der Unfallrenten bewußt auf die Grundlage der Jahresarbeitsverdienste abgestellt haben, während die SPD-Fraktion auf die allgemeine Bemessungsgrundlage abheben will, wie sie der sozialen Rentenversicherung zugrunde liegt. Ich meine, daß die Rentenberechnungsgrundlage wohl für die soziale Rentenversicherung paßt, aber nicht für die Unfallversicherung. Es paßt das eine nun einmal nicht für alles, besonders auch in der Sozialpolitik nicht. Zu den einzelnen Paragraphen darf ich einige kurze Erklärungen geben. Die im § 2 Abs. 1 ermittelten Werte sind nach denselben Verfahren ermittelt worden, die seinerzeit zur Errechnung der Vervielfältigungswerte des Gesetzes vom 27. Juli 1957 gedient haben. Es waren die Angaben der Volkseinkommensstatistik des Statistischen Bundesamts. Ich muß wohl auch sagen, daß das erste Gesetz vom 27. Juli 1957, das ja von der SPD-Fraktion mit beschlossen wurde, ebenfalls auf diese Volkseinkommensstatistik abhob. Nach unserer Auffassung besteht keine Veranlassung, davon abzugehen, zumal bei den bisherigen jährlichen Anpassungsgesetzen die Volkseinkommensstatistiken ebenfalls eine Rolle gespielt haben. Wir glauben - ich darf das wohl sagen -, daß die Dynamisierung wie wir sie bei der Rentenversicherung haben, bei der Unfallversicherung keinen Platz hat. ({5}) - Herr Kollege Börner, wir können nachher in der Debatte darauf eingehen. Wir wollen Begründung und Debatte trennen. Im § 2 Abs. 3 möchten wir es bei der bisherigen Regelung der Höchstbegrenzung der Jahresarbeitsverdienste belassen, d. h. wir möchten den einzelnen Berufsgenossenschaften die Möglichkeit geben, den im Gesetz vorgesehenen Jahresarbeitsverdienst von 9000 DM kraft eigener Satzung zu überschreiten. Ich darf in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, daß von den bestehenden 40 Berufsgenossenschaften 34 durch eigene Satzung die Jahresarbeitsverdienstgrenze von 9000 DM bis zum Höchstbetrag von 40 000 DM überschritten haben. Die SPD-Fraktion will die Höchstbegrenzung in ihrem Gesetzentwurf abschaffen. Ich möchte überhaupt sagen, daß der § 3 des SPD-Gesetzentwurfes noch etwas unklar ist, ja, ich möchte sogar sagen, daß er etwas unsystematisch ist und daß er vielleicht doch nicht ganz durchdacht war. Vielleicht hängt das aber damit zusammen, daß Sie etwas Eile mit Ihrem Gesetzentwurf hatten. Nachdem wir im Sozialpolitischen Ausschuß und auch sonst bekanntgegeben hatten, daß wir in den nächsten Tagen unser Umstellungsgesetz einbringen würden, hatten Sie es etwas eilig und haben Ihren Gesetzentwurf schnell eingebracht. ({6}) Sie haben etwas Erfolg gehabt und dieses Rennen um einige Stunden gewonnen, nicht, wie der Kollege Börner meinte, um Tage. Ihr Gesetz wurde am 4. Oktober eingebracht. Wir haben die einzelnen Paragraphen etwas gnauer, etwas diffiziler bearbeitet und haben das Gesetz sechs Stunden später eingebracht. ({7}) - Mag sein. Deswegen sind in ihrem Gesetzentwurf auch noch einige Mängel. Aber das können wir vielleicht im Ausschuß bereinigen. ({8}) § 3 des Entwurfs der SPD-Fraktion gilt eigentlich nur für dieses Gesetz und eigentlich nur für die Vergangenheit. Alle neuen Fälle bleiben nach dem Wortlaut Ihres § 3 an der alten Grenze des Jahresarbeitsverdienstes von 9000 DM hängen. Darüber kann man sich aber noch im Ausschuß unterhalten. Im zweiten Teil unseres Gesetzentwurfes - es sind die §§ 4 und 5 - haben wir eine Neufestsetzung der Ortslöhne und der Jahresarbeitsverdienste für notwendig gehalten. ({9}) - Na ja, das kann schon einmal vorkommen, wenn man einer anderen Partei oder einer anderen Fraktion zuvorkommen will. Dann nimmt man es in Kauf, daß das eine oder andere nicht ganz vollständig ist. ({10}) Wir sind der Auffassung, daß die Änderung der Ortslöhne besonders bei der Landwirtschaft notwendig ist, obwohl wir uns durchaus der Besonderheit der Probleme der Unfallversicherung in der Landwirtschaft bewußt sind. Ich will es ganz offen sagen: Es geht nach meiner Meinung nicht an, daß die Landwirte und deren Angehörige, besonders aber die Verwandten - ob es Verwandte im ersten, zweiten oder gar dritten Grade sind - bei einem Arbeitsunfall nur eine ganz geringe Hilfe erhalten, die kaum das Existenzminimum sichert. Das gleiche gilt für ganz junge Menschen, die in der Landwirtschaft tätig sind und einen Arbeitsunfall erleiden, bei dem sie vielleicht arbeits- oder berufsunfähig werden. Im dritten Teil unseres Gesetzentwurfes ist vorgesehen, vor der umfassenden Neuregelung der Unfallversicherung noch einige Vorschriften im Interesse der Versicherten, insbesondere im Interesse der Kinder und Waisen, zu ändern, und zwar unBecker ({11}) gefähr in dem Sinne, wie es der Kollege Börner vorhin schon vorgetragen hat. Wir wollen in Anpassung an das Beamtenrecht, an das Bundesversorgungsgesetz, an die Lastenausgleichsgesetze usw. die Kinderzulage auch in der Unfallversicherung bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres gewähren, wenn sich das unverheiratete Kind noch in der Schul- und Berufsausbildung befindet oder aber ein Kind über das 18. Lebensjahr hinaus sich infolge körperlicher oder geistiger Gebrechen nicht selbst unterhalten kann. Ich glaube, zur Begründung wird man nichts Besonderes mehr zu sagen brauchen. Ob sich die Vorstellung der SPD, für Kinder mit körperlichen oder geistigen Gebrechen die Hilfe auch über das 25. Lebensjahr hinaus zu gewähren, verwirklichen läßt, darüber wollen wir im Ausschuß reden. Ich meine aber, meine verehrten Damen und Herren von der SPD, daß Ihre Formulierung „solange der Verletzte das Kind unterhält" etwas zu unklar ist. Was soll beispielsweise passieren, wenn der Verletzte stirbt 'und das Kind nicht mehr unterhalten kann? Über diese Fragen muß gesprochen werden. Aber nicht nur die Kinderzulagen sollen verbessert werden. Auch das Pflegegeld soll nach § 6 unseres Entwurfs den Bestimmungen des Bundesversorgungsgesetzes angeglichen werden. Es wäre sicher noch viel zu den einzelnen Vorschlägen zu sagen. Es wäre sicher auch manches zu den Vorschlägen der SPD-Fraktion zu bemerken. Das kann jedoch nach unserer Auffassung im Ausschuß geschehen. Wenn es hier geschehen soll, gut, dann kann es sparer auch noch hier geschehen. Über den § 4 des SPD-Entwurfs kann durchaus im Sozialpolitischen Ausschuß gesprochen werden. Wir haben ja auch bei den jeweiligen Anpassungsgesetzen von Fall zu Fall entschieden, bis zu welchem Betrag und zu welchem Zeitpunkt bei Rentenerhöhungen oder Rentenzulagen von der Anrechnung auf andere Gesetze Abstand genommen werden soll. Zum Schluß noch eine kurze Bemerkung zu § 11 unseres Gesetzentwurfs, einer Übergangsvorschrift. Dieser § 11 stellt gewissermaßen eine Besitzstandsklausel für alle die Fälle dar, in denen bisher schon höhere Leistungen als nach diesem Gesetzentwurf gewährt wurden. Ich gebe allerdings zu, daß die Zahl dieser Fälle sehr gering ist. Immerhin soll den Betreffenden in diesen paar Fällen kein Nachteil entstehen. Mit diesen kurzen Ergänzungen darf ich die Begründung unseres Gesetzentwurfs abschließen und im übrigen auf die schriftliche Begründung verweisen. Ich darf noch einmal sagen, daß gewiß bei der Unfallversicherung heute noch manches unbefriedigend geregelt ist. Wir wollen jedoch mit diesem Gesetzentwurf bewußt nur die Umstellung und die Anpassung der Geldleistungen erreichen. Die Reform des Unfallversicherungsgesetzes, die dringend notwendig ist, soll dann bei der Beratung des bereits dem Sozialpolitischen Ausschuß vorliegenden Gesetzentwurfs erfolgen. Auch wir beantragen, unseren Gesetzentwurf an den Sozialpolitischen Ausschuß zu überweisen. Dort können wir über die einzelnen Bestimmungen und Vorstellungen beraten. ({12})

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Die beiden Entwürfe sind begründet. Wir treten in die Beratung ein. Das Wort hat der Abgeordnete Büttner.

Fritz Büttner (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000301, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ausführungen des Herrn Kollegen Becker veranlassen mich, einige Bemerkungen zu machen. ({0}) - Wie Sie wollen. Zunächst einmal habe ich mit Bedauern davon Kenntnis genommen, daß wir zu einer Beratung des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung erst kommen, wenn die Krankenversicherungsneuregelung abgeschlossen ist. ({1}) - Herr Kollege Horn, es tut mir leid, daß Sie mich durch Ihren Zwischenruf veranlassen, noch einmal in aller Öffentlichkeit eines klarzustellen: Die SPD-Bundestagsfraktion hat die Reform der Unfallversicherung für dringlich erklärt, und Sie haben es, I wie mein Freund Börner ausgeführt hat, durch die Abstimmung im Ausschuß für Sozialpolitik verhindert, daß dieses so dringliche Gesetz, nachdem seine Bearbeitung schon so weit fortgeschritten war, weiter behandelt werden konnte. Es kam dann das unglückliche Gesetz über die Neuregelung der Krankenversicherung dazwischen. Das ist ein Tatbestand, der nicht aus der Welt zu schaffen ist. Herr Kollege Becker hat wenige Bemerkungen über die Dynamisierung gemacht, die darauf schließen lassen, daß Sie entgegen dem Inhalt des Regierungsentwurfs nicht mehr für eine Dynamisierung sind, obwohl wiederholt entgegenstehende Erklärungen abgegeben worden sind. Vielleicht darf ich einmal sagen, weshalb wir eine Dynamisierung auch der Unfallrenten genau wie bei den Renten aus der Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten und der knappschaftlichen Rentenversicherung für erforderlich halten. Herr Minister Blank hat hier schon einmal gesagt, daß das bei der Unfallrente nicht erforderlich sei, weil sie vom aktuellen Jahresarbeitsverdienst berechnet werde. In diesem Falle sind aber alle diejenigen im Nachteil, die bereits eine Unfallrente beziehen und die dann an den dem veränderten Preisgefüge entsprechenden Rentenerhöhungen nicht beteiligt werden. Das hat doch für die alten Rentenempfänger, die eine Rente aus der Unfallversicherung erhalten, ein Ruhen der Renten aus der allgemeinen Rentenversicherung zur Folge. Diese Rentenempfänger, die zweierlei Renten beziehen, haben den Nachteil, daß sie eine Rentenan7468 passung und -erhöhung nur für die Rente erhalten, die wegen Bezuges der Unfallrente um einen Teil gekürzt ist. Ein praktisches Beispiel: Bezieht jemand eine Rente von 400 DM aus der allgemeinen Rentenversicherung und ruht diese Rente in Höhe von 100 DM wegen gleichzeitigen Bezugs einer Rente aus der Unfallversicherung, dann erhält er die Rentenanpassung nur für den gekürzten Betrag von 300 DM. Das ist doch ein Nachteil, der unter allen Umständen beseitigt werden muß, ganz ,albgesehen von dem, was auch sonst noch für die Berechnung in der Form, wie wir sie vorgeschlagen haben, spricht. Ein wichtiges Kapitel haben Sie auch in Ihrem Entwurf ,ausgelassen: die Berufskrankheiten. Mit diesen haben wir uns schon wiederholt befaßt. Kollege Meyer hat am 22. Januar 1958 in der Fragestunde schon zu klären versucht, wann mit dem seit Jahresfrist - am 22. Januar 1958 erklärte er das! - bereits zugesagten Erfahrungsbericht über die Auswirkung der Fünften Berufskrankheiten-Verordnung zu rechnen ist. Minister Blank hat geantwortet, daß nach den gewonnenen arbeitsmedizinischen Erkenntnissen beabsichtigt sei, weitere Krankheitsgruppen als neue Berufskrrankheiten aufzunehmen; die neue Verordnung stehe 'im Zusammenhang mit dem Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetz. Das war, wie gesagt, am 22. Januar 1958. Minister Blank hat weiter erklärt, die Vorarbeiten zu dieser Verordnung seien schon so weit fortgeschritten, daß nach der Verabschiedung des Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetzes der Entwurf der Sechsten Berufskrankheitenverordnung in kürzester Frist dem Kabinett vorgelegt werden könnte. ({2}) Wir haben ,am 23. April 1958 wiederum gefragt, diesmal wegen Erblindungen durch Methanol. Damals erklärte Herr Staatssekretär Claussen, daß die Träger der Unfallversicherung die Möglichkeit hätten, chronische Vergiftungen durch Methanol wie eine Berufskrankheit zu 'entschädigen, wenn die in dem Referentenentwurf des Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetzes vorgeschlagene Regelung Gesetz würde. Am 7. April 1960 habe ich in der Fragestunde wegen der Mehlstaublunge eine Frage an die Regierung gerichtet. Auch da ist erklärt worden, daß dem Grunde nach diese Berufskrankheit anerkannt sei. Eine Vorabregelung wurde abgelehnt; das müsse im zuständigen Ausschuß beraten werden. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, an Hand dieser wenigen Beispiele von Berufskrankheiten - es gibt noch eine Menge anderer - dargetan zu haben, daß es unbedingt erforderlich ist, die Frage der Berufskrankheiten schnellstens zu regeln. Deshalb möchte ich Sie dringend bitten, in der Beratung 'im zuständigen Ausschuß Verständnis dafür aufzubringen, daß mit den anderen dringlichen Fragen auch die der -Berufskrankheiten vorab geregelt werden muß. ({3})

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Herr Professor Schellenberg hat das Wort.

Dr. Ernst Schellenberg (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001954, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie zwingen mich, noch einige Fragen an Sie zu richten, 'bevor wir auseinandergehen. Wir haben noch bis 9 Uhr Tagungszeit. Herr Kollege Becker hat im Namen der Fraktion der CDU/CSU gesagt, Sie hätten die Erwartung, daß die Regierungsvorlage des Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetzes noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet werde. Meine Damen und Herren, ich muß dazu ein sehr ernsthaftes Wort sagen. Herr Kollege Becker, Sie kennen doch die Arbeitslage des Sozialpolitischen Ausschusses und wissen, daß wir nicht nur die Krankenversicherung zu regeln haben, sondern auch die Altershilfe für die Landwirte und die Rentenanpassung. Hoffentlich kommen wir auch noch in dieser Legislaturperiode zur Beratung der versicherungstechnischen Bilanz. Außerdem erwarten wir - darauf ' kommen wir noch in dieser Woche zu sprechen -, daß noch etwas in bezug auf das Kindergeld beschlossen werden kann. Wenn man bei dieser Lage erklärt, man habe die Hoffnung, daß das Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetz noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet werde, ({0}) - nein, Herr Kollege, da muß ich ein sehr scharfes Wort gebrauchen -, so ist das eine Irreführung der Öffentlichkeit. ({1}) Die Mitglieder des Sozialpolitischen Ausschusses müssen die Arbeitslage kennen. Da darf man nicht sagen, die Unfallversicherungsreform könnte noch kommen. Jeder muß wissen, daß das bei der Lage nicht mehr möglich ist. Deshalb dürfen Sie sich nicht hier hinstellen und sagen: Wir hoffen es aber. Da könnte man auch erklären: Wir haben die Hoffnung, daß noch in dieser Legislaturperiode eine Regelung für das Kindergeld für das erste Kind verabschiedet wird. Diese Hoffnung müßten wir aber aufgeben. ({2}) Meine Damen und Herren, ich muß darauf hinweisen, daß das, was in bezug auf die Unfallversicherung nicht in dem Vorschaltgesetz kommt, für eine Zeit, die man ziemlich genau voraussagen kann, nicht geregelt wird. Was nicht in dem Vorschaltgesetz steht - ob wir es nun erstes oder zweites Vorschaltgesetz nennen, ist egal -, kann hinsichtlich der Unfallversicherung erst in der nächsten Legislaturperiode geregelt werden. Das bedeutet praktisch - wir müssen es der Öffentlichkeit sagen, weil wir den Arbeitsrhythmus dieses Hauses seit einiger Zeit kennen -, daß eine Unfallversicherungsreform mit größter Wahrscheinlichkeit erst zum 1. Januar 1963 Gesetzeskraft erlangen kann. Wer hier etwas anderes erzählt, hat sich die Dinge nicht in ihren Konsequenzen überlegt. Jetzt habe ich folgende Fragen an Sie von der CDU/CSU. Wenn bei der Arbeitslage eine Unfallversicherungs-Neuregelung erst zum 1. Januar 1963 Geltung erlangen kann, wollen Sie es dann verantworten, daß die dringende Lösung hinsichtlich der Berufskrankheiten, die nachdem Regierungsentwurf am 1. Januar 1959 in Kraft treten sollte, derart verzögert wird, sie faktisch also vier Jahre später ,geregelt wird, als von der Bundesregierung beschlossen worden ist? Wollen Sie eine solche Verzögerung verantworten? ({3}) Diese Frage muß ich an Sie richten, und ich muß Sie bitten, hier dazu Stellung zu nehmen. Die zweite Frage, die ich an Sie richten muß, betrifft die Anpassung der Renten. Wenn man den Grundsatz der Rentenanpassung nicht entsprechend der Regierungsvorlage in das Vorschaltgesetz übernimmt - das haben schon die Kollegen Börner und Büttner gesagt -, dann bedeutet ,das praktisch, daß die Unfallrentner in bezug auf die Anpassung ihrer Renten für die nächsten Jahre - bis zum Inkrafttreten einer Unfallversicherungsreform - schlechter gestellt sind als alle anderen Rentner der Rentenversicherung. ({4}) Ich glaube, das läßt sich sehr schwer verantworten, und ich frage Sie, ob Sie das wirklich wollen. Noch eine andere Frage! Herr Kollege Becker, Sie haben hier etwas hochmütig ({5}) - es stimmt, es ist sonst nicht Ihre Art - von Formulierungen gesprochen, die wenig durchdacht seien. Ich will hier nicht untersuchen, wer Ihnen diesen Tip gegeben hat, etwa im Wege einer Formulierungshilfe. ({6}) Wir werden auf die Sache mit der Formulierungshilfe in diesem Hause noch häufiger zurückkommen. Das hat heute erst angefangen, wir sind damit noch lange nicht zu Ende. ({7}) Wir haben da noch einiges an freundlicher Hilfe und Unterstützung zu erwarten und zu verlangen. Das wird für beide Oppositionsparteien eine wesentliche Erleichterung bei unserer zukünftigen Arbeit sein. ({8}) - Herr Kollege Becker, das ist so schwach. Ich erspare mir, darauf einzugehen. Sie haben es auch nicht erwartet. Sie haben hochmütig davon gesprochen, die Formulierungen des § 3 seien wenig durchdacht. Ja, meine Damen und Herren, diese Vorschriften muß man erst einmal prüfen! Bestimmt aber wenig durchdacht sind - Sie haben es offenbar entweder nicht herausgefunden oder die Herren der Regierung haben es Ihnen nicht gesagt - die Vorschriften Ihres Entwurfs über die Anrechnung. Die Konsequenz aus Ihrem Entwurf ist nämlich, daß dann, wenn eine Anpassung der Unfallrenten käme, § 1281 der Reichsversicherungsordnung anzuwenden wäre, den ich Ihnen vorlesen will. Vielleicht haben Sie nicht daran gedacht, oder: es wäre um so 'schlimmer, die Regierung hätte es Ihnen gesagt und Sie hätten bewußt die Anrechnung gewollt ({9}) In § 1281 steht: Der Berechtigte ist verpflichtet, dem Träger der Rentenversicherung Bezüge aus der gesetzlichen Unfallversicherung und aus der Rentenversicherung mitzuteilen, wenn sie mit Bezügen aus der Rentenversicherung der Arbeiter zusammentreffen. Jeder, der sich in die Sachlage vertieft, muß erkennen, daß nach Ihrem Entwurf praktisch für Hunderttausende von Rentnern, die nach Ihrem Gesetzentwurf eine Erhöhung erhalten, die Verpflichtung erwächst, dem Träger der Rentenversicherung von dieser Erhöhung Kenntnis zu geben, der dann - gemäß § 1282 - eine Kürzung der Erhöhung vorzunehmen hat, die Sie gerade beschließen wollen. Meine Damen und Herren, ich erwarte von Ihnen, daß Sie mir jetzt eine Antwort auf die Frage geben, ob Sie das wollen. ({10})

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Herr Kollege Stingl hat das Wort.

Prof. Dr. h. c. Josef Stingl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002252, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bedaure sehr, daß das Hohe Haus nun auch noch eine Debatte über die Einbringung dieser beiden Vorschaltgesetze oder Verbesserungsgesetze in der Unfallversicherung, soweit die Geldleistungen betroffen sind, mit anhören muß. Soweit ich orientiert bin, war beabsichtigt, die beiden Gesetzentwürfe zu begründen; ursprünglich war beabsichtigt, sie ohne Begründung an den Ausschuß zu überweisen. Desto schneller könnte es auch gehen. ({0}) - Zumindest irren Sie sich in dem Termin, Herr Schellenberg. Lassen Sie mich gleich etwas dazu sag: Wann haben Sie denn im Ausschuß Ihren Antrag gestellt, wir sollten das Gesetz vorziehen und die Dinge vorher behandeln? - Als Sie in der Presse gelesen hatten, daß die CDU sowieso die Geldleistungen der Unfallversicherung anheben will. ({1}) Das erste Recht für diese Anhebung in der Unfallversicherung hat die CDU und nicht die SPD. Sie haben nachgekartet. Wir haben Ihnen damals schon die Abfuhr erteilt, weil wir nicht wollten, daß das ganze Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetz kommt. Wir wollten Ihnen damit einen Liebesdienst erweisen. Sie möchten die Krankenversicherungs7470 Neuregelung nicht mehr. Wenn Sie hier davon gesprochen haben, daß das zeitlich überhaupt nicht mehr geht, Herr Kollege Schellenberg, dann haben Sie damit nur gesagt, daß Sie das Filibustern fortsetzen wollen, das Sie jetzt im Ausschuß geübt haben.

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Herr Abgeordneter Stingl, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Schellenberg?

Prof. Dr. h. c. Josef Stingl (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11002252, Fraktion: Christlich Demokratische Union Deutschlands/Christlich-Soziale Union in Bayern (CDU/CSU)

Nein, jetzt nicht. ({0}) - Ich gestatte im Augenblick keine Zwischenfrage und gehe im Augenblick nicht darauf ein; ich habe das lautere Mikrophon; die anderen hören nicht Sie, sondern nur mich. Wir haben jedenfalls aus Ihrer Darstellung der zeitlichen Lage im Ausschuß unbestritten erkannt, daß wir zwar sehr mit Arbeit eingedeckt sind, daß wir andererseits - das wissen Sie sehr genau - bei einer Straffung der Arbeit und unter Vermeidung von nicht immer nötigen Wiederholungen der Argumente das Unfallversicherungsgesetz sehr wohl noch in diesem Bundestag verabschieden könnten. Lassen Sie mich noch etwas zu dem sagen, was 'offensichtlich hier einfach in die Debatte hineingeworfen wird, weil man glaubt, es werde schon Gehör finden, da nicht jeder genau Bescheid wisse: Die Dynamisierung in der Rentenversicherung ist etwas ganz anderes als die Dynamisierung in der Unfallversicherung. ({1}) Im übrigen ist das Wort „Dynamisierung" sowieso falsch. In der Rentenversicherung gibt es die erste Festsetzung der Renten nach der jeweiligen Rentenbemessungsgrundlage, die sich nach dem Durchschnittsverdienst aller Versicherten richtet. Dagegen erfolgt in der Unfallversicherung seit eh und je, ohne jede Dynamisierung, ohne daß wir ein Gesetz ändern, die Festsetzung der Unfallrente jeweils vom aktuellen Jahresarbeitsverdienst aus. Während es also in der Rentenversicherung darum ging, auch für die erste Festsetzung eine neue Größe zu finden - was wir Produktivitätsrente nennen -, ist dies in der Unfallversicherung nicht notwendig. In der Unfallversicherung ist es nur notwendig, die Renten auf den jeweils aktuell zu nennenden Stand anzuheben. Wir haben das zum 1. Januar 1957 getan und die Basis gefunden, die wir damals für richtig hielten. Wenn ich mich recht erinnere, hat das ganze Haus damals als Grundsatz genommen, daß man die Anhebung nach der Veränderung des Einkommens bemessen müsse. Wenn wir jetzt wiederum eine Anpassung vorschlagen, weil wir eben nicht das ganze Unfallversicherungsrecht mit seinen, wenn Sie es so nennen wollen, Schattenseiten ändern wollen, dann ist es Idoch nur logisch, daß wir dieselben Bezugsgrößen nehmen, die wir damals gehabt haben. Im übrigen haben Sie übersehen, daß Sie die gleichen Bezugsgrößen wie wir festgelegt haben. Jetzt auf einmal schalten Sie auf andere Bezugsgrößen um, die in diesem Zusammenhang mit den Rentengesetzen gar nichts zu tun haben. Sie haben sich wirklich die Arbeit mit den Gesetzen leicht gemacht, weil Sie befürchtet haben, Sie würden auf einmal als diejenigen dastehen, die keine Verbesserungen verlangt haben, während die CDU solche Verbesserungen verlangt hat. Jetzt haben Sie einen Gesetzentwurf eingebracht, der an einigen Stellen zeigt, wie scharf das Tempo war. Herr Becker hatte schon darauf hingewiesen: das Vergessen der Ortslöhne der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften usw., das alles zeigt, daß es Ihnen nur darum ging, noch vor uns einen Entwurf einzubringen, obwohl wir längst unseren Entwurf angekündigt hatten. Nur noch ein Wort zu der Begründung des Antrags! Ich kann nicht verstehen, wie die SPD immer noch den Mut hat, so zu tun, als wäre es nur ihr zu verdanken, daß in der Sozialversicherung Verbesserungen eingeführt wurden. ({2}) Herr Börner, Sie haben wieder davon gesprochen, daß es dem Fleiß der Arbeitnehmer zu danken sei, daß wir jetzt eine so gute Wirtschaftslage haben. Keiner im Saal wird bestreiten - nicht einer meiner Freunde hat das je irgendwo bestritten -, daß der Fleiß der Arbeitnehmer in Deutschland die Grundlage für unser Wohlergehen ist. ({3}) - Hören Sie sich einmal den nächsten Satz an, Herr Jahn! Glauben Sie, Herr Jahn, daß der Arbeitnehmer, der in der sowjetisch besetzten Zone lebt, weniger fleißig, weniger tüchtig, weniger initiativ ist als unsere Arbeiter hier? Sicherlich nicht! Nun, dann muß es doch am Wirtschaftssystem liegen, daß das bei uns hier alles möglich war. ({4}) Wenn wir in der ganzen Zeit Ihren Empfehlungen, Herr Jahn, und den Empfehlungen all derer, die hier bei Ihnen sitzen, gefolgt wären, dann hätten wir ein Wirtschaftssystem, das weniger unserem ähnlich wäre, sondern das uns vielleicht anderen Vorbildern nähergebracht hätte. ({5}) Daß wir mit unseren wirtschaftlichen Vorstellungen recht hatten und daß es unseren wirtschaftlichen Vorstellungen zu danken ist, daß wir überhaupt über solche Gesetze reden können, haben Sie mit Ihrem Godesberger Programm zugeben müssen; sonst wäre es Ihnen gar nicht eingefallen, die soziale Marktwirtschaft ins Godesberger Programm der SPD zu übernehmen. ({6})

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Das Wort hat der Abgeordnete Mischnick.

Wolfgang Mischnick (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11001512, Fraktion: Freie Demokratische Partei (FDP)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir hatten an sich nicht die Absicht, zu sprechen. Hier werden zwei Vorschaltgesetze eingebracht, eines von der CDU und eines von der SPD. Wir müssen uns einmal überlegen, ob das, was wir hier machen, mit der Zeitökonomie dieses Hauses überhaupt noch zu vereinbaren ist. Die Regierung bringt ein Neuregelungsgesetz ein; es bleibt eineinhalb Jahre im Ausschuß liegen. Nun arbeitet man schon beim zweiten Gesetz mit einem Vorschaltgesetz. Mit dieser Art und Weise tragen wir natürlich nicht dazu bei, die dringendsten Fragen wirklich in dem Tempo zu erledigen, wie das möglich wäre. Wir bedauern sehr, daß man nicht den Mut hat, zu sagen, die Krankenversicherungsreform ist nicht mehr durchzusetzen, und wir beraten deshalb die Reform der Unfallversicherung nach dem Vorschlag der Regierung. Statt dessen verbringen wir hier wieder Zeit mit irgendwelchen Vorschaltgesetzen. Im Kommunalwahlkampf ist von der CDU gesagt worden: „Das Wichtigste zuerst!" Man sollte die Gesetzesvorlage, die von der Regierung zur Unfallversicherung eingebracht worden ist, als das Wichtigste betrachten und sie zuerst beraten und nicht mit Vorschaltgesetzen arbeiten. ({0}) Wir sind uns doch wohl über folgendes im klaren. Es ist ganz gleich, welche Vorlage wir nun nehmen. Wenn wir dieses Vorschaltgesetz beraten haben, kommt wahrscheinlich noch ein Vorschaltgesetz vor der Wahl. Sie streiten sich ja schon darum, was bei den Vorschaltgesetzen wichtiger ist und was noch in diese Vorschaltgesetze hineingebracht werden muß. Vor ,den Wahlen werden also noch ein zweites und ein drittes Vorschaltgesetz kommen. Im Endergebnis werden wir dann keinen Schritt weiterkommen, als wenn wir uns von vornherein entschlossen hätten, die Reform der Unfallversicherung zu Ende zu beraten. Ich will nicht zu den Einzelheiten sprechen; das hat mein Kollege Atzenroth bei der ersten Lesung des Entwurfs Drucksache 758 getan. Es ist hier nur das wiederholt worden, was damals im Grundsätzlichen ausgeführt worden ist. Unsere Bitte an Sie alle: Ziehen Sie die Konsequenz daraus, nicht möglichst viele Gesetze einzubringen, sondern das, was die Regierung eingebracht hat, zügig zu beraten und abzuschließen, ehe man wieder ein neues Gesetzeswerk beginnt. ({1})

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Das Wort hat Herr Abgeordneter Geiger ({0}).

Hans Geiger (Mitglied des Bundestages)

Politiker ID: 11000646, Fraktion: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Stingl hat sich, entgegen seiner sonstigen Art, künstlich in Erregung geredet und hat geglaubt, uns wieder einmal vorhalten zu müssen, daß die sogenannten wirtschaftlichen Erfolge der CDU erst die Grundlagen geschaffen hätten. Herr Kollege Stingl, ich darf in aller Bescheidenheit bemerken, daß der Anteil, den die Sozialdemokratische Partei an diesem wirtschaftlichen und sozialen Geschehen hat, ({0}) nicht zu verkleinern ist, auch durch überlautes Reden nicht zu verkleinern ist. ({1}) Unser ständiges Bemühen, diesen Anteil zu vergrößern, darüber hinaus das Bemühen der Gewerkschaften, einen größeren Anteil am gemeinsamen Erfolg für die daran Beteiligten zu erhalten, ({2}) hat die Grundlagen geschaffen, die dann auch Grundlagen zur Ausweitung unseres gesamten Wirtschaftsvolumens waren. ({3}) Weil dem so ist, meine sehr verehrten Damen und Herren, sind wir auch der Auffassung, daß entsprechend der Konjunkturlage und entsprechend dem guten gemeinsamen Ergebnis der Anteil im Sozialbereich für die daran Beteiligten höher festgelegt werden könnte und in erster Linie im gegenwärtigen Augenblick der Anteil für die unfallgeschädigten Menschen, die seit dem Jahre 1957 trotz aller Veränderungen keine höheren Renten erhalten haben, obwohl die Kaufkraft ihrer Renten in der Zwischenzeit wesentlich gesunken ist. Sie haben diesem Hohen Hause durch 'die Bundesregierung zweimal einen Gesetzentwurf vorlegen lassen, und in beiden Fällen haben Sie bis jetzt mit Ihrer absoluten Mehrheit die Behandlung dieser Gesetzentwürfe abgelehnt. Es ist deshalb gar nicht sinnvoll, heute hier zu streiten, ob etwa Sie einen Verbesserungsentwurf mit Ihren „weisen" Gedanken früher vorgelegt haben als 'die SPD. Wir sind der festen Überzeugung, daß unser Wollen Sie dazu gebracht hat. Daher jetzt endlich Ihre Erkenntnis, daß Sie dieses Gesetz einfach nicht mehr verabschieden können, ({4}) nicht etwa wegen einer Obstruktion unsererseits, sondern einfach wegen der Überlastung des Sozialpolitischen Ausschusses! Sie können es einfach nicht, wenn Sie nur halbwegs wahrmachen wollen, was Sie angekündigt haben! Ich möchte hoffen und wünschen, daß Sie alle diese Gesetze mit uns beraten wollen; und in diesem Sinne freut es mich sogar, daß im kommenden Jahr Bundestagswahlen sind, weil dann einige Dinge mit Ihnen besser gestaltet werden können, als das etwa in anderen Jahren der Fall ist. Wenn dem nicht so wäre, meine sehr verehrten Damen und Herren, dann wären jetzt auch diese Gesetzentwürfe für Sie nicht so vordringlich geworden, wie sie es für uns sind. Wenn Sie eine wirkliche Verbesserung wollten, gäbe es auch die Möglichkeit, heute, weil das große Geiger ({5}) Reformgesetz in absehbarer Zeit nicht verabschiedet werden kann, etwas festzulegen, was in den nächsten Jahren einfach gemacht werden muß, nämlich ,die automatische Dynamisierung in Verbindung mit der Dynamisierung der Invaliden- und Angestelltenrenten. ({6}) - Ich weiß nicht, Herr Kollege Stingl, warum Sie das auf einmal nicht mehr wahrhaben wollen. In der Regierungsvorlage, in dem Entwurf ist das doch enthalten. Warum sollte es jetzt nicht Gegenstand ihrer eigenen Überlegungen sein? ({7}) - Doch, in der Rentenversicherung ist das drin. Und nur das ist sinnvoll, auch wenn Sie vom Jahresarbeitsverdienst des einzelnen ausgehen. Nur das ist wirklich sinnvoll; und ich hoffe und wünsche, daß Sie mehr zu den Vorstellungen des Regierungsentwurfs stehen. Es ist schon bedauerlich genug, daß das, was in dem Entwurf aus der Zeit vor 1957 stand, längst nicht mehr Inhalt des Regierungsentwurfs nach dem Jahre 1957 ist. Wir möchten Sie also bitten, jetzt schleunigst diese Arbeit zu leisten und hier etwas Sinnvolles zu tun, damit dann die Reformgesetzgebung verabschiedet werden kann. Aus diesem Grunde und aus gar keinem anderen haben wir unseren Gesetzentwurf eingebracht. ({8})

Dr. Thomas Dehler (Mitglied des Präsidiums)

Politiker ID: 11000364

Können wir jetzt diesen edlen Wettstreit beenden? Es ist ja schade, daß sich jetzt nicht noch eine Debatte über Wirtschaftspolitik entfacht. ({0}) Es ist Überweisung an den Ausschuß für Sozialpolitik beantragt. - Es ist so beschlossen. Punkt 15 der Tagesordnung: Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses ({1}) über den Antrag des Bundesministers der Finanzen betreffend Zustimmung zur Überlassung junger Anteile an wirtschaftlichen Unternehmen an andere Bezieher als den Bund hier: Überlassung neuer Anteile der Nassauischen Siedlungsgesellschaft mbH an das Land Hessen und die Hessische Landesbank ({2}). Der Ausschuß schlägt vor, dem Antrag des Bundesmini sters der Finanzen zuzustimmen. Aussprache? - Ist nicht erforderlich. Ich stelle den Antrag des Ausschusses auf Drucksache 2107 zur Abstimmung. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich, ein Handzeichen zu geben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmige Annahme. Ich rufe auf Punkt 16 der Tagesordnung: Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses ({3}) über den Antrag des Bundesministers der Finanzen betreffend Veräußerung eines bundeseigenen Teilgrundstücks des ehem. Heeresverpflegungsamtes in Frankfurt ({4}), Flinschstraße, an die Firma Rütgerswerke AG in Frankfurt ({5}) ({6}). Ich stelle den Antrag des Ausschusses auf Zustimmung zur Abstimmung. Wer zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmige Annahme. Ich rufe auf Punkt 17 der Tagesordnung: Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses ({7}) über den Antrag des Bundesministers der Finanzen betreffend Veräußerung der bundeseigenen Liegenschaft der ehem. Walterwerke Ahrensburg in Holstein an die Firma British American Tobacco Co. ({8}) GmbH in Hamburg-Bahrenfeld ({9}). Der Antrag des Ausschusses auf Zustimmung steht ebenfalls zur Abstimmung. Ich bitte, wer ihm zuzustimmen wünscht, das Handzeichen zu geben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmige Annahme. Ich rufe auf Punkt 18 der Tagesordnung: Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses ({10}) über den Antrag des Bundesministers der Finanzen betreffend Veräußerung des ehem. Luftwaffenübungsplatzes Ahrbrück an das Land Rheinland-Pfalz ({11}). Ich bitte, im Falle der Zustimmung ein Handzeichen zu geben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmige Annahme. Ich rufe auf Punkt 19 der Tagesordnung: Beratung des Schriftlichen Berichts des Ausschusses für Arbeit ({12}) über den Entschließungsantrag der Fraktion der FDP zur dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zum Schutze der arbeitenden Jugend ({13}) ({14}) . Der Antrag des Ausschusses lautet: Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, Möglichkeiten zur Information der Öffentlichkeit über Notwendigkeit und Aufgaben des Jugendarbeitsschutzes zu prüfen und dem Ausschuß für Arbeit (darüber zu berichten. Dieser Antrag steht zur Abstimmung. Wer zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ebenfalls einstimmige Annahme.

Not found (Mitglied des Präsidiums)

Beratung des Schriftlichen Berichts des Haushaltsausschusses ({0}) über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Schoettle, Ritzel, Dr. Schäfer, Heiland und Fraktion der SPD zur dritten Beratung des Entwurfs 'des Haushaltsgesetzes 1960 ({1}). Der Ausschuß beantragt, den Entschließungsantrag als durch die Einsetzung eines Unterausschusses zur Überprüfung der Subventionen durch den Haushaltsausschuß insoweit für erledigt zu erklären. Ich bitte um Handzeichen im Falle der Zustimmung. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ebenfalls beschlossen. Tagesordnungspunkt 21: Beratung der Ubersicht 15 des Rechtsausschusses ({2}) über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht ({3}) . Der Ausschuß beantragt, von einer Äußerung abzusehen. Wer zuzustimmen wünscht, gebe bitte das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Ebenfalls einstimmig gebilligt. Tagesordnungspunkt 22: Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung ({4}) - Immunitätsangelegenheiten betreffend Genehmigung zur Durchführung eines Strafverfahrens gegen den Abgeordneten Meyer ({5}) gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 5. Mai 1960 ({6}). Das Wort wird nichtgewünscht. Es ist beantragt, die Genehmigung zur Durchführung eines Strafverfahrens zu erteilen. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich, ein Handzeichen zu geben. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Einstimmig angenommen. Tagesordnungspunkt 23: Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs einer Dritten Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1960 ({7}) ({8}). Beratung ist nicht vorgesehen. Es wind Überweisung an den Außenhandelsausschuß als federführenden Ausschuß und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten als mitberatenden Ausschuß vorgeschlagen. Im Falle der Zustimmung bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Die vorgeschlagene Überweisung ist einstimmig gebilligt. Tagesordnungspunkt 24: Beratung des Antrags des Präsidenten des Bundesrechnungshofes betreffend Rechnung und Vermögensrechnung des Bundesrechnungshofes für das Rechnungsjahr 1958 - Einzelplan 20 - ({9}). Begründung und Aussprache entfallen. Es ist Überweisung an den Haushaltsausschuß beantragt. Darf ich feststellen, daß so beschlossen ist? ({10}) Tagesordnungspunkt 25: Beratung des Berichts des Bundesrechnungshofes betreffend Prüfung der Bundesmonopolverwaltung für Branntwein ({11}). Eine Aussprache ist nicht vorgesehen. Es wird Überweisung an den Finanzausschuß vorgeschlagen. - Es ist so beschlossen. Damit sind wir am Ende der heutigen Tagesordnung. Ich berufe die nächste Sitzung ein auf Freitag, den 28. Oktober 1960, 9 Uhr. Ich schließe die heutige Sitzung.